Kapitalschutz im Konzern: Einheitliche Zurechnungskriterien bei Beteiligung verbundener Unternehmen im Recht der Kapitalaufbringung und -erhaltung [1 ed.] 9783428546046, 9783428146048

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Kapitalschutz im Konzern: Einheitliche Zurechnungskriterien bei Beteiligung verbundener Unternehmen im Recht der Kapitalaufbringung und -erhaltung [1 ed.]
 9783428546046, 9783428146048

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 90

Kapitalschutz im Konzern Einheitliche Zurechnungskriterien bei Beteiligung verbundener Unternehmen im Recht der Kapitalaufbringung und -erhaltung

Von

Christoph Bielak

Duncker & Humblot · Berlin

CHRISTOPH BIELAK

Kapitalschutz im Konzern

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 90

Kapitalschutz im Konzern Einheitliche Zurechnungskriterien bei Beteiligung verbundener Unternehmen im Recht der Kapitalaufbringung und -erhaltung

Von

Christoph Bielak

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat diese Arbeit im Jahre 2014 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-14604-8 (Print) ISBN 978-3-428-54604-6 (E-Book) ISBN 978-3-428-84604-7 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Wenn Sie diese Arbeit in den Händen halten, dann haben Sie wahrscheinlich Klärungsbedarf bezüglich der vielen unterschiedlichen Zurechnungskonstellationen bei Kapitalaufbringung oder -erhaltung. Sie können dieser Arbeit praktisch-verwertbare Informationen im Bezug auf die Rechtsprechung des BGH entnehmen. Lassen Sie sich auf dieses Buch ein, hoffe ich, dass Sie ein tieferes Verständnis des Rechtsinstituts Kapitalschutz gewinnen und möglicherweise überzeuge ich Sie ja sogar von meiner Zwei-KriterienLösung. Wenn Sie dieses Buch aus der Sicht des Forschers lesen, so hoffe ich damit zum kritischen Diskurs beizutragen – hege gleichwohl aber auch die Hoffnung, dass Sie meinen ungewohnten Aufbau zum Anlass nehmen, das Thema Kapitalschutz als Ganzes zu betrachten. Dazu ist dieses Buch nämlich gedacht. Egal aus welchem Grund Sie mein Buch in den Händen halten: Ich hoffe Ihnen eine Hilfe zu sein auf Ihrem eigenen Weg zur Erkenntnis. Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2014 / 2015 vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes GutenbergUniversität Mainz als Dissertation angenommen. Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur konnten bis Anfang 2015 berücksichtigt werden. Natürlich gebührt meinem Doktorvater Herrn Prof Dr. Dirk A. Verse M.Jur. großer Dank. Herr Prof. Dr. Verse hat mich weit über diese Arbeit hinaus inspiriert, zum Denken angespornt und gelehrt, wie wichtig sauberes Arbeiten ist. Ich hoffe, diese Arbeit lässt für den Leser dahin gehend einen positiven Eindruck zurück. Auch ist es leider nicht selbstverständlich, dass ein Doktorvater für seine Doktoranden immer ansprechbar ist, sich Zeit nimmt und für ein Gespräch stets zur Verfügung steht. All diese Qualitäten jedoch habe ich erfahren dürfen – auch dafür meinen herzlichen Dank. Meinem Zweitgutachter Herrn Prof. Dr. Jürgen Oechsler gebührt mein Dank für die schnelle Erstellung des Zweitgutachtens. Finanziell wie ideell hat die Konrad-Adenauer-Stiftung zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen. Ich schätze mich sehr glücklich, eine derartige Förderung erfahren zu haben. Fachlich haben mich auf dem Weg zu dieser Arbeit insbesondere Herr Dr. Steffen Gotter und Herr Arne Krämer begleitet. Ich bin ihnen für ihre

8 Vorwort

intensive Unterstützung unglaublich dankbar. Gerade der kritische Austausch mit Freunden hat meine wissenschaftlichen Erkenntnisse geschärft und mich immer wieder dazu angeregt, meine Positionen kritisch zu überdenken. Aber eine solche Arbeit steht nicht im luftleeren Raum. Wären nicht meine Familie und meine Freunde gewesen, gäbe es diese Arbeit nicht. Dass sich aber auch Nichtjuristen mit der Korrektur dieser Arbeit beschäftigt haben, bedarf des besonderen Danks. In diesem Sinne vielen Dank, Daniela Bielak, Jan Bielak, Philipp Tschöke und Nina-Marie Tiemeyer. Osnabrück, im März 2015

Christoph Bielak

Inhaltsübersicht Einleitung

31

I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 II. Ziele und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 III. Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1. Kapitalschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2. Nominalkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3. Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 4. Von unten nach oben und wieder zurück – der Zurechnungsbegriff und die Zurechnungskonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37



Erstes Kapitel

Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz – Vom Schutzobjekt zum Schutzumfang – 39

I. Untersuchungsgegenstand verbundene Unternehmen– Betrachtung über das gesetzliche Zwei-Personen-Verhältnis hinaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Kapitalgesellschaften als verbundene Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2. Personenhandelsgesellschaften als verbundene Unternehmen . . . . . . . . . . 43 3. Ausländische Gesellschaften als verbundene Unternehmen . . . . . . . . . . . 44 II. Untersuchungsgegenstand Nominalkapital– der Zweck des Nominal­ kapitals als Grundlage der Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 1. Gesucht wird ein Zweck des Nominalkapitals nicht dessen Mindest­ betrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2. Die klassischen Sichtweisen und deren Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3. Nominalkapital als Signal? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände– Entwicklung einheit­ licher Zurechnungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 1. Gemeinsame Voraussetzungen der Kapitalschutznormen . . . . . . . . . . . . . 72 2. Warum verbundene Unternehmen im Kapitalschutz Probleme bereiten . 84 3. Zwei Regeln als Ersatz für die fehlenden Voraussetzungen – ­Grenzziehung der Kapitalschutznormen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 IV. Zusammenfassung des ersten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

10 Inhaltsübersicht

Zweites Kapitel

Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen – Auslegung und Analogie – 143

I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 1. Zurechnung von Tochtergesellschaften (von unten nach oben) . . . . . . . . 144 2. Zurechnung von Muttergesellschaften (von oben nach unten) . . . . . . . . . 220 II. Zurechnung aufseiten der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 1. Zurechnung von Tochtergesellschaften (von unten nach oben) . . . . . . . . 241 2. „Zurechnung“ von Muttergesellschaften (von oben nach unten) . . . . . . . 264 III. Zusammenfassung des zweiten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265

Drittes Kapitel

„Kapitalschutz“ in der KG – Übertragbarkeit der Ergebnisse? – 266

I. Körperschaften vs. Personengesellschaften– fehlende Grundlage für gemeinsame Dogmatik? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 II. Einlage und Haftung des Kommanditisten– gleiche Probleme wie im Kapitalschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 1. „Kapitalaufbringung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 2. „Kapitalerhaltung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 III. Sonderfall Kapitalgesellschaft & Co. KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 1. Die GmbH & Co. KG und der BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 2. Ausdehnung des „Kapitalschutzes“ durch die Literatur . . . . . . . . . . . . . . 280 3. Die Anwendung der Zurechnungskriterien auf die GmbH & Co. KG . . 281 IV. Zusammenfassung des dritten Kapitels  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286

Zusammenfassung der Ergebnisse

287

I. Erstes Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 II. Zweites Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 1. Zurechnung von unten nach oben auf Gesellschafterseite für die ­Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 2. Zurechnung von unten nach oben auf Gesellschafterseite für die ­Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 3. Zurechnung von oben nach unten auf Gesellschafterseite für die ­Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 4. Zurechnung von oben nach unten auf Gesellschafterseite für die ­Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292

Inhaltsübersicht11 5. Zurechnung von unten nach oben auf Gesellschaftsseite für die ­Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 6. Zurechnung von unten nach oben auf Gesellschaftsseite für die ­Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 7. Die „Zurechnungskonstellation“ von oben nach unten auf Gesellschaftsseite  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 III. Drittes Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296

Inhaltsverzeichnis Einleitung 

31

I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 II. Ziele und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 III. Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1. Kapitalschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2. Nominalkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3. Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 4. Von unten nach oben und wieder zurück – der Zurechnungsbegriff und die Zurechnungskonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

Erstes Kapitel Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz – Vom Schutzobjekt zum Schutzumfang – 39

I. Untersuchungsgegenstand verbundene Unternehmen– Betrachtung über das gesetzliche Zwei-Personen-Verhältnis hinaus . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Kapitalgesellschaften als verbundene Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2. Personenhandelsgesellschaften als verbundene Unternehmen . . . . . . . . . . 43 3. Ausländische Gesellschaften als verbundene Unternehmen . . . . . . . . . . . 44 II. Untersuchungsgegenstand Nominalkapital– der Zweck des Nominalkapitals als Grundlage der Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 1. Gesucht wird ein Zweck des Nominalkapitals nicht dessen Mindest­ betrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2. Die klassischen Sichtweisen und deren Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 a) Die Zwecke von Mindestnominalkapital und Nominalkapital werden vermischt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 b) Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 c) Seriositätsschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 d) Betriebskapital und Verlustpuffer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 e) Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 aa) Gläubigerschutz als allseits anerkannter Zweck . . . . . . . . . . . . 52 bb) Kritik am Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 cc) Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 f) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 3. Nominalkapital als Signal? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

14 Inhaltsverzeichnis a) „Signaling“ als Lösung für das Problem der „adverse selection“ . . 59 b) Übertragung der „signaling-Theorie“ auf das Kapitalgesellschaftsrecht – Folgerungen für den Zweck des Nominalkapitals . . . . . . . . 62 aa) Ökonomische Betrachtung – Nominalkapital wirkt als Signal gegen asymmetrische Informationsverteilung . . . . . . . . . . . . . . 63 bb) Rechtliche Fundierung der ökonomischen Annahme . . . . . . . . . 64 cc) Zwischenergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände– Entwicklung ­einheitlicher Zurechnungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 1. Gemeinsame Voraussetzungen der Kapitalschutznormen . . . . . . . . . . . . . 72 a) Beeinträchtigung der Glaubwürdigkeit des Nominalkapitalbetrages . 73 aa) Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 (1) Nur Geldeinlagen sind für die Kapitalaufbringung unproblematisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 (2) Die Sacheinlagevorschriften bilden einen vorbeugenden Schutz für das Nominalkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 (3) Verdeckte Sacheinlage, Nachgründung und Hin- und Herzahlen schützen das System der Sacheinlagevorschriften . . 75 (a) Verdeckte Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 (b) Nachgründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 (c) Hin- und Herzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 bb) Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 b) Causa Societatis – Schutz nur vor dem Gesellschafter . . . . . . . . . . 81 aa) Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 bb) Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 (1) Causa Societatis bei der Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . 82 (2) Eine Veranlassung des Gesellschafters ist im Zwei-Personen-Verhältnis nicht erforderlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 2. Warum verbundene Unternehmen im Kapitalschutz Probleme bereiten . 84 a) Beteiligung verbundener Unternehmen aufseiten des Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 b) Beteiligung verbundener Unternehmen aufseiten der Gesellschaft . 88 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3. Zwei Regeln als Ersatz für die fehlenden Voraussetzungen – ­Grenzziehung der Kapitalschutznormen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 a) „Veranlassung“ als Kriterium der Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 aa) Wirkungsweise der Veranlassung – Vermögen ist normativ zu bestimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 bb) Inhalt des Veranlassungsmerkmals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (1) Bereicherungsrechtliche Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

Inhaltsverzeichnis

15

(2) Konzernrechtliche Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 (3) Kapitalschutzrechtliche Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 (a) Weite Auslegung des Veranlassungsmerkmals mit Blick auf das Nominalkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 (b) Keine Veranlassung bei bloßer Schädigung der ­Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (c) Private Motivation ist nicht Voraussetzung . . . . . . . . . 100 (d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 cc) Verhältnis der Kapitalschutzregeln zu den §§ 311 ff. AktG  . . . 102 (1) Literaturansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 dd) Keine Veranlassungsvermutung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (1) Veranlassungsvermutung im Kapitalerhaltungsrecht und bei den §§ 311 ff. AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (a) Keine Übertragbarkeit der Vermutung auf den gesamten Kapitalschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (b) Veranlassungsvermutung der §§ 311 ff. AktG passt nicht auf alle Zurechnungsfälle des Kapitalschutzes . . 106 (c) Der vermutete Lebenssachverhalt stimmt nicht immer . 106 (d) Veranlassungsvermutung ist nicht das richtige Instrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 ee) Zwischenergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 b) Das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht als Zurechnungskriterium bei fehlender Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 aa) Herkunft und Begründung eines gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts als Zurechnungskriterium . . . . . . . . . . . . . . 110 (1) Das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (a) Ehemaliges Eigenkapitalersatzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (b) Kapitalaufbringungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 (c) Kapitalerhaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 (d) Folgt daraus ein einheitliches Kriterium für den gesamten Kapitalschutz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 (2) Das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 bb) In welchen Fällen besteht ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 cc) In welchen Fällen wird zugerechnet – das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht in den einzelnen Zurechnungskonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (1) Zurechnung aufseiten des Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . 118 (a) Zurechnung von Tochtergesellschaften (von unten nach oben) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

16 Inhaltsverzeichnis (b) Zurechnung von Muttergesellschaften (von oben nach unten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (2) Zurechnung aufseiten der Gesellschaft  . . . . . . . . . . . . . . . . 121 dd) Folgen des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts . . 122 ee) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 ff) Mögliche Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (1) Faktische Weisungsabhängigkeit der Tochtergesellschaft . . 124 (2) Anfechtungsrecht der Minderheitsgesellschafter gegen Weisungen des Mehrheitsgesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . 126 (a) Das Beschlussanfechtungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (b) Die Weisung muss nicht zwangsläufig anfechtbar sein . 127 (c) Auch bei einer Anfechtungsmöglichkeit wird es häufig zur Durchführung der Weisung kommen . . . . . 128 (d) Daraus folgt: Es kommt nicht darauf an, ob der Minderheitsgesellschafter ein Anfechtungsrecht hat . . . 129 (e) Anfechtungsrechte in Personengesellschaften . . . . . . . . 129 (3) Warum nicht die gesetzliche Zurechnungsregel aus §§ 56 Abs. 2, 71 d Satz 2 AktG verwenden? . . . . . . . . . . . . 130 (a) Keine Übertragbarkeit auf die Gesellschafterseite . . . . 131 (b) Zurechnungsvoraussetzungen passen auch für Zurechnungen aufseiten der Gesellschaft nicht . . . . . . . . . . . . 132 (aa) Formelles Argument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (bb) Materielles Argument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 (α) Erwerb eigener Aktien ist qualitativ anders als der restliche Kapitalschutz . . . . . . . . . . . . 133 (β) Zurechnungsregeln der §§ 56 Abs. 2, 71  d Satz 2 AktG passen auf den restlichen Kapitalschutz nicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (γ) Hier vertretene Lösung passt besser auf den Kapitalschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 c) Keine Regel ohne Ausnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 aa) Personenidentität in den Leitungsorganen . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (1) Personelle Verflechtungen sind legitim . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (2) Identität der gesamten Leitungsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 (3) Personenverflechtungen in unterschiedlich besetzten ­Leitungsorganen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (a) Lösung für § 311 ff. AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (b) Lösung für § 31 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (c) Übertragung auf die Fälle im Kapitalschutzrecht – Die Doppelte 50 % + 1 Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 bb) Hundert-Prozent-Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 IV. Zusammenfassung des ersten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Inhaltsverzeichnis17

Zweites Kapitel Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen – Auslegung und Analogie – 143

I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 1. Zurechnung von Tochtergesellschaften (von unten nach oben) . . . . . . . . 144 a) Kapitalaufbringung am Beispiel der verdeckten Sacheinlage  . . . . . 145 aa) Problemdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (1) Voraussetzungen der verdeckten Sacheinlage . . . . . . . . . . . 146 (2) Probleme der Voraussetzungen in Drei-Personen-Verhältnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 bb) Lösungskonzepte der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 (1) Zurechnung anhand des Merkmals „in gleicher Weise begünstigt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 (a) Die Zurechnung aufgrund von Abhängigkeiten . . . . . . 149 (b) Gesetzesumgehung als wesentliches Zurechnungs­ kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 (c) Kritik an dieser Sichtweise der Literatur . . . . . . . . . . . 151 (2) Die differenziertere Lösung Müller-Eisings . . . . . . . . . . . . . 152 (a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 (b) Kritik  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 cc) Zurechnungslösungen der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 (1) Die Rechtsprechung zum Kapitalaufbringungsrecht . . . . . . 155 (a) BGHZ 110, 47 – IBH / Lemmerz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (b) BGHZ 125, 141 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 (c) BGHZ 153, 107 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 (d) BGHZ 155, 329 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 (e) BGHZ 166, 8 – Cash-Pool I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 (f) BGHZ 170, 47 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 (g) BGHZ 171, 113 – Flender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 (h) Zusammenfassung der Rechtsprechung im Kapital­ aufbringungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (2) Die Lösung bei der verdeckten Sacheinlage im Lichte der Rechtsprechung zum ehemaligen Eigenkapitalersatzrecht . . 165 (a) Die Entwicklung der Eigenkapitalersatz-Rechtsprechung – die Entwicklung des Kriteriums der maß­ geblichen Beteiligung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (aa) BGHZ 81, 311 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 (bb) BGHZ 81, 365 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 (cc) BGH v. 22.10.1990 – II ZR 238 / 89 . . . . . . . . . . 167 (dd) BGH v. 21.06.1999 – II ZR 70 / 98  . . . . . . . . . . . 168 (ee) BGH v. 27.11.2000 – II ZR 179 / 99 . . . . . . . . . . 169 (ff) BGHZ 165, 106 = ZIP  2006, 279 . . . . . . . . . . . . 169

18 Inhaltsverzeichnis (b) Maßgebliche Beteiligung – das gesellschaftsrechtlich fundierte ­Weisungsrecht als Kriterium des BGH im Eigenkapitalersatzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (aa) BGH v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07 . . . . . . . . . . 171 (bb) BGH v. 28.02.2012 – II ZR 115 / 11 . . . . . . . . . . 173 (c) Zusammenfassung der Rechtsprechung zum Eigenkapitalersatzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (d) Exkurs: Insolvenzanfechtung – ändert der IX. Senat die Zurechnungskriterien? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (3) Verhältnis der hier vertretenen Ansicht zur Rechtsprechung  . 177 dd) Veranlassung und gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht als Auslegung des Tatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 (1) Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 (2) Gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht . . . . . . . . . 180 (3) Die Frage nach dem ‚Warum?‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 ee) Offene Sacheinlage – Wie kontrahiert man im Drei-PersonenVerhältnis kapitalschutzneutral  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (1) Die offene Sacheinlage „über Eck“ ist nicht nötig . . . . . . . 182 (2) Durchführung der offenen Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . . 184 ff) Zusammenfassung der Tatbestandsseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 gg) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (1) Die das Verbotsgesetz begleitenden negativen Rechts­ folgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (2) Die Anrechnungslösung als positive Rechtsfolge . . . . . . . . 188 (3) Zusammenfassung der Rechtsfolgenseite . . . . . . . . . . . . . . . 189 hh) Drittzurechnungen bei der Nachgründung, § 52 AktG . . . . . . . 190 (1) Tatbestandliche Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 (a) Allgemeiner Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 (b) Die Zurechnung von dritten Gesellschaften . . . . . . . . . 191 (aa) Lösungen in Literatur und Rechtsprechung . . . . . 192 (bb) Der Vergleich mit der verdeckten Sacheinlage als Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (cc) Unterschiedliche Behandlung aufgrund der Stellung der Gründer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 (dd) Einheitliche Zurechnungslösung als richtige Antwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 (2) Rechtsfolgen und korrekte Durchführung . . . . . . . . . . . . . . 197 ii) Übertragung der Ergebnisse auf das Hin- und Herzahlen, § 19 Abs. 5 GmbHG und § 27 Abs. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . 197 (1) Tatbestandliche Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 (2) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (3) Verhältnis § 71a AktG zum Hin- und Herzahlen . . . . . . . . . 200 jj) Zusammenfassung der Ergebnisse für die Kapitalaufbringung . 200

Inhaltsverzeichnis19 b) Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 aa) Die Zurechnung zum Vermögen des Gesellschafters – ­Auslegung der Kapitalerhaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . 203 (1) Veranlassung als normatives Auslegungskriterium . . . . . . . 204 (2) Die Veranlassungsvermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 (3) Zurechnung zum Gesellschaftervermögen aufgrund eines Näheverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 (a) Zurechnung aufgrund von Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . 206 (b) Quotale Zurechnung des Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 (c) Keine Zurechnung des Tochterunternehmens zum Vermögen des Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 (d) Die Sicht des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 (aa) Gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht – Die Entscheidung „Dritter Börsengang“  . . . . . . . 209 (bb) „Dritter Börsengang“ stellt das Ende einer Entwicklung der Rechtsprechung dar . . . . . . . . . . 211 bb) Die Zurechnung der Gesellschafterstellung – Analoge Anwendung der Kapitalerhaltungsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 (1) Zurechnung zum Vermögen des Gesellschafters reicht nicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 (2) Die Rechtsfolgen der h. M. führen zu ungerechten Ergebnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 (3) Analoge Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften auf die dritte Gesellschaft als Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (a) Cahns Lösung: Originäre causa societatis im Verhältnis T1-T2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 (b) Gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht lässt die Gesellschafterstellung in T2 „fortwirken“ . . . . . . . 217 cc) Rechtsfolge oder: Wer ist Schuldner des Rückforderungsanspruchs? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 dd) Ergebnis für die Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 2. Zurechnung von Muttergesellschaften (von oben nach unten) . . . . . . . . . 220 a) Kapitalaufbringung am Beispiel der verdeckten Sacheinlage  . . . . . 220 aa) Tatbestandliche Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (1) Problemdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (2) Veranlassung als Auslegung des Tatbestandes . . . . . . . . . . . 222 (3) Behandlung der M als Gesellschafterin der E – Analogie . 223 (a) Vergleich zur Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 (b) Der Weg der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 (c) Müller-Eisings Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 (d) Eigener Ansatz – das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 bb) Offene Sacheinlage – die analoge Anwendung auf M . . . . . . . 226 cc) Rechtsfolgen – die ungewöhnliche Haftung auch der M . . . . . 227

20 Inhaltsverzeichnis dd) Drittzurechnungen bei der Nachgründung, § 52 AktG . . . . . . . 228 (1) Tatbestandliche Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 (a) Problemdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 (b) Lösungen der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 (c) Eigene Lösung – die zwei Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . 231 (2) Rechtsfolgen und die korrekte Durchführung . . . . . . . . . . . 232 ee) Übertragung der Ergebnisse auf das Hin- und Herzahlen, § 19 Abs. 5 GmbHG und § 27 Abs. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . 232 ff) Zusammenfassung der Ergebnisse für die Kapitalaufbringung . 233 b) Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 aa) Tatbestandliche Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 (1) Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 (2) Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 (a) Analogie in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . 237 (b) Analoge Anwendung durch eigenen Ansatz . . . . . . . . . 237 bb) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 II. Zurechnung aufseiten der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 1. Zurechnung von Tochtergesellschaften (von unten nach oben) . . . . . . . . 241 a) Kapitalaufbringung am Beispiel der verdeckten Sacheinlage  . . . . . 242 aa) Tatbestandliche Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 (1) Problemdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 (2) Rechtsprechung, Literatur und der Geldkreislauf . . . . . . . . 243 (3) Veranlassung als Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 (4) Gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht . . . . . . . . . 247 bb) Rechtsfolgen und die korrekte Durchführung . . . . . . . . . . . . . . 249 cc) Übertragung der Ergebnisse auf die Nachgründung, § 52 AktG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 (1) Tatbestandliche Zurechnung – analoge Ausdehnung . . . . . . 250 (a) Literatur will Ausdehnung begrenzen . . . . . . . . . . . . . . 250 (b) Die hier vertretenen zwei Regeln als Lösung . . . . . . . 252 (2) Das schwere Erbe der analogen Anwendung: T überwacht das Geschäft der E . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 dd) Übertragung der Ergebnisse auf das Hin- und Herzahlen, § 19 Abs. 5 GmbHG und § 27 Abs. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . 255 ee) Zusammenfassung der Ergebnisse für die Kapitalaufbringung . 255 b) Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 aa) Tatbestandliche Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 (1) Keine weiteren Voraussetzungen: Anteilige Durchrechnung  257 (2) Ein Blick auf die §§ 56 Abs. 2, 71 d Satz 2 AktG: §§ 16, 17 AktG als Zurechnungsvoraussetzungen . . . . . . . . 258 (3) Vergleich mit der GmbH & Co. KG: Die Lösung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259

Inhaltsverzeichnis21 (4) Eigene Zwei-Regel-Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 (a) Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 (b) Gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht . . . . . . 261 bb) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 (1) Gläubiger des Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 (2) Inhalt des Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 cc) Ergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 2. „Zurechnung“ von Muttergesellschaften (von oben nach unten) . . . . . . . 264 III. Zusammenfassung des zweiten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265

Drittes Kapitel „Kapitalschutz“ in der KG – Übertragbarkeit der Ergebnisse? – 266

I. Körperschaften vs. Personengesellschaften– fehlende Grundlage für gemeinsame Dogmatik? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 II. Einlage und Haftung des Kommanditisten– gleiche Probleme wie im Kapitalschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 1. „Kapitalaufbringung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 a) Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Kapitalaufbringung von KG und Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 b) Zurechnungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 2. „Kapitalerhaltung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 a) Lösungen der Literatur und Rechtsprechung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 aa) Der BGH und das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 bb) Die Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 cc) Kritik an der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 b) Eigene Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 c) Rechtsfolgen der Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 III. Sonderfall Kapitalgesellschaft & Co. KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 1. Die GmbH & Co. KG und der BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 2. Ausdehnung des „Kapitalschutzes“ durch die Literatur . . . . . . . . . . . . . . 280 3. Die Anwendung der Zurechnungskriterien auf die GmbH & Co. KG . . 281 a) Allgemeine Zurechnungsregel der „Kapitalerhaltung“ . . . . . . . . . . . 283 b) Sonderfall: Kapitalerhaltung in der AG & Co. KG . . . . . . . . . . . . . 284 c) Übertragbarkeit auch für die „Kapitalaufbringung“? . . . . . . . . . . . . 285 IV. Zusammenfassung des dritten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286

22 Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung der Ergebnisse  287

I. Erstes Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 II. Zweites Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 1. Zurechnung von unten nach oben auf Gesellschafterseite für die ­Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 2. Zurechnung von unten nach oben auf Gesellschafterseite für die ­Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 3. Zurechnung von oben nach unten auf Gesellschafterseite für die ­Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 4. Zurechnung von oben nach unten auf Gesellschafterseite für die ­Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 5. Zurechnung von unten nach oben auf Gesellschaftsseite für die ­Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 6. Zurechnung von unten nach oben auf Gesellschaftsseite für die ­Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 7. Die „Zurechnungskonstellation“ von oben nach unten auf Gesellschaftsseite  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 III. Drittes Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Beispiel der Begrifflichkeiten Zurechnung nach „unten“ sowie „oben“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Abbildung 2: Beteiligung verbundener Unternehmen aufseiten des Gesellschafters. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Abbildung 3: Beteiligung verbundener Unternehmen aufseiten der Gesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Abbildung 4: Veranlassung im Kapitalerhaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Abbildung 5: Veranlassung im Kapitalaufbringungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Abbildung 6: Erläuterung Veranlassungsvermutung – ungerechte Rückabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Abbildung 7: Gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht gegenüber Tochtergesellschaft auf Gesellschafterseite . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Abbildung 8: Gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht seitens der Muttergesellschaft auf Gesellschafterseite. . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Abbildung 9: Gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht auf Gesellschaftsseite. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Abbildung 10: Schema Kapitel 2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Abbildung 11: Zurechnungskonstellation von unten nach oben aufseiten des Gesellschafters. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Abbildung 12: Zurechnungskonstellation von unten nach oben auf Gesellschafterseite im Kapitalaufbringungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Abbildung 13: Sachverhaltsdarstellung IBH / Lemmerz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Abbildung 14: Sachverhaltsdarstellung BGHZ 125, 141. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Abbildung 15: Sachverhaltsdarstellung BGHZ 153, 107. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Abbildung 16: Sachverhaltsdarstellung BGHZ 155, 329. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Abbildung 17: Sachverhaltsdarstellung BGHZ 166, 8 – Cash-Pool I. . . . . . . . . 161 Abbildung 18: Sachverhaltsdarstellung BGHZ 170, 47. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Abbildung 19: Sachverhaltsdarstellung BGHZ 171, 113 – Flender . . . . . . . . . . 163

24 Abbildungsverzeichnis Abbildung 20: Sachverhaltsdarstellung BGHZ 81, 311. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Abbildung 21: Sachverhaltsdarstellung BGH v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07 . . 171 Abbildung 22: Sachverhaltsdarstellung BGH v. 28.02.2012 – II ZR 115 / 11. . . 173 Abbildung 23: Sachverhalt BGH v. 21.02.2013 – IX ZR 32 / 12. . . . . . . . . . . . 176 Abbildung 24: Offene Sacheinlage „über Eck“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Abbildung 25: Veranlassung bei der Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Abbildung 26: Gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht bei der Kapitalaufbringung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Abbildung 27: Zurechnungskonstellation von unten nach oben aufseiten des Gesellschafters im Kapitalerhaltungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Abbildung 28: Rechenbeispiel bei 60-prozentiger Inhaberschaft der Tochter­ gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Abbildung 29: Zurechnungskonstellation von oben nach unten auf Gesellschafterseite. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 Abbildung 30: Zurechnungskonstellation von oben nach unten auf Gesellschafterseite im Kapitalaufbringungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 Abbildung 31: Zurechnungskonstellation von oben nach unten auf Gesellschafterseite für die Nachgründung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Abbildung 32: Zurechnung von oben nach unten auf Gesellschaftsseite – ­ Hin- und Herzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Abbildung 33: Zurechnungskonstellation von oben nach unten auf Gesellschafterseite im Kapitalerhaltungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Abbildung 34: Zurechnungskonstellation von unten nach oben aufseiten der Gesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Abbildung 35: Zurechnungskonstellation von unten nach oben aufseiten der Gesellschaft im Kapitalaufbringungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Abbildung 36: Sachverhalt BGH v. 07.07.2003, BGHZ 155, 329. . . . . . . . . . . 244 Abbildung 37: Sachverhalt LG Mainz v. 18.09.1986, AG 1987. . . . . . . . . . . . . 245 Abbildung 38: Zurechnungskonstellation von unten nach oben aufseiten der Gesellschaft für die Nachgründung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Abbildung 39: Zurechnungskonstellation von unten nach oben aufseiten der Gesellschaft im Kapitalerhaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 Abbildung 40: „Zurechnungskonstellationen“ von oben nach unten aufseiten der Gesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264

Abbildungsverzeichnis  25 Abbildung 41: Zurechnung als Kriterium der objektiven Wertdeckung. . . . . . . 272 Abbildung 42: Zurechnungskonstellation von unten nach oben aufseiten des Gesellschafters für eine GmbH & Co. KG. . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Abbildung 43: Schema Kapitel II. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Abbildung 44: Kapitalaufbringung für Zurechnungen von unten nach oben auf Gesellschafterseite (verdeckte Sacheinlage) . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Abbildung 45: Kapitalerhaltung für Zurechnungen von unten nach oben auf Gesellschafterseite. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Abbildung 46: Kapitalaufbringung für Zurechnungen von oben nach unten auf Gesellschafterseite (verdeckte Sacheinlage) . . . . . . . . . . . . . . . . 291 Abbildung 47: Kapitalerhaltung für Zurechnungen von oben nach unten auf Gesellschafterseite. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 Abbildung 48: Kapitalaufbringung für Zurechnungen von oben nach unten auf Gesellschaftsseite (verdeckte Sacheinlage) . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 Abbildung 49: Kapitalerhaltung für Zurechnungen von unten nach oben auf Gesellschaftsseite. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294

Abkürzungsverzeichnis a. A.

andere Ansicht

Abb. Abbildung ABl. Amtsblatt Abs. Absatz AcP

Archiv für die civilistische Praxis

a. E.

am Ende

a. F.

alte Fassung

AG

Aktiengesellschaft; aber auch: Die Aktiengesellschaft

AktG Aktiengesetz allg. M.

allgemeine Meinung

Alt. Alternative a. M.

andere Meinung

Anm. Anmerkung ARUG

Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie

Aufl. Auflage BAG Bundesarbeitsgericht BB

Betriebs-Berater Zeitschrift für Recht, Steuern und Wirtschaft

Bd. Band bearb. bearbeitet begr. / Begr.

begründet / Begründung

BFH Bundesfinanzhof BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen

BStBl. Bundessteuerblatt BT-Drs.

Verhandlungen des Deutschen Bundestages / Drucksachen

CFL

Corporate Finance Law (Zeitschrift)

DB

Der Betrieb: Wochenschrift für Betriebswirtschaft, Steuerrecht, Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht

ders. derselbe

Abkürzungsverzeichnis27 dies.

die selben

DNotZ

Deutsche Notar-Zeitschrift

DStR

Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)

EBOR

European business organization law review

ECFR

European Company and Financial Law Review

endg. endgültig EP DOK

Dokument des europäischen Parlaments

EuGH

Gerichtshof der Europäischen Union

EUR Euro EWiR

Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht – Zeitschrift

f. / ff.

folgende

Fn. Fußnote FS Festschrift GbR

Gesellschaft bürgerlichen Rechts

GesR Gesellschaftsrecht GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHG

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

GmbHR GmbH-Rundschau GroßKomm Großkommentar GrS

Großer Senat

Hdb d.

Handbuch des

HGB Handelsgesetzbuch h. M.

herrschende Meinung

Hrsg. Herausgeber hrsg. v.

herausgegeben von

i. E.

im Ergebnis

insb. insbesondere IntGesR

Internationales Gesellschaftsrecht

i. Ü.

im Übrigen

i. V. m.

in Verbindung mit

JbFStR

Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht

Jur. Diss.

Juristische Dissertation

Jur. Habil.

Juristische Habilitationsschrift

JZ Juristenzeitung KfW

Kreditanstalt für Wiederaufbau

KGaA

Kommanditgesellschaft auf Aktien

28 Abkürzungsverzeichnis KölnKomm

Kölner Kommentar

LG Landgericht LZ

Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht

MittBayNot

Mitteilungen des bayrischen Notarvereins

MoMiG

Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen

MünchHdb GesR Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts MünchKomm

Münchener Kommentar

NaStraG

Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NotBZ

Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis

Nr. Nummer NZG

Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

OLG Oberlandesgericht RabelsZ

Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht

Reg.-Begr. Regierungsbegründung re. Sp.

rechte Spalte

RG Reichsgericht RGZ

Die Entscheidungssammlungen der Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

RL Richtlinie Rn. Randnummer RNotZ

Rheinische Notar-Zeitschrift

Rs. Rechtssache S. Seite s. siehe s. a.

siehe auch

SE

Societas Europaea

SEAG SE-Ausführungsgesetz Slg.

Amtliche Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Gerichts Erster Instanz

sog.

sogenannt / e

Sp. Spalte s. u.

siehe unten

Tz. Textziffer

Abkürzungsverzeichnis29 u. A.

und Andere

UG Unternehmergesellschaft v. vom vgl. vergleiche VGR

Schriftenreihe der Gesellschaftsrechtlichen Vereinigung

WM

WM Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht

WpÜG

Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz

z. B.

zum Beispiel

ZGR

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht

Ziff. Ziffer ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

ZPO Zivilprozessordnung zugl. zugleich zust. zustimmend ZZP

Zeitschrift für Zivilprozeß

Einleitung Diese Arbeit versteht sich als Beitrag auf den 1984 so wörtlich geäußerten Aufruf Karsten Schmidts „über das nicht ohne Willkür entstandene Nebeneinander unterschiedlicher Kapitalsicherungsregeln im Gesellschaftsrecht nachzudenken“.1 Karsten Schmidt nennt das Institutionenbildung2, also die „rechtsdogmatische Konsolidierung, der Übergang von provisorischen Einzellösungen zu einem geschlossenen Konzept.“3 Doch wie kommt es zur Notwendigkeit solcher Institutionenbildung? Dazu sei eine Frage gestellt, die so auch schon Rudolf von Jhering Ende des 19. Jahrhunderts formuliert hat: „Darum kommt auch für jene Gedanken unausbleiblich die Zeit, wo man fragt: warum gelten sie bloß hier, warum nicht auch in dem und jenem völlig gleichartigen Verhältniß?“4 Doch ist der Kapitalschutz eine Gesamtheit von solchen „gleichartigen Verhältniß[en]“? Bislang wurde der Kapitalschutz zumeist klassisch als die ihn kennzeichnenden Einzelnormen verstanden. Damit könnte man sich zufriedengeben. Warum also der hier betriebene Aufwand? Die Antwort ist mit Hilfe Savignys zu geben. Nach ihm sind Rechtsregeln durch Abstraktion abgeleitete Produkte ihrer Rechtsinstitute; er meinte, dass für die Auslegung der konkreten Rechtsregeln die Rechtsinstitute immer gegenwärtig sein müssten.5 Und das gilt auch für den Kapitalschutz. Viel zu lange wurden die Regeln zum Kapitalschutz nur in ihrer Funktion als Rechtsregeln betrachtet. Diese Arbeit soll den Versuch unternehmen, vom Institut des Nominalkapitals ausgehend, ein einheitliches System für die Zurechnung von verbundenen Unternehmen im Kapitalschutz zu entwickeln. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass es ein höheres, wenn auch nicht explizit im Gesetz geäußertes Rechtsinstitut hinter den Einzelregelungen gibt. Grund gibt aber auch das unstimmige Gesamtbild in Literatur und Rechtsprechung. Obwohl die Zurechnungsfälle sich in so vielerlei Hinsicht 1  K. Schmidt,

BB 1984, 1588 (1589). in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, S. 9 (20 ff.). 3  K. Schmidt, in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, S. 9 (24). 4  Jhering, Geist des römischen Rechts II / 2, S. 339. 5  So in seinem Spätwerk: v. Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Band  1, S. 255; vgl. auch die Interpretation Savignys durch Larenz, Methodenlehre, S.  11 f. 2  K. Schmidt,

32 Einleitung

gleichen, werden diese mit vielen unterschiedlichen Zurechnungsregeln besehen.6 Als rechtspositivistische untersucht diese Arbeit dabei die lex lata – wenn auch kategorisiert und systematisiert. Das heißt, dass es speziell um die Wirkungen des festen Kapitalsystems geht und nicht etwa um die Beschreibung eines Eigenkapitalschutzes.7 Die Neuerungen dieser Arbeit ruhen aber auf dem soliden Fundament der bisherigen Literatur sowie der Rechtsprechung des BGH. Liest man die neuesten Entwicklungen der BGH-Rechtsprechnung,8 Müller-Eising9 und Cahn10 zusammen, finden sich viele der hier vertretenen Zurechnungsergebnisse wieder. Anders als dort zu lesen geht diese Arbeit aber von einem Rechtsinstitut Kapitalschutz aus und will daher auch versuchen, diesem Rechtsinstitut ein Zurechnungssystem zu geben. In dieser Systematisierung und Institutionenfindung11 liegt daher die Aufgabe dieser Arbeit. Denn das Zurechnungssystem muss sich in den gesamten Kapitalschutz mit seinen Ecken und Kanten einpassen und dennoch dessen Einheit verdeutlichen.

I. Problemstellung Das Kapitalgesellschaftsrecht ist durch das „feste“ oder „Nominal-“ Kapital geprägt. Den Stellenwert des Kapitals zeigen seine Schutzvorschriften, die vielfach im Gesetz verankert sind.12 Die gesetzliche Leitvorstellung für alle Kapitalschutzvorschriften ist das Zwei-Personen-Verhältnis, also das 6  Als Nachweis schlage man einfach Kommentarstellen zu §§ 19, 30 GmbHG, 27, 57 AktG auf und versuche auf einen Blick die Zurechnungskriterien zu begreifen. 7  So aber die Betrachtung von Eckert, Ausschüttungsrestriktionen, S. 3, der die Definition von Kapitalschutz bewusst weit formuliert, um den Kapitalschutz mit sonstigen Ausschüttungssperren vergleichen zu können. Genau daran krankt aber auch die Betrachtung Eckerts. Denn das System festen Kapitals ist gerade mehr als bloßer Eigenkapitalschutz. Gerade auch der Blick in die GmbH zeigt dies. 8  Vgl. die Urteile BGH v. 12.02.2007, BGHZ 171, 113 (Rz. 8 ff.) – Flender; BGH v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07, NZG 2008, 507; BGH v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07, NZG 2008, 507; BGH v. 31.05.2011 – II ZR 141 / 09, NZG 2011, 829 – Dritter Börsengang; BGH v. 28.02.2012 – II ZR 115 / 11, DStR 2012, 915. 9  Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage. 10  Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern. 11  Es geht doch vielmehr um das Auffinden von Rechtsinstitutionen, die der Gesetzgeber geschaffen hat, nicht um das Bilden solcher Institutionen. Die Jurisprudenz hat schließlich nicht das Ziel, den Gesetzgeber zu ersetzten, sondern nur das von ihm geschaffene System zu verstehen und zu kartografieren. 12  Dies zeigt sich an den Vorschriften, die zu seinem Schutz entwickelt wurden. So etwa um die werthaltige Aufbringung sicherzustellen (§§ 19 Abs. 4, 5; § 56 Abs.  2  GmbHG; §§ 27 Abs. 3, 4; 183 Abs. 2; 52 AktG) oder die Auskehr an die



I. Problemstellung33

Verhältnis von Gesellschafter und Gesellschaft.13 Doch dieser Anspruch des Gesetzes will nicht so recht mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Schon 1987 hat Lutter festgestellt, dass eine Verwandlung von Einzelunternehmen zu Konzernen14 stattgefunden habe;15 seitdem hat sich die Unternehmens­ realität noch weiterentwickelt. Faktisch wird heute der Großteil der Kapitalgesellschaften in Konzernstrukturen geführt.16 Dennoch geht das Kapitalschutzrecht noch von der inzwischen überholten Vorstellung aus, man müsse sich nur mit Einzelunternehmen beschäftigen. Daher fragt sich: Wie wirken die Kapitalschutzvorschriften in Mehrpersonenverhältnissen, insbesondere in Mehr-Kapitalgesellschafts-Verhältnissen? Dass der Kapitalschutz konzernübergreifend gesehen werden muss, ist allen Beteiligten schon lange klar;17 häufig unklar bleibt, was das heißt – nämlich: die Anwendung der gesetzlichen Tatbestände (per Auslegung oder Analogie) und nicht die Behandlung einer „mystischen Unternehmens- oder Wirtschaftseinheit“18. Es kann de lege lata aber nicht übersehen werden, dass das deutsche Kapitalgesellschaftsrecht nur an bestimmten Stellen verbundenen Unternehmen eigene Regeln gegeben hat. In Fällen aber, in denen das Gesetz keine Regeln für verbundene Unternehmen aufstellt, reichen pauschale Verweisungen auf eine „unternehmerische“ oder „wirtschaftliche Einheit“ nicht für die Lösung der Probleme aus. Das ergibt sich schon aus der juristischen Person und dem aus ihr folgenden Trennungsprinzip, also der „Verselbstständigung des Sondervermögens gegenüber Dritten“19. Die juristische Person, ein Kind der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) darf nur dann in ihrer recht­ lichen Selbstständigkeit angetastet werden, wenn andernfalls gesetzliche Tatbestände ausgehöhlt würden. Gesellschafter zu verbieten (§§ 30 f. GmbHG; §§ 57 Abs. 3, 61 AktG) – Letztes hat noch eine Sonderausprägung erfahren (§ 33 GmbHG; §§ 71 ff. AktG). 13  Nur in den §§ 56 Abs. 2, 71d S. 2 Var. 1 AktG finden sich explizite Regeln zur Behandlung von Mehr-Personen-Verhältnissen in Situationen mit verbundenen Unternehmen. 14  Der Konzernbegriff ist hier, wie auch insgesamt in dieser Arbeit, wenn nicht direkt mit § 18 AktG verknüpft, untechnisch zu verstehen. Die gesellschaftsrechtliche Definition des Konzerns (§ 18 AktG) schränkt die tatsächlich vorliegenden Konzernstrukturen wie auch das Verständnis des Konzerns in den anderen Disziplinen, zu sehr ein. 15  Lutter, ZGR 1987, 324 (332). 16  Schon Mitte der 70er Jahre hat Bälz gemeint, 70 % der Aktiengesellschaften Konzernstrukturen zuweisen zu können, Bälz, in: FS Raiser, S. 287 (297); aktuellere Untersuchungen bestätigen diese Vermutung: Görling, AG 1993, 538 (542 f.). 17  Vgl. nur U. H.  Schneider, ZGR 1984, 497 (517). 18  Wiedemann, Die Unternehmensgruppe, S. 5. 19  Wiedemann, WM Sonderbeilage 4 / 1975, 9; ähnlich auch Lutter, in: FS Stiefel, S. 506 (519).

34 Einleitung

Kapitalschutz auf der einen Seite und die Handlungsfähigkeit von Konzernen auf der anderen sind daher gleichsam die Waagschalen, die diese Arbeit austarieren will. Überstrapaziert man den Kapitalschutz, werden Geschäfte in Unternehmensverbünden erschwert, was letztendlich auch das deutsche Gesellschaftsrecht im „Wettbewerb der Gesellschaftsrechte“ benachteiligt. Legt man Konzernen keine Ketten an, werden Umgehungsgeschäfte dem Nominalkapital seine letzte Berechtigung20 nehmen. Es stellt sich also die Frage, wie die Kapitalschutzvorschriften wirken, wenn nicht nur Gesellschaft und Gesellschafter an einer Transaktion beteiligt sind. Bricht man diese Frage auf ihren Kern herunter, geht es darum, wie weit die Kapitalschutzvorschriften in dritte Gesellschaften hineinreichen. Diese Zurechnungsfragen sind vielfach schon in Literatur und Rechtsprechung thematisiert worden. Ausgeblieben ist bisher jedoch eine Untersuchung gebündelt für das gesamte Kapitalschutzrecht. Die Arbeiten von Müller-Eising21 und Cahn22 liegen schon über 15 Jahre zurück und behandeln jeweils nur Kapitalaufbringung oder Kapitalerhaltung. Neben den beiden Arbeiten beschäftigt sich die Literatur zwar umfassend mit dem Kapitalschutz, Drittzurechnungsfragen werden seit Anfang der Neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts aber nur selten behandelt. Die Zurechnungsfragen sind auch noch keineswegs umfassend geklärt.23 Die Kommentarliteratur behandelt offene Fragen eher kursorisch. Dahingegen hat der BGH durch mehrere neuere Urteile24 eine ganz neue Betrachtung der Zurechnungsproblematik eröffnet, die in das bisherige System noch nicht ausreichend rezipiert ist. Dies wühlt auch schon geglättet geglaubte Problemfelder erneut auf und macht für den gesamten Kapitalschutz eine neue Beurteilung nötig.

II. Ziele und Gang der Untersuchung Ziel dieser Arbeit soll die oben beschworene Institutionenbildung sein. Das heißt, die Probleme mit der „Zurechnung“ dritter Gesellschaften sollen als Probleme des gesamten Kapitalschutzes verstanden werden. Wenn man 20  Dazu, dass das Nominalkapital heute nicht mehr sehr viele Zwecke erfüllt, siehe unten Erstes Kapitel, II. 21  Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage. 22  Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern. 23  So die Aussagen von: Bayer, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 68; Pentz, in: MünchKomm AktG §27 Rn. 121. 24  BGH v. 28.02.2012 – II ZR 115 / 11, DStR 2012, 915; BGH v. 31.05.2011, BGHZ 190, 7 – Dritter Börsengang; BGH v. 05.05.2008, NZG 2008, 507; BGH v. 12.02.2007, BGHZ 171, 113 – Flender.



III. Begriffsverständnis

35

sie als solche begreift und sich die gleichen Probleme für alle Kapitalschutznormen stellen, so darf man auch annehmen, dass sich eine Lösung für alle diese Fragen finden lässt. Genau dem nachzugehen ist die Intention dieser Arbeit. Die vielen Einzelfragen bei der Anwendung der Zurechnungslösung zu beantworten, komplettiert dann nur noch das geschaffene Bild. Aus diesem so formulierten Ziel ergibt sich der folgende Gang der Untersuchung. Die Arbeit teilt sich in drei Kapitel. Das erste Kapitel behandelt die Kernthese der Arbeit. Hier wird abstrakt am Rechtsinstitut Kapitalschutz eine Lösung für die „Zurechnung“ von verbundenen Unternehmen formuliert. Dieses Kapitel befindet sich sozusagen eine Abstraktionsstufe über den Tatbeständen der einzelnen Kapitalschutznormen. Nur so bleibt der Blick frei für die Gemeinsamkeiten aller Kapitalschutznormen. Da sich diese Arbeit aber nicht im Vakuum oberhalb der Einzelnormen auflösen soll, werden die Ergebnisse des ersten Kapitels im zweiten Kapitel getestet. Diese Tests finden an allen abstrakt denkbaren Zurechnungskonstellationen der ersten Beteiligungsstufe25 statt – sowie mit allen Kapitalschutznormen (außer dem Erwerb eigener Aktien, für den in den §§ 56 Abs. 2, 71  d  S. 2  Var. 1 AktG eine Zurechnungsvorschrift existiert26). Im zweiten Kapitel wird demnach auch geklärt, wie sich die abstrakt entwickelte Lösung methodisch in den einzelnen Normen verwirklichen lässt. Danach wäre man eigentlich am Ende. Dennoch schweift der Blick im dritten Kapitel noch in die Kommanditgesellschaft hinüber. Warum möchte man fragen? Die Antwort liegt in der Ähnlichkeit der §§ 171, 172 HGB mit den Kapitalschutzvorschriften. Darum wird auch zur Zurechnung verbundener Unternehmen im Recht der KG Stellung bezogen.

III. Begriffsverständnis Die rechtliche Frage dieser Arbeit sprachlich korrekt zu erfassen, ist nicht einfach. Der heutigen Jurisprudenz bleibt leider nur unsere Erzählsprache als Mittel, Gedanken zu transportieren. Blickt man aber in die Komplexität, die das Gesellschaftsrecht in Konzernfragen erlangt hat, ärgert man sich 25  Zurechnungen von Urenkeln oder Ur-Urenkeln etwa werden nicht behandelt. Sie ergeben sich aber entsprechend aus den Ergebnissen der ersten Beteiligungs­ stufe. 26  Dass für den Erwerb eigener Aktien ein gesetzlich geregeltes System geschaffen wurde, ist auf europäische Rechtssetzung zurückzuführen und nicht Hindernis einer einheitlichen Betrachtung; das wird sich unten (III. 3. b) ff) (2)) zeigen. Entsprechend dem Erwerb eigener Aktien wird auch § 71a AktG ausgespart, der von den meisten zumindest auch als Umgehungsverhinderungstatbestand zum Erwerb eigener Aktien verstanden wird, vgl. dazu Habersack, in: FS Röhricht, S. 155 (158 ff.).

36 Einleitung

bisweilen, dass die Rechtswissenschaft die Mathematik als Instrument zur Komplexitätsbewältigung noch nicht salonfähig gemacht hat.27 Daher bleibt nichts anderes übrig, als einige der zentralen und mehrdeutigen Begriffe für diese Arbeit zu definieren. 1. Kapitalschutz Manch ein Leser wird anhand des Titels der Arbeit mehr erwarten, als sie zu leisten vermag. Die vorliegende Abhandlung soll Fragen des Schutzumfanges des Rechtsinstitutes Kapitalschutz klären. Das heißt zweierlei: Zum einen geht es um den Schutz des Nominalkapitals – nicht also um einen betriebswirtschaftlichen Kapitalbegriff, wie ihn etwa Eckert verwendet28. Zum anderen geht es nur um den Nominalkapitalschutz durch die Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsregeln. Kapitalschutz wird teilweise aber auch durch das Insolvenzrecht und etwa das Sperrjahr im Liquidationsrecht (§ 73 GmbHG, 272 AktG) verwirklicht. Diese, wie auch weitere kapitalschützende Vorschriften, werden nicht behandelt. Das ist Ausdruck der Zielsetzung dieser Arbeit: der Bereich von Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften soll als systematisch konsequentes Regelungsgebiet einheitlich betrachten werden. 2. Nominalkapital Um im Folgenden präzise die aufgeworfenen Abgrenzungsprobleme untersuchen zu können, müssen die Grenzen des Kapitalschutzes ausgelotet werden. Dessen Gegenstand ist das Kapital. Der Begriff Kapital ist ein Sammelbegriff für seine in den verschiedenen Gesetzen gefunden Sonderformen und wegen seiner vielen Wortbedeutungen29 leicht missverständlich. Für die GmbH nennen § 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 GmbHG das Stammkapital und für die Aktiengesellschaft §§ 1 Abs. 2, 6 und 7 AktG das Grundkapital. Beide Begriffe beschreiben im Grundsatz dasselbe Rechtsinstitut: eine rechnerische Position im Vermögen der Gesellschaft, an welche bestimmte Rechtsfolgen geknüpft sind. Das Kapital im deutschen Recht machen zwei wesentliche Punkte aus. Erstens ist es ein festes Kapital, also ein zwingend in den Gesellschaftsstatuten festgelegtes. Zweitens hat es einen gesetzlichen Mindestwert (§ 5 Abs. 1 GmbHG, § 7  AktG), ist also ein Mindestkapital. Der häufig verwendete Oberbegriff Nominalkapital oder Nennkapital grenzt Haft, Juristische Schreibschule S. 25 ff. Ausschüttungsrestriktionen, S. 1. 29  Kapital kann sprachlich den Produktionsmitteln oder etwa den gesamten Geldmitteln einer Gesellschaft ebenso zugeordnet werden wie einzelnen Bilanzposten. 27  So

28  Eckert,



III. Begriffsverständnis37

das Kapital zu seinen sonstigen Wortbedeutungen ab, ohne sich auf eine Rechtsform oder die Notwendigkeit der Mindesthöhe festzulegen. Er grenzt sich auch zum bilanziellen Begriff des gezeichneten Kapitals (§ 272 HGB) ab, um deutlich zu machen, dass es um ein genuin gesellschaftsrechtliches Rechtsinstitut geht. Nominalkapital wird immer dann verwandt, wenn es um den Betrag, seine Aufbringung und seine Wirkung geht. Werden Gelder ausgezahlt, geht es um die einzelnen Posten der Bilanz, die dann über den Begriff des gebundenen Vermögens beschrieben werden. Zum gebundenen Vermögen gehören neben dem Nominalkapital dann aber auch etwa die gesetzlichen Rücklagen. 3. Gesellschaft Alle Vorschriften, die das Kapital schützen sollen, beziehen sich auf das Kapital einer bestimmten Gesellschaft. Von dieser geht somit die Betrachtung aus. Da es sich im Folgenden um eine Untersuchung im Bereich verbundener Unternehmen handelt, agieren viele Unternehmen. Mit dem Begriff „die Gesellschaft“ ist daher diejenige Gesellschaft gemeint, deren Kapitalschutz gerade geprüft wird. Diese Gesellschaft ist in den Abbildungen grau hinterlegt um sie als Bezugsobjekt kenntlich zu machen. Klar wird damit auch, dass diese Betrachtung nicht etwa von den Rechtsfolgen her arbeitet (wie etwa Cahn in seiner Untersuchung30), sondern vom Schutzobjekt und dessen Schutzvorschriften. 4. Von unten nach oben und wieder zurück – der Zurechnungsbegriff und die Zurechnungskonstellationen Diese Arbeit handelt von der „Zurechnung“ verbundener Unternehmen. Das Wort Zurechnung ist aber für sich genommen inhaltsleer. Man kann sich etwas Vages darunter vorstellen, für die Behandlung einzelner Rechtsprobleme hilft es aber wenig weiter. Warum, könnte man fragen, wartet der Titel dieser Arbeit dann exakt vier Worte lang, bis die Zurechnung zum ersten Mal auftaucht? Aus Mangel an Alternativen. Während sich das zweite Kapitel mit den juristisch korrekten Operationen Auslegung und Analogie beschäftigt, ist ein Oberbegriff nötig, der all diese Detailbetrachtungen verklammert. Wie wenig der Zurechnungsbegriff hilft, zeigt, dass er ohne Änderung in unterschiedliche Richtungen gebraucht werden kann. Die Zurechnung von Tochterunternehmen kann bedeuten, dass die Tochterunternehmen als Teil der Rechtspersönlichkeit oder des Vermögens der Mutter 30  Cahn,

Kapitalerhaltung im Konzern.

38 Einleitung

behandelt werden, es kann aber auch heißen, dass die Normen, die für die Muttergesellschaft gelten, analog auf die Tochter zu erstrecken sind. Zurechnung soll somit als Platzhalter dienen, der erst in der Anwendung an der Einzelnorm seine genaue Ausprägung erhält. Bis dahin steht das Wort für die Grenzziehung der Kapitalschutznormen. Um die Zurechnungsfälle zu kategorisieren, wird sodann von der Zurechnung von „unten nach oben“ oder „oben nach unten“ gesprochen.

Abbildung 1: Beispiel der Begrifflichkeiten Zurechnung nach „unten“ sowie „oben“

Dies soll ein gewisses Bild in die Vorstellung rufen, anhand dessen man sich die Beziehungen der verschiedenen Gesellschaften besser vorstellen kann. Auch diese Kategorisierung plagen die gleichen Schwächen wie den Begriff der Zurechnung. Die Zurechnung von unten nach oben kann bedeuten, dass die Untergesellschaft als Teil des Vermögens der Obergesellschaft behandelt wird oder die auf sie anwendbaren Normen auf die Untergesellschaft ausgedehnt werden. Man sollte die Begrifflichkeiten daher verstehen als Verständniserleichterung und Abgrenzung in ihrem eigenen System; inhaltliche Unterscheidungen sollte man eher in den Einzelausführungen ­ suchen.

Erstes Kapitel

Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz – Vom Schutzobjekt zum Schutzumfang – In diesem Kapitel wird eine einheitliche Theorie hergeleitet. Der Kapitalschutz wird als Einheit verstanden, mit einem Zweck. Mit Blick auf den Zweck wird die Grenze des Kapitalschutzes gesucht und in den einheitlichen Zurechnungskriterien gefunden.

Diese Arbeit folgt aus den Schwierigkeiten, die das Kapitalschutzrecht in Konzernkonstellationen verursacht. Woher aber stammen diese Schwierigkeiten? Zum einen wären da verbundene Unternehmen. Sie strapazieren unser Verständnis von der sauberen Trennung zwischen Rechtsträgern. Zum anderen wäre da das Kapitalschutzrecht als solches. Ihm fehlt jede Elastizität, so dass seine Ausdehnung durch die Beteiligung verbundener Unternehmen (die hier sog. Zurechnung) zur Zerreißprobe wird. Mit dieser Feststellung liegt der Fahrplan für die wissenschaftliche Abhandlung des Themas schon vor uns. Zunächst müssen die Untersuchungsgegenstände näher definiert werden, damit sie in Relation zueinander gesetzt werden können. Das heißt, zunächst muss man sich bewusst machen, warum hier gerade verbundene Unternehmen auf dem Untersuchungstisch liegen. Welche Eigenschaften verbundener Unternehmen machen diese zu einem Problem für den Kapitalschutz? Im zweiten Schritt muss das Nominalkapital – Schutzobjekt des Kapitalschutzes – seziert werden. In dessen Zweck ist die Antwort auf die Frage zu suchen: Wo liegen die Keime für Probleme mit verbundenen Unternehmen? Erst wenn die Untersuchungsgegenstände offen liegen, sollen diese kombiniert werden. Dann entfaltet sich die Problematik, der zu Leibe gerückt werden wird. Denn: Nur die Kombination aus den Besonderheiten verbundener Unternehmen und dem Zweck von Nominalkapital eröffnet die eigentliche Frage danach, wie Zurechnung stattzufinden hat.

40

1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

I. Untersuchungsgegenstand verbundene Unternehmen– Betrachtung über das gesetzliche Zwei-Personen-Verhältnis hinaus Der erste Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit ist das verbundene Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG. Die verbundenen Unternehmen bilden die weiteste juristische Entsprechung der wirtschaftlich und soziologisch als Konzern verstandenen Unternehmenszusammenschlüsse. Dieses weite Verständnis des Konzerns hat deshalb für den Kapitalschutz eine besondere Bedeutung, da es in verbundenen Unternehmen häufig zu kapitalschutzrelevanten Geschäften kommt. Außerdem stellen sie eine einzigartige Gruppe von „Dritten“ bei diesen Geschäften dar. Aber woher kommt diese Sonderstellung der verbundenen Unternehmen? Die einzelnen Gesellschaften sind eigenständige Rechtssubjekte.31 Sie können daher Rechte und Pflichten begründen, die nicht identisch sind mit den Rechten und Pflichten ihrer Mitglieder.32 Dieses Prinzip der Trennung von Gesellschafter und Gesellschaft bezeichnet man als Trennungsprinzip.33 Umgekehrt besagt das Trennungsprinzip aber auch, dass Rechte der Gesellschaft nicht gleich den Rechten des Gesellschafters sind und vice versa. Die rechtliche Selbstständigkeit der Gesellschaften bringt aber Probleme mit sich. Gesellschafterund Gesellschaftssphären lassen sich längst nicht so sauber trennen, wie das 31  Damit ist die Rechtspersönlichkeit gemeint, die Reuter, AcP 207 (2007), 673 (674) auch den Handelspersonengesellschaften nicht abspricht. Es wird ausdrücklich nicht von juristischen Personen gesprochen, obgleich teilweise vertreten wird, dass alle Handelsgesellschaften juristische Personen seien, so etwa Raiser, AcP 194 (1994), 945. Um sich diesem Streit nicht auszusetzen, wird auf das Rechtssubjekt verwiesen. 32  Das zeigt sich auch für die Gesamthand schon durch § 719 Abs. 1 BGB. Der einzelne Gesellschafter hat nicht das gleiche Recht an Gegenständen der Gesellschaft, wie er es an eigenen Gegenständen hat. So auch Flume, der die Personengesellschaft gerade nicht als juristische Person einordnet: Flume, Die Personengesellschaften, S.  89 ff. 33  Der Begriff Trennungsprinzip wird meist im Zusammenhang mit juristischen Personen genannt, vgl. das grundlegende Werk von Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen, u. A. S. 24 f.; Coing, NJW 1977, 1793 f.; Wiedemann, GesR, I, § 4 I 2 b; ders. schon WM Sonderbeilage 4 / 1975, 9; Kuhn, Strohmanngründung bei Kapitalgesellschaften, S.  199 ff.; Wilhelm, Rechtsform und Haftung, S. 13, geht es zwar im Ergebnis um das Gleiche, er betont jedoch, dass es weniger um die Trennung zweier Rechtssubjekte gehe, sondern um die zwischen diesen bestehenden Rechtsbeziehungen. Im Ergebnis liegt diese Arbeit aber auf der Linie Wilhelms (ebenda), da sie von den Rechtsbeziehungen der einzelnen Gesellschaften ausgeht. Das Prinzip der Unterscheidung von Gesellschafter und Gesellschaft gilt ebenso für die Personenhandelsgesellschaften. Das scheint auch Habermeier, in: Staudinger BGB, Vor § 705 Rn. 30 anzuerkennen; differenzierend: „Das Trennungsprinzip gilt […] nur in stark abgeschwächtem Umfang“, Rehbinder, in: FS Fischer, S. 579 f.



I. Untersuchungsgegenstand verbundene Unternehmen 41

Trennungsprinzip vermuten lässt. Etwa wenn zwar zwei juristische Subjekte im Rechtsverkehr auftauchen, hinter beiden aber nur eine natürliche Person steht. Dann mag es sich um einen juristischen Kunstgriff handeln, der sich nicht in der Wirklichkeit widerspiegelt. In diesem Fall kann es angebracht sein, von der juristischen Personentrennung abzurücken. Daraus schloss schon das Reichsgericht: „Der Richter hat aber vor der juristischen Konstruktion die Wirklichkeiten des Lebens und die Macht der Tatsachen zu berücksichtigen“34. Die aus dem Übergehen des Trennungsprinzips resultierenden Schwierigkeiten firmieren häufig unter dem Begriff „Durchgriffsproblematik“. Sie fragt danach, wann das Recht die Rechtspersönlichkeit eines Rechtsträgers zurückdrängen kann.35 Oder in den Worten Karsten Schmidts: „[U]nter welchen Voraussetzungen [können] Rechtsverhältnisse und rechtlich relevante Tatsachen über die Grenzen des Rechtsträgers hinweg zugerechnet werden“36. Zurechnung und Durchgriff stehen sich nahe. Zurechnung ist letztlich eine juristische Operation, mit der die Durchgriffsfrage gelöst wird. Hinter beiden steht letztlich aber die Frage nach dem ‚Warum?‘. Um diese zu beantworten, gehen die beiden Bereiche unterschiedliche Wege. Während beim Durchgriff auf die Rechtspersönlichkeit (des Rechtsträgers) geblickt wird, fragt man bei der Zurechnung nach der (Verbots-)Norm – also gerade der Gegenseite des Rechtsträgers. Während sich die Durchgriffsfrage für jedweden Gesellschafter stellt, birgt sie im Falle verbundener Unternehmen besondere Sprengkraft. Denn das Trennungsprinzip ist besonders bei verbundenen Unternehmen infrage gestellt. Der Einfluss, den eine Gesellschaft auf eine andere hat, kann dazu führen, dass man nicht mehr klar zwischen den Sphären der Gesellschaften trennen kann. Eine Tochtergesellschaft kann derart instrumentalisiert werden, dass ihre eigene Rechtspersönlichkeit in den Hintergrund tritt. Der Einfluss, den herrschende oder mit Mehrheit beteiligte Unternehmen auf 34  RG v. 22.06.1920, RGZ 99, 232 (234); wörtlich übernommen auch in BGH v. 19.11.1956, BGHZ 22, 226 (230); BGH v. 07.11.1957, BGHZ 26, 31 (33 f.); BGH v. 08.07.1970, BGHZ  54, 222 (224). 35  Richtigerweise, wie dies auch schon Müller-Freienfels, AcP 156 (1957), 522 (536), angemerkt hat, kommt es letztlich auf die Interessenlage im Einzelfall an. Man sollte Müller-Freienfels aber nicht so weit in seiner Normanwendungstheorie folgen und etwa annehmen, dass die juristische Person gar nicht mehr als soziales Konstrukt existiert. Vgl. auch Coing, NJW 1977, 1793 ff. Dass hier im ersten Kapitel das Trennungsprinzip als Schranke angenommen wird, hat den Grund, dass es sich um eine Meta-Betrachtung handelt, die sich nicht auf die Tatbestände der einzelnen Kapitalschutznormen berufen kann. Im zweiten Kapitel weicht dieser nebulösen „Durchbrechung des Trennungsprinzips“ eine Einzelfallbetrachtung, die sich den juristischen Operationen Auslegung und Analogie bedient. 36  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 9 I 1. a) (S. 217).

42

1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

ihre Gesellschaften haben, macht eine Instrumentalisierung gerade erst möglich. Man spricht dann auch davon, dass die einzelnen Sphären der Unternehmen nicht mehr klar getrennt sind. Im Konzernrecht spiegelt sich diese Sphärenproblematik wider. Bis heute wird im deutschen Konzernrecht vom Einzelunternehmen her und damit sehr „atomistisch“37 gedacht. Einen Kapitalschutz des Konzerns gibt es nicht.38 Die Unternehmenswirklichkeit hat die rechtliche Einordnung aber zum Teil überholt. Konzerne, also letztlich verbundene Unternehmen, treten als Handlungs- und Wirtschaftseinheit auf. Die Grenzen der einzelnen Unternehmen werden zwar juristisch abgesteckt; die rechtliche Trennung muss aber längst nicht ihrer Verflechtung entsprechen. Der Kapitalschutz befindet sich genau in der Schusslinie zwischen tatsächlichem Handeln nur eines Konzerns und der rechtlich behaupteten Trennung der Unternehmenssphären. Verbundene Unternehmen sind für den Kapitalschutz daher aus folgenden Gründen besonders interessant: 1. Sie kommen besonders häufig in kapitalschutzrelevanten Geschäften vor. 2. Der Einfluss der Unternehmen aufeinander stellt die juristische Trennung auf die Probe. 3. Anhand der rechtlichen Verbindungen kann die Wirkungsweise des Kapitalschutzes ermittelt und insbesondere seine Reichweite bestimmt werden. Als verbundene Unternehmen werden in erster Linie Kapitalgesellschaften untersucht. Sie stellen das Gros an problematischen Konstellationen. Daneben können aber auch Handels-Personengesellschaften39 und ausländische Gesellschaften verbundene Unternehmen sein. 1. Kapitalgesellschaften als verbundene Unternehmen Wenn der erste Untersuchungsgegenstand verbundene Unternehmen sind, so bilden Kapitalgesellschaften deutschen Rechts (GmbH, AG, UG, SE) seinen Kern. Aufgrund der Stellung, die das Grundgesetz juristischen Personen einräumt (Art. 9, Art. 19 Abs. 3 GG), kann nicht unbesehen deren Rechtspersönlichkeit zur Umgehungsverhinderung übergangen werden. Das Trennungsprinzip gilt als Grundsatz, es zu durchbrechen muss Ausnahme bleiben.40 37  Schön,

RabelsZ 64 (2000), 1 (23). Schön, RabelsZ 64 (2000), 1 (22 f.); ders., in: FS Kropff, S. 285 (299); i. E. auch Mülbert, in: FS Lutter, S. 535 (537). 39  Die GbR fällt heraus, da sie kein Handelsgewerbe betreibt; siehe dazu sogleich. 40  Insbesondere der BGH betont dies fast gebetsmühlenartig mit der Formulierung: Über die Selbstständigkeit juristischer Personen dürfe nicht „leichtfertig und schrankenlos“ hinweggegangen werden, BGH v. 30.01.1956, BGHZ 20, 4 (11); 38  Vgl.



I. Untersuchungsgegenstand verbundene Unternehmen 43

2. Personenhandelsgesellschaften als verbundene Unternehmen Auch Personenhandelsgesellschaften können als verbundene Unternehmen auftreten. Personenhandelsgesellschaft heißt: OHG oder KG. Die GbR wird aus der Untersuchung ausgespart; sie übt kein Handelsgewerbe aus, so dass sich die Konzernfragen typischerweise bei ihr nicht stellen. Dass Personenhandelsgesellschaften ebenfalls verbundene Unternehmen sein können, ist noch nicht allzu lange selbstverständlich.41 Trotz fehlenden rechtstatsächlichen Materials wird vermutet, dass insbesondere KGs zu einem erheblichen Prozentsatz in Konzernstrukturen eingebunden, also Teile verbundener Unternehmen, sind.42 Die personalistische Struktur bringt aber grundsätzliche Unterschiede zu den Kapitalgesellschaften mit sich. Die Rechte der Mitgesellschafter können zu einem erhöhten oder aber verminderten Schutz vor Einfluss durch einzelne Gesellschafter führen. Erhöht ist er wegen des gesetzlich ausgestalteten Einheitsstimmrechts (§ 709 Abs. 1 BGB, § 115 Abs. 1 HGB) oder wegen der Begrenzung der Geschäftsführungsbefugnis (§§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1 HGB). Ein zwar grundsätzlich geschäftsführungsbefugter Gesellschafter muss, wenn die Gesellschaft von ihm abhängig ist, eine Einschränkung seiner Geschäftsführungsbefugnis hinnehmen.43 Verringert ist der Schutz, weil die Gesellschafter ihre Gesellschaftsverträge weitgehend frei aushandeln können. Die herrschende Meinung betrachtet Personenhandelsgesellschaften auch heute nicht als juristische Personen.44 Für die vorliegende Betrachtung BGH v. 08.07.1970, BGHZ  54, 222 (224); BGH v. 12.11.1973, BGHZ 61, 380 (383); i. E. auch BGH v. 04.05.1977, BGHZ 68, 312 (314 f.); so auch schon Wilhelm, Rechtsform und Haftung, S. 1; dem stellt sich Müller-Freienfels, AcP 156 (1957), 522 (525 ff.), entgegen. Er will die juristische Person nicht um ihrer selbst willen anerkennen. 41  Emmerich / Habersack, Konzernrecht, § 33 (S. 509), verweisen darauf, dass die abhängige Personengesellschaft erst eine Entdeckung der letzten Jahre sei. Man muss den Zeitraum aber doch etwas weiter fassen, denn schon Kleindiek bezeichnete 1990 in seiner Schrift „Strukturvielfalt im Personengesellschafts-Konzern“, S. 1 f. die Personengesellschaft in der Rolle des verbunden Unternehmens als eine „längst vertraute Erscheinung“. 42  Schätzungen gehen aus von unter 20 %, wie bei Wiedemann (1980), GesR I, § 6 IV, 2 a, bis hin zu 50  % bei Theisen, Der Konzern, 1. Auflage, S. 1 (nicht übernommen in die 2. Auflage); Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung, S. 5, meint sogar, dass es praktisch keinen Konzern gebe, an dem keine GmbH & Co. KG beteiligt sei. 43  Emmerich / Habersack, Konzernrecht, § 33 Rn. 7, der Geschäftsführer kann demnach nicht mehr ohne die Zustimmung der anderen Gesellschafter Geschäfte mit sich selbst abschließen. 44  Flume spricht sich durch die Teilung seiner Werke des allgemeinen Teils schon für eine Trennung aus, vgl. aber auch Flume, Die Personengesellschaft, Zweites

44

1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

kommt es darauf nicht an. Auch wenn die Personengesellschaft als durch individualvertragliche Bindungen geeinte Personenmehrheit verstanden wird – im Gegensatz zur Verselbstständigung der juristischen Person von ihren Mitgliedern –,45 kann nicht geleugnet werden, dass es sich bei Gesellschafter und Personengesellschaft um zwei verschiedene Rechtssubjekte handelt. Eine Zurechnung von Rechtsverhältnissen und rechtlich relevanten Tatsachen kann daher auch in der Personengesellschaft nur unter zusätzlichen Voraussetzungen stattfinden. Es kann nicht ohne weiteres die Personengesellschaft mit ihrem Gesellschafter gleichgesetzt werden. Als verbundenes Unternehmen stellen sich demnach auch für die Personenhandelsgesellschaften die gleichen Fragen wie für die Kapitalgesellschaften. Die Besonderheiten, die aus der Gesamthandstruktur entstehen, werden an geeigneter Stelle behandelt.46 3. Ausländische Gesellschaften als verbundene Unternehmen Auch ausländische Gesellschaften können verbundene Unternehmen sein; etwa wenn eine englische Limited Liability Company als abhängiges Unternehmen in Deutschland tätig ist. Nun könnte man meinen, die ausländischen Gesellschaften kämen als Untersuchungsgegenstand nicht infrage. Denn kollisionsrechtlich galt und gilt für den innereuropäischen Bereich insbesondere nach „Centros“47, „Überseering“48 und „Inspire Art“49, dass die Kapitalschutzvorschriften dem jeweiligen Gesellschaftsstatut zu entnehmen sind.50 Kapitalaufbringung und -erhaltung einer englischen Limited richten sich demnach nach dem englischen Gesellschaftsrecht – die deutschen Vorschriften sind nicht anzuwenden.51 Doch in der vorliegenden Kapitel, § 7; Reuter, in: MünchKomm BGB Vor § 21 Rn. 7, kritisch aber bei Rn. 10; ders., AcP 207 (2007), 673 (687 f.); Ulmer, in: MünchKomm BGB, Vor § 705 Rn. 1; sich dem entgegenstellend Raiser, AcP 194 (1994), 495, der auch die rechtsfähigen Personengesellschaften zu den juristischen Personen zählt; Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit, 163 ff.; 183. 45  Raiser, AcP 194 (1994), 495. 46  Vgl. etwa die Differenzierung unten bei III. 3. b). 47  EuGH v. 09.03.1999, Rs. C-212 / 97 – Centros, Slg. 1999, I-1459. 48  EuGH v. 05.11.2002, Rs. C-208 / 00 – Überseering, Slg. 2002, I-9919. 49  EuGH v. 30.09.2003, Rs. C-167 / 01 – Inspire Art, Slg. 2003, I-10155. 50  So schon früher die h. M.: RG v. 27.05.1910, RGZ 73, 366 (367); BGH v. 25.06.2001, BGHZ 148, 167 (168); gilt aber insbesondere nach der Ablehnung der Sitztheorie: Forsthoff / Schulz, in: Hirte / Bücker (Hrsg.), Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 16 Rn. 18; Kindler, in: MünchKomm BGB, IntGesR, Rn. 427; Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht, S. 733. 51  Vgl. nur EuGH v. 09.03.1999, Rs. C-212 / 97 – Centros, Slg. 1999, I-1459; EuGH v. 05.11.2002, Rs. C-208 / 00 – Überseering, Slg. 2002, I-9919; EuGH v.



II. Untersuchungsgegenstand Nominalkapital

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Untersuchung geht es gerade nicht um den Kapitalschutz der ausländischen Gesellschaft. Vielmehr handelt es sich bei der ausländischen Gesellschaft lediglich um ein Rechtssubjekt, bei dem sich die folgende Frage stellt: Können oder müssen die Rechtsfolgen der Kapitalschutzvorschriften einer deutschen Gesellschaft über die Rechtspersönlichkeit der ausländischen Gesellschaft hinweg erstreckt werden? Dies ist eine Frage rein deutschen Rechts. Ausländische Gesellschaften als verbundene Unternehmen sind demnach genauso Untersuchungsgegenstand wie inländische verbundene Unternehmen. Es können nicht für alle ausländischen Gesellschaftsformen, die in Deutschland ansässig sind, eigene Ergebnisse formuliert werden. Daher sei auf die Lösungen für deutsche Gesellschaften verwiesen. Die Zurechnungskriterien müssen vom Anwender nur entsprechend auf die ausländische Rechtsform angewendet werden.

II. Untersuchungsgegenstand Nominalkapital– der Zweck des Nominalkapitals als Grundlage der Zurechnung Um zu wissen, wie weit der Kapitalschutz reicht, muss zunächst klargestellt werden, was der Kapitalschutz sichert. Denn der Zweck des Kapitalschutzes bestimmt wesentlich die Auslegung der Kapitalschutznormen. Im Folgenden wird die tradierte Argumentation kritisch betrachtet und mithilfe der Wirtschaftswissenschaft der Zweck des Nominalkapitals herausgearbeitet. Vor einiger Zeit war die Figur des Nominalkapitals, insbesondere aber des Mindestnominalkapitals, scharfer Kritik ausgesetzt.52 Die High Level Group of Company Law Experts (Winter Gruppe) hat sich in ihrem Bericht an die Europäische Kommission schon im Jahr 2002 ausgesprochen für die 30.09.2003, Rs. C-167 / 01 – Inspire Art, Slg. 2003, I-10155, vgl. die ganz h. M. Bicker, Gläubigerschutz, S. 222 f.; Fleischer, in: Lutter (Hrsg.), Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland, S. 49 (114  ff.); Forsthoff / Schulz, in: Hirte /  Bücker (Hrsg.), Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 16 Rn. 1, 18 ff.; Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, § 4 Rn. 13; Bayer, BB 2003, 2357 (2364); Riegger, ZGR 2004, 510 (522 ff.); a. A. differenzierender Ulmer, NJW 2004, 1201 (1208 f.). 52  Eidenmüller, in: FS Heldrich, 581 (592 f.); Mülbert, Der Konzern 2004, 151; ders. / Birke, EBOR 3 (2002), 695; Enriques / Macey, Cornell Law Review 86 (2001), 1165; so auch die sog. Rickford Gruppe, deren Bericht in European Business Law Review 2004, 919 zu dem Ergebnis kommt, dass das System des festen Kapitals abgeschafft werden sollte. Dem Mindestkapital gegenüber ablehnend: Grunewald /  Noack, GmbHR 2005, 189 (190).

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

Abschaffung des festen Kapitals und für die Einführung flexibler Ausschüttungssperren.53 Ökonomische Untersuchungen unterstützten diese Bestrebungen: Danach seien die Kapitalregeln ungerechtfertigte Lasten gegenüber der Gesellschaft und dem gesamten Rechtssystem – ohne signifikante Vorteile für die Gläubiger.54 Diesen Vorschlag hat die Kommission mit Unterstützung des Europäischen Parlaments55 zunächst begrüßt und eine Studie zur Realisierbarkeit eines solchen Alternativsystems in Auftrag gegeben.56 Diese wurde 2008 veröffentlicht.57 Ergebnis der Studie war, dass das feste Kapital nur eine geringe Beschränkung für die Unternehmen bedeutet.58 Damit sahen sich insbesondere die Verfechter des festen Kapital-Systems bestätigt.59 Zwar lässt sich auch dem EuGH eine gewisse Kritik am bisherigen Kapitalsystem entnehmen. In den Rechtssachen „Centros“60 und „Inspire Art“61 zieht er die gläubigerschützende Wirkung zumindest der Mindestkapitalvorschriften in Zweifel. Der Reformdruck ist dem festen Kapital 53  http: /  / ec.europa.eu / internal_market / company / docs / modern / report_en.pdf, abgerufen am 11.01.2013, S. 86 f. 54  Luca / Macey, Cornell Law Review 86 (2001), 1165 (1184 f.); Eidenmüller / Engert, GmbHR 2005, 433 ff. 55  Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 77 / 91 / EWG des Rates in Bezug auf die Gründung von Aktiengesellschaften und die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals, EP DOK A6-0050 / 2006. 56  Aktionsplan der Kommission zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union, KOM(2003)284 endg., S. 21 der deutschen Fassung. 57  Feasibility study on an alternative to the capital maintenance regime established by the Second Company Law Directive 77 / 91 / EEC of 13 December 1976 and an examination of the impact on profit distribution of the new EU accounting regime – KPMG – January 2008, http: /  / ec.europa.eu / internal_market / company / docs /  capital / feasbility / study_en.pdf abgerufen am 11.01.2013. 58  Feasibility study on an alternative to the capital maintenance regime establish­ ed by the Second Company Law Directive 77 / 91 / EEC of 13 December 1976 and an examination of the impact on profit distribution of the new EU accounting regime – KPMG – January 2008 S. 145, abzurufen unter: http: /  / ec.europa.eu / internal _market / company / docs / capital / feasbility / study_en.pdf (abgerufen am 11.01.2013). 59  Vgl. insb. die Beiträge in: Lutter, Das Kapital der AG in Europa, ZGR Sonderheft 17; ders., AG 1998, 375 f.; Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften, 169 f., 193 ff.; Schön, Der Konzern 2004, 162 (166); Eidenmüller / Engert, AG  2005, 97 (100 ff.); dies., GmbHR  2005, 433 (434); Priester, in: Schröder (Hrsg.), Die GmbH im europäischen Vergleich, 161 (167); Drygala, ZGR 2006, 587 (597 f.); so auch die Group of German Experts on Corporate Law, ZIP 2003, 863 (872). 60  EuGH v. 09.03.1999 – C-212 / 97, Slg. 1999, I-1459 (1495 Rn. 35) – Centros. 61  EuGH v. 30.09.2003 – C-167 / 01, Slg. 2003, I-10155 (10234 Rn. 135) – Inspire Art.



II. Untersuchungsgegenstand Nominalkapital47

aber von den Schultern genommen – die Kommission strebt keine Änderungen am festen Kapital an.62 Trotz aller Kritik ist das feste Kapital nicht abgeschafft. Aber: Dessen Funktion muss vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion gesehen werden. Die Reformdiskussion hat dazu geführt, dass die tradierten Begründungen des Nominalkapitals überdacht werden. Die bisherigen Erklärungen müssen sich zunehmend den Argumenten aus der internationalen Diskussion stellen; damit wird manch alter Erklärungsansatz obsolet. Dass insbesondere Mindestkapital heute für eine Erklärung nicht mehr herhalten kann, lässt sich schon dadurch erkennen, dass der Gesetzgeber mit dem MoMiG63 die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) in § 5a GmbHG geschaffen hat. Danach ist es möglich, eine juristische Person zu schaffen, die den Gesellschafter von der persönlichen Haftung freistellt und dies zu einem Nominalkapital von einem Euro. Damit gerät nicht nur die Begründung, Mindestkapital diene als Seriositätsschwelle, ins Wanken. Werden bestimmte Funktionen des Nominalkapitals heute anders bewertet als früher, verändert dies auch die Sicht auf die Reichweite der Kapitalschutznormen. Es ist im Folgenden daher zu untersuchen, welche Zwecke das Nominalkapital erfüllt. 1. Gesucht wird ein Zweck des Nominalkapitals nicht dessen Mindestbetrages In der Reformdiskussion wurden sowohl das System des festen Kapitals – also des Nominalkapitals – als auch dessen fixierter Mindestbetrag angegriffen. Nominalkapital und Mindestkapital stehen nicht unabhängig nebeneinander. Der Zweck des Nominalkapitals enthält zwangsläufig auch eine Begründung für seinen Teilbereich, nämlich das Mindestnominalkapital. Andersherum gilt diese Annahme aber nicht. Dabei ist zu bedenken: Ein Zweck, der für das Nominalkapital gefunden werden soll, muss auch alle Erscheinungsformen von Nominalkapital erklären können. Das heißt: Er muss das Alleinstellungskriterium sein, das Nominalkapital von anderem Eigenkapital insbesondere gesetzlichen Rücklagen 62  Results of the external study on the feasibility of an alternative to the Capital Maintenance Regime of the Second Company Law Directive and the impact of the adoption of IFRS on profit distribution S. 2, abzurufen unter: http: /  / ec.europa.eu /  internal_market / company / docs / capital / feasbility / markt-position_en.pdf (abgerufen am 11.01.2013). Näher dazu vgl. Verse / Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 6 Rn. 19 f. 63  Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008, BGBl. I 2008, 2026.

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

abgrenzt. Es muss gefragt werden, was das Nominalkapital – gerade durch seine Handelsregisterfixierung – für einen besonderen Zweck hat. Andernfalls müsste man konsequenterweise auch die Gewinnvorträge und sonstige Bestandteile des Eigenkapitals mit in den Kapitalschutz einbeziehen. Auch reicht eine Erklärung, die etwa für das Mindestnominalkapital daherkommt, nicht aus – denn sie erklärt nicht Beträge über dem Mindestbetrag. Die vorliegende Arbeit will das Nominalkapital untersuchen. Insbesondere mit Blick darauf, dass auch höhere als die gesetzlichen Mindestwerte für Stamm- und Grundkapital gewählt werden können (und meist auch gewählt werden), muss auf den Zweck von Nominalkapital und nicht auf den von Mindestkapital geschaut werden. Auch das von den Gesellschaftern über der Mindestsumme festgesetzte Nominalkapital muss werthaltig aufgebracht werden und wird vor Rückflüssen an die Gesellschafter geschützt. Blickpunkt ist der Zweck des Nominalkapitals. 2. Die klassischen Sichtweisen und deren Kritik a) Die Zwecke von Mindestnominalkapital und Nominalkapital werden vermischt In der Literatur und Rechtsprechung werden die Zwecke von Mindest­ nominalkapital und Nominalkapital häufig vermischt. Heraus kommt dann eine allgemeine Feststellung, das Kapitalsystem biete Gläubigerschutz. Für sich genommen ist das zwar richtig, es hilft aber dann nicht weiter, wenn man sich fragt, warum gerade der eine Euro über dem gesetzlichen Mindestwert von den Kapitalschutzregeln erfasst ist und nicht das ebenso vorhandene sonstige Eigenkapital. In der Folge werden die bisherigen Erklärungsansätze dargelegt, auch wenn sie möglicherweise nur auf das Mindestnominalkapital abzielen, um sie einer genaueren Betrachtung vor dem Hintergrund der Reformdiskus­ sionen zu unterziehen. b) Preis In der Literatur64 wie auch vom BGH65 wird das Nominalkapital als Preis für den Zugang zur Haftungsfreistellung angesehen. Diesem Argument liegt 64  Siehe dazu nur die Auflistung bei Bezzenberger, Das Kapital der AG, S. 16 Fn. 17. Dabei ist die Haftung, wie Bezzenberger, Das Kapital der AG, S. 13 richtig feststellt, auf den Wertverlust der Gesellschaftsanteile beschränkt. 65  BGH v. 27.09.1999, BGHZ 142, 315 (322).



II. Untersuchungsgegenstand Nominalkapital49

der Gedanke zugrunde, ein gewisses festes Eigenkapital sei für die Externalisierung des Unternehmensrisikos erforderlich.66 Eng verbunden mit dem Gedanken eines Preises für die Haftungsbeschränkung ist die Charakterisierung des Nominalkapitals als konstruktives Element der Kapitalgesellschaft als solche.67 Die juristische Person charakterisiere ein Vermögensbestand – das Sondervermögen –, der für die Gläubiger der juristischen Person reserviert sei; mit seiner Abspaltung vom Vermögen der Mitglieder mache er die juristische Person aus.68 Ein Kapitalstock sei somit für eine juristische Person notwendig; ohne ihn könne die juristische Person als gleichsam verselbstständigte Vermögensmasse nicht existieren.69 Die Haftungsbegrenzung muss sich konstruktiv aber keinesfalls an die juristische Person als Sondervermögen anschließen.70 Nur wenn sich juristische Person und Haftungsfreistellung der Gesellschafter miteinander verbinden, muss, nach deutschem Verständnis, ein bestimmter Kapitalstock sichergestellt sein, um ein Unternehmen betreiben zu dürfen.71 „Preis“ kann daher unterschiedlich verstanden werden: zum einen als persönliches Opfer für die eigene Haftungsbegrenzung; zum anderen als notwendige Voraussetzung für die Existenz der juristischen Person mit einer Haftungsfreistellung. Begreift man das Mindestkapital als Preis für den Zugang zur begrenzten Haftung, verkommt es wegen seiner willkürlichen und betriebsunabhängigen Höhe zu einer reinen Eintrittskarte.72 Der Preis alleine beschreibt zudem zwar eine Wirkung des Mindestkapitals aber weder dessen Zweck, noch liefert er eine Erklärung für das sonstige Nominalkapital. Warum gerade die gesetzlich vorgesehene Höhe an Nominalkapital aufgebracht werden muss, erklärt das Preisargument nicht. Dem Argument, Nominalkapital sei ein konstruktives Element der juristischen Person, muss schon mit Blick auf das US-amerikanische Gesell66  Wiedemann, in: Die Haftung des Gesellschafters in der GmbH, S. 5 (18); Lutter, Kapital, S. 52; Heil, NZG 2001, 913; siehe auch Adams, Ökonomische Theorie des Rechts, S. 246 f. 67  Kronstein, Die abhängige juristische Person, S. 70; Lutter, Kapital, S. 51. 68  Raiser, AcP 199 (1999), 104 (135); Wiedemann, WM Sonderbeilage 4 / 1975, 8. 69  Wiedemann, WM Sonderbeilage 4 / 1975, 8 f. 70  Wiedemann, WM Sonderbeilage 4 / 1975, 11 anders aber Wilhelm, Rechtsform und Haftung, S. 288; so auch Raiser, in: FS Lutter, S. 637 (640), dieser geht sogar noch weiter, und zieht alle Gesamthandschaften, denen volle Rechtsfähigkeit zuerkannt wird, unter den Begriff der juristischen Person, vgl. Raiser, AcP 199 (1999), 104 (108, 135). 71  Der eingetragene Verein als juristische Person darf kein Unternehmen betreiben. 72  Wiedemann, in: Die Haftung des Gesellschafters in der GmbH, S. 5 (18).

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

schaftsrecht73 entgegengetreten werden. Dieses zeigt, dass juristische Personen existieren können, auch ohne gesetzliches Nominalkapital zu besitzen.74 Ähnliches zeigt auch die Entwicklung bei der UG (haftungsbeschränkt). Zwar ist noch ein obligatorischer Euro von Nöten, dieser eher symbolische Geldbetrag kann aber nicht wirklich Nominalkapital zum konstruktiven Element einer juristischen Person machen – was im Übrigen der Idealverein beweist. Das deutsche Recht hat sich zwar für ein System festen Kapitals entschieden, dies ist aber nicht die einzig denkbare Lösung. Daher kann nicht behauptet werden, eine wirtschaftlich tätige juristische Person könne nur mit festem Kapital existieren. Das Preis-Argument kann nicht das Mindestnominalkapital, aber die sonstigen Nominalkapitalbeträge erklären. Es kommt mithin für die vorliegende Untersuchung als Zweck nicht in Betracht. c) Seriositätsschwelle Über das Preis-Argument hinaus wird das Mindestnominalkapital als Seriositätsschwelle begriffen.75 Das Mindestkapital sei ein persönliches Opfer für die Gesellschafter. Dadurch, dass es erst aufgebracht werden muss, bevor die Haftungsfreistellung wirke (§ 7 Abs. 2, 3, § 8 Abs. 2 GmbHG; § 36 Abs. 2, § 36a Abs. 1 AktG), sollen unseriöse Gesellschafter von der Gründung einer Kapitalgesellschaft abgehalten werden. Im Ergebnis soll damit der Missbrauch der haftungsbeschränkten Gesellschaftsform unterbunden werden.76 Dieser Zweck wurde dem Stammkapital schon in der Begründung zum GmbHG zugeschrieben.77 Das Mindeststammkapital betrug damals 73  Als Beispiel etwa Kalifornien, das mit dem California Corporation Code schon 1975 das System des festen Kapitals abgeschafft hat. Auch der als Muster für die bundesstaatlichen Gesellschaftsrechte dienende Model Business Corporation Act 2005, der von der American Bar Assosiation herausgegeben wird, löst sich vom festen Kapital. In § 6.21 gibt er die Möglichkeit, Aktien auch ohne Nennbetrag und gegen jedwede Gegenleistung auszugeben. 74  Merkt, ZGR 2004, 305 (313). 75  Siehe nur: Eidenmüller / Grunewald / Noack, in: Lutter (Hrsg.), Das Kapital der AG in Europa, 17 (30 f.); Fabricius, GmbHR 1970, 137 (138 f.); Goette, DStR 2005, 197 (198); ders., ZIP 2005, 1481 (1482); Schäfer, in: Henssler / Strohn (Hrsg.), GesR, § 5 GmbHG, Rn. 3; K. Schmidt, GesR, § 18 II 4a; Wiedemann, ZGR 2003, 283 (295); U. H. Schneider, ZGR 1984, 497 (509). 76  Eidenmüller / Grunewald / Noack, in: Lutter (Hrsg.), Das Kapital der AG in Europa, 17 (30 f.); Goette, DStR 2005, 197 (198); ders., ZIP 2005, 1481 (1482); K. Schmidt, GesR, § 18 II 4a; Wiedemann, ZGR 2003, 283 (295). 77  Stenografische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, VIII Legislaturperiode, 1. Session 1890 / 92 Nr. 600, S. 3715 (3729).



II. Untersuchungsgegenstand Nominalkapital

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20 000 Reichsmark, was angesichts der Kaufkraft ein Vielfaches des heutigen Wertes bedeutete.78 Seriositätsfunktion kann aber nur das Mindestnominalkapital entfalten. Jeder Betrag, der von den Gesellschaftern frei gewählt werden kann, kann nicht abschrecken und auch Missbräuche nicht verhindern. Für die vorliegende Untersuchung kommt dieser Erklärungsansatz damit nicht infrage. d) Betriebskapital und Verlustpuffer Neben den bislang erläuterten Gründen wird genannt: Das Nominalkapital sei notwendig als „Betriebsfonds zur Erhaltung des Unternehmens“79. So sieht dies auch der BGH, der die Funktion als Haftungs- und Kreditgrundlage der Gesellschaft betont.80 Als Betriebskapital stehe das Nominalkapital der Gesellschaft zur Verfügung und lasse diese operativ tätig werden. Damit ist gemeint: Die Gesellschaft kann damit etwa Waren kaufen und Schulden begleichen. Das Nominalkapital ist Eigenkapital; das ergibt sich aus der Bilanz der Gesellschaft sowie dessen bilanzieller Wirkungsweise. Es wird als Posten des Eigenkapitals auf der Passivseite gebucht (§ 266 Abs. 3 HGB) und absorbiert als reiner Rechnungsposten Verluste der Gesellschaft. Als Unterschiedsbetrag zwischen Aktiva und Passiva vermindern Verluste der Gesellschaft somit das den Nominalkapitalbetrag ausmachende gebundene Vermögen. Deshalb wird dem Nominalkapital auch eine Verlustpufferfunktion ­zugeschrieben – die dem Betriebskapitalargument gleicht.81 Hätte die Kapitalgesellschaft kein Nennkapital (sowie kein anderes Eigenkapital), würden kleinste Verluste zur Überschuldung (§ 19 InsO) führen. Das Nennkapital habe daher die Aufgabe, Verluste abzufangen und so die Überschuldung zu verhindern; andernfalls müssten die Geschäftsführer und Vorstände Insolvenzantrag stellen (§ 15a InsO) – das Nominalkapital wirke somit auch als Bestandsschutz.82 78  Knurr, Probleme der GmbH Reform, 165 (175), zitiert nach: Priester, ZIP 2005, 921, weist darauf hin, dass die 20 000 Reichsmark ausreichten, ein Eigenheim zu errichten. 79  Müller-Erzbach, Handelsrecht, S. 246; so auch übernommen von Lutter, Kapital, S. 51. 80  BGH v. 14.03.1977, BGHZ 68, 191 (195). 81  Lutter, ZGR 1982, 244 (249); Priester, in: Schröder (Hrsg.), Die GmbH im europäischen Vergleich, S. 161 (166); Wilhelmi, GmbHR 2006, 13; Barta, GmbHR 2005, 657 (659). 82  Lutter, ZGR 1982, 244 (249).

