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German Pages 569 [570] Year 2012
Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 276 Herausgegeben vom
Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:
Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann
Susanne Deißner
Interregionales Privatrecht in China – zugleich ein Beitrag zum chinesischen IPR
Mohr Siebeck
Susanne Deißner, geboren 1973; Studium der Rechtswissenschaften in Trier; 1998–99 Sprachstudium in Nanjing, Volksrepublik China; 2008 Promotion; derzeit wiss. Mitarbeiterin am Institut für internationales und ausländisches Privatrecht der Universität Köln.
e-ISBN 978-3-16-152252-9 ISBN 978-3-16-152179-9 ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über www.dnb. dnb.de abrufbar. © 2012 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und gebunden.
Vorwort Einleitung und Teil 1 der vorliegenden Arbeit wurden im Sommersemester 2008 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen. Der 2. Teil der Arbeit, der sich mit dem Kollisionsrecht von Taiwan, Macau und Hong Kong befasst, wurde nachträglich ergänzt und schließt bereits die sich aus dem Inkrafttreten der grundlegenden Reform des taiwanesischen internationalen Privatrechts im Mai 2011 ergebenden Rechtsänderungen ein. Das Inkrafttreten des Gesetzes der Volksrepublik China über die Rechtsanwendung auf Zivilbeziehungen mit Außenberührung am 1.4.2011 machte eine umfangreiche Aktualisierung des 1. Teils erforderlich. Die hier verwendete chinesischsprachige Literatur befindet sich auf dem Stand von Mai 2008, während in westlichen Sprachen verfasste Literatur berücksichtigt werden konnte, die bis Anfang 2012 erschienen ist. Die Übersetzungen von Vorschriften und ihrer Titel wurden möglichst nah an ihrem Wortlaut in der Originalsprache gehalten. Damit sich die zuweilen schwergängigen und langen Titel von Vorschriften vom übrigen Text abheben, sind sie kursiv gedruckt. Meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Heinz-Peter Mansel, danke ich von ganzem Herzen für die große Geduld und das Vertrauen, mit denen er meinen selbst gewählten, nicht immer einfachen Weg durch ein schwieriges Thema begleitet hat. Seine verlässliche Unterstützung und vielfache Förderung waren ein entscheidender Baustein zum Gelingen der Arbeit. Herrn Professor Dr. Hilmar Krüger danke ich für die überaus schnelle Erstellung des Zweitgutachtens und wertvolle Hinweise. Danken möchte ich auch Herrn Professor Dr. Mathias Reimann, der mich auf die Idee brachte, meine Interessen für das internationale Privatrecht und für China in der Doktorarbeit zu verknüpfen. Herrn Professor Dr. Robert Heuser gilt mein Dank für Recherchehinweise und Ermunterung in der Anfangsphase der Bearbeitung. Für die Aufnahme der Arbeit in diese Schriftenreihe bedanke ich mich bei Herrn Professor Dr. Dr. h.c. Jürgen Basedow. Für meine Recherchen gewährten mir das Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Privatrecht in Hamburg und die University
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Vorwort
of Hong Kong Zugang zu ihren Bibliotheken. Dafür möchte ich ebenfalls Dank sagen. Mein besonderer Dank gilt darüber hinaus Frau Dr. Yi-Tzu LU, Berlin, und Frau Dr. Ying SHUAI, Wuhan, für ihre Unterstützung bei einzelnen Verständnisfragen und Übersetzungsproblemen. Herrn Professor Dr. ShihHao LIU, Taipei, danke ich sehr für die Übersendung eines großen Pakets mit IPR-Lehrbüchern aus Taiwan. Frau Claudia Franceschini gebührt mein Dank dafür, dass sie mir ihre unveröffentlichte Magisterarbeit zugänglich gemacht hat. Bei meinen derzeitigen und ehemaligen Kolleginnen und Kollegen am Institut für internationales und ausländisches Privatrecht der Universität zu Köln bedanke ich mich für seelische Unterstützung und zahlreiche Ratschläge. Ganz besonders danke ich schließlich meinem Mann und meinem Sohn dafür, dass sie mich mit der Dissertation geteilt haben. Jetzt brechen andere Zeiten an!
Aachen, im Mai 2012
Susanne Deißner
Inhaltsübersicht Vorwort .................................................................................................... V Inhaltsübersicht ...................................................................................... VII Inhaltsverzeichnis ................................................................................... IX Abkürzungsverzeichnis ................................................................... XXVIII § 1 Einleitung ........................................................................................... 1
1. Teil: Das chinesische Festland ..................................................... 13 § 2 Derzeitige Rechtsquellen des interregionalen Privatrechts ................ 15 § 3 Qualifikation als Fall mit Bezug zu Taiwan, Hong Kong, Macau ...... 47 § 4 Interregionale Zuständigkeit ............................................................. 70 § 5 Interregionales Privatrecht ............................................................. 140 § 6 Interregionale Justizhilfe – Anerkennung und Vollstreckung von Zivilurteilen .............................................................................. 244 § 7 Zusammenfassung des 1. Teils ......................................................... 264
2. Teil: Die drei anderen chinesischen Rechtsregionen ............. 267 § 8 Taiwan ............................................................................................ 269 § 9 Macau ............................................................................................. 335 § 10 Hong Kong .................................................................................... 373 § 11 Zusammenfassung des 2. Teils ....................................................... 424
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Inhaltsübersicht
Anhang I: Rechtstexte Festland ............................................................. 435 Anhang II: Gesetzestext Taiwan ............................................................ 452 Anhang III: Gesetzestexte Macau .......................................................... 457 Literaturverzeichnis .............................................................................. 473 Verzeichnis der Rechtsvorschriften ....................................................... 499 Entscheidungsregister ........................................................................... 515 Sachregister .......................................................................................... 531
Inhaltsverzeichnis Vorwort .................................................................................................... V Inhaltsübersicht ...................................................................................... VII Inhaltsverzeichnis ................................................................................... IX Abkürzungsverzeichnis ................................................................... XXVIII § 1 Einleitung ........................................................................................... 1 Interregionale Rechtskollisionen in China...................................... 1 1. Vier Rechtsordnungen ................................................................ 2 2. Drei Rechtskreise....................................................................... 2 3. Zwei Systeme ............................................................................ 4 4. Ein Land .................................................................................... 5 5. Das Resultat: Rechtskollisionen ................................................. 6 II. Vorgeschlagene Lösungsmodelle ................................................... 7 1. Lösungswege über das Sachrecht ............................................... 7 2. Lösungswege über das Kollisionsrecht ...................................... 8 3. Meinungsstand........................................................................... 8 III. Praktizierte Lösung ...................................................................... 10 I.
1. Teil: Das chinesische Festland ..................................................... 13 § 2 Derzeitige Rechtsquellen des interregionalen Privatrechts ................ 15 I. Gesetzgebung .............................................................................. 15 II. Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts ................................ 15 1. Arten der Stellungnahmen ........................................................ 16 a) Justizauslegungen mit rechtlicher Bindungswirkung ............ 16 b) Stellungnahmen mit faktischer Bindungswirkung................. 17 2. Stellungnahmen mit interregional-privatrechtlichem Regelungsgehalt ....................................................................... 18 a) Die Hong Kong/Macau-Antworten v. 19.10.1987 und das Protokoll 1989 v. 12.6.1989 ........................................... 18
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Inhaltsverzeichnis
(1) Die Hong Kong/Macau-Antworten ................................. 18 (2) Das Protokoll 1989 ......................................................... 19 (3) Fortgeltung der beiden Stellungnahmen .......................... 19 (a) Änderung der tatsächlichen Umstände ....................... 20 (b) Änderung oder Aufhebung der in Bezug genommenen Gesetze ................................................ 20 (4) Anwendungsbereich der Auslegungen ............................ 22 (5) Zusammenfassung .......................................................... 23 b) Stellungnahme zu Fällen mit Taiwan-Bezug v. 9.8.1988 ....... 24 c) Die Zuständigkeits-Regelungen ............................................ 24 d) Das Zweite Protokoll ........................................................... 25 e) Vertragsbestimmungen 2007................................................. 26 f) Zwischenergebnis: Analoge Anwendung des internationalen Privatrechts .................................................. 26 (1) Übereinstimmung mit Literatur und Rechtsprechung ...... 26 (a) Literatur .................................................................... 27 (b) Rechtsprechung ......................................................... 28 (2) Analog anwendbares internationales Privatrecht ............. 29 (a) Gesetze mit international-privatrechtlichen Regelungen ............................................................... 30 (aa) Alte Rechtslage .................................................. 30 (bb) Entwürfe einer möglichen Regelung .................. 31 (i) Das Modellgesetz des Internationalen Privatrechts der Volksrepublik China ............ 31 (ii) Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs .......................... 32 (cc) Neue Rechtslage ................................................. 32 (b) Justizauslegungen mit international-privatrechtlichem Gehalt ...................... 34 g) Sonderfall: Anerkennungs-Regelungen Taiwan .................... 35 III. Internationale Rechtsquellen ........................................................ 36 1. Völkerrechtliche Abkommen .................................................... 36 2. „Internationale Gepflogenheiten“ ............................................. 37 a) Letzter Streitstand ................................................................ 38 b) Regelung in den Entwürfen und im Festland-IPRG .............. 40 IV. Offizielle Vereinbarungen mit den anderen chinesischen Regionen ..................................................................................... 41 1. Anerkennungs-Arrangement Macau ......................................... 42 2. Anerkennungs-Arrangement Hong Kong.................................. 42 V. Zur Anwendung der Rechtsquellen in der Praxis der Volksgerichte ......................................................................... 43 1. Arbeitsweise der Volksgerichte ................................................ 43 2. Ausbildungsstandard der Richter .............................................. 44
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§ 3 Qualifikation als Fall mit Bezug zu Taiwan, Hong Kong, Macau ...... 47 Grundsatz .................................................................................... 47 1. Natürliche Personen aus einer der anderen chinesischen Rechtsregionen ........................................................................ 48 a) In der festlandchinesischen Literatur .................................... 49 (1) Personales Anknüpfungsmoment: Regionalzugehörigkeit .................................................... 50 (a) Haushaltsregister in der Festland-Region .................. 50 (b) Einwohnermelderegister in Taiwan ........................... 52 (c) Identitätsausweis der Ansässigkeit in Hong Kong und Macau ................................................................ 53 (2) Territoriale Anknüpfungsmomente: Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt ................................................. 56 (a) Wohnsitz ................................................................... 56 (b) Gewöhnlicher Aufenthalt .......................................... 57 (c) Auslegung der beiden möglichen territorialen Anknüpfungsmomente .............................................. 57 (aa) Auslegung nach der lex fori ................................ 58 (bb) Tatsächliches Verständnis ................................... 60 b) In der Rechtsprechung der Volksgerichte ............................. 62 (1) Untersuchung von Urteilen ............................................. 63 (2) Interne Mitteilung des Büros des Staatsrats für Hong Kong- und Macau-Angelegenheiten vom 19.4.1991 ................................................................ 64 (3) Ergebnis ......................................................................... 64 c) Nach Inkrafttreten des Festland-IPRG .................................. 65 2. Juristische Personen aus einer der anderen chinesischen Rechtsregionen ........................................................................ 65 a) Staatszugehörigkeit einer juristischen Person ....................... 65 (1) Chinesische juristische Personen .................................... 66 (2) Ausländische juristische Personen .................................. 66 b) Regelung der Hong Kong/Macau-Antworten ....................... 67 (1) Abgrenzung zu rein festlandchinesischen Fällen ............. 67 (2) Abgrenzung zu Fällen mit Außenbezug .......................... 67 c) Ergebnis ............................................................................... 67 II. Sonderregelung im Wechsel- und Scheckrecht ............................. 68 1. Keine Berücksichtigung eines Außenbezugs von Person und Objekt ............................................................................... 68 2. Folge ....................................................................................... 69 I.
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§ 4 Interregionale Zuständigkeit.............................................................. 70 I.
Zuständigkeit kraft Gesetzes ........................................................ 70 1. Allgemeine Zuständigkeit ........................................................ 70 a) Anwendbarkeit des Art. 22 Abs. 1 Festland-ZPG .................. 70 b) Der Begriff des Wohnsitzes .................................................. 71 (1) Natürliche Personen ....................................................... 71 (2) Personenvereinigungen ohne selbständige Rechtspersönlichkeit ....................................................... 72 2. Besondere Zuständigkeit .......................................................... 72 a) Zuständigkeit nach Art. 241 Festland-ZPG (ehemals Art. 243) ............................................................... 72 b) Verhältnis des Art. 241 Festland-ZPG zu den Art. 23–33 Festland-ZPG ....................................................................... 73 (1) Art. 23 Festland-ZPG ..................................................... 74 (2) Art. 24 Festland-ZPG ..................................................... 75 (3) Art. 25 Festland-ZPG ..................................................... 75 (4) Art. 26–28 Festland-ZPG ................................................ 75 (5) Art. 29 Festland-ZPG ..................................................... 76 (6) Art. 30 Festland-ZPG ..................................................... 76 (7) Art. 31–33 Festland-ZPG ................................................ 77 c) Die Gerichtsstände des Art. 241 Festland-ZPG im Einzelnen ........................................................................ 77 (1) Ort des Vertragsabschlusses ............................................ 77 (a) Anwendbares Recht ................................................... 77 (b) Bestimmung des Vertragsabschlussortes .................... 78 (aa) Grundregel ......................................................... 79 (bb) Nicht empfangsbedürftige Annahmeerklärungen ......................................... 80 (cc) Art. 34 Abs. 2 VertragsG: Elektronische Datenschriftstücke .............................................. 80 (dd) Art. 35 VertragsG: Vertragsurkunden .................. 82 (ee) Begonnene Erfüllung bei formbedürftigen Verträgen ............................................................ 83 (2) Ort der Vertragserfüllung ................................................ 84 (a) Wichtige Vertragstypen ............................................. 85 (aa) Kaufvertrag ........................................................ 85 (bb) Werkvertrag ....................................................... 85 (cc) Mietvertrag......................................................... 87 (dd) Darlehensvertrag ................................................ 87 (ee) Vertrag zur Übertragung von Anteilen an chinesischen Gesellschaften ............................... 88 (b) Qualifikation des Vertrags ......................................... 89
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(c) Die Gerichtsstände der Art. 26–28 Festland-ZPG ...... 90 (aa) Art. 26 Festland-ZPG ......................................... 90 (bb) Art. 27 Festland-ZPG ......................................... 91 (cc) Art. 28 Festland-ZPG ......................................... 92 (3) Belegenheitsort des Prozessgegenstands ......................... 92 (4) Belegenheitsort pfändbaren Vermögens des Beklagten ... 93 (a) Pfändbares Vermögen ................................................ 93 (b) Vorschläge zum Schutz gegen Missbrauch ................ 94 (aa) Wertgrenzen ....................................................... 94 (bb) Vermögen im Sinne des Art. 241 Festland-ZPG ....................................... 96 (cc) Erforderliche Beziehung der Streitigkeit zum Forumstaat ......................................................... 97 (5) Ort einer rechtsverletzenden Handlung ........................... 98 (a) Begriff des „Ortes der verletzenden Handlung“ ......... 98 (b) Produkthaftung ......................................................... 98 (c) Verletzung des Rufes ................................................. 99 (d) Verletzung geistigen Eigentums ................................ 99 (aa) Urheberrechtsverletzungen ................................. 99 (bb) Patentrechtsverletzungen ................................. 104 (cc) Markenrechtsverletzungen................................ 105 (6) Wohnsitzort eines Vertretungsorgans ............................ 105 3. Ausschließliche Zuständigkeit ............................................... 106 a) Art. 244 Festland-ZPG ....................................................... 106 b) Art. 34 Festland-ZPG ......................................................... 108 c) Abbedingung ausschließlicher Zuständigkeit ...................... 109 II. Zuständigkeit kraft Vereinbarung der Parteien ........................... 110 1. Art. 242 Festland-ZPG ........................................................... 110 a) Schriftform ........................................................................ 110 b) Vertrags- und vermögensrechtliche Streitigkeit ...................111 c) Tatsächliche Beziehung ...................................................... 112 (1) Objektive Bezugspunkte ............................................... 112 (2) Anzuwendendes Recht als Bezugspunkt ....................... 114 d) Kein Verstoß gegen Instanzenzug und ausschließliche Zuständigkeit ..................................................................... 115 e) Beschränkung auf die erste Instanz .................................... 116 f) Wirksamkeit nach allgemeinen Regeln ............................... 117 g) Ausschließlichkeit .............................................................. 118 h) Kein Verstoß gegen den inländischen ordre public ............. 119 2. Art. 243 Festland-ZPG ........................................................... 119 a) Charakter als konkludente Zuständigkeitsvereinbarung ...... 119 b) Verhältnis zu Art. 38 Festland-ZPG .................................... 120
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c) Einlassung .......................................................................... 121 d) Sonstige Voraussetzungen .................................................. 121 III. Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs ................................... 122 1. Anspruchsgrundlagenkonkurrenz ........................................... 122 a) Anspruchsgrundlagenkonkurrenz im materiellen festlandchinesischen Recht ................................................ 122 b) Alternativverhältnis auch in Fällen mit Außen- oder interregionalem Bezug ....................................................... 123 (1) Erste gerichtliche Stellungnahme.................................. 123 (2) Regelungen des Protokolls 1989 ................................... 124 (3) In der Rechtsprechung der Volksgerichte ...................... 125 (4) Sonderfall Schiedsvereinbarung ................................... 127 2. Streitgenossenzuständigkeit ................................................... 128 IV. Behandlung paralleler interregionaler Zuständigkeit verschiedener chinesischer Regionen ......................................... 129 1. Verbot der Mehrfachverhandlung einer Angelegenheit ........... 129 a) „Eine Angelegenheit“ ......................................................... 130 b) Kein Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit (lis pendens) ...................................................................... 131 (1) Vor der Rückgabe Hong Kongs und Macaus an die Volksrepublik ............................................................... 131 (2) Nach der Rückgabe Hong Kongs und Macaus an die Volksrepublik ............................................................... 132 c) Erneute Klage bei bereits im Ausland oder in einer anderen Region ergangenem Urteil (res judicata) ............................ 134 2. Forum non conveniens ........................................................... 136 3. Forum conveniens .................................................................. 139 § 5 Interregionales Privatrecht .............................................................. 140 I.
Allgemeiner Teil ........................................................................ 140 1. Qualifikation .......................................................................... 140 a) Gegenstand der Qualifikation ............................................. 140 b) Anzuwendendes Recht ....................................................... 143 c) Zeitpunkt der Qualifikation ................................................ 145 d) Problemfelder der Qualifikation aus festlandchinesischer Sicht .................................................................................. 145 (1) Abgrenzung vertraglicher und deliktsrechtlicher Ansprüche .................................................................... 145 (2) Abgrenzung materiell- und prozessrechtlicher Fragestellungen ............................................................ 146 e) Besonderheiten interregionaler Qualifikation ..................... 147 2. Vorfrage ................................................................................. 148
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3. Rück- und Weiterverweisung ................................................. 149 4. Rechtsumgehung ................................................................... 153 a) Umgehung festlandchinesischen Rechts ............................. 153 b) Die Umgehung ausländischen Rechts ................................. 156 c) Neue Regelung ................................................................... 156 d) Interregionale Problematik ................................................. 157 5. Ordre public .......................................................................... 158 a) Inhalt des ordre public........................................................ 159 b) Offene Fragen der bisherigen gesetzlichen Regelung ......... 161 (1) Subjektive vs. Objektive Lehre ..................................... 161 (2) Rechtsfolge .................................................................. 162 (3) Neue Regelung ............................................................. 163 c) Ausschluss der Anwendung internationaler Gepflogenheiten ................................................................ 163 d) Frage der Geltung im interregionalen Privatrecht ............... 166 6. Ermittlung des Inhalts des anzuwendenden fremden Rechts ... 168 II. Besonderer Teil.......................................................................... 171 1. Personenrecht ........................................................................ 171 a) Natürliche Personen ........................................................... 171 (1) Rechtsfähigkeit ............................................................ 171 (a) Bisherige Rechtslage ............................................... 171 (aa) Personen auf festlandchinesischem Territorium ....................................................... 171 (bb) Personen außerhalb festlandchinesischen Territoriums ..................................................... 172 (c) Neue Regelung ........................................................ 172 (2) Geschäftsfähigkeit ........................................................ 173 (a) Bisherige Rechtslage ............................................... 173 (aa) Allgemeine Geschäftsfähigkeit ......................... 173 (bb) Besondere Formen der Geschäftsfähigkeit ....... 175 (i) Deliktsfähigkeit ........................................... 175 (ii) Fähigkeit zur Verfügung über unbewegliches Vermögen ............................. 176 (iii) Wechsel- und Scheckfähigkeit .................... 176 (b) Neue Regelung........................................................ 177 (3) Problematik im interregionalen Rechtsverkehr ............. 178 (a) Bestimmung des Personalstatuts .............................. 178 (b) Mögliche dogmatische Grundlage: Ziff. 181 AGZ-Ansichten analog ............................. 179 (aa) Das Kriterium der Niederlassung...................... 179 (bb) Keine Niederlassung in einer chinesischen Region ............................................................. 179
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(cc) Niederlassung in mehreren chinesischen Regionen .......................................................... 180 (c) Bedeutung des Art. 143 AGZ im interregionalen Rechtsverkehr ......................................................... 180 (d) Analoge Anwendung der Ziff. 180 AGZ-Ansichten ....................................................... 180 (e) Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit im Festland-IPRG ......................................................... 181 b) Juristische Personen ........................................................... 181 (1) Bestimmung des Gesellschaftsstatuts............................ 181 (2) Reichweite des Gesellschaftsstatuts .............................. 182 (a) Innenbeziehungen der juristischen Person ............... 182 (b) Rechts- und Geschäftsfähigkeit ............................... 182 (c) Kumulative Anwendung chinesischen Rechts .......... 183 (aa) Anerkennung als juristische Person .................. 183 (bb) Beschränkung der Rechts- und Geschäftsfähigkeit ............................................ 183 (3) Anwendung im interregionalen Rechtsverkehr .............. 184 (4) Neue Regelung ............................................................. 184 2. Schuldrecht ............................................................................ 185 a) Vertragsrecht ...................................................................... 185 (1) Ermittlung des Vertragsstatuts ...................................... 186 (a) Rechtswahl .............................................................. 187 (aa) Ausdrückliche und stillschweigende Rechtswahl ....................................................... 188 (bb) Zeitpunkt der Rechtswahl................................. 190 (cc) Wählbare Rechtsordnungen .............................. 191 (dd) Teilrechtswahl .................................................. 192 (b) Objektive Anknüpfung ............................................ 193 (aa) Bisherige Rechtslage ........................................ 193 (bb) Neue Rechtslage .............................................. 194 (cc) Konkretisierende Liste von Vertragstypen ........ 195 (c) Ausnahmen von der Ermittlung des Vertragsstatuts nach den Grundsätzen von Parteiautonomie und vertragscharakteristischer Leistung bzw. engster Verbindung .............................................................. 197 (aa) Ausländische Investitionen in China ................. 197 (bb) Generalklausel ................................................. 199 (cc) Arbeitsrecht ...................................................... 199 (dd) Verbraucherverträge ......................................... 201 (2) Reichweite des Vertragsstatuts ...................................... 202
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(3) Die Form von Verträgen (und anderen Rechtsgeschäften)......................................................... 204 (a) Rechtsgeschäfte über das Eigentum an unbeweglichem Vermögen ....................................... 204 (b) Wechsel und Scheck ................................................ 204 (c) Verträge .................................................................. 205 (aa) Unter Geltung des AWVG ................................ 205 (bb) Der Vorbehalt nach Art. 96 UN-Kaufrecht........ 206 (cc) Unter Geltung des VertragsG ............................ 206 (dd) Neue Regelung ................................................ 208 (4) Stellvertretung .............................................................. 208 (a) Bisherige Rechtslage ............................................... 208 (aa) Teilregelungen.................................................. 208 (bb) Rechtsprechung ............................................... 209 (b) Neue Regelung........................................................ 210 b) Deliktsrecht ....................................................................... 211 (1) Grundregel ................................................................... 211 (2) Auflockerung der Tatortregel ........................................ 214 (3) Begrenzung der Anwendung des Deliktsstatuts durch die lex fori .................................................................... 215 (4) Vertragsakzessorische Anknüpfung .............................. 217 (5) Privatautonomie im Deliktsrecht .................................. 217 (6) Sonderregelungen......................................................... 218 c) Ungerechtfertigte Bereicherung.......................................... 220 d) Geschäftsführung ohne Auftrag .......................................... 223 e) Wechsel und Scheck ........................................................... 224 (1) Ausstellung eines Wechsels oder Schecks ..................... 224 (2) Indossament, Annahme, Zahlung und Bürgschaft ......... 226 (3) Reichweite des Statuts einer wertpapierrechtlichen Handlung ...................................................................... 226 (a) Handlungen, die zur Ausübung bzw. Erhaltung der Wechsel- oder Scheckrechte erforderlich sind ........ 227 (b) Rückgriffsrechte ..................................................... 227 (c) Übertragung von Rechten aus Wechsel oder Scheck .................................................................... 227 (d) Maßnahmen bei Verlust des Wechsels oder Schecks ................................................................... 228 (4) Neue Regelung ............................................................. 228 f) Verjährung von Forderungen .............................................. 228 3. Sachenrecht ........................................................................... 229 a) Unbewegliches Vermögen .................................................. 229 b) Bewegliches Vermögen ...................................................... 230
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(1) Literatur ....................................................................... 230 (2) Rechtsprechung ............................................................ 230 (a) Anwendung der lex rei sitae .................................... 231 (b) Anwendung des Statuts des Kausalgeschäfts ........... 232 (3) Neue Regelung ............................................................. 233 c) Reichweite des Sachenrechtsstatuts .................................... 234 (1) Beweglichkeit oder Unbeweglichkeit einer Sache......... 234 (2) Rechtsbeziehungen des Vermögens............................... 234 (3) Neue Regelung ............................................................. 235 d) Sonderfälle......................................................................... 236 (1) Güter auf dem Transport (res in transitu) ...................... 236 (2) Verkehrsmittel .............................................................. 237 (a) Schiffe..................................................................... 237 (b) Zivilflugzeuge ......................................................... 238 (3) Geistiges Eigentum ...................................................... 238 (4) Verbriefte Rechte .......................................................... 240 (5) Pfandrechte an Rechten ................................................ 241 (6) Treuhand ...................................................................... 242 § 6 Interregionale Justizhilfe – Anerkennung und Vollstreckung von Zivilurteilen............................................................................... 244 Im Verhältnis zu Taiwan ............................................................ 244 1. Anwendungsbereich ............................................................... 245 2. Zuständigkeit ......................................................................... 246 3. Gründe für eine Ablehnung der Anerkennung ........................ 246 4. Sonstige Regelungen .............................................................. 247 II. Im Verhältnis zu Macau ............................................................. 247 1. Anwendungsbereich ............................................................... 247 2. Zuständigkeit ......................................................................... 248 3. Gründe für eine Ablehnung der Anerkennung ........................ 248 4. Sonstige Regelungen .............................................................. 250 III. Im Verhältnis zu Hong Kong ...................................................... 251 1. Das Anerkennungs-Arrangement Hong Kong ......................... 251 a) Anwendungsbereich ........................................................... 251 (1) Der Begriff des Urteils ................................................. 251 (2) Vollstreckbares Endurteil .............................................. 251 (3) Schriftliche Gerichtsstandsvereinbarung ....................... 252 (4) Zivil- und handelsrechtliches Zahlungsurteil ................ 253 b) Zuständigkeit ..................................................................... 254 c) Gründe für eine Ablehnung der Anerkennung ..................... 254 d) Sonstige Regelungen .......................................................... 255 I.
