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German Pages 283 [284] Year 1999
Know-howManagement Architektur für den Know-how-Transfer
Von
Dr. rer. soc. oec. Kerstin Fink
R. Oldenbourg Verlag München Wien
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Fink, Kerstin: Know-how-Management : Architektur für den Know-how-Transfer / von Kerstin Fink. - München ; Wien : Oldenbourg, 2000 ISBN 3-486-25306-9
© 2000 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0, Internet: http://www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: WB-Druck, Rieden ISBN 3-486-25306-9
Vorwort
V
Vorwort Das Know-how-Management beschäftigt sich mit der Identifizierung, der Archivierung, dem Transfer, der Weiterentwicklung und insbesondere mit der Vernetzung von Know-how. Zur Realisierung dieser Aktivitäten wird eine Architektur vorgestellt, welche aus fünf Prozessen besteht: der Vorstudie, dem Prozeß der Identifikation, dem Prozeß der Adaption, dem Prozeß der Vernetzung und dem Prozeß der Implementierung.
Die Begriffe Information, Wissen, „knowledge" und Know-how werden in der Literatur sehr unterschiedlich definiert und voneinander abgegrenzt. Unter dem Terminus Know-how wird das implizite und auf Erfahrungen basierende Handlungswissen einer Person verstanden, d.h. dieser Ausdruck weist eine individualistische Dimension auf. Synonyme für den Begriff Know-how sind „Wissen, wie man etwas macht", Können, Erfahrungswissen und „tacit knowledge". Während unter Informationen das kodifizierte Wissen betrachtet wird und gleichbedeutend mit den Bezeichnungen Faktenwissen, „explicit knowledge", „Wissen, daß" sowie „knowing that" ist. Im Unterschied zum Daten- und Informationsmanagement versucht das Know-how-Management, die Komplexität der Gedankenstrukturen der Mitarbeiter zu erfassen.
Die Ressource Know-how gewinnt im Unternehmen zur Erreichung und Sicherung von Wettbewerbsvorteilen zunehmend an Bedeutung. Das Wissen der Mitarbeiter rückt in den Mittelpunkt des unternehmerischen Denkens und Handelns. Dabei stellt sich für Unternehmen das Problem, wie ein Zugang zum Know-how der Mitarbeiter erworben werden kann, da diese Know-how-Träger viel mehr wissen als sie kommunizieren.
Gegenstand des Know-how-Managements ist, das in den Köpfen der Mitarbeiter vorhandene Know-how - mittels der Architektur - zu gewinnen, um Netzwerke aufzubauen. Mit Hilfe der Methode Mind-Mapping werden die individuellen Fertigkeiten der Know-how-Träger in Know-how-Maps abgebildet. Diese Know-how-Maps werden mit anderen Mitarbeitern, Abteilungen, Teams und externen Partnern zu einem Know-how-Netz verknüpft, um eine Problemlösung für den Kunden zu erarbeiten. Das Know-how-Management hat die Aufgabe, das unternehmerische Know-how, die Know-how-Träger und die Know-how-Netze auf Änderungen zu überprüfen, um entsprechende Anpassungen und Aktualisierungen zu bewirken.
Vorwort
VI
Das Ziel dieser Arbeit liegt in der Vermittlung eines Verständnisses für die theoretischen Grundlagen des Know-how-Managements, für das Konzept der Know-how-Architektur und für den Ansatz der Implementierung von Netzwerken. Das Buch richtet sich somit nicht nur an Theoretiker, sondern bietet vor allem für Praktiker einen Implementierungsansatz für Know-how-Netzwerke.
Die Anwendung der Architektur bezieht sich nicht auf eine
spezifische Branche, sondern kann branchenunabhängig zum Einsatz gelangen.
Für die fachliche und konstruktive Unterstützung bei der Erstellung dieser Arbeit darf ich mich herzlich bei Herrn o. Univ.-Prof. Dr. Friedrich Roithmayr (Universität Innsbruck) und Herrn o. Univ.-Prof. Dr. Lutz J. Heinrich (Universität Linz) bedanken. Durch die vielen Anregungen und kritischen Anmerkungen hat dieses Buch erheblich an Reife gewonnen. Mein Dank
gilt auch Herrn Ing. Peter Seethaler
(Universität
Innsbruck)
für seine
Empfehlungen und die technische Unterstützung.
Kerstin Fink
Inhaltsverzeichnis
VII
Inhaltsverzeichnis Vorwort Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Mind-Map-Verzeichnis
V VII XI XIII XV
1.
Ausgangssituation
1
2.
Ziel und Aufbau
9
3.
Theoretische Grundlagen der Know-how-Thematik 3.1. Der Know-how-Ansatz von Ryle
15
3.2. Der Know-how-Ansatz von Dreyfus
18
3.2.1.
Stufe 1: Der Neuling (Novice)
19
3.2.2.
Stufe 2: Der Fortgeschrittene Anfänger (Advanced Beginner)
20
3.2.3.
Stufe 3: Kompetenz (Competence)
20
3.2.4.
Stufe 4: Gewandtheit (Proficiency)
21
3.2.5.
Stufe 5: Expertentum (Expertise)
22
3.3. Transformationsprozeß des Know-hows
24
3.3.1.
Daten
3.3.2.
Information
26
3.3.3.
Know-how
30
25
3.3.3.1. Definition von Know-how
30
3.3.3 .2. Evolutionstheoretischer Ansatz von K w a ä i i c k i
34
3.3.3.3. Das dynamische Modell von Nonaka und Takeuchi
37
3.4. Know-how-Systematik
4.
15
42
3.4.1.
Aristotelischer Ansatz
42
3.4.2.
Neurowissenschaftlicher Ansatz
44
3.4.3.
Ansatz der Wissenspsychologie
3.4.4.
Juristischer Ansatz
3.4.5.
Betriebswirtschaftlicher Ansatz
50
3.4.6.
Ansatz der Wirtschaftsinformatik
50
Empirische Studien 4.1. Problem
_46 48
53 53
Vili
Inhaltsverzeichnis
4.2. Problemlösungsweg Forschungsmethode
54
4.2.2.
Forschungsdesign
55
4.2.2.1. Vorgehensweise der Erhebung 1996
55
4.2.2.2. Vorgehensweise der Erhebung 1997
57
4.2.3.
Konstruktionsmethodik
4.3. Ergebnisse
5.
54
4.2.1.
58
58
4.3.1.
Wichtigkeit der Ressourcen Information und Know-how
58
4.3.2.
Informationstransfer versus Know-how-Transfer
60
4.3.2.1. Partnerschaften via Internet
60
4.3.2.2. Allgemeine Partnerschaften
62
4.4. Schlußfolgerungen
64
Know-how-Architektur
67
5.1. Grundlagen der Know-how-Architektur
67
5.1.1.
Generelle Know-how-Architektur
67
5.1.2.
Annahmen der Know-how-Architektur
72
5.2. Mind-Mapping
76
5.2.1.
Einführung
5.2.2.
Hemisphärenforschung
78
5.2.3.
Architektur zur Erstellung von Mind-Maps
81
5.2.3.1. Mind-Mapping-Theorie
76
81
5.2.3.2. Grundsätze ordnungsmäßigen Mind-Mappings (GoMiMa)
87
5.2.3.3. Gesetzmäßigkeiten des Mind-Mappings
90
5.3. Prozeß der Vorstudie 5.3.1.
Ziel und Aufgabe des Prozesses der Vorstudie
5.3.2.
Der Know-how-Engineer
5.3.3.
Entwurf der Grundkonzeption
97 97 100 103
5.3.3.1. Know-how-Engineer erläutert sein Vorgehen (1. Arbeitsschritt)
104
5.3.3.2. Erstellung der Blitz-Mind-Maps für das Ist-Know-how (2. Arbeitsschritt)
104
5.3.3.3. Know-how-Engineer analysiert die Mind-Maps (3. Arbeitsschritt)
104
5.3.3.4. Definition der Ist-Situation (4. Arbeitsschritt)
106
5.3.3.5. Abstimmung der Know-how-Situation (5. Arbeitsschritt)
108
5.3.3.6. Erstellung der Blitz-Mind-Maps fur das Soll-Know-how unter Berücksichtigung der Know-how-Träger (6. Arbeitsschritt)
111
5.3.3.7. Know-how-Engineer analysiert die Mind-Maps (7. Arbeitsschritt)
112
5.3.3.8. Definition der Soll-Situation (8. Arbeitsschritt)
112
5.3.3.9. Erstellung des Know-how-Portfolios (9. Arbeitsschritt)
113
Inhaltsverzeichnis 5.3.4.
IX
Definition der Know-how-Ziele
117
5.3.4.1. Normative Know-how-Ziele
117
5.3.4.2. Strategische Know-how-Ziele
119
5.3.4.3. Operative Know-how-Ziele
121
5.3.5.
Know-how-Projektteam
122
5.4. Prozeß der Know-how-Identifikation
124
5.4.1.
Ziel und Aufgabe des Prozesses der Know-how-Identifikation
124
5.4.2.
Know-how-Träger
130
5.4.2.1. Bedeutung der Know-how-Träger
130
5.4.2.2. Bedeutung des Know-how-Managers
135
5.4.2.3. Intangible Assets und Intellectual Assets 5.4.3.
136
Beispiel SKANDIA
139
5.4.4.
Know-how-Gap
144
5.4.5.
Identifikation und Analyse des Know-hows
147
5.4.5.1. Know-how-Träger erstellen ihre Blitz-Mind-Maps (I. Arbeitsschritt)
148
5.4.5.2. Know-how-Engineer muß die Blitz-Mind-Maps analysieren (2. Arbeitsschritt)
152
5.4.5.3. Überarbeitung und Revision der Blitz-Mind-Maps (3. Arbeitsschritt)
154
5.4.5.4. Vervollständigung der Mind-Maps (4. Arbeitsschritt)
156
5.4.5.5. Identifikation weiterer Know-how-Träger (5. Arbeitsschritt)
161
5.5. Prozeß der Adaption
163
5.5.1.
Ziel und Aufgabe des Prozesses der Adaption
163
5.5.2.
Anwendung von Kreativitätstechniken (1. Arbeitsschritt)
165
5.5.3.
Verfeinerung der Mind-Maps (2. Arbeitsschritt)
173
5.5.4.
Inhaltsanalyse und Thesaurus (3. Arbeitsschritt)
177
5.6. Prozeß der Vernetzung
182
5.6.1.
Ziel und Aufgabe des Prozesses der Vernetzung
182
5.6.2.
Erörterung der Grundlagen der Vernetzung
183
5.6.2.1. Team-Netze
183
5.6.2.2. Interkultureller Austausch
186
5.6.3.
Erstellung von Know-how-Netzen
5.6.3.1. Definition der Problemstellung (1. Arbeitsschritt)
191 192
5.6.3.2. Entwicklung der Know-how-Netze (2. Arbeitsschritt)
195
5.6.3.3. Analyse der Know-how-Netze (3. Arbeitsschritt)
206
5.6.4.
Kundenindividualisierung
5.7. Prozeß der Implementierung
208
210
5.7.1.
Ziel und Aufgabe des Prozesses der Implementierung
210
5.7.2.
Implementierung des Know-how-Unternehmens (1. Arbeitsschritt)
211
5.7.3.
Aktualisierung der Know-how-Architektur (2. Arbeitsschritt)
213
X
Inhaltsverzeichnis
6.
Datenmodell für den Know-how-Ansatz
7.
Reflexion der Know-how-Architektur
217
unter Verwendung des Ansatzes von Schön _223
7.1. Problem
223
7.1.1.
Ansatz von Schön
223
7.1.2.
Problembeschreibung
225
7.2. Meßvorschriften
226
7.3. Ergebnisse des Fallbeispiels
228
7.3.1.
Prozeß der Vorstudie
7.3.1.1. Reflection-in-action für den Prozeß der Vorstudie 7.3.1.2. Reflection-on-action für den Prozeß der Vorstudie 7.3.2.
Prozeß der Identifikation
7.3.2.1. Reflection-in-action für den Prozeß der Identifikation 7.3.2.2. Reflection-on-action für den Prozeß der Identifikation 7.3.3.
Prozeß der Adaption
228 229 229 230 230 231 232
7.3.3.1. Reflection-in-action für den Prozeß der Adaption
232
7.3.3.2. Reflection-on-action für den Prozeß der Adaption
232
7.3.4.
Prozeß der Vernetzung
233
7.3.4 1. Reflection-in-action für den Prozeß der Vernetzung
234
7.3.4.2. Reflection-on-action für den Prozeß der Vernetzung
234
7.4. Eignung des Reflexionsansatzes von Schön
235
8.
Ergebnis
237
9.
Literaturverzeichnis
239
10.
Internet-Quellenangaben
11. Stichwortverzeichnis
265 267
Abbildungsverzeichnis
XI
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Know-how-Eisberg
5
Abbildung 2: Prozentuale Verteilung der Erwerbstätigen
9
Abbildung 3: Grundstruktur des Know-how-Ansatzes
12
Abbildung 4: Transformationsprozeß
24
des Know-hows
Abbildung 5: Dimensionen von Know-how Abbildung 6: Evolutionsdiagramm
32
- Wissensentwicklung
Abbildung 7: Spirale der organisatorischen
in Verbindung mit der biologischen Evolution
Wissensbildung
36 41
Abbildung 8: Know-how als Input und Output
47
Abbildung 9: Zweck von Internet
61
Abbildung 10: Informationstransfer
vs. Know-how-Transfer
1996
Abbildung 11: Informationstransfer
vs. Know-how-Transfer
1997
62 63
Abbildung 12: Generelle Know-how-Architektur
71
Abbildung 13: Know-how-Regelkreis
74
Abbildung 14: Detaillierte Know-how-Architektur
75
Abbildung 15: Großhirn
79
Abbildung 16: Atomkern nach Bohr
84
Abbildung 17: Know-how des Staates Mississippi Abbildung 18: Arbeitsschritte
99
im Prozeß der Vorstudie
103
Abbildung 19: Know-how-Portfolio
115
Abbildung 20: Beispiel Know-how-Portfolio
116
Abbildung 21: Planungsobjekte-
und Projekt-Teilplanungen
(Überblick)
122
Abbildung 22: Grober Arbeitsablauf im Prozeß der Know-how-Identifikation
726
Abbildung 23: Intelligence Cycle nach Kahaner
128
Abbildung 24: Bilanzposten eines Know-how-Unternehmens
137
Abbildung 25: Skandia-Navigator
141
Abbildung 26: Know-how-Gap
145
Abbildung 27: Arbeitsschritte im Prozeß der Know-how-Identifikation
147
Abbildung 28: Beispiel für die Notation
148
Abbildung 29: Know-how-Schalenmodell
153
Abbildung 30: Erweitertes Know-how-Portfolio
162
Abbildung 31: Arbeitsschritte
im Prozeß der Adaption
Abbildung 32: System der Synektik nach Tietz Abbildung 33: Kreativitätsmodell
nach Plsek
164 168 170
Abbildung 34: Arbeitsschritte im Prozeß der Vernetzung
192
Abbildung 35: Problemlösungstrichter
195
XII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 36: Prozeß der Entwicklung von Know-how-Netzen
197
Abbildung 37: Darstellung der Problemlösungsstruktur
205
Abbildung 38: Arbeitsschritte im Prozeß der Implementierung
211
Abbildung 39: Aktualisierte Know-how-Architektur
214
Abbildung 40: Strategische Unternehmensführung vi. Know-how-Architektur
215
Abbildung 41: Datenmodell für den Know-how-Ansatz
218
Abbildung 42: Prozeßzuordnung
219
Abbildung 43: Meßvorschriften
226
Tabellenverzeichnis
XIII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Abgrenzung der Termini „ Wissen, daß (...)" und „ Wissen, wie (...)" Tabelle 2: Bedeutung der Ressourcen
31 59
Tabelle 3: Phasenziele und Methodikansätze im Phasenmodell nach Heinrich
70
Tabelle 4: Hemisphärenspezialisierung
80
Tabelle 5: Gesetzmiißigkeiten für GoMiMa
95
Tabelle 6: Instrumente des impliziten Wissens des ILOi Tabelle 7: Problemlösungstabellen
175 199
Mind-Map-Verzeichnis
XV
Mind-Map- Verzeichnis
Mind-Map 1: Know-how-Mind-Map
82
Mind-Map 2: Systematische Anordnungen
93
Mind-Map 3: „Anatomische Studie" von Leonardo da Vinci
94
Mind-Map 4: Derzeitiges unternehmerisches
Know-how
107
Mind-Map 5: Zukünftiges unternehmerisches
Know-how
112
Mind-Map 6: Lernen
135
Mind-Map 7: Notationsbeispiel
149
Mind-Map 8: Blitz-Mind-Map
des Know-how-Trägerl
149
Mind-Map 9: Blitz-Mind-Map
des Know-how-Träger2
151
Mind-Map 10: Detailliertes Mind-Map des Know-how-Trägerl
154
Mind-Map 11: Detailliertes Mind-Map des Know-how-Träger2
156
Mind-Map 12: Techniken im Prozeß der Adaption
177
Mind-Map 13: Know-how-Netz
200
Mind-Map 14: Spezifizierung des Know-how-Netzes
202
Mind-Map 15: Know-how-Team
203
(Problemlösungsnetz)
Mind-Map 16: Know-how-Zentrum
207
Mind-Map 17: Vernetzung Call-Center
233
Ausgangssituation
I
1. Ausgangssituation In der griechischen Kolonie Elea in Süditalien lebten um 500 vor Christus einige Philosophen, die sich mit den Problemen der Veränderung befaßten. Der bekannteste unter ihnen war Parmenides (540-480 v. Chr.), der von einem rationalistischen Weltbild ausging, indem er die menschliche Vernunft als die Quelle unseres Wissens über die Welt betrachtete. Zur gleichen Zeit wie Parmenides lebte Heraklit, allerdings unterschieden sich beide Sichtweisen [Gaar93. Seite 45]:
„Parmenides und Heraklit waren in gewisser Hinsicht totale Gegensätze. Die Vernunft des Parmenides stellte klar, daß sich nichts ändern kann. Aber die Sinneserfahrungen des Heraklit stellten ebenso klar, daß in der Natur dauernd Veränderungen stattfinden. Wer von beiden hatte recht? Sollen wir uns auf das verlassen, was die Vernunft uns erzählt, oder sollen wir den Sinnen vertrauen? Sowohl Parmenides als auch Heraklit machen zwei Aussagen: Parmenides sagt: a) daß sich nichts verändern kann und b) daß die Sinneseindrücke deshalb unzuverlässig sein müssen. Heraklit dagegen sagt: a) daß sich alles verändert („Alles fließt") und b) daß die Sinneseindrücke zuverlässig sind." Im Gegensatz zur Auffassung des Parmenides steht die Aussage des Heraklit, der gerade die dauernde Veränderung für den grundlegendsten Charakterzug der Natur hält. Betrachtet man den zivilisatorischen Fortschritt, so ergeben sich Veränderungen in weltweiten langzeitlichen Entwicklungen.
Die
Ursache
von
Entwicklungschancen
liegt
in
einem
qualitativen
Aufwärtstrend des Ressourceneinsatzes. Zu Zeiten von Ford (1863-1947) wurde die Mehrheit der
arbeitenden
Menschen
durch
die
maschinelle
Vorgabe
von
Arbeitsablauf
und
Arbeitstempo geprägt. Das Kontrollinstrument stellte das Fließband dar. Die Verwendung der Fließfertigung eröffnete dem Arbeiter bei der Montage nicht die Möglichkeit,
das
Arbeitsergebnis durch seine geistigen Fähigkeiten zu bestimmen. Das Spiel der Kräfte in der heutigen Weltwirtschaft zeigt, daß Wissen und Können entscheidende Faktoren sind. Diese werden zu erheblichen Umwälzungen in Wissenschaft, Technik [HeRo98. Seite 14] und Wirtschaft fuhren. Die Arbeitssituation verändert sich in die Richtung, daß für Unternehmer das Wissen ihrer Mitarbeiter für den Fortbestand der Geschäftsidee unentbehrlich ist. Der
2
A
persönliche
Anteil der
usgangssituation
Arbeitnehmer an der Herstellung
eines Produktes
oder
einer
Dienstleistung steigt somit wesentlich. Die Herausforderung, vor der Unternehmen heute stehen, ist, das in den Köpfen der Mitarbeiter gespeicherte Know-how zu gewinnen, zu pflegen, weiterzuentwickeln und zugänglich zu machen. Die Schwierigkeit für Unternehmen liegt
dabei
nicht
in
der
Verteilung
von
informationsbasiertem
Wissen
mittels
der
Informations- und Kommunikationstechnik, sondern in der Interpretation und Verarbeitung des individuellen Wissens. Es reicht nicht aus, den Mitarbeitern nur Informationen zur Verfügung zu stellen, sondern jene müssen diese Informationen gemäß ihrer persönlichen Fähigkeiten zu Know-how weiterverarbeiten. D i e Auswahl und effiziente Nutzung
der
Informationen zur Generierung von Wissen stellen einen kritischen Faktor dar.
Es bedarf daher verstärkt einer qualitativen Lernfähigkeit
von
Individuen
beruht.
Komponente Der
des Ressourceneinsatzes, die auf der
Hochtechnologie-Bereich
verlangt
nach
qualifiziertem Personal, nämlich vom Facharbeiter über den Laboranten bis z u m Ingenieur. Es muß das Ziel von Unternehmen werden, diese Innovationsfähigkeit und Kreativität der Mitarbeiter zu fördern [Frit90. Seite 99ff.]. Der Einzelne muß die Vielzahl der ihm zur Verfügung
stehenden
Daten
und
Informationen
selektieren,
um
in
einem
mentalen
Transformationsprozeß Know-how entstehen zu lassen. Die Fähigkeiten einer Person, aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Informationen in einem Lernprozeß Know-how zu generieren, gewinnt zunehmend an Bedeutung, das heißt „a Company is creative when its employees do something new and potentially useful without being directly shown or taught" [RoSt97. Seite 11].
Durch die Entwicklung neuer Informations- und Kommunikationstechniken Verlagerung
der
wirtschaftlichen Schwerpunkte,
indem
erfolgt eine
im Wertschöpfungsprozeß
das
Erzeugen, Verarbeiten und Transformieren von Informationen vorrangig ist. So stehen die neuen Techniken wie Mikroelektronik, optische Nachrichtentechnik, Computertechnik und Software der Informationsgesellschaft zur Verfügung. Der Wandel wirkte sich auch auf eine veränderte Branchenstruktur aus. Standen in der ersten industriellen
Revolution
energieintensive Branchen im Mittelpunkt, so dominierten während der zweiten Revolution
Branchen mit hoher Veredelungsleistung. In der dritten
der zur Informationsgesellschaft
[Mart95; FFCB97],
kann eine
industriellen
rohstoff- und industriellen Revolution,
Branchenverschiebung
zugunsten von Unternehmen festgestellt werden, welche auf der Ressource Information
Ausgangssituation
3
beruhen. Die neuen Informations- und Kommunikationstechniken ermöglichen, die Ressource Information über nationale, internationale und kulturelle Grenzen zu verteilen.
Der Ansatz für die Entwicklung zur Informationsgesellschaft
liegt im Wesen des Menschen,
denn er ist kommunikationsfähig und kommunikationsbedürftig. Habermas legt dar, daß die Kommunikation zur grundlegenden Kategorie menschlichen Handels wird und dazu dienen soll, daß die Anpassung der Lebensverhältnisse an die Produktion und das Prinzip des Geldes überwunden werden kann. Das Ergebnis seiner entwickelten „Theorie des kommunikativen Handelns" [Habe81] ist der Vorschlag, wie in der heutigen Gesellschaft humane Formen des Zusammenlebens gestaltet werden können. Durch „kommunikatives Handeln" könnte sich laut Habermas „ein Ausgleich zwischen den in Lebenswelten eingebundenen Individuen und den ,Imperativen' der Industrie oder Verwaltung herstellen lassen" [Weho88. Seite XVII], Der Mensch will sein Wissen, Denken und Handeln mitteilen, wobei die Schrift eine Möglichkeit für den Kommunikationsprozeß bietet. Das schriftliche Wissen wird allerdings durch
die
mündliche
Kommunikation
Informationsgesellschaft legte Gutenberg
unterstützt.
Einen
entscheidenden
Schritt
zur
(1394-1468) durch die Erfindung des Buchdrucks
mit beweglichen Lettern im Jahre 1445. Seine Erfindung wirkte sich schnell soziologisch und kulturell aus, da vorher alle Veröffentlichungen handschriftlich, besonders in Klosterschulen, erfolgten. Der Vorteil des Buchdrucks äußerte sich zum einen in einer zeitlichen und zum anderen in einer kostenmäßigen Komponente, denn das zeitgenössische Gedankengut konnte schnell und günstig an ein lesefähiges Publikum vertrieben werden. Gutenbergs Entwicklung ermöglichte somit, daß die Ideen der Renaissance, des Humanismus und der Reformation ein breites Spektrum erreichten. Stellt die Erfindung Gutenbergs im weiten Sinne den ersten Schritt zur Informationsgesellschaft dar, so zeichnet sich heute ein Übergang vom Faktor „Produktion" zum Faktor „Information" und „Know-how" ab. Der technische Fortschritt ist ein Naturgesetz, da sich der Mensch sozial und ökonomisch verbessern will. Er hat sich daher die Übertragung und Verarbeitung von Sprache, Bildern, Texten und Daten zunutze gemacht. Durch die Technisierung der Kommunikation werden sich die menschlichen Aktivitäten ändern. Der Mensch muß sich von einer analogen auf eine digitale Entwicklung umstellen, welche die Kombination von Telekommunikation, Informatik und Audiovision vorantreibt. Jedoch müssen die Anstrengungen auch darauf gerichtet werden, die
kommunikative
Kompetenz zu erhalten. Zum einen sind das Erlernen von und der Umgang mit neuen Informations- und Kommunikationsmedien notwendige Voraussetzungen für die zukünftige Übermittlung von Informationen, andererseits ist nicht nur ein Schwerpunkt auf den
A
4
usgangssituation
technischen Aspekt zu legen, sondern auch auf die soziale Kommunikation. Nach Ortega y Gasset könnte ein Diagramm die Entwicklung zeigen, „die sich seit dem Mittelalter bis in unsere Zeit allein schon in der Mauerdicke vollzogen hat. (...) Man weiß nicht, wie diese Entwicklung enden wird. Bisher standen in der Geschichte Europas die Erziehung zum Individualismus und die Förderung der Individualität im Vordergrund" [Gass60. Seite 311]. Es bedarf individueller Fähigkeiten, sich von den neuen Medien distanzieren zu können und sich auf den zwischenmenschlichen Austausch von Informationen und Know-how
zu
verlagern. Gefragt ist ein Wissen, das den Wechsel von einer digitalen auf eine Mensch-zuMensch
Kommunikation
und
umgekehrt
von
einer
sozialen
auf
eine
technische
Kommunikation ermöglicht, denn „es hängt von sozialen Konstruktionsleistungen
der
Individuen der jeweiligen Gesellschaft ab, wie wir den Ansturm der Impulse aus den unterschiedlichsten alten und neuen Kommunikationsmaschinen verdauen" [Glot95. Seite 58],
Auch der Europäische Rat legte im Bericht „Europa und die globale Informationsgesellschaft" dar,
daß
Informations-
und
Kommunikationstechniken
eine
industrielle
Revolution [Euro94. Seite 4] hervorrufen werden. Die Empfehlung des Rates an die Europäische Union lautet, die informationstechnologischen Veränderungen als Chance zu nutzen, da die Möglichkeit eröffnet wird, traditionell räumlich und zeitlich
verteilte
Informationen zu bündeln und unabhängig von den Faktoren Distanz und Zeit zu verarbeiten, zu speichern, auszuführen und weiterzuleiten. Die Umsetzung des Gedankenguts erfolgte durch das Forum Informationsgesellschaft, welches 1996 im ,.Ersten Jahresbericht des Forums
Informationsgesellschaft
an
die
Europäische
Kommission"
[Foru96]
die
Auswirkungen der dritten industriellen Revolution auf Wirtschaft und Beschäftigung sowie auf soziale und demokratische Grundwerte diskutierte. Es werden auch Veränderungen in der Verwaltung, im kulturellen Leben und in der Bildungspolitik stattfinden, wobei es zu einer Weiterentwicklung und Anwendung der Informations- und Kommunikationstechnik kommen wird.
Im Mittelpunkt der Diskussionen um Entwicklungschancen steht der Informationsbegriff, während der Terminus Revolution
Know-how kaum Gewichtung findet. Eine vierte
industrielle
im Sinne einer Know-how-Gesellschaft bahnt sich an. Es muß das Ziel werden,
die Grundlagen, welche die Informationsgesellschaft geschaffen hat, so zu nutzen, daß eine Know-how-Gesellschaft langfristig aufgebaut wird. Denn es scheint sich ein
weiterer
5
Ausgangssituation
Veränderungsprozeß der Verhaltensformen und Wertvorstellungen in unserem Kulturkreis vorzubereiten, in dem nicht Informationen, sondern Know-how als Antriebskraft für Wirtschaftswachstum betrachtet wird. Die OECD'
spricht von der
„Knowledge-based
Economy" [OECD96], Drucker von „The New Society of Organizations" [Druc92], Stewart von der „Knowledge Economy" [Stew97. Seite 3ff.]. Allen Ansätzen gleich ist die Erkenntnis, daß Wissen die wichtigste Ressource und der wesentliche Erfolgsfaktor ist. Drucker weist auf den dynamischen Charakter von Wissen in dem Sinne hin, daß einmal erworbenes Wissen im Zeitablauf einem ständigen Veränderungsprozeß unterliegt und in einigen
Jahren
obsolet
wird.
Diese
Entwicklung
wirkt
sich
auf
organisationale
Gestaltungsprozesse aus, denn das Element des ständigen Wandels muß berücksichtigt werden. Derzeit vorhandenes Know-how-Potential kann in einigen Jahren veraltet sein, weshalb ständig neues innovatives Wissen aufgebaut werden muß. Laut OECD-Schätzungen [OECD96. Seite 9] sind bereits 50% des Bruttoinlandsproduktes der größten Länder der OECD wissensbasiert.
Die Interdependenz der Faktoren Information und Know-how visualisiert - in Analogie zum „organisatorischen Eisberg" [U1F192. Seite 206] - die Abbildung „Know-how-Eisberg".
Abbildung 1: Know-how-Eisberg
Das kodifizierte und dokumentierte Wissen bildet die Spitze des Eisbergs, die bildhaft aus dem Wasser ragt. Das explizite Wissen symbolisiert die Spitze des vorhandenen Wissens und kann leicht über mehrere Standorte eines Unternehmens transferiert werden [GaZe96. Seite
' OECD ist die Abkürzung fur Organization for Economic Cooperation and Development.
6
Ausgangssituation
290ff.]. Hingegen erweist sich der Austausch von stillschweigenden Wissen, also einem sogenannten impliziten Wissen, als schwierig, da eine Diffusion dieser Art von Wissen nicht über Email, Tele- und Videokonferenzen oder gemeinsame Datenbanken erfolgen kann. Es bedarf erst der qualitativen Fähigkeiten von Individuen, diese Informationen in Know-how umzuwandeln. Das individuelle Wissen einer Person ist dieser eigen und für andere nicht sichtbar, weshalb eine Darstellung von Know-how unterhalb des Wasserspiegels erfolgt. Gerade die prioritäre Bedeutung der stillschweigenden Dimension von Know-how gegenüber der
expliziten
Dimension
von
Informationen
wird
in
der
Diskussion
um
die
Informationsgesellschaft ausgeklammert. Der Fokus liegt auf der Produktion, Reproduktion und Verteilung von kodifiziertem Wissen mittels Informations- und
Kommunikations-
technologien, denn „it can only do so by objectifying all knowledge in propositional forms, thereby excluding the tacit dimension which is the very form which gives it the meaning. (...) This leads to defining information in terms of the quantity of (...) its processing speed" [GÍ1196. Seite 5], Die Ressource Information weist somit im Gegensatz zu Know-how eher eine quantitative Komponente auf. Dennoch bedingen sich beide Faktoren gegenseitig. Zum einen kommt es ohne Informationen zu keinem Know-how-Aufbau, und zum anderen entstehen Informationen, sobald Know-how explizit gemacht wird. Die Abhängigkeit beider Elemente voneinander wird durch die unterbrochene Linie und die Pfeile in Abbildung „Know-how-Eisberg" dargestellt. Während sich herkömmliche Forschungssichtweisen auf den Informationsfluß mittels Informations- und Kommunikationstechnologien konzentrieren, stellt der Know-how-Ansatz
das Handlungswissen des Einzelnen in den Mittelpunkt der
Betrachtung. Know-how wird zur Handelsware und ist eigener Besitz von Know-howTrägern.
Bereits in der Antike widmete Aristoteles sein Interesse der Wissenschaft, indem er die Basis für einen Wissensbegriff in erkenntnistheoretischer Richtung legte. Nach Aristotelischer Meinung ist es charakteristisch für alle Menschen, daß sie „von Natur nach Wissen" [Aris83. Metaphysik I, 1. 980a-982a. Seite 116] streben. Durch die Sinneswahrnehmung gelangt der Mensch zur Episteme. Dies ist die griechische Bezeichnung für Wissen, Erkenntnis, Kenntnis und Wissenschaft. Die Sinneswahrnehmung bedingt die Erinnerung, die Erinnerung die Erfahrung, und daraus entsteht erst Erkenntnis. Den kognitiven Vorgängen des Auges, das sich auf die Erfassung von einzelnen Phänomenen beschränkt, ist das aus der Erfahrung resultierende Wissen übergeordnet und bezieht sich auf das Erkennen von allgemeinen Zusammenhängen. Wissen gab es schon immer und wird es auch immer geben, denn Wissen
7
A usgangssituation
ist dem Menschen eigen als ein „Existential: Es gehört konstitutiv zur Verfassung menschlichen Seins" [Mets92. Seite 220], Der Mensch kann ohne sein Wissen nicht existieren, welches er sich im Laufe seines geschichtlichen Entwicklungsprozesses aus Erfahrungen
angeeignet
hat.
Der
Grundgedanke
dieser
postulierten
elementaren
Epistemologie liegt darin, daß der Mensch ein Erfahrungswissen besitzt, welches er zweckmäßig in seinem Leben einsetzt. Auf der Grundlage des gespeicherten und auf Erfahrung basierenden Wissens kann der Mensch seine Kenntnisse verändern und diese sich zunutze machen.
9
Ziel und Aufbau
2. Ziel und Aufbau , .Das Wesen oder die Gestalt einer neuen
historischen
Epoche ist das Ergebnis innerer Wandlungen - Wandlungen des Menschen und seines Geistes - und äußerer
Veränderungen
formaler und gleichsam mechanischer Art. Die wichtigste unter den letzten ist zweifellos die Verlagerung der Macht, die aber eine Umlagerung des Geistes nach sich zieht." (Ortega y Gasset)
Geht man von der Annahme aus, daß sich Veränderungen in langzeitlichen Entwicklungen vollziehen, so befindet sich die „post-industrial" [WiTa96] Gesellschaft am Beginn eines neuen Entwicklungsprozesses von der Informationsgesellschaft zur Know-how-Gesellschaft. Nachstehende Abbildung „Prozentuale Verteilung der Erwerbstätigen" [Kroy96. Seite Vl/15; o.V.93] zeigt die Kulturrevolution im Wandel seit dem 18. Jahrhundert, wobei die Abbildung um den Aspekt des Know-how-Zeitalters ergänzt wurde.
Agrarzeitalter
Industriezeitalter
Informationszeitalter Know-how-Zeitalter
Abbildung 2: Prozentuale Verteilung der Erwerbstätigen
Die Gewichtung der Erwerbssituation in der Landwirtschaft und der Produktion verlagert sich zum Dienstleistungssektor und zu Know-how-Trägern. In der Agrargesellschaft begründete
10
Ziel und Aufbau.
sich die Macht der Gutsherren über den Bauernstand durch die landwirtschaftlichen Eigentumsrechte
am Produktionsfaktor Boden, während
das tragende Element
des
Industriezeitalters die Güterproduktion war. Bedingt durch den Sachverhalt, daß die Ressource Kapital ein knappes Gut darstellte, war es das Anliegen der Industriellen, die Arbeitskräfte bestmöglich in den Produktionsprozeß einzusetzen. Der exponentielle Anstieg des Bedarfs an Informationen zu Beginn der 90er Jahre ist auf die kommerzielle Freigabe des Internets2 zurückzuführen. In den Mittelpunkt der Betrachtung des Know-how-Zeitalters rückt allerdings der
Mensch
Produktionsfaktoren
mit seinem Wissen
und
Können. Die volkswirtschaftlichen
Arbeit, Kapital und Boden
[Wöhe86.
Seite
85ff.]
werden
als
zweitrangige Ressourcen betrachtet, denn diese sind im Vergleich zu Know-how ausreichend vorhanden. Die Macht wird zukünftig in den Händen des Know-how-Trägers, nämlich des Experten, liegen.
In Anlehnung an die von Kuhn [Enzy84. Seite 504ff.] vorgestellte Konzeption des Paradigmawechsels vollzieht sich ein solcher Wandel in diskontinuierlichen Schritten, der von sozialen Indikatoren bestimmt werden kann. Es kommt dabei zu einer Krise des anerkannten Paradigmas und zur Durchsetzung eines neuen Paradigmas, das im folgenden als das Know-how-Paradigma bezeichnet wird, denn Know-how und nicht Informationen werden
im
nächsten
Jahrhundert
zum
zentralen
Terminus.
Die
Betrachtung
der
Wissenschaftsentwicklung legt dar, daß derzeit eine „vor-paradigmatische Phase" vorherrscht. Es bestehen noch keine einheitlichen Methodologien und gemeinsamen Kommunikationsstrukturen in der Wirtschaftsinformatik darüber, •
wie der Terminus Know-how definiert werden kann,
•
wie das Know-how der Experten für Unternehmen zugänglich gemacht werden kann,
•
wie Know-how-Netzwerke aufgebaut werden,
•
wie ein Know-how-Unternehmen entsteht und
•
welche Methoden sowie Werkzeuge die Generierung und den Transfer von Know-how unterstützen.
2
Vgl.
Internet
Society:
internet/history/brief.html),
A
Brief Hobbes'
guest/zakon/Intemet/History/HIT.html}, http://www.commerce.net/research/)
History
of
Internet
the
Internet
Timeline
CommerceNet
v3.3
(Internet-Adresse:
http://www.isoc.org/
(Internet-Adresse:
http://www.isoc.org/
und Nielson
Media Research
(Internet-Adresse:
Ziel und Aufbau
11
Vor dem Hintergrund des Know-how-Paradigmas erlangt Know-how einen völlig anderen Stellenwert und traditionelle Unternehmensformen, Verhaltensmuster und Technologien reichen nicht zur Beschreibung von Know-how-Prozessen aus. Im Mittelpunkt steht der Mensch mit seinem Erfahrungswissen, welches er für die Lösung von
individuellen
Problemen einsetzt. Die veränderte Sichtweise stellt individuelle Charaktereigenschaften wie Intuition sowie Kreativität in den Vordergrund. Ray beschreibt das neue Paradigma folgendermaßen: „but whatever our role in life, we are beginning to realize that we need to listen to our own creative impulses, to our inner own knowledge. This is where the emerging paradigm (...) begins" [Ray93. Seite 5], Im Kontext des Know-how-Managements wird von folgender zentraler Hypothese ausgegangen:
Unternehmen können im nächsten Jahrhundert nur dann wettbewerbsfähig zu Know-how-Unternehmen
sein, wenn sie sich
entwickeln.
Die Wirtschaftsinformatik stellt derzeit Methoden und Werkzeuge zur Unterstützung von Informationsprozessen
zur
Verfügung,
läßt
allerdings
den
Aspekt
der
Know-how-
Unterstützung außer acht. Die zentrale Forschungsfrage für das Know-how-Management lautet deshalb:
Wie kann eine Know-how-Architektur
die Verbesserung von
Know-how-Transfer-Prozessen
gestalten und unterstützen?
Die Arbeit umfaßt drei Forschungsschwerpunkte: 1. Die
Entwicklung
einer
Know-how-Terminologie
in
Anlehnung
an
die
Forschungskonzeption der Begriffslehre. 2. Die Diagnose der derzeitigen Situation zur Know-how-Thematik anhand von empirischen Studien (istzustandsorientierter Ansatz). 3. Der Entwurf und die Reflexion einer Know-how-Architektur zur Verbesserung von Know-how-Transfer-Prozessen.
Die Einordnung des Know-how-Ansatzes in die Wissenschaftsdisziplin Wirtschaftsinformatik verlangt nach einer Modifizierung der Sichtweise von Informationsystemen als „MenschAufgabe-Technik-Systeme" [Hein96. Seite 14ff.; HeRo98. Seite Xllf.], wie Abbildung „Grundstruktur des Know-how-Ansatzes" visualisiert.
12
Ziel und Altbau
o Legende:
Methoden und Werkzeuge des Know-how-Ansatzes
Abbildung 3: Grundstruktur des Know-how-Ansatzes
Abbildung „Grundstruktur des Know-how-Ansatzes" zeigt, daß zum Erkenntnisobjekt der Wirtschaftsinformatik zukünftig auch die Ressource Know-how gehört: •
Know-how
wird als die höchste Lernstufe menschlichen Handelns betrachtet (vgl.
Ausführungen in Kapitel 3.3.3.1). •
Der Mensch muß sich in einem Lernprozeß Know-how aneignen. Das Individuum ist der Know-how-Träger.
•
Die Aufgabe des Einzelnen beruht auf der Lösung individueller Probleme der Kunden.
•
Der Terminus lnformations-
und Kommunikationstechnik
impliziert Einzeltechniken (z.B.
Eingabe-, Ausgabe-, Speicher- und Transporttechnik) sowie integrierte Techniksysteme (z.B. Internet) zur Unterstützung des Aufbaus von Know-how. •
Diese vier Komponenten alleine reichen jedoch für die Bildung des Know-how-Ansatzes nicht aus. Jede dieser Komponenten ist anderen Wissenschaftsdisziplinen zuzuordnen. Erst ihre Zusammenfassung mittels geeigneter Methoden
und Werkzeuge
macht den
Know-how-Ansatz aus.
Aufgrund der sehr unreflektierten, unpräzisen sowie unsystematischen Diskussion des Knowhow-Ansatzes in der Literatur, ist es das Ziel der Arbeit, das theoretische Modell für Knowhow-Transfer-Prozesse zu entwickeln. Dieses theoretische Modell wird in Form eines Architekturmodells konzipiert und bildet aus diesem Grunde eine geeignete Voraussetzung für die hard- und softwaretechnische Implementierung.
13
Ziel und Aufbau
Der Aufbau der Arbeit gestaltet sich in Form von elf Kapiteln. Informationen und Know-how stehen in einem direkten Zusammenhang, denn ohne ausreichendes Wissen ist es nicht möglich, in den Besitz von Know-how zu gelangen. Informationen besitzen den Stellenwert der Vorstufe zur Entwicklung von Know-how. Die Ausgangssituation
(Kapitel eins) erklärt
den Übergang der Informations- zur Know-how-Gesellschaft.
Das Ziel und der Aufbau der Arbeit werden in diesem Kapitel zwei erörtert. Es erfolgt eine Einordnung der Ressource Know-how in die Wissenschaftsdisziplin Wirtschaftsinformatik.
Die Forschungskonzeption
der Begriffslehre
[Chmi94. Seite 43ff.] bildet die terminologische
Basis für die Ableitung der Know-how-Definition (Kapitel drei). Den Ausgangspunkt stellt der Ansatz von Ryle (Kapitel 3.1) dar, welcher eine Differenzierung der Termini „Wissen" und „Können" vornimmt. Diese Erkenntnisse bilden die Schnittstelle für das 5-Stufenmodell zum Erlernen von Fertigkeiten laut Dreyfus (Kaptitel 3.2). Für ein umfassendes Verständnis des Transformationsprozesses von Know-how ist es notwendig, eine Abgrenzung der Begriffe Daten,
Information
sowie
Know-how
offenzulegen
(Kapitel
divergierenden Definitionen zum Begriff Know-how wird eine
3.3).
Aufgrund
der
Know-how-Systematik,
basierend auf sechs Dimensionen (Kapitel 3.4), vorgestellt. Bereits in der Antike widmete Aristoteles sein Interesse der Wissenschaft, indem er auf der Suche nach dem Ursprung des menschlichen Wissens den Grundstein für einen Wissensbegriff in erkenntnistheoretischer Richtung legte. Die Forschungsergebnisse der Neurowissenschaften dienen als Unterstützung für ein besseres Verständnis der Wissenspsychologie. Im Mittelpunkt der Untersuchungen der Wissenspsychologie steht der Aspekt, wie der Mensch sein Wissen erwirbt und wie die aufgenommenen Informationen aus der Umwelt im Gedächtnis repräsentiert sein könnten. Die juristische Fachwelt betriebswirtschaftlicher
diskutiert Patentlizenz- und Know-how-Vereinbarungen. Perspektive
wird
die
Organisationsform
des
Aus
Know-how-
Unternehmens erörtert. Die Wirtschaftsinformatik muß eine Öffnung der informationsorientierten Disziplin zu einem Know-how-basierten Vorgehen erfahren.
In Kapitel
vier erfolgt eine Annäherung an das Untersuchungsobjekt Know-how mittels
empirischer Studien, wobei das Problem (Kapitel 4.1), der Problemlösungsweg (Kapitel 4.2), die Ergebnisse der Auswertungen (Kapitel 4.3) sowie die Schlußfolgerungen (Kapitel 4.4) erläutert werden. Die Studien dienen dazu, die Relevanz der Ressource Know-how zu erforschen.
14
Ziel und Aufbau
Den Kernteil umfaßt das fünfte Kapitel, welches die Entwicklung der
Know-how-Architektur
zur verbesserten Gestaltung von Know-how-Transfer-Prozessen zum Inhalt hat. Einleitend erfolgt die Auseinandersetzung mit den Grundlagen der Know-how-Architektur (Kapitel 5.1). Das Design beruht auf der Methode Mind-Mapping (Kapitel 5.2). Diese qualitative Methode wird gewählt, um die kognitiven Prozesse der Know-how-Entwicklung des Individuums zu unterstützen. Die Know-how-Architektur besteht aus fünf Prozessen. Die Initialphase bildet der Prozeß der Vorstudie (Kapitel 5.3), der sich durch eine grundlegende Ausrichtung mit dem Know-how-Ansatz in einem Unternehmen beschäftigt. Die Führungskräfte müssen sich mit dem Know-how-Paradigma identifizieren, u m die Transformation zu einem Know-howUnternehmen zu realisieren. Dazu ist es notwendig, daß ausreichende Kenntnisse über die Fertigkeiten der Mitarbeiter zur Verfugung stehen, d.h. die kreativen Ideen der Know-howTräger müssen mittels der Methode Mind-Mapping identifiziert werden (Kapitel 5.4). Die Verfeinerung des Handlungswissens der Experten ist Gegenstand des Adaptionsprozesses (Kapitel 5.5). Schließlich gewährleistet der Prozeß der Vernetzung die Verknüpfung der kreativen Gedanken zu Know-how-Netzen (Kapitel 5.6). Der Kreislauf der Know-howArchitektur ist geschlossen, wenn das Know-how-Unternehmen implementiert ist (Kapitel 5.7).
In Kapitel sechs wird das Datenmodell für den Know-how-Ansatz entwickelt.
In Kapitel sieben wird, unter Verwendung des Ansatzes von Schön, die Reflexion der Knowhow-Architektur,
am
Beispiel
eines
Marktforschungsinstituts,
durchgeführt.
Die
Vorgehensweise unterteilt sich in die Erklärung des Ansatzes von Schön sowie in die Problembeschreibung
(Kapitel
7.1), in die Erläuterung
der Meßvorschriften
für das
Fallbeispiel (Kapitel 7.2), in die Darstellung der Ergebnisse (Kapitel 7.3) und in die Eignung des Reflexionsansatzes von Schön (Kapitel 7.4).
In Kapitel acht wird das Forschungsergebnis dargelegt.
Kapitel neun beinhaltet das Literaturverzeichnis, Kapitel zehn die Internet-Quellenangaben und Kapitel elf das Stichwortverzeichnis.
Theoretische Grundlagen der
Know-how-Thematik
15
3. Theoretische Grundlagen der Know-how-Thematik ist nicht genug zu wissen; man muß auch
anwenden;
es ist nicht genug zu wollen; man muß auch tun." (Goethe)
Die Auseinandersetzung mit der Know-how-Definition stützt sich auf Grunderkenntnisse der Arbeit „Dimensionen des Terminus Know-how" [Fink94]. Die Bedeutung von Know-how hat der Vorstandsvorsitzende von Olivetti de Benedetti folgendermaßen beschrieben: „Das Rohmaterial der Volkswirtschaften der Zukunft wird nicht Öl oder Stahl sein, sondern Hirn, Know-how und Fertigkeiten. (...) Das Spiel heißt heutzutage, die Brücke zwischen Technologie und Konsumenten zu sein" [Fisc95. Seite 70], Bereits diese Aussage zeigt, daß der Begriff Know-how im Gegensatz zu seiner erstmaligen Erwähnung am 14. Juli 1838 im „New Yorker", in dem es heißt
promise 1st. To do the duties of the office of the best of my
know-how, and have a stouter man than myself to help me" [Supp76. Seite 538], einem terminologischen Wandel unterzogen ist. In Kapitel 3.1. wird der Know-how-Ansatz von Ryle erörtert, der als klassischer Beitrag für die Begriffswelt von Know-how erachtet wird.
3.1. Der Know-how-Ansatz von Ryle Der Philosoph Ryle behauptet in seinem Buch „Der Begriff des Geistes" [Ryle69], daß das klassische philosophische Gedankengut nicht als Begründung für ein „knowing how" 3 dienen könne, denn es wird der Aspekt außer acht gelassen, wie der Mensch tagtäglich seine Begabungen ausführt und welche Bedeutung diesen zugesprochen werden kann. Im Sinne von Ryle bedeutet .Jcnowing how" das Gleiche wie „being able to do something" [Ryle69. Seite 26. Anmerkung 1], Ryle begründet seine Perspektive damit, daß bei den Theoretikern lange Zeit die Meinung vorherrschte, man könne einen Menschen nur dann als intelligent bezeichnen, wenn er aufgrund von Regeln und Prinzipien eine bestimmte Tat ausführt, d.h. die Philosophie ging davon aus, daß ein Mensch sich sein Wissen, welches aus logischen und
(
Im Zusammenhang
mit dem Terminus „knowing how" sei angemerkt, daß der im englischen
Originaltext
verwendete Begriff in der deutschen Version mit „Können " übersetzt wurde, während „knowing that" als „ Wissen " bezeichnet wird.
Theoretische
16
Grundlagen der
Know-how-Thematik
wahren Aussagen besteht, aufgrund seines Intellektes
bzw. seines Geistes angeeignet hat.
Deshalb könne eine Handlung nur entstehen, wenn man sich zuvor mit der Theorie auseinandergesetzt habe.
An dieser Stelle sei auf die Strukturierung der Wissenschaften nach Aristoteles
[Barn92]
verwiesen, der den Künstlern diese Fähigkeit zuordnete und sich im Rahmen der praktischen und herstellenden Wissenschaft mit dieser Thematik beschäftigte. Aristoteles teilt das Wissen in die praktische, herstellende und theoretische Wissenschaft ein. In seinen Abhandlungen zur praktischen
Wissenschaft,
nämlich „Poetik", „Nikomachische Ethik" und
„Eudemische
Ethik", will er den Menschen zum Handeln aufrufen, wobei zwischen Charaktereigenschaften und Intellekt unterschieden werden muß. Nur durch sein Denken und seine Vernunft ist der Mensch intellektuell und unterscheidet sich dadurch von anderen Lebewesen. I m Rahmen der herstellenden
Wissenschaft,
die in der .Poetik" zum Ausdruck kommt, setzt sich Aristoteles
mit den Künstlern und Literaten auseinander. Dabei kommt es nicht so sehr darauf an, wie man das Werk eines Künstlers beurteilt, sondern wie es von den Menschen geschaffen wurde. Das Interesse richtet sich auf den Prozeß der Herstellung, wobei Lernen ein Teil der poetischen
Wissenschaft
ist, während bei den praktischen Wissenschaften das Betrachten und
die Wirklichkeit des Wissens ein oberstes Gebot ist. Über die intellektuelle Seite der Kunst hat Aristoteles folgendes gesagt, „(...), daß das Lernen nicht allein den Philosophen das größte Vergnügen bereitet, sondern auch anderen Menschen (...). Wir freuen uns aber aus diesem Grunde daran, Ähnlichkeiten zu sehen - wenn wir betrachten, dann lernen und erschließen wir (...)" [Barn92. Po 4, 1448b 8-17. Seite 135], Die theoretische
Wissenschaft ist nach
Aristoteles die wichtigste, und er teilt sie in Theologie, Mathematik und Naturwissenschaften ein. Die Theologie, d.h. die Philosophie, nimmt die bedeutendste Stellung ein. Diese Wissenschaft, die Episteme, ist das Beweisen von Prinzipien und Ursachen und entsteht erst durch den menschlichen Geist.
Die Argumentation von Ryle wendet sich gegen den Trugschluß einer zweigegliederten Begründung - der sogenannten „intellektualistischen Legende" -, daß nämlich die Praxis nur existiere, wenn man sich vorher mit der Theorie befaßt habe. Eine intelligente Handlung äußert sich in der Umsetzung und nicht in einer vorangegangenen geistigen Überlegung. Wenn also eine Person mit Intelligenz handelt, dann vollzieht sich nicht nur ein Vorgang, sondern
es
vollziehen
sich zwei Vorgänge.
Kritisch
gegenüber
der Sichtweise
der
Theoretische
Grundlagen der
Know-how-Thematik
17
intellektualistischen Legende äußert sich Ryle, da ein unendlicher Regreß von intellektuellen Handlungen stattfinden müßte, um dieser Ansicht standzuhalten.
Im Zusammenhang mit der Diskussion um den Begriff Know-how steht die Bezeichnung von „knowing how" als eine Disposition, seinem
Handeln.
Beim
d.h. die Neigungen eines Menschen äußern sich in
Menschen
versteht
Ryle
unter
einer
Disposition
seine
Charaktereigenschaften, die sich nicht mit einfachen Aussagen beschreiben lassen, sondern vor dem Hintergrund der jeweiligen Situation interpretiert werden müssen. Da es nicht nur eine Art von menschlichen Charaktereigenschaften gibt, müssen dispositionelle Adjektive verwendet werden, um den Zustand zu determinieren. Vor diesem Hintergrund kommt Ryle zu dem Schluß [Ryle69. Seite 56]:
„ Können ist also eine Disposition, aber nicht eine eingleisige Disposition eine Gewohnheit. von Kriterien theoretischem
Es wird in der Befolgung
ausgeübt,
aber
wie ein Reflex
von Regeln oder Richtlinien oder der
die Ausübung
ist keine
Bekennen von Maximen und darauffolgender
Doppeloperation,
oder
Anwendung
bestehend
aus
Umsetzung in die Praxis. "
Die Umsetzung in Handlungen kann dabei durchaus auf Regeln, Formeln und theoretischen Kenntnissen beruhen, für den Terminus „knowing how" ist letztendlich nur von Bedeutung, wie eine Person - basierend auf ihren Begabungen, Neigungen und Fähigkeiten - eine Tat vollbringt. So äußert sich das Können eines Chirurgen in der Durchführung einer gelungenen Operation und nicht in langen Erklärungen über seine medizinische Vorgehensweise. Nach der Ryle'sehen Auffassung ist ,.knowing how" ein Wissen für die Praxis und wird als ein Handlungswissen angesehen. Zur Praktizierung von Können bedarf es zum einen ständiger Übung, um durch Lernen neues Können zu erwerben, und zum anderen Intelligenz. Ryle unterscheidet, daß ein Mensch durch seine Ausbildung
Fähigkeiten
erhält,
während
Gewohnheiten durch Abrichtung und stete Wiederholung hervorgerufen werden. Im Kontext von Können muß der Aspekt des Verstehens beachtet werden, denn „Verstehen ist eine Art des Könnens" [Ryle69. Seite 66], Die Kompetenz, intelligente Handlungen zu verstehen, ist Teil des Handlungswissens. Eine Handlung kann zwar intelligent getätigt, aber ihre Leistung nicht intelligent erfaßt werden, d.h. die Bewertung einer Handlung verlangt eine Art des Könnens, um eine Tätigkeit auszuführen.
18
Theoretische
Grundlagen der
Know-how-Thematik
Baumgartner [Baum93. Seite 71] setzt das Rylesche „knowing how" gleich mit dem in den Kognitionswissenschaften verwendeten prozeduralen Wissen und das verwendete „knowing that" mit dem deklarativen Wissen. Das deklarative Wissen kann als ein Fakten- und Tatsachenwissen beschrieben werden. Nach Zimbardo ist das Wissen in semantischer und episodischer Form kodiert [Zimb92. Seite 282], Das prozedurale Wissen ist in Form von Produktionen repräsentiert. Darunter versteht Opwis [Opwi88. Seite 76f.] Regeln, die zur Unterstützung von Problemen dienen, und in Wenn-Dann-Klauseln beschrieben werden. Das prozedurale Wissen gliedert sich in zwei Bereiche: (1) Das bereichsspezifische Wissen, wobei eine Person bei einer Konfrontation mit einem Problem aus dem Gedächtnis ein Lösungskonzept aktiviert. Das Problem wird aufgrund von Algorithmen gelöst. (2) Das bereichsübergreifende Wissen, welches synonym mit den Termini allgemeines oder heuristisches Wissen verwendet wird.
Der Ansatz von Ryle legt den Grundstein für die Aussage, daß ,.knowing how" ein Handlungswissen ist, welches auf den Fertigkeiten des Einzelnen beruht und nur durch den Prozeß der Übung erlangt werden kann. Dem Terminus Know-how ist die Eigenschaft Prozeßcharakters
immanent. Die einzelnen Lernstufen zur Know-how-Aneignung
des sind
Gegenstand des Forschungsinteresses der Gebrüder Dreyfus.
3.2. Der Know-how-Ansatz von Dreyfus Die Brüder Dreyfus 4 [DrDr87; DrDr97] wenden sich gegen den Ansatz der Künstlichen Intelligenz Forschung, nämlich in Expertensystemen oder wissensbasierten Systemen die Vorgehensweise eines Experten zur Problemlösung nachzubilden. Die Begründung ihrer Sichtweise führen die Autoren auf das Fehlen der intuitiven Komponente eines Computers zurück. Während Experten „images" zur Vorhersage von Ereignissen nutzen, zieht ein Computer nur Schlüsse aufgrund von bestehenden Fakten, denn ,.human beings seem to be able to form and compare images in a way that cannot be captured by any number of procedures that operate on descriptions" [DrDr97. Seite 40]. Ihre Ansichten gehen soweit, daß es als Fehler angesehen werden kann, wenn die Fähigkeiten beispielsweise eines Controllers
4
Zur Vereinfachung wird die 3.Person Singular verwendet, also Dreyfus.
Theoretische Grundlagen der
Know-how-Thematik
19
im Flugtower oder eines ausgezeichneten Lehrers durch einen intelligenten Computer ersetzt werden, da dieser nicht die Stufe des Expertentums erreichen kann. Ein Zugang zur Konkretisierung von Know-how läßt sich vor dem Hintergrund des Erlernens von Fertigkeiten darlegen. Nach Dreyfus [DrDr87] findet ein Transformationsprozeß beim Menschen vom „Wissen, daß (...)" zum „Wissen, wie (...)" statt. Parallel zum fünfstufigen Modell von Dreyfus wird das dreistufige Modell der Psychologen 5 betrachtet.
3.2.1.
Stufe 1: Der Neuling (Novice)
Der Neuling
nimmt am Beginn des Lernprozesses nur Regeln,
Anweisungen
oder
Mitteilungen auf, indem er sich eine kognitive Struktur macht von dem, was zu tun ist [Zimb92. Seite 328]. Leitsätze werden nicht bewertet und der Novize ist noch nicht im Besitz der Begabung, die verschiedenen Fakten miteinander zu verknüpfen. Die Regeln bestehen nebeneinander, ohne daß sie vom Neuling in einen Zusammenhang gebracht werden. Dreyfus nennt diese Regeln „kontext-freie-Regeln" [DrDr87. Seite 43],
Die psychologische Literatur bezeichnet diese Stufe als die kognitive Phase [Ande89. Seite 219] und versteht darunter, daß ein Anfänger eine Handlung nur ausfuhrt, wenn er sich an die im Gedächtnis gespeicherten Gesetzmäßigkeiten erinnert, d.h. sich diese ins Gedächtnis ruft. Ein Anfänger verwendet nur bereichsübergreifende Verfahren, indem er Regeln
mit
Allgemeingültigkeit aufstellt, wie zum Beispiel [Ande89. Seite 219]:
„WENN das Ziel lautet, einen Zustand X zu erreichen, und M eine Methode ist, um den Zustand X zu erreichen, DANN stelle das Teilziel auf, M anzuwenden."
Ein Anfänger zieht also zur Problemlösung eine Rückwärtsstrategie heran, indem er von einem Ziel ausgeht und eine geeignete Lösung sucht, wobei er auch Heuristiken anwenden kann. Das Wissen des Anfängers liegt in deklarativer Form vor. Putz-Osterloh erwähnt die
5
Anmerkung: Eine genaue Zuordnung ist dabei nicht möglich, es lassen sich aber dennoch Ähnlichkeiten bei der Betrachtung - wie ein Neuling zum Experten wird - feststellen.
20
Theoretische Grundlagen der Know-how-Thematik
Überlegungen Larkins, der behauptet, daß „eine ,naive' Problemrepräsentation von Laien, die aus Einheiten des .Alltagswissens' zusammengesetzt ist" [Putz88. Seite 258], existiert.
3.2.2.
Stufe 2: Der Fortgeschrittene Anfänger (Advanced Beginner)
Der Neuling verläßt das Stadium der objektiven Wahrnehmung und wird sich seines Umfeldes gewahr. Ihm eröffnet sich die Möglichkeit, in konkreten Situationen erste Erfahrungen zu sammeln und diese zu konkretisieren. Der Zustand des reinen Existierens von Fakten wird um den Aspekt des Erkennens situativer Gegebenheiten ergänzt. Es stehen sowohl kontext-freie als auch situationsabhängige Regeln zur Verfügung. Der fortgeschrittene Anfänger „schwankt zwischen einer Überbetonung der eigenen Erfahrung und einer Vernachlässigung
allgemeiner
Regeln einerseits und einer Mißachtung
der eigenen
Erfahrungen und Überbetonung der gelernten Regeln andererseits" [Baum93. Seite 298]. Beim Übergang von der Stufe eins zur Stufe zwei versucht der „advanced beginner" zwei Elemente zu kombinieren, denn zum einen existiert ein Faktenwissen, basierend auf den erworbenen Instruktionen, und zum anderen besteht bereits die Fähigkeit, Ähnlichkeiten zwischen einer früher erworbenen praktischen Erfahrung, und einer neu eintretenden Situation zu erkennen.
3.2.3.
Stufe 3: Kompetenz (Competence)
Ein kompetenter Mensch ist in der Lage, die existierenden Gesetzmäßigkeiten und Leitlinien zu bewerten. Erst wenn er das Stadium erreicht, sein bisheriges auf Instruktionen basierendes Wissen abzulegen und dafür den verschiedenen Situationen Prioritäten zuzuordnen, befindet sich ein fortgeschrittener Anfänger auf dem Weg zu einem kompetenten Menschen. Die Kompetenz eines Individuums eröffnet die Möglichkeit der Bildung einer Zielhierarchie, für die er auch die Konsequenzen übernehmen muß. Eine kompetente Person sollte in der Lage sein zu entscheiden, welches ein Oberziel ist und aufgrund dessen, welche Zwischenziele und Unterziele sich ableiten lassen.
Die Stufe zwei und drei des Modells von Dreyfus entsprechen dem, was in der psychologischen Literatur unter assoziativer Phase [Ande89. Seite 219] diskutiert wird. Der
Theoretische Grundlagen der
Know-how-Thematik
21
Einzelne hat gelernt, sich seiner Irrtümer der kognitiven Phase bewußt zu werden. Er denkt assoziativ und „einzelne Elemente werden zu Bestandteilen umfassender Einheiten" [Zimb92. Seite 328] im Gedächtnis kodiert. In der Kompetenzstufe wird das Regelwissen in ein prozedurales Wissen transformiert, wobei es Situationen geben kann, in denen sowohl ein deklaratives als auch ein prozedurales Wissen erforderlich ist. Statt
allgemeingültiger
bereichsübergreifender Bedingungen liegen bereichsspezifische Anwendungen vor.
3.2.4.
Stufe 4: Gewandtheit (Proficiency)
Eine Abgrenzung zur Kompetenz resultiert daraus, daß sich eine Handlung nicht aus der Auswahl vorher überlegter Alternativen, sondern aus einem Erkennen von holistischen Ähnlichkeiten ergibt. Gewandte Personen vertrauen auf ihre Intuition, was für Dreyfus gleichbedeutend mit Know-how ist. Die Autoren verstehen darunter [DrDr87. Seite 53]:
„(...) Know-how,
wie wir es definieren,
Inspiration,
sondern
anwenden,
eine Fähigkeit,
zugeschrieben
eine Fähigkeit,
ist weder
wildes Raten
die wir immerzu
die man
in unserer
bei jeder
Kultur
immer
noch
übernatürliche
alltäglichen lediglich
Handlung den
Frauen
hat."
