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German Pages 244 Year 2015
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 264
Ist der gerichtliche Eigensanierungsrahmen nach dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen besonders geeignet für die Sanierung mittelständischer Unternehmen? Eine Untersuchung über die Anreizwirkung des Sanierungsvorbereitungsverfahrens
Von
Christopher Becker
Duncker & Humblot · Berlin
CHRISTOPHER BECKER
Ist der gerichtliche Eigensanierungsrahmen nach dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen besonders geeignet für die Sanierung mittelständischer Unternehmen?
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 264
Ist der gerichtliche Eigensanierungsrahmen nach dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen besonders geeignet für die Sanierung mittelständischer Unternehmen? Eine Untersuchung über die Anreizwirkung des Sanierungsvorbereitungsverfahrens
Von
Christopher Becker
Duncker & Humblot · Berlin
Die Fakultät III der Universität Siegen: Wirtschaftswissenschaften, Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsrecht hat diese Arbeit im Jahre 2014 als Dissertation angenommen.
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Danksagung Nach vielen Jahren intensiver Arbeit liegt sie nun vor Ihnen: meine Dissertation. Damit ist es an der Zeit, mich bei denjenigen zu bedanken, die mich in dieser spannenden Phase meiner akademischen Laufbahn begleitet haben. Zu besonderem Dank bin ich meinen Professoren verpflichtet. Als erster Gutachter hat mich Herr Professor Krebs stets mit seinen Anregungen unterstützt und ohne seine Geduld und seinen akademischen Rat wäre diese Arbeit nicht entstanden. Auch Herrn Professor Schöne bin ich für sein zweites Gutachten zu Dank verpflichtet. Ebenso geht mein Dank an meinen Mentor Herrn Jens U. Schmitt, der mir mit seinem Fachwissen stets zur Seite stand, Zeit für Diskussionen opferte und mir nicht zuletzt durch wertvolle Tipps zu einem wertvollen und freundschaftlichen Wegbegleiter wurde. Nicht minder aufreibend waren die vergangenen Jahre für meine Familie, die dieses Werk in allen Phasen mit jeder möglichen Unterstützung bedacht haben. Ihnen gebührt mein Dank dafür. Ein besonderer Dank gilt dabei meinen Eltern, ohne die meine akademische Laufbahn niemals möglich geworden wäre und die mir in vielen Dingen ein Vorbild sind. Eine herausragende Stellung in jeglicher Hinsicht nimmt allerdings meine Frau Jasmin ein. Ohne ihre liebevolle Fürsorge, Verständnis und Unterstützung wäre diese Arbeit nicht zu dem Werk geworden, das sie heute ist. Sie hat mir die ganze Zeit den Rücken frei gehalten. Daher widme ich ihr diese Arbeit. Ober Ramstadt, im September 2014
Christopher Becker
Inhaltsübersicht Teil 1 Einführung
15
A. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 C. Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Teil 2 Die Stellung des Unternehmens zwischen außergerichtlichem und gerichtlichem Sanierungsrahmen
23
A. Die Krise als Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 B. Verfahrensalternativen zur Überwindung der Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Teil 3 Darstellung und Beurteilung der neu geschaffenen Anreizmechanismen durch das ESUG
83
A. Die Eigenverwaltung als Anreizinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 B. Das gesetzlich geregelte Vorschlagsrecht für das Amt des (vorläufigen) Sachwalters als Anreizmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 C. Zum Abbau von Rechtsmittelblockaden im Planverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 D. Auswirkung des ESUG auf die Verfahrenskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Teil 4 Thesenartige Zusammenfassung
202
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
Inhaltsverzeichnis Teil 1 Einführung
15
A. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 I. Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 II. Ziel der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 III. Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 C. Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Teil 2 Die Stellung des Unternehmens zwischen außergerichtlichem und gerichtlichem Sanierungsrahmen
23
A. Die Krise als Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 I. Betriebswirtschaftlicher Krisenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1. Strategiekrise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2. Erfolgskrise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3. Liquiditätskrise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 II. Insolvenzrechtlicher Krisenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1. Zahlungsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2. Überschuldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 a) Historische Entwicklung des Überschuldungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 b) Konzeption des Überschuldungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 aa) Ermittlung der rechnerischen Überschuldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 (1) Ansatz und Bewertung des Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 (2) Ansatz und Bewertung der Schulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 bb) Anforderungen an eine positive Fortbestehensprognose . . . . . . . . . . . . . 34 (1) Positive Unternehmensfortführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 (a) Prognosezeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 (b) Objektive Überlebensfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
6
Inhaltsverzeichnis (c) Subjektiver Fortführungswille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 (2) Prognosesicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 3. Drohende Zahlungsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 4. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 III. Ergebnis und kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
B. Verfahrensalternativen zur Überwindung der Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 I. Überblick über die außergerichtliche Sanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 1. Rechtliche Anforderungen an die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit . . . . . . 44 2. Rechtliche Anforderungen an die Beurteilung der Sanierungswürdigkeit . . . . . 48 II. Überblick über den gerichtlichen Sanierungsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 1. Grundsystematik des Insolvenzplanverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 a) Sinn und Zweck des Insolvenzplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 b) Rechtsnatur des Insolvenzplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 c) Verfahrensablauf bis zur Planvorlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 aa) Aufstellung des Plans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 (1) Planvorlageberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 (2) Planarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (a) Schuldner- und Verwalterpläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (b) Planziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (aa) Liquidationsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (bb) Sanierungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 (cc) Mischformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 (dd) Sonstige Pläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 bb) Planinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 (1) Darstellender Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 (a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 (b) Information über die Planart und über das Ziel des Plans . . . . . 56 (c) Darstellung der Lage und der Entwicklung des schuldnerischen Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 (d) Erläuterung des Plankonzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 (e) Grundzüge der Gruppenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 (2) Gestaltender Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 (a) Gruppenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 (b) Rechtsstellung der Planbetroffenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 (c) Regelungen zum debt to equity swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 (aa) Grundstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 (bb) Insolvenzrechtliche Besonderheit: Ausschluss der Differenzhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 (cc) Zur Frage der Forderungsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 (d) Sonstige Planregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
Inhaltsverzeichnis
7
(3) Plananlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 (a) Planungsrechnungen nach § 229 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 (b) Plananlagen i.S.d. § 230 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 (c) Vergleichsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 d) Der verfahrensrechtliche Insolvenzplanablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 aa) Das Planvorprüfungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 bb) Das Planannahmeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (1) Die Annahme des Plans durch die Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (2) Das Obstruktionsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 cc) Das Planbestätigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 dd) Wirkungen des bestätigten Insolvenzplans und Aufhebung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 ee) Überwachung der Planerfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 2. Grundstruktur der Eigenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 a) Sinn und Zweck der Eigenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 b) Auswirkungen auf das eröffnete Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 aa) Überblick über die Rechtsstellung des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . 74 bb) Überblick über die Rechtsstellung des Sachwalters . . . . . . . . . . . . . . . . 75 cc) Die Rolle des Insolvenzgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 dd) Einflussmöglichkeiten der Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 c) Aufhebung der Eigenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 III. Vor- und Nachteile der beiden Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
Teil 3 Darstellung und Beurteilung der neu geschaffenen Anreizmechanismen durch das ESUG
83
A. Die Eigenverwaltung als Anreizinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 I. Kritikpunkte vor Einführung des ESUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 1. Der restriktive Umgang der Insolvenzgerichte mit dem Eigenverwaltungsantrag 87 2. Der Kontrollverlust des Schuldners im Eröffnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 88 II. Änderungen durch das ESUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 1. Die neuen Voraussetzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung . . . . . . . . 91 2. Die Eigenverwaltung im Eröffnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 a) Das Regeleigenverwaltungseröffnungsverfahren nach § 270a InsO . . . . . . . 92 aa) Rechtsstellung des vorläufigen Sachwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 bb) Rechtsstellung des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 cc) Der vorläufige Gläubigerausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 dd) Sonstige Sicherungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
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Inhaltsverzeichnis b) Das Sanierungsvorbereitungsverfahren nach § 270b InsO . . . . . . . . . . . . . . 95 aa) Anordnungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (1) Allgemeine Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (2) Besondere Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (a) Die Beurteilung des insolvenzrechtlichen Krisenstadiums . . . . . 96 (b) Die Beurteilung der nicht offensichtlich aussichtslosen Sanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (aa) Das Verfahrensziel als Beurteilungskriterium . . . . . . . . . . . . 96 (bb) Keine offensichtliche Aussichtslosigkeit der Sanierungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 (c) Anforderungen an den Bescheinigungsaussteller . . . . . . . . . . . . 99 (aa) Allgemeine Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 (bb) Tatbestandsvoraussetzungen: „In Insolvenzsachen erfahren“ 101 (cc) Zur Frage nach der Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (dd) Juristische Person als Bescheinigungsaussteller? . . . . . . . . . 104 bb) Ablauf des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (1) Sicherungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (2) Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten . . . . . . 106 (3) Zur Thematik Insolvenzgeld und dessen Vorfinanzierung . . . . . . . . 106 (4) Zur öffentlichen Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 (5) Vorzeitige Aufhebung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 (6) Übergang zum eröffneten Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 III. Bewertung der Neuregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 1. Rechtssicherheit durch die Modifizierung der Eigenverwaltungsvoraussetzungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 a) Konsequenzen des § 270 InsO n.F. für die gerichtliche Praxis . . . . . . . . . . . 112 b) Der neu geregelte Gläubigereinfluss im Eigenverwaltungsverfahren . . . . . . 113 c) Lösungsvorschlag zur Vertrauensförderung: Aufnahme eines Sanierungsexperten in die Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 2. Die Rechtsstellung des Schuldners im Sanierungsvorbereitungsverfahren – ein Anreizmechanismus zur frühzeitigen Antragstellung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) Der „starke“ vorläufige Eigenverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 b) Problemfelder der besonderen Anordnungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . 118 aa) Die Selbstprüfungspflicht als Hinderungsgrund für eine frühzeitige Antragstellung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (1) Auswirkung von eingeschränktem Rationalverhalten auf die Selbstprüfungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (2) Reformvorschlag de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 (a) Gesetzlich fixierte Krisenprüfungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
Inhaltsverzeichnis
9
(b) Gesetzliche Regelung zur Eindämmung von eingeschränktem Rationalverhalten im Rahmen der Überschuldungsprüfung . . . . 123 bb) Die Sanierungsbescheinigung als Unsicherheitsfaktor . . . . . . . . . . . . . . 125 (1) Problemaufriss und Empfehlungen aus Literatur und Praxis . . . . . . 125 (2) Reformvorschlag de lege ferenda: Einführung eines Vordrucks für die Sanierungsbescheinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (a) Allgemeine Anforderungen an den Vordruck . . . . . . . . . . . . . . . 128 (b) Notwendige Anlagen des Vordrucks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (c) Konkreter Gestaltungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 cc) Die Person des Bescheinigungsausstellers als Unsicherheitsfaktor . . . . 132 (1) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 (2) Reformvorschlag de lege ferenda: Implementierung eines Anerkennungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 (a) Anerkennungsverfahren im Verbraucherinsolvenzverfahren . . . . 134 (b) Übertragung auf das Sanierungsvorbereitungsverfahren . . . . . . . 134 (aa) Sachliche Anforderungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 (bb) Verfahrensablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (cc) Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 B. Das gesetzlich geregelte Vorschlagsrecht für das Amt des (vorläufigen) Sachwalters als Anreizmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 I. Kritik vor Inkrafttreten des ESUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 II. Die Regelungen zur Auswahl des Verwalters nach dem ESUG . . . . . . . . . . . . . . . 142 1. Allgemeine Neuerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 a) Konkretisierung des Unabhängigkeitserfordernisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 aa) Vorschlagsrecht durch den Schuldner oder einen Gläubiger . . . . . . . . . . 142 bb) Allgemeine Beratung des Schuldners vor Antragstellung . . . . . . . . . . . . 143 (1) Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 (2) Mandatskollisionssachverhalte durch die allgemeine Beratung? . . . 144 b) Die besondere Gläubigerbeteiligung nach § 56a InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 2. Das besondere Vorschlagsrecht im Sanierungsvorbereitungsverfahren . . . . . . . 146 III. Zur Anreizwirkung des besonderen Vorschlagsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 2. Mangelnde Transparenz des Verwaltermarktes als Risikofaktor . . . . . . . . . . . . 149 a) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Qualitätssiegel als geeignete Anlaufstelle? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 c) Rechtsvergleichende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 aa) Ausgestaltung der österreichischen Internetverwalterliste . . . . . . . . . . . 153 bb) Vorteile gegenüber dem nationalen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
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Inhaltsverzeichnis cc) Reformvorschlag de lege ferenda: Einführung einer Internetverwalterliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 (1) Strukturierung der Internetverwalterliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (2) Sachlich gebotene Eingrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (3) Überprüfung der Eintragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 (4) Führung der Liste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 3. Der mitgebrachte Sachwalter – risikolose Schuldnerautonomie? . . . . . . . . . . . 157 a) Die Wirkung des mitgebrachten Sachwalters auf die Gläubiger . . . . . . . . . . 158 b) Handlungsempfehlung zur Verfahrensgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
C. Zum Abbau von Rechtsmittelblockaden im Planverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 I. Allgemeine Kritik vor Einführung des ESUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 II. Der Minderheitenschutz im Planverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 1. Zweck der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 2. Kritik am Minderheitenschutz vor Einführung des ESUG . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 3. Regelung nach Einführung des ESUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 4. Auswirkung auf die Rechtspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 III. Die sofortige Beschwerde gegen die Planbestätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 1. Kritikpunkte vor Einführung des ESUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 2. Die verfahrensrechtliche Ausgestaltung nach Einführung des ESUG . . . . . . . . 173 a) Die geänderten Zulässigkeitsvoraussetzungen gegen die Planbestätigung . . 173 b) Das insolvenzrechtliche Freigabeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 aa) Person des Antragstellers in der Eigenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 bb) Instanzenzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 cc) Gerichtliche Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (1) 1. Prüfungsschritt: Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (2) 2. Prüfungsschritt: Ausnahme bei besonders schwerem Rechtsverstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 dd) Schadensersatzregelung bei zurückgewiesener Beschwerde . . . . . . . . . . 177 3. Auswirkung der Neuregelung auf die Rechtspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 a) Die besonderen Zulässigkeitsschranken planopponierenden Beschwerden . 178 b) Möglichkeiten und Grenzen des insolvenzrechtlichen Freigabeverfahrens . . 179 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 D. Auswirkung des ESUG auf die Verfahrenskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 I. Allgemeine Kritik vor Einführung des ESUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 II. Die Verfahrenskosten nach Einführung des ESUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 1. Vergleichende Betrachtung der Verwaltervergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
Inhaltsverzeichnis
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2. Kosten für gerichtlich bestellte Sachverständige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 b) Sachverständigenbeauftragungen im Eröffnungsverfahren vor Einführung des ESUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 aa) Prüfung der allgemeinen materiellen Eröffnungsvoraussetzungen . . . . . 186 bb) Prüfung der Fortführungsaussichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 cc) Entscheidung über die Nachteilsprognose i.S.d. § 270 InsO a.F. . . . . . . 187 dd) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 c) Zur Sachverständigenbeauftragung im Kontext des Sanierungsvorbereitungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 aa) Prüfung des Eröffnungsgrundes, der Fortführungsaussichten und der Sanierungsbescheinigung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 bb) Prüfung der materiellen Anordnungsvoraussetzungen der Eigenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 cc) Prüfung der materiellen Anordnungsvoraussetzungen des Eigenverwaltungseröffnungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 III. Auswirkung auf die Anreizwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 2. Der Umgang der Insolvenzgerichte mit der Sachverständigenbeauftragung – ein unkalkulierbares Risiko in der Rechtspraxis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 3. Reformvorschlag de lege ferenda: ausdrückliche Regelung zur Sachverständigenbeauftragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
Teil 4 Thesenartige Zusammenfassung
202
I. Ergebnisse zu den Untersuchungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 II. Ergebnisse zur Eigenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 III. Ergebnisse zur Auswahl des (vorläufigen) Sachwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 IV. Ergebnisse zu den Rechtsmitteln im Planbestätigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . 207 V. Ergebnisse zu den Verfahrenskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 VI. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
Abkürzungsverzeichnis a.A. ABI Abs. AcP a.E. a.F. AG AG AG AktG Alt. amtl. Aufl. Art. AVB-WKV AZ BAnz BauO BB Beschl. Begr. BFH BFHE BFuP BGBl BGH BGHZ BLPMZ BMJ BR bspw. BT BVerfG bzgl. bzw. ca. CFL DB ders. d. h. DiskE
andere Auffassung American Bankruptcy Institute Absatz Archiv für die civilistische Praxis (Fachzeitschrift) am Ende alte Fassung Aktiengesellschaft Amtsgericht Die Aktiengesellschaft (Fachzeitschrift) Aktiengesetz Alternative amtlich Auflage Artikel Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Warenkreditversicherung Aktenzeichen Bundesanzeiger Bauordnung Betriebsberater Beschluss Begründung Bundesfinanzhof Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift) Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen Bundesjustizministerium Bundesrat beispielsweise Bundestag Bundesverfassungsgericht bezüglich beziehungsweise circa Corporate Finance Law (Fachzeitschrift) Der Betrieb (Fachzeitschrift) derselbe das heißt Diskussionsentwurf
Abkürzungsverzeichnis DStR DZWiR EStG ESUG et al. EU evtl. f. FAO FAR ff. FMStG gem. GesO ggf. GmbH GmbHG GmbHR grds. GuV GVG GWR Halbs. HGB h.M. Hrsg. i. d. R. IDW IDW S IfM INDat InsO InsVV InsVZ InVo IO i.R.d. i.S.d. i.S.v. i.V.m. KG KO KonTraG KSI KTS LG lit. Ltd
Deutsches Steuerrecht (Fachzeitschrift) Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht Einkommenssteuergesetz Gesetz zur weiteren Erleichterung von Unternehmenssanierungen et alia (lateinisch „und andere“) Europäische Union eventuell folgende Fachanwaltsordnung Fachausschuss Recht fortfolgende Finanzmarktstabilisierungsgesetz gemäß Gesamtvollstreckungsordnung gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Fachzeitschrift) grundsätzlich Gewinn- und Verlustrechnung Gerichtsverfassungsgesetz Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Fachzeitschrift) Halbsatz Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Herausgeber in der Regel Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. Standards Institut für Mittelstandsforschung Datenbanken und Informationen zum Insolvenzgeschehen Insolvenzordnung (Deutschland) Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung Zeitschrift für Insolvenzverwaltung und Sanierungsberatung Insolvenz und Vollstreckung (Fachzeitschrift) Insolvenzordnung (Österreich) im Rahmen des im Sinne des im Sinne von in Verbindung mit Kammergericht Konkursordnung Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (Fachzeitschrift) Konkurs-Treuhand-Sanierung (Fachzeitschrift) Landgericht littera (lateinisch für Buchstabe) Private limited company
13
14 MoMiG m.w.N. n.F. NJW Nr. NRW n.v. NZG NZI OLG PatG PS RegE Rn. RPflG Rspr. S. S s.a. s. o. sog. StGB str. u. a. Urt. usw. u. U. v. VerglO vgl. Vol. WM WPg ZAP z. B. ZfB ZfS zgl. ZGR Ziff. ZInsO ZIP ZIS zit. ZP ZRP z. T.
Abkürzungsverzeichnis Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen mit weiteren Nachweisen neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift (Fachzeitschrift) Nummer Nordrhein-Westphalen nicht veröffentlicht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Insolvenzrecht Oberlandesgericht Patentgesetz Prüfungsstandard Regierungsentwurf Randnummer Rechtspflegergesetz Rechtsprechung Seite Standard siehe auch siehe oben sogenannt/e/er/es Strafgesetzbuch streitig unter anderem Urteil und so weiter unter Umständen von/vom Vergleichsordnung vergleiche Volume Wertpapiermitteilung (Fachzeitschrift) Die Wirtschaftsprüfung (Fachzeitschrift) Zeitschrift für die Anwaltspraxis zum Beispiel Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für Soziologie zugleich Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zentrum für Insolvenz und Sanierung zitiert Zeitschrift für Planung und Unternehmenssteuerung Zeitschrift für Rechtspolitik zum Teil
Teil 1
Einführung A. Gegenstand der Untersuchung I. Ausgangslage Mit Einführung der Insolvenzordnung verfolgte der Gesetzgeber das Ziel die Gläubigerbefriedungsquoten zu erhöhen.1 Hierzu hat er u. a. einen verfahrensrechtlichen Rahmen geschaffen, der dem Schuldner die Möglichkeit einräumt, sich innerhalb eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens zu sanieren, wenn hierdurch eine höhere Gläubigerbefriedigungsquote erzielt werden kann als im Rahmen einer Liquidation oder einer außergerichtlichen Sanierung.2 Zu diesem Zweck wurden die insolvenzspezifischen Rechtsinstitute „Eigenverwaltung“ und „Insolvenzplan“ eingeführt, um den zwar materiell insolventen, aber im Kern sanierungsfähigen Schuldner und unter Beibehaltung der Verfügungsbefugnis, „sein“ Unternehmen im Rahmen eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens sanieren zu können (sog. Eigensanierung).3 Allerdings wurden bereits vor Einführung der Insolvenzordnung und nach den ersten praktischen Erfahrungen einzelne Regelungen des gerichtlichen Sanierungsrahmens für untauglich erachtet, so dass die gesetzgeberische Intention in den wenigsten Fällen zum erhofften Verhalten beim Schuldner geführt hat.4 Zahlreiche Verbesserungsvorschläge aus Literatur und Praxis wurden vom Gesetzgeber zwar vereinzelt aufgegriffen und schrittweise nachträglich in die Insolvenzordnung implementiert, so dass die Bezeichnung „Dauerbaustelle Insolvenzordnung“ geprägt wurde.5 Allerdings stellte sich auch nach den nachträglich eingeführten Änderungen der erhoffte Effekt, Eigensanierungen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens zu erhöhen, nicht ein. Der Schuldner zog es weiterhin vor, außergerichtliche Sanierungsbemühungen fortzusetzen, selbst wenn diese gescheitert waren und aus1 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 72; Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 5. 2 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 74. 3 Vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 16; Ahrendt, ZRP 2010, 66, 67. 4 Vgl. Drukarczyk, ZIP 1989, 341, 346 f.; Huelsdunk, KTS 1999, 291 f.; Förster, ZInsO 2003, 402 ff.; Bigus/Eger, ZInsO 2003, 1, 4; Seefelder, Unternehmenssanierung, 2007, S. 14; Ahrendt, ZRP 2010, 66, 67. 5 Vgl. Pape, ZAP 2007, 1165, 1165.
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Teil 1: Einführung
sichtslos wurden.6 Dies galt selbst dann, wenn bereits im Vorfeld des Sanierungsprozesses abzusehen war, dass die gerichtliche Sanierung die objektiv effizientere Alternative darstellte.7 Vor diesem Hintergrund und angesichts der seit Frühjahr 2007 geführten Diskussion um die Sanierungstauglichkeit des deutschen Insolvenzrechts im Vergleich mit anderen Insolvenzrechtsstatuten8, sowie aufgrund der Finanz- und Weltwirtschaftskrise9 hat die Fachöffentlichkeit darauf gedrungen, den Blick auf die Effizienz des nationalen Regelungssystems zu lenken. So veröffentlichte das Institut für Mittelstandsforschung Bonn im August 2008 seine Untersuchungsergebnisse über die praktische Nutzung der mit der Insolvenzordnung neu eingeführten Rechtsinstitute zur Förderung der gerichtlichen Sanierung. Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wurde festgestellt, dass bundesweit nur ca. 1 % aller Insolvenzanträge als Insolvenzplanverfahren geführt wurde.10 Zudem wurde im Rahmen des Forschungsprojektes das „Schattendasein“ des Rechtsinstituts der Eigenverwaltung moniert. Auch hier wird lediglich 1 % aller beantragten Insolvenzverfahren als Eigenverwaltungsverfahren geführt.11 Damit liegen die Werte zur gerichtlichen Eigensanierung auf dem vom Gesetzgeber ungewollten unbefriedigenden Niveau des früheren gerichtlichen Vergleichsverfahrens12 und bleiben zugleich hinter den Erwartungen, es können nach der Insolvenzrechtsreform 5 bis 10 % der insolventen Unternehmen durch ein Insolvenzplan- und Eigenverwaltungsverfahren saniert werden, weit zurück.13 Aufgrund der dargestellten Entwicklungen und der der Insolvenzordnung entgegengebrachten Kritik hat sich die Bundesregierung im Koalitionsvertrag vom 26. Oktober 2009 darauf verständigt, eine Verbesserung von Sanierungschancen für
6 Vgl. BT-Drucksache 12/5712, S. 40; Braun/Kießner, InsO, 5. Aufl. 2012, Einführung, Rn. 28; Häring, in: Pechlaner/Hinterhuber/Stechhammer (Hrsg.), Scheitern: Die Schattenseite unternehmerischen Handelns, 2010, S. 111; Haarmeyer/Wutzke, ZInsO 2010, 1201 f. 7 Vgl. BT-Drucksache 12/5712, S. 40. 8 Vgl. Windsor/Müller-Seils/Burg, NZI 2007, 7 ff.; Andres/Grund, NZI 2007, 137 ff.; Paulus, NZI 2008, 1 ff.; Griffiths/Hellmig, NZI 2008, 418 f.; Damman, NZI 2008, 420 f.; Bork, ZIP 2010, 397 ff.; Eidenmüller, ZIP 2010, 649, 650; Laier, GWR 2011, 252 ff.; Paulus, ZIP 2011, 1077 ff.; Römermann, NJW 2012, 645, 645. 9 Vgl. Uhlenbruck, NZI 2008, 201 ff.; Dahl, NZI 2008, 719 ff.; Bitter, ZInsO 2008, 1097, 1097; Bitter/Röder, ZInsO 2009, 1283, 1288 ff.; Eidenmüller, ZIP 2010, 649, 650; Bork, ZIP 2010, 398, 398. 10 Vgl. Paffenholz/Kranzusch, Insolvenzplanverfahren, 2007, S. 67 ff. 11 Vgl. Kranzusch, ZInsO 2008, 1346 ff. 12 Von 1983 bis 1998 wurde in weniger als 1 % der Insolvenzen ein gerichtlicher Vergleich bestätigt. Dieser Anteil lag 1950 noch bei 30 %, 1960 bei 12 % und 1970 bei 8 %; vgl. dazu BTDrucksache 12/2443, S. 73; Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 4. 13 Vgl. Kranzusch, Sanierungen, Insolvenzplanvorhaben und Eigenverwaltung insolventer Unternehmen nach Möglichkeiten des Insolvenzrechts nach 1999, 2008, abrufbar unter http:// www.ifm-bonn.org/index.php?id=858.
A. Gegenstand der Untersuchung
17
Unternehmen in der Insolvenz herbeizuführen.14 Dieses Vorhaben mündete im Februar 2011 in einem Regierungsentwurf für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (kurz und im weiteren Untersuchungsverlauf ESUG genannt).15 Die Zustimmung zum ESUG durch den Bundesrat erfolgte im November 2011, so dass das Gesetz am 15. Dezember 2011 im Bundesgesetzesblatt veröffentlicht wurde und am 01. März 2012 in Kraft trat.16 Mit dieser Reform handelt es sich bereits um die 37. Änderung der Insolvenzordnung seit ihrer Einführung im Januar 1999.17 Ziel des ESUG ist es, neben der Stärkung des Gläubigereinflusses, den Anreiz für im Kern sanierungsfähige Unternehmen zur frühzeitigen Insolvenzantragstellung zu erhöhen, da in der Vergangenheit trotz eingetretener materieller Insolvenz nicht von der Option „gerichtliches Eigensanierungsverfahren“ Gebrauch gemacht wurde, sondern zugewartet wurde, bis Zahlungsunfähigkeit vorlag und damit die Chance auf eine Sanierung erheblich erschwert oder sogar vereitelt wurde.18 Eine erfolgreiche gerichtliche Sanierung soll nun durch das in § 270b InsO neu eingeführte Sanierungsvorbereitungsverfahren erreicht werden.19 Dieses ist ein Eröffnungsverfahren eigener Art und stellt eine besondere Kombination aus Eigenverwaltungs- und Insolvenzplanverfahren dar.20
II. Ziel der Untersuchung Zunächst soll die Frage geklärt werden, ob die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des Sanierungsvorbereitungs- und anschließenden (eröffneten) Eigenverwaltungs- und Insolvenzplanverfahrens dazu geeignet ist, dass der Schuldner nunmehr frühzeitig(er) Insolvenzantrag stellt als vor dem ESUG. Im Anschluss an die ausführliche Rechtsfolgenanalyse und Anreizbeurteilung bietet die Arbeit entweder eine Handlungsempfehlung zur praktischen Verfahrensgestaltung oder eine Anpassung des Rechts an. Um diesen beiden Aspekten nachgehen zu können, ist zunächst der Schuldnerkreis, der durch die neu geschaffenen Anreizmechanismen dazu bewegt werden soll, 14 Vgl. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP 2009, S. 19 ff., abrufbar unter http://www.cdu.de/doc/pdfc/091026-koalitionsvertrag-cducsu-fdp.pdf; Einzelheiten vgl. Haarmeyer/Wutzke, ZInsO 2010, 1201 ff.; Ahrendt, ZRP 2010, 66, 66. 15 Vgl. BT-Drucksache 17/5712. 16 Vgl. BT-Drucksache 17/7511. 17 Vgl. Flöther, ZIP 2012, 1833, 1836. 18 Vgl. BT-Drucksache 17/5712, S. 40; Braun/Kießner, InsO, 5. Aufl. 2012, Einführung, Rn. 28; Haarmeyer/Wutzke, ZInsO 2010, 1201 f. 19 Vgl. BT-Drucksache 12/5712, S. 40 f. 20 Vgl. BT-Drucksache 12/5712, S. 40; Kammel/Staps, NZI 2010, 791, 795 f.; Becker/ Kraemer/Bieckmann, KSI 2012, 245 f.; Desch, BB 2011, 841, 841; Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270b, Rn. 1; Herbst/Hörmann, ForderungsPraktiker 2012, 158, 158; Buchalik, ZInsO 2012, 349 f.
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Teil 1: Einführung
frühzeitiger Insolvenzantrag zwecks einer gerichtlichen Eigensanierung zu stellen, zu bestimmen. So setzt der Gesetzgeber mit Einführung des Sanierungsvorbereitungsverfahrens den Fokus auch auf kleine und mittelständische Unternehmen.21 Während in der Vergangenheit die Kombination Eigenverwaltung und Insolvenzplan von der Literatur und z. T. auch in der Praxis als ein geeignetes Sanierungsverfahren für Freiberufler und Großunternehmen betrachtete wurde22, nicht zwingend dagegen für kleine und mittelständische Unternehmen23, verfolgt der Gesetzgeber nunmehr ausdrücklich das Ziel, den Zugang zur gerichtlichen Eigensanierung für diesen Kreis zu erleichtern.24 Der nachfolgenden Untersuchung liegt daher die Einschränkung zugrunde, dass die Ausgestaltung des insolvenzrechtlichen Sanierungsrahmens auf die Anreizwirkung auf eine mittelgroße Gesellschaft i.S.d. § 267 Abs. 1 und 2 HGB bzw. § 22a Abs. 1 InsO untersucht wird. Damit wird zugleich die verfahrensrechtliche Besonderheit aufgestellt, dass nach Insolvenzantragstellung ein vorläufiger Gläubigerausschuss gem. § 22a Abs. 1 InsO zu konstituieren und daher für den weiteren Untersuchungsverlauf mit zu berücksichtigen ist. Zudem liegt der Untersuchung die Einschränkung zugrunde, dass es sich bei der Insolvenzschuldnerin um eine juristische Person in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung i.S.d. § 13 GmbHG handelt. Da es sich hierbei um einen Rechtsträger handelt, dessen Rechte, Pflichten und Marktauftritt von seinem Vertretungsorgan, dem Geschäftsführer, und z. T. von der Gesellschafterversammlung wahrgenommen werden, erfolgt die weitere Einschränkung, dass die nachfolgende Untersuchung die Anreizwirkung des neuen gerichtlichen Sanierungsrahmens aus dem Blickwinkel eines Gesellschaftergeschäftsführers betrachtet wird. Diese Einschränkung erfolgt, weil bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung viele inhabergeführte Unternehmen vorzufinden sind25 und dieser Kreis geprägt ist von einer hohen Anzahl krisenbehafteter Unternehmen.26 Zudem beschränkt sich die Untersuchung nicht nur darauf, die Folgen rechtlicher Regelungen zu ermitteln und deren Anreizwirkung zu bewerten. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass sie keinen reformatorischen Impetus bietet und deshalb keine 21 Vgl. BT-Drucksache 12/5712, S. 40; Becker/Kraemer/Bieckmann, KSI 2012, 245, 245; Wimmer, Das neue Insolvenzrecht nach der ESUG-Reform, 2012, S. 26. 22 Vgl. Frind, ZInsO 2010, 1524, 1527; Graf/Wunsch, ZIP 2001, 1029 ff. 23 Vgl. MünchKommInsO/Wittig/Tetzlaff, 2. Aufl. 2008, Vorbemerkungen vor §§ 270 bis 285, Rn. 17; Kranzusch, ZInsO 2008, 1346, 1350 f. 24 Vgl. BT-Drucksache 17/5712, S. 40. 25 Vgl. Günterberg/Wolter, Unternehmensgrößenstatistik, S. 3, abrufbar unter: http://www. ifm-bonn.org//uploads/tx_ifmstudies/IfM-Materialien-157_2003.pdf. 26 Im Jahr 2012 wurden insgesamt 28.297 Insolvenzverfahren beantragt. Hiervon entfallen 11.940 auf Gesellschaften m. b. H. Dies entspricht einem Anteil von 42,2 %. Im Vorjahreszeitraum betrug der Anteil bei 30.099 beantragten Insolvenzverfahren und 12.165 insolventen Gesellschaften m. b. H. bei 40,4 %. Vgl. dazu Statistisches Bundesamt, Unternehmen und Arbeitsstätten, Insolvenzverfahren, Dezember und Jahr 2012, S. 10, abrufbar unter: http://www. destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/UnternehmenHandwerk/Insolvenzen/Insolven zen2020410121124.pdf?_blob=publicationFile.
A. Gegenstand der Untersuchung
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praktische Relevanz anböte. Der Untersuchung liegt daher auch das Ziel zugrunde, bei aufgedeckten Defiziten eine Anpassung des Rechts im Sinne eines Reformvorschlags de lege ferenda zu begründen, sofern keine Handlungsempfehlung zur praktischen Verfahrensgestaltung innerhalb des gegebenen gerichtlichen Sanierungsrahmens aufgefundene Defizite beseitigen kann.
III. Methodik Um die erste Fragestellung beantworten zu können, werden ausgewählte Regelungen und Regelungszusammenhänge isoliert betrachtet und anschließend auf ihre Anreizwirkung beim Gesellschaftergeschäftsführer beurteilt. Maßgeblich für die Bewertung ist dabei die Interessenslage eines Gesellschaftergeschäftsführers in einer krisenbehafteten Situation und die Verfahrensvorschriften, die vor Einführung des ESUG als diejenigen Faktoren identifiziert wurden, die einer frühzeitigen Antragstellung durch den Schuldner entgegenstanden. Dabei handelt es sich konkret um die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des Eigenverwaltungsverfahrens27, die Einflussnahme auf die Bestellung des Sachwalters28, das Blockadepotenzial der Rechtsmittel im Planbestätigungsverfahren29 ; sowie die Verfahrenskosten i.S.d. § 54 InsO30. Insofern dient die Verknüpfung zwischen der subjektiven Interessenslage eines Gesellschaftergeschäftsführers mit den vier genannten Faktoren als (normativer) Wertungsmaßstab für die vorliegende Untersuchung. Bevor jedoch die Beurteilung der neu geschaffenen Regelungen vorgenommen werden kann, sind zuvor die Folgen der Neuregelungen zu bestimmen, d. h. es wird untersucht, welche Folgen die mit dem ESUG neu eingeführten Regelungen in der Praxis auslösen, um darauf aufbauend die Regelungen bewerten zu können. Dies ist eine positive Fragestellung.31 Hierfür dienen allgemeine Erwägungsgründe, wobei insbesondere finanzielle und zeitliche Restriktionen im gerichtlichen Sanierungs27 Vgl. Wallner/Gerster/Weiß, ZInsO 2011, 16, 21; Uhlenbruck/Vallender, NZI 2009, 1, 6 f.; Kammel/Staps, NZI 2010, 791, 794; Madaus, NZI 2011, 622, 623; Bales, NZI 2008, 216, 220; MünchKommInsO/Wittig/Tetzlaff, 2. Aufl. 2008, Vorbemerkungen vor §§ 270 bis 285, Rn. 18; Wuschek, ZInsO 2012, 110 f.; Haarmeyer/Wutzke, ZInsO 2010, 1201, 1202. 28 Vgl. Kammel/Staps, NZI 2010, 791, 792; Wuschek, ZInsO 2012, 110, 111; Haarmeyer/ Wutzke, ZInsO 2010, 1201, 1202 f.; Pape, ZInsO 2010, 1582, 1589; Hölzle, NZI 2011, 124, 126; Fölsing, ZInsO 2012, 2272, 2274; Westphal, ZGR 2010, 385, 390. 29 Vgl. FK-InsO/Jaffé, 6. Aufl. 2011, § 253, Rn. 13; Smid/Rattunde, Der Insolvenzplan, 2005, S. 259; Römermann, NJW 2012, 645, 651; Heinrich, NZI 2012, 235, 236 ff.; Madaus, NZI 2012, 597 ff.; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 509 ff.; Schelo, DB 2010, 2209, 2211; Uhlenbruck/Lüer, 13. Aufl. 2010, § 251, Rn. 19 f. 30 Vgl. Paffenholz/Kranzusch, Insolvenzplanverfahren, 2007, S. 99 f.; Frind, ZInsO 2011, 1913, 1919; Spliedt, InsVZ 2010, 27, 29; Eidenmüller, ZIP 2010, 649, 651; Franke, KTS 1983, 37, 52 f.; Huelsdunk, KTS 1999, 291, 296; Eidenmüller/Frobenius/Prusko, NZI 2010, 545, 547 f. 31 Vgl. Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 2005, S. 21.
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Teil 1: Einführung
verfahren eine entscheidende Rolle spielen.32 Ferner dienen zur Rechtsfolgenermittlung Beobachtungen aus der insolvenzrechtlichen Praxis sowie Strömungen aus der Verhaltensökonomik des Rechts (behavioral law and economics). Grundsätzlich finden sich in der ökonomischen Theorie verschiedene Verhaltensmodelle. Sie unterscheiden sich durch die Annahmen, die sie über menschliches Verhalten treffen. Ihnen liegt die Gemeinsamkeit zugrunde, dass sie versuchen, menschliche Entscheidungen vorherzusagen und zu erklären.33 Den Modellen liegt daher die Annahme zugrunde, dass menschliche Entscheidungen gewissen Regelmäßigkeiten unterliegen und dass sie durch die Veränderung bestimmter Faktoren, insbesondere durch die Veränderung rechtlicher Regelungen, in vorhersehbarer Weise beeinflusst werden können.34 Die neue Institutionenökonomie geht dabei, im Gegensatz zur neoklassischen Theorie, vom Konzept der eingeschränkten Rationalität aus.35 Hieran knüpft die Verhaltensökonomik des Rechts an.36 Ziel der Verhaltensökonomik des Rechts ist es, Erkenntnisse aus der empirischen Verhaltens- und Entscheidungspsychologie für die ökonomische Analyse des Rechts fruchtbar zu machen, um realistische Annahmen für das menschlichen Verhalten bereit zu stellen.37 Dazu werden bestimmte, in der Verhaltensforschung experimentell nachgewiesene Verhaltensanomalien, die auf eingeschränktes Rationalverhalten zurückzuführen sind, analysiert und in das traditionelle Instrumentarium eingebaut. Daran anknüpfend wird in der nachfolgenden Untersuchung die Interaktion der Verfahrensbeteiligten um die Erkenntnisse aus der Verhaltensforschung erweitert und mit den hier ausgewählten (potenziellen) Anreizmechanismen inhaltlich verknüpft.
B. Gang der Untersuchung Entsprechend dem Untersuchungsziel und der Untersuchungsmethode (Teil 1) sind die Schwerpunkte der Arbeit folgendermaßen gefasst: Zunächst werden die für den weiteren Untersuchungsverlauf notwendigen Grundlagen des gerichtlichen Sanierungsrahmens abgesteckt (Teil 2), um eine 32 Vgl. Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 13; David, Externes Krisenmanagement aus Sicht der Banken, 2001, S. 23; Bork, ZIP 2010, 397, 401; Körtgen, in: Concentro Management AG (Hrsg.), Concentro Turnaround Investment Guide – Finanzierung in der Unternehmenskrise, 2010, S. 120; Wruck, Financial Distress and Organizational Efficiency, 1990, S. 425; Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 122 ff. 33 Vgl. Rühl, in: Krüper (Hrsg.), Grundlagen des Rechts, 2010, § 11, Rn. 5. 34 Vgl. Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 2005, S. 34; Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 7. 35 Vgl. Rühl, in: Krüper (Hrsg.), Grundlagen des Rechts, 2010, § 11, Rn. 7. 36 Vgl. Rühl, in: Krüper (Hrsg.), Grundlagen des Rechts, 2010, § 11, Rn. 8 f. 37 Vgl. Jolls/Sunstein/Thaler, A Behavioral Approach to Law and Economics, 1998, S. 19; Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 175.
C. Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen
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einheitliche Vorstellung über das gerichtliche Sanierungsverfahren zu schaffen. Dies erfordert zunächst die Darstellung des Verfahrensauslösezeitpunkts, mithin des Zeitpunktes, ab dem ein Gesellschaftergeschäftsführer vor der Wahl steht, eine außergerichtliche oder gerichtliche Sanierung einzuleiten. Zudem wird ein Überblick über die beiden Verfahrensvarianten gegeben, wobei schließlich die Fallkonstellation herausgearbeitet wird, bei der die gerichtliche Sanierung den (für die Gläuibgerschaft) objektiv effizienteren Rahmen zur Krisenbewältigung bietet. Um eine Aussage über die Anreizwirkung der neu geregelten verfahrensrechtlichen Ausgestaltung treffen zu können, werden im dritten Teil der Untersuchung die allgemeine Interessenslage eines Gesellschaftergeschäftsführers in dem hier interessierten Kreis abgesteckt und die einzelnen Mechanismen untersucht, die eine erhöhte Anreizwirkung zur frühzeitigeren Insolvenzantragstellung bewirken sollen. Anschließend werden die Kritikpunkte vor der Gesetzesreform und die durch das ESUG geänderten Regelungen bzw. Verfahrensabläufe dargestellt, die dazu geeignet sein sollen, die im Vorfeld der Reform diskutierten Kritikpunkte zu überwinden und den Schuldner so zu einer frühzeitigen Antragstellung bewegen sollen. Darauf aufbauend erfolgt die positive Folgenanalyse der neuen Regelungen. Diese werden anhand des jeweiligen Anreizmechanismusses bewertet. Bei aufgedeckten Defiziten, die einer frühzeitigen Insolvenzantragstellung durch den Gesellschaftergeschäftsführer entgegenstehen könnten, werden Handlungsempfehlungen in Form einer praktischen Verfahrensanweisung oder eines Reformvorschlags de lege ferenda formuliert. Im letzten Untersuchungsteil (Teil 4) erfolgt eine thesenartige Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse, um auf dieser Grundlage eine Gesamtaussage zur aufgeworfenen Fragestellung treffen zu können.
C. Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen Zum besseren Verständnis müssen zunächst einige grundlegende Begriffe geklärt werden. Zuerst ist der Sanierungsbegriff klärungsbedürftig. Der Begriff „Sanierung“ umschreibt alle rechtlichen, finanziellen, leistungswirtschaftlichen und organisatorischen Maßnahmen, die zur Wiederherstellung existenzerhaltender Erträge und damit zur Umgehung der Zerschlagung des schuldnerischen Unternehmens erforderlich sind.38 Dies umfasst insbesondere Maßnahmen, die zur Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit und zur Überwindung der Überschuldung erforderlich sind. 38
Sog. „weiter Sanierungsbegriff“. Im Gegensatz dazu umfasst der sog. „enge Sanierungsgebegriff“ lediglich finanzwirtschaftliche Maßnahmen. Um ein Unternehmen nachhaltig aus einer Krise retten zu können ist jedoch ein ganzheitlicher Ansatz nach dem weiten Sanierungsbegriff erforderlich. So können z. B. operative Verluste bzw. Defizite nicht durch finanzwirtschaftliche Maßnahmen überwunden werden. Hierfür sind leistungswirtschaftliche
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Teil 1: Einführung
Unter finanzwirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen werden die Reduzierung von Verbindlichkeiten und/oder die Zuführung von neuem Kapital verstanden.39 Leistungswirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen stellen dagegen Rationalisierungs- und Änderungsmaßnahmen innerhalb der Funktionsbereiche im Unternehmen dar.40 In Betracht kommen u. a. der Einkauf, die Produktion, der Vertrieb, das Personalwesen sowie der Bereich Forschung und Entwicklung. Die Maßnahmen zielen auf die Erhaltung des Unternehmens ab, indem die Ertragsfähigkeit des Unternehmens wiederhergestellt bzw. verbessert und damit die Zahlungsfähigkeit gesichert wird.41 Diese Anpassung kann entweder durch Kosten- bzw. Aufwandssenkungen und/oder durch Effizienzsteigerungen erreicht werden. Von dem Begriff Sanierung sind die Begriffe Restrukturierung und Turnaround zu trennen. Die Restrukturierung wird allgemein als Wandlungsprozess beschrieben und umfasst Unternehmensumstrukturierungen die nicht zwingend an eine Krise als Auslöser für Anpassungsmaßnahmen gekoppelt sind.42 Darüber hinaus ist in der betriebswirtschaftlichen Literatur nicht abschließend geklärt, ob die Restrukturierung nur leistungswirtschaftliche, sondern auch finanzwirtschaftliche Maßnahmen umfasst.43 Demgegenüber wird der angelsächsische Begriff Turnaround als „Umschwung“ übersetzt und hat sich in der jüngsten Vergangenheit auch im juristischen Sprachgebrauch verbreitet, obwohl keine amtliche Begriffsbestimmung vorliegt.44 Selbst der Gesetzgeber verwendet in der Begründung zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz den Begriff, ohne diesen näher zu erläutern.45 Allgemein beschreibt der Begriff eine Situation, in der Maßnahmen ergriffen werden müssen, die dazu geeignet sind, eine Abweichung vom individuell festgelegten Ziel zu korrigieren.46 Anlass für einen Turnaround ist damit nicht zwingend eine Krise.47 Sanierungsmaßnahmen erforderlich. Vgl. dazu Bockenförde, Unternehmenssanierung, 1996, S. 7; Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, Insolvenzrecht, 2010, S. 281; Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 55 f.; Brandstätter, Die Prüfung der Sanierungsfähigkeit notleidender Unternehmen, 1993, S. 7; Harz/Hub/Schlarb, in: Sanierungsmanagement, 2006, S. 8. 39 Vgl. Brandstätter, Die Prüfung der Sanierungsfähigkeit notleidender Unternehmen, 1993, S. 253. 40 Vgl. Brandstätter, Die Prüfung der Sanierungsfähigkeit notleidender Unternehmen, 1993, S. 283. 41 Vgl. Brandstätter, Die Prüfung der Sanierungsfähigkeit notleidender Unternehmen, 1993, S. 283. 42 Vgl. Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 57. 43 Vgl. Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 56 f. 44 Vgl. Bockenförde, Unternehmenssanierung, 1996, S. 8. 45 Vgl. BT-Drucksache 16/10600, S. 13. 46 Vgl. Bockenförde, Unternehmenssanierung, 1996, S. 8. 47 Vgl. Hoffmann, Turnaround Equity, 2011, S. 13.
Teil 2
Die Stellung des Unternehmens zwischen außergerichtlichem und gerichtlichem Sanierungsrahmen A. Die Krise als Ausgangssituation Um die (allgemeine) Frage beantworten zu können, wann ein Unternehmen bzw. ein Gesellschaftergeschäftsführer in dem hier zu untersuchenden Kreis vor der Wahl steht, ob er ein außergerichtliches oder ein gerichtliches Sanierungsverfahren anstreben sollte, gilt es zunächst einmal zu berücksichtigen, dass stets ein Krisenzustand Auslöser für die Einleitung einer Sanierung ist.1 Der Begriff Krise stammt etymologisch von dem griechischen Wort „krisis“ (= Entscheidung, Wendepunkt) ab und bedeutet im allgemeinen Sprachgebrauch jeglichen Bruch einer bis dahin kontinuierlichen Entwicklung, der Handlungsbedarf hervorruft, um einen Existenzverlust zu verhindern.2 Eine Krise ist daher trotz der drohenden Existenzgefährdung, auch als Chance zur positiven Wende anzusehen.3 Im Besonderen, bzw. in Bezug auf Unternehmenskrisen, ist zwischen dem betriebswirtschaftlichen und insolvenzrechtlichen Krisenbegriff zu unterscheiden.
I. Betriebswirtschaftlicher Krisenbegriff Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wird der Begriff „Krise“ als ein Zustand definiert, in dem der Fortbestand des Unternehmens bei ausbleibenden Korrekturmaßnahmen bedroht ist4, wobei die überwiegend in den Wirtschaftswissenschaften geführte Krisenforschungstheorie das Ausmaß einer Unternehmenskrise in zeitliche
1 Vgl. Zöller, in: Blöse/Kihm (Hrsg.), Unternehmenskrisen, 2006, S. 19; Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 55. 2 Vgl. Krystek, Unternehmenskrisen, 1987, S. 6; Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 13. 3 Vgl. Müller, Krisenmanagement in der Unternehmung, 1986, S. 622 ff. 4 Vgl. Drukarczyk/Kippes, in: Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechtshandbuch, 2010, § 2, Rn. 1; Zöller, in: Blöse/Kihm (Hrsg.), Unternehmenskrisen, 2006, S. 19.
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Teil 2: Unternehmen zwischen außer- und gerichtlichem Sanierungsrahmen
Phasen und nach sachlichen Gesichtspunkten kategorisiert. Hierbei wird zwischen einer Strategie-, Ertrags- und Liquiditätskrise unterschieden.5 1. Strategiekrise Eine strategische Krise liegt bei einer Gefährdung der langfristigen Erfolgspotenziale vor.6 Unter einem Erfolgspotenzial sind allgemein alle produkt- oder marktspezifischen Wettbewerbsvorteile zu verstehen. Diese sind Vorrausetzung zur Erzielung von Wertzuwächsen und stellen damit die Grundlage der Wettbewerbsfähigkeit dar.7 Die für das Vorliegen einer strategischen Krise erforderliche Bedrohung hinsichtlich des Unternehmensfortbestandes ergibt sich aus der Notwendigkeit der Wiedererlangung der Erfolgspotenziale sowie der damit verbundenen Kosten.8 2. Erfolgskrise Die negative Entwicklung einer Strategiekrise kann in eine sog. Erfolgskrise9 münden.10 Kennzeichnend für dieses Krisenstadium sind der dauerhafte Rückgang von Umsatz, Gewinn und ein Anstieg der Kostenseite.11 Finanzwirtschaftlich drückt sich dieses Krisenstadium durch eine Aufzehrung des Eigenkapitals aus, was zu einer (bilanziellen und insolvenzrechtlichen) Überschuldung führen kann.12 3. Liquiditätskrise Eine Liquiditätskrise liegt vor, wenn die Gefahr der Illiquidität besteht und damit die ständige Zahlungsfähigkeit des Unternehmens gefährdet ist.13 Kennzeichnend für
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Vgl. Kraus/Haghani, in: Bickhoff/Blatz/Eilenberger/Haghani/Kraus (Hrsg.), Die Unternehmenskrise als Chance, 2004, S. 14; Müller, Krisenmanagement in der Unternehmung, 1986, S. 53 ff.; Bockenförde, Unternehmenssanierung, 1996, S. 2. 6 Vgl. Klein Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008. S. 19; Zöller, in: Blöse/Kihm (Hrsg.), Unternehmenskrisen, 2006, S. 22 f. 7 Vgl. Groß, WPg 2009, 231, 234; Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 19; Zöller, in: Blöse/Kihm (Hrsg.), Unternehmenskrisen, 2006, S. 22 f. 8 Vgl. Hess, Sanierungshandbuch, 2009, S. 50; Drukarczyk/Kippes, in: Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechtshandbuch, 2010, § 2, Rn. 2. 9 Die Erfolgskrise wird auch als Ertragskrise oder operative Krise bezeichnet. Vgl. dazu Bockenförde, Unternehmenssanierung, 1996, S. 19. 10 Vgl. Hess Sanierungshandbuch, 2009, S. 55; Bockenförde, Unternehmenssanierung, 1996, S. 18 f. 11 Vgl. Brömmekamp/Radner, InsVZ 2010, 152, 155; Zöller, in: Blöse/Kihm, Unternehmenskrisen, 2006, S. 24 f. 12 Vgl. Bockenförde, Unternehmenssanierung, 1996, S. 19. 13 Vgl. Groß, WPg 2009, 231, 234; Harz/Hub/Schlarb, Sanierungsmanagement, 2006, S. 7.
A. Die Krise als Ausgangssituation
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dieses Krisenstadium sind konkrete Zahlungsschwierigkeiten des Unternehmens, die als Folge des Nichtreagierens auf die beiden vorherigen Krisenstadien eintreten.14 4. Rechtsfolgen Wenn sich ein Unternehmen in einer der aufgeführten Krisensituation befindet, rechtfertigt dies noch nicht die Einleitung eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens.15 Denn der bloße Eintritt eines betriebswirtschaftlichen Krisenstadiums ist hierfür nicht ausreichend. Allerdings ist der Geschäftsführer einer GmbH dazu angehalten, bereits im Rahmen einer betriebswirtschaftlichen Krise eine Unternehmensanalyse vorzunehmen, um Krisenursachen und Sanierungsmaßnahmen zur Überwindung der Krise zu prüfen und ggf. durchzuführen, will er einer Haftung gegenüber der Gesellschaft aus § 43 Abs. 2 GmbHG entgehen.16 Um eine Krise rechtzeitig zu erkennen, hat er ein sog. Risikofrüherkennungssystem zu implementieren, um sich ständig über die Finanz-, Ertrags- und Vermögenssituation und damit über das Vorliegen einer Krise zu informieren.17 Verstößt der Geschäftsführer gegen diese Selbstprüfungspflicht, sieht sich der Geschäftsführer einer Haftung gegenüber, wenn er schuldhaft die Pflicht zur laufenden Überwachung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens verletzt und der GmbH dadurch ein Schaden entsteht.18 Neben dieser ständigen Selbstprüfungspflicht hat der Gesetzgeber ein konkretes Krisenwarnsignal in § 49 Abs. 3 GmbHG implementiert. Hiernach trifft den Geschäftsführer die Pflicht zur Einberufung der Gesellschafterversammlung, wenn die Hälfte des Stammkapitals verloren ist. Diese Situation tritt ein, wenn das Reinvermögen der Gesellschaft die Hälfte des Stammkapitals nicht mehr deckt, so dass regelmäßig davon auszugehen ist, dass eine betriebswirtschaftliche Erfolgskrise vorliegt.19 Dieser Krisenfrühwarnindikator soll es ermöglichen, dass eine rechtzeitige Inangriffnahme einer Sanierung vor Eintritt der materiellen Insolvenz erfolgen
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Vgl. Zöller, in: Blöse/Kihm, Unternehmenskrisen, 2006, S. 25. Vgl. Zöller, in: Blöse/Kihm, Unternehmenskrisen, 2006, S. 27. 16 Vgl. Bitter, ZInsO 2010, 1505, 1506 f.; Uhlenbruck, in: Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechtshandbuch, 2010, § 7, Rn. 13; Fassbender/Blöse/Klein, in: Blöse/Kihm (Hrsg.), Unternehmenskrisen, 2006, S. 107 f. 17 Vgl. Uhlenbruck, in: Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechtshandbuch, 2010, § 6, Rn. 21; Fassbender/Blöse/Klein, in: Blöse/Kihm (Hrsg.), Unternehmenskrisen, 2006, S. 108; Bitter, ZInsO 2010, 1505, 1506 ff. 18 Vgl. BGH, GmbHR 1994, 539, 545. 19 Das Reinvermögen der Gesellschaft gibt den Betrag an, den die Unternehmung an die Unternehmenseigner im Liquidationsfall zurückzahlen müsste. Das Reinvermögen wird berechnet aus dem handelsbilanzmäßig ausgewiesenen Anlagevermögen, addiert um das Umlaufvermögen, abzüglich der Gesamtverbindlichkeiten. Ist das Reinvermögen niedriger als das Eigenkapital der Gesellschaft, liegt eine Unterbilanz vor. Ist dieser Wert dazu geeignet, die Hälfte des Stammkapitals aufzuzehren, dann liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 49 Abs. 3 GmbHG vor. Vgl. dazu Priester, ZGR 1999, 533 ff.; Kühnberger, DB 2000, 2077 ff. 15
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Teil 2: Unternehmen zwischen außer- und gerichtlichem Sanierungsrahmen
kann, wobei die Regelung primär den Interessen der Gesellschafter dienen soll.20 Jedoch werden hierdurch indirekt auch die Gläubiger der Gesellschafter geschützt. Denn je weiter sich die Eigenkapitalsituation der Gesellschaft verschlechtert, desto größer wird die Gefahr für die Gläubiger, mit ihren Forderungen auszufallen.21 Dem soll durch die rechtzeitige Inangriffnahme von Sanierungsmaßnahmen entgegengewirkt werden. Die schuldhafte Verletzung dieser Informations- und Berichtspflicht kann hierbei ebenso wie die schuldhafte Unterlassung einer Sanierungsprüfung zu einer Schadensersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft führen.22
II. Insolvenzrechtlicher Krisenbegriff In insolvenzrechtlicher Hinsicht spricht man von einer Krise, wenn ein Insolvenzeröffnungsgrund gegeben ist.23 Dies wird durch das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), der Überschuldung (§ 19 InsO) und der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) bestimmt. 1. Zahlungsunfähigkeit Die Zahlungsunfähigkeit ist nach § 17 Abs. 1 InsO allgemeiner, d. h. für alle Insolvenzschuldner geltender Insolvenzeröffnungsgrund.24 Nach der Legaldefinition in § 17 Abs. 2 S. 1 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht mehr in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Diese Legaldefinition wurde durch die Rechtsprechung des BGH in der jüngsten Vergangenheit mit weiteren Anforderungskriterien unterlegt, wodurch sie sich ein Stück weit wieder an die unter der Konkursordnung geltende Begriffsdefinition angenähert hat.25 So wurden durch BGH-Entscheidungen aus den Jahren 2005 und 2007 die unter der Konkursordnung geltenden Merkmale zur Begründung der Zahlungsunfähigkeit wie Dauer, Wesentlichkeit und ernsthaftes Einfordern in modifizierter Form wieder eingeführt.26
20 Vgl. Scholz/K. Schmidt/Seibt, GmbHG, 10. Aufl. 2007, § 49, Rn. 1, 23; Roth, in: Roth/ Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl. 2012, § 49, Rn. 9; Bork, ZIP 2011, 101, 102 ff. 21 Vgl. Priester, ZGR 1999, 533, 536. 22 Vgl. Weitzmann, InsVZ 2010, 111 f.; Kühnberger, DB 2000, 2077, 2084. 23 Vgl. Müller, Krisenmanagement in der Unternehmung, 1986, S. 54 f.; Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 20; Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 106; Zöller, in: Blöse/Kihm, Unternehmenskrisen, 2006, S. 19. 24 Vgl. Braun/Bußhardt, InsO, 5. Aufl. 2012, § 17, Rn. 1; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 17, Rn. 1; Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 2009, S. 46. 25 Vgl. dazu BGH, ZInsO 2005, 807 ff.; BGH, NZI 2007, 579 ff.; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 17, Rn. 2. 26 Vgl. Braun/Bußhardt, InsO, 5. Aufl. 2012, § 17, Rn. 6; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 17, Rn. 4.
A. Die Krise als Ausgangssituation
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Die Merkmale Wesentlichkeit und Dauer hat der BGH in seinem Urteil vom 22. Mai 2005 wieder aufgegriffen, indem er ausführt, dass regelmäßig noch von einer Zahlungsfähigkeit auszugehen ist, wenn mehr als 90 % der fälligen Gesamtverbindlichkeiten durch liquide Mittel gedeckt sind (sog. Zeitpunkt-Illiquidität).27 Geringfügige Liquiditätslücken, d. h. eine Unterdeckung von weniger als 10 % der fälligen Gesamtverbindlichkeiten, sind hingegen unbeachtlich.28 Beträgt die Lücke jedoch mehr als 10 %, liegt Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 17 InsO vor, es sei denn, die Liquiditätslücke kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden.29 Unabhängig von der Höhe der nicht gedeckten Gesamtverbindlichkeiten ist eine bloße Zahlungsstockung und damit Zahlungsfähigkeit anzunehmen, „wenn der Zeitraum nicht überschritten wird, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die benötigten Mittel zu leihen“.30 Hier erscheinen dem BGH drei Wochen als erforderlich und ausreichend.31 Um die Zahlungsunfähigkeit beurteilen zu können, ist ein Finanzplan aufzustellen, wobei eine Forderung nach der Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2007 erst fällig ist, und damit im Finanzplan Berücksichtigung findet, wenn eine Gläubigerhandlung (z. B. die Übersendung einer Rechnung) feststeht, aus der sich der Wille, vom Schuldner Erfüllung zu verlangen, im Allgemeinen ergibt.32 An der Notwendigkeit des „ernsthaften Einforderns“ ist daher, wie zu konkursrechtlichen Zeiten und trotz Schweigens der Gesetzesbegründung, festzuhalten.33 Im Übrigen ist Zahlungsunfähigkeit jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat und die Illiquidität sich nach außen manifestiert.34 § 17 Abs. 2 S. 2 InsO stellt diesbezüglich eine widerlegbare gesetzliche Vermutung auf. 2. Überschuldung Bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, stellt neben § 17 InsO die Überschuldung i.S.v. § 19 InsO einen weiteren Insolvenzeröffnungsgrund dar.35
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Vgl. BGH, ZInsO 2005, 807. Vgl. BGH, ZInsO 2005, 807. 29 Vgl. BGH, ZInsO 2005, 807; Spliedt, in: Runkel (Hrsg.), Anwaltshandbuch Insolvenzrecht, 2008, § 1, Rn. 73 ff. 30 Vgl. BGH, ZInsO 2005, 807. 31 Vgl. BGH, ZInsO 2005, 807. 32 Vgl. BGH, NZI 2007, 579. 33 Vgl. BGH, NZI 2007, 579. 34 Vgl. Spliedt, in: Runkel (Hrsg.), Anwaltshandbuch Insolvenzrecht 2008, § 1, Rn. 51. 35 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 19, Rn. 10 ff.; Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1865. 28
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Teil 2: Unternehmen zwischen außer- und gerichtlichem Sanierungsrahmen
Da sich der Überschuldungsbegriff in einem ständigen Wandel befindet und um die gegenwärtigen und zukünftigen Anforderungen an den Überschuldungsbegriff nachvollziehen zu können, ist ein Blick auf seine Historie unerlässlich. Aus diesem Grund wird nachfolgend zunächst ein Überblick über die historische Entwicklung des Überschuldungsbegriffs gegeben, um darauf aufbauend die derzeitige Ausgestaltung des Überschuldungsbegriffs darstellen zu können. a) Historische Entwicklung des Überschuldungsbegriffs Schon zu Zeiten der Konkursordnung war umstritten, ob die Feststellung der Überschuldung allein auf einen bilanziellen Vergleich zwischen Vermögenswerten und Schulden zu erfolgen hat, oder ob und wie eine positive Prognose über den Fortbestand des Unternehmens im Rahmen der Überschuldungsprüfung zu berücksichtigen ist.36 In der Rechtsprechung hatte sich mit der sog. Dornier-Entscheidung37 der in der juristischen Literatur von Karsten Schmidt geprägte sog. modifizierte zweistufige Überschuldungsbegriff durchgesetzt.38 Hiernach wird die rechnerische bzw. bilanzielle Überschuldung durch den Ansatz von Liquidationswerten ermittelt. Eine so festgestellte rechnerische Überschuldung wird jedoch nicht als (insolvenz-)rechtliche Überschuldung angesehen, wenn für das Unternehmen, unabhängig vom Eintritt einer rechnerischen Überschuldung, eine positive Fortbestehensprognose abgegeben werden kann.39 Mit Einführung der Insolvenzordnung entschied sich der Gesetzgeber gegen den modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff. Begründet wurde dies seitens des Gesetzgebers mit der Wirkung der Fortbestehensprognose.40 Um das Prognoserisiko nicht den Gläubigern anzulasten, sollte eine positive Fortbestehensprognose die Annahme einer Überschuldung nicht ausschließen, sondern lediglich eine andere Art der Vermögensbewertung zulassen (sog. alternativer zweistufiger Überschuldungsbegriff).41 Folglich war bei Vorliegen einer positiven Fortbestehensprognose in einem zweiten Prüfungsschritt das Vermögen des Unternehmens mit Fortführungswerten zu bewerten. Die Feststellung, ob eine Überschuldung vorlag, konnte somit nur auf Grundlage einer Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden getroffen werden.42 Dieser mit der Insolvenzordnung eingeführte Überschuldungsbegriff brachte jedoch vor und insbesondere während der Finanz- und darauf folgenden Weltwirt36 Vgl. Uhlenbruck, in: Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechtshandbuch, 1990, § 9, Rn. 19 f.; Uhlenbruck, KTS 1986, 27, 43 ff.; Lütkemeyer, Die Überschuldung der GmbH, 1983, S. 22. 37 Vgl. BGH, NJW 1992, 2891 ff. 38 Vgl. Karsten Schmidt, AG 1978, 334 ff. 39 Vgl. Ulmer, KTS 1981, 469, 477 ff.; Möhlmann-Mahlau/Schmitt, NZI 2009, 19, 20. 40 Vgl. BT-Drucksache 12/7302, S. 157. 41 Vgl. BT-Drucksache 12/7302, S. 157. 42 Vgl. BT-Drucksache 12/7302, S. 157.
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schaftskrise erhebliche Probleme mit sich. Aufgrund der Krise waren diverse Vermögenswerte wie Wertpapiere und Immobilien im Wert gesunken.43 Bei gleichem Stand der Passiva stellte sich damit bei vielen Banken und sonstigen Unternehmen nicht nur eine bilanzielle, sondern auch eine insolvenzrechtliche Überschuldung ein.44 Um die Folgen der Krise abzumildern, entschloss sich der Gesetzgeber durch Art. 5 des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes (FMStG), zunächst für die Dauer von zwei Jahren, zum modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff zurückzukehren.45 Nach dem eigens geschaffenen Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 24. September 2009 gilt der geänderte Überschuldungsbegriff jedoch bis zum 31. Dezember 2013 weiter fort.46 Anlässlich dieser Verlängerung bat der Deutsche Bundestag die Bundesregierung, die Auswirkungen der Änderung des Überschuldungsbegriffs evaluieren zu lassen, um eine Entscheidungsgrundlage für eine erneute Verlängerung bzw. Entfristung des derzeitigen Überschuldungsbegriffs oder gegebenenfalls eine Rückkehr zum alten Überschuldungsbegriff zu erhalten.47 Zu diesem Zweck führte das Zentrum für Insolvenz und Sanierung der Universität Mannheim (kurz ZIS genannt) mit dem Institut Hommerich Forschung (IHF) im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz im Frühjahr 2012 eine Expertenbefragung durch, deren Ergebnisse dem Ministerium in einem Abschlussbericht im Mai 2012 übergeben wurden.48 Die Studie gibt die Empfehlung ab, den modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff dauerhaft beizubehalten und begründet dies vornehmlich mit den bilanziellen Bewertungsproblemen, die sich bei der Aufstellung der Überschuldungsbilanz nach Fortführungswerten ergeben49 und seit Einführung der Insolvenzordnung in Literatur und Wissenschaft kontrovers diskutiert werden.50 Auf dieser Grundlage hat der Rechtsausschuss des deutschen Bundestags im Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess die Entfristung des insolvenzrechtlichen Überschuldungsbegriffs beschlossen51, so dass der modifizierte zweistufige Überschuldungsbegriff über den 31. Dezember 2013 hinaus Bestand hat. 43
Vgl. Ahrendt/Plischkaner, NJW 2009, 964, 964; Hoos/Kleinschmidt, NZG 2009, 1172. Vgl. Dahl/Schmitz, NZG 2009, 567; Rokas, ZInsO 2009, 18. 45 Vgl. BT-Drucksache 16/10600, S.12 f. 46 Vgl. Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen, BGBl Teil 1 2009, S. 3151. 47 Vgl. BAnz. 2011, S. 1831. 48 Vgl. Bitter/Hommerich, Die Zukunft des Überschuldungsbegriffs, 2012, VI. 49 Vgl. Bitter/Hommerich, Die Zukunft des Überschuldungsbegriffs, 2012, S. 125; Bitter/ Hommerich/Reiß, ZIP 2012, S. 1201, 1207 ff. 50 Streitig ist, ob der Fortführungswert durch eine Ertragswert- oder Substanzwertbetrachtung zu erfolgen hat. Teilweise wird in der Literatur auch die Auffassung vertreten, dass im Rahmen einer Einzelwertbetrachtung ein originärer, d. h. selbstgeschaffener Firmenwert im Überschuldungsstatus angesetzt werden könne. Statt vieler vgl. zum Meinungsstreit Frystatzki, NZI 2011, S. 521 ff. m.w.N. 51 Vgl. BT-Drucksache 17/11385, S. 27. 44
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b) Konzeption des Überschuldungsbegriffs Vor diesem Hintergrund wird nachfolgend der modifizierte zweistufige Überschuldungsbegriff dargestellt. Dabei ist, wie bereits dargelegt, zwischen dem rechnerischen und dem prognostischen Element zu unterscheiden. aa) Ermittlung der rechnerischen Überschuldung Grundlage für die Beurteilung, ob das Vermögen des Schuldners nach Liquidationswerten die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, ist ein Vermögensstatus, in dem zu einem Stichtag das Vermögen der Gesellschaft den Schulden gegenübergestellt wird (sog. Überschuldungsstatus).52 Der so zu ermittelnde Saldo zwischen Aktiva und Passiva zeigt an, ob die Gesellschaft rechnerisch überschuldet ist. Dies ist zu bejahen, wenn die Schulden das Vermögen übersteigen und sich damit für die Unternehmensgläubiger eine Befriedigungsquote von unter 100 % ergibt.53 Allerdings existieren für den Ansatz und die Bewertung keinerlei gesetzliche Vorschriften. Die Handelsbilanz ist aufgrund ihrer abweichenden, u. a. auf periodengerechte Gewinnermittlung abzielenden Funktion, zur Ermittlung des Schuldendeckungspotenzials ungeeignet.54 Daher richtet sich der Überschuldungsstatus nicht nach den Regeln der Handelsbilanz, mit dem Ergebnis, dass bilanzrechtliche Ansatzund Bewertungsvorschriften jedenfalls nicht ohne Modifikationen anwendbar sind.55 Gleichwohl kommt einer handelsbilanziellen Überschuldung (vgl. § 268 Abs. 3 HGB) indizieller Bedeutung zur Bestimmung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung zu56 und aus Übersichtlichkeitsgründen erfolgt der Ausweis der Vermögensgegenstände und Schulden in Anlehnung an das Aufbau- und Gliederungsschema der Handelsbilanz (vgl. dazu § 266 HGB).57 In der Praxis bietet es sich daher an, die erforderlichen Veränderungen gegenüber der Handelsbilanz im Rahmen einer „Mehr-oder-weniger-Rechnung“58 zu einem Überschuldungsstatus zu entwickeln. Die Frage nach der Aktivierung bzw. Passivierung und der Bewertung wird jedoch aufgrund eines nicht kodifizierten Überschuldungsstatusrechts in der juristischen und betriebswirtschaftlichen Literatur kontrovers diskutiert.59 52
Vgl. BGHZ 124, 282, 286 = GmbHR 1994, 176, 177; Möhlmann-Mahlau/Schmitt, NZI 2009, 19, 20. 53 Vgl. FK-InsO/Schmerbach, 7. Aufl. 2013, § 19, Rn. 18. 54 Vgl. BGHZ 125, 141, 146 = NJW 1994, 1477; zuletzt BGH NJW 2001, 1136; Harz/Hub/ Schlarb, in: Sanierungsmanagement, S. 24; Möhlmann-Mahlau/Schmitt, NZI 2009, 19, 20. 55 Vgl. Wolf, KSI 2010, 208, 208. 56 Vgl. BGH, GmbHR 2009, 655. 57 Vgl. Schmidt/Roth, ZInsO 2006, 237, 237. 58 Vgl. Möhlmann-Mahlau/Schmitt, NZI 2009, 19, 22. 59 Vgl. Frystatzki, NZI 2011, 521, 524 f.; Greil/Herden, ZInsO 2010, 833, 836 f.; Beck/ Möhlmann, Sanierung und Abwicklung in der Insolvenz, 2000, S. 25 ff.; Veit, in: Veit (Hrsg.), Sonderbilanzen, 2004, S. 154 ff.; Haußer/Heeg, ZIP 2010, 1427, 1429 f.; Freiherr von Buddenbrock/Rathje, BB 2010, 1331 ff.
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(1) Ansatz und Bewertung des Vermögens Auf der Aktivseite des Überschuldungsstatus sind alle Vermögensgegenstände auszuweisen, die im Falle der Verfahrenseröffnung in die Insolvenzmasse fallen würden und verwertbar wären.60 Dies umfasst sowohl materielle als auch immaterielle Vermögenswerte des Anlage- und Umlaufvermögens. Als Ansatzpunkt dient in der Praxis die letzte Handelsbilanz oder eine aktuelle Summen- und Saldenliste aus dem Rechnungswesen des Schuldners.61 Zudem sollte in begründeten Fällen eine Inventur durchgeführt werden.62 Hierzu existiert zwar keine gesetzliche Verpflichtung. Bestehen jedoch Zweifel, ob die Grenze zur Überschuldung erreicht ist, und resultiert die Unsicherheit aus Bereichen, die nur durch eine körperliche Bestandsaufnahme mit entsprechender Sicherheit erfasst werden können, ist insoweit auch für einen Überschuldungsstatus die Durchführung einer Inventur notwendig.63 Darauf aufbauend ist eine aktuelle Vermögenserfassung ausschließlich nach insolvenzrechtlichen Gesichtspunkten vorzunehmen. So sind beispielsweise handelsrechtlich nicht bilanzierungsfähige Vermögensgegenstände zu aktivieren, soweit ihnen ein Veräußerungswert zukommt.64 Unberücksichtigt bleiben hingegen Vermögenspositionen, die erst mit Verfahrenseröffnung zugunsten der Insolvenzmasse entstehen. Dies betrifft insbesondere Anfechtungsansprüche i.S.d. §§ 129 ff. InsO65. Insoweit unterscheidet sich der Überschuldungsstatus von der Vermögensübersicht nach § 153 InsO. Letztere soll den Beteiligten im eröffneten Insolvenzverfahren einen Überblick über das voraussichtliche Ergebnis des Verfahrens für jeden einzelnen Gläubiger geben, während es bei der Aufstellung des Überschuldungsstatus um die Frage geht, ob der Vermögensstand die Verfahrenseröffnung überhaupt notwendig macht.66 Neben dem Ansatz der Vermögensgegenstände stellt sich die Frage, wie im Überschuldungsstatus die Bewertung des Anlage- und Umlaufvermögens vorzunehmen ist. Sämtliche handelsrechtliche Bewertungsvorschriften, wie z. B. das Realisations-, Anschaffungswert- oder Imparitätsprinzip sind aufgrund ihrer abweichenden Zweckbestimmung nicht anwendbar.67 Aus den Gesetzesmaterialien ist 60
Vgl. FK-InsO/Schmerbach, 7. Aufl. 2013, § 19, Rn. 17, 19. Letzteres ist auf etwaige Buchungsrückstände, wie etwa die Abschreibung, hin zu kontrollieren; vgl. dazu Weber, Betriebswirtschaftliche Fragen des Insolvenzplans, der übertragenden Sanierung und der Liquidation, 2010, S. 23. 62 Vgl. IDW FAR 1/1996, S. 6. 63 Insbesondere das Vorratsvermögen weist bei vorratsintensiven Unternehmen oftmals überhöhte Bestände aus. Hier erscheint es daher angebracht eine körperliche Inventur, d. h. eine mengenmäßige Aufnahme des Vorratsvermögens, durchzuführen. Vgl. hierzu Budde/Förschle/ Hoffmann, Sonderbilanzen, 2008, Abschnitt P, Rn. 84. 64 Vgl. BT-Drucks. 16/10600, S. 13; IDW FAR 1/1996, S. 7; Veit, in: Veit (Hrsg.), Sonderbilanzen, 2004, S. 155 ff. 65 Vgl. BGH, ZInsO 2007, 939, 941. 66 Vgl. Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, Insolvenzrecht, 2010, S. 235. 67 Vgl. FK-InsO/Schmerbach, 7. Aufl. 2013, § 19, Rn. 17. 61
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zu entnehmen, dass grundsätzlich der Wert zu Grunde zu legen ist, der bei einer Liquidation zu erzielen wäre. Offen geblieben ist jedoch die Frage, welche Kriterien zur Feststellung des Liquidationswertes maßgeblich sind. Zwar wird der Liquidationswert grundsätzlich als Veräußerungswert eines Wirtschaftsgutes bei Liquidation des Unternehmens definiert.68 Allerdings lässt sich hieraus noch kein anwendbares Bewertungsverfahren bestimmen. Nach Teilen der Literatur soll bei der Bewertung des Vermögens von einer Einzelveräußerung ausgegangen werden.69 Dies hat zur Folge, dass der Einzelnettoveräußerungserlös für jeden einzelnen Vermögensgegenstand anzusetzen ist70, wobei Veräußerungs-, Lager- und Beseitigungskosten, sowie die Umsatzsteuer entsprechend zu berücksichtigen sind.71 Eine andere Meinung geht regelmäßig von der Veräußerung der Vermögensgegenstände im Ganzen (Gesamtveräußerung) oder von Betriebsteilen (Teilveräußerung72) aus.73 Hierfür wird im Schrifttum die Bewertung nach der Substanzwertmethode vorgenommen.74 Das damit verbundene Abstellen auf die regelmäßig den Einzelveräußerungswerten übersteigenden Wiederbeschaffungskosten75 impliziert jedoch, dass es sich stets lohnen würde, die fortzuführenden Unternehmensteile zu reproduzieren.76 Eine derartige Annahme ist jedoch gerade bei insolvenzbedrohten Unternehmen nicht immer gerechtfertigt (insbesondere wenn eine negative Fortbestehensprognose festgestellt wurde).77 Richtigerweise kommt es daher auf die Verwertungsprämisse an. Demnach kann der Veräußerungserlös aus einer Gesamt- oder Teilveräußerung nur dann zugrunde gelegt werden, und damit eine Abkehr von einer Einzelbewertung vorgenommen werden, wenn die Verwertungsstrategie auf eine Veräußerung der Sachgesamtheit bzw. einzelner Betriebsteile abzielt und hierfür greifbare Anhaltspunkte für deren Realisierung bestehen.78 Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass neben der Liquidationsstrategie der Veräußerungserlös von der Abwicklungsgeschwindigkeit beeinflusst wird.79 Während man mit einer Liquidation unter Nor68
Vgl. HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl. 2011, § 19 Rn. 15. Vgl. Haußer/Heeg, ZIP 2010, 1427, 1429; Budde/Förschle/Hoffmann, in: Sonderbilanzen, 2008, Abschnitt P, Rn. 90 ff. 70 Vgl. Budde/Förschle/Hoffmann, Sonderbilanzen, 2008, Abschnitt P, Rn. 90. 71 Vgl. Penzlin, NZG 2000, 464, 465; Möhlmann-Mahlau/Schmitt, NZI 2009, 19, 22. 72 Eine Teilveräußerung kommt in Betracht, wenn sich einzelne Unternehmensteile zur Ausgliederung auf einen anderen Rechtsträger eignen. Vgl. Beck/Möhlmann, Sanierung und Abwicklung in der Insolvenz, 2000, S. 44. 73 Vgl. Bitter, ZInsO 2008, 1097, 1097; Scholz/K. Schmidt/Bitter, GmbHG, 10. Aufl. 2007, vor § 64, Rn. 31 ff. 74 Vgl. Steffan, ZInsO 2003, 106, 109; vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 19, Rn. 41 m.w.N. 75 Vgl. Veit, in: Veit (Hrsg.), Sonderbilanzen, 2004, S. 177. 76 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 19, Rn. 41. 77 Vgl. FK-InsO/Schmerbach, 7. Aufl. 2013, § 19, Rn. 19. 78 Vgl. Vonnemann, BB 1991, 867, 867. 79 Vgl. Penzlin, NZG 2000, 464, 465; FK-InsO/Schmerbach, 7. Aufl. 2013, § 19, Rn. 19; Möhlmann-Mahlau/Schmitt, NZI 2009, 19, 22. 69
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malbedingungen einen geordneten Verkauf des Vermögens verbindet, ist bei der Bezifferung des Veräußerungserlöses unter hohem Zeitdruck von niedrigeren Liquidationswerten auszugehen.80 Im Hinblick auf die Festlegung konkreter Liquidationswerte ist daher zu konstatieren, dass unterschiedliche Bewertungsverfahren Anwendung finden können, die je nach Liquidationsstrategie- und umständen zum Tragen kommen. (2) Ansatz und Bewertung der Schulden Auf der Passivseite des Überschuldungstatus werden die Schulden bzw. Verbindlichkeiten der Gesellschaft aufgeführt und dem Vermögen der Aktivseite gegenübergestellt. Hinsichtlich Ansatz und Bewertung der Schulden existieren ebenfalls keine Richtlinien oder Grundsätze, so dass auch hier nur auf die von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen und die in der Literatur entwickelten Grundsätzen zurückgegriffen werden kann. Grundsätzlich sind alle Verbindlichkeiten, die nach der zugrunde gelegten Liquidationsprämisse bestehen und voraussichtlich entstehen werden, mit ihrem Nennwert anzusetzen.81 Folglich sind auch noch nicht fällige Verbindlichkeiten zu passivieren. Anders als nach § 17 InsO wird daher nicht auf den Zeitpunkt der Fälligkeit, sondern auf eine stichtagsbezogene Betrachtung über das Bestehen der Zahlungspflicht abgestellt.82 Allerdings sind Eigenkapitalpositionen i.S.d. § 266 Abs. 3 HGB, insolvenzverfahrensspezifische Ansprüche und Kosten, wie etwaige Verfahrenskosten i.S.d. § 54 InsO sowie die Bildung von Rückstellungen für Abwicklungskosten, die mit Verfahrenseröffnung entstehen würden, nicht anzusetzen.83 Handelsbilanziell ausgewiesene Rückstellungen bzw. streitige Verbindlichkeiten sind hingegen zu passivieren, wenn deren Inanspruchnahme wahrscheinlich ist, d. h. wenn mit ihnen ernstlich zu rechnen ist.84 Insofern sind z. B. künftige Sozialplankosten zu passivieren, wenn die zugrunde gelegte Verwertungsstrategie sozialplanpflichtige Betriebsänderungen durch den Schuldner vorsieht.85 Lediglich eine geplante Gesamtveräußerung kann dazu führen, dass die Verbindlichkeiten aus Sozialplänen nicht passiviert werden müssen. Unabhängig von der Verwertungsstrategie sind die Forderungen eines Gesellschafters aus der Gewährung von Darlehen an die Gesellschaft sowie Verbindlichkeiten von Fremdgläubigern im Über80 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 19, Rn. 37; Möhlmann-Mahlau/ Schmitt, NZI 2009, 19, 22. 81 Vgl. Mitter, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 19 InsO, Rn. 18; HambKomm/Schröder, 4. Aufl. 2012, § 19 InsO, Rn. 37. 82 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 19, Rn. 23. 83 Vgl. AG Göttingen, ZInsO 2002, 944 f.; HambKomm/Schröder, 4. Aufl. 2012, § 19 InsO, Rn. 39. 84 Vgl. OLG Hamburg, BB 1981, 1441; AG Hamburg, ZInsO 2004, 991 f. 85 Vgl. HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl. 2011, § 19, Rn. 25; Mitter, in: Haarmeyer/Wutzke/ Förster, 2. Aufl. 2012, § 19 InsO, Rn. 18.