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2. Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen, die nicht vom Anerkennungs-Arrangement Hong Kong erfasst sind ............................................................................. 256 a) Bezugnahme auf die Anerkennungs-Regelungen Taiwan .... 256 b) Ablehnung der Anerkennung mangels interregionaler Regelung ........................................................................... 256 c) Entsprechende Anwendung der Art. 265, 266 Festland-ZPG .................................................................... 256 (1) Anerkennungsvoraussetzungen nach Art. 265, 266 Festland-ZPG, insbesondere das Prinzip der gegenseitigen Begünstigung ......................................... 257 (2) Gegenseitigkeit im Verhältnis zu Hong Kong ............... 262 d) Ergebnis ............................................................................. 263 § 7 Zusammenfassung des 1. Teils ......................................................... 264
2. Teil: Die drei anderen chinesischen Rechtsregionen ............. 267 § 8 Taiwan ............................................................................................ 269 Derzeitige Rechtsquellen des interregionalen Privatrechts ......... 269 1. Die Festland-Bestimmungen und die Hong Kong/MacauBestimmungen als besondere Rechtsquellen des interregionalen Privatrechts .................................................... 269 a) Anwendungsbereich ........................................................... 270 (1) Festland-Bestimmungen ............................................... 270 (2) Hong Kong/Macau-Bestimmungen ............................... 271 b) Kollisionen zwischen den verschiedenen Rechtsquellen ..... 272 (1) Fälle mit Bezug zum Festland und zu Hong Kong bzw. Macau .................................................................. 272 (2) Fälle mit interregionalem und internationalem Bezug ... 272 2. Anwendbare Rechtsquellen des internationalen Privatrechts .. 273 a) Das Zivilprozessgesetz ....................................................... 273 b) Das Gesetz über die Rechtsanwendung in Zivilsachen mit Außenbezug ....................................................................... 276 II. Interregionale Zuständigkeit ...................................................... 278 1. Zuständigkeit kraft Gesetzes .................................................. 278 a) Allgemeine Zuständigkeit................................................... 278 (1) Klagen gegen natürliche Personen ................................ 278 (2) Klagen gegen juristische Personen ............................... 279 b) Besondere Zuständigkeit .................................................... 280 (1) Ort der Vertragserfüllung .............................................. 280 I.
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(2) Belegenheitsort pfändbaren Vermögens ........................ 280 (3) Ort einer unerlaubten Handlung .................................... 281 (4) Weitere besondere Zuständigkeiten............................... 282 (a) Klagen gegen bestimmte Personen .......................... 282 (b) Klagen am Ort einer Geschäftsstelle oder Zweigniederlassung ................................................. 283 (c) Gesellschaftsrechtliche Klagen ................................ 283 (d) Klagen in Bezug auf unbewegliches Vermögen........ 283 (e) Klagen aus Wechseln ............................................... 283 (f) Klagen aus Vermögensverwaltung ........................... 283 (g) Klagen auf der Basis von Registrierungen ............... 284 c) Ausschließliche Zuständigkeit ............................................ 284 2. Zuständigkeit kraft Vereinbarung der Parteien........................ 284 a) Ausdrückliche Zuständigkeitsvereinbarung ........................ 284 b) Rügelose Einlassung .......................................................... 285 3. Zuständigkeit kraft Sachzusammenhang ................................ 285 4. Behandlung paralleler interregionaler Zuständigkeit .............. 286 a) Verbot der Mehrfachverhandlung einer Angelegenheit........ 286 b) Forum non conveniens ....................................................... 288 III. Interregionales Privatrecht ......................................................... 289 1. Allgemeiner Teil .................................................................... 289 a) Qualifikation ...................................................................... 289 b) Vorfrage ............................................................................. 290 c) Rück- und Weiterverweisung .............................................. 291 d) Rechtsumgehung ................................................................ 293 e) Ordre public ....................................................................... 294 f) Ermittlung des Inhalts des anzuwendenden fremden Rechts ................................................................................ 296 2. Besonderer Teil ...................................................................... 297 a) Personenrecht ..................................................................... 297 (1) Natürliche Personen ..................................................... 297 (a) Im Verhältnis zu Hong Kong und Macau ................. 297 (aa) Rechtsfähigkeit................................................. 297 (bb) Geschäftsfähigkeit ........................................... 298 (cc) Die Verweisung auf das Heimatrecht im interregionalen Rechtsverkehr ......................... 298 (b) Im Verhältnis zum Festland ..................................... 299 (2) Juristische Personen ..................................................... 300 (a) Bestimmung des Gesellschaftsstatuts ...................... 300 (aa) Im Verhältnis zu Hong Kong und Macau .......... 300 (bb) Im Verhältnis zum Festland .............................. 302 (b) Reichweite des Gesellschaftsstatuts......................... 302
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(c) Kumulative Anwendung des taiwanesischen Rechts ..................................................................... 303 (aa) Anerkennung juristischer Personen ................... 303 (bb) Erwerb von Grund und Boden .......................... 305 b) Schuldrecht ........................................................................ 305 (1) Vertragsrecht ................................................................ 305 (a) Ermittlung des Vertragsstatuts ................................. 305 (aa) Rechtswahl ....................................................... 305 (i) Im Verhältnis zu Hong Kong und Macau ...... 305 (ii) Im Verhältnis zum Festland .......................... 307 (bb) Objektive Anknüpfung ..................................... 307 (i) Im Verhältnis zu Hong Kong und Macau ...... 307 (ii) Im Verhältnis zum Festland .......................... 309 (b) Reichweite des Vertragsstatuts ................................ 310 (c) Sonderregeln für bestimmte Verträge....................... 312 (d) Die Form von Rechtshandlungen/Verträgen ............ 312 (aa) Grundsatz ......................................................... 312 (bb) Ausnahmen ...................................................... 313 (i) Sachenrechtliche Rechtshandlungen............. 313 (ii) Wechsel und Scheck .................................... 314 (d) Stellvertretung ........................................................ 314 (2) Deliktsrecht .................................................................. 316 (a) Grundregel .............................................................. 316 (b) Sonderregelungen ................................................... 317 (3) Ungerechtfertigte Bereicherung .................................... 319 (4) Geschäftsführung ohne Auftrag .................................... 321 (5) Wechsel und Scheck ..................................................... 322 (6) Verjährung von Forderungen ........................................ 323 c) Sachenrecht ........................................................................ 323 (1) Grundsatz ..................................................................... 323 (2) Sonderfälle ................................................................... 325 (a) Güter auf dem Transport.......................................... 325 (b) Verkehrsmittel ......................................................... 326 (c) Geistiges Eigentum ................................................. 326 (d) Verbriefte Rechte .................................................... 327 (e) Treuhand ................................................................. 329 IV. Interregionale Justizhilfe – Anerkennung und Vollstreckung von Zivilurteilen ........................................................................ 329 1. Im Verhältnis zu Hong Kong und Macau................................ 329 a) Zuständigkeit des Urteilsgerichts ....................................... 330 b) Faires Verfahren ................................................................. 331 c) Kein Verstoß gegen den ordre public .................................. 331
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d) Verbürgung der Gegenseitigkeit ......................................... 332 2. Im Verhältnis zum Festland .................................................... 333 § 9 Macau ............................................................................................. 335 Derzeitige Rechtsquellen des interregionalen Privatrechts ......... 335 1. Das Zivilprozessgesetzbuch von Macau ................................. 335 2. Das Zivilgesetzbuch von Macau............................................. 337 II. Qualifikation als Fall mit Bezug zu einer anderen Rechtsregion .............................................................................. 338 III. Interregionale Zuständigkeit ...................................................... 339 1. Zuständigkeit kraft Gesetzes .................................................. 339 a) Allgemeine Zuständigkeit ................................................... 339 (1) Natürliche Personen ..................................................... 339 (2) Juristische Personen ..................................................... 339 b) Besondere Zuständigkeit .................................................... 340 (1) Art. 16 a) Macau-ZPG .................................................. 340 (2) Art. 15 a) Macau-ZPG .................................................. 341 (3) Art. 16 b), c), h) Macau-ZPG ........................................ 342 (4) Art. 16 d)–g) Macau-ZPG ............................................. 343 (5) Art. 15 b) Macau-ZPG .................................................. 343 (6) Arbeitsrecht – Art. 4 Arbeitsprozessgesetzbuch ............ 344 c) Ausschließliche Zuständigkeit ............................................ 344 2. Zuständigkeit kraft Vereinbarung der Parteien........................ 345 a) Gerichtsstandsvereinbarungen ............................................ 345 b) Rügelose Einlassung .......................................................... 347 3. Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs ............................... 347 4. Behandlung paralleler interregionaler Zuständigkeit .............. 348 a) Verbot der Mehrfachverhandlung einer Angelegenheit........ 348 b) Forum non conveniens ....................................................... 348 c) Forum conveniens .............................................................. 348 IV. Interregionales Privatrecht ......................................................... 349 1. Allgemeiner Teil .................................................................... 349 a) Qualifikation ...................................................................... 349 b) Vorfrage ............................................................................. 350 c) Rück- und Weiterverweisung .............................................. 350 d) Rechtsumgehung ................................................................ 351 e) Ordre public ....................................................................... 352 f) Ermittlung des anzuwendenden Rechts ............................... 353 2. Besonderer Teil ...................................................................... 354 a) Personenrecht ..................................................................... 354 (1) Natürliche Personen ..................................................... 354 (a) Rechtsfähigkeit ....................................................... 354 I.
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(b) Geschäftsfähigkeit .................................................. 354 (c) Ermittlung des Personalstatuts................................. 355 (2) Juristische Personen ..................................................... 356 (a) Bestimmung des Gesellschaftsstatuts ...................... 356 (b) Reichweite des Gesellschaftsstatuts ........................ 356 b) Schuldrecht ........................................................................ 357 (1) Vertragsrecht ................................................................ 357 (a) Willenserklärungen ................................................. 357 (b) Ermittlung des Vertragsstatuts ................................. 357 (aa) Rechtswahl ....................................................... 357 (bb) Objektive Anknüpfung ..................................... 358 (c) Reichweite des Vertragsstatuts ................................ 358 (d) Sonderregeln für bestimmte Verträge ...................... 359 (aa) Arbeitsrecht ...................................................... 359 (bb) Allgemeine Vertragsbedingungen ..................... 359 (e) Form ....................................................................... 360 (f) Stellvertretung ......................................................... 360 (2) Deliktsrecht .................................................................. 361 (3) Ungerechtfertigte Bereicherung .................................... 362 (4) Geschäftsführung ohne Auftrag .................................... 363 (5) Wechsel und Scheck ..................................................... 363 (6) Verjährung von Forderungen ........................................ 364 c) Sachenrecht ........................................................................ 364 (1) Grundsatz ..................................................................... 364 (2) Sonderfälle ................................................................... 365 (a) Güter auf dem Transport.......................................... 365 (b) Verkehrsmittel ......................................................... 365 (c) Geistiges Eigentum ................................................. 365 (d) Treuhand ................................................................. 365 V. Interregionale Justizhilfe – Anerkennung und Vollstreckung von Zivilurteilen ........................................................................ 366 1. Art. 1202 Abs. 1 Macau-ZPG ................................................. 367 a) Art. 1200 Macau-ZPG ........................................................ 367 b) Art. 653 a), c) und g) Macau-ZPG ...................................... 370 2. Art. 1202 Abs. 2 Macau-ZPG ................................................. 371 3. Systematik der Anerkennungsvoraussetzungen und -hindernisse............................................................................ 371 § 10 Hong Kong .................................................................................... 373 I.
Derzeitige Rechtsquellen des interregionalen Privatrechts ......... 373 1. Common law ......................................................................... 374 2. Gesetze (ordinances).............................................................. 375
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a) Mit interregional-privatrechtlichen Regelungen.................. 375 b) Mit international-privatrechtlichen Regelungen.................. 375 II. Qualifikation als Fall mit Bezug zu einer anderen Rechtsregion .............................................................................. 376 III. Interregionale Zuständigkeit ...................................................... 376 1. Zuständigkeit kraft Zustellung ............................................... 376 a) Zustellung in Hong Kong ................................................... 377 (1) Zustellung an natürliche Personen ................................ 377 (2) Zustellung an Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit ..................................................... 378 (3) Zustellung an juristische Personen ................................ 378 (4) Zustellung an einen Beauftragten ................................. 379 b) Zustellung außerhalb von Hong Kong ................................ 380 (1) Order 11 r. 1(1)(a) RHC/RDC: Domizil oder gewöhnlicher Aufenthalt ............................................... 381 (a) Domizil ................................................................... 381 (aa) Natürliche Personen ......................................... 381 (bb) Juristische Personen ......................................... 382 (b) Gewöhnlicher Aufenthalt ........................................ 382 (aa) Natürliche Personen ......................................... 382 (bb) Juristische Personen ......................................... 382 (2) Zuständigkeit aufgrund des Handlungsortes ................. 383 (a) Order 11 r. 1(1)(b) RHC/RDC: Gerichtliche Verfügung zu einem Tun oder Unterlassen .............. 383 (b) Order 11 r. 1(1)(d)(i) RHC/RDC: Ort des Vertragsschlusses .................................................... 383 (c) Order 11 r. 1(1)(d)(ii) RHC/RDC: Vertragsschluss durch oder über einen Beauftragten ......................... 383 (d) Order 11 r. 1(1)(e) RHC/RDC: Vertragsverletzung................................................... 383 (e) Order 11 r. 1(1)(f) RHC/RDC: Unerlaubte Handlung................................................................. 384 (f) Order 11 r. 1(1)(p) RHC/RDC: fingiertes Treuhandverhältnis .................................................. 384 (3) Order 11 r. 1(1)(g), (h) und (i) RHC/RDC: Zuständigkeit aufgrund der Belegenheit einer Sache .... 385 (4) Zuständigkeit aufgrund der Anwendbarkeit des Rechts von Hong Kong ............................................................ 386 (a) Order 11 r. 1(1)(d)(iii) RHC/RDC: Vertragsstatut .... 386 (b) Order 11 r. 1(1)(j) RHC/RDC: Treuhand ................. 386 2. Ausschließliche Zuständigkeit ................................................ 386 3. Zuständigkeit kraft Unterwerfung des Beklagten.................... 387
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a) Rügelose Einlassung .......................................................... 387 b) Gerichtsstandsvereinbarung ............................................... 388 (1) Zugunsten eines fremden Gerichts ................................ 388 (2) Zugunsten eines Gerichts von Hong Kong .................... 389 4. Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs: Order 11 Rule 1(1)(c) RHC/RDC ........................................... 389 a) Notwendige Partei .............................................................. 390 b) Angemessene Partei ........................................................... 390 5. Behandlung paralleler interregionaler Zuständigkeit .............. 391 a) Lis pendens ........................................................................ 391 b) Res judicata ....................................................................... 392 c) Forum non conveniens ....................................................... 392 IV. Interregionales Privatrecht ......................................................... 395 1. Allgemeiner Teil .................................................................... 395 a) Qualifikation ...................................................................... 395 b) Vorfrage ............................................................................. 396 c) Rück- und Weiterverweisung.............................................. 396 d) Ordre public ....................................................................... 397 e) Ermittlung des anzuwendenden Rechts............................... 398 2. Besonderer Teil ...................................................................... 399 a) Personenrecht ..................................................................... 399 (1) Natürliche Personen ..................................................... 399 (a) Rechtsfähigkeit ....................................................... 399 (b) Geschäftsfähigkeit .................................................. 399 (aa) Geschäftsfähigkeit zum Abschluss eines Vertrages .......................................................... 399 (bb) Fähigkeit zur sachenrechtlichen Verfügung ...... 400 (cc) Deliktsfähigkeit ................................................ 400 (2) Juristische Personen ..................................................... 400 (a) Bestimmung des Gesellschaftsstatuts ...................... 400 (b) Reichweite des Gesellschaftsstatuts ........................ 400 b) Schuldrecht ........................................................................ 402 (1) Vertragsrecht ................................................................ 402 (a) Ermittlung des Vertragsstatuts ................................. 402 (aa) Rechtswahl ....................................................... 402 (bb) Objektive Anknüpfung ..................................... 403 (b) Reichweite des Vertragsstatuts ................................ 404 (c) Sonderregeln für bestimmte Verträge....................... 405 (aa) Arbeitsverträge ................................................. 405 (bb) Verbraucherschutz............................................ 406 (d) Die Form von Verträgen .......................................... 406 (e) Stellvertretung......................................................... 407
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(2) Deliktsrecht .................................................................. 407 (a) Grundregel .............................................................. 407 (b) Modifikationen ....................................................... 408 (c) Reichweite des Deliktsstatuts .................................. 409 (3) Ungerechtfertigte Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag ................................................................. 410 (4) Wechsel und Scheck ..................................................... 411 (a) Fragen der Form ...................................................... 411 (b) Materiellrechtliche Fragen ...................................... 412 (aa) Grundregel ....................................................... 412 (bb) Sonderregeln .................................................... 412 (i) Inlandswechsel ............................................. 412 (ii) Einzelfragen der Ausübung von Wechselrechten ............................................ 413 (iii) Fälligkeitsdatum ......................................... 413 (5) Verjährung von Forderungen ........................................ 413 c) Sachenrecht ........................................................................ 414 (1) Grundregel ................................................................... 414 (2) Reichweite ................................................................... 414 (3) Sonderfälle ................................................................... 414 (a) Güter auf dem Transport .......................................... 414 (b) Verkehrsmittel ......................................................... 415 (c) Geistiges Eigentum ................................................. 415 (d) Treuhand ................................................................. 415 V. Interregionale Justizhilfe – Anerkennung und Vollstreckung von Zivilurteilen ........................................................................ 417 1. Im Verhältnis zu Macau und Taiwan....................................... 417 a) Angemessenes Verfahren .................................................... 418 b) Kein Betrug ....................................................................... 418 c) Internationale/interregionale Zuständigkeit des Urteilsgerichts ................................................................... 418 d) Rechtskraft und Endgültigkeit ............................................ 419 e) Kein Verstoß gegen den ordre public .................................. 419 2. Im Verhältnis zum Festland .................................................... 421 a) Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance .......................................................................... 421 b) Common law ...................................................................... 422 § 11 Zusammenfassung des 2. Teils........................................................ 424 I. Qualifikation als Fall mit interregionalem Bezug ....................... 424 II. Interregionales Zuständigkeitsrecht............................................ 424 III. Anwendbares Recht ................................................................... 426
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IV. Gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen ............................................................. 430 V. Schlusswort ............................................................................... 431 Anhang I: Rechtstexte Festland ............................................................. 435 I. Antworten des Obersten Volksgerichts auf einige Fragen zur Behandlung von Wirtschaftsstreitfällen mit Hong Kong-, Macau-Bezug ............................................................................ 435 II. Protokoll der Aussprache zur wirtschaftsgerichtlichen Verhandlungs- und Entscheidungsarbeit mit Außen-, Hong Kong-, Macau-Bezug in den Küstengebieten des ganzen Landes ........................................................................... 438 III. Protokoll der Zweiten Konferenz zur Verhandlungs- und Entscheidungsarbeit in Handels- und Seerechtssachen mit Außenbezug des ganzen Landes ................................................. 441 IV. Ansichten des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Anwendung des Zivilprozessgesetzes der Volksrepublik China ......................................................................................... 448 Anhang II: Gesetzestext Taiwan ............................................................ 452 Zivilprozessgesetz (in Auszügen) ..................................................... 452 Anhang III: Gesetzestexte Macau .......................................................... 457 I. Zivilprozessgesetz (in Auszügen)............................................... 457 II. Zivilgesetzbuch (in Auszügen) ................................................... 464 Literaturverzeichnis .............................................................................. 473 I. Literatur in westlichen Sprachen ................................................ 473 II. Literatur in chinesischer Sprache ............................................... 481 Verzeichnis der Rechtsvorschriften ....................................................... 499 I. Festland ..................................................................................... 499 II. Taiwan ....................................................................................... 510 III. Macau........................................................................................ 511 IV. Hong Kong ................................................................................ 514 Entscheidungsregister ........................................................................... 515 I. Festland ..................................................................................... 515 II. Taiwan ....................................................................................... 525 III. Macau........................................................................................ 526 IV. Hong Kong ................................................................................ 527 Sachregister .......................................................................................... 531
Abkürzungsverzeichnis a.A. aaO Abs. AC a.F. AGZ AGZ-Ansichten
Am.J.Comp.L. Anerkennungs-Arrangement Hong Kong
Anerkennungs-Arrangement Macau
Anerkennungs-Regelungen Taiwan
Anerkennungs-Zusatzregelungen Taiwan
APG
anderer Ansicht am angegebenen Ort Absatz Law Reports Appeal Cases alte Fassung Allgemeine Grundsätze des Zivilrechts der Volksrepublik China Ansichten des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Durchsetzung und Vollstreckung der ‚Allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts der Volksrepublik China’ (Probefassung) (Festland) The American Journal of Comparative Law Arrangement des Obersten Volksgerichts die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in zivilund handelsrechtlichen Fällen mit durch die Parteien vereinbarter Zuständigkeit durch die Gerichte der inneren Region und der Sonderverwaltungszone Hong Kong betreffend Arrangement des Obersten Volksgericht die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung zivil- und handelsrechtlicher Urteile zwischen der inneren Region und der Sonderverwaltungszone Macau betreffend Regelungen des Obersten Volksgerichts bezüglich der Anerkennung von Zivilurteilen relevanter Gerichte der TaiwanRegion durch die Volksgerichte (Festland) Zusatzregelungen des Obersten Volksgerichts bezüglich der Anerkennung von Zivilurteilen relevanter Gerichte der Taiwan-Region durch die Volksgerichte (Festland) Arbeitsprozessgesetzbuch der Sonderverwaltungszone Macau
Abkürzungsverzeichnis ArbeitsG ArbeitsvertragsG Art. Asian-Pac. L. & Pol’y J. Ausführungsbestimmungen zum BürgerreiseG
Auslegungsbestimmungen
Australian L. J. AWVG AWVG-Antworten
B. C. Int’l & Comp. L.Rev. Bd. Brook. J. Int’l L. BürgerreiseG
bzw. Cap. Chin. J. Int’l L. c.i.f. CJ CJAL CJHC Co. Comp. & Int L.J. S.Afr. Computernetzwerk-Urheberrechts-Auslegung
Corp. ders. d.h. Disp. Resol. J. Diss. Domain-Namen-Auslegung
XXIX
Arbeitsgesetz der Volksrepublik China (Festland) Arbeitsvertragsgesetz der Volksrepublik China (Festland) Artikel Asian-Pacific Law & Policy Journal Ausführungsbestimmungen zum Gesetz der Volksrepublik China über die Regelung der Aus- und Einreise von Bürgern (Festland) Bestimmungen des Obersten Volksgerichts über die Arbeit der Justizauslegung (Festland) Australian Law Journal Außenwirtschaftsvertragsgesetz der Volksrepublik China Antworten [des Obersten Volksgerichts] auf einige Fragen zur Anwendung des Außenwirtschaftsvertragsgesetzes (Festland) Boston College International and Comparative Law Review Band Brooklyn Journal of International Law Gesetz der Volksrepublik China zur Regelung der Aus- und Einreise von Bürgern beziehungsweise Chapter Chinese Journal of International Law cost insurance freight Chief Justice Columbia Journal of Asian Law Chief Judge, High Court Company The Comparative and International Law Journal of South Africa Auslegung des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Gesetzesanwendung bei der Behandlung von Computernetzwerke berührenden Urheberrechtsstreitigkeiten (Festland) Corporation derselbe das heißt Dispute Resolution Journal Dissertation Auslegung des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen die Rechtsanwendung bei der Verhandlung von Zivilrechts-
XXX
Duke J. Comp. & Int’l L. ebd. EinwohneridentitätsausweisG Erfüllungsort-Brief
Erfüllungsort-Regelungen
etc. f., ff. Festland-AusführungsVO
Festland-Bestimmungen
Festland-IPRG
Festland-ZPG Fn. FS Genfer Scheckrechtskonvention
Genfer Wechselrechtskonvention
Geo. Wash. Int’l L. Rev. GerichtsorganisationsG GesellschaftsG GesetzgebungsG GGHK
Abkürzungsverzeichnis streitfällen über ComputernetzwerkDomain-Namen betreffend (Festland) Duke Journal of Comparative and International Law ebenda Gesetz der Volksrepublik China über die Identitätsausweise der Einwohner Brief des Obersten Volksgerichts zur Frage, wie der Erfüllungsort eines Werkvertrages zu bestimmen ist (Festland) Regelungen des Obersten Volksgerichts die Art und Weise der Bestimmung des Erfüllungsortes von Kauf- und Verkaufsverträgen bei der Ermittlung der Zuständigkeit in Wirtschaftsstreitfällen betreffend (Festland) et cetera folgende Ausführungsverordnung zu den Bestimmungen über die Beziehungen zwischen Personen der Region Taiwan und der Festland-Region (Taiwan) Bestimmungen über die Beziehungen zwischen Personen der Region Taiwan und der Festland-Region (Taiwan) Gesetz der Volkrepublik China über die Rechtsanwendung auf Zivilbeziehungen mit Außenberührung Zivilprozessgesetz der Volksrepublik China Fußnote Festschrift Genfer Abkommen über Bestimmungen auf dem Gebiet des internationalen Scheckprivatrechts vom 19.3.1931 Genfer Abkommen über Bestimmungen auf dem Gebiet des internationalen Wechselprivatrechts vom 7.6.1930 George Washington International Law Review Gesetz der Volksrepublik China über die Organisation der Gerichte Gesellschaftsgesetz der Volksrepublik China Gesetzgebungsgesetz der Volksrepublik China Grundgesetz der Sonderverwaltungszone Hong Kong
Abkürzungsverzeichnis GGM Haager Stellvertretungs-Übereinkommen
Haager Trust-Übereinkommen
Haager Wertpapierübereinkommen
Haushaltsregister-Bestimmungen HKLJ h.M. Hong Kong/Macau-Antworten
Hong Kong/Macau-AusführungsVO
Hong Kong/Macau-Bestimmungen Hrsg. i.d.R. Ind. Int’l & Comp. L. Rev. insb. IntCompLQuart IPRax IPRspr. i.S.d. i.V.m. J JA JCS JDI J. P.I.L. Kobe U. L. Rev. Ltd. L.N. LQuartRev LR Macau-ZGB
XXXI
Grundgesetz der Sonderverwaltungszone Macau Haager Übereinkommen über das auf die Stellvertretung anzuwendende Recht vom 14.3.1978 Haager Übereinkommen über das auf Trusts anzuwendende Recht und ihre Anerkennung vom 1.7.1985 Haager Übereinkommen über die auf bestimmte Rechte an intermediärverwahrten Wertpapieren anzuwendende Rechtsordnung vom 5.7.2006 Haushaltsregister-Bestimmungen der Volksrepublik China Hong Kong Law Journal herrschende Meinung Antworten [des Obersten Volksgerichts] auf einige Fragen bezüglich der Verhandlung von Wirtschaftsstreitfällen mit Hong Kong-, Macau-Bezug (Festland) Ausführungsverordnung zu Bestimmungen über die Beziehungen zu Hong Kong und Macau (Taiwan) Bestimmungen über die Beziehungen zu Hong Kong und Macau (Taiwan) Herausgeber in der Regel Indiana International and Comparative Law Review Insbesondere International and Comparative Law Quarterly Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Internationalen Privatrechts im Sinne des in Verbindung mit Justice Justice of Appeal Journal of Cambridge Studies Journal du Droit International (Clunet) Journal of Private International Law Kobe University Law Review Limited Legal Notice Law Quarterly Review Law Reports Zivilgesetzbuch der Sonderverwaltungszone Macau
XXXII Macau-ZPG Melb. J. Int’l L. ModellG
m.w.N. n.º n.F. NILR No. Nr. Nw. J. Int’l L. & Bus. o.ä. OUCLJ Pace Int’l L. Rev. Pac. Rim L. & Pol’y J. Patent-Regelungen
PJ port. ZGB port. ZPG Praktische Antworten
ProdQG Protokoll 2008
Protokoll 1989
QB QC r. RabelsZ RDC Rep.