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

Es stimmt: Durch seine Funktion als Eigenkapital dient das Nominalkapital als Haftungs- und Kreditgrundlage. Damit ist aber noch keine Aussage für den Zweck des Nominalkapitals gegeben. Immerhin erfüllt diese Funktion auch das sonstige Eigenkapital. Wenn es der Zweck des Nominalkapitals wäre, einen Betriebsfonds zu schaffen, müsste dieses eine Verbindung zum Kapitalbedarf der Gesellschaft haben. Einen solchen bietet weder die starre Grenze des Mindestkapitals,83 noch ist überhaupt nachgewiesen, dass Gesellschaften ein bestimmtes Mindesteigenkapital benötigen.84 Oberhalb des Mindestnominalkapitals ist der Verlustpuffer dann der Willkür der Gesellschafter überlassen. Wenn aber Verluste abzufangen Hauptfunktion des Nominalkapitals wäre, ist es kaum zu verstehen, warum dieser Betrag von den Gesellschaftern nach eigenem Ermessen festgesetzt werden darf.85 Dass die Betragshöhe losgelöst vom konkreten Gesellschafts-Risiko und weitgehend beliebig ist, zeigt, dass Nominalkapital zwar als Verlustpuffer dient (schon rein rechnerisch), die Verlustpufferfunktion aber nicht Zweck des Nominalkapitals sein kann. Gerade auch, weil sich das Nominalkapital in dieser Hinsicht nicht vom sonstigen Eigenkapital unterscheidet. Dieser Erklärungsansatz kann für die vorliegende Arbeit daher nicht her­ halten. e) Gläubigerschutz aa) Gläubigerschutz als allseits anerkannter Zweck Es bleibt: der Gläubigerschutz. Dieser wurde und wird als Hauptmerkmal des Nominalkapitals angesehen.86 Gläubigerschutz meint die Notwendigkeit, Gläubiger der Gesellschaft in Schutz zu nehmen vor den negativen Folgen der eigenständigen Rechtspersönlichkeit der juristischen Person, also der Trennung vom Privatvermögen ihrer Gesellschafter. Es sollen nicht die finanziellen Risiken der Gesellschaft vollständig auf die Gläubiger verlagert werden, während die Vorteile den Gesellschaftern zugutekommen. Daher 83  Eidenmüller,

in: FS Heldrich, S. 581 (592); Blaurock, in: FS Raiser, S. 3 (9). American Economic Review 48 (1958), 261 (268). 85  Im Ermessen der Gesellschafter stehen natürlich nur die Nominalkapitalbeträge oberhalb des Mindestnominalkapitalbetrages. Mit der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) stellt sich die Freiwilligkeit aber noch drastischer dar. Hier steht die Wahl des Nominalkapitalbetrages wirklich im freien Belieben der Gesellschafter. 86  BGH v. 06.06.1994, BGHZ 126, 181 (197), für die GmbH Ebenroth, in: FS Trinkner, S. 119 (126) „die Vermögensbindung ist monofunktional“. Für die AG will er den Gläubigerschutz jedoch hintanstellen (S. 125); auch etwa Kronstein, Die abhängige juristische Person, S. 70; so etwa auch der Hinweis von Fabricius, GmbHR 1970, 137 (139); Pentz, in: Rowedder / Schmidt-Leithoff (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 1. 84  Modigliani / Miller,



II. Untersuchungsgegenstand Nominalkapital

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wird die Funktion des Nennkapitals als Sondervermögen zugunsten der Gläubiger hervorgehoben.87 Das Sondervermögen müsse im Falle der Insolvenz Kapital für die Befriedigung der Gläubiger bereitstellen; Nominalkapital diene als fester, nicht ausschüttbarer Teil des Gesellschaftsvermögens daher den Gläubigern zur Befriedigung ihrer Forderungen im Insolvenzfall.88 Notwendig sei dies, da die juristische Person, anders als natürliche Personen, mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder dessen Ablehnung aufgelöst werde (§ 60 Abs. 1 Nr. 4, 5 GmbHG; § 262 Abs. 1 Nr. 3, 4 AktG) und nach der Liquidation aufhöre zu existieren.89 Letztlich können sich die Gläubiger nur an dem Kapitalstock befriedigen, der im Insolvenzzeitpunkt vorhandenen ist. Der so begriffene Schutz der Vermögensinteressen der Gläubiger wurde sogar als „Realsicherung“ bezeichnet.90 Realsicherung bedeutet: Schutz der Gläubigerinteressen durch das reale Vorhandensein von Vermögen. Umgekehrt solle dieser Haftungs- oder Zugriffsfonds für die Gläubiger das Investitionsvermögen vom privaten Risiko und Vermögen der Gesellschafter trennen.91 Diese Trennung vom persönlichen Vermögen der Gesellschafter habe den Zweck, Aussagen über die Gesellschaft alleine anhand des Nennkapitals, ohne Verbindung zum Vermögen der Gesellschafter, treffen zu können.92 Und es bleibt festzustellen: Natürlich dient das Nominalkapital dem Gläubigerschutz! Denn wessen Interessen sollte es sonst dienen? Aber trotz aller Einigkeit in diesem Punkt sollte man einmal näher hinsehen. Trägt die Begründung des Gläubigerschutzes wirklich als Zweck für das Nominalkapital? Als Denkanstoß sei Folgendes gefragt: Wie kann der Zweck Gläubigerschutz die unterschiedliche hohe Festsetzung von Nominalkapital durch die Gesellschafter rechtfertigen? Müsste es nicht ausreichen, einen gewissen Gläubigerschutz zu haben? Auch muss man sich ernsthaft fragen, wie das Nominalkapital seine angebliche Schutzaufgabe gegenüber den Gläubigern erfüllen soll. Dazu sei der Aspekt des Gläubigerschutzes näher unter die Lupe genommen.

87  Lutter,

Kapital, S. 50. GmbHR 1970, 137 (139). 89  Fabricius, GmbHR 1970, 137 (139). 90  Müller-Erzbach, Handelsrecht, S. 246. 91  Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person, S. 335; ders., DB 1986, 2113 (2119); im Ergebnis wohl auch Lutter, Kapital, S. 51. 92  Armour, Modern Law Review 2000, 355 (372). 88  Fabricius,

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

bb) Kritik am Gläubigerschutz Zunächst muss festgestellt werden, dass der Gläubigerschutz richtigerweise nur reflexartig aus den Normen des Kapitalschutzes folgt. Die Gesellschaft ist Adressatin der Kapitalschutznormen.93 Die Gläubiger der Gesellschaft haben aus den Kapitalschutznormen94 gegen die Gesellschafter nur einen auf Zahlung an die Gesellschaft gerichteten Anspruch (vgl. etwa § 62 Abs. 2 AktG).95 Das Nominalkapital reicht auch nicht so weit, dass es als Puffer jederzeit auf einem Sonderkonto vorzuhalten wäre. Vielmehr ist das Nominalkapital gerade nicht gegen Verwirtschaftung geschützt und kann daher schon nach kürzester Zeit aufgebraucht sein. Der Kapitalschutz verhindert nur den „Rückfluss“ an die Gesellschafter.96 Auch besteht keine Pflicht für die Gesellschafter, das Nominalkapital durch Zahlung an die Gesellschaft wieder aufzufüllen.97 Würde es die Gläubiger wirksam schützen wollen, müsste seine Höhe mit der Art des Unternehmens im Zusammenhang stehen.98 Die starre Vorgabe des Mindestkapitals bringt für die Gläubiger zwar einen Mindestschutz; dieser steht hinsichtlich der Höhe von 25  000 EUR bzw. 50  000  EUR jedoch in der Regel außer Verhältnis zu den mit dem Unternehmen verbundenen Risiken und Kosten. Das Mindestkapital bildet nur ein minimales Fangnetz – als Erklärung für das sonstige Nominalkapital dient dies dann nicht mehr. Es wird keine dem Risiko angemessene Höhe garantiert. Das Nominalkapital schützt aber auch nicht wirklich gegen Verluste der Gläubiger.99 Verluste entstehen den Gläubigern der Gesellschaft, wenn ihre 93  Ulmer, in: FS Pfeiffer, S. 853 (860); ders., AG 1986, 123 (125); i. E. auch Brammsen, DB 1989, 1609 (1610); Fleck, ZGR 1990, 31 (38); a. A., jegliches Eigeninteresse der juristischen Person verneinend Adams, AG 1989, 333 (337 f.). 94  Daneben bestehen die üblichen Ansprüche aus Durchgriffshaftung. 95  Dies haben Lutter, in: KölnKomm AktG, 1. Aufl. 1985, § 62 Rn. 28  und Bungeroth, in: Geßler / Hefermehl (Hrsg.), AktG, 1. Aufl., § 62 Rn. 49 f. erstmals festgestellt. Später hat sich dem der BGH obiter dictum in seinem Urteil vom 29.09.1977, BGHZ 69, 274 (284) dem angeschlossen. Heute ist diese Sichtweise weitgehend anerkannt. 96  Würdinger, Aktienrecht, S. 32, der den Begriff der Staumauer geprägt hat; dem folgend: Heidinger, DNotZ 2005, 97 (104); so auch: Schön, Der Konzern 2004, 161 (165); Armour, Modern Law Review 2000, 355 (371). 97  Lutter, Kapital, S. 51; Mülbert, Der Konzern 2004, 151 (155). 98  Enriques / Macey, Cornell Law Review 86 (2001), 1165 (1185 f.). 99  Zumindest nicht mit seiner bilanziellen Wirkung. Dass es durch bessere Information den Gläubigern die Möglichkeit gibt, sich selbst zu schützen, wird unter II. 3. b) gezeigt.



II. Untersuchungsgegenstand Nominalkapital

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Forderungen nicht beglichen werden. Dies kann nur in der Überschuldungssituation der Gesellschaft der Fall sein. In diesem Fall ist aber zu bedenken: Als reiner Rechenposten existiert das Nominalkapital nur dann, wenn die Aktiva die Passiva der Gesellschaft übersteigen. Ist die Gesellschaft überschuldet, ist das Gebundene Vermögen, also der Nominalkapitalbetrag, daher definitionsgemäß schon aufgebraucht.100 Es wirkt nur dahin gehend, eine Überschuldungssituation weniger schnell eintreten zu lassen. Dies bewirkt aber jedes Eigenkapital. Darüber hinaus ist auch die mit dem Gläubigerschutz in einem Atemzug genannte Garantiefunktion101 des Nominalkapitals nichtssagend. Eine Garantie übernehmen die Nominalkapitalregeln nur dafür, dass das Kapital zum Gründungs- oder Kapitalerhöhungszeitpunkt vorhanden ist.102 Und auch hier reicht es, einen Teilbetrag einzuzahlen (§ 7 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3, § 8 Abs. 2 GmbHG; § 36 Abs. 2, § 36a Abs. 1 AktG). Im Ergebnis garantiert das Nominalkapital nur die einmalige Haftung der Gesellschafter in versprochener Höhe; nicht jedoch, dass der Nominalkapitalbetrag jederzeit vorhanden ist. Zwar muss, bevor die Gesellschaft Gewinne ausschütten kann, der Nominalkapitalbetrag im gebundenen Vermögen zunächst wieder durch Gewinne aufgefüllt sein; eine Aussage darüber, wie viel Vermögen zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Verfügung steht, macht es aber nicht. Zudem muss Gläubigerschutz danach differenziert werden, um welche Art Gläubiger es sich handelt. Für vertragliche Gläubiger bietet das Nominalkapital die Möglichkeit, Informationen über ihren Vertragspartner einzuholen. Sie können sich im Handelsregister über die Höhe des Nominalkapitals informieren (man beachte hier die Publizitätsrichtlinie103 und die Zweigniederlassungsrichtlinie104). Zu den Wirkungen dieser Informationsmöglichkeit sogleich. Deliktische Gläubiger hingegen können diese Informationen nicht einholen und sich ihren Schuldner auch nicht aussuchen. Kombiniert mit dem Hinweis darauf, dass die Nominalkapitalregeln keine Garantie für einen suffizienten Haftungsfonds geben, hat das Nominalkapital für deliktische Gläubiger bloß symbolische Bedeutung.105

100  Mülbert,

DStR 2001, 1937 (1942); ders., Der Konzern 2004, 151 (154). in: Meyer-Landrut / Miller / Niehus (Hrsg.), GmbHG, § 5 Rn. 5; Roth, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 5 Rn. 5. 102  Fabricius GmbHR 1970, 137 (139); Blaurock, in: FS Raiser, S. 3 (9). 103  RL 2009 / 101 / EG, ABl. Nr. L 258, S. 11. 104  RL 1989 / 666 / EWG, ABl. Nr. L 395, S. 36. 105  Armour, Modern Law Review 2000, 355 (371); Schön, Der Konzern 2004, 161 (165). 101  Meyer-Landrut,

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

cc) Ergebnis Das Nominalkapital dient dem Gläubigerschutz! Aber angesichts der hier geäußerten Kritik an der Wirkungsweise und der Wirksamkeit des Gläubigerschutzes reicht dies als Zwecksetzung nicht aus. Es wird damit nicht die Frage beantwortet, warum gerade unterschiedlich hohe Nominalkapitalbeträge von den Gesellschaftern gewählt werden und welchen Zweck eine Nominalkapitalerhöhung hat. Es reicht ebenfalls nicht, sich auf den pauschalen Hinweis zu versteifen, ein höheres Nominalkapital sei besser für die Gläubiger und müsse schon deshalb schutzwürdig sein. Zwar ist es richtig, dass die Beteiligung am Vermögen der Gesellschaft die Gesellschafter von überhöhtem Risiko abhält,106 erst die Wirkungsweise des Nominalkapitals kann eine solche daraus folgende gläubigerschützende Wirkung aber erklären. Außerdem muss man aufpassen, denn bislang ist der bloße Zusammenhang – ein höheres Eigenkapital senke die Insolvenzanfälligkeit – nicht bewiesen.107 Man sollte daher den Begriff des Gläubigerschutzes für einige Zeit verlassen und nach einer Antwort suchen, die die Mechanik des Nominalkapitals besser beschreibt. Schon deshalb, weil andernfalls der Gläubigerschutz als Totschlagargument für eine Ausdehnung der Kapitalschutznormen herhalten könnte. Das alleine würde aber nicht reichen, um die Frage zu beantworten, wie weit dafür die Kapitalschutznormen ausgedehnt werden müssen. Dies kann nur eine differenziertere Betrachtung des Nominalkapitalzwecks. f) Zusammenfassung Damit zeigt sich Folgendes: Die Kritik gegen die bislang genannten Funktionen des Nominalkapitals ist weitgehend stichhaltig. Der Preis fällt schon wegen der fehlenden Zweckbegründung aus der Überlegung heraus. Eine Seriositätsschwelle stellt nur das Mindestkapital zum Teil noch dar108 – dies erklärt aber nicht das sonstige Nominalkapital. Der Zweck, der Gesellschaft ein bestimmtes Betriebskapital zur Verfügung zu stellen, kann die über dem Mindestkapital liegenden Nominalkapitalbeträge nicht rechtfertigen. Für die Eintragung der Gesellschaft reicht es, einen Teil des vereinbarten Nominalkapitals aufzubringen. Außerdem wäre sonst nicht einzusehen, 106  So etwa Eidenmüller / Engert, GmbHR 2005, 433 (435). Man sieht diese Komponente in der modernen Diskussion nach der Banken- und Finanzkrise sehr deutlich, etwa auch in den verschärften Eigenkapitalquoten nach Basel III. 107  Vgl. Schneider, Investition, Finanzierung und Besteuerung, S. 599, 654. 108  So auch Schön, ZHR 166, (2002), 1.



II. Untersuchungsgegenstand Nominalkapital

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warum ein freiwillig höherer Nominalkapitalbetrag Schutz verdienen sollte. Immerhin – so könnte man behaupten – hat sich der Gesetzgeber für die Schwelle von 25  000 EUR bzw. 50  000 EUR entschieden. Das Kapital muss, wie oben gesehen, weder vorhanden sein, noch eine der Gesellschaft angemessene Höhe erreichen. Letzteres bezwecken die Regeln des Nominalkapitals auch gar nicht. Der deutsche Gesetzgeber überlässt es weitgehend den Gesellschaftern, wie sie ihre Gesellschaft finanzieren; innerhalb der gesetzlichen Grenzen haben sie die freie Wahl. Auch als Haftungsfonds taugt das Kapital nicht viel. Geschützt ist das Nominalkapital nur gegen Ausschüttung, nicht aber gegen Verwirtschaftung. Gläubiger haben keine Garantie darauf, ihre Forderungen befriedigt zu bekommen. Viele sprechen dem Nominalkapital daher heute seine gläubigerschützende Wirkung ab.109 So weit will diese Arbeit nicht gehen. Es bleibt aber der Eindruck, dass es nicht ausreicht, den Gläubigerschutz hochzuhalten. Vielmehr sollte der Zweck des Nominalkapitals in dessen Wirkung gesucht werden. Also: Wie wird Gläubigerschutz verwirklicht? Darin liegt dann auch der Zweck des Nominalkapitals. 3. Nominalkapital als Signal? Auf der Suche nach einem Zweck des Nominalkapitals könnte man, wie Bitter, dessen gesellschafterschützende Wirkung hervorheben.110 Damit würde man aber die abstrakte Wirkung des Nominalkapitals nicht erfassen. Immerhin zielt das Nominalkapital gerade auf die Gläubiger ab. Die Vielzahl höchstrichterlicher Entscheidungen macht deutlich, dass es die Gläubigerinteressen sind,111 wegen derer die Kapitalschutzvorschriften durchgesetzt und ausdifferenziert werden. Der überzeugendste moderne Erklärungsansatz ist m. E.: Der Nominalkapitalbetrag ist ein Signal.112 Die Signalwirkung des Nominalkapitals ist in der Literatur in verschiedenen Schattierungen anzutreffen: So wird das 109  Merkt, ZGR 2004, 305 (317); Klose-Mokroß, Gläubigerschutz, S. 70; Mülbert, Der Konzern 2004, 151 (155). 110  Bitter, ZHR 168 (2004), 302. 111  Dass die Gläubigerinteressen in den meisten Fällen vom Insolvenzverwalter durchgesetzt werden, kommt dabei aus der Regelungstechnik des Insolvenzrechts, spricht aber nicht dagegen, dass es sich letztlich um die Interessen der Gläubiger handelt. 112  Baums, ZHR 175 (2011), 160 (188) weist darauf hin, dass es sich hier eher um eine rechtlich gesicherte Erwartung als ein bloßes Signal handele. Da der Begriff des Signals aus der Wirtschaftswissenschaft stammt und sich gerade als eine Informationsaussendung innerhalb eines rechtlichen Systems darstellt, kann daran festgehalten werden.

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

Nominalkapital als ein „Signal hinsichtlich der Risikobereitschaft“113 der Gesellschafter oder als ein „kollektives Vertragsangebot“114 der Gesellschafter an alle Gläubiger bezeichnet. Es geht insgesamt aber darum, die wirtschaftswissenschaftliche Theorie des „signaling“ auf das Gesellschaftsrecht zu übertragen.115 Konkret soll die signaling-Theorie, wie sie in der Unternehmensfinanzierung ausgeprägt ist, übertragen werden.116 Der Gedanke hinter dieser Übertragung ist: Der Gesellschafter beweist dem Markt, dass er Vertrauen in seine Gesellschaft hat.117 Warum aber ist ein solcher Vertrauensbeweis notwendig und wie wirkt er? Ausgangspunkt ist die Haftungsbegrenzung der Kapitalgesellschaften. Ökonomisch sinnvoll ist diese wegen der Risikoaversion natürlicher Personen.118 Volkswirtschaftlich ist es wünschenswert, wenn in einer juristischen Person die Haftung für ein Unternehmen von der Mitgliedschaft an diesem getrennt wird. Dass für einen funktionierenden Kapitalmarkt Haftungsbegrenzungen notwendig sind, gilt heute als weitgehend gesichertes Wissen.119 Damit können Vorhaben verwirklicht werden, die volkswirtschaftlich wünschenswert sind, deren Risiko eine Einzelperson aber nicht zu tragen bereit wäre. Die notwendige Folge dieser Risikobegrenzung ist die Übertragung des Haftungsrisikos auf die Gläubiger der Gesellschaft. 113  Drygala, ZGR 2006, 587 (599); vom Signal spricht auch Servatius, Gläubiger­ einfluss durch Covenants, S. 55. 114  Erstmals Ekkenga, Anlegerschutz, S. 86 f.; ebenso Schön, Der Konzern 2004, 162 (166); ders., EBOR 5 (2004), 429 (438 ff.); ders., ZHR 166, (2002), 1 (4); zustimmend auch Baums, ZHR 175 (2011), 160 (184 f.); zweifelnd Merkt, ZGR 2004, 305 (319). 115  Siehe dazu sogleich. 116  C. C. v. Weizsäcker, Barriers to Entry, S. 131 f.; kritisch gegenüber der Signalwirkung: Schneider, Investition, Finanzierung und Besteuerung, S. 653; auf Dividendenausschüttungen bezogene Kritik von: Niedernhuber, Ausschüttungsregeln für Aktiengesellschaften, S. 124 ff.; einen anderen Ansatz der Signaling-Wirkungsweise präsentiert Ross, Bell Journal of Economics 8 (1977), 23. 117  Adams, Eigentum, Kontrolle und beschränkte Haftung, S. 40 f., der auf den wohl grundlegenden Aufsatz von Nelson, in: The Bell Journal of Economics 1981, 93 ff. verweist, dem er diesen Standpunkt entnommen haben will. Nelson hingegen erwähnt die Signalwirkung, die von der privaten Risikobereitschaft ausgehen soll, in seinen Untersuchungen der Unterschiede von Planwirtschaft und Kapitalismus nicht. Mülbert / Birke, EBOR 3 (2002), 695 (727); Barta, GmbHR 2005, 657 (660), Miola, ECFR 2005, 413 (478 f.). 118  Kleindiek, ZGR 2006, 335 (364). 119  Vgl. dazu etwa die Untersuchung von Halpern / Trebilcock / Turnbull, University of Toronto Law Journal, 30 (1980), 117; siehe dazu auch Adams, Ökonomische Theorie des Rechts, S. 241 ff.; aber etwa auch aus rechtsethischer Sicht Wüst, JZ 1992, 710.



II. Untersuchungsgegenstand Nominalkapital

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Das Problem dieser Haftungsübertragung ist, dass sie Anreize für die Unternehmensführer, wie auch dahinterstehende Gesellschafter bietet, für höhere Gewinne unverhältnismäßige Risiken einzugehen.120 Während die Gesellschafter an den Gewinnen überproportional beteiligt sind, tragen die Gläubiger weitgehend die Folgen des Scheiterns. Oder ökonomisch gewendet: Die Externalisierung des Unternehmensrisikos schafft Fehlanreize, zu hohe Risiken einzugehen. Die erhöhte Risikobereitschaft der Gesellschafter würde Gläubiger viel vorsichtiger werden lassen. Das hätte zur Folge, dass Kapitalgesellschaften am Markt nur zu unverhältnismäßigen Kosten agieren könnten, denn Fremdkapital stünde ihnen kaum noch – oder nur zu sehr hohen Zinsen – zur Verfügung. Eine deutsche Antwort auf diese systemimmanente Problematik ist das Nominalkapital. Es schafft als Institution einen Rahmen für Haftungszusagen, auf die sich der Markt verlassen kann.121 Zum einen beteiligt es zu einem Mindestbetrag alle Gesellschafter an den Unternehmensrisiken, zum anderen legt es darüber hinaus die Rahmenbedingungen für eine weitergehende Risikobeteiligung fest. Diese Rahmenbedingungen gelten für alle Kapitalgesellschaften. Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit sind die Folge. Damit werden Fehlanreize begrenzt und das Vertrauen in die Kapitalgesellschaft wird ganz allgemein gestärkt. Die konkrete Höhe der Haftungszusage wiederum sendet ein Signal an den Markt, inwieweit die Gesellschafter auf den Erfolg des eigenen Unternehmens vertrauen. Dass und wie dieser Vertrauensbeweis wirkt, soll nun in zwei Schritten gezeigt werden. Die Wirtschaftswissenschaft hat errechnet, wie die hohen Kosten der Kapitalbeschaffung unter anderem aus den Informationsunterschieden zwischen den verschiedenen Marktteilnehmern resultieren können und dass „signaling“ dafür eine Lösung darstellt. Daher soll zunächst der ökonomische Ansatz des „signaling“ erläutert und in einem zweiten Schritt gezeigt werden, dass Nominalkapital diese signalisierende Wirkung hat. a) „Signaling“ als Lösung für das Problem der „adverse selection“ Wie diese ökonomische Theorie des „signaling“ wirkt, soll zeigen, inwieweit sich der Zweck des Nominalkapitals damit deckt. Dazu werden die wichtigsten Eckpunkte des „signaling“ erläutert. 120  Siehe zum Nachweis dieses aus der Ökonomie entnommenen Argumentes Fn. 52 bei Baums, ZHR 175 (2011), 160 (183). 121  Kleindiek, ZGR 2006, 335 (364).

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

Informationen sind ungleich verteilt. Diese Wahrheit, so banal sie auch ist, muss für die Modelle der Ökonomie festgestellt werden.122 Wenn aber Informationen am Markt ungleich verteilt sind, führt dies zu vielerlei Problemen in den wirtschaftswissenschaftlichen Modellannahmen. So hat Akerlof 1970 nachgewiesen, dass die ungleiche Verteilung von Informationen über die Qualität von Gebrauchtwagen ohne Hilfsmaßnahmen zu einer adverse selection123 führen würde – also dem Herausdrängen der guten Waren aus dem Markt.124 Signaling könne dies jedoch verhindern. Bevor die ökonomischen Annahmen auf das feste Kapital übertragen werden, muss zunächst das Problem beschrieben werden, für welches signaling die Lösung ist. Dazu das Beispiel von Akerlof:125 Auf dem Gebrauchtwagenmarkt existieren Autos von verschiedener Qualität; der Einfachheit halber werden zunächst zwei Qualitäten angenommen.126 Käufern und Verkäufern ist generell bekannt, welche Qualitäten es gibt und auch wie oft diese vorkommen. Dem Verkäufer ist die Qualität seines Gebrauchtwagens bekannt, während die Käufer nicht um die wirkliche Qualität des angebotenen Autos wissen. Dieser Zustand wird als asymmetrische Informationsverteilung bezeichnet. Weiterhin gilt: Ein gutes Auto hat einen höheren Wert127 als ein schlechtes. Da die Käufer die Qualität des angebotenen Autos nicht kennen, können sie sich ausrechnen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für den Kauf eines schlechten Autos ist. Bringt man die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Qualitäten mit dem Wert für die betreffende Qualität zusammen, lässt sich der Preis errechnen, den ein rationaler Käufer am Markt für einen Gebrauchtwagen ausgeben würde. Dieser wird immer unter dem Preis für ein gutes Auto liegen. Kein rational handelnder 122  Richtigerweise muss die Wirklichkeit in eine wissenschaftlich verwertbare Form gebracht werden. Auch Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, S. 51 definiert die für die Betrachtung von Unternehmen wichtigen Bereiche der asymmetrischen Informationsverteilung. Für die vorliegende Betrachtung wird unten noch klargestellt, welche Informationen im Bereich des Nominalkapitals zwischen welchen Parteien ungleich verteilt sind. 123  Auf die oftmals gebrauchte Eindeutschung als „Adverse Selektion“ wird verzichtet. Sie hilft nicht weiter und ist keine Übersetzung. 124  Akerlof, Quarterly Journal of Economics 1970, 488. 125  Akerlof, Quarterly Journal of Economics 1970, 488 (489 ff.) – vereinfachte Wiedergabe. Für das Beispiel werden Annahmen getroffen, die in der Wirtschaftswissenschaft weitgehend akzeptiert sind. Danach handelt der Mensch als Homo oeconomicus in den Modellen voll rational und ist lediglich auf die Maximierung des eigenen Nutzens aus. Nur unter diesen Voraussetzungen lässt sich rechnen. 126  Akerlof nennt diese Qualitäten Zitrone, wenn es sich um ein schlechtes Auto handelt und Pfirsich, wenn es sich um ein gutes handelt. 127  Damit ist ein abstrakter Wert gemeint, der gerade nicht durch den Markt bestimmt wird.



II. Untersuchungsgegenstand Nominalkapital61

Verkäufer würde aber sein Auto unter Wert verkaufen. Lieber würde er das Auto gar nicht anbieten.128 Das würde dazu führen, dass sich die Verkäufer von guten Autos vom Markt zurückzögen. Damit würden nur noch schlechte Autos am Markt angeboten. Folge wäre eine Abwärtsspirale, an deren Ende ein Marktversagen stünde. Warum aber funktioniert der Gebrauchtwagenmarkt? Eine Antwort darauf lautet: Es gibt Garantien.129 Garantien dienen als Signale der Verkäufer über die Qualität der Autos. Wie Signale das Problem der asymmetrischen Informationsverteilung beseitigen können, hat Spence gezeigt.130 Sein Beispiel betrachtet die Ausbildung als Signal an den Arbeitsmarkt. Die Konstellation ist der von Akerlof sehr ähnlich: Wie es bei Akerlof zwei Typen von Autos gibt, gibt es bei Spence zwei Typen von Arbeitnehmern: produktive und weniger produktive. Spence geht davon aus, dass a) Bildung nicht die Produktivität steigere und b) es billiger (also einfacher) sei für produktivere Arbeitnehmer ein höheres Bildungsniveau zu erreichen als für weniger produktive.131 Die Arbeitgeber wüssten, dass es verschiedene Produktivitäten auf dem Arbeitsmarkt gebe, könnten aber vor der Einstellung nicht ersehen, welche Produktivität der Bewerber habe. Der Lohn solle sich nach der Produktivität der Arbeitnehmer richten. Spence zieht daraus den Schluss, dass die Ausbildung als Signal für die Qualität der Arbeitnehmer wirke. Ohne dies in Formeln wiederzugeben, ergibt es sich aus dem Folgenden: Mit höherer Bildung würden höhere Löhne verknüpft. Da als Annahme gelte, dass die Kosten für Bildung nicht linear steigen, erhöhe sich der Anteil an produktiven Arbeitnehmern mit steigender Bildung. Für weniger produktive Arbeitnehmer werde es mit zunehmendem Bildungsniveau immer unrentabler für einen höheren Lohn noch höhere Kosten aufzuwenden. Im Modell können Gehaltsstufen somit zum Differenzieren der Produktivitäten eingesetzt werden. Denn es ließe sich ein Schluss von der Bildung auf die Produktivität ziehen. – Diese starke Vereinfachung der Ergebnisse Spences bringt zwei interessante Folgen mit sich. Zum einen können für höhere Bildungsniveaus höhere Löhne gezahlt werden; denn die Wahrscheinlichkeit weniger produktive Arbeitnehmer einzustellen, wird mit höherem Bildungsniveau geringer. Für die Arbeitneh128  So

die Annahme der Wirtschaftswissenschaft. Quarterly Journal of Economics 1970, 488 (500). Dieses Garantiesystem ist im deutschen Kaufrecht mit der Gewährleistung institutionalisiert. Das für jedermann geltende System schafft damit etwas Ähnliches wie das Nominalkapital. 130  Spence, American Economic Review 92 (2002), 434; ders., Quarterly Journal of Economics 1973, 355. 131  Spence, Quarterly Journal of Economics 1973, 355 (358). 129  Akerlof,

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

mer bedeutet dies zum anderen aber auch, dass sie für höhere Gehaltsniveaus eine höhere Bildung anstreben müssen. Die Grundannahme, dass für die „bessere“ Gruppe ein „besseres“ Signal billiger zu haben ist, als für die „schlechtere“ Gruppe, macht die Betrachtung erst möglich. Dies zeigt auch das Beispiel des Gebrauchtwagenmarktes: Für qualitativ hochwertige Autos sind Garantien billiger. Die Kosten, auf die sich „billiger“ und „teurer“ beziehen, sind hierbei die Wahrscheinlichkeit, ob die Garantien in Anspruch genommen werden. Hat ein Auto eine hohe Qualität, ist es weniger wahrscheinlich, dass die Garantie in Anspruch genommen wird, als bei einem qualitativ schlechten Auto. Die Garantie lässt also Rückschlüsse auf das dahinterliegende Produkt zu. Denn mit steigenden Kosten wird das Signal für Anbieter schlechter Autos immer unrentabler.132 Die höhere Wahrscheinlichkeit, ein gutes „Produkt“ ab einer bestimmten Signalintensität zu erwerben, lässt auch die Bereitschaft zur Zahlung steigen (Löhne oder Preise). Damit können hochwertige Produkte auch zu einem angemessenen Preis abgesetzt werden. b) Übertragung der „signaling-Theorie“ auf das Kapitalgesellschaftsrecht – Folgerungen für den Zweck des Nominalkapitals Wie aber würde der Nominalkapitalbetrag wirken, wenn man ihn als Signal begriffe? Klar ist: Die Informationen am Kapitalmarkt sind ungleich verteilt.133 Ein Gläubiger kann nicht ohne Weiteres die Bonität der Schuldnergesellschaft erkennen. Wie die mit dieser asymmetrischen Informationsverteilung verbundenen Probleme134 durch das Nominalkapital als Signal eingedämmt werden können, soll im Folgenden untersucht werden. Sodann soll die rein ökonomischtheoretische Herleitung ins Juristische übersetzt werden.

132  Dies lässt sich letztlich nur sinnvoll in Formelsprache beweisen. Ein Blick in die Diagramme etwa bei Spence, Quarterly Journal of Economics 1973, 355 (358 ff.) zeigt dies. 133  Dass sich die theoretischen Grundlagen Akerlofs auch auf den Kapitalmarkt (Kreditmarkt) übertragen lassen, zeigen Stiglitz / Weiß, American Economic Review 71 (1981), 393. 134  Siehe oben S. 58.



II. Untersuchungsgegenstand Nominalkapital63

aa) Ökonomische Betrachtung – Nominalkapital wirkt als Signal gegen asymmetrische Informationsverteilung Um das Nominalkapital mit den Beispielen von Akerlof und Spence vergleichen zu können, muss gelten, dass ein höherer Nominalkapitalbetrag für „schlechte“ Gesellschaften teurer ist als für „gute“. Die Qualität der Gesellschaft muss hier vonseiten des Marktes aus betrachtet werden – also vonseiten der Gläubiger. Gute Gesellschaften sind demnach solche, bei denen das Risiko mit einer Forderung auszufallen geringer ist als bei anderen – also solche Gesellschaften, die weniger insolvenzgefährdet sind.135 Dabei ist darauf zu achten, dass es bislang keinen Beweis dafür gibt, dass die Hypothese stimmt, eine steigende Eigenkapitalquote mindere das Insolvenzrisiko.136 Die Qualität einer Gesellschaft ist vielmehr ein nicht messbarer Wert, der ausdrückt, dass die Gesellschaft nicht insolvent werden wird. Er dient hier als eine Art ex-post-Analyse der Gesellschaften und lässt sich nicht genau vorhersagen. Der Wert drückt aber die bessere Kenntnis der Gesellschafter über die Gesellschaft aus. Diese haben die Möglichkeit, die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen und können daher die Erfolgs- oder Misserfolgswahrscheinlichkeit tendenziell besser abschätzen (und beeinflussen) als Außenstehende. Die Kosten für die Gesellschafter liegen nicht darin, den Betrag des Nominalkapitals aufzubringen. Es geht also nicht darum, wie viel Geld die Gesellschafter der Gesellschaft zur Verfügung stellen.137 Vielmehr sind die Kosten für die Gesellschafter das Risiko, ihr Geld zu verlieren. Dies umso mehr, da ihre investierten Beträge zuerst aufgezehrt werden. Klar ist zwar, dass Gesellschafter auch ohne Insolvenz der Gesellschaft ihre Nominalkapitalbeträge nicht (oder nur unter den sehr strengen Voraussetzungen der Kapitalherabsetzung (§§ 58 ff. GmbHG, §§ 222ff. AktG)) aus der Gesellschaft entnehmen können. Sie können aber ihre Anteile handeln und so deren Gegenwert realisieren. Für die Gesellschafter einer insolvenzanfälligen Gesellschaft ist das Risiko mit ihrem investierten Geld auszufallen höher als für Gesellschafter einer soliden, finanzstarken Gesellschaft. Die Kosten (also das Ausfallrisiko) von Kapitalerhöhungen sind daher in der schlechten Gesellschaft höher als in der guten. Die Gesellschafter wissen auch (vermutlich138) darum. 135  Zur Argumentation, dass Gläubiger nur im Insolvenzzeitpunkt dem Risiko ausgesetzt sind, mit ihrer Forderung auszufallen, siehe oben II. 2. e) bb). 136  Schneider, Investition, Finanzierung und Besteuerung, S. 599, 654. 137  Denn das Geld könnte auch als Fremdkapital zur Verfügung gestellt werden. 138  Sicherheit, ob die eigene Gesellschaft scheitert oder nicht, hat kein Gesellschafter. Über die Möglichkeit, aktiv an ihren Geschicken mitzuwirken, und die

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

Das Nominalkapital dient als Signal der Gesellschafter an den Markt (bzw. zukünftige Gläubiger).139 Die künftigen Gläubiger können anhand dieses Signals besser beurteilen, wie die Gesellschafter zu ihrer Gesellschaft stehen. Sie haben einen zusätzlichen Anhaltspunkt (neben EigenkapitalQuoten, Cash-Flow-Raten und EBIT-Kennzahlen) um die Qualität der Gesellschaft beurteilen zu können. Aufgrund dieser Informationen werden sie eher bereit sein, den Preis (z. B. niedrige Zinsen für Fremdkapital) zu „bezahlen“, den die Gesellschaft wert ist. Umgekehrt haben die Gesellschafter ein Instrument, um am Markt bessere Preise zu erzielen. Wichtig ist festzustellen, dass das Signal kein objektives Instrument zur Feststellung der Insolvenzanfälligkeit der Gesellschaft ist.140 Es ist aber als Vertrauensbeweis der Gesellschafter eine Entscheidungshilfe für Gläubiger und bietet durch ein gesetzliches Rahmenwerk (Kapitalschutz) Zuverlässigkeit in seiner Aussage. Diese ökonomische Herleitung des Signals lässt sich auch durch recht­ liche Argumente stützen. bb) Rechtliche Fundierung der ökonomischen Annahme Ein Vertrauensbeweis der Gesellschafter ist notwendig, weil die private Vermögenssphäre von der der Gesellschaft getrennt ist. Investiert der Gesellschafter Vermögen als Nominalkapital, wird es als erstes von den Verlusten der Gesellschaft aufgezehrt. Es besteht darüber hinaus nur die (komplizierte) Kapitalherabsetzung bis zum Mindestnominalbetrag, um sich dieses gebundene Kapital zurückzahlen zu lassen. Zwar muss ein über den Mindestbetrag hinausgehender Nominalkapitalanteil nicht zwangsläufig eingezahlt sein (§ 7 Abs. 2, 3, § 8 Abs. 2 GmbHG; § 36 Abs. 2, § 36a Abs. 1 AktG), im Insolvenzverfahren werden die Gesellschafter auf diesen Betrag aber in Anspruch genommen. Der Gesellschafter wird somit an den Verlusten der Gesellschaft in Höhe ihres Anteils am Nominalkapital beteiligt. Insiderkenntnisse hat der Gesellschafter jedoch den besten Einblick in die Qualität der Gesellschaft. Diese Unbestimmtheit zeigt, dass die Signalwirkung nur eine Erwartung ausdrücken kann, man sie aber nicht in feste Werte gießen kann. 139  So ganz allgemein für das Eigenkapital Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, S. 55 f., der aber übersieht, dass gerade die Handelsregister-Fixierung das Nominalkapital erst zu dem Signal macht, das es ist. Sonstiges Eigenkapital hat diese Fixierung nicht, und kann daher auch nicht die gleiche Signalwirkung haben. 140  Diese Aussage kann richtigerweise nicht alleine aus dem Nominalkapital entnommen werden. Siehe auch die Kritik von: Schneider, Investition, Finanzierung und Besteuerung, S. 653; auf Dividendenausschüttungen bezogene Kritik von: Niedernhuber, Ausschüttungsregeln für Aktiengesellschaften, S. 124 ff.



II. Untersuchungsgegenstand Nominalkapital

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Die Höhe des Nominalkapitalbetrages macht somit deutlich, inwieweit die Gesellschafter bereit sind, privates Vermögen dem Risiko der Gesellschaft auszusetzen. Die Höhe der Risikobeteiligung lässt Gläubiger recht einfach erkennen, inwieweit die Gesellschafter im Gründungs- oder Kapitalerhöhungszeitpunkt an das Gelingen ihres Unternehmens geglaubt haben. Dieser Glaube bleibt, wegen der ausschüttungshemmenden Wirkung des Nominalkapitals aber auch (in etwas veränderter Form) weiter bestehen.141 Es bleibt dann zu erwarten, dass sie diesen Glauben auch mit ihrem Einfluss versuchen durchzusetzen. Das Signal Nominalkapital informiert demnach über die Sicht der Gesellschafter und bietet eine Vergleichsmöglichkeit mit anderen Gesellschaften. Die oben hergeleitete Signalwirkung muss, um das derzeitige Kapitalsystem erklären zu können, zweierlei erfüllen: Erstens muss es eine Wirkung auf Gläubigerseite haben, die erklären kann, warum so viele und strenge Regeln zu dessen Schutz entwickelt wurden. Zweitens muss es für die Gesellschafter mit Vorteilen verbunden sein, die mit seiner Stärke steigen, um zu erklären, aus welchem Grund viele Gesellschafter einen Betrag deutlich über dem gesetzlichen Mindestkapital wählen142. Banken und andere Großgläubiger haben mit ihrer Verhandlungsmacht die Möglichkeit, detaillierte Geschäftsinformationen von der Gesellschaft zu bekommen. Viele Gläubiger einer Gesellschaft können sich nicht so ein detailliertes Bild von der finanziellen Situation der Gesellschaft machen.143 Daher dient das Nominalkapital aufseiten der Gläubiger als leicht zugäng­ liche Informationsquelle. Gläubiger können durch den Blick ins Handelsregister Informationen über die Risikobereitschaft der Gesellschafter erlangen. Diese Information kann verglichen werden mit dem Eigenkapitalanteil einer Gesellschaft, der bekanntermaßen für Kreditentscheidungen wesentlich ist.144 Der Nominalkapitalbetrag alleine verrät zwar nichts über diesen Anteil, er bildet aber den Risikoanteil der Gesellschafter ab. Kreditgeber, insbesondere solche, die keine intensive Prüfung der Finanzen der Gesellschaft vornehmen, sehen durch die Höhe des Nominalkapitals schnell, wie hoch der Risikobeitrag des Gesellschafters zum Fortgang der Gesellschaft ist. Diese bei allen Kapitalgesellschaften existierende Haftungszusage stärkt 141  Siehe

dazu sogleich am Ende dieses Unterpunktes. Grundkapital der Volkswagen AG etwa betrug am 31.12.2007 1 015 233 400  EUR, das Stammkapital der Robert Bosch GmbH ca. 1,2 Milliarden EUR. 143  Drygala, ZGR 2006, 587 (600). 144  Drygala, ZGR 2006, 587 (601); Ekkenga, Anlegerschutz, S. 86; Schön, Der Konzern 2004, 162 (167). 142  Das

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

auch ganz generell das Vertrauen in haftungsbeschränkte Gesellschaften. Ein Missbrauch der haftungsbeschränkten Gesellschaftsform wird uninteressanter, je mehr eigenes Vermögen der Gesellschafter einsetzt. Ohne eine Beteiligung am Risiko der Gesellschaft wären die Gesellschafter viel risikobereiter und würden dieses erhöhte Risiko auf die Gläubiger abwälzen.145 Damit zeigt sich auch der für die Gesellschafter wichtige Zweck desjenigen Nominalkapitals, das über den Mindestbetrag hinausgeht. Mit einem höheren Nominalkapitalbetrag kann der Gesellschafter seinen substanziellen Anteil am Risiko der Gesellschaft abbilden. Damit sind nicht nur erhöhte Investitionen von Gläubigern zu erreichen, die Erhöhung des Nominalkapitals kann auch eine wesentliche Rolle in der Krise der Gesellschaft spielen.146 Ist eine Gesellschaft oder auch eine ganze Branche in der Krise, kann eine Kapitalerhöhung, also die Mehrbeteiligung der Gesellschafter am Verlustrisiko der Gesellschaft, den Gläubigern signalisieren, dass die Gesellschafter an den Erfolg ihrer Gesellschaft glauben. Diese Botschaft kann, wie im Falle der Versicherungsbranche nach dem Zusammenbruch der Mannheimer Lebensversicherungs AG im Jahr 2003, auch das Vertrauen in eine ganze Branche stärken.147 Die zukünftigen Gläubiger, die selbst keinen Blick in das Unternehmen werfen können, erhalten somit eine Einschätzung derjenigen, die die Geschicke der Gesellschaft steuern können. Diese Wirkung kann das Nominalkapital nur haben, weil alle Gesellschaften diesbezüglich nach den gleichen Regeln spielen müssen. Kombiniert man die Bindung des Nominalkapitals in der Gesellschaft und die Möglichkeit, die Nominalkapitalbeträge der unterschiedlichen Gesellschaften miteinander vergleichen zu können, entfaltet sich die Wirkung des Signals. Um diese sicherzustellen, sind die strengen Kapitalschutzvorschriften nötig. cc) Zwischenergebnis Die Übertragung des ökonomischen Erklärungsansatzes zeigt: Als Signal dient das Nominalkapital dazu, Gläubigern die Qualität der Gesellschaft besser zu beweisen. Darin genau äußert sich der oben noch als unzureichende Begründung abgelehnte Gläubigerschutz. Die Information des Signals lässt Gläubiger auf informierter Grundlage selbst entscheiden und hilft ihnen damit dabei, sich selbst zu schützen. 145  Eidenmüller / Engert,

GmbHR 2005, 433 (435). ZGR 2006, 587 (601). 147  Drygala, ZGR 2006, 587 (601). 146  Drygala,



II. Untersuchungsgegenstand Nominalkapital67

Das Nominalkapital ist nicht das einzige148 oder gar beste Indiz für Unternehmensqualität, trägt aber dazu bei, diese zu erfassen. Es könnte nun entgegnet werden, das Nominalkapital enthalte lediglich eine Aussage für den Zeitpunkt der Gründung oder der Kapitalerhöhung.149 Das stimmt aber nur zum Teil. Denn das Nominalkapital dient als „Staumauer“,150 so dass auch, wenn es einmal aufgebraucht ist (der Stausee also leer ist), zukünftig nur dann Gewinne ausgeschüttet werden können, wenn es wieder aufgefüllt ist (der See also wieder voll ist).151 Ein hoher Nominalkapitalbetrag besagt also auch, dass die Gesellschafter bereit sind, so lange auf Gewinnausschüttungen zu verzichten, bis das Nominalkapital aufgefüllt ist. Damit riskieren sie die erneute Möglichkeit eines Verlustes von quasi „eigenem Geld“152. Die Signalaussage des Nominalkapitals hält also – mit leicht verändertem Inhalt – an. 4. Ergebnis Es hat sich gezeigt, dass es nicht mehr ausreicht, den Gläubigerschutz als Zweck für das Nominalkapital heranzuziehen. Insbesondere dann nicht, wenn gar nicht klar ist, wie der sog. Gläubigerschutz wirken soll.153 Die moderne Erklärung – das Nominalkapital sei ein Signal der Gesellschafter an den Markt – deckt das Nominalkapital in seiner eigenständigen Funktion als festes Kapital im heutigen Kapitalgesellschaftsrecht auf. Das Nominalkapital mag in der Kritik stehen, im deutschen Recht erfüllt es aber seine Funktion, die ihm nur dank des starken Kapitalschutzes auch in dem Maße zukommt. Gleichzeitig aber bestimmt der Zweck auch die Reichweite: Geschützt werden muss das Signal vor Verfälschung. Insbesondere die Wirtschaftswis148  Zusätzliche Systeme stellt Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, S. 57 ff. überzeugend dar. 149  So Kübler, Aktie, Unternehmensfinanzierung und Kapitalmarkt, S. 30; ders., WM  1990, 1853 (1855). 150  Würdinger, Aktienrecht, S. 32. 151  So auch Ekkenga, Anlegerschutz, S. 88, der daher zu Recht darauf hinweist, dass Kübler mit seiner Ansicht, das Nominalkapital verliere kurz nach der Gründung oder Kapitalerhöhung seine Aussage, falsch liegt. 152  In Gesellschaften mit geringeren Nominalkapitalbeträgen hätte man sich die Gewinne als Dividenden auszahlen lassen können; es wäre also eigenes Geld ge­ wesen. 153  Es sei nur am Rande auf die Untersuchung Steffeks, Gläubigerschutz in der Kapitalgesellschaft, S. 43 ff., verwiesen. Steffek weist recht anschaulich nach, dass nicht einmal das Interesse der Gläubiger so klar zu bestimmen ist, wie dies von vielen Autoren behauptet wird.

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

senschaft gibt vor, dass das Signal nicht von denjenigen kopiert werden darf, die dessen Lasten nicht tragen.154 Wichtigstes Merkmal ist dabei die Risikobeteiligung der Gesellschafter. Sie müssen immer mit ihrem versprochenen Anteil (den im Handelsregister ausgewiesenen) am Risiko der Gesellschaft beteiligt bleiben. Wann genau die Gesellschafter nicht mehr das Risiko an der Gesellschaft tragen, gilt es in den folgenden Abschnitten zu klären.

III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände– Entwicklung einheitlicher Zurechnungskriterien Im Folgenden werden die beiden Untersuchungsgegenstände – verbundene Unternehmen und Nominalkapital – zusammengeführt, um einheitliche Zurechnungskriterien zu finden. Beteiligen sich verbundene Unternehmen an kapitalschutzrelevanten Geschäften, stellt sich die Frage nach der Reichweite der Kapitalschutznormen, ob also die Geschäfte noch von den Kapitalschutznormen erfasst sind. Die zu überprüfende Hypothese lautet: Diese Reichweite ist für den gesamten Kapitalschutz einheitlich zu bestimmen. Diese Hypothese folgt daraus, dass sich alle Kapitalschutzvorschriften von einem einheitlichen Schutzobjekt, dem Nominalkapital, her ableiten lassen. Um diese Hypothese zu überprüfen, werden zunächst einheitliche Voraussetzungen für die Normen des Kapitalschutzes aufgestellt. Diese Voraussetzungen werden dann mit den Sachverhalten verbundener Unternehmen zusammengeführt. Daraus ergeben sich die sogenannten Zurechnungsprobleme, die sodann für den gesamten Kapitalschutz einheitlich offen liegen. In diese weiße Landkarte kann anschließend mit dem Zweck des Nominalkapitals die Grenze des Kapitalschutzes eingezeichnet werden. Doch wie werden die Untersuchungsgegenstände zusammengeführt? Dazu muss als Erstes geklärt werden, wie das Gesetz die Signalwirkung des Nominalkapitals verwirklicht. Essenziell für die Signalwirkung ist dessen Glaubwürdigkeit. Risikobereitschaft, und damit eine Aussage hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Unternehmens, kann das Nominalkapital nur signalisieren, wenn die Gesellschafter auch wirklich ein Risiko in versprochener Höhe übernommen haben – wenn also der Nominalkapitalbetrag im Handelsregister mit dem tatsächlich übernommenen Risikobetrag übereinstimmt. 154  Das ergibt sich aus der Betrachtung von Spence, Quarterly Journal of Economics 1973, 355 (358). Demnach kann das Signal nur dann wirken, wenn es nicht imitiert werden kann. Andernfalls verlöre es seine Funktion.



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände69

Das gesamte Kapitalsystem basiert daher auf dem Vertrauen des Marktes, dass die Signalwirkung sichergestellt wird. Wenn die Gesellschafter ihr Vermögen aus der Gesellschaft wieder abziehen könnten, würde das Risiko, dass das Unternehmen scheitert, alleine bei den Gläubigern liegen. Die Gläubiger trügen dieses Risiko in gleichem Maße, wenn von vorneherein der Nominalkapitalbetrag nicht übertragen wäre. Schlimmer noch, die Gesellschafter würden die Marktteilnehmer täuschen, indem sie eine Risikobeteiligung behaupten, die sie nicht tragen155. Sie könnten Gläubiger dazu bewegen, Kredite zu gewähren unter dem falschen Eindruck, sie trügen ein höheres Risiko. Umgekehrt würde die geringere Risikobeteiligung die Gesellschafter zum Eingehen höherer Risiken veranlassen,156 mit denen die Gläubiger nicht gerechnet haben. Folge wäre ein Vertrauensverlust in die Kapitalgesellschaften allgemein – mit den oben skizzierten Folgen157. Es ist demnach Aufgabe der Kapitalschutznormen, die Ernsthaftigkeit der Risikozusagen zu garantieren.158 Das heißt: Verboten ist alles, was die Risikobeteiligung des Gesellschafters entgegen den Aussagen des Nominalkapitals verringert. Die Regeln bezüglich der Kapitalaufbringung stellen auf verschiedene Weise sicher, dass das Nominalkapital wirksam aufgebracht wird. Nötig wird das, da es grundsätzlich möglich ist, die Risikozusage statt in Geld in anderen Vermögenswerten zu leisten (§ 5 Abs. 4 GmbHG, § 27 Abs. 1 AktG). Denn, ob der Gesellschafter Geld oder sonstiges Vermögen einsetzt, macht wertmäßig keinen Unterschied. Weil aber der Wert von Sacheinlagen nicht wie der von Geld feststeht, müssen Sacheinlagen in der Satzung offengelegt und bewertet werden (§ 5 Abs.  4  GmbHG, §§ 27 Abs. 1, 33 Abs. 2 Nr. 4 AktG). Andernfalls könnten die Gesellschaft und der Gesellschafter fiktive Werte aushandeln. Die Vorschriften über die verdeckte Sacheinlage (§ 19 Abs. 4 GmbHG, § 27 Abs. 3 AktG) verbieten es, diese präventiven Kontrollen zu umgehen. Es ist danach verboten, die Geldeinlagen, wie von vorneherein geplant, dazu zu nutzen, einen Vermögenswert vom Gesellschafter zu erwerben. 155  Die Gesellschafter behaupten eine bestimmte Risikobeteiligung durch das Veröffentlichen des Nominalkapitalbetrages im Handelsregister. Damit wird die Aussage zur Risikoübernahme öffentlich gemacht. 156  Wie oben schon gesehen, ergibt sich das aus den Untersuchungen der Wirtschaftswissenschaften, vgl. Fn. 120. 157  Vgl. oben S. 59. 158  Die Ernsthaftigkeit wird auch zusätzlich noch durch andere Institute garantiert. Nicht aus den Augen gelassen werden darf die Durchsetzung der Haftungsansprüche, die zumeist erst im Insolvenzverfahren aufgedeckt werden. Zu den damit verbundenen Problemen vgl. Haas, GmbHR 2006, 505.

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

Andernfalls würde es sich im Ergebnis um eine Sacheinlage handeln. Das Problem wäre, dass die Sache nicht ihren Preis wert sein muss und so die Gesellschafter letztlich das Nominalkapital doch nicht eingezahlt hätten. Das Gesetz betrachtet daher pauschal die Einlageschuld als nicht erbracht, rechnet aber den tatsächlichen Wert des Gegenstandes auf die Einlageschuld an (§ 19 Abs. 4 Satz 1 a. E., 3 GmbHG, § 27 Abs. 3 Satz 1 a. E., 3 AktG). Übrig bleiben: die auf eine Differenzhaftung hinauslaufende Einlagenforderung und das abstrakte Verbot die Sacheinlagenvorschriften zu umgehen. Letzteres resultiert unter anderem aus den strafrechtlichen Folgen die sich an eine Umgehung anschließen.159 Die Vorschriften der verdeckten Sacheinlage sorgen somit auf zwei Wegen dafür, dass die Gesellschafter ihre Risikozusage erfüllen. Zum einen gilt nur der tatsächlich geleistete Risikobeitrag als geleistet, für den Rest haftet der Gesellschafter mit seinem gesamten Privatvermögen. Zum anderen schützt das abstrakte Verbot davor, dass die Gesetzesumgehung verschleiert und die Bewertungsrisiken auf die Gesellschaft verlagert werden. Die gleiche Gefahr droht auch mit der sogenannten Nachgründung (§ 52  AktG). Diese ist der verdeckten Sacheinlage sehr ähnlich. Wird die Entscheidung, einen Sachwert einzubringen, nicht direkt mit Einzahlung des Geldbetrages getroffen,160 stellt § 52 AktG für die AG das Geschäft über den Sachwert unter besondere Auflagen. Auch bei der Nachgründung sollen die gesetzlichen Vorschriften verhindern, dass durch einen überhöhten Preis die eingelegten Geldmittel, und damit der auf das Nominalkapital bezahlte Betrag, an die Gesellschafter zurückfließen. Die Gegenseite zur Kapitalaufbringung stellt die Kapitalerhaltung dar. Das heißt: Ist das Nominalkapital einmal werthaltig aufgebracht, darf es nicht an die Gesellschafter zurückgewährt werden (§  30 GmbHG; § 57  AktG). Dass in der AG oberhalb des Nominalkapitals auch jedwede andere Auszahlung außerhalb des Bilanzgewinns verboten ist (§ 57 Abs. 3 AktG), wird als bloße Ordnungsvorschrift verstanden.161 Einer echten kapitalschutzrechtlichen Sperre sehen sich auch im Aktienrecht ausgesetzt nur die Zahlungen zulasten des Nominalkapitals und der gesetzlichen Rücklage 159  Siehe

dazu sogleich erstes Kapitel, III. 1. a) aa). einigen Autoren wird angenommen, dass die Regelung der Nachgründung eine unwiderlegliche Vermutung für das Vorliegen einer verdeckten Sacheinlage enthalte: Pentz, in: MünchKomm AktG, § 52 Rn. 10; ders., NZG 2000, 225 (227); Mülbert, ZHR 154 (1990), 145 (176); dem ist zusammen mit Priester, in: GroßKomm AktG § 52 Rn. 16 und Bayer, in: K.  Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 52 Rn. 52 entgegenzutreten: Siehe dazu unten I. 1. a) hh) (1). 161  Lutter, in: FS Stiefel, 505 (527); Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttungen an Nichtgesellschafter im Gesellschaftsrecht, S. 79; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 15. 160  Von



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände71

(§ 150 AktG).162 Die §§ 30  GmbHG, 57 AktG darf man aber nicht als bloße Auszahlungsverbote missverstehen. Verboten ist jede Vorteilsgewährung, die dem Gesellschafter einen Teil seiner Risikobeteiligung zurückführt.163 Insbesondere auch solche Vorteile, die den Gesellschaftern verdeckt zufließen – etwa wenn der Gesellschafter überteuert Vermögenswerte an die Gesellschaft verkauft oder die Gesellschaft ihrerseits Gegenstände unter Wert verkauft.164 Der Erwerb eigener Aktien bzw. Gesellschaftsanteile durch die Gesellschaft stellt eine spezielle Form dar, das Nominalkapital zurückzuzahlen. Es besteht der allgemeine Grundsatz, dass eine Kapitalgesellschaft nicht ihr eigenes Mitglied sein kann.165 Diesen Grundsatz durchbricht das Gesetz bisweilen. Im Aktienrecht gilt grundsätzlich ein Zeichnungsverbot eigener Aktien (§ 56 Abs. 1 AktG); aber schon § 71 AktG lässt unter Auflagen den Erwerb eigener Aktien zu. Für die GmbH lässt § 33 GmbHG den Erwerb eigener volleingezahlter Anteile im Grundsatz ebenfalls zu. Die Erwerbsregelungen sind für die beiden Gesellschaftstypen unterschiedlich. Angesichts der Beteiligung am Kapital der Gesellschaft, welche die Anteile vermitteln, gelten jedoch die strengen Voraussetzungen der §§ 33, 58 Abs.  2 GmbHG, § 71 AktG. Kauft die Gesellschaft Anteile vom Gesellschafter, erhält sie als Gegenleistung keinen Neuwert, sondern einen Anteil an ihrem eigenen Vermögen. Es fließen somit Mittel aus dem Eigenkapital ab. Daher ist diese Form des Anteilserwerbs nur dann möglich, wenn die Auszahlungen nicht das durch das Nominalkapital gebundene Vermögen mindern (§§ 33 Abs. 2, 58 Abs.  2 Satz  2  GmbHG, § 71 Abs.  2 Satz 2 AktG). Da für den Erwerb eigener Anteile und Aktien Zurechnungsregeln bei Beteiligung verbundener Unternehmen bestehen (§§ 56 Abs.  2, 71  d Satz  2  AktG), betrifft die folgende Untersuchung nicht diesen Teil des Kapitalschutzes.166 Alle oben genannten Verbote sind im Verhältnis Gesellschaft-Gesellschafter formuliert. Die Frage ist also: Was passiert, wenn dritte Gesellschaften 162  So für den Cash Pool ebenfalls Altmeppen, ZIP 2006, 1025 (1031 f.); Henze, WM 2005, 717 (720); ders., NZG 2005, 115 (118 ff.); Schön, in: FS Röhricht, S. 559 (562 f.). 163  Dabei reicht es gerade nicht aus „nur“ das bilanzielle Nominalkapital zu schmälern. Wie Stimpel richtig feststellt, reicht auch die Zuführung von stillen Reserven, die sich nicht bilanziell auswirkt, für die §§ 30 GmbHG, 57 AktG, vgl. Stimpel, in: FS GmbHG, S. 335 (338 ff.). 164  Heute unumstritten, vgl. nur: Mestmäcker, Verwaltung, S. 233; Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 22 f. 165  Vgl. grundlegend Werneburg, ZHR 90 (1927), 204 (211). 166  Siehe zur Frage, warum die Zurechnungsregeln der §§ 56 Abs. 2, 71 d Satz 2 AktG nicht für den gesamten Kapitalschutz verwendet werden, unten unter III. 3. b) ff) (3).

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

an den kapitalschutzrelevanten Geschäften beteiligt werden? Diese Frage stellt sich zwangsläufig durch die tatsächlich vorgenommenen rechtlichen Gestaltungen. Der Gegenstand dieser Arbeit ergibt sich jedoch daraus, dass die Eigenständigkeit der verbundenen Unternehmen167 ebenso eine rechtliche Kategorie ist, wie das Nominalkapital. Führt man beide zusammen, stehen sich das Trennungsprinzip168 und die Glaubwürdigkeit der Risikozusage gegenüber. Der entstehende Konflikt kann nur geklärt werden, indem beide Untersuchungsgegenstände wertend gegenüberstellt werden. Letztlich geht es um die Frage, wieweit der Schutz des Nominalkapitals das Trennungsprinzip durchbrechen darf. Diese Frage lässt sich aus dem Nominalkapital selbst beantworten. Denn dessen Schutz muss so weit gehen, dass ein Gesellschafter seine Risikozusage nicht durch wirtschaftliche Gestaltungen entwerten kann. Wo genau diese Linie verläuft, gilt es im Folgenden zu klären. Es wird bewusst auf ungenaue Kategorien, wie etwa die „wirtschaftliche Einheit“169, verzichtet. Vielmehr wird der gemeinsame Nenner aller Kapitalschutzvorschriften gesucht. Anhand der Sachverhalte mit verbundenen Unternehmen soll dann ermittelt werden, wo das Nominalkapital noch eines Schutzes bedarf und wo es nicht mehr möglich ist, bewusst das Risiko zu mindern. 1. Gemeinsame Voraussetzungen der Kapitalschutznormen Die Kapitalschutzvorschriften sorgen dafür, dass das Nominalkapital seine Glaubwürdigkeit behält. Ziel jeder Kapitalschutzvorschrift ist daher, dass die Gesellschafter auch wirklich Risiko tragen – und zwar in der Höhe, die sie mit dem Nominalkapitalbetrag selbst gewählt haben. Die gesetzlichen Regeln lesen sich jedoch differenzierter. Dies liegt zum einen an der Regelungstechnik, zum anderen aber auch an der Gesetzgebungshistorie. Wenn es eine einheitliche Lösung für die Zurechnung verbundener Unternehmen geben soll, müssen die Kapitalschutznormen verallgemeinerungsfähige Voraussetzungen besitzen. Im Folgenden sollen die Voraussetzungen der Kapitalschutznormen generalisiert werden. Die Hypothese lautet: Wegen des gemeinsamen Schutzzwecks sind auch einheitliche Voraussetzungen möglich. 167  Dabei ist sowohl die eigene Rechtspersönlichkeit der juristischen Person gemeint, wie auch die Gesamtheit der Gesellschafter einer Personengesellschaft, die vom einzelnen Gesellschafter zu unterscheiden ist. 168  Nur das Trennungsprinzip bringt genug Gewicht auf die Waage, um einer Ausweitung des Nominalkapitals etwas entgegenzusetzen. 169  BGH v. 28.09.1981, BGHZ 81, 365 (368).



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände73

a) Beeinträchtigung der Glaubwürdigkeit des Nominalkapitalbetrages Mit Blick auf den Schutzzweck des Nominalkapitals – signaling – möchte man annehmen, die erste Voraussetzung sei die betragsmäßige Sicherstellung des Nominalkapitals. Denn die Risikobeteiligung des Gesellschafters äußert sich nur im Nominalkapitalbetrag. Dies findet sich so aber in den einzelnen Vorschriften nicht wieder. Die Vorschriften über Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung stellen zwar den Nominalkapitalbetrag sicher, schützen darüber hinaus aber auch abstrakter gegen mögliche Beeinflussungen. Es geht somit vielmehr um die Glaubwürdigkeit des Nominalkapitalbetrages. Alle Kapitalschutznormen haben die Voraussetzung, dass der Nominalkapitalbetrag in seiner Glaubwürdigkeit gefährdet sein muss – abstrakt oder konkret: entweder, weil das ihm zugrunde liegende gebundene Vermögen vermindert ist oder weil andernfalls unkalkulierbare Bewertungsrisiken auf die Gesellschaft verlagert würden. aa) Kapitalaufbringung Reale Kapitalaufbringung bedeutet in erster Linie, dass der Nominalkapitalbetrag der Gesellschaft auch tatsächlich zur Verfügung steht. Der Gefahr, dass die Parteien ein Sacheinlagegut überbewerten, ist der Gesetzgeber mit den Sacheinlagevorschriften (§ 5 Abs. 4 GmbHG, §§ 27 Abs. 1, 33 Abs. 2 Nr. 4 AktG) entgegengetreten.170 Das einzulegende Gut muss offengelegt und bewertet werden. (1) Nur Geldeinlagen sind für die Kapitalaufbringung unproblematisch Grundsätzlich können die Gesellschafter ihre Forderungen gegen Dritte wie Gegenstände in die Gesellschaft einlegen.171 Forderungen der Gesellschaft gegen die Gesellschafter hingegen werden als nicht sacheinlagefähig angesehen.172 Andernfalls würde der Gesellschafter die Einlageforderung 170  Müller-Eising,

Die verdeckte Sacheinlage, S. 204. v. 15.01.1990, BGHZ 110, 47 (60); Arnold, in: KölnKomm AktG § 27 Rn. 51; Heidinger, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 22; Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 19 Rn. 184; Pentz, in: MünchKomm AktG § 27 Rn. 26; Ulmer, in: GroßKomm GmbHG, § 5  Rn. 54. 172  BGH v. 09.01.2006, BGHZ 165, 352 (356); BGH v. 21.11.2005, BGHZ 165, 113 (116); Bayer, in: Lutter / Hommelhoff GmbHG, § 5 Rn. 15; Heidinger, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 26; Pentz, in: MünchKomm AktG § 27 Rn. 26. 171  BGH

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

durch eine andere, schlechtere, weil ungeschützte Forderung ersetzen.173 Dies sei an folgendem Beispiel illustriert: Der Gesellschafter zahlt seinen Einlagebetrag in bar und lässt sich im unmittelbaren Anschluss daran ein Darlehen von der Gesellschaft in gleicher Höhe geben. In diesem Fall hätte die Gesellschaft statt ihres Anspruchs aus der Einlageforderung nun einen Anspruch aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die neue Forderung der Gesellschaft gegen den Gesellschafter könnte aber, anders als eine Einlageforderung, aufgerechnet werden – sie unterläge nicht mehr dem Aufrechnungsverbot nach § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG. Eine solche Forderung ist daher auch nach neuem Recht nicht sacheinlagefähig;174 daran ändern auch die Regelungen der §§ 19 Abs.  5 GmbHG,  27 Abs. 4 AktG nichts.175 Diese lassen nur in einem bestimmten Sonderfall den Austausch der Einlageforderung gegen eine sonstige Forderung zu. Insbesondere wollte der Gesetzgeber Gesellschaften ermöglichen, sich an einem Cash Pool zu beteiligen, ohne damit die Einlagefähigkeit von Forderungen der Gesellschaft generell zu legitimieren.176 Dies zeigt auch die Stelle im Gesetz, an der der Gesetzgeber das „Hin- und Herzahlen“ geregelt hat: nämlich in unmittelbarem Anschluss an die als Verbote formulierten Vorschriften der verdeckten Sacheinlage. Es zeigt sich somit, dass nur Geldeinlagen grundsätzlich für die Glaubwürdigkeit der Risikozusage unbedenklich sind. Sacheinlagen und Einlagen von Forderungen der Gesellschafter gegen die Gesellschaft bergen Risiken für die Glaubwürdigkeit der Risikozusage. Der Markt kann nicht hinter die internen Bewertungen von Gegenständen und Forderungen blicken. Daher sind Sacheinlagen nur zulässig, wenn sie offengelegt und bewertet werden.177 Forderungen der Gesellschafter gegen die Gesellschaft sind grundsätzlich nicht sacheinlagefähig. Andernfalls würde häufig erst in der Insolvenz durch ein Gericht festgestellt, dass die Einlagen nicht werthaltig waren. Ob die Gesellschaft zu diesem späten Zeitpunkt die offenen Forderungen 173  Benz,

Verdeckte Sacheinlage und Einlagenrückzahlung, S. 44 f. v. 16.02.2009, BGHZ 180, 38. 175  Benz, Verdeckte Sacheinlage und Einlagenrückzahlung, S. 45 f.; Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 5 Rn. 109; a. A. noch zum Regierungsentwurf des MoMiG Bormann / Ulrichs, GmbHR 2008, 119 (120). 176  Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 5 Rn. 110; Benz, Verdeckte Sacheinlage und Einlagenrückzahlung, S. 46. 177  Das gilt etwa auch beim Debt-Equity-Swap. Es ist nicht möglich, die Forderungen der Gläubiger als Einlagen zum Nennwert in die Gesellschaft einzubringen. Vielmehr muss diese bewertet werden und nur der wahre Wert dient als Einlage. Andernfalls würde die Aussage des Nominalkapitals, die Gesellschaft hätte zum Kapitalerhöhungszeitpunkt tatsächlich einmal einen bestimmten Betrag erhalten, nicht stimmen. 174  BGH



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände

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noch von den Gesellschaftern eintreiben kann, ist fragwürdig. Auch die Beweislast und die Notwendigkeit diese Fehler aufzudecken, würden zulasten der Gläubiger gehen. Als Folge verlöre das Nominalkapital aber von vorneherein seine Glaubwürdigkeit. (2) Die  Sacheinlagevorschriften bilden einen vorbeugenden Schutz für das Nominalkapital Die Sacheinlagevorschriften bilden den vorbeugenden Schutz für die Glaubwürdigkeit der Risikozusage. Das heißt: Unabhängig davon, ob durch einen Sachwert das gebundene Vermögen beeinträchtigt sein könnte, verhindern die Sacheinlagevorschriften schon jeden Anschein von „Mauschelei“. Man könnte sagen, damit wird die Reputation des Nominalkapitals als solche gestärkt. Als notwendige Verlängerung dieses Schutzes muss die Umgehung der Sacheinlagevorschriften unterbunden werden. (3) V  erdeckte Sacheinlage, Nachgründung und Hin- und Herzahlen schützen das System der Sacheinlagevorschriften Die Normen der verdeckten Sacheinlage178 der Nachgründung179 und des Hin- und Herzahlens180 tragen Sorge dafür, dass sich die Aussagen dieses präemptiven Systems bewahrheiten. Damit ist gemeint, dass auch die verdeckte Sacheinlage im ersten Schritt nicht danach fragt, ob der verdeckt eingebrachte Vermögenswert werthaltig ist – auch trotz der Anrechnungslösung. Das zeigt sich an einigen Bespielen der verdeckten Sacheinlage und der Nachgründung: Angenommen, die Gesellschafter zahlen den Nominalbetrag in bar ein. Mit dieser Einzahlung zusammen treffen Gesellschaft und Gesellschafter eine Abrede, die besagt, dass die Gesellschaft mit dem Betrag vom Gesellschafter ein Gut erwerben soll. Dann stellt sich dieser Vorgang wirtschaft178  Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 19 Rn. 158; Bayer, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, 17. Auflage, § 19 Rn. 49; ders., in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG § 27 Rn. 51; Heidinger / Benz, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 104. 179  So ausdrücklich die Regierungsbegründung zum NaStraG, BT-Drs. 14 / 4051, S. 10; so auch die ganz h. M.: BGH v. 18.02.2008, BGHZ 175, 265 (Tz. 11); BGH v. 09.07.2007, BGHZ 173, 145 (Tz. 18); s. a. Hüffer AktG § 52  Rn. 1; a. A. aber Hachenburg, in: Düringer / Hachenburg (Hrsg.), HGB, § 207 Anm. 1; Bröcker, ZIP 1999, 1029 (1035), die beiden letztgenannten Autoren meinen, die Nachgründung würde die Gründer nicht dazu bewegen, die Sachgründungsvorschriften einzuhalten. 180  Benz, Verdeckte Sacheinlage und Einlagenrückzahlung, S. 45 f.; Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 5 Rn. 109; a. A. noch zum Regierungsentwurf des MoMiG Bohrmann / Ulrichs, GmbHR 2008, 119 (120).

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

lich betrachtet als Sacheinlage dar. Die Barzahlung des Gesellschafters auf seine Einlageschuld geschieht nur zum Schein. Das gleiche Problem stellt sich dann, wenn die Gesellschafter erst nach der Gründung der Gesellschaft – in zeitlicher Nähe zur Gründung – einen solchen Gegenstand von den Gründern erwerben. Auch dann liegt es sehr nahe, dass die Gründer wirtschaftlich gesehen das Sachgut einlegen und nicht das Geld. Ob dieses Sachgut den Wert hat, den Gesellschaft und Gründer / Gesellschafter vereinbart haben, ist fraglich. Die Marktteilnehmer könnten also nicht sicher sein, ob wirklich der Wert des einmal in bar eingelegten Geldes noch in der Gesellschaft vorhanden ist oder ob dieses schon an die Gesellschafter zurückgeflossen ist. Wegen dieser Gefahr für die Glaubwürdigkeit der Risikozusage verbieten die verdeckte Sacheinlage und die Nachgründung solche Konstruktionen. Beide Verbote wirken abstrakt. Denn, ob das Geschäft mit dem Gesellschafter oder Gründer wirklich das gebundene Vermögen verletzt hat, ist unbedeutend. Eine solche abstrakte Wirkung haben auch der Zeitraum von zwei Jahren und der Schwellenwert, für die sich der Gesetzgeber in § 52  AktG entschieden hat. Innerhalb dieser abstrakten Grenzen liegt der Umgehungsverdacht auf Geschäften mit Gründern und qualifiziert beteiligten Gesellschaftern.181 Diese abstrakte Verbotswirkung folgt aus der Sicherung der abstrakten Sacheinlagevorschriften und ergibt sich aus der Rechtsfolge der Vorschriften. (a) Verdeckte Sacheinlage Als Rechtsfolge der verdeckten Sacheinlage gilt die Geldeinlage als nicht wirksam erbracht.182 Die Gesellschaft kann sie daher grundsätzlich erneut fordern. Ist die Geldeinlage nicht erbracht, dürfen die Geschäftsführer nicht die Versicherung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, § 37 Abs. 1 Satz 2 AktG abgeben. Außerdem muss das Registergericht bei Kenntnis der fehlenden Einlage die Eintragung ablehnen (§ 9c GmbHG, § 38 AktG)183. Darüber hinaus 181  Die abstrakte Wirkung, die nur ganz generell das Vertrauen in das Nominalkapital stärken soll, zeigt sich daran, dass es sich hier um willkürliche Grenzwerte handelt. 182  Arnold, in: KölnKomm AktG, § 27 Rn. 103; Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 19 Rn. 225. 183  Ulmer, ZIP 2009, 293 (300); Arnold, in: KölnKomm AktG § 27 Rn. 103; Verse, in: Henssler / Strohn (Hrsg.), GesR, § 19 GmbHG, Rn. 54; Roth, in: Roth / Alt-



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haften die Gesellschafter und Geschäftsführer / Vorstände der Gesellschaft nach §§ 9a, 43 Abs. 2, 57 Abs.  4  GmbHG184 bzw. §§ 46 ff., 93 AktG185 sowie gegebenenfalls den allgemeinen deliktsrechtlichen Vorschriften für Schäden, die aus der verdeckten Sacheinlage entstehen. Schließlich kommt auch eine Strafbarkeit nach §§ 82 Abs. 1 Nr. 1, 3 GmbHG186, § 399 AktG187 in Betracht. Zwar reduziert sich die Haftung wegen der Einlageschuld nach §§ 19 Abs. 4 Satz 3, § 27 Abs. 3 Satz. 3 AktG um den Betrag, den das verdeckt eingelegte Gut tatsächlich hat.188 Dies kann dazu führen, dass bei einem Gut, dessen Wert den Nominalbetrag erreicht oder übersteigt, die Gesellschaft die Einlage nicht erneut fordern kann. Die Gesellschafter können dann nur aufgrund anderer Schäden ­haften.189 Jedoch wirkt die Regelung der verdeckten Sacheinlage trotz der Anrechnungslösung immer noch als abstraktes Verbot gegenüber Umgehungen der Sacheinlagevorschriften. Das ergibt sich aus dem Folgenden: Mit der gesetzlichen Neuregelung der Anrechnung sollten die als harsch empfundenen Wirkungen der Rechtsfolgen abgemildert werden – der Gesellschafter musste danach oft den Einlagebetrag fast zweimal leisten.190 Diese als ungerecht empfundenen Wirkungen traten ein, wenn in der Insolvenz der Gesellschaft der Gesellschafter den Einlagebetrag noch einmal leisten musste. Im Gegenzug hatte er nur einen praktisch wertlosen Kondiktionsanspruch auf das meppen (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 83; Pentz, in: FS K. Schmidt, S. 1265 (1275). In BT-Drs. 16 / 9737, S. 56 ist missverständlicherweise von „kann“ die Rede; ebenso von der Möglichkeit sprechend: Wälzholz, MittBayNot 2008, 425 (430). 184  Benz, Verdeckte Sacheinlage und Einlagenrückzahlung, S. 228 ff. 185  Bayer, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG § 27 Rn. 77; Arnold, in: KölnKomm AktG, § 27 Rn. 103. Die §§ 46 ff. AktG verdrängen allerdings nicht die allgemeine Haftung. Darüber hinaus haftet der Vorstand einer Aktiengesellschaft nach allgemeinen Regeln, wenn er dem Registergericht gegenüber die Zeichnung von Aktien angibt, die wegen verdeckter Sacheinlage nicht wirksam gezeichnet wurden. 186  Benz, Verdeckte Sacheinlage und Einlagenrückzahlung, S. 224  f.; Roth, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 85a; Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 82 Rn. 12; Seibert / Decker, ZIP 2008, 1208 (1210); a. A. die Reg.-Begr. BT‑Drs.  16 / 6140, S. 40. 187  Arnold, in: KölnKomm AktG, § 27 Rn. 103; Bayer, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 77; Heidinger / Benz, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 175. 188  Für die GmbH: Benz, Verdeckte Sacheinlage und Einlagenrückzahlung, S. 229; für die AG: Bayer, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 71. 189  Dabei handelt es sich um solche Schäden, die der Gesellschaft als Begleiterscheinungen der fehlerhaften Einbringung entstehen. Denkbar wären etwa Zinsschäden oder die Langzeitschäden, die durch eine Beeinträchtigung des Nominalkapitals eingetreten sind (etwa aufgrund fehlendem Investitionsvermögen). 190  Vgl. Reg.-Begr. MoMiG, BT-Drs. 16 / 6140, S. 40.

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eingelegte Gut; als Insolvenzforderung war der Kondiktionsanspruch meist nur auf die Insolvenzquote beschränkt. Mit der Anrechnungslösung erlischt der Einlagebetrag in Höhe des objektiven Wertes des eingelegten Gutes.191 Die Anrechnung wirkt jedoch erst mit der Eintragung der Gesellschaft. Bevor das Registergericht die Gesellschaft in das Handelsregister eintragen kann, muss der Geschäftsführer aber die Versicherung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 GmbHG; § 37 Abs. 1 Satz 2 AktG abgeben. Die Einlage der Gesellschafter erfolgte nicht mit Erfüllungswirkung, der Betrag stand der Geschäftsführung / dem Vorstand nicht zur freien Verfügung. Wurde die freie Verfügbarkeit aber behauptet, ist die abgegebene Erklärung falsch.192 Daher bleibt die strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen der falschen Abgabe der Erklärung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 GmbHG; § 37 Abs. 1 Satz 2 AktG bestehen.193 Auf der einen Seite schützt das grundsätzliche Verbot, Sacheinlagen verdeckt einzubringen sowie Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft einzulegen, abstrakt vor der Gefahr, dass eine Einlage nicht werthaltig aufgebracht wurde. Den gleichen Effekt hat auf der anderen Seite aber auch die Angst der Geschäftsführer vor den Folgen einer falschen Versicherung. (b) Nachgründung Der Nachgründung (§ 52 AktG) liegt ein ähnlicher Mechanismus zugrunde wie der verdeckten Sacheinlage. Sie beschränkt die Vertretungsbefugnis der Vorstände. Dies geschieht innerhalb der gesetzlichen Grenzen unabhängig von einer konkreten Gefahr für das Nominalkapital. Auch die Nachgründungsvorschriften verlängern die abstrakte Wirkung der Sacheinlagevorschriften und verhindern, dass diese umgangen werden.

191  Darüber ist man sich trotz des Streites um die dogmatische Herleitung der „Anrechnung“ einig. Vgl. statt vieler: Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 19 Rn. 244. 192  Bericht Rechtsausschuss ARUG, BT-Drs. 16 / 13098, S. 36; Bericht Rechtsausschuss MoMiG, BT-Drs. 16 / 9737, S. 56; Bayer, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 77. 193  Für die AktG: Bericht Rechtsausschuss ARUG, BT-Drs. 16 / 13098, S. 36; Arnold, in: KölnKomm AktG, § 27 Rn. 103; Bayer, in: K.  Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 77; Hüffer AktG, § 27 Rn. 43; Für die GmbH: Bericht Rechtsausschuss MoMiG, BT-Drs. 16 / 9737, S. 56, Bayer, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 85; Maier-Raimer / Wenzel, ZIP 2008, 1449 (1454).



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände79

(c) H  in- und Herzahlen Die Vorschriften des Hin- und Herzahlens §§ 19 Abs. 5 GmbHG, 27 Abs. 4 AktG schützen ebenfalls auf abstrakte Weise davor, dass die Gesellschafter das Nominalkapital nicht werthaltig aufbringen. Der Gesellschafter darf nicht das grundsätzliche Verbot umgehen, eine Forderung gegen die Gesellschaft einzulegen,194 indem er – nach der Barzahlung des Einlagebetrages – diesen durch eine Forderung gegen sich selbst (z. B. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB) austauscht. Andernfalls hätte der Gesellschafter die Bareinlage nur zum Schein gezahlt – wie auch bei der verdeckten Sacheinlage. Dies stellen die Regeln zum Hin- und Herzahlen fest. Ein solcher „Tausch“ gegen eine Forderung befreit den Gesellschafter daher nur dann von seiner Einlageschuld, wenn die Forderung vollwertig und fällig oder jederzeit fällig zu stellen ist. Nur in dem Fall, dass der Gesellschaft statt des Einlagebetrages eine gleich wertvolle Forderung zusteht, ist die Risikozusage noch glaubwürdig. bb) Kapitalerhaltung Nachdem sichergestellt ist, dass dem Nominalkapitalbetrag im Aufbringungszeitpunkt die nötige Glaubwürdigkeit zukommt, muss Gleiches auch für die Zukunft gewährleistet sein. Daher verbieten §§ 30 GmbHG, 57 AktG ganz grundsätzlich mindestens die Rückgewähr der Einlagen. Rückgewähr der Einlagen bedeutet die Auskehr von Vermögen im Stadium der Unterbilanz. Also in dem Fall, in dem gebundenes Vermögen ausgekehrt wird oder Vermögen ausgekehrt wird und kein gebundenes Vermögen mehr vorhanden ist. Für die GmbH verbietet § 30 GmbHG nur die „Auszahlung“ unter Verletzung des Stammkapitals. Auszahlungen an die Gesellschafter sind bei der GmbH dagegen auch ohne eine solche Verletzung möglich. Für die Aktiengesellschaft ist in § 57  AktG weiter jedwede Auszahlung außerhalb der Verteilung des Bilanzgewinns verboten, wenn diese nicht gesondert vom Gesetz gestattet ist.195 Diese Schutznorm greift auch ohne eine Verletzung des gebundenen Vermögens. 194  Benz, Verdeckte Sacheinlage und Einlagenrückzahlung, S. 45 f.; Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 5 Rn. 109; a. A. noch zum Regierungsentwurf des MoMiG Bohrmann / Ulrichs, GmbHR 2008, 119 (120). 195  Fleischer, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 9; Bayer, in: MünchKomm AktG, § 57 Rn. 7; Cahn / Senger, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 14; Drinhausen, in: Heidel  (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 4; Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 16.

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

Richtigerweise handelt es sich bei der Vorschrift des § 57  AktG für die Fälle der Auszahlung ohne Verletzung des Grundkapitals oder der gesetzlichen Rücklage (§ 150 AktG) nur um eine Ordnungsvorschrift.196 Das folgt aus der Kompetenz der Hauptversammlung, über den als Bilanzgewinn festgestellten Teil des Gesellschaftsvermögens einen Gewinnverwendungsbeschluss nach § 174 AktG fassen zu können. Damit gibt sie diesen Betrag an die Gesellschafter frei, so dass die Gesellschaft ihn auszahlen kann. Auch ein Vorauszahlungsbeschluss durch den Vorstand nach § 59  AktG macht eine Zahlung an die Gesellschafter rechtmäßig. Die Ausweisung als Bilanzgewinn sichert die Kompetenzverteilung in der Aktiengesellschaft. Denn: Vorstand und Aufsichtsrat kommen Kompetenzen über die Verwendung von Gewinnen zu. Sie können etwa einen Teil des Gewinns in eine Gewinnrücklage einstellen (§ 58 Abs. 2 Satz 1 AktG). Die Gewinnrücklage ist einem Gewinnverwendungsbeschluss durch die Hauptversammlung entzogen.197 Würde außerhalb des Bilanzgewinns ausgezahlt, könnte diese Kompetenzordnung umgangen werden. Darüber hinaus dient die Notwendigkeit eines Gewinnverwendungsbeschlusses der Hauptversammlung dem Minderheitenschutz.198 Ein Beschluss in der Hauptversammlung verhindert heimliche Auszahlungen an bestimmte Gesellschafter, so wird die Gleichbehandlung der Gesellschafter erreicht. Denn jeder Gesellschafter erhält nach § 60 AktG den ihm zustehenden Teil des Bilanzgewinns. Zieht man von § 57 AktG all diese kompetenzrechtlichen Fragen ab, bleibt die Sicherung auf das Grundkapital und die gesetzlichen Rücklagen (§ 150 AktG) beschränkt. Werden die Gewinnverwendungsvorschriften eingehalten, kann der über das Grundkapital hinausgehende Teil des Eigenkapitals ausgezahlt werden, wenn die nötigen Rücklagen gebildet wurden. Wirklicher Inhalt des Kapitalschutzes ist daher nur das Verbot der Ausschüttung unter Verletzung des gebundenen Vermögens (incl. gesetzlicher Rücklage) fast ebenso wie bei der GmbH. Der Rest der Vorschrift dient zwar dem Vermögensschutz, dessen Ziele sind gleichwohl andere als die des „genuinen“ Kapitalschutzes. Die Marktteilnehmer können somit mithilfe der Kapitalerhaltungsnormen darauf vertrauen, dass Nominalkapital nicht abfließt. Damit sind wertneutrale Leistungen ebenso wenig verboten, wie solche, die einem Drittvergleich standhalten.199 196  Lutter, in: FS Stiefel, 505 (527); Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttung an Nichtgesellschafter im Gesellschaftsrecht, S. 79; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 15; sich dem entgegenstellend Bitter, ZHR 168 (2004), 302 (310 f.), der sogar für die GmbH eine umfassende Vermögensbindung bejaht. 197  Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 289 Rn. 146. 198  Lutter, in: FS Stiefel, 505 (527). 199  Ebenso Stimpel, in: FS GmbHG, 335 (358 f.).



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände81

cc) Ergebnis Sowohl für die Kapitalaufbringung als auch für die Kapitalerhaltung gilt: Der Nominalkapitalbetrag muss in seiner Glaubwürdigkeit gefährdet sein, – abstrakt oder konkret. Entweder die Glaubwürdigkeit wird tatsächlich vermindert oder bestimmte rechtliche Gestaltungen werfen ein schlechtes Licht auf das Nominalkapital; etwa weil unkalkulierbare Bewertungsrisiken auf die Gesellschaft verlagert würden. b) Causa Societatis – Schutz nur vor dem Gesellschafter Dass die Glaubwürdigkeit des Nominalkapitalbetrages beeinträchtigt ist, reicht nicht für die Kapitalschutznormen aus. Ein „Abfluss“ des Nominalkapitals, also allein die Minderung des gebundenen Vermögens, ist durch die Kapitalschutzvorschriften nicht geschützt. Erst wenn der Gesellschafter die Glaubwürdigkeit des Nominalkapitalbetrages beeinträchtigt oder wenigstens daran mitwirkt, erlangen die Vorschriften Geltung.200 Das mitgliedschaftliche Verhältnis, die causa societatis, stellt damit die zweite Voraussetzung der Kapitalschutznormen dar. Das zeigt sich anhand der einzelnen Normen genauer. aa) Kapitalaufbringung Für die Kapitalaufbringung wurde festgestellt, dass diese die Sacheinlagevorschriften gegen Umgehungen sichert. Schon darin ist zu erkennen, dass die Kapitalaufbringung nur im Verhältnis zum Gesellschafter wirken kann, denn Nominalkapital muss lediglich der Gesellschafter aufbringen. Die Schutzvorschriften können nur die gleichen Adressaten treffen wie die zu schützenden Vorschriften. Die Kapitalaufbringungsregeln wirken daher nur, wenn der Gesellschafter durch eine wirtschaftliche Gestaltung die ihm zugewiesenen Aufbringungsregeln umgehen will. Bringt etwa der Gesellschafter das Nominalkapital in bar auf und schließt die Gesellschaft kurz danach mit einem unabhängigen Dritten ein Erwerbsgeschäft über einen Gegenstand zu einem überhöhten Preis, so greifen die Kapitalaufbringungsvorschriften nicht ein. Damit kann sich das gebundene Vermögen verringern,201 da die Gesellschaft für den Gegenstand mehr be200  Kahlert,

Verdeckte Gewinnausschüttung, S. 70. Einfachheit halber wird davon ausgegangen, dass neben dem Nominalkapital kein sonstiges Eigenkapital (etwa Gewinnrücklagen oder Gewinnvorträge) vorhanden ist. 201  Der

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

zahlt hat als er wert ist.202 Die Risikobeteiligung drückt sich aber gerade in diesem Verlust von Nominalkapital aus. Die Aussage, dass ein Unternehmensrisiko in Höhe des Nennbetrages übernommen wurde, ist nicht verfälscht. Auch wenn die Gesellschaft die Geldeinlage einem unabhängigen Dritten als ungesichertes Darlehen zur Verfügung stellt, mag das Nominalkapital gefährdet sein. Die Kapitalaufbringungsvorschriften sind indes nur gegen den Gesellschafter gerichtet. Sie finden im Fall der Darlehensbestellung zugunsten eines Dritten keine Anwendung; erst, wenn die Grenzen zwischen Drittem und Gesellschafter verschwimmen, muss nach den Kapitalaufbringungsnormen gerufen werden. bb) Kapitalerhaltung (1) Causa Societatis bei der Kapitalerhaltung Für die Kapitalerhaltungsvorschriften wird die Voraussetzung, dass ein Gesellschafter beteiligt sein muss, noch deutlicher. Die §§ 30 f. GmbHG, 57, 62 AktG fordern sogar einen Vermögensvorteil für den Gesellschafter.203 Der Abfluss von gebundenem Vermögen ist im Rahmen der Kapitalerhaltung nur dann untersagt, wenn er dem Gesellschafter zufließt. Die Voraussetzung eines Vermögensvorteils lässt sich aus den gesetzlichen Verboten herleiten. § 30  GmbHG und § 57  AktG sprechen davon, dass den Gesellschaftern oder Aktionären kein Vermögen „ausgezahlt“ oder „zurückgewährt“ werden darf. Das ist die Kernaussage des Kapitalschutzes. Der Gesellschafter ist so lange mit seinem zugesicherten Betrag am Risiko der Gesellschaft beteiligt, solange das Nominalkapital wertmäßig in der Gesellschaft vorhanden ist. Diese Risikobeteiligung mag sich durch verlustreiche Geschäfte schon realisiert haben. Die Zusage, ein bestimmtes Risiko zu tragen, würde aber zu jedem Zeitpunkt stimmen. Erst wenn der Gesellschaft gebundenes Vermögen ab- und dem Gesellschafter zufließt, verringert sich sein Anteil am Risiko der Gesellschaft. Daher ist für die Kapitalerhaltungsvorschriften ein Zufluss des gebundenen Vermögens beim Gesellschafter nötig. Zufluss beim Gesellschafter selbst meint aber nicht unmittelbare Barvermögenssteigerung in dessen Privatvermögen. Alle vermögenswerten Leis202  Der bilanzielle Schaden entsteht freilich erst dann, wenn der Gegenstand in der Bilanz mit seinem wahren Wert erfasst wird. Dies kann etwa bei erneutem Verkauf oder bei Abschreibung passieren. 203  Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttung, S. 67 f.



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände83

tungen der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter sind erfasst.204 Auch die Befreiung von einer Verbindlichkeit stellt einen Vermögenszufluss dar,205 gleiches gilt für die Sicherheitsbestellung bei einem Dritten zugunsten des Gesellschafters.206 Unter die mittelbaren Vermögensvorteile fallen zudem die hier nicht behandelten „Zurechnungsfälle“ aufgrund persönlicher Nähe – etwa bei Ehegatten und Kindern,207 ebenso die Sachverhalte mit der Beteiligung von Strohmännern und Treuhändern.208 Bei letzteren handelt es sich streng genommen nicht um mittelbare Zahlungen. Da der Strohmann oder Treuhänder den Vermögensvorteil nur für den Gesellschafter in Empfang nimmt, erhält dieser im Grundsatz dennoch den Vermögensvorteil – nur eben verschleiert. Problematisch wird die Frage nach dem Vermögensvorteil beim Gesellschafter immer dann, wenn einer rechtlich selbstständigen anderen Person der Vermögensvorteil zufließt. (2) Eine  Veranlassung des Gesellschafters ist im Zwei-Personen-Verhältnis nicht erforderlich In der neueren Forschung wird von Mülbert / Wilhelm eine Veranlassung seitens des Gesellschafters als Voraussetzung für die Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften gefordert.209 Eine solche Veranlassung ginge über das hier geforderte Kriterium der Causa Societatis hinaus. Während die Causa Societatis lediglich den Auszahlungsgrund in der Gesellschafterstellung des Empfängers sucht, fordert die Veranlassung eine Art kommunikativen Akt. Zwar soll auch das „sichgefallen-lassen“ ausreichen,210 konkludent handelt es sich dabei aber ebenso um einen Akt der Kommunikation. 204  BGH v. 14.05.1992 – II ZR 299 / 90, ZIP 1992, 1081; wohl schon RG v. 20.02.1923, RGZ 107, 161 (168) und RG v. 13.12.1935, RGZ 149, 385 (400); vgl. auch: Hüffer, AktG, § 57  Rn. 2. 205  BGH v. 29.03.1973, BGHZ 60, 324 (330); BGH v. 29.09.2008 – II ZR 234 / 07, ZIP 2008, 2217 (Tz. 11); Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 8. 206  Meister, WM 1980, 390. 207  BGH v. 28.09.1981, BGHZ 81, 365 (369); BGH v. 01.12.1986 – II ZR 306 / 85, GmbHR 1987, 187 (188); Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 4 f. 208  BGH v. 15.01.1990, BGHZ 110, 47 (67); BGH v. 21.02.1994, BGHZ 125, 141 (144); Bayer, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG § 19 Rn. 72; Märtens, in: MünchKomm GmbHG § 19 Rn. 211. 209  Mülbert / Wilhelm, in: FS Hommelhoff, S. 747 (756). 210  Mülbert / Wilhelm, in: FS Hommelhoff, S. 747 (756).