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schuldungsstatus zu passivieren.86 Ausgenommen sind lediglich Forderungen, für die ein „Rangrücktritt“87 vorliegt. Dies wurde mit Einführung des MoMiG ausdrücklich in § 19 Abs. 2 S. 2 InsO geregelt. Demzufolge sind Forderungen nicht zu berücksichtigen, wenn ein Rücktritt in den Rang des § 39 Abs. 2 InsO erklärt wurde.88 Im Vergleich zur Bewertung der Vermögensgegenstände und den damit verbundenen Gestaltungsspielräumen besteht im Schrifttum hinsichtlich der Bewertung der Schulden Einigkeit darüber, dass die fälligen Verbindlichkeiten grundsätzlich zu ihrem Nennwert zu passivieren sind.89 Etwaige stille Reserven durch eine Überbewertung der Passiva sind daher aufzulösen.90 Zudem sind Verbindlichkeiten, die bereits begründet wurden, aber erst zu einem späteren (ungewissen) Zeitpunkt fällig werden (sog. betagte Verbindlichkeit) abgezinst im Überschuldungsstatus anzusetzen.91 bb) Anforderungen an eine positive Fortbestehensprognose Kernstück des zweistufigen modifizierten Überschuldungsbegriffs ist die sog. insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose92. Während der Gesetzgeber mit Einführung der Insolvenzordnung das prognostische Element der Überschuldungsprüfung noch als Bewertungskorrektiv angesehen hatte, reicht im Rahmen des modi86
Vgl. Biebinger, GmbHR 2008, R305. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen entsprechen, sind nicht im Überschuldungsstatus einzustellen, sofern zwischen Gläubiger und Schuldner ein Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist (sog. Rangrücktritt). 88 Vgl. Dahl/Schmitz, NZG 2009, 567, 569. 89 Vgl. HambKomm/Schröder, 4. Aufl. 2012, § 19 InsO, Rn. 37; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 19, Rn. 125; Greil/Herden, ZInsO 2010, 833, 837; Haußer/Heeg, ZIP 2010, 1427, 1429. 90 Vgl. HambKomm/Schröder, 4. Aufl. 2012, § 19 InsO, Rn. 19. 91 Vgl. Mitter, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 19 InsO, Rn. 18. 92 In der Rechtsprechung, Praxis und Literatur wird eine sprachliche Differenzierung zwischen der sog. Fortbestehens- und sog. Fortführungsprognose nicht stringent eingehalten. Einerseits wird das prognostische Element der Überschuldungsprüfung als Fortbestehensprognose, andererseits als Fortführungsprognose definiert. Sowohl Gesetzeswortlaut und Gesetzgeber sprechen z. T. von der Fortführung bzw. Prognose oder vom Fortbestehen des Unternehmens. Im Beschluss vom 09. 10. 2006 (vgl. BGH, ZIP 2006, 2171) vermischt der BGH sogar beide Begrifflichkeiten. Grundsätzlich ist zwischen einer insolvenzrechtlichen Fortbestehensprognose und einer handelsrechtlichen Fortführungsprognose i.S.v. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB (sog. „Going-Concern-Prognose“) zu unterscheiden. Das „Going-Concern-Prinzip“ sieht vor, dass bei der Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden im Rahmen der Jahresabschlusserstellung von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen ist und damit die allgemeinen handelsrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften anwendbar sind. Die beiden Prüfungen unterscheiden sich daher in ihrer Zielsetzung. Während die insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose darauf ausgerichtet ist festzustellen, ob eine Insolvenzantragspflicht besteht, wird im Rahmen der Fortführungsprognose überprüft, ob die handelsrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften angewendet werden können. Vgl. dazu ausführlich, Groß/Amen, DB 2005, 1861 ff. 87
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fizierten Überschuldungsbegriffs eine positive Fortbestehensprognose aus, um den Insolvenzgrund der Überschuldung zu negieren (s. o.). Trotz der Relevanz der Fortbestehensprognose bestehen jedoch Unklarheiten hinsichtlich der hierfür bedeutenden Voraussetzungen.93 Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO liegt keine Überschuldung vor, wenn die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Das Gesetz nennt demzufolge zwei Voraussetzungen, die kumulativ erfüllt sein müssen, um von einer positiven Fortbestehensprognose ausgehen zu können. Zum einen ist erforderlich, dass das Unternehmen seine geschäftlichen Aktivitäten fortführen kann. Zum anderen muss die Unternehmensfortführung den Umständen entsprechend wahrscheinlicher sein als die Liquidation. (1) Positive Unternehmensfortführung Eine Präzisierung erfährt die Anforderung an eine Unternehmensfortführung mittelbar durch den Gesetzgeber. In seiner Begründung zum vorübergehenden Überschuldungsbegriff nimmt er Bezug auf das Dornier-Urteil des BGH aus dem Jahre 1992 (s. o.).94 In diesem Urteil vertritt der BGH in Bezug auf die Unternehmensfortführung die Auffassung, dass eine negative Fortbestehensprognose vorliegt, wenn „die Finanzkraft der Gesellschaft mittelfristig nicht zur Fortführung des Unternehmens ausreicht (sog. Überlebensfähigkeitsprognose)“.95 Es ist daher der Frage nachzugehen, ob sich aus der Beurteilung von Fakten und Einschätzungen künftiger Entwicklungen feststellen lässt, ob eine Gesellschaft mittelfristig dazu in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten erfüllen zu können. Hierfür ist zu klären, welchen Zeitraum die Prognose zu umfassen hat und welche betriebswirtschaftlich bestimmbaren Größen zu prognostizieren sind, um die Finanzkraft der Gesellschaft beurteilen zu können. Ferner muss nach der Rechtsprechung des BGH der subjektive Fortführungswille der Betroffenen vorliegen, um von einer positiven Fortbestehensprognose ausgehen zu können. (a) Prognosezeitraum Über die Auslegung, wie der Zeitraum zum mittelfristigen Erreichen der Finanzkraft zu bestimmen ist, herrscht in Literatur und Praxis Streit. Teils wird ein Zeitraum von drei bis fünf Jahren96, zwei bis drei Jahren97, teils von zwei Jahren98 oder von zwölf Monaten verlangt99. In der Judikatur finden sich nur allgemeine 93 Vgl. Greil/Herden, ZInsO 2011, 109, 112; Wackerbarth, NZI 2009, 145 ff.; Sikora, ZInsO 2010, 1761 ff. 94 Vgl. BT-Drucksacke 16/10600, S. 13. 95 Vgl. BGHZ 119, 201 ff. = NJW 1992, 2891 ff. 96 Vgl. Wolf, DStR 2009, 2682, 2684. 97 Vgl. AG Hamburg, NJW 2012, 151; Wimmer, NJW 1996, 2546, 2547. 98 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 19, Rn. 29 f. m.w.N. 99 Vgl. IDW FAR 1/1996, S. 5.
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Umschreibungen.100 Eine Entscheidung über eine allgemeingültige Zeitvorgabe ist aus der Rechtsprechung jedoch nicht hervorgegangen. Daher stellt die h.M. aus Praktikabilitätsgründen auf das laufende und nachfolgende Geschäftsjahr ab.101 Dieser Auffassung vertritt auch der Gesetzgeber. Mit dem Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen hat er den Prognosezeitraum, ausweislich der Begründung, auf das laufende und das nachfolgende Geschäftsjahr begrenzt.102 (b) Objektive Überlebensfähigkeit Im Rahmen der Prognose ist ferner zu prüfen, ob der Geschäftsbetrieb mittels seiner Finanzkraft innerhalb des Prognosezeitraums aufrechterhalten werden kann.103 Daran anknüpfend stellt sich die Frage, welche betriebswirtschaftliche Erfolgsgröße zur Beurteilung der Finanzkraft ermittelt werden muss. Nach überwiegender Ansicht beinhaltet die Fortbestehensprognose eine begründete Aussage darüber, ob das Unternehmen seine geschäftlichen Aktivitäten unter Einhaltung seiner bestehenden und zukünftigen Zahlungsverpflichtungen fortführen kann.104 Daher wird die Frage nach der Überlebensfähigkeit als Zahlungsfähigkeitsprognose verstanden.105 Die Gegenmeinung stellt hingegen auf die Rentabilität des Unternehmens ab.106 Demnach soll eine positive Fortbestehensprognose nur dann vorliegen, wenn innerhalb des Prognosezeitraums ein Gewinn erwirtschaftet wird. Die Auffassung stützt ihre Argumentation darauf, dass Gesellschaften, die Verluste erwirtschaften, nicht kreditwürdig sind und daher ihr Liquiditätsgleichgewicht nicht dauerhaft aufrechterhalten können.107 Einigkeit herrscht indes darüber, dass nur ein zahlungsfähiges Unternehmen überlebensfähig
100
Vgl. Braun/Bußhart, InsO, 5. Aufl. 2012, § 19, Rn. 23 m.w.N. Vgl. Mitter, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 19 InsO, Rn. 22; HambKomm/Schröder, 4. Aufl. 2012, § 19 InsO, Rn. 18; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 19, Rn. 29 f. m.w.N. 102 Vgl. BT-Drucksache 16/10600, 13. 103 Vgl. Groß/Amen, WPg 2002, 225, 232. 104 Vgl. FK-InsO/Schmerbach, 7. Aufl. 2013, § 19, Rn. 36; Groß/Amen, WPg 2002, 232, 225; MünchKommInsO/Schüler/Drukarczyk, 3. Aufl. 2013, § 19, Rn. 76; Möhlmann-Mahlau/ Schmitt, NZI 2009, 19, 21; Frystatzki, NZI 2011, 173, 179; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 19, Rn. 45; Harz, ZInsO 2001, 193, 199; Bork, ZIP 2000, 1709, 1710. 105 Vgl. FK-InsO/Schmerbach, 7. Aufl. 2013, § 19, Rn. 36; Groß/Amen, WPg 2002, 232, 225; MünchKommInsO/Schüler/Drukarczyk, 3. Aufl. 2013, § 19, Rn. 76; Möhlmann-Mahlau/ Schmitt, NZI 2009, 19, 21; Frystatzki, NZI 2011, 173, 179; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 19, Rn. 45; Harz, ZInsO 2001, 193, 199; Bork, ZIP 2000, 1709, 1710. 106 Vgl. Dahl/Schmitz, NZG 2009, 567, 567; Wackerbarth, NZI 2009, 145, 147; Harz/ Baumgartner/Conrad, ZInsO 2005, 1304, 1309; Wolf, DStR 2009, 2682, 2684; Bähner, KTS 1988, 443, 447; HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl. 2011, § 19, Rn. 12. 107 Vgl. Dahl/Schmitz, NZG 2009, 567, 567; Wackerbarth, NZI 2009, 145, 147; Harz/ Baumgartner/Conrad, ZInsO 2005, 1304, 1309; Wolf, DStR 2009, 2682, 2684; Bähner, KTS 1988, 443, 447; HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl. 2011, § 19, Rn. 12. 101
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ist.108 Dies erklärt sich allein dadurch, dass ein illiquides Unternehmen keine zur Aufrechterhaltung des betrieblichen Leistungserstellungsprozesses erforderlichen Verbindlichkeiten mehr tätigen kann.109 Die Fortbestehensprognose ohne den expliziten Liquiditätsnachweis einzugrenzen, wäre daher unzureichend. Streitig bleibt dagegen die Frage, wie die Finanzkraft zu beurteilen ist, wenn die Zahlungsfähigkeit im Prognosezeitraum zwar aufrechterhalten werden kann, das Unternehmen im Prognosezeitraum jedoch keinen Gewinn erwirtschaftet.110 Hierbei gilt es zu beachten, dass die Erfolgsrechnung eines Krisenunternehmens regelmäßig mit langfristigen (nicht zahlungswirksamen) Sanierungsaufwendungen, wie beispielsweise außerplanmäßigen Abschreibungen oder Aufwandsrückstellungen für Organisationsumstrukturierungen, belastet wird.111 Insofern besteht die Gefahr, dass ein im Kern überlebensfähiges Unternehmen mit dem Nachweis der Rentabilität überfordert ist und ihm somit die Möglichkeit einer außergerichtlichen Sanierung, trotz Bedienung sämtlicher Verbindlichkeiten im Prognosezeitraum, verwehrt bliebe. Zudem würde hierdurch die Intention des vorübergehend geltenden Überschuldungsbegriffs ins Leere laufen. Mit der Rückkehr zur modifizierten Überschuldungskonzeption beabsichtigte der Gesetzgeber, das ökonomisch völlig unbefriedigende Ergebnis zu vermeiden, dass Unternehmen, bei denen die überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie trotz rechnerischer Überschuldung weiterhin erfolgreich am Markt operieren können, ein Insolvenzverfahren zu durchlaufen haben.112 Schließlich wirken sich die durch die Finanzmarktkrise hervorgegangenen Wertverluste, insbesondere bei Aktien und Immobilien in Form von (außerplanmäßigen) Abschreibungen auf die Rentabilität des Unternehmens aus und mindern dem entsprechend den Gewinn, was letztlich dazu führen kann, dass im Prognosezeitraum ein Verlust auszuweisen ist. Würde man daher die Rentabilität für maßgeblich halten, so wären im Ergebnis die mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz für schutzwürdig befundenen Unternehmen dazu gezwungen, nicht aufgrund einer Abwertung des Vermögens, sondern wegen einer negativen Fortbestehensprognose, einen Insolvenzantrag zu stellen. Hinzu kommt, dass der gewinnbringende Einsatz von Kapital in die Privatautonomie des Entscheidungsträgers fällt, so dass selbst die Erwirtschaftung eines Verlusts im Prognosezeitraum der objektiven Überlebensfä-
108 Vgl. Fromm, ZInsO 2004, 943, 945; Bunting, ZIP 2012, 357, 360; Sikora, ZInsO 2010, 1761, 1762; Dahl, NZG 2009, 567, 567; Greil/Herden, ZInsO 2010, 833, 838; Weller, DStR 2010, 1046, 1048; Wolf, DStR 2009, 2682, 2683 f.; Haußer/Heeg, ZIP 2010, 1427, 1428; Wackerbarth, NZI 2009, 145 ff.; Harz/Baumgartner/Conrad, ZInsO 2005, 1304, 1309. 109 Vgl. Bork, ZIP 2000, 1709, 1710; Frystatzki, NZI 2011, 173, 177; Leithaus, NZI 2008, Heft 11, S. VIII f. 110 Eine Ausnahme dieser Fallkonstellation bilden Unternehmen bei denen werthaltige Verlustausgleichansprüche oder Beherrschungsverträge bestehen. Vgl. dazu Bork, ZIP 2000, 1709, 1710. 111 Vgl. Sikora, ZInsO 2010, 1761, 1763. 112 Vgl. BT-Drucksache 16/10600, 13.
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higkeit nicht entgegensteht, sondern eine subjektive Komponente darstellt.113 Der Begriff „objektive Überlebensfähigkeit“ ist folglich eine Frage nach der zukünftigen Zahlungsfähigkeit. (c) Subjektiver Fortführungswille Neben der objektiven Überlebensfähigkeit verlangt der BGH in seiner Entscheidung vom 09. Oktober 2006 für eine positive Fortbestehensprognose den Fortführungswillen des Schuldners.114 Die Unternehmensfortführung muss daher vom Schuldner bzw. in dem hier interessierten Kreis vom Gesellschaftergeschäftsführer beabsichtigt sein.115 (2) Prognosesicherheit Nach all dem ist festzuhalten, dass die Fortbestehensprognose aufgrund ihrer Zukunftsausrichtung mit Unsicherheit behaftet ist. Der Gesetzgeber hat diese Unsicherheit bei der Definition des Insolvenzgrundes in Kauf genommen, damit die Aufrechterhaltung oder Wiedererlangung der Zahlungsfähigkeit innerhalb des Prognosezeitraums mit überwiegender Wahrscheinlichkeit begründbar ist.116 Die überwiegende Wahrscheinlichkeit ist dabei als juristisches Beweismaß im Sinne einer komparativen, nicht quantifizierbaren Hypothesenwahrscheinlichkeit zu verstehen.117 Eine positive Fortbestehensprognose muss daher auf intersubjektiv nachprüfbaren Einschätzungen beruhen, deren Ergebnis nach Abwägung von Gründen, die für oder gegen die Überlebensfähigkeit sprechen, in eine unbedingte Aussage mündet.118 Dabei gilt das Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als erbracht, wenn sich gewichtigere Gründe für die positive Überlebensfähigkeit anführen lassen, als für den Eintritt der materiellen Insolvenz.119 3. Drohende Zahlungsunfähigkeit Der insolvenzrechtliche Krisenbegriff ist auch dann erfüllt, wenn lediglich die drohende Zahlungsunfähigkeit gem. § 18 Abs. 1 InsO vorliegt. Nach § 18 Abs. 2 InsO droht der Schuldner zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit 113
Vgl. Brandstätter, Die Prüfung der Sanierungsfähigkeit notleidender Unternehmen, 1993, S. 8 f.; Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 84. 114 Vgl. BGH, ZIP 2006, 2171. 115 Vgl. Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 84 f.; Klein, in: Blöse/Kihm (Hrsg.), Unternehmenskrisen, 2006, S. 72 f.; Spliedt, in: Runkel (Hrsg.), Anwaltshandbuch Insolvenzrecht, 2008, § 1, Rn. 134. 116 Vgl. BGHZ 119, 201 ff. = NJW 1992, 2891. 117 Vgl. Klein, in: Blöse/Kihm (Hrsg.), Unternehmenskrisen, 2006, S. 72. 118 Vgl. Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1861. 119 Vgl. Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1861.
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zu erfüllen. Anders als die eingetretene Zahlungsunfähigkeit stellt der Insolvenzeröffnungsgrund nach § 18 InsO damit auf eine Zeitraum-Illiquidität ab.120 Der Prognosezeitraum umfasst auch hier nach der h.M. das laufende und nachfolgende Geschäftsjahr.121 Die Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit erfolgt somit auf gleichem Wege wie die im Rahmen der Überschuldungsprüfung vorzunehmende Fortbestehensprognose.122 Allerdings löst dieser Insolvenzgrund ein Antragsrecht zugunsten des Schuldners aus.123 Dies kann aufgrund der Deckungsgleichheit zwischen Fortbestehensprognose und Messung der drohenden Zahlungsunfähigkeit jedoch nicht zweifelsfrei für juristische Personen, mithin für die im hier interessierten Kreis zu untersuchende GmbH gelten. Der Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit behält daher für juristische Personen nur in den Fällen eine eigene Bedeutung, in denen die Zahlungsfähigkeit für das laufende und das nachfolgende Geschäftsjahr zwar nicht sichergestellt, bei Erstellung des Überschuldungsstatus zu Liquidationswerten aber noch kein negatives Eigenkapital auszuweisen ist. Diese Fallkonstellation wird nach allgemeiner Auffassung jedoch in den seltensten Fällen vorkommen.124 Darauf hat bereits Egner/Wolf im Jahre 1978 hingewiesen.125 In einer Beispielrechnung legten sie die durchschnittliche Bilanzstruktur deutscher Kapitalgesellschaften aus dem Jahre 1972 für eine hypothetische Überschuldungsmessung zugrunde und ermittelten auf dieser Basis, dass eine (im Zerschlagungsszenario nicht unrealistische) 29,8 %ige Wertdifferenz zwischen Buch- und Liquidationswerten ausreichen würde, um den Tatbestand der rechnerischen Überschuldung zu erfüllen.126 Wendet man diese Beispielrechnung auf die durchschnittliche Bilanzstruktur deutscher Gesellschaften mit beschränkter Haftung aus dem Jahre 2010 an, würde sogar eine 28,5 %ige Wertdifferenz zwischen Buchund Liquidationswerten geeignet sein, um den Tatbestand der rechnerischen Über-
120 Vgl. Braun/Bußhardt, InsO, 5. Aufl. 2012, § 18, Rn. 6; FK-InsO/Schmerbach, 7. Aufl. 2013, § 18 , Rn. 6. 121 Vgl. HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl. 2011, § 18, Rn. 8; HambKomm/Schröder, 4. Aufl. 2012, § 18 InsO, Rn. 10; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 18, Rn. 12; Zöller, in: Blöse/Kihm (Hrsg.), Unternehmenskrisen, 2006, S. 30; Braun/Bußhardt, InsO, 5. Aufl. 2012, § 18, Rn. 6; Greil/Herden, ZInsO 2011, 109, 112; IDW PS 800, S. 6; Vallender/ Undritz/Henkel, 2012, S. 297. 122 Vgl. Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1862; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 18, Rn. 7; Braun/Bußhardt, InsO, 5. Aufl. 2012, § 18, Rn. 6; HambKomm/Schröder, 4. Aufl. 2012, § 19 InsO, Rn. 15. 123 Vgl. Braun/Bußhardt, InsO, 5. Aufl. 2012, § 18, Rn. 1; HambKomm/Schröder, 4. Aufl. 2012, § 18 InsO, Rn. 4; Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 2009, S. 49. 124 Vgl. Fischer, DB 1981, 1345, 1346; Ulmer, KTS 1981, 469, 474; Klar, DB 1990, 2077, 2078; Schaub, DStR 1993, 1483, 1484; Drukarczyk, WM 1994, 1737, 1742; Weber, Betriebswirtschaftliche Fragen des Insolvenzplans, der übertragenden Sanierung und der Liquidation, 2010, S. 96; Bitter/Hommerich, Die Zukunft des Überschuldungsbegriffs, 2012, S. 63 ff.; Frystatzki, NZI 2011, 521, 524; Desch, BB 2011, 841, 841. 125 Vgl. Egner/Wolf, AG 1978, 99, 105. 126 Vgl. Egner/Wolf, AG 1978, 99, 105.
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schuldung i.S.d. § 19 Abs. 1 InsO zu erfüllen.127 Vor diesem Hintergrund ist dem modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff seit jeher entgegengehalten worden, dass im Fall einer negativen Fortbestehensprognose eine bilanzielle Feststellung der Überschuldung (für krisenbehaftete Unternehmen) überflüssig sei, wenn keine stillen Reserven aufgedeckt werden können.128 Denn bei einer Einzelliquidation führen Bewertungsmaßnahmen auf der Aktivseite in der Krise regelmäßig zu einer rechnerischen Überschuldung i.S.d. § 19 Abs. 1 InsO.129 4. Rechtsfolgen Mit Eintritt einer insolvenzrechtlichen Krise steht dem Unternehmen neben der Möglichkeit, eine außergerichtliche Sanierung anzustreben, auch die Option offen, ein gerichtliches Sanierungsverfahren einzuleiten. Allerdings gilt es zu beachten, dass an den insolvenzrechtlichen Krisenbegriff auch zivil- und strafrechtliche Folgen geknüpft sind. So verpflichtet § 15a Abs. 1 S. 1 InsO die organschaftlichen Vertreter juristischer Personen dazu, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen, nachdem die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet ist, Insolvenzantrag zu stellen. Insofern wird die Dispositionsfreiheit des Schuldners stark eingeschränkt. Denn um einer Haftung wegen Insolvenzverschleppung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a Abs. 1 S. 1 InsO sowie einer Strafbarkeit bei Zuwiderhandlung aus § 15a Abs. 4 und 5 InsO zu entgehen, muss die Frist von maximal drei Wochen eingehalten werden.130 Zudem sind die Geschäftsführer der Gesellschaft nach § 64 S. 1 GmbHG zum Ersatz von Zahlungen131 an die Gesellschaft verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden (sog. Innenhaftung).132 Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt der Insolvenzreife selbst und nicht erst der Ablauf der drei Wochen Frist aus § 15a Abs. 1 S. 1 InsO.133 Zudem gilt es zu beachten, dass der Geschäftsführer auf den Ersatz jedes 127
Vgl. zur statistischen Erhebung der Bilanzstrukturkennzahlen die Sonderveröffentlichung der Deutschen Bundesbank, Verhältniszahlen aus Jahresabschlüssen deutscher Unternehmen von 2009 bis 2010, 2013, S. 318, abrufbar unter http://www.bundesbank.de/Redaktion/ DE/Downloads/Veröffentlichungen/Statistische_Sonderveroeffentlichungen/Statso_6_2013_05 _2009_2010.pdf?_blob=publicationFile. 128 Vgl. Klar, DB 1990, 2077; Ulmer, KTS 1981, 469, 474; Drukarczyk, WM 1994, 1737, 1742. 129 Vgl. Drukarczyk, ZGR 1979, 533, 575; Schüppen, DB 1994, 197, 199; Frystatzki, NZI 2011, 521, 524; Desch, BB 2011, 841, 841. 130 Vgl. Möhlmann-Mahlau/Schmitt, NZI 2009, 19, 21; Vallender/Undritz/Weyand, 2012, S. 1088; Poertzgen, ZInsO 2008, 944, 952. 131 Der Begriff „Zahlung“ ist dabei weit auszulegen. So kommt eine Zahlung nicht nur bei Leistungen aus dem Barbestand in Betracht, sondern auch bei Zahlungen per Überweisung, Scheck oder Lastschrift. Vgl. dazu Bitter, ZInsO 2010, 1505, 1514. 132 Vgl. Bitter, ZInsO 2010, 1505, 1514. 133 Vgl. BGH, ZInsO 2009, 876; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 10. Aufl. 2007, § 64, Rn. 37; Bitter, ZInsO 2010, 1505, 1512.
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einzelnen Vermögensabflusses nach Insolvenzreife haftet.134 Der im gleichen Zeitraum eingetrete Vermögenszufluss wird hingegen nicht berücksichtigt.135
III. Ergebnis und kritische Würdigung Nach all diesen begrifflichen Eingrenzungen ist festzuhalten, dass erst bei Vorliegen einer insolvenzrechtlichen Krise, d. h. mit Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung (sowie ggf. drohender Zahlungsunfähigkeit) sich die beiden Verfahrensmöglichkeiten gegenüberstehen, und der Gesellschaftergeschäftsführer einer (insolventen) GmbH damit vor der Frage steht, ob ein außergerichtliches oder gerichtliches Sanierungsverfahren angestrebt werden sollte. Neben der eingeschränkten Dispositionsfreiheit aus § 15a InsO gilt es allerdings zu beachten, dass die Überschuldung regelmäßig vor der Zahlungsunfähigkeit eintritt.136 Dies ist darauf zurückzuführen, dass ein überschuldetes Unternehmen durchaus zahlungsfähig sein kann und trotzdem eine positive Fortbestehensprognose abgeben kann. Etwa bei hinreichendem Kredit, Stundung von Forderungen, nicht ausgeschöpftem aber noch zur Verfügung stehendem Kontokorrent oder durch Veräußerung von Vermögensgegenständen.137 Ein zahlungsunfähiges Unternehmen wird jedoch regelmäßig auch überschuldet sein, da der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit eine negative Fortbestehensprognose impliziert und eine Überschuldung in diesen Fällen nur noch dann ausgeschlossen werden kann, wenn das Vermögen, bewertet zu Liquidationswerten, die Schulden übersteigt.138 Dies ist jedoch, wie bereits erwähnt, in der Praxis selten der Fall. Wendet man vor diesem Hintergrund den Blick auf den betriebswirtschaftlichen Krisenverlauf, kann sich also eine insolvenzrechtliche Überschuldung einstellen, wenn im Rahmen einer betriebswirtschaftlichen Erfolgskrise das Eigenkapital aufgezehrt wurde und hierdurch der Grundstein für den Übergang zur Liquiditätskrise gelegt wurde. Denn mit dem Rückgang der Ertragsfähigkeit bzw. mit dem Ausweis eines Verlusts, treten regelmäßig Zahlungsschwierigkeiten in Erscheinung, wenn das Unternehmen über keine finanziellen Rücklagen verfügt.139 Ein Geschäftsführer einer GmbH wird daher bereits im Rahmen einer Erfolgskrise mit der Frage konfrontiert, ob eine außergerichtliche oder gerichtliche Sanierung anzustreben ist, um die Krise zu überwinden. Einschränkend ist jedoch zu konstatieren, dass die (frühzeitige) Erkennbarkeit einer 134
Vgl. BGHZ 143, 184 ff. = NJW 2000, 668; BGH, NJW 2003, 2316 f. Vgl. BGH, NJW 2003, 2316 f.; Bitter, ZInsO 2010, 1505, 1515. 136 Vgl. HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl. 2011, § 19, Rn. 2. 137 Vgl. Penzlin, NZG 2000, 464, 464. 138 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 19, Rn. 1; Penzlin, NZG 2000, 464, 464; FK-InsO/Schmerbach, 7. Aufl. 2013, § 19, Rn. 7. 139 Vgl. Bockenförde, Unternehmenssanierung, 1996, S. 19; Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 20; Zöller, in: Blöse/Kihm (Hrsg.), Unternehmenskrisen, 2006, S. 27 f. 135
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Überschuldung i.S.d. § 19 InsO in der Praxis immer wieder Probleme bereitet. Denn wann eine Überschuldungsprüfung vorzunehmen ist, ist gesetzlich nicht geregelt. Grundsätzlich besteht eine Pflicht zur ständigen Eigenprüfung, ob ein Insolvenzeröffnungsgrund vorliegt. Hierfür sind im Unternehmen die dazu notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.140 Konkret bedeutet dies, dass sich die Unternehmensleitung jederzeit und laufend Klarheit über die Vermögenslage zu verschaffen hat.141 Eine weitere Konkretisierung was unter jederzeit und laufender Klarheit über die Vermögenslage zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber jedoch nicht vorgenommen. Eine nach jedem buchführungspflichtigen Geschäftsvorfall vorzunehmende Überschuldungsprüfung kann vom Gesetzgeber nicht gewollt sein und wäre überdies aufgrund der fehlenden Kodifizierung von insolvenzspezifischen Ansatz- und Bewertungsvorschriften und dem sich hieraus ergebenden zusätzlichen (d. h. neben der handelsrechtlichen Buchhaltung) Aufwand in der Praxis nicht umsetzbar.142 In der Literatur wird überwiegend der Standpunkt vertreten, dass der vollständige Verlust des buchmäßigen Eigenkapitals im handelsrechtlichen Jahresabschluss ein geeigneter Indikator bzw. ein Indiz für eine insolvenzrechtliche Überschuldung sei und damit regelmäßig Anlass für eine Überschuldungsprüfung bestehe.143 Diese Meinung wurde in der jüngsten Vergangenheit auch in der Rechtsprechung vertreten.144 Demnach hat die Handelsbilanz zumindest indiziellen Charakter für eine insolvenzrechtliche Überschuldung.145 Diese Auffassung lässt jedoch den Umstand unberücksichtigt, dass eine tagaktuelle Buchhaltung in der Praxis selten anzutreffen ist. Hier gehören Buchungsrückstände zum Alltag.146 Der Eintritt einer bilanziellen Überschuldung wird daher regelmäßig erst mit einer zeitlichen Verzögerung festgestellt. Dies kann dazu führen, dass im Zeitpunkt der Prüfungsvornahme bereits Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 17 InsO vorliegt.147 Die bilanzielle Überschuldung scheidet daher als geeigneter Indikator zur frühzeitigen Erkennbarkeit der insolvenzrechtlichen Überschuldung aus. Vor diesem Hintergrund 140
Vgl. Uhlenbruck, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6, Rn. 21. Vgl. Bitter, ZInsO 2010, 1506 ff.; Bork, ZIP 2011, 101 ff.; Groß/Amen, WPg 2002, 225, 229; Möhlmann-Mahlau/Schmitt, NZI 2009, 19, 21; Greil/Herden, ZInsO 2010, 833, 833. 142 Vgl. Kebekus, ZGR 2008, 279, 282. 143 Vgl. BGH, ZInsO 2001, 467, 468; Mitter, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 19 InsO, Rn. 14; Greil/Herden, ZInsO 2010, 833, 834; FK-InsO/Schmerbach, 7. Aufl. 2013, § 19 , Rn. 8. 144 Vgl. BGH, GmbHR 2009, 655. 145 Vgl. BGH, ZInsO 2001, 467 f.; BGH, GmbHR 2009, 655; OLG Celle, ZInsO 2006, 440; OLG Brandenburg, ZInsO 2008, 1081. 146 Vgl. Möhlmann-Mahlau/Schmitt, NZI 2009, 19, 21; Fischer, Allgemeine Bankbetriebswirtschaft, 2010, S. 121; Euler, Interne Kontrolle im Unternehmen, 1992, S. 45; Weber, Betriebswirtschaftliche Fragen des Insolvenzplans, der übertragenden Sanierung und der Liquidation, 2010, S. 23; Sparkasse Erlangen, Firmenkundenservice 02/2005, abrufbar unter http://www.stade.apm-netzwerk.de/files/sparkasse_aussagekraft_der_buchhaltung.pdf. 147 Vgl. Lutter, ZIP 1999, 641, 643; Beck/Möhlmann, Sanierung und Abwicklung in der Insolvenz, 2000, S. 11. 141
B. Verfahrensalternativen zur Überwindung der Krise
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verwundert es nicht, dass in der Praxis der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit dominiert.148 Und selbst in den Fällen, in denen der Antrag mit dem Eintritt der Überschuldung begründet wird, liegt oftmals bereits auch Zahlungsunfähigkeit vor.149 Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Zeitpunkt zur Prüfungsvornahme nicht von einer Sonderbilanz, sondern unmittelbar aus den kurzfristig zur Verfügung stehenden Zahlungsmitteln objektiv feststellbar ist150 und die Ermittlung der kurzfristig zur Verfügung stehenden liquiden Mittel ohne eine Überleitungsrechnung nach insolvenzspezifischen Ansatz- und Bewertungsgrundsätzen erfolgen kann. Die Vorstellung, dass eine insolvenzrechtliche Überschuldung von der Unternehmensleitung erkannt wird, bevor Zahlungsunfähigkeit eintritt,151 entspricht daher mehr der Theorie als der Praxis. Dieser Umstand ist im weiteren Untersuchungsverlauf zu berücksichtigen.
B. Verfahrensalternativen zur Überwindung der Krise Wird die (insolvenzrechtliche) Krise erkannt, erfolgt die Einleitung der Sanierung.152 Dies erfolgt in der Regel durch Aktivitäten, die zur konkreten Einleitung und Organisation des Sanierungsprozesses initiiert werden. Als Beispiele für solche Aktivitäten werden in der Literatur Veränderungen im Topmanagement, die Einführung einer Projektorganisation sowie der verstärkte Einsatz von Krisen- bzw. Sanierungsberatern genannt.153 Nach der Initiierung des Sanierungsprozesses ist im Wege einer sog. Grobanalyse zu prüfen, ob das krisenbehaftete Unternehmen sanierungsfähig ist, d. h. ob die objektive Überlebensfähigkeit wieder hergestellt werden kann.154 Denn nur wenn die Sanierungsfähigkeit bejaht werden kann, sind Sanierungsbemühungen sinnvoll. Die Ergebnisse der Grobanalyse bilden daher die Entscheidungsgrundlage über Fortführung oder Liquidation des Krisenunternehmens. Zudem ist im Rahmen der Grobanalyse das grundsätzliche Vorgehen festzulegen. Denn liegt eine positive Beurteilung der Sanierungsfähigkeit vor, steht das betroffene Unternehmen bzw. der Gesellschaftergeschäftsführer vor der Frage, welcher Sanierungsrahmen im konkreten Einzelfall der effizientere zur Krisenbewältigung ist. Hierbei ist zwischen zwei Verfahren zu unterscheiden; dem außergerichtlichen und gerichtlichen Sanierungsrahmen. Hierbei gilt es zu berücksichti148
Vgl. Penzlin, NZG 2000, 464, 464. Vgl. Bunting, ZIP 2012, 357, 360. 150 Vgl. Hunkemöller/Tymann, ZInsO 2011, 714, 716. 151 Vgl. HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl. 2011, § 19, Rn. 2. 152 Vgl. Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 64. 153 Vgl. Kall, Controlling im Turnaround-Prozeß, 1999, S. 74; Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 64. 154 Vgl. Krystek, ZfB 1985, 598, 591; Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 65; Müller, Krisenmanagement in der Unternehmung, 1986, S. 419. 149
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gen, dass diese Dispositionsmöglichkeit aufgrund der Insolvenzantragspflicht aus § 15a InsO zeitlich eingeschränkt ist. Ein Gesellschaftergeschäftsführer muss daher unter Zeitdruck eine Abwägung vornehmen, in der er sich letztlich entscheiden muss, ob sich im konkreten Einzelfall eine außergerichtliche oder gerichtliche Sanierung als die vorzugswürdigere Alternative darstellt. Hierfür ist die Kenntnis der beiden Verfahren unerlässlich.
I. Überblick über die außergerichtliche Sanierung Zwar wurde die Einführung eines gesetzlich geregelten außergerichtlichen Sanierungsverfahrens im ESUG-Reformprozess in der Literatur und in der Praxis diskutiert.155 Allerdings wurde ein solches Verfahren, trotz zahlreichen und z. T. detaillierten Reformvorschlägen156, vom Gesetzgeber nicht verabschiedet. Auch ohne eine gesetzliche Kodifizierung sind jedoch gewisse Grundvoraussetzungen bei einem außergerichtlichen Sanierungsvorhaben zu berücksichtigen. 1. Rechtliche Anforderungen an die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit Um die Sanierungsfähigkeit beurteilen zu können, verlangt der BGH als Entscheidungsgrundlage ein aussagekräftiges bzw. schlüssiges und realisierbares Unternehmenskonzept.157 Höchstrichterliche Entscheidungen zu den konkreten Anforderungen an ein solches Unternehmenskonzept gibt es jedoch nur wenige. Nach der Rechtsprechung des BGH158 setzt ein schlüssiges Unternehmenskonzept voraus, dass es „von den erkannten und erkennbaren tatsächlichen Gegebenheiten ausgeht und nicht offensichtlich undurchführbar ist. Sowohl für die Frage der Erkennbarkeit der Ausgangslage als auch für die Prognose der Durchführbarkeit ist auf die Beurteilung eines unvoreingenommenen, nicht notwendigerweise unbeteiligten branchenkundigen Fachmannes Bezug zu nehmen. Eine solche Prüfung muss die wirtschaftliche Lage des Schuldners im Rahmen seiner Wirtschaftsbranche analysieren und die Krisenursachen sowie die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage erfassen“159. Überdies können beabsichtigte Sanierungsmaßnahmen berücksichtigt werden.160 Dies gilt allerdings nur dann, „wenn diese beabsichtigt und ernsthaft in Angriff genommen werden“.161 155 Vgl. Paulus, ZIP 2013, 1077, 1080 ff.; Geldmacher, ZInsO 2010, 696 ff.; Uhlenbruck, NZI 2008, 201 ff.; Beissenhirtz, ZInsO 2011, 57 ff. 156 So z. B. Geldmacher, ZInsO 2011, 353 ff.; Bork, ZIP 2010, 397 ff. 157 Vgl. BGH, ZIP 2006, 2171. 158 Vgl. BGH, ZIP 1998, 248 ff. 159 Vgl. BGH, ZIP 1998, 248 ff. 160 Vgl. BGH, ZIP 1993, 276 ff.
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Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben, wird empfohlen, dass das Unternehmenskonzept, welches in der Literatur162 und Praxis163 auch Sanierungskonzept genannt wird, folgende Bestandteile beinhalten muss: • Darstellung des Unternehmens; • Darstellung der wirtschaftlichen Ausgangslage – Analyse der äußeren Rahmenbedingungen, – Analyse der internen Unternehmensverhältnisse, – Analyse von Krisenursachen; • Leitbild des sanierten Unternehmens; • Sanierungsmaßnahmen zur Bewältigung der Unternehmenskrise. Der Aufbau des Sanierungskonzepts folgt damit einer logischen Argumentationsstruktur. Zunächst wird der Gegenstand der Untersuchung beschrieben. Dabei ist das Unternehmen in seinen aktuellen rechtlichen, organisatorischen, finanzwirtschaftlichen, leistungswirtschaftlichen und personalwirtschaftlichen Verhältnissen darzustellen.164 Die anschließende Unternehmensanalyse hat sowohl den unternehmensexternen als auch den unternehmensinternen Bereich zu erfassen.165 Im Fokus der Betrachtung stehen insbesondere die Marktverhältnisse sowie die Absatz- und Gewinnchancen des Unternehmens. Zu einer negativen Beurteilung führt in diesem Zusammenhang z. B. der Wegfall von Großabnehmern oder die fehlende Absicherung von Anschlussaufträgen.166 Die systematische Aufarbeitung der Einflussfaktoren bildet dabei die Grundlage für die darauf folgende Krisenursachenanalyse. Diese besondere Form der Unternehmensanalyse ist notwendig, um später beurteilen zu können, welche Optionen dem Unternehmen für eine Krisenüberwindung offen stehen.167 Sodann empfiehlt es sich, die zukünftigen Soll-Strukturen und den Verlauf des Unternehmens zu beschreiben, auch wenn die Unternehmensidee im Sinne eines Leitbilds von der Rechtsprechung nicht explizit verlangt wird.168 Die Formulierung der Zielvorstellungen und der Strategie des Unternehmens eröffnet dem Konzeptersteller jedoch die Möglichkeit, die im letzten Schritt zu bestimmenden Sanie161
Vgl. BGH, ZIP 1993, 276 ff. Vgl. Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenzen, 1997, S. 244; Hillebrand, BB 2009, 90, 90; Harz/Hub/Schlarb, in: Sanierungsmanagement, 2006, S. 9; Hess, WPg 2009, 299, 299, Brömmekamp/Radner, InsVZ 2010, 152. 163 Vgl. IDW S 6, S. 1; Reiner/Portisch/Schuppener, BankPraktiker, 468, 468; sowie zur Sanierungskonzepterstellung der Roland Berger Strategy Consultants vgl. Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 146 ff. 164 Vgl. IDW S 6, S. 6. 165 Vgl. Groß, WPg 2009, 232 f. 166 Vgl. IDW PS 270, S. 3 f. 167 Vgl. Weber, Betriebswirtschaftliche Fragen des Insolvenzplans, der übertragenden Sanierung und der Liquidation, 2010, S. 67. 168 Vgl. BGH, ZIP 1993, 276 ff.; BGH, ZIP 1998, 248 ff. 162
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rungsmaßnahmen zu beschreiben, welche zur Beseitigung der Krisenursachen und der Verwirklichung des zuvor definierten Leitbilds erforderlich sind.169 Neben einem Sanierungskonzept verlangt der BGH, dass die Wiederherstellung der Überlebensfähigkeit zahlenmäßig mittels einer sog. Ertrags- und Finanzplanung zu unterlegen ist.170 Fraglich ist jedoch, weshalb die Rechtsprechung für die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit eine Ertrags- und Finanzplanung verlangt. Schließlich muss zur Bestimmung der objektiven Überlebensfähigkeit die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit nachgewiesen und nicht zwingend ein Gewinn erwirtschaftet werden, so dass zur Herleitung der Finanzkraft ein Finanzplan dem Anforderungskriterium genügen könnte. Hierfür werden, ausgehend von den zum Stichtag der Überschuldungsprüfung zur Verfügung stehenden liquiden Mitteln (dem sog. Liquiditätsstatus) die im Sanierungskonzept dargestellten, zukünftigen Zahlungsströme in einem Finanzplan abgebildet. Somit kann aufgezeigt werden, ob aus den Planeinzahlungen und -auszahlungen ein Liquiditätsüberschuss generiert werden kann und damit die gegenwärtigen und zukünftigen Verbindlichkeiten gedeckt werden können.171 Der Finanzplan ist damit das maßgebliche Rechenwerk, das auf Basis der zugrunde liegenden Annahmen im Sanierungskonzept, die zukünftigen Zahlungsströme quantitativ abbildet. Bei genauer Betrachtung der Liquiditätsbewegungen ist jedoch festzustellen, dass der Finanzplan zahlungswirksame Bewegungen aus der Erfolgsrechnung aufnimmt. Daher entspricht ein Teil der Finanzplanung dem Aufbauschema der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung.172 Mittelzuflüsse entsprechen beispielsweise den zumeist zeitversetzten Einzahlungen aus Umsatzerlösen. Auch Auszahlungen, wie etwa Löhne und Gehälter, sind – u. U. zeitversetzt – aus der Ergebnisplanung abzuleiten. Letztlich sind die in der Gewinn- und Verlustrechnung angegebenen Plan-Erträge und -Aufwendungen auf ihre Zahlungswirksamkeit hin zu analysieren und nach der Bestimmung ihres Zeitfaktors in der Finanzplanung anzusetzen.173 Die in der Rechtsprechung vertretene Auffassung, dass zwischen Ergebnis- und Finanzplanung eine Kongruenz besteht, und daher zwei Rechenwerke erforderlich sind, deckt sich daher mit betriebswirtschaftlichen Grundlagen. Darüber hinaus werden jedoch auch zahlungswirksame Vermögens- und Kapitalbewegungen im Finanzplan abgebildet174, so dass neben der Erfolgs- und Finanzplanung die Aufstellung einer Eröffnungs- und
169 Vgl. Weber, Betriebswirtschaftliche Fragen des Insolvenzplans, der übertragenden Sanierung und der Liquidation, 2010, S. 67. 170 Vgl. BGH, ZIP 2006, 2171. 171 Vgl. KG Berlin, ZInsO 2006, 437, 438; OLG Naumburg, ZInsO 2004, 513. 172 Vgl. Plagens/Brunow, DStR 2004, 151, 153; Dobler, Ertrags- und Liquiditätsplan, 2009, S. 19. 173 Vgl. Plagens/Brunow, DStR 2004, 151, 153; Depré/Dobler, KSI 2010, 53, 56 ff. 174 So tangiert z. B. der Verkauf einer Maschine zum Buchwert die Vermögenssituation des Unternehmens in der Gestalt, dass sich der Bestand des Anlagevermögens mindert, gleichzeitig sich der Bestand an liquiden Mittel jedoch erhöht (sog. Aktivtausch).
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Planbilanz, mithin eine integrierte Planungsrechnung, diskutiert wird.175 Hierfür spricht, dass der Liquiditätsstatus ohnehin nur aus einer Eröffnungsbilanz abgeleitet werden kann.176 Zudem nimmt die Planbilanz alle in der Finanzplanung und Planerfolgsrechnung herausgearbeiteten Bewegungen und Veränderungen in aggregierter Form auf, so dass die ergänzende Aufstellung und rechnerische Weiterentwicklung der Eröffnungsbilanz (der sog. Planbilanz) ein unabdingbares Kontrollinstrument für die Plausibilität und Konsistenz der gesamten Planung darstellt.177 Denn sofern in einem geschlossenen bzw. integrierten Planungssystem nach dem Prinzip der Doppik alle Daten korrekt verarbeitet wurden, kann die Planbilanz durch Übernahme der Ergebnisse aus der Planerfolgsrechnung und des Liquiditätsbestandes aus dem Finanzplan vervollständigt und abgeschlossen werden.178 Ausgehend von der Eröffnungsbilanz werden dessen Bilanzpositionen anhand der Informationen aus der Ergebnis- und Finanzplanung fortgeschrieben. Aktiva und Passiva müssen daher unter Einbeziehung des Finanzmittelbestandes und des Ergebnisses identische Salden ausweisen. Hierdurch wird der formale Beweis erbracht, dass die Planungsrechnung insgesamt schlüssig, d. h. rechnerisch richtig, ist.179 Für den Ansatz, eine Planbilanz als Plausibilisierungsinstrument im rechnerischen Teil der Fortbestehensprognose einzubeziehen, spricht zudem, dass durch die Darstellung der Planung in Form eines Jahresabschlusses es möglich ist, die ermittelten Daten mit den Analyseschemata der Kreditinstitute zu untersuchen.180 Zeichnet sich beispielsweise im Prognosezeitraum eine verschlechterte Ertrags- oder Kapitalstrukturlage ab, besteht die Gefahr, dass die mit Kreditgebern vereinbarten Kreditkennzahlen bzw. financial covenants nicht eingehalten werden können.181 Folglich wären Kreditkündigungen überwiegend wahrscheinlich. Auch eine Refinanzierung zu üblichen Konditionen ist im Prognosezeitraum unwahrscheinlich, wenn in der Planung vereinbarte Kreditkennzahlen nicht eingehalten werden können.182 Damit wird deutlich, dass nur eine integrierte Planungsrechnung, d. h. eine wechselseitig abgeleitete Bilanz-, Ergebnis- und Finanzplanung zur Beurteilung der Zahlungsfähigkeit den rechtlichen Sorgfaltsmaßstäben genügt. Um diesen rechtlichen Anforderungen in der Praxis gerecht zu werden ist es hilfreich, bei der Erstellung eines Sanierungskonzepts den Standard 6 des Instituts der Wirtschaftsprüfer (sog. IDW S 6) heranzuziehen. Dieser beinhaltet die von der 175
Vgl. Plagens/Brunow, DStR 2004, 151, 153; Groß, WPg 2009, 232, 243; Dobler, Ertrags- und Liquiditätsplan, 2009, S. 19; Brömmekamp/Radner, InsVZ 2010, 152, 156 f. 176 Vgl. Weller, DStR 2010, 1046, 1048; Plagens/Brunow, DStR 2004, 151, 153. 177 Vgl. Weber, Betriebswirtschaftliche Fragen des Insolvenzplans, der übertragenden Sanierung und der Liquidation, 2010, S. 67; Dobler, Ertrags- und Liquiditätsplan, 2009, S. 23 f. 178 Vgl. Plagens/Brunow, DStR 2004, 153, 155. 179 Allerdings gilt es zu beachten, dass die formale Abstimmung nicht für die materielle, d. h. inhaltliche Richtigkeit des Planungsinhalts steht. 180 Vgl. Dobler, Ertrags- und Liquiditätsplan, 2009, S. 24. 181 Vgl. Groß/Amen, DB 2005, 1186, 1864. 182 Vgl. Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1864.
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Rechtsprechung geforderten allgemeinen Anforderungen an Sanierungskonzepte hinsichtlich Aufbau und Inhalt183, so dass bei der Verwendung dieser Kernvorgaben und ordnungsgemäßer Erstellung, Haftungsgefahren aus § 826 BGB, § 133 Abs. 1 InsO und § 39 Abs. 4 S. 2 InsO für die am Sanierungsprozess Beteiligten vermieden werden können. So kann z. B. ein Gläubiger beim Scheitern einer Sanierung in einem möglichen Anfechtungs- oder Schadensersatzprozess mit einem Sanierungskonzept nach IDW S 6 darlegen, dass er seiner Pflicht zur Prüfung der Sanierungsaussichten vor einer Kreditgewährung/Sicherheitenbestellung im rechtlich zwingend erforderlichen Umfang nachgekommen ist.184 Gleiches gilt für den Gläubiger, der zur Geltendmachung des Sanierungsprivilegs nachzuweisen hat, dass er den Gesellschaftsanteil des insolventen Unternehmensträgers zum Zwecke der Sanierung erworben hat.185 2. Rechtliche Anforderungen an die Beurteilung der Sanierungswürdigkeit In den meisten Fällen wird die objektive Überlebensfähigkeit nur dann wiederhergestellt werden können, wenn ein Teil der Gläubiger ihre Forderungen stunden oder einen Teil der Forderung dem schuldnerischen Unternehmen erlassen.186 Die hierfür notwendigen sog. Sanierungsvereinbarungen187 basieren auf freiwilligen Übereinkünften zwischen dem Schuldnerunternehmen und seinen Gläubigern.188 Hängt daher die Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen von der Zustimmung eines Dritten ab, wie z. B. in Form eines Forderungsverzichts, muss dem Sanierungskonzept eine entsprechende Zusicherung vom betroffenen Gläubiger beigefügt werden (sog. „Reliance Letter“)189.190 Insofern kommt es im Sanierungsprozess nicht nur auf den subjektiven Fortführungswillen des Schuldners, sondern auch auf die Zustimmung der Gläubiger an (sog. Sanierungswürdigkeit der am Sanierungsprozess Beteiligten). Fehlt diese auf Seiten der Gläubiger, ist nach der Rechtsprechung des BGH die Sanierungsfähigkeit zu verneinen.191 183 Vgl. Weber, ZInsO 2011, 904 ff.; Groß, WPg 2009, 232 ff.; Brömmekamp/Radner, InsVZ 2010, 152, 157 ff.; kritisch dazu Pohl, ZInsO 2011, 207 ff. 184 Vgl. Weber, ZInsO 2011, 904, 905 f.; Harz/Hub/Schlarb, in: Sanierungsmanagement, 2006, S. 274 ff.; Brömmekamp/Radner, InsVZ 2010, 152, 157 f.; HambKomm/Rogge/Leptien, 4. Aufl. 2012, § 133 InsO, Rn. 18; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl. 2010, § 133, Rn. 21. 185 Vgl. Weber, ZInsO 2011, 904, 907; Brömmekamp/Radner, InsVZ 2010, 152, 157 f.; Graf-Schlicker/Neußner, 3. Aufl. 2012, § 39 InsO, Rn. 33; Schönfelder, WM 2009, 1401, 1406. 186 Vgl. Uhlenbruck, in: K. Schmidt/Uhlenbruck (Hrsg.), Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 2009, S. 247 ff.; Wittig, NZI 2001, 169 ff. 187 Vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 124 ff. 188 Vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 262. 189 Vgl. BGH, ZIP 2004, 39; Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 85. 190 Gesetzliche Bestimmungen zur Ausgestaltung eines Reliance Letter bzw. einer Sanierungsvereinbarung finden sich lediglich in den §§ 397, 779 BGB. 191 Vgl. BGH, ZIP 2004, 1049: Der Entscheidung zufolge kann die Sanierungsfähigkeit nicht auf einseitige Sanierungsbemühungen gestützt werden, wenn die Umsetzung von Sa-
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II. Überblick über den gerichtlichen Sanierungsrahmen Für eine vom Schuldner bzw. in dem hier interessierten Kreis für eine vom Gesellschaftergeschäftsführer initiierte gerichtliche Sanierung stellt der Gesetzgeber die insolvenzspezifischen Rechtsinstitute Eigenverwaltung und Insolvenzplanverfahren zur Verfügung. 1. Grundsystematik des Insolvenzplanverfahrens Das Insolvenzplanverfahren wurde mit der Insolvenzordnung vom 1. Januar 1999 eingeführt. Als Vorgänger des Insolvenzplanverfahrens gelten das Vergleichsverfahren nach der Vergleichsordnung (VerglO vom 26. 02. 1935), der Vergleich nach der Gesamtvollstreckungsordnung (GesO vom 6. 6. 1990) sowie der Zwangsvergleich nach der Konkursordnung (KO vom 10. 02. 1877), welche durch die Regelungen zum Insolvenzplan in einem einheitlich kodifizierten Insolvenzgesetz ersetzt wurden.192 Als Vorbild diente darüber hinaus das U.S. amerikanische Chapter 11 Verfahren.193 a) Sinn und Zweck des Insolvenzplans Das Rechtsinstitut des Insolvenzplans zielt darauf ab, den am Insolvenzverfahren Beteiligten einen Rechtsrahmen für eine einvernehmliche Insolvenzbewältigung zu eröffnen.194 Durch die Bereitstellung einer flexiblen, vom Regelinsolvenzverfahren (§§ 11 – 216 InsO) abweichenden Gestaltungsmöglichkeit, soll das in § 1 S. 1 InsO genannte Hauptziel des Insolvenzverfahrens, die gemeinschaftliche und bestmögliche Gläubigerbefriedigung optimiert werden.195 Das Insolvenzplanverfahren ist daher diesem Primärziel untergeordnet und hat sich stets daran zu orientieren.196 b) Rechtsnatur des Insolvenzplans Die Insolvenzordnung enthält keinerlei Bestimmungen zur Rechtsnatur des Insolvenzplans, so dass diesbezüglich divergierende Meinungen vertreten werden. Diese reichen von der Definition des Insolvenzplans als schuldrechtlicher Vergleich i.S.v. § 779 BGB197 über die Einordnung als privatrechtlicher Vertrag198, Vertrag sui nierungsmaßnahmen vom Einverständnis eines Gläubigers abhängt und dieser seine Zustimmung verweigert hat. 192 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 194. 193 Vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 53. 194 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 90. 195 Vgl. MünchKommInsO/Eidenmüller, 2. Aufl. 2008, vor §§ 217 – 269, Rn. 1. 196 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 90. 197 Vgl. Madaus, KTS 2012, 27, 58. 198 Vgl. Häsemeyer, Insolvenzrecht, 2007, Rn. 28.67.
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generis199 bis hin zum materiell-rechtlichen Vertrag mit prozessvertraglichen Elementen200. Dem BGH zufolge stellt der Insolvenzplan jedoch ein insolvenzspezifisches Instrument dar, mit dem die Schicksalsgemeinschaft der Gläubiger ihre Befriedigung aus dem Schuldnervermögen organisiert und privatrechtliche Aspekte beinhalten kann.201 Das Zustandekommen des Insolvenzplans erfolgt dagegen ausschließlich nach insolvenzspezifischen Regelungen.202 So können auch solche Gläubiger an den Insolvenzplan gebunden werden, die gegen ihn gestimmt haben (sog. Obstruktionsverbot nach § 245 InsO). Die insolvenzrechtlichen Regeln verdrängen insofern die zivilrechtlichen Regelungen. Allerdings können die allgemeinen zivilrechtlichen Regeln über das Zustandekommen eines Vertrags zur Lückenfüllung herangezogen werden, soweit sie nicht mit dem Charakter des Insolvenzplans in Widerspruch stehen und das primäre Ziel des Insolvenzverfahrens nicht beeinträchtigen.203 c) Verfahrensablauf bis zur Planvorlage Die gesetzliche Systematik der §§ 217 – 269 InsO teilt den Ablauf des Insolvenzplanverfahrens in die Abschnitte Aufstellung des Plans (§§ 217 – 230 InsO), Planvorprüfungsverfahren (§§ 231 – 234), Annahme und Bestätigung des Plans (§§ 235 – 253 InsO), Verfahrensaufhebung und Überwachung der Planerfüllung (§§ 254 – 269 InsO). An dieser Grobgliederung orientiert sich der nachfolgende Überblick über den für den weiteren Untersuchungsverlauf wichtigen Verfahrensablauf. aa) Aufstellung des Plans Die Planaufstellung richtet sich nach den Regeln der §§ 217 – 230 InsO. Die Regelungen beinhalten neben der Planvorlageberechtigung die Voraussetzungen, unter denen ein Insolvenzplan aufgestellt werden kann, die Vorschriften zur Plangliederung sowie zum Inhalt des Insolvenzplans. (1) Planvorlageberechtigung Zur Vorlage eines Insolvenzplans sind nach § 218 Abs. 1 Satz 1 InsO sowohl der Insolvenzverwalter als auch der Schuldner bzw. sein Vertretungsorgan berechtigt. Die Gläubiger haben dagegen kein Vorlagerecht.204 Sie können jedoch den Insolvenzverwalter durch Beschluss der Gläubigerversammlung damit beauftragen, einen Insolvenzplan auszuarbeiten und ihm das Ziel des Plans vorgeben (vgl. § 157 S. 2 199
Vgl. Schiessler, Der Insolvenzplan, 1997, S. 22. Vgl. FK-InsO/Jaffé, 7. Aufl. 2013, § 217, Rn. 39 ff.; MünchKommInsO/Eidenmüller, 2. Aufl. 2008, § 217, Rn. 11, 31. 201 Vgl. BGH, NZI 2006, 100, 101. 202 Vgl. Hess, Sanierungshandbuch, 2009, S. 1093. 203 Vgl. Braun, in: Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechtshandbuch, 2010, § 66, Rn. 20. 204 Vgl. Uhlenbruck/Lüer, 13. Aufl. 2010, InsO, vor § 217, Rn. 34. 200
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InsO). Zudem wirkt der Gläubigerausschuss bei der Aufstellung des Insolvenzplans mit (vgl. § 218 Abs. 3 InsO). (2) Planarten Das Insolvenzplanverfahren ist seiner Konzeption nach ergebnisoffen angelegt, so dass Planinhalt jede Regelung sein kann, die vom Regelverfahren abweicht und auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens individualvertraglich getroffen werden kann.205 (a) Schuldner- und Verwalterpläne Entsprechend der Vorlageberechtigung können Insolvenzpläne danach unterschieden werden, ob sie vom Vertretungsorgan des Schuldners oder vom Insolvenzverwalter vorgelegt wurden. Dies wirkt sich, wie sich im weiteren Untersuchungsverlauf noch zeigen lassen wird, insbesondere auf das Planvorprüfungsverfahren aus. (b) Planziele Eine weitere Kategorisierung kann nach dem Planziel vorgenommen werden. Dabei kommen die Liquidation und die Überwindung der Krise mittels der Sanierung in Betracht. Denkbar sind darüber hinaus auch Mischformen. (aa) Liquidationsplan Gegenstand eines Liquidationsplans ist die Veräußerung der einzelnen Vermögensgegenstände und die Verteilung des Veräußerungserlöses.206 Eine Unterkategorie dieser Verwertungsart stellt der sog. Übertragungsplan dar.207 Gegenstand eines derartigen Plans ist die Übertragung des „Unternehmens“ auf eine dritte Person (sog. asset deal208) mithin auf einen anderen Rechtsträger.209 Der Unterschied zur Einzelverwertung liegt in der parallel erfolgenden Veräußerung aller zum Betrieb gehörenden Vermögensgegenstände.210 Die Gegenleistung des Erwerbs kann in der Zahlung eines Geldbetrags in die Insolvenzmasse oder in der Begründung von Forderungsrechten für die Gläubiger gegen den neuen Unternehmensträger bzw. Erwerber bestehen.211 Im letzteren Fall können die Forderungen aus den zukünftig zu erwirtschafteten Erträgen beglichen werden. Diese Art der Vermögensverwertung 205
Vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 342 f.; Uhlenbruck/Lüer, 13. Aufl. 2010, InsO, vor § 217, Rn. 41 f. 206 Vgl. Uhlenbruck/Lüer, 13. Aufl. 2010, InsO, § 217, Rn. 4. 207 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 91. 208 Zum „asset deal“ im Rahmen eines Insolvenzverfahrens s. Vallender, GmbHR 2004, 543 ff. 209 Vgl. Herzig, Insolvenzplanverfahren, 2001, S. 73; HambKomm/Thies, 4. Aufl. 2012, Vorbemerkung zu §§ 217 ff. InsO, Rn. 5. 210 Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, vor §§ 217 – 269, Rn. 13. 211 Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, vor §§ 217 – 269, Rn. 15.
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wird auch als übertragende Sanierung bezeichnet und wird im Rahmen des Regelverfahrens in § 160 Abs. 2 Nr. 1 InsO explizit als Verwertungsform aufgeführt.212 Allerdings wird aus der Sicht des Schuldners bzw. des Rechtsträgers jeder einzelne Vermögensgegenstand liquidiert.213 Eine Sanierung des Unternehmens i. e.S. findet indes nicht statt, da der Unternehmensträger selbst nicht erhalten wird.214 Folglich handelt es sich hierbei um eine alternative Verwertungsform.215 Diese hat nicht den Erhalt des insolventen Unternehmensträgers sondern lediglich die Erhaltung des Unternehmens zum Ziel. Seine zentrale Bedeutung in der Praxis, und in dem hier interessierten Untersuchungskreis, hat der Insolvenzplan jedoch als „echter“ Sanierungsplan. (bb) Sanierungsplan Häufigstes Planziel ist die Sanierung des Unternehmensträgers.216 In diesem Kontext wird von sog. Sanierungsplänen gesprochen, wenn Planziel die Erhaltung und Fortführung des Unternehmens unter Beibehaltung des Insolvenzschuldners, mithin des Unternehmensträgers, ist.217 Von einer Eigensanierung wird darüber hinaus gesprochen, wenn der Insolvenzplan vom Schuldner bzw. von seinem Vertretungsorgan vorgelegt wird und der Plan die Erhaltung des Unternehmensträgers vorsieht218.219 In einem Sanierungsplan wird aufgezeigt, welche Maßnahmen notwendig sind, um die insolvenzrechtliche Krise zu überwinden, und welche Mittel zur Gläubi212 Der Begriff der „übertragenden Sanierung“ wurde von Karsten Schmidt geprägt, vgl. K. Schmidt, ZIP 1980, 328, 336. 213 Vgl. Mai, Insolvenzplanverfahren, 2008, Rn. 269 f.; MünchKommInsO/Eidenmüller, 2. Aufl. 2008, § 217, Rn. 170. 214 Grundlegend zur Unterscheidung zwischen Unternehmen und Unternehmensträger und zu deren Sanierung s. K. Schmidt, Handelsrecht, 1999, S. 81 ff.; Kluth, ZInsO 2006, 258 ff. 215 Vgl. Kluth, ZInsO 2006, 258 ff.; Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, vor §§ 217 – 269, Rn. 13. 216 Nach einer Erhebung des IfM Bonn wird dieses Ziel in 90 % der Fälle angestrebt. Weniger als 10 % der Pläne sehen dagegen eine übertragende Sanierung vor. Dies ist darauf zurückzuführen, dass diese i. d. R. ohne einen Insolvenzplan schneller umgesetzt werden kann. Vgl. Kranzusch, Sanierungen, Insolvenzplanvorhaben und Eigenverwaltung insolventer Unternehmen nach Möglichkeiten des Insolvenzrechts nach 1999, 2008, S. 7, abrufbar unter http:// www.ifm-bonn.org/index.php?id=858. 217 Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, vor §§ 217 – 269, Rn. 14. 218 Vgl. Herzig, Das Insolvenzplanverfahren, 2001, S. 79; Kussmaul/Steffan, DB 2000, 1849, 1849; Huntemann/Dietrich, ZInsO 2001, 13, 16. Z.T. wird auch von einem sog. „prepackaged-plan“ gesprochen. Hier und im weiteren Untersuchungsverlauf wird jedoch ausschließlich der Begriff „Eigensanierung“ verwendet. 219 Nach einer Erhebung des IfM Bonn wird in 60 % der Fälle der Insolvenzplan von der Unternehmensleitung initiiert. Vgl. Kranzusch, Sanierungen, Insolvenzplanvorhaben und Eigenverwaltung insolventer Unternehmen nach Möglichkeiten des Insolvenzrechts nach 1999, 2008, S. 8, abrufbar unter http://www.ifm-bonn.org/index.php?id=858.
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gerbefriedung zur Verfügung gestellt werden.220 Dabei kann, abhängig von den notwendigen Maßnahmen, zwischen leistungs- und finanzwirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen unterschieden werden, so dass der Sanierungsplan weiter unterteilt werden kann in sog. finanzwirtschaftliche und/oder leistungswirtschaftliche Sanierungspläne.221 Allerdings gilt es zu beachten, dass jeder Sanierungsplan zumindest einen finanzwirtschaftlichen Plan darstellt. Denn ohne die Beseitigung der insolvenzrechtlichen Krise, mithin der Insolvenzeröffnungsgründe, kann eine Erhaltung des (insolventen) Unternehmensträgers nicht erreicht werden.222 Dagegen kann auf leistungswirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen verzichtet werden, wenn das Unternehmen ertragsfähig ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn durch eine gescheiterte Diversifikation hohe Verbindlichkeiten aufgebaut wurden, die der Unternehmensträger nicht mehr bedienen kann, obwohl das Kerngeschäft des Unternehmens Überschüsse abwirft.223 Gleichwohl ist in der Praxis zumeist eine Kombination aus beiden Sanierungsmaßnahmen notwendig.224 Denn neben der (zwingenden) Notwendigkeit, die Insolvenzeröffnungsgründe durch finanzwirtschaftliche Maßnahmen zu beseitigen, werden zudem leistungswirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen notwendig sein, um nachhaltig die Ertragsfähigkeit des Unternehmens zu sichern und die Gefahr einer erneuten Insolvenz zu vermeiden.225 Hinsichtlich der Gläubigerbefriedigung kann zwischen einer Einmalzahlung, z. B. durch den Gesellschafter, oder der Begründung von Forderungsrechten auf zukünftige Einzahlungsüberschüsse unterschieden werden.226 Alternativ kann auch die Gewährung von Anteilsrechten am Unternehmensträger als Befriedigungsmittel vereinbart werden.227 (cc) Mischformen Die möglichen Planziele können sich überdies auch überschneiden. So kann beispielsweise die Liquidation einer verlustreichen Geschäftseinheit bzw. eines Teilbetriebs in Kombination mit der Sanierung des überlebensfähigen Restbetriebs in Betracht kommen.228 Derartige Plankonzepte lassen sich jedoch keinem bestimmten Plantyp zuordnen229. 220
Vgl. Hermanns/Buth, DStR 1997, 1178, 1178. Vgl. Smid/Rattunde, Der Insolvenzplan, 2005, S. 92. 222 Vgl. Hess/Weis, Liquidation und Sanierung nach der Insolvenzordnung, 1999, Rn. 664. 223 Vgl. Spliedt, InsVZ 2010, 27, 27. 224 Vgl. Vallender/Undritz/Linkert, 2012, S. 542; FK-InsO/Jaffé, 7. Aufl. 2013, § 220, Rn. 74. 225 Vgl. Madaus, Der Insolvenzplan, 2011, S. 17; Spliedt, InsVZ 2010, 27 ff.; Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, Insolvenzrecht, 2010, S. 281. 226 Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, vor §§ 217 – 269, Rn. 14. 227 Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, vor §§ 217 – 269, Rn. 14. 228 Vgl. Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenzen, 1997, S. 566; Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, vor §§ 217 – 269, Rn. 15 ff. 229 Vgl. MünchKommInsO/Eidenmüller, 2. Aufl. 2008, § 217, Rn. 175. 221
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Teil 2: Unternehmen zwischen außer- und gerichtlichem Sanierungsrahmen
(dd) Sonstige Pläne Schließlich können Insolvenzpläne nach ihrem jeweiligen Verfahrenszeitpunkt und nach bestimmten Verfahrensfragen unterteilt werden. So hat der Reformgesetzgeber in dem neu eingeführten § 210a InsO klargestellt, dass die Vorschriften über den Insolvenzplan auch bei angezeigter Masseunzulänglichkeit gelten. Zulässig ist zudem nach § 217 S. 1 InsO n.F. die Aufstellung von Teilplänen, die das Insolvenzverfahren lediglich in Verfahrensfragen ergänzen (sog. verfahrensleitender Plan). Der Insolvenzplan muss daher nicht materiell insolvenzüberwindend sein, der kann auch abwicklungstechnische Regelungen innerhalb des Verfahrens regeln.230 bb) Planinhalt Inhalt eines Insolvenzplans können grundsätzlich alle Regelungen sein, die auch außerhalb des Insolvenzplanverfahrens durch individualvertragliche Absprachen vereinbart werden können.231 Gleichwohl sind die in den §§ 219 ff. InsO vorgegebenen Regelungen zum Aufbau des Insolvenzplans zu beachten. Gemäß § 219 InsO gliedert sich der Insolvenzplan in einen darstellenden und einen gestaltenden Teil und wird gegebenenfalls durch die nach §§ 229, 230 InsO geforderten Plananlagen ergänzt. Mit diesen insolvenzspezifischen Informationsund Regelungspflichten soll für die Gläubiger eine Entscheidungsgrundlage über die Verwertung oder Organisation des Schuldnervermögens geschaffen werden.232 (1) Darstellender Teil Während der gestaltende Teil die Veränderung der Rechtsstellung der Planbeteiligten enthält, die durch den Insolvenzplan konstitutiv verwirklicht werden sollen (vgl. § 221 InsO), besitzt der darstellende Teil einen informativen Charakter. (a) Allgemeines Das Insolvenzplanverfahren gilt als Hauptinstrument der InsO zur Stärkung der Gläubigerautonomie.233 Den Gläubigern wird die Möglichkeit eingeräumt, selbst darüber zu entscheiden, ob die gesetzlichen Regelvorgaben Anwendung finden sollen oder ob die Verwertung und Verteilung von der regulären Befriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger und der (einfachen und nachrangigen) Insolvenzgläubiger sowie die Haftung des Schuldners nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens abweichen und damit ein individueller Verfahrensablauf beschlossen 230
Vgl. Heinrich, NZI 2008, 74 ff.; Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, vor §§ 217 – 269, Rn. 20. 231 Vgl. HK-InsO/Flessner, 6. Aufl. 2011, vor §§ 217 – 269, Rn. 9; Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, vor §§ 217 – 269, Rn. 12. 232 Vgl. Heni, Interne Rechnungslegung im Insolvenzverfahren, 2006. S. 204 ff. 233 Vgl Uhlenbruck/Lüer, 13. Aufl. 2010, InsO, vor § 217, Rn. 1.
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werden soll (§ 217 InsO).234 Eine derartige Entscheidungsfindung erfordert eine vorhergehende Information über die Lage des Unternehmens, sowie die anzustrebenden Maßnahmen, die zur Planzielerreichung erforderlich sind.235 Dies erfolgt im darstellenden Teil des Insolvenzplans. So ist nach § 220 Abs. 1 InsO im Insolvenzplan darzulegen, welche Maßnahmen nach der Verfahrenseinleitung getroffen worden sind oder noch getroffen werden müssen, um die Grundlagen für die geplante Gestaltung der Rechte der Beteiligten zu schaffen. Zudem sind alle sonstigen Angaben zu den Grundlagen, dem Gegenstand und den Auswirkungen des Plans zu machen, die für die Zustimmung zum Plan und für dessen rechtliche Bestätigung erheblich sind (§ 220 Abs. 2 InsO). Allerdings hat der Gesetzgeber, was den Aufbau des darstellenden Teils angeht, nur Eckpunkte vorgegeben. Während der Gesetzesentwurf zur Einführung der Insolvenzordnung noch detaillierte Gliederungsvorstellungen enthielt, sind diese im Rechtsausschuss aus Vereinfachungsgründen gestrichen worden.236 Eine Hilfestellung liefert indes das IDW, das, in Anlehnung an die im Regierungsentwurf noch aufgeführten inhaltlichen Anforderungen, einen Standard zur Erstellung eines Insolvenzplans verabschiedet hat. Dort findet sich ein Musterinsolvenzplan, der das wiedergibt, was der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer als sachgerecht für die Erstellung von Insolvenzplänen erachtet.237 Zwar besitzt der IDW Standard keine Rechtsnormqualität und Gliederungsvorschläge sind stets auf den Einzelfall anzupassen.238 Allerdings bietet der Standard eine praktische Hilfestellung bei der Erstellung des Insolvenzplans, insbesondere um die Transparenz und die Übersichtlichkeit des Insolvenzplans zu gewährleisten.239 Hierdurch werden nicht nur unnötige Rückfragen der Gläubiger vermieden, sondern auch die Arbeit des Insolvenzgerichts im Rahmen der gerichtlichen Prüfung erleichtert.240 Zudem entspricht der Standard weitestgehend den Vorschlägen der insolvenzrechtlichen Literatur und hat sich in der Praxis als Maßstab für die inhaltlichen Anforderungen durchgesetzt.241 In Anlehnung an den IDW-Standard 2 werden daher nachfolgend die inhaltlichen Anforderungen und die Grundsystematik des darstellenden Teils wiedergegeben.
234
Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, vor §§ 217 – 269, Rn. 1. Vgl. Hess, WPg 2009, 299, 302 ff. 236 Vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 470; BT-Drucksache 12/ 2443, S. 50 f.; HK-InsO/Flessner, 6. Aufl. 2011, § 220, Rn. 3. 237 Vgl. IDW S 2. 238 Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, §§ 219 – 221, Rn. 8. 239 Vgl. Maus, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2000, S. 943 ff. 240 Vgl. Lièvre/Stahl/Ems, KTS 1999, 1, 21. 241 Vgl. Vallender/Undritz/Linkert, 2012, S. 540; Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, §§ 219 – 221, Rn. 8 f. 235
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Teil 2: Unternehmen zwischen außer- und gerichtlichem Sanierungsrahmen
(b) Information über die Planart und über das Ziel des Plans Zunächst muss im darstellenden Teil auf die konkrete Planart und das Planziel eingegangen werden.242 Dieser Informationsblock gibt das Plankonzept vor und dient dazu, den Adressaten einen Überblick über die mit dem Plan beabsichtigten Regelungen zu geben.243 Außerdem ist das Ergebnis, insbesondere die den Gläubigern in Aussicht gestellte Quote, mitzuteilen.244 (c) Darstellung der Lage und der Entwicklung des schuldnerischen Unternehmens Die Ausführungen zur derzeitigen Lage und zur Entwicklung des Unternehmens sollten seine rechtlichen, finanzwirtschaftlichen und leistungswirtschaftlichen Verhältnisse sowie organisatorischen Grundlagen erfassen, ebenso wie die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens und die Ursachen der Insolvenz.245 Von Interesse für die Gläubiger können ferner folgende Angaben sein: wesentliche Vertragsverhältnisse und Vertragspartner, anhängige Rechtsstreite, steuerliche Verhältnisse, Informationen zu arbeitsrechtlichen Fragen, sowie bereits ergriffene Maßnahmen zur Überwindung der Krise.246 Zu letzteren zählt z. B. das Vollstreckungs- und Verwertungsverbot nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 und 5 InsO, welches das Insolvenzgericht bereits im Eröffnungsverfahren anordnen kann, um zu verhindern, dass dem Unternehmen die für die Fortführung benötigten Gegenstände entzogen werden. (d) Erläuterung des Plankonzepts Den Kern des darstellenden Teils bilden die Ausführungen und Erläuterungen zu dem Konzept über die Rechtsänderungen durch den gestaltenden Teil. Nötig sind hierbei Angaben zu den Grundlagen und Auswirkungen des Plans sowie die Darstellung der noch zu treffenden Maßnahmen, die dazu geeignet sein sollen, um die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens zu begründen.247 (e) Grundzüge der Gruppenbildung Schließlich ist eine überblickartige Darlegung der Hauptaspekte der Gruppenbildung gem. § 222 InsO zu geben, welche im gestaltenden Teil eine nähere Ausführung erfährt.248 Hierbei müssen den Gläubigern auf verständliche Weise die
242 243 244 245 246 247 248
Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck/Maus, 13. Aufl. 2010, InsO, § 220, Rn. 1 f. Vgl. Vallender/Undritz/Linkert, 2012, S. 540. Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck/Maus, InsO, 13. Aufl. 2010, § 220, Rn. 3a. Vgl. Hess, WPg 2009, 299, 302 ff. Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, §§ 219 – 221, Rn. 9 f. Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck/Maus, InsO, 13. Aufl. 2010, § 220, Rn. 3. Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, §§ 219 – 221, Rn. 9.
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Kriterien zur Gruppenbildung dargelegt, sowie die einzelnen Gruppen beschrieben werden.249 (2) Gestaltender Teil Im gestaltenden Teil des Insolvenzplans werden die Änderungen der Rechtsstellung der Beteiligten dargelegt. Während im darstellenden Teil die betriebswirtschaftliche Komponente überwiegt, werden im gestaltenden Teil die Rechtsbeziehungen des Plankonzepts beschrieben.250 Dabei sieht § 217 InsO die Personengruppen vor, die durch einen Insolvenzplan beeinflusst werden können, nämlich die absonderungsberechtigten Gläubiger, die einfachen und nachrangigen Insolvenzgläubiger. Dritte, wie die aussonderungsberechtigen Gläubiger (vgl. §§ 47, 48 InsO) und Massegläubiger (vgl. §§ 53 ff. InsO), können dagegen nur einen freiwilligen Beitrag leisten.251 Der Plan kann nicht in ihre Rechtsposition eingreifen.252 Neu dagegen ist, dass mit Einführung des ESUG der Insolvenzplan in die Rechte der Anteilsinhaber eingreifen kann (vgl. §§ 217, S. 2, 225a Abs. 1 InsO)253 und, dass der gestaltende Teil des Insolvenzplans alle erdenklichen Regelungsmöglichkeiten gesellschaftsrechtlicher Natur beinhalten kann, soweit diese gesetzlich zulässig sind (§ 225a Abs. 3 InsO).254 (a) Gruppenbildung Um eine vermögensrechtliche Besserstellung aller Beteiligten zu erreichen, muss der Insolvenzplan die unterschiedliche wirtschaftliche und rechtliche Betroffenheit der Beteiligten berücksichtigen. Dazu hat der Gesetzgeber die Einteilung der absonderungsberechtigten Gläubiger, der einfachen und nachrangigen Insolvenzgläubiger, sowie der Anteilsinhaber, in bestimmte Abstimmungsgruppen vorgesehen (vgl. § 222 InsO). Nach § 222 Abs. 1 S. 2 InsO sollen die Gläubiger in vier Gruppen eingeteilt werden: 1. die absonderungsberechtigen Gläubiger (sofern durch den Plan in deren Rechte eingegriffen wird), 2. die nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger, 3. die einzelnen Rangklassen der nachrangigen Insolvenzgläubiger, soweit deren Forderungen nicht nach § 225 Abs. 1 InsO als erlassen gelten sollen, und 4. die am Schuldner beteiligten Personen, wenn deren Anteilsrechte in den Plan einbezogen werden. Darüber hinaus sollen die Arbeitnehmer nach § 222 Abs. 3 S. 1 InsO eine besondere Gruppe bilden, wenn sie als Insolvenzgläubiger mit nicht unerheblichen 249
Vgl. Hess, WPg 2009, 299, 303 f. Vgl. Maus, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2000, S. 945 ff. 251 Vgl. HambKomm/Thies, 4. Aufl. 2012, § 221 InsO, Rn. 5; 252 Etwas anderes gilt freilich für die Altmassegläubiger, sollte ein Insolvenzplan bei Masseunzulänglichkeit nach § 210a InsO vorgelegt werden. Vgl. dazu HambKomm/Weitzmann, 4. Aufl. 2012, § 210a InsO, Rn. 2 f. 253 Zur Eingriffsmöglichkeit in Anteilsrechte nach dem ESUG s. Hölzle, NZI 2011, 124, 127 f.; Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 518 f. 254 Vgl. Römermann, NJW 2012, 645, 651. 250
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Forderungen am Insolvenzverfahren beteiligt sind. Im Übrigen kann nach § 222 Abs. 3 S. 2 InsO für Kleingläubiger und geringfügig beteiligte Anteilsinhaber mit einer Beteiligung am Haftkapital von weniger als einem Prozent oder EUR 1.000 eine besondere Gruppe gebildet werden. Schließlich können aus Beteiligten mit gleicher Rechtsstellung Gruppen gebildet werden, in denen Beteiligte mit gleichartigen wirtschaftlichen Interessen zusammengefasst werden (vgl. § 222 Abs. 2 S. 1 InsO), so dass der Planaufsteller die Gruppenbildung flexibel gestalten und durch eine geschickte Gruppenbildung die Annahmewahrscheinlichkeit steigern kann (sog. strategische Gruppenbildung).255 Die Kriterien, wonach die Gruppeneinteilung letztlich vorgenommen wurde, sind im Plankonzept zu erläutern, damit für die Gläubiger ersichtlich ist, welche Abstimmungsgruppen der Planersteller gebildet hat und welcher sie selbst zugehören.256 (b) Rechtsstellung der Planbetroffenen Kernstück des gestaltenden Teils ist die Rechtsstellung der Beteiligten Im Insolvenzplan. Hierbei sind die Regelungen §§ 223 – 228 InsO zu berücksichtigen. Soll der Insolvenzplan in die Rechte auf abgesonderte Befriedigung eingreifen, so ist dies im Plan ausdrücklich mit aufzunehmen (§ 223 Abs. 1 InsO). So kann der Plan z. B. vorsehen, dass die gesicherten Forderungen gekürzt werden, damit der dadurch frei werdende Teil der zu verteilenden Masse zur Verfügung steht, oder dass gesicherte Forderungen gestundet werden sollen. Die Stundung wird dabei in der Regel auf Zins- und Tilgungsleistungen bei Darlehensforderungen angewandt, um die Zahlungsfähigkeit wiederzuerlangen bzw. aufrechtzuerhalten, bis geplante Sanierungsmaßnahmen greifen, und die Zins- und Tilgungslast wieder geleistet werden kann.257 Denkbar ist auch ein Zinserlass. Dabei handelt es sich formal um eine Änderung des bestehenden Kreditvertrages; das ursprüngliche Schuldverhältnis besteht weiter fort.258 Möglich ist ferner, dass das Absonderungsrecht durch eine andere/sonstige Sicherung ersetzt wird.259 Bei der Behandlung der Gläubiger ist der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung innerhalb jeder Gruppe nach § 226 Abs. 1 InsO zu berücksichtigen. Im Umkehrschluss wird der Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz insofern im Insolvenzplanverfahren modifiziert, als die wirtschaftlich unterschiedlich betroffenen Gläubigergruppen unterschiedlich behandelt werden können.260 Zudem kann von der 255 Vgl. Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenzen, 1997, S. 516; Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 165 f. 256 Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, § 222, Rn. 1 ff.; Hess, WPg 2009, 299, 303 f. 257 Vgl. MünchKommInsO/Breuer, 2. Aufl. 2008, § 223, Rn. 18 ff. 258 Vgl. Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck (Hrsg.), Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 2009, S. 265; Klein, in: Blöse/Kihm, Unternehmenskrisen, 2006, S. 136. 259 Vgl. MünchKommInsO/Breuer, 2. Aufl. 2008, § 223, Rn. 20; Wutzke, in: Haarmeyer/ Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 223 InsO, Rn. 10. 260 Vgl. HambKomm/Thies, 4. Aufl. 2012, § 226 InsO, Rn. 1.
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Gleichbehandlung innerhalb einer Gruppe abgewichen werden, wenn der betroffene Gläubiger seiner Schlechterstellung zugestimmt hat (vgl. § 226 Abs. 2 InsO). Allerdings ist eine ungerechtfertigte Bevorzugung einzelner Gläubiger nach § 226 Abs. 3 InsO nicht erlaubt. Im Übrigen wird der Schuldner, in Ermangelung einer abweichenden Bestimmung, mit der im gestaltenden Teil vorgesehenen Gläubigerbefriedigung von seinen restlichen Verbindlichkeiten gegenüber diesen Gläubigern befreit (vgl. § 227 Abs. 1 InsO). (c) Regelungen zum debt to equity swap Sieht der Insolvenzplan die Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital (sog. debt to equity swap) vor, so ist dies im gestaltenden Planteil aufzuführen.261 Diese besondere (finanzwirtschaftliche) Sanierungsmaßnahme ist nunmehr durch das ESUG in § 225a InsO explizit im Gesetz aufgenommen worden. (aa) Grundstruktur § 225a Abs. 2 S. 3 InsO normiert den Maßnahmekatalog, der den debt to equity swap vollständig umschreibt. Es werden sämtliche gesellschaftsrechtlich erforderlichen Maßnahmen, die sowohl außerhalb als auch innerhalb eines Insolvenzverfahrens zur Umwandlung von Forderungen in Anteilsrechte notwendig sind, aufgeführt. Nach einem Kapitalschnitt, also der vereinfachten Kapitalherabsetzung um den Betrag, um den das Stammkapital durch Wertminderungen oder Verluste aufgezehrt ist, folgt die Einlage der Forderung gegen die schuldnerische Gesellschaft.262 Die Einbringung der Forderung erfolgt im Rahmen einer Sachkapitaleinlage.263 Dabei wird die Forderung durch Abtretung gem. § 398 BGB in das Unternehmen eingebracht, wobei durch die im Wege der Abtretung eintretende Konfusion die Forderung in dieser Höhe erlischt.264 Oder die Forderung erlischt durch einen Erlassvertrag nach § 397 Abs. 1 BGB.265
261 Vgl. Uhlenbruck/Lüer, InsO, 13. Aufl. 2010, § 223, Rn. 9; Wutzke, in: Haarmeyer/ Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 224 InsO, Rn. 6. 262 Für die GmbH ist die vereinfachte Kapitalherabsetzung in § 58a GmbHG normiert; s. zur gesellschaftsrechtlichen und bilanziellen Vorgehensweise auch Scheunemann/Hoffmann, DB 2009, 983 ff.; Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1933 ff. 263 Hierbei gilt es zu beachten, dass eine Kapitalherabsetzung des Stammkapitals auf Null nach § 58a Abs. 4 S. 1 GmbHG bei einem Kapitalschnitt zwar zulässig ist, allerdings nur wenn bis zum Mindestbetrag des Stammkapitals nach der Kapitalherabsetzung eine Barkapitalerhöhung erfolgt. Die Umwandlung einer Forderung gegen das Unternehmen in Anteilsrechte an diesem stellt jedoch eine Sacheinlage dar, sodass der Mindestnennbetrag i.H.v. EUR 25.000 (§ 5 Abs. 1 GmbHG) nicht unterschritten werden darf (vgl. Weber, ZInsO 2012, 374, 375). 264 Vgl. Kestler/Striegel/Jesch, NZI 2005, 417, 422. 265 Vgl. Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl. 2012, § 5, Rn. 45; Meyer/Degener, BB 2011, 846, 847; Oelke/Wöhlert/Degen, BB 2010, 299, 299.
