Kategorienlehre: Die Kategorien der Sinnlichkeit, Die Kategorien des reflektierenden Denkens, Die Kategorien des spekulativen Denkens 3787328947, 9783787328949

Diese Ausgabe der Kategorienlehre Eduard von Hartmanns vereint alle drei Bande, die 1923 von Fritz Kern unter Beachtung

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Kategorienlehre
Inhalt
Vorwort.
A. O i e Kategorien der Sinnlichkeit
2. D i e Quan t i t ä t d e s E m p f i n d e n s.
I I. Die Kategorien des Anschauens.
Kategorienlehre_2_Band
Inhalt
B. Die Kategorien des Denkens
I. Die Urkategorie der Relation
II. Die Kategorien des reflektierenden Denkens
1. Die Kategorien des vergleichenden Denkens
a. und b. Die Vergleichungskategorien in der subjektiv idealen und objektiv realen Sphäre
c. Die Vergleichungskategorien in der metaphysischen Sphäre
2. Die Kategorien des trennenden und verbindenden Denkens
3. Die Kategorien des messenden Denkens
4. Die Kategorien des schließenden Denkens oder die Formen der logischen Determination
a. Die logische Determination in der subjektiv idealen Sphäre
a. Die Deduktion
ß. Die Induktion
y. Die Ausschließung des Widerspruchs
b. Die logische Determination in der objektiv realen Sphäre
c. Die logische Determination in der metaphysichen Sphäre
5. Die Kategorien des modalen Denkens
a. Die Modalitätskategorien in der subjektiv idealen Sphäre
b. Die Modalitätskategorien in der objektiv realen Sphäre
c. Die Modalitätskategorien in der metaphysischen Sphäre
Kategorienlehre_3_Band
Inhalt
III. Die Kategorien des spekulativen Denkens
1. Die Kausalität (Aetiologie)
a. Die Kausalität in der subjektiv idealen Sphäre
b. Die Kausalität in der objektiv realen Sphäre
c. Die KausaIität in der metaphysischen Sphäre
a. Identität und Parallelismus
ß. Die rechtläufige Allotropie
y. Die rückläufige Allotropie
2. Die Finalität (Teleologie)
a. Die Finalität in der subjektiv idealen Sphäre
b . Die FinaIität in der objektiv realen Sphäre
c. Die Finalität in der metaphysischen Sphäre
3. Die Substantialität (Ontologie)
a. Die Substantialität in der subjektiv idealen Sphäre
b. Die Substantialität in der objektiv realen Sphäre
c. Die Substantialität in der metaphysischen Sphäre
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 3787328947, 9783787328949

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EDUA R D VON H A RTM A N N

Kategorienlehre Erster Band: Die Kategorien der Sinnlichkeit Zweiter Band: Die Kategorien des reflektierenden Denkens Dritter Band: Die Kategorien des spekulativen Denkens

Herausgegeben von Fritz Kern

FELI X M EI N ER V ER L AG H A M BU RG

PH I L O S OPH I S C H E BI BL IO T H E K BA N D 72 a / b / c

Im Digitaldruck »on demand« hergestelltes, inhaltlich mit den Ausgaben von 1923 identisches Exemplar. Wir bitten um Verständnis für unvermeidliche Abweichungen in der Ausstattung, die der Einzelfertigung geschuldet sind. Weitere Informationen unter: www.meiner.de/bod.

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet abrufbar über ‹http://portal.dnb.de›. ISBN: 978-3-7873-2894-9 ISBN eBook: 978-3-7873-2895-6

© Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 1923. Alle Rechte vorbehalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. Gesamtherstellung: BoD, Norderstedt. Gedruckt auf alterungsbeständigem Werkdruck papier, hergestellt aus 100 % chlor frei gebleichtem Zellstoff. Printed in Germany.

www.meiner.de

I N H A LT

Erster Band: Die Kategorien der Sinnlichkeit XX, 220 Seiten Zweiter Band: Die Kategorien des reflektierenden Denkens IV, 224 Seiten Dritter Band: Die Kategorien des spekulativen Denkens IV, 228 Seiten

Ein ausführliches Inhaltverzeichnis findet sich auf den Seiten IX – XX des ersten Bandes.

Vorbemerkung des Herausgebers. Für die neue Ausgabe der Hartmannsehen Kategorienlehre habe ich die eigenhändige Verfasserhandschrift herangezogen, welche die Eigentümerin, Frau Alma von Hartmann, als Leih­ gabe der Berliner Staatsbibliothek übergeben hat. Die Durch­ sicht der Handschrift erwies sich überraschend ergiebig. Es war ja schon von vielen Lesern der Kategorienlehre bemerkt worden, daß der Druck durch zahlreiche Fekler entstellt war; gedruckte und handschriftliche Druckfehlerverzeichnisse lage n mir vor, welche durch gründliche Leser hergestellt worden waren . (Das vollständtgste Verzeic hnis derart lieferte Herr Dr. Karl P e t r a s c h e k, München, im Jahr I9I9, wofür ihm auch an dieser Stelle gedankt sei.) In sehr vielen Fällen hat nun die Hand­ schrift alle Zweifel gelöst, meistens so endgültig und einwand­ frei, daß ich auf eine Aufnahme der betreffenden Stellen in das Lesartenverzeichnis verzichten konnte. Diesen Fällen, in welchen die vorliegende neue Ausgabe die Handschrift gegenüber offenbaren Verschlechterungen des Erstdrucks wiedergibt, st ehen andere gegenüber, in welchen Hand­ schrift und Erstdruck zwar unter sich, aber nicht mit dem ver­ mutlichen Sinn übereinstimmen. Es handelt sich hierbei um gelegentliche Lapsus calami des Verfassers , die vom Setzer treu­ lich übemommen, von den Korrektoren des Erstdrucks nicht ausgemerzt worden sind. In nicht wenigen Fällen handelt es sich dabei um Kleinigkeiten sprachlicher Art: nur diejenigen Fälle, bei denen es das Interesse des Sinnes nahelegte, habe ich ausdrücklich im Lesartmverzeichnis angemerkt. Ein hauptsächlicher Unterschied dieser Neuausgabe gegen­ über dem Erstdruck liegt in der Aufnahme der A.nderungen und Zusätze, welche der Verfasser nach dem Ers cheinen des Erstdrucks (I896) in seinem letzten Lebensjahrzehnt aufgezeichnet hat, teils in seinem Handexemplar, teils auf besonderen Bogen, die er ausdrücklich als zur Aufnahme in die zweite A uflage der Kategorienlehre bestimmt bezeichnet hat. Diejenigen dieser Zusätze und A.nderungen, welche sich auf rein stilistische V er­ besserungen beziehen, habe ich im allgemeinen ohne besondere Auszeichnung aufgenommen: diejenigen aber, welche sachlich

VI

Vorbem�rkung des Herausgebers.

N eues bringen, sind durch Kursivdruck hervorgehoben und bilden somit den wertvollsten Zuwachs der neum Ausgabe. In seinem nach dem Tode (I906) herausgegebenen " System der Philosophie im Grundriß" !tat Eduard von Hartmann den gesamten Problemkreis auch der Kategorienlehre noch einmal durchgedacht. In diesem Systemgrundriß, dessen Veröffent­ lichung aus dem Nachlaß der Verfasser selbst anordnete, finden sich durchweg Verweisungen auf die entsprechenden Stellen der früher erschienenen ausführlichen Werke, um einen bequemen V ergleich zu ermöglichen. Es schien mir dem Sinn dieser Aus­ gabe zu entsprechen, diese auf die eigene Anordnung Hart­ manns zurückgehenden V erweisungm auch in die Neuausgabe zu übertragen, und Herr stud . med. Günther N e u g e b o r e n aus Hermannstadt hat sich mit großer Hingebung der Aufgabe unterzogen, diese Übertragung der Hartmannselten Verweis ungen auszuführen. Unter Gr. II. 47 z. B . findet man also im folgenden hingewiesen auf B and 2, S. 47 des Systemgrundrisses, woselbst auf die betreffende Seite der Kategorienlehre zurück­ v erwiesen ist. Die Seitenzahlen des Erstdrucks sind fortlaufend in den Text eingefügt. Auf Wunsch des Verlages erscheint dieser in drei gesonderten Bändchen, deren jedem zur besseren Über­ sicht das Gesamtregister in der Originalform des Erstdrucks mit den unerläßlichen Ergänzungen beigefügt ist. Herr W. v. S c h n e h e n in Oldenburg hat nicht nur sein eigenes Exemplar des selten gewordenen Erstdrucks für die Herstellung der ncuen Aztflage aufgeopfert, sondern auch in der Revision des Textes den Herausgeber mit einer so unermüd­ lichen und tiefeindringenden Kritik unterstützt, daß der Leser, der sich bei dieser neuen A usgabe den Fußangeln des Erst­ drucks enthoben fühlen sollte, neben der Handschrift in erster Linie der treuen Mühewaltung dieses Gelehrten zu Dank ver­ Pflichtet ist. A uch Herr Dr. Richard M ü l l e r - F r e i e n f e l s , der den A nstoß zum Erscheinen des Werkes in der "Philoso­ phischen Bibliothek" gab, und insbesondere die Hüterin des Nachlass es, Frau Al m a v. H a r t m a n n , sind des Dankes aller künftigen B enutzer gewiß. B o n n a. Rh. , im Sommer I922.

F r i t z K e rn.

Lesarten. Die Seitenzalzlen beziehen sielt auf die l Auflage. H Handschrift. Erste Ausgabt der Kategorien/eitre. K Vorliegende Ausgabt . Ka Änderung des Verfassers im Handtxtmplar. VI der Äußerlichkeit K. der fehlt HA. - 3. den Geschmacks­ empfindungen K. den fehlt HA. - 3 ätherische Oie K. ätherischen Ölen HA. - 5 und Lokalzeichen HK. in den Lokalzeichen A. - 6 ver­ schmolzen sind Kist HA. - 7 den einzelnen Empfindungen K. Emp­ findungen feh lt HA. - 10 oder denselben Ton K. oder fehlt HA. - 13 2 n 3 n 4 n K. 1/2 n 1/3 n 1/, n HA. - 14 als einen in seinem Klange qualitativ HK. aus einem A. - 15 der erste Fall usw. .K. Die verschiedenen Fälle durchgeltend falsch num eriert HA. - 19 Der in die Resultante eingehenden HK. in der A. - 22 hervorstechenden HK. hervorstehenden A. - 24 des Rückenmarks und die K. die feklt HA. - 26 wenn die Frage sich nur darum dreht HK. Sache A. - 26 Indi­ vidualbewußtseins irgendwelcher niederen Stufe HK. Stufen A. =

A

=

=

=

Stelle zu, auf Grund derer die K. deren A, undeutlich H - 33 leichtere Erregbarkeit bestimmter Arten K. Art HA. - 3 6 und in der Physiologie der Sinneswahrnehmung HK. Psychologie A. - 36 als die Summe der Komponenten war K. waren HA. - 37 Ebenso. 43 Allerdings gilt dies nur für die Tätigkeit, HK. fehlt A. - 43 son­ dern ein vielheitlieh peripherisches HK. vielseitig A. - 46 ursprüng­ liche, unentstandene Vielheit Ka, urentstandene A. - 46 charakterolo­ gischen Veranlagung sucht HK. charakteristischen .A. - 48 unter der Schwelle bleibt K. bleiben HA. - 52 durchlaufen werden, innerhalb derer die Steigerung K. deren HA. - 52 die bei Sinneswahrnehmungen mäßigen Grades AK. die mit bei H - 52 j� niedriger also die Indi­ vidualitätsstufe ist K. ist feklt HA. - 5 5 Resultat, das sich uns als Empfindungsintensität Ka. Empfindungsqualität A. - 56 simultan und in einen Augenblick HK. einem A. - 58 die Spannkraft hier als ein Minimum K. ein fehlt HA. - 71 daß Ermüdung und Wechsel der Aufmerksamkeit HK. die Aufmerksamkeit A. - 73 Stärkeverhält­ nis von 3 : 2 K. 2 : 1 HA. - 73 wenn sie vorgenommen wird, ist aller K. ist fehlt HA. - 78 also die uns zur Verfügung stehenden K. uns fehlt A. - 83 der Zuwachs eines solchen Bausteins HK. Bewußtseins A. - 83 erscheint aus den kleinsten Teilen K. Zeitteilen HA. - 83 unterhalb deren es überhaupt kleinere .Ka. Kleineres HA. - 87 durch einen seiner Natur nach vorbewußten Zwang HK. un­ bewllßten A. - 87 Unbedingte sein soll, wenn sie K. wenn es HA. 30

VIII

Lesa•·te1t,

95 er, von der ersteren be­ - 90 Es fehlt ja doch HK j edoch .A. s timmt K es HA. - 1 00 unterschiebt uns etwas Posi tives K und erstere etwas HA. 1 00 Posterins des Weltanfangs HK \Ve l t­ umfangs A. 109 dem Lokalzeichensys tem der Tastempfindungen 1/K Lokalsys tem A II2 vervolls tändigen sie erst das von dieser gelieferte K diesem HA. - 1 13 Körperoberfläche mit den tastenden Endorganen HK Einzakl A. - I IS nativistische Theorie als gegeben voraussetzt HK vorausgesetzt A. - I 2 5 Räumlichen haften, ist die Räumlichkeit Ka. sind HA. - I 26 Räumli che angeschaut werden, an dem K wird HA. - I27 Lichtreizes auf die Stelle HK Stellung A. - 134 affizirende Dinge an sich zu halten HK erhalten A. I3 5 gefoppt wird ; sie kann K sie jek lt HA. - I3 7 aber außerhalb der Intensität K außer HA. - 137 Weit der Dinge an sich ohne Rest HK an sich feh lt A. - I39 S. ISO Zusatz Ka. - 143 unter­ schöbe Ka. unter den Fuß gäbe A. - I43 keinen Sinn hat und teleologisch Ka. hat, sondern teleologisch A. - I46 glaubt, als indem er der Form . . . abspricht Ka. glaubte . . . absprach HA.- 1 53 allei n schon den Raum setzen K den unendlichen Raum HA. - I 58 fiktiven Voraussetzungen beruht K. beruhen HA. - IS9 seiner Natur nach mißlingen K. natürlich seiner Natur nach mißlingen HA. - I 5 9 thelische Intensi tät Ka. thelistische A. Dieselbe Änderung miederholt sick weiterhin, dock nick t regelmässig. 163 objektiv realen Raum gib t HK. ergibt A. - I6 7 vor Wille und Idee verhalten sich A (nickt H) Absatz. 1 7 I vorher gegen die Identität der objektiv realen HK. Idealität A. -

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Inhalt.

(l•fit den Seitmza!zlen der erstttt Auflage.)

A. Die Kategorien der Sinnlichkeit. I. Die Kategorien des Empflndens. 1. Die Qualität a. D i e Q u a I i t ä t i n d e r s u b j e k t i v i d e a I e n S p h ä r e

Einfache und zusammengesetzte Empfindungen in Klängen und Farben 1 . - Desgleichen in Geruch, Geschmack und Gefühl 3· - Desgleichen im räumlichen Tasten und Sehen 5· - Die vermeintlich einfachen Empfindungen als Emp­ findungssynthesen 6. Die fünf Klassen der Empfindungs­ synthesen 7· - Armut und Reichtum des Qualitätsgehalts in den fünf Klassen 9· - Der Zuwachs an Qualitätsgehalt beim Aufsteigen von niederen Synthesen zu höheren 1 0. Die Entstehung dieses Qualitätszuwachses aus den ver­ knüpften Intensitätsverhältnissen der niederen Synthesen 1 2. Der ParaHelismus von Intensitätsverhältnissen bei geringe­ rer und Qualitätsverhältnissen bei größerer Geschwindigkeit 1 5. - Der allmähliche Übergang von Intensitätsverhältnissen in Qualität und das schwankende Zwischengebiet im Tast­ sinn und Gehörsinn 17. - Theoretische Begründung dieses Überganges im allgemeinen 1 9 . Die Entstehung der spe­ zifischen Tonempfindung aus Gefühlsempfindungen 2 1 . Die Entstehung der spezifischen Gefühlsempfindungen aus unspezifizierten, qualitätsärmeren 22 . - Der Zusammenhang dieser Erscheinung mit der Ineinanderschachtelung von In­ dividuen verschiedener Individualitätsstufen in einem Orga­ nismus 2 5 . Das Sinken der Empfindungsschwelle mit der Individualitätsstufe 2 7 . Die Abhängigkeit der syn­ thetischen Qualität von der physiologischen Leitung zwi­ schen den Individuen niederer Ordnung, welche die Kom­ ponenten der Synthese liefern 29. - Lust und Unlust als qualitätslose Urempfindungen der Individuen niedrigster Ordnung 3 1 . Die Qualität als eine ausschließliche Kate­ gorie des Empfindens 33· b. D i e Q u a I i t ä t i n d e r o b j e k t i v r e a I e n S p h ä r e Die naturwissenschaftliche Auflösung der Qualität in Quan­ titätsverhältnisse in der objektiv realen Sphäre 34· Die

Seite

1

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34

Inhalt.

X

objektiv reale Qualität der Dinge als Denkabbreviatur 37· - Die Qualität bei den Wahrnehmungsobjekten im Gegen­ satz zu den Dingen an sich 38. - Die Qualität in der sub­ jektiv idealen Innerlichkeit der Dinge an sich 40 . c. D i e Q u a 1 i t ä t i n d e r m e t a p h y s i s c h e n Sph ä r e Die Qualitätlosigkeit der metaphysischen Funktionen, welche die objektiv reale Erscheinungswelt setzen 42. Die Qua­ litätlosigkeit auch der metaphysischen Funktionen, welche die subjektiv ideale Erscheinungswelt setzen 44· Die Qualitätlosigkeit des Wesens in den Individuen oder Monaden 46 . -Die Qualitätiosigkeit des Wesens im Absoluten 47·

Seite

42

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2. Die Quantität des Empfindens u.

Die intensive Quantität

so

.

so

a. und b. Di e I n t e n s i t ä t i n d e r s u b j e k t i v i d e a I e n S p h äre u n d i h r V e r h ä l t n i s z u r o b j e k t i v r eaIen Sphäre Intensitätsänderungen und Qualitätsänderungen bei der Emp­ findung 50. - Empfindungsintensität und Reizintensität 52. - Der Grad der Empfindungsintensität als unbewußte syn­ thetische Kategorialfunktion 5 5· - Die verschiedenen Um­ wandlungen des äußeren Reizes im Individuum 56 . - Die Umwandlung von lebendiger Kraft in Spannkraft und um­ gekehrt 57· - Lust und Unlust im Verhältnis zum Willen 6o . - Lust und Unlust im Verhältnis zur Empfindungs­ qualität 6 1 . c. D i e I n t e n s i t ä t i n d e r m e t a p h y s i s c h e n Sph ä r e Dynamische Intensität und Empfindungsintensität als die beiden Dimensionen des Intensitätsprinzips 63. Das Ver­ Ausschluß der hältnis von Wollen und Empfinden 64. Intensität aus dem Logischen und der Idee 67.

50

63

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ß. Die extensive Quantität des Empfindens oder die Zeitlichkeit

68

.

a. D i e Z e i t l i c h k e i t i n d e r s u b j e k t i v i d e a l e n Sph ä r e . Die Dauer der Empfindung 68. - Die subjektive Dauer als kategoriale Synthese 70. Die Sukzession als kategoriale Synthese 7 1 . Die Simultaneität 73· - Das Messen der stetigen Dauer durch diskrete Sukzessionsreihen 7 5· Der Rückgang von subjektiv idealen Sukzessionsreihen auf ob­ jektiv reale 77· Kontinuierliche Dauer und diskrete Suk­ zession als zusammengehörige Momente der Veränderung 78. - Die Veränderung nach Maß und Dauer So. Die drei ersten Differentialquotienten des Veränderungsmaßes nach der Zeit 8 1 . - Die subjektiv ideale Dauer als Integral 83. Die Diskretheit und Pscudokontinuität der subjektiv idealen Zeitlichkeit 84. -

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68

Inhalt. Z e i t 1 i ch kei t i n d e r objekti v b. D i e r eaIe n Sphär e . Die Kontinuitä t des objektiv realen Geschehens 8 5 . - Die Unerklärbarkeit der subjektiv idealen Zeitlichkeit in e i n e m Bewußtsein aus dem Gesichtspunkt des transzendentalen Idealismus 86. - Unmöglichkeit zeitlicher Beziehungen zwischen den Inhalten mehrerer Bewußtseine ohne objektiv reale Zeitlichkeit 88 . - Die Zeitlichkeit aus dem Gesichts­ punkt des transzendentalen Realismus 90. - Die Unmög­ lichkeit objektiv realer Veränderung aus dem Gesichtspunkt des Materialismus und Pluralismus und ihre Möglichkeit aus dem Gesichtspunkt des stofflosen Dynamismus 92. - Die objektiv reale Zeitlichkeit als stetig fl ießende Gegenwart 93· c. D i e Z e i t l i c h k e i t i n d e r m e t a p h y s i s c h e n S p h ä r e Die Bestimmtbei t der Zeitli chkeit durch die absolute Final­ kausalität 94· - Die Idee als Ursprung der Bestimmtheit an der Zeitlichkeit 96. - Der Wille als Ursprung der un­ bestimmten Zeitlichkeit 97· - Das Verhältnis der Zeitlichkeit zur Ewigkeit 98. - Das Verhältnis der Zeitlichkeiten in mehreren aufeinanderfolgenden Weltprozessen zueinander IOI. - Die subjektiv ideale Zeit 1 02. - Die absolute Zeit I04.

XI Seite

85

94

II. Die Kategorien des Anschauens. Die exten s i ve Quantität des Anschauens oder die Räumlichkeit .

a. D i e R ä u m I i c h k e i t i n d er s u b j e k t i v i d e a I e n

Sphäre Das Lokalzeichensystem der Tastempfindung I07. - Die Lokalzeichen der Bewegungsempfindung 108. - Das Zu­ sammenwirken beider I IO . - Die Differenzierung der Lo­ kalzeichen d!!s Gemeingefühls in solche der Tast- und Be­ wegungsempfindung I I I. - Die Berichtigung der ungleich­ mäßigen Tastbilder der Körperoberfl äche durch Tastorgane und ihre Bewegungsempfindungen I I2. - Empiristische und nativistische Theorie in ihrer relativen Wahrheit und Un­ wahrheit I I3. - Die unbewußte synthetische Intellektual­ funktion der Verräumlichung I I6. - Tast- und Gesichts­ empfindungen und ihr Anteil an dem Zustandekommen der räumlichen Anschauung I I8. - Die Entstehung des drei­ dimensionalen Gesichtsraums I20 . - Die Verschmelzung des Tastraums und Gesichtsraums 122. - Die Unterkategorien der Räumli chkeit, insbesondere die Bewegungsanschauung I24. - Der subjektiv ideale Raum I 2 5 . - Formanschauung und Anschauungsform I26. - Die Dreidimensionalität des subjektiv idealen Raumes I27. b. D i e R ä u m l i c h k e i t 1n de r objekt i v r e a l e n Sphäre Die Beziehung der Bewegungsempfindungen auf objektiv

I 07

I�

127

XII

Inhal t.

reale Bewegungsvorgänge 1 27 . - Die Beziehung der Tiefen­ anschauung auf objektiv reale Entfernung 129. - Die Ver­ schmelzung von Tastraum und Gesichtsraum, motiviert durch die vorausgesetzte Räumlichkeit des beide Sinne affizieren­ den Dinges an sich 1 29. - Die subjektiv ideale Räumlich­ keit als Rekonstruktion der instinktiv vofuusgesetzten ob­ jektiv realen Räumlichkeit 1 30. - Die gegenseitige Bestä­ tigung der räumlichen Rekonstruktionen des Gesichtssinnes, Tastsinnes und Bewegungssinnes 1 3 2 . - Die Verlegenheit des transzendentalen Idealismus gegenüber der Erklärung dieser Bestätigungen I34· - Die objektiv reale Sphäre als eine Ordnung von dreifacher Mannigfaltigkeit I3S· - Un­ zulänglichkeit der intensiven und zeitlichen Unterschiede zur Erklärung der als Lokalzeichen dienenden Empfindungs­ unterschiede 1 36. - Der objektiv reale Raum im Vergleich zum subjektiv idealen \Vahrnehmungsraum, Phantasieraum, abstrakten Vorstellungsraum der Mathematik und dem der Physik I37· - Die rechtverstandene Einheit des physischen und mathematischen Vorstellungsraums als unterschiedsloses Abbild der Einheit des wirklichen und möglichen Weltraums 139· - Die Verteilung der Beweislast für Gleichheit und Verschiedenheit beider 1 4 1. - Die objektiv reale und sub­ jektiv ideale Verräumlichung als gleichartige Betätigung der­ selben unbewußten synthetischen Intellektualfunktion in den beiden Erscheinungssphären 1 42. - Die Unmöglichkeit eines leeren objektiv realen Raumes mit beweglichen stofflichen Molekülen 1 43· - Die Unmöglichkeit eines raumerfüllenden stofflichen Fluidums I4S· Der Begriff der materiellen Raumerfüllung 1 46. - Die potentielle dynamische Erfüllung des unendlichen möglichen Raumes 1 49. c. D i e R ä u m I i c h k e i t i n d e r m e t a p h y s i s c h e n Sphäre . Der Begriff der aktuellen dynamischen Raumerfüllung ISr. - Die Mehrheit der Räume in substantiell verschiedenen Atomkräften IS3· - Die verschiedene Exzentrizität der atomi­ stischen Kraftsphären im aktuellen Weltraum und die Atom­ bewegung als Ä nderung dieser Exzentrizität ISS· - Die homologen Punkte der atomistischen Kraftsphären IS7· Kontinuität und Diskretion in den atomistischen Kraft­ sphären r s 8. - Die mögliche Räumlichkeit als unbewußte ideelle Bestimmtheit der dynamischen Funktion r6o. Der Monismus als einzig mögliche Lösung des Raumproblems r6r. - Die Räumlichkeit als ideelles Principium individua­ tionis 164. - Die Räumlichkeit als alleiniger p rimärer Inhalt der Idee r6s. - Wille und Idee als Prinzipien der In­ tensität und der Extension r66 . - Der ideelle Inhalt der dynamischen Funktion als synthetische Geometrie 168. Idealprinzip und Realprinzip 169. - Erkenntnistheoretischer und metaphysischer oder transzendentaler und absoluter Idealismus 172.

Seite

-

r sr

Inhalt.

XIII Seite

B. Die Kategorien des Denkens. I. Die Urkategorie der Relation

173

Die Beziehung als subjektive Denkzutat zu den Dingen 173. - Das Wahrgenommene als Summe von Beziehungen 174. - Das objektiv reale Dasein als Summe von Beziehungen 176. - Das metaphysische Wesen als Summe von Be­ ziehungen, sofern es in Tätigkeit ist 1 7 7. - Der absolute Agnostizismus als Konsequenz au s der Subjektivität der Beziehungen und der Relativität alles Seins 1 78. - Kriti­ sche Revision der Voraussetzung, daß die Beziehungen bloß subjektive Denkzutat seien 1 79. - Das Fundamenturn rela­ tionis 182. - Die Explikation impliziter und di e Rekon­ struktion expliziter Beziehungen 184. - Die obj ektiv realen Beziehungen als Setzungen des unbewußten intuitiv Logi­ schen 1 8 5 . Absolute Ideali tät des Seins und Monismus als Bedingungen der Möglichkeit der objektiv realen Be­ ziehungen 1 87 . - Das ruhende Wesen als einziges Funda­ men turn rclationis, das nicht in s ich schon Beziehung ist 1 88. - Die Beziehung als allgemeine Urkategorie, nicht nur der Kategorien des Denkens, sondern auch der der Sinnlichkeit 19 1 . - Die Beziehung als Produzent des Welt­ inhalts aus zwei leeren Formen 192. Unterschied zwi­ schen den Kategorien des refl ektierenden und denen des spekulativen Denkens 1 93· - Verhältnis beider Kategorien­ klassen und Entlehnung aller Bezeichnungen aus der sub­ jektiv idealen Sphäre 1 9 5 . -

-

II. Die Kategorien des reflektierenden Denkens

1 97

1. Die Kategorien des vergleichenden Denkens .

1 97

a und b. D i e V e r g I e i c h u n g s k a t e g o r i e n i n d e r s ub j e k t i v i d e a l e n u n d ob j e k t i v r e a l e n S p h ä r e Gleichfinden und Unterscheiden 1 9 7 . - Identität, Gleichheit, Ähnlichkeit und Eintracht 1 98 . Verschiedenheit 20 1 . Extremer und diametraler Gegensatz 203 . - Logisch ideeller und dynamisch reeller Gegensatz 204. Das Kamprarniß der entgegengesetzten Kräfte 20 7 . - Die Begrenzung bei materiellen Körpern 208. - Die räumliche und begriffli�he Begrenzung im Bewußtseinsinhalt 2 10 . Das Nicht 2 1 r. Limitation, Negation und Widerspruch 2 1 3. - Das Nicht sein und das Nichts 2 1 5.

1 97

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c. D i e V e r g I e i c h u n g s k a t e g o r i e n i n d e r m e t a p hysi s c h e n S p h är e Gleichbei t und Verschiedenheit, Einstimmung und Widerstreit in der Funktion und den Produkten 2 16. - Gleichheit und Verschiedenheit im Wesen 2 1 9 . Der Gegensatz der Attribute 22 r. -

216

XIV 2.

Inhalt.

Die Kategorien des trennenden und verbindenden Denkens Das räumliche und zeitliche Trennen i m wahrgenommenen Bewußtseinsinhalt 2 2 5 . - Das Zerlegen des Ineinanderseienden 227. - Das Verbinden in der subjektiv idealen Sphäre 228. - Getrennthei t und Verbundenhei t der Körper und Atome in der objektiv realen Sphäre 230. - Ursprüngliche und synthetische Einhei t 23 1 . Die essentielle, individu­ ierende und phänomenalisti sche Sonderung 233· - Die sub­ s tantielle, funktionelle und identitätsphilosophi sche Einheit 234· - Das Urteilen als Ur-Teilen und als Verkntipfung des Subjekts mit einem Prädikat 236 . - Analytische und synthetische Urteile 238. - Die Unmöglichkeit synthetischer Urteile 239· - Die Bedeutung der Begriffe und Ge­ meinvorstellungen in der objektiv realen Sphäre 24 1 . Das Wesentliche und Unwesentliche 242. - Inhalt und Form 244· - Das natürliche System als Ziel der Begriffs­ bildung 247. - Das Ganze und die Teile, Einheit, Vi elheit, Allbei t 248.

Seite

225

-

3. Die Kategorien des messenden Denkens

2 50

Das Messen 2 50. - Der Wechsel der Maßeinheit beim Messen 2 5 1 . - Die einfache Zahl als simultane Anschauung 2 5 3 . - D i e zusammengesetzte Zahl a l s unlösbare Aufgabe 2 5 4· - Die gebrochene, negative und imaginäre Zahl als unlösbare Aufgabe 2 5 5· Die subjektive Idealität der unbe­ nannten und benannten Zahlgrößen 2 5 7 . - Der Begriff der Null 2 59· - Das verschwindend Kleine und übermäßig Große verschiedener Ordnungen 260. - ±oo als doppel­ seitige fiktive Scheide 262 . - Erläuterung dieser Begriffe an der Veränderung der trigonometrischen Tangente 262. - Die unendlichen Reihen 266 . - Der Differentialquotient 267 . - Erläuterung an der Parabeltangente 270. - Die Summation der Pyramide aus unendlich vielen Prismen von unendlich kleiner Höhe 27 1 . - Die Bedeutung des Unend­ lichen in der Mathematik 272 . - Die Nichtunendlichkei t der objektiv realen Sphäre 273. - Die aktuelle Nichtunend­ lichkeit der metaphysischen Sphäre 2 7 5· - Die potentielle Unendlichkei t der Funktion 277. - Die potentielle Unend­ li chkeit der Essenzen 2 79· -

4. Die Kategorien des schließenden Denkens oder die

Formen der logischen Determination a. D i e I o g i s c h e D e t e r m i n a t i o n i n d e r s u b j e k t i v i dealen Sphäre .

281

a.

281

Die Deduktion

. Die Erschließung des Urteils aus dem Begriff 28 1. Die Urteilsumformung 283. - Das Schließen im engeren Sinne 285. - Die Beweise der Schlußfiguren 287. - Die rein

281

XV

Inhalt. formale Bedeutung der Deduktion 288. - Die Übertragung der Deduktion auf die objektiv reale Sphäre 290. - Die Bedingungen für die Gültigkei t dieser Übertragung 292. ß. Die Induktion

Seite

294

Die vollständige Induktion 294. Die unvollständige In­ duktion 296. - Die Bedingungen für die wahrscheinliche Gültigkeit der unvollständigen Induktion 298. - Die Merkmale der kausalen Beziehung zwischen zwei Erscheinungen 30 1 . - Die Gründe für die Annahme einer bestimmten hypothetischen Ursache zu einer gegebenen Wirkung 303. - Das Ersinnen der hypo thetischen Ursache und die De­ duktion ihrer Wahrscheinlichkeit 305. - Gesetzesinduktion und Ursachenindukti on 306. Deduktion und Induktion im Verhältnis zum objektiv realen Prozeß 307. - Deduktion und Induktion als Arten der Ausschließung des Wider­ spruchs 308. -

-

y. Die Ausschließung des Widerspruchs .

308

Der Satz der Identität 309. - Der Satz vom ausgeschlossenen Dritten 3 10 . - Der Satz des zureichenden Grundes 3 1 I. Der Satz vom Widerspruch 312. - Die Erfahrungsdaten als Stoff für die Anwendung der logischen Detenni­ nation 3 14. - Die Konstanten als empirische Daten 31 5· - Die Konfiguration der Umstände und Konstellati on der Elemente als empirische Daten 3 16. - Resurne der logischen Determination in der subjektiv idealen Sphäre 3 17. -

b. D i e I o g i s c h e D e t e r m i n a t i o n i n d e r o b j e k t i v r e al e n S p h ä r e Kausalität und Finalität als Analoga der Deduktion und Induktion in der objektiv realen Sphäre 3 18. Partielle Kausal- und Finalbeziehungen als Analoga der partiellen Deduktion und Indukti on 32 1 . - Das sich gleich Bleibende und das sich Verändernde bei der logisch determinierten Umformung 322. - Das Widerspiel der Kräfte als Bürge der objektiven Realität der ihm immanenten logischen De­ terminationen 323.

3 18

-

c. D i e I o g i s c h e D e t e r m i n a t i o n in d e r m e t a p h y s i s ch e n S p h äre . 324 Dasjenige, worauf di e logische Determination in der meta­ physischen Sphäre sich anwendet 324. - Der Widerspruch der Veränderung als Widerspruch des Umschlags eines Ewigen in ein Zeitliches 325. - Das Problem der Selbsterfüllung des leeren Logischen zur Idee 327. - Unbestimmte Intensität und unbestimmte zeitliche Extension als vorgefundene Daten am erhobenen Unlogischen 328. - Die Vervielfachung der im Unlogischen gegebenen einen Extensionsaimension durch das Logische 329. - Teleologische Begründung der

XVI

Inhalt. Dreidimensionalität der Räumlichkeit 331. - Intensität, Zeitlichkeit und Räumlichkeit als ausreichender unmittel­ barer Inhalt der Idee 332. - Beziehung und logische De­ termination als inhaltlicher und formaler Adspekt der Ur­ kategorie 333· - Die logische Determination als Quellpunkt der spekulativen Kategorien 334·

5. Die Kategorien des modalen Denkens a. D i e M o d a 1 i t ä t s k a t e g o r i e n id e a1en Sphäre •

in

Seite

336 der

s u b j ek ti v

336

Das tatsächliche Sein des Wahrgenommenen 336. - Die "empirische Realität" des Bewußtseinsinhalts 337· - Bloß mittelbare Bedeutung der Wirklichkeit in der subjektiv idealeR Sphäre 339· - Die Notwendigkeit 340. - Die Zu­ fälligkeit 341. - Die problematische Möglichkeit 342. Die formallogische Unmöglichkeit, Möglichkeit und Not­ wendigkeit 343· - Die dynamische Möglichkeit und Unmög-. lichkeit 345· - Die Wahrscheinlichkeit 348. b. D i e M o d a 1 i t ä t s k a t e g o r i e n re a 1 e n Sph är e •

in

der

objektiv 349

Formallogische und teleologische Notwendigkeit und Mög­ lichkeit 349· - Die Zufälligkeit unter dem Gesichtspunkt der universellen und unter dem der partikularen Finalkau­ salität 350. - Die Möglichkeit 352. - Die Wahrscheinlichkeit 354· - Das bloß implizite Vorhandensein der Modali­ tätskategorien in der objektiv realen Sphäre 354· c. D i e M o d a 1 i t ä t s k a t e g o r i e n i n d e r m e t a p h y s i s eh e n S p h ä r e .

356

Die aktive und passive Möglichkeit 356. - Möglichkeit, Potenz und Essenz 357· - Die aktive und passive Zufälligkeit 358. - Die essentielle Notwendigkeit 359· - Die Wahr­ scheinlichkeit 36 I.

111.

Die Kategorien des spekulativen Denkens

t. Die Kausalltlt (Aetlologle) a. D i e K a u s a l i t ä t Sphäre

in

363 363

der

subjektiv

idealen

Der Bewußtseinsinhalt als Wirkung und als Ursache 363. - Die Vorstellungsassoziation 364. - Die interindividuelle Kausalität als objektiv reale 365. - Die Unbewußtheit der Kausalitätskategorie 366. - Die transzendentalidealistische Behauptung einer immanenten Kausalität 367. - Zeitliche Diskontinuität und teilweise Rückläufigkeit der immanenten Kausalität 368. - Umschlag der zeitweilig unbewußten immanenten Ursache in eine transzendente 370.- Die gänzliche Au9!cheidung der immanenten Kausalität durch die einmal neben ihr angenommene transzendente 372. - Die

3 63

Inhalt.

XVII Seite

Rolle der unbewußten synthetischen Kategorialfunktion bei der Deutung der Wahrnehmungen und ihrer Aufeinander­ folge 374· b. D i e K a u s a Ii t ä t i n d e r o b j e k t i v r e a Ie n S p h ä r e

377

Der Begriff der Ursache, seine Komponenten und Abwand­ lungen 377· - Gleichheit und Verschiedenheit in Ursachen und Wirkungen 378. - Wesentliche und unwesentliche Be­ dingungen 379· - Partielle und universelle Kausalität 380. - Die sogenannten "negativen Bedingungen" und ihre Be­ deutung 382. - Die Wechselwirkung und Wechselbedingtheit 383. - Die Gegenwirkung 386. - Die mittelbare Kausalität 388. - Die möglichen Verhältnisse der Kausalität zur Zeitlichkeit 389. - Die Kausalität als stetiges Fließen 391. - Kausalität, Räumlichkeit und Zeitlichkeit 394· - Die heterogene Kausalität 396. - Die Wechsel­ wirkung zwischen Seele und Leib als homogene Kausalität 398. - Das Verhältnis beider Erscheinungsweisen desselben Individuums zueinander 399· c. D i e K a u s a Ii t ä t i n d e r m e t a p h y s i s c h e n Sp h ä r e u.

401

Identität und Parallelismus .

Die metaphysische Identität beiderlErscheinUiigsweisen 401. - Der psychophysische Parallelismus und die an ihn sich knüpfenden Bedenken 402. - Die Richtigkeit des psycho­ physischen Parallelismus unter Mitberücksichtigung der In­ dividuen niederer Ordnung 404. - Das Gleichnis der Kugelschale 406. - Parallelismus und Kausalität 407. - Die Umsetzung von Bewegung in Empfindung und umgekehrt 409. - Der universelle psychophysische Parallelismus als labiles Gleichgewicht der allotropen und isotropen Kausa­ lität 412. - Die Kausalität als metaphysische und als phä· nomenale Funktion 414.

{J. Die rec:htliufige A1lotropie1) Die rüc:kliuiige A1lotropie1)

y.

Die transeunte, transzendente und transsubjektive Kausali­ tät 416. - Die Unmöglichkeit der transeunten oder inter­ substantiellen Kausalität 417. Die interindividuelle Kausalität aller niederen Individualitätsstufen als intra­ individuelle Kausalität im universellen Individuum und als intrasubstantielle Beziehung der Teile der absoluten Funktion aufeinander 419. - Die Einheit und die innere Mannig­ faltigkeit der universellen Kausalität 420. - Die Gesetz­ mäßigkeit der Kausalität 422. - Die konstanten und die variablen Faktlilren der Gesetzmäßigkeit 423. - Die Kau­ salität als logische Determination der Intensitätstransfor-

1) A.

d. II.

Einschaltun� Ka.

·

XVlii

Inhalt.

mation 425. - Die Grenzen der Kausalität nach rückwärts und vorwärts 427. - Der Grund im Verhältnis zur Ur­ sache 428.

2. Die Flnalitlt (Teleologie)

Seite

431

a. D i e F i n a 1 i t ä t i n d e r s u b j e k t i v i d e a 1 e n S p h ä r e Die sogenannte be\V\lßte Finalität 431. - Die dominierende Stellung der bewußten Finalität im Individualleben 433· Die bewußte Finalität als Präger aller Werte 435· - Die Finalität als echte Kategorie 436. - Die Unmöglichkeit der Finalität auf dem Boden des transzendentalen Idealismus 438. - Die Vnmöglichkeit einer erkenntnistheoretisch immanenten Finalität 441.

431

b. D i e F i n a I i t ä t i n d e r o b j e k t i v r e a 1 e n S p h ä r e

442

Die objektiv reale Finalität als universelle, aber individuell gegliederte 442. - Bewußte und unbewußte Finalität 443· - Die Individualzwecke höherer und niederer Ordnungen und ihre Kollisionen 444· - Die unbewußte universelle Fi­ nalität als universelle Sympathie oder Korrelation 447· Finalität und Kausalität 448. - Finale Reflexion, Instinkt, Reflextätigkeit und organisches Bilden 449· - Das orga­ nische Bilden 451. - Die vier Stufen des B ewußtseins bei der individuellen Finalität 454· - Die bewußte Finalität als Produkt der unbewußten 454· - Der Einfluß der be­ wußten Finalität auf die Mechanismen der unbewußten und seine Grenzen 455· - Die Abhängigkeit der bewußten Fi­ nalität von Gehirnmechanismen, die durch unbewußte Finalität entwickelt sind 457· - Der Mechanismus als System zweckmäßiger Mittel 459· - Der falsche Schein einer final zufälligen Entstehung des Zweckmäßigen durch natürliche Auslese 460. - Die Abneigung der naturwissenschaftlichen Zeitströmung gegen die Hypothese einer objektiv realen Fi­ nalität und ihre Gründe 462. - Die Haupteinwände gegen die objektiv reale Finalität 463. - Widerlegung dieser Ein­ wände 464. - Die Finalität im Geistesleben der Menschheit 467. c.

Die F i n a l i t ä t i n d e r m e t a p hys i s c h e n Sp h ä r e Die Finalität als logisches Prius der Kausalität 470. Das Ineinandergreifen der Kausalität und Finalität im Prozeß 471. - Die ursprüngliche Einheit der Kausalität und Finalität 473· - Die Finalität als die von innen gesehene Kausalität 474· - Die Finalität als eine logisch notwendige Determination und die Zufälligkeit der ·Konstanten­ bestimmung 476. - Die Finalität als gesetzmäßige 479· - Der Anfang der Finalität oder die intraprozessualische vorweltliche Finalität 479· - Die Konstanz der Konstanten 481. - Die Unzulänglichkeit der mathematischen Gesetz­ mäßigkeit zur Naturerklärung 483. - Die o:ssentielle Gleich-

470

XIX

Inhalt. heit der unorganischen und organischen Gesetzmäßigkeit 484. - Die graduelle Verschiedenheit in dem Verhältnis der variablen und konstanten Faktoren in der organischen und unorganischen Gesetzmäßigkeit 485. - Bloßes Sum­ mationsphänomen oder hinzukommendes Plus? 487. - Die finale Individualfunktion höherer Ordnung auf dem Boden des Pluralismus 488. - Dieselbe auf dem Boden des Mo­ nismus 489. - Die universelle Einheit der Finalität 491. - Die logische und die eudämonistische Bedeutung des Endzwecks 492. - Die Negativität und endliche Zeitferne des Endzwecks 494·

3. Die Substantlalitlt (Ontologie)

Seite

496

a. D i e S ub s t a n t i a l itä t i n d e r s u b j e k t i v i d e a l e n 496

S phär e Die Dinge und das Bewußtsein 496. - Stoff und Ich als die Substanzen auf dem Boden des naiven Realismus 497· - Die Unüberwindlichkeit dieses Dualismus auf dem Boden des naiven Realismus 499· - Die Widersprüche im Stoff und Ich als Widersprücb,e im naiv realistischen Substanz­ begriff 500. - Die Auflösung des Substanzbegriffes auf dem Boden des transzendentalen Idealismus 502. - Die Unmög­ lichkeit der Substanz außer als transzendenter 504.

b. Di e S ub s t anti a Ii t ät i n d e r o b j e k ti v r e a I e n S phä r e

505

Der primitive transzendentale Realismus als bloße Ver­ doppelung der subjektiv idealen Erscheinungswelt 505. Die Überwindung dieses bloßen Verdoppelungsstandpunkts 507. - Die unsroffiiche Materie und die unichliche, unbe­ wußte Seele 509· - Materie und Seele als Dinge an sich des Stoffes und Ichs 5II. - Die Vielheit der lche, die einer Individualseele entsprechen 512. - Die Seele als Produkt kooperierender unbewußt psychischer Funktionen 514. Die Teilbarkeit und Verschmelzbarkeit und das Wachstl9.m der Seele 515. - Die Substanz als Produkt der Funktion 516. - Der Dualismus der Pseudosubstanzen in der objektiv realen Sphäre 517. - Dynamischer Materialismus und Seelenindividualismus 518. c.

Die

S u b s t a nt i a I i t ä t

in

der

metaphysischen

Sphä r e Unhaltbarkeit des Versuches, die Funktion hinter die Substanz oder an ihre Stelle zu setzen 520. - Die Substanz als Subjekt der Tätigkeit 522. - Die Monadologie der me­ taphysischen Tätigkeitssubjekte 524. - Identitätsphiloso­ phische Auflösung des ontologischen Dualismus in der me­ taphysischen Monadologie 525. - Die Schwierigkeiten der metaphysischen Monadologie 527. - Die Vermittelungsver-

520

XX

Inhalt. suche zwischen substantiellem Pluralismus und Monismus 529. - Die unüberwindliche Beziehungslosigkeit der Mo· naden untereinander im Pluralismus 531. - Der substan· tielle Monismus als konkreter 533· - Die Unentbehrlichkeit von Attributen 535· - Die Wesenheiten und Zahl der At· tribute 537· - Substanz und Attribute 538. - Die Sub­ stantialität als die höchste Kategorie 541. - Kategorien und Prinzipien 543·

Vorwort. Vorliegendes \Verk behandelt die Kategorien erstens der subjektiv idealen, zweitens in der objektiv realen und drittens in der metaphysischen Sphäre und bietet demgemäß erstens eine Erkenntnistheorie am Leitfaden m

der

Kategorien,

zweitens

eine

kategoriale

Grunde l gung

der Naturphilosophie und drittens eine Metaphysik.

Es

schließt die Lücke, die in der Darstellung meines philo­ sophischen Systems zwischen dem "Grundproblem der

Erkenntnistheorie"

einerseits und

der

Naturphilosophie

und metaphysischen Prinzipienlehre der "Philosophie des Unbewußten" andrers,eits bis jetzt bestanden hat. Die subjektiv ideale Sphäre umschließt die subjektiv ideale Erscheinungswelt im philosophierenden Individuum, den

Bewußtseinsinhalt, das erkenntnistheoretisch

Imma­

nente, und deckt sich so mit dem Reich des bewußten Geistes. Di,e objektiv reale Sphär,e umspannt die Eine, für alle Individuen gemeinsame, objektiv reale Erscheinungs­ welt jenseits aller lndividualbewußtseine. die bereits er­ kenntnistheoretisch

transzendent,

aber

metaphysisch

im­

manent ist, und deckt sich so mit dem Reich der Natur, das ja außer der materiellen Welt auch die Geisterwelt nach ihrer natürlichen Seite unter sich begreift. also sownhl

die materielle als auch die geistige Natur umspannt. metaphysische

scher

Sphäre ist

sowohl

in

Die

erkenntnistheoreti­

als auch in metaphysischer Hinsicht transzendent,

das hinter

der

doppelseitigen Erscheinung liegende Wesen,

und deckt sich mit dem unbewußten Geiste, der die ein­ heitliche Wurzel rlf'..s bewußten Geistes (V1) und der Natur. des Bewußtseins und des Daseins, der Innerlichkeit und

der Äußerlichkeit ist. E. v. Hartmann, Kategorienlehre.

I.

1

2

Vorwort.

Der Gegensatz der sttbjektiv idealen und objektiv realen Sphäre stellt die zwei Seiten der Erscheinungswelt dar, welche von jeher an ihr unterschieden worden sind, und welche nicht bloß für die abstrakte Reflexion des subjektiven Denkens unter­ schieden werden müssen, sondern an und fiir sich verschieden sind. ]ede Weltanschauung, welche die eine von ihnen leugnet (z. B. der immaterialistische Spiritualismus Berkeleys, der meta­ physische absolute Idealismus Hegels, der erkenntnistheoretische transzendentale Idealismus, der die R.ealität des S eins außer­ halb des B ewußts eins aufhebt), verstümmelt die Erscheinungs­ welt. Der Gegensatz der metaphysischen Sphäre gegen die Ge­ samtheit der subjektiv idealen und objektiv realen stellt dagegen das Verhältnis von Wesen und Erscheinun� dar. Ohne ein Wesen hinter sich sinkt die Erscheinung zum wesenlosen Schein herab: ohne Erscheinung aber wäre das Wesen die ruhende Stille, un­ erkennbar sowohl für sich selbst, als auch für und, die dann gar nicht da wären . Auch dieser Gegensatz besteht nicht bloß für die abstrakte Reflexion des sttbjektit,en Denkens, sondern drückt nur eine Doppelseitigkeif des Seins a u s, aber ei1ze andersartige, gleich­ sam in einer andern Dimension belegene als die Doppelseitig­ keif der· su.bjektiv idealen und der o bjektiv realen Sphäre, die nur der Erscheinungswelt, d. h. dem einen Verhältnisgrade die ses zweiten Gegensatzes zukommt. Wohl aber gehört es bei beiden Gegensätzen bloß der abstrakten Reflexion des subjektiven Denkens an, wenn man die Gegensatzglieder begrifflich v on ei1tander sondert, d. h. nicht mehr in der Gliedliehkeil ihres Ver­ hältnisses, s ondern in künstlicher und gewaltsamer Isolierung betrachtet. Denn in Wahrheit durchdringen sich die Sphären so, daß sie gar nicht ohne einander sein können . Wo immer eine Tätigkeit wirklich, d. h. wirksam gege1t anderes oder nach außen hin werden s oll, da muß eine andere Tätigkeit dasein und ihr entgegenwirken; wo aber eine andere Tätigkeit ihr entgegenwirkt und Widerstand leistet, da muß der Widerstand zur V erz:nnerlichung des v ergeblichen Teiles ihres Strebens, d. h. zur Empfindung, zum Bew�tßtsein führen. Wo dagegen ein Bewußts ein besteht, muß sein Inhalt wie seine Form durch Eindrücke von außen her bestimmt und veranlaßt sein, und dies wäre wiederum unmöglich , wenn nicht eine nach außen ge­ wendete Tätigkeit vorhanden wäre, in deren Hemmung und Störung erst die emPfangenen Eindrücke bestehen. (Es ist ein

Vorwort.

3

Irrtum Herbarts, daß ein ruhendes, untätiges, substantielles Sein irgendwie gestört werden könne.) So kann keinFür-anderes­ Sein bestehen, ohne zum Für-sich-Sein zu führen, und kein Für­ sich-Sein, ohne auf ein Für-anderes-Sein zurückzuweisen. Ebensowenig, wie diese Gegensatzglieder aus einander ge­ rissen werden dürfen, ebensowenig Erscheinung und Wesen, oder doppelseitige Erscheinungswelt und metaphysische Sphäre, denn sie d�trchdringen sich vollständig, insoweit ein Weltprozeß im Gange ist und nicht das Wesen als bloßes Wesen untätig in sich ruht. Da wir das Wesen nur als metaphysischen Grund der Welt zu erkennen vermögen und innerhalb eines Weltprozesses stehen, so gibt es für dessen Dauer ebensowenig ein Wesen, das nicht erschiene, als es überhaupt eine Erscheimtng geben kann, der das Wesen fehlte tmd die nicht auf dem Grunde des Wesens ruhte. Fassen wir die Welt von seifen der Peripherie auf, so ist sie die jeweilige Gesamtheit aller jeweiligen Konflikte zwischen individuellen Teiltätigkeiten; fassen wir sie von seiten des Zen­ trums auf, so ist sie absolute Tätigkeit des all-einen Wesens, deren innere Mannigfaltigkeit die Konflikte der Teiltätigkeifen setzt. So ist die Tätigkeit das Band zwischen dem bloßen Wesen und dem phänomenalen Ergebnis. Als absolute und einheitliche, wenn auch in sich gegliederte, ist sie unmittelbare Betätigung des Wesens und gehört so der metaphysischen Sphäre an; als vielheitliehe Summe kollidierender Teiltätigkeilen macht sie die Erscheinungswelt aus, die in ihrer Doppelseitigkeil eben in der Gesamtheit dieser Kollisionen besteht. Wo immer man ein Stück Erscheinungswelt auf ihre Genesis untersucht, muß man zur Erklärung auf unbewußt geistige Teil­ tätigkeit zurückgreifen, die selbst wieder nur ein individuelles Glied der absoluten unbewußt-geistigen Tätigkeit des Wesens ist. Die ganze subjektiv ideale Sphäre oder das bewußte Geistes­ leben löst sich bei genauerer Betrachtung in einen wechselnden Inhalt der Individualbeumßtseine auf, und jeder dieser Inhalte ist wieder Produkt unbewußt geistiger Tätigkeit, die teils der ma-· teriellen, teils der geistigen Natur des Individuums angehört. Zur materiellen Natur des Individuums gehören z. B. die molekularen Prädispositionen und Oszillationen in den materiellen Atom­ gruppen, die man SeinZentralnervensystem nennt, zu seiner geistigen Natur die unbewußten synthetischen Intelkktualfunktionen, durch welche nach Maßgabe dieser Atombewegungen sowohl der Emp1*

Vorwort.

4

findungsstoU als auch die bestimmte Form des feweiligen Bewußt­ seinsinkaltes graduiert wird, und die teleologischen Funktionen, durch welche das organische Leben, das bewußte Denken und die Motivationsprozesse geleitet werden. Wer durch die modernen Naturwissenschaften daran gewöhnt ist, unter "Natur" immer nur "materielle Natur" zu verstehen, der wird vielleicht davon be­ fremdet sein, daß dieser Ausdruck hier in einem weiteren Sinne Gerechtfertigt wird dies sowohl durch die Ab­ gebraucht ist. leitung des Wortes natura, als durch den allgemeinen Sprach­ gebra�ch, der von "geistigen Naturen" und von der "Natur des Geistes" redet, als auch durch die Schellingsche Identitäts­ philosophie, welche in den Begriff "Natur" nicht mtr die unbe­ wußt-geistigen Funktionen, sondern auch, was freilich nicht nachahmenswert ist, die bewußten Individualgeister und das metaphysische Wesen hineinpreßt*). Beide Seiten der Natur sind in gleichem Maße obfektiv real, denn beide sind thetisch-dyna­ misch, wenn auch nur die materielle Natur mechanische Kräfte aufweist, die aus Atomkräften zusammengesetzt sind, d. h. aus solchen, deren räumliche Wirkungsrichtungen sich in einem Punkte, dem Kraftzentrum, schneiden. Beide stehen auch unter logischer, mathematischer und teleologischer "Gesetzmäßigkeit", wenngleich die Gesetze der höheren Individualitätsstufen ver­ wickelter als die der niederen sind. Die Natur weist also sowoltl als geistige wie als materielle auf den unbewußten Geist zurück, der sich in ihr betätigt, wie sie andrerseits vorwärts über sich hinausweist zu dem bewußten Geist, zu welchem sie als Mittel gesetzt ist. Durch diese Zwischenstellung zwischen unbewußtem und bewußtem Geist in Verbindung mit der Unterscheidung von materieller und geistiger Natur ist der Vorwurf des Natura­ lismus ausgeschlossen; denn Naturalismus kann nur ein Stand­ ptmkt heißen, wo die Natur letzter Grund und Selbstzweck des Weltprozesses ist und durch die materielle Natur erschöPft wird. Durch die Unterscheidung der Natur in geistige und ma­ terielle wird aber auch nicht etwa ein neuer Dualismus in die Natur hineingetragen; denn es ist nur Eine Art von Substanz und Funktion angenommen, die unbewußt-geistige, die sowohl bei ihrer geistigen als auch bei ihrer materiierenden Bestimmt-

*)

Vgl. meine Sckrift: "Schellings pkilosopkisckes System", Cap. V I37-l56, speziell die Tabelle zu S. r90.

"Die Naturpkilosopkie. Der Begrilf der Natur", S.

5

Vorwort.

heit Einheit von Kraft oder Wille mit Gesetz oder Idee ist. Die Unterschiede zwischen derjenigen unbewußten Geistestätigkeit, welche unter denBegriff der geistigenNatur, und derjenigen, welche unter den Begriff der materiellen Natur fällt, sind nicht einmal in der thetisch-dynamischen Seite der unbewußten Geistestätigkeit zu suchen, sondern nur in ihrer ideellen Naturgesetzlichkeit und liegen bloß in der höheren oder niederen Stufe der Gesetzlichkeit oder Idee, die den Inhalt des Willens oder der Kraft ausmacht. Nach diesen vorangeschickten Erläuterungen dürfte die folgende tabellarische O bersicht keinen Mißdeutungen mehr ausgesetzt sein.

Erkenntnistheoretisch Transzendentes (Ding an sich)

Erkenntnistheoretisch Immanentes (Bewußtseinsinhalt) Subjektiv ideale S phäre (Bewußter Geist)

Obj ektiv reale Sphäre (Natur)

Metaphysisch e Sphäre (Unbewußter Geist) Metaphysisch Transzendentes (Wesen).

Metaphysisch Immanentes (Erscheinungswelt) In

son dert

jeder der drei Sphären müssen die Kategorien g·e ­ untersucht werden ;

denn

nicht

alle Kategorien

haben in allen drei Sphäl"en Geltung, und so weit sie solche haben, doch nicht überall in gl'eichem Sinne. So wenig die drei Sphären isoliert von einander bestehen können, so uner­ läßlich ist es doch für unser Verständnis, sich jede einzelne von ihnen zum besonderen Gegenstande der Untersuchung zu machen, um sich vor Verwirrung und Verwechslung zu schützen. D ie Wahrung des induktiv·en V•erfahrens wäre am deutlichsten ans Licht gerückt worden, wenn zuerst sämtliche Kategorien in der subjektiv idealen Sphäre, dann sämtliche in der objektiv realen, und endlich sämtliche in der metaphysi­ schen Sphäre durchgearbeitet worden wären ; denn damit hätte sich ersichtlich ein Aufstieg vom Bekannteren zum Unbekannteren in d.rei Stufen vollwgen. Es hätte aber diese Stoffverteilung den Nachteil mit sich gebracht, daß jede

Kategorie dreimal

an ganz verschiedenen

Stellen

zur Erörterung gelangt wäre. Ich habe deshalb einer ein­ heitlichen Behandlung jeder einzelnen Kategorie den Vor­ zug gegeben, um alles über sie zu Sagende im Zusammen-

6

Vorwort.

hange vorbringen zu können ; die aufsteigende Richtung der Untersuchung bleibt dabei in j edem einzelnen Kapitel g ewahrt.

Wollte man eine vollständige Erkenntni stheorie,

N aturphilooophie und Metaphysik schreiben, so w ürde man die Zerreißung des über die Kategorien zu Sagenden in den Kauf nehmen müss en ; da hier aber eine Kategorienlehre beabsichtigt ist, so schien es richtiger, die letztere Art der Anordnung zu wählen, ohne Rü ck­ sicht auf den sich dabei ergebenden Ü b elstand, daß Er­ mit

kenntnistheorie,

Naturphilosophie

diese \Veise mehr kommen. Die

oder

M e taphysik

auf

weniger in j edem Kapitel

v or­

Kategorienlehre ist

und

bisher nur

als

ein integrie­

render B estandteil entweder der Erkenntnistheorie oder der Metaphysik b ehandelt worden ; auch die B ücher, wel che den Titel Logik tragen, pflegen entweder Erkennt­ nistheorie oder Metaphysik zu sein. D ie mehr oder minder metaphysikfeindliche oder doch metaphysiks cheue (V11) H altung der Philosophie des

letzten M enschenalters hat

natürlich die erkenntnistheoretische Behandlung der Ka­ tegorienlehre

ebenso

einseitig

in

den

Vordergrund

ge­

rückt, wie es in der Zeit der H errschaft der H e g e I sehen Philosophie mit ihrer metaphysis chen B ehandlung der Fall war. Ein Werk, das bloß die Kategorien in j eder H in sicht systematisch durchzuarbeiten versucht und ruhig abge­ wartet hätte, wieviel dabei für Erkenntnistheorie, N at ur­ philooophie und Metaphysik an Gewinn abfallen mö chte, ist mir bisher nicht bekannt geworden. U m s o nötiger erscheint es, die Kategori en endlich einmal zum Gegen­ stand einer nicht bloß gelegentlichen, sondern ausdrück­ li chen Untersuchung zu machen . men, der sich vergegenwärtigt,

Dem wird j eder zustim­ eine wie entscheidende

Rolle die Auffassung der Kategorien st"ets für die philo­ sophis che Weltanschauung gespielt hat, und wie sehr die Geschichte der theoretis chen Philosophie durch die G e ­ s chichte d e r Kategorienlehre bestimmt ist. Um dieses Werk in seinem U mfang nicht über das Maß eines B andes anschwellen zu lassen, hab e ich mir

alle geschichtlichen Exkurse und jede Auseinanders etzung mit den Vertretern abweichender An sichten vers a g en müs-

Vorwort.