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

Eine solche Voraussetzung geht aber über den gesetzgeberischen Willen hinaus. Auch ist sie nicht notwendig. Die Causa Societatis scheidet all jene Fälle aus, in denen gar nicht originär an den Gesellschafter geleistet werden sollte. Die Fälle der aufgedrängten Bereicherung sollten aber unter die Kapitalerhaltung fallen. Der Risikoanteil des Gesellschafters nimmt durch die Zahlung auch gegen seinen Willen ab. Um aber den Risikoanteil der Gesellschafter auf dem im Handelsregister fixierten Betrag zu halten, muss die Kapitalerhaltung ebensolche Auszahlungen verhindern und rückabwickeln. cc) Ergebnis Für den gesamten Kapitalschutz lässt sich somit feststellen, dass entscheidend die Verknüpfung der Beeinträchtigung der Glaubwürdigkeit des Nominalkapitals mit dem Gesellschafter ist. Nur diese Verknüpfung bringt die Schutzregeln zum Nominalkapital zur Anwendung. Ohne Teilhabe des Gesellschafters kann die Risikoaussage nicht ihre Gültigkeit verlieren. 2. Warum verbundene Unternehmen im Kapitalschutz Probleme bereiten Dem Kapitalschutz liegt ein Zwei-Personen-Verhältnis zugrunde, was zu Problemen führen kann. Nimmt man dieses Zwei-Personen-Verhältnis als Ausgangspunkt, können verbundene Unternehmen aufseiten des Gesellschafters, der Gesellschaft oder auch kumulativ auf beiden Seiten211 beteiligt sein.212 Darüber hinaus können sich verbundene Unternehmen auch über mehrere Ebenen erstrecken – also etwa als Urenkelgesellschaften oder Urgroßmuttergesellschaften. Im Folgenden wird gezeigt, wie die einzelnen Beteiligungskonstellationen auf die Kapitalschutznormen wirken. Auch hier wird davon ausgegangen, dass verbundene Unternehmen im gesamten Kapitalschutz einheitliche Probleme aufwerfen. Dies ist wiederum Voraussetzung dafür, später eine einheitliche Lösung präsentieren zu können. Mehrebenenverbindungen sollen im Folgenden nicht Hauptbetrachtungspunkt sein. Wenn für die Grundkonstellation der verbundenen Unternehmen eine Lösung gefunden ist, kann diese auf beliebig viele Stufen übertragen werden. Gleiches gilt auch für die Konstellation von Beteiligungen 211  Dann

handelt es sich etwa um Tantengesellschaften oder Neffengesellschaften. hat auch schon Müller-Eising in seiner Arbeit zur Grundlage der Untersuchung gemacht: Müller-Eising, Die Verdeckte Sacheinlage, S. 204. 212  Dies



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände

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auf beiden Seiten; diese lassen sich nach den für die einzelne Seite gefundenen Lösungen beurteilen. Die Voraussetzungen müssen dann nur kumulativ vorliegen. a) Beteiligung verbundener Unternehmen aufseiten des Gesellschafters

Abbildung 2: Beteiligung verbundener Unternehmen aufseiten des Gesellschafters

Die zunächst zu untersuchenden Mehrpersonenverhältnisse kommen zustande, wenn sich ein verbundenes Unternehmen aufseiten des Gesellschafters beteiligt. Zum besseren Verständnis der Beispiele wird auf die Abbildungen verwiesen. Da die Bezeichnungen Gesellschaft und Gesellschafter nur ein relatives Verhältnis angeben, ist die Gesellschaft eingefärbt, deren Kapitalschutzvorschriften zur Untersuchung stehen – deren Nominalkapital also zu schützen ist. Wenn von der Gesellschaft die Rede ist, ist die eingefärbte gemeint. Das ist deshalb so wichtig, da man Drittzurechnungen im Kapitalschutzrecht nur verstehen kann, wenn man von den Kapitalschutzregeln ausgeht. Diese aber beziehen sich immer auf das Nominalkapital einer bestimmten Gesellschaft. Man muss diese daher immer im Blick haben. Wenn von Beteiligung aufseiten des Gesellschafters gesprochen wird, bedeutet das im Folgenden, dass eine Mutter- oder Tochtergesellschaft des Gesellschafters an einem (vermeintlich) kapitalschutzrelevanten Geschäft teilnimmt. Konkret geht es um folgende Fälle (linker Teil der Abb. 2): Zahlungen fließen etwa zulasten des gebundenen Vermögens der Tochtergesellschaft 1 (T1) einer Tochtergesellschaft 2 (T2) des Gesellschafters (M) zu (möglicher Fall der verdeckten Sacheinlage). Oder die T2 verkauft und überträgt im Rahmen der Bargründung der T1 dieser einen Sachwert (ebenfalls ein mög-

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

licher Fall der verdeckten Sacheinlage). Es kann auch bedeuten, dass die neu gegründete Gesellschaft T1 die Geldeinlage des M an eine Tochtergesellschaft (T2) des Gesellschafters (M) als Darlehen vergibt (möglicher Fall des Hin- und Herzahlens). All diese Fälle sind auch denkbar für die Zurechnung von oben nach unten (dazu der rechte Teil der Abb. 2). Dann kontrahiert die Mutter (M) des Gesellschafters (T) mit der Enkelgesellschaft (E). In allen genannten Fällen könnte der Betrag des Nominalkapitals (der jeweils eingefärbten Gesellschaft) in seiner Glaubwürdigkeit gefährdet sein. Die Auszahlung aus dem gebundenen Vermögen beweist dies am offensichtlichsten. Aber auch der Verkauf eines Sachgutes oder die Darlehensgewährung können eine Gefahr für das Nominalkapital darstellen. Ohne die Beteiligung des Gesellschafters führen diese Konstellationen nicht zu einer Schmälerung der Glaubwürdigkeit der Risikozusage. Ohne seine Beteiligung handelt es sich um eine nicht von den Kapitalschutzregeln geschützte Verwirtschaftung des Nominalkapitals. Diese wird höchstens für Fragen der Vorstands- / Geschäftsführerhaftung interessant. Nur wenn dem Gesellschafter zulasten des gebundenen Vermögens etwas zufließt, kommen die Kapitalerhaltungsregeln ins Spiel. Ebenso ist nur der Gesellschafter dazu verpflichtet, die Sacheinlagevorschriften einzuhalten. Es kommt somit entscheidend auf das mitgliedschaftliche Verhältnis an. Für das Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis hat der Gesetzgeber besondere Regeln geschaffen und Vereinbarungen in diesem Verhältnis damit einem Generalverdacht unterstellt. Denn nach den Grundsätzen der Marktwirtschaft kann davon ausgegangen werden, dass im Wirtschaftsverkehr mit unbeteiligten Dritten die Gesellschaft im eigenen Interesse angemessene Verträge schließt. Wegen der Beteiligung des Gesellschafters am Vermögen der Gesellschaft (man könnte auch von Identifikation sprechen), kann nicht mehr vom Handeln nur im eigenen Interesse ausgegangen werden. Zwischen Gesellschaft und Gesellschafter wird der Grundsatz der Marktwirtschaft, dass die einzelnen Teilnehmer immer nur nach eigenem Vorteil streben, nicht durchweg eingehalten.213 Die Gesellschaft, die in ihrer Rechtspersönlichkeit zwar eigenständig ist, „gehört“ den Gesellschaftern. Das Interesse der Gesellschaft deckt sich zwar nicht zwangsläufig mit dem des einzelnen Gesellschafters; es besteht aber keine Marktsituation, in der sich die Partizipanten völlig ungebunden gegenüberstehen. Weil die Gefahr besteht, dass die Gesellschaft die eigenen Interessen hinter denen eines 213  Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 53; Mestmäcker, Verwaltung, S.  227 ff., 232; i. E. auch Priester, ZGR 1993, 512 (528), der auf die Notwendigkeit eines Drittvergleiches hinweist, wenn der Gesellschafter mit seiner Gesellschaft kontrahiert.



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände87

Gesellschafters anstellt, behandelt der Gesetzgeber Vertragsbeziehungen im Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis auf besondere Weise. Kapitalschutzrelevant sind Geschäfte daher nur, wenn trotz der Beteiligung des verbundenen Unternehmens das Merkmal der mitgliedschaftlichen Sphäre – causa societatis – erfüllt ist. Nach objektiven214 Merkmalen muss das verbundene Unternehmen daher entweder als Gesellschafter behandelt (etwa als mittelbarer Gesellschafter) oder sozusagen „hinweg gedacht“ werden können. Wird faktisch das hinter dem formellen Gesellschafter stehende Unternehmen berechtigt, kann es als Gesellschafter behandelt werden.215 Diese Wertung hat auch in § 46 Abs. 5 AktG Ausdruck gefunden. Hier wird nicht dem Gesellschafter die Handlung des Strohmanns zugerechnet, sondern der hinter dem Strohmann Stehende wird mit den Besonderheiten der Gesellschafterstellung belastet. Dies kann ebenso für verbundene Unternehmen gelten, wenn sich die Gesellschafterstellung „vermitteln“ lässt. „Hinweg gedacht“ werden kann das verbundene Unternehmen, wenn ihm in dem zu beurteilenden Geschäft keine eigene Qualität zukommt, es demnach nur als „verlängerter Arm“216 des Gesellschafters agiert. Dann kann die Handlung des verbundenen Unternehmens dem Gesellschafter zugerechnet werden. Diese allgemeinen Voraussetzungen sagen noch nichts darüber aus, wie die Verhältnisse zwischen den verbundenen Unternehmen bestellt sein müssen, damit eine „Vermittlung“ oder ein „Hinweg-Denken“ angenommen werden kann. Daher muss man vorsichtig sein, um nicht wolkige Beschreibungen die rechtliche Methodik verdrängen zu lassen.217 Auch darf nicht vorschnell zugunsten des Billigkeitsgefühls das Trennungsprinzip über Bord geworfen werden.218 Wenn von Zurechnung gesprochen wird, so meint das „die Ausfüllung bestimmter Tatbestandsmerkmale aus dem Rechtskreis ei214  Früher wurde ein Meinungsstreit geführt, ob die Anwendung der Verbots­ normen eine subjektive Komponente voraussetze, also das Geschäft gerade im Hinblick auf die causa societatis abgeschlossen wurde, vgl. Flume, ZHR 144, (1980), 18 (21 f.); Wilhelm, in: FS Flume II, S. 337 (382). Dieser Streit ist heute zugunsten eines objektiven Verständnisses entschieden vgl. nur: Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 59 ff. 215  Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 250. 216  Das Konzept des „verlängerten Arms“ verwendet auch Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, S. 235 f., der die Regeln über die verdeckte Sacheinlage in diesem Fall anwenden will. 217  So auch Wiedemann, Die Unternehmensgruppe, S. 18 f., der sehr anschaulich beschreibt, wie Metaphern die eigentliche Auslegung der Rechtssätze zu ersetzen drohen. 218  Wilhelm, Rechtsfolgen und Haftung bei der juristischen Person, S. 14.

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

ner anderen Rechtsperson“219. Was letztlich bedeutet, dass entweder ein Nichtgesellschafter als Gesellschafter behandelt wird – also der Tatbestand analog angewendet wird – oder Rechtsgeschäfte anderen Rechtssubjekten zugeordnet werden, also der Wortlaut teleologisch erweitert und damit ausgelegt wird. b) Beteiligung verbundener Unternehmen aufseiten der Gesellschaft

Abbildung 3: Beteiligung verbundener Unternehmen aufseiten der Gesellschaft

Wird ein verbundenes Unternehmen auf Gesellschaftsseite beteiligt, kontrahiert dieses mit dem Gesellschafter. Die Anwendbarkeit der Kapitalschutznormen (der T) scheitern demnach nicht am Merkmal des Gesellschafters. Vielmehr ist fraglich, ob die Kapitalschutznormen der nicht am Geschäft beteiligten Gesellschaft betroffen sein können. Etwa in dem Fall, dass eine Enkelgesellschaft (E) des Gesellschafters (M) diesem Vermögen auskehrt. Oder wenn der Gesellschafter nach der Geldeinlage bei T mit seiner Enkelgesellschaft E einen Darlehensvertrag abschließt (linker Teil der Abb. 3). Unmittelbar besteht keine Gefahr, dass der Betrag des Nominalkapitals der T nicht werthaltig aufgebracht wird oder gebundenes Vermögen aus der Gesellschaft (T) an den Gesellschafter (M) zurückfließt. Schließlich kontrahiert der Gesellschafter nicht mit „seiner“ Gesellschaft. In einem für die Kapitalerhaltung relevanten Fall fließen die Gelder nicht aus der Gesellschaft (T) selbst ab, so dass deren gebundenes Vermögen nicht unmittelbar betroffen ist. Die Enkelgesellschaft (E) ist – durch die Beteiligung vermittelt – allerdings Teil des Vermögens der Gesellschaft (T). Fließen Gelder aus der Enkelgesellschaft (E) ab oder geht Geld durch einen überteuerten Ankauf eines Gutes von M verloren, schmälert dies auch das Vermögen der 219  Wiedemann,

Die Unternehmensgruppe, S. 23.



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Gesellschaft (T).220 Es kann also auch gebundenes Vermögen der Gesellschaft (T) gefährdet sein. Für die umgekehrte Zurechnung einer Muttergesellschaft (M) zur Tochtergesellschaft (T) (rechter Teil der Abb. 2) bestehen diese Bedenken nicht. Wenn Gesellschaft X mit der Muttergesellschaft M kontrahiert, entsteht keine Gefahr für das gebundene Vermögen der Tochter T. Denn eine Vermögenszurechnung „nach unten“ findet nicht statt. Das Vermögen der Mutter M ist nicht im Vermögen der Tochter T abgebildet. Auch für die Zurechnung aufseiten der Gesellschaft muss durch das Geschäft mit dem verbundenen Unternehmen eine ähnliche Konfliktlage entstehen, wie sie im Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis bestehen würde. Wird das Vermögen des verbundenen Unternehmens beeinträchtigt, muss dies als Beeinträchtigung der Risikozusage der Obergesellschaft angesehen werden können. Dies ist ausgeschlossen, wenn sich das vom Gesellschafter durch die Hingabe von eigenem Vermögen übernommene Risiko lediglich realisiert. Eine bloße Beeinträchtigung des gebundenen Vermögens reicht demnach nicht; hinzukommen muss eine „mitgliedschaftliche Veran­ lassung“221. Der Gesetzgeber hat angenommen, dass der Gesellschafter durch seine bloße Gesellschafterstellung grundsätzlich Einfluss auf die Gesellschaft nehmen kann, ihr wenigstens nicht mehr als Dritter gegenübersteht. Wird eine Tochter aufseiten der Gesellschaft eingeschaltet, bestehen die Interessenkonflikte nicht mehr in gleicher Weise. Die rechtliche Eigenständigkeit des verbundenen Unternehmens sorgt dafür. Trotz der Vermögensverbindung haben die Gesellschafter nicht die gleiche Einflussmöglichkeit, wie in der Gesellschaft-Gesellschafter-Situation. Um die Kapitalschutzregeln der T hier ebenfalls anwenden zu können, muss die Situation zwischen Gesellschafter und Enkelgesellschaft mit der Situation Gesellschaft-Gesellschafter vergleichbar sein. Vergleichbare wie die vom Gesetzgeber für die Gesellschafter-Gesellschafts-Beziehung befürchteten „Gefahren“ müssen also auch in dieser Situation vorliegen. Dies erfordert, dass der „Einfluss“, den der Gesellschafter auf die Gesellschaft hat, sich auch auf deren Tochtergesellschaft fortsetzt. Methodisch kommt man auch hier mit Auslegung und Analogie ans Ziel.

220  Faktisch, weil die Untergesellschaft an Wert verliert. Das spiegelt sich auch in der Bilanz wider, denn die Beteiligung muss abgewertet werden. 221  Vgl. Ekkenga, in: MünchKomm GmbHG, § 30 Rn. 2.

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c) Ergebnis Trotz der unterschiedlichen Unternehmensverbindungen zeigt sich, dass in allen Konstellationen die causa societatis fehlendes Tatbestandsmerkmal ist. Dadurch, dass eine eigenständige Rechtspersönlichkeit dem den Kapitalschutznormen zugrunde liegenden Zwei-Personen-Verhältnis hinzutritt, wird der Kapitalschutz an seine Grenzen geführt. Letztendlich stellt sich die Frage, wann die Kategorien Gesellschafter und Gesellschaft aufgeweicht werden müssen und wieweit dritte Gesellschaften mit einbezogen werden können. 3. Zwei Regeln als Ersatz für die fehlenden Voraussetzungen – ­Grenzziehung der Kapitalschutznormen 1981 stellte Wilhelm in seiner Habilitationsschrift pointiert heraus, worin das Dilemma weisungsbedingter Einflussmöglichkeit von Gesellschaftern auf ihre Gesellschaft besteht: „Die nach diesem Rechtszustand bestehende unbeschränkte Weisungsbefugnis der Gesellschafter bei beschränkter Haftung nur mit dem Gesellschaftsvermögen bedeutet nämlich nichts anderes, als dass die Gesellschafter gänzlich willkürlich mit dem Vermögen umgehen können, auf das sie später die Gläubiger zu deren Befriedigung verweisen wollen. Ohne jede Rücksicht auf kaufmännische Sorgfaltsanforderungen können die Gesellschafter danach das Gesellschaftsvermögen einsetzen, um sodann, wenn der Einsatz fehlschlägt, die Gläubiger auf den Überrest zu verweisen. Das bedeutet im Kern, dass die Gesellschafter mit dem Vermögen umspringen können wie mit eigenem, wobei ihnen obendrein noch die persönliche Haftung abgenommen ist.“222

Damit macht Wilhelm anschaulich, wie ein starker Einfluss der Gesellschafter für das Trennungsprinzip schon konzeptionell Probleme mit sich bringt. Warum aber dieser Hinweis auf ein Problem, das eher der Durchgriffshaftung zugewiesen ist? Weil dadurch deutlich wird, an welchen Grenzen die Vorstellung scheitert, eine Gesellschaft könnte man klar von ihren Gesellschaftern trennen. Diese Grenzen sind es, die hier interessieren. Sie existieren für die Durchgriffshaftung sehr ähnlich wie für den Kapitalschutz. Zu fragen ist hier wie dort: Wann muss zugunsten eines Rechtsinstituts (hier Kapitalschutz) über eine Rechtspersönlichkeit hinweggesehen werden. Im Folgenden wird für diese Grenzziehung ein zweistufiges System von Zurechnungsregeln vorgeschlagen: eine Zurechnung aufgrund von ausgeübtem Einfluss (Veranlassung) und eine aufgrund der Möglichkeit Einfluss 222  Wilhelm,

Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person, S. 335.



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände91

auszuüben (gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht). Dieses soll für den gesamten Kapitalschutz und jede Zurechnungskonstellation gelten. Ausgegangen werden muss für eine solche Lösung von den oben ermittelten Problemen, die entstehen, wenn verbundene Unternehmen in poten­ ziell kapitalschutzrelevante Geschäfte miteinbezogen werden. Es wurde schon mehrfach angemerkt, dass die Lücke der causa societatis durch Auslegung und Analogie gefüllt werden muss.223 Im Falle der Auslegung müssen die Sachverhalte trotz Beteiligung von verbundenen Unternehmen noch unter die Tatbestände der Verbotsnormen zu subsumieren sein. Äußere Grenze dafür ist der Wortsinn.224 Für eine Analogie müssen sich die Ergebnisse bei Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke wertungsmäßig entsprechen.225 Soll ein System über den gesamten Kapitalschutz hinweg gebildet werden, kommen Auslegung oder Analogie der Einzelvorschriften nicht in Frage. Letztlich sind die Zurechnungsregeln nach einem Verfahren zu bilden, das sich wie eine Art Gesamtanalogie226 verhält. Unter dem Gesichtspunkt der Gesetzesumgehung ist zu prüfen, ob eine rechtliche Gestaltung den vom Gesetz missbilligten Erfolg herbeiführt.227 Dies bedeutet für den Kapitalschutz, dass bei Sachverhalten mit verbundenen Unternehmen die Kapitalschutzvorschriften dann angewendet werden, wenn trotz fehlender causa societatis insgesamt der vom Gesetz zu verhindernde Erfolg eintritt.228 Dies ist etwa dann der Fall, wenn trotz der Beteiligung dritter verbundener Unternehmen die Risikozusage des Gesellschafters ihre Glaubwürdigkeit verliert. 223  Vgl.

oben S. 88, 89. die h. M.: Larenz / Canaris, Methodenlehre, S. 143 ff.; Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 441; Zippelius, Juristische Methodenlehre, § 9 II (S. 46); a. A. Wank, Die Auslegung von Gesetzen, S. 50 f.; ders., ZGR 1988, 314 (316). 225  Teichmann, Die Gesetzesumgehung S. 86; Larenz, Methodenlehre, S. 365; Ulmer, ZHR 154 (1990), 128 (140). 226  Es wird Bezug genommen auf die Auslegung des Gesamtanalogiebegriffs nach Larenz, Methodenlehre, S. 368 ff. 227  Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 21; Armbrüster, in: MünchKomm BGB, § 134 Rn. 12; Flume, Das Rechtsgeschäft, § 17 (S. 350); Hefermehl, in: Soergel BGB, § 134 Rn. 37; Ulmer, ZHR 154 (1990), 128 (140) aber auch BGH v. 01.02.1988, BGHZ 103, 184 (186 f.); weiter noch: BAG v. 12.10.1960, NJW 1961, 798 (799). 228  Rehbinder, in: FS Fischer, S. 578 (586), nennt den Fall der Gesetzesumgehung als einen Anwendungsbereich der Durchbrechung des Trennungsprinzips. Diese Lösung liegt damit auf seiner Linie, geht das Problem aber etwas anders an. Die hier entwickelte generelle Lösung fragt nicht nach einer Gesetzesumgehung im Einzelfall, sondern nach Sachverhalten, die den Markt an eine solche Umgehung glauben lassen könnten und daher das Vertrauen in das Nominalkapital beeinträchtigen. 224  So

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

Es müssen gemeinsame Kriterien dafür gefunden werden, wann eine Beteiligung dritter verbundener Unternehmen zu einer solchen Umgehung führt. Sprich: Unter welchen Voraussetzungen die Kapitalschutzvorschriften auch auf Sachverhalte mit Beteiligung von Muttergesellschaften und Tochtergesellschaften anwendbar sind. Denn die Normen des Kapitalschutzes sagen (mit Ausnahme der §§ 56 Abs. 2, 71d S. 2 Var. 1 AktG) nichts über die Beteiligung dritter Unternehmen aus. Diese Zurechnungskriterien lassen sich finden, wenn man die Sachverhalte unter Beteiligung verbundener Unternehmen mit denen wertend vergleicht, die unbestrittener Weise unter die Normen fallen. Dabei ist zu unterscheiden: zum einen kann die Rechtswirkung einer Handlung eine andere Person treffen als die tatsächliche Handelnde (dazu unter a)), zum anderen können die Rechtsnormen einer Person auch auf eine andere anzuwenden sein (dazu unter b)). Die folgende Lösung bildet ein System umfassenden Umgehungsschutzes – jedoch auf zwei Stufen. Das Veranlassungskriterium (unter a)) dient vor allem der korrekten Zurechnung der Rechtsfolgen der einzelnen Kapitalschutzvorschrift, indem insbesondere die Rechtswirkungen den richtigen Adressaten zugeordnet werden. Das Kriterium des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts (unter b)) dient als objektives Zurechnungskriterium der letztendlichen Grenzziehung der Kapitalschutzvorschriften und liefert sowohl die richtige Reichweite derselben wie auch die nötige Rechtssicherheit. a) „Veranlassung“ als Kriterium der Zurechnung Sucht man für das Kapitalschutzrecht nach Zurechnungsvoraussetzungen, stößt man im Kapitalerhaltungsrecht auf das Veranlassungskriterium. Es ist dort für verbundene Unternehmen allgemein anerkannt.229 Aber was versteht man darunter? Dazu folgendes Beispiel:

Abbildung 4: Veranlassung im Kapitalerhaltungsrecht 229  Vgl. etwa nur: U. H.  Schneider, ZGR 1984, 497 (524); Hager, ZGR 1989, 71 (105), aber auch Hüffer, AktG, § 57 Rn. 17, der freilich nur für diejenigen Fälle differenzieren will, die nicht im Bereich verbundener Unternehmen liegen.



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände93 M bittet, ohne dies förmlich zu beschließen, die Geschäftsführer von T1, der T2 ein unbesichertes Darlehen zu gewähren. Die Geschäftsführer der T1 folgen nun dieser Bitte der Mutter und zahlen die Darlehenssumme an T2 aus. Eine solche Konstellation wird im Kapitalerhaltungsrecht als eine verbotene Rückgewähr der Einlagen angesehen. Es kann schließlich nicht darauf ankommen, ob M sich das Darlehen zunächst selbst gewähren lässt und dieses dann an T2 weiterreicht oder ob dieser Weg durch die Veranlassung abgekürzt wird.

Im Kapitalaufbringungsrecht findet sich das Veranlassungskriterium nicht. Teilweise müssen die dortigen Ausführungen aber ähnlich gedeutet werden. Etwa wenn bei einer Veranlassung der Gesellschaft zum Abschluss eines Geschäftes, das wirtschaftlich einer verdeckten Sacheinlage entspräche, eine Zurechnung stattfindet.230 Auch dies sei an einem Beispiel illustriert:

Abbildung 5: Veranlassung im Kapitalaufbringungsrecht Auch in diesem Beispielsfall, bittet M die T1 mit T2 zu Kontrahieren. Sie soll der neuerlich gegründeten T2 einen Sachwert verkaufen und dafür von dieser Geld erhalten. Das nötige Kapital überlässt M der T1. Auch in diesem Fall kommt die T1 dem Wunsch ihrer Mutter nach. Auch hier könnte man die Argumente von oben bemühen und danach fragen, ob es darauf ankommen kann, dass nicht M selbst das Geschäft mit T2 abgeschlossen hat und welche Wirkung die „Bitte“ hatte

Im Folgenden soll gezeigt werden, dass das Veranlassungskriterium für den gesamten Kapitalschutz gelten kann. Es erfüllt die Funktion, bei nachweisbarer Beeinflussung die Kapitalschutzvorschriften den richtigen Adressaten zuzuordnen.

230  Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, S. 236 f., spricht die Veranlassung nicht direkt an, aus seinem Zurechnungskriterium müsste sich aber auch die Veranlassung als Zurechnungsalternative ergeben.

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

aa) Wirkungsweise der Veranlassung – Vermögen ist normativ zu bestimmen Zunächst muss klar sein: Das Veranlassungsmerkmal will nicht zu den Handlungsweisen abgrenzen, in denen die Gesellschaft gar nicht bewusst handelt, etwa beim Diebstahl.231 Vielmehr geht es darum, die Rechtswirkungen bestimmter tatsächlicher Handlungen den richtigen Rechtssubjekten zuzuordnen. Dass die Zahlung an eine Person rechtlich eine andere begünstigen kann, ist klar. Dies folgt daraus, dass tatsächliche Handlungen erst ihre rechtliche Bedeutung erhalten, wenn sie in das Rechtssystem eingeordnet werden. So gilt es auch im Kapitalschutzrecht. Die Gesellschaft kann etwa gegen § 30 GmbHG verstoßen, indem sie eine Schuld des Gesellschafters gegenüber einem Dritten tilgt.232 Das Geld fließt zwar dem Dritten zu, die Rechtswirkung tritt aber auch gegenüber dem Gesellschafter ein. Seine Schuld erlischt. Die Zahlung an den Dritten stellt eine Leistung an den Gesellschafter dar. Die Veranlassung führt zu einer ähnlichen rechtlichen Bewertung tatsächlichen Verhaltens. Anders als bei der Zahlung auf fremde Schulden wird die Zuordnung zum Gesellschafter mit der Veranlassung erst durch dessen Willensausübung deutlich. Im Drei-Personen-Verhältnis kann entweder die Gesellschaft oder der Gesellschafter seinen Willen so ausüben, dass eine Transaktion mit einem Dritten rechtlich ihr / ihm zugeordnet wird. Soll heißen: Der Gesellschafter erweitert die Reichweite der Kapitalschutzvorschriften dadurch, dass er bestimmte Transaktionen mit Dritten in seinen eigenen Willensbereich mit einschließt. Die Transaktion kann daher die Risikozusage des Gesellschafters beeinträchtigen. Ulmer meint, alleine das Konzernverhältnis lasse vermuten, dass die herrschende Gesellschaft ihre Tochtergesellschaft veranlasst hätte, die Transaktion vorzunehmen.233 Diese allgemeine Verweisung ist aber zu unbestimmt. Gerade das durch die Veranlassung zutage tretende Handlungsmoment – die 231  In dieser Weise wird im Kapitalerhaltungsrecht mit dem Begriff Veranlassung gearbeitet: Heidinger, in: Michalski (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 63; Verse, in: Scholz (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 24. 232  BGH v. 29.09.2008, ZIP 2008, 2217 (Tz. 8); BGH v. 29.03.1973, BGHZ 60, 324 (330); LG Düsseldorf v. 22.12.1978, 40 O 138 / 78, AG 1979, 290 (291); Bayer,  in: MünchKomm AktG § 57 Rn. 66; Canaris, in: FS  Fischer, S. 31 (52); Cahn / v.  Spannenberg, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG § 57 Rn. 74; Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 123; Henze, in: GroßKomm AktG, § 57 Rn. 87; Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 8; Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S.  138; Tries, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 78. 233  Ulmer, in: GroßKomm GmbHG, § 5 Rn. 176 f.



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände

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Willensbetätigung – macht die rechtliche Zurechnung möglich. Das Veranlassungskriterium bewirkt gerade keine objektive Zurechnung (auch nicht über den Umweg der Vermutung), sondern eine rechtliche Zuordnung aufgrund von Willensausübung. Für die Kapitalerhaltung ist eine Zuordnung aufgrund Willensausübung mit dem Veranlassungskriterium allgemein anerkannt.234 Danach leistet die Gesellschaft zwar an einen Dritten, diese Leistung wirkt aber gegenüber dem Gesellschafter. Teilweise wird das Kriterium auch für die Nachgründung angenommen.235 Diese normative Zuordnung rechtfertigt sich durch Folgendes: Es kann nicht darauf ankommen, ob zunächst der Vermögenswert dem Gesellschafter zufließt und dieser ihn dann an den Dritten weiterleitet, oder dieser Zahlungsweg abgekürzt wird.236 Wird der Zahlungs- oder Übereignungsweg abgekürzt, ändert das nichts am wirtschaftlichen Ergebnis oder an der Interessenlage.237 Es leuchtet ein, dass die beiden Gestaltungen nicht unterschiedlich behandelt werden sollten. Andernfalls würde einer Umgehung der Kapitalschutzvorschriften Tür und Tor geöffnet. Das Zurechnungskriterium ist aber ebenso für die Kapitalaufbringung anzuwenden. Für den gesamten Kapitalschutz – also die Frage danach, ob der Gesellschafter schon oder noch das vereinbarte Risiko trägt – muss die rechtliche Zuordnung von Transaktionen aufgrund von Willensausübung eine Antwort bereitstellen. Durch eine Veranlassung seitens des Gesellschafters wird deutlich, dass eine gewisse Transaktion auf seinen Willen hin stattfindet. Damit handelt es sich wiederum nur um einen abgekürzten Vorgang. Dann muss sich diese Transaktion auch an den Kapitalschutzregeln messen lassen. Wenn Gesellschafter und Geschäftsführer / Vorstand ein und die selbe Person sind, gibt es keine klare Handlung als Veranlassung mehr. Will man dennoch die Veranlassungskriterien heranziehen, muss man das Handeln als Gesellschafter in der Funktion als Geschäftsführer / Vorstand identifizieren können. Anknüpfungspunkte für sein Handeln als Gesellschafter kann sein, dass der Gesellschafter eng mit der empfangenden Gesellschaft verflochten 234  Vgl. nur etwa: Bayer, in: MünchKomm AktG, § 311 Rn. 71; U. H.  Schneider, ZGR 1984, 497 (517); Lutter, in: KölnKomm AktG, 2. Aufl., § 57 Rn. 45; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 37. 235  Priester, in: GroßKomm AktG, § 52 Rn. 42; Arnold, in: KölnKomm AktG, § 52 Rn. 17. 236  Vgl. BFH Beschluss v. 26.10.1987 – GrS 2 / 86, BStBl. II 1988, 348 (356); Canaris, in: FS Fischer, S. 31 (39); Hefermehl / Bungeroth, in: Geßler / Hefermehl (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 28; Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 72 f. 237  Reuter / Martinek, in: Gernhuber (Hrsg.), Hdb. d. Schuldrechts, Band 4, § 10 I 1 (S. 387).

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

ist (etwa 100 % Beteiligung) oder aber, dass er seine unternehmerischen Sorgfaltspflichten verletzt.238 bb) Inhalt des Veranlassungsmerkmals Für den Kapitalschutz ist nicht geklärt, welche Voraussetzungen eine Veranlassung hat. Ein Veranlassungskriterium kennen Kondiktionsrecht wie auch die §§ 311 ff. AktG. Im Vergleich mit den bestehenden Veranlassungskriterien sollen nun dessen Voraussetzungen für das Kapitalschutzrecht geklärt werden. (1) Bereicherungsrechtliche Veranlassung „Abkürzung des Zahlungsweges“ findet sich im Kapitalerhaltungsrecht häufig als Begründung für eine Veranlassungszurechnung.239 Diese Argumentationsweise stammt aus dem Kondiktionsrecht, wo sie sich heute noch findet.240 Dort heißt es: Werden Zahlungswege abgekürzt, ändere sich nichts am wirtschaftlichen Ergebnis oder an der Interessenlage.241 Damit hat sich eine normative Sichtweise durchgesetzt. Danach werden Zahlungen an eine Person nicht zwangsläufig als Leistung an diese Person gewertet. Dort nennt man dies: „Anweisung im weiteren Sinne“242. Die Dogmatik der Anweisungsfälle wertet die Zahlung des Angewiesenen an den Empfänger als Leistung an den Anweisenden. Im Ergebnis verändert die in der Anweisung zum Ausdruck gekommene Willensausübung also die rechtliche Bewertung der Zahlung. Doch inwieweit gleichen sich Kondiktionsrecht und Kapitalschutz, was die Veranlassung / Anweisung angeht? Sowohl in den Anweisungsfällen als 238  Dabei ist nicht jedes pflichtwidrige, etwa schadensersatzpflichtige Handeln, gleich dem mitgliedschaftlichen Bereich zuzuordnen. Andernfalls würde der Sinn der Kapitalschutzvorschriften zu sehr ausgedehnt. Es müssen sich vielmehr persönliche Vorteile des Gesellschafters erkennen lassen. 239  Vgl. BFH Beschluss v. 26.10.1987 – GrS 2 / 86, BStBl. II 1988, 348 (356); Canaris, in: FS Fischer, S. 31 (39); Hefermehl / Bungeroth, in: Geßler / Hefermehl (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 28; Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 72 f. 240  So etwa bei den umfangreichen Ausführungen von Lorenz, in: Staudinger BGB, § 812 Rn. 44 aber auch etwa bei Schwab, in: MünchKomm BGB, § 812 Rn. 67, 78. 241  Reuter / Martinek, in: Gernhuber (Hrsg.), Hdb. d. Schuldrechts, Band 4, § 10 I 1, S. 387. 242  Es wird von Anweisung im weiteren Sinne gesprochen, um sich nicht mit den gesetzlichen Wertungen der §§ 783–792 BGB in Widerspruch zu setzten, vgl. etwa Larenz / Canaris, Schuldrecht Band 2, S. 202.



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände97

auch im Kondiktionsrecht haben die Anweisungen / Veranlassungen keine rechtliche Bindungswirkung. Die Anweisungsfälle werden für das Bereicherungsrecht interessant, wenn die zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse (das Deckungsverhältnis und das Valutaverhältnis) unwirksam sind. Es besteht dann zwar eine Anweisung im weiteren Sinn zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen, sie hat aber wegen des fehlerhaften Deckungsverhältnisses keine rechtsbindende Wirkung. Die Anweisung wird demnach – rechtlich betrachtet – infolge der bloßen Einflussnahme des Anweisenden auf den Anweisungsempfänger ausgeführt. Auch im Kapitalschutzrecht handelt es sich in der Regel um eine unverbindliche Anweisung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft. Dies ergibt sich aus folgender Kontrollüberlegung: Weder für die Kapitalaufbringungs- noch die Kapitalerhaltungsvorschriften ist es nötig, dass der Gesellschafter beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft nehmen kann oder dass er gar ein Weisungsrecht hat. Für verbundene Unternehmen der Gesellschaft gilt dies ebenfalls – mindestens bei der Aktiengesellschaft wegen der Weisungsfreiheit des Vorstandes aus § 76 Abs. 1 AktG. Der Blick auf das Kondiktionsrecht zeigt, dass die reine Willensausübung die rechtliche Einordnung eines Rechtsgeschäfts ändern kann. Darin gleichen sich Kapitalschutz und Kondiktionsrecht. Eine Veranlassung der Tochtergesellschaft könnte mit Blick auf die Anweisungsfälle des Kondiktionsrechts demnach jede Einflussnahme der Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft sein, der sich die Tochter beugt. Ausgenommen werden müssen daher nur solche Handlungen der Tochter, die auch ohne Einfluss der Muttergesellschaft ebenso vorgenommen worden wären. (2) K  onzernrechtliche Veranlassung § 311 Abs. 1 AktG nennt das Merkmal der Veranlassung. Damit sollen negative Einflussnahmen der herrschenden Gesellschaft auf die beherrschte Gesellschaft sanktioniert und verhindert werden – freilich nur, wenn kein Beherrschungsvertrag besteht. Veranlassung muss danach, insbesondere im Umkehrschluss zur gesetz­ lichen Vermutung (§§ 18 Abs. 1 Satz 3, 17 Abs. 2, 16 AktG),243 dann gegeben sein, wenn die schädigende Maßnahme durch Anregung oder Beteiligung 243  Altmeppen, in: FS Priester, S. 1 (6); ders., ZIP 1996, 693 (694); Krieger, in: MünchHdb GesR Band 4 AG, § 69, Rn. 76; Kronstein, BB 1967, 637 (640); Hüffer, AktG, § 311 Rn. 19 f.; Paehler, Die Zulässigkeit des faktischen Konzerns, S. 35.

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

des herrschenden Unternehmens vorgenommen wurde.244 Ein Veranlassungsbewusstsein ist nicht zu fordern.245 Diese Auslegung des Veranlassungsmerkmals ist eine noch weitergehende als die oben aufgeführte bereicherungsrechtliche Auslegung der Veranlassung. Fraglich ist daher, ob diese Wertungen in das Kapitalschutzrecht übertragen werden können. Aus §§ 311 ff. AktG folgen Schadensersatzansprüche, deren Androhung eine Schädigung der abhängigen Gesellschaft zulasten von Aktionären und Gläubigern verhindern soll.246 Damit umfassen sie auch Fälle, in denen keine Leistung an den Gesellschafter zurückfließt.247 Das Kapitalschutzrecht will die Glaubwürdigkeit der Risikozusage schützen. Das bringt zwei Unterschiede zum Schadensersatzrecht mit sich. Zum einen muss immer eine Besserstellung des Gesellschafters erfolgen;248 im Schadensersatzrecht reicht die Vernichtung von Werten. Zum anderen sind die Kapitalschutzvorschriften auch dann einzuhalten, wenn das gebundene Vermögen nicht geschädigt wurde, für den Schadensersatz muss immer auch eine Schädigung vorliegen. Der Unterschied zwischen den beiden Rechtsbereichen macht deutlich, dass sich die Voraussetzungen des Veranlassungstatbestandes nicht einfach übertragen lassen. (3) Kapitalschutzrechtliche Veranlassung Es muss eine eigene Auslegung des Veranlassungsmerkmals im Kapitalschutz gefunden werden. Diese muss wiederum für alle Zurechnungskonstellationen gelten.

244  Altmeppen,

in: FS Priester, S. 1 (7). in: FS Priester, S. 1 (7); Habersack, in: Emmerich / Habersack (Hrsg.), Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 311 AktG Rn. 24, § 317 AktG Rn. 7; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 5, § 317 Rn. 11; Hüffer, AktG, § 311 Rn. 13; § 317 Rn. 5; Krieger, in: MünchHdb AG, § 69 Rn. 74; ein Veranlassungsbewusstsein fordernd: Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 311 Rn. 80; Brüggemeier, AG 1988, 93 (100); Neuhaus, DB 1970, 1913 (1915 f.); Reiner, Unternehmerisches Gesellschaftsinteresse und Fremdsteuerung, S. 180. 246  Altmeppen, in: FS Priester, S. 1 (12); Kropf, in: MünchKomm AktG, § 311 Rn. 3. 247  Bezzenberger, Das Kapital der AG, S. 291 ff. 248  Auch wenn diese darin besteht, dass er einen Einlagebetrag den er grundsätzlich schuldet, wirtschaftlich letztlich nicht leistet. 245  Altmeppen,



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände99

(a) Weite  Auslegung des Veranlassungsmerkmals mit Blick auf das Nominalkapital Die richtige Auslegung des Veranlassungsmerkmals ergibt sich mit Blick auf das Schutzobjekt des Kapitalschutzes. Die Kapitalschutzvorschriften verbieten ganz abstrakt bestimmte Zahlungen und Vertragsbeziehungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft. Es ist sowohl für das Kapitalaufbringungs- als auch für das Kapitalerhaltungsrecht irrelevant, wie weitgehend der Gesellschafter auf die Gesellschaft Einfluss nehmen kann. Das muss auch für die Veranlassung gelten. Die Kapitalschutzregeln kennen keine Mindestbeteiligungsquoten (Ausnahme: § 52 AktG). Die Stellung einer Person als Gesellschafter reicht aus, damit jedwede Zahlung an sie zulasten des Nominalkapitals verbotswidrig erfolgt und dass Sacheinlagen offen zu erbringen sind. Dass jedwede Zahlung an den Gesellschafter unter die Kapitalschutznormen fällt, wird in neuerer Zeit von einigen Stimmen aus der Literatur anders gesehen.249 So soll nach Mülbert / Wilhelm ein Veranlassungskriterium auch im Zwei-Personen-Verhältnis nötig sein.250 Andernfalls müsste der Gesellschafter auch solche Vermögenswerte zurückgewähren, die ihm von der Gesellschaft aufgedrängt wurden.251 Der Anwendung eines Veranlassungsmerkmals auch im Zwei-PersonenVerhältnis muss aber mit der Argumentation Wackerbarths entgegengetreten werden.252 Das Kapitalschutzrecht kennt diese Veranlassung für Zuwendungen an den Gesellschafter nicht. Auch ist nicht ganz zu verstehen, welchen Nachteil der Gesellschafter davon hätte, die Zuwendung seiner Gesellschaft zurückzugewähren – er stünde danach nicht schlechter als vor deren Erhalt. Auch mit dem hier vertretenen Gesichtspunkt der Risikotragung ist von einem generellen Veranlassungskriterium abzusehen. Denn mit Auszahlung an den Gesellschafter wird dessen Haftungsanteil verringert. Dies geschieht auch gegen seinen Willen. Die gegenüber dem Markt übernommene Verpflichtung ein gewisses Risiko zu tragen, würde dann nicht mehr zur Gänze erfüllt.

249  Mülbert / Wilhelm, in: FS ner, CFL 2011, 328 (331). 250  Mülbert / Wilhelm, in: FS 251  Mülbert / Wilhelm, in: FS 252  Wackerbarth, WM 2011,

Hommelhoff, S. 747 (756); Krämer / Gillessen / KiefHommelhoff, S. 747 (756). Hommelhoff, S. 747 (756). 193 (202).

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

(b) Keine Veranlassung bei bloßer Schädigung der Gesellschaft Auszugrenzen aus der Veranlassung sind sicherlich aber all die Vorgehensweisen, die konzeptionell nicht unter die Kapitalschutzvorschriften fallen. Schädigt der Gesellschafter etwa willentlich die Gesellschaft, finden die Kapitalschutzvorschriften keine Anwendung.253 Die Kapitalschutzvorschriften schützen nur das Vertrauen des Marktes in die Risikozusage des Gesellschafters. Veranlasst er etwa die Gesellschaft dazu, sich von einem Dritten schädigen zu lassen, verringert dies nicht das Risiko des Gesellschafters. Es realisiert sich gerade. Denn der Gesellschafter profitiert nicht von der Verringerung des Gesellschaftsvermögens; er wird nicht bessergestellt als die Gläubiger der Gesellschaft. Diese Fälle sind dem Schadensersatzrecht zugewiesen.254 (c) Private Motivation ist nicht Voraussetzung Man sollte hingegen nicht so weit gehen, für die Veranlassung eine privat motivierte Zuwendung zu fordern.255 Die Motivation des Veranlassenden ist nicht so wichtig. Zudem wird es sehr schwierig sein, diese Grenze ziehen zu können. Vielmehr geht es um die willensmäßige Einschaltung in das Drittgeschäft.256 In all den Fällen, eines geschäftsführenden Gesellschafters, ist natürlich nur dann von einer Veranlassung zu sprechen, wenn der Gesellschafter auch in dieser Stellung handelt. Nun könnte man einwenden: Hat sich der Gesellschafter in ein Geschäft zu einem Dritten eingemischt und geht dieses den Normalen geschäftlichen Gang, so kann doch nicht von einer Veranlassung gesprochen werden! Doch, es handelt sich um eine Veranlassung. Dass es nicht zu einer Haftung des Gesellschafters kommt, lässt sich vielmehr dadurch begründen, dass schon keine Schäden für das Nominalkapital zu befürchten sind. Denn wenn es sich um ein normales Drittgeschäft handelt, so ist die Bilanz der Gesellschaft ausgeglichen.

253  Cahn,

Kapitalerhaltung im Konzern, S. 20. Kapitalerhaltung im Konzern, S. 20. 255  So für die Kapitalerhaltung und den Gleichbehandlungsgrundsatz im Anschluss an Cahn et al. Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 247. 256  Nur das Merkmal der causa societatis schränkt dabei die Anwendbarkeit ein. Handelt der Gesellschafter nicht in seiner Funktion als Gesellschafter (z. B. weil er seine Gesellschafterstellung geerbt hat, aber nichts von ihr weiß), dann kann ihm auch kein Abzug des Risikos vorgeworfen werden. 254  Cahn,



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände101

(d) Ergebnis Daraus folgt eine sehr weitgehende Auslegung des Veranlassungsmerkmals. Durch den Akt der Veranlassung dokumentiert der Gesellschafter seinen Willen, das Geschäft mit einer dritten Partei wie eines mit sich selbst wirken lassen zu wollen. Durch seinen Willensakt bringt er die Handlungen in den Bereich des Kapitalschutzes. Dabei kommt es nicht darauf an, dass sich der Gesellschafter der Berührung mit dem Kapitalschutzrecht bewusst ist. Dessen Rechtsfolgen treten kraft Gesetzes ein. Es ist aber ein Veranlassungsbewusstsein zu fordern. Das soll heißen: Dem Gesellschafter muss es auf die Veranlassung angekommen sein, also auf die Beeinflussung des Drittgeschäfts. Konkret bedeutet das: Auf Gesellschafterseite findet eine Zurechnung aufgrund Veranlassung immer dann statt, wenn der Gesellschafter derart auf die Gesellschaft einwirkt, dass diese ein Geschäft mit einem Dritten in der vom Gesellschafter intendierten Weise schließt. Auszunehmen sind dann nur solche Vertragsbeziehungen der Gesellschaft mit einem Dritten, bei denen der Einfluss des Gesellschafters bewiesenermaßen keine Rolle spielte. Es ist aber schwierig, das nachzuweisen – beweispflichtig wäre schließlich der Gesellschafter nach allgemeinen Grundsätzen. Er müsste nachweisen, dass er keinen Einfluss auf die Geschäfte gehabt hat. Aufseiten der Gesellschaft – also bei Zurechnung einer Tochter der zu schützenden Gesellschaft zu dieser – bedeutet dies: Auch hier gelten die oben genannten Gründe für eine Zurechnung aufgrund von Veranlassung. Veranlasst die Tochter des Gesellschafters dessen Enkelgesellschaft (ihre Tochter) dazu, mit dem Gesellschafter zu kontrahieren, dehnt sie die Kapitalschutzvorschriften auch auf die Transaktion zwischen Gesellschafter und Enkelgesellschaft aus. Die Beteiligung an der Enkelgesellschaft ist Teil des Vermögens der Tochtergesellschaft. Die bloße Möglichkeit, das Kapital zu gefährden, reicht aber für die Kapitalschutzvorschriften nicht aus. Darüber hinaus muss in den Transaktionen auch gerade die Gefahr stecken, die Risikozusage des Gesellschafters zu verwässern. Nur wenn in der Konstellation zwischen Enkelgesellschaft und Gesellschafter ebendiese Konfliktsituation besteht, sind die Kapitalschutzvorschriften anwendbar. Durch die Veranlassung zeigt die Tochtergesellschaft gerade, dass sie ihren eigenen Willen in die Transaktion einbringt. Dann gerade besteht aber das GesellschaftGesellschafter-Verhältnis in der Transaktion fort. Wirkt die Gesellschaft daher derart auf ihre Tochter (die Enkelgesellschaft) ein, dass diese mit dem Gesellschafter kontrahiert, wird aufgrund der Veranlassung die Transaktion zwischen Enkel und Gesellschafter in die Kapitalschutznormen der Tochtergesellschaft mit einbezogen.

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

cc) Verhältnis der Kapitalschutzregeln zu den §§ 311 ff. AktG Auch die §§ 311 ff. AktG kennen die Veranlassung einer Tochtergesellschaft. Die Anwendungsbereiche von den §§ 311 ff. AktG und dem Kapitalschutz können sich bei Veranlassungen demnach überschneiden. Es ist für das Merkmal der Veranlassung daher zu klären, inwieweit die §§ 311 ff. AktG die Kapitalschutzvorschriften verdrängen. (1) Literaturansichten Nach Auffassung der ganz h. M. verdrängen die §§ 311 ff. AktG die §§ 57, 62 AktG in zeitlicher Hinsicht.257 Das bedeutet, dass eine nachteilige Veranlassung durch die Muttergesellschaft, die gleichzeitig eine verbotene Rückgewähr von Einlagen darstellt, nicht zu einer sofortigen Rückgewähr nach § 62 AktG führt. Vielmehr entsteht, sollte nicht innerhalb eines Jahres ausgeglichen worden sein, am Ende des Geschäftsjahres ein Anspruch aus § 317 AktG der § 62 AktG verdrängt (§ 311 Abs. 2 AktG).258 Dem wird von anderer Seite entgegengehalten, dass die Regelungsbereiche der §§ 311 ff. AktG und der §§ 57, 62 AktG nicht deckungsgleich sein, sich also nicht ausschließen – vielmehr könne § 62 AktG weiterhin neben den § 311 ff. AktG gelten.259 Außerdem bestehe bei der veranlassten Schädigung nach §§ 311 ff. AktG gerade eine Haftungserleichterung, während bei der nicht veranlassten Schmälerung des gebundenen Vermögens unter Umständen eine Rückforderung nach § 62 AktG infrage komme.260 Das letzte Argument basiert darauf, dass Zahlungen von der Tochter an die Mutter unabhängig vom Willen der Mutter nach § 57 AktG verboten sind. Schließlich verweist Cahn noch darauf, dass in mehrstufigen Abhängigkeitsverhältnissen die Rückforderungen gem. §§ 311 ff. AktG und §§ 57,  62 257  BGH v. 01.12.2008, BGHZ 179, 71 (77); Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 311 Rn. 456; Habersack, in: Emmerich / Habersack, Aktien und GmbH-Konzernrecht, § 311 Rn. 82; ders., ZGR 2009, 347 (355); i. E. auch ders. / Schürnbrand, NZG 2004, 689 (693); Hüffer AktG, § 311 Rn. 49; Müller, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 311 Rn. 63; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 161 f.; Vetter, in: K. Schmidt / Lutter AktG, § 311 Rn. 117; a. A. und von der Europarechtswidrigkeit in Bezug auf die AG überzeugt: Schön, in: FS Kropff, S. 285 (300). 258  Habersack, ZGR 2009, 347 (355). 259  Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 65; Bälz, in: FS Raiser, 287 (314 f.); Altmeppen, ZIP 1996, 693 (695 ff.); ders., ZIP 2006, 1025 (1032); Gätsch, Gläubigerschutz im qualifizierten faktischen Konzern, S. 146 f. 260  Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 65 f.



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände103

AktG auseinanderlaufen. Denn ab der zweiten Konzernebene wirkten die §§ 311 ff. AktG nicht mehr – sie gelten nur für die unmittelbar abhängige Gesellschaft.261 Warum für die Zurechnungen bei §§ 311 ff. AktG nicht ähnliche Regeln gelten sollten wie für die Kapitalerhaltungsvorschriften, werde nicht ersichtlich. (2) Stellungnahme Die h. M. überzeugt. Mit den §§ 311 ff. AktG hat der Gesetzgeber der Notwendigkeit Rechnung getragen, in Konzernen bestimmte Liquiditätsvorteile nutzen zu können. Das Ziel der §§ 311 ff. AktG ist, lediglich zu verhindern, dass Minderheitsgesellschafter und Gläubiger langfristig geschädigt werden.262 In ihrem Regelungsbereich gehen sie daher nicht nur den Vorschriften der Kapitalerhaltung in zeitlicher Hinsicht vor, sondern den Vorschriften des gesamten Kapitalschutzes. Das heißt, dass auch die verdeckte Sacheinlage betroffen sein kann.263 Auch trägt das Argument nicht, es entstünden Inkonsistenzen dadurch, dass der Veranlassende bei § 311 AktG besser stünde, als wenn die Regeln der Kapitalerhaltung angewendet würden.264 Denn es handelt sich beim Kapitalschutz und den §§ 311 ff. AktG gerade um verschiedene Regelungsbereiche. §§ 311 ff. AktG stellen die grundsätzlich geltenden Kapitalerhaltungsregeln für den Bereich des faktischen AG-Konzerns nur zeitweise zurück. Da es sich aber um andere Regelungszwecke handelt, besteht zwischen den Regelungsbereichen keine direkte Vergleichbarkeit, die zu einer solchen „Besserstellung“ führen könnte. Im Ergebnis bedeutet dies, dass im Bereich des faktischen Aktienkonzerns §§ 311 ff. AktG die Kapitalschutzvorschriften in zeitlicher Hinsicht verdrängen. Veranlasste Schädigungen sind daher vornehmlich nach §§ 311 ff. AktG abzugelten. Das soll nicht heißen, dass die Zahlungen erlaubt sind; ihre Rechtsfolgen stehen nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 311 ff. AktG.

261  Cahn,

Kapitalerhaltung im Konzern, S. 66. in: FS Priester, S. 1 (12). 263  Als Beispiel sind hier Fälle zu nennen, in denen eine Veranlassung die Gesellschaft zum Erwerb eines Gegenstandes im zeitlich-sachlichen Zusammenhang mit der Gründung oder Kapitalerhöhung veranlasst. Diese Fälle würden eher unter die Kapitalaufbringung als die Kapitalerhaltung fallen. 264  Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 66. 262  Altmeppen,

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

dd) Keine Veranlassungsvermutung In der Kapitalerhaltung wie auch im Rahmen der §§ 311 ff. AktG wird die Veranlassung „vermutet“265, wenn die abhängige Gesellschaft an ein mit dem herrschenden Gesellschafter verbundenes Unternehmen leistet; das heißt, wenn der Gesellschafter auf die auszahlende Gesellschaft beherrschenden Einfluss ausüben kann.266 Es muss daher geklärt werden, ob auch das hier entwickelte Veranlassungskriterium unter bestimmten Voraussetzungen vermutet werden kann. Dafür muss der Zweck dieser Vermutung im Kapitalerhaltungsrecht und bei den §§ 311 ff. AktG ermittelt werden. Danach kann geklärt werden, ob die dortigen Überlegungen auch für den gesamten Kapitalschutz richtige Ergebnisse liefern. (1) Veranlassungsvermutung im Kapitalerhaltungsrecht und bei den §§ 311 ff. AktG Ausgangspunkt beider Veranlassungsvermutungen ist die Überzeugung, dass Beeinflussungen häufig nicht einfach zu erkennen sind. Im faktischen Aktienkonzern sind außenstehende Aktionäre und Gläubiger der abhängigen Gesellschaft häufig nicht in der Lage, die Einflussnahmen der Obergesellschaft auf die Untergesellschaft zu erkennen.267 Diese geschehen oft durch informelle Gespräche oder Richtlinien. Würde es bei der allgemeinen Beweislastverteilung im Prozess bleiben, liefen die Schutzvorschriften der §§ 311 ff. AktG häufig leer.268 Die gleichen Gründe sollen auch für die Kapitalerhaltung gelten.269 In beiden Fällen bietet die Vermutung Beweiserleichterungen. Umstritten sind viele Einzelheiten, insbesondere auch die Art der Beweis­ erleichterung. Vielfach wird eine gesetzliche Vermutung der Veranlassung 265  Ob es sich um eine gesetzliche Vermutung oder nur einen Anscheinsbeweis handelt, ist umstritten; Einzelheiten sogleich. 266  Für die Kapitalerhaltung: Cahn / v. Spannenberg, in: Spindler / Stilz, AktG, § 57 Rn. 79; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 67 ff.; Pentz, in: Rowedder / SchmidtLeithoff (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 130; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 45; implizit wohl auch Altmeppen, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 64. Für die §§ 311 ff. AktG: Altmeppen, in: MünchKomm AktG § 311 Rn. 106 f.; Krieger, in: MünchHdb GesR, Band 4 AG, § 69 Rn. 75; J. Vetter, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 311 Rn. 32; differenzierender Hüffer, AktG § 311 Rn. 18, 21; ebenso Müller, in: Spindler / Stilz AktG § 311 Rn. 26. 267  Altmeppen, ZIP 1996, 693 (694). 268  Habersack, in: Emmerich / Habersack (Hrsg.), Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 311 AktG Rn. 32. 269  So etwa Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 67, der aus der allgemeinen Lebenserfahrung schließt, dass sich eine Gesellschaft nicht selbst schädigt.



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände

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angenommen (§§ 18 Abs. 1 Satz 3, 17 Abs. 2, 16, 317 Abs. 2 AktG).270 Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer Tatsache eine Vermutung auf, ist der Beweis des Gegenteils zulässig (§ 292 ZPO) – es ist somit an der Gegenseite, die Vermutung zu entkräften. Andere nehmen einen Anscheinsbeweis für eine Veranlassung an.271 Der prima facie Beweis hat jedoch keine Beweislastumkehr zur Folge.272 Er erleichtert lediglich die Beweisführung, indem er fehlende konkrete Indizien durch Sätze der allgemeinen Lebenserfahrung ausgleicht.273 Wenn ein typischer Geschehensablauf feststeht, muss der Beweisgegner ihn mit Tatsachen erschüttern, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ergibt.274 Im Ergebnis führen beide Arten der Beweiserleichterungen aber zu einer mindestens faktischen Beweislastumkehr. Auch wenn man einen prima facie Beweis annimmt, wird in der Regel die Gesellschaft beweisen müssen, dass keine Veranlassungen stattgefunden haben. Denn der Satz der allgemeinen Lebenserfahrung ist gerade der, dass die Obergesellschaft die Untergesellschaft beeinflusst. Diese Annahme müsste sodann entkräftet werden. (a) K  eine Übertragbarkeit der Vermutung auf den gesamten Kapitalschutz Leicht lässt sich erkennen, dass auch für den gesamten Kapitalschutz die Schwierigkeit besteht, Einflussnahmen auszumachen und zu beweisen. Trotzdem ist die Vermutung nicht das richtige Mittel für die Ausdehnung der Kapitalschutznormen.

270  Mit Unterschieden zur Notwendigkeit einer Konzernkonstellation nach § 18 AktG: Kronstein, BB 1967, 637 (640), der als Erster die Veranlassung mittelbar aus der Vermutung des § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG herleitet; Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 311 Rn. 90 ff.; ders., ZHR 171 (2007), 320 (331 f.); Hüffer, AktG, § 311 Rn. 19; Krieger, in: MünchHdb GesR, Band 4 AG, § 69 Rn. 76; Paehler, Die Zulässigkeit des faktischen Konzerns, S. 35. 271  J. Vetter, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 311 Rn. 30; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 10; Müller, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 311 Rn. 25; Fett, in: Bürgers / Körber (Hrsg.), AktG, § 311 Rn. 15. 272  So die heute h. M.: BGH v. 12.02.1963, BGHZ 39, 103 (107); Prütting, in: MünchKomm ZPO, § 286 Rn. 51; Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 113 Rn. 36; die Gegenansicht wird soweit ersichtlich in moderner Literatur nicht mehr vertreten: Wassermeyer, Der prima facie Beweis, S. 19, der von einer durch das Mittel des Beweises hergestellten Vermutung spricht; Diederichsen, ZZP 81 (1968), 45 (68), Ekelöf, ZZP 75 (1962), 289 (300), der aber nur von einer Beweislastverschiebung nicht einer Beweislastumkehr spricht. 273  Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, § 113 Rn. 17, 36. 274  Prütting, in: MünchKomm ZPO, § 286 Rn. 65.

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

Dies zeigt sich in drei Schritten. Zum ersten passen die Zurechnungskonstellationen der Kapitalerhaltung und der §§ 311 ff. AktG nicht auf alle Fälle der Beteiligung verbundener Unternehmen. Zum zweiten stimmt schon der vermutete Lebenssachverhalt nicht zwangsläufig. Letztlich handelt es sich bei der Vermutung vor allem nicht um das richtige Mittel, um den Zurechnungskonflikt aufzulösen. (b) Veranlassungsvermutung  der §§ 311 ff. AktG passt nicht auf alle Zurechnungsfälle des Kapitalschutzes Die Veranlassungsvermutung ist für die Fälle der Kapitalerhaltung und der §§ 311 ff. AktG geschaffen. Danach betrifft sie nur Zurechnungen von unten nach oben auf Gesellschafterseite – also der Zurechnung von Muttergesellschaften auf Gesellschafterseite. Schon die Übertragung auf eine Zurechnungskonstellation von oben nach unten auf Gesellschafterseite wirft große Probleme auf. Denn der Wert der Muttergesellschaft ist nicht Teil des Vermögens der Tochtergesellschaft. Letztlich scheitert die Vermutung aber spätestens an der Zurechnung auf Gesellschaftsseite. Denn hier verkehren sich die vermuteten Aussagen in ihr Gegenteil (es geht schlichtweg nicht mehr darum, einer anderen Person Vermögen zuzurechnen). (c) Der vermutete Lebenssachverhalt stimmt nicht immer Auch der vermutete Lebenssachverhalt muss nicht zwangsläufig der Wahrheit entsprechen. Schädigt sich eine Gesellschaft zugunsten ihres Gesellschafters, spricht wirklich vieles dafür, dass diese Schädigung auf den Einfluss des Gesellschafters zurückgeht. In diesen Fällen ist eine Vermutung daher gerechtfertigt. Schädigt sich die Gesellschaft nun aber nicht direkt zugunsten des Gesellschafters, sondern zugunsten dessen Tochtergesellschaft, muss dies nicht den gleichen Regeln folgen. Eine Schädigung der Gesellschaft zugunsten des Gesellschafters kommt diesem voll zugute. Wird hingegen Vermögen von einer Tochter (T1) auf die andere (T2) verlagert, führt dies immer auch zu einem Zufluss gegenüber den sonstigen Gesellschaftern (der T2) – sofern diese vorhanden sind. Die unterschiedlichen Beteiligungsquoten sind aber nur ein Grund, zwischen dem Vermögen des Gesellschafters (M) und dem Vermögen der Tochtergesellschaft zu unterscheiden. Auch kann die T2 deutlich aktivere Minderheitsgesellschafter haben, so dass das darin gebundene Vermögen dem Zugriff der Mehrheitsgesellschafter weiter entzogen ist als in der T1.



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände107

Auch unterschiedliche finanzielle Situationen der beiden Gesellschaften können eine Übertragung von T1 an T2 für den Gesellschafter unvorteilhaft sein lassen. Geht es T1 finanziell sehr gut und zahlt diese Vermögen zulasten ihres gebundenen Vermögens an T2 aus, die finanziell sehr schlecht dasteht, ist das Vermögen bei T2 deutlich gefährdeter. Diese Gründe zeigen, dass die Verlagerung in das Vermögen der T2 nicht gleichzusetzen ist mit der Verlagerung in das Vermögen der M. Das Trennungsprinzip zwingt auch hier, die T2 als eigene Gesellschaft zu betrachten und nicht als bloßen Vermögensbestandteil der M. (d) Veranlassungsvermutung ist nicht das richtige Instrument Letztlich lenkt die Veranlassungsvermutung aber den Fokus weg, von der wesentlichen Verbindung Gesellschafter-Dritter hin zur eher unwesentlichen Verbindung Gesellschaft-Gesellschafter. Denn sie sagt nichts über das Zurechnungsverhältnis zum Dritten, sondern nur etwas über das Verhältnis Gesellschaft-Gesellschafter aus. Deshalb ist die Vermutung nicht das richtige Instrument um die Zurechnungsfragen zu beantworten. Daraus folgen folgende Probleme. Zum einen würde mit der Vermutung die Veranlassungszurechnung angewendet. Wie soeben dargestellt, handelt es sich dabei immer um eine Auslegung der Kapitalschutznormen. Folge wäre im Fall der Zurechnung von oben nach unten auf Gesellschafterseite: die Leistung wäre vom unmittelbaren Gesellschafter (T) zurückzufordern – dieser ist aber nicht Empfänger der Leistung.275 Dazu folgendes Schaubild:

Abbildung 6: Erläuterung Veranlassungsvermutung – ungerechte Rückabwicklung 275  Dazu siehe die nähere Erläuterung und die Lösung unten im zweiten Kapitel I. 2. b) bb).

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

Zum anderen zeigt dieser ungerecht erscheinende Fall, dass die Vermutung die Lasten falsch verteilen würde. Denn wie oben gezeigt wurde, handelt es sich bei der Veranlassung um eine Zurechnung aufgrund von Willensbetätigung. Es wäre daher falsch, diesen Willen zu vermuten, wenn er schlichtweg nicht vorliegt. Die bessere Lösung ist daher, nach einem objektiven Zurechnungskriterium zu suchen. Ein solches schließt nicht auf Handlungen des Gesellschafters. Vielmehr geht es einem objektiven Zurechnungskriterium darum, zu erfassen, wieweit die Kapitalschutzvorschriften generell reichen. ee) Zwischenergebnis Das Zurechnungskriterium der Veranlassung lässt sich wie folgt zusammenfassen: Immer wenn der Gesellschafter die Gesellschaft veranlasst, ein Geschäft mit einem Dritten wahrzunehmen oder die Gesellschaft ihre Tochtergesellschaft veranlasst, mit dem Gesellschafter zu kontrahieren, ist die fehlende causa societatis überwunden. Wenn die restlichen Voraussetzungen vorliegen (also die Glaubwürdigkeit des Nominalkapitalbetrages gefährdet ist), sind die Kapitalschutzvorschriften anwendbar. Der Gesellschafter bzw. die Gesellschaft legen damit fest, wie weit der Kapitalschutz in Drittgeschäfte hineinreicht. Ausgeschlossen ist diese Betrachtungsweise nur dann, wenn die Gesellschaft nachweisen kann, dass das Geschäft nicht auf dem Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis basierte; dass also unabhängig von der Veranlassung des Gesellschafters das Geschäft ebenso vorgenommen worden wäre. Das ist etwa dann der Fall, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer / Vorstand nur in seiner Organfunktion tätig wird.276 Beweisen muss diese Veranlassungen indes der Kläger, der typischerweise in die Konzernspitze keinen Einblick hat. Diese Beweislastverteilung ist jedoch hinnehmbar, wenn man das objektive Zurechnungskriterium des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts277 mit in den Blick nimmt. Es gibt danach für die Fälle intensiver Beeinflussungsmöglichkeit ein objektives Zurechnungskriterium, das auch Beweisschwierigkeiten eliminiert 276  Darauf haben Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 20, und ihm folgend Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 247, mit der Einschränkung hingewiesen, es müsse sich um private Geschäfte des Gesellschafters handeln. Gerade in Konzernverhältnissen ist das Unterscheidungskriterium „Privat“ aber wenig geeignet. Die fortgeführte causa societatis ist besser geeignet den Geschäftsführer-Gesellchafter zu entlasten. Schließlich ist die Klägerseite dafür beweispflichtig, dass der geschäftsführende Gesellschafter nicht in seiner Funktion als Geschäftsführer, sondern als Gesellschafter gehandelt hat. 277  Dazu sogleich.



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände109

und zudem gibt es das Veranlassungskriterium, welches auf ganz spezifische und demnach auch nachweisbare Einflussnahmen reagiert. Man beachte dabei auch: das Veranlassungskriterium ist nicht „konzernspezifisch“. Es ist daher auch in Fällen anwendbar, in denen gebundenes Vermögen an ein nicht mit dem Gesellschafter verbundenes Unternehmen abfließt. Es stellt das erste Standbein der Zurechnung verbundener Unternehmen dar, indem es konzerninterne Einflussnahmen ihrer rechtlich angemessenen Lösung zuführen kann. In Abgrenzung zu dem sogleich zu behandelnden objektiven Zurechnungskriterium ist das Veranlassungskriterium insbesondere für die richtige Rechtsfolgenabwicklung notwendig. Treten Willensausübungen zutage, müssen diese für die rechtliche Einordnung auch ausschlaggebend sein. Eine rein objektive Zurechnung würde anderenfalls die Lasten falsch verteilen. b) Das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht als Zurechnungskriterium bei fehlender Veranlassung Sind Veranlassungen des Gesellschafters oder der Gesellschaft nicht zu beweisen oder bestehen keine, benötigt man objektive Kriterien für eine Zurechnung. Ohne eine objektive Zurechnung würden die Beweisschwierigkeiten bei der Veranlassung dazu führen, dass die Normen des Kapitalschutzes nicht die erforderliche Wirkung entfalten.278 Dann würde einer Umgehung der Kapitalschutzvorschriften Vorschub geleistet. Wie Rehbinder sagt, ist der Rechtsgrund einer solchen Zurechnung aber nicht der Missbrauch einer Rechtsform, sondern die höhere Geltung des Kapitalschutzes gegenüber dem Trennungsprinzip.279 Das ist der Grund, warum von objektiver Zurechnung gesprochen wird. Das heißt, dass eine bestimmte Verbindung zweier Gesellschaften immer zur Ausdehnung der Kapitalschutzvorschriften führt. Die Voraussetzungen einer solchen generellen Ausdehnung sollen für das gesamte Kapitalschutzrecht gelten. Solche Voraussetzungen fehlen bislang. Im Folgenden soll gezeigt werden, dass 278  Denn das Trennungsprinzip erlaubt nur, die juristische Rechtspersönlichkeit dann zu übergehen, wenn es andernfalls mit dem Beharren auf der juristischen Person zu einer eklatanten Gerechtigkeitslücke käme. Die Begriffsjurisprudenz ist überwunden und so kann auch nicht etwa Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen, S. 208 f. gefolgt werden, der das Trennungsprinzip dann nicht durchbrechen will, wenn „nur“ der Zweck einer Norm nicht verwirklicht werden könnte und vielmehr einen Missbrauch der Rechtsform fordert. Die eigene Rechtssubjektivität einer juristischen Person (und auch der Gesamthand) muss immer im System des gesamten Rechts betrachtet werden. Die Frage ist viel mehr von der Seite der Kapitalschutznormen gedacht und deren Reichweite zu bestimmen. 279  Rehbinder, in: FS Fischer, S. 579 (587).

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

sich aus der Kombination der beiden Untersuchungsgegenstände ein einheitliches objektives Zurechnungskriterium ermitteln lässt. Ein solches objektive Zurechnungskriterium im Kapitalschutzrecht könnte sein: Ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht des Gesellschafters gegenüber den Leitungsorganen der Gesellschaft.280

aa) Herkunft und Begründung eines gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts als Zurechnungskriterium Doch woher stammt ein solches Zurechnungskriterium, und wie kann es den Konflikt zwischen Trennungsprinzip und Kapitalschutz auflösen? Der Ursprung der Idee eines gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts als Zurechnungsvoraussetzung lässt sich nicht genau verorten.281 Doch auch in anderen Bereichen zeigen sich ähnliche Überlegungen, etwa die von Wilhelm für die Durchgriffshaftung.282 Er meinte: Fremdbezogene (in Abgrenzung zur eigenen, also unbeeinflussten) Machtausübung sei pflichtgebunden. Stellvertretung, Fremdgeschäftsführung, Auftrag und das Handeln von Organen seien durchweg von Pflichten begleitet. Während faktische Einflussnahme keine rechtlich fundierten Pflichten mit sich brächte, verbinde ein Weisungsrecht gegenüber den Organen der Gesellschaft die Pflichten der Gesellschafterseite auch mit der Gesellschaftsseite. Wilhelm begründet mit dieser Verbindung zwar die Durchgriffshaftung,283 aber auch er sucht damit das Trennungsprinzip zu durchbrechen – und darum geht es hier. Danach wird die Gesellschaft dann nicht mehr als rechtlich selbstständig behandelt, wenn die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Geschäftsführungsorgane rechtlich so gesichert ist, dass es möglich wird, fremde Interessen in einzelnen Entscheidungen durchzusetzen. 280  Im Folgenden wird der Einfachheit halber nur noch von gesellschaftsrechtlich fundiertem Weisungsrecht die Rede sein. 281  Etwa schon das RG hatte die Abhängigkeit immer dann angenommen, wenn die Obergesellschaft über Mittel verfügt, die Untergesellschaft ihrem Willen zu unterwerfen und diesen bei ihr durchzusetzen. Dabei nahm es rechtliche wie tatsächliche Mittel an, vgl. RG v. 21.04.1941, RGZ 167, 40, 49 ff.; zust. K. Schmidt, GesR, § 31 II 3 b (S. 941 f.). 282  Wilhelm, Rechtsform und Haftung, S. 337. 283  Wilhelm, Rechtsform und Haftung, S. 337, der eine Haftung der Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten damit begründen möchte. Hier stellt sich der Fall gerade andersherum dar.



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände111

Dass diese Einflussnahme rechtlich fundiert sein muss, hat folgenden Grund: Die objektive Zurechnung ist gleichzeitig die Grenze des Kapitalschutzes, also die Antwort auf die Frage, wie weit der Kapitalschutz reicht. Diese Antwort muss sich an den Kategorien des Rechts orientieren – sich also innerhalb des Systems festen Kapitals bewegen. Das Trennungsprinzip muss demnach immer dort durchbrochen werden, wo die eigenständige Rechtspersönlichkeit einer juristischen Person zum bloßen Schein wird. Gleichzeitig wird das Zurechnungskriterium damit zum faktischen Einfluss abgegrenzt. Die objektive Zurechnung muss nicht für faktischen Einfluss gelten. Es geht um die Frage, wann aus dem Gesellschaftsrecht heraus nicht mehr davon gesprochen werden kann, dass es sich um eine unabhängige dritte Rechtsperson handelt. Maßstab dieser objektiven Zurechnung ist die rechtliche Möglichkeit der Einflußnahme – nicht so sehr die tatsächlich ausgeübte. Jedoch muss die Möglichkeit der Einflussnahme auf das jeweils für den Kapitalschutz bedeutsame Geschäft bestehen. Beschränkte Weisungsrechte, die die angegriffene Maßnahme schon objektiv nicht betreffen, sind demnach nicht erfasst. Ein solches objektives Kriterium führt zu Rechtssicherheit und einem größeren Vertrauen in den Kapitalschutz und damit auch das Nominalkapital. Für die Fälle tatsächlicher Einflussnahme steht das Veranlassungskriterium als handlungsbezogenes Zurechnungskriterium bereit. Auch Rechtsprechung und Literatur haben dieses Zurechnungsprinzip schon in ähnlicher, wenn auch nicht so deutlicher Weise, für einzelne Bereiche formuliert. (1) Das  gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht in der Rechtsprechung Eine Zurechnung verbundener Unternehmen, die ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht voraussetzt, scheint auch der BGH zu vertreten. (a) E  hemaliges Eigenkapitalersatzrecht Erstmals in der noch zum ehemaligen Eigenkapitalersatzrecht ergangenen Entscheidung vom 05.05.2008284 verwendete der BGH dem gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrecht sehr ähnliche Kriterien. Er legte sein über die Jahre immer weiterentwickeltes Kriterium der maßgeblichen Beteiligung in diese Richtung aus.285 Danach sei 284  BGH 285  Vgl.

v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07, NZG 2008, 507. zu dieser Entwicklung insbesondere im Zweiten Kapitel, I. 1. a) cc) (2).

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

„eine maßgebliche Beteiligung in diesem Sinn […] gegeben, wenn der Gesellschafter auf die Entscheidungen des Kredit gebenden Unternehmens, nämlich auf die Gewährung oder auf den Abzug der Kredithilfe an das andere Unternehmen einen bestimmenden Einfluss ausüben, insbesondere dem Geschäftsführungsorgan der Hilfe gewährenden Gesellschaft durch Gesellschafterbeschlüsse gemäß § 46 Nr. 6 GmbHG entsprechende Weisungen erteilen kann.“286

Bei bloßer Abhängigkeit bestünden bei einer AG keine solchen „gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsbefugnisse gegenüber dem Vorstand“,287 eine Zurechnung müsse bei der AG daher ausscheiden. Diese Linie im ehemaligen Eigenkapitalersatzrechts führte der BGH auch in der letzten dazu ergangenen Entscheidungen fort.288 Auch hier stellte er auf ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht ab.289 (b) Kapitalaufbringungsrecht Für das Kapitalaufbringungsrecht blieb im Fall „Flender“ nicht klar, ob die Verweisung darauf, dass gegenüber dem Vorstand der AG keine „gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsbefugnisse“ bestanden, tragender Grund für das Urteil war.290 Es schimmert jedoch durch, als würde der Zweite Senat auch für das Kapitalaufbringungsrecht die Lösung der rechtsform­ abhängigen Zurechnung vertreten und damit dem gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrecht Vorschub geben.291 (c) Kapitalerhaltungsrecht Mit seiner neueren Entscheidung „Dritter Börsengang“ trägt er das Kriterium dann auch in das Kapitalerhaltungsrecht hinein.292 Auch hier entwickelte der BGH sein Kriterium der maßgeblichen Beteiligung zum gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrecht weiter.293 Die maßgebliche Beteiligung solle danach nur vorliegen, wenn ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht gegenüber dem Geschäftsführungsorgan bestehe.294 286  BGH

v. 05.05.2008, NZG 2008, 507 (Rz. 10). v. 05.05.2008, NZG 2008, 507 (Rz. 13). 288  BGH v. 28.02.2012 – II ZR 115 / 11, DB 2012, 971. 289  BGH v. 28.02.2012 – II ZR 115 / 11, DB 2012, 971. 290  BGH v. 12.02.2007, BGHZ 171, 113 (117) – Flender. 291  Vgl. auch hierzu näher im Zweiten Kapitel, I. 1. a) cc) (1). 292  BGH v. 31.05.2011, NZG 2011, 829 (Rz. 43) – Dritter Börsengang. 293  Diese Entwicklung ist im Zweiten Kapitel unter I. 1. b) aa) (3) (d) (bb) näher beleuchtet. 294  BGH v. 31.05.2011, BGHZ 190, 7 (Tz. 42) – Dritter Börsengang. 287  BGH



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände113

(d) Folgt  daraus ein einheitliches Kriterium für den gesamten Kapitalschutz? Mit der Entscheidung „Dritter Börsengang“295 scheint der BGH das Zurechnungskriterium zum Maßstab der Zurechnung im gesamten Kapitalschutz zu erheben. Obgleich er dem Kriterium bislang keine generelle Wirkung geben hat, weisen die Einzelentscheidungen in diese Richtung. Doch was ist daraus für ein solches Kriterium zu folgern? Klar ist: Der BGH verwendet das Kriterium des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts, und zwar für die jeweils einzelnen Teile des Kapitalschutzes. An dieser Stelle wird aber ein Kriterium für den gesamten Kapitalschutz gesucht. Während die Entwicklung der Zurechnungskriterien des BGH im Zweiten Kapitel näher beleuchtet wird,296 ist hier danach zu fragen: – Warum dient das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht als Zurechnungskriterium? und – Wird durch dieses Kriterium das gesamte Kapitalschutzrecht nun verklammert – handelt es sich also um ein einheitliches Rechtsinstitut? Die Rechtsprechungslinien zu Kapitalaufbringung, Kapitalerhaltung und ehemaligem Eigenkapitalersatzrecht laufen vielfach eigenständig, um sich dann wieder zu berühren und zu überschneiden.297 Der BGH hat bisher den Kapitalschutz noch nicht als Ganzes behandelt. Auch dem Kriterium des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts hat der BGH bislang keine nähere Erklärung folgen lassen. Es lässt sich nur über die Jahre eine gewisse Tendenz herauslesen,298 dass der BGH die jeweils fallbezogenen Ergebnisse nun im Kriterium des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts zusammenfasst. Er selbst nimmt das bis dahin unbekannte Kriterium wie selbstverständlich an. Geboren wurde es aus der Notwendigkeit, erstmals über die Zurechnung einer AG entscheiden zu müssen und weder Treuhand‑299 noch Beherrschungsverträge als Zurechnungsgrundlage zur Hand zu haben. 295  BGH

v. 31.05.2011, NZG 2011, 829 – Dritter Börsengang. unten Zweites Kapitel, I. 1. a) cc), sowie I. 1. b) aa) (3) (d). 297  So etwa durch die Verweisung auf „Flender“, in: BGH v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07, NZG 2008, 507 (Tz. 13), dort wird auf die Fundstelle in NZG 2007, 300 verwiesen. 298  Näher dazu unten Zweites Kapitel: I. 1. a) cc) (1) (h) sowie I. 1. a) cc) (2) (c) und I. 1. a) cc) (1) (h). 299  Wie dies etwa bei IBH / Lemmerz, BGHZ 110, 47, der Fall war. 296  Siehe

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

Ob das Kriterium das Ende des Rechtsprechungsweges aufzeigt, oder für welche Fälle des gesellschaftsrechtlichen Weisungsrechts der BGH dieses annehmen würde, ist daher ebenso offen wie die Frage nach dessen Begründung. Auch ist bislang noch zweifelhaft, wie der BGH für Fälle der Zurechnung von oben nach unten oder gar auf Gesellschaftsseite entscheiden würde. Derzeit handelt es sich bei dem Kriterium daher nicht um ein einheitliches Zurechnungskriterium für den gesamten Kapitalschutz. Dafür sind noch zu viele Fragen offen. Die Tendenz ist da, aber eine eindeutige Antwort leider nicht. (2) Das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht in der Literatur In der Literatur wurde der Entscheidung des BGH, auf ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht abzustellen, teils zugestimmt,300 teils wurde diese abgelehnt301. Gehle nannte das Kriterium „praktikabel“ insbesondere wegen seiner Klarheit, die dem Tatrichter die Notwendigkeit nehme aufzuklären, ob die Einflussmöglichkeit tatsächlich genutzt wurde.302 Blöse hat davor gewarnt, mit einem Kriterium wie dem gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrecht, die gläubigerschützende Funktion des ehemaligen Eigenkapitalersatzrechtes leer laufen zu lassen. Er wolle vielmehr auf den wirtschaftlichen Gehalt und Zielrichtung der einzelnen Geschäftsmaßnahme abstellen – anstelle auf ein formales Kriterium.303 Trotz dieser Stimmen muss man feststellen, dass eine nähere Auseinandersetzung mit dem Kriterium, insbesondere für den gesamten Kapitalschutz, noch nicht stattgefunden hat. Müller-Eising hat eine im Ergebnis ähnliche Zurechnungsvoraussetzung für die verdeckte Sacheinlage formuliert und begründet – allerdings schon 1993.304 Er bezeichnete diese nicht als gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht, sie ähnelt jedoch dem hier vertretenen Kriterium. Er nimmt an, dass eine Zurechnung dann stattfindet, wenn eine wirtschaftliche Einheit zwischen Mutter und Tochter bestehe. Diese wirtschaft300  Gehle, DB 2010, 1051; Habersack ZIP 2008, 2385 ff., der aber gerade auf die Kontinuität der Eigenkapitalersatzrechtsprechung verweist und eher die Ausscheidung der AG begrüßt als die damit einhergehende objektive Zurechnung von abhängigen GmbH’s. 301  Blöse, GmbHR 2008, 759 (760 f.), ders., DB 2010, 1053. 302  Gehle, DB 2010, 1051 (1052). 303  Blöse, DB 2010, 1053 (1054). 304  Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, S. 237.



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände

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liche Einheit wiederum erfordere, dass die Muttergesellschaft faktisch in die Finanzierungsentscheidungen der Tochtergesellschaft eingreifen könne und das Finanzierungsverhalten der Tochtergesellschaft mit ihrem eigenen abstimmen könne. Ein solcher Einfluss solle sodann auf jeden Fall im Konzern bestehen, in dem eine einheitliche Leitung vorhanden ist. Es reiche hingegen nicht die Möglichkeit der Bestellung des Aufsichtsrates und mittelbar damit auch des Vorstandes in der AG. Vielmehr seien Weisungsrechte wie etwa in der GmbH durch § 37 Abs. 1 GmbHG oder personelle Verflechtungen in den Organen der Gesellschaften notwendig.305 Müller-Eisings Ansatz geht in die richtige Richtung. Er ist aber für die Fälle der verdeckten Sacheinlage geschaffen. Für die Ausdehnung auf das gesamte Kapitalschutzrecht müsste er gewisse Änderungen erfahren – wie unten zu sehen sein wird306. Auch werden die Details der Zurechnung und die Wirkung des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts bei Müller-Eising nicht deutlich. So ist unklar, warum Müller-Eising den Konzern (§ 18 AktG) als hinreichende Voraussetzung für die Zurechnung ansieht, wenn er gleichzeitig formuliert, dass die bloße Abhängigkeit einer AG nicht für den Einfluss ausreichen solle. Durch die Vermutung des § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG besteht in vielen Fällen Übereinstimmung von verbundene Aktiengesellschaften und Konzernen. Auch grundsätzlich bedarf es für die einheitliche Leitung keiner Weisungsmacht.307 Letztlich lüftet Müller-Eising damit nicht alle Geheimnisse der einzelnen Zurechnungskonstellationen. Er macht nicht klar, wem gegenüber der Einfluss bestehen muss. Die hier vertretene Ansicht soll den von Rechtsprechung und Literatur begonnenen Weg beenden. Als objektives Zurechnungskriterium gilt das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht für alle Zurechnungskonstellationen im gesamten Kapitalschutz. Was das im Einzelnen heißt, wird im Folgenden für die Zurechnungskonstellationen dargestellt.

305  Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, S. 237; dies in Teilen übernehmend auch Pentz, in: MünchKomm AktG, § 27 Rn. 121, der aber offensichtlich nur bei tatsächlich vorliegender Weisung eine Zurechnung annehmen will, demnach nicht auf die objektive Funktion des Weisungsrechts abstellt. 306  Vgl. Zweites Kapitel I. 1. a) bb) (2). 307  Bayer, in: MünchKomm AktG, § 18 Rn. 34 ff.; Emmerich, in: Emmerich / Habersack (Hrsg.), Aktien- und GmbH- Konzernrecht, § 18 AktG Rn. 13 ff.; Hüffer, AktG, § 18 Rn. 12; Schall, in: Spindler / Stilz (Hrsg.) AktG, § 18 Rn. 16.

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

bb) In welchen Fällen besteht ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht? Ausgehend von der rechtlich gesicherten Möglichkeit der Einflussnahme besteht ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht in folgenden Fällen: •• Bei mehrheitlicher Beteiligung an einer gesetzestypischen GmbH über §§ 37 Abs. 1, 46 Nr. 6 GmbHG;308 dies gilt auch für die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt). •• Wenn ein Beherrschungsvertrag (§ 291 AktG) geschlossen wurde (§ 308 AktG).309 •• Wenn die Gesellschaft eingegliedert ist (§ 319 AktG i. V. m. § 323 AktG). •• In der GmbH auch dann, wenn satzungsvertraglich einem fakultativen Gesellschaftsorgan Weisungsbefugnis gegenüber den Geschäftsführern eingeräumt ist.310 Dann können sogar Dritte diesem Organ angehören.311 •• Wenn in paritätisch besetzten Zwei-Personen-GmbH ein Gesellschafter alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist312. •• Wenn sich ein Minderheits-GmbH-Gesellschafter anhand von Stimmbindungsverträgen die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung gesichert hat.313 308  Dies liegt immer dann vor, wenn dem Mehrheits-GmbH-Gesellschafter auch die Mehrheit der Stimmen in der Gesellschafterversammlung zustehen. So die gesetzliche Regelung in § 47 Abs. 2 GmbHG. Der Gesellschaftsvertrag kann auch eine andere Regelung vorsehen, vgl. dazu BGH v. 14.07.1954, BGHZ 14, 264 (270 f.); Fock, in: FS Heinsius, S. 129. Das der Gesellschafterversammlung ein Weisungsrecht zusteht, ist der Fremdorganschaft immanent. Die §§ 37 Abs. 1, 46 Nr. 6 GmbHG werden häufig als gesetzliche Anknüpfungen gewählt, ohne dass sie jedoch die gesamte Struktur des Weisungsrechts erfassen würden, vgl. dazu auch Boesebeck, GmbHR 1960, 118 f. 309  Das gilt selbstverständlich dann lediglich innerhalb der engen Grenzen, die dem Kapitalschutz im Vertragskonzern noch bleiben, vgl. § 291 Abs. 3 AktG. 310  Ähnlich für die Abhängigkeit: Beuthien ZIP 1993, 1589; Emmerich, in: Emmerich / Habersack (Hrsg.), Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 17 AktG Rn. 20; Raiser / Veil Recht der Kapitalgesellschaften, § 51 Rn. 17. 311  Beuthien / Gätsch, ZHR 157 (1993), 483 (498 ff.); a. A. Teichmann, Gestaltungs­ freiheit in Gesellschaftsverträgen, S. 197 ff.; U. H.  Schneider, in: Scholz GmbHG, § 37 Rn. 33. 312  BGH v. 28.02.2012, II ZR 115 / 11, DB 2012, 971 (Rz. 19). 313  Berger, Nebenverträge im GmbH-Recht, S. 192 f. geht von einer Abhängigkeit aufgrund Stimmbindungsverträgen in der GmbH aus. Mit den gleichen Argumenten lässt sich auch die Weisungsbefugnis für den Fall annehmen, in dem eine vertrag­ liche Verpflichtung zur gleichgerichteten Stimmrechtsabgabe besteht.



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände117

•• Wenn die abhängige Gesellschaft eine Personengesellschaft ist und der Gesellschafter entweder alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer (auch über ein Mehrheitsstimmrecht bei gesellschaftsvertraglich vereinbartem Mehrheitserfordernis314) oder gesellschaftsvertraglich weisungsbefugt gegenüber dem Prokuristen oder sonstigen Geschäftsführern ist.315 Im Umkehrschluss können wirksame316 Entherrschungsverträge eine Zurechnung aufgrund von gesellschaftsrechtlich fundiertem Weisungsrecht ausschließen (nur für die GmbH bedeutsam317). Kann die Mehrheit der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung nicht ausgeübt werden, kann der Mehrheitsgesellschafter von seinem Weisungsrecht ohne Mitwirkung der anderen Gesellschafter keinen Gebrauch machen. Da die Ausübung des Weisungsrechts aber der Gesellschafterversammlung obliegt (§ 46 Nr. 6 GmbHG), steht es somit nicht zu befürchten, dass das Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis auch in der Verbindung mit der dritten Gesellschaft vorherrscht. Eine Ausdehnung der Kapitalschutzvorschriften ist in diesem Fall nicht notwendig. cc) In welchen Fällen wird zugerechnet – das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht in den einzelnen Zurechnungskonstellationen Anhand der folgenden Zurechnungsfälle – aller abstrakten Zurechnungsfälle der ersten Beteiligungsstufe – soll gezeigt werden, in welchen Fällen 314  Das heißt, wenn der Gesellschaftsvertrag abweichend vom gesetzlichen Regelfall (§ 709 Abs. 1 BGB, § 115 Abs. 1 HGB) ein Mehrheitserfordernis für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vorsieht und der Gesellschafter über 50 % der Stimmrechte innehat. Es ist darauf zu achten, dass es auch dann nicht auf die Beteiligungshöhe ankommt. Der Gesellschaftsvertrag kann Stimmrechte unabhängig von der Beteiligungshöhe vorsehen. 315  Zu beachten ist § 116 Abs. 2 HGB analog für solche Handlungen, die über die typische Geschäftsführung hinausgehen; dann ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich. Vgl. auch Emmerich / Habersack, Konzernrecht, § 34 Rn. 6  ff.; Kleindiek, Strukturvielfalt, S. 305 ff.; Die Beschränkung wirkt dann jedoch nur in das Innenverhältnis vgl. BGH v. 09.05.1974 – II ZR 84 / 72, NJW 1974, 1555. Einer Zurechnung steht sie nicht im Wege, vgl. auch unten III. 3. b) ff) (2). 316  Da nur für die GmbH bedeutsam, sind hier höhere Anforderungen zu stellen, als sie an die AG gestellt werden. Vgl. zur Wirksamkeit in der AG: Jäger, DStR 1995, 1113; Götz, Entherrschungsvertrag, S. 8 ff. Für die GmbH muss zu jedem Zeitpunkt der Vertragsgeltung die Mehrheit der Stimmrechte wirksam beschränkt sein. Andernfalls könnte der Gesellschafter von seinem Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung Gebrauch machen. 317  Denn die AG wird ohne Beherrschungsvertrag nicht zugerechnet. Für sie besteht kein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht der Hauptversammlung an die Vorstände.

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht zu einer Zurechnung kommt. Dabei wird noch nicht anhand der einzelnen Normen gearbeitet sondern auf der abstrakten Stufe der Kapitalerhaltung. Die Anwendung in den Einzelnormen bleibt dem Zweiten Kapitel vorbehalten. (1) Zurechnung aufseiten des Gesellschafters Fehlt es an der Veranlassung vonseiten des Gesellschafters, sind verbundene Unternehmen wie folgt auf Gesellschafterseite in die Kapitalschutzvorschriften einzubeziehen: wenn entweder der Gesellschafter gegenüber den Leitungsorganen seiner Tochter ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat oder umgekehrt die Muttergesellschaft eine solche Einflussmöglichkeit auf den Gesellschafter hat. (a) Zurechnung von Tochtergesellschaften (von unten nach oben)

Abbildung 7: Gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht gegenüber Tochtergesellschaft auf Gesellschafterseite

Kontrahiert die Gesellschaft (T1) mit ihrer Schwestergesellschaft, der T2, sind die Kapitalschutzvorschriften der T1 anzuwenden, wenn der Gesellschafter (M) ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht gegenüber den Leitungsorganen seiner Tochtergesellschaft (T2) hat. Das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht ist demgemäß Bedingung für die Zurechnung. Hat der Gesellschafter ein solches gegenüber seinem verbundenen Unternehmen (T2), kann er auf die einzelne Finanzund Transaktionsentscheidung Einfluss nehmen. Er kann damit seine Interessen im Einzelnen in seiner Tochtergesellschaft umsetzen Durch diese Möglichkeit der Einflussnahme stellt sich auch in der Transaktion zwischen T1 und T2 die gleiche Problematik, wie sie im GesellschaftGesellschafter-Verhältnis (T1-M) bestünde. Die „zwischengeschaltete“ Gesellschaft kann also „hinweggedacht“ werden, da sie im Falle des Weisungsrechts nur noch als unselbstständiger Bestandteil erscheint.



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände119

Gleiches zeigt sich durch folgende Überlegung: Zwischen natürlichen Personen findet eine Sphärentrennung durch deren Eigeninteressen statt.318 Natürliche Personen können sich absprechen, haben aber immer originäre Eigeninteressen. Bei juristischen Personen sind die Eigeninteressen dann zweifelhaft, wenn Dritte die Gesellschaft derart steuern, dass zwischen Fremd- und Eigeninteressen nicht mehr hinreichend getrennt werden kann. Dann ist durch die Einflussmöglichkeit des Gesellschafters (M) nicht mehr davon auszugehen, dass T2 als unabhängiger Dritter mit T1 kontrahiert. Für diese Zurechnung ist es auch egal, ob der Gesellschafter (M) im konkreten Fall seine Macht ausnutzt, um die Transaktion zwischen T1 und T2 zu beeinflussen. Denn im Verhältnis des Gesellschafters zur Gesellschaft kommt es ebenfalls nicht darauf an, ob der Gesellschafter seine besondere Stellung einsetzt. Die §§ 19 Abs. 4 GmbHG und 27 Abs. 3 AktG gehen vielmehr abstrakt davon aus, dass zum Schutz des Marktes und um die Glaubwürdigkeit der Risikozusage zu bewahren, bestimmte Geschäfte ausgeschlossen und die abstrakten Sacheinlagevorschriften einzuhalten sind. Das Verbot gilt unabhängig davon, ob die Gesellschaft ohne Zutun des Gesellschafters diesem Vermögen zulasten des Nominalkapitals auskehrt oder der verdeckt eingelegte Sachgegenstand werthaltig ist.319 Die Verbote wirken also abstrakt im Zwei-Personen-Verhältnis. Daher müssen die abstrakten Grundsätze auch dann gelten, wenn der Gesellschafter theoretisch die Möglichkeit hätte, jede einzelne Entscheidung des dritten Unternehmens zu beeinflussen. Der Markt muss befürchten, dass der Gesellschafter seine besondere Stellung zur Gesellschaft ausnutzt, um sein Risiko des Gesellschaftsscheiterns mithilfe der weisungsabhängigen Tochtergesellschaft (T2) aus der Gesellschaft (T1) abzuziehen. Gleichzeitig ist das gesellschaftsrechtliche Weisungsrecht aber auch Grenze der Zurechnung. Hat der Gesellschafter einer Aktiengesellschaft zwar beherrschenden Einfluss (§ 17 AktG), ist also etwa gemäß § 17 Abs. 2 AktG mit Mehrheit an der AG beteiligt, reicht dies nicht alleine für eine Zurechnung aus. Denn in der „nur“ abhängigen AG kann der Mehrheitsgesellschafter zwar den Aufsichtsrat bestimmen und damit mittelbar auch über die Besetzung des Vorstandes entscheiden, er hat aber kein Weisungsrecht. Die Vorstände einer AG sind weisungsfrei (§ 76 Abs. 1 AktG). Nur das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht lässt die rechtlich gesicherte Möglichkeit zu, dass der Gesellschafter seine Interessen so in der dritten Gesellschaft durchsetzen kann, dass deren eigenständiger Charakter zurücktritt. 318  Raiser,

in: FS Lutter, S. 637 (644). ändert auch die Anrechnungsmöglichkeit in den neuen §§ 19 Abs. 4 GmbHG und 27 Abs. 3 AktG nichts, siehe dazu oben Seite 74. 319  Daran

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

Es bleibt dem Gesellschafter zwar ein faktischer Einfluss auf die Handlungen der AG, dieser reicht aber für eine objektive abstrakte Zurechnung nicht aus.320 Dass eine Gesellschaft vielfacher faktischer Abhängigkeit (Zulieferer, Banken) unterliegt, weiß der Markt. Dies gehört zum „normalen“ Geschäftsleben, vor dem die Kapitalschutzvorschriften nicht schützen müssen. Mit Blick auf den Schutzzweck des Kapitalschutzrechts ist die Glaubwürdigkeit der Risikozusage nur dann untergraben, wenn der Gesellschafter tatsächlich seinen Einfluss geltend macht, um das Risiko aus der Gesellschaft abzuziehen (Veranlassung), oder er die rechtlichen Instrumentarien hat, um dies jederzeit tun zu können. (b) Zurechnung von Muttergesellschaften (von oben nach unten)

Abbildung 8: Gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht seitens der Muttergesellschaft auf Gesellschafterseite

Ist am Gesellschafter (T) wiederum eine andere Gesellschaft zur Mehrheit beteiligt (M), wird diese in die Kapitalschutzvorschriften der Gesellschaft (E) einbezogen, wenn sie gegenüber den Leitungsorganen des Gesellschafters (T) ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. Der Gesellschaft-Gesellschafter-Konflikt besteht auch im Verhältnis Mutter-Enkel, wenn die Mutter die einzelne Entscheidung der Tochter derart beeinflussen kann, dass die Gesellschafterstellung der Tochter auf die Mutter zu übertragen ist. Dafür bedarf es wiederum eines gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts der Mutter gegenüber dem Leitungsorgan der Tochter. Kann die Mutter derart in die Entscheidungen der Tochter eingreifen, kann sie den in den Kapitalschutzvorschriften vorausgesetzten Einfluss 320  Ähnlich wird auch bei der Verhaltenszurechnung von § 31 BGB argumentiert. Hier kommt es nicht zu einer Zurechnung des Organhandelns der Untergesellschaft an die Obergesellschaft, weil die Organstellung eines jeden Organmitgliedes gegenüber seiner Gesellschaft durch die gesetzlichen Pflichten gebunden ist, vgl. BGH v. 29.01.1962, BGHZ 36, 296 (309 f.); BGH v. 26.03.1984, BGHZ 90, 381 (397 f.).