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(bb) Insolvenzrechtliche Besonderheit: Ausschluss der Differenzhaftung Eine derartige Kapitalerhöhung ist stets mit dem Risiko der Differenzhaftung verbunden (s. dazu § 56 Abs. 2 GmbHG i.V.m. § 9 Abs. 1 GmbHG). Hiernach haftet derjenige, der eine Sacheinlage erbringt (sog. Inferent) grundsätzlich dafür, dass seine Einlage diesen Wert auch tatsächlich erreicht.266 Andernfalls hat der Inferent eine Einlage in Geld zu leisten, wenn der Wert der Sacheinlage nicht der Höhe des Nennbetrags des dafür übernommenen Geschäftsanteils entspricht (§ 19 Abs. 4 GmbHG).267 Dieses Differenzhaftungsrisiko ist nach dem ESUG im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens für Neuanteilserwerber bzw. -gesellschafter ausgeschlossen. Nach § 254 Abs. 4 InsO n.F. sind Ansprüche aus einer Überbewertung der Forderungen ausdrücklich ausgeschlossen. Hierdurch soll für die Gläubiger Planungs- und Rechtssicherheit geschaffen werden, indem sie sich nach der Planbestätigung mit keinerlei etwaigen Differenzhaftungsansprüchen konfrontiert sehen müssen.268 (cc) Zur Frage der Forderungsbewertung Trotz des Ausschlusses der Differenzhaftung stellt sich jedoch die Frage, wie die Forderung des Gläubigers im Falle einer Einlage zu bewerten ist. Der Gesetzgeber hat die Frage offen gelassen. In Ermangelung einer Regelung und aufgrund des Ausschlusses der Differenzhaftung nach der Planbestätigung, wächst die Zahl derer, die die Einbringung zum Nennwert gestatten wollen.269 Sie vertreten den Standpunkt, dass die Altanteilsinhaber durch eine Nennwertanrechnung im Rahmen des debt equity swaps nicht schlechter gestellt werden als bei einer Regelinsolvenz.270 Denn im Rahmen der Regelinsolvenz gehen die Altanteilsinhaber nach § 199 S. 2 InsO regelmäßig leer aus.271 Auch die Insolvenz- bzw. Altgläubiger werden durch die Nennwerteinbringung nicht schlechter gestellt. Denn diese verlieren einen Konkurrenten und sind überdies in einer Anschlussinsolvenz aufgrund ihres Rangs (einfache Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO) gegenüber des Neuanteilsinhabers besser gestellt.272 Einschränkend wird eine Offenlegung des Einlagegegenstandes verlangt, um hierdurch einen Schutz für die Neugläubiger zu gewährleisten.273 266
Vgl. Brinkmann, WM 2011, 97, 101; Hölzle, NZI 2011, 124, 129. Vgl. Meyer/Degener, BB 2011, 846, 848 f.; Römermann, NJW 2012, 645, 651. 268 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 55; Römermann, NJW 2012, 645, 651. 269 Vgl. Simon, CFL 2010, 448 ff.; Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2010, 1629 ff.; Eidenmüller, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig (Hrsg.), Unternehmenssanierung nach der Insolvenzrechtsreform 2011, 2012, S. 149. 270 Vgl. Simon, CFL 2010, 448, 452 f. 271 Ein etwaiger Überschuss an die Gesellschafter, der nach einer Ausschüttung einer 100 %-Quote an die Gläubiger nach § 199 S. 2 InsO zu verteilen ist, kommt in der Praxis selten vor (vgl. dazu Braun/Kießner, InsO, 5. Aufl. 2012, § 199, Rn. 9; Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 517). 272 Vgl. Simon, CFL 2010, 448, 452. 267
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Selbst wenn man diesem Verfahren eine fehlende Anteilsverwässerung der Altgesellschaftsanteile und keine (Alt-)Gläubigerbenachteiligung zugestehen würde, muss jedoch der Einwand erhoben werden, dass die Einbringung der Forderungen zum Nennwert dennoch gegen die Grundsätze zur realen Kapitalaufbringung verstößt. Denn die künftigen Gläubiger würden durch die Einbringung der Forderung zu deren Nennwert über die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft getäuscht. Sie unterlägen der Annahme, dass eine Sacheinlage geleistet wurde, deren Nennwert Haftungsvermögen in gleicher Höhe freisetzt. Allerdings wird lediglich Haftkapital in Höhe der Insolvenzquote, die an den Inferent hätte erbracht werden müssen, frei.274 Der darüber hinaus gehende Betrag, welcher die Bilanz der Gesellschaft weitergehend entlastet, spiegelt jedoch keinen Wert für künftige Gläubiger wider. Die Gläubiger würden daher bei der Einbringung zum Nennwert von einem (höherem) Haftungsvermögen ausgehen, das aber nicht werthaltig erbracht wurde. Es ist auch nicht einsichtig, weshalb eine Offenlegung, aus der sich die Einbringung zum Nennwert ergibt, die Systematik der realen Kapitalaufbringung heilen soll.275 Zudem lässt die Meinung die damit einhergehenden Rechtsfolgen außer Acht. Neugläubigern, die ohnehin aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage eines gerichtlich sanierten Unternehmens nur sehr vorsichtig in einen Leistungsaustausch mit dem Unternehmen eintreten, könnten die Kenntnis um das nicht werthaltig eingebrachte Kapital zum Anlass nehmen die Geschäftsbeziehung zu beenden bzw. erst gar nicht aufzunehmen.276 Dies ist nicht im Sinne des Gesetzgebers, der mit dem ESUG das Ziel verfolgt, die Akzeptanz der gerichtlichen Sanierung zu erhöhen.277 Die Einbringung zum Nennwert ist daher sowohl de lege lata als auch de lege ferenda abzulehnen. Die h.M. geht indes davon aus, dass für den Wert der einzubringenden Forderung allein der objektive Wert maßgeblich ist.278 Dieser bemisst sich nach dem Schuldendeckungsgrad der Gesellschaft, d. h. aus der Gegenüberstellung zwischen Vermögen und Verbindlichkeiten, im Zeitpunkt der Anmeldung nach § 9 Abs. 1 S. 1 GmbHG.279 Hierbei stellt sich die Frage, ob sich der objektive Wert nach dem Li273
Vgl. Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2010, 1629, 1631. Vgl. Priester, DB 2010, 1445, 1447; Diffring, Umwandlung von Forderung zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, 2012, S. 63; Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 224. 275 Vgl. Priester, DB 2010, 1445, 1449; Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 225; Diffring, Umwandlung von Forderung zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, 2012, S. 63; Brinkmann, WM 2011, 97, 101. 276 Vgl. Meyer/Degener BB 2011, 846, 850. 277 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 1, 25. 278 Vgl. BGHZ 110, 47, 61 f. = NJW 1990, 982; OLG Köln, GmbHR 1998, 42, 43; OLG Köln, GmbHR 1999, 288, 293; Ekkenga, DB 2012, 331, 335 f.; Priester, DB 2010, 1445, 1448 f.; Redeker, BB 2007, 673, 675; Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491, 495; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 2011, S. 238; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 642 f. 279 Vgl. Ekkenga, DB 2012, 331, 336; Priester, DB 2010, 1445, 1448; Redeker, BB 2007, 673, 675. 274
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quidations- oder dem Fortführungswert bemisst. Der Liquidationswert (im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens) bestimmt sich nach der Quote, die sich aus der Gegenüberstellung der betrachteten Forderungen mit dem potenziellen Vermögensveräußerungserlös im Falle einer Unternehmenszerschlagung ergibt.280 Dieser Liquidationswert ist nicht mit dem sog. Fortführungswert zu verwechseln. Dieser ergibt sich, wenn die Erträge, die aus der Fortführung des Unternehmens erfolgen, den betrachteten Forderungen gegenübergestellt werden.281 Hierzu wird die Summe der Beträge im Zeitablauf addiert und mit einem entsprechenden Zinssatz diskontiert (sog. Ertragswertmethode).282 Bei letzterem handelt es sich um einen Prognosewert, der keinerlei Aussage über den bilanziellen Schuldendeckungsgrad des haftbaren Gesellschaftsvermögens im Zeitpunkt der Anmeldung trifft, und scheidet daher als Bewertungsmaßstab aus. Aus diesem Grund ist der h.M. zufolge allein der Liquidationswert maßgeblich.283 Hiervon scheint indes auch der Gesetzgeber auszugehen, der die Quotenerwartung im Falle der Zerschlagung als Bewertungskriterium in der Gesetzesbegründung benennt und die Einholung eines Gutachtens für sinnvoll hält.284 Letzteres ist regelmäßig erforderlich, um das Vermögen im Masseverzeichnis i.S.d. § 151 InsO erstellen zu können.285 (d) Sonstige Planregelungen Letztlich kommen, abhängig von der spezifischen Unternehmenslage und den konkreten Planzielen, weitere, ergänzende Planregelungen in Betracht. So sind für alle Gläubigergruppen geltende Planregelungen, allgemeine Grundsätze sowie weitere, dem Plan zu Grunde liegende, Regelungen aufzuführen, die an anderer Stelle im gestaltenden Teil des Insolvenzplans nicht subsumiert werden konnten. Hierunter fallen z. B. Investitions- und Geschäftsführungsmaßnahmen sowie Regelungen zum Minderheitenschutz.286 Zudem können sonstige Planregelungen als Planbedingung im Sinne von § 249 InsO ausgestaltet werden. Demzufolge kann die Bestätigung des Insolvenzplans davon abhängig gemacht werden, dass bestimmte Leistungen von Dritten erbracht werden.287 280
Vgl. Weber, ZInsO 2012, 374, 378; Meyer/Degener, BB 2011, 846, 849. Ggf. bereinigt um die zukünftigen Einzahlungsüberschüsse, die den Gläubigern im Rahmen des Insolvenzplans zugesprochen werden (diese werden auch als Fortführungs- oder Planquote bezeichnet, vgl. Heni, Interne Rechnungslegung im Insolvenzverfahren, 2006, S. 222 ff.). 282 Vgl. Weber, ZInsO 2012, 374, 378; Brinkmann, WM 2011, 97, 101. 283 Vgl. Ekkenga, DB 2012, 331, 336; Priester, DB 2010, 1445, 1448; Redeker, BB 2007, 673, 675; Redeker, BB 2007, 673, 675; Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491, 495, sowie Simon, CFL 2010, 448, 450, meint, dass auf den Liquidationswert abzustellen ist, wenn man am Vollwertigkeitserfordernis festhält (was er allerdings im Ergebnis ablehnt). 284 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 48. 285 Vgl. HambKomm/Jarchow, 4. Aufl. 2012, §151 InsO, Rn. 23; Eckert/Harig, ZInsO 2012, 2318 ff. 286 Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, §§ 219 – 221, Rn. 9. 287 Vgl. HambKomm/Thies, 4. Aufl. 2012, § 249 InsO, Rn. 1 ff. 281
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(3) Plananlagen Neben dem gestaltenden und darstellenden Teil sieht der Gesetzgeber Plananlagen vor (vgl. §§ 229, 230 InsO). Daneben wird die sog. Vergleichsrechnung zwar nicht von Gesetzes wegen ausdrücklich als Plananlage gefordert, wird aber in Literatur, Wissenschaft und Praxis als notwendige Anlage für eine erfolgreiche Planabstimmung angesehen288, so dass im weiteren Untersuchungsverlauf auch auf dieses Rechenwerk näher eingegangen wird. (a) Planungsrechnungen nach § 229 InsO § 229 InsO schreibt zu den nach § 220 InsO erforderlichen Informationen die Erstellung einer stichtagsbezogenen Vermögensübersicht, einen zeitraumbezogenen Ergebnisplan (sog. Plan-GuV) und einen Finanzplan (sog. Plan-Liquiditätsrechnung) vor. Die Vermögensübersicht stellt dabei die Situation bei Planannahme dar und soll den Gläubigern verdeutlichen, wie sich das Vermögen und die Schulden im Fall der Planannahme zum Annahmestichtag gegenüberstünden.289 Neben der Vermögensübersicht verlangt das Gesetz nach § 229 S. 2, 1. HS InsO darüber hinaus einen Ergebnisplan, um den Gläubigern nachvollziehbare Daten über die Ertragsfähigkeit des durch den Insolvenzplan sanierten und fortgeführten Unternehmens zur Verfügung zu stellen. Der Ergebnisplan soll dabei aufzeigen, wie das Unternehmen wieder Ertragsüberschüsse erzielen kann.290 Entgegen den Vorstellungen des Gesetzgebers liefert der Ergebnisplan jedoch keine Aussage über die verteilungsfähigen Einzahlungsüberschüsse an die Gläubiger. Hierfür ist allein der Finanzplan maßgeblich.291 Dieser ist daher nach § 229 S. 1, 2. HS InsO aufzustellen und als Anlage dem Plan beizufügen. (b) Plananlagen i.S.d. § 230 InsO Zur hinreichenden Information der Gläubiger, sowie zur Sicherstellung der Nachvollziehbarkeit der im Insolvenzplan enthaltenen Regelungen und betriebswirtschaftlichen Daten, müssen neben den bereits genannten Plananlagen die Jahresabschlüsse der letzten drei (bis fünf) Jahre, der Gesellschaftsvertrag sowie etwaige Sozialpläne und Interessensausgleichsvereinbarungen dem Plan beigefügt werden.292
288
Vgl. Maus, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2000, S. 945; Heni, Interne Rechnungslegung im Insolvenzverfahren, 2006, S. 207 f.; Schiessler, Der Insolvenzplan, 1997, S. 169. 289 Vgl. Heni, Interne Rechnungslegung im Insolvenzverfahren, 2006, S. 214 f. 290 Vgl. Burger/Schellberg, DB 1994, 1833, 1835. 291 Vgl. Heni, Interne Rechnungslegung im Insolvenzverfahren, 2006, S. 230 ff. 292 Vgl. IDW S 2, S. 5.
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(c) Vergleichsrechnung In der sog. Vergleichsrechnung wird die durch die Durchführung des Planverfahrens zu erwartende Gläubigerbefriedigung, d. h. die jeweilige Fortführungsquote aus dem Finanzplan nach § 229 InsO oder im Falle einer Einmalzahlung die Barabfindung auf Einzelgläubigerebene gegenübergestellt.293 Die Aufstellung eines solchen Rechenwerks ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Allerdings wird zur Einschätzung der Annahmewahrscheinlichkeit empfohlen, dass der Planersteller die Gläubiger über die Befriedigungsaussichten der unterschiedlichen Verwertungsalternativen informiert. Denn betrachtet man das Interesse der Gläubiger an einem Insolvenzplan von einem wirtschaftlichen Standpunkt aus, lässt sich feststellen, dass sich ein solches nur dann abzeichnen wird, wenn die Gläubiger durch den Plan voraussichtlich besser gestellt werden, als sie ohne Plan stünden. Die Entscheidung über die Verwertungsart stellt sich damit aus dem Blickwinkel der Gläubiger als eine Investitionsentscheidung dar, die durch eine objektiv bestimmbare Zielgröße beeinflusst wird, nämlich dem Grad der Erfüllung des Gläubigeranspruchs.294 Wird durch die Unternehmensfortführung ein höherer Ertrag erzielt als im Rahmen der Liquidation, wird der Sanierung letztlich ein höheres Interesse beigemessen als einer Zerschlagung. Hierfür bietet das Zusammenspiel aus Erlös im Rahmen der Liquidation und der Fortführung in Form einer vergleichenden Betrachtung einen geeigneten Aufsatzpunkt zur ökonomischen Einschätzung der Fortführungsalternative. Zudem gilt es zu bedenken, dass eine Vergleichsrechnung nicht nur eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung der Gläubiger über den Plan, sondern auch für Entscheidungen des Gerichts darstellt. Denn auf die Frage, ob die Gläubiger durch den Insolvenzplan besser gestellt werden als ohne Plan, kommt es sowohl im Rahmen des Obstruktionsverbots (vgl. § 245 InsO) als auch i.R.d. Minderheitenschutzes (vgl. § 251 InsO) an.295 d) Der verfahrensrechtliche Insolvenzplanablauf Der verfahrensrechtliche Ablauf des Insolvenzplanverfahrens beginnt mit Einreichung des Insolvenzplans bei dem zuständigen Insolvenzgericht und dem sodann von Amts wegen einzuleitenden Vorprüfungsverfahren (vgl. § 231 – 234 InsO). Daran schließen sich der verfahrensrechtliche Ablauf über die Planabstimmung (§§ 235 – 247 InsO), das Planbestätigungsverfahren (§§ 248 – 253 InsO), die Auf293 Vgl. Maus, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2000, S. 945; Heni, Interne Rechnungslegung im Insolvenzverfahren, 2006, S. 207 f.; Schiessler, Der Insolvenzplan, 1997, S. 169. 294 Vgl. Balz/Landfermann, die neuen Insolvenzgesetzte, 1999, S. 142; Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 69. 295 Vgl. Maus, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2000, S. 945; Heni, Interne Rechnungslegung im Insolvenzverfahren, 2006, S. 207 f.
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hebung des Verfahrens sowie das Planüberwachungsverfahren (§§ 254 – 269 InsO) an. aa) Das Planvorprüfungsverfahren Nach der Planaufstellung und -einreichung beim zuständigen Insolvenzgericht (vgl. §§ 2, 3 InsO) übernimmt das funktional zuständige Gerichtsorgan die sog. Vorprüfung des Insolvenzplans (vgl. § 231 InsO).296 Diese Aufgabe übernimmt (aufgrund der mit dem ESUG neu geschaffenen gesellschaftsrechtlichen Implikationen, „die nicht in der Rechtspflegerausbildung ausreichend vermittelt werden“297) nach der Gesetzesreform ausschließlich der Insolvenzrichter. Mit Eröffnung des Verfahrens geht daher nicht wie bisher nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RPflG die funktionelle Zuständigkeit auf den Rechtspfleger über, sondern verbleibt beim Insolvenzrichter (vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 2 RPflG). Zweck der gerichtlichen Vorprüfung ist die Möglichkeit, bereits vor der Planabstimmung offensichtlich aussichtslose Pläne frühzeitig zurückweisen zu können.298 Dabei ist im Einzelnen zu prüfen, ob der Plan durch eine vorlageberechtigte Person eingereicht worden ist, die Vorschriften über den Planinhalt beachtet worden sind, der gestaltende Teil des Insolvenzplans Regelungen enthält, die nicht Gegenstand von Planeingriffen sein können, und ob die vorgesehenen Eingriffe in die Rechte der Beteiligten in dem gesetzlich vorgeschriebenen Maße zulässig sind (vgl. § 231 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO). Ergibt sich hierbei ein Zurückweisungsgrund, den der Vorlegende nicht beheben kann, ist der Plan sofort zurückzuweisen.299 Ist der Mangel dagegen behebbar, hat das Gericht eine angemessene Frist zur Nachbesserung zu setzen (vgl. § 231 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO). Handelt es sich beim vorgelegten Insolvenzplan zudem um einen Schuldnerplan, ist ferner § 231 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 InsO zu beachten. Grund für diese erhöhten Anforderungen an einen Schuldnerplan ist, dass bei dem vom Insolvenzverwalter vorgelegten Plan vermutet wird, dass die in Nr. 2 und 3 genannten Voraussetzungen nicht zu beanstanden sind und es somit keiner Prüfung über § 231 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO hinaus bedarf.300 So ist bei einem Schuldnerplan gem. § 231 Abs. 1 Nr. 2 InsO 296 Die gerichtliche Vorprüfung ist durch das ESUG zwecks Verfahrensbeschleunigung nach § 231 Abs. 1 S. 2 InsO innerhalb einer Frist von Zwei Wochen zu erledigen. Dies schließt aber nicht aus, dass im Einzelfall auch eine zeitintensivere Vorprüfung erfolgen kann, wenn dies die Umstände erforderlich machen. Allerdings muss die Zeit für die Vorprüfung nötig sein, und darf nicht aufgrund von anderen Dienstgeschäften verlängert werden. Die Vorprüfung hat sofort zu erfolgen. Vgl. BT-Drucksache 17/5712, S. 33; Braun/Henrich, NZI 2011, 505, 513; Braun/ Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, § 231, Rn. 7. 297 Vgl. BT-Drucksache 17/5712, S. 71; Vallendar, DB 2012, 1669, 1670 f.; Schmerbach, ZInsO 2010, S. 1670, 1672. 298 Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, § 231, Rn. 1; HambKomm/Thies, 4. Aufl. 2012, § 231 InsO, Rn. 1; HK-InsO/Eickmann, 6. Aufl. 2011, § 231, Rn. 2. 299 Vgl. Vallendar, DB 2012, 1669, 1671; Smid/Rattunde, Der Insolvenzplan, 2005, S. 140 f. 300 Vgl. Burger/Schellberg, DB 1994, 1833, 1836.
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der Insolvenzplan zurückzuweisen, wenn ein vom Schuldner vorgelegter Plan offensichtlich keine Aussicht auf die Annahme durch die Gläubiger oder auf Bestätigung durch das Gericht hat. Der Plan ist somit dahin gehend zu prüfen, ob er offensichtlich nicht annahme- oder bestätigungsfähig ist.301 In Zweifelsfragen hat eine Zurückweisung allerdings zu unterbleiben.302 Darüber hinaus ist der Insolvenzplan von Amts wegen zurückzuweisen, wenn nach § 231 Abs. 1 Nr. 3 InsO die Ansprüche, die den Beteiligten nach dem gestaltenden Teil eines vom Schuldner vorgelegten Plans zustehen, offensichtlich nicht erfüllt werden können. Ein derartiger Mangel liegt vor, wenn der vom Schuldner vorgelegten Planungsrechnung offensichtlich der Wirklichkeitsbezug fehlt und sich die fehlende Erfüllbarkeit unter Zugrundelegung der Umstände geradezu aufdrängt.303 Weist das Insolvenzgericht den Insolvenzplan nicht zurück, leitet es diesen den vom Plan betroffenen Verfahrensbeteiligten, wie z. B. dem Betriebsrat gem. § 232 InsO zur Stellungnahme zu.304 Die Vorschrift dient der Vorbereitung der Entscheidung über den Plan und hat rein informatorischen Charakter. Die übrigen Beteiligten, wie z. B. die einfachen Insolvenzgläubiger, können den Plan mitsamt der Plananlagen sowie der eingegangenen Stellungnahmen in der Geschäftsstelle einsehen (§ 234 InsO). Da in vielen Fällen Insolvenzpläne eine vom Gesetz abweichende Verwertung des Vermögens des Schuldners oder einen Ausschluss der Verwertung – jedenfalls von betriebsnotwendigen – Vermögens regeln, sieht § 233 S. 1 InsO vor, dass das Gericht die Verwertung und Verteilung des Schuldnervermögens zwischen dem gerichtlichen Vorprüfungsverfahren und dem Erörterungs- und Abstimmungstermin aussetzt. Denn anderenfalls würde die Durchführung des vorgelegten Insolvenzplans gefährdet werden.305 Dem Insolvenzplan könnte durch den Fortgang der Verwertung die Grundlage entzogen werden. So etwa wenn dem Unternehmen betriebsnotwendiges Vermögen entzogen werden würde, bevor die Gläubiger überhaupt Gelegenheit zur Entscheidung über die Annahme des Insolvenzplans hatten. Antragsberechtigt sind ausschließlich der Schuldner, bzw. sein Vertretungsorgan und der Insolvenzverwalter (§ 233 S. 1 InsO).
301
Vgl. Vallendar, DB 2012, 1669, 1671. Vgl. MünchKommInsO/Breuer, 2. Aufl. 2008, § 231, Rn. 18; Vallender/Undritz/Linkert, 2012, S. 557. 303 Vgl. LG Bielefeld, ZInsO 2002, 198, 199. 304 Korrespondierend zur Neuregelung des Zeithorizonts in § 231 Abs. 1 S. 2 InsO soll die Frist zur Abgabe der Stellungnahme nach dem ESUG gem. § 232 Abs. 3 S. 3 InsO zwei Wochen nicht überschreiten. Damit soll einer unnötigen Verfahrensverzögerung vorgebeugt werden, da in der Vergangenheit Fristen von über drei Wochen bis zu einem Monat angesetzt wurden (vgl. dazu Vallender/Undritz/Linkert, 2012, S. 559). 305 Vgl. Wutzke, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 233 InsO, Rn. 6. 302
B. Verfahrensalternativen zur Überwindung der Krise
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bb) Das Planannahmeverfahren Die Regelungen zur Planannahme durch die Gläubiger bzw. zur Zustimmung des Insolvenzplans finden sich in den §§ 235 – 247 InsO. Dort wird zunächst in § 235 InsO der Erörterungs- und Abstimmungstermin dargestellt, in dem die Erläuterung des Insolvenzplans und die der Stimmrechte der Gläubiger (vgl. §§ 237, 238 InsO) und u. U. der Anteilsinhaber (§ 238a InsO) erfolgt und anschließend über den Plan abgestimmt wird (vgl. § 235 Abs. 1 S. 1 InsO). Zudem besteht die Möglichkeit, den Erörterungs- und Abstimmungstermin mit dem Prüfungstermin (§§ 29 Abs. 1 Nr. 2, 176 ff. InsO) zu verbinden (vgl. § 236 S. 2 InsO). Allerdings darf der Erörterungsund Abstimmungstermin nicht vor dem Prüfungstermin stattfinden (vgl. § 236 S. 1 InsO). Zudem kann zur weiteren Verfahrensbeschleunigung eine Verbindung des Berichtstermins mit dem Prüfungstermin und dem Erörterungs- und Abstimmungstermin vorgenommen werden.306 Dies wird regelmäßig in Betracht kommen, wenn der Schuldner bereits mit Ablauf des Eröffnungsverfahrens einen Insolvenzplan vorlegt.307 (1) Die Annahme des Plans durch die Beteiligten Die Abstimmung über den Insolvenzplan erfolgt in Gruppen, wobei jede Gruppe gesondert über den Plan abstimmt (§ 243 InsO) und die Reihenfolge das Insolvenzgericht festlegt (§ 76 Abs. 1 InsO). Etwas anderes gilt jedoch in den Fällen, in denen die Gläubiger von der Möglichkeit einer entsprechenden Beschlussfassung Gebrauch machen (§ 76 Abs. 2 InsO) und die Reihenfolge selbst festlegen.308 Zur Annahme des Plans ist erforderlich, dass in jeder Gruppe die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger dem Plan zustimmt und die Summer der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Summer der Ansprüche der abstimmenden Gläubiger beträgt (vgl. § 244 Abs. 1 InsO, sog. Kopf- und Summenmehrheit innerhalb einer Gruppe). Die Mehrheitserfordernisse sind dabei jeweils auf die anwesenden und abstimmenden Gläubiger bezogen.309 Nach dem durch das ESUG neu eingefügten § 244 Abs. 3 InsO gilt für die Gruppe der Anteilsinhaber § 244 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Hiernach tritt an die Stelle der Summe der Ansprüche die Summe der Beteiligungen. Diese errechnen sich gem. § 238a Abs. 1 S. 1 InsO an der Beteiligung am gezeichneten Kapital des Schuldners.
306
Vgl. Kussmaul/Steffan, DB 2000, 1849, 1850; Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, § 236, Rn. 6. 307 Vgl. Vallendar, DB 2012, 1669, 1671. 308 Vgl. Vallender/Undritz/Linkert, 2012, S. 567. 309 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 93; Wutzke, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 244 InsO, Rn. 5.
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(2) Das Obstruktionsverbot Werden die erforderlichen Mehrheiten nicht erreicht, bleibt die Möglichkeit einer Fingierung der Zustimmung mittels der Regelungen zum sog. Obstruktionsverbot nach § 245 InsO. Diese Vorschrift ist der im US-amerikanischen Chapter 11 Verfahren geregelte „cramdown“ – Regelung nachgebildet (vgl. 11 USC § 1129).310 Hiernach kann auf Antrag des Vertretungsorgans des Schuldners oder des Insolvenzverwalters die nicht erteilte Zustimmung einer Gruppe unter bestimmten Voraussetzungen überwunden werden. Hat die Mehrheit der Gruppe dem Plan zugestimmt und hat eine oder haben mehrere Gruppen die Zustimmung verweigert, so kann das Insolvenzgericht deren Zustimmung fingieren. Hierdurch soll verhindert werden, dass Teile der Gläubigerschaft in die Lage versetzt werden, eine für die Gläubigergemeinschaft günstigere Verwertungsentscheidung durch die Verweigerung ihrer Zustimmung zu blockieren.311 Anderenfalls bestünde zum einen die Gefahr, dass Gläubigergruppen diese Position ausnutzen, um Teile des Fortführungswerts für sich zu vereinnahmen (sog. Verkauf des „Lästigkeitswerts“312) und damit eine Verteilungsentscheidung erzwingen, die auf Kosten der anderen Gläubigergemeinschaft ihnen eine bessere oder sogar die volle Befriedigung ihrer Ansprüche garantiert (sog. „Holdup-Strategie“).313 Zum anderen könnten Abstimmungsgruppen aufgrund ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der Fortführungslösung die Liquidation herbeiführen und somit die Planannahme einer wirtschaftlich besseren Verwertungsart i.S.d. § 1 InsO blockieren bzw. verhindern (sog. querulatorische Gläubiger314).315 Um beide Missbrauchsgefahren zu unterbinden besteht die Möglichkeit, die Zustimmung von „opponierenden“ Gläubigergruppen zu fingieren.316 Voraussetzung hierfür ist, dass die Angehörigen einer dissertierenden Gruppe durch den Insolvenzplan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne Plan gestellt würden (§ 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Ferner muss gewährleistet sein, dass eine angemessene Beteiligung bei der Verteilung des durch den Plan realisierten Mehrwerts besteht (vgl. § 245 Abs. 1 Nr. 2). Diese angemessene Beteiligung wird für Gläubigergruppen durch § 245 Abs. 2 InsO weiter konkretisiert. Hiernach müssen kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt sein: kein anderer Gläubiger erhält wirtschaftliche Werte, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen (Nr. 1), Beteiligte, die ohne einen Plan nachrangig zu den Gläubigern dieser Gruppe zu befriedigen wären, erlangen kei310
Vgl. Wutzke, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 245 InsO, Rn. 7; Braun/ Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenzen, 1997, S. 609. 311 Vgl. Balz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2000, S. 15. 312 Zum Vergleich zum Aktienrecht vgl. Schelo, DB 2010, 2209, 2211; Madaus, NZI 2010, 430, 431. 313 Vgl. Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 151 f. 314 Vgl. Madaus, NZI 2010, 430, 431. 315 Vgl. Madaus, NZI 2010, 430, 431. 316 Vgl. Roe, Corporate Bankruptcy and Reorganization, 2000, S. 409 ff.; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 2005, S. 86; Smid, InVo 1996, 314, 317.
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nerlei wirtschaftliche Werte (Nr. 2), und es liegt keine Besserstellung von an sich gleichrangig mit den Gläubigern der Gruppe der zu befriedigenden Gläubiger vor (Nr. 3). Die Vorschrift bestimmt damit zum einen die obere Grenze der Anspruchsbefriedigung, in dem sie diese auf den Nominalwert der Ansprüche einer Gläubigergruppe begrenzt (vgl. § 245 Abs. 2 Nr. 1). Zum anderen wird durch § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO sichergestellt, dass die Rangfolge der Ansprüche vor Eintritt der Insolvenz auch innerhalb des Insolvenzplans gewahrt bleibt. Zudem wird die durch die Gruppenbildung mögliche unterschiedliche Behandlung ranggleicher Gläubiger durch die Etablierung eines Gleichbehandlungsgebots relativiert (vgl. § 245 Abs. 2 Nr. 3 InsO). Eine vergleichbare Regelung besteht zudem für die Gruppe der Anteilsinhaber (vgl. § 245 Abs. 3 InsO), sofern diese nach § 225a Abs. 1 InsO in das Planverfahren einbezogen werden. Danach liegt eine angemessene Beteiligung der Gesellschafter i.S.v. § 245 Abs. 1 Nr. 2 InsO vor, wenn nach dem Plan kein Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen (vgl. § 245 Abs. 3 Nr. 1 InsO), und gleichgestellte Anteilsinhaber nicht besser gestellt werden (vgl. § 245 Abs. 3 Nr. 2 InsO). Eine zusätzliche Bedienung schränkt die Anwendung des Obstruktionsverbots ein. Der Gesetzgeber hat die Zustimmungsfiktion davon abhängig gemacht, dass die Mehrheit der abstimmenden Gruppen für den Insolvenzplan votiert hat (vgl. § 245 Abs. 1 Nr. 3 InsO).317 Bezüglich der Zustimmung der nachrangigen Insolvenzgläubiger und der Anteilsinhaber finden sich darüber hinaus ergänzende Sonderregelungen in §§ 246, 246a InsO, wodurch ebenfalls eine Zustimmungsfiktion erwirkt werden kann. Kommt trotz Anwendung der Verfahren nach §§ 245 ff. InsO keine Annahme des Insolvenzplans durch die Planbetroffenen selbst (§ 244 InsO) bzw. durch den Beschluss des Insolvenzgerichts im Falle der §§ 245 ff. InsO zustande, so ist dieser abgelehnt. Die Entscheidung hierüber ist zu protokollieren und zu verkünden.318 cc) Das Planbestätigungsverfahren Liegt dagegen die Zustimmung bzw. eine Zustimmungsfiktion aller Abstimmungsgruppen im Sinne der §§ 244 ff. InsO vor, so gilt der Plan als angenommen. Nach der Annahme des Insolvenzplans bedarf der Plan zu seinem Wirksamwerden allerdings noch der Bestätigung durch das Insolvenzgericht (§ 248 Abs. 1 InsO). Dieses Erfordernis dient einer letzten Überprüfung des Plans sowie der Kontrolle des Vorliegens aller benötigten Zustimmungen, wodurch ein gewisser gesetzlicher Mindestschutz für die Verfahrensbeteiligten geschaffen wird.319
317
Der RegE zur InsO verlangte dagegen lediglich die Zustimmung einer vom Plan betroffenen Gruppe (vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 208). 318 Vgl. MünchKommInsO/Hintzen, 2. Aufl. 2008, § 244, Rn. 21. 319 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 210; MünchKommInsO/Sinz, 2. Aufl. 2008, § 248, Rn. 1.
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Die Bestätigung kann ausschließlich aus den in den §§ 250, 251 InsO genannten Gründen versagt werden.320 § 250 InsO legt fest, dass die Bestätigung von Amts wegen zu versagen ist, wenn wesentliche Verfahrensmängel (Nr. 1) oder eine unlautere Herbeiführung der Planannahme (Nr. 2) vorliegen. Raum für eigene wirtschaftliche Gestaltungen räumt das Gesetz dem Insolvenzgericht indessen nicht ein.321 Daher ist es nicht befugt, Veränderungen an dem Plan vorzunehmen oder Auflagen zu erteilen. Zudem befindet sich in § 251 InsO die Regelung zum sog. Minderheitenschutz, die auf die mögliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation eines einzelnen Gläubigers innerhalb einer Abstimmungsgruppe abstellt. Hiernach ist die Bestätigung des Insolvenzplans auf Antrag zu versagen, wenn der Antragsteller, d. h. Gläubiger (oder Anteilsinhaber), spätestens im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle widersprochen hat und glaubhaft macht, durch den Insolvenzplan schlechter gestellt zu werden, als er ohne Plan stünde (vgl. § 251 Abs. 1 InsO). Sieht der Insolvenzplan zudem die Erbringung bestimmter Leistungen oder die Verwirklichung anderer Maßnahmen vor der Bestätigung vor, müssen diese Voraussetzungen zunächst erfüllt sein (§ 249 S. 1 InsO). Wird die Bestätigung nach § 248 InsO durch das Insolvenzgericht erteilt bzw. versagt, so ist der Beschluss, ebenso wie die Versagung der Bestätigung, im Abstimmungstermin oder in einem alsbald zu bestimmenden besonderen Termin zu verkünden (§ 252 Abs. 1 S. 1 InsO). Die Verkündung erfolgt mündlich (§ 4 InsO i.V.m. § 329 ZPO). Wird der Plan bestätigt, so ist den Insolvenzgläubigern, die Forderungen angemeldet haben, den absonderungsberechtigten Gläubigern sowie den Anteilsinhabern, unter Hinweis auf die Bestätigung, ein Abdruck des Plans oder eine Zusammenfassung seines wesentlichen Inhalts zu übersenden (§ 252 Abs. 2 S. 1 und S. 2 InsO). Gegen den Bestätigungs- oder Versagungsbeschluss ist gem. §§ 253, 6 InsO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statthaft. dd) Wirkungen des bestätigten Insolvenzplans und Aufhebung des Verfahrens Gem. § 254 Abs. 1 S. 1 InsO treten mit Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen ein. Ergänzt wird die Regelung durch § 254a Abs. 1 und 2 InsO n.F. Hiernach gelten die Beschlüsse der Anteilsinhaber oder sonstigen Willenserklärungen der Beteiligten als in der vorgeschriebenen Form abgegeben, sofern die Rechte der Anteilsinhaber in den Plan einbezogen wurden (§ 254a Abs. 2 S. 1 InsO). Gesellschaftsrechtlich erforderliche Ladungen, Bekanntmachungen und sonstige Maßnahmen zur Vorbereitung von Beschlüssen der Anteilsinhaber gelten ferner als in der erforderlichen Form bewirkt (vgl. § 254a Abs. 2 S. 2 InsO). Nicht ersetzt werden durch die mit dem ESUG neu 320 321
Vgl. Uhlenbruck/Lüer, InsO, 13. Aufl. 2010, vor § 248, Rn. 2. Vgl. Rechel, ZInsO 2009, 1665, 1667 f.
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geschaffene Regelung dagegen etwaige nachfolgende konstituierende Publizitätsakte, wie z. B. die Registereintragung. Diese haben nach den einschlägigen Bestimmungen zu erfolgen.322 Letztlich wird das Insolvenzplanverfahren aufgehoben, sobald die Bestätigung des Insolvenzplans rechtskräftig ist (§ 258 Abs. 1 InsO) und der Insolvenzplan keine Planüberwachung vorsieht. Vorher sind nach § 258 Abs. 2 S. 1 InsO alle fälligen, unstreitigen Masseverbindlichkeiten zu berichtigen. Für streitige bzw. nicht fällige Masseverbindlichkeiten hat der Insolvenzverwalter dagegen Sicherheit zu leisten, wobei für nicht fällige Masseverbindlichkeiten anstelle der Sicherheitsleistung der Insolvenzverwalter auch einen Finanzplan vorlegen kann, aus der sich ergibt, dass die Erfüllung der Ansprüche gesichert ist (§ 258 Abs. 2 S. 2 InsO). Zudem hat der Insolvenzverwalter – als weitere Voraussetzung für die Verfahrensaufhebung – Schlussrechnung zu legen (vgl. § 66 Abs. 1 S. 1 InsO). Allerdings besteht (nach dem ESUG) die Möglichkeit das Verfahren zu beschleunigen, indem im gestaltenden Teil des Insolvenzplans eine Regelung getroffen wird, die vorsieht, dass es keiner Schlussrechnung bedarf (vgl. § 66 Abs. 1 S. 2 InsO). In diesem Fall hat der Insolvenzverwalter keine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und keinen Schlussbericht, wohl aber weiterhin ein Schlussverzeichnis zu erstellen und beim Insolvenzgericht einzureichen.323 Liegen sämtliche Voraussetzungen vor, erlöschen nach § 259 Abs. 1 S. 1 InsO mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Ämter des Insolvenzverwalters und der Schuldner bzw. der Geschäftsführer der insolventen GmbH erhält nach § 259 Abs. 1 S. 2 InsO das Recht zurück, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen. Der Verwalter muss also das gesamte in seinem Besitz befindliche Schuldnervermögen, einschließlich der Geschäftsunterlagen und sonstigen Unterlagen an den Geschäftsführer aushändigen.324 Dies gilt freilich nur dann, wenn der Plan die Fortführung des Rechtsträgers vorsieht. Im Liquidationsfall, oder wenn der Plan die übertragenden
322 Vgl. BT-Drucksache, 12/5712, S. 36. Allerdings ist die Registerkontrolle für solche Fragen abzulehnen, die bereits der Überprüfung des Insolvenzgerichts nach den §§ 231, 250 InsO unterliegen. Insoweit kann das Registergericht die in dem Insolvenzplan aufgenommenen Erklärungen nicht mehr auf ihre Wirksamkeit überprüfen. Dem Registergericht kommt insoweit lediglich eine Beurkundungs- aber keine Prüfungsfunktion zu. Vgl. BT-Drucksache, 12/5712, S. 36 f.; Haas, NZG 2012, 961, 966. 323 Zu den Bestandteilen der insolvenzrechtlichen Schlussrechnung s. Heyrath/Ebeling/ Reck, Schlussrechnungsprüfung im Insolvenzverfahren, 2008, Rn. 91 – 152. Ob dagegen eine insolvenzrechtliche Schlussbilanz, die den Verbleib des Vermögens zwischen Verfahrenseröffnung und -beendigung rechnerisch abbildet, Bestandteil einer ordnungsgemäßen Schlussrechnungslegung i.S.d. § 66 Abs. 1 S. 1 InsO darstellt, ist fraglich. Sollten die EinnahmenAusgaben-Rechnung und der Schlussbericht diese Funktion erfüllen, kann auf die Erstellung verzichtet werden. In größeren Verfahren wird der Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit halber die Erstellung dagegen angezeigt sein. Vgl. Vallender/Undritz/Möhlmann-Mahlau/ Schmitt, 2012, S. 1067. 324 Vgl. Uhlenbruck/Lüer, InsO, 13. Aufl. 2010, § 259, Rn. 5 f.
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Sanierung vorsieht, ist die gesamte Insolvenzmasse zu verwerten und der Verwertungserlös an die Gläubiger zu verteilen. ee) Überwachung der Planerfüllung Falls sich im Insolvenzplan Regelungen zur Überwachung der Planerfüllung, d. h. zur Überwachung der Frage, ob die Ansprüche erfüllt werden, die den Gläubigern nach dem gestaltenden Teil gegen den Schuldner zustehen, finden, ist dies nach § 261 Abs. 1 S. 1 InsO Aufgabe des Insolvenzverwalters. Dessen Amt besteht gem. § 261 Abs. 1 S. 2 InsO insoweit fort. Bei Verstößen des Vertretungsorgans des schuldnerischen Unternehmens hat der Insolvenzverwalter diese dem Insolvenzgericht und dem Gläubigerausschuss unverzüglich anzuzeigen, damit diese die Möglichkeit erhalten, ihre Rechte aus den §§ 255 ff. InsO geltend machen zu können, und damit größerer Schaden abgewendet wird.325 Sind alle Ansprüche bedient worden (§ 268 Abs. 1 Nr. 1 InsO) oder sind seit Aufhebung des Verfahrens drei Jahre verstrichen und ist kein Antrag auf Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens eingegangen (§ 268 Abs. 1 Nr. 2 InsO), so beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung der Überwachung. Das Insolvenzplanverfahren ist damit spätestens zu diesem Zeitpunkt beendet. 2. Grundstruktur der Eigenverwaltung Das Gesetz sieht für den Regelfall der Insolvenz vor, dass der Schuldner bzw. in dem hier interessierten Kreis ein Gesellschaftergeschäftsführer, die Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Gesellschaft verliert und dass an seiner Stelle ein Insolvenzverwalter handelt (vgl. § 80 InsO). Diese Verfahrenskonstruktion soll die Gewähr dafür bieten, dass dieser bei der Durchführung des Insolvenzverfahrens die Interessen der Gläubiger über seine eigenen Interessen stellt und damit das Hauptziel eines Insolvenzverfahrens, die gleichmäßige und bestmögliche Gläubigerbefriedigung, uneingeschränkt zu verwirklichen sucht.326 Eine Ausnahme bildet indes das Eigenverwaltungsverfahren (§§ 270 – 285 InsO) bzw. die sog. Eigenverwaltung. Die Eigenverwaltung sieht abweichend zum Regelfall des § 80 Abs. 1 InsO vor, dass der Geschäftsführer einer insolventen GmbH die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen auch nach Insolvenzeröffnung behält (§ 270 Abs. 1 S. 1 InsO).327 Dies ist, wie das Regelverfahren auch, nach § 27 Abs. 1 S. 2 InsO i.V.m. § 9 InsO öffentlich bekannt zu machen.328 325
Vgl. MünchKommInsO/Stephan, 2. Aufl. 2008, § 262, Rn. 1. Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 222. 327 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 270, 6 f. 328 Der Eröffnungsbeschluss wird dagegen nicht im Grundbuch und den anderen sachenrechtlichen Registern eingetragen (vgl. §§ 32, 33 InsO), denn die Befugnis des Schuldners zu Verfügungen über die registrierten Gegenstände bleibt grundsätzlich erhalten. 326
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a) Sinn und Zweck der Eigenverwaltung Der Gesetzgeber hat vor Einführung der Insolvenzordnung erkannt, dass es Vorteile haben kann, dem Schuldner bzw. dem Vertretungsorgan des schuldnerischen Unternehmens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zu belassen und ihn lediglich unter die Aufsicht eines Sachwalters zu stellen. So liegt der bedeutendste Vorteil der Eigenverwaltung in der Möglichkeit, durch die Eigenverwaltung die Kenntnisse und Erfahrungen der bisherigen Geschäftsführung zu nutzen und damit eine lange Einarbeitungszeit des Insolvenzverwalters zu vermeiden.329 Insbesondere branchenspezifische Kenntnisse und Kontakte, die dem Insolvenzverwalter zumeist nicht offen stehen und er daher auf die Hilfeleistung sachkundiger Dritter angewiesen ist, werden somit vermieden und damit wird letztlich die Insolvenzmasse geschont.330 Zudem werden mit der Eigenverwaltung im Vergleich zum Regelverfahren Verfahrenskosten eingespart, was wiederum die Aussicht auf eine größere, quotale Gläubigerbefriedigung erhöht.331 So ergibt sich eine Verfahrenskostensenkung gegenüber dem Regelverfahren aufgrund der geringen Gebühren für den Sachwalter, welche gem. §§ 274, 63, 64, 65 InsO i.V.m. § 12 InsVV lediglich 60 % der Vergütung des Insolvenzverwalters betragen. Letztlich ist auch Sinn und Zweck der Eigenverwaltung, dass durch die Beibehaltung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ein Anreiz für eine frühzeitige Insolvenzantragstellung geschaffen wird, da dem Vertretungsorgan des schuldnerischen Unternehmens die Möglichkeit eröffnet wird, auch nach Verfahrenseröffnung nicht aus der Geschäftsführung verdrängt zu werden.332 Hierdurch sollen bessere Sanierungschancen geschaffen und damit höhere Quoten erzielt werden.333 b) Auswirkungen auf das eröffnete Verfahren Nach § 270 Abs. 1 S. 2 InsO gelten die allgemeinen Vorschriften der Insolvenzordnung nur insoweit, als in den §§ 270 ff. InsO keine spezielle Regelung enthalten ist. So ergeben sich für den Schuldner bzw. Geschäftsführer sowie für den gem. §§ 270 Abs. 3 S. 1, 271 S. 2 InsO zu bestellenden Sachwalter besondere Rechte und Pflichten im Vergleich zum Regelverfahren. Nachfolgend wird ein Überblick über deren Aufgabenverteilung wiedergegeben, wobei auch auf die Rolle des Insolvenzgerichts und der Gläubiger eingegangen wird.
329 330 331 332 333
Vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 526. Vgl. Westrick, NZI 2003, 65, 67; Bales, NZI 2008, 216, 220. Vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 526. Vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 526. Vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 526.
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aa) Überblick über die Rechtsstellung des Geschäftsführers Wie bereits erwähnt, wird im Regelinsolvenzverfahren dem Schuldner bzw. dem Vertretungsorgan eines schuldnerischen Unternehmens gem. § 80 Abs. 1 InsO mit Verfahrenseröffnung das Recht genommen, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis geht stattdessen auf einen Insolvenzverwalter über. Im Rahmen der Eigenverwaltung bleibt dieses Recht dagegen in der Insolvenz einer GmbH beim Geschäftsführer, der damit auch weiterhin zur Führung der laufenden Geschäfte befugt ist.334 Insofern obliegt es dem Vertretungsorgan, den Geschäftsbetrieb des Unternehmens aufrechtzuerhalten und fortzuführen.335 Hierzu kann er gem. den §§ 103 ff. InsO über den Verbleib von Vertragsverhältnissen entscheiden und damit insolvenzspezifische leistungswirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen im Interesse der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung umsetzen.336 Denn das Wahlrecht wird in der Eigenverwaltung vom Geschäftsführer anstelle eines Insolvenzverwalters ausgeübt (vgl. § 279 InsO). Darüber hinaus hat das Vertretungsorgan das Recht, Massegegenstände zu verwerten, an denen Absonderungsrechte bestehen (vgl. § 282 InsO). Damit soll ein ungehinderter Zugriff der absonderungsberechtigten Gläubiger auf ihre Sicherheiten, ebenso wie im Regelverfahren, vermieden werden.337 Zudem obliegt es dem Geschäftsführer das Verzeichnis der Massegegenstände (§ 151 InsO), das Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO) und die Vermögensübersicht (§ 153 InsO) zu erstellen, dem Insolvenzgericht vorzulegen und dem Sachwalter zur Prüfung zur Verfügung zu stellen (§ 281 Abs. 1 InsO). Darüber hinaus trifft ihn die Pflicht zur internen und externen Rechnungslegung (§ 281 Abs. 3 InsO i.V. §§ 66, 155 InsO). Ferner hat er im Berichtstermin „Bericht zu erstatten“ (vgl. § 281 Abs. 2 InsO), d. h. wie ein Insolvenzverwalter dies vornehmen müsste338, so dass die in § 156 Abs. 1 S. 1 und 2 InsO genannten Vorgaben zu beachten sind. Im Fokus der Berichtspflicht stehen dabei die im Regelverfahren vom Verwalter zu treffenden Aussagen über die Krisenursachen (inkl. der Eröffnungsgründe) und die Sanierungsfähigkeit (inkl. der Möglichkeiten zur Aufstellung eines Insolvenzplans).339
334
Vgl. HambKomm/Fiebig, 4. Aufl. 2012, § 270 InsO, Rn. 37. Vgl. Bales, NZI 2008, 216, 220. 336 Vgl. Spliedt, InsVZ 2010, S. 27, 36; Skauradszun, DZWiR 2010, 365 f. 337 Vgl. Vallendar, WM 1998, 2129, 2135. 338 Vgl. Buchalik, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 281, Rn. 9. 339 Vgl. Runkel, ZIP 2011, 197, 199; Braun/Esser, InsO, 5. Aufl. 2012, § 156, Rn. 5; HambKomm/Decker, 4. Aufl. 2012, § 156 InsO, Rn. 4 ff.; FK-InsO/Wegener, 7. Aufl. 2013, § 156, Rn. 9; Vallender/Undritz/Laroche, 2012, S. 138. 335
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Handelt der Geschäftsführer entgegen dem Gläubigerinteresse und schadet er hierdurch die Insolvenzmasse, so haftet er entsprechend § 60 InsO und bezüglich nicht erfüllter Masseverbindlichkeiten nach § 61 InsO wie ein Insolvenzverwalter.340 bb) Überblick über die Rechtsstellung des Sachwalters Im Gegensatz zum Regelverfahren wird im Rahmen der Eigenverwaltung anstelle eines Insolvenzverwalters ein Sachwalter bestellt, auf den nicht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 InsO übergeht. Diese verbleibt beim Vertretungsorgan des schuldnerischen Unternehmens, während der Sachwalter lediglich eine überwachende Funktion wahrnimmt.341 Die in diesem Kontext stehenden Aufgaben und Befugnisse des Sachwalters regeln die §§ 274 – 285 InsO und lehnen sich an diejenigen des Vergleichsverwalters aus den §§ 39, 40 VerglO an.342 So hat nach § 274 Abs. 2 S. 1 InsO der Sachwalter die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen und die Geschäftsführung zu überwachen. Zum Zwecke dieser permanenten Aufsichtspflicht darf er gem. §§ 274 Abs. 2 S. 2, 22 Abs. 3 S. 1 und 2 InsO die Geschäftsräume des insolventen Unternehmens betreten, dort Nachforschungen anstellen und die Geschäftsbücher einsehen. Stellt der Sachwalter im Rahmen seiner Überwachung fest, dass die Fortsetzung der Eigenverwaltung Nachteile für die Gläubiger erwarten lassen, hat er dies gem. § 274 Abs. 3 S. 1 InsO unverzüglich dem Insolvenzgericht und, sofern ein Gläubigerausschuss gebildet wurde, auch diesem gegenüber anzuzeigen (§ 274 Abs. 3 S. 2 InsO). Neben der Aufsichtspflicht trifft den Sachwalter auch die Pflicht zur aktiven Mitwirkung am rechtsgeschäftlichen Handeln des eigenverwaltenden Geschäftsführers. So soll der Geschäftsführer Verbindlichkeiten, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, gem. § 275 Abs. 1 S. 1 InsO nur mit Zustimmung des Sachwalters eingehen. Auch soll er nach § 275 Abs. 1 S. 2 InsO Verbindlichkeiten die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, nicht eingehen, wenn der Sachwalter widerspricht. Auch im Rahmen der Ausübung der Rechte der §§ 103 ff. InsO soll der Geschäftsführer nach § 279 S. 2 InsO im Einvernehmen mit dem Sachwalter handeln. Ist gem. § 277 InsO sogar die Zustimmungsbedürftigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte angeordnet, so kann der Geschäftsführer solche Geschäfte nicht wirksam ohne die Zustimmung des Sachwalters begründen. Darüber hinaus kann der Sachwalter nach § 275 Abs. 2 InsO verlangen, dass eingehende Gelder nur von ihm entgegengenommen und Zahlungen nur von ihm geleistet werden. Diese Kassenführungsbefugnis verfolgt den Zweck, unwirt340
Vgl. AG Duisburg, ZIP 2005, 2335; Hill, ZInsO 2010, 1825, 1828; Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 2009, S. 211; Diaz, Unternehmensinsolvenzen in Europa, 2012, S. 145; HambKomm/Fiebig, 4. Aufl. 2012, § 270 InsO, Rn. 32. 341 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 224. 342 Vgl. Hass, in: Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechtshandbuch, 2010, § 89, Rn. 11.
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schaftliche Bargeschäfte des Geschäftsführers auszuschließen und rechtswidrigen Geldabfluss zu verhindern.343 Soweit er davon Gebrauch macht, wird er als gesetzlicher Vertreter des schuldnerischen Unternehmens tätig.344 Der Geschäftsführer kann auf den Umfang dieser Vertretungsmacht keinen Einfluss nehmen.345 Verlangt der Sachwalter die Kassenführung, so hat dies lediglich interne Wirkung zwischen ihm und dem Geschäftsführer. Die Wirksamkeit etwaiger Zahlungen an oder durch den Geschäftsführer wird hierdurch nicht berührt. Auch ändert die Übernahme der Kassenführung nichts an der schuldnerischen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis. Der Sachwalter hat daher alle vom Geschäftsführer begründeten Verbindlichkeiten zu erfüllen.346 Das Kassenführungsrecht des § 275 Abs. 2 InsO führt daher nicht zwangsläufig zu einem Schutz vor einer Schmälerung der Insolvenzmasse. Bei der Besorgnis der Gefährdung von Gläubigerinteressen bietet die Übernahme nur dann einen effektiven Schutz, wenn gleichzeitig auf Antrag der Gläubigerversammlung ein Zustimmungsvorbehalt nach § 277 Abs. 1 InsO angeordnet wird. Kontrovers diskutiert wird in diesem Kontext, an welche Voraussetzungen die Übernahme der Kassenführung anknüpft. Nach einer verbreiteten Auffassung ist die Übernahme der Kassenführung durch den Sachwalter an keine besonderen Voraussetzungen geknüpft.347 Denn nur durch ein schrankenloses Recht des Sachwalters könne dieser seine Überwachungspflicht nach § 274 Abs. 2 S. 1 InsO erfüllen.348 Nach der überzeugenden Gegenansicht setzt die Übernahme der Kassenführung dagegen stets die Besorgnis voraus, die Kassenführung durch den Schuldner bzw. Geschäftsführer könne zu einer Verletzung der Gläubigerinteressen führen.349 Ob ein solcher Anlass für die Übernahme der Kassenführung besteht, hat der Sachwalter nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen.350 Eine Kassenführungsbefugnis ohne jegliche Voraussetzungen widerspricht allerdings bereits dem Wortlaut des § 275 Abs. 2 InsO. Wäre die Kassenführung stets und uneingeschränkt anzuordnen, hätte der Gesetzgeber dies als Regelaufgabe des Sachwalters ausdrücklich vorgesehen. Eine ständige und unbeschränkte Kassenführungsbefugnis des Sachwalters steht zudem im Widerspruch zur Kompetenzverteilung der Eigenverwaltung. Der Sach343
Vgl. Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 275, Rn. 10. Vgl. Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 275, Rn. 11. 345 Vgl. Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 275, Rn. 13. 346 Vgl. HambKomm/Fiebig, 4. Aufl. 2012, § 275 InsO, Rn. 5. 347 Vgl. FK-InsO/Foltis, 7. Aufl. 2013, § 275, Rn. 18; HambKomm/Fiebig, 4. Aufl. 2012, § 275 InsO, Rn. 5. 348 Vgl. FK-InsO/Foltis, 7. Aufl. 2013, § 275, Rn. 18; HambKomm/Fiebig, 4. Aufl. 2012, § 275 InsO, Rn. 5. 349 Vgl. Huhn, Die Eigenverwaltung im Insolvenzverfahren, 2001, Rn. 973; MünchKommInsO/Wittig/Tetzlaff, 2. Aufl. 2008, § 275, Rn. 15; Hofmann, Die Eigenverwaltung in der Insolvenz, 2006, S. 126; Gutmann/Laubereau, ZInsO 2012, 1861, 1864 f. 350 Vgl. Huhn, Die Eigenverwaltung im Insolvenzverfahren, 2001, Rn. 973; MünchKommInsO/Wittig/Tetzlaff, § 275, Rn. 15; Hofmann, Die Eigenverwaltung in der Insolvenz, 2006 m S. 126; Gutmann/Laubereau, ZInsO 2012, 1861, 1864 f. 344
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walter hat im Grundsatz nicht das Recht, die Verfahrensabwicklung selbst in die Hand zu nehmen; dies ist Aufgabe des Geschäftsführers.351 Die Kassenführungsbefugnis des § 275 Abs. 2 InsO stellt zu diesem Grundsatz die Ausnahme dar und darf somit nicht pauschal angewandt werden. Auch die Entstehungsgeschichte des § 275 Abs. 2 InsO spricht gegen eine schrankenlose Kassenführungsbefugnis. Der Gesetzgeber wollte in § 275 Abs. 2 InsO die Regelung des § 57 Abs. 2 VerglO inhaltsgleich übernehmen.352 Hinsichtlich § 57 Abs. 2 VerglO war anerkannt, dass die Kassenführungsbefugnis des Vergleichsverwalters an bestimmte Voraussetzungen geknüpft war.353 Schließlich widerspricht eine Kassenführungsbefugnis ohne jegliche Voraussetzungen gegen dessen Sinn und Zweck. § 275 Abs. 2 InsO soll einen Missbrauch der Kassenführung durch den Eigenverwalter verhindern. Wäre ein solcher gar nicht zu befürchten, würde eine Kassenführung durch den Sachwalter der Ratio des § 275 Abs. 2 InsO nicht gerecht. Nur bei Besorgnis einer Verletzung von Gläubigerinteressen entscheidet der Sachwalter daher nach pflichtgemäßem Ermessen, ob er die Kassenführung gem. § 275 Abs. 2 InsO übernimmt. Dies ist z. B. der Fall, wenn Masseunzulänglichkeit droht oder bei leichtsinnigem Auszahlungsverhalten des Geschäftsführers.354 Darüber hinaus normieren die §§ 281, 283 InsO besondere Prüfungspflichten. So muss der Sachwalter nach § 281 Abs. 1 S. 2 InsO die vom Geschäftsführer zu erstellenden Verzeichnisse gem. §§ 151, 152 InsO und die Vermögensübersicht i.S.d. §153 InsO prüfen und schriftlich erklären, ob Einwendungen zu erheben sind. Darüber hinaus hat der Sachwalter im Berichtstermin Stellung zum Bericht des Schuldners zu nehmen (vgl. § 282 Abs. 2 S. 2 InsO). Schließlich hat der Sachwalter die Schlussrechnung des Geschäftsführers zu prüfen (§§ 281, 66 InsO). Hierbei hat der Sachwalter die vom Geschäftsführer aufzustellenden Rechenwerken zu prüfen und schriftlich zu erklären, ob nach seiner Prüfung Einwendungen zu erheben sind (vgl. §§ 281 Abs. 3 S. 2, Abs. 1 S. 2 InsO). Gleiches gilt für den zu erstellenden Schlussbericht. Neben diesen Aufgaben hat der Sachwalter in einigen Bereichen eine insolvenzverwalterähnliche Stellung inne. So sind gem. § 270c S. 2 InsO (früher geregelt in § 270 Abs. 3 S. 2 InsO) die Forderungen der Insolvenzgläubiger beim Sachwalter anzumelden. Dies umfasst auch die Führung der Forderungstabelle gem. § 175 InsO. Zudem obliegt ihm die Aufklärung von juristischen Sachverhalten sowie die Durchsetzung sich hieraus ergebender Ansprüche, wie etwa Insolvenzanfechtungsansprüche aus §§ 143, 129 ff. InsO und Haftungsansprüche aus §§ 92, 93 InsO 351
Vgl. Hofmann, Die Eigenverwaltung in der Insolvenz, 2006, S. 127. Vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 526; Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 275, Rn. 10. 353 Vgl. Hartlage-Laufenberg, KTS 1977, 224, 224; Uhlenbruck, in: Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechtshandbuch, 1990, S. 730 f.; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze, 1997, § 57 VerglO, Rn. 3a. 354 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 275, Rn. 7. 352
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(§ 280 InsO). Hierdurch soll der Schutz der Gläubiger ohne Missbrauchsmöglichkeit durch den Geschäftsführer gewährleistet werden.355 Die Haftung des Sachwalters ergibt sich aus den §§ 274 Abs. 1, 60, 62 InsO sowie aus §§ 277 Abs. 1 S. 3, 61 InsO. Nach § 274 Abs. 1 InsO gilt für den Sachwalter zunächst die Regelung des § 60 InsO entsprechend. Demnach ist der Sachwalter gem. §§ 274 Abs. 1, 60 Abs. 1 S. 1 InsO allen Beteiligten zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die ihm nach der InsO obliegenden Pflichten verletzt.356 Ist nach § 277 InsO zudem die Zustimmungsbedürftigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte des Schuldners bzw. Geschäftsführers angeordnet worden und stimmt der Sachwalter der Begründung einer Masseverbindlichkeit zu, so gilt gem. § 277 Abs. 1 S. 3 InsO die Haftung aus § 61 InsO entsprechend. cc) Die Rolle des Insolvenzgerichts Der Sachwalter steht gem. §§ 274 Abs. 1, 58 InsO unter der Aufsicht des Insolvenzgerichts. Das Insolvenzgericht ist damit zur Aufsicht über den Sachwalter berechtigt und verpflichtet. Um dieser Aufgabe nachkommen zu können, wird es regelmäßig Sachstandsberichte über die Überwachungstätigkeit vom Sachwalter anfordern.357 Hierdurch soll die Tätigkeit des Sachwalters überwacht und gegen Pflichtwidrigkeiten bei der Amtsausübung eingeschritten werden.358 Stellt das Insolvenzgericht fest, dass der Sachwalter seine Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt, so hat es einzuschreiten. Es kann den Sachwalter (formlos) belehren und verwarnen.359 Zudem kann das Insolvenzgericht den Sachwalter gem. §§ 274 Abs. 1, 59 Abs. 1 S. 1 InsO aus wichtigem Grund aus seinem Amt entlassen.360 In diesem Fall hat das Insolvenzgericht gleichzeitig einen neuen Sachwalter zu bestellen.361 dd) Einflussmöglichkeiten der Gläubiger Die Einflussmöglichkeiten der Gläubiger auf das Verfahren in der Eigenverwaltung sind vielfältig. So ist die Eigenverwaltung gem. § 272 Abs. 1 Nr. 2 InsO umgehend aufzuheben, wenn dies von der Gläubigerversammlung beantragt wird. Eine weitere Einflussmöglichkeit der Gläubigerversammlung ist ferner die Beantragung der Zustimmungsbedürftigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte nach § 277 355 Vgl. Pape, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2000, Rn. 32 f.; Skauradszun, DZWiR 2010, 365, 367; Schmidt, ZInsO 2008, 291, 294. 356 Vgl. Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 274, Rn. 6. 357 Vgl. HambKomm/Fiebig, 4. Aufl. 2012, § 281 InsO, Rn. 4. 358 Vgl. Koch, Die Eigenverwaltung nach der Insolvenzordnung, 1998, S. 200. 359 Vgl. LG Göttingen, NZI 2009, 61; HambKomm/Frind, 4. Aufl. 2012, § 58 InsO, Rn. 10b. 360 Beispiele für Entlassungsgründe s. Schmittmann, NZI 2004, 239 ff. 361 Vgl. HambKomm/Frind, 4. Aufl. 2012, § 58 InsO, Rn. 10b.
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Abs. 1 S. 1 InsO. Daneben kommen dem Gläubigerausschuss, dem sog. Vertretungsund Kontrollorgan der Gläubiger, vielfältige Einflussmöglichkeiten auf den Verfahrensablauf zu. Er hat sowohl den Schuldner als auch den Sachwalter zu unterstützen.362 Nach außen hat er zwar keine Kompetenzen. Er begründet z. B. keine Masseverbindlichkeiten und ist auch nicht weisungsbefugt.363 Er kann jedoch Einsicht in die Bücher und Geschäftspapiere des schuldnerischen Unternehmens nehmen, den Bar- und Buchgeldbestand sowie die damit zusammenhängenden Geschäftsvorfälle und Kontenbewegungen durch eine Belegprüfung kontrollieren (sog. Kassenprüfung).364 Zu seinem Pflichtenkreis gehört es auch, die Aussichten der Betriebsfortführung des Schuldnerunternehmens zu prüfen. So hat in der Eigenverwaltung der Geschäftsführer für die Aufnahme neuer (Sanierungs-)Kredite grundsätzlich die Zustimmung des Gläubigerausschusses einzuholen, da es sich dabei um eine Rechtshandlung handelt, die für das Insolvenzverfahren von besonderer Bedeutung ist (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 2 InsO).365 Dies gilt bereits im Eröffnungsverfahren, sofern ein vorläufiger Gläubigerausschuss bestellt wurde und die Darlehensaufnahme im Interesse der zukünftigen Insolvenz- oder Massegläubiger nicht bis zur Verfahrenseröffnung zurückgestellt werden kann.366 Bezüglich der Zusammensetzung des Gläubigerausschusses gilt gem. § 67 Abs. 2 S. 1 InsO, dass absonderungsberechtigte Gläubiger, Insolvenzgläubiger mit den höchsten Forderungen und Kleingläubiger vertreten sein sollen. Wenn die Arbeitnehmer mit nicht unerheblichen Forderungen am Insolvenzverfahren beteiligt sind, soll dem Gläubigerausschuss zudem ein Vertreter der Arbeitnehmer angehören (§ 67 Abs. 2 S. 2 InsO). Damit werden regelmäßig die „Hausbank“, der Hauptlieferant und ein Arbeitnehmervertreter im Gläubigerausschuss vertreten sein367, wobei für die Vertretung des bzw. der Lieferanten in der Praxis vermehrt ein Warenkreditversicherer in Betracht kommt368. Im Übrigen steht die Anzahl der Ausschussmitglieder im pflichtgemäßen Ermessen des Insolvenzgerichts.369 362
Vgl. Pape, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2000, Rn. 54. Vgl. BGH, ZIP 1981, 1001, Buchalik, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 276, Rn. 6 f.; Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 2009, S. 41. 364 Vgl. Pape, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2000, Rn. 55. 365 Vgl. Vallender/Undritz/Laroche, 2012, S. 126; Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck (Hrsg.), Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 2009, S. 934. Etwas anderes gilt nur bei „kleinen Darlehensaufnahmen“, d. h. bei Darlehen, die aus betrieblichen Mitteln oder sonstigen Einnahmen innerhalb weniger Wochen zurückgezahlt werden können; vgl. dazu Uhlenbruck/ Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 160, Rn. 26. 366 Vgl. HambKomm/Decker, 4. Aufl. 2012, § 160 InsO, Rn. 12. 367 Vgl. Vallender/Undritz/Vallender, 2012, S. 26; Obermüller, ZInsO 2012, 18, 22 f.; Riggert, NZI 2011, 121, 124. 368 In Deutschland sind derzeit Lieferantenkredite in einem geschätzten Volumen von etwa 300 Mrd. EUR gegen Zahlungsausfall des Schuldners versichert und bilden damit nach den Banken die höchste Kreditsumme, so dass deren Einfluss im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ständig ansteigt (vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 271). Als Beispiel für deren Einfluss im insolvenzrechtlichen Kontext kann deren Rolle im 363
80
Teil 2: Unternehmen zwischen außer- und gerichtlichem Sanierungsrahmen
c) Aufhebung der Eigenverwaltung Soweit die Anordnung der Eigenverwaltung nicht nach § 272 InsO aufgehoben wird, endet die Eigenverwaltung mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 200 InsO) oder der Einstellung des Verfahrens (§§ 207, 212, 213). Das Insolvenzgericht hebt die Anordnung der Eigenverwaltung nach § 272 Abs. 1 Nr. 1 InsO auf, wenn dies von der Gläubigerversammlung beantragt wird. Eine materielle Prüfung findet dabei nicht statt.370 Gleiches gilt bei einem Schuldnerantrag nach § 272 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Der Antrag eines einzelnen Gläubigers setzt dagegen voraus, dass der Wegfall der Anordnungsvoraussetzungen glaubhaft gemacht wird (§ 272 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 InsO). Nach Aufhebung der Eigenverwaltung sieht § 272 Abs. 3 InsO vor, dass der bisherige Sachwalter zum Insolvenzverwalter bestellt werden kann. Dies dürfte der Regelfall sein, weil der Sachwalter mit dem Verfahren am besten vertraut ist.371
III. Vor- und Nachteile der beiden Verfahren Die außergerichtliche Sanierung besticht auf den ersten Blick durch eine Vielzahl von Vorteilen gegenüber der gerichtlichen Sanierung. Zu erwähnen sind insbesondere die geringeren Verfahrensaufwendungen, die im Wesentlichen auf die Vermeidung sog. direkter Insolvenzkosten zurückzuführen sind. Diese insolvenzspezifischen Kosten stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Insolvenz und fallen erst an, wenn ein Insolvenzverfahren eingeleitet wurde.372 Sie umfassen i. d. R. Entgelte, die die Beteiligten eines Insolvenzverfahrens für ihre Dienste erhalten. Hierunter fallen beispielsweise die Gerichtsgebühren, die Aufwendungen für die Hinzuziehung gerichtlich bestellter Sachverständiger und die Vergütung für den vorläufigen und endgültigen Insolvenzverwalter bzw. Sachwalter (sog. Verfahrenskosten i.S.d. § 54 InsO).373 Neben den direkten Insolvenzkosten entstehen in einer Krisensituation, d. h. unabhängig davon, ob ein außergerichtliches oder geDrogeriemarktsegment genannt werden. Entscheidend für die erfolgreiche Durchführung des Insolvenzplanverfahrens „Ihr-Platz“, war die Zusicherung einer Warenkreditversicherung, auch zukünftig die Warenlieferungen an „Ihr-Platz“ zu versichern (vgl. dazu: Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 368). Ein weiteres Beispiel stellt der Einfluss eines Warenkreditversicherers im Rahmen des Insolvenzverfahrens „Schlecker“ dar. Hier wurde aufgrund der fehlenden Zusage von „Euler-Hermes“ letztlich der Verkauf der Schlecker-Töchter „Ihr-Platz“ und „Schlecker XL“ an den Finanzinvestor „Dubag“ vereitelt (vgl. dazu Frind, ZInsO-Newsletter 5/2012, 2). 369 Vgl. BGHZ 124, 86, 90 f. = NJW 1994, 453. 370 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 272, Rn. 3; MünchKommInsO/ Wittig/Tetzlaff, 2. Aufl. 2008, § 272, Rn. 7. 371 Vgl. Vallender, WM 1998, 2129, 2134; FK-InsO/Foltis, 7. Aufl. 2013, § 272, Rn. 23. 372 Vgl. Drukarczyk, Verwertungsformen und Kosten der Insolvenz, 1995, S. 40; Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 43. 373 Vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 74; Spliedt, InsVZ 2010, 27, 29.
B. Verfahrensalternativen zur Überwindung der Krise
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richtliches Sanierungsverfahren durchlaufen wird, auch sog. indirekte Insolvenzkosten, welche auf das Bekanntwerden der Krise gründen.374 Indirekte Insolvenzkosten stellen daher, im Gegensatz zu den direkten Insolvenzkosten, keine insolvenzspezifischen, sondern eine Bandbreite verschiedener, z. T. schlecht messbarer Opportunitätskosten dar, die aus der Wechselwirkung zwischen Krisensituation und Marktstellung resultieren, weil andere Marktteilnehmer ihr Verhalten an die Folgen der Krise anpassen und damit eine normale Geschäftstätigkeit vereiteln.375 So bestehen Lieferanten auf Vorkasse, wenn sie an der Liquiditätslage des Unternehmens zweifeln. Dies ist i. d. R. der Fall, wenn Warenkreditversicherer den Versicherungsschutz kündigen.376 Zudem fällt es einem krisenbehafteten Unternehmen schwer, qualifiziertes und motiviertes Personal zu halten.377 Die guten und leistungsfähigen Mitarbeiter werden nicht länger in einem Unternehmen mit unsicherer Zukunft arbeiten wollen. Auch für die Kunden stellt die Unternehmenskrise einen Unsicherheitsfaktor dar. Die Unsicherheit bezieht sich auch auf die Lieferfähigkeit des Unternehmens und die in Zukunft zu erbringenden Garantie- und Serviceleistungen sowie etwaige Ersatzteillieferungen.378 Des Weiteren entstehen in Bezug auf die Unternehmensführung indirekte Insolvenzkosten, da die Dispositionsfreiheit des Managements eingeschränkt ist. Das Management und die Mitarbeiter werden von ihren Aufgaben durch Fragen zur Sanierung abgelenkt.379 Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass sich indirekte Insolvenzkosten vor allem auf die Umsatz- und Aufwandseite des Unternehmens auswirken.380 Umsatzseitig ist die Kaufzurückhaltung der Kunden zu nennen. Die Aufwandspositionen werden dagegen durch steigende Finanzierungskosten infolge der Vorauszahlungsforderungen der Lieferanten belastet. Zudem führen der Verlust von qualifizierten Arbeitnehmern und die Bindung von Management- und Mitarbeiterkapazitäten zu innerbetrieblichen Effizienzverlusten, deren Quantifizierung erhebliche Probleme bereitet. Schließlich gilt es zu berücksichtigen, dass diese Belastungen, die einen Verfall des Unternehmenswerts bewirken, umso größer werden, je länger die Krise bzw. das Sanie-
374
Vgl. Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 43; Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 75; Spliedt, InsVZ 2010, 27, 28. 375 Vgl. Weiss, Bankruptcy Resolution, 1990, S. 288; Eidenmüller, ZIP 2010, 649, 651. 376 Vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 74; Spliedt, InsVZ 2010, 27, 39; Hill, ZInsO 2010, 1825, 1826. 377 Vgl. Leoprechting/Ziechmann, Entscheidungsprozesse im Insolvenzverfahren, 1999, S. 96; Weniger, KSI 2006, 181, 182; Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 65. 378 Vgl. Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 43; Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 74. 379 Vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 74; Weniger, KSI 2006, 181, 182. 380 Vgl. Drukarczyk, Theorie und Politik der Finanzierung, 1993, S. 389; Franke, KTS 1983, 37, 39 f.
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Teil 2: Unternehmen zwischen außer- und gerichtlichem Sanierungsrahmen
rungsverfahren andauert.381 Um daher die Sanierungsaussichten nicht zu belasten, ist es von Vorteil, wenn der rechtliche Rahmen zur Krisenüberwindung einen zügigen Verfahrensablauf zulässt. Vor diesem Hintergrund tritt ein weiterer Vorteil der außergerichtlichen Sanierung hervor. Während der außergerichtliche Sanierungsversuch nicht öffentlich bekannt gemacht werden muss und ein Sanierungsvergleich quasi über Nacht zustande kommen kann, ist das Insolvenzverfahren öffentlich bekannt zu machen und der verfahrensrechtliche Insolvenzplanablauf bedarf, wie bereits aufgezeigt, unter Umständen eines Zeitraums von mehreren Monaten, der sich letztlich negativ auf die indirekten Insolvenzkosten auswirken kann.382 Den Vorteilen der außergerichtlichen Sanierung stehen allerdings auch einige Nachteile gegenüber. So ist im Rahmen einer außergerichtlichen Sanierung stets die Zustimmung aller betroffenen Gläubiger erforderlich. Eine mehrheitliche Überstimmung derartiger „Akkordstörer“, wie sie nach dem Obstruktionsverbot nach § 245 InsO möglich ist, steht bei einer außergerichtlichen Sanierung nicht zur Verfügung.383 Neben der Akkordstörerproblematik stellt es sich zudem als nachteilig dar, dass eine Lösung von einem für das Unternehmen nachteiligen Vertrag, wie sie im Insolvenzverfahren nach §§ 103 ff. InsO möglich ist, nicht ohne Weiteres erfolgen kann, sondern stets eine einvernehmliche Absprache mit dem jeweiligen Gläubiger verlangt.384 Letztlich stellt auch die Sicherung des Unternehmensbestandes bis zur Planabstimmung einen weiteren Vorteil des gerichtlichen Sanierungsrahmens dar (vgl. dazu § 233 InsO).385 Sanierungsbemühungen sind von vornherein zum Scheitern verurteilt, wenn das Unternehmen schon deshalb nicht fortgeführt werden kann, weil die hierzu erforderlichen Ressourcen, wie z. B. betriebsnotwendiges Vermögen, entzogen werden.386 Aus dem oben Gesagten bleibt somit festzuhalten, dass eine gerichtliche Sanierung nur dann in Betracht kommt, wenn eine außergerichtliche Sanierung keinen Erfolg verspricht. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn Akkordstörer die Sanierung verhindern. Deren Handlungen können im Insolvenzverfahren zunächst eingestellt und deren Blockadehaltung mittels des Obstruktionsverbots nach § 245 InsO überwunden werden. Zudem eröffnen die §§ 103 ff. InsO die Möglichkeit sich von für das schuldnerische Unternehmen ungünstigen Verträgen zu lösen.
381
Vgl. Kordana/Posner, A Positive Theory of Chapter 11, 1998, S. 5; Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 423 f.; Kussmaul/Stefan, DB 2000, 1849, 1849. 382 Vgl. K. Schmidt, KTS 1982, 613, 624; Bork, ZIP 2010, 397, 405; Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 44; Eidenmüller, ZIP 2010, 649, 651. 383 Vgl. BGH, BB 1992, 665 ff.; Ebenroth/Grashoff, BB 1992, 865 ff.; Bork, ZIP 2010, 397, 410. 384 Vgl. Westphal, ZGR 2010, 385, 388 f.; Kötzle/Zirener, ZP 2006, 73, 85. 385 Vgl. Haarmeyer, in: Blöse/Kihm (Hrsg.), Unternehmenskrisen, 2006, S. 163 f. 386 Vgl. Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 2009, S. 205; Weniger, KSI 2006, 181, 181.
Teil 3
Darstellung und Beurteilung der neu geschaffenen Anreizmechanismen durch das ESUG Trotz der aufgezeigten Vorteile, die die Insolvenzordnung zur Krisenüberwindung bietet, wurde wie bereits eingangs der Untersuchung erwähnt, in der Vergangenheit in den Fällen, in denen die gerichtliche Sanierung die vorzugswürdigere Verfahrensalternative gegenüber der außergerichtlichen Sanierung darstellte, dennoch von einer Verfahrenseinleitung durch den Schuldner nur zurückhaltend Gebrauch gemacht. So wurden vor der Gesetzesreform (1) die Ausgestaltung der Eigenverwaltung1 und (2) die Auswahl des Sachwalters2 kritisiert. Zudem ließen (3) das Blockadepotenzial der Rechtsmittel im Rahmen des Planbestätigungsverfahrens3 und (4) die Verfahrenskosten i.S.d. § 54 InsO4 befürchten, dass ein den Liquidationswert übersteigender Fortführungswert mit der Antragstellung aufgezehrt wird, so dass die Sanierung nicht mehr die (ökonomisch) effizientere Verfahrensalternative darstellte. Um diese Risiken zu minimieren will der Gesetzgeber mit dem ESUG das gerichtliche Sanierungsverfahren für den Schuldner „rechtssicherer“ und „planbarer“ gestalten.5 Um jedoch eine Aussage darüber treffen zu können, ob die mit dem ESUG bewirkten Änderungen dazu führen, dass ein Gesellschaftergeschäftsführer in der Zukunft frühzeitiger einen Insolvenzantrag stellen wird, ist zunächst dessen
1 Vgl. Wallner/Gerster/Weiß, ZInsO 2011, 16, 21; Uhlenbruck/Vallender, NZI 2009, 1, 6 f.; Kammel/Staps, NZI 2010, 791, 794; Madaus, NZI 2011, 622, 623; Bales, NZI 2008, 216, 220; MünchKommInsO/Wittig/Tetzlaff, 2. Aufl. 2008, Vorbemerkungen vor §§ 270 bis 285, Rn. 18; Wuschek, ZInsO 2012, 110 f.; Haarmeyer/Wutzke, ZInsO 2010, 1201, 1202; Uhlenbruck, BB 2004, 2, 5. 2 Vgl. Kammel/Staps, NZI 2010, 791, 792; Wuschek, ZInsO 2012, 110, 111; Haarmeyer/ Wutzke, ZInsO 2010, 1201, 1202 f.; Pape, ZInsO 2010, 1582, 1589; Hölzle, NZI 2011, 124, 126; Fölsing, ZInsO 2012, 2272, 2274; Westphal, ZGR 2010, 385, 390. 3 Vgl. FK-InsO/Jaffé, 6. Aufl. 2011, § 253, Rn. 13; Smid/Rattunde, Der Insolvenzplan, 2005, S. 259; Römermann, NJW 2012, 645, 651; Heinrich, NZI 2012, 235, 236 ff.; Madaus, NZI 2012, 597 ff.; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 509 ff.; Schelo, DB 2010, 2209, 2211; Uhlenbruck/Lüer, 13. Aufl. 2010, § 251, Rn. 19 f. 4 Vgl. Paffenholz/Kranzusch, Insolvenzplanverfahren, 2007, S. 99 f.; Frind, ZInsO 2011, 1913, 1919; Spliedt, InsVZ 2010, 27, 29; Eidenmüller, ZIP 2010, 649, 651; Franke, KTS 1983, 37, 52 f.; Huelsdunk, KTS 1999, 291, 296; Eidenmüller/Frobenius/Prusko, NZI 2010, 545, 547 f. 5 Vgl. BT-Drucks. 12/5712, S. 17.
84
Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
Interessenslage abzustecken. Diese ist im Wesentlichen von wirtschaftlichen Erwägungen geprägt6.7 In Deutschland wird die Insolvenz als persönliches Scheitern angesehen.8 Denn mit Insolvenzeröffnung setzt sich der Antragsteller, d. h. in dem hier interessierten Kreis der Gesellschaftergeschäftsführer, dem Risiko aus, dass er bei einem Scheitern des Sanierungsvorhabens seine Anstellung verliert.9 Die Folge ist nicht selten die Arbeitslosigkeit. Denn einer Tätigkeit als Angestellter steht meist schon entgegen, dass Arbeitgeber kaum bisherige Arbeitgeber einstellen wollen, sondern nur Arbeitnehmer, die sich einem Arbeitgeber unterordnen (können).10 Zudem gilt es zu bedenken, dass, sollte die gerichtliche Eigensanierung nicht gelingen, mit der Liquidation der Gesellschaft die Inanspruchnahme aus Bürgschaften oder sonstigen Personalsicherheiten droht11, so dass in vielen Fällen die Privatinsolvenz für einen Gesellschaftergeschäftsführer unausweichlich ist.12 Überdies bedeuten die Gesellschaftsanteile für einen Gesellschaftergeschäftsführer einer mittelgroßen GmbH die Schaffung von Vermögen zur finanziellen Absicherung für das Alter.13 Allerdings sind in der Insolvenz die Vermögensansprüche der Gesellschafter am wenigsten geschützt. Die Ansprüche sind regelmäßig auf null gesunken, da sie nur einen Teil des Unternehmenswerts erhalten, wenn alle einfachen Gläubiger (§ 38 InsO) und alle nachrangigen Gläubiger i.S.d. § 39 Abs. 1 Nr. 1 – 4 InsO zu 100 % befriedigt wurden (vgl. § dazu 199 InsO). Auch ausgegebene Gesellschafterdarlehen werden erst an den kreditgebenden Gesellschafter ausgezahlt, sofern nach der Befriedigung aller einfachen Gläubiger (§ 38 InsO) und aller nachrangigen Gläubiger i.S.d. § 39 Abs. 1 Nr. 1 – 4 InsO noch ein Verteilungsüberschuss verbleibt. Beide Umstände entsprechen jedoch mehr theoretischer als praktischer Natur.14 Ein Gesellschafterge6 Vgl. Seefelder, Unternehmenssanierung, 2006, S. 18; Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 42 ff.; Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 60 f. 7 Ausführlich zur Untauglichkeit der strafbewährten Antragspflicht gem. § 15a InsO und der zivilrechtlichen Haftungsgefahr nach § 64 GmbHG (sog. Innenhaftung) bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO (sog. Außenhaftung) als antragstellenden Beweggrund vgl. Bitter/ Hommerich, Die Zukunft des Überschuldungsbegriffs, 2012, S. 40 ff. 8 In der Literatur wird in diesem Kontext häufig der Begriff „Stigmata“ der Insolvenz verwendet. Vgl. Römermann, GmbHR 2012, 421, 422; Seefelder, Unternehmenssanierung, 2006, S. 18; Westphal, ZGR 2010, 385, 392 f. 9 Vgl. Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 61 f.; Seefelder, Unternehmenssanierung, 2006, S. 18. 10 Vgl. Seefelder, Unternehmenssanierung, 2006, S. 19. 11 Vgl. Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck (Hrsg.), Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 2009, S. 813 ff.). 12 Vgl. Vallender, in: K. Schmidt/Uhlenbruck (Hrsg.), Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 2009, S. 939 ff.); Seefelder, Unternehmenssanierung, 2006, S. 19. 13 Vgl. Seefelder, Unternehmenssanierung, 2006, S. 19. 14 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 199, Rn. 1; HambKomm/Lüdtke, 4. Aufl. 2012, § 39 InsO, Rn. 2.