7

sen. I ch hoffe, daß durch diese Beschränkung der zu­ sammenhängende Fluß der Dars tellung gewonnen haben wird. Der Geschichte der Kategorienlehre habe ich in meiner noch nicht veröffentlichten " Geschichte der M eta­ physik" (erschienen Leipzig 1 899/1 900 . A. d. H.) sowie in meinen S chriften über K a n t , S c h e 1 1 i n g , L o t z e und K i r c h m a n n nähere Beachtung geschenkt. An dieser Stelle gestatte ich mir nur einige Bemerkungen, die dazu dienen können, dem Les er die O rientierung über den Standpunkt zu erleichtern, von dem aus die nachfolgenden Erörterungen verfaßt sind und verstanden werden müssen. I ch verstehe unter einer Kategori·e eine unbewußte I ntellektualfunktion von bestimmter Art und Weise, oder eine unbewußte logische Determination, die eine bestimmte Beziehung setzt. I nsofern diese unbewußten Kategorial­ funktionen in die subjektiv i deale Sphäre eintreten, tun sie dies durch ihre Resultate, nämlich durch gewisse for­ male Bestandteile des B ewußtseinsinhalts ; die bewußte Reflexion kann dann a poster:bori aus dem ihr fertig ge­ gebenen Bewuß tseinsinhalt die Beziehungsformen, die bei seiner Formierung (Vlll) s ich betätigt haben , durch Ab ­ straktion wieder herausschälen und gewinnt damit Ka­ tegoriatbegriffe. D agegen ist es widersinnig, mit dem B ewußtsein unmittelbar die vorbevmß te Entstehung des Bew ußtseinsinhalts belauschen zu wollen , d. h. die aprire Tonlagt> mit dt>m i h r ei genen hell eren un d du mpferen K l ange al s qualita t i 1 ver� c h i eden gel t en la ssen muß. Erst b e i d e n einfachen Tönen k o m m e n wir auf musi­ kalischem Gebiet z u den Empfindungen der ersten K l a sse, die vorhiufig als einfache gelten müssen, obschon sie z w eifel l o s auch ihrerseits wieder Syn thesen aus einfacheren E mpfin dungsbestandteilen sind. E s kann keinem Zweifel unterliegen, daß die quali­ tativen U n terschiede der e i nfachen Töne von verschiedener Ton höhe geringer sind, al s die der entsprechenden Töne, die zugleich verschiedene Klangfarbe haben. In demsel­ b en S inne sind auch die qualitativen U nterschiede zwischen zwei gleichen Tönen von verschiedener Klangfarbe gerin­ g v r al s d i t: zwisch �n Y erschie d enen E mpfindu n gskompl ex en,

i n d e r subj e k t i v i d e � l i c h t u m u n d M a n n igfal t i gkeit d e r Q u alität hint er

ihrc' n S y n t h e s e n eben soweit z u r ü c k s tehen wie die einfachen Tön e>

hinter

den

mi t

O b er t ö n en verbundenen,

klangl i c h

gefärb ten . Ebenso

könnte

Analogieschluß

man

ziehen,

a u s d i e s e r S t ufenord n ung d e n da ß , f a l l s a u c h d i e ob ertonlosen

Tonempfindungen noch Synthesen a u � einfacheren Emp­ f indungselementen sein sol l t f' n , diese l e t z t e r en in dem selb c>n S inn e q u a l i t a t i v ärmer und unters chiedsloser sein müßt e n ,

wie d i e o b e r tonlosen Tonempfindungen q u a l i t a t i v ärmer und unterschiedsloser sind als die Töne mit O b e r tönen. D agegen würde man n i c h t o h n e wei teres berechtigt sein, a u s dieser S tufenordnung z u folgern, daß die einfachsten qualitativen schlechthin

Elemente

der

q u a l i t ä t slnsen

E mpfindu n g E in d r ü c ken

S ynthesen

seien ;

denn

von man

28

A . I. I . D i e

Qualität

kann aus d e r uns vorliegenden Stufenordnung nur ent­ nehmen, daß die Verarmung an Qualität nach unten h in fortschreitet, aber nicht, daß sie bis zu N ullqualität fort­ schreitet. E s erscheint nun offenbar p aradox, daß aus quali­ tativer Armut in den unt e r en. S tufen sich ein qualitativer Reichtum in den oberen S tufen durch bloße Zusammen­ setzung entwickeln soll, daß mi t anderen \Vo rten die Zu­ sammenfügung von wenig unterschiedenen Komponenten s ehr verschiedene Resultanten geben soll. D a die Art der Zusammensetzung selbst immer die nämliche ist, d. h . quali­ tative Synthese, so ist z u nächst nicht ersichtlich, woher in den E rgebnissen der Verschmelzung grö ß ere Verschie­ denheiten kommen sollen , als in den Komp-o nenten schon gegebrheben,

zu

dazu

b e cl a r :' es

no c h weiterer E rwägungen. Wenn w i r den physi k a l i sc h en Vorgang, der d i e E mp­ findung eines einfachen Ton e ,; e rregt, graphi sch

dars tel ­

l en, d . h . d i e v erfließende Z e i t a u f d e r A b s z i s senachse u n d die

Veränd erungen

des

Luftdr u c k s

als

O rdina t en

auf­

t ragen, so erhalten wir e i n e e infache \Vellen l i n i e , die d e n Verän derungen des K o s i n u s ei n e s \\'inkels b e i der D reh u n g e i n e s s e i n e r S c h enkel eine

K o s i n u skurve.

ent spricht,

Hat

Grun dton darstellt, (13)

n

nun

o d e r k u rz

die

a u sgedrückt

\V ellenlinie,

die

den

\Vc l l enb erge auf ei n e S ek un d e ,

d i e a u f d e r Abszi ssenachse

aufgetragen i s t ,

so

hat die

\Vellenlinie, d i e d e m ersten, zweiten, dritten u sw. O b erton en tspricht, Strecke.

2

11 ,

3

n,

Erkl ingen

4

n

die

usw.

\V el l enb erge

O bertöne

auf

g:eichzei tig

di esel b e

mi t

dem

:1 .

i n drr suhjel< l i 1· irle:1len �phärr.

:n

G rund ton, so ent spricht d e m p h y s i k a l i s che n Klange eine a u s al l e n di e s en \Y ellenlinien z u sammenge s e t z t e \Vellen­ l i n i c , w elc he d i e p o s i t i v en u n d n egativen I n terfere n zen a l l e r graphi s c h veran scha u l i c h t .

I n derselben Vveise l a s s e n

s i c h d i e s e Klan g k u r v en w e i ter z u sam m rn s e t z e n , und gibt

keine

noch

so

verwickelte

und

scheinbar

es

u nregel ­

m ä ß i g e K l a n g k u r v e , di e s id1 n i c h t r ü c k wä r t s in einfa c h e

K o s i n u sk u rv en auflö sen l i e ß e11 . Treten nun zwei K l a n gkun·en z u s ammen, d e r e n (�r un d­ t ö n e z u e i na nd e r i m V e r h ä ltni s e i n e s G r u n d tones z u seinem O b erton s t eh en , d . h . deren S chwingungsz a h l e n si ch wie ei n e ganze Zahl z u E i n s v e rh a l te n , dann ist d a s Bild ,·er­

s c h i e d e n je n a c h den O b e rtön e n , m i t denen d i e beiden G r u ndtö n e v erknüpft sind, d. h . je n a c hd e m d i e I nt e r ­ feren z en der O b ertön e un terein a n der h a r m o n i s c h bleiben

oder D i sharmon i en geben . Im e r s t e r e n Falle, der sei n Maximum erre i c h t , w e n n d i e O b e r tö n e gleich N ul l s i n d . erscheint

die

K u r v e m i n d e r unregel mäßig und gestör t a l s

i m letzteren Falle. D em e n t spricht e s , d a ß d i e Empfin­ dung Zusammenklänge \'Oll so l c h e n Tönen um so leichter in ein Ganzes verschmilzt, j e weniger und j e schwächere O b ertö n e sie haben, daß aber di e B e stan d t e ile u m so deutlicher als verschiedene Töne a u s ein an de rtr e t en je mehr disharmonische In ter fer en z e n oder gar S chwebungen ihre ,

O b ertön e haben.

D ie Aufmerks amk eit b edarf gl e i c h sam

der disharmoni schen I n t erferenzen der O b ertöne, um zwei Klangindi viduen auseinanderzuhalten und die Grundtöne, auf denen si e ruhen, a l s geson d e r t e Tön e zu unterschei­ den, b e s onders dann , wenn der ti efere Ton den höheren an S tä r k e i n ähnl i cher ·weis e ü b erragt wie i n e i n em na­ türlichen Klange der Grundton die O b er töne. B e s chränken wir uns d e r Einfachheit halber sche­ matisch auf den Grundt on un d E i ne n O berton, den zweiten, d . h. d ie D uo d e z i me oder Q uinte der h ö h eren O ktave, d e re n Wellenlinie a uf die gleiche Zei tstrecke drei mal so viel \Vellenberge zeigt als die des Grundtons ; lassen wir auch die O b ertöne dieser beiden Tön e b e i se i t e und b e ­ gnügen u n s m i t ihrem S tärkeverhältn i s al s H i l fsmi t tel der Analys e . D ann können wir drei Fäl le u nterscheiden . Ent­ weder die S tärke d es Grundton s ist gl eich N ul l o der v e r -

A . I.

Die Qualität

1.

s chwindend gering i m Verhältn i s z u dem der D uodezime, des Zu-(14) sammenkl anges eine

dann ist die \V ellenlin i e

einfache Kosi n u sku rv e , d i e auf der Ab szisse nachse, d. h . einer graden Linie steht ;

hö chsten s würden d i e \V ellen­

b erge des Grundton s versch windend klein sein .

O der die

S tärke der D uodezime übertrifft die des Grundtons, dann steht die \V ell enlinie der ersteren mit hen·ortreten den vVel­ lenbergen auf der \Vellenlinie des G rundtons, deren Er­ hebungen sich nicht all zuweit von der Absz issenachse ent­ fernen .

O der die S tärke der D uodezi me s teht hinter der

des G rundtons zurü ck, dann ist die \V ellenlinie des G rund­ tons

kräftig

profi liert

und

di e

auf

j e der

ihrer

Wellen

stehenden drei kleineren \Vellen erscheinen. nur als leich­ tere Modifikationen ihres Grnndtypu s. faß t das Ohr

Im ersteren Falle

die D u odezime a u f, i m zweiten F alle

nur

beide Töne als gesonderte trotz ihrer Konsonanz, im drit t en F all nur den Grundton , aber a ls einen in s einem Klange quali tativ modifizi erten oder gefärbten. I m ersten F al l e sehen wir also die einfache Empfin­ dnngsqualität

der

D u o dezime

ohne

den

Grundton

ent­

stehen, im zwei t en Falle die zwei einfa chen Empfindungs­ q ual itäten des G run dtons u n d der D u o dezime nebst ihrer Synthese zur Empfindung der Kon so nanz, im dritten Falle die scheinbar einfache, in der Tat aber zusammengesetzte Empfindung d es klanglich gefärbten Grundtons.

Im ersten

Falle erwächst die E mpfi n d ung des hö heren Tones auf der E mpfindungsgrundlage N ull, wie ihre \V ellenlinie sich über der krümmungslo sen Absziss enachse erhebt. t en.

Falle

Tones wie

erwächst

und

die

sie

auf

der

doch unabhängig

Well enlin i e

der

G run dlage

von

ihm

Im zwei­

des tieferen

und neben ihm,

D uodezime auf

derj enigen

des

Grundtons aufgewachsen ist, aber sich für den Blick als U mrankung un d Ums chlingung der größeren Wellenlinie von

selb ständiger

darstellt.

Im

und intensiv

dritten

Fall e

üb erragender

kommt

nur

ein

B edeutung qualitativer

Z uwachs für die E mpfindnng des Grundtons ohne S elb­ ständigkei t al s e igener Ton z u m B ewuß tsein, wie der Bli ck nur no ch eine l ei chtere Modifikation der größ eren W el­ lenlinie

durch

die

dreiteiligen

jeder Einzelwelle wahrni mmt .

Aus-

und

Einbiegungen

• a.

in der

subjektiv

idealen

Sp:1äre.

33

\Venn der dritte Fall u n s z u n ä chst b l o ß d a s gelehrt hat, daß auf der Grund:age einer best : · hcnJen E mpfin­ dung die mit der schne:l eren \\" ellenbewegung hinzu­ tretende Reihe von I n t ensitätsunterschieden de s Reiz _· s einen qualitativen Zuwachs l i efert, so z eigt uns d e r zweüe Fall, daß eben derselbe zweite R eiz b e i andere m S tärke­ verhältnis der b eiden Reize eine zweite relativ s :lbständige Tonempfindung hervorrufen kann, die trotz der Verknüp­ fung mit (1 5) der ersten sich neben ihr als gleichher c h t igt behauptet. Der erste F all zeigt uns , daß diese Empfindung dieselb e bleibt, wenn auch die des t i eferen Tones zur N ull herabsinkt. \Vie der ers t e Fall in den zweiten allmählich und ohne feste Grenze übergeht, so auch der z weite Fall in den dritten durch j enes Zwischengebiet, in welchem das geübte Ohr je nac h Einst ellung der Aufmerksamkeit die ras chere W ellenbewegung bald als qualita tiven Zuwachs zur Empfin dung des Grundtons, bald als "elbständigc n Ton auffas sen kann . Wie der fl ü ssige Ü bergang von dem zweiten zum dr i t ten Fall uns lehrt, daß zwischen dem Be­ wußtwerden eines Reizes als qualitativen Zuwachses und als selb ständiger E mpfindung im Zusammenbestehen mit un d neben einer andern kein p r inzipieller, sondern nur ein gradueller Unters chied ist, so lehrt uns der flüssige Ü b ergang vom ersten zum zweiten Fall, daß zwisch en dem qualitativen B ewuß twerden eines intensiv gegliecierten Reizes auf Grundlage einer bestehenden andern E mpfin­ dung und einer N u llempfindung ebenfalls kein prinzipiel­ ler, sondern nur ein gradueller U nterschi ed ist. Damit sind wir ohne Zweifel der Zurückführung der Q ualitätsentstehung auf I ntensitätsverhältnisse näher ge­ kommen, indem die v orher klaffende Lücke zwischen dem Q ualitätszuwachs einer g egebenen Empfindung und der Entstehung einer E mpfindungsqualität aus dem Q uali t ät s­ losen überbrückt und a u sgefüllt ist. Wir können nun zu­ geben, daß die einfachen Q ualitäten, die etwa auf solchem \Vege zustan de kommen, verschieden sein werden j e nach der Verschiedenheit der I n tensitätsverhältnisse, aus denen sie entspringen . \Nir müssen nun auch noch betrachten, welche I ntensitätsverhältnisse es s ind, die z ur ersten Ent­ stehung der Q ualität durch synthetische Verknüpfung AnE.

v . H a r t. m a n n ,

Kat.egori enl e!rr A ,

I.

S

34

A. I.

I.

Die Qualität



laß geben . Erst dann w erden wir diese Entstehung der Q ualität positiv b ehaupten dürfen , w enn wir den fließ enden ü b ergang nachweisen können zwischen gesonderter Auf­ fas sung von Intensitätsverhältnissen und synthetisch quali· tativer Auffas sung, in welcher die Sonderung der I ntensi· tätsverhältnisse verschwindet und in eine sich gleichblei· b en de Intensität der E mpfindungsqual ität üb ergeht . Man setze folgenden Fall. Ein Trommler findet vor­ gezeichnet 4/ 4 Takt, Viertel 180 M . M., d. h . 180 auf eine Minute oder 3 auf eine S ekunde und hab e nun ab­ wechselnd drei Takte Achtel und drei Takte Triolenachtel zu schlagen , d. h. abwech selnd 4 S ekunden lang 24 Schläge in I ntervallen von 1/6 S ekunde und 4 S ekunden lang (1 6) 36 S chläge in I ntervallen von 1/9 S ekunde zu geben. D er H ön�r wird deu tlich den rhythmischen Unterschied auf· fassen, aber als einen rhy thmischen, d. h. in der Zeitfolge des I ntensitätswechsels bestehenden. D enkt man sich diese Zahlen mit 4 multipliziert, so daß j e eine S ekunde 24 und eine 3 6 S chläge erschallen , so kann zwar der Trommler mit der H and sie nicht mehr a u sführen ; läß t man sie aber durch eine mechanische Vorrichtung ausführen, so kann das Ohr die Unterschiede in der Aufeinanderfolge nicht mehr als ein rhythmisches Verhäl tnis auffas sen, es hört aber auch nicht auf, einen U nterschied wahrzunehmen, sondern erhält n un den Eindruck eines I n tervalls, der Q uinte (etwa D o ppelkontra-G und Kontra-D) . D as I n­ tensitätsfolgenverhältnis hat sich damit in ein Tonverhält­ nis, der quantitative Unt � rschied in einen qualitativen umgesetzt. Wenn in dieser tiefen Lage der Ton noch un­ deutlich, dumpf und s chnarrend, nur bei erheblicher S chall­ stärke und auch da noch nicht für j edes Ohr als Ton v er­ nehmbar ist, so wird er schon bei no chmaliger Verdoppe­ lung der Geschwindigkeit (48 : 72) ganz deutlich, indem er in eine höhere Oktave hinaufrückt. Alle Töne der Insekten, das Zirpen der Grillen, das Summen der M ücken usw . , entstehen nur durch rhythmis .:: h e Stöße bei der Rei­ bung rauher Flächen g egeneinander oder beim . taktmäßi­ gen Flügelschlag. Eine Analogie zu dieser Erscheinung bietet der Tast­ sinn. Fährt man langsam mit der F ingerspitze abwech=

a.

in der subjektiv idealen

R5

Sphäre.

selnd über eine grobzahnige und über eine feinzahnige Zahnstange, so nimmt man deutli ch die langsamere oder ras chere Folge der S töße de•s F ingers gegen die vorstehen­ den Zähne wahr. Fährt man dagegen rasch über beide abwechselnd hin, so faßt man nicht mehr die Langsam­ keit oder Schnelligkeit in der Folge der einzelnen Stöße, sondern pur noch einen qualitativen Unterschied i n der Rauhigkeit auf . \Vas durch bloße Steigerung der Ge­ s chwindigkeit des darüberhingl ei tenden Fingers nicht er­ reicht .w ird, das kann man erzielen, wenn man zwei andere Zahnstangen heranzieht, deren Zähne zwei- o der dreimal so dicht stehen wie die der erstbenutzten, aber unterein­ ander dasselbe Verhältnis zeigen wie jene. Der Blinde mit seinem durch Ü bung geschärften Tastsinn nimmt auch die Rauhigkeit von so feinen Feilen wahr, daß sie dem stumpfen Sinn des groben H andarbeiters als völlig glatt erscheinen ; er hat auch eine schärfere und deutlichere S chätzung für die graduellen U nters chi ede der Rauhigkeit, wo längst die Möglichkeit aufgehört hat, die Auseinander­ stellung der Zähne quantitativ wahrzunehmen und zu ver­ gleichen. (1 7) Während der Tastsinn nur die sukzessive Abwech­ selung zwischen Rauhigkeiten verschiedenen Grades mi t derselben tastenden H autstelle gestattet, ermöglicht der Gehör&inn .ni cht nur die sukze ssive, sondern auch die si­ multane Auf fassung von S toßfolgen verschiedener Ge­ schwindigkeit. Wenn zwei Trommler zugleich schlagen, der .eine D uolenachtel , der andere Triolenachtel, so faß t das Ohr des Hörers deutlich die rhythmischen I nterferen­ zen .auf, das Zusamm enfallen j edes zwei1ten S chlages des ersten Trommlers mit j edem dritten S chlage des zweiten Trommlers und das Zwischenhineinfallen des andem S chla­ ges des ersten Trommlers in die Lücke zwischen den bei­ den andern S chlägen des zweiten Trommlers. Wenn, wie im ersten D on Juan-Finale, mehrere Orchester gleichzeitig Tänze mit verschiedenem Takt spielen, findet dieses rhyth­ mische V er hältni s eine noch ausgerlehn tere musikalische Verwertung, als wenn bloß verschiedene gleichzeitige Sti m­ men in D uolen und Triolen, oder in Q uartolen und Triolen geführt sind. Wird aber nun wiederum die Geschwins�

3G

A . I.

1.

D i e Quali tät

digkeit d e r Schlagfolgen verv ierfacht, bezi ehungs weise ver­ achtfacht, so werden die I n t erferenzen ni cht mehr al s rhythmische aufgefaß t , sondern al s Konsonanz von Tönen , speziell als Q uintenkonsonanz mit dem ihr eigenen quali­ tativen Klangcharakter. Der U mschlag des rhythmi schen I n tensitäts\·erhältni sses in ein tonisches Q u alitätsverhäl mis ist hier noch viel deutlicher als bei der Auffassung des I n t erval l s durch abwech selnde sukzessive Vorführung. In diesen B eispielen handelt e s sich i mmer noch darum, daß I ntensitätsunterschi ede in Quali tätsunters chiede, quan­ titative in qualitative Verhältnisse u m schlagen, und z war bei einem plötzlich en Sprung in der Ges chwindigkeits­ änderung. D amit ist all erdings die Vermu tung so nahe als möglich gelegt, daß dasselbe quantitative Verhältnis, das bei langsamerer S ukzession der Intens itätsschwan­ kungen noch als rhythmisches a ufgefaßt wird, bei schnel­ lerer Änderung derselben als tonisches Q ualitätsverhältnis aufgefaß t werden muß . \Vir hab en aber in ihnen noch i mm er keinen fließ enden Übergang und noch keinen Beweis dafür, daß auch di e einzelne R eihe intensiver Komponenten, auch ganz abgesehen von ihrem Verhältni s zu andem solchen Reihen, zu einer qual itativen Auffassung führt. Wenn wir ein Sortiment von F eilen, das von den gröb­ sten bis zu den allerfeinsten N ummern reicht, und ein Sortiment von Zahnstangen zu sammenstellen, das da auf­ hört, wo die F eilen anfangen, so finden wir auch b ei gleicher Geschwind igkeit des D arüberhin-(18)gl eitens alle Grade von Rauhigkeit auf der einen S eite und alle rhyth­ mischen S toßfolgen auf der andern Seite vertreten, da­ zwis chen aber ein Gebiet b ei den feinsten Zahnstangen und gröbsten Feilen, wo wir zwischen quantitativer und quali tativer Auffassung schwanken . An der untern Grenze dieses Zwischengebiets überwiegt noch die quantitative Auffassung, und die qualitative leuchtet nur sporadisch und dunkel auf ; an der obern Grenze dagegen überwiegt die qualitative Auffas sung, nur mehr oder weniger getrübt durch die Reste der noch nicht völlig überwundenen quan­ titativen. In der M itte des Zwischengebietes wird eine S t el l e li egen, wo im Durchs chnitt beide Auffassungen ·

·

a.

in

der > u l •jektiv idealeil

Sphä r e .

gleich stark \ e r t r e t en sin d , aber nicht daunnd sich v er­ schmclze P , sondern miteinander ringen , so daß bald die eint>, bald die andere das Ü b ergewicht gewinn t. J e nach der zeitweil igen Dispo sition und der Ein stellung der Auf­ merksam keit kann dieses durchschnittliche Gleichgewicht auch in ein zeitweiliges , relativ dauerndes Ü bergewicht der einen Auffas sung über die andere umge\v andelt wer­ den. Von den Unterschieden der Auffassung b ei verschie­ den en Indh iduen soll hier gar nicht gesprochen werden. G anz dassel be Verhäl t n i s waltet beim Ü bergang des Rhy thmus in den Ton ob. Elf bis zwölf S töße oder S chläge oder Silben in der Sekunde nimmt noch j edermann rhy th­ misch wahr ohne Anflug einer tonischen Q u alität ; 3 2 Stöße werden von dem normalen O h r als Kon l ra-C gehört . Aber die Doppelkontraoktave von 1 6-3 2 S chwingungen gehört schon zu dem Zwischengebiet, ebenso wie die unter ihr bclegene Zahl von 1 2-1 6 S tößen. D i e S irene, die cme rcgulierbare Zahl von Luftstößen in der Sekunde von sich gibt, läßt die A.llmählichkeit des Ü b erganges stu­ cliereil . Das B ru mmende und Schnarrende-, was den ti ef­ sten Tönen anhaftet, ist nichts als ein Rest der sich in die qualitative Auffassung eindrängenden und mit i h r rin genden quant itativen Auffassung. D i e qualitative Auf­ fasstmg gelingt um so leichter und früher, je stärker die S t öße sind und je weniger disharmonische Elemente die aus ihnen entspringenden Luftwellen enthalten, d. h. j e mehr deren Form sich einer Ko sinuskurve mit harmoni­ schen O b ertonkurven n ähert . \Venn durch diese Beispiele aus dem Tas tsinn und G ehörsinn der allmähliche Ü bergang der In tensität sschwan­ kungen in Qualität außer Zweifel gestell t ist, so ist damit Joch nur die begründ e t e Vermutung eröffnet, daß es auch auf anderen Sinn esgebie ten sich ähnlich verhalt en werde. D i e bloße Analogie zu einer höchst (1 9) w ahr­ scheinlichen H ypothese zu erhebe n , wird nur dadurch ge­ linge n , daß wir uns übt:r die B edeutung diesc· s O b e r­ ganges theoretische Klarhei t verschaffen. E s i st Tatsache, daß unsere Perzeption allzu schnellem \Vechsel von Eindrücken nicht zu folgen vermag. E i n schnell i m K n·ise bewegter lruchtender P u n k t ersc h ci l \ l

�8

.\. I.

I.

Die

Qualität

uns als leuchtende Kreislinie, weil d a s N achbild des P un k t e s au f j eder N et zhautstelle noch n i c h t erloschen ist, wenn der neue Eindruck dieselbe S telle trifft. O b die U nfähigkeit zum Auseinand erhalten rasch aufeinanderfol· gender Eindrücke immer physiologisch bedingt ist, wie in diesem B eispiel , oder ob sie in manchen Fällen rein psychologischer Art ist, oder ob überall physiologische und p sychologische B e dingungen zusamm enwirk en, mag dahingestellt bleiben. So viel steht f e s t , d aß b e i mehr als 20 Eindrücken in der S ekund e eine gesonderte Auf­ fas sung derselben nahezu unmöglich wird, und daß in vi elen Fällen schon b e i mehr als 1 0 Eindrücken in der S ekunde di e D eutlichkeit der S onderung Sti ch verwischt. B ei einer rascheren Folge der Eindrücke, deren jeder intensiv genug ist, u m für sich all ein p erzipiert z u wer­ den, ist also einerseits das U nvermögen einer g esonderten Auffassung anzuerkenn en ; andererseits erscheint die Mög­ lichkeit ausgeschlossen, daß eine H äufung von Reizen unperzipiert bleiben sollte, wenn doch schon j eder ein­ zelne intensiv genug ist, um die Perzeption zu erzwingen . D i e Intensitä t des Gesamteindrucks muß , wenn auc h n i c h t gerade 30mal so gro ß , d o c h j edenfalls sehr viel größer sein , wenn das O hr in einer Sekunde 3 0 gleich starke Erschütterungen auffaßt, al s w enn es nur ein e auffaß t . Die I ntensität des G e samteindrucks muß b ei gleicher I ntensitä t der Komponenten mit der M enge der in die Resultant e eingehenden Komponenten wachse n ; aber sie muß, in anderer Weise wach sen, wenn 30 gleiche S töß e hintereinander folgen, als wenn der eine S toß 30 mal so stark wurde . Im ersteren Falle wird die Intensität auf einen dauernden Gesamteindruck verteilt, im letzteren F alle auf einen momentanen Eindruck, der nur allmählich physiologisch verklingt, z u sammengedrängt. D er Unter­ schied gleicht dem zwischen dem Entweichen des D ampfes aus dem D ampfkessel durch Ausströmen a us dem Ventil und d urch Explosion. Damit wäre dann erklärt, wo die EmpfinduDgsintensität der Komponenten bleibt, falls eine Synthese zustande kommt ; s i e geht von den Komponenten auf di ese über. Aber damit sie auf die Synt h e se üb er­ gehen kann , muß auch eine (20) Synthese da sein ; damit

a.

in

d e r subjektiv idealen Sphäre.

die I ntensität der q ualit ä tslosen Komponenten zur I ntensität der Q ualität werden kann, muß auch die Q ualität da sein. F ehlte die Synthese, so müßte die I ntensität der Kom­ ponenten, die nicht mehr geson d ert perzipiert werden kön­ n en , durch die M ultiplikation verschwinden ; das wäre aber ein \Vidersp t u c h . U m d i e sen "W iderspruch zu v er­ m e i d en , ist die Synth ese logisch notwendig ; was ab e :· b e i dieser Synth ese im besonderen Falle herauskommt , können w i r nicht a priori konstruieren, sondern nur aus der Erfahrung aufn ehmen. \Vi r n ennen das, was b e i dieser S ynthe s e hera u s­ k o mm t , Q uali t ä t, können a b e r das , was wir mit diesem Worte bezeichnen wollen, n i emand begreiflich machen , der dab ei nicht aus seiner eigenen Erfahrung schöp f t. Wir w i sse n n i c h t e i nmal, ob bei dem formallogisch not­ wendigen Zustandekommen einer Synthese üb erhaup t auch die besondere Art und Vveisc d e r Synthese in j e dem Falle mit bloß fmmallogi scher Notwendigkeit bestimmt ist, oder o b dabei eine teleolo g ische N ot w en d igkeit mit im S p i ele ist, d . h . o b n icht die einfachen S i nnes q ualit ä ten mit Rück­ sicht auf den Weltzweck gerade so und nicht anders be­ stimmt und g erade mit dieser Art von Reizen g e setz­ mä ßig v erkn üpft sind. In diesem Falle würden wir in den teleologisch bestimmten einfachen E mpfindun gsq uali täten gleichsam subjektive \Veltkonstanten haben, ein sub­ j ektives Analogon z u den obj ektiven Weltkonstanten die i n der Physik eine s o wichtige R ol l e spielen Bisher haben wir der E infachheit wegen ang enommen, daß jede einzelne Empfindungskomponente eine hinläng liche I ntensität habe, um für sich gesondert perzipi ert zu werden ; wir können nun a b e r auch den entgegengesetzten Fall i n B e tracht ziehen. Wenn auch j eder einzelne E in­ druck z u schwach ist, um sich isoliert bemerklich zu machen so wird do ch eine rasch aufeinanderfolgemk Reihe solcher E indrücke perzipie r t werden m ü ssen, wo· fern nur die I ntensität de r eventuellen Synthese über der E mpf i ndungsschwelle liegt. N icht nur gleichzeitige R eize, d i e einzeln unterhalb der Reizschwelle liegen, häufen sich in di eser Weise (z. B . das Rauschen der Blätter im Walde), sondern auch aufeinanderfolgende, wenn ihre ­

,

.

-

­

,

40

A . I.

1.

Die

Quali t ä t

Folge rasch genug ist, daß di e physiologische Wirkung des einen Reizes noch nicht verklungen ist, wenn die des nächsten einsetzt, und wenn die Reize in gleichmäß iger \V eise aufeinanderfolgen , so daß die \V : rkungen d er ver­ schiedenen Reize sich positiv (21 ) vers tärken und nicht sich durch negat i v e I n terferenz auslöschen . D er Sinnes ­ nerv verhält sich darin ähnl i c h wie eine Saite, die v o n einer schwachen Lufterschütterung nicht merklich b e wegt wird , von vi elen rasch und gl e i chmäß ig aufein anderfol­ genden aber zum Tönen gebracht werden kann. :\Ian kann i m allgemeinen behaupten , d a ß die Empfin d ungsqualität en der untersten K lasse aus Komponenten e rwachsen , die nur dann einzeln genommen oberhalb der S chwelle lie­ gen , wenn sie in der Langsamkeit i h rer S ukzession bereits dem Zwischengebiet naheliegen , daß dagegen d i e se Kom­ ponen ten bei allen rascheren Reizfolgen und bei mäßiger Em pfindungsstärke unterhalb der Grenze ein er i solierten Wahrnehmbark e i l liegen (Z. B . der einzelne Flügels chlag der summenden M ücke) . D aß die Synthesen der intensiven Komponenten zu Q ualität sempfindungen durch d ie Vorkehrungen der S in­ nesorgane und die spezifischen Energien der S innesnerven sehr erleichtert und unwillkürlich in b estimmte B ahn en gelenkt werden , ist außer Zweifel. Aber wir dürfen nicht vergessen, daß j edes O rgan , welches die ·W i ederholung einer b estimmten F unktion begünstigt, doch nur ein all­ mähliche� Produkt dieser Funktion in der S tammesentwick­ l ung ist, daß alle spezifischen O rgane nur D ifferenzi erun­ gen von Vorri chtungen sind, die ursprünglich allgemei­ neren Zwecken dienten, daß all e spezifischen Energien nur Wirkungen der Einübung der N erven auf bestimmte Funktionsweisen sind, daß die synthetische F unktion in ihrer einfachsten Gestalt älter ist als diese ihre \Virkungen , und daß j e d e Verbes serung des physiologi s ch en Appa­ rats bedingt ist durch Verfeinerung und Vervollkommnung der syntheti schen F unktion auf der gegeb enen physiologi­ schen G rundlage. D e r physiologische Apparat kann deshalb: wohl als arbeitsparender H il fsmechanismus geschätzt wer­ den, aber er kann ni cht die Erklärung der Synthese aus einer synthetischen Funktion ersetzen oder entbehrlich machen ,

a.

in der

>uhjek t i v

i d ealen �phäre.

41

die er v ielmehr als sein genetisches Prius voraussetzt und über sich als G ehraucher des \Vc rkzeugs fordert. vVenn wir eine einfache spezifische S innesempfindung, wie den Ton , in ihre Komponenten zerl egen, wie dies in dem Zwischengebiet der t iefsten Töne mögl ich ist, so entst eht die Frage, ob diese Komponenten , w enn sie ein­ zeln wahrgen ommen werden können, w i rkli c h qualitätslos sin d , und ob sie, wenn sie w i rklich qualitätslos sind, noch Empfindungen heißen können . Es unterliegt keinem Zwei­ fel , daß ·wir die Komponent en des Tones, soweit wir sie im eigentlichen S inne hören , d . h . als Gehörsempfindun­ gen auffasse11 , (22) berei t s wieder als Tön e perzipieren . Jeder Stoß, S chlag, Knail usw. l ö st nicht nur eine einzige Luftwelle aus, sondern infolge de r Resonan z und der Eigen­ töne des M a t erial�, vermi t t elst dessen er h •:rvorgebr;:,cl • t wird, eine Sukzession v o n Luft\\ ellen, d � e einem G ew : rr von Tönen en tspricht und a l s disharmonischer S chall mit einem oder mehreren h ervors techenden Tönen erscheint. Dieser Umstand fällt aber grade der unbeab sichtigt en Unreinheit unsrer Versuche zur Last. Mit der Sirene nähern wir uns einer idealen Versuchsanordnung, bei wel­ cher die einzelnen Luftstöße zwar noch von tonischen N ebengeräuschen begleitet, aber selb st kaum noch als tonartige Wellenkomplexe zu bezeichnen sind. Die Folge davon ist, daß man, wenn man von den N eb engeräuschen der aus ström enden Luft abstrahi ert, die einz elnen Kom­ ponenten kaum n o ch Gehörsempfindungen nennen kann , sondern vielmehr nur no ch als Druckwahrnehmungen im G ehörsorgan auffaßt. D i e Tonempfindung ist dami t in Komponenten aufgelöst, die zwar nicht jede Empfindungs­ qualität, aber doch die spezifische der G ehörsempfindun­ gen abgestreift haben . Was übrigbleib r, sind Gefühls· empfindungen von S pannu ngsveränderungen in den v er­ schiedenen H äuten und sonstigen empfindungsfähigen Tei­ len des Gehörorgans. Was ihnen an E mpfindungsqualität verbleibt, ist wiederum b edeutend weniger als b eim ein­ fachen Ton ; wir rücken hier bei der Empfindung eines plötzlichen und rasch nachlassenden S toßes schon ganz dicht an die Grenze heran , wo fast nur noch die Intensität sich dem Bewu ß tsein aufdrängt, die Q ualität aber im Ver-

42

A. I.

1.

lJ i c Quali tät

gleich z u ihr so arm, leer u nd dürftig wird, daß ste bei­ nahe z u v erschwinden scheint. Wie alle spezifischen Energien sich aus der allge­ meinen S ensibilität der N ervensub stanz herausdifferenziert haben, so sind auch alle spezifischen S innesempfindungen aus Kompon enten entwickelt, die auf die allgemeine Ge­ fi.ihl s empfindung zurückweisen. S elbst die \Va hrnehmun­ gen des Ta st sinns können n ur als spezifizierte Formen des G efühls der der O b erhaut naheliegenden Körperschichten gedeutet w erden . B e i j eder sp ezifischen S i nnesemp findung muß also i n der Tat di e Analyse der einfachsten Q ualitäten aus dem G ebiete dieses S innes h inaus in das des G emein­ gefühls führen. D i e Komponenten der einfachsten spe­ zifi s chen Q ualitäten sind ohn e Zweifel qualitätslos in bezug auf dieses Sinnesgebiet, aber noch ni cht qualitätslos in bezug auf das Gemeingefühl, wie e s am I nhalt der G anglienzelle, am leben d en Protoplasma und nn seinen organis chen (23) Formbestandteilen haftet 1). Alle E mpfin­ dungen d er I ndividuen, die noch einen Le i o v o n molarer Grö ß e be sitzen, lassen sich auf mol are D r ..tck- un d Zug­ empfindungen und molekula re S chwingungsempfind ungen ( S chall , Licht, Wärme, chemische und elektrische R eize.' zurückführen. S t eigen wir aber zu I ndividuen h inab, die selbst schon bloß molekulare Größe haben, so s cheiden die molaren D ruck- und Zugempfindungen aus, während die molekularen S c hwingungsempfindungen sich nunmehr selbst i n molekulare Dru ck- und Zugempfindungen auf­ lösen. Alle Empfindung_ weist also zuletzt auf mechanischen Druck oder Zug zurück. N achdem somit diej enige spezifische Empfindungs­ qualität, die sich am weitesten in ihre Elemente z erlegen läßt, die Tonempfindung, auf Synthesen allgemeiner Ge­ fühlsempfindungen zurückgeführt ist, dürfen wir auc h von den auelern spezifischen Empfindungsqualitäten annehmen, daß sie sich aus solchen o der ähnlichen Synthesen allge­ meiner G efühl sempfindungen aufbauen. N icht Z Li m w enig­ s ten muß dies der Fall sein bei den eigentli chen Ge­ fühlsempfindungen, die wir in den reichsten qualitativen 1) Das Folge1lllt bis zum Schluss dts Absatze,· iJt in der Handschrift als /o"i nscha!tun.';" kennt!hh ..!. d. 1/. .

a.

rn

der subjek tiv

idealen Sphäre.

43

N uancen kennen, ohne doch diese qualitativen U n t er­ s chiede mit Wort en beschreiben o der durch Analogien andrer Sinnesgebiete de utlich machen zu können. Wenn selbst no ch der einfache D ruck oder Stoß auf irgendeine Körperstelle eine qualitativ gefärb te E mpfin­ dung auslö st, so dürfen wir das ohne Z weifel dem U m­ stand zuschreiben, daß die unserm B ewußtsein zugrund e liegenden Gehirnzellen erst mittelbar von dem Reiz affi­ zi ert werden, nämlich durch die Vermit teJung der H aut des Bin degewebes, der M uskeln , der Knochenhäute, der in diesen Geweben vert eilten N ervenendigungm und End­ organ e, der Lei tungsnerven, der in diese L eitungsbahnen eingeschalteten Gangli enknoten und niederen Zentralorgane, und end lich der Verbindungen dieser letzteren mit dem j eweiligen B ewußtseinszentrum. Jedes dieser vermittelnden Organ e ist auf b e sondere B ewegungsformen eingeübt, da­ durch für b esondere Reize mehr als für andere empfäng­ lich und geneigt, die ihm nicht homogenen Reize so weit al s möglich in seine spezifische Funktionsweise zu trans­ formieren. D a ist es kein \Vunder, daß auch der ein­ fachste Reiz an der Auß enfläche eine M enge höchst v er­ wickelter B ewegungsformen i n den v ermit telnden O rganen auslöst, so daß schließlich das B ewußt seinszentrum einen ganzen Komplex von sp ezifischen Energien zu-(24)geleitet erhält und diese nur b ewältigen kann durch eine stark qualitati v gefärb te Synthese. (Gr. 111. 13.) Man stelle sich vor, daß derselbe leise Tastreiz, der von der menschlichen O b erhaut durch so viele Mittel­ glieder zum B ewußtsein szentrum geleitet wird, eine nackte Mone1 e an ihrer Körperoberfläche treffe. Wie viel ärmer an Qualität wiru d;e Empfindung sein, die in dem be­ rührten Protoplasm a unmittelbar ausgelöst wird, als die durch so viel spezifische Energien, so viel Eigentöne der Zwischenorgane vermittelte ! O der man vergl eiche a u c h innerhalb d e r m enschlichen Empfindun gssphäre den U n­ terschie d einer einfachen Tastempfindung, die auf direk­ tem W ege zu dem B ewußtseinsorgan in weißen N erven­ sträng::n geleitet wird, und der S chmerzempfindung o der j u ckenden Lustempfindung, die durch Reizung der gleichen H au tstelle erregt, aber durch Einmündung der L eitungs-

44

,\ . ! .

1.

D i e Qual i t ä t

bahn e n in d i e graue Sub s t anz d e s R ü c kenmarks u n d die Verbindungs s t riinge von diesem zum Großhirn vem1ittelt wird. \\ ' i e v iel reic her an Q u alität ist die letzt ere Empfin­ dun g n e b en ihrer ges teigerten I ntensität ! Durch je mehr vermi ttelnde O rgane der Reiz hind urchgegangen ist, d esto grö ß e r muß die H äufung spezifischer B e wegungsformen werden , in di e er auf diesem \V ege umges e t zt ist ; je näher dagegen das perzipieren d e Zentrum der S t elle des Reizes !iegt, und je w eniger differenziert das betroifene P l asma ist, desto qual itätsärm e r wird die aus dem Reiz entsprin­ gende Empfindung sein müsseP , d e s t o mehr w : rd si e sich der qualitätslos en I n t ens i tä t annähern . D i e s e Un terschiede si nd in doppel ter H insicht ge­ geben, ei n erseits sukzessiv in der Entwicklungsgeschichte d e s I ndividuums und dt' S S tammes, andererseits simultan in dem N eb eneinanderbestehen von hoch und ni edrig or­ ganisierten Lebewesen und in dem Ineinanderbestehen von I n dividualitäten der verschiedensten Stufen. D as neu­ geborene Kind ist no ch so gut wie empfindungslos und erwirbt erst ganz allmähli c h die Empfindungsfähigkei t, wobei die qualitativ ärmeren und gröberen I n t ensitäts­ empfindungen vorangehen und die qualitativ reich eren und feineren Empfindungen erst allmählich und stufenw eise hinzutreten. \Vas sich hier auf Grund ererbter s p ezifischer Energien in ras cher Folge vollzieht, hat in der S tammes­ geschichte un ermeßliche Zeiträume gebraucht. S elbst die Monere, die ohne Zweifel auch ohne \Vahrnehmw1gsorgane eine explosive Luftwelle, einen starken Lichtreiz, einen mechanischen Druck oder Stoß und einen chemisch en Reiz s chon qualitativ ver-(25)s chi eden empfindet, hat sicher schon eine lange Vorfahrenreihe hint er sich , in der das Plasma allmählich die Lagerun gsverhältnisse und innere Gliederung erworben hat, um auf solche verschiedene Reize mit verschiedenartigen Schwingun gen zu reagieren. Die in der Stammesges chichte durchlaufenen H a upt­ stationen li egen aber auch heute noch nebeneinander aus­ gebreitet i m Tierrei ch und Protistenreich vor uns da ; j a sogar d i e Analoga dieser S tufen vereinigt j eder mensch­ liche Organismus in sich. In den wei ßen und roten B l u t ­ k ö r p er chen u n d an dern bewegl i chen Form elemen t en t ra-

a.

in d e r

subjckt i\· idealeil Sph>irc.

gcn wir die M onerenstufe in uns, in den zcrs l rc: u t en Gan· glien und Gangli enknoten die Entwicklungsstufe de r \Veichtiere, im Rückenmark und verlängert en M ark die der primitiven F i s c h e mit noch unentwickeltem G ehirn, in d e n mittleren H irn t eilen die der \Virbeltiere mit s chwach entwickeltem Großhirn (Amphibien und Vögel), in den Großhirnhemisphären e n dlich die im M enschen gipfelnde Entwicklung des Säugetiertypu s. Al l e diese Entwicklungs­ stufen sind hier nur in b ezug auf ihre der Empfindung dienenden Einrichtungen in Vergleich gestellt ohne B e ­ rücksichtigung ihrer sonstigen O rganisationsverschieden­ heiten. N i em and b ezweifelt heute mehr, daß j eder höhere Organismus ein I ndividuum höherer OrJnung ist, das z:!hl· reiche I n dividuen abgestufter niederer O rdnungen unter sich b efaß t. Auch das wird heute kaum noch bez weifel t , daß d i e verschiedenen S tufen von I ndividuen ihre eigne Empfindungsfähigk eit haben, und daß die Empfindungen niederer I ndividual itätsstufen teils unmittelbar, teils mittel­ bar i hren B eitrag l i efern z u dem oberst en Bewußtsein . N u r darüber herrscht noch M einungsverschiedenh eit, ob der B ewuß ts einsinhalt des o beren B ewuß tseins ein bloß :�s passives S ummationsphänom en aus den I nhalten der nie­ deren I n dividualbewu ß t s eine ist, die zu ihm zu sammen­ fließ en, o der ob er ein Plus enthält, das aus d en aktiven synthetisch en F unktionen s tammt, durch we; c h e e b en die niederen B ewußtseinsinhalte zu einer höheren Einheit ver­ kn üpft werden . (Gr. V 1 Il. 29.) I ch bekenne mich z u der letzteren Auffass ung (vgl. B d . I I I der Phi!. d . Unb., 10. Auf! . ) , weil i c h d i e Synthese als solche für etwas andres halt e als die v erknüpften Glie­ der, weil ich sie für eine aktive F unktion halte, die n ic ht aus d e m bloßen Zusammentreten d e r Glieder en tspringen kann, und weil die üb ergreifende Einheit nicht aus der Vielheit der Vereinten h ervorgehen kann. N ur wenn die synthetische F unktion eine aktive zu den Gliedern (26) hinzukommende Einheitsfunktion ist, nur dann ist sie eine Kategorialfunktion ; nur w enn die Q ualität der Empfindung aus einer ak tiven Synthese der Gli eder entspringt, aber nicht wenn sie ein pass i ves Konglomerat ist, kann die

46

A. I .

1.

Die Qualität

Q ualität eine echte Kategorie h eißen. ·wäre die Verschmel­ zung der vi elen Komponenten zu einer Resultante nur die passive Folge eines U nvermögens zur U nterscheidung und Auseinanderhaltung der Glieder, so müßte die Resultante verschwommener und unbestimmter erscheinen al s die Gliede r, gleichsam ein unfaß bares Verlegenheitsprodukt sein , w iihrend die Erfahrung l ehrt, daß sie in i hrer quali­ tativen Einheit bestimmter, klarer und faßlicher ist als di e verwirrende Vielheit der Glieder, und daß die Bestimmt­ heit mit dem Reichtum der Q ualität zunimmt. S o groß auch der Unterschied zwischen bei den Auf­ fass ungen ist, wenn e s sich darum handelt, ob die Q ualität eine Kategorie im eigentlichen S inne ist oder ni cht, so verschwindet doch dieser Unterschied, wenn die Frage sich nur darum dreht, daß die umspannt en untergeordneten Individuen die Komponenten zu der Synthese der Q ualität liefern, aber davon abgesehen wird, wie diese Synthese aus dem so gelieferten M aterial zustande kommt. In b eiden Fällen werden die unterhalb der Empfindungsschwelle des I n dividualbewußtseins höherer O rdnung bleibenden B ewe­ gungsreize doch zugleich oberhalb der Empfindungs­ schwelle eines Individualbewußtseins irgendwelcher nie­ deren S tufe liegen müssen, so daß die negativen y's der F e c h n e r s chen Formel damit ihre Bedeutung z ugewiesen erhalten . D enn die Empfindungsschwelle liegt um so höher, j e zusammengesetzter ein Individuum ist ; wir wer­ den also auch unterhalb des B ereichs unserer Erfahrung annehmen müssen, daß- sie um so tiefer sinkt, je einfacher ein Individuum ist und auf je tieferer Individualitäts stufe es steht. Die in das Gehirn geleiteten Schwingungsreize, die nicht mehr in das Großhirnbewußtsein fallen, das wir im engeren Sinne das unsrige nennen, können doch noch in anderen einfacher gebauten mittleren H irnteilen zum B e­ wußtsein gelangen und dort sogar im Gedächtnis haften­ bleiben. Sie können auch in b estimmten Ganglienzellen des Großhirns über der S chwelle ihres Individualbewußt­ seins liegen, ohne sich doch über die Schwelle des Ge­ samtbewußtseins zu erheben. Andererseits können noch schwächere Reize, die unterhalb der Schwelle eines Zellen-

a.

in

der subj ektiv idealen Sphäre.

47

bewußtseins b l eiben , sich doch über die Schwelle einzelner Teile der Zelle erh eben, die wir als kon-(2 7) stitutive Form­ elemente von wi chtiger physiologis cher B edeutung in der Zelle unterscheiden. \Vas unterhalb der S chwell e dieser bleibt, kann doch ob erhalb der S chwelle eines Eiweiß­ moleküles li egen, und so können wir weit er hinunterstei­ gen zu den Atomen der chemi schen EJ,emente, um schließ ­ lich b e i den gleichartigen U ratomen anzulangen , deren Empfindungsschwelle wir der Null unendlich nahegerückt denken müssen. E s klingt zunächst paradox, daß die E mpfindungs­ fähigkeit für schwache Reize um s o größer werden soll , auf j e tieferer I ndividualitätsstufe ein Individuum steh t ; aber diese Paradoxie s chwindet sehr bald bei näherem Zusehen. S chon die Grö ß e macht den Untersch i ed be­ greiflich. \Vir finden es natürlich, daß ei n Elefant eine auf i hn herabfallende Eichel gar nicht bemerkt, daß ab er das I nsekt sie sehr wohl empfindet, welches vo n ihr zer­ quets cht wird. E b enso natür lich i st es aber auch, daß mikroskopi sche Lebewesen von no ch viel feineren Reizen empfindlich betroffen werden, die wieder an dem I nse kt spurlos vorübergehen . \Vi e sollte da nicht auch die Emp­ findungsfähigkeit für noch s chwächere Reize bei I n di� i ­ duen von noch viel kleinerem Volumen natürlich s ein, falls nicht plötziich irgendwo di e Empfindungsfäh igkeit ganz aufhört I \Vir finden es natürlich, daß ein Tier seine Gliedmaßen um so schn eller bewegt und s eine antago­ nistischen M u skeln u m so rascher spielen läßt, je k l ein e r es i s t, daß z. B . eine M ü ck e ihre Flügel viele h undert Male so s cbnell b ewegt als ein Adler. Sollte es da nicht ebenfall s natürlich s ein, daß die Auffassungsfähigkeit des s chnellen Wechsels von Eindrücken H and in H and geht mit der S chnelligkeit des B ewegungs wechsels ? I s t doch der B ew egungswechsel w esen t l i c h als Reaktion auf den Wechsel der p erzipierten Reiz e zu d enke n ; wie s ol lt e da nicht die Geschwindigkeit b eider zueinander im Verhältnis stehen ? Wenn n u n ab er die S chwingungsgeschwindigkeit der Moleküle und Atome sich zu denen der Mückenflügel verhält wie die des L i c ht s und der Wärme zu d e n e n des S challs, �o wird 1nan d emg em äß auch den M o l ek ül en und .

4R

A . I . 1 . Die

Qualit;;t

Atomen die Fähigkeit b e ilegen müss en , solche S chwirl­ gungen als gesonderte Eindrücke zu perzipi eren . D amit fällt dann natürlich die Vorb e dingung für eine synthetis che Verknüpfung derselben zur Q uali tät hinweg. Die Empfin­ dungsschwelle muß b ei den höheren O rganismen schon aus teleologischen Gründen beträchtlich in; die H öh e ge­ rück t sein, weil sie sonst von der Masse der auf ihr B e­ wuß tsein einströmenden Empfindungen völlig ver ,,·irrt und über-(28) wäl tigt würden. Auf n i ederen I n dividual itätsstufen dagegen fällt dieser t eleologische Grund für einc H o ch­ haltung der S chwel l e hinweg, während es umgekehrt für die angemessene Reaktionsweise dieser I n divi d u en nötig i st, daß sie auch die schwachen Reize perzip ieren können, die von den winzigen Individuen ihresgleic h en auf s i e ausgeübt werden. ( G r . 111. 156.) Die anscheinende Paradoxie des Sink ens der Emp­ findungsschwelle mit dem Sinken der Individualitätss t u fe liegt lediglich in der Vors tell ung, daß das tiefstehendste und einfachste I ndivi duum w egen der t ieferliegenden Emp­ findungsschwelle einen reicheren Empfindungsinhalt haben solle als das höchststehende. Dabei ist aber üb ersehen, daß mit dem S inken der I ndividualitätsstufe und Empfin­ dungsschwelle auch der Reichtum der Q u alität s:nkt, und daß die Q ualität N ul l wird, wo die Empfindungsschwelle unendlich klein wird, nämlich bei den einfachsten Atomen, die keine Individuen m ehr unter sich b egreifen. Die Q ualität ist ein Maximum auf den H öhen der individuellen Stufenordnung, aber dieses M a..x imum muß damit erkauft w erden, daß auch die Empfindungsschwelle ihren höchsten S tand erreicht und die Masse der unter der S chwelle bleibenden Reize eb enfalls zum Maximum w ird. In dem M aße, als b ei sinkender S chwelle m ehr und mehr I n ten­ sitätsunterschiede als solche perzipiert werden, nimmt auch die Auffassung von Q u alitätsunters chieden ab, w ird also qualitativ immer ärmer, während sie in intensiver H insicht allerdings reicher wird, insofern die für die höheren In­ dividualitätsstufen unbewußt bleib enden I ntensitätsverhält­ nisse der Q ualität skompon enten auf den niedem I ndivi­ dualitätsstufen noch als I ntensitätsverhältnisse zum B e­ wußtsein kommen . So ist j edem das Seine zugeteilt, d. h .

a.

in der

subjektiv idealen Sphäre.

J9

das was ihm gebührt, u n d w a s es auf seinem Standpunkt verwerten kann. \Vir werden im nächsten Abschnitt noch weiter s ehen, daß mit sinkender S chwelle auch die Un­ terschiedsschwelle sinkt , und daß mit dieser die Fähig­ keit abnimmt, intensive Empfindungsunterschiede gracluell abzuschätzen. (Gr. 11. 47.) Danach ist es kein Wunder, daß, wir Menschen mit der Analyse der Q ualität und ihrer Auflösung in I nten si­ tätsverhältnisse nicht zu Ende kommen. Wir stehen eben mit der E rfahrung unsres menschlichen B ewußtsein s zu sehr auf der o b ersten Sprosse der Stufenleiter, als daß wir mit unserem B ewuß tsein auf die unterste S pros se hinabtreten könnten. \Vi r sehen aber die absteigende Leiter vor uns und können uns durch Auf- und Absteigen in ihren o b ersten S t ufen überzeugen, welche B edeutung diese N iveauveränderung für (29) das Verhältnis quali­ tativer und intensiver Unterschiede hat. \Vir sind deshalb berechtigt z u dem S chlusse, daß das selbe G esetz si c h auch bis z u den untersten S tufen hinab b ewähren werde, d . h. daß die Qualität nur eine Synthese von intensiven Emp­ findungskomponenten ist, di e während ihres quali t ativen B ewuß twerdens als Einzelempfindungen unter die S chwelle des G e samt b ewußtseins gesunken sind. D i e B e s timmtheit der Q ualität wird einen v erschie­ denen G ra d haben, j e nachdem die physiologi s c h e Leitung zwischen den Individuen niederer Ordnung, für welche die nächsten Komponenten z u der Qualitätssynthese noch über der S chwelle liegen, besser oder schlechter ist. H an­ delt es sich um die Zusammenfassung von Komponenten, die sämtlich innerhalb derselben Ganglienzelle b ewußt wer­ den, so wird die Leitung keine S chwierigkeiten machen, d . h. die "innere S chwelle", die vom Leitungswiderstan de abhängt, praktisch kaum in B etracht kommen. Praktisch un üb erwindlich dagegen ist der Leitungs­ widerstand zwischen der N ervensubstanz von Primitiv­ fasern, die durch Markscheiden getrennt sind und zu ver­ schiedenen Zentralorganen führen. Zwischen beiden Ex­ tremen in der Mitte liegen die Fälle, wo Ganglienzellen zwar in ein em Zentrum nahe beieinander liegen, aber durch di e Zellwan dungen getrennt und nur durch kurze VerF . v. H a r t m a n n . Kategori enlehre.

I.

4

50

A. I.

I.

Die

Q u alität

bindungsfasern (mit oder ohne Anastomo se) in B eziehung gesetzt sind, oder wo sie in demselben Zentralorgane weit au seinander liegen und durch lange Verbindungsfasern verknüpft sind, o der wo verschiedene G angli engruppen oder Zentralorgane durch kurze und starke Kommi ssuren oder endlich, wo sie nur durch lange und verhältni smäßig dünne N ervenbahnen verbunden sind. J e nach der Güte der Leit ung gehen entweder alle Komponenten, die in den Individuen niederer O rdnung über der Schw elle liegen, in di e Synthes e des I ndividual­ bewuß tseins höherer Ordnung in voller D eutlichkeit und S chärfe ihrer I ntensit ä t sverhältnisse mit ein ; dann bleiben sie zwar in diesem unter der S chwelle, verleihen aber der Synthese die möglichste qual itative Bestimmtheit. O der sie gehen nicht nach der gerraueren B estimmtheit ihrer Intensitätsverhältnisse, sondern nur in verwischter und ver­ schwommener Gestalt in die höhere Synthese mit ein ; dann wird diese zwar durch sie gefärbt und in ihrer Q ualität modifiziert, aber die Q ualität selbst bleibt unbestimmt, undeutlich, unklar, s chwer z u erinnern und phantasiemäßig vorzustellen. O der endlich b eide Arten von Kom-(30) pon enten wirken zusammen und fließen aus verschiedenen Entstehungsgebi eten auf vers chieden guten Leitungswegen der S t elle zu , auf Grund derer die Synthese sich vollzieht ; dann tritt zwar eine s charf und deutlich bestimmte Q uali­ tät o der Q ualitätenmischung al s Grundlage der Empfin­ dung in den Vordergrund des B ewuß t s eins, hinter ihr aber lauem gleichsam im Mittelgrunde und H intergrunde noch allerlei dunkle und unbes timmte Beimischungen , durch d i e d e r Qualitätscharakter der ganzen Synthese mehr o der w eniger gefärb t und mo difiziert wird. Synthesen der ersten Art sind die Empfindungsquali­ täten der ob eren S inne, solche der zweiten Art ein großer Teil der körp erlichen G efühle samt dem ihnen anhaftenden S chmerz und Lust, auch ein kleiner Teil der unklaren gei stigen G efühle und Stim mungen , solche der dritten Art finden wir in den m eisten E mpfindungen der niederen S inne und in der M ehrzahl der geis tigen G efühle. \Väh­ rend die erste Art von Empfindungen hauptsächlich dem Verstande das Mat erial liefert, um sein e theoretischen u n d

a.

51

in der subj ektiv idealen Sphäre.

praktischen Urteile z u bilden, wohnt der zweiten Klasse die stärkste Motivationskraft b ei. Die erste Klas se liefert P erzeptionen auch von schwachen I nt ensitäten und dabei deutliche Q u alitäten, wie der Verstand sie braucht, um si ch Urteile zu bilden ; die zweite Klasse dagegen über· mittelt dem B ewußtseinszentrum, weil die s chwächeren Erregungsgrade die innere S chwel l e des Leitungswid er­ standes ni cht zu üb erwinden vermögen, nur Perz eptionen von starker Intensität, aber unbestimmter, manchmal bis zur Unfaßbarkeit undeutlicher Q ualität, bietet also den auf B e tätigung lauernden Trieben kräftige Erregungen dar. B eide Klas sen stellen eigentlich nur Extreme der Theorie dar, während in vVirklichkeit alles unter die dritte Klasse fällt, nur mit verschiedenem Grade de s Ü b er­ gewichts der Mischungsb estandteile, durch die sich die einzelnen Fälle mehr der ersten o der mehr der zweiten Klasse annähern oder zwis chen b eiden Extremen das Glei chgewicht halten. Die Mischungsb es tandteile, die der Qualität der Syn­ these im o b ersten Zentrum aus entfernteren und durch mangelhafte Leit ung verbundenen Zentralorganen zuge­ führt werden, erscheinen zwar in dieser Synthese als re­ lativ unbestimmt und dunkel, w enn man sie zu analysieren s u cht ; aber das hindert nicht, daß sie in d emj enigen Zentralorgan , aus dem sie zugeleitet w erden, schon zu einer ganz b estimmten und klaren Sondersynthese ge· führt haben. D iese Sondersynthese mit ihrer deutlichen Q ualitätsbestimmtheit ist zwar in j enem untergeordneten Zentralorgan be-(3l)wußt, bleibt aber für das B ewuß t­ sein des ob ersten Z entralorgans unbewußt, und gehört darum für dieses in das G ebiet des relativ Unbewußten oder der r elativ unb ewuß ten Vorstellungen . D arum war ich berechtigt, in der Phil . d. Unb. z u s agen, d aß die G efühle ihre qualitative Färbung aus (relativ) unbewuß­ tcn Vorstellungen erhalten, daß aber Lust und Unlust j eder Art, abgesehen von diesen ihnen anhaftenden quali­ tativen B eimischungen schlechthin homogen, untereinander nur durch das Vorzeichen verschieden und bloß nach I n­ tensitätsgraden abgestuft s eien. Lust und Unlust stehen sich nicht wie zwei verschie4*

52

A . I.

I.

