Know-how-Management: Architektur für den Know-how-Transfer [Reprint 2018 ed.] 9783486802603, 9783486253061

Das Know-how-Management beschäftigt sich mit der Identifizierung, der Archivierung, dem Transfer, der Weiterentwicklung

149 64 21MB

German Pages 283 [284] Year 1999

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Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Mind-Map-Verzeichnis
1. Ausgangssituation
2. Ziel und Aufbau
3. Theoretische Grundlagen der Know-how-Thematik
4. Empirische Studien
5. Know-how-Architektur
6. Datenmodell für den Know-how-Ansatz
7. Reflexion der Know-how-Architektur unter Verwendung des Ansatzes von Schön
8. Ergebnis
9. Literaturverzeichnis
10. Internet-Quellenangaben
11. Stichwortverzeichnis
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Know-how-Management: Architektur für den Know-how-Transfer [Reprint 2018 ed.]
 9783486802603, 9783486253061

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Know-howManagement Architektur für den Know-how-Transfer

Von

Dr. rer. soc. oec. Kerstin Fink

R. Oldenbourg Verlag München Wien

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Fink, Kerstin: Know-how-Management : Architektur für den Know-how-Transfer / von Kerstin Fink. - München ; Wien : Oldenbourg, 2000 ISBN 3-486-25306-9

© 2000 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0, Internet: http://www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: WB-Druck, Rieden ISBN 3-486-25306-9

Vorwort

V

Vorwort Das Know-how-Management beschäftigt sich mit der Identifizierung, der Archivierung, dem Transfer, der Weiterentwicklung und insbesondere mit der Vernetzung von Know-how. Zur Realisierung dieser Aktivitäten wird eine Architektur vorgestellt, welche aus fünf Prozessen besteht: der Vorstudie, dem Prozeß der Identifikation, dem Prozeß der Adaption, dem Prozeß der Vernetzung und dem Prozeß der Implementierung.

Die Begriffe Information, Wissen, „knowledge" und Know-how werden in der Literatur sehr unterschiedlich definiert und voneinander abgegrenzt. Unter dem Terminus Know-how wird das implizite und auf Erfahrungen basierende Handlungswissen einer Person verstanden, d.h. dieser Ausdruck weist eine individualistische Dimension auf. Synonyme für den Begriff Know-how sind „Wissen, wie man etwas macht", Können, Erfahrungswissen und „tacit knowledge". Während unter Informationen das kodifizierte Wissen betrachtet wird und gleichbedeutend mit den Bezeichnungen Faktenwissen, „explicit knowledge", „Wissen, daß" sowie „knowing that" ist. Im Unterschied zum Daten- und Informationsmanagement versucht das Know-how-Management, die Komplexität der Gedankenstrukturen der Mitarbeiter zu erfassen.

Die Ressource Know-how gewinnt im Unternehmen zur Erreichung und Sicherung von Wettbewerbsvorteilen zunehmend an Bedeutung. Das Wissen der Mitarbeiter rückt in den Mittelpunkt des unternehmerischen Denkens und Handelns. Dabei stellt sich für Unternehmen das Problem, wie ein Zugang zum Know-how der Mitarbeiter erworben werden kann, da diese Know-how-Träger viel mehr wissen als sie kommunizieren.

Gegenstand des Know-how-Managements ist, das in den Köpfen der Mitarbeiter vorhandene Know-how - mittels der Architektur - zu gewinnen, um Netzwerke aufzubauen. Mit Hilfe der Methode Mind-Mapping werden die individuellen Fertigkeiten der Know-how-Träger in Know-how-Maps abgebildet. Diese Know-how-Maps werden mit anderen Mitarbeitern, Abteilungen, Teams und externen Partnern zu einem Know-how-Netz verknüpft, um eine Problemlösung für den Kunden zu erarbeiten. Das Know-how-Management hat die Aufgabe, das unternehmerische Know-how, die Know-how-Träger und die Know-how-Netze auf Änderungen zu überprüfen, um entsprechende Anpassungen und Aktualisierungen zu bewirken.

Vorwort

VI

Das Ziel dieser Arbeit liegt in der Vermittlung eines Verständnisses für die theoretischen Grundlagen des Know-how-Managements, für das Konzept der Know-how-Architektur und für den Ansatz der Implementierung von Netzwerken. Das Buch richtet sich somit nicht nur an Theoretiker, sondern bietet vor allem für Praktiker einen Implementierungsansatz für Know-how-Netzwerke.

Die Anwendung der Architektur bezieht sich nicht auf eine

spezifische Branche, sondern kann branchenunabhängig zum Einsatz gelangen.

Für die fachliche und konstruktive Unterstützung bei der Erstellung dieser Arbeit darf ich mich herzlich bei Herrn o. Univ.-Prof. Dr. Friedrich Roithmayr (Universität Innsbruck) und Herrn o. Univ.-Prof. Dr. Lutz J. Heinrich (Universität Linz) bedanken. Durch die vielen Anregungen und kritischen Anmerkungen hat dieses Buch erheblich an Reife gewonnen. Mein Dank

gilt auch Herrn Ing. Peter Seethaler

(Universität

Innsbruck)

für seine

Empfehlungen und die technische Unterstützung.

Kerstin Fink

Inhaltsverzeichnis

VII

Inhaltsverzeichnis Vorwort Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Mind-Map-Verzeichnis

V VII XI XIII XV

1.

Ausgangssituation

1

2.

Ziel und Aufbau

9

3.

Theoretische Grundlagen der Know-how-Thematik 3.1. Der Know-how-Ansatz von Ryle

15

3.2. Der Know-how-Ansatz von Dreyfus

18

3.2.1.

Stufe 1: Der Neuling (Novice)

19

3.2.2.

Stufe 2: Der Fortgeschrittene Anfänger (Advanced Beginner)

20

3.2.3.

Stufe 3: Kompetenz (Competence)

20

3.2.4.

Stufe 4: Gewandtheit (Proficiency)

21

3.2.5.

Stufe 5: Expertentum (Expertise)

22

3.3. Transformationsprozeß des Know-hows

24

3.3.1.

Daten

3.3.2.

Information

26

3.3.3.

Know-how

30

25

3.3.3.1. Definition von Know-how

30

3.3.3 .2. Evolutionstheoretischer Ansatz von K w a ä i i c k i

34

3.3.3.3. Das dynamische Modell von Nonaka und Takeuchi

37

3.4. Know-how-Systematik

4.

15

42

3.4.1.

Aristotelischer Ansatz

42

3.4.2.

Neurowissenschaftlicher Ansatz

44

3.4.3.

Ansatz der Wissenspsychologie

3.4.4.

Juristischer Ansatz

3.4.5.

Betriebswirtschaftlicher Ansatz

50

3.4.6.

Ansatz der Wirtschaftsinformatik

50

Empirische Studien 4.1. Problem

_46 48

53 53

Vili

Inhaltsverzeichnis

4.2. Problemlösungsweg Forschungsmethode

54

4.2.2.

Forschungsdesign

55

4.2.2.1. Vorgehensweise der Erhebung 1996

55

4.2.2.2. Vorgehensweise der Erhebung 1997

57

4.2.3.

Konstruktionsmethodik

4.3. Ergebnisse

5.

54

4.2.1.

58

58

4.3.1.

Wichtigkeit der Ressourcen Information und Know-how

58

4.3.2.

Informationstransfer versus Know-how-Transfer

60

4.3.2.1. Partnerschaften via Internet

60

4.3.2.2. Allgemeine Partnerschaften

62

4.4. Schlußfolgerungen

64

Know-how-Architektur

67

5.1. Grundlagen der Know-how-Architektur

67

5.1.1.

Generelle Know-how-Architektur

67

5.1.2.

Annahmen der Know-how-Architektur

72

5.2. Mind-Mapping

76

5.2.1.

Einführung

5.2.2.

Hemisphärenforschung

78

5.2.3.

Architektur zur Erstellung von Mind-Maps

81

5.2.3.1. Mind-Mapping-Theorie

76

81

5.2.3.2. Grundsätze ordnungsmäßigen Mind-Mappings (GoMiMa)

87

5.2.3.3. Gesetzmäßigkeiten des Mind-Mappings

90

5.3. Prozeß der Vorstudie 5.3.1.

Ziel und Aufgabe des Prozesses der Vorstudie

5.3.2.

Der Know-how-Engineer

5.3.3.

Entwurf der Grundkonzeption

97 97 100 103

5.3.3.1. Know-how-Engineer erläutert sein Vorgehen (1. Arbeitsschritt)

104

5.3.3.2. Erstellung der Blitz-Mind-Maps für das Ist-Know-how (2. Arbeitsschritt)

104

5.3.3.3. Know-how-Engineer analysiert die Mind-Maps (3. Arbeitsschritt)

104

5.3.3.4. Definition der Ist-Situation (4. Arbeitsschritt)

106

5.3.3.5. Abstimmung der Know-how-Situation (5. Arbeitsschritt)

108

5.3.3.6. Erstellung der Blitz-Mind-Maps fur das Soll-Know-how unter Berücksichtigung der Know-how-Träger (6. Arbeitsschritt)

111

5.3.3.7. Know-how-Engineer analysiert die Mind-Maps (7. Arbeitsschritt)

112

5.3.3.8. Definition der Soll-Situation (8. Arbeitsschritt)

112

5.3.3.9. Erstellung des Know-how-Portfolios (9. Arbeitsschritt)

113

Inhaltsverzeichnis 5.3.4.

IX

Definition der Know-how-Ziele

117

5.3.4.1. Normative Know-how-Ziele

117

5.3.4.2. Strategische Know-how-Ziele

119

5.3.4.3. Operative Know-how-Ziele

121

5.3.5.

Know-how-Projektteam

122

5.4. Prozeß der Know-how-Identifikation

124

5.4.1.

Ziel und Aufgabe des Prozesses der Know-how-Identifikation

124

5.4.2.

Know-how-Träger

130

5.4.2.1. Bedeutung der Know-how-Träger

130

5.4.2.2. Bedeutung des Know-how-Managers

135

5.4.2.3. Intangible Assets und Intellectual Assets 5.4.3.

136

Beispiel SKANDIA

139

5.4.4.

Know-how-Gap

144

5.4.5.

Identifikation und Analyse des Know-hows

147

5.4.5.1. Know-how-Träger erstellen ihre Blitz-Mind-Maps (I. Arbeitsschritt)

148

5.4.5.2. Know-how-Engineer muß die Blitz-Mind-Maps analysieren (2. Arbeitsschritt)

152

5.4.5.3. Überarbeitung und Revision der Blitz-Mind-Maps (3. Arbeitsschritt)

154

5.4.5.4. Vervollständigung der Mind-Maps (4. Arbeitsschritt)

156

5.4.5.5. Identifikation weiterer Know-how-Träger (5. Arbeitsschritt)

161

5.5. Prozeß der Adaption

163

5.5.1.

Ziel und Aufgabe des Prozesses der Adaption

163

5.5.2.

Anwendung von Kreativitätstechniken (1. Arbeitsschritt)

165

5.5.3.

Verfeinerung der Mind-Maps (2. Arbeitsschritt)

173

5.5.4.

Inhaltsanalyse und Thesaurus (3. Arbeitsschritt)

177

5.6. Prozeß der Vernetzung

182

5.6.1.

Ziel und Aufgabe des Prozesses der Vernetzung

182

5.6.2.

Erörterung der Grundlagen der Vernetzung

183

5.6.2.1. Team-Netze

183

5.6.2.2. Interkultureller Austausch

186

5.6.3.

Erstellung von Know-how-Netzen

5.6.3.1. Definition der Problemstellung (1. Arbeitsschritt)

191 192

5.6.3.2. Entwicklung der Know-how-Netze (2. Arbeitsschritt)

195

5.6.3.3. Analyse der Know-how-Netze (3. Arbeitsschritt)

206

5.6.4.

Kundenindividualisierung

5.7. Prozeß der Implementierung

208

210

5.7.1.

Ziel und Aufgabe des Prozesses der Implementierung

210

5.7.2.

Implementierung des Know-how-Unternehmens (1. Arbeitsschritt)

211

5.7.3.

Aktualisierung der Know-how-Architektur (2. Arbeitsschritt)

213

X

Inhaltsverzeichnis

6.

Datenmodell für den Know-how-Ansatz

7.

Reflexion der Know-how-Architektur

217

unter Verwendung des Ansatzes von Schön _223

7.1. Problem

223

7.1.1.

Ansatz von Schön

223

7.1.2.

Problembeschreibung

225

7.2. Meßvorschriften

226

7.3. Ergebnisse des Fallbeispiels

228

7.3.1.

Prozeß der Vorstudie

7.3.1.1. Reflection-in-action für den Prozeß der Vorstudie 7.3.1.2. Reflection-on-action für den Prozeß der Vorstudie 7.3.2.

Prozeß der Identifikation

7.3.2.1. Reflection-in-action für den Prozeß der Identifikation 7.3.2.2. Reflection-on-action für den Prozeß der Identifikation 7.3.3.

Prozeß der Adaption

228 229 229 230 230 231 232

7.3.3.1. Reflection-in-action für den Prozeß der Adaption

232

7.3.3.2. Reflection-on-action für den Prozeß der Adaption

232

7.3.4.

Prozeß der Vernetzung

233

7.3.4 1. Reflection-in-action für den Prozeß der Vernetzung

234

7.3.4.2. Reflection-on-action für den Prozeß der Vernetzung

234

7.4. Eignung des Reflexionsansatzes von Schön

235

8.

Ergebnis

237

9.

Literaturverzeichnis

239

10.

Internet-Quellenangaben

11. Stichwortverzeichnis

265 267

Abbildungsverzeichnis

XI

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Know-how-Eisberg

5

Abbildung 2: Prozentuale Verteilung der Erwerbstätigen

9

Abbildung 3: Grundstruktur des Know-how-Ansatzes

12

Abbildung 4: Transformationsprozeß

24

des Know-hows

Abbildung 5: Dimensionen von Know-how Abbildung 6: Evolutionsdiagramm

32

- Wissensentwicklung

Abbildung 7: Spirale der organisatorischen

in Verbindung mit der biologischen Evolution

Wissensbildung

36 41

Abbildung 8: Know-how als Input und Output

47

Abbildung 9: Zweck von Internet

61

Abbildung 10: Informationstransfer

vs. Know-how-Transfer

1996

Abbildung 11: Informationstransfer

vs. Know-how-Transfer

1997

62 63

Abbildung 12: Generelle Know-how-Architektur

71

Abbildung 13: Know-how-Regelkreis

74

Abbildung 14: Detaillierte Know-how-Architektur

75

Abbildung 15: Großhirn

79

Abbildung 16: Atomkern nach Bohr

84

Abbildung 17: Know-how des Staates Mississippi Abbildung 18: Arbeitsschritte

99

im Prozeß der Vorstudie

103

Abbildung 19: Know-how-Portfolio

115

Abbildung 20: Beispiel Know-how-Portfolio

116

Abbildung 21: Planungsobjekte-

und Projekt-Teilplanungen

(Überblick)

122

Abbildung 22: Grober Arbeitsablauf im Prozeß der Know-how-Identifikation

726

Abbildung 23: Intelligence Cycle nach Kahaner

128

Abbildung 24: Bilanzposten eines Know-how-Unternehmens

137

Abbildung 25: Skandia-Navigator

141

Abbildung 26: Know-how-Gap

145

Abbildung 27: Arbeitsschritte im Prozeß der Know-how-Identifikation

147

Abbildung 28: Beispiel für die Notation

148

Abbildung 29: Know-how-Schalenmodell

153

Abbildung 30: Erweitertes Know-how-Portfolio

162

Abbildung 31: Arbeitsschritte

im Prozeß der Adaption

Abbildung 32: System der Synektik nach Tietz Abbildung 33: Kreativitätsmodell

nach Plsek

164 168 170

Abbildung 34: Arbeitsschritte im Prozeß der Vernetzung

192

Abbildung 35: Problemlösungstrichter

195

XII

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 36: Prozeß der Entwicklung von Know-how-Netzen

197

Abbildung 37: Darstellung der Problemlösungsstruktur

205

Abbildung 38: Arbeitsschritte im Prozeß der Implementierung

211

Abbildung 39: Aktualisierte Know-how-Architektur

214

Abbildung 40: Strategische Unternehmensführung vi. Know-how-Architektur

215

Abbildung 41: Datenmodell für den Know-how-Ansatz

218

Abbildung 42: Prozeßzuordnung

219

Abbildung 43: Meßvorschriften

226

Tabellenverzeichnis

XIII

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Abgrenzung der Termini „ Wissen, daß (...)" und „ Wissen, wie (...)" Tabelle 2: Bedeutung der Ressourcen

31 59

Tabelle 3: Phasenziele und Methodikansätze im Phasenmodell nach Heinrich

70

Tabelle 4: Hemisphärenspezialisierung

80

Tabelle 5: Gesetzmiißigkeiten für GoMiMa

95

Tabelle 6: Instrumente des impliziten Wissens des ILOi Tabelle 7: Problemlösungstabellen

175 199

Mind-Map-Verzeichnis

XV

Mind-Map- Verzeichnis

Mind-Map 1: Know-how-Mind-Map

82

Mind-Map 2: Systematische Anordnungen

93

Mind-Map 3: „Anatomische Studie" von Leonardo da Vinci

94

Mind-Map 4: Derzeitiges unternehmerisches

Know-how

107

Mind-Map 5: Zukünftiges unternehmerisches

Know-how

112

Mind-Map 6: Lernen

135

Mind-Map 7: Notationsbeispiel

149

Mind-Map 8: Blitz-Mind-Map

des Know-how-Trägerl

149

Mind-Map 9: Blitz-Mind-Map

des Know-how-Träger2

151

Mind-Map 10: Detailliertes Mind-Map des Know-how-Trägerl

154

Mind-Map 11: Detailliertes Mind-Map des Know-how-Träger2

156

Mind-Map 12: Techniken im Prozeß der Adaption

177

Mind-Map 13: Know-how-Netz

200

Mind-Map 14: Spezifizierung des Know-how-Netzes

202

Mind-Map 15: Know-how-Team

203

(Problemlösungsnetz)

Mind-Map 16: Know-how-Zentrum

207

Mind-Map 17: Vernetzung Call-Center

233

Ausgangssituation

I

1. Ausgangssituation In der griechischen Kolonie Elea in Süditalien lebten um 500 vor Christus einige Philosophen, die sich mit den Problemen der Veränderung befaßten. Der bekannteste unter ihnen war Parmenides (540-480 v. Chr.), der von einem rationalistischen Weltbild ausging, indem er die menschliche Vernunft als die Quelle unseres Wissens über die Welt betrachtete. Zur gleichen Zeit wie Parmenides lebte Heraklit, allerdings unterschieden sich beide Sichtweisen [Gaar93. Seite 45]:

„Parmenides und Heraklit waren in gewisser Hinsicht totale Gegensätze. Die Vernunft des Parmenides stellte klar, daß sich nichts ändern kann. Aber die Sinneserfahrungen des Heraklit stellten ebenso klar, daß in der Natur dauernd Veränderungen stattfinden. Wer von beiden hatte recht? Sollen wir uns auf das verlassen, was die Vernunft uns erzählt, oder sollen wir den Sinnen vertrauen? Sowohl Parmenides als auch Heraklit machen zwei Aussagen: Parmenides sagt: a) daß sich nichts verändern kann und b) daß die Sinneseindrücke deshalb unzuverlässig sein müssen. Heraklit dagegen sagt: a) daß sich alles verändert („Alles fließt") und b) daß die Sinneseindrücke zuverlässig sind." Im Gegensatz zur Auffassung des Parmenides steht die Aussage des Heraklit, der gerade die dauernde Veränderung für den grundlegendsten Charakterzug der Natur hält. Betrachtet man den zivilisatorischen Fortschritt, so ergeben sich Veränderungen in weltweiten langzeitlichen Entwicklungen.

Die

Ursache

von

Entwicklungschancen

liegt

in

einem

qualitativen

Aufwärtstrend des Ressourceneinsatzes. Zu Zeiten von Ford (1863-1947) wurde die Mehrheit der

arbeitenden

Menschen

durch

die

maschinelle

Vorgabe

von

Arbeitsablauf

und

Arbeitstempo geprägt. Das Kontrollinstrument stellte das Fließband dar. Die Verwendung der Fließfertigung eröffnete dem Arbeiter bei der Montage nicht die Möglichkeit,

das

Arbeitsergebnis durch seine geistigen Fähigkeiten zu bestimmen. Das Spiel der Kräfte in der heutigen Weltwirtschaft zeigt, daß Wissen und Können entscheidende Faktoren sind. Diese werden zu erheblichen Umwälzungen in Wissenschaft, Technik [HeRo98. Seite 14] und Wirtschaft fuhren. Die Arbeitssituation verändert sich in die Richtung, daß für Unternehmer das Wissen ihrer Mitarbeiter für den Fortbestand der Geschäftsidee unentbehrlich ist. Der

2

A

persönliche

Anteil der

usgangssituation

Arbeitnehmer an der Herstellung

eines Produktes

oder

einer

Dienstleistung steigt somit wesentlich. Die Herausforderung, vor der Unternehmen heute stehen, ist, das in den Köpfen der Mitarbeiter gespeicherte Know-how zu gewinnen, zu pflegen, weiterzuentwickeln und zugänglich zu machen. Die Schwierigkeit für Unternehmen liegt

dabei

nicht

in

der

Verteilung

von

informationsbasiertem

Wissen

mittels

der

Informations- und Kommunikationstechnik, sondern in der Interpretation und Verarbeitung des individuellen Wissens. Es reicht nicht aus, den Mitarbeitern nur Informationen zur Verfügung zu stellen, sondern jene müssen diese Informationen gemäß ihrer persönlichen Fähigkeiten zu Know-how weiterverarbeiten. D i e Auswahl und effiziente Nutzung

der

Informationen zur Generierung von Wissen stellen einen kritischen Faktor dar.

Es bedarf daher verstärkt einer qualitativen Lernfähigkeit

von

Individuen

beruht.

Komponente Der

des Ressourceneinsatzes, die auf der

Hochtechnologie-Bereich

verlangt

nach

qualifiziertem Personal, nämlich vom Facharbeiter über den Laboranten bis z u m Ingenieur. Es muß das Ziel von Unternehmen werden, diese Innovationsfähigkeit und Kreativität der Mitarbeiter zu fördern [Frit90. Seite 99ff.]. Der Einzelne muß die Vielzahl der ihm zur Verfügung

stehenden

Daten

und

Informationen

selektieren,

um

in

einem

mentalen

Transformationsprozeß Know-how entstehen zu lassen. Die Fähigkeiten einer Person, aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Informationen in einem Lernprozeß Know-how zu generieren, gewinnt zunehmend an Bedeutung, das heißt „a Company is creative when its employees do something new and potentially useful without being directly shown or taught" [RoSt97. Seite 11].

Durch die Entwicklung neuer Informations- und Kommunikationstechniken Verlagerung

der

wirtschaftlichen Schwerpunkte,

indem

erfolgt eine

im Wertschöpfungsprozeß

das

Erzeugen, Verarbeiten und Transformieren von Informationen vorrangig ist. So stehen die neuen Techniken wie Mikroelektronik, optische Nachrichtentechnik, Computertechnik und Software der Informationsgesellschaft zur Verfügung. Der Wandel wirkte sich auch auf eine veränderte Branchenstruktur aus. Standen in der ersten industriellen

Revolution

energieintensive Branchen im Mittelpunkt, so dominierten während der zweiten Revolution

Branchen mit hoher Veredelungsleistung. In der dritten

der zur Informationsgesellschaft

[Mart95; FFCB97],

kann eine

industriellen

rohstoff- und industriellen Revolution,

Branchenverschiebung

zugunsten von Unternehmen festgestellt werden, welche auf der Ressource Information

Ausgangssituation

3

beruhen. Die neuen Informations- und Kommunikationstechniken ermöglichen, die Ressource Information über nationale, internationale und kulturelle Grenzen zu verteilen.

Der Ansatz für die Entwicklung zur Informationsgesellschaft

liegt im Wesen des Menschen,

denn er ist kommunikationsfähig und kommunikationsbedürftig. Habermas legt dar, daß die Kommunikation zur grundlegenden Kategorie menschlichen Handels wird und dazu dienen soll, daß die Anpassung der Lebensverhältnisse an die Produktion und das Prinzip des Geldes überwunden werden kann. Das Ergebnis seiner entwickelten „Theorie des kommunikativen Handelns" [Habe81] ist der Vorschlag, wie in der heutigen Gesellschaft humane Formen des Zusammenlebens gestaltet werden können. Durch „kommunikatives Handeln" könnte sich laut Habermas „ein Ausgleich zwischen den in Lebenswelten eingebundenen Individuen und den ,Imperativen' der Industrie oder Verwaltung herstellen lassen" [Weho88. Seite XVII], Der Mensch will sein Wissen, Denken und Handeln mitteilen, wobei die Schrift eine Möglichkeit für den Kommunikationsprozeß bietet. Das schriftliche Wissen wird allerdings durch

die

mündliche

Kommunikation

Informationsgesellschaft legte Gutenberg

unterstützt.

Einen

entscheidenden

Schritt

zur

(1394-1468) durch die Erfindung des Buchdrucks

mit beweglichen Lettern im Jahre 1445. Seine Erfindung wirkte sich schnell soziologisch und kulturell aus, da vorher alle Veröffentlichungen handschriftlich, besonders in Klosterschulen, erfolgten. Der Vorteil des Buchdrucks äußerte sich zum einen in einer zeitlichen und zum anderen in einer kostenmäßigen Komponente, denn das zeitgenössische Gedankengut konnte schnell und günstig an ein lesefähiges Publikum vertrieben werden. Gutenbergs Entwicklung ermöglichte somit, daß die Ideen der Renaissance, des Humanismus und der Reformation ein breites Spektrum erreichten. Stellt die Erfindung Gutenbergs im weiten Sinne den ersten Schritt zur Informationsgesellschaft dar, so zeichnet sich heute ein Übergang vom Faktor „Produktion" zum Faktor „Information" und „Know-how" ab. Der technische Fortschritt ist ein Naturgesetz, da sich der Mensch sozial und ökonomisch verbessern will. Er hat sich daher die Übertragung und Verarbeitung von Sprache, Bildern, Texten und Daten zunutze gemacht. Durch die Technisierung der Kommunikation werden sich die menschlichen Aktivitäten ändern. Der Mensch muß sich von einer analogen auf eine digitale Entwicklung umstellen, welche die Kombination von Telekommunikation, Informatik und Audiovision vorantreibt. Jedoch müssen die Anstrengungen auch darauf gerichtet werden, die

kommunikative

Kompetenz zu erhalten. Zum einen sind das Erlernen von und der Umgang mit neuen Informations- und Kommunikationsmedien notwendige Voraussetzungen für die zukünftige Übermittlung von Informationen, andererseits ist nicht nur ein Schwerpunkt auf den

A

4

usgangssituation

technischen Aspekt zu legen, sondern auch auf die soziale Kommunikation. Nach Ortega y Gasset könnte ein Diagramm die Entwicklung zeigen, „die sich seit dem Mittelalter bis in unsere Zeit allein schon in der Mauerdicke vollzogen hat. (...) Man weiß nicht, wie diese Entwicklung enden wird. Bisher standen in der Geschichte Europas die Erziehung zum Individualismus und die Förderung der Individualität im Vordergrund" [Gass60. Seite 311]. Es bedarf individueller Fähigkeiten, sich von den neuen Medien distanzieren zu können und sich auf den zwischenmenschlichen Austausch von Informationen und Know-how

zu

verlagern. Gefragt ist ein Wissen, das den Wechsel von einer digitalen auf eine Mensch-zuMensch

Kommunikation

und

umgekehrt

von

einer

sozialen

auf

eine

technische

Kommunikation ermöglicht, denn „es hängt von sozialen Konstruktionsleistungen

der

Individuen der jeweiligen Gesellschaft ab, wie wir den Ansturm der Impulse aus den unterschiedlichsten alten und neuen Kommunikationsmaschinen verdauen" [Glot95. Seite 58],

Auch der Europäische Rat legte im Bericht „Europa und die globale Informationsgesellschaft" dar,

daß

Informations-

und

Kommunikationstechniken

eine

industrielle

Revolution [Euro94. Seite 4] hervorrufen werden. Die Empfehlung des Rates an die Europäische Union lautet, die informationstechnologischen Veränderungen als Chance zu nutzen, da die Möglichkeit eröffnet wird, traditionell räumlich und zeitlich

verteilte

Informationen zu bündeln und unabhängig von den Faktoren Distanz und Zeit zu verarbeiten, zu speichern, auszuführen und weiterzuleiten. Die Umsetzung des Gedankenguts erfolgte durch das Forum Informationsgesellschaft, welches 1996 im ,.Ersten Jahresbericht des Forums

Informationsgesellschaft

an

die

Europäische

Kommission"

[Foru96]

die

Auswirkungen der dritten industriellen Revolution auf Wirtschaft und Beschäftigung sowie auf soziale und demokratische Grundwerte diskutierte. Es werden auch Veränderungen in der Verwaltung, im kulturellen Leben und in der Bildungspolitik stattfinden, wobei es zu einer Weiterentwicklung und Anwendung der Informations- und Kommunikationstechnik kommen wird.

Im Mittelpunkt der Diskussionen um Entwicklungschancen steht der Informationsbegriff, während der Terminus Revolution

Know-how kaum Gewichtung findet. Eine vierte

industrielle

im Sinne einer Know-how-Gesellschaft bahnt sich an. Es muß das Ziel werden,

die Grundlagen, welche die Informationsgesellschaft geschaffen hat, so zu nutzen, daß eine Know-how-Gesellschaft langfristig aufgebaut wird. Denn es scheint sich ein

weiterer

5

Ausgangssituation

Veränderungsprozeß der Verhaltensformen und Wertvorstellungen in unserem Kulturkreis vorzubereiten, in dem nicht Informationen, sondern Know-how als Antriebskraft für Wirtschaftswachstum betrachtet wird. Die OECD'

spricht von der

„Knowledge-based

Economy" [OECD96], Drucker von „The New Society of Organizations" [Druc92], Stewart von der „Knowledge Economy" [Stew97. Seite 3ff.]. Allen Ansätzen gleich ist die Erkenntnis, daß Wissen die wichtigste Ressource und der wesentliche Erfolgsfaktor ist. Drucker weist auf den dynamischen Charakter von Wissen in dem Sinne hin, daß einmal erworbenes Wissen im Zeitablauf einem ständigen Veränderungsprozeß unterliegt und in einigen

Jahren

obsolet

wird.

Diese

Entwicklung

wirkt

sich

auf

organisationale

Gestaltungsprozesse aus, denn das Element des ständigen Wandels muß berücksichtigt werden. Derzeit vorhandenes Know-how-Potential kann in einigen Jahren veraltet sein, weshalb ständig neues innovatives Wissen aufgebaut werden muß. Laut OECD-Schätzungen [OECD96. Seite 9] sind bereits 50% des Bruttoinlandsproduktes der größten Länder der OECD wissensbasiert.

Die Interdependenz der Faktoren Information und Know-how visualisiert - in Analogie zum „organisatorischen Eisberg" [U1F192. Seite 206] - die Abbildung „Know-how-Eisberg".

Abbildung 1: Know-how-Eisberg

Das kodifizierte und dokumentierte Wissen bildet die Spitze des Eisbergs, die bildhaft aus dem Wasser ragt. Das explizite Wissen symbolisiert die Spitze des vorhandenen Wissens und kann leicht über mehrere Standorte eines Unternehmens transferiert werden [GaZe96. Seite

' OECD ist die Abkürzung fur Organization for Economic Cooperation and Development.

6

Ausgangssituation

290ff.]. Hingegen erweist sich der Austausch von stillschweigenden Wissen, also einem sogenannten impliziten Wissen, als schwierig, da eine Diffusion dieser Art von Wissen nicht über Email, Tele- und Videokonferenzen oder gemeinsame Datenbanken erfolgen kann. Es bedarf erst der qualitativen Fähigkeiten von Individuen, diese Informationen in Know-how umzuwandeln. Das individuelle Wissen einer Person ist dieser eigen und für andere nicht sichtbar, weshalb eine Darstellung von Know-how unterhalb des Wasserspiegels erfolgt. Gerade die prioritäre Bedeutung der stillschweigenden Dimension von Know-how gegenüber der

expliziten

Dimension

von

Informationen

wird

in

der

Diskussion

um

die

Informationsgesellschaft ausgeklammert. Der Fokus liegt auf der Produktion, Reproduktion und Verteilung von kodifiziertem Wissen mittels Informations- und

Kommunikations-

technologien, denn „it can only do so by objectifying all knowledge in propositional forms, thereby excluding the tacit dimension which is the very form which gives it the meaning. (...) This leads to defining information in terms of the quantity of (...) its processing speed" [GÍ1196. Seite 5], Die Ressource Information weist somit im Gegensatz zu Know-how eher eine quantitative Komponente auf. Dennoch bedingen sich beide Faktoren gegenseitig. Zum einen kommt es ohne Informationen zu keinem Know-how-Aufbau, und zum anderen entstehen Informationen, sobald Know-how explizit gemacht wird. Die Abhängigkeit beider Elemente voneinander wird durch die unterbrochene Linie und die Pfeile in Abbildung „Know-how-Eisberg" dargestellt. Während sich herkömmliche Forschungssichtweisen auf den Informationsfluß mittels Informations- und Kommunikationstechnologien konzentrieren, stellt der Know-how-Ansatz

das Handlungswissen des Einzelnen in den Mittelpunkt der

Betrachtung. Know-how wird zur Handelsware und ist eigener Besitz von Know-howTrägern.

Bereits in der Antike widmete Aristoteles sein Interesse der Wissenschaft, indem er die Basis für einen Wissensbegriff in erkenntnistheoretischer Richtung legte. Nach Aristotelischer Meinung ist es charakteristisch für alle Menschen, daß sie „von Natur nach Wissen" [Aris83. Metaphysik I, 1. 980a-982a. Seite 116] streben. Durch die Sinneswahrnehmung gelangt der Mensch zur Episteme. Dies ist die griechische Bezeichnung für Wissen, Erkenntnis, Kenntnis und Wissenschaft. Die Sinneswahrnehmung bedingt die Erinnerung, die Erinnerung die Erfahrung, und daraus entsteht erst Erkenntnis. Den kognitiven Vorgängen des Auges, das sich auf die Erfassung von einzelnen Phänomenen beschränkt, ist das aus der Erfahrung resultierende Wissen übergeordnet und bezieht sich auf das Erkennen von allgemeinen Zusammenhängen. Wissen gab es schon immer und wird es auch immer geben, denn Wissen

7

A usgangssituation

ist dem Menschen eigen als ein „Existential: Es gehört konstitutiv zur Verfassung menschlichen Seins" [Mets92. Seite 220], Der Mensch kann ohne sein Wissen nicht existieren, welches er sich im Laufe seines geschichtlichen Entwicklungsprozesses aus Erfahrungen

angeeignet

hat.

Der

Grundgedanke

dieser

postulierten

elementaren

Epistemologie liegt darin, daß der Mensch ein Erfahrungswissen besitzt, welches er zweckmäßig in seinem Leben einsetzt. Auf der Grundlage des gespeicherten und auf Erfahrung basierenden Wissens kann der Mensch seine Kenntnisse verändern und diese sich zunutze machen.

9

Ziel und Aufbau

2. Ziel und Aufbau , .Das Wesen oder die Gestalt einer neuen

historischen

Epoche ist das Ergebnis innerer Wandlungen - Wandlungen des Menschen und seines Geistes - und äußerer

Veränderungen

formaler und gleichsam mechanischer Art. Die wichtigste unter den letzten ist zweifellos die Verlagerung der Macht, die aber eine Umlagerung des Geistes nach sich zieht." (Ortega y Gasset)

Geht man von der Annahme aus, daß sich Veränderungen in langzeitlichen Entwicklungen vollziehen, so befindet sich die „post-industrial" [WiTa96] Gesellschaft am Beginn eines neuen Entwicklungsprozesses von der Informationsgesellschaft zur Know-how-Gesellschaft. Nachstehende Abbildung „Prozentuale Verteilung der Erwerbstätigen" [Kroy96. Seite Vl/15; o.V.93] zeigt die Kulturrevolution im Wandel seit dem 18. Jahrhundert, wobei die Abbildung um den Aspekt des Know-how-Zeitalters ergänzt wurde.

Agrarzeitalter

Industriezeitalter

Informationszeitalter Know-how-Zeitalter

Abbildung 2: Prozentuale Verteilung der Erwerbstätigen

Die Gewichtung der Erwerbssituation in der Landwirtschaft und der Produktion verlagert sich zum Dienstleistungssektor und zu Know-how-Trägern. In der Agrargesellschaft begründete

10

Ziel und Aufbau.

sich die Macht der Gutsherren über den Bauernstand durch die landwirtschaftlichen Eigentumsrechte

am Produktionsfaktor Boden, während

das tragende Element

des

Industriezeitalters die Güterproduktion war. Bedingt durch den Sachverhalt, daß die Ressource Kapital ein knappes Gut darstellte, war es das Anliegen der Industriellen, die Arbeitskräfte bestmöglich in den Produktionsprozeß einzusetzen. Der exponentielle Anstieg des Bedarfs an Informationen zu Beginn der 90er Jahre ist auf die kommerzielle Freigabe des Internets2 zurückzuführen. In den Mittelpunkt der Betrachtung des Know-how-Zeitalters rückt allerdings der

Mensch

Produktionsfaktoren

mit seinem Wissen

und

Können. Die volkswirtschaftlichen

Arbeit, Kapital und Boden

[Wöhe86.

Seite

85ff.]

werden

als

zweitrangige Ressourcen betrachtet, denn diese sind im Vergleich zu Know-how ausreichend vorhanden. Die Macht wird zukünftig in den Händen des Know-how-Trägers, nämlich des Experten, liegen.

In Anlehnung an die von Kuhn [Enzy84. Seite 504ff.] vorgestellte Konzeption des Paradigmawechsels vollzieht sich ein solcher Wandel in diskontinuierlichen Schritten, der von sozialen Indikatoren bestimmt werden kann. Es kommt dabei zu einer Krise des anerkannten Paradigmas und zur Durchsetzung eines neuen Paradigmas, das im folgenden als das Know-how-Paradigma bezeichnet wird, denn Know-how und nicht Informationen werden

im

nächsten

Jahrhundert

zum

zentralen

Terminus.

Die

Betrachtung

der

Wissenschaftsentwicklung legt dar, daß derzeit eine „vor-paradigmatische Phase" vorherrscht. Es bestehen noch keine einheitlichen Methodologien und gemeinsamen Kommunikationsstrukturen in der Wirtschaftsinformatik darüber, •

wie der Terminus Know-how definiert werden kann,



wie das Know-how der Experten für Unternehmen zugänglich gemacht werden kann,



wie Know-how-Netzwerke aufgebaut werden,



wie ein Know-how-Unternehmen entsteht und



welche Methoden sowie Werkzeuge die Generierung und den Transfer von Know-how unterstützen.

2

Vgl.

Internet

Society:

internet/history/brief.html),

A

Brief Hobbes'

guest/zakon/Intemet/History/HIT.html}, http://www.commerce.net/research/)

History

of

Internet

the

Internet

Timeline

CommerceNet

v3.3

(Internet-Adresse:

http://www.isoc.org/

(Internet-Adresse:

http://www.isoc.org/

und Nielson

Media Research

(Internet-Adresse:

Ziel und Aufbau

11

Vor dem Hintergrund des Know-how-Paradigmas erlangt Know-how einen völlig anderen Stellenwert und traditionelle Unternehmensformen, Verhaltensmuster und Technologien reichen nicht zur Beschreibung von Know-how-Prozessen aus. Im Mittelpunkt steht der Mensch mit seinem Erfahrungswissen, welches er für die Lösung von

individuellen

Problemen einsetzt. Die veränderte Sichtweise stellt individuelle Charaktereigenschaften wie Intuition sowie Kreativität in den Vordergrund. Ray beschreibt das neue Paradigma folgendermaßen: „but whatever our role in life, we are beginning to realize that we need to listen to our own creative impulses, to our inner own knowledge. This is where the emerging paradigm (...) begins" [Ray93. Seite 5], Im Kontext des Know-how-Managements wird von folgender zentraler Hypothese ausgegangen:

Unternehmen können im nächsten Jahrhundert nur dann wettbewerbsfähig zu Know-how-Unternehmen

sein, wenn sie sich

entwickeln.

Die Wirtschaftsinformatik stellt derzeit Methoden und Werkzeuge zur Unterstützung von Informationsprozessen

zur

Verfügung,

läßt

allerdings

den

Aspekt

der

Know-how-

Unterstützung außer acht. Die zentrale Forschungsfrage für das Know-how-Management lautet deshalb:

Wie kann eine Know-how-Architektur

die Verbesserung von

Know-how-Transfer-Prozessen

gestalten und unterstützen?

Die Arbeit umfaßt drei Forschungsschwerpunkte: 1. Die

Entwicklung

einer

Know-how-Terminologie

in

Anlehnung

an

die

Forschungskonzeption der Begriffslehre. 2. Die Diagnose der derzeitigen Situation zur Know-how-Thematik anhand von empirischen Studien (istzustandsorientierter Ansatz). 3. Der Entwurf und die Reflexion einer Know-how-Architektur zur Verbesserung von Know-how-Transfer-Prozessen.

Die Einordnung des Know-how-Ansatzes in die Wissenschaftsdisziplin Wirtschaftsinformatik verlangt nach einer Modifizierung der Sichtweise von Informationsystemen als „MenschAufgabe-Technik-Systeme" [Hein96. Seite 14ff.; HeRo98. Seite Xllf.], wie Abbildung „Grundstruktur des Know-how-Ansatzes" visualisiert.

12

Ziel und Altbau

o Legende:

Methoden und Werkzeuge des Know-how-Ansatzes

Abbildung 3: Grundstruktur des Know-how-Ansatzes

Abbildung „Grundstruktur des Know-how-Ansatzes" zeigt, daß zum Erkenntnisobjekt der Wirtschaftsinformatik zukünftig auch die Ressource Know-how gehört: •

Know-how

wird als die höchste Lernstufe menschlichen Handelns betrachtet (vgl.

Ausführungen in Kapitel 3.3.3.1). •

Der Mensch muß sich in einem Lernprozeß Know-how aneignen. Das Individuum ist der Know-how-Träger.



Die Aufgabe des Einzelnen beruht auf der Lösung individueller Probleme der Kunden.



Der Terminus lnformations-

und Kommunikationstechnik

impliziert Einzeltechniken (z.B.

Eingabe-, Ausgabe-, Speicher- und Transporttechnik) sowie integrierte Techniksysteme (z.B. Internet) zur Unterstützung des Aufbaus von Know-how. •

Diese vier Komponenten alleine reichen jedoch für die Bildung des Know-how-Ansatzes nicht aus. Jede dieser Komponenten ist anderen Wissenschaftsdisziplinen zuzuordnen. Erst ihre Zusammenfassung mittels geeigneter Methoden

und Werkzeuge

macht den

Know-how-Ansatz aus.

Aufgrund der sehr unreflektierten, unpräzisen sowie unsystematischen Diskussion des Knowhow-Ansatzes in der Literatur, ist es das Ziel der Arbeit, das theoretische Modell für Knowhow-Transfer-Prozesse zu entwickeln. Dieses theoretische Modell wird in Form eines Architekturmodells konzipiert und bildet aus diesem Grunde eine geeignete Voraussetzung für die hard- und softwaretechnische Implementierung.

13

Ziel und Aufbau

Der Aufbau der Arbeit gestaltet sich in Form von elf Kapiteln. Informationen und Know-how stehen in einem direkten Zusammenhang, denn ohne ausreichendes Wissen ist es nicht möglich, in den Besitz von Know-how zu gelangen. Informationen besitzen den Stellenwert der Vorstufe zur Entwicklung von Know-how. Die Ausgangssituation

(Kapitel eins) erklärt

den Übergang der Informations- zur Know-how-Gesellschaft.

Das Ziel und der Aufbau der Arbeit werden in diesem Kapitel zwei erörtert. Es erfolgt eine Einordnung der Ressource Know-how in die Wissenschaftsdisziplin Wirtschaftsinformatik.

Die Forschungskonzeption

der Begriffslehre

[Chmi94. Seite 43ff.] bildet die terminologische

Basis für die Ableitung der Know-how-Definition (Kapitel drei). Den Ausgangspunkt stellt der Ansatz von Ryle (Kapitel 3.1) dar, welcher eine Differenzierung der Termini „Wissen" und „Können" vornimmt. Diese Erkenntnisse bilden die Schnittstelle für das 5-Stufenmodell zum Erlernen von Fertigkeiten laut Dreyfus (Kaptitel 3.2). Für ein umfassendes Verständnis des Transformationsprozesses von Know-how ist es notwendig, eine Abgrenzung der Begriffe Daten,

Information

sowie

Know-how

offenzulegen

(Kapitel

divergierenden Definitionen zum Begriff Know-how wird eine

3.3).

Aufgrund

der

Know-how-Systematik,

basierend auf sechs Dimensionen (Kapitel 3.4), vorgestellt. Bereits in der Antike widmete Aristoteles sein Interesse der Wissenschaft, indem er auf der Suche nach dem Ursprung des menschlichen Wissens den Grundstein für einen Wissensbegriff in erkenntnistheoretischer Richtung legte. Die Forschungsergebnisse der Neurowissenschaften dienen als Unterstützung für ein besseres Verständnis der Wissenspsychologie. Im Mittelpunkt der Untersuchungen der Wissenspsychologie steht der Aspekt, wie der Mensch sein Wissen erwirbt und wie die aufgenommenen Informationen aus der Umwelt im Gedächtnis repräsentiert sein könnten. Die juristische Fachwelt betriebswirtschaftlicher

diskutiert Patentlizenz- und Know-how-Vereinbarungen. Perspektive

wird

die

Organisationsform

des

Aus

Know-how-

Unternehmens erörtert. Die Wirtschaftsinformatik muß eine Öffnung der informationsorientierten Disziplin zu einem Know-how-basierten Vorgehen erfahren.

In Kapitel

vier erfolgt eine Annäherung an das Untersuchungsobjekt Know-how mittels

empirischer Studien, wobei das Problem (Kapitel 4.1), der Problemlösungsweg (Kapitel 4.2), die Ergebnisse der Auswertungen (Kapitel 4.3) sowie die Schlußfolgerungen (Kapitel 4.4) erläutert werden. Die Studien dienen dazu, die Relevanz der Ressource Know-how zu erforschen.

14

Ziel und Aufbau

Den Kernteil umfaßt das fünfte Kapitel, welches die Entwicklung der

Know-how-Architektur

zur verbesserten Gestaltung von Know-how-Transfer-Prozessen zum Inhalt hat. Einleitend erfolgt die Auseinandersetzung mit den Grundlagen der Know-how-Architektur (Kapitel 5.1). Das Design beruht auf der Methode Mind-Mapping (Kapitel 5.2). Diese qualitative Methode wird gewählt, um die kognitiven Prozesse der Know-how-Entwicklung des Individuums zu unterstützen. Die Know-how-Architektur besteht aus fünf Prozessen. Die Initialphase bildet der Prozeß der Vorstudie (Kapitel 5.3), der sich durch eine grundlegende Ausrichtung mit dem Know-how-Ansatz in einem Unternehmen beschäftigt. Die Führungskräfte müssen sich mit dem Know-how-Paradigma identifizieren, u m die Transformation zu einem Know-howUnternehmen zu realisieren. Dazu ist es notwendig, daß ausreichende Kenntnisse über die Fertigkeiten der Mitarbeiter zur Verfugung stehen, d.h. die kreativen Ideen der Know-howTräger müssen mittels der Methode Mind-Mapping identifiziert werden (Kapitel 5.4). Die Verfeinerung des Handlungswissens der Experten ist Gegenstand des Adaptionsprozesses (Kapitel 5.5). Schließlich gewährleistet der Prozeß der Vernetzung die Verknüpfung der kreativen Gedanken zu Know-how-Netzen (Kapitel 5.6). Der Kreislauf der Know-howArchitektur ist geschlossen, wenn das Know-how-Unternehmen implementiert ist (Kapitel 5.7).

In Kapitel sechs wird das Datenmodell für den Know-how-Ansatz entwickelt.

In Kapitel sieben wird, unter Verwendung des Ansatzes von Schön, die Reflexion der Knowhow-Architektur,

am

Beispiel

eines

Marktforschungsinstituts,

durchgeführt.

Die

Vorgehensweise unterteilt sich in die Erklärung des Ansatzes von Schön sowie in die Problembeschreibung

(Kapitel

7.1), in die Erläuterung

der Meßvorschriften

für das

Fallbeispiel (Kapitel 7.2), in die Darstellung der Ergebnisse (Kapitel 7.3) und in die Eignung des Reflexionsansatzes von Schön (Kapitel 7.4).

In Kapitel acht wird das Forschungsergebnis dargelegt.

Kapitel neun beinhaltet das Literaturverzeichnis, Kapitel zehn die Internet-Quellenangaben und Kapitel elf das Stichwortverzeichnis.

Theoretische Grundlagen der

Know-how-Thematik

15

3. Theoretische Grundlagen der Know-how-Thematik ist nicht genug zu wissen; man muß auch

anwenden;

es ist nicht genug zu wollen; man muß auch tun." (Goethe)

Die Auseinandersetzung mit der Know-how-Definition stützt sich auf Grunderkenntnisse der Arbeit „Dimensionen des Terminus Know-how" [Fink94]. Die Bedeutung von Know-how hat der Vorstandsvorsitzende von Olivetti de Benedetti folgendermaßen beschrieben: „Das Rohmaterial der Volkswirtschaften der Zukunft wird nicht Öl oder Stahl sein, sondern Hirn, Know-how und Fertigkeiten. (...) Das Spiel heißt heutzutage, die Brücke zwischen Technologie und Konsumenten zu sein" [Fisc95. Seite 70], Bereits diese Aussage zeigt, daß der Begriff Know-how im Gegensatz zu seiner erstmaligen Erwähnung am 14. Juli 1838 im „New Yorker", in dem es heißt

promise 1st. To do the duties of the office of the best of my

know-how, and have a stouter man than myself to help me" [Supp76. Seite 538], einem terminologischen Wandel unterzogen ist. In Kapitel 3.1. wird der Know-how-Ansatz von Ryle erörtert, der als klassischer Beitrag für die Begriffswelt von Know-how erachtet wird.

3.1. Der Know-how-Ansatz von Ryle Der Philosoph Ryle behauptet in seinem Buch „Der Begriff des Geistes" [Ryle69], daß das klassische philosophische Gedankengut nicht als Begründung für ein „knowing how" 3 dienen könne, denn es wird der Aspekt außer acht gelassen, wie der Mensch tagtäglich seine Begabungen ausführt und welche Bedeutung diesen zugesprochen werden kann. Im Sinne von Ryle bedeutet .Jcnowing how" das Gleiche wie „being able to do something" [Ryle69. Seite 26. Anmerkung 1], Ryle begründet seine Perspektive damit, daß bei den Theoretikern lange Zeit die Meinung vorherrschte, man könne einen Menschen nur dann als intelligent bezeichnen, wenn er aufgrund von Regeln und Prinzipien eine bestimmte Tat ausführt, d.h. die Philosophie ging davon aus, daß ein Mensch sich sein Wissen, welches aus logischen und

(

Im Zusammenhang

mit dem Terminus „knowing how" sei angemerkt, daß der im englischen

Originaltext

verwendete Begriff in der deutschen Version mit „Können " übersetzt wurde, während „knowing that" als „ Wissen " bezeichnet wird.

Theoretische

16

Grundlagen der

Know-how-Thematik

wahren Aussagen besteht, aufgrund seines Intellektes

bzw. seines Geistes angeeignet hat.

Deshalb könne eine Handlung nur entstehen, wenn man sich zuvor mit der Theorie auseinandergesetzt habe.

An dieser Stelle sei auf die Strukturierung der Wissenschaften nach Aristoteles

[Barn92]

verwiesen, der den Künstlern diese Fähigkeit zuordnete und sich im Rahmen der praktischen und herstellenden Wissenschaft mit dieser Thematik beschäftigte. Aristoteles teilt das Wissen in die praktische, herstellende und theoretische Wissenschaft ein. In seinen Abhandlungen zur praktischen

Wissenschaft,

nämlich „Poetik", „Nikomachische Ethik" und

„Eudemische

Ethik", will er den Menschen zum Handeln aufrufen, wobei zwischen Charaktereigenschaften und Intellekt unterschieden werden muß. Nur durch sein Denken und seine Vernunft ist der Mensch intellektuell und unterscheidet sich dadurch von anderen Lebewesen. I m Rahmen der herstellenden

Wissenschaft,

die in der .Poetik" zum Ausdruck kommt, setzt sich Aristoteles

mit den Künstlern und Literaten auseinander. Dabei kommt es nicht so sehr darauf an, wie man das Werk eines Künstlers beurteilt, sondern wie es von den Menschen geschaffen wurde. Das Interesse richtet sich auf den Prozeß der Herstellung, wobei Lernen ein Teil der poetischen

Wissenschaft

ist, während bei den praktischen Wissenschaften das Betrachten und

die Wirklichkeit des Wissens ein oberstes Gebot ist. Über die intellektuelle Seite der Kunst hat Aristoteles folgendes gesagt, „(...), daß das Lernen nicht allein den Philosophen das größte Vergnügen bereitet, sondern auch anderen Menschen (...). Wir freuen uns aber aus diesem Grunde daran, Ähnlichkeiten zu sehen - wenn wir betrachten, dann lernen und erschließen wir (...)" [Barn92. Po 4, 1448b 8-17. Seite 135], Die theoretische

Wissenschaft ist nach

Aristoteles die wichtigste, und er teilt sie in Theologie, Mathematik und Naturwissenschaften ein. Die Theologie, d.h. die Philosophie, nimmt die bedeutendste Stellung ein. Diese Wissenschaft, die Episteme, ist das Beweisen von Prinzipien und Ursachen und entsteht erst durch den menschlichen Geist.

Die Argumentation von Ryle wendet sich gegen den Trugschluß einer zweigegliederten Begründung - der sogenannten „intellektualistischen Legende" -, daß nämlich die Praxis nur existiere, wenn man sich vorher mit der Theorie befaßt habe. Eine intelligente Handlung äußert sich in der Umsetzung und nicht in einer vorangegangenen geistigen Überlegung. Wenn also eine Person mit Intelligenz handelt, dann vollzieht sich nicht nur ein Vorgang, sondern

es

vollziehen

sich zwei Vorgänge.

Kritisch

gegenüber

der Sichtweise

der

Theoretische

Grundlagen der

Know-how-Thematik

17

intellektualistischen Legende äußert sich Ryle, da ein unendlicher Regreß von intellektuellen Handlungen stattfinden müßte, um dieser Ansicht standzuhalten.

Im Zusammenhang mit der Diskussion um den Begriff Know-how steht die Bezeichnung von „knowing how" als eine Disposition, seinem

Handeln.

Beim

d.h. die Neigungen eines Menschen äußern sich in

Menschen

versteht

Ryle

unter

einer

Disposition

seine

Charaktereigenschaften, die sich nicht mit einfachen Aussagen beschreiben lassen, sondern vor dem Hintergrund der jeweiligen Situation interpretiert werden müssen. Da es nicht nur eine Art von menschlichen Charaktereigenschaften gibt, müssen dispositionelle Adjektive verwendet werden, um den Zustand zu determinieren. Vor diesem Hintergrund kommt Ryle zu dem Schluß [Ryle69. Seite 56]:

„ Können ist also eine Disposition, aber nicht eine eingleisige Disposition eine Gewohnheit. von Kriterien theoretischem

Es wird in der Befolgung

ausgeübt,

aber

wie ein Reflex

von Regeln oder Richtlinien oder der

die Ausübung

ist keine

Bekennen von Maximen und darauffolgender

Doppeloperation,

oder

Anwendung

bestehend

aus

Umsetzung in die Praxis. "

Die Umsetzung in Handlungen kann dabei durchaus auf Regeln, Formeln und theoretischen Kenntnissen beruhen, für den Terminus „knowing how" ist letztendlich nur von Bedeutung, wie eine Person - basierend auf ihren Begabungen, Neigungen und Fähigkeiten - eine Tat vollbringt. So äußert sich das Können eines Chirurgen in der Durchführung einer gelungenen Operation und nicht in langen Erklärungen über seine medizinische Vorgehensweise. Nach der Ryle'sehen Auffassung ist ,.knowing how" ein Wissen für die Praxis und wird als ein Handlungswissen angesehen. Zur Praktizierung von Können bedarf es zum einen ständiger Übung, um durch Lernen neues Können zu erwerben, und zum anderen Intelligenz. Ryle unterscheidet, daß ein Mensch durch seine Ausbildung

Fähigkeiten

erhält,

während

Gewohnheiten durch Abrichtung und stete Wiederholung hervorgerufen werden. Im Kontext von Können muß der Aspekt des Verstehens beachtet werden, denn „Verstehen ist eine Art des Könnens" [Ryle69. Seite 66], Die Kompetenz, intelligente Handlungen zu verstehen, ist Teil des Handlungswissens. Eine Handlung kann zwar intelligent getätigt, aber ihre Leistung nicht intelligent erfaßt werden, d.h. die Bewertung einer Handlung verlangt eine Art des Könnens, um eine Tätigkeit auszuführen.

18

Theoretische

Grundlagen der

Know-how-Thematik

Baumgartner [Baum93. Seite 71] setzt das Rylesche „knowing how" gleich mit dem in den Kognitionswissenschaften verwendeten prozeduralen Wissen und das verwendete „knowing that" mit dem deklarativen Wissen. Das deklarative Wissen kann als ein Fakten- und Tatsachenwissen beschrieben werden. Nach Zimbardo ist das Wissen in semantischer und episodischer Form kodiert [Zimb92. Seite 282], Das prozedurale Wissen ist in Form von Produktionen repräsentiert. Darunter versteht Opwis [Opwi88. Seite 76f.] Regeln, die zur Unterstützung von Problemen dienen, und in Wenn-Dann-Klauseln beschrieben werden. Das prozedurale Wissen gliedert sich in zwei Bereiche: (1) Das bereichsspezifische Wissen, wobei eine Person bei einer Konfrontation mit einem Problem aus dem Gedächtnis ein Lösungskonzept aktiviert. Das Problem wird aufgrund von Algorithmen gelöst. (2) Das bereichsübergreifende Wissen, welches synonym mit den Termini allgemeines oder heuristisches Wissen verwendet wird.

Der Ansatz von Ryle legt den Grundstein für die Aussage, daß ,.knowing how" ein Handlungswissen ist, welches auf den Fertigkeiten des Einzelnen beruht und nur durch den Prozeß der Übung erlangt werden kann. Dem Terminus Know-how ist die Eigenschaft Prozeßcharakters

immanent. Die einzelnen Lernstufen zur Know-how-Aneignung

des sind

Gegenstand des Forschungsinteresses der Gebrüder Dreyfus.

3.2. Der Know-how-Ansatz von Dreyfus Die Brüder Dreyfus 4 [DrDr87; DrDr97] wenden sich gegen den Ansatz der Künstlichen Intelligenz Forschung, nämlich in Expertensystemen oder wissensbasierten Systemen die Vorgehensweise eines Experten zur Problemlösung nachzubilden. Die Begründung ihrer Sichtweise führen die Autoren auf das Fehlen der intuitiven Komponente eines Computers zurück. Während Experten „images" zur Vorhersage von Ereignissen nutzen, zieht ein Computer nur Schlüsse aufgrund von bestehenden Fakten, denn ,.human beings seem to be able to form and compare images in a way that cannot be captured by any number of procedures that operate on descriptions" [DrDr97. Seite 40]. Ihre Ansichten gehen soweit, daß es als Fehler angesehen werden kann, wenn die Fähigkeiten beispielsweise eines Controllers

4

Zur Vereinfachung wird die 3.Person Singular verwendet, also Dreyfus.

Theoretische Grundlagen der

Know-how-Thematik

19

im Flugtower oder eines ausgezeichneten Lehrers durch einen intelligenten Computer ersetzt werden, da dieser nicht die Stufe des Expertentums erreichen kann. Ein Zugang zur Konkretisierung von Know-how läßt sich vor dem Hintergrund des Erlernens von Fertigkeiten darlegen. Nach Dreyfus [DrDr87] findet ein Transformationsprozeß beim Menschen vom „Wissen, daß (...)" zum „Wissen, wie (...)" statt. Parallel zum fünfstufigen Modell von Dreyfus wird das dreistufige Modell der Psychologen 5 betrachtet.

3.2.1.

Stufe 1: Der Neuling (Novice)

Der Neuling

nimmt am Beginn des Lernprozesses nur Regeln,

Anweisungen

oder

Mitteilungen auf, indem er sich eine kognitive Struktur macht von dem, was zu tun ist [Zimb92. Seite 328]. Leitsätze werden nicht bewertet und der Novize ist noch nicht im Besitz der Begabung, die verschiedenen Fakten miteinander zu verknüpfen. Die Regeln bestehen nebeneinander, ohne daß sie vom Neuling in einen Zusammenhang gebracht werden. Dreyfus nennt diese Regeln „kontext-freie-Regeln" [DrDr87. Seite 43],

Die psychologische Literatur bezeichnet diese Stufe als die kognitive Phase [Ande89. Seite 219] und versteht darunter, daß ein Anfänger eine Handlung nur ausfuhrt, wenn er sich an die im Gedächtnis gespeicherten Gesetzmäßigkeiten erinnert, d.h. sich diese ins Gedächtnis ruft. Ein Anfänger verwendet nur bereichsübergreifende Verfahren, indem er Regeln

mit

Allgemeingültigkeit aufstellt, wie zum Beispiel [Ande89. Seite 219]:

„WENN das Ziel lautet, einen Zustand X zu erreichen, und M eine Methode ist, um den Zustand X zu erreichen, DANN stelle das Teilziel auf, M anzuwenden."

Ein Anfänger zieht also zur Problemlösung eine Rückwärtsstrategie heran, indem er von einem Ziel ausgeht und eine geeignete Lösung sucht, wobei er auch Heuristiken anwenden kann. Das Wissen des Anfängers liegt in deklarativer Form vor. Putz-Osterloh erwähnt die

5

Anmerkung: Eine genaue Zuordnung ist dabei nicht möglich, es lassen sich aber dennoch Ähnlichkeiten bei der Betrachtung - wie ein Neuling zum Experten wird - feststellen.

20

Theoretische Grundlagen der Know-how-Thematik

Überlegungen Larkins, der behauptet, daß „eine ,naive' Problemrepräsentation von Laien, die aus Einheiten des .Alltagswissens' zusammengesetzt ist" [Putz88. Seite 258], existiert.

3.2.2.

Stufe 2: Der Fortgeschrittene Anfänger (Advanced Beginner)

Der Neuling verläßt das Stadium der objektiven Wahrnehmung und wird sich seines Umfeldes gewahr. Ihm eröffnet sich die Möglichkeit, in konkreten Situationen erste Erfahrungen zu sammeln und diese zu konkretisieren. Der Zustand des reinen Existierens von Fakten wird um den Aspekt des Erkennens situativer Gegebenheiten ergänzt. Es stehen sowohl kontext-freie als auch situationsabhängige Regeln zur Verfügung. Der fortgeschrittene Anfänger „schwankt zwischen einer Überbetonung der eigenen Erfahrung und einer Vernachlässigung

allgemeiner

Regeln einerseits und einer Mißachtung

der eigenen

Erfahrungen und Überbetonung der gelernten Regeln andererseits" [Baum93. Seite 298]. Beim Übergang von der Stufe eins zur Stufe zwei versucht der „advanced beginner" zwei Elemente zu kombinieren, denn zum einen existiert ein Faktenwissen, basierend auf den erworbenen Instruktionen, und zum anderen besteht bereits die Fähigkeit, Ähnlichkeiten zwischen einer früher erworbenen praktischen Erfahrung, und einer neu eintretenden Situation zu erkennen.

3.2.3.

Stufe 3: Kompetenz (Competence)

Ein kompetenter Mensch ist in der Lage, die existierenden Gesetzmäßigkeiten und Leitlinien zu bewerten. Erst wenn er das Stadium erreicht, sein bisheriges auf Instruktionen basierendes Wissen abzulegen und dafür den verschiedenen Situationen Prioritäten zuzuordnen, befindet sich ein fortgeschrittener Anfänger auf dem Weg zu einem kompetenten Menschen. Die Kompetenz eines Individuums eröffnet die Möglichkeit der Bildung einer Zielhierarchie, für die er auch die Konsequenzen übernehmen muß. Eine kompetente Person sollte in der Lage sein zu entscheiden, welches ein Oberziel ist und aufgrund dessen, welche Zwischenziele und Unterziele sich ableiten lassen.

Die Stufe zwei und drei des Modells von Dreyfus entsprechen dem, was in der psychologischen Literatur unter assoziativer Phase [Ande89. Seite 219] diskutiert wird. Der

Theoretische Grundlagen der

Know-how-Thematik

21

Einzelne hat gelernt, sich seiner Irrtümer der kognitiven Phase bewußt zu werden. Er denkt assoziativ und „einzelne Elemente werden zu Bestandteilen umfassender Einheiten" [Zimb92. Seite 328] im Gedächtnis kodiert. In der Kompetenzstufe wird das Regelwissen in ein prozedurales Wissen transformiert, wobei es Situationen geben kann, in denen sowohl ein deklaratives als auch ein prozedurales Wissen erforderlich ist. Statt

allgemeingültiger

bereichsübergreifender Bedingungen liegen bereichsspezifische Anwendungen vor.