Dieses auf Erfahrungen basierende Wissen entspricht dem von Polanyi [Pola85; Pola97] eingeführten Terminus des Jacit
knowledge"
oder des impliziten Wissens. Es steht im
Gegensatz zum expliziten Wissen, das durch die Sprache zum Ausdruck kommt. Der Theorie des „tacit knowledge" liegt der Sachverhalt zugrunde, daß intuitive Handlungen auf einem stillschweigenden Wissen beruhen, wobei das implizite Wissen einem Individuum sehr nahe liegt und unterstützend bei der Durchführung von Handlungen wirkt. Beim impliziten Wissen unterscheidet Polanyi zwei Glieder und zwar in der Hinsicht, daß eine Person - anatomisch ausgedrückt - ihre Aufmerksamkeit von einem proximalen6
auf einen distalen Term richtet.
Polanyi benennt das proximale Wissen als Hintergrundwahmehmung - subsidiary awareness-, auf welches sich eine Person verlassen kann. Dieses Wissen bewirkt, daß ein Individuum seine gesamte Aufmerksamkeit auf das entfernte Glied - den distalen Teil - konzentrieren
6
Anmerkung:
Proximal:
Gegensatz ist distal.
Lagebezeichnung
für
einen näher zum Rumpf gelegenen
Teil einer
Extremität.
22
Theoretische
Grundlagen der
Know-how-Thematik
kann, wobei der proximale Term das Glied darstellt, welches nicht verbalisiert werden kann. Polanyi geht von der Annahme aus, daß jedes individualistische Handeln auf einem impliziten Wissen beruht, denn „we are aware of the proximal term of an act of tacit knowing in the appearance of its distal term; we are aware of that from which we are attending to another thing, in the appearance
of that thing. We may call this the phenomenal
structure
of tacit
knowing" [Pola97. Seite 139]. Im Kontext der Know-how-Thematik bedeutet dies, daß der Terminus Know-how mit dem impliziten Wissen gleichgesetzt werden kann.
3.2.5.
Stufe 5: Expertentum (Expertise)
Während gewandte Personen aufgrund von Holistiken handeln, ist es für einen Experten charakteristisch,
daß
er
autonom
handelt.
Beim
Experten
laufen
automatische
Handlungsabläufe ab. Die Psychologen bezeichnen diese 5. Stufe als autonome
Phase".
Experten lösen im Gegensatz zu einem Neuling Probleme durch eine Vorwärtsstrategie und zeichnen sich durch ihr bereichsspezifisches Wissen aus. Der Vergleich zwischen Experten und Novizen liegt nicht nur in dem unterschiedlichen Problemlösungsverhalten, sondern vielmehr
auf
der
Empfangsseite
menschlicher
Informationsverarbeitung,
nämlich
der
Wahrnehmung. Experten besitzen in ihrem Gedächtnis chunks, die hierarchisch miteinander verknüpft sind [Putz88. Seite 252f.]. Die Organisation von Wissen als chunks geht auf den Ansatz von Miller zurück [Kluw88. Seite 380f.]. Unter chunks versteht man komplexe Elemente von Wissenseinheiten im Langzeitgedächtnis, die sich ein Individuum durch Erfahrung angesammelt hat. Ein Laie verfügt nicht über umfangreiche Kategorien zur Unterstützung von Problemlösungen, denn seine Problemelemente hängen nicht systematisch miteinander zusammen.
Die
Künstliche
Intelligenz
Forschung
versucht
in
wissensbasierten
Systemen
das
Problemlösungsverhalten von Experten nachzubilden [FuFD88; HeLR94; Schw91]. In der Wissensbasis
wird
das
Spezialwissen
eines
Experten
gespeichert,
das
mittels
der
Problemlösungskomponente (Inferenzkomponente) durch Ziehen von Schlüssen ausgewertet wird. Die Herausforderung an die Künstliche Intelligenz Forschung stellt die Repräsentation von unvollständigem und unscharfem Wissen dar. Nach der Ansicht von Wallmansberger [Wall89. Seite 74] stößt man auf erhebliche Schwierigkeiten: auf die Wissensrepräsentation in „fuzzy sets", das Schließen in nichtmonotonen Logiken und schließlich das nichtsprachliche
Theoretische
Grundlagen der
23
Know-how-Thematik
Wissen, also jenes Wissen, welches als implizites Wissen bezeichnet wird. Unter dem Blickwinkel des Know-how-Ansatzes ergibt sich das Problem, daß in dem Moment, in welchem ein Experte mit dem Prozeß beginnt, seine automatisch ablaufenden Handlungen zu artikulieren, damit diese in Form von Regeln abgebildet werden, nicht mehr Experten-Knowhow vorliegt. Die implizite Dimension von Know-how ist nicht existent, sie wird durch eine explizite Dimension ersetzt, da der Charakter des intuitiven Vorgehens zur Problemlösung eines Experten nicht vorhanden ist. Der Experte setzt sich von der Stufe einer autonom handelnden Person zurück auf die Stufe eines Anfängers bzw. fortgeschrittenen Anfängers. Mit anderen Worten: „No amount of rules and facts can Substitute for the know-how experts have gained from experience in tens of thousands of situations" [DrDr97. Seite 43]. Im Vergleich zu einem Novizen oder fortgeschrittenen Anfänger kann ein Computer besser Schlüsse ziehen; jedoch werden Expertensysteme nicht die Gedanken eines menschlichen Experten repräsentieren können. Experten zeichnen sich durch die Eigenschaft aus, daß sie in ihrem Gedächtnis „images" bilden, welche holistisch miteinander verglichen werden. Ein Experte handelt aufgrund der Intuition und wird sich in einer spezifischen Handlungssituation der Regeln nicht bewußt, denn seine mentalen Prozesse laufen ohne eine Bewußtwerdung ab. Die Repräsentation von Wissen auf einem Computer stellt somit nur einen Ausschnitt aus der realen Welt dar, denn „wann immer eine Person ein Programm schreibt, ist es ein Programm über
irgendeine Gegebenheit
über
einen Sachverhalt oder einen
Gegenstandsbereich"
[WiF189. Seite 143],
Nimmt man die Theorien über das Erlernen von Fertigkeiten als Grundlage für die Ableitung eines Know-how-Begriffes, so kann konkludiert werden, daß das Subjekt von Know-how ein Individuum ist. Der Terminus Know-how zeichnet sich durch eine Dimension
individualistische
aus, denn Experten repräsentieren Know-how-Träger. Zur Erreichung der Stufe
des Know-how-Trägers bedarf es eines „transformational learning" [Tobi96], Tobin versteht darunter, daß nur durch die Anwendung der zur Verfügung stehenden Informationen dem eigenen Handeln ein Wert beigemessen werden kann, denn „transformational learning is the identification, acquisition, and application of information that enables an Organization, and the people within that Organization, to reach their goals" [Tobi96. Seite 11], Statt des Terminus Know-how verwendet Tobin den Ausdruck „wisdom".
Der kognitive Prozeß zur Gewinnung von Know-how beruht auf einem kreativen Vorgehen und äußert sich in der Entstehung von Handlungen. Die Kognition verursacht wirksame
24
Theoretische Grundlagen der
Know-how-Thematik
Handlungen, denn „die handlungsbezogene Orientierung (...) bezieht auch die Zeitlichkeit des Lebensprozesses ein, als Spezies (Evolution), als Individuum (Ontogenese), und als gesellschaftliches Muster (Kultur)" [Vare93. Seite 111]. Es wird sich eine Diskrepanz zwischen Experten und Nicht-Experten herausbilden. Durch die Evolution wird Wissen schnell veralten, so daß Know-how-Träger genötigt sind, stets ihr Wissen dem raschen Lebenszyklus anzupassen, um so ihren Expertenstatus nicht zu verlieren.
3.3. Transformationsprozeß des Know-hows In Anlehnung an das von McKinsey vorgeschlagene S-Kurven-Konzept [Fost82] läßt sich die Aneignung von Know-how visualisieren (vgl. Abbildung „Transformationsprozeß des Knowhows"). Auf der Abszisse wird die Zeit abgetragen, die eine Person zur Know-howGewinnung benötigt. Die Ordinate verdeutlicht die einzelnen Lernstufen zur Know-howAneignung. Es wird von einem zweifachen Transformationsprozeß ausgegangen, indem zunächst Daten zu Informationen verarbeitet und diese wiederum zu Know-how transformiert werden. Der Übergang von einer Stufe zur anderen soll im folgenden konkretisiert werden.
Abbildung 4: Transformationsprozeß des Know-hows
Den Unterschied von Daten zu Informationen beschreibt Earl wie folgt: „(...) data were perhaps seen as events or entities represented in some symbolic form and capable of being
Theoretische Grundlagen der
25
Know-how-Thematik
processed. Information was the output of data that was manipulated, re-presented, and interpreted (...)" [Earl96. Seite 38f.].
3.3.1.
Daten „Die Abbildung von Phänomenen der Wirklichkeit oder der Vorstellungswelt des Menschen, die in einem aktuellen Zusammenhang nicht unmittelbar zweckorientiert ist. " {Lutz J. Heinrich und Friedrich
Roithmayr)
Auf der untersten Ebene stehen Daten. Laut DIN 443000 [DIN72; HeRo98. Seite 136] sind Daten das Gegebene zur Verarbeitung ohne Verwendungshinweise, d.h. Daten sind „factual information. Data is the plural of the word datum, which means a .single fact'" [CoDo92. Seite 90]. Die Schwierigkeit besteht darin, aus diesen elementaren Tatbeständen zu Aussagen zu
gelangen,
die
Entscheidungsprozesse
unterstützen.
Wesentlich
ist
dabei,
wie
Entscheidungsträger die Daten interpretieren, da individuelle Wertvorstellungen in den Auslegungsprozeß einfließen. Heinen [Hein76] teilt den Willensbildungsprozeß in drei Phasen ein und zwar in die Anregungs-, Such- und Optimierungsphase. Im Mittelpunkt der ersten Phase steht der Prozeß der Problemfestlegung, wobei je nach Bedeutung zwischen regelmäßigen Suchphase
oder
wird
unregelmäßigen
durch
die
Entscheidungsprozessen
Bestimmung
von
Alternativen
unterschieden und
daraus
wird.
Die
resultierende
Konsequenzen geprägt. Im Rahmen von betriebswirtschaftlichen Entscheidungsprozessen weist Heinen darauf hin, daß Daten, die vom Entscheidenden nicht zu beeinflussen sind, vorliegen können. Der Entscheidungsspielraum des Einzelnen wird durch diese Daten eingeengt, welche externer (Bsp. Einhaltung von juristischen Normen) oder interner (Bsp. Beachtung von Kapazitäten) Art sein können. Die Kernidee der Optimierungsphase
liegt in
der Wahl derjenigen Alternative, welche die vorgegebene Zielsetzung am besten erfüllt. Das Ergebnis der Entscheidung wird zum einen durch die verfolgte Zielsetzung und zum anderen durch die Beschaffung und Verarbeitung von Informationen determiniert. Informationen beeinflussen die Entscheidungsprozesse. Wittmann definiert den Informationsbegriff als „zweckorientiertes Wissen, wobei der Zweck in der Vorbereitung des Handelns liegt" [Witt80. Seite 894]. Die Dokumentation von zukünftigen Entscheidungen erfolgt in Form von Plänen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß „zweckorientiertes Wissen" zukunftsorientiert ist, und somit eine Unvollkommenheit der Information vorliegen kann [Witt80. Seite 897].
Theoretische Grundlagen der
26
Heinrich/Roithmayr
präzisieren
den
Know-how-Thematik
Terminus
Information
von
Wittmann
als:
„handlungsbestimmendes Wissen über vergangene, gegenwärtige und zukünftige Zustände der Wirklichkeit und Vorgänge in der Wirklichkeit" [HeRo98. Seite 263]. Allerdings hängt die Güte einer Entscheidung von den zu Verfügung stehenden Informationen ab. Das Informationssystem eines Unternehmens setzt sich aus der Menge von Teilinformationssystemen zusammen. Letztlich muß im Entscheidungsprozeß die soziale
Komponente
beachtet werden, da eine Einzelperson nicht alle Daten und Informationen zu sammeln vermag. Somit müssen Entscheidungen an verschiedene Personen verteilt werden, so daß statt Einzelentscheidungen Gruppen- oder Kollektiventscheidungen vorliegen [Hein76. Seite 25]. Der Prozeß, aus Daten zu Informationen zu gelangen, beruht auf der Anwendung von geeigneten
Methoden.
Die
Entscheidungsträger
müssen
das
„Framing",
also
die
Rahmenbedingungen, für den formalisierten Ableitungsprozeß übernehmen. Das Ziel der Transformation liegt in der Gewinnung von Informationsmaterial zur Entscheidungsfindung, wobei der Informationstechnik eine unterstützende Funktion zukommt [RaRo96. Seite 25ff.]. Die Auswahl geeigneter Auswertungsmethoden erfordert Expertenwissen. Die erste Stufe umfaßt die Suche, Analyse und Auswertung der Datenquellen, die für einzelne Personen explizit gemacht werden sollen. Es liegen nicht mehr Daten vor, sondern diese sind durch Verdichtung und Auswertungsverfahren zu Informationen verarbeitet worden. In bezug auf Abbildung „Transformationsprozeß des Know-hows" bedeutet dies, daß das Stadium des reinen Vorhandenseins von unabhängig voneinander existierenden Aussagen verlassen wurde und sich in Richtung eines informativen Wissens entwickelt hat.
3.3.2.
Information „ If we open up the morning newspaper to the business section, we see columns of numbers about stocks on the exchange - mere data. All sorts of resources may be available to us to turn some ofthat data into information." (Charles Winslow and William B ramer)
Information wird als reines Faktenwissen verstanden und ist in Anlehnung an Dreyfus den Novizen eigen. In der deutschen Sprache wird dieser Ausdruck synonym mit „Wissen, daß (...)" verwendet. Beispielsweise weiß eine Person, daß man zum Tennisspielen einen Schläger benötigt, kann sich aber nicht auf frühere Erfahrungen in der Umsetzung in eine Handlung stützen. Der Terminus „Wissen, daß (...)" ist gleichbedeutend mit dem Terminus Information,
Theoretische Grundlagen der
27
Know-how-Thematik
welche als kodifiziertes Wissen betrachtet wird. Informationen sind auf der S-Kurve in Abbildung „Transformationsprozeß des Know-hows" in der Mitte positioniert. Die Ableitung des Informationsbegriffes kann entweder bottom-up oder top-down erfolgen [Hein95. Seite 350], Die erste Variante geht vom Terminus der Nachricht aus, worunter eine Folge von Zeichen verstanden wird, der eine Bedeutung zugeordnet ist. Die technische Repräsentation von Nachrichten sind Daten, welche mittels der Informations- und
Kommunikations-
technologie erkannt, verarbeitet, gespeichert und übertragen werden können. Nach Heinrich wird eine Nachricht zur Information, „wenn vorhandenes
Wissen
ergänzt
wird
(man
beim Empfänger Wissen entsteht
kann
auch
sagen:
wenn
beim
bzw.
Empfänger
Unbestimmtheit beseitigt wird)" [Hein95. Seite 350]. In der Terminologie der vorliegenden Arbeit bedeutet die bottom-up Ableitung des Informationsbegriffes, daß der Mensch - als Empfänger
von Nachrichten
- ein
„Wissen,
daß
(...)" besitzt.
Die
Herleitung
Informationsbegriffes kann auch top-down erfolgen, indem vom Terminus
des
Know-how
ausgegangen wird. Wenn dieses Vorgehen gewählt wird, dann führt dies dazu, daß sich Wissen aus Informationen zusammensetzt [Hein95. Seite 350], Im Kontext des Know-howAnsatzes muß die Formulierung wie folgt lauten: Know-how setzt sich aus Informationen zusammen; dies bedeutet, aus einzelnen „Wissen, daß (...)" Komponenten baut sich eine Person ein „Wissen, wie (...)" auf.
Die
Unterscheidung
Coleman/Furey
7
der
Trilogie
von
Daten,
Information
und
[CoFu96] anhand des folgenden Beispiels: Daten
Know-how
erklärt
werden über eine
bestimmte Marktsituation in Form einer Marktforschungsstudie erhoben. Die Analyse des Datenmaterials erscheint in einem Bericht, der die wesentlichen Erkenntnisse in strukturierter Form darlegt. Diese Information kann ein Experte als Grundlage für seine Entscheidungen heranziehen und aufgrund seines Know-hows und seiner Erfahrungen interpretieren.
Eine hierarchische
Einteilung
der Termini Wissen, Information und Know-how schlagen
Kogut/Zander [KoZa95; KoZa97] vor, indem der Begriff Wissen als Oberbegriff verstanden wird, dessen zwei Unterkategorien Information und Know-how darstellen. Information wird definiert als „knowledge which can be transmitted without loss of integrity once the syntactical rules required for deciphering it are known" [KoZa97. Seite 20]. Informationen beinhalten Fakten, Axiome und Symbole und werden von den Autoren mit „knowing that"
7
Internet-Adresse:
http://www.collaborate.com/hot_tip/tiplQ96.htm
Theoretische
28
Grundlagen der
Know-how-Thematik
umschrieben. Know-how hingegen ermöglicht die Ausführung einer Tätigkeit und stellt jene Fähigkeit oder Expertise dar, die aufgrund lang erlernter Erfahrungen ausgeführt werden kann. Informationen werden von Person zu Person weitergegeben, aber nicht der Sender, sondern der Empfänger verarbeitet die Informationen zu Know-how durch Zuordnung der Bedeutung in einem bestimmten Kontext. In diesem Zusammenhang gewinnt die Informationsverarbeitung
menschliche
an Bedeutung, denn diese läuft über kognitive Prozesse ab und ist
Forschungsgegenstand der Neurowissenschaften [Ande89; Frie88]. Es ist die Aufgabe des Nervensystems sowohl die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen als auch die Steuerung der Bewegungen zu lenken. Die wichtigsten Bestandteile des Nervensystems bilden die elektronischen Zellen, die Neuronen. Eine Nervenzelle besteht aus dem Zellkörper - Sorna genannt -, der sich aus dem Zellkern zusammensetzt und von dem zwei Arten von Verzweigungen
ausgehen,
nämlich
die Dendriten 8 und
das Axon 9 .
Reizt
man
eine
Nervenzelle, so laufen über die Axone kurze Spannungsstöße. Erreicht ein Nervenimpuls eine Nervenzelle, so erfolgt durch die Freisetzung von chemischen Substanzen, Neurotransmitter, die Übertragung auf andere Neuronen. Diese neuronale
Informationsübertragung
führt zur
menschlichen Intelligenz, wobei zu berücksichtigen ist, daß dieser Fluß von einem Neuron zu einem anderen in zehn Millisekunden erfolgt, d.h. „auf diesen einfachen neuronalen Vorgang müssen letztlich alle .höheren' geistigen Aktivitäten zurückzuführen sein" [Frie88. Seite 471],
Das Interesse der Wissenschaft mehr über das Gehirn in Erfahrung zu bringen, ist Gegenstand des Sonderforschungsbereichs (SFB) „Kognitive Leistungen" [Hale97. Seite 23],
Als
Untersuchungsobjekt wurde der Schleuderzungensalamander ausgewählt, weil sein visuelles System leistungsfähig ist. Dieses Wirbeltier arbeitet mit ein bis zwei Millionen Nervenzellen im Vergleich zu zwei Milliarden Zellen beim Menschen. Dieses Projekt geht von der These aus, daß durch die Aktivierung von Nervenzellen ein Tier nicht stereotyp reagiert, sondern dem Fangen der Beute eine Bedeutung zuordnet. Es wurde zwar ein neuronales Netz, das präzise jede Beute fangt, entwickelt, jedoch können keine Aussagen darüber gemacht werden, ob der kognitive Vorgang vom Versuchstier bewußt durchgeführt wird, denn es existiert eine Lücke von der Aktivität einer Nervenzelle zur Wahrnehmung eines Reizes. Ziel des
* Die Dendriten verzweigen sich zahlreich vom Zellkörper. " Das Axon (Neurit oder Nervenfaser) kann als die Verlängerung des Zellkörpers Aufgabe in der Weitervermittlung von Informationen ans Gehim liegt.
aufgefaßt werden,
dessen
Theoretische Grundlagen der
Know-how-Thematik
29
Forschungsvorhabens ist es, mittels Computersimulation das „Schaltbild", welches dem ReizReaktionsmechanismus zugrunde liegt, zu ergründen. Einen eher pragmatischen Ansatz zur Konkretisierung von Wissen nimmt die OECD [OECD96] ein, die eine vierteilige Klassifikation von „knowing" vorschlägt: •
Know-what bezieht sich auf Faktenwissen und wird mit dem Terminus Information gleichgesetzt. Experten benötigen diese Art von Wissen, um ihre Aufgaben auszuführen.
•
Know-why wird dem wissenschaftlichen Wissen zugeordnet und ist insbesondere in Forschungseinrichtungen und Universitäten vorzufinden.
•
Know-how wird als Handlungswissen charakterisiert, das in den individuellen Fähigkeiten von Personen zum Ausdruck kommt.
•
Know-who bezieht sich auf Informationen über die soziale Umwelt und den Aufbau einer Kommunikation zum Know-how der Experten.
Während die beiden ersten Kategorien die explizite Dimension von Know-how darlegen, verweisen die beiden letztgenannten Dimensionen auf den impliziten Charakter von Knowhow. Die Informationsgesellschaft zeichnet sich durch das kodifizierte Wissen im Sinne von Informationen aus, indem insbesondere Informations- und Kommunikationstechnologien den Prozeß der Übermittlung von kodifiziertem Wissen fördern.
Informationen repräsentieren gebündelte Fakten und ermöglichen die Kommunikation von artikuliertem Wissen. Denn sobald der Prozeß beginnt, in dem ein Individuum das stillschweigende Wissen mittels der Sprache verbalisiert, weiß die soziale und kulturelle Umwelt, daß diese Person zu einem bestimmten Sachverhalt spezifische Gedanken besitzt. Der Unterschied zum Terminus Know-how liegt darin, daß die mentalen Prozesse nur schwer kommunizierbar sind, denn Informationen beinhalten „descrete little bundles of fact, sometimes useful, sometimes trivial, and never the substance of thought" [Rosz86. Seite 87], und wirken unterstützend bei der Illustration von Gedanken, allerdings darf dabei nicht der Aspekt außer acht gelassen werden, daß „the mind thinks with ideas, not with information" [Rosz86. Seite 88], Bei dem Lernprozeß zu Know-how nimmt die Information die Vermittlerposition ein.
30
Theoretische Grundlagen der 3.3.3.
Know-how-Thematik
Know-how
3.3.3.1. Definition von Know-how „Das Wissen muß ein Können werden. " (Carl von Clausewitz)
Der Prozeß, aus der bestehenden Informationsflut die wichtigsten Informationen zu filtern und weiterzuentwickeln, um daraus Know-how zu gewinnen, ist Gegenstand des Übergangs von der Informationsstufe zur höchsten Lernstufe Know-how. Die Akteure können ihre Fertigkeiten in eine Handlung umsetzen, wobei die am Anfang des Lernprozesses neu erworbenen Informationen nur in eine automatische Handlung, die intuitiv abläuft, durch Übung transformiert werden kann. Zieht man die englische Definition von Know-how heran „faculty of knowing how (to do sth); knowledge of methods; ingenuity (contrasted with theoretical knowledge)" [Oxfo81. Seite 468], so wird deutlich, daß Know-how in der deutschen Sprache mit „Wissen, wie (...)" übersetzt werden kann, allerdings nur im Hinblick auf die Verwendung eines Wissens, wie man etwas aufgrund von Fertigkeiten ausführt. Das deutsche Wort „Können" impliziert diese Richtung, denn Akteure können ihre Fertigkeiten in eine Handlung umsetzen. Das in der deutschen Sprache verwendete „Wissen, wie (...)" entspricht nicht dem von Ryle diskutierten
„knowing how" oder dem von Dreyfus
dargestellten „know-how". Nach Ansicht von Baumgartner [Baum92. Seite 65] und den Übersetzern des Ryle'schen Textes [Ryle69. Seite 26. Anmerkung 1] ist das deutsche „Wissen, wie (...)" eine Form des theoretischen Wissens. Dieser Terminus läßt die Option offen, daß ein Individuum zwar weiß, wie eine Handlung auszuführen ist, diese aber nicht in eine Tat umsetzen kann. Es kann konkludiert werden, daß die in der englischen Sprache verwendeten Termini „knowing how" und ,.know-how" synonym mit dem im Deutschen verwendeten Können' 0 sind.
Basierend auf den bisher dargelegten Grundgedanken zur Know-how-Thematik ergibt sich folgende inhaltliche Beschreibung von Know-how: 1. Know-how kann nur in einem Übungs- und Lernprozeß erworben werden, d.h. Know-how wird durch einen Prozeßcharakter determiniert.
10
Zum Beispiel kann eine Person wissen, wie man theoretisch einen Autoreifen wechselt, ist aber nicht fähig, diese Arbeit praktisch auszuführen. Besitzen hingegen Akteure die Fertigkeit, ihr Können in eine Handlung umzusetzen, d.h. sie sind fähig die Autoreifen zu wechseln, dann liegt Know-how vor.
Theoretische Grundlagen der
Know-how-Thematik
31
2. Der Know-how-Thematik liegt ein kognitiv-individualistischer Ansatz zugrunde, in dem Sinne, daß Träger von Know-how Personen sind. 3. Know-how ist handlungsorientiert (skill-oriented). Know-how-Träger wissen nicht nur, wie etwas funktioniert, sondern können ihr „Wissen, daß (...)" in eine Handlung umsetzen. Es entsteht ein „knowing how", welches sich durch automatische Handlungsabläufe auszeichnet. 4. Know-how-Träger reagieren intuitiv aufgrund von früher erworbenen Erfahrungen, an die sie sich erinnern. 5. Know-how beinhaltet ein implizites Wissen, da „wir mehr wissen, als wir zu sagen wissen" [Pola85. Seite 14]. 6. Know-how weist eine qualitative Komponente auf, basierend auf dem kognitiven Ansatz. Diese inhaltliche Beschreibung führt zur Formulierung der folgenden Definition von Knowhow: Know-how ist das implizite, auf Erfahrungen beruhende Handlungswissen einer Person.
Eine Zusammenstellung der wesentlichen Abgrenzungen zwischen „Knowing that" und „Know-how" liefert Tabelle „Abgrenzung der Termini „Wissen, daß (...)" und „Wissen, wie (...)". Searle ist es gelungen, alle vier Termini - „Wissen, daß (...)", „Wissen, wie (...)", „Know-how" und „Können" - in einem einzigen Satz zu vereinigen: „(...) ich muß wissen, wie die Dinge sich verhalten, und ich muß wissen, wie man gewisse Sachen macht; aber die fraglichen Arten von Know-how - also Arten des Könnens - sind hier keine Formen des Wissens, daß etwas der Fall ist" [Sear91. Seite 182f.]. I N F O R M A T I O N (knowing that) Wissen, daß (...) Faktenwissen Explizites Wissen Neuling Informationsgesellschaft Engpaßfaktor: Kapital Verankert in Informations- und Kommunikationstechnologien
K N O W - H O W (Können) Wissen, wie man etwas macht Handlungswissen Implizites Wissen, tacit knowledge Experten Know-how-Gesellschaft Engpaßfaktor: Know-how Verankert in den Köpfen von Individuen, Teams, Know-how-Netzen
Tabelle 1: Abgrenzung der Termini „Wissen, daß (...)" und „Wissen, wie (...)"
Theoretische Grundlagen der Know-how-Thematik
32
D e r Terminus K n o w - h o w läßt sich durch zwei Dimensionen k e n n z e i c h n e n .
Abbildung
„ D i m e n s i o n e n von K n o w - h o w " symbolisiert die Zweidimensionalität von K n o w - h o w . Die Pfeile heben die Prozeßeigenschaft von K n o w - h o w hervor.
iL
Kognitiv-individualistische Dimension
Abbildung 5: Dimensionen von K n o w - h o w
(1) Im Mittelpunkt Termini
der epistemologischen
Dimension
„Daten-Information-Know-how",
(Y-Achse) steht die Trilogie
also die Frage, wie kann
aus Daten
der ein
informationsbasiertes Wissen aufgebaut werden, welches die E n t w i c k l u n g von „tacit k n o w l e d g e " unterstützt. (2) Die epistemologische D i m e n s i o n kann nur in Kombination mit der kognitiven
Dimension
(X-Achse) betrachtet werden, da sich ein Experte durch einen L e r n p r o z e ß K n o w - h o w aneignet. Die unverwechselbaren Eigenschaften eines Individuums werden als M e r k m a l e oder als klassifizierte Erkennungssysteme bezeichnet, wobei die Relevanz von solchen angeborenen M e r k m a l e n abnimmt, je höher
die Lebewesen
entwickelt
sind. D a f ü r
gewinnt das individuelle Lernen immer mehr an Bedeutung. M a t u r a n a ist der Meinung, daß Lernen
„ein kontinuierlicher Prozeß der Transformation
von Verhalten
durch
kontinuierliche Veränderung der Fähigkeit des Nervensystems, solches Verhalten zu synthetisieren" individualistische
[Maturana Dimension
zitiert
in WiF189.
Seite
82]
ist.
Schließlich
deckt
die
den Teil der K n o w - h o w - T h e m a t i k ab, der sich auf den
Sachverhalt konzentriert, daß Individuen als K n o w - h o w - T r ä g e r bezeichnet werden. Je geringer
der
individualistische
Anteil
am
Wissen
ist,
desto
eher
liegt
die
Informationsebene vor. Hingegen gilt der Sachverhalt, daß je weniger eine Person ihr
Theoretische
Grundlagen der
Know-how-Thematik
33
stillschweigendes Wissen kommunizieren kann, desto mehr ist ihr das Know-how eigen, d.h. in mentalen Landkarten repräsentiert.
Die Thematisierung von Know-how gleicht bildlich einem Triptychon", wobei der linke Flügel die Problematik der Datenverarbeitung umfaßt. Im Zentrum befindet sich die Wissensdarstellung, die sich sowohl zum linken als auch zum rechten Flügel verästelt, wobei der rechte Flügel die Informationen veranschaulicht. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht die Verknüpfung der gesammelten Informationen zu kreativen geistigen Operationen. Know-how repräsentiert die Menge des intuitiven und individuellen Handlungswissens, im Ryle'schen Sinne setzt sich Know-how aus der Menge von Dispositionen zusammen. Informationen hingegen stellen einen Teilbereich von Know-how dar, welcher den Prozeß zur Know-howEntwicklung fördert. Der Terminus Know-how fordert das Bekenntnis zur Subjektivität und verlangt die Fähigkeit der Selektion, um aus der bestehenden Informationsflut die relevanten Wissensteile zu filtern. Die Bedingung lautet, sich nicht durch Faktenwissen abzusichern, sondern aus der Quantität der Informationen qualitative Wissensteile zu selektieren, um Know-how zu generieren.
Bezugnehmend auf das Know-how-S-Kurven-Modell 1 2 kann die Aussage abgeleitet werden, daß eine Person mehrere Phasen durchlaufen muß, um sich Know-how anzueignen. Dieser Entwicklungsprozeß ist abgeschlossen, sobald ein Individuum ausreichend „Wissen, daß (...)" erworben hat, welches in eine intuitive Handlung transferiert werden kann. Damit sich die Know-how-Basis einer Person erweitert, müssen neue Daten und Informationen beschafft werden. Daraus ergibt sich die Schlußfolgerung, daß individuelles Know-how immer wieder durch neue Informationen aufgebaut werden muß. Es beginnt die Phase der Veränderung und der Umwandlung des bestehenden Ist-Know-hows zu einem gewünschten und neuen SollKnow-how, indem es zu einem Know-how-Sprung
kommt. Da S-Kurven immer paarweise
auftreten, bezeichnet man den Übergang von einem Know-how-Level zu einer neuen Knowhow-Kurve als Diskontinuität, wobei das Know-how auf einem höheren Niveau angesiedelt ist. Es setzt
der Prozeß ein, in dem Individuen das vorhandene Wissen reflektieren, um
Know-how zu entwickeln.
" Das Triptychon (griechisch) ist ein dreiteiliges Bild, bestehend aus einem Mittelbild und zwei Seitenflügeln. 12
Vgl. Abbildung „Transformation des Know-hows"
beweglichen
Theoretische Grundlagen der Know-how-Thematik
34
3.3.3.2. Evolutionstheoretischer Ansatz von Kwasnicki Den Prozeßgedanken greift Kwasnicki [Kwas96] in seinem evolutionstheoretischen
Ansatz
zur Annäherung an einen Know-how-Begriff auf. Er geht von der Annahme aus, daß sich das Wissen einer Person in Analogie zur biologischen Evolution entwickelt. Evolution wird definiert als der Suchprozeß für bessere Lösungen basierend auf der Methode von „trial and error", wobei sich Parallelen zu Popper 13 feststellen lassen.
Die menschliche Entwicklung kann auf die elementare Einheit, nämlich das Wissen einer Person, zurückgeführt werden; so wie in der Biologie die Gene die Grundlage für die Evolution bilden. Kwasnicki weist darauf hin, daß sich elementare Einheiten in der Evolution nicht nur auf Wissen und Gene beschränken, sondern auch Produkte oder Unternehmen darstellen können. Menschliche Erfindungen sind das Resultat geistiger Überlegungen, d.h. eine neue innovative Idee basiert auf dem geistigen Vermögen einer Person. Know-how entsteht durch die individuelle Eigenleistung, da sich jede Erfindung auf das persönliche Wissenspotential zurückführen läßt. Ein Großteil des menschlichen Wissens wird durch sogenannte „paragons" - Muster, Vorbilder - bestimmt, worunter beispielsweise Rituale, Gesetzessysteme, technologische Standards oder wissenschaftliche Theorien verstanden werden. Kwasnicki erläutert den Terminus „paragon" folgendermaßen: "I use the term paragon to underline the ideal type of patterns of behaviour. A paragon in this context means a pattern of excellence or perfection. The Ten Commandments (the Laws of Moses) are such paragons at the cultural level. The term paragon comes from the Italian paragone which means comparison, probation, and the Greek parakonan, that is, to sharpen" [Kwas96. Seite 18. Fußnote 3],
In dem evolutionstheoretischen Ansatz wird die Persönlichkeit einer Person durch sein Benehmen, sein Rollenverhalten und sein Wesen determiniert, hingegen begründet sich die menschliche Individualität durch das Vorhandensein mehrerer ,.Muster". Desweiteren werden zwei Bereiche des individuellen-subjektiven Wissens unterschieden:
n
Ein Wissenszuwachs wird durch die Falsifizierbarkeit von Theorien erreicht, was für Popper als Antrieb des wissenschaftlichen Einsicht abgeleitet
Fortschritts gilt. Das Kriterium der Wahrheit kann nicht durch Inspiration oder höhere werden, sondern es muß der Weg von „ Versuch und Irrtum"
falschen Hypothesen angewandt werden /Popp92. Seite 199],
zur Elimination
von
Theoretische
Grundlagen der
Know-how-Thematik
35
(1) Sogenannte aktive „paragons", die sich auf Muster bezüglich der Individualität beziehen, und latente (redundante) „paragons", die zwar einer Person eigen sind, aber nicht deren Individualität
berücksichtigen.
Kwasnicki
zieht
den
Vergleich
Organismen. Laut Schätzungen werden nur 2% der menschlichen DNA
zu 14
biologischen
für den Aufbau
von Proteinen benötigt. Es stellt sich die Frage, welche Bedeutung den verbleibenden 98%, also dem redundanten Teil der DNA zukommt. (2) Ein Wissen über den Lebensbereich, in der eine Person lebt. Diese Wissensart bedingt, daß ein Individuum sowohl seine eigene als auch die Persönlichkeit seiner Mitmenschen beurteilen und bewerten kann. Es entstehen persönliche Landkarten im Gedächtnis über die wahrgenommene Umwelt, und gleichzeitig werden vorhandene Konzepte oder Ideen subjektiv bewertet, bevor eine verbale Artikulation des Wissens stattfindet. Allerdings sind eine Vielzahl der „paragons" einem Individuum nicht bewußt, denn sie existieren nur im Gedächtnis, d.h. sie bestehen in einer nicht verbalen Form und sind für andere Personen unsichtbar. Dieses von Kwasnicki beschriebene Wissen entspricht der von Polanyi vorgestellten Theorie des „tacit knowledge". Durch Beobachtung versucht ein Individuum die „paragons" anderer Personen zu rekonstruieren, um daraus eigenes Knowhow
aufzubauen.
Dennoch
kann
der
Sachverhalt
festgestellt
werden,
daß
zwei
unterschiedliche Handlungen vorliegen können, auch wenn zwei Individuen das gleiche „paragon" als Ausgangsbasis verwenden. Mehrere gleiche „paragons" von Personen am Beginn eines Lernprozesses führen nicht notwendigerweise bei der Ausführung von Tätigkeiten zum gleichen Ergebnis. In Abhängigkeit der jeweiligen mentalen Strukturen im Gedächtnis entstehen verschiedene Formen von Know-how.
Abbildung „Evolutionsdiagramm - Wissensentwicklung in Verbindung mit der biologischen Evolution" [Kwas96. Seite 22] legt parallel zur biologischen Evolution die menschliche Wissensentwicklung dar. Die vier biologischen Entwicklungsstadien eines Individuums beziehen sich auf das Zygoten-Stadium („zygotes"), die Entwicklung von der Zygote zur Geburt („development from Zygote to birth"), von der Geburt zum Erwachsenenalter („development from birth to adult age") und die letzte Entwicklungsstufe umfaßt den erwachsenen Organismus („adult organisms").
DNA (Deoxyribonucleid
acid) ist die englische Bezeichnung für die im Deutschen verwendete Abkürzung DNS
(Desoxyribonukleinsäure).
36
Theoretische Grundlagen der Know-how-Thematik
Abbildung 6: Evolutionsdiagramm - Wissensentwicklung in Verbindung mit der biologischen Evolution
Die menschliche Entwicklung wird einmal von der „epigenetic" 15 und zum anderen von der „biological selective" Umwelt determiniert. Die epigenetische Umwelt formt „phenotypes of biological organisms at all stages of their development" [Kwas96. Seite 22], während die zweite Form der Beeinflussung die Überlebenschancen
kontrolliert. In der
Wissens-
vermittlung spielt einerseits die stillschweigende Weitervermittlung der „paragons" eine wichtige Rolle, andererseits wird eine Person durch seine soziale und kulturelle Umgebung determiniert. Dabei wird zwischen der „educational environment" und der „intellectual selective environment" unterschieden. Die erste Dimension findet ihren Ausdruck in der verbalen Kommunikation und
in dem geschriebenen
Wissen. Andererseits wird eine
„intellectual selective environment" festgestellt, die bewirkt, daß im Laufe der Geschichte unwichtige Informationen keine Beachtung finden und
verschwinden,
hingegen
vom
Menschen erachtete wichtige Information überliefert werden. Auch Oerter [Oert88. Seite 333]
15
Epi bedeutet „auf, darüber, an der OberflächeUnter betreffend, erblich bedingt,
entstehungsgeschichllich.
dem Begriff genetisch versteht man die Genetik
Theoretische Grundlagen der
Know-how-Thematik
37
untersucht die Auswirkungen der Kultur auf das Wissen der Menschen. Unter dem handlungstheoretischen Aspekt gilt, daß sich Wissen aus der Erfahrung durchgeführter, beobachteter Handlungen und der kulturellen Umwelt ergibt. Jedes Individuum leistet durch sein Handlungswissen, durch seine Erkenntnisse und Ideen einen Beitrag, das Know-how der jeweiligen Kultur auszuweiten, zu erneuern und zu verändern.
3.3.3.3. Das dynamische Modell von Nonaka und Takeuchi Der Transformationsprozeß, aus bestehenden Informationen ein implizites Wissen abzuleiten, ist Gegenstand des von Nonaka und Takeuchi [NoTa95] entwickelten dynamischen
Modells
der menschlichen Wissensbildung. Durch Interaktion zwischen impliziten und expliziten Wissen kommt es zur Entstehung und Erweiterung von Wissen. Diese Interaktion wird als „knowledge conversion" bezeichnet und entspricht im weiten Sinne dem Ansatz der Kognitionspsychologie 16 , das deklaratives in ein prozedurales Wissen transformiert.
Die Autoren heben hervor, daß sich die westliche Sichtweise grundsätzlich vom japanischen Ansatz bezüglich der Ressource Wissen unterscheidet. Das westliche Management geht von der Annahme aus, daß Wissen in expliziter Form beispielsweise in Worten, Zahlen, Handbüchern oder Daten im Unternehmen vorliegt und leicht mittels Informations- und Kommunikationstechnologien kommuniziert werden kann. Japanische Unternehmen hingegen betonen
die stillschweigende Dimension
von Wissen,
wobei
„tacit
knowledge"
als
persönliches, schwierig kommunizierbares und auf Intuition beruhendes Wissen beschrieben wird. Ein Unternehmen basiert nicht auf der Grundlage der Informationsverarbeitung, sondern stellt einen lebenden Organismus dar, in welchem die kognitive Komponente der Mitarbeiter im Vordergrund steht. Obwohl die Wichtigkeit der Ressource Wissen zunehmend an Bedeutung
gewinnt,
lassen
westliche
Organisations-theoretiker
die
Entstehung
und
Weiterentwicklung von neuem Wissen außer acht und fokussieren sich primär auf die Erhaltung und Weitergabe von bereits bestehenden Informationen, denn „at the core of concern of these theories is the acquisition, accumulation, and utilization of
existing
knowledge; they lack the perspective of ,creating new knowledge'" [NoTa95. Seite 49].
" Vgl. Ausführungen in Kapitel 3.2.
38
Theoretische
Grundlagen der Know-how-Thematik
Der Ansatz von Nonaka/Takeuchi wendet sich gegen die philosophische Denkrichtung, die von einer Trennung des Geistes vom Körper ausgeht. Dieser sogenannten
kartesischen
Philosophie liegt der Leib-Seele-Dualismus zugrunde, der auf die Wechselbeziehung von Körper und Seele hindeutet. Descartes
(1596-1650) warf die Frage nach dem Verhältnis
beider Teile auf, wobei er davon ausging, daß ein Dualismus von Geist (res cogitans) und Materie (res extensa) als zwei selbständige Wesenseinheiten existiere. Seine methodische Annahme begründete sich darauf, daß sich eine denkende Person durch das Vorhandensein von Zweifeln auszeichne. Descartes lehnte das Wesenswissen ab und bezeichnete es als falsche Einsicht, denn seiner Meinung nach sollte man nur das glauben, was man verstanden habe. Der Mensch gelangt zu seinem Wissen, indem er bestehende Sachverhalte anzweifelt, d.h. Gewißheit entsteht nur durch den Akt des Zweifeins. Descartes stellt das Ego des Menschen in den Vordergrund, denn er schreibt in seinem Werk „2. Meditation", „(...) so komme ich, nachdem ich nun alles mehr als genug hin und her erwogen habe, schließlich zu der Feststellung, daß dieser Satz: ,Ich bin, ich existiere', sooft ich ihn ausspreche oder in Gedanken fasse, notwendig wahr ist" [OeDG83. Seite 170], Die kartesische Philosophie formulierte er somit in dem Sinne, daß alles, was objektiv in seiner Gestaltung bezweifelt wird, auch subjektiv in seiner Gewißheit bewiesen werden kann. Dem von Descartes begründeten Leib-Seele-Dualismus liegt die These zugrunde, „allein die res cogitans
sei
.substantiell' wirklich, während die res extensa, die Objektwelt, als nichtsubstantielle dem Entstehen und Vergehen unterworfen sei (...)" [OeDG83. Seite 32]. Er befürwortete eine rationalistische Lehre, die sich durch eine klare, deutliche und vernünftige Denkweise auszeichnet. Descartes behauptet, daß völlige Gewißheit nur subjektiv möglich sei und prägte mit dieser Aussage die Erkenntnistheorie der modernen Philosophie bis ins 19. Jahrhundert. Da er die Problematik der Wechselwirkung von Leib und Seele erkannte, stellte Descartes die Psychologie als eine Disziplin neben die Erkenntnistheorie. Im Zusammenhang mit der Erklärung des Wissensbegriffes postulieren Nonaka und Takeuchi gerade die Einheit von Körper und Geist. Diese bezeichnete „oneness of body and mind" ist auf Eisai (1141-1215), einen der Begründer des Zen-Buddhismus 17 , zurückzufuhren. Erkenntnis kann nicht aufgrund
17
Der Tradition nach wurde die Zen-Lchrc um 520 von dem Inder Bodhidharma in China gegründet. Heute wird der Zen durch drei Schulen vertreten: die Rinzai-Schule (1191}, deren Begründer Eisai (1141-1215}
war;
die Soto-Schule, die auf Dogen (1200-53} zurückgeht und schließlich die Obaku-Schule, die im Jahre 1661 eingeführt wurde. Der Zen-Buddhismus zeichnet
ein Mißtrauen
gegenüber
gilt als die unphilosophischte
dem abstrakten
Richtung des Buddhismus. Den Zen
Denken aus. Erkennen
Denkrichtung - nur durch direkte oder intuitive Erfahrung
ergeben.
kann sich - laut
dieser
Theoretische
Grundlagen der
39
Know-how-Thematik
eines theoretischen Wissens erworben, sondern nur durch die Einheit von Geist und Körper erreicht werden. Der japanische Philosoph Nishida (1870-1945) wendet sich gegen die rationalistische Denkrichtung von Descartes. Sein Ansatz geht von der Annahme aus, daß ein Individuum als das Subjekt von Handlungen betrachtet werden kann. Dies bedeutet, daß Wissen durch einen handlungstheoretischen Aspekt begründet wird, denn „Nishida's theory of acting intuition grasps the human being-in-the-world as originally having the character of action; the essential mode is to act on the world, not to cognize it. Persons are subjects qua action before they are thinking, cognizing subjects" [Yuasa zitiert in NoTa95. Seite 30]. Im Know-how-Kontext bedeutet diese Sichtweise, daß sich Know-how in der Ausfuhrung von Handlungen äußert und einen individualistischen Charakter aufweist.
Das Modell von Nonaka und Takeuchi beruht auf dem Gedanken, daß Wissen durch Interaktion zwischen „tacit" (entspricht dem Terminus Know-how) und „explicit" Wissen (entspricht
dem Begriff
Information) entsteht,
wobei
vier
Formen
der
„knowledge
zu tacit knowledge)
umfaßt die
conversion" zu unterscheiden sind: (1) Der Prozeß der „Socialization"
(von tacit knowledge
Transformation von bereits vorhandenem Know-how zu neuem Know-how. Individuen eignen
sich
durch
Beobachtung
und
Imitation
anderer
Know-how-Träger
stillschweigendes Wissen an. Durch diesen Prozeß werden gemeinsame Erfahrungen ausgetauscht und es kommt zur Weiterentwicklung der persönlichen
Wissensbasis.
Informationen werden nicht verbal kommuniziert, sondern durch Übung und Observation wird
Know-how
generiert.
Ein
Beispiel
für
den
Sozialisationsprozeß
stellt
die
Entwicklung der Brotbackmaschine der Matsushita Electric Industrial Company für den industriellen Einsatz dar. Nur durch direkte Beobachtung der bekanntesten Brotbäcker kamen die Ingenieure zu der Erkenntnis, daß das Geheimnis des Brotbackens im Kneten und nicht wie bisher von ihnen angenommen im Rühren des Teiges lag. Das Know-how der technischen Entwickler wurde durch das Know-how der Bäckermeister ergänzt und legte die Grundlage fur die Entwicklung von neuem Wissen. (2) Die „Extemalization"(von
tacit knowledge zum explicit knowledge)
stellt den Prozeß dar,
stillschweigendes Wissen in explizites Wissen zu transformieren. Zur Unterstützung dieses Vorgangs werden Werkzeuge wie Analogien, Metaphern, Konzepte, Hypothesen oder Modelle verwendet. Externalization stellt die bedeutendste Art der Wissensbildung dar. Beispielsweise entwickelte die Firma Canon aufgrund der Analogie einer AluminiumBierdose
den
wegwerfbaren Tintenbehälter
für Drucker.
Ausgangspunkt
für
die
40
Theoretische
Grundlagen der
Know-how-Thematik
Entwicklung war das Ziel, die Wartungskosten bei Druckern zu reduzieren, indem möglichst
wenige
Servicestationen
errichtet
werden
sollten.
Somit
mußte
eine
Technologie entwickelt werden, die es dem Kunden ermöglicht, selbst die Tintenpatronen zu wechseln ohne einen Wartungsdienst anzurufen. Die Initialidee erfolgte aufgrund einer Dose, die Vorbild für die Konstruktion eines billigen Aluminiumbehälters darstellte. In Analogie wurde die wegwerfbare Tintenwalze entwickelt, womit auch das Wartungsproblem von Canon beim Kunden gelöst wurde. (3) Der Prozeß der „Combination " (von explicit knowledge zu explizit knowledge)
beruht auf
der Weitergabe von explizitem zu explizitem Wissen. Dies bedeutet, daß Individuen Informationen mittels
vorhandener Informations- und
Kommunikationstechnologien
austauschen und zu neuen Informationen kombinieren. In diesem Falle wird nicht Knowhow aufgebaut, sondern aus Daten werden Informationen abgeleitet, die über Telefon, Internet, Email oder in Konferenzen dargelegt werden. Bezugnehmend auf die Abbildung „Transformationsprozeß des Know-hows" ist der Prozeß der Kombination im Bereich der unteren S-Kurve anzuordnen. Die höchste Stufe wird nicht erreicht, denn es kommt zu keinem Aufbau von implizitem Wissen. (4) Als vierte Form der „knowledge conversion" fuhren Nonaka/Takeuchi den Prozeß der „lnternalization
" (von explicit knowledge zu tacit knowledge) an, der sich auf die Bildung
von implizitem aus explizitem Wissen konzentriert. Wenn Individuen zunächst den Prozeß der „Socialization", dann der „Externalization" und schließlich der „Combination" durchlaufen haben, kommt es zur Entstehung von Know-how, denn eine Person hat in mentalen Modellen das implizite Wissen internalisiert. Bezogen auf die Bildung der organisatorischen Wissensbasis ist es wichtig, daß die Mitarbeiter das in ihren Köpfen verankerte Wissen für die gesamte Organisation zugänglich machen, also beginnt wieder der Prozeß der Sozialisation des Wissens. Es ist Aufgabe der Manager, durch Engagement und Motivation das implizite Wissen der Mitarbeiter zu aktivieren (Sozialization), um es in die Entwicklung einer neuen Technologie einbringen zu können. Nachdem das implizite Wissen explizit dargelegt wurde (Externalization), steht das Know-how dem gesamten Expertenteam für die Umsetzung
in ein Produkt zur Verfügung. Durch
Kommunikation mit anderen Experten eignet sich der Einzelne neues Wissen an (Combination). Diese neugewonnenen Erfahrungen tragen wiederum dazu bei, daß sich die individuelle implizite Wissensbasis erweitert hat (lnternalization). Aus diesem neuen Know-how entstehen wieder innovative Ideen und „das setzt die Spirale des Wissens
Theoretische
Grundlagen der
Know-how-Thematik
4Ì
erneut in Gang, diesmal auf einem höheren Niveau. (...) Auf diese Weise verbreitet sich die Wissensbasis des Unternehmens unaufhörlich" [Nona92. Seite 98].
In der von Nonaka/Takeuchi vorgeschlagenen Theorie der organisatorischen Wissensbildung wird zwischen zwei Dimensionen unterschieden. Die epistemologische
Dimension
bezieht
sich auf die Unterscheidung zwischen explizitem und implizitem Wissen, dies bedeutet zwischen Information und Know-how. Die Autoren gründen ihre Sichtweise auf die von Polanyi vorgenommene Differenzierung in implizites und explizites Wissen. Hingegen liegt der ontologischen
Dimension
der Gedanke zugrunde, daß nur Individuen Träger von Know-
how sein können. Eine Organisation kann nie aus sich selber heraus implizites Wissen generieren, sondern nur durch das Potential ihrer Mitarbeiter. Es ist die Aufgabe von Organisationen, ein Netzwerk aufzubauen, welches auf kommunikativer Basis den Transfer von Know-how sowohl intra- als auch interorganisatorisch ermöglicht. Das primäre Ziel liegt darin, das individuell vorhandene Know-how zu mobilisieren, um es auf einem höheren ontologischem Level für die Organisation oder für andere Know-how-Träger zugänglich zu machen. Die Abbildung „Spirale der organisatorischen Wissensbildung" visualisiert die vier Formen
der
„knowledge
conversion"
in
Verbindung
mit
der
ontologischen
epistemologischen Dimension [NoTa95. Seite 73],
Epistemological dimension Externalization
Explicit knowledge
Tacit knowledge
* Individual
Group
Organization
Inter-organization
Knowledge level
Abbildung 7: Spirale der organisatorischen Wissensbildung
Omologica) dimension
und
42
Theoretische Grundlagen der
Know-how-Thematik
Setzt man Abbildung „Spirale der organisatorischen Wissensbildung" in Verbindung mit Abbildung „Transformationsprozeß des Know-hows", so lassen sich Parallelen erkennen. Dem Modell der Psychologen, dem Konzept von Dreyfus zum Erlernen von Fertigkeiten, dem evolutionstheoretischen Ansatz von Kwasnicki und auch dem „knowledge conversion" Prozeß von Nonaka/Takeuchi liegt die Aussage zugrunde, daß eine Person verschiedene Lernphasen durchlaufen muß, um sich Know-how anzueignen bzw. zu internalisieren. Daraus kann konkludiert werden, daß das individuelle Know-how immer wieder durch neues Wissen aufgebaut werden muß. Damit die Wissensbasis eines Menschen erweitert wird, ist es nötig, sich aus der Umwelt relevante Informationen zu beschaffen. Die Phase der Veränderung und der Umwandlung des Know-hows beginnt, indem es zu einem Know-how-Sprung kommt. Im Sinne von Nonaka/Takeuchi bedeutet dieser Vorgang, daß die Wissensspirale in Gang gesetzt wird, indem internalisiertes Wissen sozialisiert werden muß. Es entsteht eine Diskontinuität durch den Übergang von einer Know-how-S-Kurve zu einer neuen Know-how-S-Kurve. Ein Individuum vollzieht auf einem höheren Know-how-Niveau den Prozeß der Entwicklung von implizitem Wissen.
3.4. Know-how-Systematik Die Auseinandersetzung
mit der Know-how-Thematik
erfordert, daß
interdisziplinäre
Forschungsergebnisse berücksichtigt werden. Die Annahme einer Linearität in einer nichtlinearen komplexen Welt wird dem Know-how-Ansatz nicht gerecht, da „one of the most complex Organs in nature is the human brain" [Main97. Seite 114]. Von diesem Standpunkt aus, erscheint es sinnvoll, eine in sechs Dimensionen gegliederte Systematik [Roit96; RoFi97] vorzuschlagen.
3.4.1.
Aristotelischer Ansatz „Aus der Erinnerung entsteht nämlich für die Menschen Erfahrung. " (Aristoteles)
Die philosophische Wissenschaft bietet einen Ansatz zum Wissensbegriff, da sie sich im Rahmen der Erkenntnistheorie mit Antworten auf dieses komplexe Thema auseinandersetzt.
Theoretische Grundlagen der
Know-how-Thematik
43
Aristoteles legte in seinem Buch „Metaphysik" den Grundstein für die Begründung der Wissenschaft, die Ontologie, da sie „das Seiende, insofern es Seiendes ist" [Aris83. Metaphysik VI, 1, 1025b-1026a. Seite 121] aufzuzeigen versucht. Beim Aristotelischen Ansatz wird zwischen dem demonstrativen und dem intuitiven Wissen unterschieden. Während das demonstrative Wissen als Wissen von Ursachen und Prinzipien beschrieben wird (also nur auf dem syllogistischen 18 Wege zu lösen ist), entsteht das intuitive Wissen durch Verstehen vom Wesentlichen eines Dinges, d.h. es geht um das unmittelbare Erfassen eines Sachverhaltes oder eines komplexen Vorgangs.
Aristoteles führt unser menschliches Wissen auf die Kenntnis des Wesens von Ereignissen zurück. Dieses Wesenswissen erläutert er folgendermaßen: „wir können ein Ding nur kennen, indem wir sein Wesen kennen" und „das Wissen um ein Ding besteht in der Kenntnis seines Wesens" [Aris92. Metaphysik, 1031b 7-20. Seite 16]. Diese Tatsachen, die auch ohne Beweis bestehen, aber dennoch verständlich und unverwechselbar sind, werden als Definition bezeichnet, d.h. sie existieren aufgrund ihrer Eigenart, aufgrund dessen, was sie auszeichnet oder anders ausgedrückt, eine Definition begründet sich aus der Natur ihres Wesens. Popper wendet sich gegen die von Aristoteles verwendete Definitionsweise und befürwortet hingegen die
nominalistische
Begründung,
deren
einziges
Ziel
in
einer
vereinfachenden
Darstellungsform zu sehen ist.
Versucht man vor dem Hintergrund des Aristotelischen Weltbildes seine unterschiedlichen Arten von wissenden Personen in eine hierarchische Struktur zu bringen, so lassen sich folgende drei Typen unterscheiden: (1) Diejenigen Menschen, die ihr Wissen nur aufgrund der Sinneswahrnehmung erlangt haben, sind demjenigen Personenkreis unterlegen, der seine Erkenntnisse aus der Einsicht gewonnen hat. (2) Der Handwerker hat seine Erkenntnisse aus den Erfahrungen aufgebaut und ist im Besitz von „Wissen, daß (...)", welches ihn in die Lage versetzt, aus seinen Werkzeugen einen
In dem Buch „Analytica" setzt sich Aristoteles mit der Syllogistik [Barn92] auseinander. Unter Syllogistik ist die Lehre vom logischen Denken zu verstehen. Das folgende Beispiel erläutert einen Syllogismus: Alle As sind Bs Alle Bs sind Cs :. Alle As sind Cs
Theoretische Grundlagen der Know-how-Thematik
44
Gegenstand zu formen, ohne dabei seine Fähigkeiten theoretisieren und hinterfragen zu müssen.
Zur Zeit Aristoteles'
gleichgesetzt,
worunter
ein
wurde die theoretische
Wissen
verstanden
Wissenschaft
wurde,
welches
mit
sich
techne auf
die
Geschicklichkeit, das Handwerk oder die Kunstfertigkeit bezog. (3) Im Gegensatz zum Handwerker charakterisiert Aristoteles die Künstler als diejenigen Personen, die befähigt sind, ihr Wissen zu begründen. Er spricht ihnen die höchste gesellschaftliche Stellung in Griechenland zu, da er argumentiert, daß sich eine wissende Person durch die Kenntnis von Prinzipien auszeichnet und im Gegensatz zu einer unwissenden Person steht, die sich nur auf ihre Erfahrung stützt. Wissen und Verstand ordnet Aristoteles nur den Personen zu, die Sachverhalte begründen und beweisen können, „denn die Erfahrenen kennen nur das Daß, aber nicht das Warum; jene aber kennen das Warum und die Ursache" [Aris83. Metaphysik I, 1; 980a-982a. Seite 118].
Überträgt man die Aristotelische Sichtweise auf die Know-how-Thematik, so kann festgehalten werden, daß Aristoteles der Gruppe der Handwerker die Funktion von „Wissen, daß"-Trägern zuschreibt, dieser Personenkreis sich aber dennoch durch sein handwerkliches Können auszeichnet. Es besteht nicht die Fähigkeit, das Know-how explizit darzulegen, denn die Ausübung des Handwerkes basiert auf der Überlieferung der Vorfahren, die ihre Erfahrungen an die nachfolgende Generation weitergegeben haben. Gleichzeitig verfügen sie über die Begabung, ihr Wissen anderen Menschen mitzuteilen, wobei im Sinne von Nonaka/Takeuchi das Stadium der „Socialization" vorliegt, indem zukünftigen Generationen durch Imitation „tacit knowledge" überliefert wird.
3.4.2.
Neurowissenschaftlicher Ansatz
Ausgangspunkte der Analyse des Wissens unter dem neurowissenschaftlichen Ansatz stellen das Nervensystem und der Aufbau des menschlichen Gehirns dar. Das Nervensystem gliedert sich in drei unterschiedliche Bereiche: (1) das zentrale Nervensystem,
welches aus dem Gehirn19 und dem Rückenmark gebildet
wird,
19
Im Jahre 1861 gelang dem französischen zwischen Geist und Gehirn besieht.
Arzt Broca der anatomische Beweis, daß ein
Zusammenhang
Theoretische Grundlagen der (2) das periphere Nervensystem, (3) das vegetative Nervensystem,
Know-how-Thematik
45
das sensorische 20 und motorische 21 Nerven umfaßt, welches sich sowohl aus sensorischen als auch motorischen
Nerven zusammensetzt und die Steuerung der inneren Organe (wie zum Beispiel die Atmung,
den
Kreislauf,
die
Verdauung,
die
Herzschlagfunktion
und
andere
Stoffwechselvorgänge) bewirkt.
Ziele
des
Nervensystems
sind
sowohl
die
Informationsaufnahme
und
die
Informationsverarbeitung als auch die Steuerung der Bewegung. Den wichtigsten Bestandteil des Nervensystems zur Verarbeitung von Informationen bilden die elektrisch geladenen Zellen - die Nervenzellen-, welche als Neuronen bezeichnet werden. Das Gehirn enthält schätzungsweise 100 Milliarden Neuronen, die im Falle eines Verlustes nicht mehr ersetzt werden können. Vergleicht man dies mit einem Computer, so behauptet Anderson [Ande89. Seite 32], daß das menschliche Gehirn die höchste Verarbeitungskapazität hat, während der Computer bei der Lösung komplexer mathematischer Problemstellungen wesentlich schneller ist.
Über den Aufbau
des menschlichen
Gehirns
und seiner einzelnen Funktionen 22 hat die
Hirnforschung eine Fülle von Erkenntnissen gewonnen. Der Aufbau des menschlichen Gehirns teilt sich in fünf Abschnitte: (1) Der älteste Teil ist das verlängerte Rückenmark (Medulla oblongata), welches für die Atmung, den Stoffwechsel und die Blutzirkulation verantwortlich ist. (2) Das Kleinhirn (Cerebellum) übernimmt die Funktion der Koordination und Kontrolle aller menschlichen Bewegungsabläufe und ist ferner für unser Gleichgewicht zuständig. (3) Die
Aufgabe
des
Mittelhirns
(Mesencephalon)
liegt
darin,
die
aufgenommenen
Informationen an ihren richtigen Ort zu verteilen. Es kann deshalb als Vermittlungsstelle für Informationen betrachtet werden. (4) Das Zwischenhirn (Diencephalon) besteht einmal aus dem Thalamus, der Reize von unserem
Körper
(Telencephalon)
aufnimmt und weiterzuleiten.
verarbeitet, um sie schließlich an Den
weitaus
bedeutendsten
das
Bestandteil
20
Sensorische Nerven liefern Informationen über die Rezeptoren zum Rückenmark und Gehirn.
21
Motorische Nerven übermitteln die Befehle zu den Muskeln.
22
Friedend
spricht
in diesem
Zusammenhang
von der
Mikrostruktur des Nervensystems [Frie88. Seite 473].
zerebralen
Makrostruktur
Großhirn stellt
im Gegensatz
der
zur
Theoretische Grundlagen der Know-how-Thematik
46
Hypothalamus dar, der alle menschlichen Grundbedürfnisse regelt und somit unseren Organismus im Gleichgewicht hält. (5) Das Großhirn wird als Neokordex bezeichnet, da es den jüngsten Teil unseres Gehirns darstellt.
Die Erkenntnisse der Neurowissenschaften bilden die Basis für die Erklärung
des
Zusammenhangs zwischen Gehirn und menschlichen Vorgängen. Das Wissen, wie man sich die neuronale Informationsverarbeitung vorzustellen hat, ist notwendige Voraussetzung für den Ansatz der Wissenspsychologie.
3.4.3.
Ansatz der Wissenspsychologie
Als Teilgebiet der Kognitionswissenschaften (Cognitive Science) beschäftigt sich die Wissenspsychologie [MaSp88] mit Fragen des Erwerbs von Wissen, seiner Repräsentation im menschlichen Gedächtnis, seines Abrufs, seiner Anwendung beim Entscheiden, im Denken und Handeln und seiner damit einhergehenden Veränderung. Die Neurowissenschaften habe den anatomischen Aufbau des menschlichen Gehirns analysiert. Für die Wissenspsychologie ist die Frage relevant, wie das menschliche Wissen im Gedächtnis gespeichert wird. Das Gedächtnis ermöglicht es dem Menschen, sich an seine Handlungen, Ereignisse oder sonstige wahrgenommene Sachverhalte zu erinnern. Im Sinne des Know-how-Ansatzes läuft der Prozeß ab, daß Know-how sowohl als Input als auch als Output im Transformationsvorgang betrachtet werden kann. Als erstes werden Informationen aufgenommen, diese müssen enkodiert, also in eine neuronale Form gebracht und gespeichert werden, um zur gegebenen Zeit für die Ausführung einer Handlung einen Abruf zu ermöglichen. Wie bereits im evolutionstheoretischen
Ansatz
von
Kwasnicki
zum
Ausdruck
kam,
besteht
eine
wechselseitige Beziehung zwischen der Umgebung, in welcher der Mensch lebt, und seinem im Gedächtnis repräsentierten Wissen. Es entsteht ein Kreislaufschema zwischen sensorisch aufgenommenen Informationen aus der Umgebung - dem Input - und den sich daraus ergebenden Handlungen - dem Output. In Anlehnung an das von Klix entworfene heuristische Schema [Klix88. Seite 41], das dieses Zusammenspiel verdeutlicht, legt Abbildung „Knowhow als Input und Output" die Beziehung zur Dualität von Information und Know-how dar.