A. Die Eigenverwaltung als Anreizinstrument
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schäftsführer wird daher nur in den Fällen ein Interesse an einer gerichtlichen Sanierung haben, wenn er Teile des (verbliebenen) Unternehmenswerts für sich vereinnahmen kann.15 Dies setzt jedoch voraus, dass den Gläubigern eine höhere Befriedigungsquote angeboten werden kann, als im Rahmen einer Liquidation und der Gesellschafter einen Teil dieser Differenz für sich aushandeln kann.16 Somit bleibt festzuhalten, dass die Anreizwirkung zur frühzeitigen Einleitung eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens bei einem Gesellschaftergeschäftsführer zunimmt, wenn das Risiko der oben genannten wirtschaftlichen Nachteile minimiert wird. Um nunmehr vor diesem Hintergrund die Anreizwirkung des gerichtlichen Sanierungsrahmens nach Einführung des ESUG aus dem Blickwinkel eines Gesellschaftergeschäftsführers eines mittelgroßen Unternehmens i.S.d. § 22a Abs. 1 InsO beurteilen zu können, bedürfen die oben genannten vier Faktoren einer näheren Analyse. Konkret bedeutet dies, auf der Grundlage der Interessenslage eines Gesellschaftergeschäftsführers einer insolventen, aber sanierungsfähigen, mittelgroßen GmbH zu ermitteln, weshalb die einzelnen Faktoren wichtig sind in Bezug auf die Anreizwirkung und weshalb die bisherige verfahrensrechtliche Ausgestaltung eine Rechtsunsicherheit hervorrief und damit einer frühzeitigen Antragstellung entgegenstand. Ob die Defizite durch das ESUG behoben wurden und mit den Neuregelungen die Anreizwirkung auf den hier interessierten Kreis erhöht wurde. Hierfür werden in jedem der vier nachfolgenden Untersuchungsabschnitte in einem fünfschrittigen Verfahren zunächst die Bedeutung des einzelnen Faktors und deren Wichtigkeit in Bezug auf die Anreizwirkung herausgearbeitet. Darauf aufbauend werden die Kritikpunkte an der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung des alten Rechtsrahmens dargestellt. Anschließend werden die daraufhin eingeführten gesetzlichen Neuerungen und Verfahrensabläufe dargestellt, die aus der Sicht des Gesetzgebers dazu geeignet sein sollen, die einzelnen Kritikpunkte zu überwinden. Schließlich werden deren positive Folgen auf die Rechtspraxis analysiert und deren Anreizwirkung auf den hier interessierten Kreis bewertet. Bei aufgedeckten Defiziten werden Vorschläge zur Verfahrensgestaltung oder Reformvorschläge de lege ferenda zur Erhöhung der Anreizwirkung unterbreitet.
A. Die Eigenverwaltung als Anreizinstrument Wie bereits dargestellt, dient die Eigenverwaltung dem Zweck, einen Anreiz zur frühzeitigen Insolvenzantragstellung zu schaffen, indem dem Vertretungsorgan des insolventen Rechtsträgers die Aussicht eröffnet wird, auch nach Verfahrenseröffnung nicht aus der Geschäftsführung verdrängt zu werden.17 Stattdessen erhält der 15 Vgl. Vallender, WM 1998, 2129, 2130; Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 60. 16 Vgl. Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 61. 17 Vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 526.
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Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
(Gesellschafter-)Geschäftsführer die Möglichkeit, weiterhin die Kontrolle über „sein“ Unternehmen ausüben zu können.18 Dieses Anreizinstrument bietet dem Gesellschaftergeschäftsführer damit die Chance eine Fortführungslösung zu erarbeiten, die zum einen die bestmögliche und gleichmäßige Gläubigerbefriedigung vorsieht. Zum anderen wird davon abgesehen, dass das Unternehmen zerschlagen wird, der Gesellschaftergeschäftsführer seine Anstellung verliert, etwaige Personalsicherheiten verwertet werden und ihm damit letztlich die Arbeitslosigkeit und die Privatinsolvenz drohen. Verliert er dagegen, wie im Regelverfahren durch den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf einen Insolvenzverwalter (vgl. § 80 Abs. 1 InsO), die Kontrolle über „sein“ Unternehmen, setzt er sich den oben genannten Risiken aus. Denn ein Gesellschaftergeschäftsführer kann nicht davon ausgehen, dass ein Insolvenzverwalter neben der in § 1 InsO normierte Gläubigerbefriedigungsfunktion, seine persönlichen Interessen unterstützt. Die Ausübung von Kontrolle ist daher essentiell, um einen Gesellschaftergeschäftsführer zu einer frühzeitigen Antragstellung zu bewegen.19 Stellt dieser fest, das Sanierungsverfahren nicht kontrollieren zu können, wird er davon absehen ein gerichtliches Sanierungsverfahren einzuleiten.20 Die Anreizwirkung des Rechtsinstituts der Eigenverwaltung kann sich daher nur entfalten, wenn dem Gesellschaftergeschäftsführer die Sicherheit gewährt wird, die Kontrolle über „sein“ Unternehmen auch in der Insolvenz behalten zu können, so dass er sein Eigensanierungsvorhaben umsetzen kann. Überdies gilt es zu bedenken, dass im Eigenverwaltungsverfahren geringere Verfahrenskosten anfallen als im Regelverfahren.21 Hierdurch steigen die Chancen, dass für die Gläubiger höhere Befriedigungsquoten als im Rahmen einer Regelabwicklung realisiert werden und ein Gesellschaftergeschäftsführer einen Teil des Fortführungswerts für sich vereinnahmen kann.
I. Kritikpunkte vor Einführung des ESUG Mit Einführung der Eigenverwaltung im Jahre 1999 wollte der Gesetzgeber den Schuldner bzw. die Vertretungsorgane von materiell insolventen Unternehmen zur frühzeitigen (Insolvenz-)Antragstellung bewegen.22 Allerdings hatte die Eigenverwaltung in der deutschen Gerichtspraxis vor Einführung des ESUG keine besondere Bedeutung erlangt. Die in anderen Rechtskulturen, wie z. B. in den USA anzutreffende Kultur der zweiten Chance existiert(e) in Deutschland lediglich in der Theorie
18
Vgl. Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 188. Vgl. Wallner/Gerster/Weiß, ZInsO 2011, 16, 23; Westphal, ZGR 2010, 385, 392; Drukarczyk, ZIP 1989, 341, 350; Ehricke, ZIP 2002, 782, 784; BT-Drucksache, 17/5712, S. 40. 20 Vgl. Wallner/Gerster/Weiß, ZInsO 2011, 16, 23; Westphal, ZGR 2010, 385, 392; Drukarczyk, ZIP 1989, 341, 350; Ehricke, ZIP 2002, 782, 784; BT-Drucksache, 17/5712, S. 40. 21 Vgl. dazu bereits Teil 2, Abschnitt B. II. 2. a). 22 Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 526. 19
A. Die Eigenverwaltung als Anreizinstrument
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und nicht in der Praxis.23 Kritisiert wurden zum einen die restriktive Handhabung der Anordnung der Eigenverwaltung durch die Insolvenzgerichte24 und zum anderen die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des Eröffnungsverfahrens bei beantragter Eigenverwaltung.25 1. Der restriktive Umgang der Insolvenzgerichte mit dem Eigenverwaltungsantrag Während noch der Regierungsentwurf zur Insolvenzordnung vorsah, dass für die Anordnung der Eigenverwaltung dem Insolvenzgericht keine Umstände bekannt sein durften, die zu sonstigen Nachteilen für die Gläubiger führen würden, war hingegen nach der bisherigen Rechtslage die Eigenverwaltung gem. § 270 Abs. 2 Nr. 3 InsO a.F. dann anzuordnen, wenn nach den Umständen zu erwarten war, dass ihre Anordnung nicht zu sonstigen Nachteilen für die Gläubiger führt.26 Entgegen dem früheren Regierungsentwurf sah die umgesetzte Regelung somit vor, dass das Insolvenzgericht den Antrag bereits dann ablehnen konnte, wenn nach freier Überzeugung eine abstrakte Gefahr der Gläubigerbenachteiligung zu erwarten war.27 Die Kenntnis von konkreten Umständen war nicht erforderlich, was eine Verschärfung der Anordnungsvoraussetzungen im Hinblick auf die Entscheidung des Gerichts im Vergleich zur ursprünglich angedachten Regelung bedeutete. Die Verschärfung sollte dafür Sorge tragen, dass die Anordnung der Eigenverwaltung lediglich eine Ausnahme darstellt und damit die Interessen der Gläubiger geschützt werden.28 Allerdings war in der Praxis auch zu beobachten, dass selbst in den Fällen, in denen die Eigenverwaltung geeignet war, um die Sanierung herbeizuführen, d. h. keine Umstände vorlagen, die einer Anordnung entgegenstanden, Insolvenzgerichte aufgrund von Bedenken, gepaart mit ihrem von Gesetzes wegen zugebilligten (weiten) Beurteilungsspielraum, die Anordnung ablehnten.29 So war allein die Tatsache, dass der Schuldner die Insolvenz nicht verhindern konnte, für viele Insolvenzgerichte ein
23
Vgl. Römermann, GmbHR 2012, 421, 422. Vgl. Kranzusch, ZInsO 2008, 1346, 1348; Kammel/Staps, NZI 2010, 791, 794; Uhlenbruck/Vallender, NZI 2009, 1, 6; Madaus, NZI 2011, 622, 623; MünchKommInsO/Wittig/ Tetzlaff, 2. Aufl. 2008, vor §§ 210 bis 285 InsO, Rn. 18. 25 Vgl. Hofmann, Die Eigenverwaltung in der Insolvenz, 2006, S. 337; Kammel/Staps, NZI 2010, 791, 794; Westrick, NZI 2003, 65, 67;; MünchKommInsO/Wittig/Tetzlaff, 2. Aufl. 2008, vor §§ 210 bis 285 InsO, Rn. 38. 26 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 61, 223. 27 Vgl. Westrick, NZI 2003, 65, 67; Uhlenbruck/Vallendar, NZI 2009, 1, 6; Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 566 f.; Bales, NZI 2008, 216, 220; Spies, ZInsO 2005, 1255, 1257. 28 Vgl. Vallender, WM 1998, 2129, 2133; Westrick, NZI 2003, 65, 67; Graf/Wunsch, ZIP 2001, 1029, 1032. 29 Vgl. Huntemann/Dietrich, ZInsO 2001, 13, 15; Uhlenbruck/Vallendar, NZI 2009, 1, 6; Spies, ZInsO 2005, 1254, 1259; Wuschek, ZInsO 2012, 110, 111; Wuschek, ZInsO 2012, 110, 111; Braun, NZI 2003, 588, 589; Pape, ZInsO 2010, 1582, 1594. 24
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Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
abstrakter Umstand, der eine Gläubigerschädigung erwarten ließ.30 Zwar hatte der Schuldner die Möglichkeit, das Insolvenzgericht vom Gegenteil zu überzeugen, allerdings wurde von einigen Insolvenzgerichten vorgetragen, dass sie nicht den „Bock zum Gärtner“31 machen wollten, so dass Überzeugungsversuche des Schuldners schlichtweg ignoriert wurden, was letztlich zu einer Ablehnung des Eigenverwaltungsantrags führte.32 Denn ließ sich für das Insolvenzgericht nicht das Gegenteil feststellen, dass die Eigenverwaltung voraussichtlich nicht nachteilig sein wird, hatte die Anordnung zu unterbleiben.33 Unklarheiten gingen zu Lasten des Schuldners und nicht zu denen des Insolvenzgerichts.34 2. Der Kontrollverlust des Schuldners im Eröffnungsverfahren Zudem wirkte sich die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des Eröffnungsverfahrens bei beantragter Eigenverwaltung negativ auf das Kontrollbedürfnis des Schuldners und in der Konsequenz auch auf die Voraussetzungen des § 270 Abs. 2 Nr. 3 InsO a.F. aus. Die früheren Regelungen der §§ 270 ff. InsO a.F. gestalteten nur das eröffnete Insolvenzverfahren, nicht dagegen das Eröffnungsverfahren, mithin den Verfahrensabschnitt zwischen dem Stellen des Insolvenzantrags (und dem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung) und der Entscheidung über die Insolvenzeröffnung. Das Eröffnungsverfahren der Eigenverwaltung bestimmte sich nach den allgemeinen Vorschriften.35 Das Insolvenzgericht hatte somit im Rahmen des Eröffnungsverfahrens gem. § 21 Abs. 1 S. 1 InsO a.F. alle Maßnahmen zu treffen, um eine zwischenzeitliche Verschlechterung der Vermögenslage des Schuldners zu vermeiden. Sinn und Zweck dieser Regelung war es, bis zur endgültigen Prüfung der Verfahrens- bzw. Anordnungsvoraussetzungen das Ziel des Insolvenzverfahrens, die bestmögliche Gläubigerbefriedigung, nicht zu gefährden.36 Hierfür stellte § 21 Abs. 2 InsO a.F. bestimmte Sicherungsmaßnahmen zur Verfügung, wie die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters und/oder die Anordnung von Verfügungsverboten oder Zustimmungsvorbehalten (§§ 21, 22 InsO a.F.). Des Weiteren 30
Vgl. Huntemann/Dietrich, ZInsO 2001, 13, 15; Uhlenbruck/Vallendar, NZI 2009, 1, 6; Spies, ZInsO 2005, 1254, 1259; Schmudde/Vorwerk, ZInsO 2006, 347, 351 f. 31 Förster, ZInsO 1999, 153. 32 Vgl. AG Darmstadt, ZInsO 1999, 176; Huntemann/Dietrich, ZInsO 2001, 13, 15; Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 136 f.; MünchKommInsO/Wittig/Tetzlaff, 2. Aufl. 2008, vor §§ 270 bis 285 InsO, Rn. 17 ff. 33 Vgl. HK-InsO/Landfermann, 6. Aufl. 2011, § 270 InsO, Rn. 19; Spies, ZInsO 2005, 1255, 1257; Braun/Riggert, InsO, 4. Aufl. 2010, § 270, Rn. 8. 34 Vgl. AG Potsdam, DZWiR 2000, 343; Pape, ZInsO 2010, 1582, 1593; Bilchmeier, DZWiR 2000, 62, 65; HambKomm/Fiebig, 3. Aufl. 2009, § 270 InsO, Rn. 27; Frind, ZInsO 2010, 1524, 1527; Wuschek, ZInsO 2012, 110, 113. 35 Vgl. Braun/Riggert, InsO, 4. Aufl. 2010, § 270, Rn. 11; Schlegel, Die Eigenverwaltung in der Insolvenz, 1999, S. 131; Huhn, Die Eigenverwaltung im Insolvenzverfahren, 2003, Rn. 502. 36 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 116.
A. Die Eigenverwaltung als Anreizinstrument
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konnten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger untersagt oder einstweilig eingestellt werden (§ 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO) und ein Verwertungsstop von den Sicherungsgläubigern angeordnet werden (§ 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO). Bei der Entscheidung, welche Sicherungsmaßnahmen im Einzelfall anzuordnen waren, musste das Insolvenzgericht die Auswirkungen der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen auf die späteren Chancen der Eigenverwaltung mit in seine Überlegungen einbeziehen.37 Demzufolge war nach der h.M. mit Antragstellung ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt zu bestellen (sog. vorläufiger schwacher Insolvenzverwalter).38 Dies wurde in der Literatur und Praxis als das mildere Mittel gegenüber der Bestellung eines vorläufigen starken Insolvenzverwalters, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übergeht, angesehen. So wurde in der Regel vom Insolvenzgericht angeordnet, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen schwachen Insolvenzverwalters wirksam waren, so dass der Zahlungsverkehr ausschließlich dem vorläufigen Insolvenzverwalter unterlag.39 Auch die Begründung von Masseverbindlichkeiten konnte nur im Wege einer gerichtlichen Einzelermächtigung40 durch den vorläufigen schwachen Insolvenzverwalter erfolgen.41 Allerdings hatte diese Praxis zur Folge, dass die Geschäftsführung finanzielle Angelegenheiten nicht mehr selbständig ausführen konnte und auch nicht mehr die Kontrolle des operativen Geschäfts innehatte.42 In der Konsequenz machten Lieferanten ihre weiteren Lieferungen von der Aussage des vorläufigen Insolvenzverwalters abhängig.43 Nur dieser konnte letztlich die Vorkasse für die Weiterlieferung anordnen, oder Masseverbindlichkeiten begründen. Auch die Verhandlung über eine Überbrückungsfinanzierung mit den Kreditinstituten wurde letztlich mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter geführt.44 Nur er konnte Masseverbindlichkeiten begründen und (neue) Sicherheiten durch 37 Vgl. Vallender, WM 1998, 2129, 2132; Braun/Riggert, InsO, 4. Aufl. 2010, § 270, Rn. 11. 38 Vgl. AG Duisburg, ZIP 2002, 1636; Huhn, Die Eigenverwaltung im Insolvenzverfahren, 2003, Rn. 469; HambKomm/Fiebig, 4. Aufl. 2009, § 277 InsO, Rn. 3 ff.; HK-InsO/Landfermann, 6. Aufl. 2011, § 270 InsO, Rn. 16; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 270, Rn. 45; Vallender, WM 1998, 2129, 2132; Pape, ZInsO 2010, 1582, 1594; Westrick, NZI 2003, 65, 71; Uhlenbruck, NZI 2001, 632, 634; MünchKommInsO/Wittig/Tetzlaff, 2. Aufl. 2008, Vorbemerkungen vor §§ 270 bis 285, Rn. 39. 39 Vgl. Hölzle, ZIP 2011, 1889, 1890 f., Wuschek, ZInsO 2012, 110, 114; Haarmeyer/ Wutzke, ZInsO 2010, 1201, 1202; Windel, ZIP 2009, 101, 101. 40 Das Insolvenzgericht darf dem vorläufigen schwachen Insolvenzverwalter die Ermächtigung erteilen, vorab genau festgelegte Verpflichtungen zulasten der späteren Insolvenzmasse einzugehen (sog. Einzelermächtigung; vgl BGHZ 151, 353 = ZInsO 2002, 819). 41 Vgl. HambKomm/Schröder, 3. Aufl. 2009, § 22 InsO, Rn. 91 ff.; Haarmeyer/Wutzke, ZInsO 2010, 1201, 1202; Braun/Kind, InsO, 4. Aufl. 2010, § 22, Rn. 28. 42 Vgl. Haarmeyer/Wutzke, ZInsO 2010, 1201, 1202; Pape, ZInsO 2010, 1582, 1594. 43 Vgl. Hölzle, ZIP 2011, 1889, 1890 f.; Haarmeyer/Wutzke, ZInsO 2010, 1201, 1202. 44 Vgl. Wuschek, ZInsO 2012, 1294, 1296 f.; Obermüller, ZInsO 2011, 1809, 1816 f.; Wahren, in: Cranshaw/Paulus/Michel (Hrsg.), Bankenkommentar zum Insolvenzrecht, 2. Aufl. 2012, vor § 21 InsO, Rn. 8 ff.
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Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
seine Zustimmung bestellen.45 Schließlich war in der Praxis zu beobachten, dass eine von der Geschäftsführung angestrebte Beauftragung von Sanierungsberatern zwecks Erstellung eines Insolvenzplans durch den vorläufigen Insolvenzverwalter ignoriert und eigene Mitarbeiter oder dem Verwalter bekannte Berater mit dieser Aufgabe beauftragt wurden.46 Dieser Umstand ist auch darauf zurückzuführen, dass der vorläufige Insolvenzverwalter regelmäßig auch als Sachverständiger von dem Insolvenzgericht damit beauftragt wurde, sämtliche Fortführungsaussichten zu prüfen. Um diesem Prüfungsauftrag nachzukommen, hat der vorläufige Insolvenzverwalter auch regelmäßig die Möglichkeit einer übertragenden Sanierung auszuloten und ggf. einen Investorenprozess zu initiieren47, was ein späteres Eigenverwaltungsverfahren erübrigte.48 Wesentliche unternehmerische Entscheidungen, die das weitere Verfahren bestimmten, verblieben daher nicht mehr bei der Geschäftsführung, sondern wurden letztendlich vom vorläufigen Insolvenzverwalter getroffen, woraufhin der Schuldner nicht die Zusammenarbeit mit dem Verwalter suchte, sondern sich passiv seinem Schicksal ergab.49 Aus diesem Umstand heraus hätte er sich im eröffneten Verfahren wieder in sein Geschäft einarbeiten müssen.50 Dies führte jedoch dazu, dass diese Einarbeitungszeit als eine Verfahrensverzögerung i.S.v. § 270 Abs. 2 Nr. 3 InsO a.F. zu werten war, so dass eine Anordnung der Eigenverwaltung für das eröffnete Verfahren ausschied.51
II. Änderungen durch das ESUG Aufgrund der entgegengebrachten Kritik hat der Reformgesetzgeber die Voraussetzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung und das Eröffnungsverfahren neu geregelt.
45
Vgl. Obermüller, ZInsO 2011, 1809, 1816 f.; Wuschek, ZInsO 2012, 1294, 1299 f.; Strotmann/Tetzlaff, ZInsO 2011, 559, 560. 46 Vgl. Huntemann/Dietrich, ZInsO 2001, 13, 15; MünchKommInsO/Wittig/Tetzlaff, 2. Aufl. 2008, vor §§ 270 bis 285 InsO, Rn. 18a; Madaus, NZI 2011, 622, 623; Desch, BB 2011, 841, 842; Uhlenbruck/Lüer, InsO, 13. Aufl. 2010, § 218, Rn. 55 ff.; Streit, DB 2010, 31, 31; Graeber, ZInsO 2006, 851, 854. 47 Vgl. Braun/Kind, InsO, 4. Aufl. 2010, § 22, Rn. 33. 48 Vgl. Hölzle, ZIP 2011, 1889, 1891. 49 Vgl. Pape, ZInsO 2010, 1582, 1594; Ehricke, ZIP 2002, 782, 784. Zwar hatte der Schuldner trotz dieser Umstände noch die Möglichkeit einen Insolvenzplan dem Insolvenzgericht vorzulegen (vgl. § 218 Abs. 1 InsO). Allerdings kann er für die Kosten, die ihm durch die Ausarbeitung des Plans entstanden sind, keinen Ersatz aus der Insolvenzmasse beanspruchen (vgl. BGH, NZI 2008, 173, 175). 50 Vgl. Kammel/Staps, NZI 2010, 791, 794. 51 Vgl. Vallender, WM 1998, 2129, 2132.
A. Die Eigenverwaltung als Anreizinstrument
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1. Die neuen Voraussetzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung In materieller Hinsicht dürfen nach § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO n.F., der den bisherigen § 270 Abs. 2 Nr. 3 InsO ersetzt52, keine Umstände bekannt sein, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird. Die Regelung entspricht damit dem Wortlaut der ursprünglichen Fassung des Regierungsentwurfs zur Insolvenzordnung (§ 331 Abs. 2 Nr. 3 InsO-RegE)53, so dass für eine Ablehnung der Eigenverwaltung dem Insolvenzgericht nunmehr konkrete Umstände bekannt sein müssen, die bei einer Anordnung der Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen werden.54 In der Konsequenz muss nicht mehr der Schuldner bzw. der Geschäftsführer Gründe dafür vortragen, dass die Anordnung der Eigenverwaltung nicht zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird.55 Sondern das Insolvenzgericht muss jetzt positiv feststellen, dass konkrete Umstände vorliegen, die tatsächlich Nachteile für die Gläubiger erwarten lassen56.57 Nur sich dem Insolvenzgericht aufdrängende eindeutige Fallgestaltungen können demnach zur Ablehnung der Anordnung führen.58 Unklarheiten über mögliche Nachteile für die Gläubiger gehen daher nicht mehr zu Lasten des Geschäftsführers, sondern des Insolvenzgerichts.59 2. Die Eigenverwaltung im Eröffnungsverfahren Um das Rechtsinstitut „Eigenverwaltung“ zu stärken, hat der Gesetzgeber zudem die bisher übliche Voraussetzung dafür, dass die Anordnung der Eigenverwaltung nicht anzuordnen ist, wenn dies zu einer Verfahrensverzögerung führen würde, ersatzlos gestrichen. Zudem hat er nunmehr die vorläufige Eigenverwaltung im Insolvenzeröffnungsverfahren geregelt (vgl. §§ 270a, 270b InsO), wobei zwischen dem Regeleigenverwaltungseröffnungs- (§ 270a InsO) und dem Sanierungsvorbereitungsverfahren (§ 270b InsO) zu unterscheiden ist.
52
Der bisherige § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO ist ersatzlos entfallen, um Blockademöglichkeiten eines antragstellenden Gläubigers zu beseitigen (vgl. dazu BT-Drucksache 12/5712, S. 38). 53 Vgl. BT-Drucksache 12/5712, S. 38. 54 Vgl. BT-Drucksache 12/5712, S. 38. 55 Vgl. zur Begründungslast des Schuldners vor Einführung des ESUGs Westrick, NZI 2003, 65, 67. 56 Vgl. BT-Drucksache 12/5712, S. 38; Graf-Schlicker/Graf-Schlicker, 3. Aufl. 2012, § 270 InsO, Rn. 10; Wimmer, Das neue Insolvenzrecht nach der ESUG-Reform, 2012, S. 22. 57 Folglich handelt es sich um eine gedrehte Begründungslast. Zu diesem rechtsmethodischen Instrument vgl. Krebs, AcP 195 (1995), 171 ff. 58 Vgl. BT-Drucksache 12/5712, S. 38; Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270, Rn. 5. 59 Vgl. BT-Drucksache 12/5712, S. 38; Graf-Schlicker/Graf-Schlicker, 3. Aufl. 2012, § 270 InsO, Rn. 10.
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Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
a) Das Regeleigenverwaltungseröffnungsverfahren nach § 270a InsO Der neu eingeführte § 270a InsO n.F. regelt das Verfahren ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Nach § 270a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 InsO soll das Insolvenzgericht bei einem nicht offensichtlich aussichtslosen Antrag des Schuldners auf Anordnung der Eigenverwaltung davon absehen, dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot aufzuerlegen (Nr. 1), oder anordnen, dass alle Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (Nr. 2). Anstelle eines vorläufigen Insolvenzverwalters ist ein vorläufiger Sachwalter zu bestellen. In diesem Rahmen hat das Insolvenzgericht – wegen der Eilbedürftigkeit der Maßnahme – die Voraussetzungen des § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO n.F. lediglich „kursorisch“ zu prüfen.60 Liegen Nachteile der Gläubiger zum Zeitpunkt der Antragstellung daher nicht auf der Hand, hat das Insolvenzgericht auf die Bestellung eines vorläufigen Verwalters und auf sonstige Verfügungsbeschränkungen zu verzichten. Stattdessen hat es einen vorläufigen Sachwalter zu bestellen.61 aa) Rechtsstellung des vorläufigen Sachwalters Hinsichtlich der Rechtsstellung ist der vorläufige dem endgültigen Sachwalter gleichgestellt (vgl. §§ 274, 275 InsO). Somit obliegen ihm Überwachungs-, Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten, um masseschädigende Handlungen durch den Schuldner bzw. Geschäftsführer in der Eigenverwaltung zu verhindern. So hat er insbesondere die wirtschaftliche Lage des schuldnerischen Unternehmens zu prüfen und die Geschäftsführung zu überwachen (s. o.). Um dieser Pflicht nachkommen zu können, hat der Schuldner bzw. der Geschäftsführer und die Angestellten des Unternehmens, ihm alle notwendigen Informationen zu erteilen (vgl. § 270a Abs. 1 S. 2 InsO i.V. §§ 274 Abs. 2 S. 2, 22 Abs. 3 InsO). Auch die Anzeigepflicht des Sachwalters gilt nach § 274 Abs. 3 InsO für die vorläufige Eigenverwaltung entsprechend. So hat der vorläufige Sachwalter für die Gläubiger nachteilige Umstände anzuzeigen, die in dem Verbleiben der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis beim Insolvenzschuldner begründet sind.62 Dies gilt etwa, wenn der Geschäftsführer für die Insolvenzmasse nachteilige Rechtsgeschäfte eingegangen ist oder Vermögenswerte vor dem Zugriff der Insolvenzmasse zu entziehen versucht.63 Diese Verpflichtung trifft den vorläufigen Sachwalter nicht nur gegenüber den Gläubigern, sondern auch gegenüber dem Insolvenzgericht, damit dieses seiner Aufsichtspflicht aus § 58 InsO nachkommen und gegebenenfalls Sicherungsmaßnahmen ergreifen kann (§ 270a 60 Vgl. Ringstmeier, in: Ahrens/Gerlein/Ringstmeier, 2012, § 270a InsO, Rn. 2; Schelo, ZIP 2012, 712, 714; Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270a, Rn. 2. 61 Vgl. Graf-Schlicker/Graf-Schlicker, 3. Aufl. 2012, § 270a InsO, Rn. 4. 62 Vgl. Buchalik, ZInsO 2012, 349, 355. 63 Vgl. Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270a, Rn. 3.
A. Die Eigenverwaltung als Anreizinstrument
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Abs. 1 S. 2 InsO i.V. § 275 Abs. 1 InsO). Im Übrigen haftet der vorläufige Sachwalter nach § 270a Abs. 1 S. 2 InsO i.V.m. §§ 274 Abs. 1, 60 InsO. bb) Rechtsstellung des Schuldners Der Schuldner behält im Regeleigenverwaltungseröffnungsverfahren die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und unterliegt keinem Zustimmungserfordernis. Ob der Schuldner darüber hinaus Masseverbindlichkeiten (mittels einer gerichtlichen Einzelermächtigung) im Eigenverwaltungseröffnungsverfahren begründen kann, wurde in der jüngsten Vergangenheit kontrovers diskutiert.64 Eine ausdrückliche Regelung ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Sinn und Zweck des § 270a InsO sprechen jedoch für die Möglichkeit der Begründung von Masseverbindlichkeiten durch eine Einzelermächtigung durch das Insolvenzgericht. Denn Anderenfalls könnte der Schuldner keine Verpflichtungen zu Lasten der späteren Insolvenzmasse eingehen. Dies hätte zur Folge, dass Lieferbeziehungen und/oder sonstige Vertragsverhältnisse, die für eine Fortführung des Unternehmens zwingend notwendig sind, nicht begründet oder erhalten werden können.65 Der Schuldner kann daher ausnahmsweise Masseverbindlichkeiten begründen. Voraussetzung ist jedoch, dass deren Notwendigkeit und Finanzierbarkeit dem Insolvenzgericht dargelegt werden kann.66 Liegen beide Voraussetzungen vor, kann das Insolvenzgericht durch eine Einzelermächtigung dem Schuldner die Möglichkeit einräumen, Masseverbindlichkeiten zu begründen. cc) Der vorläufige Gläubigerausschuss War bisher umstritten, ob es gesetzlich zulässig ist, bereits im Eröffnungsverfahren einen vorläufigen Gläubigerausschuss zu bestellen67, stellt dessen Konstituierung nach § 21 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1a InsO nunmehr eine vorläufige Sicherungsmaßnahme dar. Erfüllt das Unternehmen sogar, wie in dem hier interessierten Untersuchungskreis, die Schwellenwerte aus § 22a Abs. 1 InsO und hat es den Betrieb bei Antragstellung noch nicht eingestellt, so ist das Insolvenzgericht grundsätzlich dazu verpflichtet, einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen (sog. MussGläubigerausschuss). Demnach ist ein vorläufiger Gläubigerausschuss einzusetzen, wenn zwei der drei nachfolgenden Merkmale erfüllt sind: – mindestens 4.840.000 EUR Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags i.S.d. § 268 Abs. 3 HGB, 64 Befürwortend: AG Köln, ZIP 2012, 788; AG München, ZIP 2012, 1470; Graf-Schlicker/ Graf-Schlicker, 3. Aufl. 2012, § 270a InsO, Rn. 13; Frind, ZInsO 2012, 1099, 1102 f.; Undritz, BB 2012, 1551, 1553 f.; ablehnend AG Fulda, ZIP 2012, 1471; AG Hamburg, ZIP 2012, 787. 65 So auch LG Duisburg, ZInsO 2012, 2346; Buchalik, ZInsO 2012, 2330 ff.; Frind, ZInsO 2012, 1099, 1102 f. 66 Vgl. LG Duisburg, ZInsO 2012, 2346; Buchalik, ZInsO 2012, 2330, 2332. 67 Vgl. Obermüller, ZInsO 2012, 18, 19 m.w.N.
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Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
– mindestens 9.680.000 EUR Umsatzerlöse in den letzten 12 Monaten vor dem Abschlussstichtag oder – im Jahresdurchschnitt mindestens 50 Arbeitnehmer. Entscheidend für die Schwellenwerte sind die Merkmale im vorangegangenen Geschäftsjahr der Insolvenzantragstellung (vgl. § 22a Abs. 1 InsO). Aktuelle Mitarbeiterstrukturen oder Bilanz- bzw. Ergebniskennzahlen sind daher unbeachtlich. Mit dieser Neuregelung wird das Ziel verfolgt, dass der vorläufige Gläubigerausschuss in diesem frühen Verfahrensstadium das Insolvenzverfahren maßgeblich beeinflussen kann.68. Darauf aufbauend sieht § 270 Abs. 3 InsO eine Mitwirkung an der Entscheidung über den Eigenverwaltungsantrag vor. Hiernach ist der vorläufige Gläubigerausschuss nunmehr vor der Entscheidung über den Antrag zu hören (§ 270 Abs. 3 S. 1 InsO). Dabei sieht § 270 Abs. 3 S. 2 InsO eine gesetzliche Fiktion vor, wonach die Anordnung der Eigenverwaltung, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss diesen Antrag einstimmig unterstützt, als nicht nachteilig für die Gläubiger gilt. Zwar kann das Insolvenzgericht bei keinem einstimmigen Beschluss dennoch die Eigenverwaltung anordnen, allerdings ist hierbei abzuwägen, ob wesentliche Gläubiger die Sanierung mittragen oder nicht.69 Die Verweisungskette der §§ 270a Abs. 1 S. 2, 274 Abs. 1, 56a InsO führt dazu, dass der vorläufige Gläubigerausschuss zudem bei der Auswahl des vorläufigen Sachwalters zu beteiligen ist. Die übrigen ihm zukommenden Aufgaben entsprechen dagegen den bisher bekannten Aufgaben bei Verfahrenseröffnung vom Insolvenzgericht eingesetzten Gläubigerausschuss gem. §§ 69 – 73 InsO (vgl. dazu § 21 Abs. 2 S. 1, Nr. 1a InsO). dd) Sonstige Sicherungsmaßnahmen Schließlich kann das Insolvenzgericht, wie im Regeleröffnungsverfahren, das Verbot von Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen in das bewegliche Vermögen des Schuldners anordnen (§ 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO) und einen Verwertungsstop nach § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO beschließen, um ein vorzeitiges Auseinanderreißen des Schuldnervermögens zu verhindern.70 Insofern stehen dem Insolvenzgericht die gleichen Sicherungsmaßnahmen wie vor Einführung des ESUG bzw. wie im Regeleröffnungsverfahren zur Verfügung. Korrespondierend dazu kann der Schuldner beantragen, dass die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen nach § 30d Abs. 4 InsO „einstweilen eingestellt“ wird. Antragsberechtigt im Eigenverwaltungseröffnungsverfahren ist seit Einführung des ESUG nunmehr auch der Schuldner, der nach § 30d Abs. 4 S. 2 ZVG glaubhaft zu machen hat, dass die Einstellung zur Verhütung nachteiliger Veränderungen der Vermögenslage des Schuldners erforderlich ist und dass ohne die 68 69 70
Vgl. Obermüller, ZInsO 2012, 18, 18; Wuschek, ZInsO 2012, 110, 114. Vgl. Obermüller, ZInsO 2012, 1809, 1814. Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 116.
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Maßnahme eine Fortführung erheblich erschwert sein würde. Dies ist regelmäßig zu bejahen, wenn der Betriebsablauf ohne die Nutzungsmöglichkeit der betreffenden Sache nicht nur geringfügig gestört werden würde.71 b) Das Sanierungsvorbereitungsverfahren nach § 270b InsO Das sog. Sanierungsvorbereitungsverfahren nach § 270b InsO stellt eine Modifizierung des Eigenverwaltungs- bzw. des Regeleigenverwaltungseröffnungsverfahren dar. Das wesentliche Anliegen dieses besonderen Eröffnungsverfahrens ist es, dem Schuldner die Ausarbeitung eines Insolvenzplans nach Stellung des Eröffnungsantrags zu ermöglichen, um innerhalb der vom Gesetzgeber vorgesehenen Frist von drei Monaten Planungssicherheit für die angestrebte Sanierung mittels eines Insolvenzplanverfahrens unter Eigenverwaltung zu erhalten. Das Sanierungsvorbereitungsverfahren stellt daher kein, wie z. T. in der Literatur vertreten72, selbständiges, außergerichtliches Sanierungsverfahren, sondern ein besonderes Eigenverwaltungseröffnungsverfahren dar.73 aa) Anordnungsvoraussetzungen Die Voraussetzungen für die Einleitung des Sanierungsvorbereitungsverfahrens lassen sich in allgemeine und besondere Voraussetzungen unterteilen. (1) Allgemeine Voraussetzungen Die Einleitung des Sanierungsvorbereitungsverfahrens setzt voraus, dass der Schuldner neben dem Eröffnungsantrag i.S.d. § 13 InsO einen Antrag auf die Anordnung der Eigenverwaltung stellt.74 Der Antrag auf Eigenverwaltung hat damit, wie im oben dargestellten Regeleigenverwaltungsverfahren die Prüfungshürde des § 270a InsO zu nehmen.75 Somit müssen die Voraussetzungen des § 270a InsO vorliegen, d. h. der Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung darf im Zeitpunkt der Antragstellung nicht offensichtlich aussichtslos sein. Das Insolvenzgericht hat daher zu prüfen, ob zum Zeitpunkt der Antragstellung Umstände bekannt sind, die gem.
71
Vgl. HambKomm/Schröder, 4. Aufl. 2012, § 21 InsO, Rn. 69d. Vgl. Willemsen/Rechel, BB 2011, 834, 837. 73 Vgl. BT-Drucksache 17/5712, S. 40; Graf-Schlicker/Graf-Schlicker, 3. Aufl. 2012, § 270b InsO, Rn. 1; Becker/Kraemer/Bieckmann, KSI 2012, 245, 246; Desch, BB 2011, 841, 841; Ringstmeier, in: Ahrens/Gerlein/Ringstmeier, 2012, § 270b InsO, Rn. 1 f.; Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270a, Rn. 1; Herbst/Hörmann, ForderungsPraktiker 2012, 158, 158. 74 Vgl. Graf-Schlicker/Graf-Schlicker, 3. Aufl. 2012, § 270b InsO, Rn. 4; Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270b, Rn. 4; Ringstmeier, in: Ahrens/Gerlein/Ringstmeier, 2012, § 270b InsO, Rn. 6 f. 75 Vgl. Ringstmeier, in: Ahrens/Gerlein/Ringstmeier, 2012, § 270b InsO, Rn. 16; Braun/ Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270b, Rn. 8. 72
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§ 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO im Falle einer Anordnung der Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen werden. (2) Besondere Voraussetzungen Darüber hinaus sind die besonderen Voraussetzungen des § 270b Abs. 1 InsO zu beachten. (a) Die Beurteilung des insolvenzrechtlichen Krisenstadiums Der Schuldner hat dem Insolvenzgericht zunächst eine Bescheinigung vorzulegen, aus der hervorgeht, dass lediglich drohende Zahlungsunfähigkeit i.S.v. § 18 InsO oder Überschuldung gem. §19 InsO, aber keine Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO vorliegt. Im Diskussionsentwurf berechtigte dagegen lediglich der Antrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit zur Einleitung des Sanierungsvorbereitungsverfahrens.76 Das Vorliegen drohender Zahlungsunfähigkeit impliziert jedoch, wie bereits dargestellt, dass es an einer mittelfristigen Zahlungsfähigkeit und damit an einer positiven Fortbestehensprognose fehlt (s. o.). Ohne eine positive Fortbestehensprognose sind jedoch die Vermögensgegenstände des Schuldners zu Liquidationswerten anzusetzen (§ 19 Abs. 2 InsO), die in den meisten Fällen eine rechnerische und somit auch eine insolvenzrechtliche Überschuldung nach sich zieht (s. o.). Denn wie bereits dargelegt, stellen die Fälle, in denen lediglich drohende Zahlungsunfähigkeit vorliegt, ohne zugleich die Voraussetzungen der Überschuldung zu erfüllen, in der Praxis einen Seltenheitswert dar.77 Ohne die durch den Regierungsentwurf erfolgte Einbeziehung der Überschuldung wäre der praktische Anwendungsbereich des § 270b InsO für Kapitalgesellschaften marginal gewesen.78 (b) Die Beurteilung der nicht offensichtlich aussichtslosen Sanierung Ferner muss sich aus der Bescheinigung ergeben, dass die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. § 270b Abs. 1 InsO). Fraglich ist, wann die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. (aa) Das Verfahrensziel als Beurteilungskriterium Ziel des Verfahrens ist nach dem Wortlaut zufolge die Sanierung des insolventen Schuldners. Allerdings stellt eine Sanierung nicht das angestrebte Ziel, sondern lediglich das Mittel zur Überwindung einer Krise dar.79 Verfahrensziel ist daher allein die Überwindung der Krise. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine Aussage über die Sanierungsfähigkeit erforderlich (s. dazu Teil 2, B. I.). Grundvoraussetzung für den Eintritt in das Sanierungsvorbereitungsverfahren ist daher, die Sanierungsfähigkeit 76 77 78 79
Vgl. § 270b Abs. 1 DiskE-ESUG, abgedruckt in ZIP 2010, Beilage zu Heft 28, S. 18. Vgl. dazu Teil 2, A. II. 3. So auch Willemsen/Rechel, BB 2011, 834, 837. Vgl. Vallendar/Zipperer, NZI 2012, 729, 732.
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des Unternehmens. Somit ist zu prüfen, ob die beabsichtigten finanzwirtschaftlichen und/oder leistungswirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen objektiv dazu geeignet sind, die Krise in einem gerichtlichen Sanierungsverfahren überwinden zu können (vgl. dazu bereits Teil 2, B. I. 1.). Eine Meinung will im Sanierungsvorbereitungsverfahren die Voraussetzung der Sanierungsfähigkeit jedoch besonders einschränkend interpretieren.80 Sie trägt vor, dass das Sanierungsvorbereitungsverfahren nur für finanz-, nicht aber für leistungswirtschaftlich angeschlagene Unternehmen in Betracht kommt.81 Weshalb eine derartige Einschränkung für den Eintritt in das Sanierungsvorbereitungsverfahren sachlich angezeigt sein soll, lassen die Vertreter dieser Meinung jedoch unbegründet.82 Gegen eine derartige Einschränkung sprechen allerdings die Vorteile des gerichtlichen Sanierungsverfahrens. So kann beispielsweise nicht nur eine rein finanzwirtschaftliche, sondern auch eine im leistungswirtschaftlichen Bereich liegende Krise Anlass für eine gerichtliche Sanierung bieten.83 Dies stellt ja gerade mit Blick auf die §§ 103 ff. InsO einen Vorteil gegenüber der außergerichtlichen Sanierung dar. Eine Beschränkung auf rein finanzwirtschaftlich ausgerichtete Sanierungsmaßnahmen ist daher nicht nachvollziehbar, zumal der Gesetzgeber auch leistungswirtschaftliche Pläne zulässt (s. o.). Daher muss für den Eintritt in das Sanierungsvorbereitungsverfahren die Sanierungsfähigkeit als solche ausreichen. Eine Beschränkung auf rein finanzwirtschaftliche Sanierungen ist nicht zu rechtfertigen. Ob zu diesem Verfahrenszeitpunkt neben der Bejahung der Sanierungsfähigkeit auch der Fortführungswille auf Seiten der Gläubiger erforderlich ist, erscheint dagegen fraglich (vgl. dazu Teil 2, B. I. 2.). Eine Meinung verlangt, dass bereits zu diesem Verfahrenszeitpunkt eine Aussage der Gläubiger zur Sanierungswürdigkeit vorliegen muss.84 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass den Gläubigern zunächst ein objektiv gangbarer Weg aus der Krise mittels eines Insolvenzplans aufgezeigt werden soll, bevor über den weiteren Verbleib des Unternehmens und einem etwaigen Forderungserlass nach § 227 Abs. 1 InsO entschieden wird.85 Sähe man dies anders, ginge auch hier wiederum die Vorteilhaftigkeit der gerichtlichen Sanierung verloren. Gläubiger bzw. Akkordstörer können durch einen Mehrheitsbeschluss, ggf. durch eine geschickte strategische Gruppenbildung, an den Plan bzw. an die Sanierung gebunden werden. Zudem werden wesentliche Gläubiger, wie etwa Kreditinstitute, zu diesem Verfahrenszeitpunkt keine (verbindliche) Aussage über die 80
Vgl. Vallendar/Zipperer, NZI 2012, 729 ff. Vgl. Vallendar/Zipperer, NZI 2012, 729, 731; Siemon, ZInsO 2012, 1045, 1046. 82 Vgl. Vallendar/Zipperer, NZI 2012, 729, 731. 83 So z. B. im Sanierungsfall „SinnLeffers“. Da nur wenige Vermieter zu Zugeständnissen bereit waren und „SinnLeffers“ nur rentable Filialen weiterführen konnte, trennte sich das Unternehmen mithilfe des Wahlrechts aus § 109 Abs. 1 S. 1 InsO von 23 der vormals 47 Filialen (vgl. dazu Feller, perspektiv-wissen 5/2010, S. 7 f.). 84 Vgl. Herbst/Hörmann, ForderungsPraktiker 2012, 158, 160. 85 Vgl. Hermanns, ZInsO 2012, 2265, 2270. 81
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Mitwirkung am Sanierungsversuch treffen, um das Risiko einer etwaigen Haftung, insbesondere gegenüber den Mitgläubigern, zu entgehen.86 Ausschlaggebend kann zu diesem Verfahrenszeitpunkt daher allein die Sanierungsfähigkeit sein. (bb) Keine offensichtliche Aussichtslosigkeit der Sanierungsfähigkeit Die Sanierungsfähigkeit bzw. die angestrebte, d. h. gerichtliche Sanierung darf zudem „nicht offensichtlich aussichtslos“ sein. Dies bedeutet, dass keine offensichtlichen, d. h. ohne weiteres erkennbaren und sich einer sachkundigen Person geradezu aufdrängenden Gründe gegen die Bejahung der Sanierungsfähigkeit vorliegen dürfen.87 Anders als nach § 19 Abs. 2 InsO muss die Sanierungsfähigkeit damit nicht überwiegend wahrscheinlich sein, also mehr Gründe „dafür“ als „dagegen“ sprechen (vgl. Teil 2, A. II. 2. b) bb) (2)). Sondern nur in den Fällen, in denen sich Gründe gegen die Unmöglichkeit des gerichtlichen Sanierungsvorhabens dem Bescheinigungsaussteller und/oder dem Insolvenzgericht offenkundig aufdrängen, ist der Eintritt in das Sanierungsvorbereitungsverfahren versperrt.88 Welche Gründe hier in Frage kommen, darüber schweigt jedoch der Gesetzgeber. Eine vergleichbare Situation ist jedoch aus der Jahresabschlussprüfung bekannt. Im Rahmen der handelsrechtlich vorzunehmenden Fortführungsprognose nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ist von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, es sei denn, der Fortführung stehen tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegen, so dass die Unternehmensfortführung unmöglich ist.89 Zu den tatsächlichen Gegebenheiten zählen u. a. das Schwinden der Wettbewerbsfähigkeit, der Wegfall wichtiger Abnehmer oder die Unmöglichkeit Finanzmittel für wichtige neue Produktionsentwicklungen oder andere wichtige Investitionen zu beschaffen.90 Zu den rechtlichen Gegebenheiten zählen dagegen z. B. der Entzug von Betriebsgenehmigungen oder existenznotwendiger Konzessionen.91 Daran anknüpfend ist denjenigen Unternehmen der Eintritt in das Sanierungsvorbereitungsverfahren versperrt, die infolge eines Strukturwandels ihre Wettbewerbsfähigkeit verloren haben, mithin nicht sanierungsfähig sind. Derartig gelagerte Fälle liegen beispielsweise vor, wenn Produkte oder Dienstleistungen aufgrund von Marktveränderungen nicht mehr nachgefragt werden.92 Solche Unternehmen haben aus ökonomischer Sicht ihre Existenzgrundlage verloren und sollen auch nicht künstlich am Leben erhalten werden. Denn eine Perpetuierung von nicht sanierungsfähigen Unternehmen würde 86
Vgl. Vuia, Die Verantwortlichkeit von Banken in der Krise von Unternehmen, 2007, S. 158; Wuschek, ForderungsPraktiker 2010, 220, 223; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 2011, S. 665 f. 87 Vgl. Herbst/Hörmann, ForderungsPraktiker 2012, 158, 160; Fuhst, GWR 2012, 482, 483; Ringstmeier, in: Ahrens/Gerlein/Ringstmeier, 2012, § 270b InsO, Rn. 18. 88 Vgl. Brinkmann, WM 2012, 1313, 1316; Vallendar/Zipperer, NZI 2012, 729, 732. 89 Vgl. Groß, WPg 2010, 119, 123. 90 Vgl. Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1865 f. 91 Vgl. Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1865 f. 92 Vgl. Risse, KTS 1994, 465, 474 ff.; Franke, KTS 1983, 37, 37.
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das der Insolvenzordnung zu Grunde liegende Effizienzprinzip konterkarieren und damit der Filterfunktion des Insolvenzrechts entgegenstehen.93 Ferner ist nach diesem Vergleichsmaßstab ein gerichtliches Sanierungsvorhaben als offensichtlich aussichtslos i.S.d. § 270b Abs. 1 InsO einzustufen, wenn z. B. keine konkreten Aufträge genannt werden können,94 die Finanzierung der Sanierung95 nicht dargestellt werden kann96 oder wenn Konzessionen bereits unwiderruflich entzogen wurden.97 (c) Anforderungen an den Bescheinigungsaussteller Schließlich ist die Bescheinigung, aus der sich die beiden vorherigen Voraussetzungen ergeben müssen, von einem in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt oder von einer Person mit vergleichbarer Qualifikation vorzulegen (vgl. § 270b Abs. 1 InsO). Fraglich ist, wer zu diesem Personenkreis gezählt werden kann. (aa) Allgemeine Anforderungen Nach dem Wortlaut des § 270b Abs. 1 InsO kommen zunächst die aufgeführten Berufsträger als Bescheinigungsaussteller in Betracht. Dies sind Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Zudem kommen Personen mit einer vergleichbaren Qualifikation in Betracht. Allerdings lässt sich nicht ohne weiteres die Frage beantworten, wer eine Person mit vergleichbarer Qualifikation ist. Entsprechend der Gesetzesbegründung folgend kommen als vergleichbare Personen insbesondere Steuerbevollmächtigte oder vereidigte Buchprüfer, die nach § 3 Nr. 1 StBerG ebenso wie Steuerberater zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind, in Betracht.98 Aufgrund dieser Aufzählung wird vorge-
93 Vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 11; Huelsdunk, KTS 1999, 291, 291; Balz, ZIP 1988, 273, 274 f. 94 Vgl. Siemon, ZInsO 2012, 1045, 1046. 95 Auf die Frage der Finanzierung der Planerstellung sowie der Fortführung des Geschäftsbetriebs hat etwa das Bundesland Sachsen reagiert und nach langjähriger Untersuchung eine Förderung von Insolvenzpläne eingeführt („Krisenbewältigung und Neustart“), die auf die Sanierung von Unternehmen gerichtet sind. Die Förderung umfasst die anteilige Übernahme der Kosten der Planerstellung (nicht rückzahlbare Zuwendung i.H.v. max. 50 % der Planerstellungskosten, max. EUR 10.000), die Sicherstellung der Liquidität des Unternehmens durch Massekredite (mindestens EUR 20.000 bis max. EUR 1. Mio.) sowie die anteilige Finanzierung von Betriebsmitteln bei Neu- bzw. Ersatzinvestitionen (mindestens EUR 20.000 bis max. EUR 1 Mio., jedoch max. 80 % des Gesamtbedarfs), die die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens wiederherstellen und stabilisieren soll (vgl. dazu Ehlers, ZInsO 2010, 257, 259 f.). 96 Vgl. Fröhlich/Bächstädt, ZInsO 2011, 985, 988. 97 Vgl. Gutmann/Lauberau, ZInsO 2012, 1861, 1870. 98 Vgl. BT-Drucksache 17/5712, S. 40. In Betracht kommen ferner „Angehörige eines anderen Mitgliedsstaates der EU oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und Personen, die in einem dieser Staaten ihre berufliche Nieder-
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tragen, dass der Gesetzgeber einmal die explizit im Gesetzestext genannten Ausbildungsnachweise fordert und damit auf die in der Regierungsbegründung genannten Personen abstellt und die Auflistung dann aber auch abschließend sei.99 Dass die Auflistung jedoch nicht abschließend sein kann, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut „insbesondere“. Zudem stellt der Gesetzgeber nicht auf den Ausbildungsnachweis, sondern auf die „Qualifikation“ der Person ab. Wäre der Ausbildungsnachweis maßgeblich, hätte dies zur Konsequenz, dass an den Bescheinigungsaussteller engere Anforderungen zu stellen wären, als an den Insolvenzverwalter. Mit dem Ergebnis, dass der Zugang zum Verwalteramt formell leichter wäre als zum Bescheinigungsaussteller.100 Ein Insolvenzverwalter muss, um dem allgemeinen Qualifikationserfordernis aus § 56 Abs. 1 S. 1 InsO zu genügen, die für die Insolvenzverwaltung notwendige Geschäftskunde vorweisen. Damit wird in abstrakter Form eine persönliche Qualifikation für das Verwalteramt beschrieben. Geschäftskunde als Qualifikationsanforderung i.S.d. § 56 Abs. 1 InsO bedeutet, juristische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse vorweisen zu können, die für die Insolvenzverwaltung notwendig sind.101 Der Verwalterkandidat muss u. a. über Kenntnisse im Gesellschafts-, Handels-, Arbeitsrecht und den dazugehörigen Nebengebieten wie etwa Sozial- und Steuerrecht verfügen.102 Zudem sind Kenntnisse in der Buchführung, Bilanzierung und Bilanzanalyse sowie hinsichtlich der Unternehmensplanung unverzichtbar.103 Diese Kenntnisse liegen, außer bei den in § 270b Abs. 1 InsO genannten Berufsträgern, ebenso bei Personen, die ein rechtswissenschaftliches oder wirtschafswissenschaftliches Hochschulstudium (erfolgreich) absolviert haben, vor.104 Daher kommen u. a. auch Wirtschaftsjuristen, Diplom-Juristen und Diplom-Rechtspfleger als Insolvenzverwalter in Betracht.105 Weshalb für das Amt des Bescheinigungsausstellers nunmehr strengere Anforderungen anzulegen sind, ist nicht ersichtlich. Denn für die Beurteilung des insolvenzrechtlichen Krisenstadiums und für die Prüfung der Sanierungsfähigkeit sind ebenfalls sowohl
lassung haben und über eine vergleichbare Qualifikation verfügen“. Vgl. dazu ebenfalls BTDrucksache 17/5712, S. 40. 99 Vgl. Buchalik, ZInsO 2012, 349, 351; Kraus/Lenger/Radner, ZInsO 2012, 587, 588. 100 Und der Teil der Verwalterschaft, der nicht Berufsträger i.S.d. § 270b InsO ist, von der Bescheinigungsausstellung ausgeschlossen wäre, obwohl die Festestellung eines Insolvenzeröffnungsgrundes und die Prüfung der Sanierungsaussichten einen wesentlichen Teil der Verwaltertätigkeit ausmacht (vgl. Mitter, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 22, Rn. 20 f.). 101 Vgl. Vallender/Undritz/Küpper, S. 207; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 56, Rn. 15 f.; Braun/Kind, InsO, 4. Aufl. 2010, § 56, Rn. 6 ff.; HambKomm/Frind, 4. Aufl. 2012, § 56 InsO, Rn. 13; FK-InsO/Jahntz, 7. Aufl. 2013, § 56, Rn. 12. 102 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 56, Rn. 16. 103 Vgl. HambKomm/Frind, 4. Aufl. 2012, § 56 InsO, Rn. 13. 104 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 56, Rn. 15. 105 Vgl. Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270b, Rn. 5; Vallendar/Zipperer, NZI 2012, 729, 730; Fuhst, GWR 2012, 482, 484; Hermanns, ZInsO 2012, 2265, 2266.
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rechtswissenschaftliche als auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse erforderlich106, die nicht ausschließlich durch die Ablegung eines in § 270b InsO genannten Berufsexamens erworben werden können. In die gleiche Richtung geht auch die Rechtsprechung des BGH, die, im Kontext von außergerichtlichen Sanierungsvorhaben, für die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit und der Feststellung von Insolvenzeröffnungsgründen fundierte rechtliche und bilanziell-betriebswirtschaftliche Kenntnisse fordert, die grds. auch eine Unternehmensberaterin mit abgeschlossenem betriebswirtschaftlichem Studium vorweisen kann.107 Somit muss nicht notwendigerweise ein Wirtschafprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwalt für die Erstellung eines Sanierungsgutachtens hinzugezogen werden.108 Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass ausschließlich die in § 270b Abs. 1 InsO genannten Berufsträger als Bescheinigungsaussteller in Betracht kommen sollen. Zudem ergeben sich im Falle einer fehlerhaften Bescheinigung für die Gläubiger keinerlei haftungsrechtlichen Nachteile, so dass es aus Gläubigerschutzgesichtspunkten unerheblich ist, ob die Attestierung durch einen scheinbar unqualifizierten Bescheinigungsaussteller oder durch einen in § 270b InsO genannten Berufsträger erfolgt.109 Vorzugswürdig ist es daher, diejenigen als vergleichbar qualifiziert anzusehen, die nach § 56 Abs. 1 S. 1 InsO die Geschäftskunde für das Amt des Insolvenzverwalters vorweisen.110 Der Bescheinigungsaussteller muss daher zumindest ein Hochschulstudium der Rechtsoder Wirtschaftswissenschaften (erfolgreich) absolviert haben, um den allgemeinen Anforderungen für die Tätigkeit als Bescheinigungsausstellers zu genügen. (bb) Tatbestandsvoraussetzungen: „In Insolvenzsachen erfahren“ Neben der allgemeinen Qualifikation muss der Bescheinigungsaussteller „in Insolvenzsachen erfahren“ sein (vgl. § 270b Abs. 1 InsO). Dies deckt sich insofern mit den Anforderungen an einen Insolvenzverwalter nach § 56 Abs. 1 InsO, als dass die allgemeine Geschäftskunde für das Verwalteramt nicht allein die Berechtigung für den Zugang zur Verwaltertätigkeit darstellt. Daneben ist eine für den Einzelfall geeignete Person zum Verwalteramt zu bestellen (vgl. § 56 Abs. 1 InsO). Hierfür ist u. a. die praktische Erfahrung auf dem Gebiet der Insolvenzverwaltung ein entscheidendes Bestellungskriterium.111 Fraglich ist, wie diese beiden Voraussetzungen 106 Vgl. Hermanns, ZInsO 2012, 2265, 2266; HambKomm/Frind, 4. Aufl. 2012, § 56 InsO, Rn. 13. 107 Vgl. BGH, NZG 2012, 672; Müller, NZG 2012, 981, 982. 108 Vgl. BGH, NZG 2012, 672; Müller, NZG 2012, 981, 982. 109 Zur Haftung und insbesondere zum Haftungsumfang des Bescheinigungsausstellers, gegliedert nach Berufsgruppen, vgl. Brinkmann, DB 2012, 1313, 1317 sowie Schmittmann, ZInsO 2011, 545, 547 ff. 110 So im Ergebnis auch Vallendar/Zipperer, NZI 2012, 729, 734; Fuhst, GWR 2012, 482, 484 f.; Römermann, GWR 2011, 375, 377. 111 Vgl. BVerfG, ZInsO 2006, 869; BVerfG, ZIP 2009, 975; OLG Nürnberg, ZIP 2007, 80; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 56, Rn. 12; Frind, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 56 InsO, Rn. 7.
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(fachliche Kenntnis und praktische Erfahrung) in dem hier interessierten Kreis auszulegen sind. Zwar ist der Begriff „Insolvenzsachen“ weiter als „Insolvenzverwaltung“, so dass zunächst davon ausgegangen werden könnte, dass die fachliche Kenntnis des Bescheinigungsausstellers umfassender sein müsste als die eines Insolvenzverwalters.112 Allerdings wird der Begriff durch den Bescheinigungsgegenstand konkretisiert und damit die benötigte Fachkenntnis für das Amt des Ausstellers eingeschränkt. Zum einen ist das Nichtvorliegen der Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 17 InsO und zum anderen der Eintritt der Überschuldung bzw. der drohenden Zahlungsunfähigkeit sowie die Sanierungsaussichten zu bescheinigen. Daran gemessen muss der Bescheinigungsaussteller nachweisen, dass er Kenntnisse in den Bereichen Prüfung von Insolvenzeröffnungsgründen und Sanierungsaussichten (sog. Sonderprüfungen) hat.113 Allgemeine Kenntnisse im Bereich Steuer- und Rechtsangelegenheiten oder auf dem Gebiet der Wirtschaftsprüfung reichen daher hierfür allein nicht aus.114 Daneben stellt sich die Frage, über welchen praktischen Erfahrungsgrad der Bescheinigungsaussteller verfügen muss. Weder die Insolvenzordnung noch die Gesetzesbegründung enthält hierzu eine Konkretisierung. Die Frage lässt sich auch nicht mit Blick auf § 56 Abs. 1 InsO lösen. Zwar ist das Erfordernis der praktischen Erfahrung auf dem Gebiet der Insolvenzverwaltung, um die Geeignetheit im Einzelfall beurteilen zu können, vom BVerfG bereits zweimal bestätigt worden.115 Allerdings hat das BVerfG keinerlei Aussage über einen Zeitraum genannt. Dies liegt im Ermessen des Insolvenzgerichts.116 Um dennoch ein hinreichendes Maß an Rechtssicherheit zu gewähren, werden in der Literatur die Anforderungen an die praktischen Erfahrungen an den Fachanwalt für Insolvenzrecht herangezogen, um hieraus Anforderungen für den Bescheinigungsaussteller ableiten zu können. Hier muss der Antragsteller nach §§ 2, 5 FAO drei Jahre vor Antragstellung im Fachgebiet „Insolvenzrecht“ praktisch tätig gewesen sein. Daran anknüpfend soll der Bescheinigungsaussteller den Nachweis erbringen, mindestens drei (bzw. vier) Jahre auf dem Gebiet in Insolvenzsachen praktisch tätig gewesen zu sein.117 Die Forderung nach einer starren Zeitgrenze erscheint jedoch als nicht zielführend. Denn sollte der Bescheinigungsaussteller in den drei Jahren beispielsweise lediglich die Zahlungsunfähigkeit i.S.v. § 17 InsO und die Sanierungsfähigkeit von natürlichen Personen und/oder Personengesellschaften geprüft haben, wird der Aussteller keine Erfahrungen auf dem Gebiet der Überschuldungsmessung vorweisen können und 112 Vgl. Fuhst, GWR 2012, 482, 484; Vallendar/Zipperer, NZI 2012, 729, 730; Braun/ Riggert, InsO 2012, § 270b, Rn. 6. 113 Vgl. Fuhst, GWR 2012, 482, 484. 114 Vgl. Vallendar/Zipperer, NZI 2012, 729, 730. 115 Vgl. BVerfG ZInsO 2006, 869; BVerfG, ZIP 2009, 975. 116 Vgl. BVerfG ZInsO 2006, 869; BVerfG, ZIP 2009, 975. 117 Vgl. Vallendar/Zipperer, NZI 2012, 729, 730; Hermanns, ZInsO 2012, 2265, 2267; ablehnend dagegen Kraus/Lenger/Radner, ZInsO 2012, 587, 588.
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scheidet damit als Bescheinigungsaussteller für eine juristische Person aus. Ferner wird „Erfahrung“ nicht nur durch die Betreuung von einem, sondern durch mehrere Mandate erworben.118 Zudem muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Komplexität von Einzelfällen, z. B. Art und Umfang des Geschäftsbetriebs, zu berücksichtigen ist. So ist die Beurteilung der Sanierungsaussichten für einen Freiberufler, dessen Umsätze und Kosten überschaubar sind, nicht mit der Sanierungsfähigkeitsprüfung eines mittelständischen Unternehmens mit einem jährlichen Umsatzvolumen von 50 Millionen Euro zu vergleichen.119 Eine starre Zeitgrenze ist daher abzulehnen. Vielmehr sind bei der Frage nach der notwendigen Erfahrung sowohl die Gesellschaftsform, die Anzahl der betreuten Mandate und die Unternehmensgröße zu berücksichtigen. (cc) Zur Frage nach der Unabhängigkeit Neben den gesetzlichen Anforderungen wird die Frage, ob der Bescheinigungsaussteller darüber hinaus eine unabhängige Person sein muss, kontrovers diskutiert.120 Nach einer Entscheidung des AG München121, sind an die Unabhängigkeit des Bescheinigungsausstellers die gleichen strengen Anforderungen zu stellen wie bei der Auswahl eines vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 InsO und § 56 Abs. 1 InsO, da der „Aussteller“ gleichermaßen Einfluss auf das Eröffnungsverfahren nehme.122 Dieser Meinung ist entgegenzutreten. Wendet man den Blick auf das Gesetzgebungsverfahren, kann es sich hier nicht um eine planwidrige Regelungslücke handeln. Im Anordnungsbeschluss nach § 270b Abs. 1 InsO hat das Gericht einen vorläufigen Sachwalter zu bestellen, der vom Bescheinigungsaussteller „personenverschieden“ sein muss. Diese erst auf Anregung des Rechtsausschusses des Bundestags ins Gesetz aufgenommene Unvereinbarkeit soll die Unabhängigkeit des (vorläufigen) Sachwalters i.S.d. §§ 270a Abs. 1 S. 2, 274, 56 InsO klarstellen.123 Die damit angesprochene Vorbefassung durchzog das Gesetzgebungsverfahren124 „wie ein roter Faden“125. Die vermutete Gesetzeslücke besteht daher nicht.126 Wenn der Gesetzgeber ungeachtet der Thematik keine weiteren 118 Vgl. Fuhst, GWR 2012, 483, 484; Buchalik, ZInsO 2012, 349, 351; Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270b, Rn. 6. 119 Vgl. BGH, DB 2012, 1320, 1321; Hölzle, ZIP 2012, 158, 161; Herbst/Hörmann, ForderungsPraktiker 2012, 158, 160. 120 Befürwortend Hölzle, ZIP 2012, 158; 161; Frind, ZInsO 2011, 2249, 2261; ablehnend dagegen Graf-Schlicker/Graf-Schlicker, 3. Aufl. 2012, § 270b InsO, Rn. 9; Hirte, ZInsO 2011, 401, 403; Vallendar, GmbHR 2012, 450, 451; Schmidt/Linker, ZIP 2012, 963, 964. 121 Vgl. AG München, ZIP 2012, 789. 122 Vgl. Hölzle, ZIP 2012, 158, 161 f. 123 Vgl. BT-Drucksache 17/7511, S. 28, 50. 124 Vgl. BR-Drucksache 127/11, S. 6; BT-Drucksache 17/5712, S. 26; BT-Drucksache 17/ 7511, S. 47. 125 Vallender/Zipperer, NZI 2012, 729, 731. 126 So auch Braun, NZI 2013, Heft 1/2, S. V, VI.
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Anforderungen an den Bescheinigungsaussteller begründet, kann nicht von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden. Dafür, dass der Bescheinigungsaussteller ein (langjähriger) Berater des Schuldners sein kann, spricht ferner, dass dieser aus bisherigen Mandatsbeziehungen das schuldnerische Unternehmen bereits kennt und damit eine lange Einarbeitungszeit durch einen unabhängigen Dritten vermieden wird. Hierdurch wird letztlich die spätere Insolvenzmasse geschont.127 Dies ist im Rahmen der Erstellung der Sanierungsbescheinigung erklärtes Ziel des Gesetzgebers.128 Das Unabhängigkeitserfordernis für den Bescheinigungsaussteller würde daher die Absicht des Gesetzgebers konterkarieren. (dd) Juristische Person als Bescheinigungsaussteller? Schließlich stellt sich die Frage, ob lediglich natürliche oder auch juristische Personen die Bescheinigung ausstellen dürfen. Während § 56 Abs. 1 InsO ausdrücklich eine natürliche Person für das Verwalteramt verlangt, ist in § 270b InsO die Rede von einer „Person“. Dem Wortlaut zufolge käme danach auch eine juristische Person in Betracht, sofern ihr Vertretungsorgan über die in § 270b InsO normierte Qualifikation verfügt.129 Hierfür spricht auch, dass der Bescheiniger i.S.d. § 305 InsO ebenfalls nicht eine natürliche Person sein muss.130 Ferner zeigt auch der Vergleich mit den Vorschriften des HGB über die Abschlussprüfung, dass dort juristische Personen tätig sein können.131 Daher kann auch eine juristische Person die Bescheinigung ausstellen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass ihr Vertretungsorgan die Qualifikation des § 270b Abs. 2 InsO erfüllt.132 bb) Ablauf des Verfahrens Neben den besonderen Eröffnungsvoraussetzungen muss der Schuldner einen Antrag auf Bestimmung einer Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans stellen.133 Bei positiver Bescheidung führt dies dazu, dass dem Schuldner „höchstens“ drei Monate Zeit eingeräumt werden, um einen Insolvenzplan zu erstellen (vgl. § 270b Abs. 1 S 2 InsO). Die Frist ist, wie bereits der Wortlaut deutlich macht, nicht verlängerbar. Das Gesetz verlangt ausdrücklich die Fristbestimmung zur Vorlage eines Insolvenzplans. Sollte der Schuldner daher mit Antragstellung erklären, er wolle keinen Insol127
Vgl. Vallender/Zipperer, NZI 2012, 729, 731. Vgl. BT-Drucksache 17/5712, S. 40. 129 Vgl. Gutmann/Laubereau, ZInsO 2012, 1861, 1869. 130 Vgl. HambKomm/Streck, 4. Aufl. 2012, § 305 InsO, Rn. 13 ff.; Vallender/Undritz/Pape, 2012, S. 758. 131 Vgl. Gutmann/Laubereau, ZInsO 2012, 1861, 1869. 132 Vgl. Gutmann/Laubereau, ZInsO 2012, 1861, 1869. 133 Vgl. Römermann, GWR 2011, 375, 377; Herbst/Hörmann, ForderungsPraktiker 2012, 158, 159. 128
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venzplan vorlegen, sondern die Frist dazu verwenden, weitere Verhandlungen mit seinen Gläubigern führen zu wollen oder um weitere Zeit für Verhandlungen eines anstehenden Großauftrags zu gewinnen, ist der Antrag als unzulässig abzuweisen.134 Während der Ausarbeitungsphase kann das Insolvenzgericht keinen Sachverständigen mit der Prüfung der Frage beauftragen, ob neben der vom Schuldner angestrebten Eigensanierung noch weitere Fortführungsaussichten, wie z. B. eine übertragende Sanierung, in Betracht kommen.135 Damit soll dem Schuldner die Sicherheit gewährt werden, die Sanierung durch das Insolvenzplanverfahren vorbereiten zu können136, bei dessen Aufstellung im Sanierungsvorbereitungsverfahren bis zur Planvorlage beim Insolvenzgericht die nachfolgenden Besonderheiten zu beachten sind. (1) Sicherungsmaßnahmen Stellt das Unternehmen einen Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung und ist diese Antragstellung mit einem Antrag auf die Einleitung eines Sanierungsvorbereitungsverfahrens verbunden, hat das Insolvenzgericht bei Vorliegen der Voraussetzungen davon abzusehen, im Eröffnungsverfahren einen vorläufigen Insolvenzverwalter zu bestellen.137 Stattdessen ist, wie im Regeleigenverwaltungseröffnungsverfahren, ein vorläufiger Sachwalter zu bestellen, der die wirtschaftliche Lage des Schuldners bzw. des schuldnerischen Unternehmens zu überprüfen und zu überwachen hat.138 Anders als im Regeleigenverwaltungsverfahren hat das Insolvenzgericht im Rahmen des Sanierungsvorbereitungsverfahrens jedoch eine Person zum vorläufigen Sachwalter zu bestellen, die vom Schuldner vorgeschlagen werden kann (vgl. § 270b Abs. 2 InsO). Das Insolvenzgericht darf von diesem Vorschlag nur abweichen, wenn die vorgeschlagene Person offensichtlich nicht geeignet ist (vgl. § 270b Abs. 2 S. 2 InsO). Allerdings gilt es zu beachten, dass auch die vom Schuldner bzw. vom Geschäftsführer vorgeschlagene Person die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 InsO erfüllen muss, d. h. sie muss eine natürliche, für den Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und unabhängige Person sein.139 Des Weiteren darf die vorgeschlagene Person nicht die Bescheinigung nach § 270b Abs. 1 S. 3 InsO erstellt haben. Diese hat nach dem Wortlaut des § 270b Abs. 2 S. 1 InsO personenverschieden vom Bescheinigungsaussteller zu sein.
134 Vgl. Desch, BB 2011, 841, 842; Ringstmeier, in: Ahrens/Gerlein/Ringstmeier, 2012, § 270b InsO, Rn. 19. 135 Vgl. BT-Drucksache, 17/5712, S. 40 f. 136 Vgl. BT-Drucksache, 17/5712, S. 41. 137 Vgl. BT-Drucksache, 17/5712, S. 40 f.; Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270b, Rn. 8. 138 Vgl. Herbst/Hörmann, ForderungsPraktiker 2012, 158, 162. 139 Vgl. Ringstmeier, in: Ahrens/Gerlein/Ringstmeier, 2012, § 270b InsO, Rn. 23; Braun/ Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270b, Rn. 10; Schmidt/Linker, ZIP 2012, 963, 964.
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Zudem besteht auch im Rahmen des Sanierungsvorbereitungsverfahrens die Möglichkeit Sicherungsmaßnahmen, die die Erhaltung des Unternehmensbestandes bezwecken, anzuordnen. Anders als im Regeleröffnungs- oder Regeleigenverwaltungseröffnungsverfahren kann gem. § 270b Abs. 2 S. 3 InsO i.V.m. § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO ein Verbot von Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen vom Schuldner beim Insolvenzgericht beantragt werden. Das Insolvenzgericht hat sodann, ohne sachliche Prüfung, die Maßnahmen anzuordnen, um ein vorzeitiges Auseinanderreißen des betriebsnotwendigen Schuldnervermögens zu verhindern.140 Daneben stehen dem Insolvenzgericht die Möglichkeiten offen eine Einstellung der Verwertung von Sicherungsgut durch den Sicherungsgläubiger anzuordnen (vgl. § 270b Abs. 2 S. 3 InsO i.V. § 21 Abs. 2 Nr. 5) und/oder einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen (vgl. § 270b Abs. 2 S. 3 InsO i.V. § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO). Letzterem muss das Insolvenzgericht nachkommen, wenn die Schwellenwerte gem. § 22a Abs. 1 InsO erreicht wurden. (2) Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten Sofern die Voraussetzungen nach § 270b InsO erfüllt sind, muss das Insolvenzgericht, anders als im Regeleigenverwaltungseröffnungsverfahren, den Schuldner auf dessen Antrag hin mit der Befugnis, Masseverbindlichkeiten begründen zu können, ausstatten (vgl. § 270b Abs. 3 InsO). Dem Gericht steht dabei, anders als im Rahmen des Regeleigenverwaltungseröffnungsverfahrens, keinerlei Ermessen zu.141 Der Gesetzgeber eröffnet damit dem Schuldner die Möglichkeit, entweder den Antrag auf eine „globale“ Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten zu stellen oder Einzelermächtigungen zu beantragen.142 (3) Zur Thematik Insolvenzgeld und dessen Vorfinanzierung Das Insolvenzgeld und die Insolvenzgeldvorfinanzierung im Rahmen des Sanierungsvorbereitungsverfahrens bedürfen wegen ihrer praktischen Bedeutung einer besonderen Betrachtung. Zum einen stellt sich die Frage, ob das Insolvenzgeld (seit 31. 03. 2013 geregelt in den §§ 165 ff. SGB III, vormals in den §§ 183 ff. SGB III) auch für den Zeitraum des Sanierungsvorbereitungsverfahrens beansprucht werden kann. Denkbar ist, dass das Insolvenzgeld eine Masseverbindlichkeit darstellt und daher kein Insolvenzgeld in Anspruch genommen werden kann. Da der Schuldner gem. § 270b Abs. 3 S. 2 InsO durch die Verweisung auf § 55 Abs. 2 InsO allerdings in die Stellung eines vor140 Aufgrund dessen spricht man auch von einem Schutzschirmverfahren. Vgl. dazu Urlaub, ZIP 2011, 1040, 1042. 141 Vgl. BT-Drucksache 17/7511, S. 50; Frind, ZInsO 2012, 1099, 1104 f.; Undritz, BB 2012, 1551, 152; Herbst/Hörmann, ForderungsPraktiker 2012, 158, 162. 142 Vgl. BT-Drucksache 17/7511, S. 50; Vallender, GmbHR 2012, 445, 447; Richter/Pluta, BB 2012, 1591, 1593.
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läufigen „starken“ Insolvenzverwalters einrückt143, können seine Handlungen keine anderen Folgen auslösen als diejenigen des Insolvenzverwalters mit Verfügungsbefugnis, so dass sich das Problem mit Blick auf § 55 Abs. 3 InsO gar nicht erst stellt. Ansprüche der Bundesagentur für Arbeit auf Zahlung von Insolvenzgeld sind daher einfache Insolvenzforderungen.144 Die Vorteile des Sanierungsvorbereitungsverfahren wären im Übrigen stark eingeschränkt, wenn in Bezug auf das Insolvenzgeld Masseverbindlichkeiten ausgelöst werden würden, die im eröffneten Verfahren dann vollständig zu berichtigen wären. Sinn und Zweck des Insolvenzgelds ist ja gerade die Absicherung der Unternehmensfortführung in der Insolvenz.145 Dieser würde konterkariert, wenn das Insolvenzgeld für die Dauer des Sanierungsvorbereitungsverfahrens Masseverbindlichkeiten auslösen würde. Daneben stellt sich die Frage, ob eine Insolvenzgeldvorfinanzierung146 für die Dauer des Sanierungsvorbereitungsverfahrens zulässig ist. Das Sanierungsvorbereitungsverfahren ersetzt das Regeleröffnungsverfahren. Der Vorteil der bisherigen gesetzlichen Regelungen besteht insbesondere darin, dass durch das Insolvenzgeld ein Mittel zur Liquiditätsschöpfung geschaffen wurde. Da das Insolvenzgeld erst nach dem Insolvenzereignis147, d. h. nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgezahlt wird, ist es erforderlich diese Phase zu überbrücken. Hier setzt die in der Praxis übliche Insolvenzgeldvorfinanzierung an. Sie schließt die Zeitspanne zwischen tatsächlicher Arbeitsleistung im Insolvenzeröffnungsverfahren und der Auszahlung des Insolvenzgeldes durch die Agentur für Arbeit. Die Insolvenzgeldvorfinanzierung ist daher ein wichtiges Instrument für die Unternehmensfortführung im Eröffnungsverfahren. Nach § 170 Abs. 4 SGB III bedarf die Abtretung der Insolvenzgeldansprüche jedoch der Zustimmung der Agentur für Arbeit. Diese Zustimmung wird erteilt, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein erheblicher Teil der Arbeitsplätze erhalten bleibt.148 Ausweislich der Durchführungsanweisung, orientiert sich die Agentur für Arbeit bei ihrer Beurteilung einerseits an den Zahlen des § 112a BetrVG und erwartet andererseits, dass sich aus einer Prognose die Erhaltung der Arbeitsplätze ergibt.149 Grundlage für die Prognoseentscheidung ist die Glaubhaftmachung von Tatsachen, die der Antragsteller vorzutragen hat, wie etwa die Erarbeitung eines Insolvenzplans.150 Sofern diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist auch im Sanierungsvorbereitungsverfahren eine Insolvenzgeldvorfinanzierung zulässig. Daran anknüpfend empfiehlt es sich, in die Bescheinigung nach § 270b 143
Vgl. BT-Drucksache 17/7511, S. 50. Vgl. Buchalik, ZInsO 2012, 349, 356. 145 Vgl. Buchalik/Lojowsky, ZInsO 2013, 1017, 1018. 146 Zur rechtlichen Konstruktion der Insolvenzgeldvorfinanzierung s. Vallender/Undritz/ Pelke, 2012, S. 820 ff. 147 Vgl. dazu Vallender/Undritz/Pelke, 2012, S. 820. 148 Abgedruckt in ZIP 1999, 205 und zuletzt ergänzt aufgrund des ESUG am 20. 03. 2012, ZIP 2012, 699. 149 Vgl. Uhlenbruck/Berscheid, 13. Aufl. 2010, InsO, § 22, Rn. 170 ff. 150 Vgl. HambKomm/Schröder, 4. Aufl. 2012, § 22 InsO, Rn. 129 f. 144
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InsO auch Ausführungen in Bezug auf § 170 Abs. 4 SGB III n.F. aufzunehmen.151 Auf diese Weise kann die Bescheinigung gleichzeitig dazu verwendet werden, die für die Insolvenzgeldvorfinanzierung benötige Zustimmungserklärung der zuständigen Agentur für Arbeit erteilt zu bekommen. (4) Zur öffentlichen Bekanntmachung Auch wenn Insolvenzgerichte derzeit tendenziell von einer öffentlichen Bekanntmachung absehen152, stellt sich die Frage, ob der Beschluss zur Anordnung des Sanierungsvorbereitungsverfahrens öffentlich bekannt gemacht werden muss.153 Eine ausdrückliche Regelung ist dem Gesetz nicht zu entnehmen und eine Veröffentlichungspflicht, wie sie für das Regelinsolvenzeröffnungsverfahren in § 23 Abs. 1 InsO i.V.m. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 InsO normiert wurde, ist nicht angezeigt, da gerade kein starker oder schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird bzw. keine Verfügungsbeeinträchtigung nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 InsO angeordnet wird.154 Eine Bekanntmachung stünde folglich, wie bei anderen Maßnahmen nach § 21 InsO anerkannt155, im Ermessen des Gerichts.156 Allerdings stellt sich die Frage, ob das Ermessen nicht auf eine zwingende Bekanntmachung zu reduzieren ist. Es gilt zu bedenken, dass mit Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ein wesentlicher Teil der Gläubiger von der Antragstellung des Schuldners erfahren wird; spätestens in der Phase der Planausarbeitung, da in der Regel während der Planaufstellung mit den Gläubigern Kontakt aufgenommen werden muss157, um z. B. Forderungsverzichte auszuhandeln oder um Kreditorensalden abzustimmen.158 Zudem darf an dieser Stelle nicht vergessen werden, dass die Gläubigerinformation auch durch äußere Gegebenheiten beeinflusst werden kann. Mitunter ist beispielsweise zu bedenken, dass Lieferanten, die ihre Lieferbeziehungen mit dem Schuldnerunternehmen über einen Kreditversicherer abgesichert haben, verpflichtet sind, diesen über eine wirtschaftliche Krise ihres Kunden zu unterrichten, was regelmäßig zu einem sofortigen Herabsetzen der Kreditlinie und in dessen Folge zu einem
151
Vgl. Buchalik/Kraus, KSI 2012, 60, 64. Vgl. INDat-Report 3/2012, 6; Flöther, ZIP 2012, 1833, 1838. 153 Vgl. hierzu u. a. Desch, BB 2011, 841, 842; Hirte, ZInsO 2011, 401, 404; Keller, ZIP 2012, 1895 ff.; Frind, ZIP 2012, 1591 ff.; Horstkotte, ZInsO 2012, 1161 ff.; Braun/Böhm, InsO, 5. Aufl. 2012, § 23, Rn. 12. 154 Vgl. BT-Drucksache 17/7511, S. 3, 37. 155 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 23, Rn. 1; HambKomm/Schröder, 4. Aufl. 2012, § 23 InsO, Rn. 4; Horstkotte, ZInsO 2012, 1161, 1162; Braun/Böhm, InsO, 5. Aufl. 2012, § 23, Rn. 12; Vallendar, GmbHR 2012, 450, 452; Richter/Pluta, BB 2012, 1591, 1593. 156 Vgl. AG Göttingen, NZI 2012, 1008. 157 Vgl. Desch, BB 2011, 841, 842. 158 Vgl. Spliedt, InsVZ 2010, 27, 28. 152
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Domino-Effekt führen wird.159 So ist der Lieferant dazu verpflichtet, seinen Versicherer über aktuelle Veränderungen der Bonität seiner Kunden zu informieren (vgl. § 10 AVB-WKV), will er seinen Versicherungsschutz nicht verlieren.160 Vor diesem Hintergrund würden einzelne Gläubiger einen möglicherweise ungerechtfertigten Informationsvorsprung vor den sonstigen Gläubigern erhalten und damit dem Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz aus § 1 InsO entgegenstehen.161 Dem könnte durch eine Veröffentlichung vorgebeugt werden. Von diesem Ergebnis scheint auch der Gesetzgeber auszugehen. In der Begründung spricht er davon, dass die Gläubiger ihre Forderungen fällig stellen könnten, da sie nun Kenntnis von der Krise haben.162 (5) Vorzeitige Aufhebung des Verfahrens Das Sanierungsvorbereitungsverfahren wird vorzeitig aufgehoben, wenn die Sanierung nach § 270b Abs. 4 S. 1 Nr. 1 InsO aussichtslos geworden ist. Nach dem oben gesagten ist dies der Fall, wenn rechtliche oder tatsächliche Gründe das Sanierungsvorhaben unmöglich machen.163 Dies ist z. B. der Fall, wenn Lieferanten nicht bereit sind die Belieferung aufrechtzuerhalten164 oder der Schuldnerbetrieb zwischenzeitlich nicht wiederherstellbar eingestellt ist.165 In der Gesetzesbegründung wird darüber hinaus der Fall genannt, dass ein potenzieller Geldgeber, der sich am Sanierungsvorhaben beteiligen soll, die Verhandlungen endgültig abbricht und für den Schuldner keinerlei Möglichkeit mehr besteht an neues Kapital zu kommen.166 Anders als im Rahmen der Antragsvoraussetzungen müssen die Gründe, die das Sanierungsvorhaben unmöglich machen jedoch nicht offensichtlich, d. h. ohne weiteres für das Insolvenzgericht erkennbar sein. Eine Anzeigepflicht des Schuldners oder des Sachwalters ist allerdings gesetzlich nicht geregelt.167 Das Insolvenzgericht muss daher aufgrund seines Aufsichtsrechts aus § 58 InsO selbst 159
Vgl. Kußmaul/Steffan, DB 2000, 1849, 1850; Ciupke, Wertpotenziale der Kreditversicherung, 2008, V; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 2011, S. 135. 160 Vgl. zu den Obliegenheitspflichten des Versicherungsnehmers Wittchen, Die Warenkreditversicherung, S. 144 ff.; Dubischar, Versicherungsrecht, 2003, S. 75 f.; Kußmaul/Steffan, DB 2000, 1849, 1850. 161 Vgl. Frind, ZIP 2012, 1591, 1594; Desch, BB 2011, 841, 843; Buchalik, ZInsO 2012, 349, 354; Willemsen/Rechel, BB 2011, 834, 837 f.; Richter/Pluta, BB 2012, 1591, 1593; Landfermann, WM 2012, 869, 873; ablehnend dagegen Keller, ZIP 2012, 1895, 1901; offen lassend Vallender, GmbHR 2012, 450, 452; Graf-Schlicker/Graf-Schlicker, 3. Aufl. 2012, § 270b InsO, Rn. 22. 162 Vgl. BT-Drucksache, 17/5712, S. 40. 163 Vgl. dazu oben Teil 3, A. II. 2. b) bb) (5). 164 Vgl. AG Köln, ZInsO 2013, 1476. 165 Zu den Sanierungsaussichten im Insolvenzeröffnungsverfahren vgl. AG Aachen, ZIP 1999, 1494. 166 Vgl. BT-Drucksache, 17/5712, S. 41. 167 Vgl. Desch, BB 2011, 841, 844.