3.2.4.

Stufe 4: Gewandtheit (Proficiency)

Eine Abgrenzung zur Kompetenz resultiert daraus, daß sich eine Handlung nicht aus der Auswahl vorher überlegter Alternativen, sondern aus einem Erkennen von holistischen Ähnlichkeiten ergibt. Gewandte Personen vertrauen auf ihre Intuition, was für Dreyfus gleichbedeutend mit Know-how ist. Die Autoren verstehen darunter [DrDr87. Seite 53]:

„(...) Know-how,

wie wir es definieren,

Inspiration,

sondern

anwenden,

eine Fähigkeit,

zugeschrieben

eine Fähigkeit,

ist weder

wildes Raten

die wir immerzu

die man

in unserer

bei jeder

Kultur

immer

noch

übernatürliche

alltäglichen lediglich

Handlung den

Frauen

hat."

Dieses auf Erfahrungen basierende Wissen entspricht dem von Polanyi [Pola85; Pola97] eingeführten Terminus des Jacit

knowledge"

oder des impliziten Wissens. Es steht im

Gegensatz zum expliziten Wissen, das durch die Sprache zum Ausdruck kommt. Der Theorie des „tacit knowledge" liegt der Sachverhalt zugrunde, daß intuitive Handlungen auf einem stillschweigenden Wissen beruhen, wobei das implizite Wissen einem Individuum sehr nahe liegt und unterstützend bei der Durchführung von Handlungen wirkt. Beim impliziten Wissen unterscheidet Polanyi zwei Glieder und zwar in der Hinsicht, daß eine Person - anatomisch ausgedrückt - ihre Aufmerksamkeit von einem proximalen6

auf einen distalen Term richtet.

Polanyi benennt das proximale Wissen als Hintergrundwahmehmung - subsidiary awareness-, auf welches sich eine Person verlassen kann. Dieses Wissen bewirkt, daß ein Individuum seine gesamte Aufmerksamkeit auf das entfernte Glied - den distalen Teil - konzentrieren

6

Anmerkung:

Proximal:

Gegensatz ist distal.

Lagebezeichnung

für

einen näher zum Rumpf gelegenen

Teil einer

Extremität.

22

Theoretische

Grundlagen der

Know-how-Thematik

kann, wobei der proximale Term das Glied darstellt, welches nicht verbalisiert werden kann. Polanyi geht von der Annahme aus, daß jedes individualistische Handeln auf einem impliziten Wissen beruht, denn „we are aware of the proximal term of an act of tacit knowing in the appearance of its distal term; we are aware of that from which we are attending to another thing, in the appearance

of that thing. We may call this the phenomenal

structure

of tacit

knowing" [Pola97. Seite 139]. Im Kontext der Know-how-Thematik bedeutet dies, daß der Terminus Know-how mit dem impliziten Wissen gleichgesetzt werden kann.

3.2.5.

Stufe 5: Expertentum (Expertise)

Während gewandte Personen aufgrund von Holistiken handeln, ist es für einen Experten charakteristisch,

daß

er

autonom

handelt.

Beim

Experten

laufen

automatische

Handlungsabläufe ab. Die Psychologen bezeichnen diese 5. Stufe als autonome

Phase".

Experten lösen im Gegensatz zu einem Neuling Probleme durch eine Vorwärtsstrategie und zeichnen sich durch ihr bereichsspezifisches Wissen aus. Der Vergleich zwischen Experten und Novizen liegt nicht nur in dem unterschiedlichen Problemlösungsverhalten, sondern vielmehr

auf

der

Empfangsseite

menschlicher

Informationsverarbeitung,

nämlich

der

Wahrnehmung. Experten besitzen in ihrem Gedächtnis chunks, die hierarchisch miteinander verknüpft sind [Putz88. Seite 252f.]. Die Organisation von Wissen als chunks geht auf den Ansatz von Miller zurück [Kluw88. Seite 380f.]. Unter chunks versteht man komplexe Elemente von Wissenseinheiten im Langzeitgedächtnis, die sich ein Individuum durch Erfahrung angesammelt hat. Ein Laie verfügt nicht über umfangreiche Kategorien zur Unterstützung von Problemlösungen, denn seine Problemelemente hängen nicht systematisch miteinander zusammen.

Die

Künstliche

Intelligenz

Forschung

versucht

in

wissensbasierten

Systemen

das

Problemlösungsverhalten von Experten nachzubilden [FuFD88; HeLR94; Schw91]. In der Wissensbasis

wird

das

Spezialwissen

eines

Experten

gespeichert,

das

mittels

der

Problemlösungskomponente (Inferenzkomponente) durch Ziehen von Schlüssen ausgewertet wird. Die Herausforderung an die Künstliche Intelligenz Forschung stellt die Repräsentation von unvollständigem und unscharfem Wissen dar. Nach der Ansicht von Wallmansberger [Wall89. Seite 74] stößt man auf erhebliche Schwierigkeiten: auf die Wissensrepräsentation in „fuzzy sets", das Schließen in nichtmonotonen Logiken und schließlich das nichtsprachliche

Theoretische

Grundlagen der

23

Know-how-Thematik

Wissen, also jenes Wissen, welches als implizites Wissen bezeichnet wird. Unter dem Blickwinkel des Know-how-Ansatzes ergibt sich das Problem, daß in dem Moment, in welchem ein Experte mit dem Prozeß beginnt, seine automatisch ablaufenden Handlungen zu artikulieren, damit diese in Form von Regeln abgebildet werden, nicht mehr Experten-Knowhow vorliegt. Die implizite Dimension von Know-how ist nicht existent, sie wird durch eine explizite Dimension ersetzt, da der Charakter des intuitiven Vorgehens zur Problemlösung eines Experten nicht vorhanden ist. Der Experte setzt sich von der Stufe einer autonom handelnden Person zurück auf die Stufe eines Anfängers bzw. fortgeschrittenen Anfängers. Mit anderen Worten: „No amount of rules and facts can Substitute for the know-how experts have gained from experience in tens of thousands of situations" [DrDr97. Seite 43]. Im Vergleich zu einem Novizen oder fortgeschrittenen Anfänger kann ein Computer besser Schlüsse ziehen; jedoch werden Expertensysteme nicht die Gedanken eines menschlichen Experten repräsentieren können. Experten zeichnen sich durch die Eigenschaft aus, daß sie in ihrem Gedächtnis „images" bilden, welche holistisch miteinander verglichen werden. Ein Experte handelt aufgrund der Intuition und wird sich in einer spezifischen Handlungssituation der Regeln nicht bewußt, denn seine mentalen Prozesse laufen ohne eine Bewußtwerdung ab. Die Repräsentation von Wissen auf einem Computer stellt somit nur einen Ausschnitt aus der realen Welt dar, denn „wann immer eine Person ein Programm schreibt, ist es ein Programm über

irgendeine Gegebenheit

über

einen Sachverhalt oder einen

Gegenstandsbereich"

[WiF189. Seite 143],

Nimmt man die Theorien über das Erlernen von Fertigkeiten als Grundlage für die Ableitung eines Know-how-Begriffes, so kann konkludiert werden, daß das Subjekt von Know-how ein Individuum ist. Der Terminus Know-how zeichnet sich durch eine Dimension

individualistische

aus, denn Experten repräsentieren Know-how-Träger. Zur Erreichung der Stufe

des Know-how-Trägers bedarf es eines „transformational learning" [Tobi96], Tobin versteht darunter, daß nur durch die Anwendung der zur Verfügung stehenden Informationen dem eigenen Handeln ein Wert beigemessen werden kann, denn „transformational learning is the identification, acquisition, and application of information that enables an Organization, and the people within that Organization, to reach their goals" [Tobi96. Seite 11], Statt des Terminus Know-how verwendet Tobin den Ausdruck „wisdom".

Der kognitive Prozeß zur Gewinnung von Know-how beruht auf einem kreativen Vorgehen und äußert sich in der Entstehung von Handlungen. Die Kognition verursacht wirksame

24

Theoretische Grundlagen der

Know-how-Thematik

Handlungen, denn „die handlungsbezogene Orientierung (...) bezieht auch die Zeitlichkeit des Lebensprozesses ein, als Spezies (Evolution), als Individuum (Ontogenese), und als gesellschaftliches Muster (Kultur)" [Vare93. Seite 111]. Es wird sich eine Diskrepanz zwischen Experten und Nicht-Experten herausbilden. Durch die Evolution wird Wissen schnell veralten, so daß Know-how-Träger genötigt sind, stets ihr Wissen dem raschen Lebenszyklus anzupassen, um so ihren Expertenstatus nicht zu verlieren.

3.3. Transformationsprozeß des Know-hows In Anlehnung an das von McKinsey vorgeschlagene S-Kurven-Konzept [Fost82] läßt sich die Aneignung von Know-how visualisieren (vgl. Abbildung „Transformationsprozeß des Knowhows"). Auf der Abszisse wird die Zeit abgetragen, die eine Person zur Know-howGewinnung benötigt. Die Ordinate verdeutlicht die einzelnen Lernstufen zur Know-howAneignung. Es wird von einem zweifachen Transformationsprozeß ausgegangen, indem zunächst Daten zu Informationen verarbeitet und diese wiederum zu Know-how transformiert werden. Der Übergang von einer Stufe zur anderen soll im folgenden konkretisiert werden.

Abbildung 4: Transformationsprozeß des Know-hows

Den Unterschied von Daten zu Informationen beschreibt Earl wie folgt: „(...) data were perhaps seen as events or entities represented in some symbolic form and capable of being

Theoretische Grundlagen der

25

Know-how-Thematik

processed. Information was the output of data that was manipulated, re-presented, and interpreted (...)" [Earl96. Seite 38f.].

3.3.1.

Daten „Die Abbildung von Phänomenen der Wirklichkeit oder der Vorstellungswelt des Menschen, die in einem aktuellen Zusammenhang nicht unmittelbar zweckorientiert ist. " {Lutz J. Heinrich und Friedrich

Roithmayr)

Auf der untersten Ebene stehen Daten. Laut DIN 443000 [DIN72; HeRo98. Seite 136] sind Daten das Gegebene zur Verarbeitung ohne Verwendungshinweise, d.h. Daten sind „factual information. Data is the plural of the word datum, which means a .single fact'" [CoDo92. Seite 90]. Die Schwierigkeit besteht darin, aus diesen elementaren Tatbeständen zu Aussagen zu

gelangen,

die

Entscheidungsprozesse

unterstützen.

Wesentlich

ist

dabei,

wie

Entscheidungsträger die Daten interpretieren, da individuelle Wertvorstellungen in den Auslegungsprozeß einfließen. Heinen [Hein76] teilt den Willensbildungsprozeß in drei Phasen ein und zwar in die Anregungs-, Such- und Optimierungsphase. Im Mittelpunkt der ersten Phase steht der Prozeß der Problemfestlegung, wobei je nach Bedeutung zwischen regelmäßigen Suchphase

oder

wird

unregelmäßigen

durch

die

Entscheidungsprozessen

Bestimmung

von

Alternativen

unterschieden und

daraus

wird.

Die

resultierende

Konsequenzen geprägt. Im Rahmen von betriebswirtschaftlichen Entscheidungsprozessen weist Heinen darauf hin, daß Daten, die vom Entscheidenden nicht zu beeinflussen sind, vorliegen können. Der Entscheidungsspielraum des Einzelnen wird durch diese Daten eingeengt, welche externer (Bsp. Einhaltung von juristischen Normen) oder interner (Bsp. Beachtung von Kapazitäten) Art sein können. Die Kernidee der Optimierungsphase

liegt in

der Wahl derjenigen Alternative, welche die vorgegebene Zielsetzung am besten erfüllt. Das Ergebnis der Entscheidung wird zum einen durch die verfolgte Zielsetzung und zum anderen durch die Beschaffung und Verarbeitung von Informationen determiniert. Informationen beeinflussen die Entscheidungsprozesse. Wittmann definiert den Informationsbegriff als „zweckorientiertes Wissen, wobei der Zweck in der Vorbereitung des Handelns liegt" [Witt80. Seite 894]. Die Dokumentation von zukünftigen Entscheidungen erfolgt in Form von Plänen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß „zweckorientiertes Wissen" zukunftsorientiert ist, und somit eine Unvollkommenheit der Information vorliegen kann [Witt80. Seite 897].

Theoretische Grundlagen der

26

Heinrich/Roithmayr

präzisieren

den

Know-how-Thematik

Terminus

Information

von

Wittmann

als:

„handlungsbestimmendes Wissen über vergangene, gegenwärtige und zukünftige Zustände der Wirklichkeit und Vorgänge in der Wirklichkeit" [HeRo98. Seite 263]. Allerdings hängt die Güte einer Entscheidung von den zu Verfügung stehenden Informationen ab. Das Informationssystem eines Unternehmens setzt sich aus der Menge von Teilinformationssystemen zusammen. Letztlich muß im Entscheidungsprozeß die soziale

Komponente

beachtet werden, da eine Einzelperson nicht alle Daten und Informationen zu sammeln vermag. Somit müssen Entscheidungen an verschiedene Personen verteilt werden, so daß statt Einzelentscheidungen Gruppen- oder Kollektiventscheidungen vorliegen [Hein76. Seite 25]. Der Prozeß, aus Daten zu Informationen zu gelangen, beruht auf der Anwendung von geeigneten

Methoden.

Die

Entscheidungsträger

müssen

das

„Framing",

also

die

Rahmenbedingungen, für den formalisierten Ableitungsprozeß übernehmen. Das Ziel der Transformation liegt in der Gewinnung von Informationsmaterial zur Entscheidungsfindung, wobei der Informationstechnik eine unterstützende Funktion zukommt [RaRo96. Seite 25ff.]. Die Auswahl geeigneter Auswertungsmethoden erfordert Expertenwissen. Die erste Stufe umfaßt die Suche, Analyse und Auswertung der Datenquellen, die für einzelne Personen explizit gemacht werden sollen. Es liegen nicht mehr Daten vor, sondern diese sind durch Verdichtung und Auswertungsverfahren zu Informationen verarbeitet worden. In bezug auf Abbildung „Transformationsprozeß des Know-hows" bedeutet dies, daß das Stadium des reinen Vorhandenseins von unabhängig voneinander existierenden Aussagen verlassen wurde und sich in Richtung eines informativen Wissens entwickelt hat.

3.3.2.

Information „ If we open up the morning newspaper to the business section, we see columns of numbers about stocks on the exchange - mere data. All sorts of resources may be available to us to turn some ofthat data into information." (Charles Winslow and William B ramer)

Information wird als reines Faktenwissen verstanden und ist in Anlehnung an Dreyfus den Novizen eigen. In der deutschen Sprache wird dieser Ausdruck synonym mit „Wissen, daß (...)" verwendet. Beispielsweise weiß eine Person, daß man zum Tennisspielen einen Schläger benötigt, kann sich aber nicht auf frühere Erfahrungen in der Umsetzung in eine Handlung stützen. Der Terminus „Wissen, daß (...)" ist gleichbedeutend mit dem Terminus Information,

Theoretische Grundlagen der

27

Know-how-Thematik

welche als kodifiziertes Wissen betrachtet wird. Informationen sind auf der S-Kurve in Abbildung „Transformationsprozeß des Know-hows" in der Mitte positioniert. Die Ableitung des Informationsbegriffes kann entweder bottom-up oder top-down erfolgen [Hein95. Seite 350], Die erste Variante geht vom Terminus der Nachricht aus, worunter eine Folge von Zeichen verstanden wird, der eine Bedeutung zugeordnet ist. Die technische Repräsentation von Nachrichten sind Daten, welche mittels der Informations- und

Kommunikations-

technologie erkannt, verarbeitet, gespeichert und übertragen werden können. Nach Heinrich wird eine Nachricht zur Information, „wenn vorhandenes

Wissen

ergänzt

wird

(man

beim Empfänger Wissen entsteht

kann

auch

sagen:

wenn

beim

bzw.

Empfänger

Unbestimmtheit beseitigt wird)" [Hein95. Seite 350]. In der Terminologie der vorliegenden Arbeit bedeutet die bottom-up Ableitung des Informationsbegriffes, daß der Mensch - als Empfänger

von Nachrichten

- ein

„Wissen,

daß

(...)" besitzt.

Die

Herleitung

Informationsbegriffes kann auch top-down erfolgen, indem vom Terminus

des

Know-how

ausgegangen wird. Wenn dieses Vorgehen gewählt wird, dann führt dies dazu, daß sich Wissen aus Informationen zusammensetzt [Hein95. Seite 350], Im Kontext des Know-howAnsatzes muß die Formulierung wie folgt lauten: Know-how setzt sich aus Informationen zusammen; dies bedeutet, aus einzelnen „Wissen, daß (...)" Komponenten baut sich eine Person ein „Wissen, wie (...)" auf.

Die

Unterscheidung

Coleman/Furey

7

der

Trilogie

von

Daten,

Information

und

[CoFu96] anhand des folgenden Beispiels: Daten

Know-how

erklärt

werden über eine

bestimmte Marktsituation in Form einer Marktforschungsstudie erhoben. Die Analyse des Datenmaterials erscheint in einem Bericht, der die wesentlichen Erkenntnisse in strukturierter Form darlegt. Diese Information kann ein Experte als Grundlage für seine Entscheidungen heranziehen und aufgrund seines Know-hows und seiner Erfahrungen interpretieren.

Eine hierarchische

Einteilung

der Termini Wissen, Information und Know-how schlagen

Kogut/Zander [KoZa95; KoZa97] vor, indem der Begriff Wissen als Oberbegriff verstanden wird, dessen zwei Unterkategorien Information und Know-how darstellen. Information wird definiert als „knowledge which can be transmitted without loss of integrity once the syntactical rules required for deciphering it are known" [KoZa97. Seite 20]. Informationen beinhalten Fakten, Axiome und Symbole und werden von den Autoren mit „knowing that"

7

Internet-Adresse:

http://www.collaborate.com/hot_tip/tiplQ96.htm

Theoretische

28

Grundlagen der

Know-how-Thematik

umschrieben. Know-how hingegen ermöglicht die Ausführung einer Tätigkeit und stellt jene Fähigkeit oder Expertise dar, die aufgrund lang erlernter Erfahrungen ausgeführt werden kann. Informationen werden von Person zu Person weitergegeben, aber nicht der Sender, sondern der Empfänger verarbeitet die Informationen zu Know-how durch Zuordnung der Bedeutung in einem bestimmten Kontext. In diesem Zusammenhang gewinnt die Informationsverarbeitung

menschliche

an Bedeutung, denn diese läuft über kognitive Prozesse ab und ist

Forschungsgegenstand der Neurowissenschaften [Ande89; Frie88]. Es ist die Aufgabe des Nervensystems sowohl die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen als auch die Steuerung der Bewegungen zu lenken. Die wichtigsten Bestandteile des Nervensystems bilden die elektronischen Zellen, die Neuronen. Eine Nervenzelle besteht aus dem Zellkörper - Sorna genannt -, der sich aus dem Zellkern zusammensetzt und von dem zwei Arten von Verzweigungen

ausgehen,

nämlich

die Dendriten 8 und

das Axon 9 .

Reizt

man

eine

Nervenzelle, so laufen über die Axone kurze Spannungsstöße. Erreicht ein Nervenimpuls eine Nervenzelle, so erfolgt durch die Freisetzung von chemischen Substanzen, Neurotransmitter, die Übertragung auf andere Neuronen. Diese neuronale

Informationsübertragung

führt zur

menschlichen Intelligenz, wobei zu berücksichtigen ist, daß dieser Fluß von einem Neuron zu einem anderen in zehn Millisekunden erfolgt, d.h. „auf diesen einfachen neuronalen Vorgang müssen letztlich alle .höheren' geistigen Aktivitäten zurückzuführen sein" [Frie88. Seite 471],

Das Interesse der Wissenschaft mehr über das Gehirn in Erfahrung zu bringen, ist Gegenstand des Sonderforschungsbereichs (SFB) „Kognitive Leistungen" [Hale97. Seite 23],

Als

Untersuchungsobjekt wurde der Schleuderzungensalamander ausgewählt, weil sein visuelles System leistungsfähig ist. Dieses Wirbeltier arbeitet mit ein bis zwei Millionen Nervenzellen im Vergleich zu zwei Milliarden Zellen beim Menschen. Dieses Projekt geht von der These aus, daß durch die Aktivierung von Nervenzellen ein Tier nicht stereotyp reagiert, sondern dem Fangen der Beute eine Bedeutung zuordnet. Es wurde zwar ein neuronales Netz, das präzise jede Beute fangt, entwickelt, jedoch können keine Aussagen darüber gemacht werden, ob der kognitive Vorgang vom Versuchstier bewußt durchgeführt wird, denn es existiert eine Lücke von der Aktivität einer Nervenzelle zur Wahrnehmung eines Reizes. Ziel des

* Die Dendriten verzweigen sich zahlreich vom Zellkörper. " Das Axon (Neurit oder Nervenfaser) kann als die Verlängerung des Zellkörpers Aufgabe in der Weitervermittlung von Informationen ans Gehim liegt.

aufgefaßt werden,

dessen

Theoretische Grundlagen der

Know-how-Thematik

29

Forschungsvorhabens ist es, mittels Computersimulation das „Schaltbild", welches dem ReizReaktionsmechanismus zugrunde liegt, zu ergründen. Einen eher pragmatischen Ansatz zur Konkretisierung von Wissen nimmt die OECD [OECD96] ein, die eine vierteilige Klassifikation von „knowing" vorschlägt: •

Know-what bezieht sich auf Faktenwissen und wird mit dem Terminus Information gleichgesetzt. Experten benötigen diese Art von Wissen, um ihre Aufgaben auszuführen.



Know-why wird dem wissenschaftlichen Wissen zugeordnet und ist insbesondere in Forschungseinrichtungen und Universitäten vorzufinden.



Know-how wird als Handlungswissen charakterisiert, das in den individuellen Fähigkeiten von Personen zum Ausdruck kommt.



Know-who bezieht sich auf Informationen über die soziale Umwelt und den Aufbau einer Kommunikation zum Know-how der Experten.

Während die beiden ersten Kategorien die explizite Dimension von Know-how darlegen, verweisen die beiden letztgenannten Dimensionen auf den impliziten Charakter von Knowhow. Die Informationsgesellschaft zeichnet sich durch das kodifizierte Wissen im Sinne von Informationen aus, indem insbesondere Informations- und Kommunikationstechnologien den Prozeß der Übermittlung von kodifiziertem Wissen fördern.

Informationen repräsentieren gebündelte Fakten und ermöglichen die Kommunikation von artikuliertem Wissen. Denn sobald der Prozeß beginnt, in dem ein Individuum das stillschweigende Wissen mittels der Sprache verbalisiert, weiß die soziale und kulturelle Umwelt, daß diese Person zu einem bestimmten Sachverhalt spezifische Gedanken besitzt. Der Unterschied zum Terminus Know-how liegt darin, daß die mentalen Prozesse nur schwer kommunizierbar sind, denn Informationen beinhalten „descrete little bundles of fact, sometimes useful, sometimes trivial, and never the substance of thought" [Rosz86. Seite 87], und wirken unterstützend bei der Illustration von Gedanken, allerdings darf dabei nicht der Aspekt außer acht gelassen werden, daß „the mind thinks with ideas, not with information" [Rosz86. Seite 88], Bei dem Lernprozeß zu Know-how nimmt die Information die Vermittlerposition ein.

30

Theoretische Grundlagen der 3.3.3.

Know-how-Thematik

Know-how

3.3.3.1. Definition von Know-how „Das Wissen muß ein Können werden. " (Carl von Clausewitz)

Der Prozeß, aus der bestehenden Informationsflut die wichtigsten Informationen zu filtern und weiterzuentwickeln, um daraus Know-how zu gewinnen, ist Gegenstand des Übergangs von der Informationsstufe zur höchsten Lernstufe Know-how. Die Akteure können ihre Fertigkeiten in eine Handlung umsetzen, wobei die am Anfang des Lernprozesses neu erworbenen Informationen nur in eine automatische Handlung, die intuitiv abläuft, durch Übung transformiert werden kann. Zieht man die englische Definition von Know-how heran „faculty of knowing how (to do sth); knowledge of methods; ingenuity (contrasted with theoretical knowledge)" [Oxfo81. Seite 468], so wird deutlich, daß Know-how in der deutschen Sprache mit „Wissen, wie (...)" übersetzt werden kann, allerdings nur im Hinblick auf die Verwendung eines Wissens, wie man etwas aufgrund von Fertigkeiten ausführt. Das deutsche Wort „Können" impliziert diese Richtung, denn Akteure können ihre Fertigkeiten in eine Handlung umsetzen. Das in der deutschen Sprache verwendete „Wissen, wie (...)" entspricht nicht dem von Ryle diskutierten

„knowing how" oder dem von Dreyfus

dargestellten „know-how". Nach Ansicht von Baumgartner [Baum92. Seite 65] und den Übersetzern des Ryle'schen Textes [Ryle69. Seite 26. Anmerkung 1] ist das deutsche „Wissen, wie (...)" eine Form des theoretischen Wissens. Dieser Terminus läßt die Option offen, daß ein Individuum zwar weiß, wie eine Handlung auszuführen ist, diese aber nicht in eine Tat umsetzen kann. Es kann konkludiert werden, daß die in der englischen Sprache verwendeten Termini „knowing how" und ,.know-how" synonym mit dem im Deutschen verwendeten Können' 0 sind.

Basierend auf den bisher dargelegten Grundgedanken zur Know-how-Thematik ergibt sich folgende inhaltliche Beschreibung von Know-how: 1. Know-how kann nur in einem Übungs- und Lernprozeß erworben werden, d.h. Know-how wird durch einen Prozeßcharakter determiniert.

10

Zum Beispiel kann eine Person wissen, wie man theoretisch einen Autoreifen wechselt, ist aber nicht fähig, diese Arbeit praktisch auszuführen. Besitzen hingegen Akteure die Fertigkeit, ihr Können in eine Handlung umzusetzen, d.h. sie sind fähig die Autoreifen zu wechseln, dann liegt Know-how vor.

Theoretische Grundlagen der

Know-how-Thematik

31

2. Der Know-how-Thematik liegt ein kognitiv-individualistischer Ansatz zugrunde, in dem Sinne, daß Träger von Know-how Personen sind. 3. Know-how ist handlungsorientiert (skill-oriented). Know-how-Träger wissen nicht nur, wie etwas funktioniert, sondern können ihr „Wissen, daß (...)" in eine Handlung umsetzen. Es entsteht ein „knowing how", welches sich durch automatische Handlungsabläufe auszeichnet. 4. Know-how-Träger reagieren intuitiv aufgrund von früher erworbenen Erfahrungen, an die sie sich erinnern. 5. Know-how beinhaltet ein implizites Wissen, da „wir mehr wissen, als wir zu sagen wissen" [Pola85. Seite 14]. 6. Know-how weist eine qualitative Komponente auf, basierend auf dem kognitiven Ansatz. Diese inhaltliche Beschreibung führt zur Formulierung der folgenden Definition von Knowhow: Know-how ist das implizite, auf Erfahrungen beruhende Handlungswissen einer Person.

Eine Zusammenstellung der wesentlichen Abgrenzungen zwischen „Knowing that" und „Know-how" liefert Tabelle „Abgrenzung der Termini „Wissen, daß (...)" und „Wissen, wie (...)". Searle ist es gelungen, alle vier Termini - „Wissen, daß (...)", „Wissen, wie (...)", „Know-how" und „Können" - in einem einzigen Satz zu vereinigen: „(...) ich muß wissen, wie die Dinge sich verhalten, und ich muß wissen, wie man gewisse Sachen macht; aber die fraglichen Arten von Know-how - also Arten des Könnens - sind hier keine Formen des Wissens, daß etwas der Fall ist" [Sear91. Seite 182f.]. I N F O R M A T I O N (knowing that) Wissen, daß (...) Faktenwissen Explizites Wissen Neuling Informationsgesellschaft Engpaßfaktor: Kapital Verankert in Informations- und Kommunikationstechnologien

K N O W - H O W (Können) Wissen, wie man etwas macht Handlungswissen Implizites Wissen, tacit knowledge Experten Know-how-Gesellschaft Engpaßfaktor: Know-how Verankert in den Köpfen von Individuen, Teams, Know-how-Netzen

Tabelle 1: Abgrenzung der Termini „Wissen, daß (...)" und „Wissen, wie (...)"

Theoretische Grundlagen der Know-how-Thematik

32

D e r Terminus K n o w - h o w läßt sich durch zwei Dimensionen k e n n z e i c h n e n .

Abbildung

„ D i m e n s i o n e n von K n o w - h o w " symbolisiert die Zweidimensionalität von K n o w - h o w . Die Pfeile heben die Prozeßeigenschaft von K n o w - h o w hervor.

iL

Kognitiv-individualistische Dimension

Abbildung 5: Dimensionen von K n o w - h o w

(1) Im Mittelpunkt Termini

der epistemologischen

Dimension

„Daten-Information-Know-how",

(Y-Achse) steht die Trilogie

also die Frage, wie kann

aus Daten

der ein

informationsbasiertes Wissen aufgebaut werden, welches die E n t w i c k l u n g von „tacit k n o w l e d g e " unterstützt. (2) Die epistemologische D i m e n s i o n kann nur in Kombination mit der kognitiven

Dimension

(X-Achse) betrachtet werden, da sich ein Experte durch einen L e r n p r o z e ß K n o w - h o w aneignet. Die unverwechselbaren Eigenschaften eines Individuums werden als M e r k m a l e oder als klassifizierte Erkennungssysteme bezeichnet, wobei die Relevanz von solchen angeborenen M e r k m a l e n abnimmt, je höher

die Lebewesen

entwickelt

sind. D a f ü r

gewinnt das individuelle Lernen immer mehr an Bedeutung. M a t u r a n a ist der Meinung, daß Lernen

„ein kontinuierlicher Prozeß der Transformation

von Verhalten

durch

kontinuierliche Veränderung der Fähigkeit des Nervensystems, solches Verhalten zu synthetisieren" individualistische

[Maturana Dimension

zitiert

in WiF189.

Seite

82]

ist.

Schließlich

deckt

die

den Teil der K n o w - h o w - T h e m a t i k ab, der sich auf den

Sachverhalt konzentriert, daß Individuen als K n o w - h o w - T r ä g e r bezeichnet werden. Je geringer

der

individualistische

Anteil

am

Wissen

ist,

desto

eher

liegt

die

Informationsebene vor. Hingegen gilt der Sachverhalt, daß je weniger eine Person ihr

Theoretische

Grundlagen der

Know-how-Thematik

33

stillschweigendes Wissen kommunizieren kann, desto mehr ist ihr das Know-how eigen, d.h. in mentalen Landkarten repräsentiert.

Die Thematisierung von Know-how gleicht bildlich einem Triptychon", wobei der linke Flügel die Problematik der Datenverarbeitung umfaßt. Im Zentrum befindet sich die Wissensdarstellung, die sich sowohl zum linken als auch zum rechten Flügel verästelt, wobei der rechte Flügel die Informationen veranschaulicht. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht die Verknüpfung der gesammelten Informationen zu kreativen geistigen Operationen. Know-how repräsentiert die Menge des intuitiven und individuellen Handlungswissens, im Ryle'schen Sinne setzt sich Know-how aus der Menge von Dispositionen zusammen. Informationen hingegen stellen einen Teilbereich von Know-how dar, welcher den Prozeß zur Know-howEntwicklung fördert. Der Terminus Know-how fordert das Bekenntnis zur Subjektivität und verlangt die Fähigkeit der Selektion, um aus der bestehenden Informationsflut die relevanten Wissensteile zu filtern. Die Bedingung lautet, sich nicht durch Faktenwissen abzusichern, sondern aus der Quantität der Informationen qualitative Wissensteile zu selektieren, um Know-how zu generieren.

Bezugnehmend auf das Know-how-S-Kurven-Modell 1 2 kann die Aussage abgeleitet werden, daß eine Person mehrere Phasen durchlaufen muß, um sich Know-how anzueignen. Dieser Entwicklungsprozeß ist abgeschlossen, sobald ein Individuum ausreichend „Wissen, daß (...)" erworben hat, welches in eine intuitive Handlung transferiert werden kann. Damit sich die Know-how-Basis einer Person erweitert, müssen neue Daten und Informationen beschafft werden. Daraus ergibt sich die Schlußfolgerung, daß individuelles Know-how immer wieder durch neue Informationen aufgebaut werden muß. Es beginnt die Phase der Veränderung und der Umwandlung des bestehenden Ist-Know-hows zu einem gewünschten und neuen SollKnow-how, indem es zu einem Know-how-Sprung

kommt. Da S-Kurven immer paarweise

auftreten, bezeichnet man den Übergang von einem Know-how-Level zu einer neuen Knowhow-Kurve als Diskontinuität, wobei das Know-how auf einem höheren Niveau angesiedelt ist. Es setzt

der Prozeß ein, in dem Individuen das vorhandene Wissen reflektieren, um

Know-how zu entwickeln.

" Das Triptychon (griechisch) ist ein dreiteiliges Bild, bestehend aus einem Mittelbild und zwei Seitenflügeln. 12

Vgl. Abbildung „Transformation des Know-hows"

beweglichen

Theoretische Grundlagen der Know-how-Thematik

34

3.3.3.2. Evolutionstheoretischer Ansatz von Kwasnicki Den Prozeßgedanken greift Kwasnicki [Kwas96] in seinem evolutionstheoretischen

Ansatz

zur Annäherung an einen Know-how-Begriff auf. Er geht von der Annahme aus, daß sich das Wissen einer Person in Analogie zur biologischen Evolution entwickelt. Evolution wird definiert als der Suchprozeß für bessere Lösungen basierend auf der Methode von „trial and error", wobei sich Parallelen zu Popper 13 feststellen lassen.

Die menschliche Entwicklung kann auf die elementare Einheit, nämlich das Wissen einer Person, zurückgeführt werden; so wie in der Biologie die Gene die Grundlage für die Evolution bilden. Kwasnicki weist darauf hin, daß sich elementare Einheiten in der Evolution nicht nur auf Wissen und Gene beschränken, sondern auch Produkte oder Unternehmen darstellen können. Menschliche Erfindungen sind das Resultat geistiger Überlegungen, d.h. eine neue innovative Idee basiert auf dem geistigen Vermögen einer Person. Know-how entsteht durch die individuelle Eigenleistung, da sich jede Erfindung auf das persönliche Wissenspotential zurückführen läßt. Ein Großteil des menschlichen Wissens wird durch sogenannte „paragons" - Muster, Vorbilder - bestimmt, worunter beispielsweise Rituale, Gesetzessysteme, technologische Standards oder wissenschaftliche Theorien verstanden werden. Kwasnicki erläutert den Terminus „paragon" folgendermaßen: "I use the term paragon to underline the ideal type of patterns of behaviour. A paragon in this context means a pattern of excellence or perfection. The Ten Commandments (the Laws of Moses) are such paragons at the cultural level. The term paragon comes from the Italian paragone which means comparison, probation, and the Greek parakonan, that is, to sharpen" [Kwas96. Seite 18. Fußnote 3],

In dem evolutionstheoretischen Ansatz wird die Persönlichkeit einer Person durch sein Benehmen, sein Rollenverhalten und sein Wesen determiniert, hingegen begründet sich die menschliche Individualität durch das Vorhandensein mehrerer ,.Muster". Desweiteren werden zwei Bereiche des individuellen-subjektiven Wissens unterschieden:

n

Ein Wissenszuwachs wird durch die Falsifizierbarkeit von Theorien erreicht, was für Popper als Antrieb des wissenschaftlichen Einsicht abgeleitet

Fortschritts gilt. Das Kriterium der Wahrheit kann nicht durch Inspiration oder höhere werden, sondern es muß der Weg von „ Versuch und Irrtum"

falschen Hypothesen angewandt werden /Popp92. Seite 199],

zur Elimination

von

Theoretische

Grundlagen der

Know-how-Thematik

35

(1) Sogenannte aktive „paragons", die sich auf Muster bezüglich der Individualität beziehen, und latente (redundante) „paragons", die zwar einer Person eigen sind, aber nicht deren Individualität

berücksichtigen.

Kwasnicki

zieht

den

Vergleich

Organismen. Laut Schätzungen werden nur 2% der menschlichen DNA

zu 14

biologischen

für den Aufbau

von Proteinen benötigt. Es stellt sich die Frage, welche Bedeutung den verbleibenden 98%, also dem redundanten Teil der DNA zukommt. (2) Ein Wissen über den Lebensbereich, in der eine Person lebt. Diese Wissensart bedingt, daß ein Individuum sowohl seine eigene als auch die Persönlichkeit seiner Mitmenschen beurteilen und bewerten kann. Es entstehen persönliche Landkarten im Gedächtnis über die wahrgenommene Umwelt, und gleichzeitig werden vorhandene Konzepte oder Ideen subjektiv bewertet, bevor eine verbale Artikulation des Wissens stattfindet. Allerdings sind eine Vielzahl der „paragons" einem Individuum nicht bewußt, denn sie existieren nur im Gedächtnis, d.h. sie bestehen in einer nicht verbalen Form und sind für andere Personen unsichtbar. Dieses von Kwasnicki beschriebene Wissen entspricht der von Polanyi vorgestellten Theorie des „tacit knowledge". Durch Beobachtung versucht ein Individuum die „paragons" anderer Personen zu rekonstruieren, um daraus eigenes Knowhow

aufzubauen.

Dennoch

kann

der

Sachverhalt

festgestellt

werden,

daß

zwei

unterschiedliche Handlungen vorliegen können, auch wenn zwei Individuen das gleiche „paragon" als Ausgangsbasis verwenden. Mehrere gleiche „paragons" von Personen am Beginn eines Lernprozesses führen nicht notwendigerweise bei der Ausführung von Tätigkeiten zum gleichen Ergebnis. In Abhängigkeit der jeweiligen mentalen Strukturen im Gedächtnis entstehen verschiedene Formen von Know-how.

Abbildung „Evolutionsdiagramm - Wissensentwicklung in Verbindung mit der biologischen Evolution" [Kwas96. Seite 22] legt parallel zur biologischen Evolution die menschliche Wissensentwicklung dar. Die vier biologischen Entwicklungsstadien eines Individuums beziehen sich auf das Zygoten-Stadium („zygotes"), die Entwicklung von der Zygote zur Geburt („development from Zygote to birth"), von der Geburt zum Erwachsenenalter („development from birth to adult age") und die letzte Entwicklungsstufe umfaßt den erwachsenen Organismus („adult organisms").

DNA (Deoxyribonucleid

acid) ist die englische Bezeichnung für die im Deutschen verwendete Abkürzung DNS

(Desoxyribonukleinsäure).

36

Theoretische Grundlagen der Know-how-Thematik

Abbildung 6: Evolutionsdiagramm - Wissensentwicklung in Verbindung mit der biologischen Evolution

Die menschliche Entwicklung wird einmal von der „epigenetic" 15 und zum anderen von der „biological selective" Umwelt determiniert. Die epigenetische Umwelt formt „phenotypes of biological organisms at all stages of their development" [Kwas96. Seite 22], während die zweite Form der Beeinflussung die Überlebenschancen

kontrolliert. In der

Wissens-

vermittlung spielt einerseits die stillschweigende Weitervermittlung der „paragons" eine wichtige Rolle, andererseits wird eine Person durch seine soziale und kulturelle Umgebung determiniert. Dabei wird zwischen der „educational environment" und der „intellectual selective environment" unterschieden. Die erste Dimension findet ihren Ausdruck in der verbalen Kommunikation und

in dem geschriebenen

Wissen. Andererseits wird eine

„intellectual selective environment" festgestellt, die bewirkt, daß im Laufe der Geschichte unwichtige Informationen keine Beachtung finden und

verschwinden,

hingegen

vom

Menschen erachtete wichtige Information überliefert werden. Auch Oerter [Oert88. Seite 333]

15

Epi bedeutet „auf, darüber, an der OberflächeUnter betreffend, erblich bedingt,

entstehungsgeschichllich.

dem Begriff genetisch versteht man die Genetik

Theoretische Grundlagen der

Know-how-Thematik

37

untersucht die Auswirkungen der Kultur auf das Wissen der Menschen. Unter dem handlungstheoretischen Aspekt gilt, daß sich Wissen aus der Erfahrung durchgeführter, beobachteter Handlungen und der kulturellen Umwelt ergibt. Jedes Individuum leistet durch sein Handlungswissen, durch seine Erkenntnisse und Ideen einen Beitrag, das Know-how der jeweiligen Kultur auszuweiten, zu erneuern und zu verändern.

3.3.3.3. Das dynamische Modell von Nonaka und Takeuchi Der Transformationsprozeß, aus bestehenden Informationen ein implizites Wissen abzuleiten, ist Gegenstand des von Nonaka und Takeuchi [NoTa95] entwickelten dynamischen

Modells

der menschlichen Wissensbildung. Durch Interaktion zwischen impliziten und expliziten Wissen kommt es zur Entstehung und Erweiterung von Wissen. Diese Interaktion wird als „knowledge conversion" bezeichnet und entspricht im weiten Sinne dem Ansatz der Kognitionspsychologie 16 , das deklaratives in ein prozedurales Wissen transformiert.

Die Autoren heben hervor, daß sich die westliche Sichtweise grundsätzlich vom japanischen Ansatz bezüglich der Ressource Wissen unterscheidet. Das westliche Management geht von der Annahme aus, daß Wissen in expliziter Form beispielsweise in Worten, Zahlen, Handbüchern oder Daten im Unternehmen vorliegt und leicht mittels Informations- und Kommunikationstechnologien kommuniziert werden kann. Japanische Unternehmen hingegen betonen

die stillschweigende Dimension

von Wissen,

wobei

„tacit

knowledge"

als

persönliches, schwierig kommunizierbares und auf Intuition beruhendes Wissen beschrieben wird. Ein Unternehmen basiert nicht auf der Grundlage der Informationsverarbeitung, sondern stellt einen lebenden Organismus dar, in welchem die kognitive Komponente der Mitarbeiter im Vordergrund steht. Obwohl die Wichtigkeit der Ressource Wissen zunehmend an Bedeutung

gewinnt,

lassen

westliche

Organisations-theoretiker

die

Entstehung

und

Weiterentwicklung von neuem Wissen außer acht und fokussieren sich primär auf die Erhaltung und Weitergabe von bereits bestehenden Informationen, denn „at the core of concern of these theories is the acquisition, accumulation, and utilization of

existing

knowledge; they lack the perspective of ,creating new knowledge'" [NoTa95. Seite 49].

" Vgl. Ausführungen in Kapitel 3.2.

38

Theoretische

Grundlagen der Know-how-Thematik

Der Ansatz von Nonaka/Takeuchi wendet sich gegen die philosophische Denkrichtung, die von einer Trennung des Geistes vom Körper ausgeht. Dieser sogenannten

kartesischen

Philosophie liegt der Leib-Seele-Dualismus zugrunde, der auf die Wechselbeziehung von Körper und Seele hindeutet. Descartes

(1596-1650) warf die Frage nach dem Verhältnis

beider Teile auf, wobei er davon ausging, daß ein Dualismus von Geist (res cogitans) und Materie (res extensa) als zwei selbständige Wesenseinheiten existiere. Seine methodische Annahme begründete sich darauf, daß sich eine denkende Person durch das Vorhandensein von Zweifeln auszeichne. Descartes lehnte das Wesenswissen ab und bezeichnete es als falsche Einsicht, denn seiner Meinung nach sollte man nur das glauben, was man verstanden habe. Der Mensch gelangt zu seinem Wissen, indem er bestehende Sachverhalte anzweifelt, d.h. Gewißheit entsteht nur durch den Akt des Zweifeins. Descartes stellt das Ego des Menschen in den Vordergrund, denn er schreibt in seinem Werk „2. Meditation", „(...) so komme ich, nachdem ich nun alles mehr als genug hin und her erwogen habe, schließlich zu der Feststellung, daß dieser Satz: ,Ich bin, ich existiere', sooft ich ihn ausspreche oder in Gedanken fasse, notwendig wahr ist" [OeDG83. Seite 170], Die kartesische Philosophie formulierte er somit in dem Sinne, daß alles, was objektiv in seiner Gestaltung bezweifelt wird, auch subjektiv in seiner Gewißheit bewiesen werden kann. Dem von Descartes begründeten Leib-Seele-Dualismus liegt die These zugrunde, „allein die res cogitans

sei

.substantiell' wirklich, während die res extensa, die Objektwelt, als nichtsubstantielle dem Entstehen und Vergehen unterworfen sei (...)" [OeDG83. Seite 32]. Er befürwortete eine rationalistische Lehre, die sich durch eine klare, deutliche und vernünftige Denkweise auszeichnet. Descartes behauptet, daß völlige Gewißheit nur subjektiv möglich sei und prägte mit dieser Aussage die Erkenntnistheorie der modernen Philosophie bis ins 19. Jahrhundert. Da er die Problematik der Wechselwirkung von Leib und Seele erkannte, stellte Descartes die Psychologie als eine Disziplin neben die Erkenntnistheorie. Im Zusammenhang mit der Erklärung des Wissensbegriffes postulieren Nonaka und Takeuchi gerade die Einheit von Körper und Geist. Diese bezeichnete „oneness of body and mind" ist auf Eisai (1141-1215), einen der Begründer des Zen-Buddhismus 17 , zurückzufuhren. Erkenntnis kann nicht aufgrund

17

Der Tradition nach wurde die Zen-Lchrc um 520 von dem Inder Bodhidharma in China gegründet. Heute wird der Zen durch drei Schulen vertreten: die Rinzai-Schule (1191}, deren Begründer Eisai (1141-1215}

war;

die Soto-Schule, die auf Dogen (1200-53} zurückgeht und schließlich die Obaku-Schule, die im Jahre 1661 eingeführt wurde. Der Zen-Buddhismus zeichnet

ein Mißtrauen

gegenüber

gilt als die unphilosophischte

dem abstrakten

Richtung des Buddhismus. Den Zen

Denken aus. Erkennen

Denkrichtung - nur durch direkte oder intuitive Erfahrung

ergeben.

kann sich - laut

dieser

Theoretische

Grundlagen der

39

Know-how-Thematik

eines theoretischen Wissens erworben, sondern nur durch die Einheit von Geist und Körper erreicht werden. Der japanische Philosoph Nishida (1870-1945) wendet sich gegen die rationalistische Denkrichtung von Descartes. Sein Ansatz geht von der Annahme aus, daß ein Individuum als das Subjekt von Handlungen betrachtet werden kann. Dies bedeutet, daß Wissen durch einen handlungstheoretischen Aspekt begründet wird, denn „Nishida's theory of acting intuition grasps the human being-in-the-world as originally having the character of action; the essential mode is to act on the world, not to cognize it. Persons are subjects qua action before they are thinking, cognizing subjects" [Yuasa zitiert in NoTa95. Seite 30]. Im Know-how-Kontext bedeutet diese Sichtweise, daß sich Know-how in der Ausfuhrung von Handlungen äußert und einen individualistischen Charakter aufweist.

Das Modell von Nonaka und Takeuchi beruht auf dem Gedanken, daß Wissen durch Interaktion zwischen „tacit" (entspricht dem Terminus Know-how) und „explicit" Wissen (entspricht

dem Begriff

Information) entsteht,

wobei

vier

Formen

der

„knowledge

zu tacit knowledge)

umfaßt die

conversion" zu unterscheiden sind: (1) Der Prozeß der „Socialization"

(von tacit knowledge

Transformation von bereits vorhandenem Know-how zu neuem Know-how. Individuen eignen

sich

durch

Beobachtung

und

Imitation

anderer

Know-how-Träger

stillschweigendes Wissen an. Durch diesen Prozeß werden gemeinsame Erfahrungen ausgetauscht und es kommt zur Weiterentwicklung der persönlichen

Wissensbasis.

Informationen werden nicht verbal kommuniziert, sondern durch Übung und Observation wird

Know-how

generiert.

Ein

Beispiel

für

den

Sozialisationsprozeß

stellt

die

Entwicklung der Brotbackmaschine der Matsushita Electric Industrial Company für den industriellen Einsatz dar. Nur durch direkte Beobachtung der bekanntesten Brotbäcker kamen die Ingenieure zu der Erkenntnis, daß das Geheimnis des Brotbackens im Kneten und nicht wie bisher von ihnen angenommen im Rühren des Teiges lag. Das Know-how der technischen Entwickler wurde durch das Know-how der Bäckermeister ergänzt und legte die Grundlage fur die Entwicklung von neuem Wissen. (2) Die „Extemalization"(von

tacit knowledge zum explicit knowledge)

stellt den Prozeß dar,

stillschweigendes Wissen in explizites Wissen zu transformieren. Zur Unterstützung dieses Vorgangs werden Werkzeuge wie Analogien, Metaphern, Konzepte, Hypothesen oder Modelle verwendet. Externalization stellt die bedeutendste Art der Wissensbildung dar. Beispielsweise entwickelte die Firma Canon aufgrund der Analogie einer AluminiumBierdose

den

wegwerfbaren Tintenbehälter

für Drucker.

Ausgangspunkt

für

die

40

Theoretische

Grundlagen der

Know-how-Thematik

Entwicklung war das Ziel, die Wartungskosten bei Druckern zu reduzieren, indem möglichst

wenige

Servicestationen

errichtet

werden

sollten.

Somit

mußte

eine

Technologie entwickelt werden, die es dem Kunden ermöglicht, selbst die Tintenpatronen zu wechseln ohne einen Wartungsdienst anzurufen. Die Initialidee erfolgte aufgrund einer Dose, die Vorbild für die Konstruktion eines billigen Aluminiumbehälters darstellte. In Analogie wurde die wegwerfbare Tintenwalze entwickelt, womit auch das Wartungsproblem von Canon beim Kunden gelöst wurde. (3) Der Prozeß der „Combination " (von explicit knowledge zu explizit knowledge)

beruht auf

der Weitergabe von explizitem zu explizitem Wissen. Dies bedeutet, daß Individuen Informationen mittels

vorhandener Informations- und

Kommunikationstechnologien

austauschen und zu neuen Informationen kombinieren. In diesem Falle wird nicht Knowhow aufgebaut, sondern aus Daten werden Informationen abgeleitet, die über Telefon, Internet, Email oder in Konferenzen dargelegt werden. Bezugnehmend auf die Abbildung „Transformationsprozeß des Know-hows" ist der Prozeß der Kombination im Bereich der unteren S-Kurve anzuordnen. Die höchste Stufe wird nicht erreicht, denn es kommt zu keinem Aufbau von implizitem Wissen. (4) Als vierte Form der „knowledge conversion" fuhren Nonaka/Takeuchi den Prozeß der „lnternalization

" (von explicit knowledge zu tacit knowledge) an, der sich auf die Bildung

von implizitem aus explizitem Wissen konzentriert. Wenn Individuen zunächst den Prozeß der „Socialization", dann der „Externalization" und schließlich der „Combination" durchlaufen haben, kommt es zur Entstehung von Know-how, denn eine Person hat in mentalen Modellen das implizite Wissen internalisiert. Bezogen auf die Bildung der organisatorischen Wissensbasis ist es wichtig, daß die Mitarbeiter das in ihren Köpfen verankerte Wissen für die gesamte Organisation zugänglich machen, also beginnt wieder der Prozeß der Sozialisation des Wissens. Es ist Aufgabe der Manager, durch Engagement und Motivation das implizite Wissen der Mitarbeiter zu aktivieren (Sozialization), um es in die Entwicklung einer neuen Technologie einbringen zu können. Nachdem das implizite Wissen explizit dargelegt wurde (Externalization), steht das Know-how dem gesamten Expertenteam für die Umsetzung

in ein Produkt zur Verfügung. Durch

Kommunikation mit anderen Experten eignet sich der Einzelne neues Wissen an (Combination). Diese neugewonnenen Erfahrungen tragen wiederum dazu bei, daß sich die individuelle implizite Wissensbasis erweitert hat (lnternalization). Aus diesem neuen Know-how entstehen wieder innovative Ideen und „das setzt die Spirale des Wissens

Theoretische

Grundlagen der

Know-how-Thematik



erneut in Gang, diesmal auf einem höheren Niveau. (...) Auf diese Weise verbreitet sich die Wissensbasis des Unternehmens unaufhörlich" [Nona92. Seite 98].

In der von Nonaka/Takeuchi vorgeschlagenen Theorie der organisatorischen Wissensbildung wird zwischen zwei Dimensionen unterschieden. Die epistemologische

Dimension

bezieht

sich auf die Unterscheidung zwischen explizitem und implizitem Wissen, dies bedeutet zwischen Information und Know-how. Die Autoren gründen ihre Sichtweise auf die von Polanyi vorgenommene Differenzierung in implizites und explizites Wissen. Hingegen liegt der ontologischen

Dimension

der Gedanke zugrunde, daß nur Individuen Träger von Know-

how sein können. Eine Organisation kann nie aus sich selber heraus implizites Wissen generieren, sondern nur durch das Potential ihrer Mitarbeiter. Es ist die Aufgabe von Organisationen, ein Netzwerk aufzubauen, welches auf kommunikativer Basis den Transfer von Know-how sowohl intra- als auch interorganisatorisch ermöglicht. Das primäre Ziel liegt darin, das individuell vorhandene Know-how zu mobilisieren, um es auf einem höheren ontologischem Level für die Organisation oder für andere Know-how-Träger zugänglich zu machen. Die Abbildung „Spirale der organisatorischen Wissensbildung" visualisiert die vier Formen

der

„knowledge

conversion"

in

Verbindung

mit

der

ontologischen

epistemologischen Dimension [NoTa95. Seite 73],

Epistemological dimension Externalization

Explicit knowledge

Tacit knowledge

* Individual

Group

Organization

Inter-organization

Knowledge level

Abbildung 7: Spirale der organisatorischen Wissensbildung

Omologica) dimension

und

42

Theoretische Grundlagen der

Know-how-Thematik

Setzt man Abbildung „Spirale der organisatorischen Wissensbildung" in Verbindung mit Abbildung „Transformationsprozeß des Know-hows", so lassen sich Parallelen erkennen. Dem Modell der Psychologen, dem Konzept von Dreyfus zum Erlernen von Fertigkeiten, dem evolutionstheoretischen Ansatz von Kwasnicki und auch dem „knowledge conversion" Prozeß von Nonaka/Takeuchi liegt die Aussage zugrunde, daß eine Person verschiedene Lernphasen durchlaufen muß, um sich Know-how anzueignen bzw. zu internalisieren. Daraus kann konkludiert werden, daß das individuelle Know-how immer wieder durch neues Wissen aufgebaut werden muß. Damit die Wissensbasis eines Menschen erweitert wird, ist es nötig, sich aus der Umwelt relevante Informationen zu beschaffen. Die Phase der Veränderung und der Umwandlung des Know-hows beginnt, indem es zu einem Know-how-Sprung kommt. Im Sinne von Nonaka/Takeuchi bedeutet dieser Vorgang, daß die Wissensspirale in Gang gesetzt wird, indem internalisiertes Wissen sozialisiert werden muß. Es entsteht eine Diskontinuität durch den Übergang von einer Know-how-S-Kurve zu einer neuen Know-how-S-Kurve. Ein Individuum vollzieht auf einem höheren Know-how-Niveau den Prozeß der Entwicklung von implizitem Wissen.

3.4. Know-how-Systematik Die Auseinandersetzung

mit der Know-how-Thematik

erfordert, daß

interdisziplinäre

Forschungsergebnisse berücksichtigt werden. Die Annahme einer Linearität in einer nichtlinearen komplexen Welt wird dem Know-how-Ansatz nicht gerecht, da „one of the most complex Organs in nature is the human brain" [Main97. Seite 114]. Von diesem Standpunkt aus, erscheint es sinnvoll, eine in sechs Dimensionen gegliederte Systematik [Roit96; RoFi97] vorzuschlagen.

3.4.1.

Aristotelischer Ansatz „Aus der Erinnerung entsteht nämlich für die Menschen Erfahrung. " (Aristoteles)

Die philosophische Wissenschaft bietet einen Ansatz zum Wissensbegriff, da sie sich im Rahmen der Erkenntnistheorie mit Antworten auf dieses komplexe Thema auseinandersetzt.

Theoretische Grundlagen der

Know-how-Thematik

43

Aristoteles legte in seinem Buch „Metaphysik" den Grundstein für die Begründung der Wissenschaft, die Ontologie, da sie „das Seiende, insofern es Seiendes ist" [Aris83. Metaphysik VI, 1, 1025b-1026a. Seite 121] aufzuzeigen versucht. Beim Aristotelischen Ansatz wird zwischen dem demonstrativen und dem intuitiven Wissen unterschieden. Während das demonstrative Wissen als Wissen von Ursachen und Prinzipien beschrieben wird (also nur auf dem syllogistischen 18 Wege zu lösen ist), entsteht das intuitive Wissen durch Verstehen vom Wesentlichen eines Dinges, d.h. es geht um das unmittelbare Erfassen eines Sachverhaltes oder eines komplexen Vorgangs.

Aristoteles führt unser menschliches Wissen auf die Kenntnis des Wesens von Ereignissen zurück. Dieses Wesenswissen erläutert er folgendermaßen: „wir können ein Ding nur kennen, indem wir sein Wesen kennen" und „das Wissen um ein Ding besteht in der Kenntnis seines Wesens" [Aris92. Metaphysik, 1031b 7-20. Seite 16]. Diese Tatsachen, die auch ohne Beweis bestehen, aber dennoch verständlich und unverwechselbar sind, werden als Definition bezeichnet, d.h. sie existieren aufgrund ihrer Eigenart, aufgrund dessen, was sie auszeichnet oder anders ausgedrückt, eine Definition begründet sich aus der Natur ihres Wesens. Popper wendet sich gegen die von Aristoteles verwendete Definitionsweise und befürwortet hingegen die

nominalistische

Begründung,

deren

einziges

Ziel

in

einer

vereinfachenden

Darstellungsform zu sehen ist.

Versucht man vor dem Hintergrund des Aristotelischen Weltbildes seine unterschiedlichen Arten von wissenden Personen in eine hierarchische Struktur zu bringen, so lassen sich folgende drei Typen unterscheiden: (1) Diejenigen Menschen, die ihr Wissen nur aufgrund der Sinneswahrnehmung erlangt haben, sind demjenigen Personenkreis unterlegen, der seine Erkenntnisse aus der Einsicht gewonnen hat. (2) Der Handwerker hat seine Erkenntnisse aus den Erfahrungen aufgebaut und ist im Besitz von „Wissen, daß (...)", welches ihn in die Lage versetzt, aus seinen Werkzeugen einen

In dem Buch „Analytica" setzt sich Aristoteles mit der Syllogistik [Barn92] auseinander. Unter Syllogistik ist die Lehre vom logischen Denken zu verstehen. Das folgende Beispiel erläutert einen Syllogismus: Alle As sind Bs Alle Bs sind Cs :. Alle As sind Cs

Theoretische Grundlagen der Know-how-Thematik

44

Gegenstand zu formen, ohne dabei seine Fähigkeiten theoretisieren und hinterfragen zu müssen.

Zur Zeit Aristoteles'

gleichgesetzt,

worunter

ein

wurde die theoretische

Wissen

verstanden

Wissenschaft

wurde,

welches

mit

sich

techne auf

die

Geschicklichkeit, das Handwerk oder die Kunstfertigkeit bezog. (3) Im Gegensatz zum Handwerker charakterisiert Aristoteles die Künstler als diejenigen Personen, die befähigt sind, ihr Wissen zu begründen. Er spricht ihnen die höchste gesellschaftliche Stellung in Griechenland zu, da er argumentiert, daß sich eine wissende Person durch die Kenntnis von Prinzipien auszeichnet und im Gegensatz zu einer unwissenden Person steht, die sich nur auf ihre Erfahrung stützt. Wissen und Verstand ordnet Aristoteles nur den Personen zu, die Sachverhalte begründen und beweisen können, „denn die Erfahrenen kennen nur das Daß, aber nicht das Warum; jene aber kennen das Warum und die Ursache" [Aris83. Metaphysik I, 1; 980a-982a. Seite 118].

Überträgt man die Aristotelische Sichtweise auf die Know-how-Thematik, so kann festgehalten werden, daß Aristoteles der Gruppe der Handwerker die Funktion von „Wissen, daß"-Trägern zuschreibt, dieser Personenkreis sich aber dennoch durch sein handwerkliches Können auszeichnet. Es besteht nicht die Fähigkeit, das Know-how explizit darzulegen, denn die Ausübung des Handwerkes basiert auf der Überlieferung der Vorfahren, die ihre Erfahrungen an die nachfolgende Generation weitergegeben haben. Gleichzeitig verfügen sie über die Begabung, ihr Wissen anderen Menschen mitzuteilen, wobei im Sinne von Nonaka/Takeuchi das Stadium der „Socialization" vorliegt, indem zukünftigen Generationen durch Imitation „tacit knowledge" überliefert wird.

3.4.2.

Neurowissenschaftlicher Ansatz

Ausgangspunkte der Analyse des Wissens unter dem neurowissenschaftlichen Ansatz stellen das Nervensystem und der Aufbau des menschlichen Gehirns dar. Das Nervensystem gliedert sich in drei unterschiedliche Bereiche: (1) das zentrale Nervensystem,

welches aus dem Gehirn19 und dem Rückenmark gebildet

wird,

19

Im Jahre 1861 gelang dem französischen zwischen Geist und Gehirn besieht.

Arzt Broca der anatomische Beweis, daß ein

Zusammenhang

Theoretische Grundlagen der (2) das periphere Nervensystem, (3) das vegetative Nervensystem,

Know-how-Thematik

45

das sensorische 20 und motorische 21 Nerven umfaßt, welches sich sowohl aus sensorischen als auch motorischen

Nerven zusammensetzt und die Steuerung der inneren Organe (wie zum Beispiel die Atmung,

den

Kreislauf,

die

Verdauung,

die

Herzschlagfunktion

und

andere

Stoffwechselvorgänge) bewirkt.

Ziele

des

Nervensystems

sind

sowohl

die

Informationsaufnahme

und

die

Informationsverarbeitung als auch die Steuerung der Bewegung. Den wichtigsten Bestandteil des Nervensystems zur Verarbeitung von Informationen bilden die elektrisch geladenen Zellen - die Nervenzellen-, welche als Neuronen bezeichnet werden. Das Gehirn enthält schätzungsweise 100 Milliarden Neuronen, die im Falle eines Verlustes nicht mehr ersetzt werden können. Vergleicht man dies mit einem Computer, so behauptet Anderson [Ande89. Seite 32], daß das menschliche Gehirn die höchste Verarbeitungskapazität hat, während der Computer bei der Lösung komplexer mathematischer Problemstellungen wesentlich schneller ist.

Über den Aufbau

des menschlichen

Gehirns

und seiner einzelnen Funktionen 22 hat die

Hirnforschung eine Fülle von Erkenntnissen gewonnen. Der Aufbau des menschlichen Gehirns teilt sich in fünf Abschnitte: (1) Der älteste Teil ist das verlängerte Rückenmark (Medulla oblongata), welches für die Atmung, den Stoffwechsel und die Blutzirkulation verantwortlich ist. (2) Das Kleinhirn (Cerebellum) übernimmt die Funktion der Koordination und Kontrolle aller menschlichen Bewegungsabläufe und ist ferner für unser Gleichgewicht zuständig. (3) Die

Aufgabe

des

Mittelhirns

(Mesencephalon)

liegt

darin,

die

aufgenommenen

Informationen an ihren richtigen Ort zu verteilen. Es kann deshalb als Vermittlungsstelle für Informationen betrachtet werden. (4) Das Zwischenhirn (Diencephalon) besteht einmal aus dem Thalamus, der Reize von unserem

Körper

(Telencephalon)

aufnimmt und weiterzuleiten.

verarbeitet, um sie schließlich an Den

weitaus

bedeutendsten

das

Bestandteil

20

Sensorische Nerven liefern Informationen über die Rezeptoren zum Rückenmark und Gehirn.

21

Motorische Nerven übermitteln die Befehle zu den Muskeln.

22

Friedend

spricht

in diesem

Zusammenhang

von der

Mikrostruktur des Nervensystems [Frie88. Seite 473].

zerebralen

Makrostruktur

Großhirn stellt

im Gegensatz

der

zur

Theoretische Grundlagen der Know-how-Thematik

46

Hypothalamus dar, der alle menschlichen Grundbedürfnisse regelt und somit unseren Organismus im Gleichgewicht hält. (5) Das Großhirn wird als Neokordex bezeichnet, da es den jüngsten Teil unseres Gehirns darstellt.

Die Erkenntnisse der Neurowissenschaften bilden die Basis für die Erklärung

des

Zusammenhangs zwischen Gehirn und menschlichen Vorgängen. Das Wissen, wie man sich die neuronale Informationsverarbeitung vorzustellen hat, ist notwendige Voraussetzung für den Ansatz der Wissenspsychologie.

3.4.3.