Theoretische Grundlagen der
47
Know-how-Thematik
Unterstützt wird dieser Prozeß durch die individuelle Motivation, die eine Person zum Handeln und dadurch zum Know-how-Aufbau 23 veranlassen.
Abbildung 8: Know-how als Input und Output
Die Erörterung des neurowissenschaftlichen und wissenspsychologischen Ansatzes bietet die Möglichkeit der Konkretisierung des Terminus Know-how in der Hinsicht, daß sich Determinanten
23
des Know-how-Begriffes
ableiten lassen:
•
Speicherung von Wissen im Gedächtnis,
•
Informationsverarbeitungsprozesse,
•
Wissenserwerb,
•
Wahrnehmung,
•
Problemlösungsvorgänge,
•
Wissensrepräsentation und
•
Sprache.
Klix verwendet
den Begriff .Kompartment'
absichtlich,
um die zeitweilige funktionelle
betonen und nicht stationäre Einheiten damit zu unterstellen.
Abhebbarkeit
zu
48
Theoretische Grundlagen der
Know-how-Thematik
Luhmann geht in seinem Buch „Die Wissenschaft der Gesellschaft" [Luhm92] von der Theorie aus, daß die Gesellschaft sich durch Kommunikation auszeichnet. Nicht der Mensch kommuniziert, sondern die Kommunikation selbst. Ein Individuum kann für sich alleine aus seinem vorhandenen Wissen logische Schlüsse ziehen und kreativ denken; jedoch ergibt sich eine andere Situation auf gesellschaftlicher Ebene, da nur über den Kommunikationsprozeß Wissen vermittelt werden kann. Durch den Akt der Sprache 24 wird gemeinsames Wissen artikuliert, sei es zwischen Individuen oder anderen Kulturen. Luhmann fordert deshalb eine Neudefinition von Wissen, das für ihn konstitutiv zur Gesellschaft gehört, denn es gilt: „Wissen muß, wie Sprachstrukturen, als Voraussetzung mitlaufen und kann thematisch nie voll in der Kommunikation expliziert werden. (...) aber die Kommunikation bleibt daher ebenfalls eingebunden in ein Netzwerk impliziten Wissens" [Luhm92. Seite 122f.]. Dabei geht
Luhmann davon
aus, daß „Wissen als Kondensierung
von Beobachtungen
zu
bezeichnen" [Luhm92. Seite 123] sei.
3.4.4.
Juristischer Ansatz
Mehr als bei allen anderen Ansätzen herrscht beim juristischen Ansatz Einigkeit darüber, daß das Wissen, die Erkenntnis, die Erfahrung und die Erfindung einer Person oder eines Unternehmens definitorisch zu bestimmen sind, um das Know-how zu schützen. Die Europäische Kommission ist bemüht, mehr Rechtssicherheit für Know-how zu gewähren, um Verstöße gegen den Wettbewerb zu verringern mit dem Ziel, den Technologietransfer zu unterstützen.
In
der
Gruppenfreistellungsverordnung
Nr.
556/89
für
Know-how-
Vereinbarungen [Amts89] wird in Artikel 1 Absatz 7 Nr. 1 eine detaillierte Know-howDefinition angeführt: „Know-how ist eine Gesamtheit technischer Kenntnisse, die geheim und wesentlich und in einer geeigneten Form identifiziert sind" [Amts89. Nr. L 61/7], Am 1. April 1996 trat die Gruppenfreistellungsverordnung für Technologietransfer-Vereinbarungen Nr. 240/96
[Amts96]
in
Kraft,
welche
die
Gruppenfreistellungsverordnungen
für
Patentlizenzvereinbarungen (Nr. 2349/84) und für Know-how-Vereinbarungen (Nr. 556/89) ablöst. Die Vereinbarung gilt bis zum 31. März 2006. Diese neue Verordnung
beinhaltet
[Amts96. Nr. L 31/2, Grund 5] folgenden Sachverhalt:
24
Die Analyse der Sprache ist Gegenstand des Forschungsinteresses Phonetik und Syntax
beschäftigt.
der Linguistik, die sich mit der Semantik,
Theoretische Grundlagen der
Know-how-Thematik
49
„ Patentlizenz- und Know-how- Vereinbarungen sind Vereinbarungen, in denen ein Unternehmen, das Inhaber eines Patents oder nicht patentgeschützter
technischer
Kenntnisse ist (Lizenzgeber), einem anderen Unternehmen (Lizenznehmer)
die
Nutzung des lizenzierten Patents gestattet oder ihm sein Know-how zum Zwecke der Herstellung, des Gebrauchs und des Inverkehrbringens
mitteilt."
Die neue Verordnung erfüllt das Ziel, die Harmonisierung und die Vereinfachung der Rechtslage zu bewirken, indem zwei Vereinbarungen zu einem einheitlichen Text vereint werden. In Grund Nr. 6 der Gruppenfreistellungsverordnung wird darauf hingewiesen, daß Warenzeichen- und Geschmacksmusterrechte, Urheberrechte - z. B. Software - geistiges Eigentum sind [Amts96. L 31/3]. Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union.
Aus juristischer Sicht [Henn92; Stum77; Wieb93] stellt der Begriff Know-how ein Immaterialgut
dar. Das gesetzliche
Regelwerk
für einen
Know-how-Schutz
ist
im
amerikanischen Recht im Geheimnisschutz - trade secret law - begründet. Im Gegensatz zum EU-Recht existiert im amerikanischen Recht keine einheitliche Verordnung auf bundesstaatlicher Ebene. Jedem amerikanischen Staat ist - auf der Basis seiner gültigen Rechtslage eine Auslegung des Betriebsgeheimnisses auferlegt.
Der Know-how-Schutz von Computersoftware liegt im Mittelpunkt des Interesses von Wiebe [Wieb93], für den Computerprogramme solange Know-how darstellen, wie ein Fachmann aufgrund entsprechender Unterlagen das enthaltene Wissen nachvollziehen kann, dies aber dem Kunden oder potentiellen Abnehmer nicht mehr gelingt. Beim Verkauf wird dem Kunden nur das Wissen des Objektcodes übermittelt, welches aus der Anwendungssoftware und den dazugehörigen Benutzerhinweisen besteht. Für den Anwender bleibt das Know-how geheim, da in der Regel nicht davon auszugehen ist, daß er über fachspezifische Kenntnisse zur Erkundung des Quellcodes verfügt. Das Know-how des Quellcodes verliert in dem Moment seinen geheimen Charakter, sobald es offenkundig ist und die technischen Potentiale unbedeutend werden. Andererseits muß auch das ,jeverse engineering" beachtet werden, denn je komplexer die Programme sind, desto länger dauert auch ein sogenanntes Disassemblieren. Die Rückübersetzung hat zur Folge, daß das Know-how eines Programmes verloren geht und damit eine Wettbewerbsverzerrung eintritt.
50
Theoretische Grundlagen der 3.4.5.
Know-how-Thematik
Betriebswirtschaftlicher Ansatz
Der Kerninhalt des betriebswirtschaftlichen Ansatzes liegt in der Entstehung eines Knowhow-Unternehmens, in dem die Mitarbeiter als Know-how-Träger für den Erfolg des Unternehmens verantwortlich sind. Ryle und Dreyfus legten bereits in den 60er und 80er Jahren die Basis für eine Know-how-Definition fest, während in den letzten Jahren insbesondere in der amerikanischen Literatur - die Erforschung des menschlichen Wissens wieder in den Mittelpunkt von Unternehmen rückt. Kahaner [Kaha96] legt dar, daß durch „Intelligence" für Unternehmen Wettbewerbsvorteile erlangt werden können, indem die gesammelten
Informationsstücke zuerst
anschließend
in
„Intelligence"
gefiltert und
umgewandelt
werden
analysiert zu
werden
können.
Im
müssen,
um
Gegensatz
zu
Informationen - verankert in Statistiken, Zahlenmaterialien oder vereinzelten Datenteilen über die Organisation - weist „Intelligence" einen Prozeß- und nicht einen Funktionscharakter auf. Individuen nutzen ihre Fähigkeiten für diesen Umwandlungsprozeß, wobei die Entwicklung in die Richtung geht, daß jeder ein „collector of information" und gleichzeitig ein „consumer of intelligence" ist. In einem analogen Zusammenhang verwendet Stewart [Stew97] den Begriff Jntellectual Capital", wobei die Bedeutung von wissensintensiven Gütern am Beispiel des Mikrochips erläutert wird. Die physische Komponente des Chips - bestehend aus Sand und Silikon - verleiht dem Produkt keinen Wert, erst im intellektuellen Kontext der komplexen Entwicklung kommt die Bedeutung zum Tragen.
3.4.6.
Ansatz der Wirtschaftsinformatik
Die technokratische Perspektive weist augenblicklich die größte Nähe zur Wirtschaftsinformatik auf [RoFi97. Seite 503]. Organisatorische Teilsysteme (meist Forschungs- und Entwicklungsabteilungen) kundenauftragsspezifisch Teilleistungen
von
erstellen sind.
Forschungs-
Bei
Problemlösungen, komplexen
die
im
Problemstellungen
und Entwicklungsabteilungen
Normalfall werden
durchaus
zu
nicht jedoch
konkreten
Problemlösungen in Anspruch genommen. Solche Anwendungslösungen werden in Knowhow-Datenbanken abgelegt und dienen in erster Linie dem horizontalen Wissenstransfer innerhalb des Vertriebs. Ausgehend von dem in dieser Arbeit verwendeten individualistischen Know-how-Begriff ist die von Mertens/Griese [MeGr93. Seite 69ff.] vorgeschlagene Knowhow-Datenbank für Industriebetriebe als eine Informationsdatenbank zu interpretieren. Die Datenbank enthält Problemlösungen für Kunden, und im Idealfall werden
Angebots-
Theoretische Grundlagen der
Know-how-Thematik
51
informationell über nicht realisierte Aufträge geführt. Aber erst durch die Interpretation der Mitarbeiter,
also
der
Know-how-Träger,
können
dem
Kunden
Know-how-intensive
Dienstleistungen angeboten werden. Die Autoren legen dar, daß die Datenbank als Datenbasis mit Informationen für die Unternehmensleitung dient [MeGr93. Seite 70]. Die Datenbank wird somit zur Archivierung von Information verwendet und kann zur Generierung von Know-how für Experten herangezogen werden. Eine Know-how-Datenbank im Hinblick auf den in dieser Arbeit verwendeten Know-how-Ansatz liegt nicht vor, da sowohl der Aspekt der Individualisierung als auch der „tacit" Dimension von Wissen nicht vorhanden ist. Ist derzeit die Wirtschaftsinformatik noch von einem informationsorientierten Denken geprägt, so muß langfristig eine Erweiterung des Forschungsinteresses in die Richtung erfolgen, daß das Know-how-Paradigma verstärkt berücksichtigt wird. Heinrich/Roithmayr weisen darauf hin, daß Know-how-Träger Aufgabenträger sind [HeRo98. Seite 298], deren Kompetenzen zur Aufgabenlösung im Unternehmen beitragen. Die Wirtschaftsinformatik wird daher ein Individuum bei der Bildung von Know-how unterstützen, indem sie ihren Beitrag durch die Entwicklung von Werkzeugen liefert.
Die Informatisierung hat sich in der Verwaltung, im privaten Sektor, im Büro und in Dienstleistungsbranchen durchgesetzt. Am wenigsten Berücksichtigung hat bislang die Know-how-Thematik gefunden. Die Verlagerung des Ressourceneinsatzes zu Know-how wird den Reichtum eines Landes beeinflussen und verändern. In Kaptitel 4 erfolgt eine Annäherung an das Untersuchungsobjekt Know-how mittels empirischer Studien.
Empirische
Studien
53
4. Empirische Studien ,,We are on the threshold of a new digital economy in which the microprocessors and public networks on the Internet model enable fundamentally institutional structures and
new kinds of relationships
(Don Tapscott)
4.1. Problem Die „Makrostruktur wissenschaftlicher Arbeiten" gliedert Heinrich [Hein98. Draft] in das Problem, den Problemlösungsweg und das Ergebnis. Den Ausgangspunkt wissenschaftlichen Arbeitens bildet die Problembeschreibung. Die aktuelle wissenschaftliche Literatur behandelt in
ausführlicher
Form
die
Themen
Informationsmanagement
[Hein99]
und
Wissensmanagement [DaPr98; ILOI97; PrRR97; Stew97; Taps95]. Borghoff/Pareschi führen an, daß Wissen „has become increasingly relevant for organizations since the shift from an industrial
economy
decentralized,
based
on assembly
information-driven
lines and hierarchical
economy"
[BoPa98.
Seite
3].
control In
to a
global,
Ergänzung
zum
theoretischen Ansatz der Know-how-Architektur wird in diesem Kapitel eine empirische Forschungsstrategie gewählt, um die Relevanz des Faktors Know-how zu erkunden. Heinrich unterscheidet die theoretische und die empirische Forschung, wobei in der letztgenannten „an der Überprüfung der Theorien einschließlich der Konstruktionslehren und der prototypischen Produkte gearbeitet" [Hein93. Seite 75] wird. Es wurden zwei empirische
Studien
durchgeführt. Die beiden Studien sollen den empirische Befund liefern, ob die Ressource Know-how für Unternehmen tatsächlich von praktischer Bedeutung ist.
Im Rahmen des forschungslogischen Ablaufs von empirischen Untersuchungen bildet für Friedrich
[Frie90.
Seite
51f.]
der
Entdeckungszusammenhang
den
Anlaß
für
die
Durchführung von empirischen Studien. Das zugrundeliegende Forschungsproblem besteht in der Fragestellung, wie der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in Unternehmen im Spannungsfeld von „Wissen, daß (...)" und „Wissen, wie (...)" einzuordnen ist. Die Studien dienen der Erhebung von Basisdaten. Das Erkenntnisziel der Forschung zeichnet sich durch den Charakter einer „beschreibenden Diagnose" [Krom94. Seite 68] aus.
54
Empirische
Studien
Vor Beginn der ersten empirischen Studie im Oktober
1996 wurde eine eingehende
Literaturanalyse im Frühjahr 1996 durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, daß in diesem Zeitraum
keine
Untersuchungen
zur Know-how-Thematik,
in
dem
in
Kapitel
drei
verstandenen Sinne, veröffentlicht wurden.
Das
Untersuchungsobjekt
sind
österreichische
Unternehmen,
welche
ihre
Produkte/
Dienstleistungen im Internet für Handelstransaktionen vorstellen. Den empirischen Studien liegt folgende Annahme
zugrunde: Unternehmen, welche im Internet präsent sind, haben sich
mit der Funktion des zukünftigen Handels stärker auseinandergesetzt als Unternehmen, die nicht im Internet präsent sind. Die Abwicklung von Online-Geschäften erfordert, daß Unternehmen Konzepte für die Kommunikation unternehmerischen Know-hows entwickeln. Unternehmen mit einer eigenen Homepage verfolgen primär das Ziel, Geschäfte über das Internet abzuwickeln [KeMT98], d.h. „electronic commerce" zu betreiben [Aldr98; Dale98; Mert96]. Diese neue Form des Handels bringt sowohl für die Kunden als auch für die Produzenten Vorteile, indem die Produkte zu jeder Zeit bestellt, Produktinformationen schnell verteilt sowie Handelsspannen traditioneller Händler reduziert werden können. Der Terminus „electronic
commerce"
Transaktionen
impliziert
zwischen
[Wyck97],
Postmann
gleichzeitig
das
Eigenschaft
von
Untemehmen-zu-Kunden
Untemehmen-zu-Unternehmen
Kommunikation
die
Internet
Informationen
als
oder werden der
mit
Internet
getätigt
aber
Umgangs
daß
via
Instrument
des
kritisch,
indem
zwar den Mangel des globalen Informationsflusses überbrückt, Problem
erwähnt
Aktivitäten,
(„business-to-consumer")
(„business-to-business")
[Post96]
globalen
und
deren
sinnvollen
Weiterverarbeitung aufwirft.
4.2. Problemlösungsweg 4.2.1.
Forschungsmethode
Die Datenerhebung erfolgte mittels der Fragebogenmethode [Atte95; Frie90; Krom94], Das Instrument
der
schriftlichen
Befragung
wurde
gewählt,
um
zur
Erforschung
des
Erkenntnisobjektes Know-how eine möglichst große Grundgesamtheit zu erhalten. U m den Wahrheitswert der schriftlichen Befragung zu steigern, weist Heinrich daraufhin, daß eine periodische Befragung die Zuverlässigkeit der Antworten erhöht [Hein93. Seite 87], Damit
Empirische
Studien
55
dieses Element der Befragungssituation gegeben ist, wurden zwei empirische
Studien
durchgeführt. Damit können auch Aussagen über die Veränderungen der Relevanz der Ressourcen
Information
und
Know-how
im
Zeitablauf
getroffen
werden.
Der
Gesamtuntersuchungszeitraum erstreckte sich vom Jahr 1996 (erste empirische Studie) bis zum Jahr 1997 (zweite empirische Studie).
4.2.2.
Forschungsdesign
4.2.2.1. Vorgehensweise der Erhebung 1996 Der von der Verfasserin entwickelte Fragebogen wurde vor der ersten Hauptuntersuchung 1996
einem
Pretest
zur
Qualitätssicherung
des
Fragebogens
unterzogen.
Folgende
Vorgehensweise wurde bei der Erhebung gewählt: 1. Phase:
Recherche
der
Internet-Adressen.
Die
erste
Phase
bestand
darin,
alle
österreichischen Unternehmen mit einer Homepage im World-Wide-Web 2 5 (Abk. W3) zu ermitteln. Die gesamte Suche erstreckte sich über den Zeitraum von Oktober bis November 1996. Für die Recherche wurden primär nachstehende W3-Verzeichnisse der einzelnen Bundesländer herangezogen:
25
Burgenland Online
http ://www .burgenland.com
Carinthia Online
http://www.carinthia.at
Herold Gelbe Seiten
http://w w w .gelbeseiten.at
Kärnten Online
http://www.kaernten.com
Niederösterreich Online
http://www.noet.at
Oberösterreich Online
http://www.oberoesterreich.com
Salzburg Online
http://www.salzburg.com
Steiermark Online
http://www.steiermark.com
Styria Online
http://www.styria.com
Das Internet bietet eine Vielzahl verschiedener Dienste (beispielsweise Electronic Mail (Email), Telnet, News, File Transfer
Protocol
dominierenden
Dienst entwickelt hat. Das W3 ist ein Informationssystem,
(FTP),
Archie,
Gopher,
wobei in einem Dokument Hypertextverbindungen welche der Benutzer
World-Wide-Web)
Querverweise
an,
wobei
das
WJ sich
welches auf Hypertext
auf andere Dokumente beinhalten,
zugreifen kann ¡Herb95. Seite 13; HeHo97], d.h. das W3 besteht aus
Dokumenten (Webpages), welche durch „hyperlinks" untereinander verknüpft sind
/BrRW97l
zum
basiert, auf
HTML-
56
Empirische
Studien
•
Tirol Online
http://www.tirol.com
•
Vienna Online
http://www.vienna.at
•
Vorarlberg Online
http://w ww. vorarlberg.com
2. Phase: Selektionsprozeß. jene Unternehmen
Die Grundgesamtheit umfaßte 705 Unternehmen, wobei nur
ins Sample fielen, welche den nachstehenden
Auswahlkriterien
entsprachen: •
Die Homepage muß dem Kunden die Möglichkeit der Kontaktaufnahme bieten, indem neben der Unternehmensbeschreibung, die postalische sowie auch die Email-Adresse und/oder ein Feedbackformular vorhanden sind, d.h. das Kriterium der Interaktivität [Gius97. Seite 39] muß gewährleistet sein, damit der Kunde Anfragen über Produkte/ Dienstleistungen an das Unternehmen richten kann.
•
Die
Homepage
muß
genau
die
Produkte/Dienstleistungen
des
Unternehmens
beschreiben und darstellen, indem beispielsweise weitere Verweise („hyperlinks") existieren. Unternehmen, welche sich nur mit einer Seite präsentieren, sind tendenziell nicht geneigt, Geschäfte über das W3 zu tätigen. Für den Kunden muß die Eingangsseite zugänglich gestaltet sein, damit er die benötigten Informationen schnell abrufen kann. Die Einrichtung der Homepage für kommerzielle Zwecke erfordert, daß die Unternehmen aktuelle Informationen zur Verfügung stellen. •
Das Unternehmen muß sich auf den österreichischen Markt konzentrieren, d.h. nicht ins Sample fallen solche Unternehmen, die zwar eine österreichische Homepage besitzen, die aber auf eine internationale Muttergesellschaft verweist.
Da
täglich
zahlreiche
Unternehmen
mit
einer
eigenen
Homepage
im
Internet
hinzukommen, wurde die Suche nach Unternehmen mit definierten Kriterien zu einem festgelegten Stichtag - zur Vermeidung von methodischen Mängeln - abgebrochen. Die Stichprobe
für die schriftliche Befragung besteht
somit
aus 340
österreichischen
Unternehmen. 3. Phase: Durchführung
der Datenerhebung.
In der dritten Phase wurde den 340 ermittelten
Unternehmen ein Fragebogen zugesandt. Die Adressaten der Untersuchung war die jeweilige Geschäftsleitung der Unternehmen. Neben der postalischen
Beantwortung
bestand auch die Möglichkeit, den Fragebogen im Internet zu beantworten und direkt über Email rückzuübermitteln. Es wurde die Form eines strukturierten Fragebogens gewählt, der in nur wenigen Fällen offene Fragen beinhaltete. Von den 340 angeschriebenen
Empirische
Studien
57
Unternehmen haben insgesamt 149 Befragte den Fragebogen retourniert, dies entspricht einer Rücklaufquote von 43,82%. Von diesen 43,82% der zurückgesandten Antworten haben 27,91 % den Fragebogen in elektronischer Form beantwortet. 4. Phase:
Auswertung
der
Erhebungsdaten.
Zur
Datenauswertung
wurde
ein
Tabellenkalkulationsprogramm verwendet.
4.2.2.2. Vorgehensweise der Erhebung 1997 Der Forschungsablauf der zweiten empirischen Untersuchung gliedert sich in folgende Phasen: 1. Phase:
Recherche
der
Internet-Adressen:
Zur
Erhebung
wurden
die
gleichen
Internetverzeichnisse wie 1996 gewählt. Der Zeitraum der Untersuchung erstreckte sich von Oktober bis November 1997. 2. Phase: Selektionsprozeß:
Im Unterschied zur ersten Untersuchung ist eine deutliche
Wachstumsrate der im Internet präsenten österreichischen Unternehmen mit einer eigenen Homepage
festzustellen.
Die
Selektion
der
Webseiten
erfolgte
aufgrund
der
Auswahlkriterien von 1996: Der Interaktivität, der Aktualität, der Zugänglichkeit und der detaillierten Bereitstellung von Produkt-/Dienstleisutungsinformationen
(kommerzielle
Nutzung). Die recherchierte Grundgesamtheit betrug 1440 Unternehmen, wobei 800 Unternehmen den Auswahlkriterien entsprachen. Im Vergleich zur Studie aus dem Jahre 1996 kann eine 115%ige Steigerung von Unternehmen mit einer Homepage, welche den vorgeschriebenen
Kriterien entsprechen, festgestellt werden.
Insgesamt haben
292
Interviewte den Fragebogen retourniert, wobei 272 Fragebogen ausgewertet werden konnten, da 20 Fragebogen nicht korrekt ausgefüllt wurden. Die Rücklaufquote betrug somit 34%. Sie ist im Vergleich zur Erhebung von 1996 um 9,82% niedriger. Dies wird darauf zurückgeführt, daß im Jahr 1996 primär jene Unternehmen im Internet präsent waren, die sich durch den Einsatz dieser Technologie eine Vorreiterrolle erwartet haben und demnach bei der Beantwortung von Befragungen sehr motiviert und zugänglich waren. 3. Phase: Durchführung
der Datenerhebung.
Den 800 ausgewählten Unternehmen wurde
der Fragebogen zugeschickt. Die Fragebogen wurden zu 46,32% von der Geschäftsleitung der Unternehmen beantwortet, welche gleichzeitig die Adressaten der Studie waren. Die Beantwortung der Fragebogen von einzelnen Fachbereichen erfolgte zu 29,59%, wobei
Empirische
58
Studien
ein Schwerpunkt auf der Marketing- und der Informatikabteilung lag.
Der einzige
Unterschied zur Studie von 1996 bestand in der Durchführungsform, indem auf eine postalische Versendung des Fragebogens verzichtet wurde. Der Fragebogen wurde mit der Seitenprogrammiersprache
HTML erstellt und in das W3 eingebunden, d.h.
die
Unternehmen übermittelten alle Antworten über das Internet. 4. Phase:
Auswertung
der
Erhebungsdaten.
Zur
Datenauswertung
wurde
ein
Tabellenkalkulationprogramm verwendet.
4.2.3.
Konstruktionsmethodik
Das Thema Know-how stellt ein relativ neues Problemfeld für die Wirtschaftsinformatik dar, wie die Diskussion der Forschungskonzeption der Begriffslehre in Kapitel drei gezeigt hat. Die aus der empirischen Studie von 1996 abgeleiteten Hypothesen sind im Sinne von Arbeitshypothesen [ArBj96. Seite 84f., 286ff.] zu verstehen, „das heißt eine vorläufige Annahme, deren Funktion darin besteht, uns bei der Auswahl und der Anordnung der Tatsachen behilflich zu sein" [Popp92a. Seite 306]. Popper weist darauf hin, daß jede Hypothese eine Arbeitshypothese repräsentiert und sich durch einen selektiven Charakter auszeichnet,
da
Hypothesen
vom
Standpunkt
der
Betrachtung
sowie
von
den
zu
beschreibenden Tatsachen abhängen.
Die
Durchführung
der
zweiten
Studie
im
Jahr
1997
hat
die
Überprüfung
der
Arbeitshypothesen zum Ziel. Die Wiederholung der schriftlichen Befragung dient dazu, den Wahrheitswert der erfahrungswissenschaftlichen Aussagen zu erhöhen.
4.3. Ergebnisse 4.3.1.
Wichtigkeit der Ressourcen Information und Know-how
Die Erhebung der Zusammenhänge der traditionellen Konstellation von Arbeit, Betriebsmittel und Geldkapital im Verhältnis zu den neuen Ressourcen Information und Know-how bilden den Ansatzpunkt der empirischen Studien. Die Interviewten sollen einerseits die Ist-Situation beurteilen und andererseits eine Schätzung der Veränderungen in fünf Jahren vornehmen. Die
Empirische Studien Befunde der
empirischen
Studie
von
1996
59
führten zur
Ableitung
der
folgenden
Arbeitshypothese: Arbeitshypothese 1 : Wenn in Unternehmen
von Know-how gesprochen
wird, dann ist
meistens der Terminus Information gemeint.
Tabelle „Bedeutung der Ressourcen" gibt einen Überblick über die relativen Häufigkeiten der Ressourcen aus dem Jahre 1997, wobei im Vergleich zur ersten Studie (1996), keine signifikanten Verschiebungen festzustellen sind.
IN 5 JAHREN
DERZEIT Sehr bedeutend
Bedeutend
Weniger
Nicht
Sehr
bedeutend
bedeutend
bedeutend
Bedeutend
Weniger
Nicht
bedeutend
bedeutend
Information
75,57
21,76
2,29
0,38
92,24
6,53
1,23
0,00
Arbeit
46,90
45,73
6,98
0,39
48,76
38,02
12,81
0,41
Betriebsmittel
26,59
55,56
16,27
1,58
32,48
47,86
17,52
2,14
Geldkapital
35,02
47,86
14,01
3,11
41,00
40,17
16,32
2,51
74,05
19,85
4,58
1,52
90,16
8,20
0,82
0,82
Know-how (Problemiösungsfähigkeil der Mitarbeiter)
Tabelle 2: Bedeutung der Ressourcen Aufgrund der relativen Häufigkeiten wird sowohl den Ressourcen Information (75,57%) als auch Know-how (74,05%) derzeit eine „sehr bedeutende" Stellung zugeordnet. Die Bestandsaufnahme legt dar, daß die Befragten keine detaillierte Differenzierung zwischen beiden Faktoren vornehmen. Jedoch schätzten die Befragten, daß in fünf Jahren ein 16,1 l%iger-Anstieg der Bedeutung von Know-how erfolgen wird. Daraus läßt sich folgern, daß den individuellen Problemlösungsfertigkeiten der Experten zukünftig ein noch höherer Stellenwert zugeschrieben wird.
Im Anschluß an diese Fragestellung waren die Befragten aufgefordert, die Fähigkeiten des Unternehmens in Form einer offenen Frage genau zu definieren. Die Frage lautete: „Beschreiben
Sie
das
Problemlösungsfähigkeiten
Know-how
des
Unternehmens.
des Unternehmens?".
Welches
sind
die
zentralen
In den Antworten wird der Mitarbeiter,
60
Empirische
Studien
welcher der eigentliche Problemloser und Know-how-Träger ist, nicht erwähnt. Die Befunde führen zum Ergebnis, daß eine Diskrepanz in der Beurteilung der Wichtigkeit von Know-how und der schriftlichen Formulierung der zentralen Problemlösungsfähigkeit von Unternehmen existiert. Die Schilderungen konzentrieren sich im wesentlichen auf allgemeingültige und unpräzise Angaben wie Schnelligkeit, Flexibilität, Mobilität, Informationsaufbereitung sowie Erfüllung von Kundenwünschen. Obwohl 74,05% die Fähigkeit
der Mitarbeiter
Problemlösung als „sehr bedeutend" und 19,85% als „bedeutend" anerkennen,
zur
muß - nach
Auffassung der Autorin - ein Mißverständnis über den Terminus Know-how vorliegen. Dies läßt sich daraus erklären, daß fast kein Unternehmen explizit die kreativen und intuitiven Gedanken der Mitarbeiter als das Potential für die individuelle Problemlösung für Kunden hervorhebt. Im Vordergrund steht primär die Bedeutung der Fachkompetenz in dem jeweiligen Bereich. Die Ursache für die Erlangung der unternehmerischen Fertigkeiten basierend auf dem Handlungswissen der Mitarbeiter - findet kaum Berücksichtigung. Der Fokus liegt auf der Erläuterung des Wirkungsbereiches, jedoch nicht auf den Ursachen für die Wettbewerbs vorteile. Die Befunde der empirischen Studien decken die Entwicklung auf, daß die Befragten theoretisch der Ressource Know-how eine bedeutende Stellung zuordnen, diese Erkenntnis aber noch nicht in die Unternehmensphilosophie umgesetzt wurde. Es herrscht eine Lücke zwischen dem Bewußtsein, daß der Mitarbeiter zukünftig eine zentrale Position ausmacht, und der Umsetzung der Gedanken in das unternehmerische Handeln. Informationen sind eine Vorstufe zur Entwicklung von Know-how, und es muß den Individuen gelingen, aus den verfügbaren Informationsteilen ein intuitives Erfahrungswissen zu konstruieren.
4.3.2.
Informationstransfer versus Know-how-Transfer
4.3.2.1. Partnerschaften via Internet Ein weiterer Teil der empirischen Studien konzentrierte sich auf die Frage, ob Internet entweder für den Informationstransfer oder für den Know-how-Transfer eingesetzt wird. Die Befunde der Studie 1996 führten zur Ableitung einer zweiten Arbeitshypothese: Arbeitshypothese 2: Internet ist ein InformationsInformationsangebot how-Gewinnung}
gesteigert
und Kommunikationsmedium,
wird, die Problemlösungskompetenz
nimmt relativ gesehen ab.
mit dem das
des Individuums
(Know-
Empirische
61
Studien
Die Auswertung der empirische Studie von 1997 führt zur Aussage, daß ein Schwerpunkt auf der Nutzung des Internets für einen Informationsaustausch festzustellen ist, wobei ihm 53,28% eine „sehr bedeutende", 35,91% eine „bedeutende" und 10,81% eine „weniger bedeutende" Stellung zuschrieben. Der Vergleich mit dem Know-how-Transfer via Internet liegt
für
die
Kategorie
„sehr
bedeutend"
mit
21,88%
deutlich
unter
dem
Informationsaustausch. 25,19% der Befragten erachten den Know-how-Austausch über das Internet sogar als „weniger bedeutend". An weiteren Stellen rangieren
Kundenkontakte
(21,41%) und Lieferantenkontakte (12,20%). Die Abbildung . Z w e c k von Internet" stellt die Zusammenhänge dar.
Z u t c k von Internet Lieferantenkon takte Kundenkon takte
Know-how-Transfer ("weniger bedeutend") Know-how-Transfer ("bedeutend") Know-how-Transfer ("sehr bedeutend " )
Informationstransfer ("weniger bedeutend")
10,81
In formationstransfer ("bedeutend") In formationstransfer ("sehr bedeutend") 20
30
40
Relatiw Haufigkelten ( % )
Abbildung 9: Zweck von Internet Unternehmen, welche bestrebt sind, das M e d i u m Internet für die Erfüllung ihrer Geschäfte zu benutzen, konzentrieren sich auf einen Informations- und nicht auf einen
Know-how-
Austausch. Die hier berichteten Studien ergaben, daß das Medium Internet primär von kleinen sowie von mittelständischen Unternehmen als Kanal f ü r die Informationsdistribution und den Handel entdeckt wurde, denn 64,66% der befragten Unternehmen weisen eine Mitarbeiterzahl unter 20 Personen auf. Fittkau & Maaß [Fitt98] haben ebenfalls im Oktober/November 1997 eine W3-Studie 2 6 zur Ermittlung der Gründe für die Internetnutzung durchgeführt. Sowohl f ü r
26
Internet-Adresse: http://www.w3b.de. Im Zeitraum vom 19. Oktober bis 19. November 1997 fanden von Fittkau & Maaß (W3B Hamburg) die 5. W3B-Umfrage statt. Das der W3B-Umfrage zugrundeliegende Forschungsproblem besteht aus der Fragestellung, wie World Wide-Web-Angebote qualitativ, inhaltlich und optisch aufgebaut werden sollten, um nutzerorientiert und damit erfolgreich von öffentlichen Institutionen und Unternehmen eingesetzt zu werden.
62
Empirische
Studien
den privaten als auch den berufs- bzw. geschäftsbezogenen Gebrauch dient das Medium zum Abruf von Informationen und zur Unterhaltung. Der Einsatz von Internet für den Daten- und Informationsaustausch mit Kollegen/Geschäftspartnern wird im Bereich der geschäftlichen Nutzung mit einem Prozentsatz von 77,7% angegeben. Die Befunde von Fittkau & Maaß decken
sich
mit
den
berichteten
Ergebnissen,
daß
Unternehmen
Internet
für den
Informationsaustausch verwenden. Informations- und Kommunikationstechnologien
sind
unterstützende Werkzeuge für die Beschaffung und Archivierung von Informationen, allerdings obliegt es den Fertigkeiten des Einzelnen, aus diesem „Wissen, daß (...)" ein Erfahrungswissen aufzubauen. Davenport/Prusak erwähnen, daß die Informationstechnologie das Mittel zur Gewinnung von Know-how darstellt, allerdings ,4t does not create knowledge and cannot guarantee or even promote knowledge generation or knowledge sharing in a corporate culture that doesn't favor those activities" [DaPr98. Seite 18].
4.3.2.2. Allgemeine Partnerschaften In Ergänzung zu dieser internetbezogenen Fragestellung waren die Befragten aufgefordert, eine Aussage über die Art von Partnerschaften (Informationstransfer, Know-how-Transfer) mit anderen Unternehmen zu treffen. Die Ergebnisse der ersten empirischen Untersuchung bezüglich von Kooperationsformen sind grafisch in Abbildung „Informationstransfer vs. Know-how-Transfer 1996" dokumentiert.
Befunde 1996 100 80
79,04
60 40
20
• Informationstransfer
19,01
19,55
12.47
B Know-how-Transfer
^mm
0 Ja
Nein
Weiß nicht
Antwortkategorien
Abbildung 10: Informationstransfer vs. Know-how-Transfer 1996
Empirische
63
Studien
Mit 79,04% Ja-Nennungen bildet der Informationstransfer die wichtigste
Komponente
unternehmerischer Partnerschaften. 19,01% der Befragten führen bei Kooperationen mit anderen Unternehmen einen Know-how-Transfer durch. Der Anteil von 68,52% der Befragten, die derzeit
kein
Know-how
austauschen, erscheint
sehr hoch.
Es
wird
angenommen, daß ein erhebliches Entwicklungspotential für einen steigenden Know-howTransfer
zwischen
Unternehmen
besteht.
Aus
diesem
Ergebnis
wird
folgende
Arbeitshypothese abgeleitet: Arbeitshypothese 3: Zukünftig werden Partnerschaften um primär Know-how und nicht Informationen
zwischen Unternehmen
eingegangen,
auszutauschen.
Die Befunde der Studie 1997 bezüglich der Arbeitshypothese drei sind in Abbildung „Informationstransfer vs. Know-how-Transfer 1997" visualisiert.
Befunde 1997
Antwortkategorien Abbildung 11: Informationstransfer vs. Know-how-Transfer 1997
Partnerschaften zwischen Unternehmen sind 1997 primär durch den Informationstransfer gekennzeichnet. Im Unterschied zur Studie 1996 hat der Informationstransfer um 7,67% abgenommen, während der Know-how-Transfer um 12,61% angestiegen ist. Der Anteil von 68,52% der Befragten, die 1996 kein Know-how austauschen, sank 1997 auf 57,71%. Die Arbeitshypothese drei konnte nicht falsifiziert werden, sondern wurde noch erhärtet. Dieses Ergebnis bestätigt die Richtigkeit, sich mit Know-how-Architekturfragen zu beschäftigen.
64
Empirische
Studien
Eine Gesamtbeurteilung der Befunde läßt die Feststellung zu, daß die Unternehmen von einer informationsorientierten
Denkrichtung
ausgehen,
wenngleich
die
Know-how-Thematik
erheblich an Bedeutung zunimmt. Der Diffusionsprozeß von Internet ist durch einen Informationstransfer charakterisiert, während sich erste Tendenzen der Nutzung dieser Informations- und Kommunikationstechnologie für Kooperationen abzeichnen [FGRS97. Seite 551 f.]. Im Zuge der Digitalisierung liegt - laut Tapscott - die Zukunft in der Bildung von „internetworked" Unternehmen, welche das geistige Potential der Mitarbeiter in Teams vereinen [Taps95. Seite 90ff.]. Das Know-how-Paradigma verlangt nach einer Transformation von Unternehmen, welche den Schwerpunkt auf die Ressource Know-how legen, indem der Mitarbeiter für die individuelle Problemlösung verantwortlich ist. Die Ist-Analyse zeigt, daß der Know-how-Transfer für Unternehmen noch in der Entwicklungsphase steckt. Der Einzelne ist mit einer Fülle von Informationsmengen konfrontiert, welche er über die verschiedenen Suchmaschinen 27 im Internet bezieht [Hoch97]. Die Fertigkeit des Individuums zeichnet
sich durch das Wiederauffinden von relevanten
Informationen
aus,
indem
Selektionsmechanismen angewendet werden. Die Kunst besteht darin, die verfügbaren Informationen zu filtern, um die Voraussetzung für die Bereitstellung von Know-how zu ermöglichen. Die einzelnen recherchierten Informationsteile sind wertlos, wenn sie nicht zur Problemlösungsfähigkeit des Mitarbeiters beitragen.
4.4. Schlußfolgerungen Die Befunde der Untersuchung vermögen die drei formulierten Arbeitshypothesen nicht zu falsifizieren. Informations- und Kommunikationstechnologien wirken unterstützend für den Informationstransfer, leisten jedoch einen geringen Beitrag zur Steigerung des Know-howPotentials des Individuums. Im Kontext des Know-how-Paradigmas gewinnt allerdings die kognitive Dimension an Bedeutung. Die empirischen Befunde führen zur Feststellung, daß die Relevanz der Ressource Know-how in den nächsten fünf Jahren zunimmt. Es müssen aus diesem Grunde geeignete Methoden - welche letztlich in Werkzeuge münden - zur Gewinnung, zur Archivierung, zur Weiterentwicklung sowie zum Transfer von Know-how
27
Alta Vista (Internet-Adresse: Lycos
http://www.altavista.com),
(Internet-Adresse:
http://www. metacrawler. com )
Yahoo
http://www.lycos.de),
(Internet-Adresse: http: //www. yahoo, com ), Metacrawler
(Internet-Adresse:
Empirische
65
Studien
entwickelt werden. Dies hat für die Wirtschaftsinformatik zur Konsequenz, daß bestehende Methoden und Werkzeuge überprüft werden müssen, ob sie einerseits Know-how-Prozesse fordern und andererseits das Problemlösungspotential sowie die Kreativität des Einzelnen unterstützen.
In zunehmenden Maße besteht eine Kritik an den traditionellen
Bewertungsmethoden
[EdMa97; Svei97] im Unternehmen, welche primär auf finanzwissenschaftliche Indikatoren konzentriert sind. North [Nort98. Seite 183ff.] stellt fest, daß derzeit quantitative Meßgrößen bevorzugt werden, während qualitative Informationen eine Vernachlässigung finden, wobei insbesondere „die Messung des Beitrags von Mitarbeitern und Mitarbeitergruppen zum Wissenstransfer" [Nort98. Seite 186] ein neuer Meßmaßstab sein muß. Die Know-howArchitektur ist ein theoretisches Modell, mit welchem einerseits die individuellen Fertigkeiten der Mitarbeiter gemessen werden und andererseits die Vernetzung des „tacit knowledge" für den Know-how-Transfer ermöglicht wird. Dies bedeutet, daß der Entwurf der Know-howArchitektur dazu dienen soll, Know-how-Transfer-Prozesse zu unterstützen.
Die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien ermöglichen, unterschiedliche Informationen zur Verfügung zu stellen. Dabei stellt sich nach Frühwald die Frage, „ob uns in der Flut der Informationen noch Zeit zur Erinnerung und Gedächtnis genug bleibt, uns an anderes zu erinnern als an die perfekte Beherrschung des Netzes" [Früh96. Seite 12]. Im Know-how-Zeitalter vollzieht sich eine Verschiebung von einem Quantum an Informationen zur Wichtigkeit von Inhalten. Beide hier berichteten Studien bestätigen die Tendenz, daß sich die Wirtschaftsinformatik verstärkt auf Know-how-orientierte Fragestellungen konzentrieren muß. Wenngleich der Know-how-Transfer zwischen Unternehmen derzeit einen geringen Stellenwert hat, so geht die Entwicklung in die Richtung, daß der Know-how-Ansatz an Bedeutung zunimmt.
67
Know-how-Architektur
5. Know-how-Architektur „Beim Künstler gibt es zwei Dinge, das Auge und das Gehirn. Beide müssen sich gegenseitig unterstützen.1 Man muß an ihrer wechselseitigen Entwicklung arbeiten: Am Auge durch das optische Studium der Natur und am Gehirn durch die logische
Entwicklung
und Ordnung der künstlerischen Erlebnisse; dies erzeugt die Ausdrucksmittel. " (Paul Cezanne)
5.1. Grundlagen der Know-how-Architektur 5.1.1.
Generelle Know-how-Architektur
Eine hochkomplexe und dynamische Arbeits- und Wirtschaftswelt verlangt nicht nach einer Einstellung, die Wissen als Konfektionsware und Massenprodukt betrachtet, sondern nach einer Aktivierung des brachliegenden Know-how-Potentials zur Förderung individueller geistiger Fähigkeiten. Betrachtet man die Geschichte des Wissens, so fuhrt diese zunehmend zu einer Vernetzung der Menschen. Je mehr sich Informationen speichern lassen, um so besser ist der intellektuelle Output. Die Evolution wird nicht haltmachen, so daß sich die Menschheit am Wendepunkt von der Informations- zur Know-how-Gesellschaft befindet, welche durch Know-how-Unternehmen determiniert wird. Die neue Organisationsform des Know-how-Unternehmens geht auf die Autoren Sveiby und Llyod zurück, die im Jahre 1983 in ihrem Buch „Das Management des Know-how" [SvL190] einen Meilenstein auf dem Gebiet der Know-how-Bedeutung für Unternehmen legten. Know-how-Unternehmen
werden
als Unternehmen definiert, in welchen begabte und qualifizierte Mitarbeiter mittels kreativer Ideen Lösungskonzepte für komplexe Probleme zur Befriedigung von Kundenwünschen anbieten. Unter einem Know-how-Unternehmen wird ein Unternehmen verstanden, das sich durch folgende Charakteristika
[RoFi97. Seite 504] auszeichnet:
1. seine Problemlösungskompetenz, 2. seine Kundenorientierung, 3. sein Potential an kreativen Mitarbeitern (=Know-how-Träger), 4. seine Schnelligkeit in bezug auf die Entwicklung innovativer Lösungen und 5. seine Vernetzung mit anderen Know-how-Trägern.
68
Know-how-Architektur
Neben Forschungs- und Entwicklungsabteilungen in Industriebetrieben sind klassische Knowhow-Unternehmen
Beratungsunternehmen,
Anwaltskanzleien,
Wirtschaftsprüfungs-
gesellschaften, Theater, Kliniken und auch Zirkusse. Die Hauptakteure bilden die Mitarbeiter mit ihrem Know-how-Potential und bewirken gleichzeitig eine Verschiebung der bestehenden Machtverhältnisse, denn nicht nur die Kapitalinhaber bestimmen das unternehmerische Handeln, sondern auch die Experten, welche die vorhandenen Daten und Informationen aufnehmen,
um
in einem geistigen Verarbeitungsprozeß
Know-how
als
Endprodukt
anzubieten.
Als ein bereits bestehendes Know-how-intensives Unternehmen kann Sun
Microsystems
angeführt werden, welches durch die Entwicklung der Programmiersprache Java 2 8 seinen Know-how-Wert in den letzten zwei Jahren gesteigert hat. Den Entwicklern von Sun ist es gelungen, bestehende bisherige Probleme von Internet-Anwendungssoftware zu überwinden. Die wesentlichen Merkmale von Java äußern sich in der Hinsicht, daß es sowohl eine sichere als auch robuste, leicht verständliche und „portable" Programmiersprache [Gran97] darstellt. Das letztgenannte Kennzeichen verwirklicht eines der Hauptziele der Java-Entwickler; nämlich daß ein Programm, welches in Java entwickelt wird - beispielsweise für eine SunWorkstation -, auch auf einem PC mit einem anderen Betriebssystem - wie WindowsNT oder Windows95 - übertragen werden kann [InFr97], Das Unternehmen ist nicht nur Produzent von Workstations, sondern bietet auch dem Kunden mittels der Java-Technologie und der Entwicklung von Netzcomputern Know-how-intensive Produkte an. Sun verzeichnete 1996 eine Umsatzsteigerung von 21% und eine 60-prozentige Gewinnsteigerung [o.V.97]. Die Erfolgschance sieht McNealy (Sun-Chef) in Datennetzen, indem sich der Kunde aus dem Netz die gerade benötigte Software in der Programmiersprache Java holt. Der Markterfolg läßt die Vermutung zu, daß Sun Microsystems mit der Ware Know-how handelt und der Marktwert
aus dem Wissen der Mitarbeiter
resultiert, die alle Bemühungen
in die
Entwicklung von wissensintensiven Produkten/Dienstleistungen stecken.
Als ein weiteres Beispiel für ein Know-how-Unternehmen läßt sich McDonalds
anführen. Die
Tätigkeiten, die einzelne Mitarbeiter bei der Ausgabe von Fast-Food-Produkten verrichten, sind standardisiert und einfach, denn die Registrierkassen bestehen aus Symbolen für die verschiedenen Mahlzeiten. Aufgrund dieses rationalen und ökonomischen Prinzips bedarf es
28
Java ist eine Programmiersprache
für das Internet.
Know-ho w-A rchitektur
69
keiner speziellen Know-how-Träger zur Verrichtung dieser Arbeit, denn für die Mitarbeiter in den Filialen von McDonalds besteht das Ziel, die Bedürfnisse eines möglichst großen Kundenkreises zu befriedigen, um somit die Rentabilität von McDonalds zu sichern. Hingegen verlangt die Ausarbeitung eines solchen differenzierten Konzeptes nach ExpertenKnow-how. Das Managementwissen
von McDonalds verleiht dieser Organisation den
Charakter eines Know-how-Unternehmens.
In der Diskussion um die Ressource Know-how werden sowohl Erfolgsmeldungen von bereits existierenden Know-how-Unternehmen
angeführt als auch auf die zunehmende
Bedeutung von Know-how hingewiesen. Allerdings wird der Aspekt außer acht gelassen, wie sich ein traditionelles Unternehmen zu einem Know-how-Unternehmen entwickeln kann. Es entsteht der Eindruck, daß die Relevanz von Know-how-Unternehmen unter der Perspektive betrachtet wird, daß diese Transformation leicht zu bewerkstelligen
ist, nachdem das
Unternehmen definiert hat, durch welches Know-how es sich auszeichnet. Es wird von einem „black-box-Kasten-Denken" 29 ausgegangen, indem nur der Input - also die Charakterisierung von Wissen - und der Output des Know-how-Unternehmens analysiert werden. Jedoch wird von den komplexen Vorgängen innerhalb des Know-how-Systems abstrahiert. Das Prinzip des „white-box-Kasten-Denkens" [HeRo98. Seite 418], welches von dem Grundsatz ausgeht, daß man sich bei der Betrachtung eines Systems auf die Vorgänge innerhalb dieses Systems konzentriert, findet keine Anwendung.
Gefordert ist vielmehr ein ganzheitliches
Denken,
indem sowohl interne als auch externe
Know-how-Vorgänge in Betracht gezogen werden. Eine Sichtweise, die sich nur auf die Feststellung
von
unternehmerischem
Know-how
konzentriert,
genügt
nicht,
um
die
komplexen Wechselwirkungen zwischen dem, was ein Unternehmen an Know-how besitzt und dem, was es tun muß, um sich zu einem Know-how-Unternehmen zu entwickeln, abzubilden. Neben den Faktoren Information und Know-how spielen die sozialen Gruppen, die das menschliche Handeln beeinflussen und auch die Gesellschaft, welche die Know-howTräger sozialisiert, eine wesentliche Rolle. Es ist das Ziel der im folgenden entwickelten
29
Heinrich/Roithmayr
definieren das „Prinzip des Schwarzen Kastens" folgendermaßen:
„Ein Prinzip, bei dem
man bei der Untersuchung eines Systems von den Vorgängen innerhalb des Systems abstrahiert und sich auf die wirkungsspezifischen
Eingänge
und Ausgänge
an den Systemgrenzen
konzentriert,
also auf
Vorgänge zwischen dem betrachteten System und seiner Umwelt (Umsystem)" ¡HeRo98. Seite 418J.
70
Know-how-Architektur
Know-how-Architektur, die Diskrepanz zwischen der Identifikation von Know-how und dem Vorhandensein eines Know-how-Unternehmens zu überwinden. Diese Kluft findet sich in der Offenlegung der kreativen Mitarbeiter, in dem Kontakt zum Kunden und im Know-howTransfer zwischen
Partnerunternehmen
wieder. Der Mensch
ist ständig
bemüht
die
Erkenntnisse, welche er sich noch nicht angeeignet hat, in Know-how umzuwandeln und somit den Know-how-Umfang auszuweiten, jedoch können keine Aussagen gemacht werden, wie sich das unternehmerische Know-how „zu dem verhält, was wir nicht wissen" [Fran92. Seite 49].
In Anlehnung an den Systemplanungs-Ansatz von Heinrich [Hein96; Hein94] wird eine Know-how-Architektur entwickelt. Heinrich beschreibt das Sachziel 30 der Systemplanung, dem Auftraggeber ein produktives Informationssystem zur Verfügung zu stellen. Das Phasenmodell dient zur Visualisierung und zur Ordnung der Aufgaben der Systemplanung, d.h. der Wert des Phasenmodells ist primär didaktischer Art. Heinrich gliedert den Prozeß der Systemplanung in fünf Phasen, wobei Tabelle .Phasenziele und Methodikansätze im Phasenmodell nach Heinrich" [Hein96. Seite 24] die wesentlichen Inhalte der einzelnen Phasen darlegt.
Phase
Phasenziel
Verwendete Methodikansäzte
Vorstudie
Grundkonzeption
Feinstudie
Angepaßte Grundkonzeption
Grobprojektierung
Logisches Modell Sollzustand
Feinprojektierung
Physisches Modell Sollzustand
wie Grobprojektierung
Produktives Informationssystem
Sollzustandsorientierung, Systemintegration, Umstellungsmethoden
Installierung
Sollzustandsorientierung Istzustandsorientierung und Sollzustandsorientierung im Rahmen der Grundkonzeption Sollzustandsorientierung, Datenorientierung, Inside-Out-Ansatz, Prototyping
Tabelle 3: Phasenziele und Methodikansätze im Phasenmodell nach Heinrich
In Analogie
zum Systemplanungs-Ansatz
von
entwickelt. Das Sachziel der Know-how-Planung
Heinrich
wird
ein
Know-how-Ansatz
kann wie folgt beschrieben werden: ein
Kunde erteilt den Auftrag, ein Know-how-Unternehmen zu entwickeln bzw. ein bereits vorhandenes Know-how-Unternehmen auf ein höheres Wissensniveau zu transformieren. Im
30
Sachziele beschreiben welche betrieblichen Aufgaben unterstützt werden sollen.
Know-ho w-A rchitektur
71
letzteren Falle kommt es im Rahmen der Know-how-Lebenszykluskurve 31 zu einem Knowhow-Sprung, dessen Ziel zur Generierung von neuem Know-how führt. Um ein Know-howUnternehmen zu implementieren, ist die Konzeption einer Know-how-Architektur [RoFi98a] notwendig, wobei Abbildung „Generelle Know-how-Architekturdie einzelnen Phasen des Planungsprozesses visualisiert.
Abbildung 12: Generelle Know-how-Architektur
Die Know-how-Architektur zeichnet sich durch fünf Prozesse aus, welche im folgenden in Kurzform beschrieben werden. Die Know-how-Architektur beginnt mit dem „Prozeß
der
Vorstudie", der sich mit der Bereitschaft eines Unternehmens zur Analyse des eigenen Knowhows beschäftigt. Der Begriff Wissensmanagement ist zu einem Trend avanciert, da sich fast keine Führungskraft erlauben kann, die Ressource Wissen nicht in den Mittelpunkt des unternehmerischen Denkens zu stellen. Aus der Unternehmensperspektive gilt es die Herausforderung anzunehmen, das Wissen der Experten zu managen. Wissen wird als Wettbewerbsfaktor anerkannt, und es entwickelt sich die Tendenz, den Schatz in den Köpfen der Mitarbeiter [Pala97] zu nutzen und zu vermehren. Der „Prozeß Identifikation"
der
Know-how-
hat die Aufgabe, den Ist-Zustand des unternehmerischen Know-hows zu
erweitern und zu modifizieren. Weiters steht im Mittelpunkt der Analyse, die internen und externen
Know-how-Träger
zu
identifizieren.
Aufbauend
Erkenntnissen schließt sich der „Prozeß der Adaption"
" Vgl. Abbildung „Transformationsprozeß
des Know-hows"
auf
diesen
gewonnenen
an, der sich mit der Detaillierung und
72
Know-how-Architektur
Verfeinerung der Gedankenstrukturen der Know-how-Träger auseinandersetzt. Das Ziel liegt darin, das Erfahrungswissen der Mitarbeiter für das Unternehmen festzuhalten. Die internen und externen Wissensträger müssen so vernetzt werden, daß ihre Kreativität bestmöglich zur Entfaltung gelangt, dies ist die Aufgabe im „Prozeß der Vernetzung". vorangestellten
Ergebnissen
hat
der „Prozeß
der
Basierend auf allen
Implementierung"
zum
Ziel,
ein
traditionelles Unternehmen in ein Know-how-Unternehmen zu transformieren bzw. ein bereits bestehendes Know-how-Unternehmen zu aktualisieren.
5.1.2.
Annahmen der Know-how-Architektur
Der Know-how-Architektur liegen drei Annahmen zugrunde: (1) Unter
dem Terminus
Architektur
versteht
man
ein
Bauen
nach
künstlerischen
Gesichtspunkten. Dieser Terminus wurde gewählt, um die schöpferische Eigenart von Know-how zu reflektieren. Die Baukunst ist mehr als alle anderen Künste zweckgebunden [Winz86. Seite 32f.]. Sie handelt im Rahmen von bestimmten Aufträgen, wobei in der schöpferischen Baukunst Material und Konstruktion ständig die formale Erscheinung und die Gestalt des Gebauten determinieren. Die Baukunst hat sowohl im sakralen (kirchliche Baukunst) als auch im profanen (weltliche Baukunst) Bereich der Malerei und Plastik viele Entfaltungsmöglichkeiten
geboten.
Heinrich
weist
darauf
hin,
daß
in
der
Wirtschaftsinformatik die Bezeichnung Architektur zunehmend verwendet wird, „zumeist in
Wortkonstrukten
wie
Anwendungssystem-Architektur,
Datenarchitektur,
Informationsarchitektur (...)" [HeRo98. Seite 60], Krcmar beschreibt die Bedeutung von Informationssystem-Architekturen als „eine neue und umfassende Kunst, an den Zweck gebunden, Information und Kommunikation bereit zu stellen" [Krcm90. Seite 396; Krcm97], Eine Know-how-Architektur stellt analog eine neue und umfassende Kunst dar. Diese hat die Absicht, sowohl das Erfahrungswissen der Mitarbeiter als auch das unternehmerische Know-how zu erfassen. Strunz [Stru90] weist darauf hin, daß der Zweck der Diskussion des Architekturbegriffes darin liegt, auf die Eigenschaften des Systems
zu
schließen,
systemarchitekturen
als
und deren
betrachtet
die
bedeutendste
Wirtschaftlichkeit Eigenschaft.
von
Informations-
Entsprechend
kann
die
maßgebliche Eigenschaft der Know-how-Architektur darin gesehen werden, die kognitivindividualistische Dimension der Know-how-Thematik zur Entfaltung zu bringen, indem die Kreativität der Mitarbeiter gefördert wird. Ein Unternehmen wird nur Methoden in die
73
Know-how-Architektur Know-how-Architektur integrieren, die den Prozeß der Know-how-Gewinnung,
der
Know-how-Weiterentwicklung
der
und
des
Know-how-Transfers
fördern.
Bei
Betrachtung von Architekturen berücksichtigt die Wirtschaftsinformatik derzeit zwei Sichten, und zwar sehen die Organisationen - als Anwender - in den Architekturen die Unterstützung des Unternehmensziels, während die DV-Hersteller ihre Ziele darin sehen, ihr Produkt in Standards zu dokumentieren. Der Terminus Architektur im Zusammenhang mit der Know-how-Thematik weist das Merkmal auf, einerseits den Anwendern eine Orientierungshilfe bei der Koordination der Ressource Know-how zur Verfügung zu stellen
und
andererseits
den Know-how-Herstellern
einen
Bezugsrahmen
für die
Durchführung zu vermitteln. Hingegen verwendet Scheer [Sche98. Seite 1] den Terminus Architektur nicht im etymologischen Sinne - wie Krcmar und Strunz -, sondern nimmt eine Erklärung aus umgangssprachlicher Perspektive vor. (2) Ausgangspunkt der Know-how-Architektur ist der Prozeß der Vorstudie, an welchen sich die vier Know-how-Kernprozesse anschließen. Die Prozesse der Know-how-Architektur folgen weder einer top-down-, noch einer bottom-up-Strategie. Unter der top-downStrategie versteht man ein Verfahren zur Vorgehensweise bei Problemlösungen. Die Grundidee lautet, daß ausgehend von einem hohen Abstraktionsgrad
zunehmende
Konkretisierungen von „oben" nach „unten" durchgeführt werden; während bei der bottom-up-Strategie zunächst einzelne detaillierte Teilprobleme gelöst werden. Die einzelnen Teillösungen werden von „unten" nach „oben" zusammengesetzt, bis das Gesamtproblem Regelkreis
abgewickelt
ist.
Der
gesamten
Know-how-Architektur
liegt
ein
zugrunde, welcher durch die dicke Pfeilrichtung symbolisiert wird (vgl.
Abbildung „Generelle Know-how-Architektur"). Ein Regelkreis [Lens87. Seite 148f.] ist ein geschlossener und dynamischer Wirkungskreis, der aus der Regelgröße und dem Regler besteht. Der Know-how-Kreislauf ist ein zirkulärer Prozeß, der zwei wesentliche Faktoren beinhaltet: Die zu regelnde Größe kommt den Know-how-Trägern (Regelgröße) gleich und zum anderen verändert das Know-how-Management (Regler) die Experten. Im Sinne der Regelungstechnik
lautet die Aufgabe, ein
Know-how-Unternehmen
im
Zeitablauf zu verwirklichen. Dieser zugrundeliegende Soll-Wert kann durch Störgrößen beeinflußt werden, weshalb die Regelgröße erfaßt werden muß, d.h. es wird der Ist-Wert der derzeitigen Know-how-Träger gemessen. Das Know-how-Management beobachtet die Regelabweichung als Differenz zwischen Ist- und Soll-Wert und paßt je nach Ergebnis des Vergleichs die geistigen Werte der Experten dem geplanten Kurs an. Man erkennt den Know-how-Kreislauf, indem der Ist-Wert Ausgangsposition der Regelstrecke ist und
Know-how-Architektur
74
kontinuierlich mit d e m Soll-Wert verglichen werden muß. Dieser Soll-Ist-Vergleich der Know-how-Träger wirkt als Eingangsgröße auf das Know-how-Management. Obwohl der Regelkreis als ein geschlossener Wirkungskreislauf bezeichnet wird, so ist er dennoch nach außen offen, denn die Störgrößen ändern sich [Jisc93]. In Abbildung „Know-howRegelkreis" ist der beschriebene Sachverhalt abgebildet.
Regelgröße Know-how-Träger Istwert
-O
o
Regelstrecke 4 Know-how-Unternehmen
r
Sollgröße öße V
Regelabweichung Soll-Ist-Vergleich
Regler Know-how-Management
y
Störgröße
Stellgröße Kurskorrektur des Unternehmens
Abbildung 13: Know-how-Regelkreis
Ein Know-how-Regelkreis existiert selten allein und alles hängt voneinander ab. Die einzelnen Prozesse wirken aufeinander und es entsteht ein vernetztes System der Knowhow-Prozesse. wiederholender gegenseitig
Der
Know-how-Ansatz
Prozesse
bedingen
interpretiert
und ergänzen.
kann
nur
werden, Dieser
da
auf
der
sich
Grundlage Know-how
Gesichtspunkt
sich
ständig
und
Handeln
reflektiert die
kognitiv-
individualistische Dimension von Know-how. Von jedem Kernprozeß aus besteht die Möglichkeit, einen anderen Kernprozeß zu bearbeiten. Diese Sicht weise kommt durch die in der Mitte der Architektur
dargestellten
gestrichelten
Linien
zum Tragen
(vgl.
Abbildung „Generelle Know-how-Architektur"). D e m vorliegenden Konzept liegt der Gedanke zugrunde, daß die Ressource Know-how Gegenstand aller Prozesse ist und im Fokus der gesamten Betrachtung steht. Ein bereits durchlaufener Know-how-Regelkreis muß ständig auf seinen Soll- und Ist-Zustand überprüft werden, ob es einer Änderung des unternehmerischen Know-hows, der Know-how-Träger und der Know-how-Netzwerke bedarf. Nach Abschluß des Transformationsprozesses setzt die Generierung von neuem Know-how ein. Der Terminus der Transformation wird im weiten Sinne interpretiert, und beschränkt sich nicht auf das Ereignis, von d e m Zustand A zu einem Zustand B zu gelangen, sondern geht weit über diese Form hinaus. Der Know-how-Architektur liegt der Gedanke zugrunde, daß im Unternehmen für die Mitarbeiter eine
Know-how-Identität
Know-how-Architektur
75
geschaffen wird. Damit soll der Sachverhalt impliziert werden, daß für jeden Know-howTräger im Unternehmen der richtige Platz gefunden wird, um seine Kreativität zur Entfaltung zu bringen. Die Prozeßorientierung
der Know-how-Architektur
kommt
dadurch zum Ausdruck, daß die erarbeiteten Ergebnisse (Output, Meilensteine) einer Phase die Voraussetzung (Input) für den Übergang zu einer neuen Phase darstellen [Hein96. Seite 42], Abbildung „Detaillierte Know-how-Architektur" zeigt den Knowhow-Ansatz unter Berücksichtigung der Voraussetzungen und Ergebnisse.
