Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit. Faszikel 2 Einführung zu den Jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit, Faszikel 2: Unterweisung in erzählender Form: Band VI: Supplementa, Lieferung 1, Faszikel 2 9783641248215


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German Pages 219 Year 2005

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Table of contents :
Inhalt
Vorwort
1. Die Ascensio Isaiae
2. Aristeasbrief
3. Pseudo-Philo: Antiquitates Biblicae
4. Das Buch der Jubiläen
5. Joseph und Aseneth
6. Das Buch Tobit
7. Leben Adams und Evas
Stellenregister
Namen- und Sachregister
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Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit. Faszikel 2 Einführung zu den Jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit, Faszikel 2: Unterweisung in erzählender Form: Band VI: Supplementa, Lieferung 1, Faszikel 2
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Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit

Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit

Herausgegeben von Hermann Lichtenberger in Zusammenarbeit mit Christian Habicht, Otto Kaiser (†), Werner Georg Kümmel (†), Otto Plöger (†) und Josef Schreiner (†)

Band VI · Lieferung 1 · Faszikel 2 Gütersloher Verlagshaus

Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit Band VI

Supplementa Herausgegeben von Hermann Lichtenberg und Gerbern S. Oegema Einführung zu den Jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit Gerbern S. Oemema Unterweisung in erzählender Form Mit Beiträgen von Jan Dochhorn, Beate Ego, Martin Meiser und Otto Merk

2005 Gütersloher Verlagshaus

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar.

Die Abkürzungsverzeichnisse befinden sich in der zweiten Lieferung dieses Bandes.

Copyright © 2005 Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen. Satz: Memminger MedienCentrum AG, Memmingen ISBN 978-3-641-24821-5 www.gtvh.de

Gerbern S. Oegema Unterweisung in erzählender Form Mit Beiträgen von Jan Dochhorn, Beate Ego, Martin Meiser und Otto Merk

Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX

Die Ascensio Isaiae (Jan Dochhorn) ......................... . Aristeasbrief (Gerbern S. Oegema) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pseudo-Philo: Antiquitates Biblicae (Liber Antiquitatum Biblicarum) (Gerbern S. Oegema) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Buch der Jubiläen (Gerbern S. Oegema) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . joseph und Aseneth {Gerbern S. Oegema) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Buch Tobit (Beate Ego) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leben Adams und Evas {Otto Merk & Martin Meiser) . . . . . . . . . . . . .

66 78 97 I I 5 I 5I

Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Namen- und Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

205

1. 2.

3· 4·

5· 6. 7·

49

19 5

VII

Vorwort Mit der Einführung zu den Unterweisungen in erzählender Form erscheint die vorletzte Lieferung des Bandes VI der jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit. Dr. J an Dochhorn hat hier die Einführung zum Martyrium ]esajas beigetragen, Frau Prof. Dr. Beate Ego zum Buch Tobit und Prof. Dr. Martin Meiserund Prof. Dr. Otto Merk zum Leben Adams und Evas. Ich danke der Bearbeiterio und den Bearbeitern recht herzlich für ihre Bereitschaft, ihre Forschungsarbeit in diesen Einführungsband einfließen zu lassen. Auch hier möchte ich wiederum HerrnJürgen Chr. Regge und der Fritz Thyssen Stiftung für die großzügige Förderung des ganzen Einführungsprojektes, den Mitarbeitern am Institut für antikes Judenrum und hellenistische Religionsgeschichte, besonders Frau Monika Merkle und Frau stud. theol. Eva Lamparter sowie Herrn Diedrich Steen und dem Gütersloher Verlagshaus danken. Ebenso soll an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bibliotheken der Evangelischund Katholisch-theologischen Fakultäten sowie der Universitätsbibliothek der Universität Tübingen für die ganz besondere Unterstützung meiner Arbeit in sieben Jahren ein herzlicher Dank gesagt werden. Montreal, im September 1004

Gerbern S. Oegema

IX

Die Ascensio Isaiae ( JSHRZ II, 1: Martyrium Jesajas) (Jan Dochhorn) Literatur: A. Lehnardt, Bibliographie zu den jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit (JSHRZ VI,2), Gütersloh 1999, 167-172. Textausgabe:: P. Bettwlo I A. Giambelluca Kossova I C. Leonardi I E. Norelli I L. Perrone, Ascensio lsaiae. Textus (Corpus Christianorum. Seric:s Apocryphorum 7), Turnhout 1995. Inhalt: Ascensio lsaiac: (aethiopice) =Ase lsa (aeth): 1-129 (Perrone); Ascensio Isaiae (graece I aus Papyrus Amhc:rst 1) =Ase lsa (grlpap.amh): 131-145 (Norelli); Ascensio lsaiae (graece I zu einer Heiligenlegende umgearbeitet)= Ase lsa (grlleg): 321-351 (Norelli); Ascensio lsaiae (sahidice) =Ase lsa (sah): 147-161 (Bettiolo); Ascensio Isaiae (protolycopolitanice) =Ase Isa (protolyc): 147-153. 162-187 (Bettiolo); Ascensio lsaiae (latine) =Ase lsa (lat): 189-209 (Leonardi); Visio Isaiae (latine) = Vis lsa (lat): 191-192. 211-233 (Leonardi); Visio lsaiae (slavonice) = Vis lsa (slav): 235-319 (Giambelluca Kossova); Synopse (in Latein): 3n-HL Zu den älteren Ausgaben vgl. j.-C. Haelewyck, Clavis Apocryphorum Veteris Testamenti (Corpus Christianorum o.Z.), Turnhout 1998, Nr.218 (S.17S-18o). Neuere Übersetzungen und Kommentare (in Auswahl): Die Ausgabe von Bettiolo etc. (s.o.) bietet auch italienische Übersetzungen und eine lateinische Synopse. Vgl. ferner C. D. G. Müller, Die Himmelfahrt des Jesaja, in: W. Schneemelcher(Hrsg.), Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Übersetzung, Tübingen 1 1989, 547-562 (deutsch); M. A. Knibb, Martyrdom and Ascension of lsaiah, in:]. H. Charlesworth (Hrsg.), The Old Testament Pseudepigrapha, Vol 2, New York etc. 1985. 143-176 (englisch); E. Norelli, Ascension du prophete lsale (Apocryphes. Collection de poche de I' AELAC 2), Turnhout 1993 (französisch). Kommentar: E. Norelli, Ascensio Isaiae. Commentarius (Corpus Christianorum. Series Apocryphorum 8), Turnhout 1995 (italienisch).

1.

Inhalt

Die Ascensio Isaiae (Ase Isa) ist eine vollständig in Altäthiopisch und in anderen Versionen nur partiell erhaltene apokryphe Schrift, die von einer Zersägung des Propheten Jesaja unter König Manasse (Ase Isa 1-5) und abschließend von einer Himmelsreise berichtet (Ase lsa 6-11), bei der Jesaja die sieben Himmel durchquerte, einer Vision des göttlichen Thrones teilhaftig wurde und schließlich in prophetischer Schau erfuhr, wie Christus durch die sieben Himmel hindurch verborgen in die Welt kam, verborgen geboren wurde, die Unterwelt besuchte und dann schließlich in Herrlichkeit wieder in den siebten Himmelzur Rechten Gottes aufstieg. Hammershaimb hat 197 3 in JSHRZ II, 1 nur einen Teil dieser Schrift unter dem Titel »Martyrium Jesajas• dargeboten. Das entsprach dem damaligen Forschungsstand: Man war allgemein überzeugt, daß in Ase Isa 1-5 ein frühjüdisches Martyrium Jesajas eingearbeitet worden sei, welches man durch lirerarkritische Analyse rekonstruieren und weitgehend in Absehung vom Kontext untersuchen zu können glaubte (vgl. 2.1 ) . Dieses Verfahren erscheint aus heutiger Sicht unangemessen. Die

gedankliche und kompositorische Binnenvernetzung der AseIsaist zu dicht und die Existenz eines in Ase lsa 1-5 verarbeiteten frühjüdischen Jesajamartyriums zu ungewil~. als daß man die Analyse auf die bei Hammershaimb ausgewählten Abschnitte beschränken sollte. Daher wird hier die Ase Isa als ganze in den Blick genommen. Der dabei verwendete Titel Ascensio lsaiae entspricht sowohl intern.l.tionalen Konventionen als auch der Tradition (vgl. .z.6). Die Darstellung orientiert sich an der äthiopischen Übersetzung (Ase lsa [aeth]), die insgesamt zuverlässig ist, aber- wo möglich- mit der Parallelüberlieferung abgeglichen werden muß (vgl. .z ..z ..z ). Zitate entstammen einer eigenen Arbeitsübersetzung der Ase lsa (aeth). Personen- und Ortsnamen sind dem deutschen Sprachgebrauch angeglichen, soweit sie der Bibel entstammen. Wo dies nicht der Fall ist, wird entweder die in der Ase lsa (aeth) überlieferte Namensform verwendet (so erwa bei Malkira) oder aber eine Transkription der für den (griechischen) Grundtext anzusetzenden Namensform, wenn außeräthiopische Überlieferung deren Rekonstruktion als sicher erscheinen läßt (so etwa bei den Namen Bechira, Beliar, Gamarias, Samael etc.).

Der nachfolgende Inhaltsüberblick soll dem komplexen Aufbau der Ase lsa gerecht werden, der durch Konzentrik und Hierarchisierung auf der einen Seite sowie Digressionen und Exkurse auf der anderen Seite geprägt ist. Die umfangreichste Digression ist die Vision des Jesaja (6,1-11,40), die durch die Martyriumserzählung (1,1-5 , 16; 11,41-42) gerahmt ist. Sie ist genauso ein Rückblick auf Vergangenes wie die kleineren Exkurse, die durch Kursive markiert werden, etwa die Lebensgeschichte des Lügenpropheten Bechira (2,12-25 und 3,2-5). Sowohl die Digressionen als auch die Exkurse sind grundsätzlich gerahmt bzw. in den übergreifenden Erzählzusammenhang eingebettet, aber bei der Lektüre verliert man dennoch leicht die Orientierung. Der nachfolgende Überblick soll diesem Übel abhelfen und den durchaus artifiziellen Charakter der Komposition veranschaulichen. Die ungewöhnliche Ausführlichkeit ist diesem Anliegen geschuldet.

1.1

Aufbau

Titel: ·Aufstieg des Propheten Jcsaja• . I Die Martyriumserzählung ( 1- s; II ,.p-41). 1,1 Die Übergabe des Testamentes des Hiskia und der S~hriften desjesaja .m Manasse als Gelegenheit für Jesaja, Hiskia sein Martyrium unter Manassc anzukündigen ( 1 ) . 1,1,1 Hiskia übergibt Manasse sein Testament ( 1, 1- 4). 1,1,1 Übergabe der apokryphen Prophezeiungen des Jesaja an Manasse. Übermittlung einer Zweitausfertigung an die Propheten ( 1,5 -6). 1,1,3 Jesaja kündigt Hiskia den Abfall des Manasse und sein eigenes Martyrium an (1,7-IJ). 1,1 Das Martyrium des Jesaja unter Manasse (1, 1- 5.14). 1,1,1 Beginn der Regierung Manasses: Samael •wohnt über ihm•. Er dient Satan und Beliar, auch Matanbekus genannt. Magie und Unzucht, Verfolgung der Gerech ten (z,1 - 6). 1,1,1 Jesaja zieht sich wegen der Gesctzlosigkeit z.unächst ausjerusalem nach Beth· lehem, dann aus Bethlehem mit einer Gruppe von Propheten (Micha, Ananias dn Alte, Joel etc.) in die Einöde zurück (2,7-11 ). 1,1,3 Bechira, ein Lügenprophet, zeigt Jesaja bei Manasse an (2,11- }, 10). l,l,J,I Bechira wird in die Erzählung eingeführt (1,11).

2

2.

1,~,3,1,1 ExkNn: B~chiras samariunisch~ Vorfahrm Nnd d~ren Konflikt mit d~r wahren Proph~t~ (2,12-16). 1.~.3.~ Weiterführung von 2,11: Bechira wohnt in Bethlehem und erfähn den Aufenthaltsort des Jesaja (3, 1). 1~,3~,1 ExltNrs: W~ kam der in Samaria gebürtige B~chira nach Bethlehem? (p-s). 1,2,,h3 Weiterführung von J, 1: Bechira zeigt Jesaja und seine Propheten bei Manasse an: Sie weissagten die ZerstörungJerusalems und die Gefangenschaft des Manasse.Jesaja behaupte, er habe Gott gesehen, obwohl Moses dies ausgeschlossen habe. Sie nannten Jerusalem Sodom und die FürstenJudas und Jerusalems Volk von Gomorra (J,6-•o). 1,2o4 Unter dem Einfluß Beliars und unter Mithilfe seiner Ratgeber sowie der Lügenpropheten läßt Manasse Jesaja ergreifen und zersägen (J,II-J,16). 1,2,..,1 Beliar nimmt Platz im Herzen Manasses, und der läßt Jesaja ergreifen (J,ll-12). 1~o4,2 Der eigentliche Grund des Martyriums: Beliar zürnt Jesaja wegen einer Messiasweissagung und einer apokalyptischen Schau der Kirchengeschichte (3,13 -4,22). ~~....~.~ Herabkunft des Geli~bt~n (= Christus) in G~sult ~ines Menschen, VerfolgNng, die zwölfjünger, Kreuzigung, Erschütterung der jünger, Grabwächt~r (J,IJ-14). 1,2,..,2,2 Auferstehung, Aussendung der Jünger (3,1 5-17). 1,2,..,2.3 Ausbreitung Nnd Erfolg des GLINbens (J,I8-2o). 1,2,..,1o4 Nied~rgang des kirchlichen Lebens in der Endzeit, Streben nach Ämtern, Niedergang der Prophet~. ANch d~ (in der Ase lsa) vorliegenden •Gesichte• wird man für Nngültig erklären (3,~0- 31 ). 1,2,..,2,5 Unvermittelte Anred~ des Hiskia und seines Sohnes )asNb dNrch ]esaja: D~s wird die Zeit der Herabkunft des Beliar sein. Beliar als Antichrist und Nero redivivus, Flucht der Gemeinde von Einöde ZN Einöde (4,1-13). 1,2,..,2,6 Der Herr kommt mit seinen Engeln und Heiligen, VerwandINng und Aufstieg der GläNbigen, TotenaNferstehung, VerflNchung von Himmel und Erde sowie Vernichttmg der Frevler (4,14-18). 1,1,..,2,7 Verweis auf die kanonische WeissagNng über Baby/on; ZNm DescensNs ad inferos wird auf]es 4.2, 1 ff verwiesen, für die ProphezeiNngen gen~rell auf einzeln aNfgeführt~ kanonische Bücher (4,19-22). 1,2,..,3 Wiederaufnahme von J,ll-ll.qa:,. Wegen dieser Gesichte also zürnte Beliar über Jesaja• und bewirkte seine Zersägung durch Manasse in Gegenwart Bechiras und der Lügenpropheten (s,1-2). 1,2,..,3,1 ExltNrs: ANseinandersetzung d~s ]esaja mit seinen pneNmatischen Gegnern. Er nimmt sie in einem •Gesicht des Herrn• wahr (s,J10). 1,1o4o4 Wiederaufnahme von 5.1-2: Zersägung des Jesaja in Gegenwart der Pseudopropheten und des ganzen Volkes (5,11-12). l,~.... s Jesaja fordert seine Propheten auf, nach seinem Martyrium nach Tyrus und Sidon auszuwandern (5,13). 1,~,..,6 Bei der Zersägung schrie Jesaja nicht; er sprach •mit dem heiligen Geist• (p4). 1,3 ·Dies tat Beliar Jesaja an, . .. , denn Samael war in großem Zorn über Jesaja wegen der Worte, die er sah über den Geliebten ... • : Resümee in Anknüpfung an J,ll-ll.IJa und 5,1-2; zugleich Überleitung zur Vision des Jesaja (Sol s-16). Die Vision des Jesaja (6,1-11,40). 2,1 Überschrift: •Und das Gesicht nun, das Jesaja, der Sohn des Amos, sah• (6,1). 2,2 Die Situation des Visionsempfangs im Palast des Hiskia (6,1-7,1). 2,1,1 Datierung: 20. Jahr des Königs Hiskia. Jesaja begibt sich zu Hiskia und setzt

J

sich aul sein Bett, lehnt einen Stuhl ab und redet mit Hiskia Worte der Gerechti~keit (6,t-p).

1,1,1,1 Exkurs: D1e Fürsten, Eunuchen und Ratgeber des Königs smd an:.: csend, auch sind VIerzig Propheten um ]esaJaS 'li.:illen gekommen (6.3b- 5). 1,1,1 Wiederaufnahme von 6,3a: Während der Rede des Jesaja hören alle, wie 1ich eine Tür öffnet und die Stimme des Geistes erklingt. Der König ruit Propheten und Umstehende, einige Propheten setzen sich zur Rechten Jesajas (6,6-7). 1,1,3 Gemeinsamer Gottesdienst (6,8-9). 1,1-4 Jesaja gerät in Ekstase und empfängt ein Gesicht (6,Io-I 5). 1,1,5 Dieses Gesicht teilt er Hiskia, seinem Sohn Jasub sowie Micha und den anderen Propheten mit - unter Ausschluß der Fürsten, der Eunuchen und des Volkes (6,I6-7,1). 1,3 Inhalt der Vision (Ich-Erzählung des Jesaja) (7,2-I I,J5)1,J,I Jesaja wird von einem Engel (Angelus interpres) aus dem siebten Himmelzur Himmelsreise abgeholt. Dialog zwischen Jesaja und dem Engel (7,2-8) . 1,3,1 Aufstieg ins Firmament: Dort herrschen Samael und seine Kräfte und streiten; und wie es dort ist, ist es auch auf der Erde (7,9-12). 1,3,3 Der erste Himmel: Engel zur Rechten, Engel zur Linken, in der Mitte ein Thron; der Lobpreis der Engel zur Linken ist nicht wie der Lobpreis derer zur Rechten (7,I J-I7)1,J,4 Der zweite Himmel: Ähnlich strukturiert wie der erste Himmel, gesteigerte Herrlichkeit. Der Angelus interpres verbietetJesaja, den auf dem Thron in der Mitte Sitzenden anzubeten, wie er überhaupt keinen Engel anbeten soll (7, I 8-23). 1,3,5 Der dritte Himmel: Ähnlich strukturiert wie der erste Himmel, gesteigerte Herrlichkeit; ein Gedenken an die nichtige Welt gibt es dort nicht, dennoch ist in der oberen Welt alles bekannt, was in jener nichtigen Welt geschieht. Die Doxa von J esajas Gesicht wandelt sich (7,24-27). 1,3,6 Der vierte Himmel: Ähnlich strukturiert wie der erste Himmel, gesteigerte Herrlichkeit; der Abstand vom dritten zum vierten Himmel übertrifft den zwischen Erde und Firmament (7,28-3I). 1,3,7 Der fünfte Himmel: Ähnlich strukturiert wie der erste Himmel, gesteigerte Herrlichkeit. Jesaja preist den, dessen Name •allem Fleischlichen nicht offenbart wird•, welcher die sich steigernde Herrlichkeit der Himmel •gegeben• hat (7.jl J7). 1,3,8 Der Luftraum vor dem sechsten Himmel: Ab jetzt gibt es nicht mehr die linke Seite, auch keinen Thron. Der Angelus interpres will sich nicht als Herr anreden lassen und kündigt Jesaja die Schau des •Herrn alldieser Himmel• (= Christi) sowie dessen Verwandlung an. Jesaja werde seiner Visionen durch das •Los des Holle'" gewürdigt. Nach seinem postmortalen Aufstieg zum Himmel werde er das ihm 7.u gedachte Kleid bekommen und engelgleich werden (8,I-I 5). 1,3,9 Der sechste Himmel: Qualitativ anders als die Himmel darunter - kc1ne Rechts-Links-Hierarchisierung, andere Sprache der Engel. Jesaj.ls Wunsch, nicht noch einmal ins Fleisch zurückkehren zu müssen, ist unerfüllbar (8,I6-28). 1,3,10 Der Luftraum vor dem siebten Himmel: Der über den Lobpreis des sechsten Himmels gesetzte Engel will Jesaja den weiteren Aufstieg verweigern, doch Christus gestattet ihn (9, I- 5). 1,J,II Der siebte Himmel (9,6- Io, 1 5}: 1,J,II,I Die Gerechten von Adam an: Sie haben himmlische Kleider, sit1.en aber nicht auf ihren Thronen und tragen nicht ihre Kränze: Diese werden sie erst nach Descensus und Ascensio des •Herrn• in Empfang nehmen (9,6 - 18). 1,J,II,1 Warum im siebten Himmel die Vorgänge in der Welt bekannt sind (vgl. 7,24-27): die himmlischen Schriften (9,19-23). 1,J,II,J Kleider, Throne und Kränze derer, die an die •Stimme desst·n .... der wie ich dir sagte, genannt wird• und sein Kreuz glauben (9,24-26}. 1,J,I1,4 Jesaja schaut den •Herrn• (= Christus) als Stehenden. Zuerst beten 4

die Gerechten (mit ihnen Jesaja) ihn an, dann die Engel. Beim Lobpreis der Engel verwandelt sich der • Herr• in einen Engel. Vor ihm- so der Angelus interpres- soll Jesaja niederknien (9,27- )2). 1,J,li,S Jesaja schaut den Engel des Geistes zur Linken •seines Herrn• (= Christi); dieser steht ebenfalls. Die Gerechten und Jesaja preisen ihn, •und seine Herrlichkeit wandelte sich nicht entsprechend ihrer Gestalt•. Danach preisen ihn die Engel. Vor ihm- so der Angelus interpres-soll Jesaja niederknien (9,33-36). 1,J,ll,6 Der Vater des Herrn: Jesaja kann ihn zunächst nicht sehen, auch nicht die Engel, wohl aber die Gerechten. Der Herr und der Engel des Heiligen Geistes teilen ihm mit, ihm sei gegeben, Gon zu sehen, aber es wird nur von einer Anbetung, nicht von einer Schau Gottes berichtet. Der Herr und der Engel des Geistes fallen zuerst auf die Knie und lobpreisen, dann die Gerechten, dann die Engel; daraufhin sind auch die Lobpreisungen aus den sechs unteren Himmeln zu hören und zu sehen (9,37-10,6). .Z,J,ll,7 Gott weist den Herrn an, durch die sieben Himmel bis zur Scheel, aber nicht bis zur l:far:"el (Vernichtung), herabzusteigen und dabei die Engelmächte von Himmel, Firmament und Scheel durch Anpassung seiner äußeren Gestalt zu täuschen. Danach solle er wieder in Herrlichkeit aufsteigen (10,715).

1,J,I2 Descensus und Ascensio des Herrn (1o,16-11,J3): .Z,J,Il,I Die Herabkunft des Herrn durch die sieben Himmel, das Firmament und dit> Luft: Parallel dazu steigt auch Jesaja herab. Ab dem dritten Himmel ist von Losungsworten die Rede, die •der Herr• den Torwächtern der Himmel gibt. Auch im Firmament gibt er Losungsworte, nicht jedoch in der Luft, wo ebenfalls Krieg zwischen den Engeln herrscht (10,16- 31) . .z,J,u,.z Die Geburt: Die Jungfrau Maria ist wie Joseph aus dem Stamm Davids. Sie wird schwanger, und Joseph will sie verlassen. Da erscheint der Engel des Geistes in dieser Welt, und Joseph bleibt bei ihr. Die Geburt geschieht cLtuso utero. Gerüchte in Bethlehem, die von Unkenntnis zeugen. Umzug nach Nazareth- 11,16: • Verborgen ist er allen Himmeln und allen Herrschern und jedem Gott jener Welt• (11,1-11,16). 1,J,U,J Jugend, irdische Wirksamkeit, Kreuzigung, veranlaßt durch die unwissenden Kinder Israels, die •der Fremde• aufgebracht hat. Descensus ad inferos, Auferstehung, Aussendung der Jünger (11,17-22). 1,J,Ut4 Wiederaufstieg des Herrn in Herrlichkeit durch die sieben Himmel; auch ·die Engel des Firmaments und Satan• fallen vor ihm nieder. Christus setzt sich zur Rechten •jener großen Herrlichkeit•, der •Engel des heiligen Geistes• zur Linken ( 11,2 3-33). 1,J,13 Abschiedsworte des Angelus interpres an Jesaja (11,34- 35). 1>4 Rahmen der Visionsschilderung (11,36-40) . .2o4,1 Summarische Zusammenfassung des Visionsinhaltes durch Jesaja, an Hiskia gerichtet. Dieses Gesicht wird in der letzten Generation bekannt werden (11,3638).

1o4,.2 Jesaja läßt Hiskia schwören, ·diese Worte• weder dem Volk Israel noch irgendjemandem sonst zu verraten. •Dann• (sc. in der Endzeit) wird man sie vorlesen lassen (11,39-40a). 1o4,3 Schlußparänese des Jesaja (11,4ob). 1 Wiederaufnahme der Martyriumserzählung (11,41-42). 1>4 Rahmung und Resümee (11,41-42). 1o4,1 Wiederaufnahme von 5,15-16: Wegen dieser •Gesichte• (Plural!) wurde Jesaja von •Samael Satan• durch die Hand des Manasse zersägt ( 11,41a). 1>4,1 Wiederaufnahme von 1,5-6; 2,1 ff: Dies alles übergab Hiskia seinem Sohne Manasse im 26.Jahre seiner Herrschaft, der es nicht berücksichtigte, sondern durch Satansdienst ins Verderben geriet (11,41b-42).

Subscriptio: •Damit 1st das (Buch) des Propheten Jesaja, des Sohnes des Am Dazu betont der Autor von LAB Gott als Lenker der jüdischen Geschichte, nicht nur was die einzelnen Ereignisse betrifft, sondern auch was das Unglück, das dem jüdischen Volk widerfuhr, und was die endgültige Erlösung, die es aufgrund von Gottes Treue erhoffen darf, anbelangt.J 1 4·4· Das Land, der Tempel und der Kultus

Das Land, das in LAB zentral steht, ist eindeutig Israel, auch wenn dies z. T. aus der Perspektive der Verheißung geschieht, denn es ist zum einen das gelobte Land, nach dem das Volk Israel unterwegs ist, zum anderen ist es auch das Land, das während der Zeit Josuas und der Richterzeit erobert wurde, und dessen Einwohner und besonders deren Götzendienst bekämpft werden müssen (siehe LAB 2 1 ff.). Die Verheißung gründet aber in Gottes Treue zu seinem Volk und ist daher eine ewig gültige Verheißung. Tempel und Kultus spielen in Pseudo-Philo insofern eine Rolle, weil ihre Abspiegelungen seit den Zeiten Abrahams, der den Gottesdienst begründet hat (LAB 6), in den Zeiten Moscs, der die Kultgesetze und die Gebote für die Gesetze in Empfang genommen hat (LAB 11 und 1 }), und in den Zeiten der Richter, die den ersten 30. Vgl. 7.U diesem Themenkomplexj. R. Levinson, Torah and Covenant in Pseudo-Philo's Liber Antiquitatum Biblicarum, in: F Avemarie; H. Ltchtenberger (Hrsg.), Bund und Tora. Zur theologischen Begriffsgeschichte in alttestamentlicher, frühjüdischer und urchristlicher Tradition, Tübingen 1996, 111 - 127. 31. Harrington, Pseudo-Philo, in: OTP 2,301. Vgl. weiter E. Reinmuth, Beobachtungen zum Verständnis des Gesetzes im Liber Antiquitatum Biblicarum (Pseudo-Philo), in: BHH 3 ( 1966), I p-170. 32. Jacobson, Commentary, Bd. 1, 241-242. 33· Siehe auch die Beispiele beijacobson, Commenury, Bd. 1, 242-244. Vgl. Fj. Murphy, The Eternal Covenant in Pseudo-Philo, in: JSJ ( 1989), 1 5 1-170.

74

Kult in Gilgal und Silo vorbereitet haben (LAB 21-22; 54}, hervorgehoben werden. Der Tempel selber, und mit ihm der Tempelkult, werden aber vom Autor nicht angesprochen, weil sie nach dem biblischen Zeugnis erst für die Zeit Davids und Salomos vorgesehen waren. Auch die Stadt Jerusalem wird daher nur sporadisch erwähnt, so in LAB 19,7; 22,9 und 23,7, wo sie für die Zukunft verheißen wird.H 4·5· Eschatologie

Das eschatologische Interesse des Autors von LAB liegt im Schicksal des Menschen nach dem Tod. Nach dem Tod wird der Mensch nach seinen Taten gerichtet (LAB 44,10). Nach dem Tod gibt es aber keine Möglichkeit der Bekehrung noch können die Gerechten für die Sünder Fürsprache einlegen (33,2-5). Die Seelen der Gerechten werden in Frieden leben (23,13; 28,1o; p,s), die Bösen werden für ihre Sünden bestraft werden (16,3; 23,6; 31,7; 36,4; 38,4; 44,10; p,s; 63,4). Am Ende der Zeit wird Gott die Welt heimsuchen (3,9; 16,3; I 9,12 f.1 5; 2 J, IJ; 26, 12; 48, I). Dann werden alle auferstehen und gerichtet werden (3,9 f.; I 9,12 f.; 25,7). Die Gerechten werden mit Gott (19,12 f.) und ihren Vätern (2J,IJ) leben, die Bösen werden ausgelöscht (16,3}. Der Autor unterscheidet somit streng zwischen dieser und der kommenden Welt (siehe dazu 3,10; 16,3; 19,7.13; p,17; 62,9).H Eine politisch orientierte Eschatologie fehlt aber ebenso wie die Erwartung eines Messias (siehe aber die eschatologischen Funktionen des Priesters Pinehas in LAB 48 und die Aktualität des erhofften gesalbten Propheten in LAB p ).3 6 4.6. Engel und Dämonen

Engel treten oft in Pseudo-Philo auf, so z.B. bei Abraham (LAB 32,1 f.), Jakob (18,6}, Moses (19,16), Samuel (64,6). Die Engel sind Wächter (11,12; 59,4), und vier werden mit Namen genannt: Engethel (27,10), Zeruel/Zervihel (27,10; 61,5), NathaH· Vgl. die Texte samt kurzer Auswertung bei C. T. R. Hayward, The Jewish Temple. A Non-Biblical Sourcebook, London usw. 1996, lf4-167. 3 s. Harrington, Pseudo-Philo, in: OTP, Bd. 2, 301. 36. Vgl. dazu Oegema, Gesalbte, ISJ-186 und Jacobson, Commentary, Bd. 1, 247-2so, bes. 249-2so: kein •coherent and consistent view of afterlife and eschatology• und: •there is little evidence that he thought in terms of a Messiah•. Vgl. auch A.j. Ferch, The Two Aeons and the Messiah in Pseudo-Philo, 4 Ezra and 2 Baruch, in: A USS 1s ( 1977), 13 s-1p; L. Gry, La date de Ia fin des temps, selon !es revelations ou !es calculs du Pseudo-Philon et de Baruch (Apocalypse syriaque), in: RB 48 (1939), 337-3s6; D. Mendels, Pseudo-Philo's Biblical Antiquities, the •Fourth Philosophy•, and the Political Messianism of the First Century C. E., in: ]. H. Charlesworth (Hrsg.), The Messiah. Developments in Earliest Judaism and Christianity, Minneapolis 1992, 261-27 s; A. Strobel, Untersuchungen zum eschatologischen Verzögerungsproblem auf Grund der spätjüdisch-urchristlichen Geschichte von Habakuk 2,2 ff., Leiden 1961, 74-77. M. P. Wadsworth, The Death of Moses and the Riddle of the End of Time in Pseudo-Philo, in: JJS 29 ( 1977), 12-19. Zum Zeitverständnis siehe noch G. Delling, Die Weise von der Zeit zu reden, im Liber Antiquitatum Biblicarum, in: NT 13 ( 1971 ), }OS- 321 und /. Fröhlich, Historiographie et aggada dans le Liber Antiquitatum Biblicarum du Pseudo-Philo, in: AAH 28 (x98o), 3S3-409.