Ansatz der Wissenspsychologie

Als Teilgebiet der Kognitionswissenschaften (Cognitive Science) beschäftigt sich die Wissenspsychologie [MaSp88] mit Fragen des Erwerbs von Wissen, seiner Repräsentation im menschlichen Gedächtnis, seines Abrufs, seiner Anwendung beim Entscheiden, im Denken und Handeln und seiner damit einhergehenden Veränderung. Die Neurowissenschaften habe den anatomischen Aufbau des menschlichen Gehirns analysiert. Für die Wissenspsychologie ist die Frage relevant, wie das menschliche Wissen im Gedächtnis gespeichert wird. Das Gedächtnis ermöglicht es dem Menschen, sich an seine Handlungen, Ereignisse oder sonstige wahrgenommene Sachverhalte zu erinnern. Im Sinne des Know-how-Ansatzes läuft der Prozeß ab, daß Know-how sowohl als Input als auch als Output im Transformationsvorgang betrachtet werden kann. Als erstes werden Informationen aufgenommen, diese müssen enkodiert, also in eine neuronale Form gebracht und gespeichert werden, um zur gegebenen Zeit für die Ausführung einer Handlung einen Abruf zu ermöglichen. Wie bereits im evolutionstheoretischen

Ansatz

von

Kwasnicki

zum

Ausdruck

kam,

besteht

eine

wechselseitige Beziehung zwischen der Umgebung, in welcher der Mensch lebt, und seinem im Gedächtnis repräsentierten Wissen. Es entsteht ein Kreislaufschema zwischen sensorisch aufgenommenen Informationen aus der Umgebung - dem Input - und den sich daraus ergebenden Handlungen - dem Output. In Anlehnung an das von Klix entworfene heuristische Schema [Klix88. Seite 41], das dieses Zusammenspiel verdeutlicht, legt Abbildung „Knowhow als Input und Output" die Beziehung zur Dualität von Information und Know-how dar.

Theoretische Grundlagen der

47

Know-how-Thematik

Unterstützt wird dieser Prozeß durch die individuelle Motivation, die eine Person zum Handeln und dadurch zum Know-how-Aufbau 23 veranlassen.

Abbildung 8: Know-how als Input und Output

Die Erörterung des neurowissenschaftlichen und wissenspsychologischen Ansatzes bietet die Möglichkeit der Konkretisierung des Terminus Know-how in der Hinsicht, daß sich Determinanten

23

des Know-how-Begriffes

ableiten lassen:



Speicherung von Wissen im Gedächtnis,



Informationsverarbeitungsprozesse,



Wissenserwerb,



Wahrnehmung,



Problemlösungsvorgänge,



Wissensrepräsentation und



Sprache.

Klix verwendet

den Begriff .Kompartment'

absichtlich,

um die zeitweilige funktionelle

betonen und nicht stationäre Einheiten damit zu unterstellen.

Abhebbarkeit

zu

48

Theoretische Grundlagen der

Know-how-Thematik

Luhmann geht in seinem Buch „Die Wissenschaft der Gesellschaft" [Luhm92] von der Theorie aus, daß die Gesellschaft sich durch Kommunikation auszeichnet. Nicht der Mensch kommuniziert, sondern die Kommunikation selbst. Ein Individuum kann für sich alleine aus seinem vorhandenen Wissen logische Schlüsse ziehen und kreativ denken; jedoch ergibt sich eine andere Situation auf gesellschaftlicher Ebene, da nur über den Kommunikationsprozeß Wissen vermittelt werden kann. Durch den Akt der Sprache 24 wird gemeinsames Wissen artikuliert, sei es zwischen Individuen oder anderen Kulturen. Luhmann fordert deshalb eine Neudefinition von Wissen, das für ihn konstitutiv zur Gesellschaft gehört, denn es gilt: „Wissen muß, wie Sprachstrukturen, als Voraussetzung mitlaufen und kann thematisch nie voll in der Kommunikation expliziert werden. (...) aber die Kommunikation bleibt daher ebenfalls eingebunden in ein Netzwerk impliziten Wissens" [Luhm92. Seite 122f.]. Dabei geht

Luhmann davon

aus, daß „Wissen als Kondensierung

von Beobachtungen

zu

bezeichnen" [Luhm92. Seite 123] sei.

3.4.4.

Juristischer Ansatz

Mehr als bei allen anderen Ansätzen herrscht beim juristischen Ansatz Einigkeit darüber, daß das Wissen, die Erkenntnis, die Erfahrung und die Erfindung einer Person oder eines Unternehmens definitorisch zu bestimmen sind, um das Know-how zu schützen. Die Europäische Kommission ist bemüht, mehr Rechtssicherheit für Know-how zu gewähren, um Verstöße gegen den Wettbewerb zu verringern mit dem Ziel, den Technologietransfer zu unterstützen.

In

der

Gruppenfreistellungsverordnung

Nr.

556/89

für

Know-how-

Vereinbarungen [Amts89] wird in Artikel 1 Absatz 7 Nr. 1 eine detaillierte Know-howDefinition angeführt: „Know-how ist eine Gesamtheit technischer Kenntnisse, die geheim und wesentlich und in einer geeigneten Form identifiziert sind" [Amts89. Nr. L 61/7], Am 1. April 1996 trat die Gruppenfreistellungsverordnung für Technologietransfer-Vereinbarungen Nr. 240/96

[Amts96]

in

Kraft,

welche

die

Gruppenfreistellungsverordnungen

für

Patentlizenzvereinbarungen (Nr. 2349/84) und für Know-how-Vereinbarungen (Nr. 556/89) ablöst. Die Vereinbarung gilt bis zum 31. März 2006. Diese neue Verordnung

beinhaltet

[Amts96. Nr. L 31/2, Grund 5] folgenden Sachverhalt:

24

Die Analyse der Sprache ist Gegenstand des Forschungsinteresses Phonetik und Syntax

beschäftigt.

der Linguistik, die sich mit der Semantik,

Theoretische Grundlagen der

Know-how-Thematik

49

„ Patentlizenz- und Know-how- Vereinbarungen sind Vereinbarungen, in denen ein Unternehmen, das Inhaber eines Patents oder nicht patentgeschützter

technischer

Kenntnisse ist (Lizenzgeber), einem anderen Unternehmen (Lizenznehmer)

die

Nutzung des lizenzierten Patents gestattet oder ihm sein Know-how zum Zwecke der Herstellung, des Gebrauchs und des Inverkehrbringens

mitteilt."

Die neue Verordnung erfüllt das Ziel, die Harmonisierung und die Vereinfachung der Rechtslage zu bewirken, indem zwei Vereinbarungen zu einem einheitlichen Text vereint werden. In Grund Nr. 6 der Gruppenfreistellungsverordnung wird darauf hingewiesen, daß Warenzeichen- und Geschmacksmusterrechte, Urheberrechte - z. B. Software - geistiges Eigentum sind [Amts96. L 31/3]. Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union.

Aus juristischer Sicht [Henn92; Stum77; Wieb93] stellt der Begriff Know-how ein Immaterialgut

dar. Das gesetzliche

Regelwerk

für einen

Know-how-Schutz

ist

im

amerikanischen Recht im Geheimnisschutz - trade secret law - begründet. Im Gegensatz zum EU-Recht existiert im amerikanischen Recht keine einheitliche Verordnung auf bundesstaatlicher Ebene. Jedem amerikanischen Staat ist - auf der Basis seiner gültigen Rechtslage eine Auslegung des Betriebsgeheimnisses auferlegt.

Der Know-how-Schutz von Computersoftware liegt im Mittelpunkt des Interesses von Wiebe [Wieb93], für den Computerprogramme solange Know-how darstellen, wie ein Fachmann aufgrund entsprechender Unterlagen das enthaltene Wissen nachvollziehen kann, dies aber dem Kunden oder potentiellen Abnehmer nicht mehr gelingt. Beim Verkauf wird dem Kunden nur das Wissen des Objektcodes übermittelt, welches aus der Anwendungssoftware und den dazugehörigen Benutzerhinweisen besteht. Für den Anwender bleibt das Know-how geheim, da in der Regel nicht davon auszugehen ist, daß er über fachspezifische Kenntnisse zur Erkundung des Quellcodes verfügt. Das Know-how des Quellcodes verliert in dem Moment seinen geheimen Charakter, sobald es offenkundig ist und die technischen Potentiale unbedeutend werden. Andererseits muß auch das ,jeverse engineering" beachtet werden, denn je komplexer die Programme sind, desto länger dauert auch ein sogenanntes Disassemblieren. Die Rückübersetzung hat zur Folge, daß das Know-how eines Programmes verloren geht und damit eine Wettbewerbsverzerrung eintritt.

50

Theoretische Grundlagen der 3.4.5.

Know-how-Thematik

Betriebswirtschaftlicher Ansatz

Der Kerninhalt des betriebswirtschaftlichen Ansatzes liegt in der Entstehung eines Knowhow-Unternehmens, in dem die Mitarbeiter als Know-how-Träger für den Erfolg des Unternehmens verantwortlich sind. Ryle und Dreyfus legten bereits in den 60er und 80er Jahren die Basis für eine Know-how-Definition fest, während in den letzten Jahren insbesondere in der amerikanischen Literatur - die Erforschung des menschlichen Wissens wieder in den Mittelpunkt von Unternehmen rückt. Kahaner [Kaha96] legt dar, daß durch „Intelligence" für Unternehmen Wettbewerbsvorteile erlangt werden können, indem die gesammelten

Informationsstücke zuerst

anschließend

in

„Intelligence"

gefiltert und

umgewandelt

werden

analysiert zu

werden

können.

Im

müssen,

um

Gegensatz

zu

Informationen - verankert in Statistiken, Zahlenmaterialien oder vereinzelten Datenteilen über die Organisation - weist „Intelligence" einen Prozeß- und nicht einen Funktionscharakter auf. Individuen nutzen ihre Fähigkeiten für diesen Umwandlungsprozeß, wobei die Entwicklung in die Richtung geht, daß jeder ein „collector of information" und gleichzeitig ein „consumer of intelligence" ist. In einem analogen Zusammenhang verwendet Stewart [Stew97] den Begriff Jntellectual Capital", wobei die Bedeutung von wissensintensiven Gütern am Beispiel des Mikrochips erläutert wird. Die physische Komponente des Chips - bestehend aus Sand und Silikon - verleiht dem Produkt keinen Wert, erst im intellektuellen Kontext der komplexen Entwicklung kommt die Bedeutung zum Tragen.

3.4.6.

Ansatz der Wirtschaftsinformatik

Die technokratische Perspektive weist augenblicklich die größte Nähe zur Wirtschaftsinformatik auf [RoFi97. Seite 503]. Organisatorische Teilsysteme (meist Forschungs- und Entwicklungsabteilungen) kundenauftragsspezifisch Teilleistungen

von

erstellen sind.

Forschungs-

Bei

Problemlösungen, komplexen

die

im

Problemstellungen

und Entwicklungsabteilungen

Normalfall werden

durchaus

zu

nicht jedoch

konkreten

Problemlösungen in Anspruch genommen. Solche Anwendungslösungen werden in Knowhow-Datenbanken abgelegt und dienen in erster Linie dem horizontalen Wissenstransfer innerhalb des Vertriebs. Ausgehend von dem in dieser Arbeit verwendeten individualistischen Know-how-Begriff ist die von Mertens/Griese [MeGr93. Seite 69ff.] vorgeschlagene Knowhow-Datenbank für Industriebetriebe als eine Informationsdatenbank zu interpretieren. Die Datenbank enthält Problemlösungen für Kunden, und im Idealfall werden

Angebots-

Theoretische Grundlagen der

Know-how-Thematik

51

informationell über nicht realisierte Aufträge geführt. Aber erst durch die Interpretation der Mitarbeiter,

also

der

Know-how-Träger,

können

dem

Kunden

Know-how-intensive

Dienstleistungen angeboten werden. Die Autoren legen dar, daß die Datenbank als Datenbasis mit Informationen für die Unternehmensleitung dient [MeGr93. Seite 70]. Die Datenbank wird somit zur Archivierung von Information verwendet und kann zur Generierung von Know-how für Experten herangezogen werden. Eine Know-how-Datenbank im Hinblick auf den in dieser Arbeit verwendeten Know-how-Ansatz liegt nicht vor, da sowohl der Aspekt der Individualisierung als auch der „tacit" Dimension von Wissen nicht vorhanden ist. Ist derzeit die Wirtschaftsinformatik noch von einem informationsorientierten Denken geprägt, so muß langfristig eine Erweiterung des Forschungsinteresses in die Richtung erfolgen, daß das Know-how-Paradigma verstärkt berücksichtigt wird. Heinrich/Roithmayr weisen darauf hin, daß Know-how-Träger Aufgabenträger sind [HeRo98. Seite 298], deren Kompetenzen zur Aufgabenlösung im Unternehmen beitragen. Die Wirtschaftsinformatik wird daher ein Individuum bei der Bildung von Know-how unterstützen, indem sie ihren Beitrag durch die Entwicklung von Werkzeugen liefert.

Die Informatisierung hat sich in der Verwaltung, im privaten Sektor, im Büro und in Dienstleistungsbranchen durchgesetzt. Am wenigsten Berücksichtigung hat bislang die Know-how-Thematik gefunden. Die Verlagerung des Ressourceneinsatzes zu Know-how wird den Reichtum eines Landes beeinflussen und verändern. In Kaptitel 4 erfolgt eine Annäherung an das Untersuchungsobjekt Know-how mittels empirischer Studien.

Empirische

Studien

53

4. Empirische Studien ,,We are on the threshold of a new digital economy in which the microprocessors and public networks on the Internet model enable fundamentally institutional structures and

new kinds of relationships

(Don Tapscott)

4.1. Problem Die „Makrostruktur wissenschaftlicher Arbeiten" gliedert Heinrich [Hein98. Draft] in das Problem, den Problemlösungsweg und das Ergebnis. Den Ausgangspunkt wissenschaftlichen Arbeitens bildet die Problembeschreibung. Die aktuelle wissenschaftliche Literatur behandelt in

ausführlicher

Form

die

Themen

Informationsmanagement

[Hein99]

und

Wissensmanagement [DaPr98; ILOI97; PrRR97; Stew97; Taps95]. Borghoff/Pareschi führen an, daß Wissen „has become increasingly relevant for organizations since the shift from an industrial

economy

decentralized,

based

on assembly

information-driven

lines and hierarchical

economy"

[BoPa98.

Seite

3].

control In

to a

global,

Ergänzung

zum

theoretischen Ansatz der Know-how-Architektur wird in diesem Kapitel eine empirische Forschungsstrategie gewählt, um die Relevanz des Faktors Know-how zu erkunden. Heinrich unterscheidet die theoretische und die empirische Forschung, wobei in der letztgenannten „an der Überprüfung der Theorien einschließlich der Konstruktionslehren und der prototypischen Produkte gearbeitet" [Hein93. Seite 75] wird. Es wurden zwei empirische

Studien

durchgeführt. Die beiden Studien sollen den empirische Befund liefern, ob die Ressource Know-how für Unternehmen tatsächlich von praktischer Bedeutung ist.

Im Rahmen des forschungslogischen Ablaufs von empirischen Untersuchungen bildet für Friedrich

[Frie90.

Seite

51f.]

der

Entdeckungszusammenhang

den

Anlaß

für

die

Durchführung von empirischen Studien. Das zugrundeliegende Forschungsproblem besteht in der Fragestellung, wie der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in Unternehmen im Spannungsfeld von „Wissen, daß (...)" und „Wissen, wie (...)" einzuordnen ist. Die Studien dienen der Erhebung von Basisdaten. Das Erkenntnisziel der Forschung zeichnet sich durch den Charakter einer „beschreibenden Diagnose" [Krom94. Seite 68] aus.

54

Empirische

Studien

Vor Beginn der ersten empirischen Studie im Oktober

1996 wurde eine eingehende

Literaturanalyse im Frühjahr 1996 durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, daß in diesem Zeitraum

keine

Untersuchungen

zur Know-how-Thematik,

in

dem

in

Kapitel

drei

verstandenen Sinne, veröffentlicht wurden.

Das

Untersuchungsobjekt

sind

österreichische

Unternehmen,

welche

ihre

Produkte/

Dienstleistungen im Internet für Handelstransaktionen vorstellen. Den empirischen Studien liegt folgende Annahme

zugrunde: Unternehmen, welche im Internet präsent sind, haben sich

mit der Funktion des zukünftigen Handels stärker auseinandergesetzt als Unternehmen, die nicht im Internet präsent sind. Die Abwicklung von Online-Geschäften erfordert, daß Unternehmen Konzepte für die Kommunikation unternehmerischen Know-hows entwickeln. Unternehmen mit einer eigenen Homepage verfolgen primär das Ziel, Geschäfte über das Internet abzuwickeln [KeMT98], d.h. „electronic commerce" zu betreiben [Aldr98; Dale98; Mert96]. Diese neue Form des Handels bringt sowohl für die Kunden als auch für die Produzenten Vorteile, indem die Produkte zu jeder Zeit bestellt, Produktinformationen schnell verteilt sowie Handelsspannen traditioneller Händler reduziert werden können. Der Terminus „electronic

commerce"

Transaktionen

impliziert

zwischen

[Wyck97],

Postmann

gleichzeitig

das

Eigenschaft

von

Untemehmen-zu-Kunden

Untemehmen-zu-Unternehmen

Kommunikation

die

Internet

Informationen

als

oder werden der

mit

Internet

getätigt

aber

Umgangs

daß

via

Instrument

des

kritisch,

indem

zwar den Mangel des globalen Informationsflusses überbrückt, Problem

erwähnt

Aktivitäten,

(„business-to-consumer")

(„business-to-business")

[Post96]

globalen

und

deren

sinnvollen

Weiterverarbeitung aufwirft.

4.2. Problemlösungsweg 4.2.1.

Forschungsmethode

Die Datenerhebung erfolgte mittels der Fragebogenmethode [Atte95; Frie90; Krom94], Das Instrument

der

schriftlichen

Befragung

wurde

gewählt,

um

zur

Erforschung

des

Erkenntnisobjektes Know-how eine möglichst große Grundgesamtheit zu erhalten. U m den Wahrheitswert der schriftlichen Befragung zu steigern, weist Heinrich daraufhin, daß eine periodische Befragung die Zuverlässigkeit der Antworten erhöht [Hein93. Seite 87], Damit

Empirische

Studien

55

dieses Element der Befragungssituation gegeben ist, wurden zwei empirische

Studien

durchgeführt. Damit können auch Aussagen über die Veränderungen der Relevanz der Ressourcen

Information

und

Know-how

im

Zeitablauf

getroffen

werden.

Der

Gesamtuntersuchungszeitraum erstreckte sich vom Jahr 1996 (erste empirische Studie) bis zum Jahr 1997 (zweite empirische Studie).

4.2.2.

Forschungsdesign

4.2.2.1. Vorgehensweise der Erhebung 1996 Der von der Verfasserin entwickelte Fragebogen wurde vor der ersten Hauptuntersuchung 1996

einem

Pretest

zur

Qualitätssicherung

des

Fragebogens

unterzogen.

Folgende

Vorgehensweise wurde bei der Erhebung gewählt: 1. Phase:

Recherche

der

Internet-Adressen.

Die

erste

Phase

bestand

darin,

alle

österreichischen Unternehmen mit einer Homepage im World-Wide-Web 2 5 (Abk. W3) zu ermitteln. Die gesamte Suche erstreckte sich über den Zeitraum von Oktober bis November 1996. Für die Recherche wurden primär nachstehende W3-Verzeichnisse der einzelnen Bundesländer herangezogen:

25

Burgenland Online

http ://www .burgenland.com

Carinthia Online

http://www.carinthia.at

Herold Gelbe Seiten

http://w w w .gelbeseiten.at

Kärnten Online

http://www.kaernten.com

Niederösterreich Online

http://www.noet.at

Oberösterreich Online

http://www.oberoesterreich.com

Salzburg Online

http://www.salzburg.com

Steiermark Online

http://www.steiermark.com

Styria Online

http://www.styria.com

Das Internet bietet eine Vielzahl verschiedener Dienste (beispielsweise Electronic Mail (Email), Telnet, News, File Transfer

Protocol

dominierenden

Dienst entwickelt hat. Das W3 ist ein Informationssystem,

(FTP),

Archie,

Gopher,

wobei in einem Dokument Hypertextverbindungen welche der Benutzer

World-Wide-Web)

Querverweise

an,

wobei

das

WJ sich

welches auf Hypertext

auf andere Dokumente beinhalten,

zugreifen kann ¡Herb95. Seite 13; HeHo97], d.h. das W3 besteht aus

Dokumenten (Webpages), welche durch „hyperlinks" untereinander verknüpft sind

/BrRW97l

zum

basiert, auf

HTML-

56

Empirische

Studien



Tirol Online

http://www.tirol.com



Vienna Online

http://www.vienna.at



Vorarlberg Online

http://w ww. vorarlberg.com

2. Phase: Selektionsprozeß. jene Unternehmen

Die Grundgesamtheit umfaßte 705 Unternehmen, wobei nur

ins Sample fielen, welche den nachstehenden

Auswahlkriterien

entsprachen: •

Die Homepage muß dem Kunden die Möglichkeit der Kontaktaufnahme bieten, indem neben der Unternehmensbeschreibung, die postalische sowie auch die Email-Adresse und/oder ein Feedbackformular vorhanden sind, d.h. das Kriterium der Interaktivität [Gius97. Seite 39] muß gewährleistet sein, damit der Kunde Anfragen über Produkte/ Dienstleistungen an das Unternehmen richten kann.



Die

Homepage

muß

genau

die

Produkte/Dienstleistungen

des

Unternehmens

beschreiben und darstellen, indem beispielsweise weitere Verweise („hyperlinks") existieren. Unternehmen, welche sich nur mit einer Seite präsentieren, sind tendenziell nicht geneigt, Geschäfte über das W3 zu tätigen. Für den Kunden muß die Eingangsseite zugänglich gestaltet sein, damit er die benötigten Informationen schnell abrufen kann. Die Einrichtung der Homepage für kommerzielle Zwecke erfordert, daß die Unternehmen aktuelle Informationen zur Verfügung stellen. •

Das Unternehmen muß sich auf den österreichischen Markt konzentrieren, d.h. nicht ins Sample fallen solche Unternehmen, die zwar eine österreichische Homepage besitzen, die aber auf eine internationale Muttergesellschaft verweist.

Da

täglich

zahlreiche

Unternehmen

mit

einer

eigenen

Homepage

im

Internet

hinzukommen, wurde die Suche nach Unternehmen mit definierten Kriterien zu einem festgelegten Stichtag - zur Vermeidung von methodischen Mängeln - abgebrochen. Die Stichprobe

für die schriftliche Befragung besteht

somit

aus 340

österreichischen

Unternehmen. 3. Phase: Durchführung

der Datenerhebung.

In der dritten Phase wurde den 340 ermittelten

Unternehmen ein Fragebogen zugesandt. Die Adressaten der Untersuchung war die jeweilige Geschäftsleitung der Unternehmen. Neben der postalischen

Beantwortung

bestand auch die Möglichkeit, den Fragebogen im Internet zu beantworten und direkt über Email rückzuübermitteln. Es wurde die Form eines strukturierten Fragebogens gewählt, der in nur wenigen Fällen offene Fragen beinhaltete. Von den 340 angeschriebenen

Empirische

Studien

57

Unternehmen haben insgesamt 149 Befragte den Fragebogen retourniert, dies entspricht einer Rücklaufquote von 43,82%. Von diesen 43,82% der zurückgesandten Antworten haben 27,91 % den Fragebogen in elektronischer Form beantwortet. 4. Phase:

Auswertung

der

Erhebungsdaten.

Zur

Datenauswertung

wurde

ein

Tabellenkalkulationsprogramm verwendet.

4.2.2.2. Vorgehensweise der Erhebung 1997 Der Forschungsablauf der zweiten empirischen Untersuchung gliedert sich in folgende Phasen: 1. Phase:

Recherche

der

Internet-Adressen:

Zur

Erhebung

wurden

die

gleichen

Internetverzeichnisse wie 1996 gewählt. Der Zeitraum der Untersuchung erstreckte sich von Oktober bis November 1997. 2. Phase: Selektionsprozeß:

Im Unterschied zur ersten Untersuchung ist eine deutliche

Wachstumsrate der im Internet präsenten österreichischen Unternehmen mit einer eigenen Homepage

festzustellen.

Die

Selektion

der

Webseiten

erfolgte

aufgrund

der

Auswahlkriterien von 1996: Der Interaktivität, der Aktualität, der Zugänglichkeit und der detaillierten Bereitstellung von Produkt-/Dienstleisutungsinformationen

(kommerzielle

Nutzung). Die recherchierte Grundgesamtheit betrug 1440 Unternehmen, wobei 800 Unternehmen den Auswahlkriterien entsprachen. Im Vergleich zur Studie aus dem Jahre 1996 kann eine 115%ige Steigerung von Unternehmen mit einer Homepage, welche den vorgeschriebenen

Kriterien entsprechen, festgestellt werden.

Insgesamt haben

292

Interviewte den Fragebogen retourniert, wobei 272 Fragebogen ausgewertet werden konnten, da 20 Fragebogen nicht korrekt ausgefüllt wurden. Die Rücklaufquote betrug somit 34%. Sie ist im Vergleich zur Erhebung von 1996 um 9,82% niedriger. Dies wird darauf zurückgeführt, daß im Jahr 1996 primär jene Unternehmen im Internet präsent waren, die sich durch den Einsatz dieser Technologie eine Vorreiterrolle erwartet haben und demnach bei der Beantwortung von Befragungen sehr motiviert und zugänglich waren. 3. Phase: Durchführung

der Datenerhebung.

Den 800 ausgewählten Unternehmen wurde

der Fragebogen zugeschickt. Die Fragebogen wurden zu 46,32% von der Geschäftsleitung der Unternehmen beantwortet, welche gleichzeitig die Adressaten der Studie waren. Die Beantwortung der Fragebogen von einzelnen Fachbereichen erfolgte zu 29,59%, wobei

Empirische

58

Studien

ein Schwerpunkt auf der Marketing- und der Informatikabteilung lag.

Der einzige

Unterschied zur Studie von 1996 bestand in der Durchführungsform, indem auf eine postalische Versendung des Fragebogens verzichtet wurde. Der Fragebogen wurde mit der Seitenprogrammiersprache

HTML erstellt und in das W3 eingebunden, d.h.

die

Unternehmen übermittelten alle Antworten über das Internet. 4. Phase:

Auswertung

der

Erhebungsdaten.

Zur

Datenauswertung

wurde

ein

Tabellenkalkulationprogramm verwendet.

4.2.3.

Konstruktionsmethodik

Das Thema Know-how stellt ein relativ neues Problemfeld für die Wirtschaftsinformatik dar, wie die Diskussion der Forschungskonzeption der Begriffslehre in Kapitel drei gezeigt hat. Die aus der empirischen Studie von 1996 abgeleiteten Hypothesen sind im Sinne von Arbeitshypothesen [ArBj96. Seite 84f., 286ff.] zu verstehen, „das heißt eine vorläufige Annahme, deren Funktion darin besteht, uns bei der Auswahl und der Anordnung der Tatsachen behilflich zu sein" [Popp92a. Seite 306]. Popper weist darauf hin, daß jede Hypothese eine Arbeitshypothese repräsentiert und sich durch einen selektiven Charakter auszeichnet,

da

Hypothesen

vom

Standpunkt

der

Betrachtung

sowie

von

den

zu

beschreibenden Tatsachen abhängen.

Die

Durchführung

der

zweiten

Studie

im

Jahr

1997

hat

die

Überprüfung

der

Arbeitshypothesen zum Ziel. Die Wiederholung der schriftlichen Befragung dient dazu, den Wahrheitswert der erfahrungswissenschaftlichen Aussagen zu erhöhen.

4.3. Ergebnisse 4.3.1.

Wichtigkeit der Ressourcen Information und Know-how

Die Erhebung der Zusammenhänge der traditionellen Konstellation von Arbeit, Betriebsmittel und Geldkapital im Verhältnis zu den neuen Ressourcen Information und Know-how bilden den Ansatzpunkt der empirischen Studien. Die Interviewten sollen einerseits die Ist-Situation beurteilen und andererseits eine Schätzung der Veränderungen in fünf Jahren vornehmen. Die

Empirische Studien Befunde der

empirischen

Studie

von

1996

59

führten zur

Ableitung

der

folgenden

Arbeitshypothese: Arbeitshypothese 1 : Wenn in Unternehmen

von Know-how gesprochen

wird, dann ist

meistens der Terminus Information gemeint.

Tabelle „Bedeutung der Ressourcen" gibt einen Überblick über die relativen Häufigkeiten der Ressourcen aus dem Jahre 1997, wobei im Vergleich zur ersten Studie (1996), keine signifikanten Verschiebungen festzustellen sind.

IN 5 JAHREN

DERZEIT Sehr bedeutend

Bedeutend

Weniger

Nicht

Sehr

bedeutend

bedeutend

bedeutend

Bedeutend

Weniger

Nicht

bedeutend

bedeutend

Information

75,57

21,76

2,29

0,38

92,24

6,53

1,23

0,00

Arbeit

46,90

45,73

6,98

0,39

48,76

38,02

12,81

0,41

Betriebsmittel

26,59

55,56

16,27

1,58

32,48

47,86

17,52

2,14

Geldkapital

35,02

47,86

14,01

3,11

41,00

40,17

16,32

2,51

74,05

19,85

4,58

1,52

90,16

8,20

0,82

0,82

Know-how (Problemiösungsfähigkeil der Mitarbeiter)

Tabelle 2: Bedeutung der Ressourcen Aufgrund der relativen Häufigkeiten wird sowohl den Ressourcen Information (75,57%) als auch Know-how (74,05%) derzeit eine „sehr bedeutende" Stellung zugeordnet. Die Bestandsaufnahme legt dar, daß die Befragten keine detaillierte Differenzierung zwischen beiden Faktoren vornehmen. Jedoch schätzten die Befragten, daß in fünf Jahren ein 16,1 l%iger-Anstieg der Bedeutung von Know-how erfolgen wird. Daraus läßt sich folgern, daß den individuellen Problemlösungsfertigkeiten der Experten zukünftig ein noch höherer Stellenwert zugeschrieben wird.

Im Anschluß an diese Fragestellung waren die Befragten aufgefordert, die Fähigkeiten des Unternehmens in Form einer offenen Frage genau zu definieren. Die Frage lautete: „Beschreiben

Sie

das

Problemlösungsfähigkeiten

Know-how

des

Unternehmens.

des Unternehmens?".

Welches

sind

die

zentralen

In den Antworten wird der Mitarbeiter,

60

Empirische

Studien

welcher der eigentliche Problemloser und Know-how-Träger ist, nicht erwähnt. Die Befunde führen zum Ergebnis, daß eine Diskrepanz in der Beurteilung der Wichtigkeit von Know-how und der schriftlichen Formulierung der zentralen Problemlösungsfähigkeit von Unternehmen existiert. Die Schilderungen konzentrieren sich im wesentlichen auf allgemeingültige und unpräzise Angaben wie Schnelligkeit, Flexibilität, Mobilität, Informationsaufbereitung sowie Erfüllung von Kundenwünschen. Obwohl 74,05% die Fähigkeit

der Mitarbeiter

Problemlösung als „sehr bedeutend" und 19,85% als „bedeutend" anerkennen,

zur

muß - nach

Auffassung der Autorin - ein Mißverständnis über den Terminus Know-how vorliegen. Dies läßt sich daraus erklären, daß fast kein Unternehmen explizit die kreativen und intuitiven Gedanken der Mitarbeiter als das Potential für die individuelle Problemlösung für Kunden hervorhebt. Im Vordergrund steht primär die Bedeutung der Fachkompetenz in dem jeweiligen Bereich. Die Ursache für die Erlangung der unternehmerischen Fertigkeiten basierend auf dem Handlungswissen der Mitarbeiter - findet kaum Berücksichtigung. Der Fokus liegt auf der Erläuterung des Wirkungsbereiches, jedoch nicht auf den Ursachen für die Wettbewerbs vorteile. Die Befunde der empirischen Studien decken die Entwicklung auf, daß die Befragten theoretisch der Ressource Know-how eine bedeutende Stellung zuordnen, diese Erkenntnis aber noch nicht in die Unternehmensphilosophie umgesetzt wurde. Es herrscht eine Lücke zwischen dem Bewußtsein, daß der Mitarbeiter zukünftig eine zentrale Position ausmacht, und der Umsetzung der Gedanken in das unternehmerische Handeln. Informationen sind eine Vorstufe zur Entwicklung von Know-how, und es muß den Individuen gelingen, aus den verfügbaren Informationsteilen ein intuitives Erfahrungswissen zu konstruieren.

4.3.2.

Informationstransfer versus Know-how-Transfer

4.3.2.1. Partnerschaften via Internet Ein weiterer Teil der empirischen Studien konzentrierte sich auf die Frage, ob Internet entweder für den Informationstransfer oder für den Know-how-Transfer eingesetzt wird. Die Befunde der Studie 1996 führten zur Ableitung einer zweiten Arbeitshypothese: Arbeitshypothese 2: Internet ist ein InformationsInformationsangebot how-Gewinnung}

gesteigert

und Kommunikationsmedium,

wird, die Problemlösungskompetenz

nimmt relativ gesehen ab.

mit dem das

des Individuums

(Know-

Empirische

61

Studien

Die Auswertung der empirische Studie von 1997 führt zur Aussage, daß ein Schwerpunkt auf der Nutzung des Internets für einen Informationsaustausch festzustellen ist, wobei ihm 53,28% eine „sehr bedeutende", 35,91% eine „bedeutende" und 10,81% eine „weniger bedeutende" Stellung zuschrieben. Der Vergleich mit dem Know-how-Transfer via Internet liegt

für

die

Kategorie

„sehr

bedeutend"

mit

21,88%

deutlich

unter

dem

Informationsaustausch. 25,19% der Befragten erachten den Know-how-Austausch über das Internet sogar als „weniger bedeutend". An weiteren Stellen rangieren

Kundenkontakte

(21,41%) und Lieferantenkontakte (12,20%). Die Abbildung . Z w e c k von Internet" stellt die Zusammenhänge dar.

Z u t c k von Internet Lieferantenkon takte Kundenkon takte

Know-how-Transfer ("weniger bedeutend") Know-how-Transfer ("bedeutend") Know-how-Transfer ("sehr bedeutend " )

Informationstransfer ("weniger bedeutend")

10,81

In formationstransfer ("bedeutend") In formationstransfer ("sehr bedeutend") 20

30

40

Relatiw Haufigkelten ( % )

Abbildung 9: Zweck von Internet Unternehmen, welche bestrebt sind, das M e d i u m Internet für die Erfüllung ihrer Geschäfte zu benutzen, konzentrieren sich auf einen Informations- und nicht auf einen

Know-how-

Austausch. Die hier berichteten Studien ergaben, daß das Medium Internet primär von kleinen sowie von mittelständischen Unternehmen als Kanal f ü r die Informationsdistribution und den Handel entdeckt wurde, denn 64,66% der befragten Unternehmen weisen eine Mitarbeiterzahl unter 20 Personen auf. Fittkau & Maaß [Fitt98] haben ebenfalls im Oktober/November 1997 eine W3-Studie 2 6 zur Ermittlung der Gründe für die Internetnutzung durchgeführt. Sowohl f ü r

26

Internet-Adresse: http://www.w3b.de. Im Zeitraum vom 19. Oktober bis 19. November 1997 fanden von Fittkau & Maaß (W3B Hamburg) die 5. W3B-Umfrage statt. Das der W3B-Umfrage zugrundeliegende Forschungsproblem besteht aus der Fragestellung, wie World Wide-Web-Angebote qualitativ, inhaltlich und optisch aufgebaut werden sollten, um nutzerorientiert und damit erfolgreich von öffentlichen Institutionen und Unternehmen eingesetzt zu werden.

62

Empirische

Studien

den privaten als auch den berufs- bzw. geschäftsbezogenen Gebrauch dient das Medium zum Abruf von Informationen und zur Unterhaltung. Der Einsatz von Internet für den Daten- und Informationsaustausch mit Kollegen/Geschäftspartnern wird im Bereich der geschäftlichen Nutzung mit einem Prozentsatz von 77,7% angegeben. Die Befunde von Fittkau & Maaß decken

sich

mit

den

berichteten

Ergebnissen,

daß

Unternehmen

Internet

für den

Informationsaustausch verwenden. Informations- und Kommunikationstechnologien

sind

unterstützende Werkzeuge für die Beschaffung und Archivierung von Informationen, allerdings obliegt es den Fertigkeiten des Einzelnen, aus diesem „Wissen, daß (...)" ein Erfahrungswissen aufzubauen. Davenport/Prusak erwähnen, daß die Informationstechnologie das Mittel zur Gewinnung von Know-how darstellt, allerdings ,4t does not create knowledge and cannot guarantee or even promote knowledge generation or knowledge sharing in a corporate culture that doesn't favor those activities" [DaPr98. Seite 18].

4.3.2.2. Allgemeine Partnerschaften In Ergänzung zu dieser internetbezogenen Fragestellung waren die Befragten aufgefordert, eine Aussage über die Art von Partnerschaften (Informationstransfer, Know-how-Transfer) mit anderen Unternehmen zu treffen. Die Ergebnisse der ersten empirischen Untersuchung bezüglich von Kooperationsformen sind grafisch in Abbildung „Informationstransfer vs. Know-how-Transfer 1996" dokumentiert.

Befunde 1996 100 80

79,04

60 40

20

• Informationstransfer

19,01

19,55

12.47

B Know-how-Transfer

^mm

0 Ja

Nein

Weiß nicht

Antwortkategorien

Abbildung 10: Informationstransfer vs. Know-how-Transfer 1996

Empirische

63

Studien

Mit 79,04% Ja-Nennungen bildet der Informationstransfer die wichtigste

Komponente

unternehmerischer Partnerschaften. 19,01% der Befragten führen bei Kooperationen mit anderen Unternehmen einen Know-how-Transfer durch. Der Anteil von 68,52% der Befragten, die derzeit

kein

Know-how

austauschen, erscheint

sehr hoch.

Es

wird

angenommen, daß ein erhebliches Entwicklungspotential für einen steigenden Know-howTransfer

zwischen

Unternehmen

besteht.

Aus

diesem

Ergebnis

wird

folgende

Arbeitshypothese abgeleitet: Arbeitshypothese 3: Zukünftig werden Partnerschaften um primär Know-how und nicht Informationen

zwischen Unternehmen

eingegangen,

auszutauschen.

Die Befunde der Studie 1997 bezüglich der Arbeitshypothese drei sind in Abbildung „Informationstransfer vs. Know-how-Transfer 1997" visualisiert.

Befunde 1997

Antwortkategorien Abbildung 11: Informationstransfer vs. Know-how-Transfer 1997

Partnerschaften zwischen Unternehmen sind 1997 primär durch den Informationstransfer gekennzeichnet. Im Unterschied zur Studie 1996 hat der Informationstransfer um 7,67% abgenommen, während der Know-how-Transfer um 12,61% angestiegen ist. Der Anteil von 68,52% der Befragten, die 1996 kein Know-how austauschen, sank 1997 auf 57,71%. Die Arbeitshypothese drei konnte nicht falsifiziert werden, sondern wurde noch erhärtet. Dieses Ergebnis bestätigt die Richtigkeit, sich mit Know-how-Architekturfragen zu beschäftigen.

64

Empirische

Studien

Eine Gesamtbeurteilung der Befunde läßt die Feststellung zu, daß die Unternehmen von einer informationsorientierten

Denkrichtung

ausgehen,

wenngleich

die

Know-how-Thematik

erheblich an Bedeutung zunimmt. Der Diffusionsprozeß von Internet ist durch einen Informationstransfer charakterisiert, während sich erste Tendenzen der Nutzung dieser Informations- und Kommunikationstechnologie für Kooperationen abzeichnen [FGRS97. Seite 551 f.]. Im Zuge der Digitalisierung liegt - laut Tapscott - die Zukunft in der Bildung von „internetworked" Unternehmen, welche das geistige Potential der Mitarbeiter in Teams vereinen [Taps95. Seite 90ff.]. Das Know-how-Paradigma verlangt nach einer Transformation von Unternehmen, welche den Schwerpunkt auf die Ressource Know-how legen, indem der Mitarbeiter für die individuelle Problemlösung verantwortlich ist. Die Ist-Analyse zeigt, daß der Know-how-Transfer für Unternehmen noch in der Entwicklungsphase steckt. Der Einzelne ist mit einer Fülle von Informationsmengen konfrontiert, welche er über die verschiedenen Suchmaschinen 27 im Internet bezieht [Hoch97]. Die Fertigkeit des Individuums zeichnet

sich durch das Wiederauffinden von relevanten

Informationen

aus,

indem

Selektionsmechanismen angewendet werden. Die Kunst besteht darin, die verfügbaren Informationen zu filtern, um die Voraussetzung für die Bereitstellung von Know-how zu ermöglichen. Die einzelnen recherchierten Informationsteile sind wertlos, wenn sie nicht zur Problemlösungsfähigkeit des Mitarbeiters beitragen.

4.4. Schlußfolgerungen Die Befunde der Untersuchung vermögen die drei formulierten Arbeitshypothesen nicht zu falsifizieren. Informations- und Kommunikationstechnologien wirken unterstützend für den Informationstransfer, leisten jedoch einen geringen Beitrag zur Steigerung des Know-howPotentials des Individuums. Im Kontext des Know-how-Paradigmas gewinnt allerdings die kognitive Dimension an Bedeutung. Die empirischen Befunde führen zur Feststellung, daß die Relevanz der Ressource Know-how in den nächsten fünf Jahren zunimmt. Es müssen aus diesem Grunde geeignete Methoden - welche letztlich in Werkzeuge münden - zur Gewinnung, zur Archivierung, zur Weiterentwicklung sowie zum Transfer von Know-how

27

Alta Vista (Internet-Adresse: Lycos

http://www.altavista.com),

(Internet-Adresse:

http://www. metacrawler. com )

Yahoo

http://www.lycos.de),

(Internet-Adresse: http: //www. yahoo, com ), Metacrawler

(Internet-Adresse:

Empirische

65

Studien

entwickelt werden. Dies hat für die Wirtschaftsinformatik zur Konsequenz, daß bestehende Methoden und Werkzeuge überprüft werden müssen, ob sie einerseits Know-how-Prozesse fordern und andererseits das Problemlösungspotential sowie die Kreativität des Einzelnen unterstützen.

In zunehmenden Maße besteht eine Kritik an den traditionellen

Bewertungsmethoden

[EdMa97; Svei97] im Unternehmen, welche primär auf finanzwissenschaftliche Indikatoren konzentriert sind. North [Nort98. Seite 183ff.] stellt fest, daß derzeit quantitative Meßgrößen bevorzugt werden, während qualitative Informationen eine Vernachlässigung finden, wobei insbesondere „die Messung des Beitrags von Mitarbeitern und Mitarbeitergruppen zum Wissenstransfer" [Nort98. Seite 186] ein neuer Meßmaßstab sein muß. Die Know-howArchitektur ist ein theoretisches Modell, mit welchem einerseits die individuellen Fertigkeiten der Mitarbeiter gemessen werden und andererseits die Vernetzung des „tacit knowledge" für den Know-how-Transfer ermöglicht wird. Dies bedeutet, daß der Entwurf der Know-howArchitektur dazu dienen soll, Know-how-Transfer-Prozesse zu unterstützen.

Die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien ermöglichen, unterschiedliche Informationen zur Verfügung zu stellen. Dabei stellt sich nach Frühwald die Frage, „ob uns in der Flut der Informationen noch Zeit zur Erinnerung und Gedächtnis genug bleibt, uns an anderes zu erinnern als an die perfekte Beherrschung des Netzes" [Früh96. Seite 12]. Im Know-how-Zeitalter vollzieht sich eine Verschiebung von einem Quantum an Informationen zur Wichtigkeit von Inhalten. Beide hier berichteten Studien bestätigen die Tendenz, daß sich die Wirtschaftsinformatik verstärkt auf Know-how-orientierte Fragestellungen konzentrieren muß. Wenngleich der Know-how-Transfer zwischen Unternehmen derzeit einen geringen Stellenwert hat, so geht die Entwicklung in die Richtung, daß der Know-how-Ansatz an Bedeutung zunimmt.

67

Know-how-Architektur

5. Know-how-Architektur „Beim Künstler gibt es zwei Dinge, das Auge und das Gehirn. Beide müssen sich gegenseitig unterstützen.1 Man muß an ihrer wechselseitigen Entwicklung arbeiten: Am Auge durch das optische Studium der Natur und am Gehirn durch die logische

Entwicklung

und Ordnung der künstlerischen Erlebnisse; dies erzeugt die Ausdrucksmittel. " (Paul Cezanne)

5.1. Grundlagen der Know-how-Architektur 5.1.1.

Generelle Know-how-Architektur

Eine hochkomplexe und dynamische Arbeits- und Wirtschaftswelt verlangt nicht nach einer Einstellung, die Wissen als Konfektionsware und Massenprodukt betrachtet, sondern nach einer Aktivierung des brachliegenden Know-how-Potentials zur Förderung individueller geistiger Fähigkeiten. Betrachtet man die Geschichte des Wissens, so fuhrt diese zunehmend zu einer Vernetzung der Menschen. Je mehr sich Informationen speichern lassen, um so besser ist der intellektuelle Output. Die Evolution wird nicht haltmachen, so daß sich die Menschheit am Wendepunkt von der Informations- zur Know-how-Gesellschaft befindet, welche durch Know-how-Unternehmen determiniert wird. Die neue Organisationsform des Know-how-Unternehmens geht auf die Autoren Sveiby und Llyod zurück, die im Jahre 1983 in ihrem Buch „Das Management des Know-how" [SvL190] einen Meilenstein auf dem Gebiet der Know-how-Bedeutung für Unternehmen legten. Know-how-Unternehmen

werden

als Unternehmen definiert, in welchen begabte und qualifizierte Mitarbeiter mittels kreativer Ideen Lösungskonzepte für komplexe Probleme zur Befriedigung von Kundenwünschen anbieten. Unter einem Know-how-Unternehmen wird ein Unternehmen verstanden, das sich durch folgende Charakteristika

[RoFi97. Seite 504] auszeichnet:

1. seine Problemlösungskompetenz, 2. seine Kundenorientierung, 3. sein Potential an kreativen Mitarbeitern (=Know-how-Träger), 4. seine Schnelligkeit in bezug auf die Entwicklung innovativer Lösungen und 5. seine Vernetzung mit anderen Know-how-Trägern.

68

Know-how-Architektur

Neben Forschungs- und Entwicklungsabteilungen in Industriebetrieben sind klassische Knowhow-Unternehmen

Beratungsunternehmen,

Anwaltskanzleien,

Wirtschaftsprüfungs-

gesellschaften, Theater, Kliniken und auch Zirkusse. Die Hauptakteure bilden die Mitarbeiter mit ihrem Know-how-Potential und bewirken gleichzeitig eine Verschiebung der bestehenden Machtverhältnisse, denn nicht nur die Kapitalinhaber bestimmen das unternehmerische Handeln, sondern auch die Experten, welche die vorhandenen Daten und Informationen aufnehmen,

um

in einem geistigen Verarbeitungsprozeß

Know-how

als

Endprodukt

anzubieten.

Als ein bereits bestehendes Know-how-intensives Unternehmen kann Sun

Microsystems

angeführt werden, welches durch die Entwicklung der Programmiersprache Java 2 8 seinen Know-how-Wert in den letzten zwei Jahren gesteigert hat. Den Entwicklern von Sun ist es gelungen, bestehende bisherige Probleme von Internet-Anwendungssoftware zu überwinden. Die wesentlichen Merkmale von Java äußern sich in der Hinsicht, daß es sowohl eine sichere als auch robuste, leicht verständliche und „portable" Programmiersprache [Gran97] darstellt. Das letztgenannte Kennzeichen verwirklicht eines der Hauptziele der Java-Entwickler; nämlich daß ein Programm, welches in Java entwickelt wird - beispielsweise für eine SunWorkstation -, auch auf einem PC mit einem anderen Betriebssystem - wie WindowsNT oder Windows95 - übertragen werden kann [InFr97], Das Unternehmen ist nicht nur Produzent von Workstations, sondern bietet auch dem Kunden mittels der Java-Technologie und der Entwicklung von Netzcomputern Know-how-intensive Produkte an. Sun verzeichnete 1996 eine Umsatzsteigerung von 21% und eine 60-prozentige Gewinnsteigerung [o.V.97]. Die Erfolgschance sieht McNealy (Sun-Chef) in Datennetzen, indem sich der Kunde aus dem Netz die gerade benötigte Software in der Programmiersprache Java holt. Der Markterfolg läßt die Vermutung zu, daß Sun Microsystems mit der Ware Know-how handelt und der Marktwert

aus dem Wissen der Mitarbeiter

resultiert, die alle Bemühungen

in die

Entwicklung von wissensintensiven Produkten/Dienstleistungen stecken.

Als ein weiteres Beispiel für ein Know-how-Unternehmen läßt sich McDonalds

anführen. Die

Tätigkeiten, die einzelne Mitarbeiter bei der Ausgabe von Fast-Food-Produkten verrichten, sind standardisiert und einfach, denn die Registrierkassen bestehen aus Symbolen für die verschiedenen Mahlzeiten. Aufgrund dieses rationalen und ökonomischen Prinzips bedarf es

28

Java ist eine Programmiersprache

für das Internet.

Know-ho w-A rchitektur

69

keiner speziellen Know-how-Träger zur Verrichtung dieser Arbeit, denn für die Mitarbeiter in den Filialen von McDonalds besteht das Ziel, die Bedürfnisse eines möglichst großen Kundenkreises zu befriedigen, um somit die Rentabilität von McDonalds zu sichern. Hingegen verlangt die Ausarbeitung eines solchen differenzierten Konzeptes nach ExpertenKnow-how. Das Managementwissen

von McDonalds verleiht dieser Organisation den

Charakter eines Know-how-Unternehmens.

In der Diskussion um die Ressource Know-how werden sowohl Erfolgsmeldungen von bereits existierenden Know-how-Unternehmen

angeführt als auch auf die zunehmende

Bedeutung von Know-how hingewiesen. Allerdings wird der Aspekt außer acht gelassen, wie sich ein traditionelles Unternehmen zu einem Know-how-Unternehmen entwickeln kann. Es entsteht der Eindruck, daß die Relevanz von Know-how-Unternehmen unter der Perspektive betrachtet wird, daß diese Transformation leicht zu bewerkstelligen

ist, nachdem das

Unternehmen definiert hat, durch welches Know-how es sich auszeichnet. Es wird von einem „black-box-Kasten-Denken" 29 ausgegangen, indem nur der Input - also die Charakterisierung von Wissen - und der Output des Know-how-Unternehmens analysiert werden. Jedoch wird von den komplexen Vorgängen innerhalb des Know-how-Systems abstrahiert. Das Prinzip des „white-box-Kasten-Denkens" [HeRo98. Seite 418], welches von dem Grundsatz ausgeht, daß man sich bei der Betrachtung eines Systems auf die Vorgänge innerhalb dieses Systems konzentriert, findet keine Anwendung.

Gefordert ist vielmehr ein ganzheitliches

Denken,

indem sowohl interne als auch externe

Know-how-Vorgänge in Betracht gezogen werden. Eine Sichtweise, die sich nur auf die Feststellung

von

unternehmerischem

Know-how

konzentriert,

genügt

nicht,

um

die

komplexen Wechselwirkungen zwischen dem, was ein Unternehmen an Know-how besitzt und dem, was es tun muß, um sich zu einem Know-how-Unternehmen zu entwickeln, abzubilden. Neben den Faktoren Information und Know-how spielen die sozialen Gruppen, die das menschliche Handeln beeinflussen und auch die Gesellschaft, welche die Know-howTräger sozialisiert, eine wesentliche Rolle. Es ist das Ziel der im folgenden entwickelten

29

Heinrich/Roithmayr

definieren das „Prinzip des Schwarzen Kastens" folgendermaßen:

„Ein Prinzip, bei dem

man bei der Untersuchung eines Systems von den Vorgängen innerhalb des Systems abstrahiert und sich auf die wirkungsspezifischen

Eingänge

und Ausgänge

an den Systemgrenzen

konzentriert,

also auf

Vorgänge zwischen dem betrachteten System und seiner Umwelt (Umsystem)" ¡HeRo98. Seite 418J.

70

Know-how-Architektur

Know-how-Architektur, die Diskrepanz zwischen der Identifikation von Know-how und dem Vorhandensein eines Know-how-Unternehmens zu überwinden. Diese Kluft findet sich in der Offenlegung der kreativen Mitarbeiter, in dem Kontakt zum Kunden und im Know-howTransfer zwischen

Partnerunternehmen

wieder. Der Mensch

ist ständig

bemüht

die

Erkenntnisse, welche er sich noch nicht angeeignet hat, in Know-how umzuwandeln und somit den Know-how-Umfang auszuweiten, jedoch können keine Aussagen gemacht werden, wie sich das unternehmerische Know-how „zu dem verhält, was wir nicht wissen" [Fran92. Seite 49].

In Anlehnung an den Systemplanungs-Ansatz von Heinrich [Hein96; Hein94] wird eine Know-how-Architektur entwickelt. Heinrich beschreibt das Sachziel 30 der Systemplanung, dem Auftraggeber ein produktives Informationssystem zur Verfügung zu stellen. Das Phasenmodell dient zur Visualisierung und zur Ordnung der Aufgaben der Systemplanung, d.h. der Wert des Phasenmodells ist primär didaktischer Art. Heinrich gliedert den Prozeß der Systemplanung in fünf Phasen, wobei Tabelle .Phasenziele und Methodikansätze im Phasenmodell nach Heinrich" [Hein96. Seite 24] die wesentlichen Inhalte der einzelnen Phasen darlegt.

Phase

Phasenziel

Verwendete Methodikansäzte

Vorstudie

Grundkonzeption

Feinstudie

Angepaßte Grundkonzeption

Grobprojektierung

Logisches Modell Sollzustand

Feinprojektierung

Physisches Modell Sollzustand

wie Grobprojektierung

Produktives Informationssystem

Sollzustandsorientierung, Systemintegration, Umstellungsmethoden

Installierung

Sollzustandsorientierung Istzustandsorientierung und Sollzustandsorientierung im Rahmen der Grundkonzeption Sollzustandsorientierung, Datenorientierung, Inside-Out-Ansatz, Prototyping

Tabelle 3: Phasenziele und Methodikansätze im Phasenmodell nach Heinrich

In Analogie

zum Systemplanungs-Ansatz

von

entwickelt. Das Sachziel der Know-how-Planung

Heinrich

wird

ein

Know-how-Ansatz

kann wie folgt beschrieben werden: ein

Kunde erteilt den Auftrag, ein Know-how-Unternehmen zu entwickeln bzw. ein bereits vorhandenes Know-how-Unternehmen auf ein höheres Wissensniveau zu transformieren. Im

30

Sachziele beschreiben welche betrieblichen Aufgaben unterstützt werden sollen.

Know-ho w-A rchitektur

71

letzteren Falle kommt es im Rahmen der Know-how-Lebenszykluskurve 31 zu einem Knowhow-Sprung, dessen Ziel zur Generierung von neuem Know-how führt. Um ein Know-howUnternehmen zu implementieren, ist die Konzeption einer Know-how-Architektur [RoFi98a] notwendig, wobei Abbildung „Generelle Know-how-Architekturdie einzelnen Phasen des Planungsprozesses visualisiert.

Abbildung 12: Generelle Know-how-Architektur

Die Know-how-Architektur zeichnet sich durch fünf Prozesse aus, welche im folgenden in Kurzform beschrieben werden. Die Know-how-Architektur beginnt mit dem „Prozeß

der

Vorstudie", der sich mit der Bereitschaft eines Unternehmens zur Analyse des eigenen Knowhows beschäftigt. Der Begriff Wissensmanagement ist zu einem Trend avanciert, da sich fast keine Führungskraft erlauben kann, die Ressource Wissen nicht in den Mittelpunkt des unternehmerischen Denkens zu stellen. Aus der Unternehmensperspektive gilt es die Herausforderung anzunehmen, das Wissen der Experten zu managen. Wissen wird als Wettbewerbsfaktor anerkannt, und es entwickelt sich die Tendenz, den Schatz in den Köpfen der Mitarbeiter [Pala97] zu nutzen und zu vermehren. Der „Prozeß Identifikation"

der

Know-how-

hat die Aufgabe, den Ist-Zustand des unternehmerischen Know-hows zu

erweitern und zu modifizieren. Weiters steht im Mittelpunkt der Analyse, die internen und externen

Know-how-Träger

zu

identifizieren.

Aufbauend

Erkenntnissen schließt sich der „Prozeß der Adaption"

" Vgl. Abbildung „Transformationsprozeß

des Know-hows"

auf

diesen

gewonnenen

an, der sich mit der Detaillierung und

72

Know-how-Architektur

Verfeinerung der Gedankenstrukturen der Know-how-Träger auseinandersetzt. Das Ziel liegt darin, das Erfahrungswissen der Mitarbeiter für das Unternehmen festzuhalten. Die internen und externen Wissensträger müssen so vernetzt werden, daß ihre Kreativität bestmöglich zur Entfaltung gelangt, dies ist die Aufgabe im „Prozeß der Vernetzung". vorangestellten

Ergebnissen

hat

der „Prozeß

der

Basierend auf allen

Implementierung"

zum

Ziel,

ein

traditionelles Unternehmen in ein Know-how-Unternehmen zu transformieren bzw. ein bereits bestehendes Know-how-Unternehmen zu aktualisieren.

5.1.2.

Annahmen der Know-how-Architektur

Der Know-how-Architektur liegen drei Annahmen zugrunde: (1) Unter

dem Terminus

Architektur

versteht

man

ein

Bauen

nach

künstlerischen

Gesichtspunkten. Dieser Terminus wurde gewählt, um die schöpferische Eigenart von Know-how zu reflektieren. Die Baukunst ist mehr als alle anderen Künste zweckgebunden [Winz86. Seite 32f.]. Sie handelt im Rahmen von bestimmten Aufträgen, wobei in der schöpferischen Baukunst Material und Konstruktion ständig die formale Erscheinung und die Gestalt des Gebauten determinieren. Die Baukunst hat sowohl im sakralen (kirchliche Baukunst) als auch im profanen (weltliche Baukunst) Bereich der Malerei und Plastik viele Entfaltungsmöglichkeiten

geboten.

Heinrich

weist

darauf

hin,

daß

in

der

Wirtschaftsinformatik die Bezeichnung Architektur zunehmend verwendet wird, „zumeist in

Wortkonstrukten

wie

Anwendungssystem-Architektur,

Datenarchitektur,

Informationsarchitektur (...)" [HeRo98. Seite 60], Krcmar beschreibt die Bedeutung von Informationssystem-Architekturen als „eine neue und umfassende Kunst, an den Zweck gebunden, Information und Kommunikation bereit zu stellen" [Krcm90. Seite 396; Krcm97], Eine Know-how-Architektur stellt analog eine neue und umfassende Kunst dar. Diese hat die Absicht, sowohl das Erfahrungswissen der Mitarbeiter als auch das unternehmerische Know-how zu erfassen. Strunz [Stru90] weist darauf hin, daß der Zweck der Diskussion des Architekturbegriffes darin liegt, auf die Eigenschaften des Systems

zu

schließen,

systemarchitekturen

als

und deren

betrachtet

die

bedeutendste

Wirtschaftlichkeit Eigenschaft.

von

Informations-

Entsprechend

kann

die

maßgebliche Eigenschaft der Know-how-Architektur darin gesehen werden, die kognitivindividualistische Dimension der Know-how-Thematik zur Entfaltung zu bringen, indem die Kreativität der Mitarbeiter gefördert wird. Ein Unternehmen wird nur Methoden in die

73

Know-how-Architektur Know-how-Architektur integrieren, die den Prozeß der Know-how-Gewinnung,

der

Know-how-Weiterentwicklung

der

und

des

Know-how-Transfers

fördern.

Bei

Betrachtung von Architekturen berücksichtigt die Wirtschaftsinformatik derzeit zwei Sichten, und zwar sehen die Organisationen - als Anwender - in den Architekturen die Unterstützung des Unternehmensziels, während die DV-Hersteller ihre Ziele darin sehen, ihr Produkt in Standards zu dokumentieren. Der Terminus Architektur im Zusammenhang mit der Know-how-Thematik weist das Merkmal auf, einerseits den Anwendern eine Orientierungshilfe bei der Koordination der Ressource Know-how zur Verfügung zu stellen

und

andererseits

den Know-how-Herstellern

einen

Bezugsrahmen

für die

Durchführung zu vermitteln. Hingegen verwendet Scheer [Sche98. Seite 1] den Terminus Architektur nicht im etymologischen Sinne - wie Krcmar und Strunz -, sondern nimmt eine Erklärung aus umgangssprachlicher Perspektive vor. (2) Ausgangspunkt der Know-how-Architektur ist der Prozeß der Vorstudie, an welchen sich die vier Know-how-Kernprozesse anschließen. Die Prozesse der Know-how-Architektur folgen weder einer top-down-, noch einer bottom-up-Strategie. Unter der top-downStrategie versteht man ein Verfahren zur Vorgehensweise bei Problemlösungen. Die Grundidee lautet, daß ausgehend von einem hohen Abstraktionsgrad

zunehmende

Konkretisierungen von „oben" nach „unten" durchgeführt werden; während bei der bottom-up-Strategie zunächst einzelne detaillierte Teilprobleme gelöst werden. Die einzelnen Teillösungen werden von „unten" nach „oben" zusammengesetzt, bis das Gesamtproblem Regelkreis

abgewickelt

ist.

Der

gesamten

Know-how-Architektur

liegt

ein

zugrunde, welcher durch die dicke Pfeilrichtung symbolisiert wird (vgl.

Abbildung „Generelle Know-how-Architektur"). Ein Regelkreis [Lens87. Seite 148f.] ist ein geschlossener und dynamischer Wirkungskreis, der aus der Regelgröße und dem Regler besteht. Der Know-how-Kreislauf ist ein zirkulärer Prozeß, der zwei wesentliche Faktoren beinhaltet: Die zu regelnde Größe kommt den Know-how-Trägern (Regelgröße) gleich und zum anderen verändert das Know-how-Management (Regler) die Experten. Im Sinne der Regelungstechnik

lautet die Aufgabe, ein

Know-how-Unternehmen

im

Zeitablauf zu verwirklichen. Dieser zugrundeliegende Soll-Wert kann durch Störgrößen beeinflußt werden, weshalb die Regelgröße erfaßt werden muß, d.h. es wird der Ist-Wert der derzeitigen Know-how-Träger gemessen. Das Know-how-Management beobachtet die Regelabweichung als Differenz zwischen Ist- und Soll-Wert und paßt je nach Ergebnis des Vergleichs die geistigen Werte der Experten dem geplanten Kurs an. Man erkennt den Know-how-Kreislauf, indem der Ist-Wert Ausgangsposition der Regelstrecke ist und

Know-how-Architektur

74

kontinuierlich mit d e m Soll-Wert verglichen werden muß. Dieser Soll-Ist-Vergleich der Know-how-Träger wirkt als Eingangsgröße auf das Know-how-Management. Obwohl der Regelkreis als ein geschlossener Wirkungskreislauf bezeichnet wird, so ist er dennoch nach außen offen, denn die Störgrößen ändern sich [Jisc93]. In Abbildung „Know-howRegelkreis" ist der beschriebene Sachverhalt abgebildet.

Regelgröße Know-how-Träger Istwert

-O

o

Regelstrecke 4 Know-how-Unternehmen

r

Sollgröße öße V

Regelabweichung Soll-Ist-Vergleich

Regler Know-how-Management

y

Störgröße

Stellgröße Kurskorrektur des Unternehmens

Abbildung 13: Know-how-Regelkreis

Ein Know-how-Regelkreis existiert selten allein und alles hängt voneinander ab. Die einzelnen Prozesse wirken aufeinander und es entsteht ein vernetztes System der Knowhow-Prozesse. wiederholender gegenseitig

Der

Know-how-Ansatz

Prozesse

bedingen

interpretiert

und ergänzen.

kann

nur

werden, Dieser

da

auf

der

sich

Grundlage Know-how

Gesichtspunkt

sich

ständig

und

Handeln

reflektiert die

kognitiv-

individualistische Dimension von Know-how. Von jedem Kernprozeß aus besteht die Möglichkeit, einen anderen Kernprozeß zu bearbeiten. Diese Sicht weise kommt durch die in der Mitte der Architektur

dargestellten

gestrichelten

Linien

zum Tragen

(vgl.

Abbildung „Generelle Know-how-Architektur"). D e m vorliegenden Konzept liegt der Gedanke zugrunde, daß die Ressource Know-how Gegenstand aller Prozesse ist und im Fokus der gesamten Betrachtung steht. Ein bereits durchlaufener Know-how-Regelkreis muß ständig auf seinen Soll- und Ist-Zustand überprüft werden, ob es einer Änderung des unternehmerischen Know-hows, der Know-how-Träger und der Know-how-Netzwerke bedarf. Nach Abschluß des Transformationsprozesses setzt die Generierung von neuem Know-how ein. Der Terminus der Transformation wird im weiten Sinne interpretiert, und beschränkt sich nicht auf das Ereignis, von d e m Zustand A zu einem Zustand B zu gelangen, sondern geht weit über diese Form hinaus. Der Know-how-Architektur liegt der Gedanke zugrunde, daß im Unternehmen für die Mitarbeiter eine

Know-how-Identität

Know-how-Architektur

75

geschaffen wird. Damit soll der Sachverhalt impliziert werden, daß für jeden Know-howTräger im Unternehmen der richtige Platz gefunden wird, um seine Kreativität zur Entfaltung zu bringen. Die Prozeßorientierung

der Know-how-Architektur

kommt

dadurch zum Ausdruck, daß die erarbeiteten Ergebnisse (Output, Meilensteine) einer Phase die Voraussetzung (Input) für den Übergang zu einer neuen Phase darstellen [Hein96. Seite 42], Abbildung „Detaillierte Know-how-Architektur" zeigt den Knowhow-Ansatz unter Berücksichtigung der Voraussetzungen und Ergebnisse.