Abbildung 14: Detaillierte Know-how-Architektur
(3) Die Know-how-Architektur beinhaltet Elemente eines Vorgehensmodells im Sinne von Heinrich
[HeRo98.
Seite
562],
da
den
einzelnen
Planungsschritten
Handlungs-
anweisungen zugewiesen werden und eine Zuordnung von Methoden und Techniken und den sie unterstützenden Werkzeugen vorgenommen wird. Aufgrund der Tatsache, daß dem Terminus Know-how ein dynamischer Charakter zugrunde liegt, bedarf es kreativer Methoden zur Abbildung von Know-how-Prozessen. Im folgenden wird der Know-howAnsatz mittels der Methode Mind-Mapping
analysiert und unterstützt. Die Know-how-
Architektur wird als eine Menge von systematisch miteinander verbundenen Mind-Maps verstanden.
Know-how-Architektur
76
5.2. Mind-Mapping „Es gibt kein menschliches Wesen der
Vergangenheit
oder Gegenwart, das auch nur annähernd das volle Potential seines Gehirns erforscht hat. Aus diesem Grunde wir keine Beschränkungen des menschlichen
akzeptieren
Gehirnpotentials
- es ist unendlich!" (Tony Buzan f
5.2.1.
Einführung
Die Methode Mind-Mapping ist auf den Erfinder Tony Buzan 32 [BuBu97] zurückzuführen, der Präsident der Stiftung Brain Foundation sowie Gründer des Brain Trust/Use Your Head Clubs ist. Sein Hauptinteresse liegt in der Förderung des geistigen Bewußtseins. Die Idee für Mind-Mapping entstand, da Buzan während seines Studiums die Fülle der vorgegebenen Literatur nicht verarbeiten konnte. Denn je mehr schriftliche Aufzeichnungen er machte und je mehr er den Stoff auswendig lernte, um so mehr verschlechterten sich seine Leistungen. Buzan erkannte, daß seine Gewohnheit, sich Aufzeichnungen über
Themenkomplexe
anzufertigen, zur Folge hatte, daß die Effektivität beim Lernen abnahm. Buzan schloß daraus, daß die traditionellen Methoden von Standardnotizen nur einen Teil seines geistigen Könnens zum Tragen bringen. Diese Stilrichtungen benutzen lineare Darstellungen, indem Texte in eine hierarchische Ordnung, meist mit einer chronologischen Abfolge, gebracht werden. Im Mittelpunkt der Schreibtheorie steht die Auseinandersetzung mit einer angemessenen Form des Schreibens. Schon in der Schulzeit wird Schreiben gelehrt, indem folgende sieben wesentliche Darstellungsformen unterrichtet werden [Stad86; Glüc93; Deut95a; Deut95b]: (1) Der Bericht orientiert sich an der Festhaltung von bestimmten einmaligen Ereignissen und verlangt deshalb nach einer folgerichtigen Gliederung der Tatsachen, in der Regel zeitlich nacheinander. (2) Das Protokoll
ist eine Darstellungsform über den Inhalt
und
den Verlauf
von
Versammlungen, Besprechungen bzw. Verhandlungen und ist als Textsorte an eine feste äußere Form gebunden. Der Charakter eines Protokolls zeichnet sich dadurch aus, daß beim Notieren von Diskussionen oder Verhandlungen ein überlegtes Notieren notwendig ist und nachstehende feste Angaben umfaßt: Kennzeichnung des Anlasses, Angabe der Zeit, Angabe des Ortes, Vorsitz, Anwesende, Abwesende, Schriftführer, Tagesordnung,
32
Internet-Adresse:
http://www.buzan.co.uk/
77
Know-how-Architektur
Text und Unterschriften. Der Textinhalt und die Textdarstellung richten sich nach dem Zweck und der Art des Protokolls. (3) Die Beschreibung
ist eine Darstellungsform, die einen Wirklichkeitsbereich in sachlicher
und detaillierter Weise sprachlich reproduziert, so daß der Leser ein möglichst genaues Bild über das Beschriebene erhält. Der Aufbau und die sprachliche Darstellung von Vorgangsbeschreibungen verlangen ein chronologisches Vorgehen, da nicht veränderbare Phänomene (z.B. der gesetzmäßige Ablauf eines Experimentes in der Chemie bzw. Physik oder die Planung eines Projektes) gekennzeichnet werden. (4) Die
Begriffsbestimmung
versucht
durch
Abstraktion
und
Verallgemeinerung
den
Denkinhalt in einem Wort auszudrücken und unabhängig vom Kontext festzulegen. (5) Die Erörterung
erfordert im Gegensatz zum Bericht die gedankliche Auseinandersetzung
mit einem Problem, denn erörtern bedeutet, bestimmte Gedankengänge zu entwickeln und unterschiedliche Thesen (Standpunkte) zu einem Sachverhalt anzuführen. Auch die Erörterung erfordert ein planmäßiges Vorgehen, damit diese überzeugend wirkt, sind folgende Schritte zu beachten: die genaue Themenerfassung, die Themaerschließung, die Ordnung des Stoffes und die Reinschrift. Insbesondere der Punkt der Stoffordnung setzt sich mit der gliederungstechnischen Anordnung des Themas auseinander, indem die gedanklichen Prozesse strukturiert werden und in die Formulierung einer Einleitung und eines Schlußgedankens eingebunden sind. In der Gliederung der Argumente sollen Steigerungen oder Abstufungen erkennbar sein, also ob eine Anordnung vom weniger Wichtigen zum Wichtigen (Klimax) oder vom Wichtigsten zum weniger Wichtigen (Antiklimax) vorgenommen wird. Dazu bedient man sich ordnender Oberbegriffe und erläuternder Unterpunkte. (6) Das Ziel der Stellungnahme
ist es, anderen Personen zu einem Problem den eigenen
Kenntnisstand kundzutun und ein auf Argumenten basierendes Urteil abzugeben. Wenn sich eine Stellungnahme aufgrund eines Einwandes gegenüber der eigenen Meinung ergibt, erfordert dieser Umstand eine knappe Darstellung des Sachverhaltes. (7) Die Inhaltsangabe
faßt die wichtigsten Einzelheiten eines Textes in Satzform zusammen,
wobei eine abstrahierende Form gewählt wird. Für den Aufbau der Inhaltsangabe ist es charakteristisch, daß Angaben über den wesentlichen Handlungsablauf sowie dessen Ursache und Wirkung enthalten sind.
Diese sieben Darstellungsformen eines Textes legen das planmäßige Formulieren einer Nachricht eines Senders an einen Empfänger dar. Die bisher erörterten Texte erfüllen die
Know-ho w-A rchitektur
78
Funktion der beschreibbar Nachteil
Informationsvermittlung und
und
sind
nach
überprüfbar. Die gegenwärtigen
ihrer
Form
und
ihrem
Aufzeichnungssysteme
Inhalt
weisen
den
auf, daß sie nicht die gesamte Kapazität des menschlichen Gedächtnisses fordern,
sondern eher den Lernprozeß hindern als unterstützen. Die formale und
sprachliche
Gestaltung zeichnet sich durch Sachlichkeit, Analysefähigkeit, Linearität, logisches Vorgehen sowie hohes Abstrakionsniveau
aus. Lineares Schreiben findet sich auch in anderen
Kulturkreisen wieder, wie beispielsweise bei den Japanern oder Arabern, was bedeutet, daß es bei linearem Denken gleich ist, ob von links nach rechts oder von rechts nach links geschrieben wird. Dies bewirkt, daß sich unser Gehirn langweilt und es fuhrt zu keiner Verknüpfung, was zur Konsequenz hat, daß keine Assoziationen stattfinden.
Diese Aspekte stehen aber im Widerspruch zur Know-how-Thematik, deren Intention in der Aktivierung des gesamten Erfahrungswissens eines Experten liegt. Aus diesem Grunde führt eine künstlerische
Darstellung
des menschlichen
Know-hows
zur Aktivierung
seiner
kognitiven und individualistischen Kapazitäten. Eine Struktur, die neben Worten und Texten auch Farben, Symbole sowie Grafiken vereint, begünstigt die kommunikative Funktion von Know-how. Tony Buzan machte sich die Vorteile einer gestalterischen Lernmethode zunutze, die sein kreatives Potential fordert und ihn bei Lernprozessen unterstützt. In Kooperation mit seinem Bruder Barry Buzan entwickelten die Brüder die Theorie des Mind-Mappings.
Am
Beginn der Auseinandersetzung mit dem Theoriekonstrukt von Mind-Mapping steht die Erklärung, wo die Gehirnfunktionen lateralisiert sind und warum die Leistungsfähigkeit vieler Menschen beschränkt ist.
5.2.2.
Hemisphärenforschung
Die Grundlagen für das Verständnis von Mind-Mapping bilden die Erkenntnisse 33 der Neurowissenschaften und der Wissenspsychologie. Das Großhirn ist beim Menschen im Vergleich zu anderen Lebewesen besonders ausgeprägt, wobei hier die
menschlichen
Fähigkeiten ihre mentale Repräsentation aufweisen. Anatomisch betrachtet, besteht die Oberfläche des Neokortex - die Großhirnrinde - aus mehreren Windungen, die zu sogenannten Hirnlappen zusammengefaßt sind. Das Großhirn ist in zwei Hälften - die rechte und linke
33
Vgl. Ausführungen in Kapitel 3.4.2. und Ausführungen in Kapitel 3.4.3.
Know-how-Architektur
79
Hemisphäre - unterteilt, die sich wiederum aus je vier Hirnlappen zusammensetzen. Spezialisten für Hemisphärenforschung haben entdeckt, daß sich die Großhirnhemisphären in ihren Funktionen unterscheiden und unter dem Oberbegriff Latéralisation der Funktionen bezeichnet werden [KoWh96]. Dies bedeutet, daß die beiden Hemisphären unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Dies ist die eine Theorie, während die andere Theorie lautet, daß die beiden Hemisphären kooperieren. Die Abbildung „Großhirn" legt dessen Hauptbestandteile dar [Pine97. Seite 431],
primärer motorischer Cortex BrocaAreal Sulcus centralis
Parietal läppen
Occipitallappen
Frontal läppen
Fissura lateralis (Sylvische Furche)
Temporalläppen
Abbildung 15: Großhirn
Das Telencephalon führt an der Hemisphäre zu einer Sonderung verschiedener Gebiete. Ein mittlerer Teil, der Lobus 34 parietalis (Parietallappen), geht nach vorn in den Lobus frontalis (Frontallappen), nach hinten in den Lobus occipitalis (Occipitallappen) und nach unten in den Lobus temporalis (Temporallappen) über. Die Lage des Broca-Areals liegt im inferioren linken präfrontalen Cortex, direkt vor dem Gesichtsareal des linken primären motorischen Cortex.
Die Informationsverarbeitung zwischen den zwei Hemisphären erfolgt durch einen Balken, der corpus callosum genannt wird [Pine97. Seite 433]. Neuropsychologische
34
Lobus ist die lateinische Bezeichnung für das deutsche Wort Lappen.
Experimente
80
Know-how-Architektur
haben aufgedeckt, daß
die rechte Hemisphäre die motorischen und die
sensorischen
Funktionen der linken Hemisphäre steuert; umgekehrt gilt, daß für Informationen, die das rechte Ohr oder Auge aufgenommen hat, die linke Hemisphäre zuständig ist, d.h. die Koordination der rechten Körperseite übernimmt. Die Neurowissenschaft gelangte zu der Erkenntnis, daß das Gehirn zweigeteilt ist und an unterschiedlichen Stellen menschliche Fähigkeiten liegen, indem man Patienten, die ein epileptisches Leiden hatten, den corpus callosum durchtrennte.
Denn
diese Personen
zeigten
nun
mit
der
linken
Hand
auf
Gegenstände, die das rechte Auge wahrgenommen hatte. Da bei diesen Menschen die beiden Hemisphären nicht verbunden sind, spricht man von Split-Brain-Patienten [KoWh96. Seite 156ff.]. Durch Untersuchungen von Patienten mit neurologischen Krankheiten konnten neue Erkenntnisse über die Latéralisation und Lokalisation von Funktionen gewonnen werden. Eine Schädigung der linken Hemisphäre kann zu einer Apraxie wie auch Aphasie führen. Apraxie ist eine zentrale Störung, um sinnvolle Bewegungen auszuführen; während Aphasie eine
durch
produzieren.
Hirnschädigung Die
Versuche
verursachte
Störung
ist,
Sprache
zur Hemisphärenspezialisierung
zu
und
verstehen der
oder
zu
interhemisphären
Kommunikation wurden im Jahre 1861 von Broca, im Jahre 1874 von Warnicke und 1975 von Sperry und Gazzaniga durchgeführt. Die Tabelle „Hemisphärenspezialisierung" listet die einzelnen corticalen Fähigkeiten des Menschen auf und stellt die cerebrale Lateration im Überblick vor [Pine97. Seite 441]:
Dominanz der linken Hemisphäre
Allgemeine Funktion
Wörter Buchstaben
SEHEN
Sprachlaute
HÖREN TASTEN
komplexe Bewegungen verbales Gedächtnis Sprechen Lesen Schreiben Rechnen
BEWEGUNG GEDÄCHTNIS
Dominanz der rechten Hemisphäre geometrische Muster Gesichter emotionaler Ausdruck nichtsprachliche Laute Musik taktile Muster Braille (Blindenschrift) Bewegungen im Raum nichtverbales Gedächtnis
SPRACHLICHE FÄHIGKEITEN
emotionaler Inhalt
RÄUMLICHE FÄHIGKEITEN
Geometrie Richtung Entfernung mentale Rotation von Formen
Tabelle 4: Hemisphärenspezialisierung
Know-how-Architektur
81
Der Sachverhalt, daß sich Fähigkeiten wie Sprechen und Sehen im Großhirn determinieren lassen, stellt einen großen Fortschritt für die kognitive Psychologie dar. Es wird deshalb angenommen, daß den Informationsverarbeitungsvorgängen der visuellen Wahrnehmung und der Sprache unterschiedliche Prozesse im Gehirn zugrunde liegen müssen. Allerdings ist es aus Sicht der Neurowissenschaften nicht möglich, eine anatomische Zuordnung zu geben, in welchen Gehirnteilen Informationen exakt gespeichert sind, um später aktiviert werden zu können. So weisen Hartje/Strum und Markowitsch
darauf hin, daß für die
Informations- und Sprachverarbeitung eine Lokalisierung
visuelle
vorgenommen werden
kann,
dennoch können anderen „Fähigkeiten der Wissensrepräsentation und des Wissensabrufes wie zum Beispiel dem Gedächtnis - (...) bislang keine umschriebenen
Hirnregionen
zugeordnet werden" [Frie88. Seite 475],
Die Methode Mind-Mapping überwindet das Denken, daß intellektuelle Fähigkeiten einzelnen Hemisphären zugeordnet werden, indem sie alle menschlichen
Begabungen
berücksichtigen
und gleichzeitig zu aktivieren versuchen. Der Mensch ist primär trainiert, Eigenschaften, die der linken Hemisphäre zugeschrieben werden, beim Erstellen von Standardnotizen zu benützen, da beim Anfertigen von Aufzeichnungen primär lineare Formen verwendet werden. Allerdings ist es das Ziel von Mind-Mapping, das gesamte Spektrum des menschlichen Könnens einzusetzen, also verstärkt Eigenschaften der rechten Hemisphäre visuell-räumliche
sowie
taktil-räumliche
Informationen
zu nutzen, indem
Anwendung
finden.
Die
Hemisphärentheorie bestärkt die Theorie des Mind-Mappings als kreativen Denkwerkzeugs.
5.2.3.
Architektur zur Erstellung von Mind-Maps
5.2.3.1. Mind-Mapping-Theorie Unser Gehirn ist daran interessiert, Informationen zu empfangen, zu analysieren, zu speichern, zu verknüpfen und diese auf dem Wege von Mind-Mapping in Know-how umzuwandeln. Die Methode Mind-Mapping ist ein grafisches Instrument mit der Aufgabe, das geistige Potential des Menschen zu erschließen, um dadurch sein Know-how zur Entfaltung zu bringen. Im Kerninhalt geht es darum, das Erfahrungswissen von Experten, welches im Gedächtnis repräsentiert ist, zum Ausdruck zu bringen sowie den Prozeß des Lernens zu fördern. Der Theorie des Mind-Mappings liegt das Konzept des „Radialen
82
Know-how-Architektur
Denkens" zugrunde, was bedeutet, daß assoziative Strukturen [Klix88. Seite 30] von einem Mittelpunkt ausgehen oder mit diesem verbunden sind. Mind-Map „Know-how-Mind-Map" visualisiert, ausgehend vom Zentralbild der Know-how-Thematik, die Mehrdimensionalität des Begriffes Know-how.
Mind-Map 1: Know-how-Mind-Map
Know-how-Architektur
83
Buzan definiert Mind-Mapping als einen Ausdruck des radialen Denkens und stellt somit eine natürliche Funktion des menschlichen Gedächtnisses dar, wobei vier essentielle Eigenschaften zu berücksichtigen sind [BuBu97. Seite 59]: „ 1. Der Gegenstand der Aufmerksamkeit kristallisiert sich in einem Zentralbild. 2. Die Hauptthemen des Gegenstands strahlen vom Zentralbild wie Äste aus. 3. Die Äste enthalten Schlüsselbilder oder Schlüsselworte, die auf einer mit dem Zentralbild verbundenen Linie in Druckbuchstaben geschrieben werden. Themen von untergeordneter Bedeutung werden als Zweige, die mit Ästen höheren Niveaus verbunden sind, dargestellt. 4. Die Äste bilden ein Gefüge miteinander verbundener Knotenpunkte."
Mind-Mapping als Variante des radialen Denkens lehnt sich an die Theorie der Radiologie an. Die Radiologie
[Fuch96; KaMS96] ist die Wissenschaft von den ionisierenden Strahlen und
findet ihre Anwendung
in der Medizin, Biologie, Landwirtschaft und Technik.
Nach
Strahlenarten wird in die Röntgenstrahlung und radioaktive Strahlung differenziert. Am 8.11.1895 entdeckte Röntgen (1845-1923) während Versuchen mit den Kathodenstrahlen eine neue Art von Strahlen, die er als „X-Strahlen" bezeichnete, welche unsichtbar sind, Fluorezenz erzeugen und ein hohes Ionisierungsvermögen aufweisen. Die Ioniesierung bietet die Möglichkeit, aus einem Atom Elektronen herauszulösen. Röntgenologische Verfahren verwenden elektromagnetische Wellen als Medium, um Bilder der inneren Struktur des Körpers entstehen zu lassen. Schulthess [Schu96. Seite 24] definiert Röntgenstrahlen als Phänomen der Elektronen der Atomhülle.
Nach der Theorie von Bohr besteht ein Atom aus a) einem
positiv geladenen
Atomkern, der sich aus den Nukleonen
(Protonen
und
Neutronen) zusammensetzt und b) einer negativ geladenen Hülle aus Elektronen. Diese negativ geladenen Elementarteilchen sind in verschiedenen Orbitalen um den Atomkern angeordnet.
Abbildung „Atomkern nach Bohr" legt den Aufbau eines Atoms dar [Saue96. Seite 9].
In bezug zum Atomkern nach Bohr können wir das Neutron und Proton als den Mittelpunkt des Mind-Maps betrachten, während die kreisenden Elektronen auf die Verästelungen hinweisen.
Die
Entdeckung
des
„unsichtbaren
Lichtes"
durch
Röntgen
löste
eine
84
Know-how-Architektur
Denkrevolution in dem Sinne aus, daß es ab diesem Zeitpunkt möglich war, Wissen über das Körperinnere zu erlangen. Oudkerk/Rosenbusch/Ammann
sprechen vom „Öffnen des
lebenden menschlichen Körpers ohne Skalpell" [RoOA94]. In Analogie dieses Gedankens führt die Anwendung von Mind-Mapping zur „ Ö f f n u n g des menschlichen
Know-hows",
indem Erkenntnisse über das innere implizite Wissen eines Menschen gewonnen werden können. Vom Zentralbild, dem Know-how-Kern, bewegen sich strahlenförming die menschlichen Gedanken. Mind-Mapping durchleuchtet die qualitative Eigenschaft von Know-how und ordnet um den Nukleus in Orbitalen die menschlichen Gedanken an, d.h. die Anwendung
von Mind-Maps kann man als die „Durchleuchtung des
Know-hows"
bezeichnen.
\
f\
\ \
Jr
i /
/
/
r ^ ^
) Proton + Neutron Elektron -
V-'r—XVc--f-V-V"
G>-"\ Q . / ' Abbildung 16: Atomkern nach Bohr Die qualitative Prägung des Terminus Know-how verlangt nach Methoden, die ebenfalls einen
qualitativen
Zugang
ermöglichen.
Quantitative
Werkzeuge
befürworten
die
Informationsverarbeitung, reichen allerdings nicht aus, um das implizite Wissen der Knowhow-Träger zu illustrieren. Aus diesem Grunde versucht die Methode des Mind-Mappings. eine künstlerische Verarbeitung der Fertigkeiten von Experten zu bewirken. Bawden [Bawd97] weist darauf hin, daß der Kreativitätsprozeß durch vier verschiedene Formen von Informationen unterstützt wird. (1) Die erste Art bezieht sich auf die Berücksichtigung von „interdisciplinary
information",
wobei insbesondere Wissenschaftler sowohl formelle als auch informelle Informationen
Know-how-Architektur
85
für den Kommunikationstransfer bevorzugen und somit die Wissensbasis anderer kreativ ausbauen. (2) Die zweite Kategorie behandelt „peripheral
information".
Diese Informationsart fördert
den Prozeß, neue Ideen zu generieren, indem die verborgenen wie auch die auf den ersten Blick nicht relevanten Informationen die Umsetzung in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen beschleunigen. (3) Die Form der „Speculation"
stellt die dritte Möglichkeit zur Kreativitätsbildung dar und
bezieht sich auf die Artikulierung von spekulativen Ideen, die auf kein theoretisches oder empirisches Modell zurückgreifen. Zeitschriften wie „Speculations in Science and Technology" 3 5 und „New Scientist" 36 ermöglichen es Autoren, ihre Vermutungen zu veröffentlichen. (4) Als letzte Informationsart fuhrt Bawden „exeptions and inconsistencies" Schließen
von Wissenslücken
umfaßt, das heißt, die Identifikation
an, welches das von
Lücken,
Ausnahmen und nicht weiterentwickelten Theorien „will naturally be among the most important components of reviews specifically aimed at aiding creativity" [Bawd97. Seite 91].
Das Wissen in Form von Gedankenstrukturen abzubilden, greift Kosko in seinem von der Künstlichen
Intelligenzforschung geprägten Ansatz auf, indem er sogenannte
Cognitive Maps"
„Fuzzy
[McFr97. Seite 275ff.] entwickelte. Kosko leistete in der Hinsicht eine
Pionierarbeit, da er die Fuzzy-Logik mit neuronalen Netzen kombinierte [Roja96], Die Fuzzy Logik [FaHö94; Popp97. Seite 170f.] repräsentiert die Theorie der unscharfen Mengen, um einen besseren Zugang zur menschlichen Intelligenz zu erlangen, indem sprachlich unscharfe Beschreibungen modelliert werden können. Diese linguistischen Variablen besitzen als Werte keine Zahlen, sondern werden durch die Menge sprachlich unscharfer Termini definiert wie zum Beispiel die Beschreibung eines Krankenbildes oder die Beurteilung von Warengütern. Die Fuzzy-Theorie bietet den Zugang für die qualitative Beschreibung von Prozessen, Handlungen oder Verfahren.
„Fuzzy Cognitive Maps" repräsentieren Entscheidungssysteme, die bestimmte Situationen modellieren, wobei die wesentlichen Aspekte des Sachverhaltes miteinander verbunden
'' Internet-Adresse: if:
Internet-Adresse:
http://www.wkap.nl/joumalhome.htm/0155-7785 http://www.newscientist.com/
86
Know-how-Architektur
werden. Es entsteht ein Netz, welches die Ursachen und Stärken der Gedanken in Form von kognitiven Landkarten bildlich zum Ausdruck bringt. Durch die Verwendung von Plus- und Minuszeichen zwischen den Variablen werden die zunehmenden
oder
abnehmenden
Auswirkungen visualisiert. Die Vision von Kosko geht soweit, daß er der Meinung ist, in naher Zukunft könne jedes schriftliche Dokument, insbesondere auch technische Artikel und jedes Buch, durch „Fuzzy Cognitive Maps" dargestellt werden. Der Vorteil seines Konzepts liegt darin, daß im Gegensatz zu konventionellen Expertensystemen, mehrere „Fuzzy Cognitive Maps" miteinander verknüpft werden. Aus diesem Umstand
erwächst
die
Konsequenz, daß nicht nur die Meinung einer einzelnen Person zu einer konkreten Situation reflektiert wird, sondern daß ein Wissens-Netzwerk mehrerer Experten entsteht, denn „the underlying knowledge you are trying to tease out of these experts, it comes out and it improves as you increase the number of experts" [McFr97. Seite 283], Darüber können den Meinungen von Experten Gewichte zugeordnet werden, was zur Folge hat, daß das artikulierte Wissen in Relation zu anderen Wissensträgern gesetzt wird, das heißt, die Einschätzung eines weniger bedeutenden Experten wird im Gegensatz zum Urteil eines wichtigeren Experten niedriger gewertet. Ein Gewichtungsfaktor wird als „Bedeutung" der Regel interpretiert [NaKK94].
Die Erstellung von „Fuzzy Cognitive Maps" unterliegt einem dynamischen Charakter, indem die
ursprüngliche
Netzverbindungen
kognitive wächst
Landkarte sowie
Pro-
ständig und
durch
das
Hinzufügen
Kontra-Argumente
Darstellungsform vereint sind. Kosko bezeichnet seinen Ansatz
in
von
einer
neuen einzigen
in der Hinsicht
als
fortschrittlich, da dem Modell keine Entscheidungsbäume und mathematischen Gleichungen zugrunde liegen. Das Expertenwissen wird durch netzwerkartige Verbindungen reflektiert. Der Versuch von Kosko wissensbasierte Aktivitäten mittels „Fuzzy Cognitive Maps" abzubilden, liefert einen Beitrag zur Betonung von qualitativ geprägten Werkzeugen für die Entscheidungsfindung.
Der Ansatz von Horth/Palus [HoPa96] stärkt die Argumentation, daß Know-how-Prozesse durch qualitative Methoden unterstützt werden. Die Autoren vertreten die Ansicht, daß ein Unternehmen nur durch einen kreativen und innovativen Führungsstil seine komplexen Probleme lösen kann. Die Zielsetzung eines sogenannten „Creative Leadership" liegt in der Wiedergewinnung
von
individuellen
qualitativen
Komponenten
wie
Intuition
und
künstlerischer Gestaltung. Das Konzept richtet sich auf die Schaffung einer Balance zwischen
Know-how-Architektur den
überbewerteten
rationalistischen
Fähigkeiten
87
der
linken
Gehirnhälfte
und
der
Unterschätzung des imaginären Denkens der rechten Hemisphäre. Ihr Ansatz appelliert an den verstärkten Einsatz von persönlich erstellten Zeichnungen und metaphorischen Geschichten. Ein Unternehmen erfährt einen Veränderungsprozeß „with metaphors and the other tools o f the artist, managers can release not just their own creative powers but also the creativity o f their teams. And if enough o f them do that, the whole company will feel the c h a n g e " [HoPa96. S e i t e 16]. Die B e t o n u n g ihres Konzeptes liegt auf der Verwendung von kreativen Techniken
sowohl
für
das
Know-how-Management
als
auch
für
die
Experten.
Zur
Reduzierung der Komplexität empfiehlt sich die Anfertigung von Bildern in einem T e a m , welche die wesentlichen P r o b l e m e grafisch festhalten. Ein anschließender Dialog zwischen diesen K n o w - h o w - T r ä g e r n stellung,
vermittelt eine gemeinsame Wissensbasis
indem unterschiedliche Sichten
über die Problem-
in den Lösungsprozeß einfließen.
Anstelle
der
Analyse von Daten erfolgt eine Sammlung von alternativen Ideen. D a s Ausgangsbild hat zur Konsequenz, daß die vielfältigen Know-how-Sichten der Experten offenkundig werden und zur Ausarbeitung eines Lösungsansatzes oder sogar zur Entwicklung einer innovativen Idee beitragen.
5.2.3.2. Das Ziel
der
Grundsätze ordnungsmäßigen Mind-Mappings (GoMiMa)
Aufstellung
von
„Grundsätzen
ordnungsmäßigen
Mind-Mappings"
(Abk.
G o M i M a ) hat die Absicht, Gestaltungsempfehlungen für die V o r g e h e n s w e i s e zur Erstellung von M i n d - M a p s darzulegen. D e r Terminus der G o M i M a wurde in Analogie zu den Begriffen „Grundsätze
ordnungsmäßiger
Buchführung"
(Abk.
GoB)
sowie
„Grundsätze
ordnungsmäßiger M o d e l l i e r u n g " (Abk. G o M ) gewählt. Die G o B [ B i e r 9 0 ; 0 1 f e 9 1 ; S c h i 9 7 ] orientieren
sich
an
den
grundlegenden
Anforderungen
der
Buchführung,
daß
ein
sachverständiger Dritter in angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfalle und die Lage des Unternehmens vermittelt bekommt. D i e s e formelle Ordnungsmäßigkeit wird durch die materielle Ordnungsmäßigkeit ergänzt, welche den Grundsatz der Richtigkeit und Vollständigkeit umfaßt. Hingegen verfolgt der G o M [ B e R S 9 5 ; B e S c 9 6 ] die Intention, einen Ordnungsrahmen
für die Gestaltung
von
Informationsmodellen
zu
geben,
bezugnehmend auf die G o B sechs allgemeine Grundsätze ordnungsmäßiger
wobei
sich
Modellierung
bestimmen lassen: die Richtigkeit, die Relevanz, die Wirtschaftlichkeit, die Klarheit, die Vergleichbarkeit und der systematische Aufbau. Die G o B und G o M bilden die theoretische
88
Know-how-A
rchitektur
Grundlage für die Ableitung von GoMiMa. Der Prozeß der Anfertigung von Mind-Maps unterliegt einem hohen schöpferischen
Freiheitsgrad
der Know-how-Träger. Diese bilden
ohne konkrete Vorgaben mittels eines assoziativen Prozesses ihr Know-how ab, wobei der Gestaltung keine Grenzen gesetzt sind. Aus diesem Grunde erscheint es sinnvoll, einige Richtlinien vorzugeben. Damit wird das Ziel verfolgt, die Qualität der
Know-how-Architektur
zu erhöhen, indem die qualitative Dimension des Terminus Know-how durch die Aufstellung von Grundsätzen in seiner gesamten Vielfalt zum Ausdruck kommt. In diesem Sinne kann die Zielsetzung von GoMiMa als Orientierungshilfe für die Gewinnung des impliziten Wissens von Experten beschrieben werden, um die Qualität von Mind-Maps
zu steigern. Wenn es
möglich wird, die vernetzten Gedanken der Know-how-Träger in Form von Mind-Maps zum Vorschein zu bringen, kann sich ein traditionelles Unternehmen zu einen Know-howUnternehmen transformieren.
Die Auflistung von allgemeinen Grundsätzen erfolgt basierend auf den GoM und GoB, wobei fünf
Grundsätze
unterschieden
werden:
Individualität,
Vollständigkeit,
Klarheit,
Vergleichbarkeit und Vernetzung.
/.
Grundsatz der
Individualität
Der Grundsatz der Richtigkeit, welcher von beiden Ansätzen vorgeschlagen wird, ist durch den Grundsatz der Individualität substituiert. Der Grundsatz der Richtigkeit besitzt eine syntaktische sowie semantische Ausprägung [BeRS95. Seite 437] und es soll eine eindeutige Bezeichnung der zu modellierenden Objekte aufgrund von Namenskonventionen erfolgen. Im Zusammenhang mit Mind-Mapping können keine Aussagen getroffen werden, ob die vorliegende Ausdrucksform das Know-how eines Experten sinngemäß repräsentiert, denn es liegen keine Beurteilungskriterien vor. Deshalb wird der Grundsatz der Individualität verwendet, da Know-how einer Person eigen ist und sich daher jeder Experte durch seinen Mind-Map-Stil
auszeichnet.
Reflektiert
wird
dieser
epistemologische als auch kognitiv-individualistische
Gedanke
Dimension
sowohl
durch
die
von Know-how.
Der
Grundsatz der Individualität ist allen anderen Grundsätzen übergeordnet, während die anderen Grundsätze ergänzende Funktionen erfüllen.
2. Grundsatz der
Vollständigkeit
Der innerhalb der GoB formulierte Grundsatz der Vollständigkeit wird übernommen und soll dem Sachverhalt Rechnung tragen, daß ein Mind-Map einen evolutionären
Charakter
Know-how-Architektur
89
aufweist. Erst im Zeitablauf wird es Experten möglich sein, ihr Know-how zu artikulieren und darzustellen. Der Grundsatz der Vollständigkeit zeichnet sich durch zwei Dimensionen aus: einerseits ist zu berücksichtigen, welchen Detaillierungsgrad das Mind-Map aufweist und andererseits inwieweit das derzeit vorliegende Mind-Map auch das tatsächlich vorhandene implizite Wissen widerspiegelt. Die Methode Mind-Mapping soll die im Gedächtnis verankerten Wissensstrukturen in die Gegenwart projektieren. Benutzt man die Terminologie von Polanyi, soll das entfernte - distale - Know-how in ein greifbares - proximales - Wissen überführt werden. Das von einem Subjekt erstellte Know-how muß ständig auf seine Vollständigkeit analysiert und hinterfragt werden. Der Grundsatz der Vollständigkeit wird durch das Ziel geprägt, die Lücke zwischen Ist-Know-how
und Soll-Know-how
zu
verringern.
3. Grundsatz der Klarheit Der Grundsatz der Klarheit orientiert sich an der grafischen Gestaltung von Mind-Maps, indem der kreative Prozeß in Ordnungsprinzipien eingebunden ist. Becker/Schütte [BeSc96. Seite 69] subsumieren unter dem Grundsatz der Klarheit nicht-disjunkte Aspekte wie Strukturiertheit, Übersichtlichkeit und Lesbarkeit; das heißt, die Anordnungsprinzipien des Know-hows zueinander sollen nach bestimmten Vorschriften festgelegt werden. Wesentlich ist die Anschaulichkeit eines Mind-Maps, um es auch für andere
Know-how-Träger
transparent zu machen. Dieser Grundsatz kann konfliktär zum Grundsatz der Individualität und Vollständigkeit stehen. Um seine eigenen Gedanken auch noch zu einem späteren Zeitpunkt lesen zu können, muß ein Mind-Map Klarheit aufweisen. Es empfiehlt sich, ein zu oft verändertes Mind-Map neu zu zeichnen und zu ordnen. Im Vergleich zu linearen Aufzeichnungen kann ein Mind-Map für den Betrachter „konfus" wirken. Es verliert dabei nicht an Aussagekraft, denn es fehlt „vielleicht an Klarheit und Schönheit, aber sie hält dennoch Ihre geistigen Abläufe während ihrer Erstellung fest" [BuBu97. Seite 113].
4. Grundsatz der
Vergleichbarkeit
Schließlich verwirklicht der Grundsatz der Vergleichbarkeit die Forderung, daß mehrere Mind-Maps inhaltlich vergleichbar sind. Dieses Postulat erfüllt die semantische Dimension des Grundsatzes der Vergleichbarkeit, wobei eine zweifache Differenzierung zu beachten ist. Der Grundsatz der Vergleichbarkeit muß zum einen die Vergleichbarkeit mehrerer MindMaps eines Know-how-Trägers gewährleisten und andererseits die Vergleichbarkeit mehrerer Mind-Maps unterschiedlicher
Individualisten integrieren.
Know-how-Architektur
90 5. Grundsatz der Vernetzung
Der Grundsatz der Vernetzung schließt sich an den Grundsatz der Vergleichbarkeit an. Die semantische Vergleichbarkeit stellt das Einfügen von Verbindungen zwischen mehreren Mind-Maps sicher. Es entstehen Know-how-Netze, welche die individuellen Assoziationen der Experten
miteinander
verknüpfen. Obwohl
sich jedes Mind-Map
durch
seinen
einzigartigen Charakter auszeichnet, ist es vorteilhaft, wenn die Gedankenstrukturen von einer Vielzahl von Experten zur Lösung eines Problems kombiniert werden. Der Grundsatz der Vernetzung eröffnet die Möglichkeit der Erstellung von Mind-Maps mit multiplen Knowhow-Strukturen.
5.2.3.3. Gesetzmäßigkeiten des Mind-Mappings „ Today 1 work because it's fun. In that sense, I guess you could say that I approach business as a kind of problem-solving
challenge.
That doesn 't mean I don't take business
seriously,
because 1 do. But life's a lot more fun if you treat its challenges in creative ways." (Bill Gates)
Diese fünf diskutierten Grundsätze gewährleisten, daß die Erstellung eines Mind-Maps nicht willkürlich erfolgt, sondern sich nach vorgegebenen Gesetzmäßigkeiten richtet. (l)Ein
Zentralbegriff
oder ein Zentralbild,
von dem sich
strahlenförmig
mehrere
Assoziationsverzweigungen anordnen, ist zu definieren. Zur Abbildung der mentalen Repräsentation des Wissens im menschlichen Gedächtnis wirken alle Fähigkeiten der Hemisphäreneigenschaften gleichzeitig. Dabei sei darauf hingewiesen, daß jeder Hauptast auf einem individuellen Mind-Map beruhen kann. Im Rahmen der Know-how-Thematik symbolisiert der zentrale Begriff bzw. die Grafik das individuelle Erfahrungswissen des Experten. Durch Mind-Mapping wird die duale Sichtweise - wie sie beispielsweise Descartes 37 verwendet - aufgehoben und durch ein polykategorisches Denken ersetzt. Dies bedeutet,
daß
sich
von
dem
Verzweigungen verästeln kann.
i7
Vgl. Ausführungen in Kapitel 3.3.3.3.
Zentralterminus
aus
eine
beliebige
Anzahl
von
Know-how-Architektur
91
(2) Damit die Gedankenmodelle das Know-how des Menschen auch reflektieren, bedarf es der Strukturierung
geistiger Kapazitäten. Obwohl ein Mind-Map auf den ersten Blick
einen chaotischen und ungeordneten Charakter aufweist, liegen ihm dennoch Kategorien und
Ordnungsmuster
zugrunde,
vorherrschen. Diese GOI
indem
Grundlegende
Ordnungsideen
(Abk.
[BuBu97. Seite 84] haben zur Aufgabe, den
GOI)
kreativen
Assoziationsprozeß so zu gestalten, daß eine Einteilung in Schlüsselbegriffe, welche sich wiederum in Unterbegriffe gliedern, erfolgt [Wend88]. Beispielsweise lassen
sich
klassische Gliederungen mit Haupt- und Unterpunkten in Form eines Mind-Maps darstellen, um so eine Erleichterung beim Memorieren von Strukturen zu bewirken. Experimente von Bower, Clark, Lesgold und Winzenz [Ande89. Seite 172ff.] im Jahre 1969 setzten sich mit Methoden auseinander, wie die Gedächtnisleistung bei der Wiedergabe von Gelerntem gesteigert werden kann. Das Ziel des Versuchs bestand darin, daß Wörter, welche sich in vier hierarchische Ebenen unterteilten, auswendig zu lernen waren. Die höchste Hierarchiestufe stellte beispielsweise das Wort .Mineralien" dar, welches sich auf der zweiten Ebene in die Termini „Metalle" und „Steine" unterteilte. Die Kategorie Steine führte zu den Verästelungen „Edelsteine" und „Baumaterial", wobei auf der vierten Ebene für den Begriff Edelsteine, die Items Saphir, Smaragd, Diamant und Rubin gewählt wurden. Zur Durchführung des Versuchs wurden zwei Gruppen von Testpersonen gebildet. Der einen Teilnehmergruppe wurde ein hierarchisch strukturiertes Baumdiagramm vorgelegt, während die anderen Probanden ein zufällig kombiniertes Baumdiagramm mit den gleichen Termini erhielten. Das Ergebnis des Experiments zeigte, daß die Versuchspersonen mit den organisierten Strukturen bei der
Reproduktion
wesentlich besser abschnitten, denn sie hatten ein assoziatives Netzwerk während des Lernens aufgebaut und brauchten letztlich nur die bestehenden Gedächtnisverbindungen zu aktivieren. Bezugnehmend auf die Methode Mind-Mapping haben die Erkenntnisse von Bower et al. zur Konsequenz, daß sich der Entwickler eines Mind-Maps mit dem Aufbau seines Gedankenmodells auseinandersetzen muß, um sein implizites Wissen festhalten zu können. (3) Die bisher erstellten Mind-Maps werden durch die Bildung einer Situation, welche kreative Denkblockaden
auflockert, vervollständigt. Als wirksame Methode erscheint es
für Gedanken, die momentan nicht zu Papier gebracht werden können, sinnvoll, eine leere Linie oder einen Bereich für eine Grafik zu schaffen, die zu einem späteren Zeitpunkt komplettiert wird. Die ursprüngliche mentale Repräsentation verfeinert sich und es bildet sich ein Netz des assoziativen Könnens. Die Technik des Mind-Mappings verlangt nach
92
Know-how-Architektur einem dynamischen Vorgehen, indem es sich dem ständig veränderten
Know-how-
Zuwachs anpaßt. Zum Abbau von Denkblockaden lassen sich neben dem Einfügen
von
leeren Linien folgende Methoden anführen: •
Fragen
zum
Thema
stellen. Damit wird das Ziel verfolgt, daß die kognitiven
Strukturen angeregt werden und sich eine vorübergehende Lernbehinderung auflöst. Als Verstärkung zur Kommunikation formuliert
werden
des Know-hows sollen passende
mit
der Zielsetzung,
eine
Bildern,
um dadurch
weitere
blockadebrechende
Fragen
Antwort
zu
provozieren. •
Hinzufügen
von
Assoziationen
auszulösen.
Die
Formulierung von Gedanken mittels des Mediums Sprache darf nicht überbetont werden,
da
kulturelle
Einflüsse
wirken.
Die
Wortebene
ist
der
Ebene
der
Assoziationen untergeordnet, da Assoziationen das gesamte Spektrum eines Landes umfassen.
Die
Kommunikation
durch
ein
Netzwerk
von
Symbolen
erfolgt
kulturübergreifend, da ein Kern von ähnlichen Klassensymbolen - unabhängig von der Muttersprache - vorherrscht. •
Bestärkung, daß das geistige Potential nicht ausgeschöpft
ist. Der World Brain Club
hat sich zur Maxime gemacht, „to showing you some of the ways of using that complicated Computer, your brain" 38 . (4) Die Nutzung von Mind-Map-Techniken,
welche die Know-how-Beziehungen künstlerisch
veranschaulichen. Zur Gestaltungsweise von Know-how lassen sich folgende Verfahren auflisten: •
Deutlichkeit.
Je klarer ein Mind-Map designed ist, desto leichter fällt es auch einer
Person sich zu späteren Zeitpunkten an die eigenen Gedanken zu erinnern, um sie für die Generierung von neuem Know-how einzusetzen. Ein Stil, der ein Wiedererkennen der persönlichen Wissensstrukturen erleichtert, beschleunigt die Aktivierung von mentalen Landkarten. •
Einsatz von Betonungen,
die sich in Form von Farben, Bildern, Raumaufteilungen
oder Leerräumen manifestieren. Die Variation eines Wortes kann beispielsweise durch seine Größe und Schriftart determiniert werden. Der Begriff von Know-how gewinnt durch die Anwendung von Betonungen eine andere Gestaltungsart, wie zum Beispiel Mind-Map „Systematische Anordnungen" illustriert.
3
" Internet-Adresse:
http://www.silkwood.co.uk
93
Know-ho w-A rchitektur
JOruyu>-hxym-
I&iMW-tlMW
Mind-Map 2: Systematische Anordnungen
•
Verstärkte Nutzung von Assoziationen,
um so ein Hilfsmittel einzusetzen, welches
die implizite Wissensdimension zum Vorschein bringt. Bies [Bies96] diskutiert den Einsatz von Metaphern
im Zusammenhang mit dem Begriff der „knowledge
Organization" und stellt die Verwendung einer interdisziplinären Terminologie fest. Beispielsweise wird als Metapher der Ausdruck „Haus des Wissens" benutzt, welcher
einen
architektonischen
Nonaka/Takeuchi
39
Ursprung
beinhaltet.
Ebenso
heben
die Relevanz von Metaphern für die Wissensgewinnung am
Exempel von Canon hervor. (5) Die Entwicklung des eigenen Mind-Map-Stils.
Die bisher angeführten Techniken bilden
nur einen Bezugsrahmen für die eigene Fingerfertigkeit. Sie erfordern aber die von Dreyfus erörterten Lernstufen von einem Mind-Map-Anfänger bis zu einem Mind-MapExperten,
der
diese
Kunstform
ohne
nachzudenken
beherrscht.
Das
Mind-Map
„Anatomische Studie" von Leonardo da Vinci (1452-1519) trägt unverwechselbar seine Handschrift [Leon. Seite 2594], Da Vincis Bild zeigt eine Feder- und Rötelzeichnung aus den Jahren 1510-1513 und ist betitelt „Anatomische Studie". Er stellte seine Kunst ganz der Wissenschaft zur Verfügung und legte ein „Kompendium des anschaulichen Wissens" an. In Florenz sezierte er in der Leichenhalle des Krankenhauses S. Maria Nuova. Sein dort gewonnenes Erfahrungswissen kann als ein Mind-Map ausgelegt werden. Es beinhaltet ein Zentralbild, um das sich Notizen und Bilder entwickeln, wobei noch
19
Vgl. Ausführungen in Kapitel 3.3.3.3.
Know-how-Architektur
94
bemerkt werden muß, daß da Vinci Linkshänder war und mit der ihm geläufigen Spiegelschrift schrieb.
Mind-Map 3: „Anatomische Studie" von Leonardo da Vinci
Know-how-Architektur (6) Die mnemonische Informationen
95
Technik ist ein geeignetes Hilfsmittel, um bedeutungslose in inhaltliche umzuwandeln,
da
das
menschliche
Gedächtnis
eine
höhere
Verarbeitungskapazität für visuelle Informationen aufweist. Die Mnemotechnik ist die Kunst, die das Einprägen eines Gedächtnisstoffes durch Lernhilfen erleichtert. Die Methode Mind-Mapping nutzt die Verbindung von Begriffen und Namen mit räumlichen Strukturen oder Bildern, um so das Erinnerungsvermögen zu steigern [Svan97]. Die Schlüsselwortmethode kann als eine wirksame Mnemotechnik angeführt werden, die beim Lernen von Vokabeln in einer Fremdsprache oder beim Einprägen von fachspezifischen Begriffen verwendet wird. Die Leistung des Gedächtnisses kann verbessert werden, wenn eine bedeutungshaltige Verbindung zu den Termini geschaffen wird, indem eine „Eselsbrücke" gebaut wird.
Zusammenfassend ordnet die Tabelle „Gesetzmäßigkeiten für GoMiMa" exemplarisch den fünf Grundsätzen verschiedene Ausprägungen zu.
GoMiMa
Ausprägungen für die Erstellung von Mind-Maps
Individualität
Vollständigkeit (Auflockerung von kreativen Denkblockaden)
Klarheit
Vergleichbarkeit
Vernetzung
• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •
Eigener Mind-Map-Stil Assoziationen Leere Linien Fragen Bilder Bestärkung des geistigen Potentials Mnemonische Technik Zentralbild/Zentralgrafik Betonungen Deutlichkeit Assoziationen Farben Strukturierungen, Kategorien, GOI Radiales Denken Strukturierungen, Kategorien, GOI Methaphern Radiales Denken Strukturierung, Kategorien, GOI Assoziationen Zentralbild/Zentralgrafik Betonungen, Farben
Tabelle 5: Gesetzmäßigkeiten für GoMiMa
Know-how-A
96
rchitektur
Die in einem Mind-Map dargelegte Ausdrucksform eines Know-how-Trägers muß dekodiert werden. Hofstadter identifiziert in seinem Buch „Gödel, Escher, Bach ein
Endloses
Geflochtenes Band" drei Schichten für die Dekodierung von Botschaften [Hofs89. Seite 178ff.]. Die innere Botschaft
verlangt von uns, die vom Sender beabsichtigte Bedeutung zu
erkennen. Die innere Botschaft eines Mind-Maps ausgedrückte
Gestaltung
zu
erforschen.
Die
verstehen,
heißt die vom
Rahmenbotschaft
verlangt
Sender
nach
der
Notwendigkeit, einen Entschlüsselungsmechanismus für die Botschaft zu erkennen. Ist die Rahmenbotschaft eines Mind-Maps dekodiert, dann kann die Aufmerksamkeit auf die dritte Ebene gerichtet werden. Die äußere Botschaft
ermöglicht den richtigen Entschlüsselungs-
mechanismus für die innere Botschaft zu bauen und bauen zu können. Hofstadter erwähnt, daß diese Ebene einen impliziten Sinn aufweist, da der Sender nicht das richtige Verständnis seines Wissens gewährleisten kann. Ein individueller Mind-Map-Stil garantiert nicht, daß der Empfanger eine angemessene Entschlüsselung des Know-hows und des radialen Denkens findet. Steiner setzt sich in seinem Buch „Nach Babel" 4 0 mit der Wechselwirkung zwischen inneren und äußeren Botschaften auseinander [zitiert in Hofs89. Seite 179 und Seite 685]:
„Wir bedienen uns ... normalerweise
einer gesprochenen
unter der ein ganzer Schatz an unbewußten, verheimlichten
oder bekundeten
Assoziationsvermögen wahrscheinlich personalen
in
ist unwahrscheinlich,
Fähigkeit,
Gehirnrinde
erzeugt
Einzigartigkeit
die und
in
Dieses
der
Summe
gleichkommt.
unser daß
es
unserer (...) Es
(...) überlebt hätte, ohne
den
aufbewahrt
und zu artikulieren
liegt.
absichtlich
und detailliert,
unserer Persönlichkeit
daß der Mensch
semantische
auszudenken
40
seiner
Individualität,
halbbewußten,
Assoziationen
ist so umfangreich
Kurzschrift,
,überflüssigen' ist,
sich
Zonen
die der
Möglichkeiten
(...)."
Steiner, Georg: Nach Babel: Aspekte der Sprache und der Übersetzung. Franhfurt a. M. 1979. Es ist das Buch eines
Linguisten
Sprachen.
über
die
tiefliegenden
Übersetzungs-
und
Verständigungsprobleme
menschlicher
Know-how-Architektur
97
5.3. Prozeß der Vorstudie „Es gibt nur ein einziges Gut für den Menschen: das Wissen, und nur ein einziges Übel: die Unwissenheit. " (Sokrates)
5.3.1. Eine
Ziel und Aufgabe des Prozesses der Vorstudie
zunehmende
Veränderung
der
Wettbewerbssituation
zeichnet
sich
für
viele
Unternehmen ab, wobei die Verschmelzung der nationalen Märkte zu einem Weltmarkt oder das anspruchsvollere Käuferverhalten wichtige Faktoren sind. Für Porter [Port90; Port92] bestehen
die
zentralen
Aspekte
der
Wettbewerbsstrategie
einerseits
aus
der
Branchenattraktivität und andererseits aus der Wettbewerbsposition eines Unternehmens innerhalb einer Branche. Die Branchenposition
bestimmt,
ob die Rentabilität
eines
Unternehmens über oder unter dem Branchendurchschnitt liegt. Wettbewerbsvorteile werden entweder durch Kostenführerschaft oder durch Differenzierung erreicht. Die Reduzierung der Kosten erzielt ein Unternehmen durch die Fähigkeit, ein Produkt wirtschaftlicher zu gestalten, herzustellen und zu vertreiben als die Mitbewerber. Kostenfiihrer verkaufen in der Regel Standardprodukte. Die Differenzierung äußert sich, daß dem Kunden im Gegensatz zum Konkurrenten im gleichen Marktsegment durch Produktvariationen ein besonderer Nutzen angeboten wird. Diese Strategie setzt voraus, daß ein Unternehmen bei den Abnehmern der Branche eine einmalige Position besitzt und deshalb einen höheren Preis für sein Produkt, sein Auslieferungssystem oder für andere Faktoren verlangen kann.
Zur Verwirklichung und Sicherung von Wettbewerbsvorteilen müssen Unternehmen die Ressource
Wissen
als Wettbewerbsfaktor anerkennen
[ReKr96].
Dies
bedeutet,
daß
Wettbewerbsvorteile durch eine Ausrichtung der wesentlichen Unternehmensprozesse an der Know-how-Thematik
erzielt
werden.
Unternehmen
erreichen
und
behaupten
Spitzenleistungen durch den Aufbau und Einsatz von Know-how sowie die Schaffung von Know-how-Sprüngen im Sinne des Know-how-S-Kurven Konzeptes. Im Fokus der Vorstudie steht die Frage des „Warum?", also einerseits die Frage nach der Bedeutung von Know-how im Unternehmen und andererseits die Frage nach der Positionierung des organisatorischen Know-hows. Folgende Beispiele in Zeitungsannoncen spiegeln wider, daß in einigen Unternehmen
derzeit
eine
veränderte
Perspektive
vorherrscht,
indem
bereits
eine
Know-how-Architektur
98
Auseinandersetzung Werbeaktionen
mit
werden
der
Know-how-Thematik
Wettbewerbsvorteile
erfolgte.
durch eine
Im
Mittelpunkt
unternehmerische
der
Know-how-
Ausrichtung betont.
So
hebt
die
Unternehmensberatungsgesellschaft
ATPMG41
in
den
Vordergrund
der
Betrachtung, daß in einem weltweiten Netzwerk in über 150 Ländern das Wissen optimal eingesetzt wird, gemäß dem Leitsatz „We turn knowledge into value" 42 . Das Unternehmen Merill Lynch43 erwähnt in einer Anzeige, daß talentierte .Professionals" durch ihr Know-how und ihre Intelligenz in Form von Teamarbeit dem Kunden die besten Lösungen anbieten. Das unternehmerische Know-how setzt sich aus individuellen Fähigkeiten und der Zuwendung zum Kunden zusammen. Einen ähnlichen Wortlaut verwendet auch die Citybank4*, die durch das Know-how der Mitarbeiter für den Kunden individuelle Anlagestrategien entwickelt, wobei diese Professionalität einen Grund mehr für private Anleger bietet, das Know-how der weltweit größten Privatkundenbank zu nutzen.
Eine Zeitungsanzeige des Staates
Mississippi
(USA) 4 5 verdeutlicht die Wichtigkeit von
Know-how, welches in einzelnen geographischen Regionen angesiedelt ist. Zukünftig wird es auf das in einem Gebiet vorhandene Know-how-Potential an Arbeitnehmern ankommen, um Produkte von modernsten Schiffen bis hin zu komplexen
Telekommunikationssystemen
fertigen zu lassen. Eine hohe Konzentration an Know-how-Spezialisten in geographischen Regionen schafft die Voraussetzung für die Entwicklung von Know-how-Zentren, wie beispielsweise „Silicon Valley" oder die Region um Boston [Rüge85], Das Humankapital der Region Mississippi zum Aufbau eines Know-how-Zentrums stellt Abbildung „Know-how des Staates Mississippi" dar [Miss97]. Die Grafik visualisiert verschiedene Kategorien
an
regionalem Wissen von Arbeitnehmern wie hohe Motivation, Erfahrungswissen, qualifizierte Ausbildung, internationale Know-how-Netze und kulturelles Wissen. Diese Kriterien können analog auf andere Regionen mit umgebungsspezifischen Adaptionen übertragen werden.
41
KPMG ist eine weltweit operierende Internet-Adresse
lautet:
Gemeinschaft
von Wirtschaftsprüfungs-
http://www.kpmg.de
42
Annonce in der Süddeutschen Zeitung im Oktober 1997.
43
Anzeige in THE WALL STREET JOURNAL EUROPE Februar ¡996.
44
Annonce im Focus November 1997.
45
Annonce in der Süddeutschen Zeitung im Januar 1997.
und Beratungsfirmen.
Die
Know-how-A
99
rchitektur
Spezielle Fähigkeiten, die Ihr Unternehmen braucht, erwerben unsere Arbeitskräfte in besonderen bundesstaatlichen Ausbildungsprogrammen an der Universität
Fähigkeit, internationale Produktivitätsund Qualitätsstandards zu erreichen und zu übertreffen
Erfahrung und Know-how in modernen Fertigungsprozessen Reiches kulturelles Erbe - von William Faulkner bis zum Blues Hohe Motivation und absolute Zuverlässigkeit
i
r
Abbildung 17: Know-how des Staates Mississippi
Die Orientierung der Wettbewerbsposition eines Unternehmens an Know-how-intensiven Prozessen prägt den Prozeß der Vorstudie maßgeblich. Das Ziel der Vorstudie liegt darin, in einem relativ kurzen Zeitrahmen und unter Berücksichtigung eines möglichst geringen Ressourceneinsatzes [Hein96. Seite 242] Aussagen liefern zu können, ob der Ist-Zustand des Unternehmens verändert werden soll. Die Vorstudie wird durch den Charakter einer Grobstudie geprägt, welche auch als Durchführbarkeitsstudie oder
Machbarkeitsstudie
bezeichnet werden kann. Im Zusammenhang mit der Know-how-Thematik kann das Ziel der Vorstudie folgendermaßen formuliert werden:
Das Ziel der Vorstudie besteht in der Beantwortung der Frage, ob der bestehende Ist-Zustand
des Unternehmens
terändert
beantwortet wird, ob sich die angestrebte Sollkonzeption how-Unternehmens Darlegung,
Grundkonzeption
in der Implementierung
äußert. Dies bedeutet, die positive Beantwortung
welches
alternative
ausgewählt
Know-how-Engineer, eines Projektteams
Konzept
wird. Außerdem
angestrebt
werden
Es fällt
in den Aufgabenbereich
normative, strategische und operative Know-how-Ziele der Know-how-Thematik
im Unternehmen gewährleisten
„Ja"
eines Know-
dieser Frage führt soll,
bestimmt das Unternehmen
der das optimale Konzept verwirklicht, erhält.
derzeitige
werden soll, und wenn die Frage mit
also
zur
welche
eine Person, den
wobei er die
Unterstützung
des
Know-how-Engineers,
zu formulieren,
welche die Umsetzung
sollen.
100
Know-how-Architektur
Demnach verfolgt die Vorstudie bezüglich der Methodik sowohl einen istzustandsorientierten als auch sollzustandsorientierten Ansatz. Der erstgenannte Ansatz leitet sich von den derzeitigen Strukturen und Abläufen her. Es wird der Ist-Zustand des derzeitigen unternehmerischen Know-how-Potentials erfaßt und ein Soll-Konzept entworfen, welches mit dem Ist-Konzept verglichen wird. Demgegenüber bezeichnet der sollzustandsorientierte Ansatz eine Vorgehensweise, bei welcher das zukünftige Know-how-Potential entwickelt und dieses Soll-Konzept solange korrigiert wird, bis es als Idealkonzept anerkannt ist. Aus dem Ziel der Vorstudie, ein Grundverständnis für den Know-how-Ansatz zu vermitteln, lassen sich vier Aufgaben ableiten: (1) Definition der Rolle des Know-how-Engineers, (2) Entwurf der Grundkonzeption, (3) Definition von Know-how-Zielen, (4) Zusammenstellung eines Know-how-Projektteams.
5.3.2.
Der Know-how-Engineer
Die Durchführung der
Know-how-Architektur
verlangt
nach einer
Person,
welche
prozeßbegleitend die Implementierung eines Know-how-Unternehmens verwirklicht. Für diese wichtige Funktion wird die Bezeichnung Know-how-Engineer eingeführt. Die Hauptaufgabe des Know-how-Engineers ist es, im Rahmen der Know-how-Architektur die Know-how-Thematik zu gestalten. Der Terminus des Know-how-Engineers wird in Anlehnung an den in der Wirtschaftsinformatik verwendeten Ansatz des „Information Engineering" gewählt. Martin prägte Anfang der 70er Jahre im IBM System Research Institute in New York diesen Begriff und dokumentierte in drei Bänden ,.Introduction" [Mart89], „Planning & Analysis" [Mart90a] sowie „Design & Construction" [Mart90b] seine Erkenntnisse.
Finkelstein und Martin verstehen unter Information Engineering
„die
Anwendung von formalen Methoden für die Planung (planning), die Analyse (analysis), den Entwurf (design) und die Realisierung (construction) von Informationssystemen auf unternehmensweiter Basis oder in wesentlichen Unternehmensbereichen" [Hein99. Seite 320], Martin weist daraufhin, daß Information Engineering auch beschrieben werden kann als „an organization-wide set of automated disciplines for getting the right information to the right people at the right time" [Mart89. Seite 1]. Der Terminus des Information Engineering ist bei Martin an den Begriff des Software Engineering angelehnt. Sein Ansatz ist auf die
Know-how-Architektur
101
Anwendung von formalen Methoden fokussiert und konzentriert sich auf eine AufgabeTechnik-Sichtweise.
Die
Perspektive,
welche
die
qualitativen
und
künstlerischen
Eigenschaften des Menschen in den Vordergrund stellt, wird beim Information Engineering nicht berücksichtigt. Der Ansatz zeichnet sich durch das Fehlen der individualistischkognitiven Dimension der Know-how-Thematik aus.
Im Gegensatz zur Verwendung des Engineeringbegriffes für die Informationsinfrastruktur wird der Terminus im Kontext der Know-how-Architektur in dem Sinne angewendet, daß es eines Individuums bedarf, welches die Know-how-Thematik
im Unternehmen
durch
qualitative Methoden verankert. Der Know-how-Engineer bringt den kognitiven Ansatz in ein Unternehmen. Er kann als eine Person definiert werden, welche die Methode Mind-Mapping für die Planung, die Analyse, den Entwurf und die Realisierung der Know-how-Architektur auf unternehmensweiter Basis oder in wesentlichen Unternehmensbereichen anwendet. Die Aufgabe des Know-how-Engineers ist, mittels Mind-Mapping das richtige Know-how für die richtigen Personen zur richtigen Zeit zur Verfügung zu stellen. In Anlehnung an die von Heinrich aufgezählten Merkmale der Definition von „Information Engineering" [Hein99. Seite 320ff; HeHR96] lassen sich folgende
Charakteristika
eines
Know-how-Engineers
anführen: •
Der Know-how-Engineer wendet die Methode Mind-Mapping an.
•
Der Know-how-Engineer verwendet die Methode Mind-Mapping unternehmensweit zur Know-how-Kodifizierung, zum Know-how-Transfer und zur Know-how-Generierung.
• •
Die Anwendungsobjekte der Methode Mind-Mapping sind Know-how-Träger. Der Know-how-Engineer nutzt die Methode Mind-Mapping für die Planung, die Analyse, den Entwurf und die Realisierung von Know-how-Untemehmen.
•
Der Know-how-Engineer fuhrt die Know-how-Sichtweise im Unternehmen ein, d.h. er ist für eine kognitive Ausrichtung des Unternehmens verantwortlich. Er übernimmt die Aufgabe der Gestaltung, Lenkung, Entwicklung und Überwachung der Know-howTräger.
Während das konventionelle „Information Engineering" einen dv-getriebenen
Ansatz
darstellt, zeichnet sich nach Heinrich ein modernes .information Engineering" durch ein unternehmensorientiertes, geschäftsgetriebenes Vorgehen aus, welches einem Top-downAnsatz
folgt.
Der
Know-how-Engineer
schreitet
ausgehend
von
den
normativen
102
Know-how-Architektur
Unternehmenszielen
„von oben nach unten" fort, bis er ein
Know-how-Unternehmen
implementieren oder verbessern kann. Jedes Unternehmen hat seine eigene Kultur, seine Organisationsstrukturen und Systeme entwickelt, weshalb es schwierig erscheint, das eigene Unternehmen bezüglich der vorhandenen Know-how-Potentiale einzuschätzen. Aus diesem Grunde wäre es sinnvoll, daß der Know-how-Engineer als Externer ins Unternehmen geholt wird, damit eine kritische Fremdeinschätzung des derzeitigen und zukünftigen Know-hows erfolgen kann. Der Know-how-Engineer hat die Aufgabe:
(1) die qualitative Methode Mind-Mapping zu erklären und zu begründen, warum ein kreatives
und künstlerisches Vorgehen die Know-how-Prozesse
besser fördert
als
traditionelle quantitative Modelle. (2) die
Know-how-Philosophie
ins
Unternehmen
zu
tragen,
daß
die
zukünftigen
Erfolgspotentiale aus dem individuellen Wissen der Know-how-Träger wachsen und somit die Wettbewerbsposition verbessern. (3) ein
Projektteam
zusammenzustellen,
welches
den
Engineer
beim
Prozeß
der
Implementierung unterstützt.