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Nachforschungen anstellen, um zu prüfen, ob der Tatbestand erfüllt ist.168 So kann es beispielsweise bei Anhaltspunkten zur Aussichtslosigkeit des Sanierungsvorhabens169 einen Sachstands- bzw. Zwischenbericht vom vorläufigen Sachwalter verlangen.170 Ein weiterer Aufhebungsgrund liegt vor, wenn er zum Schutz der Gläubiger geboten ist.171 Die Beurteilung hierüber liegt im Ermessen des vorläufigen Gläubigerausschusses und findet Ausdruck in § 270b Abs. 4 S. 1 Nr. 2 InsO, wonach das Verfahren auf seinen Antrag hin aufgehoben wird. Der Aufhebungsantrag muss nicht begründet sein und erfordert lediglich einen Beschluss mit Stimmenmehrheit nach § 72 InsO.172 Überdies hebt das Gericht die Anordnung auf, wenn ein absonderungsberechtigter Gläubiger oder Insolvenzgläubiger dies beantragt und Umstände glaubhaft macht, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird (vgl. § 270b Abs. 4 S. 1 Nr. 3 InsO). Die Regelung findet allerdings nur Anwendung, wenn kein vorläufiger Gläubigerausschuss besteht und ist daher vor allem für kleinere Unternehmen relevant. Nach dem ursprünglichen Gesetzesentwurf war zudem noch vorgesehen, dass das Sanierungsvorbereitungsverfahren bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu beenden ist.173 Damit hätte jedoch ein Gläubiger mit entsprechend hohen Forderungen (etwa ein Großlieferant) die Möglichkeit erhalten, durch Fälligstellung der Forderung das Verfahren außer Kraft zu setzen.174 Der Schuldner und der vorläufige Sachwalter sind allerdings nach § 270b Abs. 4 S. 2 InsO verpflichtet, dem Insolvenzgericht den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit anzuzeigen. Wird das Sanierungsvorbereitungsverfahren (vorzeitig) aufgehoben, stehen dem Insolvenzgericht alle im Regeleröffnungsverfahren bestehenden Optionen zur Verfügung (§§ 21 – 25, 270a InsO).175 So kann es insbesondere einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen. Denkbar ist auch die sofortige Eröffnung des Insolvenzverfahrens.176 Das Insolvenzgericht hat hierbei zwei Alternativen für das weitere Vorgehen. Soweit die Anordnungsvoraussetzungen des § 270 Abs. 2 InsO nicht 168
Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 59, Rn. 9 ff. So z. B. bei Anzeige der Zahlungsunfähigkeit nach Antragstellung durch den Schuldner oder vorläufigen Sachwalter (§ 270b Abs. 4 S. 2 InsO) sowie bei anderen Anhaltspunkten, die sich aus der Verfahrensakte ergeben können. So z. B. aus Gläubigerausschusssitzungsprotokollen. Vgl. dazu Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 72, Rn. 6. 170 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 59, Rn. 9; Schmidt/Linker, ZIP 2012, 963, 965. 171 Vgl. HambKomm/Fiebig, 4. Aufl. 2012, § 270b InsO, Rn. 28. 172 Vgl. Herbst/Hörmann, ForderungsPraktiker 2012, 158, 163. 173 Vgl. § 270b Abs. 3 DiskE-ESUG, abgedruckt in ZIP 2010, Beilage zu Heft 28, S. 18. 174 Vgl. BT-Drucksache, 17/7511, S. 50. 175 Vgl. Herbst/Hörmann, ForderungsPraktiker 2012, 158, 163. 176 Vgl. Ringstmeier, in: Ahrens/Gerlein/Ringstmeier, 2012, § 270b InsO, Rn. 40. 169
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vorliegen, kommt die Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens in Betracht. Bei Vorliegen der Voraussetzungen i.S.d. § 270 Abs. 2 InsO ist die Eigenverwaltung dagegen anzuordnen.177 (6) Übergang zum eröffneten Verfahren Hat der Schuldner innerhalb der angeordneten Ausarbeitungsfrist einen Insolvenzplan erstellt und dem Insolvenzgericht vorgelegt, ohne dass das Sanierungsvorbereitungsverfahren zuvor aufgehoben wurde, wird im eröffneten Verfahren über den Plan nach den allgemeinen Vorschriften des Insolvenzplanverfahrens entschieden.178 Die Entscheidung des Gerichts über die Verfahrenseröffnung nach § 270b Abs. 4 S. 3 InsO wird unter diesen positiven Umständen in den meisten Fällen zugunsten der Eigenverwaltung und zur Eröffnung eines Insolvenzplanverfahrens gehen.179 Allerdings gilt es zu beachten, dass vor der Entscheidung über die Frage der Eigenverwaltung der vorläufige Gläubigerausschuss zu hören ist.180 Gleiches gilt für das Amt des endgültigen Sachwalters, so dass nicht zwingend der vom Schuldner vorgeschlagene vorläufige Sachwalter zu bestellen ist.181 Darüber hinaus kann das Insolvenzgericht durch Einhaltung der durch das ESUG als „Soll-Vorschrift“ geregelten Planvorprüfungsfrist in § 231 Abs. 1 S. 2 InsO und durch die Konzentration des Prüfungs-, Berichts-, Erörterungs- und Abstimmungstermins (s. o.) das weitere (Plan-)Verfahren beschleunigen.
III. Bewertung der Neuregelungen Nachdem die durch das ESUG herbeigeführten Neuregelungen zum Eigenverwaltungsverfahren dargestellt wurden, stellt sich nunmehr die Frage, ob die im Vorfeld der Gesetzesreform entgegengebrachten Kritikpunkte behoben sind und ob aufgrund der neuen Rechtslage eine gesteigerte Anreizwirkung bei einem Gesellschaftergeschäftsführer einer mittelständischen GmbH i.S.d. § 22a Abs. 1 InsO vorliegt. 1. Rechtssicherheit durch die Modifizierung der Eigenverwaltungsvoraussetzungen? Es ist zunächst der Frage nachzugehen, ob durch die Modifizierung der Anordnungsvoraussetzungen für einen Gesellschaftergeschäftsführer ein „Mehr“ an 177
Vgl. Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270b, Rn. 22. Vgl. Desch, BB 2011, 841, 843. 179 Vgl. Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270b, Rn. 19, 20. 180 Vgl. Schmidt/Linker, ZIP 2012, 963, 965; Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270b, Rn. 21. 181 Vgl. Graf-Schlicker/Graf-Schlicker, 3. Aufl. 2012, § 270b InsO, Rn. 23; Desch, BB 2011, 841, 844; Ringstmeier, in: Ahrens/Gerlein/Ringstmeier, 2012, § 270b InsO, Rn. 40. 178
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Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
Rechtssicherheit geschaffen wurde, die Kontrolle über „sein“ Unternehmen behalten zu können, und ob ihn dies dazu bewegen könnte frühzeitiger als bisher Insolvenzantrag zu stellen. a) Konsequenzen des § 270 InsO n.F. für die gerichtliche Praxis Aus der für ein Eigenverwaltungsverfahren unabdingbaren Voraussetzung „dass nach den Umständen zu erwarten ist, dass die Anordnung nicht zu einer Verzögerung des Verfahrens oder zu sonstigen Nachteilen für die Gläubiger führen wird“, ist nach den Änderungen des ESUG die Bestimmung „dass keine Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird“ eingeführt worden. Damit wird das Regel-Ausnahme-Verhältnis für die Anordnung der Eigenverwaltung umgekehrt, wenn der Schuldner die Eigenverwaltung beantragt hat. Konnte früher die Eigenverwaltung von den Insolvenzgerichten abgelehnt werden, wenn es nach den Umständen wahrscheinlich war, dass die Anordnung nachteilig für die Gläubiger sein könnte, müssen dem Insolvenzgericht nunmehr zum Zeitpunkt der Antragstellung und nach Ablauf des neu eingeführten Sanierungsvorbereitungsverfahrens nunmehr konkrete Umstände bekannt sein, die den Schluss auf eine Nachteilhaftigkeit für die Gläubiger zulassen. Ein schlichtes Ignorieren des Eigenverwaltungsantrags reicht daher nicht mehr aus, um diesen abzulehnen.182 Hierfür sind nunmehr konkrete Umstände erforderlich, die eine Gläubigerschädigung herbeiführen könnten. Liegen dem Insolvenzgericht keine konkreten Anhaltspunkte für Nachteile für die Gläubiger vor, hat es die Eigenverwaltung anzuordnen. Auch die Tatsache, dass der eigenantragstellende Schuldner die Insolvenz nicht verhindern konnte, reicht nicht mehr aus, um die Eigenverwaltung abzulehnen.183 Solange hieraus keine konkreten Umstände hervorgehen, die über ein abstraktes Gläubigergefahrenpotenzial hinausgehen, hat das Insolvenzgericht die Eigenverwaltung anzuordnen (vgl. oben). Aufgrund dieser Neuregelung könnte davon ausgegangen werden, dass das Eigenverwaltungsverfahren für den Schuldner und damit auch für einen Gesellschaftergeschäftsführer an Attraktivität gewonnen hat, so dass dieser frühzeitiger einen Eröffnungsantrag stellen wird als nach der bisherigen Rechtslage. Denn Voraussetzung einer frühzeitigen Antragstellung ist die Sicherheit des Schuldners, sein Unternehmen nicht in die Hände eines Insolvenzverwalters legen zu müssen. Dieser Ansicht könnte jedoch der durch das ESUG gestärkte Gläubigereinfluss entgegenstehen.
182 183
Vgl. dazu Teil 3, A. II. 1. Vgl. dazu Teil 3, A. II. 1.
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b) Der neu geregelte Gläubigereinfluss im Eigenverwaltungsverfahren Die Gläubiger nehmen gem. § 270 Abs. 3 InsO n.F. Einfluss auf die Entscheidung über die Anordnung der Eigenverwaltung, indem dem vorläufigen Gläubigerausschuss vor der Entscheidung Gelegenheit zur Äußerung darüber gegeben wird, ob die Anordnung der Eigenverwaltung als nicht nachteilig i.S.d. § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO n.F. gilt, wenn ein entsprechender Antrag von einem einstimmigen Beschluss des vorläufigen Gläubigerausschuss unterstützt wird. Diese Regelung wird als unwiderlegliche gesetzliche Vermutung verstanden.184 Zudem ist das Sanierungsvorbereitungsverfahren vorzeitig aufzuheben, wenn dies durch den Gläubigerausschuss beantragt wird. Der Beschluss bedarf hier nur einer einfachen (Kopf-)Mehrheit und der Antrag bedarf keiner Begründung. Vor diesem Hintergrund wird das Eigenverwaltungsverfahren für einen Gesellschaftergeschäftsführer daher nur dann die benötigte Rechtssicherheit entfalten, wenn die Eigenverwaltung auf die Akzeptanz der vorläufigen Gläubigerausschussmitglieder stößt. Es erscheint jedoch zweifelhaft, ob dem Gesellschaftergeschäftsführer eines krisenbehafteten Unternehmens das benötigte Vertrauen seitens der Gläubiger zur Überwindung der Krise entgegengebracht wird. Die meisten Gläubiger werden verärgert über den zumindest teilweisen Ausfall ihrer Forderungen sein, wenn ein Insolvenzverfahren beantragt worden ist.185 Wenn dann auch noch ein Verfahren in Eigenverwaltung gewählt wird und der Gesellschaftergeschäftsführer mit der vermeintlich für die Insolvenz verantwortlichen Unternehmensleitung identisch ist, werden viele Gläubiger das Vertrauen in die bisherige Geschäftsführung verloren haben, da diese die Insolvenz nicht aufhalten konnte.186 Zwar kann in der Praxis beobachtet werden, dass exogen verursachte Insolvenzen bei Gläubigern tendenziell dazu führen, dass beim Geschäftsführer weit weniger Vertrauen verloren geht als beim Vorliegen von endogenen Krisenursachen.187 Wendet man den Blick jedoch in die Praxis, muss festgestellt werden, dass die wirtschaftliche Schieflage eines Unternehmens in den meisten Fällen auf endogene Ursachen zurückzuführen ist.188 Insbesondere eine mangelnde Auftragskalkulation und fehlendes Marktverständnis sind die häufigsten Auslöser für eine Krise.189 In den wenigsten Fällen stellen exogene Rahmenbedingungen die Ursache für Krisensituationen dar.190 Den Ge184
Vgl. Wimmer, Das neue Insolvenzrecht nach der ESUG-Reform, 2012, S. 20. Vgl. Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 53 ff.; Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenzen, 1997, S. 695; Jacoby, DB 2010, 29, 29. 186 Vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 412 f.; Fölsing, ZInsO 2012, 2272, 2274; Kranzusch, ZInsO 2008, 1346, 1349; Körner, NZI 2007, 270, 273 f. 187 Vgl. Flöther, ZIP 2012, 1833, 1835; Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 412 f.; Körner, NZI 2007, 270, 274. 188 Vgl. Fölsing, ZInsO 2012, 2272, 2274; Kranzusch, ZInsO 2008, 1346, 1349. 189 Vgl. hierzu die Ergebnisse der Studie des Zentrums für Insolvenz und Sanierung in Mannheim zur Thematik „Insolvenzursachen“, Bitter/Röder, ZInsO 2009, 1283, 1287 f. 190 Vgl. Bitter/Röder, ZInsO 2009, 1283, 1287 f. 185
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sellschaftergeschäftsführer vor diesem Hintergrund in der Unternehmensführung zu belassen, ließe aus dem Blickwinkel der Gläubiger daher befürchten, dass eine gerichtliche Sanierung in der Eigenverwaltung keine Verbesserung mit sich bringen wird. War der Gesellschaftergeschäftsführer bislang nicht in der Lage die Krise abzuwenden, stellt sich die Frage, warum er nunmehr in einem gerichtlichen Verfahren dazu in der Lage sein soll.191 Ob hier die Sanierungsbescheinigung i.S.d. § 270b InsO ein Umdenken bei den Gläubigern herbeiführen wird, ist zu bezweifeln. Schließlich muss das Konzept auch umgesetzt werden. Hinzu kommt, dass der Geschäftsführer in der Regel nicht erfahren sein wird im Umgang mit Insolvenzen und Sanierungen,192 so dass im Ergebnis davon auszugehen ist, dass die Gläubiger dem Geschäftsführer, der die Eigenverwaltung beantragt, kein Vertrauen entgegenbringen werden. Daher ist es nicht unwahrscheinlich, dass dieser Mangel an Vertrauen dazu führt, dass der vorläufige Gläubigerausschuss von seiner Möglichkeit Gebrauch macht, die Aufhebung des Verfahrens nach § 270b Abs. 4 Nr. 2 InsO zu beantragen oder sich im Rahmen seines Anhörungsrechts nach § 270 Abs. 3 InsO gegen die Eigenverwaltung aussprechen wird. c) Lösungsvorschlag zur Vertrauensförderung: Aufnahme eines Sanierungsexperten in die Geschäftsführung Aufgrund der dargestellten Situation wird empfohlen, dass der Schuldner bereits vor Antragstellung die potenziellen Gläubigerausschussmitglieder bzw. die wesentlichen Gläubiger davon überzeugen sollte, warum er trotz der Insolvenz für die Eigenverwaltung geeignet ist.193 Auch der Gesetzgeber spricht davon, dass eine Eigenverwaltung nur in Abstimmung mit den wesentlichen Gläubigern sinnvoll ist.194 Die Geeignetheit dieses Vorschlags erscheint jedoch zweifelhaft. Aufgrund der dargestellten Situation ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dem Schuldner kein Vertrauen mehr von den Gläubigern entgegengebracht wird. Der Versuch, vor der Antragstellung die Eigenverwaltung mit den potenziellen Gläubigerausschussmitgliedern abzustimmen, könnte nicht nur dazu führen, dass sie sich gegen die Eigenverwaltung aussprechen, sondern gleichzeitig ihre Forderungen fällig stellen, mit der Konsequenz, dass bereits vor Antragstellung Zahlungsunfähigkeit eintritt und damit der Weg in das Sanierungsvorbereitungsverfahren verstellt ist.195 Um eine derartige Situation nicht aufkommen zu lassen, ist es daher vorzugswürdiger, vor Antragstellung einen Sanierungsexperten, der nicht für die wirtschaftliche Krise verantwortlich ist, in keiner dauerhaften Verbindung mit dem 191
Vgl. Wuschek, ZInsO 2012, 110, 111; Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 414. 192 Vgl. Weniger, KSI 2006, 181, 184; Kranzusch, ZInsO 2008, 1346, 1349. 193 Vgl. Wuschek, ZInsO 2012, 110, 111; Fröhlich/Bächstädt, ZInsO 2011, 985, 991. 194 Vgl. BT-Drucksache, 17/5712, S. 40 f. 195 Vgl. Hermanns, ZInsO 2012, 2265, 2270; Becker/Kraemer/Bieckmann, KSI 2012, 245, 247.
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Krisenunternehmen steht und aufgrund seiner Sachkunde und persönlichen Integrität trotz seiner „Parteistellung“ das Vertrauen der Gläubiger genießt, als Interimsmanager in die Geschäftsleitung aufzunehmen.196 Die Praxis zeigt, dass diese Maßnahme dazu geeignet ist, Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Unternehmensführung wiederherzustellen bzw. das Risiko eines Vertrauensverlusts auf der Seite der Gläubiger zu minimieren.197 So wird die Aufnahme eines erfahrenen Sanierungsexperten in die Geschäftsleitung u. a. in den Eigenverwaltungsverfahren „Babcock Borsig“, „Kirch Media“ und „SinnLeffers“ als entscheidender Faktor für die erfolgreiche Sanierung genannt.198 Gegen diese Maßnahme wird allerdings vorgebracht, dass die Finanzierung für die Aufnahme eines Sanierungsexperten für ein mittelständisches Unternehmen nicht darstellbar ist.199 Dieser Auffassung ist jedoch entgegenzuhalten, dass ein Geschäftsführer einer insolventen GmbH in den wenigsten Fällen über insolvenzspezifische Fachkenntnisse verfügt, um eine sachgerechte Plansanierung zu gewährleisten, so dass zur Überwindung einer Krise ohnehin externe Beratungsleistung eingekauft werden muss.200 Im Ergebnis handelt es sich bei dieser Maßnahme daher nicht um „mehr“ Beratungskosten, sondern lediglich um einen anderen Kostenausweis. Darüber hinaus wird dieser hier diskutierten Lösung vorgeworfen, dass es sich um eine verfahrensrechtliche unzulässige Maßnahme handelt. Diese wurde bereits vor Einführung des ESUG kontrovers diskutiert.201 Ein Teil der Rechtsprechung und Literatur vertritt den Standpunkt, dass die Aufnahme von neuen, insolvenzrechtlich erfahrenen Managern, dem Zweck der Eigenverwaltung, die Erfahrungen des Schuldners weiter nutzen zu können, widerspreche.202 So sieht das AG Duisburg den Sinn und Zweck der Eigenverwaltung, insbesondere die Anforderung an die personelle Kontinuität der Geschäftsführung, mit diesem Vorgehen als nicht vereinbar an, wenn externe Spezialisten für Sanierungen in die Geschäftsführung des Krisenunternehmens berufen werden.203 In 196 Vgl. Fölsing, ZInsO 2012, 2272, 2274; Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 413; Obermüller, ZInsO 2011, 1809, 1814; Wehdeking/Smid, ZInsO 2010, 1713, 1715; Kranzusch, ZInsO 2008, 1346, 1349; Weniger, KSI 2006, 181, 184. 197 Vgl. Fölsing, ZInsO 2012, 2272, 2274; Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 304; Wuschek, ZInsO 2012, 110, 111; Weniger, KSI 2006, 181, 184; Flöther, ZIP 2012, 1833, 1841. 198 Vgl. Weniger, KSI 2006, 181, 184; Feller, perspektiv-wissen 5/2010, S. 7. 199 Vgl. Flöther, ZIP 2012, 1833, 1838; Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 373 f. 200 Vgl. Kranzusch, ZInsO 2008, 1346, 1349; Tobias, KSI 2008, 119, 119. 201 Einen Überblick über die Diskussion bietet HambKomm/Fiebig, 3. Aufl. 2009, § 270 InsO, Rn. 22 ff. 202 Vgl. AG Duisburg, ZInsO 2002, 1046, 1047; so auch Ringstmeier/Homann, NZI 2002, 406, 408; Bales, NZI 2008, 216, 216 m.w.N. 203 Vgl. AG Duisburg, ZInsO 2002, 1046, 1047.
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diesem Fall hätte der Sanierungsexperte keine wesentlich anderen Fähigkeiten wie z. B. ein Insolvenzverwalter. Vielmehr würde hierdurch eine „Fremdverwaltung im Kostüm einer Eigenverwaltung“204 durchgeführt. Dieser Argumentation ist jedoch entgegenzuhalten, dass durch die Aufnahme eines Sanierungsexperten in die Geschäftsleitung, ohne die gleichzeitige Abberufung des bisherigen Geschäftsführers, die persönliche Kontinuität der Geschäftsleistung und damit der Sinn und Zweck der Eigenverwaltung nicht in Frage gestellt wird. Zudem ist Subjekt der Eigenverwaltung nicht der Geschäftsführer als organschaftlicher Vertreter, sondern die insolvente Gesellschaft handelnd in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verfasstheit.205 Hierzu gehört auch das fachliche Know-how der im Unternehmen verbleibenden Arbeitnehmer. Es ist daher nicht einzusehen, weshalb dem Unternehmen in einem derartig gelagerten Fall der Weg in die Eigenverwaltung verwehrt sein sollte, wenn das branchenspezifische Know-how durch den Verbleib des bisherigen Geschäftsführers und der Arbeitnehmer gewährleistet ist. Letztlich könnte in Erwägung gezogen werden, dass aufgrund der nunmehr durch den Reformgesetzgeber ausdrücklich aufgenommenen Regelung in § 276a InsO eine derartige Maßnahme im Eigenverwaltungseröffnungs- und eröffneten Eigenverwaltungsverfahren vom Gesetzgeber praktisch akzeptiert wurde. Nach dem neu eingeführten § 276a S. 2 InsO ist die Abberufung oder Neubestellung der Geschäftsführung zulässig und wirksam, wenn der Sachwalter dieser Maßnahme zustimmt. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn hierdurch keine Nachteile für die Gläubiger entstehen (§ 276a S. 3 InsO). Solche Nachteile können insbesondere vorliegen, wenn branchenspezifischer Sachverstand verloren ging.206 Dies ist jedoch in dem hier aufgenommenen Sachverhalt gerade nicht der Fall. Zwar könnte gegen die Empfehlung, die Einsetzung bereits vor der Antragstellung vorzunehmen, die Überlegung sprechen, dass § 276a InsO in dieser Sanierungsphase nicht anwendbar ist. Allerdings ist nicht ersichtlich, weshalb diese Maßnahme erst nach und nicht vor der Antragstellung zulässig sein soll. Die Einsetzung eines Sanierungsexperten in die Geschäftsleitung ist daher nicht nur ein geeignetes Mittel, um verloren gegangenes Vertrauen der Gläubiger wiederherstellen, sondern stellt eine rechtlich zulässige Maßnahme dar, um den Schuldner zu einer frühzeitigen Insolvenzantragstellung zu bewegen. d) Ergebnis Auf den ersten Blick verhilft der Gesetzgeber mit dem ESUG der Eigenverwaltung zu besseren Anordnungschancen. Die Eigenverwaltung setzt, wie bereits 204 205 206
Vgl. AG Duisburg, ZInsO 2002, 1046, 1047. Vgl. Wehdeking/Smid, ZInsO 2010, 1713, 1715; Wuschek, ZInsO 2012, 110, 111. Vgl. Ströhmann/Längsfeld, NZI 2013, 271, 274.
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mehrfach dargelegt, neben dem Schuldnerantrag nach § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO nur noch voraus, dass keine Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird. Dieser gelockerten verfahrensrechtlichen Ausgestaltung der Anordnungsvoraussetzungen, die dazu führt, dass dem Insolvenzgericht kein weiter Beurteilungsspielraum mehr zuzubilligen ist, steht jedoch regelmäßig das Misstrauen der Gläubiger gegenüber, dass in dem hier interessierten Untersuchungskreis dazu führen kann, dass der vorläufige Gläubigerausschuss nach § 270b Abs. 4 Nr. 2 InsO davon Gebrauch macht, das Verfahren bereits (kurz) nach Antragstellung aufzuheben. Um dieser Rechtsunsicherheit in der Praxis vorzubeugen, wird daher die Empfehlung ausgesprochen, im Vorfeld der Antragstellung einen Sanierungsexperten in die Geschäftsleitung aufzunehmen. 2. Die Rechtsstellung des Schuldners im Sanierungsvorbereitungsverfahren – ein Anreizmechanismus zur frühzeitigen Antragstellung? Neben den geänderten Anordnungsvoraussetzungen hat der Reformgesetzgeber die Kontrollrechte des Schuldners im Eröffnungsverfahren neu geregelt, wobei er im Sanierungsvorbereitungsverfahren besondere Kontrollrechte vorsieht. Fraglich ist, ob diese für sich betrachtet dazu geeignet sind, dass ein Gesellschaftergeschäftsführer in dem hier diskutierten Kreis frühzeitig(er) einen Insolvenzantrag stellen wird. a) Der „starke“ vorläufige Eigenverwalter Wie bereits dargestellt, erfordert die Fortführung eines Unternehmens regelmäßig das Eingehen neuer Verbindlichkeiten. Dazu sind Gläubiger in einer Krisensituation des Schuldners jedoch nur bereit, wenn sichergestellt ist, dass sie mit ihrer Forderung im eröffneten Verfahren nicht ausfallen.207 Aus diesem Grund belässt der Gesetzgeber dem Schuldner im Sanierungsvorbereitungsverfahren nicht nur die Verfügungsbefugnis, sondern stellt ihm auch, ohne jegliches Zustimmungserfordernis seitens des Insolvenzgerichts oder eines vorläufigen Verwalters, die Möglichkeit zur Verfügung, Masseverbindlichkeiten einzugehen. So kann der Schuldner nicht nur Zahlungen an Lieferanten anweisen und (neue) Sicherheiten bestellen, sondern auch Masseverbindlichkeiten i.S.v. § 55 Abs. 2 InsO z. B. für die Aufnahme eines Massedarlehens begründen. Mit dieser Regelung behält der Geschäftsführer, anstelle eines vorläufigen schwachen Insolvenzverwalters, die Kontrolle über das operative Geschäft. Zudem kann er die Weichen für die Sanierung selbst stellen. Während nach der bisherigen Gesetzeslage der vorläufige Insolvenzverwalter im Eröffnungsverfahren die Zustimmung zur Bezahlung der Kosten für die Ausarbeitung eines Insolvenz207 Vgl. Buchalik, ZInsO 2012, 349, 353; Desch, BB 2011, 841, 842; Obermüller, ZInsO 2011, 1809, 1816; Wuschek, ZInsO 2012, 1294, 1296 f.
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plans versagen konnte und der Geschäftsführer keine Masseverbindlichkeiten begründen konnte, kann er nunmehr für die Planerstellung einen Berater seiner Wahl beauftragen. Und zwar ohne die Zustimmung eines vorläufigen Sachwalters. Die Kosten kann er aus der Masse bezahlen und ggf. Masseverbindlichkeiten begründen, falls einem Berater und/oder Lieferant ein Bargeschäft i.S.d. § 142 InsO208 zu unsicher erscheint, da nicht beglichene Forderungen aus dem Eröffnungsverfahren nach Insolvenzeröffnung lediglich eine einfache Insolvenzforderung (§ 38 InsO) darstellen.209 Ferner kann der Geschäftsführer Vollstreckungsmaßnahmen unterbinden und den Insolvenzgeldzeitraum sowie die Insolvenzgeldvorfinanzierung ausnutzen. Schließlich kann im Sanierungsvorbereitungsverfahren auch kein Sachverständigengutachten für die Frage in Auftrag gegeben werden, welche Aussichten z. B. für eine übertragende Sanierung bestehen. Während der Schutzfrist kann der Schuldner darauf vertrauen, dass sein Bestreben, einen Insolvenzplan aufzustellen, nicht durch einen Investorenprozess, der lediglich die Erhaltung des Unternehmens vorsieht, vereitelt wird. Daher könnte davon auszugehen sein, dass mit der neu konstituierten Rechtsstellung des Schuldners bzw. des Vertretungsorgans des schuldnerischen Unternehmens im Sanierungsvorbereitungsverfahren dem gerichtlichen Sanierungsrahmen eine erhöhte Anreizwirkung zuzusprechen ist. Dem könnten jedoch die besonderen Anordnungsvoraussetzungen des Sanierungsvorbereitungsverfahrens entgegenstehen. b) Problemfelder der besonderen Anordnungsvoraussetzungen Wendet man den Blick auf die Voraussetzungen des § 270b Abs. 1 InsO, so lässt sich feststellen, dass diese umfangreicher ausgestaltet sind als die des Regeleigenverwaltungseröffnungsverfahren nach § 270a InsO. Während im Rahmen des § 270a InsO der Maßstab des § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO n.F. zum Zeitpunkt der Antragstellung gilt, müssen für das Sanierungsvorbereitungsverfahren darüber hinaus die Zahlungsunfähigkeit ausgeschlossen, sowie die Überschuldung und die nicht offensichtlich aussichtslose Sanierung durch einen Bescheinigungsaussteller i.S.d. § 270b InsO bestätigt werden. Diese drei Anforderungen könnten, trotz der umfangreichen Kontrollrechte, die das Sanierungsvorbereitungsverfahren gegenüber dem bisheri208 Dem Bargeschäft aus § 142 InsO liegt der Gedanke zugrunde, dass durch Geschäfte, bei denen dem Vermögen des späteren Insolvenzschuldners ein entsprechender Gegenwert zufließt, eine objektive Gläubigerbenachteilung ausscheidet. Insofern handelt es sich um eine anfechtungsrechtliche Privilegierung. Allerdings sind hieran enge Voraussetzungen geknüpft. Ein Bargeschäft setzt eine rechtsgeschäftliche Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung voraus, wobei ein bloßer wirtschaftlicher Zusammenhang nicht genügt; erforderlich ist vielmehr ein Leistungsaustausch aufgrund einer Parteivereinbarung (vgl. BGH, ZInsO 2010, 673). Zudem müssen Leistung und Gegenleistung gleichwertig sein. Ferner muss zwischen Leistung und Gegenleistung ein enger zeitlicher Zusammenhang bestehen (vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 142, Rn. 11). Ob die Voraussetzungen jedoch vorliegen wird unterschiedlich betrachtet (vgl. hierzu Huber, ZInsO 2013, 1049 f., m.w.N.). 209 So auch Buchalik, ZInsO 2012, 349, 353; Desch, BB 2011, 841, 842.
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gen Rechtsrahmen und dem Regeleigenverwaltungseröffnungsverfahren dem Schuldner zubilligt, die Bereitschaft zu einer frühzeitigen Antragstellung minimieren oder sogar verhindern. aa) Die Selbstprüfungspflicht als Hinderungsgrund für eine frühzeitige Antragstellung? Nach § 270b InsO kann der Antrag auf Einleitung eines Sanierungsvorbereitungsverfahrens lediglich auf drohende Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung gestützt werden. Der Weg in das Sanierungsvorbereitungsverfahren ist dagegen versperrt, wenn das schuldnerische Unternehmen bereits zahlungsunfähig ist. Aufgrund der Ausgestaltung der Insolvenzprüfungspflicht muss jedoch kritisch hinterfragt werden, ob ein Gesellschaftergeschäftsführer die insolvenzrechtliche Krise, d. h. in dem hier interessierten Kreis die Überschuldung, frühzeitig erkennt. Andernfalls käme dem Verfahren bereits „a priori“ keine Anreizwirkung zu. Wann eine Überschuldungsprüfung vorzunehmen ist, ist gesetzlich nicht geregelt.210 Trotzdem scheint der Gesetzgeber davon auszugehen, dass ein Geschäftsführer aufgrund der ständigen Selbstprüfungspflicht aus § 43 GmbHG die Überschuldung rechtzeitig erkennt und die in der Vergangenheit beobachtbare verspätete Antragstellung überwiegend auf einen der hier in Frage kommenden Faktoren zurückzuführen ist. Dass die Krisenerkennung und Anreizwirkung jedoch getrennt voneinander zu betrachten sind, könnte sich aufgrund der in der Verhaltensforschung beobachteten Neigung zur Vereinfachung von Sachverhalten211 und der Hang zum Überoptimismus212 ergeben. (1) Auswirkung von eingeschränktem Rationalverhalten auf die Selbstprüfungspflicht Zu den Erkenntnissen der Verhaltensforschung gehört, dass ein Individuum dazu neigt, einen komplexen Sachverhalt unangemessen/unsachgerecht zu vereinfachen, um die zu einem bestimmten Zeitpunkt und unter bestimmten Bedingungen unüberschaubare Komplexität eines Sachverhalts für ihn zu überschaubaren Zusammenhängen zu reduzieren.213 Übertragen auf die Überschuldungsprüfung bedeutet eine solche behavioristische Verhaltensnorm, dass aufgrund der mangelnden Kodifizierung von Liquidationswerten und der damit einhergehenden fehlenden laufenden Abbildung einer insolvenzrechtlichen Überschuldungsbilanz, der Gesellschaftergeschäftsführer aus Vereinfachungsgründen den Fokus allein auf die Zah210
Vgl. dazu bereits Teil 2, A. III. Vgl. Kahnemann/Tversky, Econometrica 1979, 263, 280 ff. 212 Vgl. Svenson, Acta Psychologica 47 (1981), 143 ff.; De Bondt/Thaler, Financial Decision Making, S. 389. 213 Vgl. Kahnemann/Tversky, Econometrica 1979, 263, 280 ff.; Goldberg/von Nitzsch, Behavioral Finance, 2004, S. 52; Zuzak, Ökonomische Analyse der Regulierung des Insiderhandels, 2008, S. 45. 211
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lungsfähigkeitsprognose legt.214 Hier würde eine prognostizierte Unterdeckung in der Finanzplanung Anlass für eine Überschuldungsprüfung geben.215 Aufgrund der zusätzlichen Neigung zum Überoptimismus216 ist jedoch davon auszugehen, dass der Gesellschaftergeschäftsführer die wirtschaftliche Situation optimistischer einschätzen wird, als es die Umstände tatsächlich zulassen.217 Dieser Überoptimismus ist umso ausgeprägter, je mehr Kontrolle sich der Einzelne über den Eintritt oder Ausgang eines Ereignisses zuschreibt (sog. Kontrollillusion).218 Diese Tendenz bei Managern belegt eine Studie aus den USA, deren Analysegegenstand die Qualität von Planungsrechnungen krisenbehafteter Unternehmen ist. Im Rahmen der Studie wurde ermittelt, dass im ersten Jahr nach Aufstellung der Planungsrechnungen die Plan-Ist-Abweichung des operativen Cashflows mehr als 25 % betrug.219 Nach drei Jahren hat sich die Abweichung sogar weiter vergrößert.220 Übertragen auf den hier interessierten Kreis kann dies dazu führen, dass aufgrund von Überoptimismus der Geschäftsführer in seiner Finanzplanung die zukünftigen Einzahlungsüberschüsse zu hoch prognostiziert und die insolvenzrechtliche Krise erst mit Eintritt der Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 17 InsO erkennt. Dies hätte jedoch zur Folge, dass der Weg zum Sanierungsvorbereitungsverfahren versperrt wäre. Hier würde auch keine, wie z. T. in der Literatur221 und Praxis222 gefordert, gesetzliche Pflicht zur Vornahme einer integrierten Planungsrechnung abhelfen.223 Dies würde nur dazu führen, dass der Schuldner die Prämissen für die Erfolgs- und Bilanzplanung und damit die Zahlungsfähigkeitsprognose ebenfalls zu optimistisch einschätzt. Zudem gilt es zu bedenken, dass selbst wenn sich der Gesellschaftergeschäftsführer dazu veranlasst sieht eine Überschuldungsprüfung vorzunehmen, die Neigung 214
Dies gilt vor allem hier, weil der Gesellschaftergeschäftsführer allein für die Selbstprüfung verantwortlich ist. 215 Vgl. Groß/Amen, WPg 2002, 225, 231. 216 Vgl. Svenson, Acta Psychologica 47 (1981), 143 ff.; De Bondt/Thaler, Financial Decision Making, S. 389. 217 Vgl. Sendel-Müller, KSI 2007, 262, 266; Storck, FinanzBetrieb 2006, 205, 210; Groß/ Amen, WPg 2002, 225, 236. 218 Vgl. Fleischer/Schmolke/Zimmer, in: Fleischer/Zimmer (Hrsg.), Beitrag der Verhaltensökonomie (Behavioral Economics) zum Handels- und Wirtschaftsrecht, 2011, S. 37; Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 360 f. 219 Vgl. Michel/Shaked/McHugh, Financial Analysts Journal 1998, 31, 37; Shaked/ D’Arezzo, ABI Journal 2011, 62 f. 220 Vgl. Michel/Shaked/McHugh, Financial Analysts Journal 1998, 31, 38; Shaked/ D’Arezzo, ABI Journal 2011, 62 f. 221 Vgl. Groß/Amen, WPg 2003, 1161, 1174 ff. 222 Vgl. Die Familienunternehmer, Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BT-Drucksache 17/5712), 2011, S. 3, abrufbar unter http://www.familienunternehmer.eu/fileadmin/familienunternehmer/positionen/unternehmernahe_politik/dateien/Stellungnahme_zum_ESUG.pdf. 223 Vgl. Richter/Pluta, Sanierungs- und Insolvenzberatung 2009, 31, 39; Groß/Amen, WPg 2003, 1161, 1179.
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bestünde, im Rahmen der Überschuldungsprüfung wiederum aus Vereinfachungsgründen sich allein auf die Fortbestehensprognose zu konzentrieren, und somit die Planungsprämissen zu optimistisch einzuschätzen. Dies hätte zur Folge, dass er die positive Überlebensfähigkeit des Unternehmens feststellt und daher keinerlei Veranlassung sieht, einen Sanierungsprozess zu initiieren bzw. frühzeitig Antrag auf Einleitung eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens zu stellen, da er das Krisenausmaß verkennt. Beide Erkenntnisse stehen einer rechtzeitigen Verfahrenseinleitung entgegen, so dass den Fragen nachzugehen ist, wie eine rechtzeitige Überschuldungsprüfung gefördert und eine zu optimistische Bewertung und Prognose verhindert werden kann. (2) Reformvorschlag de lege ferenda Für Ersteres bietet es sich an, neben der ständigen Selbstprüfungspflicht einen gesetzlich fixierten Zeitpunkt zur Vornahme einer Überschuldungsprüfung einzuführen, damit der Schuldner die insolvenzrechtliche Krise i.S.v. § 19 InsO frühzeitig erkennen kann. Zudem ist eine Regelung zu treffen, die dem Hang zum Überoptimismus im Rahmen der Überschuldungsprüfung gegensteuert. (a) Gesetzlich fixierte Krisenprüfungspflicht Der Vorschlag einer gesetzlichen Krisenprüfungspflicht ist nicht neu. So wird bereits vorgeschlagen, die bilanzielle Überschuldung oder die Krisenwarnpflicht aus § 49 Abs. 3 GmbHG als Anlass für eine Überschuldungsprüfung gesetzlich zu fixieren.224 Bevor deren Vorteilhaftigkeit untersucht wird, gilt es aufgrund des oben Gesagten jedoch zweierlei zu bedenken. Zum einen muss das dem Schuldner zur Verfügung stehende Informationsinstrument zur Bestimmung des Prüfungszeitpunkts dazu geeignet sein, die mittels der Verhaltensforschung aufgezeigten Rechtsfolgen in Bezug auf die Überschuldungsprüfung überwinden zu können. Zum anderen ist der Zeitpunkt an einem bestimmten Krisenmerkmal festzumachen, das die rechnerische Überschuldung und/oder eine negative Fortbestehensprognose, mithin eine insolvenzrechtliche Krise i.S.v. § 19 InsO, und nicht bereits die Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO impliziert. Um Ersteres lösen zu können, ist es von Vorteil, wenn auf ein bestehendes, reglementiertes Rechenwerk zugegriffen werden kann und nicht Prognosen des Schuldners bzw. Geschäftsführers Grundlage sind. Aus diesem Grund wird die Anknüpfung an Buchwerte vorgeschlagen. Hier kann der Schuldner auf ein bereits bestehendes bzw. gesetzliches Regelungswerk zurückgreifen, das einer Vergangenheits- bzw. Stichtagsbetrachtung und keiner Prognose zugrunde liegt. Beide vorgeschlagene Zeitpunkte knüpfen an Buchwerte an, so dass grundsätzlich beide in Betracht kämen. 224
Vgl. Beck/Möhlmann, Sanierung und Abwicklung in der Insolvenz, 2000, S. 12.
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Hinsichtlich des konkreten Zeitpunkts ist es von Vorteil, wenn die gesetzliche Pflicht zur Überschuldungsprüfung einem Krisenstadium entspricht, welches der Zahlungsunfähigkeit vorgelagert ist und eine insolvenzrechtliche Überschuldung implizieren könnte. Ob eine bilanzielle Überschuldung als gesetzlicher Überschuldungsprüfungszeitpunkt diese Anforderungen erfüllt, erscheint jedoch fraglich. Eine rechnerische Überschuldung nach Liquidationswerten i.S.d. § 19 InsO tritt regelmäßig vor einer bilanziellen Überschuldung ein.225 Zudem könnte zu diesem Zeitpunkt bereits Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 17 InsO vorliegen. Denn eine tagaktuelle Buchhaltung entspricht nicht der Realität. In der Praxis gehören Buchungsrückstände zum Alltag.226 Der Eintritt einer bilanziellen Überschuldung wird daher erst mit zeitlichen Verzögerungen festgestellt. Diese zeitliche Verzögerung kann jedoch dazu führen, dass mit Erkennen der bilanziellen Überschuldung bereits Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist.227 Die bilanzielle Überschuldung scheidet daher als geeigneter Zeitpunkt aus. Daneben wird vorgeschlagen, die Überschuldungsprüfung bereits von der Einstellung eines hälftigen Verlusts des gezeichneten Kapitals abhängig zu machen.228 Die Verknüpfung der Überschuldungsprüfung mit diesem ohnehin in § 49 Abs. 3 GmbHG normierten Krisenzeitpunkt würde zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem die Handelsbilanz zwar noch Eigenkapital aufweist, jedoch regelmäßig bereits die rechnerische Überschuldung zu Liquidationswerten implizieren könnte.229 Und unter Berücksichtigung des in der Praxis beobachtbaren Buchungsrückstandes, liegt die Feststellung einer Verlustanzeigebilanz tendenziell vor dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 17 InsO, ist aber geprägt von einer schwachen Ertragsfähigkeit, welche letztlich auf eine negative Überlebensfähigkeit und auf eine insolvenzrechtliche Überschuldung hindeuten könnte.230 Aus diesem Grund wird vorschlagen, den Zeitpunkt zur gesetzlich fixierten Vornahme einer Überschuldungsprüfung in § 49 Abs. 3 GmbHG zu regeln.
225
Vgl. Schaub, DStR 1993, 1483, 1484; Drukarczyk, WM 1994, 1737, 1742. Vgl. Möhlmann-Mahlau/Schmitt, NZI 2009, 19, 21; Fischer, Allgemeine Bankbetriebswirtschaft, 2010, S. 121; Euler, Interne Kontrolle im Unternehmen, 1992, S. 45; Weber, Betriebswirtschaftliche Fragen des Insolvenzplans, der übertragenden Sanierung und der Liquidation, 2010, S. 23; Sparkasse Erlangen, Firmenkundenservice 02/2005, S. 7 f., abrufbar unter http://www.stade.apm-netzwerk.de/files/sparkasse_aussagekraft_der_buchhaltung.pdf. 227 Vgl. Lutter, ZIP 1999, 641, 643; Beck/Möhlmann, Sanierung und Abwicklung in der Insolvenz, 2000, S. 11. 228 Vgl. Beck/Möhlmann, Sanierung und Abwicklung in der Insolvenz, 2000, S. 12. 229 Vgl. Wachendorf, Wrongful Trading, S. 207; Kühnberger, DB 2000, 2077, 2080; Beck/ Möhlmann, Sanierung und Abwicklung in der Insolvenz, 2000, S. 11. 230 Vgl. Kühnberger, DB 2000, 2077, 2080; Wachendorf, Wrongful Trading, 2008, S. 207; Bockenförde, Unternehmenssanierung, 1996, S. 19; Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 20; Priester, ZGR 1999, 533, 538. 226
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(b) Gesetzliche Regelung zur Eindämmung von eingeschränktem Rationalverhalten im Rahmen der Überschuldungsprüfung Neben dieser Maßnahme ist zu berücksichtigen, dass auch bei einer gesetzlichen Pflicht zur Vornahme einer Überschuldungsprüfung das Risiko besteht, dass ein Geschäftsführer zwar rechtzeitig eine Überschuldungsprüfung vornimmt, jedoch aus Vereinfachungsgründen und aufgrund von Überoptimismus eine positive Fortbestehensprognose abgibt, obwohl die tatsächlichen Umstände dies nicht rechtfertigen. Aus diesem Grund wird empfohlen, die gesetzliche Prüfungspflicht in die Hände von jemandem zu legen, der nicht aus Vereinfachungsgründen die rechnerische Überschuldung von vornherein ausschließt und der daneben in der Lage ist, das Phänomen des Überoptimismus im Rahmen der Fortbestehensprognoseerstellung nahezu auszuschließen. Hierfür ist ein unabhängiger Dritter, der Erfahrungen in der Aufstellung von Überschuldungsbilanzen zu Liquidationswerten aufweist und überdies keinen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens nehmen kann, so dass er bei einer Prognoseerstellung (tendenziell) keinem Hang zum Überoptimismus unterliegt, geeignet.231 Fraglich ist, wer hierfür konkret in Betracht kommt. In Betracht kämen die Insolvenzgerichte, oder ein externer Berater, der bereits jetzt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH hinzugezogen werden muss, wenn der Geschäftsführer nicht die notwendigen Expertise-Kenntnisse für eine Krisenund Sanierungsprüfung vorweisen kann.232 In der Theorie bestehen keine Zweifel an der Eignung der Insolvenzgerichte.233 Das Insolvenzgericht ist nach Art. 20 Abs. 3 GG ausschließlich an Recht und Gesetz gebunden und kann keinen Einfluss auf unternehmerischen Entwicklungen nehmen. Ein Ausschluss von Prüfungsschritten oder ein Hang zu Überoptimismus sind deshalb nicht zu befürchten. Problematisch an dieser Lösung ist allerdings, dass den Insolvenzgerichten vielfach die für die Durchführung der umfangreichen und in Einzelfragen hoch komplexen Überschuldungsprüfung notwendige Sachkunde fehlen wird.234 Ausräumen ließe sich diese Problematik durch die Einschaltung eines Sachverständigen, auf dessen Gutachten das Gericht seine Entscheidung stützen könnte. Dem Insolvenzgericht könnte daher die Aufgabe zukommen, einen geeigneten Sachverständigen mit der Überschuldungsprüfung zu beauftragen. Hier kommt ein Personenkreis in Betracht, der über das erforderliche Know-how verfügt. Dies ist i. d. R. der Personenkreis, der auch als Bescheinigungsaussteller i.S.d. § 270b InsO in Betracht käme. Fraglich ist jedoch, ob es sich in der Praxis nicht als schwierig er231 Vgl. dazu auch Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 199. 232 Vgl. BGHZ 126, 181, 199 = NJW 1994, 2220; BGH, DB 2012, 1320 ff.; vgl. dazu auch Bork, ZIP 2011, 101, 102. 233 Drews, Der Insolvenzgrund der Überschuldung bei Kapitalgesellschaften, 2003, S. 203. 234 Vgl. Hofmann, Die Eigenverwaltung in der Insolvenz, 2006, S. 300; MünchKommInsO/ Haarmeyer, 3. Aufl. 2013, § 22 InsO, Rn. 35; Drews, Der Insolvenzgrund der Überschuldung bei Kapitalgesellschaften, 2003, S. 203; Buchalik/Kraus, KSI 2012, 60, 65.
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weisen würde, Betroffene dieses Personenkreises als Sachverständige zu gewinnen. Nach § 9 Abs. 1 JVEG n.F.235 werden gerichtlich bestellte Sachverständige für ihre Leistungen mit bis zu EUR 125 pro Stunde (Honorarstufe 13) entschädigt. Davon ausgehend, dass es sich bei der Überschuldungsprüfung um eine Unternehmensbewertung handelt und damit der Honorargruppe 11 mit einem Stundensatz von EUR 115 zuzuordnen ist (vgl. Anl. 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG n.F., Nr. 6.1 „Betriebswirtschaft“),236 ist die Tätigkeit als Sachverständige jedoch (weiterhin) finanziell unattraktiv. Der in Frage kommende Personenkreis kann in der freien Wirtschaft weitaus höhere Stundensätze erzielen.237 In dem hier interessierten Kreis ist ein Stundensatz von EUR 200 üblich.238 Obwohl keine Pflicht zum Tätigwerden besteht, gäbe es jedoch die Möglichkeit Vertreter bestimmter Berufsgruppen, also z. B. Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte oder Steuerberater zwangsweise als Sachverständige zu verpflichten.239 Von einer solchen Vorgehensweise ist jedoch abzuraten. Ein gegen seinen Willen ernannter Gutachter wird kaum die nötige Motivation aufbringen, um in der gebotenen Eile ein fundiertes Gutachten zu erstellen.240 Aufgrund der obigen Ausführungen wird daher vorgeschlagen, externe Berater gesetzlich verpflichtend mit der Prüfung zu beauftragen. Diese sind bereits nach der ständigen Rechtsprechung des BGH hinzu zu ziehen, wenn der Geschäftsführer selbst nicht über die hierfür notwendige Sachkunde verfügt.241 Daran anknüpfend wäre der Geschäftsführer nur in dem Fall von der Insolvenzantragspflicht aus § 15a InsO befreit, wenn er sich unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und unter Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einer unabhängigen, für die zu klärenden Fragestellungen fachlich qualifizierten Person hat beraten lassen und danach keine Insolvenzreife festzustellen war. Hinsichtlich des Personenkreises bzw. der Qualifikation ist dabei zu beachten, dass, in Anlehnung an die BGH Rechtsprechung, es sich nicht notwendigerweise um einen Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwalt handeln muss.242 Bei einer fachkundigen Beratung zur Feststellung des Krisenausmaßes stellt der BGH vielmehr auf Personen ab, die eine diesen Berufsgruppen „entsprechende Qualifikation“243 vorweisen können. So genügt es dem BGH dass eine Unternehmensberaterin, mit abgeschlossenem betriebswirtschaftlichen Studium und mehrjähriger Erfahrung 235
Mit dem 2. Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts ist zum 01. 08. 2013 u. a. eine Anpassung des JVEG in Kraft getreten. Vgl. KostRMoG v. 29. 07. 2013, BGBl. I, S. 2586. 236 Vgl. Krösch, ZInsO 2013, 1562, 1563. 237 Vgl. Rodloff, DB 1999, 1149, 1152; Hüttemann, ZGR 2001, 454, 476. 238 Vgl. Seefelder, Unternehmenssanierung, 2006, S. 282. 239 Vgl. Drews, Der Insolvenzgrund der Überschuldung bei Kapitalgesellschaften, 2003, S. 217. 240 Vgl. Drews, Der Insolvenzgrund der Überschuldung bei Kapitalgesellschaften, 2003, S. 217. 241 Vgl. BGHZ 126, 181, 199 = NJW 1994, 2220; BGH, DB 2012, 1320 ff. 242 Vgl. BGH, DB 2012, 1320 ff. 243 Vlg. BGH, DB 2012, 1320, 1321.
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auf dem Gebiet der Bonitätsprüfung und Fortführungsprognosen, die Beratung vornahm.244 Die Rechtsprechung des BGH und die Anforderungen an den Bescheinigungsaussteller i.S.d. § 270b Abs. 1 InsO weisen somit eine hohe Deckungsgleichheit auf, so dass daran anknüpfend vorgeschlagen wird, die Anforderungen an den in Frage kommenden Personenkreis § 270b Abs. 1 InsO zu entnehmen. bb) Die Sanierungsbescheinigung als Unsicherheitsfaktor In Bezug auf die Sanierungsbescheinigung, die für den Eintritt in das Sanierungsvorbereitungsverfahren erforderlich ist, lässt sich in der Praxis beobachten, dass von den Insolvenzgerichten unterschiedliche Anforderungen an die Sanierungsbescheinigung gestellt werden.245 Dies führt in der Praxis zu einer Planungsund Rechtsunsicherheit auf der Seite des Schuldners.246 Einige Sanierungsberater schlagen daher vor, vom Schutzschirmverfahren abzusehen und das Verfahren nach § 270a InsO anzustreben.247 (1) Problemaufriss und Empfehlungen aus Literatur und Praxis Die Insolvenzordnung enthält weder zum Inhalt noch zum Umfang der Bescheinigung nähere Einzelheiten. Aus der Begründung zum Regierungsentwurf geht lediglich hervor, dass die Bescheinigung mit Gründen versehen sein muss, zu diesem Verfahrenszeitpunkt aber nicht zwingend Standards, d. h. keine Standards zur Erstellung eines Sanierungskonzepts nach z. B. dem IDW S 6 oder zur Erstellung eines Insolvenzplans nach IDW S 2 einhalten muss.248 Beides wäre zwar ideal, um das Verfahren zügig durchlaufen zu können. Dies dürfte jedoch regelmäßig mit Blick auf die eingeschränkte Dispositionsfreiheit nach § 15a InsO und § 64 GmbHG aus Zeitgründen zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht möglich sein.249 Dass der Reformgesetzgeber zu diesem Verfahrenszeitpunkt vielmehr eine Bescheinigung nach dem Vorbild des Verbraucherinsolvenzverfahrens im Blick hatte, 244
Vlg. BGH, DB 2012, 1320, 1321. Vgl. Buchalik/Lojowsky, ZInsO 2013, 1017 ff.; Becker/Kraemer/Bieckmann, KSI 2012, 245, 249 f.; Vallender/Zipperer, NZI 2012, 729, 729; Fuhst, GWR 2012, 482 ff.; Hermanns, ZInsO 2012, 2265 f.; bereits im Reformprozess darauf hinweisend Hill, ZInsO 2010, 1825 f.; Schmidt/Linker, ZIP 2012, 963, 965. 246 Vgl. Roland Berger/Noerr, ESUG-Studie 2012, S. 19 und 23 f., abrufbar unter: http:// www.rolandberger.com/media/pdf/Roland_Berger_ESUG-Studie_20121106.pdf; HermannRechtsanwälte, ESUG Zwischenbericht, 2013, S. 2, abrufbar unter: http://hermann-law.de/uplo ads/media/standpunkt5-ebook-neu_01.pdf. 247 Vgl. Schelo, ZIP 2012, 712, 715; Vallender/Zipperer, NZI 2012, 729, 729. 248 Vgl. BT-Drucksache, 17/5712, S. 40; BR-Drucksache 127/11, S. 10; Wimmer, Das neue Insolvenzrecht, 2012, S. 26; Schmidt/Linker, ZIP 2012, 963, 964; Graf-Schlicker/Graf-Schlicker, 3. Aufl. 2012, § 270b InsO, Rn. 10; Kraus/Lenger/Bozidar, ZInsO 2012, 587, 588 f.; Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270b, Rn. 7. 249 Vgl. Brinkmann/Zipperer, ZIP 2011, 1337, 1344. 245
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lässt sich bereits aus der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf entnehmen.250 Im Verbraucherinsolvenzverfahren ist dem Eröffnungsantrag gem. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO eine Bescheinigung einer geeigneten Person oder Stelle über das Scheitern der außergerichtlichen Schuldenbereinigung beizufügen. Hierbei handelt es sich um eine Bestätigung, aus der hervorzugehen hat, dass der Schuldner erfolglos eine außergerichtliche Schuldenbereinigung vorgenommen hat. Die Darstellung hat sich dabei auf die wesentlichen Gründe zu beschränken (vgl. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO).251 Wie eine derartige Bescheinigung jedoch für die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit auszusehen hat, darüber schweigt die Stellungnahme. Eine Meinung schlägt daher vor, die Anforderungen des BGH an die Bestätigung der Sanierungsfähigkeit zur Gewährung des sog. Sanierungsprivilegs (früher in § 32a Abs. 3 S. 3 GmbHG a.F. jetzt in § 39 Abs. 4 InsO geregelt) heranzuziehen.252 Um diesen Anforderungen jedoch gerecht zu werden, ist aber gerade ein Sanierungskonzept erforderlich.253 Die Gründe der Bescheinigung müssten daher eine umfassende Darstellung der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens der letzten (drei) Jahre, eine Analyse der Krisenursachen sowie eine Skizze des Leitbilds des sanierten Unternehmens beinhalten (s. o.). Darüber hinaus müssten die Sanierungsmaßnahmen zur Beseitigung der Krisenursachen dargestellt und mittels einer integrierten Planungsrechnung die Sanierungsfähigkeit rechnerisch abgebildet werden.254 Folglich wäre ein Sanierungskonzept nach IDW Standard 6 dem Insolvenzgericht vorzulegen. Dieser Erstellungsumfang ist vom Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung jedoch ausdrücklich abgelehnt worden, so dass diese Auffassung keine Grundlage hat. Auch die gerichtliche Praxis hat es bislang nicht geschafft, hier ein hinreichendes Maß an Rechtssicherheit bieten zu können. So hat das AG Erfurt beispielsweise einen Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsvorbereitungsverfahrens abgewiesen, da der Schuldner keine ordnungsgemäße Bescheinigung nach § 270b InsO vorgelegt hatte.255 Allerdings hat es keinerlei Anforderungen an die Sanierungsbescheinigung in dem Abweisungsbeschluss aufgestellt, an der sich die Praxis orientieren könnte. Aufgrund dieser bestehenden Rechtsunsicherheit ist in der insolvenzrechtlichen Praxis zu beobachten, dass die Anforderungen an die Sanierungsbescheinigung von Insolvenzgericht zu Insolvenzgericht variieren.256 Daher mehren sich die Stimmen, 250
Vgl. BR-Drucksache 127/11, S. 10. Vgl. BR-Drucksache 14/01, S. 65; Braun/Buck, InsO, 5. Aufl. 2012, § 305, Rn. 11. 252 Vgl. Buchalik/Kraus, KSI 2012, 60, 63. 253 Vgl. Weber, ZInsO 2011, 904 ff.; Groß, WPg 2009, 232 ff.; Brömmekamp/Radner, InsVZ 2010, 152, 157 ff. 254 Vgl. Weber, ZInsO 2011, 904 ff.; Groß, WPg 2009, 232 ff.; Brömmekamp/Radner, InsVZ 2010, 152, 157 ff. 255 Vgl. AG Erfurt, ZInsO 2012, 944. 256 Vgl. Becker/Kraemer/Bieckmann, KSI 2012, 245, 249. 251
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die eine Vorbesprechung, u. a. bzgl. der Anforderungen an die Sanierungsbescheinigung, mit dem im Einzelfall zuständigen Insolvenzgericht empfehlen.257 Diese Maßnahme, ein Sondierungsgespräch mit dem Insolvenzgericht im Vorfeld der Antragsstellung zu führen, wird von vielen Insolvenzrichtern allerdings verweigert. Von den Insolvenzrichtern wird z. T. darauf verwiesen, dass man sich erst mit den Anträgen auseinandersetzt, wenn sie tatsächlich gestellt werden.258 Um dieser Praxis zu begegnen fordern Buchalik und Lojowsky eine gesetzliche Verpflichtung zu einem allgemeinen Vorbereitungsgespräch mit dem Insolvenzgericht, in dem u. a. die Anforderungen an die Sanierungsbescheinigung geklärt werden sollen.259 Als Vorbild für eine derartige Regelung soll die im Baurecht bekannte Bauvoranfrage260 dienen.261 Hier kann vor Einreichen des Bauantrags auf schriftlichen Antrag zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein schriftlicher Bescheid erteilt werden. Diesem Lösungsvorschlag ist jedoch entgegenzuhalten, dass anstelle von objektiv nachvollziehbaren Kriterien subjektive Anforderungen des jeweiligen Insolvenzgerichts treten würden. Mit der Konsequenz, dass auch weiterhin die Anforderungen an die Sanierungsbescheinigung von Amtsgericht zu Amtsgericht bzw. von Insolvenzrichter zu Insolvenzrichter variieren würden. Mit der Konsequenz, dass auch weiterhin Sanierungskonzepte nach dem IDW S 6 verlangt werden könnten, je nachdem wie sich der Insolvenzrichter in dem Gespräch positioniert. Dem steht jedoch die bereits aufgezeigte eingeschränkte Dispositionsfreiheit entgegen. Darüber hinaus müsste hierfür der Geschäftsverteilungsplan einiger Insolvenzgerichte geändert werden. Bei Dezernaten, deren Zuständigkeit sich nach dem Turnussystem und nicht nach dem Anfangsbuchstaben des Schuldners begründet, kann im Vorfeld nicht erkannt werden, welches Dezernat im konkreten Einzelfall zuständig sein wird. Hier könnte nur eine gerichtsinterne Umstrukturierung Abhilfe leisten. Es ist daher vorzugswürdiger ein Lösungsmodell zu entwickeln, dass, unter Beachtung der im Sanierungsprozess zu beobachtbaren zeitlichen Restriktion, die vom Reformgesetzgeber beabsichtigte Planungs- und Rechtssicherheit schafft. (2) Reformvorschlag de lege ferenda: Einführung eines Vordrucks für die Sanierungsbescheinigung Um dem Schuldner Rechtssicherheit und einen zügigen Verfahrenseintritt bieten zu können, ist der Blick auf das Verbraucherinsolvenzverfahren zu lenken. Hier wurde, um keine Diskussion hinsichtlich des Umfangs der in § 305 InsO geforderten Bescheinigung aufkommen zu lassen, das BMJ ermächtigt, durch Rechtsverordnung 257
Vgl. Buchalik/Lojowsky, ZInsO 2013, 1017, 1019 ff.; Becker/Kraemer/Bieckmann, KSI 2012, 245, 249 f. 258 Vgl. Buchalik/Lojowsky, ZInsO 2013, 1017, 1019 ff. 259 Vgl. Buchalik/Lojowsky, ZInsO 2013, 1017 ff. 260 Hierbei handelt es sich um landesrechtliche Regelungen, wie z. B. nach § 71 Abs. 1 BauO NRW. 261 Vgl. Buchalik/Lojowsky, ZInsO 2013, 1017, 1021.
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mit Zustimmung des Bundesrats für die nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 InsO vorzulegenden Unterlagen im Verbraucherinsolvenzverfahren die Benutzung bestimmter Vordrucke vorzuschreiben (vgl. § 305 Abs. 5 InsO). Daraufhin wurde die Verbraucherinsolvenzvordruckverordnung262 erlassen, die am 01. 03. 2002 in Kraft getreten ist. Die Verwendung der dort aufgeführten Vordrucke sind für alle Verbraucheranträge verbindlich.263 Der Schuldner hat insoweit die Gewissheit, dass bei einer ordnungsgemäßen Verwendung der Vordrucke, der Antrag nicht abgewiesen wird. Um die Rechtssicherheit, wie sie im Verbraucherinsolvenzverfahren vorzufinden ist, in Bezug auf die Sanierungsbescheinigung herstellen zu können, wird daher empfohlen, einen Vordruck, dessen konkrete Ausgestaltung zu bestimmen ist, einzuführen. (a) Allgemeine Anforderungen an den Vordruck Ausgangspunkt der Begründung eines Vordrucks für die Bescheinigung nach § 270b Abs. 1 InsO bildet die Aussage des Gesetzgebers, dass kein Standard wie z. B. nach IDW S 6 oder S 2 für die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit zu diesem Verfahrenszeitpunkt vorliegen soll. Gleichzeitig eröffnet die Bescheinigung die Möglichkeit, während des Sanierungsvorbereitungsverfahrens einen Insolvenzplan aufstellen zu können. Die Bescheinigung ist zeitlich daher nach Einschätzung der Sanierungsfähigkeit und vor Erstellung eines Insolvenzplans angesiedelt. Eine derartige Verfahrenssituation ist dem Gesetz nicht unbekannt. Nach § 156 Abs. 1 InsO hat der Insolvenzverwalter (bzw. im Eigenverwaltungsverfahren der Schuldner/ Geschäftsführer) im Berichtstermin, aufbauend auf der Darstellung der wirtschaftlichen Entwicklung und den Krisenursachen, eine Aussage über die Sanierungsfähigkeit zu treffen.264 Hierbei hat der Verwalter auch dazu Stellung zu nehmen, ob eine Eigensanierung mittels eines Insolvenzplans in Betracht kommt.265 Allerdings schreibt § 156 Abs. 1 InsO keinen Darstellungsumfang vor. Gängige Praxis ist, dass der Verwalter für die Aussage zur Sanierungsfähigkeit zu diesem Verfahrenszeitpunkt kein Sanierungskonzept nach IDW S 6 und auch keinen Insolvenzplan nach IDW S 2 erstellt.266 Gleichwohl hat der Verwalter bis zu diesem Verfahrenszeitpunkt Prüfungshandlungen vorzunehmen, aus der sich eine Einschätzung zur Sanierungsfähigkeit und zur Erstellung eines Insolvenzplans ableiten lassen.267 Allerdings mündet das Prüfungsergebnis nicht in ein Sanierungsgutachten, welches i. d. R. an
262
VbrInsVV vom 17. 02. 2002, BGBl. S. 703 ff. Vgl. HambKomm/Streck, 4. Aufl. 2012, § 305 InsO, Rn. 32. 264 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 156, Rn. 8. 265 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 156, Rn. 9. 266 Vgl. VID, ZIP 2011, 197, 198 f. 267 Vgl. VID, ZIP 2011, 197, 198 f.; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 156, Rn. 8 f. 263
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die hundert Seiten umfasst, sondern in ein (ca. fünfseitiges) sog. „Grobkonzept“, um den finanziellen Aufwand der Insolvenzmasse zu begrenzen.268 Das Grobkonzept enthält lediglich die Eckpunkte des anschließend zu erstellenden (Plan-)Sanierungskonzeptes.269 Ausgehend von der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage, die zumeist anhand der Umsatz-, Gewinn-, Cashflow- und Eigenkapitalentwicklung vorgenommen wird, erfolgt die Darlegung des betriebswirtschaftlichen und insolvenzrechtlichen Krisenausmaßes.270 Hierbei wird regelmäßig zwischen den Entstehungsorten, d. h. den finanzwirtschaftlichen und leistungswirtschaftlichen Bereich, unterschieden.271 Hierdurch kann eine Aussage darüber getroffen werden, ob in einem später zu erstellenden Insolvenzplan lediglich finanzwirtschaftliche oder auch leistungswirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen vorgesehen werden müssen, um die Krise zu beseitigen. Anschließend werden die Sanierungsmaßnahmen dargestellt, die dazu geeignet sein sollen, um die Überlebensfähigkeit des Unternehmens wieder herstellen zu können. Schließlich hat der Insolvenzverwalter, anhand dieser Eckpunkte, eine Einschätzung zur Sanierungsfähigkeit bzw. über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens abzugeben.272 Vor diesem Hintergrund wird empfohlen, den Vordruck in Anlehnung an die Anforderungen des Verwalterberichts nach § 156 InsO auszugestalten. (b) Notwendige Anlagen des Vordrucks Neben den verbalen Anforderungen an den Vordruck stellt sich die Frage, welche Rechenwerke der „Bescheinigungsaussteller“ der Sanierungsprüfung i.S.d. § 270b InsO zugrunde legen und der gerichtlichen Überprüfung überlassen muss273. Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage und der Krisenursachen werden regelmäßig die Jahresabschlüsse der letzten (drei) Jahre, eine aktuelle Summen- und Saldenliste sowie relevante Daten aus der Kostenrechnung und ggf. Marktprognosen von Verbänden herangezogen.274 Für die Feststellung, dass keine Zahlungsunfä268
Vgl. Fröhlich/Bächstädt, ZInsO 2011, 985, 988; Nickert, in: Haarmeyer/Pape/Stephan/ Nickert (Hrsg.), Formularhandbuch Insolvenzrecht, 2009, S. 528 f. 269 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 156, Rn. 9; Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 65; Fuhst, GWR 2012, 482, 483; Hermanns, ZInsO 2012, 2265, 2269. 270 Vgl. Nickert, in: Haarmeyer/Pape/Stephan/Nickert (Hrsg.), Formularhandbuch Insolvenzrecht, 2009, S. 528 f.; Voigt-Salus/Pape, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Insolvenzverwaltung, 2007, S. 1155 ff. 271 Vgl. Fröhlich/Bächstädt, ZInsO 2011, 985, 989. 272 Vgl. Klein, Anforderungen an Sanierungskonzepte, 2008, S. 65. 273 Zum Prüfungsumfang des Insolvenzgerichts vgl. Vallender, GmbHR 2012, 450, 451; Brinkmann/Zipperer, ZIP 2011, 1337, 1344; Desch, BB 2011, 841, 841; Buchalik, ZInsO 2012, 349, 350; Frind, ZInsO 2011, 2249, 2261; Obermüller, ZInsO 2011, 1809, 1818. 274 Vgl. Hermanns, ZInsO 2012, 2265, 2269; Buchalik, ZInsO 2012, 349, 363; Kraus/ Lenger/Bozidar, ZInsO 2012, 587, 589.
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higkeit i.S.v. § 17 InsO, sondern lediglich Überschuldung i.S.v. § 19 InsO vorliegt, muss eine integrierte Planungsrechnung zur Beurteilung der Überlebensfähigkeit, und eine Überschuldungsbilanz zur Beurteilung der rechnerischen Überschuldung, erstellt werden.275 Es stellt sich die Frage, ob der Bescheinigungsaussteller seine Prüfungsaussage, dass die Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos bzw. das Unternehmen sanierungsfähig ist, auf eine rechnerische Darstellung des Sanierungsvorhabens stützen muss. Dafür spricht, dass die Sanierungsfähigkeitsprüfung als Zahlungsfähigkeitsprognose für das laufende und nachfolgende Geschäftsjahr ausgestaltet ist (s. o.), so dass der Schuldner den Nachweis zu erbringen hat, dass die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens mit den beabsichtigen Sanierungsmaßnahmen zukünftig aufrechterhalten werden kann. Dies wird er nur dann abschließend beurteilen können, wenn er die zukünftigen Ein- und Auszahlungen, unter Berücksichtigung des gerichtlichen Sanierungsszenarios analysiert. Hierfür ist eine rechnerische Abbildung des Unternehmensverlaufs in Form eines Finanzplans unverzichtbar.276 Zudem erhält der Schuldner mit Eintritt in das Sanierungsvorbereitungsverfahrens die Möglichkeit, Masseverbindlichkeiten begründen zu können. Ohne eine rechnerische Entscheidungsgrundlage, aus der hervorgeht, ob diese im Zeitpunkt er Fälligkeit tatsächlich beglichen werden können, hätte der Schuldner die Möglichkeit, die potenzielle Masse zu schmälern, was dem Primärziel eines Insolvenzverfahrens, die bestmögliche Gläubigerbefriedigung, entgegenstehen würde.277 Als Zwischenergebnis kann daher festgehalten werden, dass für die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit ein Finanzplan aufzustellen ist.278 In diesem Kontext schließt sich die Frage nach einer integrierten Planungsrechnung an. Dass ein solches Rechenwerk bereits zu diesem Verfahrenszeitpunkt sachlich angezeigt ist, ergibt sich, wie bereits dargestellt, aus der Tatsache, dass diverse zahlungswirksame Vorgänge, wie z. B. die Einzahlung aus dem Forderungseinzug, sich nur durch eine Planbilanz rechnerisch abstimmen lassen. Beispielhaft sei angeführt, dass der Abbau von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen zu einem Liquiditätszufluss führt. Ohne Bilanzplanung blieben diese liquiditätswirksamen Bestandsveränderungen unbeachtet, der Finanzplan wäre nicht nur unvollständig, sondern falsch.279 Gleiches trifft für die Ergebnisplanung zu. So ist z. B. für die Bemessung des Insolvenzgelds und dessen Vorfinanzierung eine Prognose der Personalaufwendungen notwendig, die Eingang in die Ergebnis- nicht aber in die Finanzplanung findet. Zudem stellt die integrierte Planungsrechnung, wie bereits aufgezeigt, ein Kontrollinstrument für die Plausibilität und Konsistenz der 275 Vgl. Becker/Kraemer/Bieckmann, KSI 2012, 245, 246 f.; Hermanns, ZInsO 2012, 2265, 2267 f.; Richter/Pluta, BB 2012, 1591, 1592; Fuhst, GWR 2012, 482, 483. 276 Vgl. Vallender/Zipperer, NZI 2012, 729, 733; Siemon, ZInsO 2012, 1045, 1051 f. 277 Vgl. Siemon, ZInsO 2012, 1045, 1047. 278 Vgl. So auch Vallender/Zipperer; Fuhst, GWR 2012, 482, 483. 279 Vgl. Beck/Möhlmann, Sanierung und Abwicklung in der Insolvenz, 2000, S. 15; Weber, Betriebswirtschaftliche Fragen des Insolvenzplans, der übertragenden Sanierung und der Liquidation, 2010, S. 65 f.
A. Die Eigenverwaltung als Anreizinstrument
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gesamten Planung dar.280 Denn sofern in einem geschlossenen bzw. integrierten Planungssystem nach dem Prinzip der Doppik alle Daten korrekt verarbeitet wurden, wird hierdurch der formale Beweis erbracht, dass die Planungsrechnung insgesamt schlüssig, d. h. rechnerisch richtig, ist. Nach alldem kann festgehalten werden, dass neben dem Grobkonzept, die Jahresabschlüsse des Unternehmens der letzten drei Jahre, eine aktuelle Summen- und Saldenliste aus dem Rechnungswesen, die Rechenwerke zur Beurteilung der Insolvenzeröffnungsgründe, eine integrierte Planungsrechnung des Insolvenzsanierungsszenarios und ggf. Deckungsbeitragsrechnungen und/oder z. B. Marktprognosen von Branchenverbänden beim Insolvenzgericht einzureichen sind. (c) Konkreter Gestaltungsvorschlag Aufbauend auf den obigen Ausführungen hat der Vordruck für die Sanierungsbescheinigung i.S.d. § 270 Abs. 1 InsO folgenden Gliederungsaufbau zu tragen: 1. Bescheinigung gem. § 270b Abs. 1 S. 3 InsO Hiermit bescheinige ich für die … (Gesellschaft), dass drohende Zahlungsunfähigkeit i.S.v. § 18 InsO und/oder Überschuldung i.S.v. § 19 InsO, aber keine Zahlungsunfähigkeit i.S.v. § 17 InsO vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Ich erteile diese Bescheinigung auf der Grundlage meiner Unternehmensanalyse und Prüfungsergebnissen, die unter Punkt 2 und 3 aufgeführt sind. Für die Prüfung lagen mir die unter Punkt 4 genannten und der Bescheinigung beigefügten Anlagen vor. 2. Darstellung des Grobkonzepts a) Darstellung der wirtschaftlichen Lage aa) Aussage zur Liquiditätslage (Entwicklung des Cashflows) bb) Aussage zur Ertragslage (Darlegung der Umsatz- und Gewinnentwicklung) cc) Aussage zur Vermögenslage (Darstellung der Eigenkapitalentwicklung) b) Aussage zum Krisenausmaß aa) Analyseergebnis zur Zahlungsunfähigkeit bb) Analyseergebnis zum Eintritt der Überschuldung und/oder drohenden Zahlungsunfähigkeit c) Ursachen der Insolvenz und deren Auswirkungen auf das Unternehmen 280 Vgl. Weber, Betriebswirtschaftliche Fragen des Insolvenzplans, der übertragenden Sanierung und der Liquidation, 2010, S. 67; Dobler, Ertrags- und Liquiditätsplan, 2009, S. 23 f.; Beck/Möhlmann, Sanierung und Abwicklung in der Insolvenz, 2000, S. 15.
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Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
aa) Einkauf und Materialwesen bb) Produktion cc) Vertrieb dd) Personal ee) Organisation & Management ff) Forschung & Entwicklung gg) Finanzierung hh) Sonstiges d) Sanierungsmaßnahmen aa) Bereits eingeleitete Maßnahmen bb) Beabsichtigte Maßnahmen 3. Stellungnahme des Bescheinigungsausstellers zum angestrebten Sanierungsvorhaben Stellungnahme des Bescheinigungsausstellers zur Geeignetheit der identifizierten Maßnahmen, um die Sanierungsfähigkeit bejahen zu können und das keine rechtlichen und/oder tatsächlichen Gegebenheiten im Rahmen der Prüfung bekannt geworden sind. 4. Anlagen a) Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre b) Aktuelle Summen- und Saldenliste c) Planungsrechnung zur Bestätigung der negativen Überlebensfähigkeitsprognose und Ausschluss der Zahlungsunfähigkeit d) Überschuldungsbilanz (i.S.d. § 19 Abs. 1 InsO) e) Integrierte Planungsrechnung unter Einbeziehung der beabsichtigten Sanierungsmaßnahmen und des Insolvenzszenarios f) Sonstiges (z. B. Kostenträgerrechnungen bzw. Deckungsbeitragsrechnungen) cc) Die Person des Bescheinigungsausstellers als Unsicherheitsfaktor Schließlich ist die Bescheinigung i.S.d. § 270b von einem in Insolvenzsachen erfahrenen Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation auszufüllen. Allerdings bereiten die Anforderungen an die Person des Bescheinigungsausstellers in der Praxis Schwierigkeiten.281 281 Vgl. Hermann-Rechtsanwälte, ESUG Zwischenbericht, 2013, S. 16 f., abrufbar unter: http://hermann-law.de/uploads/media/standpunkt5-ebook-neu_01.pdf; Hölzle ZIP 2012, 158,
A. Die Eigenverwaltung als Anreizinstrument
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(1) Problemaufriss Aufgrund der Möglichkeit, dass der Schuldner „seinen“ ihm vertrauten, in Insolvenzsachen erfahrenen Berater mit der Bescheinigungsausstellung beauftragen und der Schuldner hierdurch weitere Beratungskosten vermeiden kann282, ergibt sich für das Insolvenzgericht ein erhöhter Arbeits- und Prüfungsaufwand. Dem Insolvenzgericht wird eine Bescheinigung vorgelegt, die von einer Person ausgestellt wurde, die dem jeweiligen Insolvenzgericht (zumeist) unbekannt ist. Der Insolvenzrichter steht daher vor der Aufgabe zu prüfen, ob der Bescheinigungsaussteller die gesetzlichen Anforderungen aus § 270b Abs. 1 S. 3 InsO erfüllt. Die Anforderungen werden jedoch aufgrund fehlender gesetzlicher Bestimmungen von den Insolvenzgerichten nicht einheitlich ausgelegt283, mit dem Ergebnis, dass die Anforderungen an den Bescheinigungsaussteller von Amtsgericht zu Amtsgericht variieren und damit für den Schuldner ein vergleichbares Risikopotenzial besteht, wie es im Kontext der Sanierungsbescheinigung dargestellt wurde.284 (2) Reformvorschlag de lege ferenda: Implementierung eines Anerkennungsverfahrens Um diese Rechtsunsicherheit zu überwinden, wird vorgeschlagen, ein Anerkennungsverfahren nach dem Vorbild des Verbraucherinsolvenzverfahrens zu implementieren. Zur Sicherung der Qualität und zur Förderung der Rechtssicherheit bestimmt § 305 Abs. 1 S. 1 InsO, dass die Bescheinigung über das Scheitern der Verhandlungen nur von einer geeigneten Person oder Stelle ausgestellt werden darf. Wer diese Personen oder Stellen sein dürfen, bestimmen die Länder. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO enthält dazu eine Gesetzesermächtigung, nach der die Bundesländer Regelungen zur Anerkennung der Personen und Stellen, die die Bescheinigung ausstellen dürfen, erlassen können. Von dieser Ermächtigung haben sämtliche Länder Gebrauch gemacht, so dass sich der Verbraucher sicher sein kann, dass, wenn eine über das Anerkennungsverfahren ermächtigte Person bzw. Stelle die Bescheinigung ausstellt, diese den gesetzlichen Erfordernissen genügt und der Antrag nicht als unzulässig abgewiesen werden kann.285
161; Herbst/Hörmann, ForderungsPraktiker 2012, 158, 160; Becker/Kraemer/Bieckmann, KSI 2012, 245, 248; Ringstmeier, in: Ahrens/Gerlein/Ringstmeier, 2012, § 270b InsO, Rn. 12; Vallender/Zipperer, NZI 2012, 729, 730. 282 Vgl. Teil 3, A. II. 2. b) aa) (2) (c) (cc). 283 Hierauf hatte bereits der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 15. 04. 2011 hingewiesen (vgl. BR-Drucksacke 127/11, S. 21); vgl. dazu auch Vallender/Undritz/Linkert, 2012, S. 633. 284 Vgl. Teil 3, A. III. 2. b) bb) (1). 285 Vgl. HambKomm/Streck, 4. Aufl. 2012, § 305 InsO, Rn. 13; vgl. Schmerbach, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 305 InsO, Rn. 10.
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Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
Überträgt man diesen Gedanken auf den hier interessierten Kreis, könnte die für den Schuldner erforderliche Rechtssicherheit dadurch geschaffen werden, dass das BMJ dazu ermächtigt wird, ein Anerkennungsverfahren für den Kreis der Bescheinigungsaussteller zu implementieren. Dies hätte zur Folge, dass nur noch anerkannte Personen als Bescheinigungsaussteller in Frage kommen. Der Schuldner liefe somit nicht mehr Gefahr, dass der Antrag von den Insolvenzgerichten abgewiesen wird, weil der Bescheinigungsaussteller nicht die erforderliche Qualifikation aufweist. Zudem müsste der für das Insolvenzverfahren zuständige Insolvenzrichter keine, den Sanierungsprozess verzögernde Prüfung hinsichtlich der Qualifikationserfordernisse mehr vornehmen, wenn die „Anerkennung“ des Bescheinigers dem Insolvenzgericht vorgelegt wird. Um ein derartiges Verfahren zu begründen, wird zunächst der allgemeine Ablauf für das Verbraucherinsolvenzverfahren dargestellt, um darauf aufbauend ein Anerkennungsverfahren für den Bescheinigungsaussteller i.S.d. § 270b Abs. 1 InsO herleiten zu können. (a) Anerkennungsverfahren im Verbraucherinsolvenzverfahren Das Verfahren zur Anerkennung der Personen und Stellen, die die Bescheinigungen i.S.d. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO ausstellen dürfen, sieht nach landesrechtlichen Vorschriften i. d. R. folgendermaßen aus: In § 1 der Ausführungsgesetze werden, neben den Personen, die aus Sicht der Länder ohnehin als geeignete Bescheinigungsaussteller angesehen und enumerativ aufgeführt werden, die sachlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung der Stellen genannt, die zur Ausstellung der Bescheinigung berechtigt sein sollen.286 Hierfür ist Voraussetzung, dass die Stelle von einer zuverlässigen Person geleitet wird, diese eine bestimmte Qualifikation vorweisen muss287 und über ausreichende Erfahrung in der Schuldnerberatung verfügt. Weiter muss die Einrichtung über die Möglichkeit einer Rechtsberatung durch einen Justitiar oder einen niedergelassenen Rechtsanwalt verfügen und die nötige technische, organisatorische und räumliche Ausstattung aufweisen.288 Neben diesen sachlichen Anforderungen sieht das Zulassungsverfahren vor, dass der Antrag auf Zulassung der Einrichtung schriftlich bei einer bestimmten Landesbehörde zu stellen ist.289 Diese erteilt auf Nachweis der Zulassungsvoraussetzungen die Anerkennung als geeignete Stelle. (b) Übertragung auf das Sanierungsvorbereitungsverfahren Vor diesem Hintergrund sind die sachlichen Anforderungskriterien und der formale Ablauf des Verfahrens sowie die zuständige Anerkennungsstelle zu bestimmen. 286 287 288 289
Vgl. Vallender/Undritz/Pape, 2012, S. 758. So z. B. Betriebswirtin/-wirt; Ökonomin/Ökonom oder Bankkauffrau/-mann. Vgl. Vallender/Undritz/Pape, 2012, S. 758. Vgl. Vallender/Undritz/Pape, 2012, S. 758.