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände121

eines Gesellschafters auf die Gesellschaft ausüben, so dass auch ihre Rechtsbeziehungen zur Enkelgesellschaft unter den Generalverdacht des Gesetzgebers geraten. Auch hier ist es erforderlich, dass der Gesellschafter die Möglichkeit hat, auf die einzelne Entscheidung des Leitungsorgans Einfluss zu nehmen. Nur dann kann die Mutter ihre eigenen Vorstellungen „eins zu eins“ bei der Tochter durchsetzen und erst dann kann man die Eigenständigkeit der Tochter „hinwegdenken“. Dann hat die Mutter faktisch die Position des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft und muss ihre Verträge mit der Gesellschaft ebenfalls an den Kapitalschutzvorschriften dieser Gesellschaft messen lassen. Der „zwischengeschaltete“ „eigentliche“ Gesellschafter verliert somit seine rechtliche Selbstständigkeit. Deshalb kann man die ihn beherrschende Gesellschaft als den wirklichen Gesellschafter behandeln. (2) Z  urechnung aufseiten der Gesellschaft

Abbildung 9: Gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht auf Gesellschaftsseite

Kontrahiert dagegen der Gesellschafter (M) nicht mit der Gesellschaft (seiner Tochtergesellschaft T), sondern mit seiner Enkelgesellschaft (E), muss das Weisungsrecht zwischen der Tochter- und der Enkelgesellschaft bestehen, um die Kapitalschutzregeln der T anzuwenden. Ein Weisungsrecht auch zwischen M und T ist nicht notwendig. Das Vermögen der Enkelgesellschaft ist vermittelst der Beteiligung der T an E auch Teil des Vermögens der Tochtergesellschaft. Demgemäß kann eine Beeinträchtigung des Vermögens der Enkelgesellschaft auch eine Verringerung des gebundenen Vermögens der Tochtergesellschaft bedeuten. Würde die reine vermittelte Schmälerung des gebundenen Vermögens ausreichen, würden auch Geschäfte der M mit Unternehmen verboten, an denen die Tochter kleinste Beteiligungen hält. Das würde aber den Kapitalschutz in unnötiger Weise ausdehnen. Kontrahiert die Mutter mit einer En-

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

kelgesellschaft, an der die Tochter nur etwa 2  % Beteiligung hält, lässt sich nicht ernsthaft von einer Umgehung der Kapitalschutzvorschriften sprechen. Es ist daher mehr zu fordern als die bloße vermögensmäßige Beteiligung. Hier muss eindeutig das Merkmal verletzt sein, das aus der Vermögensgefährdung eine Risikobeeinträchtigung macht – die causa societatis. Wenn die Enkelgesellschaft an die M zahlt, ist M nicht ihre Gesellschafterin. Es muss daher an die Stelle der Gesellschafterstellung eine andere Voraussetzung treten, die ein ebensolches Risiko der Vorteilnahme (sprich Risikoverringerung) beinhaltet. Dieses Merkmal ist die gesellschaftsrechtlich fundierte Einflussmöglichkeit. Die Tochtergesellschaft muss die Entscheidungen der Enkelgesellschaft maßgeblich beeinflussen können. Dann kann man nicht mehr davon sprechen, dass eine autonom handelnde Gesellschaft dazwischen getreten ist. Mithin besteht zwischen Enkelgesellschaft und Muttergesellschaft das für das Kapitalschutzrecht gefährliche Verhältnis wie zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Dadurch verliert der Markt sein Vertrauen in die Risikobeteiligung des Gesellschafters bei der Tochtergesellschaft. Denn der Gesellschafter (die Mutter) kann nur dann ihren Einfluss bei der Tochtergesellschaft dazu nutzen, ihre Risikobeteiligung über die Enkelgesellschaft an sich selbst zurückzuführen, wenn die Tochtergesellschaft auch auf die einzelne Entscheidung der Enkelgesellschaft über ein Weisungsrecht Einfluss nehmen kann. Bedingung einer Zurechnung ist aber immer eine vermögensmäßige Verflechtung. Ist der Gesellschaft etwa als Dritter ein Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführern der GmbH eingeräumt, kommt es trotzdem nicht zur Zurechnung. In diesem Fall besteht nicht ohne Weiteres eine Ausgleichspflicht der Gesellschaft und damit auch keine Gefahr für deren gebundenes Vermögen. dd) Folgen des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts Folge dieses Zurechnungskriteriums ist eine rechtsformspezifisch differenzierte Zurechnung, wenn keine Beherrschungs- oder Eingliederungsverträge bestehen321. Während eine gesetzestypische GmbH als verbundenes Unternehmen322 stets zugerechnet wird, ist die Aktiengesellschaft nicht zuzurechnen. Die SE ist gleich der AG zu behandeln.323 321  Bestehen Beherrschungs- oder Eingliederungsverträge wird nach den oben genannten Kriterien stets zugerechnet.



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände123

Schall hat sich gegen eine solche rechtsformspezifische Zurechnung ausgesprochen: Er meint, sie verstoße gegen § 17 AktG, der – und dieser Einwand ist nicht von der Hand zu weisen – rechtsformneutral formuliert sei.324 322

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Die §§ 15 ff. AktG sind aber nicht zwingend auf Zurechnungsfragen im Kapitalschutzrecht anzuwenden. Es wäre verfehlt, aus dem § 17 AktG eine generelle Regel für das gesamte Kapitalschutzrecht machen zu wollen. Es lassen sich keine Tendenzen erkennen, dass der Gesetzgeber seine Zurechnungsregeln der §§ 15 ff. AktG auch auf das Kapitalschutzrecht anwenden wollte. Vielmehr hat er es bewusst bei Neuregelungen unterlassen auf diese zu verweisen325 – anders als bei dem Erwerb eigener Aktien (§§ 56 Abs. 2, 71d Satz 2 AktG). ee) Zusammenfassung Eine Zurechnung ohne Veranlassung findet immer dann statt, wenn ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht das Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis auch in das Verhältnis mit dem Dritten überträgt. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Gesellschafter ein Weisungsrecht gegenüber seiner Tochter, die Mutter des Gesellschafters ein Weisungsrecht gegenüber diesem oder die Gesellschaft ein Weisungsrecht gegenüber ihrer Tochter hat. Zusammenfassen lässt sich, dass Gesellschaften zugerechnet werden, wenn: •• eine mehrheitliche Beteiligung an einer gesetzestypischen GmbH besteht, •• ein Beherrschungsvertrag (§ 291 AktG) geschlossen wurde, •• die Gesellschaft eingegliedert ist (§ 319 AktG), 322  Es ist hier ausdrücklich nicht die Rede von einem abhängigen Unternehmen. Zurechnung geschieht nämlich sowohl von unten nach oben wie auch von oben nach unten. Es werden somit nicht nur abhängige, sondern auch herrschende Unternehmen zugerechnet. Näher dazu – insbesondere die Klarstellung was für abhängige bzw. herrschende Gesellschaften Zurechnung bedeutet – im Zweiten Kapitel. 323  Das gilt auch für die monistische SE. Nach § 22 Abs. 1 SEAG leitet der Verwaltungsrat die Geschäfte der Gesellschaft. § 22 SEAG steht zwar an Stelle des § 76 AktG, die grundsätzliche Weisungsfreiheit, die aus § 76 Abs. 1 AktG geschlossen wird, ist aber ebenfalls auf die SE zu übertragen. Die monistische Struktur ändert daran nichts. 324  Schall, ZIP 2010, 205 (210), der die Lösung des BGH im Eigenkapitalersatzrecht, nicht jedoch eine Lösung für den ganzen Kapitalschutz bespricht. 325  So etwa bei der Neuregelung der §§ 19 Abs. 4, Abs. 5 GmbHG und § 27 Abs. 3, Abs. 4 AktG.

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

•• in der GmbH einem fakultativen Gesellschaftsorgan Weisungsbefugnis gegenüber den Geschäftsführern eingeräumt ist, •• ein GmbH-Gesellschafter einer paritätischen Zwei-Personen-Gesellschaft alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist,326 •• sich mehrere GmbH-Gesellschafter derart vertraglich zur Abstimmung binden, dass sie gemeinsam mehrheitlich beteiligt sind, •• ein Minderheits-GmbH-Gesellschafter anhand von Stimmbindungsverträgen die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung gesichert hat •• oder es sich um eine Personengesellschaft handelt, in der dem Gesellschafter die Geschäftsführungsbefugnis oder ein Weisungsrecht zusteht. Umgekehrt heißt dies auch, dass eine Gesellschaft nicht bloß aufgrund eines mit dem Dritten bestehenden Konzernverhältnisses (§ 18 AktG) zugerechnet wird.327 ff) Mögliche Einwände Diese einheitliche Lösung sieht sich einer Reihe möglicher Einwände ausgesetzt. Das Folgende soll zeigen, dass die starre Grenze des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts gerechte Ergebnisse liefert, die sich dogmatisch stringent in das Kapitalschutzrecht einfügen. Weiterhin ist zu bedenken, dass Kapitalschutz „nur“ den Schutz des Kapitals bezweckt. Einen weiteren Schutz vor Beeinträchtigungen durch die Gesellschafter bietet die Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs328 oder wegen Treuepflichtverletzung329. (1) Faktische Weisungsabhängigkeit der Tochtergesellschaft Blöse merkt an, das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht sei eine sehr formale Grenze, die keineswegs alle Einflussnahmen der Oberge326  BGH

v. 28.02.2012, II ZR 115 / 11, DB 2012, 971 (Rz. 19). auch der BGH: BGH v. 12.02.2007, BGHZ 171, 115; a. A. aber: U. H. Schneider / H. P. Westermann, in: Scholz GmbHG, § 19 Rn. 105, bei denen aber nicht klar wird, ob der Konzernbegriff technisch zu verstehen ist. 328  BGH v. 16.07.2007, BGHZ 173, 246 – Trihotel; BGH v. 24.06.2002, BGHZ 151, 181 – KBV. 329  Zur Treuepflicht wegweisend BGH v. 20.03.1995, BGHZ 129, 138 – Girmes; vgl. insbesondere zum hier vorliegenden Aspekt aber auch BGH v. 05.06.1975, BGHZ 65, 15  (18 ff.) sowie allgemein Bitter, ZHR 168 (2004), 302 (315 f.); Lutter, ZHR 162 (1998), 164 (176); ders., ZGR 1982, 245 (265). 327  So



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände

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sellschaft abdecke.330 Das stimmt. Das Kriterium ist aber aus zwei Gründen sehr bewusst gewählt: Zunächst hilft die Verweisung auf die tatsächliche Veranlassung. Wo faktisch und nachweisbar Einfluss genommen wurde, benötigt man kein objektives Zurechnungskriterium. Dies macht eine differenzierte und dennoch rechtssichere Behandlung der einschlägigen Fälle möglich. Gerade auch, weil das Veranlassungskriterium die Rechtsfolgen der Normen besser differenziert als ein objektives Kriterium.331 Für die Fälle, in denen kein Einfluss nachweisbar ist, oder in denen eine Nachweiserleichterung erfolgen soll, müssen andere Gründe für eine Zurechnung gefunden werden. Man könnte auf den Einfluss als solchen abstellen. Dann müsste man aber alle tatsächlichen Abhängigkeiten mit einbeziehen. Das Recht knüpft seine Rechtsfolgen aber auch sonst nicht an jedwede Abhängigkeiten. Auch im Aktienkonzernrecht sollen weder Lieferanten noch Kreditgeber, die über eine faktische Einflussmöglichkeit verfügen, von § 17 AktG erfasst sein.332 Der Gesetzgeber hat sich in § 17 Abs. 2 AktG für bestimmte Abhängigkeiten entschieden. Spindler spricht davon, dass das AktG wirtschaftspolitisch neutral sein wolle; es wolle nur einen Organisationsrahmen schaffen.333 Für den faktischen Aktienkonzern bedeutet dies: Eine Zurechnung kommt nur in Betracht, wenn eine Abhängigkeit nach § 17 AktG vorliegt – solche Abhängigkeiten also, die sich aus dem Aktienrecht selbst ergeben. Dort hat der Gesetzgeber den Bereich der innerorganisatorischen Einflussmöglichkeiten geregelt.334 Es geht also um Abhängigkeiten, die durch Einflussmöglichkeiten nach dem AktG entstehen. Das lässt sich auch über die Aktiengesellschaft hinaus verallgemeinern. Objektive Zurechnungsvoraussetzungen, die Umgehungen verhindern sollen, müssen sich generell nur an durch das Recht geschaffene Möglichkeiten halten. Wie oben schon gesagt, ist den Adressaten des Nominalkapitals sehr wohl bewusst, dass die Gesellschaft in vielfältigen wirtschaftlichen Abhängigkeiten gefangen sein mag. Vermögensverlagerungen aufgrund jedweder wirtschaftlichen Abhängigkeit zu verhindern, ist aber 330  Blöse,

GmbHR 2008, 759 (760 f.), im Ergebnis auch ders., DB 2010, 1053. dazu unten Zweites Kapitel, I. 1. b). 332  BGH v. 26.03.1984, BGHZ 90, 381 (395); OLG Frankfurt v. 21.11.1995 – 27 U 60 / 94, AG 1998, 139 (140); Martens, Wirtschaftsabhängigkeit, S.  63 ff.; Oechsler, ZGR 1997, 464 ff.; Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft, S. 26 f.; vgl. auch Bayer, in: MünchKomm AktG, § 17 Rn. 30. 333  Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft, S. 26 f. 334  Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft, S. 27. 331  Siehe

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

nicht Ziel des Nominalkapitals. Es sind nur solche Abhängigkeiten für die objektive Zurechnung relevant, bei denen das Recht selbst den unmittelbaren Einfluss gewährt. Diese „systemimmanente“ Grenze bestimmt dann die Reichweite des Kapitalschutzes. Dass Aktiengesellschaften anders als GmbHs behandelt werden, lässt sich damit rechtfertigen, dass Vorstände heute sehr stark dafür sensibilisiert sind, wirklich im Interesse der Gesellschaft zu handeln. Dies lässt sich auf die verschiedenen Sicherungsinstrumente zurückführen (Abhängigkeitsbericht, Haftung der Vorstände etc.)335 wie auch auf klagefreudige Aktionäre. (2) A  nfechtungsrecht der Minderheitsgesellschafter gegen Weisungen des Mehrheitsgesellschafters In genau die entgegengesetzte Richtung zum ersten Einwand oben geht die Frage danach, ob das Weisungsrecht nicht als Zurechnungskriterium zu schwach ist. Die Durchsetzung der eigenen Interessen in der Tochtergesellschaft lässt das Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis erkennen. Die Zurechnung der Tochter wird gerade auch durch die Möglichkeit begründet, diese dazu zu veranlassen, die von der Gesellschaft erhaltenen Beträge im Interesse des Mehrheitsgesellschafters zu verwenden. Es wird häufig auch das Argument genannt, dass der Mehrheitsgesellschafter auf das Vermögen der Tochter wie auf eigenes zugreifen könne.336 Wenn aber die Minderheitsgesellschafter jedwede treuwidrige Beeinflussung der Tochtergesellschaft verhindern könnten, bliebe für dieses Argument wenig Raum. (a) D  as Beschlussanfechtungsrecht Diese Möglichkeit könnte in der abhängigen GmbH bestehen.337 Wei­ sungen gegenüber den Geschäftsführern erfolgen über Gesellschafterbe335  Hommelhoff,

ZHR 156 (1992), 295. in: Kölner Komm AktG, 2.  Aufl., § 57 Rn. 46; Michalski, AG 1980, 261 (266 f.), „[S]elbstständig über die Verwendung der Leistung entscheiden“; Geßler, in: FS R. Fischer, S. 131 (148); mit Einschränkungen im Einzelfall auch Henze, in: GroßKomm AktG, § 57  Rn. 93; dem Zugriffsargument kritisch gegenüber steht Bayer, in: MünchKomm AktG, § 57 Rn. 72. 337  Für die Vertragskonzern-Tochter gelten diese Bedenken genauso wenig wie für die eingegliederte Gesellschaft. Hier dürfen nach explizitem gesetzlichen Ausweis gerade auch für die Tochtergesellschaft negative Weisungen gegeben werden. Die Minderheitsgesellschafter erhalten Kompensation über die Sonderrechte der §§ 304, 305 und 307 AktG. 336  Lutter,



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände127

schlüsse.338 Diese Beschlüsse lassen sich gerichtlich überprüfen. Für das GmbH-Recht gibt es – anders als für das Aktienrecht – dafür keine gesetzlich f­ixierten Instrumente. Ganz überwiegend werden die aktienrechtlichen Nichtigkeits- (§§ 241, 242, 249, 250, 253 und 256 AktG) und Anfechtungsbestimmungen (§§ 243–248, 251, 252, 254, 255 und 257 AktG) analog angewendet.339 Insbesondere eine auf die analoge Anwendung von § 243 Abs. 2 AktG gestützte Klage der Minderheitsgesellschafter könnte Erfolg haben. Damit geht einher, dass die Geschäftsführer nichtige Weisungen nicht durchführen dürfen und anfechtbare nicht durchführen müssen.340 Verkommt das Weisungsrecht also zum stumpfen Schwert, so dass in Wirklichkeit wesentliche Interessen in der Tochtergesellschaft gar nicht durchgesetzt werden können? Wäre dies der Fall, würde das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht in der Tat ein sehr schlechtes Zurechnungskriterium darstellen. (b) D  ie Weisung muss nicht zwangsläufig anfechtbar sein Zunächst muss eine Weisung an die Leitungsorgane der Tochtergesellschaft aber nicht zwangläufig die Anfechtbarkeit des Beschlusses mit sich bringen. Auch dann nicht, wenn die Weisung den Mehrheitsgesellschafter begünstigt – zumindest solange nicht die zwingenden gläubigerschützenden Vorschriften verletzt sind (etwa § 30 GmbHG).341 Die Anfechtbarkeit könnte etwa ausgeschlossen sein, wenn mit der Weisung der finanzielle Ausgleich für die Minderheitsgesellschafter mit beschlossen wird. § 242 Abs. 2 Satz 2 AktG schließt dann eine Anfechtbarkeit nach § 243 Abs. 2 Satz 1 AktG analog aus.

338  BGH v. 05.05.2008, NZG 2008, 507 (Rz. 10) mit Verweisung auf die ständige Rechtsprechung BGH v. 28.02.2005, II ZR 103 / 02, NZG 2005, 395; BGH v. 21.06.1999, NJW 1999, 2822 = ZIP 1999, 1314; BGH v. 27.11.2000, NZG 2001, 223 = ZIP 2001, 115; vgl. auch Altmeppen, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 37 Rn. 15; Haas / Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 Rn. 59. 339  BGH v. 16.12.1953, BGHZ 11, 231; BGH v. 21.03.1988, BGHZ 104, 66 (69 ff.); BGH v. 25.11.2002, II ZR 69 / 01, NZG 2003, 127; BGH v. 11.02.2008, II ZR 187 / 06, GmbHR 2008, 426 (427); Bayer, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, Anh. zu § 47 Rn. 3; Bayer / Lieder, NZG 2011, 1170, wollen sogar das aktienrechtliche Freigabeverfahren analog auf die GmbH ausdehnen; Fleischer, GmbHR 2008, 673 (679 f.); Koppensteiner, in: Rowedder / Schmidt-Leithoff (Hrsg.), GmbHG, § 47 Rn. 86; K. Schmidt, in: Scholz GmbHG, § 45 Rn. 35; ders., AG 2009, 248 (253 f.). 340  Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck GmbHG, § 37 Rn. 22. 341  Lenz, in: Michalski (Hrsg.), GmbHG, § 37 Rn. 19.

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

(c) Auch  bei einer Anfechtungsmöglichkeit wird es häufig zur Durchführung der Weisung kommen Aber auch die faktische Wirkung der Weisungen darf nicht unterschätzt werden. Zwar müssen die Geschäftsführer anfechtbare Beschlüsse nicht umsetzen und dürfen nichtige nicht einmal ausführen.342 Für die Haftung (§ 43 GmbHG) aus der Durchführung für die Gesellschaft nachteiliger nichtiger Weisungen kommt es aber auf die Erkennbarkeit der Nichtigkeit an.343 Diese muss nicht immer gegeben sein. Anfechtbare Beschlüsse können sogar durch Zeitablauf oder Zustimmung wirksam werden.344 Häufig werden Minderheitsgesellschafter die Gesellschafterbeschlüsse auch nicht anfechten. Entweder, weil ihnen die Informationen fehlen, um die negative Auswirkung festzustellen oder, weil diese in komplexen Geschäften versteckt sind. In diesen Fällen liegt es am Geschäftsführer, die Weisung zu bewerten.345 Eine solche Prüfung bringt häufig weitere Ungewissheiten mit sich. Der Geschäftsführer ist umgekehrt der Haftung ausgesetzt, wenn er eine wirksame Weisung nicht befolgt.346 Um das nicht zu riskieren, werden die Geschäftsführer häufig die Weisungen befolgen. Denn die Verantwortlichkeit des Geschäftsführers ist demgegenüber gerade ausgeschlossen, wenn er eine verbindliche Weisung befolgt.347 Sachverhalte, in denen die Weisung das Gesellschaftsvermögen schädigt, sind auch unter strafrechtlichen (§ 266 StGB) Aspekten besonders zu prüfen;348 auch für diese Fälle gilt aber oft: Die Schädigung muss nicht offensichtlich sein. Die daraus entstehenden Ungewissheiten werden eher zur Ausführung der Weisung führen. Die Weisungsmöglichkeit mit ihren Haftungsfolgen für den 342  Zöllner / Noack,

in: Baumbach / Hueck GmbHG, § 37 Rn. 22. in: MünchKomm GmbHG, § 37 Rn. 121. 344  I.  E. auch BGH v. 11.02.1980, BGHZ 76, 160 (167  f.); Altmeppen, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 37 Rn. 10; Lenz, in: Michalski GmbHG, § 37 Rn. 19. 345  Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck GmbHG, § 37 Rn. 23. 346  Zur Haftung bei Nichtbefolgen einer Weisung s. schon Boesebeck, GmbHR 1960, 118 (120) aber etwa auch Altmeppen, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 37 Rn. 29. 347  Stephan / Tieves, in: MünchKomm GmbHG, § 37 Rn. 115; Haas / Ziemons, in: Michalski GmbHG, § 43 Rn. 182; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck GmbHG, § 43 Rn. 33. 348  Die Einwilligung der Gesellschafter schließt die Untreue nur aus, wenn nicht zwingende Gläubigerschutzvorschriften betroffen sind: Stephan / Tieves, in: MünchKomm GmbHG, § 37 Rn. 119. 343  Stephan / Tieves,



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände129

Geschäftsführer bringt eine starke Vermutung mit sich, dass die Obergesellschaft sich mit ihren einzelnen Interessen bei der Untergesellschaft durchsetzen kann. (d) Daraus  folgt: Es kommt nicht darauf an, ob der Minderheitsgesellschafter ein Anfechtungsrecht hat Die Frage lautet daher: Kann es darauf ankommen, ob die Minderheitsgesellschafter eine Anfechtungsmöglichkeit haben oder nicht? Dem Zweck des Kapitalschutzes kann es nicht entsprechen, dass die Klagefreudigkeit der Minderheitsaktionäre die Ausdehnung einer objektiven Schutzvorschrift bestimmt. Außerdem ist zu bedenken, dass die Entscheidung für das Kriterium des gesellschaftsrechtlichen Weisungsrechts von folgender Idee ausgeht: Die Möglichkeit, anhand von Weisungen die Leitungsorgane zu bestimmtem Handeln zu verpflichten, projiziert die Interessen der Obergesellschaft in die Untergesellschaft. Ob von dieser Weisungsmöglichkeit Gebrauch gemacht wurde, ist genauso wenig entscheidend wie die mögliche Klageerhebung gegen den Weisungsbeschluss. Außerdem müssen die Weisungen keineswegs immer gegen gesellschafterliche Treuepflichten oder Gleichbehandlungsgebote verstoßen. Der Mehrheitsgesellschafter kann seine Interessen in der Gesellschaft auch mit völlig legitimen Weisungen durchsetzen. Für die Betrachtung im zu untersuchenden Kontext, kommt es lediglich darauf an, ein Kriterium gefunden zu haben, das eine objektive Bewertung möglich macht. Die gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsmöglichkeit gibt dem Mehrheitsgesellschafter die Möglichkeit, auch gegen die Minderheitsgesellschafter und Geschäftsführer seine Interessen im Detail durchzusetzen. Diese allgemein bestehende Möglichkeit ist der Grund dafür, keine Interessentrennung zwischen Mehrheitsgesellschafter und Gesellschaft vornehmen zu können. Für Zwecke des Kapitalschutzes ist die Möglichkeit, die Tochtergesellschaft zum Instrument eigener Interessen zu machen, Grund genug, das Trennungsprinzip auszusetzen. (e) Anfechtungsrechte in Personengesellschaften Gleiches gilt auch für die Personengesellschaft. Die Möglichkeit der Gesellschafter, einzelne Geschäftsführungsmaßnahmen des herrschenden Gesellschafters per §§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1 HGB (auch analog) zu unterbin-

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

den, wirkt zunächst nur im Innenverhältnis.349 Nach außen verhindert werden können die Maßnahmen damit nicht. Dies wäre aber nötig um eine Zurechnung zu unterbrechen. Daher reichen die §§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1 HGB nicht aus, die Zurechnung zu verhindern.350 Auch hier kommt es nicht darauf an, ob die restlichen Gesellschafter gegen die Maßnahmen vorgehen. (3) Warum  nicht die gesetzliche Zurechnungsregel aus §§ 56 Abs. 2, 71 d Satz 2 AktG verwenden? Die oben favorisierte Lösung sieht sich dem Einwand ausgesetzt, warum man nicht nach §§ 16, 17 AktG zurechnet; wie es für den Erwerb eigener Aktien der Fall ist (§§ 56 Abs. 2, 71  d Satz 2 AktG). Immerhin hat der Gesetzgeber damit Drittzurechnungen für diese Form des Kapitalschutzes351 geregelt. Dies gilt, trotz des Gleichlaufs mit § 57 AktG,352 auch für Umgehungen (§ 71a AktG).353 Hätte der Gesetzgeber mit den §§ 56 Abs. 2, 71 d Satz 2 AktG eine Regel für die Zurechnung verbundener Unternehmen im gesamten Kapitalschutz schaffen wollen, wäre es nicht einzusehen, warum man eine andere Lösung favorisieren sollte. Es wird sich jedoch sogleich zeigen, dass der Gesetzgeber weder alle Zurechnungskonstellationen noch den gesamten Kapitalschutz mit den §§ 56 Abs. 2, 71  d Satz 2 AktG regeln wollte. Das zeigt sich in zwei Schritten. Die §§ 56 Abs. 2, 71 d Satz 2 AktG beschreiben die Zurechnung einer Tochter der Gesellschaft (also eine Zurechnung von unten nach oben) aufseiten der Gesellschaft.354 Es wird daher in einem ersten Schritt geklärt, warum sich die gesetzliche Lösung nicht auf die Zurechnungskonstellationen aufseiten des Gesellschafters übertragen 349  Vgl.

etwa BGH v. 09.05.1974 – II ZR 84 / 72, NJW 1974, 1555. hat auch das OLG Celle v. 30.08.1979, GmbHR 1979, 277 (279), für die GmbH & Co. KG entschieden. Es meinte sogar, dass die Befugnisse der §§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1 HGB dazu nötig sein die Geschäftsführerin erst zu kontrollieren. Es reichen also die Befugnisse eines persönlich haftenden Gesellschafters für die Abhängigkeit; der zusätzliche Ausschluss der §§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1 HGB ist nicht nötig. 351  Für § 56 AktG als Kapitalaufbringungsschutz Cahn / v.  Spannenberg, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 56 Rn. 1; für § 71 als Kapitalerhaltungsnorm Hüffer, AktG, § 71 Rn. 1. 352  Habersack, in: FS Röhricht, S. 155 (161) geht wegen des Gleichlaufs von § 71a AktG und § 57 AktG gar von einer Sinnentleerung des § 71a AktG aus. 353  Lange, in: Henssler / Strohn (Hrsg.), GesR, § 71a AktG Rn. 4; Oechsler, in: MünchKomm AktG, § 71a Rn. 34. 354  Vgl. etwa Abbildung 3: Beteiligung verbundener Unternehmen aufseiten der Gesellschaft, linker Teil, oben Seite 88. 350  So



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände131

lässt. In einem zweiten Schritt wird dann zu klären sein, warum die Regeln auch nicht auf die Zurechnungskonstellationen aufseiten der Gesellschaft für die restlichen Kapitalschutzregeln übertragbar sind. (a) K  eine Übertragbarkeit auf die Gesellschafterseite Die Zurechnungsregeln der §§ 56 Abs. 2, 71 d Satz 2 AktG sind nicht auf Fragen der Zurechnung auf Gesellschafterseite zu übertragen. Das Vermögen von Töchtern der kapitalschutzrechtlich betrachteten Gesellschaft ist immer, über die Beteiligung vermittelt, Teil deren Vermögens. Drittgesellschaften auf Gesellschafterseite sind hingegen gerade vom zu schützenden Vermögen getrennt. Erwirbt oder zeichnet eine Tochter Anteile an der Mutter, fließt dieser entweder anteilig kein neues Kapital zu oder solches fließt anteilig an die Gesellschafter zurück.355 Dieser Umstand liegt in der Natur des Anteilserwerbs. Die Zurechnungsregeln der §§ 56 Abs. 2, 71 d Satz 2 AktG sind gerade darauf zugeschnitten, dass durch die Beteiligung einer Tochter an der Mutter deren Nominalkapitalbetrag mindestens zum Teil nicht mehr gedeckt ist. Diese Zurechnungsregeln geben daher keine Auskunft darüber, wann eine Drittgesellschaft auf Gesellschafterseite noch als Gesellschafter zu behandeln ist. Es lässt sich auch nicht erkennen, dass die Zurechnungsregeln der §§ 56 Abs.  2, 71 d Satz 2 AktG eine abstrakte Zurechnungsaussage enthalten. Den europäischen Materialien ist zu entnehmen, dass Drittzurechnungsregeln die Umgehung der spezifischen Verbote des Erwerbes eigener Aktien verhindern sollen.356 Die Materialien sprechen zwar davon, dass die Zurechnungsschwelle der mehrheitlichen Beteiligung bzw. der Abhängigkeit eine Kontrolle der Tochtergesellschaft zulässt. Es lässt sich aber kein Bezug auf den gesamten Kapitalschutz erkennen. Andernfalls wäre es auch schwerlich verständlich, warum der Erwerb eigener Aktien als einziger Bereich des Kapitalschutzes eine Drittzurechnungsregelung in der Kapitalrichtlinie erhalten hat. Die Zurechnungsregeln der §§ 56 Abs. 2, 71 d Satz 2 AktG treffen somit nur eine Aussage darüber, wann der Erwerb von Aktien des Mutterunternehmens kapitalschutzrelevant ist. Ein solcher Erwerb beeinträchtigt grundsätzlich das gebundene Vermögen. Die Frage, welche Art von Handlung dieses 355  Habersack, in: FS Röhricht, S. 155 (158), spricht davon, dass die Normen verhindern, den Gesellschafter gegen Zahlung einer „Abfindung“ aus dem Risiko der Gesellschaft zu entlassen. 356  RL 92 / 101 / EWG, ABl. 92, Nr. 347, S. 64.

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

beeinträchtigt, beantworten diese Zurechnungsregeln nicht. Daher sind die Zurechnungsregeln für die Gesellschafterseite nicht interessant. Dort kommt es gerade auf die Frage an, ob das Geschäft mit dem Dritten einem Geschäft mit dem Gesellschafter gleicht. (b) Z  urechnungsvoraussetzungen passen auch für Zurechnungen aufseiten der Gesellschaft nicht Es bleibt die Frage, ob die Zurechnungsvoraussetzungen der §§ 56 Abs. 2, 71 d Satz 2 AktG für Zurechnungskonstellationen aufseiten der Gesellschaft passen. Dem ist nicht so. Dies zeigt sich zweistufig. Zum einen gibt es ein formelles Argument, warum dem Weg der §§ 56 Abs. 2, 71  d Satz  2  AktG nicht gefolgt werden muss, zum anderen passen die Zurechnungsvoraussetzungen aber auch materiell nicht. (aa) Formelles Argument Auf formeller Seite ist zu sagen, dass der Gesetzgeber keineswegs eine Aussage zum gesamten Kapitalschutz treffen wollte. In allen Fällen des Kapitalschutzes gibt es die Möglichkeit, hinter die Gesellschaft Töchter zu schalten. Jedoch hat der Gesetzgeber nur für den Fall des Erwerbes eigener Aktien eine Regelung kodifiziert. In neuester Gesetzgebung zum Kapitalschutz zeigt sich sogar explizit, dass der Gesetzgeber Fragen der Drittzurechnung der Rechtsprechung überlassen wollte.357 Das zeigt: Er wollte seine kodifizierte Zurechnungslösung keineswegs auf den gesamten Kapitalschutz ausdehnen. Aber auch in MoMiG und ARUG358 hat der Gesetzgeber keine Regelung der Drittzurechnung vorgenommen, obwohl ihm die Problematik sehr wohl bewusst gewesen sein wird. Für das europäische Recht gilt Gleiches. Auch hier ist, wie gesehen, nur der Bereich des Erwerbes eigener Aktien mit einer Drittzurechnung versehen.359 Das formelle Argument alleine ist noch nicht besonders stark, hat der Gesetzgeber doch zu jeder Zeit sehr viele Lücken zu schließen. Es gesellt 357  Begründung zum Regierungsentwurf NaStraG, BT-Drs. 14 / 4051, S. 10: „Die Beurteilung von Umgehungen, die sich bei Geschäften mit Dritten, die mit Gründern oder maßgeblichen Aktionären verbunden sind, ergeben können, soll der Rechtsprechung überlassen bleiben“. 358  Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie vom 30.07.2009, BGBl. I 2009, 2479. 359  Per Ergänzung der Richtlinie 77 / 91 / EWG v. 31.01.1977, Abl. L 026 durch die Anfügung des Art. 24a in: RL 92 / 101 / EWG v. 23.11.1992, Abl. L 347 / 64.



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände133

sich neben das formelle aber auch noch ein materielles Argument, warum die spezifische Drittzurechnungsregel für den sonstigen Kapitalschutz nicht passen will. (bb) Materielles Argument Die materielle Argumentation ist dreigliedrig. Zunächst ist zu beachten, dass es sich bei dem Erwerb eigener Aktien um etwas qualitativ anderes handelt als bei den sonstigen Kapitalschutzregeln. Dies führt dazu, dass die Zurechnungsregeln für die anderen Kapitalschutzfragen nicht recht passen, und mündet darin, dass letztlich auf die hier vertretene Lösung zurückgegriffen werden sollte. (α) E  rwerb eigener Aktien ist qualitativ anders als der restliche Kapitalschutz Die Zurechnungsregeln aus §§ 56 Abs. 2, 71  d Satz 2 AktG müssten nur dann auf die sonstigen Kapitalschutzregeln übertragen werden, wenn qualitativ die gleichen Probleme bewältigt werden sollen. Zwar handelt es sich auf den ersten Blick bei dem Erwerb eigener Aktien nur um einen Spezialfall der §§ 30  GmbHG, 57 AktG.360 Die Zurechnungsfragen sind aber dennoch unterschiedlich. Die Verschiedenheit rührt daher, dass es sich beim Erwerb von Aktien nicht um ein „normales“ Umsatzgeschäft handelt. Die für den sonstigen Kapitalschutz relevanten Geschäfte sind auf den ersten Blick aber solche „normalen“ Umsatzgeschäfte. Um den Unterschied zwischen einem „normalen“ Umsatzgeschäft und dem Erwerb von Aktien an der Muttergesellschaft zu verstehen, sei auf das für das Nominalkapital herangezogene Erklärungsmuster verwiesen.361 Für Kapitalschutzregeln bedeutsame Geschäfte zeichnen sich dadurch aus, dass dem Gesellschafter seine Risikobeteiligung „zurückgezahlt“ wird. Damit ist dieser nicht mehr zum ausgewiesenen Betrag am Risiko der Gesellschaft beteiligt. Folge dieser Überlegung war die Unterscheidung zwischen der Realisation des Risikos (also dem Verwirtschaften des Nominalkapitals) und der Rückführung von Risiko (also der Rückzahlung des Nominalkapitals). 360  Vgl. nur Oechsler, in: MünchKomm AktG, § 71 Rn. 66, der zu Recht darauf hinweist, dass die § 71 ff. AktG eine Ausnahme zum grundlegenden Verbot des § 57 AktG darstellen. 361  Vgl. auch oben III. 2.

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

Diese Unterscheidung nimmt die causa societatis für das Verhältnis von Gesellschaft zu Gesellschafter vorweg.362 Zwischen Gesellschaft und Gesellschafter gibt es daher (praktisch) keine Verwirtschaftung des Risikobeitrages.363 Tritt aber eine dritte Gesellschaft hinzu, stellt sich immer die Frage danach, ob die Minderung des gebundenen Vermögens (oder dessen Gefährdung) zu einer Risikominderung seitens des Gesellschafters führt (zur Anwendbarkeit der Kapitalschutzregeln) oder zu einer Verwirtschaftung des Nominalkapitals (zur Nichtanwendbarkeit der Kapitalschutzregeln). Diese Überlegung leitet dann zur eigentlich hier zu beantwortenden Frage über: Wird der Dritte eigenständig tätig? In diesem Fall handelt es sich um Verwirtschaftung, weil es am Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis fehlt. Oder wirkt das Handeln des Dritten wie das Handeln der Gesellschaft? In dem Fall wird das Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis in die Beziehung Dritter-Gesellschafter fortgetragen. Für den Erwerb von Aktien oder Gesellschaftsanteilen aber stellt sich diese Frage nicht in gleichem Maße. Erwirbt eine Tochtergesellschaft Aktien ihrer Mutter, scheiden damit immer Gesellschafter (wenn auch nur anteilig) aus der Gesellschaft aus. Die abhängige Gesellschaft bezahlt die Anteile mit Vermögen, das anteilig wiederum von der Mutter stammt. Damit verringert sich zwangsläufig die Menge an Vermögen, die außenstehende Dritte der Gesellschaft überlassen haben. Nun könnte man anmerken, dass doch die Tochter ebenfalls eigenständige Dritte sei. Dem ist auch so. Der Unterschied ist aber die Art des Geschäfts: Umsatzgeschäft und Anteilserwerb sind nicht gleichbedeutend. Bei einem Umsatzgeschäft können per Definition Verluste auftreten. In diesem Fall kann also Vermögen an den Gesellschafter fließen, das zwar zulasten des gebundenen Vermögens geht, aber nicht als Rückzahlung zu begreifen ist. Der Erwerb von Anteilen hat keine solche Verlustkomponente. Denn die Marktteilnehmer sehen die Rückzahlung an einen Gesellschafter nicht als eine hinnehmbare Folge des Wirtschaftens der Gesellschaft. (β) Zurechnungsregeln  der §§ 56 Abs. 2, 71  d Satz  2 AktG passen auf den restlichen Kapitalschutz nicht Nachdem festgestellt wurde, dass die §§ 56 Abs. 2, 71  d Satz  2  AktG nicht zwingend auf die anderen Kapitalschutzregeln übertragen werden 362  Vgl.

oben III. 1. b). wären nur solche Fälle denkbar, in denen der Gesellschafter ein Gut zum Marktpreis kauft (der Vertrag also einem Drittvergleich standhält) und sich später ein Verlust mit diesem Geschäft herausstellt (etwa weil der Marktpreis grundsätzlich überhöht war). 363  Hier



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände

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müssen, soll nun gefragt werden, ob die Zurechnungsregeln der §§ 16, 17 AktG nicht dennoch eine gute Lösung für den gesamten Kapitalschutz bieten und daher zwecks Einheitlichkeit angewendet werden sollten. Cahn hat dargelegt, warum die Zurechnung nach § 16 AktG nicht zu überzeugenden Ergebnissen führt.364 Dem ist zuzustimmen. Insbesondere eine Zurechnung von Unternehmen, an denen ein Mehrheitsbesitz, aber keine Möglichkeit der Entscheidungsausübung (Entherrschungsvertrag, bloßer mehrheitlicher Anteilsbesitz, keine Stimmrechtsmehrheit) besteht, lassen schwerlich die Vermutung zu, dass im Geschäft zwischen einer solchen Tochtergesellschaft und dem Gesellschafter das gleiche Gesellschafts-Gesellschafter-Verhältnis fortbesteht. (γ) Hier vertretene Lösung passt besser auf den Kapitalschutz Die hier vertretene Lösung, die auf die rechtlich gesicherte Weisungsmöglichkeit in Kombination mit der Veranlassung abstellt, vermag es, die Interessen der Obergesellschaft sicher in der Tochtergesellschaft zu verorten und somit das für das Kapitalschutzrecht relevante Verhältnis GesellschaftGesellschafter auch in dem Drittgeschäft zu sehen. Das bloße Abstellen auf den Anteilsbesitz würde sich dem Einwand aussetzen, warum gerade die Schwelle von 50 % überschritten sein müsste, warum also die Beeinträchtigung des Nominalkapitals erst ab mehrheitlicher vermögensmäßiger Beteiligung geschützt sei. Die hier vertretene Lösung setzt sich diesem Einwand nicht aus. Damit kann man das Ergebnis auch auf die Personengesellschaft übertragen. Dort würde eine Zurechnung nach §§ 16, 17 AktG wegen des Einstimmigkeitsprinzips (§ 709 Abs. 1 BGB, 119 Abs. 1 HGB) scheitern.365 Kann die Obergesellschaft ihren Willen nicht rechtlich gesichert durchsetzen, gilt die Untergesellschaft als unabhängige Dritte. Das hat zur Folge, dass die Beeinträchtigungen des gebundenen Vermögens Verwirtschaftung bedeutet und keine Rückzahlung der Einlagen darstellt. c) Keine Regel ohne Ausnahme Während die oben aufgestellten Zurechnungsregeln in praktisch allen Fällen zu überzeugenden Ergebnissen führen, gibt es zwei Fallkonstellatio364  Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 210 ff. so auch übernommen Cahn /  v. Spannenberg, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 60 ff. 365  Vgl. zu einer ähnlich gelagerten Argumentation Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung, S. 15 f.

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1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

nen, die weder durch die Veranlassungsgesichtspunkte noch über die Regel des gesellschaftsrechtlichen Weisungsrechts zu einer Zurechnung führen: die Identität der Personen in den Leitungsorganen (aa)), sowie die hundertprozentige Beteiligung (bb)). Dennoch handelt es sich in beiden Fällen um Konstellationen, die eine Umgehung der Kapitalschutzvorschriften sehr einfach machen. Für einen möglichst lückenlosen Umgehungsschutz müssen diese beiden Konstellationen Sonderzurechnungen erfahren. aa) Personenidentität in den Leitungsorganen Bei der ersten Konstellation handelt es sich um Fälle, in denen die gleichen Personen in den Leitungsorganen der Ober- wie Untergesellschaft sitzen. Grundproblem ist hier die Durchbrechung der Sphären von Gesellschaft und Gesellschafter bei Einschränkung oder Ausschluss der unabhängigen Willensbildung. Eine solche Sphärendurchbrechung wird auch etwa für die Durchgriffshaftung diskutiert.366 Eine Sonderzurechnung ist nur dann nötig, wenn nicht nach der Regel des gesellschaftsrechtlichen Weisungsrechts zugerechnet wird. Dies ist der Fall, wenn es sich bei der zuzurechnenden Gesellschaft um eine AG handelt und eine Veranlassung nicht vorliegt – oder nicht zu beweisen ist. (1) Personelle Verflechtungen sind legitim Personelle Verflechtungen in den Organen verbundener Unternehmen sind weitgehend legitim. Insbesondere die Vorstandsdoppelmandate hat der BGH ausdrücklich gebilligt.367 Sie hängen lediglich von der Genehmigung durch den Aufsichtsrat ab (§ 84 Abs. 1, § 88 Abs. 1 AktG). Verboten ist nur ein gesetzlicher Vertreter der Tochter im Aufsichtsrat der Mutter (§ 100 Abs. 2 Nr. 2 AktG). Ist jemand Geschäftsführer sowohl der Mutter als auch der Tochter, zeigt sich: Einflussnahmen der Mutter auf die Tochter werden in diesem Fall praktisch kaum nachweisbar sein.368 Außerdem ist schwerlich denkbar, wie der Geschäftsführer im Interesse beider Gesellschaften handeln sollte.369 etwa Wiedemann, WM Sonderbeilage 4 / 1975, S. 19. v. 09.03.2009, BGHZ 180, 105. 368  So auch Ebenroth / Müller, GmbHR 1991, 237 (238). 369  Ebenroth / Müller, GmbHR 1991, 237 (238), verweisen darauf, dies sei praxisfern. Unabhängig von der Übung in der Praxis ist es aber auch schwer vorstellbar, wie eine Person gleichzeitig die Interessen der Mutter und Tochter gleichermaßen wahrnehmen soll. Säcker, ZHR 151 (1987), 59 (67), verweist ebenfalls darauf, das 366  So

367  BGH



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände137

Doppelorganschaften treten meist nur in beherrschten Gesellschaften auf.370 Wegen der hier vertretenen Zurechnungsregeln, stellt sich daher die Frage der Behandlung von Doppelorganschaften meist nur für die AG. Für die GmbH führen die oben aufgestellten Regeln schon dazu, dass eine abhängige GmbH über das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht der Mutter zugerechnet wird. (2) Identität der gesamten Leitungsorgane Der am einfachsten zu lösende Fall der Doppelorganschaft bei der AG stellt die Identität der gesamten Vorstände von Mutter und Tochtergesellschaft dar. Handelt es sich um das Zurechnungsproblem von unten nach oben aufseiten des Gesellschafters, repräsentiert der Muttervorstand den Gesellschafter im kapitalschutzrechtlichen Sinne. In der objektiven Zurechnung wurden die Regeln des Kapitalschutzes immer dann ausgedehnt, wenn der grundsätzliche Gesellschaft-Gesellschafter-Konflikt auch im Verhältnis mit dem Dritten besteht. Wenn „der Gesellschafter“ – also das nach außen handelnde Organ der AG – in der Mutterund Tochtergesellschaft personenidentisch ist, kann es nicht darauf ankommen, wer juristisch hinter dieser Person steht. Die Entscheidungen der Organe werden von ein und derselben natürlichen Person (bzw. bei mehreren Vorständen von denselben Personen) getroffen. Zwischen dieser Person und der Gesellschaft besteht demnach auch in der Funktion als Organ einer anderen Gesellschaft der gleiche Konflikt. Dann können auch die Marktteilnehmer kein Vertrauen darin haben, dass der Vorstand der Tochter „nur“ die Interessen der Tochter verwirklicht. Die Kapitalschutzregeln müssen auch im Verhältnis einer so abhängigen Tochter anzuwenden sein. Dem steht dann auch die tatsächlich unabhängige Entscheidung des Tochtervorstandes nicht entgegen.371

Konzernmitglied könne sich nicht von seiner ersten Vorstandsrolle distanzieren und eine zweite Rolle annehmen. Teilweise werden sich die Interessen zwar nicht überschneiden, aber gerade in den Fällen, in denen nur eine der beiden Gesellschaften „gewinnen“ kann, muss sich der Geschäftsführer entscheiden. 370  Dass in einer nicht mehrheitlich beherrschten Gesellschaft die gleichen Geschäftsführer sitzen wie in ihrer Minderheits-Gesellschafterin, ist zwar denkbar, dürfte aber nicht allzu oft vorkommen. Kommt es vor, gelten die folgenden Ausführungen entsprechend. 371  Anders etwa Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 74, der darauf hinweist, dass der Tochtervorstand sehr wohl im wohlverstandenen Interesse der Tochter negative Entscheidungen für diese treffen kann, und daher eine unwiderlegliche Vermutung der Veranlassung verneint.

138

1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

(3) Personenverflechtungen in unterschiedlich besetzten Leitungsorganen Was aber, wenn der Vorstand der abhängigen Gesellschaft mehrere Mitglieder hat und diese nicht vollständig mit den Mitgliedern des Vorstandes der Muttergesellschaft identisch sind. Auch Verflechtungen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat sind zu beachten. Die Literatur hat Lösungen für solche Personenverflechtungen in Organen der Gesellschaft gefunden und zwar sowohl für die Veranlassungsvermutung in den §§ 311 ff. AktG wie auch für Zurechnungen bei § 31 BGB. (a) Lösung für § 311 ff. AktG So wird heute unstreitig die Veranlassung in den §§  311 ff. AktG vermutet, wenn Mitglieder des Vorstandes der Mutter auch in der Geschäftsleitung der Tochter vertreten sind.372 Umstritten ist hingegen vielmehr, ob die Vermutung widerleglich ist oder nicht.373 Eine – wenn auch widerlegliche – Vermutung für die Veranlassung wird bei Beteiligung von Vorständen der Mutter im Aufsichtsrat der Tochter befürwortet.374 Bei doppelten Aufsichtsratsmandaten findet dagegen keine Veranlassungsvermutung statt.375 Die Gründe für die Veranlassungsvermutung und damit die Zurechnung sind Loyalitätskonflikte der Organmitglieder.376 Durch die Personalunion sind die Entscheidungen der Untergesellschaft nie frei vom Willen der Obergesellschaft.377 372  Altmeppen, in: MünchKomm AktG, §  311 Rn. 106; Hüffer, AktG, § 311 Rn. 21; Koppensteiner, in: KölnKomm AktG, § 311 Rn. 30; Krieger, in: MünchHdb GesR, Band  4 AG, § 69 Rn. 75; Müller, in: Spindler / Stilz AktG, § 311 Rn. 20; J. Vetter, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 311 Rn. 32. 373  Für unwiderlegliche Vermutung: LG Köln v. 21.11.2007, AG 2008, 327 (331); Neuhaus, DB 1970, 1913 (1916); Fischbach, Die Haftung des Vorstandes im Aktienkonzern, S. 359 f.; Säcker, ZHR 151 (1987), 59 (65 f.); für widerlegliche Vermutung: Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 311 Rn. 108; nunmehr Hüffer, AktG, § 311 Rn. 22; Krieger, in: MünchHdb GesR, Band 4 AG, § 69 Rn. 76; J. Vetter, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 311 Rn. 32; mit sehr strengen Anforderungen, aber für eine widerlegliche Vermutung: Semler, in: FS Stiefel, 719 (760). 374  Altmeppen, in: MünchKomm AktG, §  311 Rn. 110; Hüffer, AktG, § 311 Rn. 21; J. Vetter, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 311 Rn. 34. 375  Müller, in: Spindler / Stilz AktG, § 311 Rn. 20. 376  Altmeppen, in: MünchKomm AktG, § 311 Rn. 99. 377  Vgl. etwa Semler, in: FS Stiefel, 719 (760); so auch Säcker, ZHR 151 (1987), 59 (65).



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände139

Für die Frage nach der Veranlassungsvermutung ist die Einflussnahme der Obergesellschaft auf die Untergesellschaft ausschlaggebend. Durch die Interessenkonflikte der Doppelorganmitglieder zeigt sich, dass eine tatsächliche Veranlassung in aller Regel nicht nachzuweisen sein wird. Denn die Entscheidungen der Organe in der Untergesellschaft werden immer durch die gleichzeitig bestehende Stellung als Organ der Obergesellschaft beeinflusst. Selbst wenn der Vorstand der Tochter aus mehreren Personen besteht, ist es für die Doppelorganmitglieder möglich, Entscheidungen der Mutter in der Tochter durchzusetzen – auch ohne dass dies die anderen Organmitglieder bemerken.378 Daher wird im Bereich der §§ 311 ff. AktG die Veranlassung vermutet. (b) L  ösung für § 31 BGB Die Problematik der Zurechnung wegen Doppelmandatsschaft ist auch im Falle des § 31 BGB thematisiert worden. Dort geht es um die Frage, ob die Obergesellschaft nach § 31 BGB haftet, wenn der Doppelvorstand die Untergesellschaft im Interesse der Obergesellschaft schädigt. Der BGH hat eine Zurechnung dahin gehend abgelehnt.379 In der Literatur wurde dies jedoch aus folgendem Grund vertreten: Zurechnungsgrund sei die Identität von Organ und Gesellschaft. Das Handeln des Organs sei Handeln der herrschenden Gesellschaft und folglich sei § 31 BGB auch auf die Obergesellschaft anzuwenden.380 Im Ergebnis kann der fast 100 Jahre alten Literatur heute nicht mehr gefolgt werden. Mitglied im Vorstand der Tochter ist eben gerade nicht die Obergesellschaft, sondern die einzelne natürliche Person. Während die Interessenlage die gleiche sein mag, kann nicht auf die Personenidentität im Sinne von juristischer und natürlicher Person verwiesen werden. (c) Ü  bertragung auf die Fälle im Kapitalschutzrecht – Die Doppelte 50 % + 1 Regel Es müssen für das Kapitalerhaltungsrecht andere Gründe für eine Zurechnung gefunden werden. Dies umso mehr, da es im Kapitalerhaltungsrecht nicht um die aus § 31 BGB folgende Problematik tatsächlicher Handlungszurechnungen geht. 378  Säcker, 379  BGH

ZHR 151 (1987), 59 (67). v. 29.01.1962, BGHZ 36, 296 (309 f.); BGH v. 26.03.1984, BGHZ 90,

381 (398). 380  Hofmannsthal, LZ 1929, Sp.  1233 (1235); Mestmäcker, Verwaltung, S. 261– 265.

140

1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

Die Ergebnisse der Betrachtungen bei §§ 311 ff. AktG können nicht direkt auf die Zurechnungsfrage im Kapitalschutz übertragen werden. Es handelt sich bei den Personenidentitäten für die §§ 311 ff. AktG um solche zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft. Vorliegend handelt es sich hingegen nicht um Personenidentitäten zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter, sondern um Personenidentitäten zwischen entweder Gesellschaft oder Gesellschafter und einem Dritten. Es geht daher auch gerade nicht um die Vermutung der Veranlassung. Es geht vielmehr darum, den Anwendungsbereich der Kapitalschutzvorschriften zu erweitern. Damit zugerechnet werden kann, muss infolge der Personenidentität im Vorstand oder Aufsichtsrat der dritten Gesellschaft eine mit dem Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis vergleichbare Situation bestehen – dies auch trotz der Weisungsunabhängigkeit des Vorstandes. Auch hier sind die gleichen Kriterien wie oben beim Weisungsrecht ausschlaggebend. Bei Vorstandsdoppelmandaten bedeutet das eine doppelte 50 % + 1 Regel. Wenn der Vorstand des Tochterunternehmens und das Leitungsorgan der Muttergesellschaft mit jeweils über 50 Prozent mit den gleichen Personen besetzt ist, wird das Tochterunternehmen dem Mutterunternehmen kapitalschutzrechtlich zugerechnet. Bestehen Mutter- wie Tochtervorstand aus drei Personen, wird die Tochter der Mutter zugerechnet, wenn zwei Personen aus dem Muttervorstand im Vorstand der Tochter sitzen. Ist eine GmbH beteiligt, gilt Gleiches für die Geschäftsführer. Dies lässt sich damit begründen, dass es bei der Zurechnung im Kapitalschutzrecht darum geht, dem Gesellschafter nicht die Möglichkeit zu geben, seinen Risikobeitrag aus der Gesellschaft abzuziehen. Dem Gesellschafter wird (ohne die Fälle der Veranlassung) eine dritte Gesellschaft nur dann zugerechnet, wenn er mit jeder Entscheidung durch sie regieren kann. Ihr wird die Gesellschafterstellung zugerechnet, wenn sie den Gesellschafter in jeder Entscheidung beeinflussen kann. Handelt es sich um identische natürliche Personen im Vorstand des Gesellschafters und der dritten Gesellschaft, reicht die Verweisung auf die Weisungsunabhängigkeit des Vorstandes nicht aus. Da es sich um die gleichen Personen handelt, müssen keine Weisungen ergehen, um auf konkrete Finanzentscheidungen oder Wirtschaftsgüter Einfluss zu nehmen. Verbindungen im Aufsichtsrat reichen nicht aus. Der Aufsichtsrat ernennt und entlässt zwar den Vorstand, es bestehen aber auch hier keine rechtlichen Durchsetzungsmöglichkeiten. Daher können Personenidentitäten zwischen Vorstand und Aufsichtsrat oder den Aufsichtsräten nicht zu einer Zurechnung führen. Für Personengesellschaften ist die Fallgruppe der „Identität der Leitungsorgane“ noch einfacher in den Griff zu bekommen. Hier führt die Stellung



III. Kombination beider Untersuchungsgegenstände141

des Gesellschafters als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer zur Zurechnung. bb) Hundert-Prozent-Beteiligungen Neben der doppelten 50 % +1 Regel gibt es die hundertprozentige Beteiligung an der zuzurechnenden Gesellschaft bzw. der zuzurechnenden Gesellschaft am Gesellschafter. Fehlen jegliche Minderheitsbeteiligungen, haben die Vorstände und Aufsichtsräte kaum einen Anreiz auf ein Eigeninteresse der Gesellschaft zu bestehen.381 Zwar gelten auch dann noch die Weisungsfreiheit des Vorstandes und dessen Bindung an das Wohl der Gesellschaft, die Vorstände haben aber keinen Kläger zu befürchten, wenn sie sich nicht an die gesetzlichen Vorschriften halten. Lediglich im Falle der Insolvenz oder eines Anteilseignerwechsels müssten sie mit Regressforderungen rechnen. Die Anreize sich dem Willen des 100 %-Aktionärs zu beugen dürften für Vorstände und Aufsichtsräte jedoch größer sein, als die Angst vor Regressforderungen. Zwar hätte der AG-Gesellschafter auch in diesem Fall keine rechtlichen Einflussmöglichkeiten. Die oben für die Selbstständigkeit der juristischen Person genannten Argumente passen aber nicht auf die Hundert-Prozent‑Beteiligung. Die Marktteilnehmer könnten nicht mehr mit der gleichen Gewissheit davon ausgehen, dass die gesetzlichen Bestimmungen den Vorstand davon abhalten, dem Gesellschafter direkten Einfluss auf Einzelentscheidungen und Wirtschaftsgüter zu ermöglichen. Das ist wohl häufig auch gemeint, wenn vom Fehlen eines Verkehrsgeschäftes gesprochen wird.382 Dieses fehle, wenn jegliche durch unterschiedliche Interessen gegebene Schutzmechanismen (Gesetze der Marktwirtschaft, Minderheitenrechte etc.) ausfallen. Will man die Kapitalschutzvorschriften als Gesetzesumgehungsschranken ernst nehmen, muss der Fall der Hundert-Prozent-Beteiligung als Sonderfall ebenfalls zu einer Zurechnung führen. Gleiches gilt, wenn zwar nicht ein Gesellschafter alleine beteiligt ist, sich die Gesellschafter aber in ihrem Abstimmungsverhalten durch Vertrag gebunden haben. Die vertragliche Stimmbindung setzt sich über die bloß formale Teilung hinweg, so dass die Gesellschafter als Alleingesellschafter behandelt werden. 381  Von ihren gesetzlichen Verpflichtungen einmal abgesehen. Wenn sie aber keine Klage von Seiten der Gesellschafter erwarten müssen, bleiben diese gesetzlichen Vorgaben stumpfe Schwerter. 382  Canaris, in: FS R. Fischer, S. 31 (43).

142

1. Kap.: Gemeinsame Zurechnungslösung im gesamten Kapitalschutz

IV. Zusammenfassung des ersten Kapitels Das erste Kapitel hat die theoretischen Grundlagen gelegt, wie verbundene Unternehmen in potenziell kapitalschutzrelevante Geschäfte einbezogen werden. Die Ergebnisse lassen sich folgendermaßen thesenartig zusammenfassen: 1. Die rechtliche Trennung von Gesellschaft und Gesellschafter wirft die Frage auf, wann rechtliche Regeln und rechtlich relevante Tatsachen auch über die Rechtspersönlichkeit einer Gesellschaft hinweg zugerechnet werden. Zwischen verbundenen Unternehmen stellt sich diese Frage in besonderer Weise. 2. Der Zweck des Nominalkapitals dient als Kompass für die Reichweite des Kapitalschutzes. Das Nominalkapital dient als Signal an den Markt und signalisiert die Risikobereitschaft und damit das Vertrauen der Gesellschafter in ihre Gesellschaft. 3. Aus der Kombination der Untersuchungsgegenstände „verbundene Unternehmen“ und „Zweck des Nominalkapitals“ lassen sich die Probleme ermitteln, die entstehen, wenn verbundene Unternehmen an kapitalschutzrelevanten Geschäften beteiligt werden. Dabei gilt für alle Kapitalschutzvorschriften, dass bei Beteiligung von verbundenen Unternehmen die causa societatis fehlt. 4. Ersatz für die causa societatis bieten einheitliche Zurechnungskriterien, die durch ein zweistufiges System hergestellt werden. Auf der ersten Stufe kommt es zu einer Anwendung der Kapitalschutzvorschriften, wenn der Gesellschafter die Gesellschaft veranlasst, ein Geschäft mit einem Dritten wahrzunehmen, oder die Gesellschaft ihre Tochtergesellschaft veranlasst, mit dem Gesellschafter zu kontrahieren. Diese Veranlassungszurechnung dient als normative Zurechnung von Verhalten, insbesondere der korrekten Zuordnung der Rechtsfolgen des Kapitalschutzes. Auf der zweiten Stufe kommt es zu einer Zurechnung, wenn ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht das Gesellschaft-GesellschafterVerhältnis auch in das Verhältnis mit dem Dritten überträgt. Diese objektive Zurechnung bestimmt letztlich die Reichweite der Kapitalschutznormen. 5. Zwei Ausnahmen sind von diesem Zurechnungssystem zu machen. Zum einen wird auch dann zugerechnet, wenn die Geschäftsführungsorgane der verbundenen Unternehmen gleich besetzt sind oder wenn der Vorstand des Tochterunternehmens und das Leitungsorgan der Mutter zu mehr als 50 Prozent mit den gleichen Personen besetzt sind. Darüber hinaus wird auch zugerechnet, wenn die Tochtergesellschaft zu 100 Prozent von der Mutter beherrscht wird.

Zweites Kapitel

Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen – Auslegung und Analogie – In diesem Kapitel werden die Zurechnungskriterien von oben getestet. Sie werden angewendet auf alle Zurechnungskonstellationen in allen Kapitalschutzbereichen. Vielfach führen sie zu Ergebnissen, die schon lange anerkannt sind. Ihre Aufgabe ist aber vielmehr: Verklammern aller Lösungen. Sie sollen zeigen: Eine Theorie kann alle Konstellationen lösen.

Das erste Kapitel hat die allgemeinen Hintergründe des Kapitalschutzes aufgezeigt und daraus eine einheitliche Zurechnungslösung für verbundene Unternehmen hergeleitet. Nun muss im zweiten Kapitel diese auf die lex lata übertragen werden. Die aufgezeigten einheitlichen Zurechnungskriterien können nur dann überzeugen, wenn sie in allen Fällen des Kapitalschutzes zu richtigen – und das heißt vor allem gerechten – Ergebnissen führen. Die oben gefundene Lösung soll allerdings den Kapitalschutznormen nicht unbesehen aller Entwicklungen in Rechtsprechung und Literatur übergestülpt werden. Vielmehr wird sich zeigen, dass viele der Erkenntnisse in Literatur und Rechtsprechung die einheitliche Theorie stützen. Um die Zurechnungsfälle mit verbundenen Unternehmen umfassend abzudecken, ist das zweite Kapitel wie folgt strukturiert:

Abbildung 10: Schema Kapitel 2

144

2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Im Folgenden wird geprüft, unter welchen Voraussetzungen die Kapitalschutzvorschriften auch auf Sachverhalte mit verbundenen Unternehmen anwendbar sind. Außerdem werden die sich daran anschließenden Rechtsfolgen aufgezeigt. Letzteres ist wichtig, um danach fragen zu können, ob die Belastungen der Kapitalschutznormen den richtigen Adressaten treffen. Die einheitliche Zurechnungslösung anzuwenden, heißt in diesem Kapitel, auf die klassische Methodenlehre zurückzugreifen. Verbundene Unternehmen fallen entweder durch Auslegung oder Analogie unter die Kapitalschutznormen. Die einzelnen Abschnitte dieses Kapitels stehen jedoch unselbstständig nebeneinander. Dass es sich um eine Theorie handelt, wird erst in einer Gesamtschau der Ergebnisse deutlich.

I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters Zunächst werden die Zurechnungsfragen auf Gesellschafterseite behandelt – also all die Konstellationen, in denen Tochter- oder Muttergesellschaften des Gesellschafters in potenziell kapitalschutzrelevante Geschäfte einbezogen werden. Rechtsprechung und Literatur haben zur Zurechnung auf Gesellschafterseite mehr Erkenntnisse gewonnen als zur Zurechnung auf Gesellschaftsseite. Gerade auf Gesellschafterseite scheint hingegen eine Tendenz vorzuherrschen, allzu vorschnell den Dritten mit dem Gesellschafter zu identifizieren und so das Trennungsprinzip zu übergehen. Die Kapitalschutzvorschriften müssen mit Bedacht auf dritte Gesellschaften ausgedehnt werden. Andernfalls tragen diejenigen, die vom Nominalkapital profitieren, nicht mehr die Lasten des Kapitalschutzes. Vielmehr würden Minderheitsgesellschafter hinzugezogener Drittgesellschaften mit den Rechtsfolgen belastet. 1. Zurechnung von Tochtergesellschaften (von unten nach oben) Die erste zu untersuchende Konstellation ist die der Zurechnung von unten nach oben auf Gesellschafterseite. Am Archetyp dieser Zurechnungskonstellation sind drei Kapitalgesellschaften beteiligt: die Muttergesellschaft M und ihre Töchter T1 und T2. Mindestens T2 ist ein mit der Mutter verbundenes Unternehmen (§ 17 AktG). T1 und T2 halten keine Anteile an der jeweils anderen Gesellschaft. Potenziell kapitalschutzrelevant ist dieser Sachverhalt bei Vermögensverschiebungen zwischen T1 und T2, wobei es um die Kapitalschutzvorschriften der T1 geht (sie ist also die durch Kapitalschutzvorschriften zu schützende Gesellschaft); daher ist sie in den Abbildungen eingefärbt. Diese Grundkonstellation wird nun näher nach Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung aufgegliedert.



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters

145

Abbildung 11: Zurechnungskonstellation von unten nach oben aufseiten des Gesellschafters

a) Kapitalaufbringung am Beispiel der verdeckten Sacheinlage Zunächst wird die Kapitalaufbringung am Beispiel der verdeckten Sacheinlage betrachtet. Die verdeckte Sacheinlage stellt den am meisten beforschten Bereich der Kapitalaufbringung dar.383 Ob sich die dort gefundenen Ergebnisse auf die Nachgründung und das Hin- und Herzahlen übertragen lassen, wird anschließend untersucht. Für die verdeckte Sacheinlage muss der Sachverhalt von oben weiter verfeinert werden. Es ergibt sich Folgendes:

Abbildung 12: Zurechnungskonstellation von unten nach oben auf Gesellschafterseite im Kapitalaufbringungsrecht

Im Zuge einer Bar-Kapitalerhöhung bei T1 leistet M ihre Geldeinlage an T1. Im zeitlich-sachlichen Zusammenhang mit dieser Kapitalerhöhung verkauft und übereignet T2 der T1 ein Wirtschaftsgut. T1 zahlt den Kaufpreis an T2. Dieser Sachverhalt fällt in den Bereich, der für die Normen der verdeckten Sacheinlage (§ 19 Abs. 4 GmbHG; § 27 Abs. 3 AktG) interessant ist. Mit geringen Veränderungen (keiner vorherigen Absprache) ließe sich der 383  Das Gros der höchstrichterlichen Entscheidungen zur Kapitalaufbringung beschäftigt sich mit der verdeckten Sacheinlage; Hin- und Herzahlen sowie die Nachgründung haben keine derart detaillierte Ausarbeitung erfahren.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Sachverhalt auch in das Recht der Nachgründung (§ 52 AktG) übertragen. Für die Normen des Hin- und Herzahlens (§ 19 Abs. 5 GmbHG; 27 Abs. 4 AktG) müsste zwischen T1 und T2 zum Beispiel ein Darlehensvertrag bestehen.384 aa) Problemdarstellung Umgehen die Beteiligten die Sacheinlagevorschriften der T1 durch Übereignung eines Sachgutes und Zahlung des Kaufpreises zwischen T1 und T2? Konkreter gefragt: Sind die §§ 19 Abs. 4 i. V. m. 56 Abs. 2 GmbHG, §§ 27 Abs. 3 i. V. m. 183 Abs. 2 AktG in diesem Fall anwendbar? (1) Voraussetzungen der verdeckten Sacheinlage Die §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG nennen jeweils zwei Voraussetzungen: Zum einen muss nach einer wirtschaftlichen Betrachtung die Geldeinlage als Sacheinlage zu bewerten sein, zum anderen muss eine Abrede der Parteien vorliegen, welche die h. M. bei sachlich-zeitlicher Nähe (sechs Monate) des Umgehungsgeschäfts zur Einzahlung vermutet.385 Diese beiden Tatbestandsvoraussetzungen reichen aber nicht aus, um diesen Fall zu beurteilen. Es zeigt sich, dass die gesetzliche „Leerformel“386 durch die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen aufzufüllen ist.387 Dies wird auch dadurch klar, dass die Formulierung des II. Senats, den er schon vor dem MoMiG prägte, weitgehend zum Gesetzeswortlaut388 geworden ist. Danach definiert der BGH eine verdeckte Sacheinlage wie folgt: 384  Anders nur die Meinung, die Forderungen gegen den Gesellschafter als sacheinlagefähig ansieht. Danach würden auch in diesem Fall die Vorschriften zur verdeckten Sacheinlage Anwendung finden, so etwa Bormann, GmbHR 2007, 897 (903). 385  BGH v. 16.01.2006, BGHZ 166, 8 (Tz. 13); BGH v. 02.12.2002, BGHZ 153, 107 (109); BGH v. 04.03.1996, BGHZ 132, 133 (139); BGH v. 21.02.1994, BGHZ 125, 141 (143); bzgl. der sechs Monate OLG Köln v. 02.02.1999 – 22 U 116 / 98, ZIP 1999, 399 (400); vgl. auch Bayer, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 63; ders. / Lieder, GmbHR 2006, 449 (450); Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 19 Rn. 204. 386  Roth, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 40. 387  So im Ergebnis der Gesetzesentwurf der Bundesregierung v. 23.05.2007, BTDrs.  16 / 6140, S. 40; Benz, Verdeckte Sacheinlage und Einlagenrückzahlung, S. 15; Roth, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 40; Veil, ZIP 2007, 1241 (1242). 388  Vgl. den Gesetzeswortlaut von §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG mit der Rechtsprechung in der nächsten Fußnote.



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters147 Um eine verdeckte Sacheinlage handelt es sich, wenn „die gesetzlichen Regeln für Sacheinlagen dadurch unterlaufen werden, dass zwar eine Bareinlage vereinbart wird, die Gesellschaft aber bei wirtschaftlicher Betrachtung von dem Einleger aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Einlage getroffenen Absprache einen Sachwert erhalten soll“389.

Es ergibt sich schon aus den Materialien zum MoMiG, dass der Gesetzgeber den Tatbestand der verdeckten Sacheinlage nicht neu ausrichten, sondern vielmehr die bestehende Rechtsprechung beibehalten wollte.390 (2) P  robleme der Voraussetzungen in Drei-Personen-Verhältnissen Es muss demnach eine Umgehung der Sacheinlagevorschriften vorliegen. Diese treffen aber nur den Gesellschafter (M). Das Verkehrsgeschäft schließen hingegen eine rechtlich selbstständige dritte Person (T2) und die Gesellschaft (T1). Es kann daher nicht ohne Weiteres davon gesprochen werden, dass der Gesellschafter die Sacheinlagevorschriften umgeht. Dies ist nur dann der Fall, wenn das Geschäft zwischen T1 und T2 ihm (der M) derart zuzurechnen ist, dass daraus eine Umgehung folgt. Diese Zurechnung gliedert sich auf in eine Vermögens- und eine Handlungs-Zurechnung. Zum einen muss die Zahlung wirtschaftlich in das Vermögen des Gesellschafters (M) geleistet worden sein; nur dann hat er per Saldo der Gesellschaft letztlich kein Bargeld geleistet. Zum anderen muss das Geschäft zwischen T1 und T2 auch ein Geschäft der M sein. Andernfalls müsste man – wegen des Trennungsprinzips – davon ausgehen, dass es sich um ein „normales“ Umsatzgeschäft der T1 handelt, mit dem M nichts zu tun hat. Der BGH wartet mit der Formel auf: Es komme auf die Identität zwischen Einleger und Auszahlungsempfänger nicht an. Der Einleger müsse vielmehr durch die Auszahlung an den Dritten in gleicher Weise begünstigt werden wie durch eine unmittelbare Leistung an ihn selbst.391 Stelle die 389  BGH v. 16.02.2009, BGHZ 180, 38 (Rz. 8) – Qivive; mit Verweisung auf BGH v. 07.07.2003, BGHZ 155, 329 (334); BGH v. 16.01.2006, BGHZ 166, 8 (Tz. 11); BGH v. 20.11.2006, BGHZ 170, 47 (Tz. 11); BGH v. 16.07.2007, BGHZ 173, 145 (Tz. 14). 390  Begr. Regierungsentwurf MoMiG, BT-Drs. 16 / 6140, S. 40; Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 19 Rn. 173; Zick, Die verdeckte Sacheinlage, S. 129. Daran ändert auch die Kritik der Literatur nichts, wonach die missglückte Gesetzesformulierung nicht auf das Wesen der verdeckten Sacheinlage als Umgehungsfall der Sacheinlagevorschriften abstelle, so etwa Pentz, GmbHR 2009, 505 (507); ders., GmbHR 2009, 126 (127); ders., in: FS Schmidt, S. 1265 (1273). 391  BGH v. 20.07.2009, BGHZ 182, 103 (Tz 32); BGH v. 02.12.2002, BGHZ 153, 107 (111); BGH v. 21.02.1994, BGHZ 125, 141 (144); BGH v. 15.01.1990, BGHZ 110, 47 (66 f.).

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Zahlung an ein drittes Unternehmen einen Rückfluss der Einlage an den Inferenten oder Gründer dar, ließen sich auch die Normen der verdeckten Sacheinlage anwenden.392 Im „Rückfluss der Einlage“ zeigen sich die beiden gerade benannten Elemente der Zurechnung: Die Zahlung an den Dritten muss dem Vermögen des Inferenten zuzuordnen sein (1) und das Geschäft muss als seines erscheinen (2). Die bloße wirtschaftliche Verbindung durch die Gesellschafterstellung reicht alleine nicht aus. In beiden Voraussetzungen geht es letztlich um eine Auslegung der Tatbestände der verdeckten Sacheinlage. Wann es sich für die §§  19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG noch um Vermögen „des Gesellschafters“ handelt, und wann ein Geschäft noch als Umgehung gilt, ist eine Auslegungsfrage. Der Wortlaut der Normen der verdeckten Sacheinlage verrät dazu nichts. bb) Lösungskonzepte der Literatur Die Literatur393 behängt die verdeckte Sacheinlage mit einer bunten Variation von Lösungsvorschlägen für die Zurechnung eines mit dem Gesellschafter verbundenen Unternehmens – allerdings nur ausgehend von der Formel des BGH von „in gleicher Weise begünstigt“394. Es wird damit nur ein Weg beschritten und differenziert nur danach gefragt, wann es sich noch um eine Zahlung wie in das Vermögen des Gesellschafters (M) handelt. Daran ist richtig: Das Vermögen der T2 ist gerade nicht identisch mit dem Vermögen der M. Die Literatur schreitet damit nur einen möglichen Pfad entlang, den sie dann weiter ausdifferenziert. Aber diese Marschroute führt weg von der Erkenntnis, dass es letztlich darum geht, ob es sich noch um ein Geschäft des Gesellschafters handelt. Die Literatur verschiebt den Fokus zu sehr in Richtung Abgrenzung von Vermögenssphären. Davon hebt sich lediglich Müller-Eising ab. Im Folgenden soll daher zunächst die breite Literaturmeinung erklärt und kritisiert werden. Daran schließen sich dann die Gedanken Müller-Eisings an, mit denen gleichsam der zweite 392  Pentz, in: MünchKomm AktG, § 27 Rn. 121; Ziemons, in: Ziemons / Jaeger (Hrsg.), BeckOK GmbHG, § 19 Rn. 162. 393  Maßgebliche Beteiligung: Märtens, in: MünchKomm GmbHG § 19 Rn. 215; Bayer, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 72; ders., in: K. Schmidt /  Lutter (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 67; Altrichter-Herzberg, Tatbestand und Rechtsfolgen der verdeckten Sacheinlage, S. 51. § 15 AktG: Roth, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 59; Ebbing, in: Michalski (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 149. Gesetzesumgehung: Heil, NZG 2001, 913 (916). 394  BGH v. 20.07.2009, BGHZ 182, 103 (Tz. 32); BGH v. 02.12.2002, BGHZ 153, 107 (111); BGH v. 21.02.1994, BGHZ 125, 141 (144); BGH v. 15.01.1990, BGHZ 110, 47 (66 f.).



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Pfad beschritten wird, der auch zu einer dogmatisch saubereren Zurechnung führt. (1) Z  urechnung anhand des Merkmals „in gleicher Weise begünstigt“ (a) D  ie Zurechnung aufgrund von Abhängigkeiten In der Literatur wird somit in erster Linie danach gefragt, ob Vermögen an den Gesellschafter zurückfließe; dann seien auch die Normen der verdeckten Sacheinlage anzuwenden.395 Zur Beantwortung der Frage, ob es sich um einen Vermögenszufluss beim Gesellschafter handelt, wird überwiegend auf dessen „maßgebliche Beteiligung“ an der dritten Gesellschaft abgestellt396 – wobei das „maßgeblich“ wohl von der Rechtsprechung des BGH übernommen wird. Dass der BGH maßgebliche Beteiligung aber immerfort in seinem Inhalt geändert hat, macht die Grenzen dieses Kriteriums sehr undeutlich. Gemeint ist wohl ein beherrschender Einfluss des § 17 AktG. Aber auch andere Beteiligungsschwellen werden für die Zurechnung angenommen. So stellen einige auf eine Verbindung nach § 15 AktG ab.397 Bisweilen werden auch Teile des § 15 AktG, wie die Abhängigkeit (§ 17 AktG)398 oder der Konzern (§ 18 AktG)399 benannt.400 Im Endeffekt nehmen aber viele der Autoren bei einer mehrheitlichen Beteiligung des Gesellschafters an der Drittgesellschaft eine Zurechnung an.401 Zahlung an ein vom Gesellschafter beherrschtes Unter395  Pentz, in: MünchKomm AktG, § 27 Rn. 121; Ziemons, in: Ziemons / Jaeger (Hrsg.) BeckOK GmbHG, § 19 Rn. 162. 396  Märtens, in: MünchKomm GmbHG § 19 Rn. 215; Bayer, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 72; ders., in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 67; Altrichter-Herzberg, Tatbestand und Rechtsfolgen der verdeckten Sacheinlage, S. 51. 397  Roth, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 59; Ebbing, in: Michalski (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 149. 398  Heidinger / Benz, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 163; Verse, in: Henssler / Strohn GesR, § 19 GmbHG Rn. 37 einschränkend aber mit Blick auf die Rechtsprechung des BGH bezüglich Schwesterunternehmen in Rn. 38. 399  U. H.  Schneider / H. P.  Westermann, in: Scholz GmbHG, § 19 Rn. 105, bei denen aber nicht klar wird, ob der Konzernbegriff wie in § 18 AktG zu verstehen ist; U. H. Schneider, in: Peter Hommelhoff u. A. (Hrsg.), Entwicklungen im GmbHKonzernrecht, S. 121 (148), der die Konzernstruktur als Grund nimmt, die Veranlassung widerleglich zu vermuten; Lutter, in: FS Stiefel, S. 505 (520 f.). 400  Ziemons, in: Ziemons / Jaeger (Hrsg.), BeckOK GmbHG, § 19 Rn. 164. 401  Hüffer, AktG 10. Auflage 2012, § 27 Rn. 27 wies noch explizit auf diesen Zurechnungsgrund hin, der Rest der Zurechnungsentscheidungen über § 15 und dessen Ausdifferenzierungen kommt jedoch zum gleichen Ergebnis – es handelt sich

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nehmen ist nach dieser Sicht mit der Zahlung an den Gesellschafter selbst gleichzusetzen.402 Die Gründe für eine Zurechnung werden selten näher thematisiert. Es wird häufig die typische Umgehungsgefahr der Sacheinlagevorschriften in Konzernsituationen genannt.403 Der Konzern habe vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, um ein grundsätzlich einheitliches Geschäft in ein Bar- und ein Umsatzgeschäft aufzuspalten.404 Stillschweigend wird wohl teilweise der Einfluss des Gesellschafters auf die dritte Gesellschaft als Zurechnungsgrund angesehen, weil er es ermöglicht, auf Vermögen der dritten Gesellschaft wie auf eigenes zuzugreifen.405 Pentz bekennt sich explizit zu der gerade vermuteten Erklärung. Er pflichtet dem BGH in der Zurechnung einer Tochtergesellschaft zum Gesellschafter bei, wenn ein Beherrschungsvertrag zwischen den beiden besteht. Seine Begründung: Durch das Zugriffsrecht des Gesellschafters auf das Vermögen seiner Tochter könne man von einem Rückfluss der Einlage in das Vermögen des Gesellschafters sprechen.406 Seine Überlegung fußt darauf, dass nicht mehr von fremdem Vermögen gesprochen werden könne, wenn der Gesellschafter auf das Vermögen der Tochter zugreifen könne ebenso wie auf sein eigenes – etwa wie von Penz vorgeschlagen, im Falle des Beherrschungsvertrages.407 Der Beherrschungsvertrag gebe ein direktes Weisungsrecht an die Leitungsorgane der Tochter, so dass über jeden einzelnen Euro der Leistung entschieden werden könne. (b) Gesetzesumgehung als wesentliches Zurechnungskriterium Heil hingegen hat, freilich noch vor der gesetzlichen Fixierung der verdeckten Sacheinlage, die Umgehung der Sacheinlagevorschriften als wesentliches Merkmal der Zurechnung angenommen. So sollen die Regeln über die verdeckte Sacheinlage immer dann Anwendung finden, wenn die Geselldabei sozusagen um einen kleinsten gemeinsamen Nenner. Dieser allgemein anerkannten Zurechnungsentscheidung versperrt sich die hier vertretene Lösung nur hinsichtlich einer AG, vgl. dazu unten Zweites Kapitel, I. 1. a) dd). 402  Arnold, in: KölnKomm AktG, § 27 Rn. 101; Pentz, in: MünchKomm AktG, § 27 Rn. 121. 403  So im Ergebnis U. H. Schneider, in: Peter Hommelhoff u. A. (Hrsg.), Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht, S. 121 (148); Lutter, in: FS Stiefel, S. 505 (520 f.). 404  Lutter, in: FS Stiefel, S. 505 (521). 405  Darauf deuten etwa die Äußerungen von Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 19  Rn. 214 hin. 406  Pentz, in: MünchKomm AktG, § 27 Rn. 121. 407  Pentz, in: MünchKomm AktG, § 27 Rn. 121.



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schaft, der Gesellschafter und der Dritte planmäßig zur Umgehung der gesetzlichen Vorschriften zusammenarbeiten.408 Darüber hinaus hat er die Ausdehnung auf Drittbeteiligungsfälle einschränken und dem Kapitalerhaltungsrecht zuweisen wollen.409 Auf die Gesetzesumgehung zu verweisen, bringt letztlich aber keinen Erkenntnisgewinn für die Zurechnung von verbundenen Unternehmen. Es stellt sich schließlich gerade die Frage, wann eine Gesetzesumgehung vorliegt. (c) K  ritik an dieser Sichtweise der Literatur Die Literatur kommt vielfach zu zustimmungswürdigen Ergebnissen. Es fehlt aber an einer stimmigen Begründung. Es wird richtigerweise auf den mindestens mittelbaren Rückfluss an den Gesellschafter verwiesen. Das ist auch erforderlich, denn dann liegt das von den Sacheinlagevorschriften geforderte Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis weiterhin vor, so dass es zu einer Umgehung der Sacheinlagevorschriften kommen kann. Dazu zwingt auch der Tatbestand: Nur wenn die Geldeinlage als nicht gezahlt gilt, der Einleger sein Geld demnach zurück erhält, kann das Verkehrsgeschäft im Ergebnis wie eine Sacheinlage wirken. Es wird aber häufig nicht klar, wessen es bedarf, um von einem Rückfluss an den Gesellschafter sprechen zu können. Wie eben dargestellt, verweist Pentz auf die Zugriffsrechte des Gesellschafters (der Mutter) gegenüber dem Vermögen seiner Tochtergesellschaft ab; diese führten zu einem Rückfluss an den Gesellschafter.410 Wie genau diese Zugriffsrechte ausgestaltet sein müssen, und ob sie etwa auch ohne Beherrschungsvertrag bestehen, beantwortet Pentz aber nicht. Anders als Pentz sehen die Meisten darüber hinaus sogar jedes verbundene Unternehmen als ausreichendes Zurechnungsobjekt an. Damit verschleiern sie jedoch den Grund für die Gleichsetzung mit dem Vermögen des Gesellschafters. Denn dessen Einflussmöglichkeiten können sich stark unterscheiden – man vergleiche lediglich eine „nur“ abhängige AG mit einer zu Hundert Prozent beherrschten GmbH. Diese Hürde überwindet auch nicht die Ansicht Pentzes. Meist werden daher auch die verschiedenen Einflussmöglichkeiten nicht ausreichend voneinander unterschieden. Vielmehr wird darauf abgestellt, dass schon im Falle der Abhängigkeit der Tochtergesellschaft der Vermö408  Heil, NZG 2001, 913 (916); in die gleiche Richtung (ohne direkte Verweisung auf die Drittzurechnung) geht auch Henze, ZHR 154 (1990), 105 (109 f.). 409  Heil, NZG 2001, 913 (920). 410  Pentz, in: MünchKomm AktG, § 27 Rn. 121.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

gensfluss an diese als Vermögensfluss an den Gesellschafter betrachtet werden solle.411 Dass dies aber keine Selbstverständlichkeit ist, zeigt folgende Überlegung: Bekommt seine Tochtergesellschaft einen Vermögensvorteil, steigt immer auch der Wert des Anteils des Gesellschafters. Im Grundsatz würde eine Zahlung der T2 an T1 immer zu einem Vermögensvorteil der M führen. Dieser Vermögensvorteil scheint aber nicht zu reichen, denn keiner der Autoren nimmt bei kleinen Beteiligungsquoten eine „Zurechnung“ an. Warum eine Gesellschaft, an der der Gesellschafter 50+1 Prozent hält, völlig anders zu beurteilen sein soll, als eine an der er „nur“ zu 49 Prozent beteiligt ist, machen die Autoren nicht hinreichend klar. In einer Kontrollüberlegung kann man auch danach fragen, warum nicht bei einer AG schon ab einer faktischen Hauptversammlungsmehrheit zugerechnet werden sollte. (2) Die differenziertere Lösung Müller-Eisings (a) Darstellung Eine nähere Betrachtung des Zurechnungsgrundes liefert Müller-Eising. Er unterscheidet zwei Gruppen der Zurechnung dritter Gesellschaften. In der ersten Gruppe rechnet er solche Dritten zu, die vom Gesellschafter oder von der Gesellschaft „instrumentalisiert“ werden. Zwar führt er auf, es könne „gegebenenfalls auch eine konzernangehörige Gesellschaft“ darunter fallen, er scheint indes mit „Instrumentalisierung“ allein die klassischen Treuhand- und Strohmanngeschäfte abdecken zu wollen.412 Als zweite Fallgruppe nennt er diejenigen Konstellationen, bei denen neben der mitgliedschaftlichen Verbindung ein Einfluss auf die Geschäftsführungsorgane möglich ist, der einer Instrumentalisierung gleicht. Dann könnten, wenn eine konsolidierte Betrachtung413 den gleichen wirtschaftlichen Erfolg wie eine verdeckte Sacheinlage ergebe, ebenfalls die Vor411  Heidinger / Benz, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 163; Verse, in: Henssler / Strohn GesR, § 19 Rn. 37 aber einschränkend mit Blick auf die Rechtsprechung in Rn. 38; aber auch die Abhängigkeit durch einen Konzernzusammenschluss vgl. U. H.  Schneider / H. P.  Westermann, in: Scholz GmbHG, § 19 Rn. 105, bei dem aber nicht klar wird, ob der Konzernbegriff wie in § 18 AktG zu verstehen ist; U. H. Schneider, in: Peter Hommelhoff u. A. (Hrsg.), Entwicklungen im GmbHKonzernrecht, S. 121 (148) der im Konzern eine widerlegliche Vermutung für die Veranlassung sieht; Lutter, in: FS Stiefel, S. 505 (520 f.). 412  Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, S. 237. 413  Damit scheint Müller-Eising eine Betrachtung zu meinen, in denen eine Art Konzernbilanz aufgestellt wird, um den durchgerechneten (aufgrund der Beteiligungen) Abfluss bzw. Zufluss beim Gesellschafter zu ermitteln.



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schriften der verdeckten Sacheinlage anwendbar sein. Dies sei „jedenfalls im Konzern“ der Fall.414 Nur die Möglichkeit Leitungsorgane zu bestellen und abzuberufen, solle dazu nicht ausreichen. Vielmehr bedürfe es personelle Verflechtungen oder eines Weisungsrechts der Gesellschafter in der GmbH. Eine Lösung für den Fall der Zurechnung einer Tochter aufseiten des Gesellschafters bietet Müller-Eising nicht explizit. Nach den von ihm aufgestellten Kriterien müsste man T2 der M zurechnen, wenn die Konsolidierung der Gesellschaftskonten zusammen mit einer „Instrumentalisierung“ der T2 zu einer der verdeckten Sacheinlage vergleichbaren Konstellation führt. Zunächst konsolidiert man das Vermögen aufseiten des Gesellschafters. Dies hätte zur Folge, dass immer ein Rückfluss ins Gesellschaftervermögen angenommen werden kann – zumindest in Höhe der Beteiligungsquote von M an T2. Müller-Eising spricht bei der Konsolidierung jedoch nur den Bereich der Gesellschaft an. Er tut dies wohl, weil eine Negativbilanz auf dieser Seite gerade das ist, was das Kapitalschutzrecht auf den ersten Blick zu verhindern versucht. Der „konsolidierte Blick“ ist für die Seite des Gesellschafters nicht in der gleichen Weise wie für die Seite der Gesellschaft zu gebrauchen. Während eine konsolidierte Betrachtung auf Gesellschaftsseite die mögliche fehlerhafte Aufbringung des Nominalkapitals zutage fördert, verschleiert sie auf Gesellschafterseite den entscheidenden Punkt. Denn in Zurechnungskonstellationen „von unten nach oben auf Gesellschafterseite“ wird immer in „das Vermögen“ des Gesellschafters geleistet. Durch die Beteiligung an der Tochter ist er mittelbar auch an deren Vermögen beteiligt. Darauf kann es für die Einordnung zur verdeckten Sacheinlage alleine nicht ankommen. Übrig bleibt für den Fall der Zurechnung auf Gesellschafterseite der Einfluss, der einer „Instrumentalisierung“ gleiche. Hier aber kann Müller-Eisings Lösung nicht alle Nebelschwaden auflösen. Während er wohl eine „nur“ mehrheitliche Beteiligung an einer AG nicht ausreichen lassen will, soll eine Verbindung über § 18 AktG genügen. Welches Kriterium letztlich zu einer maßgeblichen Vergleichbarkeit mit der Instrumentalisierung führt, wird nicht hinreichend klar. (b) Kritik Müller-Eising geht weite Schritte hin zur Lösung der eigentlichen Frage nach einer Zurechnung. Sein Kriterium der Konsolidierung hilft für die 414  Müller-Eising,

Die verdeckte Sacheinlage, S. 237.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Zurechnung auf Gesellschaftsseite weiter. Für die Zurechnung auf Gesellschafterseite bietet seine Verweisung auf instrumentalisierungsgleichen Einfluss einen guten Wegweiser in die richtige Richtung. Das Kriterium bleibt letztlich aber noch zu vage. Der Rechtsanwender steht mit seiner Frage im Dunkeln, welche Gesellschaft genau zugerechnet wird und welche nicht. cc) Zurechnungslösungen der Rechtsprechung Das Kapitalaufbringungsrecht wurde maßgeblich geprägt von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Über die Jahre hat er die Rechtsinstitute der verdeckten Sacheinlage und des Hin- und Herzahlens vielfach weiterentwickelt. Teile seiner Urteile hat der Gesetzgeber in den §§ 19 Abs. 4 GmbHG, § 27 Abs. 3 AktG mit nahezu gleichem Wortlaut übernommen.415 Auch über die Zurechnung dritter Gesellschaften hatte er vielfach zu entscheiden. Damit das Puzzle um diese Zurechnung im Kapitalschutz vollendet werden kann, fehlten der Rechtsprechung bislang jedoch noch zwei Teile. Ein fehlendes Puzzleteil war die einheitliche Linie im gesamten Kapitalschutz. Der Rechtsanwender fragte sich teilweise, warum so gleich gelagerte Bereiche nicht auch dieselben Zurechnungskriterien hatten. Eine solche einheitliche Linie lässt sich in der jüngsten Zeit erkennen. Der Weg der Rechtsprechung (dazu gleich näher) über „Flender“416 und die Entscheidung vom 05.05.2008417 legte Zwischenhalt in der Entscheidung „Dritter Börsen­ gang“418 ein und gipfelte schließlich im Urteil vom 28.02.2012419. Diese einheitliche Linie ist klarer zwischen den einzelnen Bereichen des Kapitalschutzes (Kapitalaufbringung und -erhaltung) zu erkennen, die verschiedenen Zurechnungskonstellationen verklammert sie nicht ebenso. Das andere Puzzleteil, an dem es mangelte, war die Begründung einer Zurechnung – also das ‚Warum?‘. Diese lieferte der BGH bisher nicht. Wenn man danach fragt, wie der BGH heute verbundene Unternehmen in der Kapitalaufbringung zurechnet, muss man einen Bogen von der Kapitalaufbringung über das ehemalige Eigenkapitalersatzrecht zur Kapitalerhaltung schlagen. Denn ein vollständiges Bild der Zurechnungslösung, die der 415  Man vergleiche den Gesetzeswortlaut der §§ 19 Abs. 4 GmbHG, § 27 Abs. 3 AktG mit dem Urteil BGH v. 07.07.2003, BGHZ 155, 329 (334). 416  BGH v. 12.02.2007, BGHZ 171, 113 (Rz. 8 ff.) – Flender. 417  BGH v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07, NZG 2008, 507. 418  BGH v. 31.05.2011 – II ZR 141 / 09, NZG 2011, 829 – Dritter Börsengang. 419  BGH v. 28.02.2012 – II ZR 115 / 11, DStR 2012, 915.