Die

Quali tät

dene Qualitäten gegenüber, sondern wie positive und ne­ gative Größen gleicher Art ; der Unters chied des S innes oder der Richtung, der sich i m Vorzeichen ausdrückt. gehört nicht mehr der Kategorie der Q ualität, sondern eb enso wie der Unterschied der I n t ensität der Kategorie der Q uantität an. Daß Lust und Unlust von gleicher Grö ß e sich nicht einfach auslöschen, liegt nur daran, daß sie in unseril} B ewußtsein bei dem G egensatz des Vorzeichens auch stets m i t verschiedenen Q u alitäten ver­ s chmolzen auftreten ; durch diese unab trennba r mit ihnen verbundenen Qualitäten werden s i e verhindert, ihre posi­ tive und negative I ntensität einfach gegeneinander z u kompensieren , u n d genötigt , als B estandtei l e e ine 1\ I i­ schung (Gefühlskomplex) einzugehen, in der s i e als gegen­ sätzliche Komponenten einer Gefühlsresultan t e erhal t e n bleiben. G eht man ab er auf d i e qualitätslo sen U rempfin­ dungen der Individuen unterster O rdnung· zurück, so fällt dieses H indernis der Kompensation hinweg. \V enn a l s o in solchen in demselben Augenblick Lus t und Unlust zu­ sammentreffen, so müssen sie sich wirklich kompensieren. Freilich wird man annehmen müssen, daß in ihnen Lust und Unlust s chon mit den verschiedenen Phasen einer und derselben Einzel schwingung eines Atoms je nach dem Ü b ergang der Spannkraft in lebendige Kraft oder umgekehrt wechseln, d. h. daß diese minimalen Lust- und Unlustempfindungen in gesetzmäßiger Abwan­ delung eine Sukzession ohne Synthese bilden ; aber da ein Atom gleichzeitig die verschiedensten O szillations­ bewegungen nach verschiedener Richtung ausführt und in j edem sich gleichzeitig eine M enge fort schreitender \Vellen mit verschiedenen Richtungen und B ewegungs­ formen kreuzen, so müssen auch d i e diesen verschie­ denen B ewegungsformen entsprechenden Änderungen in der I ntensität und im Vorzeichen der Empfindungen ähn­ liche D urchkreuzungen und Empfindungsinterferenz en auf­ weisen. Es wird also in der (32) Tat fortwährend zu einer mannigfachen Kompensation · gleichzeitiger Empfindungs­ zustände i m Atom kommen, weil trotz der mangelnden Synthese des S ukzessiven eine I nterferenz aller gleich­ zeitigen Phasen der verschiedenen Empfindungswell en

a.

in der

s u b j e k tiv ideal e n

�phäre .

53

:. tat tfinden muß , die das subj ektive Korrelat d e r objek­ tiven B ew egungs wellen sind. (Gr. lll. 1 05.) (Gr. 111. 1 1 5-) ( G r. 111. 150.) (Gr. V. 37.) I ch habe oben die ursprüngliche Empfindung der U ratome als qualitätslos angenommen ; j etzt aber habe ich die Art dieser Empfindung näher bestimmt als Lust­ und Unlus tempfindung mi t quantitativen Grad- und Rieb· tungsunterschieden, aber ohne qualitative Färb ung. In b e i den Fas sungen ist die qual itative Färbung verneint und ausgedrückt, daß die Urempfindung bloß quantitative lJ nterschi e d e besitze ; in der ers ten Fas sung ist aber die Crcmpfindung als schlechthin qualitätslose P erzeption der I ntensitätsunt e rschiede hingestellt, in d er letzten als Lust­ und Unlustempfindung b ezei chnet. S chließt man beide Fas sungen zusammen, so ergibt sich, daß die qualitativ ungefärbte Lust und Unlust die einfache und immer sich selbst gleiche Form ist, in welcher die Intensität sun ter­ schiede innerlich perzipiert werden_ \Vill man nun diese F orm der Verinnerlichung der I ntensität mit ihren bloß noch quanti tativen Unterschieden selbst ein e Q ualität nennen, dann ist die erste Fassung nur so z u v ers tehen, daß dieser U rqualität k eine Qualität sunterschiede mehr anhaften. Will man aber die bewußte Verinn erlichung der I n tensität als Lust und Unlust ihrer unbewußten Ver­ äußcrlichung als \Vollen oder Aktivität oder Energie oder Realisationstendenz gegenüberstellen wie I nneres und A u ß eres, B ewuß tes und U nb ewußtes, ohne darin bereits ein Auftreten der Qualität zu erkennen, so bleibt die erste Fass ung in, dem weiteren S inne gültig, daß, nicht nur d i e Q ualitätsunterschiede, s ondern auch der qualitativ e C harakter selbst der U rempfindung abgesprochen wird . Die Sachlage ist in b eiden Fällen dieselbe, nur der Wort­ sinn von " Q uali tät" erhält eine etwas vers chiedene Trag· weite. I n beiden Fällen s tehen wir mit der Urempfindung an der Grenze der Kategorie der Q u alität, und es fragt sich nur, ob diesseits, j enseits o der gerrau auf der Grenze. Vi elleicht kommt die letztere Annahme der Wahrheit am nächsten : die Lust und Unlust als U rempfindung ist die Q ualität in statu nascendi, noch nicht selbst Qualität, aber

54

A . I.

I.

Die Quali tät

das M aterial, aus dem alle Q ualität synthetisch formiert wird, der U rkeim , aus dem sie erwächst, und eben deshal b von allen möglichen Arten der I ntensität diej enige, welche zu dieser synthetischen Formierung der Q ualität allein fähig und geeignet ist. (33) Unter diesem G esichtspunkte würde der Streit darum, o b die Urempfindung als Lust und Unlust selbst schon Qualität zu nennen sei o der nicht, ein leerer und unfruchtbarer Wortstreit sein. Alle Qualität des B ewußtseinsinhalts ist Empfindungs­ qualität oder Zusammensetzung aus sol cher mit andem Empfin dungsqualitäten oder mit qual itätslosen Funktionen . Das D enken al s logische Funktion hat nichts an sich, was man als eine Q ualität bezeichnen könnte ; es ist viel­ mehr eine rein formale Funktion, die allen I nhalt, und mit ihm alle Qualität, aus der Empfindung und An­ s chauung entl ehnt. Das Anschauen ist selbst nur eine Synthese aus Empfindungsinhalt und formalen l ntellek­ tualfunktionen ; es ist qualitativ, soweit die Empfindun­ gen qualitativ sind, aus denen es sich zusammensetzt, und was es N eues hinzu bringt, ist nichts Q ualitatives, sondern e twas Quantitatives : die extensive Größ e. Das Wollen ist eb enfalls eine leere, überall sich selbst gleiche, nur in­ tensiv verschiedene Form, deren scheinbare Q ual ität ganz in ihren Inhalt fällt ; dieser I nhalt ist aber, soweit er qualitativ ist, Empfindung oder aus Empfindungen er­ baute Anschauung oder Vorstellung. Die Qualität des Charakters setzt sich zusammen aus den I ntensitätsverhält­ nissen einer sich wesentlich gleichbleibenden Reihe von Trieben, und die Q ualität der Triebe liegt in der D is­ position zur Reaktion mit einem qualitativ bestimmten Willen auf qualitativ bestimme Motive ; die qualitative B e­ stimmtheit dieser beiden führt aber wiederum ausschließ­ lich auf Empfindungsqualitäten zurück. Das gleiche gilt für die qualitativen Verschiedenheiten der Gemüts- und Geistesanlagen, b ei denen es sich stets um D ispositionen der Zentralorgane für lei chtere Erregbarkeit bestimmter Arten von Empfindungen handelt. Die Qualität ist demnach auf subj ektivem Gebiet aus­ schließlich eine Kategorie des Empfindens, d . h . eine Kategorie, die nur dem Empfinden zukommt und allen

b. in

der

objektiv realen Sphäre.

55

andern Geistestätigkeiten und Anlagen nur soweit, al s s i e Empfindung einschließen oder auf Empfindung an gelegt sind. Es fragt sich nun bloß no ch, ob es etwa in der S phäre des O bj ektiven noch echte Q ualitäten gibt, sei es solche, die von der Empfindungsqualität nur subj ektiv nachgebildet werden, sei e s solche, die keine Ähnlich· keit mit ihr haben. (Gr. 111. 1 56.) (Gr. l. 1 5 7.) (Gr. ll. 23.) ­

(34)

b) D i e Q u a l i t ä t i n d e r o b j e k t i v r e a l e n S p h ä r e.

Versteht man unter der Sphäre des O bj ektiven bloß den B ewuß tseinsinhal t, soweit er durch die Anschauung verräumlicht und der B ewußtseinsform gegenübergestellt wird, so liegt e s auf der H and, daß alle Q ualitäten der \Vahmehmungsobj ekte Empfi11dungsqualitäten und nichts weiter sind. D enn die Anschauungsobjekte sind j a nichts weiter als räumlich geordnet e und in den Vorstellungs­ raum hinausprojizierte Empfindungen. D iese Tatsache bleibt b estehen, gleichviel, ob man mit dem transzenden­ talen I dealismus annimmt, daß diesen vom Wahrneh­ mungssubj ekt vorbewußt produzi erten \Vahmehmungs­ objekten gar nichts transzendent Reales entspricht, oder o b man mit dem transzendentalen Realismus annimmt, daß ihnen real e Dinge an sich entsprechen, die selbst unter raumzeitlichen und kategorialen Seinsformen stehen. Immer sind die Obj ekte nur darum und nur insoweit quali­ tativ weil und als ihnen Empfindungsqualitäten anhaften. Diese immanente Auffassung des O bjektiven ändert al so nichts daran, daß die Empfindung die einzige S tätte für die Entfaltung der Kategorie der Q ualität darstellt. Versteht man dagegen unter d e r S phäre des O bj ektiven die erkenntnistheoretisch transzend ente oder transsubj ek­ tive S phäre der D inge an sich, die Realität unabhängig von ihrem Vorgestelltwerden durch ein sie wahrnehmendes B e­ wuß tsein, die Welt der I ndividuation oder obj ektiven Re­ alität, dann wird die Frage weniger einfach zu b eantworten, o b auch in ihr, wo die Empfindung noch fehlt, oder doch auf die inn e rliche Empfindung keine Rücksicht genom­ men wird, gleichwohl s chon die Kategorie der Q ualität vorausgesetzt werden dürfe und müsse. ,

56

A. I.

I.

Die Q ua li l ä L

Diej enigen \Vis senschaften , die sich m it den Eigen­ schaften der transsubj ektiven (erk enntnistheoretisch tran­ szendenten) Realität der Dinge b e schäftigen, nennen wir N aturwi ssens chaft en. S i e haben die t ranszendent-obj ek­ tiven U rsachen des S challs, des Lichtes, der \V ärme, der E l ektrizität, des Magnetismus u s w . i n S clmingungszuständc von b e s timmten F o rmen und G e s chwindigkeiten aufgel ö s t . also in B ew e gungen mit rein quantitativer B estimm theit. E b en s o haben sie den Unterschied der A.ggregatzustände durch verschiedene B ewegungsformen erkiärt, die unt er dem Einfluß der zunehmenden \Värme i n den gieichen Elementen hervorgerufen werden. D i e D i chtigkeitsunter­ schiede deuten sie als das V orhandensein einer ( 35) grö­ ßeren oder geringeren Zahl gl e icher Elementarbestandteile in dems e l ben Volumen ; das spezifische G ewicht wandelt sich damit eb enfall s aus ein e i· qualitativen in eine quan­ titative B estimmtheit um. D i e D urchläss igkeit und Un­ durchläs sigkeit nrs chi edener S toffe f ü r Licht, ·wärme und elektrische I nduktions\Yirkungen o der für Lichtschwingun­ gen, die n3.ch b e s timmten E b enen polari siert sind, wird auf b e s timmte räumliche Anordnungen der Teilchen, al so auf extensiv quantitative Verhältnisse, zurückgeführt. Die abwei chenden Eigenschaften isomerer S t o ffe werd en durch abweichende Lagerung dersel b en B e standteile erklärt, die Eigens chaften der chemischen Verbindungen aus der­ jen igen Lagerung der Elemen tarbestandteile abgeleitet, welche sie b ei der b e treffenden Verb indung anzunehmen genötigt sind. Die E igenschaften der chemis c h en E l e­ m ente, ihr spezifisches G ewicht, ihre spezifische vVärme, ihre Stellung in der elektris chen Reihe, das Verhältnis ihrer chemischen Verwandtschaften, ihre M u l t ival enz , die B e s tändigkeit der Maßverhältnisse bei den Verbindungen1), 1) Diese Erscheinungen haben schon H e g e l Anlaß gegeben, in dem Abschnitt seiner Logik, der vom Maß und der Knotenlinie der Maßverhältnisse handelt (Bd. I, S. 395 - 4 5 2), den "Umschlag der Quantität in Qualität" eingehend zu würdigen. Aber da er die ob­ jektivreale und die subjektivideale Sphäre nicht unterscheidet, so be­ achtet er auch nicht, daß der wirkliche Umschlag erst i n der letzte­ ren eintritt, in der ersteren aber nur quantitative Gruppierungen zu finden sind, die als Vorbedingung dieses Umschlags dastehen. Ganz

b. in d e r obj ektiv realen Sphäre.

57

die sp ektro skopische Zerlegung der von ihnen ausgehen· d en Li chtstrahlen und andere Erscheinungen, di e alle mit­ einander in B eziehungen stehen, d euten darauf hin, daß die Elemente gar keine Elemente sind, sondern Zusammen­ s e tzungen aus gleichartigen U relementen. D i es e U r­ elemente aber sind qualitätslos zu denken und besitzen nur noch quantitative Unterschiede des Vorzeichens, wenn überhaupt noch Unterschiede in ihnen angenommen wer­ den und es nicht vorgezogen wird, alle Materi e aus völlig homogenen Elementen (entweder bloß aus Ätheratomen, oder bloß aus Körperatomen, etwa \Vasserstoffatomen o d e r deren Urbes tandteilen) konstituiert zu denken. Da,f3 die N atttr in qualitätslose UreZemente aufz·ulösen sei, w ird schon vielfach zugegeben; daß aber auch das positive und negative Vorzeichen, die rechtläu fige und riicklättfige Bewegung, die abstoßende und anziehende Kraftäußerung keine qualita­ tiven Bestimmungen seien, erscheint vielen noch paradox. Jl.'icht zum mindesten ist dieses Widerstreben dadurch veranlaßt, da,f3 Kant aus der von ihm vorgefundenen Logik die Bezeichmmg des bejahenden und verneinenden Urteils als Urteilsqualität übernommen hat. Es ist aber klar, daß bei dieser Bezeich­ nung der A usdruck Qualität in einem ganz andern, übertragenen Sinne gebraucht ist. Wenn die räumlichen Ortsbestimmungen extensiv-quantitative, aber nicht qualitative Bestimmungen sind, so folgt daraus, daß auch Ortsveränderungen extensiv-quanti­ tati�•e Bestimmungen sind, welche angeben, wie die extensiv­ räumlichen Ortsbestimmungen sich in einer bestimmten exten­ siven Zeitgröße verändern. Ob ein Punkt sich in bestimmter Zeit von A nach B oder von B nach A bewegt, d. h. ob er die Strecke A B in dieser oder in entgegengesetzter Bewegungs­ richtung durchläuft, das gehört mit zu der extensiv quantitativen Bestimmtheit der Ortsveränderung und bringt keineswegs eine qualitative Bestimmung hinein. Ob ein A tom A ein A tom B veranlaßt, sich von ihm hinweg oder zu ihm hin zu bewegen, t:st ebenfalls ein rein quantitativer Unterschied der Bestimmt­ heilen, weil er durch seine extensiv quantitativen Ergebnisse erschöpfend beschrieben und charakterisiert wird. Die A nalysis hat aber kein anderes Mittel, um die Bewegungsrichtung in - -- - -�--�

verfehlt ist seine dialektische Umkehrung des Verhältnisses, als ob auch die Qualität in Quantität umschlüge.

58

A. I. I . Die Quali tät

einer Strecke arithmetisch auszudrücken als das Vorzeichen, und deshalb drückt dieses weder in den Bewegungen noch in den Kraftäußerungen einen qualitativen Unterschied aus, ist auch ganz unfähig und unbefugt, von sich aus einen qualitativen Unterschied in sie hineinzutragen, der in ihnen selbst als ex­ tensiv quantitativen Bestimm1mgen noch nicht läge. A uch die Dimensionen des Raumes liefern nur extensiv-quantitative Be­ stimmungen ohne jeden qualitativen Beigeschmack; analytisch drückt sich das darin aus, daß die imaginäre Größe von der reellen nicht qualitativ, sondern bloß quantitativ verschieden ist, weil sie durch rein mathematische, d. h. bloß den Quantitäts­ charakter beeinflussende Operationen (Multiplikation der Strecken + a und - a und Radizierung des Produktes) gewonnen wird. Vvenn die N aturwis sens chaften b i s h eute das letzte Wort noch nicht gesprochen haben, so liegt das daran, weil sie noch so j ung sind und sich ungern weiter wagen, als das Experiment ihnen festen B o den gewährt. Soweit sie bisher etwas geleist et haben, haben (36) di es e Leistun· gen darin bestanden, die vom naiven Realismus des ge· meinen M enschenverstandes vorausgesetzten Qualitäten der obj ektiv realen Dinge in qu antitative Bestimmungen auf­ zulösen und dami t der mathematischen B ehan dl ung zu­ gänglich zu machen. D er qual i tative Rest, den sie bisher haben stehen lassen, ist s ehr viel ärmer als die S u mm e von Q ualitäten, von d en en sie aus gin gen, und j ed er neue Fort­ schritt besteht darin, diesen Rest weiter zusammenschrump ­ fen zu la ss en . Die von ihnen eröffnete Perspektive läßt deutlich das S chwinden der Qualität auf N ull als letztes Ziel erkenn en , wenn auch ihre Annäherung an die se s Ziel für immer nur eine asymptotische bleiben s ollte. Diese Sachlage ist nun aber durchaus keine willkür­ lich von den N aturwissenschaften herb ei ge f ührte, sondern das Ergebni s einer lo gischen N o twendigkeit. N icht weil di e Naturwis senschaften eine be sondere Liebhaberei für Maß, Wage und Rechnung haben, drehen und deuteln sie so lange an d en Qualitäten, b is sie sie in quantitative B esti mmtheiten umgedeutet hab en ; sondern weil alle wis­ senschaftliche Erkenntnis der obj ektiv realen Q ualitäten in ihrer quantitativen Analyse besteh t , sind die Natur­ wis senschaften genötigt , Maß, Wage und Rechnung zu

b.

in

der obj ektiv realen Sphäre.

59

benutzen, um di ese Tran s fo rmation der Q ualität i n Quan­ titä t in der richtigen \Veise und mit mö glich s ter Ge nauig k eit durchzuführen. Diese qu antit ative Analyse der ver­ meintlichen objektiv realen Q u alitäten durch die Natur­ wis senschaft ist die genaue Parallele zu der quantitativen Analyse der gegebenen s ubj ektiv ide al en Qualitäten durch die Psychologie. Die letztere ist erst dadurch möglich ge· worden, daß sie sich auf die -e rstere stützen konnte und in der Physiologie der Sinnes w ah rn eh mung und der phy­ siologischen Psychologie vermittelnde Ü bergänge von der ein en zur andem S eite geschaffen hat . N achdem dies ge­ schehen ist, kann umgekehrt die Auflösung der Empfin­ dungsquali täten in Intensitätsverhältnisse dazu dienen, die Auflösung der vermeintlichen obj ektiv re alen Q ualitä t en in intensi v e und extensive Q u antitäts verhäl tni sse im rich­ tigen Lichte erscheinen zu lassen. (Gr. ll. 22.) D er Unterschied auf beiden Seiten liegt d arin, daß die Empfindungsqualitäten wirklich als Q ualitäten exi­ stieren, trotzdem sie aus quanti tativen Komponent en zu­ sammengesetzt sind ; d enn die hinzukommende Synthese macht eben aus der R esu l tante etwas qualitativ andres, als die S umme der K ompon enten war, und dieses qualitativ andre beglaubigt sich als subj ektiv ideale Exist enz un­ mittelbar durch die Erfahrung für das B ewußtsein. Auf der (3 7) obj ektiv realen S eite aber wird aus der Resultante nicht etwas qualitativ andres, al s die Summe der Kom­ ponen t en war, sondern sie bleibt eine quanti t a tiv andre Gruppierung, die auch anders geformte S chwingungen b esitzt und intensiv und formell an dre B ewegungsimpulse erteilt. Die Formunterschiede sind hier aber s elbst ledig­ lich quantitative Unterschiede, nämlich andre Verhält­ ni sse von I ntensität, Zeit ( G eschw in digk e i t , B eschl euni­ gung) und räumlicher Extension (Lage, G ruppierung, B e­ wegungsfigur) . Indem in die s er Weise die von ihr aus­ gehenden Wirkungen quantitativ andre werden, wird auch der Eindruck, den sie auf die Sinne machen, ein q uan­ titativ andrer, und dieser letztere führ t notwendig zu an­ dem qualitativen Empfindungssynthesen. Wir nennen die Dinge an sic h qualitativ verschieden und s chreiben ihnen ver s chieden e obj ektiv-reale Qualitäten ­

:\ . l.

I.

nie (J u a l i t ii t

z u, wenn die Eindrücke, die unsre S inne von ihnen emp­ fangen, unsre \Vahrnehmung z u quali tativ verschiedenen Synthesen nötigen. Wir projizieren also unsre Empfin­ dungsqualitäten al s fertige Q u alitäten aus uns hinaus auf die D inge an sich und schl ieß en unwillkürlich von der quali tativen Verschiedenheit un srer subj ektiv idealen Emp­ findungen auf eine qual itat ive Verschiedenheit der ob­ j ektiv realen U rsachen unsrer Empfindungen. \Vir ver­ ges sen aber dabei, daß unsre Empfindungsqualitäten nur s ubj ektiv i deale Synthesen quantitativer Komponenten sind, und daß diese rein quantita t iven Komp onenten zunächst k einerlei Rückschluß auf an dre als quantitative Einwir­ k ungen der Dinge auf unsre S inne gestat t en. N ur wenn der Rückschluß auf quantitativ verschiedene U rsachen sich als nicht ausreichend erwiese, die qual itative Ver­ s chi edenheit der Urempfindungen zu erklären, dürfte man hypothetisch zur Annahme auch noch qualitativer Unter­ schiede in den D ingen seine Zuflucht nehmen, falls da­ durch wirklich die Erklärungsaussichten gebessert würden. Keinenfalls kann aber die voreilige P roj ektion der sub­ j ektiven Empfin dungsqualitäten auf die obj ektiv real en D inge den Anspruch erheben, mehr zu s ein als eine vor­ läufige D enkabbreviatur zur Verständigung über das, wo­ von man redet, die nur für so l ange in Kraft bleibt, bis die physikalische Untersuchung etwas B esseres an ihre S telle gesetzt hat. Es ist nichts dagegen einzuwenden, daß man auch später noch fortfährt, von einem blauen Glase zu s prechen, wenn man sich längst darüber klar geworden ist, daß dieser Ausdruck nicht eine qualitative B estimmtheit des Glases b edeutet, sondern eine quantitative, näml ich eine solche Anordnung der (38) Moleküle, daß nur Licht­ s trahlen von einer bestimmten Geschwindigkeit hindurch­ gelas sen werden, die in uns bestimmte N erven- und H irn­ schwmgungen erregen und uns dadurch die Komponenten z u der Synthese der blauen Empfindungsqualität liefern. Ganz verkehrt wäre es aber, wenn man aus dem Fort­ b estande eines solchen Sprachgebrauchs, der nur noch als Abkürzung des Ausdrucks eine Exis tenzberechtigung hat, folgern wollte, daß auch das blaue Glas eine blaue Qualität besitze, gleichviel ob diese obj ektiv reale Q ualität

b. i n

d e r o bj e k t i v realen Sphäre .

Gl

mit unserer entsprechenden E mpfindungsqualität gleich oder verschieden g edacht würde. Eben so verkehrt wäre es aber auch, wenn man b ehaup ten wollte, daß die noch nicht von der N aturwi s sens chaft definitiv aufgelö sten Reste der quali tativen Proj ektionen darum ein vorläufiges R echt zum Fortbestand hätten in einem anderen Sinn e als dem einer Aus druck sabkürzung unter Vorbehalt der B erichti­ gung. Die Reste des naiven Realismus, sowohl die im D enken noch stehengebliebenen, als auch die trotz ge­ danklicher Auflösung im Sprachgebrauch fortvegetiercn­ den, können niemals als I nstanz gegen die naturwissen­ schaftliche Erkenntnis geltend gemacht werden, die ja eben erst bei dem prinzipiellen B ruch mit dem naiven Realis­ mus ihren Anfang nimmt. D e r naive Realismus, der in unkritischer Weise die auf unsre Sinne einwirkenden D inge (an sich) mit d en von uns produzierten Wahrnehmungsobj ekten (in unserm B e­ wußtsein) identifiziert, muß selbstverständlich auch die sinnlichen Empfindungsqualitäten der ·Wahrnehmungs­ objekte für unmittelbar w ahrgenommene, obj ektiv reale Q ualitäten der Dinge halten. Er muß entweder als naiver Realismus ab danken, w enn die Naturwis senschaft ihm zeigt, daß die Dinge anders sind als unser S innenschein ; oder er muß, w enn er sich b ehaup ten will, die natur­ wissens chaftliche Untersuchungsweise als eine das D enken mit sich selbst in Widerspruch setzende Geistesverirrung grundsätzlich verwerfen. E b enso muß der transzendentale I dealismus, der die transzendent real en Dinge an sich l e ugnet und die empirisch realen D inge in den Wahr­ nehmungsobj ekten selbst sucht, auch die transzend ente O bj ektivität der Q ualitäten l eugnen und die immanente O bj ek tivität derselben für die einzig mögliche Realität ausgeben. Deshalb muß auch er entweder als transzen­ dentaler I dealismus abdanken, w enn die Naturwis senschaft ihm zeigt, daß die D inge anders sind als unser S innen­ schein, oder er muß , w enn er sich selbst b ehaupten will, die naturwis sens chaftliche Untersuchungsweise als eine in sich widerspruchs-( 39 )volle G eistesverirrung verwerfen . D e nn wenn die N at urwissens chaft behauptet, daß die Dinge in Wahrheit so sind, wie sie nach ihren Lehren ge-

62

A . I. r.

Die Qualität

dacht werden müssen, der transzendentale I dealismus aber behauptet, daß die D inge in Wahrheit so sind, wie si e im Wahrnehmungsakt angeschaut w erden, dann sind die Dinge in ·wahrheit qualitätslos und qualitätsb ehaftet zu­ gleich, d. h. sich selbst widersprechend. Aus diesem Widerspruch ist nur dann herauszukom­ men, w enn sowohl der naive Realismus als auch der tran­ szendentale I dealismus beide falsch sind, und nur der transzendentale R ealismus wahr is t. D ann sind die un­ mittelbar angeschauten \Vahrnehmungsobjekte qualitäts­ behaftet, die mitt elbar und repräsentativ gedachten D inge an sich aber qualitätslos. Im Wahrnehmen wird nicht, wie der naive R ealismus meint, die Ursache selbst un­ s erer Sinnesaffektion angeschaut, sondern die \Virkung ; in den N aturwissenschaften aber sind nicht, wie der t ran­ szendentale Idealismus meint, unsere immanenten Wahr­ nehmungsobj ekte Untersuchungsgegenstand, sondern ihre transzendenten Ursachen, die D inge an sich, die der tran­ szendentale I d ealismus leugnet. Die Annahme des transzendentalen Idealismus, daß unsere Denkeinrichtung uns nötige, die Dinge qualitäts­ los zu denken, während si e do ch nur als qualitative Wahr­ nehmungsobjekte existieren, ist die Parallele zu seiner andern B ehauptung, daß unsere D enkeinrichtung uns zwinge, die Wahrnehmungen als Wirkung äuß erer, ding­ licher Ursachen zu denken, obwohl sie nur Wirkung innerer, undinglieber U rsachen sind, und es solche äuße­ ren Ursachen gar nicht gibt. D ie widerspruchsvolle N atur unsrer D enkeinrichtung wird um nichts gemindert, son­ dern nur noch verschlimmert, w enn der transzendentale I dealismus annimmt, daß die quantitative A uffassung der N aturwissenschaften ein bloß er D enkbehelf sei, um uns die nicht existierenden Ursachen unsrer \Vahrnehmungen zu veranschaulichen ; denn das Anschauliche ist für uns grade das Qualitative, während das qualitätslos Q uantitative ein Abstraktionsprodukt des Denkens ist, das den rein an­ schaulich veranJagten G eistern gradezu unerreichbar b leibt. Unter dem Gesi chtspunkt des naiven Realismus bietet die Empfindungsqualität nur insofern Erfahrung dar, als die Dinge an sich mit eben diesen Q ualitäten unabhängig

b . in der objektiv realen Sphäre.

63

von allem Wahrgenommenwerden wirklich behaftet s ind. Unter dem Gesi chtspunkt des transzendentalen I dealismus bietet die Empfindungsqualität eben deshalb (40) Er­ fahrung dar, w eil die subj ektiv idealen Wahrnehmungs­ objekte selbst die einzigen D inge sind, die es gibt. Unter dem G esichtspunkt des transzendentalen Realismus b i etet die Empfindungsqualität zwar unmittelbar, so wie sie ist, genommen, noch keine Erfahrung dar, wohl aber mittel­ bar durch dasjenige, was sie üb er die Unterschiede der Dinge und die graduelle Abstufung dieser U nterschiede l ehrt. Wie das s ubjektiv ideale Vorstellungsobj ekt nur mittelbar ein B ewußts einsrep rä sentant des obj ektiv realen Dinges an sich ist, s o ist auch sein e Empfindungsqualität nur ein B ewußtsein srepräsentant derj enigen Eigentümlich­ keiten der lntensitätsverhältnisse, durch welche die D inge an sich sich voneinander unterscheiden. I mmer sind es qualitative Unterschiede der Empfindung, durch die s ich die obj ektiv real e Verschiedenheit der D inge an s ich dem B ewuß tsein kundgibt, und durch di e das B e wußt­ sein in den S tand ges etzt wird, die wirklichen Unterschiede der D inge zu erkennen. Die ganze Aufgabe der Physik und Chemie in ihrer Untersuchung der D inge b e s t eht darin, mit H ilfe der qualitativen Empfindungsunterschiede über die Q ualitäten hinwegzugelangen und zu den rein quantitativen Unterschieden der D inge vorzudringen. N ie­ mand bestreitet aber, daß diese \Vissens chaften empirische Wissenschaften sind, d. h. daß\ sie sich ganz an die un­ mittelbar gegebene Erfahrung als Ausgangspunkt und G rundlage der Fors chung halten , um vernutte1st richtiger Deutung dieser unmittelbaren (subj ektiv idealen) Erfah­ rung zu ermitteln, was eigentlich der Bestand unsrer mi ttelbaren Erfahrung sei, d. h . was wir empirisch genö­ tigt sind, über die Welt der D inge an sich anzunehmen. Für diese Feststellung unserer mittelbaren Erfahrung lie­ fert die Empfindungsqualität bei weitem den wichtigs ten Teil des Material s , und zugleich denj enigen Teil, mit H ilfe dessen wir alle exakten Messungen über extensive Größ enverhäl tnisse vornehmen müssen, die wiederum allein uns exakte Aufs chlüsse ü b er die intensiven Größenver­ hältnisse gewähren können .

64

A. I .

1.

D i e Q u alität

Manche geben zwar zu, daß die Nat-ur in qualitätslose Ele­ mente aufzulösen sei und daß ihre Qualitäten nicht mit den subjektiven Emp findungsqualitäten zu verwechseln seien, glauben aber daran festhalten zu sollen, daß auch schon in der Natur aus bestimmten quantitativen Kon figurationen der Elemente ob­ jektiv reale Qualitäten hervorgehen, die zwar den sinnlichen Emp findungsqualitäten nicht vergleichbar seien, aber sich zu ihnen verhielten wie objektiv reale Dinge an sich zu den sie repräsentierenden subjckti'cen Erscheimmgen. Wenn q-ualitäts­ lose UreZemente zu Wasserstoff- und Sauerstoffatomen zusammen­ getreten seien, so seien dadurch eben Elemente von bestimmter Qualität entstanden, die sowohl voneinander, als auch von den qualitätslosen Urelenzenten qualitativ verschieden seien. Ebenso, wenn W asscrstoff sielt m it Sauerstoff verbinde, so sei ihre Ver­ bindung, das Wasser, auch als objektiv reales Ding an sich etwas qualitativ anderes, als die isolierten Elemente, aus denen es entstanden ist. Diese Qualitätsverschiedenheit zeige sich nicht bloß in der Verschiedenheit der in unseren Sinnen erregten Emp findungen, sondern auch in der verschiedenen Kausalität, welche das Wasser im Vergleich zu seinen Elementarbestand­ teilen auf alle andern Körper ausübt. Nun besteht die Kausalität, die hier das Wasser und dort Sauerstoff und W asscrstoff auf andere Körper, also auch auf unsern Organismus, ausüben, in dynamischen Einwirkungen, die von den in ihnen verbu-ndenen Uratomkräften ausgehen . Je nachdem diese Uratomkräfte isoliert oder zu Systemen ver­ bunden wirken, ist ihre Gesamtwirkttng verschieden, und bei ihrer Gruppierung zu Systemen ( Elementaratomen, Molekülen) müssen wieder die resultierenden Systemkräfte verschieden aus­ fallen, je nachdem die extensiv quantitative Konfigztration der Uratome in jeder Systemart ist. Diese Unterschiede der System­ kräfte in ihrer Gesamtwirkung drückt die theoretische Physik durch mathematische Formulierung erschöpfend aus, Beweis ge­ nug, daß die Zusammensetzung rein quantitativer Bestimmungen vollständig genügt, um sie ztt charakterisieren. Daß aber a u ß e r ­ d e m noch ihnen qualitative Unterschiede anhaften, oder daß die extensiv quantitativen Kraftzusammensetzungen als objektiv reale Systemkräfte z u g l e i c h einen qualitativen Charakter haben, auf diesen Gedanken würde niemand gekommen sein, wenn wir nicht in der vorher gezeigten Weise unsere subjektiven Sinnesquali-

65

b. in der objektiv realen Sphäre.

täten als bequeme Symbole und Denkabbreviaturen benutzten, um die Kraftkonfigurationen zu kennzeichnen, durch welche sie ausgelöst werden. Da wir alle vom naiven Realismus her­ kommen, der die subjektiven Sinnesqualitäten kritiklos für ob­ jektiv-reale Qualitäten der Dinge an sich hält, so haftet uns die Neigung zu dieser Projektion in Gestalt von unwillkürlichen Vorstellungsassoziationm an, auch wenn wir längst in abstracto eingesehen haben, daß diese Projektion kritisch nicht zu recht­ fertigen ist. Der letzte Rest dieser Gedankenfälschung zeigt sich eben in der Tendenz, den verschiedenen Systemkräften verschie­ dene objektiv reale Qualitäten anzudichten, die zwar nichts mehr mit unsern Sinnesqualitäten gemein haben sollen, aber doch noch Qualitäten sein sollen. Sie sind jedoch einfach ein fünftes Rad am Wagen, da diese hypothetischen unbekannten Quali­ täten zur Erklärung der Naturvorgänge nicht das mindeste bei­ tragen und deshalb jeder Legitimation ermangeln. \Venn wir nun ann ehmen müss en, daß in der tran­ sz endent obj ektiven Realität keine Q ualität und nur Quan­ tität zu finden sei, so gilt das doch nur insoweit, als wir davon absehen, daß j edes an sich S eiende, welches auf ein anderes Wirkungen und E indrücke hervorbringen kann, auch seinerseits selbst wieder von andem an sich S eienden Wirkungen erfahren und Eindrücke empfangen kann. Sobal d wir darauf Rücksicht nehmen, daß jedes an sich S eiende, welches für andere eine transzendent obj ektive Realität und Ursache (41) von Affektionen ist, tür sich selbst auch seiners eits ein I nnerliches, Eindruck­ iähiges i st und von andern affiziert wird, so muß. man zu­ geben , daß j edem Ding an sich auch Qualität innewohnt. Aber sie ist nicht in seinem o bj ektiv reale n D as ein und Wirken, sondern nur in seinem subj ektiv idealen In­ si chsein und Leiden, in seinem Empfinden und B ewuß t­ werden z u suchen , und sie bleibt als solche etwas nur nach innen G ewandtes, bloß für das empfindende Subj ekt selbst Perzipierbares und Existierendes. Man hat wiederholentlieh sowohl von realistischer S eite , z. B. v o n K i r c hm a n n) als auch von idealis tischer (z . B. L o t z e) den Versuch gemacht, die Empfindungsqualitäten unsrer menschlichen Erfahrung auch d en D ingen zuzu­ s chreiben, durch welche s ie in uns erregt werden, z. B . E . v. H a r t m a n n , K a t c g o r i e n l e h r e .

I.

!)

() I i

A. l.

1.

D i e Quali tät

der :,chwingenden L u f t di e Qualität d e s Tones, dem schwingenden Äther die Q ual itäten blau und rot . Dabei ging die Absicht teils dahin, im I nteresse des naive n Realismus die Ü bereinstimmung der \ Vahrn ehmung mit dem Wahrgenommenen und die B eglaubigung einer a d · äquaten äußeren Exist enz durch die 'Wahrnehmung z u retten, teils m ehr dahin . die ganze \Velt durch die All· verbreitung desj enigen z u bereichern u n d ästhetisch z u Yerschönen. was man s u b j ektiv für das vVertvollste hielt, das Gefühl. Beiden B estrebungen liegt ein richtiger Kern zugrunde, die Einsicht, daß die von der N aturwissenschaft nur nach den quantitativen Verhältnissen ihres äuß erlichf·n D a:,eins betrachtete Welt der Dinge an sich z ugleich ein innerlich gefühlvolles und empfinden des M onadenreich ist, das seine Empfindungen qualitativ ausgestaltet. Aber der I rrtum dieser Best rebungen liegt darin , daß sie auf die I n dividualitätsstufe der M onadenkomplexe, die uns a l s Dinge an sich beeinflussen, keine Rücksicht nehmen, son· dern den hohen Grad synthetischer Q u alitätsentwickelung, z u dem es da s menschliche B ewußtsein gebracht hat , auch schon in Luft- und Ä t heratomen. oder gar in in cli ­ vi dualitätslosen Zu sammenhäufungen solche r voraussetzen . Daß die s chwingende Luftmasse in einer O rgelpfeife eine einheitliche Tonempfindung habe, ist ein \Viderspruc h g egen ihre I ndividualität slosigk eit al s zufälliges G anzes ; daß aber gar die einzelnen Luftmoleküle eine Ton ­ empfindung haben sollen, is t eine Verkennung ihrer I n ­ dividualitätsstufe, die ein e sol che Synthese noch gar nic h t gestattet, sondern i n d er P erzeption d e r wechselnden Emp­ findungsintensität bei den verschiedenen P hasen einer S chwingung haften bleib t . Es s oll gar n i cht bes tritten wer­ den, daß auch niedere Individualität sstufen lebhafte Ge­ fühle und s ogar ein Analogon (42) unserer ä sthetis chen Gefühle besi tzen können ; aber die spezifische Entfal t ung der ästhetischen G efühle im menschlichen B ewußtsein , die an den Reichtum unsrer Empfindungsqual itäten und die graduelle H öhe unsrer Synthesen geknüpft ist, kann auf niederen I ndividualitätsstufen unmöglich erwartet wer­ den . Ebensowenig könn en die E mpfindungsqualitäten u n s rer sinnli chen \Vahrnehmung, d eren Synthesenhöhe sich

c.

i n d er m e t aphysischen Sphäre.

67

auf unsre spezifischen Sinn esen.ergien stützt und mit ihnen ein Produkt langer phylogen etis cher Entwi cklungsreihen ist, in Individuen oder Aggregat e von I ndividuen hinein­ gelegt werden, denen alle Vorbedingungen zu so v e r­ wi ckelten Synthesen fehl en. Wir haben also daran festzuhalten : in der Sphäre der Dinge an sich oder in der \V elt der I ndividuation gibt es nach seiten ihres obj ektiv realen äuß erlichen Daseins nur Q u antitätsverhältnisse ohne j ede Qualität, nach seiten ihres �ubjektiv idealen inn erl ichen Fürsichseins auch Qualitäts­ ,· erhäl tnisse ; ab er der R e i c h t u m oder die Armut dieser l etzteren hängt von dem Grade der Synthesen von In­ tensitätsverhältnissen und diese wieder von der Indivi­ dualitätsstufe und der Au sbildung der H ilfsmechanismen für verwickelte Synthesen (spezifische Energien der Sinnes­ o rgane und nervösen Zentralorgane) ab. Es bleibt also richtig, daß hier die Q u alität allein in der Empfindung ihre S tätte hat, und es fragt sich nun bloß noch, ob in der metaphysischen Sphäre, di e hinter der \Velt der I ndi­ viduation liegt, ebenfal ls k eine Qualität anzutreffen ist. (Gr. I. 121 .) (Gr. 1 1 . 22.) (Gr. 111. 101 .) c)

D i e

Q u aIit ät in d e r m e t aphy s i s c h e n S p h ä r e.

B etrachtet man di e B etätigung des Absoluten in der und ihrem Prozeß als eine einheitliche, all-einige , so läßt sich ebensowenig Q u alität wie Empfindung darin entdecken. Damit di e alleine Tätigkeit überhaupt eine b estimmte sein könn e , muß sie alle rdings eine vieleinige , i n sich gegliedert e, innerlich mannigfaltige sein ; a b e r diese Mannigfal tigkeit b edarf keiner qualitativen Unter­ schiede, sondern reicht mit quantitativen au s. Was die N aturwissen schaft als objektiv real e vVelt behandelt und untersucht , eben · das betrachtet die M etaphysik als viel­ einige Tätigkeit des absol uten Tätigkeit ssubj ekts ; die N a­ turwissenschaft b etont nur die S eite der Vielheit, die M et a­ physik die Seite der Einheit in dem Vieleinigen ; erstere betrachtet die ab solute F u nktion von der S eite der Er­ scheinung aus peripheri sch em Gesichtspunkt, letztere von der Seite (43) des \Vesens aus zentralem Gesichtspunkt. \Velt

5*

68

A . I.

I.

Die

Quali lä t

Wenn aber s chon der N aturwis senschaft die intensiven und extensiven Unterschiede zur Konstituierung der M annig ­ faltigkeit in der Welteinheit genügen, so werden der M eta­ physik diese Unterschiede erst recht genügen können zur inneren Mannigfaltigkeit im Inhalt der einen absoluten Tätigk eit. Allerdings gilt dies nur für die Tätigkeit, s oweit sie zentrifugal ist, d. h . von der E inheit des Wesens ausgehend zur Vielheit der obj ektiv realen Erschei­ nung führt. ü berall W Q die gegliederte absolute Tätig­ keit mit sich selbst kolli diert. 0der wo ihre quantitativ vers chiedenen Teilfunktionen miteinander in ges etzmäßig p rädeterminierten K0nflikt geraten, da entspringt aller­ dings die Empfindung und mit ihr die An fänge des B e­ wuß tseins und der Q ualit ä t . Aber wie das so entstehende B ewußtsein kein einheitlich zentrales, sondern ein viel­ hei tlieh peripherisches i s t , so auch die für dies e Bewußt­ seine und in ihnen entstehenden Q ualitäten. D a s Reich der vielen p eripherischen B ewußtseine samt den ihnen i mmanenten Empfindungsqualitäten ist ein no twendiges P rodukt der vieleinigen Tät igkeit, aber es ist doch erst ihr Produkt. Die I nnenwelt d er Empfindungen ist zeit­ lich mit der Auß enwelt d es räumlichen bewegten Daseins z ugleich gesetzt , b egrifflich aber ist sie erst die Folge dieser. Mit der ersten Kollision zweier entgegengesetzter Partialfunktionen ist auch die Empfindung da ; aber s i e i st d o c h da s ideelle Posterius dieser Kollision. (Gr. lV. 5 . 1 D emnach ist die Auß enwelt des b ewegten D aseins die p rimäre, die I nnenwelt des empfindenden B ewußtsein s d i e sekundäre Erscheinungswelt, u n d zwar j ene eine ein­ zige einheitliche obj ektiv reale Erscheinungswelt, diese ein Reich vieler voneinander separierter subj ektiv i deal er Erscheinungswelten . D ie erstere ist unbewußt und ent­ hält nur quantitative Unters chiede ; die letzteren sind be­ wuß t und zeigen in aufsteigender S tufenfolge in ihren Sonderinhalten auch qualitative U nterschiede neben den quantitativen. Die erstere allein liefert eine unmittelbare Erscheinung des alleinen Wesens, eine Erscheinung aus erster H an q ; die letzteren liefern nur mittelbare Ersche i­ n ungen aus zweiter H and, di e durch die erstere vermittelt

c.

m

der metaphysischen Sphäre.

69

sind. Die erstere zeigt daher ein doppeltes Antlitz, j e nachdem man sie aus zentralem oder p eripherischem Ge­ si chtspunkt, nach der S eite des \Vesens oder der Erschei­ nung betrachtet, d. h. ein metaphysisches und ein natur­ wissenschaftliches Antlitz ; die l etztere dagegen gehört ganz und in j edem Betracht zur S e ite der Erscheinung, und nur die vorbewußten Tätigk eiten, die zu ihrer Entstehung mit­ gewirkt hab en, gehören noch ins Gebiet der M etaphysik. (44) Soweit die Metaphysik diej enige unbewußte ab­ solute Tätigkeit umspannt, welche in zentrifugaler Weise die objektiv-real e, primäre, e ine Erscheinungswelt setzt, in soweit hat sie, wie gezeigt, mit Qualität nicht s zu s chaf­ fen, gleichviel von w elcher S eite her man diese Tätigkeit be trachtet ; insoweit aber die Metaphysik auch diej enigen v orbewuß ten Partialfunktionen umspannt, w el che die Ent­ stehung der Q ualität in den v i elen B ewußtseinen b ewirken helfen, bedarf die Frage n o c h der Erwägung. Diese F unktion ist nun wesentlich die synthetische I ntellektual­ funktion, welche die unt er der Empfindungsschwelle des G esamtbewußtseins höherer O rdnung v erbleibenden Kom­ ponenten vers chmilzt und als int ensiv bestimmte Q ualität über die S chwell e hebt. Soweit nämlich die vorb ewuß ten F unktionen nur relativ unbewußt sind, können sie no ch Q ualität enthalten, die freilich, wie oben dargetan, da, wo m an an die Grenze gelangt, ents chwindet und nur noch I ntensitätsunterschiede übrigläßt. Wo aber die relativ un­ bew ußten Funktionen, di e das Material für die Synthesen liefern, auf absolut unbewußt e zurückführen, da hört ebe n die Empfindung a u f und weist a u f d a s ·wollen o der B e ­ gehren oder Streben a l s i hre Ursache zurück. Das Wollen ist aber an sich bloß, intensiver Unt erschiede fähig, und soweit es absolut unbewußtes Wolle!\ ist, d. h. einen ab­ solut unbewußten Vorstellungsinhalt hat, kann auch dieser nur zur zentrifugalen Sei t e der absoluten Tätigkeit ge­ hören, d . h. nach dem oben G esagten nur quantitative U nterschiede zeigen. Es bleibt also ausschließlich die synthetische Intellektualfunktion übrig, als diej enige meta· physische B etätigung, in welcher das Vorh an d e n s e :."l qual i­ tativer Unterschiede vermutet werden könnte. N un ist aber diese synthetische Funktion eine formal

70

A. I.

1.

D i e Quali t ät

logi sche. und diese ist wohl dem Verdacht , qualitativ g c · färbt sein zu können, so w e i t a l s möglich entrückt. ·wenn sie aus sich allein die E mpfindun gsqualität produziert e , s o könnte d e r Gedanke, d a ß s i e die Empfindungsqualität. die sie für das Bewußtsein heraussetzt, schon in sich ge­ tragen haben müsse, eher gerec htfertigt schein en. Sie produziert aber die Q ualität n i cht aus sich allein, sondern aus den qualitätslosen I n t ensitäts empfindungen der B e ­ wuß tseinsindividuen unterster O rdnung. D i e Q ualität ist also erst ein Produkt der unter der S chwelle bleiben d e n I n tensitätsunterschiede und d e r intellektuellen Synthese. D i e synthetische Funktion b ringt z u d er Entstehung der Q ualität ihrerseits nicht das geringst e l\Iaterial hinzu, son­ dern nur das in sukzessiver O rdnung s chon g egebene :Vl aterial zu simultaner P er-(JJ)z eption. Das Material stammt letzten Endes aus dem \Vollen und seinen Intensi ­ täts unterschieden, u m welche d i e unbewußte I ntellektual­ funktion nur das einigende B and s chlingt. Die Q ualität entspringt weder bloß a u s d em \Vol len und seinen I n­ tensitätsunterschieden , noch auch bloß aus der logi schen Synthese, sondern si e ist das gemeinsame Kind beider El tern .. (Gr. IV. 28.) Aber auch ni cht etwa so ist dies z u verstehen. als ob das l eere \Vollen und die willenlose I n tellektualfunkti o n zusammen s chon e i n e Q ualität zu stand e brächten, sondern nur das inhaltlich bestimmte, individuelle \Vollen und die aktionsfähige, d. h . vom \Vollen get ragene I ntellige n z . D enn nur das individuelle, ges etzmäßig s i c h bestimmende \Vollen kann mi t andern eben solchen kollidieren u n d \ · o n ihnen E i nwirk ungen erl eiden, u n d n u r d i e von einer Realisationstenden z , d. h. von einem \Vollen, erfaßte und aktionsfähig gemachte Intelligenz kann intensive Eindrücke z u einem qualitativen E indruck verknüpfen. I mmerhin tritt in d en Vordergrund der Betrachtung b ei der D ar­ bietung des Materials für die Reflexion die \V illensseit e , von der d i e Intensitäts unt erschiede herstammen, bei der synthetis chen Funktion die l ntellektualität oder Logizitä t , welche d i e nähere A r t u n d W e i s e d e r Verknüpfung und Verschmelzung bestimmt und dadurch al lerdings den eigentümlichen Charakter der resultierenden Q u a l ität mit-

c.

in d e r me taphysi schen Sph ä r e .

71

bes timmt . Die Bestimmtheit des Willensin halts bei der Entstehung der Intensitätsempfindung und die Realisa­ t ionstendenz bei der synthetischen Intellektualfunktion er­ s cheinen dagegen der Reflexion als zwar unentbehrliche Bedingungen , aber do ch nur als Bedingungen für das Wirksamwerden j ener andern bestimmenden F aktoren des Produkts, und in diesem Sinne kann man wohl sagen. daß die Empfindungsqualität ein Produkt aus dem die I ntensitätsunterschiede hergebenden unbewuß ten \Vollen und der sie verknüpfenden unbewuß t en Vorstellung sei, ubwohl eigentlich auf beiden Seiten b e ide Attribute d e s absoluten Subj ekts vertreten sind. \Venn nun somit in den un bewußten F unktionen, a u s denen d i e Q ualität entspringt, qualitative U nterschiede ebensowenig zu finden sind, wie in der unbewuß ten Funk­ l io n , welche die primäre Eine \Velt setzt, dann wird man darauf verzichten müssen, die Qualität in der metaphysi­ schen Sphäre zu suchen, sow eit sie Funktion enthält, d i e das \Vesen mit d e r Erscheinung verbindet . E s bleib t abe r n o c h d i e Frage übrig, ob n i c h t in d e m v o r u n d j enseits der absoluten Funktion liegenden absoluten \Vesen quali­ t ative Unterschiede anzunehmen s ind . (46) Auf seiten der I ndivi duen oder Monaden werden solche Qualitätsunterschied e sicherlich nicht zu suchen sein. D enn die synthetischen Intellektualfunktionen, welche das Empfindungsmaterial zu einer subj ektiven Erschei­ nungswelt ordnen, und die organis ch-t eleologi schen F unk­ tionen, welche den B estand und die Steigerung des Lebens herbeiführen , sind nur insoweit individuell verschieden zu denken, als die ·leibliche Grundlage des O rganismus und der ihm zufließ enden körperl i c h en Einwirkungen v erschie­ den i s t . Die Art hingegen . wie die absolute alleine Tätig­ k eit auf diese durch frühere Akt e festgestellten Be­ dingungen logisch und teleologisch reagiert , ist selbst nicht mehr als individuell gefärbt anzunehmen, sondern auss chließlich von allgemeinen Gesetzen und der univer­ sellen Teleologie abhängig. Die organischen Bedingungen wiederum, durch welche die individuelle Verschiedenheit der allgemeinen Tätig­ keit bedingt wird, weis en , als objektiv reale aufgefaßt.

72

A. I.

r.

Die Qualität

auss chließlich quantitative U nterschicde auf. D ie Zeit ist vorbei, wo man Kräfte und Gesetze als Q ualitäten be­ trachtete, die dem Stoff als ihrer Substanz inhärierten , und nur der naivrealistische Mat erialismus huldigt heut e n o c h einer solchen unkritischen Auffassungsweise_ ( G r . I r. 1 4.) (Gr. ll'. 20.) D i e konkreten in dividuellen Kräft e gel­ ten heute nur noch als quantitativ b estimmte Formen der Tätigkeit, die Gesetze als die logische und teleologische B estimmtheit die s er Tätigkeitsformen, deren Unveränder­ li chkeit durch die S ichselbstgl eichheit des Logischen, und deren Allgem eingültigkeit durch die Alleinheit der dynami­ schen F unktion verbürgt ist. Die M a t erie aber gilt nicht m ehr als die Ursub stanz (materia prima) , welche diese b eiden als Q ualitäten an sich hat, sondern als stetiges Produkt des gesetzmäßigen Spiels der Kräfte, das sich in der subj ektiven Erscheinung des Stoffs im B ewußtsein widerspiegelt. D i e vers chiedenartigen Z usammensetzungen der dynamischen F unktionen ergeben verschiedene M a­ terien, deren Unterschiede aber rein quantitativ sind, wäh­ rend die verschiedenen S toffe, die ihnen als subj ektive Er­ s cheinungen im B ewuß ts ein als Vorstell ungsrepräsentantei� entsprechen, allerdings qualitativ verschieden sind. Nur eine pluralistische und individualist ische Meta­ physik, die eine ursprüngliche, unentstandene Vielheit in­ dividueller Substanzen annimmt, könnt e heute noch auf den G edanken kommen, qualitative Unterschiede in dem Wesen dies er verschiedenen S ubstanzen aufrechtzuerhalten , s ei e s , daß sie dies e D ifferenzen i n der intellektuellen, sei es, daß sie sie in "d er charakterologischen Veranlagung sucht (47) (L e i b n i t z und B a h n s e n) . Nötig ist j edoch selbst für den Pluralismus eine solche Annahme nicht, wenn er sich in dem Sinne zum individuellen Evolutionismus be­ k ennt, daß j edes I n dividualwesen stufenweise von den niedrigsten bis zu den hö chsten Entwicklungsstufen auf­ s teigt, und alle Verschiedenheit der gleichzeitigen I ncii ­ viduen teils auf die z eitliche Verschiebung die ser in di­ viduellen Entwicklungsläufe gegeneinander, teils auf d en Einfluß verschiedenartiger umgebender Umstände zurück­ geführt wird. Eine monistische M etaphysik kann j eden ­ falb den Indivi duen n u r eine phänom enale, aber k e ine

c. in der m etaphysischen Sphäre.

73

essen tielle oder gar substantielle V c rs chieden heit zuschrei ­ ben ; s i e m uß. also j e d e Q u alität sverschiedenheit i m Wes e n leugnen, während sie d i e phänomenalen V ers chiedenheitcn auf objektiv reale Organisationsdifferenzen und diese auf qu antitative Unterschied e im \Virken der die O rganismen konstituierenden Kräft e zurückführt . (Gr. 11. 26.)

Wenn schon bei len materiellen Naturdingen die Ver­ suchung groß genug ist, den Qualitätsbegriff auf sie zu über­ tragen, so wird bei den geistigen Individuen diese Versuchung noch größer. Wenn einerseits der naiu Realismus und andrer­ se its die Verwechselttng zwischen dem natürlichen Dasein der Dinge und ihrer emp find ungsartigen Innenseite überwunden ist, so besteht ein klares Bewußtsein darüber, daß dt·e etwaigen Qualitäten, die den materiellen Naturdingen noch be igelegt wer­ den könnten, etwas ganz A ndersartiges und Unvergleichbares sein müssen, als die subjektiven Emp findungsqualitäten, die dttrch sie im Bewußtsein ausgelöst werden und durch welch e sie für das Bewußtsein repräsentiert und symbolisiert werden . Bei den Qualitäten dagegen, die den geistigen Individuen bei­ gelegt werden, verdunkelt sich leicht die Einsicht, daß diese Qualitäten etwas ganz A ndersartiges und Unvergleichbares sein m üssen, als die qualitativen Bewußtseinsphänomene, durch welche sie für das Bewußtsein repräsentiert und symbolisiert werden. Diese Einsicht verdunkelt sich darum so leicht, weil man glaubt, es bei beiden A rten von Qualitäten mit geistigen Qualitäten zu tun zu haben, ttnd den Unterschied übersieht, der zwischen un­ bewußten Geistestätigkeiten und bewußtlosen physiologischen D is­ positionen einerseits und bewußtpsychischen Phänomenen andrer­ seits besteht. A lle Talente, Fähigkeiten, Fertigkeiten, intellek­ tuellen, gemütlichen und charakterologischen A nlagen gelangen uns erst durch ihre Betätigung zum Bewußtsein, und auch dann nur durch komplizierte bewußtpsychische Phänomene, deren Empfindungseinschlag einen im eigentlichsten Sinne qualitativen Bestandteil ausmacht. A uf bestimmte Veranlagtmg schließen wir nur aus diesen qualitativen bewußtpsychischen Phänomenen zurück, die ihre Produkte sind, und zur Denkabbreviatur und abgekürzten sprachlichen Bezeichnung übertragen wir die quali­ tativen Bestimmtmgen der Produkte auf die Dispositionen und Funktionen, durch die sie produziert sind . Wer unbewußt geistige Funktionen entweder leugnet oder mit den bewußtgeistigen

'7 4

A . l.

1.

Die Quali t ä 1

Phänomenen konfundiert, der wird natürlich gmeigt sein, die c'on den letzteren wahrgenommenen Empfindungsqualitäten a·u ch attf die sie produzierenden geistigen Funktionen zu übertragen , ohne z u beachten, daß diese das Prius ihrer Produkte sein müssen �tn d darum auch noch n icht mit den Qualitäten hf­ haftet sein können, die erst an ihren Produkten zustande kom­ men. Wer an rein geistige D ispositionen glaubt, der wird ebenso natürlich geneigt sein, die Qualitäten , die er von den s ubjektiv-phänomen alen Produkten auf die sie prodttzierendm geistigen Funktionen zurückprojiziert hat, zum zweiten Male ron diesen Funktionen auf die sie bestimmenden Dispositionen zurück­ :uprojizieren, o h n e zu beachtm, daß alle geistigen Fun ktionm supraiiduviduell, ttnd alle spezifisch en und indiv iduellen Dis­ positionen, attf die sie in concreto Rücksicht nehmen, nich t mehr geistiger, so ndern materieller A rt sind und nur in exten sir­ quantitativen Bestimmungen, nämlich in einer bestimmten A n ­ ordnung der Jl,f olek iile i m Organ ismus, bestehen . Es Mndert nichts, daß wir zu praktischen Zwecken die üblichen qualitativen Bezeichnungen geistiger A nlagen (z. B. gut und böse) weita bra uchen ; aber wir müssen uns dabei bew·ußt bleiben, daß wir damit sehr komplizierte Ergebnisse aus supraindividueller u n ­ bewußter Geistestätigkeit und individuellen materiellen Disposz­ tionen ausdrücken, daß die ersteren weder (jualität noch extensiion von unserer Willkür ebenso unabhängig ( 70) ist, w i e die Q ualität u n d I ntem,ität der E mpfindung. Gleichwohl liegt darin eine gewisse Täuschung. vVie wir die Q ualität der Empfindung synthetis ch selbst gesetzt, und die In­ tensitätsverhältnisse, die nicht in die Q ualität eingegangen sind, selbst als Intensität d e r Qualität z u sammengefaß t und einheitlich konstituiert haben, s o haben wir auch d en subj ektiven S chein einer konstan t en D auer dieser inten ­ siven Q ualität e r s t s e l b s t ges chaffen, i n d e m w i r d i e E x ­ tension der zeitlichen Phasen d e r Empfindungskomponen­ ten synthetisch verbanden und als einheitliche Zeitgröß e auffaßten. Andererseits konnten wir aus d en u n s ge­ gebenen Empfindungskomponenten gesetzmäßige rweise nur d i e s e Q ualität, aus dem bei dieser Synthese unverbrauch­ ten Rest von I ntensi tätsverhältnis s en nur d i e s e Gesamt­ intensität und keine andere konsti tuieren, wen n wir ein­ mal diese Synthese selbst tätig vornahmen ; ebenso können wir aber auch der so entstandenen intensiv-quantitativen Empfindung nur d i e s e konstante D auer b e ilegen , die durch den zeitlichen Abstand der ersten und letzten K o m ­ ponente in i hren Grenzp unkt en markiert u n d durch die S umme der zeitlichen A nderungen i n ihrer ganzen Exten ­ sion erfüllt i s t . Die Empfin d u n gsdauer i n diesem S i nn e is t elenmach

1 02

.\ . I .

2.

ß. l li l'

c x l e n si \· e lJ u a n t i Li l < i l' s E n q,Ji n < i i t

d e s Empfi ml e n s .

geben ; die subjektive zeitliche Synthese beschränkt sich darauf, dieses tatsächlich Gegebene als ein zeitliches V e r­ hältnis, als G leichzeitigkeit oder Simultaneität, aufzufassen . Daß das Bewuß tsein trotz seiner Enge, die ihm keinen a l l z u reichlichen gleich zeitigen I n h a l t a u fzufassen gestat t e t , doch m ehrere ( 74) Empfindungen gleichzei tig auffass e n kann, ist sicher. Bei länge r andauernden, gleic hzeitigen Empfindungen mag die A uffass ung des zeit lichen Ver­ hältnisses dadurch unterstützt und verstärkt werden, daß die Aufmerksamkeit sich abw echsel nd bald der einen. bald der andern von be iden zuwenden kann und nach der R ü ckkehr die and e re immer noch vorfindet. Aber sel b s t b e i e i n e m solchen raschen H in- und H erspringen der Auf­ merksamkei t zw ischen zwei gleichzeitigen kons tanten Emp­ findungen (z. B. beim Vergleich der Tonhöh e zweier zu ­ g l e i c h erkl i ngender Töne) b l ei b t die Empfindung auch des jeweilig nicht im B lickpunkt der Aufmerksamkeit stehenden Tones neben der andem, bevorzugten b estehen und ers cheint nur abgeschwächt, wie die andere verstärkt . Dieses ganze S chaukelspiel der Aufmerksamkeit fällt weg. wo es sich nicht um, stetig dauernde, gleichzeitige Emp ­ findungen, s ondern um Reihen kurzer E indrücke handelt, deren Koinzidenz oder N i ch t koin zidenz konstat i ert werden soll (z. B . beim vers chie denen Rhythmus und Takt ver­ s chiedener S t immen eines Musikstücks). H ier muß die Aufmerksamkeit sich auf mehrere Reihen gleichmäß ig verteilen, sofern sie rhythmisch und musikalisch gleich­ berechtigt und gleichwertig sind ; zu einem H in- und H er­ springen d e r Aufmerksamkeit zwis chen den koinzidierenden Eindrücken ist gar keine Z eit, weil die kurze E inzelemp­ findung längst vorbei wäre, ehe der Wechsel in der Rich­ tung der Aufmerksamkeit vollzogen wäre. D as B ewuß t ­ s e i n muß hier d i e S imultaneität entweder m i t einem S chlage auffassen, oder es ist dazu überhaupt außerstande. Die musikalische Erfahrung zeigt aber, daß das B ewußt­ sein sehr wohl imstande ist, die Simultaneität auch des kürzesten Stakkato im raschesten Tempo aufzufassen. In vielen Fällen ist allerdings eine Mehrheit koinzidie­ render Empfindungen als eine Einheit, als eine e in zige zu­ sammengesetzte Empfindung anzusehen , die erst künst-



l l i c Zei t l i c h k e i t i n d er

,; u hj e k t i v

idealen Sphäre.