A. Die Eigenverwaltung als Anreizinstrument
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(aa) Sachliche Anforderungskriterien Um die sachlichen Anforderungen an den Bescheinigungsaussteller bzw. Antragsteller bestimmen zu können, ist, aufbauend auf den Ausführungen aus dem Untersuchungsabschnitt Teil 3, A. II. 2. b) aa) (2) (c), zwischen dem allgemein in Frage kommenden Personenkreis und den Anforderungen an die praktische Erfahrung in Insolvenzsachen zu unterscheiden. Für die Erfüllung der allgemeinen Anforderungen ist zu regeln, dass Berufsträger i.S.d. § 270b Abs. 1 InsO, d. h. Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Rechtsanwälte sowie die ausdrücklich in der Gesetzesbegründung genannten Personen, d. h. Steuerbevollmächtigte und vereidigte Buchprüfer, einen Antrag auf Anerkennung als Bescheinigungsaussteller stellen können. Ferner kommen, in Anlehnung an § 56 Abs. 1 S. 1 InsO, natürliche Personen in Betracht, die ein Studium der Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften erfolgreich absolviert haben. Zudem sind die sachlichen Anforderungen an die besonderen Voraussetzungen des Antragstellers zu regeln. Dabei geht es darum, die Anforderungen an die Erfahrung in Insolvenzsachen zu begründen. Hierbei empfiehlt es sich, aufbauend auf den obigen Ergebnissen, eine Kategorisierung in der Gestalt vorzunehmen, dass zwischen einem Antrag auf Anerkennung als Bescheinigungsaussteller für natürliche Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit i.S.d. § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO („Kategorie eins“), sowie für die hier im Mittelpunkt stehenden juristische Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist („Kategorie zwei“), zu unterscheiden ist. Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass für die zuletzt genannte Kategorie der Antragsteller nicht nur Erfahrungen auf dem Gebiet der Prüfung der Zahlungsunfähigkeits-, der drohenden Zahlungsunfähigkeits- und der Sanierungsfähigkeitsprüfung, sondern darüber hinaus auch Erfahrungen auf dem Gebiet der Überschuldungsmessung vorweisen muss. Darüber hinaus ist der für die jeweilige Kategorie benötigte, qualitative Erfahrungsumfang zu regeln. Wie bereits im Untersuchungsabschnitt Teil 3, A. II. 2. b) aa) (2) (c) dargelegt, ist eine in Anlehnung an § 5 FAO-Insolvenzrecht festgelegte starre zeitliche Frist für die Erlangung der benötigten Berufserfahrung abzulehnen. Vorzugswürdiger ist, anstelle einer starren Frist einen konkreten Tätigkeitsumfang, wie sie in § 5 lit. g FAO-Insolvenzrecht geregelt ist, zu verlangen.290 Nach § 5 lit. g FAO-Insolvenzrecht ist vom Antragsteller nachzuweisen, dass er mindestens fünf Verfahren aus dem ersten bis sechsten Teil der InsO als Insolvenzverwalter begleitet haben muss. Übertragen auf den hier interessierten Kreis sollte der Antragsteller daher für die „Kategorie eins“, fünf Verfahren bzw. Mandate auf dem Gebiet der Zahlungsunfähigkeits-, der drohenden Zahlungsunfähigkeitsund der Sanierungsfähigkeitsprüfung begleitet haben. Für die Kategorie 2 ist zudem
290
Vgl. dazu bereits Teil 3, A. II. 2. b) aa) (2) (c) (bb).
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Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
erforderlich, dass bei fünf Mandaten die Überschuldungsprüfung Prüfungsgegenstand war. Weiterhin ist es (mit Blick auf Untersuchungsabschnitt Teil 3, A. II. 2. b) aa) (2) (c)) unerlässlich für die Ausstellung von Sanierungsbescheinigungen für Unternehmen, die die Schwellenwerte des § 22a InsO erfüllen, eine dritte Kategorie aufzustellen, um damit dem steigenden Komplexitätsgrad Rechnung zu tragen. Fraglich ist, welcher konkrete Tätigkeitsumfang hier vom Antragsteller zu verlangen ist. Auch hier wird wiederum die Empfehlung ausgesprochen, in Anlehnung an § 5 lit. g FAO-Insolvenzrecht mindestens fünf Mandate der entsprechenden Größenordnung aus § 22a InsO begleitet zu haben („Kategorie drei“).291 Aufgrund der obigen Ausführungen ergibt sich, dass ein Antragsteller, der eine Sanierungsbescheinigung für ein Unternehmen in dem hier interessierten Kreis ausstellen will, den Nachweis der Kategorie eins, zwei und drei erbringen muss. (bb) Verfahrensablauf Für den verfahrensrechtlichen Ablauf wird vorgeschlagen, dass der Antragsteller die allgemeinen und besonderen Anforderungen durch eine Auflistung der Mandate der jeweiligen Kategorien einer Anerkennungsstelle vorlegen muss. Hierzu ist eine Anerkennungsstelle zu bestimmen. Da sich die Anforderungen an den Personenkreis an der Vorauswahlprüfung des § 56 InsO orientieren, wird vorgeschlagen, dass der Gesetzgeber ein Insolvenzgericht benennt, welches bundesweit ausschließlich für das Anerkennungsverfahren zuständig ist. Dieses Insolvenzgericht hat zu prüfen, ob die Voraussetzungen vom Antragsteller erfüllt werden. (cc) Sonstiges Schließlich bietet es sich an, dass eine Liste der anerkannten Personen im Internet von der Anerkennungsstelle veröffentlicht wird. Die hierdurch erzielte Transparenz über die anerkannten Personen hätte den Vorteil, dass der Schuldner einen schnellen Überblick über den Kreis der geeigneten Bescheinigungsaussteller erhält. Dies wäre, mit Blick auf die eingeschränkte Dispositionsfreiheit aus § 15a InsO und auf das Risiko, dass ein zu langes Zuwarten der Antragstellung eine Zahlungsunfähigkeit herbeiführen könnte, von Vorteil, zumal die Verfahrensbeschleunigung erklärtes Ziel des Reformgesetzgebers ist.292 c) Ergebnis Der Reformgesetzgeber stellt dem Schuldner im Sanierungsvorbereitungsverfahren umfangreiche Kontrollrechte zur Verfügung. Neben der Tatsache, dass kein 291
Überdies könnte in Erwägung gezogen werden eine vierte Kategorie zu begründen, die der Komplexität von internationalen Insolvenzverfahren bzw. Konzerninsolvenzen Rechnung trägt. 292 Vgl. BT-Drucksache, 17/5712, S. 1, 33, 43, 70.
B. Vorschlagsrecht für das Amt des (vorläufigen) Sachwalters
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vorläufiger schwacher Insolvenzverwalter, sondern lediglich ein vorläufiger Sachwalter vom Insolvenzgericht zu bestellen ist, besteht für den Geschäftsführer die Möglichkeit, Masseverbindlichkeiten eingehen zu können. Zudem ist kein Sachverständiger mit der Prüfung von alternativen Fortführungslösungen, wie etwa einer übertragenden Sanierung, vom Insolvenzgericht zu bestellen, so dass der Schuldner die Möglichkeit erhält, einen Eigensanierungsplan zu erstellen. Damit steht dem Geschäftsführer ein „starkes“ Rechtsinstrument zur Vorbereitung einer gerichtlichen Sanierung zur Verfügung. Allerdings stehen dieser Möglichkeit auch erhöhte Antragsvoraussetzungen gegenüber. So darf keine Zahlungsunfähigkeit, sondern lediglich die Überschuldung eingetreten sein. Zudem darf die Sanierung im Zeitpunkt der Antragstellung nicht offensichtlich aussichtslos sein. Alle drei Voraussetzungen sind zudem von einer in Insolvenzsachen erfahrenen Person zu bescheinigen. Aufgrund von eingeschränktem Rationalverhalten des (Gesellschafter-)Geschäftsführers muss jedoch davon ausgegangen werden, dass in der Praxis die Überschuldung regelmäßig zu spät erkannt und die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit verkannt wird. Zudem besteht aufgrund der allgemein gehaltenen Anforderungen an den Inhalt der Bescheinigung sowie aufgrund der gesetzlich nicht geregelten darzubringenden Qualifikationsnachweise in Bezug auf den Bescheinigungsaussteller eine Rechtsunsicherheit in der Praxis, die dazu geeignet ist, dass ein Gesellschaftergeschäftsführer in dem hier interessierten Kreis auch zukünftig von einer frühzeitigen Verfahrenseinleitung Abstand nehmen wird. Letzteres kann, nach dem Vorbild des Verbraucherinsolvenzverfahrens, durch die Einführung eines gerichtlichen Vordrucks für die Sanierungsbescheinigung und durch die Einführung eines Anerkennungsverfahrens für den Personenkreis der Bescheinigungsaussteller unterbunden werden. Um die Überschuldung in der Praxis rechtzeitig zu erkennen, besteht die Notwendigkeit, eine ausdrücklich gesetzlich geregelte Krisenprüfungspflicht zu implementieren. Hier wird vorgeschlagen, dass, wenn der Tatbestand des § 49 Abs. 3 GmbHG erfüllt ist, eine Überschuldungsprüfung i.S.d. § 19 InsO zu erfolgen hat. Um darüber hinaus das Risiko auszuschließen, dass der Geschäftsführer trotz Überschuldungsprüfung die Sanierungsfähigkeit positiv bejaht, obwohl dies die Umstände nicht zulassen, wird vorgeschlagen, dass die Prüfung zwingend von einem externen Berater vorzunehmen ist.
B. Das gesetzlich geregelte Vorschlagsrecht für das Amt des (vorläufigen) Sachwalters als Anreizmechanismus Die Person des Sachwalters ist ein weiterer wichtiger Faktor, der die Anreizwirkung eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens prägt. Schon die Person des Vergleichsverwalters wurde in der Vergangenheit als die Schlüsselfigur für den
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Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
Ausgang eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens angesehen.293 Dies gilt auch für den Sachwalter im Eigenverwaltungs- und Insolvenzplanverfahren.294 Vom Votum des Sachwalters hängt es ab, ob Gläubiger und Insolvenzgericht die Eigensanierung unterstützen. So kann der Sachwalter z. B. einen vom Schuldner vorgelegten Plan verhindern, indem er ein Regelinsolvenzverfahren befürwortet. Zudem hat er regelmäßig das Gericht und die Gläubiger auf seiner Seite, wenn er Fehler des Schuldners anprangert und darstellt, warum der Geschäftsbetrieb anstelle einer Eigensanierung rasch verkauft oder eingestellt werden muss.295 Ein Schuldnerplan wird daher kaum Zustimmung finden, wenn der Sachwalter gegen den Plan opponiert. Die Entscheidung über die (bestmögliche) Verwertungsalternative soll aber nicht der Sachwalter treffen, sondern hier sind die Gläubiger gefragt (vgl. §§ 157, 243 ff. InsO). Daher soll die Person des Sachwalters die Möglichkeit des Schuldners, eine Planentscheidung zur Erreichung der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung herbeizuführen, nicht negativ präjudizieren.296 Vielmehr bedarf es einer „fairen“ Chance für einen Eigensanierungsplan. Diese wird jedoch nur dann gewährleistet sein, wenn der Schuldner mit einem Sachwalter zusammenarbeitet, der die hierzu nötige Qualifikation und Erfahrung im Bereich der Insolvenzplan- und Eigenverwaltungsverfahren mitbringt und dem Schuldner den hierfür benötigten Vertrauenskredit einräumt.297 Hierfür ist nach § 56 Abs. 1 S. 1 InsO eine für den Einzelfall geeignete Person zum Sachwalter zu bestellen. Für ein Eigenverwaltungs- und Insolvenzplanverfahren bedeutet dies konkret, dass ein Sachwalter zu bestellen ist, der die hierfür benötigte rechtliche und betriebswirtschaftliche Kompetenz und Erfahrung aufweist.298 So ist bei der Überwachung der Liquidität eine Analyse des Rechnungswesens erforderlich, was buchhalterische Kenntnisse verlangt. Der gestaltende Teil des Plans erfordert ein kombiniertes Verständnis für betriebswirtschaftlich angelegte Sanierungsmaßnahmen und deren rechtliche Umsetzbarkeit. Zudem wird ein „Sachwalter“ benötigt, der sich auf seine Aufsichtsbefugnisse beschränkt und dem eigenverwaltenden Schuldner den erforderlichen Handlungsspielraum zugesteht.299 Liegen diese Qualitäten vor, ist davon auszugehen, dass der Sachwalter die
293 Vgl. Uhlenbruck, in: Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechtshandbuch, 1990, § 72, Rn. 2; Wallner/Gerster/Weiß, ZInsO 2011, 16, 19; Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 437. 294 Vgl. Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenzen, 1997, S. 687. 295 Vgl. Westrick, Vortrag Bundesfinanzakademie, 2009, S. 12, abrufbar unter: http://www. westrick.de/100312_KW_Sanierung%20in%20der%20Insolvenz.pdf. 296 Vgl. Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenzen, 1997, S. 687. 297 Vgl. Wallner/Gerster/Weiß, ZInsO 2011, 16, 26; Stapper, ZInsO 2009, 2361, 2362; Hölzle, NZI 124, 126. 298 Vgl. Seide/Brosa, ZInsO 2008, 769, 770; Stapper, ZInsO 2009, 2361, 2362; ZInsO Dokumentation 2005, 982 ff. 299 Vgl. Pape/Uhlenbruck, Insolvenzrecht, 2002, S. 146; Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 440; Vallender, WM 1998, 2129, 2134 ff.
B. Vorschlagsrecht für das Amt des (vorläufigen) Sachwalters
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Sanierung anstreben wird.300 Kann der Verwalter dagegen keine praktische Erfahrung in diesem Bereich vorweisen, wird der Sachwalter bei Verfahrenseintritt dazu neigen, die Weichen für eine Zerschlagung oder übertragende Sanierung zu stellen.301 Gelingt keine schnelle übertragende Sanierung, lässt der Verwalter ausproduzieren, d. h. vorhandene Aufträge werden in Abstimmung mit den Auftraggebern noch erfüllt und der Geschäftsbetrieb danach eingestellt und anschließend verwertet.302 Der Überschuss der Einnahme nach Abzug der Ausgaben vermehrt die Berechnungsgrundlage der Verwaltervergütung nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 b) InsVV. Und selbst wenn im Rahmen der Ausproduktion kein Überschuss generiert wurde, kann der Verwalter dennoch einen Zuschlag nach § 3 Abs. 1 lit. b InsVV geltend machen. Vor diesem Hintergrund ist es aus der Sicht eines Gesellschaftergeschäftsführers von Bedeutung, dass vom Insolvenzgericht ein Sachwalter bestellt wird, der nicht „pauschal“ die Liquidation des Rechtsträgers anstrebt, sondern einer Eigensanierung offen gegenübersteht und neben der Verwirklichung der gleichmäßigen und bestmöglichen Gläubigerbefriedigung das vom Gesellschaftergeschäftsführer beabsichtigte Eigensanierungsvorhaben, und das darin enthaltene persönliche Interesse, unterstützt. Für ein derartiges Vertrauensverhältnis ist es für den Gesellschaftergeschäftsführer wichtig, dass der Sachwalter, neben der grundsätzlichen Unterstützung des Eigensanierungsvorhabens, Erfahrung im Bereich der gerichtlichen Unternehmensfortführung und -sanierung, insbesondere im Umgang mit Insolvenzplan- oder Eigenverwaltungsverfahren, vorweisen kann.303 Idealerweise verfügt der Sachwalter sogar über erfolgreich durchgeführte Eigensanierungsverfahren.304
I. Kritik vor Inkrafttreten des ESUG Erfahrungen aus der insolvenzrechtlichen Praxis haben jedoch gezeigt, dass die Bestellung zur Person des Verwalters durch die Insolvenzgerichte nicht immer nachvollziehbar war. Es wurden z. T. Personen bestellt, die keinerlei Erfahrung im Umgang mit Unternehmensfortführungen oder Insolvenzplan- sowie Eigenverwaltungsverfahren aufweisen konnten.305 Gerster spricht in diesem Zusammenhang 300 Vgl. Wallner/Gerster/Weiß, ZInsO 2011, 16, 26; Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 438 f.; Kruth, Die Auswahl und Bestellung des Insolvenzverwalters (§§ 56, 57 InsO), 2005, S. 237; Lambrecht, DZWIR 2010, 22 f. 301 Vgl. Streit, DB 2010, 31 f.; Wallner/Gerster/Weiß, ZInsO 2011, 16, 26; Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 440. 302 Vgl. Westrick, Vortrag Bundesfinanzakademie, 2009, S. 12, abrufbar unter: http://www. westrick.de/100312_KW_Sanierung%20in%20der%20Insolvenz.pdf. 303 Vgl. Westrick, NZI 2003, 65, 65. 304 Derartige Verfahren stellten in der Vergangenheit allerdings die Ausnahme dar. Vgl. dazu Kranzusch, ZInsO 2008, 1346, 1347 ff. 305 Vgl. Studie der Euler Hermes Kreditversicherung/ZIS, Rettung aus der Insolvenz, 2007, S. 12, 17; abrufbar unter: http://www.zis.uni-mannheim. de/studien/dokumente/stu-
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Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
davon, dass bei vielen Verwaltern es an der detaillierten Kenntnis über den praktischen Ablauf des Insolvenzplanverfahrens fehle und die Kriterien für eine im Sanierungsverfahren erforderliche risikominimierende Planungsrechnung unbekannt sind.306 Dies hat zur Konsequenz, dass Gläubiger nicht immer im ausreichenden Maße über die Chancen und Risiken einer Sanierung informiert und Gläubiger so um ihre Chance einer besseren Befriedigung „beraubt“ werden.307 Vor diesem Hintergrund bestand bei dem Schuldner in der Vergangenheit die Sorge, durch den zuständigen Insolvenzrichter einen Verwalter zugeteilt zu bekommen, der den Anforderungen eines Planverfahrens nicht gewachsen ist, da dem Verwalter die hierzu benötigte Erfahrung fehlte und damit die Einschätzung von unternehmerischen und rechtlichen Risiken im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens nicht hinreichend beurteilt werden konnte.308 Die Besetzungspraxis einiger Insolvenzgerichte bzw. -richter sahen vor dem ESUG vielmehr vor, dass anstehende Verfahren möglichst gleich auf die Vorauswahlliste stehenden Verwalter aufgeteilt wurden.309 Argumentiert wurde, dass eine Bestenauslese Verzögerungen auslösen würde, die die Erreichung der Ziele des Insolvenzverfahrens (d. h. die bestmögliche Gläubigerbefriedigung) gefährden könnte.310 Dies führte in der Praxis dazu, dass es nicht immer zu einer optimalen Allokation von knappen Spezialressourcen kam und in einigen Fällen sanierungsunerfahrene Personen als Verwalter bestellt wurden.311 Aus diesem Grund bestand in den vergangenen Jahren ein gewisses Misstrauen gegenüber der Verwalterauswahl durch die Insolvenzgerichte.312 Um dieser Rechtsunsicherheit zu begegnen, wurde in der Praxis vereinzelt der Versuch unternommen, dem Insolvenzgericht einem dem Schuldner vertrauten Sanierungsexperten bzw. Insolvenzverwalter als Verwalter vorzuschlagen.313 Dies wurde von den Insolvenzrichtern unterschiedlich aufgefasst. In der Praxis gab es drei
die_2007_wirtschaft_konkret/studie_2007_wirtschaft_konkret.pdf. Hier kritisierten 50 % der befragten Insolvenzverwalter die Auswahl der Insolvenzverwalter durch die Insolvenzgerichte und 51 % die Unerfahrenheit der Verwalterkollegen. s. dazu auch die Untersuchung von Eidenmüller/Frobenius/Prusko, NZI 2010, 547, 549 f. Hier werteten 59 % der befragten Insolvenzexperten (hierunter fallen u. a. Insolvenzverwalter und Sanierungsberater) die Verwalterauswahl als negatives Insolvenzmerkmal und als größtes Problem des deutschen Insolvenzrechts bezeichnet. 306 Vgl. Gerster, ZInsO 2008, 437, 438. 307 Vgl. Gerster, ZInsO 2008, 437, 438. 308 Vgl. Undritz, NZI 2007, 65, 67. 309 Vgl. Graeber, ZInsO 2006, 851, 852 f. 310 Vgl. Lüke, ZIP 2007, 701, 701. 311 Vgl. Portisch, Forderungspraktiker 2011, 8, 9. 312 Vgl. Heyer, ZIP 2011, 557, 558. 313 Vgl. Fölsing, ZInsO 2012, 2272, 2274; Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenzen, S. 686; Braun/Kind, InsO, 4. Aufl. 2010, § 56 InsO, Rn. 4; dieses Vorgehen wurde bereits mit Einführung der InsO empfohlen, s. dazu Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 268.
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Gruppen von Richtern314 : Schlug der Schuldner im Zusammenhang mit dem Eröffnungsantrag eine Person als Verwalter vor, so bestellte die erste Gruppe im Zweifel diese Person. Die zweite Gruppe bestellte diese Person „mit Sicherheit nicht“315. Die dritte Gruppe entschied von Fall zu Fall. Begründet wurde die restriktive Haltung mit der in § 56 InsO normierte Unabhängigkeit des Verwalters.316 Diese liegt regelmäßig vor, wenn der Verwalterkandidat vom Ausgang des Verfahrens nicht selbst betroffen ist, keinem Interessenskonflikt ausgesetzt ist und weder zum Schuldner noch zu Gläubigern in einem Abhängigkeitsverhältnis steht.317 Daran anknüpfend wurde (zu Recht) vorgebracht, dass allein der Umstand, dass ein Verwalter vom Schuldner vorgeschlagen wurde, nicht zwangsläufig Auswirkungen auf dessen Unabhängigkeit hat.318 Der Vorschlag durch den Schuldner wurde von den Insolvenzgerichten jedoch häufig dahingehend berücksichtigt, dass allein aufgrund der Tatsache, dass der Schuldner Kontakt zu einem Sachwalterkandidaten aufgenommen hatte, Zweifel an dessen Unabhängigkeit bestanden, so dass das Gericht von der Bestellung dieser Person absah.319 Wie bereits im Bereich der Anordnung der Eigenverwaltung lag auch hier wiederum das Problem in der divergierenden Gerichtspraxis, was dazu führte, dass der Schuldner aufgrund mangelnder Planungs- und Rechtssicherheit davon Abstand nahm, frühzeitig das gerichtliche Sanierungsverfahren einzuleiten. Dies war darauf zurückzuführen, dass er nicht abschätzen konnte wie das Insolvenzgericht auf einen vorgeschlagenen Verwalterkandidaten reagieren würde und ob im Falle einer Ablehnung des Kandidaten, der vom Insolvenzgericht bestellte Verwalter die notwendigen Kenntnisse für eine gerichtliche Sanierung vorweisen und das Plansanierungsvorhaben in der Eigenverwaltung unterstützen würde.320 Es bestand aus der Sicht eines Gesellschaftergeschäftsführers daher das Risiko, einen Verwalter zugeteilt zu bekommen, der sich gegenüber den anderen Verfahrensbeteiligten gegen eine Eigensanierung und für eine Zerschlagung ausgesprochen hätte.
314
Vgl. Römermann, NJW 2012, 645, 648; Frings/Bernsen, NJW 2012, 405, 405. Römermann, NJW 2012, 645, 648. 316 Vgl. Frind, ZInsO 2007, 643, 646. 317 Vgl. Braun/Kind, InsO, 4. Aufl. 2010, § 56 InsO, Rn. 4; Uhlenbruck/Lüer, InsO, 13. Aufl. 2010, § 56, Rn. 21, 35; Frings/Bernsen, NJW 2012, 405, 405. 318 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 56, Rn. 52; MünchKommInsO/ Graeber, 3. Aufl. 2013, § 56, Rn. 130; HK-InsO/Eickmann, 6. Aufl. 2011, § 56, Rn. 9; Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, S. 444 f. 319 Vgl. Westphal/Janjuah, ZIP 2008, Beilage zu Heft 3, S. 9. 320 Vgl. Herbst/Hörmann, Forderungspraktiker 2012, 158, 159. 315
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II. Die Regelungen zur Auswahl des Verwalters nach dem ESUG Ausgehend von der oben aufgeführten Kritik hat der Gesetzgeber die Auswahl für das Amt des Insolvenz- bzw. Sachwalters im Rahmen des ESUG neu geregelt, wobei zwischen den allgemeinen Neuerungen für das Regelverfahren und der besonderen Regelung im Sanierungsvorbereitungsverfahren zu unterscheiden ist. 1. Allgemeine Neuerungen Mit Einführung des ESUG hat der Reformgesetzgeber die Anforderungen an die Unabhängigkeit in § 56 InsO n.F. konkretisiert und den Einfluss der Gläubiger modifiziert. a) Konkretisierung des Unabhängigkeitserfordernisses Die Unabhängigkeit des Verwalters wird gem. § 56 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 und Nr. 2 InsO nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass dieser vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist (Nr. 1) oder der Schuldner vor dem Eröffnungsantrag bereits in allgemeiner Form über den Ablauf des Insolvenzverfahrens und dessen Folgen durch den Verwalter beraten wurde (Nr. 2). aa) Vorschlagsrecht durch den Schuldner oder einen Gläubiger Nachdem bislang ein dem Insolvenzgericht vorgeschlagener Insolvenzverwalter oftmals bereits aufgrund des Vorschlags für die Auswahl im konkreten Insolvenzverfahren disqualifiziert war, wird nach dem neuen § 56 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 InsO die für das Amt erforderliche Unabhängigkeit von Gesetzes wegen nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die Person vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist. Allerdings ist das Gericht sowohl beim Schuldner wie auch beim Gläubiger nicht an den Vorschlag gebunden und muss ungeachtet hiervon vor der Bestellung die Unabhängigkeit nach § 56 InsO prüfen.321 Das Insolvenzgericht hat daher, sofern der vorgeschlagenen Verwalter die für das Verwalteramt benötigte Geschäftskunde aufweist und für den konkreten Einzelfall geeignet ist, mit diesen Kontakt aufzunehmen, um eine mögliche Vorbefassung, die der Unabhängigkeit i.S.d. § 56 InsO entgegenstehen könnte (sog. „conflict-check“322), zu klären.323 Hierfür wurden in der insolvenzrechtlichen Literatur bereits Fragebögen für die
321 Vgl. Braun/Blümle, InsO, 5. Aufl. 2012, § 56, Rn. 39; Frind, ZInsO 2013, 59 ff.; Bork, ZIP 2013, 145, 149. 322 Frind, ZInsO 2002, 745, 748. 323 Vgl. Braun/Blümle, InsO, 5. Aufl. 2012, § 56, Rn. 39.
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gerichtliche Praxis bereitgestellt, die auch regelmäßig Verwendung finden.324 Zudem ist ein Verwalter dazu verpflichtet, „von sich aus dem Insolvenzgericht einen Sachverhalt anzuzeigen, der bei unvoreingenommener, lebensnaher Betrachtungsweise die ernstliche Besorgnis rechtfertigen kann, dass der Verwalter als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist“325. Die Neuregelung verfolgt den Zweck, dass den von der Insolvenz betroffenen Beteiligten Gehör verschafft wird, um somit die in der Vergangenheit beobachtbare, reflexartige Unterstellung, dass jeder Schuldner oder Gläubiger mit der Nennung eines potenziellen Verwalterkandidaten insolvenzrechtlich bedenkliche bzw. rechtswidrige Ziele verfolge, zu unterbinden und somit die (scheinbar unausweichliche) Ablehnung des vorgeschlagenen Kandidaten auszuschließen bzw. zumindest in Frage zu stellen.326 bb) Allgemeine Beratung des Schuldners vor Antragstellung Des Weiteren rechtfertigt nunmehr nicht jeder Kontakt zwischen dem vorgeschlagenen Insolvenzverwalter und dem Schuldner vor dem Eröffnungsantrag einen Ausschluss vom Verwalteramt. Nach § 56 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 InsO tangiert eine Beratung des Schuldners in allgemeiner Form über den Ablauf des Insolvenzverfahrens und dessen Folgen nicht die Unabhängigkeit eines Verwalterkandidaten. Offen gelassen hat der Gesetzgeber jedoch, wann lediglich eine allgemeine Beratung vorliegt. Zudem werden in der Literatur Zweifel angemeldet, ob eine derartige Beratung im Einklang mit dem anwaltlichen Berufsrecht und mit strafrechtlich relevanten Regelungen steht.327 (1) Begriffsbestimmung Den Gegensatz zur allgemeinen Beratung stellt die konkrete Beratung dar. Die erforderliche Unabhängigkeit ist daher nicht mehr gegeben, wenn der vorgeschlagene Verwalter vor dem Eröffnungsantrag in konkreter Form über den Ablauf des in Rede stehenden Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat.328 Der Übergang von der allgemeinen zur konkreten Beratung ist daher vollzogen, sobald Fragen zu einem konkreten Sachverhalt oder zur Rechtslage in diesem Falle beantwortet werden.329 Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Beratende eine Stellungnahme 324 Vgl. Frind/Graeber/Schmerbach/Siemon/Stehpan, ZInsO 2012, 368 ff.; Flöther, ZIP 2012, 1833, 1840. 325 BGH, ZInsO 2012, 269 f. 326 Vgl. Römermann, NJW 2012, 645, 648. 327 Vgl. Hölzle, NZI 2011, 124, 127; Fridgen, GWR 2011, 535, 536; Römermann, ZInsO 2013, 218, 224; Frings/Bernsen, NJW 2012, 405 f.; Frind, NZI 2010, 705, 709; Braun/Blümle, InsO, 5. Aufl. 2012, § 56, Rn. 23 ff.; Urlaub, ZIP 2011, 1040, 1042. 328 Vgl. Frings/Bernsen, NJW 2012, 405. 329 Vgl. Fridgen, GWR 2011, 535, 536; Römermann, NJW 2012, 645, 648.
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zu konkreten Haftungsansprüchen aus z. B. §§ 43, 64 GmbHG oder zu Anfechtungstatbeständen nach z. B. §§ 129, 135 InsO abgibt.330 In derartig gelagerten Fällen ist stets die nach § 56 Abs. 1 InsO erforderliche Unabhängigkeit des Beraters nicht mehr gegeben. Es bestünde die Gefahr, dass bei einer späteren Bestellung der Berater mit gegenläufigen wirtschaftlichen Interessenslagen konfrontiert und er damit einem für die Verwaltertätigkeit schädlichen Interessenkonflikt ausgesetzt wird.331 Eine allgemeine Beratung stellt daher, neben einer Kontaktaufnahme mit dem Verwalterkandidaten, lediglich eine Erstberatung dar, in deren Verlauf ein Rechtssuchender sich ganz allgemein über den grundsätzlichen Ablauf eines Insolvenzverfahrens informieren will.332 (2) Mandatskollisionssachverhalte durch die allgemeine Beratung? Trotz dieser Abgrenzung bestehen jedoch Bedenken, ob die Berufsgrundsätze der Anwaltschaft eine allgemeine Beratung im Vorfeld der Verfahrenseinleitung überhaupt zulassen und ob sie keine strafrechtlich relevanten Regelungen tangiert (sog. potenzielle „Mandatskollisionsfälle“333). Es wird vereinzelt vorgetragen, dass eine Beratung i.S.d. § 56 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 InsO den Tatbestand des Parteiverrats nach § 356 StGB erfüllen würde.334 In strafrechtlicher Hinsicht setzt § 356 StGB die Tätigkeit als Anwalt gegenüber zwei Parteien voraus. Die Insolvenzverwaltertätigkeit stellt jedoch gerade keine Anwaltstätigkeit dar.335 Eine Strafbarkeit wegen Parteiverrats ist daher nicht gegeben, wenn der Anwalt zunächst als Rechtsanwalt für einen Beteiligten tätig war und danach zum Insolvenzverwalter bestellt wird.336 Im Zusammenhang mit dem neu eingeführten § 56 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 InsO wird ferner ein Verstoß gegen das Tätigkeitsverbot aus § 45 Abs. 2 Nr. 1 BRAO diskutiert.337 Nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 BRAO darf der Rechtsanwalt in Angelegenheiten, mit denen er bereits als Anwalt gegen den Träger des zu verwaltenden Vermögens, d. h. gegen den späteren Insolvenzschuldner befasst war, später nicht als Insolvenzverwalter tätig werden.338 Sinn und Zweck der Regelung ist der Ausschluss von Interessenskollisionen.339 Die Bestimmung ist allerdings nicht einschlägig, wenn der 330
Vgl. Hölzle, NZI 2011, 124, 127. Vgl. HambKomm/Frind, 4. Aufl. 2012, § 56 InsO, Rn. 17c; Vallender/Undritz/Küpper, 2012, S. 210; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 56, Rn. 51 f. 332 Vgl. Römermann, ZInsO 2013, 218, 224. 333 Braun/Blümle, InsO, 5. Aufl. 2012, § 56, Rn. 21. 334 Vgl. Hölzle, NZI 2011, 124, 127. 335 Vgl. Braun/Blümle, InsO, 5. Aufl. 2012, § 56, Rn. 24. 336 Vgl. Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenzen, 1997, S. 726; Braun/Blümle, InsO, 5. Aufl. 2012, § 56, Rn. 24. 337 Vgl. Fridgen, GWR 2011, 535, 536; Römermann, NJW 2012, 645, 648. 338 Vgl. OLG Celle, NZI 2001, 551; HambKomm/Frind, 4. Aufl. 2012, § 59 Rn. 6. 339 Vgl. Frind, ZInsO 2002, 745, 748. 331
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Anwalt „für“ die spätere Insolvenzmasse tätig war. Etwas anderes gilt nur, wenn er z. B. für einen Gläubiger des schuldnerischen Unternehmens tätig war.340 Schließlich stellt sich die Frage, ob durch die allgemeine Beratung nach § 56 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 InsO ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht aus § 43a Abs. 2 BRAO begründet wird. Nach § 43a Abs. 2 BRAO ist der Anwalt zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese besondere Pflicht des Anwalts ist ihrem Umfang nach weit gefasst341, denn sie bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekannt geworden ist (vgl. § 43a Abs. 2 S. 1 BRAO). Regelungszweck der Norm ist es, das Vertrauensverhältnis zum Mandanten zu gewährleisten, die Unabhängigkeit des Anwalts zu wahren, und die im Interesse der Rechtspflege gebotene Gradlinigkeit der anwaltlichen Berufsausübung sicherzustellen.342 Wer daher als Anwalt Gesellschafter oder eine Gesellschaft zu einem konkreten Lebenssachverhalt beraten oder vertreten hat, zu dem ein späteres Insolvenzverfahren in irgendeiner Weise Beziehung haben kann, scheidet in diesem Fall für das Insolvenzverwalteramt aus, da er aufgrund seiner Pflicht zur Verschwiegenheit dann nicht mehr unabhängig ist.343 Als unabhängiger Insolvenzverwalter ist er verpflichtet, alle das Verfahren betreffende Sachverhalte aufzuklären, darüber zu berichten und ggf. Maßnahmen zu ergreifen.344 Kennt er relevante Umstände, zu denen er zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, ergibt sich eine nicht auflösbare Konfliktsituation. Will ein Insolvenzgericht einen Anwalt zum Insolvenzverwalter bestellen, der einer entsprechenden Verschwiegenheitsverpflichtung unterliegt, muss der Betreffende die Übernahme des Amtes ablehnen.345 Vor diesem Hintergrund muss jedoch auch hier konstatiert werden, dass die allgemeine Beratung i.S.d. § 56 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 InsO eben keine Beratung für konkrete Lebenssachverhalte zulässt. Solange der Anwalt, der später als Verwalter bestellt wird, den Schuldner nicht in konkreten Lebenssachverhalten, wie z. B. Insolvenzanfechtungstatbeständen, oder über das Vorliegen von Insolvenzeröffnungsgründen beraten hat, verstößt nicht gegen die Verschwiegenheitspflicht. b) Die besondere Gläubigerbeteiligung nach § 56a InsO Neben der Konkretisierung des Unabhängigkeitserfordernisses regelt § 56a InsO eine besondere Form der Gläubigerbeteiligung in Bezug auf die Verwalterbestellung. Mit dieser Neuregelung kam der Gesetzgeber der Forderung aus der Praxis nach, den Gläubigern bei der Auswahl des Verwalters eine entscheidende Stimme zukommen 340 So z. B. im Wege einer Forderungsbeitreibung gegen den späteren Insolvenzschuldner (vgl. dazu Braun/Blümle, InsO, 5. Aufl. 2012, § 56, Rn. 28; FK-InsO/Jahntz, 7. Aufl. 2013, § 56, Rn. 43). 341 Vgl. Hölzle, NZI 2011, 124, 127. 342 Vgl. Henssler, NJW 2001, 1521, 1522. 343 Vgl. Hölzle, NZI 2011, 124, 127. 344 Vgl. Frind, ZInsO 2013, 59, 60 ff. 345 Vgl. FK-InsO/Jahntz, 7. Aufl. 2013, § 56, Rn. 39.
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zu lassen.346 Nach § 56a Abs. 1 InsO gibt die durch das ESUG neu eingeführte Regelung dem vorläufigen Gläubigerausschuss vor der Bestellung des Verwalters ein Äußerungsrecht zur Person des Verwalters und zu den Anforderungen, die an den Verwalter zu stellen sind, soweit dies nicht offensichtlich zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt. Letzteres droht insbesondere bei Verzögerungen, wenn nach der Art des Verfahrens sofortige Maßnahmen des Insolvenzverwalters geboten erscheinen.347 Des Weiteren darf das Insolvenzgericht nach § 56a Abs. 2 S. 1 InsO von einem einstimmigen Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses hinsichtlich eines auszuwählenden Verwalters nur abweichen, wenn die vorgeschlagene Person für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. Das Gericht hat dabei nach § 56a Abs. 2 S. 2 InsO bei der Auswahl des Verwalters die vom vorläufigen Gläubigerausschuss beschlossenen Anforderungen an die Person des Verwalters zu Grunde zu legen. Sofern das Insolvenzgericht mit Rücksicht auf eine nachteilige Veränderung der Vermögenslage des Schuldners von einer Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses abgesehen hat, kann der vorläufige Gläubigerausschuss jedoch nach § 56a Abs. 3 InsO in seiner ersten Sitzung einstimmig eine andere Person zum Verwalter wählen. Diese neu geregelte Form der Gläubigerbeteiligung steht auch dem vorläufigen Gläubigerausschuss zu, der im Eröffnungsverfahren vor der Bestellung des vorläufigen Verwalters eingesetzt wurde.348 2. Das besondere Vorschlagsrecht im Sanierungsvorbereitungsverfahren Um die Akzeptanz des gerichtlichen Sanierungsverfahrens zu erhöhen, hat der Gesetzgeber im Sanierungsvorbereitungsverfahren ein besonderes Auswahlrecht für die Person des vorläufigen Sachwalters geregelt (vgl. § 270b Abs. 2 S. 2 InsO). Hiernach hat das Gericht eine (natürliche Person) zum vorläufigen Sachwalter zu bestellen, die vom Schuldner vorgeschlagen werden kann. Allerdings kann der Schuldner nicht jede beliebige Person zum vorläufigen Sachwalter vorschlagen. Der Maßstab für die Beurteilung, ob offensichtliche Ungeeignetheit vorliegt (vgl. § 270b Abs. 2 S. 2 InsO), bestimmt sich, auch im Sanierungsvorbereitungsverfahren, nach § 56 InsO.349 Demnach muss es sich um eine für den Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und vom Schuldner unabhängige, natürliche Person handeln. Anderenfalls ist die Bestellung vom Insolvenzgericht zu versagen, so z. B. bei einer offensichtlich nicht vorliegenden Unabhängigkeit, wenn der Verwalter im Vorfeld des Verfahrens z. B. einen Gläubiger des Schuldners beraten 346
Vgl. Fridgen, GWR 2011, 535, 536; Trams, NJW 2012, 149, 149. Vgl. Fridgen, GWR 2011, 535, 536. 348 Vgl. Obermüller, ZInsO 2012, 18, 23; Trams, NJW 2012, 149, 149; Steinwachs, ZInsO 2011, 410, 411 f.; Frind, ZInsO 2013, 59, 59. 349 Vgl. Ringstmeier, in: Ahrens/Gerlein/Ringstmeier, 2012, § 270b InsO, Rn. 23; Braun/ Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270b, Rn. 10; Schmidt/Linker, ZIP 2012, 963, 964. 347
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hat (vgl. § 45 Abs. 2 Nr. 1 BRAO).350 Ferner muss der vom Schuldner vorgeschlagene vorläufige Sachwalter personenverschieden vom Bescheinigungsaussteller i.S.v. § 270b Abs. 1 S. 3 InsO sein (vgl. § 270 Abs. 2 S. 1 InsO). Sind keine Versagensgründe ersichtlich, hat das Insolvenzgericht den vom Schuldner vorgeschlagenen Sachwalter zu bestellen.351 Lehnt das Gericht die vom Schuldner vorgeschlagene Person dagegen ab, hat es seine Entscheidung in einem Beschluss zu begründen (§ 270b Abs. 2 S. 2 InsO). Hierfür reicht eine formelhafte Wiederholung des Gesetzestextes nicht aus. Das Insolvenzgericht hat vielmehr schriftlich darzulegen, weshalb es zu dem Schluss gekommen ist, die vorgeschlagene Person sei offensichtlich ungeeignet für das Amt des Sachwalters.352 Bei dem Übergang zum eröffneten Verfahren gelten dann auch wiederum die Regelungen für die Einsetzungen des Sachwalters.353 Daher muss nicht zwangsläufig der zunächst vom Schuldner vorgeschlagene vorläufige Sachwalter auch zum endgültigen Sachwalter bestellt werden. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll vielmehr der vorläufige Gläubigerausschuss angehört werden, der nun von seinem Vorschlagsrecht Gebrauch machen kann.354 Über die Frage, ob diesem besonderen Vorschlagsrecht des Schuldners die Gläubigermitwirkung aus § 56a InsO entgegensteht, werden unterschiedliche Standpunkte vertreten. Eine Meinung vertritt die Auffassung, dass gem. §§ 270a Abs. 1 S. 2, 274 Abs. 1, 56a InsO ein etwaiger, durch das Insolvenzgericht gebildeter vorläufiger Gläubigerausschuss auch im Rahmen des Sanierungsvorbereitungsverfahrens zu hören ist bzw. dass im Falle einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage der vorläufige Gläubigerausschuss nach § 56 Abs. 3 InsO in seiner ersten Sitzung einstimmig eine andere Person zum Verwalter wählen kann.355 Nach überzeugenderer a.A. wird das Vorschlagsrecht aus § 270b Abs. 2 S. 2 InsO dagegen als speziellere Norm der allgemeinen Regeln zur Bestimmung des vorläufigen Sachwalters angesehen.356 Denn wäre § 56a InsO anwendbar, würde das Vorschlagsrecht ins Leere laufen. Dies widerspräche jedoch dem Willen des Gesetzgebers, der dem Schuldner durch die Bestellung einer ihm vertrauten Person einen Anreiz zur frühzeitigen Antragstellung bieten möchte.357 § 56a InsO ist daher im Sanierungsvorbereitungsverfahren nicht anwendbar, so dass der vorläufige Gläubigerausschuss, anders als bei der Frage nach der Anordnung der Eigenverwaltung im Eröffnungsverfahren, keinen Einfluss auf die Person des vorläufigen Sachwalters 350
Vgl. OLG Celle, NZI 2001, 551. Vgl. Graf-Schlicker/Graf-Schlicker, § 270b InsO, Rn. 13. 352 Vgl. BT-Drucksache 17/5712, S. 40. 353 Vgl. Desch, BB 2011, 841, 843. 354 Vgl. BT-Drucksache 17/5712, S. 41. 355 Vgl Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270b, Rn. 10; Frind, ZInsO 2011, 656, 661. 356 Vgl. Desch, BB 2011, 841, 842; Graf-Schlicker/Graf-Schlicker, 3. Aufl. 2012, § 270b InsO, Rn. 14; Hirte, ZInsO 2011, 401, 404. 357 Vgl. BT-Drucksache 17/5712, S. 40. 351
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nehmen kann. Entsprechend der Regierungsbegründung ist jedoch der vorläufige Gläubigerausschuss nach § 56a InsO anzuhören, bevor der Sachwalter vom Insolvenzgericht zu bestellen ist.358 Der vorläufige Gläubigerausschuss kann daher von seinem, durch das ESUG neu eingeführtem, Vorschlagsrecht vor dem Übergang zum eröffneten Verfahren Gebrauch machen.
III. Zur Anreizwirkung des besonderen Vorschlagsrechts Die Möglichkeit des Schuldners, einen vorläufigen Sachwalter vorschlagen zu können, soll, neben der Begründung von Masseverbindlichkeiten und der Frist zur Ausarbeitung eines Insolvenzplans, ein weiteres Anreizinstrument des Sanierungsvorbereitungsverfahrens darstellen. Durch das besondere Vorschlagsrecht besteht für den Schuldner die Möglichkeit, den vorläufigen Sachwalter selbst vorzuschlagen ohne dass hierdurch dessen gesetzlich geforderte Unabhängigkeit im Hinblick auf das Verfahren gefährdet wird. Um eine derartige Person aufgrund der fehlenden Unabhängigkeit vom Kreis der potentiellen Verwalter auszuschließen, bedarf es künftig zusätzlicher Anhaltspunkte, so dass das Insolvenzgericht nicht ohne weiteres die vorgeschlagene Person ablehnen darf. Fraglich ist, ob allein durch diese Regelung eine gesteigerte Anreizwirkung bei einem Schuldner, mithin bei einem Gesellschaftergeschäftsführer in dem hier interessierten Kreis, erzeugt wird. 1. Allgemeines Für den Insolvenzschuldner bzw. Gesellschaftergeschäftsführer ist es von großer Bedeutung, sich in den Händen eines Sachwalters zu wissen, welchem er die Begleitung der gerichtlichen Sanierung zutraut.359 Dies wird er primär davon abhängig machen, ob er in der Vergangenheit bereits ein oder mehrere Insolvenzplan- und Eigenverwaltungsverfahren erfolgreich begleitet hat.360 „Erfolgreich“ soll hier heißen, der Plan wurde von den Gläubigern angenommen und vom Insolvenzgericht bestätigt und die Eigenverwaltung wurde bis zur Aufhebung des Verfahrens aufrechterhalten. Hieran orientiert sich das besondere Vorschlagsrecht für das Amt des vorläufigen Sachwalters im Sanierungsvorbereitungsverfahren. Die Regelung in § 270b Abs. 2 InsO soll dem Schuldner Rechtssicherheit bieten, indem der Gesetzgeber ihm die Möglichkeit einräumt, einen für das gerichtliche Sanierungsverfahren erfahrenen Verwalter dem Insolvenzgericht vorschlagen zu können, ohne dass das Gericht diese Person aufgrund fehlender Unabhängigkeit ablehnen kann. Sowohl der Vorschlag als auch eine erste Kontaktaufnahme mit dem Verwalterkandidaten, der den Schuldner auch über den allgemeinen Ablauf eines Insolvenzverfahrens 358 359 360
Vgl. BT-Drucksache 17/5712, S. 41. Vgl. BT-Drucksache 17/5712, S. 40. Vgl. Graf-Schlicker/Graf-Schlicker, 3. Aufl. 2012, § 270b InsO, Rn. 14.
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beraten darf, tangiert ausweislich des § 56 Abs. 1 S. 3 InsO n.F. nicht dessen Unabhängigkeit i.S.d. § 56 Abs. 1 S. 1 InsO. Ob mit den Neuregelungen dem gerichtlichen Sanierungsrahmen eine gesteigerte Anreizwirkung in dem hier interessierten Kreis entgegenzubringen ist, muss jedoch nach wie vor kritisch hinterfragt werden. Zwar hat der Gesetzgeber dem Insolvenzgericht nur eine beschränkte Prüfungsmöglichkeit eingeräumt, um das Vertrauen des Schuldners in die Möglichkeit zu stärken, die Sanierung mit einer für ihn vertrauenswürdigen Person vorbereiten zu können, so dass von einer gesteigerten Anreizwirkung ausgegangen werden könnte. Es ist allerdings der Frage nachzugehen, ob diesem Anreizmechanismus der Mangel an Transparenz über den Verwaltermarkt und die Unsicherheit über die Auswirkungen des „mitgebrachten“ Sachwalters auf die Gläubigerschaft entgegenstehen. 2. Mangelnde Transparenz des Verwaltermarktes als Risikofaktor Wurde in der Vergangenheit den Insolvenzgerichten vorgeworfen, keine sachgerechte Auswahl getroffen zu haben, ist diese nunmehr vom Schuldner vorzunehmen. Angesichts der Vielzahl an Insolvenzverwaltern einerseits, wie auch in der Praxis bisher wenig durchgeführten Eigenverwaltungs- und Insolvenzplanverfahren andererseits, sowie der Tatsache, dass der Verwalterkandidat nicht nur unabhängig gegenüber dem Schuldner, sondern auch gegenüber jeglichen Gläubigern sein muss, liegt die Vermutung nahe, dass sich die Auswahl eines geeigneten Verwalterkandidaten in der Praxis als zeitintensiver Prozess darstellen wird. a) Problemaufriss Die Anzahl an Insolvenzverwalter hat sich in Deutschland seit Einführung der InsO im Jahre 1999 mit mittlerweile ca. 1.800 Verwaltern mehr als vervierfacht.361 Viele betreuen jedoch nur wenige Fälle im Jahr und angesichts der wenigen Insolvenzplan- und Eigenverwaltungsverfahren, haben viele Verwalter keinerlei Erfahrung im Umgang mit gerichtlichen Unternehmenssanierungen.362 Der größte Teil wird nur Erfahrung mit dem Regelverfahren bzw. der Zerschlagung vorweisen können.363 So stellt es eine Seltenheit dar, wenn ein Verwalter einen (bestätigten) Insolvenzplan in Kombination mit einem Eigenverwaltungsverfahren vermelden kann. Schätzungen von Insolvenzexperten zu Folge sind in Deutschland von den ca. 1800 Verwaltern lediglich 200 in der Lage, eine Unternehmensinsolvenz zu führen.364 Daher ist davon auszugehen, dass noch weniger die erforderliche Befähigung und Erfahrung besitzen ein Eigensanierungsverfahren durchzuführen. Der 361 362 363 364
Vgl. Haarmeyer, ZInsO 2007, 169, 169. Vgl. Frind, ZInsO 2011, 1913, 1921. Vgl. Frind, ZInsO 2011, 1913, 1921. Vgl. Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 440.
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Schuldner steht daher vor der Aufgabe, aus dem derzeitigen Angebot einen Verwalterkandidaten herauszufiltern, der die im konkreten Einzelfall benötigte Sachkenntnis und Erfahrung vorweisen kann. Zudem steht das schuldnerische Unternehmen vor dem Problem, dass es im Vorfeld die Unabhängigkeit des Verwalterkandidaten auch in Bezug auf seine Gläubiger prüfen muss. Dieser sog. „conflict-check“ ist ein zeitintensiver Analyseprozess.365 So muss nicht nur der Verwalter seine eigenen Beziehungen zu den Gläubigern analysieren, sondern auch die seiner Kanzlei. Denn über § 45 Abs. 3 BRAO gilt § 45 Abs. 2 Nr. 1 BRAO auch für alle mit dem Anwalt in einer Sozietät oder in sonstiger Weise zur gemeinsamen Berufsausübung verbundenen Anwälte oder Angehörigen anderer Berufe. Es ist ein allgemeiner Grundsatz des anwaltlichen Berufsrechts, dass jeder Sozius seine Tätigkeit in allen Fällen zu versagen hat, in denen auch nur einer der anderen „Sozien“ zur Versagung verpflichtet wäre.366 So kann z. B. ein Anwalt nach § 45 Abs. 3 BRAO dann nicht zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wenn einer seiner Partner in der Vergangenheit als Anwalt eines Gläubigers Forderungen gegen das insolvente Unternehmen geltend gemacht hat. Somit werden die Tätigkeitsverbote auf alle in die berufliche Zusammenarbeit eingebundenen Personen, wie z. B. Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, ausgeweitet. Ferner muss der Verwalterkandidat dafür Sorge tragen, dass verfahrenswichtige Handlungen und Verhandlungen von ihm persönlich bearbeitet werden können.367 Die Auswahl eines geeigneten Verwalters gestaltet sich daher als komplexer Prozess. Dauert dieser zu lange, besteht die Gefahr, dass sich zwischenzeitlich die Tatsachen für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen des Sanierungsvorbereitungsverfahrens ändern. Dies gilt z. B. wenn zwischenzeitlich Zahlungsunfähigkeit eintritt, da ein Warenkreditversicherer den Versicherungsschutz der Lieferanten gekündigt hat und Lieferanten nur noch gegen Vorkasse liefern. Zudem setzt sich die Geschäftsführung mit Eintritt einer insolvenzrechtlichen Krise den Haftungsrisiken aus § 15a InsO und § 64 GmbHG aus. So muss der Geschäftsführer aufgrund des in § 64 Abs. 1 GmbHG statuierten Zahlungsverbots nach Insolvenzreife die Erfüllung von fälligen Verbindlichkeiten verweigern, unabhängig von der drei Wochen Frist aus § 15a Abs. 1 S. 1 InsO. Dies kann dazu führen, dass Lieferanten weitere Lieferungen einstellen und damit einen Stillstand des Produktionsprozess beim Schuldner auslösen.368 Vor diesem Hintergrund steht der Schuldner vor der Frage, woher er die Informationen beziehen kann, um zeitnah einen im konkreten Einzelfall geeigneten Sachwalter dem Insolvenzgericht vorschlagen zu können, will er nicht Gefahr laufen, dass sich die Umstände für den Verfahrenseintritt im Zeitpunkt der Antragstellung 365
Vgl. Frind, ZInsO 2002, 745, 748. Vgl. HambKomm/Frind, 4. Aufl. 2012, § 59 InsO, Rn. 6. 367 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 56, Rn. 34; HambKomm/Frind, 4. Aufl. 2012, § 56 InsO, Rn. 16. 368 Vgl. Buchalik/Lojowsky, ZInsO 2013, 1017, 1018. 366
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ändern und das Verfahren damit abgewiesen wird oder die Person vom Insolvenzgericht abgelehnt wird. b) Qualitätssiegel als geeignete Anlaufstelle? Während in der Vergangenheit zu beobachten war, dass ein Verwalterkandidat aufgrund von Hörensagen „dieser Verwalter soll gut sein“ oder auf Empfehlung von Sanierungsberatern dem Insolvenzgericht vorgeschlagen wurde, und es sich in beiden Fällen nicht notwendigerweise um einen Verwalter gehandelt hatte, der Erfahrung auf den Gebieten Insolvenzplanverfahren und Eigenverwaltung vorweisen konnte369, könnte in Erwägung gezogen werden, ob ein sog. Zertifizierungs- und/ oder ein sog. Ratingverfahren einen schnellen und sachgerechten Auswahlprozess ermöglicht. Die deutsche Gesellschaft zur Zertifizierung von Managementsystemen untersucht seit 1985 den Qualitätsstandard von Unternehmen und ist Verteilungsstelle der im Dienstleistungssektor international anerkannten ISO 9001:2000 Zertifizierung.370 Sie hat bereits mehreren Insolvenzverwaltern bescheinigt, ihre Arbeitsprozesse laufend und nachhaltig zu optimieren.371 Seit Herbst 2007 besteht zudem speziell die Möglichkeit, sich als Insolvenzverwalter nach dem Qualitätsmanagementsystem InsO 9001 zertifizieren zu lassen.372 Diese Qualitätskontrolle enthält, über die ISO 9001:2000 hinaus, Anforderungen an das Verfahrenscontrolling und an das Risikomanagement, um hieraus eine Aussage über die Verfahrensplanung, Effektivität und Auskunftsbereitschaft des Verwalters und seiner Kanzlei ableiten zu können.373 Das sog. Rating von Insolvenzverwaltern geht dagegen auf das vom Deutschen Institut für angewandtes Insolvenzrecht (DIAI) entwickelten Verfahren zurück, dem sich mittlerweile ca. 140 Verwalter unterzogen haben.374 In dessen Mittelpunkt stehen die Leistungen und Ergebnisse der Verfahrensabwicklung, die anhand bestimmter Quoten und Prozentsätze mit Punkten bewertet werden.375 Diese kommen sodann in einer Aufwands- Ertragsrelation zum Ausdruck. Dabei vergibt das DIAI maximal 200 Punkte, von denen 40 Punkte im Bereich „Persönliche Qualifikation und Infrastruktur des Verwalterbüros“ (Unterbereiche: Qualifikation Verwalter, Mitarbeiter, Technische Ausstattung wie z. B. EDV), 130 Punkte im Bereich operative Zahlen (Unterbereiche: Quoten, statistische Kennzahlen wie z. B. Häufigkeit der Betriebsfortführung und Insolvenzplanhäufigkeit) und 30 Punkte im Bereich 369
Vgl. Spliedt, InsVZ 2010, 27, 39; Frind, NZI 2010, 705, 708. Vgl. Kurz, NZI 2007, 638, 639. 371 Vgl. Rhode/Calic, ZInsO 2006, 1247 ff. 372 Vgl. Anders, NZI 2008, 522, 523. 373 Vgl. Kurz, NZI 2007, 638, 640. 374 Vgl. Henke, Effektivität der Kontrollmechanismen gegenüber dem Unternehmensinsolvenzverwalter, 2009, S. 26. 375 Vgl. Schaprian, ZInsO 2007, 243, 244 ff. 370
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„Transparenz und Verfahrensabwicklung“ (Unterbereiche: Offenlegung/Kommunikation, Steuerung) erreicht werden können.376 Der Verwalter erlangt ab 150 Punkten ein single A (gut), ab 165 Punkten ein double A (sehr gut) und ab 180 Punkten ein tripple A (hervorragend). Fraglich ist, ob diese Verfahren einen raschen und sachgerechten Auswahlprozess zulassen. Hiergegen spricht, dass es an einer transparenten Übersicht über sämtliche zertifizierte und vom DIAI beurteilten Verwalter fehlt. Der Schuldner müsste die Informationen erst zusammentragen. Zudem kann der Schuldner weder an den Ergebnissen des Zertifizierungs- noch des Ratingverfahrens ausmachen, ob und welche Erfahrungen der Verwalterkandidat im Bereich Eigenverwaltung und/oder Insolvenzplanerstellung hat. Die Zertifizierung stellt lediglich sicher, dass der Verwalter einen ordnungsgemäßen bürointernen Ablauf und Verfahrensabläufe nach außen nach einem vom Verwalter selbst erstellten Handbuch überprüft und ggf. verbessert, so dass eine Zertifizierung für die Verwalterauswahl in dem hier interessierten Kreis nur sehr begrenzt herangezogen werden kann. Das Ratingverfahren des DIAI betrachtet dagegen die bereits abgeschlossenen Verfahren (operative Zahlen), dabei z. B. die Fortführungsquote im eröffneten Verfahren. Allerdings wird mit dem Rating lediglich das Ergebnis, aber nicht dessen Zusammensetzung dargestellt.377 Ein positiv beurteilter Verwalter muss daher nicht zwingend ein Insolvenzplanverfahren in der Vergangenheit begleitet haben. Diese Information wird daher nur durch eigene Recherchen in Erfahrung gebracht werden können. Überdies werden keine abgeschlossenen Eigenverwaltungsverfahren in das Rating mit einbezogen. Für den Schuldner ist es jedoch von Interesse, Kenntnis darüber zu erlangen, ob und wie der potenzielle Verwalterkandidat bereits Eigenverwaltungsverfahren begleitet hat. Zudem gilt es zu bedenken, dass bis dato lediglich 140 Verwalter vom DIAI beurteilt wurden. Dies stellt im Verhältnis zu den insgesamt 1.800 Insolvenzverwaltern einen geringeren Anteil der Verwalterschaft dar, so dass dieser Kreis nicht zwingend einen für den Einzelfall geeigneten Verwalterkandidaten bereithalten muss. Dass der Anteil auch nicht kurz- bis mittelfristig ansteigen wird, ist auf den Umstand zurückzuführen, dass die Mehrheit der Insolvenzverwalter dem Ratingverfahren skeptisch und z. T. ablehnend gegenübersteht. Es wird kritisiert, dass die vom DIAI gewählte Methode zur Messung der Qualität von Insolvenzverwaltern wissenschaftlich nicht tragfähig ist, da die Prämissen unzutreffend sind und keinen transparenten, nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Regeln folgen, die Weitergabe der Daten zur Messung der Qualität rechtlich unzulässig sind, und das DIAI im Übrigen mehr finanzielle Interessen als wissenschaftliche Integrität mit dem Verfahren bezwecke, so dass deren Neutralität bezweifelt wird.378
376
Vgl. Haarmeyer/Schaprian, ZInsO 2006, 673, 675. Vgl. Hess, ZIP 2007, 1042, 1044. 378 Vgl. Hess, ZIP 2007, 1042, 1048; Bork, ZIP 2007, 793, 798; Rechel, Die Aufsicht des Insolvenzgerichts über den Insolvenzverwalter, 2009, S. 284. 377
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Danach bleibt festzuhalten, dass die in der Praxis vorzufindenden Qualitätssiegel keine zügige und sachgerechte Entscheidung über einen geeigneten Verwalterkandidaten zulassen, so dass angesichts des Informationsdefizits sich die Frage stellt , ob Alternativen in Betracht kommen, die unter Berücksichtigung des hier interessierten Kreises zur Anreizförderung dienlich sein könnten. c) Rechtsvergleichende Betrachtung In der Fachöffentlichkeit werden seit der am 01. Juli 2002 in Kraft getretenen österreichischen Insolvenznovelle und der damit verbundenen Einführung einer im Internet eingestellten zentralen Insolvenzverwalterliste (vgl. § 15 Abs. 1 öIEG) die Vorzüge eines solchen Modells für den Geltungsbereich der InsO diskutiert.379 aa) Ausgestaltung der österreichischen Internetverwalterliste Um dem Gericht einen umfassenden Überblick über die als Verwalter geeigneten und an einer Bestellung interessierten Personen zu ermöglichen, ist im Zuge der österreichischen Insolvenzrechtsreform im Jahre 2002 durch § 15 öIEG die gesetzliche Grundlage für die Einrichtung einer sog. Insolvenzverwalterliste geschaffen worden, in die sich die Interessenten online eintragen können.380 Auf diese Liste muss das im Einzelfall zuständige Insolvenzgericht bei der Bestellung des Verwalters zurückgreifen (vgl. § 269 IO). Die Liste wird beim OLG Linz als allgemein zugängliche Datenbank für ganz Österreich geführt (§ 269 Abs. 2 IO), wobei sich der an der Insolvenzverwaltung interessierte Personenkreis selbst eintragen und die Daten jederzeit aktualisieren kann (vgl. § 269 Abs. 3 IO).381 Die Liste enthält nach § 269 Abs. 1 IO folgende Angaben: 1. Name, Anschrift, Telefon- und Telefaxnummer sowie E-Mail-Adresse; 2. Ausbildung; 3. berufliche Laufbahn; 4. eingetragen in eine Berufsliste (seit wann) oder Art der Berufserfahrung; 5. besondere Fachkenntnisse (in wirtschaftlichen Belangen); 6. besondere Branchenkenntnisse; 7. Infrastruktur 379 Vgl. Braun/Kind, InsO, 4. Aufl. 2010, § 56, Rn. 6; Vallender, NZI 2001, 638, 628; Kraft/ Thurner/Blancke, ZInsO 2002, 864 ff. 380 Vgl. Braun/Kind, InsO, 4. Aufl. 2010, § 56, Rn. 6; Kraft/Thurner/Blancke, ZInsO 2002, 864, 867. 381 Es wird empfohlen, Änderungen zeitnah anzupassen, da eine Abweichung im Rahmen einer Verifizierung durch den Richter die aktuelle und zukünftige Bestellchance mindert. Vgl. dazu Buchegger, Insolvenzrecht, 2010, S. 74.
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a) Gesamtzahl der Mitarbeiter, b) Zahl der Mitarbeiter mit Insolvenzpraxis, c) Zahl der Mitarbeiter mit juristischer Ausbildung, d) Zahl der Mitarbeiter mit betriebswirtschaftlicher Ausbildung, e) EDV-Insolvenzprogramm, f) Haftpflichtversicherung als Insolvenzverwalter; 8. Erfahrung als Insolvenzverwalter; 9. angestrebter örtlicher Tätigkeitsbereich. bb) Vorteile gegenüber dem nationalen Recht Die Vorteile einer solchen Liste sind offensichtlich. Sie ermöglicht einen schnellen Zugang zu den für die Verwalterbestellung relevanten Informationen. Durch die allgemein zugängliche Datenbank mit standardisierten Informationen über jeden tätigen Verwalter werden in transparenter Form die notwendigen Informationen für den Schuldner (sowie für die Insolvenzgerichte, Gläubiger und sonstige Verfahrensbeteiligte) zur Verfügung gestellt. In dem hier interessierten Kreis ergäbe sich zudem der Vorteil, dass im Vorfeld der Antragstellung ein Überblick über die Tätigkeit als Insolvenzverwalter, worunter auch die Tätigkeit als sog. Sanierungsverwalter i.S.d. § 169 Abs. 1 öIO fällt, geschaffen wird. Diese Rechtsfigur des österreichischen Insolvenzrechts ist bei einem vom Schuldner beantragten Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung zu bestellen (vgl. §§ 169 ff. öIO) und hat eine sachwalterähnliche Stellung inne.382 Ziel des Sanierungsverfahrens ist die Überwindung einer Krise mittels eines Sanierungsplans. Dessen inhaltliche Anforderungen und verfahrensrechtlicher Ablauf sind mit dem Insolvenzplan(-verfahren) vergleichbar.383 cc) Reformvorschlag de lege ferenda: Einführung einer Internetverwalterliste Aufgrund der obigen Ausführungen wird hier vorgeschlagen, eine Internetverwalterliste nach österreichischem Vorbild einzurichten. Neben der Vorteilhaftigkeit einer solchen Lösung stellt sich jedoch die Frage, ob im Falle einer Implementierung einer Internetverwalterliste sinnvolle rechtliche Modifikationen in Betracht kommen, die aufgrund der nationalen Unterschiede und des hier interessierten Kreises zu einer sachgerechten und zielführenden Handhabung führen.
382 383
Vgl. Riel, ZInsO 2011, 1400, 1406. Vgl. Riel, ZInsO 2011, 1401 ff.
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(1) Strukturierung der Internetverwalterliste Zunächst fragt es sich, inwieweit eine sinnvolle sach- und bedarfsgerechte Strukturierung der Liste in Betracht kommt. Berücksichtigt man die quantitativen Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland, so würde eine nach österreichischem Vorbild geführte Liste ein Angebot von ca. 1.800 Verwaltern hervorbringen, so dass aus diesem Personenkreis jeweils die Erfahrung als Insolvenzverwalter zu analysieren ist. Hierbei wäre in dem hier interessierten Kreis das Augenmerk auf die Erfahrungen in Eigenverwaltung und Insolvenzplan zu richten. Zur Förderung einer zügigen und zielsicheren Verwalterauswahl wird daher eine Ergänzung des Textfeldes 8, „Erfahrung als Insolvenzverwalter“, vorgeschlagen. Dieses könnte sich an dem Vorgehen des Insolvenzgerichts Hof orientieren. Das Insolvenzgericht Hof führt in Anlehnung an § 56 Abs. 1 S. 2 InsO vier Listen384, in die die sich dort bewerbenden Verwalter aufgenommen werden. Diese Listen sind nach Verfahrensart wie folgt gegliedert: Unternehmensinsolvenzverfahren, Regelinsolvenzverfahren natürlicher Personen (inkl. Kleinverfahren), Verbraucherinsolvenzen und besondere Fallgestaltungen (wie z. B. Eigenverwaltungs- und/oder Insolvenzplanverfahren)385. Daran anknüpfend könnte eine Einteilung in die Kategorien „Erfahrungen im Bereich Unternehmensinsolvenzverfahren als Insolvenzverwalter, Regelinsolvenzverfahren natürlicher Personen als Insolvenzverwalter, Insolvenzplanverfahren als Insolvenzverwalter, Insolvenzplanverfahren als Sachwalter sowie Verbraucherinsolvenzverfahren als Insolvenzverwalter/Treuhänder“ vorgenommen werden. (2) Sachlich gebotene Eingrenzung Angesichts der Tatsache, dass jeder Bewerber, der die (weit gefassten) Anforderungen des § 56 Abs. 1 S. 1 InsO erfüllt einen Anspruch zur Aufnahme in die Verwalterliste hat,386 bestünde die Gefahr, dass sich ein Personenkreis in die Liste einträgt, der sich selbst für qualifiziert erachtet, ohne jedoch den in der Literatur, Praxis und Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an das insolvenzrechtliche Verwalteramt zu entsprechen. Dies würde eine Internetverwalterliste unbrauchbar machen. Insofern ist in Erwägung zu ziehen, die Tätigkeit als Verwalter angesichts der bestehenden Haftungsrisiken im Interesse der Verfahrensbeteiligten mit dem Erfordernis des Nachweises einer Vermögensschadenshaftpflichtversicherung gesetzlich zu verknüpfen.387 Damit werden von vornherein ungeeignete Personen von einer Eintragung fern gehalten. Zwar geht der Gesetzgeber, wie sich aus § 4 Abs. 3 384 Nach § 56 Abs. 1 S. 2 InsO kann die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen auf bestimmte Verfahren beschränkt werden. 385 Eine vergleichbare Kategorisierung schlägt indes Wallner/Gerster/Weiß vor (vgl. Wallner/Gerster/Weiß, ZInsO 2011, 16, 27). 386 Vgl. BVerfG, ZInsO 2004, 913. 387 So sieht das Insolvenzgericht Dresden bereits vor, dass der Verwalterkandidat im Antragsformular zum Vorauswahlverfahren Angaben zu seiner Vermögensschadenshaftpflichtversicherung und Versicherungssumme machen muss (vgl. dazu AG Dresden, ZIP 2004, 2299).
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S. 1 InsVV ergibt, von dem Vorliegen einer Haftpflichtversicherung des Verwalters aus, weil er die Kosten für eine solche mit der Regelvergütung ausdrücklich als abgegolten ansieht. Dennoch enthält die InsO eine Regelungslücke, da die Verpflichtung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen ist, obwohl insbesondere in den §§ 60, 61 InsO eine persönliche Haftung des Verwalters in Betracht kommen kann.388 Auch wenn ein Insolvenzverwalter ohne genügend Absicherung gegenüber etwaigen Haftungsansprüchen vom Insolvenzgericht regelmäßig als ungeeignet angesehen wird389, ändert dies nichts daran, dass der Gesetzgeber diesen Gesichtspunkt nicht klar geregelt hat, so dass nicht auszuschließen ist, dass auch solche Bewerber Zugang zu der Liste beanspruchen könnten, die aufgrund ihrer unzureichenden Qualifikation eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung nicht vorweisen können390. Es wird daher hier vorgeschlagen, die Aufnahme zur Verwalterliste von dem Nachweis einer Haftpflichtversicherung abhängig zu machen. Dadurch ließe sich der Schutz der Vermögensinteressen der Insolvenzbeteiligten sicherstellen und die Eintragung von unqualifizierten Personen in die Verwalterliste vermeiden. Daran anknüpfend stellt sich jedoch die Frage, welche konkrete Deckungssumme von den Verwalterkandidaten verlangt werden sollte. Auch hier wird vorgeschlagen sich an der gerichtlichen Praxis zu orientieren. Um vom Insolvenzgericht als Insolvenzverwalter bestellt werden zu können, wird vom „Bewerber“, soweit nicht lediglich Verbraucherinsolvenzen und Kleinverfahren Tätigkeitsgegenstand sein sollen, eine Mindestdeckungssumme i.H.v. EUR 1.500.000 für jeden Versicherungsfall verlangt.391 Eine derartige Deckungssumme ist als Grundabsicherung ausreichend, zumal der Gesetzgeber für Großverfahren ohnehin den Abschluss einer besonderen Haftpflichtversicherung, zu Lasten der Masse, ausdrücklich vorsieht (vgl. § 4 Abs. 3 S. 2 InsVV).392 (3) Überprüfung der Eintragungen Ob es darüber hinaus Anlass für eine Überprüfung der von den Verwaltern selbst einzutragenden Daten gibt erscheint problematisch. Soweit vorgetragen wird, dass eine Überprüfung der Eintragung einem etwaigen Missbrauch vorbeugen soll393, ist dieser Einwand zwar sachlich zutreffend. Gleichwohl erscheint das Risiko durch die ungeprüfte Selbsteintragung gegenüber einer Eintragung mit einer Überprüfung der Angaben durch eine listenführende Stelle als relativ gering. Zum einen ist derjenige, der sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen bzw. nicht vorhandener Qualifi388 Zur persönlichen Haftung des Verwalters vgl. Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 2009, S. 29 f. 389 Vgl. Braun/Baumert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 60, Rn. 38; Förster, ZInsO 1999, 625, 626. 390 Vgl. Graeber, NZI 2004, 546, 548. 391 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 60, Rn. 133; Graeber, InsbürO 2006, 105, 105; Zimmermann, NZI 2006, 386 ff. 392 Vgl. dazu auch HambKomm/Weitzmann, 4. Aufl. 2012, § 60 InsO, Rn. 41. 393 Vgl. Frind/Schmidt, NZI 2004, 533, 534.
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kation die Bestellung zum Insolvenzverwalter erschleicht, von der Festsetzung der Vergütung nach § 63 Abs. 1 S. 1 InsO ausgeschlossen.394 Dies gilt bereits dann, wenn der Insolvenzverwalter noch nicht verurteilt worden ist, sondern lediglich der dringende Verdacht solcher Vermögensstraftaten vorliegt.395 Zum anderen kann das Insolvenzgericht den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund entlassen (vgl. § 59 Abs. 1 S. 1 InsO). In den Fällen, in denen der Verwalter z. B. falsche Angaben bezgl. seiner Kanzleiinfrastruktur angibt, und hieraus eine mangelnde Erreichbarkeit oder eine schuldhafte Verzögerung der Verwertung resultiert, kann der Insolvenzverwalter aus seinem Amt entlassen werden.396 Zudem riskiert der Verwalterkandidat bei falschen oder nicht aktuellen Angaben das Vertrauensverhältnis zum Insolvenzgericht zu „zerrütten“, so dass auch hier eine Entlassung aus wichtigem Grund in Betracht gezogen werden kann.397 Darüber hinaus mindert ein Verwalter, der z. B. trotz eines erfundenen Erfahrungsschatzes oder einer erfundenen Infrastruktur zwar bestellt, aber in der Praxis seine persönliche Ungeeignetheit, wie etwa durch fehlerhafte Insolvenzplanbearbeitung, Rechnungslegung oder Berichterstattung offenbart, nicht nur seine zukünftigen Bestellchancen,398 sondern liefe auch noch Gefahr sich mit der Öffentlichkeit über seine falschen Angaben auseinandersetzen zu müssen.399 Aufgrund dieser Erwägungen ist die Sorge vor falschen Angaben zu vernachlässigen. Die Kontrolle der Angaben ist durch den drohenden Vergütungsausfall, einer etwaigen Entlassung aus wichtigem Grund, der Minderung der zukünftigen Bestellchancen und durch die Öffentlichkeit gewährleistet. (4) Führung der Liste Letztlich stellt sich die Frage, von welcher Stelle eine Insolvenzverwalterliste als über das Internet allgemein zugängliche Datenbank zu führen wäre. Nach § 15 Abs. 2 öIEG ist diese Aufgabe dem OLG Linz für ganz Österreich zugewiesen (§ 269 Abs. 2 öIO). In Betracht käme eine vergleichbare Regelung in Deutschland, so dass z. B. ein Insolvenzgericht mit der Aufgabe betraut wird. Hier käme z. B. das Insolvenzgericht in Betracht, das für das vorgeschlagene Anerkennungsverfahren für die Tätigkeit als Bescheinigungsaussteller (bundesweit) zuständig wäre. 3. Der mitgebrachte Sachwalter – risikolose Schuldnerautonomie? Ferner könnte dem in § 270b Abs. 2 InsO geregelten Anreizmechanismus ein sich hieraus ergebender Akzeptanzverlust auf Seiten der Gläubiger entgegenstehen. 394
Vgl. BGHZ 159, 122 ff. = NZI 2004, 440 ff. Vgl. BGH, ZInsO 2011, 724. 396 Vgl. BGH, ZInsO 2010, 2147; LG Göttingen, NZI 2003, 441. 397 Vgl. OLG Zweibrücken, ZInsO 2000, 611. 398 Vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 56, Rn. 33. 399 Vgl. Henke, Effektivität der Kontrollmechanismen gegenüber dem Unternehmensinsolvenzverwalter, 2009, S. 35. 395
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Denkbar wäre, dass sich die Gläubiger in der Gläubigerversammlung aufgrund fehlender Akzeptanz gegenüber der gesetzlich vorgesehenen Fallkonstellation gegen die Eigensanierung entscheiden. Mit einer sinkenden Gläubigerunterstützung steigt jedoch die Notwendigkeit, sich mit strategischen Gruppenbildungen und Obstruktionsverboten auseinandersetzen zu müssen. Dies führt zu Verfahrensverzögerungen, mit der Konsequenz, dass die direkten und indirekten Insolvenzkosten weiter ansteigen und damit letztlich geeignet wären, die Sanierung zu vereiteln. a) Die Wirkung des mitgebrachten Sachwalters auf die Gläubiger Für einen derartigen Akzeptanzverlust auf der Gläubigerseite könnte das in der Verhandlungspsychologie beobachtbare Phänomen des reaktiven Abwertens400 sprechen. Hiernach bewerten Verhandlungspartner einen Vorschlag unterschiedlich in Abhängigkeit davon, ob er von einem Verhandlungspartner oder einem neutralen Dritten unterbreitet wird.401 Während ein „gut gemeinter“ Vorschlag des Verhandlungspartners als suspekt eingestuft wird, stößt derselbe Vorschlag eines neutralen Dritten dagegen auf eine größere Akzeptanz.402 Dieser auf Misstrauen basierende, psychologische Mechanismus wird als reaktive Abwertung bezeichnet.403 Um dieses Phänomen in der Praxis zu überwinden, wird in der Verhaltensforschung die Empfehlung ausgesprochen, eine neutrale Instanz in die Vermittlung einzuschalten, um die gegenseitigen Interessen zu einem Ausgleich zu bringen.404 Übertragen auf die Insolvenzproblematik, könnte dieses Misstrauen aufgrund der bestehenden Informationsasymmetrien im Insolvenz(plan-)verfahren begründet sein und sich in der Folge kooperationshemmend auf den gerichtlichen Sanierungsprozess auswirken. Die Gläubiger haben regelmäßig nicht die nötigen Informationsrechte, um die tatsächlichen wirtschaftliche Verhältnisse des schuldnerischen Unternehmens einschätzen zu können und ob die ihnen abgeforderte Forderungsverzichte in der im Insolvenzplan vorgesehenen Reichweite nötig sind.405 Aus Ihrer Sicht besteht daher die Gefahr, dass sich der Schuldner bzw. der Gesellschaftergeschäftsführer im Insolvenzplan übervorteilt. Um dieser Gefahr zu begegnen, sieht der Gesetzgeber daher mit Antragstellung den Abbau von Informationsasymmetrien vor, der dadurch erreicht wird, dass ein Sachverwalter die wirtschaftliche Lage des schuldnerischen Unternehmens überwacht und hierüber den Gläubigern berichtet (s. o.). Wenn al400
Vgl. Ross, in: Arrow/Mnookin/Ross/Tversky/Wilson (Hrsg.), 1995, S. 26 ff. Vgl. Ross, in: Arrow/Mnookin/Ross/Tversky/Wilson (Hrsg.), 1995, S. 26 ff.; Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 361. 402 Vgl. Hölzle, NZI 2010, 207, 208. 403 Vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 361. 404 Vgl. Lange, in: Bickhoff/Blatz/Eilenberger/Haghani/Kraus (Hrsg.), Die Unternehmenskrise als Chance, 2004, S. 121 f.; Neuhof, NZI 2011, 667, 668. 405 Vgl. Hölzle, NZI 2010, 207, 208. 401
B. Vorschlagsrecht für das Amt des (vorläufigen) Sachwalters
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lerdings diese Person vom Schuldner selbst bestimmt wird, also die überwachende Instanz selbst „mitgebracht“ wird, besteht die Gefahr, dass sich aus der Warte der Gläubiger die Neutralität des Sachwalters nicht einstellt.406 Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass auf Seite der Gläubiger ein Akzeptanzverlust hervorgerufen wird, der sich dadurch einstellt, dass der Schuldner nicht von einer neutralen Instanz, sondern von einer vom Schuldner selbst bestimmten Instanz überwacht wird. Folglich wird sich das besondere Vorschlagsrecht des Schuldners aufgrund der hierdurch nach außen kommunizierten Parteilichkeit des Sachwalters kontraproduktiv auf den gerichtlichen Sanierungsprozess auswirken. Der Schuldner sieht sich daher im Verfahren in einem Dilemma, wenn er einerseits einen Sachwalter selbst bestimmen kann, aber damit gleichzeitig kooperationshemmende Tatsachen schafft, die letztlich den Sanierungserfolg vereiteln können. Es ist daher der Frage nachzugehen, wie dieses Risiko in der Praxis ausgeschlossen werden kann. b) Handlungsempfehlung zur Verfahrensgestaltung In Betracht käme die Abstimmung über die Person des Sachwalters mit den Gläubigern im Vorfeld der Insolvenzantragstellung. Hier bestünde jedoch wiederum das gleiche Risiko wie bei einer vorherigen Abstimmung über die Eigenverwaltung (s. o.). Vorteilhafter erscheint es demgegenüber, die Transparenz über die Stellung des vorgeschlagenen Sachwalters gegenüber den Gläubigen zu erhöhen, indem dessen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit für den konkreten Einzelfall aktiv belegt wird.407 Dies könnte dadurch herbeigeführt werden, dass der Sachwalter sowohl in der ersten Gläubigerausschusssitzung als auch in der ersten Gläubigerversammlung, neben der abzugebenden Stellungnahme zu dem Bericht über die wirtschaftliche Lage des Schuldners (s. o.), einen ergänzenden Bericht über die Beziehungen zu dem schuldnerischen Unternehmen abgibt und damit seine Unabhängigkeit und Neutralität in dem Verfahren darlegt. Um zudem nicht nur die Unabhängigkeit i.S.d. § 56 InsO aktiv gegenüber den Gläubigern zu postulieren, z. B. durch die Darlegung des „conflict-check“ Ergebnisses, sondern um auch seine Neutralität in dem weiteren Verfahrensablauf zu gewährleisten, sollte ferner darauf geachtet werden, dass auf den Verwalter übertragenen Aufgaben, die nicht von der Regelvergütung abgedeckt sind, sondern einen Zuschlag nach § 3 Abs. 1 InsVVoder § 5 InsVV gewähren, sachlich geboten waren. Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in der jüngsten Vergangenheit in der Öffentlichkeit der Eindruck entstand, der Verwalter könne stets, ohne sachliche Gründe, eine der Regelvergütung übersteigende Vergütung geltend machen, die die Masse in nicht
406
Vgl. Hölzle/Pink, ZIP 2011, 360, 364. So bereits Herbst/Hörmann, ForderungsPraktiker 2012, 158, 160; Hölzle/Pink, ZIP 2011, 360, 365. 407
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Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
notwendiger Weise schmälert.408 Dem ist durch ein gesteigertes Maß an Transparenz zu begegnen, um dessen Neutralität im Verfahren zu gewährleisten und aufrechtzuerhalten. 4. Ergebnis Das ESUG hält für den Schuldner ein besonderes Vorschlagsrecht für das Amt des vorläufigen Sachwalters im Sanierungsvorbereitungsverfahren bereit. Hierdurch soll dem Schuldner Rechtssicherheit dafür geboten werden, dass vom Insolvenzgericht eine für das gerichtliche Sanierungsverfahren geeignete Person bestellt wird. Allerdings wird mit diesem Privileg dem (Gesellschafter-)Geschäftsführer der ansonsten von den Insolvenzgerichten vorzunehmende Auswahlprozess auferlegt. Dies erzeugt ein Spannungsverhältnis zwischen der eingeschränkten Dispositionsfreiheit aus § 15a InsO und der Tatsache, dass vor der Ausübung des Vorschlagsrechts mit dem potenziellen Verwalterkandidaten ein „conflict-check“ vorzunehmen ist. Aus der Warte eines (Gesellschafter-)Geschäftsführers ist es daher unerlässlich, einen Auswahlprozess aufzusetzen, der eine zügige Bestimmung eines geeigneten Verwalterkandidaten zulässt. Die derzeitige Situation lässt in der Praxis einen derartigen Prozess jedoch nicht zu. Es fehlt an einer transparenten Übersicht über den nationalen Verwaltermarkt, so dass der Frage nachzugehen war, ob Zertifizierungs- oder Ratingverfahren diese Lücke schließen können. Beide Verfahren liefern jedoch für den hier interessierten Kreis keine oder nur unzureichende Informationen. Um diese Lücke zu schließen, wurde daher die seit über zehn Jahre geführte Diskussion um die Vorteilhaftigkeit einer Internetverwalterliste nach österreichischem Vorbild aufgegriffen, mit dem Ergebnis, dass eine derartige Liste mit entsprechenden Modifikationen einen in dem hier interessierten Kreis zügigen Auswahlprozess gewährleisten würde. Zudem wurde die Frage diskutiert, ob ein vom Schuldner mitgebrachter vorläufiger Sachwalter auf die Akzeptanz der Gläubiger stößt oder ob diese Kombination dazu führt, dass die Gläubiger dem Eigensanierungsplan skeptisch gegenüberstehen werden. Für diese Fallkonstellation spricht das in der Verhaltensforschung beobachtbare Phänomen der reaktiven Abwertung. Um dieses Phänomen auszuschalten, wurde die Empfehlung ausgesprochen, dass der vorläufige Sachwalter durch ein gesteigertes Maß an Transparenz, d. h. über die gesetzlich vorgesehenen Berichtspflichten hinaus, seine Neutralität gegenüber den Gläubigern darlegen sollte, um so dem Risiko zu entgehen, dass der beabsichtigte Anreizmechanismus die gerichtliche Sanierung vereiteln könnte.
408 Vgl. Weber, Karstadt-Insolvenzverwalter Görg – Sieben auf einen Streich, 2010, S. 1, 2, abrufbar unter http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/karstadt-insolvenzverwalter-goerg-sie ben-auf-einen-streich-1.1033784.