75

niel (38,3) und fadahel (41,10). Es gibt aber auch böse Geister ( 5 3,3 i.; 6o,1 ), die am zweiten Tag der Schöpfung erschaffen wurden (6o,J); einige von ihnen helfen den Menschen bei der Zauberei (34,3). Heilige Geister werden im Falle von Balaams Prophezeiung ( 18,3.11 ), bei Kenas (28,6) und bei Debora (32, 14) genanntY Was die Magie betrifft, sei noch auf LAB 15,1 1-12; 34,4; 53; 55 ,7; 6o,1- 3 und 62,1 o hingewiesen (siehe auch J.J.).3 8 4·1· Bibelauslegung

Die Schrift Pseudo-Philos stellt nicht nur eine Nacherzählung der biblischen Geschichten dar, sondern enthält auch in jedem Kapitel Bibelauslegung. Dabei sind die Aspekte der Deutung der Schrift so reich und vielseitig, dass nur eine monographische Behandlung ihr gerecht werden könnte. Hier sei daher nur auf den Kommentar von H. Jacobson und die in der Bibliographie aufgeführte Sekundärliteratur hingewiesen. Dabei handelt es sich vor allem um Untersuchungen zum biblischen Text und zur Erzähltechnik von Pseudo-Philo, zur Deutung von Genesis 1 5 und Jos 12,10-34, zu den biblischen Gestalten Abraham, Adam, David, Debora, Elia, Hanna, lsaak, Jephtas Tochter, Joseph, Juda, Pinehas, Samuel, Seila, Tamar, Edom, Kora, Elia, Samuel, zu den biblischen Erzählungen vom Exodus, vom Durchqueren des Schilfmeeres, vom Goldenen Kalb, von Edom, Korah und Gilgal sowie zu den einzelnen Kapiteln LAB 1-8; p; 39-40, und 6o,z.J 9 4.8. Bezug zu anderen biblischen, apokryphen und pseudepigraphzschen Schriften

Bezüge zu den biblischen Büchern sind die w Genesis bis 2. Samuel, vereinzelt auch zu Jesaja, Jeremia und dem Psalter (siehe auch 4·7·).40 Ebenfalls in der Forschung diskutiert werden Bezüge zu Qumran, 4 ' zur Schrift Jerachmiel, zu den Samaritanern und zur rabbinischen Literatur4' sowie zu Josephus (Antiquitates).H Außer den bereits erwähnten Bezügen zu 4· Esra und 2. Baruch gibt es, wenn es um apokalyptische Motive geht, weitere Bezüge zum Jubiläenbuch und zum Genesis-Apokryphon, wo es um die Iegendarische Erweiterung des biblischen Textes geht.44

37· Harrington, Pseudo-Philo, in: OTP, Bd.2, 301. Vgl. auch H. M. jachon, Echoes anJ Demans in the Pseudo-Philonic Liber Antiquitatum Biblicarum, in: JSJ 27 ( 1996), 1-20. 38. jacobson, Commentary, Bd. 1, 21 S· 39· jacobson, Commentary, sowie in der Bibliographie die Nr. 3380, 3381, 3383, 3385, 3386,3387,3388,3389,3390, 339'· 3392,3398.3402,3403, 340~ 3429,3430,3437.3441,3442, 3446,3450,3451, 345~ 3453.3457.3459,3463,3471,3472, 347R, 3479.3484, 348s. 3491,3502, 3503, 3508, 3S II, 3512, 3PO und 3p2. 40. Harrington, Pseudo-Philo, in: OTP 2, 300. 41. Siehe in der Bibliographie die Nr. 3393, 3405, 34!!0 und 348 3· 42. Siehe in der Bibliographie die Nr. 3400, 3401, 3418, 342 s. 3454, 3498, 3 soo und 3 so 1. 43· Siehe in der Bibliographie die Nr. 3417 und 3419. 44· Für Beispiele siehe Hamngton, Pscudo-Philo, in: OTP 2, 301.

Zum Schluß sei noch auf eine Reihe von Bezügen zum Neuen Tesument, besonders zum Lukasevangelium (Lk 1-2), hingewiesen.41

5. Rezeptionsgeschichte und Forschungsstand Über die Rezeptionsgeschichte von Pseudo-Philo wissen wir wenig; nur über die Handschriftenüberlieferung sind wir recht ausführlich informien. 46 Zum Forschungsstand sei auf den Kommentar von H. Jacobson hingewiesen, auch wenn sein Urteil über andere Forschungsbeiträge in vielen Fällen recht kritisch ist. 47

45· Für Beispiele siehe Harrington, Pseudo-Philo, in: OTP 2, 300- 301 sowie in der Bibliographie die Nr. 3384, 3394, 3413, 3439, 3482, 3488, 3490, 3 so7, 3513 und 3 514· 46. Zu der Handschriftenüberlieferung, Rezeptionsgeschichte und Übersetzung, siehe Jacobson, Commentary, Bd. 1, 257-280 und Denis, lntroduction, Bd. 1, 413-416. Zur Geschichte LABs im Mittelalter, siehe E. R. Smits, A Contribution to the History of Pseudo-Philo's Liber Antiquitatum Biblicarum in the Middle Ages, in: JSJ 23 ( 1992), 197-216. 47· jacobson, Commentary.

77

Das Buch der Jubiläen (JSHRZ Il/3) (Gerbern S. Oegema) Literatur: Bibliographie, S. 189-204, und L. DiTommaso, A Bibliography of Pseudepigrapha Research, 18so-t 999, Sheffield 2001,617-672. Textausgaben (in Auswahl):]. B. Bauer, Clavis apocryphorum supplementum. Complectens voces versionis germanicae libri Henoch Slavici,libri Jubilaeorum, Odarum Salomonis, GTS 4, Graz 1980,9-1 19; äthiopisch: R. H. Charles, The Ethiopic Version of the Hebrew Book of Jubilees, Oxford 1895; hebräisch:]. VanderKam, The Book of Jubilees. A Critical Text, CSCO s 10, ScrAeth 87, Leuven 1989; griechisch: A.-M. Denis, Liber Jubilaeorum, in: ders., Fragmenta pseudepigraphorum quae supersunt graeca una cum historicorum et auctorum Judaeorum hellenistarum fragmentis, PVTG 3, Leiden, 70-I02; lateinisch: H. Rönsch, Das Buch der Jubiläen oder die kleine Genesis, Leipzig 1874. 1 Neuere Übersetzungen und Kommentare (in Auswahl): dänisch: B. Noack,Jubilaeerbogcn, in: E. Hammershaimb er al. (Hrsg.), De gammeltestamentlige Pseudepigrafer, Kopenhagen us">l.'. 195 3-1963, I 76- 301; deutsch: K. Berger, Das Buch der Jubiläen, JSHRZ II.J, Gütersloh 1981, 273-575; englisch: 0. S. Wintermute,Jubilees, in: OTP Bd. 2, 35 -142; französisch: A. Caquot, Jubiles, in: A. Dupont-Sommer et al. (Hrsg.), La Bible. Ecrits intenestamentaires, Paris 1987, 629-81o; griechisch: S. C. Agourides, IQBHLAIA ... , in: Theo 43 (1972), sso-s83; 44 (1973), 34-1 18; hebräisch: A. S. Hartom, Scpher Ha- Yubilot, in: Ha-Scpherim Ha-Chizonim, TelAviv 1958-1967, Bd. 7· I; italienisch: L. Fusella; P. Sacchi, Giubilei, in: P. Sacchi et al. (Hrsg.), Apocrifi dell'Antico Testamento, Turin usw. 198t-1997. Bd. 1, 179-41 t; polnisch: A. Kondrackz, Ksi~ga Jubileusz6w, in: R. Rubinkieu.'lcz (Hrsg.), Apokryfy Starego Tcstamentu, Warschau 1999, 271- 3S t; spanisch: F. Corriente; A. Pinero, Libro de los Jubileos, in: A. Diez Macho (Hrsg.), Ap6crifos del Antigua Testamento, Madrid 1984-1987, Bd. 2, 65 - 188.

1.

Inhalt

Nach K. Bcrger ist das Jubiläenbuch Ausdruck eines Reformwillens gegen hellenisierende Juden und vom Inhalt her die Wiedergabe der Sinaioffenbarung an Mose (siehe I, I -4.27-29). Seine Ausrichtung ist jedoch eine hermeneutische, denn die Überlieferungen von Genesis bis Leviticus werden kritisch und selektiv rezipiert, wobei die Autorität von Mose noch an Gewicht gewinnt, indem er nicht nur der Empfänger der Gebote, sondern nun auch der apokalyptischen Offenbarungen über die vergangene und zukünftige Geschichte ist. Das Anliegen des Trägerkreises ist dabei auf die Gegenwart gerichtet, in der er die religiöse Einheit und Identität des Volkes bewahren will. Zu diesem Zweck werden die Vätergeschichten, besonders die über Abraham, als exemp/a paränetisch auf die Einheit der Familie, die Trennung 1. Zu einer Bibliographie der griechischen, syrischen, lateinischen und äthiopischen Fragmente des Jubiläenbuches und ihrer Textausgaben, siehe L. DiTommaso, A Bibliography of Pseudepigrapha Research, 18so-1999, Sheffield 2001, 617-621.

von den Heiden und die Einhaltung der Gebote ausgerichtet. In diesem Sinne erhalten die Vätergeschichten den Charakter einer quasi-messianischen Heilszeit. Ihre Autorität erhält die Schrift mit dem Hinweis, dass sie direkt aus dem Himmel stammt, denn die in ihr enthaltenen Offenbarungen sind auf den ·himmlischen Tafeln• verzeichnet. Betont werden die Gebote der Festfreude, die Bewahrung des Sabbats und des Kalenders von 364 Tagen. Der Sonnenkalender- und nicht der damals in Israel übliche Mondkalender - ist dabei ganz auf den Sabbat ausgerichtet, denn die 364 Tage werden wie folgt aufgeteilt: s2 Wochen zu 7 Tagen bzw. s2 Sahbauen, dann 4Jahreszeiten zu je 13 Wochen und zum Schluß 12 Monate zu je 30 Tagen(= 360) zuzüglich vier eingeschalteten Festtagen. Die Zahl7 wird dann auch auf das Geschichtsverständnis übertragen, in dem eine Jahrwoche 7 Jahre sind und 7 Jahrwochen ein Jubiläum, womit eine Einheit zwischen Gesetz und Geschichte hergestellt wird. 1 Der Inhalt lässt sich wie folgt beschreiben: Einführung I.

Die Offenbarung an Moses

Schöpfung und Erzählungen über Adam 1..

3· 4·

Die 6 Schöpfungstage und der Sabbat Von der Schöpfung der Tiere bis zur Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradies Die Nachkommen Adams von Sethund Henoch bis Noah und seinen Söhnen

Erzählungen über Noah 5. 6. 7· 8.-9. IO.

Die Bestrafung der Engel und die Sintflut Der Bund mit Noah, das Fest von Shavuot und der 364-Tage-Kalender Noahs Opfer und sein Testament, Kanaan und Shem Die Nachkommen Kanaans und der Anteil Shems, Chams und Japhets Noahs Gebet gegen die Dämonen und ihre Gefangenschaft, der Turm zu Babel

Erzählungen über Abraham I I. I 1.. I 3· I4. I 5· I6. I 7· I 8. I9. 1.0. 1. I. 1.1..

Die Geburt von Serug, Nahor und Terach sowie Abrams Abrams Bitte, vom Götzendienst befreit zu werden bis zu seiner Berufung von Gott Abram in Bethel, Hebron und im Gelobten Land Abrams Traum und Opfer in Mamre, der Bund mit Gott Abram wird in Abraham umbenannt; Beschneidung seiner Angehörigen Saras Lachen, Sodoms Vernichrung und die Geburt lsaaks in Beersheva Das Fest zur Entwöhnung lsaaks und die Vertreibung Hagars Die Bindung lsaaks Tod und Begräbnis Saras, die Heirat lsaaks und Abrahams Segen für Jakob Abrahams Abschiedsrede an seine Söhne Abrahams Abschiedsrede an lsaak Abrahams Feier des Festes der ersten Früchte und Segen für Jakob

1.. K. Berger, Das Buch der Jubiläen,JSHRZ II.}, Gütersloh 198I, 1.79-184. Vgl. auch E. Schürer, The History of the Jewish People in the Age of Jesus Christ (I 75 B. C. - A. D. 135),

Bd.J.I, Edinburgh 1986, 308-3I8.

79

Tod Abrahams z 3·

Tod und Begräbnis Abrahams und Beschreibung des zukünftigen bösen Ges,hlechts

Erzählungen über Jakob und seine Familie 24.

25. z6. 27. 28. 29. 30.

31.

32. 33· 34· 3 S· 36. 37· 38. 39· 40. 41. 42.

43· 44· 45.

Jakob kauft Esaus Erstgeburtsrecht, Jakobs Wasserbrunnen von Gerar bis Beersheva Rebekka gibt Jakob Anweisungen für seine Heirat und segnet ihn Jakob empfängt den für Esau bestimmten Segen Rebekka und Jakob überreden Jakob nach Haran zu gehen, Jakobs Traum in Bethel Jakob bekommt erst Leah und danach Rache! zur Frau, Geburt ihrer Kinder Jakob flüchtet nach Gilead, Eid zwischen Jakob und Laban Levi und Sirneon rächen die Vergewaltigung Dinas, Levi wird zum Priester erwählt Jakobs Wallfahrt nach Bethel und Besuch bei seinem Vater, Segen Levis und Judas Jakobs Zehnt und Opfer zu Bethel bis zur Geburt Benjamins und dem Tod Rachels Reubens Sünde mit Bilah, Jakobs Söhne vor lsaak Jakobs Söhne schlagen die amoritische Armee und verkaufen Joseph Rebekka spricht mit Jakob über ihren Tod und mit lsaak über Jakob und Esau Jakobs Abschied und Segen für Jakob und Esau, Leahs Tod Esaus Söhne planen den Kampf gegen Jakob UntergangEsaus und seiner Armee Joseph in Potifars Haus und im Gefängnis .. Joseph als DeuterderTräume des Pharaos, Joseph wird Herrscher in Agypten Juda und Tamar, Judas Reue Die Hungerjahre in Ägypten, Jakobs Söhne reisen nach Ägypten Joseph stellt seine Brüder auf die Probe und offenbart sich ihnen Jakob beobachtet das Fest der ersten Früchte in Beersheva, die Kinder Jakobs Jakobs Familie lässt sich in Goshen nieder, Joseph als Verwalter, Jakobs Tod

Erzählungen über Moses 46. 47· 48. 49·

so.

Josephs Tod, die Gebeine Jakobs und seiner Kinder werden weggebracht Geburt und erste Jahre Moses Moses in Midian, die Plagen in Ägypten, Flucht aus Ägypten Das Pesach-Fest Die Sabbat-Gebote

Darüber hinaus befinden sich in fast jedem Kapitel der Nacherzählung der Vätergeschichten von Adam bis Moses Ausführungen über einzelne Gebote, wie z. B. die Reinheitsgebote bei einer Entbindung anhand der Erschaffung von Mann und Frau nach Gen 2, 19ff., die aber nicht hier, sondern unten aufgeführt werden (siehe 4·1.J.).

2.

2.1.

Textentstehung

Titel

Dasjubiläenbuch wurde schon früh in der Überlieferung auch »Kleine Genesis« genannt. Der älteste erhaltene Titellautet jedoch nach CD 16,2-4: »Buch der Eintcilungen der Zeiten nach ihren Jubiläen und ihren (jahr-)Wochen«. Der äthiopische Text hat diesen Titel zwar erheblich ausgeweitet, im Sinn aber stehen gelassen: ••Dies

So

ist die Rede der Einteilung der Tage des Gesetzes und des Zeugnisses für die Ereignisse der Jahre, für ihre Jahrwochen in ihren Jubiläen und in jedem Jahr der Weh«.J Später wurde der Titel dann gekürzt als •Jubiläen• wiedergegeben, so in den griechischen, syrischen, lateinischen und späteren hebräischen Textzeugen und z. B. auch von Epiphanius. 4

2.2.

Einheit und Eigenständigkeil des Textes

Seit der Entdeckung der Qumranschriften wissen wir um einiges mehr über die Textüberlieferung des Jubiläenbuches als zu der Zeit, in der nur die äthiopische Version bekannt war. Nach J. VanderKam lässt sich die Überlieferung wie folgt rekonstruieren:! Abfassungssprache ist Hebräisch Übersetzung aus dem Hebräischen ins Griechische 3· Übersetzung aus dem Hebräischen ins Syrische 4· Übersetzung aus dem Griechischen ins Lateinische 5. Übersetzung aus dem Griechischen ins Äthiopische6 1.

2.

Das Jubiläenbuch präsentiert sich dabei in seiner jetzigen Form als einheitlicher und eigenständiger Text.

2.3.

Abfassungssprache

Die Abfassungssprache ist eindeutig Hebräisch, auch wenn in der Vergangenheit ebenfalls Griechisch und Aramäisch in Erwägung gezogen wurden. Die ältesten 3· O.S. Wintermute,Jubilees, in: OTP 2, 41, und Berger,Jubiläen, 312. 4· Vereinzelt wurden auch noch andere Titel verwendet, z. B. ,. Kleine Genesis• oder ·Apokalypse Moses• (Syncellus, Chronographica 1,5; 1,48), •Testament (Moses)• (Nicephorus, Catena 1,175; 1,100), •Buch der Töchter Adams• (Gelasius) oder •Leben Adams• (Syncel-

lus), aber es ist fragwürdig, ob sie sich alle auf das ganze Jubiläenbuch beziehen oder nur auf bestimmte Teile. Vgl. O.S. WintermNte,Jubilees, in: OTP z, 41. Vgl. zu Epiphanius auch W Adler, The Origins of the Proto-Heresies. Fragments from a Chronicle in the First Book of Epiphanius •Panarion•, in: JThS 41 ( 1990), 473-501. 5· ]. C. VanderKam, Textual and Historical Studies in the Book of Jubilees, HSM 14, Missoula 1977, und die Zusammenfassungen bei Wintermutc,Jubilees, in: OTP 2, 41 und Berger, Jubiläen buch, 28 S- 294. Vgl. auch die Zusammenstellung der Fragmente des Jubiläenbuches in den Qumran-Funden bei A.-M. Denis, lntroduction a Ia Iitterature religieuse judeo-hellenistique, Turnhout 2000, Bd. 1, 365-369. 6. Zu den erhaltenen Fragmenten in den verschiedenen Sprachen, siehe für äthiopisch: R. H. Char/es, The Ethiopic Version of the Hebrew Book of Jubilees, Oxford 189s. für hebräisch:]. VanderKam, The Book of Jubilees. A Critical Text, CSCO s10, ScrAeth 87, Leuven 1989, für griechisch: A.-M. Denis, Liber Jubilaeorum, in: ders., Fragmenta pseudepigraphorum quae supersunt graeca una cum historicorum et auctorum Judaeorum hellenistarum fragmentis, PVTG 3, Leiden, 70-102, und für lateinisch: H. Rönsch, Das Buch der Jubiläen oder Die kleine Genesis, Leipzig 1874. Eine Zusammenstellung der verschiedenen Übersetzungen samt ihrer Fundorte nebst spätantiken Zitaten findet sich bei Denzs, lntroduction, 371- 394·

8!

Handschriften mit Fragmenten des Jubiläenbuches entstammen nämlich den Qumranfunden und werden auf die späthasmonäische Zeit (75-50 v.Chr.) datiert.l 2.4. Abfassungszeit

Die Abfassungszeit ist auf jeden Fall vor der Entstehungszeit der ältesten Fragmente aus Qumran anzusetzen, also vor 75-50 v. Chr. 8 Auch die Tatsache, dass die Damaskusschrift, ebenfalls aus der Zeit zwischen 75 und 50 v.Chr., dasjubiläenbuch nennt (CD 16,1-4), weist auf diese frühe Datierung hin. Des weiteren gibt es zwei noch ältere Fragmente, nämlich 4QJuba (= 4Q116) und 4QJubb (= 4Q117), die auf die Zeit 125-75 v.Chr. datiert werden, so dass die Datierung des Jubiläenbuches auf die Zeit vor 100 v.Chr. vorgeschoben werden kann. 9 Die Tatsache, dass das Jubiläenbuch, was Theologie, Ritus, Gesetz und Frömmigkeit betrifft, einerseits sehr viele Merkmale mit den essenischen Qumran-Schriften teilt, andererseits aber keinen Hinweis darauf enthält, dass der Lehrer der Gerechtigkeit mit seinen Anhängern Jerusalem bereits in Richtung Qumran verlassen hatte, ist ein Argument dafür, dass das Jubiläenbuch in der Zeit vor der Entstehung der Qumran-Gemeinde entstanden sein dürfte. Dies geschah, als im oder nach dem Jahre 1p v.Chr. Jonathan das Hohepriesteramt an sich zog,' 0 und die essenische sich von der proto-essenischen Bewegung zu unterscheiden begann. 1 1 Damit befinden wir uns in der ersten Hälfte des 2. Jh.s v.Chr., als die Hasidim und die Essener noch nicht von einander unterschieden werden konnten. Die Entstehungszeit liegt also zwischen der Entstehung der makkabäischen Bewegung und der Mitte des 2. Jh.s v.Chr., d. h. zwischen ca. I64 und I 51 v.Chr. 12 Dasjubiläenbuch ist somit Ausdruck und zugleich wertvoller Zeitzeuge des hasidäisch inspirierten Widerstandes gegen die von Antiochus IV. Epiphanes initiierten und von seinen jüdischen Helfershelfern unterstützten Reformbewegung. 1 J 2. 5.

Verfasser

Aufgrund der oben genannten Ausführungen hat der Autor bzw. der Trägerkreis zu der Bewegung der Hasidim gehört und war somit ein hebräischsprachiger palästinischer Jude, der sich sehr gut in der Bibel auskannte und religiös und politisch gesehen ein Gegner der Hellenisten in Jerusalem und der von ihnen anvisierten Helleni7· Wintermute, Jubilees, in: OTP 2, 43· 8. Wintermute, Jubilees, in: OTP 2 , 43· 9· Siehe Wintermute, Jubilees, in: OTP 2, 43· 10. Siehe H. Stegemann, The Library of Qumran- On the Essenes, Qumran, John the Baptist, and Jesus, Grand Rapids usw. 1998, 147-15 2. I 1. Vgl. dazu bereits F. M. Cross, The Ancient Library of Qumran and Modern Biblical Studies, New York I961, 199-200. 12. Siehe auch Wintermute, Jubilees, 44 und Berger, Jubiläenbuch, 299-300, der noch zu einer Datierung zwischen 14 5 und 140 v. Chr. tendiert, und zwar aufgrundder älteren Untersuchung von M. Hengel, Judentum und Hellenismus. Studien zu ihrer Begegnung unter Berück· sichtigung Palästinas bis zur Mitte des 2. Jh.s v.Chr., 3· Aufl. Tübingen 1988, 411. 13. Vgl. auch Wintermute, Jubilees, 45-46.

sierung des Judentums war. Sein Interesse für Kalenderfragen und die jüdischen Feste führt ihn in die Nähe der Jerusalemer Priesterschaft, zu mal im Jubiläenbuch Levi eine übergeordnete Rolle zugemessen bekommt. Es ist sogar möglich, dass er zu denjenigen gehörte, die in die Wüste flüchteten, als sie vom seleukidischen König am Sabbat angegriffen wurden, denn die Hasidim wollten sich anfänglich nicht am Sabbat verteidigen (siehe 1 Makk 2,29-42). 14 .z.6. Entstehungsort

Aufgrund des oben Referierten kann nur Palästina, möglicherweise sogar Jerusalem, Entstehungsort des Jubiläenbuches sein, denn auf Jerusalem wird häufig angespielt (siehe u.a. Jub 1,29; 4,26; 8,19; 32,22 und 3J,r).' 1 .Z.J. Quellen

Quellen im eigentlichen Sinne kennt das Jubiläenbuch nicht. Als eigenständige Nacherzählung und Bearbeitung der Vätererzählungen geht es ausschließlich von den ersten Büchern des Pentateuchs aus, auch wenn es davon eine sehr eigene Interpretation bietet, indem es zusammenfasst, weglässt, säubert, auslegt, ergänzt und umstellt, wie dies 0. S. Wintermute ausführlich dargestellt hat. 16 Als biblischer Text der Bibel dient nicht der masoretische Text, sondern ein antiker hebräischer Bibeltext palästinischen Ursprungs, der im Wortlaut an die Septuaginta, den samaritanischen Pentateuch und das Genesis-Apokryphon erinnert.'7 Dabei dienen die Vätererzählungen als Ausgangspunkt, um einige zentrale Gebote der mosaischen Überlieferung zu erörtern, aber auch hier lassen sich keine außer- oder nachbiblischen Quellen feststellen. Damit ist aber noch nicht die Frage nach der Gattung des Jubiläenbuches beantwortet, denn es ist mehr als eine Nacherzählung der biblischen Bücher und geht auch weit über die Gattung der in Qumran häufig vertretenen Rewritten Bible hinaus. Ist es dann ein Testament oder eine Apokalypse, eine Chronologie oder ein Gesetzesbuch? Es finden sich nämlich einzelne Aspekte aller hier genannten Gattungen im Jubiläenbuch, ohne dass es aber nur einer Gattung zugeordnet werden könnte. 18 Diese Frage geht aber bereits auf die Rezeption in der Spätantike zurück, wie aus den verschiedenen Titeln, die für das Jubiläenbuch vorgeschlagen worden sind, hervorgeht: Buch, Rede, Testament, Apokalypse oder Vita (siehe .1.1.). Ein Grund, die Schrift nicht als Apokalypse zu bezeichnen, ist, dass Visionen 14. Siehe Wintermute, Jubilees, 4 s; vgl. auch Berger, J ubiläenbuch, 1.98-300 und Denis, Introduction, Bd. 1, 394-395. 1S· Vgl. Berger,Jubiläenbuch, 1.99-300, Anm. 3· 16. Siehe die Beispiele bei Wintermute, Jubilees, 3s-41 . 17. Vgl. Denis, lntroduction, Bd. 1, 353-354· Vgl. auch E. Tov, Der Text der Hebräischen Bibel. Handbuch der Textkritik, Stuttgart usw. 1999, 16ff. 18. Zu den verschiedenen Lösungsvorschlägen seit R. H . Charles' Vorschlag, das Jubiläenbuch als •Primitive History Rewritten from the Standpoint of Law• (APOT, Bd. 1., z.St.) zu bezeichnen, siehe Wintermute, Jubilees, 36-37 und M. Testuz, Les idees religieuses du Livre des Jubiles, Geneve 1960, 11 f.

und Zukunftsschauen fehlen, wie dies so charakteristisch bei den Tiervisionen in Daniel und He noch ist, ' 9 aber das Buch lässt sich durchaus als eine pseudonyme Schrift, in der die an Moses offenbarte Geschichte erzählt und erklärt wird, bezeichnen.

J. Historische Bedeutung 3. 1. Sitz im Leben Dasjubiläenbuch ist mit großer Wahrscheinlichkeit zwischen 164 und r p v.Chr. in den antihellenistischen und priesternahen Kreisen der Bewegung der Hasidim in Palästina entstanden (siehe .2..4.-6.). Mehr als diese Aussagen über den Sitz im Leben des J ubiläenbuches, die jedoch recht zuverlässig sind, lassen sich nicht machen, ohne näher auf die Theologie der Schrift eingegangen zu sein (siehe dazu 4.). Auch wenn die Schrift keine militante und apokalyptisch geprägte Widerstandsliteratur wie das Buch Daniel ist, lassen sich dennoch einige Anspielungen an politische Umstände erkennen (siehe 3..1.). zo

J .2. Politische Bedeutung

Nach K. Bergerist der Kampf zwischen Jakob und Esau in J7,I-38,14 von einer anti-edomitischen Theologie geprägt (Esau gilt als Stammvater der Edomiter). z' Die Beschreibungen der Amoriter in 39,4-9 und 29,9-11 (Ähnlichkeiten mit den Seleukiden) und der Philister in 24,28-32 dürften ebenfalls von zeitgeschichtlichen Umständen beeinflusst sein. Auch die Bedeutung des Kalenders für das Jubiläenbuch lässt sich am besten während und nach der Herrschaft Antiochus IV. Epiphanes' erklären, der ja den Kalender ändern wollte (vgl. Dan 7,25). Des weiteren lassen sich Jub 46,6-11 auf Konflikte zwischen Seleukiden und Ptolemäern und Jub p,21 auf das Versagen der Makkabäer beziehen. zz Die politische Bedeutung des Jubiläenbuches geht aber weit über die genannten Anspielungen hinaus, ist es doch selber Ausdruck eines politischen Programms, nämlich das einer theokratisch orientierten Gesellschaftsordnung, die nachdrücklich als realistische und im nachhinein auch realisierte Alternative zu der Reform unter Antiochus IV. und seiner jüdischen Helfershelfer, dem Hohenpriester Jason und seinem Nachfolger Menelaos, konzipiert wurde. Diese Alterna· 19. Vgl. dazu G. S. Oegema, Apokalypsen, Gütersloh 2001, 131-qo und ders., Der Gesalbte und sein Volk. Untersuchungen zum Konzeptualisierungsprozeß der messianischen Erwanungen von den Makkabäern bis Bar Koziba, Göttingen 1994, s6-7o. 20. ]. C. VanderKam, The Origins and Purposes of the Book of Jubilees, in: M. Albam et al. (Hrsg.), Studies in the Book of Jubilees, Tübingen 1997, 3-24. 21. Berger, Jubiläen, 300, Anm. 4· Vgl. auch B. Cresmn, The Condemnation of Edom in Postexilic Judaism, in:]. M. Efird (Hrsg.), The Use of the Old Testament in the New and Other Essays. Studies in Honor of W. F. Stinespring, Durharn 1972, 12 s -148. 22. Berger, Jubiläenbuch, 300, aufgrund der älteren Untersuchungen von F. Bohn, W. Bousset, M. Hengel, und J. C. VanderKam.

tive entstand nicht nur in den Kreisen der Hasidim, sondern beflügelte sie auch in ihrem Widerstand gegen die Seleukiden, auch wenn sich nicht feststellen lässt, wie groß ihr Einfluß auf die Makkabäer und die späteren Pharisäer und Essener jeweils gewesen sein dürfte. •J Die Tatsache, dass das Jubiläenbuch aus dem Hebräischen ins Griechische übersetzt wurde, könnte ein Hinweis auf seine Verbreitung am hasmonäischen Hof sein, ähnlich wie beim ersten Makkabäerbuch. Dass Fragmente des Jubiläenbuches in Qumran gefunden worden sind, ist aber mehr als nur ein Hinweis auf dessen Bekanntsein oder sogar Wirkung unter den Qumran-Essenern. J.J. Wirtschaftliche und soziale Verhältnisse

Die im Hintergrund des Jubiläenbuches stehenden wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse werden zum größten Teil von der Auseinandersetzung zwischen den Hellenisten und den Hasidim zur Zeit des makkabäischen Aufstandes bestimmt. Insgesamt macht die Schrift jedoch den Eindruck, dass es den Einwohnern Palästinas ökonomisch gut ging. Dennoch fehlen genauere Angaben zur Wirtschaft und zum sozialen Kontext, die über die bereits ausgeführte politische Bedeutung der Schrift hinausgehen (siehe 3.~.). Was die Frage betrifft, inwiefern das soziale Gefüge von der besonderen Gesetzesauffassung der Schrift, von seiner Interpretation der Halacha, besonders wenn es um den Sabbat und die Feste im Jahreszyklus geht, abzuleiten ist, sei auf ...~. und 4+ verwiesen. Dabei muss einschränkend gesagt werden, dass die Erörterung der theologischen Themen der Schrift nur indirekt Rückschlüsse auf die wirtschaftlich-sozialen Merkmale der Entstehungszeit zulassen, zumal sie sich nur aus den Zusätzen zum biblischen Text eruieren lassen.