107

l i eh durch Reflex ion wieder i n eine l\1 ehrheit zerl egt wer­ den kann. Aber dies gilt doch nur da. wo di e Komponenten wenigstens teilweise nahe daran sind, unter die Empfin­ dungsschwelle zu sinken, oder wo noch j ed e Erfahrung über Zu sammensetzung der Empfindungen aus ein facheren B estandteilen fehl t . Aber auch innerhalb desselben Sin­ nesgebietes gibt e s Em pfindungskoin zidenzen genug, die sofort a l s solche erkannt und wahrgenommen werden , z . B. e i n sehr hoher und ein sehr n i ed riger Ton . Erleichtert wird das Erkennen der M ehrhe i t zusammentreffender E mpfin­ dun g e n , w enn b eide HTschi eden en zusammenhängenden Empfin dungsreihen angehören , z. B . musikalisch (75) ge­ führten Stimmen (etwa in einer F uge) , oder I n s t rumen ten von verschiedener K l a ngfarbe , oder dem Rasseln eines auf der St raße vorbeifahrenden \Vagens, dem Singen ein es Vogels vor dem F e n s ter und den nebenan stattfindenden Leseübungen eines Kindes. Ganz zweifellos wird die M ehr­ heit zusammentreffender Empfindungen auch für d i e stumpf s t e Auffassung, wenn sie verschiedenen S innen an­ gehören, z . B. Gehör, G eruch, Geschmack und Gefühl . Es bedarf also kei neswegs einer räumlichen Lokalisatio n d e r Empfindungen, u m sie al s mehrere t rotz ihrer Koin­ zidenz zu unterscheiden ; im G egenteil wird die Lokali­ sation der Empfindungen erst dadurch möglich, daß die mit verschiedenen Lokalzeichen (qualitativen und inten­ �iven Merkmalen) · b ehafteten als verschiedene Empfin­ du ngen tro t z ihrer Gleichzeitigkeit aufgefaß t und neben­ ei nander geordnet werd en . Erst die Simultaneität verschiedener Empfindungs­ reihen ermöglicht es, die Dauer einer konstanten Empfin­ dung zu messe n , d . h. die unb estimmte Dauer zur be­ stimmten zu erheben. Man denke sich, daß im D unkeln ein Ton in gleicher S tärke ohne U n t erbrechung erklinge, und daß kein anderer Sinn irgendeinen anderen Eindruck empfange. Es würde ganz unmögli ch s ein , die Dauer des Tones z u bestimmen, wenn man nicht einen Zei tsinn be­ säße, der nach dem Ablauf der G edanken und den ge­ fühlten organischen Vorgängen (H erzschlag, Atmung, Wechsel von S chlaf und \Vachen) die Dauer unwillkürlich mäße und dadurch eine Vorstellung davon erlangte, ob

1 t iH

\. l.

!.

ß. U i c t·x t t 1 1 :- i \'e

Quantität rlcs Em pfind cns.

d e r Ton S e k u n d e n , Minuten o d e r Stund en angedauert hat.

D i e i n sol che r \V eise zu messende Empfindung k ann auch gleich N ul l . d . h . eine zei tweilig andauernde Empfi n ­ d u n g s l o s i gkeit zwischen z w e i durch JXJsitive Empfindun­ g e n markierten Grenzen sein , z. B . d i e Pause zwischen zwei Tönen i n einem M u sikstü c k . oder d i e Pause zwischen zwei v e rabredeten Signalen. B e i int ermittierenden Emp· f i n d u ngen, die so kurz sind, daß ihre D auer a l s m o m entan erscheint, wird nur die D a u e r der Empfindungslosigkeit oder der Pause zwi s chen j e z wei E mpfindungen gemes s e n und damit zu gleich ihr zeitl iches I ntervall oder ihr zeit­ li cher Abstand voneinander b c,stimmt. Aber gleichviel ob die gemessene Dauer einer p o s i t iven Empfindung oder einer empfindungsfreien L ücke zwischen zwei Empfindun· gen angehört, immer besteht das Messen in dem Kon­ statieren einer zeitlichen Koinzidenz zwischen dem An­ fangs- und Endpunkt der zu messenden Dauer einerseits und Empfindungen, die e iner daneben ve rlaufenden S uk­ zessionsreihe angehören, andererseits. (76) Die S ukzessionsreihe gibt also das Maß her, mit dem die Dauer einer Empfindung oder das leere Zeit­ intervall zwis chen zwei Empfindungen gemessen wird ; das Anlegen des Maß es aber besteht in der Konstatierung der Simultanei t ä t der Grenzen der zu messenden D auer mit bestimmten P u nkten der S ukzessionsreihe . D i e Dauer ist etwas Stetiges oder Kontinuierliches, die Sukzes sion aber etwas D i skretes oder Diskontinuierliches . Das zeitlich Ste­ tige wird also erst durch zeitliche Konfrontation mit dem zeitlich D i:,kreten zu einer zeitlich b e s t i m m t e n Größe für die subjektive Zeitempfindung. Umgekehrt wird das Diskrete erst dadurch zur S ukzession, daß es auf dem H intergrunde einer stetigen Dauer von irgendwelchen Empfindungen aufgetragen wird. D i e voll e Zeitempfin­ dung wird mithin erst durch die S imultaneität von D auer und S ukzession am S tetigen und D iskreten erlangt. Dies geschieht dadurch, daß die stetige D auer in eine Viel­ h ei t aufeinanderfolgender B estandteile, d. h . in eine Suk­ zession von Gleichartigem , durch die Reflexion zerleg t , die S ukzession aber trotz d e r Verschiedenartigkeit der sich ablösenden Empfindungen in eine einhei t l iche Dauer

a.

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1 11

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z u s ammengeiaß t wird, und nun beide Reihen im ganLen wie in ihren B estandteilen als simuitan konstatiert w erden . Soll die S ukzessionsreihe fähig sein, als M aß a ng elegt z u werden, so muß sie allerdings die B edingung erfüllen , daß die diskreten, in ihr sich folgenden Empfindung en sich auch wirklich in gleichen Abständen folgen, d. h . daß die Dauer der Pause zwischen je zwei diskreten Empfin­ dung::.gipfeln gleich groß sei. \Venn. wir z. B. die Dauer einer Tonempfindung nach der Zahl der dabei gemachten Atemzüge bemessen, so setzen wir voraus, daß der Ab­ stand j edes Atemzuges vom folgenden gleich lang sei. \Venn wir zur Prüfung der Richtigkeit dieser Voraus­ setzung die D auer eines Atemzuges an der Zahl der auf ihn entfallenden H erzschläge messen, so müs sen wir wieil e .

181

Raum als der erfüllte T ei l d es mat h ematis che n unen d ­ lich e n Raumes g eda ch t w i rd. Soll diese Vo r st ellungswe i s e nicht den Vorwurf eines naiven Realismus a u f sich ziehen, der den leeren mathe­ matischen Vorstellungsraum als reell existierend denkt und den bloß möglichen Raum gleichsam hypostasiert , so muß die S ache fo lg ende r ma ßen aufgefaß t werden. Der objektiv reale Raum, dessen subj ekt iv ideale N a chbil d u n g der Vo r­ s t e l l u ng s raum des Physikers sein will, ist a l s wi rk li cher j e de rz ei t endlich ; aber es besteht in j edem Augenblick d i e Mö gl ichk e i t den U mfang seines Gesetztseins zu erweitern, und da d iese Möglichkeit seine r Erweiterung s chlecht­ hin u nb e g r e nzt ist, so kann er in diesem S inne potentiell unendlich heißen. D i e Gr en z e des obj ektiv realen Raumes ist j e de rz eit da, wo die Grenze der Welt ist, d. h. wo die Welt sich s elbst begrenzt. Wie der Zeitanfang und das Zeitende nicht durch eine leere Z eit oder Nichtzeit be­ ,

grenzt ist, sondern die Funktion und Veränderung die Zeitgrenzen mit ihren eigenen Grenzen setzt" so i st auch der objektiv reale Raum ni ch t d u rch einen leeren Raum oder N ichtraum begrenzt, sondern die raumsetzende dyna mische Funktion begrenzt zugleich den R au m , indem sie sich selbst als eine materiell erfü l l e nde g e set zmäßig be­ grenzt. Wie ab er mit der Zeit die g esetzmä ß i ge Selbst­ begrenzung d e r dynami s chen Funktion sich g e setzmäßig ändern kann , so a u ch mit ihr die B egrenzung des objektiv realen Raumes. Die Vorstellung des endlichen, physisch erfüllten Rau­ mes ist demnach das subj ektiv ideale Abbild des endlichen, ­

wirklichen Weltraums ; die Vorstellung des unendlichen

leeren mathematischen Raumes ist aber nur der subj ektiv ideale Re pr äse ntan t des unendlichen pote ntiell en Welt­ raumes, d. h. der u n e ndlichen Erweiterungs- (139) fähigkeit der

Grenzen

des

wirklichen

Weltraums durch

H inaus­

über di e bisherigen Grenzen. Nur dann würde der po t enti elle Weltraum j en s e its des m ate riell erfüllten no ch eine andere Bedeutung erhalten als den der Erweiterungsfähigkeit des wirklichen du rc h B ewegung , wenn s i ch später (S. 150) heraussteHen sollte , da ß es neben der das P h änome n der Materie setz enden dynagreifen

der

physischen

Bewegung

182

A . II.

Die extensive Quantität d e s Anschauens.

mischen Raumerfüllung noch eine andere, dieses Phäno­ men nicht setzende Art der dynamischen Raumsetzung gi bt, die sich zu j ener verhält wie Potentielles zu Aktuellem. Der nachweisliche Unterschied zwischen obj ektiv re­ alem Urbild und subjektiv idealem Abbild des Raumes würde sich alsdann bloß noch darauf beschränken, daß die grenzerweitemde physische B ewegung weder in einen leeren, noch in einen materiell erfüllten vorhandenen Raum hineinführt, sondern in einen dynamisch potentiellen, und den aktuell noch nicht VQrhandenen erst aktuell setzt, daß dagegen die subj ektiv ideale Rekonstruktion dieser grenzüberschreitenden Bewegung immer s chon einen von der Phantasie mit Empfindung erfüllten Raum vorfindet, der unter Abstraktion VQn der ihn stofflich erfüllenden Empfindung als leerer Raum erscheint. Das Denken vermag wohl von der den unendlichen Phantasieraum erfüllenden Empfindung zu abstrahieren und den Phantasieraum als leeren Raum gelt en zu lassen ; aber es vermag innerhalb der Sphäre der Subj ektivität nicht von dieser leeren Form des Raumes zu abstrahieren, weil die B ewegungsanschauung in Verbindung mit der Tiefenanschauung des extendierten Gesichtsfeldes immer wieder Empfindung, die mit der Form der Räumlichkeit behaftet ist, jenseits j eder vorgestellten Grenze hinsetzt. Man müßte VQn der synthetischen lntellektualfunktion der Verräumlichung der Empfindung abstrahieren könn en , um in der subjektiven Anschauung von einem leeren Raum jenseits der Grenze abstrahieren zu können ; das gelingt aber nicht, wenigstens nicht für die Anschauung, weil die V erräumlichungsfunktion eine VQrbewußte Kategorial­ funktion ist. D ieser Unterschied zwischen dem Urbild und Abbild bleibt also für die räumliche Anschauung bestehen und muß vom D enken korrigiert werden, das zwar die An­ schauung nicht ändern kann , wohl aber sich ihrer In­ kongruenz mit der Wirklichkeit bewußt bleiben muß . Die Phantasieanschauung des mit Phantasieempfindung er­ füllten Raumes bietet etwas als subjektiv ideale Wirklich­ keit dar, (140) das vom Standpunkt des D enkens aus in transzendentaler Hinsicht bloße Möglichkeit genannt

b. Die Räumlichkeit in der objektiv realen Sphäre .

183

werden muß . Die Gewohnheit, der ganzen Raumans chau­ ung eine transzendente Wahrheit beizulegen, verleitet die Ans chauung dazu, zunächst auch den von der Phantasie behaupteten Bestand eines Raumes jenseits j eder fixierten Grenze als transzendentale \Vahrheit hinzustellen. D a s Denken aber hat die B erichtigung hinzuzufügen, daß der Phantasieraum i n transzendentaler H insicht nichts \Virk­ liches darstellt , sondern blo ß e Möglichkeiten versinnlicht, und daß die Möglichkeit der Erweit erung des obj ektiv realen Weltraumes über seine j eweilige Grenze .hinaus nicht mit dem B estand eines leeren Raumes j enseits dieser Grenzen vor Eintritt der Erweiterung verwechsel t werden darf. Der mathematische l eere Raum l ehrt zwar die Ge­ setze kennen, nach denen sic;h j ede mögliche Erweiterung de� wirklichen Weltraums vollziehen muß , wenn sie sich vollzieht, aber er geht i n seiner transzendentalen B edeu­ tung nicht über diese konditionale Notwendigkeit hinaus und stellt an und für sich nichts weiter als eine Möglich­ keit dar, da er über den Eintritt der B edingungen , unter denen die von ihm angezeigten logischen Nötigungen reali­ siert werden, gar nichts lehrt. Wird nun die Einheit des physischen und mathemati­ s chen Vorstellungsraums i n diesem Sinn e als Abbild der Einheit des wirklichen und möglichen obj ektiv realen Raumf> verstanden und dem über die Grenzen des physi­ schen Vorstellungsraums überschieß enden Teil des mathe­ matischen Raums keine transzendentale B edeutung im Sinne eines exisüerenden leeren Weltraums, sondern nur im S inne eines potenti eliLen Weltraums, d. h. als unendlicher Erweiterungsfähigkeit des erfüllten ·w eltraums zugeschrie­ ben, dann s chwindet j eder angehbare Unterschied zwischen dem Urbild und, Abbild, zwis chen der transzendenten O rd­ nung von dreifacher Mannigfa ltigkeit und dem g eläuterten und berichtigten subj ektiv idealen Raum. In bei den ist die Bewegung eine stetige ; in beiden sind die drei Di­ mensionen isometrisch, d. h. die Grundmas se der v er­ schiedenen Dimensionen in dem Sinne gleich, daß eine Veränderung der Lage eines Körp ers keine Veränderung seiner Gestalt bedingi 1 ) ; in b eiden ist die (1 41) Zahl der 1) Was d as Gegenteil bedeuten würde, � ann man sich durch das

1 8 -±

A . II. Die

extensive

Q uantität des Anschauens.

Dimensionen drei ; w en i g s tens schweben b isher alle Ver­ suche, die H ypothese einer vierten Dimension im obj ektiv realen Raum zu begründen, haltlos in der Luft. Wenn der obj ektiv reale Raum mehr als drei Dimensionen hätte, s o wäre allerdings der s ubjektiv ideale Raum ihm nicht mehr kongruent, wohl aber seiner drei dimensionalen Pro­ j ektion kongruent, die b ei der offenbaren I rrelevanz der vierten Dimension für unseren Erfahrungsbereich allein für un s in Betracht käme. Es ist Sache des transzendentalen Realismus, den Be­ weis für die B ehauptung zu erbringen , daß in der Vv' elt der D inge an sich eine dreidimensionale Ordnung von iso­ me tr i sch e r , dreidimensionaler und stetiger Mannigfaltigkeit waltet, welche solchen G esetzen f o l g t daß alle in ihr vor­ geh enden Veränderungen nach den Gesetzen des mathe­ matischer: Raumes vorher zu berechnen sin d und b ei ihrem Eintreffen diese Berechnungen auch dann noch bestätigen, wenn die Daten des Re chnungsansatzes sich der vVahmeh­ mung beim Eintritt des Ergebnisses entziehen. Dieser Be­ weis darf als erbracht gelten. Dann aber ist es Sache des transzendentalen I dealismus, wenn er di e Verschiedenheit dieser Ordnung vom subj ektiv idealen Raume als letzte Rückzugsposition der t r a nszenden t alen Idealität des Rau­ mes aufrecht erhalten will , den Beweis zu erbringen, warum und in welchen P unkten beide verschieden sind. D ies,er B eweis ist bisher nicht nur nicht erbracht, sondern noch gar nicht einmal versucht worden ; der transzendentale I dealismus kann nicht einen einzigen Unterschied zwischen beiden namhaft machen, geschweige denn einen solchen b egründen. Er hat sich bisher einfach hinter die Forderung zurück­ gezogen, daß dem transzendentalen Realismus die B e­ weislast dafür obliege, daß neben den erwiesenen Gleich­ heiten keinerlei Vers chiedenheit bestehe. D iese Forde­ rung ist aber ungerechtfertigt. Mit dem Gedanken et­ waiger möglicher Verschiedenheiten, die sich unserer ,

Gleichnis eines Zerrspiegels veranschaulichen ; denn das Bild eines Körpers in einem Zerrspiegel verändert seine Größe und Gestalt durch bloße örtliche Verschiebung oder durch Drehung um seine zum Spiegel senkrecht stehende Achse.

b. Die

Räumlichkeit in

der obj ektiv realen Sp h äre .

185

Kenntnis entziehen, zu spielen, steht j edem frei ; aber b ehaupten darf man sie nicht, ohne die B eweislast für diese B ehauptung zu übernehmen. Der transzendentale R ealismus ist deshalb in seinem unbestreitbaren Recht, wenn er auf Gri.1Ild der in allen wesentlichen Stücken nachgewiesenen Gleichheit die formelle Kongruenz der b ewußtseinstranszendenten Ordnung der D inge mit der bewußtseinsimmanenten Raumvorstellung für so lange provisorisch annimmt, bis ihm eine wesentliche Ver­ s chiedenheit b eider namhaft und glaubhaft gemacht ist. (1 42) Diese Gleichs etzung ist mehr als eine bloße H ypothese, vorausgesetzt, daß es überhaupt eine Welt der Dinge an sich mit einer O rdnung. von dreidimensionaler l\lannigfaltigkeit gibt, und dies freilich ist nur eine Hypo­ these. Wenn aber diese H ypothese wohlbegründet ist, dann ist die formelle Gleichsetzung dieser Ordnung mit dem b erichtigten subj ektiv idealen Raum einfach die Ratifikation der unterschiedslosen Übereinstimmung beider in allen P unkten. Provisorisch aber bis zur etwaigen Er­ bringung des Beweis es einer Verschiedenheit beider ist die:.e Gleichsetzung in keinem andem Sinne als all unsere reale Erkenntnis ; denn alles, was wir realiter wissen, wissen wir nur vorläufig bis zu etwa sich herausstellender N otwendigkeit !einer Berichtigung. Wenn die H ypothese, daß überhaupt eine Welt der Dinge an sich mit dreifach mannigfaltiger O rdnung existiert, zu den b estbegründeten H ypothesen unseres ganzen Erkenntnisbestandes zählt, so d� ihr eine an Gewißheit grenzende Wahrscheinlichkeit zugeschrieben werden kann, so nimmt die Gleichsetzung ihrer O rdnung mit der berichtigten Raumvorstellung an dem Gra!de dieser Wahrscheinlichkeit teil, ohne ihn durch Multiplikation mit einem neuen Wahrscheinlichkeitskoef­ fizienten herabzudrücken. Wir haben aber noch einen ganz b esonderen Grund, anzunehmen, daß in diesem Falle die Gleichsetzung der objektiv realen Ordnung der Dinge an sich mit der b e­ richtigen subj ektiven Raumform eine mehr als provi­ sorische, eine definitive Geltung habe, und eine Um­ stoßung durch spätere Fortschritte der Erkenntnis nicht mehr zu gewärtigen ist. Dieser Grund besteht darin, daß

186

A . 11. Die extensive Quantität des Anschauens.

es ein und dieselbe unbewußte synthetiSche Intellektual­ funktion

ist,

die

durch

Gliederung,

Ordnung und

Ver­

knüpfung des E mpfindungsmaterials den subj ektiv idealen Raum für

das

B ewußtsein und durch Gliederung,

O rd­

nung und Verknüpfung der dynamis chen Funktion den obj ektiv realen Raum für das Dasein konstruiert und setzt. Z ugegeben, daß die qualitative und intensive Be­ s chaffenheit der Empfindung ganz dazu angetan ist, um eine O rientierung in ihr auf keine andere Weise als durch räumli che Extension und Proj ektion denkbar scheinen zu lassen, so würde daraus doch noch keineswegs folgen, daß es nun auch wirklich zu einer solchen Verräumlichung d es Empfindungsmaterials bewußte

synthetische

komme,

wenn

ni cht

Intellektualfunktion

die

gerade

un­ diese

F orm der O ri entierung dem trotz seines diskursiven Ver­ standes hierbei hilf- (1 43) losen Bewußtsein unterschöbe Daß aber die unbewuß te I ntellektualfunktion gerade diese Form und keine an dere darbieten mußte, wird sofort be­ greiflich, wenn

man

erwägt,

daß, sie

in der Rekonstruktion

für das B ewußtsein nur eben dasselbe nachbildlich wieder­ holt, was sie selbst

in

der Konstruktion für das Dasein

urbildlieh geleistet hat. Die nähere Beschaffenheit der E mpfindung, welche dieser räumlichen Rekonstruktion ent­ gegenkommt, ers cheint dann eb enso wie die Gesetzmäßig­ keit der psychis chen Reaktion auf b estimmte Reize un d die

Umwandlung

der

Reize

durch die

Einrichtung der

Sinnesorgane, von denen sie abhängt, nicht mehr als eine gegebene hat

und

Tatsächlichkeit, teleologisch

die

zufällig

sonst weiter keinen "Sinn ist,

sondern

vielmehr als

eine teleologisch e Prädetermination, welche für die Kon­ formität

der

unbewußten

synthetischen

I ntell e ktual­

funktion in der obj ektiv r·ealen und subjektiv idealen Sphäre die Wege gebahnt hat. Ob es aber wirklich die­ selbe unbewußte synthetis che Intellektualfunktion ist, die hier das Empfindungsmaterial, dort die dynamis che F unk­ tion räumlich gliedert, ordnet und verknüpft, daSI kann sich freilich

erst

aus

einer

näheren B etrachtung

der

lichkeit in der obj ektiv realen Sphäre ergeben . (Gr.

(Gr. 11. 6.)

Räum­

1. 1 1 9.)

.k. Die Räumlichkeit in der objektiv realen Sphäre.

187

Die gewöhnliche Auffassung, wie sie vom naiven Rea­ lismus vertreten wird und sich zum Teil bis in den natur­ wissens chaftlichen transzendentalen Realismus hinüber er­ halten hat, ist die, daß der leere Raum etwas an sich Sei endes, S ubstantiell es sei, das auch dann noch bestehen bleibe, wenn alle Erfüllung durch Materi e aus ihm fort­ genommen werde, daß es aber stoffli che Dinge seien, durch die er erfüllt werde. D er leere Raum war da, bevor die Welt geschaffen wurde, und wird fortbestehen, wenn sie aufgehört hat, zu existieren. \Ver die zeitliche Un­ endlichkeit der materiellen Welt behauptet, würde diese Sätze wenigstens im hypothetis chen Falle der Nicht­ wirklichkeit zugeben müssen, wenn er dieser Auffassung des Raumes huldigt. D enn wenn der Raum nicht durch das, was ihn erfüllt, erst ges·e tzt wird, dann muß. er schon unabhängig von diesem vorhanden sein und kann durch dessen Aufhören in seinem B estande nicht berührt werden . (Gr. 1. 1 65.) Diese Ansicht leidet an dem Widerspruch, daß eine l eere Form hypostasiert o der ein inhaltliches Nichts für eine Substanz, für ein Etwas ausgegeben wird. In diesem substantiellen Nichts liegen nun die sub stantiellen Etwas se, die ab Korrelate des sinnlichen (144) Stoffs, als konti­ nuierliche solide Massen, vorgestellt werden, und bewegen sich in ihm hin und her, sei es, daß. sie in ihrer Gesamtheit durch lückenlose Aneinanderlagerung den Raum ohne Rest ausfüllen, sei es, daß. sie nur minimale Teile des Rau­ mes ausfüllen und den H auptteil desselben leer lassen. Nach der mechanischen Theorie der Gase fahren die soliden Moleküle von äuß·erster Kleinheit im leeren. Raume mit großer Geschwindigkeit herum und prallen anein­ ander oder an den Begrenzungsflächen ab . Die Spann u ng und Elastizität der Gase wird so als eine aus mechanischen B ewegungworgängen entspringende Erscheinung erklärt, aber die Elastizität der festen Moleküle wird dabei als Voraussetzung b enutzt. Das Verhältnis zwischen dem D urchmesser der soliden Moleküle und ihrem mittleren Abstand wird dabei mindestens so k1ein gesetzt wie das zwischen dem D urchmesser der H immelskörper und ihrem mittleren Abstand voneinander ; d. h. das Gebäude eines

188

A . II . Die extensive Quantität dc� Anschaucns.

scheinbar soliden Stückeheus Materie wird ebenso wie das des Kosmos i n der H auptsache als leerer Raum vor­ gestellt, in dem die soliden Etwasse wie verlorene P ünkt­ chen schweben. Von einer Erfüllung des Raumes al s Ganzen durch den S toff kann b e i dieser Auffassung eigent­ lich nicht die Rede sein. Aber auch von einer Erfüll ung des Raumes durch die dynamischen B ezi ehungen der stoff­ lichen Moleküle kann nicht gesprochen werden, da solche von der kinetischen Physik l ediglich als Phänomene er­ klärt werden, die aus der B ewegung und dem Zusammen­ stoß der Massen hervorgehen. Alle scheinbare Fernwir­ kung soll aus der Ü bertragung me chanischer B ewegungs­ energie bei der stofflichen Berührung entspringen. D er Raum ist also nach dieser Ansicht in der H auptsache sowohl stofflich wie dynamisch leer, stofflich nur an den v erschwindend kleinen P unkten erfüllt, wo M oleküle sind, dynamisch nur an den verschwindend klein en B e­ rührungsstellen, wo Moleküle zusammenstoßen. D er leere Raum gilt hier als an sich seiender B ehälter des kineti­ s chen Spiels der Moleküle und erhält dadurch die ent­ s cheidende Rolle im Weltdrama zugewiesen. D er Wider­ spruch der transzendentalen Proj ektion d es sinnlichen Stoffes in die Moleküle wird durch ihre Kleinheit verhüllt oder beiseite geschob en, aber der -Widerspruch der tran­ szendentalen Projektion der abstrakt entleerten subjektiven Raumform tritt um so krasser hervor. (145) Will man der Szylla des letzteren Widerspruchs entgehen, so fällt man in die Charybdis des ersteren. Wenn die kinetische Grundanschauung festgehalten wird, nach der alle dynamischen F unktionen nur Phäno mene sind, die aus der mechanischen Energie bewegter Stoffteile und ihren Z usammenstößen hervorgehen, dann kann der leere Raum überhaupt nur soweit dynamisch erfüllt werden, als er stofflich erfüllt ist. Um also dem substantiellen leeren Raum zu entgehen, bleibt dann nichts übrig, als den Raum zu einem Akzidens des Sto ffes zu machen. Die soliden Moleküle müssen sich dann nicht mehr im leeren Raum, sondern in einem dünneren, möglichst leicht ver­ s chiebbaren Stoff b ewegen wie die H immelskörper in der Atmosphäre des Weltraums. Dieser Stoff darf dann nur

b. Die Räumlichkeit in der obj ektiv realen Sphäre.

189

noch ah. kontinuierliches Fluidum gedacht werden, da er alle etwa sich öffnenden Lücken sogleich auszufüllen hat. An ihm hätten wir dann das diametrale Gegenteil dessen, was die kinetische Physik unter einem Gase ver­ steht. Es muß nämlich weit dünner sein als der Wass cr­ stoff bei der stärksten uns b ekannten Verdünnung, müßte also nach der kinetischen Theorie auf einen gleichen leeren Raum sehr viel weniger solide Moleküle enthalten als jener. Dieses Fluidum müßte also nach der ersteren An­ sicht ganz erfüllter Raum, nach der letzteren fast ganz leerer Raum s-e in. Um die B ewegungen der soliden Massen nicht zu hemmen und zum allmählichen S tillstand z u bringen, müß t e es ein absolutes Fluidum sein , d. h . der Verschiebung seiner Teile gar keinen ·widerstand entgegen­ setzen. Gleichwohl müß t e es trotz s einer D ünnheit und absoluten Flüssigkeit stofflich kontinuierlich sein, da es durch sein bloßes D asein den s tetigen Raum nur dann setzen kann , wenn es s elbst stetig ist. N u n ist es aber unmöglich, sich die Existenz eines absoluten Flui dums physikal i sch auszudenken, und ebenso unmöglich ist es, die Verdichtung eines solchen Fluidums zu denken, das schon bei der äuß ersten Verdünnung den Raum stetig erfüllt. \Venn zur Verschiebung der Teil e gar kein Kraftaufwand mehr gehört, s o fällt bereits ein wesentliches Merkmal der Mat erie 'fort, mit welchem ge­ rade der B egriff der Raumerfüllung aufgehoben wird ; wenn eine Verdünnung und Verdichtung möglich sein soll, muß auch eine Entfernung und Annäherung der nächstbenachbarten Teile möglich s ein, die aber bei ste­ tiger Rarnne rfüllung unmöglich wird. In diesen physi­ kali�chen Schwierigkeiten tritt nur der Grundwiderspruch zutage, (146) der damit begangen wird, daß die subj ektive Erscheinung des sinnlichen S toffes und seine P seudokonti­ nuität in die obj ektiv reale Sphäre hinausprojiziert werden. D er sinnliche Stoff ist j a nur die räumlich ausgebreitete Empfindungsqualität selbst, d. h . dasj enige, was rein sub­ j ektiv ist und in der Sphäre der obj ektiven Realität gar nicht vorkommen kann. Wird also der sinnliche S toff dennoch in diese Sphäre hinausprojiziert, so wird die Empfindung in unzulässiger \V eise transzendentalisiert. D ie

Die extensive Quantität des Anschauens,

A. II.

1 90

Pseudokontinuitä.t des sinnlichen S toffes haftet wiederum nur an der der Empfindungsqualitä.t, die eine s ubj ektive Täus chung ist.

Form des

So gewiß. der objekt i v reale Raum als

Daseins

eine

urbildliehe

Kontinuität

b esitzen

muß , von der die P seudokontinuität der stoffgetränkten sinnlichen Anschauung nur ein unvollkommenes Abbild gibt, so gewiß ist es sinnl o s, über die Ko nti n uität oder

Diskontinuität des S t off es in der obj ektiv realen Sphäre zu

s trei te n ,

da

es

einen so lch en dort gar nicht geben kann .

D er berechtigte Kern des t rans zen d en talen I d ealismus

besteht gerade darin,

daß er

die t r ans zend en tal e Gültig·

keit des leeren Raumes als wirklichen und des sinnlichen Stoffe:. verneint ; sein I rrtum besteht darin, daß, er die se kri tischen B erichtigungen der gewöhnlichen \Veltanschau· ung nicht anders durchführen zu können glaubt, als indem

er der Form der Räumlichkeit überhaupt dentale

G ü lt igk ei t abspricht.

lismus hat darin recht,

daß

das sinnliche Trugbild

des

die transzen­

trans zen d ent al e

D er

I dea·

weder der leere Rau m, noch

S toffes, noch

geartete Verbindung ibeider " Dinge

an

die

sich"

irgendwie

sind ;

aber

er hat unrecht, wenn er nun die D inge an sich überhaupt

leugnet, als ob es keine anderen Dinge geben könnte als s toffliche mit kontinuierlichem räum li chem Dasein. Er hat darin recht, daß, der wirkliche Weltraum w eder S ub· stanz, noch Akzidens eines kontim.uierlichen S toffes, wede r leerer, noch stofferfüllter Raum s ein kann ; aber er hat

u nrecht, wenn er damit alle M ö gli chke i t en erschöpft zu

wir kli chen 11. 1 9.)

haben und 'aarum den können glaubt.

(Gr.

Was ve rst eh e n

wir darunter,

Weltraum leugnen zu wenn

wir

von

·einer

materiellen Erfüll u ng des objektiv realen Raumes sprechen,

die als bewußtseinstranszendentes Korrelat der stofflichen Erfüllung des subj ektiv idealen Raumes ent sprechen soll ?. W enn wir uns eine luftleere Glasröhre dächten, die ni cht einmal mehr Äther ent hi el t e, so würde eine solche aller·

dings

außerstande

sein ,

solche

Kraftäußerungen

durch

(1 47) sich hi n durchz ul e i ten , die auf einer Ü b ertragung mechanischer Energie beruhen, z. duktion und

von einem Mol eküLe

zum andem

B. Licht· und Wärmestrahlen, elektrische I n· Magnetismus ; ab er

sie würde

immer no ch

191

b. Die Räumlichkeit in der obj ektiv realen Sphäre.

solche Kraftäuß erungen hindurchlassen, die als Fernwir­ kung aufzufassen sind, z. B. die unmittelbare Anziehung und Abstoßung der Atome.

Sie würde also ein mit

wichen

dynamischen Funktionen erfüllter Raum sein, aber trotz­ dem in b ezug auf materielle Erfüllung ein leerer Raum heiß en müssen. Hieraus erhell t , daß fernwirkende Kräfte, auch wenn sie einen bestimmten Raum dynamisch erfüllen, ihn darum doch noch nicht materiell erfüllen.

Zur materiellen Erfül­

lung gehört, daß in dem begrenzten Raume nicht nur dyna­ mische Funktionen auß erhalb belegeuer Kraftzentra, son­ dern die Zentra selbst von wirksamen Kräft en anz utreffen sind ; denn nur in diesem Falle sind Atome oder Mole­ küle in ihm vorhanden, die j eder örtlichen Verschiebung oder Verdrängung einen B eharrungswiderstand entgegen­ setzen,

diesen

wirkungen mittel ung nehmen

Widerstan d

geltend

machen

durch und

zugeführt·e mechanische und

weiter

übertragen

abstoß ende

die

durch

Kraft­

diese

Energie in

sich

oder fortleiten

Ver­ auf­

können .

Maßgebend ist dabei, ob neu eindringende materielle Kräfte in diesem Raume Widerstand vorfinden oder nicht, was sich für die beiden räumlichen Sinn e als relative Un­ durchdringlichkeit und Reflexion einfallender Li cht­ strahlen

(beziehungsweise

als

Lichtaus strahlung

leuchtender Moleküle) offenbart .

selbst­

Eben deshalb würde ein

ab50lutes Flui dum, das der Verschiebung und Verdrängung gar keinen Widerstand mehr entgegensetzte, auch nicht mehr als

materielle Raumerfüllung gelten können .

Die oben gegebene Formulierung, daßl nur ein Raum, in

welchem

wirksame

Kraftzentra

anzutreffen

sind,

materi ell erfüllt heiß en kann, l eidet an einer theoretischen Ungenauigkeit, di·e der Berichtigung bedarf, obwohl sie praktisch nicht in B e tracht kommt. Es ist nämlich dabei vorausgesetzt, daß der begr·enzte Raum eine solche Größe habe, daß gegen sie diej enigen Entfernungen verschwin­ dend

klein

sind,

stoß ungskräfte

auf

eine

welche

erst

merkliche

lässigende Kraftwirkung entfalten.

di e

und

molekularen

nicht

zu

Ab­

vernach­

Ist der begrenzte Raum

nicht ganz doppelt so groß, als die Entfernung, auf welche die molekulare Abstoß ung ins Gewicht fällt, so wird er

192

A . II. Die extensive Quantität des Anschauens.

auch dann als materiell gefüllt erscheinen müssen, wenn innerhalb seiner selbst keine Kraftzentra liegen. Mit so kleinen (148) Räumen haben wir es aber praktisch nicht z u tun. Für größ ere, materiell leere Räume ist nur das zu bemerken, daß, die Grenz en der materiell erfüllten U m­ gebung nicht mit der durch die letzten Kraftzentra ge­ legten Fläche zusammenfallen, sondern mit einer ihr parallelen Fläche, die um die Entfernung der merklichen molekularen Abstoß ungswirkung nach auß en gescho­ ben ist. S chließlich ist es aber aus theoretischem Gesichts­ punkt ganz willkürlich, wie groß man die Entfernung an­ nehmen will, von der an molekulare Abstoß.ungswirkungen nicht mehr vernachlässigt werden dürfen ; diese Grenze wird uns nur durch das praktische B edürfnis und die zufällige Genauigkeit der menschlichen Beobachtung ge­ zogen. D enn in der Tat wirkt ja auch die Abstoßungs­ kraft der Atome ebensogut ins Unendlich e wie die An­ ziehungskraft, nur in einer mit der Entfernung rascher ab­ nehmenden Progression. Was wir also innerhalb des wirk­ lichen Weltraums materiell leere Räume nennen, sind in der Tat keine dynamisch leeren Räume, in dooen die obj ektiv real·e Erscheinung der materiellen Erfüllung fehlte, sondern dynamisch erfüllte Räume, in d enen das resul­ tierende Phänomen der materiellen Erfüllung nur nicht denj enigen Grad err e icht, um unsern Siimen wahrnehmbar z u werden. D enn solange diesseits und jenseits des leeren Raume� noch abstoß ende Atome vorhanden sind, kann auch der vermeintlich leere Raum von einem eindringenden Atom oder einer Gruppe von solchen nicht durchschritten werden, ohne zunehmenden Widerstand hervorzurufen, womit das Phänomen der materiellen Erfüllung des Raumes gegeben ist. Anders liegt die Sache bei solchen Räumen, die nur auf ihrer einen S eite Atomkräfte haben, auf der andern aber nicht mehr. Dieser Fall tritt überall ·ein an der äuß eren Grenze des wirklichen Weltraumes, außerhalb der krummen Fläche, welche durch die letzten Kraft­ zentra zu l egen ist. H ier findet in d er Tat ein Atom beim Eindringen in diesen Raum keinerlei Widerstand ; die

b. Die Räumlichkeit in d er objektiv realen Sphäre.

193

B ewegung über die Grenzen des wirklichen Weltraumes hinau�

wird

ihm

mehr gehindert. das

Phänomen

durch

keine gegenüb erstehende

Es fehlt also außerhalb der

Materi e oder di e

Kraft

dieser Grenze

materielle

Raum­

erfüllung. Daß di e letzten Atome sich ins Unb egrenzte zerstreuen, wird nur durch die Anziehungskräft e innerhalb des wirklichen vVeltraums verhindert, d. h. durch die ma­ terielle E rfüllung des innerhalb ihrer belegenen Raums. Gleichwohl greift

(149)

die dynamisc h e Erfüllung

in ge­

wi5sem Sinne über diese Grenzen der materiell en Erfüllung hinüber. Man könnte dies nur dann v erneinen, w enn

man

die

dynamische vVirkung zweier Atome aufeinander auf

di e

beiden

be­

entgegengesetzt

gerichteten

Kraftstrahlen

�chränkt denken wollte, die in die Verbindungslinie der b eiden Kraftzentra fallen ; eine solche Ann a hme würde aber

die Kontinuität der Raumerfüllung wiederum aufheben und an ihre S t elle ein D urcheinander von diskreten ge­ raden Linien setzen, die in einem in j eder H insicht leeren

Raume s chweb en.

Will man die Kontinuität der Raum­

erfüllung festhalten, so muß man annehmen , daß entweder alle unendli ch vielen Kraftstrahlen ·eines Atoms auf die j edes anderen wirken, oder wenigstens all e entgegengesetzt gerichteten Kraftstrahlen z w ei er Atome, die sich kreuzen , aufeinander Atome

wirken .

I m ersteren

mit ihren ganze n

einander, im letzteren

Falle wirken

je

zwei

unendlichen Kraftsphären auf­

Falle

nur mit

denj enigen Teilen

i hrer Kraftsphären, die zwis chen den beiden E b enen liegen, welche durch die beiden Kraftz entra senkrecht z u ihrer Verbindungslinie gelegt werden können.

D ie letztere An­

nahme hat das für sich, daß nicht nur die Kraftstrahlen gleichartiger Atome, sondern auch die Kraftstrahlen einer und einer abstoß,enden Atomkraft in der­ j enigen Entfernung, wo beide gleiche I ntensität haben, keine Wirkung aufeinander ausüben, woraus z u entnehmen anziehenden

i st, daß zur dynamis chen Spannung ein Richtungsgegen­ satz, wenn auch kein vollständiger, gehört. Wenn aber auch nur diej enigen Teile der Kraftsphären aufeinander wirken, die zwischen den näher b ezeichneten Ebenen liegen, so ragen doch die seitlichen Teile des V'On diesen E. v. H a r t m a n n , Kategorienlehre. I. 13

194

A . li. Die extensive Quantität des Anschauens.

Ebenen begrenzten Raumes aus dem materiell erfüllten Weltraum hervor, und da Atome sich in allen Richtungen entgegenstehen, müss en auch ebenso viele dynamisch er­ füllte Raumabschnitte aus dem materiell erfüllten Raum hervorragen. Dabei ist aber folgendes zu b eacht en. Erstens muß die dynamische Erfüllung um so schwächer werden, j e weiter 5ie sich von der Verbindungslini e der Kraftzentra nach der S eite verliert, muß also in unendlicher, seitlicher Entfernung auch unendlich klein werden. Zweitens wird durch diese seitlichen dynamischen N ebenwirkungen das Ergebnis nicht geändert, das in der Wirkungsresultante zum Ausdruck kommt, weder in bezug auf die Gesamt­ intensität der Anziehung oder Abstoßung, die bloß von dem Abstand (150) der Kraftzentra voneinander abhängt, noch in der aus dieser Wirkung folgenden B ewegung, die nur in einer Änderung dieses Abstandes zutage tritt. Die dynamische Raumerfüllung, soweit sie die Grenze der materiellen Raumerfüllung überschreitet, hat also gar kein E rgebnis, das nicht schon in den Veränderungen aus­ gedrückt wäre, die innerhalb des materiell erfüllten Raumes vor sich gehen. Es fehlt den den wirklichen Weltraum überragenden Teilen der Kraftsphären gerade dasjenige, was ihre Aktualität erst beglaubigt, der Erfolg ; soweit sie an den Kraftresultanten mit beteiligt sind, liegt eben ihr Erfolg innerhalb des materiell erfüllten Welt­ raums und nicht außerhalb desselben. Sie sind so, als ob sie nicht wären, verhalten sich also zu den innerhalb des wirklichen Weltraums fallenden Teilen der Kraft­ sphären wie etwas Potentielles zu etwas Aktuellem. Träte ihnen von j enseits her plötzlich eine neu auftauchende Atomkraft gegenüber, so würde die Potentialität dieser Teile ihrer Kraftsphären sich sofort in Aktualität ver­ wandeln, das Phänomen der materiellen Raumerfüllung auch hier hervorrufen und durch diesen U ruschlag be­ stätigen, daß sie vorher sich bloß potentiell verhielten. (Gr. 11. 114.) Hiermit wird die oben (S. 138-139) offengelassene Möglichlieit ausgefüllt, daß der den wirklichen Weltraum umgebende potentielle Raum noch etwas mehr sein könnte

c.

al s die

t e r ung

195

Die Räumlichkeit in der metaphysischen Sphäre.

b lo s s e Mögli chkeit einer widerstandslosen Erwei­

wi rkli c hen vVel t rau m s d ur ch z e ntrifugale Be­ wegung der letzten Atome, daß er viel me h r eine poten­ tielle dynamische Raumsetzung und Raumerfüllung be­ de u te t , die kein aktuelles E rgebnis auß erhalb des mat e ri el l erfüllten Raumes hat. In diesem potentiell dynamisch e r­ füllten Raume dürfen wir einen materiell n i c ht erfüll ten (materiell l eeren) und do ch ni cht in j ede r H insicht nicht­ seienden Raum erk:ennen, während die so gen an nt en leeren Räume innerhalb des wi rkli c h en Weltraumes nur nach d es

Maßgabe unserer Sinness chärfe so heißen können. Auch die mechanische Theorie de r Gase kann ihre

B edeutung b ehalten, wenn sie sich zu der einen B erichti­

gung ve r s teh t , daß ein el ast i s c h e r Stoß z wisch e n stoff­ lichen Molekülen, no ch dazu von unendlich kleinem D ur ch ·

messer, e t wa s phy sikal i sch und mathematisch gl e i c h Un­ denkbares i s t daß vielmehr die b eweglichen Gas ato me als abs to ß ende Gruppen von Kraftzentren zu d enke n sind, und da ß der elastische Stoß. zwischen den sich einander begegnenden n u r ein aus ih ren Abstoßungskräften res ul­ tierendes Phä-(151 )nomen ist, das ohn e B erührung durch molekulare Fernwirkung z ust ande kommt. Mit dieser Änderung fällt sowohl der l e ere Raum zwischen den Ato­ men, als auch die Ü bertragung d es sinnlichen S toffes auf die Atome hinweg. D e r l ee re Raum wandelt sich in ein en dynamisch erfüllten, das stoffliche M olekül e von mini­ mal e r Ausdehnung in eine G ruppe mat h e ma t is ch e r P unkite, der B r ennp u nkt e aller Kraftwirk ungen, um. D ie mecha­ nische Theorie der Gase würde damit selb st zu einer b e ­ sonderen Anwendung de r dynamis c h e n Weltans c h auung werden, währ end sie j etzt, als ein Spezimen de r kinetischen ,

Weltanschauung, in einen diametralen Gegensatz

zur

dyna­

misch en ;Weltans chauung gestellt und für eine physiKa­ l is ch e Ü ber wind ung d i e s e r au s gegebe n wird . (G1·. 1. 77.)

(Gr. 11. 111 .)

c) D i e R ä u m l i c h k: e i t i n d e r m e t a p h y s i s c h

en

S p h ä r e.

N ach de m so de r B e g riff der materiellen Raumerfül­ l ung auf den einer bestimmten dyn amischen Raumerfül-

1 3*

:\ . I I . D i e extensive Quantität d e s Anschauens.

1 \) G

J ung zurückgeführt ist, ge winnt das Probkm des objek t iv realen Raumes ein anderes Ansehen .

Wenn er weder eine

Substanz , no ch ein Akzidens eines objektiv realen S toffes s ein kann, so hindert doch nichts, daß er ein Akzidens de r Kraftäußerung sei.

D ie

Kraft als Pot enz ist eb enso un­

räumli ch, wie sie unzeitlieh ist ; aber die Kraftäußer ung al s dynamische Funktio n kann ebensowohl räumlich sein, wie sie zeitlich ist. Die Räumlichke it wäre alsdann nicht mehr unmittelbar,es Akzidens der Substanz, wie der nai\·e R ealismus meint, wenn er den Stoff für die reale S u b ­ stanz hält, welcher die Räumli chkeit a l s Akzidens inhäriert . Die Räumlichkeit ist dann nur noch eine Form der Aktual i­ tät der Kraft , wie die Zeit es auch ist, also Akzidens an einem Akzidens H and .

oder

mittelbares

Ak zidens

aus

zweiter

Die Räumlichkeit des dynamischen Aktus ist eben­

sowenig b egrenzt von der Unrä u mlichkeit der dynamis ch en Pot enz, wie es die Zeitlichkeit des ersteren von der Ewig­ keit der l etzteren ist, sondern steht hinter ihr und über ihr.

Wie es der ewigen Kraft mit gl·eicher Leichtigke i t

freisteht, s i c h i n j edem Zeitpunkt zu äußern, s o s t e h t

es

a u c h d e r unräumli chen offen, sich a n j ede m Raumpunkt zu

äuß e rn ,

selb stverständlich

in b eiderlei

nach logischer G es etzmäßigkeit.

H insicht

nur

D amit verschwindet das

P roblem der Fernwirkung, weil für die unräumliche Kraft als solche ein U nters chied von fern und nah nicht besteht .

(152) Was ist aber unter "dynamis cher Raumerfü l­ l ung" zu verstehen ? Zweierlei Mißverständnisse sind hier von vomherein auszuschließ en, e rstens, als o b ein schon v orhandener leerer Raum dynamisch erfüllt werden sollte, und zweitens , als ob die Raumerfüllung d urch die Kraft nach Analogie einer stofflichen Emanation zu denken wäre . N i cht ein vorhandener l eerer Raum soll hinterdrein dyna­ misch erfüllt werden , sondern ein noch nicht vorhandener soll durch räumliche Kraftäußenmg gesetzt, nun aber auch gleich als dynami sch erfüllter Raum gesetzt werden. Die dynamische Funktion ist nicht al s ein wenn auch noch so \;:erfeinertes , stoffli ches Fluidum zu denken, das vom Zentrum

ausstrahlt,

oder in dieses hineinstrahl t ,

als ob

etwa die Abstoß ungskraft bliese und die Anziehungskraft saugt e . D enn dann müßte im mathematis chen P unkt de s

c. Die Räumlichkeit in der metaphysischen Sphäre.

Hli

abstoßenden Kraftzentrums eine unerschöpfliche Q uell e emanierbaren S toffes ste cken und in dem des anziehen­ den Aufnahmefähigk'eit für Resorption e iner unerschöpf­ lichen Fülle von einströmendem Stoff vorausgesetzt wer­ den, was beides wi derspruchsvoll ist. Bei der l etzteren würd e auch die H erkunft des vom Zentrum eingesaugten Fluidums rätselhaft sein , ebenso wie bei der ersteren der \- er bleib des von ihr ausgehau chten Fluid ums. Falls die dy namis che Funktion nicht gar nach Analogie fester stoff­ licher Fäden oder Stangen als Mittelursachen für Zug­ und Druckwirkung, sondern nach Analogie eines flüssigen oder gasförmigen Stoffes vorgestellt wird, müß t e auch eine mit der Entfernung vom Zentrum wachsende Zeit erforderlich s ein, ehe die Stoßwirkung der emanierten Stoffteilchen ein anderes Kraftzentrum treffen , oder die Zugwirkung des Einsaugens sich bis zu ihm hin geltend macht. Wir können j edoch eine Zeitdauer für Kraft­ wirkungen nur da annehmen, wo Ü bertragung mechani­ scher Energi e immer v.on einem Moleküle zum b enach­ barten, d. h . Leitung, stattfindet, aber nicht, wo echte, d. h . unmittelbare F.e mwirkung vorliegt . Die Materie als obj ektiv reale Ers.c hein ung, d i e u nserer \Vahmehmung als transzendentes Ding an sich gegenüber­ steht, ist erst ein aus bestimmter G ruppierung dynami s cher F unktionen hervorgehende s Resultat ; folglich k ann dieses Resultat nicht schon als . solches in d en Funktionen ent­ halten sein, aus d enen es hervorgeht, d. h. die die M aterie darstellenden dynamischen Funktion·en können nicht selbst s chon materiell sein. D e r Stoff als subjektiv ideale Er­ scheinung oder Vorstellungsrepräsentant der materiellen D inge an sich (1 53) für das B ewußtsein ist erst ein Pro­ dukt aus dem Zu sammenwirken der Materie und der p sychischen Funktionen, d . h. ein Produkt aus zweiter H and oder ein mitbelbares Resultat der die Materie dar­ st ellenden dynamischen Funktionen. Diese letzteren kön­ nen deshalb noch w,eniger stofflich al s materiell sein ; sie müssen vielmehr schlechthin u nstofflieh und immateriell gedacht werden . Sollen sie mit einem positiven Ausdruc� bezeiclmet werden, so bleibt kein anderer übrig als geistig, spirituell,

198

A . II.

Die extensive Quantität des

.'. n s c h a u e n s .

pneumatisch. Dabei muß a:ber erstens die Form des B e­ wußtseins von der Geistigkeit abgestreift werden, es darf sich zweitens kieine Beziehung auf ein materielles O rgan des G eistes einschleichen, und es muß drittens j ede N eb en­ vorstellung ferngehalten werden, als ob der Geist s elbst nur eine feinere Art Stoff wäre. Man könnte die dyna­ mische Funktion rein ideell nennen, wenn damit nicht die ihr wesentliche dynamische oder thelistische Intensität b eiseite geschoben wäre ; man könnte sie rein thelistis ch nennen, wenn so nicht über der \Villensseite die Idealität des Inhalts verges sen wäre. Sie wird aber erschöpfend charakterisiert, wenn man sie thelistisch-ideell oder ideell­ thelistisch nennt ; dieser Ausdruck deckt sich aber wieder vollständig mit dem der unbewußten, immateriellen, stoff­ losen und organlosen Geistigkeit. Denken wir uns nun, daß diese dynamische Funktion als einzige ihrer Art in der Welt wäre, wobei es gleich­ gültig i st, ob sie positiv oder negativ, anziehend oder ab­ stoß end gedacht wird ; alsdann wird diese eine unteilbare, d. h . atomistische Funktion für sich allein schon den Raum setzen, und zwar so, wie er der Möglichkeit nach ist, ektiv idealen Sphäre ist also entweder falsch oder eine tautologische Ableitung aus dem Satz vom \Viderspruch. Der Satz vom Grunde, bezogen auf die obj ektiv reale Sphäre, ist erst recht kein Grundsatz der logischen D eter· mination in der subj ektiv idealen S phäre. Es ist unsere Geistesorganisation, die uns t reibt, überall nach einer Ursache zu forschen, unter der Voraussetzung, daß schon eine da s ein wird ; das Postulieren einer Ursache ist nichts als eine Äuß erung unserer Kategorialfunktion. Die Überzeugung ab er, daß die Welt wirklich so einge­ richtet ist, wie unsere Kategorialfunktion es stillschwei­ gend voraussetzt und überall wenigstens versuchsweise annimmt, diese Ü berzeugung ist das l etzte Ergebnis einer induktiven E rforschung der Welt, h at also nur eine an Gewißheit grenzende Wahrscheinlichkeit und nicht apo­ dik tische G ewißheit im strengen Sinne, wie ein logischer Grundsatz es verlangen würde. Daß noch heute der Glaube an eine indeter-(312)ministische Willensfreiheit in den weitesten Kreis en verbreitet ist, beweist zur Genüge, wieviel daran fehlt, daß der Satz des zureichenden Grun­ des als ein ausnahmslo s gültiger zu allgemeiner Anerken­ nung gelangt wäre. Am allerwenigsten kann eine B eziehung der subjek­ tiv ideal en und o bjektiv realen B edeutung des Satzes vom Grunde aufeinander ein Grundsatz der Logik sein. Ob überhaupt ein Verhältnis zwischen dem kausalen Zusam­ menhang der real en Vorgänge und dem logis chen Zusam­ menhang der Gedanken besceht, wie weit es gilt und wel­ cher Art es ist, ob das Prius in der Natur auch zum Prius in der E rkenntnis oder ob es vielmehr in ihr zum P osterius wird, und wann das eine und wann das andere, das alles ist a priori gar nicht zu bestimmen, sondern k ann nur aus einer induktiven Erforschung einers eits des W eltzusammenhanges, andererseits des Erkenntnis-

a. in der subj . idealen Sphäre. y.

Die

Ausschl. d. Widerspruchs.

163

verlaufs und aus dem Vergleich b eider sich ergeben. Es ist letztes Resultat der Erkenntnistheorie, aber es kann niemals ein ursprünglicher Grundsatz der logischen D eter­ mination s ein. Es kommt nicht viel darauf an, wie der Satz vom Widerspruch formuliert wird. A ist nicht N icht-A. Ent­ gegenges etztes ist nicht dasselbe . Es kann etwas nicht zu­ gleich sein und nicht sein. Es kann etwas nicht zugleich Prädikat eines Subj ekts sein und nicht sein. Kontradik­ toris ch entgegengesetzte P rädikate können einem und dem­ selben Subjekt nicht zugleich zukommen und nicht zu­ kommen. Kontradiktorisch entgegengesetzte Urteile kön­ nen nicht beide wahr sein ; sondern wenn das eine wahr ist, so muß das andere fals ch s ein und umgekehrt. Die Ver­ einigung kontradiktorischer G egensätze kann weder s ein noch gedacht werden (soweit nämlich die H errschaft des Logis chen reicht) . Bei allen diesen Fassungen ist nur zu beachten, daß der Begriff in b eiden Gegensätzen genau gleich gefaß t und auf das Subjekt in demselb en S inne bezogen wird ; wenn also das S ubjekt unter Zeitbezieh un­ gen steht, so muß auch das Zuerteilen und Absprechen des P rädikats sich auf denselben Z eitpunkt in der Exi­ stenzdauer des S ubjekts b eziehen, weil sonst kein kon­ tradiktorischer Gegensatz vorhanden ist. Unter dem kon­ tradiktorisch Entgegeng·e setzten des A oder dem N icht-A ist hier nicht die unbestimmte Sphäre aller von A v er­ schiedenen B egriffe, auch nicht ein einer ganz anderen Gattung als A angehöriger B egriff gemeint, sondern nur ein solcher, der die Vemeinung des A als ausdrück­ liche P rivation in sich schließt ; es kommt hier also (81 3) nicht ein positiv kontradiktorischer, sondern ein privativ kontradiktorischer Gegensatz in B etracht 1) . D as Sichwidersprechende zu denken , ist eine unlös­ bare Aufgabe. Man kann wohl die B estandteile des Widerspruchs denken ; man kann auch versuchen, sie denkend zu vereinigen, - aber es bleibt beim Versuch, der j edesmal mißlingt. vVer behauptet, das Si chwiderS.

1 ) Vergl. meine Schrift "Über die dialektische IOI - 105.

M e t ho u c " .

1 1"

1 86 S .

164

!I. 4 · Die Kategorien des schließenden Denkens,

B.

spre chende zusammen d enken zu können, der täuscht sich selbst, indem er entwed er bloß sie

v ereinigen

nimmt,

wo

kon trär

zu

können,

keiner ist,

die S tücke denkt, ohne

o der

z.

einen

Widerspruch an ·

B . bei dem Zusammendenken

Entgegengesetzter.

Das

Widersprechende

v er­

eint zu denken ist eine in sich wid erspruchsvolle D enk­ aufgabe, und ihre Lösung ist unmögli ch, weil sie der logi­ schen Wesenheit unseres D enkens widerspricht. D araus, daß das S ichwidersprechende nicht zusammen g e d a c h t w erden kann,

folgt nun aber durchaus noch nicht ohne

weiteres, daß. es nicht doch zusammen s e i n kann, san­ dem nur insoweit, als die · Voraussetzung gültig ist, daß das

Sein

unter

dem

Gesetz

des Logischen steht.

Der

S chluß von der U ndenkbarkeit auf das N ichts ein hängt

in j e dem b esonderen Falle an der Gültigkeit des Satzes

vom Widerspruch für die obj ektiv real e S phäre als allgemeinen Obersatz, hat also niemals eine höhere Wahr­ scheinlichkeit

als

dieser

Soweit man

aber

O b ersatz.

diesen

(Gr.

Obersatz

11. 33.)

gelten läßt, wird

die widerspruchsvolle Bes chaffenh eit eine r B ehauptung zum Merkmal ihrer inhaltlichen U nwahrheit. W eil das S eiende

j ed e

nicht

in

sich

B ehauptung

schaffenheit Satze :

"alle

unwahr" ,

im

widerspruchsvoll

fals ch

sein,

besonderen

die

Falle

wi derspruchsvollen

folgt

der . andere :

ihm

sein karm, muß eine

Urteil e

"alle

solche

zuschreibt. sind

Aus

Be­

dem

notwendig

widerspruchslosen U r­

teile sind nicht notwendig unwahr" , aber nicht der Satz : "alle . widerspruchslosen

Urteile

sind

notwendig

wahr".

D i e Widerspruchslosigkeit ist nur das formale Kriterion der \Vahrheit ; aus der formalen \Vahrheit folgt ab er nicht

die

inhaltliche,

während

aus

der

formalen Unwahrheit

nach j enem S chlusse die inhaltliche Unwahrheit gefolgert werden durfte.

Die inhaltliche \Vahrheit

bedarf der in­

haltlichen Ü bereinstimmu ng mit dem S ein, während durch die \Viderspruchslosigkeit nur

die formale Ü bereinstim­

mung mit dem S ein in bezug auf die formallogische B e­ schaffenheit (31 4)

beider

Wenn

formalistisch

ist,

festgestellt

aber so

die

muß

ist.

logische sie

den

D e termination rein I nhalt,

auf

den sie

angewandt wird, bereits vorfinden ; da sie ihn s i ch nicht

a.

in

der

su bj .

idealen Sphäre. J'· D i e A u sschl . d. Widerspruchs.

1 65

selbst geh en kann, so muß e r ihr von anders woher ge­ geben sein. B ei der Induktion eines Gesetzes ist es offen­ bar die Erfahrung, die beide einander beglei tenden Er­ scheinungen in einer Reihe von verschiedenen Fällen darbietet ; bei der Induktion einer Ursache ist zwar die Wirkung empirisch gegeb en, die Kenntnis der kausalen Gesetzmäßigkeit aber muß au s früheren I nduktionen oder aus formalen Deduktionen ges chöpft werden. Bei der D eduktion, die einen realen Kausalzusammenhang zu rekonstruieren versucht, ist ebenfalls die bestimmte Ur­ sache empirisch gegeben , die Kenntnis des Gesetzes i n­ duktiv gewonnen oder aus formalen D eduktionen �ge­ schöpft. Das empirische Gegebensein b raucht in allen diesen Fällen kein unmittelbares durch gegenwärtige eigene vVahrnehmung zu seinJ sondern kann auch ver­ mittelt sein durch frühere oder fremde Wahrnehmungen oder induktive und deduktive S chluß folgen aus solchen. I mmer aber weist das S chließen irgendwie auf die Er­ fahrung zurück. S elbst bei den formalen D eduktionen allgemeiner G esetze ist dies in doppelter H insicht der Fall. Einerseits werden nämlich dies e Gesetze erst dadurch zu O bersätzen in Wirkungsdeduktionen oder U rsa chen­ induk tionen brauchbar, daß ihre Gültigkeit auch für die objektiv reale Sphäre des Dasei n s angenommen wird ; diese aber ist nur durch I nduktion auf breitester empiri­ scher Grundlage zu begTünden. Anders eits ist selbst die rein formale Geltung solcher Gesetze innerhalb der sub­ jektiv idealen Sphäre davon abhängig, daß die log·ische Determination innerhalb dieser S phäre eine zunächst nur für sie selbst gültige E rfahrungsgrundlage gefunden hat. Es ist dies die Existenz von Empfindungen, Anschau­ ungen, Vorstellungen usw. im B ewußtsein. Die reine Mathematik wäre nie erfunden worden, wenn wir nicht in unserer inneren Erfahrung intensive und extensive Größen, Empfindungen und Anschauung'e n vqrgefunden hätten, von denen wir durch Messen die reinen Quantitäts­ verhältnisse abstrahiert hätten. Die Geometrie und Stereo­ metrie hätte nicht entstehen können ohne die innere Er­ fahrung des Raumes, die uns durch die Anschauung dar­ geboten wird, um dann als Stoff für die logisch deter-

166

B . JI.