Die Bildung der Funktion des Know-how-Engineers ist notwendige Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung der Know-how-Architektur. Der Know-how-Engineer stellt die zentrale Position für den Implementierungsprozeß eines Know-how-Unternehmens dar, denn er ist mit der Methode Mind-Mapping vertraut und übernimmt die Steuerung, Koordination und Überwachung der wichtigen Ressource Know-how. Laut Cronin/Davenport versuchen knowledge engineers „to map and trap in an expert system the know-how and information skills o f recognized experts" [CrDa91. Seite 21]. In Anlehnung an diese Definition erfüllt der Know-how-Engineer unternehmerischen
die
Funktion,
Know-how-Träger
das in
Know-how Form
von
und
die
Mind-Maps
Informationen festzuhalten,
der indem
assoziative Strukturen das radiale Denken der Experten widerspiegeln. Die externe Stellung des Know-how-Engineers muß als Chance für das Unternehmen genutzt werden, um neue Ideen zu generieren. Der Know-how-Engineer schließt die Lücke zwischen dem vom Unternehmen definierten Know-how-Potential und den tatsächlich vorhandenen Know-howKapazitäten, den Know-how-Trägern.
Know-how-Architektur 5.3.3.
103
Entwurf der Grundkonzeption
Abbildung 18: Arbeitsschritte im Prozeß der Vorstudie
Abbildung „Arbeitsschritte im Prozeß der Vorstudie" gibt einen Überblick über das detaillierte Vorgehen. Die Definition des Untersuchungsobjektes stellt den Input dar. Dies kann das gesamte Unternehmen oder einzelne Geschäftseinheiten umfassen. Der Output des Vorgehens resultiert in der Grundkonzeption, welche gleichzeitig die Voraussetzung für den Prozeß der Know-how-Identifikation ist.
104
Know-how-Architektur
5.3.3.1. Know-how-Engineer erläutert sein Vorgehen (1. Arbeitsschritt) Der Know-how-Engineer erfüllt seine Aufgabe, indem er den Führungskräften die Bedeutung der qualitativen Methode Mind-Mapping und sein weiteres Vorgehen erläutert. Femer muß er eine Einführung in die GoMiMa und ihre Gesetzmäßigkeiten geben. Der Know-how-Engineer muß den Führungskräften einen Zugang zum strahlenförmigen und assoziativen Denken bieten. In der Vorstudie findet insbesondere der Grundsatz der Individualität Anwendung, da die Führungskräfte lernen müssen, ihren eigenen Mind-Map-Stil zu finden.
5.3.3.2. Erstellung
der
Blitz-Mind-Maps
für
das
Ist-Know-how
(2. Arbeitsschritt) Jede Führungskraft erstellt entweder alleine oder gemeinsam mit anderen Führungskräften ein Mind-Map für das Ist-Know-how des Unternehmens. Zur Realisierung schlägt Buzan die Erstellung eines Blitz-Mind-Maps vor [BuBu97. Seite 156ff.]. Damit das im Gedächtnis kodierte Know-how und die Informationen in Form eines Mind-Maps visualisiert werden können, sollte ein Blitz-Mind-Map in einer Zeit von nicht länger als 20 Minuten erstellt werden. In relativ kurzer Zeit werden die wesentlichen Ideen zum Zentralgedanken assoziiert. Die Verwendung von Buntstiften und möglichst großen Papierbögen hilft das visuelle Gedächtnis anzuregen. Vom Mittelpunkt strahlt das Blitz-Mind-Map der Führungskräfte das Ist-Know-how spontan aus. Dieser Arbeitsschritt dient dazu, daß die Führungskräfte sich einen Überblick über ihre eigenen Gedanken und das Potential an unternehmerischem Knowhow schaffen.
5.3.3.3. Know-how-Engineer analysiert die Mind-Maps (3. Arbeitsschritt) Der Know-how-Engineer muß die ihm vorliegenden Blitz-Mind-Maps analysieren und interpretieren, um anschließend eine Diskussion über den Inhalt mit den Führungskräften zu beginnen. Im Rahmen des Knowledge Engineering versteht Hoppe in Anlehnung an Karbach unter dem Begriff der Wissensakquisition „ein aus Wissenserhebung, Wissensanalyse bzw. -interpretation (...) bestehender Prozeß" [Hopp91. Seite 24], Der Prozeß der Vorstudie zeichnet sich durch die Erfassung, Analyse bzw. Interpretation der Ist-Situation
des
unternehmerischen Know-hows durch den Know-how-Engineer aus. Mittels Mind-Mapping
Know-how-Architektur
105
werden die assoziativen Strukturen der Führungskräfte erhoben, wobei der Know-howEngineer sich einen Überblick Uber die dargelegten Know-how-Strukturen machen muß. In den Aufgabenbereich des Know-how-Engineers
fällt die Übertragung der mit
Hand
gezeichneten Mind-Maps der Führungskräfte in eine maschinell lesbare Form, d.h. die individuellen Kunstwerke werden mittels einer Software einem System zur Verfügung gestellt. Im Prozeß der Vorstudie nutzen die beteiligten Führungskräfte die Papierform als Hilfsmittel
für die Beschreibung
ihrer
Gedanken,
während
der
Know-how-Engineer
vorhandene Werkzeuge einsetzt, um die Mind-Maps in elektronischer Form festzuhalten. Natürlich ist es den Führungskräften freigestellt, sofort ihre Gedanken in elektronischer Form zu äußern. Der Know-how-Engineer kann die Software „MindMan" 4 6 einsetzen. Das Ziel ist es, einfache, aber dennoch anspruchsvolle und innovative Software zur Unterstützung der Kreativität und Produktivität zu entwickeln, um das geistige Potential jedes Einzelnen zu erweitern. MindMan stellt ein grafisches Werkzeug dar, welches die Erstellung von MindMaps unterstützt, indem die Technik Mind-Mapping mit moderner Technologie kombiniert wird. Diese Produktivitäts- und Kreativitätssoftware 47 wird auch von Buzan empfohlen. Jetter betont fünf Vorteile der Software MindMan:
(1) Einfache
Bedienung.
Die Benutzeroberfläche ist durch die bewußte Anlehnung an
Windows95 und Office97 allen Standard-Office-Anwendungen bekannt. (2) Unmittelbare
Kommunikation
der Ideen.
Durch das Werkzeug MindMan kann das
Arbeitsergebnis sofort präsentiert werden, um das eigene Gedankenschema für andere leichter zugänglich zu machen. (3) Vertiefen der Entwürfe.
Durch die Verwendung von Farben, Codes und Bildern wird die
Kreativität gesteigert und neue Assoziationen werden hervorgerufen. (4) Einbindung
neuer
Technologien.
MindMan ermöglicht
auch die Präsentation
der
Arbeitsergebnisse im Internet bzw. Intranet. Somit können entworfene Lösungswege und Gedankenstrukturen außerhalb und innerhalb des Unternehmens kommuniziert werden. (5) Perfekte
Ergänzung
zu
Office-Programmen.
MindMan
kann
in
vorhandene
Standardprodukte eingefügt werden. Es stellt eine Ergänzung zu bestehenden OfficeProgrammen wie Word oder Excel dar.
46
Die Software MindMan wird von der Firma VISUALIZINGIDEAS, wurde, vertrieben. Die Internet-Adresse
47
von MindMan lautet:
Vgl. MindMan Newsletter vom 4. November 1997.
welche 1994 von Michael Jetter http://www.mindman.com
gegründet
Know-ho
106
w-A
rchitektur
Der Know-how-Engineer nutzt die Vorteile des Werkzeugs MindMan, um die von den Führungskräften
erarbeiteten
Mind-Maps
grafisch
aufzubereiten.
Der
Vorteil
der
unmittelbaren Kommunikation der Ideen hilft dem Engineer, alle Blitz-Mind-Maps schnell präsentationsreif zu machen.
5.3.3.4. Definition der Ist-Situation (4. Arbeitsschritt) Der vierte Arbeitsschritt umfaßt die Überarbeitung und Revision der Blitz-Mind-Maps. Für Buzan ist dieser Schritt vom Faktor Zeit geprägt [BuBu97. Seite 156ff.]. Das illustrierte Wissen muß überdacht und überarbeitet werden. In diesem Stadium kommen primär die GoMiMa 48 und ihre Gesetzmäßigkeiten 49 zum Tragen.
Grundsätzlich findet im vierten Arbeitsschritt die Vollständigkeit des Ist-Zustands seinen Abschluß und leitet die Führungskräfte zum Soll-Zustand hin. Es kann die Situation eintreten, daß Schlüsselbegriffe mehrmals verwendet wurden was zur Folge hat, daß bei der ersten Überarbeitung
gleiche
Gedankenstrukturen
zu
einem
gemeinsamen
Assoziationsast
zusammengefügt werden. In Beziehung stehende Gedanken müssen verbunden werden, denn durch die Dimensionierung der Gedankenstrukturen wird das unternehmerische Know-how wiederholt reflektiert. Zur Unterstützung des Transformationsprozesses muß das eigene Know-how kodifiziert werden, wobei die Möglichkeit der Substitution von Worten durch Bildern eine wichtige Rolle spielt. Erscheint eine Dimension des eigenen besonders
relevant,
empfiehlt
es
sich,
ein
getrenntes
Mind-Map,
Know-hows welches
das
Handlungswissen zum Ausdruck bringt, zu erstellen.
Mind-Map „Derzeitiges unternehmerisches Know-how" legt auf abstrakter Ebene die wesentlichen
Fähigkeiten
eines
Unternehmens
beispielhaft
dar.
Es
werden
vier
unternehmerische Kompetenzen kommuniziert: Know-how 1, Know-how2, Know-how3 und Know-how4.
Das vorliegende Mind-Map macht die Ist-Situation
transparent.
4S
Vgl. Ausfuhrungen
in Kapitel
5.2.3.2.
Vgl. Ausführungen
in Kapitel
5.2.3.3.
des
Unternehmens
107
Know-how-Architektur K n o w - h o w l steht in enger V e r b i n d u n g z u m K n o w - h o w - T r ä g e r l , der derzeit f ü r die Erstellung des K n o w - h o w 2 verantwortlich ist.
Legende: 1, 2, 3,,..n N u m e r i e r u n g des unternehmerischen K n o w - h o w s bzw. der Know-how-Träger
Mind-Map 4: Derzeitiges unternehmerisches Know-how
Mind-Map
„Derzeitiges
unternehmerisches
Know-how"
zeigt,
daß
ein
direkter
Zusammenhang zwischen dem Know-how-Trägerl und dem Know-howl besteht. Außerdem wird dem Know-how3 eine geringere Priorität zugewiesen als dem Know-howl. Das derzeitige unternehmerische Know-how beinhaltet eine Bestandsaufnahme der kritischen Fähigkeiten, welche eine sorgfältige Identifikation und Evaluation verlangen. Der vierte Arbeitsschritt ist eine notwendige Voraussetzung für die Positionierung des zukünftigen unternehmerischen Know-hows, indem Stärken und Schwächen diskutiert werden. Der Schwerpunkt konzentriert sich auf eine veränderte Perspektive, indem der Fokus verstärkt auf dem Humankapital des Unternehmens und nicht primär auf dem Informationsmanagement liegt. Für Davenport [Dave94] kann eine Informationsarchitektur nicht das menschliche Verhalten erfassen, da eine technologische Ausrichtung eines Unternehmens den Sachverhalt unbeachtet läßt, daß die Mitarbeiter die vorhandenen Informationen interpretieren. Davenport bezeichnet seinen Ansatz des Informationsmanagements „human-centered", welchem die Annahme zugrunde liegt, daß Informationen sich ständig verändern, komplex und nicht kontrollierbar sind. Dies bedeutet, Informationen zeichnen sich durch eine holistische Sichtweise aus. Informations-Landkarten
gelten als Lösungsansatz, um die relevanten
Informationen zu beschreiben und im Unternehmen zu lokalisieren, denn „executives only recently realized the need for information maps" [Dave94. Seite 129]. Im Kontext des Know-
¡08
Know-how-Architektur
how-Ansatzes bilden die Informations-Landkarten eine Grundlage für die Feststellung, welche Personen die wichtigsten Informationen besitzen, um diese anschließend ins Knowhow zu transformieren. Das Mind-Map bezüglich des derzeitigen unternehmerischen Knowhows liefert die Informationsgrundlage für Interpretationen sowie eine Positionierung der zukünftigen Know-how-Träger.
5.3.3.5. Abstimmung der Know-how-Situation (5. Arbeitsschritt) Die zentrale Aufgabe besteht in der Definition des Terminus Know-how für das zu untersuchende Unternehmen. Es kann nicht von der Annahme ausgegangen werden, daß in einem Unternehmen einerseits in der Vergangenheit eine Diskussion bezüglich der eigenen Know-how-Vorteile stattgefunden hat, andererseits aber ein einheitliches Verständnis über den Begriff besteht. Der Prozeß der Vorstudie zeichnet sich durch die grundlegende Schwierigkeit aus, daß keine gemeinsame Kommunikation über die Bedeutung von Knowhow vorzufinden ist. Eine Bestimmung des eigenen Wissenspotentials fordert zunächst eine Verständigung über die drei Termini Daten, Information und Know-how sowie deren terminologische Abgrenzung. Wie in Kapitel 3 „Theoretische Grundlagen der Know-howThematik" bereits zum Ausdruck kam, unterliegt der Begriff Know-how einer großen Mannigfaltigkeit.
Prahalad/Hamel [PrHa90] prägten den Ansatz der Kernkompetenzen („core competence") und orientieren sich primär an technologischen Fähigkeiten. Folgende Merkmale charakterisieren Kernko mpetenzen: •
Kernkompetenzen bieten dem Unternehmen einen Zugang zu einer großen Zahl von Märkten.
•
Kernkompetenzen
leisten
einen
bedeutenden
Beitrag
zur
Befriedigung
von
Kundenwünschen. •
Kernkompetenzen sollen für die Konkurrenz schwer imitierbar sein.
•
Kernkompetenzen bleiben im Zeitablauf bestehen, denn „core competence does not diminish with use" [PrHa90. Seite 82],
Prahalad/Hamel vergleichen ein Unternehmen mit einem großen Baum. Die Wurzeln symbolisieren die Kernkompetenzen, welche die Wettbewerbsfähigkeit bewirken. Aufbauend
Know-how-Architektur
109
auf diesen sogenannten technologischen Fähigkeiten entwickeln sich Kernprodukte, welche den Stamm verkörpern. Die Äste und die Blätter des Baums sind die Endprodukte in den einzelnen Geschäftsfeldern. Die kritische Aufgabe für das Management lautet, Produkte zu entwerfen, die der Kunde unbedingt braucht, jedoch hat dieser noch keine Vorstellung über die
ihm
angebotenen
Kernkompetenzen Kernkompetenz
Funktionen
führt dazu, darstellen,
aus
daß
artikuliert. alle
dem
Eine
Produkte
Anwendung und
Unternehmen
Prozesse,
ausgelagert
des
Konzeptes
der
welche
nicht
eine
werden
[HoSH95].
Unternehmen, die sich an Kernkompetenzen orientieren, wenden sich von der traditionellen strategischen Markt- und Produktsichtweise ab und konzentrieren sich auf die Frage, welche Fähigkeiten und Möglichkeiten vorhanden sind, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Als Beispiel kann der japanische Sony-Konzern angeführt werden. Durch die Fähigkeit der Miniaturisierung
(z.B.
CD-Spieler,
Camcorder)
wurden
in
zahlreichen
Märkten
der
Unterhaltungselektronik Wettbewerbsvorteile geschaffen. Eine stetige Investition in diese Kernkompetenz führte zur Ausweitung des Geschäftserfolgs [StSc97. Seite 216ff.].
Wettbewerbsvorteile Innovation,
resultieren
laut
Higgins
[Higg96]
aus
der
Kernkompetenz
der
indem neue Produktentwicklungen zur Differenzierungsstrategie führen. Es
wurden insgesamt 49 Kriterien, die innovative Unternehmen besitzen, aufgestellt. Diese bilden die Basis für den von Higgins entwickelten sogenannten „Innovation Quotient Inventory (IQI)" Test. Mit Hilfe dieses Verfahrens wird in einem Unternehmen eine Inventur des vorhandenen Innovationspotentials durchgeführt, indem für alle 49 Kriterien
das
Marktergebnis bestimmt wird. Der IQI besteht aus vier Fragebögen, welche die vier wesentlichen
Innovationstypen
repräsentieren:
Produkte,
Prozesse,
Marketing
und
Management. Für jede Kategorie wird die Innovationsfähigkeit anhand der 49 Kriterien bewertet und ermittelt. Der IQI dient als Instrument, damit Unternehmen ihre Kernkompetenz erreichen, denn „the IQI can help companies perform their self-assessment" [Higg96. Seite 32], indem Unternehmen diejenigen Merkmale aufweisen, die innovative Unternehmen mit einem hohen Innovationsquotienten besitzen. Nur so wird die einzige Kernkompetenz, nämlich Innovation, erzielt.
Die Annahme, daß Wettbewerbsvorteile durch technologische Fähigkeiten erreicht werden, spiegelt sich auch in der Definition von Bohn [Bohn94] wider. Technologisches Wissen wird definiert als die Erkenntnis über die Effekte, welche die Inputvariablen (X) auf die Outputvariablen (Y) ausüben. Die Beschreibung dieses funktionalen Zusammenhangs wird in
Know-how-Architektur
lio
analytischer Darstellung durch die Funktionsgleichung x: Y=f(x) abgebildet. Das Ziel der Manager liegt darin, die Rohmaterialien und Umwelteinflüsse zu manipulieren, damit der Output bestmöglich ausfällt, d.h. je besser technologisches Wissen gemessen werden kann, desto effektiver können Unternehmensprozesse gesteuert werden. Bohn identifiziert acht Wissensstufen, die von völliger Unwissenheit („complete ignorance") über die Stufe der Messung von technologischem Wissen („measure") bis hin zu einem umfangreichen Wissensstadium („complete knowledge") reichen. Es gilt der Sachverhalt, daß eine höhere Wissensstufe einen größeren Formalisierungsgrad aufweist, während sich untere Stufen durch einen
kreativen
Charakter
auszeichnen.
Die
Stufe sechs
umfaßt
das
Wissen
über
Prozeßeigenschaften („process characterization"), welches mit dem Begriff Know-how gleichgesetzt wird. Ein Unternehmen kennt die Auswirkungen der Variablen auf den Output, falls kleine Änderungen vorgenommen werden. Das Stadium sechs zeichnet sich durch die Durchführung von kontrollierten Experimenten aus, welche die Effekte von unterschiedlichen Variablen bestimmen soll. Das Ziel, Wissen zu messen, muß durch Prinzipien für den richtigen Umgang mit der Ressource des technologischen Wissens ergänzt werden. Im Rahmen des Technologie-Transfers gewinnt der Faktor der Akzeptanz im Unternehmen an Bedeutung, [GiCo96],
indem die Mitarbeiter technologische Veränderungen bevor
sie
diese
als Routinetätigkeiten
anerkennen.
akzeptieren Der
müssen
Wissensfluß
im
Unternehmen wird bei technologisch bedingten Veränderungen leichter funktionieren, wenn sich die wesentlichen Unternehmensaufgaben auf eine gemeinsame Grundeinstellung über neue Lernprozesse stützen.
Der Terminus der Kernkompetenzen, worunter Long/Vickers-Koch [LoVi95] spezielles Wissen, Fertigkeiten und technologisches Know-how subsumieren, ist für sie zu eng gefaßt. Im Mittelpunkt
ihrer Betrachtung steht die Kombination
der Kemkompetenzen
mit
strategischen Prozessen („Strategie processes"), welche die Wissensverteilung in Form von Produkten oder Dienstleistungen an die Kunden bewirken. Es entstehen Kern-Fähigkeiten („core
capabilities"),
wobei
sogenannte
Grund-Fähigkeiten
(„treshhold
capabilities")
gewährleisten, daß ein Unternehmen in einer Branche seine Tätigkeit ausführen kann. Long/Vickers-Koch
argumentieren, daß die Trennung zwischen Kernkompetenzen und
Kernfähigkeiten aus dem Grund notwendig ist, da jeder Faktor andere Entscheidungen und Handlungen verursacht. Die erste Kategorie konzentriert sich auf eine
Entscheidung
technologischer und personeller Art, während die zweite Kategorie eine Entscheidungen bezüglich der Prozeßveränderung und -Umstrukturierung verlangt. Die prozeßorientierte Sicht
Know-how-Architektur
III
fordert ein Überdenken der unternehmerischen Abläufe, um dem Kunden den größtmöglichen Nutzen zu erweisen.
Beide Ansätze - sowohl die Kernkompetenzen als auch die Kernfähigkeiten - zeichnen sich durch eine technologische Sichtweise aus und vernachlässigen den individualistischen und qualitativen Charakter des Terminus Know-how. Die Vorstudie soll Transparenz schaffen, einerseits welches unternehmerische Know-how derzeit verfugbar ist und andererseits welche zukünftigen Entwicklungen geplant sind. Die Identifikation von Know-how-Beständen, also die Erhebung des Status-Quo des Unternehmens, verfolgt die Zielsetzung, einen Ansatzpunkt für die Stärkung und den Ausbau des Know-how-Potentials zu bilden. Der Nutzen der Knowhow-Transparenz
führt
zur
Identifikation
von
bestehenden
Know-how-Lücken.
Das
geschaffene Bewußtsein legt die Grundlage für die Initiierung des Know-how-Paradigmas und somit zur Einführung einer Sichtweise, die sich am Wissenspotential der Know-howTräger ausrichtet.
5.3.3.6. Erstellung der Blitz-Mind-Maps
für das Soll-Know-how
unter
Berücksichtigung der Know-how-Träger (6. Arbeitsschritt) Das Ziel des vorigen Schrittes lag darin, die Know-how-Thematik in das Unternehmen zu bringen. In diesem Kontext gilt es eine Strategie zu verfolgen, welche eine Ausrichtung des Unternehmens auf den Aufbau sowie Ausbau sowohl der individualistischen als auch epistemologischen Dimension von Know-how gewährleistet. Die Führungskräfte wählen die Ausdrucksform eines Blitz-Mind-Maps, welches die Soll-Konzeption widerspiegelt. Der Schwerpunkt liegt auf der Perspektive, daß sich die Erfolgspotentiale aus den individuellen Fähigkeiten der Mitarbeiter ableiten. Eine Intransparenz über das Expertenwissen der Mitarbeiter bietet nicht die Möglichkeit, die kreativen Fähigkeiten zu erweitern. Die grafische Anschaulichkeit des Soll-Mind-Maps illustriert den Bestand an Know-how-Trägern und erhöht die Transparenz im Unternehmen. Das Soll-Mind-Map betont auf optische Art, welche Personen für die Herstellung von Know-how-intensiven Produkten bzw. Dienstleistungen verantwortlich
sind.
Der
rasch
erworbene
Überblick
über
Wissensbestände ermöglicht eine gezielte Förderung der Experten.
die
individualistischen
112
Know-how-Architektur 5.3.3.7.
Know-how-Engineer analysiert die Mind-Maps (7. Arbeitsschritt)
Es gilt dasselbe Vorgehen wie in Arbeitsschritt 3 (vgl. Ausführungen in Kapitel 5.3.3.3.)
5.3.3.8. Definition der Soll-Situation (8. Arbeitsschritt) Das erwartete Ergebnis stellt ein überarbeitetes Mind-Map dar, welches das zukünftige unternehmerische Know-how unter Einbeziehung der Know-how-Träger unterbreitet (vgl. Mind-Map „Zukünftiges unternehmerisches Know-how").
Legende: 1, 2, 3, ...n Numerierung des unternehmerischen Know-hows bzw. der Know-how-Trägei Mind-Map 5: Zukünftiges unternehmerisches Know-how Die Aussagekraft des Mind-Maps
„Zukünftiges
unternehmerisches Know-how" hat sich im
Gegensatz zu Mind-Map „Derzeitiges unternehmerisches Know-how" wesentlich erhöht, da eine Transparenz sowohl bezüglich des unternehmerischen Know-hows als auch der Knowhow-Träger geschaffen wurde. Dem Know-how-Paradigma wurde in der Hinsicht Rechnung getragen, daß eine Orientierung an den individuellen Kompetenzen der Experten vorzufinden ist. Die Diskussion der Know-how-Thematik hat zur Auslösung eines Lernprozesses geführt, da unternehmerisches Know-how nur aus dem Potential der vorhandenen Know-how-Träger geschöpft werden kann.
Know-how-Architektur
113
5.3.3.9. Erstellung des Know-how-Portfolios (9. Arbeitsschritt) Die
Hauptaufgabe
des
Know-how-Portfolios
ist,
der
Unternehmensleitung
ein
Visualisierungs- und Kommunikationsinstrument zur Verfügung zu stellen, welches die Entscheidung, wie die Stellung bezüglich der Ressource Know-how einzuordnen
ist,
unterstützt. Grundsätzlich spannt ein Portfolio [Krei93; Dill95] in Form einer Matrix einen zweidimensionalen
Beurteilungsraum
Portfolioelemente
eingezeichnet.
Strategieentwicklung
auf. In das
Die
Portfoliofeld werden
Methode
der
und -formulierung. Historisch
die
Portfolioanalyse
betrachtet
einzelnen dient
wurde das
der
traditionelle
Portfolio von der Boston Consulting Group entwickelt. Als Beurteilungskriterien werden das Marktwachstum
und
der
relative
Marktanteil
verwendet.
Auf
die
amerikanische
Beratungsfirma McKinsey ist die neun Felder Matrix zurückzuführen, welche durch die Faktoren der Marktattraktivität und der relativen Wettbewerbsvorteile einer strategischen Geschäftseinheit bestimmt wird. Pfeiffer prägte den Ansatz der Technologieportfoliomatrix [Bull94; Möhr94],
welche
nach
den
Kriterien
der
Technologieattraktivität
und
der
Ressourcenstärke dimensioniert ist. Diese Ansätze bilden den theoretischen Rahmen für die Entwicklung eines Know-how-Portfolios
[RoFi98a. Seite 481 f.] Das Know-how-Portfolio
wird durch zwei Beurteilungskriterien determiniert: (1) Derzeitige
relative
Know-how-Position
(Ist-Situation),
d.h. die eigenen Stärken und
Fähigkeiten im Unternehmen gemessen in Relation zu den Konkurrenten werden gemäß dem Mind-Map „Derzeitiges unternehmerisches Know-how" analysiert. Die Bezeichnung „relativ" berücksichtigt den Vergleich der eigenen Position zum Mitbewerber. (2) Zukünftige
Know-how-Attraktivität
(Soll-Situation),
d.h. die Bedeutung des zukünftigen
unternehmerischen Know-hows - abgeleitet aus dem Mind-Map betreffend der erwarteten Entwicklung des Know-hows - wird unter der Berücksichtigung der Know-how-Thematik positioniert.
Die Feststellung dieser Kriterien bildet die Voraussetzung für die Erstellung eines Knowhow-Portfolios, indem in das Portfoliofeld das unternehmerische Know-how und die Knowhow-Träger eingetragen werden. Die Abstimmung der Rangordnung der Achsen mit der qualitativen Ausprägung des Mind-Maps wird durch die Verwendung der Größenordnung
„niedrig-mittel-hoch"
gewährleistet.
Die Skalierung
sowohl
qualitativen auf
der
vertikalen als auch auf der horizontalen Achse erfolgt nominal mit den drei qualitativen Dimensionen. Die Matrix wird durch horizontale und vertikale Linien
in 3x3-Felder
symmetrisch aufgeteilt. Für jede Positionierung des Know-hows in einem Feld findet eine
114
Know-how-Architektur
Zuordnung von strategischen Optionen, sogenannten Normstrategien,
statt. Die strategische
Stoßrichtung stellt keine verbindliche Verhaltensregel dar, sondern ist als heuristisches Prinzip zu verstehen. Im Know-how-Portfolio lassen sich vier Normstrategien formulieren: (1) Know-how-Abbau.
Strategien für diese Kategorie werden formuliert, wenn die derzeitige
und zukünftige Know-how-Position niedrig ist. In der Regel empfiehlt sich ein Vorgehen, das einen Rückzug aus diesem Feld bewirkt, damit die finanziellen, personellen und materiellen Ressourcen freigesetzt werden, um das zukünftige Know-how-Potential der Experten zu fördern. (2) Derzeitige/Zukünftige
Know-how-Analyse.
Eine Positionierung des unternehmerischen
Know-hows bzw. der Know-how-Träger, dessen derzeitige oder zukünftige Bewertung im Mittelfeld einzuordnen ist, erfordert eine erneute detaillierte Analyse mittels MindMapping. Die zweckmäßigste Strategie besteht einerseits darin, die Investitionen zu minimieren
und
einen
stufenweisen
Rückzug
vorzubereiten
oder
andererseits
Investitionen in den Ausbau von Know-how-Trägern zu tätigen. (3) Selektive
Know-how-Strategien
werden
für Know-how-Potentiale,
welche
auf
der
Diagonalen der Portfolio-Matrix eingeordnet werden, ausgearbeitet; es können drei Arten von selektiven Strategien unterschieden werden. Eine Offensivstrategie
kann für Know-
how-Potentiale formuliert werden, welche derzeit eine niedrige und zukünftig eine hohe Positionierung aufweisen, da Aktivitäten in die Förderung von Know-how-Trägern gesetzt werden müssen. Die Identifikation von zukünftigem Know-how liefert einen Überblick über das
Umfeld und
ermöglicht,
daß Synergien
erzielt
werden,
Kooperationen
geschlossen sowie interne als auch externe Ressourcen effizienter eingesetzt werden können. Defensivstrategien
resultieren für Einordnungen mit einer derzeitigen hohen und
zukünftigen niedrigen Know-how-Kapazität. In dieser Position muß das Unternehmen versuchen, seine Gesamtposition zu halten, denn dieses unternehmerische Know-how dient für die Finanzierung des zukünftigen Know-how-Ausbaus, da es wenige finanzielle Ressourcen
benötigt
Übergangsstrategie,
[Hint96. ergibt
sich
Seite für
163ff.]. eine
Die
mittlere
dritte
selektive
Position,
indem
Strategie, zukünftige
Wachstumsbereiche identifiziert werden. (4) Know-how-Ausbau Wissenspotential
und Know-how-Weiterentwicklung. des
Unternehmens
mit
seinen
Diese Normstrategie zeigt das Know-how-Trägern.
Es
gilt
die
Investitionen in diesem Bereich zu maximieren mit dem Ziel, die Know-how-Führerschaft anzustreben. Dieser Bereich muß insbesondere in den folgenden vier Prozessen der Know-how-Architektur durch die Methode Mind-Mapping überprüft und verfeinert
Know-how-Architektur
115
werden. Im Kontext der Know-how-Thematik definiert Ruggels die Wirkung
von
Wissensmethoden als Techniken „which enhance and enable knowledge generation, codification, and transfer" [Rugg97. Seite 3]. In diesem Sinne muß das Ziel von MindMapping definiert werden als eine Methode, welche •
die Know-how-Generierung,
•
die Know-how-Kodifizierung und
•
den Know-how-Transfer
bewirkt und unterstützt. Die Normstrategien müssen analysiert werden, u m strategische Empfehlungen für weitere Prozesse der Know-how-Architektur zu geben. Die Abbildung „Know-how-Portfolio" ordnet dem 9-Felderschema die Normstrategien zu.
Know-how-Ausbau Know-howAusbau
Selektion
Zukünftige Know-how-Analyse
Know-howAbbau
niedrig
Derzeitiges
Know-howWeiterentwicklung
Know-howAusbau
Selektion
Derzeitige Know-how-Analyse
Selektion
mittel
hoch
unternehmerisches
Know-how
Abbildung 19: Know-how-Portfolio
Abbildung „Beispiel Know-how-Portfolio" stellt exemplarisch eine Matrix basierend auf d e m Mind-Map „Derzeitiges unternehmerisches K n o w - h o w " und dem M i n d - M a p „Zukünftiges unternehmerisches K n o w - h o w " vor.
Know-ho w-A rchitektur
116
Derzeitiges unternehmerisches Know-how Legende: ^ ^ (
Know-how-Träger
^ uniemehmerisches Know-how
Abbildung 20: Beispiel Know-how-Portfolio
Aus den Mind-Maps wird eine qualitative Positionierung einerseits des derzeitigen und zukünftigen unternehmerischen Know-hows, andererseits der derzeitigen und zukünftigen Know-how-Träger abgebildet. Der Durchmesser der Kreise wurde gemäß der Bedeutung des Know-hows bzw. der Know-how-Träger gewählt. Abbildung ,.Beispiel Know-how-Portfolio" spiegelt die Einordnung wieder. Know-how-Trägerl
wurde in Mind-Map
„Derzeitiges
unternehmerisches Know-how" eine mittlere Position zugeschrieben und in Mind-Map „Zukünftiges unternehmerisches Know-how" mit einer sehr hohen Bedeutung evaluiert, d.h. es kann die strategische Stoßrichtung des Know-how-Ausbaus abgeleitet werden. Dem unternehmerischen Know-how 1 wird sowohl derzeit als auch zukünftig eine hervorragende Wettbewerbsposition zugeschrieben, woraus eine Position im Bereich der Normstrategie bezüglich des Know-how-Ausbaus und der Know-how-Weiterentwicklung erfolgt. Die analoge Vorgehensweise bewirkt eine strategische Stoßrichtung für Know-how2 im Bereich der Defensivstrategie. Sowohl für Know-how3 als auch für Know-how-Träger3 resultiert eine Positionierung im Bereich der Übergangsstrategien. Im Bereich der Normstrategie Knowhow-Abbau wird Know-how4 eingeordnet.
Know-how-A
rchitektur
117
Die Einordnung der Ist- und Soll-Know-how-Potentiale in ein Know-how-Portfolio stellt den Output des Prozesses der Vorstudie dar. Diese Positionierung liefert die Voraussetzung einerseits für die Ableitung von Know-how-Zielen und andererseits für die Identifikation der Know-how-Träger im zweiten Prozeß der Know-how-Architektur.
5.3.4.
Definition der Know-how-Ziele
Basierend auf dem Know-how-Portfolio besteht die dritte Aufgabe der Vorstudie darin, Know-how-Ziele zu definieren. Die Definition von Zielen für die Know-how-Architektur bewirkt
die
Konkretisierung
der
Know-how-Thematik
für
das
Unternehmen.
Für
Probst/Raub/Romhardt geben Wissensziele „den Aktivitäten des Wissensmanagements eine Richtung. Sie legen fest, auf welchen Ebenen welche Fähigkeiten aufgebaut werden sollen" [PrRR97. Seite 55], wobei zwischen normativen, strategischen und operativen Wissenszielen differenziert wird.
5.3.4.1. Normative Know-how-Ziele In diesem Kontext legen normative Know-how-Ziele die Grundlage für die Bereitschaft eines Unternehmens mit der Beschäftigung der Know-how-Thematik, mit der Analyse des unternehmerischen Know-hows und mit der Feststellung der Know-how-Träger. Im Kern geht es darum, eine Unternehmenskultur zu schaffen, die eine Orientierung an der Herstellung von Know-how-intensiven Produkten bzw. Dienstleistungen bewirkt. Damit normative Wissensziele überzeugend
im Unternehmen
kommuniziert
werden können, stellt
ihre
Definition eine Aufgabe der Führungsebene dar. Der Umfang des unternehmerischen Knowhow-Potentials hängt davon ab, ob das „tacit" Wissen der Mitarbeiter generiert werden kann. Mittels Mind-Mapping wird dieser kritische Faktor transparent gemacht. Es bedarf der Schaffung einer neuen Unternehmenskultur, die durch ein proaktives Vorgehen das intuitive Handeln der Know-how-Träger motiviert, denn „knowledge and skills can never Substitute for the motivation only an effective organizational culture can provide" [MaPS97. Seite 247]. Dies hat zur Konsequenz, daß strategische und operative Know-how-Ziele nur dann erfolgreich umgesetzt werden können, wenn das Top-Management die Voraussetzungen auf
Know-how-A
118
rchitektur
normativer Ebene schafft. In Anlehnung an Probst et al. lassen sich normative Know-howZiele folgendermaßen beschreiben: •
Sie schaffen die Voraussetzung für die Ableitung von strategischen und operativen Knowhow-Zielen,
•
sie richten sich auf eine Know-how-bewußte Unternehmenskultur,
•
sie erfordern den Einsatz und die Überzeugung des Top-Managements,
•
sie definieren Mind-Mapping als Methode zur Know-how-Analyse.
Die Definition von normativen Know-how-Zielen manifestiert sich in der Formulierung eines Leitbildes, welches
die Funktion erfüllt, Aussagen
über das
handlungsbestimmende
Wertesystem des Unternehmens zu machen. Das Instrument des Know-how-Leitbildes legt für die Know-how-Träger die im Unternehmen geltenden Normen, Werte und Ideale bezüglich Wissen fest. Die grundlegende Einstellung lautet, daß Intuition und Kreativität das Know-how-Unternehmen prägen, indem die künstlerische Intelligenz der Mitarbeiter durch Mind-Mapping befürwortet wird.
Ein Beispiel für die Formulierung von normativen Know-how-Zielen stellt die Firma SIEMENS dar, welche die Vision der Implementierung eines wissensbasierten Unternehmens verfolgt [Siem96]. Ein wissensbasiertes Unternehmen wird durch dynamische Netze gebildet. Die Netzknoten bestehen aus dezentralisierten Problemlosem, welche Mitarbeiter, Teams, Abteilungen oder externe Partner sein können. Diese Problemloser verfügen über die relevanten Informationen und das benötigte Wissen. Das Netz wird mit dem Ziel aufgebaut, Problemlösungen mit optimalem Wirkungsgrad zu generieren und anbieten zu können. Die Gesamtheit der vernetzen Knoten wird als „Corporate Memory" bezeichnet, d.h. es enthält das gesamte aktuelle Wissen des Unternehmens und sein Problemlösungspotential. Die „Corporate
Intelligence"
setzt
sich
aus
der
Fähigkeit
zur
Realisierung
optimaler
Kommunikationsstrukturen im Unternehmen zusammen. Der Nutzen für die Mitarbeiter ergibt sich aus der Förderung einer neuen Untemehmenskultur, bei der alle Prozeßbeteiligten in Teams arbeiten und ungeachtet der Organigramme miteinander vernetzt sind. Ein wissensbasiertes Unternehmen nutzt die vernetzten Strukturen, um Kommunikationsprozesse mit dem Ziel der Verteilung und Generierung von Wissen zum Zweck der Problemlösung ablaufen zu lassen. Die Vision des wissensbasierten Unternehmens manifestiert sich in der
Know-how-Architektur
119
Bildung einer SIEMENS-Identität und eines -Leitbildes [Siem97], welche die Mitarbeiter der Firma SIEMENS unter Mitarbeit von Reichwald der TU München entwickelt haben. Die Identität drückt sich durch das gemeinsame Denken und Handeln der Mitarbeiter aus und wird durch die Werte bestimmt, welche das Verhalten im Unternehmen ausrichten. Die Mitarbeiter der Firma SIEMENS haben sieben Werteprofile erarbeitet, die in einem Leitbild festgehalten sind. Das SIEMENS-Leitbild
orientiert
sich an folgenden
Komponenten
[Siem97. Seite 9]: •
Der Kunde bestimmt unser Handeln.
•
Unsere Innovationen gestalten die Zukunft.
•
Erfolgreich wirtschaften heißt: Wir gewinnen durch Gewinn.
•
Spitzenleistungen erreichen wir durch exzellente Führung.
•
Durch Lernen werden wir immer besser.
•
Unsere Zusammenarbeit kennt keine Grenzen.
•
Wir tragen gesellschaftliche Verantwortung.
Nur wenn die Führungskräfte mit den Mitarbeitern über den Inhalt des Leitbildes diskutieren, kann eine Umsetzung im täglichen Verhalten vollzogen werden und das Leitbild muß von den Führungskräften vorgelebt werden. Der Zentralvorstand hat ein „Identity Strategy Board", bestehend aus Mitgliedern des Vorstandes, aus Bereichsvorständen, Landessprechern und Vertretern der Zentralabteilungen eingesetzt. Dieses Board hat zum Ziel, die Umsetzung des Leitbildes voranzutreiben und den Zentralvorstand bei Maßnahmen zu unterstützen. Das Grundgerüst des wissensbasierten Unternehmens bilden Teams. Diese haben die Aufgabe, aus dem kulturellen und technischen Reichtum einen
immerwährenden Wissensstrom zu
generieren.
5.3.4.2. Strategische Know-how-Ziele Die Analyse des bestehenden Know-how-Portfolios bildet die Grundlage für die Ableitung von
zukünftigen
Normstrategien
Know-how-Trägern
bewirkt,
daß
und
Unternehmen
Betätigungsfeldern. ihre
Die
Know-how-Träger
Zuordnung als
zu
strategischen
Erfolgsfaktor betrachten, denn „zum eigentlichen strategischen Erfolgsfaktor wird (...) der Mensch oder (...) seine Intuition, Kreativität und Originalität" [BoZi96. Seite 294]. Daraus
Know-ho w-A rchitektur
120
resultiert die strategische Konsequenz,
daß es im Kern um den
Aufbau und
die
Weiterentwicklung von Know-how-Potentialen geht, denn strategische Know-how-Ziele •
definieren die zukünftigen Know-how-Träger und ihre Bedeutung für die Know-howArchitektur,
• •
liefern somit eine inhaltliche Bestimmung des organisationalen Know-hows, erlauben eine strategische Orientierung von Organisationsstrukturen an der Know-howThematik und
•
Das
definieren die Implementierung/Verbesserung eines Know-how-Unternehmens.
„International
Benchmarking
Clearinghouse",
eine
Servicestelle
des
„American
Productivity & Quality Center", hat mehrere Fallstudien zum Thema Wissensmanagement durchgeführt [APQC96]. Eine der Untersuchungen bezog sich auf den Computerhersteller „Sequent". Die strategischen Geschäftseinheiten sind aufgefordert, Programme auszuarbeiten, die das Wissen festhalten und gleichzeitig eine Wiederverwendung ermöglichen. Die strategische Ausrichtung ist auf die Bildung von Wissen sowie den Wissenstransfer fokussiert. Die erste Strategie setzt sich mit der Entscheidungsfindung auseinander, und zwar im Speziellen mit der Analyse, aufgrund welcher Faktoren Entscheidungen getroffen werden und welche Informationen vorhanden waren bzw. welche fehlten. Die zweite Strategie orientiert
sich
an
dem
Wissenstransfer.
Diese
Strategie
konnte
nur
aufgrund
der
Unternehmenskultur von „Sequent" erfolgreich durchgeführt werden, indem Teamfähigkeit und Kundenorientierung wichtige Einflußgrößen umfaßten. Interne Vorteile der Einführung eines Wissensmanagements beziehen sich sowohl auf ein verstärktes Wissenspotential in Projektgruppen und Verkaufsabteilungen als auch auf ein verbessertes Verständnis der Kundenwünsche. Externe Vorteile resultieren aus einer zunehmenden Kundenzufriedenheit und einem qualitativ verbesserten Lösungsangebot der Kundenwünsche. Eine elektronische Bibliothek
dokumentiert
die
Entscheidungsvorgänge
und
steht
anschließend
allen
Mitarbeitern zur Entwicklung von neuem Wissen zur Verfügung. Das Resultat einer wissensbasierten Verständnis
Strategie bei „Sequent" äußert sich in einem besseren
der
unternehmerischen
Vorgänge,
der
Marktposition
holistischen und
der
Kundenzufriedenheit. Generell gilt für strategische Know-how-Ziele, daß sie entweder eine Ergänzungsfunktion
zu
Zielformulierung bestehen.
bestehenden
Strategien
aufweisen
oder
als
eigenständige
Know-how-Architektur
121
5.3.4.3. Operative Know-how-Ziele Operative Know-how-Ziele sollen der Gefahr vorbeugen, daß normative und strategische Ziele bezüglich der Basisressource Know-how auf operativer Ebene vernachlässigt werden. Es ergibt sich der Sachverhalt, daß operative Know-how-Ziele •
die Umsetzung der Know-how-Thematik auf operativer Ebene sichern und
•
normative und strategische Know-how-Ziele in konkrete, operationalisierbare Teilziele übersetzen.
Probst et al. unterteilen den Prozeß der operativen Zielformulierung in drei Phasen [PrRR97. Seite 86f.]. Zuerst müssen die strategischen zugeordnet
und
Zeitbezüge
auf
Know-how-Ziele
operationaler
Ebene
einzelnen
hergestellt
Zielgruppen
werden.
Bei
der
Zielrealisierung können unterschiedliche Zeithorizonte auftreten. Die zweite Phase umfaßt die Abstimmung der operativen Know-how-Ziele mit bereits vorhandenen Zielebenen. Es stellt sich die Frage nach Zielprioritäten und wie operative Know-how-Ziele mit allgemeinen operativen Zielen abgestimmt werden. Schließlich steht im Mittelpunkt der dritten Phase die Aufteilung der operativen Ziele auf einzelne Abteilungen, Projekte oder Know-how-Träger. Im Idealfall können für jeden Know-how-Träger individuelle Know-how-Ziele für einen bestimmten
Zeitraum
definiert
werden.
Die
kreativen
Mitarbeiter
leisten
auf
Gesamtunternehmensebene einen Beitrag zur Erfüllung strategischer Know-how-Ziele.
Im Falle der Firma SIEMENS wurde ein neues Konzept entwickelt, welches das Wissen und die Fähigkeiten der Mitarbeiter stärker in die Gestaltungsprozesse einbezieht. Die Umsetzung dieses Gedankens wird als TOP-Bewegung bezeichnet und steht für „time optimized processes" [Siem94], TOP bedeutet eine neue Form der Zusammenarbeit, denn jeder Mitarbeiter hat den Freiraum, seine Kenntnisse einzubringen. Es wurde somit eine neue Organisationsstruktur geschaffen. Das TOP-Programm besteht aus vier Elementen: der Verbesserung der Produktivität, der Beschleunigung von Innovationen, der Förderung des Wachstums und der Weiterentwicklung der Unternehmenskultur. Das Ziel von TOP ist eine größere Kundenzufriedenheit durch motiviertere und kreativere Mitarbeiter zu erreichen. Die aktualisierte Fassung Geschäftswertbeitrags
50
von 50
Der Geschäftswertbeitrag
TOP
TOP + und
heißt
[Siem98],
TOP
+
orientiert
Maßnahmen
ist die Differenz aus Geschäftsergebnis
Geschäftseinheit eingesetzte
Vermögen.
sind
sich zum
am
Maßstab
Beispiel
und Kapitalkosten
die
des klare
auf das von einer
Know-how-Architektur
122
Ausrichtung am Kundennutzen, innovatives Handeln und der Vergleich mit den jeweils Besten der Branche (Best Practice Sharing).
5.3.5.
Know-how-Projektteam Shared productive
knowledge will be the dominant
source of the 21st-century
with consequences
we cannot now even
(Jessica Lipnack and Jeffrey
economics imagine." Stamps)
Die vierte Aufgabe der Vorstudie besteht in der Zusammenstellung eines Projektteams. Die von
Heinrich
definierten
einzelnen
Planungsobjekte
und
Projekt-Teilplanungen
für
Informatik-Projekte [Hein97. Seite 32ff.] gelten auch im Zusammenhang der Vorstudie der Know-how-Architektur. Abbildung ,,Planungsobjekte und Projekt-Teilplanungen" gibt einen Überblick über die einzelnen Aufgaben der Projektplanung [Hein96. Seite 277].
Projektorganisation / Organisationsplanung
Planungsobjekte / Projekt-Teilplanungen
Projektgruppe / Personalplanung Projektziele / Zielplanung Projektaufgaben / Aufgabenplanung Projektzeiten / Zeitplanung Projektaufgaben-Träger / Personaleinsatzplanung Zwischen- und Endtermine / Terminplanung Methoden und Werkzeuge / Sachmittelplanung Sach- und Personal kosten / Kostenplanung Notfallmaßnahmen / Notfallplanung Sonstige Planungsobjekte
Abbildung 21: Planungsobjekte- und Projekt-Teilplanungen (Überblick)
Eine sehr hohe Bedeutung nimmt allerdings die Zusammenstellung
der Projektgruppe
im
Rahmen der Personalplanung durch den Know-how-Engineer ein, der gleichzeitig die
Know-how-Architektur
123
Funktion des Projektleiters übernimmt. Das Vorgehen des Know-how-Engineers bedarf der Unterstützung einer internen unternehmerischen Know-how-Gruppe, die mit ihm gemeinsam die
vorhandenen
Gesetzmäßigkeiten
Know-how-Träger
identifiziert
und
ihn
durch
die
internen
navigiert. Die Auswahl und die Anzahl der Mitarbeiter für die
Projektdurchfiihrung ist maßgeblich für das Gelingen der Implementierung des Know-howUnternehmens verantwortlich. Ein Projektteam kann als temporäre Arbeitsgruppe mit begrenzter Weisungsbefugnis zur Lösung zeitlich begrenzter Aufgaben definiert werden [Stae94. Seite 730],
Die
Umsetzung
des
Know-how-Managements
erfordert
eine
Neugestaltung
der
Arbeitsabläufe. Diese müssen von der herkömmlichen funktionalen Organisationsform weg, hin zu prozeßorientierten Arbeitsstrukturen gelangen, in denen funktionsübergreifende Teams die Verantwortung für die Identifikation der Know-how-Träger und deren Vernetzung steuern. Die Kommunikationsarbeit des Know-how-Projektteams besteht einerseits darin, die Informationen über die Methode Mind-Mapping im Unternehmen verfügbar zu machen, andererseits im Schaffen eines Klimas, in dem die Mitarbeiter bereit sind, die Know-howThematik nachzuvollziehen. Um die Aktivitäten in den Arbeitsabläufen bezüglich der Ressource Know-how zu vollziehen, bedarf es des Dialogs zwischen dem Know-howProjektteam, den Führungskräften und den Mitarbeitern, um so die Bereitschaft zur Kreativität zu schaffen.
Der Know-how-Engineer muß ein Projektteam zusammenstellen, das eine klare Vision von seinem gemeinsamen Ziel - der Implementierung des Know-how-Unternehmens - hat und sich über die einzelnen Arbeitsschritte einig ist. Das Know-how-Projektteam ist dadurch gekennzeichnet, daß einzelne Teammitglieder, die aus verschiedenen Organisations- und Funktionsbereichen mit einem jeweils anderen Erfahrungsstand kommen, zusammenarbeiten. Diese flexible und temporäre Gruppe erledigt die Aufgabe, die Know-how-Träger in den Mittelpunkt des unternehmerischen Geschehens zu rücken. Den Know-how-Trägern muß die Chance eingeräumt werden, ihr individuelles Leistungspotential zur Entfaltung zu bringen. Dazu bedarf es der detaillierten Analyse der Know-how-Träger im „Prozeß der Know-howIdentifikation".
Know-how-Architektur
124
5.4. Prozeß der Know-how-Identifikation „The only irreplaceable capital an organization
possesses
is the knowledge and ability of its people. The productivity of that capital depends on how effectively people share their competence with those who can use it " (Andrew
5.4.1.
Carnegie)
Ziel und Aufgabe des Prozesses der Know-how-Identifikation
Im Prozeß der Vorstudie hatte die Unternehmensführung im Rahmen des Know-howPortfolios die wesentlichen Know-how-Träger definiert. Von Seiten der Führungskräfte besteht der Wunsch, das Ziel der Implementierung eines Know-how-Unternehmens zu realisieren, wobei alle Know-how-Träger zu erfassen sind. Dies gelingt aber nur, wenn den Know-how-Trägern Ursache und Bedeutung der Know-how-Thematik erklärt werden. Die kreativen Mitarbeiter werden sich nur mit Engagement dem Know-how-Engineer öffnen, wenn
ein
internes
Klima
geschaffen
wird,
welches
die
Motivation
für
den
Veränderungsprozeß fördert. Es muß gelingen, eine Atmosphäre für Kreativität und Individualität zu bilden, die eine innovative Kommunikation bewirkt. Der wichtigste Aspekt des Know-how-Managements liegt darin, daß das Individuum in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückt. Nur wenn der Know-how-Engineer zusammen mit dem Projektteam ein Bewußtsein schaffen kann, welches als wichtigste Ressource den einzelnen Menschen betrachtet, wird die Herausforderung eines Know-how-Unternehmens verwirklicht. Vor diesem
Hintergrund
kann
das
Ziel
des
Prozesses
der
Know-how-Identifikation
folgendermaßen erläutert werden:
Basierend auf den Erkenntnissen Know-how-Träger
darlegt,
der Grundkonzeption,
Unternehmen relevanten Know-how-Träger how der kreativen
Mitarbeiter.
knowledge"
dieser Know-how-Träger.
Fähigkeiten
der Know-how-Träger, verbunden
die Gesamtheit
wichtigsten
der für
und analysiert mittels Mind-Mapping
Das Ziel des Prozesses
einerseits die Erfassung aller Know-how-Träger
Flexibilität
welche im Portfolio die
erfaßt der Know-how-Engineer
das
das Know-
der Know-how-Identifikation
ist
und andererseits das Festhalten des „tacit
Der Einsatz des Hilfsmittels Mind-Mapping welche mit Vorstellungskraft,
sind. Im Prozeß der Know-how-Identifikation
nutzt alle
Ideenassoziationen manifestiert
und
sich der
vollständige kreative Denkprozeß der Mitarbeiter. Mit anderen Worten, das Ziel der Know-
125
Know-how-Architektur how-Identifikation
ist das implizite Wissen der Mitarbeiter für die Entwicklung von neuem
Know-how explizit zu machen, d.h. es erfolgt eine Überführung der impliziten Gedanken in den expliziten Zustand.
Bezüglich der Methodik liegt ein istzustandsorientierter Ansatz vor, um die Sollzustandsorientierung zu ergänzen. Der Know-how-Engineer zieht die Ergebnisse der Vorstudie als Grundlage für weitere Analysen heran und erfaßt möglichst detailliert die Know-howStrukturen des Unternehmens, welche die Voraussetzung für den Prozeß der Adaption bilden. Das Ist- und Soll-Mind-Map der Führungskräfte formt die Grundlage für die vollständige Offenlegung des individuellen Wissens der Mitarbeiter. Beim Erheben der neuen Mind-Maps ist darauf zu achten, daß nicht nur der gegenwärtige Stand ermittelt, sondern auch die zukünftige Entwicklung miteinbezogen wird.
Aus dem formulierten Ziel lassen sich vier Aufgaben ableiten: (1) Identifikation der Know-how-Träger. Die Experten stellen die Schlüsselressource im Unternehmen dar. (2) Identifikation des Know-hows der Know-how-Träger. Das Expertenwissen soll durch die Kreativitätstechnik Mind-Mapping sichtbar gemacht werden, um anderen Know-howTrägern zur Entwicklung von neuem Wissen zur Verfügung zu stehen. (3) Analyse der Mind-Maps
durch den Know-how-Engineer
zusammen
mit
seinem
Projektteam. Das Ergebnis ist die Einschätzung der unternehmerischen Stärken und Schwächen. Die kritische Fremdeinschätzung des Know-how-Engineers muß sich nicht mit der von den oberen Führungskräften erarbeiteten Ist- und Soll-Mind-Maps decken. Ein Stärken- und Schwächen-Mind-Map illustriert beispielsweise, daß die Kreativität der Know-how-Träger nicht ausreichend gefordert wird, die Vision sowie das Leitbild des Unternehmens nicht allen Mitarbeitern bekannt ist oder aber, daß die Forschungs- und Entwicklungsabteilung ihre Fähigkeiten hervorragend in Know-how-intensive Produkte umsetzt. (4) Anpassen
der
Grundkonzeption:
Es
liegen
im
Rahmen
des
notwendigen
Detaillierungsgrades alle Mind-Maps der Know-how-Träger betreffend ihres impliziten Wissens vor. Im Portfolio werden zusätzlich ermittelte Know-how-Träger positioniert. Die Bestandsaufnahme der Fähigkeiten leistet einen Beitrag, um die Know-how-Ziele des Unternehmens zu erreichen. Das obere Management wird gefordert, das Know-howPortfolio neu zu bewerten und veränderte Prioritäten zu setzen.
Know-how-Architektur
126
Die Abbildung „Grober Arbeitsablauf im Prozeß der Know-how-Identifikation" stellt in Anlehnung an Heinrich [Hein96. Seite 333] die grobe Vorgehensweise im Prozeß der Knowhow-Identifikation dar.
Abbildung 22: Grober Arbeitsablauf im Prozeß der Know-how-Identifikation
Bei der Erfassung des Know-hows der einzelnen Know-how-Träger können zusätzliche noch nicht dem Know-how-Engineer bekannte Know-how-Träger eruiert werden. Beispielsweise bezeichnet ein kreativer Mitarbeiter als sein individuelles Know-how den Ideenaustausch mit einem Arbeitskollegen für die Grundlage seiner Know-how-Generierung. Da der neu identifizierte Know-how-Träger noch nicht analysiert wurde, obliegt es der Aufgabe des Know-how-Engineers, seine speziellen Kenntnisse durch das Anwenden der Methode MindMapping festzuhalten.
Der Prozeß der Know-how-Identifikation weist folgende Charakteristika •
auf:
Die vollständige Erfassung der Know-how-Träger ist Voraussetzung für die Identifikation des Know-hows der Know-how-Träger. Wenn die Unternehmensführung dem Knowhow-Engineer nicht im Rahmen der Vorstudie die wichtigsten kreativen Mitarbeiter bekannt gibt, besteht für ihn kaum eine Möglichkeit, ein Know-how-Unternehmen zu implementieren oder zu verbessern. Bei der Ist-Aufnahme
werden gezielt alle kreativen
Mitarbeiter erhoben, die für den Erfolg und den Fortbestand des Unternehmens notwendig
Know-how-Architektur
127
sind. Dadurch wird es möglich, die Schwachstelle der unbekannten Experten, die in der Vorstudie nicht erkannt wurden, zu untersuchen. •
Die Identifikation der Know-how-Träger ist auf den Zweck
gerichtet, mittels Mind-
Mapping die Fähigkeiten der Mitarbeiter festzuhalten und zu analysieren. Bei der IstAnalyse
wird das derzeitige Erfahrungswissen der Know-how-Träger auf qualitativem
Wege aufgedeckt. •
Die Identifikation der Know-how-Träger und die Erfassung des „tacit knowledge" stellen einen sich gegenseitig bedingenden Prozeß der Ist-Aufnahme und der Ist-Analyse dar.
•
Den Input bilden die positionierten Know-how-Träger im Portfolio, wobei im weiteren Verlauf der Identifizierung und Analyse sowohl die Vollständigkeit Detaillierungsgrad
als auch der
zunimmt.
Im Fokus des Prozesses der Know-how-Identifikation steht der Vorgang der Differenzierung zwischen
Informations-
Notwendigkeit zukünftig
nur
Informationen
der
dann in
und
Know-how-Trägern.
Entwicklung
von „competitive
wettbewerbsfähig
Intelligenz
bleiben,
umzuwandeln.
Der
Kahaner
[Kaha96]
intelligence". wenn von
sie
den
Kahaner
spricht
Unternehmen Prozeß
von
der
werden
beherrschen,
verwendete
Terminus
„intelligence" ist synonym mit dem Begriff Know-how zu verstehen, denn „intelligence (...) is a collection of Information pieces that have been filtered, distilled, and analyzed. (...) Intelligence, not information, is what managers need to make decisions. Another term for intelligence is knowledge" [Kaha96. Seite 21], Obwohl viele Führungskräfte mit den Ressourcen Information und Know-how beschäftigt sind, besteht selten eine Bereitschaft, sich systematisch mit den wissensintensiven Quellen des Unternehmens auseinanderzusetzen. Der Grund beruht auf der kritischen Einstellung gegenüber Know-how. Der Einwand liegt im Argument begründet, daß „competitive intelligence" für das Unternehmen eine Kostenstelle und kein Profit Center darstellt, da der Besitz von intellektuellem Kapital nicht quantifiziert werden kann. Die Effekte weisen einen indirekten Charakter auf und es wird der Aspekt vernachlässigt, daß die Voraussetzung für das Erlangen von Wettbewerbsvorteilen gegenüber Konkurrenten durch menschliche Intelligenz gewährleistet wird. Im Zusammenhang mit „competitive intelligence" muß die Argumentationskette umgedreht werden. Die Frage lautet, wieviel finanzielle Verluste hat ein Unternehmen aufgrund der Tatsache eingebüßt, daß es keine Transparenz über das intellektuelle Potential der Know-how-Träger gibt. Zum besseren Verständnis der Bedeutung von intellektuellen Fähigkeiten schlägt Kahaner das Konzept des „intelligence cycle" vor. Der Zyklus besteht aus den Schritten der Planung („planning"), der
Know-how-Architektur
128
Sammlung („collection"), der Analyse („analysis") sowie der Verteilung („dissemination") und ist in Abbildung „Intelligence Cycle nach Kahaner" abgebildet [Kaha96. Seite 44],
Abbildung 23: Intelligence Cycle nach Kahaner
Kahaner betont insbesondere den Prozeßcharakter seines Ansatzes. Ein Unternehmen muß erkennen, daß Wettbewerbsvorteile durch den Besitz von „intelligence" nur in dem Falle erzielt werden, wenn alle unternehmerischen Aktivitäten auf den Prozeß der Verteilung der intellektuellen Kompetenzen ausgerichtet sind. Die Grundgedanken und einzelnen Schritte des Intelligenzzyklus können auf den Prozeß der Know-how-Identifikation übertragen werden.
Der Schritt der Planung umfaßt die Feststellung, an welchen Stellen im Unternehmen die Know-how-Träger zu finden sind. Der Know-how-Engineer ermittelt zusammen mit seinem Projektteam die kritischen Erfolgsfaktoren, die Know-how-Träger. Die Methode
des
Interviews wirkt unterstützend, um mehr über die internen Strukturen der intelligenten Mitarbeiter in Erfahrung zu bringen. Die beste Art mit den kreativen Mitarbeitern zu kommunizieren, ist die Form des direkten Interviews durch den Know-how-Engineer, denn „the best way to learn about managers' needs is by direct, interactive interviews. Some people suggest two interviewers, one to ask questions and the other to take notes" [Kaha96. Seite 51]. Ein
wesentlicher
Aspekt
der
Anfangsphase
beruht
in
der
Informationspflicht
der
Projektteams, die Know-how-Träger über den geplanten Zeitrahmen und die notwendigen Ressourcen in Kenntnis zu setzen. Der Know-how-Engineer muß einen Schwerpunkt auf die Kommunikation der in der Vorstudie erarbeiteten Know-how-Ziele legen, denn bisher sind nur die oberen Führungskräfte über die einzelnen Prozesse der Know-how-Architektur
Know-how-Architektur
129
informiert. Die Grundvoraussetzung für die optimale Projektdurchfiihrung basiert auf dem transparenten Aufbereiten der Informationen bezüglich der Know-how-Architektur und dem gezielten Verteilen an alle Projektbeteiligten.
Der Schritt der Kollektion how-Träger
mittels
beschreibt den Prozeß, das implizit vorhandene Wissen der Know-
Mind-Mapping
für
das
Unternehmen
explizit
festzuhalten.
Zusammenhang mit der Abbildung „Transformationsprozeß des Know-hows"
51
Im
müssen die
Informationen in „intelligence" transformiert werden mit der Intention, einerseits anderen Know-how-Trägern diese Fähigkeiten zur Verfugung zu stellen und andererseits aus dem vorhandenen Know-how-Potential neues Wissen zu akquirieren. Der Erkenntnisstand des Know-how-Engineers wird durch die Sammlung zusätzlicher Informationen über die Knowhow-Träger erweitert. Es bietet sich die Untersuchung von unternehmerischen Primär- und Sekundärquellen an [Kaha96. Seite 53ff.]. Die erste Kategorie bezieht sich auf Informationen, welche nicht verändert wurden und aus ursprünglichen Quellen stammen; diese können Firmenberichte, Finanzberichte, Vorträge, Radio- und Fernsehinterviews sein. Die zweite Informationsform konzentriert sich auf die Recherche von Sekundärinformationen und umfassen Aussagen, die Journalisten oder Wirtschaftsforscher geäußert haben. Als Beispiele lassen sich Zeitungen, Magazine oder Bücher anführen, die Fakten über das Unternehmen und ihre Mitarbeiter interpretieren. Für den Prozeß der Know-how-Identifikation bedeutet dieser Vorgang,
daß der Know-how-Engineer den Ist-Zustand des Know-how-Potentials
der
kreativen Mitarbeiter in Form von Mind-Maps dokumentiert hat. Die Ist-Zustandserfassung des vorhandenen Know-how-Kapitals ist auf den Zweck der Ist-Zustandsanalyse ausgerichtet.
Der dritte Schritt im Konzept von Kahaner setzt sich mit der Analyse auseinander. Der Zweck der Ist-Zustandsanalyse liegt darin, „die Informationen über den Istzustand zu erarbeiten, die zur Überprüfung des in der Grundkonzeption beschriebenen Sollkonzepts geeignet sind" [Hein96. Seite 346], Übertragen auf den Kontext der Know-how-Thematik, soll durch Interviews mit den Mitarbeitern und durch die Auswertung der Mind-Maps ein Zugriff auf das interne Expertenwissen ermöglicht werden. Das Resultat der gezielten
Know-how-
Identifikation führt zu einer besseren Orientierung über Defizite bezüglich der individuellen Mitarbeiterfähigkeiten. Die Erarbeitung eines Stärken- und Schwächenkatalogs in Form eines
" Vgl. Ausfuhrungen
in Kapitel
3.3.3.