C. Zum Abbau von Rechtsmittelblockaden im Planverfahren
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C. Zum Abbau von Rechtsmittelblockaden im Planverfahren Wie bereits dargestellt, droht in der Insolvenz ein besonders starker Verfall des Unternehmenswerts, der umso größer wird, je länger das Insolvenzverfahren andauert. Denn je länger sich ein Unternehmen in einem Insolvenzverfahren befindet, desto länger wird seine „normale“ Geschäftstätigkeit unterbrochen und umso mehr steigen die nur schwer im Voraus kalkulierbaren indirekten Insolvenzkosten an und mindern somit die Möglichkeit, dass mit der Erhaltung des Rechtsträgers ein den Liquidationswert übersteigender Fortführungswert realisiert wird.409 Um die Eigensanierungsaussichten daher nicht zu belasten, ist es von Vorteil, wenn ein rechtlicher Rahmen zur Verfügung gestellt wird, der sowohl die Interessen der Planbetroffenen berücksichtigt, als auch einen zügigen Verfahrensablauf zulässt. Daneben ist es aus der Perspektive eines Gesellschaftergeschäftsführers von Vorteil, dass die mit der Krise bzw. Verfahrenseinleitung entstehenden indirekten Insolvenzkosten auf ein Minimum reduziert werden. Denn hierdurch steigen zum einen seine Chancen, dass für die Gläubiger ein den Liquidationswert übersteigender Fortführungswert realisiert und damit sein Eigensanierungsvorhaben erfolgreich umgesetzt werden kann. Zum anderen wird hierdurch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der Gesellschaftergeschäftsführer einen Teil des Unternehmenswerts für sich vereinnahmen kann.
I. Allgemeine Kritik vor Einführung des ESUG Die insolvenzrechtliche Praxis hat in der Vergangenheit jedoch gezeigt, dass das Planverfahren u. a. aufgrund seiner Rechtmittelanfälligkeit langwierig werden konnte.410 Denn jedes Rechtsmittel hatte aufschiebende Wirkung. Die hieraus bedingte zunehmende Länge des Verfahrens hatte zur Folge, dass indirekte Insolvenzkosten entstanden, die dazu geeignet waren, den Unternehmenswert weiter aufzuzehren.411 Infolgedessen hat der Gesetzgeber mit Einführung des ESUG das Ziel verfolgt, die Rechtsmittel im Insolvenzplanverfahren zu novellieren, um das Blockadepotenzial einzelner Gläubiger zu minimieren.412 Im weiteren Untersuchungsverlauf ist daher der Frage nachzugehen, ob mit dem ESUG die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Rechtsmittel, d. h. die Regelungen des Minderheitenschutzes nach § 251 InsO und der sofortigen Beschwerde gem. § 253 InsO dahingehend geändert wurden, dass das Risiko von Blockadehaltungen minimiert 409 410
Rn. 2. 411 412
Vgl. Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 44. Vgl. Jaffé, ZGR 2010, 248, 258 f.; Braun/Braun/Frank, InsO, 4. Aufl. 2010, § 254, Vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 76. Vgl. Friend, ZInsO 2010, 1426, 1431; Madaus, NZI 2010, 430, 430.
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Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
wurde und somit die Neuregelungen die Anreizwirkung in dem hier betroffenen Kreis erhöht haben. Oder ob die Vorschriften Anlass zur Kritik geben und damit zugänglich für Verbesserungsvorschläge sind.
II. Der Minderheitenschutz im Planverfahren Auf Antrag eines Gläubigers hat das Insolvenzgericht die Bestätigung des Insolvenzplans nach § 251 InsO zu versagen. Die Insolvenzordnung übernahm damit (in modifizierter Form) die bereits im bisherigen Vergleichs-, Zwangsvergleichs- und Gesamtvollstreckungsrecht geltenden Minderheitenschutzbestimmungen der §§ 188 Abs. 1 Nr. 2 KO, 79 Nr. 4 VerglO, 16 Abs. 5 S. 3 GesO.413 1. Zweck der Regelung Mit dem in § 251 InsO verankerten Minderheitenschutz will der Gesetzgeber sicherstellen, dass der Insolvenzplan die Interessen einer überstimmten Minderheit innerhalb einer Plangruppe berücksichtigt. Denn der Insolvenzplan findet seine Legitimation zunächst in einer Mehrheitsentscheidung der Gläubiger (vgl. § 244 InsO), ohne das wirtschaftliche Interesse eines einzelnen Gläubigers zu berücksichtigen.414 Wie bereits dargestellt, schützt § 245 InsO lediglich die Gruppe von Gläubigern als solche, nicht aber den einzelnen Gläubiger davor, dass dieser innerhalb seiner Gruppe überstimmt wird. Werden einzelne Gläubiger innerhalb einer Gruppe durch einen Mehrheitsentscheid gebunden, wird dieser Sachverhalt nicht vom Regelungsbereich des Obstruktionsverbots erfasst. Dabei bietet der Mehrheitsentscheid innerhalb einer Gruppe keine Legitimation dafür, einzelnen Beteiligten Vermögenswerte zu entziehen.415 Die Vorschrift gibt daher jedem Gläubiger das Recht, durch einen Antrag auf Versagung der Planbestätigung geltend zu machen, dass er mit dem Plan wirtschaftlich nicht schlechter gestellt werden darf als im Falle einer Liquidation. Dieser Gedanke ist Ausdruck des dem Insolvenzverfahren zugrunde liegenden ökonomischen Effizienzkriteriums nach Pareto.416 Hiernach ist ein Zustand A dem Zustand B vorzuziehen, wenn mindestens ein Individuum im Zustand A besser und kein anderes Individuum schlechter gestellt wird (sog. ParetoEffizienz).417 Übertragen auf die Insolvenzplanproblematik bedeutet dies, dass der Insolvenzplan nur in den Fällen dem Regelinsolvenzverfahren vorzuziehen ist, wenn 413
Vgl. Balz, ZIP 1988, 273, 286; Herzig, Insolvenzplanverfahren, 2001, S. 28. Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 211; HambKomm/Thies, 4. Aufl. 2012, § 251 InsO, Rn. 1; Balz, ZIP 1988, 273, 276 f. 415 Vgl. Herzig, Insolvenzplanverfahren, 2001, S. 28. 416 Vgl. Bigus/Eger, ZInsO 2003, 1, 3 f.; MünchKommInsO/Eidenmüller, 2. Aufl. 2008, vor §§ 217 – 269, Rn. 22. 417 Benannt von A. Sen nach dem Ökonom Vilfredo Pareto. Vgl. dazu Sen, Collective Choice and Social Welfare, 1970, S. 21 f. 414
C. Zum Abbau von Rechtsmittelblockaden im Planverfahren
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kein Beteiligter schlechter gestellt wird als bei einer Zerschlagung des Schuldnervermögens.418 Aus diesem Grund sieht § 251 InsO vor, dass ein einzelner Gläubiger die Annahme des Insolvenzplans verhindern kann, wenn er glaubhaft machen kann, dass er durch diesen schlechter gestellt wird als ohne einen Plan. Damit wiegt der Minderheitenschutz zwar weniger als das Obstruktionsverbot, denn im Gegensatz zu § 245 InsO muss keine angemessene Beteiligung an den durch den Plan realisierten Werten erfolgen.419 Jedoch gewährt er dem Antragsberechtigten eine Quote, die er auch im Regelverfahren erwarten durfte. 2. Kritik am Minderheitenschutz vor Einführung des ESUG Die Bestätigung des Insolvenzplans war nur auf Antrag eines Gläubigers zu versagen (vgl. § 251 InsO a.F.). Dieser musste spätestens im Abstimmungstermin gegen den Plan schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle widersprechen (§ 251 Abs. 1 Nr. 1 InsO a.F.) und glaubhaft machen, durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt zu werden als ohne Plan (vgl. § 251 Abs. 1 Nr. 2 i.V. Abs. 2 InsO a.F.). Dabei waren ausschließlich wirtschaftliche und keine ideellen oder sonstigen Gesichtspunkte relevant.420 Dies führte in der Praxis dazu, dass der Gläubiger anstelle der Planbestätigung alternativ die Regelabwicklung des schuldnerischen Unternehmens voraussehen musste und mit Hilfe der in § 294 ZPO vorgesehen Mittel glaubhaft machen musste, durch den Plan eine niedrigere Quote als im Rahmen einer Liquidation zu erhalten (§ 4 InsO i.V.m. § 294 ZPO).421 Dabei war es unerlässlich, eine Vergleichsrechnung anzustellen, die seine wirtschaftliche Situation mit und ohne Insolvenzplan berücksichtigte.422 Der Gläubiger musste also Tatsachen vortragen und glaubhaft machen, aus denen sich die überwiegende Wahrscheinlichkeit seiner Schlechterstellung durch den Insolvenzplan ergab.423 Die Bestätigung des Insolvenzplans war zu versagen, wenn die Schlechterstellung eines Gläubigers wahrscheinlicher war als die Nichtschlechterstellung.424 Um eine hierdurch entstehende Verfahrensverzögerung jedoch zu verhindern, räumte bereits die Begründung des Regierungsentwurfs zur Insolvenzordnung die Möglichkeit zur Aufnahme einer sog. Nachbesserungsklausel im gestaltenden Teil des Insolvenzplans ein.425 Derartige Klauseln sind Regelungen, die zusätzliche 418
Vgl. Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 14 ff.; Bigus/Eger, ZInsO 2003, 1, 4. 419 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, 211 f.; Herzig, Insolvenzplanverfahren, 2001, S. 29. 420 Vgl. BGH, NZI 2007, 409 f. 421 Vgl. BGH, NZI 2007, 409 f.; Thorwart/Schauer, NZI 2011, 574, 575 ff. 422 Vgl. Herzig, Insolvenzplanverfahren, 2001, S. 31; Maus, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2000, S. 945. 423 Vgl. BGH, NZI 2007, 409 f.; Thorwart/Schauer, NZI 2011, 574, 575. 424 Vgl. BGH, NZI 2007, 409 f.; OLG Dresden, WM 2001, 101; LG Berlin, ZInsO 2002, 1191. 425 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 212.
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Leistungen an solche Beteiligten vorsehen, die ohne eine solche Zusatzleistung schlechter gestellt wären als ohne einen Plan und hierdurch den Einwand einer Schlechterstellung ausschließen.426 Die Gesetzesbegründung zur Insolvenzordnung gab hierzu bereits folgenden Hinweis: Das „Risiko kann … dadurch ausgeschlossen oder vermindert werden, dass im Plan zusätzliche Leistungen an solche Beteiligte vorgesehen werden, die dem Plan widersprechen und den Nachweis führen, dass sie ohne solche Zusatzleistungen durch den Plan schlechter gestellt werden als ohne einen Plan. Enthält der Plan eine solche Bestimmung, ist die Finanzierung der Leistungen gesichert und ist eindeutig, dass im Falle der zusätzlichen Leistungen der Mindeststandard erreicht wird, so steht der Minderheitenschutz der Bestätigung des Plans nicht entgegen. Ob die zusätzlichen Leistungen zu erbringen sind, kann dann außerhalb des Insolvenzverfahrens geklärt werden.“427
Entscheidend bei der Aufnahme einer Nachbesserungsklausel ist, dass der Mindeststandard erreicht wird, d. h. die Differenz zwischen im Plan vorgetragener und vom Gläubiger glaubhaft gemachter Liquidationsquote.428 Die Auffassung, es müssten für eine wirksame Nachbesserungsklausel Ausgleichsmittel für eine 100 % Forderungsbefriedigung zur Verfügung gestellt werden429, also der Nominalwert der Forderung, ist daher bereits nach dem Wortlaut der Regierungsbegründung abzulehnen. Denn der Gesetzgeber spricht lediglich von einem „Mindeststandard“, den der Gläubiger zu erwarten hätte, sollte kein Plan bestätigt werden, und nicht vom Wert der angemeldeten Forderung.430 Bezüglich der Ausgestaltung einer derartigen Klausel kann zwischen einer Festbetrags- und einer Gleichstellungsklausel unterschieden werden. Von einer Festbetragsklausel kann gesprochen werden, wenn der Insolvenzplan Zusatzleistungen in einer bestimmten Höhe an solche Beteiligte vorsieht, bei denen der Plan den Mindeststandard nicht erreicht.431 Im Rahmen einer sog. Gleichstellungsklausel kommt dagegen folgende Ausgestaltung in Betracht: „Wenn ein Beteiligter durch diesen Plan schlechter gestellt wird, als er ohne einen Plan stünde, sind an den Betreffenden zusätzliche Zahlungen in einer Höhe zu leisten, die zu einer Gleichstellung führen432.“
Der Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Klausel liegt darin, dass bei der ersten eine absolute Festlegung der Höhe der Zusatzleistungen erfolgt, während die zweite diese Höhe relativ mit dem für eine Gleichstellung erforderlichen Betrag bestimmt. Unter dem Gesichtspunkt des Minderheitenschutzes ist eine Gleichstel426 427 428 429 430 431 432
Vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 93. BT-Drucksache 12/2443, S. 212. Vgl. MünchKommInsO/Sinz, 2. Aufl. 2008, § 251, Rn. 16. Vgl. Smid/Rattunde, Der Insolvenzplan, 2005, S. 308. Vgl. Wutzke, ZInsO 1999, 1, 4. Vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 93. Vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 93.
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lungsklausel sicherer, da so eine Gleichstellung garantiert, während bei der ersten immer noch der Fall eintreten kann, dass sich die in einer absoluten Höhe festgelegten Zusatzleistungen als zu niedrig erweisen, um eine Gleichstellung zu bewirken.433 Dies kann im konkreten Einzelfall dazu führen, dass der aufgenommene Festbetrag nicht die Differenz zwischen Planquote und glaubhaft gemachter Forderung im Rahmen einer Liquidation erreicht. In einem derartigen Fall ist der Insolvenzplan nicht zu bestätigen. Reichen die Ausgleichsmittel hingegen aus, kann die bloße Glaubhaftmachung einer etwaigen Schlechterstellung das Verfahren nicht mehr blockieren und die Bekanntgabe der Entscheidung nach § 252 InsO sowie die Aufhebung des Verfahrens nach § 254 InsO erfolgen. Somit können die im Insolvenzplan festgelegten Sanierungsmaßnahmen umgesetzt werden und nach Außen die erfolgreiche Überwindung der insolvenzrechtlichen Krise kommuniziert, sowie der Streit über die Ausgleichszahlung auf die ordentlichen Gerichte verlagert werden. Die h.M. sahen derartige Klauseln als geeignetes und rechtlich zulässiges Instrument zur Verfahrensbeschleunigung an.434 Einzelne Stimmen erachteten die Aufnahme von Nachbesserungsklauseln im Insolvenzplan jedoch für unzulässig.435 Es wurde vorgetragen, dass Nachbesserungsklauseln gegen die Gleichbehandlungsgrundsätze aus § 226 Abs. 1 und 3 InsO verstoßen würden.436 Zum einen wurde argumentiert, dass derartige Klauseln dem Gebot der Gläubigergleichbehandlung innerhalb der Abstimmungsgruppe i.S.v. § 226 Abs. 1 InsO zuwiderlaufen würden. Es wurde vorgetragen, dass die Bereitstellung von Ausgleichsmitteln als eine Gläubigerbegünstigung anzusehen sei.437 Zudem handele es sich bei den zur Verfügung gestellten Ausgleichsmitteln um eine Verabredung außerhalb des Insolvenzplans und sei daher unzulässig nach § 226 Abs. 3 InsO.438 Nach überzeugender h.A. dient eine Nachbesserungsklausel jedoch keiner einzelnen Gläubigerbevorzugung, sondern einem Ausgleich einer möglichen wirtschaftlichen Schlechterstellung.439 Ferner stellt die Klausel einen Bestandteil des Plans dar und ist daher gerade keine Verabredung außerhalb des Plans.440 433
Vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 93. Vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 93 ff.; Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenzen, 1997, S. 637; Maus, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2000, S. 962; Uhlenbruck/Lüer; InsO, 13. Aufl. 2010, § 251, Rn. 19. 435 Vgl. Smid, ZInsO 1998, 347 f.; Wutzke, ZInsO 1999, 1, 4. 436 Vgl. Smid, ZInsO 1998, 347 f.; Wutzke, ZInsO 1999, 1, 4. 437 Vgl. Smid, ZInsO 1998, 347, 349. 438 Vgl. Wutzke, ZInsO 1999, 1, 4; Smid, ZInsO 1998, 347, 349 f. 439 Vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 93 ff.; Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenzen, 1997, S. 637; Maus, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2000, S. 962; Uhlenbruck/Lüer; InsO, 13. Aufl. 2010, § 251, Rn. 19. 440 Vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 93 ff.; Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenzen, 1997, S. 637; Maus, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2000, S. 962; Uhlenbruck/Lüer; InsO, 13. Aufl. 2010, § 251, Rn. 19. 434
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Überdies wurden Bedenken vorgebracht, die Gläubiger würden durch den Verweis auf das Zivilgericht mit einem zusätzlichen Prozessrisiko belastet.441 Hier gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass der Gläubiger auch bei einer Beschwerde gegen einen Insolvenzplan ohne Nachbesserungsklausel seine Schlechterstellung hätte beweisen müssen, so dass er durch den entsprechenden Nachweis außerhalb des Insolvenzplanverfahrens vor den ordentlichen Gerichten nicht in einem wesentlich erheblicherem Maße belastet wird.442 Die Bedenken überzeugen daher nicht. Trotz der rechtlichen Zulässigkeit von Ausgleichsmitteln bestand aufgrund der divergierenden Auffassungen in der insolvenzrechtlichen und insbesondere in der insolvenzgerichtlichen Praxis ein Unsicherheitsfaktor. So wurden z. T. Insolvenzpläne, die Ausgleichsmittel vorsahen, bereits im Rahmen des Planvorprüfungsverfahrens nach § 231 Abs. 1 InsO von Amts wegen zurückgewiesen.443 3. Regelung nach Einführung des ESUG Die Unsicherheit der bisherigen Rechtslage hat dazu geführt, dass der Reformgesetzgeber in dem neu eingeführten § 251 Abs. 3 InsO den Lebenssachverhalt dergestalt regelt, dass ein Antrag auf Versagung der Planbestätigung abzuweisen ist, wenn im Plan Mittel für den Fall bereitgestellt werden, dass ein Beteiligter eine Schlechterstellung nachweist. Ergänzend wird in der Gesetzesbegründung aufgeführt, „dass in einem Plan dafür Vorsorge getroffen werden kann, dass ein Gläubiger oder eine Minderheit von Gläubigern … eine Schlechterstellung durch den Plan geltend macht. Sieht der Plan vor, dass ein Gläubiger … für eine nachgewiesene Schlechterstellung einen finanziellen Ausgleich erhält, liegt im Ergebnis keine Schlechterstellung mehr vor. Damit besteht auch kein Grund, die Bestätigung des Plans zu versagen. Unter der bisherigen Rechtslage sind Zweifel geäußert worden, ob eine solche Klausel trotz des Gleichbehandlungsgebots des § 226 InsO wirksam ist. In Zukunft werden solche Zweifel nicht mehr berechtigt sein, da das Gesetz diese Möglichkeit dann ausdrücklich zulässt. Die Finanzierung des Ausgleichs muss durch eine Rücklage, eine Bankbürgschaft oder in ähnlicher Weise gesichert sein. Der Rechtsstreit um den finanziellen Ausgleich ist außerhalb des Insolvenzverfahrens in einem gesondertem Rechtsstreit vor den ordentlichen Gerichten auszutragen, damit hierdurch die Planbestätigung und die Aufhebung des Planverfahrens nicht verzögert wird. Allerdings muss das Gericht vor der Bestätigung des Plans prüfen, ob die bereitgestellten Mittel für die Beteiligten ausreichend sind, um eine Schlechterstellung des widersprechenden Beteiligten durch den Plan auszugleichen“444.
Folglich können Nachbesserungsklauseln im Plan vorgesehen werden, mit der Konsequenz, dass der Gläubiger seinen Anspruch aus den zur Verfügung gestellten 441
Vgl. Smid, ZInsO 1998, 347, 348. Vgl. Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 562. 443 Vgl. BT-Drucksache, 17/5712, S. 35; Schelo, DB 2010, 2209, 2211; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 509. 444 BT-Drucksache, 17/5712, S. 35. 442
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Nachbesserungsmitteln vor den ordentlichen Zivilgerichten verfolgen muss. Hierfür hat er glaubhaft zu machen, dass eine Schlechterstellung gegenüber einem Liquidationsszenario tatsächlich vorliegt.445 4. Auswirkung auf die Rechtspraxis Die Aufnahme einer Nachbesserungsklausel war bereits vor dem ESUG rechtlich zulässig, so dass die Regelung in § 251 Abs. 3 InsO eine klarstellende Funktion einnimmt und damit ein Mehr an Rechtssicherheit bietet. Denn zukünftig ist der Antrag auf Minderheitenschutz zwingend abzuweisen und an das Zivilgericht zu verweisen, wenn im gestaltenden Teil des Insolvenzplans finanzielle Mittel für den Fall bereitgestellt werden, dass ein Beteiligter eine Schlechterstellung glaubhaft macht (§ 251 Abs. 3 InsO).446 Ob hierdurch jedoch die Anreizwirkung beim Schuldner in dem hier interessierten Kreis erhöht wurde, muss kritisch hinterfragt werden. Die Möglichkeit, den Minderheitenschutz auf die Zivilgerichte zu übertragen, setzt voraus, dass die finanziellen Mittel in Form einer Garantieerklärung oder Bankbürgschaft abgesichert werden können.447 Fraglich ist, wer die Finanzierung im konkreten Einzelfall zur Verfügung stellen soll. In Betracht käme zunächst der Gesellschaftergeschäftsführer. Dabei gilt es jedoch zu bedenken, dass vorhandenes Privatvermögen zur Finanzierung der (operativen) Sanierung benötigt wird448, oder im Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung aufgezehrt ist449 und/oder durch insolvenzspezifische Haftungsansprüche wie z. B. aus § 135 Abs. 1 und 2 InsO weiter aufgezehrt wird450. Eine derartige Finanzierungslösung wird daher regelmäßig ausscheiden. 445
Vgl. Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 509. Vgl. Westphal/Janjuah, ZIP 2008, Beilage zu Heft 3, S. 23; Schelo, DB 2010, 2209, 2211; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 509; Landfermann, WM 2012, 821, 826 f.; Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 563. 447 Vgl. BT-Drucksache, 17/5712, S. 35; Wutzke, ZInsO 1999, 1, 4; Schelo, DB 2010, 2209, 2211; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 509. 448 Vgl. Fröhlich/Bachstädt, ZInsO 2011, 985, 988; White & Case, Das neue Recht der Unternehmensrestrukturierung, 2013, S. 3, abrufbar unter: http://www.whitecase.com/files/Pu blication/904b1934-cbff-42cb-8919 – 5fc5a7375068/Presentation/PublicationAttachment/ 14b97bae-c25e-417 f-987c-71a5c346a955/GER0611005_NewsAlert_Restruturierung_Insolven z_Juni_2011_D.pdf. 449 Vgl. Sieger, in: Hommel/Knecht/Wohlenberg (Hrsg.), Handbuch Unternehmensrestrukturierung, S. 1440; Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 640; Keuthen, in: Concentro Management AG (Hrsg.), Concentro Turnaround Investment Guide – Finanzierung in der Unternehmenskrise, 2010, S. 124 f.; Seefelder, Unternehmenssanierung, 2006, S. 15; Spies, ZInsO 2005, 1255, 1258. 450 § 135 Abs. 1 und 2 InsO regelt die Insolvenzanfechtung bei Gesellschafterdarlehen und gleichgestellten Rechtshandlungen sowie die Insolvenzanfechtung bei gesellschafterbesicherten Darlehen (vgl. dazu HambKomm/Schröder, 4. Aufl. 2012, § 135 InsO, Rn. 14; Wittig, 446
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Daneben käme die Finanzierung eines Neugesellschafters, der z. B. im Wege eines debt to equity swaps Anteile am schuldnerischen Unternehmen erwerben würde, in Betracht. Mit dem Ausschluss der Differenzhaftung nach § 254 Abs. 4 InsO n.F. hat der Gesetzgeber das Risiko für die Neugesellschafter ausgeschlossen, so dass davon ausgegangen werden könnte, dass von diesem Sanierungsinstrument in verstärktem Maße Gebrauch gemacht wird. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass in der Praxis der Kreis von Gläubigern, der ein Interesse daran hat, Anteile am schuldnerischen Unternehmen zu übernehmen, regelmäßig überschaubar ist. Kleingläubiger haben i. d. R. kein Interesse an der Übernahme von Gesellschaftsanteilen.451 In Betracht kämen allenfalls wesentliche Gläubiger wie z. B. Banken. Allerdings haben Kreditinstitute regelmäßig kein Interesse an einer im Vergleich zur Fremdkapitalfinanzierung risikoreicheren Eigenkapitalbeteiligung.452 Zudem sehen die Regularien der Sparkassen eine Umwandlung von Forderungen in Eigenkapitalanteile nicht vor.453 Denkbar wäre daher eine (Aval-)Kreditaufnahme auf Basis des § 264 InsO. § 264 InsO privilegiert u. a. Darlehensgläubiger in einem etwaigen neuen Insolvenzverfahren, d. h. für den Fall des Misslingens der Sanierung, ggü. den Insolvenzgläubigern aus dem ersten Insolvenzverfahren. Sie sind daher in einem nachfolgenden Insolvenzverfahren nach den Massegläubigern zu bedienen.454 Die Regelung will damit ein Standardproblem jeder Sanierung lösen, die Sicherung der Fortführungsfinanzierung. Denn die Norm knüpft an der Tatsache an, dass bei insolventen Unternehmen regelmäßig sämtliche Vermögensgegenstände im Vorfeld der Insolvenzantragstellung mit Sicherheiten belastet worden sind und daher keine marktüblichen Sicherheiten anbieten können.455 Letzteres ist jedoch für Kreditinstitute entscheidend bei der Kreditvergabe. Denn trotz Privilegierung verbleibt beim Darlehensgeber das nicht unerhebliche Risiko, auf Grund von unzureichender Masse einen Forderungsausfalls zu erleiden456, so dass von Seiten der Kreditwirtschaft Neukredite im Planverfahren regelmäßig nur auf Basis von marktüblichen Sicherheiten (z. B. neu erworbene Forderungen) gewährt werden.457 Eine Kreditaufnahme nach § 264 InsO zwecks Finanzierung von Ausgleichsmitteln scheidet daher aus.
in: K. Schmidt/Uhlenbruck (Hrsg.), Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 2009, S. 813 ff.). 451 Vgl. Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 520; K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1608. 452 Vgl. Drukarczyk, BFuP 1995, 40, 55; Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 206; Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 520. 453 Vgl. Bierbach, INDat-Report 4/2012, S. 24 ff. 454 Vgl. Uhlenbruck/Lüer, InsO, 13. Aufl. 2010, § 264, Rn. 25. 455 Vgl. Wittig, DB 1999, 197, 200; Heni, Interne Rechnungslegung im Insolvenzverfahren, 2006, S. 212; Dinstühler, ZInsO 1998, 243, 243; Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 264 InsO, Rn. 6. 456 Vgl. Fink, Maßnahmen des Verwalters zur Finanzierung in der Unternehmensinsolvenz, 1998, S. 139. 457 Vgl. Heni, Interne Rechnungslegung im Insolvenzverfahren, 2006, S. 213; Wittig, DB, 1999, 197, 205; Wutzke, ZInsO 1999, 1, 3.
C. Zum Abbau von Rechtsmittelblockaden im Planverfahren
169
In einer derartigen Situation wird in der Gesetzesbegründung und Literatur vorgeschlagen, die Finanzierung der Ausgleichsmittel durch die Bildung einer Rücklage aus zukünftigen Einzahlungsüberschüssen zu sichern.458 Angesichts der Liquiditätslage eines materiell insolventen Unternehmens dürften die im Plan für Ausgleichszahlungen bereitgestellten Rücklagen jedoch nicht „üppig“ ausfallen.459 Zudem gilt es zu bedenken, dass in Eigensanierungsfällen aufgrund der persönlichen Vermögenssituation des Gesellschaftergeschäftsführers weniger eine Einmalzahlung, sondern vielmehr eine Befriedigung aus den zukünftigen Einzahlungsüberschüssen angeboten werden kann.460 Die Rücklagenbildung kann daher nur auf Kosten der Fortführungsquote bzw. zu Lasten der Befriedigungsquote der anderen Gläubiger entstehen, so dass die Situation eintreten könnte, dass keine der Liquidation übersteigende Fortführungsquote angeboten werden kann und der Plan damit insgesamt hinfällig wird. Dem könnte dadurch entgegengewirkt werden, dass der Planungshorizont erweitert und die zukünftigen Auszahlungen an die Gläubiger zeitlich nach hinten verlagert werden. Denn anders als im österreichischen Insolvenzrecht muss die im Sanierungsplan in Aussicht gestellte Quote nicht innerhalb von maximal zwei Jahren ab Annahme erfolgen.461 Die Entscheidungskompetenz über die Zahlungsmodalitäten liegt im deutschen Insolvenzrecht allein in den Händen der Gläubiger, so dass auch eine Befriedigung über einen längeren Zeitraum als zwei Jahre denkbar ist. Durch die Verlängerung des Planungshorizonts besteht jedoch die Gefahr, dass die Gläubiger aufgrund der sich hieraus ergebenden Planungsunsicherheit das Risiko einer Fortführung scheuen und daher gegen den Plan votieren.462 Aus diesem Grund sind Pläne, die Ausschüttungen an die Gläubiger nach Ablauf von zwei Jahren vorsehen in der Praxis selten vorzufinden.463 Der Rücklagenbildung aus zukünftigen Einzahlungsüberschüssen steht somit das Risiko der schwindenden Akzeptanz auf Seiten der Gläubiger entgegen. Daran anknüpfend trägt eine Meinung vor, auf die gesetzlich nicht geforderte Vergleichsrechnung zu verzichten, um somit Rücklagen für die Ausgleichsmittel bilden zu können.464 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass allein der Verzicht auf die Vergleichsrechnung keine wesentliche Rücklagenbildung zulässt, zumal ein Teil der Kosten, der für eine Vergleichsrechnung benötigt wird, ohnehin im Insolvenz458
Vgl. BT-Drucksache, 17/5712, S. 35; Pape, ZInsO 2010, 2155, 2161; Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 562. 459 Vgl. Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 509. 460 Zur praktischen Häufigkeit dieser Befriedigungsoption vgl. Kranzusch, ZInsO 2009, 1513, 1518. 461 Gem. § 169 Abs. 1 Nr. 1 IO muss der Schuldner zur Erlangung der Eigenverwaltung den Gläubigern eine Mindestquote von 30 %, zahlbar in längstens 2 Jahren, anbieten (vgl. dazu Riel, ZInsO 2011, 1400, 1401). 462 Vgl. Heni, Interne Rechnungslegung im Insolvenzverfahren, 2006, S. 232 f. 463 Vgl. Kranzusch, ZInsO 2009, 1513, 1518; Heni, Interne Rechnungslegung im Insolvenzverfahren, 2006, S. 233; HambKomm/Thies, 4. Aufl. 2012, § 229 InsO, Rn. 1. 464 Vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, 1999, S. 95.
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Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
verfahren anfällt. So ist z. B. für die Erstellung des Masseverzeichnisses für die Bewertung der Vermögensgegenstände mit Liquidationswerten eine Übertragung auf einen Sachverständigen gesetzlich zulässig (vgl. § 151 Abs. 2 S. 3 InsO) und sachlich geboten, wenn deren Wert nicht unmittelbar zu ermitteln ist, da kein funktionierender oder transparenter Markt, aus dem sich ein entsprechender Wert ableiten lässt, besteht.465 Gegen eine derartige Lösung könnte jedoch der in der Verhaltensforschung beobachtbare „framing-effect“ sprechen. Der „framing-effect“ ist ein Aspekt im Rahmen der Entscheidungsfindung von Individuen. Hiernach ziehen Individuen bei der Beurteilung von Handlungsempfehlungen einen subjektiven Bezugspunkt heran, der dadurch beeinflusst wird, in welchem Rahmen, d. h. auf welche Art und Weise die Entscheidungsalternativen präsentiert werden.466 Ausgehend von diesem Bezugspunkt werden die Ergebnisse einer Alternative entweder als Gewinn oder als Verlust gegenüber diesem Bezugspunkt wahrgenommen.467 Übertragen auf die Insolvenzproblematik könnte dies dazu führen, dass durch den Verzicht auf eine Vergleichsrechnung die Insolvenzgläubiger den Nominalwert ihrer Forderung als Bezugspunkt wählen, mit dem Ergebnis, dass der angebotene Fortführungswert als Verlust interpretiert wird. Gehen die Insolvenzgläubiger jedoch vom Referenzpunkt des Anteils am Liquidationserlös aus, erscheint die Fortführung für sie vorteilhafter. Für den Planersteller ist daher entscheidend, den Bezugspunkt der Insolvenzgläubiger durch die Art der Präsentation der entscheidungsrelevanten Informationen zu beeinflussen, um damit die Kooperationsbereitschaft der Insolvenzgläubiger zu fördern.468 Dies kann durch die Aufstellung einer Vergleichsrechnung erfolgen, in der lediglich die Fortführungs- und die Liquidationsquote für die einzelnen Gläubiger dargelegt werden. Vor diesem Hintergrund bleibt daher festzuhalten, dass der Verzicht auf eine Vergleichsrechnung das Risiko in sich trägt, dass die Insolvenzgläubiger dem Insolvenzplan nicht zustimmen werden. 5. Ergebnis Aus all dem ergibt sich, dass der gesetzlichen Klarstellung zur Aufnahme von Ausgleichsmitteln keine erhöhte Anreizwirkung in dem hier interessierten Kreis beizumessen ist. So wird es in der Praxis auch weiterhin vorkommen, dass Insolvenzpläne keine Nachbesserungsklauseln enthalten, weil die Finanzierung der 465 Vgl. HambKomm/Jarchow, 4. Aufl. 2012, § 151 InsO, Rn. 23; Braun/Naumann, InsO, 4. Aufl. 2012, § 151, Rn. 8. 466 Vgl. Kahnemann/Tversky, Econometrica 1979, 263, 277; Altmann/Falk/Marklein, in: Fleischer/Zimmer (Hrsg.), Beitrag der Verhaltensökonomie (Behavioral Economics) zum Handels- und Wirtschaftsrecht, 2011, S. 71 f. 467 Vgl. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 2005, S. 66. Leistner, in: Fleischer/Zimmer (Hrsg.), Beitrag der Verhaltensökonomie (Behavioral Economics) zum Handels- und Wirtschaftsrecht, 2011, S. 121. 468 Vgl. Weber, Finanz Betrieb 2000, 311, 316; Eilenberger, in: Bickhoff/Blatz/Eilenberger/ Haghani/Kraus (Hrsg.), Die Unternehmenskrise als Chance, 2004, S. 126.
C. Zum Abbau von Rechtsmittelblockaden im Planverfahren
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Ausgleichsmittel durch Dritte nicht in Betracht kommt. Eine Ausnahme könnte lediglich dann bestehen, wenn die Bildung einer entsprechenden Rücklage in der Planungsrechnung nachvollziehbar dargestellt wurde. Der Möglichkeit der Rücklagenbildung stehen die Risiken gegenüber, dass die Gläubigerquoten des Fortführungsszenarios nicht erzielt werden können und die Akzeptanz der Sanierung aufgrund der Planungsunsicherheit mit zunehmender Prognoselänge bei den Gläubigern sinkt. Schließlich ist davon Abstand zu nehmen, keine Vergleichsrechnung zwecks Finanzierung von Ausgleichsmitteln aufzustellen. Der Verzicht auf eine Vergleichsrechnung birgt das Risiko, dass der Plan aufgrund von eingeschränktem Rationalverhalten von den Insolvenzgläubigern nicht angenommen wird.
III. Die sofortige Beschwerde gegen die Planbestätigung Neben dem Minderheitenschutz stellte die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der sofortigen Beschwerde nach § 253 InsO a.F. für den Schuldner einen weiteren Risikofaktor dar. 1. Kritikpunkte vor Einführung des ESUG Der Beschluss, durch den der Insolvenzplan bestätigt oder die Bestätigung versagt wurde, konnte nach § 253 InsO a.F. von einem Gläubiger mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden. Die Beschwerde war zulässig, wenn ein Verstoß gegen die Vorschriften über die Bestätigung des Plans nach den §§ 248 bis 252 InsO vorlag.469 Somit konnte sich die Beschwerde, anders als im Rahmen des Minderheitenschutzes, wo allein wirtschaftliche Gesichtspunkte gerügt werden konnten, auch auf eine Verletzung der Vorschriften über den Inhalt, das Verfahren und die Annahme oder Zustimmung des Plans stützen.470 Auch musste die vermeintliche Verletzung einer verfahrensrechtlichen Vorschrift über die Bestätigung des Insolvenzplans nicht glaubhaft gemacht werden.471 Dies wurde vor Einführung des ESUG auch noch einmal in einer Entscheidung vom Bundesgerichtshof bestätigt. In einer Entscheidung vom 15. Juli 2010 hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass es ausreicht wenn sich der Gläubiger darauf beruft, durch die Bestätigung des Plans einen Teil seiner Forderung zu verlieren.472 Einer Glaubhaftmachung, wie im Rahmen des Minderheitenschutzes, bedurfte es nicht. Schließlich bedurfte es auch keiner formellen Beschwer auf der Seite des Beschwerdeführers, so dass das Verhalten des Beschwerdeführers im Abstimmungstermin unwesentlich war.473 Dies hatte der 469 470 471
2211. 472 473
Vgl. HambKomm/Thies, 3. Aufl. 2009, § 253 InsO, Rn. 9. Vgl. HambKomm2009/Thies, 3. Aufl. 2009, § 253 InsO, Rn. 8. Vgl. MünchKommInsO/Sinz, 2. Aufl. 2008, § 253, Rn. 15; Schelo, DB 2010, 2209, Vgl. BGH, ZIP 2010, 1499. Vgl. Uhlenbruck/Lüer, InsO, 13. Aufl. 2010, § 253, Rn. 2.
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Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
Bundesgerichtshof in einer Entscheidung bereits im Jahre 2005 klargestellt.474 Der Beschwerdeführer konnte daher aus einer Blockadehaltung heraus seine Mitwirkung an der Abstimmung zum Planverfahren verweigern und trotzdem die sofortige Beschwerde nach § 253 InsO a.F. einlegen. Er war damit mit seinem Vorbringen nicht präkludiert und konnte das Verfahren somit dennoch verzögern. Auch entstanden die Kosten für den Beschwerdeführer erst, wenn die eingelegte Beschwerde erfolglos war. Dieses Risiko war angesichts der Tatsache, dass nicht nur wirtschaftliche, sondern auch verfahrensrechtliche Gesichtspunkte statthaft waren, vergleichsweise gering. Neben den „niedrigen“ Zulässigkeitsvoraussetzungen trug daher auch die Kostenfrage dazu bei, dass eine relativ niedrige Hürde für die Einlegung einer Beschwerde geschaffen wurde. Dieser Rechtszustand barg für den Planersteller das Risiko sich mit sog. querulatorisch geführten Beschwerden475 auseinandersetzen zu müssen, was einer zügigen Verfahrensaufhebung entgegensteht. Denn jede Beschwerde hatte aufschiebende Wirkung, so dass sich die Planumsetzung um Monate oder Jahre verzögern konnte. Erging der Beschluss durch den Rechtspfleger, war die sofortige Beschwerde i.S.d. § 253 InsO a.F. nach § 11 Abs. 1 RPflG statthaft. Gegen einen Abhilfebeschluss war wiederum die sofortige Beschwerde statthaft (vgl. §§ 4, 6 InsO i.V.m. §§ 567 ff. ZPO, § 72 GVG).476 Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts war sodann die Rechtsbeschwerde nach § 7 InsO a.F. möglich.477 Gegen die dort getroffene Entscheidung kam wiederum die Rechtsbeschwerde in Betracht, deren Entscheidungshoheit nach § 133 GVG ausschließlich beim BGH liegt. Zudem war in der Vergangenheit zu beobachten, dass einzelne Gläubiger das ihnen durch die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des Rechtsmittel gegebene Druckpotenzial dahingehend ausnutzten, einen höheren als ihnen im Plan zugedachten Teil des Fortführungswerts (zumeist auf Kosten der anderen Gläubigergemeinschaft) zu vereinnahmen.478 Diese Vorgehensweise wurde in der insolvenzrechtlichen Praxis mit den in Deutschland bekannten „räuberischen Aktionärsklagen“ verglichen.479 Hier hatten zahlreiche Akkordstörer (bzw. im Aktienrecht auch als „Berufskläger“ bezeichnet) immer wieder das Instrument der Beschlussmängelklage dazu benutzt, sich für eine Klagerücknahme eine Abfindung zahlen zu lassen (sog. Verkauf des „Lästigkeitswerts“), ohne dass es ihnen bei der Klageerhebung bzw. -androhung auf die tatsächliche Rechtsdurchsetzung allgemeiner Aktionärsinteressen ankam.480 Diese „räuberischen Aktionäre“ machten es sich vielmehr zu Nutze, dass das Registergericht einen Hauptversammlungsbeschluss nicht
474
Vgl. BGH, ZInsO 2005, 927 f. Vgl. dazu bereits Teil 2, B. II. 1. d) bb) (2). 476 Vgl. HambKomm/Thies, 3. Aufl. 2009, § 253 InsO, Rn. 10. 477 Vgl. Wutzke, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2010, § 253 InsO, Rn. 23. 478 Vgl. dazu auch Teil 2, B. II. 1. d) bb) (2). 479 Vgl. Schelo, DB 2010, 2209, 2211; Madaus, NZI 2010, 430, 431; Römermann, NJW, 645, 651. 480 Vgl. Westphal/Janjuah, ZIP 2008, Beilage zu Heft 3, S. 21. 475
C. Zum Abbau von Rechtsmittelblockaden im Planverfahren
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eintrug, solange eine Klage anhängig war.481 Der Gesetzgeber reagierte darauf mit der Einführung des sog. Freigabeverfahrens (vgl. § 246a AktG). Hiernach kann die Registersperre unter bestimmten Voraussetzungen und durch rechtskräftigen Beschluss des zuständigen Prozessgerichts ausgesetzt werden.482 Der Kläger kann stattdessen seine Klage nur noch als Schadensersatzforderung verfolgen. Durch die Einführung dieses Verfahrens wurde letztlich das Druckpotenzial der Kläger, welches durch die zeitliche Verzögerung von wichtigen Maßnahmen infolge der Klage eintrat, ausgeschaltet.483 2. Die verfahrensrechtliche Ausgestaltung nach Einführung des ESUG Anknüpfend an die der sofortigen Beschwerde entgegengebrachten Kritik, hat der Gesetzgeber im Rahmen des ESUG die Voraussetzungen der sofortigen Beschwerde in § 253 InsO geändert. a) Die geänderten Zulässigkeitsvoraussetzungen gegen die Planbestätigung Mit Einführung des ESUG hat der Gesetzgeber in § 253 Abs. 2 InsO n.F. die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde gegen die Planbestätigung modifiziert. Während auch weiterhin die Beschwerde nur auf eine Verletzung der Vorschriften über die Bestätigung des Plans (§§ 248 – 252 InsO) gestützt werden kann, ist die sofortige Beschwerde gegen den bestätigten Plan darüber hinaus nur noch zulässig, wenn der Beschwerdeführer dem Insolvenzplan spätestens im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll widersprochen (Nr. 1) und gegen den Plan gestimmt hat (Nr. 2). Ferner muss der Beschwerdeführer nach § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO glaubhaft machen, dass er durch den Plan wesentlich schlechter gestellt wird, als er ohne einen Plan stünde. Erforderlich ist damit ein Vergleich zwischen der dem einzelnen Gläubiger zugedachten Quote mit und ohne Insolvenzplan. Allerdings lässt die Regelung offen, was unter „wesentlich“ zu verstehen ist. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs soll eine wesentliche Schlechterstellung im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 3, 1. HS InsO „jedenfalls dann nicht angenommen werden können, wenn die Abweichung von dem Wert, den der Gläubiger voraussichtlich bei einer Verwertung ohne Insolvenzplan erhalten hätte, unter zehn Prozent liegt“484. Zudem wird über § 4 InsO i.V.m. §§ 495a, 511 ZPO anzunehmen sein, dass eine Schlechterstellung von weniger als EUR 600 keine wesentliche Schlechterstellung begründet. Denn hierdurch wird die Beschwerde solcher Personen ausgeschlossen, die eine kleine Forderung nur zu dem Zweck er481 482 483
S. 21. 484
Vgl. Römermann, NJW 2012, 645, 651. Vgl. Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 556. Vgl. Römermann, NJW 2012, 645, 651; Westphal/Janjuah, ZIP 2008, Beilage zu Heft 3, BT-Drucksache, 17/5712, S. 35.
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Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
worben haben, um gegen den Insolvenzplan zu opponieren und sich ihr Obstruktionspotential damit abkaufen lassen wollen.485 Sollte der Insolvenzplan zudem Ausgleichsmittel nach § 251 Abs. 3 InsO vorsehen, so muss der Beschwerdeführer darüber hinaus glaubhaft machen, dass ein etwaiger Nachteil nicht durch eine Zahlung aus den in § 251 Abs. 3 InsO bereitgestellten Mitteln ausgeglichen werden kann (vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 3, 2. HS InsO n.F.). Um die Beschränkung der sofortigen Beschwerde gegenüber der bisherigen sofortigen Beschwerde rechtsstaatlich abzusichern, verlangt § 253 Abs. 3 InsO n.F., dass die sofortige Beschwerde wegen eines Verstoßes gegen § 253 Abs. 2 Nr. 1 und 2 InsO n.F. nur in dem Fall gilt, wenn in der öffentlichen Bekanntmachung des Termins und in den Ladungen des Termins auf die Notwendigkeit des Widerspruchs in der Ablehnung des Plans besonders hingewiesen wurde. Der Planersteller wird daher dafür Sorge tragen und kontrollieren müssen, dass in den gerichtlichen Ladungen und öffentlichen Bekanntmachungen dieser Hinweis nicht fehlt.486 b) Das insolvenzrechtliche Freigabeverfahren Neben der Modifizierung der Zulässigkeitsvoraussetzungen hat der Gesetzgeber, in Anlehnung an § 246a AktG, ein insolvenzrechtliches Freigabeverfahren geschaffen. Liegen die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Beschwerde vor, kann das Landgericht nach § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO auf Antrag des Insolvenzverwalters die Beschwerde unverzüglich zurückweisen, wenn das alsbaldige Wirksamwerden des Insolvenzplans vorrangig erscheint, weil die Nachteile einer Verzögerung des Planvollzugs nach freier Überzeugung des Gerichts die Nachteile für den Beschwerdeführer überwiegen. Ein Abhilfeverfahren nach § 572 Abs. 1 S. 1 der Zivilprozessordnung findet nicht statt. Dies gilt allerdings nicht, wenn ein besonders schwerer Rechtsverstoß vorliegt (vgl. § 253 Abs. 4 S. 2 InsO). aa) Person des Antragstellers in der Eigenverwaltung Nach § 253 Abs. 4 S. 1 InsO wird allein dem Insolvenzverwalter die Befugnis zur Antragsstellung gewährt. Ordnet das Insolvenzgericht allerdings die Eigenverwaltung an, wird anstelle des Insolvenzverwalters ein Sachwalter bestellt, mit der Konsequenz, dass der Schuldner die Verwaltungs- und Vermögensbefugnis über sein Vermögen behält (§ 270 Abs. 1 S. 1 InsO). Dies gilt allerdings mit der Maßgabe, dass der Schuldner die Insolvenzmasse im Interesse der Gläubigergesamtheit zu verwalten und zu verwerten hat. Damit stehen dem Schuldner auch die Befugnisse zu, die im Regelverfahren der Insolvenzverwalter hat, soweit sie nicht durch gesonderte Regelungen dem Sachwalter übertragen worden sind, wie z. B. die Insolvenzanfechtung, die Geltendmachung von Ansprüchen der Insolvenzmasse nach §§ 92, 93 485 486
Vgl. Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 253 InsO, Rn. 12. Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, § 253, Rn. 14.
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InsO (§ 280 InsO) oder die Anmeldung der Insolvenzforderungen (§ 270c S. 2 InsO). Das Gesetz bringt dies auch zum Ausdruck, dass für das Eigenverwaltungsverfahren die allgemeinen Vorschriften gelten, wenn nichts anderes bestimmt ist (vgl. § 270 Abs. 2 S. 1 InsO). Zudem verfolgt der Gesetzgeber mit dem ESUG das Ziel, Hemmnisse für das Wirksamwerden von Insolvenzplänen abzubauen. Somit soll der Antrag des Freigabeverfahrens auch im Insolvenzverfahren möglich sein, wenn die Eigenverwaltung angeordnet wurde.487 Im Rahmen einer Eigensanierung steht folglich das Antragsrecht dem Schuldner selbst, bzw. in dem hier interessierten Kontext, dem Geschäftsführer der insolventen GmbH zu. bb) Instanzenzug Nach § 253 Abs. 4 InsO Satz 1 2. Halbsatz InsO wird die Abhilfebefugnis des Insolvenzgerichts nach § 572 Abs. 1 Satz 1 InsO ausgeschlossen, wodurch eine Beschleunigung des Verfahrens erreicht wird.488 Denn der Antrag ist gleich dem Landgericht vorzulegen und sowohl für die Interessensabwägung als auch für die Feststellung, ob im konkreten Einzelfall ein besonders schwerer Rechtsverstoß vorliegt, zuständig.489 cc) Gerichtliche Prüfung Sollte das Insolvenzgericht die Beschwerde als zulässig ansehen, ist es Sache des Schuldners bzw. des Vertretungsorgans des schuldnerischen Unternehmens, beim Insolvenzgericht das durch das ESUG neu eingefügte Freigabeverfahren gem. § 253 Abs. 4 InsO einzuleiten. Für das Landgericht ergibt sich hieraus eine zweistufige Prüfungsreihenfolge: (1) 1. Prüfungsschritt: Interessenabwägung Im Fokus des § 253 Abs. 4 InsO steht der Konflikt zwischen dem Vollzugsinteresse der Beteiligten und dem Aufschubinteresse des Beschwerdeführers. Das Gericht hat daher eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei der der Gesetzesbegründung zufolge die Nachteile des Beschwerdeführers und der übrigen Beteiligten, d. h. insbesondere des schuldnerischen Unternehmens und der übrigen Gläubiger, zu ermitteln und gegeneinander abzuwägen sind.490 In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob nur wirtschaftliche Nachteile oder auch sonstige Nachteile zu berücksichtigen sind. Dafür, dass nur wirtschaftliche Nachteile in Betracht zu ziehen sind, spricht, dass der Beschwerdeführer ohnehin nur beschwerdebefugt ist, wenn er mit der Beschwerde wirtschaftliche Nachteile glaubhaft machen kann (vgl. § 253 Abs. 2
487 488 489 490
Vgl. Fischer, NZI 2013, 513, 516 f. Vgl. Graf-Schlicker/Kebekus/Wehler, 3. Aufl. 2012, § 253 InsO, Rn. 4. Vgl. BT-Drucksache, 17/7511, S. 36. Vgl. Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 253 InsO, Rn. 24.
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Nr. 3 InsO).491 Zudem fungiert der zweite Prüfungsschritt als ein Korrektiv zu rein wirtschaftlichen Erwägungen492, so dass davon ausgegangen werden muss, dass auf dieser Prüfungsstufe allein wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen sind. Auf Seiten des Insolvenzschuldners sind hier vor allem die wirtschaftlichen Nachteile, die sich aus der Verfahrensverzögerung ergeben würden, mit in die Entscheidung einzubeziehen. Denn, wie bereits dargelegt, bewirkt eine Verfahrensverzögerung eine Verunsicherung bei den Geschäftspartnern des schuldnerischen Unternehmens, die wiederum indirekte Insolvenzkosten auslösen und damit den Unternehmenswert oder sogar die Sanierung insgesamt verhindern kann. Auf der Seite des Beschwerdeführers ist dagegen an einen etwaigen, individuellen Schaden aufgrund der Planbestätigung zu denken.493 (2) 2. Prüfungsschritt: Ausnahme bei besonders schwerem Rechtsverstoß Kommt das Gericht zu der Entscheidung, dass die Nachteile des Beschwerdeführers nicht so bedeutsam sind wie diejenigen der übrigen Beteiligten, hat es auf einer zweiten Stufe zu prüfen, ob es die Beschwerde dennoch nicht zurückweisen darf, weil ein besonders schwerer Rechtsverstoß vorliegt. Dieses Korrektiv des ersten Prüfungsschritts zielt somit darauf ab, die Abwägung wirtschaftlicher Interessen von der Prüfung von besonders schweren Rechtsverstößen zu trennen. Allerdings lässt sich aus § 253 Abs. 4 InsO nicht entnehmen, auf welche konkrete Rechtsverletzung bzw. beschwerdebegründenden Tatbeständen abzustellen ist. Da die Gesetzesbegründung ausdrücklich auf die Regelung des § 246a AktG Bezug nimmt494, wird man zur Auslegung des § 253 Abs. 4 InsO auf die Gesetzesbegründung, Rechtsprechung und Literatur zu § 246a AktG zurückgreifen können bzw. müssen, da der Gesetzgeber auf einen Katalog von schwerwiegenden Rechtsverstößen und einer näheren Erläuterung in der Gesetzesbegründung verzichtet hat. So ist im Kontext des aktienrechtlichen Freigabeverfahrens anerkannt, dass ein besonders schwerer Rechtsverstoß stets dann vorliegt, wenn der Beschluss in unlauterer Weise zustande gekommen ist oder gegen Treu und Glauben verstößt.495 Eine vergleichbare Regelung findet sich in § 250 Nr. 2 InsO. Hiernach ist die Planbestätigung zu versagen, wenn die Annahme unlauter herbeigeführt worden ist und
491 Vgl. Römermann/Praß, Das neue Sanierungsrecht für Unternehmen, 2012, S. 166; Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 253 InsO, Rn. 24. 492 Vgl. BT-Drucksache, 17/7511, S. 36. 493 Sollte es sich bei dem Beschwerdeführer um einen absonderungsberechtigen Gläubiger handeln, ist bei der Schadensermittlung dem Umstand Rechnung zu tragen, dass dieser bereits aus § 169 Satz 1 InsO einen Nachteilsausgleich in Form von Zinszahlungen aus der Insolvenzmasse erhält, solange das Sicherungsgut vom insolventen Unternehmen weiter genutzt wird (vgl. dazu HambKomm/Büchler, 4. Aufl. 2012, § 169 InsO, Rn. 1 ff.). 494 Vgl. BT-Drucksache, 17/7511, S. 36. 495 Vgl. BT-Drucksache, 16/13098, S. 42; Schall/Habbe/Wiegand, NJW 2010, 1789, 1790; Madaus, NZI 2012, 597, 599.
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damit gegen Treu und Glauben verstößt.496 Dabei ist unerheblich, wer unlauter gehandelt hat. Erforderlich ist lediglich die Kausalität zwischen unlauterer Handlung und Annahme des Plans.497 Das Gesetz selbst erwähnt als Beispiel nur die Begünstigung eines Gläubigers (vgl. § 250 Nr. 2 InsO). Ferner werden von Literatur und Rechtsprechung Forderungsabtretungen zum Herauskaufen von Akkordstörern, das Anerkennen erdichteter Forderungen und das Verheimlichen von Vermögen unter § 250 Nr. 2 InsO subsumiert.498 Vor diesem Hintergrund könnte davon ausgegangen werden, dass ein besonders schwerer Rechtsverstoß i.S.d. § 253 Abs. 4 S. 2 InsO vorliegt, wenn das für das Freigabeverfahren zuständige Gericht den Tatbestand des § 250 Nr. 2 InsO als erfüllt ansieht. Hierfür sprechen die vom Gericht vorzunehmenden Prüfungsschritte und der Instanzenzug des Freigabeverfahrens. § 250 Nr. 2 InsO stellt nicht, wie im Kontext der Interessensabwägung, auf wirtschaftliche Gesichtspunkte, sondern auf Umstände ab, die einer Planbestätigung aufgrund seines Zustandekommens entgegenstehen. Damit soll das Beschwerde- bzw. Landgericht verhindern, dass der Plan offensichtlich und mit stillschweigender Billigung des Insolvenzgerichts missbraucht wurde, um für einzelne Beteiligte Sondervorteile i.S.d. § 250 Nr. 2 InsO zu erzeugen.499 Die Freigabe nach § 253 Abs. 4 InsO ist daher nicht zu erteilen, wenn, neben dem Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen aus § 253 Abs. 2 InsO, der Tatbestand des § 250 Nr. 2 InsO erfüllt ist. dd) Schadensersatzregelung bei zurückgewiesener Beschwerde Sofern die Beschwerde zurückgewiesen wird, kann der Beschwerdeführer nur noch den ihm durch den Insolvenzplan entstandenen Schaden geltend machen (vgl. § 253 Abs. 4 S. 3 1. HS InsO). Die erfolgte Planbestätigung kann jedoch nicht rückgängig gemacht werden und die Planwirkungen bleiben trotz der festgestellten Mängel unberührt.500 Der Kläger kann die Rückabwicklung des Plans im Rahmen der Naturalrestitution nicht geltend machen (vgl. § 253 Abs. 4 S. 3 2. HS InsO). Streitgegenstand ist somit kein Anspruch aus dem Plan, sondern eine ungerechtfertigte Rechtsverletzung durch einen zu Unrecht bestätigten Insolvenzplan, dessen Aufhebung infolge der vorgezogenen Rechtskraft der Planbestätigung ausnahmsweise nicht mehr möglich ist.501 Das Freigabeverfahren verweist somit auf Sekundäransprüche, die an Stelle des Primärschutzrechtes (Verhinderung des Insolvenzplans) treten. Der hierauf basierende Schaden ist nach § 253 Abs. 4 S. 3 InsO aus der 496
Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, § 250, Rn. 8. Vgl. HambKomm/Thies, 4. Aufl. 2012, § 250 InsO, Rn. 12. 498 Vgl. BGH, ZInsO 2005, 487 ff.; HambKomm/Thies, 4. Aufl., 2012, § 250 InsO, Rn. 13; Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, § 250, Rn. 8; MünchKommInsO/Sinz, 2. Aufl. 2008, § 253, Rn. 23 ff. 499 Vgl. Madaus, NZI 2012, 597, 599; Römermann/Praß, Das neue Sanierungsrecht für Unternehmen, 2012, S. 515; Fischer, NZI 2013, 513, 518. 500 Vgl. Vallender/Undritz/Linkert, 2012, S. 598. 501 Vgl. Römermann/Praß, Das neue Sanierungsrecht für Unternehmen, 2012, S. 516. 497
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Masse als Masseverbindlichkeit zu ersetzen, wobei die Differenzhypothese bei der Schadensberechnung die Planeinbuße mit einer hypothetischen Regelinsolvenz zu vergleichen hat.502 Hierfür, d. h. für die Deckung des Schadensersatzanspruchs, ist nach § 258 Abs. 2 InsO Sicherheit zu leisten oder ein Finanzplan vorzulegen, der die Erfüllung der Schadensersatzansprüche in voller Höhe gewährleistet.503 Sollte der Schaden nicht in voller Höhe aus der Sicherheitsleistung oder im Rahmen des Finanzplans kompensiert werden können, haftet der Insolvenzverwalter, bzw. der Schuldner nach § 61 InsO persönlich für den Schaden.504 Für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ist ausschließlich das Landgericht zuständig, das die sofortige Beschwerde zurückgewiesen hat (vgl. § 253 Abs. 4 S. 4 InsO). Der Betroffene kann einen etwaigen finanziellen Nachteil daher nur vor dem Landgericht weiterverfolgen. 3. Auswirkung der Neuregelung auf die Rechtspraxis Die Neuregelungen zur sofortigen Beschwerde zielen darauf ab, das früher bestehende Blockadepotenzial von einzelnen Gläubigern auszuschließen. Ob dies auch dazu führen könnte, dass der Schuldner und in dem hier diskutierten Kontext ein Gesellschaftergeschäftsführer frühzeitiger Insolvenzantrag stellt, wird nachfolgend analysiert. a) Die besonderen Zulässigkeitsschranken planopponierenden Beschwerden Zwar bleibt auch nach der Modifizierung der sofortigen Beschwerde der Suspensiveffekt der Beschwerde erhalten, allerdings verschärft der neu eingeführte § 253 Abs. 2 InsO die Zulässigkeitsvoraussetzungen, um das Störpotenzial einzelner Beschwerdeberechtigter zu reduzieren. Wie im Rahmen des Minderheitenschutzes muss der Beschwerdeführer nunmehr nicht nur materiell, sondern auch formell beschwert sein. Dies führt dazu, dass Gläubiger, die aus Desinteresse oder aus einer Blockadehaltung heraus ihre Mitwirkung an der Abstimmung zum Planverfahren verweigerten, indem sie den Termin nicht wahrnahmen, nicht mehr das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde einlegen können. Zudem genügt es de lege lata nicht mehr, dass der Gläubiger behauptet, es liege ein Verfahrensmangel vor. Nunmehr ist, wie im Rahmen des Minderheitenschutzes nach § 251 InsO vom Gläubiger darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er durch den Plan wirtschaftlich schlechter gestellt wird als im Regelverfahren. Bloße Behauptungen, wie sie nach § 253 InsO a.F. möglich waren und damit querulatorischen 502
Vgl. Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 253 InsO, Rn. 24. Vgl. Vallender/Undritz/Linkert, 2012, S. 599; Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 253 InsO, Rn. 24. 504 Vgl. Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 253 InsO, Rn. 24; Ehlers, ZInsO 2005, 902, 904; Hill, ZInsO 2010, 1825, 1828. 503
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und/oder „räuberischen“ Gläubigern die Möglichkeit boten die Planbestätigung zu verhindern oder zumindest zu verzögern, genügen daher nicht mehr, um das Verfahren blockieren zu können. Die vom Gläubiger vorzutragenden Tatsachen müssen nunmehr substanziiert dargelegt werden. Dies setzt voraus, dass der Beschwerdeführer konkrete Zahlen vorträgt und deren Richtigkeit gegenüber dem Insolvenzgericht darlegt. Liegt zudem eine Vergleichsrechnung vom Planersteller vor, muss er deren Richtigkeit anzweifeln. Die Glaubhaftmachung ist daher mit Beratungskosten für die Erstellung einer eigenen Vergleichsrechnung verbunden, was insbesondere bei Kleingläubigern dazu führen kann, dass diese Kosten die aus ihrer Sichtweise hypothetisch zu erwartende Quote übersteigen und für den Gläubiger damit wirtschaftlich uninteressant machen. Dies ist mit Blick auf die Praxis, in der es oftmals Kleingläubiger waren, die aufgrund der Ausgestaltung des § 253 InsO a.F. versucht haben, den Planersteller zu erpressen, um einen größeren Teil des Fortführungswerts (bzw. einen Lästigkeitswert) für sich zu vereinnahmen505, positiv zu beurteilen. Erschwerend kommt für den Gläubiger hinzu, dass mit der Einführung einer Wesentlichkeitsschwelle, die der Gesetzesbegründung zu Folge einen 10prozentigen Quotenunterschied im Vergleich zum Regelinsolvenzverfahren erforderlich macht, eine weitere Zulassungsbeschränkung implementiert wurde, so dass im Ergebnis für die Einlegung der sofortigen Beschwerde nunmehr eine höhere Hürde zu nehmen ist als beim Minderheitenschutz. Sollte trotz der neu geregelten Zulässigkeitsvoraussetzungen die sofortige Beschwerde statthaft sein, kann der Plan dennoch bestätigt werden, wenn der Plan hierzu Ausgleichsmittel vorsieht. Allerdings muss aufgrund des oben Dargelegten darauf verwiesen werden, dass in dem hier interessierten Kreis die Finanzierung derartiger Ausgleichsmittel nicht aufgebracht werden kann und Ausgleichsmittel daher nicht Bestandteil des Plans sein werden. Hier könnte jedoch das in § 253 Abs. 4 InsO neu eingeführte insolvenzrechtliche Freigabeverfahren abhelfen. b) Möglichkeiten und Grenzen des insolvenzrechtlichen Freigabeverfahrens Mit der Möglichkeit, den Plan dennoch vom Gericht bestätigen zu lassen, wenn die wirtschaftlichen Nachteile durch die Verzögerung der alsbaldigen Planbestätigung die Nachteile für den Beschwerdeführer überwiegen, können die negativen Konsequenzen des Suspensiveffekts weitgehend ausgeschlossen werden. Vor dem Hintergrund, dass für das schuldnerische Unternehmen die Existenz, für die Gläubiger die Fortführungsquote und außerdem Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, ist anzunehmen, dass die Abwägung in den meisten Fällen zu dem Ergebnis kommt, dass das alsbaldige Planbestätigungsinteresse überwiegen wird.506 Dem könnte das Risiko, dass ein besonders schwerer Rechtsverstoß vorliegt, entgegenstehen. Al505
Vgl. BT-Drucksache, 17/7511, S. 36; Westphal/Janjuah, ZIP 2008, Beilage zu Heft 3, S. 22; Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 151 f.; Gerster, ZInsO 2008, 437, 441. 506 Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, 5. Aufl. 2012, § 253, Rn. 16.
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lerdings gilt es hierbei zu bedenken, dass das Risiko, dass der Plan gegen Treu und Glauben verstößt, mithin dass das Planverfahren offensichtlich missbraucht wurde, um Sondervorteile zu erzeugen, als gering einzustufen ist, wenn der Planersteller die Planversagungsgründe aus § 250 Nr. 2 InsO im Rahmen der Planaufstellung beachtet. Dies spräche objektiv betrachtet dafür, dass der Planersteller das Freigabeverfahren anstreben sollte, um nicht dem Risiko einer Verfahrensverzögerung ausgesetzt zu werden. Hiergegen spricht jedoch, dass die Regelungen des Freigabeverfahrens keine objektiv nachvollziehbaren Voraussetzungen bereithalten. Die Freigabe erfolgt allein auf den Erwägungen des Insolvenzgerichts, so dass im Vorfeld des Planverfahrens keine gesicherte Aussage über die Einschätzung des Insolvenzgerichts getroffen werden kann. Zudem wird das Insolvenzgericht die Freigabe nur erteilen, wenn der hierdurch entstehende Schaden vor Insolvenzplanaufhebung aus der Masse beglichen oder wenn dessen spätere Erfüllung durch einen Finanzplan belegt werden kann. Somit sind für die Finanzierung des Freigabeverfahrens die gleichen Maßstäbe anzulegen wie im Rahmen der Bereitstellung von Ausgleichsmitteln. Wenn allerdings schon keine Ausgleichsmittel bereitgestellt werden können, werden auch für die Einleitung eines Freigabeverfahrens keine freien Mittel zur Verfügung stehen, um einen etwaigen Schaden nach § 253 Abs. 4 InsO zu kompensieren. Somit bleibt festzuhalten, dass das Freigabeverfahren im Vorfeld einer Antragstellung einen undurchsichtigen Weg beschreiten wird und für den hier interessierten Kreis regelmäßig aufgrund der fehlenden finanziellen Mittel versperrt sein wird. 4. Ergebnis Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass mit der Neuregelung des § 253 Abs. 2 InsO ein planopponierender Beschwerdeführer es zukünftig schwerer haben wird, das Verfahren zu verzögern, so dass der Abbau des vormals bestehenden Blockadepotenzials die Sanierungschancen und damit die Anreizwirkung in dem hier interessierten Kreis erhöht hat. Die Anreizwirkung des Freigabeverfahrens, das den Suspensiveffekt trotz Vorliegens einer zulässigen Beschwerde nach § 253 Abs. 2 InsO ausschließt, muss jedoch als gering eingestuft werden. Der Planverfasser wird nur in dem Fall einen Antrag stellen, wenn er sicher sein kann, dass hierfür finanzielle Mittel bereit stehen. Andernfalls würde er eine persönliche Haftung nach § 61 InsO riskieren. Aufgrund der Tatsache, dass der finanzielle Spielraum in dem hier interessierten Kreis jedoch regelmäßig überschaubar ist, wird ein Verfahren aus Kostengründen nicht in Frage kommen, so dass dem Freigabeverfahren keine erhöhte Anreizwirkung zuzusprechen ist.
D. Auswirkung des ESUG auf die Verfahrenskosten
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D. Auswirkung des ESUG auf die Verfahrenskosten Ein gerichtliches Sanierungsverfahren löst direkte Insolvenzkosten, insbesondere in Form von Verfahrenskosten aus, die im Rahmen einer außergerichtlichen Sanierung nicht anfallen.507 Hierzu sind, neben den Gerichtskosten, die Aufwendungen für die Hinzuziehung gerichtlich bestellter Sachverständiger sowie die Vergütung für den vorläufigen und endgültigen Insolvenz- bzw. Sachwalter (sog. Verfahrenskosten i.S.d. § 54 InsO) zu zählen. Diese sind vorweg aus der Masse zu entnehmen (vgl. § 54 InsO) und senken damit die Chance, dass eine den Liquidationswert übersteigende Fortführungsquote an die Gläubiger ausgezahlt wird und ein Teil des Fortführungswerts für den Gesellschaftergeschäftsführer verbleibt. Eine Vermeidung bzw. Reduzierung dieser Kosten steigert dagegen die Eigensanierungschancen508 und ist daher als ein Anreizmittel zur frühzeitigeren Antragsstellung, insbesondere in dem hier interessierten Kreis zu werten.
I. Allgemeine Kritik vor Einführung des ESUG Wendet man den Blick in die Praxis, so ist festzustellen, dass die Verfahrenskosten in der Vergangenheit eine der größten Hindernisse im gerichtlichen Sanierungsverfahren darstellten und der Schuldner daher davon absah, das gerichtliche Insolvenzverfahren als Sanierungsmittel zu nutzen.509 So überrascht es nicht, dass sich die Praxis im Vorfeld der Gesetzesreform für eine Entlastung auf der Kostenseite aussprach.510
II. Die Verfahrenskosten nach Einführung des ESUG Zwar nimmt der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung nicht explizit Stellung zu den Verfahrenskosten511, jedoch stellt sich die Frage, ob mit dem neu geregelten Verfahrensablauf die Verfahrenskosten gesenkt werden konnten und sich hierdurch die Anreizwirkung beim Schuldner erhöht hat. Um dieser Frage nach507 Vgl. Schmidt, ZInsO 2008, 291, 295; Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 44; Vallender/Undritz/Vallender, 2012, S. 30. 508 Vgl. Lange, Unternehmenswert und Behavioral Finance in der Insolvenz, 2005, S. 42 f. 509 Vgl. Paffenholz/Kranzusch, Insolvenzplanverfahren, 2007, S. 99 f.; Frind, ZInsO 2011, 1913, 1919; Spliedt, InsVZ 2010, 27, 29; Eidenmüller, ZIP 2010, 649, 651; Franke, KTS 1983, 37, 52 f.; Huelsdunk, KTS 1999, 291, 296; Eidenmüller/Frobenius/Prusko, NZI 2010, 545, 547 f. 510 Vgl. Eidenmüller, WM 2010, 1333, 1344; Westphal, ZGR 2010, 385, 390; Eidenmüller/ Frobenius/Prusko, NZI 2010, 545, 548. 511 Im Zusammenhang mit der Neuregelung zur Vergütung des vorläufigen Gläubigerausschusses in § 17 InsVV verweist der Gesetzgeber lediglich darauf, dass die Vergütung „klar“ zu begrenzen ist, um eine Auszehrung der Masse zu verhindern (vgl. BT-Drucksache 17/5712, S. 43).
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zugehen, werden hierfür die Kosten i.S.d. § 54 InsO in Form einer vergleichenden Betrachtung analysiert, wobei ausschließlich die wesentlichen Verfahrenskostenpositionen, d. h. die Verwaltervergütung und die Kosten für gerichtliche Sachverständige, betrachtet werden. 1. Vergleichende Betrachtung der Verwaltervergütung Wie bereits dargelegt, erhält der endgültige Sachwalter nach § 12 InsVV lediglich 60 % der Regelvergütung. An dieser Regelung hält der Gesetzgeber auch nach Einführung des ESUG fest, so dass auch weiterhin Vergütungsvereinbarungen zwischen dem Schuldner und dem Verwalter unzulässig sind.512 Somit verbleit es, der Frage nachzugehen, ob die Einführung der neuen Rechtsfigur „vorläufiger Sachwalter“ Auswirkung auf die Verwaltervergütung und damit auf die direkten Insolvenzkosten hat. Aufgrund der Tatsache, dass die Insolvenzordnung bei beantragter Eigenverwaltung die Rechtsfigur „vorläufiger Eigenverwalter“ und „vorläufiger Sachwalter“ nicht kannte, wurde in der Vergangenheit, wie bereits dargestellt, die vorläufige, schwache Insolvenzverwaltung angeordnet. Die Vergütung für den hierzu bestellten Verwalter bestimmte sich, wie auch de lege lata, wenn ein Regelverfahren beantragt worden ist, nach den §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 63, 64 InsO i.V.m. §§ 10, 11 InsVV. Hiernach hat der vorläufige Insolvenzverwalter einen eigenständigen Vergütungsanspruch. Dabei wird gem. § 11 Abs. 1 S. 1 InsVV dessen Tätigkeit abgegolten.513 Hierfür erhält er nach § 11 Abs. 1 S. 2 InsVV 25 % der Regelvergütung i.S.d. § 2 Abs. 1 InsVV, bezogen auf das (freie) Vermögen, auf das sich die Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt.514 Hierbei gilt es allerdings zu beachten, dass mit Aus- und Absonderungsrechten belastete Vermögensgegenstände nur dann in die Berechnungsgrundlage einzubeziehen sind, wenn sich der vorläufige Insolvenzverwalter mit diesen Vermögensgegenständen in erheblichen Umfang befasst hat (vgl. § 11 Abs. 1 S. 4 InsVV).515 Im Rahmen des Eigenverwaltungseröffnungs- bzw. des Sanierungsvorbereitungsverfahrens wird nunmehr anstelle eines vorläufigen (schwachen) Insolvenzverwalters ein vorläufiger Sachwalter bestellt. Folglich könnte man vermuten, dass die Regelvergütung, ähnlich wie beim endgültigen Sachwalter, nur einem Bruchteil des endgültigen Insolvenzverwalters entspricht. Allerdings hat der Gesetzgeber die 512
Vgl. BGH, WM 1977, 256; BGH, NJW 1982, 185, 186; HambKomm/Büttner, 4. Aufl. 2012, § 63 InsO, Rn. 6; MünchKommInsO/Stephan, 3. Aufl. 2013, § 63, Rn. 48 f.; Uhlenbruck/Mock, InsO, 13. Aufl. 2010, § 63, Rn. 6. 513 Vgl. Braun/Blümle, InsO, 5. Aufl. 2012, § 63, Rn. 18. 514 Vgl. Uhlenbruck/Mock, InsO, 13. Aufl. 2010, § 63, Rn. 11; Vallender/Undritz/Bähr, 2012, S. 1032 f. 515 Die Einführung des § 11 Abs. 1 S. 4 InsVV ist auf die Rechtsprechung des zurückzuführen (vgl. BGHZ 168, 321 = NZI 2006, 515; Uhlenbruck/Mock, InsO, 13. Aufl. 2010, § 63, Rn. 11).
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Frage, wie der vorläufige Sachwalter vergütet wird, offen gelassen. Der Gesetzgeber hat es versäumt, in der insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung hierzu eine ausdrückliche Vergütungsregelung aufzunehmen. Aus § 270a InsO lässt sich jedoch entnehmen, dass im Rahmen des Eigenverwaltungseröffnungsverfahrens anstelle des vorläufigen Insolvenzverwalters ein vorläufiger Sachwalter zu bestellen ist. Daher kann sich dessen Vergütung ausschließlich aus der Kombination der §§ 11, 12 InsVV ergeben.516 Errechnet man daraus die Vergütung (25 % für den vorläufigen Insolvenzverwalter multipliziert mit 60 % für den Sachwalter), bezogen auf die Regelvergütung nach § 2 Abs. 1 InsVV, ergibt sich ein Regelvergütungsanspruch in Höhe von 15 %. Eine andere Meinung fordert dagegen, in Ermangelung einer Vergütungsregelung des Verordnungsgebers und angesichts des „geringen“ Vergütungssatzes, einen höheren Vergütungsanspruch.517 Der Auffassung ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Arbeitsleistung des vorläufigen Sachwalters, wie bei dem Unterschied zwischen dem endgültigen Sach- und Insolvenzverwalter, sich in Art und Umfang von denen eines vorläufigen Insolvenzverwalters unterscheidet. Während der vorläufige Insolvenzverwalter rechtsgestaltend tätig wird518, obliegt dem vorläufigen Sachwalter nach § 270a Abs. 1 S. 2 InsO i.V. §§ 274, 275 InsO lediglich eine überwachende Funktion, wie dem endgültige Sachwalter (§§ 274, 275 InsO). Darüber hinaus gehende Leistungserbringungen des vorläufigen Sachwalters können über §§ 11, 12 InsVV i.V.m. § 3 Abs. 1 InsVV besonders vergütet werden.519 Folglich können Aufgaben, die nicht zu den Regelaufgaben des vorläufigen Sachwalters zählen, einen Zuschlag gewähren. Dies kommt in der Regel in Betracht, wenn der vorläufige Sachwalter einen vom Schuldner erarbeiteten Insolvenzplan überarbeitet520, oder die Vorfinanzierung des Insolvenzgelds bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt521.522 Der Einwand ist daher nicht sachgerecht, so dass festgehalten werden kann, dass der vorläufige Sachwalter 15 % der Regelvergütung erhält. Zusammenfassend lässt sich eine Entlastung auf der Kostenseite feststellen. Der vorläufige Sachwalter erhält nach §§ 11, 2 InsVV analog nur 60 % der Regelvergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters, so dass die Einführung dieser „Rechtsfigur“, bzw. dem Gesetz bis dahin unbekannten Verfahrensbeteiligten, zu einer Reduzierung der Verfahrenskosten geführt hat.
516
Vgl. AG Göttingen, ZIP 2013, 36; AG Köln, ZIP 2013, 426; Depré, Unternehmenskrise: Sanieren oder Liquidieren?, 2012, S. 195; FK-InsO/Foltis, 7. Aufl. 2013, § 270a, Rn. 32; Ringstmeier, in: Ahrens/Gerlein/Ringstmeier, 2012, § 270a InsO, Rn. 9. 517 Vgl. Vallender/Undritz/Bähr, 2012, S. 1039. 518 Vgl. dazu bereits Teil 3, A. I. 2. 519 Vgl. FK-InsO/Foltis, 7. Aufl. 2013, § 270a, Rn. 32. 520 Vgl. BGH, ZInsO 2007, 436, 438. 521 Vgl. BGHZ 146, 165 = NJW 2001, 1496. 522 Eine Übersicht über weitere Zuschläge i.S.d. § 3 Abs. 1 InsVV bietet HambKomm/ Büttner, 4. Aufl. 2012, § 3 InsVV, Rn. 7.
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2. Kosten für gerichtlich bestellte Sachverständige Neben der Vergütung für den Verwalter belasteten insbesondere die Kosten für gerichtlich bestellte Sachverständige die Insolvenzmasse523, so dass der Frage nachzugehen ist, ob durch das ESUG auch hier eine Entlastung herbeigeführt wurde. a) Allgemeines Grundsätzlich hat nach § 5 InsO das Insolvenzgericht die Pflicht, alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Welche Ermittlungsmaßnahme es dabei im Einzelfall ergreift, richtet sich nach seinem pflichtgemäßen Ermessen.524 So kann es sich nach § 5 InsO auch eines Sachverständigen bedienen. Zwar enthält § 5 Abs. 1 S. 2 InsO lediglich die Regelung, dass das Insolvenzgericht einen Sachverständigen vernehmen kann. Dies schließt jedoch die Befugnis ein, einen Sachverständigen mit Ermittlungsaufgaben, insbesondere der Ermittlung von Tatsachen und der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens zu beauftragen (§ 4 InsO i.V.m. §§ 402 ff. ZPO).525 Die Bestellung des Sachverständigen erfolgt durch unanfechtbaren Beschluss.526 Dieser kann aufgrund der Amtsermittlungspflicht des Insolvenzgerichts in jedem Verfahrensabschnitt ergehen.527 Allerdings setzt diese grundsätzlich erst ein, wenn das Gericht den Insolvenzantrag für zulässig und die behaupteten Tatsachen als hinreichend konkret dargelegt erachtet.528 Denn es ist nicht Aufgabe des Gerichts, die tatsächlichen Grundlagen bzw. Zulässigkeitsvoraussetzungen zu ermitteln, sondern es obliegt dem Antragsteller, sie gegenüber dem Gericht nachvollziehbar darzustellen bzw. glaubhaft zu machen.529 Im Zulassungsverfahren besteht demnach keine Amtsermittlungspflicht, vielmehr greift diese erst ein, wenn ein zulässiger Eröffnungsantrag vorliegt. Allerdings gilt dieser Grundsatz, seit Inkrafttreten der InsO, nicht uneingeschränkt. Eine Ausnahme besteht (lediglich) für die Ermittlung über die Verfahrensart. Hat der antragstellende Gläubiger oder Schuldner die Verfahrensart nicht bezeichnet, sondern nur Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt, so hat das Gericht vor Antragzulassung bereits im Bereich der Zuständig523
Vgl. Vallender/Undritz/Vallender, 2012, S. 30 f.; Dreyer, KSI 2007, 85, 86. Vgl. Uhlenbruck/Pape, InsO, 13. Aufl. 2010, § 5, Rn. 8. 525 Vgl. Busch, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 5 InsO, Rn. 12; HambKomm/Rüther, 4. Aufl. 2012, § 5 InsO Rn. 14; Braun/Baumert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 5, Rn. 20. 526 Vgl. OLG Hamm, ZIP 1986, 724; OLG Köln, NZI 2001, 598; HambKomm/Rüther, 4. Aufl. 2012, § 5 InsO, Rn. 17. 527 Vgl. LG Göttingen, ZInsO 2002, 590; Busch, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 5 InsO, Rn. 7; HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl. 2011, § 5, Rn. 5, 8. 528 Vgl. BGH, ZInsO 2003, 217 f.; Busch, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 5 InsO, Rn. 7. 529 Vgl. BGH, NZI 2009, 233; Busch, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 5 InsO, Rn. 7. 524
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keitsprüfung Amtsermittlungen nach § 5 InsO anzustellen, wenn unklar ist, ob ein Regel-, Klein- oder Verbraucherinsolvenzverfahren in Betracht kommt.530 Hinsichtlich der Auswahlkriterien und Anforderungen an den Sachverständigen im Insolvenzverfahren lässt sich kein einheitliches Qualifikationsprofil bestimmen. Grundsätzlich orientieren sich die Auswahlkriterien an Art und Umfang der gestellten Aufgabe.531 Wird der Sachverständige im Insolvenzeröffnungsverfahren bestellt, z. B. um das Vorliegen der materiellen Insolvenz oder der Fortführungsaussichten zu prüfen, so sind die gleichen Anforderungen an ihn zu stellen, wie nach § 56 InsO an einen vorläufigen bzw. endgültigen Insolvenzverwalter oder Sachwalter.532 Anders stellt sich dagegen die Situation im eröffneten Insolvenzverfahren dar, wenn der Sachverständige mit einer Aufgabe betraut wird, spezielle Tatbestände festzustellen, wie z. B. insolvenzzweckwidriges Verhalten des Insolvenzschuldners. In diesen Fällen reicht es aus, dass der Sachverständige die insolvenzspezifische Sachkunde aufweist, um den Prüfungsauftrag des Gerichts zu erfüllen (sog. „isolierter“ Sachverständiger).533 Schließlich sind auch bestimmte Aufgaben zwingend an einen vom Insolvenzverwalter personenverschiedenen Sachverständigen zu übertragen. So z. B. um die formelle und oder materielle Ordnungsmäßigkeit der Schlussrechnungslegung des Insolvenzverwalters feststellen zu lassen.534 Die Vergütung des Sachverständigen bestimmte sich bis zum 31. 07. 2013 nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) vom 5. 5. 2004.535 Hiernach betrug das Honorar eines gerichtlichen Sachverständigen im Rahmen eines Insolvenzeröffnungsverfahrens EUR 65 je Stunde (vgl. § 9 Abs. 2 JVEG a.F.)536.537 Erfasst wurde damit jedoch der – praktisch seltene – Fall, dass der Sachverständige im Eröffnungsverfahren zugleich als starker vorläufiger Verwalter eingesetzt wurde.538 Die Tätigkeit als Sachverständiger, der nicht zugleich als starker vorläufiger Verwalter bestimmt war wurde dagegen nach § 9 Abs. 1 JVEG a.F. vergütet.539 Der Stundensatz betrug hier zwischen EUR 50 und maximal EUR 85, wobei die Gerichte die Vergütung nicht einheitlich festsetzten. So war in der gerichtlichen
530
Vgl. Uhlenbruck/Pape, InsO, 13. Aufl. 2010, § 5, Rn. 8. Vgl. Vallender/Undritz/Vallender, 2012, S. 31. 532 Vgl. Uhlenbruck/Pape, InsO, 13. Aufl. 2010, § 5, Rn. 11. 533 Vgl. Vallender/Undritz/Vallender, 2012, S. 30. 534 Vgl. Dreyer/Brosig/Beier, KSI 2008, 273, 276. 535 Mit dem 2. Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts ist zum 01. 08. 2013 u. a. eine Anpassung des JVEG in Kraft getreten. Vgl. KostRMoG v. 29. 07. 2013, BGBl. I, S. 2586. 536 Vgl. Uhlenbruck/Pape, InsO, 13. Aufl. 2010, § 5, Rn. 18. 537 Nach § 9 Abs. 1 JVEG n.F. erhält dieser nunmehr EUR 80 je Stunde. 538 Vgl. AG Göttingen, NZI 2004, 676; Ley, ZIP 2004, 1391; FK-InsO/Schmerbach, 7. Aufl. 2013, § 22, Rn. 3. 539 Vgl. Uhlenbruck/Pape, InsO, 13. Aufl. 2010, § 5, Rn. 18. 531
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Praxis eine Bandbreite zwischen EUR 65540 und EUR 80541 je Stunde zu beobachten542.543 b) Sachverständigenbeauftragungen im Eröffnungsverfahren vor Einführung des ESUG Vor diesem Hintergrund stellen sich die Fragen, welche Sachverständigenbeauftragungen im Eröffnungsverfahren vor Einführung des ESUG bzw. im Regeleröffnungsverfahren zur Prüfung von Tatsachen rechtlich zulässig waren bzw. sind und in welchem Umfang Verfahrenskosten in dem hier interessierten Kreis in der Praxis anfielen. aa) Prüfung der allgemeinen materiellen Eröffnungsvoraussetzungen Ob ein Insolvenzantrag begründet ist, mithin die allgemeinen, materiellen Eröffnungsvoraussetzungen vorliegen, hängt davon ab, ob nach § 26 Abs. 1 InsO das Vermögen des Schuldners voraussichtlich ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken und ob ein Eröffnungsgrund gegeben ist (§ 16 InsO). In beiden Fällen steht es dem Insolvenzgericht nach §§ 5 Abs. 1 S. 2, 22 Abs. 1 Nr. 3 InsO frei, nach einem zulässigen Eröffnungsantrag einen Sachverständigen zu beauftragen, um die Tatsachen über das Vorliegen der materiellen Eröffnungsvoraussetzungen zu ermitteln.544 Hiervon machen die Insolvenzgerichte regelmäßig Gebrauch.545 Der besonderen Sachkunde bedarf das Insolvenzgericht in diesen Fällen deshalb, weil es über keinen eigenen Ermittlungsapparat und nicht über die notwendige (betriebswirtschaftliche) Sachkunde verfügt.546
540 Vgl. u. a. AG Hamburg, ZInsO 2004, 1141; AG Kleve, ZIP 2005, 228; OLG Bamberg, NZI 2005, 266. 541 Vgl. u. a. OLG Koblenz, NZI 2006,180; AG Wolfsburg, ZInsO 2006, 764. 542 Eine Übersicht bietet Uhlenbruck/Pape, InsO, 13. Aufl. 2010, § 5, Rn. 18. 543 In § 9 Abs. 2 JVEG n.F. wurde klargestellt, dass die Regelung nunmehr auch für den vorläufigen schwachen Insolvenzverwalter gilt. Dieser erhält somit auch EUR 80 je Stunde. Die unterschiedliche Vergütungspraxis der Insolvenzgerichte gehört damit der Vergangenheit an. Vgl. dazu auch Krösch, ZInsO 2013, 1562, 1563. 544 Vgl. Uhlenbruck/Vallender, InsO, 13. Aufl. 2010, § 22, Rn. 198; HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl. 2011, § 22, Rn. 18. 545 Vgl. HambKomm/Rüther, 4. Aufl. 2012, § 5 InsO, Rn. 14; Uhlenbruck/Pape, InsO, 13. Aufl. 2010, § 5, Rn. 10; Braun/Baumert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 5, Rn. 18. 546 Vgl. Hofmann, Die Eigenverwaltung in der Insolvenz, 2006, S. 300; MünchKommInsO/ Haarmeyer 3. Aufl. 2013, § 22, Rn. 35; Drews, Der Insolvenzgrund der Überschuldung bei Kapitalgesellschaften, 2003, S. 203; Buchalik/Kraus, KSI 2012, 60, 65; Jacoby, DB 2010, 29, 30.