Abbildung 14: Detaillierte Know-how-Architektur

(3) Die Know-how-Architektur beinhaltet Elemente eines Vorgehensmodells im Sinne von Heinrich

[HeRo98.

Seite

562],

da

den

einzelnen

Planungsschritten

Handlungs-

anweisungen zugewiesen werden und eine Zuordnung von Methoden und Techniken und den sie unterstützenden Werkzeugen vorgenommen wird. Aufgrund der Tatsache, daß dem Terminus Know-how ein dynamischer Charakter zugrunde liegt, bedarf es kreativer Methoden zur Abbildung von Know-how-Prozessen. Im folgenden wird der Know-howAnsatz mittels der Methode Mind-Mapping

analysiert und unterstützt. Die Know-how-

Architektur wird als eine Menge von systematisch miteinander verbundenen Mind-Maps verstanden.

Know-how-Architektur

76

5.2. Mind-Mapping „Es gibt kein menschliches Wesen der

Vergangenheit

oder Gegenwart, das auch nur annähernd das volle Potential seines Gehirns erforscht hat. Aus diesem Grunde wir keine Beschränkungen des menschlichen

akzeptieren

Gehirnpotentials

- es ist unendlich!" (Tony Buzan f

5.2.1.

Einführung

Die Methode Mind-Mapping ist auf den Erfinder Tony Buzan 32 [BuBu97] zurückzuführen, der Präsident der Stiftung Brain Foundation sowie Gründer des Brain Trust/Use Your Head Clubs ist. Sein Hauptinteresse liegt in der Förderung des geistigen Bewußtseins. Die Idee für Mind-Mapping entstand, da Buzan während seines Studiums die Fülle der vorgegebenen Literatur nicht verarbeiten konnte. Denn je mehr schriftliche Aufzeichnungen er machte und je mehr er den Stoff auswendig lernte, um so mehr verschlechterten sich seine Leistungen. Buzan erkannte, daß seine Gewohnheit, sich Aufzeichnungen über

Themenkomplexe

anzufertigen, zur Folge hatte, daß die Effektivität beim Lernen abnahm. Buzan schloß daraus, daß die traditionellen Methoden von Standardnotizen nur einen Teil seines geistigen Könnens zum Tragen bringen. Diese Stilrichtungen benutzen lineare Darstellungen, indem Texte in eine hierarchische Ordnung, meist mit einer chronologischen Abfolge, gebracht werden. Im Mittelpunkt der Schreibtheorie steht die Auseinandersetzung mit einer angemessenen Form des Schreibens. Schon in der Schulzeit wird Schreiben gelehrt, indem folgende sieben wesentliche Darstellungsformen unterrichtet werden [Stad86; Glüc93; Deut95a; Deut95b]: (1) Der Bericht orientiert sich an der Festhaltung von bestimmten einmaligen Ereignissen und verlangt deshalb nach einer folgerichtigen Gliederung der Tatsachen, in der Regel zeitlich nacheinander. (2) Das Protokoll

ist eine Darstellungsform über den Inhalt

und

den Verlauf

von

Versammlungen, Besprechungen bzw. Verhandlungen und ist als Textsorte an eine feste äußere Form gebunden. Der Charakter eines Protokolls zeichnet sich dadurch aus, daß beim Notieren von Diskussionen oder Verhandlungen ein überlegtes Notieren notwendig ist und nachstehende feste Angaben umfaßt: Kennzeichnung des Anlasses, Angabe der Zeit, Angabe des Ortes, Vorsitz, Anwesende, Abwesende, Schriftführer, Tagesordnung,

32

Internet-Adresse:

http://www.buzan.co.uk/

77

Know-how-Architektur

Text und Unterschriften. Der Textinhalt und die Textdarstellung richten sich nach dem Zweck und der Art des Protokolls. (3) Die Beschreibung

ist eine Darstellungsform, die einen Wirklichkeitsbereich in sachlicher

und detaillierter Weise sprachlich reproduziert, so daß der Leser ein möglichst genaues Bild über das Beschriebene erhält. Der Aufbau und die sprachliche Darstellung von Vorgangsbeschreibungen verlangen ein chronologisches Vorgehen, da nicht veränderbare Phänomene (z.B. der gesetzmäßige Ablauf eines Experimentes in der Chemie bzw. Physik oder die Planung eines Projektes) gekennzeichnet werden. (4) Die

Begriffsbestimmung

versucht

durch

Abstraktion

und

Verallgemeinerung

den

Denkinhalt in einem Wort auszudrücken und unabhängig vom Kontext festzulegen. (5) Die Erörterung

erfordert im Gegensatz zum Bericht die gedankliche Auseinandersetzung

mit einem Problem, denn erörtern bedeutet, bestimmte Gedankengänge zu entwickeln und unterschiedliche Thesen (Standpunkte) zu einem Sachverhalt anzuführen. Auch die Erörterung erfordert ein planmäßiges Vorgehen, damit diese überzeugend wirkt, sind folgende Schritte zu beachten: die genaue Themenerfassung, die Themaerschließung, die Ordnung des Stoffes und die Reinschrift. Insbesondere der Punkt der Stoffordnung setzt sich mit der gliederungstechnischen Anordnung des Themas auseinander, indem die gedanklichen Prozesse strukturiert werden und in die Formulierung einer Einleitung und eines Schlußgedankens eingebunden sind. In der Gliederung der Argumente sollen Steigerungen oder Abstufungen erkennbar sein, also ob eine Anordnung vom weniger Wichtigen zum Wichtigen (Klimax) oder vom Wichtigsten zum weniger Wichtigen (Antiklimax) vorgenommen wird. Dazu bedient man sich ordnender Oberbegriffe und erläuternder Unterpunkte. (6) Das Ziel der Stellungnahme

ist es, anderen Personen zu einem Problem den eigenen

Kenntnisstand kundzutun und ein auf Argumenten basierendes Urteil abzugeben. Wenn sich eine Stellungnahme aufgrund eines Einwandes gegenüber der eigenen Meinung ergibt, erfordert dieser Umstand eine knappe Darstellung des Sachverhaltes. (7) Die Inhaltsangabe

faßt die wichtigsten Einzelheiten eines Textes in Satzform zusammen,

wobei eine abstrahierende Form gewählt wird. Für den Aufbau der Inhaltsangabe ist es charakteristisch, daß Angaben über den wesentlichen Handlungsablauf sowie dessen Ursache und Wirkung enthalten sind.

Diese sieben Darstellungsformen eines Textes legen das planmäßige Formulieren einer Nachricht eines Senders an einen Empfänger dar. Die bisher erörterten Texte erfüllen die

Know-ho w-A rchitektur

78

Funktion der beschreibbar Nachteil

Informationsvermittlung und

und

sind

nach

überprüfbar. Die gegenwärtigen

ihrer

Form

und

ihrem

Aufzeichnungssysteme

Inhalt

weisen

den

auf, daß sie nicht die gesamte Kapazität des menschlichen Gedächtnisses fordern,

sondern eher den Lernprozeß hindern als unterstützen. Die formale und

sprachliche

Gestaltung zeichnet sich durch Sachlichkeit, Analysefähigkeit, Linearität, logisches Vorgehen sowie hohes Abstrakionsniveau

aus. Lineares Schreiben findet sich auch in anderen

Kulturkreisen wieder, wie beispielsweise bei den Japanern oder Arabern, was bedeutet, daß es bei linearem Denken gleich ist, ob von links nach rechts oder von rechts nach links geschrieben wird. Dies bewirkt, daß sich unser Gehirn langweilt und es fuhrt zu keiner Verknüpfung, was zur Konsequenz hat, daß keine Assoziationen stattfinden.

Diese Aspekte stehen aber im Widerspruch zur Know-how-Thematik, deren Intention in der Aktivierung des gesamten Erfahrungswissens eines Experten liegt. Aus diesem Grunde führt eine künstlerische

Darstellung

des menschlichen

Know-hows

zur Aktivierung

seiner

kognitiven und individualistischen Kapazitäten. Eine Struktur, die neben Worten und Texten auch Farben, Symbole sowie Grafiken vereint, begünstigt die kommunikative Funktion von Know-how. Tony Buzan machte sich die Vorteile einer gestalterischen Lernmethode zunutze, die sein kreatives Potential fordert und ihn bei Lernprozessen unterstützt. In Kooperation mit seinem Bruder Barry Buzan entwickelten die Brüder die Theorie des Mind-Mappings.

Am

Beginn der Auseinandersetzung mit dem Theoriekonstrukt von Mind-Mapping steht die Erklärung, wo die Gehirnfunktionen lateralisiert sind und warum die Leistungsfähigkeit vieler Menschen beschränkt ist.

5.2.2.

Hemisphärenforschung

Die Grundlagen für das Verständnis von Mind-Mapping bilden die Erkenntnisse 33 der Neurowissenschaften und der Wissenspsychologie. Das Großhirn ist beim Menschen im Vergleich zu anderen Lebewesen besonders ausgeprägt, wobei hier die

menschlichen

Fähigkeiten ihre mentale Repräsentation aufweisen. Anatomisch betrachtet, besteht die Oberfläche des Neokortex - die Großhirnrinde - aus mehreren Windungen, die zu sogenannten Hirnlappen zusammengefaßt sind. Das Großhirn ist in zwei Hälften - die rechte und linke

33

Vgl. Ausführungen in Kapitel 3.4.2. und Ausführungen in Kapitel 3.4.3.

Know-how-Architektur

79

Hemisphäre - unterteilt, die sich wiederum aus je vier Hirnlappen zusammensetzen. Spezialisten für Hemisphärenforschung haben entdeckt, daß sich die Großhirnhemisphären in ihren Funktionen unterscheiden und unter dem Oberbegriff Latéralisation der Funktionen bezeichnet werden [KoWh96]. Dies bedeutet, daß die beiden Hemisphären unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Dies ist die eine Theorie, während die andere Theorie lautet, daß die beiden Hemisphären kooperieren. Die Abbildung „Großhirn" legt dessen Hauptbestandteile dar [Pine97. Seite 431],

primärer motorischer Cortex BrocaAreal Sulcus centralis

Parietal läppen

Occipitallappen

Frontal läppen

Fissura lateralis (Sylvische Furche)

Temporalläppen

Abbildung 15: Großhirn

Das Telencephalon führt an der Hemisphäre zu einer Sonderung verschiedener Gebiete. Ein mittlerer Teil, der Lobus 34 parietalis (Parietallappen), geht nach vorn in den Lobus frontalis (Frontallappen), nach hinten in den Lobus occipitalis (Occipitallappen) und nach unten in den Lobus temporalis (Temporallappen) über. Die Lage des Broca-Areals liegt im inferioren linken präfrontalen Cortex, direkt vor dem Gesichtsareal des linken primären motorischen Cortex.

Die Informationsverarbeitung zwischen den zwei Hemisphären erfolgt durch einen Balken, der corpus callosum genannt wird [Pine97. Seite 433]. Neuropsychologische

34

Lobus ist die lateinische Bezeichnung für das deutsche Wort Lappen.

Experimente

80

Know-how-Architektur

haben aufgedeckt, daß

die rechte Hemisphäre die motorischen und die

sensorischen

Funktionen der linken Hemisphäre steuert; umgekehrt gilt, daß für Informationen, die das rechte Ohr oder Auge aufgenommen hat, die linke Hemisphäre zuständig ist, d.h. die Koordination der rechten Körperseite übernimmt. Die Neurowissenschaft gelangte zu der Erkenntnis, daß das Gehirn zweigeteilt ist und an unterschiedlichen Stellen menschliche Fähigkeiten liegen, indem man Patienten, die ein epileptisches Leiden hatten, den corpus callosum durchtrennte.

Denn

diese Personen

zeigten

nun

mit

der

linken

Hand

auf

Gegenstände, die das rechte Auge wahrgenommen hatte. Da bei diesen Menschen die beiden Hemisphären nicht verbunden sind, spricht man von Split-Brain-Patienten [KoWh96. Seite 156ff.]. Durch Untersuchungen von Patienten mit neurologischen Krankheiten konnten neue Erkenntnisse über die Latéralisation und Lokalisation von Funktionen gewonnen werden. Eine Schädigung der linken Hemisphäre kann zu einer Apraxie wie auch Aphasie führen. Apraxie ist eine zentrale Störung, um sinnvolle Bewegungen auszuführen; während Aphasie eine

durch

produzieren.

Hirnschädigung Die

Versuche

verursachte

Störung

ist,

Sprache

zur Hemisphärenspezialisierung

zu

und

verstehen der

oder

zu

interhemisphären

Kommunikation wurden im Jahre 1861 von Broca, im Jahre 1874 von Warnicke und 1975 von Sperry und Gazzaniga durchgeführt. Die Tabelle „Hemisphärenspezialisierung" listet die einzelnen corticalen Fähigkeiten des Menschen auf und stellt die cerebrale Lateration im Überblick vor [Pine97. Seite 441]:

Dominanz der linken Hemisphäre

Allgemeine Funktion

Wörter Buchstaben

SEHEN

Sprachlaute

HÖREN TASTEN

komplexe Bewegungen verbales Gedächtnis Sprechen Lesen Schreiben Rechnen

BEWEGUNG GEDÄCHTNIS

Dominanz der rechten Hemisphäre geometrische Muster Gesichter emotionaler Ausdruck nichtsprachliche Laute Musik taktile Muster Braille (Blindenschrift) Bewegungen im Raum nichtverbales Gedächtnis

SPRACHLICHE FÄHIGKEITEN

emotionaler Inhalt

RÄUMLICHE FÄHIGKEITEN

Geometrie Richtung Entfernung mentale Rotation von Formen

Tabelle 4: Hemisphärenspezialisierung

Know-how-Architektur

81

Der Sachverhalt, daß sich Fähigkeiten wie Sprechen und Sehen im Großhirn determinieren lassen, stellt einen großen Fortschritt für die kognitive Psychologie dar. Es wird deshalb angenommen, daß den Informationsverarbeitungsvorgängen der visuellen Wahrnehmung und der Sprache unterschiedliche Prozesse im Gehirn zugrunde liegen müssen. Allerdings ist es aus Sicht der Neurowissenschaften nicht möglich, eine anatomische Zuordnung zu geben, in welchen Gehirnteilen Informationen exakt gespeichert sind, um später aktiviert werden zu können. So weisen Hartje/Strum und Markowitsch

darauf hin, daß für die

Informations- und Sprachverarbeitung eine Lokalisierung

visuelle

vorgenommen werden

kann,

dennoch können anderen „Fähigkeiten der Wissensrepräsentation und des Wissensabrufes wie zum Beispiel dem Gedächtnis - (...) bislang keine umschriebenen

Hirnregionen

zugeordnet werden" [Frie88. Seite 475],

Die Methode Mind-Mapping überwindet das Denken, daß intellektuelle Fähigkeiten einzelnen Hemisphären zugeordnet werden, indem sie alle menschlichen

Begabungen

berücksichtigen

und gleichzeitig zu aktivieren versuchen. Der Mensch ist primär trainiert, Eigenschaften, die der linken Hemisphäre zugeschrieben werden, beim Erstellen von Standardnotizen zu benützen, da beim Anfertigen von Aufzeichnungen primär lineare Formen verwendet werden. Allerdings ist es das Ziel von Mind-Mapping, das gesamte Spektrum des menschlichen Könnens einzusetzen, also verstärkt Eigenschaften der rechten Hemisphäre visuell-räumliche

sowie

taktil-räumliche

Informationen

zu nutzen, indem

Anwendung

finden.

Die

Hemisphärentheorie bestärkt die Theorie des Mind-Mappings als kreativen Denkwerkzeugs.

5.2.3.

Architektur zur Erstellung von Mind-Maps

5.2.3.1. Mind-Mapping-Theorie Unser Gehirn ist daran interessiert, Informationen zu empfangen, zu analysieren, zu speichern, zu verknüpfen und diese auf dem Wege von Mind-Mapping in Know-how umzuwandeln. Die Methode Mind-Mapping ist ein grafisches Instrument mit der Aufgabe, das geistige Potential des Menschen zu erschließen, um dadurch sein Know-how zur Entfaltung zu bringen. Im Kerninhalt geht es darum, das Erfahrungswissen von Experten, welches im Gedächtnis repräsentiert ist, zum Ausdruck zu bringen sowie den Prozeß des Lernens zu fördern. Der Theorie des Mind-Mappings liegt das Konzept des „Radialen

82

Know-how-Architektur

Denkens" zugrunde, was bedeutet, daß assoziative Strukturen [Klix88. Seite 30] von einem Mittelpunkt ausgehen oder mit diesem verbunden sind. Mind-Map „Know-how-Mind-Map" visualisiert, ausgehend vom Zentralbild der Know-how-Thematik, die Mehrdimensionalität des Begriffes Know-how.

Mind-Map 1: Know-how-Mind-Map

Know-how-Architektur

83

Buzan definiert Mind-Mapping als einen Ausdruck des radialen Denkens und stellt somit eine natürliche Funktion des menschlichen Gedächtnisses dar, wobei vier essentielle Eigenschaften zu berücksichtigen sind [BuBu97. Seite 59]: „ 1. Der Gegenstand der Aufmerksamkeit kristallisiert sich in einem Zentralbild. 2. Die Hauptthemen des Gegenstands strahlen vom Zentralbild wie Äste aus. 3. Die Äste enthalten Schlüsselbilder oder Schlüsselworte, die auf einer mit dem Zentralbild verbundenen Linie in Druckbuchstaben geschrieben werden. Themen von untergeordneter Bedeutung werden als Zweige, die mit Ästen höheren Niveaus verbunden sind, dargestellt. 4. Die Äste bilden ein Gefüge miteinander verbundener Knotenpunkte."

Mind-Mapping als Variante des radialen Denkens lehnt sich an die Theorie der Radiologie an. Die Radiologie

[Fuch96; KaMS96] ist die Wissenschaft von den ionisierenden Strahlen und

findet ihre Anwendung

in der Medizin, Biologie, Landwirtschaft und Technik.

Nach

Strahlenarten wird in die Röntgenstrahlung und radioaktive Strahlung differenziert. Am 8.11.1895 entdeckte Röntgen (1845-1923) während Versuchen mit den Kathodenstrahlen eine neue Art von Strahlen, die er als „X-Strahlen" bezeichnete, welche unsichtbar sind, Fluorezenz erzeugen und ein hohes Ionisierungsvermögen aufweisen. Die Ioniesierung bietet die Möglichkeit, aus einem Atom Elektronen herauszulösen. Röntgenologische Verfahren verwenden elektromagnetische Wellen als Medium, um Bilder der inneren Struktur des Körpers entstehen zu lassen. Schulthess [Schu96. Seite 24] definiert Röntgenstrahlen als Phänomen der Elektronen der Atomhülle.

Nach der Theorie von Bohr besteht ein Atom aus a) einem

positiv geladenen

Atomkern, der sich aus den Nukleonen

(Protonen

und

Neutronen) zusammensetzt und b) einer negativ geladenen Hülle aus Elektronen. Diese negativ geladenen Elementarteilchen sind in verschiedenen Orbitalen um den Atomkern angeordnet.

Abbildung „Atomkern nach Bohr" legt den Aufbau eines Atoms dar [Saue96. Seite 9].

In bezug zum Atomkern nach Bohr können wir das Neutron und Proton als den Mittelpunkt des Mind-Maps betrachten, während die kreisenden Elektronen auf die Verästelungen hinweisen.

Die

Entdeckung

des

„unsichtbaren

Lichtes"

durch

Röntgen

löste

eine

84

Know-how-Architektur

Denkrevolution in dem Sinne aus, daß es ab diesem Zeitpunkt möglich war, Wissen über das Körperinnere zu erlangen. Oudkerk/Rosenbusch/Ammann

sprechen vom „Öffnen des

lebenden menschlichen Körpers ohne Skalpell" [RoOA94]. In Analogie dieses Gedankens führt die Anwendung von Mind-Mapping zur „ Ö f f n u n g des menschlichen

Know-hows",

indem Erkenntnisse über das innere implizite Wissen eines Menschen gewonnen werden können. Vom Zentralbild, dem Know-how-Kern, bewegen sich strahlenförming die menschlichen Gedanken. Mind-Mapping durchleuchtet die qualitative Eigenschaft von Know-how und ordnet um den Nukleus in Orbitalen die menschlichen Gedanken an, d.h. die Anwendung

von Mind-Maps kann man als die „Durchleuchtung des

Know-hows"

bezeichnen.

\

f\

\ \

Jr

i /

/

/

r ^ ^

) Proton + Neutron Elektron -

V-'r—XVc--f-V-V"

G>-"\ Q . / ' Abbildung 16: Atomkern nach Bohr Die qualitative Prägung des Terminus Know-how verlangt nach Methoden, die ebenfalls einen

qualitativen

Zugang

ermöglichen.

Quantitative

Werkzeuge

befürworten

die

Informationsverarbeitung, reichen allerdings nicht aus, um das implizite Wissen der Knowhow-Träger zu illustrieren. Aus diesem Grunde versucht die Methode des Mind-Mappings. eine künstlerische Verarbeitung der Fertigkeiten von Experten zu bewirken. Bawden [Bawd97] weist darauf hin, daß der Kreativitätsprozeß durch vier verschiedene Formen von Informationen unterstützt wird. (1) Die erste Art bezieht sich auf die Berücksichtigung von „interdisciplinary

information",

wobei insbesondere Wissenschaftler sowohl formelle als auch informelle Informationen

Know-how-Architektur

85

für den Kommunikationstransfer bevorzugen und somit die Wissensbasis anderer kreativ ausbauen. (2) Die zweite Kategorie behandelt „peripheral

information".

Diese Informationsart fördert

den Prozeß, neue Ideen zu generieren, indem die verborgenen wie auch die auf den ersten Blick nicht relevanten Informationen die Umsetzung in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen beschleunigen. (3) Die Form der „Speculation"

stellt die dritte Möglichkeit zur Kreativitätsbildung dar und

bezieht sich auf die Artikulierung von spekulativen Ideen, die auf kein theoretisches oder empirisches Modell zurückgreifen. Zeitschriften wie „Speculations in Science and Technology" 3 5 und „New Scientist" 36 ermöglichen es Autoren, ihre Vermutungen zu veröffentlichen. (4) Als letzte Informationsart fuhrt Bawden „exeptions and inconsistencies" Schließen

von Wissenslücken

umfaßt, das heißt, die Identifikation

an, welches das von

Lücken,

Ausnahmen und nicht weiterentwickelten Theorien „will naturally be among the most important components of reviews specifically aimed at aiding creativity" [Bawd97. Seite 91].

Das Wissen in Form von Gedankenstrukturen abzubilden, greift Kosko in seinem von der Künstlichen

Intelligenzforschung geprägten Ansatz auf, indem er sogenannte

Cognitive Maps"

„Fuzzy

[McFr97. Seite 275ff.] entwickelte. Kosko leistete in der Hinsicht eine

Pionierarbeit, da er die Fuzzy-Logik mit neuronalen Netzen kombinierte [Roja96], Die Fuzzy Logik [FaHö94; Popp97. Seite 170f.] repräsentiert die Theorie der unscharfen Mengen, um einen besseren Zugang zur menschlichen Intelligenz zu erlangen, indem sprachlich unscharfe Beschreibungen modelliert werden können. Diese linguistischen Variablen besitzen als Werte keine Zahlen, sondern werden durch die Menge sprachlich unscharfer Termini definiert wie zum Beispiel die Beschreibung eines Krankenbildes oder die Beurteilung von Warengütern. Die Fuzzy-Theorie bietet den Zugang für die qualitative Beschreibung von Prozessen, Handlungen oder Verfahren.

„Fuzzy Cognitive Maps" repräsentieren Entscheidungssysteme, die bestimmte Situationen modellieren, wobei die wesentlichen Aspekte des Sachverhaltes miteinander verbunden

'' Internet-Adresse: if:

Internet-Adresse:

http://www.wkap.nl/joumalhome.htm/0155-7785 http://www.newscientist.com/

86

Know-how-Architektur

werden. Es entsteht ein Netz, welches die Ursachen und Stärken der Gedanken in Form von kognitiven Landkarten bildlich zum Ausdruck bringt. Durch die Verwendung von Plus- und Minuszeichen zwischen den Variablen werden die zunehmenden

oder

abnehmenden

Auswirkungen visualisiert. Die Vision von Kosko geht soweit, daß er der Meinung ist, in naher Zukunft könne jedes schriftliche Dokument, insbesondere auch technische Artikel und jedes Buch, durch „Fuzzy Cognitive Maps" dargestellt werden. Der Vorteil seines Konzepts liegt darin, daß im Gegensatz zu konventionellen Expertensystemen, mehrere „Fuzzy Cognitive Maps" miteinander verknüpft werden. Aus diesem Umstand

erwächst

die

Konsequenz, daß nicht nur die Meinung einer einzelnen Person zu einer konkreten Situation reflektiert wird, sondern daß ein Wissens-Netzwerk mehrerer Experten entsteht, denn „the underlying knowledge you are trying to tease out of these experts, it comes out and it improves as you increase the number of experts" [McFr97. Seite 283], Darüber können den Meinungen von Experten Gewichte zugeordnet werden, was zur Folge hat, daß das artikulierte Wissen in Relation zu anderen Wissensträgern gesetzt wird, das heißt, die Einschätzung eines weniger bedeutenden Experten wird im Gegensatz zum Urteil eines wichtigeren Experten niedriger gewertet. Ein Gewichtungsfaktor wird als „Bedeutung" der Regel interpretiert [NaKK94].

Die Erstellung von „Fuzzy Cognitive Maps" unterliegt einem dynamischen Charakter, indem die

ursprüngliche

Netzverbindungen

kognitive wächst

Landkarte sowie

Pro-

ständig und

durch

das

Hinzufügen

Kontra-Argumente

Darstellungsform vereint sind. Kosko bezeichnet seinen Ansatz

in

von

einer

neuen einzigen

in der Hinsicht

als

fortschrittlich, da dem Modell keine Entscheidungsbäume und mathematischen Gleichungen zugrunde liegen. Das Expertenwissen wird durch netzwerkartige Verbindungen reflektiert. Der Versuch von Kosko wissensbasierte Aktivitäten mittels „Fuzzy Cognitive Maps" abzubilden, liefert einen Beitrag zur Betonung von qualitativ geprägten Werkzeugen für die Entscheidungsfindung.

Der Ansatz von Horth/Palus [HoPa96] stärkt die Argumentation, daß Know-how-Prozesse durch qualitative Methoden unterstützt werden. Die Autoren vertreten die Ansicht, daß ein Unternehmen nur durch einen kreativen und innovativen Führungsstil seine komplexen Probleme lösen kann. Die Zielsetzung eines sogenannten „Creative Leadership" liegt in der Wiedergewinnung

von

individuellen

qualitativen

Komponenten

wie

Intuition

und

künstlerischer Gestaltung. Das Konzept richtet sich auf die Schaffung einer Balance zwischen

Know-how-Architektur den

überbewerteten

rationalistischen

Fähigkeiten

87

der

linken

Gehirnhälfte

und

der

Unterschätzung des imaginären Denkens der rechten Hemisphäre. Ihr Ansatz appelliert an den verstärkten Einsatz von persönlich erstellten Zeichnungen und metaphorischen Geschichten. Ein Unternehmen erfährt einen Veränderungsprozeß „with metaphors and the other tools o f the artist, managers can release not just their own creative powers but also the creativity o f their teams. And if enough o f them do that, the whole company will feel the c h a n g e " [HoPa96. S e i t e 16]. Die B e t o n u n g ihres Konzeptes liegt auf der Verwendung von kreativen Techniken

sowohl

für

das

Know-how-Management

als

auch

für

die

Experten.

Zur

Reduzierung der Komplexität empfiehlt sich die Anfertigung von Bildern in einem T e a m , welche die wesentlichen P r o b l e m e grafisch festhalten. Ein anschließender Dialog zwischen diesen K n o w - h o w - T r ä g e r n stellung,

vermittelt eine gemeinsame Wissensbasis

indem unterschiedliche Sichten

über die Problem-

in den Lösungsprozeß einfließen.

Anstelle

der

Analyse von Daten erfolgt eine Sammlung von alternativen Ideen. D a s Ausgangsbild hat zur Konsequenz, daß die vielfältigen Know-how-Sichten der Experten offenkundig werden und zur Ausarbeitung eines Lösungsansatzes oder sogar zur Entwicklung einer innovativen Idee beitragen.

5.2.3.2. Das Ziel

der

Grundsätze ordnungsmäßigen Mind-Mappings (GoMiMa)

Aufstellung

von

„Grundsätzen

ordnungsmäßigen

Mind-Mappings"

(Abk.

G o M i M a ) hat die Absicht, Gestaltungsempfehlungen für die V o r g e h e n s w e i s e zur Erstellung von M i n d - M a p s darzulegen. D e r Terminus der G o M i M a wurde in Analogie zu den Begriffen „Grundsätze

ordnungsmäßiger

Buchführung"

(Abk.

GoB)

sowie

„Grundsätze

ordnungsmäßiger M o d e l l i e r u n g " (Abk. G o M ) gewählt. Die G o B [ B i e r 9 0 ; 0 1 f e 9 1 ; S c h i 9 7 ] orientieren

sich

an

den

grundlegenden

Anforderungen

der

Buchführung,

daß

ein

sachverständiger Dritter in angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfalle und die Lage des Unternehmens vermittelt bekommt. D i e s e formelle Ordnungsmäßigkeit wird durch die materielle Ordnungsmäßigkeit ergänzt, welche den Grundsatz der Richtigkeit und Vollständigkeit umfaßt. Hingegen verfolgt der G o M [ B e R S 9 5 ; B e S c 9 6 ] die Intention, einen Ordnungsrahmen

für die Gestaltung

von

Informationsmodellen

zu

geben,

bezugnehmend auf die G o B sechs allgemeine Grundsätze ordnungsmäßiger

wobei

sich

Modellierung

bestimmen lassen: die Richtigkeit, die Relevanz, die Wirtschaftlichkeit, die Klarheit, die Vergleichbarkeit und der systematische Aufbau. Die G o B und G o M bilden die theoretische

88

Know-how-A

rchitektur

Grundlage für die Ableitung von GoMiMa. Der Prozeß der Anfertigung von Mind-Maps unterliegt einem hohen schöpferischen

Freiheitsgrad

der Know-how-Träger. Diese bilden

ohne konkrete Vorgaben mittels eines assoziativen Prozesses ihr Know-how ab, wobei der Gestaltung keine Grenzen gesetzt sind. Aus diesem Grunde erscheint es sinnvoll, einige Richtlinien vorzugeben. Damit wird das Ziel verfolgt, die Qualität der

Know-how-Architektur

zu erhöhen, indem die qualitative Dimension des Terminus Know-how durch die Aufstellung von Grundsätzen in seiner gesamten Vielfalt zum Ausdruck kommt. In diesem Sinne kann die Zielsetzung von GoMiMa als Orientierungshilfe für die Gewinnung des impliziten Wissens von Experten beschrieben werden, um die Qualität von Mind-Maps

zu steigern. Wenn es

möglich wird, die vernetzten Gedanken der Know-how-Träger in Form von Mind-Maps zum Vorschein zu bringen, kann sich ein traditionelles Unternehmen zu einen Know-howUnternehmen transformieren.

Die Auflistung von allgemeinen Grundsätzen erfolgt basierend auf den GoM und GoB, wobei fünf

Grundsätze

unterschieden

werden:

Individualität,

Vollständigkeit,

Klarheit,

Vergleichbarkeit und Vernetzung.

/.

Grundsatz der

Individualität

Der Grundsatz der Richtigkeit, welcher von beiden Ansätzen vorgeschlagen wird, ist durch den Grundsatz der Individualität substituiert. Der Grundsatz der Richtigkeit besitzt eine syntaktische sowie semantische Ausprägung [BeRS95. Seite 437] und es soll eine eindeutige Bezeichnung der zu modellierenden Objekte aufgrund von Namenskonventionen erfolgen. Im Zusammenhang mit Mind-Mapping können keine Aussagen getroffen werden, ob die vorliegende Ausdrucksform das Know-how eines Experten sinngemäß repräsentiert, denn es liegen keine Beurteilungskriterien vor. Deshalb wird der Grundsatz der Individualität verwendet, da Know-how einer Person eigen ist und sich daher jeder Experte durch seinen Mind-Map-Stil

auszeichnet.

Reflektiert

wird

dieser

epistemologische als auch kognitiv-individualistische

Gedanke

Dimension

sowohl

durch

die

von Know-how.

Der

Grundsatz der Individualität ist allen anderen Grundsätzen übergeordnet, während die anderen Grundsätze ergänzende Funktionen erfüllen.

2. Grundsatz der

Vollständigkeit

Der innerhalb der GoB formulierte Grundsatz der Vollständigkeit wird übernommen und soll dem Sachverhalt Rechnung tragen, daß ein Mind-Map einen evolutionären

Charakter

Know-how-Architektur

89

aufweist. Erst im Zeitablauf wird es Experten möglich sein, ihr Know-how zu artikulieren und darzustellen. Der Grundsatz der Vollständigkeit zeichnet sich durch zwei Dimensionen aus: einerseits ist zu berücksichtigen, welchen Detaillierungsgrad das Mind-Map aufweist und andererseits inwieweit das derzeit vorliegende Mind-Map auch das tatsächlich vorhandene implizite Wissen widerspiegelt. Die Methode Mind-Mapping soll die im Gedächtnis verankerten Wissensstrukturen in die Gegenwart projektieren. Benutzt man die Terminologie von Polanyi, soll das entfernte - distale - Know-how in ein greifbares - proximales - Wissen überführt werden. Das von einem Subjekt erstellte Know-how muß ständig auf seine Vollständigkeit analysiert und hinterfragt werden. Der Grundsatz der Vollständigkeit wird durch das Ziel geprägt, die Lücke zwischen Ist-Know-how

und Soll-Know-how

zu

verringern.

3. Grundsatz der Klarheit Der Grundsatz der Klarheit orientiert sich an der grafischen Gestaltung von Mind-Maps, indem der kreative Prozeß in Ordnungsprinzipien eingebunden ist. Becker/Schütte [BeSc96. Seite 69] subsumieren unter dem Grundsatz der Klarheit nicht-disjunkte Aspekte wie Strukturiertheit, Übersichtlichkeit und Lesbarkeit; das heißt, die Anordnungsprinzipien des Know-hows zueinander sollen nach bestimmten Vorschriften festgelegt werden. Wesentlich ist die Anschaulichkeit eines Mind-Maps, um es auch für andere

Know-how-Träger

transparent zu machen. Dieser Grundsatz kann konfliktär zum Grundsatz der Individualität und Vollständigkeit stehen. Um seine eigenen Gedanken auch noch zu einem späteren Zeitpunkt lesen zu können, muß ein Mind-Map Klarheit aufweisen. Es empfiehlt sich, ein zu oft verändertes Mind-Map neu zu zeichnen und zu ordnen. Im Vergleich zu linearen Aufzeichnungen kann ein Mind-Map für den Betrachter „konfus" wirken. Es verliert dabei nicht an Aussagekraft, denn es fehlt „vielleicht an Klarheit und Schönheit, aber sie hält dennoch Ihre geistigen Abläufe während ihrer Erstellung fest" [BuBu97. Seite 113].

4. Grundsatz der

Vergleichbarkeit

Schließlich verwirklicht der Grundsatz der Vergleichbarkeit die Forderung, daß mehrere Mind-Maps inhaltlich vergleichbar sind. Dieses Postulat erfüllt die semantische Dimension des Grundsatzes der Vergleichbarkeit, wobei eine zweifache Differenzierung zu beachten ist. Der Grundsatz der Vergleichbarkeit muß zum einen die Vergleichbarkeit mehrerer MindMaps eines Know-how-Trägers gewährleisten und andererseits die Vergleichbarkeit mehrerer Mind-Maps unterschiedlicher

Individualisten integrieren.

Know-how-Architektur

90 5. Grundsatz der Vernetzung

Der Grundsatz der Vernetzung schließt sich an den Grundsatz der Vergleichbarkeit an. Die semantische Vergleichbarkeit stellt das Einfügen von Verbindungen zwischen mehreren Mind-Maps sicher. Es entstehen Know-how-Netze, welche die individuellen Assoziationen der Experten

miteinander

verknüpfen. Obwohl

sich jedes Mind-Map

durch

seinen

einzigartigen Charakter auszeichnet, ist es vorteilhaft, wenn die Gedankenstrukturen von einer Vielzahl von Experten zur Lösung eines Problems kombiniert werden. Der Grundsatz der Vernetzung eröffnet die Möglichkeit der Erstellung von Mind-Maps mit multiplen Knowhow-Strukturen.

5.2.3.3. Gesetzmäßigkeiten des Mind-Mappings „ Today 1 work because it's fun. In that sense, I guess you could say that I approach business as a kind of problem-solving

challenge.

That doesn 't mean I don't take business

seriously,

because 1 do. But life's a lot more fun if you treat its challenges in creative ways." (Bill Gates)

Diese fünf diskutierten Grundsätze gewährleisten, daß die Erstellung eines Mind-Maps nicht willkürlich erfolgt, sondern sich nach vorgegebenen Gesetzmäßigkeiten richtet. (l)Ein

Zentralbegriff

oder ein Zentralbild,

von dem sich

strahlenförmig

mehrere

Assoziationsverzweigungen anordnen, ist zu definieren. Zur Abbildung der mentalen Repräsentation des Wissens im menschlichen Gedächtnis wirken alle Fähigkeiten der Hemisphäreneigenschaften gleichzeitig. Dabei sei darauf hingewiesen, daß jeder Hauptast auf einem individuellen Mind-Map beruhen kann. Im Rahmen der Know-how-Thematik symbolisiert der zentrale Begriff bzw. die Grafik das individuelle Erfahrungswissen des Experten. Durch Mind-Mapping wird die duale Sichtweise - wie sie beispielsweise Descartes 37 verwendet - aufgehoben und durch ein polykategorisches Denken ersetzt. Dies bedeutet,

daß

sich

von

dem

Verzweigungen verästeln kann.

i7

Vgl. Ausführungen in Kapitel 3.3.3.3.

Zentralterminus

aus

eine

beliebige

Anzahl

von

Know-how-Architektur

91

(2) Damit die Gedankenmodelle das Know-how des Menschen auch reflektieren, bedarf es der Strukturierung

geistiger Kapazitäten. Obwohl ein Mind-Map auf den ersten Blick

einen chaotischen und ungeordneten Charakter aufweist, liegen ihm dennoch Kategorien und

Ordnungsmuster

zugrunde,

vorherrschen. Diese GOI

indem

Grundlegende

Ordnungsideen

(Abk.

[BuBu97. Seite 84] haben zur Aufgabe, den

GOI)

kreativen

Assoziationsprozeß so zu gestalten, daß eine Einteilung in Schlüsselbegriffe, welche sich wiederum in Unterbegriffe gliedern, erfolgt [Wend88]. Beispielsweise lassen

sich

klassische Gliederungen mit Haupt- und Unterpunkten in Form eines Mind-Maps darstellen, um so eine Erleichterung beim Memorieren von Strukturen zu bewirken. Experimente von Bower, Clark, Lesgold und Winzenz [Ande89. Seite 172ff.] im Jahre 1969 setzten sich mit Methoden auseinander, wie die Gedächtnisleistung bei der Wiedergabe von Gelerntem gesteigert werden kann. Das Ziel des Versuchs bestand darin, daß Wörter, welche sich in vier hierarchische Ebenen unterteilten, auswendig zu lernen waren. Die höchste Hierarchiestufe stellte beispielsweise das Wort .Mineralien" dar, welches sich auf der zweiten Ebene in die Termini „Metalle" und „Steine" unterteilte. Die Kategorie Steine führte zu den Verästelungen „Edelsteine" und „Baumaterial", wobei auf der vierten Ebene für den Begriff Edelsteine, die Items Saphir, Smaragd, Diamant und Rubin gewählt wurden. Zur Durchführung des Versuchs wurden zwei Gruppen von Testpersonen gebildet. Der einen Teilnehmergruppe wurde ein hierarchisch strukturiertes Baumdiagramm vorgelegt, während die anderen Probanden ein zufällig kombiniertes Baumdiagramm mit den gleichen Termini erhielten. Das Ergebnis des Experiments zeigte, daß die Versuchspersonen mit den organisierten Strukturen bei der

Reproduktion

wesentlich besser abschnitten, denn sie hatten ein assoziatives Netzwerk während des Lernens aufgebaut und brauchten letztlich nur die bestehenden Gedächtnisverbindungen zu aktivieren. Bezugnehmend auf die Methode Mind-Mapping haben die Erkenntnisse von Bower et al. zur Konsequenz, daß sich der Entwickler eines Mind-Maps mit dem Aufbau seines Gedankenmodells auseinandersetzen muß, um sein implizites Wissen festhalten zu können. (3) Die bisher erstellten Mind-Maps werden durch die Bildung einer Situation, welche kreative Denkblockaden

auflockert, vervollständigt. Als wirksame Methode erscheint es

für Gedanken, die momentan nicht zu Papier gebracht werden können, sinnvoll, eine leere Linie oder einen Bereich für eine Grafik zu schaffen, die zu einem späteren Zeitpunkt komplettiert wird. Die ursprüngliche mentale Repräsentation verfeinert sich und es bildet sich ein Netz des assoziativen Könnens. Die Technik des Mind-Mappings verlangt nach

92

Know-how-Architektur einem dynamischen Vorgehen, indem es sich dem ständig veränderten

Know-how-

Zuwachs anpaßt. Zum Abbau von Denkblockaden lassen sich neben dem Einfügen

von

leeren Linien folgende Methoden anführen: •

Fragen

zum

Thema

stellen. Damit wird das Ziel verfolgt, daß die kognitiven

Strukturen angeregt werden und sich eine vorübergehende Lernbehinderung auflöst. Als Verstärkung zur Kommunikation formuliert

werden

des Know-hows sollen passende

mit

der Zielsetzung,

eine

Bildern,

um dadurch

weitere

blockadebrechende

Fragen

Antwort

zu

provozieren. •

Hinzufügen

von

Assoziationen

auszulösen.

Die

Formulierung von Gedanken mittels des Mediums Sprache darf nicht überbetont werden,

da

kulturelle

Einflüsse

wirken.

Die

Wortebene

ist

der

Ebene

der

Assoziationen untergeordnet, da Assoziationen das gesamte Spektrum eines Landes umfassen.

Die

Kommunikation

durch

ein

Netzwerk

von

Symbolen

erfolgt

kulturübergreifend, da ein Kern von ähnlichen Klassensymbolen - unabhängig von der Muttersprache - vorherrscht. •

Bestärkung, daß das geistige Potential nicht ausgeschöpft

ist. Der World Brain Club

hat sich zur Maxime gemacht, „to showing you some of the ways of using that complicated Computer, your brain" 38 . (4) Die Nutzung von Mind-Map-Techniken,

welche die Know-how-Beziehungen künstlerisch

veranschaulichen. Zur Gestaltungsweise von Know-how lassen sich folgende Verfahren auflisten: •

Deutlichkeit.

Je klarer ein Mind-Map designed ist, desto leichter fällt es auch einer

Person sich zu späteren Zeitpunkten an die eigenen Gedanken zu erinnern, um sie für die Generierung von neuem Know-how einzusetzen. Ein Stil, der ein Wiedererkennen der persönlichen Wissensstrukturen erleichtert, beschleunigt die Aktivierung von mentalen Landkarten. •

Einsatz von Betonungen,

die sich in Form von Farben, Bildern, Raumaufteilungen

oder Leerräumen manifestieren. Die Variation eines Wortes kann beispielsweise durch seine Größe und Schriftart determiniert werden. Der Begriff von Know-how gewinnt durch die Anwendung von Betonungen eine andere Gestaltungsart, wie zum Beispiel Mind-Map „Systematische Anordnungen" illustriert.

3

" Internet-Adresse:

http://www.silkwood.co.uk

93

Know-ho w-A rchitektur

JOruyu>-hxym-

I&iMW-tlMW

Mind-Map 2: Systematische Anordnungen



Verstärkte Nutzung von Assoziationen,

um so ein Hilfsmittel einzusetzen, welches

die implizite Wissensdimension zum Vorschein bringt. Bies [Bies96] diskutiert den Einsatz von Metaphern

im Zusammenhang mit dem Begriff der „knowledge

Organization" und stellt die Verwendung einer interdisziplinären Terminologie fest. Beispielsweise wird als Metapher der Ausdruck „Haus des Wissens" benutzt, welcher

einen

architektonischen

Nonaka/Takeuchi

39

Ursprung

beinhaltet.

Ebenso

heben

die Relevanz von Metaphern für die Wissensgewinnung am

Exempel von Canon hervor. (5) Die Entwicklung des eigenen Mind-Map-Stils.

Die bisher angeführten Techniken bilden

nur einen Bezugsrahmen für die eigene Fingerfertigkeit. Sie erfordern aber die von Dreyfus erörterten Lernstufen von einem Mind-Map-Anfänger bis zu einem Mind-MapExperten,

der

diese

Kunstform

ohne

nachzudenken

beherrscht.

Das

Mind-Map

„Anatomische Studie" von Leonardo da Vinci (1452-1519) trägt unverwechselbar seine Handschrift [Leon. Seite 2594], Da Vincis Bild zeigt eine Feder- und Rötelzeichnung aus den Jahren 1510-1513 und ist betitelt „Anatomische Studie". Er stellte seine Kunst ganz der Wissenschaft zur Verfügung und legte ein „Kompendium des anschaulichen Wissens" an. In Florenz sezierte er in der Leichenhalle des Krankenhauses S. Maria Nuova. Sein dort gewonnenes Erfahrungswissen kann als ein Mind-Map ausgelegt werden. Es beinhaltet ein Zentralbild, um das sich Notizen und Bilder entwickeln, wobei noch

19

Vgl. Ausführungen in Kapitel 3.3.3.3.

Know-how-Architektur

94

bemerkt werden muß, daß da Vinci Linkshänder war und mit der ihm geläufigen Spiegelschrift schrieb.

Mind-Map 3: „Anatomische Studie" von Leonardo da Vinci

Know-how-Architektur (6) Die mnemonische Informationen

95

Technik ist ein geeignetes Hilfsmittel, um bedeutungslose in inhaltliche umzuwandeln,

da

das

menschliche

Gedächtnis

eine

höhere

Verarbeitungskapazität für visuelle Informationen aufweist. Die Mnemotechnik ist die Kunst, die das Einprägen eines Gedächtnisstoffes durch Lernhilfen erleichtert. Die Methode Mind-Mapping nutzt die Verbindung von Begriffen und Namen mit räumlichen Strukturen oder Bildern, um so das Erinnerungsvermögen zu steigern [Svan97]. Die Schlüsselwortmethode kann als eine wirksame Mnemotechnik angeführt werden, die beim Lernen von Vokabeln in einer Fremdsprache oder beim Einprägen von fachspezifischen Begriffen verwendet wird. Die Leistung des Gedächtnisses kann verbessert werden, wenn eine bedeutungshaltige Verbindung zu den Termini geschaffen wird, indem eine „Eselsbrücke" gebaut wird.

Zusammenfassend ordnet die Tabelle „Gesetzmäßigkeiten für GoMiMa" exemplarisch den fünf Grundsätzen verschiedene Ausprägungen zu.

GoMiMa

Ausprägungen für die Erstellung von Mind-Maps

Individualität

Vollständigkeit (Auflockerung von kreativen Denkblockaden)

Klarheit

Vergleichbarkeit

Vernetzung

• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •

Eigener Mind-Map-Stil Assoziationen Leere Linien Fragen Bilder Bestärkung des geistigen Potentials Mnemonische Technik Zentralbild/Zentralgrafik Betonungen Deutlichkeit Assoziationen Farben Strukturierungen, Kategorien, GOI Radiales Denken Strukturierungen, Kategorien, GOI Methaphern Radiales Denken Strukturierung, Kategorien, GOI Assoziationen Zentralbild/Zentralgrafik Betonungen, Farben

Tabelle 5: Gesetzmäßigkeiten für GoMiMa

Know-how-A

96

rchitektur

Die in einem Mind-Map dargelegte Ausdrucksform eines Know-how-Trägers muß dekodiert werden. Hofstadter identifiziert in seinem Buch „Gödel, Escher, Bach ein

Endloses

Geflochtenes Band" drei Schichten für die Dekodierung von Botschaften [Hofs89. Seite 178ff.]. Die innere Botschaft

verlangt von uns, die vom Sender beabsichtigte Bedeutung zu

erkennen. Die innere Botschaft eines Mind-Maps ausgedrückte

Gestaltung

zu

erforschen.

Die

verstehen,

heißt die vom

Rahmenbotschaft

verlangt

Sender

nach

der

Notwendigkeit, einen Entschlüsselungsmechanismus für die Botschaft zu erkennen. Ist die Rahmenbotschaft eines Mind-Maps dekodiert, dann kann die Aufmerksamkeit auf die dritte Ebene gerichtet werden. Die äußere Botschaft

ermöglicht den richtigen Entschlüsselungs-

mechanismus für die innere Botschaft zu bauen und bauen zu können. Hofstadter erwähnt, daß diese Ebene einen impliziten Sinn aufweist, da der Sender nicht das richtige Verständnis seines Wissens gewährleisten kann. Ein individueller Mind-Map-Stil garantiert nicht, daß der Empfanger eine angemessene Entschlüsselung des Know-hows und des radialen Denkens findet. Steiner setzt sich in seinem Buch „Nach Babel" 4 0 mit der Wechselwirkung zwischen inneren und äußeren Botschaften auseinander [zitiert in Hofs89. Seite 179 und Seite 685]:

„Wir bedienen uns ... normalerweise

einer gesprochenen

unter der ein ganzer Schatz an unbewußten, verheimlichten

oder bekundeten

Assoziationsvermögen wahrscheinlich personalen

in

ist unwahrscheinlich,

Fähigkeit,

Gehirnrinde

erzeugt

Einzigartigkeit

die und

in

Dieses

der

Summe

gleichkommt.

unser daß

es

unserer (...) Es

(...) überlebt hätte, ohne

den

aufbewahrt

und zu artikulieren

liegt.

absichtlich

und detailliert,

unserer Persönlichkeit

daß der Mensch

semantische

auszudenken

40

seiner

Individualität,

halbbewußten,

Assoziationen

ist so umfangreich

Kurzschrift,

,überflüssigen' ist,

sich

Zonen

die der

Möglichkeiten

(...)."

Steiner, Georg: Nach Babel: Aspekte der Sprache und der Übersetzung. Franhfurt a. M. 1979. Es ist das Buch eines

Linguisten

Sprachen.

über

die

tiefliegenden

Übersetzungs-

und

Verständigungsprobleme

menschlicher

Know-how-Architektur

97

5.3. Prozeß der Vorstudie „Es gibt nur ein einziges Gut für den Menschen: das Wissen, und nur ein einziges Übel: die Unwissenheit. " (Sokrates)

5.3.1. Eine

Ziel und Aufgabe des Prozesses der Vorstudie

zunehmende

Veränderung

der

Wettbewerbssituation

zeichnet

sich

für

viele

Unternehmen ab, wobei die Verschmelzung der nationalen Märkte zu einem Weltmarkt oder das anspruchsvollere Käuferverhalten wichtige Faktoren sind. Für Porter [Port90; Port92] bestehen

die

zentralen

Aspekte

der

Wettbewerbsstrategie

einerseits

aus

der

Branchenattraktivität und andererseits aus der Wettbewerbsposition eines Unternehmens innerhalb einer Branche. Die Branchenposition

bestimmt,

ob die Rentabilität

eines

Unternehmens über oder unter dem Branchendurchschnitt liegt. Wettbewerbsvorteile werden entweder durch Kostenführerschaft oder durch Differenzierung erreicht. Die Reduzierung der Kosten erzielt ein Unternehmen durch die Fähigkeit, ein Produkt wirtschaftlicher zu gestalten, herzustellen und zu vertreiben als die Mitbewerber. Kostenfiihrer verkaufen in der Regel Standardprodukte. Die Differenzierung äußert sich, daß dem Kunden im Gegensatz zum Konkurrenten im gleichen Marktsegment durch Produktvariationen ein besonderer Nutzen angeboten wird. Diese Strategie setzt voraus, daß ein Unternehmen bei den Abnehmern der Branche eine einmalige Position besitzt und deshalb einen höheren Preis für sein Produkt, sein Auslieferungssystem oder für andere Faktoren verlangen kann.

Zur Verwirklichung und Sicherung von Wettbewerbsvorteilen müssen Unternehmen die Ressource

Wissen

als Wettbewerbsfaktor anerkennen

[ReKr96].

Dies

bedeutet,

daß

Wettbewerbsvorteile durch eine Ausrichtung der wesentlichen Unternehmensprozesse an der Know-how-Thematik

erzielt

werden.

Unternehmen

erreichen

und

behaupten

Spitzenleistungen durch den Aufbau und Einsatz von Know-how sowie die Schaffung von Know-how-Sprüngen im Sinne des Know-how-S-Kurven Konzeptes. Im Fokus der Vorstudie steht die Frage des „Warum?", also einerseits die Frage nach der Bedeutung von Know-how im Unternehmen und andererseits die Frage nach der Positionierung des organisatorischen Know-hows. Folgende Beispiele in Zeitungsannoncen spiegeln wider, daß in einigen Unternehmen

derzeit

eine

veränderte

Perspektive

vorherrscht,

indem

bereits

eine

Know-how-Architektur

98

Auseinandersetzung Werbeaktionen

mit

werden

der

Know-how-Thematik

Wettbewerbsvorteile

erfolgte.

durch eine

Im

Mittelpunkt

unternehmerische

der

Know-how-

Ausrichtung betont.

So

hebt

die

Unternehmensberatungsgesellschaft

ATPMG41

in

den

Vordergrund

der

Betrachtung, daß in einem weltweiten Netzwerk in über 150 Ländern das Wissen optimal eingesetzt wird, gemäß dem Leitsatz „We turn knowledge into value" 42 . Das Unternehmen Merill Lynch43 erwähnt in einer Anzeige, daß talentierte .Professionals" durch ihr Know-how und ihre Intelligenz in Form von Teamarbeit dem Kunden die besten Lösungen anbieten. Das unternehmerische Know-how setzt sich aus individuellen Fähigkeiten und der Zuwendung zum Kunden zusammen. Einen ähnlichen Wortlaut verwendet auch die Citybank4*, die durch das Know-how der Mitarbeiter für den Kunden individuelle Anlagestrategien entwickelt, wobei diese Professionalität einen Grund mehr für private Anleger bietet, das Know-how der weltweit größten Privatkundenbank zu nutzen.

Eine Zeitungsanzeige des Staates

Mississippi

(USA) 4 5 verdeutlicht die Wichtigkeit von

Know-how, welches in einzelnen geographischen Regionen angesiedelt ist. Zukünftig wird es auf das in einem Gebiet vorhandene Know-how-Potential an Arbeitnehmern ankommen, um Produkte von modernsten Schiffen bis hin zu komplexen

Telekommunikationssystemen

fertigen zu lassen. Eine hohe Konzentration an Know-how-Spezialisten in geographischen Regionen schafft die Voraussetzung für die Entwicklung von Know-how-Zentren, wie beispielsweise „Silicon Valley" oder die Region um Boston [Rüge85], Das Humankapital der Region Mississippi zum Aufbau eines Know-how-Zentrums stellt Abbildung „Know-how des Staates Mississippi" dar [Miss97]. Die Grafik visualisiert verschiedene Kategorien

an

regionalem Wissen von Arbeitnehmern wie hohe Motivation, Erfahrungswissen, qualifizierte Ausbildung, internationale Know-how-Netze und kulturelles Wissen. Diese Kriterien können analog auf andere Regionen mit umgebungsspezifischen Adaptionen übertragen werden.

41

KPMG ist eine weltweit operierende Internet-Adresse

lautet:

Gemeinschaft

von Wirtschaftsprüfungs-

http://www.kpmg.de

42

Annonce in der Süddeutschen Zeitung im Oktober 1997.

43

Anzeige in THE WALL STREET JOURNAL EUROPE Februar ¡996.

44

Annonce im Focus November 1997.

45

Annonce in der Süddeutschen Zeitung im Januar 1997.

und Beratungsfirmen.

Die

Know-how-A

99

rchitektur

Spezielle Fähigkeiten, die Ihr Unternehmen braucht, erwerben unsere Arbeitskräfte in besonderen bundesstaatlichen Ausbildungsprogrammen an der Universität

Fähigkeit, internationale Produktivitätsund Qualitätsstandards zu erreichen und zu übertreffen

Erfahrung und Know-how in modernen Fertigungsprozessen Reiches kulturelles Erbe - von William Faulkner bis zum Blues Hohe Motivation und absolute Zuverlässigkeit

i

r

Abbildung 17: Know-how des Staates Mississippi

Die Orientierung der Wettbewerbsposition eines Unternehmens an Know-how-intensiven Prozessen prägt den Prozeß der Vorstudie maßgeblich. Das Ziel der Vorstudie liegt darin, in einem relativ kurzen Zeitrahmen und unter Berücksichtigung eines möglichst geringen Ressourceneinsatzes [Hein96. Seite 242] Aussagen liefern zu können, ob der Ist-Zustand des Unternehmens verändert werden soll. Die Vorstudie wird durch den Charakter einer Grobstudie geprägt, welche auch als Durchführbarkeitsstudie oder

Machbarkeitsstudie

bezeichnet werden kann. Im Zusammenhang mit der Know-how-Thematik kann das Ziel der Vorstudie folgendermaßen formuliert werden:

Das Ziel der Vorstudie besteht in der Beantwortung der Frage, ob der bestehende Ist-Zustand

des Unternehmens

terändert

beantwortet wird, ob sich die angestrebte Sollkonzeption how-Unternehmens Darlegung,

Grundkonzeption

in der Implementierung

äußert. Dies bedeutet, die positive Beantwortung

welches

alternative

ausgewählt

Know-how-Engineer, eines Projektteams

Konzept

wird. Außerdem

angestrebt

werden

Es fällt

in den Aufgabenbereich

normative, strategische und operative Know-how-Ziele der Know-how-Thematik

im Unternehmen gewährleisten

„Ja"

eines Know-

dieser Frage führt soll,

bestimmt das Unternehmen

der das optimale Konzept verwirklicht, erhält.

derzeitige

werden soll, und wenn die Frage mit

also

zur

welche

eine Person, den

wobei er die

Unterstützung

des

Know-how-Engineers,

zu formulieren,

welche die Umsetzung

sollen.

100

Know-how-Architektur

Demnach verfolgt die Vorstudie bezüglich der Methodik sowohl einen istzustandsorientierten als auch sollzustandsorientierten Ansatz. Der erstgenannte Ansatz leitet sich von den derzeitigen Strukturen und Abläufen her. Es wird der Ist-Zustand des derzeitigen unternehmerischen Know-how-Potentials erfaßt und ein Soll-Konzept entworfen, welches mit dem Ist-Konzept verglichen wird. Demgegenüber bezeichnet der sollzustandsorientierte Ansatz eine Vorgehensweise, bei welcher das zukünftige Know-how-Potential entwickelt und dieses Soll-Konzept solange korrigiert wird, bis es als Idealkonzept anerkannt ist. Aus dem Ziel der Vorstudie, ein Grundverständnis für den Know-how-Ansatz zu vermitteln, lassen sich vier Aufgaben ableiten: (1) Definition der Rolle des Know-how-Engineers, (2) Entwurf der Grundkonzeption, (3) Definition von Know-how-Zielen, (4) Zusammenstellung eines Know-how-Projektteams.

5.3.2.

Der Know-how-Engineer

Die Durchführung der

Know-how-Architektur

verlangt

nach einer

Person,

welche

prozeßbegleitend die Implementierung eines Know-how-Unternehmens verwirklicht. Für diese wichtige Funktion wird die Bezeichnung Know-how-Engineer eingeführt. Die Hauptaufgabe des Know-how-Engineers ist es, im Rahmen der Know-how-Architektur die Know-how-Thematik zu gestalten. Der Terminus des Know-how-Engineers wird in Anlehnung an den in der Wirtschaftsinformatik verwendeten Ansatz des „Information Engineering" gewählt. Martin prägte Anfang der 70er Jahre im IBM System Research Institute in New York diesen Begriff und dokumentierte in drei Bänden ,.Introduction" [Mart89], „Planning & Analysis" [Mart90a] sowie „Design & Construction" [Mart90b] seine Erkenntnisse.

Finkelstein und Martin verstehen unter Information Engineering

„die

Anwendung von formalen Methoden für die Planung (planning), die Analyse (analysis), den Entwurf (design) und die Realisierung (construction) von Informationssystemen auf unternehmensweiter Basis oder in wesentlichen Unternehmensbereichen" [Hein99. Seite 320], Martin weist daraufhin, daß Information Engineering auch beschrieben werden kann als „an organization-wide set of automated disciplines for getting the right information to the right people at the right time" [Mart89. Seite 1]. Der Terminus des Information Engineering ist bei Martin an den Begriff des Software Engineering angelehnt. Sein Ansatz ist auf die

Know-how-Architektur

101

Anwendung von formalen Methoden fokussiert und konzentriert sich auf eine AufgabeTechnik-Sichtweise.

Die

Perspektive,

welche

die

qualitativen

und

künstlerischen

Eigenschaften des Menschen in den Vordergrund stellt, wird beim Information Engineering nicht berücksichtigt. Der Ansatz zeichnet sich durch das Fehlen der individualistischkognitiven Dimension der Know-how-Thematik aus.

Im Gegensatz zur Verwendung des Engineeringbegriffes für die Informationsinfrastruktur wird der Terminus im Kontext der Know-how-Architektur in dem Sinne angewendet, daß es eines Individuums bedarf, welches die Know-how-Thematik

im Unternehmen

durch

qualitative Methoden verankert. Der Know-how-Engineer bringt den kognitiven Ansatz in ein Unternehmen. Er kann als eine Person definiert werden, welche die Methode Mind-Mapping für die Planung, die Analyse, den Entwurf und die Realisierung der Know-how-Architektur auf unternehmensweiter Basis oder in wesentlichen Unternehmensbereichen anwendet. Die Aufgabe des Know-how-Engineers ist, mittels Mind-Mapping das richtige Know-how für die richtigen Personen zur richtigen Zeit zur Verfügung zu stellen. In Anlehnung an die von Heinrich aufgezählten Merkmale der Definition von „Information Engineering" [Hein99. Seite 320ff; HeHR96] lassen sich folgende

Charakteristika

eines

Know-how-Engineers

anführen: •

Der Know-how-Engineer wendet die Methode Mind-Mapping an.



Der Know-how-Engineer verwendet die Methode Mind-Mapping unternehmensweit zur Know-how-Kodifizierung, zum Know-how-Transfer und zur Know-how-Generierung.

• •

Die Anwendungsobjekte der Methode Mind-Mapping sind Know-how-Träger. Der Know-how-Engineer nutzt die Methode Mind-Mapping für die Planung, die Analyse, den Entwurf und die Realisierung von Know-how-Untemehmen.



Der Know-how-Engineer fuhrt die Know-how-Sichtweise im Unternehmen ein, d.h. er ist für eine kognitive Ausrichtung des Unternehmens verantwortlich. Er übernimmt die Aufgabe der Gestaltung, Lenkung, Entwicklung und Überwachung der Know-howTräger.

Während das konventionelle „Information Engineering" einen dv-getriebenen

Ansatz

darstellt, zeichnet sich nach Heinrich ein modernes .information Engineering" durch ein unternehmensorientiertes, geschäftsgetriebenes Vorgehen aus, welches einem Top-downAnsatz

folgt.

Der

Know-how-Engineer

schreitet

ausgehend

von

den

normativen

102

Know-how-Architektur

Unternehmenszielen

„von oben nach unten" fort, bis er ein

Know-how-Unternehmen

implementieren oder verbessern kann. Jedes Unternehmen hat seine eigene Kultur, seine Organisationsstrukturen und Systeme entwickelt, weshalb es schwierig erscheint, das eigene Unternehmen bezüglich der vorhandenen Know-how-Potentiale einzuschätzen. Aus diesem Grunde wäre es sinnvoll, daß der Know-how-Engineer als Externer ins Unternehmen geholt wird, damit eine kritische Fremdeinschätzung des derzeitigen und zukünftigen Know-hows erfolgen kann. Der Know-how-Engineer hat die Aufgabe:

(1) die qualitative Methode Mind-Mapping zu erklären und zu begründen, warum ein kreatives

und künstlerisches Vorgehen die Know-how-Prozesse

besser fördert

als

traditionelle quantitative Modelle. (2) die

Know-how-Philosophie

ins

Unternehmen

zu

tragen,

daß

die

zukünftigen

Erfolgspotentiale aus dem individuellen Wissen der Know-how-Träger wachsen und somit die Wettbewerbsposition verbessern. (3) ein

Projektteam

zusammenzustellen,

welches

den

Engineer

beim

Prozeß

der

Implementierung unterstützt.