Know-ho w-A rchitektur
130
Mind-Maps stellt die kreative Denkkunst der Know-how-Träger dar. Dieser bildet die Grundlage für die Überarbeitung und Revision der Mind-Maps.
Die Kenntnisse über Know-how-Träger und ihr Können dürfen für das Unternehmen nicht verloren gehen, sondern müssen für andere Mitarbeiter zugänglich gemacht werden. Hier setzt der Schritt der „dissemination"
ein. Das Konzept des „intelligence cycle's " von Kahaner
liefert einen Überblick über die grobe Vorgehensweise
im Prozeß der
Know-how-
Identifikation und hebt den essentiellen Kern der Relevanz der Know-how-Träger hervor, indem „people have the skill to take information and turn it into usable intelligence" [Kaha96. Seite 280],
5.4.2.
Know-how-Träger „All the people out there give the Impression that business intelligence is nothing more than collection data. It's unfortunate, because the real value added comes with the intervention of the humans. " (Liam Faheyj
5.4.2.1. Bedeutung der Know-how-Träger Das Know-how-Paradigma zeichnet sich durch eine Verschiebung der Machtverhältnisse aus, indem die Mitarbeiter mit ihrem Know-how-Potential eine zentrale Position im Unternehmen einnehmen. Diese Konstellation führt dazu, daß die Know-how-Träger an Macht gewinnen, da sie im Gegensatz zum Bedarf an Geldkapital die knappe Schlüsselressource Know-how besitzen und somit der Erfolg vom Können der Experten
abhängt. Sie stellen die
immateriellen Vermögenswerte eines Unternehmens dar und müssen daher weiterentwickelt werden. Schließlich sind das Wissen und die Fähigkeiten der Experten das Fundament des Erfolgs. Zum Nutzen der Kunden muß das innovative Potential der Know-how-Träger gefördert werden. Im Wettbewerb wird die interne Nutzung und Kommunikation von kreativem Wissen dem Unternehmen Vorteile verschaffen.
Es liegt in der Aufgabe des Unternehmens, Rahmenbedingungen für ein Klima des Lernens zu schaffen, damit die Know-how-Träger schöpferisch arbeiten können. Es ist von essentieller
Know-how-Architektur
131
Bedeutung, daß der Prozeß des Lernens im Menschen passiert, d.h. es handelt sich um individuelle Entwicklungsprozesse. Einzelpersonen dürfen das angeeignete Wissen nicht nur für sich separat akkumulieren, sondern müssen durch Kommunikation mit anderen Knowhow-Trägern
ihre
Erkenntnisse
Unternehmensstrukturen
weitergeben.
Es
müssen
neue
geschaffen werden, damit ein Know-how-Fluß
kommunikative zwischen
den
Individuen aufgebaut werden kann. Das gelernte Wissen darf nicht nur im Besitz von einigen Know-how-Trägern verweilen, sondern muß zum Aufbau von neuem Know-how kundgetan werden. Für Satteiberger [Satt96. Seite 43ff.] ergibt sich eine neue und zentrale Aufgabe für die Personalentwicklung, nämlich Kommunikationsbrücken („human bridges") zwischen den einzelnen agierenden Funktionen im Unternehmen zu schaffen, denn nur ein offenes Kommunikationsklima ermöglicht die Entfaltung neuer Ideen. Die Generierung von neuem Know-how kann nur gewährleistet werden, wenn Kommunikationsprozesse institutionalisiert werden sowie der Know-how-Transfer sichergestellt bzw. wahrscheinlich gemacht wird. Im Zuge des Prozesses der Know-how-Identifikation muß der Know-how-Engineer
eine
Atmosphäre schaffen, welche den einzelnen Mitarbeiter ermutigt, sein geistiges Potential zur Entfaltung zu bringen und selbständig die Initiative des Lernens zu ergreifen. Unternehmen müssen sich als ,.Lernende Systeme" [NeDG95; DiNe98] verstehen, welche darauf fokussiert sind, eine Unternehmenskultur zu vertreten, welche die Aneignung und den Transfer von neuem Wissen fördert [WiLe95].
Nicht nur der Einzelne, sondern auch Organisationen, Institutionen und die Gesellschaft sind gefordert, das Lernen zu lernen [ChRe95; CoSp95; MoEd96]. Dies bedeutet, daß sich das Individuum auf ein lebenslanges Lernen 52 einrichten und diese Weiterentwicklung als seine Investition für die Zukunft sehen muß [Gray97; MaRe97. Seite 7], Nicht jedes Unternehmen, das einen großen Trainingsaufwand betreibt, ist deshalb eine Lernende Organisation. Der Kern liegt nicht in der Schulung der Mitarbeiter, sondern vielmehr in der Selbstentwicklung von Individuum und Organisation [PeBB91 ; PeBB96. Seite 60],
Die Anschauung des rationalistischen Weltbildes von Descartes 53 wurde im Kontext der Know-how-Thematik durch eine prozeßorientierte Sichtweise substituiert. In diesem Sinne
52
Das Europäische
Parlament
lebensbegleitenden 51
Vgl. Ausführungen
und der
Rat der
Lernens" erklärt [Öste96;
in Kapitel 3.3.3.3.
Europäischen
Enqu96].
Union hatten
1996
zum „Jahr
des
132
Know-how-A rchitektur
wurde der Sachverhalt betont, daß die Erweiterung und Entstehung von neuem Wissen sich dann vollzieht, wenn eine Interaktion zwischen Know-how und Information über den Prozeß des Lernens entsteht. Ein mechanistisches Weltbild, geprägt durch starre Strukturen, schafft keinen Freiraum für die persönliche Entfaltung der Know-how-Träger. Der Grund liegt darin, daß das Einhalten von Anweisungen über den Dienstweg und die Verrichtung von gleichförmigen Leistungen nicht dem Charakter eines kreativen Mitarbeiters entsprechen. Die Zerlegung von komplexen Aufgaben in möglichst kleine Arbeitsvorgänge, welche von verschiedenen Arbeitern erfüllt werden können, entspricht dem Ansatz von Taylor [Stae94. Seite 22ff.]. Diese Arbeitsorganisation ermöglicht eine hohe Automation, wobei durch den Einsatz von Informationstechnologien eine effiziente Mensch-Maschine-Kommunikation stattfindet. Die mechanistische Organisation löst sich zugunsten einer Auffassung auf, welche die Kommunikation zwischen den einzelnen Know-how-Trägern unterstützt. Lutz schildert die Veränderung der Perspektiven folgendermaßen: „Das Grundelement
der Einweg-
information, der unilateralen Beziehungen, wird abgelöst durch jenes des Dialogs, der Kommunikation. (...) Die Koordination durch Anweisung von oben wird abgelöst durch Selbstorganisation" [Lutz96. Seite 103], Die Know-how-Träger übernehmen komplexe Aufgaben,
welche
Intuition,
Kreativität, Erfahrungswissen
und
Assoziationsvermögen
verlangen. Lernen beinhaltet für Lessing [Less96. Seite 263ff ] die Kombination aus drei Elementen:
Information, Motivation und Qualifikation. Aus der Schnittmenge
Ressourcen definieren sich das Wachstum und der Erfolg eines Unternehmens. Lernprozeß
wird
durch
einen
Analysevorgang
initiiert,
in
dem
dieser Der
bestehende
Marktinformationen zusammengetragen werden. Basierend auf der persönlichen Motivation setzt der Mitarbeiter seine Qualifikationen ein, um kundenorientierte Produkte zu erstellen. Die Grundlage für einen Lernvorgang bilden die Faktoren Information und Motivation, aber nur
die
Kombination
der
drei
Ressourcen
bewirkt
ein
individuelles
und
somit
unternehmerisches Lernen.
Der Ansatz, daß Wissen aus dem Prozeß des Lernens resultiert, findet sich auch im Konzept der Lernenden Organisation von Senge [Seng90; SKRR94] wieder. Die These von Senge lautet, daß sich eine Lernende Organisation durch die Verbindung von fünf Disziplinen auszeichnet. Der Begriff Disziplin wird als ein Entwicklungspfad für die Aneignung von Kompetenzen und Fähigkeiten definiert, wobei sich dieser Vorgang unter der Annahme eines „lebenslangen Lernens" vollzieht. Im folgenden werden die von Senge vorgeschlagenen Disziplinen vorgestellt:
Know-how-Architektur
133
(1) Die Entwicklung einer persönlichen Meisterschaft („Personal Mastery") [Seng90. Seite 139ff.]. Diese Disziplin orientiert sich an der Anforderung von Mitarbeitern, ständig zu lernen. Ein Unternehmen muß Aktivitäten setzen, damit ein Klima geschaffen wird, in dem jeder einzelne seine Arbeit als ein „Kunstwerk" betrachten kann. Senge geht von der Annahme aus, daß Organisationen durch Individuen lernen, d.h. der Fokus ist auf die Kraft der individuellen Personen gerichtet, denn ohne ihre Fertigkeiten kann kein Lernen auf Organisationsebene stattfinden. Die Entwicklung einer „personal mastery" ist kein einmaliger Schritt, sondern ein Prozeß, der ständig wiederholt und adaptiert werden muß. Es ist eine lebenslange Disziplin, d.h. die Entwicklung von Kompetenzen ist ein dynamischer Prozeß, der einer ständigen Veränderung unterliegt. (2) Die Entwicklung einer geteilten Vision (,3uilding a shared vision") [Seng90. Seite 205ff.]. Es ist die Aufgabe des Managements, eine Vision zu kommunizieren, die von allen Mitarbeitern geteilt wird, d.h. die Vision des Unternehmens muß von den Knowhow-Trägern verinnerlicht werden. Nur durch eine „shared vision" werden die Mitarbeiter bereit sein, hervorragende Leistungen zu erbringen und zu lernen. Dieser Prozeß geschieht nicht aufgrund von Anweisungen, sondern basiert auf der Überzeugung, daß die eigenen Fertigkeiten für das Unternehmen wichtig sind. Somit muß im Zusammenhang mit dem Prozeß der Vorstudie ein Schwerpunkt auf die Formulierung von normativen Know-howZielen 54 gelegt werden, indem eine Know-how-bewußte Unternehmenskultur geschaffen wird. (3) Der Aufbau von Teams als Lerneinheiten („Team Learning") [Seng90. Seite 233ff.]. Lernende Organisationen zeichnen sich durch die Eigenschaft aus, daß der Lernprozeß durch die Einrichtung von Teams gefördert wird. Diese dritte Disziplin kann nur gewährleistet werden, wenn durch das Element des Dialogs eine Kommunikation aufgebaut wird. Es bedarf also nicht nur der Disziplin des Erwerbs von Fertigkeiten, sondern auch des zwischenmenschlichen Austauschs von Mitteilungen und Gedanken. (4) Die Veränderung von .Mental Models" [Seng90. Seite 174ff.]. Die Mitarbeiter einer Lernenden Organisation müssen ihre Bilder und Eindrücke, welche sie über ihre Umwelt besitzen, für andere sichtbar machen. Zuerst muß sich der Einzelne mit seiner eigenen Vorstellungswelt auseinandersetzen, um anschließend in Gesprächen und Diskussionen mit anderen Mitarbeitern seine Gedankenmodelle verständlich zu machen. Auf diesem Wege lernt er die Ansichten seiner Umwelt kennen und es kann der Veränderungsprozeß
54
Vgl. Ausführungen
in Kapitel
5.3.4.1
Know-how-Architektur
134
beginnen, indem er seine eigenen mentalen Modelle adaptiert. Für Senge sind Mentale Modelle „deeply ingrained assumptions, generalizations, or even pictures or images that influence how we understand the world and how we take action. (...) The discipline of working with mental models starts with turning the mirror inward; learning to unearth our internal pictures of the world, to bring them to surface and hold them rigorously to scrutiny" [Seng90. Seite 8f.]. Die Disziplin der Mentalen Modelle soll verborgene Annahmen in unserem Gedächtnis an die Oberfläche bringen und die Auswirkungen auf das
Verhalten
darlegen.
Sie
dienen
dazu,
den
Lernprozeß
von
Individuen
zu
beschleunigen, um das Bewußtsein über die eigenen Vorstellungen zum Vorschein zu bringen. (5) Die Disziplin des Systemdenkens („System thinking") [Seng90. Seite 57ff.] gibt dem Buch von Senge seinen Titel „Die fünfte Disziplin", denn sie besitzt eine übergeordnete Funktion.
Alle
Beziehungen
anderen Disziplinen
zwischen
den
werden ganzheitlich
einzelnen
Teilbereichen
der
zusammengefügt, Lernenden
indem
Organisation
aufgeführt werden.
Im Kontext der Know-how-Thematik ist insbesondere die Disziplin der .Mental Models" hervorzuheben, da sich Parallelen zur Methode Mind-Mapping finden lassen. Im Mittelpunkt steht das Bestreben, die Tiefenstruktur des individuellen Wissens der Mitarbeiter an die Oberfläche zu transformieren. Unternehmen müssen eine Atmosphäre schaffen, welche für die Know-how-Träger den Prozeß des Lernens ermöglichen.
Im Mind-Map „Lernen" sind die Gedanken des Lernens mit der Methode Mind-Mapping ausgedrückt. Vom Zentralthema „Lernen" strahlen fünf Verzweigungen: (1) die Kommunikation zwischen den Experten, (2) die Ebenen des Lernens, (3) die individuellen Lernprozesse, (4) die Verantwortung des Know-how-Engineers für das Erlernen der Methode MindMapping und (5) die Betreuung der Know-how-Träger durch den Know-how-Manager 55 .
55
Vgl. Ausführungen
in Kapitel
5.4.2.2.
135
Know-how-Architektur Offenheit
Mind-Map 6: Lernen
5.4.2.2. Bedeutung des Know-how-Managers Neben dem Know-how-Engineer wird für die Betreuung der sensiblen Experten ein geeigneter Leiter [Svei97. Seite 53f.] benötigt, der Know-how-Manager betitelt wird. Eine andere Bezeichnung für Leiter ist „knowledge manager" [Stew97. Seite 124], Dieser Leiter muß nicht primär über Fachwissen, sondern über Führungswissen [HiKr98] verfügen, denn „Fachleute ersinnen immer wieder unpraktikable Geschäftsideen. Die Führungskraft muß sie vorsichtig mäßigen, ohne dabei den Träumer zu desillusionieren. Abenteuerliche Ideen haben dann ein Ende, wenn man den Träumer um eine Ausarbeitung bittet" [SvL190. Seite 97].
Durch Motivation muß der Know-how-Manager seine Know-how-Träger
in geeignete
Richtungen lenken, die dem Unternehmen Vorteile bringen, ohne daß sich die Experten unverstanden fühlen. Um die innovativen Mitarbeiter zu führen, ist jede Form eines autoritären Führungsstils fehl am Platze. Vielmehr ist eine kooperative Führung [WuAr98. Seite
198f.;
Wund95]
gefragt,
die
als
„zielorientierte
und situationsbedingte
sowie
partizipative und prosoziale Einflußausübung" [WuGr80. Seite 106] beschrieben werden kann.
Know-how-A
136
rchitektur
Der Leiter von Know-how-Trägern muß berücksichtigen, daß die Experten von ihren Fähigkeiten überzeugt sind und deshalb ein unverstandener Mitarbeiter schneller dazu bereit ist, das Unternehmen
zu wechseln, in der Hoffnung, daß ein anderes
Know-how-
Unternehmen ihm die geistige Anerkennung gibt, die er derzeit nicht gefunden hat. Es kann auch vorkommen, daß die Mitarbeiter eigene Unternehmen gründen, da sie die Know-howProduzenten sind. Bedingt durch die steigende Anzahl an Venture-Kapitalgebern [Pinc88. Seite 33ff.] sind einige kreative Innovatoren bereit, ein eigenes Unternehmen zu gründen und ihre
Ideen
zu
implementieren.
Die Know-how-Träger
möchten
für
ihre
Aufgaben
Eigenverantwortung übernehmen und werden zum „entrepreneur" [Pinc88. Seite 35], indem sie ihr eigenes Know-how durch eine Unternehmensgründung vermarkten.
Um Kapital zur Verfugung gestellt zu bekommen, wenden sich diese Know-how-Experten an sogenannte Venture-Geschäfte (Risikogeschäft). Das Venture Kapital [Gree91; PfWL97] ist im Gegensatz zur Kreditvergabe nicht vom Vorhandensein von Kreditsicherheiten abhängig, sondern
von den geschätzten Ertragschancen
des
zu finanzierenden Geschäfts.
Die
Kapitalgeberseite stellt Kapital einem Venture-Kapitalfonds zur Verfügung. Dies bedeutet, daß diese Fonds „act as agents between the entrepreneurs who face search costs in locating funding, and uninformed institutional and individual investors (...)" [PfWL97. Seite 21]. Eine Analyse des amerikanischen Marktes zeigt, daß sich eine Branchenverschiebung in bezug auf Venture-Kapital-Investoren Computerhardwarebranche
abzeichnet. daran
Während
maßgeblich
in
bevorzugt
den wurde,
80er nehmen
Jahren heute
die der
Biotechnologiebereich und der Computersoftwaresektor die dominierenden Positionen ein [PfWL97. Seite 35],
5.4.2.3. Intangible Assets und Intellectual Assets Sveiby [Svei97] stellt im Zusammenhang mit dem Know-how-Unternehmen das Konzept der „intangible
assets"
vor. Die „intangible assets" stehen im Gegensatz zum sichtbaren
Aktivvermögen, den „tangible assets". Zur letzten Kategorie zählen das Bargeldvermögen, die schnell zugänglichen Bankkonten und die Büroräume mit ihrer Computerausstattung. Die „intangible assets" umfassen die unsichtbaren Aktivposten des Unternehmens, die sich aus folgenden drei Faktoren zusammensetzen:
Know-how-Architektur •
den M i t a r b e i t e r f a h i g k e i t e n ( C o m p e t e n c e o f t h e P e r s o n n e l ) ,
•
der internen U n t e r n e h m e n s s t r u k t u r (Internal Structure) und
•
der e x t e r n e n U n t e r n e h m e n s s t r u k t u r ( E x t e r n a l S t r u c t u r e ) .
Ähnlich
Know-how-Eisberg56
dem
konzipiert
Sveiby
137
[Svei97.
Seite
11]
eine
Bilanzaufstellung, welche die sichtbaren und unsichtbaren Aktivposten eines U n t e r n e h m e n s festhält
(vgl.
Aktivposten
Abbildung
wird
die
Bilanzposten
eines
finanzielle Seite („visible,
Know-how-Unternehmens"). invisible
Finance")
des
Diesen
Unternehmens
gegenübergestellt.
Tangible Assets
Visible Finance
Short-term Debt Accounts Receivable
Long-term
Visible
Loan
Shareholders' Visible Equity
Shareholders' Invisible Equity
Invisible ( U n d e r the surface)
Obligation
Intangible Assets
Intangible Finance
Abbildung 24: Bilanzposten eines K n o w - h o w - U n t e r n e h m e n s
D i e „ i n t a n g i b l e " P o s i t i o n d e r O b l i g a t i o n e n b e s c h r e i b t d i e u n t e r n e h m e r i s c h e V e r p f l i c h t u n g , in die K r e a t i v i t ä t
der kenntnisreichen
M i t a r b e i t e r zu i n v e s t i e r e n .
Die Kapitalgeber
müssen
e r k e n n e n , d a ß die F i n a n z i e r u n g v o n A u s b i l d u n g s p r o g r a m m e n , P e r s o n a l e n t w i c k l u n g e n
56
Vgl. Abbildung
„Know-how-Eisberg"
oder
Know- ho w-A rchitektur
138
kreativen Unterbrechungen der Know-how-Träger eine Investition für die Akquirierung von neuem Wissen darstellt. Die wichtigste Kategorie der „intangible assets" nimmt
die
Mitarbeiterfähigkeit ein, denn ein Unternehmen existiert aufgrund seiner Know-how-Träger, d.h. der geschäftliche Erfolg ist das Resultat der individuellen Aktivitäten der Experten. Das implizite Wissen der Know-how-Träger ist diesen eigen und ist nicht im Besitz des Unternehmens. Deshalb erscheint es besonders relevant, das Können der Experten als eigenständige Bilanzposition auszuweisen, denn ein Know-how-Unternehmen legitimiert sich durch seine Know-how-Träger. Diese Experten setzen ihre Anstrengungen in die Entwicklung von
Problemlösungen
für individuelle
Kundenwünsche.
Unterstützend
wirken
interne
Strukturen, wie die Unternehmenskultur, Informations- und Kommunikationstechnologien oder
Patente.
Aufgabe
der
Experten
ist
es,
Know-how-intensive
Produkte
oder
Dienstleistungen für Kunden und Lieferanten zu entwerfen. Diese Art des unsichtbaren Aktivvermögens bezeichnet Sveiby als externe Struktur und schließt ferner das Image, die Reputation oder das Vorhandensein von Markennamen ein.
Am Beispiel SAATCHI & SAATCHI werden einerseits die Relevanz von Schlüsselmitarbeitern und andererseits die Folgen der Mißachtung der Grundregeln des Know-howUnternehmens illustriert. Die Geschäftsidee der Brüder Saatchi bestand aus der Absicht, zu den
fuhrenden
Werbeagenturen
zu
zählen
und
den
Mitarbeitern
eine
kreative
Arbeitsatmosphäre zur Verfügung zu stellen. In den Anfangsjahren gelang es den Brüdern, einen kreativen Rahmen zu schaffen und gleichzeitig den Investoren finanzielle Ergebnisse vorzulegen, welche die Aufrechterhaltung des Aktienkurses gewährleisteten. Ermutigt durch ihren Erfolg wurde im April 1986 eine Fusion mit der New Yorker Agentur Ted Bates Worldwide eingegangen. Die Möglichkeit der kreativen Ideenentfaltung wurde immer mehr eingeschränkt, zumal die Brüder den Kontakt zu den Know-how-Trägern verloren. Sie waren zu Industriellen geworden, welche das Produkt Werbung verkauften. Den Experten fehlte die Führungskraft, welche ihre intellektuellen Fähigkeiten kanalisierte und in die richtige Richtung leitete.
Die Lage von SAATCHI & SAATCHI verschlechterte sich im Dezember 1994 nochmals, als Maurice Saatchi - auf Verlangen der Hauptaktionäre - entlassen wurde. In kurzer Zeit gründete er ein eigenes Unternehmen und nahm den Konkurrenzkampf mit seinem Bruder auf. Maurice Saatchi warb die kreativsten Mitarbeiter und Kunden wie British Airways, Dixons und Mars ab. Der Prozeß, daß kreative Experten ein Unternehmen verlassen, hat zur
Know-how-Architektur
139
Folge, daß diese zu Konkurrenten werden. Eine Spirale des Know-how-Verlustes setzt ein, indem nicht nur intellektuelles Wissen abwandert, sondern gleichzeitig die Reputation eines kreativen Unternehmens verloren geht. Die Kunden wenden sich ab, d.h. ein Unternehmen verliert seine „external structure". Andererseits führt ein Fehlverhalten innerhalb des Unternehmens zum Abbau der „internal structure".
Die Unterbewertung der „intangible assets" eines Know-how-Unternehmens bewirkt nicht nur den Verlust der Reputation, sondern auch eine Reduktion des Bestandes der kreativen Fähigkeiten der Mitarbeiter, Problemlösungen für den Kunden anzubieten. Im Falle von SAATCHI & SAATCHI argumentiert Sveiby, daß die Entwicklung des Werbeunternehmens anders verlaufen wäre, wenn die Unternehmensführung ihren wissensorientierten Kurs weiterverfolgt hätte und sich die Erkenntnis zunutze gemacht hätte, daß die „intangible assets" für ein Unternehmen wichtiger sind als ihre sichtbaren Aktivposten.
Stewarts [Stew97] Ansatz des „intellectual capital" hat Ähnlichkeit mit dem von Sveiby gewählten Konzept der „intangible assets". Der integrative Gedanke liegt in dem Sachverhalt begründet, daß im Zentrum der Betrachtung der Experte mit seinen individuellen Fähigkeiten steht. Die Aktivitäten des sogenannten „knowledge worker" [Stew97. Seite 37ff.] werden nicht aufgrund vorgegebener Aufgaben gemessen, sondern anhand des erzielten Resultats. Ein Unternehmen muß als ein Arbeitsumfeld für die Entfaltung von intellektuellem Kapital betrachtet werden. Das essentielle Problem für ein Unternehmen
liegt dabei in der
Identifikation von „intellectual capital". Es entsteht ein endloser Zyklus der Know-howIdentifikation, indem das implizite Wissen explizit gemacht wird, um wieder neues implizites Wissen zu generieren, d.h. „It's a never-ending cycle: Identifying tacit knowledge; making it explicit so that it can be formalized, captured, and leveraged; encouraging the new knowledge to soak in and become tacit" [Stew97. Seite 74]. Know-how-Träger sind für ein Unternehmen schwer zu ersetzen und gleichzeitig unentbehrlich, da sie den Kunden die geforderten Problemlösungen anbieten.
5.4.3.
Beispiel SKANDIA
Traditionelle Bilanzen sind nach Sveiby für das Finanz- und Rechnungswesen nicht geeignet, den geistigen Wert der Mitarbeiter zu erfassen. Der schwedische
Finanzdienstleister
140
Know-how-Architektur
SKANDIA erkannte ebenfalls das Problem und gründete ein Team zur Entwicklung für eine neue Form der Bilanzierung
von intellektuellem
Kapital
[EdMa97].
Im Mai
1995
veröffentlichte SKANDIA erstmals als Beilage zum Finanzbericht einen Zusatzbericht, welcher das verborgene Aktivvermögen des Unternehmens darlegt. SKANDIA versteht unter intellektuellem Kapital die Summe aus: •
Humankapital (,,Human Capital") und
•
Strukturkapital („Structural Capital").
Die erste Kategorie setzt sich aus den individuellen Fähigkeiten und dem intuitiven Wissen der Mitarbeiter zusammen, während unter dem zweiten Faktor Hardware, Software, Datenbanken,
Patente,
Organisationsstrukturen
sowie
Kundenbeziehungen
subsumiert
werden. Aus der Komponente des Strukturkapitals wurde die Beziehung zu den Kunden („Customer Focus") ausgegliedert. Das heißt, intellektuelles Kapital kann definiert werden als der Besitz von „knowledge, applied experience, organizational technology,
customer
relationships and professional skills that provide Skandia with a competitive edge in the market" [EdMa97. Seite 44].
Die Auseinandersetzung mit „Intellectual Capital" bot die Möglichkeit, mehr Transparenz über diejenigen Faktoren im Unternehmen zu erlangen, welche für den Erfolg zuständig sind. Dazu wurden insgesamt fünf Erfolgsfaktoren, die es zu maximieren gilt, bestimmt. Diese lassen sich in folgende Gruppen einteilen: „financial focus", „customer focus", „process focus", „renewal and development focus" und als verbindendes Element der ,.human focus". Es wurde ein System von Indikatoren ausgearbeitet, welches dem Unternehmen hilft, detaillierte Aussagen über den Erfolg des Unternehmens in den einzelnen Schwerpunkten zu treffen. Es wurde ein Navigationsinstrument, der Navigator, entwickelt, der die Messung des intellektuellen Kapitals gewährleistet.
Abbildung „Skandia-Navigator" gibt einen Überblick über das Zusammenwirken
der
Komponenten [EdMa97. Seite 68], Der Skandia-Navigator zeigt auf, daß jeder Fokus des intellektuellen Kapitals für sich gesondert betrachtet noch nicht den gewünschten Erfolg bringt. Nur die Kombination aller fünf Schwerpunkte bewirkt, daß der Unternehmenswert gesteigert werden kann, indem das Wissen und die Fertigkeiten in Wettbewerbsvorteile transformiert werden.
141
Know-how-Architektur
Operating Environment Legende: IC=Intellectual Capital
Abbildung 25: Skandia-Navigator
SKANDIA verwendet die Metapher eines Hauses, um die Zusammenhänge der fünf Schwerpunkte zu verdeutlichen. Das Dach des Hauses stellt der „financialfocus"
dar, der aus
der traditionellen Bilanzaufstellung besteht. Die Indikatoren dieses Schwerpunktes sind am detailliertesten
ausgearbeitet
und
beruhen
auf
Daten
und
Informationen
aus
der
Vergangenheit.
Bewegt man sich von oben nach unten im Navigationsmodell, so bilden der „customer und der „process focus"
focus"
die Wände des Hauses. Diese beiden Bereiche umfassen Aktivitäten
in der Gegenwart. Der Prozeßbereich beschäftigt sich mit dem Fokus, wie der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien zur Steigerung des intellektuellen Kapitals beitragen kann. Dies bedeutet beispielsweise, daß sich das Unternehmen mit Fragen bezüglich des Internets und
Intranets
auseinandersetzt.
Der
„customer
focus" umschreibt
die
Veränderung von einer Massenproduktion hin zur Kundenindividualisierung, denn der Kunde erwartet vom Unternehmen, daß seine persönlichen Wünsche erfüllt werden und der bestmögliche Service angeboten wird [EdMa97. Seite 91].
Know-how-Architektur
142
Das Fundament des Hauses wird durch den Schwerpunkt des „renewal &
developmentfocus"
getragen. Im Mittelpunkt dieser Betrachtung stehen Indikatoren, welche die zukünftige Entwicklung des Unternehmens messen. Einerseits können Aussagen getroffen werden, wie erfolgreich
Mitarbeiterausbildungsprogramme
und
Produktentwicklung
sind
sowie
andererseits, wie effektiv das Unternehmen vergangene Denkstrukturen verändert. Diese Kerngröße steht im Gegensatz zum Finanzbereich, da nicht die Vergangenheit mittels Indikatoren, sondern zukünftige Entwicklungen gemessen werden. Es müssen langfristige Ziele gesetzt werden, welche den Prozeß der Veränderung ermöglichen.
Den Mittelpunkt des Modells symbolisiert der „human focus",
welcher das Kernstück des
Unternehmens ist, in dem alle anderen vier Bereiche berührt werden. Intellektuelles Kapital kann nur aus dem Humankapital gewonnen werden. Das Wissen und die Fähigkeiten der Mitarbeiter erfahren die Sonderstellung, daß - im Gegensatz zu den Informationstechnologien - ihr Know-how nicht in den Besitz des Unternehmens fließt. Den schwierigsten Teil nimmt die Messung der Fähigkeiten der Mitarbeiter ein, um daraus ein System von Indikatoren zu entwickeln.
Im folgenden wird eine Auswahl aus der von SKANDIA
Indikatorenliste für die Messung (1) Motivation
57
erarbeiteten
von Humankapital aufgelistet [EdMa97. Seite 131 ff.]:
Index (%). Der Motivationsindex setzt sich aus vier Kategorien zusammen,
welche am meisten für den Markterfolg und die Profitabilität von SKANDIA beigetragen haben. Die vier Komponenten sind: •
zufriedene Kunden,
•
zufriedenes Verkaufspersonal,
•
motivierte und kompetente Mitarbeiter und
•
qualitätsgesicherte Verwaltung.
(2) Empowerment
Index (of 1.000) (#). Zur Ermittlung dieses Index wurden die Mitarbeiter
von SKANDIA über den Sachverhalt befragt, inwieweit sie sich in ihrer täglichen Arbeit kontrolliert fühlen. Nachstehende Faktoren wurden besonders beachtet: •
57
ihre Motivation,
Der Ausschnitt aus der Indikatorenliste
von SKANDIA verdeutlicht die Art der Messung, indem insgesamt nur
drei unterschiedliche Meßgrößen als Ergebnis resultieren, nämlich •
Geldbeträge, gemessen in der Einheit Dollar ($),
•
Prozentanteile (%) und
•
Absolute Häufigkeiten (#).
Know-how-Architektur
143
•
ihre Unterstützung innerhalb des Unternehmens,
•
ihre Kenntnis über Qualitätsanforderungen,
•
ihr verantwortliches Handeln versus autoritäres Handeln und
•
ihre Fähigkeiten.
Der Ansatz des „empowerment" verlangt eine partizipative Arbeitsumgebung für die Mitarbeiter, indem ihnen mehr Rechte eingeräumt werden, um den Dienstleistungsbereich für die Kunden zu verbessern [BoLa95], Es reicht nicht nur aus, den Mitarbeitern mehr
Verantwortung
Informationen Fertigkeit
über
besitzen,
zu
übertragen,
sondern
diese
Kundenerwartungen
unterstützt
die
realisieren.
Wünsche
zu
müssen werden Für
einerseits und
die
mit
andererseits
Verbesserung
mehr die der
Dienstleistungsqualität müssen Belohnungen gewährt werden. (3) Anzahl der Mitarbeiter
(#).
(4) Die Anzahl der Frauen im Managementbereich (5) Trainingsausgaben
pro Mitarbeiter
(6) Anzahl der Mitarbeiter/Anzahl
(#).
($).
der Mitarbeiter
in Partnerschaften
(%). Dieser Indikator
gibt das Verhältnis der internen Mitarbeiter zu den externen Mitarbeitern an. Somit können Aussagen abgeleitet werden, welche die Vernetzung des Unternehmens betreffen. (7) Anteil der Mitarbeiter
unter 40 Jahren (%). Dieser Prozentsatz spiegelt wider, wie hoch
der Anteil der neuen Mitarbeiter im Unternehmen ist, d.h. es werden demographische Unternehmensdaten erfaßt. SKANDIA kann aufgrund dieses Indikators feststellen, wie schnell die „altgedienten" Mitarbeiter mit neuen Technologien und Techniken mithalten.
Im Zusammenhang mit der Messung des Humankapitals verwendet SKANDIA primär quantitative
Werte und ist der Ansicht, daß die drei Meßkategorien (Geldbeträge ($),
Prozentanteile (%), absolute Häufigkeiten (#)) ausreichen, um das intellektuelle Kapital eines Unternehmens zu erfassen [EdMa97. Seite 183], Das .American Productivity & Quality Center" kommt in der durchgeführten Fallstudie zum Resultat, daß der Vorteil des Ansatzes von SKANDIA in der Angabe von Zahlen liegt [APQC96. Seite 107]. Die verwendeten metrischen Systeme und Indikatoren dienen zur besseren Kommunikation des Wissens.
Das Instrument des Navigators läßt eine Differenzierung in vergangene, gegenwärtige und zukünftige Schwerpunkte zu, wobei das Indikatorensystem quantitative Werte enthält. Somit steht das Modell von SKANDIA im Gegensatz zum Know-how-Paradigma, welches eine
144
Know-how-Architektur
qualitative
Messung
der geistigen Fähigkeiten des Humankapitals beinhaltet. Nach dieser
Auffassung ist es nicht möglich, die Messung des „human focus" aufgrund von quantitativem Datenmaterial vorzunehmen. Der Know-how-Thematik ist der Denkansatz immanent, daß das intellektuelle Wissen der Experten nur auf qualitative Weise identifiziert werden kann. Als verwendete Methode zur Messung des individuellen Ideenvermögens und der assoziativen Gedanken wird die Methode Mind-Mapping verwendet. Die quantitativen Informationen, welche durch das Navigationsinstrument von SKANDIA gemessen werden, können als zusätzliche Information dem Know-how-Engineer zur Verfügung gestellt werden. Jedoch ist es nicht möglich, mit diesen Indikatoren das kreative Potential der Know-how-Träger zu erfassen. Das implizite Wissen der Experten muß mittels kreativer und qualitativer Methoden zum Vorschein gebracht werden. Bildliche Vorstellungen regen das Gedächtnis an, um die Gedanken zu kommunizieren. Im Gegensatz zu quantitativen Methoden kann die Bedeutung von qualitativen Methoden folgendermaßen umschrieben werden: „es war ein vages Bild, das ich nicht in Worte fassen kann, und es war nur ein Bild. Aber Bilder und Intuitionen und Motivationen liegen eng verflochten im Gehirn, und die starke Faszination, die dieses Bild auf mich ausübte, war ein ständiger Ansporn, tiefer darüber nachzudenken, was Denken eigentlich sein könnte" [Hofs89. Seite 664].
Der quantitative Ansatz von SKANDIA unterscheidet sich von dem Know-how-Ansatz in der Hinsicht, daß das „tacit knowledge" der Know-how-Träger mittels qualitativer Methoden identifiziert wird. Währungseinheiten, absolute Häufigkeiten sowie Prozentanteile über das Humankapital stellen keine Meßeinheiten für die Erfassung des intellektuellen Kapitals der Experten dar; quantitative Werte dienen als Zusatzinformation über das im Unternehmen vorhandene Humankapital. Es sind Sekundärdaten und keine Primärinformationen über das Know-how des Unternehmens. Das Know-how-Potential eines Unternehmens kann nicht in sogenannten „harten" Fakten, zum Beispiel in Form von quantifizierbaren Strukturen, abgebildet werden. Die Quelle von Know-how verbirgt sich in „weichen" Bereichen, also in den kognitiven Strukturen der Know-how-Träger.
5.4.4.
Know-how-Gap
Das Können der Experten muß für die Erhaltung und Vermehrung des Unternehmenswertes eingesetzt werden. Der Weggang kreativer Mitarbeiter kann ein Know-how-Unternehmen
Know-how-Architektur
145
entscheidend beeinflussen, da das intuitive Wissen verloren geht. Als Konsequenz kann es zu einem Know-how-Defizit kommen, da die immaterielle geistige Substanz der Know-howTräger abwandert. Abbildung „Know-how-Gap" zeigt den Verlust beim Ausscheiden von Know-how-Trägern aus dem Unternehmen.
Abbildung 26: Know-how-Gap
Die Darstellung der Lückenanalyse [Hamm95. Seite 53] in einem Koordinatensystem verdeutlicht auf der Ordinate den Lückenindikator - das Know-how-Potential - und auf der Abszisse die Zeit. Das Instrument der Gap-Analyse ist die Darstellung von Abweichungen zwischen
dem unternehmerischen
Know-how-Potential
und
dem
Verlust
durch
das
Ausscheiden von Experten 58 .
Für das gesamte Unternehmen ist es von Wichtigkeit, daß die Ressource des menschlichen Könnens nicht verloren geht. Das Erkennen des unternehmerischen Know-how-Vorsprungs verlangt nach Initiativen, die bestehenden Know-how-Träger zu fordern und zukünftige Experten aufzubauen. Sommerhoff umschreibt diesen Sachverhalt wie folgt: „die Aufgabe des .findigen Unternehmens' besteht vor allem darin, Informationslücken zu schließen und
M
Vgl. Fallbeispiel SAATCHl & SAATCHI in Kapitel 5.4.2.3.
146
Know-how-Architektur
Ungleichgewichtslagen wirtschaftlich auszuwerten. Dazu müssen Informationen systematisch erfaßt, bewertet und für das Unternehmen nutzbar gemacht (...) werden" [Somm97. Seite 17].
Der Know-how-Engineer legt dem oberen Management Aussagen vor, ob Know-how-Lücken zwischen dem vom Unternehmen als bekannt erachteten Wissensbestand seiner Mitarbeiter und dem tatsächlich identifizierten Know-how-Potential vorherrschen. Dies kann bedeuten, daß eine Kluft zwischen tatsächlich vorhandenem und geplantem Know-how besteht. Das Ziel muß die Minimierung der Know-how-Lücke sein, indem der Informationsstand des Unternehmens bezüglich seiner kenntnisreichen Mitarbeiter erhöht wird. Es gehört zur Aufgabe des
Know-how-Engineers,
zusammen
mit
seinem
Projektteam
vorhandene
Ungleichgewichte zu schließen. Die Gap-Analyse ist ein exploratives Instrument, das im Prozeß der Know-how-Identifikation helfen soll, ein Bewußtsein für die Notwendigkeit mit der Beschäftigung der Know-how-Thematik zu schaffen. Bullinger [Bull97] zählt drei Auswirkungen auf, welche durch ungenutztes Wissen entstehen können: •
Ein Mitarbeiter verläßt mit seinen Kenntnissen das Unternehmen und ein
neuer
Mitarbeiter muß die verlorenen Qualifikationen erst erlernen. •
Vorhandenes Wissen steht nicht zur Verfügung, weil es unzureichend dokumentiert wurde und somit nicht lokalisiert werden kann.
•
Ein Experte, dessen Wissen für die Herstellung eines Produktes gebraucht wird, ist überlastet.
Mit Hilfe der kreativen Methode Mind-Mapping wird beabsichtigt, möglichst nahe an das tatsächlich vorhandene Know-how-Potential heranzukommen. Die Lücke erfüllt den Zweck, rechtzeitig Maßnahmen zu setzen, damit individuelles Wissen nicht verloren geht. Es ist anzunehmen,
daß
das
Erfahrungswissen
der
Know-how-Träger
deutlich
mehr
an
Erkenntnissen umfaßt als nur denjenigen Ausschnitt, welcher sich in seinem beobachteten Verhalten ausdrückt. Dieses zusätzliche Wissen möglichst genau erfaßt und analysiert werden.
soll durch den
Know-how-Engineer
Know-how-Architektur
5.4.5.
147
Identifikation und Analyse des Know-hows
Nein
Know-how aller Know-how-Träger mittels Mind-Maps definiert
Abbildung 27: Arbeitsschritte im Prozeß der Know-how-Identifikation
Abbildung „Arbeitsschritte im Prozeß der Know-how-Identifikation" knüpft an den Output des Prozesses der Vorstudie an, indem in einem Know-how-Portfolio die Know-how-Träger positioniert wurden. Diese Grundkonzeption liefert die Voraussetzung für den Prozeß der Know-how-Identifikation. Die Kenntnis aller Know-how-Träger mit ihrem in den Mind-Maps offengelegten Expertenwissen bildet das Ergebnis im Prozeß der Know-how-Identifikation.
148
Know-how-Architektur 5.4.5.1. Know-how-Träger erstellen ihre Blitz-Mind-Maps (1. Arbeitsschritt)
Der erste Arbeitsschritt im Rahmen der Know-how-Identifikation besteht darin, daß die im Portfolio positionierten
und
bekannten
Know-how-Träger
vom
Know-how-Engineer
zusammen mit seinem Projektteam über den sich anschließenden Prozeß und das Ziel seines Vorgehens in Kenntnis gesetzt werden. Im Rahmen dieses ersten Gespräches muß der Experte soweit motiviert werden, daß er ein Blitz-Mind-Map über sein Erfahrungswissen erstellt. Für die einheitliche Interpretation der Mind-Maps wird eine Notation festgelegt, welche für alle Prozesse der Know-how-Architektur gilt: •
Für die Person des Experten wird das Objekt „Know-how-Träger"
bestimmt. Die
identifizierten Know-how-Träger werden fortlaufend numeriert, beginnend mit der Ziffer eins bis zur Zahl n (Know-how-Trägerl, Know-how-Träger2, ... Know-how-Trägeri, ... Know-how-Trägern). Die Ermittlung von neuen, noch nicht bekannten Know-howTrägern wird mit Großbuchstaben des Alphabets abgebildet (Know-how-TrägerA, Knowhow-TrägerB,... Know-how-TrägerM,... Know-how-TrägerZ). •
Für die kreativen und intuitiven Gedanken der Experten wird das Objekt „Know-how" verwendet. Jeder Know-how-Träger besitzt mehrere Fertigkeiten, die er in Form von Verästelungen im Mind-Map illustriert. Je weiter das Mind-Map verfeinert ist, desto mehr Ebenen des radialen Denkens resultieren, wobei die einzelnen Know-how-Komponenten fortlaufend numeriert werden. Jede Ebene wird durch einen Schrägstrich (,/") angezeigt. Abbildung „Beispiel für die Notation" visualisiert die Bedeutung der eingeführten Abkürzungen.
Abbildung 28: Beispiel für die Notation Das Mind-Map „Notationsbeispiel" legt auf abstrakter Ebene die eingeführte Konvention dar.
Know-how-Architektur
149 Know-how3/5/l
Mind-Map 7: Notationsbeispiel
Mind-Map „Blitz-Mind-Map des Know-how-Trägerl" illustriert auf abstrakter Ebene die internen Gedanken dieses Experten, welchem im Know-how-Portfolio 59 sowohl derzeit als auch zukünftig eine Schlüsselposition zugeschrieben wird. ©
s
Know-howl/2
" Vgl. Abbildung „Beispiel
Know-how-Portfolio"
Know-how-Architektur
150
Der Know-how-Trägerl kommuniziert in seinem Blitz-Mind-Map insgesamt drei spontane Fertigkeiten, welche ihn auszeichnen. Besonders erwähnenswert ist der Gedankenaustausch mit dem Know-how-TrägerA. Zur Erfüllung seiner täglichen
Arbeit
muß
sich
eine
Verbindung zu diesem Experten vollziehen, welcher die Aneignung von neuem Wissen gewährleistet.
Da
die
individuelle
Person
dem
Know-how-Engineer
sowie
den
Führungskräften nicht bekannt ist, muß diese in die Liste der Know-how-Träger zusätzlich aufgenommen werden.
Die Quelle von unternehmerischem Know-how liegt in den mentalen Strukturen der kreativen Mitarbeiter
begründet.
Die
Intention
des
Know-how-Engineers
ist
es,
das
bisher
„stillschweigende Wissen" der Experten mittels Mind-Mapping zu aktivieren und zu explizieren, d.h. individuelle Denkmuster transparent zu machen, zu ändern und neue kognitive Strukturen entstehen zu lassen. Kim beschreibt den Vorgang des organisationalen Lernens folgendermaßen: „As mental models are made explicit and actively shared, the base of shared meaning in an organization expands, and the organization's capacity for effective coordinated action increases" [Kim zitiert in Wahr96. Seite 182], Übertragen auf die Knowhow-Thematik bedeutet diese Beschreibung, daß das Dokumentieren des individuellen Knowhows in Form von Mind-Maps als ein Prozeß des Lernens initiiert wird. Das geschaffene Bewußtsein
über
Know-how-Lücken
soll als
Auslöser
fungieren, um
mehr
interne
Transparenz zu erlangen. Der Prozeß der Know-how-Identifikation nimmt im Modell der Know-how-Architektur
eine zentrale Position ein, da die Erkenntnis gewonnen wird, mehr
über das „tacit knowledge" eines Know-how-Trägers in Erfahrung zu bringen. Es ist die Intention
des
Know-how-Engineers,
eine Wahrnehmung
bei
den
Experten
über
ihr
Handlungswissen zu erlangen. Jedoch erweist sich dieser Prozeß als schwierig, da dieses heuristische Wissen von den Know-how-Trägem verinnerlicht ist, denn es wurde in einem mehrstufigen Lernprozeß 6 0 erworben.
Die Relevanz von „tacit knowledge" für innovative Prozesse heben Senker/Faulkner [SeFa96] hervor, da die Komponente des stillschweigenden Wissens für den Technologietransfer von großer Wichtigkeit ist. Wissen wird in zwei Kategorien, nämlich in „tacit" und „articulated", eingeteilt. Die zweite Kategorie umfaßt allgemeingültige Prinzipien und Gesetze, die von der Wissenschaftsgemeinschaft anerkannt sind und sich in Textbüchern, technischen Zeitschriften
60
Vgl. Ausfuhrungen
in Kapitel 3.2.
Know-ho w-A rchitektur
151
oder beispielsweise in Handbüchern manifestieren. Die erste Kategorie wird in Form eines ständigen Übungsprozesses erworben. Jedoch gibt es Grenzen, das „tacit" Wissen zu kodifizieren und für die Implementierung von innovativen Produkten zu nutzen. Dennoch setzt für technologische Prozesse ein sich wiederholender Vorgang ein, indem neues stillschweigendes Wissen erworben werden kann, wenn die artikulierten Erkenntnisse benützt werden
[SeFa96.
Seite
83].
Personen
eignen
sich
„tacit
knowledge"
durch
die
Kommunikation mit anderen Wissenschaftlern oder durch die Zusammenarbeit mit der Forschungs-
und
Entwicklungsabteilung
an.
Da
Know-how
durch
die
Eigenschaft
gekennzeichnet ist, daß es im Besitz von Individuen ist, kann eine Weitergabe von Wissen an andere Mitarbeiter nur durch persönliche Interaktion geschehen. Die Autoren beschreiben dieses Charakteristikum wie folgt „it must be acquired by example or experience - that is, in .person-embodied' form" [SeFa96. Seite 85] und stellen die Hypothese auf, daß „tacit knowledge is a very important element of the knowledge transferred through personal networks" [SeFa96. Seite 85]. Dies bedeutet, daß der Wissenstransfer zwischen Know-howTrägern aufgrund von persönlichen Netzwerken entsteht wie beispielsweise durch die Kommunikation mit Know-how-TrägerA in der Abbildung „Blitz-Mind-Map des Know-howTrägerl".
Ein weiteres Beispiel, welche Ausdrucksform ein Blitz-Mind-Map im Prozeß der Know-howIdentifikation einnehmen kann, visualisiert Mind-Map „Blitz-Mind-Map des Know-howTrägerl". Know-how2/l/l
Know-how2/2
Know-how- TrägerF Mind-Map 9: Blitz-Mind-Map des Know-how-Träger2
Know-how-A
152
rchitektur
Im Gegensatz zum Blitz-Mind-Map des Know-how-Trägerl ist dieser Experte in der Lage, detaillierter sein intuitives Vorgehen offen darzulegen. Hinzu kommt noch der Sachverhalt, daß bereits Vernetzungen eingearbeitet sind, da eine Verbindung zwischen der Erstellung des Know-how2/l/3 und dem Know-how-TrägerF vorliegt. Das Mittel von Betonungen, wie das Hervorheben der wichtigsten Kompetenzen, wird als Instrument für die Illustration der Gedanken eingesetzt und dient der Anregung für Assoziationen.
Know-how-Träger2
verwendet sowohl Farben als auch Pfeile, um die Bandbreite seiner kreativen Ideen zum Ausdruck zu bringen. Beide eingesetzten Techniken stimulieren das Gedächtnis und bringen die räumlichen Fähigkeiten der rechten Hemisphäre zum Einsatz.
5.4.5.2. Know-how-Engineer
muß
die
Blitz-Mind-Maps
analysieren
(2. Arbeitsschritt) In Anlehnung an die in der Vorstudie diskutierte Vorgehensweise muß der Know-howEngineer die ausgearbeiteten Mind-Maps in elektronische Form übertragen, sofern diese nicht direkt vom Know-how-Träger elektronisch erstellt wurden. Im Prozeß der Know-howIdentifikation kommt es auf die Fertigkeit des Know-how-Engineers an, eine möglichst detaillierte Ausdrucksform der schöpferischen Expertengedanken zu erhalten. Das Problem besteht darin, daß das Know-how, das Problemlösungsverfahren oder der Argumentationsprozeß der Know-how-Träger einen größeren Wissensumfang einschließt, als in Form der Blitz-Mind-Maps zum Ausdruck kommt. Auf diesen schwierigen Sachverhalt
weisen
Orchard/Reese/Tausner [OrRT. Draft] im Rahmen des „knowledge engineering" hin. Das Gelingen des Vorgangs, mehr über die mentalen Strukturen der Experten in Erfahrung zu bringen, hängt von den Fähigkeiten des „knowledge engineer" ab, denn „until recognized methodologies are developed (...) the methods used to elicit a model of expertise will rely heavily on the knowledge engineer" [Hart zitiert in OrRT]. Diesem obliegt es, das Handlungswissen der Know-how-Träger zu bestimmen. Die artikulierten Informationen müssen hinterfragt und vage Aussagen spezifiziert werden, um die Mind-Maps zu verfeinern.
Im Prozeß der Know-how-Identifikation muß der Know-how-Engineer das Postulat erfüllen, den Vorgang der Experten zu unterstützen, um das stillschweigende Wissen in Form von Mind-Maps zu explizieren. In der Abbildung „Know-how-Schalenmodell" wird diese Sichtweise illustriert.
Know-how-Architektur
153
Abbildung 29: Know-how-Schalenmodell Folgende Bereiche werden im Know-how-Schalenmodell unterschieden: •
Den Kern6'
des Modells bildet das „tacit knowledge" der Experten, welches Schale für
Schale sichtbar gemacht werden soll. Dieser innere Bereich umfaßt das gesamte Erfahrungswissen der Know-how-Träger, welches für die individuellen Problemlösungen erforderlich ist. • •
Die erste Schale bezieht sich auf den Entwurf der Blitz-Mind-Maps durch die Experten. Die zweite Schale beschreibt die Detaillierung und Verfeinerung des radialen Denkens der Know-how-Träger. Je weiter eine Schale vom Know-how-Kern entfernt ist, desto mehr Informationen hat der Know-how-Engineer über die individuellen und
kreativen
Denkprozesse kommuniziert bekommen. •
Die äußere Schale symbolisiert den abgeschlossenen Prozeß der Artikulation des „tacit knowledge". Das Ergebnis des Know-how-Erwerbs für das Unternehmen stellt die Gewinnung eines Metawissens dar [KoST97. Seite 171 ff.]. Darunter wird die Aneignung von neuem Wissen verstanden, wenn über das vorhandene Know-how nachgedacht wird.
61
Vgl. Ausführungen in Kapitel 5.2.3.1.
Know-how-Architektur
154 Der
Terminus
des Metawissens
impliziert,
daß
in Form
von
Mind-Maps
das
Erfahrungswissen der Experten über ihr repräsentiertes Wissen modelliert wurde, um neues Wissen zu erhalten. Die Mind-Maps beinhalten Erkenntnisse über die Know-howStrukturen.
Das Know-how-Schalenmodell visualisiert in Form von einzelnen Schalen, wie mittels der Methode Mind-Mapping ein Zugang zum Expertenwissen erlangt werden kann. Bezüglich der Methodik wird von einem Inside-out-Ansatz ausgegangen [Hein96. Seite 26], indem beginnend vom Zentrum Schale für Schale nach außen das Know-how der Experten identifiziert wird.
5.4.5.3. Überarbeitung und Revision der Blitz-Mind-Maps (3. Arbeitsschritt) Die strahlenförmige Architektur der Methode Mind-Mapping befähigt ein Individuum, seine Erinnerung
und seine Erfahrungen bei Problemlösungen
widerzuspiegeln.
Mind-Map
„Detailliertes Mind-Map des Know-how-Träger 1" zeigt die Kunstform des Know-howTrägerl, sein geistiges Potential mittels Mind-Mapping zu gestalten.
Know-howA/1 Know-howA/2
Know-howl/2/1 Know-how 1/2/]
Know-howl/3/2/1/1
Know-liowl/3/2/l/2_^:
Für die Analyse des Know-howl/1 wurde ein Video erstellt, welches den Vorgang dokumentiert. Es liegt eine multimediale Vorführung .vor.
Mind-Map 10: Detailliertes Mind-Map des Know-how-Trägerl
Know-how-Architektur Im
Vergleich
zum
„Blitz-Mind-Map
155
Know-how-Trägerl" 6 2 ,
des
hat
sich
ein
Kreativitätsprozeß vollzogen, in dem das Know-how ausführlich offengelegt wurde. Die Überarbeitung
der
ursprünglichen
Denkmuster
führt zur
Konkretisierung
des
„tacit
knowledge", indem die Bandbreite des artikulierten Know-hows sich vergrößert. Der Zweck der Revision liegt somit im Training der Entfaltung der kreativen Fähigkeiten mit dem Ziel „to develop one's ability to generate and implement new ideas" 63 [Cave96], Know-howTrägerl hat durch das radiale Denken seine corticalen Fähigkeiten für die Entwicklung von neuen Ideen aktiviert, indem eine Explizierung des Wissens bis zur vierten Ebene erfolgte. Außerdem
werden Zusammenhänge
zwischen den einzelnen
Know-how-Komponenten
illustriert; so besteht eine Verbindung zwischen der Erstellung des Know-how 1/2/2 und dem Know-howl/3/1. Ebenso ist auf kommunikativer Ebene ein Wissensaustausch
für die
Erlangung des Know-how 1/2/1 mit dem Know-how-TrägerA notwendig. Das Symbol der Uhr weist beispielsweise auf einen Experten hin, der sich an einem anderen Ort mit einem Zeitunterschied befindet. Schließlich kann die Interpretation des Bildes der Hände auf einen bevorstehenden Vertragsabschluß deuten. Es ist Aufgabe des Know-how-Engineers, die eingesetzten grafischen Objekte zu hinterfragen.
Der Know-how-Trägerl hat den Kern seines Erfahrungswissens im Sinne des Know-howSchalenmodells
schöpferisch zum Ausdruck
gebracht.
Seine verinnerlichten
Wissens-
strukturen wurden durch die Anwendung der Methode Mind-Mapping in die Gegenwart projektiert, um zukünftige innovative Prozesse zu gewährleisten. In bezug auf Forschungsund Entwicklungsprojekte müssen Unternehmen zukünftig zwei Anforderungen gerecht werden. Zum einen benötigt die Entwicklung einer neuen Technologie immer mehr Wissen aus unterschiedlichen Fachbereichen, wobei gleichzeitig der Bedarf an fachlichem Know-how sowie Erfahrungswissen einzelner Mitarbeiter steigt und zum anderen muß dieses Wissen sowohl zieladäquat als auch zeitgenau in das Entwicklungsvorhaben integriert Unternehmen können ihre Wettbewerbsvorteile verbessern, wenn sie die
werden.
Möglichkeit
besitzen, das Know-how der Experten zur richtigen Zeit an die geeigneten Empfänger zu transferieren. Dieses Vorgehen wird unter der Bezeichnung Wissenslogistik subsumiert [LuBW93],
62
Vgl. Ausführungen in Kapitel 5.4.5.1.
61
Internet-Adresse:
http://www.ozemail.com.au/~caveman/Creative/Basics/artists.htm
156
Know-how-Architektur
Die Revision des Mind-Maps von Know-how-Träger2 (vgl. Mind-Map „Detailliertes MindMap des Know-how-Träger2") resultiert in einer genaueren Gestaltungsweise seines stillschweigenden Wissens. Der Unterschied zu dem Blitz-Mind-Map bildet die Einbindung des Know-how-TrägerF in den Prozeß der Identifikation, da das Erfahrungswissen dieses Experten einerseits für die Bereitstellung des Know-how2/l/3 und andererseits für die Erstellung des Know-how2/3/2 maßgeblich ist. Daraus kann konkludiert werden, daß ein Know-how-Transfer zwischen Know-how-TrägerF und Know-how-Träger2 besteht, wobei der Letztgenannte durch die Verbindung mit zusätzlich erwähnten Experten wie Know-howTrägerW und Know-how-TrägerV unterstützt wird.
Know-how V/1
Mind-Map 11 : Detailliertes Mind-Map des Know-how-Träger2 Der Arbeitsschritt der Überarbeitung der Mind-Maps in Absprache mit dem Know-howEngineer bringt die GoMiMa zum Tragen, wobei insbesondere die Grundsätze der Vollständigkeit sowie der Klarheit gewährleistet werden.
5.4.5.4. Vervollständigung der Mind-Maps (4. Arbeitsschritt) Buzan weist auf die Bedeutung der mehrmaligen Revision von Mind-Maps hin [BuBu97. Seite 156f.]. Das illustrierte Wissen muß vom Know-how-Träger überdacht und überarbeitet werden. In diesem Stadium finden primär die GoMiMa und ihre Gesetzmäßigkeiten
Know-how-Architektur
157
Anwendung. Es kann die Situation eintreten, daß Schlüsselbegriffe mehrmals verwendet wurden, was zur Folge hat, daß bei der ersten Überarbeitung gleiche Gedankenstrukturen zu einem
gemeinsamen
Assoziationsast
zusammengefügt
werden.
Die
Möglichkeit
der
Substitution von Worten durch Bilder spielt eine wichtige Rolle. Erscheint eine Dimension des eigenen Know-hows für besonders relevant, empfiehlt es sich, ein getrenntes Mind-Map, welches das Handlungswissen zum Ausdruck bringt, zu erstellen. Beispielsweise ist es denkbar, daß sich der Wissensaustausch des Know-how-Träger2 mit dem Know-how-TrägerF so komplex gestaltet, daß ein gesondertes Mind-Map
erarbeitet
wird. Die
ständige
Veränderung des Mind-Maps erfordert eine Situation, daß die gesammelten Gedanken in einem neuen Mind-Map illustriert werden. Dieses ist die Summe des gesamten kreativen Schöpfungsprozesses zur Know-how-Gewinnung, -Weiterentwicklung und zum -Transfer.
Die Generierung von neuen Ideen und Erkenntnissen wächst, wenn der Mensch sich Ruheund Erholungsphasen
(Inkubation)
[BuBu97. Seite
160f.] einräumt. Der Einfluß des
Parasympathikus als Teil des vegetativen Nervensystems überwiegt, wenn der Organismus auf Erholung und Schonung eingestellt ist. Im Zusammenhang mit der Know-how-Thematik erscheint dieses Stadium als besonders beachtenswert, da der Prozeß des radialen Denkens vergrößert wird. Sowohl die epistemologische als auch die
kognitiv-individualistische
Dimension von Know-how kann sich entfalten und neues implizites Wissen hervorbringen. Für Buzan ist das Vorgehen für die Erstellung eines Mind-Maps abgeschlossen, wenn ein Soll-Ist-Vergleich
durchgeführt wird. Es wird überprüft, ob das vorliegende Kunstwerk der
ursprünglichen Initialidee bzw. dem Know-how der Experten entspricht.
Vom Grundsatz der Vollständigkeit und Klarheit der Mind-Maps der Experten hängt die Qualität ab. Der Know-how-Engineer muß mit seinem Projektteam die Anforderung erfüllen, daß die analysierten Mind-Maps einen hohen Qualitätsstandard aufweisen. Gewinnt der Know-how-Engineer
den
Eindruck,
daß
die
Mind-Maps
nicht
den
erwünschten
Detaillierungsgrad aufweisen, so muß der Vorgang der Überarbeitung und Analyse solange wiederholt werden, bis der Experte und der Know-how-Engineer gemeinsam einen Konsens über die Repräsentation der geistigen Strukturen gefunden haben. Dieser Gedanke wird in Abbildung „Arbeitsschritte im Prozeß der Know-how-Identifikation" durch das Symbol der Schleife visualisiert.
158
Know-how-Architektur
Für den Fall, daß der Grundsatz der Vollständigkeit nicht erfüllt ist, muß der Know-howEngineer ein Interview mit den Know-how-Trägem durchführen, um deren Gedanken zu verfeinern und Verständnisfragen zu klären. Kahaner64 hat darauf hingewiesen, daß die Form des indirekten Interviews für die Phase der Planung von besonderer Bedeutung ist. Heinrich ordnet die Methode des Interviews [Hein96. Seite 366ff.] der Istzustandserfassung zu und erwähnt, daß die Erhebungsmethode der Befragung für diesen Prozeß unverzichtbar sei [Hein96. Seite 335]. Bullen [Bull95] diskutiert den Einsatz der Interviewtechnik, um die Bedeutung des Terminus der Produktivität von Wissensarbeitern zu messen. Diese Experten müssen über ihre Aktivitäten befragt werden, um zu analysieren, was jene unter dem Terminus der Produktivität verstehen. Beispielsweise listet ein Produktdesigner die Fähigkeit auf, Einzelteile im Designprozeß wiederzuverwenden. Diese Aussage über Produktivität wird im Interview spezifiziert, um Nachforschungen für weitere Verbesserungen vorzunehmen, d.h. „the interviewer could begin to investigate ways in which to faciliate or improve that productivity" [Bull95. Seite 18].
Hugl [Hugl95] erörtert die qualitative Inhaltsanalyse und Mind-Mapping. Diese qualitativen Ansätze werden als mögliche Forschungsmethoden
für unterschiedliche
betriebswirt-
schaftliche Bereiche (z.B. Organisationsforschung) vorgestellt. Mind-Mapping wird als qualitative Methode zur Erhebung von Know-how-Strukturen bei Experten angewendet. Der Know-how-Engineer wird sich auf den Typus der qualitativen Forschungsmethoden [Hugl95; FKKR95; Frie90; Lamn95a; Lamn95b; MiHu94] als zentrale Datenbasis für die detaillierte Erforschung des Know-hows konzentrieren. Das qualitative Interview ist für die Gewinnung von detaillierten Wissensstrukturen für den Know-how-Engineer von Relevanz.
Das Bureau of Applied Social Research verwendet folgende Definition: „das qualitative Interview hat in der Sozialforschung die Aufgabe, Angaben über Einstellung, Erfahrung und Verhalten zu einem bestimmten Gegenstand zu erfragen, und zwar derart, daß die Reaktionen verschiedener Befragter verglichen werden können" [Köni68. Seite 146]. Das Ziel des qualitativen Interviews kann darin gesehen werden, daß dem Forscher in Form eines freien Gespräches die Möglichkeit eröffnet wird, zusätzliche Informationen zu gewinnen, die sich aus individuellen Besonderheiten des Befragten ergeben [BeEE96], Das qualitative Interview weist andere Strukturen auf als das vollstandardisierte sowie teilstandardisierte Interview. Die
" Vgl. Ausführungen in Kapitel 5.4.1.
Know-how-Architektur
159
erste Variante sieht explizit formulierte Fragen vor, während die zweite Form sich durch die Verwendung
eines
Interviewleitfadens
auszeichnet.
Interviews kann das Ausmaß der Standardisierung quantitativ-standardisierten
Als
Dimension
des
qualitativen
angeführt werden. Im Gegensatz zu einer
Sozialforschung sieht die qualitative Methode keine strikte
Fragenreihenfolge, Antwortkategorien und vorgegebene Formulierungen vor. Dies bedeutet, daß der Know-how-Engineer eine offene Befragung mit den Know-how-Trägern durchführt, die dadurch gekennzeichnet ist, daß er keinen Fragebogen und kein festes Frageschema anwendet. Der Interviewer möchte dadurch verfeinerte und zusätzliche Informationen vom Experten über seine im Mind-Map offengelegten kreativen Ideen vermittelt bekommen [HoGu98. Seite 113ff.].