Abkürzungsverzeichnis Zivilprozessgesetzbuch der Sonderverwaltungszone Macau Melbourne Journal of International Law Modellgesetz des Internationalen Privatrechts der Volksrepublik China (Festland) mit weiteren Nachweisen número neue Fassung Netherlands International Law Journal Number Nummer Northwestern Journal of International Law and Business oder ähnliches Oxford University Commonwealth Law Journal Pace International Law Review Pacific Rim Law and Policy Journal Einige Regelungen des Obersten Volksgerichts zu Fragen der Rechtsanwendung bei der Verhandlung von Patentstreitfällen (Festland) Permanent Judge portugiesisches Zivilgesetzbuch portugiesisches Zivilprozessgesetz (Fassung von 1997) Antworten auf Fragen der praktischen Befassung mit der Verhandlung von Handels- und Seerechtssachen mit Außenbezug (Festland) Produktqualitätsgesetz der Volksrepublik China (Festland) Protokoll der Aussprache zur Rechtsprechungsarbeit der Gerichte des ganzen Landes in Handelssachen mit Hong Kong- und Macau-Bezug (Festland) Protokoll der Aussprache zur wirtschaftsgerichtlichen Verhandlungs- und Entscheidungsarbeit mit Außen-, Hong Kong-, Macau-Bezug in den Küstengebieten des ganzen Landes (Festland) Queen’s Bench Queen‘s Counsel rule Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Rules of the District Court (Hong Kong) Reports
Abkürzungsverzeichnis RHC RivDirIntPrivProc RIW Rn. s. S. SachenRG SchiedsVZ Sec. SeehandelsG Sino-britische Gemeinsame Erklärung
Sino-portugiesische Gemeinsame Erklärung
St. John’s J. Leg. Comm. t/a Taiwan-IPRG a.F.
Taiwan-IPRG n.F.
Taiwan-ZGB Taiwan-ZPG taiw. GesellschG TreuhandG u.a. UNCITRAL-Richtlinien
UN-Kaufrecht
Urheberrechts-Auslegung
US-China L. Rev. u.U. v.
XXXIII
Rules of the High Court (Hong Kong) Rivista di Diritto Internazionale Privato e Processuale Recht der Internationalen Wirtschaft Randnummer siehe Satz, Seite Sachenrechtsgesetz der Volksrepublik China (Festland) Zeitschrift für Schiedsverfahren Section Seehandelsgesetz der Volksrepublik China (Festland) Gemeinsame Erklärung der Regierung der Volksrepublik China und der Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirlands betreffend die Hong Kong-Frage vom 19.12.1984 Gemeinsame Erklärung der Regierung der Volksrepublik China und der Regierung der Republik Portugal betreffend die Macau-Frage vom 13.4.1987 St. John’s Journal of Legal Commentary trading as Gesetz über die Rechtsanwendung in Zivilsachen mit Außenbezug (Taiwan), alte Fassung vom 6.6.1953 Gesetz über die Rechtsanwendung in Zivilsachen mit Außenbezug (Taiwan), neue Fassung vom 26.5.2010 Zivilgesetzbuch Taiwans Zivilprozessgesetz Taiwans Gesellschaftsgesetz Taiwans Treuhandgesetz der Volksrepublik China (Festland) unter anderem Richtlinien zur gesetzgeberischen Umsetzung des UNCITRAL-Modellgesetzes über elektronischen Handel von 1996 Wiener UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11.4.1980 Auslegung des Obersten Volksgerichts einige Fragen der Rechtsanwendung bei der Verhandlung von Urheberrechtsfällen betreffend (Festland) US-China Law Review unter Umständen versus, vom
XXXIV Vertragsbestimmungen 2007
VertragsG VertragsG-Auslegung
vgl. Vol. V.-P. Wechsel-Bestimmungen
Wechsel/ScheckG Wis. Int’l L.J. Yearbook of PIL z.B. ZChinR ZGB-Entwurf Ziff. ZivilluftfahrtG ZPG-Ansichten
Zuständigkeits-Regelungen
ZVglRWiss Zweites Protokoll
ZZPInt
Abkürzungsverzeichnis Bestimmungen des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Rechtsanwendung bei der Behandlung von Fällen der zivilrechtlichen oder handelsrechtlichen Vertragsstreitigkeiten mit Außenbezug (Festland) Vertragsgesetz der Volksrepublik China Auslegung des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Anwendung des Vertragsgesetzes (Festland) vergleiche Volume Vice-President Bestimmungen des Obersten Volksgerichts über Fragen bezüglich der Verhandlung von Streitfällen über Wechsel und Schecks (Festland) Wechsel- und Scheckgesetz der Volksrepublik China Wisconsin International Law Journal Yearbook of Private International Law zum Beispiel Zeitschrift für chinesisches Recht Zivilgesetzbuch der Volksrepublik China (Entwurf) Ziffer Gesetz der Volksrepublik China über die Zivile Luftfahrt Ansichten des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Anwendung des Zivilprozessgesetzes der Volksrepublik China (Festland) Regelungen des Obersten Volksgerichts bezüglich einiger Fragen der prozessualen Zuständigkeit in Zivil- und Handelsrechtsfällen mit Außenbezug (Festland) Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft Protokoll der Zweiten Konferenz zur Verhandlungs- und Entscheidungsarbeit in Handels- und Seerechtssachen mit Außenbezug des ganzen Landes (Festland) Zeitschrift für Zivilprozess International
§ 1 Einleitung § 1 Einleitung
Als „kleine Schwester“ des internationalen Privatrechts regelt das interlokale Privatrecht nicht den Anwendungskonflikt zwischen den Privatrechtsordnungen verschiedener souveräner Staaten, sondern bestimmt, welche von verschiedenen Teilrechtsordnungen innerhalb eines sogenannten Mehrrechtsstaates zur Anwendung gelangen.1 Zum Kreis der Staaten, auf deren Hoheitsgebiet in mehr oder weniger großem Umfang verschiedene Privatrechtsordnungen gelten, zählt neben den prominenteren Beispielen USA, Kanada, Australien und Spanien spätestens seit der Rückgabe von Hong Kong aus britischer Kolonialherrschaft auch China. China – und hier soll bewusst zunächst nicht von der Volksrepublik gesprochen werden – besteht aus vier Rechtsterritorien (㷾⤈) mit jeweils eigener Privatrechtsordnung: dem Festland, Hong Kong, Macau und Taiwan. Die Folge sind „interregionale Rechtskollisionen“ (④杮⋛䮪).
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I. Interregionale Rechtskollisionen in China I. Interregionale Rechtskollisionen in China
„Ein Land – zwei Rechtssysteme – drei Rechtskreise – vier Rechtsregionen/-ordnungen“ ( Ἡ⠦Ὅ⍟ἲ㷾两⠄㷾⤈ ) – so oder ähnlich beschreiben (festland-) chinesische Rechtswissenschaftler nicht ohne einen gewissen Stolz die rechtliche Struktur ihres Landes.2 Damit wird der sehr geläufige Slogan „Ein Land, zwei Systeme“ (Ἡ⠦Ὅ⍟) erweitert, der ursprünglich die Art und Weise einer potentiellen Wiedervereinigung Taiwans mit dem chinesischen Festland charakterisieren sollte, dann aber seine erste praktische Umsetzung bei Rückgabe der Gebiete Hong Kong und Macau fand.3 Anhand dieser Formel soll im Folgenden in die Problematik interregionaler Rechtskonflikte in China eingeführt werden. Dabei werden die einzelnen 1 Vgl. zur Natur des interlokalen Privatrechts Kegel/Schurig, § 1 VII.1.a) (S. 26); von Hoffmann/Thorn, § 1 Rn. 85 (S. 20). 2 Huang/Qian, 5 (1995) Duke J. Comp. & Int’l L. 289 (289 ff.); HUANG Jin, Forschungen, S. 58; WANG Qinghai, Jingji Yu Fa 1999, 26 (26 f.); YU Xianyu, S. 376; Ma, S. 15 f.; Qin, S. 324. Vgl. auch SU Yuanhua, S. 38 ff. 3 Dazu HUANG Jin, Forschungen, S. 45 ff. Vgl. auch YU Xianyu, S. 424 ff.; SU Yuanhua, S. 19 ff.
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§ 1 Einleitung
Prinzipien der Formel in umgekehrter Reihenfolge erläutert. Schließlich wird auf die Folgen dieser Situation, die Entstehung von Rechtskollisionen und deren zunehmende Relevanz, eingegangen. 1. Vier Rechtsordnungen 3
Hong Kong, Macau, Taiwan und das festländische China besitzen jeweils eine eigene Rechtsordnung und Gesetzgebung. Daran hat auch die Tatsache nichts geändert, dass Hong Kong seit dem 1.7.1997 nicht mehr unter britischer sondern wieder unter chinesischer Souveränität steht und Macau diesem Beispiel zum 20.12.1999 gefolgt ist. Nach Art. 3 Abs. 3 und 12 der Gemeinsamen Erklärung der Regierung der Volksrepublik China und der Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirlands betreffend die Hong Kong-Frage4 (im Folgenden: Sino-britische Gemeinsame Erklärung) und Art. 3 Abs. 3 und 12 der Gemeinsamen Erklärung der Regierung der Volksrepublik China und der Regierung der Republik Portugal betreffend die Macau-Frage 5 (im Folgenden: Sino-portugiesische Gemeinsame Erklärung) sowie den Grundgesetzen der beiden chinesischen Sonderverwaltungszonen6 gehört es zu dem den ehemaligen Kolonien zugebilligten Autonomiestatus, dass sie zumindest für die folgenden 50 Jahre ihre bisherigen Rechtsordnungen im Wesentlichen unverändert beibehalten dürfen. 2. Drei Rechtskreise
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Aus der Sicht festlandchinesischer Juristen treffen in China drei Rechtskreise aufeinander: civil law, common law und socialist law. Das Recht von Hong Kong als ehemaliger britischer Kronkolonie basiert auf dem englischen Recht und gehört damit zum common law. Die Geltung englischen Rechts in Hong Kong wurde durch die Supreme Court Ordinance7 festgelegt. Die englischen Gesetze, so wie sie galten, als die Kolonie eine lokale Gesetzgebung erhielt, also am 5.4.1843, wurden da4 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㙨⿅▵⩐ἶ⍀槉⓳⑀䍚ⴽ⊙兽┱䒴⠦㙨⿅⊜ᾷ櫂㽘朗槁䞭兽┱⨙㜷 bzw. Joint Declaration of the Government of the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland and the Government of the People's Republic of China on the Question of Hong Kong vom 19.12.1984. 5 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㙨⿅▵喊唭䎂⊚▵⠦㙨⿅⊜ᾷ䃜朑朗槁䞭兽┱⨙㜷 bzw. Declaração Conjunta Do Governo Da República Portuguesa e Do Governo Da República Popular Da China Sobre a Questão De Macau vom 13.4.1987. 6 Art. 5, 8, 18 Grundgesetz der Sonderverwaltungszone Hong Kong (櫂㽘䎢⍔奵㙨④⤣ 㡕㷾; im Folgenden: GGHK) vom 4.4.1990, in Kraft seit 1.7.1997; Art. 5, 8, 18 Grundgesetz der Sonderverwaltungszone Macau ( 䃜朑䎢⍔奵㙨④⤣㡕㷾 ; im Folgenden: GGM) vom 31.3.1993, in Kraft seit 20.12.1999. 7 Ordinance No. 12 of 1873, ursprünglich schon 1844 erlassen.
I. Interregionale Rechtskollisionen in China
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nach in der Kolonie in Kraft gesetzt, es sei denn, sie waren auf die örtlichen Gegebenheiten der Kolonie und ihrer Bewohner nicht anwendbar oder wurden durch die lokale Gesetzgebung modifiziert.8 Englisches Recht wurde also in der Ausprägung übernommen, die es bis zum relevanten Zeitpunkt, hier dem 5.4.1843, durch englische richterliche Rechtsfortbildung erhalten hatte9 und danach bis zum 30.6.1997 zwar begrenzt durch den Colonial Laws Validity Act von 1865, aber doch selbständig weiterentwickelt. Das Recht Macaus ist von der Zeit unter portugiesischem Einfluss – als Pachtgebiet seit dem 16. Jahrhundert, als Freihafen seit dem 19. Jahrhundert, als portugiesische Überseeprovinz seit 1951 10 – geprägt. In weiten Teilen entspricht es daher dem portugiesischen Recht, hat sich aber seit den 1970er Jahren auch selbständig weiterentwickeln können. 11 Es stellt damit eine kontinentaleuropäische Rechtsordnung des civil law in der Ausprägung romanischen Rechts dar. Taiwanesisches Zivilrecht findet seine Wurzeln im deutschen und japanischen Recht und bildet damit eine civil law-Rechtsordnung germanischer Prägung. Es wurde während der Zeit der Republik China auf dem Festland (1911 bis 1949) nach deutschem Vorbild über den Umweg des in chinesischen Schriftzeichen niedergelegten und damit relativ leicht zugänglichen japanischen Rechts entwickelt. 12 Grund für die Rezeption des deutschen Rechts war wahrscheinlich zum Teil, dass man es für qualitativ gut hielt,13 aber vor allem, dass Deutschland als erster europäischer Staat China unter Verzicht auf seine Sonderrechte als gleichberechtigten Partner anerkannt hatte und keine machtpolitischen Vorteile aus der Rezeption mehr ziehen konnte.14 Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es allerdings Tendenzen, das Recht mit anglo-amerikanischen Instituten anzureichern. 15 Als die Guomindang 1949 vor den Kommunisten nach Taiwan flohen, nahmen sie die „Sechs Gesetze“, darunter auch das Zivil- und das Handelsgesetzbuch mit, wo sie in ihrer Fortentwicklung weiterhin gelten. Auf dem Festland dagegen wurden noch vor Ausrufung der Volksrepublik durch Art. 17 der Allgemeinen Richtlinien der politischen Konsultativkonferenz vom 29.9.1949 sämtliche Gesetze und Verordnungen sowie das 8 Sec. 5 Supreme Court Ordinance, Laws of Hong Kong, Government Printer Hong Kong, revised edition 1950, Cap. 4. 9 Elias, S. 35. 10 S. dazu Qin, S. 323. Zur Kolonialgeschichte auch YU Xianyu, S. 405 f.; SU Yuanhua, S. 6 ff. 11 Vgl. SU Yuanhua, S. 62 f. Ausführlich Zhao, China Law No. 18 (1999.1), 72 (72 f.). 12 Weggel, S. 243 f. 13 Weggel, S. 244. 14 Vgl. von Senger, S. 12; Weggel, S. 244. 15 Weggel, S. 249.
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Justizsystem der „reaktionären“ Guomindang-Regierung aufgehoben.16 Im Folgenden orientierte sich die Kommunistische Partei Chinas beim Aufbau eines Rechtssystems an der Sowjetunion und reihte sich in die zum sozialistischen Rechtskreis zählenden Staaten ein, unter denen man die chinesische und die südostasiatischen Rechtsordnungen als eigene Untergruppierung verstehen kann.17 Neben der sozialistischen Tradition sind im chinesischen Recht aber weiterhin deutsche Einflüsse erkennbar, insbesondere im Zivilrecht, und schließlich, wenn auch vielfach unbewusst, chinesische Vorstellungen und Denkweisen aus der Zeit vor 1911.18 Zudem machen die Volksrepublik und ihr Rechtssystem seit den 1990er Jahren eine rasante Entwicklung durch, die zu einer Annäherung an den civil law-Rechtskreis führt. Selbst festlandchinesische Stimmen bemerken in neuerer Zeit, dass sich ihre Rechtsordnung in der Evolution befindet, ziehen aber letztendlich den Schluss, dass das System seiner wesentlichen Natur nach immer noch sozialistisch sei.19 3. Zwei Systeme 9
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„Zwei Systeme“ bezieht sich auf das antagonistische Paar der Gesellschaftssysteme Kapitalismus und Sozialismus. Die Volksrepublik zählt sich zu den sozialistischen Ländern, auch wenn sie einen Sozialismus chinesischer Prägung praktiziert, zu dem mittlerweile auch die sogenannte sozialistische Marktwirtschaft gehört. Hong Kong und Macau waren unter ihren jeweiligen Kolonialmächten kapitalistische Systeme. Nach der Rückkehr zum Festland wird diesen Sonderverwaltungszonen im jeweiligen Grundgesetz als Ausdruck des hohen Maßes an Autonomie die Beibehaltung des Kapitalismus für einen Zeitraum von 50 Jahren garantiert. Taiwan praktiziert ebenfalls das kapitalistische Gesellschaftssystem und soll dies auch nach einer Wiedervereinigung beibehalten dürfen. Der Gegensatz Kapitalismus – Sozialismus wird von den festlandchinesischen Rechtswissenschaftlern als eine der Besonderheiten gerade der chinesischen interlokalen Rechtskonflikte sehr stark betont. 20 In Anbetracht 16
Vgl. von Senger, S. 11; Weggel, S. 250; Bu, § 1 Rn. 3 (S. 2). So etwa Glendon/Gordon/Osakwe, S. 400. Zu den Besonderheiten des sozialistischen Rechtskreises SU Yuanhua, S. 48 ff. 18 S. von Senger, S. 12 ff. Zu letzterem SU Yuanhua, S. 57. Zum Einfluss deutschen Rechts auch Bu, § 1 Rn. 10 (S. 4 f.). 19 XIAO Yongping, 2 (1999) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 281 (286). 20 XIAO Yongping, 2 (1999) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 281 (285 f.); HAN Depei (Hrsg.) / HUANG Jin, S. 449; WANG Qinghai, Jingji Yu Fa 1999, 26 (26). S. aber Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (133 ff.), mit konkreten, auf sozialistische Eigenheiten des festlandchinesischen Rechts gegründeten Bedenken in Bezug auf die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsurteilen gegen sogenannte „Unternehmenseinheiten” ( ᾴὃ⑾ 17
I. Interregionale Rechtskollisionen in China
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der gesellschaftlichen Aufbruchsstimmung und der aufstrebenden chinesischen Wirtschaft, in der das Streben nach Reichtum, Luxus und dem eigenen (materiellen) Wohl den Alltag beherrscht, wirkt dies wie ein rein politisch motiviertes Lippenbekenntnis. 4. Ein Land „Ein Land“ beschreibt gleichzeitig die rechtlich-theoretische Realität und eine politische Leitlinie der Volksrepublik. Sowohl gemäß der Präambel der Verfassung der Volksrepublik China21 als auch nach der Konzeption der Verfassung der Republik China22 ist die Insel Taiwan chinesisches Territorium.23 Rechtskollisionen zwischen Taiwan und dem Festland werden daher von der Rechtswissenschaft beider Regionen nicht als international sondern interregional angesehen,24 obwohl es lange Zeit an einer Anerkennung der Geltung der jeweils anderen Rechtsordnung fehlte. 25 Nachdem Großbritannien die Souveränität über Hong Kong mit den New Territories und Portugal die Gewalt über Macau an die Volksrepublik China zurückübertragen haben, ist insofern China rechtlich gesehen wieder ein Land. Allerdings existieren auf chinesischem Territorium seit dem 1.10.1949 zwei verschiedene politische Einheiten: die heute nur noch von wenigen Ländern als Staat anerkannte Republik China auf Taiwan und die Volksrepublik China auf dem Festland. Beide erheben den Anspruch, rechtmäßige Regierung ganz Chinas zu sein. 26 Diesbezüglich drückt das Prinzip „ein Land“ Leitlinie und Ziel der Volksrepublik aus, das Festland und Taiwan wiederzuvereinigen. Im Bereich der Problematik interregionaler Rechtskollisionen wird eine zukünftige Wiedervereinigung von der festlandchinesischen Rechtswissenschaft regelmäßig schon jetzt zugrunde gelegt.
⁶) und Staatsbetriebe sowie von Urteilen in Bezug auf Arbeitnehmerentschädigung und
Immobilien. 21 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦ⳓ㷾 vom 4.12.1982 in der Fassung vom 14.3.2004. In der Präambel heißt es: „Taiwan ist ein Teil des heiligen Bodens der Volksrepublik China. Die große Aufgabe der vollkommenen Vereinigung des Vaterlandes ist heere Pflicht des gesamten chinesischen Volkes, welche die taiwanesischen Landsleute einschließt.“ 22 Bei der Verfassung der Republik China handelt es sich um die nach den Vorstellungen von Sun Yat Sen für das ungeteilte China entwickelte Verfassung von 1947, die seit der Flucht der Guomindang – mühsam durch sogenannte Ergänzende Artikel auf ihre Geltung für einen bloßen Teilbereich angepasst – in Taiwan gilt. 23 Vgl. Ma, S. 1. 24 S. SHEN Juan, S. 52. 25 S. YU Xianyu, S. 430. 26 Vgl. Chen, 16 (1998) Wis. Int’l L.J. 599 (608), zur taiwanesischen Sichtweise.