Die Bildung der Funktion des Know-how-Engineers ist notwendige Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung der Know-how-Architektur. Der Know-how-Engineer stellt die zentrale Position für den Implementierungsprozeß eines Know-how-Unternehmens dar, denn er ist mit der Methode Mind-Mapping vertraut und übernimmt die Steuerung, Koordination und Überwachung der wichtigen Ressource Know-how. Laut Cronin/Davenport versuchen knowledge engineers „to map and trap in an expert system the know-how and information skills o f recognized experts" [CrDa91. Seite 21]. In Anlehnung an diese Definition erfüllt der Know-how-Engineer unternehmerischen

die

Funktion,

Know-how-Träger

das in

Know-how Form

von

und

die

Mind-Maps

Informationen festzuhalten,

der indem

assoziative Strukturen das radiale Denken der Experten widerspiegeln. Die externe Stellung des Know-how-Engineers muß als Chance für das Unternehmen genutzt werden, um neue Ideen zu generieren. Der Know-how-Engineer schließt die Lücke zwischen dem vom Unternehmen definierten Know-how-Potential und den tatsächlich vorhandenen Know-howKapazitäten, den Know-how-Trägern.

Know-how-Architektur 5.3.3.

103

Entwurf der Grundkonzeption

Abbildung 18: Arbeitsschritte im Prozeß der Vorstudie

Abbildung „Arbeitsschritte im Prozeß der Vorstudie" gibt einen Überblick über das detaillierte Vorgehen. Die Definition des Untersuchungsobjektes stellt den Input dar. Dies kann das gesamte Unternehmen oder einzelne Geschäftseinheiten umfassen. Der Output des Vorgehens resultiert in der Grundkonzeption, welche gleichzeitig die Voraussetzung für den Prozeß der Know-how-Identifikation ist.

104

Know-how-Architektur

5.3.3.1. Know-how-Engineer erläutert sein Vorgehen (1. Arbeitsschritt) Der Know-how-Engineer erfüllt seine Aufgabe, indem er den Führungskräften die Bedeutung der qualitativen Methode Mind-Mapping und sein weiteres Vorgehen erläutert. Femer muß er eine Einführung in die GoMiMa und ihre Gesetzmäßigkeiten geben. Der Know-how-Engineer muß den Führungskräften einen Zugang zum strahlenförmigen und assoziativen Denken bieten. In der Vorstudie findet insbesondere der Grundsatz der Individualität Anwendung, da die Führungskräfte lernen müssen, ihren eigenen Mind-Map-Stil zu finden.

5.3.3.2. Erstellung

der

Blitz-Mind-Maps

für

das

Ist-Know-how

(2. Arbeitsschritt) Jede Führungskraft erstellt entweder alleine oder gemeinsam mit anderen Führungskräften ein Mind-Map für das Ist-Know-how des Unternehmens. Zur Realisierung schlägt Buzan die Erstellung eines Blitz-Mind-Maps vor [BuBu97. Seite 156ff.]. Damit das im Gedächtnis kodierte Know-how und die Informationen in Form eines Mind-Maps visualisiert werden können, sollte ein Blitz-Mind-Map in einer Zeit von nicht länger als 20 Minuten erstellt werden. In relativ kurzer Zeit werden die wesentlichen Ideen zum Zentralgedanken assoziiert. Die Verwendung von Buntstiften und möglichst großen Papierbögen hilft das visuelle Gedächtnis anzuregen. Vom Mittelpunkt strahlt das Blitz-Mind-Map der Führungskräfte das Ist-Know-how spontan aus. Dieser Arbeitsschritt dient dazu, daß die Führungskräfte sich einen Überblick über ihre eigenen Gedanken und das Potential an unternehmerischem Knowhow schaffen.

5.3.3.3. Know-how-Engineer analysiert die Mind-Maps (3. Arbeitsschritt) Der Know-how-Engineer muß die ihm vorliegenden Blitz-Mind-Maps analysieren und interpretieren, um anschließend eine Diskussion über den Inhalt mit den Führungskräften zu beginnen. Im Rahmen des Knowledge Engineering versteht Hoppe in Anlehnung an Karbach unter dem Begriff der Wissensakquisition „ein aus Wissenserhebung, Wissensanalyse bzw. -interpretation (...) bestehender Prozeß" [Hopp91. Seite 24], Der Prozeß der Vorstudie zeichnet sich durch die Erfassung, Analyse bzw. Interpretation der Ist-Situation

des

unternehmerischen Know-hows durch den Know-how-Engineer aus. Mittels Mind-Mapping

Know-how-Architektur

105

werden die assoziativen Strukturen der Führungskräfte erhoben, wobei der Know-howEngineer sich einen Überblick Uber die dargelegten Know-how-Strukturen machen muß. In den Aufgabenbereich des Know-how-Engineers

fällt die Übertragung der mit

Hand

gezeichneten Mind-Maps der Führungskräfte in eine maschinell lesbare Form, d.h. die individuellen Kunstwerke werden mittels einer Software einem System zur Verfügung gestellt. Im Prozeß der Vorstudie nutzen die beteiligten Führungskräfte die Papierform als Hilfsmittel

für die Beschreibung

ihrer

Gedanken,

während

der

Know-how-Engineer

vorhandene Werkzeuge einsetzt, um die Mind-Maps in elektronischer Form festzuhalten. Natürlich ist es den Führungskräften freigestellt, sofort ihre Gedanken in elektronischer Form zu äußern. Der Know-how-Engineer kann die Software „MindMan" 4 6 einsetzen. Das Ziel ist es, einfache, aber dennoch anspruchsvolle und innovative Software zur Unterstützung der Kreativität und Produktivität zu entwickeln, um das geistige Potential jedes Einzelnen zu erweitern. MindMan stellt ein grafisches Werkzeug dar, welches die Erstellung von MindMaps unterstützt, indem die Technik Mind-Mapping mit moderner Technologie kombiniert wird. Diese Produktivitäts- und Kreativitätssoftware 47 wird auch von Buzan empfohlen. Jetter betont fünf Vorteile der Software MindMan:

(1) Einfache

Bedienung.

Die Benutzeroberfläche ist durch die bewußte Anlehnung an

Windows95 und Office97 allen Standard-Office-Anwendungen bekannt. (2) Unmittelbare

Kommunikation

der Ideen.

Durch das Werkzeug MindMan kann das

Arbeitsergebnis sofort präsentiert werden, um das eigene Gedankenschema für andere leichter zugänglich zu machen. (3) Vertiefen der Entwürfe.

Durch die Verwendung von Farben, Codes und Bildern wird die

Kreativität gesteigert und neue Assoziationen werden hervorgerufen. (4) Einbindung

neuer

Technologien.

MindMan ermöglicht

auch die Präsentation

der

Arbeitsergebnisse im Internet bzw. Intranet. Somit können entworfene Lösungswege und Gedankenstrukturen außerhalb und innerhalb des Unternehmens kommuniziert werden. (5) Perfekte

Ergänzung

zu

Office-Programmen.

MindMan

kann

in

vorhandene

Standardprodukte eingefügt werden. Es stellt eine Ergänzung zu bestehenden OfficeProgrammen wie Word oder Excel dar.

46

Die Software MindMan wird von der Firma VISUALIZINGIDEAS, wurde, vertrieben. Die Internet-Adresse

47

von MindMan lautet:

Vgl. MindMan Newsletter vom 4. November 1997.

welche 1994 von Michael Jetter http://www.mindman.com

gegründet

Know-ho

106

w-A

rchitektur

Der Know-how-Engineer nutzt die Vorteile des Werkzeugs MindMan, um die von den Führungskräften

erarbeiteten

Mind-Maps

grafisch

aufzubereiten.

Der

Vorteil

der

unmittelbaren Kommunikation der Ideen hilft dem Engineer, alle Blitz-Mind-Maps schnell präsentationsreif zu machen.

5.3.3.4. Definition der Ist-Situation (4. Arbeitsschritt) Der vierte Arbeitsschritt umfaßt die Überarbeitung und Revision der Blitz-Mind-Maps. Für Buzan ist dieser Schritt vom Faktor Zeit geprägt [BuBu97. Seite 156ff.]. Das illustrierte Wissen muß überdacht und überarbeitet werden. In diesem Stadium kommen primär die GoMiMa 48 und ihre Gesetzmäßigkeiten 49 zum Tragen.

Grundsätzlich findet im vierten Arbeitsschritt die Vollständigkeit des Ist-Zustands seinen Abschluß und leitet die Führungskräfte zum Soll-Zustand hin. Es kann die Situation eintreten, daß Schlüsselbegriffe mehrmals verwendet wurden was zur Folge hat, daß bei der ersten Überarbeitung

gleiche

Gedankenstrukturen

zu

einem

gemeinsamen

Assoziationsast

zusammengefügt werden. In Beziehung stehende Gedanken müssen verbunden werden, denn durch die Dimensionierung der Gedankenstrukturen wird das unternehmerische Know-how wiederholt reflektiert. Zur Unterstützung des Transformationsprozesses muß das eigene Know-how kodifiziert werden, wobei die Möglichkeit der Substitution von Worten durch Bildern eine wichtige Rolle spielt. Erscheint eine Dimension des eigenen besonders

relevant,

empfiehlt

es

sich,

ein

getrenntes

Mind-Map,

Know-hows welches

das

Handlungswissen zum Ausdruck bringt, zu erstellen.

Mind-Map „Derzeitiges unternehmerisches Know-how" legt auf abstrakter Ebene die wesentlichen

Fähigkeiten

eines

Unternehmens

beispielhaft

dar.

Es

werden

vier

unternehmerische Kompetenzen kommuniziert: Know-how 1, Know-how2, Know-how3 und Know-how4.

Das vorliegende Mind-Map macht die Ist-Situation

transparent.

4S

Vgl. Ausfuhrungen

in Kapitel

5.2.3.2.

Vgl. Ausführungen

in Kapitel

5.2.3.3.

des

Unternehmens

107

Know-how-Architektur K n o w - h o w l steht in enger V e r b i n d u n g z u m K n o w - h o w - T r ä g e r l , der derzeit f ü r die Erstellung des K n o w - h o w 2 verantwortlich ist.

Legende: 1, 2, 3,,..n N u m e r i e r u n g des unternehmerischen K n o w - h o w s bzw. der Know-how-Träger

Mind-Map 4: Derzeitiges unternehmerisches Know-how

Mind-Map

„Derzeitiges

unternehmerisches

Know-how"

zeigt,

daß

ein

direkter

Zusammenhang zwischen dem Know-how-Trägerl und dem Know-howl besteht. Außerdem wird dem Know-how3 eine geringere Priorität zugewiesen als dem Know-howl. Das derzeitige unternehmerische Know-how beinhaltet eine Bestandsaufnahme der kritischen Fähigkeiten, welche eine sorgfältige Identifikation und Evaluation verlangen. Der vierte Arbeitsschritt ist eine notwendige Voraussetzung für die Positionierung des zukünftigen unternehmerischen Know-hows, indem Stärken und Schwächen diskutiert werden. Der Schwerpunkt konzentriert sich auf eine veränderte Perspektive, indem der Fokus verstärkt auf dem Humankapital des Unternehmens und nicht primär auf dem Informationsmanagement liegt. Für Davenport [Dave94] kann eine Informationsarchitektur nicht das menschliche Verhalten erfassen, da eine technologische Ausrichtung eines Unternehmens den Sachverhalt unbeachtet läßt, daß die Mitarbeiter die vorhandenen Informationen interpretieren. Davenport bezeichnet seinen Ansatz des Informationsmanagements „human-centered", welchem die Annahme zugrunde liegt, daß Informationen sich ständig verändern, komplex und nicht kontrollierbar sind. Dies bedeutet, Informationen zeichnen sich durch eine holistische Sichtweise aus. Informations-Landkarten

gelten als Lösungsansatz, um die relevanten

Informationen zu beschreiben und im Unternehmen zu lokalisieren, denn „executives only recently realized the need for information maps" [Dave94. Seite 129]. Im Kontext des Know-

¡08

Know-how-Architektur

how-Ansatzes bilden die Informations-Landkarten eine Grundlage für die Feststellung, welche Personen die wichtigsten Informationen besitzen, um diese anschließend ins Knowhow zu transformieren. Das Mind-Map bezüglich des derzeitigen unternehmerischen Knowhows liefert die Informationsgrundlage für Interpretationen sowie eine Positionierung der zukünftigen Know-how-Träger.

5.3.3.5. Abstimmung der Know-how-Situation (5. Arbeitsschritt) Die zentrale Aufgabe besteht in der Definition des Terminus Know-how für das zu untersuchende Unternehmen. Es kann nicht von der Annahme ausgegangen werden, daß in einem Unternehmen einerseits in der Vergangenheit eine Diskussion bezüglich der eigenen Know-how-Vorteile stattgefunden hat, andererseits aber ein einheitliches Verständnis über den Begriff besteht. Der Prozeß der Vorstudie zeichnet sich durch die grundlegende Schwierigkeit aus, daß keine gemeinsame Kommunikation über die Bedeutung von Knowhow vorzufinden ist. Eine Bestimmung des eigenen Wissenspotentials fordert zunächst eine Verständigung über die drei Termini Daten, Information und Know-how sowie deren terminologische Abgrenzung. Wie in Kapitel 3 „Theoretische Grundlagen der Know-howThematik" bereits zum Ausdruck kam, unterliegt der Begriff Know-how einer großen Mannigfaltigkeit.

Prahalad/Hamel [PrHa90] prägten den Ansatz der Kernkompetenzen („core competence") und orientieren sich primär an technologischen Fähigkeiten. Folgende Merkmale charakterisieren Kernko mpetenzen: •

Kernkompetenzen bieten dem Unternehmen einen Zugang zu einer großen Zahl von Märkten.



Kernkompetenzen

leisten

einen

bedeutenden

Beitrag

zur

Befriedigung

von

Kundenwünschen. •

Kernkompetenzen sollen für die Konkurrenz schwer imitierbar sein.



Kernkompetenzen bleiben im Zeitablauf bestehen, denn „core competence does not diminish with use" [PrHa90. Seite 82],

Prahalad/Hamel vergleichen ein Unternehmen mit einem großen Baum. Die Wurzeln symbolisieren die Kernkompetenzen, welche die Wettbewerbsfähigkeit bewirken. Aufbauend

Know-how-Architektur

109

auf diesen sogenannten technologischen Fähigkeiten entwickeln sich Kernprodukte, welche den Stamm verkörpern. Die Äste und die Blätter des Baums sind die Endprodukte in den einzelnen Geschäftsfeldern. Die kritische Aufgabe für das Management lautet, Produkte zu entwerfen, die der Kunde unbedingt braucht, jedoch hat dieser noch keine Vorstellung über die

ihm

angebotenen

Kernkompetenzen Kernkompetenz

Funktionen

führt dazu, darstellen,

aus

daß

artikuliert. alle

dem

Eine

Produkte

Anwendung und

Unternehmen

Prozesse,

ausgelagert

des

Konzeptes

der

welche

nicht

eine

werden

[HoSH95].

Unternehmen, die sich an Kernkompetenzen orientieren, wenden sich von der traditionellen strategischen Markt- und Produktsichtweise ab und konzentrieren sich auf die Frage, welche Fähigkeiten und Möglichkeiten vorhanden sind, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Als Beispiel kann der japanische Sony-Konzern angeführt werden. Durch die Fähigkeit der Miniaturisierung

(z.B.

CD-Spieler,

Camcorder)

wurden

in

zahlreichen

Märkten

der

Unterhaltungselektronik Wettbewerbsvorteile geschaffen. Eine stetige Investition in diese Kernkompetenz führte zur Ausweitung des Geschäftserfolgs [StSc97. Seite 216ff.].

Wettbewerbsvorteile Innovation,

resultieren

laut

Higgins

[Higg96]

aus

der

Kernkompetenz

der

indem neue Produktentwicklungen zur Differenzierungsstrategie führen. Es

wurden insgesamt 49 Kriterien, die innovative Unternehmen besitzen, aufgestellt. Diese bilden die Basis für den von Higgins entwickelten sogenannten „Innovation Quotient Inventory (IQI)" Test. Mit Hilfe dieses Verfahrens wird in einem Unternehmen eine Inventur des vorhandenen Innovationspotentials durchgeführt, indem für alle 49 Kriterien

das

Marktergebnis bestimmt wird. Der IQI besteht aus vier Fragebögen, welche die vier wesentlichen

Innovationstypen

repräsentieren:

Produkte,

Prozesse,

Marketing

und

Management. Für jede Kategorie wird die Innovationsfähigkeit anhand der 49 Kriterien bewertet und ermittelt. Der IQI dient als Instrument, damit Unternehmen ihre Kernkompetenz erreichen, denn „the IQI can help companies perform their self-assessment" [Higg96. Seite 32], indem Unternehmen diejenigen Merkmale aufweisen, die innovative Unternehmen mit einem hohen Innovationsquotienten besitzen. Nur so wird die einzige Kernkompetenz, nämlich Innovation, erzielt.

Die Annahme, daß Wettbewerbsvorteile durch technologische Fähigkeiten erreicht werden, spiegelt sich auch in der Definition von Bohn [Bohn94] wider. Technologisches Wissen wird definiert als die Erkenntnis über die Effekte, welche die Inputvariablen (X) auf die Outputvariablen (Y) ausüben. Die Beschreibung dieses funktionalen Zusammenhangs wird in

Know-how-Architektur

lio

analytischer Darstellung durch die Funktionsgleichung x: Y=f(x) abgebildet. Das Ziel der Manager liegt darin, die Rohmaterialien und Umwelteinflüsse zu manipulieren, damit der Output bestmöglich ausfällt, d.h. je besser technologisches Wissen gemessen werden kann, desto effektiver können Unternehmensprozesse gesteuert werden. Bohn identifiziert acht Wissensstufen, die von völliger Unwissenheit („complete ignorance") über die Stufe der Messung von technologischem Wissen („measure") bis hin zu einem umfangreichen Wissensstadium („complete knowledge") reichen. Es gilt der Sachverhalt, daß eine höhere Wissensstufe einen größeren Formalisierungsgrad aufweist, während sich untere Stufen durch einen

kreativen

Charakter

auszeichnen.

Die

Stufe sechs

umfaßt

das

Wissen

über

Prozeßeigenschaften („process characterization"), welches mit dem Begriff Know-how gleichgesetzt wird. Ein Unternehmen kennt die Auswirkungen der Variablen auf den Output, falls kleine Änderungen vorgenommen werden. Das Stadium sechs zeichnet sich durch die Durchführung von kontrollierten Experimenten aus, welche die Effekte von unterschiedlichen Variablen bestimmen soll. Das Ziel, Wissen zu messen, muß durch Prinzipien für den richtigen Umgang mit der Ressource des technologischen Wissens ergänzt werden. Im Rahmen des Technologie-Transfers gewinnt der Faktor der Akzeptanz im Unternehmen an Bedeutung, [GiCo96],

indem die Mitarbeiter technologische Veränderungen bevor

sie

diese

als Routinetätigkeiten

anerkennen.

akzeptieren Der

müssen

Wissensfluß

im

Unternehmen wird bei technologisch bedingten Veränderungen leichter funktionieren, wenn sich die wesentlichen Unternehmensaufgaben auf eine gemeinsame Grundeinstellung über neue Lernprozesse stützen.

Der Terminus der Kernkompetenzen, worunter Long/Vickers-Koch [LoVi95] spezielles Wissen, Fertigkeiten und technologisches Know-how subsumieren, ist für sie zu eng gefaßt. Im Mittelpunkt

ihrer Betrachtung steht die Kombination

der Kemkompetenzen

mit

strategischen Prozessen („Strategie processes"), welche die Wissensverteilung in Form von Produkten oder Dienstleistungen an die Kunden bewirken. Es entstehen Kern-Fähigkeiten („core

capabilities"),

wobei

sogenannte

Grund-Fähigkeiten

(„treshhold

capabilities")

gewährleisten, daß ein Unternehmen in einer Branche seine Tätigkeit ausführen kann. Long/Vickers-Koch

argumentieren, daß die Trennung zwischen Kernkompetenzen und

Kernfähigkeiten aus dem Grund notwendig ist, da jeder Faktor andere Entscheidungen und Handlungen verursacht. Die erste Kategorie konzentriert sich auf eine

Entscheidung

technologischer und personeller Art, während die zweite Kategorie eine Entscheidungen bezüglich der Prozeßveränderung und -Umstrukturierung verlangt. Die prozeßorientierte Sicht

Know-how-Architektur

III

fordert ein Überdenken der unternehmerischen Abläufe, um dem Kunden den größtmöglichen Nutzen zu erweisen.

Beide Ansätze - sowohl die Kernkompetenzen als auch die Kernfähigkeiten - zeichnen sich durch eine technologische Sichtweise aus und vernachlässigen den individualistischen und qualitativen Charakter des Terminus Know-how. Die Vorstudie soll Transparenz schaffen, einerseits welches unternehmerische Know-how derzeit verfugbar ist und andererseits welche zukünftigen Entwicklungen geplant sind. Die Identifikation von Know-how-Beständen, also die Erhebung des Status-Quo des Unternehmens, verfolgt die Zielsetzung, einen Ansatzpunkt für die Stärkung und den Ausbau des Know-how-Potentials zu bilden. Der Nutzen der Knowhow-Transparenz

führt

zur

Identifikation

von

bestehenden

Know-how-Lücken.

Das

geschaffene Bewußtsein legt die Grundlage für die Initiierung des Know-how-Paradigmas und somit zur Einführung einer Sichtweise, die sich am Wissenspotential der Know-howTräger ausrichtet.

5.3.3.6. Erstellung der Blitz-Mind-Maps

für das Soll-Know-how

unter

Berücksichtigung der Know-how-Träger (6. Arbeitsschritt) Das Ziel des vorigen Schrittes lag darin, die Know-how-Thematik in das Unternehmen zu bringen. In diesem Kontext gilt es eine Strategie zu verfolgen, welche eine Ausrichtung des Unternehmens auf den Aufbau sowie Ausbau sowohl der individualistischen als auch epistemologischen Dimension von Know-how gewährleistet. Die Führungskräfte wählen die Ausdrucksform eines Blitz-Mind-Maps, welches die Soll-Konzeption widerspiegelt. Der Schwerpunkt liegt auf der Perspektive, daß sich die Erfolgspotentiale aus den individuellen Fähigkeiten der Mitarbeiter ableiten. Eine Intransparenz über das Expertenwissen der Mitarbeiter bietet nicht die Möglichkeit, die kreativen Fähigkeiten zu erweitern. Die grafische Anschaulichkeit des Soll-Mind-Maps illustriert den Bestand an Know-how-Trägern und erhöht die Transparenz im Unternehmen. Das Soll-Mind-Map betont auf optische Art, welche Personen für die Herstellung von Know-how-intensiven Produkten bzw. Dienstleistungen verantwortlich

sind.

Der

rasch

erworbene

Überblick

über

Wissensbestände ermöglicht eine gezielte Förderung der Experten.

die

individualistischen

112

Know-how-Architektur 5.3.3.7.

Know-how-Engineer analysiert die Mind-Maps (7. Arbeitsschritt)

Es gilt dasselbe Vorgehen wie in Arbeitsschritt 3 (vgl. Ausführungen in Kapitel 5.3.3.3.)

5.3.3.8. Definition der Soll-Situation (8. Arbeitsschritt) Das erwartete Ergebnis stellt ein überarbeitetes Mind-Map dar, welches das zukünftige unternehmerische Know-how unter Einbeziehung der Know-how-Träger unterbreitet (vgl. Mind-Map „Zukünftiges unternehmerisches Know-how").

Legende: 1, 2, 3, ...n Numerierung des unternehmerischen Know-hows bzw. der Know-how-Trägei Mind-Map 5: Zukünftiges unternehmerisches Know-how Die Aussagekraft des Mind-Maps

„Zukünftiges

unternehmerisches Know-how" hat sich im

Gegensatz zu Mind-Map „Derzeitiges unternehmerisches Know-how" wesentlich erhöht, da eine Transparenz sowohl bezüglich des unternehmerischen Know-hows als auch der Knowhow-Träger geschaffen wurde. Dem Know-how-Paradigma wurde in der Hinsicht Rechnung getragen, daß eine Orientierung an den individuellen Kompetenzen der Experten vorzufinden ist. Die Diskussion der Know-how-Thematik hat zur Auslösung eines Lernprozesses geführt, da unternehmerisches Know-how nur aus dem Potential der vorhandenen Know-how-Träger geschöpft werden kann.

Know-how-Architektur

113

5.3.3.9. Erstellung des Know-how-Portfolios (9. Arbeitsschritt) Die

Hauptaufgabe

des

Know-how-Portfolios

ist,

der

Unternehmensleitung

ein

Visualisierungs- und Kommunikationsinstrument zur Verfügung zu stellen, welches die Entscheidung, wie die Stellung bezüglich der Ressource Know-how einzuordnen

ist,

unterstützt. Grundsätzlich spannt ein Portfolio [Krei93; Dill95] in Form einer Matrix einen zweidimensionalen

Beurteilungsraum

Portfolioelemente

eingezeichnet.

Strategieentwicklung

auf. In das

Die

Portfoliofeld werden

Methode

der

und -formulierung. Historisch

die

Portfolioanalyse

betrachtet

einzelnen dient

wurde das

der

traditionelle

Portfolio von der Boston Consulting Group entwickelt. Als Beurteilungskriterien werden das Marktwachstum

und

der

relative

Marktanteil

verwendet.

Auf

die

amerikanische

Beratungsfirma McKinsey ist die neun Felder Matrix zurückzuführen, welche durch die Faktoren der Marktattraktivität und der relativen Wettbewerbsvorteile einer strategischen Geschäftseinheit bestimmt wird. Pfeiffer prägte den Ansatz der Technologieportfoliomatrix [Bull94; Möhr94],

welche

nach

den

Kriterien

der

Technologieattraktivität

und

der

Ressourcenstärke dimensioniert ist. Diese Ansätze bilden den theoretischen Rahmen für die Entwicklung eines Know-how-Portfolios

[RoFi98a. Seite 481 f.] Das Know-how-Portfolio

wird durch zwei Beurteilungskriterien determiniert: (1) Derzeitige

relative

Know-how-Position

(Ist-Situation),

d.h. die eigenen Stärken und

Fähigkeiten im Unternehmen gemessen in Relation zu den Konkurrenten werden gemäß dem Mind-Map „Derzeitiges unternehmerisches Know-how" analysiert. Die Bezeichnung „relativ" berücksichtigt den Vergleich der eigenen Position zum Mitbewerber. (2) Zukünftige

Know-how-Attraktivität

(Soll-Situation),

d.h. die Bedeutung des zukünftigen

unternehmerischen Know-hows - abgeleitet aus dem Mind-Map betreffend der erwarteten Entwicklung des Know-hows - wird unter der Berücksichtigung der Know-how-Thematik positioniert.

Die Feststellung dieser Kriterien bildet die Voraussetzung für die Erstellung eines Knowhow-Portfolios, indem in das Portfoliofeld das unternehmerische Know-how und die Knowhow-Träger eingetragen werden. Die Abstimmung der Rangordnung der Achsen mit der qualitativen Ausprägung des Mind-Maps wird durch die Verwendung der Größenordnung

„niedrig-mittel-hoch"

gewährleistet.

Die Skalierung

sowohl

qualitativen auf

der

vertikalen als auch auf der horizontalen Achse erfolgt nominal mit den drei qualitativen Dimensionen. Die Matrix wird durch horizontale und vertikale Linien

in 3x3-Felder

symmetrisch aufgeteilt. Für jede Positionierung des Know-hows in einem Feld findet eine

114

Know-how-Architektur

Zuordnung von strategischen Optionen, sogenannten Normstrategien,

statt. Die strategische

Stoßrichtung stellt keine verbindliche Verhaltensregel dar, sondern ist als heuristisches Prinzip zu verstehen. Im Know-how-Portfolio lassen sich vier Normstrategien formulieren: (1) Know-how-Abbau.

Strategien für diese Kategorie werden formuliert, wenn die derzeitige

und zukünftige Know-how-Position niedrig ist. In der Regel empfiehlt sich ein Vorgehen, das einen Rückzug aus diesem Feld bewirkt, damit die finanziellen, personellen und materiellen Ressourcen freigesetzt werden, um das zukünftige Know-how-Potential der Experten zu fördern. (2) Derzeitige/Zukünftige

Know-how-Analyse.

Eine Positionierung des unternehmerischen

Know-hows bzw. der Know-how-Träger, dessen derzeitige oder zukünftige Bewertung im Mittelfeld einzuordnen ist, erfordert eine erneute detaillierte Analyse mittels MindMapping. Die zweckmäßigste Strategie besteht einerseits darin, die Investitionen zu minimieren

und

einen

stufenweisen

Rückzug

vorzubereiten

oder

andererseits

Investitionen in den Ausbau von Know-how-Trägern zu tätigen. (3) Selektive

Know-how-Strategien

werden

für Know-how-Potentiale,

welche

auf

der

Diagonalen der Portfolio-Matrix eingeordnet werden, ausgearbeitet; es können drei Arten von selektiven Strategien unterschieden werden. Eine Offensivstrategie

kann für Know-

how-Potentiale formuliert werden, welche derzeit eine niedrige und zukünftig eine hohe Positionierung aufweisen, da Aktivitäten in die Förderung von Know-how-Trägern gesetzt werden müssen. Die Identifikation von zukünftigem Know-how liefert einen Überblick über das

Umfeld und

ermöglicht,

daß Synergien

erzielt

werden,

Kooperationen

geschlossen sowie interne als auch externe Ressourcen effizienter eingesetzt werden können. Defensivstrategien

resultieren für Einordnungen mit einer derzeitigen hohen und

zukünftigen niedrigen Know-how-Kapazität. In dieser Position muß das Unternehmen versuchen, seine Gesamtposition zu halten, denn dieses unternehmerische Know-how dient für die Finanzierung des zukünftigen Know-how-Ausbaus, da es wenige finanzielle Ressourcen

benötigt

Übergangsstrategie,

[Hint96. ergibt

sich

Seite für

163ff.]. eine

Die

mittlere

dritte

selektive

Position,

indem

Strategie, zukünftige

Wachstumsbereiche identifiziert werden. (4) Know-how-Ausbau Wissenspotential

und Know-how-Weiterentwicklung. des

Unternehmens

mit

seinen

Diese Normstrategie zeigt das Know-how-Trägern.

Es

gilt

die

Investitionen in diesem Bereich zu maximieren mit dem Ziel, die Know-how-Führerschaft anzustreben. Dieser Bereich muß insbesondere in den folgenden vier Prozessen der Know-how-Architektur durch die Methode Mind-Mapping überprüft und verfeinert

Know-how-Architektur

115

werden. Im Kontext der Know-how-Thematik definiert Ruggels die Wirkung

von

Wissensmethoden als Techniken „which enhance and enable knowledge generation, codification, and transfer" [Rugg97. Seite 3]. In diesem Sinne muß das Ziel von MindMapping definiert werden als eine Methode, welche •

die Know-how-Generierung,



die Know-how-Kodifizierung und



den Know-how-Transfer

bewirkt und unterstützt. Die Normstrategien müssen analysiert werden, u m strategische Empfehlungen für weitere Prozesse der Know-how-Architektur zu geben. Die Abbildung „Know-how-Portfolio" ordnet dem 9-Felderschema die Normstrategien zu.

Know-how-Ausbau Know-howAusbau

Selektion

Zukünftige Know-how-Analyse

Know-howAbbau

niedrig

Derzeitiges

Know-howWeiterentwicklung

Know-howAusbau

Selektion

Derzeitige Know-how-Analyse

Selektion

mittel

hoch

unternehmerisches

Know-how

Abbildung 19: Know-how-Portfolio

Abbildung „Beispiel Know-how-Portfolio" stellt exemplarisch eine Matrix basierend auf d e m Mind-Map „Derzeitiges unternehmerisches K n o w - h o w " und dem M i n d - M a p „Zukünftiges unternehmerisches K n o w - h o w " vor.

Know-ho w-A rchitektur

116

Derzeitiges unternehmerisches Know-how Legende: ^ ^ (

Know-how-Träger

^ uniemehmerisches Know-how

Abbildung 20: Beispiel Know-how-Portfolio

Aus den Mind-Maps wird eine qualitative Positionierung einerseits des derzeitigen und zukünftigen unternehmerischen Know-hows, andererseits der derzeitigen und zukünftigen Know-how-Träger abgebildet. Der Durchmesser der Kreise wurde gemäß der Bedeutung des Know-hows bzw. der Know-how-Träger gewählt. Abbildung ,.Beispiel Know-how-Portfolio" spiegelt die Einordnung wieder. Know-how-Trägerl

wurde in Mind-Map

„Derzeitiges

unternehmerisches Know-how" eine mittlere Position zugeschrieben und in Mind-Map „Zukünftiges unternehmerisches Know-how" mit einer sehr hohen Bedeutung evaluiert, d.h. es kann die strategische Stoßrichtung des Know-how-Ausbaus abgeleitet werden. Dem unternehmerischen Know-how 1 wird sowohl derzeit als auch zukünftig eine hervorragende Wettbewerbsposition zugeschrieben, woraus eine Position im Bereich der Normstrategie bezüglich des Know-how-Ausbaus und der Know-how-Weiterentwicklung erfolgt. Die analoge Vorgehensweise bewirkt eine strategische Stoßrichtung für Know-how2 im Bereich der Defensivstrategie. Sowohl für Know-how3 als auch für Know-how-Träger3 resultiert eine Positionierung im Bereich der Übergangsstrategien. Im Bereich der Normstrategie Knowhow-Abbau wird Know-how4 eingeordnet.

Know-how-A

rchitektur

117

Die Einordnung der Ist- und Soll-Know-how-Potentiale in ein Know-how-Portfolio stellt den Output des Prozesses der Vorstudie dar. Diese Positionierung liefert die Voraussetzung einerseits für die Ableitung von Know-how-Zielen und andererseits für die Identifikation der Know-how-Träger im zweiten Prozeß der Know-how-Architektur.

5.3.4.

Definition der Know-how-Ziele

Basierend auf dem Know-how-Portfolio besteht die dritte Aufgabe der Vorstudie darin, Know-how-Ziele zu definieren. Die Definition von Zielen für die Know-how-Architektur bewirkt

die

Konkretisierung

der

Know-how-Thematik

für

das

Unternehmen.

Für

Probst/Raub/Romhardt geben Wissensziele „den Aktivitäten des Wissensmanagements eine Richtung. Sie legen fest, auf welchen Ebenen welche Fähigkeiten aufgebaut werden sollen" [PrRR97. Seite 55], wobei zwischen normativen, strategischen und operativen Wissenszielen differenziert wird.

5.3.4.1. Normative Know-how-Ziele In diesem Kontext legen normative Know-how-Ziele die Grundlage für die Bereitschaft eines Unternehmens mit der Beschäftigung der Know-how-Thematik, mit der Analyse des unternehmerischen Know-hows und mit der Feststellung der Know-how-Träger. Im Kern geht es darum, eine Unternehmenskultur zu schaffen, die eine Orientierung an der Herstellung von Know-how-intensiven Produkten bzw. Dienstleistungen bewirkt. Damit normative Wissensziele überzeugend

im Unternehmen

kommuniziert

werden können, stellt

ihre

Definition eine Aufgabe der Führungsebene dar. Der Umfang des unternehmerischen Knowhow-Potentials hängt davon ab, ob das „tacit" Wissen der Mitarbeiter generiert werden kann. Mittels Mind-Mapping wird dieser kritische Faktor transparent gemacht. Es bedarf der Schaffung einer neuen Unternehmenskultur, die durch ein proaktives Vorgehen das intuitive Handeln der Know-how-Träger motiviert, denn „knowledge and skills can never Substitute for the motivation only an effective organizational culture can provide" [MaPS97. Seite 247]. Dies hat zur Konsequenz, daß strategische und operative Know-how-Ziele nur dann erfolgreich umgesetzt werden können, wenn das Top-Management die Voraussetzungen auf

Know-how-A

118

rchitektur

normativer Ebene schafft. In Anlehnung an Probst et al. lassen sich normative Know-howZiele folgendermaßen beschreiben: •

Sie schaffen die Voraussetzung für die Ableitung von strategischen und operativen Knowhow-Zielen,



sie richten sich auf eine Know-how-bewußte Unternehmenskultur,



sie erfordern den Einsatz und die Überzeugung des Top-Managements,



sie definieren Mind-Mapping als Methode zur Know-how-Analyse.

Die Definition von normativen Know-how-Zielen manifestiert sich in der Formulierung eines Leitbildes, welches

die Funktion erfüllt, Aussagen

über das

handlungsbestimmende

Wertesystem des Unternehmens zu machen. Das Instrument des Know-how-Leitbildes legt für die Know-how-Träger die im Unternehmen geltenden Normen, Werte und Ideale bezüglich Wissen fest. Die grundlegende Einstellung lautet, daß Intuition und Kreativität das Know-how-Unternehmen prägen, indem die künstlerische Intelligenz der Mitarbeiter durch Mind-Mapping befürwortet wird.

Ein Beispiel für die Formulierung von normativen Know-how-Zielen stellt die Firma SIEMENS dar, welche die Vision der Implementierung eines wissensbasierten Unternehmens verfolgt [Siem96]. Ein wissensbasiertes Unternehmen wird durch dynamische Netze gebildet. Die Netzknoten bestehen aus dezentralisierten Problemlosem, welche Mitarbeiter, Teams, Abteilungen oder externe Partner sein können. Diese Problemloser verfügen über die relevanten Informationen und das benötigte Wissen. Das Netz wird mit dem Ziel aufgebaut, Problemlösungen mit optimalem Wirkungsgrad zu generieren und anbieten zu können. Die Gesamtheit der vernetzen Knoten wird als „Corporate Memory" bezeichnet, d.h. es enthält das gesamte aktuelle Wissen des Unternehmens und sein Problemlösungspotential. Die „Corporate

Intelligence"

setzt

sich

aus

der

Fähigkeit

zur

Realisierung

optimaler

Kommunikationsstrukturen im Unternehmen zusammen. Der Nutzen für die Mitarbeiter ergibt sich aus der Förderung einer neuen Untemehmenskultur, bei der alle Prozeßbeteiligten in Teams arbeiten und ungeachtet der Organigramme miteinander vernetzt sind. Ein wissensbasiertes Unternehmen nutzt die vernetzten Strukturen, um Kommunikationsprozesse mit dem Ziel der Verteilung und Generierung von Wissen zum Zweck der Problemlösung ablaufen zu lassen. Die Vision des wissensbasierten Unternehmens manifestiert sich in der

Know-how-Architektur

119

Bildung einer SIEMENS-Identität und eines -Leitbildes [Siem97], welche die Mitarbeiter der Firma SIEMENS unter Mitarbeit von Reichwald der TU München entwickelt haben. Die Identität drückt sich durch das gemeinsame Denken und Handeln der Mitarbeiter aus und wird durch die Werte bestimmt, welche das Verhalten im Unternehmen ausrichten. Die Mitarbeiter der Firma SIEMENS haben sieben Werteprofile erarbeitet, die in einem Leitbild festgehalten sind. Das SIEMENS-Leitbild

orientiert

sich an folgenden

Komponenten

[Siem97. Seite 9]: •

Der Kunde bestimmt unser Handeln.



Unsere Innovationen gestalten die Zukunft.



Erfolgreich wirtschaften heißt: Wir gewinnen durch Gewinn.



Spitzenleistungen erreichen wir durch exzellente Führung.



Durch Lernen werden wir immer besser.



Unsere Zusammenarbeit kennt keine Grenzen.



Wir tragen gesellschaftliche Verantwortung.

Nur wenn die Führungskräfte mit den Mitarbeitern über den Inhalt des Leitbildes diskutieren, kann eine Umsetzung im täglichen Verhalten vollzogen werden und das Leitbild muß von den Führungskräften vorgelebt werden. Der Zentralvorstand hat ein „Identity Strategy Board", bestehend aus Mitgliedern des Vorstandes, aus Bereichsvorständen, Landessprechern und Vertretern der Zentralabteilungen eingesetzt. Dieses Board hat zum Ziel, die Umsetzung des Leitbildes voranzutreiben und den Zentralvorstand bei Maßnahmen zu unterstützen. Das Grundgerüst des wissensbasierten Unternehmens bilden Teams. Diese haben die Aufgabe, aus dem kulturellen und technischen Reichtum einen

immerwährenden Wissensstrom zu

generieren.

5.3.4.2. Strategische Know-how-Ziele Die Analyse des bestehenden Know-how-Portfolios bildet die Grundlage für die Ableitung von

zukünftigen

Normstrategien

Know-how-Trägern

bewirkt,

daß

und

Unternehmen

Betätigungsfeldern. ihre

Die

Know-how-Träger

Zuordnung als

zu

strategischen

Erfolgsfaktor betrachten, denn „zum eigentlichen strategischen Erfolgsfaktor wird (...) der Mensch oder (...) seine Intuition, Kreativität und Originalität" [BoZi96. Seite 294]. Daraus

Know-ho w-A rchitektur

120

resultiert die strategische Konsequenz,

daß es im Kern um den

Aufbau und

die

Weiterentwicklung von Know-how-Potentialen geht, denn strategische Know-how-Ziele •

definieren die zukünftigen Know-how-Träger und ihre Bedeutung für die Know-howArchitektur,

• •

liefern somit eine inhaltliche Bestimmung des organisationalen Know-hows, erlauben eine strategische Orientierung von Organisationsstrukturen an der Know-howThematik und



Das

definieren die Implementierung/Verbesserung eines Know-how-Unternehmens.

„International

Benchmarking

Clearinghouse",

eine

Servicestelle

des

„American

Productivity & Quality Center", hat mehrere Fallstudien zum Thema Wissensmanagement durchgeführt [APQC96]. Eine der Untersuchungen bezog sich auf den Computerhersteller „Sequent". Die strategischen Geschäftseinheiten sind aufgefordert, Programme auszuarbeiten, die das Wissen festhalten und gleichzeitig eine Wiederverwendung ermöglichen. Die strategische Ausrichtung ist auf die Bildung von Wissen sowie den Wissenstransfer fokussiert. Die erste Strategie setzt sich mit der Entscheidungsfindung auseinander, und zwar im Speziellen mit der Analyse, aufgrund welcher Faktoren Entscheidungen getroffen werden und welche Informationen vorhanden waren bzw. welche fehlten. Die zweite Strategie orientiert

sich

an

dem

Wissenstransfer.

Diese

Strategie

konnte

nur

aufgrund

der

Unternehmenskultur von „Sequent" erfolgreich durchgeführt werden, indem Teamfähigkeit und Kundenorientierung wichtige Einflußgrößen umfaßten. Interne Vorteile der Einführung eines Wissensmanagements beziehen sich sowohl auf ein verstärktes Wissenspotential in Projektgruppen und Verkaufsabteilungen als auch auf ein verbessertes Verständnis der Kundenwünsche. Externe Vorteile resultieren aus einer zunehmenden Kundenzufriedenheit und einem qualitativ verbesserten Lösungsangebot der Kundenwünsche. Eine elektronische Bibliothek

dokumentiert

die

Entscheidungsvorgänge

und

steht

anschließend

allen

Mitarbeitern zur Entwicklung von neuem Wissen zur Verfügung. Das Resultat einer wissensbasierten Verständnis

Strategie bei „Sequent" äußert sich in einem besseren

der

unternehmerischen

Vorgänge,

der

Marktposition

holistischen und

der

Kundenzufriedenheit. Generell gilt für strategische Know-how-Ziele, daß sie entweder eine Ergänzungsfunktion

zu

Zielformulierung bestehen.

bestehenden

Strategien

aufweisen

oder

als

eigenständige

Know-how-Architektur

121

5.3.4.3. Operative Know-how-Ziele Operative Know-how-Ziele sollen der Gefahr vorbeugen, daß normative und strategische Ziele bezüglich der Basisressource Know-how auf operativer Ebene vernachlässigt werden. Es ergibt sich der Sachverhalt, daß operative Know-how-Ziele •

die Umsetzung der Know-how-Thematik auf operativer Ebene sichern und



normative und strategische Know-how-Ziele in konkrete, operationalisierbare Teilziele übersetzen.

Probst et al. unterteilen den Prozeß der operativen Zielformulierung in drei Phasen [PrRR97. Seite 86f.]. Zuerst müssen die strategischen zugeordnet

und

Zeitbezüge

auf

Know-how-Ziele

operationaler

Ebene

einzelnen

hergestellt

Zielgruppen

werden.

Bei

der

Zielrealisierung können unterschiedliche Zeithorizonte auftreten. Die zweite Phase umfaßt die Abstimmung der operativen Know-how-Ziele mit bereits vorhandenen Zielebenen. Es stellt sich die Frage nach Zielprioritäten und wie operative Know-how-Ziele mit allgemeinen operativen Zielen abgestimmt werden. Schließlich steht im Mittelpunkt der dritten Phase die Aufteilung der operativen Ziele auf einzelne Abteilungen, Projekte oder Know-how-Träger. Im Idealfall können für jeden Know-how-Träger individuelle Know-how-Ziele für einen bestimmten

Zeitraum

definiert

werden.

Die

kreativen

Mitarbeiter

leisten

auf

Gesamtunternehmensebene einen Beitrag zur Erfüllung strategischer Know-how-Ziele.

Im Falle der Firma SIEMENS wurde ein neues Konzept entwickelt, welches das Wissen und die Fähigkeiten der Mitarbeiter stärker in die Gestaltungsprozesse einbezieht. Die Umsetzung dieses Gedankens wird als TOP-Bewegung bezeichnet und steht für „time optimized processes" [Siem94], TOP bedeutet eine neue Form der Zusammenarbeit, denn jeder Mitarbeiter hat den Freiraum, seine Kenntnisse einzubringen. Es wurde somit eine neue Organisationsstruktur geschaffen. Das TOP-Programm besteht aus vier Elementen: der Verbesserung der Produktivität, der Beschleunigung von Innovationen, der Förderung des Wachstums und der Weiterentwicklung der Unternehmenskultur. Das Ziel von TOP ist eine größere Kundenzufriedenheit durch motiviertere und kreativere Mitarbeiter zu erreichen. Die aktualisierte Fassung Geschäftswertbeitrags

50

von 50

Der Geschäftswertbeitrag

TOP

TOP + und

heißt

[Siem98],

TOP

+

orientiert

Maßnahmen

ist die Differenz aus Geschäftsergebnis

Geschäftseinheit eingesetzte

Vermögen.

sind

sich zum

am

Maßstab

Beispiel

und Kapitalkosten

die

des klare

auf das von einer

Know-how-Architektur

122

Ausrichtung am Kundennutzen, innovatives Handeln und der Vergleich mit den jeweils Besten der Branche (Best Practice Sharing).

5.3.5.

Know-how-Projektteam Shared productive

knowledge will be the dominant

source of the 21st-century

with consequences

we cannot now even

(Jessica Lipnack and Jeffrey

economics imagine." Stamps)

Die vierte Aufgabe der Vorstudie besteht in der Zusammenstellung eines Projektteams. Die von

Heinrich

definierten

einzelnen

Planungsobjekte

und

Projekt-Teilplanungen

für

Informatik-Projekte [Hein97. Seite 32ff.] gelten auch im Zusammenhang der Vorstudie der Know-how-Architektur. Abbildung ,,Planungsobjekte und Projekt-Teilplanungen" gibt einen Überblick über die einzelnen Aufgaben der Projektplanung [Hein96. Seite 277].

Projektorganisation / Organisationsplanung

Planungsobjekte / Projekt-Teilplanungen

Projektgruppe / Personalplanung Projektziele / Zielplanung Projektaufgaben / Aufgabenplanung Projektzeiten / Zeitplanung Projektaufgaben-Träger / Personaleinsatzplanung Zwischen- und Endtermine / Terminplanung Methoden und Werkzeuge / Sachmittelplanung Sach- und Personal kosten / Kostenplanung Notfallmaßnahmen / Notfallplanung Sonstige Planungsobjekte

Abbildung 21: Planungsobjekte- und Projekt-Teilplanungen (Überblick)

Eine sehr hohe Bedeutung nimmt allerdings die Zusammenstellung

der Projektgruppe

im

Rahmen der Personalplanung durch den Know-how-Engineer ein, der gleichzeitig die

Know-how-Architektur

123

Funktion des Projektleiters übernimmt. Das Vorgehen des Know-how-Engineers bedarf der Unterstützung einer internen unternehmerischen Know-how-Gruppe, die mit ihm gemeinsam die

vorhandenen

Gesetzmäßigkeiten

Know-how-Träger

identifiziert

und

ihn

durch

die

internen

navigiert. Die Auswahl und die Anzahl der Mitarbeiter für die

Projektdurchfiihrung ist maßgeblich für das Gelingen der Implementierung des Know-howUnternehmens verantwortlich. Ein Projektteam kann als temporäre Arbeitsgruppe mit begrenzter Weisungsbefugnis zur Lösung zeitlich begrenzter Aufgaben definiert werden [Stae94. Seite 730],

Die

Umsetzung

des

Know-how-Managements

erfordert

eine

Neugestaltung

der

Arbeitsabläufe. Diese müssen von der herkömmlichen funktionalen Organisationsform weg, hin zu prozeßorientierten Arbeitsstrukturen gelangen, in denen funktionsübergreifende Teams die Verantwortung für die Identifikation der Know-how-Träger und deren Vernetzung steuern. Die Kommunikationsarbeit des Know-how-Projektteams besteht einerseits darin, die Informationen über die Methode Mind-Mapping im Unternehmen verfügbar zu machen, andererseits im Schaffen eines Klimas, in dem die Mitarbeiter bereit sind, die Know-howThematik nachzuvollziehen. Um die Aktivitäten in den Arbeitsabläufen bezüglich der Ressource Know-how zu vollziehen, bedarf es des Dialogs zwischen dem Know-howProjektteam, den Führungskräften und den Mitarbeitern, um so die Bereitschaft zur Kreativität zu schaffen.

Der Know-how-Engineer muß ein Projektteam zusammenstellen, das eine klare Vision von seinem gemeinsamen Ziel - der Implementierung des Know-how-Unternehmens - hat und sich über die einzelnen Arbeitsschritte einig ist. Das Know-how-Projektteam ist dadurch gekennzeichnet, daß einzelne Teammitglieder, die aus verschiedenen Organisations- und Funktionsbereichen mit einem jeweils anderen Erfahrungsstand kommen, zusammenarbeiten. Diese flexible und temporäre Gruppe erledigt die Aufgabe, die Know-how-Träger in den Mittelpunkt des unternehmerischen Geschehens zu rücken. Den Know-how-Trägern muß die Chance eingeräumt werden, ihr individuelles Leistungspotential zur Entfaltung zu bringen. Dazu bedarf es der detaillierten Analyse der Know-how-Träger im „Prozeß der Know-howIdentifikation".

Know-how-Architektur

124

5.4. Prozeß der Know-how-Identifikation „The only irreplaceable capital an organization

possesses

is the knowledge and ability of its people. The productivity of that capital depends on how effectively people share their competence with those who can use it " (Andrew

5.4.1.

Carnegie)

Ziel und Aufgabe des Prozesses der Know-how-Identifikation

Im Prozeß der Vorstudie hatte die Unternehmensführung im Rahmen des Know-howPortfolios die wesentlichen Know-how-Träger definiert. Von Seiten der Führungskräfte besteht der Wunsch, das Ziel der Implementierung eines Know-how-Unternehmens zu realisieren, wobei alle Know-how-Träger zu erfassen sind. Dies gelingt aber nur, wenn den Know-how-Trägern Ursache und Bedeutung der Know-how-Thematik erklärt werden. Die kreativen Mitarbeiter werden sich nur mit Engagement dem Know-how-Engineer öffnen, wenn

ein

internes

Klima

geschaffen

wird,

welches

die

Motivation

für

den

Veränderungsprozeß fördert. Es muß gelingen, eine Atmosphäre für Kreativität und Individualität zu bilden, die eine innovative Kommunikation bewirkt. Der wichtigste Aspekt des Know-how-Managements liegt darin, daß das Individuum in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückt. Nur wenn der Know-how-Engineer zusammen mit dem Projektteam ein Bewußtsein schaffen kann, welches als wichtigste Ressource den einzelnen Menschen betrachtet, wird die Herausforderung eines Know-how-Unternehmens verwirklicht. Vor diesem

Hintergrund

kann

das

Ziel

des

Prozesses

der

Know-how-Identifikation

folgendermaßen erläutert werden:

Basierend auf den Erkenntnissen Know-how-Träger

darlegt,

der Grundkonzeption,

Unternehmen relevanten Know-how-Träger how der kreativen

Mitarbeiter.

knowledge"

dieser Know-how-Träger.

Fähigkeiten

der Know-how-Träger, verbunden

die Gesamtheit

wichtigsten

der für

und analysiert mittels Mind-Mapping

Das Ziel des Prozesses

einerseits die Erfassung aller Know-how-Träger

Flexibilität

welche im Portfolio die

erfaßt der Know-how-Engineer

das

das Know-

der Know-how-Identifikation

ist

und andererseits das Festhalten des „tacit

Der Einsatz des Hilfsmittels Mind-Mapping welche mit Vorstellungskraft,

sind. Im Prozeß der Know-how-Identifikation

nutzt alle

Ideenassoziationen manifestiert

und

sich der

vollständige kreative Denkprozeß der Mitarbeiter. Mit anderen Worten, das Ziel der Know-

125

Know-how-Architektur how-Identifikation

ist das implizite Wissen der Mitarbeiter für die Entwicklung von neuem

Know-how explizit zu machen, d.h. es erfolgt eine Überführung der impliziten Gedanken in den expliziten Zustand.

Bezüglich der Methodik liegt ein istzustandsorientierter Ansatz vor, um die Sollzustandsorientierung zu ergänzen. Der Know-how-Engineer zieht die Ergebnisse der Vorstudie als Grundlage für weitere Analysen heran und erfaßt möglichst detailliert die Know-howStrukturen des Unternehmens, welche die Voraussetzung für den Prozeß der Adaption bilden. Das Ist- und Soll-Mind-Map der Führungskräfte formt die Grundlage für die vollständige Offenlegung des individuellen Wissens der Mitarbeiter. Beim Erheben der neuen Mind-Maps ist darauf zu achten, daß nicht nur der gegenwärtige Stand ermittelt, sondern auch die zukünftige Entwicklung miteinbezogen wird.

Aus dem formulierten Ziel lassen sich vier Aufgaben ableiten: (1) Identifikation der Know-how-Träger. Die Experten stellen die Schlüsselressource im Unternehmen dar. (2) Identifikation des Know-hows der Know-how-Träger. Das Expertenwissen soll durch die Kreativitätstechnik Mind-Mapping sichtbar gemacht werden, um anderen Know-howTrägern zur Entwicklung von neuem Wissen zur Verfügung zu stehen. (3) Analyse der Mind-Maps

durch den Know-how-Engineer

zusammen

mit

seinem

Projektteam. Das Ergebnis ist die Einschätzung der unternehmerischen Stärken und Schwächen. Die kritische Fremdeinschätzung des Know-how-Engineers muß sich nicht mit der von den oberen Führungskräften erarbeiteten Ist- und Soll-Mind-Maps decken. Ein Stärken- und Schwächen-Mind-Map illustriert beispielsweise, daß die Kreativität der Know-how-Träger nicht ausreichend gefordert wird, die Vision sowie das Leitbild des Unternehmens nicht allen Mitarbeitern bekannt ist oder aber, daß die Forschungs- und Entwicklungsabteilung ihre Fähigkeiten hervorragend in Know-how-intensive Produkte umsetzt. (4) Anpassen

der

Grundkonzeption:

Es

liegen

im

Rahmen

des

notwendigen

Detaillierungsgrades alle Mind-Maps der Know-how-Träger betreffend ihres impliziten Wissens vor. Im Portfolio werden zusätzlich ermittelte Know-how-Träger positioniert. Die Bestandsaufnahme der Fähigkeiten leistet einen Beitrag, um die Know-how-Ziele des Unternehmens zu erreichen. Das obere Management wird gefordert, das Know-howPortfolio neu zu bewerten und veränderte Prioritäten zu setzen.

Know-how-Architektur

126

Die Abbildung „Grober Arbeitsablauf im Prozeß der Know-how-Identifikation" stellt in Anlehnung an Heinrich [Hein96. Seite 333] die grobe Vorgehensweise im Prozeß der Knowhow-Identifikation dar.

Abbildung 22: Grober Arbeitsablauf im Prozeß der Know-how-Identifikation

Bei der Erfassung des Know-hows der einzelnen Know-how-Träger können zusätzliche noch nicht dem Know-how-Engineer bekannte Know-how-Träger eruiert werden. Beispielsweise bezeichnet ein kreativer Mitarbeiter als sein individuelles Know-how den Ideenaustausch mit einem Arbeitskollegen für die Grundlage seiner Know-how-Generierung. Da der neu identifizierte Know-how-Träger noch nicht analysiert wurde, obliegt es der Aufgabe des Know-how-Engineers, seine speziellen Kenntnisse durch das Anwenden der Methode MindMapping festzuhalten.

Der Prozeß der Know-how-Identifikation weist folgende Charakteristika •

auf:

Die vollständige Erfassung der Know-how-Träger ist Voraussetzung für die Identifikation des Know-hows der Know-how-Träger. Wenn die Unternehmensführung dem Knowhow-Engineer nicht im Rahmen der Vorstudie die wichtigsten kreativen Mitarbeiter bekannt gibt, besteht für ihn kaum eine Möglichkeit, ein Know-how-Unternehmen zu implementieren oder zu verbessern. Bei der Ist-Aufnahme

werden gezielt alle kreativen

Mitarbeiter erhoben, die für den Erfolg und den Fortbestand des Unternehmens notwendig

Know-how-Architektur

127

sind. Dadurch wird es möglich, die Schwachstelle der unbekannten Experten, die in der Vorstudie nicht erkannt wurden, zu untersuchen. •

Die Identifikation der Know-how-Träger ist auf den Zweck

gerichtet, mittels Mind-

Mapping die Fähigkeiten der Mitarbeiter festzuhalten und zu analysieren. Bei der IstAnalyse

wird das derzeitige Erfahrungswissen der Know-how-Träger auf qualitativem

Wege aufgedeckt. •

Die Identifikation der Know-how-Träger und die Erfassung des „tacit knowledge" stellen einen sich gegenseitig bedingenden Prozeß der Ist-Aufnahme und der Ist-Analyse dar.



Den Input bilden die positionierten Know-how-Träger im Portfolio, wobei im weiteren Verlauf der Identifizierung und Analyse sowohl die Vollständigkeit Detaillierungsgrad

als auch der

zunimmt.

Im Fokus des Prozesses der Know-how-Identifikation steht der Vorgang der Differenzierung zwischen

Informations-

Notwendigkeit zukünftig

nur

Informationen

der

dann in

und

Know-how-Trägern.

Entwicklung

von „competitive

wettbewerbsfähig

Intelligenz

bleiben,

umzuwandeln.

Der

Kahaner

[Kaha96]

intelligence". wenn von

sie

den

Kahaner

spricht

Unternehmen Prozeß

von

der

werden

beherrschen,

verwendete

Terminus

„intelligence" ist synonym mit dem Begriff Know-how zu verstehen, denn „intelligence (...) is a collection of Information pieces that have been filtered, distilled, and analyzed. (...) Intelligence, not information, is what managers need to make decisions. Another term for intelligence is knowledge" [Kaha96. Seite 21], Obwohl viele Führungskräfte mit den Ressourcen Information und Know-how beschäftigt sind, besteht selten eine Bereitschaft, sich systematisch mit den wissensintensiven Quellen des Unternehmens auseinanderzusetzen. Der Grund beruht auf der kritischen Einstellung gegenüber Know-how. Der Einwand liegt im Argument begründet, daß „competitive intelligence" für das Unternehmen eine Kostenstelle und kein Profit Center darstellt, da der Besitz von intellektuellem Kapital nicht quantifiziert werden kann. Die Effekte weisen einen indirekten Charakter auf und es wird der Aspekt vernachlässigt, daß die Voraussetzung für das Erlangen von Wettbewerbsvorteilen gegenüber Konkurrenten durch menschliche Intelligenz gewährleistet wird. Im Zusammenhang mit „competitive intelligence" muß die Argumentationskette umgedreht werden. Die Frage lautet, wieviel finanzielle Verluste hat ein Unternehmen aufgrund der Tatsache eingebüßt, daß es keine Transparenz über das intellektuelle Potential der Know-how-Träger gibt. Zum besseren Verständnis der Bedeutung von intellektuellen Fähigkeiten schlägt Kahaner das Konzept des „intelligence cycle" vor. Der Zyklus besteht aus den Schritten der Planung („planning"), der

Know-how-Architektur

128

Sammlung („collection"), der Analyse („analysis") sowie der Verteilung („dissemination") und ist in Abbildung „Intelligence Cycle nach Kahaner" abgebildet [Kaha96. Seite 44],

Abbildung 23: Intelligence Cycle nach Kahaner

Kahaner betont insbesondere den Prozeßcharakter seines Ansatzes. Ein Unternehmen muß erkennen, daß Wettbewerbsvorteile durch den Besitz von „intelligence" nur in dem Falle erzielt werden, wenn alle unternehmerischen Aktivitäten auf den Prozeß der Verteilung der intellektuellen Kompetenzen ausgerichtet sind. Die Grundgedanken und einzelnen Schritte des Intelligenzzyklus können auf den Prozeß der Know-how-Identifikation übertragen werden.

Der Schritt der Planung umfaßt die Feststellung, an welchen Stellen im Unternehmen die Know-how-Träger zu finden sind. Der Know-how-Engineer ermittelt zusammen mit seinem Projektteam die kritischen Erfolgsfaktoren, die Know-how-Träger. Die Methode

des

Interviews wirkt unterstützend, um mehr über die internen Strukturen der intelligenten Mitarbeiter in Erfahrung zu bringen. Die beste Art mit den kreativen Mitarbeitern zu kommunizieren, ist die Form des direkten Interviews durch den Know-how-Engineer, denn „the best way to learn about managers' needs is by direct, interactive interviews. Some people suggest two interviewers, one to ask questions and the other to take notes" [Kaha96. Seite 51]. Ein

wesentlicher

Aspekt

der

Anfangsphase

beruht

in

der

Informationspflicht

der

Projektteams, die Know-how-Träger über den geplanten Zeitrahmen und die notwendigen Ressourcen in Kenntnis zu setzen. Der Know-how-Engineer muß einen Schwerpunkt auf die Kommunikation der in der Vorstudie erarbeiteten Know-how-Ziele legen, denn bisher sind nur die oberen Führungskräfte über die einzelnen Prozesse der Know-how-Architektur

Know-how-Architektur

129

informiert. Die Grundvoraussetzung für die optimale Projektdurchfiihrung basiert auf dem transparenten Aufbereiten der Informationen bezüglich der Know-how-Architektur und dem gezielten Verteilen an alle Projektbeteiligten.

Der Schritt der Kollektion how-Träger

mittels

beschreibt den Prozeß, das implizit vorhandene Wissen der Know-

Mind-Mapping

für

das

Unternehmen

explizit

festzuhalten.

Zusammenhang mit der Abbildung „Transformationsprozeß des Know-hows"

51

Im

müssen die

Informationen in „intelligence" transformiert werden mit der Intention, einerseits anderen Know-how-Trägern diese Fähigkeiten zur Verfugung zu stellen und andererseits aus dem vorhandenen Know-how-Potential neues Wissen zu akquirieren. Der Erkenntnisstand des Know-how-Engineers wird durch die Sammlung zusätzlicher Informationen über die Knowhow-Träger erweitert. Es bietet sich die Untersuchung von unternehmerischen Primär- und Sekundärquellen an [Kaha96. Seite 53ff.]. Die erste Kategorie bezieht sich auf Informationen, welche nicht verändert wurden und aus ursprünglichen Quellen stammen; diese können Firmenberichte, Finanzberichte, Vorträge, Radio- und Fernsehinterviews sein. Die zweite Informationsform konzentriert sich auf die Recherche von Sekundärinformationen und umfassen Aussagen, die Journalisten oder Wirtschaftsforscher geäußert haben. Als Beispiele lassen sich Zeitungen, Magazine oder Bücher anführen, die Fakten über das Unternehmen und ihre Mitarbeiter interpretieren. Für den Prozeß der Know-how-Identifikation bedeutet dieser Vorgang,

daß der Know-how-Engineer den Ist-Zustand des Know-how-Potentials

der

kreativen Mitarbeiter in Form von Mind-Maps dokumentiert hat. Die Ist-Zustandserfassung des vorhandenen Know-how-Kapitals ist auf den Zweck der Ist-Zustandsanalyse ausgerichtet.

Der dritte Schritt im Konzept von Kahaner setzt sich mit der Analyse auseinander. Der Zweck der Ist-Zustandsanalyse liegt darin, „die Informationen über den Istzustand zu erarbeiten, die zur Überprüfung des in der Grundkonzeption beschriebenen Sollkonzepts geeignet sind" [Hein96. Seite 346], Übertragen auf den Kontext der Know-how-Thematik, soll durch Interviews mit den Mitarbeitern und durch die Auswertung der Mind-Maps ein Zugriff auf das interne Expertenwissen ermöglicht werden. Das Resultat der gezielten

Know-how-

Identifikation führt zu einer besseren Orientierung über Defizite bezüglich der individuellen Mitarbeiterfähigkeiten. Die Erarbeitung eines Stärken- und Schwächenkatalogs in Form eines

" Vgl. Ausfuhrungen

in Kapitel

3.3.3.