4· Die Kategorien d es schli eßenden Denkcns.

minierende Explik ation der R aumverhältnisse zu dienen. D as gleiche gilt für di e innere Erfahrung der B ewegung hinsichtlich der Phoronomie und die der (315) Kraftäuße­ rung für die Dynamik und für die reine Logik hinsicht­ lich der B egriffe, aus denen sie Urteile zusammensetzt . Ob alle di ese Erfahrungen ihrerseits nicht selbst wieder vorbewußte, kategoriale SyntheS'en sind, kommt dabei gar nic h t in Betracht ; für das B ewußtsein sind sie ein ohne s ein Zutun vorgefundener, von seiner Willkür unab­ hängiger I nhalt, an welchem nun erst die bewußte logische D etermination den Stoff zu ihrer B etätigung findet. B ei der Induk tion von Gesetzen s chal ten sich die partikularen B esonderheiten der gegebenen Erscheinun­ gen allerdings aus , aber es bleibt doch ein Rest von Ge­ gebenem übrig, der nicht zur logischen D etermination als solchen gehört und darum auch nicht durch logische Determination gefunden werden kann. In der mathemati­ schen Fonnulierung der so gefundenen Gesetze drücken sich diese Gegebenen als die sogenannten Konstanten aus. Keine noch so scharfsinn ige Reflexion könnte j emals durch logische Determination ennitteln, wie groß in der F allformel das _q, die Beschleunigung der Schwere, in einer S ekunde ist ; nur aus der Erfahrung kann der Zahlenwert des g in der gewählt:en Längenmaßeinheit festgestellt werden. Solche Konstanten b leiben in allen Ges etzen bestehen, und es ist eine der schwierigsten Auf­ gaben der Induktion, sie mit einer für alle Fälle aus­ rei chenden Genaui gkeit zu ennitteln. Wenn die formalistische D eduk tion Gesetze aufstellt, die für die Erklärung der Erscheinungen soll en nutzbar gemacht werden können, so muß sie dem dadurch Rech­ nung tragen, daß · sie die nötige Anzahl von Konstanten in di e Formeln einsetzt. Es ist unstatthaft, bloße B e­ ziehungen zwischen Variablen zu formulieren, ohne den Einfluß der Konstanten zu berücksichtigen. Wo man :o hne Konstanten auszukommen glaubt, ist dies eine bloße Täu­ schung, die daraus erwächst, daß die N ullpunkte und Maße so gewählt sind, daß die Konstanten 1 werden. Die D eduktion kann aber nur B u chstaben für die Konstan=

a.

in der subj . idealen Sphäre. y. Die Aussehl. d. Widerspruchs. 1 6 7

ten setzen, welche andeuten, daß diese Konstanten zwar in der obj ektiv realen Sphäre ganz bestimmte Werte haben, daß sie ab er auf deduktivem Wege nicht zu er­ mitteln sind. D eshalb b leiben alle solche deduktiv ab­ geleiteten Gesetze bloß formale Gerippe zu wirklichen G e­ setzen, die ihre Ausfüllung erst dann finden, wenn die \V erte für die Konstanten induktiv ermittelt sind. (31 6) Selbst diejenigen formalistischen Disziplinen, die von einer Ergründung des realen Kausalzusammen­ hanges Abstand nehmen �nd sich ganz auf die Explikation solcher B eziehungen beschränken, die in der obj ektiv realen Sphäre nur implizite enthalten sind, selbst diese könneu der Konstan�en nicht entbehren. Da aber hier alle B eziehungen erst willkürlich gesetzt werden, so sind auch die Konstanten willkürlich. vV enn ich z. B. eine Parabel untersuche, so muß ich eine irgendwie gestaltete Parabel zeichnen, die einen ganz bestimmten Parameter hat ; aber um die Gesetze der Parabel festzustellen, die für alle P arameter gelten, nenne ich i hn p und lasse es offen , welcher Wert in j e dem besonderen Falle für diese Konstante eingesetzt wird. I mmerhin bleiben auch hier noch gewisse Bestimmungen übrig, die j eder Willkür entzogen sind, so z. B. daß die Zei t nicht mehr als eine , der Anschauungsraum nicht m ehr als drei D imensionen hat. D as sind wiederum rein empirisch gegebene B e­ stimmungen, die Konstante in einem höheren Sinne ge­ nannt werden können. Die Analysis kann zwar deduktiv erforschen, welche Beziehungen sich durch logische Deter­ mination ergeben würden, wenn der Raum (oder die Zeit) n Dimensionen hätte, aber die Wissenschaft der räum­ lichen B eziehungen, die Geometrie und S tereomet rie, wird durch solche algebraische B etrachtungen nicht erweitert, weil uns die entsprechende Anschauung dazu fehlt. (Gt· . 11. 1 6.) Die I nduktion der Ursachen kommt noch zu einer ganz anderen Art von Bestimmungen , die sich der logi­ schen D etermination entziehen. Wenn das Gesetz bekannt �.;nd die "Wirkung gegeben is t, so ist die b esondere Kon­ figuration der Umstände in der Ursache der Realgrund gewesen, daß nach cliesem G esetz diese vVirkung erfolgte,

1 68

B. lT.

4· Die Kat egorien des schließenden D enkens.

und u mgekehrt wird dadurch diese besondere Beschaffen­ heit der Wirkung zum Erkenntnisgrunde, daß. bei der G ültigkeit dieses Gesetzes eine solche Konfiguration der Umstände al s Ursache bestanden hat. Das Gesetz ist in allen Fällen gleicher Art dasselbe ; aber weil die be­ sond ere Konfiguration der U mstände in verschi edenen Fällen verschieden war, muß ten nach dems elben Gesetze verschiedene Wirkungen erfolgen und müssen aus ver­ schiedenen Vvirkungen verschiedene Konstellationen der U mstände als Ursachen erschlossen werden. S teigt man so rückwärts immer weiver zu den U rsachen auf, so kommt man zu der Konstellation der U mstände beim Beginn des Weltprozesses als einer von den Gesetzen unab­ hängigen Bestimmtheit, die also auch durch kein e logische (31 7) D e termination aus Gesetzen abzuleiten ist. Der Stand unserer Kenntnisse ist noch weit entfernt von der Lösung einer solchen Aufgabe, obwohl die Astrophysik ihr näher zu kommen bemüht ist. Dächte m an sich aber ein ideal vollendetes Erkenntnissystem, so würde die S t e!lung der Elemente zueinander beim B eginn des Welt­ pl"ozesoes eine dritte Bestimmtheit neben den formalen Ge�etzen und neben den konkreten Werten ihrer Kon­ stanten sein. Während die formalen Beziehungen, die sich in den G esetzen ausdrücken, deduktiv ableitbar sind, könnte die Konstellation der Atome beim B eginn des W el tprozesses ebenso wie die konkreten Werte der Kon­ stanten immer nur aus der empirisch gegebenen B estimmt­ heit der Wirkungen ermittelt werden. Wie diese das l e tzte Ziel der Gesetzesinduktion bildet, so jene das letzte Ziel der Ursacheninduktion. (GT. 11. 59.) Sollte unser diskursiver Verstand den ganzen Welt­ prozeß ohn e H ilfe der Erfahrung und I nduktion deduktiv ableiten können, so müßten ihm diese Anfangskonstella­ tion und die Konstanten aller Gesetze irgendwie und irgendwoher (etwa durch Inspiration) gegeben sein. (G', ·. 1 1 . 1 7.) Ohne das könnte er diese Aufgabe niemals lösen. Es wäre das Minimum, das er als Anhalt brauchte, um die logische Determination ins Spiel zu setzen und sie aus ihrer formalistischen Leerheit durch Anw endung auf einen gegebenen Inhalt zu fruchtbarer Betätigung

b. Die logische D etermination in der obj ektiv realen Sphäre.

169

hinauszuführen. D abei i s t dann natürl ich immer noch vor­ au�g tsetzt, daß unser Verstand alle mö g lich en mathemati­ schen Aufgaben zu lösen imstande wäre und in dieser H in­ sicht keine S chwierigkeiten meh r kennte, eine Voraus­ setzung, die selbstverständlich niemals erfüllt sein wird. Aber selbst wenn sie erfüllt wäre, würden wir doch immer suchen müssen, die Anfangskonstellation und die kon­ kre ten Werte der Konstanten induktiv zu ermitteln, da wir auf eine I nspiration über diese Fragen vergeblich warten dürften. H i ernach läß t sich ermess·en, wie groß die Aussicht ist, das Erkenntnissystem bloß deduktiv zu vollenden, und welche grundlegende S tellung in alle Zu­ kunft hinaU5 die Induktion i m System der menschlichen Erkenntnis trotz aller etwaigen künftigen Fortschritte der matht:matischen Physik einnehmen wird. Wir können das Ergebnis der bisherigen Betrach· · t u n g dahin zusammenfassen, daß wir in der subj ektiv idealen Sphäre folg ende Kategorien des S chließens ge­ funden haben. D ie logische Determination unter Aus­ schluß des Widerspruchs ist die al l gem e i ne Grund-(31 8) kategorie dieser Klasse ; sie spaltet s i ch in die D eduktion und die Induktion oder in Ableitung und Aufstieg als die beiden H auptformen, die sich alsdann weitergliedern.

(G;·.

IV.

52.)

Lo gi sche D

e t

e r m i n a t i o n.

1. Deduktion oder Ableitung : aj Ableitung eines Urteils aus einem B egriff ; b) Urteilsumfonnung mi t ihren sieben Formen ; c) Kategorischer Syllogismus mit vier Figuren und neunzehn Modis ; d) Hypothetischer, disj unktiver und sonstiger, zu­ sammenges·e tzter Syllogismus ; 2. I nduktion oder Aufstieg : a) Gesetzesinduktion ; b) U rsacheninduktion. b.

Die

Iogis c

h e D eterminatio n in d j e k t i v r e a I e n S p h ä r e.

e

r

o

b

-

E s ist klar, daß. von allen diesen Kategorien des

170

B . II.

4· Die

Kategori e n

des schließenden

D cnkcns.

s chließ enden Denkens keine einzige auf die objektiv reale Sphäre unmittelbar übertragbar ist, da sie durchweg der diskursiven R eflexion angehören. I nsbesondere hat die rein formalistische Deduktion in der obj ektiv realen S phäre kein Gegenstück, da sie eben die Explikation der dort nur implizite vorgezeichneten B eziehungen ist. N u r die zu realer E rkenntnis führende Deduktion u n d d i e I n­ duktion, die als bloß formale gar k eine Existenzmöglich· keit hat, können Korrelate in der obj ektiv realen Sphäre besitzen, die auch dort schon explizite B eziehungen dar­ stellen. D abei verhalten sich beide insofern entgegen­ gesetzt, daß. in der D eduktion das im N aturprozeß be· stehende Prioritätsverhältnis erhalten bleibt, in der I n­ duktion aber sich umkehrt, wi·e das Bild hinter dem Ob­ j ektiv des Fernrohrs, und erst zum zweit enmal umgekehrt werden muß , wenn sie dem kausal en Verlauf der N atur wieder konform gemacht werden soll, wie das Bild des Obj ektivs im Okular d es terrestrischen Fernrohrs. Das Analogon der D eduktion in der Natur entspricht nicht dem vollständigen, sondern nur dem unvollständigen Syllogismus, bei welchem der O b ersatz stillschweigend vorausgesetzt, aber nicht explizite aufgestellt wird. Die N atur spricht allgemeine Gesetze nicht anders aus als durch die Einzelfälle, in denen sie sich verwirklichen. Die Gesetze sind nicht v o r den Vorgängen, sondern (31 9) bloß i n den Vorgängen implizite enthalten, wie d i e Begriffe nicht v o r d e n Dingen, sondern n u r i n den D ingen selbst sind. D as Gesetz ist bestimmend für die Explikation dieser 'Wirkung aus dies er Ursache, aber es läuft nicht neben dieser gegebenen Ursache her, s ondern steckt in ihr drin und betätigt sich eben durch die kon­ krete D eterminatio n dieser Wirkung, gerrau so wie in unserem Denken ein als selbstverständlich vorausgesetz­ ter allgemeiner Obersatz sich in der Folgerung dieses S chlusses aus diesem Untersatze geltend macht, ohne daß man an ihn denkt. D er \tVeltp � ozeß stellt sich unter diesem Gesichtspunkt wie eine deduktive Kette von lauter unvollständigen S chlüssen dar, die von der Ursache zur Wirkung und von dieser als neuer Ursache zur nächsten Wirkung fortleiten usw. , ohne j emals dabei einen allge-

b. Die logische De termination in der obj ektiv realen Sphäre.

171

meinen O b ersatz anderes als implizite i m parti kular Kon­ kreten mitzusetzen. (Gr. I V . 14., Gr. IV. 20.) Von den b eiden Arten der I nduktion kann keine dem kausalen Verlauf der N atur entsprechen ; die Gesetzes­ ind uktion nicht, weil bei dem ka usalen Nat urlauf die Ge­ setze immer nur stillschweigend vorausgesetzt, aber nie­ mals als allgemeine expliziert werden, die Ursacheninduk­ tion nicht, weil sie nach vollendeter Erkenntnis erst wie­ der umgekehrt, d. h. auf deduktive Form gebracht wer­ den muß , um dem kausalen N aturlauf zu entsprechen . \Väre also die Kausalität die einzige explizite B eziehung in der N atur, so wäre allerdings die Induktion darauf be­ schränkt, bloßes H ilfsmittel der Erkenntnis zu sein, ohn e daß. ihrer besonderen B eziehungsform ein Analogon i n d e r obj ektiv realen S phäre entspräche. Es gib t aber außer der Kausalität auch noch die Finalität in der N atur. ·während die Kausalität immer eindeutig aus der Ursache die Wirkung determi niert, det erminiert die Finalität bald eindeutig, bald mehrdeutig aus dem Zwecke die Mittel, die zu seiner Verwirkli chung dienen sollen. Wie es in der Kausalität keine konstruktive D etermination der Ursache aus der Wirkung gibt, sondern nur eine rekonstruktive in der b ewuß ten Erkenntnis, so gi b t es in der Finalität keine konstruktive D et ermination des Zwecks durch die Mittel, sondern hier tritt die Kausalität ein. Das Mittel wirkt nur dadurch an der E rfüllung des Zweckes mit, daß es sich als U rsache betätigt und b ewährt ; gelangt es zu keiner Kausalität, so wäre auch seine t eleologische B eziehung zum Zweck aufgehoben. Die D etermination der Wirkung durch die U rsache ist immer und auss chließlich eindeutig, wie es die des Zwecks durch die (320) Mittel wäre, wenn sie eine selb­ ständige reale Bedeutung hätte und n icht in der der Wirkung durch die Ursache aufginge. Die D etermination des M ittels durch den Zweck kann bald eindeutig, bal d mehrdeutig sein, wie es die der U rsache durch die vVirkung wäre, wenn sie reell vorkommen könnte. über­ all, wo U rsachen durch die Wirkungen determiniert wer­ den, h andel t es sich entweder um eine rekonstruktive D etermination des bewußten Erkennens oder um eine

172

B . II.

4 · Die Kategorien des schließenden Denkens.

antizipatorische D etenni nation durch das absolute Den­ ken, i n welcher dann eben die Wirk u ng als Zweck er­ faß t und die Ursache als Mittel zu ihm bestimmt wird. Wie in der Kausalität alle Determination der Wirkungen ausgeht von der erste n Ursache, d. h. der Anfangs­ konstellation d er Elemente beim B e gi nn des \Veltpro­ zesses, so geht in der Teleologie alle D etermination der Mittel von dem letzten Zweck, d. h . dem Endziel des Weltprozesses aus. Die I nduktion hat also ihr Analogon in der t eleologi­ schen Determination der ganzen Welteinrichtung durch den Endzweck der Welt. D er Gesetzesinduktion ent­ spricht die t el eo l o gi s c he Determination der Weltgesetze aus dem Weltzweck, der Ursacheninduktion die Bestim­ mung der Anfangskonstellation der Elem ente aus der be­ absichtigten Endkonstellation. E in d eutig ist die tel eo­ logische Determination der Mittel aus dem Zweck, wenn von all en Ursachen der bezweckten Wirkung nur e i n c möglich, oder von allen möglichen Ursachen nur e i n c die relativ zweckdienlichste ist. D ieser Fall entspricht demj eniger. in der U rsacheninduktion , wo nur e i n e Ur­ sache zu der geg e ben·en Wirkung als möglich, oder von allen mögli chen Ursachen nur e i n e als die relativ wahr­ scheinlichste gedacht werden kann. M ehrdeutig ist da­ gegen die D e termination der Mittel aus dem Zweck, wenn mehrere von den möglichen Ursachen ganz gleich zweckdienlich sind, ohne daß e i n e von ihnen i rge n d ­ welchen teleologischen Vorzug hätte. D ieser Fall . ent­ spricht demj enigen in der Ursacheninduktion, wo v o n den möglichen Ursachen ·einer gegebenen Wirkung mehrere genau die gl eich e Wahrscheinlichkeit haben. Die Mehr­ deutigkeit der B e sti mmung der Mittel aus dem Zweck drückt sich dann darin aus, daß. die Konstanten ver­ schiedene konkrete W·erte e rhal t en können, und daß die Anfangskonstellation der At ome eine sehr v erschied e n e sein kann, ohne den Weltzweck zu beeinträchtigen. Die logischen Beziehungen, die in den Gesetzen selbst zum Ausdruck gelangen, sind dann größ tenteils nur noch for­ mallogischer und ni cht mehr teleologischer Natur ; (321) d. h . sie ergeben sich aus den einmal angenommenen

b. Die logische Determination in der obj ektiv realen Sphäre.

173

Kons tanten mit formallogischer N otwendigkeit unter Aus­ schluß des ·Widerspruchs, ohne besondere Rücksicht auf den Zweck. Eine Ausnahme tritt nur da ein, wo die furnwlloigsche D et-ermination selbst ein mehrdeutiges Er­ gebnis liefert, wie z. B. b ei mehreren Wurzeln einer Gleichung höheren Grades, oder b ei der Alternative zwi­ schen Maximum und Minimum, w enn nur einer von den zur Auswahl stehenden Werten dem Zwecke entspricht. \Vie die Kausalität des ganzen \Veltprozesses ein einziger fortlaufender S trom ist, so auch die Finalität eine das Ganze umspannende B eziehung. O bwohl wir wissen, daß wir eigentlich keine S tück e aus diesem Ganzen herausschneiden dürfen, tun wir es doch, um der S chwäche unseres abstrakten D enkens nachzuhelfen, die das Ganze nicht zu üb erschauen vermag. Mit dems elb en Rechte, mit dem wir so kausale B eziehungen isoliert betrachten, dür­ fen wir es auch mit finalen tun, wofern wir nur eingedenk bleiben, daß wir eigentlich durch dies e I solierung schon die Fäden durchschnitten haben, mit denen die Teil­ beziehung an der Universalbeziehung hängt. vVenn wir so die isolierte Teilkausalität als reales Analogon der partiellen Deduktion betrachten, so dürfen wir auch mit demselben Rechte die isolierte Teilteleologie als reales Analogon der partieUen I nduktion betrachten. vVer in der obj ektiv realen Sphäre dem Prozeß die explizite Beziehung der Finalität abspricht, der wird folge­ richtig auch die explizite Beziehung der Kausalität ihm absprechen müssen. Dieselb en Gründe, welche für die bloße Subj ektivität der Teleologie angeführt werden, gel­ ten in mindestens gleichem Maß e auch für die bloße S ubj ektivität der Ätiologie. vVenn man ab er die Kau­ salität in der metaphysischen Sphäre über und hint er der Erscheinungswelt gelten läß t, so muß man auch in dem­ selben Sinne die Finalität in der metaphysischen Sphäre gelten lassen. Und wenn man die metaphysische Kau­ salität sich so weit in die obj ektiv reale Sphäre ein­ senken läßt, daß die nackte Tatsächlichkeit der Auf­ einanderfolge der B egebenheit zu einer inneren B e­ ziehung derselben verlebendigt wird, so wird man auch der Finalität eine gleiche I mmanenz ni cht abschnei den

1 74

B. Il.

4· Die Kategorien des schließenden Denkcns.

können. D ann bleib t es aber auch richtig, daß die Kausalität und Finalität auch schon in der obj ektiv realen S phäre die Anal o ga der Deduktion und Induk­ tion sind. D enn in j edem kleinsten Ausschnitt des Pro­ zesses sind d.ie-(322) se1ben Beziehungen lebendig, die das Ganze beherrschen, und in jedem kleinsten Schritt der Determination des einen Vorgangs durch den anderen werden auch die Gesetze neugeboren und implizite von neuem mitdeterminiert, di,e in diesem Ausschnitt in B e­ tracht kommen. Alle D eduktion ist, wie wir gesehen haben, nur Um­ formung gegebener Bezi ehungen unter der H errs chaft des Satzes vom \Viderspruch. I n demselben Sinne ist aber auch die Kausalität nur Umformung gegebener B eziehun­ gen unter Auss chluß des \Viderspruchs. Das G esetz der Erhal tung der Kraft lehrt uns, daß, in der Kausalität keine Kraft ges chaffen, sondern nur in veränderte Formen um­ gestaltet wird. Alle N aturkräfte entspringen aus Kon­ stellationen von Atomkräften, und diese bleiben sich selbst gleich, wie immer auch ihre Konstellationen sich ändern mögen. Käme es allein auf die Intensität der Kraft, abgesehen von ihrer Äuß erungsform, an, so hätte H c g e I recht, daß. die U rsache sich in der Wirkung mit sich selbst identisch erhält, und daß nur das konstant Bleibende die Kausalität ist ; käme es nur auf die Kon­ stellation der identischen Atomkräfte an, aus der die Verschiedenartigkeit der kompl exen Kraftäußerungen ent­ springt, so hätte S c h o p e n h a u e r recht, daß U rsache und "Wirkung s chlechthin v erschieden sind und nur in der Veränderung die Kausalität liegt. D ie Analogie der Deduktion kann lehr;en, daß es sowohl auf das i dentisch Bleib ende des I nhalts, als auch auf die \Vandelung der Form ankommt, daß erst in der höheren Synthes e beider die Kausalität liegt. Sie bringt inhaltlich nichts N eues hervor, denn es is t wieder nur dieselbe Kraft, die sich hier und dort zeigt ; aber das Alte erscheint als ein N eues, sobald es in eine neue Form gegossen ist, d. h . sobald es B eziehungen expliziert hat, die vorher nur implizite in ihm lagen. (Gr. 1. 1 85-1 94.) Bei der logischen Umformung der U rteile wird es

b.

Die logische Determination in der obj ektiv realen Sphäre.

175

uns nicht schwer, uns rückbli ckend davon zu üb erzeugen, wie das Alte durch explizierende U mformung zu einem N euen geworden, und in dem N euen doch nur wieder das Alte anders ausgedrückt ist ; im N aturprozeß aber haften wir an der Außenseite der Ers cheinung, und das Alte ers cheint uns als ein wahrhaft N eues, sobald es seine Form gewandelt hat. Im schli eß,enden Denken können wir eben die logische D etermination der Be­ ziehungen durcheinander bei ihrer Explikation von innen durchschauen und S chritt für S chritt verfolgen ; in den N aturprozeß aber gelingt es uns nur mühsam und all· m ählich, so tief einzudringen, daß wir alle Kausalität als bloß e (323) Umformung der Atomkräfte und diese Um· formung als eine Explikation von vorher nur implizite gesetzten B eziehung·en durch logische Determination er­ kennen. Käme es nur auf die logische D etermination bei der Kausalität an, so könnte man zweifeln, o b die Kau­ salität überhaupt explizite der objektiv realen S phäre angehöre, ob nicht vielmehr in dies er die bloße Tat­ sächlichkeit der Aufeinanderfolge zu finden sei, und die Kausalität s chon der metaphysischen S phäre angehiDre und nur durch Immanenz des Metaphys ischen im obj ek­ tiv Realen mittelbar und implizite auch der obj ektiv realen Sphäre mit einverleibt sei. Wenn man aber erwägt, daß die logische Determination oder die Gesetzmäßig­ keit nur die eine S eite an der Kausal ität ist, und daß von Kausalität nur da gesprochen werden kann, wo auch die andere Seite, di e Kraft, vorhanden ist, dann schwindet dieser Zweifel. D enn die S phäre der obj ektiven Realität erkennen wir gerade da an, wo ein Widerspiel bestimmter Kräfte statthat, ein Kräftesystem, das sich in seinen resultier·e nden Kraftäußerungen gesetzmäßig de· terminiert, - denn unbestimmte Kräfte wären unwirk­ s am , also kraftlos, also realitätslos. Die logische D eter­ mination, die sich in ihrer sich selbst gleichbleib enden Art und Weise als Gesetzmäßigkeit ausdrückt, ist also zwar eine der metaphysischen Vorbedingungen für die Kausalität, aber noch nicht selbst Kau salität ; wo hingegen die ganze und volle Kausalität auftritt, da stellt sich mit

176

B. II.



Die Kategorien des schließenden Dcnkens.

ihrer anderen metaphysischen Vorbedingung, der Kraft, eo ipso auch die Realität ein 1) . Die Kausalität ist also zwar metaphysischen Ursprungs in ihren beiden B estand­ teilen und entstammt insofern der metaphysischen Sphäre ; aber überall da, wo diese b eiden metaphysischen Be­ standteile der Kausalität als aktuelle zusamm entreten, wird eben die obj ektiv reale Sphäre gesetzt, und sie b esteht in nichts anderem als in diesem beständigen so Gesetzt­ werden. D eshalb kann man die Kausalität der obj ektiv realen Sphäre nicht absprechen, weil man ihr damit ihre Realität s elbst absprechen würde. (G1·. IV. 33.) Richtig bleibt es ja dabei immerhin, daß die obj ektiv reale Sphäre als Bestandteil der Erscheinungswelt nur ist, weil und insofern sie vom metaphysischen Wesen gesetzt wird, daß also auch die logische Determination, durch welche die Kraftäuß erung gesetz-(324)mäßig bestimmt wird, sich nicht innerhalb der obj ektiv realen Sphäre als solchen vollzieht, sondern daß, nur die Kraftäußerung als schon bestimmte in sie hineinfällt. Die logische Deter­ mination der Kraftäußerung gehört riicht als lebendiger Vorgang, sondern nur als phänomenales Resultat der obj ektiv realen Sphäre an. Diese Unterscheidung darf aber wiederum nicht zeitlich, sondern nur begrifflich verstanden werden. Denn die unbewußte logische D eter­ mination als lebendiger Aktus erfordert keine Zeit, kann also au ch dem Res ultat nicht zeitlich vorhergehen, son­ dern geht mit seinem stetigen Wandel gleichzeitig weiter. I mmerhin muß die Bestimmung als ideelles Prius des Bestimmten, die logische D etermination des Resultats als logisches Prius des bestimmten Resultats, der in diesem Augenblicke so und so gearteten Kraftäuß erung, fest­ gehalten werden. (Gr. IV. 27.) (Gr. Vll. 35, 36) (G1·. 11. 18.)

c. D i e I o g i s c h e D e t e r m i n a t i o n i n d e r m e t a p h y s i s c h e n S p h ä r e. Sonach gilt alles, was bis hierher über die logische D etermination in der obj ektiv realen Sphäre gesagt wor-

1) Vergl. "Phi!. d. Unh. " t heo retischer Realism us'• No.

II, 448-4 5 1 ; " Kirchmanns 1 5 - 2 2 , S . 38 -58.

erkenntnis­

c.

Die logische De termination in der metaphysischen Sphäre.

177

den is t, eigentl ich nur für das sich stetig wandelnde Re· sultat dieser Determination, d. h. für die g esetzmäßig bestimmte Kraftäußerung in ihrer kontinuierlichen, ge· setzmäß igen \Vandelung, während es i n b ezug auf die Determination als logischen Aktus schon auf die meta· physische Sphäre b ez-ogen werden muß . vVir brauchen deshalb für dies·e S phäre das schon Gesagt e nir:ht mehr z u wiederholen. Wohl aber entsteht hier ein neues P ro­ blem, insOfern wir in der obj ektiv realen Sphäre den Prozeß der vVel t als Grundlage der logischen D e tenni11c1. · tion als e twas G egebenes hinnehmen durften, hier in der metaphysis chen S phäre aber nicht, sondern frag·en müssen : wie kommt die an sich inhal tsleere und rein formalisti­ sche logische Determination zu einem I nhalt, an dem sie ihren F-ormalismus betätigt , zu einem Gegebenen, auf daß sie sich anwenden kann, um ihrer leeren Reinheit zu entfliehen ? In der subj ektiv idealen Sphäre reicht die durch den I nhalt des vVeltprozesses herbeigeschaffte E r­ fahrung aus , um genügen de Anhal tspunkte für die An­ wenJ.ung d es logis chen Formalprinzips zu gewähren, ins­ besondere, wenn man unter Erfahrung auch die i n n ere Erfahrung, die intensiven Größen der Empfindung und die extensiven der Empfindung und Anschauung mi t­ begreift. Aber woher soll das Logische vor B eginn des Weltprozesses etwas nehmen, das es logisch bestimmen könnte ? Wie soll es demnach bei (325) s einer formalisti­ schen Leerheit zu einem Pmzeß und einem Weltinhalt gelangen ? (Gr. IV. 80.) Ohne Zweifel wäre dies unmöglich, wenn es nichts weiter als das Prinzip der l-ogischen D etermination gäb e , und darum ist der reine Rationalismus und Panl ogismus schlechterdings unfähig, den vVeltprozeß und den Vvelt­ inhalt zu erklären. Das Logis che kann sich nicht auf sich selbst anwenden ; denn es ist s elber nichts als das Prin­ zip der logischen Determination unter Ausschließung des Widers): ruchs, ist also f i.i r sich erst recht leer, da es schon an sich leer ist. N ur auf etwas, das nicht es selbst ist, kann es sich anwenden, d. h. auf ein Unlogi s ches, das nicht b�oß Alogisches bleibt, sondern sich als Anti­ logisches bekundet. Dies tut nun der vViUc, oder das E . v . H a r t m n n n , K�ttegori e n l eh re .

II.

12

178

B.

II.

4· Die Kategorien des schließenden D c nkens.

Intensitätsprinzip, indem er vom nichtwoll enden \Vollen­ können zum wollenden Wollenkönnen oder vom N icht­ wollen zum Wollenwollen übergeht. N ur wenn dieser S chritt einen \Viderspruch einschließt, findet das Logische an ihm Anlaß . sich zu betätigen, sonst nicht. N un ist es offenbar kein vViderspruch, daß , weim Zeit ist, ein S ubjekt zu einer Zeit das entgegengesetzte Prädikat annehme wie zu einer anderen ; aber der Wider­ spruch liegt schon in der Voraussetzung der Zeitlichkeit , insofern d i e Z e i t n u r a n d e r Veränderung i s t , also di e unbestimmte Zei tlichkeit die Tendenz zu unbestimmter Veränderung, die bes timmte Zeitlichkeit die Tendenz zu bestimmter Veränderung voraussetzt. E ben so liegt i n dem B egriff der Grenze, die von einer B ewegung über­ schritten wird, kein Widerspruch, wenn man die Bewe­ gung als eine solche, die jetzt diesseits, jetzt jenseits dieser Grenze verläuft, s chon vorau s se tzt ; in dieser Vor­ aussetzung steckt aber schon der Widersp ruch der zeit­ lichen Veränderung, die hier nur in der B esonderheit der Veränderung des Ortes auftritt. Jede Veränderung setzt Vergehen der einen B estimmtheit in N ichts und Ent­ stehen der anderen B estimmtheit aus N ichts voraus ; erst die Zusamme nsetzung b eider Vorgäng·e ergibt den S chein des Ü berganges einer B estimmtheit in die andere, !lill d zwar dadurch, daß sowohl das Vergehen der einen als das Entstehen der anderen ein stetiges ist. Werden zu N ichts und aus N ichts sind aber in sich widerspruchs­ volle B estimmungen. Daß das B ewußtsein über die widerspruchsvolle Be­ schaffenheit der Zeitlichkeit und Veränderung uns nicht auf den ersten Blick einleuchtet, liegt nur daran, daß wir an diesen Grundwider(326)spruch des D aseins und Be­ wußtseins durch innigste Vertrautheit g ewö hnt sind u n d nicht daran denken, auch den anderen Fall ins Auge zu fassen. Sobald man aber j emand dahin bringt, von der Zeitlichkeit zu abstrahieren und etwas ins Auge zu fassen, das der Zeitlichkeit entrückt ist, so räumt er sofort ein, daß die Veränderung desselben, also der Eintritt in die Zeitlich­ keit, widerspruchsvoll wäre. Dieser Art sind z. B. die so­ genannten ewigen Wahrheiten. Jeder würde es für einen

c.

Die logische De termination in der metaphysischen Sphäre.

179

\Viderspruch lial ten, wenn 2 X 2 z u verschiedenen Zeiten 4, oder = 5, oder 6 sein sollte. Ebenso wäre es ein \Viderspruch, w enn das Logische plötzlich anfangen wollte, für eine Weile unlogisch zu werden, überhaupt wenn eine metaphysische Wesenheit ihre Essenz ändern wollte. Was der Zeit entrückt, üb er die Zeitlichkeit erhab en, über­ zeitlich ist, das ist ewig, eben damit aber auch logischer­ weise ,ewig sich selbst gleich und j eder Veränderung ent­ rückt, so daß es ohne Widerspruch mit sich . nicht in eine Veränderung eintreten kann. D ies gilt nun auch für ein Ewiges, das sich in die Zeitli chkeit stürzt ; es setzt sich in \Viderspruch mit der Ewigkeit seiner ·wesenheit, indem es aus der E wigkeit in die Zeitlichk,eit hinüberspringt. Als E s senz hört es nicht auf, ein Ewiges, ü b erzei tliches zu s ein, und doch wird es zugleich ein Innerzeitliches. Auß er der Zeit und in der Zeit zuglei ch zu stehen, ist ein Widerspruch. Wenn man darauf hinweist, daß j a das Ewige nur als Wesenheit o der Potenz außer der Zeit, als Aktus aber in der Zeit s tehe, d aß es also nur in verschiedener B e­ ziehung entgegengesetzte Prädikate habe, so ist damit der vViderspruch doch wieder nur um eine S tufe zurück­ geschoben, und selbst das bloß scheinbar ; in der Tat hat er nur einen anderen Namen bekommen . D enn daß die ewige Wes enheit sich in die Lage bringt, nicht bloße Wesenheit, sondern Wesenheit und Aktus zugleich zu s ein, das ist j a gerade das Widerspruchsvolle an ihr. Die \Vesenh eit ist ewig, der Aktus z eitlich ; also ist es widerspruchsvoll, daß \Vesenheit und Aktus in Einem vereinigt sind, od er daß die aktuslose Wesenheit sich dazu entschließt, agierende \Vesenheit zu werden. (Gr. IV. 51 .) Der vViderspruch der einzelnen Veränderung ist also aufgehoben in dem Widerspruch j ener Urveränderung, durch welche der untätige Wille zum Wollen wurde. \Vollte das Logische gegenüber diesem Widerspruch in s einer leeren I dentität mit sich oder . seiner sich selbst gl eichen Leerhei t verharren, so würde es sich unlogisch (327) verhalten. Seine logische \Vesenheit legt es ihm auf, gegen das widerspruchsvolle Verhal ten logisch zu reagi eren. I ndem es das l eere vVollen inhal tl i ch besti m m t , =

=

12 .

180

B. Il.

4 · Die l(ate g orien des schließenden Denkens.

tritt es selbst in den Aktus und dessen Zeitlichkeit ein, wird also gleichsam von dem Unlogischen angesteckt, dieweil es genö tigt ist, sich mit ihm zu befass en und auf sein Tun und Treiben einzugehen. Ab er diese schein­ bare Alogizität s eines Verhaltens ist in ·wahrheit die höchste Logizität ; das Logische bewahrt nicht nur, son­ dern bewährt auch seine Logizität, indem ·es sie auf das U nlogische anwendet. Es muß das U nlogische zum Nichtsein verurteilen, d. h . seinen I nhalt logisch so determinieren, daß die Form des Unlogi schen, da s Vvollen, sich selbst wieder aufhebt. Es muß auf den unlogischen U mschlag des bloß Alogischen ins Anti­ logische den logisch geforderten Rückschlag des Anti­ logischen ins bloß Alogische, des '0/ ollens in den Willen folgen lassen . Diese zweite Veränderung ist nur s cheinbar no ch unlogisch, sofern sie Verändenmg ist, in der Tat aber höchst logisch, insofern sie Rückgängigmachung der antilogischen V.eränderung und Tilgung des mit ihr gesetzten W iderspruchs ist. (Gr. IV. 81 .) Das antilogische Wollen, der Widerspruch der \Vil­ lensinitiative, der Widerspruch des Übergangs von der unzeitli ehen Wesenheit zur zeitlichen Tätigkeit, der Wi­ derspruch der Vereinigung des Ewigen und Zeitlichen im erhobenen \Vollen, das ist das einzige Gegebene, worauf das Logische sich anwenden kann, da s Einzige, woraufhin es s eine logische D etermination entfalten kann . Die Redressierung der widerspruchsvollen Veränderung durch eine zweit e logisch postulierte, die Aufhebung der Willensinitiativ;e durch die Willensfinitiv e, das i st die erste und ursprünglich einzige logische B estimmung, die das Logische auf G rund des Antilogischen setz en kann. Da es aber machtlos ist, so kann es sein logisches Postulat nur durch List durchsetzen ; da es ferner die unbestimmte Zeitlichkeit des vVollens vorfindet, so kann es nicht unzeitlieh mit einem S chlage s·eine List voll­ enden, sondern nur dadurch, daß es selbst in di e Zei t­ lichkeit des Wollens eingeht und diese zur bestimmten macht. N un entsteht aber die neue Frage : vVie kann das an sich und für sich leere L ogische dem \Yoi ! Pn ei nen

c.

Die

Jogisehe

D e t ermination in o c r metaphysischen Sphäre.

J81

konkreten Inhalt geben ? vVoher ninunt es das Kon­ krete, womit es ihn anfüllt ? Mit anderen \Vorten : Wie kann die logische Aufgabe, den vVillen zur S elbstauf­ hebung zu führen, genügen, um den ganzen \Veltinhalt teleologisch (328) aus ihm herauszuspinnen, wenn weiter nichts als diese abstrakte Aufgabe gegeben ist ? Wie kann das Postulat der Annihilation des vorhandenen \Viderspruchs ausreichen, um das leere logische Formal­ prinzip zur konkreten Weltidee werden z u lassen ? Wo kann das Logische die Mittel hernehmen, durch B ezie­ hung auf welche doch erst das Postulat zum Zwecke wird ? Kann das logische F ormalprinzip bloß auf G rund der Aufgabe etwas aus sich herausspinnen, von dem l ogisch gar nicht abzusehen ist, auf welche Weise es i n ihm enthalten sein soll ? Wenn aber nicht, kann es die Mittel in der H auptsache ebenso aus dem Unlogischen schöpfen wie den Zweck, und worin bestehen diese Mittel ? Erst wenn diese Fragen sich genügend beant­ worten lassen, wird die Entstehung der I dee aus dem Logischen auf Grund des Unlogischen verständlich, ohne daß das Prinzip der logischen I dee sich in zwei ver­ schiedene Prinzipien spaltet, deren keines vom anderen abgeleitet werden kann, nämlich in das Logische und die I dee. N un haben wir ab er gesehen, daß das Unlogische zugleich das Prinzip der I ntensität ist und mit seiner I nitiative oder seiner Erhebung zum Aktus zugleich die Zeitlichkeit setzt. Gerade in der I ntensität des vVollens liegt ja die Kraft oder Macht, gegen welche das Logische. unmittelbar genommen, ohnmächtig ist , weil es als kraft­ loses Prinzip ihr keine Macht entgegenzustellen hat ; in der I ntensität des Unlogischen liegt also erst die logische Nötigung für das Logische, in den zeitlichen Prozeß, einzutreten, weil die augenblickliche Annihilation des W ollens unerreichbar ist. Andererseits liegt gerade in der Zeitlichkeit d es Aktus der Widerspruch gegen die Ewigkeit der Potenz, also dasj enige Mom ent der widerspruchsvollen U rveränderung, gegen welche das Logische reagiert. Zeitlichkeit ist aber eindimensionale Extension ; sonach sind Intensität und Extension beide

182

B . li.

4 · Die K a t egori en des schließenden Dcnkens.

bereits im Unlo gis chen gegeben. B eide sind aber als schl echthin unbestimmte gegeben, weil das Unlogi sche in sich der B estimmthe it entbehrt, die es nur durch logische D etermination erlangen kann. Das Logische find et also beide S eiten der Q uantität, die intensive und die extensive, arn erhobenen Unlogischen vor und braucht nur sie noch logisch zu determinieren, hat aber nicht nötig, dasj enige an der Q uantität, was vor und außer allem Logischen ist, selber erst hervorzubringen, wozu es auch gar nicht imstande wäre. (329) Freilich ist ja die Extension der unbestimm­ ten Zeitlichkeit nur eindimensional, und so ist sie als M ittel für die Zwecke des Logischen noch nicht zu brauchen. Aus der bloßen Zeitlichkeit ist keine S pal­ tung der I ntensität zu gewinnen, kein e Individuation zu erreichen. Auf diese aber kommt es dem Logischen an, um das B ewußtsein zu gewinnen, das zuerst der negativen Vorstellungen fähig ist, und an den negativen Vorstcl­ lungen, die es selbst nicht explizite zu denken vermag, ist dem Logischen gelegen, um der einen H älfte des \Vollens einen negativen Vorstellungsinhalt (das N i cht­ mehrwollen) zu geben. So ist also durch den Endzweck die N egativität des Vorstellungsinhalts, durch diese das Bewußtsein, durch dieses die I ndividuation t el eologisch gefordert ; wäre die Individuation erreichbar, so wäre es auch der Endzweck. In der Individuation würde so­ fort die andere D imension der Wollensintensität, die Empfindungsintensität, zur Geltung gelangen, in welcher die Zeitlichkeit ebensogut waltet wie in jener, weil beides nur verschiedene Formen des Aktus im unlogischen I n­ ten sitätsprinzip sind. Aber die ein dimensionale Zeitlich­ keit reicht nicht aus, um an dem Intensitätsprinzip die Individuation zu vollziehen. Es bedarf dazu einer gleich­ zeitigen Mehrheit, und diese simultane Pluralität . der Individuation braucht als ihr Medium eine Extension von einer o der mehreren D imensionen, die sämtlich auf der der Zeit senkr-echt stehen, indem sie den zeitlichen Q uerschnitt des simultan Existierenden darstellen. Es ist nun die recht eigentliche Leistung des Logi­ schen, daß es zu der von ihm bestimmten eindimensio-

c.

Die logische D e t e rmination in der met aphysischen Sphäre.

183

nalen Extension der Zeitlichkeit die mehrdimensionale Ex­ tension der Räumlichkeit hinzufügt (vgl. oben S. 1 6 6 bis 1 67) . ·wie die Zeitlichkeit in beiden Erscheinungs­ sphären, der objektiv realen der Kraftäußerung und der subjektiv idealen der Empfindung, als extensive Form zur Geltung gelangt, so auch di e Räumlichkeit al s ob­ j ektiv realer \Veltraum und als subj ektiv idealer B ewußt­ seinsraum. D er obj ektiv real e "Weltraum wird mit der Reali tät der I ndividuation zugleich durch Willensreali­ sation des metaphysisch idealen W eltraums gesetzt, ge­ hört also samt den I ndividuen zur obj ektiv realen Er­ scheinungswelt ; der metaphysisch ideale ·weltraum ist also das ideelle Prius der Individuation der "Willens­ intensität, während der subj ektiv i deale Bewußtseins­ raum ihr Posterius ist und erst in den durch sie gesetzten I ndividuen zustande kommt. I n j eder dieser drei Be­ deutungen ist die Räumlichkeit die drei-(330) dimensio­ nale Ordnung für die simultane Ex tension, oder das extensiv dreidimensi onale B eziehungssystem für die lo­ gische D e termination der B eziehungen der gleichzeitigen Individuen untereinander. Alle drei D imensionen des Raumes stehen als simultane in gleicher Weise und in gleichem Maß e senkrecht auf der einen sukzessiven D imension der Zeit, indem sie den Q uerschnitt durch das Gleichzeitige bilden. Man könnte sie also mit eben­ soviel Recht die zweite, dritte und vierte Dimension der Zeit nennen, als man die Zeit die vierte Dimension des Raumes genannt hat ; genauer aber ist e s, die simul­ tanen D imensionen und die sukzessive Dimension als verschiedene Art en der Dimensionen der Erscheinungs­ w el t anzusehen. B eide sind ni cht koordinierte Formen auf gleichem N iveau, sondern die Zeitlichkeit ist etwas viel Allgemeineres als die Räumlichkeit ; denn sie um­ faß t sowohl die r eelle D imension der Intensität, die mechanische Energie, als auch di e imaginäre Dimension der Intensität, die Empfin dungsstärke. S owohl die räum­ liche B ewegungsintensität als auch di e unräum liche Emp­ findungsintensität fallen unter die Form der zeitlichen Extension ; diese ist also eine gemeinsame Extension sform der beiden aufeinander sPnkrecht stehenden Dimensi onen

H. 11.

1 8 ·1

4· Die K a t cgoricu Jes schließendeu D e n k e n s .

der Intensität. Die D imensionen der Extension und der I ntensität ergeben eine doppelte Einteilung, die sich d ur chschneidet :

D i m e nsi o n e n

der

Extcnsion.

�� I

D i m e n si o n e n d e r I n t e n s i t ä t:

r . R e ell e .

a) zeitlich­ rä umlich.



lmaginli rc.

Bewegungs­ i n t e J l s i t �\ 1

-------r---+-

b) zeitlich­ unräumlich.

Empfind uugs­ intensitii t

------- --'----�- ------------

D i e I ndividuation fordert also t eleologisch eine Vcr­ v ielfachung der in der Zeitlichkeit gegebenen Extension, aber senkrecht zur Zeit·l ichk!eit, um die Möglichkeit einer simultanen Be:z,iehung lVIehrerer aufeinander und damit die Möglichkeit einer Spaltung des e i n e n Totai­ woliens in mehrere Teilwall ungen zu gewinnen. D i e D imension muß. quer gegen sich selbst gestellt werden, um diesem Zwecke zu genügen ; ob sie dann ein­ mal oder mehl'eremal gesetzt wird, das ist eine sekun­ däre Frage. Es wäre auch mit H ilfe eines eindimensi•o­ nalen Raumes schon eine Individuation des Wollens möglich. \Vas, bildlich ausgedrück t, die Extension " quer­ (331)stellen" genannt ist, das heiß t , begrifflich gesprochen : als unabhängig Variable noch einmal setzen oder in ihrer E igenschaft als unabhängig Variable multiplizieren. \Vir wissen aus der Mathematik, daß unser D enken logisch nicht behindert ist, diese Vervielfachung der m athematischen Dimension oder unabhängig Variablen vorzunehmen, z. B . den bloß in drei Dimensionen für uns anschaubaren Raum als n-dimensionalen zu denken. D asselbe ab er, was uns durch unser Denken logisch ge­ stattet ist, darf auch dem Logischen nicht verwehrt sein. (Gr. IV. 29.) (Gr. IV. 89.) Es trifft hier also zusammen, daß, diese Verviel­ fachung der D imension im angegebenen Sinne ers t ens teleologisch gefordert und zweitens logisch nicht be­ hindert ist. \Vie sollte sie da über die Fähigkeit des

c.

Die

l og i s c h e D e term i n a t i o n

i n der

m e t a p h y si s c h e il

:-; p h ii r r .

1 13 3

Logischen hinausgehen, wie sollte dieses sich da noch ihr entziehen können ? Es h at ja nicht nötig, etwas N icht­ gegebenes zu produzieren, sondern nur etwas G egebenes zu multiplizieren ! F reilich, i ndem die gegebene Variable, die Extension, als u n a b h ä n g i g Variable no ch einmal gesetzt wird, erhäl t sie eine neue B edeutung und stellt in der Erscheinung etwas anderes dar ; aber sie blei b t d o c h Extension, w e nn sie auch a l s v o n der ersten unab­ hängige Variable eine and ere D imen sion als jene dar­ s t ell t . U nabhängig variab el muß die no ch einmal ge­ setzte Extension sein, wenn anders sie ihren Zweck er­ füllen soll, die I ndividuation zu ermöglichen ; denn diese bedarf gerade einer S paltung der I ntensität in einer von dem Fluß der Zeit u n a b h ä n g i g e n R ichtung. S omit verhält sich das Logische bei dem S etzen der Raumidee nicht produktiv, sondern nur multiplikativ, indem es ein Gegebene s , die Extension, unter dem Zwang der teleologischen Forderung und unter der Zulassung seines formalen Prinzips als unabhängig Variable noch öfter setzt. D urch diese Vervielfachung eines Gegebe­ nen erst entfaltet es in sich die syntheti sche G eometrie m dem oben angegebenen S i nne, und durch diese wiederum wird ·es zum erstenmal zu dem, was wir unter der " I dee" v erstehen, wenn auch der I nhalt dieses B e griffs dadurch keinesw egs ·erschöpft ist. D aß es gerade d r e i D imensionen sind, die senk­ recht untereinander und alle zusammen senkrecht gegen die D imension der Zeit gestellt werden, das i st die erste Konstante, die das Logische zu bestimmen hat. G esetzt den Fall, eine vVelt von 1 , 2 , 4 oder n Raumdimensionen leistete als Mittel für den V..' eltzweck genau dasselbe wie eine von 3 , so wäre die Zahl 3 teleologisch und logisch (332) gleich indeterminiert. Es wäre dann völlig zu­ fällig, also in diesem Sinne r elativ unlogisch, w elche Zahl von D imensionen das Logische gewählt hätte ; es wäre nur teLeologisch notwendig gewesen, irgendeine festzuset7Jen, gleichviel w elche. D as Logische wäre in dieser Lage teleologisch gezwungen gewesen, eine rela­ tiv u nlogische, rein zufällige Entscheidung zu t reffen. Dieser logische Zwang zu vernunftloser Entscheidung

186

B. ll.

4 · Die K a t egori e n des schließenden Denkens.

zwischen logisch gleich:gültig.en Möglichkeiten schließt zwar k einen "Widerspruch, aber doch eine gewisse Para­ doxie in sich. Dieselbe erklärt sich aber dadurch, daß das Logische doch schließlich nicht durch sich s elbst, sondern nur durch das Unlogische genötigt wird, sich mit logisch gleichgültigen Entscheidungen zu befassen. D as relativ Unlogische entspringt also auch hier letzten Endes aus dem absolut U nlogischen. Ein solcher Fall mag bei der Bestimmung anderer Kon­ stanten oft genug vorgelegen haben, obwohl wir es ni cht konstatieren können ; hier ab er scheint es doch nahezu­ liegen, daß die Entscheidung nicht teleologisch gleichgil­ tig ist. Eine eindimensionale o der zweidimensionale Räum­ lichkeit würde zwar den Individuen die Orientierung in ihrem abbildliehen B ewuß tseinsraum erleichtert, aber für das reale vViderspiel der I n dividuen untereinander nicht die hinreichende Mannigfaltigkeit der B eziehungen er mög­ licht haben ; eine mehr als dreidimensionale Räumlich­ keit wäre zwar der Mannigfaltigkeit der realen Beziehun­ g en zugute gekommen, hätte aber den I ndividuen die Orientierung in ihrem B ewuß tseinsraum und dadurch im realen Raum allzusehr ers chwert. D i e D reidime nsionalität des Raumes scheint also teleologisch d i e r e c h t e M i t t e zu halten zwischen der für die objektiv reale Sphäre er­ wünschten g r ö ß t m ö g 1 i c h e n M a n n i g f a I t i g k e i t und der für die subjektiv i deale Sphäre erforderlichen g r ö ß t m ö g I i c h e n E i n f a c h h e i t. (Gr. IV. 90.) Die unmittelbare logische D etermination ist durch Bestimmungen der Intensität, Zeitli chkeit und Räumlich­ keit erschöpft, denn die beiden letzteren verbinden sich in den phoronomischen B estimmungen und alle drei in den dynamischen. Diese Grundlage ist demnach in der Tat ausreichend, um einers eits die N aturgesetze samt den in ihnen enthaltenen Konstanten, andererseits die An­ fangskonstellation der Atome zu bestimmen, durch welche beiden Fak toren, wie ob en gezeigt, der gesamte Kausal­ prozeß eindeutig b estimmt ist. Dadurch erweist sie s ich zugleich als ausreichend, um ohne H inzunahme neuer Daten den ganzen Inhalt der objektiv realen \Velt zu bestimmen, (333) durch den dann indirekt wieder der-

c.

Die l ogische D e t e r m i n a t i o n i n d e r m e t a p h y s i s c h e n Splüi rc.

1 !') I

j enige der subj ektiv idealen Ers cheinungswelten mitbe­ stimmt wird. Wie in den letzteren die Q u alität zur Quanti­ tät hinzukommt, haben wir b ereits gesehen ; es bedarf dazu wohl mitwirkender logischer D eterminationen in Gestalt synthetischer Intellektualfunktionen, aber ohne daß die Quali tät als solche dadurch in den Inhalt der metaphysis chen Sphäre mit hineinbezogen würde. (Gr. IV. 28.) D amit dürfte die Aufgabe gelöst sein, zu zeigen, wie durch rein logische Determination aus dem logischen Formalprinzip die Idee entspringt, wenn in dem ihm gegenüberstehenden Unlogisc hen nichts weiter al� unbe­ stimmte I ntensität und unbestimmte Zeitlichkeit voraus· gesetzt wird. Es versteht sich von s elb st, daß die hier für das diskursive D enken auseinandergelegten B estand teile des logischen D eterminationsvorganges in der meta­ physischen Sphäre nicht als aufeinanderfolgende Phasen, sondern als zugleich und mit einem Schlage gesetzte sind. N ur dasj enige tritt dabei explizite h ervor, was im An­ fangsaugenblick des Prozesses zur Realisierung durch das Wollen bestimmt ist ; alles andere aber ist in diesem ersten expliziten I nhalt der I dee bloß i mplizite einge­ schlossen, wenn es auch logisches Prius des explizite H er­ vortretenden ist und dieses als D urchgangspunkt der logi­ schen D etermination mit bestimmen hilft. (Gr. IV. 88.) Die von mir eingenommene Stellung (S.

166-167, 328-331)

ist als eine mittlere zu bezeichnen zwischen zwei extremen, welche neben ihr denkbar sind. Wer vom Panthelismus herkommend dem logischen Prinzip neben dem dynamisch-thelistischen einen Platz eingeräumt hat, wird dazu hinneigen, ihm weniger Bedeutung beizumessen, als wer vom Panlogismus herko mmend dem alogischen Prinzip einen Platz neben dem logischen zu­ gestanden hat. Der erstere könnte etwa versuchen, dem alogi­ schen Willen nicht bloß die eindimensionale Extensi01t der un­

bestimmten Zeitlichkeit, s ondern auch die mehrdimensionale E x­ tension der unbestimmten Räumlichkeit in gleichem Sinne als potentiellen Besitz zuzuschreiben und den A n teil der logischen Idee am Prozesse ganz auf die Determination der Maße in den vorgefundenen A rten der Extension zu beschränken . Der letztere dagegen könnte versuchen,

die eindimensionale Extension der

J 88

B . li .

.J . Die Ka tegorien des sch ließenden Dcnkcns.

Ze itlichkeit ebensogut wie die mehrdimensionale Extension der Räumlichkeit det Idec zuzusprechen und vorzubehalten und dem Willen ausschlie[Jlich die Intensität zu bewilligen. Der erstere könnte für seine A nnahme anführen, daß die Intensität, die tln.s aus der Emp findtmg bekannt ist, freilich raumlos ist, aber auch eben nur die verinnerlichte und in sich zurückgebogene Inten­ sität darstellt, während die dynamische Intensität des Wolle-ns immer zttgleich eine sich veräußerlichende, rättmlich expan­ dierende sei. Der letztere könnte wiedemm für seine A nsicht sich datattf berufen, - daß das leere Wollen als Funktion eine bloße Fiktion ist, ttnd daß darum auch die unbestimmte Zeit­ lichkeit als Form dieser fiktiven Funktion selbst eine bloße Fiktion sein müsse. Man kann dem ersteren z·ugeben, daß die wirkliche the­ tisch-dynamische Fttnktion immer schon eine räumlich extensive ist; aber da die wirkliche Funktion immer schon die Einheit von Wille und Idee zeigt, so folgt daraus noch nicht, von welcher der beiden Seiten die räumliche Extension herzugebracht ist. Ebenso kann man dem letzterem einräumen, daß die tm­ bestimmte Zeitlichkeit eine bloße Fiktion im Kopfe des Phi­ losophen ist, ohne daß sie darum aufhört, für uns ein Gc­ dankenbild der potentiellen A nlage zur zeitlichen Extension über­ haupt zu sein, und ohne daß diese A nlage darum dem Willen abgesprochen werden müßte. Nicht der Wille als Potenz hat zeitliche Extension, sandem nur das Wollen als A ktus; indem aber der Wille die A nlage zmn W ollen in sich trägt, schließt er auch die zur zeitlichen Extension in sich. Er könnte nicht z1un A ktus gelangen, wenn er nicht mit dun A ktus zugleich diese Form des A ktus heraussetzte, wenn er attch unfähig ist, dieser Form von sich atts zugleich irgendwelche nähere Bestimmt­ heit zu geben. Das Logische dagegen hat in sich selbst gar nichts, wodurch es zur A ktualität und Zeitlichkeit gelangen könnte ; da ihm die Betätigung erst als logische Reaktion von woandersher aufgenötigt werden muß, so entnimmt es mit der oktroyierten Betätigung auch die zeitliche Extension als oktroy­ ierte Form dieser Betätigung, die es nun bloß noch logisch z1t determinieren hat. Der Wille hat andererseits in seiner funk­ tionellen Intensität nichts, was ihn über die zeitliche Extension des A ktus hinaus zu einer räumlichen Extension fiihl'en könnte ; wenn er räumliche Extension in sich aufnimmt, so muß sie

c. Die logische Determi nation in der metaphysischen Sphäre.

180

ihm von woandersher ohtroyiert werden, gerade wie die zeit­ liche Dimension dem Logischen . Da hann man doch nur an dieses zweite Prinzip denken als an dasjen ige 1!0n dem ihm ebensowohl die Determination der ihm eigentümlichen zeitlichm Extension als auch die rämnliche Extension, und zwar sowohl nach ihrer noch unbestimmten formalen Beschaffenheit uls attch nach ihrer näheren Bestimmtheit aufgenötigt wird. Das Logische wäre freilich seiner Natur nach ebenso außerstande, die räumlich I' wie die zeitliche Extension aus eigenen Mitteln schöpferisclz Z'll produzieren ; das hat es aber auch gar nicht nötig. Die Ex­ tension ist ihm ja als eindimensionale zeitlich von seilen des Willens gegeben, und die bloße Multiplilwtion derselben aus teleo­ logischen Rücksichten dürfte seine Befähigung wohl nicht über­ steigen. ,

\Vir haben oben (S. 191-192) die Urkategori e in der B eziehung e rkannt, sowohl als B eziehung des Logi­ s chen zum Unlogischen als auch die Bezi ehung zwi­ schen mehreren logisch bestimmten Momenten des Un­ logischen und als B eziehung zwischen allen den so ent­ standenen Beziehungen. Jetzt können wir diese Ein­ sicht dahin ergänzen, daß die B eziehung e ben deshalb Urkategorie oder Urform der I nt ellektual funktion ist, weil sie logis che D e t ermination unter Ausschluß, des Widerspru chs ist, d. h. weil die zwischen den B ezogenen zu setzende B ezi ehung immer rein logisch bestimmt i st, gl ei chviel wieviel Unlogisches die Bezogenen einsei tig oder b eiderseitig enthalten mögen. I n der ersten Ur­ beziehung, aus der alle anderen Beziehungen erst ent­ springen, sind die gegebenen Bezogenen das ab solut Unlogische und das logische Formalprinzip selbst ; schon diese erste B eziehung ist nichts anderes als logische Determination des Zweckes der Vernichtung des Un­ logischen als Antilogischen. Aus di eser logischen Zweck­ bestimmung und den D aten des Unlogischen ( I nten sität und zeitliche Extension) ergeben sich dann (334) wei­ tere B eziehungen, nämlich logische D etermi nationen der unbestimmten Intensität und Extension in der Weise, daß sie zu Mitteln für den Zweck b rauchbar werden. Jede solche neue Beziehung oder logische D etermina­ tion setzt neue Syn thes r·n von Logi s r h e m und Unlogi-

190

B.

li. 4 - D ie··· Kategorien des schließenden Denkens.

schem, die sel bs t wieder z um G egenst and neuer B e­ ziehungen oder logis cher und teleologischer D etermina. tionen werden. Gr. V. 1 60.) B e tont man in sol cher Synthes e die b e i de n Ver­ knüpften, so stellt sie si ch als B eziehung dar, i n der Logis ches und Unlogisches inhaltlich g em i s ch t ist ; be­ tont m a n aber die ne u h inzu tretende Art der Verknüp­ fung, so stellt sie sich als logische D ete rm inat i o n dar, in der die Auss chließung des \Viderspruchs das formel l M aß gebende ist. In diesem Sinne kann man sagen, was inhaltlich (unter Berücksichtigung der gegebenen B e­ zogenen) B eziehung i s t , das ist formell (als neu hinzu­ tretende Bestimmung) logische D e t ermin atio n unter Aus­ s chluß des \Viderspruchs. So sind B eziehung und l o gis c h e D e t ermination nur d er inl1altlich e und formale Adspekt ein un d desselben Vorganges. Wenn uns aber in der B e z i ehung noch mehr oder weniger d unkel blieb; wo · h e r die B ezogenen s tammen, s o hat die B etracht ung der logischen D etermination d i es nun dahin aufgeklärt, daß alle B eziehungen stufenweise aus der ersten B e­ ziehung der beiden Attribute aufeinander d ur c h fort­ schreitende logis che D e ter mina t io n entspringen . In der logischen D e termination haben wir also den Punkt e rre ich t , wo die Kategorien des reflektierenden D enkens unmittelbar in d i e des spekulativen D e nk ens hinüberleiten. Bei d en me is t e n Kategorien des reflek­ tierenden Denkens kamen wir a n eine S telle, wo s ie über sich hinauswiesen und auf die K at egorien des spekulativen D enkens (Kausalität un d Teleologie) als auf ihre Erfüll ung und höhere Wahrheit hinwiesen. Und zwar war es überall der O b ergang a� s der subjektiv idealen Sphäre in die obj ektiv real e und met aph ys is che , wo wir vor d ie Entscheidung der Frage g es te ll t wurden, ob di e b etreffende Kategorie j enseits der subj ektiv idealen Sphäre üb erhaupt noch eine B edeutung habe. Konnt e diese Frage bejaht w erden, dann stellte si ch auch j edes­ mal hera us daß diese B edeutung lediglich e in e solche w ar, die sich in irgendwelchem Sinne auf die spekula­ tiven Kategori en stützte. Mit der logischen D etermina­ tion ab er, w el che di e U rkategorie der B ezieh ung nur ,

c.