4· Theologische Bedeutung 4· 1. Gott und sein Volk

Gott wird im Jubiläenbuch mit einer Vielzahl von Gottesprädikationen beschrieben, wie Herr, Gott, Vater, Saddai, Schöpfer, Höchster, Herrscher, König, Befreier, Richter, der Name usw! 4 Insgesamt gilt aber nach Chr. Böttrich: ,.Das gesamte Spektrum der Gottesprädikationen im Jub läßt ein eher konservatives Bild erkennen.[ ...] Da, wo eine direkte Abhängigkeit vom Bibeltext vorliegt, folgt die Formulierung der Prädikationen eher dem MT als der LXX.•' 1 Des weiteren gilt für das Verhältnis zwischen Gott und seinem Volk: ,.Gott, der Israel unter den Völkern auswählt, ist der über alle Götter und über die gesamte Welt erhabene Souverän, der Höchste, der Schöpfer, der Gott aller. Zugleich 23. Zu einem negativen(?) Verhältnis zu den Pharisäern, vgl. auch E. Rivkin, The Book of Jubilees - An Anti-Pharisaic Pseudepigraph?, in: Erls 16 ( 1982), 193-198. 24. Für eine Auflistung aller Gottesprädikationen, vgl. Chr. Böttrich, Gonesprädikationen im Jubiläen buch, in: M. Albanier al. (Hrsg.), Studies in the Book of Jubilees, Tübingen 1997, 221-242, bes. u6-23J. z s. Böttrich, Gonesprädikationen, in: Albani, Studies, 23 8-239.

aber wendet er sich dem Volk, dessen Abgrenzung er fordert, als Vater in Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit, in Liebe und Fürsorge zu. Israels Identität ruht in der ausschließlichen Bindung an Gott, die um den Preis der Absonderung von den Völkern erkauft ist. Aber es ist eine Bindung an den, der von keinem anderen überboten werden und der deshalb allein Israel dauerhaften Schutz gewähren kann.•' 6 Diese enge Beziehung zwischen Gott und seinem Volk zeigt sich schon an der relecture des Autors der Bundeserzählungen, besonders des Bundes mit Noah (Jub 6,4I 6) und Abraham (Jub I 4, I 7-20 ), ' 7 er gilt aber für ganz Israel, für alle Zeiten und Orte, und hat am Anfang des 2. Jh.s v. Chr. noch eine besondere Bedeutung erhalten. Dabei wird Israel weniger aufgerufen, wie injes 42,6 ein ,.Licht der Völker• zu sein, als sich von allem Heidentum fernzuhalten.' 8 4 ..1. Das Gesetz'9

Das Jubiläenbuch bietet am Anfang des 2. Jh.s v.Chr.l 0 eine Fülle von Darstellungen und Interpretationen der Halacha. Zu nennen sind hier vor allem die folgenden Stellen: Jub2,I7-33: Jub 3, 8-I4: Jub p6-3I: Jub 4,I-6: Jub 4.3 I- p: Jub 6,4-16: Jub6,17-31 : Jub 6,32-38: Jub 7,20-33: Jub 7,34-39: Jub 9,I4-I S·

Die Bedeutung des Sabbats und die Sabbatgebote Gebote bezüglich der Reinigung nach einer Geburt Gebot, seine Nacktheit zu bedecken Verbot zu morden Retaliationsgebot Verbot, Blut zu essen Gebote für Shavuot Bedeutung des 364-Tage- Kalenders Noahs Testament gegen Gewaltanwendung, Blutvergiessen und Ungerechtigkeit Noahs Testament und das Gebot der ersten Früchte Fluch gegen das Ändern von Grenzen

26. Bötmch, Gottesprädikationen, in: Albani, Studies, 239, ausgehend von: E. Schwarz, Identität durch Abgrenzung. Abgrenzungsprozesse in Israel im 2. vorchristlichen Jahrhundert und ihre traditionsgeschichtlichen Voraussetzungen. Zugleich ein Beitrag zur Erforschung des Jubiläcnbuches, Frankfurt/M usw. 1981. 27. E. P. Sanders, The Covenant as a Soteriological Category and the Nature of Salvation in Pale~tinian and Hellenistic Judaism, in: R. Hamerton-Kelly et al. (Hrsg.), Jews, Greeks and Christians. FS W. 0. Davies, Leiden 1976, I I-41. 28. Siehe Wintermute,Jubilees, in: OTP 1, 47· 29. Zur Auslegung von Genesis und Exodus, vgl. Wlntermute,Jubilees, in: OTP 2, H -41. JO. C. Albeck, Das Buch der Jubiläen und die Halacha, in: BHWJ 47, Berlin 19JO, 3-6o; ]. M. Baumgarten, Studies in Qumran Law, SJLA 24, Leiden 1977;]. M. Baumgarten, The Laws of 'Orlah and First Fruits in the Light of Jubilees, the Qumran Writings and Targum Ps. Jonathan, in: JJS 38 ( 1987), 195 - 202 }. M. Baumgarten, Purification after Childbirth and the Sacred Garden in 4Q265 and Jubilees, in: G.j. Broolee et al. (Hrsg.), New Qumran Textsand Studies, Leiden 1994, 3 -Io; L. Finkelstein, The Book of Jubilees and the Rabbinie Halaka, in: HThR I 6 (I 923), 39-6 I; C. Werman,Jubilees 30. Building a Paradigm for the Ban of lmermarriage, in: HThR 90 (1997), 1-12.

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Jub lj,l-16: Jub 1p5-32: Jub 16,20-31 Jub 17,1-3: Jub H,1-9: Jub 28,6-8: Jub J0,7-17: Jub 32,10-15: Jub p,27-29: Jub 3J,I0-14: Jub J3,18-2o: Jub 34,18-19: Jub 4·4.1-4: Jub 49,1-23: Jub so,l-13;

Das Darbringen der ersten Früchte (Shavuot) Gebote der Beschneidung Abraham feien das Fest der Sukkot Fest der Entwöhnung Isaaks Abraham feien das Fest der ersten Früchte (Shavuot) Regel, dass die älteste Tochter zuerst heiraten soll Verbot einer Heirat mit Fremden Gebot des Verzehntens Errichrung eines Zusatztages bei einem Fest Gebot gegen Inzucht Gebot gegen Unzucht Fest zur Erinnerung an das Verbrechen an Joseph Fest der ersten Früchte (Shavuot) Das Fest von Pesach, seine Einstellung und Gebote Die Sabbatgebote

Ein Schwerpunkt der Gesetzesauslegung des Jubiläenbuches bildet der Sabbat, besonders in Jub 2,I7-33 und so,6-q.l' Der Sabbat wird nicht nur mit der Schöpfungsgeschichte und den Engeln im Himmel in Verbindung gebracht, sondern auch mit der Tatsache, dass er von Israel gehalten wird bzw. gehalten werden soll, denn dazu wurde Israel erwählt. Das macht den Sabbat zum identitätsstiftenden Merkmal, das Israel von den Heiden unterscheidet, ein Merkmal, das gerade vor und während des makkabäischen Aufstands eine große Rolle spielte (vgl. 1 Makk 2,40-41 und Jub so,u). Dass der Sabbat auch den Eckstein der ganzen Chronologie und Zeitberechnung des Jubiläenbuches darstellt, zeigt schon für sich, wie wichtig er für den Autor bzw. den Trägerkreis war, denn der ;64-Tage-Kalender bestand aus 52 Sabbaten bzw. Wochen zu 7 Tagen. L. Doering sagt dazu: •Compared with earlier days, by the time of fubilees there was obviously a need to establish the current halakhic tradition as binding. This may generally be considered as a reaction to •the inroads which Hellenism made into Jewish society and thought• and to threats posed to lsrael's identity by this process«Y Aber dies gilt auch für die Feste,H allen voran Sukkot in Jub I 6,20-3 I Hund Shavuot in Jub 6,I7ff.; I s,df; I6,2off.; 22,df., und 44,df. sowie Pesach in Jub 49,I2;.H Zu Shavuot weist W. Eiss darauf hin, dass das Fest nicht nur Dank- und Erntefest, sondern auch Bundes- und Torafest ist, wobei das Wochenfest wiederholt mit dem Bund mit Abraham und dem mit Noah in Verbindung gebracht wird, so Jub 6,I7ff.; 7,}4- 39 und 15,1. Die Betonung der Bedeutung des Wochenfestes als Bun31. Vgl. L. Doering, The Concept of the Sabbathin the Book of Jubilees, in: M. Albanier al. (Hrsg.), Studies in the Book of Jubilees, Tübingen 1997, 179-205;]. M. Baumgarten, The Counting of the Sabbath in Ancient Sources, in: VT 16 ( 1966), 277-286. 3 2. Doering, Concept, in: Albani, 202. 33· M.J. Bernstein, •Walking in the Festivals of the Gentiles•. 4QpHosea• 2:1s-17 and Jubilees 6:34-38, in: JSPE 9 (1991 ), 21- 34; N. H. Snaith, The Jewish New Year Festival. Its Origin and Development, London 1947· H· Vgl. M. Delcor, La fetedes Huttes dansie Rouleau du Temple et dans !e Livre des Jubilcs, in: RdQ 15 (•991/92), •8•-•98. 35· Vgl. W Eiss, Das Wochenfest im Jubiläenbuch und im antiken Judentum, in: M. Albani et al. (Hrsg.), Studies in the Book of Jubilees, Tübingen 1997, 165-178.

deserneuerungsfest war gerade in der Auseinandersetzung mit dem Hellenismus ein wichtiger Aspekt der jüdischen Identität.

4·3·

Bzbelauslegung

4 3. 1. Biblische Geschichten

Ein ganz besonderes Element des Jubiläenbuches, das zugleich seinen Charakter als literarische Gestalt bestimmt, ist die Nacherzählung der Vätergeschichten von Genesis und Exodus, die auch als eine ganz eigene Art der Gesetzesauslegung zu verstehen ist,l 6 oder wie G.J. Brooke es beschreibt: ,.for the Book ofjubilees as a whole this study has pointed to how it may be presented as prophetic law, an understanding of the authority of what is written on the hcavenly tablets which is consistent with the view of Moses as prophet.«F Dabei ist zunächst auf Studien zu einzelnen Themenkomplexen wie das Paradies bzw. Gan Edenl 8 oder der Umgang mit ganz Genesis 1,l 9 die Verarbeitung der Sintflut-Erzählung in Genesis 640 oder die Abraham-Erzählung nach Genesis 15,4 ' oder auch den Themenkomplex des Exils hinzuweisenY

4·3-2 -

Biblische Gestalten

Zu den wichtigsten biblischen Gestalten im Jubiläenbuch gehören Adam, Noah, Abraham, Jakob und Moses (siehe unten). Weitere biblische Gestalten sind Ishmael

36. Vgl. dazu P. S. Alexander, Retelling the Old Testament, in: D. A. Carson et al. (Hrsg.), lt is Written. Scripture Citing Scripture. Essays in Honour of B. Lindars, Cambridge usw. 1988, 99-121; G. A. Anderson, The Status of the Torah hefore Sinai. The Retelling of the Bihle in the Damascus Covenant and the Book of Jubilecs, in: DSD 1 ( 1994), 1-29;}. Brooke, F.xegetical Strategies in Juhilees 1-2. New Light from 4Qjubilees", in: M. Albaniet al. (Hrsg.), Studies in thc Book of Jubilees, Tübingen 1997, 39- p;j. C Endres, Biblicallntcrpretation in the Bonk of Jubilees, Washington t 987. 37- flrooke, Strategies, in: Albani, Studies, 55. 38. G. A. Anderson, Celibacy or Consummation in the Garden? Reflections on F.arlv Jewish and Christian Interpretations of the Garden of Eden, in: HThR 82 (1989), 121-148; j. TA. GM. t·an Rulten, Thc Garden of Eden and Juhilees 3· 1 -31, in: Bijdr. 57 ( 1996), 305317. 39· 0. H. Steck, Die Aufnahme von Genesis 1 in Jubiläen 2 und 4· Esra 6, in: JSJ 8 ( 1977), 154-181; 8. Ego, Heilige Zeit- heiliger Raum- heiliger Mensch. Beobachtungen 7.ur Struktur der Gesetzesbegründung in der Schöpfungs- und Paradiesgeschichte des Jubiläenbuchcs, in: M. Albanz t't ai. (Hrsg.), Studies in the Book of Jubilees, Tübingen 1997, 207-219. 40. j. T. A. G. M. van Ruitw, The Interpretation of Genesis 6:1 - 12 in Jubilecs 5:1 - 19, in: M. Albamet al. (Hrsg.), Studies in the Book of Jubilees, Tübingen 1997, 59-75. 41. C T. Begg, Rereadings of the •Anima! Rite< of Genesis 15 in Early Jewish Narratives, in: CBQ so (1988), 36-46. 42. 8. Halpem-Amaru, Exile and Return in Jubilees, in: j. M. Scott (Hrsg.), Exile. Old Testament, Jewish and Christian Conceptions, Leiden 1997, 117-1 44·

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und Esau,H Ruben,H Assur, 41 Kainam, 46 Henoch, 47 Enosch 48 und Levi. 49 Vereinzelt werden auch Frauen erwähnt, so z. B. Eva, Sara, Rache! und die anderen Erzmütter.10

Adam lnjub z-4 wird über Adam erzählt (z. Die 6 Schöpfungstage und der Sabbat; 3· Von der Schöpfung der Tiere bis zur Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradies; 4· Die Nachkommen Adams von Sethund Henoch bis Noah und seinen Söhnen). Unmittelbar im Anschluß an Adam sind seine Söhne, Kain und Abel, zu nennen.!'

Noah Noah ist das Thema von jub 5-10 (s. Die Bestrafung der Engel und die Sintflut; 6. Der Bund mit Noah, das Fest von Shavuot und der 364-Tage-Kalender; 7· Noahs Opfer und sein Testament, Kanaan und Shem; 8.-9. Die Nachkommen Kanaans und der Anteil Shems, Chams und japhets; IO. Noahs Gebet gegen die Dämonen und ihre Gefangenschaft, der Turm zu Babel).

Abraham Hauptfigur injub 1 I-Zl ist Abraham (I 1. Die Geburt von Serug, Nahor und Terach sowie Abrams; 1 z. Abrams Bitte, vom Götzendienst befreit zu werden bis zu seiner Berufung von Gott; IJ. Abram in Bethel, Hebron und im Gelobten Land; I4. Abrams Traum und Opfer in Mamre, der Bund mit Gott; I s. Abram wird in Abraham 43· R. Syren, Ishmael and Esau in the Book of jubi/ees and Targum Pseudo-Jonathan, in: D. R. G. Beattie et al. (Hrsg.), The Aramaie Bible. Targums in Their Historical Context, Sheffield 1994, 310-315· 44· R. Zuurmond, De misdaad van Ruben volgensJubileeen 33,1-9, in: ACEBT 8 (1987), 108-116. 4S· R. Zuurmond, Asshur in Jubilees 13,I ?, in: JSPE 4 ( I989), 87-89. 46. R.j. Bauckham, More on Kainam the Son of Arpachshad in Luke's Genealogy, in: EthL 67 (199I), 9S-I03. 47· ]. C. VanderKam, Enoch Traditions in Jubilees and Other Second-Century Sources, P.J. Achtemeier (Hrsg.), SBL. SP I 3, Missoula I978, 229-2S 1. 48. P. Schäfer, Der Götzendienst des Enosch. Zur Bildung und Entwicklung aggadischer Tro~ditionen im nachbiblischen Judentum, in: ders., Studien zur Geschichte und Theologie des rabbinischen Judentums, Leiden I978, I 34-I p. 49· A. Caquot, La double investiture de Levi, in: Cf. Bleeker (Hrsg.), Ex Orbe Religionem. Studia G . Widengren oblata, Bd. I, Leiden 1972, I s6-I6t;f. L. Kugel, Levi's Elevation of the Priesthood in Second Temple Writings, in: HThR 86 (1993), 1-64. so. Siehe dazu R. D. Chesnutt, Revelatory Experiences Attributed to Biblical Women in Early Jewish Literature, in: A.-J. Levine (Hrsg.), •Women like this•. New Perspectives onJewish Women in thc Greco-Roman World, Atlanta 1991, 107-12S; 8. Halpem-Amaru, The First Women. Wivcs, and Mothers injubilees, in: JBL 113 ( 1994), 609-626;}. T Rook, The Names of the Wives from Adam to Abraham in the Book of]ubi/ees, in: JSPE 7 (1990), 105-117. p. V. Aptowitzer, Kain und Abel in der Agada, den Apokryphen, der hellenistischen, christlichen und muhammedanischen Literatur, Wien 1922.

um benannt; die Beschneidung seiner Angehörigen; 16. Saras Lachen, Sodoms Vernichtung und die Geburt lsaaks in Beersheva; 17· Das Fest zur Entwöhnung lsaaks und die Vertreibung Hagars; 18. Die Bindung lsaaks; 19· Tod und Begräbnis Saras, die Heirat lsaaks und Abrahams Segen für Jakob; 20. Abrahams Abschiedsrede an seine Söhne; 21. Abrahams Abschiedsrede an lsaak; 22. Abrahams Feier des Festes der ersten Früchte und Segen für Jakob)P

Jakob Die Kapitel 2s-4 s handeln von Jakob und seiner Familie (24. Jakob kauft Esaus Erstgeburtsrecht, Jakobs Wasserbrunnen von Gerar bis Beersheva; 2 s. Rebekka gibt Jakob Anweisungen für seine Heirat und segnet ihn; 26. Jakob empfängt den für Esau bestimmten Segen; 27. Rebekka und Jakob überreden Jakob, nach Haran zu gehen, Jakobs Traum in Bethel; 28. Jakob bekommt erst Leah und danach Rachel zur Frau, Geburt ihrer Kinder; 29. Jakob flüchtet nach Gilead, Eid zwischen Jakob und Laban; 30. Levi und Sirneon rächen die Vergewaltigung Dinas, Levi wird zum Priester gewählt; 3 1. Jakobs Wallfahrt nach Bethel und Besuch bei seinem Vater, Segen Levis und Judas; 32· Jakobs Zehnt und Opfer zu Bethel bis zur Geburt Benjamins und dem Tod Rachels; 33· Reubens Sünde mit Bilah,Jakobs Söhne vor lsaak; J4.Jakobs Söhne schlagen die amorirische Armee und verkaufen Joseph; H · Rebekka spricht mit Jakob über ihren Tod und mit lsaak über Jakob und Esau; 36. Jakobs Abschied und Segen für Jakob und Esau, Leahs Tod; 37· Esaus Söhne planen den Kampf gegen Jakob; 38. UntergangEsaus und seiner Armee; 39· Joseph in Potifars Haus und im Gefängnis; 40. Joseph als DeuterderTräume des Pharaos, Joseph wird Herrscher in Ägypten; 41. Juda und Tamar, Judas Reue; 42. Die Hungerjahre in Ägypten,] akobs Söhne reisen nach Ägypten; 4 3. J oseph stellt seine Brüder auf die Probe und offenbart sich ihnen; 44· Jakob beobachtet das Fest der ersten Früchte in Bersheva, die Kinder Jakobs; 4 s. Jakobs Familie lässt sich in Goshen nieder, Joseph als Verwalter, Jakobs Tod).H

Moses Die Kapitel47- so handeln schliel~lich über Moses (46. Josephs Tod, die Gebeine Jakobs und seiner Kinder werden weggebracht; 47· Geburt und erste Jahre Moses'; 48. Moses in Midian, die Plagen in Ägypten, Flucht aus Ägypten; 49· Das Pesach-Fcst; 50. Die Sabbat-Gebote).

p . Vgl. F-M. Abel, La maison d'Abraham a Hebron, in:JPOS I (1920121), q8-142; w Adler, Abraham and the Burning of the Temple of Idols. Jubilees' Traditions in Christian Chronography, in: JQR NS 77 ( 1986/87), 95 -117; G. Balestier-Stengel, Un apen;u sur !es Jubi les. Le personnage d' Abram, in : FV 89 ( 1990), 61-71; M. Müller, Die Abraham-Gestalt im Jubiläen buch. Versuch einer Interpretation, in: SJOT 10 (1996), 238-zp. 53· H. M. Wahl, Die Jakobserzählungen der Genesis und der Jubiläen im Vergleich. Zur Auslegung der Genesis im 2. Jahrhundert v. Chr. und mit Anmerkungen zur Pentateuchforschung, m: Vf 44 ( 1994), P4- 546.

4·4· Das Land

Das Land ist eindeutig Israel, sowohl aus der politischen Perspektive des Autors und seines Sitzes im LebenHals auch im Rahmen der literarischen Komposition des ganzen Werkes. Im letzten Fall stellen Israel, Jerusalem und der Tempel sogar das Zentrum des ganzen Welt- und Geschichtsgeschehens der Schrift dar (siehe dazu weiter 4·7·1.). 4· 5. Tempel und Kultus

Im Zentrum des Jubiläenbuches steht auch der Kalender. Hier wollen wir uns nicht mit der schwierigen Frage der Verwendung von unterschiedlichen Kalendern im antiken Judentum beschäftigen,H sondern nur mit der Verwendung des Kalenders im Jubiläen buch. ' 6 Dabei wird schon aufgrund des Titels des Jubiläenbuches deutlich, dass der Kalender das entscheidende Element seiner Theologie darstellt, denn die ganze Geschichtstheologie und alles, was mit ihr zusammenhängt, hängt eben von der Berechnung der Jubiläen ab, ohne die der Autor die Geschichte, das Schicksal und die religiöse Bestimmung Israels als einen Weg mit Gott nicht verstehen kann, der besonders in den Festen begangen wird. U. Gleßmer sagt dazu: "Wichtig ist[ ...] die Abzählbarkeit von Tagen, Wochen, Monaten, Jahren, Sieben- und 49-Jahres-Zyklen auch deshalb, weil sie den Zusammenhang zwischen den von Gott gesetzten Fristen des Weltlaufes im Allgemeinen mit den Fest- Tagen der religiösen Gemeinschaft im Besonderen in konkrete Beziehung bringt•P Dabei führt der Autor des Jubiläenbuches die Festtage nicht auf die Sinai-Tora zurück, sondern direkt auf die Schöpfungsgeschichte; und von hier aus entfaltet sich Gottes Geschichte und Israels Ort darin. Ausgangspunkt dieser klaren Bezugsnahme könnte ein Konflikt gewesen sein, der inJub 6,22-38 seinen Niederschlag zu haben scheint, ein Konflikt nämlich zwischen den Anhängern eines Mondkalenders und denen eines Sonnenkalenders. Bei einer auf den Tempelkult und seine Feste orientierten Gesellschaft wäre ein solcher Konflikt katastrophal für den Erhalt der Tradition gewesen. Eine genauere Identifizierung beider Konfliktparteien ist kaum möglich, im Gegensatz zu z. B. Dan 7-12, auch wenn bereits oben einiges dazu gesagt werden konnte (siehe 1+ und J.1.).! 8 Ebenso bleibt das Ende der Geschichte offen, wie das ganze so. Kapitel einen ofS4· D. Mendels, The Land of Israel as a Political Concept in Hasmonean Literature, Tübingen 1987, p-88. 55· Siehe dazu M. Albani, Zur Rekonstruktion eines verdrängten Konzepts: Der J64Tage-Kalender in der gegenwärtigen Forschung, in: M. Albaniet al. (Hrsg.), Studies in the Book of jubilees, Tübingen 1997, 79-12 s;J. Maier, Die Qumran-Essener. Die Texte vom Toten Meer, Bd. J, München 1996, p-16o;j. T Rook, Studies in the Book of Jubilees. The Themes of Calendar, Genealogy and Chronology, Boston Spa 1983. s6. U. Gleßmer, Explizite Aussagen über kalendarische Konflikte im Jubiläenbuch: Jub 6,22-JZ.JJ-JS, in: M. Albaniet al. (Hrsg.), Studies in the Book of Jubilees, Tübingen t997, 127-164. 57· Gleßmer, Aussagen, in: Albani, Studies, 129. s R. Siehe auch Gleßmer, Aussagen, in: Albani, Studies, 1p-158.

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ienen Charakter hat. So genau die Beschreibung der Geschichte von der Schöpfung bis zum Einzug ins gelobte Land ist, so wenig erfährt der Leser über das, was nach dem Einzug passiert ist. Es scheint, als ob das Jubiläenbuch einerseits seinen programmatischen Charakter bewahren wollte- Israel weiß, wie es Gott dienen kann-, andererseits scheint es noch keinen Grund gegeben zu haben, sich Gedanken über eine Situation zu machen, in der alles ganz anders ist, als zunächst erwartet wurde. Letzteres war z. B. seit der Mitte des 2. Jh.s v. Chr. in Qumran der Fall; für den Autor des Jubiläenbuches gab es allerdings noch keinen Grund für eine akute Naherwartung oder für die Formulierung alternativer Gesellschaftsordnungen wie im Falle der eschatologischen Midraschim und der Rezeption des Jubiläenbuches in Qumran.19 Für ihn war der auf der Schöpfungsgeschichte gegründete Kalender Garant dafür, dass Israel sich an Gottes Gebote halten würde, weil es dazu erwählt worden war. Nur im Rahmen dieses Kalenders und der damit verbundenen Sicherheit seiner Einhaltung lassen sich weitere Theologumena- wie der Tempel 60 als Zentrum für den Gottesdienst bzw. der Liturgie 6 ' Israels- verstehen, und haben auch die Gebote bezüglich Reinheit und Unreinheit ihren Platz. 6 •

4.6.

Offenbarung

Das Jubiläenbuch kann nach allgemeiner Auffassung nicht der Bewegung der Apokalyptik am Anfang des 2.Jh.s v.Chr. zugerechnet werden, 6 l so A. Lange, auch wenn es einzelne literarische Merkmale der Gattung »Apokalypse« in der Schrift gibt wie Träume,64 eine Zukunftsschau (siehe 4·7·), 61 die sog. himmlischen Tafcln66 und das Auftreten von Engeln. 6 7 Was die Träume betrifft, weist A. Lange auf folgendes hin:" Wenn das Jubiläenbuch als divinatorischen Traum lediglich den theoremarischen Traum gelten läßt und den allegorischen Traum verwirft, spiegelt es die Skepsis weiter Gesellschaftsschichten seiner Zeit gegen diese Form des divinatorischen Traumes wider.« 6 M Dabei lässt sich beobachten, dass der Autor des Jubiläenbuches den Traum der Josephsgeschichte 59· Siehe dazu Gleßmer, Aussagen, in: Albani, Studies, 1 s9-161. 6o. B. Gärtner, The Temple and thc Comrnunity in Qurnran andin tht· Ncw Testament. C amhridgc 1965; C. T R. Hayu·ard, The Jewish Temple. A Non -Bihlical Sourcebook, London USW. 1996. Rj-107. 61. P. W Skehan,Juhilees and the Qumran Psalter, in: CBQ 37 (1975), 343-347. 6z. }. Milgrnm, Thc Concept of lmpurity in jubilccs and the Temple Saal/, in: RdQ 16 (1993-95). 277-284. 63. A. Lange, Divinatorische Träume und Apokalyptik im Jubiläenbuch, in: M. Albani 1 und 6> 11 sekundäre Textform bestimmt werden, die grundsätzlich 6> 11 zuzuordnen ist, aber auch Textelemente von 6> 1 übernommen hat.' 0 Schwieriger zu bestimmen ist dagegen, in welchem Verhältnis die sicherlich voneinander abhängigen Textformen 6> 1 und 6> 11 zueinander stehen. Handelt es sich bei 11> 1 um eine Verkürzung einer ursprünglich längeren Version oder ist 6> 11 als eine bewusste Ausgestaltung der kürzeren Lesart 6> 1 anzusehen? Mit K. Tischendorfs Auffindung des Codex Sinaiticus Mitte des 19. Jahrhunderts wurde diese Frage zum zentralen Thema der Textforschung am Tobitbuch.'' Der ausführliche literarische Vergleich der beiden griechischen Textformen, wie er von R. Hanhart in seinem 1984 erschienenen Band •Text und Textgeschichte des Buches Tobit• durchgeführt wurde, hat gezeigt, wie außerordentlich schwierig diese Entscheidung ist; es gibt nämlich •keine Stelle, an der die Aussage der einen Textform notwendig als aus der entsprechenden Aussage der andern entstanden erklärt werden müßte.« •• Grundsätzlich kommt aber der These, wonach die Textform 6> 1 als bewusste, vor allem auf Textkürzung ausgerichtete Bearbeitung der Textform 1 die Version 6> 11 glättet und paraphrasiert. '3 Dieses Ergebnis des literarischen Vergleiches wird erhärtet durch den textgeschichtlichen Befund, wie er uns seit der Auffindung der Qumran-Texte materialiter vor Augen steht: Angesichts der Tatsache, dass die längere, •semitisierende« Version im wesentlichen mit der Textform der hebräischen bzw. aramäischen Fragmente aus Qumran übereinstimmt'\ ist eine Originalität der Kurzform nur schwer plausibel zu machen. •s Größere Wahrscheinlichkeit kommt vielmehr der These zu, dass 6> 1

9· Hanhart, Tobit, 33; s.a. Ders., Text, 11 f.19. 10. Hanhart, Tobit, 33· s. a. Fltzmyer, CEJL, s; ZU (1) 111 jetzt ausführlich Wagner, Synopse, XIV. 11. Eine Auflistung der älteren Vertreter, die die Priorität von lli 1 bzw.

  • 111 . Ab Kap. IJ bis zum Ende des Buches geht Sy-0 auch dieser Version gegenüber eigene Wege: Der Hymnus in Kap. IJ steht ffi 1 nahe, wohingegen Kap. I4 im Ganzen ffi 11 näher steht.l 0 Die sahidische, äthiopische und armenische Version basiert jeweils auf ffi 1; diese Texte stellentreueWiedergaben der griechischen Überlieferung dar. 11 2.2.4.2

    Die mittelalterlichen Übersetzungen ins Aramäische und Hebräische

    Schließlich existieren noch mehrere hebräische sowie eine aramäische Version der Tobiterzählung aus mittelalterlicher Zeit. Diese verschiedenen mittelalterlichen Übersetzungen, die z. T. midraschähnliche Erweiterungen aufweisen, können nicht als Überbleibsel der alten semitischsprachigen Tradition bezeichnet werden, sondern sind vielmehr Rückübersetzungen aus dem Griechischen bzw. Lateinischen und der griechischen und lateinischen Übersetzung gegenüber sekundär.l 2 Insgesamt liegen mehrere hebräische Texte vor: Hebraeus Muenster (Konstantinopel I5I6; I542 bei Sebastian Münster wiedergedruckt und dann in die Walton'sche Polyglotte I6 57 aufgenommen; I878 von Neubauer wiedergedruckt); zwei von M. Gasteraufgefundene und edierte Londoner Manuskripte (London 1896 f) sowie Hebraeus Fagii (I 5 I7 erstmals erschienen, I 542 von Fagius publiziert und ebenfalls in der Walton'schen Polyglotte abgedruckt). Außerdem existiert noch eine aramäische Version, die I879 von A. Neubauer ediert und publiziert wurde. Nach F. Zimmermannil ist für diese aramäische Version eine hebräische- heute nicht mehr vorhandene - Vorlage anzunehmen, die ihrerseits wiederum vom griechischen Text ffi 1 abhängig ist. Von dieser aramäischen Übersetzung ist Hebraeus Muenster abhängig; allerdings zeigt der Text aber auch gewisse Affinitäten zu (1) 11 . Der von M. Gaster edierte Text Hebraeus London schließlich basiert auf der Vulgata. Ganz eigenständig wirkt Hebraeus Fagii: •Liberally recast, it follows in the main the outline of the story, but cannot have authority or influence in the relationship of the versions. lt is a child outside the family. The version is an imitation of the biblical idiom, a piecing together of biblical phrases and images for a popular story-retelling.•14

    49· Wadi Natrun, Dair as-Suryan, Syr. MS 27; VII.-VIII. jh. so. Hanhart, Tobit, 1 7; f. C. H . Lebram, Tobit. Vetus Testamenturn Syriace iuxta simplicem Syrorum versionem, Sampie Edition, The Peshi~ta Institute Leiden, Leiden 1966 (= Bd.IV, 6, Leiden 1972), 18 sff; zur syrischen Übersetzung jetzt auch Fitzmyer, CEJL, 14;

    Wagner, Tobit-Synopse, XXVIII f. p. Zu diesen Versionen vgl. Hanhart, Tobit, 18-2o; zum ganzen vgl. auch die Einleitung zu der Leidener Peschitta-Ausgabe, Bd. VI, iiff. p. Hanhart, Tobit, I s; hierzu jetzt auch Fitzmyer, CEJL, I 1-14. S3· Zimmermann, The Book ofTobit, 13J-IJ8. s4· S. hierzu Zimmermann, The Book of Tobit, 1 37; jetzt Weeks/Gathercole!Stuckenbruck (s.o. S. 116).