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BGH heute vertritt, findet sich nicht mit Blick auf die Kapitalaufbringung alleine. Es muss vielmehr die gesamte neueste Rechtsprechung für Zurechnungen verbundener Unternehmen im Kapitalschutz in den Blick genommen werden. Denn nur so zeigt sich, dass es eine einheitliche Linie in diesem Bereich gibt. Damit die Entwicklung hin zu einer einheitlichen Zurechnungslösung ans Licht kommen kann, muss die Rechtsprechung des BGH zu Zurechnungsfragen bei Beteiligung verbundener Unternehmen im Kapitalschutz anhand ihrer Geschichte gesehen werden. Die Rechtsprechung entwickelte ihr Tatbestandsmerkmal der „maßgeblichen Beteiligung“ und differenzierte dies über die Jahre immer weiter aus – je nach dem was für den Fall notwendig war. Auch zeigt die Geschichte, warum die Urteile des BGH häufig nur innerhalb eines Normenkomplexes (z. B. verdeckte Sacheinlage, Eigenkapitalersatz, Verbot der Einlagenrückgewähr) wahrgenommen wurden und werden. Man muss die unterschiedlichen Entwicklungen der einzelnen Bereiche betrachten. Den Grund für eine Zurechnung bleibt der BGH noch schuldig. Daher macht sich diese Arbeit auf, dieses letzte Puzzleteil zu liefern. Denn immerhin zeigt auch der BGH, dass er im gesamten Kapitalschutz verbundene Unternehmen nach einheitlichen Kriterien zurechnen möchte. Er liefert damit das Fundament für die hier vertretene Ansicht. (1) D  ie Rechtsprechung zum Kapitalaufbringungsrecht Die Rechtsprechung im Kapitalaufbringungsrecht hat sich seit dem Urteil „IBH / Lemmerz“ in den Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts Stück für Stück weiterentwickelt. Letztlich fand sie ihren vorläufigen Abschluss im Urteil „Flender“, das eine neue Linie in der Zurechnung von Drittgesellschaften setzt, was aber leider weder klar aus dem Urteil hervorsticht noch von der Literatur hinreichend rezipiert wurde. (a) BGHZ 110, 47 – IBH / Lemmerz Die erste Entscheidung, in der sich der BGH mit Zurechnung dritter Gesellschaften im Kapitalaufbringungsrecht auseinanderzusetzen hatte, war der Fall „IBH / Lemmerz“.420

420  BGH

v. 15.01.1990, BGHZ 110, 47.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Abbildung 13: Sachverhaltsdarstellung IBH / Lemmerz

Es handelte sich um eine Zurechnung „von oben nach unten“ aufseiten des Gesellschafters. Die Lemmerz KGaA hatte der IBH-AG einen Kredit eingeräumt.421 Zur Rückführung des Kredits war die Lemmerz KGaA zu einer Beteiligung an der IBH-AG bereit. Dazu gründete Sie die Alike GmbH, mit der sie einen Ergebnisübernahme- und Organschaftsvertrag sowie einen Treuhandvertrag abschloss. Die Alike GmbH zeichnete die Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung an der IBH. Mit dem Geld aus der Kapitalerhöhung führte die IBH ihren Kredit an die Lemmerz KGaA zurück. Der BGH musste klären, ob die Anwendung der Regeln zur verdeckten Sacheinlage dadurch verhindert wird, dass es sich bei Inferent (Alike GmbH) und Empfänger der Auszahlung (also der Darlehensgläubigerin, der Lemmerz KGaA) um unterschiedliche Personen handelt. Der BGH verwies auf die Entscheidung in BGHZ 96, 231 (240), um festzustellen, dass eine verdeckte Sacheinlage dann vorliegen könne, wenn die Gesellschaft die Forderung einer dem Inferenten nahestehenden Person tilge.422 Wie auch Müller-Eising treffend herausstellt, ist die Verweisung des BGH auf die Entscheidung im 96. Band nicht zielführend; es handelte sich dort explizit um unabhängige Dritte – die gerade nicht gesellschaftsrechtlich verbunden sind.423 Der BGH begründete damit für das Kapitalaufbringungsrecht erstmals die Zurechnung von nahestehenden Personen, ohne dieses Merkmal näher zu erläutern. Eine nähere Auseinandersetzung mit der Zurechnung aufgrund des Organschafts- und Ergebnisübernahmevertrags erfolgte explizit nicht. Er merkte jedoch an, dass im Falle eines durch einen Ergebnisübernahme- und 421  Die Namen sind Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, S. 212 f., entnommen. Der BGH spricht in BGHZ 110, 47 von der I-AG sowie der L-Werke KGaA, die Alike GmbH wird nur als „Beklagte“ geführt. 422  BGH v. 15.01.1990, BGHZ 110, 47 (66 f.). 423  Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, S. 213.



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Organschaftsvertrag bestehenden Konzernverhältnisses (§ 18 AktG) teilweise eine Zurechnung erfolge. Letztlich stützte er sich auf den zwischen der Alike GmbH und der Lemmerz KGaA bestehenden Treuhandvertrag. Damit konnte er eine verdeckte Sacheinlage annehmen, ohne näher auf § 18 AktG einzugehen.424 (b) BGHZ 125, 141 In seinem Urteil vom 21.02.1994425 konkretisierte der BGH seine Zurechnungskriterien weiter. Auch in diesem Fall leistete der Inferent seine Geldeinlage an die Gesellschaft. Im zeitlichen Zusammenhang mit der Geldeinlage tilgte die Gesellschaft eine Forderung gegen eine KG, deren Komplementär der Inferent war. Die Forderungstilgung entsprach der Hälfte der Geldeinlage des Inferenten. Den Sachverhalt stellt folgendes Schaubild dar:

Abbildung 14: Sachverhaltsdarstellung BGHZ 125, 141

Erneut hatte das Gericht zu entscheiden, ob die Zahlung an die KG eine verdeckte Sacheinlage darstellte. Mit der Ruhe ständiger Rechtsprechung wiederholte er, dass Inferent und Auszahlungsempfänger nicht identisch sein müssten. Mehr noch: Das Kriterium der Personenverschiedenheit sei nicht auf die bislang entschiedenen Fälle beschränkt. Der BGH begründete mit der Zusammenfassung der bisher einzeln entschiedenen Fälle seine Voraussetzung, die eine breitere Zurechnungsbasis erlaube. Eine verdeckte Sacheinlage sei anzunehmen, wenn der „Einlageschuldner durch die Leistung an den Dritten in gleicher Weise begünstigt wird wie in dem Falle, daß an ihn selbst geleistet worden wäre“426. Dieses Zurechnungskriterium schärfte der BGH dann weiter dadurch, dass er die für § 30 GmbHG gefundenen Zurechnungsergebnisse in die Kapitalaufbringung übertrug. Damit machte er den ersten entscheidenden 424  BGH

v. 15.01.1990, BGHZ 110, 47 (66 f.). v. 21.02.1994, BGHZ 125, 141. 426  BGH v. 21.02.1994, BGHZ 125, 141 (144). 425  BGH

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Schritt in Richtung eines einheitlichen Zurechnungskriteriums. Es zeigt, dass der BGH davon ausgegangen ist, die beiden Rechtsbereiche in der Zurechnung dritter Unternehmen seien durch die gleichen Strukturen geprägt. Inhaltlich rechnete das Gericht nun Unternehmen zu, an denen der Gesellschafter maßgeblich beteiligt ist.427 Was genau „maßgebliche Beteiligung“ bedeutet, erläuterte er nicht näher, meinte mit Blick auf das Urteil vom 20.03.1986428 wohl aber ein verbundenes Unternehmen. Auch nannte er keine Gründe, warum gerade in diesem Fall eine Zurechnung stattzufinden habe. Die vom BGH zu § 30 GmbHG formulierte Zurechnungsvoraussetzung „verbundene[…] Unternehmen“429 übernimmt er ausdrücklich nicht. Für den zu entscheidenden Fall sah der BGH in der alleinigen Komplementärstellung die erforderliche „maßgebliche Beteiligung“. Mit der Verweisung auf die Rechtsprechung aus dem Kapitalerhaltungsrecht nähert der BGH sein Zurechnungskriterium dem § 15 AktG an. (c) BGHZ 153, 107 Die Übernahme des Merkmals des verbundenen Unternehmens zeigt sich schließlich eindeutig im Urteil vom 02.12.2002.430

Abbildung 15: Sachverhaltsdarstellung BGHZ 153, 107

427  BGH v. 21.02.1994, BGHZ 125, 141 (144 f.), mit Verweisung auf BGH v. 21.09.1981, BGHZ  81, 311 (315 f.); BGH v. 20.03.1986 – II ZR 114 / 85, ZIP 1987, 1050 (1051). 428  BGH v. 20.03.1986 – II ZR 114 / 85, ZIP 1987, 1050. 429  BGH v. 20.03.1986 – II ZR 114 / 85, ZIP 1987, 1050 (1051). 430  BGH v. 02.12.2002, BGHZ 153, 107.



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In dem Fall zahlten die beiden Gesellschafter einer GmbH ihre Geldeinlagen ein, welche die GmbH dann an eine OHG weiterleitete. Der OHG gehörten die beiden Gesellschafter paritätisch mit gemeinschaftlicher Vertretungsbefugnis an. Der BGH verwies auf BGHZ 125, 141 und rechnete ein von „den Inferenten beherrschtes Unternehmen“ im Rahmen der verdeckten Sacheinlage zu.431 Interessant ist die Wortwahl des BGH, der im Tenor ausdrücklich von verbundenem Unternehmen (weiter, da § 15 AktG) spricht, sich in der Urteilsbegründung hingegen auf das beherrschte Unternehmen (enger, da § 17 AktG) stützt. (d) BGHZ 155, 329 Noch vor dem MoMiG konturierte der BGH die verdeckte Sacheinlage noch einmal und äußerte sich über die Zurechnung einer „Art ‚Tochtergesell­ schaft‘“432 aufseiten der Gesellschaft.

Abbildung 16: Sachverhaltsdarstellung BGHZ 155, 329

In diesem Fall übereignete der Gesellschafter einer GmbH im unmittelbaren Zusammenhang mit deren Gründung zwei Grundstücke: eines an die GmbH direkt, ein Zweites an eine KG. Streitig war nicht die erste verdeckte Sacheinlage, sondern vielmehr die Veräußerung des zweiten Grundstückes an die KG, deren Komplementärin (Stimmanteil 25,5 %) die GmbH war. Mit dem Erlös aus beiden Verkäufen sollte, so auch vorher vereinbart, die Geldeinlage des Gesellschafters zugunsten der GmbH finanziert werden. Der Verkauf des zweiten Grundstücks erfolgte zu einem deutlich überhöhten Kaufpreis (43 % des Kaufpreises entfielen auf ein unentgeltliches Wohnrecht). 431  BGH 432  BGH

v. 02.12.2002, BGHZ 153, 107 (111). v. 07.07.2003, BGHZ 155, 329 (336).

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Der BGH hat nun erstmals die prägnante Formel für eine verdeckte Sacheinlage aufgestellt, die sich später fast identisch im Gesetzeswortlaut wiederfinden sollte: „Als verdeckte Sacheinlage wird es angesehen, wenn die gesetzlichen Regeln über Sacheinlagen dadurch unterlaufen werden, dass zwar eine Bareinlage vereinbart wird, die Gesellschaft aber bei wirtschaftlicher Betrachtung von dem Einleger auf Grund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Einlage getroffenen Absprache einen Sachwert erhalten soll“.433

Darüber hinaus hat er mit seiner Definition mehr auf die Umgehung der Kapitalaufbringungsvorschriften abgestellt. So solle das Verkehrsgeschäft der KG als „Art Tochtergesellschaft“ mit der GmbH als Obergesellschaft die Umgehung der Kapitalaufbringungsregeln möglich machen. Der BGH nennt in diesem Fall sogar erstmals den Grund für die Zurechnung der Tochtergesellschaft aufseiten der Gesellschaft: die Entwertung des Kommanditanteils der GmbH, also der mittelbare Entzug von Eigenkapital.434 Er rechnete demnach die KG dem Gesellschafter zu. Weiterhin hat der BGH auf den Geldkreislauf abgestellt – also auf den Zusammenhang aus der Bezahlung der Geldeinlage und der Aufbringung dieser Geldeinlage durch den Verkauf des zweiten Grundstücks. Unklar blieb, ob der Geldkreislauf für die Bewertung als verdeckte Sacheinlage notwendig ist. (e) BGHZ 166, 8 – Cash-Pool I Seine Linie hat der BGH dann mit der Cash-Pool Entscheidung vom 16.01.2006 fortgeführt.435 Dieser Fall – die Zurechnung einer Tochtergesellschaft auf Gesellschafterseite – bestätigt, dass er beherrschte Gesellschaften auf Gesellschafterseite mit in die Normen der verdeckten Sacheinlage einbezieht. Der BGH hatte die kapitalaufbringungsrechtliche Zulässigkeit eines sog. Cash-Pools zu beurteilen. Die Inferenten zahlten ihre Geldeinlagen in die kapitalerhöhende Gesellschaft ein. Diese überwies direkt nach Eintragung der Kapitalerhöhung die Geldeinlagen als Darlehen an eine ebenfalls von den Inferenten beherrschte GmbH & Co. KG. Der BGH hat festgestellt, dass die Gesellschaft im Ergebnis kein Bargeld erhalten habe, sondern (die Wirksamkeit des Vorgangs unterstellt) eine Forderung aus einem Darlehens433  BGH

v. 07.07.2003, BGHZ 155, 329 (334). v. 07.07.2003, BGHZ 155, 329 (336). 435  BGH v. 16.01.2006, BGHZ 166, 8. 434  BGH



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters161

vertrag.436 Da die Forderung gegen eine Tochtergesellschaft der Inferenten bestehe, fließe das eingezahlte Geld somit an die Inferenten zurück. Diese seien durch den Vorgang ebenso begünstigt worden wie durch Zahlung an sie selbst.437 Dazu reiche – und das ist die Neuerung der Entscheidung – die gemeinsame Beherrschung, solange die beherrschte Gesellschaft „übereinstimmend als Hilfsinstrument zum gemeinsamen Zweck“ verwendet werde.438 Dies sei an folgendem Schaubild verdeutlicht:

Abbildung 17: Sachverhaltsdarstellung BGHZ 166, 8 – Cash-Pool I

Mit dieser Einschätzung hat der BGH seine Rechtsprechung dahin gehend präzisiert, dass die Kapitalaufbringungsregeln nicht umgangen werden können, indem eine unselbstständige Tochter eingesetzt wird. Durch seine Wortwahl („zum gemeinsamen Zweck als Hilfsinstrument einsetzen“), hat der BGH klargemacht, dass es darum geht, eine eigenständige Rechtspersönlichkeit durch deren Beherrschung zum bloßen Instrument zu machen. (f) B  GHZ 170, 47 In der Entscheidung vom 20.11.2006439 äußerte sich der BGH nach der „IBH / Lemmerz“-Entscheidung erstmals wieder zur Zurechnung einer GmbH-Tochter aufseiten des Gesellschafters. Der Gesellschafter einer AG leistete seine Geldeinlage zur Gründung. Wie schon vor der Gründung abgesprochen, erwarb die AG von einer zu 75 % dem Gesellschafter gehörenden GmbH deren komplettes Warenlager. Vergleiche folgende Darstellung: 436  BGH

v. v. 438  BGH v. 439  BGH v. 437  BGH

16.01.2006, 16.01.2006, 16.01.2006, 20.11.2006,

BGHZ BGHZ BGHZ BGHZ

166, 166, 166, 170,

8 (Tz. 12). 8 (Tz. 18). 8 (Tz. 19). 47.

162

2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Abbildung 18: Sachverhaltsdarstellung BGHZ 170, 47

Der BGH hat erneut betont, dass die verdeckte Sacheinlage die Sacheinlagevorschriften durch ein künstliches Aufspalten einer Sacheinbringung in zwei selbstständige Geschäfte umgehe. Für diese Aufspaltung müsse der Gesellschafter durch die Zahlung der AG an die GmbH in gleicher Weise begünstigt werden wie durch eine Zahlung an ihn selbst: Die beherrschende Stellung des Gesellschafters an der GmbH reiche dazu aus.440 Der BGH hat mit dieser Entscheidung einmal mehr die Zurechnungsvoraussetzung von Tochtergesellschaften auf Gesellschafterseite aufgezeigt: die Beherrschung der Gesellschaft. Grundlage der Zurechnung sei weiterhin, dass im Ergebnis nur eine Sacheinlage eingebracht werde. Dazu müsse, weil der Vorgang über zwei Gesellschaften aufgespalten sei, der eingezahlte Geldbetrag an den Gesellschafter zurückfließen. Nur in diesem Fall habe die Gesellschaft den Einlagebetrag vom Gesellschafter nicht erhalten. Daher müsse der Gesellschafter durch die Zahlung (hier die Bezahlung des Warenlagers) „in gleicher Weise begünstigt“ werden. Leider machte der BGH keine Aussage dazu, warum die Zahlung an eine Tochtergesellschaft (insbesondere an eine Tochter-Kapitalgesellschaft) der Zahlung an den Gesellschafter gleich steht. Auch machte der BGH nicht klar, warum gerade die Beherrschung dieser Gesellschaft den Ausschlag gab. Auch die Zahlung an eine zehnprozentige Tochtergesellschaft, beteiligt ihren Gesellschafter am Gewinn – etwa bei einem überbewerteten Verkauf. (g) BGHZ 171, 113 – Flender Das Urteil vom 12.02.2007,441 für das Kapitalaufbringungsrecht die neueste Entscheidung über die Zurechnung verbundener Unternehmen, hat zu einem Wendepunkt in der Drittzurechnung geführt. 440  BGH 441  BGH

v. 20.11.2006, BGHZ 170, 47 (Tz. 15). v. 12.02.2007, BGHZ 171, 113 – Flender.



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters163

Die Konzernstruktur, die der Entscheidung zugrunde lag, war die Folg­ende:

Abbildung 19: Sachverhaltsdarstellung BGHZ 171, 113 – Flender

Die F-GmbH zahlte auf ihre Geldeinlageschuld aufgrund einer Kapitalerhöhung bei der G-GmbH. Der eingelegte Geldbetrag wurde zur Begleichung einer Kaufpreisschuld von der G-GmbH an die L-AG überwiesen. Der BGH hatte nun zu entscheiden, ob die Zahlung der G-GmbH an die L-AG im Zusammenhang mit der Bareinzahlung des Stammkapitalanteils eine verdeckte Sacheinlage darstellte. Er hat im Ergebnis die verdeckte Sacheinlage verneint. Er hat die L-AG nicht der F-GmbH zugerechnet. Der Kaufpreis, den die G-GmbH an die L-AG zahlte, fließe der F-GmbH nicht direkt und auch nicht mittelbar wieder zu. Die F-GmbH werde als Inferentin somit nicht ebenso begünstigt wie durch eine Zahlung an sich. Die gemeinsame Konzernspitze alleine reiche nicht für eine Zurechnung aus.442 Bis dahin ist der BGH seinen Ausführungen treu geblieben. Bemerkenswert sind vielmehr seine Ausführungen zur Konzernmutter. Diese werfen ein anderes Licht auf die Frage, welches der eigentliche Grund für die Zurechnung einer beherrschten Gesellschaft ist. So heißt es im Urteil: Es ändere sich die Zurechnungsfrage auch mit Blick auf die gemeinsame Konzernmutter nicht. Diese sei weder Einlageschuldnerin noch Partner des Austauschvertrages und habe dem Vorstand der L-AG gegenüber „auch keine gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsbefugnisse (vgl. § 76 Abs. 1 AktG)“.443 442  BGH 443  BGH

v. 12.02.2007, BGHZ 171, 113 (Tz. 8 ff.) – Flender. v. 12.02.2007, BGHZ 171, 113 (Tz. 11) – Flender.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Der BGH hätte der gemeinsamen Konzernmutter sowohl die F-GmbH als auch die L-AG zurechnen und somit die verdeckte Sacheinlage annehmen können. Darauf abzustellen, dass diese keine Partnerin des Austauschvertrages sei und auch nicht Einlageschuldnerin, ist banal und für eine Zurechnung von Gesellschaften gerade nicht erforderlich. Interessanter sind die Aussagen zur L-AG. Mit dieser Entscheidung äußerte sich der BGH zum ersten Mal zu einer möglichen Zurechnung einer Tochter-AG. Auch konnte er diese Entscheidung erstmals unabhängig von Treuhandverhältnissen (wie etwa im Fall „IBH / Lemmerz“444) treffen. Der Hinweis auf das Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand bedeutet, dass das Gericht eine Zurechnung nicht bloß von der Beherrschung abhängig macht (denn diese ist bei einer 100 %-Beteiligung gegeben). Vielmehr soll es darauf ankommen, auf einzelne (Finanzierungs-)Entscheidungen direkten Einfluss nehmen zu können. Dies würde eine rechtsformspezifische Differenzierung in der Zurechnung von Tochtergesellschaften bedeuten. Ob der Verweis darauf, dass der Vorstand weisungsunabhängig agiere, tragender Grund der Entscheidung war, darf man bezweifeln.445 Teilweise wird der fehlende Mittelrückfluss an die F-GmbH als der entscheidende Grund angesehen.446 Bormann argwöhnt, ob der BGH eine unzulässige Verwendungsabsprache angenommen hätte, wenn die L eine GmbH gewesen wäre.447 Letztlich meint Bormann, dass aus der Entscheidung des BGH nicht deutlich hervorgehe, ob die fehlende Unternehmensverbindung zwischen der L-AG und der G-GmbH generell die Zurechnung ausschließe, oder dies nur hier – aufgrund nicht näher genannter Umstände – der Fall sei.448 Unabhängig davon, ob man annimmt, dass schon in „Flender“ die Zurechnung von Tochter-Aktiengesellschaften verneint werde, kommt dieser Gedanke in der Rechtsprechung zum ehemaligen Eigenkapitalersatzrecht deutlicher zum Vorschein.449

444  BGH

v. 15.01.1990, BGHZ 110, 47. bezweifelt dies etwa Bormann, GmbHR 2007, 435 (436). 446  Bork, NZG 2007, 375 (376); Rohde, EWiR 2007, 331 f., der auf die Erwägungen des Gerichts hinsichtlich der rechtsformspezifischen Zurechnung gar nicht eingeht; aber auch Kersting, VGR 14 (2008), 101 (107), der zu verallgemeinern scheint, dass Schwestergesellschaften nicht zuzurechnen seien. 447  Unklar bleibt, warum Bormann die rechtsformspezifische Differenzierung nur als Tatbestandsmerkmal der Verwendungsabsprache ansieht. 448  Bormann, GmbHR 2007, 435 (436). 449  Dazu sogleich unter I. 1. a) cc) (2). 445  So



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters

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(h) Z  usammenfassung der Rechtsprechung im Kapitalaufbringungsrecht Ein einheitliches Bild der Zurechnung verbundener Unternehmen liefert die BGH-Rechtsprechung nur auf den zweiten Blick. Über die Jahre hat der BGH in seinen Urteilen verschiedene Schwerpunkte gesetzt. Letztlich betrafen die einzelnen Konstellationen immer Fälle, in denen der Gesellschafter ein gesellschaftsrechtliches Weisungsrecht gegenüber der Tochtergesellschaft hatte (ob als Komplementär, Mehrheitsgesellschafter einer GmbH oder gemeinsam mit einem anderen als GbR-Gesellschafter). Der II. Senat entwickelte sein Zurechnungskriterium von Fall zu Fall. Erst in „Flender“ musste der BGH eine Antwort für eine AG geben. Die Chance, eine klare einheitliche Linie zu finden, ist in „Flender“ noch vertan worden. Dennoch ist eine solche aus der Gesamtheit der Urteile herauszulesen – man muss nur auch auf den Rest des Kapitalschutzes blicken. (2) D  ie Lösung bei der verdeckten Sacheinlage im Lichte der Rechtsprechung zum ehemaligen Eigenkapitalersatzrecht Neben der Rechtsprechung zum Kapitalaufbringungsrecht hat der BGH schon seit den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts eine eigene Linie der Zurechnung dritter Unternehmen im Recht des Eigenkapitalersatzes begründet. Mit den neuesten Urteilen lässt sich aber ein Gleichlauf von Kapitalaufbringungsrecht und Eigenkapitalersatzrecht erkennen. Ein Verständnis für sein neueres Merkmal des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts bietet daher nur der Blick hinüber in das ehemalige Kapitalerhaltungsrecht. Hier wie da wird mit dem Zurechnungskriterium „maßgebliche Beteiligung“ gearbeitet. Auch verweist das Gericht auf Entscheidungen in den jeweils anderen Bereichen. Der Blick in die Entwicklung der Rechtsprechung zum ehemalige Eigenkapitalersatzrecht zeigt damit deutlicher als die Rechtsprechung zur verdeckten Sacheinlage das Zurechnungskriterium des BGH. (a) D  ie Entwicklung der Eigenkapitalersatz-Rechtsprechung – die Entwicklung des Kriteriums der maßgeblichen Beteiligung Dass die maßgebliche Beteiligung ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht voraussetzt, ist noch nicht immer so. Denn der BGH hat die maßgebliche Beteiligung in den neunziger Jahren geschaffen; zunächst hat er sie mit den §§ 15 ff. AktG gleichgesetzt und später dann von Fall zu Fall

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

zu dem gemacht, was sie heute ist. Der Blick auf die Rechtsprechungsentwicklung soll zweierlei zeigen. Zum ersten, dass es sich bei der maßgeblichen Beteiligung um das Kriterium des BGH handelt, dem er immer seine derzeit gängige Zurechnung zuwies; zum zweiten aber auch, dass es sich dabei nicht mehr um ein kapitalersatzrechtliches Kriterium handelt. Denn Schall hat zur Entscheidung aus 2008450 gemeint, der BGH habe versucht, seine Zurechnungsentscheidung aus der spezifischen Legitimation des Eigenkapitalersatzrechtes heraus zu beantworten.451 Träfe das zu, ließe sich die rechtsformspezifische Differenzierung wie auch das Tatbestandsmerkmal des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts weder in die Kapitalaufbringung einpassen noch auf den restlichen Kapitalschutz übertragen: Es läge dann kein einheitliches Zurechnungskriterium vor. Doch dem Argument Schalls lässt sich entgegenhalten: Der BGH verweist selbst in seiner Entscheidung auf „Flender“452 – er könnte nicht auf eine Entscheidung im Kapitalaufbringungsrecht verweisen, wenn sich die Zurechnungsgründe voneinander unterscheiden würden. Dass diese sich gleichen, zeigt die Rechtsprechungsentwicklung. (aa) BGHZ 81, 311 In seiner Entscheidung vom 21.09.1981 äußerte sich der BGH erstmals zur Zurechnung von Drittgesellschaften im Eigenkapitalersatzrecht.

Abbildung 20: Sachverhaltsdarstellung BGHZ 81, 311

Die beklagte Bank beteiligte sich über die A-GmbH – eine zu hundert Prozent beherrschte Tochtergesellschaft – zu fast 95 Prozent an der später 450  BGH

v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07, NZG 2008, 507. ZIP 2010, 205 (208). 452  BGH v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07, NZG 2008, 507 (508), der auf die Fundstelle in NZG 2007, 300 verweist. 451  Schall,



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters167

insolventen M-GmbH. Vor sowie nach dem mittelbaren Erwerb der M-GmbH gewährte die Beklagte dieser umfangreiche Kredite – auch dann, als bei der M-GmbH schon die Voraussetzungen dafür gegeben waren, um von eigenkapitalersetzenden Darlehen sprechen zu können. Der BGH hatte darüber zu befinden, ob das Zwischenschalten der A-GmbH die Anwendung der Eigenkapitalersatzregeln verhindert. Er konstatierte, dass die beklagte Bank den Regeln zur kapitalersetzenden Gesellschafterleistung (analog §§ 30, 31 GmbHG) nicht durch das Zwischenschalten einer 100-Prozent-Tochter entgehen könne.453 Dazu verwies er auf den Regierungsentwurf zu § 32a Abs. 5 GmbHG a. F. Danach sollen „Forderungen eines mit einem Gesellschafter oder mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmens (§§ 15 ff. AktG) für die Behandlung als Eigenkapital den eigenen Forderungen eines Gesellschafters gleichstehen“454. Diese Zurechnungsregel habe, obgleich nicht Gesetzeswortlaut geworden, dennoch im Gesetz Ausdruck gefunden. Unter Berufung auf diese Regeln rechnete der BGH die Bank als herrschendes Unternehmen (§ 17 AktG) der A-GmbH zu und wendete so die Eigenkapitalersatzregeln an.455 (bb) BGHZ 81, 365 Nach der Zurechnungsentscheidung in BGHZ 81, 311, zerrte der BGH nur kurze Zeit später erneut das Merkmal der wirtschaftlichen Einheit hervor. In diesem zur Zurechnung von Familienangehörigen ergangenen Urteil hat der BGH das Kriterium der Zurechnung noch näher ausdifferenziert. So werde aufgrund einer wirtschaftlichen Einheit zugerechnet, da der Dritte dem Gesellschafter dann besonders nahe stehe – was bei verbundenen Unternehmen der Fall sei.456 (cc) BGH v. 22.10.1990 – II ZR 238 / 89 Nachdem teilweise angenommen wurde, der BGH habe in BGHZ 105, 168 seine Rechtsprechung zur Drittzurechnung relativiert,457 stand seine 453  BGH

v. 21.09.1981, BGHZ 81, 311 (315). v. 21.09.1981, BGHZ 81, 311 (315). 455  BGH v. 21.09.1981, BGHZ 81, 311 (316). 456  BGH v. 28.09.1981, BGHZ 81, 365 (368). 457  So K. Schmidt, NJW 1988, 3148; a. A. Schall, ZIP 2010, 205 (206), der in der Urteilsbegründung eine bloße Formulierungsschwäche erkennen will. 454  BGH

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Entscheidung vom 22.10.1990 zweifelsfrei auf der vorherigen Linie:458 Der Zurechnung anhand der §§ 15 ff. AktG. Hinzu kam die Einführung des Merkmals der maßgeblichen Beteiligung, für die das Gericht auf die Entscheidung BGHZ 81, 311 verwies.459 Die maßgebliche Beteiligung scheint hier noch mit den §§ 15 ff. AktG gleichzulaufen. Warum der BGH einen gesetzesfremden Terminus einführt, wurde überdies nicht klar. (dd) BGH v. 21.06.1999 – II ZR 70 / 98 In der Folge hat der BGH das neu geschaffene Tatbestandsmerkmal der maßgeblichen Beteiligung weiterentwickelt. So verweist er für die Zurechnung einer Tochtergesellschaft darauf, dass der Gesellschafter an der kreditgebenden Gesellschaft „maßgeblich beteiligt“ sein müsse. Der BGH definiert dann auch näher, was er unter einer „maßgeblichen Beteiligung“ versteht. So wörtlich: „Für eine maßgebliche Beteiligung an der anderen Gesellschaft in diesem Sinne reicht grundsätzlich eine Mehrheitsbeteiligung aus, auf Grund deren der Gesellschafter beherrschenden Einfluss auf das kreditgebende Unternehmen ausüben, also dessen Geschäftspolitik bestimmen und Weisungen an dessen Geschäftsführer – etwa zur Vergabe des Kredits – durch entsprechenden Gesellschafterbeschluss (§ 46 Nr. 6 GmbHG) durchsetzen kann.“460

Dazu reiche eine Beteiligung von über 50 % in der GmbH. Schall hat gemeint, mit dieser Entscheidung erläutere der BGH nichts anderes als die Regeln der §§ 16, 17 AktG.461 Die Betonung des Einflusses, der gerade durch Weisungen an die Geschäftsführer entstehen kann, deutet dementgegen auf etwas anderes hin. So hat der BGH nicht einfach die abstrakten Regeln der §§ 15 ff. AktG zu Hilfe genommen – wie dies zuvor geschehen war –, sondern er hat ein neues Tatbestandsmerkmal geprägt. Dieses Tatbestandsmerkmal hatte einen von den §§ 15 ff. AktG gesonderten Schwerpunkt – die weisungsmäßige Einflussnahme. Der BGH hat das Merkmal mit Blick darauf angepasst, dass über eine GmbH zu entscheiden war. Trotzdem erklärt das nicht, warum der BGH eine zu den §§ 15 ff. AktG unterschiedliche Terminologie und Schwerpunktsetzung verwendet hat.

458  BGH

v. 22.10.1990 – II ZR 238 / 89, NJW 1991, 1057. v. 22.10.1990 – II ZR 238 / 89, NJW 1991, 1057 (1059). 460  BGH v. 21.06.1999 – II ZR 70 / 98, ZIP 1999, 1314 (1315). 461  Schall, ZIP 2010, 205 (207). 459  BGH



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters169

(ee) BGH v. 27.11.2000 – II ZR 179 / 99 Den Fokus auf die maßgebliche Beteiligung schärft der BGH dann auch mit seinem Urteil vom 27.11.2000.462 Zugerechnet hat er verbundene Unternehmen. Verbunden sei ein Unternehmen mit einem Gesellschafter, wenn dieser an jenem maßgeblich beteiligt sei, „also dessen Geschicke bestimmen und durch Gesellschafterbeschlüsse gemäß § 46 Nr. 6 GmbHG Weisungen an dessen Geschäftsführer – etwa zur Vergabe von Krediten an die Gesellschaft, an der er ebenfalls als Gesellschafter beteiligt ist – durchsetzen kann“.463 Der BGH hat also an der maßgeblichen Beteiligung festgehalten – mit Schwerpunkt auf der weisungsmäßigen Einflussnahme auf Geschäftsführungsorgane. Interessant ist, dass er das gesetzliche Merkmal der verbundenen Unternehmen mit dem von ihm näher ausdifferenzierten Tatbestandsmerkmal der maßgeblichen Beteiligung definiert. Folglich drängt sich die Erkenntnis auf: Die Rechtsprechung hat sich von den §§ 15 ff. AktG entkoppelt. Die aktienrechtlichen Vorschriften §§ 15 ff. AktG enthalten keine Weisungsabhängigkeit – insbesondere mit Blick auf die AG, deren Vorstand Weisungsfrei arbeitet. (ff) BGHZ 165, 106 = ZIP  2006, 279 Der BGH hat in seinem Urteil vom 21.11.2005 gezeigt, dass er seine Zurechnungskriterien für Konstellationen von unten nach oben ebenso auf Zurechnungskonstellationen von oben nach unten anwendet – mit ähnlichen Argumenten.464 So sei auch der Gesellschafter-Gesellschafter (also der mittelbare Gesellschafter) von den Grundsätzen der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen betroffen; zumindest immer dann, wenn er einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschafterin ausüben könne. Dies sei bei qualifizierter Mehrheit der Stimmrechte oder Anteile der Fall.465 Diese Rechtsprechung muss mit denjenigen Urteilen zusammen gelesen werden, die zwar nicht die Zurechnung von Drittgesellschaften, wohl aber die Anwendbarkeit der Eigenkapitalersatzregeln auf Gesellschafter definieren. Der BGH hat für die AG festgelegt: Ein Gesellschafter fällt nur dann 462  BGH

v. 27.11.2000 – II ZR 179 / 99, ZIP 2001, 115. v. 27.11.2000 – II ZR 179 / 99, ZIP 2001, 115. 464  BGH v. 21.11.2005, BGHZ 165, 106 = ZIP 2006, 279. 465  BGH v. 21.11.2005, ZIP 2006, 279 (282) die Passage ist in BGHZ 165, 106 nicht mit abgedruckt. 463  BGH

170

2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

unter die Eigenkapitalersatzregeln, wenn er an der AG „unternehmerisch beteiligt“ ist.466 Für diese unternehmerische Beteiligung bedürfe es eines Mindestmaßes an Einfluss, mindestens jedoch eines gesellschaftsrechtlich fundierten Mitspracherechts in Angelegenheiten der Gesellschaft, bei denen diese einen qualifizierten Hauptversammlungsbeschluss benötige: Die unternehmerische Beteiligung erfordere daher einen Anteilsbesitz von mehr als 25 Prozent.467 Weder Aufsichtsrats- noch Vorstandsmandat reichten für das gesellschaftsrechtlich fundierte Mitspracherecht aus.468 Wenn gerade die unternehmerische Beteiligung gefordert wird, ist Finanzierungsfolgenverantwortung nötig – eine Kategorie aus dem Eigenkapitalersatzrecht. Der BGH hat sie auch für den Gesellschafter-Gesellschafter gefordert.469 Zwar hat der Gerichtshof nicht exakt die gleichen Zurechnungskriterien, die er bei Tochtergesellschaften verwendet hat, auch für Muttergesellschaften verwendet, aber es ist fraglich, ob er wirklich zu anderen Ergebnissen gelangen würde; ob er also eine Muttergesellschaft dann nicht zurechnen würde, wenn die Tochtergesellschaft eine AG wäre. Diese unterschiedliche Herangehensweise ist wohl den Eigenarten des Eigenkapitalersatzrechts geschuldet. Das Kapitalschutzrecht kennt die Finanzierungsfolgenverantwortung nicht. Für das Eigenkapitalersatzrecht sind hingegen bestimmte Beteiligungsquoten notwendig. Dieses Urteil ermöglicht einen vorsichtigen Blick auch auf die anderen Zurechnungskonstellationen und die Aussicht darauf, dass der BGH auch hier seine einheitliche Linie fortsetzt. (b) Maßgebliche  Beteiligung – das gesellschaftsrechtlich fundierte ­Weisungsrecht als Kriterium des BGH im Eigenkapitalersatzrecht Das Zurechnungskriterium des BGH ist seit dem 22.10.1990470 die maßgebliche Beteiligung. Es hat sich in den letzten Entscheidungen zu einem Kriterium gemausert, welches der oben vertretenen gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsbefugnis sehr nahe kommt. Außerdem wird mit der maßgeblichen Beteiligung der Fokus der Zurechnung auf ihren eigentlichen Grund gelegt: die Möglichkeit der Gesellschafter, ihre Interessen in der Tochtergesellschaft durchzusetzen. Der BGH hat dieses Kriterium für das ehemalige Eigenkapitalersatzrecht in zwei neueren Entscheidungen geprägt. 466  BGH

v. v. 468  BGH v. 469  BGH v. 470  BGH v. 467  BGH

09.05.2005 09.05.2005 09.05.2005 09.05.2005 22.10.1990

– – – – –

II II II II II

ZR ZR ZR ZR ZR

66 / 03, ZIP 2005, 1316 (1317). 66 / 03, ZIP 2005, 1316 (1317). 66 / 03, ZIP 2005, 1316 (1317). 66 / 03, ZIP 2005, 1316 (1317). 238 / 89, NJW 1991, 1057.



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters171

(aa) BGH v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07 Der BGH hatte zu beurteilen, ob die Klägerin Normadressatin des § 32a GmbHG a. F. sei, sie also einer Gesellschafterin der Schuldnerin gleich stehe. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:471

Abbildung 21: Sachverhaltsdarstellung BGH v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07

Die Klägerin, eine Tochter der zur Deutsche Bank AG verschmolzenen D-AG und G-AG, gewährte der F-GmbH, einer Enkelin derselben Konzernmutter, mehrere Darlehen. Die Klägerin machte Forderungen aus diesen Darlehen geltend, welche die F-GmbH als eigenkapitalersetzend betrachtete und demnach die Rückzahlung verweigerte. Der BGH hatte zu beurteilen, ob die Klägerin der A-AG derart zuzurechnen sei, dass die Darlehensforderung nach § 32a GmbHG a. F. eigen-kapital­ ersetzend sei. Dies lag nahe, da sich D-AG und G-AG zur D-Bank-AG (Deutsche Bank472) als gemeinsamer Mutter verbunden hatten. Immerhin war die D-Bank-AG an der Klägerin zu 86 Prozent beteiligt. Der BGH entschied, dass für eine Zurechnung, bei wirtschaftlicher Betrachtung, die Klägerin der A-AG gleichstehen müsste. Das könne insbesondere bei Gesellschaften vorliegen, die mit dem Gesellschafter horizontal oder vertikal verbunden seien – gerade dann, wenn ein Gesellschafter (hier die Konzernmutter D-Bank-AG) an beiden Gesellschaften maßgeblich betei471  BGH

472  Name

v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07, NZG 2008, 507 (508). der Bank entnommen aus Schall, ZIP 2010, 205 (207).

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

ligt sei. Diese maßgebliche Beteiligung liege vor, wenn der Gesellschafter auf Entscheidungen des Kredit gebenden Unternehmens einen bestimmenden Einfluss ausüben könne, insbesondere dem Geschäftsführungsorgan durch Gesellschafterbeschlüsse gemäß § 46 Nr. 6 GmbHG entsprechende Weisungen erteilen könne.473 Diese maßgebliche Beteiligung habe, so das Gericht, bei der Konzernmutter nicht vorgelegen. Sie sei rechtlich nicht in der Lage, „entscheidenden Einfluss auf die Geschäftspolitik der Klägerin zu nehmen und darüber zu bestimmen, ob der Schuldnerin die Finanzierungshilfe belassen oder diese abgezogen werden sollte“.474 Der BGH führte als Begründung näher zur Zurechnung der Klägerin (offensichtlich einer Aktiengesellschaft) aus: „Dass der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft den Vorstand bestellt und abberuft (§ 84 AktG) und seine Geschäftsführung zu überwachen hat (§ 111 AktG), verschaffte der D-Bank-AG keine – dem Musterfall der GmbH entsprechenden – gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsbefugnisse gegenüber dem Vorstand der Klägerin“.475

Diese Aussage für eine Zurechnung von unten nach oben darf nicht unterschätzt werden. Der BGH stellt darauf ab, dass für eine Zurechnung ein bestimmtes gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand des Tochterunternehmens bestehen muss. Faktisch bedeutet dies: Aktiengesellschaften, außerhalb eines Vertrags- oder Eingliederungskonzerns, können nicht als Tochtergesellschaften zugerechnet werden.476 Die Entscheidung hat angesichts der massiven Änderung, die sie für eine Zurechnung mit sich bringen könnte, nur recht verhaltene Beachtung gefunden.477 Teilweise fand die Entscheidung uneingeschränkt Zustimmung.478 Es wurde namentlich die Unterscheidung von faktischem Einfluss und gesellschaftsrechtlich fundierter Weisungsmöglichkeit gelobt: sie schaffe Klarheit; dem Rechtsanwender und den Gerichten erleichtere dies die Feststellung einer Einflussnahme deutlich.479 Die Entscheidung ist aber auch auf Ableh473  BGH v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07, NZG 2008, 507 (Tz. 10), mit Verweisung auf die ständige Rechtsprechung BGH v. 28.02.2005 – II ZR 103 / 02, NZG 2005, 395; BGH v. 21.06.1999 – II ZR 70 / 98, NJW 1999, 2822 = ZIP 1999, 1314; BGH v. 27.11.2000 – II ZR 179 / 99, NZG 2001, 223 = ZIP 2001, 115. 474  BGH v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07, NZG 2008, 507 (Tz. 13). 475  BGH v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07, NZG 2008, 507 (Tz. 13). 476  Diese Konsequenz wird oben erklärt vgl. III. 3. b). 477  Das verwundert: denn eine rechtsformspezifische Differenzierung in der Zurechnung wurde bislang nicht vertreten. 478  Habersack, ZIP 2008, 2385 (2390); Gehle, DB 2010, 1051. 479  Gehle, DB 2010, 1051 (1052).



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters173

nung gestoßen.480 So wunderte man sich insbesondere, warum ein von einer Tochter-Aktiengesellschaft geleistetes Darlehen nicht ebenso wirtschaftlich als eigenkapitalersetzendes zu betrachten sei – es gebe keinen allgemeinen Rechtssatz, der dies verhindere. Daher rechtfertige sich das Tatbestandsmerkmal der gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsbefugnis nicht.481 Das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht hat mit der Entscheidung „Dritter Börsengang“ auch Einzug in das Kapitalerhaltungsrecht gefunden.482 Damit wird es offenbar auch für den BGH zu einer grundlegenden Zurechnungsvoraussetzung. (bb) BGH v. 28.02.2012 – II ZR 115 / 11 Im aktuellsten Urteil zur Zurechnung von dritten Gesellschaften hat der BGH seine Zurechnung aufgrund von „maßgeblicher Beteiligung“ konturiert. Er lenkt den Blick hin zum entscheidenden Zurechnungsgrund: Einfluss auf die Willensbildung der Tochtergesellschaft. Darin hatte er über folgenden Fall zu entscheiden:483

Abbildung 22: Sachverhaltsdarstellung BGH v. 28.02.2012 – II ZR 115 / 11

Die später insolvente F-GmbH hatte von der beklagten GmbH Darlehen erhalten. Dieses hatte die F-GmbH trotz Überschuldung an die Beklagte zurückgezahlt. Die Insolvenzverwalterin der F-GmbH forderte nun analog § 31 Abs. 1 GmbHG a. F. die geleisteten Zahlungen unter dem Gesichtspunkt eines eigenkapitalersetzenden Darlehens zurück. Gesellschafter beider Gesellschaften war W. B., der an der F-GmbH zu 100  % und an ihrer 480  Blöse, GmbHR 2008, 759 (761); ders., DB 2010, 1053; Schall, ZIP 2010, 205 (209), der sich gegen die Übertragbarkeit auf das neue Recht der Gesellschafterdarlehen wendet. 481  Blöse, DB 2010, 1053 (1055). 482  BGH v. 31.05.2011, BGHZ 190, 7 (Tz. 42), siehe dazu auch die Analyse des Urteils unten im Zweiten Kapitel unter I. 1. b) aa) (3) (d) (bb). 483  BGH v. 28.02.2012 – II ZR 115 / 11, DStR 2012, 915.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Schwester zu 50  % beteiligt war. Gleichzeitig war er der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der später beklagten GmbH. Deren Ge­ sellschaftsvertrag sah vor, dass Gesellschafterbeschlüsse nur mit Mehrheit zustande kommen können – was für W. B. ein faktisches Vetorecht be­ deutete. Zunächst hat der BGH sein Kriterium der maßgeblichen Beteiligung bekräftigt, indem er feststellte, dass diese auch im Falle einer „nur“ 50-Prozent Beteiligung vorliegen könne, wenn der Gesellschafter gleichzeitig alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer sei.484 Als Grund für diese Zurechnung hat er den „bestimmenden Einfluss“ des Gesellschafters genannt. „Als alleiniger Geschäftsführer der Bekl. kann er deren Geschäfte nach seinen Vorstellungen führen, insbesondere über den Abzug der Hilfeleistung entscheiden und gegenteilige Weisungen der Gesellschafterversammlung durch seine Sperrminorität verhindern. Sein bestimmender Einfluss auf den Abzug der Kredithilfe ist in gleicher Weise gegeben, wie wenn er aufgrund seiner Stimmmacht den Geschäftsführer entsprechend anweisen könnte“.485

Mit dieser Entscheidung hat sich der BGH nicht von seinem Zurechnungskriterium des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts entfernt, er betont vielmehr zweierlei: Zum einen stellt er stärker auf den eigentlichen Grund der Zurechnung ab – den Einfluss auf die Willensbildung –, zum anderen behandelt er auch den Fall der personalen Verschränkung. Keller hat dazu gemeint, der BGH „mache nun allen klar“, dass es für die Zurechnung letztlich nicht auf die Mehrheitsbeteiligung ankomme, sondern auf die ungehinderte Geschäftsführung.486 Damit legt Keller den letztlich auch vom BGH genannten Zurechnungsgrund frei. Wie auch im Urteil v.  05.05.2008 zeigt der BGH auf, was für eine Identifikation mit dem Gesellschafter nötig ist: nämlich ein Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft, der gesellschaftsrechtlich derart abgesichert ist, dass auf einzelne Entscheidungen direkt Einfluss genommen werden kann. Dies deckt sich auch mit dem oben vertretenen Zurechnungskonzept, ebenso wie die personelle Verschränkung in den Leitungsorganen – sie ist einer der Sonderfälle der Zurechnung. Sie lässt sich nicht über das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht lösen, basiert aber auf dem gleichen Grundgedanken.

484  BGH

v. 28.02.2012 – II ZR 115 / 11, DStR 2012, 915 (Tz. 19). v. 28.02.2012 – II ZR 115 / 11, DStR 2012, 915 (Tz. 20). 486  Keller, EWiR 2012, 417 (418). 485  BGH



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters

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(c) Z  usammenfassung der Rechtsprechung zum Eigenkapitalersatzrecht Die Rechtsprechung zur Zurechnung dritter Gesellschaften im Eigenkapitalersatzrecht hat eine Entwicklung durchlaufen: von einer klaren Zurechnung gemäß §§ 15 ff. AktG hin zur maßgeblichen Beteiligung, die letztlich ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht voraussetzt. Bis zur Entscheidung im Jahre 2008 musste der BGH keine Aussage zur Zurechnung einer AG treffen. Es erscheint hingegen nur konsequent, dass er eine AG wegen der Weisungsunabhängigkeit des Vorstandes nicht zurechnet. Die Gründe für die Zurechnung von unten nach oben auf Gesellschafterseite im Eigenkapitalersatzrecht sind vergleichbar mit denen, die im Kapitalaufbringungsrecht herangezogen werden: Hier wie da gründet die Zurechnung nach Ansicht des BGH auf der Beherrschung der Tochtergesellschaft. Auch in der Kapitalaufbringung war bis „Flender“ kein weisungsunabhängiger Vorstand einer AG Gegenstand der Zurechnungsentscheidungen. Der BGH musste sich daher auch nicht zur Unterscheidung von Beherrschung und Weisungsabhängigkeit äußern.487 Somit lässt sich feststellen: Der BGH verlangt sowohl im Eigenkapitalersatzrecht wie auch im Kapitalaufbringungsrecht (insbesondere durch die Verweisung der Entscheidung vom 05.05.2008 auf „Flender“488) für die Zurechnung von unten nach oben auf Gesellschafterseite die gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsbefugnis gegenüber dem Geschäftsführungsorgan. (d) E  xkurs: Insolvenzanfechtung – ändert der IX. Senat die Zurechnungskriterien? In seinem Urteil vom 21.02.2013489 entschied der IX. Senat des BGH eine Zurechnungskonstellation von oben nach unten auf Gesellschafterseite. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

487  Für die Entscheidung „IBH / Lemmerz“ konnte sich der BGH schließlich auf den Treuhandvertrag versteifen, ohne etwas zur AG sagen zu müssen. 488  BGH v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07, NZG 2008, 507 (Tz. 13), wo auf die Fundstelle in NZG 2007, 300 verwiesen wird. 489  BGH v. 21.02.2013 – IX ZR 32 / 12, BB 2013, 1103.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Abbildung 23: Sachverhalt BGH v. 21.02.2013 – IX ZR 32 / 12

Der Kläger – Verwalter des Vermögens der E-KG – forderte von der Beklagten AG einen Betrag von 528.500 EUR gemäß §§ 135, 39 InsO. Die Beklagte war über ihre einhundertprozentige Tochter, die U-GmbH, an der E-KG beteiligt. Ihre Tochter, die U-GmbH war wiederum alleinige Kommanditistin der E-KG. Die E-KG, deren einzige Komplementärin eine GmbH war, schloss mit der Beklagten einen Darlehensvertrag. Den Darlehensbetrag inklusive Zinsen führte die E-KG kurz vor ihrer Insolvenz an die C ab, der die Beklagte zuvor den Anspruch aus dem Darlehensvertrag abgetreten hatte. Der IX Senat entschied, dass auch in dem neuen Recht der Anfechtung von Gesellschafterdarlehens-Rückzahlungen, eine Ausdehnung auf mittelbare Gesellschafter wie zu Zeiten der Finanzierungsfolgenverantwortung gerechtfertigt sei.490 Er nannte als Zurechnungskriterien: die Gleichstellung mit dem Gesellschafter bei wirtschaftlicher Betrachtung – also diejenigen Gesellschafter-Gesellschafter, die „aufgrund einer qualifizierten Anteilsmehrheit einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschafterin ausüben“491 könnten. Dies war hier mit der Beklagten der Fall, so dass auch die Abtretung an C nicht die Anwendung des § 135 InsO verhindern konnte. Aus dieser Entscheidung lässt sich nicht ablesen, ob auch der IX. Senat das Kriterium der maßgeblichen Beteiligung des II. Senats übernimmt. Bei einer solchen Zurechnungskonstellation hätte auch die Rechtsprechung vor der Ausprägung des Kriteriums über ein gesellschaftsrechtliches Weisungsrecht eine Zurechnung angenommen. Die Entwicklung abseits des Kapitalerhaltungsrechts bleibt zu beobachten. 490  BGH 491  BGH

v. 21.02.2013 – IX ZR 32 / 12, BB 2013, 1103 (Tz. 21). v. 21.02.2013 – IX ZR 32 / 12, BB 2013, 1103 (Tz. 21).



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(3) V  erhältnis der hier vertretenen Ansicht zur Rechtsprechung Nach der Rechtsprechungsanalyse bleibt die Frage: Was macht denn der BGH anders als die hier vertretene Lösung? Die Lösung des BGH unterscheidet sich von der hier vertretene Lösung in dreierlei Hinsicht. Zum Ersten ist der BGH noch weit davon entfernt, für den gesamten Kapitalschutz ein ähnlich einheitliches Kriterium zu vertreten. Vielmehr zeigt die Historie seiner Entscheidungen, dass er seine Zurechnungskriterien immer soweit anpasste, wie dies für die zu entscheidenden Fälle notwendig war. Mit dem gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrecht beschreitet er jetzt den richtigen Weg, er hat dies jedoch noch nicht zu einem ähnlich allgemeinen Kriterium herangezüchtet, wie es hier vertreten wird. Insbesondere ist unklar, ob er auch in allen Zurechnungsfällen (also von oben nach unten usw. ebenso entscheiden würde und was dies letztlich genau bedeuten würde). Zum Zweiten bringt die konsequente Anwendung der einheitlichen Zurechnungslösung häufig eine andere methodische Vorgehensweise mit, als der BGH sie verwendet. Zum Dritten führt der einheitliche Grund der Zurechnung zusammen mit methodischen Unterschieden dann zu vielen Abweichungen im Detail. dd) Veranlassung und gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht als Auslegung des Tatbestandes Wie schon erwähnt, beantwortet der BGH nicht die Frage, warum er das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht als Zurechnungskriterium annimmt. Auch wird nicht klar, ob es sich dabei um ein Kriterium für den gesamten Kapitalschutz handeln soll. Mit der hier vertretenen einheitlichen Lösung soll auf beides eine Antwort gefunden werden. Gefunden werden können diese Antworten in den Problemen, die die Tatbestande der §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG mitbringen. Es wurde schon erwähnt, dass es für die Zurechnung von verbundenen Unternehmen zweierlei bedarf:492 einerseits der wirtschaftlichen Zuordnung des Vorteils zum Vermögen der M – Hauptargument der Literatur; anderseits der rechtlichen Zuordnung des Geschäftes zwischen T1 und T2 zu M. Insbesondere auf den zweiten Punkt ist zu fokussieren: es muss gute rechtliche Gründe geben, das Geschäft zwischen T1 und T2 als eines der M zu behandeln, andernfalls weist das Trennungsprinzip es der T2 zu. Ein Vermögenszuwachs bei M ist über deren Beteiligung (an T2) leicht festzustel492  Vgl.

oben Zweites Kapitel, I. 1. a) aa).

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

len. Hingegen fragt sich, unter welchen Kriterien und warum ein Geschäft der T2 als eines von M gewertet werden sollte. Im Folgenden soll auf diese Frage mit der hier vertretenen einheitlichen Zurechnungslösung geantwortet werden. Viele der Ergebnisse werden von Rechtsprechung und Literatur gedeckt – der zentrale Unterschied ist aber, dass die hier vertretene Lösung aus der einheitlichen, für alle Kapitalschutzbereiche geltenden Lösung hergeleitet wird. Sie soll anerkannte Lösungen widerspiegeln und lediglich eine saubere, fundierte Lösung bieten, die alle Unklarheiten ausräumt, die bislang auch mit den gängigen Meinungen bestehen. Die Analyse der Rechtsprechung hat gezeigt: Der BGH rechnet heute mit einem Kriterium ähnlich dem gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrecht zu – und das im gesamten Kapitalschutzrecht (ob er es allerdings auch mit der hier vertretenen Konsequenz anwendet, darf angesichts von Urteilen wie „Flender“493 bezweifelt werden). Auch Müller-Eising verwendet letztlich ein Kriterium, welches dem sehr nahe kommt. Er bezeichnet es zwar nicht als gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht, seine Lösung dürfte aber ebendies mitbringen, wenn man sie konsequenter fortführt. Auch sonst zeigt sich, dass die Ergebnisse, die aus der Zurechnung aufgrund des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts folgen, vielfach mit der Literatur übereinstimmen (mit der großen Ausnahme der Zurechnung einer AG). Mit einer Antwort warum eine solche Zurechnung die richtige sei, warten all diese Lösungen nicht auf. Klar ist nicht, warum gerade dieser und kein anderer Einfluss zur Ausdehnung der Kapitalschutzvorschriften führt. (1) Veranlassung Selbst wenn man das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht annimmt und in einem ersten Blick auf das ‚Warum?‘ verzichtet, löst dies die Zurechnungsfrage nicht allumfassend. Dann würden alle Fälle ausgespart in denen zwar kein Weisungsrecht besteht, trotzdem aber Einfluss tatsächlich ausgeübt wurde. Es bedarf daher auch einer Zurechnung aufgrund einer Veranlassung.494 Nur so wird die Umgehungsverhinderung komplettiert. Systematisch als erstes sollte der Blick auf der Veranlassung ruhen, denn wo tatsächlich Einfluss genommen wurde, muss nicht auf ein objektives 493  BGHZ

171, 113 – Flender. Dualität von Zurechnung aufgrund von ausgeübtem Einfluss (Veranlassung) und der Möglichkeit Einfluss auszuüben (gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht) siehe insbesondere oben Erstes Kapitel, III. 3. 494  Zur



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Kriterium verwiesen werden.495 Das Veranlassungskriterium klingt in der Literatur ebenfalls an.496 Veranlasst M die T1 dazu, mit T2 einen Vertrag abzuschließen, der im zeitlich-sachlichen Zusammenhang mit der Einzahlung bei T1 steht, markiert sie damit die Zugehörigkeit des Vertrages und der Vermögensverschiebung zu sich. Durch das Veranlassen zieht M das Drittgeschäft an sich und unterliegt daher auch den Sacheinlagebestimmungen. Dies ergibt sich aus folgender Überlegung: Es kann nicht darauf ankommen, ob T1 zunächst mit M kontrahiert und M die Leistung an T2 weiterleitet, oder ob mit der Leistung von T1 an T2 dieser Weg abgekürzt wird.497 Ob die T2 mit M verbunden ist, spielt auf dieser Ebene keine Rolle. Dass die Geldeinlage nicht unmittelbar an den Gesellschafter zurückfließt, ist ebenfalls unerheblich; M macht sich die Leistung der T1 durch die Veranlassung zu eigen. Sie wird durch die Zahlung an T2 ebenso begünstigt wie von einer Zahlung an sich selbst. Schließlich will sie die Zahlung an T2 und erspart sich selbst eine solche. M wird somit in Höhe der ersparten Aufwendungen begünstigt. Darüber hinaus ist nicht erforderlich, dass zwischen M und T2 schuldrechtliche Beziehungen bestehen, die M am Rückfluss direkt beteiligen. Denn: durch die normative Zuordnung der Leistung zu M ist der Vorteil M schon voll zugeflossen, eine „erneute“ Nutzung des Vorteils ist nicht nötig. Ob M etwa der T2 den Vorteil „schenkt“, ist unerheblich. Außerdem würde es der T1 große Schwierigkeiten bereiten, schuldrechtliche Beziehungen zwischen M und T2 nachzuweisen.498 Methodisch handelt es sich um eine Auslegung der §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG. Mit der Veranlassung offenbart sich, dass die Transaktion zwischen T1 und T2 dem Vermögen der M zuzuordnen ist.

495  Für diese Zurechnungskonstellation ist das Verhältnis von Veranlassung und gesellschaftsrechtlich fundiertem Weisungsrecht noch egal; weder unterscheiden sie sich methodisch, noch kommt es zu Unterschieden in den Rechtsfolgen. Dies wird jedoch in den später zu behandelnden Zurechnungskonstellationen anders, so dass die Kriterien insgesamt kaskadenartig geprüft werden sollten. 496  In der Literatur wird teilweise auch von Zahlung auf Geheiß gesprochen vgl. Pentz, in: MünchKomm AktG, § 27 Rn. 125; Heidinger / Benz, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 27  Rn. 164; Ulmer, in: Ulmer / Habersack / Winter (Hrsg.), GmbHG, § 5 Rn. 176. 497  Pentz, in: MünchKomm AktG, § 27 Rn. 125. 498  Die Informationen über die schuldrechtlichen Verbindungen zwischen Gesellschafter und Dritten sind in der Regel nur diesen bekannt.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

(2) Gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht Erst in einem zweiten Schritt kommt das objektive Zurechnungskriterium zum Tragen. Nur wenn tatsächlicher Einfluss des Gesellschafters auf die Gesellschaft nicht zu beweisen ist – oder dieser nicht vorliegt. Dieses objektive Zurechnungskriterium – ebenfalls ein Fall von Auslegung – ist das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht. Es wurde im ersten Kapital schon abstrakt hergeleitet und erklärt. Nun soll sich zeigen, wie es sich für die konkrete Zurechnungssituation bei der verdeckten Sacheinlage verhält: Hat M ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführungsorganen der T2, fällt auch die Transaktion zwischen T1 und T2 unter die Vorschriften der verdeckten Sacheinlage. Erklären lässt sich dies mit der Einflussmöglichkeit der M gegenüber T2. M kann derart auf T2 einwirken, dass sie nicht nur die Transaktion mit T1 beeinflussen kann, sie kann auch den aus dem Geschäft (etwa durch eine Überbewertung des verkauften Gutes) gezogenen Vorteil vollumfänglich nutzen; das gilt natürlich vorbehaltlich allgemeiner Schutzbestimmungen wie der deliktischen Haftung aus § 823 BGB und der gesellschafterlichen Treuepflicht.499 Gerade weil M ihre Interessen bei der Tochter T2 praktisch voll durchsetzen kann, fehlt deren Eigenständigkeit. Diese markiert aber die Grenze der Kapitalschutznormen. Anders als die Literatur annimmt, kommt es nicht vornehmlich darauf an, dass M auf das Vermögen der T2 wie auf eigenes Einfluss nehmen kann. Vielmehr sollte man darauf abstellen, dass die Macht gegenüber T2 erst eine Umgehung der Sacheinlagevorschriften durch M ermöglicht. Um dieses „durch M“ zu verstehen, besinne man sich nur auf den Zweck der verdeckten Sacheinlage: die Glaubwürdigkeit des Nominalkapitalbetrages. Nur wenn M selbst die Möglichkeit hat, die Sacheinlagevorschriften der T1 zu umgehen, verliert der Markt sein Vertrauen in den Nominalkapitalbetrag. Dafür muss das Umgehungsgeschäft auch als eines der M erscheinen – und nicht bloß durch Mithilfe der T2 zustande kommen. Dazu kommt, dass es sich beim gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrecht um ein objektives Kriterium handelt, das unabhängig von der Motivationslage der Gesellschaften immer zu einer Zurechnung führt. Daher muss der Einfluss der M gegenüber T2 derart intensiv sein, dass sie jederzeit jedes Geschäft steuern könnte. Dafür benötigt M aber ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht. 499  Vgl.

dazu oben Erstes Kapitel, III. 3. b) ff) (2).



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters181

(3) D  ie Frage nach dem ‚Warum?‘ Die hier vertretene zweistufige Lösung zeigt auf, worum es bei der Zurechnung eigentlich geht: zum einen um eine Zuordnung des Vermögensvorteils (Veranlassung) und zum anderen um die Frage, wie weit die Eigenständigkeit der T2 noch anzunehmen ist. Der Blick auf die beiden Voraussetzungen beantwortet die Frage nach dem ‚Warum?‘ der Zurechnung. Die Veranlassung deckt diejenigen Fälle ab, in denen ein Blick auf das Vermögen des Gesellschafters alleine zu eng wäre. Das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht hingegen zeigt die Schwelle des Einflusses an, in der die Glaubwürdigkeit der Risikozusage des Gesellschafters noch in Gefahr ist.500 Nur wenn M ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht gegenüber T2 hat, handelt es sich für Zwecke der verdeckten Sacheinlage beim Geschäft zwischen T2 und T1 um eines der M. Denn nur diese Möglichkeit der Einflussnahme muss ein objektives Kriterium verhindern um dem Nominalkapital noch seine Glaubwürdigkeit zu garantieren. Bei einer solchen Einflussmöglichkeit versagt das Trennungsprinzip. ee) Offene Sacheinlage – Wie kontrahiert man im Drei-Personen-Verhältnis kapitalschutzneutral Die Vorschriften der verdeckten Sacheinlage enthalten Verbote. Verboten sein kann die verdeckte Sacheinlage aber nur, wenn die offene Sacheinlage möglich ist.501 Denn eine Umgehung der Sacheinlagevorschriften kann nur dann angenommen werden, wenn die Sacheinlagevorschriften für den be­ treffenden Fall überhaupt gelten.502 Ohne Regel kann es keine Umgehung ­geben.503 500  Gerade die Glaubwürdigkeit des Nominalkapitals zu schützen ist die Antwort auf die Frage nach dem ‚Warum?‘ der Zurechnung. Dazu sei der Leser auf die Ausführungen im Ersten Kapitel, III. 3. b) verwiesen. 501  Mayer, NJW 1990, 2593 (2598); Henze, ZHR 154 (1990), 105 (112). 502  Als Ausnahme ist nur die UG zu nennen. Für diese sind Sacheinlagen nicht zulässig (§ 5a Abs. 2 Satz 2 GmbHG). Nun könnte man behaupten, wenn Sacheinlagen nicht möglich sein, wäre auch der § 19 Abs. 4 GmbHG nicht anwendbar. Nein, vielmehr heißt das gerade verdeckt Sacheinlagen einzulegen ist erst Recht für die UG verboten. Der § 19 Abs. 4 GmbHG ist also dennoch anwendbar, jedoch ohne die Anrechnungslösung, denn es herrscht Streit darüber, ob sie auch für die UG gelten soll. Teilweise wird argumentiert, bei dem Ausschluss der Sacheinlagen hätte es sich nur um eine Vereinfachung gehandelt, so dass nicht einzusehen sei, warum die ­positiven Rechtsfolgen nicht auch auf die UG anwendbar sein sollten, Bayer, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 69; Lutter, in: Lutter / Hommelhoff

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Für Konstellationen unter Beteiligung verbundener Unternehmen stellt sich die Frage, wie eine offene Sacheinlage durchzuführen ist. Einige meinen, sie sei nicht möglich, so dass die Vorschriften der verdeckten Sacheinlage nicht auf Drittkonstellationen ausgedehnt werden könnten.504 Die Sacheinlagevorschriften können aber – und müssen auch – auf bestimmte Verhältnisse mit verbundenen Unternehmen angewendet werden. 503

(1) D  ie offene Sacheinlage „über Eck“ ist nicht nötig Beteiligt man Tochtergesellschaften des Gesellschafters an potenziell kapitalschutzrelevanten Geschäften, so ist die offensichtlichste Variante der offenen Sacheinlage folgende:

Abbildung 24: Offene Sacheinlage „über Eck“

T2 überträgt das einzulegende Wirtschaftsgut an M. M wiederum bringt es offen bei Gründung oder Kapitalerhöhung der T1 ein (die sog. Übertragung „über Eck“). Diesem Vorgehen können aber gute Gründe entgegenstehen, genauso wie es gute Gründe geben kann, gerade das Geschäft direkt zwischen den Töchtern durchzuführen.505 Zu nennen sind betriebswirtschaftliche Erwägungen, (Hrsg.), GmbHG, § 5a Rn. 13; Rieder, in: MünchKomm GmbHG, § 5a Rn. 23; Roth, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 5a Rn. 21; a. A. und eine Anrechnung ablehnend: Miras, in: Michalski GmbHG, § 5a Rn. 39; gänzlich die Anwendung der Regeln der verdeckten Sacheinlage ablehnend: Bormann, GmbHR 2007, 897 (901); Freitag / Riemenschneider, ZIP 2007, 1485 (1486); Joost ZIP 2007, 2242 (2244); Schäfer, in: Henssler / Strohn (Hrsg.), GesR, § 5a GmbHG Rn. 19. 503  Maier-Reimer, in: FS Nirk, S. 639 (645), der freilich von einer Zurechnungskonstellation aufseiten der Gesellschaft ausgeht und die Anwendung der verdeckten Sacheinlage in Zweifel zieht; so auch Joost, ZIP 2007, 2242 (2244), der dies im Zuge der UG äußert. 504  Maier-Reimer, in: FS Nirk, S. 639 (645); so i. E. auch Henze, ZHR 154 (1990), 105 (110) der von „objektiven Umgehungsmerkmalen“ spricht, letztlich aber Gleiches meint; Mayer, NJW 1990, 2593 (2598). 505  Lutter, in: FS Stiefel, S. 505 (521).



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters183

steuerrechtliche Vorteile506 und der schiere Aufwand, der entstehen kann, wenn es sich bei dem einzulegenden „Gut“ etwa um ein Unternehmen handelt,507 dass dann über zwei Personen hinweg übertragen wird.508 Die Gesellschaften zu zwingen, „über Eck“ zu übertragen, würde die Unsicherheiten im Umgang mit der verdeckten Sacheinlage erhöhen und wirtschaftlich sinnvolle Verschiebungen verhindern. Außerdem ginge eine solche offene Übertragung ums Eck auch über die Schutzzwecke der Sacheinlagevorschriften hinaus,509 denn letztlich geht es nur darum, die Umgehung der Sacheinlagevorschriften zu verhindern. Man sollte nicht das Merkmal Sacheinlage in seiner Bedeutung überhöhen. Solange sichergestellt ist, dass der Markt den Glauben an die Risikozusage nicht verliert, können auch Vermögensverschiebungen zwischen verbundenen Unternehmen ohne Probleme zugelassen werden. Daher muss – erkennbar für den Markt – lediglich die Glaubwürdigkeit der Risikozusage gewährleistet sein. Im Zwei-Personen-Verhältnis passiert dies durch die Sacheinlagevorschriften. Im Drei-Personen-Verhältnis hingegen ist nicht zu fordern, dass der Sacheinlagegegenstand „über Eck“ übertragen wird. Für eine offene Sacheinlage genügt es vielmehr, wie Lutter vorgeschlagen hat, die Sacheinlagevorschriften510 analog anzuwenden.511 Es reicht also die Bewertung des Vermögensgegenstandes und die Offenlegung des Vorgangs zwischen T1, T2 und M – zusammen mit den gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen. Nur wenn die analog anzuwendenden Sacheinlagevorschriften nicht eingehalten werden, führt dies zur Anwendung der §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG. 506  So etwa bei Grundstücken, um die Grunderwerbssteuer nicht zweimal bezahlen zu müssen. 507  So etwa der Aufwand der mit den Arbeitsverträgen (§ 613a BGB) verbunden ist. Aber auch an kartellrechtliche Vorbehalte ist zu denken. 508  Maier-Reimer, in: FS Nirk, S. 639 (644). 509  In anderem Zusammenhang hat der BGH entschieden, dass kein Zwang zu einer Sacheinlage bestehe, wenn ebenso eine Geldeinlage möglich sei. Eine solche Pflicht folge auch nicht aus dem Konzernzusammenhang BGHZ v. 12.02.2007, BGHZ 171, 113 (Tz. 13). 510  Also all jene Vorschriften, die der präventiven Werthaltigkeitskontrolle und Offenlegung der Sacheinlage dienen: §§ 5 Abs. 4, 7 Abs. 3, 9, 9c Abs. 1 Satz 2, 19 Abs. 2 Satz 3, Abs. 4, 56 ff. GmbHG, §§ 27 Abs. 1, 32 Abs. 2, 33 Abs. 2 Nr. 4, 34 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2, 36a Abs. 2, 38 Abs. 2 Satz 2, 52 f., 183 AktG. 511  Lutter, in: FS Stiefel, S. 505 (521); zweifelnd: H. P.  Westermann, ZHR 172 (2008), 144 (153 f.), der zu bedenken gibt, dass die Ausdehnung der verdeckten Sacheinlage nur soweit gehen kann, wie die dann anzuwendenden Sacheinlagevorschriften noch sachgerecht bleiben.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Müller-Eising weist zudem darauf hin, dass es nicht auf eine Sacheinlage, sondern vielmehr auf die Sacheinlagefähigkeit des Gegenstandes ankomme.512 Bei der UG ist eine solche analoge Anwendung wegen des klaren Sacheinlageverbotes in § 5a Abs. 2 Satz 2 GmbHG nicht zulässig. (2) Durchführung der offenen Sacheinlage Aus dem gerade gewonnenen Ergebnis folgt die nächste Frage: Wer muss den Vorgang offenlegen und wer das Wirtschaftsgut bewerten lassen? Lutter will richtigerweise der Gesellschaft (T1) die Pflichten aufbürden.513 Er behandelt zwar eine Zurechnungskonstellation aufseiten der Gesellschaft, deren Lösung muss hingegen auch für Zurechnungsfälle auf Gesellschafterseite gelten. Danach hat immer die kapitalschutzrelevante Gesellschaft die Verträge offenzulegen und bewerten zu lassen. Das passt auch zum Gesetzeswortlaut. Die §§ 5 Abs.  4, 56 Abs. 1 GmbHG, §§ 27 Abs. 1, 183 Abs. 1, 3 AktG schreiben vor, dass Sacheinlagen in der Satzung oder im Kapitalerhöhungsbeschluss offengelegt werden müssen. Der Zweck des Kapitalschutzes ist es, die Glaubwürdigkeit des Nominalkapitals sicherzustellen.514 Informationen über die anderweitige Aufbringung von Kapital als Geld müssen daher bei der Gesellschaft selbst aufzufinden sein. Auch für die Offenlegung bei analoger Anwendung der Sacheinlagevorschriften gilt daher, dass die Offenlegungs- und Bewertungspflichten die Gesellschaft selbst treffen. Die Analogie erweitert lediglich den Kreis derer, mit denen Geschäfte nur unter Beachtung der Sacheinlagevorschriften vorgenommen werden dürfen. Die Gesellschaft hat daher die Pflicht, den Vorgang um die „mittelbare Sacheinlage“ aufzudecken – nämlich die Kapitalflüsse und Beteiligungsverhältnisse. Die teilweise notwendige Wertprüfung muss ebenfalls die Gesellschaft übernehmen. Mit Blick darauf, dass die Offenlegung Klagen erst ermöglicht, weil die Minderheitsgesellschafter dadurch von dem Sachverhalt erfahren, ist in jedem Fall angezeigt, ein Gutachten von objektiver dritter Seite erstellen zu lassen. 512  Müller-Eising,

Die verdeckte Sacheinlage, S. 235. in: FS Stiefel, S. 505 (521). 514  Vgl. dazu ausführlich oben Erstes Kapitel, II. 3. 513  Lutter,



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters

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Da die Pflicht die Gesellschaft trifft, hat der Gesellschafter gerade keinen Anspruch darauf, die Offenlegung und Prüfung von der Gesellschaft vornehmen zu lassen. Er riskiert bei Nichtvornahme die Rechtsfolgen der verdeckten Sacheinlage. ff) Zusammenfassung der Tatbestandsseite Wird eine Tochter des Gesellschafters am Verkehrsgeschäft einer verdeckten Sacheinlage beteiligt, finden die §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG in folgenden beiden Fällen Anwendung: ○ wenn die Mutter (M) die Gesellschaft (T1) dazu veranlasst hat, im zeitlichen Zusammenhang mit der Geldeinlage ein Verkehrsgeschäft mit ihrer Tochter (T2) abzuschließen,

Abbildung 25: Veranlassung bei der Kapitalaufbringung

oder ○ wenn die Mutter (M) ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführungsorganen ihrer Tochter (T2) hat. Ein solches kann in den verschiedensten Fällen vorliegen.515

Abbildung 26: Gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht bei der Kapitalaufbringung

515  Vgl.

oben Erstes Kapitel, III. 3. b), S. 110.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Die Veranlassung wird nicht vermutet und ist vom Kläger zu beweisen. Die zweite Variante hingegen ist objektives Zurechnungskriterium, das nicht entkräftet werden kann. Sowohl Veranlassung als auch das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht werden durch Auslegung der §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG verwirklicht. Mithilfe dieser kann die Frage beantwortet werden, ob es sich um ein Geschäft des Gesellschafters handelt und damit ein Rückfluss in seine Vermögenssphäre stattfindet. Ein solches Geschäft muss daher von der Gesellschaft offengelegt werden und (wenn nötig) der übertragene Vermögenswert bewertet werden. gg) Rechtsfolgen Nachdem geklärt wurde, wann es zu einer Zurechnung kommt, muss nun auf deren Rechtsfolgen geblickt werden. Denn: ohne negative Rechtsfolgen entfalten die Verbotsvorschriften keine Wirkung. Gerade im Drei-Personen-Verhältnis muss klar sein, wen die Rechtsfolgen treffen und wie damit die Sacheinlagevorschriften vor Umgehung geschützt werden. Die für das Zwei-Personen-Verhältnis entwickelten Rechtsfolgen müssen auch im Drei-Personen-Verhältnis ihre Sicherungsfunktion erfüllen. Die Betrachtung der Rechtsfolgen ist auch deshalb so wichtig, um zu verstehen, wie gerade im Drei-Personen-Verhältnis die negativen Lasten der Verbotsvorschriften verteilt sind. Entscheidend ist dies, weil die T2 nicht mit der T1 verbunden ist; eine Belastung wird daher nur über ihre Mutter M „vermittelt“ – auf die T2 keinen Einfluss hat. Minderheitsgesellschafter der T2 könnten daher benachteiligt werden. MoMiG und ARUG haben die Rechtsfolgen der verdeckten Sacheinlage ganz wesentlich verändert.516 Heute herrscht neben der Unwirksamkeit der Einlage die sog. „Anrechnungslösung“ (§ 19 Abs. 4 Satz 3 GmbHG, § 27 Abs. 3 Satz 3 AktG) – die im Ergebnis zu einer „Differenzhaftung“ zwischen Sachgut und Einlageschuld des Inferenten führen.517 Man kann daher davon sprechen, dass die verdeckte Sacheinlage eine primäre negative Rechtsfolge hat, an welche sich die Anrechnungslösung gleichsam als positive Rechtsfolge anschließt.

516  Zick,

Die verdeckte Sacheinlage, S. 164. den Einzelheiten dazu, warum der Begriff der Differenzhaftung nicht ganz passen will: Maier-Raimer / Wenzel, ZIP 2009, 1185 (1188); Zick, Die verdeckte Sacheinlage, S. 165. 517  Mit



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters187

(1) D  ie das Verbotsgesetz begleitenden negativen Rechtsfolgen Grundlegend sagen die Vorschriften zur verdeckten Sacheinlage: Die Umgehung der Sacheinlagevorschriften ist verboten. Dies gilt trotz der Änderungen, die MoMiG und ARUG mitgebracht haben.518 Dieses Verbot steckt im ersten Satz des § 19 Abs. 4 GmbHG und des § 27 Abs. 3 AktG. Dass die nun kodifizierten Rechtsfolgen milder sind, als die zuvor bestehenden, soll nicht bedeuten, dass der Gesetzgeber das grundlegende Verbot hat relativieren wollen. Vielmehr sollten die zuvor als „drakonisch“519 oder „katastrophal“520 empfundenen Rechtsfolgen abgemildert werden. Früher führten insbesondere die Unwirksamkeit der Austauschgeschäfte ohne eine Anrechnungslösung dazu, dass der Inferent seine Einlage oft faktisch (fast) zweimal leisten musste.521 Das Verbot, die Sacheinlagevorschriften zu umgehen, wird gesichert durch eine durch ihre Einfachheit effektive Rechtsfolge: Die Leistung des Gesellschafters befreit ihn nicht von seiner Einlagepflicht (§ 19 Abs. 4 Satz 1 GmbHG, § 27 Abs. 3 Satz 1 AktG). Dies ist für den Gesellschafter schmerzlich, denn er hat in der Regel formal seine Geldeinlage schon geleistet. Nun kann die Gesellschaft den Einlagebetrag noch einmal fordern. Der Gesellschafter wird nach einer Möglichkeit rufen, sein zunächst bezahltes Geld zurückzuerhalten. Diese findet er in § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB522 – der aber in der Insolvenz der Gesellschaft praktisch wertlos wird. 518  So wurde die Erfüllungslösung ausdrücklich zur Anrechnungslösung geändert, um ein ausreichendes „Sanktionsgefälle“ zwischen offener und verdeckter Sacheinlage zu schaffen. So ausdrücklich der Gesetzesentwurf der Bundesregierung, in: BT-Drs. 16 / 6140, S. 40; s. a. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (MoMiG) BT-Drs. 16 / 9737, S. 56; vgl. auch Arnold, in: KölnKomm AktG, § 27 Rn. 103. 519  Bayer, ZIP 1998, 1985 (1989). 520  Lutter, in: FS Stiefel, S. 505 (517). 521  Ebbing, in: Michalski (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 154 aber auch Kersting, VGR 14 (2008), S. 101 (105), der sehr verständlich zeigt, wie die Rückabwicklung in der Insolvenz der Gesellschaft den Gesellschafter benachteiligt. Früher kam es aus folgendem Grund zu diesen katastrophalen Rechtsfolgen. Der Gesellschafter musste seine Einlageleistung erneut erbringen, sein Anspruch auf Rückerstattung des zuvor eingelegten Geldes war in der Insolvenz der Gesellschaft jedoch auf die Insolvenzquote beschränkt. Aufrechnen konnte er nicht, so dass die erste Einzahlung faktisch verloren war und er erneut leisten musste. 522  Der BGH wendet schon lange die condictio ob rem für gescheiterte Umgehungskonstruktionen an. Vgl. nur BGH v. 16.03.1998 – II ZR 303 / 96, ZIP 1998, 780 (783); so aber auch in der Literatur vertreten Verse, in: Henssler / Strohn (Hrsg.), GesR, § 19 GmbHG Rn. 56; Kersting, VGR 14 (2008), S. 101 (108); Helms, GmbHR 2000, 1079 (1080); Priester, in: FS Bezzenberger S. 309 (319); für die condictio indebiti sprechen sich aus: Veil / Werner, GmbHR 2009, 729 (731); Habetha, ZGR 1998, 306 (330 f.); Custodis, DNotZ 1997, 437 (462 f.).

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Obwohl die Einlage als nicht erbracht gilt, bleiben (anders als im alten Recht523) der schuldrechtliche sowie der dingliche Teil des Umgehungsgeschäfts wirksam. Dies stellen die §§ 19 Abs. 4 Satz 2 GmbHG und 27 Abs. 3 Satz 2 AktG klar. Es bleibt festzustellen: Der Gesellschafter wird damit belastet, seine Einlage erneut leisten zu müssen – abzüglich der Anrechnung; die Rechtsgeschäfte zwischen T1 und T2 bleiben indessen bestehen. An die Unwirksamkeit der Einlage schließen sich jedoch Haftungs- und Strafbarkeitsfolgen an; Diese können Gesellschafter, insbesondere aber die Geschäftsführer treffen.524 Neben diesen Folgen der fehlenden Erfüllungswirkung der Einlage bleibt auch die Anrechnungslösung nicht ohne Gefahr für den Einlegenden. Der Gesellschafter trägt die Beweislast für die Werthaltigkeit des Vermögensgegenstandes (§ 19 Abs. 4 Satz 5 GmbHG, § 27 Abs. 3 Satz 5 AktG). Kommt etwa erst der Insolvenzverwalter der verdeckten Sacheinlage lange nach dem Einlagezeitpunkt auf die Spur, trifft den Gesellschafter das Risiko, den Wert des Vermögensgegenstandes im Eintragungszeitpunkt oder Überlassungszeitpunkt zu beweisen. Dies wird unter Umständen sehr schwer möglich sein. Es könnte daher die Geldeinlageverpflichtung zu großen Teilen bestehen bleiben. Auch die Mitgesellschafter sind von diesen negativen Rechtsfolgen über den § 24 GmbHG und in dem seltenen Fall, den § 46 Abs. 4 AktG anspricht, betroffen.525 (2) Die Anrechnungslösung als positive Rechtsfolge Im Gegensatz zu den negativen Rechtsfolgen, die den Verbotsgesetzcharakter der verdeckten Sacheinlage aufrechterhalten, bildet die Anrechnung den positiven Teil der Rechtsfolgen. Sie wirkt nur für den Gesellschafter; 523  Ebbing,

in: Michalski (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 154. in: KölnKomm AktG, § 27 Rn. 103; Bayer, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 77; ders., in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 85; Maier-Reimer / Wenzel, ZIP 2009, 1185; Kersting, VGR 14 (2008), 101 (115 f.); Seibert / Decker, ZIP 2008, 1208 (1210); Ulmer, ZIP 2009, 293 (294); skeptisch zur Strafbarkeit Altmeppen, ZIP 2009, 1545 (1548 ff.); ders., in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 82 Rn. 15 f.; noch Wälzholz, GmbHR 2008, 841 (845), der in MittBayNot 2008, 425 (431) Fn. 51 seine Deutung revidiert. Zur GmbH: BT-Drs. 16 / 6140, S. 40; Bayer, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 86; Wälzholz, MittBayNot 2008, 425 (430 f.); zum AktG Arnold, in: KölnKomm AktG, § 27 Rn. 103; Bayer, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 77. 525  Vgl. ausführlich dazu Zick, Die verdeckte Sacheinlage im Recht der GmbH, S.  238 ff. 524  Arnold,



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters189

auch tieferes Bohren offenbart keine Besonderheiten im Drei-PersonenVerhältnis.526 Für die dritte Gesellschaft (T2) gilt, dass ihre Rechtsgeschäfte mit T1 (Kaufvertrag und dingliche Übereignung) wirksam sind und bleiben. In diesem Fall bestehen keine weiteren Ansprüche. Ist der Wert des Sacheinlagegutes geringer als die Einlageforderung, stimmt man überein, dass die Verkehrsgeschäfte wirksam sind und lediglich die Einlageforderung in Höhe des nicht „gedeckten“ Teils bestehen bleibt.527 Im Ergebnis hat nur die Gesellschaft weiterhin ihren Anspruch auf die Geldeinlage. Zur gleichen Rechtsfolge kommt es auch, wenn zwar der Wert des Sachgutes gleich oder über dem Betrag der Einlageforderung liegt, für das Sachgut aber ein überhöhter Preis bezahlt wurde. Zum Beispiel wenn die Einlageforderung 100 beträgt und die Gesellschaft für ein Sachgut im Wert von 120 ein Preis von 150 bezahlt.528 In diesen Fällen will man eine Anrechnung von nur 70. Denn der überhöhte Kaufpreis ist letztlich der Teil, der an Nominalkapital nicht aufgebracht wurde, er ist nicht von der Anrechnung erfasst. Die Einlageforderung bleibt in Höhe von 30 bestehen. In der Literatur ist man sich einig über das Ergebnis, nicht aber den Weg dorthin.529 (3) Z  usammenfassung der Rechtsfolgenseite Es bleibt festzustellen: Nur der Gesellschafter (M) und die Geschäftsführer der T1 werden mit negativen Rechtsfolgen belastet. Nicht hingegen T2. Darin zeigt sich die Kehrseite der methodischen Vorgehensweise (Auslegung); egal, ob Veranlassung oder gesellschaftsrechtlich fundiertes Wei526  Für die UG gilt diese positive Rechtsfolge nicht. Hier bleibt es beim Verbot. Dies ist aber umstritten: Teilweise wird argumentiert, bei dem Ausschluss der Sacheinlagen hätte es sich nur um eine Vereinfachung gehandelt, so dass nicht einzusehen sei, warum die positiven Rechtsfolgen nicht auch auf die UG anwendbar sein sollen, Bayer, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 69; Lutter, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 5a Rn. 27 ff.; Rieder, in: MünchKomm GmbHG, § 5a Rn. 23; Roth, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 5a Rn. 21; a. A. und eine Anrechnung ablehnend Miras, in: Michalski GmbHG, § 5a Rn. 39; gänzlich die Regeln der verdeckten Sacheinlage ablehnend Bormann, GmbHR 2007, 897 (901); Freitag / Riemenschneider, ZIP 2007, 1485 (1486); Joost ZIP 2007, 2242 (2244); Schäfer, in: Henssler / Strohn (Hrsg.), GesR, § 5a GmbHG Rn. 19. 527  Kersting, VGR 14 (2008), 101 (114); Maier-Reimer / Wenzel, ZIP 2009, 1185 (1190); Veil / Werner, GmbHR 2009, 729 (733). 528  Beispiel nach Maier-Reimer / Wenzel, ZIP 2008, 1449 (1452) – abgeändert wiedergegeben. 529  Vgl. die unterschiedlichen Ansätze von Veil / Werner, GmbHR 2009, 729 (735); Maier-Reimer / Wenzel, ZIP 2009, 1185 (1193).

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

sungsrecht, es handelt sich in beiden Fällen um eine Auslegung der grundsätzlich an den Gesellschafter gerichteten Verbotsnormen. Das heißt: Die Rechtsfolgen der verdeckten Sacheinlage bei Beteiligung einer Tochtergesellschaft des Gesellschafters unterscheiden sich nicht von denen im Zwei-Personen-Verhältnis. Die Einlage der M bei T1 gilt als nicht erbracht. Die Verträge zwischen T1 und T2 bleiben wirksam. Es ist demnach nur am Gesellschafter (M), seine Einlage erneut zu leisten oder, wenn möglich, den Wert des verdeckt eingelegten Vermögensgegenstandes zu beweisen und den eventuellen Differenzbetrag auszugleichen. hh) Drittzurechnungen bei der Nachgründung, § 52 AktG Für die verdeckte Sacheinlage hat sich gezeigt, dass das oben entwickelte einheitliche Zurechnungskriterium zu vielfach akzeptierten, insgesamt gerechten Ergebnissen führt. Im Folgenden soll die Zurechnung verbundener Unternehmen für die Nachgründung geklärt werden, gleichzeitig wird überprüft, ob sich von den Lösungen der verdeckten Sacheinlage auf Lösungen der Nachgründung schließen lässt. Außerdem wird untersucht, welche Folgen die Zurechnungslösung mit sich bringt. (1) Tatbestandliche Zurechnung Verdeckte Sacheinlage und Nachgründung laufen teilweise gleich, unterscheiden sich aber auch. Die These von der einheitlichen Zurechnung erfordert, in beiden Bereichen die gleichen Zurechnungskriterien anzunehmen. Es ist somit zu analysieren, ob die Beteiligung dritter Gesellschaften bei § 52 AktG gleich der bei §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG behandelt werden kann. (a) Allgemeiner Tatbestand Durch die Regeln zur Nachgründung (§ 52 AktG) soll eine weitere Form der Umgehung der Sacheinlagevorschriften verhindert530 und damit die Kapitalaufbringung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form sichergestellt werden531 – wobei die Nachgründung ein eigenständiges Rechtsinstitut 530  So

S. 10.

ausdrücklich die Regierungsbegründung zum NaStraG, BT-Drs. 14 / 4051,

531  Ganz h. M.: BGH v. 09.07.2007, BGHZ 173, 145 (Tz. 18); BGHZ 175, 265 (Tz. 11); s. a. Hüffer, AktG, § 52 Rn. 1; a. A. aber Hachenburg, in: Düringer / Hachenburg (Hrsg.), HGB Bd. 3, § 207 Anm. 1; Bröcker, ZIP 1999, 1029 (1035), die beide



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters191

ist.532 Für den Zeitraum nach der Gründung oder Kapitalerhöhung besteht in besonderem Maße die Gefahr der Überbewertung und Verschleierung von Vermögenswerten, die als Sacheinlagen hätten eingebracht werden müssen.533 Im Rahmen der Nachgründung geht der Gesetzgeber davon aus, die Verträge seien so bedeutsam, dass ihre Vornahme auch schon bei der Gründung abgesprochen worden ist. Dann aber hätten die Vermögenswerte als Sacheinlage eingebracht werden müssen.534 Umfasst von § 52 AktG sind Verträge über einen Vermögensgegenstand jeder Art535 gegen eine Vergütung, die zehn Prozent des Grundkapitals übersteigt. Personell betrifft die Norm Gründer oder Aktionäre die zu mindestens zehn Prozent am Grundkapital beteiligt sind. Zeitlich erfasst werden alle Verträge in einem Zeitraum bis zwei Jahre nach Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister. Folge ist, dass die Vertretungsbefugnis des Vorstandes für dieses Geschäft von der qualifizierten Entscheidung der Hauptversammlung abhängt. Außerdem muss der Vertrag offen ausgelegt (§ 52 Abs. 2 AktG), vom Aufsichtsrat (Abs. 3) und externen Gutachtern (Abs. 4) geprüft und ins Handelsregister eingetragen werden, im Rahmen der Eintragung prüft ihn dann das Gericht (Abs. 7). (b) Die Zurechnung von dritten Gesellschaften Von den Detailfragen des Nachgründungstatbestandes interessiert hier die Beteiligung verbundener Unternehmen, also die Frage danach, ob auch bei Verträgen zwischen diesen und der Gesellschaft der § 52 AktG anwendbar ist.

meinen, die Nachgründung würde die Gründer nicht zur Beachtung der Sachgründungsvorschriften bewegen. 532  Soweit angenommen wird, die Nachgründung enthalte eine unwiderlegliche Vermutung für eine verdeckte Sacheinlage: Pentz, in: MünchKomm AktG, § 52 Rn. 10; ders., NZG 2000, 225 (227); Mülbert, ZHR 154 (1990), 145 (176); a. A. Priester, in: GroßKomm AktG, § 52 Rn. 16; Bayer, in: K.  Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 52 Rn. 52, muss dem entgegengetreten werden. Während der § 52 AktG der verdeckten Sacheinlage in ihrer Zielsetzung ähnelt, hat er weder die gleichen Voraussetzungen noch dieselben Rechtsfolgen. Vielmehr kann sich die Nachgründung mit der verdeckten Sacheinlage überschneiden, muss es hingegen nicht. 533  Hüffer, AktG § 52 Rn. 1. 534  Pentz, NZG 2001, 346 (348). 535  Eine Sacheinlagefähigkeit wird von der ganz h. M. heute nicht mehr gefordert: Arnold, in: KölnKomm AktG, § 52 Rn. 18; Bayer, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 52 Rn. 20; Pentz, in: MünchKomm AktG § 52 Rn. 16; Solveen, in: Hölters (Hrsg.), AktG, § 52 Rn. 9.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Seit dem NaStraG536 ist der Tatbestand des § 52 AktG auf Geschäfte beschränkt mit den Gründern (§ 28 AktG) oder Aktionären, die mindestens zu zehn Prozent an der AG beteiligt sind. Geschäfte mit Dritten sind somit grundsätzlich vom Tatbestand der Nachgründung ausgeschlossen.537 Daraus kann man im Umkehrschluss aber nicht folgern, dass Geschäfte mit Dritten generell aus dem Anwendungsbereich der Norm ausgeschlossen sind. Die früher noch von § 52 AktG a. F. erfassten Drittgeschäfte werden vielmehr nun teilweise als Umgehungssachverhalte behandelt.538 Darauf weist auch der Gesetzgeber selbst hin. Er hat sich dazu entschlossen, Zurechnungsfragen bei Beteiligung von verbundenen Unternehmen von der Rechtsprechung lösen zu lassen: „Die Beurteilung von Umgehungen, die sich bei Geschäften mit Dritten, die mit Gründern oder maßgeblichen Aktionären verbunden sind, ergeben können, soll der Rechtsprechung überlassen bleiben.“539

Doch wie soll solch eine Zurechnung verwirklicht werden? Anders als bei der verdeckten Sacheinlage muss man für die Nachgründung mehr tun, als bloß Vermögen dem Gesellschafter zuzurechnen. Da ausdrücklich nur qualifiziert beteiligte Gesellschafter und Gründer von § 52 AktG erfasst sind, ist die Anwendung auf eine Tochtergesellschaft des Gesellschafters nur im Wege der Analogie möglich.540 Trotz der Neuregelung ist die Anwendung auf „Umgehungsfälle“ durch Analogie geboten, also auf solche Fälle, die noch vom Regelungsziel der Norm, hingegen nicht mehr von ihrem Wortlaut erfasst sind. Die Kriterien für eine solche Analogie sind noch unklar – also die Frage danach, welche Drittbeteiligungsfälle noch von der Nachgründung erfasst sein sollen. (aa) Lösungen in Literatur und Rechtsprechung Der BGH hatte noch keinen Fall der Drittzurechnung nach neuem Recht der Nachgründung zu entscheiden. Die Literatur geht verschiedene Wege. Eine Mehrzahl von Autoren verweist für „Umgehungssachverhalte“ auf die Regeln, die für die verdeckte Sacheinlage oder das Verbot der Einlagen536  Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung, v. 18.01.2001, BGBl. I 2001, S. 123. 537  Hüffer, AktG, § 52 Rn. 3a. 538  Schwab, Die Nachgründung, S. 98. 539  Begründung zum Regierungsentwurf NaStraG, BT-Drs. 14 / 4051, S. 10. 540  Arnold, in: KölnKomm AktG, § 52 Rn. 17; Pentz, in: MünchKomm AktG, § 52 Rn. 14.