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bb) Prüfung der Fortführungsaussichten Der Prüfungsauftrag zur Ermittlung der Fortführungsaussichten i.S.d. § 22 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist ausdrücklich normiert, so dass das Insolvenzgericht hierfür einen Sachverständigen hinzuziehen kann.547 Dies ist in den meisten Fällen auch erforderlich, denn das Insolvenzgericht wird zumeist nicht über die wirtschaftlichen Kenntnisse verfügen, um den komplexen Sachverhalt analysieren zu können und es wird die hierfür notwendigen Einblicke in das schuldnerische Unternehmen nicht selbst vornehmen können.548 Anders stellt sich die Situation dar, wenn der Geschäftsbetrieb bereits vor Antragstellung eingestellt wurde und eine Wiederaufnahme offensichtlich eine erhebliche Verminderung des Vermögens zu Folge haben würde (vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 2 InsO). In einem derartigen Fall sollte, um eine Verringerung der Insolvenzmasse zu vermeiden, auf eine Sachverständigenbeauftragung verzichtet werden.549 cc) Entscheidung über die Nachteilsprognose i.S.d. § 270 InsO a.F. Umstritten war dagegen, ob dem Insolvenzgericht eine besondere Nachforschungspflicht zur Ermittlung etwaiger Nachteile i.S.d. § 270 Abs. 2 Nr. 3 InsO a.F. auferlegt war. Der vorzugswürdigeren h.M. zufolge galt für die Ermittlung der im Rahmen des § 270 Abs. 2 Nr. 3 InsO a.F. erforderlichen Tatsachen die Amtsermittlungspflicht aus § 5 InsO.550 Aus dem Wortlaut des § 270 Abs. 2 Nr. InsO a.F. konnte auch nichts Gegenteiliges entnommen werden. Dies führte in der Praxis dazu, dass die Insolvenzgerichte regelmäßig ein Sachverständigengutachten in Auftrag gaben, in dem der Gutachter dazu Stellung nehmen sollte, ob von der Anordnung einer beantragten Eigenverwaltung Nachteile für die Gläubiger zu erwarten waren.551 Diese Vorgehensweise wurde von einer Mindermeinung mit dem Hinweis auf die Begründung zum § 331 Abs. 2 Nr. 3 InsO-RegE verneint bzw. abgelehnt.552 Damals sollte Voraussetzung für die Anordnung der Eigenverwaltung sein, „dass keine 547 Vgl. Schmidt, KTS 1984, 201, 201; HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl. 2011, § 5, Rn. 9; Mitter, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 22 InsO, Rn. 21. 548 Vgl. Uhlenbruck/Vallender, InsO, 13. Aufl. 2010, § 22, Rn. 198; Hofmann, Die Eigenverwaltung in der Insolvenz, 2006, S. 300; Drews, Der Insolvenzgrund der Überschuldung bei Kapitalgesellschaften, 2003, S. 203. 549 Vgl. Mitter, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2. Aufl. 2012, § 22 InsO, Rn. 21. 550 Vgl. MünchKommInsO/Wittig, 2. Aufl. 2008, § 270, Rn. 33; Westrick, NZI 2003, 65, 68; Pape, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2000, S. 902; Dietrich, Die Eigenverwaltung als Sanierungsweg nach dem neuen Insolvenzrecht, 2002, S. 136; Vallendar, WM 1998, 2129, 2131; HambKomm/Schröder, 3. Aufl. 2009, § 22 InsO Rn. 68; Huntemann/Dietrich, ZInsO 2001, 13, 16; Koch, Die Eigenverwaltung nach der Insolvenzordnung, 1998, S. 92; Spies, ZInsO 2005, 1255, 1255; Hofmann, Die Eigenverwaltung in der Insolvenz, 2006, S. 300. 551 Vgl. Westrick, NZI 2003, 65, 67; Uhlenbruck, NZI 2001, 632, 634; HambKomm/Fiebig, 3. Aufl. 2009, § 270 InsO Rn. 28. 552 Vgl. Runkel, in: Runkel (Hrsg.), Anwaltshandbuch Insolvenzrecht 2008, § 13, Rn. 450.
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Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird“553. Hiernach hätte das Gericht seine Entscheidung allein auf ihm vorliegenden Informationen stützen müssen, denn eine besondere Nachforschungspflicht wurde vom Reformgesetzgeber in der Begründung zu § 331 InsORegE ausdrücklich abgelehnt.554 Der Ausschluss einer besonderen Nachforschungspflicht wurde damit begründet, dass in der Regel davon ausgegangen werden kann, dass ein Schuldner, der selbst das Insolvenzverfahren beantragt hat, dazu geeignet ist, bis zur Entscheidung der ersten Gläubigerversammlung die Eigenverwaltung zu führen.555 Die Eigenverwaltung sollte daher die Regel und die Bestellung eines Insolvenzverwalters die Ausnahme sein. Die Regelung ist jedoch durch den Rechtsausschuss des Bundestages nicht übernommen, sondern verschärft worden.556 Mit dem Ergebnis, dass die Anordnung der Eigenverwaltung die Ausnahme und nicht die Regel darstellen sollte.557 Eine Ausnahme vom Amtsermittlungsgrundsatz bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 270 Abs. 2 Nr. 3 InsO a.F. ließ sich daher nicht aus den Gesetzesmaterialien entnehmen. dd) Fazit Es bleibt festzuhalten, dass das Insolvenzgericht im Eröffnungsverfahren bei beantragter Eigenverwaltung regelmäßig vier Sachverständigengutachten in Auftrag geben konnte. Nämlich für das Vorliegen einer verfahrenskostendeckenden Masse und eines Insolvenzeröffnungsgrundes sowie für die Beantwortung der Frage, ob Fortführungsaussichten bestehen und ob die Anordnung der Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird. Von dieser Möglichkeit machten die Insolvenzgerichte stets Gebrauch. Da bei beantragter Eigenverwaltung im Eröffnungsverfahren der a.F. regelmäßig ein vorläufiger schwacher Insolvenzverwalter bestellt wurde, erhielt dieser für seine Tätigkeit als Sachverständiger eine Vergütung nach § 9 Abs. 1 JVEG a.F. zwischen EUR 50 und EUR 85, wobei der Satz unter den Insolvenzgerichten variierte. c) Zur Sachverständigenbeauftragung im Kontext des Sanierungsvorbereitungsverfahrens Das Sanierungsvorbereitungsverfahren stellt ein Eröffnungsverfahren eigener Art dar, so dass auch hier grundsätzlich der Amtsermittlungsgrundsatz einschlägig ist und das Insolvenzgericht Sachverständige damit beauftragen kann, Tatsachen zur 553
Vgl. § 331 Abs. 2 Nr. 3 InsO-RegE in BT-Drucksache 12/2443, S. 61. Vgl. § 331 Abs. 2 Nr. 3 InsO-RegE in BT-Drucksache 12/2443, S. 61, 223; Balz/ Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 660. 555 Vgl. § 331 Abs. 2 Nr. 3 InsO-RegE, BT-Drucksache 12/2443, S. 61, 223. 556 Vgl. BT-Drucksache 12/7302, S. 185; Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 659 f.; Haarmeyer, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, 2010, § 270 InsO, Rn. 14. 557 Vgl. Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 526; Brinkmann/Zipperer, ZIP 2011, 1337, 1340; Spies, ZInsO 2005, 1255, 1256. 554
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Prüfung materieller Eröffnungsvoraussetzungen zu ermitteln. So ist unstreitig, dass das Insolvenzgericht zur Beantwortung der Frage, ob eine verfahrenskostendeckende Masse i.S.d. § 26 InsO vorliegt, auch im Rahmen des Sanierungsvorbereitungsverfahrens von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen prüfen lassen kann558 und hierzu anstelle des vorläufigen Insolvenzverwalters den vorläufigen Sachwalter beauftragen kann.559 Insofern ergeben sich hieraus keine Kostenerleichterungen gegenüber der bisherigen Rechtslage. Umstritten ist dagegen, ob das Insolvenzgericht im Sanierungsvorbereitungsverfahren einen Sachverständigen mit der Prüfung über das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes und der Fortführungsaussichten sowie mit der der Anordnungsvoraussetzungen der Eigenverwaltung im eröffneten und Eröffnungsverfahren beauftragen kann. aa) Prüfung des Eröffnungsgrundes, der Fortführungsaussichten und der Sanierungsbescheinigung? Das Sanierungsvorbereitungsverfahren setzt voraus, dass beim Schuldner nicht Zahlungsunfähigkeit, sondern lediglich drohende Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Beide Voraussetzungen hat der Schuldner mit seinem Insolvenzantrag durch eine Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation darzulegen. Daran anknüpfend wird die Auffassung vertreten, dass das Vorliegen der Bescheinigung weitere Ermittlungen nach dem Vorliegen eines Eröffnungsgrundes und der Fortführungsaussichten obsolet machen.560 Diese Fragen werden durch die Bescheinigung bereits beantwortet. Eine andere Meinung vertritt dagegen den Standpunkt, dass selbst bei Vorlage der Bescheinigung ein Sachverständiger mit der Prüfung über das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes und der Fortführungsaussichten beauftragt werden kann.561 Eine weitere Meinung lehnt zwar eine Beauftragung für die Prüfung der Eröffnungsgründe und der Fortführungsaussichten ab, aber befürwortet, dass die inhaltlichen Anforderungen an die Sanierungsbescheinigung einer Sachverständigenprüfung zugänglich sind.562 Diese Kontroversen bedürfen einer Entscheidung.
558 Vgl. AG Augsburg, Beschluss vom 23. 3. 2012 – IN 388/12 (n.v.; in dem Verfahren war der Verfasser Verfahrensbeteiligter); Smid, ZInsO 2013. 209, 215; Vallender, GmbHR 2012, 450, 453. 559 Vgl. Schmidt/Linker, ZIP 2012, 963, 964; Smid, ZInsO 2013, 209, 215. 560 Vgl. Frind, ZInsO 2012, 540 ff.; Gutmann/Laubereau, ZInsO 2012, 1861, 1866 f.; Desch, BB 2011, 841, 841; Brinkmann/Zipperer, ZIP 2011, 1337, 1344; Hirte, ZInsO 2011, 401, 404; Vallender, GmbHR 2012, 450, 451; Hill, ZInsO 2010, 1825, 1825; Fuhst, GWR 2012, 482, 484. 561 Vgl. Schmidt/Linker, ZIP 2012, 963, 965, Vallender, GmbHR 2012, 450, 452. 562 Vgl. Smid/Wehdeking, ZInsO 2010, 1713, 1718; Buchalik, ZInsO 2012, 349, 352 f.; Obermüller, ZInsO 2011, 1809, 1818; Frind, ZInsO 2011, 2249, 2261.
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Grundsätzlich ist das Insolvenzgericht zur Ermittlung der Insolvenzeröffnungsvoraussetzungen nur dann verpflichtet, wenn Zweifel an deren Vorliegen bestehen.563 Mit der Bescheinigung nach § 270b Abs. 1 S. 3 InsO liegt bereits eine Stellungnahme zu den Eröffnungsgründen und den Fortführungsaussichten durch eine in Insolvenzsachen erfahrene Person vor. Wollte der Gesetzgeber, dass diese Verfahrensvoraussetzungen noch mal überprüft werden sollen, hätte er die Bescheinigung nicht von der Bestätigung dieses engen Personenkreises abhängig gemacht. Zwar könnte für die Frage nach den Fortführungsaussichten der Einwand erhoben werden, dass diese sich im Regeleröffnungs- und Regeleigenverwaltungseröffnungsverfahren nicht nur mit der Möglichkeit der Eigensanierung sondern auch mit der Aussicht einer übertragenden Sanierung zu beschäftigen hat. Diesem Standpunkt steht jedoch der Zweck des Sanierungsvorbereitungsverfahrens entgegen. Der Gesetzgeber hat mit dem Sanierungsvorbereitungsverfahren ein Verfahren schaffen wollen, dass der Schuldner dazu nutzen soll, eine Eigensanierung, ohne den gleichzeitigen Kontrollverlust über sein Unternehmen befürchten zu müssen, vorzubereiten.564 Unter der Voraussetzung, dass die Sanierungsfähigkeit positiv bejaht wurde und damit die Aussichten auf die bestmögliche Gläubigerbefriedigung gewahrt bleiben. Würde das Gericht dagegen ein Gutachten für die Beurteilung sonstiger Fortführungsalternativen in Auftrag geben, und der hierfür beauftragte Sachverständiger dieses Ergebnis auf der ersten Gläubigerversammlung darlegen, hätte dies zur Folge, dass diese Verwertungsalternative die Eigensanierung des Schuldners konterkarieren und damit die Anreizwirkung des Sanierungsvorbereitungsverfahrens ins Leere laufen würde. Der Schuldner würde bereits mit Verfahrenseintritt gegen ein alternatives Verwertungskonzept konkurrieren, dass bei einer Veräußerung an einen Dritten den Kontrollverlust „seines“ Unternehmens bedeuten würde.565 Dies zu vermeiden, ist erklärtes Ziel des Gesetzgebers.566 Zwar obliegt es letztlich den Gläubigern, die Entscheidung über die (bestmögliche) Verwertungsalternative zu treffen (vgl. § 157 InsO). Dieses Recht wird jedoch dadurch gewährleistet, dass sich die Gläubigerversammlung gegen den Plan aussprechen und einen Investorenprozess anregen kann. Zudem kann bereits der vorläufige Gläubigerausschuss zu jeder Zeit das Sanierungsvorbereitungsverfahren aufheben und die Weichen für einen Investorenprozess stellen. Eine Beauftragung eines Sachverständigen ist daher weder für die Überprüfung, ob tatsächlich ein Insolvenzeröffnungsgrund vorliegt, noch für die Frage, welche Fortführungsaussichten neben der vom Schuldner angestrebten Eigensanierung bestehen, zulässig. Auch die Auffassung, dass der Inhalt der Sanierungsbescheinigung einer inhaltlichen Überprüfung durch einen Sachverständigen zugänglich sein soll, ist 563
Vgl. Smid, ZInsO 2013. 209, 210. Vgl. BT-Drucksache 17/5712, S. 40. 565 Zum Verlust der Gesellschafter- und Geschäftsführerposition im Rahmen von übertragenden Sanierungen vgl. Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 639 f. 566 Vgl. BT-Drucksache 17/5712, S. 40. 564
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aufgrund der Tatsache, dass es sich bei der Sanierungsbescheinigung um eine gesetzlich vorgeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung handelt567, abzulehnen. Der Amtsermittlungsgrundsatz gilt nicht für Zulässigkeitsvoraussetzungen, dieser setzt erst bei einem zulässigen Antrag ein.568 Das Gericht kann daher weder eigene Ermittlungen über den Inhalt der Bescheinigung anstellen noch einen Sachverständigen mit der Überprüfung beauftragen. Das Insolvenzgericht kann lediglich, wenn die Voraussetzungen der Bescheinigung nicht nachvollziehbar sind, eine Frist zur Behebung des Mangels setzen oder den Antrag auf Zulassung des Sanierungsvorbereitungsverfahrens als unzulässig zurückweisen.569 Zudem ist die Beschleunigung des Verfahrens erklärtes Ziel des ESUG.570 Die Bestellung eines Sachverständigen, der die Voraussetzungen (nochmals) in einem zeit- und arbeitsaufwendigen Verfahren prüfen müsste, würde diesem Ziel entgegenstehen.571 Gegen dieses Resultat könnte der Einwand erhoben werden, dass für die Überprüfung der Bescheinigung das Insolvenzgericht vor erhöhten betriebswirtschaftlichen Anforderungen gestellt wird, so dass die Bestellung eines Sachverständigen bei mangelnder Sachkunde sachlich angezeigt wäre.572 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Reformgesetzgeber die mit dem ESUG einhergehende notwendige Steigerung der betriebswirtschaftlichen Kompetenz auf Seiten der Insolvenzrichter573 bedacht hat. Nach § 22 Abs. 6 S. 2 GVG sollen Richter nunmehr über „belegbare Kenntnisse auf den Gebieten des Insolvenzrechts … und des Rechnungswesens verfügen“. Eine mangelnde Sachkunde für die Überprüfung der Bescheinigung kann daher nicht die Bestellung eines Sachverständigen rechtfertigen. bb) Prüfung der materiellen Anordnungsvoraussetzungen der Eigenverwaltung Des Weiteren stellt sich die Frage, ob das Insolvenzgericht das Vorliegen von Nachteilen für die Gläubiger i.S.d. § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO mittels eines Sachverständigengutachtens ermitteln kann. Hierzu wird die Auffassung vertreten, dass es sich bei § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO n.F. um eine materielle Anordnungsvoraussetzung handelt und somit einer Sachver-
567
Vgl. Hölzle, ZIP 2012, 158, 161; Frind, ZInsO 2011, 2249, 2261; Graf-Schlicker/GrafSchlicker, 3. Aufl. 2012, § 270b InsO, Rn. 11. 568 Vgl. BGH, ZIP 2003, 358; BGH, ZInsO 2005, 757; BGH, ZIP 2007, 1868; HK-InsO/ Kirchhof, 6. Aufl. 2011, § 5, Rn. 6; MünchKommInsO/Ganter/Lohmann, 3. Aufl. 2013, § 5, Rn. 12a. 569 Vgl. Graf-Schlicker/Graf-Schlicker, 3. Aufl. 2012, § 270b InsO, Rn. 11. 570 Vgl. BT-Drucksache, 17/5712, S. 1, 33, 43, 70. 571 Vgl. Braun, NZI 2013, VII, VII; Desch, BB 2011, 841, 841. 572 Vgl. Buchalik/Kraus, KSI 2012, 60, 64 f. 573 Vgl. dazu Römermann, GmbHR 2012, 421, 426; Vallender, DB 2012, 1609 f.
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ständigenermittlung zugänglich ist.574 Daher ist davon auszugehen, dass ein Sachverständiger mit der Informationsbeschaffung über etwaige Tatsachen, die einer Anordnung der Eigenverwaltung entgegenstehen könnten, beauftragt werden kann.575 In der Begründung zum Regierungsentwurf der Insolvenzordnung heißt es jedoch, dass das Insolvenzgericht keine besonderen Nachforschungen anzustellen habe.576 Denn „in der Regel kann davon ausgegangen werden, dass ein Schuldner, der selbst das Insolvenzverfahren beantragt oder den antragstellenden Gläubiger für vertrauenswürdig hält, dazu geeignet ist, bis zur Entscheidung der ersten Gläubigerversammlung die Eigenverwaltung zu führen …“577. Der Reformgesetzgeber bezieht sich in der Gesetzesbegründung ausdrücklich auf diese ursprünglich vorgesehene Regelung zur Anordnung der Eigenverwaltung.578 Daher bietet § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO der n.F. keinen Anlass für die Beauftragung eines Sachverständigen, da der Gesetzgeber für die Anordnungsvoraussetzungen der Eigenverwaltung eine Ausnahme von der Amtsermittlungspflicht vorsieht.579 Das Gericht hat sich vielmehr die Informationsverpflichtungen des Schuldners nach §§ 20, 97, 101 InsO nutzbar zu machen, um Kenntnis über etwaige Gläubigergefährdungen zu erlangen.580 Zudem kann es Anhaltspunkte für das Vorliegen von Gläubigernachteilen aus den Sachstandsberichten (vgl. dazu §§ 270a Abs. 1 S. 2, 274, Abs. 1, 58 Abs. 1 S. 2 InsO) des vorläufigen Sachwalters entnehmen und seiner Prognose zugrunde legen. Eine vermittelnde Meinung hält demgegenüber eine besondere Nachforschungspflicht in Form eines Sachverständigengutachtens für angezeigt, wenn dem Gericht Anhaltspunkte für konkrete Gläubigergefährdungen bekannt werden.581 Denn das Gericht dürfe vor bekannten Gläubigergefährdungsumständen „nicht die Augen schließen“582. Dass der Gesetzgeber jedoch keinen Räum für Zwischenlösungen zulässt ergibt sich bereits aus der Gesetzesbegründung zu § 270 InsO n.F. Denn entweder werden dem Insolvenzgericht konkrete Umstände bekannt, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird, oder es hat bei Unklarheiten über mögliche Nachteile für die Gläubiger die Eigenver-
574 Vgl. Frind, ZInsO 2011, 2249, 2260; Pape, ZInsO 2011, 2154, 2157; Wuschek, ZInsO 2012, 110, 113. 575 Vgl. Pape, ZInsO 2011, 2154, 2157; Frind, ZInsO 2011, 2249, 2260; Wuschek, ZInsO 2012, 110, 113. 576 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 61, 223; Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 660. 577 Vgl. BT-Drucksache 12/2443, S. 223; Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze, 1999, S. 660. 578 Vgl. BT-Drucksache 17/5712, S. 38. 579 So auch Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270, Rn. 5; Smid, ZInsO 2013, 209, 210 f.; Brinkmann/Zipperer, ZIP 2011, 1337, 1341; Landfermann, WM 2012, 869, 870. 580 Vgl. Brinkmann/Zipperer, ZIP 2011, 1337, 1341; Desch, BB 2011, 841, 841. 581 Vgl. FK-InsO/Foltis, 7. Aufl. 2013, § 270, Rn. 58. 582 Vgl. FK-InsO/Foltis, 7. Aufl. 2013, § 270, Rn. 58.
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waltung anzuordnen.583 Die Beauftragung eines Sachverständigen für die Prüfung der Voraussetzung aus § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO n.F. ist daher unzulässig. cc) Prüfung der materiellen Anordnungsvoraussetzungen des Eigenverwaltungseröffnungsverfahrens Mit Einführung des Eigenverwaltungseröffnungsverfahrens ist die Diskussion aufgekommen, ob für die Prüfung der Eröffnungsvoraussetzungen das Insolvenzgericht einen Sachverständigen beauftragen kann. Nach § 270a Abs. 1 S. 1 InsO hat das Insolvenzgericht die vorläufige Eigenverwaltung anzuordnen, wenn der Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Es wird vorgetragen, dass sich das Insolvenzgericht für die Prüfung, wie vermeidlich nach § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO, eines Sachverständigengutachtens bedienen kann.584 Diesem Ergebnis ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Wortlaut des § 270a InsO eine „vorgezogene“ Prüfung der Voraussetzungen des § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO vorsieht und hierfür dem Insolvenzgericht keine besondere Nachforschungspflicht auferlegt wird.585 Daher ist zunächst davon auszugehen, dass das Insolvenzgericht auch zu diesem Verfahrenszeitpunkt seine Entscheidung ausschließlich auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Antragstellung bekannten Tatsachen treffen muss und keine Tatsachenermittlungen in Form eines Sachverständigengutachtens vornehmen darf. Fraglich ist, ob von diesem Ergebnis der Gesetzgeber eine Ausnahme (von der Ausnahme und damit wieder die Regel) vorsieht. Nach § 270a Abs. 1 S. 1 InsO hat sich die Prüfung auf „offensichtliche“ Umstände zu beschränken. Die Insolvenzordnung enthält für den Begriff „offensichtlich“ keine Legaldefinition. Eine solche findet sich indes im Patentrecht. So sind bei der Prüfung nach § 42 Abs. 1 und 2 PatG Mängel zu rügen, die „offensichtlich“ sind. Nach der Rechtsprechung liegt ein derartiger, d. h. „offensichtlicher“ Mangel vor, wenn der Prüfer ihn bei der Durchsicht der Unterlagen anhand seiner Sach- und Fachkenntnisse zweifelsfrei erkennen kann, ohne zusätzliche Ermittlungen und Nachforschungen anstellen zu müssen.586 Übertragen auf den hier interessierten Kreis hätte dies zur Folge, dass das Insolvenzgericht eine Entscheidung nur auf den ihm bekannten Tatsachen treffen darf und weitere Ermittlungen nicht angezeigt sind. Auch wenn die Regelungen und Rechtsprechung des Patentrechts für die Insolvenzordnung nicht einschlägig sind, spricht für dieses Ergebnis der Anlass zur Reform der Eigenverwaltung i.V.m. der Begründung zum ESUG. 583
Vgl. BT-Drucksache, S. 38. Vgl. Frind, ZInsO 2012, 1546, 1552; FK-InsO/Foltis, 7. Aufl. 2013, § 270a, Rn. 16. 585 Vgl. Smid, ZInsO 2013, 209, 214; Braun/Riggert, InsO, 5. Aufl. 2012, § 270a, Rn. 2; Graf-Schlicker/Graf-Schlicker, 3. Aufl. 2012, § 270b InsO, Rn. 2; Brinkmann/Zipperer, ZIP 2011, 1337, 1342. 586 Vgl. BGH, BLPMZ 1971, 371, 373. 584
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Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
Im Vorfeld des Reformprozesses wurden in einigen Verfahren ernsthafte Zweifel an der Objektivität des Sachverständigen, der mit der Begutachtung der Voraussetzungen des § 270 Abs. 2 Nr. 3 InsO a.F. beauftragt wurde, angemeldet.587 Denn der Sachverständigenauftrag erging in der Vergangenheit i. d. R. an den vorläufigen Insolvenzverwalter.588 Dieser wurde nach der Verfahrenseröffnung entweder zum Sachwalter oder zum Insolvenzverwalter bestellt. Dies hing insbesondere von seinem Prüfungsergebnis ab. Dass ein Sachverständige damit jedoch die Weichen für seine eigene Vergütung stellen kann, die bei einer Tätigkeit als späterer Sachwalter lediglich 60 % der Regelverwaltervergütung vorsieht (vgl. § 12 Abs. 1 InsVV), und damit seine Objektivität zumindest unbewusst beeinträchtig wird, kann „kaum von der Hand zu weisen“ sein.589 Eine vergleichbare Situation würde mit der Beauftragung eines isolierten Sachverständigen, der, wie z. T. in der insolvenzrechtlichen Literatur empfohlen590, nach Antragstellung und vor Bestellung eines vorläufigen Sachwalters Ermittlungen über etwaige Nachteile für die Gläubiger anstellt, entstehen. Würde er „negativ gutachten“, würde er vorläufiger und wohl auch endgültiger Verwalter werden.591 Würde er „positiv gutachten“ würde er aufgrund des besonderen Vorschlagsrechts des Schuldners aus § 270b Abs. 2 S. 1 InsO nicht einmal zum vorläufigen Sachwalter bestellt werden, sondern lediglich das Honorar für seine Sachverständigentätigkeit erhalten. Aufgrund dieses Gefahrenpotenzials führt der Gesetzgeber in der ESUG-Begründung an, dass „in der Phase bis zur Entscheidung“ über das Eröffnungsverfahren „das Gericht daran gehindert ist einen Sachverständigen oder vorläufigen Insolvenzverwalter zu bestellen“592. Eine Sachverständigenbeauftragung scheidet daher auch im Rahmen des § 270a Abs. 1 S. 1 InsO aus. d) Fazit Aus dem oben Dargelegten ergibt sich, dass lediglich für die Prüfung nach einer verfahrenskostendeckenden Masse ein Sachverständigengutachten im Rahmen des Sanierungsvorbereitungsverfahrens eingeholt werden kann, so dass zunächst davon ausgegangen werden könnte, dass die Kosten mit der durch das ESUG bewirkten Verfahrenskonstruktion gesenkt wurden. Allerdings gilt es zu beachten, dass hierdurch lediglich Verfahrenskosten i.S.d. § 54 InsO reduziert wurden. Der Beauftragung von Sachverständigengutachten für die Prüfung der Eröffnungsgründe und der Fortführungsaussichten sowie der Ermittlung für die Nachteilsprognose gem. § 270 587 Vgl. Uhlenbruck/Vallender, NZI 2009, 1, 6; Hofmann, Die Eigenverwaltung in der Insolvenz, 2006, S. 302; Huntemann/Dietrich, ZInsO 2001, 13, 15; Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 564. 588 Vgl. Hofmann, Die Eigenverwaltung in der Insolvenz, 2006, S. 302. 589 Vgl. Uhlenbruck, NJW 2002, 3219, 3221; Hofmann, Die Eigenverwaltung in der Insolvenz, 2006, S. 303; Huntemann/Dietrich, ZInsO 2001, 13, 15. 590 Vgl. Frind, ZInsO 2012, 386, 389; Frind, ZInsO 2011, 2249, 2260. 591 So in Bezug auf die Sanierungsbescheinigung, vgl. Braun, NZI 2013, Heft 1/2, S. V, VII. 592 Vgl. BT-Drucksache, 17/5712, S. 41.
D. Auswirkung des ESUG auf die Verfahrenskosten
195
Abs. 2 Nr. 3 InsO a.F. stehen jedoch die Kosten für den Bescheinigungsaussteller gegenüber. Während für die Vergütung eines Sachverständigen, der zugleich als vorläufiger schwacher Insolvenzverwalter vom Gericht eingesetzt wurde, ein Stundensatz zwischen EUR 65 und EUR 80 EUR gewährt wurde, ist die Vergütungsregelung für die in § 270b InsO geforderte Bescheinigung privatrechtlicher Natur. Daher kann lediglich ein Durchschnittswert aus der Praxis für diese Art von Dienstleistung für die weitere Analyse zugrunde gelegt werden. Hierfür wird ein Durchschnittsstundensatz von EUR 200 angesetzt.593 Auf dieser Grundlage ist zu konstatieren, dass die Kosten für gerichtlich bestellte Sachverständige gegenüber dem bisherigen Rechtszustand zwar verringert wurden, dieser Effekt jedoch durch die Kosten für den Bescheinigungsaussteller aufgehoben wird. 3. Zusammenfassung Aufgrund der oben genannten Ergebnisse bleibt festzuhalten, dass lediglich die geringere Vergütung für den vorläufigen Sachwalter im Vergleich zu der eines vorläufigen Insolvenzverwalters zu einer Entlastung auf der Verfahrenskostenseite geführt hat. Dies beinhaltet bei einer, in dem hier diskutierten Kontext in Betracht kommende hypothetische Berechnungsgrundlage von 5 Mio. EUR, eine Kostenentlastung i.H.v. EUR 12.775.594
III. Auswirkung auf die Anreizwirkung All die bis jetzt angeführten Überlegungen werfen die Frage auf, ob mit der Senkung der Verfahrenskosten eine Anhebung der Sanierungschancen einhergeht und damit die Anreizwirkung in dem hier interessierten Kreis tatsächlich gesteigert wurde. 1. Allgemeines Objektiv betrachtet könnte davon ausgegangen werden, dass sich durch die Verringerung der Verfahrenskosten die Anreizwirkung beim Gesellschaftergeschäftsführer gegenüber der bisherigen Rechtlage erhöht hat. Dies ist auf den Umstand zurückzuführen, dass aufgrund der Kostenentlastung die Chance gestiegen ist, den Gläubigern eine den Liquidationswert übersteigende Fortführungsquote anbieten zu können und dass der Gesellschaftergeschäftsführer einen Teil des ver593
Siehe dazu Seefelder, Unternehmenssanierung, 2006, S. 282. Auf Basis einer Berechnungsgrundlage von 5. Mio. EUR liegt die Vergütung unter Anwendung der Staffelvergütung aus § 2 InsVV i.V. §§ 11, 12 InsVV bei einem vorläufigen (schwachen) Insolvenzverwalter bei rund EUR 31.938 (Regelvergütung EUR 127.750 x 25 %) und bei einem vorläufigen Sachwalter bei rund EUR 19.163 (Regelvergütung EUR 127.750 x 15 %). 594
196
Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
bleibenden Unternehmenswerts für sich vereinnahmen kann. Dieser Einschätzung könnten jedoch die Unsicherheit der Insolvenzgerichte im Umgang mit der Gesetzesänderung und das in der Verhaltensforschung beobachtbare Phänomen der Pfadabhängigkeit entgegenstehen. 2. Der Umgang der Insolvenzgerichte mit der Sachverständigenbeauftragung – ein unkalkulierbares Risiko in der Rechtspraxis? Der ursprünglich auf die Entwicklung von Technologien bezogene Begriff „Pfadabhängigkeit“ ist von William Brian Arthur und Wirtschaftshistoriker Paul David geprägt worden.595 Trotz dessen (häufiger) Verwendung in der Wissenschaft lässt sich jedoch keine allgemeingültige Begriffsdefinition finden. Bezogen auf die Entwicklung von Technologien, bezeichnete der Begriff einen Entscheidungsweg, bei dem sich angesichts mehrerer Alternativen, nicht notwendigerweise der effizienteste Lösungsweg durchsetzen muss.596 Als Ursache wird die Abhängigkeit gegenwärtiger Entscheidungen von Ereignissen in der Vergangenheit vorgetragen.597 Pfadabhängigkeit entsteht demnach durch ein über Monate oder Jahre eingeschliffenes System von Regeln, Normen und sich wiederholenden Verfahrensweisen.598 In der Verhaltensforschung wird die Verwendung von „eingeschliffenen“ Verfahrensweisen dagegen auf die Unsicherheit des Individuums bei einer Abweichung einer bisher existierender Organisation bzw. eines bisher bestehenden Arbeitsablaufes zurückgeführt.599 Durch den Rückgriff auf bekannte und subjektiv zufriedenstellende Lösungswege versucht das Individuum eine etwaige durch einen Organisationswandel individuell ergebende Unsicherheit zu reduzieren.600 Hieraus resultiert die Anwendung einer „weiter wie bisher Strategie“. Die aufgrund von Pfadabhängigkeit getroffene Entscheidung ist allerdings nicht immer optimal für die betroffenen Akteure bzw. Organisation.601 Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund kritisch zu betrachten, dass mit steigender Anzahl dieser Ereignisse, die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass der einmal eingeschlagene Pfad zukünftig wieder verlassen wird, da das Potenzial von effizienteren Verfahrenswegen dadurch ausgeschlossen wird.602 Pfadabhängigkeit ist somit als ein Prozess zu verstehen, in dem der Versuch unternommen wird, individuelle Unsicherheit bei einer gegenwärtig zu treffenden Entscheidung durch den Rückgriff auf historische Verfahrensweisen zu minimieren.603 Dies hat zur Folge, dass anstelle einer neuen (effizienteren) Vorge595 596 597 598 599 600 601 602 603
Vgl. Beyer, ZfS 2005, 5, 7. Vgl. Beyer, ZfS 2005, 5, 7. Vgl. Sendel-Müller, KSI 2007, 262, 267; Streubel, KSI 2005, 33, 33. Vgl. Robert, KSI, 119, 121. Vgl. Beyer, ZfS 2005, 5, 13. Vgl. Dievernich, Pfadabhängigkeit im Management, 2007, S. 23. Vgl. Beyer, ZfS 2005, 5, 13. Vgl. Beyer, ZfS 2005, 5, 8; Robert, KSI, 119, 121. Vgl. Sendel-Müller, KSI 2007, 262, 267; Streubel, KSI 2005, 33, 33.
D. Auswirkung des ESUG auf die Verfahrenskosten
197
hensweise, der für das Individuum als historisch angenehm empfundene Arbeitsablauf weiterhin praktiziert wird. Mit der Konsequenz, dass ohne entsprechende Gegensteuerungsmaßnahmen sich Verfahrensweisen manifestieren, die zukünftig keine sachgerechte Lösung zulassen. Übertragen auf den hier interessierten Kreis, könnte ein in der Vergangenheit als zufriedenstellend empfundener Arbeitsablauf und eine aufgrund des ESUGs bedingte Unsicherheit eine dahingehende Pfadabhängigkeit auslösen, dass Insolvenzrichter bei beantragtem Sanierungsvorbereitungsverfahren Sachverständigengutachten in Auftrag geben, obwohl diese (wie bereits aufgezeigt) unzulässig sind. Es könnte der Umstand eintreten, dass Sachverständigengutachten mit der Ermittlung eines Eröffnungsgrundes (vgl. § 16 InsO), der Fortführungsaussichten (vgl. § 22 Abs. 1 S. 2 Ziff. 3 InsO) oder für das Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen der Eigenverwaltung (vgl. §§ 270, 270a InsO) eingeholt werden. Sowohl die Prüfung ob ein Insolvenzeröffnungsgrund vorliegt, als auch die Frage nach den Fortführungsaussichten musste vor Einführung des Sanierungsvorbereitungsverfahren (und müssen auch noch weiterhin im Regeleröffnungseröffnungsverfahren) vom Insolvenzgericht von Amts wegen ermittelt werden.604 Hierzu bedurfte der Insolvenzrichter der besonderen Sachkunde eines Sachverständigen, da dieser i. d. R. nicht über die wirtschaftlichen Kenntnisse verfügt, um derartig komplexe Sachverhalte selbst analysieren und bewerten zu können.605 Zudem konnte der Insolvenzrichter die für diese Prüfungen notwendigen Einblicke in das schuldnerische Unternehmen aus organisatorischen Gründen nicht selbst vornehmen.606 Gleiches galt für die Prüfung der Anordnungsvoraussetzungen der Eigenverwaltung i.S.d. § 270 InsO a.F.607 Die Tatsachenermittlung durch einen Sachverständigen trug aus der Sicht der Insolvenzrichter daher sowohl in sachlicher als auch in organisatorischer Hinsicht zur Arbeitsentlastung bei, so dass die Sachverständigenbeauftragung in dem hier interessierten Kreis gängige Praxis war.608 Daran anknüpfend stellt sich nunmehr die Frage, ob mit Einführung des ESUG eine dahingehende Unsicherheit unter den Insolvenzrichtern hervorgerufen wurde, die dazu führt, dass die Beauftragung eines Sachverständigen in dem hier interessierten Kreis auch weiterhin erfolgt, obwohl dies rechtlich unzulässig ist.609 604
Vgl. dazu bereits Teil 3, D. II. 2. b). Vgl. dazu bereits Teil 3, D. II. 2. b). 606 Vgl. Uhlenbruck/Vallender, InsO, 13. Aufl. 2010, § 22, Rn. 198; Hofmann, Die Eigenverwaltung in der Insolvenz, 2006, S. 300; Drews, Der Insolvenzgrund der Überschuldung bei Kapitalgesellschaften, 2003, S. 203. 607 Vgl. Westrick, NZI 2003, 65, 67; Uhlenbruck, NZI 2001, 632, 634, Spies, ZInsO 2005, 1255, 1255; Hofmann, Die Eigenverwaltung in der Insolvenz, 2006, S. 300. 608 Vgl. Hofmann, Die Eigenverwaltung in der Insolvenz, 2006, S. 300; MünchKommInsO/ Haarmeyer 3. Aufl. 2013, § 22, Rn. 35; Drews, Der Insolvenzgrund der Überschuldung bei Kapitalgesellschaften, 2003, S. 203; Buchalik/Kraus, KSI 2012, 60, 65; Jacoby, DB 2010, 29, 30. 609 Vgl. dazu Teil 3, D. II. 2. d). 605
198
Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
Für eine derartige Unsicherheit unter den Insolvenzrichtern lässt sich zunächst der Umstand aufführen, dass die Frage nach den Eröffnungsgründen und nach den Fortführungsaussichten im Rahmen eines Sanierungsvorbereitungsverfahren von einer Person (dem Bescheinigungsaussteller) beantwortet wird, die dem jeweiligen Insolvenzrichter (zumeist) unbekannt ist.610 Während im Regeleröffnungsverfahren der Insolvenzrichter eine Person seines Vertrauens mit den Ermittlungsaufgaben beauftragen kann, steht er im Sanierungsvorbereitungsverfahren einer Person gegenüber, deren sachliche Eignung nicht auf persönlichen Erfahrungswerten beruht. Die Zuverlässigkeit des Bescheinigungsausstellers wird unter den Insolvenzrichtern daher z. T. mit Skepsis betrachtet.611 Für eine Pfadabhängigkeit auslösende Unsicherheit spricht ferner, dass sich im Gesetz keine ausdrückliche Regelung zur Sachverständigenbestellung im Sanierungsvorbereitungsverfahren finden lässt, sowie die uneinheitliche Auffassung dieser Thematik in der Literatur612 und Praxis613. Hier werden Musterbeschlüsse, u. a. von Insolvenzrichtern zur Verfügung gestellt, die die Bestellung eines Sachverständigen in dem hier interessierten Kreis vorsehen und sich an den Beschlussformulierungen vor Einführung des ESUGs orientieren bzw. z. T. inhaltsgleich sind.614 Eine (obergerichtliche) Entscheidung, die diesbezüglich Klarheit schaffen könnte ist bis jetzt nicht ergangen und wird auch zukünftig nicht ergehen. Denn die Beauftragung von Sachverständigen ist mit Rechtsmitteln nicht überprüfbar.615 Zudem stünde ein Insolvenzrichter, der sich gegen die Beauftragung eines Sachverständigen entscheidet vor der Frage, welche Informationen er seiner Entscheidung zugrunde legen kann, um seine gesetzlichen Pflichten aus § 5 Abs. 1 S. 2 InsO i.V.m. §§ 270a Abs. 1 S. 1, 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO erfüllen zu können. Da das Insolvenzgericht über keinen eigenen Ermittlungsapparat verfügt, könnte der Insolvenzrichter seine Entscheidung auf die vom Schuldner zu erteilenden Auskünfte oder auf die von den Gläubigern vorgelegten Beweismittel stützen.616 Durch die „gedrehte“ Begründungslast braucht der Schuldner jedoch keine Ausführungen mehr zur Unschädlichkeit der Eigenverwaltung zu machen.617 Und ob die Auskünfte der 610
Vgl. dazu bereits Teil 3, A. III. 2. b) cc) (1). Vgl. Frind, ZInsO 2012, 1546, 1551; Fuhst, GWR 2012, 482, 484 mit Anmerkungen zu AG München, ZIP 2012, 1470; Zipperer/Vallender, NZI 2012, 729, 734; Buchalik, ZInsO 2012, 349, 351 ff. 612 Vgl. dazu bereits Teil 3, D. II. 2. c). 613 Vgl. dazu bereits Teil 3, D. II. 2. c); Rendels, INDat-Report 4/2012, 50, 52; sowie Musterbeschlüsse zum Download im Insolvenzrechtsportal, abrufbar unter http://www.insol venzrecht.jurion.de/meine-inhalte/know-how/b/beschluss, Stand 22. 09. 2013. 614 Vgl. Frind, ZInsO 2012, 386, 389; Musterbeschlüsse zum Download im Insolvenzrechtsportal, abrufbar unter http://www.insolvenzrecht.jurion.de/meine-inhalte/know-how/b/be schluss, Stand 22. 09. 2013. 615 Vgl. Brinkmann/Zipperer, ZIP 2011, 1337, 1341. 616 Vgl. Smid, ZInsO 2013, 209, 211. 617 Vgl dazu bereits Teil 3, A. II. 1. 611
D. Auswirkung des ESUG auf die Verfahrenskosten
199
Gläubiger das für die Entscheidung geforderte Maß an Objektivität darstellen, ist zweifelhaft.618 Dem Insolvenzrichter verbleibt somit die Möglichkeit, selbst Auskünfte über das Gewerbe- und Strafregister zu erheben, um hieraus konkrete Umstände für die Nachteiligkeit der Anordnung für die Eigenverwaltung ableiten zu können. Allerdings begründen derartige Auskünfte in den meisten Fällen lediglich Unklarheiten an der Befähigung und Zuverlässigkeit des Schuldners, die nicht zu seinen Lasten gehen dürfen.619 Etwas anderes gilt nur in den Fällen, in denen die Strafregisterauskunft eine Verurteilung des Schuldners bzw. Geschäftsführers wegen eines Bankrottdelikts zutage fördert.620 Schließlich besteht nach Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung für den Insolvenzrichter die Möglichkeit, Anhaltspunkte für bzw. gegen die Anordnung der (endgültigen) Eigenverwaltung aus den Sachstandsberichten des vorläufigen Sachwalters zu erhalten.621 Hierbei handelt es sich jedoch um einen vom Schuldner „mitgebrachten“ Sachwalter, dessen Unabhängigkeit von einem Teil in der Literatur, trotz dessen Offenlegungspflicht622, angezweifelt wird.623 Angesichts der fehlenden Vertrauensbasis zum Bescheinigungsaussteller, der uneinheitlichen Auffassung der in Rede stehende Thematik in der Literatur und Praxis, der (auch zukünftig) fehlenden obergerichtlichen Entscheidung als Orientierungshilfe, der begrenzten Auskunftsmöglichkeiten und der Skepsis gegenüber dem „mitgebrachten“ Sachwalter, ist davon auszugehen, dass das Sanierungsvorbereitungsverfahren eine Neigung zur Pfadabhängigkeit unter den Insolvenzrichtern fördert. Für dieses Ergebnis sprechen indes die ersten Erfahrungen aus der gerichtlichen Praxis. Das Insolvenzgericht Duisburg624, Erfurt625 und Chemnitz626 haben für die Voraussetzung des § 270a Abs. 1 InsO jeweils einen Sachverständigen hinzugezogen. Zudem hat das Insolvenzgericht Augsburg627 trotz des Vorliegens einer zulässigen Sanierungsbescheinigung i.S.d. § 270b Abs. 1 InsO einen Sachverständigen mit der Ermittlung über etwaige Fortführungsaussichten beauftragt und
618
Vgl. Smid, ZInsO 2013, 209, 211. Vgl. Brinkmann/Zipperer, ZIP 2011, 1337, 1341. 620 Vgl. HambKomm/Fiebig, 4. Aufl. 2012, § 270 InsO Rn. 21; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 270, Rn. 27. 621 Vgl. dazu bereits Teil 3, D. II. 2. c) bb). 622 Vgl. dazu bereits Teil 3, B. II. 2. 623 Vgl. Frind, ZInsO 2012, 1546, 1551; Siemon, ZInsO 2011,381, 382 ff.; Urlaub, ZIP 2011, 1040, 1042. 624 Vgl. AG Duisburg, Beschluss vom 30. 11. 2012 – 63 IN 239/12 (n.v.; zitiert nach Smid, ZInsO 2013, 209, 216). 625 Vgl. AG Erfurt, ZInsO 2012, 944. 626 Vgl. AG Chemnitz, Beschluss vom 2. 1. 2013 – 1018 IN 3128/12 (n.v.; in dem Verfahren war der Verfasser Verfahrensbeteiligter). 627 Vgl. AG Augsburg, Beschluss vom 23. 3. 2012 – IN 388/12 sowie Beschluss vom 23. 3. 2012 – IN 389/12 (n.v.; in beiden Verfahren war der Verfasser Verfahrensbeteiligter). 619
200
Teil 3: Darstellung der Anreizmechanismen durch das ESUG
das Insolvenzgericht Erfurt628 für das Vorliegen eines Insolvenzeröffnungsgrundes. Darüber hinaus sind bereits IT-Textbausteine im Computersystem einzelner Insolvenzgerichte im Umlauf, die für die Beschlussfassung des Insolvenzgerichts sogar die Beauftragung eines Sachverständigen mit der Prüfung der Sanierungsbescheinigung vorsehen und die auf Empfehlung der insolvenzrechtlichen Literatur zurückzuführen sind.629 Dass diese in der Praxis bereits Verwendung finden, zeigt das Tagesgeschäft. Einige Insolvenzgerichte haben nach dem Antrag auf Einleitung eines Sanierungsvorbereitungsverfahrens mit der Beauftragung eines Sachverständigengutachtens reagiert. So etwa die Insolvenzgerichte Kleve630 und Erfurt631. Aufgrund des oben gesagten ist zu befürchten, dass ohne eine entsprechende Gegensteuerungsmaßnahme, diese Vorgehensweise bei den Insolvenzgerichten zu einem weiteren Bestandteil eines eingeschliffenen Systems aufgrund von wiederholenden Verfahrensweisen wird und damit nicht nur die Insolvenzmasse in unzulässiger Weise zukünftig geschmälert, sondern auch der durch das ESUG herbeigeführte Verfahrenskosteneffekt ins Gegenteil verkehrt wird.632 Es ist daher der Frage nachzugehen, wie dieses Verhalten zukünftig vermieden werden kann. 3. Reformvorschlag de lege ferenda: ausdrückliche Regelung zur Sachverständigenbeauftragung Aufgrund der Tatsache, dass die Beauftragung von Sachverständigen mit Rechtsmitteln nicht überprüfbar ist633, die Prüfung und der Gang über die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG kostenintensiv und langwierig ist634 und mit steigender Fallzahl die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass ein Insolvenzrichter die einmal eingeschlagene Verfahrensweise wieder verlässt635, wird diesbezüglich vorgeschlagen, gesetzliche Regelungen zu schaffen, die ausdrücklich die Bestellung von Sachverständigen untersagen. So ist zu regeln, dass für das Vorliegen der besonderen Anordnungsvoraussetzungen der Eigenverwaltung nach § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO, für die Prüfung der Anordnungsvoraussetzungen des Eigenverwaltungseröffnungsverfahrens nach § 270a Abs. 1 InsO und im Kontext des Sanierungsvorbereitungsverfahrens für die Überprüfung der inhaltlichen Anforderungen der Sanierungsbescheinigung sowie für das Vorliegen 628
Vgl. AG Erfurt, ZInsO 2012, 944. Vgl. Frind, ZInsO 2012, 386, 389. 630 Vgl. AG Kleve, Beschluss vom 2. 12. 2012 – 34 IN 38/12 (n.v.; zitiert nach Smid, ZInsO 2013, 209, 217). 631 Vgl. AG Erfurt, ZInsO 2012, 944. 632 Dieser Effekt wird durch das neue JVEG sogar noch verstärkt, da der Sachverständige nun einheitlich mit EUR 80 je Stunde vergütet wird. Vgl. dazu Teil D. II. 2. a). 633 Vgl. Brinkmann/Zipperer, ZIP 2011, 1337, 1341. 634 Vgl. Uhlenbruck/Pape, InsO, 13. Auflage 2010, § 5, Rn. 27; Meyer-Löwy/Ströhmann, ZIP 2012, 2432, 2434. 635 Vgl. Beyer, ZfS 2005, 5, 8; Robert, KSI, 119, 121. 629
D. Auswirkung des ESUG auf die Verfahrenskosten
201
eines Insolvenzeröffnungsgrundes oder etwaiger Fortführungsaussichten keine Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben werden dürfen. Hierdurch wird die für den Schuldner erforderliche Rechtssicherheit in Bezug auf die Verfahrenskosten geschaffen und damit die Anreizwirkung, die durch die gesetzliche Neuerung hätte eintreten sollen, gesichert. 4. Ergebnis Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass mit der Vergütung für den nunmehr im Eröffnungsverfahren einzusetzenden vorläufigen Sachwalter eine Verfahrenskostenentlastung gegenüber dem früheren Rechtszustand eingetreten ist. Die ersparten Aufwendungen für gerichtlich bestellte Sachverständige werden dagegen durch die Beratungskosten für die Erstellung der Sanierungsbescheinigung aufgezehrt. Daran anknüpfend könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass sich zumindest durch die gegenüber der bisherigen Rechtslage geringere Verwaltervergütung die Sanierungschancen und damit die Anreizwirkung erhöht haben. Dieser Erkenntnis steht jedoch das, z. T. in der gerichtlichen Praxis beobachtbare, Phänomen der Pfadabhängigkeit entgegen. Durch die unzulässige Vergabe von Sachverständigengutachten wird die Insolvenzmasse geschmälert und damit zugleich die Chance auf eine den Liquidationswert übersteigende Fortführungsquote. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, gesetzliche Regelungen zu schaffen, die ein solches Vorgehen unterbinden und damit die Anreizwirkung (auch bzw. insbesondere in dem hier diskutierten Kreis) für eine frühzeitige Verfahrenseinleitung erhöht wird.
Teil 4
Thesenartige Zusammenfassung Die wesentlichen Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung werden nachfolgend nochmals thesenartig aufgeführt, wobei zwischen den Ergebnissen der Untersuchungsgrundlagen (I.), den Ergebnissen der vier analysierten Anreizfaktoren1 (II. – V.) und einem Ausblick (VI.) unterschieden wird:
I. Ergebnisse zu den Untersuchungsgrundlagen 1. Erst mit Eintritt einer insolvenzrechtlichen Krise (wobei der Tatbestand der insolvenzrechtlichen Überschuldung i. d. R. vor dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit erfüllt sein wird) besteht für einen Gesellschaftergeschäftsführer einer insolventen, aber sanierungsfähigen GmbH die Möglichkeit, entweder ein gerichtliches oder ein außergerichtliches Sanierungsverfahren einzuleiten.2 2. Der gerichtliche Sanierungsrahmen stellt in den Fällen die objektiv effizientere Verfahrensalternative dar, in denen sog. „Akkordstörer“ das Sanierungsvorhaben blockieren.3 Das Blockadepotenzial kann mittels des Obstruktionsverbots (§ 245 InsO) und der Möglichkeit, sich von wirtschaftlich ungünstigen Verträgen lösen zu können (§§ 103 ff. InsO) überwunden werden. 3. Um die Anreizwirkung des neu geschaffenen Sanierungsvorbereitungsverfahrens bei einem Gesellschaftergeschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens i.S.d. § 22a InsO beurteilen zu können, kann dessen wirtschaftliche Interessenslage an einem gerichtlichen Sanierungsverfahren als Bewertungskriterium herangezogen werden.4 Diese ist geprägt von dem Bedürfnis, das Unternehmen und seinen Rechtsträger zwecks Vermeidung einer Privatinsolvenz zu erhalten.5 Zudem wird ein Gesellschaftergeschäftsführer in den Fällen ein Interesse an einer gerichtlichen Sanierung haben, in denen er einen Teil des Fortführungswerts für sich vereinnahmen kann.6 1 2 3 4 5 6
Vgl. dazu Teil 3 vor A., sowie Teil 3, A., B., C. und D. Vgl. Teil 2, A. III. Vgl. Teil 2, B. III. Vgl. Teil 3, vor A. Vgl. Teil 3, vor A. Vgl. Teil 3, vor A.
Teil 4: Thesenartige Zusammenfassung
203
II. Ergebnisse zur Eigenverwaltung 1. Die Eigenverwaltung stellt einen positiven Anreizmechanismus zur frühzeitigen Insolvenzantragstellung bei einem Gesellschaftergeschäftsführer dar.7 Dies resultiert daraus, dass das Vertretungsorgan einer insolventen Gesellschaft mit umfangreichen Kontroll- und Gestaltungsrechten ausgestattet wird, die die Chance eröffnen eine Fortführungslösung zu erarbeiten. Diese kann nicht nur die bestmögliche und gleichmäßige Gläubigerbefriedigung vorsehen, sondern auch davon absehen, dass das Unternehmen und dessen Rechtsträger zerschlagen werden.8 Zudem steigt aufgrund der geringeren Verfahrenskosten die Chance, dass den Gläubigern eine höhere Befriedigungsquote als im Rahmen einer Regelabwicklung angeboten werden kann und ein Gesellschaftergeschäftsführer einen Teil des Fortführungswerts für sich vereinnahmen kann.9 2. Trotz der der Eigenverwaltung grundsätzlich zukommenden Anreizwirkung, hatte die verfahrensrechtliche Ausgestaltung vor Einführung des ESUG dazu beigetragen, dass ein Gesellschaftergeschäftsführer davon Abstand nahm frühzeitig ein gerichtliches Sanierungsverfahren einzuleiten.10 Ursächlich hierfür war der restriktive Umgang der Insolvenzgerichte mit dem Eigenverwaltungsantrag und der Kontrollverlust des Schuldners im Eröffnungsverfahren.11 3. Durch die geänderten Anordnungsvoraussetzungen der Eigenverwaltung muss nunmehr das Insolvenzgericht darlegen und begründen, weshalb die Eigenverwaltung nicht angeordnet werden soll (sog. gedrehte Begründungslast).12 Ein schlichtes Ignorieren des Eigenverwaltungsantrags seitens des Insolvenzgerichts reicht nicht mehr aus, um diesen abzulehnen.13 Auch eine abstrakte Gläubigergefährdung ist nunmehr für die Anordnung der Eigenverwaltung unschädlich. Maßgeblich für die Ablehnung des Eigenverwaltungsantrags sind nach Einführung des ESUG allein konkrete Umstände, die dazu geeignet sein müssen eine Gläubigergefährdung zu begründen.14 Zudem kann ein Gesellschaftergeschäftsführer im Sanierungsvorbereitungsverfahren nun selbst die Weichen für die Krisenüberwindung stellen.15 Für diese besondere Rechtsstellung müssen allerdings spezielle Voraussetzungen erfüllt sein: a) Dem Insolvenzgericht ist eine Bescheinigung vorzulegen, aus der u. a. hervorgeht, dass lediglich drohende Zahlungsunfähigkeit i.S.v. § 18 InsO oder 7
Vgl. Teil 3, A. Vgl. Teil 3, A. 9 Vgl. Teil 3, A. 10 Vgl. Teil 3, A. I. 11 Vgl. Teil 3, A. I. 12 Vgl. Teil 3, A. II. 1. 13 Vgl. Teil 3, A. II. 1. 14 Vgl. Teil 3, A. II. 1. 15 Vgl. Teil 3, A. II. 2. bb). 8
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Teil 4: Thesenartige Zusammenfassung
Überschuldung gem. §19 InsO, aber keine Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO vorliegt (vgl. § 270b Abs. 1 InsO).16 b) Aus der Bescheinigung muss zudem ersichtlich sein, dass die „Sanierungsfähigkeit“ nicht offensichtlich aussichtslos ist.17 Dies bedeutet, dass die beabsichtigten Sanierungsmaßnahmen dazu geeignet sein müssen, um die insolvenzrechtliche Krise im Rahmen eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens überwinden zu können und hiergegen keine offensichtlichen, d. h. ohne weiteres erkennbare tatsächliche oder rechtliche Gründe vorliegen dürfen.18 c) Die Bescheinigung ist ferner von einem in Insolvenzsachen erfahrenen Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, vereidigten Buchprüfer oder von einer Person mit einer vergleichbaren Qualifikation auszustellen.19 Eine vergleichbare Qualifikation liegt vor, wenn der Bescheinigungsaussteller ein Hochschulstudium der Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften (erfolgreich) absolviert hat.20 Zudem muss jeder Bescheinigungsaussteller Kenntnisse in den Bereichen „Prüfung von Insolvenzeröffnungsgründen und Sanierungsaussichten“ vorweisen.21 Bei der Frage nach der praktischen Erfahrung ist die Gesellschaftsform, die Anzahl der betreuten Mandate und die Unternehmensgröße zu berücksichtigen.22 Des Weiteren kann der Bescheinigungsaussteller ein (langjähriger) Berater des schuldnerischen Unternehmens sein.23 Bei dem Berater bzw. Beratungsunternehmen muss es sich auch nicht zwingend um eine natürliche Person handeln. Auch juristische Personen können die Bescheinigung ausstellen. Voraussetzung hierfür ist, dass ihr Vertretungsorgan die Qualifikation des § 270b Abs. 1 S. 3 InsO erfüllt.24 4. Trotz der geänderten verfahrensrechtlichen Ausgestaltung der Eigenverwaltung und der neu geregelten Kontrollmechanismen im Eröffnungs- bzw. Sanierungsvorbereitungsverfahren wird dies nicht ohne Weiteres dazu beitragen, dass ein Gesellschaftergeschäftsführer frühzeitig(er) einen Insolvenzantrag stellen wird: 16 Hierbei gilt es zu berücksichtigen, dass der Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit für juristische Personen nur in den Fällen eine eigene Bedeutung behält, in denen die Zahlungsfähigkeit für das laufende und das nachfolgende Geschäftsjahr nicht sichergestellt, bei Erstellung des Überschuldungsstatus zu Liquidationswerten aber noch kein negatives Eigenkapital auszuweisen ist. Diese Fallkonstellation wird nach allgemeiner Auffassung jedoch in den seltensten Fällen vorkommen. Vgl. hierzu Teil 2, A. II. 3.). 17 Vgl. Teil 3, A. II. 2. b) aa) (2) (b) (aa). 18 Vgl. Teil 3, A. II. 2. b) aa) (2) (b) (bb). 19 Vgl. Teil 3, A. II. 2. b) aa) (2) (c) (aa). 20 Vgl. Teil 3, A. II. 2. b) aa) (2) (c) (aa). 21 Vgl. Teil 3, A. II. 2. b) aa) (2) (c) (bb). 22 Vgl. Teil 3, A. II. 2. b) aa) (2) (c) (bb). 23 Vgl. Teil 3, A. II. 2. b) aa) (2) (c) (cc). 24 Vgl. Teil 3, A. II. 2. b) aa) (2) (c) (dd).
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a) Dem erleichterten Zugang zur Eigenverwaltung steht der mit Eintritt und Bekanntmachung der insolvenzrechtlichen Krise bedingte Vertrauensverlust der Gläubiger entgegen.25 b) Der besonderen Rechtsstellung des Schuldners im Sanierungsvorbereitungsverfahren stehen die in der Praxis beobachtbare Rechtsunsicherheit hinsichtlich der besonderen Verfahrensvoraussetzungen26, sowie die Tatsache, dass aufgrund der Neigung zur Vereinfachung von Sachverhalten und der Tendenz zum Überoptimismus die Überschuldung in der Praxis regelmäßig zu spät erkannt wird, entgegen.27 5. Um die Akzeptanz der Gläubiger, und damit die Anreizwirkung der neu geregelten Eigenverwaltung zu erhöhen, ist vor Insolvenzantragstellung ein externer Sanierungsexperte in die Geschäftsführung aufzunehmen.28 Dies stellt nicht nur eine vertrauensfördernde und wirtschaftlich sinnvolle, sondern auch eine rechtlich zulässige Maßnahme dar.29 Ferner sind gesetzliche Änderungen im Bereich der Eröffnungsvoraussetzungen des Sanierungsvorbereitungsverfahrens unerlässlich: a) Zum einen ist eine Regelung zu schaffen die dafür Sorge trägt, dass ein Gesellschaftergeschäftsführer die Überschuldung rechtzeitig erkennt und Überoptimismus im Rahmen der Prüfung unterbunden wird. Hierzu wird vorgeschlagen, dass die ohnehin bestehende Pflicht zur Einberufung der Gesellschafterversammlung wenn die Hälfte des Stammkapitals aufgezehrt wurde, zu einer ausdrücklichen Pflicht zur Überschuldungsprüfung aufgewertet wird und die Prüfung durch einen externen Berater zwingend vorgenommen werden muss.30 b) Des Weiteren sind die besonderen Voraussetzungen des Sanierungsvorbereitungsverfahrens gesetzlich zu konkretisieren. Hierzu ist es unabdingbar, dass das Bundesjustizministerium nach dem Vorbild des Verbraucherinsolvenzverfahrens, einen Vordruck für die Sanierungsbescheinigung i.S.d. § 270b Abs. 1 InsO zur Verfügung stellt31 und ein Anerkennungsverfahren für die Bescheinigungsaussteller implementiert.32
25 26 27 28 29 30 31 32
Vgl. Teil 3, A. III. 1. b). Vgl. Teil 3, A. III. 2. b) bb) und cc). Vgl. Teil 3, A. III. 2. b) aa). Vgl. Teil 3, A. III. 1. c). Vgl. Teil 3, A. III. 1. c). Vgl. Teil 3, A. III. 2. b) aa) (2). Vgl. Teil 3, A. III. 2. b) bb) (2) (c). Vgl. Teil 3, A. III. 2. b) cc) (2) (b).
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Teil 4: Thesenartige Zusammenfassung
III. Ergebnisse zur Auswahl des (vorläufigen) Sachwalters 1. Der Einfluss auf die Bestellung des (vorläufigen) Sachwalters stellt grundsätzlich einen positiven Anreizmechanismus bei einem Gesellschaftergeschäftsführer dar.33 Aus seiner Sicht ist es von Bedeutung, dass vom Insolvenzgericht ein Sachwalter bestellt wird, der nicht „pauschal“ die Liquidation des Rechtsträgers anstrebt, sondern einer beabsichtigten Eigensanierung offen gegenübersteht und neben der Verwirklichung der gleichmäßigen und bestmöglichen Gläubigerbefriedigung das vom Gesellschaftergeschäftsführer beabsichtigte Eigensanierungsvorhaben, und das darin enthaltene persönliche Interesse unterstützt.34 Hierfür ist es wichtig, dass der zu bestellende Sachwalter Erfahrung im Bereich der gerichtlichen Unternehmenssanierung, insbesondere im Umgang mit Insolvenzplan- und/oder Eigenverwaltungsverfahren vorweisen kann.35 2. Die Tatsache, dass z. T. Personen zum Verwalter bestellt wurden, die keinerlei Erfahrung im Umgang mit Unternehmenssanierungen oder Insolvenzplan- sowie Eigenverwaltungsverfahren aufweisen konnten, sowie die Zweifel der Insolvenzgerichte hinsichtlich der Unabhängigkeit an einem vom Schuldner vorgeschlagen Verwalterkandidaten, trug vor Einführung des ESUG dazu bei, dass ein Gesellschaftergeschäftsführer davon Abstand nahm frühzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen.36 3. Das in § 270b Abs. 2 S. 2 InsO neu geregelte Vorschlagsrecht zugunsten des Schuldners geht als speziellere Regelung dem allgemeinen Vorschlagsrecht des vorläufigen Gläubigerausschusses vor.37 Eine hierfür notwendige Kontaktaufnahme zu einem potenziellen Verwalterkandidat sowie eine von diesem im Vorfeld der Insolvenzantragstellung vorgenommene Beratung über den allgemeinen Ablauf eines Insolvenzverfahrens verstößt weder gegen insolvenzspezifische (§ 56 Abs. 1 S. 1 InsO) oder strafrechtliche (§ 356 StGB) Regelungen38, noch ist hierin eine Zuwiderhandlungen gegen das anwaltliche Standesrecht (§§ 43a Abs. 2, 45 Abs. 2 Nr. 1 BRAO) zu sehen.39 4. Das besondere Schuldnervorschlagsrecht für das Amt des vorläufigen Sachwalters wird nicht ohne Weiteres die Anreizwirkung des Sanierungsvorbereitungsverfahrens bei einem Gesellschaftergeschäftsführer erhöhen. Dem Anreiz steht die eingeschränkte Dispositionsfreiheit aus § 15a InsO i.V.m. dem schuldnerseitigen Informationsdefizit hinsichtlich eines für die gerichtliche Sa-
33 34 35 36 37 38 39
Vgl. Teil 3, B. Vgl. Teil 3, B. Vgl. Teil 3, B. Vgl. Teil 3, B. I. Vgl. Teil 3, B. II. 2. Vgl. Teil 3, B. II. 1. a) bb) (2). Vgl. Teil 3, B. II. 1. a) bb) (2).
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nierung geeigneten Sachwalters40, sowie das Misstrauen der Gläubiger gegenüber dem „mitgebrachten“ Sachwalter entgegen.41 5. Um die Anreizwirkung des besonderen Vorschlagsrechts für das Amt des vorläufigen Sachwalters zu erhöhen, sollte die bereits seit über zehn Jahren geführte Diskussion um die Einführung einer Internetverwalterliste nach österreichischem Vorbild beendet und eine derartige Liste (in modifizierter Form) im nationalen Recht verankert werden.42 Überdies kann durch eine autonome und über die gesetzlichen Pflichten hinausgehende Förderung von Transparenz dazu beitragen, das Misstrauen der Gläubigerschaft gegenüber dem mitgebrachten Sachwalter abzubauen. Konkret wird hierfür vorgeschlagen, die Unabhängigkeit und Neutralität des Sachwalters sowie die Notwendigkeit der Übertragung von verfahrensnotwendigen Dienstleistungen auf die Sachwalterkanzlei gegenüber den Gläubigern darzulegen.43
IV. Ergebnisse zu den Rechtsmitteln im Planbestätigungsverfahren 1. Ein straffer Verfahrensablauf stellt einen positiven Anreizmechanismus bei einem Gesellschaftergeschäftsführer dar.44 Denn je länger sich ein Unternehmen in der Krise bzw. in einem Insolvenzverfahren befindet, desto länger wird seine „normale“ Geschäftstätigkeit unterbrochen und umso mehr steigen die indirekten Insolvenzkosten an und mindern damit zum einen die Möglichkeit, dass kein den Liquidationswert übersteigender Fortführungswert realisiert wird.45 Zum anderen wird hierdurch die Chance erschwert, dass der Gesellschaftergeschäftsführer einen Teil des Fortführungswerts für sich vereinnahmen kann.46 2. Die Ausgestaltung der Rechtsmittel im Insolvenzplanverfahren und das hierdurch für die Gläubiger erzeugte Blockadepotenzial für Verfahrensverzögerungen hatte vor Einführung des ESUG dazu geführt, dass ein Gesellschaftergeschäftsführer davon Abstand nahm, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen.47 3. Um Verfahrensverzögerungen aufgrund des Minderheitenschutzes aus § 251 InsO zu vermeiden, hat der Reformgesetzgeber eine Regelung geschaffen, die die rechtliche Zulässigkeit einer Nachbesserungsklausel im Insolvenzplan ausdrücklich vorsieht.48 Damit sind die in der Vergangenheit (zu Unrecht) aufge40 41 42 43 44 45 46 47 48
Vgl. Teil 3, B. III. 2. Vgl. Teil 3, B. III. 3. Vgl. Teil 3, B. III. 2. c) cc). Vgl. Teil 3, B. III. 3. b). Vgl. Teil 3, C. vor I. Vgl. Teil 3, C. vor I. Vgl. Teil 3, C. vor I. Vgl. Teil 3, C. I., II. 2. sowie III. 1. Vgl. Teil 3, C. II. 3. i.V.m. 4.
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kommenen Zweifel, ob derartige Klauseln im Plan überhaupt aufgenommen werden dürfen, ausgeräumt worden. 4. Durch das ESUG wurden die Voraussetzungen für die Einlegung der sofortigen Beschwerde erhöht.49 Die bloße Behauptung eines Gläubigers, es läge ein Verfahrensmangel vor, reicht de lege lata nicht mehr aus, um Beschwerde gegen den Insolvenzplan einlegen zu können. Allein die Glaubhaftmachung von „wesentlichen“ wirtschaftlichen Nachteilen ist nunmehr vom Insolvenzgericht zu berücksichtigen.50 Sollte trotz der neu geregelten Zulässigkeitsvoraussetzungen die sofortige Beschwerde statthaft sein, kann der Plan dennoch bestätigt werden, wenn der Plan Ausgleichsmittel vorsieht oder das in § 253 Abs. 4 InsO neu geregelte Freigabeverfahren beantragt wird.51 5. Während die neuen Voraussetzungen für die Einlegung der sofortigen Beschwerde dem früheren Verfahrensblockadepotenzial der Gläubiger entgegenwirkt und damit die Anreizwirkung des gerichtlichen Sanierungsverfahrens bei einem Gesellschaftergeschäftsführer ein Stück weit erhöht wurde,52 gilt dies nicht für die Möglichkeiten, mit Nachbesserungsklauseln und/oder dem neu geschaffenem Freigabeverfahren ein übrig gebliebenes Restblockadepotenzial überwinden zu können: a) Die für eine Nachbesserungsklausel notwendigen finanziellen Ausgleichsmittel können in der hier untersuchten Fallkonstellationen regelmäßig nicht aufgebracht werden.53 Die Bildung einer Rücklage birgt die Gefahr, dass die im Plan vorgesehenen Fortführungsquoten nicht erreicht werden.54 Die Alternative einen Planungshorizont von mehr als zwei Jahren für die Gläubigerbefriedigung anzulegen birgt das Risiko, dass die Gläubiger aufgrund des hierdurch ansteigenden Prognoserisikos dem Plan nicht zustimmen werden.55 Zudem ist davon Abstand zu nehmen, die Mittel für eine Nachbesserungsklausel aus der Vermeidung einer Vergleichsrechnung aufbringen zu wollen. Hierdurch wird den Gläubigern die Grundlage für ihre Investitionsentscheidung entzogen und die Chance, als Planverfasser durch die gezielte Verwendung des „framing-effects“ die Verwertungsentscheidung der Gläubiger beeinflussen zu können, verspielt.56 b) Aufgrund des Risikos, dem Beschwerdeführer den durch das Freigabeverfahren etwaig entstandenen (wirtschaftlichen) Schaden ersetzen zu müssen, 49 50 51 52 53 54 55 56
Vgl. Teil 3, C. III. 2. a) i.V.m. 3. a). Vgl. Teil 3, C. III. 2. a). Vgl. Teil 3, C. III. 2. b). Vgl. Teil 3, C. III. 4. Vgl. Teil 3, C. II. 4. Vgl. Teil 3, C. II. 4. Vgl. Teil 3, C. II. 4. Vgl. Teil 3, C. II. 4 i.V.m. 5.
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sind bei dieser Verfahrensoption die gleichen Maßstäbe anzulegen wie im Rahmen der Finanzierung von Ausgleichsmitteln.57
V. Ergebnisse zu den Verfahrenskosten 1. Ein niedriges Verfahrenskostenniveau steigert die Eigensanierungschancen und die Aussicht, dass ein Gesellschaftergeschäftsführer einen Teil des Fortführungswerts für sich vereinnahmen kann.58 2. Die Verfahrenskosten für den vorläufigen Insolvenzverwalter und für gerichtlich bestellte Sachverständige trugen in der Vergangenheit dazu bei, dass ein Gesellschaftergeschäftsführer davon Abstand nahm ein gerichtliches Sanierungsverfahren zu durchlaufen.59 3. Die Vergütung des nunmehr im Sanierungsvorbereitungsverfahren zu bestellenden vorläufigen Sachwalters beträgt 15 % der Regelvergütung, während die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters mit 25 % der Regelvergütung vergütet wird.60 4. Die Kosten für die Vergütung gerichtlich bestellter Sachverständige wurde gegenüber dem früheren Rechtsrahmen reduziert.61 Allerdings wird dieser Effekt durch die Kosten für den Bescheinigungsaussteller aufgezehrt.62 5. Aufgrund des Phänomens der Pfadabhängigkeit neigen Insolvenzrichter dazu, Sachverständigengutachten in Auftrag zu geben, obwohl diese rechtlich unzulässig sind.63 Hierdurch wird die durch die reduzierte Verwaltervergütung entstehende Verfahrenskostensenkung konterkariert und damit ein mit dem Sanierungsvorbereitungsverfahren geschaffener Anreiz zur frühzeitigen Insolvenzantragstellung unterbunden.64 6. Um die aufgrund von Pfadabhängigkeit unzulässig entstehende Erhöhung von Verfahrenskosten zu verhindern, sind gesetzliche Regelungen zu schaffen, die eine Sachverständigenbeauftragung für die Prüfung der Voraussetzungen aus §§ 16 ff., 22 Abs. 1, S. 2 Nr. 3, 270 Abs. 1, 270a, Abs. 1, 270b Abs. 1, InsO ausdrücklich ausschließen.65
57 58 59 60 61 62 63 64 65
Vgl. Teil 3, C. III. 4. Vgl. Teil 3, D. vor I. Vgl. Teil 3, D. I. Vgl. Teil 3, D. II. 1. Vgl. Teil 3, D. II. 2. d). Vgl. Teil 3, D. II. 2. d). Vgl. Teil 3, D. III. 2. Vgl. Teil 3, D. III. 2. Vgl. Teil 3, D. III. 3.
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VI. Ausblick Mit den oben genannten Handlungsempfehlungen66 und Reformvorschlägen de lege ferenda67 ließe sich die Anreizwirkung des gerichtlichen Sanierungsverfahrens bei einem Gesellschaftergeschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens i.S.d. § 22a InsO erhöhen, so dass zukünftig frühzeitiger und vermehrt gerichtliche Eigensanierungen zum Zwecke der gleichmäßigen und bestmöglichen Gläubigerbefriedigung durchgeführt werden.
66 67
Vgl. Teil 4, II. 5., III. 5., IV. 5. Vgl. Teil 4, II. 5. a) und b), III. 5., V. 5.
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Stichwortverzeichnis Akkordstörer 82, 97, 172, 177, 202 Amtsermittlungsgrundsatz 188, 191, Ausgleichsmittel 164 – 166, 168 – 171, 174, 179 – 180, 208 – 209 Bescheinigungsaussteller 98 – 105, 118, 123, 125, 129 – 130, 132 – 137, 147, 157, 195, 198 – 199, 204 – 205, 209 conflict-check 142, 150, 159 – 160 Debt to equity swap 59 – 60, 168 Differenzhaftung 60, 168 Drohende Zahlungsunfähigkeit 38, 96, 119, 131, 189, 203 Eigensanierung 15 – 18, 52, 84, 86, 105, 128, 137 – 139, 141, 149, 158, 160 – 161, 169, 175, 181, 190, 206, 209 – 210 Eigensanierungsplan siehe Sanierungsplan Eigenverwaltung 15 – 19, 49, 72 – 76, 78 – 80, 83, 85 – 96, 105 – 106, 111 – 116, 118 – 119, 128, 138 – 139, 141, 147 – 149, 151 – 152, 154 – 155, 159, 174 – 175, 182 – 183, 187 – 193, 197 – 200, 203 – 206 Eigenverwaltungsantrag siehe Eigenverwaltung Eigenverwaltungseröffnungsverfahren siehe Eigenverwaltung Eigenverwaltungsverfahren siehe Eigenverwaltung Einzahlungsüberschuss 53, 63, 120, 169 Erfolgskrise siehe Krise Finanzplanung 46 – 47, 120, 130 Fortbestehensprognose 28, 32, 34 – 38 – 41, 47, 96, 121, 123 Fortführungsaussichten 90, 105, 185, 187 – 190, 194, 197 – 201 Fortführungsquote 64, 152, 169, 179, 181, 195, 201, 208
Fortführungswert 28 – 29, 62, 68, 83, 86, 161, 170 ,172, 179, 181, 202 – 203, 207, 209 Fortführungswille 35, 38, 48, 97 framing-effect 170, 208 Freigabeverfahren 173 – 180, 208 Gläubigerausschuss 18, 51, 72, 75, 79, 93 – 94, 106, 108, 110 – 111, 113 – 114, 117, 146 – 148, 159, 190, 206 Gläubigerversammlung 50, 76, 78, 80, 158 – 159, 188, 190, 192 Gruppenbildung 56 – 58, 69, 97, 158 Insolvenzforderungen 107, 118, 175 Insolvenzgeld 106 – 108, 118, 130, 183 Insolvenzgericht 55 – 56, 64 – 75, 78 – 80, 87 – 98, 102, 105 – 106, 108 – 112, 117, 123, 125 – 127, 131, 133 – 134, 136 – 160, 162, 166, 175, 177, 179 – 180, 184, 186 – 193, 196 – 200, 203, 206, 208 Insolvenzkosten 80 – 82, 158, 161, 176, 181 – 182, 207 Insolvenzplan 15 – 18, 49 – 52, 54 – 60, 62 – 72, 74, 82, 90, 95, 97, 104 – 105, 107, 111, 118, 125, 128 – 129, 138 – 140, 148 – 149, 151 – 152, 154 – 155, 157 – 158, 161 – 167, 170 – 171, 173 – 175, 177, 183, 206 – 208 Insolvenzplanverfahren siehe Insolvenzplan Insolvenzrichter 65, 127, 133 – 134, 140, 191, 197 – 200, 209 Insolvenzverwalter 50 – 51, 65 – 66, 68, 71 – 75, 80, 86, 88 – 90, 92, 100 – 103, 105, 107 – 108, 110, 112, 116 – 117, 128 – 129, 135 – 136, 140, 142 – 146, 149 – 157, 174, 178, 182 – 183, 185 – 189, 194 – 195, 209 Internetverwalterliste 153 – 157, 160, 207 Investorenprozess 90, 118, 190 Krise 22 – 26, 29, 40 – 41, 43 – 46, 51 – 53, 56, 74, 81, 96 – 97, 109, 113 – 115, 119 –
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Stichwortverzeichnis
121, 123, 126, 128 – 129, 150, 154, 161, 165, 202, 204 – 205, 207 Krisenursachen siehe Krise Liquidation 15, 32, 35, 43, 51, 53, 64, 68, 84 – 85, 139, 162 – 163, 165, 169, 206 Liquidationsplan siehe Liquidation Liquidationsquote 164, 170 Liquidationswert 28 – 33, 39, 41, 62, 83, 96, 119, 122 – 123, 161, 170, 181, 195, 201, 207 Liquiditätskrise siehe Krise Masseverbindlichkeit 71, 75, 78 – 79, 89, 93, 106 – 107, 117 – 118, 130, 137, 148, 178 Minderheitenschutz 62, 64, 70, 161 – 167, 179, 207 Nachbesserungsklausel 163 – 167, 170, 207 – 208 Obstruktionsverbot 50, 64, 68 – 69, 82, 162 – 163, 202 Pareto Effizienz 162 Pfadabhängigkeit 196 – 199, 201, 209 Planungsrechnung 47, 63, 66, 120, 126, 130 – 132, 140, 171 Rating 151 – 152, 160 Reaktives Abwerten 158, 160 Rechtsträger 18, 51 – 52, 71, 85, 139, 161, 202 – 203, 206 Regeleigenverwaltungseröffnungsverfahren siehe Eigenverwaltung Restrukturierung 22 Sachverständige 80, 90, 105, 118, 123 – 124, 137, 170, 181 – 201, 209 Sachwalter 19, 73 – 80, 83, 92 – 94, 103, 105, 109 – 111, 116, 118, 137 – 142, 146 – 150, 154 – 155, 159 – 160, 174, 181 – 185, 189, 192, 194 – 195, 199, 201, 206 – 207, 209 Sanierung 15 – 17, 21 – 22, 23, 25, 29, 36 – 37, 40 – 41, 43 – 44, 48 – 49, 51 – 53, 61, 64, 72, 79 – 83, 85, 87, 90, 94 – 100, 105, 109, 114 – 115, 117 – 118, 130 – 131, 137, 139 –
141, 148 – 149, 158, 160, 167 – 168, 171, 176, 181, 189 – 190, 202 Sanierungsberater 43, 90, 125, 151 Sanierungsbescheinigung 104, 114, 125 – 128, 131, 133, 136 – 137, 189 – 191, 199 – 201, 205 Sanierungsfähigkeit 43 – 48, 56, 74, 96 – 98, 100 – 103, 126, 128 – 132, 135, 137, 190, 204 Sanierungskonzept 45 – 48, 125 – 129 Sanierungsmaßnahmen 22, 25 – 26, 44 – 45, 48, 53, 58, 74, 97, 126, 129 – 130, 132, 138, 165, 204 Sanierungsplan 52 – 53, 137 – 138, 154, 160, 169 Sanierungsvorbereitungsverfahren 17 – 18, 91, 95 – 98, 105 – 114, 117 – 120, 125 – 126, 128, 130, 136, 142, 146 – 148, 150, 160, 182, 188 – 191, 194, 197 – 200, 202 – 206, 209 Sanierungswürdigkeit 48, 97 Sicherungsmaßnahmen 88 – 89, 92, 94, 105 – 106 Sofortige Beschwerde 171 – 174, 178 – 179, 208 Strategiekrise siehe Krise Turnaround 22 Überlebensfähigkeit 35 – 38, 43, 46, 48, 121, 129 – 132 Überoptimismus 119 – 125, 205 Überschuldung 21, 24, 27 – 35, 37, 39 – 43, 46, 96, 102, 118 – 124, 130 – 132, 135 – 137, 189, 202, 204 – 205 Übertragende Sanierung 52, 105, 118, 139 Unternehmenskrise siehe Krise Vereinfachung von Sachverhalten 119 – 125, 205 Verfahrenskosten 19, 33, 73, 80, 83, 86, 181 – 183, 186, 194 – 195, 201, 203, 209 Vergleichsrechnung 63 – 64, 163, 169 – 171, 179, 208 Verwaltervergütung 139, 182, 194, 201, 209 Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis 72 – 76, 86, 89, 92 – 93
Stichwortverzeichnis Vorschlagsrecht 147 – 148, 159 – 160, 194, 206 – 207 Wahlrecht des Insolvenzverwalters 74 – 75, 82, 97, 202
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Zahlungsunfähigkeit 26 – 27, 39 – 43, 96, 102, 110, 114, 118 – 122, 131 – 132, 135 – 137, 147, 150, 202 – 204 Zertifizierung 151 – 152, 160