    I29

    .z.J Abfassungszeit

    Die meisten Forscher datieren das Tobitbuch in die Zeit zwischen dem 4· Jh. und I 75 v. Chr. H Als Terminus a quo gilt die Kanonisierung der Propheten als Heilige Schrift (vgl. Tob I4,4) und aufgrund der Wendung •nach dem Gesetz des Mose• (vgl. Tob 6,q; 7,I I.I2.IJ) die Abfassung der Chronik. Terminus ad quem ist die Makkabäerzeit mit ihrer strengen antiheidnischen Haltung, die in dieser Rigidität im Tobitbuch keine Entsprechung findet (vgl. Tob 1J,I I; I4,6-7).S 6 Deutlich ist in jedem Falle, dass die Tobiterzählung mit vielen Motiven anderer z. T. apokrypher Schriften, wie judit und Daniel, Berührungen aufweist. Denn auch in diesen Erzählungen finden sich spezifisch jüdische Speisegesetze (Dan I,8; Jdt I0,5 ), Endogamie- (Jdt 8,I-2) und Bestattungsbestimmungen (Sir 7,33; Jdt 8,3) sowie die Betonung der Gottesfurcht (Sir I, 11-20; Dan I 3,2; jdt 8,8) und der Bedeutung des Gebetes (Dan 2,20-23; Jdt 9,2-14). 17 In sprachlicher Hinsicht ist die Nähe zum Genesisapokryphon oder dem Hiobtargum 18 zu konstatieren; auffällig sind auch die zahlreichen Berührungen mit Jesus Sirach und der Weisheit Salomos. 19 Innerhalb des oben genannten breiten Rahmens für die Entstehung des Buches schei55· Vgl. u. a. Flusser, Psalms, 556: 4· oder sogar spätes 5.jh.;j. C. H. Lebram, Die Weltreiche in der jüdischen Apokalyptik. Bemerkungen zu Tobit 14,4-7, in: ZAW 76 ( 1964), 328-3 31, hier: um 300; Schmitt, Achikar-Notiz, z3: spätpersisch oder frühhellenistisch; Moore, Tobit, 4of: nicht früher als 300; M. Boyce/F. Grenet, A History of Zoroastrianism, Handbuch der Orientalistik, Erste Abteilung: Der nahe und der mittlere Osten. Achter Band: Religion. Erster Abschnitt: Religionsgeschichte des Alten Orients, Lieferung z, Heft z, Vol.J, Leiden 1991, hier: 414 und P. Vetter, Das Buch Tobias und die Achikar-Sage, in: ThQ 86 (1904), Jli-J64. SI z- s 39; ThQ 87, ( 19os), JZ1- 370. 497-546, hier: pz: zwischen zso und 1so v.Chr.; M. Oeming, Ethik in der Spätzeit des Alten Testaments am Beispiel von Hiob 31 und Tobit 4, in: P. Mommer und W. Thiel (Hg.), Altes Testament- Forschung und Wirkung, Festschrift für Henning Graf Reventlow, Frankfun a. M. 1994, 159-173, hier: 168: •zwischen zoo und 18o v. Chr. nach mehreren Fortschreibungen abgeschlossen•; Beyer, Die aramäischen Texte I, 299: •um zoo v. Chr. in der aramäisch sprechenden Diaspora•; H.-P. Rüger, Art. Apokryphen I. Apokryphen des Alten Testaments, TRE J, 1978, 289-316, hier: 300: nach der Abfassung des Jenabuches (4./3.Jh.) und vor Beginn des herodianischen Tempelbaus, wahrscheinlich um zoo v. Chr.; M. Hengel,Judentum und Hellenismus, Studien zu ihrer Begegnung unter besonderer Berücksichtigung Palästinas bis zur Mine des 2. jh. v.Chr., WUNT 10, Tübingen J1988, hier: 57: nach zoo, aber vor Beginn des Makkabäeraufstandes. Vor der Entdeckung der Qumran · fragmentegab es auch Versuche, das Tobitbuch in die nachchristliche Zeit zu datieren; vgl. z. B. H. Graetz, Das Buch Tobias oder Tobit, seine Ursprache, seine Abfassungszeit und Tendenz, in: MGWJ z8 ( 1879), 145-163. 385-408. 433-45 5· 509- po, der die Verfolgung unter Hadrian als historischen Hintergrund der Erzählung sehen möchte; hierzu aber bereits kritisch W. Grimm, Ueber einige das Buch Tobit betreffende Fragen, in: ZWTh z4 ( 1881 ), 38-56, hier: 41. 56. Hierzu Moore, Tobit, 41; G. W.E. Nickelsburg, Tobit, in: M. Stone (Hg.}, Jewish Writings of the Second Temple Period. Apocrypha, Pseudepigrapha, Qumran Sectarian Writings, Philo,Josephus, CRI 2,2, Assen, Philadelphia 1984,40-46, hier: 45 · Vgl. aber Engel, Tobit, 190, der in dem Motiv von der verbotenen Bestattung der Toten einen Reflex auf die Verfolgung durch Antiochus IV. sieht. 57· Speziell zum Letzteren P.j. Griffin, The Theology and Function of Prayer in the Book of Tobit, Ann Arbor Mich. 198 s (Ph. D. Diss. Catholic Church of America), hier: 68-69. s8. Fitzmyer, Fragments, 665. 59· Hierzu vor allem Vetter, Das Buch Tobias, p 1.

    130

    nen sich Argumente zu verdichten, die eine Datierung in das späte drine bzw. frühe zweite vorchristliche Jahrhundert plausibel machen.6o 2.4

    Verfasser

    Man hat versucht, die Tobiterzählung einem sadduzäischen6' oder auch einem hasidäischen6' Verfassser zuzuschreiben. Aber die Indizien, die eine solche Zuordnung in eindeutiger Weise zulassen, sind insgesamt doch eher spärlich, so dass man mit einer direkten Zuschreibung zu einem bestimmten Autorenkreis eher zurückhaltend sem muss. 2. 5

    Quellen und intertextuelle Aspekte der Tobiterzählung

    Bereits I. Abrahams hat in einem 1893 erschienenen Aufsatz mit dem Titel •Tobit and Genesis• 6l darauf aufmerksam gemacht, in welch hohem Maße die Tobiterzählung an Überlieferungen aus dem Pentateuch erinnert; jüngere Arbeiten von L. Ruppert, der sogar •von einer nachgestaltenden Erzählung• sprechen kann 64, sowie

    6o. Ausführlich zur Datierung jetzt auch Fitzmyer, CEJL, 51-52, der selbst auf das Ende der Zeit zwischen 225-175 v.Chr. datieren möchte. 61. Vgl. hierzu Moore, Tobit, 185, möchte eine sadduzäische Herkunft deutlich machen und verbindet Tobit mit 4QMMT: ,.lf the Dead Sea community at Qumran was acrually a Sadducean one, then the presence of five copies of Tobit would certainly make good sense, as would the book's exclusion from the Hebrew (i.e., Pharisaic) canon.• 61. Vgl. hierzu den Aufsatz von E. Hug, Das Tobitbuch und die Tradition von Jahwe, dem Heiler lsraels(Ex 15,26), in:TihZ 111 (2002), 13-41. E. Hug möchtedas Motivdes Exils in der Tobiterzählung nicht auf die Diaspora beziehen, sondern deutet es als das •die ganze Weltgeschichte anfüllende •große Exil• des Gottesvolkes, das nach Ausweis des Buches Tobit ( 1, 1-1; 14,4- 5) und des mit ihm in diesem Punkt konform gehenden Buches Daniel (Dan 1,1z; 1,36-4 5) bis zum Anbruch der ewigen Königsherrschaft Gottes währt und in dessen Verlauf das Weltheidentum den Jahwetreuen ihre Existenzbedingungen setzt. Diese Exilssituation hat für den im Mutterland ebenso wie in der Zerstreuung lebenden jahwetreuen zur Folge, daß sein Glaube an die Führungsgeschichte Gottes mit Israel ständig einer Prüfung ausgesetzt ist und hierbei Gefahr läuft, die Orientierung zu verlieren• (40). Aufgrund der Parallele zwischen dem Bestattungsverbot in der Tobiterzählung und zMakk 9,15 und der auffälligen Hervorhebung Jerusalems als Zentrum des grundsätzlich noch in der Zerstreuung lebenden Gottesvolkes, •das dun:h sein Festhalten an der Wallfahrt zum Zion ( 1,6) und an seiner Hoffnung auf die endzeitliche Herrlichkeit der Gottesstadt ( IJ, 16-18) die Offenbarungsstätte der noch verborgenen Königsherrschaft Gottes (lJ,I) nicht aus dem Auge verliert• (41), möchte er den Autor des Tobitbuches als einen Nachfahren der Hasidäer sehen. Neben der Tatsache, dass relativ weniger über die Hasidäer bekannt ist und die genannten Elemente zudem nicht als ein Spezifikum dieser Gruppe bezeichnet werden können, stellt sich hier das Problem, wie man andere zentrale Vorstellungen der Tobiterzählung wie z. B. die Gesetzeskonzeption, die Angelologie und Dämonologie mit diesem Personenkreis in Verbindung bringen möchte. 6J. /. Abrahams, Tobit and Genesis, in:JQR 5 (1893), J48-J50. 64. L. Ruppert, Das Buch Tobias - Ein Modellfall nachgestaltender Erzählung, in: ]. Schreiner (Hg.), Wort, Lied und Gottesspruch. Festschrift für Josef Schreiner, FzB 1, Würzburg 1971, 109-119,hier: 109ff. IJI

    von P. Deselaers6 l, G. W. Nickelsburg66 , S. Weitzman 67 und haben diesen Ansatz aufgegriffen und weiter ausgebaut. Durch Aufnahme einzelner Wendungen und Begriffe wird zunächst der Bezug zur Genesis deutlich, wobei vor allem Anklänge an Genesis 24 zu entdecken sind: Tobias' Braut, Sarra, trägt den Namen der Erzmutter. Wie Abraham ist auch Tobit ängstlich darauf bedacht, dass sein Sohn eine Frau aus der eigenen Familie findet (Tob 4,12 f; 6,Io-12; 15; 7, IO.I2 II Gen 24,3+7·38-40); in beiden Fällen muss zur Auffindung der Braut eine längere Reise unternommen werden, wobei einem Schutzengel eine wichtige Rolle zukommt (Tob 3,I6f; 6,4f; I2,14 I I Gen 24,7); keinerder Verhandlerisst etwas, bis der Hochzeit zugestimmt ist (Tob 7,11 II Gen 24,33); die Familien stimmen bereitwillig der Hochzeit zu und segnen die Braut (Tob 7,1 I f. I 5 II Gen 24,51.60}, worauf die Braut schließlich ihre Heimat verlassen muss, um mit ihrem Ehemann bei den Schwiegereltern zu leben (Tob 7, q; 10,7-12 I I Gen 24,6 I ff). 68 Auffällig sind aber auch die engen Bezüge zwischen der Begegnung Tobias' und Sarras und der Brunnenszene in Gen 29,4 ff. 69 Darüber hinaus sind aber auch Entsprechungen zur Josefsgeschichte zu nennen. Sowohljosef als auch Tobit befinden sich in einem fremden Land (Tob 1,1-2 II Gen 39,1 ff); beide haben einen offiziellen Posten inne (Tob 1,13 I I Gen 41,42-43); beide werden unverdientermaßen angegriffen und kommen in Lebensgefahr (Tob 1,1920 I I Gen 37, 18- 28; 39,7-20); schließlich aber werden sie ins Recht gesetzt und kommen zu unerwartetem Reichtum (Tob 1,17; 4,16 II Gen 45,11; 47, 12).l0 65. Deselaers, Studien, 292-304. 66. G. W. E. Nickelsburg, The Search for Tobit's Mixed Ancestry. A Historical and Hermeneutical Odyssey, in: RdQ 17 (1996), 339-349, hier: HO-H4· 67. Weitzman, Allusion 58ff. 68. Vgl. hierzu Moore, Tobit, 9; Nickelsburg, Search, 341; M. Rabenau, Studien zum Buch Tobit, BZAW 220, Berlin u. a. 1994, 1o7ff; Ruppert, Modellfall, 113 f; Weitzman, Allusion 58 ff. 69. Abrahams, Genesis, 349; Weitzman, Allusion, 58 f. 70. Bezüge zu Josef vgl. Weitzman, Allusion 58 f; s. a. Ruppert, Modellfall, 1 14 f, wonach nicht die Bezüge zu Gen 24, sondern diejenigen zur Josefsgeschichte die Struktur der Tobiterzählung bestimmen; hier werden die Entsprechungen folgendermaßen gesehen: • Ein alter Vater (Jakob/Israel - Tobit) muß seinen Lieblingssohn (Benjamin) bzw. seinen einzigen Sohn (Tobia) auf eine gefahrvolle Reise in ein fernes Land (Ägypten - Medien) schicken, um von dort Güter (Lebensmittel- zehn Talente Silber) heimzubringen, welche die gegenwärtige Not (Hungersnot - Verarmung) wenden sollen. Dabei vertraut er seinen Sohn einem Begleiter (Juda- •Asarja•) an. Falls der Sohn auf der Reise stürbe, könnte der Vater (wie auch im Falle Tobias die Mutter) vor Kummer ins Grab sinken (Gen 44,3of; Tob 6,15 BA). Doch dank dem Begleiter und seiner Hilfe entgeht der Sohn allen Gefahren, während ihn der Vater (Jakob: Gen 43,14; vgl. bzgl. josef Gen 37, 33-35) bzw. die Mutter (Hanna: Tob 10,4.7) schon aufgegeben hat bzw. bereits tot glaubt. Auf der Reise trifft der Sohn unvermutet einen Verwandten ( JosefRaguel), von dem er nach dem Vater gefragt und auf die Versicherung, daß er noch lebe, unter Tränen umarmt (Gen 43,27f; Tob 7,4-6) und festlich bewirtet wird (Gen 43,29f; Tob 7,7f). Beim Wiedersehen zuhause umarmen der Vater (Jakob) bzw. die Mutter (Hanna) weinend ihren Sohn und versichern, daß sie nun gerne sterben wollten (Gen 46,30; Tob 11 ,9, vgl. 1 1, 14). Vor seinem Sterben ruft der Vater Sohn (Josef - Tobia) und Enkel zu sich (Gen 47,29; 48,2; Tob 14,3), um von ihnen ein ehrenvolles Begräbnis zu verlangen (Gen 47,29- 31; Tob l•h9) und ihnen wichtige Mitteilungen über künftige Ereignisse zu machen (Gen 48,15 -22; Tob 14,3-11 ), wobei es sich um die Heimführung ins Land der Väter (Gen 48,21, vgl. 50,24) bzw. um die Rückführung der Exilierten (Tob 14,5, vgl. 13,5) handelt. Die Zukunft ist auch Thema einer gebundenen Rede des Vaters (Gen 49; Tob 13).• So hilfreich die Beobachtungen im einzelnen sind, so schwer fällt es doch, von einer durchgängigen Struktur auszugehen, da eine solche An-

    Neben diesen Entsprechungen zu narrativen Passagen der Genesis spielen für die Pentateuchrezeption vor allem die Bezüge zum Deuteronomium eine bedeutende Rolle, wie sie durch die zahlreichen dtn.-dtr. Wendungen vor allem in den Redepartien des Buches zu finden sind.7' Hinzu kommen weitere Bezüge zu anderen biblischen Büchern: So scheint die Erzählung mit dem Thema des Leidens des Gerechten auch auf die Hiobsgeschichte zu rekurrieren; auffälligerweise finden sich hier aber keine sprachlichen Anspielungen, sondern nur eine Motiventsprechung, wenn die beiden Protagonisten Zielpunkt des Vorwurfs und der Anklage ihrer Ehefrauen werden. Prophetische Traditionen werden explizit eingeführt, wenn ein Amos- und Nahumwort zitiert werden; 7 ' speziell der eschatologische Hymnus des Tobit in Kap. 14 enthält eine Vielzahl von Anspielungen auf die Heilsprophetie Deuteround Tritojesajas.n Weitere Entsprechungen sind allgemeiner Natur: Wie die Esther- und Danielgeschichte spielt auch die Tobiterzählung in der östlichen Diaspora, so dass gerade im Hinblick auf die spezifische Problematik dieser Situation, wie die Abgrenzung von den Heiden durch spezielle Speisegebote, auch einzelne Passagen dieser Bücher anklingen. Neben diesen biblischen Referenzen spielen aber auch außerbiblische Traditionen eine bedeutende Rolle: Hier ist vor allem auf die Rezeption des Achikarstoffes zu verweisen, den der Autor durch die Konstruktion, wonach Achikar ein Verwandter Tobits ist, geschickt mit seiner Erzählung verbunden hat.7 4 nahme den Stellenwen einzelner Ereignisse der Tobiterzählung überbetont bzw. nicht deutlich zum Sprechen bringt. Das Hauptproblem ist in der Tobiterzählung nicht die Beschaffung des Geldes, sondern die Heilung Tobits bzw. die Erlösung Sarras und ihre Verheiratung mit Tobias; diese Züge aber kommen in diesem Modell zu wenig zur Sprache. 71. Vgl. hierzu die Arbeiten von A. A. Di Le/la, The Deuteronomic Background of the Farewell Discourse in Tob 14:}-11, in: CBQ 41 (1979), }80-389; W M. Soll, Misfortune and Exile in Tobit. The Juncture of a Fairy Tale Source and Deuteronomic Theology, in: CBQ s1 ( 1989), 209-2 31; Weitzman, Allusion; s. jetzt auch Fitzmyer, CEJL, 36.47; N . Hoffmann, Die Rezeption des Deuteronomiums im Buche Tobit, in der Assumptio Mosis und im 4· Esrabuch, in: G. Braulik (Hg.), Das Deuteronomium, Österreichische biblische Studien 23, Frankfun a. M. 2003, 311-342. 72. Vgl. 2,6; 14,4. 73· Zur Funktion dieser imenextuellen Elemente vgl. die Ausführungen im Abschnitt • Theologische Schwerpunkte der Tobiterzählung• (4.). 74· Zu Achikarvgl. R. Degen, An.: Achikar, in: Enzyklopädiedes Märchens I, Berlin 1977, s3- 59;/. Kottsieper, Die Geschichte und die Sprüche des weisen Achiqar, in: TUAT III/1, Gütersloh 1991, 320- 347; weitere Ausführungen und Literatur bei Ego, JSHRZ 11/6, 925 f; s. a. Fitzmyer, CEJL, 37· Zu den in der Tobiterzählung verwendeten Quellen allgemein s. a. Ders., CEJ L, 34-41. Verschiedene ältere Arbeiten sahen in der Tobiterzählung einen Repräsentanten des ·Märchens vom dankbaren Toten• oder von der •Braut des Unholds•; vgl. hierzu ausführlich Deselaers, Studien, 280- 290; Moore, Tobit,ll f; Ders., Scholarly Issues, 73 ff. Fraglich ist allerdings, ob die Tobiterzählung in einem solchen Märchen ihr Vorbild hatte oder ob es sich nicht vielmehr um Motive handelt, die an ganz unterschiedlichen Zeiten und Orten ohne direkte traditionsgeschichtliche Bezüge erscheinen können. M. Schumpp, Das Buch Tobias, übersetzt und erklärt, EHAT 1 1, Münster 1933, LXXIVff, und Miller, Tobias, 10, gehen umgekehrt davon aus, dass die Tobiterzählung die verschiedenen Ausprägungen dieses Märchentyps beeinflusste. Vgl. schlicHlieh C. Fries, Das Buch Tobit und die Telemachie, ZWfh S3 ( 1911 ),

    13J

    2.6 Abfasssungsort

    Als Entstehungsort des Tobitbuches wurden in der Forschung ganz unterschiedliche Orte vorgeschlagen:7 1 Unter dem Eindruck der Entdeckung der aramäischen Achikar-Texte in Elephantine plädierten vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zahlreiche Forscher für Ägypten 76; in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dagegen neigte die Mehrheit der Forscher dazu, eine Herkunft aus der östlichen Diaspora77 oder aus Palästina78 anzunehmen. Ein Konsens ist schwerlich auszumachen: Geht man aber davon aus, dass das Tobitbuch ursprünglich in aramäischer bzw. hebräischer Sprache verfasst wurde und Ägypten als Verbannungsort des Dämons in der Erzählung negativ konnotiert ist, so scheint dieses Land als Entstehungsort zunächst einmal auszuscheiden. Bei der Alternative zwischen Israel oder der östlichen Diaspora ist eine Entscheidung zugunsten der letzteren allein schon deshalb plausibler, weil die verhandelte Thematik besser in die Situation des 14-87, der auf Bezüge zwischen Tobit und dem Telemachos-Zyklus in Buch 1-4 der Odyssee verweist; T F Glasson, The Main Source ofTobit, in: ZAW 71 NF 30 ( 1959), 275-277, dagegen postuliert die von Apollodortradierte Admetus-Erzählung als Hintergrund für die im Tobitbuch verhandelte Motivik; zum Ganzen Nicke/sburg, Se.uch, 343· 75· Ausführlich zur Forschungsgeschichte Deselaers, Studien, 320- 341; s. a. Moore, Tobit, 42. 76. Vgl. Th. Nöldeke, Die Texte des Buches Tobit, in: Monatsberichte der königlich-preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin aus dem Jahre 1879, Berlin 188o, 4 5-69, hier: 6z; M. Löhr, Das Buch Tobit, in: E. Kautzsch (Hg.), Die Apokryphen und die Pseudepigraphen des Alten Testaments I, Darmstadt 1 1962 (= 1900), •35-147, hier: 136; D.C. Simpson, The Book ofTobit, in: R. H. Charles (Ed.), APOT I, Oxford 1913 (Repr. 1963), 174-241, hier: J8jJ8 7; Deselaers, Studien, 33 5; vgl. die Zusammenstellung der verschiedenen Belege ibid., 330 f. 77· Vgl. z. B. östliche Diaspora allgemein (so Moore, Tobit, 43; Beyer, Die aramäischen Texte I, 299; Vetter, Das Buch Tobias, 523; Nickelsburg, Tobit, 35.45; Rüger, Apokryphen, 300); Persien (A. Kohut, Etwas über die Moral und die Abfassungszeit des Buches Tobias, in: JZWL 10 (1872), 49-73, hier: 5 1.65;]. C. Greenfield, A(:riqar in the Book of Tobit, in: J. Dore et al. (Hg.), De Ia Törah au Messie. Etudes d'exegese et d'hermeneutique bibliques offenes a H. CazeHes pour ses 25 annees d'enseignement a !'Institut Catholique de P;~ris, Paris 1981, 329-336, hier: 329; Soll, 23o); Syrien (Zimmermann, The Book of Tobit, 19-21) Assyrien/Babylonien (so bereits K. D. IIgen, Die Geschichte Tobi's nach drey verschiedenen Originalen, dem Griechischen, dem Lateinischen des Hieronymus und einem Syrischen übersetzt und mit Anmerkungen exegetischen und kritischen Inhalts auch einer Einleitung versehen, Jena 1800). 78. Vgl. z. B. A. Miller, Das Buch Tobias, übersetzt und erklärt, HSAT 4/3, Bonn 1940, J116, hier: 23; F Stummer/H. Groß, Das Buch Tobit (Tobias), EB 11, Würzburg 1950, 4 1970, hier: 487; Hengel, Judentum und Hellenismus, 57, der aber annimmt, dass der Stoff selbst aus dem Osten stammt; für eine Herkunft aus Palästina jetzt auch Rabenau, Studien, 189; ausführlich zur Forschungsgeschichte Deselaers, Studien, 328. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die These von}. T Milik, der die Tobiterzählung mit der Tobiadenfamilie und Samaria in Verbindung bringen wollte; hierzu Deselaen, Studien, 327; Rabenau, Studien, 177 ff. Fitzmyer, CEJL, 52-54, der zunächst ausführlich auf die verschiedenen Vorschläge zur Herkunft der Erzählung eingeht, tendiert selbst wegen des Interesses der Erzählung am Jerusalemer Tempel für eine Entstehung in Palästina; vgl. auch Haag, Tradition, 41. Die Orientierung auf Jerusalem hin muss freilich für eine Lokalisierung der Erzählung in Palästina nicht zwingend sein. Wie die jüdische Religionsgeschichte bis heute immer wieder zeigt, ist die Ausrichtung nach Jerusalem auch eine Haltung, die gerade im Exil eine ganz besondere Rolle spielen kann (vgl. schon Ps 137) und somit keineswegs auf das Land Israel beschränkt sein muss.

    134

    Exils passt. Man wird wohl von einer Entstehung in der östlichen Diaspora ausgehen können; fehlerhafte Angaben im Hinblick auf geographische Verhältnisse widersprechen dieser Annahme nicht, da die geographischen Kenntnisse der antiken Autoren nicht mit den unsrigen zu vergleichen sind 79 und man nicht davon ausgehen kann, dass der Verfasser des Tobitbuches alle Orte, an denen die Handlung spielt, selbst gesehen haben muss. Aufgrund der verschiedenen iranischen Motivbezüge scheint Persien als Herkunftsort nicht unwahrscheinlich zu sein. So Allerdings sollte die Tatsache nicht in den Hintergrund gedrängt werden, dass das Buch Tobit aus einer jüdisch-jerusalemischen Perspektive geschrieben ist8 ' und somit die Verbindung zwischen Zentrum und Peripherie immer gewahrt bleibt. 2-7 Gattung

    Die Tobitgeschichte kann als eine weisheitliehe Lehrerzählung8 ' bezeichnet werden. Diese komplexe Erzählung8 l enthält wiederum weitere literarische Formen. Weisheitlichen Charakter haben das Testament (vgl. 4,}- 21; 14,1 o-1 1) und die Sprüche in der Abschiedsrede des Engels ( 12,7-11 ). Als weitere eigenständige Gattung erscheinen Gebete und Dankeshymnen (},2-6.11-15; 8,5-8.15-17; 1},1-18), die in die Handlung integriert sind und die Protagonisten charakterisieren. 2.8 Zur Literarkritik

    Während die Mehrzahl der Ausleger von der literarischen Einheitlichkeit des Buches ausgeht 84 und höchstens in dem Jerusalemhymnus (q,1-18) eine sekundäre

    79· Vgl. hierzu M. Hengel, Der Historiker Lukas und die Geographie Palästinas in der Apostelgeschichte, in: ZDPV 99 (1983), 147-183, hier: 148. So. So bereits die Arbeiten von]. H. Moulton (Early Zoroastrianism: the Origins, the Prophet, the Magi; Lectures del. at Oxford andin London, Febr. to May 1911, London 1913 [reprint Amsterdam 1972), hier: 332-40; Ders., The lranian Background of Tobit, in: ET 11 [ 1899/1900),1S7-6o) und- in jüngerer Zeit- Boyce/Grenet, A History ofZoroastrianism, 414, wo als entscheidende Motive die Bedeutung der Almosen, der Antagonismus zwischen einem Engel und dem Dämon Asmodäus, die Bestattung der Toten und die positive Rolle des Hundes, wie sie für Persien typisch ist, genannt werden. 81. Vgl. hierzu Engel, Tobit, 1 s1, gegen Milik, La Patrie, der den Ursprung der Erzählung in Samaria suchen wollte. 82. H. P Müller, Die weisheitliehe Lehrerzählung im Alten Testament und seiner Umwelt, in: WO 9 ( 1977), 77-98, hier: nff; Deselaers, Studien,278; Engel, Auf zuverlässigen Wegen, 91; Ders., Tobit, 1SJ. Ausführlich hierzu Deselaers, Studien, 161-179, wo die verschiedenen Vorschläge zur Gattung des Tobitbuches (z. B. Midrasch, Lehrerzählung, Legende, Märchen, Novelle, Roman) vorgestellt und diskutiert werden. Fitzmyer, CEJL, J4, ordnet der Tobiterzählung lediglich die Gattungsbezeichnung ·Kieinliteratur• zu: ·The style of the book, then, is more characterized by a Iack of art than by consummate artistry. lt is a good example of Kleinliteratur, i.e of no epic pretensions•. 83. Nickelsburg, Tobit, 4off. 84. Explizit für literarische Einheitlichkeit vgl. Moore, Tobit, 11; Nickelsburg, Search, 349; s. a. die verschiedenen Arbeiten von Nowe/1.

    135

    Ergänzung sieht~ 1, postulierten P. Deselaers und einige Jahre später M. Rabenau ein mehrstufiges literarisches Wachstum der Erzählung. Nach P. Deselaers erfuhr die um die Mitte des 3· Jh.s v. Chr. in Ägypten entstandene, knapp fünfzig Prozent des Gesamtbestandes umfassende Urfassung des Buches (für P. Deselaers ist dies die Kurzfassung (i> 1) ungefähr um 220 v.Chr. eine Überarbeitung in Jerusalem, wobei die Bedeutung des Gesetzes und der Propheten in den Vordergrund getreten sei. Eine weitere Überarbeitung soll nur zwei Jahrzehnte später vermutlich in Alexandria unter dem Einfluss der Pogrome vorgenommen worden sein und die Achikargestalt in die Erzählung eingeführt haben. Eine dritte und letzte Bearbeitung, die ganz deutlich eschatologische Akzente setzte, soll schließlich um 18 s v. Chr. in Jerusalem stattgefunden haben. 86 M. Rabenau dagegen geht davon aus, dass das Buch in seiner Gesamtheit in Palästina entstanden ist und dort .. innerhalb kürzester Zeit verschiedene Erweiterungen" erfuhr, »die sich aufgrundihres aktuellen Zeitbezuges rasch durchsetzten. Die 1. Erweiterungsschicht, wahrscheinlich zwischen 147 und 141 v. Chr. in Palästina entstanden, spiegelt mit der Pflicht zur Totenbestattung die unruhigen Zeiten und verpflichtet besonders zur Solidarität mit den mittellosen, bedürftigen Brüdern. Die 2. Redaktion verarbeitet verstärkt die innerjüdischen Spannungen und wird in Palästina nach 140 v. Chr. erfolgt sein. Auch die 3· Erweiterung mit ihrer Betonung der Gesetzesfrömmigkeit erfolgte im letzten Drittel des 2. ]h. v. Chr. in Palästina.- 87 Auch hier kann eine definitive Entscheidung nur schwerlich getroffen werden. Problematisch ist zunächst sicherlich die Analyse von P. Deselaers, da diese auf der Basis der (fJ 11 gegenüber als sekundär anzunehmenden Version (fJ 1 durchgeführt wurde. Bei M. Rabenau bilden- abgesehen von der Einbindung des Jerusalemhymnus in Kapitel 13 -nicht auffallende Widersprüche, sondern vielmehr meist stilistische Kriterien wie Dubletten oder redundante Formulierungen die Grundlage für eine Quellenscheidung, und es stellt sich die frage, in wie weit solche Operationen wirklich zwingend sind. Da lirerarkritische Untersuchungen zunächst einmal bei dem semitischsprachigen Original anzusetzen haben, dieses aber nur sehr fragmentarisch auf uns gekommen ist, steht eine definitive Lösung des Problems noch aus; m. E. stehen der Annahme einer literarischen Integrität der Tobiterzählung keine überzeugenden Gründe entgegen.RR Weiterführende Literatur zu 2.2.1: .p61, 4265, 4269, 4289, 4 306, 4 369; zu 2.2.2: 4 37 3; zu 2.2. 3·': 4194, 4204, 4205, 4376; zu 2.2. 3.2: 4175, 4180,41 89; 7.u 2.2+ 1: 4278; zu 2. 3: 4372; zu 2.5 (spez. Achikar): 4249, 4JOS, 4340, 4344, 4377; zu 2.7: 4313, 431 7; allgemein zur frühjüdischen Weisht>itsliteratur: 782, 789.