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5. Das Resultat: Rechtskollisionen 12
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Gelten in verschiedenen Regionen eines Landes unterschiedliche Privatrechtsordnungen, werden Regelungen darüber erforderlich, welche dieser Rechtsordnungen zur Anwendung gelangt, wenn ein Sachverhalt Bezugspunkte zu mindestens zwei Rechtsregionen aufweist. In China traten solche Fragestellungen auf familien- und erbrechtlichem Gebiet schon früh auf, weil viele der 1949 nach Taiwan geflüchteten Guomindang-Mitglieder Ehepartner oder ganze Familien auf dem Festland zurückließen.27 In wirtschaftlich relevanten Rechtsbereichen wie dem vertraglichen und außervertraglichen Schuldrecht konnten Konflikte erst seit der wirtschaftlichen Öffnung des Festlands in den späten 1970er und den 1980er Jahren in nennenswertem Umfang entstehen. Diese wurden dann aber überwiegend als solche internationaler Art betrachtet, da sie sich zwischen dem Festland und den damaligen Kolonien Hong Kong und Macau abspielten. Erst mit Aufgabe dieser Gebiete durch Großbritannien und Portugal und ihrer Rückkehr zum chinesischen Festland erhielten diese Rechtskollisionen ihren heutigen interregionalen Charakter. Der wirtschaftliche Verkehr mit Taiwan wurde lange Zeit nicht direkt, sondern über Hong Kong als „neutralen Mittler“ abgewickelt, so dass auch hier nicht interregionale, sondern internationale Rechtskollisionen zu lösen waren. Direkte Kontakte zwischen der Volksrepublik und Taiwan sind heute aber möglich und nehmen seit den Wang-Koo-Treffen in Singapur Mitte 1993 im Zuge der Annäherung zu.28 Insgesamt ist festzustellen, dass die Anzahl der interregionalen Kontakte auf wirtschaftlichem Gebiet und damit auch der daraus potentiell resultierenden interregionalen Rechtsstreitigkeiten seit den späten 1990er Jahren erheblich angestiegen ist. Da jede Region in China auch ihr eigenes Gerichtssystem besitzt, muss ebenso wie über das anwendbare Recht auch über die Zuständigkeit der Gerichte einer Region im Verhältnis zu den Gerichten einer anderen Region entschieden werden. Es werden neben den interregionalen Kollisionsregeln zur Bestimmung des anwendbaren Rechts also gleichermaßen Regelungen der interregionalen Zuständigkeit und letztlich auch der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen der Gerichte einer anderen Region gebraucht. Besitzt jede Region ihr eigenes Zivilprozessrecht, entstehen auch hier Rechtskollisionen.29 In der festlandchinesischen Rechtswissenschaft werden die Besonderheiten der chinesischen interregionalen Rechtskollisionen im Vergleich zu
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Vgl. dazu Süß, S. 15 f. Huang/Qian, 5 (1995) Duke J. Comp. & Int’l L. 289 (291). 29 S. dazu YU Xianyu, S. 380. 28
II. Vorgeschlagene Lösungsmodelle
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solchen in anderen Mehrrechtsstaaten besonders betont. 30 Einzigartig sei insbesondere, dass kapitalistische und kommunistische,31 aber gleichzeitig auch civil law- und common law-Rechtsordnungen32 innerhalb eines Landes aufeinanderträfen. Durch den hohen Grad an Autonomie, der sich u.a. im (begrenzt) eigenständig möglichen Beitritt zu internationalen Abkommen und dem Fehlen eines gemeinsamen höchsten Gerichts widerspiegele, rückten die chinesischen interregionalen Rechtskollisionen insgesamt in die Nähe der internationalen Rechtskollisionen.33
II. Vorgeschlagene Lösungsmodelle II. Vorgeschlagene Lösungsmodelle
In der festlandchinesischen Literatur werden regelmäßig zunächst die verschiedenen denkbaren Modelle zur Lösung interregionaler Rechtskollisionen dargestellt und dann eine Anwendbarkeit auf die chinesischen Verhältnisse diskutiert.34 Grundsätzlich zu unterscheiden sind Lösungen auf sachrechtlicher und auf kollisionsrechtlicher Ebene.
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1. Lösungswege über das Sachrecht Wenn innerhalb eines Landes das materielle Recht vereinheitlicht wird, entstehen keine Rechtskollisionen zwischen den verschiedenen Regionen mehr, da die Regionen in dieser Beziehung praktisch aufgelöst werden. Die Einheitlichkeit des materiellen Rechts kann dabei durch nationale Gesetzgebung in einzelnen Gebieten des Rechts für alle oder nur bestimmte Regionen erzielt werden. Ein anderer Weg führt über den Erlass gleichen oder ähnlichen Sachrechts in den einzelnen Regionen. Anwendung und Interpretation des einheitlichen Sachrechts kann in beiden Fällen von einem gemeinsamen obersten Gericht überwacht werden. Sowohl erstere als auch 30
S. etwa Huang/Qian, 5 (1995) Duke J. Comp. & Int’l L. 289 (303 ff.); SU Yuanhua, S. 82 ff.; SHEN Juan, S. 57 ff.; Liu, S. 233 ff.; Ma, S. 15 ff.; DONG Likun, S. 480 ff.; YU Xianyu, S. 376 ff., 394 ff., 427 ff. Vgl. auch Franceschini, S. 18 ff. 31 An Stelle vieler Qin, S. 318; Liu, S. 234; Huang/Qian, 5 (1995) Duke J. Comp. & Int’l L. 289 (304 f.); SU Yuanhua, S. 83. Vgl. Franceschini, S. 18 f. 32 S. etwa Liu, S. 234; Huang/Qian, 5 (1995) Duke J. Comp. & Int’l L. 289 (305); SHEN Juan, S. 58. 33 So z.B. Huang/Qian, 5 (1995) Duke J. Comp. & Int’l L. 289 (303 ff.). Vgl. auch Liu, S. 235. 34 Beispielsweise bei Huang/Qian, 5 (1995) Duke J. Comp. & Int’l L. 289 (307–315); HAN Depei (Hrsg.) / HUANG Jin, S. 422–427 und S. 452–456; HUANG Jin, Forschungen, S. 61 f.; Ma, S. 170 ff. (konkrete Diskussion); YU Fei, S. 45 f. Ähnlich DONG Likun, S. 503 ff.; YU Xianyu, S. 380 ff.; SU Yuanhua, S. 86 f., 120 ff. Zu den verschiedenen Wegen s. auch Qin, S. 355, m.w.N., sowie ausführlich mit Nachweisen aus der älteren Literatur Franceschini, S. 27 ff.
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§ 1 Einleitung
letztere Methode wird in jeweils abgegrenzten Bereichen in den USA verwendet. 2. Lösungswege über das Kollisionsrecht 19
Variationsreicher sind die Lösungswege über das Kollisionsrecht. Es können zum einen die jeweils vorhandenen Regeln des internationalen Privatrechts analog auf interregionale Sachverhalte angewendet werden. Zum anderen kann jede einzelne Region ihr eigenes spezifisches interregionales Privatrecht entwickeln. Oder aber alle Regionen treten denselben internationalen international-privatrechtlichen Abkommen bei. Dies führt – kombiniert mit dem ersten Weg – auf längere Sicht zur Anwendung einheitlicher, wenn auch ursprünglich international-privatrechtlicher Kollisionsregeln. Schließlich können einheitliche Kollisionsregeln direkt in Form von durch nationale Gesetzgebung erlassenem interregionalem Kollisionsrecht geschaffen werden. 3. Meinungsstand
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In der Literatur scheint weitgehende Einigkeit darüber zu bestehen, dass zur Lösung auftretender Rechtskollisionen zunächst – trotz der zu erwartenden Nachteile – jede Region ihr internationales Privatrecht analog anwenden bzw. dieses zu eigenen interregionalen Kollisionsregeln abwandeln kann und soll.35 Betont wird jedoch der Übergangscharakter dieser Lösung. So schnell wie möglich soll dann ein einheitliches interregionales Privatrecht geschaffen werden. Die Ungeeignetheit von regional unterschiedlichem Kollisionsrecht zur dauerhaften Lösung der Rechtskonflikte wird damit begründet, dass es zu Kollisionen zwischen den verschiedenen Kollisionsregelungen selbst kommen und die Problematik noch komplexer werden würde. Auch bestünde die Gefahr des „forum shopping“. 36 Darüber hinaus werde die Qualifikation komplizierter, und es könnten Fragen der Rück- und Weiterverweisung aufgeworfen werden.37 Schließlich sei die analoge Anwendung 35
WANG Qinghai, Jingji Yu Fa 1999, 26 (27); XIAO Yongping, 2 (1999) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 281 (311 f.); HAN Depei (Hrsg.) / HUANG Jin, S. 455; HUANG Jin, Forschungen, S. 61; YU Fei, S. 50 (für das Verhältnis Taiwan – Festland); SU Yuanhua, S. 127; YU Xianyu, S. 381 (besser als keine Lösung) und 433 f. SHEN Juan, S. 111 ff., schlägt nach zeitlichen Phasen, einzelnen Regionen und Rechtsgebieten differenzierte Lösungen vor. 36 Diese Gründe nennen sowohl XIAO Yongping, 2 (1999) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 281 (311), als auch HAN Depei (Hrsg.) / HUANG Jin, S. 453; Liu, S. 253 f.; YU Xianyu, S. 434. 37 XIAO Yongping, 2 (1999) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 281 (311); YU Xianyu, S. 434.
II. Vorgeschlagene Lösungsmodelle
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des internationalen Privatrechts auf Dauer aufgrund der Unterschiede in der Natur internationaler und interregionaler Rechtskollisionen unpassend.38 Der Schaffung eines einheitlichen interregionalen Kollisionsrechts steht hauptsächlich entgegen, dass das System der Sonderverwaltungszonen keinen obersten Gesetzgeber für alle Regionen vorsieht: Jede der Regionen hat ihre eigene Gesetzgebung. In Hong Kong und Macau gelten nach Art. 18 GGHK und Art. 18 GGM nur die jeweils in Anhang III des GGHK bzw. GGM aufgeführten Gesetze der Volksrepublik. Zwar vermag der Nationale Volkskongress der dortigen Liste weitere Gesetze hinzuzufügen, jedoch muss es sich dabei um Recht in Bezug auf die Landesverteidigung, auswärtige Beziehungen oder andere, nach den Grundgesetzen nicht in den Rahmen der Autonomie der Sonderverwaltungszonen fallende Bereiche handeln. Nach herrschender Meinung im festlandchinesischen Schrifttum fällt das interregionale Kollisionsrecht nicht unter diese eng begrenzten Ausnahmen. 39 Der Zentralregierung der Volksrepublik fehlt damit, aber insbesondere auch im Hinblick auf Taiwan,40 die Kompetenz, ein für das ganze Land einheitliches interregionales Kollisionsrecht zu erlassen. Es soll daher stattdessen „auf der Basis ausreichender Konsultation und Koordination“ – gemeint sind miteinander abgestimmte Regionalgesetzgebung, interregionale Vereinbarungen bzw. Staatsverträge, Modellgesetze, Einrichtung einer nationalen Beratungs- und Koordinationskommission o.ä.41 – zwischen den einzelnen Regionen geschaffen werden.42 Als Fernziel gilt nach der Schaffung des einheitlichen interregionalen Kollisionsrechts letztendlich doch die Einheitlichkeit des Sachrechts. 43 Einzelne Rechtsbereiche sollen aber nach Möglichkeit schon während der Entwicklung des gemeinsamen Kollisionsrechts im Wege „ausreichender
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So etwa Liu, S. 254. Vgl. HAN Depei (Hrsg.) / HUANG Jin, S. 453; XIAO Yongping, 2 (1999) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 281 (311 f.); YU Xianyu, S. 381. Als herrschende Meinung bezeichnen dies YU Fei, S. 47, und Liu, S. 254. Letzterer ist selbst anderer Auffassung, aaO, S. 255. Vgl. auch zu beiden Auffassungen Franceschini, S. 40 ff. 40 S. YU Fei, S. 47 f. 41 Vgl. zu den Wegen der Konsultation HUANG Jin, Forschungen, S. 13 ff. 42 HAN Depei (Hrsg.) / HUANG Jin, S. 455; XIAO Yongping, 2 (1999) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 281 (312); Qin, S. 359 f.; YU Xianyu, S. 382. Vgl. dazu auch YU Fei, S. 48. 43 Nach XIAO Yongping, 2 (1999) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 281 (312), wohl erst nach 2047, dem Jahr, bis zu dem Hong Kong die Beibehaltung seines Rechtssystems zugesichert ist. HAN Depei (Hrsg.) / HUANG Jin, S. 456, beschreibt die Einheit des materiellen Rechts als „fernes Ideal“. 39
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§ 1 Einleitung
Konsultation und Koordination“, also etwa durch die Einigung auf entsprechende Modellgesetze, vereinheitlicht werden.44 In jüngerer Zeit gibt es aber auch Stimmen in der festlandchinesischen Literatur, die in der analogen Anwendung des internationalen Privatrechts eine brauchbare längerfristige Lösung sehen.45
III. Praktizierte Lösung III. Praktizierte Lösung
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Seit der Rückgabe von Hong Kong an die Volksrepublik, die den Anstoß für die geschilderte Diskussion gab, sind mehr als zehn Jahre vergangen. Dies regt zu der Frage an, was aus den Lösungsvorschlägen der festlandchinesischen Literatur geworden ist. Ein einheitliches interregionales Kollisionsrecht für alle vier Regionen gibt es nicht; jede chinesische Rechtsregion verfolgt stattdessen ihren eigenen Weg. Die vorliegende Arbeit fragt in ihrem 1. Teil danach, wie auf dem chinesischen Festland Fallgestaltungen mit interregionalen Elementen nach geltendem Recht gehandhabt werden. Dabei soll nicht nur der Frage des interregional anwendbaren Rechts nachgegangen werden, sondern auch nach der interregionalen Zuständigkeit der festlandchinesischen Gerichte sowie der Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen der anderen Regionen gefragt werden. Beides beeinflusst die Wahl des gerichtlichen Forums durch die Parteien, über dieses das anwendbare Kollisionsrecht und letztlich die Entscheidung in der Sache. Da erb- und familienrechtliche Fragen des chinesischen interregionalen Privatrechts bereits wissenschaftliche Aufmerksamkeit gefunden haben,46 konzentriert sich die vorliegende Arbeit auf Bereiche des Rechts, die für den Wirtschaftsverkehr relevant sind: Personenrecht, Schuld- und Sachenrecht. Ausgenommen von einer tiefergehenden Untersuchung wurde das Seerecht (㺠ᾴ㷾); es findet nur am Rande Berücksichtigung. Gleiches gilt für kollisionsrechtliche Fragen des geistigen Eigentums.47 Der Bereich des Insolvenzrechts mit seinen besonderen Regeln wurde ebenfalls ausgespart. Ziel der Arbeit war, das Recht so zu ermitteln, wie es durch die Gerichte angewendet wird. Daher wurden möglichst viele Gerichtsentscheidungen in die Untersuchungen einbezogen, aber auch wissenschaftliche Veröffentlichungen aus Richterhand. Überwältigt von der Flut der Entscheidungen, die mittlerweile – häufig im Internet durch die Gerichte selbst – veröffent44 HAN Depei (Hrsg.) / HUANG Jin, S. 455 f.; XIAO Yongping, 2 (1999) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 281 (310). 45 YU Fei, S. 51 ff.; ZHAO Xianglin / LIU Yinghong, Bijiaofa Yanjiu 2000, 66 (68). 46 So in den beiden deutschsprachigen Dissertationen von Ma und Liu. 47 S. dazu jedoch die Dissertation von Pattloch.
III. Praktizierte Lösung
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licht werden, geriet die Auswahl der vorgestellten Fälle dabei eher zufällig. Auch die zugängliche festlandchinesische Aufsatzliteratur konnte aufgrund ihrer Fülle nur lückenhaft berücksichtigt werden; sie erschöpft sich allerdings ohnehin oft in Abhandlungen de lege ferenda, der Untersuchung ausländischer Lösungen und wiederkehrenden Formulierungen. Die Reihenfolge der drei Blöcke des 1. Teils – Zuständigkeit (Rn. 171 ff.), anwendbares Recht (Rn. 329 ff.), Anerkennung eines Urteils (Rn. 597 ff.) – ergibt sich aus ihrer Relevanz in der Praxis. Zuvor sollen in einem ersten Abschnitt (Rn. 32 ff.) die derzeitigen Rechtsquellen des interregionalen Privatrechts auf dem Festland vorgestellt werden und in einem zweiten Abschnitt (Rn. 113 ff.) geklärt werden, was aus festlandchinesischer Sicht einen interregionalen Bezug ausmacht, mit anderen Worten: wann interregionales Privatrecht angewendet wird. Besonderes Augenmerk wurde bei der Untersuchung der geltenden Rechtslage vor dem Hintergrund der Diskussion in der festlandchinesischen Literatur darauf gelegt, ob grundlegend andere Probleme als im internationalen Privatrecht zu bewältigen sind. Im ihrem 2. Teil wendet sich die Arbeit – weit weniger detailliert als im 1. Teil – den Lösungen der anderen drei chinesischen Rechtsregionen Taiwan, Macau und Hong Kong für interregionale Rechtskollisionen zu. Ziel ist es, einen Vergleich der Rechtslage in allen vier chinesischen Rechtsregionen zu ermöglichen. Die Darstellung folgt dabei dem im 1. Teil vorgegebenen Muster: Es werden jeweils zuerst die maßgeblichen kollisionsrechtlichen Rechtsquellen vorgestellt (Taiwan Rn. 650 ff., Macau Rn. 869 ff., Hong Kong Rn. 1010 ff.). Nach einem Blick auf die Frage, wann interregionales Privatrecht zum Einsatz kommt (Taiwan Rn. 653 ff., Macau Rn. 877 f., Hong Kong Rn. 1018), werden auch hier die drei praktisch relevanten Bereiche der interregionalen Zuständigkeit (Taiwan Rn. 684 ff., Macau Rn. 879 ff., Hong Kong Rn. 1019 ff.), des anwendbaren Rechts (Taiwan Rn. 722 ff., Macau Rn. 926 ff., Hong Kong Rn. 1077 ff.) und der Anerkennung von Entscheidungen der Gerichte der anderen Regionen (Taiwan Rn. 854 ff., Macau Rn. 993 ff., Hong Kong Rn. 1149 ff.) dargestellt.
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1. Teil: Das chinesische Festland
§ 2 Derzeitige Rechtsquellen des interregionalen Privatrechts 1. Teil: Festland – § 2 Rechtsquellen
I. Gesetzgebung I. Gesetzgebung
Das chinesische Festland besitzt zurzeit weder ein besonderes Gesetz noch einzelne Spezialnormen in anderen Gesetzen zur Regelung des interregionalen Privatrechts.1 Daran hat auch das kürzliche Inkrafttreten des Gesetzes der Volkrepublik China über die Rechtsanwendung auf Zivilbeziehungen mit Außenberührung (dazu unten Rn. 74, 81 ff.) nichts geändert. Soweit ersichtlich, befindet sich auch kein Spezialgesetz für das interregionale Privatrecht im Gesetzgebungsverfahren oder ist auf absehbare Zeit geplant, obwohl es immer wieder entsprechende akademische Entwürfe gegeben hat: Den Vorschlagsentwurf eines Gesetzes über die Beziehungen der Menschen der Festlands- und der Taiwan-Region 2 des Instituts für Taiwan-Recht (┙㾧㷾ゴ䤽䮟㍩) der Chinesischen Akademie für Management (ὖ⠦䳊䔯䫺ⲏ䤽䮟枋) von 1989, das Einheitliche Interregionale Seekollisionsrecht3 von SI Yuzuo (┡䒲䕋) und LI Zhaoliang (㡷≯厘) von der Universität für Seerecht Dalian, ebenfalls aus dem Jahr 1989, sowie die Modellbestimmungen über die Rechtsanwendung auf Zivilrechtsfälle zwischen der Festland-Region und den Regionen Taiwan, Hong Kong und Macau4 von HAN Depei (椒ム⤢) und HUANG Jin (濭愄) von 1991.5
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II. Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts II. Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts
Eine für die Praxis wichtige, allgemein die lückenhaften gesetzlichen Regelungen des festlandchinesischen Rechts ergänzende Funktion überneh1 Vgl. YU Fei, S. 51; Liu, S. 247; Ma, S. 23; Qin, S. 325 ff.; SU Yuanhua, S. 113; DU Tao / CHEN Li, S. 047; SHEN Juan, S. 64 (anwendbares Recht), 67 (Verfahrensrecht); Qin, IPRax 2011, 603 (607). 2 ⩐杯⡙④ἷ┙㾧⡙④ΰ㴺⊜两㷾〣峗呲㥱. S. YU Fei, S. 79 m.w.N. 3 倈Ἡ④杮㺠ᾴ⋛䮪㷾盤呲㥱盥. S. YU Fei, S. 79 f. m.w.N. 4 ⩐杯⡙④ἷ┙㾧盨櫂㽘盨䃜朑⡙④㴺ᾴ㷾ゴ愫䙑䩣听㢊₴. S. YU Fei, S. 49, 79 m.w.N. Ausführlich hierzu Franceschini, S. 42 ff. (chinesische Fassung mit deutscher Übersetzung S. 74 ff.). 5 Zu den Entwürfen, insbesondere dem letzten, s. Liu, S. 248 ff.; Ma, S. 24 ff.; YU Fei, S. 49, 79 f.; SHEN Juan, S. 65 ff.; Qin, S. 326, 356 ff.
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1. Teil: Festland – § 2 Rechtsquellen
men Äußerungen des Obersten Volksgerichts. Sie entfalten für den gesetzlich ungeregelten Bereich des interregionalen Privatrechts eine besonders große Bedeutung.6 1. Arten der Stellungnahmen 34
Es sind verschiedene Arten von Äußerungen des Obersten Volksgerichts zu beobachten, die sich in ihrer rechtlichen, aber kaum in ihrer praktischen Wirkung unterscheiden. a) Justizauslegungen mit rechtlicher Bindungswirkung
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Der nach der Verfassung mit der ausschließlichen Kompetenz zur Auslegung der Gesetze ausgestattete Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses ermächtigte bereits Ende der 1970er Jahre das Oberste Volksgericht, bei konkreten Problemen in der Rechtsanwendung durch die Gerichte an seiner Stelle verbindlich Gesetze auszulegen. 7 Dies geschah durch Art. 33 des Gesetzes der Volksrepublik China über die Organisation der Gerichte8 (im Folgenden: GerichtsorganisationsG). Daraus haben sich verschiedene Formen der konkreten und abstrakt-generellen Justizauslegung (┡㷾嬌拳) durch das Oberste Volksgericht entwickelt, für deren Erlass sich das Gericht mit den Bestimmungen des Obersten Volksgerichts über die Arbeit der Justizauslegung 9 (im Folgenden: Auslegungsbestimmungen) selbst ein Regelwerk gegeben hat.10 Sie binden die unteren Gerichte in ihrer Rechtsprechungsarbeit (vgl. Ziff. 5 Auslegungsbestimmungen) und werden als Rechtsquellen betrachtet, 11 obwohl es für die abstraktgenerellen Äußerungen an einer Ermächtigung durch den Ständigen Aus-
6 Vgl. dazu SU Yuanhua, S. 113 f.; DU Huanfang, Wuda Guoji Fa Pinglun 2004, 228 (228 f.). 7 S. Süß, S. 31; Ahl, ZChinR 2007, 251 (252). 8 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦ΰ㴺㷾枋俭俰㷾 vom 1.7.1979, in der Fassung vom 31.10.2006, in Kraft seit dem 1.1.2007. 9 㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ┡㷾嬌拳⼎₅䞭嫭ⳃ vom 11.12.2006, veröffentlicht am 9.3.2007 (㷾⓺[2007]12 ┠), in Kraft seit 1.4.2007. Diese Bestimmungen sind an die Stelle der Verschiedenen Bestimmungen des Obersten Volksgerichts über die Arbeit der Justizauslegung ( 㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ┡㷾嬌拳⼎₅䞭后⾛嫭ⳃ ) vom 23.6.1997 ( 㷾⓺ [1997]15 ┠ ), in Kraft seit dem 1.7.1997, getreten. 10 S. dazu ausführlich Ahl, ZChinR 2007, 251 (251 ff.). 11 S. etwa HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 47; Liu, S. 192. Dazu auch schon Süß, S. 31; von Senger/Xu, S. 231, sowie Heuser, S. 204 f.; Binding/Radjuk, RIW 2009, 785 (790). Konkrete Justizauslegungen sind erst seit 1997 rechtsverbindlich und damit Rechtsquellen, s. dazu Ahl, ZChinR 2007, 251 (255). Noch zur früheren Rechtslage der lediglich faktischen Bindungswirkung Liu, S. 193.
II. Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts
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schuss des Nationalen Volkskongresses fehlt. 12 Um Bindungswirkung zu entfalten, müssen sie vom Rechtsprechungsausschuss des Obersten Volksgerichts verabschiedet und im offiziellen Amtsblatt des Gerichts veröffentlicht worden sein (s. Ziff. 4, 25 Auslegungsbestimmungen).13 Zu den konkreten Justizauslegungen gehören Antwortvermerke (㎢⨶), Antwortschreiben (⨶⌦ oder 䱽⨶ ) und als Briefe (⌦ ) oder Bekanntmachungen ( 慃䤎 ) bezeichnete Äußerungen des Obersten Volksgerichts auf Anfragen unterer Gerichte in konkreten Fällen. Die Bindungswirkung verleihenden Auslegungsbestimmungen kennen in ihrer Ziff. 6 nur Antwortvermerke (㎢⨶) als Form für Antworten in konkreten Fällen, so dass den übrigen Formen wohl eher eine faktische Leitwirkung zukommen dürfte.14 In abstrakt-generellen, also nicht aus Anlass konkreter Gerichtsverfahren abgefassten Justizauslegungen legt das Oberste Volksgericht nicht nur bestehende Gesetze aus, sondern ergänzt oder ändert deren Regelungen oder schafft sogar ohne gesetzliche Grundlage Normen und wird damit rechtssetzend tätig.15 Es findet sich eine Vielzahl von Bezeichnungen: Auslegung (嬌拳), Ansicht (㈸嫪), Antwort (嬌䱽), Bestimmungen (嫭ⳃ), aber auch Mitteilung ( 慃䤎 ) oder Maßnahme ( ⏇㷾 ). Im Bestreben, Übersichtlichkeit zu schaffen, ordnet Ziff. 6 Auslegungsbestimmungen die Form der Auslegung (嬌拳) an, wenn die Stellungnahme regelt, wie konkret ein bestimmtes Gesetz oder allgemein in bestimmten Fällen oder Fragen das Recht anzuwenden ist; Bestimmungen (嫭ⳃ) heißen dagegen Normen oder Ansichten, die infolge von Bedürfnissen der Rechtsprechungsarbeit gemäß dem „Geist der Gesetzgebung“ (䯴㷾䷧䪇) erlassen werden.16 Das Oberste Volksgericht hat durch die neue Fassung der Auslegungsbestimmungen von 2007 seine Justizauslegungen, die nun nicht mehr automatisch mit Aufhebung der ausgelegten Gesetzesvorschrift unwirksam werden, noch weitgehender vom Gesetzesrecht losgelöst und ein gesetzgebungsähnliches Verfahren zu ihrem Erlass geschaffen.17
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b) Stellungnahmen mit faktischer Bindungswirkung Neben den konkreten und abstrakt-generellen Justizauslegungen gibt es Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts, die technisch keine Justizaus12 Vgl. dazu Ahl, ZChinR 2007, 251 (252 ff.) m.w.N.; Zhou, 15 (2006) Pac. Rim L. & Pol’y J. 403 (412). 13 S. auch Zhou, 15 (2006) Pac. Rim L. & Pol’y J. 403 (412). 14 So soll etwa die anfragende Institution bei einem Antwortschreiben (⨶⌦) nicht zur Befolgung verpflichtet sein, s. Tan, 79 (2002) Australian L. J. 97 (117). 15 S. dazu Ahl, ZChinR 2007, 251 (252); Tan, 79 (2002) Australian L. J. 97 (117). 16 Vgl. dazu Ahl, ZChinR 2007, 251 (253). Zu den ähnlichen Begriffsbestimmungen der Vorschriften von 1997 s. Heuser, S. 204. 17 S. Ahl, ZChinR 2007, 251 (256 ff.).
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legungen darstellen und rechtlich nicht bindend sind, aber praktisch regelmäßig von den unteren Gerichten befolgt werden und wie offizielle Justizauslegungen wirken. Hierunter fallen Konferenzprotokolle (俓媪), durch die wichtige Konferenzresultate mit dem Ziel ihrer Umsetzung in der Praxis bekanntgegeben werden, und Mitteilungen ( 慃䤎 ) an einen begrenzten Empfängerkreis. 18 Daneben wählt das Oberste Volksgericht auch regelmäßig Urteile unterer Gerichte aus und veröffentlicht sie als Musterfälle. Diese Entscheidungen können andere Gerichte nicht binden, haben aber praktisch großen Einfluss auf die Rechtsprechung.19 Ihre Leitprinzipien finden sich häufig später in verbindlichen Justizauslegungen wieder.20 2. Stellungnahmen mit interregional-privatrechtlichem Regelungsgehalt a) Die Hong Kong/Macau-Antworten v. 19.10.1987 und das Protokoll 1989 v. 12.6.1989
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Die beiden ältesten Äußerungen des Obersten Volksgerichts zu Fragen des interregionalen Rechtsverkehrs betreffen nur den Bezug zu Hong Kong oder Macau. Die Existenz einer eigenen Rechtsordnung in Taiwan wurde dagegen aufgrund der politischen Lage lange Zeit ignoriert; man fürchtete den Eindruck der Anerkennung einer Unabhängigkeit Taiwans.21 (1) Die Hong Kong/Macau-Antworten
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Das Oberste Volksgericht gab 1987 für Wirtschaftsstreitfälle mit Bezug zu Hong Kong oder Macau seine Antworten auf einige Fragen bezüglich der Verhandlung von Wirtschaftsstreitfällen mit Hong Kong-, Macau-Bezug22 (im Folgenden: Hong Kong/Macau-Antworten) heraus. Sie enthalten neben einer Definition des für ihre Anwendung relevanten Hong Kong- bzw. Macau-Bezugs einzelne Regelungen der interregionalen Zuständigkeit und verweisen im Übrigen im ersten Unterpunkt ihres dritten Abschnitts bezüglich des Verfahrens auf die entsprechenden Vorschriften des damals noch in der provisorischen Fassung vom 1.10.1982 geltenden Zivilprozessgesetzes der Volksrepublik China23 (im Folgenden: Festland-ZPG) für Fälle mit Außenbezug. Der dritte Unterpunkt des dritten Abschnitts der Hong Kong/ 18
S. Tan, 79 (2002) Australian L. J. 97 (118). Zhou, 15 (2006) Pac. Rim L. & Pol’y J. 403 (413); HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 47; Bu, § 4 Rn. 6 (S. 21). 20 S. Zhou, 15 (2006) Pac. Rim L. & Pol’y J. 403 (413). 21 Vgl. dazu schon Süß, S. 15 f. 22 㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯㺲㽘䃜俸㹷俉俠㥱‟后⾛朗槁䞭嬌䱽 vom 19.10.1987. Eine deutsche Übersetzung in Auszügen findet sich in Anhang I. 23 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㴺ᾴ峲峥㷾 vom 9.4.1991. 19
II. Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts
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Macau-Antworten geht davon aus, dass das anwendbare Recht in Fällen mit Bezug zu Hong Kong oder Macau nach den Vorschriften des Kapitels für Fälle mit Außenbezug der Allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts der Volksrepublik China24 (im Folgenden: AGZ) und nach Art. 5 des damaligen Außenwirtschaftsvertragsgesetzes der Volksrepublik China25 (im Folgenden: AWVG), einer international-privatrechtlichen Regelung des Vertragsstatuts, zu bestimmen sind. (2) Das Protokoll 1989 1989 veröffentlichte das Oberste Volksgericht die Ergebnisse einer Konferenz, zu der im Dezember 1988 Vertreter der Wirtschaftskammern der Oberen und Mittleren Gerichte der Küstenregionen zusammengekommen waren, als Protokoll der Aussprache zur wirtschaftsgerichtlichen Verhandlungs- und Entscheidungsarbeit mit Außen-, Hong Kong-, Macau-Bezug in den Küstengebieten des ganzen Landes26 (im Folgenden: Protokoll 1989). Dieses Dokument, das zwar keine bindende Justizauslegung darstellt, aber in seiner praktischen Wirkung einer solchen gleichkommt (s. oben Rn. 38), enthält u.a. im ersten Unterpunkt seines dritten Teils „Ansichten“ ( ㈸ 嫪 ) zur Zuständigkeit der chinesischen Volksgerichte in Wirtschaftsverfahren mit Außen-, Hong Kong- und Macau-Bezug. Der Bezug zu Hong Kong und Macau wird dabei gesondert genannt, fällt also nicht unter den Außenbezug, wird aber diesem gleich behandelt. Ebenso gibt der fünfte Unterpunkt des dritten Abschnitts Anweisungen zur korrekten Bestimmung des anzuwendenden Rechts in Wirtschaftsstreitfällen mit Außen-, Hong Kong- und Macau-Bezug nach den Vorschriften der AGZ, des Festland-ZPG und des AWVG, behandelt also wiederum den interregionalen wie den internationalen Bezug. Dabei wird u.a. für die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen auf die Vorschriften des Festland-ZPG und entsprechende internationale Abkommen verwiesen. Sonderregeln nur für Fälle mit Hong Kong- oder Macau-Bezug enthält das Protokoll 1989 nicht.
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(3) Fortgeltung der beiden Stellungnahmen Dass die beiden Äußerungen des Obersten Volksgerichts heute immer noch gelten, könnte – obwohl sie, soweit ersichtlich, nie aufgehoben wurden27 – unter zwei Gesichtspunkten fraglich sein. 24
ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㴺㷾慃⍂ vom 12.4.1986, in Kraft seit 1.1.1987. ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㺲⨿俸㹷┱┵㷾 vom 21.3.1985. 26 ⊑⠦㷨㺠⡙④㺲⨿㺲㽘䃜俸㹷Ⳋ⍍⼎₅⿐崱⁃俓媪 vom 12.6.1989. Eine deutsche 25
Übersetzung in Auszügen findet sich in Anhang I. 27 Anders dagegen die Antworten auf einige Fragen zur Anwendung des Außenwirtschaftsvertragsgesetzes (㠩氁ΰ㴺㷾枋⒙⓺ѭ⊜ᾷ愫䙑㺲⨿俸㹷┱┵㷾后⾛朗槁䞭嬌䱽Ѯ
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1. Teil: Festland – § 2 Rechtsquellen
(a) Änderung der tatsächlichen Umstände 45
Zum einen wurden sie zu einer Zeit formuliert, als Hong Kong und Macau noch Kolonien Großbritanniens und Portugals waren, so dass Fälle mit Bezug zu diesen Regionen internationalen Sachverhalten näherstanden als heute.28 Offiziell waren beide Regionen jedoch schon damals ein Teil der Volksrepublik China, auch wenn es die festlandchinesische Rechtswissenschaft mangels einheitlicher Souveränität ablehnte, Rechtskollisionen zwischen dem Festland und Hong Kong oder Macau als „interlokal“ einzustufen.29 Am Sonderstatus der beiden Gebiete hat sich durch ihre Rückkehr zum Festland rein tatsächlich wenig geändert. Man wird also davon ausgehen können, dass die Tatsache der Wiedervereinigung allein die beiden Stellungnahmen nicht gegenstandslos gemacht hat. (b) Änderung oder Aufhebung der in Bezug genommenen Gesetze
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Zum anderen wurden jedoch die Gesetze, auf welche die beiden Äußerungen verweisen, teilweise geändert oder aufgehoben. Zunächst wurde 1991 die provisorische Fassung des Festland-ZPG durch die heute geltende Fassung abgelöst. Dies hat jedoch die Geltung der Stellungnahmen offensichtlich nicht beeinflusst. Stattdessen wird etwa die umfassende Verweisung auf das Festland-ZPG im ersten Unterpunkt des dritten Abschnitts der Hong Kong/Macau-Antworten als Bezugnahme auf die aktuelle Fassung des Festland-ZPG aufgefasst. 30 Die im dritten bis sechsten Unterpunkt des zweiten Abschnitts der Hong Kong/Macau-Antworten für Fälle mit Hong Kong- und Macau-Bezug vorgesehenen konkreten Zuständigkeitsvorschriften haben dagegen ihre Bedeutung weitgehend verloren, da sie sich – in etwas anderer Formulierung – nunmehr allgemein für Fälle mit Außenbezug in den umfassenderen Zuständigkeitsregelungen des Festland-ZPG vom 9.4.1991 wiederfinden. Durch die Reform hatte das
䞭慃䤎; im Folgenden: AWVG-Antworten) vom 19.10.1987, die nach dem zweiten Unterpunkt ihres ersten Abschnitts ebenfalls eine Anwendung des AWVG auf Sachverhalte mit Bezug zu Hong Kong und Macau erlaubten. Sie wurden durch Beschluss des Obersten Volksgerichts vom 16.6.2000 mit Wirkung zum 25.7.2000 aufgehoben, Rechtsauslegung (㷾拳) Nr. 20/2000, Supreme People’s Court Gazette 2000.4 (Vol. 66), S. 124 ff. 28 Daher wohl davon ausgehend, dass sie nicht mehr gelten, Qin, S. 325. 29 S. dazu Süß, S. 11. 30 Oberstes Volksgericht v. 2.7.2002 (Guangdong Entwicklungsbank Jiangmen Filiale gegen Xinzhong Immobilien Ltd), (2001) 㴺 ⠄ 俱 Ⲁ 䱕 14 ┠ ; Rechtsbekanntmachung Nr. 53/2002. S. auch HU Yikui, Jianghuai Luntan 2004, 56 (57); WANG Xiulan / WANG Tianxi, Law Library Beitrag Nr. 606.
II. Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts
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Festland-ZPG nämlich die in der provisorischen Fassung fehlenden31 Regelungen internationaler Zuständigkeit erhalten, die neben einigen Neuheiten im Wesentlichen die in der Gerichtspraxis entwickelten Zuständigkeitsgrundsätze in das Gesetz übernahmen.32 Des Weiteren wurde 1999 das AWVG durch das Vertragsgesetz der Volksrepublik China 33 (im Folgenden: VertragsG) ersetzt. Zu dieser Zeit sahen die Auslegungsbestimmungen vor, dass Auslegungen akzessorisch zum ausgelegten Gesetz waren, d.h. mit diesem außer Kraft traten.34 Zumindest das Protokoll 1989 stellt jedoch keine rechtlich bindende Auslegung dar (vgl. dazu oben Rn. 38 f.); seine faktische Wirkung dürfte dagegen bis zu einem deutlichen Widerruf fortgelten. Dies trifft auch auf offizielle Justizauslegungen zu, wie die Unsicherheit um die Anwendung der Antworten auf einige Fragen zur Anwendung des Außenwirtschaftsvertragsgesetzes 35 (im Folgenden: AWVG-Antworten) nach Aufhebung des AWVG zeigt,36 die sogar andauerte, nachdem das Oberste Volksgericht sie durch Beschluss 37 mit Wirkung zum 25.7.2000 förmlich außer Kraft gesetzt hatte. 38 Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass beide Stellungnahmen hinsichtlich ihres Verweises auf die kollisionsrechtliche Norm des AWVG, die sich nunmehr im Wesentlichen unverändert in Art. 126 VertragsG wiederfindet, ihre Aussagekraft verloren haben, bleibt ihre anleitende Wirkung hinsichtlich des Verweises auf die AGZ und das FestlandZPG bestehen. Die Rechtsprechung wendet dementsprechend zumindest die Hong Kong/Macau-Antworten auch nach der Änderung der gesetzlichen Basis weiterhin an. So wurden sie etwa in einem Urteil des Obersten Volksgerichts vom 2.7.2002 zitiert und angewendet39 sowie ihre Anwendung durch das Ausgangsgericht in einem Urteil des Obersten Volksgerichts vom
31 Vgl. dazu von Senger/Xu, S. 498. Stattdessen hatte Art. 185 S. 2 Festland-ZPG a.F. zur Lückenfüllung auf die sonstigen Regelungen des Gesetzes verwiesen, also die örtlichen Zuständigkeitsvorschriften. 32 Vgl. dazu von Senger/Xu, S. 498. 33 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦┱┵㷾 vom 19.12.1999, in Kraft seit 29.12.1999. 34 S. Ahl, ZChinR 2007, 251 (253). 35 㠩 氁 ΰ 㴺 㷾 枋 ⒙ ⓺ ѭ ⊜ ᾷ 愫 䙑 㺲 ⨿ 俸 㹷 ┱ ┵ 㷾 后 ⾛ 朗 槁 䞭 嬌 䱽 Ѯ 䞭 慃 䤎 vom 19.10.1987. 36 S. dazu unten Rn. 350. S. auch Tu/Xu, 7 (2011) J. P.I.L. 179 (181). 37 Beschluss des Obersten Volksgerichts vom 16.6.2000, Rechtsauslegung ( 㷾 拳 ) Nr. 20/2000, Supreme People’s Court Gazette 2000.4 (Vol. 66), S. 124 ff. 38 Den akademischen Streit um die Anwendbarkeit erwähnt – aus Unkenntnis des Beschlusses – etwa Qin, S. 285, in seiner 2003 erschienenen Arbeit noch. 39 Oberstes Volksgericht v. 2.7.2002 (Guangdong Entwicklungsbank Jiangmen Filiale gegen Xinzhong Immobilien Ltd), (2001) 㴺 ⠄ 俱 Ⲁ 䱕 14 ┠ ; Rechtsbekanntmachung Nr. 53/2002.
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1. Teil: Festland – § 2 Rechtsquellen
4.1.2005 bestätigt.40 Auch in einer Stellungnahme zweier Richter des Mittleren Volksgerichts von Guangzhou zu einem Urteil ihres Gerichts vom 13.4.2000 finden die Hong Kong/Macau-Antworten weiterhin Berücksichtigung.41 Die Literatur geht ebenso von der Anwendbarkeit der beiden Äußerungen des Obersten Volksgerichts weiterhin aus.42 (4) Anwendungsbereich der Auslegungen 50
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Die Hong Kong/Macau-Antworten regeln nur Wirtschaftsstreitfälle; das Protokoll 1989 bezieht sich ebenfalls nur auf die Verhandlungs- und Entscheidungsarbeit der Wirtschaftsgerichte, die Wirtschaftsstreitfälle mit und ohne Außenbezug sowie Wirtschaftskriminalität zur Verhandlung annehmen.43 Den Begriff der „Wirtschaftsstreitigkeit“ (俸㹷俉俠) findet man außerhalb Chinas nur selten; in der Volksrepublik China, wo er Anfang der 1980er Jahre mit Bildung entsprechender Sonderkammern an Gerichten durch das GerichtsorganisationsG aufkam, wird er dagegen in Wissenschaft und Justizdokumenten häufig verwendet.44 Da er in der formellen Gesetzgebung nicht vorkommt, wird in der festlandchinesischen Literatur gelegentlich bezweifelt, ob es sich um einen Rechtsbegriff handelt.45 Eine rechtliche Bedeutung hat er faktisch jedoch dadurch erhalten, dass er in der Justizpraxis vielfach angewendet wird.46 So zählt die Wirtschaftskammer des Obersten Volksgerichts in seinen Vorläufigen Ansichten im Hinblick auf den Rahmen der von den Wirtschaftskammern der Volksgerichte anzunehmenden Fälle 47 unter Ziff. 1 verschiedene Konstellationen der Wirtschaftsstreitfälle und unter Ziff. 3 solche der Wirtschaftsstreitfälle mit Außenbezug auf. Wie sich aus dem Schlusssatz dieser Auslegung und den ihr im Anhang beigefügten „Erklärungen in einigen Punkten“ (ⴢѭ⊜
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Oberstes Volksgericht v. 4.1.2005 (Foshan Volksregierung gegen Bank of Communications Hong Kong-Filiale), (2004) 㴺⠄俱Ⲁ䱕 5 ┠. 41 WANG Xiulan / WANG Tianxi, Law Library Beitrag Nr. 606; die Autoren haben das Datum ihres Beitrages nicht angegeben, es lässt sich jedoch anhand des Urteilsdatums (13.4.2000, vgl. die weitere Besprechung des Urteils durch u.a. einen der Autoren in Xu/Wang, China Law No. 25 (8/2000), 103) ungefähr bestimmen. 42 So etwa für die interregionale Zuständigkeit ZHANG Xianchu, Falü Shiyong 2004, 6 (6); HU Yikui, Jianghuai Luntan 2004, 56 (57). Allgemein DU Tao / CHEN Li, S. 048. 43 Vgl. dazu den Einleitungssatz der Vorläufigen Ansichten im Hinblick auf den Rahmen der von den Wirtschaftskammern der Volksgerichte anzunehmenden Fälle (㠩氁ΰ㴺 㷾枋俸㹷Ⳋ⍍⊜ᾷΰ㴺枋俸㹷Ⳋ⍍㙟㥱听⠝䞭⍆㲎㈸嫪) vom 8.8.1980. 44 XU Wusheng, Shandong Faxue 1998, 6 (6). 45 Vgl. dazu XU Wusheng, Shandong Faxue 1998, 6 (6). 46 XU Wusheng, Shandong Faxue 1998, 6 (6). 47 㠩氁ΰ㴺㷾枋俸㹷Ⳋ⍍⊜ᾷΰ㴺枋俸㹷Ⳋ⍍㙟㥱听⠝䞭⍆㲎㈸嫪 vom 8.8.1980.
II. Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts
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ᾷΰ㴺㷾枋俸㹷Ⳋ⍍㙟㥱听⠝䞭⍆㲎㈸嫪Ѯ䞭⌉䇢崝㜷) ergibt, sind diese Aufzählungen nicht abschließend. Eine Definition des Begriffs fehlt. In der Literatur wurden Wirtschaftsstreitigkeiten als „aus dem Rechtenund Pflichtenverhältnis zwischen Wirtschaftssubjekten bei ihren wirtschaftlichen Aktivitäten entstehende Streitigkeiten“ definiert48 – wohl angelehnt an den im festlandchinesischen Gesetzesrecht bis zum Erlass des VertragsG wichtigen Begriff des Wirtschaftsvertrages.49 Genauer betrachtet setzt eine Qualifikation als Wirtschaftsstreitigkeit voraus, dass mindestens auf einer Seite der Streitigkeit ein Kaufmann (juristische Person, entsprechend eingetragene natürliche Person oder Handelsorganisation ohne eigene Rechtspersönlichkeit) oder ein dörflicher Übernahmebetreiber (⋅㡺㎨ 俸啎㍠ ) 50 beteiligt ist und dass Streitgegenstand Vermögensinteressen (körperliche oder unkörperliche, positive oder negative) sind.51 Für den hier betrachteten Bereich der wirtschaftlich interessierenden Rechtsgebiete dürften daher in den meisten Fällen die Hong Kong/MacauAntworten und das Protokoll 1989 anzuwenden sein. Es sind jedoch auch Fälle denkbar, die aus festlandchinesischer Sicht möglicherweise keine Wirtschaftsstreitigkeiten darstellen, etwa deliktsrechtliche Ansprüche aufgrund der Verletzung persönlicher Rechte wie Körper, Gesundheit, Bewegungsfreiheit und Ruf einer natürlichen Person,52 aber durchaus einen wirtschaftlichen Bezug aufweisen (vgl. etwa die Haftung für durch ein schadhaftes Produkt verursachte Gesundheitsschäden oder die Rufschädigung durch Presseveröffentlichungen, etc.).
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(5) Zusammenfassung Für die meisten im Wirtschaftsverkehr relevanten Streitigkeiten mit Bezug zu Hong Kong oder Macau verweisen die Hong Kong/Macau-Antworten und das Protokoll 1989 auf die Regelungen des internationalen Privatrechts, die das Festland-ZPG und die AGZ enthalten. Darüber hinaus gelten auch die Hinweise zur Auslegung der AGZ aus dem Protokoll 1989, wenn ein Sachverhalt Hong Kong- oder Macau-Bezug besitzt. Besondere, rein interregionale Regelungen enthalten beide Äußerungen nicht.