Know-ho w-A rchitektur

130

Mind-Maps stellt die kreative Denkkunst der Know-how-Träger dar. Dieser bildet die Grundlage für die Überarbeitung und Revision der Mind-Maps.

Die Kenntnisse über Know-how-Träger und ihr Können dürfen für das Unternehmen nicht verloren gehen, sondern müssen für andere Mitarbeiter zugänglich gemacht werden. Hier setzt der Schritt der „dissemination"

ein. Das Konzept des „intelligence cycle's " von Kahaner

liefert einen Überblick über die grobe Vorgehensweise

im Prozeß der

Know-how-

Identifikation und hebt den essentiellen Kern der Relevanz der Know-how-Träger hervor, indem „people have the skill to take information and turn it into usable intelligence" [Kaha96. Seite 280],

5.4.2.

Know-how-Träger „All the people out there give the Impression that business intelligence is nothing more than collection data. It's unfortunate, because the real value added comes with the intervention of the humans. " (Liam Faheyj

5.4.2.1. Bedeutung der Know-how-Träger Das Know-how-Paradigma zeichnet sich durch eine Verschiebung der Machtverhältnisse aus, indem die Mitarbeiter mit ihrem Know-how-Potential eine zentrale Position im Unternehmen einnehmen. Diese Konstellation führt dazu, daß die Know-how-Träger an Macht gewinnen, da sie im Gegensatz zum Bedarf an Geldkapital die knappe Schlüsselressource Know-how besitzen und somit der Erfolg vom Können der Experten

abhängt. Sie stellen die

immateriellen Vermögenswerte eines Unternehmens dar und müssen daher weiterentwickelt werden. Schließlich sind das Wissen und die Fähigkeiten der Experten das Fundament des Erfolgs. Zum Nutzen der Kunden muß das innovative Potential der Know-how-Träger gefördert werden. Im Wettbewerb wird die interne Nutzung und Kommunikation von kreativem Wissen dem Unternehmen Vorteile verschaffen.

Es liegt in der Aufgabe des Unternehmens, Rahmenbedingungen für ein Klima des Lernens zu schaffen, damit die Know-how-Träger schöpferisch arbeiten können. Es ist von essentieller

Know-how-Architektur

131

Bedeutung, daß der Prozeß des Lernens im Menschen passiert, d.h. es handelt sich um individuelle Entwicklungsprozesse. Einzelpersonen dürfen das angeeignete Wissen nicht nur für sich separat akkumulieren, sondern müssen durch Kommunikation mit anderen Knowhow-Trägern

ihre

Erkenntnisse

Unternehmensstrukturen

weitergeben.

Es

müssen

neue

geschaffen werden, damit ein Know-how-Fluß

kommunikative zwischen

den

Individuen aufgebaut werden kann. Das gelernte Wissen darf nicht nur im Besitz von einigen Know-how-Trägern verweilen, sondern muß zum Aufbau von neuem Know-how kundgetan werden. Für Satteiberger [Satt96. Seite 43ff.] ergibt sich eine neue und zentrale Aufgabe für die Personalentwicklung, nämlich Kommunikationsbrücken („human bridges") zwischen den einzelnen agierenden Funktionen im Unternehmen zu schaffen, denn nur ein offenes Kommunikationsklima ermöglicht die Entfaltung neuer Ideen. Die Generierung von neuem Know-how kann nur gewährleistet werden, wenn Kommunikationsprozesse institutionalisiert werden sowie der Know-how-Transfer sichergestellt bzw. wahrscheinlich gemacht wird. Im Zuge des Prozesses der Know-how-Identifikation muß der Know-how-Engineer

eine

Atmosphäre schaffen, welche den einzelnen Mitarbeiter ermutigt, sein geistiges Potential zur Entfaltung zu bringen und selbständig die Initiative des Lernens zu ergreifen. Unternehmen müssen sich als ,.Lernende Systeme" [NeDG95; DiNe98] verstehen, welche darauf fokussiert sind, eine Unternehmenskultur zu vertreten, welche die Aneignung und den Transfer von neuem Wissen fördert [WiLe95].

Nicht nur der Einzelne, sondern auch Organisationen, Institutionen und die Gesellschaft sind gefordert, das Lernen zu lernen [ChRe95; CoSp95; MoEd96]. Dies bedeutet, daß sich das Individuum auf ein lebenslanges Lernen 52 einrichten und diese Weiterentwicklung als seine Investition für die Zukunft sehen muß [Gray97; MaRe97. Seite 7], Nicht jedes Unternehmen, das einen großen Trainingsaufwand betreibt, ist deshalb eine Lernende Organisation. Der Kern liegt nicht in der Schulung der Mitarbeiter, sondern vielmehr in der Selbstentwicklung von Individuum und Organisation [PeBB91 ; PeBB96. Seite 60],

Die Anschauung des rationalistischen Weltbildes von Descartes 53 wurde im Kontext der Know-how-Thematik durch eine prozeßorientierte Sichtweise substituiert. In diesem Sinne

52

Das Europäische

Parlament

lebensbegleitenden 51

Vgl. Ausführungen

und der

Rat der

Lernens" erklärt [Öste96;

in Kapitel 3.3.3.3.

Europäischen

Enqu96].

Union hatten

1996

zum „Jahr

des

132

Know-how-A rchitektur

wurde der Sachverhalt betont, daß die Erweiterung und Entstehung von neuem Wissen sich dann vollzieht, wenn eine Interaktion zwischen Know-how und Information über den Prozeß des Lernens entsteht. Ein mechanistisches Weltbild, geprägt durch starre Strukturen, schafft keinen Freiraum für die persönliche Entfaltung der Know-how-Träger. Der Grund liegt darin, daß das Einhalten von Anweisungen über den Dienstweg und die Verrichtung von gleichförmigen Leistungen nicht dem Charakter eines kreativen Mitarbeiters entsprechen. Die Zerlegung von komplexen Aufgaben in möglichst kleine Arbeitsvorgänge, welche von verschiedenen Arbeitern erfüllt werden können, entspricht dem Ansatz von Taylor [Stae94. Seite 22ff.]. Diese Arbeitsorganisation ermöglicht eine hohe Automation, wobei durch den Einsatz von Informationstechnologien eine effiziente Mensch-Maschine-Kommunikation stattfindet. Die mechanistische Organisation löst sich zugunsten einer Auffassung auf, welche die Kommunikation zwischen den einzelnen Know-how-Trägern unterstützt. Lutz schildert die Veränderung der Perspektiven folgendermaßen: „Das Grundelement

der Einweg-

information, der unilateralen Beziehungen, wird abgelöst durch jenes des Dialogs, der Kommunikation. (...) Die Koordination durch Anweisung von oben wird abgelöst durch Selbstorganisation" [Lutz96. Seite 103], Die Know-how-Träger übernehmen komplexe Aufgaben,

welche

Intuition,

Kreativität, Erfahrungswissen

und

Assoziationsvermögen

verlangen. Lernen beinhaltet für Lessing [Less96. Seite 263ff ] die Kombination aus drei Elementen:

Information, Motivation und Qualifikation. Aus der Schnittmenge

Ressourcen definieren sich das Wachstum und der Erfolg eines Unternehmens. Lernprozeß

wird

durch

einen

Analysevorgang

initiiert,

in

dem

dieser Der

bestehende

Marktinformationen zusammengetragen werden. Basierend auf der persönlichen Motivation setzt der Mitarbeiter seine Qualifikationen ein, um kundenorientierte Produkte zu erstellen. Die Grundlage für einen Lernvorgang bilden die Faktoren Information und Motivation, aber nur

die

Kombination

der

drei

Ressourcen

bewirkt

ein

individuelles

und

somit

unternehmerisches Lernen.

Der Ansatz, daß Wissen aus dem Prozeß des Lernens resultiert, findet sich auch im Konzept der Lernenden Organisation von Senge [Seng90; SKRR94] wieder. Die These von Senge lautet, daß sich eine Lernende Organisation durch die Verbindung von fünf Disziplinen auszeichnet. Der Begriff Disziplin wird als ein Entwicklungspfad für die Aneignung von Kompetenzen und Fähigkeiten definiert, wobei sich dieser Vorgang unter der Annahme eines „lebenslangen Lernens" vollzieht. Im folgenden werden die von Senge vorgeschlagenen Disziplinen vorgestellt:

Know-how-Architektur

133

(1) Die Entwicklung einer persönlichen Meisterschaft („Personal Mastery") [Seng90. Seite 139ff.]. Diese Disziplin orientiert sich an der Anforderung von Mitarbeitern, ständig zu lernen. Ein Unternehmen muß Aktivitäten setzen, damit ein Klima geschaffen wird, in dem jeder einzelne seine Arbeit als ein „Kunstwerk" betrachten kann. Senge geht von der Annahme aus, daß Organisationen durch Individuen lernen, d.h. der Fokus ist auf die Kraft der individuellen Personen gerichtet, denn ohne ihre Fertigkeiten kann kein Lernen auf Organisationsebene stattfinden. Die Entwicklung einer „personal mastery" ist kein einmaliger Schritt, sondern ein Prozeß, der ständig wiederholt und adaptiert werden muß. Es ist eine lebenslange Disziplin, d.h. die Entwicklung von Kompetenzen ist ein dynamischer Prozeß, der einer ständigen Veränderung unterliegt. (2) Die Entwicklung einer geteilten Vision (,3uilding a shared vision") [Seng90. Seite 205ff.]. Es ist die Aufgabe des Managements, eine Vision zu kommunizieren, die von allen Mitarbeitern geteilt wird, d.h. die Vision des Unternehmens muß von den Knowhow-Trägern verinnerlicht werden. Nur durch eine „shared vision" werden die Mitarbeiter bereit sein, hervorragende Leistungen zu erbringen und zu lernen. Dieser Prozeß geschieht nicht aufgrund von Anweisungen, sondern basiert auf der Überzeugung, daß die eigenen Fertigkeiten für das Unternehmen wichtig sind. Somit muß im Zusammenhang mit dem Prozeß der Vorstudie ein Schwerpunkt auf die Formulierung von normativen Know-howZielen 54 gelegt werden, indem eine Know-how-bewußte Unternehmenskultur geschaffen wird. (3) Der Aufbau von Teams als Lerneinheiten („Team Learning") [Seng90. Seite 233ff.]. Lernende Organisationen zeichnen sich durch die Eigenschaft aus, daß der Lernprozeß durch die Einrichtung von Teams gefördert wird. Diese dritte Disziplin kann nur gewährleistet werden, wenn durch das Element des Dialogs eine Kommunikation aufgebaut wird. Es bedarf also nicht nur der Disziplin des Erwerbs von Fertigkeiten, sondern auch des zwischenmenschlichen Austauschs von Mitteilungen und Gedanken. (4) Die Veränderung von .Mental Models" [Seng90. Seite 174ff.]. Die Mitarbeiter einer Lernenden Organisation müssen ihre Bilder und Eindrücke, welche sie über ihre Umwelt besitzen, für andere sichtbar machen. Zuerst muß sich der Einzelne mit seiner eigenen Vorstellungswelt auseinandersetzen, um anschließend in Gesprächen und Diskussionen mit anderen Mitarbeitern seine Gedankenmodelle verständlich zu machen. Auf diesem Wege lernt er die Ansichten seiner Umwelt kennen und es kann der Veränderungsprozeß

54

Vgl. Ausführungen

in Kapitel

5.3.4.1

Know-how-Architektur

134

beginnen, indem er seine eigenen mentalen Modelle adaptiert. Für Senge sind Mentale Modelle „deeply ingrained assumptions, generalizations, or even pictures or images that influence how we understand the world and how we take action. (...) The discipline of working with mental models starts with turning the mirror inward; learning to unearth our internal pictures of the world, to bring them to surface and hold them rigorously to scrutiny" [Seng90. Seite 8f.]. Die Disziplin der Mentalen Modelle soll verborgene Annahmen in unserem Gedächtnis an die Oberfläche bringen und die Auswirkungen auf das

Verhalten

darlegen.

Sie

dienen

dazu,

den

Lernprozeß

von

Individuen

zu

beschleunigen, um das Bewußtsein über die eigenen Vorstellungen zum Vorschein zu bringen. (5) Die Disziplin des Systemdenkens („System thinking") [Seng90. Seite 57ff.] gibt dem Buch von Senge seinen Titel „Die fünfte Disziplin", denn sie besitzt eine übergeordnete Funktion.

Alle

Beziehungen

anderen Disziplinen

zwischen

den

werden ganzheitlich

einzelnen

Teilbereichen

der

zusammengefügt, Lernenden

indem

Organisation

aufgeführt werden.

Im Kontext der Know-how-Thematik ist insbesondere die Disziplin der .Mental Models" hervorzuheben, da sich Parallelen zur Methode Mind-Mapping finden lassen. Im Mittelpunkt steht das Bestreben, die Tiefenstruktur des individuellen Wissens der Mitarbeiter an die Oberfläche zu transformieren. Unternehmen müssen eine Atmosphäre schaffen, welche für die Know-how-Träger den Prozeß des Lernens ermöglichen.

Im Mind-Map „Lernen" sind die Gedanken des Lernens mit der Methode Mind-Mapping ausgedrückt. Vom Zentralthema „Lernen" strahlen fünf Verzweigungen: (1) die Kommunikation zwischen den Experten, (2) die Ebenen des Lernens, (3) die individuellen Lernprozesse, (4) die Verantwortung des Know-how-Engineers für das Erlernen der Methode MindMapping und (5) die Betreuung der Know-how-Träger durch den Know-how-Manager 55 .

55

Vgl. Ausführungen

in Kapitel

5.4.2.2.

135

Know-how-Architektur Offenheit

Mind-Map 6: Lernen

5.4.2.2. Bedeutung des Know-how-Managers Neben dem Know-how-Engineer wird für die Betreuung der sensiblen Experten ein geeigneter Leiter [Svei97. Seite 53f.] benötigt, der Know-how-Manager betitelt wird. Eine andere Bezeichnung für Leiter ist „knowledge manager" [Stew97. Seite 124], Dieser Leiter muß nicht primär über Fachwissen, sondern über Führungswissen [HiKr98] verfügen, denn „Fachleute ersinnen immer wieder unpraktikable Geschäftsideen. Die Führungskraft muß sie vorsichtig mäßigen, ohne dabei den Träumer zu desillusionieren. Abenteuerliche Ideen haben dann ein Ende, wenn man den Träumer um eine Ausarbeitung bittet" [SvL190. Seite 97].

Durch Motivation muß der Know-how-Manager seine Know-how-Träger

in geeignete

Richtungen lenken, die dem Unternehmen Vorteile bringen, ohne daß sich die Experten unverstanden fühlen. Um die innovativen Mitarbeiter zu führen, ist jede Form eines autoritären Führungsstils fehl am Platze. Vielmehr ist eine kooperative Führung [WuAr98. Seite

198f.;

Wund95]

gefragt,

die

als

„zielorientierte

und situationsbedingte

sowie

partizipative und prosoziale Einflußausübung" [WuGr80. Seite 106] beschrieben werden kann.

Know-how-A

136

rchitektur

Der Leiter von Know-how-Trägern muß berücksichtigen, daß die Experten von ihren Fähigkeiten überzeugt sind und deshalb ein unverstandener Mitarbeiter schneller dazu bereit ist, das Unternehmen

zu wechseln, in der Hoffnung, daß ein anderes

Know-how-

Unternehmen ihm die geistige Anerkennung gibt, die er derzeit nicht gefunden hat. Es kann auch vorkommen, daß die Mitarbeiter eigene Unternehmen gründen, da sie die Know-howProduzenten sind. Bedingt durch die steigende Anzahl an Venture-Kapitalgebern [Pinc88. Seite 33ff.] sind einige kreative Innovatoren bereit, ein eigenes Unternehmen zu gründen und ihre

Ideen

zu

implementieren.

Die Know-how-Träger

möchten

für

ihre

Aufgaben

Eigenverantwortung übernehmen und werden zum „entrepreneur" [Pinc88. Seite 35], indem sie ihr eigenes Know-how durch eine Unternehmensgründung vermarkten.

Um Kapital zur Verfugung gestellt zu bekommen, wenden sich diese Know-how-Experten an sogenannte Venture-Geschäfte (Risikogeschäft). Das Venture Kapital [Gree91; PfWL97] ist im Gegensatz zur Kreditvergabe nicht vom Vorhandensein von Kreditsicherheiten abhängig, sondern

von den geschätzten Ertragschancen

des

zu finanzierenden Geschäfts.

Die

Kapitalgeberseite stellt Kapital einem Venture-Kapitalfonds zur Verfügung. Dies bedeutet, daß diese Fonds „act as agents between the entrepreneurs who face search costs in locating funding, and uninformed institutional and individual investors (...)" [PfWL97. Seite 21]. Eine Analyse des amerikanischen Marktes zeigt, daß sich eine Branchenverschiebung in bezug auf Venture-Kapital-Investoren Computerhardwarebranche

abzeichnet. daran

Während

maßgeblich

in

bevorzugt

den wurde,

80er nehmen

Jahren heute

die der

Biotechnologiebereich und der Computersoftwaresektor die dominierenden Positionen ein [PfWL97. Seite 35],

5.4.2.3. Intangible Assets und Intellectual Assets Sveiby [Svei97] stellt im Zusammenhang mit dem Know-how-Unternehmen das Konzept der „intangible

assets"

vor. Die „intangible assets" stehen im Gegensatz zum sichtbaren

Aktivvermögen, den „tangible assets". Zur letzten Kategorie zählen das Bargeldvermögen, die schnell zugänglichen Bankkonten und die Büroräume mit ihrer Computerausstattung. Die „intangible assets" umfassen die unsichtbaren Aktivposten des Unternehmens, die sich aus folgenden drei Faktoren zusammensetzen:

Know-how-Architektur •

den M i t a r b e i t e r f a h i g k e i t e n ( C o m p e t e n c e o f t h e P e r s o n n e l ) ,



der internen U n t e r n e h m e n s s t r u k t u r (Internal Structure) und



der e x t e r n e n U n t e r n e h m e n s s t r u k t u r ( E x t e r n a l S t r u c t u r e ) .

Ähnlich

Know-how-Eisberg56

dem

konzipiert

Sveiby

137

[Svei97.

Seite

11]

eine

Bilanzaufstellung, welche die sichtbaren und unsichtbaren Aktivposten eines U n t e r n e h m e n s festhält

(vgl.

Aktivposten

Abbildung

wird

die

Bilanzposten

eines

finanzielle Seite („visible,

Know-how-Unternehmens"). invisible

Finance")

des

Diesen

Unternehmens

gegenübergestellt.

Tangible Assets

Visible Finance

Short-term Debt Accounts Receivable

Long-term

Visible

Loan

Shareholders' Visible Equity

Shareholders' Invisible Equity

Invisible ( U n d e r the surface)

Obligation

Intangible Assets

Intangible Finance

Abbildung 24: Bilanzposten eines K n o w - h o w - U n t e r n e h m e n s

D i e „ i n t a n g i b l e " P o s i t i o n d e r O b l i g a t i o n e n b e s c h r e i b t d i e u n t e r n e h m e r i s c h e V e r p f l i c h t u n g , in die K r e a t i v i t ä t

der kenntnisreichen

M i t a r b e i t e r zu i n v e s t i e r e n .

Die Kapitalgeber

müssen

e r k e n n e n , d a ß die F i n a n z i e r u n g v o n A u s b i l d u n g s p r o g r a m m e n , P e r s o n a l e n t w i c k l u n g e n

56

Vgl. Abbildung

„Know-how-Eisberg"

oder

Know- ho w-A rchitektur

138

kreativen Unterbrechungen der Know-how-Träger eine Investition für die Akquirierung von neuem Wissen darstellt. Die wichtigste Kategorie der „intangible assets" nimmt

die

Mitarbeiterfähigkeit ein, denn ein Unternehmen existiert aufgrund seiner Know-how-Träger, d.h. der geschäftliche Erfolg ist das Resultat der individuellen Aktivitäten der Experten. Das implizite Wissen der Know-how-Träger ist diesen eigen und ist nicht im Besitz des Unternehmens. Deshalb erscheint es besonders relevant, das Können der Experten als eigenständige Bilanzposition auszuweisen, denn ein Know-how-Unternehmen legitimiert sich durch seine Know-how-Träger. Diese Experten setzen ihre Anstrengungen in die Entwicklung von

Problemlösungen

für individuelle

Kundenwünsche.

Unterstützend

wirken

interne

Strukturen, wie die Unternehmenskultur, Informations- und Kommunikationstechnologien oder

Patente.

Aufgabe

der

Experten

ist

es,

Know-how-intensive

Produkte

oder

Dienstleistungen für Kunden und Lieferanten zu entwerfen. Diese Art des unsichtbaren Aktivvermögens bezeichnet Sveiby als externe Struktur und schließt ferner das Image, die Reputation oder das Vorhandensein von Markennamen ein.

Am Beispiel SAATCHI & SAATCHI werden einerseits die Relevanz von Schlüsselmitarbeitern und andererseits die Folgen der Mißachtung der Grundregeln des Know-howUnternehmens illustriert. Die Geschäftsidee der Brüder Saatchi bestand aus der Absicht, zu den

fuhrenden

Werbeagenturen

zu

zählen

und

den

Mitarbeitern

eine

kreative

Arbeitsatmosphäre zur Verfügung zu stellen. In den Anfangsjahren gelang es den Brüdern, einen kreativen Rahmen zu schaffen und gleichzeitig den Investoren finanzielle Ergebnisse vorzulegen, welche die Aufrechterhaltung des Aktienkurses gewährleisteten. Ermutigt durch ihren Erfolg wurde im April 1986 eine Fusion mit der New Yorker Agentur Ted Bates Worldwide eingegangen. Die Möglichkeit der kreativen Ideenentfaltung wurde immer mehr eingeschränkt, zumal die Brüder den Kontakt zu den Know-how-Trägern verloren. Sie waren zu Industriellen geworden, welche das Produkt Werbung verkauften. Den Experten fehlte die Führungskraft, welche ihre intellektuellen Fähigkeiten kanalisierte und in die richtige Richtung leitete.

Die Lage von SAATCHI & SAATCHI verschlechterte sich im Dezember 1994 nochmals, als Maurice Saatchi - auf Verlangen der Hauptaktionäre - entlassen wurde. In kurzer Zeit gründete er ein eigenes Unternehmen und nahm den Konkurrenzkampf mit seinem Bruder auf. Maurice Saatchi warb die kreativsten Mitarbeiter und Kunden wie British Airways, Dixons und Mars ab. Der Prozeß, daß kreative Experten ein Unternehmen verlassen, hat zur

Know-how-Architektur

139

Folge, daß diese zu Konkurrenten werden. Eine Spirale des Know-how-Verlustes setzt ein, indem nicht nur intellektuelles Wissen abwandert, sondern gleichzeitig die Reputation eines kreativen Unternehmens verloren geht. Die Kunden wenden sich ab, d.h. ein Unternehmen verliert seine „external structure". Andererseits führt ein Fehlverhalten innerhalb des Unternehmens zum Abbau der „internal structure".

Die Unterbewertung der „intangible assets" eines Know-how-Unternehmens bewirkt nicht nur den Verlust der Reputation, sondern auch eine Reduktion des Bestandes der kreativen Fähigkeiten der Mitarbeiter, Problemlösungen für den Kunden anzubieten. Im Falle von SAATCHI & SAATCHI argumentiert Sveiby, daß die Entwicklung des Werbeunternehmens anders verlaufen wäre, wenn die Unternehmensführung ihren wissensorientierten Kurs weiterverfolgt hätte und sich die Erkenntnis zunutze gemacht hätte, daß die „intangible assets" für ein Unternehmen wichtiger sind als ihre sichtbaren Aktivposten.

Stewarts [Stew97] Ansatz des „intellectual capital" hat Ähnlichkeit mit dem von Sveiby gewählten Konzept der „intangible assets". Der integrative Gedanke liegt in dem Sachverhalt begründet, daß im Zentrum der Betrachtung der Experte mit seinen individuellen Fähigkeiten steht. Die Aktivitäten des sogenannten „knowledge worker" [Stew97. Seite 37ff.] werden nicht aufgrund vorgegebener Aufgaben gemessen, sondern anhand des erzielten Resultats. Ein Unternehmen muß als ein Arbeitsumfeld für die Entfaltung von intellektuellem Kapital betrachtet werden. Das essentielle Problem für ein Unternehmen

liegt dabei in der

Identifikation von „intellectual capital". Es entsteht ein endloser Zyklus der Know-howIdentifikation, indem das implizite Wissen explizit gemacht wird, um wieder neues implizites Wissen zu generieren, d.h. „It's a never-ending cycle: Identifying tacit knowledge; making it explicit so that it can be formalized, captured, and leveraged; encouraging the new knowledge to soak in and become tacit" [Stew97. Seite 74]. Know-how-Träger sind für ein Unternehmen schwer zu ersetzen und gleichzeitig unentbehrlich, da sie den Kunden die geforderten Problemlösungen anbieten.

5.4.3.

Beispiel SKANDIA

Traditionelle Bilanzen sind nach Sveiby für das Finanz- und Rechnungswesen nicht geeignet, den geistigen Wert der Mitarbeiter zu erfassen. Der schwedische

Finanzdienstleister

140

Know-how-Architektur

SKANDIA erkannte ebenfalls das Problem und gründete ein Team zur Entwicklung für eine neue Form der Bilanzierung

von intellektuellem

Kapital

[EdMa97].

Im Mai

1995

veröffentlichte SKANDIA erstmals als Beilage zum Finanzbericht einen Zusatzbericht, welcher das verborgene Aktivvermögen des Unternehmens darlegt. SKANDIA versteht unter intellektuellem Kapital die Summe aus: •

Humankapital (,,Human Capital") und



Strukturkapital („Structural Capital").

Die erste Kategorie setzt sich aus den individuellen Fähigkeiten und dem intuitiven Wissen der Mitarbeiter zusammen, während unter dem zweiten Faktor Hardware, Software, Datenbanken,

Patente,

Organisationsstrukturen

sowie

Kundenbeziehungen

subsumiert

werden. Aus der Komponente des Strukturkapitals wurde die Beziehung zu den Kunden („Customer Focus") ausgegliedert. Das heißt, intellektuelles Kapital kann definiert werden als der Besitz von „knowledge, applied experience, organizational technology,

customer

relationships and professional skills that provide Skandia with a competitive edge in the market" [EdMa97. Seite 44].

Die Auseinandersetzung mit „Intellectual Capital" bot die Möglichkeit, mehr Transparenz über diejenigen Faktoren im Unternehmen zu erlangen, welche für den Erfolg zuständig sind. Dazu wurden insgesamt fünf Erfolgsfaktoren, die es zu maximieren gilt, bestimmt. Diese lassen sich in folgende Gruppen einteilen: „financial focus", „customer focus", „process focus", „renewal and development focus" und als verbindendes Element der ,.human focus". Es wurde ein System von Indikatoren ausgearbeitet, welches dem Unternehmen hilft, detaillierte Aussagen über den Erfolg des Unternehmens in den einzelnen Schwerpunkten zu treffen. Es wurde ein Navigationsinstrument, der Navigator, entwickelt, der die Messung des intellektuellen Kapitals gewährleistet.

Abbildung „Skandia-Navigator" gibt einen Überblick über das Zusammenwirken

der

Komponenten [EdMa97. Seite 68], Der Skandia-Navigator zeigt auf, daß jeder Fokus des intellektuellen Kapitals für sich gesondert betrachtet noch nicht den gewünschten Erfolg bringt. Nur die Kombination aller fünf Schwerpunkte bewirkt, daß der Unternehmenswert gesteigert werden kann, indem das Wissen und die Fertigkeiten in Wettbewerbsvorteile transformiert werden.

141

Know-how-Architektur

Operating Environment Legende: IC=Intellectual Capital

Abbildung 25: Skandia-Navigator

SKANDIA verwendet die Metapher eines Hauses, um die Zusammenhänge der fünf Schwerpunkte zu verdeutlichen. Das Dach des Hauses stellt der „financialfocus"

dar, der aus

der traditionellen Bilanzaufstellung besteht. Die Indikatoren dieses Schwerpunktes sind am detailliertesten

ausgearbeitet

und

beruhen

auf

Daten

und

Informationen

aus

der

Vergangenheit.

Bewegt man sich von oben nach unten im Navigationsmodell, so bilden der „customer und der „process focus"

focus"

die Wände des Hauses. Diese beiden Bereiche umfassen Aktivitäten

in der Gegenwart. Der Prozeßbereich beschäftigt sich mit dem Fokus, wie der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien zur Steigerung des intellektuellen Kapitals beitragen kann. Dies bedeutet beispielsweise, daß sich das Unternehmen mit Fragen bezüglich des Internets und

Intranets

auseinandersetzt.

Der

„customer

focus" umschreibt

die

Veränderung von einer Massenproduktion hin zur Kundenindividualisierung, denn der Kunde erwartet vom Unternehmen, daß seine persönlichen Wünsche erfüllt werden und der bestmögliche Service angeboten wird [EdMa97. Seite 91].

Know-how-Architektur

142

Das Fundament des Hauses wird durch den Schwerpunkt des „renewal &

developmentfocus"

getragen. Im Mittelpunkt dieser Betrachtung stehen Indikatoren, welche die zukünftige Entwicklung des Unternehmens messen. Einerseits können Aussagen getroffen werden, wie erfolgreich

Mitarbeiterausbildungsprogramme

und

Produktentwicklung

sind

sowie

andererseits, wie effektiv das Unternehmen vergangene Denkstrukturen verändert. Diese Kerngröße steht im Gegensatz zum Finanzbereich, da nicht die Vergangenheit mittels Indikatoren, sondern zukünftige Entwicklungen gemessen werden. Es müssen langfristige Ziele gesetzt werden, welche den Prozeß der Veränderung ermöglichen.

Den Mittelpunkt des Modells symbolisiert der „human focus",

welcher das Kernstück des

Unternehmens ist, in dem alle anderen vier Bereiche berührt werden. Intellektuelles Kapital kann nur aus dem Humankapital gewonnen werden. Das Wissen und die Fähigkeiten der Mitarbeiter erfahren die Sonderstellung, daß - im Gegensatz zu den Informationstechnologien - ihr Know-how nicht in den Besitz des Unternehmens fließt. Den schwierigsten Teil nimmt die Messung der Fähigkeiten der Mitarbeiter ein, um daraus ein System von Indikatoren zu entwickeln.

Im folgenden wird eine Auswahl aus der von SKANDIA

Indikatorenliste für die Messung (1) Motivation

57

erarbeiteten

von Humankapital aufgelistet [EdMa97. Seite 131 ff.]:

Index (%). Der Motivationsindex setzt sich aus vier Kategorien zusammen,

welche am meisten für den Markterfolg und die Profitabilität von SKANDIA beigetragen haben. Die vier Komponenten sind: •

zufriedene Kunden,



zufriedenes Verkaufspersonal,



motivierte und kompetente Mitarbeiter und



qualitätsgesicherte Verwaltung.

(2) Empowerment

Index (of 1.000) (#). Zur Ermittlung dieses Index wurden die Mitarbeiter

von SKANDIA über den Sachverhalt befragt, inwieweit sie sich in ihrer täglichen Arbeit kontrolliert fühlen. Nachstehende Faktoren wurden besonders beachtet: •

57

ihre Motivation,

Der Ausschnitt aus der Indikatorenliste

von SKANDIA verdeutlicht die Art der Messung, indem insgesamt nur

drei unterschiedliche Meßgrößen als Ergebnis resultieren, nämlich •

Geldbeträge, gemessen in der Einheit Dollar ($),



Prozentanteile (%) und



Absolute Häufigkeiten (#).

Know-how-Architektur

143



ihre Unterstützung innerhalb des Unternehmens,



ihre Kenntnis über Qualitätsanforderungen,



ihr verantwortliches Handeln versus autoritäres Handeln und



ihre Fähigkeiten.

Der Ansatz des „empowerment" verlangt eine partizipative Arbeitsumgebung für die Mitarbeiter, indem ihnen mehr Rechte eingeräumt werden, um den Dienstleistungsbereich für die Kunden zu verbessern [BoLa95], Es reicht nicht nur aus, den Mitarbeitern mehr

Verantwortung

Informationen Fertigkeit

über

besitzen,

zu

übertragen,

sondern

diese

Kundenerwartungen

unterstützt

die

realisieren.

Wünsche

zu

müssen werden Für

einerseits und

die

mit

andererseits

Verbesserung

mehr die der

Dienstleistungsqualität müssen Belohnungen gewährt werden. (3) Anzahl der Mitarbeiter

(#).

(4) Die Anzahl der Frauen im Managementbereich (5) Trainingsausgaben

pro Mitarbeiter

(6) Anzahl der Mitarbeiter/Anzahl

(#).

($).

der Mitarbeiter

in Partnerschaften

(%). Dieser Indikator

gibt das Verhältnis der internen Mitarbeiter zu den externen Mitarbeitern an. Somit können Aussagen abgeleitet werden, welche die Vernetzung des Unternehmens betreffen. (7) Anteil der Mitarbeiter

unter 40 Jahren (%). Dieser Prozentsatz spiegelt wider, wie hoch

der Anteil der neuen Mitarbeiter im Unternehmen ist, d.h. es werden demographische Unternehmensdaten erfaßt. SKANDIA kann aufgrund dieses Indikators feststellen, wie schnell die „altgedienten" Mitarbeiter mit neuen Technologien und Techniken mithalten.

Im Zusammenhang mit der Messung des Humankapitals verwendet SKANDIA primär quantitative

Werte und ist der Ansicht, daß die drei Meßkategorien (Geldbeträge ($),

Prozentanteile (%), absolute Häufigkeiten (#)) ausreichen, um das intellektuelle Kapital eines Unternehmens zu erfassen [EdMa97. Seite 183], Das .American Productivity & Quality Center" kommt in der durchgeführten Fallstudie zum Resultat, daß der Vorteil des Ansatzes von SKANDIA in der Angabe von Zahlen liegt [APQC96. Seite 107]. Die verwendeten metrischen Systeme und Indikatoren dienen zur besseren Kommunikation des Wissens.

Das Instrument des Navigators läßt eine Differenzierung in vergangene, gegenwärtige und zukünftige Schwerpunkte zu, wobei das Indikatorensystem quantitative Werte enthält. Somit steht das Modell von SKANDIA im Gegensatz zum Know-how-Paradigma, welches eine

144

Know-how-Architektur

qualitative

Messung

der geistigen Fähigkeiten des Humankapitals beinhaltet. Nach dieser

Auffassung ist es nicht möglich, die Messung des „human focus" aufgrund von quantitativem Datenmaterial vorzunehmen. Der Know-how-Thematik ist der Denkansatz immanent, daß das intellektuelle Wissen der Experten nur auf qualitative Weise identifiziert werden kann. Als verwendete Methode zur Messung des individuellen Ideenvermögens und der assoziativen Gedanken wird die Methode Mind-Mapping verwendet. Die quantitativen Informationen, welche durch das Navigationsinstrument von SKANDIA gemessen werden, können als zusätzliche Information dem Know-how-Engineer zur Verfügung gestellt werden. Jedoch ist es nicht möglich, mit diesen Indikatoren das kreative Potential der Know-how-Träger zu erfassen. Das implizite Wissen der Experten muß mittels kreativer und qualitativer Methoden zum Vorschein gebracht werden. Bildliche Vorstellungen regen das Gedächtnis an, um die Gedanken zu kommunizieren. Im Gegensatz zu quantitativen Methoden kann die Bedeutung von qualitativen Methoden folgendermaßen umschrieben werden: „es war ein vages Bild, das ich nicht in Worte fassen kann, und es war nur ein Bild. Aber Bilder und Intuitionen und Motivationen liegen eng verflochten im Gehirn, und die starke Faszination, die dieses Bild auf mich ausübte, war ein ständiger Ansporn, tiefer darüber nachzudenken, was Denken eigentlich sein könnte" [Hofs89. Seite 664].

Der quantitative Ansatz von SKANDIA unterscheidet sich von dem Know-how-Ansatz in der Hinsicht, daß das „tacit knowledge" der Know-how-Träger mittels qualitativer Methoden identifiziert wird. Währungseinheiten, absolute Häufigkeiten sowie Prozentanteile über das Humankapital stellen keine Meßeinheiten für die Erfassung des intellektuellen Kapitals der Experten dar; quantitative Werte dienen als Zusatzinformation über das im Unternehmen vorhandene Humankapital. Es sind Sekundärdaten und keine Primärinformationen über das Know-how des Unternehmens. Das Know-how-Potential eines Unternehmens kann nicht in sogenannten „harten" Fakten, zum Beispiel in Form von quantifizierbaren Strukturen, abgebildet werden. Die Quelle von Know-how verbirgt sich in „weichen" Bereichen, also in den kognitiven Strukturen der Know-how-Träger.

5.4.4.

Know-how-Gap

Das Können der Experten muß für die Erhaltung und Vermehrung des Unternehmenswertes eingesetzt werden. Der Weggang kreativer Mitarbeiter kann ein Know-how-Unternehmen

Know-how-Architektur

145

entscheidend beeinflussen, da das intuitive Wissen verloren geht. Als Konsequenz kann es zu einem Know-how-Defizit kommen, da die immaterielle geistige Substanz der Know-howTräger abwandert. Abbildung „Know-how-Gap" zeigt den Verlust beim Ausscheiden von Know-how-Trägern aus dem Unternehmen.

Abbildung 26: Know-how-Gap

Die Darstellung der Lückenanalyse [Hamm95. Seite 53] in einem Koordinatensystem verdeutlicht auf der Ordinate den Lückenindikator - das Know-how-Potential - und auf der Abszisse die Zeit. Das Instrument der Gap-Analyse ist die Darstellung von Abweichungen zwischen

dem unternehmerischen

Know-how-Potential

und

dem

Verlust

durch

das

Ausscheiden von Experten 58 .

Für das gesamte Unternehmen ist es von Wichtigkeit, daß die Ressource des menschlichen Könnens nicht verloren geht. Das Erkennen des unternehmerischen Know-how-Vorsprungs verlangt nach Initiativen, die bestehenden Know-how-Träger zu fordern und zukünftige Experten aufzubauen. Sommerhoff umschreibt diesen Sachverhalt wie folgt: „die Aufgabe des .findigen Unternehmens' besteht vor allem darin, Informationslücken zu schließen und

M

Vgl. Fallbeispiel SAATCHl & SAATCHI in Kapitel 5.4.2.3.

146

Know-how-Architektur

Ungleichgewichtslagen wirtschaftlich auszuwerten. Dazu müssen Informationen systematisch erfaßt, bewertet und für das Unternehmen nutzbar gemacht (...) werden" [Somm97. Seite 17].

Der Know-how-Engineer legt dem oberen Management Aussagen vor, ob Know-how-Lücken zwischen dem vom Unternehmen als bekannt erachteten Wissensbestand seiner Mitarbeiter und dem tatsächlich identifizierten Know-how-Potential vorherrschen. Dies kann bedeuten, daß eine Kluft zwischen tatsächlich vorhandenem und geplantem Know-how besteht. Das Ziel muß die Minimierung der Know-how-Lücke sein, indem der Informationsstand des Unternehmens bezüglich seiner kenntnisreichen Mitarbeiter erhöht wird. Es gehört zur Aufgabe des

Know-how-Engineers,

zusammen

mit

seinem

Projektteam

vorhandene

Ungleichgewichte zu schließen. Die Gap-Analyse ist ein exploratives Instrument, das im Prozeß der Know-how-Identifikation helfen soll, ein Bewußtsein für die Notwendigkeit mit der Beschäftigung der Know-how-Thematik zu schaffen. Bullinger [Bull97] zählt drei Auswirkungen auf, welche durch ungenutztes Wissen entstehen können: •

Ein Mitarbeiter verläßt mit seinen Kenntnissen das Unternehmen und ein

neuer

Mitarbeiter muß die verlorenen Qualifikationen erst erlernen. •

Vorhandenes Wissen steht nicht zur Verfügung, weil es unzureichend dokumentiert wurde und somit nicht lokalisiert werden kann.



Ein Experte, dessen Wissen für die Herstellung eines Produktes gebraucht wird, ist überlastet.

Mit Hilfe der kreativen Methode Mind-Mapping wird beabsichtigt, möglichst nahe an das tatsächlich vorhandene Know-how-Potential heranzukommen. Die Lücke erfüllt den Zweck, rechtzeitig Maßnahmen zu setzen, damit individuelles Wissen nicht verloren geht. Es ist anzunehmen,

daß

das

Erfahrungswissen

der

Know-how-Träger

deutlich

mehr

an

Erkenntnissen umfaßt als nur denjenigen Ausschnitt, welcher sich in seinem beobachteten Verhalten ausdrückt. Dieses zusätzliche Wissen möglichst genau erfaßt und analysiert werden.

soll durch den

Know-how-Engineer

Know-how-Architektur

5.4.5.

147

Identifikation und Analyse des Know-hows

Nein

Know-how aller Know-how-Träger mittels Mind-Maps definiert

Abbildung 27: Arbeitsschritte im Prozeß der Know-how-Identifikation

Abbildung „Arbeitsschritte im Prozeß der Know-how-Identifikation" knüpft an den Output des Prozesses der Vorstudie an, indem in einem Know-how-Portfolio die Know-how-Träger positioniert wurden. Diese Grundkonzeption liefert die Voraussetzung für den Prozeß der Know-how-Identifikation. Die Kenntnis aller Know-how-Träger mit ihrem in den Mind-Maps offengelegten Expertenwissen bildet das Ergebnis im Prozeß der Know-how-Identifikation.

148

Know-how-Architektur 5.4.5.1. Know-how-Träger erstellen ihre Blitz-Mind-Maps (1. Arbeitsschritt)

Der erste Arbeitsschritt im Rahmen der Know-how-Identifikation besteht darin, daß die im Portfolio positionierten

und

bekannten

Know-how-Träger

vom

Know-how-Engineer

zusammen mit seinem Projektteam über den sich anschließenden Prozeß und das Ziel seines Vorgehens in Kenntnis gesetzt werden. Im Rahmen dieses ersten Gespräches muß der Experte soweit motiviert werden, daß er ein Blitz-Mind-Map über sein Erfahrungswissen erstellt. Für die einheitliche Interpretation der Mind-Maps wird eine Notation festgelegt, welche für alle Prozesse der Know-how-Architektur gilt: •

Für die Person des Experten wird das Objekt „Know-how-Träger"

bestimmt. Die

identifizierten Know-how-Träger werden fortlaufend numeriert, beginnend mit der Ziffer eins bis zur Zahl n (Know-how-Trägerl, Know-how-Träger2, ... Know-how-Trägeri, ... Know-how-Trägern). Die Ermittlung von neuen, noch nicht bekannten Know-howTrägern wird mit Großbuchstaben des Alphabets abgebildet (Know-how-TrägerA, Knowhow-TrägerB,... Know-how-TrägerM,... Know-how-TrägerZ). •

Für die kreativen und intuitiven Gedanken der Experten wird das Objekt „Know-how" verwendet. Jeder Know-how-Träger besitzt mehrere Fertigkeiten, die er in Form von Verästelungen im Mind-Map illustriert. Je weiter das Mind-Map verfeinert ist, desto mehr Ebenen des radialen Denkens resultieren, wobei die einzelnen Know-how-Komponenten fortlaufend numeriert werden. Jede Ebene wird durch einen Schrägstrich (,/") angezeigt. Abbildung „Beispiel für die Notation" visualisiert die Bedeutung der eingeführten Abkürzungen.

Abbildung 28: Beispiel für die Notation Das Mind-Map „Notationsbeispiel" legt auf abstrakter Ebene die eingeführte Konvention dar.

Know-how-Architektur

149 Know-how3/5/l

Mind-Map 7: Notationsbeispiel

Mind-Map „Blitz-Mind-Map des Know-how-Trägerl" illustriert auf abstrakter Ebene die internen Gedanken dieses Experten, welchem im Know-how-Portfolio 59 sowohl derzeit als auch zukünftig eine Schlüsselposition zugeschrieben wird. ©

s

Know-howl/2

" Vgl. Abbildung „Beispiel

Know-how-Portfolio"

Know-how-Architektur

150

Der Know-how-Trägerl kommuniziert in seinem Blitz-Mind-Map insgesamt drei spontane Fertigkeiten, welche ihn auszeichnen. Besonders erwähnenswert ist der Gedankenaustausch mit dem Know-how-TrägerA. Zur Erfüllung seiner täglichen

Arbeit

muß

sich

eine

Verbindung zu diesem Experten vollziehen, welcher die Aneignung von neuem Wissen gewährleistet.

Da

die

individuelle

Person

dem

Know-how-Engineer

sowie

den

Führungskräften nicht bekannt ist, muß diese in die Liste der Know-how-Träger zusätzlich aufgenommen werden.

Die Quelle von unternehmerischem Know-how liegt in den mentalen Strukturen der kreativen Mitarbeiter

begründet.

Die

Intention

des

Know-how-Engineers

ist

es,

das

bisher

„stillschweigende Wissen" der Experten mittels Mind-Mapping zu aktivieren und zu explizieren, d.h. individuelle Denkmuster transparent zu machen, zu ändern und neue kognitive Strukturen entstehen zu lassen. Kim beschreibt den Vorgang des organisationalen Lernens folgendermaßen: „As mental models are made explicit and actively shared, the base of shared meaning in an organization expands, and the organization's capacity for effective coordinated action increases" [Kim zitiert in Wahr96. Seite 182], Übertragen auf die Knowhow-Thematik bedeutet diese Beschreibung, daß das Dokumentieren des individuellen Knowhows in Form von Mind-Maps als ein Prozeß des Lernens initiiert wird. Das geschaffene Bewußtsein

über

Know-how-Lücken

soll als

Auslöser

fungieren, um

mehr

interne

Transparenz zu erlangen. Der Prozeß der Know-how-Identifikation nimmt im Modell der Know-how-Architektur

eine zentrale Position ein, da die Erkenntnis gewonnen wird, mehr

über das „tacit knowledge" eines Know-how-Trägers in Erfahrung zu bringen. Es ist die Intention

des

Know-how-Engineers,

eine Wahrnehmung

bei

den

Experten

über

ihr

Handlungswissen zu erlangen. Jedoch erweist sich dieser Prozeß als schwierig, da dieses heuristische Wissen von den Know-how-Trägem verinnerlicht ist, denn es wurde in einem mehrstufigen Lernprozeß 6 0 erworben.

Die Relevanz von „tacit knowledge" für innovative Prozesse heben Senker/Faulkner [SeFa96] hervor, da die Komponente des stillschweigenden Wissens für den Technologietransfer von großer Wichtigkeit ist. Wissen wird in zwei Kategorien, nämlich in „tacit" und „articulated", eingeteilt. Die zweite Kategorie umfaßt allgemeingültige Prinzipien und Gesetze, die von der Wissenschaftsgemeinschaft anerkannt sind und sich in Textbüchern, technischen Zeitschriften

60

Vgl. Ausfuhrungen

in Kapitel 3.2.

Know-ho w-A rchitektur

151

oder beispielsweise in Handbüchern manifestieren. Die erste Kategorie wird in Form eines ständigen Übungsprozesses erworben. Jedoch gibt es Grenzen, das „tacit" Wissen zu kodifizieren und für die Implementierung von innovativen Produkten zu nutzen. Dennoch setzt für technologische Prozesse ein sich wiederholender Vorgang ein, indem neues stillschweigendes Wissen erworben werden kann, wenn die artikulierten Erkenntnisse benützt werden

[SeFa96.

Seite

83].

Personen

eignen

sich

„tacit

knowledge"

durch

die

Kommunikation mit anderen Wissenschaftlern oder durch die Zusammenarbeit mit der Forschungs-

und

Entwicklungsabteilung

an.

Da

Know-how

durch

die

Eigenschaft

gekennzeichnet ist, daß es im Besitz von Individuen ist, kann eine Weitergabe von Wissen an andere Mitarbeiter nur durch persönliche Interaktion geschehen. Die Autoren beschreiben dieses Charakteristikum wie folgt „it must be acquired by example or experience - that is, in .person-embodied' form" [SeFa96. Seite 85] und stellen die Hypothese auf, daß „tacit knowledge is a very important element of the knowledge transferred through personal networks" [SeFa96. Seite 85]. Dies bedeutet, daß der Wissenstransfer zwischen Know-howTrägern aufgrund von persönlichen Netzwerken entsteht wie beispielsweise durch die Kommunikation mit Know-how-TrägerA in der Abbildung „Blitz-Mind-Map des Know-howTrägerl".

Ein weiteres Beispiel, welche Ausdrucksform ein Blitz-Mind-Map im Prozeß der Know-howIdentifikation einnehmen kann, visualisiert Mind-Map „Blitz-Mind-Map des Know-howTrägerl". Know-how2/l/l

Know-how2/2

Know-how- TrägerF Mind-Map 9: Blitz-Mind-Map des Know-how-Träger2

Know-how-A

152

rchitektur

Im Gegensatz zum Blitz-Mind-Map des Know-how-Trägerl ist dieser Experte in der Lage, detaillierter sein intuitives Vorgehen offen darzulegen. Hinzu kommt noch der Sachverhalt, daß bereits Vernetzungen eingearbeitet sind, da eine Verbindung zwischen der Erstellung des Know-how2/l/3 und dem Know-how-TrägerF vorliegt. Das Mittel von Betonungen, wie das Hervorheben der wichtigsten Kompetenzen, wird als Instrument für die Illustration der Gedanken eingesetzt und dient der Anregung für Assoziationen.

Know-how-Träger2

verwendet sowohl Farben als auch Pfeile, um die Bandbreite seiner kreativen Ideen zum Ausdruck zu bringen. Beide eingesetzten Techniken stimulieren das Gedächtnis und bringen die räumlichen Fähigkeiten der rechten Hemisphäre zum Einsatz.

5.4.5.2. Know-how-Engineer

muß

die

Blitz-Mind-Maps

analysieren

(2. Arbeitsschritt) In Anlehnung an die in der Vorstudie diskutierte Vorgehensweise muß der Know-howEngineer die ausgearbeiteten Mind-Maps in elektronische Form übertragen, sofern diese nicht direkt vom Know-how-Träger elektronisch erstellt wurden. Im Prozeß der Know-howIdentifikation kommt es auf die Fertigkeit des Know-how-Engineers an, eine möglichst detaillierte Ausdrucksform der schöpferischen Expertengedanken zu erhalten. Das Problem besteht darin, daß das Know-how, das Problemlösungsverfahren oder der Argumentationsprozeß der Know-how-Träger einen größeren Wissensumfang einschließt, als in Form der Blitz-Mind-Maps zum Ausdruck kommt. Auf diesen schwierigen Sachverhalt

weisen

Orchard/Reese/Tausner [OrRT. Draft] im Rahmen des „knowledge engineering" hin. Das Gelingen des Vorgangs, mehr über die mentalen Strukturen der Experten in Erfahrung zu bringen, hängt von den Fähigkeiten des „knowledge engineer" ab, denn „until recognized methodologies are developed (...) the methods used to elicit a model of expertise will rely heavily on the knowledge engineer" [Hart zitiert in OrRT]. Diesem obliegt es, das Handlungswissen der Know-how-Träger zu bestimmen. Die artikulierten Informationen müssen hinterfragt und vage Aussagen spezifiziert werden, um die Mind-Maps zu verfeinern.

Im Prozeß der Know-how-Identifikation muß der Know-how-Engineer das Postulat erfüllen, den Vorgang der Experten zu unterstützen, um das stillschweigende Wissen in Form von Mind-Maps zu explizieren. In der Abbildung „Know-how-Schalenmodell" wird diese Sichtweise illustriert.

Know-how-Architektur

153

Abbildung 29: Know-how-Schalenmodell Folgende Bereiche werden im Know-how-Schalenmodell unterschieden: •

Den Kern6'

des Modells bildet das „tacit knowledge" der Experten, welches Schale für

Schale sichtbar gemacht werden soll. Dieser innere Bereich umfaßt das gesamte Erfahrungswissen der Know-how-Träger, welches für die individuellen Problemlösungen erforderlich ist. • •

Die erste Schale bezieht sich auf den Entwurf der Blitz-Mind-Maps durch die Experten. Die zweite Schale beschreibt die Detaillierung und Verfeinerung des radialen Denkens der Know-how-Träger. Je weiter eine Schale vom Know-how-Kern entfernt ist, desto mehr Informationen hat der Know-how-Engineer über die individuellen und

kreativen

Denkprozesse kommuniziert bekommen. •

Die äußere Schale symbolisiert den abgeschlossenen Prozeß der Artikulation des „tacit knowledge". Das Ergebnis des Know-how-Erwerbs für das Unternehmen stellt die Gewinnung eines Metawissens dar [KoST97. Seite 171 ff.]. Darunter wird die Aneignung von neuem Wissen verstanden, wenn über das vorhandene Know-how nachgedacht wird.

61

Vgl. Ausführungen in Kapitel 5.2.3.1.

Know-how-Architektur

154 Der

Terminus

des Metawissens

impliziert,

daß

in Form

von

Mind-Maps

das

Erfahrungswissen der Experten über ihr repräsentiertes Wissen modelliert wurde, um neues Wissen zu erhalten. Die Mind-Maps beinhalten Erkenntnisse über die Know-howStrukturen.

Das Know-how-Schalenmodell visualisiert in Form von einzelnen Schalen, wie mittels der Methode Mind-Mapping ein Zugang zum Expertenwissen erlangt werden kann. Bezüglich der Methodik wird von einem Inside-out-Ansatz ausgegangen [Hein96. Seite 26], indem beginnend vom Zentrum Schale für Schale nach außen das Know-how der Experten identifiziert wird.

5.4.5.3. Überarbeitung und Revision der Blitz-Mind-Maps (3. Arbeitsschritt) Die strahlenförmige Architektur der Methode Mind-Mapping befähigt ein Individuum, seine Erinnerung

und seine Erfahrungen bei Problemlösungen

widerzuspiegeln.

Mind-Map

„Detailliertes Mind-Map des Know-how-Träger 1" zeigt die Kunstform des Know-howTrägerl, sein geistiges Potential mittels Mind-Mapping zu gestalten.

Know-howA/1 Know-howA/2

Know-howl/2/1 Know-how 1/2/]

Know-howl/3/2/1/1

Know-liowl/3/2/l/2_^:

Für die Analyse des Know-howl/1 wurde ein Video erstellt, welches den Vorgang dokumentiert. Es liegt eine multimediale Vorführung .vor.

Mind-Map 10: Detailliertes Mind-Map des Know-how-Trägerl

Know-how-Architektur Im

Vergleich

zum

„Blitz-Mind-Map

155

Know-how-Trägerl" 6 2 ,

des

hat

sich

ein

Kreativitätsprozeß vollzogen, in dem das Know-how ausführlich offengelegt wurde. Die Überarbeitung

der

ursprünglichen

Denkmuster

führt zur

Konkretisierung

des

„tacit

knowledge", indem die Bandbreite des artikulierten Know-hows sich vergrößert. Der Zweck der Revision liegt somit im Training der Entfaltung der kreativen Fähigkeiten mit dem Ziel „to develop one's ability to generate and implement new ideas" 63 [Cave96], Know-howTrägerl hat durch das radiale Denken seine corticalen Fähigkeiten für die Entwicklung von neuen Ideen aktiviert, indem eine Explizierung des Wissens bis zur vierten Ebene erfolgte. Außerdem

werden Zusammenhänge

zwischen den einzelnen

Know-how-Komponenten

illustriert; so besteht eine Verbindung zwischen der Erstellung des Know-how 1/2/2 und dem Know-howl/3/1. Ebenso ist auf kommunikativer Ebene ein Wissensaustausch

für die

Erlangung des Know-how 1/2/1 mit dem Know-how-TrägerA notwendig. Das Symbol der Uhr weist beispielsweise auf einen Experten hin, der sich an einem anderen Ort mit einem Zeitunterschied befindet. Schließlich kann die Interpretation des Bildes der Hände auf einen bevorstehenden Vertragsabschluß deuten. Es ist Aufgabe des Know-how-Engineers, die eingesetzten grafischen Objekte zu hinterfragen.

Der Know-how-Trägerl hat den Kern seines Erfahrungswissens im Sinne des Know-howSchalenmodells

schöpferisch zum Ausdruck

gebracht.

Seine verinnerlichten

Wissens-

strukturen wurden durch die Anwendung der Methode Mind-Mapping in die Gegenwart projektiert, um zukünftige innovative Prozesse zu gewährleisten. In bezug auf Forschungsund Entwicklungsprojekte müssen Unternehmen zukünftig zwei Anforderungen gerecht werden. Zum einen benötigt die Entwicklung einer neuen Technologie immer mehr Wissen aus unterschiedlichen Fachbereichen, wobei gleichzeitig der Bedarf an fachlichem Know-how sowie Erfahrungswissen einzelner Mitarbeiter steigt und zum anderen muß dieses Wissen sowohl zieladäquat als auch zeitgenau in das Entwicklungsvorhaben integriert Unternehmen können ihre Wettbewerbsvorteile verbessern, wenn sie die

werden.

Möglichkeit

besitzen, das Know-how der Experten zur richtigen Zeit an die geeigneten Empfänger zu transferieren. Dieses Vorgehen wird unter der Bezeichnung Wissenslogistik subsumiert [LuBW93],

62

Vgl. Ausführungen in Kapitel 5.4.5.1.

61

Internet-Adresse:

http://www.ozemail.com.au/~caveman/Creative/Basics/artists.htm

156

Know-how-Architektur

Die Revision des Mind-Maps von Know-how-Träger2 (vgl. Mind-Map „Detailliertes MindMap des Know-how-Träger2") resultiert in einer genaueren Gestaltungsweise seines stillschweigenden Wissens. Der Unterschied zu dem Blitz-Mind-Map bildet die Einbindung des Know-how-TrägerF in den Prozeß der Identifikation, da das Erfahrungswissen dieses Experten einerseits für die Bereitstellung des Know-how2/l/3 und andererseits für die Erstellung des Know-how2/3/2 maßgeblich ist. Daraus kann konkludiert werden, daß ein Know-how-Transfer zwischen Know-how-TrägerF und Know-how-Träger2 besteht, wobei der Letztgenannte durch die Verbindung mit zusätzlich erwähnten Experten wie Know-howTrägerW und Know-how-TrägerV unterstützt wird.

Know-how V/1

Mind-Map 11 : Detailliertes Mind-Map des Know-how-Träger2 Der Arbeitsschritt der Überarbeitung der Mind-Maps in Absprache mit dem Know-howEngineer bringt die GoMiMa zum Tragen, wobei insbesondere die Grundsätze der Vollständigkeit sowie der Klarheit gewährleistet werden.

5.4.5.4. Vervollständigung der Mind-Maps (4. Arbeitsschritt) Buzan weist auf die Bedeutung der mehrmaligen Revision von Mind-Maps hin [BuBu97. Seite 156f.]. Das illustrierte Wissen muß vom Know-how-Träger überdacht und überarbeitet werden. In diesem Stadium finden primär die GoMiMa und ihre Gesetzmäßigkeiten

Know-how-Architektur

157

Anwendung. Es kann die Situation eintreten, daß Schlüsselbegriffe mehrmals verwendet wurden, was zur Folge hat, daß bei der ersten Überarbeitung gleiche Gedankenstrukturen zu einem

gemeinsamen

Assoziationsast

zusammengefügt

werden.

Die

Möglichkeit

der

Substitution von Worten durch Bilder spielt eine wichtige Rolle. Erscheint eine Dimension des eigenen Know-hows für besonders relevant, empfiehlt es sich, ein getrenntes Mind-Map, welches das Handlungswissen zum Ausdruck bringt, zu erstellen. Beispielsweise ist es denkbar, daß sich der Wissensaustausch des Know-how-Träger2 mit dem Know-how-TrägerF so komplex gestaltet, daß ein gesondertes Mind-Map

erarbeitet

wird. Die

ständige

Veränderung des Mind-Maps erfordert eine Situation, daß die gesammelten Gedanken in einem neuen Mind-Map illustriert werden. Dieses ist die Summe des gesamten kreativen Schöpfungsprozesses zur Know-how-Gewinnung, -Weiterentwicklung und zum -Transfer.

Die Generierung von neuen Ideen und Erkenntnissen wächst, wenn der Mensch sich Ruheund Erholungsphasen

(Inkubation)

[BuBu97. Seite

160f.] einräumt. Der Einfluß des

Parasympathikus als Teil des vegetativen Nervensystems überwiegt, wenn der Organismus auf Erholung und Schonung eingestellt ist. Im Zusammenhang mit der Know-how-Thematik erscheint dieses Stadium als besonders beachtenswert, da der Prozeß des radialen Denkens vergrößert wird. Sowohl die epistemologische als auch die

kognitiv-individualistische

Dimension von Know-how kann sich entfalten und neues implizites Wissen hervorbringen. Für Buzan ist das Vorgehen für die Erstellung eines Mind-Maps abgeschlossen, wenn ein Soll-Ist-Vergleich

durchgeführt wird. Es wird überprüft, ob das vorliegende Kunstwerk der

ursprünglichen Initialidee bzw. dem Know-how der Experten entspricht.

Vom Grundsatz der Vollständigkeit und Klarheit der Mind-Maps der Experten hängt die Qualität ab. Der Know-how-Engineer muß mit seinem Projektteam die Anforderung erfüllen, daß die analysierten Mind-Maps einen hohen Qualitätsstandard aufweisen. Gewinnt der Know-how-Engineer

den

Eindruck,

daß

die

Mind-Maps

nicht

den

erwünschten

Detaillierungsgrad aufweisen, so muß der Vorgang der Überarbeitung und Analyse solange wiederholt werden, bis der Experte und der Know-how-Engineer gemeinsam einen Konsens über die Repräsentation der geistigen Strukturen gefunden haben. Dieser Gedanke wird in Abbildung „Arbeitsschritte im Prozeß der Know-how-Identifikation" durch das Symbol der Schleife visualisiert.

158

Know-how-Architektur

Für den Fall, daß der Grundsatz der Vollständigkeit nicht erfüllt ist, muß der Know-howEngineer ein Interview mit den Know-how-Trägem durchführen, um deren Gedanken zu verfeinern und Verständnisfragen zu klären. Kahaner64 hat darauf hingewiesen, daß die Form des indirekten Interviews für die Phase der Planung von besonderer Bedeutung ist. Heinrich ordnet die Methode des Interviews [Hein96. Seite 366ff.] der Istzustandserfassung zu und erwähnt, daß die Erhebungsmethode der Befragung für diesen Prozeß unverzichtbar sei [Hein96. Seite 335]. Bullen [Bull95] diskutiert den Einsatz der Interviewtechnik, um die Bedeutung des Terminus der Produktivität von Wissensarbeitern zu messen. Diese Experten müssen über ihre Aktivitäten befragt werden, um zu analysieren, was jene unter dem Terminus der Produktivität verstehen. Beispielsweise listet ein Produktdesigner die Fähigkeit auf, Einzelteile im Designprozeß wiederzuverwenden. Diese Aussage über Produktivität wird im Interview spezifiziert, um Nachforschungen für weitere Verbesserungen vorzunehmen, d.h. „the interviewer could begin to investigate ways in which to faciliate or improve that productivity" [Bull95. Seite 18].

Hugl [Hugl95] erörtert die qualitative Inhaltsanalyse und Mind-Mapping. Diese qualitativen Ansätze werden als mögliche Forschungsmethoden

für unterschiedliche

betriebswirt-

schaftliche Bereiche (z.B. Organisationsforschung) vorgestellt. Mind-Mapping wird als qualitative Methode zur Erhebung von Know-how-Strukturen bei Experten angewendet. Der Know-how-Engineer wird sich auf den Typus der qualitativen Forschungsmethoden [Hugl95; FKKR95; Frie90; Lamn95a; Lamn95b; MiHu94] als zentrale Datenbasis für die detaillierte Erforschung des Know-hows konzentrieren. Das qualitative Interview ist für die Gewinnung von detaillierten Wissensstrukturen für den Know-how-Engineer von Relevanz.

Das Bureau of Applied Social Research verwendet folgende Definition: „das qualitative Interview hat in der Sozialforschung die Aufgabe, Angaben über Einstellung, Erfahrung und Verhalten zu einem bestimmten Gegenstand zu erfragen, und zwar derart, daß die Reaktionen verschiedener Befragter verglichen werden können" [Köni68. Seite 146]. Das Ziel des qualitativen Interviews kann darin gesehen werden, daß dem Forscher in Form eines freien Gespräches die Möglichkeit eröffnet wird, zusätzliche Informationen zu gewinnen, die sich aus individuellen Besonderheiten des Befragten ergeben [BeEE96], Das qualitative Interview weist andere Strukturen auf als das vollstandardisierte sowie teilstandardisierte Interview. Die

" Vgl. Ausführungen in Kapitel 5.4.1.

Know-how-Architektur

159

erste Variante sieht explizit formulierte Fragen vor, während die zweite Form sich durch die Verwendung

eines

Interviewleitfadens

auszeichnet.