    85 . Vgl. hierzu die Literatur bei Zimmermann, The Book of Tobit, p, und Weitzman, Allusion s1, Anm. S· 86. Deselaers, Tobit, p ff. 87. Rabenau, Studien, 189 f. 88. Auch Fitzmyer, CEJL 42-45. spricht sich dezidiert für die literarische Integrität der Erzählung aus.

    q6

    J. Historische Bedeutung In Tobits biographischem Rückblick am Anfang der Erzählung ( 1 ,J -u) werden auf historische Ereignisse wie die Exilierung durch die Assyrer (l,l.J.IO), die Herrschaft Salmanassars (1,2.13), die Herrschaft Sanheribs und seine Ermordung ( 1.1 5.21) sowie auf die Herrschaft Asarhaddons verwiesen. Hier hat der Autor wohl auf die entsprechenden Angaben aus den Königsbüchern zurückgegriffen. Historisch nicht verifizierbar sind die Aussagen über die Verfolgung unter Sanherib ( 1,18 f) sowie über die Unsicherheiten der Verkehrsverbindungen ( 1,1 5). Am Ende des Buches findet ein Ausblick auf das Ende Ninives sowie die Zerstörung Jerusalems und die Exilierung nach Babyion statt (14,4). Diese Angaben dienen dazu, die individuelle Familiengeschichte Tobits in der Diaspora zu situieren und mit der Geschichte des Volkes zu verbinden.89

    4· Theologische Schwerpunkte der Tobiterzählung

    Wesentlich für das theologische Verständnis der Tobitgeschichte ist die Tatsache, dass diese Erzählung in der Diaspora spielt. Gerahmt vom Rückblick auf den Opferkult in Jerusalem, an dem der Einzelne durch Wallfahnen panizipieren konnte, und vom Ausblick auf das neuerbaute Jerusalem der Heilszeit, in dem die Völker zum Zion strömen, entfaltet der Verfasser die grundlegenden Koordinaten eines Lebens im ExiJ.90 In diesem Zusammenhang kann geradezu von einer Aktualisierung und Neuauslegung der Tora gesprochen werden, wenn nun vor allem das Endogamiegebot, die Bestattung der eigenen Volksgenossen sowie die Fürsorge der Armen als zentrale Bestimmungen akzentuien werden. Diese Elemente implizieren - wie auch die Betonung der Distanzierung von den Speisen der Heiden - eine Abgrenzung nach außen, der nach innen ein stärkerer Zusammenhalt und wachsende Soli89. Vgl. die Ausführungen im Abschnitt 4+ Die Volksperspektive der Erzählung und die Hoffnung auf Erlösung. 90. Speziell zur Dimension des Exils vgl. u. a. Engel, Tobit, 2 p; Den., Auf zuverlässigen Wegen 94; A.-j. Levine, Tobit. TeachingJews How to Live in the Diaspora, in: BiRev 8 (1992), .p - s1.64, hier: 42; K. - W. Niebuhr, Gesetz und Paränese. Katechismusartige Weisungsreihen in derfrühjüdischen Literatur, WUNT l128, Tübingen 1987, 203 -206; K.- W. Niebuhr, Tora ohne Tempel- Paulus und der Jakobusbrief im Zusammenhang frühjüdischer Tora-Rezeption in der Diaspora, in: B. Ego, A. Lange und P. Pilhofer (Hg.), Gemeinde ohne Tempel - Community without Temple. Zur Substituierung und Transformation des Jerusalemer Tempels und seines Kults im Alten Testament, antiken Judentum und frühen Christentum, WUNT 118, Tübingen 1999,427-460, hier: 438 f; Soll, Misfortune and Exile, 222; B. Ego, Heimat in der Fremde- Zur Konstituierung einer jüdischen Identität in der Diaspora im Buch Tobit, in: H . Lichtenherger und G. Oegema (Hg.), Die Jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit in ihrem antikjüdischen und urchristlichen Kontext, Studien zu den Jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit 1, Gütersloh 2002, z8o-293· Zur Bedeutung des Exils in der Tobiterzählung vgl. jetzt auch den Aufsatz von E. Haag, Das Tobitbuch und die Tradition vom Jahwe dem Heiler Israels. Wie oben dargelegt (vgl. Anm. 62) möchte Haag das Motiv des Exils in der Tobirerzählung nicht auf die konkrete Diaspora, sondern vielmehr im übertragenen Sinne auf das •groge, Exil des Gottesvolkes beziehen.

    137

    darität korreliert. Insgesamt fungieren sie im Hinblick auf eine Bewahrung der Identität des Volkes. Andererseits werden auch heidnische Vorstellungen aus dem Bereich von Medizin und Magie durch die Figur des Engels in die jüdische Vorstellungswelt integriert und damit •israelitisiert•. 9 ' Genealogische Verbindungen und ein Handeln in den Wegen von Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit definieren die Zugehörigkeit zu Israel. Gleichzeitig zeigt die Erzählung die Gegenwart Gottes bei seinem Volk auch außerhalb des Landes; in der Diaspora wirkt Gott ebenso als Schützer, Heiler und Retter wie im Lande selbst. Durch das Medium des Gebets besteht auch in der Diaspora die Möglichkeit, in Verbindung mit Gott zu treten, und Gottes Engel vermittelt den Seinen Gottes helfende und heilende Zuwendung. So erweist sich das Exilletztendlich als ein Ort der Gottesnähe. Die Zerstreuung unter die Völker, eigentlich Ausdruck des göttlichen Gerichts an seinem Volk, wird zu einer Gelegenheit, Gott auch unter den Heiden zu preisen. Am Ende aber steht die Hoffnung, in das neuerbaute Jerusalem zurückkehren zu dürfen.

    4.1

    Der Mensch vor Gott

    Wie J. A. Fitzmyer in seinem Kommentar zum Tobitbuch gleich am Anfang seiner Ausführungen zum theologischen Gehalt des Tobitbuches deutlich macht, ist der Monotheismus des nachexilischen Israel der Hintergrund für alle weiteren theologischen Konzeptionen der Tobiterzählung9 '. In Aufnahme der älteren biblischen Vorstellungswelt ist Gott- um hier nur einige der bedeutendsten Epitheta vorweg zu nennen - der Herr des Himmels (7, I 7 tf> 11 ) bzw. der Herr des Himmels und der Erde (7,I7 (i> 1), der die Welt richtet (3,1; s.a. IJ,6); als König (IJ,II.q; vgl. auch I 3,1) wird er schließlich Jerusalem erbauen und die Exilierten zurückführen.93

    4.1.1

    Wahrheit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit als Leitwörter

    Versucht man vor diesem allgemeinen Hintergrund, weitere konkretere theologische und anthropologische Vorstellungen der Erzählung zu eruieren, so liegt es nahe, bei der überschriftartigen Summa einzusetzen, die die zentralen Werte des Bu ches in I,J leitwortartig94 benennt, nämlich Wahrheit (nA.ft8na), Gerechtigkeit (ÖLxmoouVT]) und Barmherzigkeit (EAETJilOOUVll). Wenn- wie die Gebetsanreden 3,2. 1 1 zeigen- jeder dieser Begriffe zunächst und ursprünglich Gott selbst zugeschrieben wird, so begibt sich der Mensch, der sein 91. Zur Integration von ursprünglich heidnischer Magie und Heilkunst in den monotheistischen Jahwe-Glauben vgl. den Beitrag von B. Kollmann, Göttliche Offenbarung magischpharmakologischer Heilkunst im Buch Tobit, in: ZAW 1o6 ( 1994), 289- 299; spez. 298 f sowie die Anmerkungen zur Heilung Tobits und Vertreibung des Dämons. 92. Vgl. hierzu knapp Fitzmyer, CEJL, 46f. 93· Vgl. Fitzmyer, CEJL, 46. 94· Zu den Leitworten vgl. P Deselaers, Das Buch Tobit, Geistliche Schriftlesung AT 11, Düsseldorf 1990, 29; Engel, Tobit, 254 f; Ders., Auf zuverlässigen Wegen, 92.

    q8

    Handeln an dieser Summa ausrichtet, in Entsprechung zu Gott; mit seinem Handeln antwortet er auf das Wesen und Handeln Gottes. •Ganz selbstverständlich und grundlegend ist im Denken des Verfassers wie in der übrigen Bibel das Erste die Gabe Gones, das Euanf';..wv, und nur innerhalb des so geschaffenen Raumes haben Weisung/Gesetz und Verhaltensantwort des Menschen ihren Ort.«9 1 •Das sehr bewußt entworfene System der Leitwörter will auf die Verschränkung der menschlichen und göttlichen Welt hinweisen. Dadurch wird das erzählte Geschehen in seiner Tiefendimension eine Jahwe-Geschichte, wie es diese umgekehrt nicht ohne die Tobir-Geschichte gibt. Dabei wird die in der gesellschaftlichen Wirklichkeit praktizierte >Barmherzigkeit/Solidarität• als das geforderte Ethos des Alltags zum Tor in die heilende Lebensfülle Jahwes.«96 Fragt man nach dem Verhältnis der zuvor genannten Leitworte zueinander, so sticht vor allem die enge Verbindung von ö~xai.OOUvrt und EA.Efi!-LOaUVTf ins Auge: •Barmherzigkeit tun« wirkt in 1,3 wie eine nachgestellte Explikation, so dass anzunehmen ist, dass der Verfasser mit H ..Efi!-LOaUva~ noLEiv die Bedeutung der ö~xmo­ aUVTf konkretisiert.97 Der Terminus EA.€fl!'OmJVY} ist zunächst einmal ganz allgemein im Sinne von •Barmherzigkeit« zu verstehen; entsprechend der semantischen Entwicklung des hebräischen Begriffs :tp,S lässt sich aber auch bei diesem Terminus eine eindeutige Verengung auf den Aspekt des Almosengebens feststellen: Deutlich wird dies in Tob 4,7, wenn die Praxis der EA.€fl!-LOaUVTf an die Existenz von frei verfügbarem Besitz gebunden ist, sowie in Tob 12,8, wo das Tun der EAEflJ!OoUVTf antithetisch dem Anhäufen von Gold gegenübergestellt wird.9 8 Die zentralen Leitworte der Summa werden sowohl auf der Handlungsebene als auch in den didaktischen Redepartien, mit deren Hilfe der Autor die handelnden Personen charakterisiert99, veranschaulicht. Als eine Entfaltung der ÖtxatomJVY} kann zunächst, wie in der Überschrift programmatisch angekündigt, das Leben und Handeln Tobits selbst angesehen werden: Als Tobit sich noch im Lande Israel aufhielt, wallfahrtete er nach Jerusalem und entrichtete den Zehnten. Im Exil tritt das Thema des Kultus ganz zurück, 100 und es werden andere Elemente fokussiert: die Distanzierung von den Speisen der Heiden (1,10-11), die Verheiratung mit einem 9S· So Engel, Auf zuverlässigen Wegen, 93; s.a. Ders., Tobit, 254; Niclulsburg, Tobit, 42, Anm.42. 96. Deselaers, Schriftlesung, 29. 97· Engel, Auf zuverlässigen Wegen, 94· 98. Zu dieser Begriffsverengung vgl. die Ausführungen von Rabenau, Studien, I 30. 99· Zur Bedeutung der Reden für die Charakterisierung der Personen vgl. B. Bow/G. W. E. Nickelsburg, Patriarchy with a Twist. Men and Women in Tobit, in: A.-J. Levine (Hg.), • Women like this•. New Perspectives on Jewish Women in the Greco-Roman World, SBL Early Judaism and its Literature I, Atlanta (GA) 199I, 127-143, hier: 128. 100. Levine, Teachingjews, 44: •Unable to continue his annual pilgrimage to Jerusalem to pay the appropriate tithes and to honor the priesthood, Tobit must find viable substitutes for these observances of his religion. The text emphasizes acts of charity, public proclamation of the God of Israel and insistance on marrying within the tribe (endogamy). These acts will, as Tobit's final prayer insists, return the people to their land and their Temple•. Zum Zurücktreten des Kultischen vgl. auch Oeming, Ethik, I 72; Niebuhr, Tora ohne Tempel, 439· Man kann so mit Moore, Tobit, 27, feststellen: • The book's primary emphasis is on noncultic matters, i. e., on the cveryday practical, moral, and sapiential aspects of being and being good . . . In Tobit,

    139

    Partner innerhalb der eigenen Verwandtschaft (vgl. 4, I 2 f lf>I; 6, I 3). 101 Konkret auf das in Tob I,J genannteTun der Barmherzigkeit wird in I,I6ff rekurriert, wenn Tubit Hungernde speist und Nackte bekleidet (I, I 7) und bei Gefahr von Leib und Leben seine toten Volksgenossen bestattet (I, I 7-2o; 2,3-8; vgl. auch den Rückblick des Engels in I 2, I 2). 101 Tobit feiert zudem in der Diaspora die Jahresfeste wie z. B. das Wochenfest, wobei er Arme von der Straße einlädt und diese speist (2,I-4). Sein gerechtes und barmherziges Handeln wird auch in den Aussagen Raguds bestätigt (7,7; 9,6 (fJ 11 ). Die Bezugnahme auf "das Gesetz des Mose•, wie sie vor allem im Kontext familiärer Verhaltensweisen, 10 J aber auch im Zusammenhang mit der Zehntabgabe in Tob I ,8 erfolgt, verdeutlicht in diesem Zusammenhang, dass Tobit als der exemplarische Gesetzestreue vorgestellt wird. Wenn die Bezüge zu den biblischen Gesetzesüberlieferungen auch eher allgemein und unbestimmt sind, die Weisungen des Pentateuch nur unvollständig erscheinen und auch Gebote aufgenommen wurden, die im Pentateuch nicht explizit enthalten sind,' 0 ~ so zeigen sich hier dennoch unterschiedliche Entfaltungen der Tora, die speziell an die Situation der Diaspora angepasst erscheinen. 101 Hier spielt vor allem das Gebot der Endogamie eine wichtige Rolle (4, I 2 lli 1; 6, 13), dem im Hinblick auf die Stabilität der Gemeinschaft große Bedeutung zukommt. 106 Tobias selbst bringt in seinem Verhalten darüber hinaus den Gehorsam gegenüber seinen Eltern zum Ausdruck (vgl. 5, I). Auch Sarra zeigt in ihrem Verhalten, welch große Bedeutung für sie die Ehrung ihrer Eltern hat (3,10). Im Kontext einer Entfaltung des Inhaltes der btxatoOUVT] sind darüber hinaus aber auch die Redepartien 107 relevant, in denen folgende Werte als konstitutiver und integraler Bestandteil der Paränese bzw. als Handlungsanleitung erscheinen: -die Barmherzigkeit mit den Bedürftigen (4,7-1 1.16f; I2,8; I4,9.II) 1 0 8 , true religion is centered in the heart and home, in the day-to-day faith and pious living of the families of Tobit and Raguel (I, I 6 - I 7; 4,3 - I 9; I 2,6 - I 4). Feeding the hungry, clothing the ruked, giving the condemned a decent burial, preserving dutiful and loving relationships bctwcen parents and children - these are the author's primary concerns.• r o r. Zur Endogamie Bou:/Nickt·lsburg, Patriarchy, 133; ]. Camberom, Das •Gesetz des Mose• im Buch Tobias, in: G. Braulik u. a. (Hg.), Studien wm Pentateuch. Walter Kornfeld zum 6o. Geburtstag, Wien/heiburg i. Br./Bascl I 977, 227-242, 228; D. McCracken, Narr.uion and Comedy in the Book of Tobit, in: JBL I 14 (1995), 40I-4I8, hier: 41}; Moore, Tobit, 41 .229 - 3 z, Oeming, Ethik, 170; Ego, Heimat, 278 f. Zu dem der Tobiterzählung eigenen spezifischen Ehekonzept s. jet7.t auch Fitzmyer, CEJL, 48: ·The new element is the idea that the marriage of thc two young peoplc has been foreseen by God's providence and so their joining together is heaven-blest•; vgl. 6, I 3· I 8; 7, I 1. I 02. Zum Bestatten der Toten vgl. Bow!Nickelsburp.,, Patriarchy, I p; Oeming, Ethik, I 7 I. I o 3· Zum BC?ug auf das Gesetz des Mose vgl. I ,8 (f, ; 6,1 3; 7, I 1. Il; vgl. hier7.u Cambcrom, Gesell., uR ff. I04. So z . B. die Todesstrafe in 6,I 3· Auch enthält der Pentateuch nicht explizit das Gebot der Endogamie; dieses ist höchstens aus den Erzelterner7.ählungen abzuleiten (vgl. Gen 24,3 f; 2R, I f) oder als relativ freie Interpretation von Num 36,6- 9 zu verstehen. IOj. Hierzu Levine, Tcaching Jews, 44; Niebuhr, Geset7. und Paränese, 203-206; Ders., Tora ohne Tempel, 438 f. Io6. Zum Ganzen Ego, Heimat, 278 f. I07. Vgl. hierzu Niebuhr, Gesetz und Paräncse, 203-206; Oeming, Ethik, I68. ION. Bow!Ntckelsburg, Patriarchy I32; Oeming, Ethik, I70.

    - Bruderliebe (4, IJ), - die Bestattung der Toten, spez. der Eltern (4,3 f; 14,12 f;)' 09 , - die Heirat mit einer Frau aus dem eigenen Volk {4,12f; 6,12.16; 7,13) 110, - und die Ehrung der Eltern (4,3). ''' Vergleicht man die Handlungs- und Redeelemente miteinander, so wird deutlich, dass diese Panien eng miteinander verzahnt sind und miteinander korrelieren. Das Beerdigungsgebot weist somit auf Tobits mutigen Einsatz für die Toten zurück; ganz ähnlich korrelien die Barmherzigkeilsforderung dem Handeln Tobits an seinen Volksgenossen. Das Endogamiegebot rekurrien zum einen auf Tobits Heirat mit Anna, zum anderen weist es auch auf die Hochzeit Tobias' und Sarras voraus. Die Ermahnung, eine gute Erziehung zu beweisen und den Rat der Einsichtigen nicht zu verachten, präludienaußerdem das weise Verhalten Tobias', der sich vom weisen Rafael beraten lässt. Die Erzählung illustrien somit die ethischen Anweisungen der Lebenslehre, so dass diese Erzählung geradezu als ,.paradigmatische Ethik-Didaktik• klassifizien werden kann.'" 4· 1.2 Das Leiden des Gerechten und Gottes Rettungshandeln

    Neben dieser Kongruenz von Wort- und Handlungsebene ist aber auch eine Diastase dieser beiden Elemente festzustellen. Wenn es in 4,6 0> 11 heißt: ,.Denn diejenigen, welche die Wahrheit tun, werden Gelingen haben in all ihren Werken• oder in 4,21 (1) 11 formulien wird: ,.Du besitzt viele Güter, wenn du Gott fürchtest und vor jeder Sünde fliehst und das Gute tust vor dem Herrn, deinem Gott• (ähnlich auch 0> 1), so verkündet Tobit einerseits seinem Sohn die Korrelation von Tun und Ergehen;'' 3 er selbst scheint andererseits in seinem Leiden "-4 aber geradezu ein Exempel für die Falsifizierung dieser Tatsache darzustellen. Die Ironie der Wone Tobits wird durch die vorliegende Situation evident. Tobit befiehlt seinem Sohn, so zu handeln, wie er selbst handelte, und er verspricht ihm, dass Gott eine solche Frömmigkeit belohnen wird. Von der momentanen Lage ausgehend und von Tobits eigenem Befinden her freilich hat Gott ihm seine Frömmigkeit nicht vergolten, und seine Taten der Barmherzigkeit können ihn, so hat es den Anschein, nicht vor einem frühen Tod bewahren. Dieser Sachverhalt wird in dem Streit zwischen Tobit und seiner Frau deutlich anikulien, durchzieht aber aufgrundseiner Evidenz die gesamte Erzählung. I09. I IO. I 11. I 12. I I 3· I I4.

    Zur Bestattung der Toten vgl. Anm. Ioz oben. Zur Endogamie vgl. Anm. IOI oben. Hierzu Oeming, Ethik, 169, Rabenau, Studien, 32-38. Oeming, Ethik, 171. Zur Korrelation von Tun und Ergehens. a. 4, 1.4 (f)I und I 2,7·9.10 in der Rede des Engels. Ygl. zu diesem Aspekt des ungerechten Leidens auch die Ausführungen von). C. H. Lebram, Jüdische Martyrologie und Weisheitsüberlieferung, in: J. W. van Henten (Hg.), Die Entstehung der jüdischen Martyrologie, StPB 38, Leiden I989, 88-126, der dieses Motiv als Theologisierung profaner Weisheitserzählungen deuten möchte, bei denen die Rettung nicht direkt aufgrund göttlichen Eingreifens erfolgt, sondern aufgrund der Weisheit des Protagonisten, die dieser im sozialen Umgang zeigt. •Aus der Lehrerzählung, die den Nutzen der praktischen Lebensweisheit zeigt, ist eine Geschichte vom Leiden des unschuldigen Gerechten geworden. Das Thema ist immer die Gerechtigkeit Gottes, der die Seinen leiden läßt• (I I o).

    Ganz entsprechend wirkt auch das Geschick Sarras; auch sie ist, wie sie in ihrem Bingebet beteuert, unschuldig und wird dennoch von dem Dämon heimgesucht und den spottenden Mägden verhöhnt. 1 11 Dass aber Gon schliemich doch den Gerechten belohnt und den Frevler bestraft - diese Lebenslehre der Weisheit, die zunächst prinzipiell in Frage zu stehen scheint-, wird dann im Verlauf der Erzählung selbst bestätigt: Tobit wird wieder gesund, er erhält das ihm zustehende Geld, sein Sohn heiratet nach seinem Wunsche eine Frau aus seiner Sippe, er erlangt ein hohes Alter und darf schließlich sogar noch seine Enkel sehen. 116 Auch an der frommen Sarra erfüllt sich letztendlich die Vorstellung einer gerechten Entsprechung von Tun und Ergehen, da sie schließlich von Asmodäus befreit wird und Tobias heiraten kann. Wenn Tobit am Ende seines Lebens in seinem Testament wieder mit allem Nachdruck auf die Bedeutung von OtxmoouVTJ und EI~.ElJJ.lOoUVTJ hinweist ( 14,8 f) " 7 , liegt im Gegensatz zur ersten Lebenslehre eine Kongruenz zwischen Paränese und Handlungsebene vor. Unmittelbar im Anschluss daran rekurriert Tobit auf die Achikargeschichte, so dass die zentrale Funktion dieser Erzählung im Tobitbuch deutlich wird: Achikar fungiert als Exempel für Gottes vergeltendes Handeln und für die Geltung des Tun-Ergehens-Zusammenhangs. 1 1 8 Am Ende der Erzählung wird auch die Wahrheit der Paränese Tobits an seinen Sohn offensichtlich; auf einem langen und leidensvollen Weg bestätigt sich für Tobit wie auch für Achikar eine Ordnung der Welt, die letztendlich in Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit ihren eigentlichen Grund und ihre Basis hat. Gerade für die Tobiterzählung bezeichnend ist in diesem Zusammenhang die komplexe Kette von Ereignissen, die hier entfaltet und verschränkt werden. Was auf literarischer Ebene als Ineinanderverwobensein von verschiedenen Erzählsträngen beschrieben werden kann 119, spiegelt Gottes Fürsorge und Vorsehung wider: ·Moreover, Tobias' marriage to Sarah solves the problern of her widowhood, and conversely her widowhood makes her available tobe the kind of wife that Tobit had admonished Tobias to seek (4: 12-13). Furthermore, the possibility of Tobias' finding Sarah was provided by the money that Tobit had deposited in Rages, by the circumstances which had madc it impossible for him to collect it, and by his death-wish which had Iead him to remernher the money and send Tobias off in search of it. Through the interweaving of these plots and the construction of this complex chain of events, our author expounds a view of a God who carefully orchestrates the events of history, working them to his own gracious ends.« 120

    S· Zum Leiden im Tobitbuch vgl. ferner Moore, Tobit, 32. NJcke/sburg, Tobit, 41. 1 17. Vgl. auch das Diktum des Engels in 12,9-1 o. 118. Zu Achikar vgl. Anm. 74 oben. 1 19. Siehe die Ausführungen oben. 120. Nickelsburg, Tobit, .p; s.a. Bow!Nicke/sburg, Patriarchy, 11

    116.

    132.

    4.z

    Engel und Dämon in der Tobiterzählung

    Im Kontext der Vorstellung eines sorgenden, rettenden und heilenden Gottes spielt in dieser Erzählung der Engel Rafael eine wichtige Rolle. Gottes Hilfe und Gottes Mitsein wird in der Gestalt dieses Engels verkörpert, der Tobias auf seiner Reise begleitet. •Rafael- Gott heilt• und •Asarja- Gott hilft• sind die beiden zentralen Botschaften, die in dieser Gestalt personifiziert werden. Geradezu ironisch klingt es, wenn der alte Tobit seinem Sohn und dessen Begleiter den Wunsch mit auf den Weg gibt, dass Gottes Engel seinen Weg begleiten und beschützen möge (5.17). Mit einem entsprechenden literarischen Mittel arbeitet der Erzähler auch in 5,21, wenn der greise Tobit seine besorgte Frau damit tröstet, dass ein guter Engel ihr Kind auf seiner Reise begleite. Mit diesem Motiv wird an die alttestamentliche Vorstellung vom Reisebegleiter und Schutzengel angeknüpft, wie sie vor allem in der Erzählung von Isaaks Brautwerbung anklingt (Gen 24,7·40) bzw. bei der Wüstenwanderung (Ex lJ,lO.lJ; 33,2; Num 20,16; vgl. ferner Ps 91,11 ff) 11 ' . Wenn Rafael am Ende der Erzählung bei seiner Selbstvorstellung sagt, dass er zu den sieben Engeln gehöre, die vor die Herrlichkeit des Herrn hintreten ( ll, 15), so scheint dies auf eine weitere zentrale alttestamentliche Engelsvorstellung zu verweisen, nämlich auf das Motiv eines himmlischen Rates bzw. himmlischen Hofstaatesd. h. auf eine Gruppe von Wesen, die Gott preisend umgeben und ihm beratend zur Seite stehen können.'" Freilich zeigen sich an dieser Stelle auch ganz spezifische Unterschiede zur früheren biblischen Überlieferung. So deutet sich - ebenso wie in der Henochliteratur"J- eine gewisse Hierarchisierung der Engelswelt an, da diese Engel als eine besondere Gruppe hervorgehoben werden; darüber hinaus werden die Wesen des himmlischen Hofstaates in der biblischen Überlieferung zudem nicht namentlich benannt. Auffällig ist auch, dass hier der für die Wesen dieser Engelsversammlung der zunächst eher untypische Terminus ayyEJ..oc; erscheint, der dem hebräischen 1K?tl entspricht. Dieser Begriff bezeichnet in der biblischen Überlieferung vornehmlich unabhängig von der Thronratsvorstellung den Boten Gottes, der Menschen in 121. Zum Engel als Reisebegleiter M. Mach, Entwicklungsstadien des jüdischen Engelglaubens in vorrabbinischer Zeit, TSAJ 34, Tübingen 1992, 144; Hu.g, Tradition, 38. l l l . Vgl. u. a. 1Kön 22,19ff; )es 6,3 f; vgl. zum Ganzen Mach, Engelglaube, 16-36; H. D. Neef, Gottes himmlischer Thronrat. Hintergrund und Bedeutung von söd JHWH im Alten Testament, Arbeiten zu Theologie 79, Stuttgan 1994. 123. So ist in grHen 20,7 sowie in äthHen 81,5; 90,21; 87,2 f, ebenfalls von sieben Engelwesen die Rede; älter ist wohl die Vorstellung von vier Engeln (vgl. äthHen 9,1; 40,2 f.9 ). Der uns heute für diese Gruppe geläufige Terminus Erzengel, der auf griech. &.QxayyEI..o; bzw. lat. archangelus zurückgeht, erscheint erstmals in grHen 9B,1.4; 20,7; 2oB,7. Diese Engel, denen einst bei der Durchsetzung der Gottesherrschaft und beim Gericht eine bedeutende Aufgabe zukommen wird (äthHen 9,1 ff), sind gleichzeitig für die Gegenwart jeweils mit spezifischen Aufgaben und Bereichen betraut: Wie in der Tobitgeschichte ist Rafael über die Heilungen gesetzt (40,9) bzw. über die Geister der Menschen (20,3; vgl. 2l,J); Michael gilt als der Engelisraels (zo,s), Gabriel steht allen Kräften vor (40,9) bzw. ist über das Paradies, die Schlangen und die Kerubengesetzt (2o,7), und Fanuel ist über die Buße und Hoffnung derer gesetzt, die das ewige Leben erben (40,9). Vgl. hierzu G. W. E. Nickelsburg, 1 Enoch 1. A Commentary on the Book of 1 He noch, Chapters 1-36; 81-108, Hermeneia, Minneapolis 2001, 107.

    menschlicher Gestalt erscheint und diesen den Willen Gottes übermittelt" 4 . Ganz deutlich wird hier, wie in der Spätzeit der alttestamentlichen Traditionsbildung sich verschiedene Vorstellungen von himmlischen Wesen bzw. von Gottesboten miteinander verbinden können. ''I Rafael fungiert darüber hinaus in der Tobiterzählung als Gebetsmittier, wenn er ·das Gedächtnis des Gebets vor die Herrlichkeit des Herrn< bringt ( 12,1 2 (fl 11 , s. a. (fl 1 und 12,1 5 11 ; ähnlich (f> 1), so wird deutlich, dass das Gotteslob als integraler Bestandteil dieses gerechten Verhaltens anzusehen ist.' J 6 Dementsprechend weist Tobit in der Lebenslehre 4,19 seinen Sohn an, Gott zu preisen, und auch der Engel fordert- wie oben bereits erwähnt- bei seiner Abschiedsrede zum Lobpreis Gottes auf. Ja, selbst die Bittgebete, gesprochen in der Situation der Anfechtung, enthalten immer wieder Lobpreisungen (3,2.1 1; 8, 5), so dass deutlich wird, dass Tobit, Tobias und Sarra selbst in der größten Not Gottes Barmherzigkeit und Gerechtigkeit loben. Preisgebete bilden aber auch eine eigenständige Gattung in der Erzählung: Nach der wunderbaren Verschonung Tobias' stimmen Raguel und die Seinen einen Lobpreis auf das Erbarmen Gottes an (8, 15 -17). Schliel~lich spricht auch der greise Tobit im Anschluss an das Wiedersehen mit seinem Sohn sowie an seine Heilung ein kurzes Gebet ( 11,14 f), in dem er Gottes Erbarmen preist. Auch die erste Begegnung mit der Schwiegertochter Sarra mündet in einen kurzen Lobpreis Gottes, der dieses Mädchen in das Haus Tobits führte (11,17). Bezeichnend in diesem Zusammenhang ist darüber hinaus die Reaktion auf die Offenbarung Rafaels: •Und sie priesen und lobsangen Gott und dankten ihm für diese seine großen Werke• ( 12,22 (ij 11 ; s. a. m1). Eindrücklichster Beleg für die Relevanz der Gebete ist schließlich der große Hymnus des Tobit am Ende der Erzählung, in dem Tobit Gottes Rettungshandeln preist und gleichzeitig seiner Hoffnung auf die herrliche Erbauung Jerusalems Ausdruck gibt.' }l Durch den Bezug zwischen dem anfänglichen Bittgebet und dem Hymnus wird die Figur des Tobit geradezu paradigmatisch für die Bewegung von der Not zur Freude' J~, die ihren Grund in Gottes Heilungs- und Rettungshandeln hat, mit dem er den Gebeten der Menschen antwortet. Das Gotteslob dient so letztendlich als Medium der Sinnstiftung, in dem eine auf Transzendenz verweisende Kohärenz der Kontingenz des Geschehens eingestiftet wird.

    q6. Auf diesen Aspekt verweist v.a. Engel, Tobit, 254f; Ders., Auf zuverlässigen Wegen, 92 ff.