Die logische D e t ermi nation in d e r metaphysi schen Sphäre.

191

in fom1eller H insicht v erdeutlicht und präzisiert, sind wir nicht nur (335) auf die spekulativen Katego rien hin­ gewiesen, sondern wir haben sogar den Punkt erreicht, aus dem die spekulativen Kategorien ebenso wie alle anderen ihren Ursprung n ehmen. Die logische D eter­ mination als Kategorie des reflektierenden D enkens in der s ubj ektiv ideal-en S phäre deutet einerseits a u f di e spekulativen Katego ri en in der objektiv realen S phäre hin als die erkenntnistheoretisch trenszendenten Korrelate, zu denen sie sich in tran szendentale Beziehung setzen muß , um eine Wahrheit im Sinne realistis cher Erkennt­ nis beanspruchen zu können ; si e weist aber auch anderer­ seits auf die unbewußte logische Determination als auf den metaphysischen Q uellpunkt der spekulativen Kate­ gorien hin. (G1·. lll. 1 60.) Mit der logischen D e termination ist also die U rkate­ gorie der B ezi-e hung für unser eigenes logisch geartetes Denken so weit aufgeh ellt, daß wir von ihr aus die speku­ lativen Kat egorien -eb enso wie die objektiv reale Sphäre, für w elche sie in erster Reihe geprägt sind, überspring�n und auf einen Punkt gelangen konnten , von dem aus die Ableit ung der spekulativ en Kategorien auf deduktivem Wege durch logische Determination begreiflich wird . Damit haben wir aber d e r Entwicklung d er Sache vorge­ griffen, und es handel t sich nun darum, · di e spekulativen Kategorien zu nächst gründlich zu unters uchen, wobei sich herausstellen muß , ob diese Vorwegnahme eine ull­ haltbare Übereilung war, o der ob sie durch das Ergeb nis der Untersuchung gerechtfertigt wird. Jedenfalls mußte die B etrachtung der logischen D e termination und der Kategorien des s chließenden D enkens an di e Kategorien des reflektierenden D enkens angeschlossen werden , zu denen sie nach ihrer Erscheinung in der subjektiv idealen Sphäre gehört ; es wäre eine willkürli che Abweichung von dem bisher beobach teten Verfahren gewesen, wenn grade bei dieser Kategorie die B etrachtung ihrer Be­ deutung in der metaphysischen Sphäre hätte ausgeschlos­ sen und bis nach E rledigung der sp ekulati v en Kate­ gorien vertagt werden sollen. Es liegt in dem Wesen der Kategorien, daß j e d e von ihnen beim D urchdenk en

192

B . II.



Die Kate g orien des schließenden Denken s .

ihrer metaphysischen Kons equenzen auf die letzten H öh en der Metaphysik führt ; es ist deshalb keine Willkür der schriftstellerischen Behandlung, daß die meisten Kapitel mit Antizipationen schließen, die mehr oder weniger über die Kategorien d es r eflektierenden D enkens s chon hinaus­ greifen . Bei der logis chen Detennination ist diese Anti­ zipation nur noch e twas a uffallender al s b ei den früheren Kategorien. (Gr. 1 . 1 85-1 94 .)

5. Die Kategorien des modalen Denkens. a. D i e M o d a I i t ä t s k a t e g o r i e n i n d e r s u b j e k t i v i d e a I e n S p h ä r e.

-

(336) Das Wahrgenommene ist. D ieser Satz ist der alleinige I nhalt des sogenannten assertorischen U rteils. Er ist unbestreitbar, wenn der B egriff des Subjekts und des Prädikats nicht über die ihnen in der unmittelbaren \Vahrnehmung zukommenden Grenzen erwei tert werden. Sobald dies geschieht, wird das Gebiet des assertorischen Urteils übers chritten, indem aus ihm ein hypothetisches induktiv abgeleitet wird. D i eses Verfahren hat seine logische B erechtigung, aber unberechtigt ist es, das so erschlossene hypothetische Urteil selbst noch für ein assertorisches zu halten, oder mit dem assertorischen, aus dem es abgeleitet ist, zu vermengen und z u verwech­ seln. In der unmi ttelbaren Wahrnehmung ist "das Wahr­ genommene " nichts weiter als der vom wahrnehmenden B ewuß tsein vorgefundene Bewußtseinsinhalt, und " sein" nichts weiter als "im B ewuß tsein sein" oder "gewußt werden " . D er Satz besagt also nur, daß der Bewuß tseins­ inhalt ein s ubj ektiv ideales Sein hat, d. h. er ist so ver­ standen eine bloß.e Tautologie. Dieses S ein des Wahr­ nehmtmg �in halts ist zwar auf k eine Weise wegzuleugnen oder d urch Will k ür wegzuschaffen ; es ist aber auch dar­ um do ch immer noch kein wirkliches, reales Sein, sondern ein bloß vorstellungsmäßiges, i deales, obzwar faktische s und positives Sein. Um wirklich zu sein, müß te der Bc­ wuß tscinsinhalt wirksam sein ; um real zu sein, müß t e er eine Sache oder e i n Ding sein. E r ist a be r einerseits völlig unwirksam und passiv, reines G es etztsein ohne eigene Tätigkeit oder Kraft, andererseits kein D ing, das auch unabhängig von der Form des Bewußtseins fort­ bestehen könnte, sondern bloß O bjekt für ein Subj ekt, E . v. l{ a r t m a u n , K a t e�o r i n n l t> h r c .

II.

l" q

1 94

B. II.

5· Die Kategorien des modalen Denkens

d. h. Vorgestelltes für ein Vorstellendes. D er I nhalt des Bewuß tseins ist ebenso unwirklich wie seine Form , und die Einheit von B ewußts einsinhalt und Bewußt seinsform ist (.'33 7) eb enso unwirklich wie ihre b ei den Momente . \Virklich sind nur die unbewußtcn F unktionen, durch deren Kollision die Einh�it von B ewußtseinsinhalt und B ewußtseinsform als passives, subj ektiv i deales Resulta t gesetzt wird. Wenn der Gatt ungsbegriff "sein" ( i m Sinne von phänomenalem S ein) di e Arten (o bjektiv) reales und (s ubj ektiv) ideales S ein umspannt, so fällt das Wahrge­ nommene als B ewußts einsinhalt nicht unter das (objektiv) reale oder wirklich e, sondern unter das (subj ektiv) ideale oder vorstellungsmäßige Sein. D as unserem B ewuß ts ein unmittelbar als I nhalt Ge­ gebene is t Tatsache, vi elleicht auch Wirkung eines Wirk­ lichen, aber nicht das Wirkliche sdb st. Das Wirkliche kann, wenn es ein solches gibt, niemals dem B ewußtsein unmittelbar gegeb en sein, sondern nur aus dem von ihm im Bewußtsein Gewirkren mittelbar erschlossen werden. Nur der naive Realismus setzt ungeprüft voraus, daß. das ·wahrgenommene zugleich auch das Wirkliche, die Sache selbst o der das Ding sei ; aber er kam eben mit dieser Annahme vor der Kritik nicht bestehen. Trotzdem erhält sich nach der kritischen Auflösung des naiven Realismus mit Notwendigkeit dies e mit ihm zugleich aufgehobene Annahme in den Köpfen der Philosophen , solange sie eine bewuß ts,ei nstranszendente \Virklichkeit leugnen zu sollen ,glaub en ; denn der menschliche I nstinkt sträubt sich gegen den gänzlichen Verl ust aller Wirklichkeit. D er subj ektiv idealen Sphäre wird nun "empirische Realität" , d. h . eine durch die unmittelbare Erfahrung (Wahrnehmung) beglaubigte, aber rein immanente Wirk­ lichkeit zugeschrieben, aus Furcht, sie sonst zum bloßen S chein verflüchtigt zu sehen. Wäre das \Vahrgenommene ganz und rein immanent, d. h. ohne alle transzendentale Beziehung, so wäre die Furcht, sie zum Schein herab ­ sinken zu s ehen, ganz unbegründet. Denn S chein ist nur dasj enige, was eine Wirklichkeit vorspiegelt, wo keine ist ; wenn also die \Vahrnehmung keine transzendentale B e­ ziehung auf eine transrendeute Wirklichkeit vorspiegelte,

a. m

1 95

der subj ektiv idealen Sphäre.

so könnte ihr auch nicht der Vorwurf des S cheins gemacht werden. Ein B ewuß tseinsinhalt ohne jede in ihm mit­ gegebene transzendentale Beziehung wäre ebensowen i g S chein wie Wirklichkeit, sondern e i n tatsächliches, sub­ j ektiv ideales S ein, neben dem keine andere Art des Seins mehr bes tände. Mit dem Gegensatz des realen und jd ealen Seins wäre auch der von Wirklichkeit und Schein aufge­ hoben, damit ab er auch zugleich (338) der Anlaß und das Recht, von einer "empirischen Reali tät" zu sprechen. I n der Tat is t aber das \Vahrgenommene durch und durch ein Gewebe von transzendental en B eziehungen. Die Empfindungs intensität schließt instinktiv die t ranszenden­ tale B eziehung auf di e I ntensität der die Empfindung h er­ vorrufenden Kraft, die Empfindungsqualität die transzen­ dentale B eziehung auf die unbewuß t bleibenden sukzessi­ ven und simultanen Intensitätsverhältnisse dieser Kraft, die räumliche Ausbreitung der Empfindungen die trans­ zendentale Beziehung auf die räumliche Anordnung der affizierenden Zentralkräfte ein, und j ede weitere Kate­ gorialfunktion, die zu dem Aufbau der "Wahrnehmung ihren B eitrag liefert, hat nur als transzendentale B eziehung auf transzendente fundamenta relationis einen· S i nn. Das ganze Wahrgenommene schreit uns also gleichsam seine Bedeutung als immanenter Repräsentant einer transzen­ denten Wirklichkeit in die geistigen Ohren ; wir müssen uns taub s tellen, um diese S timme zu überhören. Wo sollte nun die von jeder transzendentalen B e­ ziehung abgelöste empirische Realität des vVahrgenom­ menen stecken ? In den kategorialen Zutaten doch s i cher nicht, die ein völlig widerspruchsvolles Tun der unbe­ wußten I ntellektualfunktion sind, wenn ihre instinktive transzendentale B eziehung eine instinktive Illusion ist ! I n der Empfindung do ch auch nicht, da ihre Q ualität und bestimmte Q uantität auch nur solche kategorialen Zu­ taten sind, nach beider Abzug aber nichts üb rigbleibt I Die Erfahrung, die uns die empirische Realität beglau­ bigen soll, ist ja doch erst das P rodukt aus dem Zusam­ menwirken aller di eser Kategorialfunktionen ; j ede ein­ zelne derselben hat entweder nur eine transzen dentale B e­ deutung oder ist widersi nnig in sich, und das Produk t l iF

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B . II.

5 · Die Kategorien des modalen Denkens

aller sollte ein e von der transzendentalen B eziehung ab­ gelöste Realität haben ? Die empirische R ealität, die dem Wahrgenommenen instinktiv beigelegt wird, wurde vom naiven Realismus miß deutet als unmittelbare I dentität des wirklichen Dinges und des Vors t ellungsobj ekts ; nun wird si e vom transzen­ dentalen I dealismus miß deutet als eine auf sich selbst ge­ stellte unmittelbare Realität unter Ableugnung j eder tran­ szendentalen B eziehung ; sie gibt sich ab er für nichts an­ deres aus als für transzendentale Realität, d. h. für einen subjektiv idealen Widerschein der transzendenten Realität. Die empirische R ealität, wie sie sich dem instinktiven Erkennen darbietet, will durchaus nur eine reflektierte Realität aus zweiter H and, das (339) subj ektiv ideale B ild einer obj ektiv realen Wirklichkeit und dadurch zu­ gleich eine repräsentative B eglaubigung der Existenz und Bes chaffenheit der letzteren für das B ewußtsein sein. D amit ergibt sich ab er folgende Alternative : entweder hat die sich uns instinktiv aufdrängende empirische Reali­ tät des vV ahrgenommenen recht, dann muß es eine tran­ sze:-�.dente vVirklichkeit geb en, deren immanente Erschei­ nung sie ist ; oder aber sie hat unrecht, dann spiegelt sie uns durch ihre transzendental e Beziehung die Existenz einer transzendenten Wirklichkeit vor, die es gar nicht gibt, dann ist sie ein trügerischer, falscher S chein. Wirk­ lichkeit ist sie also keinenfalls ; aber sie kann entweder ·wahrheit oder Trug, Erscheinung oder S chein sein. H ier erst liegt das eigentliche Motiv für den Versuch, ihr eine unmittelbare empirische Realität zuzuschreiben, um ihr den Vorwurf der S cheinhaftigk eit zu ersparen ; aber dieser Versuch scheitert in sich. \Vir werden durch unsere Geistesorganisation und durch die Kon stitution der Wahr­ nehmung gezwungen, sie auf eine transzendente Wirklich­ keit zu b eziehen. Wir müssen also zunächst diesen B e­ griff dtnken ; erst in zweiter Reihe bleibt es uns anheim­ gestellt, ob wir ihn hypothetisch gelten lassen oder leugnen wollen. So hat sich ein rein faktisches Sein des Wahrgenom­ menen, das weder "Wirklichkeit noch Schein wäre, als ebenso unhaltbar erwi esen wie die Behauptung, daß

a.

in der subj ektiv idealen Sphäre.

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dieses S ein als solch es \Virklichkcit z u sein b eanspruchen könnte. B eides scheitert an der Konstitution des Wahr­ genommenen, das durch und durch ein Kategorienge­ spin st, d. h. durch und durch transzendentale B eziehung ist und damit auf eine transzendente Wirklichkeit hinweist. Exi5tiert eine solche transzendente Wirklichkeit, dann dürfen wir dem WahrgenOIIll m enen eine transzendentale Realität (338) zus chreiben und es als Erscheinung eines transzendent R eal en anerkennen ; existiert sie nicht, so hat das \Vahrgenommene transzendentale I dealität und ist bloßer S chein, trügerische Illusion. Die Kategorie der Wirkli chkeit im eigentlichen, unmittelbaren ·wortsinn hat also in der subjektiv ideal en Sphäre keinen Platz, sondern gehört l ediglich der obj ektiv realen Sphäre an. I m un­ eigentlichen, mitt elbaren Wortsinn einer transzendental en Realität, d. h. einer :reflektierten Realität aus zweiter H and , kann man ihr in der subj ektiv ideal en Sphäre Hei­ matsberechtigung zugestehen, sofern das Wahrgenom­ mene als immanente \Virkung eines transzendent Wirk­ lichen oder als subj ektiv (340) ideale Erscheinung und nich t al s falscher S chein aufgefaßt wird. Nur zu dieser abg eleiteten, reflektierten, transzendentalen Realität der subjek ti\· idealen Ersch einung bildet der Begriff des S cheins einen Gegensatz. Der eigentliche B egriff der Wirklichkeit aber bildet keinen Gegensatz zu d em des S ch eins, weil beide verschiedenen Sphären angehören, und keiner von beiden in der Sphäre vorkommen kann, wo der andere heimisch ist. Ebensowenig wie di,e Wirklichkeit hat die Not wendig­ keit im Wahrgenommenen eine S tätte, wenn wir dasselbe auf die subj ektiv ideale Sphäre beschränken un d j ede B eziehung zum Transzendenten abs chneiden . D aß das \Vahrgenommene ist, ist immer nur ein assertorisches, niemals ein apodiktisches Urteil. Allerdings kann der Versuch des B ewußtseinssubj ekte s hinzutreten, das sub­ j ektiv i deale S ein des ·wahrgenommenen aufzuheben oder zu alterieren, und d er Mißerfolg dieses Versuches kann zu dem abgeleiteten Urteil führen, daß dem B ewußtseins­ subjek t diese Aufhebung oder Veränderung unmöglich sei. D araus kann dann weiter ges chlossen werden, daß das

198

B . II.

5 · Die Kate g orien des modalen Denkens

B ewußts ein sich dem vVahrgenommenen gegenüber in einer Z wangslage befinde, und auf Grund dieser Apodeixis kann dem Urteil "das Wahrgenamme ist" eine apodik­ tische G eltung zugeschrieben werden. I ndes i st doch zu beachten, daß die Notwendigkeit bei diesem apodik­ tischen Urteil nicht auf seiten des \Vahrgenommencn, sondern auf s eiten des Be wu ß tseinssu b j ekts lieg t . D as U rteil sagt nur a u s daß das B ewußtsein genötigt sei, das W ahrge nommene über sich ergehen zu lassen , aber ni cht, daß das Wahrgenommene selbst ein mehr al s Tatsächliches, ein seiner Ents tehung nach N otwendiges sei. Als apodiktisches U rteil ist es eine Aussage über das B ewuß tseinssubjekt und s ein Verhältnis zum Wahr­ genommenen, nicht über das Wah rgenommene selbst. Als Urteil über das \Vahrgenommen e selb st ist es kein apodiktisches, sondern ein ass ertori sches , eine Aussage . nicht der N otwendigkeit, sondern der nackten Faktizität. Etwas anderes ist es, wenn auf dem Standpunkt des trans­ zendentalen R eal ismus -eine gesetzmäßige O rdnung des obj ektiv realen G es ch ehens vorausgesetzt und das im B e­ wuß tsein Wahrgenommene als Wirkung einer transzen­ denten Kausalität anges•ehen w ird ; dann kann man frei­ lich sagen, daß das Wahrgenommene als subj ektiv ideale E rscheinung notwendig, nämlich das notwendige Ergeb­ nis bewußtseinstranszendenter Vorgänge sei ; (341) aber davon sagt die unmittelbare Erfahrung ni chts, und solche Urteile überschreiten bereits die subj ektiv ideale Sphäre. (Gr. I. 24 .) I nnerhalb gewisser Grenzen und auf gewisse S trecken scheint, wie in unseren Träumen , so auch in dem Ablauf der \Vahrnehmungen eine gewisse Regelmäßigkeit zu wal ten ; aber dies e Gr e nze n sind selb st unbes timmt und s ch w ankend, und die kurzen S trecken regelmäßigen Ver­ l aufs werden durch u nregelmäßige ZwischenfäHe regellos unterbrochen. Wo nicht einmal eine fes te Regelmäßig­ keit zu konstatieren ist, da kann noch weniger von Ge­ setzmäßigk eit die R ede sein ; ohne Gesetzmäßigkeit ist aber auch an keine Notwendigkeit zu denken. Daß auf di e se Wahrnehmung j ene folgt, ist, wenn von allen trans­ zendenten Ursachen der vVah mehmungen a bgesehen wird, ,

a.

in der subjektiv idealen

Sph iirc.

1 9 !)

eine nackte Tatsächlichkeit, ein positiv Gegebenes ohne alL� N otwendigkeit. In der subj ektiv idealen S phäre ist, wie wir sehen werden, .weder Kausali tät noch Finalität zu findrn, sondern höchstens der fal sche S chein von beiden ; deshalb kann auch weder kausale noch finale N o twendig­ keit daselbst gesucht werden . N u r der falsche Schein einer streckenweise o der sporadisch auftretenden N otwen­ digkeit kann in der subj ektiv idealen S phäre entstehen, nämlich dann , wenn der naiv realistische Glaube an die Kau�alität der mit den D ingen an sich identifizierten Wahrnehmungsobjekte unkritisch festgehalten wird, trotz­ dem die I dentifikation, auf die allein .er sich stützt, kritisch zerstört ist. I n einer Sphäre, wo keine Notwendigkeit h errscht, hat es auch wenig Bedeutung, von Zufälligkeit zu reden ; denn die Zufälligkeit erhält ihren rechten Sinn erst da­ durch, daß sie mit der N o twendigkeit kontras tiert . Zu­ fällig ist alles, was ni cht notwendig ist ; insofern kann mit Recht die nackte Faktizität des \Vahrnehmungsablaufs zufällig genannt werden, weil er, innerhalb der s ub j ektiv i dealen S phäre betrachtet, nicht notwendig ist. Aber die N egation der Katego ri e der N otwendigkeit ist hie r durch eine ganz äußerli che Reflexion künstlich herangebracht ; die nackte Tats äc hlichkeit des \Vahrnehmungsablaufs al s solche bietet keinen Anlaß , sie an der Kategorie d er Notwendigkeit zu messen und bei diesem Vergleich ihre N i chtnotwendigkeit oder Zufälligkeit festzustellen. Es ist ein aus dem na iven Realismus ste h,e ngebli eb en er Glau­ bensrest, der zu der Annahme einer N o twendigkeit des bloß Faktischen verleitet ; diesem die subjektiv ideale S phäre gar nichts an g ehende n ü berleb sei einer instinktiv transzendenten Glaubensmeinung hat die (342) kritische Reflexion entgegenzutreten, und nur dadurch kommt sie dazu, die N ichtnotwendigkeit o der Zufälligkeit des Wahr­ nehmungsabiaufs zu konstatieren. Es ist ein Urteil un­ gefähr von derselben Bede utung, wie wenn man erklärt, daß der H immel nicht, wie die Alten meinten, von Kri­ stall sei. Ein R e f ! f:' x i onsurteil von ähnlicher Art ist es, wenn man sagt, daß in dem Wahrnehmungsablauf alles mög-

200

B. I I .



D i e Kategorien des modale n

Den k e i l S

lieh u n d nichts unmöglich sei. I n dem gegenwärtigen Augenblick karu1 allerdings nur das sein, was wahrgenom­ men wird, und alles j etzt nicht \Vahrgenommene ist auch j etzt nicht ; die Frage, ob ·etwas sei, während es nicht wahrgenommen wird, oder nicht sei, während es wahrgenommen wird, kann erst gestellt werden, wenn das \Vort "Sein" auf eine transz endente S phäre bezogen wird. ·wohl aber kann auch innerhalb der subj ektiv idealen Sphäre gefragt werd·en , ob etwas Bestimmtes zu einem bestimmten früheren oder späteren Zeitpunkt gewesen sei oder sein werde, d. h. wahrgenommen worden sei , oder wah rgenommen werden werde, oder mit anderen Worten. ob eine Erinnerung oder Erwartung richtig sei. I n dieser H insicht ist nun alles möglich und nichts unmöglich. D amit ist aber nichts über die Wahrnehmungen aus­ gesagt, sondern nur über das B ewuß tseinssubjekt, näm­ lich s eine gänzliche Unwissenheit über den Eintritt oder Nichteintritt des rein Tatsächlichen. Dieses Möglichkeits­ urteil ist also kein hypothetisches U rteil , sondern ein rein problematisches der ab soluten U nwissenheit. D ie Unbestimmtheit ist eine rein subjektive U nmöglichkeit, das bloß Faktische eines anderen als des gegenwärtigen . Zeitpunktes zu erkennen. \Venn ich eine noch so s-ehr gegen meine bisherigen Erfahrungen und gegen meine Erwartungen verstoßende Vvahrnehmung mache, so muß ich das geduldig hinneh­ men . "Das Wahrgenommene ist" , daran ist nicht zu rütteln ; aber meine Envartungen und Vermutungen s ind bodenlose Erdichtungen, wenn alles z ufällig und nichts notwendig ist. Nur wenn ich eine transzendente \Virk­ lichkei t mit gesetzmäßiger O rdnung voraus setze, die auch in mein B ewuß tsein durch transzendente Kausalität ein­ greift und meine Wahrnehmungen notwendig macht. nur dann kann ich auf G rund einer Kenntnis der tran­ szendenten Weltordnung gegründete Erwartungen über künftige Wahrnehmungen hegen, nur dann habe ich das Recht, von paradoxen Wahrnehmungen zu reden. N ur wenn ich Erscheinung und S chein einander ent­ gegensetze, kann ich vermuten, daß (343) eine paradoxe Wahrnehmung einen B estandteil bloßen S cheines in sich

a.

in der subj ektiv idealen

Sphäre.

201

en thalten möge, der die \Vahrnehmung z u einer trüge­ rischen macht, w enn i ch i hn auch für Erscheinung halte. Dann erst kann ich von Möglichem und U nmöglichem in der Wahrnehmung red·en, aber nicht, wenn ich di e subjektiv ideale S p häPe in ihrer I s olierung nehme. I ndessen gilt dies auch nur mit gewissen Einschrän­ kungen. D ie innere E rfahrung lehrt, daß \Vidersprechen· des sich nicht zusammendenken läßt, oder daß das Anti­ l ogische z u denken unmöglich ist. D araus folgt, daß alles Selbstgedachte notwendig wi derspruchslos sein muß , wenn nicht die bloß e Aufgab estellung des Zusammendenkens mit dem Vollzug desselben verwechselt wird. Al l er­ dings stellt sich im \Vahrnehmungsinhalt öfter anschei­ nend einander Widersprechendes dar, aber doch nur, wenn die still s chweigende Voraussetzung zugrunde ge­ l egt wird, daß das Wahrgenommene transzendentale Rea­ lität h abe. D er Widerspruch schein t dann nicht sowohl im \Vahrnehmungsinhal t s elbst al s vielmehr in der ob­ j ektiv real en S phäre zu liegen, nämlich i n dem Tran­ szendenten , das dort dem \Vahrneh mungsinhal t ent spricht. N un i s t zunächst nicht einzusehen, w arum die obj ektiv reale S phäre nicht ebensogut 'viderspruchsvoll als wider­ spru chslos sein könnte ; darüb er kann nur die Erfahrung entscheiden. Die Erfahrung s ch eint dafür zu sprechen, daß \Vi der­ sprüche in ihr vorkommen ; aber die Vermutung, daß dies ein falscher Schei n sei, stellt sich dem entgegen und stützt sich auf einen instinktiven Glauben an die Konformität beider S phären, insbesondere an die Logi­ zität bei der. Die E rfahrung rechtfertigt diese Vermutung dadurch, daß alle vermeintlichen Widersprüche in der obj ektiv realen Sphäre, welche die vVahrnehmung an­ zuzeigen scheint, sich bei genauerer U ntersuchung in widerspruchslose Zusammenhänge auflösen und der S chein des 'Widerspru chs nur da bestehen bleibt, wo eine aus­ reichende Untersuchung des wirklichen Zusammenhanges nicht durchführbar ist. Dadurch wird der instinktive Glaube an die Logizität auch der obj ektiv realen Sphäre in praktisch ausreichendem Maß e bestätigt und bestärkt. Alle vVidersprü che gel t en nunmehr als fal scher S chein ,

202

B . 11 .

5 · Die Kategorien des modalen Denkens

der der A u flösung pri nzipiell fähig ist, wenn dieselbe auch im besonderen Falle durch die U mstände nicht ausreichen d begünstigt wird. D amit wird ab er auch der Glaub e p raktisch gerechtfertigt, daß aller Bewußtseins­ inhalt, (344) sowohl der selbstgedachte als auch der wahrgenommene , unmöglich wi derspruchsvoll sein könne, soweit n icht ersterer I rrtum, letzterer falscher S chein ist. B eide können nur so lange bes tehen, als ihre wider­ spruchsvoll e B eschaffenhei t nicht bemerkt wird, d. h. als die G edanken o der Bilder nebeneinander oder nachein­ ander, aber nicht eigentlich im B ewuß tsein z u s a m m e n ­ treffen und sich gegenseitig durchdringen. D as sich sel b st \Vidersprechende ist selbst in der subj ektiven Sphäre unmöglich ; nur Verschiedene, die ein­ ander widersprechen, sind möglich. Es ist also notwendig, daß aller einheitliche und gleichzeitige Bewußtseinsinh alt widerspruchslos sei. 'Wer das nicht glau bt, mag es p ro­ bieren ; der Vers uch wird ihn in j e dem F alle durch innere Erfahrung von der Unmöglichkeit überzeugen. N och nie­ mand hat vermo cht, eine negative I nstanz aufzuzeigen. Diese Widerspruchslosigkeit ist ab er bloß eine formal­ logische Notwendi gkeit, die für den positiven, konkreten Inhal t des Bewußtseins keinerlei B estimmung liefert und die Zufälligkeit dessel b en bestehen läß t. D er ganze Umfang dessen, was innerhalb der Grenzen der \Viderspruchslosig­ keit liegt, bildet d en Umkreis des Möglichen in der subj ektiv idealen S phäre. Logisch möglich is t also alles, w as nicht logisch unmöglich ist ; logisch notwendig aber ist dasj enige, dessen N i chtsein l ogisch unmöglich wäre. Es ist wohl zu beachten, daß die Unmöglichkeit des sich selbst ·widersprechenden sogar in der subj ektiv id ealen Sphäre ein bloßer Glaube is t, der sich allerdings auf die breiteste empirische Basis stützt. D enn wenn ich bis j etzt keinen Fall b eobachtet habe, wo ich das sich 'Nidersprechende zusammendenken konnte, so schließ t das, streng genommen, do ch nicht di e Möglichkeit a u s , daß b eim nächs ten Versuch mir eine solche negative I nstanz aufstößt. 'N enn meine geistige O rganisation dies b isher nicht zuließ , so kann sie sich ja bis zum nächsten :vl al in d i eser Hinsi c h t ändern. delwir­ kung i n der Kausali tät zwischen Erde und Sonne. Die \Virkung der Sonne addiert sich zu der Gegenwirkung der Erde, um die Erde der S onne anzunähern, u n d die Gegenwirkung der S onne addiert s i ch zu der Wirkung der Erde, um die Sonne der E rde anzunähern. Jede der einseitigen Kausalitäten spaltet sich in \V irkung und Gegenwirkung, und diese gespaltenen fließen in der \Ve chselwirkung wieder zu zwei \Virkungen (Bewegun­ gen) i n den beiden Individuen zusammen , die s ummier t d i e Gesamtwirkung ausmachen. S o sind Wechselwirk ung und G egenwirkung weit entfernt, miteinander in Kon­ kurrenz z u treten ; s i e ergänzen sich vielmehr als Ana­ lyse u n d Synthese der Kausalitäten. In der ers teren wird der Kausalitätsfaden durch Verteilung auf die be­ zogenen I ndividuen gespalten ; i n der letzteren werden die Spaltstücke wieder über Kreuz zum G ewebe ver­ bunden. Eine Wirkung kann wi eder U rsache einer neuen \Virkung werden, di ese glei chfalls, und so fort ; auf diese \Veise entsteht eine (388) Kausalreihc, in der j edes Glied sich zum vorhergehenden als vVirkung, zum folgenden als U rsache verhält. D abei b l e iben die konstanten Be­ dingungen bestehen und b i l d en gl eichsam den durch­ laufenJen Faden, auf dem die m a n n i gfa chen P e rlen der

30

B. III .

1 . Die Kausali tät

variablen B edingungen aufgereiht sind. D er Faden würde keine Abwechslung Verschiedener, also auch keinen Un­ terschied zwischen Ursache und \Virkung zeigen, wenn nicht die verschiedenfarbigen Perlen auf ihm säßen ; die Perlen aber könnten nicht eine bunte Reihe bilden, wenn der Faden fehl te, der ihnen erst H alt und Rich­ tung gibt. Die Konstanz einer bestimmten, durch eine Reihe von Veränderungen hindurchlaufenden Bedingung· kann sehr wohl eine bloß relative s ein, z. B . die eines I ndiv iduums von s einer Ents tehung b i s zum 'W ieder­ untergang. D ann ist eine s ol che relativ konstante B e­ dingung s elbst eine variable im Verhältnis zu dem ihrer Entsteh ung vorhergehenden und ihrem Untergang fol­ genden Zustande. Das Entstehen und Vergehen der relativ konstanten I ndividuen und der ·wechsel ihrer Generatio nen ist dann selbst wieder eine R eihe von variablen B edingungen, die auf größ ere F äden von kon­ stanten Bedingungen aufgespannt sind. Zuletzt ist der ganze Weltprozeß eine Reihe variabler B edingungen, die auf die konstante B edingung der Fort dauer des erhobenen Walleus oder der Erhaltung der Rraft aufgespannt sind. \Venn nun a , b , c , d, e eine sol che Kausalreihe dar­ stellt, so kann man a die mittelbare oder indirekte Ur­ sache von e nennen, weil die Kausalbeziehung durch b, c und d vermittelt ist. Kann auf die Fortdauer der kon­ stanten B edingungen in der Zeit, die von a bis e ver­ läuft, m i t Sicherheit gerechnet werden, so ist auch die indirekte Verursachung des e durch a ebenso sicher und zuverlässig wie die direkte durch d. 'Nenn nun b , c und d unb ekannte kausale Vermittl ungsglieder sind, so wird die Beoba chtung .des a ausreichen, um anzuzeigen, daß der Eintri tt von e demnächst zu envarten ist. Ebenso wenn b , c u n d d zwar als kausale Zwischengli eder b ekannt, aber dem Einfluß der mens chlichen ·willkür entzogen sind, wird die absichtliche H erbeiführung des a den Eintritt von e sicherstellen. I n solchen Fällen konzentriert sich das Interesse auf die kausale Verknüpfung von a und e unter B eseitelassung der Zwischenglieder ; man nennt dann a ohne weiteres die Ursache von e, ob wohl es nicht dessen unmittelbare Ursache ist.

b. in

der obj ektiv realen Sphäre.

31

D as I nteresse des Mensch en richtet sich in do ppelter H insich t auf die Kausalreihen, erstens um den unab­ wendbaren Eintritt (389) künftiger Ereignisse aus ihren wahrn ehmbaren mittelb aren U rsachen zu ers c hließen und danach rechtzeitig sein Verhalten einrichten zu können, und zweitens , um soweit al s möglich durch Eingreifen an geeigneter Stelle die Kausalreihen in ihrem Verlauf so beeinflussen zu können, daß die Endergebniss e den mens chlichen Wünschen entsprechen. Sowohl die Pro­ gno s e als auch die B eeinflussung der Kausalreihen würde ab er zu spät kommen, wenn der Mensch sich auf die B eobachtung und B eeinflussung der unmittelbaren Ur­ sachen b eschränken wollte. N u r die rechtzeitige Erkennt­ nis des Zukünftigen gestattet geei gnete Maßnahmen, sei es, um das Ereignis abzuwenden, sei es , um si ch vor dem S chaden durch das Unabwendli che zu wahren. Des­ hal b sind die mittelbaren Ursachen i n praktischer H in­ sicht im ganzen wichtiger als die unn1ittelbaren. L eb ens­ klugheit und Torheit, Verdienst und S chuld des H an­ deins knüpft sich meist an ziemlich indirek t e U rsach c n d e s E rfolges. F ür die Eudämonistik, E thik u n d Rechts­ pflege sind daher die u nmittelbaren U rsachen in der Reg el unwesentl ich und nur mittelbar wesentlich. Aber auch die geschichtlichen vVissenschaften, sofern sie auf die Erkenntnis des Einflusses, d en menschli c h e H and­ lungen auf den Gang der Dinge gehab t hab en, den H aupt­ wert legen, sind genö tigt , sich an die mittelbaren U r­ sachen zu halten ; eb enso die N aturwissenschaften, sofern sie der Te chnologie vorzuarb eiten b eabsichtigen. An den Kausalreihen sieht man deutlich, daß die Kausalität zeitli ch ist. D i e Kausalität kann nur dem­ jenigen als unzeitlieh erscheinen, der die konstanten B-e­ dingungen für di e vollständige Ursache hält und die Unentbehrlichkeit der variablen Bedingungen für die Kausalität übersieht. N ennt man z . B . die D inge oder P ersonen Ursachen, dann bestehen diese Ursachen gl eich­ zeitig mi t ihrer Wirkung fort. Gerrauer b esehen, sind aber die Dinge oder Personen nur insofern U rsachen bestimm­ ter "W irkungen, als sie bestimmte Tätigk e i t en ausüben, und als s o tätige sind sie ni cht gl eichzeitig mi t der Wir-

32

B. III.

r.

Die Kausali tät

k ung, s o ndern früher als diese. D er Beweis dafür ergibt sich eben aus der Betrachtung der Kausalreihen. Je läng e r die Kausalreihe i s t , desto länger wird durch· schnittlieh die Z eit, die zwischen dem ersten und letz­ ten Gliede verfließ t ; niemals a ber ist die mit t elbare Ur­ sache s p äter al s die \Virk u ng. Auch b ei dem Vergleich der direk ten Ursache und \Virkung z eigt sich k ein Fall, wo die Ursache merklich s päter wäre als die "Wirkung ; aber oft rücken b e ide zei tli ch so nahe zusamm:en , (390) daß, es nicht mehr zu bestimmen ist, ob ihre zeitliche Verschiebung gegeneinander positiv oder negativ .oder N ull ist. Dieser Zweifel wird durch die K ausalreihe ge­ hoben. \Väre die zeitli che Verschieb ung gleich N ull, so könnte die Summierung n.o ch s .o vieler Gli eder keine Veränderung der Glei chzeitigkeit bewirken, d. h. auch die mittel bare U rsache müßte mit der Wirkung gleich­ zeitig s ein. ·wäre die zeitliche Vers chie bung unmerk­ lich klein, aber n egativ , so m ü ß te sie sich in einer hin­ länglich langen Kausalreihe zu einer merklichen nega­ tiven Vers chi ebung summieren, d . h. die mittelbare \Nir­ k ung m ü ß t e früher sein als die Ursache. Nur wenn die unmerklich kleine zeitliche Verschieb ung positiv ist, kann sie s i ch in der Kausalreihe zu einer merklichen posi­ t iven Verschiebung summieren, die die Endwirkung später als die Ursache erkennen läß t. Es steht al so fest, daß auch di e direkt e U rsache weder später al s die \Virkung, noch gleichzeitig mit ihr, sonelern früher a.ls s i e ist. Es fragt sich nu n aber, wie dieses Zeitverhäl tnis näher Z ll denken ist. D ie Betrach­ tung der kons tanten B e d ingungen karm uns darüb er keinen Aufschl u ß geben, weil sie in der Zeit vor der Ursache, während der U rsache, während der \Virk ung und nach der Wirk ung gleichmäßig beharren. Vhr müssen uns an die variablen B edingungen halten, die allein zeitlich m \Vechsel zeigen . Nennen wir die V er­ änderung, welche die direkte U rsache bilde t, U, die , welche die \Virkung bildet, W, d i e z wischen ihnen be­ s tehende Kausalität k, so sind folgende Fälle möglich : 1 . U, W un d k sind all e drei z e i t l i c h p u nktuell, d. h. ohne j ede z e i tl i c h e Extension ; 2. U u n d W sind zeitl i c h p unk-

b. in

33

der obj ektiv realen Sphäre.

tuell, aber k zeitlich ausgedehnt ; 3 . U und W sind zeit­ lich ausgedehnt, aber k zeitlich ausdehnungslo s ; 4. U, W und k sind zeitlich ausgedehnt. I m ersten Falle h aben wir drei Punkte, die ent· weder durch leere Zeitlücken getrennt sind o der in einen zusammenfallen, d. h. die entweder berührungslose D is­ kreta oder gleichzei tig ohne zeitliche Ausdehnung sind. D i eser F all s cheidet aus, da er auf die Gleichzeitigkeit zurückführt. - Im zweiten Falle sind U u nd W durch eine leere Z ei t getrennt, und di e Kausalität s chweb t zw-ischen i h n en als eine B eziehung, d i e e r s t mit dem Aufhören von U einsetzt und mit dem Einsetzen von W abrei ß t . Wir können uns ab er weder zeitlich aus­ dehnungslose Veränderung denken, noch eine B eziehung, die zwischen zeitweilig nicht Existierenden in der lee­ ren Zeit schweb t . - I m dritten Falle sind U und W als zwei Strecken einer (891) geraden Linie räumlich zu veranschaulichen, die mit einem Grenzpunkt aneinander­ stoßen ; dieser Grenzpunkt all ein enthi elte die Kausalität. D ann verfließ t di e ganze zeitli c h e Ausdehnung von U völlig wirkungslos, bis zu dem Augenblick, wo es au f­ hört zu sein ; in diesem Augenblick setzt die z·e itliche Wirkung W ein, die nun ihrerseits abfließt, ohne in mehr als dem einen Anfangspunkt mit der U rsache verknüpft z u sein. Wollte man ab er j eden P unkt von U mit einem entsprechenden von W zeitlos verknüpft denken , dann müß ten die beiden S trecken U und W mit allen korrespon­ dierenden P unkten übereinanderliegen, d. h . wiederum absolut glei chzeitig sein. - Im vierten Falle könnte man sich zunäch s t U, k und W al s drei S trecken auf einer geraden Linie aufgetragen denken, so daß U und k un d k und W je einen Grenzpunkt gemein h aben ; dabei würden ab er die S chwierigkei ten des zweiten und drit­ ten Falles vereint wiederkehren. Wir hätten einers eits zwei z eitlich ausgedehnte Veränderungen, die bloß mit ihren E ndpunkten zueinander in kausale B eziehung ge­ setzt sind, u nd andererseits eine in einer l eeren Z eit s chweb ende Beziehung, die nur dann ist, wenn die B e ­ zogenen n i c h t sind. Es bleibt also n i c h t s ü b ri g , a l s U und W so übereinanderzulegen, daß j eder P tmkt �ler ein en E.

v. H R r t m a n n , Kategorienlehre.

�III.

3

13. II!.

I.

Die Kausalität

mit j e d em P unkt der anderen Strecke in eine kausale B eziehung gesetzt ist, aber sie bei dieser ü b ereinander­ l egung zugleich so zu verschieben, daß diese zeitliche Verschiebung der Zeitdau er des k gleichkommt. N ach alledem kann nur .diese letzte A uffassung in B e tracht kommen. D i e Zeitdauer von 7c drückt nur di e zeitliche Verschieb ung zwischen j e zwei h omologen Punk­ ten von U und W, also auch die zeitliche Verschiebung des ganzen W gegen das ganze U aus . D er Anfang von W tritt um lc s päter ein als der Anfang von U ; das Ende von U tritt um 7c früher ein als das Ende von W. U und W decken sich bis auf die zwei S treck en von k­ Länge, mit denen sie einander am Anfang und am Ende überragen ; ab er sie decken sich nicht mit homologen Punkten. D enkt man sich s owohl U als auch W in lauter S trecken von k-Länge z erlegt, so ist j e de Teil­ strecke von U nicht mit der s i e zeitlich deckenden, sondern mit der nächstfolgenden kausal verknüpft. Es zeigt sich nun, daß. wir die S trecken U und W nur bel i eb i g herau sgegriffen haben, weil in ihnen die s i ch addierenden Wirkungen eine für unsere B eobachtung merkliche Grö ß e i n intensiver und (392) extensiver H in­ sicht erlangt haben, daß wir sie aber eigentlich als Zusammengesetzte b etrachten müssen, die uns auf die Kausalität in ihren elementaren Bestandteilen zurückver­ weisen. Die "Wirkung s chwillt eben darum b ei fortdauern­ der Ursache an, weil j ede kleinste Tei lwirkung, sobald sie einmal gesetzt ist, zur mitwirkenden Bedingung in der kausal en Determination der nächsten Teilwirkung wird. Es ist also nur die S t umpfheit unserer Sinne ein­ s chli eßlich unseres Zeitsinns, daß wir uns an ganze Ur­ sachenreihen halten und s i e mit ganzen Wirkungsreihen in kausale B eziehung setzen. Wir sind auß erstande, mit unserer ·Wahrnehmung in die feinere Textur des Kausal­ prozesses einzudringen ; aber mit unserem Denken wenig­ stens müssen wir es versuchen. Da muß zunächst der Begriff des Differentials aushelfen. Die Ab schnitte des U und W müssen so klein gemacht werden, daß sie nicht nur für unsere Sinne unmerklich, s ondern auch für

35

b. in der obj ektiv realen Sphäre.

unser D enken vers chwindend klein werden. D amit wird die z eitliche P ri orität der U rsache vor der Wirkung festgehalten, andererseits das ü berragen der Ursache und Wirkung gegeneinander auf ein M inimum verringert . Aber diese Vorstellungsweise ist, wie alles Operi eren mit dem vers chwindend Kl einen, doch nur ein unzulänglicher Ersatz für die uns fehlende Verstandes­ ans chauung des stetig Fließenden, ein sein Ziel ni emals erreichendes N äherungsverfahren, das sich vergebli ch b e­ einerseits

müht, das setzen .

Kontinuierliche

aus

D i skretem

zusammenzu­

Wi e e n g wir au ch d i e zeitlichen Q uerschnitte durch den Fluß des Ges chehens und der Kausalität legen, imm e r bleiben sie doch diskrete Abschnitte. über

die

Alternative

hinaus,

daß

Wir kommen nicht

ein Ab s chnitt

von U

mit einem Abs chnitt von W sich entweder nur in einem Punkte zeitlich berührt o der von neuem in Abs chnitte geteilt werden muß , um die B erührung an vielen P unkten zu gestatten.

Wir müssen also auch hier den \Veg durch

das unendli ch Kleine zweiter, dritter usw. Ordnung neh­ men, ohne damit zum Ziele zu gelangen. nicht

eine

widerspruchsvolle

D arin l i eg t aber

Einrichtung

unseres

D en­

kens, sondern nur die B emühung, di e Unzulänglichkeit des diskreten di skursiven D enk ens durch S teige rung der

Diskretion zu überwinden, die sich doch nur durch den E rwerb einer intellektuellen Anschauung überwinden ließe 1). Dieses B emühen ist also vergeblich , sofern es sein eigentli ches Ziel ver-(393) fehlt, aber ni cht vergeb­ l i ch, indem es uns den Grund dieses Verfehlens , die I nkommensurabilität des Diskreten und Kontinuierlichen durcheinander, die Beschränktheit unseres bewuß ten D en­ k e ns auf das erstere, und das letztere als Form de s kau­ salen Ges chehens erkennen läß t. Wenn wir b ei der Zeit­ emp findung und Raumans chauung in der glücklichen Lage waren, mit der I llusion der Kontinuität ausgerüstet z u s ein 2) , so fehl t uns bei der Kausalität auch di ese I llusion, weil di e Kausalität überhaupt nicht i n die sinnr) Vgl. oben S. 82 - 86, r s 8 - r6o, 2 6 7 , 269 - 270. 274 - 2 7 5. 2) Vgl. oben S . 84, u 6.

36

B . III.

r . D i e Kau sali tät

liehe A nschauung als solche eingeht, sondern intellektueJl.e Zutat bleib t . ·wenn w i r u n s also lange genug vergeblich bemüht haben, dem Fluß der Kausali tät dadurch auf die Spur zu kommen, daß wir das Geschehen durch unendlich enge Q u erschnitte immer höherer Ordnungen zerlegen . dann .g eben wir endlich diese B emühung auf und sagen uns, daß. die objektiv real e Kausalität als s chlecht­ hin k ontinuierli cher Fluß aller B emühungen, sie durch immer weiter getriebene D iskretion zu erfassen, notwen­ dig spotten muß . Vvir haben festzuhalten, daß j e der zeit­ lich ausdehnungslose Q uerschnitt des G e schehens ein Bild liefert, das sich als mittelbare Wirk ung zu j e dem vorhergehenden, als mittelbare Ursache z u j edem folgen­ den Q uerschnitt verhäl t. J e weiter die Q uerschnitte von­ einander abliegen, desto vermittelter ist ihre kausal e B e ziehung zueinan d er ; j e enger sie beieinander liegen, desto kürzer i s t die Vermi ttlung, die s i e trennt. Aber niemals können wir zwei diskrete QHerschnitte so eng aneinanderlegen, daß nicht noch andere dazwischengelegt werden könnten ; niemals könn en wir also b ehaup ten, daß irgendein zeitloser s tatus praesens im strengsten S inn'e unmittelbare Wirkung oder Ursache eines anderen status praeteritus o der futurus sei. Alle Kau salität, die wir kennen, ist mittelbare, und die unmittelbare ist unserem diskursiv en Denken eb enso unfaßlich wie u ns eren Sinnen, weil sie in der S t etigk ei t d e r Veränderung steckt. N ehmen wir ei nen z eitlosen Querschnitt des G eschehens, s o hab en wir eine bloß e Abstraktion ohne Wirkli chkeit, weil alle Wirklichkeit in der stetigen Kausalität b eruht ; heben wir dagegen eine zeitliche S trecke au s dem Geschehen heraus, so haben wir einen unendlichen Komplex von U rsachen und Wirkungen in ihrer Aufeinanderfolge vor uns, die wir ignorieren, u m sie nur in ihrer B eziehung zu ähnlichen, entweder als Wirkung o der als U rsache, auf­ (394) zufassen. J eder Q uerschnitt d e s P rozesses ist als zeitloser ein bloß ab straktes G edankengespinst, da s erst Leben, Fülle und Realität erhält, wenn es in kausaler B ezi ehung nach rückwärts und vorwärts , d. h. al s vVir-

b. in der obj ektiv realen Sphäre.

i\ 7

kung des Vergaugenen und U rsache des Künftigen gc· nommen wird. Die Wirkli chkeit b esteht im kausalen Flie ß en. Je enger man die S chnitte aneinand erlegt, de�to kleiner findet m an die zwischen beiden liegende Ver· änderung ; aber eine Veränderung bleibt immer no ch, wie dicht man die S chnitte auch aneinander rücke. Hört die Veränderung ganz auf, so hat man nicht mehr z wei S chnitte, s ondern einen, den m an irrtümlich für zwei häl t . Jedes Zusammenfallen von U rsache und Wirkung, sei es auf endliche, sei es auf unendlich kleine S trecken , ist dadurch ausgeschlossen. An j e dem P unkte durch· dringt sich die doppelte B ezi ehung als "Wirkung nach rückwärts und als Ursache nach vorwärt s ; in dieser D urchdringung liegt die Wirklichkeit des Weltprozesses, und in dem stetigen zeitli chen Vorrücken dieses D urch­ dringungspunktes liegt der kontinuierl i che Fluß der Kau­ salität, durch welchen eben die kontinuierliche Verände­ rung determiniert wird. Man könnte versucht s ein zu meinen, daß auch schon in dem zeitlosen Q u erschnitt des Weltproze sses ei ne Realität durch Kausalität gegeb en s ein könne, näml i c h in der Spannung der vereinigten Gegenwirkung und \Vech­ selwirkung zwischen allen Atomen. Aber eine solche Aus­ breitung der Kausalität in den drei D imensionen de s Raumes ohne Zuhilfenah m e der Zei t i s t doch ein falscher S chein. D enn gegenseitige Spann ung in den dynam ischen B ezieh ungen hat do ch nur einen Sinn als Bewegungs­ tendenz, d . h. als Bes treb en, die räumli chen B eziehungen der B ezogenen zueinander zu verändern. D a sich nun ab er B ewegung nur zeitlich vollziehen kann , so is t auch die B ewegungstendenz nur zei tlich z u fassen . U n ser dis­ kursives D enken, das si ch das Kontinuierliche in D i s­ kretes übersetzen muß , um es z u begreifen, drückt das s o aus, daß der nisus o der conatus als D ifferential der positiven oder negativen B e s chl eunigung hingestellt wird. Die gegenseitigen dynam i s chen Bezi·ehungen in einem zeitlichen Querschnitt sind bedingt nicht b l o ß durch die räumlichen Verhältnisse dieses Augen b l i cks , sondern a u ch durch die Art ihrer Entstehung au s denen des vorher­ gehenden , tmd ihr I nhal t ers chöpft sich in der Art der

38

B . III .

1.

D i e Kausal i tät

Ü berführung dieser Verhältnisse in die des nächsten Augenblicks. Ein P unk t an der P eripherie eines Kreisels hat z . B . b ei gleicher S tellung zur Erde eine ganz ver­ s chiedene dynamische (395) B eziehung zu ihr, je nach­ dem er in dieser S t ellung ruht o der durch langsamere oder s chnellere Drehbewegung in dieselb e gelangt ist. D er I nh alt, den seine dynamische Beziehung zur Erde in diesem Augenblick hat, ist nicht anders auszudrücken als durch Vergleich der jetzigen räumlichen Verhältnisse mit denj enigen, die im nächsten Augenblick durch sie herb eigeführt sein werden. Von rückwärts her wie nach vorwärts hin ist es als o der zeitliche F luß der Verändenmg, durch den die dynamischen B eziehungen dieses Augen­ bli cks erst die Bestimmtheit ihres I nhalts empfangen. Aus diesem Fluß h erausgehoben, würden sie j e des In­ halts ermangeln ; ihre Gesamtheit zeigte dann nichts als den inhaltleeren \Veltwillen oder die unbestimmte In­ tensität. Andererseits würde freilich auch der bloß·e z ei tlich e Fluß der Veränderung ni cht Kausalität s ein können, wenn er keine auf der Zei t senkrecht s tehenden Dim en­ sionen besäß e, durch die erst die I ntensität in eine M ehr­ heit von Teilintensitäten z erspalten wird. (Gr. IV. 8.9 .) D enn erst zwis chen einer M ehrheit sind dynamische B e­ ziehungen möglich, die sich als Kausalität vom einen aufs andere, u nd vom anderen aufs eine, als Gegenwir­ kung und \Vechs elwirkung darstellen. Es kann wohl Kausalität zwis chen den Tcilhmk tionen eines Individuums b estehen ; ab er bei einem Individuum, das i n keiner B e­ ziehung zu anderen I ndividuen s tände und nur eine ein­ zige, in sich ungeteilte F unktion b esäße, wäre auch keine Kausalität mehr mögli ch. Die S paltung der F unk­ tion innerhalb desselb en Individuums in mehrere mit­ einander kolli dierende und aufeinander einwirkende Teil­ funktionen s etzt ab er allemal das P rincipium individua­ tionis, also n eben der Z eitlichkeit auch die Räumlichkeit voraus (vgl . ob en S. 1 63-165), sei es, daß im zu sammen­ g es etzten Erscheinungsindividuum die kausal aufeinander wirkenden Teilfunktionen auf räumlich gesonderte B e­ standteile (materielle Individuen niederer Ordnung) ge-

39

b. in der obj ektiv realen Sphäre . stützt sind,

sei es, daß im a b s o lut en vVesensindividuum

die d urch räumliche S onderung gespaltene Gesamttätig· keit durch Kollission ihrer Teilfunktionen die aufeinander

wirk enden Individuen ers t pro d u zi ert. Wenn wir also o b en, als wir das Verhältnis der Kau· salität zum Raume b etrachteten, zu der Kausalität vom einen auf das anclere, zur vVechs el wirk un g und Gegen­ w i r k u ng gelangten, so wa r dabei das Verhältnis der Kau­ salität zur Zeit nicht geleugnet, s ondern nur vorläufig aus dem Spiele gelass en. Ebenso wenn wir das V er-(396)hält­ nis der Kausali tät zur Z e i t betrachteten, s o w ar dabei ihr V er h äl tnis zum Raum n i c ht sowohl ge l e u gn e t als vielmehr b ereits stillschweigend vorausgesetzt. D ie ge­ so n d e rte B etrachtung beider V er hältnisse war eine will­ kürliche Abstraktion, di e nur der Un fäh igk e i t des dis­ kursiven D enkens zum gl eic hze i t i gen ü berschauen meh­ rerer Verhäl tnisse en tspran g. J etzt haben wir gesehen , daß das Verhältnis zum Raum u n d d a s z u r Z e i t der Kausali tät gleich unentbehrlich sind, und daß sie auf­ hör t , Kausalität z u sein, sobald ihr eines der b e iden Ver­ hältniss e abg e s c h ni t t en wird. Ohne t r an s z end en te Räum­ lichkeit und Z e i tlichk eit keine t ranszendente Kau salität (d. h . üb erhaupt k eine Kausalität, da es eine andere als transzendente nicht gi b t und nicht geben kann) . Ohne transzendente Kausalität a b er auch keine transzendent e Räumlichkeit und Zei tli c hke i t I D enn die Räu mlic hk ei t wird, wie wir oben gesehen h aben, ers t durch die dyna­ mischen B eziehungen gesetzt, die wir j etzt als Kausa­ lität erkannt haben, und die Zeitlichkeit erhält wenigs ten s ihre B e s t immth ei t erst durch die Kausalität, welche so­ wohl das z ei tl ic h e Prius und P o sterius, als auch die Ge­ s chwindigkeit der zeitlichen Ver än d eru ng im realen Pro­ zesse bes timmt . (GT. IV. 36.) Räumlichkeit, Zeitlichkeit und Kausalität gehö ren al s o in der T a t untrennbar zusammen ; ab er ni c h t wie der tran sze n dent al e Idealismus e s annimmt, als immanen te Formen der vielen B ewußts eins inhalte , son d e rn n u r a l s tran s ze ndent e Formen des einen obj ektiv realen We l t prozes ses. I m B ewuß tseinsinhal t gerade ist e s , wo die Zeitli chkeit sich von der R äumlichkeit sond ert (in der ,

­

B. III.

1.

Die Kau sali tät

Empfindung der nicht räumlichen S inne) , und Zeitlich­ keit und Räumli chkeit sich von der Kausalität trennen (in der kausalitätslosen Aufeinanderfolge von Em pfindungen und Anschauungen)Es i s t eine gewöh nliche Annahme der Philosophen, d aß die Kausal ität n u r zwischen homogenen B ezogenen möglich sei, nicht zwischen heterogener!. D ie Kausalität zwi s chen h eterogenen D ingen, o de r mi t einer nicht un­ b e denklichen sprachlichen Abkürzung : "die heterogene Kausalität" w urde von alters her für unmöglich erklärt. D as Eigentümli che an dieser B ehauptung ist nur, daß sie ohne j ede B egründung, glei chsam als eine unwill. kürl i eh e Induktion aus der Erfahrung hinges tellt wird, der j eder von s elbst zustimmen müsse. D azu scheint ab er doch eine genauere Abgrenzung des H omo genen und H eter·o genen erforderl i ch ; denn die Erfahrung l ehrt uns, daß Dinge aufeinander wirken, die im wei teren S inne des Wortes hete-(397)rogen genannt werden , z. B . Wasser und F eu er, Erde und Luft, edle und gemeine Menschen. D a zeigt s ich denn sofort, daß die H omogenei'tät von \Vasser und Feuer, Erde und Luft in ihrer gemeinsamen M aterialität, die von edlen und gemeinen M enschen i n i h r e r g emeins amen Geistigk eit gefunden wird, daß da­ gegen M aterie und Geist als heterogen, und zwar als das einzige uns bekannte Bei spiel des H eterogenen be­ stimmt werden . Die U nmögl i chkeit der h eterogenen Kau­ salität s cheint also eine lediglich zu dem Zweck auf­ gestellte B ehauptung, um die Kausalität zwischen Materie und Geist zu bestreiten. 'vV enn sich indessen die heterogene Kausalität auf den einzigen Fall bes chränkt, wo M aterie auf Geist, oder umgekehrt, zu wirken s cheint, so sollte man m einen, daß die B ehauptung ihrer U nmögl i chkeit wenigstens für diesen Fall in der E rfahrung eine hinrei chende Stütze finde. I n dessen ist das G egenteil der Fall. D ie Erfahrung zeigt, daß unser G eist fortwährend von den materiellen Dingen beeinflußt wird und seinerseits sie durch sein H andeln und Wirken beeinfl ußt, daß der bewußte Geist ganz und gar abhängig von seinem Leib e, der Leib aber wied erum in vieler Hinsicht abhängig von der Willkür des Geistes -

b.

in d er obj ektiv realen Sphäre.

is t. Diese Erfahrung muß erst dadurch b esei tigt w e rden, daß sie für einen falschen, trügerischen S chein erklärt wird ; d ann erst wird die Bahn frei für die B ehauptung, daß h eterogene Kausalität i n diesem engeren Sinne des \Vortes unmöglich sei. E s bleib t dann aber d i e Aufgabe bes tehen, zu zeigen, wie ohne heterogene Kausalität dieser S chein entstehen könne, und an der Lösung dieser Auf­ gab e sind noch alle Systeme gescheitert, die die hetero­ gene Kausalität geleugnet haben. Da nun die B ehauptung in der Erfahrung keine S tütze findet, vielmehr sie k ünstlich umdeuten muß, um ihr zum Trotz bestehen zu können, so könnte man vermuten, daß sie einen aprioris chen Ursprung h abe . Ab er das ist schon darum nicht möglich , weil a priori gar nicht anzugeben wäre, von welchem Grade die Ver­ s chiedenheit s ein müsse, um zu einer die Kausalität aus­ schließenden H eterogene'ität zu gelangen . Entweder hebt j eder no ch so geringe Grad von Vers chi ede nhei t d i e Niöglichkeit d e r Kausalität auf, o d e r es i s t auch a priori nicht abzusehen, warum dies erst von einer b e stimmten Grenze an stattfinden solle, die einen höheren und einen niederen Grad der Verschiedenheit voneinander s c heidet. Entweder sind nur schlechthin Gleiche ohne jede Ver­ schiedenheit fähig, (398) in kausale B ez i ehung zu treten, oder auch der höchste Grad der Verschiedenheit kann als solcher kein apriorisches H indernis der Kausalität sein. Wenn eine ein bes timmtes Maß üb erschreitend e Verschie­ denheit eine hestimmte Art von Kausalität zwischen den D ingen verhindert, so muß das ganz b e stimmte konkret e sachliche Gründe haben, die sich auch bei genügender Sachk enntnis aufzeigen lassen ; aber der b l o ß e Grad ab­ s trak ter Vers chiedenh eit hindert niemals. V venn man die Kausalität an die Gleichheit geknüpft dächte, dann müßte erstens die Erfahrung eine Propor­ ti onali tät des Grades der Glei chh eit mit der E ngigkeit der k ausalen Beziehungen z eigen, was durchaus nicht der Fall ist. Zwei tens müß ten auch Materie und G eist. Le ib und S eele einen ab soluten Mangel an Glei chheit zeigen, wenn die k ausalen B eziehungen zwischen i h nen gleich Null sein sollten, und d a s i st noch wenig-er der Fal l .