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters193

rückgewähr entwickelt wurden.541 Teilweise wird auch ein Veranlassungskriterium verwendet. Dabei wird danach differenziert, ob der Gründer oder maßgeblich beteiligte Gesellschafter die verbundene Gesellschaft veranlasst hat, das Geschäft vorzunehmen (dann Zurechnung) oder nur eine mehrheitliche Beteiligung an ihr hält (dann widerlegliche Vermutung für eine solche Veranlassung).542 Schwab tritt zwar nicht den Vergleich zur verdeckten Sacheinlage oder dem Verbot der Einlagenrückgewähr an; er schafft mit der Zurechnung über die maßgebliche Beteiligung indes faktisch das Gleiche.543 Weiter gehen Dormann / Fromholzer, sie nehmen eine Zurechnung von Anteilen der Tochtergesellschaft im Sinne der §§ 20, 16 Abs. 4 AktG vor.544 Folglich würden auch Beteiligungen zugerechnet, wenn die Muttergesellschaft keinen beherrschenden Einfluss auf die Tochtergesellschaft ausüben kann.545 Die Zurechnung solle dann lediglich anteilig erfolgen, bei Abhängigkeit der Tochtergesellschaft hingegen seien die Anteile voll zuzurechnen. (bb) Der Vergleich mit der verdeckten Sacheinlage als Lösung Angesichts der Ähnlichkeit der zwei Rechtsinstitute, deutet die Literatur mit ihrer Verweisung auf die verdeckte Sacheinlage in die richtige Richtung. Dennoch ist auf die Besonderheiten der Nachgründung zu achten. Der These Dormanns / Fromholzers – eine Zurechnung über §§  20 Abs. 2, 16 Abs. 4 AktG vorzunehmen – ist dabei nicht zu folgen. Eine Zurechnung der Anteile, welche eine Tochtergesellschaft hält, macht dann Sinn, wenn man zu beurteilen hat, ob der Gesellschafter über die 10 %Schwelle des § 52 AktG kommt. Handelt nun aber nicht der Gesellschafter, sondern gerade dessen Tochtergesellschaft, müsste man vielmehr dieser die 541  So ausdrücklich Bayer, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 52 Rn. 14; Heidinger, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 52 Rn. 25; Hüffer, AktG, § 52 Rn. 3a; Solveen, in: Hölters (Hrsg.), AktG, § 52 Rn. 6; Priester, in: GroßKomm AktG, § 52 Rn.  40; s. a. Arnold, in: KölnKomm AktG, § 52 Rn. 17, der sich Priester hinsichtlich der Veranlassung anschließt aber dennoch auf die Grundsätze der verdeckten Sacheinlage verweist; Pentz, in: MünchKomm AktG, § 52 Rn. 14; ders., NZG 2000, 255 (230); ders., NZG 2001, 346 (351); Reichert, ZGR 2001, 554 (571); a. A., den § 52 AktG nur bei festgestelltem Umgehungsgeschäft ausdehnend Hoffmann-Becking, in: MünchHdb GesR, Band 4 AG, § 4 Rn. 43. 542  Priester, in: GroßKomm AktG, § 52 Rn. 42; Reichert, ZGR 2001, 554 (571). 543  Schwab, Die Nachgründung, S. 99. 544  Dormann / Fromholzer, AG 2001, 242 (244). 545  Es werden die Anteile der Tochter an der Gesellschaft mit dem Anteil der Mutter an der Tochter multipliziert: Dormann / Fromholzer, AG 2001, 242 (244).

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Anteile des Gesellschafters zurechnen um auf eine 10  %-Schwelle zu kommen. Dies aber geben die §§ 20 Abs. 2, 16 Abs. 4 AktG nicht her. Diese rechnen von Tochtergesellschaften gehaltene Anteile, nicht aber das Geschäft als solches zu. Für eine Zurechnung „von unten nach oben“ – also der Anteile der Muttergesellschaft zu den Anteilen der Tochtergesellschaft, dienen die §§ 20 Abs. 2, 16 Abs. 4 AktG nicht. Insgesamt lässt sich nicht erkennen, warum die Nachgründung anders behandelt werden sollte, als die verdeckte Sacheinlage. Zwar ist die Nachgründung formaler (Zweijahresfrist, zehn-ProzentGrenzen), sie versucht, das Nominalkapital allerdings vor den gleichen Gefahren zu schützen wie die verdeckte Sacheinlage. Der größte Unterschied ist die Rechtsfolge der beiden Institute. Diese zeigt, dass sich die Nachgründung als aktienrechtliches Instrument einer Rechtsfolge bedient, die sich gut in das Aktienrecht einfügt. Denn die Rechtsfolge von § 52 AktG beeinflusst die Geschäftsführungsbefugnis; sie geht weiter als die Rechtsfolge der verdeckten Sacheinlage, die ausdrücklich die „Umgehungs“geschäfte in ihrer Wirksamkeit nicht berührt (§ 19 Abs. 4 Satz 2 GmbHG, § 27 Abs. 3 Satz 2 AktG). Folge der fehlenden Geschäftsführungsbefugnis des § 52 AktG ist die Unwirksamkeit der Verträge. Es kann jedoch durch Vornahme des Nachgründungsverfahrens (§ 52 Abs. 2–8 AktG) nachträglich das Geschäft wirksam werden.546 Die Prüfungs- und Offenlegungspflichten ähneln denen der offenen Sacheinlage. Nur verlagern sie die Entscheidung auf die Hauptversammlung und verhindern so den Alleingang bestimmter Gründer oder Gesellschafter. Gleichzeitig betrifft das Nachgründungsverfahren innerhalb der ersten zwei Jahre alle Verträge der Gründer oder qualifiziert beteiligten Gesellschafter. Es wird im Einzelfall daher klar, ob es sich um einen Vertrag handelt, der den Beschränkungen des § 52 AktG unterliegt oder nicht. Die scharfen Rechtsfolgen stellen die Kehrseite dieser klaren Regelungslage dar und halten den grundsätzlichen Gleichlauf von Nachgründung und verdeckter Sacheinlage nicht auf. Bei der Frage nach Zurechnungskriterien geht es vielmehr um den Tatbestand, so dass beide Institute in den Rechtsfolgen divergieren können, ohne unterschiedliche Zurechnungen nötig zu machen. Die Nachgründung stellt einen institutionalisierten Annex zur verdeckten Sacheinlage dar – also einen begrenzten Teilbereich, den der Gesetzgeber in erhöhtem Maße unter Beobachtung gestellt hat. Ihr Gleichlauf macht eine Gleichbehandlung der Rechtsinstitute nötig. 546  Arnold, in: KölnKomm AktG, § 52 Rn. 39; Pentz, in: MünchKomm AktG, § 52 Rn. 43, 61; Hüffer, AktG, § 52 Rn. 7.



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(cc) Unterschiedliche Behandlung aufgrund der Stellung der Gründer? Zweifel am Gleichlauf von verdeckter Sacheinlage und Nachgründung lässt die Stellung der Gründer aufkommen. Nach § 28 AktG sind Gründer diejenigen Aktionäre, die die Satzung festgestellt haben. Kombiniert man § 28  AktG mit § 52  AktG, muss der Gründer für § 52 AktG nicht mehr an der Gesellschaft beteiligt sein.547 Für die verdeckte Sacheinlage ist, wie für den Kapitalschutz als solches, ein noch beteiligter Gesellschafter erforderlich (mindestens aber die causa societatis). Fraglich ist, ob diese Auslegung unumgänglich ist und wenn ja, ob sie eine unterschiedliche Bewertung nötig macht. Im Recht der verdeckten Sacheinlage wurde das Verhältnis vom Gesellschafter zur Gesellschaft als Grundlage dafür angenommen, Verantwortung gegenüber dem Nominalkapital zu zeigen. Bringt der Gründer einmal seine Geldeinlage auf und scheidet er danach aus der Gesellschaft aus, hat er keine Möglichkeit mehr, seine Geldeinlage nachträglich in eine Sacheinlage umzuwandeln. Die Annahme bei § 52 AktG ist hingegen: Der Gründer hätte schon mit der Gründung den Vermögensgegenstand einbringen können (und müssen). Durch die Streichung jeglicher Drittgeschäfte aus dem § 52 AktG nähert sich die Norm der verdeckten Sacheinlage weiter an. Dormann / Fromholzer äußern, dass mit dem Ablegen der Gesellschafterstellung nicht zwangsläufig eine Begrenzung des Einflusses der Gründer auf die Gesellschaft einhergehen müsse.548 Das würde aber für jeden anderen Aktionär ebenso gelten. Dann würde der Kreis der Betroffenen zu weit ausgedehnt. Das Gesetz hat Gesellschafter unter ein eigenes Regime gestellt, wegen deren besonderem Verhältnis zur und ihren Einflussmöglichkeiten gegenüber der Gesellschaft. Es ist aber zu bedenken, dass nicht nur Gesellschafter und Gründer Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführungsorgane haben. Auch ein mächtiger Lieferant kann faktischen Einfluss auf die Organe ausüben. Mit der Festlegung auf die Gesellschafterstellung hat der Gesetzgeber eine aus dem Gesellschaftsrecht selbst stammende Typisierung getroffen. Diese Typisierung entspricht dem Gedanken, dass für die Aufbringung und den Erhalt des Nominalkapitals nur die Gesellschafter verantwortlich sein können. Nur diese profitieren direkt von der Haftungsfreistellung der Gesellschaft. Ein 547  Arnold, in: KölnKomm AktG, § 52 Rn. 15; Dormann / Fromholzer, AG 2001, 242 (243); Pentz, in: MünchKomm AktG, § 52 Rn. 14; ders., NZG 2000, 225 (229); Hartmann / Barcaba, AG 2001, 437 (440); Solveen, in: Hölters (Hrsg.), AktG, § 52 Rn. 6; Bayer, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 52 Rn. 15. 548  Dormann / Fromholzer, AG 2001, 242 (243).

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Rückfluss oder die fehlerhafte Aufbringung von Nominalkapital (darum geht es auch bei § 52 AktG) ist nur bei Beteiligung von Gesellschaftern (wenn auch mittelbar) möglich. Der Kapitalschutz sanktioniert keine anderen Formen der Verletzung von Eigenkapital. Die gerade geäußerte Kritik, so dogmatisch sinnvoll sie auch sein mag, ist allerdings nicht mit den klaren Vorgaben aus Art. 11 i. V. m. Art. 3 lit. i) der 2. Kapitalrichtlinie549 vereinbar. Es sind einem daher die Hände gebunden, ein dogmatisch stimmiges System gegen die Richtlinienvorgaben zu schaffen. Die Vorgaben europäischen Rechts bestimmen die Ausdehnung des § 52 AktG auch auf nicht mehr beteiligte Gründer. Wegen dieser gemeinschaftsrechtlichen Besonderheit ist aber keine unterschiedliche Bewertung der Nachgründung im Gegensatz zur verdeckten Sacheinlage nötig. (dd) Einheitliche Zurechnungslösung als richtige Antwort Als Ergebnis zeigt sich die Zurechnungslösung der verdeckten Sacheinlage, also die einheitlichen Zurechnungskriterien, als richtige. Für eine Zurechnung ist wieder der zweigeteilte Weg zu gehen. Auf der einen Seite ist Priesters Sichtweise der Veranlassung zu folgen.550 Danach werden solche Geschäfte mit Tochtergesellschaften erfasst, die auf eine Veranlassung des Gesellschafters oder Gründers zurückgehen. Für die objektive Zurechnung ist jedoch auf das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht abzustellen und nicht, wie Priester meint, die Veranlassung bei mehrheitlicher Beteiligung zu vermuten.551 Der § 52 AktG ist dann analog auf Geschäfte mit der Tochtergesellschaft des Gründers oder qualifiziert beteiligten Gesellschafters auszudehnen, wenn dieser gegenüber ihren Leitungsorganen ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. Das bedeutet: Schließen T1 und T2 innerhalb von zwei Jahren ab Gründung der T1 ein Geschäft ab, dessen Vergütung zehn Prozent des Grundkapitals der T1 übersteigt, so ist der § 52 AktG dann auf das Geschäft anzuwenden wenn: •• M die T1 zu diesem Geschäft veranlasst hat oder •• M gegenüber den Leitungsorganen der T2 ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat.

549  77 / 91 / EWG,

Celex 31977L0091. DB 2001, 467 (469). 551  Die Vermutung wird mit den Argumenten von oben abgelehnt, vgl. III. 3. a) dd). 550  Priester,



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters197

(2) R  echtsfolgen und korrekte Durchführung Was genau folgt daraus, dass § 52 AktG auf das Geschäft zwischen T1 und T2 anzuwenden ist? Die Antwort scheint einfach: Damit das Geschäft wirksam ist, bedarf es der Durchführung der Abs. 2–9 des § 52 AktG. Wegen der analogen Anwendung des § 52 AktG treffen die Wirksamkeitsvoraussetzungen also auch Geschäfte der T1 mit T2. Was aber bedeutet diese analoge Anwendung der Rechtsfolgen? Das formelle Nachgründungsverfahren des § 52 AktG muss bei der jungen AG (T1) durchgeführt werden. Es ändert sich nichts zum Zwei-Personen-Verhältnis. Letztlich spielt sich das eigentliche Verfahren immer bei der zu schützenden Gesellschaft (hier T1) ab. Um dem Zweck der Nachgründung gerecht zu werden, muss die Beteiligung des Gründers oder qualifiziert beteiligten Aktionärs für die Hauptversammlung und den Aufsichtsrat offengelegt werden – also die Verbindung M – T2. Denn die Nachgründung soll die Kontrolle der Gründer und qualifiziert beteiligten Aktionäre durch Einflussnahmen auf den Vorstand verhindern und ihren Einfluss offenlegen.552 Daher muss für die Hauptversammlung deutlich sein, wer hinter der Handlung der zugerechneten Tochter steht. ii) Übertragung der Ergebnisse auf das Hin- und Herzahlen, § 19 Abs. 5 GmbHG und § 27 Abs. 4 AktG Das sog. Hin- und Herzahlen kommen der verdeckten Sacheinlage sachlich noch näher als die Nachgründung.553 Dabei geht es ebenfalls um die Rückgewähr der Geldeinlage, allerdings um die nicht von der verdeckten Sacheinlage erfassten Fälle (§ 19 Abs. 5 Satz 1 GmbHG; 27 Abs. 4 Satz 1 AktG). Die zur verdeckten Sacheinlage subsidiären554 Regeln des Hin- und Herzahlens erfassen nur jene Fälle, in denen nicht sacheinlagefähige Vermögenswerte in die Gesellschaft „eingelegt“ werden sollen.555 Der Hauptfall ist das Ersetzen des Einlageanspruchs durch eine andere Forderung gegen den Gesellschafter (meist in Form eines Darlehensrück­ 552  Pentz,

in: MünchKomm AktG, § 52 Rn. 5. auch der Rechtsausschuss in seiner Beschlussempfehlung zum Regierungsentwurf des MoMiG, BT‑Drs. 16 / 9737, S. 56, er bewirkte aus diesem Grund, dass die erst für § 8 Abs. 2 Satz 2 GmbHG vorgesehene Regelung in den § 19 Abs. 5 verschoben wurde. 554  Bayer, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 105; ders., in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 97; Ebbing, in: Michalski (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 170. 555  Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 19 Rn. 294 f. 553  So

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

zahlungsanspruchs).556 Dies ist der Fall, wenn M seine Bareinlage an T1 leistet und im zeitlich-sachlichen Zusammenhang T1 der T2 ein Darlehen gewährt. Das Hin- und Herzahlen ist, wie die verdeckte Sacheinlage auch, trotz der Neuregelung durch MoMiG und ARUG weiterhin verboten.557 Von der personellen Reichweite her gleichen sich Hin- und Herzahlen sowie verdeckte Sacheinlage: Der Wortlaut der §§ 19 Abs. 5 GmbHG und 27 Abs. 4 AktG erfasst nur Rückflüsse an den Gesellschafter. Es folgt daraus, wie oben, die Frage, ob auch das „Einlegen“ von nicht sacheinlagefähigen Vermögenswerten durch eine Tochter des Gesellschafters von den Verboten erfasst ist. Damit ist die Frage gemeint, ob die Gesellschaft nach dem Einzahlen der Geldeinlage durch den Gesellschafter diese Geldeinlage als Darlehen an eine Tochter des Gesellschafters weiterreichen darf, wenn von vorneherein eine solche Weiterleitung vereinbart worden ist. (1) Tatbestandliche Zurechnung Das Bild in der Literatur ist so bunt wie bei der verdeckten Sacheinlage. Vielfach wird auf die Zurechnungsregeln der verdeckten Sacheinlage verwiesen.558 Folglich werden zumeist verbundene Unternehmen zugerechnet.559 Teilweise greift man auch auf die Zurechnungsregeln des Verbotes der Einlagenrückgewähr zurück.560 Heidinger / Herrler ziehen die gleichen Kriterien für die Zurechnung heran wie für die verdeckte Sacheinlage: Auch bei § 27 Abs. 4 AktG müsse der Gesellschafter durch die Zahlung an den Dritten in gleicher Weise begünstigt werden wie bei Zahlung an ihn selbst. Dies sei bei Zahlung an ein vom Inferenten beherrschtes Unternehmen der Fall.561 Die Rechtsprechung hat sich mit den §§ 19 Abs. 5 GmbHG, 27 Abs.  4 AktG und der Zurechnung von verbundenen Unternehmen noch nicht beschäftigt. 556  Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 19 Rn. 295; die gegenteilige Meinung spricht auch Forderungen gegen den Gesellschafter eine Sacheinlagefähigkeit zu und lässt die Vorschrift damit faktisch leerlaufen: Gummert, DStR 2008, 976, 982; ­Wicke, GmbHG, § 19 Rn. 33, § 5 Rn. 11. 557  Benz, Verdeckte Sacheinlage und Einlagenrückzahlung, S. 45 f.; Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 5 Rn. 109. 558  Bayer, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 110 i. V. m. Rn. 72 f.; Verse, in: Henssler / Strohn (Hrsg.), GesR, § 19 GmbHG, Rn. 74. 559  Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 19 Rn. 290; implizit wohl auch Heidinger, in: Heckschen / Heidinger (Hrsg.), Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, § 11 Rn. 91. 560  Roth, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 99. 561  Heidinger / Herrler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 233.



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Die Literatur verwendet richtigerweise eben die Lösung der verdeckten Sacheinlage. Denn letztlich handelt es sich bei der verdeckten Sacheinlage und dem Hin- und Herzahlen um zwei Seiten einer Medaille. Deshalb sollten auch hier die oben benannten Kriterien der Zurechnung angewendet werden. Das bestätigt sich auch durch folgende Überlegung: Das Hin- und Herzahlen soll die Flanke sichern, die die verdeckte Sacheinlage dadurch offen lässt, dass sie nur die sacheinlagefähigen Vermögenswerte umfasst.562 Für nicht sacheinlagefähige Vermögenswerte muss in der Kapitalaufbringungsphase jedoch umso mehr Schutz vor Umgehung existieren. Der Umgehungsschutz verhindert, dass Vermögenswerte, die wegen ihrer schlechten Bewertbarkeit und etwa ihrer Aufrechnungsfähigkeit563 nicht hätten als Sacheinlage eingebracht werden können, den Platz des versprochenen Geldes einnehmen. Formal „tauscht“ der Gesellschafter nur eine Forderung (die Geldeinlageforderung) gegen eine andere Forderung (die schuldrechtliche). Problematisch ist dies, da der schuldrechtlichen Forderung nicht der gleiche Schutz zukommt wie der gesellschaftsrechtlichen.564 Der Gesetzgeber geht auch hier davon aus, dass der Gesellschafter seine Verbindung zur Gesellschaft dazu missbrauchen könnte, seine Verpflichtung bezüglich des Nominalkapitals nicht einzuhalten. Die Unterscheidung von nicht sacheinlagefähigen und sacheinlagefähigen Vermögenswerten macht keine andere Behandlung von Umgehungsfällen erforderlich. Folglich gilt auch hier: Auslegung der Vorschriften über das Hin- und Herzahlen. Veranlassung und gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht bestimmen den Begriff des Gesellschafters bzw. Aktionärs. (2) Rechtsfolgen Rechtsfolge dieser Zurechnung ist zunächst dieselbe, als hätte M das Darlehen erhalten. M wird durch die „Einbringung“ eines nicht sacheinlagefähigen Vermögenswertes nicht von ihrer Einlageverpflichtung befreit. Dies hat zur Folge, dass die Versicherung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, § 37 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht abgegeben werden darf und die fehlerhafte 562  Siehe

dazu etwa oben I. 1. a) ee). als die Einlageforderung, ist die rein schuldrechtliche Forderung nicht gegen Aufrechnung geschützt, vgl. dazu auch Benz, Verdeckte Sacheinlage und Einlagenrückzahlung, S. 44 f.; sie wird daher häufig auch „schwächere Forderung“ genannt BGH v. 16.02.2009, BGHZ 180, 38 (Tz.  15). 564  Weder Rechtsvorgänger (§ 22 GmbHG) noch Rechtsnachfolger (§ 16 Abs. 2 GmbHG) haften für den Einlageanspruch. Auch die subsidiäre Haftung der anderen Gesellschafter (§ 24 GmbHG) gilt nicht für die schuldrechtliche Forderung, sowie die Kaduzierung (§ 21 GmbHG) nicht möglich ist. 563  Anders

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Versicherung geahndet werden kann.565 Hier decken sich die Rechtsfolgen von Hin- und Herzahlen und verdeckter Sacheinlage.566 Daran ändern auch der neue Abs. 5 des § 19 GmbHG und der Abs. 4 des § 27 AktG nichts.567 Auch sonst ändert die Drittbeteiligung nichts an der Rückabwicklung im Gegensatz zum Zwei-Personen-Verhältnis, so dass auf die einschlägige Kommentarliteratur verwiesen werden kann. (3) V  erhältnis § 71a AktG zum Hin- und Herzahlen Einige Worte sind noch zu verlieren zum Verhältnis des § 71 a AktG zum Hin- und Herzahlen. Da sich die beiden Normenbereiche überschneiden können,568 muss die Frage nach ihrem Rangverhältnis beantwortet werden. Man ist sich weitgehend darüber einig, dass § 71 a AktG den § 27 Abs. 4 AktG verdrängt und dann die Einlageforderung nicht als erbracht gilt.569 Für die Drittzurechnung bedeutet dies Folgendes: Im Anwendungsbereich des § 71 a AktG gelten die weiteren Zurechnungsvoraussetzungen der §§ 56 Abs. 2, 71 d Abs. 2 AktG. Für alle von diesen Normen erfassten Fälle, kommt es nicht zu den positiven Rechtsfolgen des § 27 Abs. 4 AktG, in den anderen Fällen geht der § 71 a AktG dem Hin- und Herzahlen zwar vor, es ändert sich jedoch nichts am Ergebnis. jj) Zusammenfassung der Ergebnisse für die Kapitalaufbringung Kontrahiert die Tochtergesellschaft (T2) des Gesellschafters (M) mit der Gesellschaft (T1), fällt der Vorgang unter die Kapitalaufbringungsvorschriften wenn: ○ M die Gesellschaft (T1) dazu veranlasst hat, das Geschäft mit T2 abzuschließen oder ○ M gegenüber T2 ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. 565  Siehe

dazu oben S. 7776. Umkehrschluss aus § 19 Abs. 5 S. 1 GmbHG, § 27 Abs. 4 S. 1 AktG. 567  Zwar hat der Gesetzgeber damit die Wirksamkeit der Konstruktion bei Werthaltigkeit und Fälligkeit des Rückforderungsanspruchs eingeführt; das grundsätzliche Verbot sollte gleichwohl nicht aufgehoben werden. Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 19 Rn. 284; s. a. Bayer, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, 17. Auflage, § 19 Rn. 91, der von Privilegierung spricht. 568  In wieweit sich die beiden Bereiche überschneiden ist umstritten. Für eine restriktive Auslegung des § 71 a AktG nur auf Änderung der Herrschaftsverhältnisse plädieren Heidinger / Herrler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 268. 569  Heidinger / Herrler, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 263; Hüffer, AktG, § 27 Rn. 53; Solveen, in: Hölters (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 54. 566  Als



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Das gilt für die Vorschriften der §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG ebenso wie für § 52 AktG und §§ 19 Abs. 5 GmbHG, 27 Abs. 4 AktG. In allen Fällen, mit Ausnahme von § 52 AktG, kommt man durch Auslegung der Vorschriften zu diesem Ergebnis, so dass es bei den Rechtsfolgen bleibt, die folgten, hätte M mit T1 kontrahiert. b) Kapitalerhaltung Als Nächstes sind die §§ 30, 31 GmbHG sowie die 57, 62 AktG zu untersuchen. Es geht also um die sog. Kapitalerhaltung. Bormann hat sie als „Spiegelbild“570 der Kapitalaufbringung bezeichnet. Verständlicherweise stellen sich die Drittzurechnungsfragen daher auch für diese Fälle des Kapitalschutzes. Das zeigt sich an folgendem Beispiel:

Abbildung 27: Zurechnungskonstellation von unten nach oben aufseiten des Gesellschafters im Kapitalerhaltungsrecht

M ist die Muttergesellschaft der T1 und T2; die beiden Töchter halten keine Beteiligungen aneinander. Die Tochtergesellschaft T1 zahlt ihrer Schwestergesellschaft offen oder verdeckt571 (etwa über zu hohe Verrechnungspreise)572 einen Betrag zulasten ihres Nominalkapitals aus. Fraglich ist, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen, die Zahlung nach den §§ 30 GmbHG, 57 AktG verboten ist. Dem folgt die Frage, wie 570  Bormann,

GmbHR 2007, 435 (436). dem verdeckten Auszahlen hängt der Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung eng zusammen. Er stammt aus dem Steuerrecht und bezieht sich auf dort vorherrschende Messgrößen, so dass er für das Kapitalgesellschaftsrecht nicht recht passen will. So i. Ü. auch Fleck, JbFStR 1984 / 85, S. 544; ders., ZGR 1990, 31 (35); Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttung, S. 20 f.; U. H. Schneider, ZGR 1985, 279 (280). Dennoch wird er in der Literatur in diesem Zusammenhang häufig gebraucht. 572  Siehe zur Frage, wann unausgewogene Leistungen an den Gesellschafter verboten sind auch Bezzenberger, Das Kapital der AG, S. 208 ff. 571  Mit

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

die Zahlung nach §§ 31 GmbHG, 62 AktG rückabgewickelt wird – also, wer letztlich an wen zahlen muss. Laut § 30 GmbHG darf die Gesellschaft das zur Erhaltung ihres Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht an die Gesellschafter auszahlen; § 57 AktG verbietet die Rückgewähr der Einlagen573 an die Aktionäre. T2 ist nicht Gesellschafterin von T1. Auf den ersten Blick fällt die Auszahlung daher nicht unter die Kapitalerhaltungsvorschriften. Hier kann man aber nicht stehen bleiben. Vielmehr fallen auch Geschäfte mit Dritten unter den Wortlaut der §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG oder sind wenigstens von deren Normzweck im Wege der Analogie gedeckt. Andernfalls wäre es ein Leichtes, das Verbot zu umschiffen. Die Frage ist nur: Welche Dritten sind erfasst? § 30 GmbHG ist verletzt, wenn T1 den Betrag unter Auskehr ihres Stammkapitals an T2 auszahlt und es sich entweder um eine Auszahlung „an M“ handelt (Auslegung) (z. B. mittelbare Leistung574) oder die Auszahlung wertungsmäßig einer an M gleicht (Analogie). § 57 AktG wiederum ist anzuwenden, wenn T1 eine AG ist und außerhalb eines Gewinnverwendungsbeschlusses575 T1 an T2 leistet. Dann müsste diese Leistung der T1 wiederum entweder als eine Auszahlung an M verstanden werden oder einer solchen wertend gleichzusetzen sein. Diese Varianten der „Zurechnung“ legen den weiteren Gang der Untersuchung fest. Im ersten Schritt werden die Fälle der Auslegung von §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG fallen (aa)) behandelt. Nach Auffassung der Literatur 573  Während § 30 GmbHG nur die Auszahlung unter Verletzung des Stammkapitals verbietet, darf nach § 57 AktG außerhalb des festgestellten Gewinns gar kein Vermögen an die Gesellschafter ausgekehrt werden, vgl. Fleischer, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 9; Bayer, in: MünchKomm AktG, § 57 Rn. 7; Cahn / Senger, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 14; Drinhausen, in: Heidel (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 4; Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 16. Im Folgenden wird der Fall betrachtet, dass das Nominalkapital verletzt wird. 574  Ähnlich wie dies etwa unbestritten bei Zahlungen auf fremde Schulden geschieht, vgl. BGH v. 29.03.1973, BGHZ 60, 324 (330  f.); LG Düsseldorf v. 22.12.1978 – 40 O 138 / 78, AG 1979, 290 (291); Bayer, in: MünchKomm AktG, § 57 Rn. 66; Canaris, in: FS  Fischer, S. 31 (52); Cahn / v.  Spannenberg, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG § 57 Rn. 74; Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 123; Ekkenga, in: MünchKomm GmbHG, §  30 Rn.  149; Heidinger, in: Michalski GmbHG, § 30 Rn. 109; Henze, in: GroßKomm AktG, § 57 Rn. 87; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 19; Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 138; Roth, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 29; Tries, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 78. 575  Trotzdem, wie oben unter III. 1. a) bb) schon festgestellt, der kapitalschutzrechtliche Teil des § 57 AktG nur die Auszahlung unter Verletzung des Grundkapitals schützt, kann der darüber hinausgehende Schutz nicht ignoriert werden.



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sind darunter etwa die Gleichstellung mit einer Leistung an den Gesellschafter576 oder Fälle zu fassen, in denen der Leistungsempfang dem Gesellschafter zurechenbar sei577. Letztlich geht es immer darum, eine Zahlung an den Gesellschafter anzunehmen. Im zweiten Schritt werden die §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG per Analogie ausgedehnt (bb)). Sie werden auf eine Zahlung angewendet, die nicht an den Gesellschafter geht, aber dennoch verboten ist. Auslegung und Analogie zu unterscheiden hat nicht bloß dogmatischen Ursprung. Weil einem Verstoß gegen die §§ 30 GmbHG, 57 AktG eine Rückzahlung nach §§ 31 GmbHG, 62 AktG folgt, ist die Zurechnungsfrage in der Kapitalerhaltung immer auch eine Frage danach, wer Schuldner der Rückzahlung ist. aa) Die Zurechnung zum Vermögen des Gesellschafters – Auslegung der Kapitalerhaltungsvorschriften Die erste – und von vielen anerkannte – Möglichkeit der Zurechnung ist die Auslegung der Kapitalerhaltungstatbestände. Wird zwar formal an eine andere Person „geleistet“,578 kann dies rechtlich trotzdem als Leistung an den Gesellschafter eingeordnet werden.579 Prominente Beispiele sind: Die Gesellschaft zahlt auf Schulden des Gesellschafters580 oder ein Dritter empfängt die Leistung der Gesellschaft auf Rechnung des Gesellschafters581. Im ersten Fall, also wenn die Gesellschaft eine Schuld ihres Gesellschafters begleicht, sind Zahlung und Vorteilsgewährung zwar in der Höhe gleich, dennoch ist die eigentliche Leistung der Gesellschaft an den Gesellschafter die Schuldbefreiung nach § 362 Abs. 1 BGB i. V. m. § 267 576  Bayer,

in: MünchKomm AktG, § 57 Rn. 56. AktG, § 57 Rn. 19. 578  „Leisten“ ist hier eine ungenaue, aber leider unausweichliche Wortwahl. Denn an wen geleistet wurde, bestimmt gerade das Recht; dies muss nicht derjenige sein, der die Geldzahlung erhalten hat. 579  Siehe zu dieser Argumentation oben Erstes Kapitel, III. 3. a). 580  BGH v. 29.03.1973, BGHZ 60, 324 (330 f.); LG Düsseldorf v. 22.12.1978, 40 O 138 / 78, AG 1979, 290 (291); Bayer, in: MünchKomm AktG, § 57 Rn. 66; Canaris, in: FS  Fischer, S. 31 (52); Cahn / v.  Spannenberg, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 74; Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 123; Henze, in: GroßKomm AktG, § 57 Rn. 87; Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 138; Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 8; Tries, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S 78. 581  Bayer, in: MünchKomm AktG § 57 Rn. 65; Cahn / v.  Spannenberg, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG § 57 Rn. 75; Canaris, in: FS Fischer, S. 31 (36); Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 124; Henze, in: GroßKomm AktG, § 57 Rn. 86. 577  Hüffer,

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Abs. 1 BGB.582 Dahingegen wird im zweiten Fall, des Handelns Dritter auf Rechnung des Gesellschafters, die Leistung unmittelbar in dessen Vermögen weitergeleitet. Zahlungen an verbundene Unternehmen, die nicht zu den oben beschriebenen Fällen zählen, sind hingegen nicht so einfach einzuordnen. Es sind zu unterscheiden: die juristische Methode für die Zurechnung aufgrund von Veranlassung und die für die „Zurechnung“ aufgrund eines (wirtschaftlichen) Näheverhältnisses. Diesen Unterschied von Veranlassung und Zurechnung aufgrund Näheverhältnisses hat Cahn anschaulich herausgestellt.583 Er mündet in die Unterscheidung von Auslegung und Analogie. Die Literatur wie der BGH verschließen sich hingegen dieser Erkenntnis. Längst nicht alle Fälle der „Zurechnung“ fallen hingegen unter die Auslegung, man muss daher vorsichtig sein. (1) V  eranlassung als normatives Auslegungskriterium Zunächst begegnet uns ein wohlbekanntes Zurechnungskriterium. Es gilt im Kapitalerhaltungsrecht als anerkannt: Danach sind Leistungen dem Gesellschafter zuzurechnen, wenn er diese veranlasst hat.584 Veranlassung meint daher, dem Gesellschafter eine Leistung rechtlich zuzuordnen, wenn dieser sie durch einen Willensakt seinem Vermögen zuführt.585 Denn: Der Gesellschafter geriert sich dadurch, dass er die Auszahlung beeinflusst, fast wie ein Eigentümer über das ausgekehrte Vermögen.586 Dadurch fügt er den ausgezahlten Betrag für eine juristische Sekunde seinem Vermögen zu. Es spielt keine Rolle, dass der Betrag nicht dauerhaft in seinem Vermögen verbleibt. Denn das wirtschaftliche Ergebnis ist das gleiche, als hätte der Gesellschafter aus eigenem Vermögen heraus geleistet. Damit wird auch klar: Dem Gesellschafter ist die gesamte Leistung zugeflossen, nicht nur derjenige Teil, der seinem Anteil an der Empfängerge582  Cahn / v.  Spannenberg, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG § 57 Rn. 74; Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 138. 583  Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 31 ff.; ders. / v. Spannenberg, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 72. 584  Altmeppen, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 65 ff.; Bayer, in: MünchKomm AktG, § 57 Rn. 71; Cahn / v.  Spannenberg, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 57  Rn. 73; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 6; Fleischer, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 31; Henze, in: GroßKomm AktG, § 57 Rn. 88; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 19; U. H.  Schneider, ZGR 1984, 497 (524); Wiesner, in: MünchHdb GesR, Band 4 AG, § 16 Rn. 49; früher wurde noch mehr als bloß die veranlasste Zahlung verlangt, siehe etwa Michalski, AG 1980, 261 (266, bei Fn. 33). 585  Erstes Kapitel, III. 3. a) aa). 586  Cahn / v.  Spannenberg, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 72.



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters

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sellschaft entspricht. Mit der Veranlassung macht sich der Gesellschafter die Gesamtauszahlung zu eigen und haftet mithin, wie Cahn richtig hervorhebt, auch auf den vollen Betrag587 – was später noch näher behandelt wird. (2) Die Veranlassungsvermutung Weithin wird im Kapitalerhaltungsrecht die Veranlassung dann vermutet, wenn der Gesellschafter auf die auszahlende Gesellschaft beherrschenden Einfluss ausüben kann – wie dies auch für § 311 AktG angenommen wird.588 Im ersten Kapitel wurde darüber aufgeklärt, warum eine Veranlassungsvermutung für den Kapitalschutz nicht der richtige Weg zur Lösung der Zurechnungsfrage ist.589 Die drei Gründe: Die Veranlassungsvermutung passt nicht auf alle Zurechnungsfälle, der vermutete Lebenssachverhalt muss nicht stimmen und es handelt sich nicht um das richtige juristische Instrument, um den Zurechnungskonflikt aufzulösen. Diese Gründe greifen auch hier. Zwar hatte die Literatur die gerade untersuchte Zurechnungskonstellation im Kopf, als sie die Veranlassungsvermutung erschaffen hat, rein konzeptionell kann die Vermutung aber nicht überzeugen. Da es letztlich um die Eigenständigkeit einer dritten Person geht, muss sich die Zurechnung gerade mit dem Verhältnis zur dritten Person beschäftigen. Die Veranlassungsvermutung kümmert sich nur um das Verhältnis von M zu T1; nach dem Verhältnis von M zu T2 fragt sie nicht. Dazu kommt es noch zu einer fehlerhaften Lastenverteilung, wenn über M rückabgewickelt wird – dazu in Kürze ((3) (c)). (3) Z  urechnung zum Gesellschaftervermögen aufgrund eines Näheverhältnisses Durch die Veranlassung wurde der Vermögensvorteil des Dritten dem Gesellschafter zugerechnet. Daher musste keine Aussage über das Verhältnis 587  Cahn,

in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 62, Rn. 10. die Kapitalerhaltung: Cahn / v. Spannenberg, in: Spindler / Stilz, AktG, § 57 Rn. 79; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 67 ff.; Pentz, in: Rowedder / SchmidtLeithoff (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 130; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 45; implizit wohl auch Altmeppen, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 64; für die §§ 311 ff. AktG: Altmeppen, in: MünchKomm AktG § 311 Rn. 106 f.; Krieger, in: MünchHdb GesR, Band 4 AG, § 69 Rn. 75; J. Vetter, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 311 Rn. 32; nunmehr differenzierender Hüffer, AktG, § 311 Rn. 20 der zusätzliche Merkmale fordert; ebenso Müller, in: Spindler / Stilz AktG § 311 Rn. 26. 589  Vgl. oben Erstes Kapitel, III. 3. a) dd). 588  Für

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

von Gesellschafter und Drittem erfolgen. Die Mehrheit in der Literatur und auch die Rechtsprechung rechnen hingegen Drittgesellschaften aufgrund ihrer Verbindung mit dem Gesellschafter diesem zu. Das ‚Warum?‘ und ‚Wie?‘ der Zurechnung unterscheiden sich – gleich bleibt allen Meinungen aber, dass letztlich ab einer gewissen Beteiligungsschwelle der M an T2 ein Vorteil der M angenommen wird. Rein wirtschaftlich betrachtet, kommt es durch eine Zahlung an T2 immer auch zu einer Beteiligung der M an dem Vorteil (über die Beteiligungsquote der M an T2). Die unterschiedlichen Zurechnungsvoraussetzungen sagen daher aus, wann dieser Vorteil für die Kapitalerhaltungsvorschriften bedeutsam wird. (a) Zurechnung aufgrund von Abhängigkeit Überwiegend wird in der Literatur ein Vorteil des Gesellschafters angenommen, wenn die Beteiligungsschwellen der §§ 15 ff. AktG überschritten werden. Entweder, wenn an eine Gesellschaft gezahlt wird, die vom Gesellschafter abhängig ist (§ 17 AktG), oder an eine, die im Mehrbesitz des Gesellschafters steht (§ 16 AktG).590 Warum aber der Vorteil des Gesellschafters erst ab dieser Schwelle für die Kapitalerhaltung relevant wird, zeigt sich nicht immer. Einige Autoren stellen auf die Zugriffsmöglichkeit ab, die das herrschende Unternehmen auf das Vermögen der Tochtergesellschaft hat, infolgedessen auch auf den zugewendeten Vorteil.591 Es erfolgt dann jedoch keine nähere Auseinandersetzung mit den Rahmenbedingungen dieses Zugriffsrechts. Weder wird ein kritischer Blick darauf geworfen, ob in jeder Zurechnungsvariante ein solches Recht besteht, noch wessen ein solches Recht bedarf (hier sei der Unterschied zwischen AG und GmbH angesprochen). Teilweise wird aber auch lediglich die Umgehungsverhinderung als Grund genannt.592 Auch in diesen Fällen wird nicht näher thematisiert, warum erst ab der Schwelle der §§ 15 ff. AktG die Umgehung zu verhindern sei. 590  Bayer, in: MünchKomm AktG, § 57 Rn. 73; zusätzlich Bösgläubigkeit des handelnden Organs fordernd: Canaris, in: FS Fischer, 1979, S. 31, 41 ff.; Heidinger, in: Michalski (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 124; Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 22; Hueck / Fastrich, in: Baumbach / Hueck (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 27; Lutter, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 124, 128; Michalski, AG 1980, 261 (266 f.); Geßler, in: FS Fischer, S. 131 (148); mit Einschränkungen im Einzelfall auch Henze, in: GroßKomm AktG § 57, Rn. 93; dem entgegenstehend Ekkenga, in: MünchKomm GmbHG, § 30 Rn. 183. 591  Bayer, in: MünchKomm AktG, § 57 Rn. 72; Michalski, AG 1980, 261, 266 f.; Geßler, in: FS Fischer, S. 131 (148). 592  Bayer, in: MünchKomm AktG, § 57 Rn. 72.



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters207

(b) Q  uotale Zurechnung des Vorteils Manche Autoren gehen sogar noch weiter. Sie rechnen jegliche Wertsteigerung der Anteile an einer Tochtergesellschaft dem Gesellschafter als Vorteil zu.593 Die Überlegung ist einfach: Der Gesellschafter partizipiert mittelbar über seine Beteiligung an der Tochtergesellschaft daran, wenn diese einen Vorteil erhält. Man könnte demnach dem Gesellschafter einen Vorteil zurechnen, wenn nachweislich der Wert seiner Anteile an der Tochter steigt. Diese Ansicht begleiten zwei Probleme: Erstens würde sie zu ausufernden Rückabwicklungen führen, denn für die Rechtsfolgen gilt: Nähme man mit der Mindermeinung an, die Zahlung sie nach § 57 AktG nichtig,594 würden schon Kleinstbeteiligungen an der Empfängergesellschaft zu weitreichenden Nichtigkeitsfolgen führen. Selbst wenn man eine Teilnichtigkeit annehmen wollte, müssten alle Geschäfte mit Töchtern des Gesellschafters bewertet und teilrückabgewickelt werden. Das würde zu praktisch unlösbaren Problemen führen – insbesondere, da die vielen Kleinbeteiligungen der einzelnen Gesellschaften im Konzern kaum zu überschauen sind. Neben den tatsächlichen Schwierigkeiten kommt zweitens aber auch hinzu, dass eine Zurechnung jeder Vermögenssteigerung in einer Tochtergesellschaft nicht vom Gesetzeszweck der Kapitalerhaltungsnormen gedeckt ist. Der Unterschied zu einer unmittelbaren Zahlung in das Vermögen des Gesellschafters besteht darin, dass hier an eine andere Person gezahlt wird. Diesen Personenunterschied markiert gerade die Grenze der Kapitalerhaltungsnormen zu sonstigen Drittgeschäften. Dem Zweck des Kapitalschutzes entspricht es nur, diejenigen Zahlungen zu verhindern, die eine Risikoverschiebung durch den Gesellschafter mit sich bringen. Wenn an eine eigenständige, dritte Gesellschaft geleistet wird, kann man nicht von einer Verschiebung des Risikos des Gesellschafters sprechen – vielmehr handelt es sich um eine Realisation des Risikos. 593  So etwa: Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (405), Tries, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S.  78 f. H. P.  Westermann, in: Scholz GmbHG, 10. Auflage, § 30 Rn. 52 a. E. 594  Wie dies etwa vertreten wurde von RG v. 13.12.1935, RGZ 149, 385 (400); aber auch Bayer, in: MünchKomm AktG, § 57 Rn. 153; Canaris, in: FS Fischer, S. 31 (33); Henze, in: GroßKomm AktG, § 57 Rn. 203 ff.; Wiesner, in: MünchHdb GesR, Band  4 AG, § 16 Rn. 59; Feltkamp, Anfechtungsklage, S.  140 ff.; Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft, S. 24  f.; Michalski, AG 1980, 261; Sonnenhol / Stützle, WM 1983, 2 (5 f.); a. A. Bitter, ZHR 168 (2004), 302 (343); Fleischer, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 74; Joost, ZHR 149 (1985), 419 (426, 435); K. Schmidt, GesR, S. 893; Winter, ZHR 148 (1984), 579 (589).

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Steigt also bloß der Wert einer Minderheitsbeteiligung, reicht dies nicht aus für einen Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften. (c) K  eine Zurechnung des Tochterunternehmens zum Vermögen des  Gesellschafters Tochtergesellschaften dem Gesellschafter zuzurechnen, scheint überwiegende Meinung in der Literatur zu sein. Es gibt aber auch Stimmen, die eine Zurechnung zum Gesellschaftervermögen ablehnen.595 Cahn bemerkt,596 dass eine Zurechnung zum Gesellschafter nur mit dem Kriterium der Veranlassung möglich sei. Denn es ändere sich nicht die Nähe zum Gesellschafter (M) bei der Verlagerung von Vermögen von einer Tochtergesellschaft zur anderen. Auch mit Blick auf die Rechtsfolgen bestätige sich dieses Ergebnis. Andernfalls müsse der Gesellschafter in den Konzernverbund zusätzliche Mittel einzahlen, ohne dass ihm ein Gegenwert in gleicher Höhe zugeflossen wäre. Ist der Gesellschafter an beiden Gesellschaften in gleicher Höhe beteiligt, ergebe sich dies aus folgender Überlegung: Der Wertabnahme bei T1 steht ein gleichhoher Wertzuwachs bei T2 gegenüber. Gleichzeitig müsse M den Wertverlust aufseiten T1 mit zusätzlichen Zahlungen ausgleichen. Er gebe somit weitere Mittel in den Konzernverbund hin. Dieses Ergebnis ändere sich auch kaum dadurch, dass M an T1 und T2 zu unterschiedlichen Quoten beteiligt sein könne. Letztlich müsste M zu einem gewissen Teil immer „neues“ Vermögen in den Konzernverbund geben. Außerdem ist Cahn der Meinung, aus den Beteiligungsquoten ergebe sich nicht zwingend eine Aussage über den Wert der übertragenen Mittel. Daher könne man auch nicht automatisch durch die Zurechnung einen Vorteil der M annehmen. So könne etwa T2 wirtschaftlich deutlich schlechter stehen als T1, so dass die Mittel dort gefährdeter wären als bei T1. Oder aber der Zugriff auf die Mittel bei T2 könnte höheren Beschränkungen als bei T1 unterliegen – etwa weil es sich bei T2 um eine AG und bei T1 um eine GmbH handele. Cahn möchte, da sich die oben genannten Gründe schlecht quantifizieren ließen, die Beteiligungsquoten nicht zum Zurechnungsgrund machen. Er gesteht aber ein, dass ein wirtschaftlicher Vorteil 595  Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 31 ff.; ders. / v. Spannenberg, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 79; im Ergebnis auch (es wird zumindest nur auf die Veranlassung abgestellt) Altmeppen, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 68; ders., in: FS Kropff, S. 641 (651 f.), der darauf hinweist, dass die M unmittelbar nichts erhalten habe; Pentz, in: Rowedder / Schmidt-Leithoff (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 129. 596  Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 35.



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters209

der M unter besonderen Umständen (T1  finanzschwach, T2  finanzstark) vorliegen könne.597 Cahns Kritik an der Zurechnung zum Vermögen des Gesellschafters trifft den Punkt. Der Vorteil bei einer Tochtergesellschaft der M muss nicht gleichbedeutend mit einem Vorteil der M sein. Damit wird das Problem der Literatur offenbar: sie weist nicht auf die eigentliche Problematik hin, nämlich, wann die Tochtergesellschaft als unabhängiger Dritter steht und wann nicht. (d) D  ie Sicht des BGH In der Methodik unterscheidet sich der BGH nicht von der Literatur. Auch er rechnet Tochtergesellschaften dem Gesellschafter zu. Mit seinem Bekenntnis zur einheitlichen Zurechnungslösung entfernt er sich allerdings von den Literaturstimmen. Davon zeugt die Entscheidung „Dritter Börsengang“598. Mit diesem Urteil hat der BGH den Kreis des Kapitalschutzes geschlossen und hat auch im Kapitalerhaltungsrecht sein Kriterium des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts fixiert. Das zeigt sich auch mit einem Blick auf die Entwicklung der Kapitalerhaltungsrechtsprechung. (aa) G  esellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht – Die Entscheidung „Dritter Börsengang“ Der BGH rechnet eine Zahlung an einen Dritten dem Gesellschafter dann zu, wenn dieser am Dritten maßgeblich beteiligt ist – also bestimmenden Einfluss ausüben kann und dadurch Zugriff auf die Leistung hat.599 Dies solle allerdings – so die Entscheidung „Dritter Börsengang“ – nur vorliegen, wenn ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht gegenüber dem Geschäftsführungsorgan bestehe.600 Damit setzt der BGH seinen bislang in der Kapitalaufbringung und dem ehemaligen Eigenkapitalersatzrecht beschrittenen Weg fort.601 Der Sachverhalt war folgender: Die Deutsche Telekom AG gab in den USA eine Registrierungserklärung („registration statement“) ab, die gleichzeitig die Grundlage für die US-amerikanische Prospekthaftung bildet. Sie 597  Cahn,

Kapitalerhaltung im Konzern, S. 36. v. 31.05.2011, BGHZ 190, 7 (Tz. 42) – Dritter Börsengang. 599  BGH v. 31.05.2011, BGHZ 190, 7 (Tz. 42) – Dritter Börsengang. 600  BGH v. 31.05.2011, BGHZ 190, 7 (Tz. 42) – Dritter Börsengang. 601  Vgl. dazu auch die neueste Rechtsprechungsentwicklung im Kapitalaufbringungs- und Eigenkapitalersatzrecht oben I. 1. a) cc). 598  BGH

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

wollte damit öffentlich eigene Aktien platzieren, die von der KfW gehalten wurden. Für diese Erklärung sowie das Verkaufsprospekt übernahm die Telekom die alleinige Verantwortung, obgleich der wirtschaftliche Nutzen voll der KfW zuging. An der KfW war der Bund mehrheitlich beteiligt, er hatte aber keine Mehrheit im Verwaltungsrat, der als Einziger dem Vorstand der KfW Weisungen erteilen konnte. Der BGH hatte somit zu entscheiden, ob die Kapitalerhaltungsvorschriften gegenüber dem Bund anzuwenden seien. Er urteilte, dass eine Leistung an den Aktionär nach § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG auch vorliege: „wenn nicht unmittelbar an den Aktionär, sondern an ein Unternehmen geleistet wird, an dem er maßgeblich beteiligt ist, auf das er bestimmenden Einfluss ausübt und dadurch Zugriff auf die Leistung hat (vgl. zum Eigenkapitalersatzrecht BGH, NZG 2008, 507 = NJW-RR 2008, 1134 = ZIP 2008, 1230 [1231]) oder sie veranlasst hat“.602

Die mehrheitliche Beteiligung an der KfW durch die Bundesrepublik reiche für eine Zurechnung dieser zur KfW aber nicht aus. Der BGH führt dazu aus: „Die Bekl. zu 1 [die Bundesrepublik] ist an der Bekl. zu 2 mehrheitlich beteiligt, sie hatte aber im Jahr 2000 nach den gesetzlichen Vorschriften keine Möglichkeit, auf die Bekl. zu 2 durch Weisungen Einfluss zu nehmen, der ihr einen unmittelbaren Zugriff auf deren Vermögen erlaubte.“603

Diese Entscheidung macht deutlich, dass das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht Zurechnungsvoraussetzung im gesamten Kapitalschutz ist. Die Verweisung auf die Eigenkapitalersatz-Entscheidung in NZG 2008, 507 (darin wird auf „Flender“ verwiesen), mithin auch mittelbar auf das Kapitalaufbringungsrecht, zeigt: Der BGH hat aufgehört nur in den einzelnen Kategorien (Kapitalerhaltung, Eigenkapitalersatzrecht und Kapitalaufbringung) zu denken. Vielmehr betont er nun einen einheitlichen Zurechnungsgrund für den gesamten Kapitalschutz. Weiter ist interessant, dass hier auch ein Blick auf die anderen Zurechnungskonstellationen gewagt wird. Was für Zurechnungen von oben nach unten gilt, scheint auch in umgekehrter Richtung zu tragen. Während das Urteil vom 05.05.2008604 die Zurechnung einer Tochter zur Mutter behandelte, ging es im vorliegenden Fall um die Zurechnung der Mutter zur Tochter. Der BGH hat ohne weiteren Hinweis sein Zurechnungskriterium auch auf diese Konstellation übertragen. Er 602  BGH

v. 31.05.2011, BGHZ 190, 7 (Tz. 42) – Dritter Börsengang. v. 31.05.2011, BGHZ 190, 7 (Tz. 43) – Dritter Börsengang. 604  BGH v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07, NZG 2008, 507 siehe dazu auch oben Zweites Kapitel, I. 1. a) cc) (2) (b) (aa), in diesem Urteil wurde das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht erstmals eindeutig benannt. 603  BGH



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters211

hat damit zwar noch nicht klargemacht, ob das Kriterium wirklich für alle Konstellationen gelten soll, eine solche Tendenz lässt sich aber ablesen. (bb) „ Dritter Börsengang“ stellt das Ende einer Entwicklung der Rechtsprechung dar Wie auch im Recht der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen zeigt sich das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht als Ende einer Entwicklung. Der Eigenkapitalersatz wurde früher analog aus den §§ 30, 31 GmbHG, §§ 57, 62  AktG hergeleitet. Eigenkapitalersatz- und Kapitalerhaltungsrecht liefen daher lange Zeit gleich605 – lediglich der § 32a GmbHG a. F. hatte eine Änderung gebracht. Auch im Eigenkapitalersatzrecht modellierte der BGH seine Zurechnungskriterien nach den Notwendigkeiten der zu entscheidenden Fälle und entwickelte sie damit Stück für Stück weiter. Die uneingeschränkte Zurechnung von verbundenen Unternehmen (§ 15 AktG) zum Gesellschafter(vermö­ gen)606 wich einer Zurechnung aufgrund der „maßgeblichen Beteiligung“607 – anfangs ohne inhaltliche Änderung. Hier deckten sich die Entscheidungen zum Eigenkapitalersatzrecht wörtlich mit denen zum Verbot der Einlagenrückgewähr.608 Der methodische Unterschied wurde nicht näher thematisiert: Einerseits wandte der BGH für das Eigenkapitalersatzrecht die Verbote auch auf die dritten Gesellschaften an;609 anderseits rechnete er bei der Kapitalerhaltung die dritten Gesellschaften dem Gesellschafter zu. Daher liefen die Zurechnungskriterien weiterhin gleich. Wie oben schon nachvollzogen610 führte der BGH dann die maßgebliche Beteiligung immer näher an die Weisungsabhängigkeit heran. Dies hat schließlich dazu geführt, dass er über sein Urteil vom 05.05.2008611 und dann letztendlich auch für das Kapitalerhaltungsrecht mit der Entscheidung „Dritter Börsengang“612 das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht zur Zurechnungsvoraussetzung erhoben hat. 605  Siehe etwa BGH v. 21.09.1981, BGHZ 81, 311 (315); BGH v. 10.10.1983 – II  ZR 233 / 82, NJW 1984, 1036. 606  BGH v. 21.09.1981, BGHZ 81, 311 (315). 607  BGH v. 14.10.1985 – II ZR 276 / 84, NJW-RR 1986, 579 (580). 608  BGH v. 13.11.1995 – II ZR 113 / 94, NJW 1996, 589 (590); BGH v. 22.10.1990  – II  ZR  238 / 89, NJW 1991, 1057 (1059). 609  So etwa BGH v. 21.06.1999 – II ZR 70 / 98, ZIP 1999, 1314 (1315). 610  Zweites Kapitel, I. 1. a) cc) (2) (a). 611  BGH v. 05.05.2008 – II ZR 108 / 07, NZG 2008, 507. 612  BGH v. 31.05.2011, BGHZ 190, 7 – Dritter Börsengang.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

bb) Die Zurechnung der Gesellschafterstellung – Analoge Anwendung der Kapitalerhaltungsnormen Eine Lösung nur über die Zurechnung zum Vermögen des Gesellschafters reicht nicht. Aber warum? – Erstens geht es nicht bloß um die Abgrenzung von Vermögenssphären. Vielmehr fragt die Kapitalerhaltung danach, wann der Gesellschafter sein Risiko aus der Gesellschaft herausverlagert. Zweitens führen die Rechtsfolgen einer solchen Vermögenszurechnung zu ungerechten Ergebnissen. – Als Lösung sollen daher die Kapitalschutzvorschriften analog auf die dritte Gesellschaft angewendet werden. (1) Zurechnung zum Vermögen des Gesellschafters reicht nicht Oben wurde schon festgestellt, dass die h. M. der Literatur mit ihren Zurechnungskriterien die Beteiligungsschwelle ermittelt, ab der ein Vorteil des Gesellschafters für die Kapitalerhaltung relevant wird. Es geht mithin um mehr als den bloßen wirtschaftlichen Vorteil. Dies zeigt auch der Hinweis aus der Literatur: Das Vermögen werde erst für den Kapitalschutz relevant, wenn darauf zugegriffen werden könne.613 Dem kann mit Blick auf den BGH zugestimmt werden. Denn das Gericht stellt auf die rechtlich gesicherte Möglichkeit ab, Einfluss auf den einzelnen Vermögensgegenstand per Weisung nehmen zu können.614 Gesellschaftervermögen und das Vermögen der Tochtergesellschaft sind aber dennoch zweierlei. Der Gesellschafter darf nicht die Minderheitsgesellschafter übergehen und unterliegt bei Entnahmen von oder Einflussnahmen auf Vermögensgegenstände der Kapitalbindung der empfangenden Gesellschaft. Es handelt sich deshalb – auch bei rechtlich gesicherter Weisungsmöglichkeit – nicht um unbeschränktes Vermögen des Gesellschafters, welches etwa mit seinem privaten Bankvermögen gleichzusetzen wäre. Im Fall sollte man daher nicht das Vermögen der T2 mit dem der M gleichsetzen. Vielmehr sollte man klären, ob sich in der Auszahlung an T2 die gleichen kapitalschutzrechtlichen Gefahren realisieren wie in einer Auszahlung an M – wann also die Glaubwürdigkeit der Risikozusage (der M) verloren geht. Anders gewendet: Wann hat das Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis zwischen M und T1 zur Auszahlung im Verhältnis T1-T2 geführt?

613  Bayer, in: MünchKomm AktG, § 57 Rn. 72; Michalski, AG 1980, 261, 266 f.; Geßler, in: FS Fischer, S. 131 (148). 614  BGH v. 31.05.2011, BGHZ 190, 7 (Tz. 42) – Dritter Börsengang.



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters213

(2) D  ie Rechtsfolgen der h. M. führen zu ungerechten Ergebnissen Auch mit Blick auf die Rechtsfolgen offenbart sich ein Problem der h. M.: Die Rechtsfolgen belasten die Akteure ungerecht. Rechnet man abhängige und im Mehrbesitz stehende Unternehmen dem Gesellschaftervermögen zu, verstoßen Zahlungen an diese gegen § 30 GmbHG, § 57 AktG. Daraus folgt gemäß der h. M., dass der Gesellschafter (M) von der Gesellschaft (T1) nach § 31 GmbHG, § 62 AktG in Anspruch genommen wird. Er muss sodann die gesamten verbotswidrigen Leistungen zurückgewähren.615 Daraus ergibt sich folgende Ungerechtigkeit: Der Gesellschafter muss die volle Leistung zurückgewähren, obgleich er an dieser nur mit seiner Beteiligungsquote profitiert. Würde er selbst den Wert der erhaltenen Leistung an die T1 zurückerstatten, würde ihm damit ein Verlust entstehen. Dies zeigt folgendes Rechenbeispiel:

Abbildung 28: Rechenbeispiel bei 60-prozentiger Inhaberschaft der Tochtergesellschaft

M ist mit einem Anteil von sechzig Prozent an T2 beteiligt. T1 zahlt 100 an T2. M wird diese Zahlung voll zugerechnet. Daraufhin fordert T1 die vollen 100 von M nach §§ 31 GmbHG, 62 AktG zurück. Durch ihre Beteiligung partizipiert M an der Wertsteigerung der T2 zu 60. Sie zahlt jedoch 100 an T1. Es verbleibt ihr eine Summe von –40. Diesem Dilemma könnte auf zwei Wegen begegnet werden: Mit einer atypischen Erfüllung der §§ 31 GmbHG, 62 AktG616 oder dem Weg über die analoge Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften. 615  Aus dem Umkehrschluss Altmeppen, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 62; Hueck / Fastrich, in: Baumbach / Hueck (Hrsg.) GmbHG, § 31 Rn. 13 i. V. m. Rn.  10; Bayer, in: MünchKomm AktG, § 62 Rn. 14 i. V. m. § 57 Rn. 70 ff.; eine doppelte Inanspruchnahme befürwortend T. Fleischer, in: Henssler / Strohn (Hrsg.), GesR, § 31 GmbHG Rn. 13, 17; Hüffer, AktG, § 62 Rn. 5. A. A. Bayer, in: MünchKomm AktG, § 62 Rn. 47 ff., der nur einen Wertausgleich von der Muttergesellschaft verlangt und Verse, in: Scholz (Hrsg.) GmbHG, § 30 Rn. 11 f. 616  Wie dies etwa Bayer, in: MünchKomm AktG, § 62 Rn. 47 ff. und Verse, in: Scholz (Hrsg.) GmbHG, § 30 Rn. 11 f. fordern.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Man könnte zunächst an eine Hilfskonstruktion denken und §§ 31 GmbHG, 62 AktG atypisch erfüllen. Danach könnte M ihre Verpflichtung aus §§ 31 GmbHG, 62 AktG dadurch erfüllen, dass sie die T2 anweist, die Rückforderung zu begleichen. Dann dürften aber die Minderheitsgesellschafter gegen solch eine (in ihrem Grundsatz treuwidrige) Anweisung zugunsten des Kapitalerhaltungsrechts keine Einwände erheben. Andernfalls könnte M ihre Weisung nicht durchsetzen. Offen bliebe dabei, wie diese Konstruktion durchzusetzen wäre, wenn es sich bei T2 um eine AG handelte. Der Vorstand als weisungsfreies Organ müsste einer Anweisung von M nicht Folge leisten, dürfte dies schlichtweg auch nicht. Dass diese Lösung von den §§ 30 GmbHG, 57 AktG gedeckt wäre, hilft ebenfalls nicht weiter. Bei Auslegung der Kapitalerhaltungsvorschriften ist T2 nicht deren Adressat. Auch wenn die Transaktion wegen Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften nichtig wäre, hätte M keinen Einfluss darauf, wie rückabgewickelt würde. M daher die Verpflichtung aufzuerlegen, T2 zur Rückabwicklung zu bewegen, macht keinen Sinn. Eine Rückabwicklung könnte dann nur nach den allgemeinen, für T1 schlechteren617 bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zwischen T1 und T2 erfolgen. (3) Analoge Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften auf die dritte Gesellschaft als Lösung Aber wie kann man nun die Umgehung der Kapitalerhaltungsvorschriften verhindern und dennoch die Lasten gerecht verteilen? Zurechnung zum Gesellschafter ist nicht die einzige Möglichkeit. Die Verquickung von Zurechnung und Rechtsfolge macht es notwendig, über eine analoge Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften auf die dritte Gesellschaft nachzudenken. Analogie ist erforderlich, weil T2 selbst keine Gesellschafterin der T1 ist. Sie ist auch keine mittelbare Gesellschafterin der T1 und kann demnach auch nicht einem Gesellschafter gleich Einfluss auf die T1 ausüben. Vielmehr ist sie ihrerseits abhängig von der M. Für eine Analogie müsste man neben einer Regelungslücke also feststellen, warum die Zahlung an T2 einer Zahlung an M derart gleichsteht, dass sie ebenfalls zu verbieten ist. Dazu rufe man sich den Zweck der Kapitalschutzvorschriften in den Sinn und versuche diesen so gut wie möglich im Drei-Personen-Verhältnis zu anzuwenden. 617  T2 könnte sich dann auf den Einwand der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB berufen.



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters

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Ziel der Rückforderungsansprüche nach §§ 31 GmbHG, 62 AktG ist die Wiederauffüllung des Nominalkapitals bzw. für Aktiengesellschaften sogar des Gesellschaftsvermögens.618 Der Rückgewähranspruch ist dabei im Grundsatz auf die Rückabwicklung der Ursprungsgeschäfte gerichtet – soll heißen auf Leistung in corpore.619 Die Leistung in corpore zurückzugewähren, lässt sich am besten verwirklichen, wenn man beim Empfänger ansetzt. Dies allein kann aber noch keine Analogie rechtfertigen. Vielmehr muss mit den oben620 entwickelten Grundsätzen danach gefragt werden, ob die Rückgewähr durch den Empfänger, also durch T2, auch die Risikoverteilung des Gesellschafters wieder herstellt. Machen T1 und T2 das konkrete Geschäft rückgängig oder gleichen sie dessen Wert aus, stehen beide Gesellschaften im Ergebnis so, wie sie vor der Transaktion standen. Für M würde sich nach der Rückabwicklung somit die Risikoverteilung an beiden Gesellschaften so darstellen wie vor dem verbotenen Geschäft. Auf T2 könnte man aber nicht zugreifen, wenn man der h. M. und dem BGH folgte und die Zahlung an T2 der M zurechnete. Denn dann fehlte es an einer Regelungslücke für eine zusätzliche Analogie gegenüber T2. Dies ergibt sich aus Folgendem: Wird M nach §§ 31 GmbHG, 62 AktG in Anspruch genommen, muss diese den Nominalkapitalbetrag (für die AG das gesamte verletzte Gesellschaftsvermögen) wieder auffüllen. Das ist auch Gesetzeszweck der Kapitalerhaltungsvorschriften. Wenn aber der Gesetzeszweck durch die Inanspruchnahme der M schon erfüllt ist, fehlt es an einer Regelungslücke für eine analoge Anwendung der Vorschriften auch auf die T2. In diesem Fall ist eine Inanspruchnahme der T2 gar nicht möglich – anders als dies teilweise sowohl von Rechtsprechung621 als auch Literatur622 vorgeschlagen wird. Eine Rückforderung von T2 wäre dann nur nach den allgemeinen Bereicherungsgrundsätzen denkbar. Wenn aber eine Rückforderung von T2 dieje618  Cahn,

in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 62 Rn. 22. in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 62 Rn. 22; a. A. Bayer, in: MünchKomm AktG, § 62 Rn. 47 ff. 620  Vgl. Erstes Kapitel, II. 3. 621  BGH v. 13.11.1995, II ZR 113 / 94, NJW 1996, 589 (590); zum Eigenkapitalersatzrecht auch BGH v. 16.12.1991, ZIP 1992, 242 (244); offen gelassen in: BGH v. 27.11.2000, ZIP 2001, 115 (116). 622  Bayer, in: MünchKomm AktG, §  62 Rn. 22; Habersack, in: GroßKomm GmbHG, § 30 Rn. 73; differenzierend Canaris, in: FS Fischer, S. 31 (42 ff.) der nicht auf die Regelungslücke eingeht und nur bei vollständiger Identität der Aktionäre von leistender und empfangender Gesellschaft eine Anwendung auf T2 annimmt. Den Gesellschafter will er nur quotal in Anspruch nehmen; Altmeppen hingegen nimmt eine Rückforderung an, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 65; gänzlich eine Anwendung auf T2 ablehnend Heidinger, in: Michalski GmbH, § 30 Rn. 182. 619  Cahn,

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

nige ist, die dem Gesetzeszweck am besten entspricht, sollte mit einer Analogie gearbeitet werden. Eine Frage bleibt: Wie ist die Analogie zu verwirklichen und wann kommt sie zum Tragen? (a) Cahns Lösung: Originäre causa societatis im Verhältnis T1-T2 Cahn geht zur Klärung der Analogiefrage richtigerweise auf die Grundlagen des Kapitalerhaltungsrechts zurück:623 Die Regeln der Kapitalerhaltung, wie die Regeln des Kapitalschutzes überhaupt, dienen dazu, der „besondere[n] Motivationslage im Verhältnis der Gesellschaft zu ihren Gesellschaftern“624 Rechnung zu tragen; sie trügen Vorsorge dafür, dass das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter nicht den marktwirtschaftlichen Grundsätzen entspreche. Dies zeige sich in der causa societatis – dem subjektiven Element nur aufgrund der mitgliedschaftlichen Verbindung zu leisten – sie sei im direkten Verhältnis Gesellschaft-Gesellschafter unwiderleglich zu vermuten.625 Für Schwestergesellschaften stellt Cahn daher zu Recht darauf ab, dass für eine Anwendung der Kapitalerhaltungsgrundsätze (und damit kann er eigentlich nur eine Analogie meinen) eine causa societatis im Verhältnis zwischen den Schwestergesellschaften vorliegen müsse. Er meint, sie lasse sich aus der Interessenlage im Konzern herleiten. Im Konzern träten die Interessen des einzelnen Unternehmens gegenüber den Interessen des Konzernverbandes häufig in den Hintergrund. Daher sei, wie im Verhältnis Gesellschaft-Gesellschafter, das für den Drittvergleich notwendige Eigennutzprinzip nicht notwendigerweise gegeben. Ließen Schwestergesellschaften ihre Transaktionen vom Konzerninteresse bestimmen, läge hierdurch eine dem Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis vergleichbare Konstellation vor – sowohl hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Grundlage als auch hinsichtlich der Gefahr für das Vermögen der leistenden Gesellschaft. Cahn nimmt also immer dann eine analoge Anwendung der kapitalerhaltungsrechtlichen Vorschriften an, wenn die Leistung zwischen T1 und T2 gerade aufgrund des Konzerninteresses erfolgt.626 Bei seiner Zurechnungsregel handelt es sich um eine Analogie aufgrund subjektiver Merkmale. Um zu einer wirksamen Umgehungsverhinderung zu 623  Cahn,

Kapitalerhaltung Kapitalerhaltung 625  Cahn, Kapitalerhaltung 626  Cahn, Kapitalerhaltung 624  Cahn,

im im im im

Konzern, Konzern, Konzern, Konzern,

S. 51 ff. S. 52. S. 59. S. 61 f.



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters217

gelangen installiert Cahn eine Beweislasterleichterung. Da die causa societatis ein subjektives Merkmal der Leistung ist, will er der leistenden Gesellschaft die Beweislast auferlegen. Sie könne ihre eigenen Gründe für die Leistung leicht beweisen. Eine Ausnahme macht er nur im Fall, in dem Gläubiger (§ 62 Abs. 2 AktG) für die leistende Gesellschaft die Ansprüche durchzusetzen versuchen.627 Cahns Lösung ist bis auf zwei Punkte stimmig: Erstens sollte man sich methodisch klar zur Analogie bekennen, und diese kann nur dann angenommen werden, wenn M nicht schon selber haftet; zweitens kann die häufig schwierig festzustellende causa societatis objektiviert werden. Die daraus entstehende Lösung ist gerecht und auch für die Kapitalerhaltung und das gesamte Kapitalschutzrecht stimmig. (b) Gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht lässt die Gesellschafterstellung in T2 „fortwirken“ Einer Haftung der T2 bedarf es nur in dem Fall nicht, in dem der Gesellschafter das Nominalkapital schon wieder aufzufüllen hat. Mit dem Zweck des Nominalkapitals gesprochen besteht der Risikobeweis des Gesellschafters dann weiter, wenn dieser zur Rückübertragung des Geleisteten verpflichtet ist. Eine analoge Anwendung der Kapitalschutzregeln auf T2 kommt nur infrage, wenn es nicht zur Haftung der M kommt. Mit der hier vertretenen Lösung ist dies immer dann der Fall, wenn keine Veranlassung seitens der M vorliegt oder sie nicht zu beweisen ist. Wie Cahn richtig feststellt,628 muss zwischen T1 und T2 eine causa societatis vorliegen. Er leitet ein solches Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis aus dem Konzerninteresse her. Dieser Überlegung liegt der Gedanke zugrunde, dass in der Transaktion zwischen T1 und T2 das Interesse der Konzernmutter M berücksichtigt wird. Mit diesem Blick auf die Interessen der M ist aber Folgendes gesagt: Wenn diese wesentlich für die wirtschaftlichen Entscheidungen der T2 sind, kann sich T2 gegenüber den Kapitalerhaltungsvorschriften nicht darauf berufen, kein Gesellschafter von T1 zu sein. Denn das gebundene Vermögen der T1 ist vor Ausschüttung geschützt, das heißt gegen ein Abfließen zugunsten und im Interesse ihrer Gesellschafter. Fraglich ist daher nur, wann T2 die Interessen der M wahrnimmt. Cahn fordert das subjektive Kriterium „causa societatis“ zu beweisen und gewährt lediglich außenstehenden Klägern eine Beweiserleichterung.629 627  Cahn,

Kapitalerhaltung im Konzern, S. 63. Kapitalerhaltung im Konzern, S. 61 f. 629  Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 63. 628  Cahn,

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Das Zurechnungskriterium sollte aber vielmehr objektiviert werden. Das heißt, dem Rechtsanwender sollte klar sein, in welchen Beteiligungsfällen es zu einer Zurechnung kommt. Eine Zurechnung an objektiven Kriterien erhöht die Rechtssicherheit ungemein. Das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht ist ein solches, objektives Kriterium. Hat M gegenüber T2 ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht, kann sie die Entscheidungen der T2 jederzeit beeinflussen. Auch wenn M die einzelne Entscheidung im Vorhinein nicht beeinflusst hat, handelt die T2 nicht als völlig eigenständige Dritte. M könnte auch nachträglich die Vorteile aus der Transaktion nutzen. Sie könnte dies tun durch Entnahmen630 oder durch sonstige Beeinflussung der Gesellschaft zu ihren Gunsten. Das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht ist auch notwendig für eine solche Zurechnung. Handelt der Vorstand weisungsunabhängig und ist nur dem gesellschaftlichen Wohle verpflichtet, sind zwar faktische Einflüsse der Obergesellschaft möglich, es handelt sich aber nicht um eine Interessenlage wie zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, weil ein autonom handelnder Dritter eingeschaltet ist. Für die Frage, wann ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht vorliegt, siehe oben Erstes Kapitel, III. 3. b). Hat M ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht gegenüber T2, reicht ihr Einfluss so weit, dass in einer Transaktion zwischen T1 und T2 nicht mehr vom marktwirtschaftlichen Eigeninteresse der T2 ausgegangen werden kann. Diese wird anhand objektiver Kriterien bestimmt. Das heißt, auch ohne Nachweis einer konkreten Einflussnahme auf die Entscheidung der T2 wird dieser die Gesellschafterstellung zugerechnet. Das ist Ausdruck des Glaubwürdigkeitsschutzes des Nominalkapitals. Denn es wird vor Verschiebungen im Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis geschützt. Darüber hinaus muss der Markt aber auch darauf vertrauen können, dass dieser Schutz ebenso greift, wenn zwar nicht der Gesellschafter selbst handelt, dieser aber derartigen Einfluss auf einen Dritten ausüben kann, dass der Dritte nicht mehr eigenständig wirkt. Dahingegen benötigt der Markt eine solche Schutzzusage nur dort, wo auch rechtlich gesicherter Einfluss des Gesellschafters gegeben ist. Faktische Einflussmöglichkeiten wohnen dem Geschäftsverkehr von Hause aus inne und sind Ausdruck der natürlichen Risikoverteilung.

630  Man beachte aber die Rechte der Minderheitsgesellschafter, vgl. dazu oben Erstes Kapitel, III. 3. b) ff) (2).



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters219

cc) Rechtsfolge oder: Wer ist Schuldner des Rückforderungsanspruchs? Für die Zurechnung verbundener Tochterunternehmen auf Gesellschafterseite gilt eine Zweiteilung. Sie geht aus von der Grundaussage: Die §§ 31 GmbHG, 62 AktG stellen als Kehrseite zum Auszahlungsverbot den „Rückgewähranspruch gegen den Auszahlungsempfänger“631 dar. Sie treffen daher den Adressaten der §§ 30 GmbHG, 57 AktG. Damit gilt: ○ Veranlasst M die T1 zur Zahlung an T2, hat sie nach den §§ 31 GmbHG, 57 AktG die gesamte Summe an T1 zurückzuzahlen. ○ Liegt keine Veranlassung vor, oder ist diese nicht zu beweisen, kommt es zur analogen Anwendung der §§ 30 GmbHG, 57 AktG, wenn M gegenüber T2 ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. Dann sind auch die §§ 31 GmbHG, 62 AktG auf die T2 analog anzuwenden.632 T2 hat demnach den Vorgang rückabzuwickeln. dd) Ergebnis für die Kapitalerhaltung Schüttet die Gesellschaft (T1) offen oder verdeckt einen Betrag zulasten ihres Nominalkapitals an die Tochtergesellschaft (T2) ihrer Gesellschafterin (M) aus, fällt der Vorgang unter die Kapitalerhaltungsvorschriften wenn: ○ M die T1 dazu veranlasst oder ○ M gegenüber T2 ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. Hat M die T1 zur Auszahlung veranlasst, kommt man allein schon durch Auslegung der §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG zu diesem Ergebnis. Dann ist der Anspruch aus §§ 31 GmbHG, 62 AktG gegen M gerichtet. Sie muss den gesamten verbotswidrig „erlangten“ Vorteil an T1 zurückgewähren. Hat M gegenüber T2 ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht, müssen die §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG analog auf die T2 ausgedehnt werden. Dann muss T2 den Vorteil gemäß §§ 31 GmbHG, 62 AktG zurückgewähren.

631  Ekkenga,

in: MünchKomm GmbHG, § 31 Rn. 1. anderen Gründen aber i. E. ebenso Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttung, S. 115. 632  Aus

220

2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

2. Zurechnung von Muttergesellschaften (von oben nach unten)

Abbildung 29: Zurechnungskonstellation von oben nach unten auf Gesellschafterseite

Die zweite Zurechnungskonstellation aufseiten des Gesellschafters ist die Zurechnung von oben nach unten, also die Zurechnung von Muttergesellschaften. Kapitalschutzrechtliches Betrachtungsobjekt ist die Enkelin E, deren Gesellschafterin die T und deren mittelbare Gesellschafterin die M ist. Für die vorliegende Untersuchung wird dieser Sachverhalt dann relevant, wenn zwischen M und E Vermögen verschoben wird. Dann muss für die einzelnen Tatbestände gefragt werden: Inwieweit ist M der T zuzurechnen und inwieweit sind die Regeln, die gegenüber T gelten, auch gegenüber der M anwendbar? a) Kapitalaufbringung am Beispiel der verdeckten Sacheinlage Die Kapitalaufbringung soll zunächst wieder anhand der verdeckten Sacheinlage betrachtet werden. Später werden die Besonderheiten der Nachgründung und des Hin- und Herzahlens ergänzt. Für die verdeckte Sacheinlage gilt folgender Sachverhalt:

Abbildung 30: Zurechnungskonstellation von oben nach unten auf Gesellschafterseite im Kapitalaufbringungsrecht



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters221

E erhöht ihr Kapital. T zeichnet die Kapitalerhöhung. In zeitlich-sachlicher Nähe veräußert M der E einen Vermögenswert; E zahlt den vereinbarten Preis. Fraglich ist, ob und unter welchen Voraussetzungen das Rechtsgeschäft zwischen M und E den Beschränkungen der §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG unterliegt. Fraglich ist auch, wie die Rechtsfolgen der verdeckten Sacheinlage wirken – insbesondere wer die Lasten dieser Verbotsvorschriften trägt. Der letzte Punkt ist deshalb besonders zu beachten, weil hier die „Konzernmutter“ M nicht die Adressatin der Vorschriften zur verdeckten Sacheinlage ist.633 aa) Tatbestandliche Zurechnung Anders als bei der Zurechnung von Tochtergesellschaften auf Gesellschafterseite hat man sich bislang noch recht wenig mit der Zurechnung von Muttergesellschaften auf Gesellschafterseite beschäftigt. Die Struktur der Zurechnung – die juristische Operation zur Ausdehnung der Kapitalaufbringungsvorschriften – unterscheidet sich allerdings deutlich von der oben bearbeiteten Zurechnungskonstellation. Denn die Gesellschafterin (T1) hat keinen Zugriff auf die Leistung. Ein möglicher Vorteil kann ihr deshalb nicht zufließen. Hier kann der Gesellschafter von der Muttergesellschaft instrumentalisiert werden. Methodisch erfordert dies mitunter eine analoge Anwendung der Vorschriften zur verdeckten Sacheinlage. Daraus wiederum folgen Probleme mit der Rechtsfolge. (1) Problemdarstellung M und E schließen ein potenziell verbotswidriges Geschäft. M hingegen ist nicht Gesellschafterin der E. Daran ändert auch nichts, dass sie als mittelbare Gesellschafterin bezeichnet wird: Weder das GmbHG noch das AktG kennen diesen Begriff. Oben wurde erklärt, dass für die §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG die Sacheinlagevorschriften umgangen werden müssen.634 Diese gelten nur für den Gesellschafter, welcher M nicht ist. Daher gibt es nur zwei Möglichkeiten, wie die Vorschriften der verdeckten Sacheinlage das Geschäft zwischen M und E erfassen: Entweder es wird als ein Geschäft der T ge633  Die Eigenschaft der M als originäre Adressatin der Vorschriften zur verdeckten Sacheinlage macht es einfach, die Rechtsfolgen bei der Zurechnung von Töchtern auf Gesellschafterseite zu bestimmen, vgl. oben Zweites Kapitel, I. 1. a) gg). 634  Siehe oben Zweites Kapitel, I. 1. a) aa).

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

wertet (Auslegung) oder die M wird als Gesellschafterin der E behandelt (Analogie)635. (2) V  eranlassung als Auslegung des Tatbestandes Zunächst ist danach zu fragen, ob es nicht Fälle gibt, in denen das Geschäft von M und E als eines der T zu werten ist. Die Überlegung, dass bestimmte Geschäfte rechtlich nicht beteiligten Rechtssubjekten zugewiesen werden, wurde oben schon dargelegt.636 Veranlasst T die E dazu, mit der M zu kontrahieren, macht sie deutlich, dass das Geschäft zwischen E und M nicht frei vom Gesellschaft-Gesellschafter-Konflikt ist (der zwischen T und E besteht). Mögliche Abflüsse aus dem gebundenen Vermögen würden den Zwecken der T als Gesellschafterin dienen. Durch ihre Einflussnahme rückt die T das Geschäft in den Fokus der Kapitalaufbringungsnormen. Dies erkennen auch Teile der Literatur an.637 Veranlasst T das Geschäft zwischen E und M, sind die §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG darauf anzuwenden. Nun könnte man eine Veranlassung vermuten, wenn eine Konzernlage zwischen M und T besteht.638 Diese Vermutung begleitet aber neben der schon erwähnten Kritik639 ein weiteres zentrales Problem. T ist nicht am Vermögen der M beteiligt, sie hat auch keinen Einfluss auf M. Würde man in jedwedem Konzernverhältnis die Vermutung aufstellen, der Vorteil wäre T zugeflossen, müsste diese, obgleich nicht am Vorteil beteiligt, die negativen Rechtsfolgen tragen – also ihren Einlagebetrag erneut leisten.640 Damit würde man Minderheitsgesellschafter der T übermäßig belasten. Eine Veranlassungsvermutung ist demnach abzulehnen.

635  Kritisch zur analogen Ausdehnung der Kapitalaufbringungsvorschriften Heil, NZG 2001, 913 (919). 636  Erstes Kapitel, III. 3. a) aa). 637  Arnold, in: KölnKomm AktG, § 27 Rn. 102; Heidinger / Benz, in: Spindler /  Stilz (Hrsg.), AktG, § 27 Rn. 164; Pentz, in: MünchKomm AktG, § 27 Rn. 125; Ulmer, in: GroßKomm GmbHG, § 5 Rn. 176; ähnlich auch Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, S. 254, der aber die Veranlassung als Zurechnungskriterium zu sehen scheint; U. H.  Schneider, in: Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht, S. 138 (148), der noch die interne Abrechnung als weiteres Kriterium fordert und hier von einer analogen Anwendung ausgeht. 638  So U. H.  Schneider, in: Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht, S. 138 (148). 639  Vgl. oben Erstes Kapitel, III. 3. a) dd); Zweites Kapitel, I. 1. a) dd); Zweites Kapitel, I. 1. b) aa) (2). 640  Siehe dazu auch unten Zweites Kapitel, I. 2. a) cc).



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters223

(3) B  ehandlung der M als Gesellschafterin der E – Analogie Die zweite Möglichkeit, die Vorschriften der verdeckten Sacheinlage auf das Geschäft zwischen E und M anzuwenden, besteht darin, die M als „Gesellschafterin“ der E zu behandeln. So zum Beispiel, wenn sie ihre Tochtergesellschaft zwischenschaltet, um ihrer Verantwortung zur realen Kapitalaufbringung zu entgehen. Umgehungsschutz ist daher auch über die Veranlassung hinaus notwendig.641 Das geht wegen der fehlenden Gesellschafterstellung der M nur über eine Analogie. Zwar bekennt man sich häufig nicht zu diesem methodischen Vorgehen, letztlich kommen die Literatur und Rechtsprechung aber auf diesem Wege zu ihren Ergebnissen. Die Lösungen von Literatur und Rechtsprechung beseitigen aber nicht alle Probleme. Daher soll wieder das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht für Abhilfe sorgen. (a) V  ergleich zur Treuhand Der Sachverhalt ist auf den ersten Blick vergleichbar mit dem Zwischenschalten eines Treuhänders. Der Treuhänder arbeitet, ähnlich wie der Strohmann, nur formal auf eigene Rechnung. Tatsächlich arbeitet er auf Rechnung der Gesellschaft, wodurch die Rechtshandlungen das Vermögen der Gesellschaft betreffen – mindestens über die schuldrechtliche Verbindung von Treugeber und Treunehmer. Außerdem ist der Treuhänder den Weisungen des Treugebers unterworfen. T, wäre sie Treuhänderin, hielte ihre Gesellschaftsanteile an E für Rechnung der M und müsste in deren Sinne handeln. Im Vergleich dazu handelt T als Tochtergesellschaft der M, über die Gesellschaftsanteile vermittelt, ebenfalls „auf Kosten“ ihrer Gesellschafterin. Aus dem Vergleich zum Treuhänder leitet ein Teil der Literatur die Zurechnung von „Mutterunternehmen“ her.642 Sieht man sich den Vergleich zum Treuhänder aber näher an, stellt man jedoch Unterschiede fest. T und M sind rechtlich selbstständige Personen, die zwar, vermittelt über die Beteiligung der M an T eine gewisse Verbindung aufweisen, aber wegen des Trennungsprinzips voneinander unabhängig sind. Es handelt sich nicht um ein Treuhandverhältnis. Anders als der Treuhänder ist die Tochter weder stets weisungsgebunden, noch handelt sie auf Rechnung der Mutter. Um eine kapitalaufbringungsrechtliche Verantwortlichkeit der Mutter herzustel641  Bork,

NZG 2007, 375 (376). in: MünchKomm GmbHG, § 19 Rn. 217; Verse, in: Henssler / Strohn (Hrsg.), GesR, § 19 GmbHG Rn. 38. 642  Märtens,

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

len, reicht es demnach nicht, auf die Ähnlichkeit zur Treuhand zu verweisen. Das Trennungsprinzip erlaubt es auch nicht, wie etwa v. Schnurbein, davon zu sprechen, es handele sich in dieser Zurechnungskonstellation nur um eine Abwandlung der gesetzlich verankerten verdeckten Sacheinlage.643 Dennoch müssen die Vorschriften der verdeckten Sacheinlage auch auf Drittgesellschaften Anwendung finden. Denn, dass die Zahlungen an M und T vergleichbar sind, zeigt das Beispiel der vollständigen Beherrschung der T durch M.644 M ist, auch wenn sie T zu hundert Prozent beherrscht, noch keine Gesellschafterin der E. Die Zwecke der Kapitalaufbringung wären aber leicht zu umgehen, wenn dieser Fall nicht ebenso von den Kapitalaufbringungsvorschriften erfasst wäre. Bei einer vollständigen Beherrschung kann kaum von einer unterschiedlichen Interessenlage der Gesellschaft und des Gesellschafters gesprochen werden. Die Argumentation wäre dann, dass M sich nicht auf ihre fehlende Gesellschafterstellung berufen könnte, weil das Trennungsprinzip für T nicht die notwendige Neutralität einer eigenständigen juristischen Person garantieren kann. Daher muss man die Kapitalaufbringungsvorschriften auch auf die M erweitern. Schwierig ist nun die Frage, wann, abseits dieses deutlichen Beispiels, die Grenze der Analogie zu ziehen ist. Wann erscheint die T nicht mehr als hinreichend selbstständig, so dass man das Trennungsprinzip umgehen kann? (b) Der Weg der Rechtsprechung Der Rechtsprechung des BGH kann für diese Zurechnungskonstellation keine endgültige Lösung entnommen werden. In der „IBH / Lemmerz“-Entscheidung645 lag eine Treuhandvereinbarung vor, die entscheidendes Zurechnungskriterium wurde. Der BGH wies zwar darauf hin, dass die Literatur der Auffassung sei, ein Konzernverhältnis begründe für bestimmte Fallgestaltungen eine Zurechnung. Er ließ diesen Punkt aber ausdrücklich offen.646 „IBH / Lemmerz“ hat daher nur eine gewisse Tendenz zur Zurechnung von Muttergesellschaften im Konzern erkennen lassen. In „Flender“647 643  v. Schnurbein, GmbHR 2010, 568 (571), der mit seinem Beispiel zwischen der Zurechnung von Müttern auf Gesellschafterseite und der Zurechnung von Töchtern auf Gesellschaftsseite nicht sauber trennt. 644  Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, S. 253, spricht von einer wirtschaftlichen Identität, die schon eine Zurechnung rechtfertige. 645  BGH v. 15.01.1990, BGHZ 110, 47; vgl. auch oben Zweites Kapitel, I. 1. a) cc) (1) (a). 646  BGH v. 15.01.1990, BGHZ 110, 47 (67). 647  BGH v. 12.02.2007, BGHZ 171, 113 – Flender; vgl. auch oben Zweites Kapitel, I. 1. a) cc) (1) (g).



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters

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hatte der BGH die Chance gehabt etwas zu dieser Zurechnungskonstellation zu sagen. Dort lag sowohl die Zurechnungskonstellation nach oben, wie auch nach unten auf Gesellschafterseite vor. Er hat die verdeckte Sacheinlage aber schon in der Zurechnungskonstellation von unten nach oben abgelehnt und deshalb auf die Zurechnung von oben nach unten (auch wegen der späteren Verschmelzung) nicht weiter Bezug genommen. Dem BGH hat das Konzerndach alleine gerade nicht ausgereicht.648 Vielmehr hat er erneut die Frage bewusst offen gelassen, wann eine Zurechnung von Müttern stattfindet, – spricht nur von „unter Umständen“.649 (c) M  üller-Eisings Lösung Müller-Eising vertritt insbesondere in dieser Zurechnungskonstellation seine konzerneigene Sichtweise. Er bekennt sich zwar nicht zur Analogie, rechnet aber die Mutter der Tochtergesellschaft zu, wenn ein Konzern vorliegt oder der § 17 Abs. 2 AktG vermuten lässt, dass ein Konzern vorliegt. Die einheitliche Leitung des Konzerns lasse vermuten, dass in ihm die einzelnen Finanzierungsentscheidungen zentral getroffen würden.650 MüllerEising scheint dann die Obergesellschaft zuzurechnen, weil die einheitliche Leitung die Umgehung der Kapitalaufbringungsvorschriften durch Instrumentalisierung der Tochter möglich mache.651 Meines Erachtens ist die Lösung Müller-Eisings in vielen Punkten richtig. Man sollte sich die einzelnen Vorschriften aber noch etwas näher ansehen und die Frage nach der Wirkung der Schutzvorschriften im Auge behalten. Daraus folgt die Antwort auf die Frage nach den Analogievoraussetzungen. Folgenswert erscheint auch hier das Kriterium des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts. (d) E  igener Ansatz – das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht Hat M ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführungsorganen der T, kann sie einzelne Geschäfte der T koordinieren und so den nötigen Einfluss auf die E ausüben, den auch ein Gesellschafter dieser gegenüber ausüben könnte. Dadurch ist auch im mittelbaren Verhältnis M-E nicht garantiert, dass marktwirtschaftliche Regeln eingehalten werden. 648  BGH

v. 12.02.2007, BGHZ 171, 113 (Tz. v. 12.02.2007, BGHZ 171, 113 (Tz. 650  Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, 651  Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, 649  BGH

9) – Flender. 8) – Flender. S. 254. S. 253.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Folge könnte sein, dass M die Risikobeteiligung an E verringert oder gar nicht erst aufbringt. In diesem Fall besteht somit gegenüber M die gleiche Gefahr wie gegenüber T. Daher können die §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG auch analog auf M angewendet werden. Für diese Analogie ist aber das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht notwendig. Ohne diese rechtlich abgesicherte Möglichkeit der Einflussnahme muss sich der Markt darauf verlassen, dass T als juristische Person eigenständig handelt. MüllerEisings Lösung dagegen fasst mit dem Konzernbegriff zu schnell rechtlich selbstständige Unternehmen zusammen, ohne ausreichend auf die einzelnen Tatbestände zu sehen. bb) Offene Sacheinlage – die analoge Anwendung auf M Wie bei den anderen Drittzurechnungsfragen der verdeckten Sacheinlage, ist zu klären, wie der Gegenstand als Sacheinlage hätte eingebracht werden sollen. Denkbar ist auch hier eine Ketteneinbringung.652 Dafür müsste M die Sache an T weitergeben (etwa im Rahmen einer Sachgründung) und T den Vermögensgegenstand bei E offen als Sacheinlage einlegen.653 Es können aber auch in dieser Zurechnungskonstellation steuerliche wie wirtschaftliche Gründe654 gegen eine solche Kettenveräußerung sprechen. In diesem Fall ist die direkte „Einbringung“ bei E unter Einhaltung der Sacheinlagevorschriften viel naheliegender. Nur wie wickelt man eine solche „Einbringung“ rechtlich ab? v. Schnurbein erwägt als Lösung die Einbringung des Kaufpreisanspruches in der T. Diese solle ihn wiederum in die E einbringen, wo er wegen Konfusion untergehe.655 Die Einbringung der Kaufpreisforderung ist zwar eine Möglichkeit, sie krankt aber an zweierlei: zum einen an den Schwierigkeiten, die Kaufpreisforderung zu bewerten,656 zum anderen an der Tatsache, dass sie nur eine Lösung für den Gründungszustand beider Gesellschaften anbietet. Eine Lösung für die verdeckte Sacheinlage zu jedem anderen Zeitpunkt liefert diese Vorgehensweise nicht. Vielmehr macht es die analoge Anwendung der Kapitalaufbringungsvorschriften auf M notwendig, dass man auch die Sacheinlagevorschriften 652  Vgl.

zur Ketteneinbringung oben Zweites Kapitel, I. 1. a) ee). auch v. Schnurbein, GmbHR 2010, 568 (572), der zwar vordergründig eher die Konstellation der Zurechnung von Töchtern auf Gesellschaftsseite bespricht, durch sein Beispiel die hier behandelte Konstellation aber mit abdeckt. 654  v. Schnurbein, GmbHR 2010, 568 (572) nennt mit einem Kauf verbundene Dienstleistungen wie Wartungsarbeiten, die wegen § 27 Abs. 2 Halbsatz 2 AktG nicht Teil einer Sacheinlage sein können. Vgl. auch oben Zweites Kapitel, I. 1. a) ee). 655  v. Schnurbein, GmbHR 2010, 568 (572). 656  Das gesteht auch v. Schnurbein, GmbHR 2010, 568 (573) ein. 653  So



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters227

analog auf M anwendet. Diese Analogie geht verständlicherweise nicht so weit, dass M infolgedessen Gesellschaftsanteile zeichnet. Vielmehr werden, wie dies Müller-Eising vertritt, die Beschränkungen, die eine Sacheinlage mit sich bringt,657 auf das Geschäft zwischen M und E angewandt „QuasiSacheinlage“.658 Denn die Analogie zielt nur auf den Schutz des Nominalkapitals, nicht auf die Gesellschafterstellung als solche. Daraus folgt: Erstens muss die „Quasi-Sacheinlage“, nämlich das Geschäft zwischen M und E, in der Satzung oder im Kapitalerhöhungsbeschluss festgelegt werden (§ 5 Abs. 4 GmbHG). Zweitens muss sie auch schon zur freien Verfügung der Gesellschaft geleistet sein (§ 7 Abs. 3 GmbHG, § 36a Abs. 2 AktG). Drittens müssen die zuständigen Organe dieses Geschäft auf seine Werthaltigkeit prüfen (§§ 33 Abs. 2 Nr. 4, 34 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 AktG). Und viertens ist eine Offenlegung und Bekanntmachung der Vorgänge mitsamt der Unternehmensverbindungen659 notwendig. Werden diese Vorschriften eingehalten und decken sich Wert des Vermögensgegenstandes und die Gegenleistung vonseiten E, stehen auch die Kapitalaufbringungsregeln dem Geschäft nicht entgegen. cc) Rechtsfolgen – die ungewöhnliche Haftung auch der M Werden die analog anzuwendenden Sacheinlagevorschriften nicht eingehalten, schließen sich die Rechtsfolgen der §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG an. Für die Veranlassung ändert sich nichts gegenüber dem ZweiPersonen-Verhältnis. T hat sich durch die Veranlassung zur Vermögensinhaberin aufgeschwungen; ihr ist auch der Vermögensvorteil zugeflossen. Die analoge Anwendung der §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG auf M bereitet mehr Schwierigkeiten. Bei der Zurechnung von Töchtern kommt, wie oben besprochen, der Vermögensvorteil immer auch dem Gesellschafter zu (durch dessen Beteiligung an T2). In der nun zu behandelnden Zurechnungskonstellation, profitiert eine andere Person als der Gesellschafter vom wirtschaftlichen Vorteil. Wendete man die Rechtsfolgen der verdeckten Sacheinlage an, hieße dies, die Einlagen des Gesellschafters (T) gälten als nicht erbracht. Dann müsste T erneut leisten. Gerade für die weiteren Gesellschafter der T (alle außer M) wäre es schwerlich einzusehen, warum die T erneut ihre Einlage erbrin657  §§ 5 Abs. 4, 7 Abs. 3, 9, 9c Abs. 1 Satz 2, 19 Abs. 2 Satz 3, Abs. 4, 56 ff. GmbHG, §§ 27 Abs. 1, 32 Abs. 2, 33 Abs. 2 Nr. 4, 34 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2, 36a Abs. 2, 38 Abs.  2 Satz, 52 f., 183 AktG. 658  Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, S. 255, 270 ff. 659  Darauf wurde bereits oben hingewiesen, vgl. Zweites Kapitel, I. 1. a) ee).