    137. Vgl. auch 14,7. Zu den Gebeten im Tobitbuch vgl. u.a. Moore, Tobit, 30; G. Mayer, Diefunktion der Gebete in den alttestamentlichen Apokryphen, in: W. Dietrich (Hg.), Theokratia 2. Festgabe für K.H. Rengstorf zum 70. Geburtstag, Leiden 1973, 16-zs, hier: 19.24; Fluss er, Psalms, sss- 556; Fitzmyer, CEJL, 47; spez. zu den Beziehungen zwischen den Gebeten in Struktur und Vokabular vgl. Bow!Nickelsburg, Patriarchy, 129. 138. Nickelsburg, Tobit, 44: • The figure ofTobit is paradigmatic in his movement from despair (or rather a vacillation between despair and faith) to doxology. The author addresses the Tobits of his own time, assuring them of God's gracious presence and activity, and calling them to doxology and to repentance and the pious life.•

    4·4 Die Volksperspektive der Erzählung und die Hoffnung auf Erlösung

    Es wäre aber verkürzt, im Hinblick auf die Tobiterzählung nur in Kategorien einer Paränese des Einzelnen bzw. einer individuellen Familienfrömmigkeit zu argumentieren. Entscheidend für eine Gesamtinterpretation dieses Werkes ist vielmehr, die der Erzählung implizite Volksperspektive einzubeziehen. Signifikant in diesem Zusammenhang ist bereits die Buchüberschrift 1,1, in der Tobit mittels einer Genealogie als wahrer Naftalite und damit als wahrer Israelit ausgewiesen wird.'39 Zentrale Aspekte der Geschichte des gesamten Volkes erscheinen dann in komprimierter Form in der sich anschließenden Notiz von der Wegführung aus seiner Heimatstadt Thisbe in Tob 1,1 und in der Biographie Tob 1,3 ff: Als Tobit noch klein ist, fällt sein Stamm Naftali vom Haus Davids und der auserwählten Stadt Jerusalem ab; der erwachsen gewordene Tobit wird durch die Assyrer unter Salmanassar nach Ninive deportiert. Wenn man sich vor Augen hält, dass Tobit amEndeseines Lebens auf die Zerstörung Ninives und das Babylonische Exil verweist, so wird deutlich, dass der Verfasser des Tobitbuches die Hauptfigur seines Werkes in seinem 111 Jahre dauernden Leben wichtige Ereignisse der Volksgeschichte aus mehr als drei Jahrhunderten miterleben lässt und sein Leben in diese Ereignisse einbettet. 140 Von ganz besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die jüdisch-jerusalemische Orientierung des Autors' 4 ': Explizit ist die Rede von David als seinem Vater (1,4 t!> 11 ) sowie von der regelmäßigen Wallfahrt nach Jerusalem, bei der Tobit zusammen mit seinen Brüdern entsprechend dem Gesetz des Mose den Zehnten darbringt (1,6-8). Während die Kultusmotivik im weiteren Verlauf der Handlung keine Rolle mehr spielt und erst im großen Hymnus des Tobit in Kap. 13 wieder aufgenommen wird, lässt sich die •jüdische• Perspektive durch die gesamte Erzählung hindurch verfolgen: Insbesondere sei hier auf das Motiv der Endogamie und die Beachtung der Speisegebote (1,10) verwiesen sowie auf die materielle Versorgung (1,1 ff) und Bestattung ( 1, 17.18) der Volksgenossen. Tobits eigenes Schicksal und das seines Volkes durchdringen sich: Im Bittgebet Tobits wird in J,J-4 durch die Anspielung auf Dtn 18,37• 1 Kön 9,7 und Jer 14,9 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sich die dort ausgesprochenen Drohungen, dass Israel unter den Völkern Spott und Hohn erfahren wird, erfüllt haben. Zeigen Tob 1,10-14 Tobit als den Gerechten, der unverschuldet Leid erfährt, wird die Situation Tobits in dessen Bittgebet von einer anderen Perspektive beleuchtet. Denn hier macht Tobit- elend, im Exil und von Blindheit geschlagen- deutlich, dass sein Schicksal mit dem seines Volkes aufs engste verbunden ist: Das, was ihm geschehen ist, ist nach diesen Worten wegen seiner Sünde und der Sünde seiner Väter über ihn gekommen (J,J-s). Auch die zahlreichen intertextuellen Bezüge und Anspielungen auf die Vätererzählungen der Genesis sind in diesem Zusammenhang zu interpretieren: Wenn die 139. Deselaers, Studien, z.St.; Ders., Schriftlesung, 34·

    Engel, Tobit, 2p; Ders., Auf zuverlässigen Wegen, 84; vgl. zu diesem Aspekt auch]. Craghan, Esther, Judith, Tobit, Jonah, Ruth, Old Testament Message 16, Wilmington, Dei. 140.

    1982, 127-16J, IJ4. 141. Vgl. hierzu

    Engel, Tobit,

    251.

    Tobiterzählung auch nicht eindeutig auf ein ganz spezifisches Handlungsmuster zurückgeführt werden kann, so wird durch die Erzählweise als solche mit ihren zahlreichen Referenzen auf die Väterzeit zunächst doch einmal deutlich gemacht, dass Tobit und seine Familie Teil dieser Welt der Väter sind und dass sie an deren Handlungsweise partizipieren. Aufgezeigt wird die Korrespondenz zwischen der Welt der biblischen Erzählung und der Welt des Exils: "When read as part of a developing narrative sequence, in fact, Tobit's progressive echoing of Genesis and then Deuteronomy evokes the entirety of pemateuchal history- almost as if to enclose the experiences of Tobit within pentateuchal bookends.« ' 41 Durch die intertextuellen Anspielungen auf die Genesiserzählungen wird darüber hinaus deutlich gemacht, dass auch eine Existenz außerhalb des Landes Israel in der unmittelbaren Führung Gottes möglich ist. Gottes Gegenwart bei seinem Volk ist somit nicht auf das Land Israel begrenzt, sondern hat vielmehr universalen Charakter. ' 4 3 Ganz klar tritt der volksgeschichtliche Aspekt dann am Ende der Erzählung im Hymnus Tobits noch einmal in den Blick, wenn mit der Hoffnung auf die Erbauung Jerusalems und auf die Rückführung Israels eschatologische Hoffnungen des gesamten Volkes artikuliert werden.' 44 Im Lichte seiner Heilung preist Tobit Gott als den Retter ganz Israels. Signifikant erscheint hier die Parallelität zwischen Tob 13,2 und Tob 13,5: Während die Aussage in V. 2: »denn er züchtigt und ist gnädig, er führt hinab in die Unterwelt unter der Erde und er führt wieder heraus aus dem größten Verderben« ( 11 ; ähnlich (fJ 1) im Kontext der gesamten Erzählung als Zusammenfassung und Interpretation der persönlichen Gotteserfahrung Tobits verstanden werden kann, folgt in V. 5 eindeutig die Wendung ins Kollektive, wenn es nun heißt: »Er wird euch wegen eurer Ungerechtigkeit züchtigen und er wird sich euer aller erbarmen unter allen Völkern, unter denen ihr zerstreut seid ( 31.1-H, I

    )0,2- 3 )1,1-H.I

    )0,1-4 31.1- H·2

    )5,1-·1).6 44,1-2 44( 14).344(30),1 44( 14).344(21),\ 44(22),144(16),4 44(27). 144(29).6 ( 1,1-1 0,2) 44(30), 1

    31.1-43·6 44,1-2 44( 14).344(30),1 H(14),344(21),1 44(22),144(26),4 44(27),144(29).6 ( 1,1-10,1) H(JO),l

    )5,1-43-l 44,1-4

    41(31 ), 1-4 4!(32 ),1 - 2 46,1-47.1

    41(31),1-4 4\(Jl),l-2 46,1-47.1

    46,1-47.1

    48,1-)

    48,1-3

    41-46

    ( 1,1-IO,l)

    4),1- 3

    47( 38),2 47(39).3 48(40), 14H(.p),2

    47(38),1 47(39).3 48(40),148(42),1

    48

    48(.j2),3- 8

    48(42),3 -S

    49,1-)0,3

    49 - 10

    II (43), 1- 3

    ! 1(43),1 - 4

    p,l-3

    46-47

    48,4-6

    rv,.,

    l!>d und Begräbnu Sterbestunde und Tod Evas lkerdigung E' as

    Xl.li,JXLII,8 XLIII, 1- 4

    Umstritten ist, ob sich eines der in der patristischen Literatur 7 erwähnten Adambücher mit einer (Variante) unserer hier zu besprechenden Schriften deckt; der in 7· Vgl. dit· Erwähnun!( eines Adambuches bei Epiphanius, Panarion 26,8, eines Apocrvphon Adami in Const. Apostol. 6,16,3, sowie einer Dc paenitcntia Adac betitelten Schrift aus dem Denetum Gelasianum; E. v. Dobschütz, Das Decrctum Gclasianum de libris recipiendis ct non recipiendis in kritischem Text herausgegeben und untersucht, TU J8,4, Leipzig 1912, 304, identifiziert diese Schrift mit unseren Adambüchern. - Nicht hierher geh6rig sind die Aussagen über das Buch Adams in bBM 8sb-86a, das u.a. die jeweils letzten Autoren der Mischna und die letzten ·l..:hrc:r der Entst:heidunw· benennt.

    q6

    den Apostolischen Konstitutionen erhobene Vorwurf, diese Apokryphen seien 01.0ßaJ..A.ovTE; 011~.uougyiav, yaJ.LOV, ngovmav, TExvoyovi.av, VOJ.LOV, ngocprrm;, trifft in keinem Punkte wirklich auf unsere Adamschriften zu, wenngleich die Sonderstellung Seths sowie in VitAd die Perikope über den Fall Satans und die Einführung der zweiten Belehrung Adams anSethAnlaß zur Frage nach der •Rechtgläubigkeit« der genannten Schriften in der Großkirche bieten können.

    1.2

    Text und Bezeugung Die Bezeugung der ApkMos 8

    1.2.1

    = Codex Andros, !es Hagias IJ, XVII. Jhdt., F. I70r-I8ov. = Codex Ankara, Societed'Histoire Turque 6o, XVI.jhdt., P·4J-76 (Av' = cc. I aXVI1,2; Av" XIV,J bis Ende). 'At/ AO = Codex Athen, Nationalbibliothek, 286, aus dem Jahr 15 I 8, F. I nv-1 36v. AC = Codex Athos (Berg-), Costamoni 14, XV. Jhdt., p. 22l-2J7· AD = Codex Athos (Berg-), Dochiariou 114, XVI. Jhdt., F. IOJV-104V. AV Codex Athos (Berg-), Varopedi 422, XIII. Jhdt., F. 13v- 2ov. BQ Codex Brescia, Biblioteca Queriniana A III J, XVI. Jhdt., F. IOJV-I07r; J' = Codex Jerusalem, Bibliothek des griech.-orth. Patriarchats: St. Sebastian 418, XIV.Jhdt., IJ7V-144V; J1 Codexjerusalem, Bibliothek des griech.-orth. Patriarchats: Sainte-Croix 69, XV.Jhdt., 168v-182r; J1 Codexjerusalem, Bibliothek des griech.-orth. Patriarchats: Sainte-Croix 58, XVI. Jhdt., F. 28r-49r; D = Codex Mailand, Biblioteca Ambrosiana C 237 Inf., XI. jhdt., F. 78v84r; P = Codex Montpellier, Ecole de Medecine H 405, XV. Jhdt., F. 49r-6ov; Pa = Codex Paris, Bibliotheque Nationale, fonds grec 395, XV.-XVI. Jhdt., F. !26V-IJIV; Codex Paris, Bibliotheque Nationale, fonds grec 13 I 3, XV. jhdt., F. I 8rE' pr; P' Codex Patmos, Kloster vom Hl. Johannes 477, XVI.jhdt., F. 344v- 351r; pz Codex Patmos, Kloster vom Hl. johannes 672, XVI. Jhdt., F. z6r- 37r; S' Codex Sinai (Berg -), Katharinen-Kloster, graec. 530, XV. Jhdt., F. 207V215v; SI Codex Sinai (Berg-), Katharinen-Kloster, graec. I937• XVII. jhdt., F. zr ss.; St = Codex Strasbourg, Bibliotheque Nationale et Universitaire I913, XIII. jhdt., F. 68r-76v; Va Codex Vatikan, gr. 1192, XV. jhdt., F. 9r-15v; A Codex Venedig, Bibliothek S. Marco II 42, XIII. Jhdt., F. 49r- pv;

    AH Av"

    =

    8. Nach M. Nagel, La Vie grecque d' Adam et Eve (Apocalypse de Moise) t. 1,1, L'Histoire du Texte, Oberbronn 1972, S. Xf., oben mit leicht verdeutlichender Umstellung der Zeugen.

    157

    B C

    Is

    S'

    Codex Wien, Nationalbibliothek, Theol. graec. 247, XIV. Jhdt., F. }IOv}t!!r; Codex Wien, Nationalbibliothek, Hist. graec. 67, XIII. Jhdt., F. 4r-8v, 16r-17Y; Codex Istanbul, Metoque du Saint Sepukre 586, XV. Jhdt., F. 2 59v-286r; Codex Sinai (Berg-), Katharinen-Kloster 1936, XVII. Jhdt., F. t84rI93r.

    Handschriften der Apk Mos und ihre Sigla Manuskript Venedig, Bib. Mare. gr. II 41 Wien, Natbibl. th. gr. 147 Wien, Natbibl. hist. gr. 67 Milano, Bibi. Ambr. C237 inf Paris, BN gr 1313 Montpellier, Ecol. Mcd. H405 Andros, Hagias 13 Jerusalem, Mar Saba 418 Jerusalem, Holy Cross 69 Jerusalem, Holy Cross 58 Ankara, Soc. hist. tur. 6o Athen, Nat. Bib. 286 Patmos, St. John 447 Patmos, St. John 672 Paris, BN grec 395 Brescia, Bib. Quer. A I I I 3 Vatican, Bib. apos. gr. 1 192 Strasbuurg, B NU 191 3 Athos, Costamoni 14 Sinai, St. Cath. gr. 19 36 Athos, Varopcdi 422 Sinai, St. Cath. gr. 1937 Athos, Dochiariou 114 lstanbul, St. Scpul. 586 Sinai, St. Cath. gr. 530

    Tischendorf A

    Sharpe AI

    c

    c

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    c

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    D EI E' AH

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    HandKhrzften-Gruppen Nagel Familie/Gruppe I Familie/Gruppe II Familie/Gruppe III

    q8

    D St AV Av" (t4,3-43.5) Pa AH BA AC At C Va P 1 P' Av' (von Titel- 17,1) BQ S 1 J I EI ADE' S'

    s;

    Sharpe [gemäß Kennzeichnung der Zeugen bei Nagel] A AAC D DStAtAVAv'P' C E 1 E'BQ F VaP 1 B kann nicht klassifiziert werden Bertrand [gemäß Kennzeichnung der Zeugen bei Nagel] Familie I Familie II Familie III

    D St AV ... (wie Nagel) wie Nagel ... wie Nagel (doch ohne s• Sl am Ende)

    Hinsichtlich des Quellenbestandes ergibt sich gegenwärtig, daß von 2 5 gesicherten Handschriften ausgegangen werden kann, eine weitere erlaubt lediglich Rückschlüsse.9 Dieser eruierte Bestand, dessen Aufarbeitung bis 1972 Marcel Nagel in seiner Strasbourger Dissertation vorlegte, läßt auf den Werdegang der HSS-Erschließung für ApkMos zurückblicken. C. Tischendorf konnte für seine Ausgabe 1866 lediglich vier HSS henut7.en (A B C D), wobei ihm D wegen starker Auslassung im Text nahezu ohne Belang war. Er stützte seine Edition wesentlich auf A und C.' 0 C. Fuchs fügte dem Bestand von Tischendorf die HSS E 1 und P der Textgrundlage seiner eigenen Übersetzung (I 900) hinzu, 11 während J. L. Sharpe darüber hinaus zehn weitere (von inzwischen bekannten 23) HSS in seiner Dissertation auswerten konnte." Auf Nagels Bearbeitung des Quellenbestandes greift - in kritischer Bezugnahme - D. A. Benrand unter ausdrücklicher Heranziehung von 21 HSS für seine Übersetzung zurück, 13 zumalkeine der bisher vorliegenden Übersetzungen auch nur annähernd Nagels solide Textgrundlage berücksichtigen konnte oder wollte. Hier können einige Beispiele genügen: Die Übersetzung von C. Fuchs beruht trotz differenzierterer Gewichtung der HSS vornehmlich auf Tischendorfs Textgrundlage, die A. M. Ceriani für den ZeugenD auf eine festere Grundlage stellte.14 Auf dieser Grundlage beruhen auch die Übersetzungen von L.S.A. Wells 1s und P. Rießler, 16 während M. D. Johnson deutlich an Sharpes in seiner Dissertation 9· Nagel, t. 1,2, S. VIII, Anm.4o. 10. Tischendorf, Apocalypses Apocryphae Mosis, Esdrae, Pauli, Ioannis, item Mariae dormitio, Leipzig 1866. Die Angabe von Stone, History, Table 2, daß T. sechs HSS benutzt habe, ist nicht nachzuweisen. 11. C. Fuchs, Leben Adams und Evas, APAT 2, Tübingen 1900, so6-p8. Il. }. L. Sharpe, Prolegomena to the Establishment of the Critical Text of the Greek Apocalypsc of Moses, Part. I. li, Phil. Diss. Duke University 1969; vgl. dort Part I, S. Illf. Hff.JO. Il4ff.I6J-I84.I8sff.; Part. II. IJ. D. A. Bertrand, La Vie Grecque d' Adam et Eve. lntroduction, Texte, Traduction et Commentairc, Recherehes lntertestamentaires 1, Paris 1987. 14. A. M. Ceriani, in: Monumenta sacra et profana, t. V, Opuscula et fragmenta miscella magnam partem apocrypha, Mailand 1868, 21-24. 1 s. /.. S. A. Wel/s, The Books of Adam and Eve, in: The Apocrypha and Pseudepigrapha of thc Old Testament, ed. R. H. Charles, Oxford '9'3· Vol. II., llJ-1 54· r 6. !'. Rießler, Altjüdisches Schrifttum außerhalb der Bibel, Augsburg 1928, 138-1 s s (vgl. chd., 1273 f.).

    159

    ~etroffenem Grundentscheid zur Quellenfrage seine ei~ene Übersetzun~ ausrichtet, damit aber weithin zur Ausgabe Tischendorfs zurückkehrt. 1 Erst durch die von M. Nagel bewältigte Sammlung, Sichtung und Aufbereitung des HSS-Befundes ist es möglich, Übersetzungen von ApkMos auf eine breite Textgrundlage zu stellen und darüber hinaus die einzelne handschriftliche Bezeugung in erheblichem MaHe zu klassifizieren und im einzelnen zu bestimmen. Nagel nimmt folgende Textfamilien an 1 x, die zunächst kurz ,·orgestellt und dann im Hinblick auf die in JSHRZ Il/ 5 vorgelegte Übersetzung im Überblick erläutert werden.

    Familie (Textform) I: Diese ist in sich zu differenzieren in: I: D St AV Av [= Av", Kap. XIV, 3 bis XLIII,s] Pa AH B; I': A AC At l= AO] C. Die- auch in der Edition- nach ·Textwert< geordnete Abfolge ist mehrfach weiter zu differenzieren: 1) Die tragenden HSS in Familie I sind D St AV A; 2) Av gehört nur als Av" (von Kap. XIV,J-XLIII,s) zur Familie I, während Av' (Kap. lXVII,2) zur Familie III gehört; 3) Es bedarf einer kurzen Charakterisierung der wichtigsten HSS, um Familie I würdigen zu können. Familie (Textform) II: Va P 1 • I) Auch diese Familie ist zu differenzieren; 2) Der Bezug zu Familie I über den Strang I' ist deutlich; 3) Ihr steht die slavische Version nahe, so daß eine (gewisse) Abhängigkeit von Va P 1 behauptet werden darf; 4) ohne Familie li sind auch die lateinische und georgische Rezension nicht zu greifen, obwohl sie in den Zusammenhan~ von Familie I' ~ehören. Familie (Textform) III 19: Diese ist unter Berücksichtigung enger zusammengehörender HSS dreifach zu differenzieren: a) P' p A v' [ Is ]; b) BQ sI ; c) J I EI s} [als Kopie von S'J AD P [S']. I) Die Familie III leitet sich ebenfalls von bmilie I ab, aber nicht über den Strang I'; 2) Sie hat keine Verbindung zu Familie II; 3) mit Familie III hängt insgesamt die armenische Version zusammen.

    r

    Somit ergibt sich folgende Skine:

    I

    /

    I'

    I

    li

    +-

    nicht verbunden

    -+

    Ill

    17. M. D.johnson, Lifc oi Adam and Eve, in: Thc Old Testament Pscudepi~rapha, ed.j.H. Charh•s..,·orth, Garden Citv 1985, Vol.ll, 249-295. 1S. Vgl. zum fnlgcnd~n Nagel, 1.1,1 , hcs. XXXIV fi. 19. !60

    Vgl. Nagel, t. 1,1, S. XXXVI u.S. q.ltl.

    Diese Einteilung in Familien macht kurze Angaben zu den verschiedenen Zeugen erforderlich' 0 , bei denen insgesamt ein nicht geringer Bestand an (Schreib-)Fehlern (darunter deutlich auch auf ltazismen beruhende) und Lücken zu konstatieren sind. Zu Familie I: ( 1) D ( 11. Jh.)" ist die wichtigste und beste HS'\ obwohl sie zahlreiche Fehler aufweist und vor allem neben kleineren Auslassungen den Abschnitt Kap. XVIII, I XXXV nicht hat und sowohl Widersprüche als auch Zufügungen erkennen läßt. Ihr sind sicher Rezensionen zuteil geworden, die Erweiterungen wie Auslassungen erklären. Doch die Gewichtung von D in ihrem Grundbestand - letztlich bestätigt durch St - ist nicht infragezustellen. (2) St ( 13. jh.)'J ist eine ebenso sorgfältig geschriebene wie gut erhaltene HS. Die Zahl der Versehen ist gering. Einige wenig gewichtende Änderungen in der Gesamtüberlieferungsphase können den Wert dieser HS nicht mindern. Wo D fehlt, ist St die Grundlage zur Restitution der Textform I. (3) AV ( 13. Jh.)'4 ist gut erhalten, ihre Fehler sind zahlreich, aber nicht gravierend und wohl größtenteils vom (Ab-) Schreiber zu verantworten. Auffallend sind einige wohl bewußte Änderungen'!, die sich über Korrekturen sekundärer Merkmale von D St hinaus' 6 nur teilweise als Weiterführung von D St erklären lassen und vermutungsweise einen Blick in die Textgeschichte freigeben derart, daß es für AV, aber ebenso für D Steinen >Vorfahren• gegeben hat, der mutmaßlich weiter zurückgreifend auf einen Archetyp schließen läßt. Diese drittwichtigste HS für ApkMos gibt die Vermutung zu folgender Skizze:

    Archetyp

    I

    Vorfahre

    /~ AV---D, St (4) Av' 7 . Hier ist nur Av" (von Kap. XIV,J-XLIII,s) als zur Textform I gehörend,

    wie oben angeführt, zu berücksichtigen. Die verschiedenen Fehler lassen sich größtenteils auf Kopisten zurückführen und sind zumeist leicht mit Hilfe der Berührunzo. Insgesamt vgl. die Nachweisungen bei Nagel, t.r, r-z; die Auflistung bei Be'f"t'f"and, La Vic grc:cquc, 41 ff. ist Nagel entnommen. 11. Vgl. Nagel, t. r,r, S. 1; ders., t. 1,z, S.z, Anm. 3: Die HS D umfaßt drei alte Sammlungen verschiedener Texte. ll. Vgl. Nagel, t. 1,1, S. 1-7. lJ. Vgl.Nagel,t.t,t,S.7-1~.

    Nagel, t. zs. ebd., r6ff. z6. cbd., 1 S· 27. Vgl. Nagel, t. 24. Vgl.

    s

    1,1,

    S.

    1,1,

    S.zo-z7.

    1 -10.

    gendieser HS mit Pa und AH erklärbar. Aber verändernde Rezension(en) ist (sind) durchaus zu erkennen. ,H (s) Pa (I s. Jh.) umfalh nur Kap. XIV,J -XXXII,l.. Stellenweise ist der Text besser als in Av", im ganzen aber schlechter. In vorliegender Form repräsentiert er einen relativ späten Zustand. 29 (6) AH ( 17. Jh-)3° ist interessant wegen seiner mutmaßlichen Berührung mit dem Nikodemus-EvangeliumY Seine zahlreichen Fehler beruhen teilweise auf der Vorlage, zumeist aber hat sie der (Ab-) Schreiber hereingebrachtY Als Zwischenbilanz ist festzuhalten: Av" Pa AH sind sicher nicht an sich wichtig zur Rekonstruktion eines ursprünglichen Textes, doch bleiben diese HSS nahe am •originalen Ton• (Nagel), sie bestätigen oder korrigieren (nicht nur) gelegentlich die zentralen genannten HSS der Familie (Textform) I.H (7) B ( 14. Jh.) 34 bietet methodisch den Text der Revision der Familie (Textform) I. Mit dieser HS können in Einzelfällen Stellen in den HSS dieser Familie erschlossen werden, aber insgesamt ist der Zeuge B nur mit Zurückhaltung heranzuziehen.Jl (8) Die HSS-Gruppe, die Familie I' repräsentiert: A AC At [= A8] C. Darunter weist die HS A auf eine sehr alte Texttradition (3. Jh. und vielleicht noch älter). Sie nimmt eine .Schlüsselposition• ein und ist in ihrer Bedeutung der HS AV vergleichbar.J6- Dagegen bietet AC einen zwar mit A vergleichbaren, aber weitaus schlechteren TextP, während At [in der Edition Afl] vielfach ganz alte Textformen der Gruppe I' bewahrt hat und mehrfach den Rang von Codex A' erlangt. 38 Die HS C ist von geringerer Bedeutung, jedenfalls hat sie keinen eigenständigen Wert für die Erarbeitung eines ursprünglichen Textes.J 9 Dennoch erlauben die unter (8) angeführten HSS das Urteil, daß sie Kennzeichen einer eigenen Gruppe (I') innerhalb von Familie (Textform) I tragen. 40 Diese HSS gehen mit Gruppe I auf den gleichen (griechischen) Archetyp zurück: •le texte A-AC-At-C depend de ('original grec dont proviennent tous les autres manuscrits;

    28. ebd., 25. Nagels Eruierun~ erlaubt, in Av" zwar keinen eigenen Wert als Textzeugen zu sehen, wohl aber einen indirekten und darin beachtenswerten, wie die Edition bestätigt. 29. Vgl. Nagel, t. 1,1, S. 27- 33 · Im Text finde1 sich ein Hinwcis aui (Ps.·) Chrysostomm, :tfQi r~oviu; mi• 'AhU!I xui tfJ; Et•m: rx mi• :tllQUÖfioot• (PG 5fi, 52 5-5 3S), dazu NagC'I, ebd., 28 f. 30. Vgl. Nagel, t. 1,1, S. 33- 37· 31. Vgl. Nagel, t. 1,2, S. 49, Anm. t 28 [S. 49 ff.]. 32. Selbst nach Abschlufi der Kopie wurden noch Verändcrun~en vorgenommen. 33· Vgi.Nage/,t.J,J,S.37U.Ö. 34· Vgl. Nagel, t. 1,1, S. 37-46. 35· Dafi Tischendori B zur Grundlage seiner Edition machte, ist nicht gerechtfertigt, und Nagels Feststellung ·C'est certainement d'une elaboration t·hrctienne que resulte le texte B· (t. 1,1, S. 44), geht ebenfalls zu weit. 36. Vgl. Nagel, t. 1,1, S. 47 ff. 51. if. 37· Nagel, cbd., S. 55 ff. hat dies minutid Essays, SVTP 15, hg. v. G. Anderson, M. E. Stone,j. Tramp, SVTP I 5, Leiden I Boston I Köln 2000,43 - 56, passim, erweist ApkMos 16,4, daß die Materialien von Pcnitence 1-11* als Bestandteil einer älteren Rezension der Adam-Haggada anzusehen sind. G. Anderson, The Original Form of the Life of Adam and Eve. A Proposal, in: Literature on Adam and Eve. Collected Essays, SVTP I 5, 21 5-23 I, hier 2 I6-2z1, versucht, die ursprüngliche Zugehörigkeit der in Penitence!VitAd 1-21 ,,. enthaltenen Erzählungen zum Ge-

    Ausgangspunkt für die Beurteilung der Literarkritik sind folgende zumeist bekannten Beobachtungen: 1. Der Erzählfaden ist in ApkMos 5-14/VitAd 30-44 durch die Spannung zwischen der von Adam zunächst abgelehnten, dann ohne motivierten Übergang befürworteten Paradiesesreise in allen fünf Versionen in gleicher Weise kompliziert. Das läßt zumindest für diesen Teilabschnitt nicht auf traditionsgeschichtliche Verwandtschaft, sondern auf lirerarkritische Abhängigkeit der einzelnen Fassungen voneinander schließen. Auch verweist zusätzlich die doppelte Redeeinleitung in VitAd 35,1 gegenüber der einfachen Redeeinleitung in den Parallelen auf literarkritisch zu erklärendes Wachstum innerhalb dieses Teilabschnittes ApkMos 5-14/VitAd 3044· In dem Falle, daß andere Teilabschnitte unseres Überlieferungskomplexes besser mit der Annahme traditionsgeschichtlicher Abhängigkeit von einer Grundschrift als lirerarkritischer Abhängigkeit voneinander erklärt werden, ergibt sich, daß ApkMos 5-14/VitAd 30-44 zumindest dem Erzählfaden der Grundschrift sehr nahe kommen. Doch bestehen gegenüber der Theorie einer von Anfang an über den ganzen in unseren Texten befindlichen Überlieferungsbestand gebreiteten Grundschrift Bedenken: Der Sündenfall wird in VitAd 1-21 als primacausader dauernden ethischen Gefährdung des Menschen, in ApkMos 7,1-8,2 als Ätiologie der Krankheit, in ApkMos 15-30 als warnt•ndes Beispiel i. S. der Testamentenliteratur thematisiert. Das Paradies wird in ApkMos 10,1 auf der Erde, in ApkMos 29,6 im Himmel, in ApkMos 37,6; 40,1 speziell im dritten Himmel lokalisiert. Die in vielen Handschriften der Apokalypse Mosis enthaltende Ankündigung Michaels in ApkMos 13, Adam werde am Ende der Tage auferweckt, steht unvermittelt neben dem, was in ApkMos 31-43 erzählt wird; dem Erzengel Michael kommt in ApkMos 15-30 eine weitaus geringere erzählerische Funktion zu als in ApkMos 9-13; die Tradition von VitAd 13,1-16,4 erscheint ohne den Kontext von VitAd 1-17 wiederum in den »Fragen des Bartholomäus« 4,52-57, das Öl der von Adam befürworteten Paradiesesreise Seths soll nach ApkMos 13,1 als Heilsalbe dienen, das Öl in ApkMos 40,1 zur Totensalbung. 2. ApkMos 5-14 ist nicht aus einem Guß. ApkMos 9,2 wird durch ApkMos 9,3 nicht weitergeführt, und ein Blick auf traditionsgeschichtliche Parallelen zeigt, daß die Veranlassung der abgelehnten Paradiesesreise und die befürwortete Paradiesesreise tatsächlich separat voneinander überliefert wurden, etwa in armenischen Adamsapokryphen ' 71 , die befürwortete Paradiesesreise zusätzlich in E vNie 19. Die abgelehnte Paradiesesreise hatte die Paradiesesfrucht, die befürwortete Reise das Öl zum Ziel. Innerhalb des Rahmens der befürworteten Paradiesesreise begegnet die samtwerk zu erweisen: Penitence 3,2b sei mit Penitence 32,3 (entspricht ApkMos 7,3) durch das Motiv des Nichtwissens Adams verbunden, die Perikopen Penitence t,t-4,3; 8,t-2t,J; J7,1-J9,2 durch die Abfolge Präsentation einer hanen Realität- deren erfolgreiche Mediation - Weiterentwicklung normaler menschlicher Kultur. Mit Verweis auf die durch Pettorelli (s. Anm. 3.4) neu veröffentlichten Handschriften entscheidet sich auch Eldridge, D ying Adam, 1 31, für diese literarkritische Option. •7S· In der Handschrift der Bibliothek zu Edzmiacin, Nr. t6Jt (deutsche Übersetzung bei E. Preuschen, Die apokryphen Adamschriften), wird innerhalb der Nr. 6 der Anlaß der abgelchnt~n, innerhalb der Nr. 7 die befürwortete Paradiesesreise Seths erzählt.