42

B . III.

r.

Die Kausali tät

S elbs t nach D e s c a r t e s sind b eide S ubstanzen, die von demselben S chöpfer geschaffen sind, haben also an dies en gemeinsamen B es timmungen noch P unkte genug, in denen sie gleich sind. Der sich auf sich s elbst be­ sinnende Geist glaub te, sich selbst zu erhöhen, wenn e r sich ganz von d e r M aterie l o ssagte und j e des B and zwischen sich und ihr zerschni tt. E s war als o bei D e s ­ c a r t e s wesentlich ein irregehender H o chmut d es G e i stes , d e r z u s einer eigenen G enugtuung das Dogma v o n der Unmöglichkeit der heterogenen Kausalität aufstellte. Eine ab solute H eterogcnei:tät mit absoluter Beziehungslo sig­ k eit, die auch die kausale B eziehungslosigkeit einschli eßt, würde nur zwischen mehreren Absoluten· und ihren zuge­ hörigen ·w elten b es tehen können, ab er ni emals zwis chen den B estandteil en einer und derselben Welt. B ei abso­ luter B eziehungslosigkei t ist e s ab er auch wiederum gleichgültig, ob die auß.er j eder B eziehung zueinander stehenden Absoluta heterogen oder h omogen s ind. S omit kann K:ausalitätslosigkeit trotz H omogene'ität, und Kausal­ beziehung trotz H et erogenei:tät bestehen. N un sind ab er ferner Materie und Geist, Leib und S eele, materielles und geistiges I ndividuum auch nicht einmal in dem S inne tmd Grade heterogen, wie D e s c a r ­ t e s es annahm. S chon S p i n o z a erkannte di e Relativität des I ndivi dualbegriffs und die S tufenordnung der I n dividua­ lität, und L e i b n i z zog daraus die Folgerung, daß das Verhältnis von Leib und S e ele nur dasjenige einer domi­ nierenden Zentralmonade zu den in ihr H errs chaftsgebiet (399) hineingezogenen niederen Monaden sei. D amit wird ab er die v ermeintlich heterogene Kausalität zwischen S e ele und Leib zu einer tatsächlich homogenen. D i e Seele ist nämlich hier im engeren 8inne des Wortes zu verstehen als das I ndividuum höherer Ordnung, insofern es nicht nach s eiten seiner materiellen Zusam­ mensetzung, s ondern nach s eiten seiner einigenden (organi­ satoris chen) ·Wirksamkeit aufgefaßt wird ; der Leib ab er ist die Gesamtheit der Individuen nied erer O rdmmg, so­ fern sie zwar als s chon o rganisierte, d. h. zum I ndivi­ duum höherer O rdnung verbundene, aber abgelös t von der sie v ereinigenden , z entralisierenden, organis ierenden

b. in der obj ektiv realen Sphäre.

43

Funktion betrachtet wird. Die S eele ist also die indivi· eluierende Tätigkeit höherer O rdnung, der Leib die S umme der individuierenden Tätigkeiten niederer Ordnun­ gen. Nun ist aber die individuierende Tätigkeit höherer O rdnung gar nicht denkbar, ohne daß sie einen B e itrag zu der materiellen Ers cheinung des Ganz en liefert, also ohne eine dynamische, objektiv reale F u nk tion, die als die materielle Außenseite des I ndividuums höherer O rd­ nung, oder im L e i b n i z sehen Sinne als ihr unabtrenn­ barer Leib im eigentli chen S inne b ezeichnet werden kann. Andererseits sind die materiellen I ndividuen niederer O rd­ nung selbs t b e seelte I ndividuen, die unbewuß t geistige und bewußt geistige Tätigk eiten zeigen . S o ist also die s ogenannte S ee l e ein Individuum höherer O rdnung, das geistige und materielle F u nktionen, o der S eele und Leib in sich vereinigt, und der sogenannte Leib besteht eben­ falls aus lauter Individuen, die geistige und materi elle Funktionen, S eele und Leib in sich vereinigen. Die Wech­ selwirkung zwis chen beiden ist also nur eine solche zwi­ s chen einem psychophysi schen I ndividuum höherer O rd­ nung und den ihm untergeb en•en psychophysischen I ndi­ viduen niederer O r dnung. B ei de sind als psychophysisch e I ndividuen nicht heterogen, sondern homogen, und ihr Unterschied ist nur ein gradueller nach ihrem Range in d er S t u fenordnung der I ndividualität. D i e nach außen und die nach innen gekehrte Seite e iner u n d der s elb en I n divi d u al funk t i o n kann man wohl die psychische und physische, seelische und leibliche, geis tige und materielle S e i t e der indivic du eilen B e tätigung nennen ; man kann sie aber ni cht mehr als S eel e und Leib, Geist und Körp er einander gegenüberstellen. vVo von Se ele und Leib , von Geist und Körper gespro chen werden s oll, muß immer ein zu­ sammengesetztes I ndividuum hö herer O rdnung vorliegen . wo dann die S eel e vorzugsweise auf die Seite der höheren, (400) der Leib vorzugsweise auf di e Seite der niederen I n dividuen fällt. Wenn L e i b n i z der I n dividualseel e einen unveräußerli chen Leib zuschrieb , so verstofflichte er gleichsam den dynami schen B eitrag, den di e höhere Individualfunktion zur materiellen Ersch einung des Ge-

B. lii.

1.

Die

Kausal i tä t

s amtindividuums liefert und verm engte ihn m i t v a n H e 1 m o n t s hypothetis chem Ätherleib ((J(Ü,a u. n rt:t'WHt"/. i!l' des P a u 1 u s). Die Kausalität zwischen der S eele als Zentral­ monad e und dem Leibe als S umme der von ihr b eherrsch­ ten und ihr angegl i eder ten Monaden ist nur s cheinbar eine intraindividuelle, in der T a t aber eine interindivi ­ cluelle. Sie i s t intraindividuell nur, ins ofern man sie a u f dasjenige I ndivi duum höherer O rdnung b ezieh t , das aus der Zentralmonade und den ihr angegliederten Monaden zusammengesetzt ist, aber i nterindiv iduell sowohl in b ezug auf die S ummen der b eherrs chten Monaden als auch m bezug auf die sie b eherrs chende Zcntralmonadc. Die interindividuelle Kausalität zwischen der Zentralmonade ttnd den von ihr beherrschten Monaden fällt ganz in die ob­ jektiv reale Sphäre,

oder gehört ganz der Seite der Natur an.

Wir !?ennen keine interindividuelle Kausalität, die von dem Be­ wußtsein eims Individuums unmittelbar in das eines andern In­ dividuums hinüberführte,

alme durch natürliche,

objektiv-reale

Eimv irkun gen der Indh•iduen auf einander vermittelt zu Selbst

wa

wuf3tsei-n

sein.

ein e tnagisc!ze Vorstellungsübertragung aus einem Be­

ins

andere

für

möglich hält, denkt sich dieselbe doch

noch irgendwie vermittelt, sei es durch A therschw ingzmgen

zwi­

s chen den GeMmen , sei es durch den Einfluß eines unbewu(Jten magis chen Willens, immer aber durch thetisch-dynam ische Ein­

fliisse,

die

n icht

mehr

der subjektiv-idealen Sphäre des nach

innen gewendeten und in sich beschlossenen Fürsichseins, sondern

der objekti�·-realen Sphäre des nach außen gewendeten, aus sich heraustretenden Füreinanderseins angehören . Individuen gilt, das gilt auch für solc h e ,

Was für getrennte die zu einem Indi­

;•iduum höherer Ordnung orgam:sch �·erbun den sind, nur daß bei letzteren die Vermittlung erleichtert ist.

Es gilt nicht nur für

den Verkehr der höheren und niederen N ervenzentra desselben Organismus mite inander, sondern auch für die Beziehungen des

höchsten Nervenzentmms in einem Organismus

zzt

thetisch mit Emp findungen,

und Vorstellungen

der tmbe1vu(Jten

Geistestiitigkeit, welch e auf die von ihm emPfangenen Reize syn­ A nsch a1(.1mgen

reagiert u.nd den bewn(Jten V orstellungsablauf, den Motivations­ prozeß und die organischen Lebenserscheinungen teleologisch leitet­ Überall sind es reale Vorgänge von thetisch-dynamis cher Besclzaj-

b. in der obj ektiv realen Sphäre.

45

fenheit, die wohl an Bewußtseinserscheinungen anknüPfen oder ztt solchen hinführen können, selbst aber unbewußt gesetzmäßig xmd unbewußt wirksam sind. Es ist die Wechselwirkung der geistigen Natur mit der materiellen, die sich in diesen Ein­ flüssen zwischen Seele und Leib vollzieht, w ie es die Wechselwirkung materieller Natur mit materieller ist, die in den Beziehungen verschiedener Nervenzentra desselben Individuums sich abspielt. Diese Kausalität zwüchen Seele und Leib, unbewu[Jt psychi­ schen und unbewußt materiellen Funktionen, geistiger und ma­ terieller Natur, die ganz in der objektiv-realen Sphäre verläuft, darf also nicht verwechselt werden mit einem Ü bergreifen der Kausalität aus der objektiv-realen in die subjektiv-ideale Sphäre oder umgekehrt, aus unbewußten seelisch-leiblichen Vorgängm in Bewußtseinsinhalt oder umgekehrt, aus Natur in bewußten Geist oder umgekehrt. Die interindividuelle Kausalität zwischen Zen­ tralmonade und beherrschten !vionaden oder zwischen den be­ herrschten !vio1taden untereinander ist homogene Kausalität, wie wir gesehen haben. Die intraindividuelle Kausalität zwischen einem Vorgang der objektiv-realen und der subjektiv-idealen Sphäre kann zwar nicht heterogene Kausalität he ißen, weil man dar­ unter nur die Kausalität zwischen heterogenen Sttbstanzen zt� verstehett gewohnt ist ; wohl aber wird sie als Ü bergang von einer Erscheinungsweise zur andem innerhalb derselbett Substanz allotrope Kausalität heißen müssen, weil bei ihr die A rt und Weise des Erscheinens ( r;eon:og) in eine andere ( äV.or;) um­ gewandelt wird. Der Gegensatz von allotroper und isotroper Kausalität tritt mm an die Stelle desjenigen von heterogener und homogener Kausalität, der durch die Erkenntnis gegen­ standslos geworden ist, daß es heterogene Substanzen überhaupt nicht gibt. Isotrop ist jede Kausalität zu nennen, die sich rein innerhalb der subjektiv idealen Sphäre, oder rein innerhalb der objektiv realen hält, ohne in die andere überzugreifen. Eine rein innerhalb der subjektiv-idealen Sphäre, d. h. ganz inner­ halb des Bewußtseins verlaufende Kausalität wäre eine imma­ nente Kausalität; wenngleich eine solche nicht bloß von der ge­ wöhnlichen A nsicht der Menschen, sondern auch · von vielen Philosophen angenommen wird, so mußten wir sie doch oben (S. 363-364, 372-377) als eine Täuschung zurückweisen . Er bleibt also als einzige A rt der isotropen Kausalität, die in der objellliv realen Sphäre, iibrig .

46

B . lll.

r.

Die Kausalität

Es fragt sich nun, ob es eine allotrope Kausalität, d. h. ein Ü bergreifen der Kausalität atts der objektiv realen in die sttbjektiv ideale Sphäre, und umgekehrt, überhaupt gibt, oder ob sie auch mtr eine Täuschung ist. Der gemeine Menschen­ verstand zweifelt nicht an ihr; aber das beweist nichts, da er mit so vielen Irrtümem und Vorurteilen behaftet ist. Der N atural-is­ mus (Materialismus, Hylozoismus, pluralistische Dynamismus) nimmt die allotrope Kausalität an, aber nur einseitig von der objektiv realen auf die subjektiv ideale Sphäre, nicht 1tmgehehrt; das Bewußtsein wird ihm ztt einer Begleiterscheimmg des ob­ jektiv realen N aturprozesses, deren Vorhandensein oder Nicht­ vorhandensein an dem Verlaufe dieses nichts ändert, die also für das Universum als solches zwecklos und darum teleologisch Z'Ufällig ist. Der Bewußtseinsspiritualismus dagegen nimmt zwar allotrope Kausalität der bewußten Geistestätigleleologisch gleichwertige Be­ stimmungen offen läßt . I s t es doch gerade oft genug die Finalität, die mit ihrer logisch notwendigen Determi­ nation eintreten muß , um die l ogische Entscheidung zwischen mehreren Möglichkeiten zu treffen, die von der mathematischen D e termination in ihrem mehrdeu­ tigen Ergebnis offen gelassen sind. In solchen F ällen ist also der S pielraum, den die mathematische D etermi­ nation einer nicht mathematischen Auswahl übrigläß t , grö ß er und weiter als d e r Spielraum, d en die finale D e­ termination einer nicht finalen Auswahl o ffenläßt. ü b erhaupt ist es nicht meine Meinung, daß i n n e r ­ h a l b des Weltprozesses die Finalität andere als ein­ deutige D eterminationen liefere ; wäre dies der Fall, s o würde d i e inhaltliche Kongruenz v o n Kausalität und Finalität nicht aufrechtzuerhalten sein, da eine eindeu­ tige und eine mehrdeutige D eterminationsweise nicht zur üb ers chußlosen D e ckung zu b ringen sind. Vielmehr meine ich, daß die mehrdeutige D eterminatio n der Fina­ lität, die der unlogischen E ntscheidung einen gewissen Spielraum läßt, ganz und gar vor oder in den B e ginn des vVeltprozesses fällt, wo als o noch keine mathematische D et ermination eingesetzt hat, in die B es timmung der räumlichen I n dividuation und der Anfangskonstellation, von der aus ers t die mathematis chen Kons equenzen an­ heben. I nnerhalb des individuierten raumzeitlichen Welt-

152

B . III.

2.

Die Finalität

prozesses bleib t die Ansicht S p i n o z a s auch von mir unangefochten, daß alle Erscheinungen auf (4 79) logisch notwendiger D et ermination b eruhen. G erade damit sie aber das können, muß die F inalität als logisch not­ wendige D etermination hinzugenommen werden, weil die bloß mathematische D etermination zu oft eine Auswahl Z\vi.schen verschiedenen Werten o ffen läßt, von denen doch in j edem Einzelfalle meist nur einer venvirklicht werden kann. (Gr. IV. 90.) N ur eine andere Fassung desselben B edenkens i s t es , wenn der F inalität Gesetzlosigk eit vorgeworfen wird, während die Kausalität den Vorzug hab e, gesetzmäßig z u verlaufen. I s t die finale Determination eine logisch notwendige, s o ist sie eben damit zugleich eine gesetz­ mäßige. D enn das Gesetz s chweb t nicht als eine ge­ heimnisvolle Macht ü b e r der Kausalität, sondern ist ihr immanent, o der steckt in ihr drin, sofern sie eine logisch notwendige D e t ermination ist und darum auch in j edem genau gleichen Falle ein genau gleiches Er­ g ebnis liefert (vgl. ob en S. 422-423 ) . O b die logische Notwendigkeit einer konkreten D etermination unter der Kategorie der Kausal ität oder unt er der der Finalität aufgefaß t wird, kann an der Konstanz ihrer vViederkehr unter gleichen Umständen, d. h. an ihrer G esetzm�ißig­ keit, nichts ändern. Auch b ei mathematisch en Gesetzen wird niemand b ehaupten wollen, daß das Ges etz die logische N o twendigkeit der D etermination im Falle seiner Anwendung zur Folge hab e ; sondern man nimmt an, daß die logische N otwendigkcit der D etermination in einer bestimmten Klass'e von Fällen dasj enige sei, wovon wir das b estimmte Ges etz abstrahieren, so daß also das G esetz erst die bewußt logische Folge für unser · D enken aus der unbewußt logis chen konkreten D etermi­ nation ist. D as gleiche gilt ab er auch für die Finalität. D arum hatte H e g e I S p i n o z a gegenüber recht, als er die von j enem entthronte Kategorie des Zwecks wieder in ihre Ji oheitsrechte eins etzte, indem er erkannte, daß sie keineswegs ein G egner der l ogischen N otwendigkeit, sondern v i el mehr die erste und höchste G estalt ist, in der diese sich darstellt.

c.

m

der metaphysischen Sphäre.

153

Wir haben oben ( S . 427-429) ges ehen, daß d i e Kau­ salität nur innerhalb des Prozesses ihre S telle hat, aber mit s einem Anfang erst b e ginnt und mit seinem Ende abrei ß t . D as gleiche gilt auch für die Finalität. Wie d i e Initiative des Prozess es i n kausaler H insicht wohl Ursache, aber nicht \V irkung, di e F i nitive wohl Wir­ kung, aber nicht Ursache ist, so ist auch die I nitiative wohl B e weggrund zur Zwecktätigkeit, aber weder Mittel noch Zweck, und (480) die Finitive wohl Zweck, aber weder Mittel no ch B e weggrund zu weiterer Finalität. \Vi e b eim B eginn des Prozesses die Kausalität nicht aus dem \Vesen als ihrer U rsache, sondern auf dem Grunde des metaphysischen vVesens aus s einer ursachlos freien B etätigung entspringt, so geht auch b eim Ende des Pro­ zesses die F inalität nicht in das vVesen als ihren Zweck zurück, sondern erlischt im Grunde des \Vesens mit der Verwirklichung des noch dem Prozeß angehörigen Zweckes. Die erste finalkausale D etermination ist ein zwar intraprozessualer, ab er doch n o c h vorweltlicher Akt. D er \Ville h at sich ohne logischen o der t eleologischen Grund, ohne N ö tigung aus inneren o der äußeren Ursachen, ohne Zwang durch ein Gesetz s e iner N atur und ohne vernünf­ tigen S inn und Zweck zum \Vollen erh o b en. D i e antilogische B eschaffenheit dieses zunächst noch l eeren und unbestimmten Wollenwollens wird sofort für das formallogische Prinzip Ausgangspunkt und B eweg­ grund d er logischen Reaktion, die sich erstens als Zweck­ s etzung ausgestaltet, nämlich als Zweck der Vernichtung d es Wollens als Aktus, für welche dann zweitens so­ gl eich die Entfaltung des logi schen F ormalprinzips zur I dee als Mittel gesetzt wird (vgl. oben S . 324-333). D er Prozeß beginnt also schon mit dem leeren vVollen als dem Moment der I nitiativ e ; die logische D etermination d er I dee auf Grund des leeren Wollens ist somit schon ein intraprozessualischer Akt, der eb ensowohl kausal wie final aufgefaß t werden kann. D as leere vVoll en ist zu­ reichende Ursache der I deeentfal tung, bei der das vVesen nach S eiten seiner thelistischen und logischen E s s enz und nach S eiten seiner S ub s t anz nur als ewig konstante B edingung oder als meta physischer Grund des Vorganges

154

B . Ill .

2.

Die Finalität

b eteiligt ist. D as leel"'e Wollen ist aber nur dadurch Ursache der I deenentfaltlmg, daß es für das logische Formalprinzip Beweggrund zur Zwecksetzung und Mittel­ s etzung, d. h. zur Finalität wird. D ieser erste intraprozessualische finalkausale Akt ist aber andererseits ein vonveltlicher Akt ; denn die Welt b e­ ginnt erst mit d er raumzeitlichen Erfüllung, B estimmung und Individuation des Wollens, d . h . mit der Entfaltung der I dee in ihrer allerersten Gestalt, die do ch erst das Er­ gebnis j enes finalkaus alen Determinationsaktes ist. D er vorweltliche innerprozessualische Finalitätsakt ist einer­ seits, weil er zugleich 'ein Kausalakt und d er erste S chritt des P ro zesses v on dem nullten zum ersten Quers chnitt ist, (481) als zeitlich anzusehen ; denn alle Kausalität und all er Prozeß ist zeitlich, und die Zeitlichkeit beginnt sofort mit dem leeren Wollen, dem sie als v orläufig unbestimmte inhäri ert. Anderers eits kann dieser Akt nur ein D ifferen­ tial der Zeit ausfüllen, nicht etwa eine endliche Zeit­ strecke ; denn er ist j a nur die Einleitung z u dem zeit­ lich stetigen Prozeß ohne eigene Länge, die Zeitlichkeit in statu nascente. Es ist wieder ein Fall, wo unser dis­ kursives D enken nicht ausreicht, um den kontinuierlichen Fluß adäquat in diskrete Gedanken zu übertragen, wie es mit dem B egriff des D ifferentials versucht wird (vgl. oben S . 3 9 2-3 93 , 274-275 , 269-270, 2 6 7 , 158-160, 82-86) . (Gr. I V . 36.) D ieser erste finalkausale D et erminationsakt, der das Prius der Weltentstehung ist, kann, obwohl er logisch notwendig ist, doch nicht als mathematisch deduzierbare Notwendigkeit gefaßt werden, weil ihm noch alle Voraus­ setzung bestimmter gegebener Größen fehlt , die erst durch ihn gesetzt werden. Er fällt zusammen mit d em, was wir oben (S. 1 63-165) die ideelle, bloß räumliche I ndivi­ duation im Unterschiede von der reellen, raumzeitlichen I ndividuation genannt haben, welche letztere erst mit dem dynamischen B ewegungsspiel der individuierten Räumlichkeit b e ginnt . Was dieser erste finalkausale Akt setzt, ist erst die Anfangskonstellation der Elemente des Weltprozesses ; erst auf diese D aten kann sich eine mathe­ matische D eduktion stützen. Die Finalität und die Kau·

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salität sind also b eide älter als die mathematische D e­ termination ; darum kann die' Kausalität sich nicht in der mathematischen D etermination erschöpfen und die Finali­ tät niemals durch sie ersetzt oder verdrängt werden. B e­ griffli ch muß dieser erste, zwar innerpro zessualische, ab er vorweltliche und aller mathematischen D et ermination vor­ hergehende Finalakt von der innerweltlichen Finalität wohl unters chieden werden, in welcher die mathematisch no twen dige D etermination ihre R olle spielt. Die vorweltliche Finalität setzt nicht bloß die Ver­ räumlichung der (in der unbestimmten Zeitlichkeit des vVollens gegeb enen) Extension, die ideelle I ndividuation und die Stellung und Entfernung der Atome unterein­ ander, sondern sie s etzt in dieser Anfangskonstellation zugleich die räumlichen Konstanten, wie z . B. die vVelt­ grö ß e und M enge der Atome, mit. I ndem sie aber diese Konstanten als implizit en B estandteil der Anfangskonstel­ lation setzt, setzt sie diesel b en zugleich für alle nachfol­ genden Konstellationen {482) mit. Soweit ihre konkrete B estimmung als die relativ zweckmäßigste von allen mög­ lichen final gefordert war, muß sie auch in derselben Weise nicht nur für diesen vVeltprozeß , sondern auch für alle etwaigen fol genden bestehen bleiben, weil das Logische mit einer andern, minder zweckmäßigen B e­ stimmung g eradezu gegen sich s elbst versto ß en würde. D as s elbe gilt auch für die einer zufälligen Konstanten­ b estimmung final gezogenen Gren z en. S oweit j edoch nur das "daß " einer Konstantenfestsetzung innerhalb gewisser final b estimmter Grenzen final notwendig, die konkrete Fests etzung innerhalb dieser Grenzen ab er zufällig war, ist allerdings die Wahrs cheinlichkeit unendlich klein, daß sie in etwaigen anderen vVeltprozessen ebenso ausgefallen sei o der ausfallen werde. F ür diesen im Gange befind­ lichen vVeltprozeß j edoch besteht einerseits kein logi­ scher Gnmd noch ein sonstiger Anlaß , die im Anfang getroffene B estimmung nachträglich zu ändern, und sorgt andererseits die Kontinuität der im Prozeß sich abspie­ lenden logischen D e t erminati on dafür, daß der D eter­ minationsakt j e den Augenblicks die in der Konstellation des vorhergehenden implizite enthaltenen Konstanten üb er-

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Die Finalität

nimmt un d an den folgen d en weitergibt. D er F aden der Tradition reiß t nicht ab, weil eben nicht eine diskrete Kette von Einzelakten, sondern ein kontinuierlicher De­ terminationsfluß vorliegt, aus w elchem auch nur ein ein­ ziges, kontinuierlich modifiziertes Ergebnis entspringt . Das Gleiche gilt auch für die zeitli ch-räumlichen Kon­ stanten , die erst mit dem ersten B e w egungsakte der individuierten vV elt gesetzt werden und implizite in der Det ermination der nächstfolgenden Konstellation aus der Anfangskonstellation enthalten sind. Es ist hierbei ins­ besondere an den Unters chied in d er Richtung der Be­ schleunigungsimpul s e , wie er von anziehen den und ab­ stoß enden Kräften erteilt wird, und an die ab solute Größ e dieser B eschleunigung auf die Entfernun gseinheit in der Zeiteinheit zu denken. Auch hier ist das final Geforderte j ederzeit gleichmäßig gefordert , das final Zufällige durch die einmalige Entscheidung und d:en kontinuierlichen Fluß der Tradition gegen Abänderung i m Laufe dieses Pro­ zesses gesichert. Es k ommt aber hier noch die finale B estimmung der Abänderungsgesetze für die variablen G rö ß en des Prozesses oder der mathematischen Funktion hinzu, z. B. die B estimmung der Potenz der Entfernung, welcher die B eschleunigung bei den ver-(483) schiedenen Kräftearten umgekehrt prop ortional s ein soll, o der die final e Entscheidung zwischen den verschiedenen mög­ lichen D eutungen eines mathematischen D eduktionsresul­ tats. (Gr. 11. 1 6 .) (Gr. 11. 32.) M an sieht hieraus, daß die formallogische o der ma ­ thematische D etermination implizite die Finalität in mehr als einem S inne in sich trägt. Sie beansprucht nämlich, die folgende Konstellation aus der vorhergehenden ohne Rücksicht auf einen etwaigen Zweck rein durch Ziehung der formal logis chen Konsequenzen aus dem Gegebenen abzuleiten. S ie täuscht sich aber darin, daß s i e glaubt, mit bloß mathematischen Voraussetzungen zu vVerke zu gehen. N i cht genug, d aß sie von einer final bestimmten Anfangskonstellation als gegeb ener Vorauss etzung aus­ geht und die in dieser immanente Finalität formallogisch auf alle folgenden Konstellationen überträgt ; auch die in der Anfangskonstellation und den Gesetzen enthal-

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t enen Konstanten haben die Finalität i n sich, j a sogar die G esetze selbst sind in der Form ihrer F u nktionen nur t eilweise mathematisch determiniert, teilweise aber math e­ matisch zu fällig oder willkürlich und n u r final deter­ miniert. Die vermeintl ich rein mathematische Gesetz­ mäßigkeit, auf die sich manche N a turforscher so ver­ st eifen , ist tatsä chlich durch und durch geschwängert mit Finalität, di e sie automatisch konserviert und weitergibt. D asj enige, was mathe matisch deduzi erb ar ist, stellt nur ein e untergeordnete S eite der S ache dar ; das, worauf das meiste ankommt, ist formallogisch unbegreiflich, aber teleologisch sehr wohl b egrei flich. (Gr. ll. 5.9.) ( G r. Il. GG . ) D i e N aturgesetzmäßigkeit auch n u r bis z u einem gewissen Grade und unter gewissen undeduzierbaren Vor­ aussetzungen math ematisch deduzieren z u wollen, kann üb erhaupt nur soweit versucht werden, als eine genaue Lokalisierung der dynamischen \Virkungen angenommen werden darf, also z . B. b ei linearen B ewegungen von mathematischen P unkten oder bei der Zurückb eziehung der B eschle unigung auf mathematische P u nkte (Zentral­ kräfte) . Diese B e dingungen sind in der unorganischen N atur erfüllt , w o alle B ewegungen auf Atomb ewegungen zurü ckgeführt und alle B eschl e unigungen auf Ato mbewe­ gungen oder auf atomistische Zentralkräfte z u rückb ezogen werden können. Denn nur solche räumlich lokalisierte D ynamik läßt sich statisch u n d mechanisch b ehandeln , und nur ihr Einfluß auf die Verteilung u n d U msetzung der Kraft läßt sich exakt in Rechnung stellen. D agegen v ersagt unsere mathematis che B ehandlung vollständig, wo dynamische Einflüsse ins Spiel (484) treten, die keine eigene punktu elle Lokalisation als Z entralkräfte und kein mechani sches B eharrungsvermögen in bezug auf di ese p unkt u elle Lokalisation , also weder B ewegli chkeit im Raume, noch Masse, noch S toß kraft besitzen. Solcher Art sind aber die dynamischen Einflüsse, welche in der organischen N atur zu der u n organischen G ese tzmäßigkeit d e r c\t o m e hinzutreten und die U m formung d er Kraft in d en Organismen z u einem anderen Ergeb n i s führen, als es s i c h aus dem bloßen S piel der Atome nach der un­ o r gan i s c h e n G e s etzmäß igkeit h erausgestellt hät t e .

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Diese hinzutretenden dynamischen Einflüsse sind ihrer Wesenheit nach ebenso unräumlich, wie es die Atom­ kräfte sind, ihrem Wirken nach ebenso räumlich wie diese, nur in anderer vVeise. vVährend die räu mliche vVirksamkeit der Atomkräfte eine radiale und auf einen imaginären, aber im Raume lokalisierten Strahlungspunkt b ezogene ist, fehlt ein solcher Lokalisationspunkt j enen hinzutretenden dynamischen Einflüssen, und dieser Unter­ s chied im terminus a quo ist ausreichend, um sie zu etwas ganz Vers chiedenem zu m achen. H insichtlich des terminus ad quem wirkt j edes Atom auf alle anderen, während die h inzutretenden dynamischen Einflüsse sich auf die­ j enigen Atome bes chränken, die sich in einer für sie günstigen Lagerung, Anordnung und U mgebung b efinden. Die Lokalisierung i hrer Wirksamkeit ist eine einseitig auf ihre Gegenstände gerichtete und haftet ausschließlich an diesen, soweit dies e selb st eine direkte oder indirekte Lokalisation hab en, und ihr Einfluß ist durch bestimmte B edingungen bes chränkt. Dies ist ihr zweiter Unter­ schied von den unorganischen Atomkräften. D aß die vVirksamkeit dieser h inzutretenden dynami­ schen Einflüsse final bestimmt ist, b ildet hingegen keinen Unterschied ; denn dies gilt, wie gezeigt, auch von den Atomkräften. Als finale hört sie nicht auf, eo ipso auch eine kausale zu s ein, sobal d man sie als mitwirkende Be­ dingung des G esamtergeb niss es betrachtet. N o ch weniger hört sie als finale auf, eine ges etzmäßige zu sein, weil unter gegeb enen gleichen Umstän den unweigerlich auch stets dasselbe Mittel das relativ zwe ckmäßigste für den konstanten Zweck sein muß . Es müssen als o dieselben Umstände stets dasselbe Ergebnis haben, das mit logi­ scher N otwendigkeit aus ihnen folgt ; gerade das v er­ steht man aber unter Gesetzmäßigkeit des Geschehens . Die Gesetzmäßigkeit der finalkausalen hinzutretenden Ein­ flüsse ist nur eine zu verwickelte, um sie mathematisch zu formulieren ; es fehlt (485) vor allen D ingen an der Einfachheit der räumlichen Lokalisation, wie sie in der punktuellen Lokalisation der Zentralkräfte gegeben ist. D urch sie allein wird ab er erst j ene ab strakte Heraus5chälung einer kausalen B eziehung aus dem univers ellen

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S trom der Kausalität möglich, wie die mathematische Formuli enmg eines N aturgesetzes sie vor Augen stellt. I m Grunde liegt es doch nur an unserer analytischen B eh andl ung der Mathematik und an unserer geringen Be­ fähigung für synthetische G eometrie und synthetische Dynamik, daß wir mit unserer mathematischen F o rmu­ lierung nicht einmal die P ro bleme d er unorganischen Gesetzmäßigkeit erschöpfen können, geschweige denn die der o rganisch en. Für einen intuitiven Verstand würde es keine S chwierigkeiten haben, auch die finalkausale Ge­ s etzmäß igkeit der in den O rganismen hinzutretenden dy­ namischen Einflüsse mathematisch (aber nicht analytisch) aufzufassen, da ja doch w enigstens der t erminus ad quem dieser räumlichen Wirksamkeit für die Anschauung a us­ reichend lokalisiert ist. (Gr. 11. 32.) I mmerhin muß dabei b erücksichtigt werden, daß die höheren quantitativen Be­ zi ehungen in der organischen finalkausalen Ges etzmäß ig­ keit auch ein höheres Maß von F aktoren zeigen werden, die nicht m ehr formallogisch aus der gegebenen Kon­ s t ellation deduzierbar sind, sondern nur noch final de­ t erminiert werden kö nnen . D as würde aber nur einen graduellen U nterschied von der unorganischen G esetz­ mäß igkeit b egründen. B eide sind finalkausal und gesetz­ mäßig, in b ei den erschö pft aber die formallogische D e­ termination ohne Rücksicht auf den Zweck die G esetz­ mäßigkeit nicht ; nur ist der übrigbleibende Rückstand b ei der organis chen g-rö ß er. In d er unorganischen G e­ setzmäß.i gkeit erscheint die Fin alität mehr latent, weil wir nicht daran denken, daß die finalen B estimmungen der mathematisch nicht bestimmb aren Gesetzesbestand­ teile in j e dem Augenblick final bestätigt werden ; in der organischen Gesetzmäßigkeit tritt aber die Finalität mehr .ans Tageslicht, weil die Umstände variab ler sind und darum auch eine stärkere Variab ilität in den Ergebnissen auf Grund des G esetzes erheis chen. Wie wir o b en gesehen hab en (S. 423-424) , enthält j edes Gesetz konstante und variable Größen, und es wächst die Variab ilität des Resultats einerseits mit der .Zahl und Veränd erlichkeitsamplitude der variablen Grö­ .ß en, andererseits mit der Kompliziertheit der Funktion.

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Da ist es kein Wunder, daß bei einem gewissen Maße (486) von Komplikation di e Veränderlichkeit des Ergeb­ nisses fi.ir eine o b erflächli c h e Auffassung über j ede Grenze hinauszugehen scheint, innerhalb deren logisch notwen­ dige Determination gilt. Aber dieser S chein besteht doch nur für den u ngeübteren Blick, d er der wachsenden Variabilität b ei wa chsender Komplikation nicht Rechnung zu tragen gewohnt ist. D ies gilt schon für die kompli­ zierteren Vorgänge der unorganischen N atur, geschweige d enn für die der organischen. S chon in der unorgani­ sc h en N atur b egegnen wir Funktionen , die nur innerhalb gewisser Grenzen s tetig sind, mit Ü b erschreitung der­ selben ab er ihre Kontinuität unterbrechen, um sie von einem neuen Ausgangspunkt aus nach übersprungenem Int ervall wieder neu anzufangen und für e ine Strecke fortzusetzen. D em M ath emati ker sind solche diskontinuier­ liche F unktionen ganz geläufi g ; der N aturforscher kennt die S tetigkeitsintervalle als Knotenpunkte der Verän de­ rung. D i e Veränderung, die ·ein fester Körper bei zu­ nehmender Erwärmung durchmacht, hat b eispielsweise zwei sol che Knotenpunkte, beim Schmelzpunkt und Si ede­ punkt. Faßt man die gesetzmäß ige \Veltentwi ckelung als eine einzige äußerst komplizierte Funktion auf, so hat diese ihren wi chtigsten Knotenpunkt bei dem Um­ s chlag des Unorgani schen ins O rganisch e , weil da zuerst diej enigen dynamischen Einflüsse mit ins S piel tre t e n , d i e in bezug a u f i h r e Ausgangspunk t e n i c h t punktuell lokalisiert sind. ( G r . 11. 1 6.) (Gr. 11. 65.) N un führt ab er j ede Zunahme der Kompl i k ation und Variabilität im Gesetze e ine relative Zunahme der final en D etermination mit sich im Vergleich zu der formal logi­ schen D eterminationsweise ohne Rücksicht auf den Zweck. E s ist deshalb nicht zu verwund ern, wenn auf den u n ­ t ersten uns durchschaubaren Stufen d e r unorganischen Gesetzmäß igkeit di e implizit e immanente Finalität über der fo rmallogis chen D etermi nation übersehen wird, auf den höheren S tufen der organisch en Gesetzmäß igkeit aber umgek ehrt die formallogische D etermination über der h er­ vorstechenden Finalität. I n der Tat ist in b ei d e n beides ; die F inalität schli e ß t die formallogi sche Det ermin ation

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als unentbehrlichen B estandteil ihrer selbst in sich, und di e formallogische D etermination ohne Rücksicht auf den Zweck würde au f keiner Stufe für sich all ein ausreichen, um die G es e tzmäß igkeit nach F unktionsform und Kon­ stant en zu bestimmen. Es wird nun ab er nicht mehr zu Mißverstän dnissen Anlaß geben, w enn wir die unor­ ganische Gesetzmäßigkeit als ·eine relativ kons tante, die organische G esetzmäß igkeit als eine relativ variable be­ (48 7) zei chnen ; denn die l etztere ist stärker mit variablen Momenten durchsetzt als die erstere. Man nennt auch wohl die unorganische relativ konstante G esetzmäßigkeit die " allgemeine" F inalität, die organische relativ variable G esetzmäßigkeit ab er d i e "b esondere" Finalität, weil bei der ersteren die Konstanz der G esetzmäß igkeit in den Vordergrund tritt, die Gliederung in I ndividualzweck e (niederer O rdnung) ab er für d i e o b erflächliche B etrach­ tung v ers chwindet, während umgek ehrt bei der organi­ schen Fin alität di e I ndividualzwecke (höherer O rdnung) in d en Vordergrund treten, d i e Konstanz der G esetzmäßig­ keit ab er sich dem ob erflächlich en B li cke entzieht. I n­ dessen s cheinen diese Aus drück e, allgemeine und b e­ sondere Finalität, nicht empfehlenswert, weil sie aus einer o b erflächlichen und d arum einseitigen B etrachtung der D inge entsprungen sind und i rrel eitend wirken müssen.. wenn s i e sich ers t einmal im G edächtnis festgesetzt hab en. (Gr. 11. 67.) D a alle universelle Finalität ·ebenso wie alle Kau­ salität sich nur in individueller Gliederung betätigt, so muß auch die F inalität der zu den unorganischen G e­ setzen hinzutretenden E inflüs se sich immer in b estimmten Individuen b etätigen. S elbstverständlich sind das immer diej enigen I ndividuen, deren obj ektiv reale Erscheinung der betreffende O rgani smus ist. Da ein O rganismus stets schon ein I ndividuum höherer Ordnung ist, s o ist auch die Finalität der o rganisierenden Einflüsse eine Indivi­ dualfunktion höherer O rdnung-. Es entsteht nun d i e Frage, ob diese finale Individualfunktion höherer O rdnung ein blo ß es S ummationsergebnis der I ndividualfunktionen nie­ derer O rdnung oder eine zu diesen hinzukommende Funk­ tion ist. B ei den zusammengesetzten unorganischen I ndiE . v. H a r t m a n n , K"tegori e u lehre. IIJ.

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viduen (Atomen der chemischen Element e , M oleküle der einfacheren und zusammenges etzteren chemischen Ver­ bindungen) liegt kein Grund vor, eine hinzukommende Funk tion anzunehmen, da die finalkausalen gesetzmäßigen Aktionen der Uratome ausreichend scheinen, um durch ihre Ko operation das finalkausale gesetzmäßige Verhal­ t en der zusammengesetzten I ndividuen zu erklären. Die mechanistische naturwiss enschaftliche 'vVeltanschauung· üb erträgt dies Verhältnis einfach auch auf die organi­ schen I n dividuen ; ab er mit Unrecht, weil hier die Ko­ operation der finalkausalen Leistungen der Atome nach ihrer unorganischen Gesetzmäßigkeit e b en nicht ausreicht, um d en Tatbestand zu erklären, und niemals dazu aus­ reichen wird, wie dies schon K a n t mit N achdruck ver­ kündet hat . (488) N un sind zwei F älle möglich. Entweder ist auch das organische Individuum nur ei n Ergebnis des Zusammenwirkens der es konstituierenden Uratome ; dann müssen diese U ratome von Anfang an befähigt sein, außer ihrer unorganis chen Gesetzmäßigkeit auch eine organische aus sich zu entfalten für den Fall, daß sie unter die dafür geeigneten Umstände versetzt werden. O d er ab er die Uratome sind in ihren finalkausalen I n­ dividualfunktionen auf das Gebiet der unorganischen G e­ setzmäßigkeit begrenzt, un d die finalkausalen I ndividual­ funktionen höherer O rdnung im B erei che der organischen Gesetzmäßigkeit treten zu ihnen hinzu ; dann ist das or­ ganische I ndividuum nicht bloßes Ergebnis des Zusam­ menwirkens der es konstitui erenden Atome, sondern ein e S umme aus diesem Ergebnis einerseits und den hinzu­ tretenden Individualfunktionen höherer O rdnung anderer· seits. D er Unterschied beider Annahmen scheint nur auf dem Boden eines individualistis chen Pluralismus von grundlegender B e deutung ; denn dann ist im ersteren Falle die metaphysische ontologis che Individuation a u f die U ratome beschränkt , und die I ndividuen höherer Ordnung sind als bloß e Erscheinungsindividuen gar keine substantiellen I ndividuen ; im letzt:eren Falle dagegen sind dann die I ndividualfunktionen höherer O rdnung Funk-

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tionen höherer substantieller I n dividuen oder organis cher Zentralmonaden. Aber selbst hier läß t sich eine Ver­ mittelung finden , wenn angenommen wird , daß alle Monaden als Atome ihre Entwickelung beginnen und sich allmählich unter begüns tigenden Umständen zu o r­ ganischen Zentralmonaden emporschwingen, dann ab er auch diese B edeutung trotz der Intervalle zwischen ihren organischen Leb ensläufen b ehalten. Jede organis che Zen­ tralmonade wäre dann früher einmal bloßes Atom ge­ wesen, und j edes Atom kö nnte später einmal organische Zentralmonade werden. Es würde also doch in j edem Atom die latente Einheit der unorganischen und o rgani­ schen Gesetzmäß igkeit liegen und bloß von den U rn­ ständen abhängig s ein, ob es b ei der ersteren sein B e­ wenden hat, o der ob auch die zweite zur Entfaltung ge­ langt_ D ann wäre es ab er schwer begreiflich zu machen, wie die organischen Äußerungen der unorganisch-organi­ schen Atomgesetzmäß igkeit es möglich machen sollen.. die Umstände zu üb erdauern, durch welche sie b edingt und v eranlaß t waren, o der wie die Atomgesetzmäßigkeit durch eine zeitweilige org�mische B etätigung eine solche Änderung erleiden soll, daß aus dem Atom dauernd etwas anderes wird , als es (489) vor der ersten organi­ schen B etätigung war. Sinkt aber j edes Atom nach Auf­ hören der besonderen für organische Betätigung geeig­ neten Umstände auf die S tufe unorganis cher B etätigung zurück, so ist j ede Entwickel ung des Atoms aus­ geschloss en. Auf monistisch em B oden erscheint der Unterschied viel geringfügiger, weil da all e Individuation nur eine phänomenale Glie derung der inneren M annigfaltigkeit der einen I dee , und alle individuelle Gesetzmäßigkeit nur eine Gliederung der einen universellen ist (vgl. o b en S . 421-423). Es ist hier mehr eine F rage der Verteilung und vViederzusammenfass ung des ide dlen G ehalts inner­ halb der I dee und der besonderen gesetzmäß igen B e­ ziehungen innerhalb der e i n e n vVeltgese tzlichkeit_ D e r Gesamtinhalt d e s vVeltprozesses bleib t derselb e, gleich­ viel ob man die finalen Individualfunktionen höherer Ordnung mit in die Atomgesetzmäß igkeit und Atomidee 11*

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einrechnet, oder ob man sie als üb er den Atomen stehende o rganische Gesetzmäßigkeit ansieht und als I ndividual­ idee höherer O rdnung der S umme der Atomideen ent­ gegensetzt. Allerdings s c heinen der ersteren Auffas sung ernste B edenken entgegenz ustehen. Die höheren Partial­ ideen können doch wohl eher die niederen implizite in sich tragen als umgek ehrt 1), und die Gli ederung der uni­ versellen vV el tges etzlichkeit erscheint logisch klarer und ungezwungener, wenn di·e unorganis che und die orga­ nische Ges etzlichkei t auf dynamis che F unktionen von verschi edener O rdnung und Lokalisation swei s e verteilt, als w enn sie auf die punk t u ell lokalisierten Atomfunktio­ nen zusammengehäuft wird. Die U ratome sind n u n ein­ mal die einfachsten aller I ndividu•en, wie sollten sie nicht au ch die einfachste G e s etzmäßig-k e i t haben ? Sie sind die konstantesten aller I ndividuen (vom B eginn bis zum Ende des vVeltprozess•es), wie sollten sie nicht auch die relativ konstanteste G esetzmäß igkeit haben ? Undenkbar ist es ja ni cht, daß die Uratome sich die längste Zeit ihres Lebens, die meisten Atome s ogar für die ganze D auer des \Veltprozesses , nur nach unorgani­ scher G esetzmäß igkeit betätigen, und tro tzdem sämtlich auch die mganische Gese tzmäßigk eit l atent in sich tragen, die erst bei si ch darbi eten der Gel egenheit zur z eitweiligen, bal d wieder suspendierten B etätigung ge­ l angt ; ab er wunderlich wäre eine so kompJizierte Ein­ ri chtung in j edem U ratom (490) immerhin. Ganz unver­ ständlich blieb e es jedoch, wi e eine Menge von U r­ atomen im O rganismus es anfangen sollte, ihre final­ kausale B etätigung zu dem gemeinsamen I n dividualzweck höherer O rdnung zu vereinigen, wenn dieser nicht bloß , wie in den unorganischen zusammengesetzten I ndividuen , ein Produkt oder S ummationsphänomen der I ndividual­ zwecke unterster O rdnung, sonelern etwas über diese in ihrer Zusammenfassung H inausgehendes sein soll . Es bleib t dann kaum etwas anderes übrig, als die finale Ein­ heit des Individualzwecks höherer Ordnung in der funk1) Vgl. "Neukantianismus, S chop. und Hegclianismus" , S . 3 50 bis 352, 3 54 unten bis 359·

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tionellen Einheit eines bestimmten , zur M at erie des L eib es ge hörigen E inzelatoms zu s u chen. D amit würden wir aber auf die p unktuelle Lokalisation der I ndividuals eele zurü ckkommen, einen I rrtum, der wohl nac h gera d e als glücklic h abgetan gelten darf (Phil. d . U nb . , I, 430 bis 433). Soll wiederum die hinzutretende finalkausale I ndi­ vidualfunktion höherer O rdnung sich r äu ml ic h auf den ganzen O rganismus als Gege n stand i h rer B etätigung be­ ziehen, ohne selbst außerdem eine Lo kal isat ion hinsi cht­ lich ihres Ausgangspunktes zu h ab e n , dann kann sie üb er­ h aupt nicht von p unktuell lokalisi erten Atomen, weder von einem einz i gen noch von einer Gruppe mehrerer ausgehen, sondern muß wirken , ohne d ynamisc h zentra­ lisiert zu s ein. Die Atome v erhalt en sich dann zu der hinzutreten­ den Individualfunktion höherer O rdnung, wi e die S chach­ figuren zu der ihre Züge bestimmenden Finalität. (Gr. 11. 64.) Jede Figur, mag sie nun auf dem Brett durch einen S t ein repräsent iert werden, oder mag sie bloß als G e d anken f igur im Blindl ingsspiel fest ge h alten werden, kann nur nach ihrem relativ konstanten G esetz b ewegt werden, das aber i n s ich die für die Finalität nötige Variabilität offenläßt Der S p ringer kann nic h t plö tzlich das G esetz des Läu f ers o d er Turmes anne h men, wenn es auch für d en bes onderen Fall v i e lleic h t zweckmäßiger zur Erreichung des S ieges wäre ; er bleibt S pringer vom Anfang bis zum Ende des S p iel s . D i e Finalität in der Anclerung der Figurenkons tellation oder die relativ varia­ ble G e s etzmäß igkeit der Zugbestimmung kann im Ganzen des Spieles sich erst dann entfalten, wenn sie mit einer r elativ konstanten G esetzmäß igkeit, durch welche die mög­ l i c h en Züge j e der F i gur festgelegt sind, z u re c h nen hat. \V ollte man der Intelligenz jeder einzelnen Figur außer ihrer konstanten Ges etzmäßigkeit auch noch die B estim­ mung der zu mac h en d en Züge anvertrauen, so mö chte es schwer halt e n die Einheit d es S p i elplans aufrechtzuerhal­ t en. Es muß eben eine hinzukommende (491) ein h ei t ­ liche I ntellektualfunktion sein, die bestimmt, welche von allen Figuren bei j e d e m Zuge sich b ewegen soll und auf welches Feld. D iese I n t e l l igenz muß als unr äumlic h e über ,

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d en Figuren schweben und darf sich nur au f sie als ihren Gegenstand beziehen, ab er sie hat nicht nötig, s elbst in die Figuren hineinzufahren, mit ihnen auf dem S chach­ brett von F el d zu F eld zu hüpfen und sich s elbst als S pringer, Läufer, Turm usw. z u gebärden, oder gar in all e die Figuren hinein zu zersplittern. I n demselben Sinne bezieht sich die über den Atomen des O rganismus wal­ ten de final kausale I ndividualfunktion höherer O rdnung auf dieselben als ihren r äumli chen Gegenstand und ver­ wertet sie unter Benutzung und Respektierung ihrer un­ o rganischen G es etzmäßigkeit für den einheitlichen I ndi­ vidualzweck höherer O rdnung, ohne sich an sie zu zer­ splittern und ihre Einheit in s i e auflös end zu verteilen. (Gr. IV. 45.) (Gr. ll. 50 .) D a die F inalität im Universum ein, wenn auch in­ dividuell gegliederter, so doch einheitlicher S trom ist, s o kann auch der Zweck nur ein einheitlicher, einer und einziger sein. D ie individuelle Gliederung liegt in den Mitteln, denn es ist eine Mannigfaltigkeit von Mitteln, die zu dem einen Zweck hinführt. Aber der Zweck kann nur e i n e r sein, w enn ni cht die Einheit der F inalität in dieser Vielheit der Mittel verlorengehen soll. Wer nur in den Individuen mittlerer O rdnung Finalität zugibt, in dem Univ ersum aber entweder s chon die I ndividualität o der doch die individuelle Finalität hö chster, allumspanne nder O rdnung l eugnet, der hat es natürli ch nur mit einer Vielheit von Zwecken untergeordneter Art z u tun, die als solche nur finale O as en oder Epis oden in einem univ ersell genommen zwecklosen Weltprozesse sind. Einem solchen muß die individuelle Zwecksetzung als ein final zufälliger N ebenerfolg der final z ufälligen Entstehung von Individuen mittl erer Ordnungen aus den eb enfalls final zufällig entstandenen Individuen niederster O rdnung erscheinen. vVer aber in der Finalität die Kehrseite der Kausalität sieht und die Finalität ebenso wie die Kausalität nur als universel l e z u fass en vermag, der wird auch an der Einheit des Zwe ckes festhalten. (Gr. 11. 53.) Auch auf d en mittleren und niederen I n dividualitäts­ s tufen ist der j edesmalige Individualzweck, soweit er sich nicht über seine I n dividualitätsstufe erhebt, ein einziger

c. in der metaphysischen Sphäre.

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und einheitl i cher, di e S.elb stförderung. D i e scheinbare Vielh eit der Zwecke innerhalb dieses I ndividuums erweist sich nur als eine Vielheit von Mittelzwecken, (492) die dem einheitlichen I ndividualzweck als Mittel dienen. D i es erhellt s chon daraus, daß ein Rangstreit der S onderzwecke nach ihrem teleologischen Werte für den H auptzweck ges chlichtet und entschieden wird. N ur da versagt dieses Mittel , wo der Individualzweck der b etreffenden I n divi­ dualitätsstufe selbst b ereits als Mittel für den I ndividual­ zweck höherer Ordnung behandel t wird, sei es unb ewußt in der B etätigung finaler Korrelationen, sozialer und moralisch er I nstinkte, s ei es zugleich bewu ß t in der willigen sittli chen U nterordnung unter höhere, die S elbst­ förderung überschreitende Zwecke. Konflikte zwischen d en Il).dividualzwecken höherer und niederer O rdnung können dann nur no ch entschieden werden unter dem G esichtspunkt des höheren Zweckes, ab er so, daß der allgemeine, den besonderen Fall übers chreitende teleo­ logische Wert des niederen I ndividuums als dauerndes Mittel für den Individualzweck höherer O rdnung in An­ schl ag gebracht und seine dauernde Wertverminderung als Mittel durch ein O p fer im b esonderen F alle b erück­ si chtigt wird. I m Universum als Individuum h öchster Ordnung fällt die Kollision des Individualzweckes mit einem Zweck von noch höherer I ndividualitätsstufe hinweg ; der Uni­ versalzweck o der Weltzweck bleibt als Zweck hö chsten Ranges bestehen. Zu ihm müssen s i ch mithin alle Son­ derzwecke v erschiedener S trömungen o der Richtungen in der universellen F inalität als M ittel verhalten. Wie im m enschlichen I n dividuum die physische, intellektuelle, sittliche, ästhetische, religiös e usw. Entwickelung nur Zweige der G esamtentwickelung sind, die einander för­ dernd gemeinsam e i n e m Ziele zuführen, so auch in der Universalentwickelung. Sie sind nur Mittelzwecke für den Endzweck. D er ganze \Vel tprozeß stellt sich so unter der Kategorie der Finalität als ein System von Zwecken und Mitteln dar, an dessen S pitze der Endzweck steht.. dess en Mitte eine subordinierte Reihenfolge koordinierter Mittelzwecke o der Zweckmittel einnimmt und dessen Basis

168

B . III .

2.

Die Finali tät

durch den ersten Akt der B et ä t i gung des L o gischen ge­ bildet ist, die ideelle Individuation, die gar nicht mehr Zweck zu e in em anderen Mittel, sonde rn nur noch Mittel zu e inem anderen Zweck ist. D er eine Endzweck ist das logische P rius dieses ersten Mittels, denn das M ittel ist nur als Mittel zu ihm und für ihn ge setzt. In dem Mittel aber ist er nur i mplizit e ge­ s etzt, und explizite wird er erst am Ende des Prozesses ideell gesetzt wenn er zugl eich reali (493)siert wird. D ieser das erste M ittel logisch determinierende E ndzweck ist s el b s t ein logisch det ermini erter. Ab er das Logische kann ihn nicht aus sich allein schöpfen, da es in s i ch leer ist und keinen Bewegg rund zur B et ätigung hat. Der Endzweck kann nur das Ergebnis der Anwendung des Logischen auf e twas s e in, das nicht das Logische s el b s t ist und nicht a u s dies em herstammt , d. h . auf das U n­ logi s che. D as Unlogische wiederum geht als bloß Alogi­ sches o der nicht Logisches das Logische gar nichts an ; es kann erst als Ant il ogi s ches, d. h. als ein dem logi­ schen G r undgesetz Widersprechendes dem Lo gischen durch diesen vVi derspruch gegen seine vVesenh eit Anlaß geb en, sich mit ihm zu b e f as s en, sich au f es zu beziehen und über es logisch zu urteilen. D as Ergeb nis dieses Urteils kann nur die logische Verurtei lung des Anti­ logischen als s olchen, d. h . des antilogisch en Verh altens des Al ogische n s e in. D i e s es antil ogis c he Verhalten des Al og i schen besteht nun, wie ob en gezeigt, in der Aktuali­ tät des vVillens und ihrer unb e s timmten Zei tlichkeit ; diese also wird als ein logisch nicht sein S oll endes v erurteilt und damit ihr N i chtsein als Zweck gesetzt. (Gr. IV. 88.) Daß der Widerspruch des \V ol l ens sich auch als Un­ lust fühlbar macht, ist ein, logisch genommen zu fäll i g e r N eb enerfolg der Aktualität im Unlogischen selbst, der das Logische als s olches nicht weiter berührt ; dieses k ehrt sich nur gegen das form el l Antilogische im Ver­ h alten des Realprinzips, und z u diesem formell Anti­ logischen fügt die U nl us t des vViderspruchs im Real­ pr inzip kein neues Momen t hinzu. D as Logische würde sich gerade ebenso g egen das \Vollen kehren mü s sen, ,

-

,

wenn diesem die E m p fi n d l! n gsres o n a n z für s eine 'vVider-

c. m d e r me taphysisch e n Sphäre.

169

Spruchsnatur fehl t e . Die absolute Zwecksetzung ist also ein e rein logische, nicht eudämonistische ; nur uns er­ scheint ihr eu dämo nistischer N ebenerfolg leicht als das eigentlich B ezweckte, weil wir von unserem S t andp unkt als bewuß te I ndividuen gewohnt s ind, den eudämonisti­ schen G esichtspunkt üb erall in den Vordergrund zu rücken und insbesondere ü b er den formallogischen Gesichtspunkt zu stellen. ·wir tragen dann unsere D enkweise als füh­ lende B ewuß t s einsindividuen in das fühllo s e unbewußt Logische h inein, wo sie gar keinen Platz hat. Wäre der Endzweck ein eu dämonistischer, s o könnte er, wenn die gemachten Voraussetzungen richtig sind, nur ein negativ e u dämonistischer s ein, nämlich der, die unlustige Empfindungsresonanz der Wi derspruchsnatur des antilogis chen Wollens im Real-( 494)prinzip z u be­ seitigen . I nsofern uns als o der eudämonisti sche N eb en­ erfolg des rein logis chen Endzwecks selbst al s Endzweck erscheint, werden wir diesen Pseudozweck als n egativ eudämonistischen b estimmen müss'en. H alten wir uns dagegen an den logisch d eterminierten, rein logischen Endzweck, so müss en wir auch d iesen als einen negativ logis chen bestimmen. I nsofern die Errei chung des End­ zwecks von den B ewuß tseinsindividuen abhängt, diese aber sich für den logischen Zweck viel zu wenig er­ w ärmen würden und nur durch den eudämonistischen N eben erfolg zur B eteiligung zu gewinnen sind, ist es eine wesentliche B edingung für die Erreichbarkeil des Zweckes überhaupt, daß das, was metaphysisch N eb enerfolg des Zweckes ist, s ubj ektiv geeignet ist, für die B ewuß ts eins­ individuen zum Zwecke selbst erhoben zu werden. (Gr. IV. 99.) (Gr. IV. 1 35.) (Gr. V. 1 62.) ( G r . H . 21 7.) Ein positiver Zweck ist ein in sich selbst wi derspruchs­ voller B egriff ; nur e in negativer Zweck ist logisch mög­ lich. Diese einfache \Vahrheit wird nur darum v erkannt, weil die I ndivi duen sich und ihre S elb sterhaltung und S elbst förderung als S e lbstzweck anzus ehen gewohnt sind, währen d sie doch nur entweder zwecklose und damit auch wertlose Tatsachen und Daten, oder aber zweckmäß ige Mittel z u einem Endzweck sind, der dann s elbst nur noch ein negativ er s ein kann. Liegt der Zweck in unend-

170

B . III.

z.

Die Finalität

licher Zeitferne, so ist er für immer unerreichbar, also alle finale B etätigung zwecklo s ; ist er aber bereits erreicht, dann erlischt mit seiner Erfüllung auch die Zwecktätigkeit o der Finalitä t . Finalität ist nur möglich z u einem Zweck , der in endlicher Zeitferne erreichbar, aber noch nicht erreicht ist. D er Weltprozeß , wenn er ein finaler s ein soll, kann darum w eder nach vorwärts noch nach rück­ wärts zeitlich unendlich sein. S ob ald der Zweck erreich t i st, ist er Zweck gewesen, hat nunmehr aber aufgehört, Zweck, d . h . zu erstreb endes Ziel zu sein. Liegt der Z weck teil­ weise in unendlicher F erne, während er zum anderen Teil bereits erreicht ist, s o ist in bezug auf s einen ersten Teil eine Finalität no ch nicht, in b ezug auf den l etzten Teil nicht mehr möglich. ·wird der Zweck allmählich immer mehr errei cht, so erlischt von der Finalität allmählich ein immer größ erer Teil, und sie verrinnt i m S ande, statt sich mit der Annäherung an den Endzweck bis zur Kulmination zu steigern 1). (Gr. IV. 91 .) (495) I m Individualleben hat der Einzelne damit zu tun, sich auf einer erstreb ten St ufe zu b ehaupten, nach­ dem er sie errungen hat, weil er im Kampf ums D asein beständig von allen S eiten bedroht ist ; da s chlägt also di e F inalität aus einer erobernden in eine verteidigende. aus einer offensiven in eine defensive um in bezug auf die bereits verwirklichten M ittelzweck e. Ab er wer sollte das Absolute nach Erreichung des E ndzwecks s t ö ren oder angreifen ? Wogegen könnte s i ch s eine Verteidigung zur B ehauptung der errungenen P osition richten ? S elbst diese defensive F inalität fällt b eim Absoluten fort. Wenn der Endzweck der widerspruchsvollen Aktualität des W ollens erreicht, das Kranken an d er Z eitlichkeit und Veränd e­ rung g eheilt und die lautere Ewigkeit zurü ckgewonnen ist, dann hört auch für das Logische j eder Anlaß zu fernerer D etermination auf. D amit ist aber die N egativi­ tät des Zweckes in bezug auf die \Velt und die Aktualität konstatiert. (Gr. VII . 31 .) Wie der \Veltproz eß imstande ist, den negativen Zweck zu erreichen, das zu erörtern gehört nicht mehr 1) Vgl. "Gesammelte Studien und Aufsätze" , S. 629-634.

c. in der m etaphysischen Sphäre.

171

in die Katego rienl ehre 1) . S ollte der \Ville sich noch em­ mal aus der E wigkeit der P o t enz zur Zeitlichkeit d es Aktus aufri chten, so würde die Zwecksetzung von s eit en des Logis chen abermals eintreten müssen, und zwar mit logischer N otwendigkeit der gleiche Zweck gesetzt wer­ d en (Phil. d. Unb . I I , 437--43 9 , 5 3 3 -536) . Tro tzdem •vürden verschiedene Weltprozesse ungleich ausfallen, w eil die Konstanten der \Veltgesetze un d die Anfangskonstel­ lation innerhalb des teleologisch offengelass enen S piel­ raums j edesmal anders determiniert werden würden. Alle etwaigen Weltprozesse würden gleich s ein in b e z u g auf Initiative, Zweck, Finitive und endliche D auer, aber un­ gl eich in b ezug auf das System der Mittel, das zur E r­ r eichung des Zweckes dient. (Gr. JV. 91 .) (Gr. JV. 101 -) 1) Vgl. Phil . d. Unb. Kap . , C. XIV-XV, Bd. II S. 39 1-4r r 521-533 ; "Neuk. Schop. u. Hegelianismus" S. 283-286. Die in der Phi!. d. Unb., Il, 408, Z. 1 3-17 angeführte dritte Bedingung für die Möglichkeit der Erreichung des Endzwecks halte ich j etzt nicht mehr für erforderlich.