Interviews kann das Ausmaß der Standardisierung quantitativ-standardisierten

Als

Dimension

des

qualitativen

angeführt werden. Im Gegensatz zu einer

Sozialforschung sieht die qualitative Methode keine strikte

Fragenreihenfolge, Antwortkategorien und vorgegebene Formulierungen vor. Dies bedeutet, daß der Know-how-Engineer eine offene Befragung mit den Know-how-Trägern durchführt, die dadurch gekennzeichnet ist, daß er keinen Fragebogen und kein festes Frageschema anwendet. Der Interviewer möchte dadurch verfeinerte und zusätzliche Informationen vom Experten über seine im Mind-Map offengelegten kreativen Ideen vermittelt bekommen [HoGu98. Seite 113ff.].

Lamnek [Lamn95b. Seite 59f.] charakterisiert qualitative Interviews folgendermaßen: •

„Qualitative Befragungen sind mündlich-persönlich,

nehmen also die Form des Interviews

an. •

Es handelt sich um nicht-standardisierte

Interviews, denn gerade durch die notwendige

situative Anpassung sind vorformulierte Fragen und deren Reihenfolge nicht vorgebbar. •

Es werden ausschließlich offene Fragen gestellt.



Der Interviewerstil ist neutral bis weich.



Im Hinblick auf die Intentionen des Interviews handelt es sich vornehmlich vermittelnde,



um

aber durchaus auch um ermittelnde Interviews.

Aufgrund der häufig recht intimen und sehr persönlichen Themen versteht sich, daß ein qualitatives Interview eine Einzelbefragung

darstellt."

Das qualitative Interview zeichnet sich erhebungstechnisch dadurch aus, daß die Fragen vorab nicht fest vorgegeben sind, damit eine offene Gesprächssituation vorliegt. Bei dieser Form des Interviews nimmt der Interviewer, also der Know-how-Engineer, die passive Rolle in der Kommunikation ein, da er primär den Experten anregen soll, sein Assoziationsvermögen verstärkt zu verwenden. Die aktive Position fallt dem Interviewten, dem Know-how-Träger, zu, welcher sein Erfahrungswissen artikulieren soll, um den Grundsatz der Vollständigkeit zu gewährleisten. Qualitative Interviews lassen sich in verschiedene Formen unterteilen, wie narratives Interview, problemzentriertes Interview, fokussiertes Interview, Tiefeninterview und rezeptives Interview [Lamn95b. Seite 68ff.; Hopf95. Seite 177ff.]. Die qualitativen Forschungsmethoden unterstützen den Know-how-Engineer beim Prozeß der Externalisation

Know-how-Architektur

160

von Qualifikationen der Know-how-Träger. Die Interviewsituation muß so aufgebaut sein, daß eine Umgangsform mit den Experten entsteht, welche auf einer gegenseitigen Akzeptanz begründet ist. Dies bedeutet, daß ein offener Gesprächsstil zwischen den Beteiligten für die Zielerfüllung angemessen ist. Der Know-how-Engineer nimmt die Rolle einer zuhörenden Person

ein

und

muß

den

Know-how-Träger

anregen,

sein

Handlungswissen

zu

kommunizieren. Die Experten sind gefordert, sich mit ihren im Mind-Map bildhaft erklärten Gedanken auseinanderzusetzen und detailliert dem Interviewer mitzuteilen. Inhaltlich gestaltet sich die Interview Situation in die Richtung, daß der Befragte die dominierende Stellung einnimmt; allerdings besteht für den Know-how-Engineer auch die Möglichkeit, sich Äußerungen durch zusätzliche Fragen näher erläutern zu lassen.

Lamnek [Lamn95b. Seite 106] weist darauf hin, daß für den Interviewten eine angenehme Situation entsteht, denn er kann seine eigenen Erfahrungen und Vorstellungen ohne Unterbrechungen kundmachen, da er sich durch den interessierten Interviewer verstanden fühlt. Der Know-how-Träger muß die Fähigkeit besitzen, sich zurückzuhalten und eine Atmosphäre der Vertraulichkeit zu schaffen. Der Prozeß der Know-how-Identifikation ist durch das Können des Know-how-Engineers geprägt, einen Zugang zur Darlegung der Expertengedanken zu gewinnen, d.h. ihm kommt die Aufgabe zu, den Grundsatz der Vollständigkeit und Klarheit der Mind-Maps zu verwirklichen. Die GoMiMa werden durch die Gesetzmäßigkeit unterstützt, Fragen65 mit dem Ziel zu stellen, kreative Denkblockaden abzubauen. Der Prozeß der Kreativität wird gefördert, wenn der Know-how-Engineer die passenden Fragen zur Anregung von weiteren Assoziationen stellt. Im Gegensatz zur quantitativen Methodologie weist die qualitative Forschung eine höhere Flexibilität des Forschungsprozesses auf, da das Forschungsfeld breiter und tiefer ausgeleuchtet werden kann [Lamn95a. Seite 237], weil es unter anderem zu einem Einsatz wechselnder Methoden kommt.

Starbuck [Star97] wendete bei Untersuchungen über „knowledge-intensive firms" die Methode des Interviews an und machte die Beobachtung, daß sich mit den scharfsinnigen und intelligenten Experten interessante Konversationen ergaben. In seinem Forschungsprojekt mußte er nur einige Themenbereiche ansprechen und die Experten „would begin to extrapolate - telling me who eise I should interview, what issues ought to interest me, where K

Vgl. Ausführungen in Kapitel 5.2.3.3.

Know-how-Architektur

161

my assumptions seemed wrong, and how their worlds look to them" [Star97. Seite 155], Der Einsatz der Methode des Interviews fuhrt dazu, daß die Know-how-Träger dem Interviewer einen Einblick in ihre Gedankenstrukturen geben sowie Informationen erteilen, welche weiteren Personen noch zu befragen seien.

Der vierte Arbeitsschritt zeichnet sich durch den Prozeß der Detaillierung der Mind-Maps der Experten aus. Es liegt im Aufgabenbereich des Know-how-Engineers, das implizite Wissen der Know-how-Träger zu identifizieren und zu analysieren, um vorhandene Stärken und Schwächen herauszuarbeiten. Die Methode des Interviews dient als Hilfsmittel, um den IstZustand zu verbessern. Der Know-how-Engineer muß alle Voraussetzungen schaffen, damit die Know-how-Träger ihre Vorstellungen über die Fertigkeiten und die Konstellation zu anderen Experten darlegen und zwar in der Hinsicht, daß diese möglichst ausführlich, gründlich und genau geschildert werden. Auf diese Weise wird die Basis für eine Interpretation der Know-how-Strukturen geschaffen.

5.4.5.5. Identifikation weiterer Know-how-Träger (5. Arbeitsschritt) Die Erstellung von detaillierten Mind-Maps beinhaltete die Identifikation von neuen Knowhow-Trägern, welche von den Führungskräften im Portfolio nicht positioniert wurden. Als Folge verfaßt der Know-how-Engineer ein Verzeichnis aller identifizierten Know-howTräger. Diese Know-how-Bestandsliste

gibt Aufschluß über die derzeit bekannten sowie

zusätzlich eruierten Experten. Diese Expertenliste ist beispielsweise um den Know-howTrägerA, Know-how-TrägerF, Know-how-TrägerV sowie Know-how-TrägerW zu ergänzen, da diese als zusätzliche Problemloser vom Know-how-Trägerl und Know-how-Träger2 angegeben wurden. Dies hat zur Konsequenz, daß der Know-how-Engineer gemeinsam mit den Führungskräften das Know-how-Portfolio 66 um die neuen Know-how-Träger erweitert (vgl. Abbildung „Erweitertes Know-how-Portfolio"). Die Neupositionierung bewirkt, daß der Know-how-Engineer zwischen internen und externen Know-how-Trägern differenzieren muß. Interne Experten

repräsentieren

Personen,

welche

innerhalb des Unternehmens

ihre

Fertigkeiten für die Lösung von Problemen zur Verfügung stellen; während externe Knowhow-Träger sich auf Experten außerhalb des Unternehmens beziehen. Ein Unternehmen darf

M

Vgl. Abbildung „Know-how-Portfolio"

und Abbildung „Beispiel

Know-how-Portfolio"

162

Know-how-Architektur

sich nicht nur um die Fähigkeiten seiner internen Mitarbeiter bemühen, sondern muß auch mit externen Partnern kommunizieren, insofern diese ihre kreativen Ideen importieren.

Know-how-Träger3

.

Know-how-TrägerV Know-how-Trägerl

Know-how-TrägerF

Know-how-TrägerA Know-how-Träger2

Know-how-TrägerW

niedrig Derzeitiges

unternehmerisches

Know-how

Legende: Bekannte Know-how-Träger

£

| Neu identifizierte K n o w - h o w - T r ä g e r

Abbildung 30: Erweitertes Know-how-Portfolio

In Ergänzung zu diesem Prozeß vollzieht sich anschließend der Vorgang, das implizite Wissen in Mind-Maps abzubilden. Dies bedeutet, daß die Arbeitsschritte eins bis vier im Prozeß der Know-how-Identifikation solange durchlaufen werden, bis das intuitive Wissen aller Know-how-Träger in detaillierten Mind-Maps zum Ausdruck kommt. Die Transparenz über vorhandene Know-how-Träger mit ihren Fertigkeiten wird erhöht. Die Know-howLücke wurde minimiert, da sich der Informationsstand der Geschäftsführung über die vorhandenen Know-how-Potentiale erweitert hat. Der Output des Prozesses der Know-howIdentifikation ist eine Know-how-Bestandsliste aller eruierten Know-how-Träger sowie der dazugehörigen Mind-Maps, welche das „tacit knowledge" der Experten reflektieren. Den Know-how-Managern kommt die Funktion zu, ihre kreativen Mitarbeiter und Wissenschaftler wie Dirigenten eines Orchesters zu fuhren, d.h. „guide their artists, artisans, and scientists more like conductors leading an orchestra (...). The leader's most important function will be to inspire by articulating a clear vision of values, strategies, and objectives (...)" [Wait96. Seite 179].

163

Know-how-Architektur

5.5. Prozeß der Adaption „Sorne people claim not to be interested in the logic of creativity and are impatient to get on with the practical

techniques.

This is a mistake, because you will not use the tools effectively unless you know what lies behind the design of the tooi " (Edward de Bono)

5.5.1.

Ziel und Aufgabe des Prozesses der Adaption

Den Input für den Prozeß der Adaption liefern die Mind-Maps der Know-how-Träger. Der Prozeß der Vorstudie und der Identifikation sind durch die Analyse des Ist-Zustands determiniert. Der Prozeß der Adaption ist bereits auf die Transformation zu einem Knowhow-Unternehmen fokussiert, d.h. es wird von einem sollzustandsorientierten

Ansatz

ausgegangen. Das Ziel des Prozesses der Adaption kann wie folgt geschildert werden:

Ausgangspunkt überarbeitete

bilden

die

offengelegten

Grundkonzeption.

Sollten

Mind-Maps

der Know-how-Träger,

die Mind-Maps

noch

nicht

ihre

Verfeinerung erreicht haben, so ist es das Ziel des Prozesses der Adaption, eine vorzunehmen.

Der

Know-how-Engineer

hat

die

Option,

durch

Kreativitätstechniken

die Verfeinerung der Mind-Maps zu bewirken. Gemäß des der Klarheit

Erfahrungswissen

der Experten

zu interpretieren,

Detaillierung von

Grundsatzes

ist es das Ziel, das

um Grundlagen

die

vollkommene

die Anwendung

der Vollständigkeit,

und der Vergleichbarkeit

also

intuitive

für den Prozeß

der

Vernetzung zu schaffen. Der Prozeß der Adaption verwendet eine Methodik, welche auf die Interpretation der Mind-Maps orientiert ist.

Dem Know-how-Engineer liegt eine Vielzahl von Mind-Maps der Experten vor, welche im Prozeß der Adaption durch die Anwendung von weiteren Techniken detailliert werden, um einzelne Assoziationen zu ergänzen, zu korrigieren, zu verfeinern oder noch fehlende Verknüpfungen zu aktivieren. Es sollte die gesamte Bandbreite der corticalen Fertigkeiten, wie Bild, Wort, Logik, Rhythmus, Farbe und räumliches Bewußtsein, kombiniert werden. Die verschiedenen Assoziationsverzweigungen in den Mind-Maps müssen gemäß den GoMiMa und ihren Gesetzmäßigkeiten bearbeitet werden.

164

Know-how-Architektur

Somit lassen sich folgende Aufgaben formulieren: (1) Anwendung von Kreativitätstechniken zur Detaillierung der Mind-Maps. (2) Verfeinerung des radialen Denkens der Know-how-Träger, indem die überarbeitet

werden.

Vorhandene

Text-,

Mind-Maps

Video- und Tonaufzeichnungen

müssen

umgesetzt werden. (3) Interpretation der Mind-Maps durch den Know-how-Engineer, mit dem Ziel einen Thesaurus zu entwickeln.

Die einzelnen Arbeitsschritte im Rahmen des Prozesses der Adaption stellt Abbildung „Arbeitsschritte im Prozeß der Adaption" vor.

Abbildung 31: Arbeitsschritte im Prozeß der Adaption

Der Prozeß der Adaption komplementiert bestehende Gedankenstrukturen der Experten, indem das Ziel realisiert wird, das „tacit knowledge" weiter zu präzisieren und explizieren, um den Vorgang der Know-how-Kodifizierung, Know-how-Generierung und des Know-howTransfers zu bewerkstelligen.

Know-how-Architektur 5.5.2.

165

Anwendung von Kreativitätstechniken (1. Arbeitsschritt)

Die strahlenförmige Architektur der Mind-Maps basiert auf der Annahme, daß die Kreativität des Einzelnen leichter zur Entfaltung gelangt. In Anbetracht der kreativen Natur des menschlichen Gehirns unterstützt die Anwendung von Kreativitätstechniken den Know-howEngineer bei seiner Tätigkeit, mehr Informationen über die in den Ästen repräsentierten Assoziationen zu erhalten, indem das kreative Potential der Know-how-Träger gefordert wird. Das Ziel des Einsatzes von Kreativitätstechniken beruht auf der Entwicklung von individuellen Problemlösungen fiir die Kunden. Kreativitätstechniken können einerseits in analytisch-systematische und andererseits in intuitiv-kreative Methoden gegliedert werden [Joha97.

Seite 44ff.]. Das zuerst

genannte

Einteilungskriterium

beruht

auf

einer

systematischen Aufteilung der Probleme in Subsysteme, wobei die einzelnen Elemente eines Problems unterschiedlich kombiniert werden. Das Ziel der Variationen der Elemente liegt in der

Zusammenstellung

von

verschiedenen

Kombinationsmöglichkeiten,

und

der

anschließenden Auswahl der optimalen Lösung. Den analytisch-systematischen Techniken lassen sich folgende Methoden zuordnen: morphologischer Kasten, Funktionsanalyse, Attribute Listing (Eigenschaftsliste), Problemfelddarstellung, Wertanalyse und sequentielle Morphologie [Joha97. Seite 99ff.]. Für intuitiv-kreative Techniken ist charakteristisch, daß durch spontane Einfälle, Assoziationen oder Analogien Lösungen bzw. Alternativen für ein Problem entwickelt werden. Das radiale Denken soll zu einer geistigen Freiheit der Knowhow-Träger befähigen und die implizierten Fähigkeiten zur Entwicklung bringen. Der Theorie des Mind-Mappings liegt ein offener und qualitativer Charakter zugrunde. Deshalb ist primär die Verwendung von intuitiven Problemlösungsverfahren angemessen, denn im Prozeß der Adaption steht die Verfeinerung und Ergänzung des Erfahrungswissens der Experten im Vordergrund. Dennoch obliegt es dem Know-how-Engineer die intuitiv-kreativen mit analytisch-systematischen Techniken zu kombinieren, um entstehende Synergieeffekte zwischen den Problemlösungstechniken auszunutzen und die Wahrscheinlichkeit für die Findung neuer Ideen und Assoziationen zu erhöhen. Nach Heinrich sind Kreativitätstechniken „Methoden zum Definieren und Lösen schlechtstrukturierter Probleme durch Anwendung intuitiver Probierverfahren" [Hein96. Seite 307], Dies bedeutet im Kontext der Know-howThematik, daß mit Hilfe von verschiedenen Techniken alternative kreative Ideen von den Know-how-Trägern generiert werden. Zu den kreativ-intuitiven Techniken zählen das Brainstorming, das Brainwriting, die Synektik sowie die Checklisten [Joha97. Seite 47ff.]. Im folgenden werden einige Kreativitätstechniken diskutiert [Hein96. Seite 305ff.; HiWi96; Joha97; Musi81; Plse97; Tiet89. Seite 50ff.]:

Know-how-A

166 1. Brainstorming-Technik.

rchitektur

Der Know-how-Engineer bringt mehrere Know-how-Träger mit

ähnlichen Assoziationen zusammen, wobei diese Personen ihre Gedanken präzisieren sollen. Das Ziel der Technik ist die gesamte Aufmerksamkeit auf die Ideenproduktion zu richten und dabei Bewertungen weniger zu berücksichtigen, denn es gilt das Prinzip der „Zurückstellung der Beurteilung". Folgende Schritte lassen sich unterscheiden: •

Formulierung der konkreten Frage durch den Know-how-Engineer. Er nimmt die Rolle des Moderators ein.



Versammlung der Teilnehmer. Damit die Sitzung effektiv verläuft, werden die partizipierenden

Personen

darauf

hingewiesen,

daß

ihr

Input

für

die

Ideengenerierung wertvoll ist, wobei die gesammelten Gedanken im Unternehmen anschließend zirkulieren sollen [Grec98]. •

Know-how-Träger werden über das Problem bzw. die Assoziationen informiert, d.h. der Know-how-Engineer muß den Experten seine Fragen erläutern.



Alle Ideen, die im Zusammenhang mit dem Problem stehen, werden formuliert. Die Teilnehmer

sollen

ungehemmt

ihre Assoziationen

zu

einer

Problem-

lösungssituation hervorbringen. Der Technik des Brainstormings liegt das Prinzip „Quantität

erzeugt

Qualität"

zugrunde,

welches

auf

die

Erkenntnisse

der

Assoziationspsychologie zurückzuführen ist. Dieses Prinzip besagt, daß eine Generierung der originellsten Ideen in der letzten Hälfte der Sitzung stattfindet, da in

der

Anfangsphase

die

Artikulierung

der

allgemeinen

Vorstellungen erfolgt, d.h. es müssen die dominierenden

und

einfachen

Gedankenstrukturen

ausgeschaltet werden, um neue Ideen zu entwickeln. •

Förderung weiterer Ideen durch Verbindung und Ergänzung vorgetragener Ideen.



Ordnung der Ideen in der Brainstorming-Gruppe.

In der an das Brainstorming anschließenden Diskussion wird versucht, die eigenen Gedankenstrukturen unter Einbeziehung der Perspektiven der anderen Teilnehmer zu erweitern oder zu korrigieren. Die gewonnenen Ideen können auch unter Zuhilfenahme der Osborn-Verfremdung [Hein96. Seite 31 Of.] verändert werden, indem die von Osborn entwickelten Gesetze der Assoziation, der Ähnlichkeit, des Gegensatzes

und

der

angrenzenden Lösungssuche benutzt werden. Die von Osborn vorgeschlagene „verbale Checkliste" beinhaltet Fragen zu einem bestehenden Produkt, Service oder Prozeß. Das Ziel des Verfahrens ist die Verbesserung und Weiterentwicklung von Produkten, indem es durch die wiederholte Anwendung von marktorientierten Fragen zu Innovationen kommt

167

Know-ho w-A rchitektur

[HiWi96]. Die „verbale Checkliste" zur Verbesserung eines Produktes oder einer Dienstleistung

beinhaltet

folgende

Fragestellungen:

Neuer

Nutzen?,

Anpassen?,

Modifizieren?, Verstärken?, Verkleinern?, Austauschen?, Neu anordnen?, Gegenteiliges? und schließlich Kombinieren?. Nachdem durch die Brainstormingsitzung neue Ideen generiert wurden, müssen diese anschließend bewertet werden, denn die Beurteilung der Ideen wurde bis dato zurückgestellt und auf jede Form der Kritik der vorgetragenen Ideen verzichtet. Higgens [Higg95] weist darauf hin, daß die Methode Mind-Mapping als ein Prozeß des Brainstormings betrachtet werden kann, da so viele Ideen wie möglich zu einem Thema aufgezeichnet werden. Mind-Mapping dient nicht nur zu Generierung von neuen Ideen, sondern auch zum Training der intuitiven Fähigkeiten, um „identifying all the issues and subissues related to a problem, as well as the solutions to a problem and their pros and cons" [Higg95. Seite 25], 2. Die Technik des Brainwritings

entwickelte sich aus dem Brainstorming und unterscheidet

sich durch die Darlegung der Lösungsansätze in schriftlicher Form. Eine Ausprägung stellt die von Rohrbach vorgeschlagene „Methode 635" dar. Der Terminus der Methode leitet sich aus seiner Vorgehensweise ab. Das Verfahren umfaßt sechs Teilnehmer, welche drei Lösungsansätze eruieren. Nach etwa fünf Minuten gibt jeder Teilnehmer sein Blatt an ein anderes Gruppenmitglied weiter, welches die Lösung des Kollegen zur Kenntnis nimmt und weitere drei Vorschläge hinzufügt, d.h. aufbauend auf den Erkenntnissen des Vorgängers wird das Problem weiterentwickelt. Der Vorteil der Methode ergibt sich aus dem Vermeiden von internen Gruppenproblemen, da jeder Teilnehmer für sich arbeitet. 3. Die Synektik

wendet

die Methode

der

Analogien

an,

um

mit

Hilfe

bekannter

Lösungsstrukturen die Lösung für ein anderes Problem zu finden. Die Technik der Synektik analysiert Probleme, verfremdet diese, und auf der Basis der Verfremdung werden Lösungen ausgearbeitet. Das Modell der Synektik beginnt mit der Definition des Problems, wobei die Teilnehmer angeregt werden, spontane Lösungsvorschläge zu präsentieren mit dem Ziel, weitere kreative Ansätze zu erhalten. Der Vorgang der Neuformulierung der Probleme und der Zerlegung in Teilprobleme schließt sich an. Der folgende Schritt ist auf das Auffinden von Analogien fokussiert, d.h. es wird nach analogen Problemlösungen gesucht. Drei Formen von Analogien werden unterschieden: •

Bei der direkten Analogie

(„direct analogy")

werden parallele Problemlösungen

gesucht, wobei einerseits bei technischen Problemen auf Analogien aus der Natur zurückgegriffen wird und andererseits bei Problemen aus der Natur Analogien aus dem Bereich der Technik gewählt werden.

168

Know-how-Architektur •

Zur Überprüfung der Lösbarkeit des Problems wird jeder Teilnehmer angehalten, seine persönlichen

Analogien

(„personal

analogy")

für dieses Problem

zu

entwerfen. Kennzeichnend ist die Verwendung von W-Fragen, wie zum Beispiel „was würde ich tun ...?" oder „wie kann ich das Ziel erreichen ...?". Die Teilnehmer sollen einen Stil in der Ich-Form wählen und in ihre Äußerungen erlebte Situationen einfließen lassen. •

Eine weitere Abstraktion von der Problemlösung wird durch die Analogie

(„symbol

analogy")

symbolische

erreicht, indem das Problem im Rahmen der

Symbolanalyse auf wenige Worte reduziert wird. Die Kreativitätstechnik der Synektik ist durch die Ermittlung von Analogien geprägt. Die Endphase der Vorgehensweise konzentriert sich auf die Herstellung von Beziehungen zwischen den Analogien und dem ursprünglichen Problem. Die Synektikgruppe diskutiert und analysiert die Vorschläge und formuliert für das Problem eine Lösung. Die nachfolgende Abbildung legt den Prozeß der Synektik dar [Tiet89. Seite 53].

Svnektischer Trichter^

7

Problemstellung Analyse und Information Spontanreaktion Neufoimuliening des Problems

Erste direkte Analogie Persönliche Analogie Symbolische Analogie

Projektion

Zweite direkte Analogie

Beschreibung

Abbildung 32: System der Synektik nach Tietz In Anlehnung an die Technik der Synektik für Problemlösungen wendet der Know-howEngineer diese Methode auf die Know-how-Thematik an, indem die Know-how-Träger über illustrierte Formen und ihr intuitives Wissen in den Mind-Maps

diskutieren.

Ausgangspunkt bildet die Erforschung eines öfters angeführten Gedankens verschiedener Experten. Die kreativen Know-how-Träger werden aktiviert, nach Analogien zu ihrem

Know-how-Architektur

169

Erfahrungswissen zu suchen. Nonaka/Takeuchi 67 weisen auf die Form der Analogien hin, um das „tacit knowledge" in „explicit knowledge" zu transformieren. Die Gruppe diskutiert die Ergebnisse und konzentriert sich auf die ursprüngliche Ausgangsbasis des Know-how-Engineers. Da die Kreativitätstechniken das Ziel verwirklichen helfen, die Mind-Maps zu verfeinern, bietet sich die Technik der Synektik an. Das Ergebnis stellen die detaillierten Mind-Maps der Know-how-Träger dar, welche Verbindungen zu analogen Vorgehensweisen der Experten beinhalten. Tietz macht die Anmerkung, daß die Technik der Synektik trotz des hohen Schwierigkeitsgrades als eine besonders fruchtbare Kreativitätstechnik betrachtet werden kann [Tiet89. Seite 53].

Das Ziel des Einsatzes von Kreativitätstechniken im Prozeß der Adaption liegt in der Generierung von neuen Ideen, im besseren Verständnis der Mind-Maps durch den Knowhow-Engineer und in der Forcierung des kreativen Verhaltens der begründet. Die Know-how-Träger lernen von den kreativen

Know-how-Träger

Problemlösungsstrukturen

anderer Experten. Ein dialogisches Lernen befähigt die Know-how-Träger, ihr eigenes Erfahrungswissen

auszutauschen

und

ihre

Kompetenzen

auszuweiten,

denn

„Kompetenzentwicklung funktioniert in Wechselwirkung von Motivation und der Zunahme von Wissen und Können" [Berg96b. Seite 215]. Eine methodische Unterstützung von Analyse-

und

Lerntechniken

soll

den

Know-how-Träger

befähigen,

die

Probleme

eigenständig zu lösen. Der Know-how-Engineer erhält einen tieferen Einblick in den individuellen Schöpfungsprozeß, da die Fähigkeiten detaillierter transparent gemacht werden. Somit eröffnen Kreativitätstechniken die Option, die Kreativität zu stimulieren. Es ist erforderlich, daß der Know-how-Engineer sich durch Methodenkompetenz auszeichnet, denn die

Know-how-Träger

müssen

ihn

als

Moderator

akzeptieren,

um

mehr

über

ihr

Handlungswissen zu kommunizieren.

Know-how-Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern die Möglichkeit gewähren, ihr kreatives Potential zur Entfaltung zu bringen, um den Kunden innovative Ideen zu präsentieren. Der langfristige Erfolg eines Unternehmens beruht auf der Herausforderung, mittels der Methode Mind-Mapping die Probleme und die individuellen Bedürfnisse der Kunden zu lösen. Plsek [Plse97] hat ein Modell für den Kreativitätsprozeß entwickelt und verwendet dieses Modell im Kontext von Qualitätsmanagement, indem durch Kreativität dem Kunden innovative

67

Vgl. Ausführungen

in Kapitel

3.3.3.3.

Know-how-Architektur Lösungen angeboten werden können. Die Abbildung „Kreativitätsmodell nach Plsek" legt die vier Phasen dar [Plse97. Seite 71]:

Abbildung 33: Kreativitätsmodell nach Plsek

Ausgangspunkt des Zyklus' bildet die Vorbereitungsphase

(„Preparation"),

welche auf den

Sachverhalt fokussiert ist, daß kreative Ideen nicht plötzlich entwickelt werden können. Ein Individuum muß seine geistigen Aktivitäten auf den Kreativitätsprozeß einstellen, indem die im menschlichen Gedächtnis gespeicherten Muster, Vorstellungen und mentalen Modelle aktiviert werden. Als unterstützende Methoden listet Plsek die Suche nach Analogien, die Entwicklung von Szenarien, die Gewährung von Erholungsphasen und die Berücksichtigung von

Sichtweisen

anderer

Experten

auf

[Plse97.

Seite

96ff.].

Der

Nutzen

der

Vorbereitungsphase darf für innovative Prozesse nicht unterschätzt werden, da das Ziel die Gewinnung von zusätzlichen Ideen ist, d.h. „the goal is to have more identified and available mental valleys than when you began" [Plse97. Seite 116].

Der

zweite

Quadrant

(„Imagination").

in

der

Abbildung

bezieht

sich

auf

die

Imaginationsphase

Diese Phase ist geprägt durch die Transformation der gespeicherten

kreativen Vorstellungen in die Generierung von Ideen. Die mentalen Modelle müssen in einer Art und Weise miteinander kombiniert werden, damit neue Ideen entstehen, denn Kreativität ist „the connecting and rearranging of knowledge - in the minds of people who will allow

171

Know-how-Architektur

themselves to think flexibly - to generate new, often surprising ideas that others judge to be useful" [Plse97. Seite 28]. Die Imaginationsphase nimmt im Kontext des Prozesses der Adaption eine zentrale Position ein, da durch kreative Assoziationen die in den Mind-Maps offengelegten Erkenntnisse detailliert und vervollständigt werden. Die von Plsek vorgestellten Methoden für die „Imaginationphase" ergänzen die bereits angeführten Techniken, wobei einige Techniken 68 im folgenden ergänzend angeführt werden [Plse96; Plse97. Seite 123ff.]: (1) Brainstorming zählt zwar zu den Techniken, um neue Ideen zu erzielen, jedoch wird kritisch angemerkt, daß der Imaginationsphase wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Der Schwerpunkt liegt auf dem Prinzip der Quantität, während der Aspekt außer acht gelassen wird, mit welchen Methoden am Beginn der Sitzung neue Ideen generiert werden können. Das klassische Brainstorming kann durch Varianten verändert werden wie beispielsweise die Methode „Phillips 66", welche eine große Gruppe in einzelne Gruppen mit jeweils sechs Teilnehmern aufteilt. Jeder dieser Gruppen hat sechs Minuten Zeit, Ideen zu sammeln oder eine Problemlösung vorzustellen. (2) Durch eine Auswahl von Techniken, welche die mentalen Prozesse anregen, um kreative Ideen zu produzieren, soll der Einzelne herausgefordert werden und sich inspirieren lassen, innovativ zu denken. •

Die

kreativen

(„Imagination gewählten

Gedanken by

word

Begriff

können

play")

werden

eine

durch

die

Anwendung

stimuliert werden. korrespondierende

Ausgehend Idee,

von

Wortspielen

von einem frei

Synonyme

oder

auf

spielerische Art eine neue Kombination gesucht. Dies bedeutet, der Know-howEngineer wählt in Abstimmung mit den Know-how-Trägern einige Termini aus und läßt die Experten neue Assoziationen entwickeln. Beispielsweise erwähnt Plsek die Verben

minimieren,

maximieren,

modifizieren, teilen,

integrieren,

eliminieren,

vergleichen oder symbolisieren. Die Begriffe werden manipuliert, indem nach neuen Einfällen gesucht wird. •

Eine Variation der Wortspiele liegt in der Verwendung von zufällig Hauptwörtern

(„List of random nouns"),

ausgewählten

wie zum Beispiel der Begriffe Amöbe,

Schirm, Zirkus, Sandwich, Schlange oder Strahlung.

6S

Die Internet-Adresse

von Plsek lautet: http://www.directedcreativity.com.

Phasen des Kreativitätsmodells

werden erläutert.

Die einzelnen Techniken

in den

Know-how-Architektur

172 •

Auch die Methode

der Visualisierung

(„ imagination

by visualization")

kann den

kreativen Prozeß beim Experten fordern, wobei diese Methode in Kombination mit Mind-Mapping als besonders relevant erachtet werden muß. •

Eine vierte Methode zur Generierung von Ideen stellt die Umkehrung („imagination provokative

by reversals") Einfalle

von

Gedanken

dar. Die Know-how-Träger sind angehalten, sich durch

inspirieren

zu

lassen,

d.h.

durch

die

Diskussion

einer

gegenteiligen Annahme wird der mentale Vorgang initiiert. (3) Die von de Bono entwickelte „alternatives from

fixedpoints"

Methode stellt ein weiteres

Instrument in der Imaginationsphase dar. Die Intention ist die Herleitung von Alternativen zu einem derzeitigen Verhalten, indem man sich von vorhandenen Vorgängen distanziert. Den Ausgangspunkt stellt die Fokussierung auf ein bestimmtes Thema dar, wobei zur Ermittlung der „fixed points" Fragen wie „Was ist der Zweck?", „Wo liegt der Nutzen?" oder „Was passiert?" gestellt werden. Anschließend werden alternative Vorgehensweisen gesucht, welche zur Realisierung der „fixed points" führen. Ein Beispiel [Plse97. Seite 217ff.] zur Anwendung dieser Technik ist die Verkürzung der Wartezeiten bei der Essensausgabe in Kantinen oder Selbstbedienungsrestaurants. Zur Identifikation der „fixed points" werden die Kunden befragt, warum es ihnen ein Anliegen ist, die Mahlzeiten möglichst rasch zu erhalten. Die Antworten der Kunden stellen die „fixed points" für die Generierung von alternativen Vorschlägen dar. Wenn das Bedürfnis der Kunden ist, schnell an den Arbeitsplatz zurückzukehren, so kann eine kreative Alternative die Einrichtung eines Zimmerservices wie im Hotel sein, d.h. der Kunde stellt sich sein Menü individuell zusammen und erhält dieses in sein Büro geliefert.

Die

Entwicklungsphase

(„development")

und

die

Handlungsphase

(„action")

im

Kreativitätsmodell nach Plsek setzen sich mit der Ausführung und Umsetzung der generierten Ideen auseinander. Plsek bezeichnet seinen Ansatz als „directed creativity" und versteht darunter, daß die Produktion von Ideen zweckorientiert erfolgt mit dem Ziel, die generierten Ideen umzusetzen. Das Kreativitätsmodell dient dazu, im Rahmen des Qualitätsmanagements den Kundenbedürfnissen besser gerecht zu werden [Plse97. Seite 209ff.] oder kreative Problemlösungen zu entwerfen [Plse97. Seite 243ff.]. Diese Auswahl von ergänzenden Techniken unterstützen den Know-how-Engineer bei seiner Arbeit, die Mind-Maps der Know-how-Träger mit weiteren Assoziationen zu detaillieren.

Know-how-Architektur

173

In bezug auf die Know-how-Gap-Analyse erfüllen die Kreativitätstechniken den Zweck, die Lücke beim Ausscheiden von Know-how-Trägern zu minimieren. Die Experten haben ihr implizites Wissen in Form von Mind-Maps dokumentiert und können diese nach dem Weggang als Grundlage für neue Mitarbeiter heranziehen, d.h. die Auswirkungen durch den Weggang

eines

Mitarbeiters

werden

verringert.

Beispielsweise

Pharmakonzern H o f f m a n n LaRoche [Lloy96] intern eine Studie

69

führte der

Schweizer

durch, um mehr Kenntnisse

über das Spezialwissen der Mitarbeiter zu erlangen. Das Ziel der Untersuchung lag in der Gewinnung von Informationen, welche Experten beim Auftreten von Problemen in der Produktentwicklung zu Rate zu ziehen sind. Das Resultat der Analyse wurde in einer Wissenslandkarte vereinigt, welche die Expertise der Know-how-Träger aufzeigt und die Verbindungen zu anderen Personen offenlegt, d.h. „creating maps of where knowledge, expertise and experience resides (...) and which knowledge needs to be shared with whom, when, how and why. This has provided rapid access to the organization's knowledge (...)" [Lloy96. Seite 578]. Der Vorteil dieser Karten beruht auf einem schnellen Zugang zu den kreativen Mitarbeitern. Außerdem bilden diese Karten eine Orientierungshilfe, um diejenigen Personen festzustellen, welche für die Generierung von neuen Ideen eine Unterstützung von Seiten des Unternehmens erfahren müssen. Ubertragen auf den Prozeß der Adaption führt der Arbeitsschritt der Kreativitätstechniken dazu, daß das Know-how der originären Personen detailliert wird.

5.5.3.

Verfeinerung der Mind-Maps (2. Arbeitsschritt)

Es liegt im Aufgabenbereich des Know-how-Engineers weitere Techniken

anzuwenden,

damit die Experten Einzelheiten über ihre Mind-Maps angeben. D a s Internationale Institut für Lernende Organisation und Innovation (Abk. ILOI) hat eine „Knowledge Studie"

in

führenden

Unternehmen 7 0

in

Österreich,

Deutschland

und

Management der

Schweiz

durchgeführt, um eine konkrete Orientierungshilfe mit dem U m g a n g der Ressource Wissen zur Verfügung zu stellen [ILOI97]. Das Ziel der empirischen Untersuchung war - basierend auf wissenschaftlichen Erhebungen - einen Leitfaden für Unternehmen zu erarbeiten, der

69

Vgl. Internet-Adresse: http://www.bminessinnovation.ey.com/journal/issuel/features/apresc/bocfy.html

70

Zu den insgesamt 44 befragten Unternehmen zählen beispielsweise: Bohlsen KG, Ciba-Geigy AG, Daimler Benz AG, Datev eG. GMD Forschungszentrum Ingenieurtechnik GmbH, Hoffmann LaRoche AG, IBM Deutschland Informationssysteme GmbH, Schweizerisches Rotes Kreuz. Sulzer Escher Wyss GmbH etc.

Know-how-Architektur

174

Instrumente

aufzeigt, welcher die Bedeutung

des Produktionsfaktors Wissen für die

Produktivitäts-, Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen unterstützt.

Ein Bereich des ILOI setzt sich mit dem Management von untemehmensintemem

Wissen

auseinander. Das Ziel für die Unternehmensführung ist einerseits das Wissen der Know-howTräger

zu

speichern

und

andererseits

Austrittsbarrieren

aufzubauen,

damit

das

Erfahrungswissen der Mitarbeiter nicht verloren geht. Die erwähnten Instrumente umfassen beispielsweise: •

Die Ausweitung des Handlungsspielraums [ILOI97. Seite 16] der Mitarbeiter, indem durch das Zugeständnis von mehr Verantwortung und Kompetenz die Chance erhöht wird, daß die eigenen Ideen besser umgesetzt werden können. Durch mehr Autonomie soll das Know-how-Potential der Mitarbeiter aktiviert werden.



Die Erstellung von Wissenslandkarten [ILOI97. Seite 19], welche das interne Wissen entlang der Wertschöpfungskette katalogisieren. In diesem Zusammenhang wird der Aufbau eines Wissensbranchenbuches („yellow pages") erörtert, welches die Mitarbeiter mit ihrem relevanten Wissen auflistet. Diese beiden Instrumente weisen eine große Ähnlichkeit einerseits zur Methode Mind-Mapping und andererseits zur Technik der Know-how-Bestandslisten 71 auf.



Die Veranstaltung von Ideenwettbewerben [ILOI97. Seite 18f.] mit der Intention, das latent vorhandene Wissen der Mitarbeiter zum Vorschein zu bringen.



Die Einrichtung von Kommunikationsforen [ILOI97. Seite 20], um die Transformation von individuellem Know-how intern zu fördern und den Diffusionsprozeß von Know-how anzuregen.

Den

internen

Informationen

Methoden über

stehen

Kunden,

unternehmensexterne

Instrumente

Lieferanten, Wettbewerber,

Verbände,

gegenüber,

welche

Hochschulen

und

Forschungseinrichtungen zur Verfügung stellen sollen.

Im Kontext des Prozesses der Adaption gewinnen die Instrumente bezüglich des impliziten Wissens an Bedeutung, welche der Know-how-Engineer verstärkt einsetzen kann, um in den Experten-Mind-Maps

71

Nuancen

Vgl. Ausführungen in Kapitel 5.4.5.5.

herauszuarbeiten.

Tabelle

,Instrumente

des

impliziten

Know-how-Architektur

Ì75

Wissens des ILOI" gibt einen Überblick über die vorgeschlagenen Instrumente des Internationalen Instituts für Lernende Organisation und Innovation [ILOI97. Seite 7].

Instrument

Beschreibung

Erfahrungsbildung in Gruppen

Öffnung kollektiver Erfahrungshorizonte in Gruppen

Beobachtungs- und Modellernen

Reflexion und Imitation routinierter Handlungen

Metaphern, Analogien, Bildhafte Artikulation „Bildermalen" impliziten Wissens

Wirkung Weitergabe individuell-impliziten Wissens an andere Organisationsmitglieder: Aufbau eines gemeinsamen Verständnisses für Probleme Diffusion von implizitem Wissen, Handlungsroutinen und bestehenden Normen Externalisierung und Diffusion von implizitem Wissen

Tabelle 6: Instrumente des impliziten Wissens des ILOI

Wenn Unternehmen das Vorstellungsvermögen ihrer Mitarbeiter kreativ umsetzen, können sie ihre Wettbewerbssituation, die Qualität und die Produktivität steigern. Dazu muß die Priorität in Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen gesetzt werden, damit individuelle Know-howDefizite geschlossen werden können, d.h. die Leistung des Unternehmens kann durch den Einsatz verschiedener strategischer Human-Resource-Instrumente wie Job-Rotation, mehr Verantwortung, individuelle Belohnungssysteme oder hoch qualifizierte Arbeit verbessert werden [ViWu96]. Das Unternehmen muß das Erfahrungswissen der Know-how-Träger durch neue Lernprozesse erweitern. Stevens weist auf die Relevanz von „tacit knowledge" für Innovationsprozesse hin [Stev97], Eine in Norwegen durchgeführte Studie ergab, daß der Verkauf an neuen Produkten steigt, wenn Unternehmen kooperieren. In den Staaten der OECD

werden

insbesondere

Forschungskooperationen

im

Bereich

der

Bio-

und

Informationstechnologie eingegangen. Ein Ziel der Studien ist, mehr Kenntnisse über den Wissensfluß bei Innovationen zu ermitteln [Stev97. Seite 19]. Dieses Vorhaben kann aber nur dann gelingen, wenn jedes Unternehmen ausreichende Kenntnisse über das Know-how seiner Mitarbeiter besitzt. Andererseits schildern Marshall/Prusak/Shpilberg [MaPS96; MaPS97] die negativen Auswirkungen bei Finanzdienstleistungsunternehmen, da ihnen Kenntnisse über ihr unternehmerisches Know-how fehlten. Auch der Finanzsektor muß erkennen, daß „what is essentially a human asset buried in the mind of individuals, and leverage it into an organizational asset that can be accessed and used by a broader set of individuals on whose decisions the firm depends" [MaPS96. Seite 79], d.h. die Weitergabe von Handlungswissen

176

Know-how-Architektur

an jüngere und unerfahrene Mitarbeiter stellt eine wichtige Aufgabe im Bereich des Risikomanagements dar. Im Prozeß der Adaption kommt dem Know-how-Engineer die Schlüsselposition zu, verschiedene Techniken zu kombinieren, um das Handlungswissen der Know-how-Träger zu präzisieren. Eine Untersuchung von Forrester Research ordnet dem „Chief knowledge officer (CKO)", wie sie es bezeichnen, zwei Verantwortungsbereiche zu [DeMJ96]. Einerseits muß dieser die Bedeutung der Ressource Wissen innerhalb des Unternehmens vermarkten, indem er die Mitarbeiter ermutigt, das Wissen mit anderen Experten zur Entwicklung neuer Ideen zu teilen. Die zweite Aufgabe schließt die Verwaltung des Wissens ein. Dies bedeutet, der Know-how-Engineer ist der Koordinator für die Mind-Maps der Experten, denn er ist für die Detaillierung und Verfeinerung der Assoziationen verantwortlich. Sein Verantwortungsfeld ist auf den gesamten Know-how-Prozeß fokussiert.

In den Arbeitsschritt der Verfeinerung fällt die Transkription Videoaufzeichnungen,

der Text-,

Ton- und

welche die Know-how-Träger auf einzelnen Ästen hinterlegt haben.

Beispielsweise wird im detaillierten Mind-Map des Know-how-Trägerl 72 das Know-how 1/1 mittels eines Videos repräsentiert. Es bietet sich die Option an, daß der Experte sein multimedial

dokumentiertes Handlungswissen

in Form eines neuen

Mind-Maps

zur

Verfügung stellt. Für das Unternehmen liegt der Vorteil einerseits im Zugang zum originären Handlungsablauf des Experten und andererseits darin, ergänzend seine Assoziationen in radialer Denkform einsetzen zu können. Die Transformation des Videos in einem Mind-Map kann Stärken bzw. Schwächen des Experten sichtbar machen.

In einem vollständig determinierten Mind-Map haben die Experten ihre Assoziationen geordnet. Die präzise Erfassung des intuitiven Handlungswissens der Experten beruht auf der Intention, •

Informationen über vorhandenes sowie zukünftig benötigtes Know-how zu erhalten,



Know-how an andere Experten zu transferieren,



Verbindungen zwischen den Know-how-Trägern aufzubauen und



neues Erfahrungswissen zu generieren.

72

Vgl. Mind-Map „Detailliertes Mind-Map des Know-how-Trägerl

"

Know-how-Architektur Das Mind-Map „Techniken

177

im Prozeß der Adaption" visualisiert die

verschiedenen

Möglichkeiten für die Verfeinerung.

Brainstorming Svncktik

"NL

Ideenwettbewerbe

Mind-Map 12: Techniken im Prozeß der Adaption

5.5.4.

Inhaltsanalyse und Thesaurus (3. Arbeitsschritt)

Der dritte Aufgabenbereich schließt einerseits die inhaltliche Analyse der Mind-Maps und andererseits die Erstellung eines Thesaurus ein. Auf eine genaue Auseinandersetzung mit der qualitativen

Inhaltsanalyse sei auf Hugl

[Hugl95],

Mayring

[Mayr94]

und

Lamnek

[Lamn95b] verwiesen. Die Know-how-Träger kommunizieren in Form von Mind-Maps ihre stillschweigenden Annahmen, ihre Einstellungen, ihre persönlichen Erfahrungen und ihr Handlungswissen. Der Know-how-Engineer versucht durch eine inhaltliche Interpretation der Mind-Maps Rückschlüsse auf das Know-how der Experten zu erzielen. Im Kontext des qualitativen

Forschungsvorhabens

dient

die

Inhaltsanalyse

(„content

analysis")

„der

Auswertung bereits erhobenen Materials, und das heißt, sie dient der Interpretation symbolisch-kommunikativ vermittelter Interaktion in einem wissenschaftlichen Diskurs" [Lamn95b. Seite 173]. Für den Know-how-Engineer stellt das methodologische Prinzip der Interpretativität eine zentrale Forderung dar, da er das vorhandene Wissen der Know-howTräger im Prozeß der Adaption analysieren und deuten muß. Dies bedeutet, daß die in den Mind-Maps

kommunizierten

Inhalte

verstanden

werden

müssen,

um

Strukturen

Know-how-Architektur

178

herauszufiltern. Weitere Charakteristika der qualitativen Inhaltsanalyse sind das Merkmal der Offenheit, der Kommunikativität und der Naturalistizität. Die Gegenstände der Inhaltsanalyse beziehen sich auf das gesprochene Wort, auf Texte, auf Bilder und auch auf Filme. Im Mittelpunkt des Prozesses der Adaption steht die Auswertung des Bildmaterials, also der Mind-Maps, und ergänzend Text-, Ton- sowie Videoaufzeichungen. Atteslander listet in Anlehnung an Krippendorf folgende Vorteile der qualitativen Inhaltsanalyse auf [Atte95. Seite 246]: •

„sie ist nichtreaktiv, d.h. sie verändert nicht den untersuchten Teil sozialer Wirklichkeit durch direkte Interaktion,



sie kann unstrukturiertes Material verarbeiten, weil durch das Prinzip der Offenheit in jedem Untersuchungsschritt Änderungen im Analyseinstrument möglich sind,



sie kann symbolische Formen der Kommunikation berücksichtigen, d.h. sie kann hinter manifester Interaktion latente Strukturen aufdecken,



mit Hilfe inzwischen entwickelter PC-geeigneter Software können große

Datenmengen

verarbeitet werden." Die kommunizierten kreativen Ideen der Know-how-Träger sind so vielschichtig, daß der Know-how-Engineer diese ordnen und zusammenfassen muß, um die Datenauswertung zu verwirklichen. Es ist das Ziel, Aussagen über Zusammenhänge zwischen den Mind-Maps, über das intuitive Handlungswissen der Experten und über die jeweilige soziale Situation treffen zu können. Im Rahmen des Prozesses der Identifikation und der Adaption werden vom Know-how-Engineer zusammen mit seinem Projektteam die Know-how-Strukturen der Experten mittels der Methode Mind-Mapping eruiert und anschließend in eine elektronische Form überfuhrt. Die einzelnen Mind-Maps mit den Zentralthemen und den Verästelungen repräsentieren die Datenbank, aus welcher der Know-how-Engineer Aussagen über das intuitive und kreative Wissen ableitet. Dies bedeutet, daß aus der Menge der gespeicherten Mind-Maps Informationen über das Know-how der Experten wiedergewonnen werden, um individuelle Problemlösungen zur Verfügung zu stellen. Der Know-how-Engineer soll die Möglichkeit besitzen, in der Know-how-Datenbank

nach dem Erfahrungswissen der Know-

how-Träger zu recherchieren.

Zur Wiedergewinnung von Know-how aus den dokumentierten Mind-Maps kann der Knowhow-Engineer im Rahmen von Dokumentationssprachen das Hilfsmittel eines Thesaurus

Know-how-A

179

rchitektur

[Char94. Seite 436; DaPr98. Seite 134ff.] zur Unterstützung verwenden. Unter dem Terminus Thesaurus wird „eine alphabetisch geordnete, systematische Sammlung von Deskriptoren zur Gewinnung von Informationen aus einer Datenbasis" [HeRo98. Seite 535] verstanden. Die Deskriptoren (Vorzugsbenennungen) legen eine zu bevorzugende, einheitliche Terminologie (eine Orthosprache) fest [Wede97. Seite 408f.]. Die Deskriptoren-Datei stellt das Wörterbuch dar, welches für den Bereich Know-how gelten soll. Stahlknecht weist im Rahmen von „Information Retrieval-Systemen" 73 darauf hin, daß bei der Suche nach Texten eines bestimmten Inhalts zwei Möglichkeiten zur Verfügung stehen [Stahl95. Seite 231; StHa97. Seite 240]: (1) gebundenes Recherchieren anhand der Deskriptorennummer, der Deskriptoren und des Thesaurus,

wobei

Ordnungssystem

diese

beruht.

Form

der

Übertragen

Recherche auf

die

auf

einem

Klassifikations-

Know-how-Thematik

bedeutet

und diese

Suchform, daß der Know-how-Engineer die Mind-Maps anhand des Thesaurus abfragt. (2) Freitextsuche (Volltextrecherche) direkt anhand der Texte. Die Menge der gespeicherten Mind-Maps der Experten wird direkt vom Know-how-Engineer recherchiert.

Die Wiedergewinnung von Informationen wird durch die Verwendung eines HypertextSystems

erleichtert

[StHa97.

Seite

240f.],

indem

Beziehungen

zwischen

den

Informationseinheiten gespeichert und verwaltet werden. Das Prinzip der Hypertext-Systeme kann grafisch erläutert werden, wobei die Informationseinheiten als Knoten benannt und die Querverweise in Form von Kanten dargestellt werden; die Bezeichnung hierfür ist Hyperlink. Während

sich

Hypertext-Systeme

auf die vernetzten Knoten

von Text,

Grafik

und

Abbildungen beziehen, umfassen Hypermedia-Systeme auch Ton, bewegtes Bild, Animation und Simulation [Terg95. Seite 123ff.].

Ein sehr detaillierter Thesaurus wurde von der NASA 7 4 während den 60er Jahren entwickelt, wobei laufend Aktualisierungen vorgenommen werden [NASA98a; NASA98b; NASA98c], Die NASA stellt im Rahmen des „Scientific and Technical Information (STI)" 75 Programms die größte Datenbank für die Luft- und Raumfahrtforschung zur Verfügung. Der NASA

71

Unter dem Terminus

Information Retrieval " wird die Wiedergewinnung von Informationen aus einer großen

Menge gespeicherter Daten verstanden. 74

NASA ist die Abkürzung für National Aeronautics and Space

75

Internet-Adresse der NASA:

http://www.sti.nasa.gov

Administration.

180

Know-how-Architektur

Thesaurus 76 „contains the authorized subject terms by which the documents in the NASA STI Databases are indexed and retrieved" [NASA98b. Seite v], welcher aus zwei Bänden besteht: •

Die NASA hat für die Recherche in der Datenbank eine hierarchische Strukturierung des Thesaurus vorgenommen, wobei die „Hierarchical Listing with Definitions contains subject terms and USE cross references currently approved for use, and displays the full hierarchical structure for each term" [NASA98b. Seite v],



Der „Rotated Term Display is a ready-reference tool which provides thousands of additional .access points' to the thesaurus terminology" [NASA98b. Seite v].

Zum Verständnis der NASA Vorgehensweise wird das Beispiel für ein typisches „Array Term Listing" gewählt. Ein „Array" 77 Datenfeld findet dann seine Anwendung, wenn die Bedeutung eines Begriffs zu breit oder zu mehrdeutig für ein effektives Information Retrievel-System ist. Dies bedeutet, daß für Termini mit mehreren Bedeutungen ein Begriffsverzeichnis mit alternativen Möglichkeiten aufgelistet wird, wobei naheliegende Termini dem ursprünglichen Wort zugeordnet werden. Ein Beispiel der NASA stellt der Begriff „fields" dar, dessen Sinn nicht nur im militärischen Sinne gebraucht wird [NASA98b. Seite xi]:

® ®

00 fields SN

®

RT

(USE OF A MORE SPECIFIC TERM IS RECOMMENDED-CONSULT THE TERMS LISTED BELOW) boson fields electric fields Key field of view 1. Array Term field theory (algebra) 2. Scope Note 3. Related Term field theory (physics) gravitational fields magnetic fields military air facilities self consistent fields visual fields

Ausgehend von dem Beispiel der NASA im Bereich der Luft- und Raumfahrt wird im

76

NASA Thesaurus:

77

Die NASA definiert einen „array term" folgendermaßen:

http://www.sti.nasa.gov/98Thesaurus/98thes.htm „subject terms with meanings either too broad or

ambiguous for effective indexing or retrieval of information, have been designated array terms and carry the following scope note (USE OF A MORE SPECIFIC TERM IS RECOMMENDED-CONSULT TERMS USTED BELOWI" [NASA98a Seite viil.

THE

Know-how-Architektur

181

folgenden ein typisches „array term" Verzeichnis für den Terminus „ K n o w - h o w " entwickelt und angeführt. Wie das Kapitel über die Begriffsbestimmung 7 8 aufgezeigt hat, besteht keine eindeutige terminologische Bedeutung für diesen Terminus, sondern der Know-how-Engineer muß alternative Bezeichnungen berücksichtigen, wie der folgende Thesaurus illustriert:

(D ® ®

oo K n o w - h o w SN (USE O F A M O R E SPECIFIC T E R M T H E T E R M S LISTED B E L O W ) RT Handlungswissen Erfahrungswissen Wissen Erfahrung Information Knowing how to do sth. Erkenntnis Kenntnis Intuitives Wissen Kreatives Wissen Intuitiv-kreatives Wissen Implizites Wissen Tacit knowledge Stillschweigendes Wissen Können Verborgenes Wissen Individuelle Fähigkeiten Automatische Handlungsabläufe

Auf der Basis des eben dargelegten „array t e r m "

IS R E C O M M E N D E D - C O N S U L T

Key 1. Array Term 2. Scope Note 3. Related Term

muß der Know-how-Engineer

ein

Verzeichnis von den in den Mind-Maps verwendeten Terminologien entwickeln, welche in den

Zentralthemen

und

Verästelungen

verwendet

werden.

Der

Thesaurus

dient

als

grundlegendes Hilfsmittel im Rahmen des Know-how-Systems zur Wiederauffindung und inhaltlichen Erschließung von Mind-Maps und zur Wiedergewinnung von Erkenntnissen über jede gewünschte Kompontente der erfaßten Mind-Maps der Know-how-Träger. W e n n der Know-how-Engineer einen Thesaurus für die Wiedergewinnung von Informationen der MindMaps verwendet, so muß dieser ständig erweitert und ergänzt werden.

Nachdem im Prozeß der Adaption alle Arbeitsschritte durchlaufen sind und z w a r

die

Anwendung

die

von

Kreativitätstechniken,

die

Verfeinerung,

die

Interpretation

Thesauruserstellung kann das Mind-Map als vollständig betrachtet werden.

78

Vgl. Ausführungen in Kapitel 3

und

Know-how-Architektur

182

5.6. Prozeß der Vernetzung „Developing a knowledge map involves locating the important

knowledge

in the organization and then publishing some sort of list or picture that shows where to find it. The principal purpose and clearest benefit of a knowledge map is to show people in the organization where to go when they need expertise." (Thomas Davenport and Laurence

5.6.1.

Prusak)

Ziel und Aufgabe des Prozesses der Vernetzung

In der Know-how-Architektur nimmt neben dem Prozeß der Know-how-Identifikation der Vorgang

der

Vernetzung

die zweite zentrale

Position

ein.

Voraussetzung

für

die

Durchführung sind die in Einzelheiten dokumentierten Mind-Maps der Know-how-Träger, denn die vollständig determinierten Gedankenstrukturen stellen den Input dar. Den Output des Prozesses der Vernetzung bilden sogenannte Know-how-Netze, welche die Know-howTräger verbinden und die Implementierung eines Know-how-Unternehmens gewährleisten. Während dieser Vorgehensweise muß der Know-how-Engineer ein Netzwerk entwerfen, welches das „tacit knowledge" der Experten gemäß einer vorgegebenen Problemstellung in Beziehung setzt, d.h. der Know-how-Engineer muß den Input in ein Know-how-Netzwerk transferieren. Das Ziel des Prozesses der Vernetzung

kann folgendermaßen beschrieben

werden:

Der Know-how-Engineer

hat im Prozeß der Identifikation

und Adaption das

stillschweigende

Wissen der Experten determiniert, detailliert und verfeinert. Im Prozeß der Vernetzung der Know-how-Engineer die in den Mind-Maps

das „tacit knowledge" illustrierten

d.h. die vernetzten Know-how-Träger gesamte Problemlösungspotential how-Netzwerks

repräsentieren

Kundenwünsche

beliebig Know-how-Netzwerke Know-how-Datenbank

zu erfüllen. Der Know-how-Engineer

zur Generierung

von Problemlösungen

Wissen

in den

Implementierung

welches das

enthält. Die Formation eines Know-

besitzt die Option,

auf der Grundstruktur der Mind-Maps aufzubauen,

ist die Entwicklung

Experten,

zusammenfugt,

Strategie geprägt, die darauf gerichtet ist,

Intention des Vernetzungsprozesses der

verbinden, indem er

zu einem Netzwerk

das Know-how-Netzwerk,

eines Unternehmens

wird von einer problemorientierten

die individuellen

der Know-how-Träger

Gedankenstrukturen

welches

Mind-Maps

eines Know-how-Unternehmens

muß

dient.

herangezogen

von Beziehungen kommuniziert

indem die wird.

Die

über das kreative wurde

und

zur

Know-how-Architektur

183

Bezüglich der verwendeten Methodik beruht der Prozeß der Vernetzung auf einem sollzustandsorientierten

Ansatz, da die Entwicklung von Know-how-Netzen

auf die

Implementierung eines Know-how-Unternehmens abzielt. Das Handlungswissen der Experten liegt in den einzelnen individuellen Mind-Maps gespeichert, d.h. die Mind-Maps stellen die Problemlösungsdatenbank des Unternehmens dar, wobei der Grundsatz der Vernetzung 79 berücksichtigt werden muß. Der Know-how-Engineer muß auf die Know-how-Datenbank zugreifen und ein verfügbares Netz aufbauen. Die Aufgaben unterteilen sich wie folgt: (1) Entwicklung von Know-how-Netzen gemäß des in den Mind-Maps offengelegten „tacit knowledge" der Experten. Bestehende Defizite in den Netzen müssen beseitigt werden. Know-how-Netze erstrecken sich sowohl innerhalb des Unternehmens als auch außerhalb zu externen Know-how-Trägem. (2) Individuelle Problemlösung der Kundenwünsche. Die gebildeten Problemlösungsteams müssen ihr kreatives Potential zum Nutzen der Kunden entfalten.

5.6.2.

Erörterung der Grundlagen der Vernetzung

5.6.2.1. Team-Netze Dem Know-how-Zeitalter immanent ist der Gedanke der Evolution zur Vernetzung. Der Terminus des Netzwerks wird gewählt, da es um komplexe Verbindungen [Beer95] zwischen den Know-how-Trägern geht. Der Know-how-Engineer muß die Aufgabe erfüllen, Knowhow-Strukturen zu entwickeln, welche die kreativen und komplexen Gedanken der Experten vernetzen, denn „we are now designing systems with specifiable connection" [Beer95. Seite 34], Lipnack/Stamps diskutieren die Veränderung unter dem Begriff des Zeitalters der Vernetzung [LiSt94], welches durch den dominanten Faktor der Verbindungen zwischen Personen determiniert wird, d.h. „Connect! It's the organizing imperative of the Age of the Network" [LiSt94. Seite 42], Das Ziel liegt in der Bildung von Team-Netzen, welche sich durch fünf Prinzipien auszeichnen [LiSt94. Seite 82ff.]: •

Der Erfolg eines Team-Netzes beruht auf einem klar definierten Ziel sowie der Erläuterung des Zwecks („unifying purpose"). Ein gemeinsames Verständnis über Werte und Perspektiven erleichtert die Erfüllung der Aufgabe.

n

Vgl. Ausführungen in Kapitel 5.2.3.2.

184

Know-how-Architektur •

Die einzelnen Personen behalten ihre Unabhängigkeit („independent members"), indem sie zwar dem Team ihre Fertigkeiten zur Verfügung stellen, jedoch als Individuum ihre Selbständigkeit bewahren.



Der Kerngedanke ist die Erstellung von Verbindungen („voluntary links"). Die Kommunikation zwischen den Mitgliedern muß gewährleistet sein.



Ein Team besteht aus unterschiedlichen Führern („multiple leaders"), wobei jeder Einzelne mit seinem Know-how einen Beitrag zur Lösung des Problems leistet.



Für Lipnack/Stamps impliziert das Wort Team-Netz den Gedanken, daß Personen aus verschiedenen Bereichen integriert werden („integrated levels"). Team-Netze können sich dabei aus kleinen Gruppen im Unternehmen zusammensetzen oder sich auch auf ganze geographische Regionen - wie das Silicon Valley (USA) beziehen.

Durch Verbindungen wird das Unternehmen reorganisiert, wobei es wichtig erscheint, Informationen zu verteilen, damit die Experten lernen und sich neues Wissen aneignen können. Im Zeitalter der Vernetzung werden hierarchisch-bürokratische Strukturen in ein Netzwerk überfuhrt. Pinchot/Pinchot [PiPi96] subsumieren diese Perspektive unter dem Begriff der „intelligenten Organisation", welche durch Mitarbeiter geprägt wird, die sich auf ihre Know-how-basierte Arbeit konzentrieren und zur Entwicklung von neuen Ideen sich Informationen von anderen Know-how-Trägern einholen. Nur durch das intelligente Potential der Experten können die Anforderungen der Kunden bewerkstelligt werden. Zur Erfüllung dieses Ziels muß ein Netzwerk von Verbindungen aufgebaut werden, damit die Mitarbeiter bestmöglich ihre Aufgaben erledigen können. Die Bedingung für den Aufbau einer „intelligenten Organisation" stellt die Formation von freiwilligen Netzwerken dar, indem die Know-how-Träger ihre Fertigkeiten zur Verfügung stellen, denn „intelligence must be distributed throughout, with all individual minds interacting to create a continuous and current knowledge that can be rapidly disseminated and applied" [PiPi96. Seite 70]. In Analogie zu den

menschlichen

Nervenzellen

entstehen

Netzwerke,

welche

die

Eigenschaft

von

selbstorganisierenden Systemen aufweisen. Die Mitarbeiter gehen komplexe Verbindungen mit denjenigen Personen ein, welche sie bei der Erreichung ihrer Mission bestmöglich mit ihrem Wissen unterstützen. Die Teams sollen gemeinsam einen Output - nämlich eine Problemlösung - entwickeln und besitzen ein Interesse an der Umsetzung ihrer intelligenten

Know-how-Architektur

185

Ideen. Die einzelnen Teammitglieder kommunizieren simultan untereinander und tauschen ihre Erfahrungen aus.

Rockart/Short [RoSh91. Seite 189ff.] argumentieren, daß ein Team durch die Informationstechnologie Unterstützung erfahrt. Durch den Einsatz von beispielsweise Electronic Mail, Videokonferenzen, Teleworking, Teletraining, Groupware oder Workflowmanagement und die Computer-zu-Computer Verbindung durch EDI 80 wird ein asynchroner Informationsaustausch ermöglicht; voice-processing Technologien stellen eine Ergänzung dar [Schr96. Seite 28ff.]. Die Kommunikation von Teams kann zu verschiedenen Zeiten und Orten erfolgen.