48
AN Qing, Zhongguo Muye Tongxun 2004, 52 (52):ѭ俸㹷俉俠盨㝘㐰俸㹷ὤ⁼朝⡑俸
㹷㹤⏑ὖ盨⠉㡬⍒▵ὲ⏊⊜两儵⓺䙈䞭ᾲ峗ѦѮ. 49
Vgl. zu diesem Xu, S. 85 f.; Süß, S. 111 f. S. zu dieser Unternehmensform Art. 27 AGZ. 51 XU Wusheng, Shandong Faxue 1998, 6 (8). 52 Aus Sicht von XU Wusheng, Shandong Faxue 1998, 6 (8), sind selbst vermögensrechtliche Schäden, die aus der Verletzung persönlicher Rechte (ΰ忔㡬) entstehen, keine Wirtschaftsstreitigkeiten im Gegensatz zu wirtschaftlichen bzw. vermögensrechtlichen Schadensersatzansprüchen. 50
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1. Teil: Festland – § 2 Rechtsquellen
b) Stellungnahme zu Fällen mit Taiwan-Bezug v. 9.8.1988 56
Die Äußerung Das Oberste Volksgericht zu einigen Rechtsfragen bei der Behandlung von Zivilrechtsfällen mit Taiwan-Bezug durch Volksgerichte53 bezieht sich vor allem auf Probleme, die bei der Anwendung des FestlandRechts auf Altfälle insbesondere im Ehe- und Erbrecht entstehen. Sie setzt zwar die Geltendmachung bestimmter Ansprüche vor festlandchinesischen Gerichten voraus, regelt aber weder Zuständigkeit noch anwendbares Recht. c) Die Zuständigkeits-Regelungen
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Die Regelungen des Obersten Volksgerichts bezüglich einiger Fragen der prozessualen Zuständigkeit in Zivil- und Handelsrechtsfällen mit Außenbezug 54 (im Folgenden: Zuständigkeits-Regelungen) gestehen erstmals ausdrücklich Fällen mit Bezug zu Taiwan den gleichen Status zu wie solchen mit Hong Kong- oder Macau-Bezug, indem sie in ihrem Art. 5 ihre Geltung, die sich in erster Linie auf internationale Fälle bezieht, für entsprechende Fälle mit Hong Kong-, Macau- und Taiwan-Bezug bestätigen.55 Die Zuständigkeits-Regelungen betreffen allerdings lediglich die sachliche Zuständigkeit für bestimmte Fallgruppen und konzentrieren diese bei den Mittleren Volksgerichten der Hauptstädte der Provinzen bzw. Autonomen Regionen, der regierungsunmittelbaren Städte und der Sonderwirtschaftszonen. Aussagen zu interregionaler Zuständigkeit oder anwendbarem Recht enthalten sie nicht. Dennoch sprechen ihre Regelungen dafür, auch die Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte gegenüber der Zuständigkeit der Gerichte der anderen drei chinesischen Rechtsregionen genauso abzugrenzen wie gegenüber der Zuständigkeit ausländischer Gerichte. Dies scheinen auch zwei Richter des Volksgerichts in Dongguan / Provinz Guangdong hinsichtlich des Hong Kong-Bezuges aus den ZuständigkeitsRegelungen abzuleiten, ohne dies detailliert auszuführen oder zu begründen.56 Wichtiger erscheint jedoch die Gleichstellung von Fällen mit TaiwanBezug einerseits und Fällen mit Hong Kong- oder Macau-Bezug andererseits, zumal für letztere schon die Hong Kong/Macau-Antworten und das Protokoll 1989 die Anwendbarkeit des internationalen Privatrechts klargestellt haben (s. oben Rn. 40 ff.). Vor dem Hintergrund, dass Taiwan als abtrünnige Provinz des Festlands angesehen wird, wäre es aus politischer 53
㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷΰ㴺㷾枋⨭䔯㺲┙㴺ᾴ㥱‟䞭⌉ὓ㷾ゴ朗槁 vom 9.8.1988. 㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ㺲⨿㴺♯ᾴ㥱‟峲峥䳊悿后⾛朗槁䞭嫭ⳃ vom 25.12.2001 ( 㷾拳 [2002]5 ┠), in Kraft seit dem 1.3.2002. 54
55 56
S. dazu Chung, 22 (2008) St. John’s J. Leg. Comm. 559 (561). CHEN Haohui / YI Jianhua, CCMT Nr. 800.
II. Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts
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Sicht konsequent, wie hinsichtlich jeder anderen chinesischen Provinz auf Fälle mit Taiwan-Bezug nur die Vorschriften für die örtliche, nicht aber für die internationale Zuständigkeit und immer festlandchinesisches Recht anzuwenden.57 Alles andere, insbesondere aber eine Anordnung der Anwendung des internationalen Privatrechts, birgt aus festlandchinesischer Sicht immer das Risiko, als Anerkennung der Unabhängigkeit Taiwans missverstanden zu werden und ist damit umso bemerkenswerter. d) Das Zweite Protokoll Das Protokoll der Zweiten Konferenz zur Verhandlungs- und Entscheidungsarbeit in Handels- und Seerechtssachen mit Außenbezug des ganzen Landes58 (im Folgenden: Zweites Protokoll) von 2005 bestätigt die Gleichstellung durch die Zuständigkeits-Regelungen. Seine Ziff. 153 ordnet für Handels- und Seerechtsfälle mit Hong Kong-, Macau- und Taiwan-Bezug die Anwendung der im Zweiten Protokoll für entsprechende Fälle mit Außenbezug enthaltenen Vorschriften an, sofern es keine besonderen Regeln vorsieht. Inhaltlich bezieht sich das Zweite Protokoll u.a. in seinem ersten Teil auf die Zuständigkeitsvorschriften des Festland-ZPG und der ZPG-Ansichten für Fälle mit Außenbezug, indem es einige von ihnen auslegt und präzisiert; in seinem fünften Teil geht es ferner in gleicher Weise auf die Vorschriften des VertragsG und der AGZ zum internationalen Vertragsrecht ein. Damit setzt die in Ziff. 153 vorgesehene Anwendung der Regelungen des Zweiten Protokolls auf Fälle mit Hong Kong-, Macau- und TaiwanBezug voraus, dass diese auch den entsprechenden internationalprivatrechtlichen Vorschriften der Festland-ZPG, der ZPG-Ansichten, des VertragsG und der AGZ unterliegen. Das Zweite Protokoll wurde – möglicherweise um eine offizielle Anerkennung des Rechts von Taiwan zu vermeiden59 – nicht in die Form einer verbindlichen Justizauslegung gegossen, ordnet aber ausdrücklich seine Leitfunktion für die Oberen Volksgerichte an.60 Ungeklärt ist, ob es rechtlich bindend ist.61
57
Diesen Weg sieht hinsichtlich der Zuständigkeit auch Yang, China Law No. 30 (6/2001), 94 (95). 58 䱕㱊⊑⠦㺲⨿♯ᾴ㺠ᾴⳊ⍍⼎₅⁃峗俓媪 vom 26.12.2005. Eine deutsche Übersetzung in Auszügen findet sich in Anhang I. 59 S. zur Problematik der Anerkennung des taiwanesischen Rechts als Recht Chung, 22 (2008) St. John’s J. Leg. Comm. 559 (563 f., 569 ff.). 60 S. dazu Wolff, IPRax 2008, 55 (56). 61 Wolff, 56 (2008) Am.J.Comp.L. 1039 (1046).
59
60
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1. Teil: Festland – § 2 Rechtsquellen
e) Vertragsbestimmungen 2007 62
63
Die Bestimmungen des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Rechtsanwendung bei der Behandlung von Fällen der zivilrechtlichen oder handelsrechtlichen Vertragsstreitigkeiten mit Außenbezug62 (im Folgenden: Vertragsbestimmungen 2007) befassen sich in Form einer offiziellen Justizauslegung mit dem Vertragsstatut und treten insofern an die Stelle der früheren AWVG-Antworten. Sie dürften als zeitlich spätere Äußerung des Obersten Volksgerichts auch bei Abweichungen gegenüber den Hinweisen des Zweiten Protokolls Vorrang haben. In Bezug auf die nicht von den Vertragsbestimmungen 2007 geregelten Bereiche, wie die internationale/interregionale Zuständigkeit, kommt dem Zweiten Protokoll weiterhin Bedeutung zu. In ihrer Ziff. 11 stellen die Vertragsbestimmungen 2007 ausdrücklich ihre Geltung auch für Vertragsstreitigkeiten mit Hong Kong- und MacauBezug fest. Streitigkeiten, die einen Bezug zu Taiwan aufweisen, bleiben dagegen unerwähnt.63 f) Zwischenergebnis: Analoge Anwendung des internationalen Privatrechts
64
Die vorgestellten Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts verweisen für Fälle mit Bezug zu Hong Kong, Macau und Taiwan auf die zum jeweiligen Zeitpunkt vorhandenen international-privatrechtlichen Regelungen oder legen solche Regelungen aus und bestimmen ihre eigene Anwendbarkeit auf Fälle mit interregionalem Bezug. Sie beziehen sich allerdings nur auf bestimmte Fallgruppen, etwa Vertragsstreitigkeiten, Wirtschaftsstreitigkeiten etc. Dennoch lassen sie den Schluss zu, dass trotz fehlender dahingehender gesetzlicher Regelung grundsätzlich die Regeln des internationalen Privatrechts analog anzuwenden sind, sofern Sonderregeln für den interregionalen Rechtsverkehr nichts anderes vorsehen. (1) Übereinstimmung mit Literatur und Rechtsprechung
65
Diesen Schluss ziehen im Wesentlichen auch die festlandchinesische Literatur und die Rechtsprechung der Volksgerichte.
62 㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯㺲⨿㴺ᾴ㌿♯ᾴ┱┵俉俠㥱‟㷾ゴ愫䙑后⾛朗槁䞭嫭ⳃ vom 11.6.2007, veröffentlicht am 23.7.2007 (㷾拳[2007]14 ┠), in Kraft seit 8.8.2007. 63 S. auch Wolff, IPRax 2008, 55 (61); ders., 56 (2008) Am.J.Comp.L. 1039 (1048).
II. Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts
27
(a) Literatur Auch die festlandchinesische Literatur geht davon aus, dass zurzeit das anwendbare Recht in Fällen mit interregionalem Bezug analog nach den internationalen Kollisionsregeln zu bestimmen ist.64 In Bezug auf die seltener diskutierte interregionale Zuständigkeit wird ebenfalls angenommen, dass sich derzeit die Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte in Fällen mit Bezug zu einer der anderen chinesischen Rechtsregionen nach den Vorschriften des Festland-ZPG und der diese ergänzenden ZPG-Ansichten richtet, die diese für Fälle mit Außenbezug bereit halten.65 Davon ausgenommen sollen bestimmte Fallgruppen sein, für die das Oberste Volksgericht durch Justizauslegung Sonderregeln aufgestellt hat.66 Teilweise wird auch den „relevanten“ Justizauslegungen des Obersten Volksgerichts das „Prinzip der Bestimmung der effektiven Zuständigkeit“ ( 㠲㙱䳊悿㡬䦗ⳃⓈ⍂ ) entnommen. 67 Danach können festländische Gerichte zuständig sein, wenn eine Partei Einwohner des Festlandes und die andere Partei Einwohner von Hong Kong, Macau oder Taiwan ist, wenn das Vermögen, um das gestritten wird, auf dem Festland belegen ist, wenn das Verhalten oder die Tatsachen, die ein Schuldrecht begründen, ändern oder aufheben, auf dem Festland geschehen sind oder wenn die Parteien eines Vertrages eine entsprechende Wahl des Gerichtsstands getroffen haben. Aufgrund der tatsächlichen Probleme bei Ladung der Parteien, Beweiserhebung, Rechtsanwendung und Justizhilfe würden sich festländische Gerichte im allgemeinen nicht mit Fällen befassen, bei denen alle Parteien Einwohner anderer Regionen sind, der Streitgegenstand in einer anderen
64
S. etwa Liu, S. 247 f.; Ma, S. 43; SHEN Juan, S. 64 f.; DU Tao / CHEN Li, S. 047 f., 431. Nach Qin, S. 326 f., unklar, ob analoge oder direkte Anwendung. Nach Huo, 4 (2009) JCS 82 (84), gelten die Regionen Hong Kong und Macau, obschon Teil der Volksrepublik China, wegen ihres hohen Grades an Autonomie im Rahmen des internationalen Privatrechts als „fremd“ (foreign). 65 Etwa LUO Jianwen, Faxue Pinglun 2004, 86 (90); Hu, 46 (1999) NILR 204 (218); für den Bezug zu Macau LI Tao / ZHANG Ying, Hochschul-Journal der Universität für Luft- und Raumfahrt Beijing 2005, 56 (56); für den Bezug zu Hong Kong ZHU Zhisheng, Dangdai Faxue 2001, 64 (64, 65); ZHANG Xianchu, Falü Shiyong 2004, 6 (6). Auch HUANG Jin, Forschungen, S. 69 ff., vergleicht die interlokalen Zuständigkeitsregelungen der drei anderen Regionen ohne Weiteres mit den Regelungen der internationalen Zuständigkeit des Festlands. 66 Vgl. zum Bezug zu Hong Kong ZHU Zhisheng, Dangdai Faxue 2001, 64 (64), der als Beispiel Scheidungsfälle mit Hong Kong-Bezug nennt. 67 SU Yuanhua, S. 353.
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1. Teil: Festland – § 2 Rechtsquellen
Region belegen ist und die schuldbegründenden Tatsachen sich alle in anderen Regionen ereignet haben.68 Für die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen der anderen Regionen finden ebenfalls die entsprechenden Vorschriften für Fälle mit Außenbezug Anwendung,69 sofern keine Sondervorschriften (interregionale Vereinbarungen, Justizauslegungen) greifen. (b) Rechtsprechung
70
71
Den zugänglichen Gerichtsentscheidungen lässt sich – wenn überhaupt – oft nur die Feststellung entnehmen, dass es sich um einen Fall mit Bezug zu Hong Kong, Macau oder Taiwan handelt und er wie ein Fall mit Außenbezug zu behandeln ist.70 Auch in Fällen mit Taiwan-Bezug scheint in der Rechtsprechung Einigkeit zu herrschen, dass sich die Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte und die Bestimmung des anwendbaren Rechts nach den gesetzlichen Vorschriften für Fälle mit Außenbezug richten. So werden in vielen Urteilen ohne Begründung die Grundsätze internationalen Privatrechts zur Bestimmung der Zuständigkeit und des anwendbaren Rechts angewendet, teilweise mit, teilweise ohne Zitat der entsprechenden Vorschriften.71 In anderen Urteilen findet sich lediglich die lapida68 SU Yuanhua, S. 353; SHEN Juan, 2 (1999) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 326 (327). Ähnlich REN Qiujuan, Shangchang Xiandaihua Vol. 454 (2006), 260 (260). 69 S. HUANG Jin, Forschungen, S. 258, 268. 70 Vgl. z.B. in Bezug auf Hong Kong: Oberstes Volksgericht v. 26.10.2005 (Yueheng EntwicklungsGmbH gegen Shenzhen Jianling InvestitionsentwicklungsGmbH), (2003) 㴺 ⠄俱Ⲁ䱕 28 ┠ (unkommentierte Anwendung der Vorschriften über die internationale Zuständigkeit durch das Ausgangsgericht); in Bezug auf Taiwan: Mittleres Volksgericht Chengdu v. 19.8.2005 (Zhang Junming gegen Wu Liqiong), (2004) ㌹㴺⍆Ⲁ䱕 1028 ┠; in Bezug auf Macau: Mittleres Volksgericht Guangzhou v. 30.3.2006 (Shandong Wassergewinnungs-PumpwerkGmbH gegen Guan Qiaoling), (2005) 䮀ὖ㷾㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 65 ┠. In 31 von 50 durch Huang/Song/Li/Long für das Jahr 2006 ausgewerteten Gerichtsentscheidungen waren Parteien aus den anderen chinesischen Rechtsregionen beteiligt; in ausnahmslos allen diesen Fällen wurden dieselben kollisionsrechtlichen Grundsätze angewendet wie in Fällen mit Auslandsbezug, s. Huang/Song/Li/Long, 8 (2009) Chin. J. Int’l L. 715 (733). 71 Erstes Mittleres Volksgericht Chongqing v. 31.7.2003 (Dai Gengsheng gegen Yuanli Liegenschaftserschließungs-GmbH der Stadt Yongchuan), (2003) 㽆Ἡὖ㴺⍆Ⲁ䱕 222 ┠ ; Zweites Mittleres Volksgericht Beijing v. 20.12.2004 (Liquidationsausschuss der TaiqunGesellschaft gegen Hantang-Gesellschaft), (2004) ὖ㴺⍆Ⲁ䱕 08635 ┠; Oberes Volksgericht Jiangxi v. 22.12.2005 (Ding Shuangxi gegen Ding Hua), (2005) 庌㴺⠄俱Ⲁ䱕 6 ┠; Mittleres Volksgericht Suzhou v. 4.3.2005 (Liquidationsgruppe der Kunshan TreuhandInvestitionsgesellschaft gegen Kunshan Huaqiao Standort Jianfu Dorf DorfbevölkerungsAusschuss u.a.), (2002) 司 ὖ 㴺 ἲ ⍆ Ⲁ 䱕 020 ┠ ; Volksgericht des Huli Distrikts v. 17.10.2000 (1. Instanz) und Mittleres Volksgericht Xiamen v. 9.12.2000 (2. Instanz), Zusammenfassung mit kurzer Besprechung bei Yang, China Law No. 30 (6/2001), 94 f.
II. Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts
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re Feststellung, es handele sich um einen Fall mit Taiwan-Bezug und daher seien die internationalen Zuständigkeits- und Kollisionsvorschriften anzuwenden.72 In weiteren Urteilen wird auf die „relevanten Bestimmungen des Obersten Volksgerichts“ oder „relevante Bestimmungen“ verwiesen, ohne dass diese jedoch genannt würden.73 Ein Gericht begründet eine entsprechende Anwendung (⋯䙑) des Kollisionsrechts für den Außenbezug damit, dass die Taiwan-Region und das chinesische Festland zu verschiedenen Rechtsregionen innerhalb eines Landes gehören;74 nach einem anderen Gericht müssen sich zivilprozessuale Aktivitäten eines Taiwan-Einwohners auf dem Festland nach den besonderen Vorschriften des Festland-ZPG für Verfahren in Zivilsachen mit Außenbezug richten.75 (2) Analog anwendbares internationales Privatrecht Zu den im Wege der Analogie maßgeblichen Quellen des internationalen Privatrechts zählen insbesondere Gesetze und Justizauslegungen.
72 Mittleres Volksgericht Chengdu v. 19.8.2005 (Zhang Junming gegen Wu Liqiong), (2004) ㌹㴺⍆Ⲁ䱕 1028 ┠; Mittleres Volksgericht Suzhou v. 27.9.2004 (Luo Yonggui gegen Jiangsu Pestizid-GmbH, Jiangsu Longdeng Chemie-GmbH), (2004) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 061 ┠ ; v. 25.4.2004 (Chinesische Industrie- und Handelsbank, Suzhou Pingjiang Zweigstelle gegen Suzhou Hefeng Fleischspießvorbereitungs-GmbH, Hefeng Fleischspießvorbereitungen), (2003) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 090 ┠; v. 1.4.2005 (Suzhou Goldschmiedehandwerk Kleidungs- und Schmuck-GmbH gegen Guo Bochao), (2004) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 082 ┠; v. 5.11.2004 (Jijie Metall-Produkt (Suzhou) GmbH gegen Kunshan Kaisheng ComputerGmbH, Lü Jinchang), (2004) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 075 ┠ ; Oberes Volksgericht Jiangsu v. 6.9.2005 (Huang Cangyuan gegen Wang Congxian), (2005) 司㴺ἲ俱Ⲁ䱕 073 ┠. 73 Mittleres Volksgericht Guangzhou v. 20.4.2005 (Zhu Guojun gegen Guangdong Huanqiu Termingüter-Kommissions-GmbH, Lu Yong), (2004) 䮀ὖ㷾㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 63 ┠ . Wohl auch Oberes Volksgericht Sichuan v. 28.7.2004 (Sichuan Shanyang Industrie- und Handels-GmbH gegen Taiwan Wangzi Unternehmens-Aktien-GmbH), (2004) ⼆㴺俱Ⲁ䱕 187 ┠. 74 Oberes Volksgericht der Autonomen Region der Zhuang-Nationalität/Guangxi v. 23.8.2004 (Guilin Glutamat-Lebensmittel-Generalfabrik gegen Weiquan Lebensmittelindustrie-GmbH, Guilin Weiquan Lebensmittel-GmbH), (2004) 㥫 㴺 ⠄ 俱 Ⲁ 䱕 5 ┠ ; v. 19.10.2006 (Taiwan Fanmao Industrie- und Handels-GmbH gegen Pharmazeutisches Werk der Medizinischen Hochschule Guangxi), (2006) 㥫㴺⠄俱Ⲁ䱕 16 ┠ . Mit einem ähnlichen Gedankengang, der theoretisch übereinstimmenden Bestimmung interregionaler und internationaler Zuständigkeit, lehnt Yang (Wissenschaftler am Institut für angewandte Rechtsstudien des Obersten Volksgerichts), China Law No. 30 (6/2001), 94 (95), eine Anwendung der örtlichen Zuständigkeitsvorschriften ab. 75 Mittleres Volksgericht Chengdu v. 29.5.2003 (Li Huasong gegen Liao Fangan, Shangyuan Kunststoff-GmbH Chengdu), (2002) ㌹㴺⍆Ⲁ䱕 597 ┠; v. 12.12.2003 (Wang Zhongcheng gegen Sichuan Huahang Bau- und Entwicklungs-GmbH), (2003) ㌹㴺⍆Ⲁ䱕 882 ┠ ; v. 11.1.2002 (Chen Qizhen gegen Sichuan Qiming Moderne LandwirtschaftsGmbH), (2001) ㌹俸⍆Ⲁ䱕 546.623 ┠.
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1. Teil: Festland – § 2 Rechtsquellen
(a) Gesetze mit international-privatrechtlichen Regelungen 73
74
Das internationale Zivilverfahrensrecht (einschließlich der internationalen Zuständigkeit sowie der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen) versucht Kapitel 4 des Zivilprozessgesetzes der Volksrepublik China76 (Festland-ZPG) umfassend zu regeln. Für die Bereiche, die dort keine Spezialregelung erfahren, verweist es auf seine allgemeinen Regelungen, so dass lückenhafte Bestimmungen zur internationalen Zuständigkeit durch Vorschriften zur örtlichen Zuständigkeit ergänzt werden.77 Eine Kodifikation der Normen über die Bestimmung des anzuwendenden Rechts fehlte dagegen bisher, 78 wurde aber nun mit dem Gesetz der Volkrepublik China über die Rechtsanwendung auf Zivilbeziehungen mit Außenberührung79 (im Folgenden: Festland-IPRG) geschaffen. (aa) Alte Rechtslage
75
Zuvor fand sich zwar in den Allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts der Volksrepublik China 80 (AGZ) ein besonderes Kapitel für Sachverhalte mit Außenbezug (Kapitel 8). Dieses Kapitel enthält jedoch nur wenige Regeln über das anwendbare Recht in einzelnen Bereichen, kein vollständiges System an Kollisionsnormen. Daneben weisen verstreut Spezialgesetze weitere Kollisionsnormen auf, etwa das Vertragsgesetz der Volksrepublik China 81 (VertragsG), das Wechsel- und Scheckgesetz der Volksrepublik China 82 (im Folgenden: Wechsel/ScheckG), das Seehandelsgesetz der Volksrepublik China 83 (im Folgenden: SeehandelsG) und das Gesetz der Volksrepublik China über die Zivile Luftfahrt 84 (im Folgenden: ZivilluftfahrtG). Viele kollisionsrechtliche Fragen waren bisher überhaupt nicht gesetzlich geregelt, die vorhandenen Regelungen unübersichtlich und lückenhaft. 76
ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㴺ᾴ峲峥㷾 vom 9.4.1991, in der Fassung vom 28.10.2007 (in Kraft seit 1.4.2008). 77 S. auch zur Kombination allgemeiner und spezieller Regelungen bei Fällen mit Außenbezug Zhang, 25 B. C. Int’l & Comp. L. Rev. 59 (64). Vgl. Yang, China Law No. 30 (6/2001), 94 (95). 78 S. dazu Süß, S. 27; Wang, IPRax 2007, 363 (363); Wolff, IPRax 2008, 55 (56); Huang/Lü, 1 (1999) Yearbook of PIL 135 (136); Wolff, 6 (2010) J. P.I.L. 465 (489); ders., 56 (2008) Am.J.Comp.L. 1039 (1045). 79 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㺲⨿㴺ᾴ⊜两㷾ゴ愫䙑㷾 vom 28.10.2010, in Kraft seit dem 1.4.2011. 80 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㴺㷾慃⍂ vom 12.4.1986, in Kraft seit 1.1.1987. 81 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦┱┵㷾 vom 19.12.1999, in Kraft seit 29.12.1999. 82 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦䪑㒗㷾 vom 10.5.1995, in Kraft seit 1.1.1996, in der Fassung vom 28.8.2004. 83 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㺠♯㷾 vom 7.11.1992, in Kraft seit 1.7.1993. 84 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㴺䙑卓䮣㷾 vom 30.10.1995, in Kraft seit 1.3.1996.
II. Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts
31
Außerdem konnte durch die Exekutive gesetztes Recht, etwa in Form von Verordnungen wie den Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über Unternehmen in ausschließlichem Auslandseigentum 85 des Staatsrates, Rechtsquelle des Kollisionsrechts sein. 86 Selbständige Kollisionsregeln fanden sich darin – zumindest in Bezug auf die hier untersuchten für den Wirtschaftsverkehr relevanten Rechtsgebiete – regelmäßig nicht.87
76
(bb) Entwürfe einer möglichen Regelung Trotz der Versuche des Obersten Volksgerichts, die Lücken der Gesetzgebung durch Justizauslegungen und andere Stellungnahmen auszugleichen, ließ sich das festlandchinesische internationale Privatrecht aufgrund seiner verstreuten Normen und der vielen Regelungslücken insgesamt als „löchriger Flickenteppich“ beschreiben. 88 Der Reformbedarf lag auf der Hand. Die beiden vor Erlass des Festland-IPRG wichtigsten Gesetzesentwürfe sollen bei der Analyse der alten und neuen Rechtslage mit berücksichtigt werden.
77
(i) Das Modellgesetz des Internationalen Privatrechts der Volksrepublik China Aufgrund der Mängel des geltenden Rechts begann schon in den frühen 1990er Jahren die festlandchinesische Rechtswissenschaft, den Entwurf eines Gesetzes zum internationalen Privatrecht auszuarbeiten. Das aus diesen Bemühungen hervorgegangene, im Jahr 2000 in seiner 6. Fassung veröffentlichte Modellgesetz des Internationalen Privatrechts der Volksrepublik China89 (im Folgenden: ModellG), ein rein akademischer Entwurf der Chinesischen Gesellschaft für Internationales Privatrecht, sieht Regelungen zur internationalen Zuständigkeit, zum anzuwendenden Recht und zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen vor.90
85 86
ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⨿幭ὃ㷾ⳇ㛦俯⍂ vom 28.10.1990 in der Fassung vom 12.4.2001.
