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German Pages 141 [281] Year 2022
Kleine
Romane « n d
moralische
Erzählungen.
Otter Theil.
IV. Idda von Tokenburg,
oder die Stärke der Eifersucht.
Idda von Tvkenburg, oder-
dir
Stärke der Eifersucht.
Du weinst, Julie? »»Ich, liebe Mutter? Daß ich nicht wüßte! Die rauhe Luft . . ♦” Kann die Augen roth machen, aber doch keine Thränen hervorbringen; und hier, in jedem Grühchen deiner Wangen, hangt, noch ei/ ne. Liebe Julie, soll ich. nicht fragen...? „Thränen,, Mütterchen, die ein. Mädchen weint, sind ohne Bedeutung." Auch wenn verschmähete Liebe, oder ein ge mißhandeltes Herz sie in die Augen preßt? „O, liebe Mutter, Sie sind hart! . . . Nun ja; ich habe Thränen über Grubenthals
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inbe oder Eifersucht vergossen. Mus: den» die Liebe immer lächeln? Haben Sie nicht selbst oft gesagt/ wir Mädchen sollten uns früh au den Gedanken gewöhne»/ daß die Liebe, wie Alles «Eder Erde, aus Kummer und'Freude bestehe? Sehen Sie, ich gewöhne wich. Du witzelst sehr zur Unzeit über dein Schick sal» mein -Kind; ich -sehe bieirnt. Schicksal mit besorgtem Herzen entgegen. Glaube mir, mit sehr besorgtem Herzen? — (Die Majorin von Erlach ergriff bei diesen Worten die Hand ih rer Tochter, und drückte sie a» .ihr Herz.) „Mit besorgtem Herzen, meine gtrte Mut ter? Sie sind -wohl rrllzu ängstlich." Muß ich es nicht seyn, wenn ich sehe, daß deine Liebe nichts kann als dein heiteres Auge mit Thräne» füllen, als dein fröhliches Herz zu Seufzer» zwingen? Eine Liebe, die schon so früh Thränen gebiert, giebt ihrer Natur kein gutes Zeugniß. — Erzähle mir, liebe Julie, worüber du weintest. „Sie kennen ja Grubenthals Eifersüchte, leien. Eine Kleinigkeit, gewiß nichts weiter. Sie ist freilich der Thräne nicht werth, die
nieiw Herz, btöß weil es zu'voll war, dar, über vergoß. Man ist eitel, Mütterchen. Ein Auge voll Thränen ist dem Liebhaber immer ein interessanter Anblick'; und wer würde nicht gern interessant!" Grubenthal ist' ja aber schon* seit einer Stnnde fort» Hilft mir ist dein Auge voll Thränen nicht das Interessanteste an dir! . . . Sag mir doch die Kleinigkeit. »»Sie werden lachen, Mütterchen; aber — die Liebe saugt Gift aus Allem, was fie fieftt.” Das ist eine Seite an ftdr Liebe, die ich noch nicht kannte-. Die Liebe fände selbst in der Hölle den Himmel: das hab' ich wohl gr hott. -»Recht- liebe Mutter; und sollte sie sich erst die Hölle schaffen, um den Himmel darin zu finden. Das mein' ich eben." Dein Eingang ist sehr weitläustig. So laß doch hören, welche-Holte er erst schuf ,,Sie wissen, Mütterchen, wel-ben Antheil ich an unserm Gärtner nehme, seitdem ihn Barbe mir ihrer zärtlichen und kühnen Liebe von den Soldaten wieder losbettelte. So ost
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tes) ihn sehe, muß er mir erzählen, wie Bar be vor dem harten Obersten auf die Kniee fallt, Thränen vergießt, und redet, als ob ihr ein Engel die Worte eingäbe, bis der Oberstes die Officier, die Soldaten Thränen in den Augen haben, und bis man ihre Bitte nicht mehr abschlagen kann. Ich mag so gern von Anton erzählen hören, wie sie ihn von der Haupt, wache holen, wie er nicht daran denkt, was er seinem Obersten schuldig ist, und bei Bar, ben aus die Kniee niedersinkt, sie in seine Ar, nie schließt, seine Thränen in die ihrigen mischt, und dann, als er hört, daß er frei ist, ohne Besinnung dahin schlagt und unter Darbens Küssen wieder erwacht. Da steh' ich nun heute bei Anton und Barben, und "lasse mir erzählen. Barbe wird gerufen. Ich blei; be noch eine Weile bei dem Gärtner, und er erzählt mir, wie zärtlich er Barben jetzt liebt. Das höre ich mit großer Freude an, und ver, spreche ihm, Pathe bei seinem ersten Kinde zu werden. Anton küßt mir dafür dankbar die Hand. In dem Augenblicke tritt Grubenthal aus dem Laubengange, und erblickt mich. Ich
7 eile ihm entgegen, und tmtt . . . Sie wissen, wie zärtlich er mich liebt, und wie eifersüchtig er deshalb ist." Deshalb, Julie? weil er dich zärtlich liebt? Das kann wohl deine Meinung nicht seyn! Warum vergossest du den» Thränen, wenn sei, ne Eifersucht ein Beweis seiner zärtlichen Liebe ist? . . . Soll ich dir sagen, warum du wein, test? — Weil du dich gekränkt fühltest, daß ein Mann, der dich kennen sollte, dich mit ei, nem gemeinen Menschen in Verdacht hat. ,.Ja, ich gestehe Ihnen, liebe Mutter, es verdroß mich ein wenig. Aber man muß der Eifersucht und der Liebe viel vergeben, und es ist mir lieb, daß ich es kann." Der Eifersuchk und der Liebe? gehören diese beiden Empfindungen etwa nicht vor de» Rich, terstuhl der Vernunft? oder möchtest du sie nicht beurtheilen, weil du zu sinnlich bist? „Ich verstehe Sie nicht, Mütterchen." Komm, setze dich z» mir, Julie! . . . So! Und nun, Julie, bitte ich dich, antworte mir auf meine Frage» recht offen. Was meinst du, daß die Liebe sey?
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„Ja, liebste Mutter, ich soll antworten, und weiß nichts. Die Liebe ... ist Fausts Zaubermantel." Mädchen, scherze, so viel du- willst; du wirst doch wenigstes die Fäden kennen, aus denen dieser Jaubermantel gewebt ist. Du liebst mich, und liebst Grubenthal: diese LiSbe ist sich doch in irgend etwas ähnlich. Warum liebst du mich? „Nun, well Sie gut sind, weil Sie mir wohlthun, weil Sie mich lieben, weil ich in Ihrer Gesellschaft glücklich bin, weil-. ♦ .. Aus tausend Ursachen' lieb' ich die