    179

    Episode von der Attacke der Bestie auf Seth nur in ApkMos 10 und in der armenischen Schrift, aber nicht in EvNic. ferner zeigt der s~·noptische Vergleich zu ApkMos 1 3,3 -6, wie sehr die Antwort des Erzengels an die Paradiesesreisenden variiert werden kann, bedingt durch den jeweiligen religionsgeschichtlichen Hintergrund oder auch durch die theologische Intention des jeweiligen Verfassers. ' 76 3· Auch ApkMos 31-43 ist keine ursprüngliche Einheit. Warum werden in 38,2 die Engel nochmals versammelt, wenn sie doch schon 33,2; 37,2.6 erwähnt sind? Man weiH auch nicht recht, welche Anweisung der Erzengel Michael nach ApkMos 37,5 in ApkMos 38,1 erbitten soll. In ApkMos 38,4 wird die abermalige Überführung in das Paradies berichtet, obwohl sich Adam schon seit 37,5 dort befindet; andererseits kommt 38,4 gegenüber 39,1 zu früh, denn ApkMos 39,1-2 setzt voraus, daH der Leichnam Adams sich außerhalb des Paradieses befindet. DaH Gott auf dem Thronwagen fährt, ist in ApkMos 33,3 wie in 38>3 geschildert, doch fehlt in 38,3 die Bezeichnung Ü(>f.lU aus 33,3; der Wagen wird in 33,2 von Adlern, in 38,3 von den Winden bzw. den Seraphim gezogen, deren einer in 37,3 aber eine andere Funktion hat: er bringt Adam zum Acherusischen See. Eva schaut in ApkMos J:h1-37,6 die Begnadigung Adams, aber gemäß ApkMos 38,4 nicht den Ort seiner Bestattung; daß hiervon allein Seth weiH, bereitet narrativ die Klage Evas ApkMos 42,3 vor. Lirerarkritisch dürfte nach ApkMos 37,6 eine Naht vorliegen. Daß die armenische "Penitence« für ApkMos 33,1-37 ,6, die Pariser lateinische Handschrift für ApkMos 34-36 und ApkMos 38-39, die altkirchenslavische Überlieferung für ApkMos 38,1-40,1 als Parallele ausfällt, erweist zumindest die formgeschichtliche Entbehrlichkeit einzelner Teile aus ApkMos 31-43. 4· Aber auch ApkMos 33,1-37,6 ist nicht wirklich durchsichtig, wie man sich an der Frage nach dem Aufenthaltsort Adams bzw. seiner leiblichen Hülle sowie an Seths Rolle klarmachen kann: Nach ApkMos 32,4 geht Adam •aus seinem olilf.la heraus«; sein Geist gelangt vor Gott, während nach ApkMos 33,3 der Thronwagen Gottes dahin kommt, wo Adam liegt (zw. OÜ>flU und JlVEllflU wird nicht differenziert). Nach 34,2 ist Seth über das OWf.lU Adams gebeugt und muH erst von Eva zur Teilhabe an der Vision aufgefordert werden, die sich dann nur auf das JlVFÜfW Adams beziehen kann; nach ApkMos 35,2 scheint auch das ml>f.lU Adams entrückt vor den Himmelstoren zu liegen, nach 37.3 wird »Adam« (Seele oder Leib oder beides?) im Acherusischen See gewaschen und nach 37,5 im Paradies in den dritten Himmel gebracht. Zudem ist ApkMos 33,3; 34,1 im Gegensatz zum Sonstigen, aber in Übereinstimmung mit ApkMos 15-30 als direkte Rede Evas erzählt. Der Absatz ist .tber wiederum in sich nicht geschlossen, wie auch die Rollen Evas und Seths je176. In ApkMos IJ,p nach HS D sowie in der slavischcn Fassung wird nur der vorgetra~cm·

    Wunsch als unerfüllbar bezeichnet. in der genanmen armenischen Handschrift Edzmiacin 163 1 Nr. 7 werden Eva und Seth durch den Erzen~cl über den inzwischen eingetretenen Tod Adams, in Edzmiacin 1631 Nr. 1 über die bevo rstehende Himmelfahrt Adams belehrt, in ApkMos 1 3,3b- 5 (sck.) wird die Auferweckung am Ende der Tage, in der armenischen ·Penitenrc• werden der baldige Tod und zuvor die Auferweckung am Ende der Tage durch den Messias, die Salbung durch Michael und die Rückführung ins Paradies angekündigt; die gcor· ~isrhc und die lateinische Fassun~ liegen in relativer Nähe zur armenischen, erwähnen dort den Erzengel Michael jedoch nicht.

    180

    weils unterschiedlich gezeichnet sind: Der Ich-Bericht in ApkMos 33,4' 77 ist Vision Evas, die ihr nicht gedeutet werden muß, während in ApkMos 3 5,3 ' 78 plötzlich Seth in die Rolle des angelus interpres seiner Mutter gegenüber eintritt und ähnlich wie in ApkMos 5-14; 38,3; 42,4 im Vergleich zu ihr der Überlegene ist.' 7 9 5· Auch innerhalb von VitAd 1-21'-· kann man literarisches Wachstum vermuten: VitAd 18,1 schließt besser an VitAd 11,1 an als an die Erzählung VitAd 11,217,3: nur aufgrunddes Scheiteros Evas während der Buße im Tigris kann speziell von ihr in VitAd 18,1 gesagt werden, sie sei des Lebens unwürdig, nicht aber anhand des in VitAd 11,2-17,3 Erzählten. Der Vergleich der armenischen, der georgischen und der lateinischen Fassung in VitAd 18,1 zeigt aber auch, daß diese drei Fassungen literarkritisch nicht unabhängig sind: in allen drei Fassungen wird auf die erste Verführung Evas im Paradies und auf die zweite Verführung Evas im Tigris zurückverwiesen. Bei näherer Betrachtung von VitAd 1,1-9,3//ApkMos 29,7-13 nach Va und P' zeigt sich: Diese beiden genannten griechischen Handschriften bieten die Erzählung von der zweiten Verführung Evas in einer Mischung aus Er- und lch-Stil' 80, obwohl sie den Hauptteil der Rede Evas, ApkMos XV-XXIX,6 den Ich-Stil durchhalten. VitAd 1,1-9,3 mit seinen armenischen und georgischen Parallelen ist durchgehend in 3· Pers., die slavische Fassung durchgehend in 1. Pers. gehalten. Die slavische Übersetzung verwendet ebenfalls diese Tradition von einer zweiten Versuchung an kompositionell analoger Stelle als Teil der Rede Evas, zeichnet jedoch Eva als die sich Bewährende. 6. Im lateinischen Text sind die Gräzismen über das ganze Corpus verstreut, auch über das lateinische Sondergut VitAd 25-29. Es hat wohl durchgehend ein griechischer Text als Vorlage gedient. Christliche Anspielungen befinden sich nur in dem textkritisch sekundären Stück VitAd 29,2-10, nicht aber in VitAd 1-21 und in VitAd 49-50. Auch das lateinische Sondergut muß also als jüdisch möglich gelten, wenngleich die Hinweise auf selbständige lateinische jüdische Literatur' 8 ' spärlich sind. ' 8 ' 177. Philologisch gesehen könnte dieser Bericht in ApkMos 37,1 b*.z -6 als Eva-Rede durchaus seine Fortsetzung haben. 178. Daß in der georgischen Fassung ApkMos 46 (JS),z als Rede Seths gestaltet ist, verdankt si•h dem Bemühen, die Inkonzinnität der Darstellung zu glätten, ist deshalb aber lectio ia•ilillr. 179. S. Schreiber, Der Mensch im Tod, s7 f., löst die Spannung traditionsgeschichtlich: Gemäß einer älteren Adamtradition, in ApkMos 34,1; 35,1.; 38,3 f. etc. aufbewahrt, ruht der Tote bis zur allgemeinen endzeitliehen Totenauferweckung im Grabe; das Paradies ist als irdischer Ort l(edacht. Der Vc:rfasser der Apokalypse Mosis integriert zusätzlich eine Vorstellung, dergemäß der Tote sich bis zur Endzeit im Himmel aufhält und das Paradies im dritten Himmel lokalisiert wird, und verbindet beides in den Rahmenaussagen ApkMos 3 1, 1.4; p,4; 41.,8; 4 3,3, die anthropologisch zwischen Geist/ Seele und Leib/Leichnam differenzieren. 180. In Va ist die Erzählung in 3· Ps. mit Sicherheit in ApkMos XXIX,8. 1z, in P1 nur in ApkMos XXIX, 11. zu erkennen. 1S1. Lateinische jüdische Epigraphik ist bezeugt; vgl. Vermes, Miliar, Goodman, The History of the Jewish People II II I, 8z. 1Sz. Verwiesen wird auf den Brief des Annas an Seneca sowie auf die Collatio, ein spätantikes Rcchtsbuch, das römisches Recht mit Pentateuchvorschriften vergleicht; für den Brief des Annas vgl. W Wischmeyer, Die Epistula Anne ad Senecam. Eine jüdische Missionsschrift des l.ltl'inis,hcn Bereichs, in:]. van Amersfoort und]. van Oort (Hgg.), Juden und Christen in der

    7- ApkMos 14-29 ist in VitAd als erzählerischer Block ausgelassen, einzelne Motive sind jedoch übernommen und an andere Stelle versetzt: die Aufteilung des Paradieses VitAd p,2 aus ApkMos 15,2, die Kräuter aus dem Paradies VitAd 43,2 aus ApkMos 29, ebenso weist ejicere VitAd 28,3 auf ApkMos 29,1 zurück. VitAd 17,1 f. ist wohl Korrektur zu ApkMos 26,4. Ähnlich können aus dem Bereich VitAd ~5-5 1 parr. einige Motive am ehesten als Aufnahme paralleler Motive aus ApkMos 30-4 3 erklärt werden: Daß nach VitAd 48,6 nur Seth und seine Mutter das Begräbnis Adams sehen, ist wohl aus ApkMos 38,4 genommen; die Aufforderung »wie ihr gesehen habt, so begrabt euere Toten• in VitAd 48,6 entstammt möglicherweise der ähnlichen Aufforderung ApkMos 43,1. 8. Die Gebietsaufteilung des Paradieses zwischen Adam und Eva wird in der georgischen Fassung zweimal erwähnt, in p,p (Parallele zu VitAd p,2; ApkMos 7 vacat!) und in XLIV /1 p (Parallele zu ApkMos 15,2/VitAd vacat), ebenso das Motiv, daß die Anwesenheit Adams Eva vor der Verführung hätte bewahren können, in IO,J (parallel zu VitAd 10,3; ApkMos vacat!) und in 33,2 (parallel zu ApkMos 7,2; VitAd vacat!). Das erste Motiv scheint in Livre d' Adam georgien p,p par. VitAd p,2 sekundär eingefügt, das zweite in VitAd 33,2 sekundär getilgt. Die Regcllectio brevior potior gilt nicht automatisch. 9· Manche Motive sind kompositionell gesehen variabel verwendbar, so das Motiv der Fürbitte der Engel für Adam, das seinen Ort nicht nur im Finale, sondern auch schon bei der Vertreibung Adams aus dem Paradies haben kann (slavische Fassung, Kap. 27), oder auch das Motiv der zweiten Verführung Evas, das negativ (VitAd 10) wie positiv (slav. Version, Kap. 39) gewendet, inhaltlich als Verführung des Bugwilligen (VitAd 10) wie als Anstiftung zur Übereignung der eigenen Seele erzählt (so in den armenischen Handschriften M 5913, M 5 571, P3o6' 8 l) und- ähnlich wie in unserer Apokalypse Mosis die Geschichte von der befürworteten Paradiesesreise- mit der Ankündigung des Kommens Christi abgeschlossen werden kann; die Erzählung wird in den genannten armenischen Handschriften insgesamt zu einem »Leben Jesu« weitergeführt. 1o. Vergleicht man die griechische, die armenische, die georgische Version und die zwei lateinischen Fassungen unserer Adamschrift miteinander, so ergibt sich, dag in einigen Passagen die lateinische Gesamttradition zusammen mit der armeni-

    Antike, Kampen 1990, S. 72-93, für die Collatio vgl. L. V. Rutgers, The Jews in Late Ancicnt Rome, Religions in the Graeco-Roman World 126, Leiden I99h 21 o-2 59· Nicht unumstritten ist die These von D. S. Blondhcim, Les parlers judco-romains et Ia Vetus Latina. Etude sur lcs rapports, Paris 192s, die christliche lateinische Übersetzung des Alten Testamentes sei durch das lateinischsprechende Judentum beeinflußt, das seinerseits eine lateinische Überseuung des Alten Testaments angefertigt habe. Kritisch urteilen F Stummer, Die lateinische Bibel vor Hieronymu s und das Judentum, ThGI19, 191.7, 184-199, der nur bei der Fassung vonjes 6,9-10 im C odex Bobbiensis jüdischen Einfluß zugesteht, sowie S. P. Brack, Art. Bibelübersetzungen I 3.2. Die altlateinischen Übersetzungen des Alten Testaments, TRE 6, 1980, 177f.; hier 177; positiv votieren II. Koch, Rcz. D. S. Blondheim, Les parlers judeo-romains, ThLZ s 1, 191.6, S4S-S47· sowie W. Wischmeyer, Die Epistula Annc ad Senecam, 81 Anm.65 (Lit!), u.a. mit Hinweis auf Justinians Novelle Nr. 146. 18 3· M. E. Stone, Armenian Apocrypha Rclating to Adam and Eve. Editcd with lntroduction, Translations, and Commentary, SVTP 14, Leiden I New York I Köln 1996, 8-79.

    sehen und georgischen gegen die griechische Fassung stehen, während in anderen Passagen armenische, georgische, teilweise auch lateinische (Paris, BNF lat. 3832) und griechische Fassung harmonieren und die VitAd für sich steht. Diese Befundanalyse führt uns zu den nachstehend explizierten, grundsätzlich hypothetisch bleibenden Schlußfolgerungen: 1. Am Anfang standen viele Adam-Überlieferungen nebeneinander, von denen folgende die hier vorzuführenden Texte betreffen: 1. Eine Deutung des Sündenfalles als Ätiologie für die Krankheiten (vgl. ApkMos 7,I-8,2), 2. eine Deutung des Sündenfalles als warnendes Exempel i. S. der Testamentenliteratur (ApkMos 5,1-3; 15-30), vielleicht ursprünglich als Testament Evas gestaltet, 3· eine Tradition von einer zweiten Versuchung Evas, die in der Ausformung von VitAd I-I 7 den Sündenfall als erstes Ereignis einer fortlaufenden Kette von Versuchungen versteht, 4· eine Tradition, die Umstände der Geburt Kains betreffend (VitAd 18-21), 5. eine Tradition über eine Offenbarung Gottes an Adam, den Brudermord des Kain betreffend (ApkMos 2-4), 6. eine Tradition über eine besondere Offenbarung Gottes an Adam, Seth betreffend (VitAd 25-29), 7· mehrere Traditionen von einer Aufnahme der Seele Adams in den Himmel und von dem Begräbnis des Leichnams Adams im Paradies (ApkMos 30-43), 8. zwei verschiedene Traditionen über die Paradiesesreise Seths (ApkMos 6; ApkMos 9-13), 9· eine Tradition von den zwei Tafeln Seths (VitAd 50; 5 I). Offen muß der Rahmen bleiben, innerhalb dessen diese Überlieferungen tradiert wurden: Stand Adam als solcher im Mittelpunkt des Interesses, oder wurde er als ein Beispiel für anderweitige, paränetische o. a. Intentionen herangezogen?' 84 2. In einer zweiten Stufe der Überlieferung sind ( u. a. ?) die Stoffe hinter ApkMos 5-I3, daneben vielleicht auch Stoffe von ApkMos 15-30 und 33-J4... (?) (•Testament Evas• ' 8 s) literarisch zusammengewachsen. ' 86 3· Als nächste Stufe läßt sich die heutige Fassung der Apokalypse Mosis ohne ApkMos I 3,3b-6 und ohne christliche Schlußdoxologie benennen; deren armeni-

    184. Die Kritik bei Knittel, Leben Adams und Evas, 43 Anm. 66 (ähnlich 34 Anm. 1.3), an diesen und anderen offenen Formulierungen überschätzt das Maß dessen, was wir wirklich wissen können. 18 5. Auf eine literarkritische Zusammengehörigkeit könnte neben der 1. Pers. Plur. in ApkMm 15-30 und 3 3,4 auch der Gonesname Jael in ApkMos 1.9,4 und 3 J, 5 schließen lassen. 186. Knltu/, Leben Adams und Evas, 88 hat die Vermutung einer zweiten Stufe als unbe~ründet .1bgclehnt. Wie die beiden Blöcke ApkMos 5,1-14,1. einerseits, 14.3-30 andererseits (v~l. seine Ubcrsicht S. 8 5) •in einer derartigen Parallelität unabhängig voneinander entstanden sein sollen• (Knittel, 88), ist nicht unerklärbar, sondern beantwortet sich mit Hinweis auf die Gattung der Tcstamentenliteratur, zu der beide Textcorpora eine gewisse Nähe aufweisen; vgl. .weh Udridge, Dying Adam, 141.-159 passim.

    sehe Übersetzung liegt in Edzmiacin 1631 Nr. 1 vor.' 87 Textgeschichtlich gehören Nagels ramilien I, I' und III auf diese Stufe sowie in Nähe zur Familie I li die Vorläufer der armenischen •Penitence«. 4· Auf einer vierten Stufe ist die Apokalypse Mosis um die in dem armenischen Buch der •Penitence of Adam" 1-21 "-· bzw. im Livre d'Adam georgien 1-21 ':· enthaltenen Erzählungen erweitert worden und bildet in diesem Umfang die Vorlage für das armenische Buch der •Penitence of Adam«, das georgische »Livre d' Adam• und die lateinische, in den neu veröffentlichten Handschriften aus Paris und aus Mailand repräsentierte Traditionsstufe. 188 Alle diese Versionen sind wie die ihnen zugrundeliegenden Handschriften christlicher Herkunft, wie ein Blick auf die Parallelen zu ApkMos 1 3>3 -6 zeigt. 18 9 Insgesamt dürften der armenischen (Penitence) und georgischen (Livre d' Adam) Fassung Handschriften der Rezension I' (Nagel) zugrundeliegen1~0, ebenso den lateinischen Handschriften Pr und Ma. HJ' 5. Offen muß bleiben, wie sich die verschiedenen lateinischen Rezensionen der Vita Adae et E vae zueinander verhalten 191 ; die ältesten Handschriften der »süddeutschen Redaktion« können nicht in einen unmittelbaren Zusammenhang mit Pr und Ma gebracht werden. 19 ' Erkennbar ist nur das Endergebnis dieser »süddeutschen Redaktion•: Die Traditionsstoffe von VitAd 25-29,1 ':· (sowie später 29,2-10) und (nochmals?) von VitAd 49-50 wurden integriert 194, ferner wurde die grof~e Erzählung Evas vom Sündenfall getilgt und das gesamte Finale ApkMos 30-43 durch eine I 87. Der Text von Edzmiacin 16 31 Nr. I wird in einer parallelen armenischen Handschrift ( Predigtsammlungen Nr. 3 I) als Offenbarung Gottes •durch die Hand des Erzengels Michael an den großen Propheten Mose• bezeichnet. Zu dieser Parallele der Inscriptio treten inhaltliche Parallelen: Die Parallele zu ApkMos I 3 ist nicht christlich interpoliert, ebensowenig ist die Schlußdoxologie christologisch angereichert. Wie in ApkMos 5.4 wird Sethals Subjekt der ersten Frage genannt (VitAd 30,3, georg. Parallele 30.3: Adams Kinder); in der Erzählung Adams ApkMos 7,1-8,2 wird nur in ApkMos 8,1 und in Edzmiacin 163I Nr.J die Frage gestellt •Wo bist du, Adam? Weswegen verbirgst du dich vor meinem Angesicht?•; ferner wird in Edz.miacin t63t wie in ApkMos t3,6 die Vision der Himmelfahrt der Seele Adams, nicht wie in den Parallelen, die Vision der Prodigien versprochen. Auch der acherusische See wird nur in ApkMos 37,3 und Edz.miacin t63t Nr. t, nicht aber in den Parallelüberlieferungen erwähnt. t88. In Kenntnis einiger der Traditionen aus Penitence 1-21*, aber literarkritisch unahhän~ig von den ausgeführten Erzählungen ist ApkMos XXIX in den beiden Handschriften Va Pt erweitert worden(= ApkMos XXIX,7-t3 Va Pt). M. de }onge, The Literary Developmcnt of the Life of Adam and Eve, in: Literature on Adam and Eve. Collected Essays, hg. v. G. Anderson, M. E. Stane.}. Tramp, SVfP t ~, Leiden I Boston I Köln 2000, 239-249, weist S. 2.p zu Recht auf den abbreviaturhaften Charakter von ApkMos XXIX,t3 hin. t89. Zu den Unterschieden zwischen VitAd 42 und der armenischen Penitence of Adam vgl. Stone, Penitence of Adam Edited, XIV-XVI, der der armenischen Version sogar gegenühcr ApkMos t3 Priorität einräumt (XVI). t90. }. Dachharn, Adam als Bauer, oder: Die Ätiologie des Ackerbaus in Vita Adae t- 21 und die Redaktionsgeschichte der Adamviten, in: Literature on Adam and Eve. Collected Essays, hg. v. G. Andersan, M. E. Stane,j. Tramp, SVTP 15, Leiden I Boston I Köln 2000, 31 5346, hier 3 t7 f. t9 1. V gl. Tramp, The Textual History, 41. t92. Pettare/li, Vie latine (1999), 42. t93· Pettare/li, Vie latine (t998), t03. t94· Hierin wird versucht, der Kritik von Knittel, Leben Adams und Evas, 42 Anm. 61 hinsichtlich der früheren ( 1998) Ausführungen zu VitAd 2 5-29,1 Rechnung zu tragen.

    weitaus kürzere Variante ersetzt. '~~ Diese Besonderheit ist im Hinblick auf das Sündenverständnis der Apokalypse Mosis und das Eva-Bild der Vita Adae redaktionskritisch zu erklären. Über das Wesen der Verführung wird nicht reflektiert (anders als in ApkMos 1619), die Sünde wird nicht im speziellen in der im8U!!LU gesehen (anders als in ApkMos 19.3), vermieden werden die Vorstellung, der Teufel rede in der Schlange und der Person Evas ApkMos 21,3 sowie die Vorstellung vom psychischen Zwang zum Sündigen in ApkMos25.3·4; in das Gegenteil verwandelt wird die Vorstellung von der immerwährenden Feindschaft zwischen dem Samen der Schlange und dem Menschen: Was nach ApkMos 26,4 »bis zum Tag des Gerichts" anhalten soll, wird nach VitAd 17,1 f. durch das Gebet des büßenden Adam beendet. Mit dem Verzicht auf die beiden letztgenannten Motive betont auch der Verfasser von VitAd die u. a. in 4 Esr7,129 und syrBaq4,19 ausdrücklich festgehaltene menschliche Entscheidungsfreiheit und Verantwortlichkeit. Dieser Gedanke bewirkt auch, daß, anders als in den Parallelversionen, in VitAd 37,2 Eva nicht mehr davon spricht, daß ihr die Sünder am Tag des Gerichtes fluchen werden: Sie sind für ihr Geschick selbst verantwortlich. Umso wichtiger ist, daß der Mensch um das Wesen wahrer Buße weiß, wie in VitAd 5,1 in einer Erweiterung gegenüber der armenischen und der georgischen Fassung F.va ausdrücklich fragt: ,. Was ist Buße ?•- Die schon durch die vorangegangenen Redaktionen geschaffene Negativ-Zeichnung'96 Evas zu Adams Lebzeiten wird auf der Ebene der jetzt zu besprechenden Redaktion weiter verschärft: Die in ApkMos 32 bejahte Unterbrechung des Bußgebetes Evas durch einen Engel wird in VitAd 9 zur satanischen Verführung; das Bußgebet Evas wird an der kompositorischen Parallele zu ApkMos 32 gestrichen.'9 7

    195. Im wesentlichen deckt sich diese literarkritische Option mit dem von de jonge I Tromp, vertretenen Modell. M. de jonge, The Literary Development of the Life of Adam and Eve, in: Literature on Adam and Eve. Collected Essays, hg. v. G. Anderson, M. E. Stone,}. Tromp, SVTP 1j, Leiden I Boston I Köln 2000, 239-249 hier 2•P f., faßt die wesentli~hen Ergebnisse wie folgt zusammen: Die ursprüngliche Form werde durch die Handschriften DSV (Nagel: D St AV =Familie I) repräsentiert; die Handschriften ALTC (Nagel: A At AC C =Familie I') bieten einen Text, der für das armenische Buch der •Penitence•, für das georgische •Li\'re d'Adam• und für die neu veröffentlichten lateinischen Handschriften Grundlage war; die Handschriften RM (Nagel: Va P' =Familie II) bilden die Vorlage für die altkirchenslavische Version; die lateinische Version setzt einen gegenüber der Grundlage der armenischen und ~eoq~ischen Fassungen nochmals überarbeiteten Text voraus. 196. Die Tendenz ist in der Grundschrift vorbereitet: Während der Paradiesesreise behält im Zwiegespräch mit der Schlange in ApkMos I0,)-11 ,)!VitAd 38,1-2 die Schlange das letzte Wort; die Schlange wird erst durch Seth zum Schweigen gebracht (ApkMos 12, 1/VitAd 39,2). 197. Vgl. auch das erste, gegenüber ApkMos 9,2 sekundäre zweite Wort Evas an Adam in VitAd 3 j,l, in dem Eva um die Ubertragung des ganzen Schmerzes Adams bittet.- Daß VitAd die VerführungEvas als sexuelle Verführung gedeutet habe, müßte am Sprachgebrauch von circum\'enire überprüft werden, das in der paganen Antike offenbar keine erotische Tönung beinhallet, und auch nicht in der Vulgata, vgl. Gen 3 1,7; SapSal2, 12; 10,1 1; Apg 7,19; 2 Kor 2,11; 7,2; 12,7 I 8.

    2.6 Abfassung5ort

    Als Ort der Entstehung werden Ägypten •yx und mit grögerem Recht der palästinische Raum ' 99 diskutiert; nicht abwegig ist auch das palästinisch-syrische Grenzgebiet mit seinem jüdisch-hellenistischen Einschlag. Dort wäre auch ein Verständnis [und deren Ausdeutung] für Buße, Reue, Bughandlungen in Tigris und Jordan im Bereich der Übersetzung zu erwägen. 2-7 Gattung

    Sofern ApkMos 5,1 ff. einmal ein selbständiges Werk gebildet hat, handelt es sich dabei um ein Werk der Testamentenliteratur,'00 auch die große Eva-Rede ApkMos XIV-XXIX könnte einem Testament Evas entnommen sein. In der jetzigen Form gelten Apokalypse Mosis und Vita Adae zumeist als haggadischer Midrasch' 0 ' oder als Legende. zoz Beide Schriften sind Nacherzählung und Weiterführung biblischer Stoffe; das aus Qumran und später aus der rabbinischen Literatur bekannte technische Vokabular der SchriftauslegungzoJ fehlt völlig; freilich ist an mehreren Stellen zu erwägen, ob nicht schriftgeiehrte Exegese zu den biblischen Erzählungen die Darstellung bestimmt. 104 I98. Bertrand, La Vie grecque, 30 f.; Diskussion bei Sharpe, Prolegomena, I~ 1. I99· Bertrand, La Vie grecque, 32- 36; Sharpe, Prolegomena, I~ I u. ö.; Licht, Art. Adam and Eve, 246; Walter, Art. Pseudepigraphen, IJ77: Charlesworth, Art. Pseudepigraphen, 640. 200. Fuchs, Leben Adams und Evas,~ Io; G. W. E. Nicke/sburg, Some Related Traditions in the Apocalypse of Adam and Eve, and I Enoch, in: The Rediscovery of Gnosticism, hg. v. B. Layton, Bd. 2, Sethian Gnosticism, Numen.S 41, Leiden 1981, ~ 1~- ~ 39, hier~ 19.- Konstitutiv für die Testamentenliteratur sind nach E. von Nordhcim, Die Lehre der Alten, I: Das Testament als Literaturgattung im Judentum der hellenistisch-römischen Zeit, ALGHL IJ,I, Leiden I98o, 229, folgende Formelemente: im Anfangsteil der Titel, Verfasser- und Adressatenangabe sowie der Hinweis auf den bevorstehenden Tod des Redenden und die Redeeinleitungsformel, im Mittelteil der Rückblick auf die Vergangenheit, die Verhaltensanweisung und die Zukunftsansage, im Schlußteil die Redeabschlußformel, die Bestattungsanweisung sowie die Notiz über den Tod. E. v. Nordheim deutet VitAd 4~-48 als Testament Adams, VitAd 49-~ I als Testament Evas. Die Verhaltensanweisung, das zentrale Element im Mittelteil der Testamentenform (vgl. E. von N ordheim, a. a. 0., 2 33), kann innerhalb der Textabschnitte VitAd 4 ~48.49-II entfallen, weil dem Leser das angemessene Verhalten schon seit VitAd 4,3 nahegelegt wird. 20I. johmon, Life of Adam and Eve, 249; E. Puech, La Croyance des Esscniens en Ia vie future: immortalite, resurrection, vie eternelle? Histoire d'une croyance dans le Judaisme Ancien, Tom. I, La Resurrection des Morts et le Contexte scripturaire, EtB NS 2I, Paris I993, I29; Vermes, Miliar, Goodman, History of the Jewish People, lll 7S7· 202. We//s, Books of Adam and Eve, 123; Whittaker, Life of Adam and Eve, 141; Charlcsworth, Art. Pseudepigraphen, 640. Bertrand, La Vie grecque, 54: legende pieuse (haggada). 203. für Qumran vgl. etwa die Formeln 'n l"lW!I (IQpPs 37 IV 8 u.ö.): ,llK "lWK Kl:-1 (CD X,I6) und aus 4Qflor II 3 die forme! ,!10lll1l:l ,I.'IC :lK':-1, aus der rabbinischen Literatur die Formeln ,llKll.' (bKeth 4ob) sowie KV ,llK (bKeth 4ob). 204. }. Dochhorn, ·Sie wird dir nicht ihre Kraft geben•, passim. Adam, Kain und der Akkerbau in 4Q413 1 3 und Apc Mos 24, in: The Wisdom Texts from Qumran and the Development of Sapiential Thought, hg. v. C. Hempe/, A. Lange, H. Lichtenberger, BEThL I49, Leu· vcn, Paris, Sterling 2002, 3 SI- 364.

    t86

    Weiterführende Literatur zu 2. t-r 4462, Zu 2.3: 4429,4430,4463,4478, 4515. 4516; zu 2,5 de fange (s. Anm. 148. 149. 164), Anderson (s. Anm.173· 174), zu 2,6: 4527, 4531, Eldridge (s. Anm. 107), Knittel (s. Anm. 3).