Im Know-how-Zeitalter erscheinen die bürokratischen Organisationsstrukturen veraltet und Wettbewerbsvorteile

sind

durch

vernetzte

Strukturen

zu

erreichen,

indem

ein

Kommunikations- und Informationsnetzwerk nicht nur zwischen internen Mitarbeitern, sondern auch zwischen Kunden, außenstehenden Experten, anderen Know-how-Unternehmen und ehemaligen Studienkollegen nützlich sein kann. Badaracco bezeichnet dieses Wissen als verankertes Wissen, welches „vorrangig in speziellen Beziehungen zwischen Einzelpersonen und Gruppen sowie in ganz bestimmten Normen, Einstellungen, Informationsflüssen und Entscheidungsprozessen, die ihr Verhalten zueinander regeln" [Bada91. Seite 95] residiert. Nach Ansicht von Ogger muß ein neuer Unternehmenstypus entstehen, der folgendermaßen beschrieben wird: „Weg von linearen Organisationen, hin zu vernetzten Strukturen, weg von der Mißtrauens-, hin zu einer Vertrauenskultur, weg von Überwachungsmechanismen, hin zu selbststeuemden Systemen (...) Aus dem Manager wird ein Prozeßgestalter, Moderator, Beweger" [Ogge92. Seite 266]. Die Know-how-Netze bieten für die Experten den Vorteil, daß diese sich rasch Informationen einholen können und somit Zeit für ihr kreatives Denken sparen.

Die Machtstellung der Expertenteams wird legitimiert, indem sich das Erfahrungswissen der einzelnen Personen zu einem Konglomerat

von Know-how

zusammensetzt

und die

gemeinsame Bewältigung von komplexen Problemlösungen ermöglicht. Badaracco nennt das Wissen der Expertenteams als „Know-why" [Bada91. Seite 101], denn erst die Summe des Know-hows jedes Individuums führt zu Spitzenleistungen der gesamten Gruppe. Die

80

EDI= Electronic Data Interchange ¡Deut95; HeRo98. Seile 177]

186

Know-how-A

rchitektur

Mitglieder eines Expertenteams zeichnen sich durch ein Zugehörigkeitsgefühl aus, und sie sind sich ihrer Macht, die sie aus dem Besitz ihres Know-hows schöpfen, bewußt. Obwohl Expertenteams

problematisch

zu

steuern

sind,

stellen

sie

den

Erfolgsfaktor

eines

Unternehmens dar, ohne die keine Wettbewerbsvorteile erzielt werden können. Damit das Know-how der Experten verbunden werden kann, müssen im Unternehmen bestehende Mentalitätsbarrieren

gegenüber einer vernetzten Arbeitsform aufgehoben werden. Die

Möglichkeiten, welche Know-how-Netze bieten, können nur effizient umgesetzt werden, wenn nach Knetsch [Knet96. Seite 28f.] folgende fünf Hemmnisse beseitigt werden: ungeeigneter

Führungsstil,

Sichtbarkeit

als Leistungskriterium,

niedrige Priorität

von

Teamarbeit, mangelnde Qualifikation für Selbstmanagement und kulturelle Gegensätze. Es fällt in den Aufgabenbereich des Know-how-Managers 81 sein Führungswissen einzusetzen. Sein Einfluß muß in die Richtung gehen, indem er die sensiblen Know-how-Träger motiviert, ihr Handlungswissen im Team zur Entfaltung zu bringen.

5.6.2.2. Interkultureller Austausch Der Know-how-Austausch

über kulturelle Grenzen hinweg verlangt nach

veränderten

Anforderungen an die Teammitglieder. Es bedarf eines interkulturellen Trainings [ThHa96. Seite

173ff.], welches die Interaktionspartner befähigt, ihre Aufgaben unter fremden

Kultureinflüssen

zu

bewältigen,

indem

Verhaltensweise,

Denkansätze

und

Interpretationsmuster anderer Teamexperten verstanden werden müssen. Interkulturelles Handeln ist unter drei Perspektiven zu positionieren [ThHa96. Seite 175ff.]. Die erste Dimension

bezieht

sich

Anpassungsprobleme

der

auf

kulturelle

beteiligten

Unterschiede,

Kulturen

einschließt.

welche Die

Auswirkungen zweite

auf

Determinante

interkulturellen Handelns umfaßt individuelle Unterschiede, welche durch den Einfluß von Persönlichkeitsmerkmalen und demographischen Variablen geprägt ist. Die dritte Dimension besteht aus interkulturellen Austauschbeziehungen, d.h. sie setzt sich mit Fragen auseinander, wie gut sich eine Person basierend auf ihrer Erfahrung an neue Situationen anpassen kann. Der

Auslandsaufenthalt

Kommunikationsaustausch

von Fach- und zwischen

Führungskräften bewirkt

den

Know-how-Trägern.

einen

verbesserten

Die

zunehmende

Internationalisierung der Unternehmen verlangt nach dem Instrument einer international

" Vgl. Ausführungen

in Kapitel

5.4.2.2.

Know-how-Architektur

187

orientierten Personalentwicklung [Wirt96. Seite 201 ff.]. Die Experten müssen lernen, die kulturellen Unterschiede der Partner zu tolerieren und individuelle Wertvorstellungen anderer Kulturen zu akzeptieren. Im Zuge der Vernetzung weist das Anforderungsprofil des Experten nicht nur fachliche und methodische Kompetenz auf, sondern es kommt auch auf die Bedeutung der sozialen Fähigkeiten an. Der Austausch von Know-how über kulturelle Grenzen hinweg [Berg96a] bewirkt die Erweiterung des persönlichen Erfahrungswissens, indem der eigene Wissenshorizont sich ausweitet und die Orientierung in fremden Systemen erleichtert

wird.

Bergemann/Sourisseaux

stellen

das

Postulat,

daß

Unternehmen

„internationale Mitarbeiter" auswählen müssen [BeSo96. Seite 141]; im engen Sinne ist ein sogenannter Euro-Manager gefragt.

Das MIT 82 hat eine Initiative namens ,.Inventing the Organization of the 21st Century" zusammengestellt, um mehr Kenntnisse über zukünftige Organisationsformen zu erlangen. Die Gründungsdirektoren Malone und Morton führen die Veränderungen in der Gesellschaft auf die Faktoren der Informations-, der Kommunikations- und Koordinationstechnologie zurück, wobei „the future belongs not to those who are buffeted by change, cautiously adapting to it as needed, but to those with the foresight to recognize the potential offered by the very changes that others find so unsettling" [MaMH96. Seite 7]. Bei der Entwicklung von Netzwerken muß insbesondere die informelle Struktur des Unternehmens [KrHa97] analysiert werden, da somit Aussagen unabhängig vom formalen Aufbau über das Beziehungsnetz, welches die Mitarbeiter über Funktionsbereiche und Abteilungen zur Bewältigung ihrer Aufgaben benutzen, gemacht werden. Informelle Netzwerke bilden die Kommunikationswege der Experten ab, mit welchen Kollegen bei unerwarteten Problemstellungen ein Dialog eingegangen wird. Es können drei Arten von informellen Netzwerken unterschieden werden: ratsuchende Netzwerke für Problemlösungen („advice network"), Vertrauensnetzwerke („trust network") und Kommunikationsnetzwerke („communication network"). Diese Formen helfen den Managern „understand the networks that once eluded them and leverage these networks to solve organizational problems" [KrHa97. Seite 38]. Im Kontext der Know-how-Thematik korrespondiert der Ansatz der informellen Netzwerke mit dem Gedanken, daß der Knowhow-Engineer das jeweilige Erfahrungswissen der Know-how-Träger mittels Mind-Mapping vernetzt

und

sich

dabei

an

dem

Unternehmensstrukturen orientiert.

s2

MIT = Massachusetts

Institute of Technology

intuitiven

Wissen

und

nicht

an

bestehenden

Know-how-Architektur

¡88

Die Entwicklung der Know-how-Netze

konzentriert

sich nicht nur auf

Verbindungen

zwischen internen Mitarbeitern, sondern auch auf die Beziehungen zu externen Partnern [BeHi96; Segi96], Mintzberg et al. [MDJW96] bezeichnen die erste Einteilung als eine „intraorganizational" Zusammenarbeit und verstehen darunter die Kommunikation innerhalb eines Unternehmens. Dieser Typus wird durch eine „interorganizational"

Konstruktion

ergänzt, indem es beispielsweise zu einer Zusammenarbeit mit Kunden, Lieferanten, der Regierung oder mit Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen k o m m t . Know-how-Netze müssen sowohl inter- als auch intrabetriebliche

Strukturen berücksichtigen.

Ashkenas et al. [AUJK95] argumentieren, daß eine „boundaryless Organization" nur dann entstehen kann, wenn vier Grenzen überwunden werden: •

Vertikale

Grenzen

(„vertical boundaries") beziehen sich auf interne Unternehmens-

strukturen und manifestieren sich in hierarchischen Organisationsformen, welche durch Determinanten wie Titel, Position und Privilegien bestimmt sind. •

Horizontale

Grenzen

(„horizontal boundaries") können zwischen Produktlinien

oder

organisatorischen Funktionsbereichen existieren. •

Externe

Grenzen

(„external boundaries") entstehen an der Schnittstelle zu

anderen

Unternehmen oder zur Außenwelt. •

Geographische

Grenzen

(„geographic boundaries") Hegen vor, wenn Unternehmen in

unterschiedlichen Märkten und Ländern agieren. Gute und innovative Ideen werden häufig isoliert betrachtet und vernachlässigen den Lerneffekt durch die Berücksichtigung von Erkenntnissen anderer Länder. Die Überbrückung von lokalen Nachteilen für ausländische Firmen kann durch die Akquirierung von Wissen über ein Joint Venture erfolgen [MaDe96],

Die Überwindung

dieser Grenzen führt zu einem grenzenlosen

Unternehmen.

Ohmae

[ 0 h m a 9 0 ] prägt den Terminus der „Interlinked Economy (ILE)" und zwar der Triade Amerika, Europa und Japan, welche impliziert, daß die ILE eine Gesamtheit

für die

Verrichtung der Geschäfte darstellt. Naisbitt greift acht Verschiebungen im asiatischen R a u m auf, wobei eine der Veränderungen die Entwicklung von Nationalstaaten („nation-states") zu Netzwerken („networks") umfaßt [Nais96. Seite 17ff.]. Zukünftig übt China eine dominante Position aus, wobei sich Unternehmensnetzwerke bilden, in welchen die Determinante der Individualität bestimmend ist. Naisbitt verwendet den Begriff „Chinese Overseas", welcher

Know-how-Architektur

189

ein dezentralisiertes, pan-asiatisches, globales, und familien- und

bildungsorientiertes

Netzwerk darstellt. Damit China ein technologisch fortschrittliches Land wird, müssen junge und kreative Wissenschaftler sowie Ingenieure ausgebildet werden [Kwan98. Seite 10].

Die Vernetzung mit externen Partnern fuhrt zur Vereinigung von verteiltem Wissen. Der Know-how-Transfer weist eine Vielzahl verschiedener Formen auf. Eine Variante ist, daß ein Industrieland sein Know-how einem Entwicklungsland zur Verfügung stellt. Für die hochtechnologisierte Nation liegen die Kenntnisse offenkundig für alle Wettbewerber dar, während aus der Perspektive des Entwicklungslandes der Erwerb von einem geheimen Knowhow zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen führt. Beim Know-how-Transfer müssen zwei Komponenten erfüllt sein, indem neben der Übertragung von technischem Wissen auch ein Management-Know-how-Transfer

stattfindet

[YaCa89. Seite 72ff.]. Der Einsatz

von

Informations- und Kommunikationstechnologien in Entwicklungsländern unterstützt die Verwirklichung von Zielen wie Demokratie, Wirtschaftswachstum und politischer Stabilität, da eine vernetzte Infrastruktur die Zusammenarbeit erleichtert [Garc96],

Eine weitere Möglichkeit des Know-how-Transfers besteht in der Zusammenarbeit von Forschungs- und Entwicklungsabteilungen [Medc96]. Medcof unterscheidet zwischen einer internen und einer externen Form der Zusammenarbeit. Die erste Variante impliziert, daß Forschungs- und Entwicklungsabteilungen

eines Unternehmens

mit

unterschiedlichen

Standorten kooperieren. Die komplexere Art umfaßt die externe technologische Vernetzung, welche die Kooperation mit multiplen Partnern beinhaltet, wobei die Kommunikation insbesonders durch die Informationstechnologie gewährleistet wird. Laut Medcof muß das langfristige Ziel

in einer

Informationstechnologie, einheitliches

ein

Harmonisierungsstrategie gemeinsames

Kulturverständnis

aufgebaut

Human

liegen, Resource

werden.

Es

indem eine

gemeinsame

Management entstehen

und

ein

sogenannte

„supraorganisationale" Entitäten, wobei die „supraorganizational entity evolves over time, taking on different hues from different industries and from different national origins of principal players" [Medc96. Seite 52]. Die Unternehmen müssen die Herausforderung meistern,

die

Vision

eines

externen

Netzwerks

mit einer

Vielzahl

unterschiedlicher Nationen zu implementieren. Das Unternehmen „Intel"

*J Internet-Adresse:

http://www.intel.com;

Intel Corporation

gleichzeitig ein Anbieter von Computer-, Netzwerk- sowie

ist ein internationaler Kommunikationsprodukten.

81

von

Partnern

bewerkstelligt

Chip-Produzent

und

190

Know-how-Architektur

beispielsweise den Technologietransfer [Scho96. Seite 27], indem das Forschungsteam den entwickelten Prototyp zur Evaluierung dem Management, der Marketingabteilung sowie den Entwicklungsexperten vorlegt. Es findet ein zweiseitiger Technologietransfer statt, da sowohl die Forschungs- als auch die Entwicklungsabteilung über Verbesserungen und zukünftige Unternehmenstrategien kommunizieren. Diese informelle Demonstration des fördert den Know-how-Austausch

zwischen unterschiedlichen Experten und

Prototypes integriert

verschiedene Meinungen, Kenntnisse und kreative Ideen.

Eine

andere

Perspektive

Entwicklungsabteilung

stellt

der

Transfer

mit der Marketingabteilung

zwischen

der

Forschungs-

und

dar. Eine Studie, durchgeführt bei einer

kanadischen Telekommunikationsfirma [LaHé96], untersucht die mangelnde

Integration

beider Wissensbereiche. Zur Gewährleistung einer optimalen Verteilung zwischen beiden Abteilungen muß ein Doppeltransfer geschaffen werden, indem der

Marketingbereich

Informationen über Kundenwünsche und Wettbewerber an die Netzbetreiber weiterleitet. Gleichzeitig sollte sich die Forschungs- und Entwicklungsabteilung verpflichten, Kenntnisse über technische Restriktionen, welche den after-sales Service und die Verkaufspreise beeinflussen,

den

Marketingmanagern

Unternehmensphilosophie

bietet

mitzuteilen.

die Möglichkeit

Eine der

auf

Teamarbeit

Erlangung

eines

basierende

„bidirectional

information transfer and symbiotic interrelation, i.e., mutual involvement in each others' new service implementation activities" [LaHé96. Seite 164]. Die fehlende Bereitschaft, Wissen an andere Experten zu verteilen, läßt sich beispielsweise auch in der pharmazeutischen Industrie feststellen [Cern96]. Das Verkaufspersonal muß lernen, kritische Informationen untereinander auszutauschen und gegenüber Mitbewerbern als Expertenteam aufzutreten. Die Herausforderung für Unternehmen besteht darin, die Fertigkeiten der Experten in einem Team zu vereinen, um den Know-how-Transfer zu fördern.

Nicht nur auf unternehmerischer, sondern in zunehmendem Maße auch auf internationalakademischer Ebene findet ein Know-how-Transfer statt, indem Wissenschaftler und Studenten in Forschungslaboratorien der Industrie arbeiten [Fole96]. Bei der Form des Technologietransfers von der Universität zur Industrie ist es wichtig, daß die Forscher den gesamten Entwicklungszyklus eines Produktes miterleben und somit die Auswirkungen kennen,

wie

der

entwickelte

Prototyp

verändert

wird.

Andererseits

muß

sich

der

Weiterbildungsmarkt öffnen, indem über Landesgrenzen hinaus Kooperationen mit anderen Hochschulen eingegangen werden [Mont97],

Know-how-Architektur Bei jeder Art des Know-how-Transfers darf die Komponente des Faktors Vertrauen

191 nicht

vernachlässigt werden. Diese Beziehung beruht auf einem wechselseitigen Vertrauensverhältnis zwischen dem Know-how-Manager und den Know-how-Trägern. Die Experten stellen dem Unternehmen

ihre Fertigkeiten zu Verfügung und verlangen dafür eine

Arbeitsumgebung, welche ihr individuelles Potential bestmöglich zur Entfaltung bringt [Geus97. Seite 118ff.]. Sowohl inter- als auch intraorganizationale Teams werden nur dann erfolgreich untereinander kommunizieren, wenn sie gelernt haben, sich gegenseitig Vertrauen zu schenken [Hand95], Gleichzeitig müssen Unternehmen sich auch der Probleme und Gefahren bewußt werden, daß durch den Kanal der Ressource Mensch Know-how abfließen kann und in die Hände der Konkurrenz gelangt. Es muß deshalb das Bestreben von Unternehmen sein, protektionistische Maßnahmen zu treffen, um das individuelle Know-how der Experten zu bewahren. Die Unternehmensberatungsfirma Arthur D. Little entwickelte eine sogenannte

„Know-how-Protection-Policy"

[KaZi92. Seite 53] am Beispiel

der

Automobilindustrie, um einen bestmöglichen Schutz des Know-hows zu gewährleisten. Unternehmen müssen ihr Know-how gegenüber Kunden und Wettbewerbern bewahren, allerdings auf interner Ebene für eine angemessene Verteilung des „tacit knowledge" der Experten sorgen [Will96],

Eine Reflexion der bisherigen Ausführungen (aktueller Literaturstand) zeigt, daß die gesamte Diskussion über die Bedeutung der Vernetzung primär auf der strategischen bzw. der MetaEbene geführt wird, jedoch die Komponente einer methodischen bzw. werkzeugmäßigen Unterstützung vernachlässigt wird. Dem Gedanken der Vernetzung kann aber nur dann zum Durchbruch verholfen werden, wenn es gelingt, geeignete Methoden die letztlich in Werkzeugen bereitgestellt werden, zu entwickeln und einzusetzen. Der Kern des folgenden Kapitels besteht in einem operativen Vorgehen zur Implementierung von Know-how-Netzen. Durch dieses Vorgehen wird versucht, das oben angeführte Gap zu verkleinern.

5.6.3.

Erstellung von Know-how-Netzen

Die Abbildung „Arbeitsschritte im Prozeß der Vernetzung" zeigt die einzelnen Prozeduren, welche der Know-how-Engineer durchführen muß.

Know-how-Architektur

192

Ja

C

f V o iiiständige l Know-how-Netze für die definierte \ Problemstellung J

Abbildung 34: Arbeitsschritte im Prozeß der Vernetzung

5.6.3.1. Definition der Problemstellung (1. Arbeitsschritt) Der Prozeß der Vernetzung wird durch eine problemlösungsorientierte

Vorgehensweise

determiniert. Ein Kunde trägt sein individuelles Problem an das Unternehmen heran. Das Ziel des Vernetzungsprozesses ist die Bildung von Know-how-Teams, welche das vom Kunden geäußerte Problem adäquat lösen. Das menschliche Wissen und der Vorgang des Problemlösens beeinflussen sich gegenseitig. Das Lösen eines Problems kann beschrieben werden als der Übergang von einem Wissenszustand zu einem anderen Wissenszustand, wobei die Repräsentation des Problems mittels Symbolen als Unterstützung dient [Ande89. Seite 190f.]. Als Ausgangspunkt des Problemlösens stehen einem Individuum eine Vielzahl verschiedener Möglichkeiten zur Modifikation und Veränderung seines Know-hows offen. Es gehört zur Eigenart eines Problems, daß es zielgerichtet ist und aus drei Schritten besteht [Putz88. Seite 247]:

Know-how-Architektur

193

1. einem Anfangszustand, 2. einem erwünschten, aber noch nicht erreichten Zielzustand und 3. einer Barriere, welche die Transformation des Anfangs- in den Zielzustand verhindert.

Damit das Ziel erreicht wird, müssen dem Problemloser eine Fülle von Informationen in bezug auf verfügbare Bedingungen und Problemlösungskonzepte zur Disposition stehen, denen er aus seiner Sicht einen Sinn zuordnet. Um zu einem Ergebnis zu gelangen, muß das deklarative und prozedurale Wissen eingesetzt werden, das zusammenfassend als Speicherung epistemischer Strukturen kodiert ist. Der richtige Einsatz des Wissens kann zur Folge haben, „daß mehr als eine Handlung zu einem der Ziele führen kann" [WiF189. Seite 49]. Die Knowhow-Träger haben die Aufgabe, den vom Kunden gewünschten Zielzustand zu erreichen und müssen das Ziel verwirklichen, vorhandene Wissensschranken zu überwinden. Es müssen Netzwerke mit Problemlosem aufgebaut werden, welche die relevanten Wissensteile zur Lösung bereitstellen. Durch die Zusammenarbeit 84 mit anderen Experten können Synergien genutzt werden, welche zu gemeinsamen Vorteilen führen [Huxh96. Seite 1 ff.], denn „collaborative advantage will be achieved when something unusually creative is produced" [Huxh96. Seite 14],

Der Vorgang, wie es zu einer Problemlösungszusammenarbeit kommt, vollzieht sich in drei Schritten, welche unabhängig von der definierten Problemstellung gelten [Gray96. Seite 61]: 1. Einer Problemanfangsphase („problem-setting phase"), in der sich die wichtigsten Personen versammeln und eine gemeinsame Zustimmung für den Wissensaustausch abgeben. 2. Einer richtungsweisenden Phase („direction-setting phase"), in welcher die beteiligten Experten das Problem tiefgehend diskutieren und Alternativen erörtern. 3. Einer Implementierungsphase („implementation phase"), in welcher die Vorgehensweise zum Gelingen der Zusammenarbeit durchgeführt wird.

s4

Huxham verwendet den Terminus „collaboration"

und versteht darunter: „Kollaboration'

is taken to imply a

very positive form of working in association with others for some form of mutual benefit" [Huxh96. 7J. Für den Begriff Zusammenarbeit (alliance), verwendet.

Partnerschaften

werden synonyme Terminologien wie Netzwerke (network),

fpartnership),

Koalitionen

(coalision)

sowie Kooperationen

Seite

Allianzen

(co-operation)

194

Know-how-Architektur

Je nach Art der Zusammenarbeit - sei es ein Disput über Umweltfragen oder eine Forschungsund Enwicklungspartnerschaft - variiert die Dauer und die Bedeutung der jeweiligen Schritte, wobei diese sich im Zeitablauf auch überschneiden können.

Der problemlösungsorientierte Ansatz wird auch von Leonard-Barton [Leon95] reflektiert. Innovationen ergeben sich durch Aktivitäten basierend auf den Fertigkeiten der Mitarbeiter. Die Entstehung von Wissen wird in einem Kreislaufmodell abgebildet. Am Beginn steht die gemeinsame kreative Problemlösung Integration eigenen

und Implementierung Fähigkeiten

Experimentierens. Organisationen.

und

zur Entwicklung von neuen Produkten, welche in die

von neuen Technologien

kreativen

Ideen

zu

sowie Methoden

bestätigen,

folgt

mündet. U m die der

Prozeß

Der Kreislauf schließt sich unter Einbeziehung von Wissen aus

des

anderen

Im Modell beziehen sich die ersten drei Prozesse auf interne Vorgänge,

während der letzte Schritt die externe Perspektive umfaßt. Der

Problemlösungsprozeß

[Leon95. Seite 59ff.] muß nach Leonard-Barton so gestaltet sein, daß die kreativen Mitarbeiter nicht in bekannte Gedankenmuster verfallen, welche sie sich über einen langen Erfahrungszeitraum angeeignet haben. Die Know-how-Träger müssen eine „open-minded" Philosophie verfolgen, indem sie Lösungsvorgänge von anderen Disziplinen zu

ihren

speziellen Kenntnissen hinzuziehen. Eine Barriere ist im kognitiven Ansatz zur Lösung von Problemen begründet. Dies bedeutet, in Abhängigkeit der Charaktereigenschaften

der

Experten wird das Ergebnis des Lösungsprozesses determiniert. Die individuelle Vorliebe für die Anwendung einer bestimmten Methode oder Technologie wirkt sich ebenfalls auf das Vorgehen des Teams aus. Aus diesem Sachverhalt erwächst für den Know-how-Engineer die Aufgabe, die angelernten Denkmuster der Experten zu verändern, denn die „individual and organizational creativity is limited by background, training, and personal preferences in approach to problem solving" [Leon95. Seite 89],

Setzt man den Prozeß der Vernetzung

in Relation

zum Prozeß der Vorstudie,

der

Identifikation und der Adaption bezüglich des Problemlösungsverhaltens im Unternehmen, so findet im zunehmenden Maße eine Konkretisierung der Problemstellung statt. Parallel zu diesem Vorgang werden die individuellen Mind-Maps der Experten verfeinert, denn der Prozeß der Vernetzung kann um so vollständiger erfolgen, je detaillierter die Mind-Maps in der Know-how-Datenbank abgelegt sind. Die Abbildung ,Problemlösungstrichter" legt die Relevanz der einzelnen Prozesse im Kontext der Definition der Problemstellung grafisch dar.

Know-ho w-A rchitektur

195

Prozeß der Vorstudie 00

Ä

§ e Hu .a 3

Prozeß der Identifikation

Í

Prozeß der Adaption

i

Abbildung 35: Problemlösungstrichter

Im Prozeß der Vorstudie wird durch die Unternehmensführung der Unternehmenszweck festgelegt, welcher in der Determinierung und Adaption der Know-how-Träger mit ihrem Problemlösungspotential mündet. Der höchste Konkretisierungsgrad der Problemstellung wird im Prozeß der Vernetzung erzielt, da sich Know-how-Netze für Problemlösungen formieren. Die einzelnen Netzknoten setzen sich aus Problemlosem zusammen, welche über die benötigten Know-how-Komponenten verfügen.

5.6.3.2. Entwicklung der Know-how-Netze (2. Arbeitsschritt) Im

zweiten

Arbeitsschritt

des

Vernetzungsprozesses

wird

die

höchste

Stufe

der

Konkretisierung erreicht. Dies bedeutet, daß für jede Problemstellung ein einzigartiges Netz entsteht, dessen Intention auf die individuelle Lösung der Aufgabe ausgerichtet ist. Für jede formulierte Problemstellung

muß der Know-how-Engineer ein neues

Know-how-Netz

definieren und zwar basierend auf den einzelnen gespeicherten Mind-Maps in der Know-howDatenbank. Der Aufbau des Know-how-Netzes erlaubt beliebig viele veränderbare Strukturen zu formen, damit Problemlösungen generiert werden können, welche dem Kunden den optimalen

Wirkungsgrad

gewährleisten. Die Know-how-Netze

variieren einerseits

im

Zeitablauf und andererseits in der Zusammensetzung der Know-how-Träger. Der Terminus des Know-how-Netzes wird in dem Sinne verwendet, daß Know-how-Träger für die Bewerkstelligung einer Problemstellung koordiniert werden. Know-how-Netze verlangen

Know-how-Architektur

196

danach, daß Gedankenstrukturen der Know-how-Träger verbunden werden. Dies bedeutet, Know-how-Netze

gehen

weit

über

den

Informationsaustausch

hinaus,

denn

nicht

Informationen, sondern Know-how wird vernetzt. In Abhängigkeit der epistemologischen und kognitiv-individualistischen Dimension 85 von Know-how nimmt die Ressource Information eine Vorstufe in der Entwicklung von Know-how ein. Venkatraman spricht von „knowledge networks" 86 und hebt hervor, daß die Herausforderung nicht in informationsbasierten Transaktionen liegt, sondern

im Austausch von Fertigkeiten der Experten, denn „the

challenge here is not information-based transaction but the effective interpretation and understanding of the complex meanings through the deployment of .knowledge networks'" [Vent91. Seite 144]. Im Kontext der Know-how-Architektur verwirklichen Know-how-Netze den Gedanken, daß das „tacit knowledge" der Experten zur individuellen Problemlösung vernetzt wird und die Voraussetzung fur die Transformation eines Know-how-Unternehmens geschaffen wird.

Die Know-how-Architektur ist nicht durch eine informationsorientierte Sichtweise geprägt, sondern

wird

von einem

Know-how-orientierten

Vorgehen

bestimmt.

Aufgrund

des

Sachverhaltes, daß Know-how als eine Unternehmensressource betrachtet wird, welche identifiziert, bewertet, kodifiziert und zur Anwendung gelangt, kann laut Klein von der Disziplin „knowledge engineering" gesprochen werden [Klei98. Seite 170ff.]. Unternehmen, welche die Expertise der Mitarbeiter nutzen wollen, „could use knowledge engineering to create a culture of expertise. We can use cognitive task analysis to perform knowledge engineering" [KIei98. Seite 171]. In bezug auf die Know-how-Architektur kann von einem Know-how-Engineering

ausgegangen werden, welchem der Gedanke immanent ist, daß das

kreative und intuitive Experten wissen mittels der kognitiven Methode Mind-Mapping zu Know-how-Netzen verbunden wird. Die Experten besitzen aufgrund ihrer mentalen Modelle im Gegensatz zu Novizen - die Fertigkeit, ein Gesamtbild zu formen, wobei sowohl implizite als auch explizite Assoziationen berücksichtigt werden müssen [Debe98. Seite 17]. Die detaillierten

Schritte

für

die

Implementierung

von

Know-how-Netzen

und

ihr

85

Vgl. Abbildung ..Dimensionen von Know-how"

s6

Kobayashi verwendet den Terminus „knowledge network", um „to denote a set of nodes together with the links connection the nodes. The nodes in a knowledge network take the discrete form of human such as towns, cities, or metropolitan

regions" {Koba95. Seite 132.]. Eine Eingrenzung

„knowledge network" auf wissenschaftliches

settlements

des Begriffes

Wissen ist bei Beckmann zu finden [Beck95. Seite 159].

Know-ho w-A rchitektur

197

korrespondierender Output symbolisiert Abbildung „Prozeß der Entwicklung von Know-howNetzen".

Abbildung 36: Prozeß der Entwicklung von Know-how-Netzen

Ausgangspunkt der Implementierung des Know-how-Netzes ist das für die Problemstellung benötigte Know-how in der Know-how-Datenbank zu eruieren und aufzulisten. Der Knowhow-Engineer muß in der Datenbank recherchieren, um das relevante Know-how der Experten zu determinieren und um die Lösung der Probleme zu gewährleisten. Für eine in der Know-how-Datenbank gefundene Know-how-Komponente können n-Tupel von ähnlichen Strukturen vorhanden sein, da sich dieser Sachverhalt aus der Theorie des Mind-Mappings ableitet. Das Ergebnis der Recherche ist eine Liste von Mind-Maps, welche die individuellen Assoziationen beinhalten. Die einzelnen Mind-Maps werden miteinander verbunden. Der

Know-how-Architektur

198

Vorgang der Verknüpfung beruht auf dem Einfügen von künstlichen

Verbindungen

(„artificial

connections"). Im Gegensatz zu den natürlichen Denkstrukturen, welche in den Mind-Maps zum Ausdruck

kommen,

dienen die künstlichen Verbindungen

mehrerer Mind-Maps zu einem Netz. Dies bedeutet, daß

dem Zusammenfügen

künstliche Verbindungen vom

Know-how-Engineer eingeführte Konnexionen sind, um eine Vielzahl von Mind-Maps zu vernetzen. Auf der Basis von Mind-Maps entstehen Know-how-Netze. Diese repräsentieren die intuitiven und kreativen Gedankenstrukturen der Experten. Es müssen auf Methoden der Adaption 87 wie der Inhaltsanalyse und der Thesauruserstellung zurückgegriffen werden. Das für die Problemstellung benötigte Know-how muß durch die Einfügung von künstlichen Verbindungen zu einem Know-how-Netz transformiert werden, wobei es sich um eine inhaltliche Konnexion handelt.

Über die Art des Know-how-Transfers müssen Aussagen getroffen werden, indem die künstlichen Verbindungen detailliert werden. Der Know-how-Engineer bedient sich für die Konkretisierung

der

Verbindungen

des

Hilfsmittels

des

Konnektoren-Thesaurus.

In

Anlehnung an den allgemeinen Thesaurus ordnet der Know-how-Engineer den Verbindungen zwischen den Know-how-Trägern und Know-how-Komponenten Synonyme zu.

Außerdem

wird

die

Richtung

des

Know-how-Transfers

festgelegt.

Graphentheorie wird zwischen gerichteten und ungerichteten Graphen Know-how-Netz wird primär durch gerichtete

89

88

Im

Sinne

der

unterschieden. Ein

Graphen bestimmt, da die Richtung des

Know-how-Transfers zwischen den Know-how-Trägern festgehalten wird. Die Know-howNetze können durch zusätzliche Attribute verfeinert werden. Die spezifizierten Know-howNetze sind die Voraussetzung für den Aufbau von Know-how-Teams zur Problemlösung.

" Vgl. Ausfuhrungen Hs

in Kapitel 5.5.4.

Ein Graph G besteht aus einer nichtleeren Knotenmenge V, einer Kanten- oder Pfeilmenge E sowie einer auf E definierten Abbildung to (Inzidenzabbildung),

die jedem Element aus E genau ein Knotenpaar i und j aus

V zuordnet ¡DoDr95. Seite 57 j. " Es ist E eine endliche Menge und T eine Abbildung von E in der Potenzmenge von E. d.h.

r:

E -r> P(E) '

r (')•

dann heißt das Tupel G=(E, D gerichteter Graph [Dink92. Seite 210],

Know-how-Architektur

199

Der Prozeß der Entwicklung von Know-how-Netzen wird im folgenden exemplarisch erläutert. Zu einer Problemstellung eines Kunden hat der Know-how-Engineer in der Knowhow-Datenbank eine Liste des „tacit knowledge" der Experten abgefragt. Aus dieser Aufzählung lassen sich Rückschlüsse auf beispielsweise vier Know-how-Träger (Know-howTrägerl,

Know-how-Träger 15,

Know-how-Träger 18,

Know-how-TrägerA)

feststellen,

welche sich durch die passenden Know-how-Komponenten zur Problemlösung auszeichnen. Die „Problemlösungstabellen" führen die Liste des Know-hows in Verbindung mit den sich ergebenen Mind-Maps der Know-how-Träger an.

Liste der Mind-Maps

Know-how

Know-how-Träger 15 Know-how-Träger 1 Know-how-Träger 18 Know-how-TrägerA

Know-how 15/1 Know-howA/1 Know-how 1/2 Know-how 1/32 Know-how 18/2

Tabelle 7: Problemlösungstabellen

Die beiden Tabellen verweisen auf die Know-how-Komponenten, welche für den Aufbau von Know-how-Netzen notwendig sind, indem das zur Problemstellung relevante Know-how in Relation zu den Mind-Maps gesetzt wird. Aus der Know-how-Datenbank werden die gespeicherten Mind-Maps der Know-how-Träger generiert, welche vernetzt werden müssen und gleichzeitig werden die Mind-Maps mit den detaillierten Know-how-Strukturen aktiviert (vgl. Mind-Map „Know-how-Netz").

Der vom Know-how-Engineer durchgeführte Vernetzungsvorgang ist symbolisch durch die Verbindungen

im

Gedankenstrukturen

Mind-Map der Experten

„Know-how-Netz"

erläutert.

Die

natürlichen

werden durch künstlich eingeführte Verknüpfungen

verbunden. Den künstlicfíén Verknüpfungen müssen spezifizierende Attribute zugeordnet werden wie beispielsweise •

Richtung der Verbindung,



Priorität der Verbindung,



Stärke der Verbindung,

200

Know-how-A rchitektur



Farbe der Verbindung,



Sprache der Verbindung.

Die Attributierung definiert die Art der Vernetzung, d.h. die Eigenschaften lassen Aussagen über die Bedeutung der Verbindungen zu.

Know-howl5/l

Mind-Map 13: Know-how-Netz

Zur Bestimmung der Verknüpfung zwischen den Know-how-Trägern kann der Know-howEngineer das Hilfsmittel eines Konnektoren-Thesaurus

verwenden. Der

Konnektoren-

Know-how-Architektur

201

Thesaurus ordnet den künstlichen Verbindungen zwischen den Know-how-Trägern bzw. den Know-how-Komponenten zur Spezifizierung Synonyme zu. Ein Beispiel eines KonnektorenThesaurus zeigt der Terminus „Know-how-Transfer".

®

oo Know-how-Transfer

®

SN

®

RT

(USE O F A M O R E SPECIFIC T E R M T H E T E R M S L I S T E D BELOW) Informationstransfer Datentransfer Kommunikation Verständigung Erfahrungsaustausch Interaktion Kontakt Verbindung Relation Support Verhältnis Kreativer Transfer Bindung Know-how-Übermittlung Wissensvermittlung Handlungswissens-Transfer Ideenaustausch etc.

Durch die Anwendung des Konnektoren-Thesaurus

IS R E C O M M E N D E D - C O N S U L T

Key 1. Array Term 2. Scope Note 3. Related Term

wird das Know-how-Netz

für die

Problemlösung detailliert, indem die Verbindungen inhaltlich determiniert werden. Mind-Map „Spezifizierung

des

Know-how-Netzes"

visualisiert

die

Integration

des

Hilfsmittels

Konnektoren-Thesaurus in das Know-how-Netz.

Die drei künstlichen Verbindungen in Mind-Map „Spezifizierung des Know-how-Netzes" können wie folgt beschrieben werden: (1) Es besteht zwischen Know-how-Träger 15 und Know-how-TrägerA eine gegenseitige Kommunikation zur Erstellung des K n o w - h o w l 5 / l . (2) Der Know-how-Trägerl benötigt zur Erstellung des Know-how 1/2/1 die Unterstützung („support") des Know-how-TrägerA. Es liegt ein einseitig gerichteter Graph vor. (3) Die Verwirklichung des Know-how 1/3/2 und des Know-how 18/2 basiert auf einem Know-how-Transfer zwischen Know-how-Träger 1 und Know-how-Träger 18.

202

Know-how-Architektur Know-howl5/l

Mind-Map 14: Spezifizierung des Know-how-Netzes

Den Output der Erstellung von Know-how-Netzen bildet die Formation von „Know-howTeams" in Form von Mind-Maps. Der Terminus des „Know-how-Teams" beschreibt das Problemlösungsnetz, welches die verschiedenen Know-how-Komponenten und ihre jeweilige Relevanz

beinhaltet,

wobei

sowohl

natürliche

als

auch

künstliche

Verbindungen

zusammenfließen. Das „Know-how-Team" setzt sich aus dem kreativen und intuitiven Erfahrungswissen der Experten zusammen und integriert in Form eines Mind-Maps die

Know-how-Architektur

203

vernetzten Ideen der Experten. In bezug auf das diskutierte Beispiel stellt das Mind-Map „Know-how-Team" den Zusammenhang für die Problemlösung dar. Der Rnow-how-Engineer hat

drei

künstliche

Verknüpfungen

eingeführt, welche

sich

radial

durch

die

drei

Verästelungen (Kommunikation, Know-how-Transfer, support) von dem Zentralproblem verhalten. Auf den weiteren Ebenen des Mind-Maps werden die Know-how-Komponenten der Know-how-Träger angeführt, welche dem Grundsatz der Vernetzung entsprechen. Buzan reflektiert den Gedanken durch die Betonung, daß die Methode Mind-Mapping auch für die Erstellung eines Gruppen-Mind-Maps [BuBu97. Seite 165ff.] geeignet sei, da individuelle Gedankenstrukturen

mit dem Wissen anderer Experten kombiniert

werden, was das

beiderseitige Assoziationsvermögen fördert.

Mind-Map 15: Know-how-Team (Problemlösungsnetz)

Ein Know-how-Team unterscheidet sich im Gegensatz zu einem Team, welches eine physische

Arbeit

verrichtet,

in

Anlehnung

an

Fisher/Fisher

in

vier

wesentlichen

Charakteristika [FiFi98. Seite 65ff.]: (1) Aufgrund des Terminus Know-how handelt es sich um kognitive Prozesse. (2) Ein Know-how-Team besteht aus verschiedenen Spezialisten, welche ihre Fähigkeiten einbringen, denn gefragt ist eine „multi-skilled" Person. (3) Die Mitglieder eines Know-how-Teams können aus unterschiedlichen

Unternehmen

kommen. (4) Die Zusammensetzung des Know-how-Teams verändert sich im Zeitablauf je nach Aufgabenstellung.

Know-how-Architektur

204

Der Erfolg des Know-how-Teams wird durch die Fähigkeit des Know-how-Transfers [FiFi98. Seite 173ff.] innerhalb und zwischen den Teams bestimmt, indem das Handlungswissen zwischen den Experten ausgetauscht wird. Der Nutzen resultiert in der Kommunikation von Erfahrungswissen zur Stimulation von Assoziationen und zur Generierung von neuen Erkenntnissen, indem das eigene kreative Wissen in den Mind-Maps mit anderen Know-howTrägern geteilt wird. Es zeichnet sich der Trend ab, daß „knowledge work teams will be the predominant way to organize work" [FiFi98. Seite 273]. Eine Veränderung der Unternehmen findet statt, indem eine teamorientierte Arbeitsweise verwirklicht

wird,

welche

dem

Individuum die höchste Priorität zuordnet und somit zur Flexibilität und Anpassungsfähigkeit ausgeweitet wird [DrCo96. Seite 7ff.]. Das Charakteristikum der Vernetzung zeichnet Knowhow-Unternehmen aus.

Die Methode Mind-Mapping ist in allen Prozessen der Know-how-Architektur präsent. Diese Methode wird dabei einerseits zur Generierung und Kodifizierung von Know-how-Strukturen sowie andererseits zur Erstellung von Know-how-Netzen verwendet. Dies bedeutet, daß Mind-Mapping eine Methode ausdrückt, welche zwei Strategien gleichzeitig erfüllt: (1) Mind-Mapping wird eingesetzt, um das Know-how der Experten zu generieren und zu kodifizieren, um die Know-how-Datenbank zu erstellen. In diesem Sinne ist MindMapping eine Methode zur Unterstützung von Know-how-Prozessen und kann als Voraussetzung für die Verwirklichung

der Know-how-Architektur

betrachtet werden.

(2) Mind-Mapping wird verwendet, um Know-how-Netze zur Problemlösung zu entwickeln. In diesem verwendeten Sinne stellt Mind-Mapping eine Methode zur Realisierung der Know-how-Architektur dar und ist der Output der Know-how-Architektur. Das Knowhow-Netz ist ein

Mind-Map.

Minsky stellt in seinem Buch „The Society of Mind" [Mins88] ein Konzept vor, welches davon ausgeht, daß die Gedanken („mind") eine Gemeinschaft („society") vieler kleiner Prozesse sind. Für diese kleinen Prozesse verwendet Minsky den Terminus „agent" 90 . Um komplexe Zusammenhänge zu verstehen, müssen zunächst Kenntnisse über die Einzelteile, über die Verbindungen zwischen den Teilen sowie das Zusammenwirken

90

Minsky definiert den Begriff „agent" folgendermaßen:

der

Teile

„Any part or process of the mind that by itself is simple

enough to understand - even though the interactions among groups of such agents may produce that are much harder to understand" [Mins88. Seite 326],

phenomena

Know-how-Architektur

205

vorherrschen. Ein Gesamtverständnis kann nur dann erzielt werden, wenn die „agents" miteinander verbunden werden, dies bedeutet „those agents were linked to one another by a suitable network of interconnections" [Mins88. Seite 25]. Das Konzept von Minsky wird bei der Entwicklung von Know-how-Netzen reflektiert, indem die Problemstellung in einzelne Know-how-Komponenten im Sinne von Sub-Teilen gegliedert wird, um anschließend durch Gruppierungen ein Netzwerk zur Problemlösung zu bauen. Es lassen sich Parallelen zu den in der

Fertigungsindustrie

Erzeugnisstruktur

abbilden

Gozinto-Graphen 91

verwendeten [Sche97.

Seite

107ff,

130f.;

feststellen, Mert69.

Seite

welche

die

141f.].

Die

anschauliche Darstellung der Zusammenstellung eines Know-how-Netzes kann in Form von Graphen erfolgen (vgl. Abbildung „Darstellung der Problemlösungsstruktur").

Abbildung 37: Darstellung der Problemlösungsstruktur

Die Problemstellung wird von mehreren Know-how-Trägern gelöst, wobei deren kreatives Wissen in den einzelnen Mind-Maps determiniert ist. Die verschiedenen Mind-Maps eines Experten unterteilen sich in mehrere Know-how-Komponenten, welche die Äste und ihre Unteräste in den Mind-Maps symbolisieren. Eine Know-how-Komponente kann selber wieder in einem Mind-Map abgebildet werden, weshalb die Form einer zyklischen Darstellung

91

Heinrich/Roithmayr

definieren

den Terminus

Gozinto-Graph

folgendermaßen:

„Ein von A.

Vazsonyi

entwickelter Graph, der angibt, welche Menge eines Teils bzw. einer Baugruppe in eine Baugruppe bzw. in ein Endprodukt direkt eingeht. Die Bez. entstammt dem englischsprachigen into'" [HeRo98. Seite 24If.I.

Sinngehalt .the part that goes

206

Know-how-A rchitektur

erfolgt,

d.h.

eine

Know-how-Komponente

ist

Ausgangspunkt

für

eine

komplexe

Gedankenstruktur.

5.6.3.3. Analyse der Know-how-Netze (3. Arbeitsschritt) Der

Know-how-Engineer

muß

das

ihm

vorliegende

Problemlösungsnetz

auf

seine

Vollständigkeit analysieren und unter Umständen Verfeinerungen vornehmen. Das Ziel der vollständigen Determinierung des Know-how-Netzes wird im Prozeß der Vernetzung durch das Symbol der Schleife repräsentiert. Der Vernetzungsprozeß ist abgeschlossen, sobald eine positive Beurteilung der Detaillierung erfolgt. Die Analyse des Know-how-Engineers kann das Ergebnis beinhalten, daß die Entwicklung eines einzigen Problemlösungsnetzes nicht ausreichend

erscheint, um

Realisierung verbunden

müssen werden.

die Problemstellung des Kunden

mehrere

Problemlösungsnetze

Es entstehen

adäquat

zu

lösen.

(„Know-how-Teams")

„Know-how-Cluster".

Im Kontext

der

Zur

miteinander Know-how-

Architektur vereint ein Know-how-Cluster mehrere Know-how-Teams miteinander, d.h. der Know-how-Engineer vernetzt die natürlichen und kreativen Know-how-Strukturen

der

Experten durch die Verwendung von künstlichen Konnektoren. Diese Know-how-Cluster weisen

die Eigenschaft auf, daß mehrere

Know-how-Cluster

wiederum

verbunden werden können. Das Resultat wird mit dem Terminus

miteinander

„Know-how-Zentrum"

belegt, um anzudeuten, daß ein Konglomerat von mehreren Know-how-Clustern zu einem Netzwerk zusammengefaßt ist. Für die Bildung eines Know-how-Zentrums gelten analog die Prozesse zur Erstellung von Know-how-Netzen, indem in der Know-how-Datenbank nach Mind-Maps recherchiert wird, welche anschließend mittels des Konnektoren-Thesaurus vom Know-how-Engineer verbunden werden.

Im Prozeß der Vernetzung lassen sich somit insgesamt drei Arten von Know-how-Netzen unterscheiden: (1) Know-how-Netze im Sinne von „Know-how-Teams", da die Know-how-Komponenten mehrerer Know-how-Träger mittels künstlichen Konnektoren vernetzt wurden. (2) Know-how-Netze

im

Sinne

von

,JCnow-how-Clustem",

indem

mehrere

„Problemlösungsnetze" zu einem Cluster zusammengefaßt werden. (3) Know-how-Netze im Sinne von ,JCnow-how-Zentren", miteinander vernetzt werden.

wobei mehrere Know-how-Cluster

Know-how-Architektur

207

Der Know-how-Engineer besitzt die Option in Abhängigkeit des Schwierigkeitsgrades der Problemstellung

die drei Arten der

Vernetzung

zu

kombinieren

und

zu

variieren.

Problemloser können somit Know-how-Träger, Know-how-Teams, Know-how-Cluster oder ein

Know-how-Zentrum

sein. Die Gesamtheit

der

Netzknoten

bildet

das

Problem-

lösungspotential des Unternehmens. Die Know-how-Architektur ist durch die Evolution der Organisationsstrukturen zu einer problerrüösungsorientierten Vorgehensweise determiniert. Hinter jedem Problemlösungsnetz verbirgt sich ein Mind-Map mit dem schöpferischen Erfahrungswissen der Know-how-Träger. Das Mind-Map „Know-how-Zentrum" visualisiert die drei Formationen.

Mind-Map 16: Know-how-Zentrum

Hargrove [Harg98] prägt den Begriff der kreativen Zusammenarbeit („creative collaboration") und meint damit, daß die mannigfaltigen Perspektiven und Fertigkeiten von Individuen kombiniert werden müssen, damit diese gemeinsam ihr Know-how erweitern und Probleme lösen. Unternehmen müssen eine Atmosphäre schaffen, welche die kreativen Prozesse ihrer

208

Know-how-Architektur

Mitarbeiter fördern, denn es sollen Möglichkeiten offeriert werden, um „creatively connect different views or perspectives with an eye toward creating dramatically new, surprising, even delightful solutions" [Harg98. Seite 187]. Dies kann nur dann realisiert werden, wenn das Netzwerk auf der Basis der Kommunikation, eines Dialogs und eines

gemeinsamen

Verständnisses für die Zielerreichung aufgebaut ist.

Die Implementierung von Know-how-Netzen kann nur erfolgen, wenn Unternehmen eine Know-how-fokussierte

Strategie

verwirklichen. Kirby/Hughes fordern, daß Veränderungen

vollbracht werden, wenn der Einzelne bereit ist, bestehende Konzepte zu überdenken, d.h. es bedarf einer neuen „thoughtware" 92 [KiHu97], Die neue „thoughtware" impliziert für die Know-how-Architektur eine Denkrichtung, in welcher das individuelle und kreative Wissen der Know-how-Träger als Katalysator fur die Entwicklung von Know-how-Netzen fungiert.

5.6.4.

Kundenindividualisierung

Die Zusammenstellung von Know-how-Netzen durch den Know-how-Engineer ermöglicht die Verwirklichung der zweiten Aufgabe im Prozeß der Vernetzung, nämlich die Erfüllung individueller

Kundenwünsche.

Wichtig ist die Koordination der Know-how-Netze

zur

bestmöglichen Realisation der individuellen Bedürfnisse. Bei Massenproduktionen ist das Konzept des Know-how-Unternehmens schwieriger zu realisieren, da als Erfolgsfaktor eine enge Beziehung zwischen dem Know-how-Team und dem Kunden hergestellt werden muß. Know-how-Unternehmen müssen nicht nur die alten Kunden beibehalten, sondern auch neue Kunden gewinnen. Es gilt, sich von den ideenlosen und kundenunfreundlichen Konventionen zu trennen, denn Serviceleistungen stellen einen wesentlichen Faktor dar. Diese neue Denkweise führt zu einer Neuordnung der Wertschöpfungskette, um eine Befriedigung der Kunden zu erzielen [StPB97. Seite 88]. Zwischen dem Know-how-Team und dem Kunden muß ein Meinungsaustausch stattfinden, um die Kundenerfahrungen zu nutzen [BlDe97. Seite 25]. Der Kunde stellt ein wertvolles Gut für das Know-how-Unternehmen dar [JeFr96. Seite 20] und wird in den Prozeß der Problemlösung eingeschlossen, indem das feedback der

92

Der Terminus „thoughtware"

wird definiert als „the collective framework

of thinking,

rooted in the

perceptions and assumptions of the organization's membership, that dictates how the members behave and interact" IKiHu97. Seite 23J.

Know-how-A

209

rchitektur

Kunden in die kreativen Überlegungen miteinfließt, sodaß eine enge Bindung zwischen dem Know-how-Untemehmen und dem Kunden entsteht. Dies bedeutet,

Know-how-Teams

müssen den Input der Kunden berücksichtigen, denn es gilt das Prinzip „develop customers before products" [DaUe96. Seite 76], Der Kunde kauft ein „virtuelles Produkt" [DaMa92, Seite 4], das seinen individuellen Vorstellungen entsprechen wird, wobei zwischen der Auftragserteilung und der Problemlösung der Zeitfaktor ausschlaggebend ist. Diese spezielle Fertigung wird „customizing" genannt [Fisc95. Seite 32f; Mert95], Die Know-how-Netze zeichnen sich im Gegensatz zur Massenfertigung durch das Prinzip der Individualisierung aus. Goldman et al. [GoNP94] legen dar, daß Unternehmen eruieren müssen, welchen Wert die Kunden den unternehmerischen Fähigkeiten und dem Know-how beimessen. Die Anforderungen der Kunden unterliegen einem Wandel, was zur Konsequenz hat, daß die Preise für die individuellen Problemlösungen jeweils angepaßt werden müssen, denn „companies deal with customers as individuals, and pricing reflects the Variation of contextual value experienced by those individuals as customers" [GoNP94. Seite 238],

Um im Wettbewerb bestehen zu können, muß es zu einem Zusammenspiel von Kunden und Lieferanten kommen [Lewi95], indem durch die Formation von Allianzen eine bessere Kundenzufriedenheit erzielt wird. De Rose [Rose94] verwendet den Terminus „Value Network", um zu implizieren, daß nur auf der Basis von Netzwerken die Bedürfnisse der Kunden verwirklicht werden können. Die Leistung der Know-how-Netze besteht darin, die vom Kunden formulierten Erwartungen aufgrund des kreativen Potentials der Experten zu implementieren. Unternehmen integrieren in ihre Know-how-Netze Zulieferer, Produzenten und Händler, welche jeweils ihr Know-how zur Optimierung der Versorgungskette („supply chain") zur Verfügung stellen [PoRe96. Seite 265ff.]. Die Konfiguration von Netzwerken hat für alle Partner den Vorteil, daß die jeweiligen Ressourcen kombiniert werden können und dem Kunden ein maßgeschneidertes Versorgungssystem angeboten wird. Unternehmen müssen allerdings beachten, daß die Zulieferer einerseits die Rolle von Kooperationspartnern und andererseits von Wettbewerbern einnehmen können, wenn sie beispielsweise eine Preisänderung ihrer Produkte vornehmen. Es entsteht die Situation von „co-opetition", indem ein Wechselspiel zwischen Kooperation („Cooperation") und Wettbewerb („competition") erfolgt [BrNa96. Seite

176ff.]. Dies bedeutet

für das Know-how-Unternehmen,

unternehmensspezifisches Know-how kein Ruhekissen ist.

daß

210

Know-how-Architektur

5.7. Prozeß der Implementierung „The greatest difficulty lies not in persuading people to accept new ideas, but in persuading them to abandon old ones." (John Maynard

5.7.1.

Keynes)

Ziel und Aufgabe des Prozesses der Implementierung

Den Input bilden die vom Know-how-Engineer vollständig konstruierten Know-how-Netze für die definierte Problemstellung. Der Prozeß der Implementierung schließt den Regelkreis 93 der Know-how-Architektur und stellt ein Know-how-Unternehmen als Output zur Verfügung. Im Prozeß der Implementierung wird die ganzheitliche Sichtweise der Know-how-Architektur verwirklicht, indem die Diskrepanz zwischen der Identifikation von Know-how-Trägern und der Transformation zu einem Know-how-Unternehmen überwunden wird. Das Ziel des Prozesses der Implementierung

kann wie folgt dargelegt werden:

Es ist das Ziel des Prozesses der Implementierung, Know-how-Netze

in ein Know-how-Unternehmen

Eigenschaft der Know-how-Träger how-Unternehmens

die vom Know-how-Engineer zu überführen,

die

in den Mittelpunkt stellt. Die Strukturierung

erfolgt mit der Methode Mind-Mapping.

Netze berücksichtigen

welches

entworfenen

Die implementierten

die gesamte Bandbreite der Kreativität der

kognitive des KnowKnow-how-

Know-how-Träger.

Die Implementierung zeichnet sich durch einen dynamischen Charakter aus, indem eine ständige Überprüfung stattfinden muß, ob mittels des Einsatzes der Methode Mind-Mapping der erreichte

Ist-Zustand

dem

gewünschten

Sollzustand

entspricht.

Der Prozeß

der

Implementierung zeichnet sich durch zwei Aufgaben aus: (1) Die Durchführung der Transformation zu einem Know-how-Unternehmen. (2) Die ständige Aktualisierung der Know-how-Architektur.

Aufbauend auf den Aufgaben lassen sich die Arbeitsschritte im Prozeß der Implementierung ableiten (vgl. Abbildung „Arbeitsschritte im Prozeß der Implementierung").

93

Vgl. Ausführungen in Kapitel 5.1.2.

Know-how-Architektur

211

Abbildung 38: Arbeitsschritte im Prozeß der Implementierung

5.7.2.

Implementierung des Know-how-Unternehmens (1. Arbeitsschritt)

Es ist die Aufgabe des Know-how-Engineers die Implementierung des Know-how-Teams, der Know-how-Cluster sowie der Know-how-Zentren zu realisieren. Dieser Prozeß wird von der Schaffung einer geeigneten Infrastruktur dominiert. Der Know-how-Engineer muß das Unternehmen in Form einer Mind-Mapping-orientierten Struktur verändern. Dieser Aussage liegt der Gedanke zugrunde, daß das Know-how-Team, die Know-how-Cluster sowie die Know-how-Zentren

auf

Mind-Maps

beruhen.

Das

organisatorische

Gerüst

muß

die

Implementierung von vernetzten Know-how-Gedanken gewährleisten. Die Know-how-Architektur beansprucht nicht nur einen Wandel des unternehmerischen Denkens,

sondern

personalwirtschaftlichen

führt

auch

Maßnahmen.

zu

organisatorischen

Veränderungen

sowie

zu

Die Vernetzung der Know-how-Träger verlangt nach

Rahmenbedingungen, welche die Zusammenarbeit von Experten sowohl innerhalb als auch außerhalb der Unternehmensgrenzen ermöglichen. Die Neuorganisation des Unternehmens bewirkt eine Veränderung in der Arbeits- und Sozial weit, welche den Experten die

Know-how-Architektur

212

Möglichkeit der Flexibilität, der Entfaltung der Kreativität, der Problemlösungsfahigkeit und des Lernens einräumt. Die Regelgröße stellt das Individuum dar, welches dem Unternehmen eine Know-how-basierte Leistung zur Verfügung stellt. Mittels der Informations- und Kommunikationstechnologie besteht zusätzlich die Möglichkeit, daß die Arbeit aus der Ferne („tele") erledigt wird. Es entsteht die neue Arbeitsform der „Telekooperation", welche in die Dimensionen

Telearbeit,

Telemanagement

sowie Teleservice

unterteilt

ist

[ReMö97;

PÍRW98], Wenn sich ein Unternehmen für die Einführung von Telearbeit entscheidet, erscheint es sinnvoll, ein Konzept auszuarbeiten. Bereits in der Anfangsphase ist der Betriebsrat zu integrieren, um die jeweiligen Vorteile und Nachteile zu diskutieren [Seim97. Seite 52ff.]. Gleichzeitig wird sich die Rolle der Gewerkschaften verändern, indem sie die Interessen derjenigen Arbeitnehmer vertreten, welche in die neuen Beschäftigungsverhältnisse eingebunden sind [Fisc97. Seite 121ff.]. Die Gewerkschaften übernehmen eine beratende Aufgabe und verstehen sich als Dienstleister, welche sich sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene für rechtliche Rahmenbedingungen engagieren.

Die Know-how-Vernetzung stellt den festen Arbeitsplatz zur Disposition, denn die Experten bieten in Abhängigkeit der Problemdefinition ihr Handlungswissen dem Know-how-Team an. Ferner können „virtuelle Teams" 9 4 [LiSt97] entstehen, indem sich die Verrichtung der Arbeit unabhängig von dem Ort, von der Zeit und den Unternehmensgrenzen unter Benützung der Informations- und Kommunikationstechnologie vollzieht. Nach Lipnack/Stamps hängt der Erfolg von virtuellen Teams von face-to-face Besprechungen ab, um eine natürliche Atmosphäre zu erzeugen [LiSt97. Seite 137ff.].

Die Aufgabe des Know-how-Engineers mit seinem Projektteam ist dann abgeschlossen, wenn die Einführung der Know-how-Netze verwirklicht ist. Den Output bildet ein Know-howUnternehmen. Allerdings ist der Prozeß der Realisierung der Know-how-Architektur nicht abgeschlossen, da sich eine Vielzahl von neuen Aufgaben und Herausforderungen stellt: 1. Bildung

einer unternehmensinternen

Know-how-Projektgruppe.

Bislang übernahm der

Know-how-Engineer in seiner Funktion des externen Beraters die Koordination und Organisation der Know-how-Träger. Nach Abschluß seiner Tätigkeit müssen sich die Führungskräfte fragen, ob eine unternehmensinterne Know-how-Gruppe zu initialisieren ist. Es ist zu überlegen, ob die Lenkung der Gruppe dem jetzigen Know-how-Engineer

94

Internet-Adresse:

http://www.netage.com

Know-how-Architektur

213

übertragen werden soll. Im Zuge der Umstrukturierung wäre es von Vorteil, über die Erweiterung des Vorstands um das Ressort,.Know-how-Engineering" zu diskutieren. 2. Investitionen Lernens

in die Aus- und Weiterbildung der Know-how-Träger.

ist essentieller

Bestandteil

der

Know-how-Architektur.

Der Prozeß des Daher

muß

die

individuelle Lebenszykluskurve eines Know-how-Trägers beachtet werden. Zukünftig ist es wesentlich, sein intuitives Wissen zu erneuern und zu erweitern. Diese Erkenntnis wird eine Schlüsselfunktion im Leben des Einzelnen haben. Das Wissen von heute kann morgen bereits veraltet sein. Dieses Ziel verlangt dem Individuum ein hohes Maß an Energie und Selbstdisziplin ab, da es bereit sein muß, sein kreatives Prozeßdenken auszubauen. 3. Angebot an Mind-Mapping Seminaren. Die Mitarbeiter müssen die Option haben, diese Methode zu erlernen beziehungsweise zu verfeinern.

Der Bedarf an Querdenkern, welche mit Denktraditionen brechen, kann nur gedeckt werden, wenn bildungspolitische Veränderungen erfolgen. Es muß zu einem Abbruch der Vermittlung von lexikalischen Erkenntnissen kommen und somit der Anstoß zur Entwicklung von unkonventionellen Losungen erfolgen. Den Primat besitzt die Weiterentwicklung, der Transfer und die Erneuerung von Know-how, wobei Mind-Mapping dabei eine Methode zur Förderung des vernetzten Denkens ist.

5.7.3.

Aktualisierung der Know-how-Architektur (2. Arbeitsschritt)

Der zukünftige wirtschaftliche Bedarf an Know-how-Trägern ist zu ermitteln, damit das Know-how-Unternehmen

langfristig

dem

Kunden

individuelle 95

Verfügung stellen kann. Diese Aufgabe erfüllt das Controlling

der

Problemlösungen

zur

Know-how-Architektur,

indem der Regelkreis auf Abweichungen zwischen dem Ist-Wert und dem Soll-Wert überprüft wird, d.h. das Know-how-Gap soll minimiert werden. Es muß eine Balance zwischen der Nachfrage und dem Angebot an kreativen Personen geschaffen werden. Der

" Horväth definiert den Terminus Controlling folgendermaßen: Subsystem

„Controlling ist -funktional

der Führung, das Planung und Kontrolle sowie Informationsversorgung

systemkoppelnd Gesamtsystems

ergebniszielorientiert

koordiniert

und

so

die

Adaption

und

gesehen - dasjenige systembildend Koordination

unterstützt" [Horv96. Seite 141], Weiterführende Literatur zum Thema Controlling

sich unter anderem bei Weber [Webe96J sowie Steinie/Bruch

/StBr98j.

und des findet

Know-how-Architektur

214

Aktualisierungsprozeß muß die Sicherstellung von Know-how-Trägern für Problemlösungen gewährleisten (vgl. Abbildung „Aktualisierte Know-how-Architektur").

Abbildung 39: Aktualisierte Know-how-Architektur

Ziel der Aktualisierung der Know-how-Architektur ist die Förderung der Know-how-Träger. Um

für die

Kunden

Probleme

lösen

zu

können,

hängt

diese

Entwicklung

vom

Erfahrungswissen eines langfristigen Lernprozesses ab.

Die Know-how-Architektur bildet auf der normativen, strategischen und operativen Ebene eine Ergänzung zum Ansatz der strategischen

Untemehmensführung.

Hinterhuber [Hint96:

Hint97] unterscheidet sieben Komponenten der strategischen Führung der Unternehmung: die

215

Know-how-Architektur

unternehmerische Vision, die Unternehmenspolitik, die Strategien, die Direktiven für die Funktionsbereiche und regionalen Einheiten, die Organisation und die Umsetzung.

Das

Konzept der strategischen Unternehmensführung wird durch die fünf Prozesse des Knowhow-Ansatzes erweitert (vgl. Abbildung „Strategische Unternehmensführung vs. Know-howArchitektur").

Strategische Unternehmensführung

Know-how-Architektur

Unternehmerische Vision