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

gen soll, obgleich sie nicht an den Vorteilen des Umgehungsgeschäftes partizipiert. Allein die Einflussnahme der M auf T kann das nicht erklären. Vielmehr verpflichtet der Einfluss der M auf T gerade zum Umgekehrten. Es erscheint gerechter die Kapitalaufbringungsvorschriften derart analog anzuwenden, dass ein originärer Anspruch der E gegen M auf Erbringung der „Einlage“ entsteht – das bedeutet eine konsequente Analogie auch der Rechtsfolgen. Bisher wird das anders gesehen – man bürdet T die Rechtsfolgen auf.660 Die hier vertretene Lösung mag auf den ersten Blick verwundern. M ist nicht Gesellschafterin der E – daher treffen sie grundsätzlich auch nicht die Sacheinlagevorschriften. Darüber hinaus hat T schließlich auch das erste Mal die Geldeinlage erbracht. Letztlich ist die Inhaftungnahme der M aber nur die konsequente Durchführung der Analogie, die auch schon auf Tatbestandsseite angenommen wurde. Im Ergebnis heißt das: Den Teil des Nominalkapitals, der nicht von der Anrechnung (§ 19 Abs. 4 Satz 3, § 27 Abs. 3 Satz 3 AktG) betroffen ist, muss M auffüllen. Dadurch erhält sie zwar keine Gesellschafterstellung, aber der Zweck der Kapitalaufbringungsvorschriften ist verwirklicht. dd) Drittzurechnungen bei der Nachgründung, § 52 AktG

Abbildung 31: Zurechnungskonstellation von oben nach unten auf Gesellschafterseite für die Nachgründung

Für die Nachgründung solle beispielhaft folgender Sachverhalt gelten. T ist Gründerin oder qualifiziert beteiligte Aktionärin der E-AG. M ist an T beteiligt. Innerhalb der ersten zwei Jahre nach ihrer Gründung erwirbt E von der M einen Vermögenswert zu einer den zehnten Teil ihres Grundka660  Etwa Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, S. 273  f.; Groß, AG 1991, 217 (225).



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pitals übersteigenden Vergütung. Unter welchen Bedingungen ist der § 52 AktG auf das Geschäft zwischen der E und M anzuwenden? (1) T  atbestandliche Zurechnung Es fragt sich somit auch für diese Zurechnungskonstellation, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen der Erwerb von M wie ein Erwerb von T zu werten und folglich dem § 52 AktG zu unterstellen ist. Wegen der Ähnlichkeit mit den Fällen des § 16 Abs. 4 AktG kann die Versuchung aufkommen, die Anteile „durchzurechnen“ und damit den § 52 AktG im Kanon der Kapitalschutzvorschriften zu isolieren. Dieser kaskadenhaften Durchrechnung bietet die hier vertretene Meinung Paroli. (a) Problemdarstellung M selbst ist weder Aktionärin noch Gründerin der E. Sie ist lediglich mittelbar an der Gesellschaft beteiligt. Trotz des inzwischen geflügelten Wortes ist der mittelbare Gesellschafter aber genauso wenig Gesellschafter wie jeder andere Dritte. Auch im Verhältnis zu M müssen daher Kriterien für die Zurechnung gefunden werden. Teile der Literatur verweisen zunächst nur auf die Zurechnungskriterien der verdeckter Sacheinlage und dem Verbot der Einlagenrückgewähr.661 Da man dort für die hier interessierende Zurechnungskonstellation, die Zurechnung von Müttern auf Gesellschafterseite, aber im Dunkeln tappt,662 hilft diese pauschale Verweisung wenig weiter. Man muss daher der Nachgründung näher zu Leibe rücken. (b) L  ösungen der Literatur § 52 AktG betrifft neben den Gründern auch Aktionäre die zu mindestens zehn Prozent am Grundkapital beteiligt sind. Für die Frage danach, ob M an der E zu mehr als zehn Prozent „beteiligt“ ist, könnte man § 16 Abs. 4 AktG heranziehen.663 661  So etwa Heidinger, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 52 Rn. 25, 30; Hüffer, AktG, § 52  Rn. 3a; Pentz, in: MünchKomm AktG, § 52 Rn. 14; Solveen, in: Hölters (Hrsg.), AktG, § 52 Rn. 6. 662  Vgl. die Ausführungen oben Zweites Kapitel, I. 2. a) aa). 663  So im Ergebnis wohl Schwab, Die Nachgründung, S. 100; Dormann / Fromholzer, AG 2001, 242 (244).

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Danach besäße M auch diejenigen Anteile, die einem von ihr abhängigen Unternehmen gehören. Schwab stützt diese Anwendung des § 16 Abs. 4 AktG mit der Begründung: Der faktische Einfluss, der durch die mittelbare Beteiligung vermittelt werde, führe zu einer Zurechnung der Anteile. Damit solle eine Umgehung der eindeutig festgelegten Beteiligungsschwellen verhindert werden, dies sei auch analog auf § 52 AktG anzuwenden.664 Auch Dormann / Fromholzer rechnen alle Tochteranteile dem Gesellschafter zu, wenn diesem die volle Einflussmöglichkeit zusteht.665 Sie begrenzen diese Zurechnung auf den Fall, dass auch M Anteile an E hält und es letztlich nur um die Zurechnung „weiterer“ Anteile geht; die These müsste aber ebenso gelten, wenn M gar keine Anteile an E hielte. Mit oder ohne Verweisung auf den § 16 Abs. 4 AktG kommen die meisten Autoren letztlich zu einer Zurechnung, wenn M beherrschenden Einfluss auf die T nehmen kann.666 Dann sollen ihr die Anteile, die T an der E hält, zugerechnet werden – es geht also letztlich um eine Anwendung des § 16 AktG. Dabei fällt auf, dass nur Anteile zugerechnet werden. Ob auch die Gründereigenschaft zugerechnet wird, dazu äußert sich die Literatur nicht. Richtig ist, dass hier, wie auch oben, eine Umgehung durch Zwischenschaltung einer Tochtergesellschaft möglich ist. Auch § 16 Abs. 4 AktG dient der Umgehungsverhinderung, durch das „Zwischenschalten von Tochtergesellschaften“667. § 16 Abs. 4 AktG ist hingegen für andere Fälle geschaffen. Seine Aussagen lassen sich nicht problemlos auf die hier vorliegende Konstellation übertragen. Oben wurde § 16 Abs. 4 AktG als allgemeine Zurechnungsnorm verworfen – auf die dortigen Äußerungen, insbesondere auf Cahns Argumente, sei hier verwiesen.668 Der bloße Hinweis, dass beide Normen die Umgehung formeller Beteiligungsquoten verhindern sollen, reicht für deren Gleichsetzung nicht aus. Wichtiger ist der durch Abhängigkeit vermittelte Einfluss. Doch wie genau muss dieser ausgestaltet sein? Wenn die M auf T derart Einfluss ausüben kann, dass sie gegenüber E wie eine Gründerin oder qualifiziert beteiligte Aktionärin erscheint, dann 664  Schwab,

Die Nachgründung, S. 100. AG 2001, 242 (244). 666  I. E. Heidinger, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 52 Rn. 25, 30; Hüffer, AktG, § 52 Rn. 3a; Pentz, in: MünchKomm AktG, § 52 Rn. 14; Priester, in: GroßKomm AktG, § 52 Rn. 38; Solveen, in: Hölters (Hrsg.), AktG, § 52 Rn. 6. 667  Schwab, Die Nachgründung, S. 100. 668  Siehe oben Erstes Kapitel, III. 3. b) ff) (3) (b) (bb), insb. auch Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 210 ff., so auch übernommen ders. / v.  Spannenberg, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 60 ff. 665  Dormann / Fromholzer,



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters231

lässt sich auch § 52 AktG analog auf sie ausdehnen. § 16 Abs. 4 AktG nennt die Abhängigkeit (§ 17 AktG) als Zurechnungsvoraussetzung. Abhängigkeit bringt nicht zwangsläufig die Möglichkeit mit sich, rechtlich gesichert Entscheidungen beim Geschäftsführungsorgan der Tochtergesellschaft durchzusetzen. Ebensolches gilt auch, wenn beherrschender Einfluss gefordert wird.669 Wenn nicht sicher ist, ob die Tochter wirklich die Wünsche der Mutter umsetzt, kommt der Mutter auch nicht die gleiche Position wie Gründern und qualifiziert beteiligten Aktionären zu. (c) Eigene Lösung – die zwei Regeln Wie bei der Zurechnung von Töchtern auf Gesellschafterseite zeigt sich auch hier: § 52 AktG ist funktionell mit dem Rest des Kapitalschutzes vergleichbar. Die Regelungstechnik mag bei § 52 AktG eine andere sein – der Gesetzgeber hat hier nur bestimmte Gesellschafter und Gründer unter den Verdacht der Einflussnahme gestellt. Diese eher historische670 Besonderheit der Norm671 ändert aber nichts daran, dass ihr die gleiche Idee innewohnt wie dem restlichen Kapitalschutzrecht. Einflussnahmen auf die Geschäftsführung der Gesellschaft zulasten des Nominalkapitals sollen verhindert werden. Die Instrumente, die eine Umgehung dieser Regeln verhindern sollen, gestalten sich daher parallel. Über ihnen hängen damokletisch die Einflussmöglichkeiten im Konzern. Aber die Ausdehnung der Normen ist mit Vorsicht vorzunehmen. Andernfalls beeinträchtigt man die Handlungsfähigkeit der Gesellschaften und somit letztlich den Rechtsverkehr. Gerade vor dem Hintergrund der Einengung  des § 52 AktG672 sollten die Zurechnungskriterien vorsichtig gewählt werden. Daher bieten sich auch hier die oben gefundenen zwei Regeln an: einerseits Veranlassung als bewiesene Einflussnahme auf die Tochter; andererseits gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht als rechtlich gesicherte Möglichkeit, die eigenen Interessen im Geschäftsführungsorgan der Tochter durchzusetzen. Mithilfe des Veranlassungskriteriums werden, wie oben 669  Arnold, in: KölnKomm AktG, § 52 Rn. 16; im Ergebnis auch Pentz, in: MünchKomm AktG, § 52 Rn. 14. 670  Schon der Gesetzgeber des ADHGB 1884 stellte wegen des vermuteten Einflusses der Gründer auf die Geschäftsführungsorgane bestimmte Geschäfte unter Beobachtung, vgl. Werner, ZIP 2001, 1403 (1404). 671  Vgl. oben Zweites Kapitel, I. 1. a) hh) (1). 672  Damit ist gemeint, dass die Dritten aus dem Tatbestand des § 52 AktG herausgestrichen wurden und heute nur noch qualifiziert beteiligte Aktionäre und Gründer erfasst sind.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

auch, die Regeln des § 52 AktG ausgelegt; das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht hingegen gibt die Kriterien für eine Analogie des § 52 AktG wieder. Der § 52 AktG wird damit auf diejenigen Gesellschaften ausgedehnt, denen, wegen ihres Einflusses auf die Gesellschaft, die gleiche Skepsis entgegenzubringen ist wie Gründern und qualifiziert beteiligten Aktionären. (2) Rechtsfolgen und die korrekte Durchführung Auch wenn die M in die Nachgründungsregeln mit einzubeziehen ist, ändert sich zum Zwei-Personen-Verhältnis nicht viel.673 Das Nachgründungsverfahren muss, wie in jedem Fall, die E durchführen. Für die Frage, welche Unternehmensverbindungen offengelegt werden müssen, ist auf den Adressaten des § 52 AktG zu blicken. Handelt es sich um Auslegung (Veranlassung) sind die Verbindungen zu T offenzulegen; wurde hingegen § 52 AktG analog angewendet (gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht) sind die Verbindungen zu M offen zu legen. ee) Übertragung der Ergebnisse auf das Hin- und Herzahlen, § 19 Abs. 5 GmbHG und § 27 Abs. 4 AktG

Abbildung 32: Zurechnung von oben nach unten auf Gesellschaftsseite – Hin- und Herzahlen

Der eben erwähnte Sachverhalt wird dahin gehend abgeändert, dass M ein Darlehen von E in Höhe der Geldeinlagesumme der T bezieht. Auch hier ist nach den Kriterien der Zurechnung zu suchen. Oben674 wurde schon darauf hingewiesen, wie ähnlich das Hin- und Herzahlen der verdeckten Sacheinlage ist. Gleiche Zurechnungskriterien nimmt 673  Vgl.

dazu auch oben, Zweites Kapitel, I. 1. a) hh) (2). Kapitel, I. 1. a) ii).

674  Zweites



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters233

daher nicht nur die Literatur an,675 auch die hier vertretene Lösung behandelt die verdeckte Sacheinlage und das Hin- und Herzahlen gleich. Für die Zurechnung von Müttern auf Gesellschafterseite bedeutet dies: Die §§ 19 Abs. 5 GmbHG, 27 Abs. 4 AktG sind anzuwenden, wenn entweder T die E zur Darlehensvergabe veranlasst oder M ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht gegenüber T hat. Im letzteren Fall kommt es zu der oben676 beschriebenen analogen Anwendung der §§ 19 Abs.  5 GmbHG, 27 Abs. 4 AktG. Dies hat zur Folge, dass die Rechtsfolgen nicht T, sondern vielmehr M treffen. Im Übrigen ist für die Begründung der Zurechnung als Auslegung oder Analogie auf die Ausführungen zur verdeckten Sacheinlage zu verweisen.677 Die Rechtsfolge, insbesondere das „Alles-oder-Nichts“ Prinzip, bringt für die Drittzurechnung keinen wesentlichen Unterschied mit sich. ff) Zusammenfassung der Ergebnisse für die Kapitalaufbringung Kontrahiert die Muttergesellschaft (M) des Gesellschafters (T) mit der Gesellschaft (E), fällt der Vorgang unter die Kapitalaufbringungsvorschriften wenn: ○ T die E veranlasst hat, das Geschäft mit M abzuschließen oder ○ M gegenüber T ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. Für alle Kapitalaufbringungsvorschriften gilt: Veranlasst T die E, so kommt man schon durch Auslegung der §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG, § 52 AktG und §§ 19 Abs.  5  GmbHG, 27 Abs.  4 AktG zu dem Ergebnis, diese anzuwenden. Die Rechtsfolgen treffen dann T. Hat M gegenüber T ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht, müssen die §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG, § 52 AktG und §§ 19 Abs. 5 GmbHG, 27 Abs. 4 AktG analog auf M erstreckt werden. Das heißt im Einzelnen: ○ für die verdeckte Sacheinlage: M muss an E einen Betrag in Höhe der Einlageverpflichtung der T zahlen; ○ für die Nachgründung: Das Nachgründungsverfahren wird auf Ebene der E durchgeführt. Im Nachgründungsverfahren müssen die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zu M offengelegt werden; 675  Bayer, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 19 Rn. 110 i. V. m. Rn. 72; Verse, in: Henssler / Strohn (Hrsg.), GesR, § 19 GmbHG, Rn. 74. 676  Zweites Kapitel, I. 2. a) aa) (3) (d). 677  Vgl. oben Zweites Kapitel, I. 2. a) aa).

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

○ für das Hin- und Herzahlen: Liegen nicht die Voraussetzungen der Vollwertigkeit und Fälligkeit vor, muss wie bei der verdeckten Sacheinlage M den „Einlagebetrag“ an E leisten. b) Kapitalerhaltung

Abbildung 33: Zurechnungskonstellation von oben nach unten auf Gesellschafterseite im Kapitalerhaltungsrecht

Der Sachverhalt für die Kapitalerhaltung gestaltet sich dann entsprechend dem der Kapitalaufbringung. E, die Enkelin der M, zahlt dieser einen Betrag zulasten ihres gebundenen Vermögens aus. Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen die Auszahlung an M einer Auszahlung an T gleichsteht. aa) Tatbestandliche Zurechnung Man muss bei der Zurechnung „mittelbarer Gesellschafter“ im Kapitalerhaltungsrecht vorsichtig sein. Die §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG sind klassische Tatbestände nach dem Schema ‚Wenn-Dann‘. Das sollte man auch für die Fragen der Zurechnung immer im Hinterkopf behalten. Wenn die Gesellschaft verbotswidrig an „den Gesellschafter“ ausgezahlt hat (§§ 30 GmbHG, 57 AktG), dann muss dieser den Vorteil zurückgewähren (§§ 31 GmbHG, 62 AktG). Das bedeutet zweierlei: Zum einen darf man nicht vergessen, wessen Kapitalschutzvorschriften man gerade prüft – die der E oder die der T, zum anderen sollte die Rückabwicklung immer als Kehrseite der Verbotsvorschrift begriffen werden, dadurch kann die richtige Methode gewählt werden. Dies ist insbesondere für die gerechte Rückabwicklung notwendig. Für die Kapitalerhaltungsvorschriften müsste der Gesellschafter einen Vorteil zulasten des gebundenen Vermögens erhalten haben. Gesellschafter



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters

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ist nur die T. Anders als bei der Zurechnung von Töchtern erhält T durch die Zahlung der E an M grundsätzlich keinen wirtschaftlichen Vorteil.678 M ist zwar am Vermögen der T beteiligt, dies gilt aber verständlicherweise nicht andersherum. Daraus ergibt sich die vorliegende Problematik; die Vorschriften betreffen M, die aber keinen Vorteil erhält. Sie kann aufgelöst werden, indem die Zahlung an M doch als Vorteil für T gewertet wird (Auslegung) oder die Kapitalerhaltungsnormen auf M ausgedehnt werden (Analogie). (1) Auslegung Ein Vorteil für T liegt nach den allgemeinen Grundsätzen vor, wenn T die Leistung der E an M veranlasst hat.679 Dann gilt das oben Gesagte.680 Denn bei der Veranlassung ist es egal, in welchem Verhältnis der Dritte zum Gesellschafter steht. Durch die Veranlassung macht der Gesellschafter deutlich, dass die Zahlung seinem Vermögen zugeordnet werden soll. Veranlasst T die Zahlung der E an M ist ihr der Vorteil voll zuzurechnen, so dass die E ihrem Gesellschafter zulasten ihres gebundenen Vermögens einen Vorteil zugewendet hat. Die Zahlung verstößt somit gegen die §§ 30 GmbHG, 57 AktG. Wie in der Ausführung oben681 ist aber auch hier keine Veranlassungsvermutung von Nöten – weder bei einem Konzernverhältnis,682 noch bei Abhängigkeit683. Einer solchen Vermutung bedarf es angesichts eines objektiven Zurechnungskriteriums nicht.684 Für den vorliegenden Fall stellt sich eine solche Vermutung aber nicht nur als unnötig, sondern auch als schädlich heraus. Denn mit Auslegung (Veranlassung) der §§ 30,  31  GmbHG, 57, 60 AktG folgt eine Haftung des Gesellschafters, also der T.685 T hingegen hat 678  Cahn / v.  Spannenberg,

in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 82. Spannenberg, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 82; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 90 f.; Habersack, in: GroßKomm GmbHG, § 30 Rn. 73; a. A. U. H.  Schneider, ZGR 1984, 497 (523 f.), der für den Konzern keinen Nachweis einer Veranlassung fordert; einschränkend (weil Gegenbeweis zulassend) aber ders., JbFStR 1984 / 85, 497 (511); ders., ZGR 1985, 279 (298). 680  Vgl. Erstes Kapitel, III. 3. a) aa). 681  Erstes Kapitel, III. 3. a) dd); Zweites Kapitel, I. 1. b) aa) (2). 682  U. H.  Schneider, ZGR 1985, 279 (297). 683  Cahn / v. Spannenberg, in: Spindler / Stilz, AktG, § 57 Rn. 79; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S.  67  ff.; Pentz, in: Rowedder / Schmidt-Leithoff (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 130; Verse, in: Scholz GmbHG, § 30 Rn. 45; implizit wohl auch Altmeppen, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 64. 684  Zu den sonstigen Argumenten vgl. oben Erstes Kapitel, III. 3. a) dd). 685  Siehe auch unten Zweites Kapitel, I. 2. b) bb). 679  Cahn / v. 

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

keinen Vermögenszuwachs durch die Auszahlung an M erhalten. Auch hat sie keinen Einfluss auf die M. Sie müsste daher gemäß §§ 31 GmbHG, 62 AktG Vermögen zurückgewähren, welches sie nicht erhalten hat (es wurde ihr nicht einmal rechtlich zugeordnet686) und an dem sie auch nicht partizipiert. Dass die T das Vermögen zurückgewähren muss, ist im Falle der Veranlassung sachgerecht. Zwar liegt das Geld dann immer noch nicht bei ihr in der Kasse, die rechtliche Zuordnung führt aber dazu, dass sie einen Vermögensvorteil hat – sie hat sich gleichsam eine Zahlung an M erspart. Mit dem Willensakt der Veranlassung hat sie einen hinreichenden Grund gegeben, um in Anspruch genommen werden zu können. Würde nun aber die Veranlassung vermutet, fehlte es an einem solchen Grund für die Zahlungsverpflichtung. Mithin müsste T auch Zahlungen rückabwickeln, mit denen sie außer ihrer Stellung als Tochtergesellschaft nichts zu tun hat. Sachgerechter ist es vielmehr, den eigentlichen Urheber des Vorgangs in Anspruch zu nehmen. Dies ist aber nicht mit einer Auslegung der §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG zu bewerkstelligen. Sucht man nach anderen Wegen, den Vorteil der T zuzurechnen, muss man scheitern. Die Zahlung an M als einen Vorteil der T zu behandeln, wäre weit hergeholt. T partizipiert schlichtweg nicht am Vermögen der M. Dies kann auch nicht durch einen Hinweis auf die wirtschaftliche Einheit im Unternehmensverbund oder den Konzern als solches687 übergangen ­werden. (2) Analogie Die Lösung steckt daher vielmehr, ähnlich wie bei der oben688 vertretenen Ansicht, in der analogen Anwendung der Kapitalerhaltungsregeln auf die M.689

686  Nach der hier vertretenen Meinung ordnet nur der geäußerte Wille – die Veranlassung – das Vermögen der T zu. Auch die Autoren, die eine Veranlassungsvermutung annehmen, wollen letztlich an die M heran. Daher ordnen auch sie, selbst wenn sie eine sehr ähnliche juristische Operation nutzen, das Vermögen nicht der T zu. 687  U. H.  Schneider, ZGR 1985, 279 (299); auch Cahn, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 62 Rn. 18, weist darauf hin, dass diese Verweisungen keinen juristischen Argumentationswert haben. 688  Zweites Kapitel, I. 1. b) bb). 689  So wohl auch: BGH v. 21.11.2005 – II ZR 277 / 03, ZIP 2006, 279 (282); Altmeppen, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 59; ders., in: FS Kropff, S. 641 (650 f.); Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 99 f.; ders. / v.  Spannenberg,



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(a) Analogie in Rechtsprechung und Literatur Obwohl die Literatur sich selten explizit zur Analogie bekennt,690 kann wohl davon ausgegangen werden, dass viele davon ausgehen, die mittelbare Gesellschafterstellung mache eine Analogie notwendig. Der Grad der gesellschaftsrechtlichen Verflechtung als Voraussetzung der Analogie wird hingegen unterschiedlich bewertet. Während manche auch Minderheitsbeteiligungen der M an T ausreichen lassen,691 fordert der Großteil der Stimmen beherrschenden Einfluss gegenüber dem Gesellschafter692. Der BGH693 wendet auch hier sein Kriterium der maßgeblichen Beteiligung an, welches nach der bisherigen Rechtsprechung nicht weit von der Literaturansicht entfernt lag. Bedenkt man die modernen Entwicklungen der Rechtsprechung zur Zurechnung verbundener Unternehmen, so ist anzunehmen, dass der BGH auch hier maßgebliche Beteiligung als „gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht“ betrachten dürfte. Folglich ist anzunehmen, dass die rechtsformspezifische Differenzierung des BGH auch in diese Zurechnungskonstellation Einzug halten wird. (b) Analoge Anwendung durch eigenen Ansatz Die hier vertretene Ansicht ist deshalb nicht weit von der des BGH entfernt. Wie in den obigen Zurechnungskonstellationen auch sollten die Voraussetzungen für die Analogie auf das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht begrenzt werden. in: Spindler / Stilz, AktG, § 57 Rn. 82; methodisch unklar Habersack, in: GroßKomm GmbHG, § 30 Rn. 72. 690  So aber Bayer, in: MünchKomm AktG, § 62 Rn. 21; sehr deutlich auch Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 253. 691  Altmeppen, in: FS Kropff, S. 641 (650 f.); ders., in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 30  Rn. 59. 692  So wohl etwa Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 99 f.; ders. / v.  Spannenberg, in: Spindler / Stilz, AktG, § 57 Rn. 82, der aber die genauen Beteiligungsverhältnisse nicht klar macht; Hueck / Fastrich, in: Baumbach / Hueck (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 27; Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (415 f.); Habersack, in: GroßKomm GmbHG, § 30 Rn. 72; Sonnenhol / Groß, ZHR 159 (1995), 388 (401), die § 16 Abs. 4 AktG direkt als Zurechnungsvorschrift anwenden. 693  BGH v. 31.05.2011, BGHZ 190, 7 (Tz. 42) – Dritter Börsengang; BGH v. 5.5.2008 – II  ZR  108 / 07, Der Konzern 2008, 360 (361) (im konkreten Fall jedoch abgelehnt); BGH v. 27.11.2000 – II ZR 179 / 99, NJW 2001, 1490 (1491); zum eigenkapitalersetzenden Darlehen, aber wie oben gesehen übertragbar: BGH v. 18.6.2007, BGHZ 173, 1 (Tz. 12); BGH v.  21.11.2005 – II ZR 277 / 03, ZIP 2006, 279 (282); BGH v. 13.12.2004 – II ZR 206 / 02, ZIP 2005, 117 (118); BGH v. 21.9.1981, BGHZ 81, 311 (315 f.).

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Auch in dieser Zurechnungskonstellation reicht der bloße Rückfluss mittelbar investierten Risikokapitals nicht aus.694 Die analoge Anwendung hat auch hier ähnliche Voraussetzungen wie bei der Zurechnung von Tochtergesellschaften. Es geht, wie von der allgemeinen Meinung anerkannt, um die Möglichkeit, Einfluss auszuüben.695 Aber anders als teilweise angenommen,696 muss dieser nicht direkt gegenüber der auszahlenden Gesellschaft möglich sein. Die kapitalerhaltungsrechtlichen Verbote sind vielmehr an die grundsätzliche Annahme geknüpft, dass das bloße Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis die Rechtsgeschäfte zwischen den Beteiligten als nicht marktgerecht erscheinen lässt. Eine Minderheitsbeteiligung im Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis muss nicht unbedingt Einfluss auf das einzelne Geschäft zulassen. Für die Zurechnungsfrage kann es daher nur um den Einfluss auf den Gesellschafter gehen – also den Einfluss der M auf T. Der Unterschied zur Zurechnung von Töchtern besteht insbesondere in den Rechtsfolgen. Mit der analogen Anwendung der §§ 30 GmbHG, 57 AktG werden der M die Kapitalerhaltungspflichten der T auferlegt. Dies ist nur dann möglich, wenn sie wie eine Gesellschafterin der E wirkt. Die Antwort auf die Frage, wann M derart Einfluss auf T nehmen kann, dass sie wie eine Gesellschafterin wirkt, ist wie in den anderen Zurechnungskonstellationen zu beantworten: dann, wenn M gegenüber der T ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. Nur mit diesem Weisungsrecht kann sie die Entscheidungen der T derart beeinflussen, dass diese sich nicht mehr auf ihre rechtliche Selbstständigkeit berufen kann. Alle anderen Einflussmöglichkeiten sind für die objektive Zurechnung nicht gesichert genug. Denn nur wenn die M ihre Interessen voll in der T verwirklichen kann und damit das Gesellschaft-GesellschafterVerhältnis nicht auf T-E beschränkt werden kann, folgt darauf die Gefahr, dass M im Verhältnis zu E nicht den Marktgesetzlichkeiten unterworfen ist.697 694  Anders aber Altmeppen, in: FS Kropff, S. 641 (650 f.), der auf eine rein wirtschaftliche Betrachtung abstellt; etwas ungenau Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 254 f. 695  Darauf weist auch Fleck hin, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (415). 696  Fleck hält den Einfluss auch gegenüber der auszahlenden Gesellschaft für erforderlich vgl. Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (415). 697  Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 254 spricht von der Bannung eines „Interessenkonflikts“, er geht zu weit, alleine aus dem Rückfluss des mittelbar investierten Vermögens eine Analogie herzuleiten. Diese kommt nur unter der strengen Voraussetzung des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts infrage.



I. Zurechnung aufseiten des Gesellschafters239

Diese Entscheidung dürfte der BGH ebenfalls mittragen. Seine Rechtsprechung hat auch bisher auf die Möglichkeit der Einflussnahme auf den Gesellschafter als Zurechnungskriterium hingewiesen.698 Letztlich hat der BGH diese Einflussnahme aber bei maßgeblicher Beteiligung vermutet,699 dagegen zeigt sich in der neuesten Rechtsprechung eine Tendenz hin zur Zurechnung aufgrund abstrakter Grundsätze. Im Unterschied zum BGH stellt die hier vertretene Ansicht nicht auf tatsächlich ausgeübten Einfluss ab (dafür ist das Veranlassungskriterium zuständig), sondern lässt die abstrakte Möglichkeit der Einflussnahme ausreichen – also auf ein objektives Zurechnungskriterium. Hat die M somit ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht gegenüber der T, sind die §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG auf sie analog anzuwenden. Wie auch allgemein in der Literatur befürwortet, gelten für Personenidentitäten in den Leitungsorganen und Einhundertprozent-Beteiligungen700 die schon oben701 formulierten Ausnahme-Zurechnungen. bb) Rechtsfolgen Für die Rechtsfolgen ist wieder zu unterscheiden. Grundsätzlich gilt: Es haftet, wer Adressat des Verbotes aus den §§ 30 GmbHG, 57 AktG ist. Das heißt, wenn T veranlasst hat: T muss zahlen, sie ist Adressatin der Rückforderung aus den §§ 31 GmbHG, 62 AktG. Folge kann dann verständlicherweise nur ein wertmäßiger Ausgleich des Geleisteten sein – aber eben des gesamten verbotswidrig Geleisteten. Hat keine Veranlassung stattgefunden und trifft M die analoge Anwendung der §§ 30 GmbHG, 62 AktG, so hat M die Leistung zurückzugewähren. Diese Rückgewähr ist insbesondere mit Blick auf das Prinzip der Rückgewähr in corpore702 sachgerecht. So kann direkt der übertragene Vermögensgegen698  BGH v. 13.12.2004 – II ZR 206 / 02, ZIP 2005, 117 (118) – Autohaus; BGH v. 24.9.1990 – II ZR 174 / 89, NJW 1991, 357 (358); BGH v. 21.9.1981, BGHZ 81, 311 (315 f.). 699  Zum eigenkapitalersetzenden Darlehen, aber wie oben (Zweites Kapitel, I. 1. a) cc) (2)) gesehen übertragbar: BGH v. 18.6.2007, BGHZ 173, 1 (Tz. 12); BGH v. 21.11.2005 – II ZR 277 / 03, ZIP 2006, 279 (282); BGH v. 13.12.2004 – II ZR 206 / 02, ZIP 2005, 117 (118); BGH v. 21.9.1981, BGHZ 81, 311 (315 f.). 700  Allg. M. vgl. nur: OLG Hamm, 10.05.1995 – 8 U 59 / 94, ZIP 1995, 1263 (1270 re. Sp.); Bayer, in: MünchKomm AktG, § 57 Rn. 60; Henze, in: GroßKomm AktG, § 57 Rn. 82; Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 251. 701  Erstes Kapitel, III. 3. c). 702  Cahn, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 62 Rn. 22.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

stand rückabgewickelt werden und es wird schwierigen Bewertungsfragen ausgewichen. Letztlich ist diese Rechtsfolge aber auch dogmatisch richtig, denn sie trifft den Adressaten der Verbotsvorschriften. Diese Rechtsfolge bleibt auch trotz der Rückabwicklungsmöglichkeiten über § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB703 oder etwaige Treuepflichtverletzungen704 richtig.705 Denn die Vorschriften des Kapitalschutzes stehen als zwingende Verbotsregelungen grundsätzlich an vorderer Stelle in der Rückabwicklung. cc) Ergebnis Schüttet die Gesellschaft (E) offen oder verdeckt einen Betrag zulasten ihres gebundenen Vermögens an die Muttergesellschaft (M) ihrer Gesellschafterin (T) aus, fällt der Vorgang unter die Kapitalerhaltungsvorschriften wenn: ○ T die E dazu veranlasst oder ○ M gegenüber T ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. Hat T die E zur Auszahlung veranlasst, kommt man schon durch Auslegung der §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG zu diesem Ergebnis. Dann ist der Anspruch aus §§ 31 GmbHG, 62 AktG gegen T gerichtet. Sie muss den gesamten verbotswidrig „erlangten“ Vorteil an E zurückgewähren. Hat M gegenüber T ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht, werden die §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG analog auf die M ausgedehnt. Dann muss M den Vorteil gemäß §§ 31 GmbHG, 62 AktG zurückge­ währen. etwa K. Schmidt, GesR, S. 1137, 1140 f. dazu etwa nur den Beitrag Bitters, der die unterschiedlichen gesellschafterschützenden Ansprüche zum Ausgleich „verdeckter Gewinnausschüttungen“ darlegt, Bitter, ZHR 168 (2004), 302. Diese Art des Gesellschaftsrechtlichen Ausgleichs wird von der vorliegenden Arbeit ausgespart. Es geht mithin in dieser Untersuchung nur um die Fragen des kapitalschutzrechtlichen Ausgleichs. Damit wird die Perspektive der zu schützenden Gesellschaft und weniger die der zu schützenden Gesellschafter eingenommen. Weitere Forschung, wie sich auch der Gesellschafterschutz in Drittzurechnungsfällen darstellt, wäre allerdings angebracht. 705  Für die Rückgewähr ist, anders als bei der „gewöhnlichen“ Rückgewähr, die Ausfallhaftung der Mitgesellschafter (§§ 31 Abs. 3 GmbHG) ausgeschlossen. Andernfalls würden die Minderheitsgesellschafter für den Einfluss haften, den Sie kaum verhindern können und häufig nicht einmal erkennen. So schon Winter, ZHR 148 (1984), 579 (589 f.); Goerdeler / Müller, in: Hachenburg GroßKomm GmbHG, 8. Auflage, § 29 Rn. 134. 703  Vgl. 704  Vgl.



II. Zurechnung aufseiten der Gesellschaft241

II. Zurechnung aufseiten der Gesellschaft Nachdem die Zurechnungskonstellationen aufseiten des Gesellschafters behandelt wurden, wenden wir uns nun denjenigen aufseiten der Gesellschaft zu. Nun steht zu fragen, wie es sich auf die Kapitalschutzvorschriften auswirkt, wenn Töchter oder Mütter der Gesellschaft „eingeschaltet“ werden. Im Grundsatz überschneiden sich viele der Probleme und Lösungswege von oben – es geht schließlich auch hier um die Frage, wie weit die Kapitalschutzvorschriften in eigenständige dritte Gesellschaften hineinreichen. Aber nun ist es die Gesellschaft, die entweder Einfluss auf ihre Tochter ausübt oder selbst von ihrer Mutter beeinflusst wird. 1. Zurechnung von Tochtergesellschaften (von unten nach oben)

Abbildung 34: Zurechnungskonstellation von unten nach oben aufseiten der Gesellschaft

Neben den beiden Zurechnungskonstellationen aufseiten des Gesellschafters ist die dritte denkbare Zurechnungskonstellation die Zurechnung von Töchtern aufseiten der Gesellschaft – also die Zurechnung von unten nach oben auf Gesellschaftsseite. Es werden die Kapitalschutzvorschriften der T betrachtet, deren Gesellschafterin die M ist; ihre Tochter ist die E. Zu potenziellen „Zurechnungsfällen“ kommt es immer dann, wenn zwischen M und E Vermögen verschoben wird. Wichtigste Änderung zu den bisher behandelten Fällen ist die notwendige vermögensmäßige Beteiligung der T an der E. Bisher wurden immer Vermögensverschiebungen untersucht, die das Nominalkapital der Gesellschaft direkt betrafen; nun kommt eine Beeinträchtigung deren Nominalkapitals nur mittelbar über die Beteiligung der T an der E infrage.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

a) Kapitalaufbringung am Beispiel der verdeckten Sacheinlage Wie zuvor, wird zunächst die Kapitalaufbringung am Beispiel der verdeckten Sacheinlage betrachtet. Im Unterschied zu allen bisherigen Kapitalaufbringungsfällen handelt hier immer der Gesellschafter selbst. Auch kann das Geschäft von M und E über die Verbindung T-E Nominalkapital der T beeinträchtigen. Die Gretchenfrage ist daher hier – wie oben: Wie steht es mit der Selbstständigkeit der E? Dazu der folgende Sachverhalt:

Abbildung 35: Zurechnungskonstellation von unten nach oben aufseiten der Gesellschaft im Kapitalaufbringungsrecht

T erhöht ihr Nominalkapital. M zeichnet die Erhöhung und schließt im zeitlich-sachlichen Rahmen mit der Zeichnung und Einzahlung ein Veräußerungsgeschäft mit der E. E erhält den Vermögenswert und zahlt dessen (überhöhten) Preis an M. aa) Tatbestandliche Zurechnung Die kapitalaufbringungsrechtlichen Gefahren aus dieser Zurechnungskonstellation liegen auf der Hand. Die T könnte durch das „Zwischenschalten“ ihrer Tochtergesellschaft wirtschaftlich einen Sachwert und keine Geldeinlage erhalten. Ähnlich wie bei der Zurechnung von Müttern auf Gesellschafterseite würde die Instrumentalisierung der Tochtergesellschaft somit eine Umgehung der Sacheinlagevorschriften ermöglichen. (1) Problemdarstellung Umgeht M die an sie gerichteten Sacheinlagevorschriften, sind die §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG anwendbar. Es handelt der Gesellschafter



II. Zurechnung aufseiten der Gesellschaft243

– das ist unproblematisch; weil T an E beteiligt ist, kann auch mittelbar das eingezahlte gebundene Vermögen an M zurückfließen. War der verkaufte Vermögenswert sein Geld nicht wert und macht E dadurch einen Verlust, vermindert sich der Wert der Anteile an ihr – denn diese geben den Wert der E wieder. Auf den ersten Blick fließt somit (mindestens zum Teil) das von M aufgebrachte gebundene Vermögen über das Geschäft mit E an M zurück. Die §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG müssten demnach anwendbar sein. Am deutlichsten wird dieser Zusammenhang, wenn E den Vermögensgegenstand von M gerade mit den Einlagemitteln bezahlt – wenn also die T der E diesen Betrag weiterleitet. Dann spricht man von einem „Geldkreislauf“.706 Als Spielverderber tritt nun aber das Trennungsprinzip auf: So einfach umgeht das Geschäft mit der E nicht gleich die Sacheinlagevorschriften der T. Immerhin handelt es sich bei der E um eine eigenständige juristische Person – die nicht mit T gleichgesetzt werden darf. Für eine Umgehung der Sacheinlagevorschriften bedarf es daher weiterer Kriterien. Vorweg muss dem Leser allerdings ein zentraler Unterschied zu den oben behandelten Zurechnungskonstellationen aufgezeigt werden. Egal welche Art der Zurechnung im Folgenden behandelt wird, Grundvoraussetzung ist immer, dass T an der E auch mit Vermögen beteiligt ist. Denn es geht immer um den Schutz des Nominalkapitals der T. Ließen Abflüsse bei E das Nominalkapital der T unangetastet, könnten die Kapitalschutzregeln ruhen. Zurechnungen aufseiten des Gesellschafters konnten bei Veranlassung hingegen auf eine solche Vermögensverbindung verzichten. (2) R  echtsprechung, Literatur und der Geldkreislauf Im Falle des Geldkreislaufs wendet die Literatur auf das Geschäft die §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG an.707 Meist wird für die Zurechnung von Töchtern auf Gesellschaftsseite nur diese Konstellation des direk706  Den Begriff des Geldkreislaufs hat auch der BGH benutzt: BGH v. 07.07.2003, BGHZ 155, 329 (335). 707  Autenrieth, DB 1988, 1101; Habetha, ZGR 1998, 306 (322, 326); Lutter, in: FS Stiefel, S. 505 (518 ff.); ders., in: KölnKomm AktG (2. Aufl.), § 183, Rn. 79 ff.; ders. / Bayer, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, 16. Aufl. § 5 Rn. 46 (nicht in die 17. Aufl. übernommen); Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 19 Rn. 218; Pentz, in: MünchKomm AktG, § 27 Rn. 122; U. H.  Schneider, in: Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht, S. 138 (146); v. Schnurbein, GmbHR 2010, 568 (571).

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

ten Rückflusses „der Einlage“ an M besprochen; sie wird sogar zum Zurechnungsgrund erhoben.708 Ähnlich agiert auch der BGH, wenn er meint: Es bestehe durch das Verkehrsgeschäft mit der ‚Tochtergesellschaft‘ zur (teilweisen) Finanzierung der Einlage bei der ‚Obergesellschaft‘ die Gefahr der Umgehung der Kapitalaufbringungsvorschriften.709 Dem lag vereinfacht folgender Sachverhalt zu Grunde:

Abbildung 36: Sachverhalt BGH v. 07.07.2003, BGHZ 155, 329

Der Kläger, Gesellschafter der Beklagten zu 1 – einer GmbH –, verkaufte der D-KG, deren einzige Kommanditistin die Beklagte zu 1 war, ein Grundstück. Aus dem daraus erhaltenen Kaufpreis beglich der Kläger seine Einlageverpflichtung gegenüber der Beklagten zu 1. In diesem Sachverhalt war die „Tochtergesellschaft“ eine KG, so dass sich das Ergebnis nicht einfach auf alle Kapitalgesellschaften erweitern lässt. Der BGH spricht aber ganz klar die Realisierung der Gefahr für das Kapital durch die Entwertung der Kommanditbeteiligung an.710 Im Urteil des LG Mainz,711 welches einen Zurechnungsfall aufseiten der Gesellschaft entscheiden hätte können, lag ebenfalls ein Geldkreislauf vor. Hier war der Sachverhalt vereinfacht folgender (wobei nur die Kapitalerhöhung vom Juli 1982 relevant ist):

708  Märtens, in: MünchKomm GmbHG, § 19 Rn. 218; Pentz, in: MünchKomm AktG, § 27 Rn. 122; v. Schnurbein, GmbHR 2010, 568 (571). 709  BGH v. 07.07.2003, BGHZ 155, 329 (336). 710  BGH v. 07.07.2003, BGHZ 155, 329 (336). 711  LG Mainz v. 18.09.1986, 12 HO 53 / 85, AG, 1987, 91.



II. Zurechnung aufseiten der Gesellschaft

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Abbildung 37: Sachverhalt LG Mainz v. 18.09.1986, AG 1987

GM zahlte auf ihre Einlageschuld aufgrund Kapitalerhöhung bei IBH einen Betrag, der absprachegemäß zur Begleichung von Schulden der IBHTochter Terex do Brasil bei der GM-Tochter GM do Brasil genutzt werden sollte. Auch hier lag ein Geldkreislauf vor. Das Gericht löste die Frage aber schon über die fehlende freie Verfügbarkeit des Geldes, denn es war vor der Bareinlage vereinbart worden, mit ihr die Forderungen aus einem Geschäft mit GM zu tilgen.712 Man darf aber nicht den Fehler machen, die Zurechnungskonstellation von unten nach oben aufseiten der Gesellschaft auf den Geldkreislauf zu reduzieren. Andernfalls übersähe man die anderen Fälle, in denen es zu einer Gefahr für das Nominalkapital kommt. Die gleiche Gefahr liegt auch in einer Verringerung des Wertes der Tochtergesellschaft, wenn sie an M aus eigenen Mitteln zahlt – dies schlägt rein rechnerisch bei jedweder Beteiligungshöhe der T an E auf sie durch. Es ist aber klar, dass die Kapitalaufbringungsregeln keinen so weitgehenden Schutz bieten.713 Man sollte auf die Gefahren für das Nominalkapital der T blicken. Im Fall des Geldkreislaufs zeigen sich diese besonders deutlich. Der Geldkreislauf verführt jedoch auch dazu, nicht ausreichend darüber nachzudenken, warum es zu einer Anwendung der §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG kommt. Leitet T die Einlagemittel weiter, kann darin etwa eine Veranlassung zu sehen sein (sogleich (3)), T könnte aber auch nur eine eigene Einlageschuld bei E begleichen, so dass E selbstbestimmt über das Geld 712  LG

Mainz v. 18.09.1986, 12 HO 53 / 85, AG, 1987, 91 (94). etwa auch Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, S. 206, dem eine Minderung des Beteiligungswertes nicht ausreicht. 713  So

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

verfügt – dann aber benötigt man andere Kriterien, um die §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG anzuwenden (s. u. (4)). Als nächstes sollen daher der Zurechnungsvoraussetzungen einer näheren Untersuchung unterzogen werden. (3) Veranlassung als Auslegung Wenn sich die T der E offensichtlich dadurch bedient, dass sie den Einlagebetrag von M durchreicht und die E dieser Einflussnahme auch Folge leistet, braucht man keine weiteren Zurechnungskriterien für die verdeckte Sacheinlage. In der Regel handelt es sich um eine (konkludente) Veranlassung, wenn das Geld durchgereicht wird.714 Viele Fälle des Geldkreislaufs können daher über das Veranlassungskriterium gelöst werden. T zeigt durch die Veranlassung, dass die gesamte Transaktion durch ihren Willen gesteuert ist; es handelt sich letztlich um eine wirtschaftliche Sacheinlage – auch wenn der Vermögenswert nicht in ihrem Besitz sein mag. Die §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG sind dann schon per Auslegung anwendbar. Anders als U. H. Schneider dies vorschlägt, sollte die Veranlassung im Konzern hingegen nicht vermutet werden.715 Die Gründe gegen eine solche Vermutung sind oben schon genannt worden.716 Hinzuweisen ist auf den Unterschied des Veranlassungsmerkmals hier zu den Fällen oben. Während sonst die Veranlassung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft stattgefunden hat, veranlasst nun die Gesellschaft ihre Tochter. Bisher wurde das Drittgeschäft mit der Veranlassung rechtlich umqualifiziert; hier dient es als Nachweis, dass es sich letztlich um ein Umgehungsgeschäft zwischen Gesellschafter und Gesellschaft handelt. Daher ist aber zwingend erforderlich, dass auch eine vermögensmäßige Verbindung zwischen der Gesellschaft (T) und der, der Veranlassung Folge leistenden Gesellschaft (E) besteht. Doch das Veranlassungsmerkmal reicht nicht. Selbst in einem Geldkreislauf muss keine Veranlassung vorliegen. Mehr noch: Auch ohne dass T die 714  Darauf haben hingewiesen U. H.  Schneider, in: Entwicklungen im GmbHKonzernrecht, S. 138 (146); Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, S. 245. Man muss jedoch vorsichtig sein. Nur wenn der Erwerb mit dem durchgereichten Geld wirklich auf Veranlassung der M geschieht, kommt diese Annahme in Frage. Handelt E hingegen autonom und hat T etwa das Geld nur „zufällig“ der E überlassen (etwa weil sie selbst nur Holdinggesellschaft ist), dann benötigt man weitere Zurechnungskriterien. 715  U. H.  Schneider, in: Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht, S. 138 (146). 716  Erstes Kapitel, III. 3. a) dd).



II. Zurechnung aufseiten der Gesellschaft247

E konkret beeinflusst, können ihre Kapitalaufbringungsvorschriften umgangen werden. Man sollte daher mit Lutter eine „Verlängerung des objektiven Umgehungstatbestandes“ vornehmen.717 Das heißt, dass auch außerhalb der Veranlassungsfälle eine Zurechnungsvoraussetzung gefunden werden muss, die das grundsätzliche Risiko der Einflussnahme und Instrumentalisierung von verbundenen Unternehmen berücksichtigt. (4) Gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht Es sei erneut darauf hingewiesen: Durch die gesellschaftsrechtliche Verbindung von T und E kann eine Schädigung der E immer auch zu einer Beeinträchtigung des Nominalkapitals der T führen. Genau darauf hat Müller-Eising mit seinem objektiven Zurechnungskriterium hingewiesen.718 Zunächst konsolidiert Müller-Eising die Vermögensverhältnisse; daneben fordert er eine „wirtschaftliche Einheit“ von T und E. Dazu müsse ein der Instrumentalisierung gleicher Einfluss auf die Gesellschaftsorgane vorhanden sein. Dieser liege grundsätzlich dann vor, wenn die Möglichkeit bestehe, die Organe per Weisung zu beeinflussen; dazu bedürfe es mehr als eines Bestellungs- und Abberufungsrechts.719 Für den Konzern folge die Weisungsmöglichkeit aus der einheitlichen Leitung des finanziellen Bereichs.720 Müller-Eising packt das Problem beim Schopfe. Ein objektives Zurechnungskriterium ist erforderlich, um die Sacheinlagevorschriften umfassend zu schützen. Seine Lösung überzeugt auch weitgehend. An zwei Stellen aber muss sie sich aber Kritik gefallen lassen. Erstens wird nicht offenbar, was genau Müller-Eising mit der konsolidierten Betrachtung meint. Klar ist: Aufseiten der Gesellschaft muss es zu einem „Abfluss“ kommen. Mit einem konsolidierten Blick könnte man daher feststellen, ob auch von T Vermögen abgeflossen ist (mittelbar durch ihre Beteiligung an E). Letztlich ist als „konsolidierte Betrachtung“ aber nur der Hinweis nötig, dass T an E vermögensmäßig beteiligt ist – das wiederum ist zwingend.721 Erst auf einer zweiten Stufe wird danach gefragt, welchen 717  Lutter, in: FS Stiefel, S. 505 (520); ders., KölnKomm AktG (2. Aufl.), § 183, Rn. 82. 718  Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, S. 235 ff. Siehe auch oben die Ausführungen im zweiten Kapitel, unter I. 1. a) bb) (2). 719  Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, S. 237. 720  Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, S. 241. 721  Die Fälle, in denen zwar ein Weisungsrecht aber keine finanzielle Bindung vorliegt (isolierter Beherrschungsvertrag) sind sehr selten und sollen auch als atypische Fälle nicht von dieser Regel mit abgedeckt werden.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Einfluss T auf E benötigt, dass diese vermögensmäßige Verbindung für das Kapitalaufbringungsrecht relevant wird. Zweitens ist daher der Einfluss als Zurechnungskriterium näher unter die Lupe zu nehmen. Müller-Eising scheint sich hier zu widersprechen. Zum einen fordert er ein Mehr zu Bestellungs- und Abberufungsrechten,722 zum andern soll der Konzern wegen der einheitlichen Leitung im finanziellen Bereich ausreichen723. Das reizt zum Widerspruch. Denn im Aktienkonzern müssen keineswegs Weisungsrechte vorliegen, um etwa einzelne Finanzent­ scheidungen der Tochtergesellschaft zu treffen. Man sollte daher weniger auf eine finanzielle Einheit abstellen, sondern, wie hier getan, auf das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht. Andernfalls würden sonst vielfach auch die autonom handelnden Vorstände von Aktiengesellschaften mit in die Zurechnung hineingezogen; dies insbesondere wegen der Vermutung aus § 17 Abs. 2 AktG – die sehr schwer zu widerlegen ist724. Das würde die Kapitalaufbringungsvorschriften aber überreizen. Kann die Mutter ihre Interessen nicht rechtlich wirksam in ihrer Tochter durchsetzen, muss auch Markt nicht an der Drittvergleichbarkeit der Geschäfte zweifeln. Hat T jedoch gegenüber den Geschäftsführungsorganen der E ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht, ist es nicht ausgeschlossen, dass hier der Gesellschaft-Gesellschafter-Konflikt zum Tragen kommt. Dies zeigt sich auch in dem vom BGH entschiedenen Sachverhalt.725 Dort handelte es sich jedoch um eine KG, in der die „Obergesellschaft“ als Komplementärin die Geschäftsführung innehatte – was automatisch eine Durchsetzungsmöglichkeit mit sich bringt. Wichtig ist weiterhin folgender Hinweis: Die objektive Zurechnung deckt auch Fälle ab, in denen nur die Möglichkeit besteht Einfluss auszuüben. Damit grenzt sich diese Lösung etwa von denjenigen ab, die eine Veran­ lassung vermuten – so etwa U. H. Schneider.726 Erfasst werden nicht nur Fälle, in denen Einfluss genommen wurde, gerade auch solche, in denen Einfluss genommen werden könnte. Methodisch handelt es sich auch beim gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrecht um eine Auslegung der §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG.

722  Müller-Eising,

Die verdeckte Sacheinlage, S. 237. Die verdeckte Sacheinlage, S. 241. 724  Darauf weist Richter, AG 1982, 261 (265 f.), mit seinen Beispielen zu gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen hin. 725  BGH v. 07.07.2003, BGHZ 155, 329. 726  U. H.  Schneider, in: Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht, S. 138 (146). 723  Müller-Eising,



II. Zurechnung aufseiten der Gesellschaft249

bb) Rechtsfolgen und die korrekte Durchführung Wie bei der Zurechnung von Töchtern auf Gesellschafterseite ist auch hier die Offenlegung und Bewertung des Austauschvertrages nötig, um die Verträge korrekt durchzuführen. Eine Ketteneinbringung ist auch hier nicht notwendig.727 Man wendet lediglich die Sacheinlagevorschriften analog auf diesen Sachverhalt an728 – dann entsteht die Gefahr für das Nominalkapital erst gar nicht. Werden die Offenlegungs- und Bewertungspflichten nicht eingehalten und liegt entweder Veranlassung oder gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht vor, kommt es zu den Rechtsfolgen der §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG. Das heißt in erster Linie: M hat ihre Einlage nicht erbracht – sie fehlt gänzlich, nicht etwa nur in Höhe der Beteiligung von T an E. Da es sich in diesem Fall der Zurechnung um eine Auslegung der Kapitalaufbringungsvorschriften handelt, gelten auch sonst die normalen Rechtsfolgen aus dem Zwei-Personen-Verhältnis – also diejenigen zwischen M und T.729 cc) Übertragung der Ergebnisse auf die Nachgründung, § 52 AktG Die verdeckte Sacheinlage hat einen ersten Eindruck davon gegeben, was die Zurechnung auf Gesellschaftsseite so deutlich von der auf Gesellschafterseite unterscheidet. Die Rechtsfolgen der verdeckten Sacheinlage ließen sich in diesem Drei-Personen-Verhältnis aber noch leicht beherrschen. Immer dann allerdings, wenn die Ausdehnung auf E auch die Rechtsfolgen berührt, verkompliziert sich die Zurechnung – so wie hier.

Abbildung 38: Zurechnungskonstellation von unten nach oben aufseiten der Gesellschaft für die Nachgründung 727  Anders Maier-Reimer, in: FS Nirk, S. 639 (645), der die Ketteneinbringung als einzigen, aber unzumutbaren Weg sieht und daher die verdeckte Sacheinlage gänzlich in dieser Situation ablehnt. 728  Vgl. oben Zweites Kapitel, I. 1. a) ee). 729  So auch Müller-Eising, Die verdeckte Sacheinlage, S. 273 f.; Lutter / Bayer, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, 16.  Aufl., § 5 Rn. 46 (nicht in die Folgeauflagen übernommen).

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Der beispielhafte Sachverhalt ähnelt dem der verdeckten Sacheinlage sehr. Innerhalb von zwei Jahren nach der Gründung der T-AG schließt die M mit der E einen Vertrag; die Gegenleistung aus dem Vertrag übersteigt den zehnten Teil des Grundkapitals der T-AG. M ist zu mehr als zehn Prozent an der T-AG beteiligt. Fraglich ist, ob das Geschäft zwischen M und E dem Nachgründungsrecht (§ 52 AktG) unterfällt und wenn, unter welchen Voraussetzungen. (1) Tatbestandliche Zurechnung – analoge Ausdehnung Auf den ersten Blick fällt das Geschäft zwischen M und E nicht direkt unter § 52 AktG, denn E ist nicht die geschützte Gesellschaft. § 52 AktG ist für Rechtsakte zwischen Gesellschaft und bestimmten Gesellschaftergruppen (bzw. Gründern) geschaffen. Wie oben ist das Vertragsverhältnis zwischen M und E aber näher unter die Lupe zu nehmen. Methodisch stößt man hier mit der Auslegung auf Granit. Denn § 52 AktG ist explizit auf die Gesellschaft zugeschnitten. Das Nachgründungsverfahren ist atomisch mit dem Austauschvertrag verbunden; den Vertrag zwischen M und E der T rechtlich „zuzuordnen“, ist daher nicht möglich. Zurechnung einer Tochtergesellschaft auf Gesellschaftsseite heißt hier: analoge Anwendung des Nachgründungsrechts auf die Enkelgesellschaft E.730 Mit einer solchen Analogie zeigen sich die wenigsten einverstanden. (a) Literatur will Ausdehnung begrenzen Aus dem Schattendasein, welches die Nachgründung immer schon geführt hat,731 lässt sich die restriktive Haltung der Literatur gegen deren Ausdehnung erahnen.732 Diese Vorsicht erklärt sich durch die Erschwernis, welche die Vorschrift insbesondere bei Börsengängen mit sich brachte733 und weil das NaStraG734 den Anwendungsbereich des § 52 AktG einengte. 730  So

auch Arnold, in: KölnKomm AktG, § 52 Rn. 17. in: FS Bezzenberger, S. 163; Reichert, ZGR 2001,

731  Holzapfel / Roschmann,

554.

732  Sehr restriktiv etwa: Baums / Vogel, in: Lutter / Scheffler / Schneider (Hrsg.), Hdb. Konzernfinanzierung, § 9 Rn. 9.46, S. 275; Bröcker, ZIP 1999, 1029 (1031); Kubis, AG 1993, 118 (120); Picot / Land, DB 1999, 570 (575); Reichert, ZGR 2001, 554 (572, 575); Werner, ZIP 2001, 1403 (1405). 733  Knott, BB 1999, 806; Picot / Land, DB 1999, 570 (575). 734  Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung, v. 18.01.2001, BGBl. I 2001, S. 123.



II. Zurechnung aufseiten der Gesellschaft

251

Das NaStraG wollte aber nicht die Umgehungsverhinderung abschaffen.735 Anders als bei den Zurechnungen auf Gesellschafterseite handelt es sich hier nicht um einen Fall, der früher schon so unter den § 52 AktG gefallen wäre. Auch vor dem NaStraG wäre das Handeln der Gesellschaftstochter nur per Analogie nachgründungspflichtig gewesen. Die Literatur erkennt zwar an, dass eine Regelungslücke entstünde, wenn man die Gefahr der Instrumentalisierung dritter Gesellschaften nicht bannte;736 häufig fühlt man sich jedoch nur in erkennbaren Umgehungsfällen dazu veranlasst, einer Ausdehnung zuzustimmen.737 Aus der eben genannten Skepsis heraus bekennen sich die wenigsten explizit zu einer bestimmten Zurechnung.738 Vielmehr sieht etwa Priester gerade in der Einengung der Nachgründung den Grund, diese heute erst recht nicht auszudehnen.739 Andere fürchten die Ausdehnung, weil die Nachgründung analog auf „nachgründungsfreie“740 GmbHs angewendet werden könnte.741 Um aber das Nominalkapital effektiv zu schützen,742 muss, wie in der sonstigen Kapitalaufbringung, dessen Umgehung auch hier verhindert werden. Es ist daher nicht ausreichend, für eine Zurechnung nur diejenigen Sachverhalte auszuwählen, in denen die Muttergesellschaft das Erwerbsgeschäft der Tochter finanziert743 oder eine bewusste Umgehung vorliegt744. Das Nominalkapital ist gefährdet, auch wenn die Mittel nicht direkt aus den Geschäftskonten der Mutter abfließen – außerdem lässt sich ein Beweis der Umgehungsabsicht kaum erbringen. dazu schon oben S. 192; so aber Priester, DB 2001, 467 (469). in: FS Bezzenberger, S. 163 (188); Reichert, ZGR 2001, 554 (575); i. E. auch Kubis, AG 1993, 118 (120); a. A. Krieger, in: MünchHdb GesR, Band 4 AG, § 69 Rn. 46, der dies wegen der Sicherheit des Rechtsverkehrs ablehnt. 737  So etwa Kubis, AG 1993, 118 (120); Knott, BB 1999, 806 (808); Reichert, ZGR 2001, 554 (575); Witte / Wunderlich, BB 2000, 2213 (2214). 738  So, recht knapp Heidinger, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 52 Rn. 25. 739  Priester, DB 2001, 467 (469). 740  Kubis, AG 1993, 118 (120). 741  So Kubis, AG 1993, 118 (120); Schwab, Die Nachgründung, S. 179 ff.; Witte /  Wunderlich, BB 2000, 2213 (2214). 742  Und dieser Schutzzweck wird von der ganz h. M. der Nachgründung zugedacht, BGH  v.  09.07.2007, BGHZ 173, 145 (Tz. 18); BGH v. 18.02.2008, BGHZ 175, 265 (Tz. 11); s. a. Hüffer, AktG, § 52 Rn. 1; a. A. aber Hachenburg, in: Düringer / Hachenburg (Hrsg.), HGB Bd. 3, § 207 Anm. 1; Bröcker, ZIP 1999, 1029 (1035). 743  So aber Pentz, in: MünchKomm AktG, § 52 Rn. 14; Holzapfel / Roschmann, in: FS Bezzenberger, S. 163 (186 f.). 744  So aber Bröcker, ZIP 1999, 1029 (1031). 735  Siehe

736  Holzapfel / Roschmann,

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

Die Kritiker haben freilich recht damit, Vorsicht bei der Ausdehnung des § 52 AktG zu beschwören. Dies gerade wegen seiner rigiden Rechtsfolgen. Denn aus ihnen folgt ein Einfluss der Mutter auf die Wirksamkeit des von der Tochter geschlossenen Geschäftes.745 Daher muss eine Ausdehnung auf die Tochter strengen Voraussetzungen unterliegen. Umso mehr müssen daher eindeutige und strenge Zurechnungskriterien gefunden werden. Leider hat bisher niemand solche genannt.746 (b) Die hier vertretenen zwei Regeln als Lösung Es bietet sich daher an, einen Blick auf die gleichen Zurechnungskriterien wie oben zu werfen. Danach würde hier gelten: Entweder die E erwirbt den Gegenstand aufgrund einer Veranlassung der T-AG, oder die T-AG hat der E gegenüber ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht. Für alle Fälle der Zurechnung – auch die Veranlassung – muss ebenso wie oben für die verdeckte Sacheinlage gelten: Die Obergesellschaft muss vermögensmäßig an der Untergesellschaft beteiligt sein.747 Danach ist zwischen Veranlassung und gesellschaftsrechtlich fundiertem Weisungsrecht zu unterscheiden. Die Veranlassung der E durch die T-AG macht den Einfluss der T-AG auf E deutlich. Mit diesem Einfluss dehnt die T-AG das Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis auf die E aus. Die Kombination aus Gesellschafter-Gesellschafts-Verhältnis und der vermögensmäßigen Verbindung führt im Ergebnis zu einer Umgehung des § 52 AktG, es besteht eine gleichwertige Gefahr für das Nominalkapital der T-AG. Für die objektive Zurechnungsschwelle des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechtes streiten die gleichen Gründe wie bei der verdeckten Sacheinlage.748 Die Gefahr für das Nominalkapital besteht auch, wenn es sich nicht um die T selbst, sondern um deren Tochter E handelt, gegenüber der die T ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. Doch reichen Veranlassung und gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht als Voraussetzungen aus, die Bedenken aus Literatur zu zerstreu745  Siehe näher dazu sogleich; aus diesem Grund ablehnend auch: Kubis, AG 1993, 118 (120); Picot / Land, DB 1999, 570 (575); Reichert, ZGR 2001, 554 (574). 746  Kubis, AG 1993, 118 (120), will eine Umgehung des § 52 AktG mithilfe der Tochter nur in Extremfällen zulassen; auch Holzapfel / Roschmann, in: FS Bezzenberger, S. 163 (188) wagen einen vorsichtigen Blick über solche Fälle hinaus, in denen das Kapital direkt weitergeleitet wird. 747  Zweites Kapitel, II. 1. a) aa) (1). 748  Zweites Kapitel, II. 1. a) aa) (4).



II. Zurechnung aufseiten der Gesellschaft

253

en? Die Antwort lautet: Ja. Als Analogie ist eine solche Ausdehnung noch zu rechtfertigen.749 Die Bedenken der Literatur lassen sich auflösen. Zunächst befürchten viele, dass der § 52 AktG auch auf „nachgründungs­ freie“750 GmbHs ausgedehnt würde und ja, dies ist Folge der hier vertretenen Lösung. Doch die Tochter-GmbHs werden dadurch nicht grundsätzlich nachgründungspflichtig. Schwab hat hingegen gerade hiervor gewarnt.751 Die Analogie kommt aber nur in den speziellen Fällen zum Tragen, wenn E mit M Geschäfte schließt, bei denen E eine zehn Prozent des Grundkapitalbetrages der T übersteigende Gegenleistung schuldet. Folglich sind nur sehr wenige Geschäfte betroffen und nicht etwa wie Picot / Land noch vor dem NaStraG befürchteten, alle Geschäfte aller Tochtergesellschaften innerhalb der ersten zwei Jahre.752 Es wird keineswegs die gesamte Nachgründungspflicht der Obergesellschaft auf die Untergesellschaft übertragen. Die nachgründungsrelevanten Geschäfte für die Töchter sind derart spezifisch (durch ihr Volumen und die Einschränkung auf den bestimmten Personenkreis), dass die Tochtergesellschaft nicht etwa in ihrer Handlungsfähigkeit durch die Analogie ungerechtfertigt beeinträchtigt wäre. Krieger befürchtet darüber hinaus, der Rechtsverkehr würde übermäßig eingeschränkt.753 Mit „dem Rechtsverkehr“ kann Krieger hier hauptsächlich die Vertragsparteien meinen, zu denen oben Gesagtes gilt. Was alle anderen an dem Geschäft mittelbar Beteiligten angeht, so gilt wie bei allen Kapitalerhaltungsnormen: Sie müssen zugunsten des Kapitalschutzes zurückstehen. Kein Marktteilnehmer kann von außen einsehen, ob Geschäfte mit der Gesellschaft dadurch belastet werden, dass Kapitalschutzregeln bestimmte Rückabwicklungen innerhalb der Gesellschaft nötig machen – so auch hier. Weiter meint Schwab, dass man § 52 AktG wegen § 57 AktG nicht ausdehnen müsse.754 Doch dem ist nicht so. Zwar können sich Nachgründung und das Verbot der Einlagenrückgewähr überschneiden, die Nachgründung hat aber einen über § 57 AktG hinausgehenden Anwendungsbereich. Es geht dem Nachgründungsrecht nicht um den bloßen Schutz von Nominalkapital, sondern auch um den der Kompetenzverteilung in der AG.

749  Anders: Kubis, AG 1993, 118 (120); Witte / Wunderlich, BB 2000, 2213 (2214). 750  Kubis, AG 1993, 118 (120). 751  Schwab, Die Nachgründung, S. 179 ff. 752  Picot / Land, DB 1999, 570 (575). 753  Krieger, in: MünchHdb GesR, Band 4 AG, § 69 Rn. 46. 754  Schwab, Die Nachgründung, S. 181.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

(2) D  as schwere Erbe der analogen Anwendung: T überwacht das Geschäft der E Anders als bei der Zurechnung von Töchtern auf Gesellschafterseite birgt die Ausdehnung der Nachgründung auf Gesellschaftsseite wie schon erwähnt Rechtsfolgenprobleme.755 Diese Probleme ergeben sich direkt aus dem Nachgründungsverfahren. Wendet man den § 52 AktG (der T-AG) analog auch auf das Geschäft zwischen E und M an, fragt sich, bei wem das Nachgründungsverfahren stattfinden muss. Mit der analogen Anwendung auf die E sollen das Nominalkapital und die Kompetenzverteilung der T geschützt werden. Aus diesem Grund ist das Nachgründungsverfahren auch bei T durchzuführen. Das heißt, die Entscheidung über die Wirksamkeit der Verträge trifft die Hauptversammlung der T, obwohl E und M die Verträge geschlossen haben. Der Einfluss von sowohl Hauptversammlung als auch Aufsichtsrat der Mutter auf die Wirksamkeit eines Vertrages der Tochter könnte zu Kompetenzverschiebungen zwischen diesen beiden Gesellschaften führen.756 Die Gefahr, dass die Wirksamkeit der von E geschlossenen Verträge durch eine andere Person bestimmt wird, ist der Ausdehnung der kapitalschützenden Vorschriften aber immanent. Dies zeigt auch ein Blick auf die anderen Kapitalschutzbereiche: etwa bei den §§ 31 GmbHG, 62 AktG wird durchaus eine analoge Anwendung der Normen auf den Nichtgesellschafter vertreten.757 Zwar nehmen dort nicht die Organe einer Gesellschaft Einfluss auf die Wirksamkeit von Geschäften einer anderen Gesellschaft, die Wirksamkeit der Geschäfte ist aber von Voraussetzungen abhängig, die in anderen Gesellschaften gründen. Bei der Nachgründung trifft die kapitalschutzrechtliche Gefahr, die vom Vertragsschluss ausgeht, auch „nur“ die Mutter (ob auch die Tochter kapitalschutzrechtlich betroffen ist, ist darüber hinaus zu prüfen). Es wird daher zwar formell über Verträge entschieden, die eine andere juristische Person abgeschlossen hat, wertungsmäßig (dies zeigen auch die Zurechnungsgründe) aber über eine Maßnahme der Mutter-AG. Aus diesem Grund muss zwar E die Folgen der Unwirksamkeit der Verträge schultern, das Nachgründungsverfahren liegt aber in Händen der T. Schließt eine der T zurechenbare Tochter somit Verträge im Sinne des § 52 AktG mit einem Gründer oder maßgeblich beteiligten Aktionär der T, muss das Verfahren des § 52 Abs. 2–9 AktG auf Ebene der T vorgenommen werden. Das bedeutet auch, dass die Verträge am Registergericht der T zu auch von Reichert, ZGR 2001, 554 (573 ff.), bemerkt. ZGR 2001, 554 (574). 757  Bayer, in: MünchKomm AktG, § 62 Rn. 75; Cahn, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 62 Rn. 18. 755  So

756  Reichert,



II. Zurechnung aufseiten der Gesellschaft

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prüfen sind.758 Scheitert das Nachgründungsverfahren, können Leistungen verweigert und, soweit schon geleistet, zurückgefordert werden (§§ 985, 812 BGB759). dd) Übertragung der Ergebnisse auf das Hin- und Herzahlen, § 19 Abs. 5 GmbHG und § 27 Abs. 4 AktG Für das Hin- und Herzahlen gilt, wie in den anderen Zurechnungskonstellationen, dass die hier entwickelten Voraussetzungen der verdeckten Sacheinlage anzuwenden sind.760 Ein Unterschied zu der dortigen Zurechnung lässt sich, wie bei den sonstigen Zurechnungskonstellationen, auch für diese nicht finden. Das heißt: Auslegung der §§ 19 Abs. 5 GmbHG, 27 Abs. 4 AktG bei Veranlassung der von E an M erfolgten Darlehensgewährung durch T und Analogie bei Vorliegen eines gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts der T gegenüber E. ee) Zusammenfassung der Ergebnisse für die Kapitalaufbringung Kontrahiert der Gesellschafter (M) mit einer Tochtergesellschaft (E) seiner Gesellschaft (T), fällt der Vorgang unter die Kapitalaufbringungsvorschriften wenn: ○ T die E veranlasst hat, das Geschäft mit M abzuschließen oder ○ T gegenüber E ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. Sowohl in der Anwendungs-Methodik als auch in den Rechtsfolgen unterscheiden sich die einzelnen Kapitalaufbringungsvorschriften. Für die verdeckte Sacheinlage gilt: ○ Sowohl Veranlassung als auch gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht führen schon durch Auslegung der §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG zu einer Ausdehnung. Die Rechtsfolgen sind die gleichen, als hätte M das Geschäft direkt mit T abgeschlossen. Für die Nachgründung gilt: ○ § 52 AktG muss in jedem Fall analog auf das Geschäft zwischen M und E angewendet werden – im Fall von Veranlassung wie auch beim gesell758  Damit wird auch das von Schwab, Die Nachgründung, S. 181, angesprochene Problem umgangen, dass die T beim Register der E nicht berechtigt sei. 759  Pentz, in: MünchKomm AktG, § 52 Rn. 62. 760  Vgl. dazu oben Zweites Kapitel, I. 1. a) ii) und Zweites Kapitel, I. 2. a) ee).

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

schaftsrechtlich fundierten Weisungsrecht. Trotzdem muss das Nachgründungsverfahren auf Ebene der T durchgeführt werden. Für das Hin- und Herzahlen gilt: ○ Wie bei der verdeckten Sacheinlage kommt man mit Auslegung der §§ 19 Abs. 5 GmbHG, 27 Abs. 4 AktG zu deren Anwendbarkeit. Damit gleichen die Rechtsfolgen auch denen, die einem direkten Geschäft der M mit T nachfolgen würden. b) Kapitalerhaltung

Abbildung 39: Zurechnungskonstellation von unten nach oben aufseiten der Gesellschaft im Kapitalerhaltungsrecht

Die Abbildung oben zeigt den Sachverhalt für die Kapitalerhaltung. E zahlt der M verdeckt oder offen einen Betrag aus. Durch diese Auszahlung verringert sich der Wert der E und folglich auch der Wert der Beteiligung, die T an E hält. Dadurch verringert sich im Beispiel das gebundene Vermögen bei T. Es stellt sich nun die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die §§ 30 GmbHG, 57 AktG diese Zahlung von E an M verbieten. aa) Tatbestandliche Zurechnung Fakt ist: Das gebundene Vermögen der T wird durch den Abfluss bei E gemindert. Doch reicht das, die §§ 30,  31 GmbHG, 57,  62 AktG anzuwenden? Immerhin werden die Kapitalerhaltungsnormen der T geprüft. Die E ist hier nicht Bezugspunkt des Kapitalschutzes; ob die Auszahlung auch bei ihr zu einem Verstoß gegen die Kapitalschutzvorschriften führt, interessiert für die Bewertung auf Ebene der T nicht. Genauso gut kann die Zahlung das gebundene Vermögen der E nicht antasten, während die Verringerung ihres Beteiligungswertes aber das gebundene Vermögen der T schmälert (etwa wenn E ein sehr niedriges Nominalkapital und viele Rücklagen hat,



II. Zurechnung aufseiten der Gesellschaft

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die T hingegen stark unterkapitalisiert ist). Da rein rechnerisch der M ihre Einlagen zum Teil zurückgezahlt werden, bleibt zu fragen, wessen es zusätzlich bedarf, um die §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG auf den Plan zu rufen. (1) K  eine weiteren Voraussetzungen: Anteilige Durchrechnung Am einfachsten wäre es, die Trennung zwischen den einzelnen Gesellschaften außen vor zu lassen. Denn es liegt schließlich eine Verringerung des gebundenen Vermögens der T vor. Einmal eingezahlte Einlagen der T fließen mittelbar über E an M zurück – der Tatbestand der §§ 30 GmbHG, 57 AktG wäre somit erfüllt. So sehen dies auch Teile der Literatur.761 Doch da macht man es sich etwas zu einfach. Die bloße Verringerung des gebundenen Vermögens, mittelbar durch Absenken des Beteiligungswertes der E, reicht nicht für die Kapitalschutzvorschriften aus.762 Wie oben schon erwähnt – und dies zeigt sich in allen Zurechnungskonstellationen – kann nicht vernachlässigt werden, dass es sich bei den ausschüttenden Gesellschaften um eigenständige Rechtssubjekte handelt, die zu einer eigenen Meinungsbildung fähig sind. Man kann daher nicht bloß wirtschaftlich die Minderung des Nominalkapitalbetrages durchrechnen. Schmälerung des gebundenen Vermögens alleine ist nicht durch die Kapitalerhaltungsvorschriften verboten. Ein solches Verbot wäre – betrachtete man Kleinstbeteiligungen – auch völlig unpraktikabel763 und für das Wirtschaftsleben schädlich. Die Kapitalerhaltung will schließlich keinen rein bilanziellen Vermögensschutz darstellen. Wenn T an E eine Minderheitsbeteiligung hält und E sich „freiwillig“ für ein nachteiliges Geschäft mit M entschließt, handelt es sich um einen normalen Vorgang am Markt. Kein Gläubiger kann darauf vertrauen, dass die Kapitalschutzvorschriften die Gesellschaft vor allem Übel schützen. Vielmehr stellt das Gesetz eben nur die Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnisse 761  U. H.  Schneider, in: JbFStR 1984 / 85, 497 (502); ders., ZGR 1984, 497 (516); Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (401); ders., JbFStR 1984 / 85, 544 (546); mit Blick auf die GmbH & Co. KG (aber fraglich, ob dies verallgemeinerungsfähig ist) auch: Hunscha, GmbHR 1973, 257; Immenga, ZGR 1975, 487 (490); K. Schmidt, DB 1973, 2227 (2229 f.). 762  So die ganz h.  M., vgl. nur Bayer, in: MünchKomm AktG, § 57 Rn. 51; Cahn / v.  Spannenberg, in: Spindler / Stilz, AktG, § 57 Rn. 60. 763  Auf die Unpraktikabilität, die eine Zurechnung auch von Kleinstbeteiligungen mit sich brächte, weisen auch Cahn / v.  Spannenberg, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 60 hin, die aber ansonsten nach den §§ 16, 17 AktG zurechnen wollen.

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

auf den Prüfstand. Zu der Vermögensminderung muss daher das Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis hinzukommen, um das Nominalkapital mit seiner Schutzfunktion beeinträchtigt zu sehen. Erst dann handelt es sich um einen Rückfluss der Risikobeteiligung an den Gesellschafter und nicht um eine Realisation dessen Risikos. Wegen des Trennungsprinzips müssen daher Voraussetzungen gefunden werden, die eine Minderung des Nominalkapitals den §§ 30 GmbHG, 57 AktG unterstellen. (2) E  in Blick auf die §§ 56 Abs. 2, 71 d Satz 2 AktG: §§ 16, 17 AktG als Zurechnungsvoraussetzungen Es wird in der Literatur vielfach nur auf den Rechtsgedanken der §§ 56 Abs. 2, 71 d Satz 2 AktG verwiesen, um eine Zurechnung über die §§ 16, 17 AktG zu begründen.764 Als Gründe werden neben der Umgehungsvermeidung und dem Gedanken, dass Mutter und Tochter im Kapitalschutz einheitlich zu behandeln seien, keine weiteren genannt.765 Die §§ 56 Abs. 2, 71 d Satz 2 AktG zurate zu ziehen, scheint auch verlockend. Die Zurechnungsvariante der §§ 56 Abs. 2, 71  d Satz  2 AktG ist die hier vorliegende. Dennoch sollte man von diesem Weg ablassen. Für die Gründe sei nach oben verwiesen.766 Es sei insbesondere darauf hingewiesen, dass es sich beim Erwerb eigener Aktien um etwas qualitativ anderes handelt, als beim sonstigen Kapitalschutz. Dennoch: den Weg über die §§ 16, 17 AktG beschreiten viele. Zum Teil auch mit guten Argumenten. Richtig ist, dass es eine gewisse Schwelle des Einflusses braucht, um den oben beschriebenen Nominalkapitalverlust für die §§ 30 GmbHG, 57 AktG fruchtbar zu machen. Diese Schwelle wird in der Mehrheitsbeteiligung oder Abhängigkeit der E gegenüber T gesehen.767 764  Fleischer, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 30; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 17; Solveen, in: Hölters (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 12; Wiesner, in: MünchHdb GesR, Band  4 AG, § 16 Rn. 48; mit der Einschränkung, erst ab 25 % Vermögensbeteiligung zuzurechnen Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 121; schon ab 10 % Beteiligung zulassend: Bayer, in: MünchKomm AktG, § 57 Rn. 49; Henze, in: GroßKomm AktG, § 57 Rn. 76 ff. 765  So etwa Beispielhaft Henze, in: GroßKomm AktG, § 57 Rn. 76. 766  Vgl. oben Erstes Kapitel, III. 3. b) ff) (3) (b). 767  Fleischer, in: K. Schmidt / Lutter (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 30; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 17; Solveen, in: Hölters (Hrsg.), AktG, § 57 Rn. 12; Wiesner, in: MünchHdb GesR, Band  4 AG, § 16 Rn. 48; mit der Einschränkung, erst ab 25 % Vermögensbeteiligung zuzurechnen Drygala, in: KölnKomm AktG, § 57 Rn. 121; schon ab 10 % Beteiligung zulassend: Bayer, in: MünchKomm AktG, § 57 Rn. 49; Henze, in: GroßKomm AktG, § 57 Rn. 76 ff.



II. Zurechnung aufseiten der Gesellschaft

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Als Begründung nennt man die Möglichkeit der T, die E zur Auszahlung an M zu veranlassen – dann könne es leicht zur Umgehung der §§ 30 GmbHG, 57 AktG kommen.768 Scheinbar wegen des Einflusses der §§ 56 Abs. 2, 71 d Satz 2 AktG wird eine vertiefte Diskussion bisher nur für die AG geführt.769 Das ist verwunderlich, stellen sich die gleichen Fragen doch auch für § 30 GmbHG. Man gibt sich für die GmbH mit einem Verweis auf die Rechtsprechung zur GmbH & Co. KG zufrieden,770 denn nur dort hat der BGH einen Fall entschieden, der mit der hier behandelten Zurechnungskonstellation vergleichbar war. Diese Verweisung erstaunt umso mehr, da die Teile der Literatur erkennen, dass die Rechtsprechung für die GmbH & Co. KG nicht voll auf den Fall verbundener Kapitalgesellschaften übertragbar ist; dennoch wird auch von ihnen eine Zuordnung zu den Kapitalschutznormen der T und Rückgewähr an E gefordert.771 Man versteift sich dann aber auf die oben kritisierte, rein vermögensmäßige Betrachtung und rechnet bloß den Nominalkapitalverlust durch.772 Auch Cahn rechnet Auszahlungen durch Töchter dem Kapitalschutz der Mutter zu. Er verweist zwar ebenso auf die §§ 56 Abs. 2, 71 d Satz 2 AktG, gesteht aber ein, dass die Zurechnung nach § 16 AktG nicht recht passen will.773 (3) V  ergleich mit der GmbH & Co. KG: Die Lösung des BGH Der BGH hat sich zur Zurechnungskonstellation aufseiten der Gesellschaft nur im Rahmen eines Urteils zur GmbH & Co. KG geäußert – er hat dort anteilig den Vorteil durchgerechnet.774 Danach könne man die Kapi768  Bayer,

in: MünchKomm AktG, § 57 Rn. 49. verweist Ekkenga, in: MünchKomm GmbHG, § 30 Rn. 189, wegen der GmbH & Co. KG-Problematik auf die Zurechnungsfrage von oben nach unten, ohne den Unterschied der beiden Zurechnungskonstellationen zu sehen. 770  Fleck, JbFStR 1984 / 85, 544 ff.; ders., in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (401); Goerdeler / Müller, in: Hachenburg GroßKomm GmbHG, § 30 Rn. 73; U. H.  Schneider, JbFStR 1984 / 85, 502 ff.; ders., ZGR 1985, 279 (286 f.); unklar Kahlert, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 236 f. 771  Fleck, JbFStR 1984 / 85, 546; U. H.  Schneider, ZGR 1985, 279 (286 f.). 772  U. H.  Schneider, in: JbFStR 1984 / 85, 497 (502); ders., ZGR 1984, 497 (516); Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (401); ders., in: JbFStR 1984 / 85, 544 (546); mit Blick auf die GmbH und Co. KG (aber fraglich, ob dies verallgemeinerungsfähig ist) auch: Hunscha, GmbHR 1973, 257; Immenga, ZGR 1975, 487 (490); K. Schmidt, DB 1973, 2227 (2229 f.). 773  Dazu schon oben Erstes Kapitel, III. 3. b) ff) (3) (b). 774  BGH v. 29.09.1977, BGHZ 69, 274 (279); BGH v. 29.03.1973, BGHZ 60, 324 mit Hinweis auf Kuhn, in: Ehrengabe Heusinger, S. 203 (213 ff.); Winkler, NJW 1969, 1009 (1010). 769  So

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2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

talerhaltungsregeln der GmbH auch durch die Leistung einer KG an den Gesellschafter der Komplementär-GmbH verletzen, wenn durch diese Leistung das Stammkapital der GmbH angegriffen würde. Das sei etwa der Fall, wenn das gesamte Stammkapital der GmbH als Einlage in die KG geleistet sei und der Wert der Beteiligung an der KG infolge der Ausschüttung an den Gesellschafter sinke.775 Der BGH führt für seine Lösung nur den Sinn und Zweck der Kapitalerhaltungsvorschriften an; er geht nicht näher auf die Stellung der KG als Dritte ein. Dies lässt sich wohl damit erklären, dass die eigenständige Rechtspersönlichkeit der KG erst später in der Diskussion Beachtung gefunden hat. Die „GmbH & Co. KG-Lösung“ des BGH ist für die sonstigen Kapitalerhaltungsfälle nicht besonders zielführend. Der BGH wendet auch auf diese § 30 GmbHG an und begründet dies gerade mit der besonderen Haftungsverfassung der GmbH & Co. KG.776 Letztlich rechnet er aber einfach den Abfluss durch und bezieht die eigene Rechtspersönlichkeit der Tochter nicht näher ein – das wurde schon oben unter (1) kritisiert. Er behandelt die GmbH & Co. KG eher als Kapitalerhaltungsobjekt sui generis,777 so dass die Ergebnisse nicht auf die sonstigen verbundenen Unternehmen übertragen werden können. (4) Eigene Zwei-Regel-Lösung Folgt man vorstehender Kritik, bleibt es bei der Frage: Welche Voraussetzungen führen dazu, die §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG anzuwenden? Und wie steht es mit der methodischen Vorgehensweise – reicht Auslegung oder ist Analogie von Nöten? Mit der einheitlichen Zurechnungslösung kommt man einer Lösung dieser Fragen näher. Das heißt erneut: Man sollte Veranlassung und gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht als Zurechnungskriterien verwenden. (a) Veranlassung Bei der Veranlassung ähnelt die Argumentation sehr derjenigen, die bei der Kapitalaufbringung verwendet wurde. Veranlasst T die E dazu, den 775  BGH

v. 29.03.1973, BGHZ 60, 324 (328 f.). betrachte sich etwa die Entscheidung des BGH v. 19.02.1990, BGHZ 110, 342, aber auch schon BGH v. 29.03.1973, BGHZ 60, 324 und BGH v. 29.09.1977, BGHZ 69, 274. 777  Siehe unten Zweites Kapitel, III. 776  Man



II. Zurechnung aufseiten der Gesellschaft261

Betrag an M auszuzahlen, ist es egal, dass es sich bei der E um eine eigenständige juristische Person handelt. Denn das gebundene Vermögen der T ist durch die Zahlung sowieso betroffen. Die Veranlassung ordnet dann nur noch rechtlich die Zahlung der T zu. Denn dadurch, dass sich E der Veranlassung der M beugt, handelt sie wie eine Treuhänderin. Ihre Handlungen erfolgen (nachweisbar) aufgrund des Willens der T und ebenso gegenüber deren Vermögen (durch die Beteiligung). Folglich wird auch die methodische Vorgehensweise klar: Auslegung. Denn letztlich handelt nur T – die E verkommt zur Ausführungsgehilfin. (b) G  esellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht Liegt keine Veranlassung vor, kommt das Kriterium des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts ins Spiel. Ohne Veranlassung handelt E als eigenständiges Rechtssubjekt. Damit wird nicht die Zahlung der T zugerechnet, sondern es müssen umgekehrt die Verbotsvorschriften (der T) auf die Zahlung – also letztlich auf E – erstreckt werden. Dies ist nur per Analogie möglich. Diese Analogie ist notwendig, da M nicht die Gesellschafterin der E ist, E aber dennoch selbstbestimmt handelt; nur wenn sie auf Veranlassung oder im Auftrag der T handelt, kann man noch von einer Auszahlung seitens „der T“ reden und die §§ 30 GmbHG, 57  AktG auslegen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall; weil das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht ein objektives Zurechnungskriterium ist, wird gerade kein Beweis eines solchen Einflusses gefordert. Der Schutz besteht gerade, wegen der Möglichkeit des Einflusses. Eine Analogie ist auch gerechtfertigt. Denn das Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis zwischen M und T besteht auch zwischen E und M fort, wenn T derart auf E einwirken kann, dass sie jede einzelne Entscheidung rechtlich gesichert beeinflussen kann. In diesem Fall kann der Markt nicht davon ausgehen, dass die zwischen E und M geschlossenen Geschäfte den marktwirtschaftlichen Grundsätzen folgen – dann gilt auch der mittelbare Abfluss des gebundenen Vermögens von T als verbotswidrig. Nur so wird die Glaubwürdigkeit des Nominalkapitals sichergestellt. bb) Rechtsfolgen Doch wie genau sind die Zahlungen der E an M rückabzuwickeln? Wie immer trifft der Anspruch aus den §§ 31 GmbHG, 62 AktG den Adressaten der §§ 30 GmbHG, 57 AktG. Es kommt daher darauf an, wen die §§ 30 GmbHG, 57 AktG treffen.

262

2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

(1) Gläubiger des Anspruchs In der aktienrechtlichen Literatur wird vielfach die Lösung vertreten, der T einen Anspruch auf Leistung an E zu gewähren.778 Damit verfolgt die Literatur konsequent ihre Linie von oben. Sie wendet die §§ 16, 17 AktG an und rechnet die Zahlung von E an M der T zu. Dann muss auch der Anspruch aus §§ 31 GmbHG, 62 AktG der T zustehen. Man wandelt schließlich nur noch den Anspruchsinhalt etwas um. Bayer geht einen Sonderweg, indem er zusätzlich die E analog §§ 31 GmbHG, 62 AktG zur Gläubigerin der Rückforderungsansprüche machen will.779 Besteht jedoch schon ein Anspruch der T, fehlt es an einer Regelungslücke, um auch E einen Anspruch zu gewähren.780 Für die GmbH wird nur die Frage der GmbH & Co. KG diskutiert. Es wird eine ähnliche Lösung wie im Aktienrecht gefordert. Bei GmbH & Co. KG soll, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung,781 der KG das abgeflossene Vermögen auch wieder zurückerstattet werden.782 Diese Rückerstattung soll das ganze abgeflossene Vermögen umfassen, nicht nur quotal in Höhe des Kapitalanteils der GmbH an der KG.783 Diese besondere Rückabwicklung ist der speziellen Haftungsverfassung der GmbH & Co. KG geschuldet. Überträgt man dies auf Kapitalgesellschaften, hieße es: T wäre Inhaberin des Anspruchs aus §§ 31 GmbHG, 62 AktG. Ob man diesen Schluss ziehen kann, ist fraglich. Unterschiede ergeben sich schon in der Methodik von BGH und Literatur. Will die Literatur lediglich den Anspruch der GmbH auf Leistung an die KG lauten wissen,784 wählt der BGH wohl eine analoge Anwendung des § 31 GmbHG auf die KG785. Diese Lösung ist wieder der Sonderstellung von GmbH & Co. KG geschuldet und nicht zwangsläufig verallgemeinerungsfähig. 778  Cahn, in: Spindler / Stilz (Hrsg.), AktG, § 62 Rn. 7; ders., Kapitalerhaltung im Konzern, S.  103 ff.; Bayer, in: MünchKomm AktG, § 62 Rn. 10; Fleck, JbFStR 1984 / 85, 544 (546); so auch noch Lutter, in: KölnKomm AktG, 2.  Auflage § 57 Rn. 72 nur noch sehr undeutlich von Drygala in der dritten Auflage § 62 Rn. 19. 779  Bayer, in: MünchKomm AktG, § 62 Rn. 10. 780  Siehe schon die Argumentation oben: Zweites Kapitel, I. 1. b) bb), S. 212. 781  BGH v. 29.09.1977, BGHZ 69, 274 (279); BGH v. 27.09.1976, BGHZ 67, 171 (176); BGH v. 29.03.1973, BGHZ 60, 324 (329). 782  Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 31 Rn. 10; Lutter /  Hommelhoff, ZGR 1979, 31 (46 f.). 783  Ekkenga, in: MünchKomm GmbHG, § 30 Rn. 190. 784  Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 31 Rn. 10. 785  BGH v. 29.09.1977, BGHZ 69, 274 (279); BGH v. 27.09.1976, BGHZ 67, 171 (176); BGH v. 29.03.1973, BGHZ 60, 324 (329).



II. Zurechnung aufseiten der Gesellschaft263

Verfolgt man hingegen konsequent die oben getroffene methodische Einteilung, bedeutet dies: Im Falle der Veranlassung ist T Gläubigerin des Anspruchs aus §§ 31 GmbHG, 62 AktG, E hingegen im Falle des gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrechts. (2) Inhalt des Anspruchs Mit der Zuordnung der Ansprüche aus den §§ 31 GmbHG, 62 AktG ist noch nicht gesagt, was Inhalt dieser Rückgewähransprüche ist. Denkbar ist sowohl ein Ausgleich des Nominalkapitals – etwa durch Barzahlung –, wie auch eine Rückabwicklung des Geschäfts. Cahn hat in seiner scharfsinnigen Analyse die unterschiedlichen Auswirkungen der Rückforderung untersucht. Er ist zu dem folgenswerten Ergebnis gekommen, dass die Rückabwicklung in der Regel durch eine Wertausgleichsstellung der M gegenüber der E erfolgen solle.786 Das heißt, es erfolgt lediglich eine Zahlung, die das Rechtsgeschäft zwischen M und E einem ausgeglichenen Drittgeschäft gleichstellt. Cahns flexible Rechtsfolgenbestimmung787 schafft es besser als eine starre Rechtsfolgenregel auch die Interessen der kontrahierenden Parteien zu erfassen. Dies zeigt sich etwa dann, wenn E einen Betrieb innerhalb des Konzerns an M verschiebt. Im Konzern mag es sehr wohl gute wirtschaftliche Gründe für eine solche Transaktion geben. Würden die Kapitalerhaltungsregeln diese Transaktion rückgängig machen, käme es möglicherweise zu einer weiteren wirtschaftlichen Schädigung – ohne dass dem Zweck des Nominalkapitals damit ein besonderer Dienst erwiesen wäre. Ist T Gläubigerin des Anspruchs, bedeutet dies, dass Inhalt des Anspruchs Zahlung an T ist. Ist hingegen E Gläubigerin, muss nicht das gesamte Geschäft rückabgewickelt, sondern lediglich eine Ausgleichszahlung geleistet werden. In beiden Fällen gilt jedoch: Das Geschäft muss so ausgeglichen werden, dass es einem objektiven Vergleich standhält – auch wenn dadurch der Betrag abgeflossenen Nominalkapitals überschritten wird (wegen der nur quotalen „Durchrechnung“ des Verlustes bei E788). Die Ausgleichspflicht an die E umgeht sodann auch die Bewertungsschwierigkeiten, die ein Ausgleich an T mit sich brächte.789 786  Cahn,

Kapitalerhaltung im Konzern, S. 103 ff. Kapitalerhaltung im Konzern, S. 103 ff. 788  Dazu folgendes Beispiel: T ist an E zu 60 % beteiligt. Das Geschäft von E und M verursacht einen Verlust von 100 bei E. Dieser Verlust schlägt sich nur mit 60 bei T auf das Nominalkapital durch. Dennoch muss M 100 an E zahlen. Sie zahlt damit zwar mehr, als sie direkt an T zahlen müsste, nur so stellt sie aber die alte Situation wieder her. 789  Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern, S. 124 ff. 787  Cahn,

264

2. Kap.: Vier Zurechnungskonstellationen und die Einzelnormen

cc) Ergebnis Schüttet eine Tochter (E) der Gesellschaft (T) offen oder verdeckt einen Betrag zulasten des Nominalkapitals der Gesellschaft (T) an deren Gesellschafterin (M) aus, fällt der Vorgang unter die Kapitalerhaltungsvorschriften wenn: ○ T die E dazu veranlasst oder ○ T gegenüber E ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. Hat T die E zur Auszahlung veranlasst, kommt man schon durch Auslegung der §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG zu diesem Ergebnis. Der Anspruch aus §§ 31 GmbHG, 62 AktG ist gegen M gerichtet und lautet auf Leistung an E. Hat T gegenüber E ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht, müssen die §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG analog auf die E ausgedehnt. Dann ist E Inhaberin des Anspruchs; dieser ist auf wertmäßigen Ausgleich des Geschäfts mit E gerichtet. 2. „Zurechnung“ von Muttergesellschaften (von oben nach unten)

Abbildung 40: „Zurechnungskonstellationen“ von oben nach unten aufseiten der Gesellschaft

Der Vollständigkeit halber bleibt noch die „Zurechnungs-“Konstellation von oben nach unten auf Gesellschaftsseite, also die „Zurechnung von Muttergesellschaften auf Gesellschafterseite“ übrig. Dafür gelte: M und Ges. sind an T beteiligt. Es fließt Vermögen von M an Ges., dies geschieht im zeitlich-sachlichen Rahmen mit einer Einlage des Ges. bei T. Diese Fälle sind keine Zurechnungsfälle. Eine wie auch immer geartete Vermögensverlagerung von M an einen anderen Gesellschafter der T (Ges.) kann das Nominalkapital der T nicht beeinträchtigen. Die T ist, über die



III. Zusammenfassung des zweiten Kapitels

265

Vermögenswerte der Beteiligungen, Teil des Vermögens ihrer Gesellschafter, nicht aber umgekehrt. Diese Konstellation ist für den Kapitalschutz somit nicht relevant.