    3. Historische Bedeutung Erkennbare Bezüge auf Personen und Ereignisse der Geschichte liegen nicht vor. Die Zeit der Stammeltern und ihrer Nachkommen ist als erzählte Zeit konsequent durchgehalten.

    4· Theologische Bedeutung

    John Levison hat für die ApkMos und für die lateinische Vita Adae zwei verschiedene, jeweils redaktionelle Adambilder erhoben: In ApkMos ist Adam der Sünder, der dieses Leben in Mühsal und Pein zubringt, in Heilsungewißheit dem Tod entgegengeht und erst nach dem Tod Barmherzigkeit erfährt, und dessen Leben die Menschen ermahnt, sich in diesem Lehen der Sünde zu enthalten; in VitAd ist Adam auf Kosten Evas zum idealen Büßer hochstilisiert, der schon während seines Erdenlebens Barmherzigkeit empfängt (VitAd 22; 27), und dessen Leben ein Beweis für die Wirksamkeit der aufrichtig gelebten Buße ist. zos Wie eigene, zunächst unabhängig von ihm vorgenommene Untersuchungen im Sinne rezipientenorientierter Lektüre ergaben, sind die Ergebnisse dieser Arbeit weithin richtig, wenngleich die Konzeption der Vita Adae eher als eine in mehreren Stufen gewachsene Konzeption beurteilt werden muH. 4· 1 Gott und sein Volk

    Die streng durchgehaltene Perspektive der erzählten Zeit bringt mit sich, daß das Thema »Gott und sein Volk• nur unspezifiziert zutage tritt. Auf das Thema der Erwählung und Verpflichtung Israels wird nicht Bezug genommen; Tempel und Kult sind nicht thematisiert. Sünde wird in allgemeiner religiöser, auch von Gen 2,16f. LXX her geprägter Terminologie als Übertretung des göttlichen Gebotes beschrieben. Manchmal scheint jedoch die Situation der Leserinnen und Leser durch, in dem Verweis auf die Ötafh'JXTJ in ApkMos 8,2 und in den pluralischen Lesarten in VitAd 37,2 (praecepta) und VitAd 49,3 (praevaricationes).

    205 . ]. R. Levison, Portraits of Adam in Early Judaism. From Sirach to 2 Baruch,JSPE.S 1, Shdfidd 1988, I6J-190·

    4.2

    Der Mensch vor Gott Das Verstandms des memchiKhen Daseins na,h der Apokalypse Mo5is

    4.2. 1

    Das menschliche Leben wird als ein Leben in Mühsal (ApkMos 24,2) und Krankheit (8,z), kreatürlicher Gefährdung (Io,I-Iz,z; 24.3) wie ethischer Gefährdung (2,4) und ethischem Scheiterntrotz bester Vorsätze (z Sd ·4) begriffen, vor allem aber als ein Leben im Schatten des Todes: Der Tod ist genauso unausweichlich (I 3,3a), wie es die Vertreibung aus dem Paradies war (z7,z- s). Bedingt ist diese Trübsal durch die Gebotsübertretung im Paradies, die Adam und Eva ihrer gottgegebenen bo~a beraubt. Die alltäglich erfahrbaren Grundbedingungen menschlichen Daseins sind Folgen des göttlichen Gerichtes, das der Leser mit den Engeln als gerechtes Gericht anerkennen soll (27,5). Wie ernst die Situation des Menschen als des Sünders vor Gott gesehen werden muH, zeigt sich an dem letzten Wort Adams, das er zu seinen irdischen Lebzeiten spricht: »Wir wissen nicht, wie wir dem begegnen werden, der uns geschaffen hat, ob er uns zürnt oder ob er sich uns in Erbarmen zuwendet« (3 I ,4). Wenn nicht nur die Engel, sondern sogar Sonne und Mond für Adam beten und wenn durch den zeitlichen Abstand zwischen die Fürbitte der Engel und ihre Erhörung für den Leser die bange Frage ersteht, ob die Fürbitte auch erhört wird, soll damit ebenfalls festgehalten werden, wie schwer die Gebotsübertretung Adams wiegt und wie wenig selbstverständlich es ist, daH ihm verziehen wird. Daß Abel nicht begraben werden kann, bevor nicht Adam durch Gott und seine Engel bestattet ist, weist ebenfalls auf die grundsätzliche Störung in der Schöpfung hin, die nur durch Gott selbst überwunden werden kann. Hoffnung ist für das menschliche Leben nur durch Gottes VerheiHung der endlichen Auferweckung gesetzt; am Tag des Gerichtes hört die Feindschaft zwischen Mensch und Tier ebenso auf (z6,4) wie die Entfremdung des Menschen von seiner gottgewollten Herrlichkeit (39,2.). Die AuferweckungsverheiHung'06 ist aber in dem letzten unmittelbar an Adam gerichteten Wort Gottes im Paradies mit klaren Worten an eine Bedingung geknüpft: ,. Wenn du dich nach deinem Weggang aus dem Paradies selbst bewahrst vor allem Bösen«. Die ausführliche Schilderung der Begnadigung Adams soll den Leser zur Beherzigung der Mahnung Gottes (2.8,4) motivieren. Evas groHe Erzählung, wie die Verführung vonstatten ging, ist der Versuch, die Nachkommen vor ähnlicher Verfehlung zu bewahren. Die Verführung bestand darin, daß der Teufel den Menschen bereits das paradiesische Leben in ein ungünstiges Licht zu rücken wußte, als sei es ein durch Gottes Neid eingeschränktes, gemindertes Leben, und daß er die Befürchtungen der Menschen, Gott werde ihnen zornig sein, erfolgreich überwand. So erwächst die rm!hJ~tia aus dem Zweifel an dem lebensdienlichen Gebot Gottes und führt doch erst recht zur Lebensminderung. 10 7 206. Das Nebeneinander zwischen der Vorstellung, der Mensch werde unmittelbar na.:h seinem Tod dem Schöpfer begegnen, und der Erwartung der Auferstehung am Ende der Tage ist wohl auf das Nebeneinander verschiedener Traditionsstoffe im Finale ApkMos 31,1-43,1 zurückzuführen; der Erzähler hat vermutlich in ApkMos 3 1,4 das Wort JTVfÜ~a eingefügt, um einen gewissen Ausgleich herzustellen. 207. Ähnlich fal~t Eldridge, Dying Adam, 230, das Ergebnis seiner i. w. auf ApkMos 10,2; 30,1; 31 ,4; 32,2; 39,2 gestÜt7.ten Beschreibung der Theologie der Apokalypse Mosis (S.226229) zusammen. Das Motiv des .. heiligen Volkes• ist in JSHRZ Il/s, nof. aufgrundder in

    I88

    4.2.2

    Die Kraft der Buße nach der Vita Adae et Evae

    »Der erste Mensch sprach ... Von mir sollen alle Geschlechter lernen: jeder, der seine Missetaten bekennt und lässt, wird vom Gericht der Hölle errettet, wie es heißt: Gut ist's, dem Ewigen zu bekennen und zu saitenspielen deinem Namen, o Höchster«.108 Ist die Apokalypse Mosis eine Mahnung an den Menschen, sich von dem Bösen fernzuhalten, so ist die Vita Adae eine Mahnung zur Buße. Dem Büßenden wird verheißen, daß ihm die Naturwelt wieder untertan wird (VitAd 8,3), daß der Satan von ihm weicht (VitAd I 7,2), daß seine Fürbitte für andere Menschen erhört wird (VitAd 2I,2). Mit ihrem Interesse daran, den Menschen zu einer steten Bereitschaft zur Buße zu erziehen, nimmt die Vita Adae Motive auf, die nicht nur im Christentum, sondern auch in jüdischer Tradition in breitem Maße verankert sind. 109 Ähnlich wie dort werden auch in der Vita Adae aus jüdischer Tradition tendenzverstärkende Motive aufgegriffen und kontraproduktive Motive aus der Bibel übergangen. Das sekundäre Stück VitAd I I,2-I7,J soll im redaktionellen Rahmen der Vita Adae nicht den Verhängnischarakter der Sünde, sondern ätiologisch anhand der Größe der supraJapsarischen Stellung die Tiefe des Sündenfalls, pragmatisch den hohen Grad der ethischen Gefährdung des Menschen kennzeichnen. Die Herrschaft Adams über die Natur wird nicht wie in SapSal I0,2 auf die Kraft der Weisheit Gottes, sondern auf die Buße zurückgeführt, die im übrigen bewirkt, daß Adam und Eva überhaupt am Leben bleiben: Das anfangs die Selbstaufforderung zur Buße auslösende Problem des Hungerns wird durch den Ackerbau-Unterricht des Erzengels Michael gelöst. 110 Dieser Tendenz, zur rechten Buße zu mahnen, fügt sich nun aber auch das negative Bild Evas 21 ' ein, das nicht die Frau diskriminieren soll. Eva sagt nicht in ihrem Herzen »es ist kein Gott« und sie ist nicht eine von denen, die nur JSHRZ ll/5, ßu Anm Xlll,p getroffenen textkritischen Entscheidung nicht herangezogen worden. Knittel, Leben Adams und Evas, 301 f. bezeichnet das griechische Leben Adams und Evas als einen ·Enrwurf einer narrativen Anthropologie• (301), deren Menschenbild •von dem radikalen Bruch zwischen seiner ursprünglichen Erhabenheit und der gegenwänigen Erfahrung von Krankheit, Mühsal, Unfriede und Tod geprägt ist• (301). Einen ·Rest an Kontinuit' Wer dem Bösen widersteht, den wird der Teufel nicht bezwingen'F, den wird er fliehen!H Im frühen Judentum wird nun mit Hilfe einer verselbständigten Teufelsvorstellung und unter Kontamination mit dem Bericht von dem Fall der Engel Gen 6,1-4 die biblische Erzählung von Paradies und Sündenfall Gen 3 interpretiert!H In diesem Rahmen wird nach dem Motiv des Handeins Satans gefragt und über die Art und Weise seines Handeins nachgedacht; rezipientenorientiert sind durch die erste frage die Bestimmung des Menschen, durch die zweite Frage seine ethische Gefährdung angesprochen. Als Antwort auf die erste Frage wird in frühjüdischer wie später in rabbinischer Literatur u. a. auf die sexuelle Begehrlichkeit'Jl und den Neid'> 6 verwiesen'>7, die119. Vgl. Jub 48,8 neben Jub 48,9; äthHen 5),)·4 neben äthHen 69,6.

    jub 10,8. 1. TestRuhen 4,11; TestSim 5,). 131. TestRuhen 4,1 1. 1 B· TestNaph 8,4; Jak 4·7· 1)4. Die Kontamination zwischen Gen 3 und Gen 6 begegnet nach Forsyth, The Old EncrnY, 11 ), erstmals in äthHen 69,6. Sie fehlt noch bei josephus, Antiquitates 1,41. 1) 5. Vgl. äthHen 69,5; bSota9b; GenR 19 zu Gen 2,25. Nach bAZ 11b; bjeb IO)b; bS..:habbat 146.1 wird der Eva und mit ihr dem Menschengeschlecht durch die Beiwohnung der Schlange die Neigung zu widernatürlicher Unzucht eingeimpft, die bei den Heidenvölkern bestehen bleibt, bei den Israeliten jedoch sich dank der Offenbarung des Willens Gottesam Sinai verloren hat. 1 )6. V~;l. neben VitAd I 2, I noch SapSal2,24; grBar 4; für den Neid der Schlange vgl. auch Joscphus, Antiquitates 1,41. In der rabbinischen Literatur kann der Neid des Teufels verschieden begründet werden: Damit, daß die Dienstengel den Adam bedienen (ihm das Fleisch braten und den Wein kühlen, vgl. ARN 1 und bSanh 59h), mit den vielen Vorteilen, die Gott dem Menschen verschafft hatte (lrenäus, Demonstratio 16,1; Gregor von Nyssa, Große Katecheti sche Rede 6, 10), mit der Herrschaftsstellung des Menschen (Tertullian, Oe patientia s), mit seiner Überordnung über den Satan (Eznik von Kolb, Wider die Irrlehren, I 12). In EvPhil Sc wird vom Neid der Mächte, in TestVer 47,14-30 vom Neid des Demiurgen gesprochen, aufgrunddessen das Gebot Gen 1,17 erging. In VitAd wird an der Einheit von Schöpfer- und Erliiscrgott fcstgehahen. 1)0. 1)

    ser nicht selten mit der Stellung des Menschen im Schöpfungswerk begründet'3 8 rezipientenorientiert betrachtet soll die Würde der menschlichen Bestimmung verdeutlicht, die Sünde als umso unwürdiger gebrandmarkt werden. In den Umkreis der zweiten Frage gehören die Vorstellungen, daß der Satan ein Tier'39 als Gewand anlegen, sich hinter einem Tier oder einem Menschen verstecken 140, in einen Menschen hineingehen'"., oder daß er sich in Engel 14 ' , dann aber auch in Menschen' 4 3 oder in Tiere verwandeln kann. Erzählanalytisch ergibt sich, daß die Verwandlung in eine für den Leser positiv besetzte Figur wie einen Engel die Heimtücke der Verführung, die Verwandlung in eine negativ besetzte Figur die übermenschliche Gefährlichkeit der gottfeindlichen Mächte zum Ausdruck bringen soll. Wird der Teufel in 4 Esr überhaupt nicht und auch in syrBar faktisch nicht (nur syrBar 48,42 die Schlange) erwähnt, so zeigt sich allerdings auch, daß die Rede vom Teufel nicht zu den unumgänglichen Topoi frühjüdischer Reflexion gehört. Unsere Adambücher verzichten nun keineswegs auf die Rede vom Teufel, jedoch wird vor allem an der Vita Adae et Evae sichtbar, daß damit die menschliche Willensfreiheit keineswegs geleugnet ist. Vermutlich durch die mit dem Namen Adam gegebene allgemein-menschliche Thematik ist es bedingt, daß in unseren Adam-Büchern der Satan nicht im speziellen als der große Störenfried in der Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel erscheint.' 44 Weiterführende Literatur zu .p-2: 44623,4474, 4531; zu 4.1 : 4419,4420,4459,4475, Eldridge (s. Anm. 107), Knittel (s. Anm. 2); zu 4.2: 4499·

    237. In rabbinischer Literatur können daneben noch Herrschsucht (NumR 8; vgl. JQid

    bSota 9a/b) und Verleumdungssucht (GenR 19 zu Gen 3,2) genannt werden. 238. Neben VitAd 14,1-15,4 vgl. aus der rabbinischen Literatur GenR 17 (zu Gen 2,19) sowie in MidrKoh, zu Koh 7,2 3 und zu 8,1: Der Mensch ist den Engeln gegenüber darin überle);Cil, daß nur er den Tieren Namen geben kann. Die höchste Weisheit Adams ist aber, daß er sich selbst als vom Erdboden geschaffen, Gott aber als Herrn über alles erkennt (MidrTeh 8,2 zu Ps N,2, anders als Philo, LegAlleg 1,91 ). Um den Gedanken zu rechtfertigen, vor dem Bau der Stiftshütte sei der Altardienst des Erstgeborenen erlaubt, wird Adam als Erstgeborener der Welt mit den Kleidern des Hohenpriesteramtes bekleidet gedacht (MidrTanch B Exodus, VI 12). 239. );rBar 9,7 vgl. A. Pinero, Angelsand Demons in the Greek Life of Adam and Eve, JSJ 24 ( 1993), 191-214, 211 f. (mit Belegen). 240. TestHi 27,1; lrenäus, Epideixis 16; ders., Adv. Haer. 5,26,2. z.p. Martjes 2,1; TestNapht 8,4; Lk 22,J;Joh IJ,Z7. 242. z Kor 11,4; VitAd 9, 1. 243 . TestHi 6,4; 17,1; ZJ, L 244. Er erscheint als Feind Davids (bSanh 95a) und potentieller Feind Moses' (bNed pa; v);l. Ex 4,24-26 und seine frühjüdische Rezeption). Er will die Gabe der Thora an Israel verhindern (bSanh z6b) und macht während des Aufenthaltes Moses' am Sinai das Volk glauben, Mose sei gestorben, und verführt sie dadurch zur Anbetung des goldenen Kalbes (bSchab X9.1.b). In dieser Rolle symbolisiert der Teufel die äußere wie die innere Gefährdung der Existenz Israels. tljc;

    193

    -H Bezug zu anderen bibliSchen, apokryphen und pseudepigraphischen Schriften Erwartungsgemäl~ ist Gen 2-5 Voraussetzung der hier vorzustellenden Adamschriften und zugleich Gegenstand ihres weiteren Fragens. Unmittelbare lirerarkritische oder traditionsgeschichtliche Bezüge zu anderen apokryphen und pseudepigraphischen Schriften bestehen nicht. Die gelegentliche Nähe zum Jubiläenbuch in erzählerischen Details 241 kann auf gemeinsame Erzähltraditionen verweisen, doch fehlt in den Adamschriften jeder explizite lsraelbezug. Auch eine Vergleichbarkeit mit 4 Esr 7,127-131 wäre nur auf das allgemeine Phänomen der paränetischen Rezeption der Adamgestall zu beziehen.

    5. Wirkungsgeschichte Die Wirkungsgeschichte der Apokalypse Mosis und der Vita Adae el Evaeist zeitlich wie räumlich umfangreich: Von der Zeitenwende bis ins hohe Mittelalter und von Armeoien und Georgien bis Frankreich 246, England 247, lrland 24 R, Deutschland249 und Dänemark 250 werden in unterschiedlichen Fassungen diese Erzählungen rezipiert und sind Zeugnisse intensiven Nachdenkens über Schicksal und Verhalten des ersten Menschenpaares. Weiterführende Literatur zu 5:4393,4404,4446,4447,4448, 4458,4493,4494,4495, Knittel (s. Anm. 2), 24-30.

    245. Vgl. ApkMos 4,2 mitjub 4,7; ApkMos 11,2 mitjub 3,28; ApkMos 29,3 mitjub 3,27; ApkMm 40,4 mit Jub 4,29. 246. Vgl. Jean des Preis, Ly myreur des histors (Meycr, Vita Adae, 210); vgl. ferner V. LaStille, Dcux rcliefs romans incdits representant des sccncs de l'histoire d'Adam et Evc, Hommage d Andre Dupont: Etudcs medicvales langucdocicnncs, Montpellier 1974· 185-192. 247. Meyer, Vita Adae, 211-213, erwähnt das Gedicht The Story of the Holy Rood (Harleian man. 4196), das altenglische Gedicht Canticum dc creatione zusammen mit einer Prosaversion (vgl. dazu A. C. Dunstan, The Middle English Canticum de Creatione and the Latin Vita Adae et E vae, Anglia 55. 19 31, 4 31 - 442), ein altenglisches Gedicht über das Leben Adams und Evas, die Prosaschrift The Lyff of Adam and Eve (vgl. P. E. Dustoor, Legends of Lucifcr in Early English andin Milton, Anglia 54, 1930, 213-267). 248. B. 0. Murdoch, An Early lrish Adam and Eve, Saftair na Rann and the Traditions of thc Fall, Mediaeval Studies 3 5, 1973, 146-177; ders.: Thc lrish Adam and Eve Story from Saftair n.l Rann: Volume 2, Commentary, Dublin 1976. 249. Vgl. die Hinweise bei Meyer, Vita Adac, 213 f. auf einige deutsche Historienbibeln (vgl.j. A. Fabrzcius, Cod. Pseudep. I, 36-47), auf Interpolationen in einigen Handschriftensorten der Weltchronik Rudolfs von Ems, auf Hagens •Gesammtabenteuern ·Adam und Eva•" (Mcyer, a. a. 0., 214) und auf Lutwins Gedicht über Adam und Eva (dazu vgl. A. C. Dunstan, The Middle High German ·Adam und Eva• by Lutwin and the Latin •Vita Adae et Evae•, MLR 24, 1929, 191-199; M. E. B. Hal{ord, Lutwins Eva und Adam, Göppingcn 1980 [Göppinger Arbeiten zur Germanistik 401 ]). 2 50. Mcycr, Vita Adac, 216 Anm r, verweist aui ein dänisches Buch De creatione rcrum.

    194

    Register (Eva Lamparter)

    1.

    Stellen

    (Fußnoten sind mit " gekennzeichnet)

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    II. Alttestamentliche Apokryphen und Pseudepigraphen Adamschriften ApkMos1-17,2 . .. 16o, 164 2-4 .. ....... 183 2,4 . ... . . .... 188 3-13 ....... . 177 s-1 4 . . .. 1 79, S-13 ..... .. . 183 pff..... 183,186 6 . .. ........ 183 7 ........... 182 7,1-8,2 . . 179, 183 7,2 .......... 182 8,2 .. .... .. J87f. 9-13 .. . . 179• 183 9,2 .......... 179 9·3 .......... 179 10 .......... 180 10,1-12,2 . ... J88 10,1 . ... ..... 179

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    195

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    199

    15,26. 11,27 II ,31

    94 93 93 lj,3zf. .. 93 11,32. .. 94 11.)4.... 94 16,1-4 93 16,3 f. . . . . . . 93 16,9......... 93 16,16 ......... 93 16,20-31 ..... 87 16,2oif........ 87 16,28f. ....... 93 87 17,1 if.. 17,15-18,13 · · · 93 18,19 .. .. ..... 93 19,) . . . . . . . . 93 19,9 .......... 93 22,1-9 .. .. ... 87 22, I ff . . ... . ... 87 23,26.. . ..... 94 2J,J2 . . . . . . 93 24,28-33 .... 94 24,18- Jl . . . 84 24,33 . . . . . 93 21-45 ........ 90 28,6 ff .... . .... 87 28,6 .......... 93 29,911...... 84 29,11 . . . . . . . . 94 30,4ff....... 94 30,7-17 . . . . ... R7 30,9 .......... 93 30,19-22 93 31,32b ........ 93 32,10-11 87,93 32,2d. .. .. 93 )2,21 84 p,22.. .. . 83 32,27if.... ~7- 93 33,1 .. .. .. 83 )3,10 - 14 87 JJ,Iofl........ 93

    J3,ISfi........ X7 )4, 1-9

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    200

    94 87 93 s4 94 84 87 87 84 ';10

    48,2! ..... 91!. 48,4...... 931. 48,8 ......... 192 48,9 . . . . . . . . 192 48,12 93'48,IJ........ 93 48,15 · · · · · · · · 95 49,1-23 ... . 87 49,8 ....... . 93 10,1-IJ ....... 87 50,6-13 .. . ... 87 50,11 ......... 87

    LAB (Antiquitates Biblicac·) 1-8 . . . . . . . . . 76 2,8 f.......... 72 J,9 f. . . . . 67, 74 I. J,9 . . . . . . . . . 75 3,10 ...... · 67,71 4·3 ........... 72 4·5 . . . . . . . . . . 7 2 6 74 6.9 f. . . . . . 73 72 6.9 . . . . . . . . . 6,1 I . . . . . . 73 i. 6,18 . . . . . . . . 73 7·4.......... 73

    8,) .... .... ... 73 9,1 ........... 74 9,2 ........... 73 9·3 . . . . . . . . . 72 f. 9,)

    ff. . . . . . . . . 73

    9·4 . . . . . . . . . 73 9·5 . . . . . . . . . 74 9.8 . . . . . . . . . 7 3 f. 10,) ..... . 7_\ 1o,4H...... . 73 10,4 ........ . 73 I I . . . . . . . . .. 74 11,1 .. .. .. .. 74 11,2 .. . ....... 74 11,5 .......... 74 11,12 ......... 7 1 12,4 ......... 74 12,8 f. . . . . . . 73 12,9... 73 IJ 74 IJ,IO . .. . . . 73f. 14,2 .... .. . ... 73 11,7 .......... 73 16,2 . . . . . . 72 16,3 (,7,75 I s.3 ... . ...... 76

    S,4 . . S,6 . . 18,11 ..

    73 75 76

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    n.

    73 73 74 76 76 JS,s . ......... 73 36.3 .... . . .... 74 36,4 . .. . 69, 73, 7S 37·1. . ......... 69 J7,S · .. . ...... 69 38 .... . . . .... 74 38,1 . .. . ..... . 69 38,1. . .. .. ..... 69 38,3 .. . . . ..... 76 38,4. · · · · · · · · · 7S 39-40 ... . . . . . 76 39·4 . ... . .... . 71. 39.S · · · · · · · · · · 73 39·7 . ....... . . 73 40·3 .. .. . .. ... 71. 40·7 ... . ..... . 72 40,8 ... ... .... 72 42,10 . . .. .. ... 76 43>5 ... .. . . . . . 74 44,1 - s . . .. . . . 74 44.6f...... . .. 74 44·7 . . ........ 74 44,10 . . . . . .. ·. 7S 4S·3 · · · · · · · · · · 74 48 ........ . · · 7S 48,1 ....... 67, 7S 49,s .. . .. .. . .. 74 so.4 ......... . 73 so.s ... . .... . . 73 SI · · · · · · · · · · · 7S SI, S · · · · · · · · · · 7S s3 ........ 72, 76 s3·3 f. . .. . .... 76 S4 · · · · · · · · · · · 7S ss.7 . ...... 71., 76 S9·4 · · · · · · · · · · 7S 60,1 .. . . . ... . . 76 60,1. f. . . . . . 7 2, 76 60,1. . .. . ...... 76 60,3 . .... .. . . . 76 61 .s . . ... ... · . 7S 61,8 .... ... .. . 72 62,8 . .. . .... . . 72 61.,9 . .... . . 67, 7S 62, 10 .... . . 71., 76 6J,4 .. ... . .. · · 7S 64,6 . ........ . 7S 6j ,4 . .... . .... 72 J3,1. ........ .. 3).5 .......... 34 . . ·· · ·····. 34·3 . . . .. . .... 34·4 . ... . .. 71.,

    1 Makk 2,1.9-41. .. . . . . 83 2,40f. ... .. .. . 87 2

    Makk 9, JS . . . . . . . .

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    1 31

    *

    10,2 ..... . . . . 189 16,20 ..... .. . 107

    syr. Schatzhöhle 40,1-7· · · ·· ··· 12 Sir

    1,11-20 . . . . . 130 7,33 · · · · · . ... 130 so ..... . ... 63f. S0,3 ....... . . . 63 so,q ... .... .. 63 s 1,12 ... ... .. 126

    TestAbr A 10-14 ... . .. 46 TestXIIPatr Testlevi 2,6-5,7 ..... . . 46 TestDan 6,1-8 . . .. ... 192 Testjob 2-s .... .. .. . 101. S3 · .......... 22 Tob

    1,1-7,11 .. . . . 128

    I,If. ... 116, 119, 131*, IJ2 1,1 .. . . . . 119, 147 1,2. . .. . . '37. 147 1,3-3,17 . ... . 119 1,3-3,6 . . . . . . 117 1,3-22 · · · · · · 137 1,3ff..... · · · · 147 1,3 .. .. . . 13 7-140 1,4-8 . . .. . .. 119 1,4 . . . . .. .. . . '47 1,6ff. .... . .. . 147 1,6 . .... .... 131" 1,8 .......... 140 1,1of.... . . .. 139 1, 10 ..... '37,147 1,13 . .... IJl, 137 1,1 s . .. . . .. . . 137 1, 16ff. ....... 140 1,17-1.0 . . . . . 140 1,17...... .. 132, 140, 147 1,18f. .... . .. 137 1,18 ........ . 147 1,19f... . . . .. IJl

    1,21 . .. ... . .. '37 1,22 . ... ..... 126 1.,1-7 .. .... . . 117 2,1-4 . . . . . . . 140 1.,1 ff . .. . .. . .. 147 1.,3 -8 . .. . .. . 140 2,9f. . .. . .... 117 2,9 . . . .. ... . . I SO 2,10-14 ..... 147 1.,11-14 ...... 117 1.,12-18 .. . . . 128 3,1-6 · · · 117, 14S 3,2-6 . . .. .. . '3S 3,2 . ... . . 138, 146 3·3 ff. . . . . . . . . '47 3·3 f . . . . .. . . . '47 3,6-6,16 ..... 120 3,6 .. . ....... 117 3·7-1 s .. . .. .. ''7 3,7-10 · · · · · · · 144 3·7 . . ........ 117 3,8 . ....... . . 144 3,8a .... .. ... 117 3,8b-9 . ..... 117 3,10- q . .. . . 11 7 3,10 ..... 117, 140 3,11-1 S IJS, 144f. 3,11 . 117, 138, 146 3,13 . .... .. .. 117 3·'4 . . .... ... 117 3,16-zz .... . 128 3,16f. . . . . . . 11 7, IJ2, 144f. 3,16 ....... · · 117 3·'7 .. .. . . . .. 144 4,1-14,1 ..... 117 4,1-21 ... .. . 119 4,)-21 ... . . . IJS 4·3f. .. .. . .. . '4' 4·3 .. . ..... . . '4' 4·4 ··· ·· · 123,126 4·6 . ... . ... . . 141 4.7-11 ....... 140 4·7 . .. ... .. .. 139 4,12f. 132, 14off. 4,12 .. ..... . . 140 4·'3 .. . .... . . 141 4,16f. ... .. . . 140 4,16 ..... .. . . IJl 4·'9 ... . .. . .. 146 4,21 .. .. . .. .. 141 S,l-6,1 .... . . 119 s.• .. . ... . ... 140 s.9 . . . .... ... 126

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    143 143 119 132 121 6,9-12,22 6,1off.... I 32 6,11 ........ 126 6,12 . . . . . . . . 141 6,13 ..... IJO, 140 6,1j ... . ..... 144 6,16 ... . ..... 141 6,17-22 ..... ll8 7.7 .......... 140 7,9b-10,13 ... 119 7,10 ......... 132 7,11-14 ...... ll8 7,11f. ....... IJl 7,11 ... . . 1JO,IJl 7,12 .... . IJO, 132 7,13 .. .. IJO, IJl, 141, I jO 7,q ..... 128,132 7.17 ......... 138 8,4f. ... .. . . . 128 8,5-8 ....... 135 8,5 f. ........ 146 8,j .......... 146 8,1j ff .... 135. 146 9.6 .... . ..... 140 9,11 f .. . .. . .. ll8 10,7-12 ...... I Jl 10,8 . ..... . . . 126 119 11,1-19 11,10f....... 126 11,14 f....... 146 11,17 ........ 146 12,1-22 ..... 119 12,6 . . . . . . . . 145 12,7-11 .. . . .. 135 ll,7 ...... . .. 145 12,8 . . . . . . . I 39 f. 12,9 . . ...... . 145 12,10 ........ 145 12,12 . . . . qo, 144 12,14 . . ...... 132 12,1j ...... 143f. 145 12,17 . . 12,18 . . . .. ... 145 145 12,20...... 12,22 .... .. .. q6 13 · · · · · · 136, 147 13,1-14,1 .. 118f. 13,1-18 . . . . . 13 j 13,1-13 . · · · · · 149

    2.02.

    13,1 .... IJI', 138 q8 13,2...... 13·4 ... .. .... 126 IJ,j ... . .... . 148 13,6 .... . .... 138 13,10 ..... .. . 126 13,11 . .. . IJC, 138 IJ,I j . . . . . . . 123, 126, 138 1J,I6ff...... IJI'. 1 4 . . . ....... 1 33 14,2-lj ... 118f. 14,2 ......... 146 14,4 f. . . . . . . I 3 I