3. D ie S u b s t a n t i a l i t ä t (O n t o l o g i e) . a) D i e S u b s t a n t i a 1 i t ä t i n d e r s u b j e k t i v i d e a 1 e n S p h ä r e. (496) Wi r finden unter unseren \Vahrnehmungen solche, die relativ b e s tändig, und solche, die relativ wech­ s elnd sind. Die relativ b eständigen ·Wahrnehmungen bil­ d en gleichsam einen Kern , um den die r elativ unbestän­ digen sich h erumlagern. Eine Gruppe von äußeren Wahr­ nehmungen, die einen solchen relativ b eständigen Kern hat, nennen wi r unbekümmert um die Unbeständigk eit und den Wechsel eines anderen Teiles ders elben ein D ing, ins bes onde re dann, wenn sie allseitige räumli che B egrenztheit und eine von anderen D ingen isolierbare Bewegli chkeit im Raum besitzt. Eine Gruppe von inne­ ren Wahrnehmungen, die einem und demselben Bewuß t­ sein angehören, nennen wir dagegen nicht Ding, s ondern B ewuß tseins einheit oder einheitliches Bewuß tsein, wobei unter B ewußtsein die Einheit von B ewuß tseinsform und B ewußtseinsinhalt verstanden ist. D i e r elativ bes tändigen Wahrnehmungen in einer Gruppe äuß erer W ahrnehmun­ gen heißen bleib ende, dauernde o der wesentliche Eigen­ schaften ; die relativ unbeständigen vVahrnehmungen in derselben heißen wandelbare oder wechs elnde Eigen­ schaften des Dinges . Die i nneren Wahrnehmungen, d ie in ein und dassel be Bewuß ts ein fallen, heiß en Affek­ tionen dieses Bewußtsei ns . I n dieser B es chreibung d es Tatbestandes liegt noch nicht deutlich die Kategorie der S ubstantialität ausge­ spro ch en, aber sie s teckt doch s chon v erstohlen mit drin. Sowohl der D ingbegriff als auch die Beziehung der Wahr­ nehmungen auf das Bewußts ein als seine Affektionen kommt nur dadurch zustande, daß die Kategorie d e r S ubstantialität unb ewuß t mitwirkt. D a s D ing wird als dasj enige betrachtet, dem die Eigens chaften, das Bewußt­ sein als dasj cnige, dem seine Affektionen inhärie ren ; die

a. in der subj ektiv idealen Sphäre.

173

Eigenschaften und die Affek-(497)tionen gelten als etwas Unselbständi ges, an und für sich Existenzunfähiges, das seine S ubsistenz erst durch das Ding, b eziehungsweise durch das B ewußtsein e rlangt . Das D ing i st demnach unbewußterweise b ereits mehr als die S urnrne seiner Eigenschaften, das B ewußtsein mehr als die S umme seiner Affektionen ; was hinzukommt, ist die D ingheits­ form und die B ewuß tseinsform, die ni cht mehr in wahr­ genommene Eigens chaften oder Affekt ionen aufgelöst wer­ den kann. D ieses Plus deutet auf eine besondere An­ w endung der Kategorie der Substanz auf d i e empirisch gegeb enen G ruppen hin, d. h . auf eine subj ektiv ideale Zutat zum Wahrgenommenen, die aus einer unb ewußten Intellektualfunktion stammt, obwohl sie zunächst vom Be­ wußtsein nicht als solche erkannt Mrd. B ei näherer Betrachtung zeigt sich, daß die Dinge t eilbar und vers chmelzbar sind ; eines läßt sich i n meh­ rere zerlegen, und mehrere lassen sich zu einem verbinden_ Ein B ewußtsein dagegen läßt sich nicht in zwei zerlegen, auch nicht zwei zu einem verschmelzen, wenigstens nicht, so weit unsere innere unmittelb are Erfahrung reicht ; mit anderen \V orten : die D inge als solche h aben k eine In­ dividualität , aber das B ewuß tsein hat sie. D as S ubstan­ t i elle in den Dingen scheint demnach nicht individuell ; o der di e j eweilige Gliederung der D inge s cheint auf einer wechselnden und für die S ubstanz s elb st gleichgültigen Verteilung und Anordnung der dinglichen S u b stanz unter di e Dinge zu beruhen . D agegen s cheint das Sub stanti elle in d en B ewuß tseinen individuell zu s ein ; oder die Be­ wuß tseinsindividualität ers ch eint als eine notwendige Exi­ stenzform der B ewußtseinss ubstanz. Die dingliche S ub­ stanz kann vor der Gliederung in S onderdinge als kon­ tinu i erliches Flui dum (Chaos) existiert haben und kann wi eder einmal in ei nen solchen Urbrei zusammenfließ en ; die B ewuß tseinssubstanz hingegen kann nur i n indivi­ du eller Bewußtseinsform existiert h aben, solange sie existiert. M an sieht hier, wie das Bemühen, das , was die Sub­ stanz ist, aus den D ingen und B ewußts einen heraus zu­ heben, auf b eiden S e iten zu ein em entgegengesetzten Er-

174

B.

III.

3 · Die Substantiali tät

g ebnis führen muß : zum individualitätslosen Stoff und zum individuellen Selbstbewußtsein. D er Stoff ist das eigen schaftslose Etwas , das allen D ingen zugrunde liegt und die verschiedensten, j a s ogar entgegengesetztesteil Eigens chaften annehmen kann ; das I ch ist das affektions­ lose Etwas , das allen b ewußten Affektionen zugrundeJ liegt und die entgegenge-(498) setztesten annehmen kann. B eide sind völlig passiv ; wenn sie Aktivität zu entfalten s cheinen, so k ommt dies e schon auf Rechnung der Eigen­ schaften (Kräfte) o der Affektionen (Vermögen), die ihnen bleibend oder w e chselnd inhärieren können. Der Stoff ist als Substanz der räumlichen D inge zugleich die räum­ liche S u bstanz, das I ch als Sub stanz der unräumlichen B ewußtseine die unräumliche S ubstanz ; die Zeitlichkeit kommt b ei b ei d en erst an den Eigens chaften oder Affek­ tionen zur G eltung, n icht an der S ubstanz selbst. D i e R äumlichkeit d e s Stoffes als Substanz m u ß s i c h darin b ekunden, daß er durch s eine blo ß e S ubsist enz bereits raumausfüllend wirkt, nicht erst durch seine Aktivität, die j a doch erst auf Rechnung seiner E igenschaften kommt. Die Unräuml i chkeit des I ch als S ubstanz b leibt un­ berührt sowohl davon, daß seine Affek t ionen teilweise eine s ubj ektiv ideale Räumlichkeit in ihren I nhalt einschließen, al s auch davon, ob das I ch zeitweilig mit einem ver­ gängli chen räumlichen L eibe v erknüpft ist oder nicht. D agegen dient die stoffliche S ubstanz den ihr inhärieren­ den Eigenschaften nur insofern als Einheitsband, als sie eine räumliche Einheit und Geschlossenheit wahrt, wäh­ rend die ichliehe Substanz als Einheitsban d der ihr inhärierenden Aff.ektionen schlechthin dient. Wenn Stoff und I ch wahrhafte S ub stanzen sind, so müssen sie s elbst der Z eitlichkeit, die b loß in ihren Akzi­ dentien ist, entrü ckt und entho ben sein. F ür den S toff als S ub stanz ist es gleichgültig, ob er geteilt oder ver­ schmolzen wird, ob seine Teile in Bewegung oder Ruhe sind ; das all e s fällt s chon unter die akzidentielle Form. Ebenso ist es für das I ch als Sub stanz gleichgültig, ob es zeitweilig Affektionen hat oder nicht, wenn d as auch aus dem Gesichtspunkt der Affektionen gar nicht gleich­ gültig sein mag. Alle zeitlichen Veränderungen berühren

a. in der subj ektiv i dealen Sphäre.

175

die S ubstanz als solche nicht. S toff und I ch sind nicht mehr bloß relativ b e ständig, s ondern ab solut beständig, oder sie s ind als Substanz en ewig unwandelbar. Sie be­ stehen unabhängig von ihren Akzidentien, aber dies e be­ stehen nur durch s i e . Stoff und I ch sind unentständlich und unvergänglich (un geboren und unsterblich) ; das v or­ handene Quantum S toffes und die vorhandene Zahl von I chen kann weder vermehrt noch vermindert werden. G el­ ten S toff und I che trotzdem als ers chaffen, so ist damit b ereits ihre Substantialität aufgehoben und an ihre S telle der in sich widerspruchsvolle B egriff der abgeleiteten, sekundären oder gesch öpfliehen S ubs tantialitä t gesetzt. Geschaffen e S ubstanzen s ind (499) eb en nicht mehr S ub­ stanzen, sondern modi o der Ers cheinungsfonneu der schöpferischen Tätigkeit, die s elbst wieder ein Akzidens der Sub stanz des S chöpfers ist. (Gr. I. 68.) S eh en wir von der I nkonsequenz der S chöpfungs­ armahme ab und bleiben hei der S ubstantialität des Stoffs un d der I ch e stehen, s o ist es klar, daß die stoffliche S ubstanz z u einem materialistischen Monismus, die ich­ lieh e Substanz zu einem spiritualistischen P luralismus hinführt. D er D ualismus der S ub stanz führt zu einer ent­ gegenges etzten 1) O ntologie, einer monistis chen in b ezug auf die materiell e Welt und einer monadologischen in b ezug auf das Reich der I che. D ieser G egens atz fordert einen Ausgleich . Derselbe kann entweder darin gefunden werden, daß man die S ub stantialität des S toffes, oder daß man die des I chs, o der daß man beide zugleich fallen läß t. I m ersten Falle gelangt man zur spiritualisti­ s chen M onadologie, nach welcher der S toff bloß noch eine subj ektiv i deal e Ers cheinung in den B ewußtseins­ affektionen der I ehe ist ; im zweiten zum stoffli chen Ma­ t erialismus , nach welchem die I che nur noch mechanische B ewegungspro dukte einer begrenzten und geformten S toff­ menge sind ; im dritten zu einer I dentitätsphilosophie, für die sowohl S toff als I ch nur Erscheinungen aus zweiter H and, nämlich subj ektiv i deale E rscheinungen v on ob­ j ektiv realen Ers cheinungen einer einzigen weder stoff1) D. h . einen Gegcmatz iu sielt enth altenden. A. d. I:!.

176

B . III.

3 · Die Substan tialität

liehen no ch ichliehen Substanz sind. Aber im ersten F alle wird d er Bo den des naiven Reali smus in b etreff des S toffes, im zweiten Falle in betreff des I ch, im dritten F alle in b etreff beider v erlassen und mit d em des tran­ szendentalen R ealismus vertauscht. D enn im ersten F alle ist der S t o ff eine bloß subj ektive Ersch einung und das I ch s ein obj ektiv reales Korrelat o der Ding an sich ; im zweiten F alle ist das I ch bloß subj ektiv ideale Erschei­ nung und der S toff sein obj ektiv reales Korrelat ; im dritten F alle sind Stoff und I ch bl oß subj ektiv i deale Erscheinungen, und etwas weder S t o ffliches noch I ch­ liebes bil det ihre obj ektiv realen Korrelate oder D inge an sich. Auf dem Boden des 11c1. iven Realismus dagegen muß die S u b stantialität s o w o h l des Stoffes a I s a u c h des I ch festgehalten werden. Solange aber dies geschieht, ist über den D u alismus die s er S ubstanzen nicht hi!k'UlS­ zukommen und eine E inhei t nicht erreichbar. D enn die räumliche, stoffliche Substanz ist gar ni cht ichlich, und die unräumliche, ichliehe S ubstanz ist gar nicht stofflich. was b eides durch die unmit t elbare Wahrnehmung des B ewuß t seins konstatiert wird. D er naive R ealismus muß sich dabei b eruhigen, daß (500) b eide Substanzen in einer nicht näher begreiflichen 'vVeise verb unden sind. Die ganze Entwi ckelung des S ubstanzb egriffes bis zum Dualismus der sto fflichen und i chliehen S ubst anz v oll­ zieht sich noch auf der erkenntnistheoretischen Grundlage des naiven Realismus. Der sinnliche S toff, so wie er B ewuß tseinsinhalt ist, d. h. mit s e iner Räumlichkeit und Kontinuität, wir d z ugleich als unabhängig vom B ewuß tsein existierend v orausgesetzt, w obei es nebensächlich ist, ob den sekundären Eigens chaften gleichfall s eine vom Be­ wußtsein unabhängige Existenz zuges chrieben wird oder nicht . Eb enso wird angenommen, daß das I ch, die inhalt­ liche Reflexion des Bewußtseins auf sich als B ewuß t s eins­ form, eine Existenz hab e, ganz unabhängig davon, ob diese Refl exion (das S elbstbewu ß t s cin) j eweilig I nhalt des B ewuß tseins ist o de r nicht. Beides sind die G rundirrtümer des n aiven Realismus ; sie b e ruhen auf dem nichtb emerk­ t en Widerspruch, als ob der Bewußtseinsinhalt a l s nu­ merisch identischer gl eichzeitig ohne die Form des Be·

a.

177

in der subj ektiv i dealen Sphäre.

wuß tseins existieren, oder das bewußtlos Existierende als numerisch identisches gleichzeitig I nhalt einer B ewuß t· seinsform s ein k önne. AUe Widersprüche, die an der Substantial ität des Stoffes und des I chs bisher aufgezeigt worden sind, lass en s i ch auf diesen einen Widerspruch des naiven R ealismus zurückführen. S toff und I ch sind Bestandteile des B ewußtsei'nsinhalts und als solche teils vom F unktioni eren d er B ewuß ts eins­ form üb erhaupt, teils v on der Richtung der Aufmerksam­ k eit auf einen bestimmten I nhalt abhängig, der dadurch erst über die Bewußtseinss chwelle gehoben wird. I n beiderlei H insicht sind Stoff und I ch intermittierend , also nicht beständig, al s o nicht S ub stanzen. Wird ihnen B eständigkeit au ch für diejenigen Z eitintervalle zugeschrie­ ben, in denen sie nicht I nhalt dies es B ewußtseins sind, so wird ihnen eben damit für dies e Z eiten eine bewußt­ S·einstransz endent·e Existenz zuges chrieben. Soll die se sub­ stantiell s ein, so muß sie auch fortdauern, während sie Bewuß tseins inhalt sind ; sie müs sen dann also gl eichzei tig und in einem und demselben Exemplar bewuß t s eins­ transz endent und b ewuß tseinsimmanent exi stieren, wo­ mit der Widerspruch bloßgelegt ist. S toff und I ch s ind S ubstanzen nur, sofern zu der wahrgenommenen S umme von E igenschaften und Affek­ tionen etwas hinzugefügt wird, was als das S ubsistierende in ihnen gilt. D i ese H inzufügung erfolgt aber von seiten einer unbewußten synthetis chen (501) I ntellektu alfunk­ tion, die ni cht z u den empirischen D aten, sondern z u den unbewußten apriorischen Zutaten gehört, nicht von d en äuß eren Faktoren des B ewuß tseinsinhalts, sondern von den inneren bestimmt ist, kurz, die nicht obj ektiven, sondern s ubjektiven U rsprungs ist. D iese unbewuß te s u b ­ . j ektive H inzufügung wenigstens z um empirisch g egebenen B ewuß tseinsinhalt darf demnach k einesfalls zugleich als ein transzendent Existierendes angesehen werden, s elbst wenn di e s für die empiris ch gegeb enen Wahrnehmungs­ gruppen zulässig sein sollte. Wenn der naive Realist die D inge transzendentalisiert, so darf er es doch j e den­ fall s nur mi t Abzug dieser unb ewußten subjektiven aprio­ ris chen Zutat, da diese eine über die Erfahrung hinau sE. v. H tt r t m a n n , K ategorienlehre.

IJI.

12

178

B . III.

3· Die Subs tantialität

greifende Beziehung vorstell t , von der in der unmittel­ b aren E rfahrung selbst nichts gegeb en ist. Projiziert er diese hinzugefügte B eziehung mit hinaus ins Jen­ s eits des B ewußtseins , s chreibt er ihr ebenso wie den Eigenschaften ein t ransz·endentes S ein zu, so b egeht er ganz sicher einen vViderspruch . D as I ch ist die Abstraktion des S clbstbewußt seins­ aktes, die l e ere Form des S elbstb ewußtwerdens unter Absehung von allem konkreten B cwußtseinsinhalt, in w elcher die Reflexion auf di e in allen meinen B ewußt­ s einsakten identis che Form meines B ewußtseins selbst zum Inhal t eines bestimmten B ewuß t s einsaktes wird. Das I ch ist also subj ektiv ideale Erscheinung im B ewußt­ s ein und zugleich das allerab strakteste s ei ner Phänomene. E s ist ebenso abstrakt in bezug auf alle mögli chen kon­ kreten B ewuß t s einsaffektionen, wie der Stoff abs trakt ist in b ezug auf alle mögli chen stofflichen Wahmeh­ mungsobj ekte. Wenn ab er der S toff sich mir als ein an sich bewuß tlos er Inhalt meines B ewuß tseins darstellt, so ist das I ch die Widerspiegelung der Form meines B e­ wuß t s eins selbst in dem I nh alt meines B ewuß t seins. Erste­ ren durch eine transz·endental e B ezieh ung ins Jenseits meines B ewuß tseins hinauszuproj izieren , erscheint allen­ falls no ch erträglich ; aber letztere ins J ens eits meines B ewuß t seins hinauszuproj izieren, ers cheint als ein völlig widerspru chsvolles Tun. Dies ges chieht ab er, w enn dem abs trakten subj ektiv i d ealen Phänomen des I chs Substan­ tialität, d. h. eine b eharrende S ub sistenz, zugeschrieben wird, die von dem wirklichen G edachtwerden des I ch­ gedankens, von der s tetig fortdauernden Vollziehung des Selbstbewußts einsaktes unabhängig s ein soll. D enn di ese Existenz d es I chs oder hypostasierten aktuellen S elbst­ b ewuß tseins in den Z·eiten, wo es nicht B ewußtseins­ inh alt ist, müßte doch (502) eine unhewußte sein, d. h. ein unbewußtes Selbstbewuß tsein, was der denkbar här­ teste Widerspru ch ist. Wenn die Kritik des naiven R ealismus dazu geführt hat, diesen als unhaltbar ers cheinen zu l assen, so tritt gewöhnlich zunächst der transzendentale o der subjek t ive I dealismus an seine S t·elle. Dieser pflegt anfangs nicht

a.

m

der

su bj ekti v

179

idealen Sphäre.

nur die Kategorie der S ubstanz, s o n d e rn a u ch i h r e An­ wendung a u f den S to ff und das I ch f e s t z uh al t e n . Es wi r d zwar nicht m e h r b estritten, daß der S t o f f und das I ch keine w irklichen S ubstanz: en mehr sein können, ab er s i e gelten doch als s ubjektiv idealer E rsatz der man­ gelnden wirklichen S ubstanz. E s gi l t nun zwar als eine psychol ogische I llusion, daß wir d en S toff und das I ch als S u b s t a n z en ans ehen, aber do ch als eine notwendige Illusion i n doppelt em Si nne . N o twe n di g ist s i e einerseits al s u n a b w e n dl ic he F o lge u n s e r e r g e i s t i gen O rg anisa t i o n , andererseits als u nen t be hrl ich e H ilfe zur G ewinnung einer subj ektiv idealen E r s c he i nung s wel t . Wie die K au s a l it ä t in e i n e rein imma.nente u m g e de ut et wird, so auch die S u b s t an t i al i t ä t ; b ei d e sollen z u s am me n die e m p iri s c h e Real i tät a u fbau en, d . h . dem Bewu ßtseinsinhalt eine Wirk­ s a mkei t und beharrliche B e st ändigk e it unters chieben, die er in seiner P ass i v i t ä t und I ntenn i t te n z gar nicht be­ sitzen kann. Die Welt beruht nun auf di e s er doppelten Tä u s c h u n g ohne die wir wohl E m pfi n d un gen aber keine \Velt hät ten. D i es e il l u s or i s c h e \V el t b esteht ab er doch nur soweit, als entw eder der naive R ealismus sich trotz der an ihm geübten Kritik no ch fortbehauptet, o d e r als d e r tran­ szendental e Realismus schon unter der H ülle d e s ver­ meintlichen t r an s z enden t al e n I dealismus tmvermerkt auf das H e rv o r b re ch en lauert. D eshalb kann sich d ie be­ wuß t seinsimmanente S ubstantialität noch weniger b e h a up ­ ten als die b ewu ß t s ein s i mman ent e Kausalität. Z u n ä c h s t wird d ie I llusion des s ub s t a n t i e l l e n I chs als etwas für d a s L eben ü b e r fl ü ss i ges b e s e iti g t ; man k ann au c h dann noch Iehen, wenn man d e r A n s i c h t ist, daß das I ch ein bloß es P rodukt aus der Assoziation von E mp f indun g e n ist. So­ dann k o mm t der s uhstantielle S toff an die Reihe. S eine B ede utung im naiven R ealis mus bes t eh t darin , durch s ein bloßes D asein den objektiv realen Raum stetig z u er­ füllen, auch wenn er z eitweilig von E mpfindungsqualitäten entblö ß t g ed a ch t wird . I m B e wu ß t s e i n s i n h a l t kann es ab er niemals einen Anschauungsraum geben, der n ic h t von Empfindungsquali täten e r f ül l t wäre . S e i n e Annahme i s t d e s h al b vom Standpunk t des tr a n s z e n d e n ta l e n I clcal i s ,

,

12'

1 80

B.

III .

3· Die Substantialität

(503) mus ganz überflüssig und zwecklos . Sobald die An­ s chauung sistiert, sistiert nun auch der Raum, so daß es k eines Stoffes mehr bedarf, um den zeitweilig nicht vor­ handenen Raum zu erfüllen. (Gr. lll. 57.) Es gib t auf diesem S tandp unkt wohl noch etwas S elbs tändiges , nämlich die �einzelnen Empfindungen, die im B ewuß tsein als s ein I nhalt auftau chen und sich zu G r uppen assoziieren ; aber es gib t nicht mehr etwas Be­ harrliches, da die Empfindungen schlechthin unbestän­ dig sind_ Wenn sie ni cht B ewu ßtseinsinhalt sind, so sind sie in k einer \Veis e als immanente ; ein t ranszendentes S ein aber wäre für den transzende!1talen I dealismus keine s . S treift man d a s Merkmal der beharrlichen Bes tändigkeit von der Substanz ab und läßt ihr nur das der S elbständig­ keit, dann sind die wechselnden Empfindungen die allei­ nigen Substanzen, wahrhafte immanente Subs tanzen, und nur sofem sie mit dem A ns p ruch verknüpft sind, Re­ präsent anten einer tran szendenten R ealität zu sein, sind sie I llusionen. Jede Empfindung hat ein für sich s elb­ ständiges S ein im B ewußtsein ; sie bekundet ihre Selb­ ständigk eit am deutlichsten dadurch, daß sie bald iso­ liert, b al d als Glied einer Empfindungsgruppe auftritt, daß sie sich von einer Gruppe, mit d er sie assoziiert war, ablö s en und einer anderen assoziieren kann. Freilich hört dann die Sub stantialität auf, eine Kategorie zu sein und fällt mit dem unmittelbar gegeb enen bewußtseinsimma­ nenten S ein zu sammen. D er rein phänomenalistische Positivismus hebt jede Kategorie auf, also auch die der Substantialität, und läß t die nackte Tatsächlichkeit übrig, das regellose, grundlose und ziellose Kommen und Gehen der Empfindungen. Macht dieser Phänomenalismus den Versuch, das Kommen und Gehen der Empfindungen unter ein kon­ stantes G e s etz zu. stellen , so mutet er entweder den rein passiven B ewußts einsinhal t en in widerspruchsvoller Weise ein aktives Verhalten zu, das die G esetzmäßigkeit in völlig unb egreifli cher \Vei se aus sich produziert, oder er macht die konstante Ges etzmäß igkeit zu einer über den E mpfindungen schwebenden Entität, zu einer ihr Auf­ tauchen und Verschwinden b eherrschenden Macht. D ann

a.

in der subj ektiv idealen Sphäre.

181

muß folgerichtig dieses konstante Gesetz nicht nur als die alleinige Ursache, sondern auch als die alleinige S ub­ stanz des Prozesses angesehen werden, da sie s owohl S elb­ ständigkeit als auch beharrliche Bestäncligkeit hat. Aber diese Annahme supponiert ja wiederum ein transzendentes S ein, da in der subj ektiv i d ealen S phäre für ein solches substan-(504)tielles G e s etz kein Platz i s t . Auch wider­ spricht die Erfahrung d er Annahme, daß das Komm·en und G ehen der Empfindun gen, rein für sich b etrachtet und abgelöst von der transzendenten S phäre der obj ek­ tiven R e al ität, irgendwelche konstante Regelmäßigkeit und durchgehende Gesetzmäßigkeit zeige. Die Kritik der S ubstantialität ist unb edingt im Rechte, wenn sie sich darauf beschränkt, zu konstatieren, daß es im B ewußtseinsinhalt nichts S ubstantielles geb e , daß w eder die unmitt elbar gegeb enen Bewußtseinsinhalte noch ihre immanent en Beziehungen untereinander die Anwen­ dung des S ubstanzb egriffes g estatten. D araus folgt, daß die Substantialität entweder gar nicht ist o der transzen­ dent. N un ist es ab er das negative G runddogma des konsequenten transzendentalen I d ealismus , daß etwas Transzendentes entweder nicht sein kann, o d er wenn es doch ist, zum B ewußtsein in k e iner B eziehun g steht, also für dieses so gut wie nicht ist. D araus folgt, daß e s Substantialität w eder a l s immanent-e no ch a l s transzen­ dente, also üb erhaupt nicht g·eben kann. Es ist aber er­ sichtlich, daß clieser S chluß mit dem negativen Grund­ dogma des transzendentalen I dealismus steht und fäl l t . D er naive Realismus hat die S u bstanti alität a l s unver­ merkt transzend ente, hält sie aber zugleich für eine immanente, und s cheit ert an clicsem \Viderspruch. D er transzendentale I d ealismus führt zu der Einsicht, daß die S ub stanti alität nicht als immanente sein kann, sondern nur als transzendente sein könnte, wenn mit etwas Tran­ zendenten überhaupt op eriert werden dürfte. D er transzendentale Realismus endlich restituiert die Kat egorie der Subst antialität, eb enso wie die d er Kau­ salität und Finalität, aber nur als transzendente. Er heiß t die Kritik, wel che ihre Unmöglichkeit in der sub­ j ektiv idealen Sphäre dargetan hat, als Vorarb eit seines

182

B . Ili .

3 · Die Substantiali tät

S t andpunktes willkommen, löst aber das negative Grund­ dogma des transzendentalen I dealismus kritisch auf, so daß damit auch dessen N egatio n der S u bstantialität im Transzendenten hi nfällig wird. Er gib t der positivisti s chen Kri tik b ereitwlll ig zu, daß die S u b stantialität, eben weil sie ein e transzendent e ist, nicht wahrgenommen werden kann, daß sie vielmehr eine kategoriale Beziehung ist, die durch eine unbewußte I ntellek h1alfunktion unwill­ kürlich zu dem B ewuß t s einsinhalt hinzugedac ht wird, eb enso wie die Kausalität und Finalität. Aber eb enso wie bei diesen . ist b ei der S ubstantialität diese Beziehungs­ zutat subj ektiv ideale Re· (505jkonstruktion einer tran­ szendenten expl iziten B ezi ehung und als sol che ein un­ entb ehrli cher Bestan dteil der Wahrh e i t . Wäre die Sub­ stanti alität im Erfahrungsinhalt gegeb en, so wäre sie gar keine Kategorie ; wäre sie eine zum Erfahrungsinhal t hinzugefügte B e ziehung, der k eine reale explizite B e­ zi ehung j enseits d es B ewuß t s eins entspräche , so wäre sie wenigstens k eine s p e k u 1 a t i v e Kategorie . In der subj ektiv idealen S phäre kommt also d i e Katego r i e der S u b stantial i t ät nur a l s repräs entatives A b ­ bild d e r expliziten B eziehung der transzendenten S u b s t anz z u d en Akzidentien vor, als ein Abbild, das durch eine unb ew u ß t e (also t ranszendente) intraindiv i d u elle Kategorial­ funktion in dem Empfindungsmaterial erzeugt und ihm eingeprägt worden ist, s o daß ·es nachträglich durch die Abstraktion als B egriff herausgehob en werden kann. D i e Kategorie al s Funktion i s t vorbewußt, gehört also no ch nich t zur subj ektiv i deal en S phäre ; was i n dieser gefun­ den wird, ist nur der formierende N ieders chlag der Ka­ tegorial funktion oder der der Anschauung implizite Im­ manente B egriff der Substantialität. (Gr. l. 91 .) b) D i e S u b s t a n t i a 1 i t ä t i n d e r o b j r e a 1 e n S p h ä r e.

c

ktiv

D i e Empfindung erfüllt durch ihr bloßes Sein den subj ektiv idealen Raum, so wei t sie reicht, in stetiger ·weis e ; wenigstens ·entzieht sich die Unstet igkeit der Empfindung d em B ewuß tsein. Infolgedess en erfüllen für das B ewuß tsein auch die aus den Empfindungen kon·

b. i n d e r obj ektiv realen Sphäre.

183

struierten Wahrnehmungsobj-ekte den Raum i n stetiger ·weise durch ihr bloßes S ein, auch ohne j edes Wirken. Da nun der naive Realismus dies e vVahm ehmungso bjekte für D inge an sich und den subj ektiv i d ealen Raum für den obj ektiv realen nimmt, s o müssen ihm auch die D inge an sich den obj ektiv real en Raum in stetiger vVeise durch ihr blo ß es D asein, auch ohne j edes \Virken er­ füllen. Wird nun dieses allem \Virken vorhergehende Dasein für ihr s u b s tantielles Sei n gehalten und nach Ab­ streifung aller sonstigen Vers chiedenh eiten in den sub­ stantiellen S toff v er l egt, s o ist klar, daß auch dieser als objektiv real e S ubstanz den obj ektiv r ealen Raum in ste­ tiger vVeise erfüll en muß . Aber es ist ebenso klar, daß diese Ansicht über die stoffliche oder ausgedehnte S ub ­ s t an z ganz u n d g a r i n den naiv realistischen Voraus­ setzungen wurzelt. \V enn diese verlassen worden sin d , so h at d i e Fortdauer e iner solchen Ansicht über den Stoff k eine B erechtigung mehr. vVenn (506) sie sich tro t z d em erhält, so ist das nur ein Zeichen für die Macht der G ewohnheit und dafür, daß die Abhängigkeit dieser Ansicht von den naiv realistischen Voraussetzungen dem B ewußts ein noch nicht klargeworden ist. Ähnlich ist es mit der S u bstantialität des I c h , der zwar das Merkmal der stet i g en Raumerfüllung fehlt, dafür aber das der Einheit und bewuß tgeistigen I ndividualität zu­ kommt. D i e auf sich selbst reflektierende Bewuß tseins­ form erfaß t sich als das E inende der viel en Affektionen oder als I ch ; den so ergriffenen B e w uß tse insinhalt setzt sie zugl eich als ein-en unabhängig vom Gewußtwerden seienden. Sie identifizi ert das Ers cheinungsich mit einem D ing an sich, das hier, weil es Ich ist, g e w öh nl ich nicht mehr D ing an sich, sonelern nur noch I ch an sich genannt wird, ob wohl D ing an sich und I ch an sich sich zueinander v erhal t en wie Genus und S pezies . Daß das I ch an sich, oder das Ding an sich des Erscheinungsich, wirkli ches I ch , o d er aktuelles Selb stbewu ß ts ein, oder bewußtgeistige Individualität und ni chts an>�l eres sei, daß das I c h als solches reelles Subjekt aller psychischen Tätigkeiten des Individuums sei, wird al s selbstverständlich eben nur darum vorausgesetzt, weil die naiv realistische Voraus-

1R4

B . III.

3 · Die Substantiali tät

setzung al s selbstverständli ch gilt. N ur di1e U nklarheit über diese Abhängigkeit und das B eharrungsvermögen der G ewohnheit verschulden es, daß der Glaube an das S elbstb ewußtseinsi ch als sub stantielles Subjekt der psy­ chischen Tätigkeiten den B ruch mit den naiv realistis chen Voraussetzungen so häufig überdau1ert. D er ganze Wider­ stand, d en die Philosophie des U nbewußten gefunden hat, beruht nur auf dieser zwiefachen Unklarheit und di esem zwiefachen ü b erlebsei des naiven Realismu s . Es ist j a begreiflich genug bei d e r Schwerfälligkeit und S chwäche des menschlichen D enkens , daß es bei den · ersten schüchternen Versuchen, vom naiven zum transzen­ dentalen R ealismus überzugehen, sich zun'ä chst an die D enkergebnisse anklammert, die es sich auf dem B o den des ersteren mühsam errungen und in seine D enkgewohn­ heiten aufgenommen hat, daß es diese Ergebnisse zu­ nächst v ersuchsweise auf den Boden des transzendentalen R ealismus überträgt, ohne zu b eachten, daß diese Er­ gebnisse nur auf dem Boden einen Sinn haben, auf dem sie gewachs en sind, von ihm losgrerissen. ab er ihren Sinn verli eren. Ein objektiv realer Stoff kann nicht durch sein blo ß es D asein einen obj ektiv realen, sonst le eren Raum anfüllen, wie wir o ben gesehen hab en (S . 143-146), (50 7) und d as reale S ub j ek t der psychischen Tätigkeiten kann nicht ein I ch, ein schon an und für sich selbstb ewuß tes s ein, weil das B ewuß twerelen s elbst erst eine der psychi­ schen Tätigk eiten ist, also ein Posterius des S ubj ekts sein muß , ein zu ihm erst nachträglich H inzukommendes, das d em Sub j ek t auch fehlen kann, also zum S ubj ekt als sol chem nicht gehört. D er transzendental e Realismus erkennt zunächst nur so viel an, daß Wahrnehmungsobjekt und D ing an sich, Erscheinungsich und I ch an sich nicht ein und dassel be, sondern n u m e r i s c h verschieden sind, d. h. daß sie je zwei sind und sich verhal t en wie transzendentes S ein und immanentes B ild. Aber in d em B emühen, von den bisherigen Denkresultaten onicht mehr als nötig fallen­ zulass en, hält er zunächst an der Ein erleiheit beider noch fest, nachdem er die D ieselbigkeit aufgegeben hat. Gegen di esen Standpunkt richtet sich mit R echt der spöttische

! J . in der

obj ektiv

real e n Sphäre.

185

Vorwurf der bloßen Verdoppelung der Erschei nungswelt. den der transzend ental e I dealismus mit Unrecht gegen j eden , au ch den kritisch geläuterten tran szendentalen Rea­ lismus erheben zu können glaub t . Aber s elb st diese blo ß e Verdoppelung ist doch schon ein großer erkenntnis­ theoretischer F ortschritt sowohl gegen den naiven Realis­ mus, der n:ur eine für all e B ewu ß tseine gemeinsame Welt kennt, al s auch gegen den transzendentalen I dealismus, der nur s o viele Ers cheinungswel ten in den Bewußtseinen kennt, wi e es B ewußts eine gibt. D enn dieser Verdoppe­ l ungsstandpunkt hat do ch nun einerseits die eine ob­ j ektiv reale ·welt, durch die alle B ewuß tseinsindividuen affiziert werden und miteinander verkehren können, und andererseits die viel en subj ektiven Erscheinungswelten, von denen je e ine j edes Bewuß tsein für sich allein hat . D i e Verdoppelung ist also eine so lche nur für das ein­ zelne B ewuß tsein, wenn es von allen an deren B e wußt­ seinen abstrahiert. Für alle n B ewußtseine ist es nicht eine Verdoppel ung der n Ers cheinungswelten zu 2n 'Nel­ ten, sondern ein e Vermehrung der n isolierten Welten um eine gemeinsame Verkehrswelt, d. h. Erhöhung der n auf n + 1 . Verdo p p elung zeigt d ieser Standpunkt in bezug auf die B eschaffenheit der subj ektiven Ers cheinungswelt des Philosophen ; d. h . er nimmt an, daß das Din g an sich des stofflichen Wahrnehmungsobj ektes wieder ein stoff­ liches D ing, dasjenige des I ch wieder ein I c h sei. In­ sofern ist also dieser Verdoppelungs standp unkt allerdings naiv und unkriti sch, als er die unkritischen D enkresultate (508) des naiven R ealismus festhält. Aber dieser Fehler läßt sich verbessern ; man b raucht nur einzusehen, daß das Ding an s i c h des subj ektiv idealen S toffes nicht stofflich (durch s ein bloßes Sein raumerfüllend) , das D in g a n s i c h des subj ektiv idealen I c h nicht ichlieh (selbst­ bewu ß t) sein kann. D iese doppel t e Einsicht geht aller­ dings nur s ehr allmählich und s c h ri ttweise auf. Wo die Einsi cht für den Stoff bereits errungen ist, für das I ch aber noch nicht, da treten die Vers u che auf, das I ch als Ding an sich der stofflichen Erscheinungswelt hinzustellen, sei es monadologisch pluralistisch als ein

186

B . IIT.

3 · Di e Substanti alität

Reich subs tan t i ell ges chieden er selbstbewußter I che, sei es monistisch als ein absolutes Ich mit vielen funktionell en Einschränk ungen zu den vielen empirischen I chen. vVo d agegen d i e fragli che Einsicht für das I ch b ereits er­ rungen ist, für den Stoff ab er noch fehlt, da müssen um­ gekehrt die Versuche herv o rtreten, den S toff und seine Veränderungen al s D ing an s i c h der I che zu proklamieren . Erst wo die Einsicht in b eiderl ei H insi cht zum D urch­ b ruch g el angt ist, k ann die H o ffnung auf eine Ü b e rwin­ dung des D u al i smus erwachen und die P erspektive auf eine w ahrhafte I dentitätsphilosophie sich erö ffnen . Denn der reine S piri tualismus b i etet ebenso wie der reine IV! a­ t erial i smus eine Lö sung, di·e keine ist, und ist deshalb nur eine scheinbare Ü b e rwindung des D ualismus. Die vielen I che können nämlich als fensterlose Mo­ naden einander gar nicht beeinfl u s s en , also auch gar n i chts zur E rklärung d er stofflichen Erscheinungswelt i n e i n e m bestimmt·en I ch b eitragen ; erhalten s i e aber z u ihrem innerlichen S elbstb ewußtsein noch äuß ere Kräfte hinzu, um aufeinander zu wirk en, so �önnen sie zwar durch diese dynamischen Funktionen, aber eben nicht durch ihre I chlichkeit zur E rklärung der Erscheinungswelt in einem bestimmt en B ewuß tsein beitragen . Das absolute I ch hat gar keinen Grund, weder sich zu v ielen empiri­ s c h en I chen zu beschränk en , noch sich und diesen eine stoffliche Ersch einungswelt vorzu spi egeln ; denn all es, was es dabei erreichen könnte, das B ewu ßtsein und S elbst­ b ewu ßtsein , h at es j a schon in sich sel b st. A us der I ch­ l i chkeit führt so wenig ein vVeg zur E rscheinung des S toffes, wie aus der S t offlichk ei t ein vVe g zur Erschei­ nung des I chs führt. Die b esonneneren N aturforscher sind nachgerade dahin gelangt, das letztere offen einzuräumen ; ab er den transzendentali dealistis chen Philosophen fehlt leider no ch die Besonnenheit, u m au ch das erstere offen einzuräumen . Erst wenn auch dies (509) geschieht, k ann die Zeit anbre chen, wo der transz endentale Realismus und mit ihm d i e I d entitätsphilosophie zur allgemein herrschen­ d en Weltanschauung wird. E s gilt also folgende zwei Sätze anzuerkenn en. Erstens : das D ing an sich des Stoffes ist durchaus nicht

b. in der objektiv realen S p h äre.

187

s to ffli c h z u d enk e n , und s o fe rn e s I chlichkeit hat, kann diese do ch zur Erklärung der E rscheinung- des S toffes in einem anderen B ewuß tsein nicht das geringste bei­ tragen. Zweitens : das D ing an sich des Ich ist du rchaus nicht ichlieh z u denken, und sofern es anderen B ewußt­ seinen al s s t o fflich erscheint, kann dies zur Erklärung der Erscheinung des I c h in i hm nicht das geringste bei­ tragen. Das Ding an sich kann anderen D ingen an �ich stofflich, sich s elbst i chlieh ers cheinen ; al s D i n g- an sich aber ist es weder s t o fflich noch ichlich. D amit s in d dan n auch einerseits all e Versuche der N aturwissenschaft gerichtet, das D ing an sich des S t offe s als ein zwar nicht kontinui erlich den Raum erfüllendes, son elern diskret atomisti s c h e s , aber doch wieder die Atome al s S to ffteil chen anzuseh en , anderers eits alle Versuche der Philosophie, das D ing an sich des I ch s als ein transzen­ den t al e s I ch oder tran s z endentes Selbstbewußtsein in­ dividueller Art hinter dem phänomenalen empirischen an­ zusehen. Ein s toffli ches, d. h. innerhalb der Grenzen seiner Grö ß e und G e s t al t den Raum durch s ein blo ß es Dasein kontinuierli ch erfüll e n d es Atom ist selbst nur ein zum D ing an sich trans z endentalisiertes vVahrnehmungsobj ekt i n mikroskopis c h er Verkleinerung gedacht und steht in­ so fern hinsichtlich s einer B eschaffenheit noch ganz auf dem B oden des n aiven R e alismus. Ein t ranszendentales B ewußtseinsich hinter dem meinigen ist entweder bloß eine unnütze Verdoppelung meines phänomenalen I ch s, oder, w enn es etwas anderes sein s oll, ist es ein anderes I ch als das meine, das mir s o fremd ist und mich so w enig angeht, als das I ch einer anderen Monade. Beides sind d i e hyp o s t asi erten Proj ekti onen subjektiv i d ealer Er­ scheinungen i n die t ranszendente S phäre hinaus ; aber subj ektive Ersch einungen h ab en ihren Platz nur in der bcwuß tseins immanenten , subjektiv , ideal en S phäre und nicht in der transzendenten . D as objektiv real e Korrelat des subj ektiv idealen Stoffes ist die M ateri·e, das des I chs die Individual seele . \Vährend der S toff d e n subj ektiv i d e al e n R a u m durch sein bloß es S ein ohne j e des vVi rken erfüllt, erfüllt die Materie den obj ektiv realen Raum gar ni cht durch ihr

188

B . III.

3 · Die Substan tialität

S ein, sond ern nur durch ihr (51 0) Wirken, das ihn ers t s et z t (vgl . o b en S . 146- 1 5 3 ) . Während d e r St o f f ein völlig passives c a p u t mortuum der Abstraktion ist, erwei!'t sich die Materie als durch und durch aktiv. D er S toff ist als solcher schlechthin kraftlos, und etwaige Kräfte müssen erst als Akzidentien zu ihm hinzukommen ; die Materie ist s chlechthin stofflos, aber durch und durch Kraft : s i e ist nichts al s e i n e Konstellation von K räft,en o d e r ein D ynamidensystem. D er S toff ist einfach al s nicht zu­ sammengesetzt,er, obwohl teilb ar ; die Materie ist nicht einfach, son dern aus Zentralkräften zusammengesetzt. D e r Stoff i s t , w enigstens als Urstoff, in allen kleinsten T eilen , i n die er geteilt werden kann, gleichartig ; d i e Materie ist in ihren Teil en unglei chartig, insofern j eder S chnitt zu d en sie konstituierenden Atomkräften eine verschie­ dene Lage und ,ei n verschiedenes Verhältnis der Grenz­ atome zur S chnit tfläche zeigt. Der S toff ist in sich ho­ mogen und stetig ; die Materie ist i n s i ch ni cht homogen und in ihrer Zusammens etzung unstetig, weil man b eim Üb ergang von einem A tom zum andem in ihr di e grö ß t en Unterschiede der Kraftwirkung durchläuft. Trotzdem kann die M aterie ehe homogene und stetige Ers cheinung des S toffes im wahnlehmenden B ewußtsein hervorrufen, weil diese Unstetigkeit ihrer Zusammensetzung mole.ku larc Ent­ fernungen b etrifft, die sich der gesonderten \Vahmeh­ mung entziehen, in größ eren Abständen aber, wo sie wahrnehmbar werden , sich gJ.eichmäßig wiederholen. D as I ch ist b ewuß t , die I ndividual s eele als solche unb ewu ß t ; das I ch ist inhaltli ches B ewuß tsein der ein­ h eitlichen B ewußtseinsform, die S eele ist auch der eigenen Unb ewußtheit unb ewußt. D as I ch ist das R esultat der Abstraktion aus B ewußts einsvorgängen, die ihrers eits wie­ d er das Resultat unbewußter seelis cher F unktionen sind ; die S eele ist die Einheit der unbewußten psychischen F unktionen, aus denen neben anderen Ergebnissen auch das I ch entspringt. D as Ich ist der B rennpunkt des Spiegel s , in welchem di e S trahlen der psychischen Funk­ tionen sich v ereinigen ; die S eele ist die einheitliche To­ t alität der S trahlen, die auf den S piegel treffen . Das I ch erscheint als einfache Einheit , weil es punktuell zusam-

b. in der obj ektiv realen Sphäre.

189

mengezogen ist ; die S eele dagegen ist eine i n sich mannig­ faltige Einheit, weil sie eine Vielheit von F unktionen umspannt. Die S eele der I ndividuen höherer O rdnung h a t zwar ein I ch , aber sie i s t nicht ein I ch , sondern das u nbewußte Prius des I ch ; sie kommt (51 1) im I ch nicht zu sich selb er, sondern nur zu einer s ubj ektiv idealen Erscheinung ihrer selbst. Die unbewußt psychische I ndividualfunktion höherer Ordnung ist dasj enige, was zu der Summe der unbewußt psychischen I n dividualfunktionen niederer O rdnung hin­ zukommt ; wo die S eele dem Leib gegenübergestellt wird, hat man gewöhnlich diese engere B edeutung der psychi­ schen Individualfunktion höherer O rdnung i m S inne (vgl. o b en S. 3 9 6-400) . Diese hinzukommende · unbewußt psy­ chische I ndividualfunktion ist es vor allem, die als tran­ szendentes Korrelat des I ch gedacht wird. Daß die Ge­ samtheit der unb ewuß t psychischen Funktionen, die den Inhal t des höchsten Zentralbew ußtseins bestimmen, noch mehr als diese psychische Individualfunktion höherer O r dnung umfaß t, näml i ch auch diej enigen der ni ederen Ordnungen, davon weiß das B ewuß tsein in der Regel gar nichts und b eschränkt deshalb unwillkürlich die S eele oder das transzendente Korrelat des I ch auf j ene erstere. Die Einheit der unbewuß ten I ndividualseele in diesem engeren S inne ist überall da anzunehmen, wo eine einheit­ liche individuelle Finalität im Bilden und H andeln sich g el t end macht , ganz unabhängig davon, ob ein Zentral­ b ewußtsein in dem betreffenden I ndividuum zur Ent­ wickelung gelangt o der nicht ( z . B . Tier un d Pflanze) , und ob der stets b e s chränkte Umfang dieses Zentral­ bewußtseins etwas weiter o der enger ist (z. B. S äugetier und I n s ekt) . Das I ch ist immer nur der subj ektiv ideale Einheitspunkt derj eni gen u nbewußt psychischen Funk­ tionen, die einen über der S chwelle liegenden B ewußt­ seinsillhal t im Zentralbewuß tsein formieren, während alle übrigen unbewußt psychischen Funktionen, glei chviel wel­ cher Ordnung, die gar nicht im Zentralbewußtsein re­ flektiert werden, oder daselbst zu s chwache, unter der S ch w elle bleibende Reflexe haben, vom I c h nicht ab· gespiegel t werd en. D as I ch ist also allemal eine un

190

B . III.

3 · Die Substantialität

vollständige und fragmentaris che subj ektiv i deale Er­ scheinung der S ede, ebenso wie d er S toff eine unvoll­ s tändige und fragmentarische s ubjektiv ideal e Erschei­ nung der M at erie ist. In beiden wird nur ein kl einer Teil des Dinges an sich wid ergespiegelt, während der größ ere Teil unbewu ß t bleibt. I n beiden wird nur die individuelle Einheit h öherer O rdnung reflektiert, ab er ihre Zusammens etzung aus einer Vielh eit von I ndividuen ni ederer O rdnung un t erdrückt . (51 2) W enn dem nicht s o wäre, wenn d e r S toff und das I ch ein vollständiges und lück enloses Bild der Ma­ t erie und der S eel e böten , · dann müß te die Materie mit den \Nidersprüchen d es S toffes, die S eele mit den \Vider­ sprüchen des I ch behaftet s e in ; dann führte wede r die M aterie no ch die S eele wahrhaft aus der s ubjektiv idea­ l en S phäre hinau s . Böte die Materie nicht mehr und anderes als der Sto ff, s o könnt e sie z u der E rklärung s einer Entstehung nichts beitragen ; sie w äre dann eben­ so pas siv wi e er und kö ri. nte nicht einmal auf die S inne wirken, also gar nich t " obj ektiv real" h eißen. Wäre die S e el e nichts weiter. als das B ewuß tsein und die S umme seines Inhalts, so wäre auch sie mit den psy­ chischen Erscheinungen der s ubj ektiv idealen Sphäre er­ s chöpft und könnte gar nicht zur obj ektiv ,realen S phäre gerechnet . werden. Dies kann sie gerade nur insoweit, als s i e unbewuß t e psychische Funk tion ist und als solche eine Kraft entfaltet ; d enn der Bewußtseinsinhalt ist eben­ so p assiv wie die B e wußts einsform und k a nn niemal s real im S inne der Aktivität o der Wirksamkeit heiß-en. Real ist die unbewuß t psychische Funktion nur als Prius der bewu ß t en, insofern sie auf die Lage und S chwingun­ gen der Moleküle des Zentralorgans einen dynamis chen Einfluß übt, der den I nhalt des dabei zutage tretenden B ewuß tseinsaktes modifiziert. Real ist sie ferner als thelistische Funktion, die mit anderen dynamisch-thcli­ stischen F unktionen kollidiert, !'eprimiert wird oder s i e überwindet ; ab er subj ektiv ideal o h n e obj ektive Realität ist die Empfindung, die dies e I ntensitätsverhältnisse be­ wuß t werden läßt. Real ist die unbewu ß t e psychische Funktion endlich als die S umme derj enigen dynamisch-

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thelistischen F unktionen, die nicht nur unbewuß t wirken, sondern auch unbewuß t bleiben, z . B. im organischen B i lden. I n allen diesen B eziehungen gehört d i e S eele der obj ektiv realen S phäre an ; ab er sie steht in allen d i esen B eziehungen nur als noch unbewu ß t e und nicht al s bewu ß t e . ·was man b ewußt e S e elentätigkeit nennt, ist gar keine Tätigkeit mehr, sondern der passive Wider­ schein, den die aktive reale unbewußte S eelentätigkeit in die subjektiv ideal e Sphäre hineinfal l en läßt. (Gr. 11. 25.) vV enn das B ewuß t s e in davon erwacht, daß zum B e­ wußts einsinhalt des Zentralbewußts eins ni cht b l o ß einer­ s eits die hin zukommende unbewu ß t psychische Individual­ funk tion und and ererseits die materiellen B ewegungen als äußerer Reiz zusammenwirken, sonelern daß a u ch die psy­ chischen Funktionen der umspannten Indivi duen niederer (51 3) O rdnung teilweise mit in die b ewuß te S e elentätig­ keit höchster O r dnung e intreten und zu ihr einen B e itrag l i efern, dann gewinnt der S e elenbe griff eine weitere B e­ deutung. S chon das Traumich deckt sich oft genug nicht mit d em I ch des wachen Bewußtseins ; noch weniger i s t dies mit dem I ch des s o mnamb ulen B ewuß tseins der F all, das sich oft genug diesem geradezu als ein anderes I ch gegenüberstell t . Auch in manchen Fällen des I rrsinns sieht man in demselben I ndividuum eine alternierende M ehrheit von I chen. Solange nun I ch und S eele ohne wei teres als iden­ tisch o der auch nur als K o rrelate betrachtet werden, muß die M ehrheit der I che in demselben I ndividuum als eine M ehrheit von S eelen, die in ihm hausen, gedeutet werden. und da nur e i n e von diesen s e ine I ndividualseel e sein kann, so führt diese Auffassung n otwendig zur Annahme der B esessenheit, wie s i e im Volk sglauben, in der katho­ lischen Kirche und im Spi ritismus und O kkultismus herr­ schend ist. Sobal d dagegen die S eele als etwas weit über das I ch ü b ergreifendes gedacht wird, fällt diese N ötigung weg. Es können sich dann in v e rschi edenen Teilen des obersten Zentral organs oder in verschiedenen Zentral­ organen desselben O rganismus v erschiedene I ch e bilden, und j e nachdem der eine oder der andere Teil die H err-

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s chaft über die willkürli c h en M uskeln ausübt, kann das eine oder das andere I ch sich als subj ektiv i deales Korrelat der Seele darstellen. Aber auch solche I ndividuen ruederer O rdnung, die, wie einzelne zerstreute Ganglienzellen oder Abs chnitte des Rückenmarks, es keinenfalls bis zur Ausbildung eines abstrakten S elbstbewu ß t s eins b ri ngen , haben do ch al s dumpfe Vors tufe dess elben e i n dumpferes o der klareres individuelles S elbstgefühl. Alles dies sind I chreflexe der I ndividualseele auf vers chiedenen S tufen der I ndividuali­ tät ; denn alle unb ewußt psychischen Funktio nen, die diesen ichartigen Sonderreflexen zugrunde liegen, gehören mit zu jener einheitlichen Totalität von unbewuß t psy­ chischen F unktionen, die sich auf diesen Organismus be­ ziehen, und die wir d eshalb seine S eele nennen. N icht alle von ihnen üben e inen unmittelbaren Einfluß a u f den I nhal t des ob ersten Zentralb ewußtseins aus ; ab er mittel­ baren Einfluß in irgendwelchem Grade , wenn auch nur auf den I nhalt des dunklen Gemeingefühls und der Stim­ mung, h aben auch diej enigen unb ewußt psychischen F unktionen, die den mehr peripherisch belegeneu I ndi­ vi duen niederer O rdnung im Gesamtindividuum angehören . (514) Unter diesem Gesichtspunkt i s t nun d i e I ndivi­ dualseele ·ein I) rodukt aus den unb ewußt psychischen Funktionen der in dem Gesamtorganismus enthaltenen I n­ dividuen niederer Ordnung und aus der hinzukommenden Gruppe von unbcwuß t psychis chen F unktionen höherer Individualitätsstufe. Soweit von einem leiblichen, o rgani­ schen I n dividuum höherer O rdnung gesprochen werden kann , das I n dividualzwecke höherer O r dnung in einheit­ lichem Zusammenwirken seiner Teile realisiert, kann auch von einer unbewuß ten I ndividualseele höherer O rdnung gesprochen w erden, gleichviel, ob sie zu einem einheit­ lichen Zentralbewußtsein gelangt o der nicht. N ur da, wo man es mit einer individualitätslos en Gruppe von ma­ t eriellen I ndividuen niederer O rdnungen, z. B. einem un­ o rganisch en Körper zu tun hat, fehlt mit der Individuali­ tät höherer Ordnung au ch die I ndividualseele höherer Ordnung. \Vo ab er die bloße Zusammensetzung der I ndividuen ohne hinz u k o m m e n d e Finalität einer höheren

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I ndividualitätsstufe genügt, u m das I ndividuum höherer O rdnung sowohl nach seiner materiellen als auch nach seiner psychischen S eite zu konstituieren, nämlich bei den zusammenges etzten unorganis chen I ndividuen (Atomen und Molekülen der chemischen E lemente und Verbindungen) , da wird auch die I ndividualseele nur aus den unbewuß t psychischen F unktionen der I ndividuen niederer Ordnung ohne H inzutritt einer höheren I ndividualfunktion kon­ stituiert. (Gr. lll. 1 69.) B ei dieser Auffass ung ist also die Individualseele höherer O rdnung immer ein Produkt aus unbewuß t psy­ chischen F u nktionen, und zwar entweder bloß von sol­ chen niederer I ndividualitätsstufe allein (bei den un­ organischen zusammengesetzten I ndividuen) , oder von s o l­ chen niederer I ndividualitätsstufe unter H inzutritt einer Gruppe von Funktionen höherer I ndividualitätsst ufe, die k einer niederen Individualitätsstufe mehr angehören (bei organischen I ndividuen) . Aber niemals ist die Indivi dual­ s eele höherer O rdnung bloß noch eine Gruppe von un­ bewußt psychischen I ndividualfunktionen eb en dieser höheren O rdnung allein. Auf alle F älle ist die I ndividual­ seele ni chts Ursprüngliches mehr, sondern ein Produkt ' von F unktionen, ganz in dems e l b en S inne, wi e auch die Materie ein Produkt von Funktionen ist. Diese Ansicht wird zunächst paradox ers cheinen, w enigstens für diejenige11, die nicht dem Material ismus im stofflichen oder dynamischen S inne huldigen. Und do ch bleib t d en Tatsachen g>egenüber kaum etwas an­ deres übrig als die Annahme, daß die I n-(51 5) dividual­ seele ein Produkt oder S ummationsphänomen von un­ b ewuß t psychischen F unktionen sei. D enn wir sehen , daß d i e I ndividualseele teilbar u n d verschmelzbar ist, s u ­ wohl im natürlichen Lauf der D inge a l s auch i m künstlich h erbeigeführten Versuch ; wir sehen auch, daß sie nach Maßgabe des O rganismus , auf den sie si ch b ezieh t , wächst u n d abnimmt, kurz, daß sie e twas Q uantitatives ist . Bei j eder Vermehrung eines O rganismus d urch na­ türliche Teilung teilt sich auch die S eele, gleichviel ob es sich um einzellige o der mehrzellige O rganismen, um frei lebende o der in ein In dividuum höherer O rdnung E . v . li a r t. nl ·n. n n , K utego ri e n l o h r e .

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e i nge l agerte Zellen , u m die sich selbständig machenden Triebe und S chößlinge von P fl anzen oder um spontan z erfallende nied ere Tiere handelt. Jede Bildung einer Knospe, einer unges chlechtlichen oder geschlechtlichen Fortpfl anzungszelle zeigt die Teilung der I n dividualseele mit H il f e der Teilung d er Zellseelen ; b ei der Ausstoß ung d er Fortpflanzungszelle aus dem elterlichen O rganismus wird das E inheitsband b eider S eelen gelöst . D ie Ko­ pulation v on einzelligen O rganismen , ungeschlechtlichen S chwärmsporen und geschlechtlichen F ort pflanz ungszellen zeigt dagegen die natürliche Verschmelzung vorher ge­ trennter I ndividual s e el en zu einer ne uen Individualseele, in welcher die versch molzenen nicht einmal als Individuen niederer O rdnung erhalten bleib en. V!cr die unbewußte Indiv idualseele höherer O rdnung i n der P flanze zugibt, kann die Teilbarkeit der individuellen Pflanzenseele b e i der Spaltung eines Strauches oder d e r Entnahme von Abl egern ebensowenig bes treiten, wi e die Vers chmelzung mehrerer individueller Pflanzenseelen b ei dem P fropfen und Okulieren . Wem die P flanz enseele zweifelhaft er­ scheint, der wird doch die I ndividualseele bei niederen Tieren nicht anfech ten, wo sich dasselbe S chaus piel zeigt. D er in viele selbstän dig fortleb ende S tücke geteilte R egen­ wurm zeigt ,die S p altung der ein en Individualseele in eben­ soviel neu e, die nach erfolgter R egeneration auf gleicher S tufe mit der geteilten stehen. Wenn man zwei Süß­ wasserpolypen von gleicher Größe der Länge nach spal­ tet und die H älften umschichtig miteinander vernäht, so h at man nach erfolgt er Wundheiltmg zwei P olypen mit zwei Individualseelen vor sich ; j ede dieser S e elen besteht aber aus zwei v erschmolzenen H älften v erschiedener S eelen. W•enn man ein niederes Tier in eine Menge er­ gänzungsfähiger S egmente zerlegt h at, so kann jedem S egment nur ·ein Bruchteil der bisherigen I ndividual­ seele zukommen ; w enn sich das S egment aber wieder zu (51 6) einem ganzen Tiere ausgewachsen hat, muß dieses Bruchstück der S eele proportional mit dem Leibe wieder z u einer ganzen Seele a usgewachsen sein. In demselben Sinn e kann auch die S eele eines ohne B efruchtung zur Entwickelung gelangenden Insekteneies nur em Bruch-

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stück der mütterlichen S eele mitb ekomme n , das sich mit der Zeit zur vollen I ns ektenseele auswächs t . D iese quantitative B eschaffenheit der I ndividualsecle, ihre Fähigkeit, v e rmind ert und vermehrt, gespalten u n d \'erschmolzen zu werden, scheint n u r b egreiflich, wenn d i e S e ele e in Produkt von psychischen Tätigkeiten i s t , die sich i n u n d an dem Leibe o der in B eziehung a u f den L eib entfalten. Sie k ann nicht eine ursprüngliche einfache Einheit, sondern muß eine nachträgliche synthetische E inh eit sein, die sich b ilden un d auflö s e n kann, je nach­ dem die Tätigkeiten sich zusammenfinden, die sie h e r­ vorbringen. Will man die Analogi e der Seele mit der Materie in der objektiv realen S phäre durchführen, so bleib t kaum eine an dere Auffassung als diese übrig, vor­ ausgesetzt, daß der Rückfall in überwundene Stan dpunkte vermi eden werden soll . W enn nun Materie und S eele so verstanden und doch als S u b s tan zen b estimmt werde n , so ergib t s i c h daraus, daß die S u b st anz nicht etwa s U r­ sprüngliches, sondern e in Produkt der Tätigkeit oder Funktion ist. (GT. ll. 25.) Diese Auffassung der S ubstanz ist ni cht neu . 'Näh­ r end noch die S toiker di e /:-TCofn:aau;; mit dem /ncr�.-c!,u e ­ v o v , d . h . mit d em Stoff, gl eichsetzen, erklärt schon P I o t i n die v;roar-arw; ausdrücklich für das Produkt der Energie (Enneadcn V I , 6 , 1 6 u. 1 3 ) . Viel e N euere halten sie eb en­ f alls für ein Produkt der Tätigkeit o der Funl