III. Zusammenfassung des zweiten Kapitels Im zweiten Kapitel wurden die einheitlichen Zurechnungskriterien aus dem ersten Kapitel getestet. Dabei wurde gezeigt, dass die oben benannten Zurechnungskriterien als Maßstab für entweder die Auslegung der Kapitalschutzvorschriften oder deren analoge Anwendung heranzuziehen sind. Wichtig ist zu bedenken, dass es sich zwar um eine einheitliche Zurechnungslösung handelt – also in allen Bereichen immer nach den gleichen Maßstäben dritte Gesellschaften in den Kapitalschutz mit einbezogen werden –, sich dies aber methodisch unterschiedlich in den einzelnen Rechtsnormen verwirklicht. Das hat auch zur Folge, dass die Rechtsfolgen je nach methodischer Vorgehensweise unterschiedlich ausfallen können. Man muss somit bei der Anwendung der Kapitalschutznormen immer die Zurechnungskonstellation und die jeweilige Norm im Auge behalten. Dennoch gelten die im ersten Kapitel formulierten Zurechnungskriterien für alle Konstellationen und Normen – hier konnten sie sich beweisen.

Drittes Kapitel

„Kapitalschutz“ in der KG – Übertragbarkeit der Ergebnisse? – In diesem Kapitel wird mit einem Exkurs der Blick auf die KG gelenkt. Denn wo sich Schutzinstrumente ähneln, kann auch über gleiche Zurechnungskriterien nachgedacht werden.

Diese Arbeit hat sich auf die Fahnen geschrieben, Institutionenbildung zu betreiben. Würde man die oben aufgezeigten Zurechnungskonstellationen nur an Kapitalgesellschaften betrachten, wäre dies aber recht engstirnig. Nicht zuletzt, weil die feinsinnige Trennung von Gesamthandsgesellschaft und juristischer Person sich so in der Unternehmenspraxis nicht widerspiegelt. Raiser hat darauf hingewiesen, dass dieser Umstand eine Austauschbarkeit von GmbH und GmbH & Co. KG herbeigeführt habe, welche wesensunterscheidende Merkmale beider Verbandsformen in den Hintergrund rücke.790 Der Kapitalschutz in seiner deutschen Form ist notwendige Folge beschränkt haftenden Gesellschaften. Die Idee, dass Marktteilnehmer die Haftung für ihre wirtschaftlichen Unternehmungen begrenzen können, findet sich maßgeblich im Kapitalgesellschaftsrecht. Mit der KG ist dies den Kommanditisten aber ebenfalls möglich. Eine richtig verstandene Institutionenbildung kann daher die Augen nicht vor dem Personengesellschaftsrecht verschließen.

I. Körperschaften vs. Personengesellschaften– fehlende Grundlage für gemeinsame Dogmatik? Die grundlegendste Unterscheidung zwischen Kapitalgesellschaften und der KG ist sicherlich die Unterscheidung von juristischer Person und rechtsfähiger Personengesellschaft. Die Kapitalgesellschaft ist deutlicher getrennt vom Gesellschafter als die KG. Daraus ergeben sich für die vorliegende 790  Raiser,

AcP 199 (1999), 104 (120).



I. Körperschaften vs. Personengesellschaften267

Untersuchung deshalb Unterschiede, da oben angenommen wurde, das Nominalkapital sei Gegenstück der Haftungsfreistellung in der juristischen Person.791 Nominalkapital in der Kapitalgesellschaft und die Hafteinlagen in der KG (§ 171 Abs. 1 HGB) haben nicht die gleiche Funktion. Zum Nominalkapital sei auf die Ausführungen oben792 verwiesen. Das Recht der KG hingegen will nicht die Einlage durch Kommanditistenhaftung sichern, sondern die Gläubiger durch Hafteinlage und Kommanditistenhaftung schützen.793 Anders sieht dies wohl nur Wiedemann, der der Kommanditistenhaftung die allgemeine gläubigerschützende Wirkung abspricht und diese voll auf den Komplementär verlagert.794 Das geht aber wohl zu weit. Andererseits wäre schwerlich erklärbar, warum ein objektiver Maßstab für die Aufbringung der Hafteinlage anzulegen ist. Denn man ist sich darin einig, dass die Werthaltigkeit der Hafteinlage objektiv zu bestimmen ist; es steht nicht im Belieben der Gesellschafter etwa Einlagen überzubewerten.795 Der Kommanditist haftet als Gesellschafter einer Personengesellschaft mit seinem Privatvermögen (§§ 161 Abs. 2, 128 HGB). Daran ändert auch § 171 HGB nichts. Dieser begrenzt die persönliche Außenhaftung des Kommanditisten lediglich betragsmäßig.796 Qualitativ unterscheiden sich Haftsumme und Nominalkapital. Ein großer Unterschied ist, dass es keine Kapitalgarantie im KG-Recht gibt.797 Die Kommanditeinlage muss somit nicht aufgebracht sein, um die Gesellschaft einzutragen.798 Die Haftsumme gibt keine Garantie dafür ab, dass auch Kapital in ihrer Höhe im Gesellschaftsvermögen vorhanden ist. Für die Kapitalgesellschaft ist das Nominalkapital aber zwingende Voraussetzung.799 So wichtig das Kapital für eine juristische 791  Siehe dazu die Ausführungen zum Zweck des Nominalkapitals im ersten Kapitel, II. 792  Erstes Kapitel, II. 3. 793  K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 30. 794  Wiedemann, in: FS Bärmann, S. 1037 (1038). 795  Dieses Kapitalaufbringungsprinzip wird von der ganz h.  M. anerkannt: BGH v. 08.07.1985, BGHZ 95, 188 (197); BGH v. 11.11.1989, BGHZ 109, 334 (337); Fahse, in: GroßKomm HGB, § 171 Rn. 14; Hopt, in: Baumbach / Hopt (Hrsg.), HGB, § 171, Rn. 6; Oetker, HGB, § 171 Rn. 36; Strohn, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn (Hrsg.), HGB, § 171 Rn. 3, 39; a. A.: Müßigbrodt, Aufrechnung, S.  69 ff. 796  Allg. M., vgl.: Hopt, in: Baumbach / Hopt (Hrsg.), HGB, § 171 Rn. 1; Oetker, HGB, § 171 Rn. 6; K. Schmidt, in: MünchKomm HGB, §§ 171, 172 Rn. 4; Strohn, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn (Hrsg.), HGB, § 171 Rn. 5. 797  Meyer, Haftungsbeschränkung, S. 154. 798  K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 8. 799  Dies gilt sowohl für die Eintragung als auch, nach deutschem Verständnis, zu einem Minimalbetrag von 1 EUR (UG), konstituierend.

268

3. Kap.: „Kapitalschutz“ in der KG

Person auch sein mag, die Wirkungsweise der Haftsumme und des Nominalkapitals ähneln sich sehr. Oben wurde sich auf den Standpunkt gestellt, dass auch das Nominalkapital nicht als Haftungsfonds der Gesellschaft dient.800 In beiden Gesellschaftstypen geht es letztlich darum, den Gesellschafter am Risiko des Scheiterns zu beteiligen – dies soll als Aussage gegenüber dem Markt verstanden werden. In der KG ist dies ausgestaltet durch die persönliche Haftung, die von den Kommanditisten nur durch werthaltige Zahlung der Hafteinlage betragsmäßig begrenzt werden kann. Auch der KG-Gesellschafter muss letztendlich wirksam auf die übernommene Haftsumme verpflichtet werden können, also das übernommene Risiko auch tragen. Oder wie Keuk sagt: Nicht schon die Tatsache, dass der Kommanditist die Gesellschaftskasse „auffüllt“, befreie ihn von der Haftung. „Nur wenn der Kommanditist einen Vermögenswert als Einlage geleistet und damit – in dem ihm weder ein Anspruch auf Bezahlung oder Rückgewähr seiner Leistung erwächst – einen Teil seines bisherigen Privatvermögens in dem Gesellschaftsvermögen gebunden hat, ist das verbleibende Privatvermögen von der Möglichkeit der Inanspruchnahme durch die Gesellschaftsgläubiger befreit.“801

Betrachtet man unabhängig von der dogmatischen Herleitung die beiden Systeme der Haftungsfreistellung, lässt sich der wesentlichste Gegensatz in der Unterscheidung von Außenhaftung und Innenhaftung festmachen. Dieser Unterschied darf zwar nicht aus den Augen verloren werden, sollte aber nicht dazu führen, die Zurechnungsbetrachtungen gar nicht auf die KG zu erstrecken. Nüchtern betrachtet werden beide Gesellschaftstypen von den gleichen Zurechnungsproblemen geplagt. Auch in der KG wirkt die Haftsumme als Signal gegenüber den Gläubigern.802 Die im Handelsregister eingetragene Haftsumme hat die gleiche Signalwirkung wie die eingetragene Nominalkapitalsumme. Die Wirksamkeit dieses Signals ist ebenfalls von dessen Glaubwürdigkeit abhängig und bedarf mithin des Schutzes. Daher ergeben sich in beiden Fällen auch ähnliche Fragen. Die Frage in der Überschrift dieses Unterpunktes kann man also mit einem „Jein“ beantworten. Dass zwischen Kapitalgesellschaft und Personengesellschaft strukturelle Unterschiede bestehen, soll nicht geleugnet werden. 800  Erstes

Kapitel, II. 2. d). ZHR 135 (1971), 410 (418 f.). 802  Viel mehr Wirkung dürfte auch die Haftsumme (neben ihrer dogmatischen Notwendigkeit) nicht haben. Weder garantiert diese dafür, dass Geld in der Gesellschaftskasse ist, noch, dass vom Gesellschafter noch etwas zu holen ist (dieser könnte seiner Haftung durch Zahlung an einen anderen Gläubiger entgangen sein). 801  Keuk,



II. Einlage und Haftung des Kommanditisten269

Die beschränkte Haftung des Kommanditisten gründet sich aber auf sehr ähnlichen Ideen – trotz der dogmatischen Unterschiede zur beschränkten Haftung bei Kapitalgesellschaften. Die oben entwickelte Zurechnungslösung lässt sich immer auf die Durchsetzung dieser Grundideen zurückführen. Daher können die Zurechnungskonstellationen im KG-Recht unter einem ähnlichen Blickwinkel betrachtet werden.

II. Einlage und Haftung des Kommanditisten– gleiche Probleme wie im Kapitalschutz Trotz ihrer dogmatischen Unterschiede gleichen sich die Kapitalschutzregeln und die §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB in vielerlei Hinsicht. Ein näherer Blick in „Kapitalaufbringung“ und „Kapitalerhaltung“ in der KG soll zeigen, ob auch hier die einheitlichen Zurechnungskriterien passen. 1. „Kapitalaufbringung“ Betrachtet man zunächst die „Kapitalaufbringung“, so will schon der Begriff nicht so recht passen. Auch im Detail unterscheidet sich hier vieles von der Kapitalaufbringung der Kapitalgesellschaften – aber hindert dies die Übernahme der einheitlichen Zurechnungskriterien? a) Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Kapitalaufbringung von KG und Kapitalgesellschaft Das Recht der Kommanditgesellschaft kennt, anders als das der Kapitalgesellschaft, keine Pflicht, eine Kommanditisteneinlage an die Gesellschaft zu erbringen. Die Kommanditisten können ihre persönliche Haftung auch durch Leistung an einen Gläubiger in Höhe der Haftsumme begrenzen. Denn es muss kein Kapitalstock gebildet werden.803 Das darf aber nicht dazu führen, dass man die Haftungsfreistellung (§§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1 HGB) auch für nicht werthaltige Einlagen bekommt. Daher ist es akzeptiert, neben das Prinzip der Einlageaufbringung die „Kapitalaufbringung“ treten zu lassen.804 Damit ist gemeint: einen der eingetragenen Haftsumme entspre803  Anders Wiedemann, in: FS Bärmann, S. 1037 f., der die Kommanditisteneinlage gleich dem gesellschaftsrechtlichen Nominalkapital als Kapitalgrundlage ansieht. 804  BGH v. 08.07.1985, BGHZ 95, 188 (197); BGH v. 11.11.1989, BGHZ 109, 334 (337); Fahse, in: GroßKomm HGB, § 171 Rn. 14; Hopt, in: Baumbach / Hopt (Hrsg.), HGB, § 171, Rn. 6; Oetker, HGB, § 171 Rn. 36; Strohn, in: Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn (Hrsg.), HGB, § 171 Rn. 3, 39; a. A.: Müßigbrodt, Aufrechnung, S.  69 ff.

270

3. Kap.: „Kapitalschutz“ in der KG

chenden Betrag an die Gesellschaft zu leisten805 – was nicht heißt, dass nicht auch die Haftung durch Leistung an Dritte begrenzt werden kann. Das „Kapitalaufbringungsprinzip“ hebt daher nur den § 171 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB hervor. Dieser bestimmt, dass die Außenhaftung nur insoweit begrenzt wird, als das Geleistete wertmäßig an die Haftsumme heranreicht.806 Gleiches zeigt sich auch in § 172 Abs. 3 HGB, nach dem interne Stundungen und Erlasse den Gläubigern der Gesellschaft gegenüber nicht wirken. „Kapitalaufbringung“ in der KG ist aber nicht gleichbedeutend mit der in den Kapitalgesellschaften. Sacheinlagen können frei von den Gesellschaftern bewertet werden.807 Das Recht der KG macht lediglich die Beschränkung der Außenhaftung unter anderem von der (objektiv werthaltigen) Erbringung der Hafteinlage abhängig. Daher sind auch verdeckte Sacheinlagen nicht verboten.808 Der Sachwert befreit, soweit er überbewertet ist, nicht von der Einlageschuld (§ 171 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB) – der Kommanditist haftet dann weiterhin gegenüber Gläubigern der Gesellschaft. Diese Außenhaftungs-Begrenzung ist die einzige Wirkung der sog. „Kapitalaufbringung“ im Recht der KG. Der einmal als Haftsumme im Handelsregister festgelegte Wert ist der freien Verfügbarkeit der Gesellschafter im Außenverhältnis entzogen. Hier springt das Gesetz ein und verlangt objektive Wertdeckung der Einlage als Bedingung für den Haftungserlass. Trotz der grundsätzlichen Erlaubnis zur „verdeckten Sacheinlage“ kommt auch hier die Zurechnungsproblematik zum Tragen. Anders als im Kapitalgesellschaftsrecht kennt die KG keine präventiven Werthaltigkeitskontrollen. Mögliche „verdeckte Sacheinlagen“ müssen weder offen gelegt noch überprüft werden. Die KG kennt gerade keinen präventiven Schutz vor der Möglichkeit der Einflussnahme durch die Gerichte. Der Reflex von § 171 Abs. 1 HGB liegt lediglich darin, die Außenhaftung in der Höhe nicht zu begrenzen, in der objektiv die Zahlung des Kommanditisten hinter dem Hafteinlagebetrag zurückbleibt. Die Verschleierung, die mit einer „verdeckten Sacheinlage“ einhergeht, macht es umso problematischer, die werthaltige Aufbringung zu klären. Denn wie oben auch, bestimmt erst die Zurechnung, was verdeckte Sacheinlage ist und was bloßes Drittgeschäft. Nur wenn das Geschäft mit dem Dritten ein Umgehungsgeschäft – eine „verdeckte Sacheinlage“ – ist, lebt auch die Außenhaftung wieder auf. 805  Von Wiedemann, in: FS Bärmann, S. 1037 (1038), als obj. Vermögensdeckung und von K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 26 ff., als Kapitalaufbringungsgarantie bezeichnet. 806  So BGH v. 08.07.1985, BGHZ 95, 188 (197); auch schon der ursprüngliche Gesetzgeber vgl. Materialien, Hahn / Mugdan (Hrsg.), Band  6 HGB, S. 281. 807  Kirsch, Einlageleistung und Einlagerückgewähr, S. 50. 808  K. Schmidt, in: MünchKomm HGB, §§ 171, 172 Rn. 56.



II. Einlage und Haftung des Kommanditisten271

Kapitalaufbringung in Kapital- und Personengesellschaft unterscheidet sich in dem ‚Warum?‘ ihres Schutzes, das ‚Wie?‘ – also die konkrete Wirkungsweise des Schutzes – liegt aber nahe beieinander. Im Kapitalgesellschaftsrecht liegt der Zweck – also das ‚Warum?‘ – gerade im Erhalt der Glaubwürdigkeit der Risikozusage, um der Gesellschaft willen. Im KGRecht hingegen geht es nur um die persönliche Haftung der Kommanditisten. Zur Durchsetzung dieses Zwecks – dem ‚Wie?‘ – stehen beiden Rechtsbereichen sehr ähnliche Instrumente zur Seite: hier Nominalkapital und dort Hafteinlage. Der Unterschied im Zweck zeigt sich etwa daran, dass nur das Kapitalgesellschaftsrecht abstrakt wirkende Verbote kennt. Denn dort muss die Glaubwürdigkeit nach außen hin klar werden; das KGRecht verbietet nicht abstrakt, es reagiert mit der persönlichen Haftung der Kommandi­tisten. b) Zurechnungsvoraussetzungen So wie der GmbH-Gesellschafter nicht durch eine verdeckte Sacheinlage das Nominalkapital gefährden darf, wirkt die Haftungsfreistellung für den Kommanditisten nur dann, wenn er das Gesellschaftsvermögen um den Betrag der Haftsumme erhöht hat.809 Die Hafteinlage kann in Gefahr sein durch den überbewerteten Verkauf im Rahmen einer „verdeckten Sacheinlage“ aber auch durch das unmittelbare „Wiederauszahlen“ der Einlage über Drittgesellschaften. Zwischen „Hin- und Herzahlen“ und der „einfachen“ Rückgewähr der Einlagen am Vorbild der §§ 30 GmbHG, 57 AktG ist im KG-Recht schwer zu trennen. Die Rechtsfolge ist immer die Nicht-Enthaftung im Außenverhältnis – ob es sich um eine ursprüngliche Nichtleistung oder ein Wiederaufleben der Haftung handelt, kann praktisch dahinstehen. Der besseren Vergleichbarkeit halber wird sich die folgende Untersuchung an den Kategorien des Kapitalgesellschaftsrechts orientieren. Unbestritten ist, dass die verdeckte Sacheinlage nur zu einer Enthaftung führt, soweit der Sachwert objektiv der Haftsumme entspricht (§ 171 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB). Wann hingegen Geschäfte im wirtschaftlichen Ergebnis dazu führen, dass der Kommanditist der Gesellschaft doch keinen Betrag in Höhe seiner Haftsumme geleistet hat, bleibt Zurechnungsfrage. Denn wie auch oben ist zwischen Geschäften mit autonom handelnden Dritten und solchen zu unterscheiden, auf die der „Kapitalschutz“ noch Anwendung findet. 809  So eines der beiden Kriterien, die Kirsch, Einlageleistung und Einlagerückgewähr, S. 86 für die Haftungsfreistellung des Kommanditisten nennt.

272

3. Kap.: „Kapitalschutz“ in der KG

Dazu folgendes Beispiel:

Abbildung 41: Zurechnung als Kriterium der objektiven Wertdeckung Kommanditist K leistet seine Hafteinlage in bar an die KG. Kurze Zeit später erwirbt die KG ein Grundstück von T, einer Tochter des K, zu einem überhöhten Kaufpreis. Für die Frage, ob K in seiner Außenhaftung beschränkt ist, muss man danach fragen, ob seine Hafteinlage objektiv an die Hafteinlagesumme heranreicht. Dies ist der Fall, wenn das Geschäft mit T als ein Drittgeschäft behandelt wird. Wird das Geschäft mit T jedoch dem K zugerechnet, mindert der Verlust aus diesem Geschäft den objektiv geleisteten Wert der Hafteinlage, K haftet dann mit der Differenz (maximal seinem Hafteinlagebetrag) nach außen. Die Frage nach der Zurechnung ist also auch eine Frage nach der Werthaltigkeit nach § 171 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB.

Leider findet man auf diese Frage weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur eine Antwort. Während Rechtsprechung und Literatur sich zu Zurechnungskonstellationen bei der „Kapitalerhaltung“ (§ 172 Abs. 4 HGB) äußern, findet eine Auseinandersetzung auf Kapitalaufbringungsseite nicht statt – offenbar wegen des eben benannten Gleichlaufs der beiden Gebiete im Recht der KG. Will man dennoch eine Antwort für die Kapitalaufbringung, bietet es sich an, die oben entwickelten Zurechnungskriterien auch hier anzuwenden. Es geht auch in der Kommanditgesellschaft um die Einlagen, die der Gesellschafter (Kommanditist) aufzubringen hat. Er kommt in den Genuss der begrenzten Außenhaftung nur, wenn er seine Hafteinlage werthaltig erbringt. Wann dies der Fall ist, und wann es sich um eine Umgehung handelt, kann nicht wie oben unterschiedlich beantwortet werden. Das Trennungsprinzip zwischen Dritten und dem Gesellschafter kann immer durchbrochen werden, wenn der Gesellschafter den Dritten derart kontrolliert, dass dieser seine Weisungen ausführt (Veranlassung) oder er ihm gegenüber ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. In beiden Fällen zeigt sich die causa societatis auch im Verhältnis mit dem Dritten.



II. Einlage und Haftung des Kommanditisten273

Zwar hat im Kommanditgesellschaftsrecht die Glaubwürdigkeit der Hafteinlage nicht den gleichen Stellenwert wie im Kapitalgesellschaftsrecht die des Nominalkapitals. Das Haftkapital hat durch die persönliche Haftung der Gesellschafter nicht die gleiche Bedeutung für den Markt. Dennoch ist das Zwei-Stufen-Modell eine sachgerechte Lösung. Es zieht die Trennlinie zwischen Eigenständigkeit juristischer Personen und Umgehungsverhinderung dort, wo sich rechtlich gesichert eigener Einfluss in anderen Personen fortsetzt. Dies gilt ebenso für die Kommanditgesellschaft. Methodisch muss im Kommanditgesellschaftsrecht nicht wie oben vorgegangen werden. Da es keine gesetzlich verankerten „Kapitalaufbringungsvorschriften“ gibt, werden alle Zurechnungsvarianten vorgenommen über die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „soweit die Einlage geleistet ist“ (§ 171 Abs. 1 HGB a. E.). Die objektive Betrachtung macht es möglich, die wirtschaftliche Gesamtsituation zu erfassen und festzustellen, ob der Kommanditist über einen Dritten im Ergebnis der Gesellschaft kein Vermögen in Höhe der Haftsumme zur Verfügung stellt. 2. „Kapitalerhaltung“ § 172 Abs. 4 HGB ist dem Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß den §§ 30 GmbHG, 57 AktG sehr ähnlich.810 Wenn auch die dogmatische Struktur Personen- und Kapitalgesellschaften klar voneinander abgrenzt, lässt sich nicht leugnen, dass die Ergebnisse der Vorschriften sehr ähnlich sind. Als Rückzahlung der Einlage gilt nach der auf der Verrechnungstheorie fußenden h. M. alles, was dem Kommanditisten etwas aus dem Gesellschaftsvermögen ausgekehrt und nicht als Gewinnauszahlung verbucht wird.811 Diese strenge Sichtweise sei „Korrelat und Ausgleich für das Fehlen eines nennbetragsmäßig fixierten Garantiekapitals.“812 Ähnlich wie im Kapitalgesellschaftsrecht stellt sich dann auch bei der KG die Frage danach, was alles Rückfluss an den Gesellschafter ist. Gerade in Mehrpersonenkonstellationen wird die klare Regel – Rückfluss an den Gesellschafter sei verboten – allzu oft zur Gratwanderung. Dies fördert ähnliche Fragen der Drittzurechnung zutage wie bei den §§ 30  GmbHG, 57 AktG. 810  So auch Canaris, in: FS Fischer, S. 31 (57); a. A. aber Binz / Sorg, Die GmbH  &  Co.  KG, § 22 Rn. 65, die sich insbesondere auf den steuerrechtlichen Bereich beziehen. 811  BGH v. 13.02.1967, BGHZ 47, 149 (155 f.); K. Schmidt, in: MünchKomm HGB, §§ 171, 172 Rn. 66 ff.; ders., GesR, § 54 III. 2. a) bb) (S. 1583); Joost, ZGR 1987, 370 (382); Kirsch, Einlageleistung und Einlagerückgewähr, S. 87, 106 ff.; Wiedemann, in: FS Bärmann, 1037 (1046 f.). 812  K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 28.

274

3. Kap.: „Kapitalschutz“ in der KG

Eine Einschränkung zum kapitalgesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungsrecht ist die betragsmäßige Deckelung. Heute geht die ganz h. M. davon aus, dass der § 172 Abs. 4 HGB die Haftung nur bis zur Haftsumme wieder aufleben lassen kann.813 Eine darüber hinausgehende Haftung wie sie §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG mitbringen, kennt die KG nicht. a) Lösungen der Literatur und Rechtsprechung Anders als in der „Kapitalaufbringung“ haben sich Literatur und Rechtsprechung mit Drittzurechnungsproblemen der „Kapitalerhaltung“ einer KG schon näher befasst. aa) Der BGH und das gesellschaftsrechtlich fundierte Weisungsrecht Der BGH hat in jüngerer Zeit Kriterien für die Zurechnung von Tochtergesellschaften auf Gesellschafterseite entwickelt. Er stellt auf zweierlei Kriterien ab. Zum einen will er wohl eine Mehrheitsbeteiligung ausreichen lassen, zum anderen ist diese aber nicht notwendige Voraussetzung. Bei geringerer Beteiligung müsse der Gesellschafter maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung des Drittunternehmens ausüben können.814 Wenn man diese Voraussetzung im Zusammenhang mit der weiteren Rechtsprechung des Zweiten Senats liest, heißt das: ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführungsorganen der Gesellschaft ist nötig. Die Verweisung des BGH auf die Mehrheitsbeteiligung sollte man nicht überbewerten. Da es sich in dem Urteil bei der Drittgesellschaft um eine GmbH handelte, hätte die Mehrheitsbeteiligung auch die Kriterien des maßgeblichen Einflusses auf die Geschäftsführungsorgane erfüllt. Es ist nicht davon auszugehen, dass der BGH neben dem gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrecht die Mehrheitsbeteiligung als ausreichendes Zurechnungskriterium ansieht. Andernfalls würde er sich, bei einer AG als Zurechnungssubjekt, zum Kriterium des maßgeblichen Einflusses in Widerspruch setzen.

813  Vgl. etwa nur: BGH v. 29.03.1973, BGHZ 60, 324 (327 f.); BGH v. 19.02.1990, BGHZ 110, 342 (356); Koller, in: FS Heinsius, S. 357 (366 ff.); K. Schmidt, in: MünchKomm HGB, §§ 171, 172 Rn. 65; anders aber noch Joost, ZGR 1967, 370 (394). 814  BGH v. 25.05.2009 – II ZR 99 / 08, ZIP 2009, 1273 = NZG 2009, 825.



II. Einlage und Haftung des Kommanditisten

275

bb) Die Literatur Je nachdem ob die eben genannte Rechtsprechung des BGH schon rezipiert ist, verweist die Literatur meist entweder auf die Lösungen des Kapitalgesellschaftsrechts815 oder auf den BGH816. Dass es sich hier nicht um Kapitalerhaltung im eigentlichen Sinne handelt, wird nicht als Hindernis der Übertragbarkeit gesehen. K. Schmidt hebt neben der vom BGH genannten Zurechnungsvoraussetzung auf die Zahlung der Gesellschaft auf Weisung des Kommanditisten an den Dritten ab.817 Kirsch, der sich eingehender mit den Zurechnungen Dritter bei der Kapitalerhaltung in der KG beschäftigt, rechnet grundsätzlich anteilig zu. Sowohl bei Zurechnung auf Gesellschaftsseite wie auch aufseiten des Kommanditisten sollen die Beteiligungen unabhängig von ihrer Höhe die Haftung anteilig wiederaufleben lassen.818 Einziges einschränkendes Kriterium soll die Kenntnis der Vermögensverschiebung für den Kommanditisten darstellen.819 cc) Kritik an der Literatur Die neuere Rechtsprechung zeigt, was etwa Kirsch mit der wirtschaftlichen Durchrechnung außer Acht lässt. Wie bei der Kapitalerhaltung in GmbH und AG reicht die mittelbare Leistung in das Vermögen des Kommanditisten nicht aus. Das liegt gar nicht so sehr an der Dogmatik der §§ 171, 172 HGB, sondern vielmehr an dem Trennungsprinzip aufseiten der verbundenen Unternehmen. Die hier untersuchten Zurechnungen haben Zahlungen zum Gegenstand, denen keine weiteren Absprachen oder Verträge zugrunde liegen (anders als bei der Treuhand). Um eine Gesellschaft zuzurechnen, muss daher entweder der Drittvertrag dem Gesellschafter zugewiesen oder die Verbotsnormen auf den Dritten erweitert werden – und folglich das Trennungsprinzip durchbrochen werden. 815  Canaris, in: FS Fischer, S. 31 (57); Strohn, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 172 Rn. 36. 816  Gummert, in: Henssler / Strohn (Hrsg.), GesR, § 172 HGB Rn. 49; Hopt, in: Baumbach / Hopt HGB, § 172, Rn. 6; Koller, in: Koller / Roth / Morck (Hrsg.), HGB, § 172 Rn. 23; Oetker, HGB, § 172 Rn. 25; K. Schmidt, in: MünchKomm HGB, §§ 171, 172 Rn. 70. 817  K. Schmidt, in: MünchKomm HGB, §§ 171, 172 Rn. 70. 818  Kirsch, Einlageleistung und Einlagerückgewähr, S. 152 (Zurechnung auf Gesellschaftsseite), 165 f. (Zurechnung von unten nach oben auf Gesellschafterseite); die Zurechnung von oben nach unten auf Gesellschafterseite wird nicht behandelt. 819  Kirsch, Einlageleistung und Einlagerückgewähr, S. 166.

276

3. Kap.: „Kapitalschutz“ in der KG

Sich über die Rechtssubjektivität der einzelnen Gesellschaften hinwegzusetzen, dazu bedarf es guter Gründe. Die einfache Verweisung auf den mittelbaren Vermögensvorteil reicht dazu nicht aus. Das sieht dann wohl auch Kirsch, wenn er mit einem subjektiven Kriterium der Kenntnis versucht, allzu ungerechte Ergebnisse abzufedern.820 Warum aber ein Minderheitsgesellschafter, der keinerlei Einfluss auf die Geschäftsführung der Tochtergesellschaft nehmen kann, bei zufälliger Kenntnis des Rechtsgeschäftes wieder persönlich haften soll, will nicht einleuchten. b) Eigene Lösung Die Kapitalerhaltung im KG-Recht will die Umgehung des §  172 Abs. 4 HGB verhindern. Hier lassen sich klar die Parallelen zum Kapitalgesellschaftsrecht ziehen. Umgehung ist nur da möglich, wo die Drittgesellschaft instrumentalisiert wird (Veranlassung) oder instrumentalisiert werden kann (gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht). Wie in den Zurechnungsfällen oben lässt sich auch hier die Zwei-Regel-Lösung anwenden – trotz der dogmatischen Unterschiede zwischen Kapital- und Personengesellschaften. Es muss lediglich beachtet werden, dass es sich methodisch immer um eine Auslegung handelt, die stets das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung nach sich zieht. Wegen der Rechtsfolgen ist eine Analogie in diesem Fall nicht nötig.821 Teilweise scheint auch der BGH dieses Ergebnis zu stützen. Er stellt schon für eine Zurechnungskonstellation, wie in seiner kapitalgesellschaftsrechtlichen Rechtsprechung, auf den maßgeblichen Einfluss auf Leitungsorgane ab. Oben wurde gezeigt, dass dieses Kriterium dem gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrecht sehr nahe kommt.822 Für die einzelnen Beteiligungskonstellationen sei auf die Ergebnisse im zweiten Kapitel verwiesen. c) Rechtsfolgen der Zurechnung Die Rechtsfolgen sind für das Kommanditgesellschaftsrecht einfach. Sie folgen aus dem Charakter der Personengesellschaft. Die Zahlungen aus dem 820  Kirsch,

Einlageleistung und Einlagerückgewähr, S. 166. im Zweiten Kapitel unter I. 1. b) bb) (3) (b) und I. 2. b) aa) (2) wurde eine Analogie auch wegen der Rechtsfolgen angenommen. Denn die §§ 31 GmbHG, 62 AktG folgen der Anwendung der §§ 30 GmbHG, 57 AktG. Ohne die analoge Anwendung hätte die Rückabwicklung die Lasten ungerecht verteilt – so die Argumentation. 822  Zweites Kapitel, I. 1. b) aa) (3) (d). 821  Oben



II. Einlage und Haftung des Kommanditisten277

Gesellschaftsvermögen sind nicht verboten. Die Kapitalerhaltung „erhält“ also streng genommen das Gesellschaftsvermögen nicht. Auch kann vom Dritten die Zahlung nicht zurückverlangt werden.823 § 172 Abs. 4 HGB lässt lediglich die persönliche Haftung des Kommanditisten wiederaufleben. Hier zeigt sich einer der zentralen Unterschiede zwischen Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht. Während im Kapitalgesellschaftsrecht der gesamte erlangte Vorteil zurückzuzahlen ist, lebt die persönliche Haftung des Kommanditisten nur in Höhe seiner Hafteinlage „wieder auf“. Ein darüber hinaus erhaltener Vorteil muss gemäß § 172 Abs. 4 HGB nicht zurückgeführt werden.824 Daher ist auch Joost nicht zu folgen; er will den Kommanditisten analog den §§ 172 Abs. 4 Satz 1, 171 Abs. 1 HGB auf den vollen Wert der empfangenen Leistung haften lassen.825 Anders als Kirsch meint,826 sollte man mit den ebenfalls oben genannten Argumenten den vollen Vorteil (bis zur Haftsumme) zurechnen, wenn ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht besteht oder die Auszahlung veranlasst wurde. Die Möglichkeit, vollkommen Einfluss zu nehmen, stellt die Drittgesellschaft mit dem Kommanditisten derart gleicht, dass auch der gesamte Vorteil als dem Kommanditisten zugeflossen gelten kann. Für die Zurechnung auf Gesellschafterseite gilt allerdings, dass die persönliche Haftung nur in Höhe der Beteiligung der KG an ihrer Tochter wiederauflebt. Denn die persönliche Haftung ist immer nur an die Hafteinlage geknüpft. Für die Zurechnung von oben nach unten auf Gesellschafterseite ist dieses Ergebnis auch nicht ungerecht. Dem Kommanditisten stehen für die persönliche Haftung Ausgleichsansprüche gegen die Muttergesellschaft zur Seite.827 Eine analoge Ausdehnung der Rechtsfolgen auf die Muttergesellschaft wie oben für die Kapitalerhaltung im Kapitalgesellschaftsrecht vertreten,828 würde dem personengesellschaftsrechtlichen Haftungsprinzip der KG widersprechen. 823  Canaris,

in: FS Fischer, S. 31 (58). v. 29.03.1973, BGHZ 60, 324; BGH v. 19.02.1990, BGHZ 110, 342 (356); Bitter, ZHR 168 (2004), 302 (322 f.); ders., Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften, S. 248 ff.; Huber, ZGR 1988, 1 (14); Kirsch, Einlageleistung und Einlagerückgewähr, S. 132, 137; Schilling, in: Staub GroßKomm HGB, 9. Lieferung, 4. Aufl. 1987, § 172 Rn. 10; K. Schmidt, in: MünchKomm HGB, § 171, 172 Rn. 21, 65, 80; ders., Einlage und Haftung, S. 34, 37; Zanner, Rechtsfolgen eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen bei der GmbH & Co. KG, S.  42 ff.; a. A. Joost, ZGR 1987, 370 (383 ff.). 825  Joost, ZGR 1987, 370 (382, 391); a. A. Koller, in: FS Heinsius, S. 357 (363 ff.). 826  Kirsch, Einlageleistung und Einlagerückgewähr, S. 166. 827  Im Vertragskonzern schon über § 302 AktG, im faktischen Konzern über § 317 AktG und zusätzlich über die gesellschafterliche Treupflichtverletzung. 828  Zweites Kapitel, I. 2. b) bb). 824  BGH

278

3. Kap.: „Kapitalschutz“ in der KG

Für die Zurechnung auf Gesellschaftsseite muss aber zugelassen werden, der persönlichen Haftung zu entgehen, indem das mit der Tochter geschlossene Geschäft rückabgewickelt wird. Es ist demnach nicht die direkte Zahlung an die KG notwendig.

III. Sonderfall Kapitalgesellschaft & Co. KG Eine Betrachtung, die verbundene Unternehmen und damit auch Konzerne zum Gegenstand hat, muss gerade auch die Kapitalgesellschaft & Co. KG im Auge haben. Wegen der immer noch überwiegenden Erscheinungsform mit GmbH-Komplementärin829 wird im Folgenden vereinfacht allerdings von GmbH & Co. KG gesprochen. Im Gegensatz zur gesetzestypischen KG ist die GmbH & Co. KG die weitaus wichtigere Erscheinungsform dieser Personengesellschaft mit Haftungsbeschränkung.830 Die GmbH & Co. KG hat viele Gesichter. Die unterschiedliche Vertragslage macht eine generalisierende Betrachtung schwer. Gleich ist aber den meisten dieser Gesellschaften, dass eine juristische Person die Komplementärsfunktion übernimmt. Daraus ergibt sich die besondere Blickrichtung auf diese Gesellschaftsform. Die aus der personalistischen Struktur hervorgehende persönliche Haftung des Komplementärs ist der maßgebliche Unterschied zwischen KG und Kapitalgesellschaft. Ist der Komplementär mit seinem gesamten Privatvermögen den Gläubigern zum Ersatz der Gesellschaftsschulden verpflichtet, so wird er die Geschäfte der Gesellschaft schon vorsichtig führen – so nimmt es der Gesetzgeber an. Die übertriebene Risikofreudigkeit, die mit der Haftungsbeschränkung einhergeht,831 muss hier daher nicht mit Nominalkapital ausgeglichen werden. Handelt es sich beim Komplementär aber um eine juristische Person, greift diese Überlegung nicht mehr. Dann treffen die gleichen Anreize zu risikoreichem Verhalten, wie in der Kapitalgesell829  In der rechtstatsächlichen Untersuchung von Kornblum, GmbHR 1997, 630 (631), gab es im Handelsregister Leonberg 1996 bei 121 GmbH & Co. KGs keine andere juristische Person als die GmbH als Komplementärin; heute haben sich neben die GmbH auch die Limited und UG gesellt, vgl. Kornblum, GmbHR 2013, 693 (695) Tabelle 2. Kornblum führt aber ebenfalls auf, dass die GmbH, die noch am weitesten Verbreitetste Form der Kapitalgesellschaft als Komplementärin ist, GmbHR 2013, 693 (700). 830  Dies zeigen Auswertungen verschiedener Kennzahlen, zusammengefasst bei Meyer, Haftungsbeschränkung, S. 100 ff.; s. a. die Auswertung von Kornblum, GmbHR 1997, 630 (635). 831  Siehe dazu schon oben die Auseinandersetzung mit den Risikoanreizen der Haftungsbeschränkung im ersten Kapitel, II. 3.



III. Sonderfall Kapitalgesellschaft & Co. KG279

schaft auch die KG. Man könnte auch von einer Kapitalgesellschaft im Personengesellschaftsgewand sprechen. 1. Die GmbH & Co. KG und der BGH Der BGH hat schon früh die GmbH & Co. KG als Sonderrechtstypus behandelt – anders als reine KGs. Für das Kapitalerhaltungsrecht hat er in BGHZ 60, 324 und BGHZ 69, 274 entschieden, dass Rückflüsse an einen Kommanditisten dann gegen § 30 GmbHG verstoßen können, wenn durch die Auszahlung das Stammkapital der GmbH sinke. Dazu müsse der Kommanditist nicht zwangsläufig auch Gesellschafter der GmbH sein; der Anspruch nach § 31 GmbHG laute aber auf Leistung in das Vermögen der KG.832 Betrachtet man die Rechtsprechung genau, wird eines nicht ganz klar: Hat der BGH die Kapitalerhaltungsregeln der Komplementär-GmbH nur auf einen anderen Adressatenkreis ausgedehnt (was mit den oben vertretenen Zurechnungsregeln auch die richtige Lösung wäre) oder hat er einen GmbH & Co. KG spezifischen Kapitalschutz begründet? K. Schmidt stellt die sich daran anschließende Frage: Wie steht es mit der originären Kapitalerhaltung der GmbH & Co. KG?833 Ist es nicht Zeit, für ein Kapitalschutzrecht der Kapitalgesellschaft & Co. KG – ähnlich dem der Kapitalgesellschaften? Der BGH ist den ersten Schritt dazu mit seiner Entscheidung in BGHZ 110, 342 auch schon gegangen. Darin wendet er analog die §§ 30, 31 GmbHG auch auf den nicht GmbH-Gesellschafter an. Nun könnte man einwerfen: Da übertrage der BGH nur das Gesellschaft-Gesellschafter-Verhältnis auf den Dritten – wie dies oben geschehen ist.834 Doch dieser Fall liegt anders. Denn der BGH wendet diese Regel explizit auch auf den „NurKommanditisten“ an – also denjenigen, der keinerlei gesellschaftsrechtliche Verbindung mit der GmbH aufweist. Dazu äußerte er wörtlich: „[F]ür die Ausstattung der Gesellschaften mit haftendem Kapital ist auch der NurKommanditist verantwortlich, wenn keine natürliche Person unbeschränkt haftet.“835

Notwendig wird diese Erweiterung, weil keine natürliche Person als Komplementär steht. Mit einer natürlichen Person wird die Entnahme auch über die Haftsumme hinausgehender Beträge durch die Kommanditisten von dessen (unbeschränkter) Haftung abgefangen. Ohne natürliche Person liefe 832  BGH

v. 19.02.1990, BGHZ 110, 342. Gesellschaftsrecht, S. 1656; ders., GmbHR 1989, 141. 834  So etwa bei der analogen Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG, §§ 57, 62 AktG im zweiten Kapitel, I. 1. b). 835  BGH v. 19.02.1990, BGHZ 110, 342 (356). 833  K. Schmidt,

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3. Kap.: „Kapitalschutz“ in der KG

die Haftung dann leer, wenn durch die Entnahme aus dem KG-Vermögen auch das gebundene Vermögen der GmbH geschmälert würde. Der NurKommanditist profitiert von der Haftung der GmbH, durch die seine eigene Haftungsbegrenzung erst möglich wird – er darf daher das Stammkapital der GmbH ebenfalls nicht schmälern. Letztlich gibt der BGH hierdurch der GmbH & Co. KG ihr eigenes Kapitalerhaltungsrecht. Die §§ 30, 31 GmbHG werden analog angewendet, da der Nur-Kommanditist seine Haftungsfreistellung gerade aus der vollen persönlichen Haftung der GmbH herleitet. Er darf daher die Haftungszusage der GmbH nicht durch mittelbare Beschädigung des Stammkapitals beeinträchtigen. Damit ist aber eine Aussage zur Gesamtkonstruktion der GmbH & Co. KG gemacht. Sie lässt sich nicht mehr aus einem gesellschafterähnlichen Verhältnis des Nur-Kommanditisten im Bezug auf die KomplementärGmbH herleiten. Auch ein Einfluss des Kommanditisten auf die GmbH solle nicht nötig sein. So gelte dies auch, „wenn beim Kommanditisten nur ein Anlegerinteresse besteht und ihm ein bestimmender Einfluss auf die Geschäftsführung fehlt“836. Diese Ausdehnung ist richtig. Der bloße Schutz des GmbH-Stammkapitals im Interesse der GmbH – also mit den oben entwickelten Lösungen – greift für die GmbH & Co. KG nicht weit genug. Wie die Kommanditisteneinlage gilt auch das Nominalkapital der GmbH als Signal von der GmbH & Co. KG. Gläubiger der KG können daran erkennen, wie weitgehend die Gesellschafter der Komplementärin und mithin der Gesamtkonstruktion vertrauen. Denn bei einem Scheitern der KG würde voll auf das Vermögen der GmbH zugegriffen. Wenn aber das Nominalkapital der Komplementärin Signal für die gesamte KG ist, müssen auch alle Komplementäre dieses Signal aufrechterhalten.837 Die Haftung der Nur-Komplementäre ist daher richtige Folge der kapitalistischen Struktur dieser KG. 2. Ausdehnung des „Kapitalschutzes“ durch die Literatur Schon vor dieser Tendenz des BGH wurde die Ausdehnung der Kapitalerhaltungsvorschriften der Komplementärin im Bedarfsfall vorgeschlagen.838 Heute ist diese Ausdehnung ganz h. M.839 Man muss aber streng differenzie836  BGH

v. 19.02.1990, BGHZ 110, 342 (358). weitgehend daher Aussagen wie etwa die von Brandi, ZIP 1995, 1391 (1395), den Kommanditisten obliege die Finanzierung der Komplementärin. 838  So schon H. P.  Westermann, Die GmbH & Co. KG im Lichte der Wirtschaftsverfassung, S.  42 f.; Hunscha, GmbHR 1973, 257 (260 f.). 839  v. Gerkan, GmbHR 1990, 384; Hueck / Fastrich, in: Baumbach / Hueck (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 70; Heidinger, in: Michalski (Hrsg.), GmbHG, Rn. 169  ff.; 837  Zu



III. Sonderfall Kapitalgesellschaft & Co. KG281

ren. Hier interessiert die Haftung des Nur-Kommanditisten für Zahlungen aus dem KG-Vermögen, die das gebundene Vermögen der GmbH schmälern, also der „Kapitalschutz“ der KG, der sich mit dem Kapitalschutz der Kommanditistin (GmbH) deckt. Für eine weitere Erhaltung von KG-Vermögen besteht keine Notwendigkeit.840 Es muss keinen Nominalkapitalschutz der KG geben, da die KG gerade kein Nominalkapital hat.841 Vielmehr geht es darum, der besonderen Stellung der GmbH & Co. KG Ausdruck zu verleihen.842 Heidinger trifft diese Überlegung sehr gut, wenn er sagt: „Insofern ist mE tragender Grund nicht die Mitverantwortung des Kommanditisten für die Kapitalausstattung der KG allgemein, sondern insbes. in Bezug auf die Kapitalerhaltung bei der Komplementär-GmbH.“843 3. Die Anwendung der Zurechnungskriterien auf die GmbH & Co. KG Hat man sich einmal für eine solche GmbH & Co. KG-spezifische Kapitalerhaltung entschieden, wird diese durch den Fokus dieser Arbeit betrachtet – es muss danach gefragt werden, wie es mit der Drittzurechnung in dieser Variante des Kapitalschutzes steht. Zunächst bleibt hingegen zusammenzufassen: Die GmbH & Co. KG eigene Kapitalerhaltung ist immer dann betroffen, wenn das gebundene Vermögen der GmbH infolge Zahlung an einen Kommanditisten unter den Nominalkapitalbetrag fällt. Entweder durch Zahlung aus dem Vermögen der GmbH oder aus dem Vermögen der KG. Letztere Zahlung hat Auswirkungen auf das Nominalkapital der GmbH: mittelbar über die Beteiligung der GmbH an der KG und deren Komplementärstellung, die mit notwendigen Rückstellungen einherHommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 64; dies., ZGR 1979, 31 (48); Pentz, in: Rowedder / Schmidt-Leithoff (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 130; K. Schmidt, GesR, § 56 V 1 b, S. 1656; ders., GmbHR 1986, 337 f.; a. A. H. P.  Westermann, in: Scholz (Hrsg.), GmbHG, 10.  Auflage, § 30 Rn. 59, der eine grundsätzliche Ausdehnung kritisiert. 840  Mindestens missverständlich daher Altmeppen, in: Roth / Altmeppen (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 173. 841  Abzulehnen sind daher so weitgehende Vorstöße wie die von Karollus, in: FS Kropff, S. 669 ff., der sich von der Notwendigkeit des reinen Schutzes des Nominalkapitals der Komplementärin entfernt. Grundsätzlich ist sein Ansatz, sich von der Ausdehnung des Kapitalschutzes der Komplementärin zu lösen, aber sehr wohl richtig. 842  So auch Heidinger, in: Michalski (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 170. 843  So auch Heidinger, in: Michalski (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 170.

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3. Kap.: „Kapitalschutz“ in der KG

geht.844 Methodisch werden zwar die §§ 30, 31 GmbHG analog auf die GmbH & Co. KG angewendet,845 doch wird kein Nominalkapital bei der GmbH & Co. KG fingiert. Es wird vielmehr der KG auch der Schutz des Nominalkapitals ihrer Komplementärin aufgegeben. Daraus resultieren erhöhte Anforderungen an die Nur-Kommanditisten, als dies das KG-Recht vorsieht. Begleicht etwa der Kommanditist seine Haftsumme durch Zahlung an einen Gläubiger der KG, hat er danach trotzdem Schmälerungen des Nominalkapitals der Komplementärin (zu seinen Gunsten) auszugleichen. Diese Beurteilung ist unabhängig von der Anwendung der oben entwickelten Zurechnungskriterien für die GmbH selbst. Wenn die KG etwa einzige Gesellschafterin ihrer GmbH-Komplementärin ist (sog. Einheitsgesellschaft846), sind Zahlungen aus dem GmbH-Vermögen an die Nur-Kommanditisten schon zuzurechnen unter dem Gesichtspunkt: Zurechnung von Müttern auf Gesellschafterseite (und zwar wegen der zwangsläufigen Veranlassung, die einer Zahlung seitens der GmbH innewohnt847).848 Das erkennt so auch die ganz h. M. an.849 Im Ergebnis bedeutet dies eine Häufung aus mehreren Anspruchsgrundlagen (einmal aus der Kapitalerhaltung der GmbH und zum anderen aus einer der GmbH & Co. KG eigenen „Kapitalerhaltung“). Genau an dieser Schnittstelle zeigt sich aber, dass zwischen dem Kapitalschutz der GmbH und einem GmbH & Co. KG eigenen Schutz gedanklich getrennt werden muss. Diese einleitenden Überlegungen sollen nun für den Fokus dieser Arbeit brauchbar gemacht werden. Die Komplexität des Kapitalschutzes der GmbH 844  Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 60 f., nennt die Rückstellungen wegen der möglichen Inanspruchnahme der Gläubiger aus §§ 128, 161 Abs. 2 HGB, die nicht mehr durch einen vollwertigen Freistellungsanspruch gegen die KG aus §§ 161, 110 HGB gedeckt sind. 845  So schon K. Schmidt, GmbHR 1989, 141 (143), der aber die Analogie etwas zu weit zieht. Man sollte immer das Schutzobjekt im Kopfe behalten. Entweder es geht um den Schutz der GmbH oder es geht um den Schutz der GmbH & Co. KG. 846  Zu deren Zulässigkeit vgl. Schilling, in: FS Barz, S. 67. 847  Zahlt die GmbH an einen Kommanditisten, wirkt dies, als hätte sie als Geschäftsführerin der KG sich selbst die Anweisung zur Zahlung an den Kommanditisten gegeben. Es kann dann nicht mehr in der Person der GmbH getrennt werden. Damit muss die Zurechnung erfolgen, trotz Fehlens von Weisungsbefugnis des Kommanditisten gegenüber seiner KG. 848  In der Literatur wird hier von einer Zurechnung nahestehender Personen ausgegangen, vgl. Heidinger, in: Michalski (Hrsg.), GmbHG, § 30 Rn. 167. 849  Vgl. nur etwa die Zusammenstellung bei Ekkenga, in: MünchKomm GmbHG, § 30 Rn. 192, der aber nicht hinreichend deutlich macht, dass es sich hier um eine Frage des Kapitalschutzes der GmbH handelt.



III. Sonderfall Kapitalgesellschaft & Co. KG283

& Co. KG wird dadurch gesteigert, dass auch hier die oben entwickelten Zurechnungskriterien Anwendung finden. Dies etwa im folgenden Beispiel:

Abbildung 42: Zurechnungskonstellation von unten nach oben aufseiten des Gesellschafters für eine GmbH & Co. KG

Die GmbH ist einzige persönlich haftende Komplementärin der KG, K Nur-Kommanditistin. Die KG führt nun, mittelbar zulasten des Nominalkapitals der GmbH, Vermögen an T ab. T ist Tochterunternehmen der K. Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen die Leistung an T eine Rückabwicklung analog § 31 GmbHG auslöst. a) Allgemeine Zurechnungsregel der „Kapitalerhaltung“ T ist keine Kommanditistin. Grundsätzlich finden daher auch die analog anzuwendenden §§ 30, 31 GmbHG auf sie keine Anwendung. Es müssen aber auch auf Ebene der GmbH & Co. KG Umgehungen verhindert werden. Daher scheint es angebracht, Mütter oder Töchter des Nur-Kommanditisten unter den oben genannten Zurechnungskriterien mit in die Haftung nach den §§ 30, 31 GmbHG analog einzubeziehen. Für dieses Beispiel sei auf die oben im zweiten Kapitel unter I. 1. b) genannten Kriterien verwiesen. Eine verbotswidrige Auszahlung liegt mithin vor, wenn K die Auszahlung an T (gegenüber der KG) veranlasst hat oder aber K ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht gegenüber der T hat. Aber wie ist rückabzuwickeln? Der BGH hat entschieden, dass an die KG gezahlt werden muss, wenn aus deren Vermögen der Vorteil geflossen ist.850 Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass damit der analog auf die KG anzuwendende § 31 GmbHG erfüllt wird, und nicht etwa – und so könnte man den BGH verstehen – bloß der Anspruchsinhalt des § 31 GmbHG der GmbH abgeändert wird. 850  BGH v. 19.02.1990, BGHZ 110, 342 (357); BGH v. 29.03.1973, BGHZ 60, 324 (329).

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3. Kap.: „Kapitalschutz“ in der KG

Zahlt nicht die KG aus ihrem Vermögen, sondern die Komplementärin, so ist auch in deren Vermögen zurück zu leisten. Dies ergibt sich daraus, dass der Nur-Kommanditist auch das Nominalkapital seiner Komplementärin achten muss und dieses wieder auffüllen muss, wenn es zu seinen Gunsten verringert wird. Es ist aber auch das direkteste Auffüllen des Nominalkapitals „in corpore“ – die Rückgängigmachung der Zahlung in Höhe der Nominalkapitalverletzung. In der Literatur wird eine Haftung des Kommanditisten teilweise unter die Voraussetzung gestellt, dass dieser ein dem § 51a GmbHG vergleichbares Einsichtsrecht in die Bücher der KG und Informationsrecht hat. Andernfalls könne er eine verbotswidrige Zahlung nicht vorhersehen.851 Dies ist aber nicht nötig. Auch § 31 Abs. 2 GmbHG wird analog auf die Rückzahlung angewendet, so dass nur der objektiv notwendige Schutz durchgesetzt wird – dies aber auch gegen die Interessen des Kommanditisten. Mit dieser Blaupause lassen sich auch die anderen Zurechnungskonstellationen für die Kapitalerhaltung lösen. Das heißt, dass auch eine Mutter des Kommanditisten in die Rückgewährpflicht nach § 31 GmbHG einzubeziehen ist, wenn sie dem Kommanditisten gegenüber ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat oder dieser die Zahlung veranlasst hat. Es bedeutet aber auch, dass in den seltenen Fällen einer AG-Komplementärin deren Kapitalschutz auf die KG ausgedehnt werden muss. Hier stellt sich die durchaus schwierige Frage, wie weit dieser Schutz reichen muss. b) Sonderfall: Kapitalerhaltung in der AG & Co. KG Sowohl im ersten Kapitel als auch für die GmbH & Co. KG wurde auf die zentrale Rolle des Nominalkapitals hingewiesen. Daraus folgte auch die Feststellung, dass der Schutz oberhalb des Nominalkapitalschutzes nur die Kompetenzordnung der AG sichern soll.852 Für die KG ist wiederum nicht die interne Ordnung der AG entscheidend, sondern der zugesicherte Risikoanteil. Es spricht viel dafür, den AG & Co. KG eigenen Schutz nur auf das Nominalkapital der AG zu erstrecken – also sonstige verbotswidrige Zahlungen auszusparen. Das ist auch deshalb interessengerecht, weil der Kommanditist ja gerade kein Gesellschafter der AG ist, so dass interne Kompetenzverschiebungen nicht in Rede stehen.

851  Berg, Rechtsdogmatische Fragen, S. 166; Ekkenga, in: MünchKomm GmbHG, § 30 Rn. 192; Habersack, in: GroßKomm GmbHG, § 30 Rn. 105. 852  Vgl. oben Erstes Kapitel, III. 1. a) bb).



III. Sonderfall Kapitalgesellschaft & Co. KG

285

c) Übertragbarkeit auch für die „Kapitalaufbringung“? Bislang wurde nur die Kapitalerhaltung für die GmbH & Co. KG diskutiert. Man sollte diese Überlegung aber auf den gesamten Kapitalschutz ausdehnen. Auch die Kapitalaufbringung schützt das Nominalkapital in seiner Funktion als Signal. Seine volle Wirkung kann das Signal nur bei wirksamem Schutz von allen Seiten entfalten. Die Abgrenzung zwischen Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung ist aber nicht leicht vorzunehmen. Da es für den Nur-Kommanditisten keinen Kapitalaufbringungszwang gibt, erscheint es fraglich, ob überhaupt eine Kapitalaufbringung der Komplementärin auf die Kapitalgesellschaft & Co. KG übertragen werden kann. Sicher ist, dass die formalen Verbote der §§ 19 Abs. 4, 5 GmbHG; 27 Abs. 3, 4 AktG nicht auf die Kapitalgesellschaft & Co. KG zu übertragen sind. Der Nur-Kommanditist kann nicht zur Aufbringung von Kapital gezwungen werden. Andernfalls würde die personalistische Struktur der Gesellschaft verkannt. Mit dem Schutz des Nominalkapitals der Komplementärin im Blick, kann die Ausdehnung deren Kapitalaufbringungsregeln spiegelbildlich nur das bedeuten, was auch schon die Kapitalerhaltung leistet: die wertmäßige Erhaltung des Nominalkapitals. Es sind also diejenigen Fälle erfasst, in denen der Nur-Kommanditist eine verdeckte Sacheinlage tätigt, die effektiv zu einem negativen Saldo auf dem Geschäftskonto führt.853 Wie oben bei der Betrachtung der KG gesehen, führt eine solche Konstruktion nach h. M. zu keiner Rückforderung aus „Kapitalaufbringungsregeln“ der KG. Rechtsfolge ist zunächst nur, dass die Außenhaftung nicht betragsmäßig begrenzt wird. Die Sonderkonstellation der Kapitalgesellschaft & Co. KG bedingt nun aber einen Ausgleich dieses negativen Saldos, soweit er zu einer Schmälerung des Nominalkapitals der Komplementärin führt. Die Übertragung der Kapitalaufbringungsgrundsätze der Komplementärin auf die KG sind recht schwach ausgeprägt. Weder die präventiven Kontrollen noch die objektiven Verbote werden mit übertragen. Beide sind zu sehr in der Kapitalgesellschaft als solche verwurzelt, als das sie auf eine Personengesellschaft verpflanzt werden könnten. Es wird folglich nur die objektive Prüfung des eingelegten Gutes vollzogen, wie dies auch in der KG 853  Eine offene Sacheinlage würde praktisch niemals ein negatives Saldo produzieren, da der Gesellschaft maximal ein wertloser Gegenstand zugeführt würde. Damit würde der Anspruch der Gesellschaft auf Zahlung der Einlage aber nicht erfüllt und damit die Bilanz nicht negativ verändert. Die verdeckte Sacheinlage zieht in ihrer klassischen Konstellation aber Werte (etwa durch den zu hohen Preis) aus der Gesellschaft ab.

286

3. Kap.: „Kapitalschutz“ in der KG

geschieht, mit dem Unterschied, dass Bezugsobjekt das Nominalkapital der Komplementärin ist. Letztlich handelt es sich bei der Kapitalaufbringung ebenfalls um eine Kapitalerhaltung, die lediglich durch den Zweck der Zahlung (Einlageerbringung gegenüber jedem anderen Zweck) unterschieden wird. Wegen dieser schlecht vollziehbaren Unterscheidung und weil die Kapitalaufbringung keine Rückforderungsansprüche als solche kennt, sind auch hier §§ 31 GmbHG, 62 AktG analog anzuwenden.

IV. Zusammenfassung des dritten Kapitels Der Exkurs des dritten Kapitels hat folgendes gezeigt: Trotz der dogmatischen Unterschiede von KG und Kapitalgesellschaften sind die §§ 171, 172 HGB dem Kapitalschutz so ähnlich, dass auch die Zurechnungskrite­ rien, die oben entwickelt wurden, zu übertragen sind. Für die Kapitalgesellschaft & Co. KG ist wiederum ein eigenständiger Kapitalschutz nötig. Dabei wird den Nur-Kommanditisten einer Kapitalgesellschaft & Co. KG auch der Schutz des Nominalkapitals ihrer Komplementärin aufgegeben. Auf diesen Schutz sind wieder die oben entwickelten Zurechnungskriterien anzuwenden.

Zusammenfassung der Ergebnisse Diese Arbeit hatte sich zum Ziel gesetzt, den gesamten Kapitalschutz als eine Einheit zu verstehen und die zahlreichen Zurechnungsprobleme als gemeinsame Probleme des Kapitalschutzes zu begreifen. Von der Wissenschaft wurden die einzelnen das Kapital schützenden Normen bislang nur einzeln betrachtet und nicht als Einheit verstanden. Daraus ergab sich ein unstimmiges Gesamtbild, dem mit dieser Arbeit entgegengetreten werden sollte. Aus dem einheitlichen Ansatz resultierte die Hypothese, dass auch eine Zurechnungslösung für den gesamten Kapitalschutz gefunden werden könnte. Das Ganze firmierte unter dem Schlagwort der Institutionenfindung. Es sollte das Institut Kapitalschutz gefunden und für dieses einheitliche Zurechnungskriterien entwickelt werden.

I. Erstes Kapitel Das einheitliche Institut Kapitalschutz wurde im ersten Kapitel unter die Lupe genommen. Die Hypothese war: Wenn es einen einheitlichen Kapitalschutz gäbe, müssten im gesamten Kapitalschutz die Zurechnungsprobleme die gleichen sein. Daran konnte sich dann die Idee einer einheitlichen Lösung für das einheitliche Problem anschließen. Zunächst mussten die Untersuchungsgegenstände festgestellt werden. Der eine Untersuchungsgegenstand waren verbundene Unternehmen. Aus der besonderen Konfliktlage, die Trennungsprinzip und Umgehungsverhinderung schaffen, ergeben sich erst die Zurechnungsprobleme. Hier galt: Das Trennungsprinzip ist ernst zu nehmen. Umgehungsverhinderung nur unter klaren Voraussetzungen.

Daran schloss sich die Untersuchung dessen an, was der Kapitalschutz schützen soll – das Nominalkapital. Die These: Aus einem einheitlichen Schutzobjekt folgt auch eine einheitliche Schutzreichweite. Die bislang für das Nominalkapital (meist eher für das Mindestkapital) aufgestellten Zwecke boten bei näherer Betrachtung kein Alleinstellungskriterium für das Nominalkapital. Lediglich der Gläubigerschutz diente als

288

Zusammenfassung der Ergebnisse

Standardargument, welches aber bei der Reichweitenbestimmung wenig half. Es stellte sich die Frage danach, wie Gläubigerschutz durch das Nominalkapital, insbesondere durch freiwillig über dem Mindestkapital liegende Beträge, gesichert wird. Die Antwort: Das Nominalkapital dient als Signal des Gesellschafters bezüglich seiner Risikobereitschaft an den Markt. Der Kapitalschutz schützt demnach die Glaubhaftigkeit des vom Gesellschafter durch seine Beteiligung abgegebenen Signals.854

Unter Zuhilfenahme des Zwecks des Kapitalschutzes wurde daraufhin identifiziert, woraus die Zurechnungsprobleme herrühren. Dazu wurde eine Abstraktionsebene über den Einzelnormen gearbeitet, um dem Institut Kapitalschutz näher zu kommen. Zwei Voraussetzungen des Kapitalschutzes wurden dabei ermittelt: „Beeinträchtigung der Glaubwürdigkeit des Nominalkapitalbetrages“ und „Causa Societatis“

Anhand der Beteiligungskonstellationen verbundener Unternehmen wurde dann gezeigt, warum verbundene Unternehmen als Dritte nicht unmittelbar dem Kapitalschutz unterfallen. Wiederum auf den Zweck des Kapitalschutzes verweisend, wurden sodann zwei Kriterien identifiziert, die Drei-Personen-Verhältnisse dem Kapitalschutz unterstellen. Diese Kriterien sind: Veranlassung Veranlasst der Gesellschafter die Gesellschaft, ein Geschäft mit einem Dritten wahrzunehmen oder veranlasst die Gesellschaft ihre Tochtergesellschaft, mit dem Gesellschafter zu kontrahieren, finden die Kapitalschutzregeln Anwendung. Gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht Hat der Gesellschafter ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht gegenüber den Leitungsorganen seiner Tochtergesellschaft, die Muttergesellschaft des Gesellschafters ein solches Weisungsrecht gegenüber diesem oder die Gesellschaft ein Weisungsrecht gegenüber ihrer Tochtergesellschaft, finden die Kapitalschutzregeln Anwendung.

854  Oben

Erstes Kapitel, II. 3.



II. Zweites Kapitel289

Beide Kriterien sind Literatur und Rechtsprechung nicht unbekannt,855 wurden aber bislang noch nie für den gesamten Kapitalschutz formuliert. Mit der genauen Umgrenzung dieser Zurechnungskriterien für den gesamten Kapitalschutz endete das Erste Kapitel.

II. Zweites Kapitel Im Zweiten Kapitel sollte durch die Anwendung der im Ersten Kapitel entwickelten Zurechnungskriterien auf alle Zurechnungsprobleme der ersten Beteiligungsstufe – also der Zurechnung von Unternehmen die direkt an einer der beiden Gesellschaften beteiligt sind – gezeigt werden, dass sich die Zurechnungskriterien in die Dogmatik der einzelnen Kapitalschutzvorschriften einfügen und vielfach mit Zurechnungslösungen aus Literatur und Rechtsprechung zusammenpassen. Dort, wo die Lösungen auseinandergingen, sollten die Vorteile der einheitlichen Lösung aufgezeigt werden. Durch die einheitliche Anwendung der oben entwickelten Kriterien sollte zudem gezeigt werden, dass tatsächlich ein Institut des Kapitalschutzes existiert, so dass mit einheitlichen Zurechnungskriterien dessen einheitliche Probleme gelöst werden können. Außerdem sollte methodisch klar Stellung bezogen werden: Handelt es sich um Auslegung der Vorschriften oder um deren analoge Anwendung. Vorgegangen wurde anhand der denkbaren Zurechnungskonstellationen nach folgendem Schema:

Abbildung 43: Schema Kapitel II

855  Vgl.

Erstes Kapitel, III. 3. a) bb) und III. 3. b) aa).

290

Zusammenfassung der Ergebnisse

1. Zurechnung von unten nach oben auf Gesellschafterseite für die Kapitalaufbringung

Abbildung 44: Kapitalaufbringung für Zurechnungen von unten nach oben auf Gesellschafterseite (verdeckte Sacheinlage)

Kontrahiert die Tochtergesellschaft (T2) des Gesellschafters (M) mit der Gesellschaft (T1), fällt der Vorgang unter die Kapitalaufbringungsvorschriften wenn:856 ○ M die Gesellschaft (T1) dazu veranlasst hat, das Geschäft mit T2 abzuschließen oder ○ M gegenüber T2 ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. Das gilt für die Vorschriften der §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG ebenso wie für § 52 AktG und §§ 19 Abs. 5 GmbHG, 27 Abs. 4 AktG. In allen Fällen kommt man durch Auslegung der Vorschriften zu diesem Ergebnis, so dass es bei den Rechtsfolgen bleibt, die folgten, hätte M mit T1 kontrahiert. 2. Zurechnung von unten nach oben auf Gesellschafterseite für die Kapitalerhaltung

Abbildung 45: Kapitalerhaltung für Zurechnungen von unten nach oben auf Gesellschafterseite 856  Vgl.

oben Zweites Kapitel, I. 1. a).



II. Zweites Kapitel291

Schüttet die Gesellschaft (T1) offen oder verdeckt einen Betrag zulasten ihres Nominalkapitals an die Tochtergesellschaft (T2) ihrer Gesellschafterin (M) aus, fällt der Vorgang unter die Kapitalerhaltungsvorschriften wenn:857 ○ M die T1 dazu veranlasst oder ○ M gegenüber T2 ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. Hat M die T1 zur Auszahlung veranlasst, kommt man allein schon durch Auslegung der §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG zu diesem Ergebnis. Dann ist der Anspruch aus §§ 31 GmbHG, 62 AktG gegen M gerichtet. Sie muss den gesamten verbotswidrig „erlangten“ Vorteil an T1 zurückgewähren. Hat M gegenüber T2 ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht, müssen die §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG analog auf die T2 ausgedehnt werden. Dann muss T2 den Vorteil gemäß §§ 31 GmbHG, 62 AktG zurückgewähren. 3. Zurechnung von oben nach unten auf Gesellschafterseite für die Kapitalaufbringung

Abbildung 46: Kapitalaufbringung für Zurechnungen von oben nach unten auf Gesellschafterseite (verdeckte Sacheinlage)

Kontrahiert die Muttergesellschaft (M) des Gesellschafters (T) mit der Gesellschaft (E), fällt der Vorgang unter die Kapitalaufbringungsvorschriften wenn:858 ○ T die E veranlasst hat, das Geschäft mit M abzuschließen oder ○ M gegenüber T ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. 857  Vgl. 858  Vgl.

oben Zweites Kapitel, I. 1. b). oben Zweites Kapitel, I. 2. a).

292

Zusammenfassung der Ergebnisse

Für alle Kapitalaufbringungsvorschriften gilt: Veranlasst T die E, so kommt man schon durch Auslegung der §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG, § 52 AktG und §§ 19 Abs.  5  GmbHG, 27 Abs.  4 AktG zu dem Ergebnis, diese anzuwenden. Die Rechtsfolgen treffen dann T. Hat M gegenüber T ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht, müssen die §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG, § 52 AktG und §§ 19 Abs. 5 GmbHG, 27 Abs. 4 AktG analog auf M erstreckt werden. Das heißt im Einzelnen: ○ für die verdeckte Sacheinlage: M muss an E einen Betrag in Höhe der Einlageverpflichtung der T zahlen; ○ für die Nachgründung: Das Nachgründungsverfahren wird auf Ebene der E durchgeführt. Im Nachgründungsverfahren müssen die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zu M offengelegt werden; ○ für das Hin- und Herzahlen: Liegen nicht die Voraussetzungen der Vollwertigkeit und Fälligkeit vor, muss wie bei der verdeckten Sacheinlage M den „Einlagebetrag“ an E leisten. 4. Zurechnung von oben nach unten auf Gesellschafterseite für die Kapitalerhaltung

Abbildung 47: Kapitalerhaltung für Zurechnungen von oben nach unten auf Gesellschafterseite

Schüttet die Gesellschaft (E) offen oder verdeckt einen Betrag zulasten ihres gebundenen Vermögens an die Muttergesellschaft (M) ihrer Gesellschafterin (T) aus, fällt der Vorgang unter die Kapitalerhaltungsvorschriften wenn:859 859  Vgl.

oben Zweites Kapitel, I. 2. b).



II. Zweites Kapitel293

○ T die E dazu veranlasst oder ○ M gegenüber T ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. Hat T die E zur Auszahlung veranlasst, kommt man schon durch Auslegung der §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG zu diesem Ergebnis. Dann ist der Anspruch aus §§ 31 GmbHG, 62 AktG gegen T gerichtet. Sie muss den gesamten verbotswidrig „erlangten“ Vorteil an E zurückgewähren. Hat M gegenüber T ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht, werden die §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG analog auf die M ausgedehnt. Dann muss M den Vorteil gemäß §§ 31 GmbHG, 62 AktG zurückgewähren. 5. Zurechnung von unten nach oben auf Gesellschaftsseite für die Kapitalaufbringung

Abbildung 48: Kapitalaufbringung für Zurechnungen von oben nach unten auf Gesellschaftsseite (verdeckte Sacheinlage)

Kontrahiert der Gesellschafter (M) mit einer Tochtergesellschaft (E) seiner Gesellschaft (T), fällt der Vorgang unter die Kapitalaufbringungsvorschriften wenn:860 ○ T die E veranlasst hat, das Geschäft mit M abzuschließen oder ○ T gegenüber E ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. Sowohl in der Anwendungs-Methodik als auch in den Rechtsfolgen unterscheiden sich die einzelnen Kapitalaufbringungsvorschriften.

860  Vgl.

oben Zweites Kapitel, II. 1. a).

294

Zusammenfassung der Ergebnisse

Für die verdeckte Sacheinlage gilt: ○ Sowohl Veranlassung als auch gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht führen schon durch Auslegung der §§ 19 Abs. 4 GmbHG, 27 Abs. 3 AktG zu einer Ausdehnung. Die Rechtsfolgen sind die gleichen, als hätte M das Geschäft direkt mit T abgeschlossen. Für die Nachgründung gilt: ○ § 52 AktG muss in jedem Fall analog auf das Geschäft zwischen M und E angewendet werden – im Fall von Veranlassung wie auch beim gesellschaftsrechtlich fundierten Weisungsrecht. Trotzdem muss das Nachgründungsverfahren auf Ebene der T durchgeführt werden. Für das Hin- und Herzahlen gilt: ○ Wie bei der verdeckten Sacheinlage kommt man mit Auslegung der §§ 19 Abs. 5 GmbHG, 27 Abs. 4 AktG zu deren Anwendbarkeit. Damit gleichen die Rechtsfolgen auch denen, die einem direkten Geschäft der M mit T nachfolgen würden. 6. Zurechnung von unten nach oben auf Gesellschaftsseite für die Kapitalerhaltung

Abbildung 49: Kapitalerhaltung für Zurechnungen von unten nach oben auf Gesellschaftsseite

Schüttet eine Tochter (E) der Gesellschaft (T) offen oder verdeckt einen Betrag zulasten des Nominalkapitals der Gesellschaft (T) an deren Gesellschafterin (M) aus, fällt der Vorgang unter die Kapitalerhaltungsvorschriften wenn:861 ○ T die E dazu veranlasst oder ○ T gegenüber E ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht hat. 861  Vgl.

oben Zweites Kapitel, II. 1. b).



III. Drittes Kapitel

295

Hat T die E zur Auszahlung veranlasst, kommt man schon durch Auslegung der §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG zu diesem Ergebnis. Der Anspruch aus §§ 31 GmbHG, 62 AktG ist gegen M gerichtet und lautet auf Leistung an E. Hat T gegenüber E ein gesellschaftsrechtlich fundiertes Weisungsrecht, müssen die §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG analog auf die E ausgedehnt. Dann ist E Inhaberin des Anspruchs; dieser ist auf wertmäßigen Ausgleich des Geschäfts mit E gerichtet. 7. Die „Zurechnungskonstellation“ von oben nach unten auf Gesellschaftsseite Die „Zurechnungskonstellation“ von oben nach unten auf Gesellschaftsseite gefährdet das Nominalkapital nicht und stellt demnach keine Zurechnungskonstellation dar.

III. Drittes Kapitel Das Dritte Kapitel stellte einen Exkurs in das Recht der Kommanditgesellschaft dar. Neben der „normalen“ KG wurde auch dem besonderen Fall der Kapitalgesellschaft & Co. KG Beachtung geschenkt. Trotz der dogmatischen Unterschiede von KG und Kapitalgesellschaften sind die §§ 171, 172 HGB dem Kapitalschutz so ähnlich, dass auch die Zurechnungskriterien, die für den Kapitalschutz entwickelt wurden, zu übertragen sind.862 Für die Kapitalgesellschaft & Co. KG ist wiederum ein eigenständiger Kapitalschutz nötig. Dabei wird den Nur-Kommanditisten einer Kapitalgesellschaft & Co. KG auch der Schutz des Nominalkapitals ihrer Komplementärin aufgegeben. Auf diesen Schutz sind wieder die oben entwickelten Zurechnungskriterien anzuwenden.863

862  Vgl. 863  Vgl.

oben Drittes Kapitel, II. oben Drittes Kapitel, III.

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– Band  5, Schuldrecht, Besonderer Teil III, §§ 705–853, PartGG, ProdHaftG, 5. Auflage, München 2009;

–  Band 11, Internationales Privatrecht, Internationales Wirtschaftsrecht, EinfG z.  BGB (Art. 25–248), 5. Auflage München 2010 Münchener Kommentar zum GmbHG, hrsg. v. Holger Fleischer und Wulf Goette, Band 1: §§ 1–34, 1. Auflage 2010 Münchener Kommentar zum HGB, hrsg. v. Karsten Schmidt, Band 3: §§ 161–237, 3. Auflage, München 2012 Münchener Kommentar zur ZPO, hrsg. v. Thomas Rauscher, Peter Wax, Joachim Wenzel, 4. Auflage 2013 Müßigbrodt, Frank-Jürgen: Die Haftungsbefreiende Aufrechnung des Kommanditisten, Münster 1981, zugl.: Jur. Diss. Münster 1980 Nelson, Richard: Assessing private enterprise: an exegesis of tangled doctrine, The Bell Journal of Economics 1981, 93 Neuhaus, Jürgen: Die Grenzen der Konzernleitungsgewalt im faktischen Konzern und der Nachteilsbegriff des § 311 AktG 1965, DB 1970, 1913 Niedernhuber, Günter: Ausschüttungsregelungen für Aktiengesellschaften – eine ökonomische Analyse –, Hamburg 1988, zugl.: Jur. Diss. Tübingen 1988 Oechsler, Jürgen: Die Anwendung des Konzernrechts auf Austauschverträge mit organisationsrechtlichem Bezug, ZGR 1997, 464 Oetker, Hartmut: Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 2. Auflage, München 2011 Paehler, Otto Heinrich: Die Zulässigkeit des faktischen Konzerns, Bielefeld 1972, zugl.: Jur. Diss. Bielefeld 1972 Pentz, Andreas: Die verdeckte Sacheinlage im GmbH-Recht nach dem MoMiG in: Festschrift für Karsten Schmidt zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Georg Bitter, Marcus Lutter u. A., Köln 2009, S. 1265 – Zur beabsichtigten Änderung des § 52 AktG im RefE des Gesetzes zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung – Namensaktiengesetz (NaStraG), NZG 2000, 225 – Die Änderungen des Nachgründungsrechts durch das NaStraG, NZG 2001, 346 – Die Änderungen und Ergänzungen der Kapitalersatzregeln im GmbH-Gesetz, GmbHR 1999, 437 – Verdeckte Sacheinlagen nach dem MoMiG und prozessuale Folgen des Übergangsrechts, GmbHR 2009, 126 – Die Bedeutung der Sacheinlagefähigkeit für die verdeckte Sacheinlage und den Kapitalersatz sowie erste höchstrichterliche Aussagen zum Hin- und Herzahlen nach MoMiG, GmbHR 2009, 505

308 Literaturverzeichnis – Die Anrechnung bei der verdeckten (gemischten) Sacheinlage, Zugleich Besprechung des BGH-Urteils vom 23.3.2010 – II ZR 12 / 08 – ADCOCOM, GmbHR 2010, 673 Pentz, Andreas / Priester, Hans-Joachim / Schwanna, André: Bar- und Sachkapitalaufbringungen bei Gründung und Kapitalerhöhung in: Das Kapital der Aktiengesellschaft, hrsg. v. Marcus Lutter, ZGR Sonderheft 17, Berlin 2006 Perlitz, Manfred / Küpper, Herbert / Löbler, Helge: Vergleich der Eigenkapitalausstattung deutscher, US-amerikanischer und britischer Unternehmen, ZGR  1985, 16 Picot, Gerhard / Land, Volker: Going Public – Typische Rechtsfragen des Ganges an die Börse, DB 1999, 570 Priester, Hans-Joachim: „GmbH light“ – ein Holzweg!, ZIP 2005, 921 – Die deutsche GmbH nach „Inspire Art“ in: Die GmbH im europäischen Vergleich: Symposion des Instituts für Notarrecht der Humboldt-Universität zu Berlin, hrsg. v. Rainer Schröder, Berlin 2005, S. 161 – Zur Wirksamkeit des Verkehrsgeschäfts bei verdeckter Sacheinlage im Recht der GmbH in: Festschrift für Gerold Bezzenberger zum 70. Geburtstag hrsg. von Harm Peter Westermann, Klaus Mock, Berlin 2000, S. 309 – Neue Regelungen zur Nachgründung, DB 2001, 467 – Die eigene GmbH als fremder Dritter – Eigensphäre der Gesellschaft und Verhaltenspflichten ihrer Gesellschafter, ZGR 1993, 512 – Die deutsche GmbH nach Inspire Art – brauchen wir eine neue?, DB 2005, 1315 Raiser, Thomas: Die Haftungsbeschränkung ist kein Wesensmerkmal der juristischen Person, in: Festschrift für Marcus Lutter zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Uwe Schneider und Peter Hommelhoff u. A. Köln 2000, S. 637 – Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubesinnung, AcP 199 (1999), 104 – Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 194 (1994), 945 Raiser, Thomas / Veil, Rüdiger: Recht der Kapitalgesellschaften: ein Handbuch für Praxis und Wissenschaft, 5. Auflage, München 2010 Rehbinder, Eckard: Zehn Jahre Rechtsprechung zum Durchgriff im Gesellschaftsrecht in: Festschrift für Robert Fischer, hrsg. v. Marcus Lutter, Walter Stimpel und Heribert Wiedemann, Berlin u. A. 1979, S. 579 Reichert, Jochem: Probleme der Nachgründung nach altem und neuem Recht, ZGR 2001, 554 Reiner, Günter: Unternehmerisches Gesellschaftsinteresse und Fremdsteuerung, München 1995, zugl.: Jur.  Diss. Konstanz 1994 / 95 Reuter, Dieter: Rechtsfähigkeit und Rechtspersönlichkeit, AcP 207 (2007), 673 Richter, Bernd: Umgehung der Konzernvorschriften des Mitbestimmungsgesetzes 1976 durch Wiederlegung der Abhängigkeits- und / oder Konzernvermutung – einige empirische Befunde –, AG 1982, 261

Literaturverzeichnis309 Rickford, Jonathan: Reforming Capital, Report of the Interdisciplinary Group on Capital Maintenance, European Business Law Review 2004, 919 Riegger, Bodo: Centros – Überseering – Inspire Art: Folgen für die Praxis, ZGR 2004, 510 Rohde, Andreas: Kurzkommentar zu BGH v. 12.02.2007 – II ZR 272 / 05, EWiR 2007, 331 Rosenberg, Leo / Schwab, Karl Heinz / Gottwald, Peter: Zivilprozessrecht, 17. Auflage, München 2010 Ross, Stephen A.: The determination of financial structure: the incentive-signaling approach, Bell Journal of Economics 8 (1977), 23 Roth, Günter H. / Altmeppen, Holger: Kommentar zum GmbHG, 7. Auflage, München 2012 Rowedder, Heinz / Schmidt-Leithoff, Christian: Kommentar zum GmbHG, 5. Auflage, München 2013 Säcker, Franz Jürgen: Zur Problematik von Mehrfachvertretungen im Konzern, ZHR 151 (1987), 59 Savigny, Friedrich Karl v.: System des heutigen römischen Rechts, Band 1, 2. Neudruck der Ausgabe Berlin 1840, Aalen 1981 Schall, Alexander: Die Zurechnung von Dritten im neuen Recht der Gesellschafterdarlehen, ZIP 2010, 205 Schilling, Wolfgang: Die GmbH & Co. KG als Einheitsgesellschaft in: Festschrift für Carl Hans Barz zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Robert Fischer, Philipp Möhring und Harry Westermann, S. 67 Schmidt, Karsten: Anmerkung zu BGH v. 19.09.1988, II ZR 255 / 87, NJW 1988, 3148 – Gesellschaftsrecht, 4. Auflage, Köln u. A. 2002 – Der gutgläubige Empfang von Scheingewinnen und die Kapitalsicherung im Aktienrecht, im Recht der GmbH und im Kommanditgesellschaftsrecht, BB 1984, 1588 – Kommanditeinlage – Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in der KG, ZGR 1976, 307 – Kapitalaufbringung, Kapitalerhaltung und Unterkapitalisierung bei der GmbH & Co., DB 1973, 2227 – Zurechnungsprobleme um das Zwergenanteilsprivileg des § 32a Abs. 3 S. 2 GmbHG, GmbHR 1999, 1269 – Zivilistische Rechtsfiguren zwischen Rechtsdogmatik und Rechtspolitik in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, hrsg. v. Karsten Schmidt, Berlin 1990, S. 9 – Kapitalsicherung in der GmbH & Co. KG: Schlußbilanz oder Zwischenbilanz einer Rechtsfortbildung?, GmbHR 1989, 141 – Kapitalersetzende Kommanditistendarlehen, GmbHR 1986, 337 – Reflexionen über das Beschlussmängelrecht, AG 2009, 248 – Einlage und Haftung des Kommanditisten, Köln 1977

310 Literaturverzeichnis Schmidt, Karsten / Lutter, Marcus: Kommentar zum Aktiengesetz, Band 1: §§ 1–149, 2. Auflage Köln 2010 Schneider, Dieter: Investition, Finanzierung und Besteuerung, 7. Auflage, Wiesbaden 1992 Schneider, Uwe H.: Das Recht der Konzernfinanzierung, ZGR 1984, 497 – Mittelbare verdeckte Gewinnausschüttungen im GmbH-Konzern, ZGR 1985, 279 – Die Gründung von faktischen GmbH-Konzernen in: Entwicklungen im GmbH Konzernrecht, 2. Deutsch-Österreichisches Symposium zum Gesellschaftsrecht, hrsg. v. Peter Hommelhoff, Johannes Semler, Peter Doralt und Günter H. Roth, Berlin 1986, S. 138 – Die mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung bei verbundenen Unternehmen – Handelsrecht, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 1984 / 85, 497 Schnurbein, Caspar Freiherr v.: Verdeckte Sacheinlage im Konzern – Vereinfachung durch das MoMiG, GmbHR 2010, 568 Scholz, GmbHG: Kommentar zum GmbHG –  Band 1: §§ 1–34, 11. Auflage, Köln 2012 –  Band  2: §§ 35–52 GmbHG, 10. Auflage, Köln 2007 Schön, Wolfgang: Die Zukunft der Kapitalaufbringung / -erhaltung, Der Konzern 2004, 162 – Vermögensbindung und Kapitalschutz in der AG – Versuch einer Differenzierung in: Festschrift für Volker Röhricht, hrsg. v. Georg Crezelius, Heribert Hirte und Klaus Vieweg, Köln 2005, S. 559 – Editorial – Wer schützt den Kapitalschutz, ZHR 166 (2002), 1 – The Future of Legal Capital, EBOR 5 (2004), 429 – Deutsches Konzernprivileg und europäischer Kapitalschutz – ein Widerspruch? in: Festschrift für Bruno Kropff, hrsg. v. Karl-Heinz Forster, Barbara Grunewald, Marcus Lutter und Johannes Semler, Düsseldorf 1997, S. 285 – Das Bild des Gesellschafters im Europäischen Gesellschaftsrecht, RabelsZ 64 (2000), 1 Schwab, Martin T.: Die Nachgründung im Aktienrecht, Berlin 2003, zugl.: Jur. Diss. Jena 2001 / 2002 Seibert, Ulrich / Decker, Daniela: Die GmbH Reform kommt!, ZIP 2008, 1208 Semler, Johannes: Doppelmandats-Verbund im Konzern – Sachgerechte Organisa­ tionsform oder rechtlich unzulässige Verflechtung? – in: Festschrift für Ernst C. Stiefel zum 80. Geburtstag, hrsg. v. Marcus Lutter, Walter Oppenhoff, Otto ­Sandrock und Hanns Winkhaus, München 1987, S. 719 Serick, Rolf: Rechtsform und Realität juristischer Personen, 2. unveränderte Auflage Tübingen 1980, zugl.: Jur.  Habil. Tübingen 1952 / 53 Servatius, Wolfgang: Gläubigereinfluss durch Covenants, Tübingen 2008, zugl.: Jur. Habil. München 2007 / 2008

Literaturverzeichnis311 Soergel: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, begründet von Hs. Th. Soergel, neu hrsg. v. Siebert, Wolfgang –  Band 1: §§ 1–240, 12. Auflage, Stuttgart u. A. 1987 –  Band 2: §§ 104–240, 13. Auflage, Stuttgart u. A. 1999 Sonnenhol, Jürgen / Groß, Wolfgang: Besicherung von Krediten Dritter an Konzernunternehmen, ZHR 159 (1995), 388 Sonnenhol, Jürgen / Stützle, Rudolf: Auswirkungen des Verbots der Einlagenrückgewähr auf Nichtgesellschafter, WM 1983, 2 Spence, Michael: Job Market Signaling, Quartely Journal of Economics 1973, 355 – Signaling in Retrospect and the Informational Structure of Markets, American Economic Review 92 (3), 434 Spindler, Gerald / Stilz, Eberhard: Kommentar zum Aktiengesetz, Band 1: §§ 1–149, 2. Auflage, München 2010 Staub, Großkommentar HGB: hrsg. v. Claus Wilhelm Canaris, Wolfgang Schilling, Peter Ulmer –  Zweiter Band: §§ 105–237, 5. Auflage, Berlin 2008 –  Lieferung 9: §§ 161–177a, 4. Auflage, Berlin 1987 Staudinger, BGB: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch –  Buch 2: §§ 705–740 (Gesellschaftsrecht) Neubearbeitung 2003 –  Buch 2: §§ 812–822 (ungerechtfertigte Bereicherung) Neubearbeitung 2007 Steffek, Felix: Gläubigerschutz in der Kapitalgesellschaft: Krise und Insolvenz im englischen und deutschen Gesellschafts- und Insolvenzrecht, Tübingen 2011, zugl.: Jur. Diss. Heidelberg 2007 Stiglitz, Joseph / Weiss, Andrew: Credit Rationing in Markets with Imperfect Information, American Economic Review 71 (1981), 393 Stimpel, Walter: Zum Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 GmbHG in: Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, hrsg. v. Marcus Lutter, Peter Ulmer und Wolfgang Zöllner, Köln 1992, S. 335 Strohn, Lutz: Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern, Köln u. A. 1977, zugl.: Jur. Diss. Köln 1977 Tebben, Joachim: Die Reform der GmbH – das MoMiG in der notariellen Praxis, RNotZ 2008, 441 Teichmann, Arndt: Die Gesetzesumgehung, Göttingen 1962 – Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen, München 1970, zugl.: Jur. Habil. Göttingen 1968 / 69 Theisen, Manuel René: Der Konzern – Betriebswirtschaftliche und rechtliche Grundlagen der Konzernunternehmung, –  1. Auflage Stuttgart 1991 –  2. Auflage Stuttgart 2000

312 Literaturverzeichnis Tries, Hermann-Josef: Verdeckte Gewinnausschüttungen im GmbH-Recht, Köln 1991, zugl.: Jur.  Diss. Heidelberg, 1989 / 90 Ulmer, Peter: Verdeckte Sacheinlage im Aktien- und GmbH-Recht, ZHR 154 (1990), 128 – Die „Anrechnung“ (MoMiG) des Wertes verdeckter Sacheinlagen auf die Geldeinlageforderung der GmbH – ein neues Erfüllungssurrogat?, ZIP 2009, 293 – Schutz der GmbH gegen Schädigung zugunsten ihrer Gesellschafter? in: Strafrecht, Unternehmensrecht, Anwaltsrecht: Festschrift für Gerd Pfeiffer, hrsg. v. Otto Friedrich Freiherr von Gamm, Peter Raisch und Klaus Tiedemann, Köln 1988, S. 853 – Verlustübernahmepflicht des herrschenden Unternehmens als konzernspezifischer Kapitalerhaltungsschutz, AG 1986, 123 – Gläubigerschutz bei Scheinauslandsgesellschaften – Zum Verhältnis zwischen gläubigerschützendem nationalem Gesellschafts-, Delikts-, und Insolvenzrecht und der EG-Niederlassungsfreiheit, NJW 2004, 1201 Veil, Rüdiger: Die Reform des Rechts der Kapitalaufbringung durch den RegE MoMiG, ZIP 2007, 1241 Veil, Rüdiger / Werner, Ulrike: Die Regelung der verdeckten Sacheinlage – eine gelungene Rechtsfortbildung des GmbH-Rechts und bürgerlich-rechtlichen Erfüllungsregimes?, GmbHR 2009, 729 Verse, Dirk A.: Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, Tübingen 2006, zugl.: Jur. Habil. Mainz 2006 Verse, Dirk A. / Habersack, Mathias: Europäisches Gesellschaftsrecht, 4. Auflage, München 2011 Wachter, Thomas: GmbH-Reform: Auswirkungen auf die Gründung einer „klassischen“ GmbH, NotBZ 2008, 361 Wälzholz, Eckhard: Die Reform des GmbH-Rechts, MittBayNot 2008, 425 – Das MoMiG kommt: Ein Überblick über die neuen Regeln Mehr Mobilität, Flexibilität und Gestaltungsfreiheit bei gleichzeitigem Gläubigerschutz, GmbHR 2008, 841 Wank, Rolf: Die Auslegung von Gesetzen, Köln 1997 – Richterliche Rechtsfortbildung und Verfassungsrecht, ZGR 1988, 314 Wassermeyer, Heinz: Der prima faci Beweis und die benachbarten Erscheinungen, Münster 1954 Weizsäcker, Carl Christian v.: Barriers to Entry, Berlin u. A. 1980 Werneburg: Dividendenbezugsrecht und Veräußerung eigener Aktien., ZHR 90, (1927), 204 Werner, Rüdiger: Zum Anwendungsbereich von § 52 AktG nach der Neufassung durch das NaStraG, ZIP 2001, 1403

Literaturverzeichnis313 Westermann, Harm Peter: Die GmbH & Co. KG im Lichte der Wirtschaftsverfassung, Karlsruhe 1973 – Kapitalschutz als Gestaltungsmöglichkeit, ZHR 172 (2008), 144 Wicke, Hartmut: GmbHG, 2. Auflage München 2011 Wiedemann, Herbert: Haftungsbeschränkung und Kapitaleinsatz in der GmbH in: Die Haftung des Gesellschafters in der GmbH, hrsg. v. Herbert Wiedemann, Frankfurt am Main 1968, S. 5 – Die Unternehmensgruppe im Privatrecht, Tübingen 1988 – Beschränkte und unbeschränkte Kommanditistenhaftung in: Recht und Wirtschaft in Geschichte und Gegenwart, Festschrift für Johannes Bärmann zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Marcus Lutter, Helmut Kollhosser und Winfried Trusen, München 1975, S. 1038 – Reflexionen zur Durchgriffshaftung – Zugleich Besprechung des Urteils BGH WM 2002, 1804 – KBV, ZGR 2003, 283 – Gesellschaftsrecht, Band 1: Grundlagen, München 1980 – Juristische Person und Gesamthand als Sondervermögen, WM Sonderbeilage 4 / 1975 Wilhelm, Jan: Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person, Köln 1981, zugl.: Jur. Habil. Bonn 1978 – Konzernrecht und allgemeines Haftungsrecht, DB 1986, 2113 – Kapitalaufbringung und Handlungsfreiheit der Gesellschaft nach Aktien- und GmbH-Recht, ZHR 152 (1988), 333 – Umgehungsverbote im Recht der Kapitalaufbringung, ZHR 167 (2003), 520 – Die Vermögensbindung in der Aktiengesellschaft und der GmbH und das Problem der Unterkapitalisierung in: Festschrift für Werner Flume zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Horst Heinrich Jakobs, Köln 1978, S. 337 Wilhelmi, Rüdiger: Das Mindestkapital als Mindestschutz – eine Apologie im Hinblick auf die Diskussion um eine Reform der GmbH angesichts der englischen Limited, GmbHR 2006, 13 Wimmer-Leonhardt, Susanne: Konzernhaftungsrecht, Tübingen 2004, zugl.: Jur. Habil. Universität des Saarlandes 2003 Winkler, Karl: Die Haftungsverfassung der GmbH & Co. (KG), NJW 1969, 1009 Winter, Martin: Verdeckte Gewinnausschüttungen im GmbH-Recht, ZHR 148 (1984), 579 Witte, Jan Christoph / Wunderlich, Nils: Die Nachgründungsproblematik bei „jungen Aktiengesellschaften“, BB 2000, 2213 Würdinger, Hans: Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, 4. Auflage, Heidelberg 1981 Wüst, Günther: Das Problem des Wirtschaftens mit beschränkter Haftung, JZ 1992, 710

314 Literaturverzeichnis Zanner, Andreas: Rechtsfolgen eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen bei der GmbH & Co. KG unter besonderer Berücksichtigung des nur an der KG beteiligten Kommanditisten, Regensburg 1989 zugl.: Jur. Diss. Mainz 1989 Zick, Matthias: Die verdeckte Sacheinlage im Recht der GmbH, Frankfurt am Main 2011, zugl.: Jur. Diss. Tübingen 2010 Zippelius, Reinhold: Juristische Methodenlehre, 10. Auflage, München 2006