So versteht HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 44 f., ohne zu unterscheiden Gesetze und Verordnungen als kollisionsrechtliche „Gesetzgebung“ (䯴㷾). Zum Verfahren der Entstehung von Exekutivrecht s. Heuser, S. 196 f. 87 Die Rolle der Verordnungen für das internationale Privatrecht war bis zur Öffnung Chinas in den 1980er, 1990er Jahren größer, s. dazu Süß, S. 28 f. 88 Vgl. auch zu diesem Zustand Chen/Bertrand, JDI 2011, 375 (378 f.); Gan, RivDirIntPrivProc 2011, 101 (101 f.). 89 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⠦杮䫪㷾䩣听㷾 . Abdruck des Wortlauts, einer englischen Übersetzung und Erläuterungen zu jeder Vorschrift bei Chinesische IPR-Gesellschaft, S. 1 ff. 90 S. dazu etwa Gebauer, IPRax 2008, 62 (62 ff.); Qin, S. 268 ff.; Wang, IPRax 2007, 363 (365); YU Fei, S. 78; Cammerer, RIW 2011, 230 (231); Long, IPRax 2012, 273 (273 f.). Zu einem früheren Entwurf Huang/Lü, 1 (1999) Yearbook of PIL 135 (155 f.).
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1. Teil: Festland – § 2 Rechtsquellen
(ii) Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs 79
80
Im Zuge der Bestrebungen, ein umfassendes Zivilgesetzbuch zu schaffen, entstand seit Mitte der 1990er Jahre zudem der Entwurf eines neunten Kapitels für eine solche Kodifikation mit dem Titel „Recht der Rechtsanwendung in Zivilrechtsbeziehungen mit Außenbezug“ (㺲⨿㴺ᾴ⊜两䞭㷾ゴ愫 䙑㷾 ). Er enthielt ausschließlich Vorschriften zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts, ohne auf die internationale Zuständigkeit der Gerichte oder die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen einzugehen. Das Zivilgesetzbuch der Volksrepublik China (Entwurf)91 (im Folgenden: ZGB-Entwurf) wurde am 23.12.2002 in erster Lesung dem Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses vorgelegt.92 Angesichts dieses ehrgeizigen Projekts entschied jedoch der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses letztlich, dass jedes Buch eines zukünftigen Zivilgesetzbuches als gesondertes Gesetz einzeln verabschiedet werden sollte. 93 Der Erlass eines Gesetzes zum internationalen Privatrecht wurde für das Jahr 2010 geplant.94 Der in der vorliegenden Arbeit verwendete Entwurf des Kapitels 9 befindet sich auf dem Stand von November 2006.95 Dieser sieht in seinem – gegenüber der in erster Lesung dem Nationalen Volkskongress vorgelegten Fassung neu hinzugefügten – Art. 95 erstmalig eine besondere gesetzliche Vorschrift für das interregionale Privatrecht vor: „Die Rechtsanwendung zwischen der inneren Region der Volksrepublik China und der Sonderverwaltungszone Hong Kong, der Sonderverwaltungszone Macau sowie der Region Taiwan richtet sich nach den Regelungen dieses Gesetzes.“
(cc) Neue Rechtslage 81
Die Arbeiten an einem Entwurf für das Gesetz zum internationalen Privatrecht begannen Anfang 2010 erneut unter Hinzuziehung namhafter chinesischer Experten des internationalen Privatrechts; nach zwei Beratungen im Sommer/Herbst 2010 verabschiedete der Ständige Ausschuss des Nationa91 92
ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㴺㷾盤呲㥱盥.
S. dazu Wang, IPRax 2007, 363 (365); Zhu, 3 (2007) J. P.I.L 283 (285); Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (5). 93 Cammerer, RIW 2011, 230 (231 f.); Chen/Bertrand, JDI 2011, 375 (376 f.); Long, IPRax 2012, 273 (274). 94 S. Chen/Bertrand, JDI 2011, 375 (376 f.). Zhu, 3 (2007) J. P.I.L 283 (285), erwartete eine Verabschiedung frühestens für 2010, während YU Fei, S. 78 f., aufgrund einer entsprechenden Ankündigung des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses vom Dezember 2003 für die Gesetzgebungstätigkeit der folgenden fünf Jahre mit einer zügigen Annahme rechnete. 95 Mit Modifikationen nach Beratungen mit deutschen Experten im Oktober 2006. Zu dem Konsultationstreffen Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (5 f.).
II. Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts
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len Volkskongresses am 28.10.2010 schließlich das Festland-IPRG. 96 Es trat nach seinem Art. 52 am 1.4.2011 in Kraft. Statt wie erwartet, Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs, der unter großer Beteiligung der Rechtswissenschaft über mehrere Jahre ausgearbeitet worden war, im Wesentlichen zu übernehmen, basiert das Festland-IPRG auf einem eigenen Entwurf der Kommission für Arbeiten an der Rechtsordnung (㷾⍟ ⼎₅⫽▁⁃ – Legislative Affairs Commission) unter deutlich geringerer wissenschaftlicher Beteiligung. 97 Im Vergleich zu Kapitel 9 des ZGBEntwurfs wurde der Regelungsumfang wesentlich zurückgenommen: statt aus 95 besteht das Festland-IPRG nur aus 52 Vorschriften, die in acht Kapitel 98 eingeteilt sind. Unter den Vorschriften, die letztlich nicht Gesetz wurden, befindet sich auch Art. 95 von Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs; das Festland-IPRG enthält keine Regelung zur Bestimmung des anwendbaren Rechts in Fällen mit Taiwan-, Macau- oder Hong Kong-Bezug.99 Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass die Gerichte das neue Gesetz auch auf interregionale Fallgestaltungen anwenden werden.100 Das Festland-IPRG findet auf alle Streitigkeiten aus nach seinem Inkrafttreten entstehenden Zivilrechtsbeziehungen mit Außenbezug Anwendung.101 Auch wenn das Gesetz eine ausdrückliche dahingehende Regelung nicht vorsieht, ergibt sich dies aus der allgemeinen Regelung des Art. 84 Gesetzgebungsgesetz der Volksrepublik China102 (im Folgenden: GesetzgebungsG), nach der Gesetzen nur dann Rückwirkung zukommen kann, wenn sie dies ausdrücklich vorsehen. Gegenüber den bisher nicht aufgehobenen und damit grundsätzlich weiterhin geltenden international-privatrechtlichen Vorschriften der AGZ kommt den Vorschriften des Festland-IPRG nach seinem Art. 2 Abs. 1 S. 1 sowie nach Art. 83 GesetzgebungsG Vorrang zu. Für die Art. 146, 147 AGZ bekräftigt dies Art. 51 Festland-IPRG.103 Ein Rückgriff auf einzelne Regelungen des AGZ bleibt aber für durch das Festland-IPRG nicht behandelte Fragen möglich, 104 wie sich aus der Hilfsvorschrift105 des Art. 2
96 S. ausführlich dazu Chen/Bertrand, JDI 2011, 375 (377 f.); Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (6). Vgl. auch Cammerer, RIW 2011, 230 (232). 97 S. Long, IPRax 2012, 273 (274). 98 Kritisch zur Wahl der Titel der Kapitel und ihrer Anordnung Chen/Bertrand, JDI 2011, 375 (387). 99 Dies bedauert auch Gan, RivDirIntPrivProc 2011, 101 (105). 100 So auch Long, IPRax 2012, 273 (277). 101 S. Chen/Bertrand, JDI 2011, 375 (385). 102 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦䯴㷾㷾 vom 15.3.2000, in Kraft seit dem 1.7.2000. 103 Diese Vorschrift hält Cammerer, RIW 2011, 230 (234), angesichts der allgemeinen Regelung des GesetzgebungsG für überflüssig. 104 Vgl. auch Cammerer, RIW 2011, 230 (232).
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Abs. 2 Festland-IPRG ergibt, der nur für den Fall, dass weder das FestlandIPRG noch ein anderes Gesetz eine Bestimmung enthält, die Anwendung des mit der fraglichen Rechtsbeziehung am engsten verbundenen Rechts anordnet. Die in einzelnen Spezialgesetzen wie dem Wechsel/ScheckG oder dem SeehandelsG vorgesehenen besonderen Vorschriften zum anwendbaren Recht bleiben nach Art. 2 Abs. 1 S. 2 Festland-IPRG sowie nach Art. 83 GesetzgebungsG gegenüber den Regelungen des Festland-IPRG vorrangig anwendbar. (b) Justizauslegungen mit international-privatrechtlichem Gehalt
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Infolge der vielen Regelungslücken der gesetzlichen Regelungen des internationalen Privatrechts spielten Justizauslegungen bisher in diesem Bereich des Rechts eine wichtige Rolle, 106 so vor allem die Ansichten des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Anwendung des Zivilprozessgesetzes der Volksrepublik China 107 (im Folgenden: ZPG-Ansichten) und die Ansichten des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Durchsetzung und Vollstreckung der ‚Allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts der Volksrepublik China’ (Probefassung) 108 (im Folgenden: AGZAnsichten). Aus dem Kreis der Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts mit nur faktischer Bindung sind neben den bereits vorgestellten 109 vor allem die Antworten auf Fragen der praktischen Befassung mit der Verhandlung von Handels- und Seerechtssachen mit Außenbezug110 (im Folgenden: Praktische Antworten) hervorzuheben. Sie wurden 2004 von der für einen Großteil der Streitigkeiten zwischen juristischen Personen mit Außen-, Hong Kong-, Macau- und Taiwan-Bezug zuständigen111 Vierten Zivilkammer des Obersten Volksgerichts zusammengestellt, allen Gerichten zur Berücksichtigung empfohlen und – allerdings nicht im offiziellen Publikationsorgan des Obersten Volksgerichts – veröffentlicht. Eine verbindliche Justizausle105
Zum Charakter als bloße Hilfsvorschrift s. Chen/Bertrand, JDI 2011, 375 (380); Gan, RivDirIntPrivProc 2011, 101 (104); Long, IPRax 2012, 273 (275). 106 S. dazu Huang/Lü, 1 (1999) Yearbook of PIL 135 (138 f.); Long, IPRax 2012, 273 (273). 107 㠩 氁 ΰ 㴺 㷾 枋 ⊜ ᾷ 愫 䙑 ѭ ὖ ⑷ ΰ 㴺 ⊚ ▵ ⠦ 㴺 ᾴ 峲 峥 㷾 Ѯ 后 ⾛ 朗 槁 䞭 ㈸ 嫪 vom 14.7.1992. Eine deutsche Übersetzung in Auszügen findet sich in Anhang I. 108 㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ幘イ㎐奵ѭὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㴺㷾慃⍂Ѯ后⾛朗槁䞭㈸嫪盤峾奵盥 , beschlossen am 26.1.1988, am 2.4.1988 den Gerichten mitgeteilt (㷾(⏇)⓺[1988]6 ┠). 109 Dazu zählen das Protokoll 1989, das Zweite Protokoll und die Vertragsbestimmungen 2007. 110 㺲⨿♯ᾴ㺠ᾴⳊ⍍ⳇ⏊朗槁嬌䱽. 111 Zu den Zuständigkeiten der einzelnen Kammern des Obersten Volksgerichts Dong/ Liu/Pißler, S. 4.
II. Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts
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gung des Obersten Volksgerichts als Ganzem stellen sie nicht dar, sollen aber die Justiz bei ihrer Arbeit anleiten und die einheitliche Umsetzung der gesetzlichen Maßstäbe stärken.112 Darüber hinaus finden sich in etlichen weiteren abstrakt-generellen und konkreten Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts einzelne Hinweise zum internationalen Privatrecht, die – soweit erforderlich – im Rahmen der Untersuchung der konkreten Regeln des interregionalen Privatrechts vorgestellt werden sollen. Die Auslegungen und Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts behalten auch nach Inkrafttreten des Festland-IPRG ihre die gesetzlichen Regelungen ergänzende Funktion. Soweit sie oder das Gesetz, auf welches sie sich beziehen, nicht aufgehoben werden und den neuen Regelungen des Festland-IPRG nicht widersprechen, wird nach allgemeinen Grundsätzen wohl weiterhin auf sie zurückgegriffen werden dürfen. Das Festland-IPRG äußert sich hierzu nicht.113
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g) Sonderfall: Anerkennungs-Regelungen Taiwan Eine Besonderheit stellen die Regelungen des Obersten Volksgerichts bezüglich der Anerkennung von Zivilurteilen relevanter Gerichte der TaiwanRegion durch die Volksgerichte 114 (im Folgenden: Anerkennungs-Regelungen Taiwan) dar. Sie enthalten Vorschriften über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen taiwanesischer Gerichte. 115 Wörtlich sprechen sie jedoch nicht von einer Anerkennung (㎨峍), sondern einer Billigung oder Genehmigung (峍┘) der Urteile.116 Seit dem 14.5.2009 werden diese durch die Zusatzregelungen des Obersten Volksgerichts bezüglich der Anerkennung von Zivilurteilen relevanter Gerichte der Taiwan-Region durch die Volksgerichte 117 (im Folgenden: Anerkennungs-Zusatzregelungen Taiwan) ergänzt. Anlass der Ergänzung war die Unterzeichnung der Vereinbarung der gemeinsamen Kriminalitätsbekämpfung und gegenseitigen Justizhilfe zwischen beiden Seiten der [taiwanesischen] Meerenge 118 im 112
Vgl. dazu HAN Zhi, Zhongguo Haishangfa Niankan 2006, 100 (107); ZOU Tao / LI Yalin, Tianjin Hanghai 2005, 22 (23). 113 Kritisch Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (37). 114 㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷΰ㴺㷾枋峍┘┙㾧⡙④㠲⊜㷾枋㴺ᾴ⍍⋜䞭嫭ⳃ vom 15.1.1998, in Kraft seit 26.5.1998 (㷾拳[1998]11 ┠), Supreme People’s Court Gazette 1998.3 (Vol. 55), S. 87 f. 115 Dazu näher unten Rn. 597 ff. 116 S. dazu Xiao, 11 (2009) Yearbook of PIL 265 (266). 117 㠩 氁 ΰ 㴺 㷾 枋 ⊜ ᾷ ΰ 㴺 㷾 枋 峍 ┘ ┙ 㾧 ⡙ ④ 㠲 ⊜ 㷾 枋 㴺 ᾴ ⍍ ⋜ 䞭 妎 ≮ 嫭 ⳃ vom 30.3.2009, in Kraft seit dem 14.5.2009 (㷾拳[2009]4 ┠). 118 㺠⸊Ὅⷡ⊚┵㍼⌤䏘傓⓳┡㷾Ά⏒⑸峗 – Cross-Strait Joint Crime-Fighting and Judicial Mutual Assistance Agreement. Eine englische Übersetzung enthält die Informationsbroschüre des taiwanesischen Mainland Affairs Council, The Executive Yuan (奵㙨枋
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1. Teil: Festland – § 2 Rechtsquellen
Rahmen der dritten Runde der Jiang Chen-Gespräche zwischen der taiwanesischen Straits Exchange Foundation (SEF)119 und der festlandchinesischen Association for Relations Across the Taiwan Strait (ARATS)120 am 26.4.2009. Art. 10 dieser halboffiziellen 121 Vereinbarung bekräftigt den Konsens beider Seiten darüber, auf der Grundlage des Gegenseitigkeitsprinzips vorbehaltlich eines ordre public-Verstoßes rechtskräftige zivilrechtliche Gerichtsentscheidungen und Schiedsurteile der jeweils anderen Seite anzuerkennen. Möglicherweise primär anzuwendende Detailregelungen enthält das Dokument nicht. Als besondere Bestimmungen für Fälle mit Taiwan-Bezug gehen die Anerkennungs-Regelungen Taiwan und die Anerkennungs-Zusatzregelungen Taiwan dem allgemeinen Grundsatz der analogen Anwendung des internationalen Privatrechts für ihren Regelungsbereich vor.
III. Internationale Rechtsquellen III. Internationale Rechtsquellen
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Wie festgestellt, wird auf interregionale Sachverhalte grundsätzlich das internationale Privatrecht analog angewendet. Da dieses inländischen und internationalen Rechtsquellen entnommen wird, kommen neben den bereits vorgestellten festlandchinesischen Gesetzen und Justizauslegungen auch internationale Rechtsquellen zur Anwendung auf Sachverhalte mit interregionalem Bezug in Betracht. 1. Völkerrechtliche Abkommen
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Normen mit international-privatrechtlichem Gehalt können sich aus völkerrechtlichen Abkommen ergeben, denen die Volksrepublik beigetreten ist.122 Praktisch besonderes wichtig sind in dieser Hinsicht etwa das Wiener UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf123 (im Folgenden: UN-Kaufrecht), Abkommen im Bereich des Transportrechts sowie das New Yorker UN-Übereinkommen über die Anerkennung
⩐枡⫽☊㠬 ), im Internet abrufbar unter http://www.mac.gov.tw/public/Data/972210508
71.pdf (zuletzt besucht am 29.11.2011). 119 巊⡁㷾ΰ㺠⸦῍㹪⤣拺㠬, www.sef.org.tw (zuletzt besucht am 29.11.2011). 120 㺠⸦⊒ⷡ朅⃫⑽㠬, http://www.arats.com.cn (zuletzt besucht am 29.11.2011). 121 Bei den unterzeichnenden Institutionen handelt es sich um private Vermittlungsorganisationen, die 1991 in Ermangelung offizieller Regierungskontakte eigens zum Zweck der Verhandlungen mit der jeweils anderen Seite gegründet wurden. 122 Vgl. auch Süß, S. 31 ff.; Liu, S. 189. Ausführlich schon von Senger/Xu, S. 201 ff. 123 Das UN-Kaufrecht vom 11.4.1980 gilt seit dem 1.1.1988 für die Volksrepublik China.
III. Internationale Rechtsquellen
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und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958. 124 Den Regelungen völkerrechtlicher Herkunft kommt gegenüber den inländischen Rechtsquellen Vorrang zu, sofern die Volksrepublik keinen Vorbehalt erklärt hat, wie Art. 236 Festland-ZPG, Art. 142 Abs. 2 AGZ, Art. 95 Abs. 1 Wechsel/ScheckG, Art. 268 Abs. 1 SeehandelsG, Art. 184 Abs. 1 ZivilluftfahrtG klarstellen. 125 In das Festland-ZPG wurde bewusst keine entsprechende Vorschrift aufgenommen; es soll stattdessen weiter auf Art. 142 Abs. 2 AGZ zurückgegriffen werden.126 Internationale Abkommen sehen jedoch regelmäßig einen auf den Rechtsverkehr zwischen Völkerrechtssubjekten begrenzten Anwendungsbereich vor und sind daher auf Rechtskollisionen innerhalb eines Landes nicht anwendbar.127 Allenfalls über ihre Umsetzung in das festlandchinesische Recht können sie interregional zur Anwendung gelangen, 128 haben dann aber neben diesem keine selbständige Funktion. Die Rechtsprechung wendet – soweit ersichtlich – auch keine internationalen Abkommen analog auf interregionale Sachverhalte an.
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2. „Internationale Gepflogenheiten“ In der festlandchinesischen Rechtswissenschaft war bisher umstritten, ob neben den Regelungen in Gesetzen, internationalen Abkommen und Justizauslegungen des Obersten Volksgerichts „internationale Gepflogenheiten“ ( ⠦杮㈘₴ ) als Rechtsquelle für Kollisionsregeln in Betracht kommen.129 Eine klare Definition dessen, was genau unter „internationalen Gepflogenheiten“ (⠦杮㈘₴) zu verstehen ist, fehlt im Gesetzesrecht und in den
124
Eine Liste der multi- und bilateralen Abkommen, die für das festlandchinesische internationale Privatrecht relevant sind, findet sich bei HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 56 f. 125 S. zur Streitfrage, ob dieser Vorrang nur kollisions- oder auch materiellrechtliche Regelungen erfasst, HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 58. 126 S. dazu Cammerer, RIW 2011, 230 (232, insb. Fn. 41). 127 So ist etwa das New Yorker UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 aus diesem Grund im Verhältnis Festland – Hong Kong nach der Rückgabe Hong Kongs an die Volksrepublik nicht mehr anwendbar, SU Yuanhua, S. 405 f.; DU Tao / CHEN Li, S. 432. Vgl. hierzu und zu weiteren Bedenken HUANG Jin, Forschungen, S. 252. 128 Vgl. dazu YU Xianyu, S. 383, und HUANG Jin, Forschungen, S. 62, 252, die sie – begrenzt – als Mittel zur Rechtsvereinheitlichung zwischen den chinesischen Regionen sehen. 129 Den Streitstand schildern HAN Depei (Hrsg.) / ZHU Kepeng, S. 47 ff.; XU Donggen / XUE Fan, S. 133 ff.; YUAN Faqiang, Wuhan Daxue Xuebao 2004, 81 (82 f.). Zu diesem Streit vgl. auch von Senger/Xu, S. 239; Pattloch, S. 4.
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1. Teil: Festland – § 2 Rechtsquellen
Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts.130 Grundsätzlich bezieht sich der Begriff auf anerkannte Regeln, die sich allmählich im internationalen Verkehr herausgebildet haben.131 Nach Art. 142 Abs. 3 AGZ und Art. 95 Abs. 2 Wechsel/ScheckG können sogenannte „internationale Gepflogenheiten“ (⠦杮㈘₴) angewendet werden, wenn es an einer Regelung in Gesetzesrecht und internationalen Abkommen fehlt.132 Eine ähnliche, aber unstrittig nur auf materielles Recht bezogene133 Regelung enthielt Art. 5 Abs. 3 des bis zum Inkrafttreten des VertragsG geltenden AWVG. Danach konnten bei fehlender Regelung des Rechts der Volksrepublik internationale Gepflogenheiten angewendet werden. Aus Sicht des Gesetzgebers soll dies auch unter dem das AWVG ersetzenden VertragsG weiterhin gelten, obwohl dessen Art. 126 diese Vorschrift nicht mehr beinhaltet. 134 Außer zur Lückenfüllung nach Art. 142 Abs. 3 AGZ können „internationale Gepflogenheiten“ auch angewendet werden, wenn Parteien sie für ihre Rechtsbeziehung als bindend anerkennen,135 sei es durch ausdrückliche Vereinbarung, sei es dadurch, dass sie sich stillschweigend danach richten.136 a) Letzter Streitstand
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Eine Auffassung im festlandchinesischen Schrifttum versteht den Verweis auf internationale Gepflogenheiten ausschließlich materiellrechtlich und stützt sich dabei auf die Funktion dieser Regelungen, Lücken im noch nicht voll entwickelten materiellen Recht der Volksrepublik zu schließen, um ein gewisses Maß an Rechtssicherheit bei gleichzeitiger Flexibilität und Offenheit für im Ausland praktizierte Lösungen zu gewährleisten.137 130
HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 133. S. auch zu den begrifflichen Unklarheiten Pattloch, S. 4 f.; von Senger/Xu, S. 236 f.; TIAN Manli / WANG Xin, 9 (2006) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 314 (314 ff.). 131 Vgl. HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 23; von Senger/Xu, S. 237; Pattloch, S. 4; RAO Zhongxiang / WANG Jianxin, CCMT Nr. 544 (unter 2.1.); TIAN Manli / WANG Xin, 9 (2006) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 314 (317). 132 Daneben enthält auch Art. 268 Abs. 2 SeehandelsG eine entsprechende Regelung. 133 S. Ziff. 9 von Abschnitt 2 AWVG-Antworten. 134 Pattloch, S. 5. 135 S. HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 24; JIANG Xinmiao, S. 264; DU Tao / CHEN Li, S. 044. Vgl. auch TIAN Manli / WANG Xin, 9 (2006) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 314 (320 f.). A.A. zur geltenden Rechtslage wohl Zhu, 3 (2007) J. P.I.L 283 (295). 136 Vgl. von Senger/Xu, S. 237 f.; RAO Zhongxiang / WANG Jianxin, CCMT Nr. 544 (unter 4.3. zu seerechtlichen internationalen Gepflogenheiten). A.A. ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 26, 29: wohl nur für ausdrückliche Wahl, aber eher de lege ferenda. 137 So YUAN Faqiang, Wuhan Daxue Xuebao 2004, 81 (82 f.), der diese Meinung als herrschend ( 㞗慶 = „allgemein“) bezeichnet. Des Weiteren RAO Zhongxiang / WANG
III. Internationale Rechtsquellen
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Eine andere Meinung hält sowohl materiellrechtliche als auch kollisionsrechtliche internationale Gepflogenheiten für erfasst.138 Als kollisionsrechtliche Gepflogenheiten kommen dabei die Grundsätze in Betracht, dass Status und Fähigkeiten einer natürlichen Person sich nach ihrem Personalstatut richten, dass auf unbewegliches Vermögen die lex rei sitae Anwendung findet, dass ein Verhalten dem Recht am Verhaltensort unterfällt und dass eine Rechtswahl der Parteien anzuerkennen ist. 139 Genannt werden auch die Grundsätze des ordre public-Vorbehalts und des Schutzes wohlerworbener Rechte.140 Schließlich will eine weitere Gruppe in der Literatur zusätzlich sogar öffentlich-rechtliche und völkerrechtliche Gepflogenheiten einbeziehen.141 Die Diskussion scheint jedoch eher von akademisch-theoretischem Interesse zu sein: Die als mögliche kollisionsrechtliche internationale Gepflogenheiten genannten Grundsätze gelten entweder ohnehin bereits im festlandchinesischen internationalen Privatrecht oder werden weder in der Wissenschaft noch in der gerichtlichen Praxis konkret zur Lückenfüllung herangezogen.142 Die Rechtsprechung hat bisher internationale Gepflogenheiten nach Art. 142 Abs. 3 AGZ zum Füllen von Lücken ausschließlich des materiellen chinesischen Rechts eingesetzt, wie etwa die lückenfüllende Übernahme von Verjährungsfristen der „Hague Rules“ 143 und der „Hague-Visby Rules“ durch das Antwortschreiben des Obersten Volksgerichts in Bezug auf die Klagefrist eines Ersatzverlangens für den Verlust von Ware des Jianxin, CCMT Nr. 544 (unter 3.3.); DU Tao / CHEN Li, S. 044. Diese Auffassung beruft sich auf Art. 5 AWVG und die diesbezüglich klarstellende Ziff. 9 von Abschnitt 2 der AWVG-Antworten, nach der internationale Gepflogenheiten zur Lückenfüllung des anzuwendenden chinesischen Rechts angewendet werden können, vgl. YUAN Faqiang, aaO; DU Tao / CHEN Li, aaO. ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 28 f., 31 f., begründen sie damit, dass es derzeit gar keine kollisionsrechtlichen internationalen Gepflogenheiten gebe, sondern nur bestimmte international übliche Verfahrensweisen. 138 S. HAN Depei (Hrsg.) / ZHU Kepeng, S. 47 ff.; JIANG Xinmiao, S. 264. Wohl auch HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 24 f.; eingeschränkt TIAN Manli / WANG Xin, 9 (2006) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 314 (324 f.). Diese Auffassung halten Pattloch, S. 4, und Süß, S. 35, für die herrschende. 139 HAN Depei (Hrsg.) / ZHU Kepeng, S. 48; HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 24. S. auch Süß, S. 35; Pattloch, S. 4; TIAN Manli / WANG Xin, 9 (2006) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 314 (324). 140 HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 24. S. auch Süß, S. 35; Pattloch, S. 4. 141 Zu dieser Meinung YUAN Faqiang, Wuhan Daxue Xuebao 2004, 81 (83); ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 27. Dagegen TIAN Manli / WANG Xin, 9 (2006) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 314 (322 f.). 142 Zu letzterem vgl. RAO Zhongxiang / WANG Jianxin, CCMT Nr. 544 (unter 3.3.). 143 International Convention for the Unification of Certain Rules of Law relating to Bills of Lading vom 25.8.1924.