Lamnek [Lamn95b. Seite 59f.] charakterisiert qualitative Interviews folgendermaßen: •
„Qualitative Befragungen sind mündlich-persönlich,
nehmen also die Form des Interviews
an. •
Es handelt sich um nicht-standardisierte
Interviews, denn gerade durch die notwendige
situative Anpassung sind vorformulierte Fragen und deren Reihenfolge nicht vorgebbar. •
Es werden ausschließlich offene Fragen gestellt.
•
Der Interviewerstil ist neutral bis weich.
•
Im Hinblick auf die Intentionen des Interviews handelt es sich vornehmlich vermittelnde,
•
um
aber durchaus auch um ermittelnde Interviews.
Aufgrund der häufig recht intimen und sehr persönlichen Themen versteht sich, daß ein qualitatives Interview eine Einzelbefragung
darstellt."
Das qualitative Interview zeichnet sich erhebungstechnisch dadurch aus, daß die Fragen vorab nicht fest vorgegeben sind, damit eine offene Gesprächssituation vorliegt. Bei dieser Form des Interviews nimmt der Interviewer, also der Know-how-Engineer, die passive Rolle in der Kommunikation ein, da er primär den Experten anregen soll, sein Assoziationsvermögen verstärkt zu verwenden. Die aktive Position fallt dem Interviewten, dem Know-how-Träger, zu, welcher sein Erfahrungswissen artikulieren soll, um den Grundsatz der Vollständigkeit zu gewährleisten. Qualitative Interviews lassen sich in verschiedene Formen unterteilen, wie narratives Interview, problemzentriertes Interview, fokussiertes Interview, Tiefeninterview und rezeptives Interview [Lamn95b. Seite 68ff.; Hopf95. Seite 177ff.]. Die qualitativen Forschungsmethoden unterstützen den Know-how-Engineer beim Prozeß der Externalisation
Know-how-Architektur
160
von Qualifikationen der Know-how-Träger. Die Interviewsituation muß so aufgebaut sein, daß eine Umgangsform mit den Experten entsteht, welche auf einer gegenseitigen Akzeptanz begründet ist. Dies bedeutet, daß ein offener Gesprächsstil zwischen den Beteiligten für die Zielerfüllung angemessen ist. Der Know-how-Engineer nimmt die Rolle einer zuhörenden Person
ein
und
muß
den
Know-how-Träger
anregen,
sein
Handlungswissen
zu
kommunizieren. Die Experten sind gefordert, sich mit ihren im Mind-Map bildhaft erklärten Gedanken auseinanderzusetzen und detailliert dem Interviewer mitzuteilen. Inhaltlich gestaltet sich die Interview Situation in die Richtung, daß der Befragte die dominierende Stellung einnimmt; allerdings besteht für den Know-how-Engineer auch die Möglichkeit, sich Äußerungen durch zusätzliche Fragen näher erläutern zu lassen.
Lamnek [Lamn95b. Seite 106] weist darauf hin, daß für den Interviewten eine angenehme Situation entsteht, denn er kann seine eigenen Erfahrungen und Vorstellungen ohne Unterbrechungen kundmachen, da er sich durch den interessierten Interviewer verstanden fühlt. Der Know-how-Träger muß die Fähigkeit besitzen, sich zurückzuhalten und eine Atmosphäre der Vertraulichkeit zu schaffen. Der Prozeß der Know-how-Identifikation ist durch das Können des Know-how-Engineers geprägt, einen Zugang zur Darlegung der Expertengedanken zu gewinnen, d.h. ihm kommt die Aufgabe zu, den Grundsatz der Vollständigkeit und Klarheit der Mind-Maps zu verwirklichen. Die GoMiMa werden durch die Gesetzmäßigkeit unterstützt, Fragen65 mit dem Ziel zu stellen, kreative Denkblockaden abzubauen. Der Prozeß der Kreativität wird gefördert, wenn der Know-how-Engineer die passenden Fragen zur Anregung von weiteren Assoziationen stellt. Im Gegensatz zur quantitativen Methodologie weist die qualitative Forschung eine höhere Flexibilität des Forschungsprozesses auf, da das Forschungsfeld breiter und tiefer ausgeleuchtet werden kann [Lamn95a. Seite 237], weil es unter anderem zu einem Einsatz wechselnder Methoden kommt.
Starbuck [Star97] wendete bei Untersuchungen über „knowledge-intensive firms" die Methode des Interviews an und machte die Beobachtung, daß sich mit den scharfsinnigen und intelligenten Experten interessante Konversationen ergaben. In seinem Forschungsprojekt mußte er nur einige Themenbereiche ansprechen und die Experten „would begin to extrapolate - telling me who eise I should interview, what issues ought to interest me, where K
Vgl. Ausführungen in Kapitel 5.2.3.3.
Know-how-Architektur
161
my assumptions seemed wrong, and how their worlds look to them" [Star97. Seite 155], Der Einsatz der Methode des Interviews fuhrt dazu, daß die Know-how-Träger dem Interviewer einen Einblick in ihre Gedankenstrukturen geben sowie Informationen erteilen, welche weiteren Personen noch zu befragen seien.
Der vierte Arbeitsschritt zeichnet sich durch den Prozeß der Detaillierung der Mind-Maps der Experten aus. Es liegt im Aufgabenbereich des Know-how-Engineers, das implizite Wissen der Know-how-Träger zu identifizieren und zu analysieren, um vorhandene Stärken und Schwächen herauszuarbeiten. Die Methode des Interviews dient als Hilfsmittel, um den IstZustand zu verbessern. Der Know-how-Engineer muß alle Voraussetzungen schaffen, damit die Know-how-Träger ihre Vorstellungen über die Fertigkeiten und die Konstellation zu anderen Experten darlegen und zwar in der Hinsicht, daß diese möglichst ausführlich, gründlich und genau geschildert werden. Auf diese Weise wird die Basis für eine Interpretation der Know-how-Strukturen geschaffen.
5.4.5.5. Identifikation weiterer Know-how-Träger (5. Arbeitsschritt) Die Erstellung von detaillierten Mind-Maps beinhaltete die Identifikation von neuen Knowhow-Trägern, welche von den Führungskräften im Portfolio nicht positioniert wurden. Als Folge verfaßt der Know-how-Engineer ein Verzeichnis aller identifizierten Know-howTräger. Diese Know-how-Bestandsliste
gibt Aufschluß über die derzeit bekannten sowie
zusätzlich eruierten Experten. Diese Expertenliste ist beispielsweise um den Know-howTrägerA, Know-how-TrägerF, Know-how-TrägerV sowie Know-how-TrägerW zu ergänzen, da diese als zusätzliche Problemloser vom Know-how-Trägerl und Know-how-Träger2 angegeben wurden. Dies hat zur Konsequenz, daß der Know-how-Engineer gemeinsam mit den Führungskräften das Know-how-Portfolio 66 um die neuen Know-how-Träger erweitert (vgl. Abbildung „Erweitertes Know-how-Portfolio"). Die Neupositionierung bewirkt, daß der Know-how-Engineer zwischen internen und externen Know-how-Trägern differenzieren muß. Interne Experten
repräsentieren
Personen,
welche
innerhalb des Unternehmens
ihre
Fertigkeiten für die Lösung von Problemen zur Verfügung stellen; während externe Knowhow-Träger sich auf Experten außerhalb des Unternehmens beziehen. Ein Unternehmen darf
M
Vgl. Abbildung „Know-how-Portfolio"
und Abbildung „Beispiel
Know-how-Portfolio"
162
Know-how-Architektur
sich nicht nur um die Fähigkeiten seiner internen Mitarbeiter bemühen, sondern muß auch mit externen Partnern kommunizieren, insofern diese ihre kreativen Ideen importieren.
Know-how-Träger3
.
Know-how-TrägerV Know-how-Trägerl
Know-how-TrägerF
Know-how-TrägerA Know-how-Träger2
Know-how-TrägerW
niedrig Derzeitiges
unternehmerisches
Know-how
Legende: Bekannte Know-how-Träger
£
| Neu identifizierte K n o w - h o w - T r ä g e r
Abbildung 30: Erweitertes Know-how-Portfolio
In Ergänzung zu diesem Prozeß vollzieht sich anschließend der Vorgang, das implizite Wissen in Mind-Maps abzubilden. Dies bedeutet, daß die Arbeitsschritte eins bis vier im Prozeß der Know-how-Identifikation solange durchlaufen werden, bis das intuitive Wissen aller Know-how-Träger in detaillierten Mind-Maps zum Ausdruck kommt. Die Transparenz über vorhandene Know-how-Träger mit ihren Fertigkeiten wird erhöht. Die Know-howLücke wurde minimiert, da sich der Informationsstand der Geschäftsführung über die vorhandenen Know-how-Potentiale erweitert hat. Der Output des Prozesses der Know-howIdentifikation ist eine Know-how-Bestandsliste aller eruierten Know-how-Träger sowie der dazugehörigen Mind-Maps, welche das „tacit knowledge" der Experten reflektieren. Den Know-how-Managern kommt die Funktion zu, ihre kreativen Mitarbeiter und Wissenschaftler wie Dirigenten eines Orchesters zu fuhren, d.h. „guide their artists, artisans, and scientists more like conductors leading an orchestra (...). The leader's most important function will be to inspire by articulating a clear vision of values, strategies, and objectives (...)" [Wait96. Seite 179].
163
Know-how-Architektur
5.5. Prozeß der Adaption „Sorne people claim not to be interested in the logic of creativity and are impatient to get on with the practical
techniques.
This is a mistake, because you will not use the tools effectively unless you know what lies behind the design of the tooi " (Edward de Bono)
5.5.1.
Ziel und Aufgabe des Prozesses der Adaption
Den Input für den Prozeß der Adaption liefern die Mind-Maps der Know-how-Träger. Der Prozeß der Vorstudie und der Identifikation sind durch die Analyse des Ist-Zustands determiniert. Der Prozeß der Adaption ist bereits auf die Transformation zu einem Knowhow-Unternehmen fokussiert, d.h. es wird von einem sollzustandsorientierten
Ansatz
ausgegangen. Das Ziel des Prozesses der Adaption kann wie folgt geschildert werden:
Ausgangspunkt überarbeitete
bilden
die
offengelegten
Grundkonzeption.
Sollten
Mind-Maps
der Know-how-Träger,
die Mind-Maps
noch
nicht
ihre
Verfeinerung erreicht haben, so ist es das Ziel des Prozesses der Adaption, eine vorzunehmen.
Der
Know-how-Engineer
hat
die
Option,
durch
Kreativitätstechniken
die Verfeinerung der Mind-Maps zu bewirken. Gemäß des der Klarheit
Erfahrungswissen
der Experten
zu interpretieren,
Detaillierung von
Grundsatzes
ist es das Ziel, das
um Grundlagen
die
vollkommene
die Anwendung
der Vollständigkeit,
und der Vergleichbarkeit
also
intuitive
für den Prozeß
der
Vernetzung zu schaffen. Der Prozeß der Adaption verwendet eine Methodik, welche auf die Interpretation der Mind-Maps orientiert ist.
Dem Know-how-Engineer liegt eine Vielzahl von Mind-Maps der Experten vor, welche im Prozeß der Adaption durch die Anwendung von weiteren Techniken detailliert werden, um einzelne Assoziationen zu ergänzen, zu korrigieren, zu verfeinern oder noch fehlende Verknüpfungen zu aktivieren. Es sollte die gesamte Bandbreite der corticalen Fertigkeiten, wie Bild, Wort, Logik, Rhythmus, Farbe und räumliches Bewußtsein, kombiniert werden. Die verschiedenen Assoziationsverzweigungen in den Mind-Maps müssen gemäß den GoMiMa und ihren Gesetzmäßigkeiten bearbeitet werden.
164
Know-how-Architektur
Somit lassen sich folgende Aufgaben formulieren: (1) Anwendung von Kreativitätstechniken zur Detaillierung der Mind-Maps. (2) Verfeinerung des radialen Denkens der Know-how-Träger, indem die überarbeitet
werden.
Vorhandene
Text-,
Mind-Maps
Video- und Tonaufzeichnungen
müssen
umgesetzt werden. (3) Interpretation der Mind-Maps durch den Know-how-Engineer, mit dem Ziel einen Thesaurus zu entwickeln.
Die einzelnen Arbeitsschritte im Rahmen des Prozesses der Adaption stellt Abbildung „Arbeitsschritte im Prozeß der Adaption" vor.
Abbildung 31: Arbeitsschritte im Prozeß der Adaption
Der Prozeß der Adaption komplementiert bestehende Gedankenstrukturen der Experten, indem das Ziel realisiert wird, das „tacit knowledge" weiter zu präzisieren und explizieren, um den Vorgang der Know-how-Kodifizierung, Know-how-Generierung und des Know-howTransfers zu bewerkstelligen.
Know-how-Architektur 5.5.2.
165
Anwendung von Kreativitätstechniken (1. Arbeitsschritt)
Die strahlenförmige Architektur der Mind-Maps basiert auf der Annahme, daß die Kreativität des Einzelnen leichter zur Entfaltung gelangt. In Anbetracht der kreativen Natur des menschlichen Gehirns unterstützt die Anwendung von Kreativitätstechniken den Know-howEngineer bei seiner Tätigkeit, mehr Informationen über die in den Ästen repräsentierten Assoziationen zu erhalten, indem das kreative Potential der Know-how-Träger gefordert wird. Das Ziel des Einsatzes von Kreativitätstechniken beruht auf der Entwicklung von individuellen Problemlösungen fiir die Kunden. Kreativitätstechniken können einerseits in analytisch-systematische und andererseits in intuitiv-kreative Methoden gegliedert werden [Joha97.
Seite 44ff.]. Das zuerst
genannte
Einteilungskriterium
beruht
auf
einer
systematischen Aufteilung der Probleme in Subsysteme, wobei die einzelnen Elemente eines Problems unterschiedlich kombiniert werden. Das Ziel der Variationen der Elemente liegt in der
Zusammenstellung
von
verschiedenen
Kombinationsmöglichkeiten,
und
der
anschließenden Auswahl der optimalen Lösung. Den analytisch-systematischen Techniken lassen sich folgende Methoden zuordnen: morphologischer Kasten, Funktionsanalyse, Attribute Listing (Eigenschaftsliste), Problemfelddarstellung, Wertanalyse und sequentielle Morphologie [Joha97. Seite 99ff.]. Für intuitiv-kreative Techniken ist charakteristisch, daß durch spontane Einfälle, Assoziationen oder Analogien Lösungen bzw. Alternativen für ein Problem entwickelt werden. Das radiale Denken soll zu einer geistigen Freiheit der Knowhow-Träger befähigen und die implizierten Fähigkeiten zur Entwicklung bringen. Der Theorie des Mind-Mappings liegt ein offener und qualitativer Charakter zugrunde. Deshalb ist primär die Verwendung von intuitiven Problemlösungsverfahren angemessen, denn im Prozeß der Adaption steht die Verfeinerung und Ergänzung des Erfahrungswissens der Experten im Vordergrund. Dennoch obliegt es dem Know-how-Engineer die intuitiv-kreativen mit analytisch-systematischen Techniken zu kombinieren, um entstehende Synergieeffekte zwischen den Problemlösungstechniken auszunutzen und die Wahrscheinlichkeit für die Findung neuer Ideen und Assoziationen zu erhöhen. Nach Heinrich sind Kreativitätstechniken „Methoden zum Definieren und Lösen schlechtstrukturierter Probleme durch Anwendung intuitiver Probierverfahren" [Hein96. Seite 307], Dies bedeutet im Kontext der Know-howThematik, daß mit Hilfe von verschiedenen Techniken alternative kreative Ideen von den Know-how-Trägern generiert werden. Zu den kreativ-intuitiven Techniken zählen das Brainstorming, das Brainwriting, die Synektik sowie die Checklisten [Joha97. Seite 47ff.]. Im folgenden werden einige Kreativitätstechniken diskutiert [Hein96. Seite 305ff.; HiWi96; Joha97; Musi81; Plse97; Tiet89. Seite 50ff.]:
Know-how-A
166 1. Brainstorming-Technik.
rchitektur
Der Know-how-Engineer bringt mehrere Know-how-Träger mit
ähnlichen Assoziationen zusammen, wobei diese Personen ihre Gedanken präzisieren sollen. Das Ziel der Technik ist die gesamte Aufmerksamkeit auf die Ideenproduktion zu richten und dabei Bewertungen weniger zu berücksichtigen, denn es gilt das Prinzip der „Zurückstellung der Beurteilung". Folgende Schritte lassen sich unterscheiden: •
Formulierung der konkreten Frage durch den Know-how-Engineer. Er nimmt die Rolle des Moderators ein.
•
Versammlung der Teilnehmer. Damit die Sitzung effektiv verläuft, werden die partizipierenden
Personen
darauf
hingewiesen,
daß
ihr
Input
für
die
Ideengenerierung wertvoll ist, wobei die gesammelten Gedanken im Unternehmen anschließend zirkulieren sollen [Grec98]. •
Know-how-Träger werden über das Problem bzw. die Assoziationen informiert, d.h. der Know-how-Engineer muß den Experten seine Fragen erläutern.
•
Alle Ideen, die im Zusammenhang mit dem Problem stehen, werden formuliert. Die Teilnehmer
sollen
ungehemmt
ihre Assoziationen
zu
einer
Problem-
lösungssituation hervorbringen. Der Technik des Brainstormings liegt das Prinzip „Quantität
erzeugt
Qualität"
zugrunde,
welches
auf
die
Erkenntnisse
der
Assoziationspsychologie zurückzuführen ist. Dieses Prinzip besagt, daß eine Generierung der originellsten Ideen in der letzten Hälfte der Sitzung stattfindet, da in
der
Anfangsphase
die
Artikulierung
der
allgemeinen
Vorstellungen erfolgt, d.h. es müssen die dominierenden
und
einfachen
Gedankenstrukturen
ausgeschaltet werden, um neue Ideen zu entwickeln. •
Förderung weiterer Ideen durch Verbindung und Ergänzung vorgetragener Ideen.
•
Ordnung der Ideen in der Brainstorming-Gruppe.
In der an das Brainstorming anschließenden Diskussion wird versucht, die eigenen Gedankenstrukturen unter Einbeziehung der Perspektiven der anderen Teilnehmer zu erweitern oder zu korrigieren. Die gewonnenen Ideen können auch unter Zuhilfenahme der Osborn-Verfremdung [Hein96. Seite 31 Of.] verändert werden, indem die von Osborn entwickelten Gesetze der Assoziation, der Ähnlichkeit, des Gegensatzes
und
der
angrenzenden Lösungssuche benutzt werden. Die von Osborn vorgeschlagene „verbale Checkliste" beinhaltet Fragen zu einem bestehenden Produkt, Service oder Prozeß. Das Ziel des Verfahrens ist die Verbesserung und Weiterentwicklung von Produkten, indem es durch die wiederholte Anwendung von marktorientierten Fragen zu Innovationen kommt
167
Know-ho w-A rchitektur
[HiWi96]. Die „verbale Checkliste" zur Verbesserung eines Produktes oder einer Dienstleistung
beinhaltet
folgende
Fragestellungen:
Neuer
Nutzen?,
Anpassen?,
Modifizieren?, Verstärken?, Verkleinern?, Austauschen?, Neu anordnen?, Gegenteiliges? und schließlich Kombinieren?. Nachdem durch die Brainstormingsitzung neue Ideen generiert wurden, müssen diese anschließend bewertet werden, denn die Beurteilung der Ideen wurde bis dato zurückgestellt und auf jede Form der Kritik der vorgetragenen Ideen verzichtet. Higgens [Higg95] weist darauf hin, daß die Methode Mind-Mapping als ein Prozeß des Brainstormings betrachtet werden kann, da so viele Ideen wie möglich zu einem Thema aufgezeichnet werden. Mind-Mapping dient nicht nur zu Generierung von neuen Ideen, sondern auch zum Training der intuitiven Fähigkeiten, um „identifying all the issues and subissues related to a problem, as well as the solutions to a problem and their pros and cons" [Higg95. Seite 25], 2. Die Technik des Brainwritings
entwickelte sich aus dem Brainstorming und unterscheidet
sich durch die Darlegung der Lösungsansätze in schriftlicher Form. Eine Ausprägung stellt die von Rohrbach vorgeschlagene „Methode 635" dar. Der Terminus der Methode leitet sich aus seiner Vorgehensweise ab. Das Verfahren umfaßt sechs Teilnehmer, welche drei Lösungsansätze eruieren. Nach etwa fünf Minuten gibt jeder Teilnehmer sein Blatt an ein anderes Gruppenmitglied weiter, welches die Lösung des Kollegen zur Kenntnis nimmt und weitere drei Vorschläge hinzufügt, d.h. aufbauend auf den Erkenntnissen des Vorgängers wird das Problem weiterentwickelt. Der Vorteil der Methode ergibt sich aus dem Vermeiden von internen Gruppenproblemen, da jeder Teilnehmer für sich arbeitet. 3. Die Synektik
wendet
die Methode
der
Analogien
an,
um
mit
Hilfe
bekannter
Lösungsstrukturen die Lösung für ein anderes Problem zu finden. Die Technik der Synektik analysiert Probleme, verfremdet diese, und auf der Basis der Verfremdung werden Lösungen ausgearbeitet. Das Modell der Synektik beginnt mit der Definition des Problems, wobei die Teilnehmer angeregt werden, spontane Lösungsvorschläge zu präsentieren mit dem Ziel, weitere kreative Ansätze zu erhalten. Der Vorgang der Neuformulierung der Probleme und der Zerlegung in Teilprobleme schließt sich an. Der folgende Schritt ist auf das Auffinden von Analogien fokussiert, d.h. es wird nach analogen Problemlösungen gesucht. Drei Formen von Analogien werden unterschieden: •
Bei der direkten Analogie
(„direct analogy")
werden parallele Problemlösungen
gesucht, wobei einerseits bei technischen Problemen auf Analogien aus der Natur zurückgegriffen wird und andererseits bei Problemen aus der Natur Analogien aus dem Bereich der Technik gewählt werden.
168
Know-how-Architektur •
Zur Überprüfung der Lösbarkeit des Problems wird jeder Teilnehmer angehalten, seine persönlichen
Analogien
(„personal
analogy")
für dieses Problem
zu
entwerfen. Kennzeichnend ist die Verwendung von W-Fragen, wie zum Beispiel „was würde ich tun ...?" oder „wie kann ich das Ziel erreichen ...?". Die Teilnehmer sollen einen Stil in der Ich-Form wählen und in ihre Äußerungen erlebte Situationen einfließen lassen. •
Eine weitere Abstraktion von der Problemlösung wird durch die Analogie
(„symbol
analogy")
symbolische
erreicht, indem das Problem im Rahmen der
Symbolanalyse auf wenige Worte reduziert wird. Die Kreativitätstechnik der Synektik ist durch die Ermittlung von Analogien geprägt. Die Endphase der Vorgehensweise konzentriert sich auf die Herstellung von Beziehungen zwischen den Analogien und dem ursprünglichen Problem. Die Synektikgruppe diskutiert und analysiert die Vorschläge und formuliert für das Problem eine Lösung. Die nachfolgende Abbildung legt den Prozeß der Synektik dar [Tiet89. Seite 53].
Svnektischer Trichter^
7
Problemstellung Analyse und Information Spontanreaktion Neufoimuliening des Problems
Erste direkte Analogie Persönliche Analogie Symbolische Analogie
Projektion
Zweite direkte Analogie
Beschreibung
Abbildung 32: System der Synektik nach Tietz In Anlehnung an die Technik der Synektik für Problemlösungen wendet der Know-howEngineer diese Methode auf die Know-how-Thematik an, indem die Know-how-Träger über illustrierte Formen und ihr intuitives Wissen in den Mind-Maps
diskutieren.
Ausgangspunkt bildet die Erforschung eines öfters angeführten Gedankens verschiedener Experten. Die kreativen Know-how-Träger werden aktiviert, nach Analogien zu ihrem
Know-how-Architektur
169
Erfahrungswissen zu suchen. Nonaka/Takeuchi 67 weisen auf die Form der Analogien hin, um das „tacit knowledge" in „explicit knowledge" zu transformieren. Die Gruppe diskutiert die Ergebnisse und konzentriert sich auf die ursprüngliche Ausgangsbasis des Know-how-Engineers. Da die Kreativitätstechniken das Ziel verwirklichen helfen, die Mind-Maps zu verfeinern, bietet sich die Technik der Synektik an. Das Ergebnis stellen die detaillierten Mind-Maps der Know-how-Träger dar, welche Verbindungen zu analogen Vorgehensweisen der Experten beinhalten. Tietz macht die Anmerkung, daß die Technik der Synektik trotz des hohen Schwierigkeitsgrades als eine besonders fruchtbare Kreativitätstechnik betrachtet werden kann [Tiet89. Seite 53].
Das Ziel des Einsatzes von Kreativitätstechniken im Prozeß der Adaption liegt in der Generierung von neuen Ideen, im besseren Verständnis der Mind-Maps durch den Knowhow-Engineer und in der Forcierung des kreativen Verhaltens der begründet. Die Know-how-Träger lernen von den kreativen
Know-how-Träger
Problemlösungsstrukturen
anderer Experten. Ein dialogisches Lernen befähigt die Know-how-Träger, ihr eigenes Erfahrungswissen
auszutauschen
und
ihre
Kompetenzen
auszuweiten,
denn
„Kompetenzentwicklung funktioniert in Wechselwirkung von Motivation und der Zunahme von Wissen und Können" [Berg96b. Seite 215]. Eine methodische Unterstützung von Analyse-
und
Lerntechniken
soll
den
Know-how-Träger
befähigen,
die
Probleme
eigenständig zu lösen. Der Know-how-Engineer erhält einen tieferen Einblick in den individuellen Schöpfungsprozeß, da die Fähigkeiten detaillierter transparent gemacht werden. Somit eröffnen Kreativitätstechniken die Option, die Kreativität zu stimulieren. Es ist erforderlich, daß der Know-how-Engineer sich durch Methodenkompetenz auszeichnet, denn die
Know-how-Träger
müssen
ihn
als
Moderator
akzeptieren,
um
mehr
über
ihr
Handlungswissen zu kommunizieren.
Know-how-Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern die Möglichkeit gewähren, ihr kreatives Potential zur Entfaltung zu bringen, um den Kunden innovative Ideen zu präsentieren. Der langfristige Erfolg eines Unternehmens beruht auf der Herausforderung, mittels der Methode Mind-Mapping die Probleme und die individuellen Bedürfnisse der Kunden zu lösen. Plsek [Plse97] hat ein Modell für den Kreativitätsprozeß entwickelt und verwendet dieses Modell im Kontext von Qualitätsmanagement, indem durch Kreativität dem Kunden innovative
67
Vgl. Ausführungen
in Kapitel
3.3.3.3.
Know-how-Architektur Lösungen angeboten werden können. Die Abbildung „Kreativitätsmodell nach Plsek" legt die vier Phasen dar [Plse97. Seite 71]:
Abbildung 33: Kreativitätsmodell nach Plsek
Ausgangspunkt des Zyklus' bildet die Vorbereitungsphase
(„Preparation"),
welche auf den
Sachverhalt fokussiert ist, daß kreative Ideen nicht plötzlich entwickelt werden können. Ein Individuum muß seine geistigen Aktivitäten auf den Kreativitätsprozeß einstellen, indem die im menschlichen Gedächtnis gespeicherten Muster, Vorstellungen und mentalen Modelle aktiviert werden. Als unterstützende Methoden listet Plsek die Suche nach Analogien, die Entwicklung von Szenarien, die Gewährung von Erholungsphasen und die Berücksichtigung von
Sichtweisen
anderer
Experten
auf
[Plse97.
Seite
96ff.].
Der
Nutzen
der
Vorbereitungsphase darf für innovative Prozesse nicht unterschätzt werden, da das Ziel die Gewinnung von zusätzlichen Ideen ist, d.h. „the goal is to have more identified and available mental valleys than when you began" [Plse97. Seite 116].
Der
zweite
Quadrant
(„Imagination").
in
der
Abbildung
bezieht
sich
auf
die
Imaginationsphase
Diese Phase ist geprägt durch die Transformation der gespeicherten
kreativen Vorstellungen in die Generierung von Ideen. Die mentalen Modelle müssen in einer Art und Weise miteinander kombiniert werden, damit neue Ideen entstehen, denn Kreativität ist „the connecting and rearranging of knowledge - in the minds of people who will allow
171
Know-how-Architektur
themselves to think flexibly - to generate new, often surprising ideas that others judge to be useful" [Plse97. Seite 28]. Die Imaginationsphase nimmt im Kontext des Prozesses der Adaption eine zentrale Position ein, da durch kreative Assoziationen die in den Mind-Maps offengelegten Erkenntnisse detailliert und vervollständigt werden. Die von Plsek vorgestellten Methoden für die „Imaginationphase" ergänzen die bereits angeführten Techniken, wobei einige Techniken 68 im folgenden ergänzend angeführt werden [Plse96; Plse97. Seite 123ff.]: (1) Brainstorming zählt zwar zu den Techniken, um neue Ideen zu erzielen, jedoch wird kritisch angemerkt, daß der Imaginationsphase wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Der Schwerpunkt liegt auf dem Prinzip der Quantität, während der Aspekt außer acht gelassen wird, mit welchen Methoden am Beginn der Sitzung neue Ideen generiert werden können. Das klassische Brainstorming kann durch Varianten verändert werden wie beispielsweise die Methode „Phillips 66", welche eine große Gruppe in einzelne Gruppen mit jeweils sechs Teilnehmern aufteilt. Jeder dieser Gruppen hat sechs Minuten Zeit, Ideen zu sammeln oder eine Problemlösung vorzustellen. (2) Durch eine Auswahl von Techniken, welche die mentalen Prozesse anregen, um kreative Ideen zu produzieren, soll der Einzelne herausgefordert werden und sich inspirieren lassen, innovativ zu denken. •
Die
kreativen
(„Imagination gewählten
Gedanken by
word
Begriff
können
play")
werden
eine
durch
die
Anwendung
stimuliert werden. korrespondierende
Ausgehend Idee,
von
Wortspielen
von einem frei
Synonyme
oder
auf
spielerische Art eine neue Kombination gesucht. Dies bedeutet, der Know-howEngineer wählt in Abstimmung mit den Know-how-Trägern einige Termini aus und läßt die Experten neue Assoziationen entwickeln. Beispielsweise erwähnt Plsek die Verben
minimieren,
maximieren,
modifizieren, teilen,
integrieren,
eliminieren,
vergleichen oder symbolisieren. Die Begriffe werden manipuliert, indem nach neuen Einfällen gesucht wird. •
Eine Variation der Wortspiele liegt in der Verwendung von zufällig Hauptwörtern
(„List of random nouns"),
ausgewählten
wie zum Beispiel der Begriffe Amöbe,
Schirm, Zirkus, Sandwich, Schlange oder Strahlung.
6S
Die Internet-Adresse
von Plsek lautet: http://www.directedcreativity.com.
Phasen des Kreativitätsmodells
werden erläutert.
Die einzelnen Techniken
in den
Know-how-Architektur
172 •
Auch die Methode
der Visualisierung
(„ imagination
by visualization")
kann den
kreativen Prozeß beim Experten fordern, wobei diese Methode in Kombination mit Mind-Mapping als besonders relevant erachtet werden muß. •
Eine vierte Methode zur Generierung von Ideen stellt die Umkehrung („imagination provokative
by reversals") Einfalle
von
Gedanken
dar. Die Know-how-Träger sind angehalten, sich durch
inspirieren
zu
lassen,
d.h.
durch
die
Diskussion
einer
gegenteiligen Annahme wird der mentale Vorgang initiiert. (3) Die von de Bono entwickelte „alternatives from
fixedpoints"
Methode stellt ein weiteres
Instrument in der Imaginationsphase dar. Die Intention ist die Herleitung von Alternativen zu einem derzeitigen Verhalten, indem man sich von vorhandenen Vorgängen distanziert. Den Ausgangspunkt stellt die Fokussierung auf ein bestimmtes Thema dar, wobei zur Ermittlung der „fixed points" Fragen wie „Was ist der Zweck?", „Wo liegt der Nutzen?" oder „Was passiert?" gestellt werden. Anschließend werden alternative Vorgehensweisen gesucht, welche zur Realisierung der „fixed points" führen. Ein Beispiel [Plse97. Seite 217ff.] zur Anwendung dieser Technik ist die Verkürzung der Wartezeiten bei der Essensausgabe in Kantinen oder Selbstbedienungsrestaurants. Zur Identifikation der „fixed points" werden die Kunden befragt, warum es ihnen ein Anliegen ist, die Mahlzeiten möglichst rasch zu erhalten. Die Antworten der Kunden stellen die „fixed points" für die Generierung von alternativen Vorschlägen dar. Wenn das Bedürfnis der Kunden ist, schnell an den Arbeitsplatz zurückzukehren, so kann eine kreative Alternative die Einrichtung eines Zimmerservices wie im Hotel sein, d.h. der Kunde stellt sich sein Menü individuell zusammen und erhält dieses in sein Büro geliefert.
Die
Entwicklungsphase
(„development")
und
die
Handlungsphase
(„action")
im
Kreativitätsmodell nach Plsek setzen sich mit der Ausführung und Umsetzung der generierten Ideen auseinander. Plsek bezeichnet seinen Ansatz als „directed creativity" und versteht darunter, daß die Produktion von Ideen zweckorientiert erfolgt mit dem Ziel, die generierten Ideen umzusetzen. Das Kreativitätsmodell dient dazu, im Rahmen des Qualitätsmanagements den Kundenbedürfnissen besser gerecht zu werden [Plse97. Seite 209ff.] oder kreative Problemlösungen zu entwerfen [Plse97. Seite 243ff.]. Diese Auswahl von ergänzenden Techniken unterstützen den Know-how-Engineer bei seiner Arbeit, die Mind-Maps der Know-how-Träger mit weiteren Assoziationen zu detaillieren.
Know-how-Architektur
173
In bezug auf die Know-how-Gap-Analyse erfüllen die Kreativitätstechniken den Zweck, die Lücke beim Ausscheiden von Know-how-Trägern zu minimieren. Die Experten haben ihr implizites Wissen in Form von Mind-Maps dokumentiert und können diese nach dem Weggang als Grundlage für neue Mitarbeiter heranziehen, d.h. die Auswirkungen durch den Weggang
eines
Mitarbeiters
werden
verringert.
Beispielsweise
Pharmakonzern H o f f m a n n LaRoche [Lloy96] intern eine Studie
69
führte der
Schweizer
durch, um mehr Kenntnisse
über das Spezialwissen der Mitarbeiter zu erlangen. Das Ziel der Untersuchung lag in der Gewinnung von Informationen, welche Experten beim Auftreten von Problemen in der Produktentwicklung zu Rate zu ziehen sind. Das Resultat der Analyse wurde in einer Wissenslandkarte vereinigt, welche die Expertise der Know-how-Träger aufzeigt und die Verbindungen zu anderen Personen offenlegt, d.h. „creating maps of where knowledge, expertise and experience resides (...) and which knowledge needs to be shared with whom, when, how and why. This has provided rapid access to the organization's knowledge (...)" [Lloy96. Seite 578]. Der Vorteil dieser Karten beruht auf einem schnellen Zugang zu den kreativen Mitarbeitern. Außerdem bilden diese Karten eine Orientierungshilfe, um diejenigen Personen festzustellen, welche für die Generierung von neuen Ideen eine Unterstützung von Seiten des Unternehmens erfahren müssen. Ubertragen auf den Prozeß der Adaption führt der Arbeitsschritt der Kreativitätstechniken dazu, daß das Know-how der originären Personen detailliert wird.
5.5.3.
Verfeinerung der Mind-Maps (2. Arbeitsschritt)
Es liegt im Aufgabenbereich des Know-how-Engineers weitere Techniken
anzuwenden,
damit die Experten Einzelheiten über ihre Mind-Maps angeben. D a s Internationale Institut für Lernende Organisation und Innovation (Abk. ILOI) hat eine „Knowledge Studie"
in
führenden
Unternehmen 7 0
in
Österreich,
Deutschland
und
Management der
Schweiz
durchgeführt, um eine konkrete Orientierungshilfe mit dem U m g a n g der Ressource Wissen zur Verfügung zu stellen [ILOI97]. Das Ziel der empirischen Untersuchung war - basierend auf wissenschaftlichen Erhebungen - einen Leitfaden für Unternehmen zu erarbeiten, der
69
Vgl. Internet-Adresse: http://www.bminessinnovation.ey.com/journal/issuel/features/apresc/bocfy.html
70
Zu den insgesamt 44 befragten Unternehmen zählen beispielsweise: Bohlsen KG, Ciba-Geigy AG, Daimler Benz AG, Datev eG. GMD Forschungszentrum Ingenieurtechnik GmbH, Hoffmann LaRoche AG, IBM Deutschland Informationssysteme GmbH, Schweizerisches Rotes Kreuz. Sulzer Escher Wyss GmbH etc.
Know-how-Architektur
174
Instrumente
aufzeigt, welcher die Bedeutung
des Produktionsfaktors Wissen für die
Produktivitäts-, Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen unterstützt.
Ein Bereich des ILOI setzt sich mit dem Management von untemehmensintemem
Wissen
auseinander. Das Ziel für die Unternehmensführung ist einerseits das Wissen der Know-howTräger
zu
speichern
und
andererseits
Austrittsbarrieren
aufzubauen,
damit
das
Erfahrungswissen der Mitarbeiter nicht verloren geht. Die erwähnten Instrumente umfassen beispielsweise: •
Die Ausweitung des Handlungsspielraums [ILOI97. Seite 16] der Mitarbeiter, indem durch das Zugeständnis von mehr Verantwortung und Kompetenz die Chance erhöht wird, daß die eigenen Ideen besser umgesetzt werden können. Durch mehr Autonomie soll das Know-how-Potential der Mitarbeiter aktiviert werden.
•
Die Erstellung von Wissenslandkarten [ILOI97. Seite 19], welche das interne Wissen entlang der Wertschöpfungskette katalogisieren. In diesem Zusammenhang wird der Aufbau eines Wissensbranchenbuches („yellow pages") erörtert, welches die Mitarbeiter mit ihrem relevanten Wissen auflistet. Diese beiden Instrumente weisen eine große Ähnlichkeit einerseits zur Methode Mind-Mapping und andererseits zur Technik der Know-how-Bestandslisten 71 auf.
•
Die Veranstaltung von Ideenwettbewerben [ILOI97. Seite 18f.] mit der Intention, das latent vorhandene Wissen der Mitarbeiter zum Vorschein zu bringen.
•
Die Einrichtung von Kommunikationsforen [ILOI97. Seite 20], um die Transformation von individuellem Know-how intern zu fördern und den Diffusionsprozeß von Know-how anzuregen.
Den
internen
Informationen
Methoden über
stehen
Kunden,
unternehmensexterne
Instrumente
Lieferanten, Wettbewerber,
Verbände,
gegenüber,
welche
Hochschulen
und
Forschungseinrichtungen zur Verfügung stellen sollen.
Im Kontext des Prozesses der Adaption gewinnen die Instrumente bezüglich des impliziten Wissens an Bedeutung, welche der Know-how-Engineer verstärkt einsetzen kann, um in den Experten-Mind-Maps
71
Nuancen
Vgl. Ausführungen in Kapitel 5.4.5.5.
herauszuarbeiten.
Tabelle
,Instrumente
des
impliziten
Know-how-Architektur
Ì75
Wissens des ILOI" gibt einen Überblick über die vorgeschlagenen Instrumente des Internationalen Instituts für Lernende Organisation und Innovation [ILOI97. Seite 7].
Instrument
Beschreibung
Erfahrungsbildung in Gruppen
Öffnung kollektiver Erfahrungshorizonte in Gruppen
Beobachtungs- und Modellernen
Reflexion und Imitation routinierter Handlungen
Metaphern, Analogien, Bildhafte Artikulation „Bildermalen" impliziten Wissens
Wirkung Weitergabe individuell-impliziten Wissens an andere Organisationsmitglieder: Aufbau eines gemeinsamen Verständnisses für Probleme Diffusion von implizitem Wissen, Handlungsroutinen und bestehenden Normen Externalisierung und Diffusion von implizitem Wissen
Tabelle 6: Instrumente des impliziten Wissens des ILOI
Wenn Unternehmen das Vorstellungsvermögen ihrer Mitarbeiter kreativ umsetzen, können sie ihre Wettbewerbssituation, die Qualität und die Produktivität steigern. Dazu muß die Priorität in Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen gesetzt werden, damit individuelle Know-howDefizite geschlossen werden können, d.h. die Leistung des Unternehmens kann durch den Einsatz verschiedener strategischer Human-Resource-Instrumente wie Job-Rotation, mehr Verantwortung, individuelle Belohnungssysteme oder hoch qualifizierte Arbeit verbessert werden [ViWu96]. Das Unternehmen muß das Erfahrungswissen der Know-how-Träger durch neue Lernprozesse erweitern. Stevens weist auf die Relevanz von „tacit knowledge" für Innovationsprozesse hin [Stev97], Eine in Norwegen durchgeführte Studie ergab, daß der Verkauf an neuen Produkten steigt, wenn Unternehmen kooperieren. In den Staaten der OECD
werden
insbesondere
Forschungskooperationen
im
Bereich
der
Bio-
und
Informationstechnologie eingegangen. Ein Ziel der Studien ist, mehr Kenntnisse über den Wissensfluß bei Innovationen zu ermitteln [Stev97. Seite 19]. Dieses Vorhaben kann aber nur dann gelingen, wenn jedes Unternehmen ausreichende Kenntnisse über das Know-how seiner Mitarbeiter besitzt. Andererseits schildern Marshall/Prusak/Shpilberg [MaPS96; MaPS97] die negativen Auswirkungen bei Finanzdienstleistungsunternehmen, da ihnen Kenntnisse über ihr unternehmerisches Know-how fehlten. Auch der Finanzsektor muß erkennen, daß „what is essentially a human asset buried in the mind of individuals, and leverage it into an organizational asset that can be accessed and used by a broader set of individuals on whose decisions the firm depends" [MaPS96. Seite 79], d.h. die Weitergabe von Handlungswissen
176
Know-how-Architektur
an jüngere und unerfahrene Mitarbeiter stellt eine wichtige Aufgabe im Bereich des Risikomanagements dar. Im Prozeß der Adaption kommt dem Know-how-Engineer die Schlüsselposition zu, verschiedene Techniken zu kombinieren, um das Handlungswissen der Know-how-Träger zu präzisieren. Eine Untersuchung von Forrester Research ordnet dem „Chief knowledge officer (CKO)", wie sie es bezeichnen, zwei Verantwortungsbereiche zu [DeMJ96]. Einerseits muß dieser die Bedeutung der Ressource Wissen innerhalb des Unternehmens vermarkten, indem er die Mitarbeiter ermutigt, das Wissen mit anderen Experten zur Entwicklung neuer Ideen zu teilen. Die zweite Aufgabe schließt die Verwaltung des Wissens ein. Dies bedeutet, der Know-how-Engineer ist der Koordinator für die Mind-Maps der Experten, denn er ist für die Detaillierung und Verfeinerung der Assoziationen verantwortlich. Sein Verantwortungsfeld ist auf den gesamten Know-how-Prozeß fokussiert.
In den Arbeitsschritt der Verfeinerung fällt die Transkription Videoaufzeichnungen,
der Text-,
Ton- und
welche die Know-how-Träger auf einzelnen Ästen hinterlegt haben.
Beispielsweise wird im detaillierten Mind-Map des Know-how-Trägerl 72 das Know-how 1/1 mittels eines Videos repräsentiert. Es bietet sich die Option an, daß der Experte sein multimedial
dokumentiertes Handlungswissen
in Form eines neuen
Mind-Maps
zur
Verfügung stellt. Für das Unternehmen liegt der Vorteil einerseits im Zugang zum originären Handlungsablauf des Experten und andererseits darin, ergänzend seine Assoziationen in radialer Denkform einsetzen zu können. Die Transformation des Videos in einem Mind-Map kann Stärken bzw. Schwächen des Experten sichtbar machen.
In einem vollständig determinierten Mind-Map haben die Experten ihre Assoziationen geordnet. Die präzise Erfassung des intuitiven Handlungswissens der Experten beruht auf der Intention, •
Informationen über vorhandenes sowie zukünftig benötigtes Know-how zu erhalten,
•
Know-how an andere Experten zu transferieren,
•
Verbindungen zwischen den Know-how-Trägern aufzubauen und
•
neues Erfahrungswissen zu generieren.
72
Vgl. Mind-Map „Detailliertes Mind-Map des Know-how-Trägerl
"
Know-how-Architektur Das Mind-Map „Techniken
177
im Prozeß der Adaption" visualisiert die
verschiedenen
Möglichkeiten für die Verfeinerung.
Brainstorming Svncktik
"NL
Ideenwettbewerbe
Mind-Map 12: Techniken im Prozeß der Adaption
5.5.4.
Inhaltsanalyse und Thesaurus (3. Arbeitsschritt)
Der dritte Aufgabenbereich schließt einerseits die inhaltliche Analyse der Mind-Maps und andererseits die Erstellung eines Thesaurus ein. Auf eine genaue Auseinandersetzung mit der qualitativen
Inhaltsanalyse sei auf Hugl
[Hugl95],
Mayring
[Mayr94]
und
Lamnek
[Lamn95b] verwiesen. Die Know-how-Träger kommunizieren in Form von Mind-Maps ihre stillschweigenden Annahmen, ihre Einstellungen, ihre persönlichen Erfahrungen und ihr Handlungswissen. Der Know-how-Engineer versucht durch eine inhaltliche Interpretation der Mind-Maps Rückschlüsse auf das Know-how der Experten zu erzielen. Im Kontext des qualitativen
Forschungsvorhabens
dient
die
Inhaltsanalyse
(„content
analysis")
„der
Auswertung bereits erhobenen Materials, und das heißt, sie dient der Interpretation symbolisch-kommunikativ vermittelter Interaktion in einem wissenschaftlichen Diskurs" [Lamn95b. Seite 173]. Für den Know-how-Engineer stellt das methodologische Prinzip der Interpretativität eine zentrale Forderung dar, da er das vorhandene Wissen der Know-howTräger im Prozeß der Adaption analysieren und deuten muß. Dies bedeutet, daß die in den Mind-Maps
kommunizierten
Inhalte
verstanden
werden
müssen,
um
Strukturen
Know-how-Architektur
178
herauszufiltern. Weitere Charakteristika der qualitativen Inhaltsanalyse sind das Merkmal der Offenheit, der Kommunikativität und der Naturalistizität. Die Gegenstände der Inhaltsanalyse beziehen sich auf das gesprochene Wort, auf Texte, auf Bilder und auch auf Filme. Im Mittelpunkt des Prozesses der Adaption steht die Auswertung des Bildmaterials, also der Mind-Maps, und ergänzend Text-, Ton- sowie Videoaufzeichungen. Atteslander listet in Anlehnung an Krippendorf folgende Vorteile der qualitativen Inhaltsanalyse auf [Atte95. Seite 246]: •
„sie ist nichtreaktiv, d.h. sie verändert nicht den untersuchten Teil sozialer Wirklichkeit durch direkte Interaktion,
•
sie kann unstrukturiertes Material verarbeiten, weil durch das Prinzip der Offenheit in jedem Untersuchungsschritt Änderungen im Analyseinstrument möglich sind,
•
sie kann symbolische Formen der Kommunikation berücksichtigen, d.h. sie kann hinter manifester Interaktion latente Strukturen aufdecken,
•
mit Hilfe inzwischen entwickelter PC-geeigneter Software können große
Datenmengen
verarbeitet werden." Die kommunizierten kreativen Ideen der Know-how-Träger sind so vielschichtig, daß der Know-how-Engineer diese ordnen und zusammenfassen muß, um die Datenauswertung zu verwirklichen. Es ist das Ziel, Aussagen über Zusammenhänge zwischen den Mind-Maps, über das intuitive Handlungswissen der Experten und über die jeweilige soziale Situation treffen zu können. Im Rahmen des Prozesses der Identifikation und der Adaption werden vom Know-how-Engineer zusammen mit seinem Projektteam die Know-how-Strukturen der Experten mittels der Methode Mind-Mapping eruiert und anschließend in eine elektronische Form überfuhrt. Die einzelnen Mind-Maps mit den Zentralthemen und den Verästelungen repräsentieren die Datenbank, aus welcher der Know-how-Engineer Aussagen über das intuitive und kreative Wissen ableitet. Dies bedeutet, daß aus der Menge der gespeicherten Mind-Maps Informationen über das Know-how der Experten wiedergewonnen werden, um individuelle Problemlösungen zur Verfügung zu stellen. Der Know-how-Engineer soll die Möglichkeit besitzen, in der Know-how-Datenbank
nach dem Erfahrungswissen der Know-
how-Träger zu recherchieren.
Zur Wiedergewinnung von Know-how aus den dokumentierten Mind-Maps kann der Knowhow-Engineer im Rahmen von Dokumentationssprachen das Hilfsmittel eines Thesaurus
Know-how-A
179
rchitektur
[Char94. Seite 436; DaPr98. Seite 134ff.] zur Unterstützung verwenden. Unter dem Terminus Thesaurus wird „eine alphabetisch geordnete, systematische Sammlung von Deskriptoren zur Gewinnung von Informationen aus einer Datenbasis" [HeRo98. Seite 535] verstanden. Die Deskriptoren (Vorzugsbenennungen) legen eine zu bevorzugende, einheitliche Terminologie (eine Orthosprache) fest [Wede97. Seite 408f.]. Die Deskriptoren-Datei stellt das Wörterbuch dar, welches für den Bereich Know-how gelten soll. Stahlknecht weist im Rahmen von „Information Retrieval-Systemen" 73 darauf hin, daß bei der Suche nach Texten eines bestimmten Inhalts zwei Möglichkeiten zur Verfügung stehen [Stahl95. Seite 231; StHa97. Seite 240]: (1) gebundenes Recherchieren anhand der Deskriptorennummer, der Deskriptoren und des Thesaurus,
wobei
Ordnungssystem
diese
beruht.
Form
der
Übertragen
Recherche auf
die
auf
einem
Klassifikations-
Know-how-Thematik
bedeutet
und diese
Suchform, daß der Know-how-Engineer die Mind-Maps anhand des Thesaurus abfragt. (2) Freitextsuche (Volltextrecherche) direkt anhand der Texte. Die Menge der gespeicherten Mind-Maps der Experten wird direkt vom Know-how-Engineer recherchiert.
Die Wiedergewinnung von Informationen wird durch die Verwendung eines HypertextSystems
erleichtert
[StHa97.
Seite
240f.],
indem
Beziehungen
zwischen
den
Informationseinheiten gespeichert und verwaltet werden. Das Prinzip der Hypertext-Systeme kann grafisch erläutert werden, wobei die Informationseinheiten als Knoten benannt und die Querverweise in Form von Kanten dargestellt werden; die Bezeichnung hierfür ist Hyperlink. Während
sich
Hypertext-Systeme
auf die vernetzten Knoten
von Text,
Grafik
und
Abbildungen beziehen, umfassen Hypermedia-Systeme auch Ton, bewegtes Bild, Animation und Simulation [Terg95. Seite 123ff.].
Ein sehr detaillierter Thesaurus wurde von der NASA 7 4 während den 60er Jahren entwickelt, wobei laufend Aktualisierungen vorgenommen werden [NASA98a; NASA98b; NASA98c], Die NASA stellt im Rahmen des „Scientific and Technical Information (STI)" 75 Programms die größte Datenbank für die Luft- und Raumfahrtforschung zur Verfügung. Der NASA
71
Unter dem Terminus
Information Retrieval " wird die Wiedergewinnung von Informationen aus einer großen
Menge gespeicherter Daten verstanden. 74
NASA ist die Abkürzung für National Aeronautics and Space
75
Internet-Adresse der NASA:
http://www.sti.nasa.gov
Administration.
180
Know-how-Architektur
Thesaurus 76 „contains the authorized subject terms by which the documents in the NASA STI Databases are indexed and retrieved" [NASA98b. Seite v], welcher aus zwei Bänden besteht: •
Die NASA hat für die Recherche in der Datenbank eine hierarchische Strukturierung des Thesaurus vorgenommen, wobei die „Hierarchical Listing with Definitions contains subject terms and USE cross references currently approved for use, and displays the full hierarchical structure for each term" [NASA98b. Seite v],
•
Der „Rotated Term Display is a ready-reference tool which provides thousands of additional .access points' to the thesaurus terminology" [NASA98b. Seite v].
Zum Verständnis der NASA Vorgehensweise wird das Beispiel für ein typisches „Array Term Listing" gewählt. Ein „Array" 77 Datenfeld findet dann seine Anwendung, wenn die Bedeutung eines Begriffs zu breit oder zu mehrdeutig für ein effektives Information Retrievel-System ist. Dies bedeutet, daß für Termini mit mehreren Bedeutungen ein Begriffsverzeichnis mit alternativen Möglichkeiten aufgelistet wird, wobei naheliegende Termini dem ursprünglichen Wort zugeordnet werden. Ein Beispiel der NASA stellt der Begriff „fields" dar, dessen Sinn nicht nur im militärischen Sinne gebraucht wird [NASA98b. Seite xi]:
® ®
00 fields SN
®
RT
(USE OF A MORE SPECIFIC TERM IS RECOMMENDED-CONSULT THE TERMS LISTED BELOW) boson fields electric fields Key field of view 1. Array Term field theory (algebra) 2. Scope Note 3. Related Term field theory (physics) gravitational fields magnetic fields military air facilities self consistent fields visual fields
Ausgehend von dem Beispiel der NASA im Bereich der Luft- und Raumfahrt wird im
76
NASA Thesaurus:
77
Die NASA definiert einen „array term" folgendermaßen:
http://www.sti.nasa.gov/98Thesaurus/98thes.htm „subject terms with meanings either too broad or
ambiguous for effective indexing or retrieval of information, have been designated array terms and carry the following scope note (USE OF A MORE SPECIFIC TERM IS RECOMMENDED-CONSULT TERMS USTED BELOWI" [NASA98a Seite viil.
THE
Know-how-Architektur
181
folgenden ein typisches „array term" Verzeichnis für den Terminus „ K n o w - h o w " entwickelt und angeführt. Wie das Kapitel über die Begriffsbestimmung 7 8 aufgezeigt hat, besteht keine eindeutige terminologische Bedeutung für diesen Terminus, sondern der Know-how-Engineer muß alternative Bezeichnungen berücksichtigen, wie der folgende Thesaurus illustriert:
(D ® ®
oo K n o w - h o w SN (USE O F A M O R E SPECIFIC T E R M T H E T E R M S LISTED B E L O W ) RT Handlungswissen Erfahrungswissen Wissen Erfahrung Information Knowing how to do sth. Erkenntnis Kenntnis Intuitives Wissen Kreatives Wissen Intuitiv-kreatives Wissen Implizites Wissen Tacit knowledge Stillschweigendes Wissen Können Verborgenes Wissen Individuelle Fähigkeiten Automatische Handlungsabläufe
Auf der Basis des eben dargelegten „array t e r m "
IS R E C O M M E N D E D - C O N S U L T
Key 1. Array Term 2. Scope Note 3. Related Term
muß der Know-how-Engineer
ein
Verzeichnis von den in den Mind-Maps verwendeten Terminologien entwickeln, welche in den
Zentralthemen
und
Verästelungen
verwendet
werden.
Der
Thesaurus
dient
als
grundlegendes Hilfsmittel im Rahmen des Know-how-Systems zur Wiederauffindung und inhaltlichen Erschließung von Mind-Maps und zur Wiedergewinnung von Erkenntnissen über jede gewünschte Kompontente der erfaßten Mind-Maps der Know-how-Träger. W e n n der Know-how-Engineer einen Thesaurus für die Wiedergewinnung von Informationen der MindMaps verwendet, so muß dieser ständig erweitert und ergänzt werden.
Nachdem im Prozeß der Adaption alle Arbeitsschritte durchlaufen sind und z w a r
die
Anwendung
die
von
Kreativitätstechniken,
die
Verfeinerung,
die
Interpretation
Thesauruserstellung kann das Mind-Map als vollständig betrachtet werden.
78
Vgl. Ausführungen in Kapitel 3
und
Know-how-Architektur
182
5.6. Prozeß der Vernetzung „Developing a knowledge map involves locating the important
knowledge
in the organization and then publishing some sort of list or picture that shows where to find it. The principal purpose and clearest benefit of a knowledge map is to show people in the organization where to go when they need expertise." (Thomas Davenport and Laurence
5.6.1.
Prusak)
Ziel und Aufgabe des Prozesses der Vernetzung
In der Know-how-Architektur nimmt neben dem Prozeß der Know-how-Identifikation der Vorgang
der
Vernetzung
die zweite zentrale
Position
ein.
Voraussetzung
für
die
Durchführung sind die in Einzelheiten dokumentierten Mind-Maps der Know-how-Träger, denn die vollständig determinierten Gedankenstrukturen stellen den Input dar. Den Output des Prozesses der Vernetzung bilden sogenannte Know-how-Netze, welche die Know-howTräger verbinden und die Implementierung eines Know-how-Unternehmens gewährleisten. Während dieser Vorgehensweise muß der Know-how-Engineer ein Netzwerk entwerfen, welches das „tacit knowledge" der Experten gemäß einer vorgegebenen Problemstellung in Beziehung setzt, d.h. der Know-how-Engineer muß den Input in ein Know-how-Netzwerk transferieren. Das Ziel des Prozesses der Vernetzung
kann folgendermaßen beschrieben
werden:
Der Know-how-Engineer
hat im Prozeß der Identifikation
und Adaption das
stillschweigende
Wissen der Experten determiniert, detailliert und verfeinert. Im Prozeß der Vernetzung der Know-how-Engineer die in den Mind-Maps
das „tacit knowledge" illustrierten
d.h. die vernetzten Know-how-Träger gesamte Problemlösungspotential how-Netzwerks
repräsentieren
Kundenwünsche
beliebig Know-how-Netzwerke Know-how-Datenbank
zu erfüllen. Der Know-how-Engineer
zur Generierung
von Problemlösungen
Wissen
in den
Implementierung
welches das
enthält. Die Formation eines Know-
besitzt die Option,
auf der Grundstruktur der Mind-Maps aufzubauen,
ist die Entwicklung
Experten,
zusammenfugt,
Strategie geprägt, die darauf gerichtet ist,
Intention des Vernetzungsprozesses der
verbinden, indem er
zu einem Netzwerk
das Know-how-Netzwerk,
eines Unternehmens
wird von einer problemorientierten
die individuellen
der Know-how-Träger
Gedankenstrukturen
welches
Mind-Maps
eines Know-how-Unternehmens
muß
dient.
herangezogen
von Beziehungen kommuniziert
indem die wird.
Die
über das kreative wurde
und
zur
Know-how-Architektur
183
Bezüglich der verwendeten Methodik beruht der Prozeß der Vernetzung auf einem sollzustandsorientierten
Ansatz, da die Entwicklung von Know-how-Netzen
auf die
Implementierung eines Know-how-Unternehmens abzielt. Das Handlungswissen der Experten liegt in den einzelnen individuellen Mind-Maps gespeichert, d.h. die Mind-Maps stellen die Problemlösungsdatenbank des Unternehmens dar, wobei der Grundsatz der Vernetzung 79 berücksichtigt werden muß. Der Know-how-Engineer muß auf die Know-how-Datenbank zugreifen und ein verfügbares Netz aufbauen. Die Aufgaben unterteilen sich wie folgt: (1) Entwicklung von Know-how-Netzen gemäß des in den Mind-Maps offengelegten „tacit knowledge" der Experten. Bestehende Defizite in den Netzen müssen beseitigt werden. Know-how-Netze erstrecken sich sowohl innerhalb des Unternehmens als auch außerhalb zu externen Know-how-Trägem. (2) Individuelle Problemlösung der Kundenwünsche. Die gebildeten Problemlösungsteams müssen ihr kreatives Potential zum Nutzen der Kunden entfalten.
5.6.2.
Erörterung der Grundlagen der Vernetzung
5.6.2.1. Team-Netze Dem Know-how-Zeitalter immanent ist der Gedanke der Evolution zur Vernetzung. Der Terminus des Netzwerks wird gewählt, da es um komplexe Verbindungen [Beer95] zwischen den Know-how-Trägern geht. Der Know-how-Engineer muß die Aufgabe erfüllen, Knowhow-Strukturen zu entwickeln, welche die kreativen und komplexen Gedanken der Experten vernetzen, denn „we are now designing systems with specifiable connection" [Beer95. Seite 34], Lipnack/Stamps diskutieren die Veränderung unter dem Begriff des Zeitalters der Vernetzung [LiSt94], welches durch den dominanten Faktor der Verbindungen zwischen Personen determiniert wird, d.h. „Connect! It's the organizing imperative of the Age of the Network" [LiSt94. Seite 42], Das Ziel liegt in der Bildung von Team-Netzen, welche sich durch fünf Prinzipien auszeichnen [LiSt94. Seite 82ff.]: •
Der Erfolg eines Team-Netzes beruht auf einem klar definierten Ziel sowie der Erläuterung des Zwecks („unifying purpose"). Ein gemeinsames Verständnis über Werte und Perspektiven erleichtert die Erfüllung der Aufgabe.
n
Vgl. Ausführungen in Kapitel 5.2.3.2.
184
Know-how-Architektur •
Die einzelnen Personen behalten ihre Unabhängigkeit („independent members"), indem sie zwar dem Team ihre Fertigkeiten zur Verfügung stellen, jedoch als Individuum ihre Selbständigkeit bewahren.
•
Der Kerngedanke ist die Erstellung von Verbindungen („voluntary links"). Die Kommunikation zwischen den Mitgliedern muß gewährleistet sein.
•
Ein Team besteht aus unterschiedlichen Führern („multiple leaders"), wobei jeder Einzelne mit seinem Know-how einen Beitrag zur Lösung des Problems leistet.
•
Für Lipnack/Stamps impliziert das Wort Team-Netz den Gedanken, daß Personen aus verschiedenen Bereichen integriert werden („integrated levels"). Team-Netze können sich dabei aus kleinen Gruppen im Unternehmen zusammensetzen oder sich auch auf ganze geographische Regionen - wie das Silicon Valley (USA) beziehen.
Durch Verbindungen wird das Unternehmen reorganisiert, wobei es wichtig erscheint, Informationen zu verteilen, damit die Experten lernen und sich neues Wissen aneignen können. Im Zeitalter der Vernetzung werden hierarchisch-bürokratische Strukturen in ein Netzwerk überfuhrt. Pinchot/Pinchot [PiPi96] subsumieren diese Perspektive unter dem Begriff der „intelligenten Organisation", welche durch Mitarbeiter geprägt wird, die sich auf ihre Know-how-basierte Arbeit konzentrieren und zur Entwicklung von neuen Ideen sich Informationen von anderen Know-how-Trägern einholen. Nur durch das intelligente Potential der Experten können die Anforderungen der Kunden bewerkstelligt werden. Zur Erfüllung dieses Ziels muß ein Netzwerk von Verbindungen aufgebaut werden, damit die Mitarbeiter bestmöglich ihre Aufgaben erledigen können. Die Bedingung für den Aufbau einer „intelligenten Organisation" stellt die Formation von freiwilligen Netzwerken dar, indem die Know-how-Träger ihre Fertigkeiten zur Verfügung stellen, denn „intelligence must be distributed throughout, with all individual minds interacting to create a continuous and current knowledge that can be rapidly disseminated and applied" [PiPi96. Seite 70]. In Analogie zu den
menschlichen
Nervenzellen
entstehen
Netzwerke,
welche
die
Eigenschaft
von
selbstorganisierenden Systemen aufweisen. Die Mitarbeiter gehen komplexe Verbindungen mit denjenigen Personen ein, welche sie bei der Erreichung ihrer Mission bestmöglich mit ihrem Wissen unterstützen. Die Teams sollen gemeinsam einen Output - nämlich eine Problemlösung - entwickeln und besitzen ein Interesse an der Umsetzung ihrer intelligenten
Know-how-Architektur
185
Ideen. Die einzelnen Teammitglieder kommunizieren simultan untereinander und tauschen ihre Erfahrungen aus.
Rockart/Short [RoSh91. Seite 189ff.] argumentieren, daß ein Team durch die Informationstechnologie Unterstützung erfahrt. Durch den Einsatz von beispielsweise Electronic Mail, Videokonferenzen, Teleworking, Teletraining, Groupware oder Workflowmanagement und die Computer-zu-Computer Verbindung durch EDI 80 wird ein asynchroner Informationsaustausch ermöglicht; voice-processing Technologien stellen eine Ergänzung dar [Schr96. Seite 28ff.]. Die Kommunikation von Teams kann zu verschiedenen Zeiten und Orten erfolgen.
Im Know-how-Zeitalter erscheinen die bürokratischen Organisationsstrukturen veraltet und Wettbewerbsvorteile
sind
durch
vernetzte
Strukturen
zu
erreichen,
indem
ein
Kommunikations- und Informationsnetzwerk nicht nur zwischen internen Mitarbeitern, sondern auch zwischen Kunden, außenstehenden Experten, anderen Know-how-Unternehmen und ehemaligen Studienkollegen nützlich sein kann. Badaracco bezeichnet dieses Wissen als verankertes Wissen, welches „vorrangig in speziellen Beziehungen zwischen Einzelpersonen und Gruppen sowie in ganz bestimmten Normen, Einstellungen, Informationsflüssen und Entscheidungsprozessen, die ihr Verhalten zueinander regeln" [Bada91. Seite 95] residiert. Nach Ansicht von Ogger muß ein neuer Unternehmenstypus entstehen, der folgendermaßen beschrieben wird: „Weg von linearen Organisationen, hin zu vernetzten Strukturen, weg von der Mißtrauens-, hin zu einer Vertrauenskultur, weg von Überwachungsmechanismen, hin zu selbststeuemden Systemen (...) Aus dem Manager wird ein Prozeßgestalter, Moderator, Beweger" [Ogge92. Seite 266]. Die Know-how-Netze bieten für die Experten den Vorteil, daß diese sich rasch Informationen einholen können und somit Zeit für ihr kreatives Denken sparen.
Die Machtstellung der Expertenteams wird legitimiert, indem sich das Erfahrungswissen der einzelnen Personen zu einem Konglomerat
von Know-how
zusammensetzt
und die
gemeinsame Bewältigung von komplexen Problemlösungen ermöglicht. Badaracco nennt das Wissen der Expertenteams als „Know-why" [Bada91. Seite 101], denn erst die Summe des Know-hows jedes Individuums führt zu Spitzenleistungen der gesamten Gruppe. Die
80
EDI= Electronic Data Interchange ¡Deut95; HeRo98. Seile 177]
186
Know-how-A
rchitektur
Mitglieder eines Expertenteams zeichnen sich durch ein Zugehörigkeitsgefühl aus, und sie sind sich ihrer Macht, die sie aus dem Besitz ihres Know-hows schöpfen, bewußt. Obwohl Expertenteams
problematisch
zu
steuern
sind,
stellen
sie
den
Erfolgsfaktor
eines
Unternehmens dar, ohne die keine Wettbewerbsvorteile erzielt werden können. Damit das Know-how der Experten verbunden werden kann, müssen im Unternehmen bestehende Mentalitätsbarrieren
gegenüber einer vernetzten Arbeitsform aufgehoben werden. Die
Möglichkeiten, welche Know-how-Netze bieten, können nur effizient umgesetzt werden, wenn nach Knetsch [Knet96. Seite 28f.] folgende fünf Hemmnisse beseitigt werden: ungeeigneter
Führungsstil,
Sichtbarkeit
als Leistungskriterium,
niedrige Priorität
von
Teamarbeit, mangelnde Qualifikation für Selbstmanagement und kulturelle Gegensätze. Es fällt in den Aufgabenbereich des Know-how-Managers 81 sein Führungswissen einzusetzen. Sein Einfluß muß in die Richtung gehen, indem er die sensiblen Know-how-Träger motiviert, ihr Handlungswissen im Team zur Entfaltung zu bringen.
5.6.2.2. Interkultureller Austausch Der Know-how-Austausch
über kulturelle Grenzen hinweg verlangt nach
veränderten
Anforderungen an die Teammitglieder. Es bedarf eines interkulturellen Trainings [ThHa96. Seite
173ff.], welches die Interaktionspartner befähigt, ihre Aufgaben unter fremden
Kultureinflüssen
zu
bewältigen,
indem
Verhaltensweise,
Denkansätze
und
Interpretationsmuster anderer Teamexperten verstanden werden müssen. Interkulturelles Handeln ist unter drei Perspektiven zu positionieren [ThHa96. Seite 175ff.]. Die erste Dimension
bezieht
sich
Anpassungsprobleme
der
auf
kulturelle
beteiligten
Unterschiede,
Kulturen
einschließt.
welche Die
Auswirkungen zweite
auf
Determinante
interkulturellen Handelns umfaßt individuelle Unterschiede, welche durch den Einfluß von Persönlichkeitsmerkmalen und demographischen Variablen geprägt ist. Die dritte Dimension besteht aus interkulturellen Austauschbeziehungen, d.h. sie setzt sich mit Fragen auseinander, wie gut sich eine Person basierend auf ihrer Erfahrung an neue Situationen anpassen kann. Der
Auslandsaufenthalt
Kommunikationsaustausch
von Fach- und zwischen
Führungskräften bewirkt
den
Know-how-Trägern.
einen
verbesserten
Die
zunehmende
Internationalisierung der Unternehmen verlangt nach dem Instrument einer international
" Vgl. Ausführungen
in Kapitel
5.4.2.2.
Know-how-Architektur
187
orientierten Personalentwicklung [Wirt96. Seite 201 ff.]. Die Experten müssen lernen, die kulturellen Unterschiede der Partner zu tolerieren und individuelle Wertvorstellungen anderer Kulturen zu akzeptieren. Im Zuge der Vernetzung weist das Anforderungsprofil des Experten nicht nur fachliche und methodische Kompetenz auf, sondern es kommt auch auf die Bedeutung der sozialen Fähigkeiten an. Der Austausch von Know-how über kulturelle Grenzen hinweg [Berg96a] bewirkt die Erweiterung des persönlichen Erfahrungswissens, indem der eigene Wissenshorizont sich ausweitet und die Orientierung in fremden Systemen erleichtert
wird.
Bergemann/Sourisseaux
stellen
das
Postulat,
daß
Unternehmen
„internationale Mitarbeiter" auswählen müssen [BeSo96. Seite 141]; im engen Sinne ist ein sogenannter Euro-Manager gefragt.
Das MIT 82 hat eine Initiative namens ,.Inventing the Organization of the 21st Century" zusammengestellt, um mehr Kenntnisse über zukünftige Organisationsformen zu erlangen. Die Gründungsdirektoren Malone und Morton führen die Veränderungen in der Gesellschaft auf die Faktoren der Informations-, der Kommunikations- und Koordinationstechnologie zurück, wobei „the future belongs not to those who are buffeted by change, cautiously adapting to it as needed, but to those with the foresight to recognize the potential offered by the very changes that others find so unsettling" [MaMH96. Seite 7]. Bei der Entwicklung von Netzwerken muß insbesondere die informelle Struktur des Unternehmens [KrHa97] analysiert werden, da somit Aussagen unabhängig vom formalen Aufbau über das Beziehungsnetz, welches die Mitarbeiter über Funktionsbereiche und Abteilungen zur Bewältigung ihrer Aufgaben benutzen, gemacht werden. Informelle Netzwerke bilden die Kommunikationswege der Experten ab, mit welchen Kollegen bei unerwarteten Problemstellungen ein Dialog eingegangen wird. Es können drei Arten von informellen Netzwerken unterschieden werden: ratsuchende Netzwerke für Problemlösungen („advice network"), Vertrauensnetzwerke („trust network") und Kommunikationsnetzwerke („communication network"). Diese Formen helfen den Managern „understand the networks that once eluded them and leverage these networks to solve organizational problems" [KrHa97. Seite 38]. Im Kontext der Know-how-Thematik korrespondiert der Ansatz der informellen Netzwerke mit dem Gedanken, daß der Knowhow-Engineer das jeweilige Erfahrungswissen der Know-how-Träger mittels Mind-Mapping vernetzt
und
sich
dabei
an
dem
Unternehmensstrukturen orientiert.
s2
MIT = Massachusetts
Institute of Technology
intuitiven
Wissen
und
nicht
an
bestehenden
Know-how-Architektur
¡88
Die Entwicklung der Know-how-Netze
konzentriert
sich nicht nur auf
Verbindungen
zwischen internen Mitarbeitern, sondern auch auf die Beziehungen zu externen Partnern [BeHi96; Segi96], Mintzberg et al. [MDJW96] bezeichnen die erste Einteilung als eine „intraorganizational" Zusammenarbeit und verstehen darunter die Kommunikation innerhalb eines Unternehmens. Dieser Typus wird durch eine „interorganizational"
Konstruktion
ergänzt, indem es beispielsweise zu einer Zusammenarbeit mit Kunden, Lieferanten, der Regierung oder mit Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen k o m m t . Know-how-Netze müssen sowohl inter- als auch intrabetriebliche
Strukturen berücksichtigen.
Ashkenas et al. [AUJK95] argumentieren, daß eine „boundaryless Organization" nur dann entstehen kann, wenn vier Grenzen überwunden werden: •
Vertikale
Grenzen
(„vertical boundaries") beziehen sich auf interne Unternehmens-
strukturen und manifestieren sich in hierarchischen Organisationsformen, welche durch Determinanten wie Titel, Position und Privilegien bestimmt sind. •
Horizontale
Grenzen
(„horizontal boundaries") können zwischen Produktlinien
oder
organisatorischen Funktionsbereichen existieren. •
Externe
Grenzen
(„external boundaries") entstehen an der Schnittstelle zu
anderen
Unternehmen oder zur Außenwelt. •
Geographische
Grenzen
(„geographic boundaries") Hegen vor, wenn Unternehmen in
unterschiedlichen Märkten und Ländern agieren. Gute und innovative Ideen werden häufig isoliert betrachtet und vernachlässigen den Lerneffekt durch die Berücksichtigung von Erkenntnissen anderer Länder. Die Überbrückung von lokalen Nachteilen für ausländische Firmen kann durch die Akquirierung von Wissen über ein Joint Venture erfolgen [MaDe96],
Die Überwindung
dieser Grenzen führt zu einem grenzenlosen
Unternehmen.
Ohmae
[ 0 h m a 9 0 ] prägt den Terminus der „Interlinked Economy (ILE)" und zwar der Triade Amerika, Europa und Japan, welche impliziert, daß die ILE eine Gesamtheit
für die
Verrichtung der Geschäfte darstellt. Naisbitt greift acht Verschiebungen im asiatischen R a u m auf, wobei eine der Veränderungen die Entwicklung von Nationalstaaten („nation-states") zu Netzwerken („networks") umfaßt [Nais96. Seite 17ff.]. Zukünftig übt China eine dominante Position aus, wobei sich Unternehmensnetzwerke bilden, in welchen die Determinante der Individualität bestimmend ist. Naisbitt verwendet den Begriff „Chinese Overseas", welcher
Know-how-Architektur
189
ein dezentralisiertes, pan-asiatisches, globales, und familien- und
bildungsorientiertes
Netzwerk darstellt. Damit China ein technologisch fortschrittliches Land wird, müssen junge und kreative Wissenschaftler sowie Ingenieure ausgebildet werden [Kwan98. Seite 10].
Die Vernetzung mit externen Partnern fuhrt zur Vereinigung von verteiltem Wissen. Der Know-how-Transfer weist eine Vielzahl verschiedener Formen auf. Eine Variante ist, daß ein Industrieland sein Know-how einem Entwicklungsland zur Verfügung stellt. Für die hochtechnologisierte Nation liegen die Kenntnisse offenkundig für alle Wettbewerber dar, während aus der Perspektive des Entwicklungslandes der Erwerb von einem geheimen Knowhow zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen führt. Beim Know-how-Transfer müssen zwei Komponenten erfüllt sein, indem neben der Übertragung von technischem Wissen auch ein Management-Know-how-Transfer
stattfindet
[YaCa89. Seite 72ff.]. Der Einsatz
von
Informations- und Kommunikationstechnologien in Entwicklungsländern unterstützt die Verwirklichung von Zielen wie Demokratie, Wirtschaftswachstum und politischer Stabilität, da eine vernetzte Infrastruktur die Zusammenarbeit erleichtert [Garc96],
Eine weitere Möglichkeit des Know-how-Transfers besteht in der Zusammenarbeit von Forschungs- und Entwicklungsabteilungen [Medc96]. Medcof unterscheidet zwischen einer internen und einer externen Form der Zusammenarbeit. Die erste Variante impliziert, daß Forschungs- und Entwicklungsabteilungen
eines Unternehmens
mit
unterschiedlichen
Standorten kooperieren. Die komplexere Art umfaßt die externe technologische Vernetzung, welche die Kooperation mit multiplen Partnern beinhaltet, wobei die Kommunikation insbesonders durch die Informationstechnologie gewährleistet wird. Laut Medcof muß das langfristige Ziel
in einer
Informationstechnologie, einheitliches
ein
Harmonisierungsstrategie gemeinsames
Kulturverständnis
aufgebaut
Human
liegen, Resource
werden.
Es
indem eine
gemeinsame
Management entstehen
und
ein
sogenannte
„supraorganisationale" Entitäten, wobei die „supraorganizational entity evolves over time, taking on different hues from different industries and from different national origins of principal players" [Medc96. Seite 52]. Die Unternehmen müssen die Herausforderung meistern,
die
Vision
eines
externen
Netzwerks
mit einer
Vielzahl
unterschiedlicher Nationen zu implementieren. Das Unternehmen „Intel"
*J Internet-Adresse:
http://www.intel.com;
Intel Corporation
gleichzeitig ein Anbieter von Computer-, Netzwerk- sowie
ist ein internationaler Kommunikationsprodukten.
81
von
Partnern
bewerkstelligt
Chip-Produzent
und
190
Know-how-Architektur
beispielsweise den Technologietransfer [Scho96. Seite 27], indem das Forschungsteam den entwickelten Prototyp zur Evaluierung dem Management, der Marketingabteilung sowie den Entwicklungsexperten vorlegt. Es findet ein zweiseitiger Technologietransfer statt, da sowohl die Forschungs- als auch die Entwicklungsabteilung über Verbesserungen und zukünftige Unternehmenstrategien kommunizieren. Diese informelle Demonstration des fördert den Know-how-Austausch
zwischen unterschiedlichen Experten und
Prototypes integriert
verschiedene Meinungen, Kenntnisse und kreative Ideen.
Eine
andere
Perspektive
Entwicklungsabteilung
stellt
der
Transfer
mit der Marketingabteilung
zwischen
der
Forschungs-
und
dar. Eine Studie, durchgeführt bei einer
kanadischen Telekommunikationsfirma [LaHé96], untersucht die mangelnde
Integration
beider Wissensbereiche. Zur Gewährleistung einer optimalen Verteilung zwischen beiden Abteilungen muß ein Doppeltransfer geschaffen werden, indem der
Marketingbereich
Informationen über Kundenwünsche und Wettbewerber an die Netzbetreiber weiterleitet. Gleichzeitig sollte sich die Forschungs- und Entwicklungsabteilung verpflichten, Kenntnisse über technische Restriktionen, welche den after-sales Service und die Verkaufspreise beeinflussen,
den
Marketingmanagern
Unternehmensphilosophie
bietet
mitzuteilen.
die Möglichkeit
Eine der
auf
Teamarbeit
Erlangung
eines
basierende
„bidirectional
information transfer and symbiotic interrelation, i.e., mutual involvement in each others' new service implementation activities" [LaHé96. Seite 164]. Die fehlende Bereitschaft, Wissen an andere Experten zu verteilen, läßt sich beispielsweise auch in der pharmazeutischen Industrie feststellen [Cern96]. Das Verkaufspersonal muß lernen, kritische Informationen untereinander auszutauschen und gegenüber Mitbewerbern als Expertenteam aufzutreten. Die Herausforderung für Unternehmen besteht darin, die Fertigkeiten der Experten in einem Team zu vereinen, um den Know-how-Transfer zu fördern.
Nicht nur auf unternehmerischer, sondern in zunehmendem Maße auch auf internationalakademischer Ebene findet ein Know-how-Transfer statt, indem Wissenschaftler und Studenten in Forschungslaboratorien der Industrie arbeiten [Fole96]. Bei der Form des Technologietransfers von der Universität zur Industrie ist es wichtig, daß die Forscher den gesamten Entwicklungszyklus eines Produktes miterleben und somit die Auswirkungen kennen,
wie
der
entwickelte
Prototyp
verändert
wird.
Andererseits
muß
sich
der
Weiterbildungsmarkt öffnen, indem über Landesgrenzen hinaus Kooperationen mit anderen Hochschulen eingegangen werden [Mont97],
Know-how-Architektur Bei jeder Art des Know-how-Transfers darf die Komponente des Faktors Vertrauen
191 nicht
vernachlässigt werden. Diese Beziehung beruht auf einem wechselseitigen Vertrauensverhältnis zwischen dem Know-how-Manager und den Know-how-Trägern. Die Experten stellen dem Unternehmen
ihre Fertigkeiten zu Verfügung und verlangen dafür eine
Arbeitsumgebung, welche ihr individuelles Potential bestmöglich zur Entfaltung bringt [Geus97. Seite 118ff.]. Sowohl inter- als auch intraorganizationale Teams werden nur dann erfolgreich untereinander kommunizieren, wenn sie gelernt haben, sich gegenseitig Vertrauen zu schenken [Hand95], Gleichzeitig müssen Unternehmen sich auch der Probleme und Gefahren bewußt werden, daß durch den Kanal der Ressource Mensch Know-how abfließen kann und in die Hände der Konkurrenz gelangt. Es muß deshalb das Bestreben von Unternehmen sein, protektionistische Maßnahmen zu treffen, um das individuelle Know-how der Experten zu bewahren. Die Unternehmensberatungsfirma Arthur D. Little entwickelte eine sogenannte
„Know-how-Protection-Policy"
[KaZi92. Seite 53] am Beispiel
der
Automobilindustrie, um einen bestmöglichen Schutz des Know-hows zu gewährleisten. Unternehmen müssen ihr Know-how gegenüber Kunden und Wettbewerbern bewahren, allerdings auf interner Ebene für eine angemessene Verteilung des „tacit knowledge" der Experten sorgen [Will96],
Eine Reflexion der bisherigen Ausführungen (aktueller Literaturstand) zeigt, daß die gesamte Diskussion über die Bedeutung der Vernetzung primär auf der strategischen bzw. der MetaEbene geführt wird, jedoch die Komponente einer methodischen bzw. werkzeugmäßigen Unterstützung vernachlässigt wird. Dem Gedanken der Vernetzung kann aber nur dann zum Durchbruch verholfen werden, wenn es gelingt, geeignete Methoden die letztlich in Werkzeugen bereitgestellt werden, zu entwickeln und einzusetzen. Der Kern des folgenden Kapitels besteht in einem operativen Vorgehen zur Implementierung von Know-how-Netzen. Durch dieses Vorgehen wird versucht, das oben angeführte Gap zu verkleinern.
5.6.3.
Erstellung von Know-how-Netzen
Die Abbildung „Arbeitsschritte im Prozeß der Vernetzung" zeigt die einzelnen Prozeduren, welche der Know-how-Engineer durchführen muß.
Know-how-Architektur
192
Ja
C
f V o iiiständige l Know-how-Netze für die definierte \ Problemstellung J
Abbildung 34: Arbeitsschritte im Prozeß der Vernetzung
5.6.3.1. Definition der Problemstellung (1. Arbeitsschritt) Der Prozeß der Vernetzung wird durch eine problemlösungsorientierte
Vorgehensweise
determiniert. Ein Kunde trägt sein individuelles Problem an das Unternehmen heran. Das Ziel des Vernetzungsprozesses ist die Bildung von Know-how-Teams, welche das vom Kunden geäußerte Problem adäquat lösen. Das menschliche Wissen und der Vorgang des Problemlösens beeinflussen sich gegenseitig. Das Lösen eines Problems kann beschrieben werden als der Übergang von einem Wissenszustand zu einem anderen Wissenszustand, wobei die Repräsentation des Problems mittels Symbolen als Unterstützung dient [Ande89. Seite 190f.]. Als Ausgangspunkt des Problemlösens stehen einem Individuum eine Vielzahl verschiedener Möglichkeiten zur Modifikation und Veränderung seines Know-hows offen. Es gehört zur Eigenart eines Problems, daß es zielgerichtet ist und aus drei Schritten besteht [Putz88. Seite 247]:
Know-how-Architektur
193
1. einem Anfangszustand, 2. einem erwünschten, aber noch nicht erreichten Zielzustand und 3. einer Barriere, welche die Transformation des Anfangs- in den Zielzustand verhindert.
Damit das Ziel erreicht wird, müssen dem Problemloser eine Fülle von Informationen in bezug auf verfügbare Bedingungen und Problemlösungskonzepte zur Disposition stehen, denen er aus seiner Sicht einen Sinn zuordnet. Um zu einem Ergebnis zu gelangen, muß das deklarative und prozedurale Wissen eingesetzt werden, das zusammenfassend als Speicherung epistemischer Strukturen kodiert ist. Der richtige Einsatz des Wissens kann zur Folge haben, „daß mehr als eine Handlung zu einem der Ziele führen kann" [WiF189. Seite 49]. Die Knowhow-Träger haben die Aufgabe, den vom Kunden gewünschten Zielzustand zu erreichen und müssen das Ziel verwirklichen, vorhandene Wissensschranken zu überwinden. Es müssen Netzwerke mit Problemlosem aufgebaut werden, welche die relevanten Wissensteile zur Lösung bereitstellen. Durch die Zusammenarbeit 84 mit anderen Experten können Synergien genutzt werden, welche zu gemeinsamen Vorteilen führen [Huxh96. Seite 1 ff.], denn „collaborative advantage will be achieved when something unusually creative is produced" [Huxh96. Seite 14],
Der Vorgang, wie es zu einer Problemlösungszusammenarbeit kommt, vollzieht sich in drei Schritten, welche unabhängig von der definierten Problemstellung gelten [Gray96. Seite 61]: 1. Einer Problemanfangsphase („problem-setting phase"), in der sich die wichtigsten Personen versammeln und eine gemeinsame Zustimmung für den Wissensaustausch abgeben. 2. Einer richtungsweisenden Phase („direction-setting phase"), in welcher die beteiligten Experten das Problem tiefgehend diskutieren und Alternativen erörtern. 3. Einer Implementierungsphase („implementation phase"), in welcher die Vorgehensweise zum Gelingen der Zusammenarbeit durchgeführt wird.
s4
Huxham verwendet den Terminus „collaboration"
und versteht darunter: „Kollaboration'
is taken to imply a
very positive form of working in association with others for some form of mutual benefit" [Huxh96. 7J. Für den Begriff Zusammenarbeit (alliance), verwendet.
Partnerschaften
werden synonyme Terminologien wie Netzwerke (network),
fpartnership),
Koalitionen
(coalision)
sowie Kooperationen
Seite
Allianzen
(co-operation)
194
Know-how-Architektur
Je nach Art der Zusammenarbeit - sei es ein Disput über Umweltfragen oder eine Forschungsund Enwicklungspartnerschaft - variiert die Dauer und die Bedeutung der jeweiligen Schritte, wobei diese sich im Zeitablauf auch überschneiden können.
Der problemlösungsorientierte Ansatz wird auch von Leonard-Barton [Leon95] reflektiert. Innovationen ergeben sich durch Aktivitäten basierend auf den Fertigkeiten der Mitarbeiter. Die Entstehung von Wissen wird in einem Kreislaufmodell abgebildet. Am Beginn steht die gemeinsame kreative Problemlösung Integration eigenen
und Implementierung Fähigkeiten
Experimentierens. Organisationen.
und
zur Entwicklung von neuen Produkten, welche in die
von neuen Technologien
kreativen
Ideen
zu
sowie Methoden
bestätigen,
folgt
mündet. U m die der
Prozeß
Der Kreislauf schließt sich unter Einbeziehung von Wissen aus
des
anderen
Im Modell beziehen sich die ersten drei Prozesse auf interne Vorgänge,
während der letzte Schritt die externe Perspektive umfaßt. Der
Problemlösungsprozeß
[Leon95. Seite 59ff.] muß nach Leonard-Barton so gestaltet sein, daß die kreativen Mitarbeiter nicht in bekannte Gedankenmuster verfallen, welche sie sich über einen langen Erfahrungszeitraum angeeignet haben. Die Know-how-Träger müssen eine „open-minded" Philosophie verfolgen, indem sie Lösungsvorgänge von anderen Disziplinen zu
ihren
speziellen Kenntnissen hinzuziehen. Eine Barriere ist im kognitiven Ansatz zur Lösung von Problemen begründet. Dies bedeutet, in Abhängigkeit der Charaktereigenschaften
der
Experten wird das Ergebnis des Lösungsprozesses determiniert. Die individuelle Vorliebe für die Anwendung einer bestimmten Methode oder Technologie wirkt sich ebenfalls auf das Vorgehen des Teams aus. Aus diesem Sachverhalt erwächst für den Know-how-Engineer die Aufgabe, die angelernten Denkmuster der Experten zu verändern, denn die „individual and organizational creativity is limited by background, training, and personal preferences in approach to problem solving" [Leon95. Seite 89],
Setzt man den Prozeß der Vernetzung
in Relation
zum Prozeß der Vorstudie,
der
Identifikation und der Adaption bezüglich des Problemlösungsverhaltens im Unternehmen, so findet im zunehmenden Maße eine Konkretisierung der Problemstellung statt. Parallel zu diesem Vorgang werden die individuellen Mind-Maps der Experten verfeinert, denn der Prozeß der Vernetzung kann um so vollständiger erfolgen, je detaillierter die Mind-Maps in der Know-how-Datenbank abgelegt sind. Die Abbildung ,Problemlösungstrichter" legt die Relevanz der einzelnen Prozesse im Kontext der Definition der Problemstellung grafisch dar.
Know-ho w-A rchitektur
195
Prozeß der Vorstudie 00
Ä
§ e Hu .a 3
Prozeß der Identifikation
Í
Prozeß der Adaption
i
Abbildung 35: Problemlösungstrichter
Im Prozeß der Vorstudie wird durch die Unternehmensführung der Unternehmenszweck festgelegt, welcher in der Determinierung und Adaption der Know-how-Träger mit ihrem Problemlösungspotential mündet. Der höchste Konkretisierungsgrad der Problemstellung wird im Prozeß der Vernetzung erzielt, da sich Know-how-Netze für Problemlösungen formieren. Die einzelnen Netzknoten setzen sich aus Problemlosem zusammen, welche über die benötigten Know-how-Komponenten verfügen.
5.6.3.2. Entwicklung der Know-how-Netze (2. Arbeitsschritt) Im
zweiten
Arbeitsschritt
des
Vernetzungsprozesses
wird
die
höchste
Stufe
der
Konkretisierung erreicht. Dies bedeutet, daß für jede Problemstellung ein einzigartiges Netz entsteht, dessen Intention auf die individuelle Lösung der Aufgabe ausgerichtet ist. Für jede formulierte Problemstellung
muß der Know-how-Engineer ein neues
Know-how-Netz
definieren und zwar basierend auf den einzelnen gespeicherten Mind-Maps in der Know-howDatenbank. Der Aufbau des Know-how-Netzes erlaubt beliebig viele veränderbare Strukturen zu formen, damit Problemlösungen generiert werden können, welche dem Kunden den optimalen
Wirkungsgrad
gewährleisten. Die Know-how-Netze
variieren einerseits
im
Zeitablauf und andererseits in der Zusammensetzung der Know-how-Träger. Der Terminus des Know-how-Netzes wird in dem Sinne verwendet, daß Know-how-Träger für die Bewerkstelligung einer Problemstellung koordiniert werden. Know-how-Netze verlangen
Know-how-Architektur
196
danach, daß Gedankenstrukturen der Know-how-Träger verbunden werden. Dies bedeutet, Know-how-Netze
gehen
weit
über
den
Informationsaustausch
hinaus,
denn
nicht
Informationen, sondern Know-how wird vernetzt. In Abhängigkeit der epistemologischen und kognitiv-individualistischen Dimension 85 von Know-how nimmt die Ressource Information eine Vorstufe in der Entwicklung von Know-how ein. Venkatraman spricht von „knowledge networks" 86 und hebt hervor, daß die Herausforderung nicht in informationsbasierten Transaktionen liegt, sondern
im Austausch von Fertigkeiten der Experten, denn „the
challenge here is not information-based transaction but the effective interpretation and understanding of the complex meanings through the deployment of .knowledge networks'" [Vent91. Seite 144]. Im Kontext der Know-how-Architektur verwirklichen Know-how-Netze den Gedanken, daß das „tacit knowledge" der Experten zur individuellen Problemlösung vernetzt wird und die Voraussetzung fur die Transformation eines Know-how-Unternehmens geschaffen wird.
Die Know-how-Architektur ist nicht durch eine informationsorientierte Sichtweise geprägt, sondern
wird
von einem
Know-how-orientierten
Vorgehen
bestimmt.
Aufgrund
des
Sachverhaltes, daß Know-how als eine Unternehmensressource betrachtet wird, welche identifiziert, bewertet, kodifiziert und zur Anwendung gelangt, kann laut Klein von der Disziplin „knowledge engineering" gesprochen werden [Klei98. Seite 170ff.]. Unternehmen, welche die Expertise der Mitarbeiter nutzen wollen, „could use knowledge engineering to create a culture of expertise. We can use cognitive task analysis to perform knowledge engineering" [KIei98. Seite 171]. In bezug auf die Know-how-Architektur kann von einem Know-how-Engineering
ausgegangen werden, welchem der Gedanke immanent ist, daß das
kreative und intuitive Experten wissen mittels der kognitiven Methode Mind-Mapping zu Know-how-Netzen verbunden wird. Die Experten besitzen aufgrund ihrer mentalen Modelle im Gegensatz zu Novizen - die Fertigkeit, ein Gesamtbild zu formen, wobei sowohl implizite als auch explizite Assoziationen berücksichtigt werden müssen [Debe98. Seite 17]. Die detaillierten
Schritte
für
die
Implementierung
von
Know-how-Netzen
und
ihr
85
Vgl. Abbildung ..Dimensionen von Know-how"
s6
Kobayashi verwendet den Terminus „knowledge network", um „to denote a set of nodes together with the links connection the nodes. The nodes in a knowledge network take the discrete form of human such as towns, cities, or metropolitan
regions" {Koba95. Seite 132.]. Eine Eingrenzung
„knowledge network" auf wissenschaftliches
settlements
des Begriffes
Wissen ist bei Beckmann zu finden [Beck95. Seite 159].
Know-ho w-A rchitektur
197
korrespondierender Output symbolisiert Abbildung „Prozeß der Entwicklung von Know-howNetzen".
Abbildung 36: Prozeß der Entwicklung von Know-how-Netzen
Ausgangspunkt der Implementierung des Know-how-Netzes ist das für die Problemstellung benötigte Know-how in der Know-how-Datenbank zu eruieren und aufzulisten. Der Knowhow-Engineer muß in der Datenbank recherchieren, um das relevante Know-how der Experten zu determinieren und um die Lösung der Probleme zu gewährleisten. Für eine in der Know-how-Datenbank gefundene Know-how-Komponente können n-Tupel von ähnlichen Strukturen vorhanden sein, da sich dieser Sachverhalt aus der Theorie des Mind-Mappings ableitet. Das Ergebnis der Recherche ist eine Liste von Mind-Maps, welche die individuellen Assoziationen beinhalten. Die einzelnen Mind-Maps werden miteinander verbunden. Der
Know-how-Architektur
198
Vorgang der Verknüpfung beruht auf dem Einfügen von künstlichen
Verbindungen
(„artificial
connections"). Im Gegensatz zu den natürlichen Denkstrukturen, welche in den Mind-Maps zum Ausdruck
kommen,
dienen die künstlichen Verbindungen
mehrerer Mind-Maps zu einem Netz. Dies bedeutet, daß
dem Zusammenfügen
künstliche Verbindungen vom
Know-how-Engineer eingeführte Konnexionen sind, um eine Vielzahl von Mind-Maps zu vernetzen. Auf der Basis von Mind-Maps entstehen Know-how-Netze. Diese repräsentieren die intuitiven und kreativen Gedankenstrukturen der Experten. Es müssen auf Methoden der Adaption 87 wie der Inhaltsanalyse und der Thesauruserstellung zurückgegriffen werden. Das für die Problemstellung benötigte Know-how muß durch die Einfügung von künstlichen Verbindungen zu einem Know-how-Netz transformiert werden, wobei es sich um eine inhaltliche Konnexion handelt.
Über die Art des Know-how-Transfers müssen Aussagen getroffen werden, indem die künstlichen Verbindungen detailliert werden. Der Know-how-Engineer bedient sich für die Konkretisierung
der
Verbindungen
des
Hilfsmittels
des
Konnektoren-Thesaurus.
In
Anlehnung an den allgemeinen Thesaurus ordnet der Know-how-Engineer den Verbindungen zwischen den Know-how-Trägern und Know-how-Komponenten Synonyme zu.
Außerdem
wird
die
Richtung
des
Know-how-Transfers
festgelegt.
Graphentheorie wird zwischen gerichteten und ungerichteten Graphen Know-how-Netz wird primär durch gerichtete
89
88
Im
Sinne
der
unterschieden. Ein
Graphen bestimmt, da die Richtung des
Know-how-Transfers zwischen den Know-how-Trägern festgehalten wird. Die Know-howNetze können durch zusätzliche Attribute verfeinert werden. Die spezifizierten Know-howNetze sind die Voraussetzung für den Aufbau von Know-how-Teams zur Problemlösung.
" Vgl. Ausfuhrungen Hs
in Kapitel 5.5.4.
Ein Graph G besteht aus einer nichtleeren Knotenmenge V, einer Kanten- oder Pfeilmenge E sowie einer auf E definierten Abbildung to (Inzidenzabbildung),
die jedem Element aus E genau ein Knotenpaar i und j aus
V zuordnet ¡DoDr95. Seite 57 j. " Es ist E eine endliche Menge und T eine Abbildung von E in der Potenzmenge von E. d.h.
r:
E -r> P(E) '
r (')•
dann heißt das Tupel G=(E, D gerichteter Graph [Dink92. Seite 210],
Know-how-Architektur
199
Der Prozeß der Entwicklung von Know-how-Netzen wird im folgenden exemplarisch erläutert. Zu einer Problemstellung eines Kunden hat der Know-how-Engineer in der Knowhow-Datenbank eine Liste des „tacit knowledge" der Experten abgefragt. Aus dieser Aufzählung lassen sich Rückschlüsse auf beispielsweise vier Know-how-Träger (Know-howTrägerl,
Know-how-Träger 15,
Know-how-Träger 18,
Know-how-TrägerA)
feststellen,
welche sich durch die passenden Know-how-Komponenten zur Problemlösung auszeichnen. Die „Problemlösungstabellen" führen die Liste des Know-hows in Verbindung mit den sich ergebenen Mind-Maps der Know-how-Träger an.
Liste der Mind-Maps
Know-how
Know-how-Träger 15 Know-how-Träger 1 Know-how-Träger 18 Know-how-TrägerA
Know-how 15/1 Know-howA/1 Know-how 1/2 Know-how 1/32 Know-how 18/2
Tabelle 7: Problemlösungstabellen
Die beiden Tabellen verweisen auf die Know-how-Komponenten, welche für den Aufbau von Know-how-Netzen notwendig sind, indem das zur Problemstellung relevante Know-how in Relation zu den Mind-Maps gesetzt wird. Aus der Know-how-Datenbank werden die gespeicherten Mind-Maps der Know-how-Träger generiert, welche vernetzt werden müssen und gleichzeitig werden die Mind-Maps mit den detaillierten Know-how-Strukturen aktiviert (vgl. Mind-Map „Know-how-Netz").
Der vom Know-how-Engineer durchgeführte Vernetzungsvorgang ist symbolisch durch die Verbindungen
im
Gedankenstrukturen
Mind-Map der Experten
„Know-how-Netz"
erläutert.
Die
natürlichen
werden durch künstlich eingeführte Verknüpfungen
verbunden. Den künstlicfíén Verknüpfungen müssen spezifizierende Attribute zugeordnet werden wie beispielsweise •
Richtung der Verbindung,
•
Priorität der Verbindung,
•
Stärke der Verbindung,
200
Know-how-A rchitektur
•
Farbe der Verbindung,
•
Sprache der Verbindung.
Die Attributierung definiert die Art der Vernetzung, d.h. die Eigenschaften lassen Aussagen über die Bedeutung der Verbindungen zu.
Know-howl5/l
Mind-Map 13: Know-how-Netz
Zur Bestimmung der Verknüpfung zwischen den Know-how-Trägern kann der Know-howEngineer das Hilfsmittel eines Konnektoren-Thesaurus
verwenden. Der
Konnektoren-
Know-how-Architektur
201
Thesaurus ordnet den künstlichen Verbindungen zwischen den Know-how-Trägern bzw. den Know-how-Komponenten zur Spezifizierung Synonyme zu. Ein Beispiel eines KonnektorenThesaurus zeigt der Terminus „Know-how-Transfer".
®
oo Know-how-Transfer
®
SN
®
RT
(USE O F A M O R E SPECIFIC T E R M T H E T E R M S L I S T E D BELOW) Informationstransfer Datentransfer Kommunikation Verständigung Erfahrungsaustausch Interaktion Kontakt Verbindung Relation Support Verhältnis Kreativer Transfer Bindung Know-how-Übermittlung Wissensvermittlung Handlungswissens-Transfer Ideenaustausch etc.
Durch die Anwendung des Konnektoren-Thesaurus
IS R E C O M M E N D E D - C O N S U L T
Key 1. Array Term 2. Scope Note 3. Related Term
wird das Know-how-Netz
für die
Problemlösung detailliert, indem die Verbindungen inhaltlich determiniert werden. Mind-Map „Spezifizierung
des
Know-how-Netzes"
visualisiert
die
Integration
des
Hilfsmittels
Konnektoren-Thesaurus in das Know-how-Netz.
Die drei künstlichen Verbindungen in Mind-Map „Spezifizierung des Know-how-Netzes" können wie folgt beschrieben werden: (1) Es besteht zwischen Know-how-Träger 15 und Know-how-TrägerA eine gegenseitige Kommunikation zur Erstellung des K n o w - h o w l 5 / l . (2) Der Know-how-Trägerl benötigt zur Erstellung des Know-how 1/2/1 die Unterstützung („support") des Know-how-TrägerA. Es liegt ein einseitig gerichteter Graph vor. (3) Die Verwirklichung des Know-how 1/3/2 und des Know-how 18/2 basiert auf einem Know-how-Transfer zwischen Know-how-Träger 1 und Know-how-Träger 18.
202
Know-how-Architektur Know-howl5/l
Mind-Map 14: Spezifizierung des Know-how-Netzes
Den Output der Erstellung von Know-how-Netzen bildet die Formation von „Know-howTeams" in Form von Mind-Maps. Der Terminus des „Know-how-Teams" beschreibt das Problemlösungsnetz, welches die verschiedenen Know-how-Komponenten und ihre jeweilige Relevanz
beinhaltet,
wobei
sowohl
natürliche
als
auch
künstliche
Verbindungen
zusammenfließen. Das „Know-how-Team" setzt sich aus dem kreativen und intuitiven Erfahrungswissen der Experten zusammen und integriert in Form eines Mind-Maps die
Know-how-Architektur
203
vernetzten Ideen der Experten. In bezug auf das diskutierte Beispiel stellt das Mind-Map „Know-how-Team" den Zusammenhang für die Problemlösung dar. Der Rnow-how-Engineer hat
drei
künstliche
Verknüpfungen
eingeführt, welche
sich
radial
durch
die
drei
Verästelungen (Kommunikation, Know-how-Transfer, support) von dem Zentralproblem verhalten. Auf den weiteren Ebenen des Mind-Maps werden die Know-how-Komponenten der Know-how-Träger angeführt, welche dem Grundsatz der Vernetzung entsprechen. Buzan reflektiert den Gedanken durch die Betonung, daß die Methode Mind-Mapping auch für die Erstellung eines Gruppen-Mind-Maps [BuBu97. Seite 165ff.] geeignet sei, da individuelle Gedankenstrukturen
mit dem Wissen anderer Experten kombiniert
werden, was das
beiderseitige Assoziationsvermögen fördert.
Mind-Map 15: Know-how-Team (Problemlösungsnetz)
Ein Know-how-Team unterscheidet sich im Gegensatz zu einem Team, welches eine physische
Arbeit
verrichtet,
in
Anlehnung
an
Fisher/Fisher
in
vier
wesentlichen
Charakteristika [FiFi98. Seite 65ff.]: (1) Aufgrund des Terminus Know-how handelt es sich um kognitive Prozesse. (2) Ein Know-how-Team besteht aus verschiedenen Spezialisten, welche ihre Fähigkeiten einbringen, denn gefragt ist eine „multi-skilled" Person. (3) Die Mitglieder eines Know-how-Teams können aus unterschiedlichen
Unternehmen
kommen. (4) Die Zusammensetzung des Know-how-Teams verändert sich im Zeitablauf je nach Aufgabenstellung.
Know-how-Architektur
204
Der Erfolg des Know-how-Teams wird durch die Fähigkeit des Know-how-Transfers [FiFi98. Seite 173ff.] innerhalb und zwischen den Teams bestimmt, indem das Handlungswissen zwischen den Experten ausgetauscht wird. Der Nutzen resultiert in der Kommunikation von Erfahrungswissen zur Stimulation von Assoziationen und zur Generierung von neuen Erkenntnissen, indem das eigene kreative Wissen in den Mind-Maps mit anderen Know-howTrägern geteilt wird. Es zeichnet sich der Trend ab, daß „knowledge work teams will be the predominant way to organize work" [FiFi98. Seite 273]. Eine Veränderung der Unternehmen findet statt, indem eine teamorientierte Arbeitsweise verwirklicht
wird,
welche
dem
Individuum die höchste Priorität zuordnet und somit zur Flexibilität und Anpassungsfähigkeit ausgeweitet wird [DrCo96. Seite 7ff.]. Das Charakteristikum der Vernetzung zeichnet Knowhow-Unternehmen aus.
Die Methode Mind-Mapping ist in allen Prozessen der Know-how-Architektur präsent. Diese Methode wird dabei einerseits zur Generierung und Kodifizierung von Know-how-Strukturen sowie andererseits zur Erstellung von Know-how-Netzen verwendet. Dies bedeutet, daß Mind-Mapping eine Methode ausdrückt, welche zwei Strategien gleichzeitig erfüllt: (1) Mind-Mapping wird eingesetzt, um das Know-how der Experten zu generieren und zu kodifizieren, um die Know-how-Datenbank zu erstellen. In diesem Sinne ist MindMapping eine Methode zur Unterstützung von Know-how-Prozessen und kann als Voraussetzung für die Verwirklichung
der Know-how-Architektur
betrachtet werden.
(2) Mind-Mapping wird verwendet, um Know-how-Netze zur Problemlösung zu entwickeln. In diesem verwendeten Sinne stellt Mind-Mapping eine Methode zur Realisierung der Know-how-Architektur dar und ist der Output der Know-how-Architektur. Das Knowhow-Netz ist ein
Mind-Map.
Minsky stellt in seinem Buch „The Society of Mind" [Mins88] ein Konzept vor, welches davon ausgeht, daß die Gedanken („mind") eine Gemeinschaft („society") vieler kleiner Prozesse sind. Für diese kleinen Prozesse verwendet Minsky den Terminus „agent" 90 . Um komplexe Zusammenhänge zu verstehen, müssen zunächst Kenntnisse über die Einzelteile, über die Verbindungen zwischen den Teilen sowie das Zusammenwirken
90
Minsky definiert den Begriff „agent" folgendermaßen:
der
Teile
„Any part or process of the mind that by itself is simple
enough to understand - even though the interactions among groups of such agents may produce that are much harder to understand" [Mins88. Seite 326],
phenomena
Know-how-Architektur
205
vorherrschen. Ein Gesamtverständnis kann nur dann erzielt werden, wenn die „agents" miteinander verbunden werden, dies bedeutet „those agents were linked to one another by a suitable network of interconnections" [Mins88. Seite 25]. Das Konzept von Minsky wird bei der Entwicklung von Know-how-Netzen reflektiert, indem die Problemstellung in einzelne Know-how-Komponenten im Sinne von Sub-Teilen gegliedert wird, um anschließend durch Gruppierungen ein Netzwerk zur Problemlösung zu bauen. Es lassen sich Parallelen zu den in der
Fertigungsindustrie
Erzeugnisstruktur
abbilden
Gozinto-Graphen 91
verwendeten [Sche97.
Seite
107ff,
130f.;
feststellen, Mert69.
Seite
welche
die
141f.].
Die
anschauliche Darstellung der Zusammenstellung eines Know-how-Netzes kann in Form von Graphen erfolgen (vgl. Abbildung „Darstellung der Problemlösungsstruktur").
Abbildung 37: Darstellung der Problemlösungsstruktur
Die Problemstellung wird von mehreren Know-how-Trägern gelöst, wobei deren kreatives Wissen in den einzelnen Mind-Maps determiniert ist. Die verschiedenen Mind-Maps eines Experten unterteilen sich in mehrere Know-how-Komponenten, welche die Äste und ihre Unteräste in den Mind-Maps symbolisieren. Eine Know-how-Komponente kann selber wieder in einem Mind-Map abgebildet werden, weshalb die Form einer zyklischen Darstellung
91
Heinrich/Roithmayr
definieren
den Terminus
Gozinto-Graph
folgendermaßen:
„Ein von A.
Vazsonyi
entwickelter Graph, der angibt, welche Menge eines Teils bzw. einer Baugruppe in eine Baugruppe bzw. in ein Endprodukt direkt eingeht. Die Bez. entstammt dem englischsprachigen into'" [HeRo98. Seite 24If.I.
Sinngehalt .the part that goes
206
Know-how-A rchitektur
erfolgt,
d.h.
eine
Know-how-Komponente
ist
Ausgangspunkt
für
eine
komplexe
Gedankenstruktur.
5.6.3.3. Analyse der Know-how-Netze (3. Arbeitsschritt) Der
Know-how-Engineer
muß
das
ihm
vorliegende
Problemlösungsnetz
auf
seine
Vollständigkeit analysieren und unter Umständen Verfeinerungen vornehmen. Das Ziel der vollständigen Determinierung des Know-how-Netzes wird im Prozeß der Vernetzung durch das Symbol der Schleife repräsentiert. Der Vernetzungsprozeß ist abgeschlossen, sobald eine positive Beurteilung der Detaillierung erfolgt. Die Analyse des Know-how-Engineers kann das Ergebnis beinhalten, daß die Entwicklung eines einzigen Problemlösungsnetzes nicht ausreichend
erscheint, um
Realisierung verbunden
müssen werden.
die Problemstellung des Kunden
mehrere
Problemlösungsnetze
Es entstehen
adäquat
zu
lösen.
(„Know-how-Teams")
„Know-how-Cluster".
Im Kontext
der
Zur
miteinander Know-how-
Architektur vereint ein Know-how-Cluster mehrere Know-how-Teams miteinander, d.h. der Know-how-Engineer vernetzt die natürlichen und kreativen Know-how-Strukturen
der
Experten durch die Verwendung von künstlichen Konnektoren. Diese Know-how-Cluster weisen
die Eigenschaft auf, daß mehrere
Know-how-Cluster
wiederum
verbunden werden können. Das Resultat wird mit dem Terminus
miteinander
„Know-how-Zentrum"
belegt, um anzudeuten, daß ein Konglomerat von mehreren Know-how-Clustern zu einem Netzwerk zusammengefaßt ist. Für die Bildung eines Know-how-Zentrums gelten analog die Prozesse zur Erstellung von Know-how-Netzen, indem in der Know-how-Datenbank nach Mind-Maps recherchiert wird, welche anschließend mittels des Konnektoren-Thesaurus vom Know-how-Engineer verbunden werden.
Im Prozeß der Vernetzung lassen sich somit insgesamt drei Arten von Know-how-Netzen unterscheiden: (1) Know-how-Netze im Sinne von „Know-how-Teams", da die Know-how-Komponenten mehrerer Know-how-Träger mittels künstlichen Konnektoren vernetzt wurden. (2) Know-how-Netze
im
Sinne
von
,JCnow-how-Clustem",
indem
mehrere
„Problemlösungsnetze" zu einem Cluster zusammengefaßt werden. (3) Know-how-Netze im Sinne von ,JCnow-how-Zentren", miteinander vernetzt werden.
wobei mehrere Know-how-Cluster
Know-how-Architektur
207
Der Know-how-Engineer besitzt die Option in Abhängigkeit des Schwierigkeitsgrades der Problemstellung
die drei Arten der
Vernetzung
zu
kombinieren
und
zu
variieren.
Problemloser können somit Know-how-Träger, Know-how-Teams, Know-how-Cluster oder ein
Know-how-Zentrum
sein. Die Gesamtheit
der
Netzknoten
bildet
das
Problem-
lösungspotential des Unternehmens. Die Know-how-Architektur ist durch die Evolution der Organisationsstrukturen zu einer problerrüösungsorientierten Vorgehensweise determiniert. Hinter jedem Problemlösungsnetz verbirgt sich ein Mind-Map mit dem schöpferischen Erfahrungswissen der Know-how-Träger. Das Mind-Map „Know-how-Zentrum" visualisiert die drei Formationen.
Mind-Map 16: Know-how-Zentrum
Hargrove [Harg98] prägt den Begriff der kreativen Zusammenarbeit („creative collaboration") und meint damit, daß die mannigfaltigen Perspektiven und Fertigkeiten von Individuen kombiniert werden müssen, damit diese gemeinsam ihr Know-how erweitern und Probleme lösen. Unternehmen müssen eine Atmosphäre schaffen, welche die kreativen Prozesse ihrer
208
Know-how-Architektur
Mitarbeiter fördern, denn es sollen Möglichkeiten offeriert werden, um „creatively connect different views or perspectives with an eye toward creating dramatically new, surprising, even delightful solutions" [Harg98. Seite 187]. Dies kann nur dann realisiert werden, wenn das Netzwerk auf der Basis der Kommunikation, eines Dialogs und eines
gemeinsamen
Verständnisses für die Zielerreichung aufgebaut ist.
Die Implementierung von Know-how-Netzen kann nur erfolgen, wenn Unternehmen eine Know-how-fokussierte
Strategie
verwirklichen. Kirby/Hughes fordern, daß Veränderungen
vollbracht werden, wenn der Einzelne bereit ist, bestehende Konzepte zu überdenken, d.h. es bedarf einer neuen „thoughtware" 92 [KiHu97], Die neue „thoughtware" impliziert für die Know-how-Architektur eine Denkrichtung, in welcher das individuelle und kreative Wissen der Know-how-Träger als Katalysator fur die Entwicklung von Know-how-Netzen fungiert.
5.6.4.
Kundenindividualisierung
Die Zusammenstellung von Know-how-Netzen durch den Know-how-Engineer ermöglicht die Verwirklichung der zweiten Aufgabe im Prozeß der Vernetzung, nämlich die Erfüllung individueller
Kundenwünsche.
Wichtig ist die Koordination der Know-how-Netze
zur
bestmöglichen Realisation der individuellen Bedürfnisse. Bei Massenproduktionen ist das Konzept des Know-how-Unternehmens schwieriger zu realisieren, da als Erfolgsfaktor eine enge Beziehung zwischen dem Know-how-Team und dem Kunden hergestellt werden muß. Know-how-Unternehmen müssen nicht nur die alten Kunden beibehalten, sondern auch neue Kunden gewinnen. Es gilt, sich von den ideenlosen und kundenunfreundlichen Konventionen zu trennen, denn Serviceleistungen stellen einen wesentlichen Faktor dar. Diese neue Denkweise führt zu einer Neuordnung der Wertschöpfungskette, um eine Befriedigung der Kunden zu erzielen [StPB97. Seite 88]. Zwischen dem Know-how-Team und dem Kunden muß ein Meinungsaustausch stattfinden, um die Kundenerfahrungen zu nutzen [BlDe97. Seite 25]. Der Kunde stellt ein wertvolles Gut für das Know-how-Unternehmen dar [JeFr96. Seite 20] und wird in den Prozeß der Problemlösung eingeschlossen, indem das feedback der
92
Der Terminus „thoughtware"
wird definiert als „the collective framework
of thinking,
rooted in the
perceptions and assumptions of the organization's membership, that dictates how the members behave and interact" IKiHu97. Seite 23J.
Know-how-A
209
rchitektur
Kunden in die kreativen Überlegungen miteinfließt, sodaß eine enge Bindung zwischen dem Know-how-Untemehmen und dem Kunden entsteht. Dies bedeutet,
Know-how-Teams
müssen den Input der Kunden berücksichtigen, denn es gilt das Prinzip „develop customers before products" [DaUe96. Seite 76], Der Kunde kauft ein „virtuelles Produkt" [DaMa92, Seite 4], das seinen individuellen Vorstellungen entsprechen wird, wobei zwischen der Auftragserteilung und der Problemlösung der Zeitfaktor ausschlaggebend ist. Diese spezielle Fertigung wird „customizing" genannt [Fisc95. Seite 32f; Mert95], Die Know-how-Netze zeichnen sich im Gegensatz zur Massenfertigung durch das Prinzip der Individualisierung aus. Goldman et al. [GoNP94] legen dar, daß Unternehmen eruieren müssen, welchen Wert die Kunden den unternehmerischen Fähigkeiten und dem Know-how beimessen. Die Anforderungen der Kunden unterliegen einem Wandel, was zur Konsequenz hat, daß die Preise für die individuellen Problemlösungen jeweils angepaßt werden müssen, denn „companies deal with customers as individuals, and pricing reflects the Variation of contextual value experienced by those individuals as customers" [GoNP94. Seite 238],
Um im Wettbewerb bestehen zu können, muß es zu einem Zusammenspiel von Kunden und Lieferanten kommen [Lewi95], indem durch die Formation von Allianzen eine bessere Kundenzufriedenheit erzielt wird. De Rose [Rose94] verwendet den Terminus „Value Network", um zu implizieren, daß nur auf der Basis von Netzwerken die Bedürfnisse der Kunden verwirklicht werden können. Die Leistung der Know-how-Netze besteht darin, die vom Kunden formulierten Erwartungen aufgrund des kreativen Potentials der Experten zu implementieren. Unternehmen integrieren in ihre Know-how-Netze Zulieferer, Produzenten und Händler, welche jeweils ihr Know-how zur Optimierung der Versorgungskette („supply chain") zur Verfügung stellen [PoRe96. Seite 265ff.]. Die Konfiguration von Netzwerken hat für alle Partner den Vorteil, daß die jeweiligen Ressourcen kombiniert werden können und dem Kunden ein maßgeschneidertes Versorgungssystem angeboten wird. Unternehmen müssen allerdings beachten, daß die Zulieferer einerseits die Rolle von Kooperationspartnern und andererseits von Wettbewerbern einnehmen können, wenn sie beispielsweise eine Preisänderung ihrer Produkte vornehmen. Es entsteht die Situation von „co-opetition", indem ein Wechselspiel zwischen Kooperation („Cooperation") und Wettbewerb („competition") erfolgt [BrNa96. Seite
176ff.]. Dies bedeutet
für das Know-how-Unternehmen,
unternehmensspezifisches Know-how kein Ruhekissen ist.
daß
210
Know-how-Architektur
5.7. Prozeß der Implementierung „The greatest difficulty lies not in persuading people to accept new ideas, but in persuading them to abandon old ones." (John Maynard
5.7.1.
Keynes)
Ziel und Aufgabe des Prozesses der Implementierung
Den Input bilden die vom Know-how-Engineer vollständig konstruierten Know-how-Netze für die definierte Problemstellung. Der Prozeß der Implementierung schließt den Regelkreis 93 der Know-how-Architektur und stellt ein Know-how-Unternehmen als Output zur Verfügung. Im Prozeß der Implementierung wird die ganzheitliche Sichtweise der Know-how-Architektur verwirklicht, indem die Diskrepanz zwischen der Identifikation von Know-how-Trägern und der Transformation zu einem Know-how-Unternehmen überwunden wird. Das Ziel des Prozesses der Implementierung
kann wie folgt dargelegt werden:
Es ist das Ziel des Prozesses der Implementierung, Know-how-Netze
in ein Know-how-Unternehmen
Eigenschaft der Know-how-Träger how-Unternehmens
die vom Know-how-Engineer zu überführen,
die
in den Mittelpunkt stellt. Die Strukturierung
erfolgt mit der Methode Mind-Mapping.
Netze berücksichtigen
welches
entworfenen
Die implementierten
die gesamte Bandbreite der Kreativität der
kognitive des KnowKnow-how-
Know-how-Träger.
Die Implementierung zeichnet sich durch einen dynamischen Charakter aus, indem eine ständige Überprüfung stattfinden muß, ob mittels des Einsatzes der Methode Mind-Mapping der erreichte
Ist-Zustand
dem
gewünschten
Sollzustand
entspricht.
Der Prozeß
der
Implementierung zeichnet sich durch zwei Aufgaben aus: (1) Die Durchführung der Transformation zu einem Know-how-Unternehmen. (2) Die ständige Aktualisierung der Know-how-Architektur.
Aufbauend auf den Aufgaben lassen sich die Arbeitsschritte im Prozeß der Implementierung ableiten (vgl. Abbildung „Arbeitsschritte im Prozeß der Implementierung").
93
Vgl. Ausführungen in Kapitel 5.1.2.
Know-how-Architektur
211
Abbildung 38: Arbeitsschritte im Prozeß der Implementierung
5.7.2.
Implementierung des Know-how-Unternehmens (1. Arbeitsschritt)
Es ist die Aufgabe des Know-how-Engineers die Implementierung des Know-how-Teams, der Know-how-Cluster sowie der Know-how-Zentren zu realisieren. Dieser Prozeß wird von der Schaffung einer geeigneten Infrastruktur dominiert. Der Know-how-Engineer muß das Unternehmen in Form einer Mind-Mapping-orientierten Struktur verändern. Dieser Aussage liegt der Gedanke zugrunde, daß das Know-how-Team, die Know-how-Cluster sowie die Know-how-Zentren
auf
Mind-Maps
beruhen.
Das
organisatorische
Gerüst
muß
die
Implementierung von vernetzten Know-how-Gedanken gewährleisten. Die Know-how-Architektur beansprucht nicht nur einen Wandel des unternehmerischen Denkens,
sondern
personalwirtschaftlichen
führt
auch
Maßnahmen.
zu
organisatorischen
Veränderungen
sowie
zu
Die Vernetzung der Know-how-Träger verlangt nach
Rahmenbedingungen, welche die Zusammenarbeit von Experten sowohl innerhalb als auch außerhalb der Unternehmensgrenzen ermöglichen. Die Neuorganisation des Unternehmens bewirkt eine Veränderung in der Arbeits- und Sozial weit, welche den Experten die
Know-how-Architektur
212
Möglichkeit der Flexibilität, der Entfaltung der Kreativität, der Problemlösungsfahigkeit und des Lernens einräumt. Die Regelgröße stellt das Individuum dar, welches dem Unternehmen eine Know-how-basierte Leistung zur Verfügung stellt. Mittels der Informations- und Kommunikationstechnologie besteht zusätzlich die Möglichkeit, daß die Arbeit aus der Ferne („tele") erledigt wird. Es entsteht die neue Arbeitsform der „Telekooperation", welche in die Dimensionen
Telearbeit,
Telemanagement
sowie Teleservice
unterteilt
ist
[ReMö97;
PÍRW98], Wenn sich ein Unternehmen für die Einführung von Telearbeit entscheidet, erscheint es sinnvoll, ein Konzept auszuarbeiten. Bereits in der Anfangsphase ist der Betriebsrat zu integrieren, um die jeweiligen Vorteile und Nachteile zu diskutieren [Seim97. Seite 52ff.]. Gleichzeitig wird sich die Rolle der Gewerkschaften verändern, indem sie die Interessen derjenigen Arbeitnehmer vertreten, welche in die neuen Beschäftigungsverhältnisse eingebunden sind [Fisc97. Seite 121ff.]. Die Gewerkschaften übernehmen eine beratende Aufgabe und verstehen sich als Dienstleister, welche sich sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene für rechtliche Rahmenbedingungen engagieren.
Die Know-how-Vernetzung stellt den festen Arbeitsplatz zur Disposition, denn die Experten bieten in Abhängigkeit der Problemdefinition ihr Handlungswissen dem Know-how-Team an. Ferner können „virtuelle Teams" 9 4 [LiSt97] entstehen, indem sich die Verrichtung der Arbeit unabhängig von dem Ort, von der Zeit und den Unternehmensgrenzen unter Benützung der Informations- und Kommunikationstechnologie vollzieht. Nach Lipnack/Stamps hängt der Erfolg von virtuellen Teams von face-to-face Besprechungen ab, um eine natürliche Atmosphäre zu erzeugen [LiSt97. Seite 137ff.].
Die Aufgabe des Know-how-Engineers mit seinem Projektteam ist dann abgeschlossen, wenn die Einführung der Know-how-Netze verwirklicht ist. Den Output bildet ein Know-howUnternehmen. Allerdings ist der Prozeß der Realisierung der Know-how-Architektur nicht abgeschlossen, da sich eine Vielzahl von neuen Aufgaben und Herausforderungen stellt: 1. Bildung
einer unternehmensinternen
Know-how-Projektgruppe.
Bislang übernahm der
Know-how-Engineer in seiner Funktion des externen Beraters die Koordination und Organisation der Know-how-Träger. Nach Abschluß seiner Tätigkeit müssen sich die Führungskräfte fragen, ob eine unternehmensinterne Know-how-Gruppe zu initialisieren ist. Es ist zu überlegen, ob die Lenkung der Gruppe dem jetzigen Know-how-Engineer
94
Internet-Adresse:
http://www.netage.com
Know-how-Architektur
213
übertragen werden soll. Im Zuge der Umstrukturierung wäre es von Vorteil, über die Erweiterung des Vorstands um das Ressort,.Know-how-Engineering" zu diskutieren. 2. Investitionen Lernens
in die Aus- und Weiterbildung der Know-how-Träger.
ist essentieller
Bestandteil
der
Know-how-Architektur.
Der Prozeß des Daher
muß
die
individuelle Lebenszykluskurve eines Know-how-Trägers beachtet werden. Zukünftig ist es wesentlich, sein intuitives Wissen zu erneuern und zu erweitern. Diese Erkenntnis wird eine Schlüsselfunktion im Leben des Einzelnen haben. Das Wissen von heute kann morgen bereits veraltet sein. Dieses Ziel verlangt dem Individuum ein hohes Maß an Energie und Selbstdisziplin ab, da es bereit sein muß, sein kreatives Prozeßdenken auszubauen. 3. Angebot an Mind-Mapping Seminaren. Die Mitarbeiter müssen die Option haben, diese Methode zu erlernen beziehungsweise zu verfeinern.
Der Bedarf an Querdenkern, welche mit Denktraditionen brechen, kann nur gedeckt werden, wenn bildungspolitische Veränderungen erfolgen. Es muß zu einem Abbruch der Vermittlung von lexikalischen Erkenntnissen kommen und somit der Anstoß zur Entwicklung von unkonventionellen Losungen erfolgen. Den Primat besitzt die Weiterentwicklung, der Transfer und die Erneuerung von Know-how, wobei Mind-Mapping dabei eine Methode zur Förderung des vernetzten Denkens ist.
5.7.3.
Aktualisierung der Know-how-Architektur (2. Arbeitsschritt)
Der zukünftige wirtschaftliche Bedarf an Know-how-Trägern ist zu ermitteln, damit das Know-how-Unternehmen
langfristig
dem
Kunden
individuelle 95
Verfügung stellen kann. Diese Aufgabe erfüllt das Controlling
der
Problemlösungen
zur
Know-how-Architektur,
indem der Regelkreis auf Abweichungen zwischen dem Ist-Wert und dem Soll-Wert überprüft wird, d.h. das Know-how-Gap soll minimiert werden. Es muß eine Balance zwischen der Nachfrage und dem Angebot an kreativen Personen geschaffen werden. Der
" Horväth definiert den Terminus Controlling folgendermaßen: Subsystem
„Controlling ist -funktional
der Führung, das Planung und Kontrolle sowie Informationsversorgung
systemkoppelnd Gesamtsystems
ergebniszielorientiert
koordiniert
und
so
die
Adaption
und
gesehen - dasjenige systembildend Koordination
unterstützt" [Horv96. Seite 141], Weiterführende Literatur zum Thema Controlling
sich unter anderem bei Weber [Webe96J sowie Steinie/Bruch
/StBr98j.
und des findet
Know-how-Architektur
214
Aktualisierungsprozeß muß die Sicherstellung von Know-how-Trägern für Problemlösungen gewährleisten (vgl. Abbildung „Aktualisierte Know-how-Architektur").
Abbildung 39: Aktualisierte Know-how-Architektur
Ziel der Aktualisierung der Know-how-Architektur ist die Förderung der Know-how-Träger. Um
für die
Kunden
Probleme
lösen
zu
können,
hängt
diese
Entwicklung
vom
Erfahrungswissen eines langfristigen Lernprozesses ab.
Die Know-how-Architektur bildet auf der normativen, strategischen und operativen Ebene eine Ergänzung zum Ansatz der strategischen
Untemehmensführung.
Hinterhuber [Hint96:
Hint97] unterscheidet sieben Komponenten der strategischen Führung der Unternehmung: die
215
Know-how-Architektur
unternehmerische Vision, die Unternehmenspolitik, die Strategien, die Direktiven für die Funktionsbereiche und regionalen Einheiten, die Organisation und die Umsetzung.
Das
Konzept der strategischen Unternehmensführung wird durch die fünf Prozesse des Knowhow-Ansatzes erweitert (vgl. Abbildung „Strategische Unternehmensführung vs. Know-howArchitektur").
Strategische Unternehmensführung
Know-how-Architektur
Unternehmerische Vision