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1. Teil: Festland – § 2 Rechtsquellen
Schiffes ‚Yuepingling’144 und Urteile anderer Gerichte145 zeigen. Als Voraussetzungen werden dabei wohl angesehen, dass das anwendbare Recht eine Anwendung internationaler Gepflogenheiten erlaubt (wie etwa das festlandchinesische Recht nach Art. 142 Abs. 3 AGZ), dass die internationalen Gepflogenheiten in Anbetracht ihrer lediglich ergänzenden Funktion mit den zwingenden Vorschriften des anwendbaren Rechts einschließlich internationaler Abkommen vereinbar sind, dass die Parteien die Anwendung vereinbart – dann Bindungswirkung für diese146 – oder ihr nicht ausdrücklich widersprochen haben – dann möglicherweise konkludenter Schluss auf ihre Anwendbarkeit147 – und dass die Anwendung nicht gegen den ordre public verstößt.148 b) Regelung in den Entwürfen und im Festland-IPRG 102
Das ModellG erwähnte internationale Gepflogenheiten nicht mehr. Kapitel 9 ZGB-Entwurf enthielt dagegen in seinem Art. 4 eine grundlegende und in mehrfacher Hinsicht klarstellende Vorschrift: Zum einen unterschied er durch eine getrennte Regelung in jeweils einem eigenen Absatz deutlich zwischen den beiden Grundlagen einer Anwendung internationaler Gepflogenheiten, Parteivereinbarung und Regelungslücke. Diese wurden in Literatur und Rechtsprechung zum Teil ver144 㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷnό⾜ⷖo悗幐㒈之幽峲峥㜟㙱䞭⨶⌦ vom 20.11.1992 (1992 ᑈ 11 ᳜ 20 ᮹Ѹ⇥Ҫᄫ(92) 2 ো). 145 S. etwa Seegericht Tianjin v. 29.6.1992 (Liberia Yixun Schiffahrtsgesellschaft gegen Panama Jinguang Übersee Privatbetriebs-GmbH). 146 Vgl. die Stellungnahme des Obersten Volksgerichts im fünften Unterpunkt des dritten Abschnitts des Protokolls 1989 sowie die Äußerungen der Vierten Kammer des Obersten Volksgerichts zur Anwendbarkeit der „Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive“ oder aber auch anderer internationaler Gepflogenheiten kraft entsprechender Parteivereinbarung zu Frage 54 der Praktischen Antworten. 147 So reicht es etwa für eine Anwendbarkeit der „Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive“, wenn die Parteien die Zahlungsweise per Dokumenten-Akkreditiv vereinbart haben, s. beispielsweise Mittleres Volksgericht Qingdao v. 23.6.2004 (Qingdao Zhongguangjin Handels-GmbH gegen Sinochem International FZE), (2004) 桻㴺⠄⍆Ⲁ䱕 225 ┠. Vgl. zu dieser Praxis ZHAO Xianglin / DU Xinli (DUAN Donghui), S. 514. Auch nach Auffassung der Vierten Kammer des Obersten Volksgerichts setzt die Anwendung dieser Richtlinien wohl lediglich die Vereinbarung eines Dokumenten-Akkreditivs voraus: Nach der Antwort auf Frage 54 der Praktischen Antworten „können/dürfen“ (┘) sie auch ohne Vereinbarung der Parteien angewendet werden, weil sie detaillierte und konkrete Regelungen für das Rechtsverhältnis zur Verfügung stellen und ihre Anwendung in der internationalen Bank- und Rechtswelt üblich ist. 148 Diese Voraussetzungen nennen RAO Zhongxiang / WANG Jianxin, CCMT Nr. 544 (unter 4.2.), Richter am Seegericht Wuhan, für das Seerecht; sie dürften aber auch in der Rechtsprechung zum allgemeinen Zivilrecht anzuwenden sein. Zu in der Literatur genannten Voraussetzungen s. Pattloch, S. 4 f. Zur Anwendbarkeit des ordre public-Vorbehalts s. unten Rn. 377.
IV. Offizielle interregionale Vereinbarungen
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mischt, etwa wenn eine Parteiabrede nur beachtet werden sollte, wenn das chinesische Recht eine entsprechende Lücke aufwies. Zum anderen entschied diese Regelung zugunsten der Auffassung, die internationale Gepflogenheiten nicht als Quelle für Kollisionsregeln zulassen wollte, indem Art. 4 Abs. 2 Kapitel 9 ZGB-Entwurf für die bisher in Art. 142 Abs. 3 AGZ geregelte Anwendung zur Lückenfüllung voraussetzte, dass nach den Regelungen des ZGB das Recht der Volksrepublik anzuwenden war. Eine praktisch relevante Rechtsquelle für Kollisionsregeln stellten internationale Gepflogenheiten nach alledem bisher nicht dar. Nach Inkrafttreten des Festland-IPRG als viele Lücken der bisherigen Regelungen schließender Kodifikation des internationalen Privatrechts verliert der Streit um die Auslegung von Art. 142 Abs. 3 AGZ in jedem Fall weiter an Relevanz, selbst wenn ein Rückgriff auf die Vorschrift weiterhin möglich sein sollte. Das Festland-IPRG selbst erwähnt die internationalen Gepflogenheiten nicht mehr. Art. 2 Abs. 2 Festland-IPRG erlaubt zur Füllung von Lücken des Gesetzes zunächst zwar den Rückgriff auf andere Gesetze, also auch auf die AGZ. Die Vorschrift regelt aber dieselbe Frage wie Art. 142 Abs. 3 AGZ, nämlich die Vorgehensweise bei fehlender Regelung, und tritt damit eigentlich nach Art. 2 Abs. 1 S. 1 Festland-IPRG an dessen Stelle. Dies spricht gegen eine Fortgeltung von Art. 142 Abs. 3 AGZ.
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IV. Offizielle Vereinbarungen mit den anderen chinesischen Regionen IV. Offizielle interregionale Vereinbarungen
Interregionale Vereinbarungen oder Staatsverträge zwischen den einzelnen Regionen werden von der festlandchinesischen Rechtswissenschaft als wichtiges Mittel zur Lösung interregionaler Rechtskollisionen angesehen (vgl. oben Rn. 22), das derzeit im Verhältnis zu Hong Kong und Macau zum Einsatz kommt. Es handelt sich um sogenannte „Arrangements“ (Ⲳ 149 㒻) zwischen dem Obersten Volksgericht als festlandchinesischem Organ und einem Vertreter der Regierung der jeweiligen Sonderverwaltungszone, die auf die Regelung der Art. 95 GGHK und Art. 93 GGM gestützt werden.150 Die Vereinbarung wird dann für das festlandchinesische Recht in
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Zur Wahl dieser Bezeichnung, die im Chinesischen mit Familie und harmonischer Einigung assoziiert wird, Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (115 f.). 150 Art. 95 GGHK lautet in deutscher Übersetzung: „Die Sonderverwaltungszone Hong Kong darf mit den Justizorganen anderer Teile des Landes im Wege der Absprache nach dem Gesetz Justizbeziehungen unterhalten und gegenseitig Hilfe gewähren.“ Art. 93 GGM besitzt den entsprechenden Wortlaut für die Sonderverwaltungszone Macau. Mit
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1. Teil: Festland – § 2 Rechtsquellen
Form einer Justizauslegung des Obersten Volksgerichts und für die Sonderverwaltungszone durch Änderung bestehender oder Erlass neuer Gesetze im normalen Gesetzgebungsverfahren umgesetzt. 151 Der Vorteil dieser Vorgehensweise wird insbesondere darin gesehen, dass sie die gleichberechtigte Stellung der Regionen bestätigt, in die rechtlichen Strukturen aller Regionen eingepasst ist und durch die Beteiligung des Obersten Volksgerichts eine einheitliche Handhabung innerhalb des Festlands gewährleistet bleibt.152 Nachdem zunächst für die Zustellung von Justizdokumenten und mit Hong Kong auch über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Schiedsurteilen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden konnten, 153 sind inzwischen auch hinsichtlich der Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen Vereinbarungen zustande gekommen. 1. Anerkennungs-Arrangement Macau
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Das Arrangement des Obersten Volksgerichts in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung zivil- und handelsrechtlicher Urteile zwischen der inneren Region und der Sonderverwaltungszone Macau 154 (im Folgenden: Anerkennungs-Arrangement Macau) ist eine Vereinbarung des Obersten Volksgerichts und des Justizministeriums der Sonderverwaltungszone Macau über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen. Es ist seit dem 1.4.2006 in Kraft. 2. Anerkennungs-Arrangement Hong Kong
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Auch mit dem Justizministerium von Hong Kong hat das Oberste Volksgericht eine – allerdings auf bestimmte Urteile beschränkte – Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung getroffen, das Arrangement des Obersten Volksgerichts in Bezug auf die gegenseitige AnerZweifeln, ob dies als Basis für interregionale Vereinbarungen ausreicht, noch HUANG Jin, Forschungen, S. 253 f. 151 S. YU Xianyu, S. 510; HUANG Jin, Forschungen, S. 11 ff. Vgl. auch SHEN Juan, S. 136; SU Yuanhua, S. 125 f., 418 ff. Letzterer betont die Begrenzung dieser Möglichkeit auf die Justizhilfe. 152 S. dazu YU Xianyu, S. 510 ff. 153 Die erste derartige Vereinbarung war das Arrangement des Obersten Volksgerichts in Bezug auf die Zustellung in gegenseitiger Beauftragung von Justizdokumenten in Zivilund Handelssachen zwischen der inneren Region und der Sonderverwaltungszone Hong Kong ( 㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ⊮⡙ἷ櫂㽘䎢⍔奵㙨④㷾枋䠡Ά⫽㎁愪惧㴺♯ᾴ┡㷾㚰ᾏ䞭Ⲳ㒻 ), am 30.12.1998 beschlossen, am 29.3.1999 veröffentlicht (㷾拳[1999]9 ┠ ), in Kraft seit 30.3.1999. 154 㠩 氁 ΰ 㴺 㷾 枋 ⊜ ᾷ ⊮ ⡙ ἷ 䃜 朑 䎢 ⍔ 奵 㙨 ④ 䠡 Ά 峍 ┘ ▵ ㎐ 奵 㴺 ♯ ᾴ ⍍ ⋜ 䞭 Ⲳ 㒻 , am 13.2.2006 vom Rechtsprechungsausschuss des Obersten Volksgerichts verabschiedet, am 28.2.2006 unterzeichnet, veröffentlicht am 21.3.2006 (㷾拳[2006]2 ┠).
V. Praxis der Volksgerichte
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kennung und Vollstreckung von Urteilen in zivil- und handelsrechtlichen Fällen mit durch die Parteien vereinbarter Zuständigkeit durch die Gerichte der inneren Region und der Sonderverwaltungszone Hong Kong155 (im Folgenden: Anerkennungs-Arrangement Hong Kong). Auf dem Festland wurde es in Form einer Auslegung des Obersten Volksgerichts,156 in Hong Kong durch die Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance (dazu unten Rn. 1159 ff.) umgesetzt und ist seit dem 1.8.2008 in Kraft.
V. Zur Anwendung der Rechtsquellen in der Praxis der Volksgerichte V. Praxis der Volksgerichte
Wie dargestellt, war das festlandchinesische internationale und damit auch das interregionale Privatrecht bisher unübersichtlich und lückenhaft. Es ist daher von besonderem Interesse, wie die Volksgerichte mit den vorhandenen Regelungen, aber vor allem auch den ungeregelten Fragestellungen umgehen. Obwohl das festlandchinesische Recht keine Bindung an Fallrecht kennt, geht insbesondere von der Rechtsprechung höherer Gerichte eine Leitwirkung für untere Gerichte aus.157 Besondere Bedeutung kommt dabei den im Amtsblatt des Obersten Volksgerichts veröffentlichten Musterfällen zu.158 Zudem können sich aus Urteilen auch unter Richtern verbreitete Auffassungen oder gar ungeschriebene Rechtssätze herauskristallisieren. Bei der Beschäftigung mit dem inzwischen reichhaltig zugänglichen, aber auch unübersichtlichen Fallmaterial sind jedoch die Arbeitsweise der Volksgerichte und der immer noch schlechte Ausbildungsstand der Richter zu berücksichtigen.
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1. Arbeitsweise der Volksgerichte Die festlandchinesische Judikative ist – zumindest faktisch – nicht unabhängig von den anderen Staatsorganen. 159 Die Volksgerichte stehen viel155
㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ⊮⡙ἷ櫂㽘䎢⍔奵㙨④㷾枋䠡Ά峍┘▵㎐奵ぼᾴΰ⑸峗䳊悿䞭㴺♯ᾴ 㥱‟⍍⋜䞭Ⲳ㒻, am 14.7.2006 unterzeichnet. 156 Veröffentlicht am 3.7.2008 (㷾拳[2008]9 ┠). 157
S. dazu Heuser, S. 213 f.; von Senger/Xu, S. 243 ff.; Süß, S. 29 f.; Zhou, 15 (2006) Pac. Rim L. & Pol’y J. 403 (413); Liu, S. 191 f.; Wolff, 56 (2008) Am.J.Comp.L. 1039 (1047); Tu/Xu, 7 (2011) J. P.I.L. 179 (182, Fn. 19). 158 S. Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (31). Dazu und zur Tendenz, auch auf der Ebene der Mittleren Volksgerichte sogenannte Musterfall-Leitsysteme (⍍₴㐰ⴥ⍟⿏) einzuführen, DU Tao / CHEN Li, S. 042. 159 S. Tan, 79 (2002) Australian L. J. 97 (113). Nach Zhang, 25 (2002) B. C. Int’l & Comp. L. Rev. 59 (92 f.), und Heuser, S. 241, besteht in der Theorie Unabhängigkeit.
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1. Teil: Festland – § 2 Rechtsquellen
mehr unter der Aufsicht des Volkskongresses der jeweiligen Ebene, der die Richter ernennt – und wieder abberuft, da die Dauer der richterlichen Amtszeit nicht festgelegt ist.160 Die Gerichte sind zudem finanziell von der entsprechenden Regierungsebene abhängig.161 Die Folge ist lokaler Protektionismus.162 Hinzu tritt ein gewisser, meist wohl eher indirekter Einfluss der Kommunistischen Partei Chinas über Konsultationen und allgemeine Richtlinien.163 Die Gerichte haben aber nicht nur staatsorganisationsrechtlich die Stellung einer Behörde, sondern sind auch intern wie eine solche organisiert. So beaufsichtigt der Gerichtspräsident durch ein Berichtssystem alle Richter seines Gerichts.164 Zudem überprüft der Rechtsprechungsausschuss unter Vorsitz des Gerichtspräsidenten die individuellen Entscheidungen der Einzelrichter oder Kammern, auch wenn dies praktisch wohl nur in komplizierten oder wichtigen Fällen geschieht.165 Diese vielfältigen Abhängigkeiten der Richter bewirken Gerichtsentscheidungen, die nicht immer nur die geltende Rechtslage widerspiegeln, sondern unter Umständen auch die Interessen der Politik oder einflussreicher Parteien.166 2. Ausbildungsstandard der Richter
111
Viele an den Volksgerichten tätige Richter sind nach wie vor schlecht ausgebildet.167 Obwohl gemäß Art. 9, 12 Abs. 1 Richtergesetz der Volksrepu160
Vgl. Heuser, S. 243; Peerenboom, 1 (2000) Asian-Pac. L. & Pol’y J. 1 (8); Zhou, 15 (2006) Pac. Rim L. & Pol’y J. 403 (407); Fett, 62 (April 2007) Disp. Resol. J. 73 (76); Reinstein, 16 (2005) Ind. Int’l & Comp. L. Rev. 37 (53); Zhang, 25 (2002) B. C. Int’l & Comp. L. Rev. 59 (93 f.). 161 Peerenboom, 1 (2000) Asian-Pac. L. & Pol’y J. 1 (8); Fett, 62 (April 2007) Disp. Resol. J. 73 (76); Reinstein, 16 (2005) Ind. Int’l & Comp. L. Rev. 37 (53 f.); Zhang, 25 (2002) B. C. Int’l & Comp. L. Rev. 59 (94); Bu, § 3 Rn. 11 (S. 17). 162 Peerenboom, 1 (2000) Asian-Pac. L. & Pol’y J. 1 (9); Reinstein, 16 (2005) Ind. Int’l & Comp. L. Rev. 37 (54 ff.). 163 Vgl. dazu Peerenboom, 1 (2000) Asian-Pac. L. & Pol’y J. 1 (9); Tan, 79 (2002) Australian L. J. 97 (113 f.); Reinstein, 16 (2005) Ind. Int’l & Comp. L. Rev. 37 (53); Bu, § 3 Rn. 12 (S. 17). Nach Heuser, S. 243, gibt es keine direkte Parteikontrolle mehr. 164 Zhang, 25 (2002) B. C. Int’l & Comp. L. Rev. 59 (94). 165 Vgl. Zhang, 25 (2002) B. C. Int’l & Comp. L. Rev. 59 (94); Heuser, S. 243; Zhou, 15 (2006) Pac. Rim L. & Pol’y J. 403 (407 f.); Bu, § 3 Rn. 13 (S. 17). 166 Ein sehr anschauliches Beispiel bildet die Affäre um das Urteil von Richterin Li des Mittleren Volksgerichts Luoyang über Saatpreise aus dem Jahr 2003, s. dazu Yardley, A Judge Tests China’s Courts, Making History, New York Times v. 28.11.2005, im Internet abrufbar unter http://www.nytimes.com/2005/11/28/international/asia/28judge. html (zuletzt besucht am 4.11.2011). 167 S. dazu Peerenboom, 1 (2000) Asian-Pac. L. & Pol’y J. 1 (9 f.); Fett, 62 (April 2007) Disp. Resol. J. 73 (77); Reinstein, 16 (2005) Ind. Int’l & Comp. L. Rev. 37 (60 f.);
V. Praxis der Volksgerichte
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blik China168 Kandidaten für das Richteramt nunmehr einen Hochschulabschluss und mittels eines einheitlichen Staatsexamens „vertiefte Rechtskenntnisse“ nachweisen müssen, ist ein juristisches Studium weiterhin nicht vorgeschrieben. Richter, die sich bereits vor Einführung dieser Voraussetzungen im Amt befanden, müssen zwar eine Ausbildung nachholen, Zeitgrenzen und Sanktionen sind jedoch vom Erlass entsprechender Regelungen durch die einzelnen Gerichte abhängig.169 Mangelhafte juristische Ausbildung bildet den Hintergrund kaum oder gar nicht begründeter Entscheidungen und fehlender oder undogmatischer Erwägungen zum internationalen Privatrecht. Zudem ist ein ausgesprochen starkes „Heimwärtsstreben“ zu beobachten. 170 Daran hat auch die durch eine in ihrer Rechtmäßigkeit umstrittene Justizauslegung (zu dieser oben Rn. 57) zum 1.3.2002 eingeführte Konzentration der Zuständigkeit für bestimmte Arten von Streitigkeiten mit Außen- und interregionalem Bezug bei bestimmten, als sachkundiger eingeschätzten Gerichten bisher nicht viel zu ändern vermocht.171 Sich dennoch mit der Flut an veröffentlichten Urteilen auseinanderzusetzen und sie auf mögliche praktische Tendenzen beim Umgang mit ungeregelten Fragestellungen zu untersuchen, ist aufwendig und unbefriedigend. Dies dürfte einer der Gründe dafür sein, dass sich die festlandchinesische Rechtswissenschaft – frustriert durch die Mängel des eigenen Rechtssystems – regelmäßig lieber mit funktionierenden ausländischen Rechtsordnungen befasst 172 und in theoretischen Abhandlungen de lege ferenda ergeht, als Gerichtsurteile systematisch zu erZhang, 25 (2002) B. C. Int’l & Comp. L. Rev. 59 (94 f.); Heuser, S. 245 ff. Vgl. zur Richter- und Juristenausbildung in China allgemein Yang, Tagungsbeitrag, S. 2 ff. 168 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㷾ⳁ㷾 vom 28.2.1995, in Kraft seit 1.7.1995, in der Fassung vom 30.6.2001 (ὤ⽖䱕 53 ┠). 169 Vgl. dazu Ji, 39 (2006) Kobe U. L. Rev. 1 (4 ff.); Zhang, 25 (2002) B. C. Int’l & Comp. L. Rev. 59 (95). 170 So wurde beispielsweise lediglich in 3 von 50 der durch HUANG Jin und DU Huanfang aus dem Jahr 2003 ausgewerteten Fälle mit Außen- oder interregionalem Bezug eine fremde Rechtsordnung angewendet, s. Huang/Du, 7 (2008) Chin. J. Int’l L. 227 (236). Aus 50 untersuchten Fällen des Jahres 2006 wurde nur in einem eine fremde Rechtsordnung und diese auch nur neben dem chinesischen Recht angewendet, s. Huang/Song/Li/Long, 8 (2009) Chin. J. Int’l L. 715 (725, 733). 171 Zur Zuständigkeitskonzentration s. Wang, IPRax 2007, 363 (364); Fett, 62 (April 2007) Disp. Resol. J. 73 (77); Reinstein, 16 (2005) Ind. Int’l & Comp. L. Rev. 37 (66 f.); Zhang, China Law No. 27 [12/2000], 90 (90 ff.). 172 Vgl. zu dieser Neigung in der internationalen Privatrechtswissenschaft schon Süß, S. 36 ff. Zur Rechtswissenschaft allgemein Bu, § 1 Rn. 8 (S. 4). Allmählich beginnt aber auch die festlandchinesische Rechtswissenschaft Gerichtsentscheidungen auszuwerten, s. etwa Tu/Xu, 7 (2011) J. P.I.L. 179 ff.; Qin, IPRax 2011, 603 ff., und die Jahresaufsätze von Huang/Du, 2 (2003) Chin. J. Int’l L. 387 ff.; 4 (2005) Chin. J. Int’l L. 647 ff.; 7 (2008) Chin. J. Int’l L. 227 ff., sowie von Huang/Song/Li/Long, 8 (2009) Chin. J. Int’l L. 715 ff.
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1. Teil: Festland – § 2 Rechtsquellen
fassen und zu analysieren. So kommt dann auch der fachliche Austausch zwischen Richtern und Rechtswissenschaft nur langsam in Gang, obwohl er mittlerweile gefördert wird.173
173
Vgl. zu Bemühungen um fachlichen Austausch zwischen Praxis und Lehre Ji, 39 (2006) Kobe U. L. Rev. 1 (113 ff.).
§ 3 Qualifikation als Fall mit Bezug zu Taiwan, Hong Kong, Macau 1. Teil: Festland – § 3 Interregionaler Bezug
I. Grundsatz I. Grundsatz
Die Streitfrage, ob Kollisionsrecht logisch alle privatrechtlichen Sachverhalte unabhängig von ihrem Außenbezug erfasst oder aber auf reine Binnensachverhalte unmittelbar und ohne jede (auch unbewusste) Zwischenschaltung von Kollisionsrecht das eigene Recht anzuwenden ist,1 entscheidet die festlandchinesische allgemeine Auffassung im letzteren Sinne: Kollisionsrecht findet nur auf Sachverhalte Anwendung, die einen Bezug zu einem anderen Land (bzw. einer anderen Rechtsregion) aufweisen. Dies zeigt sich in Ziff. 178 Abs. 1 AGZ-Ansichten, der Definition der Zivilrechtsbeziehungen mit Außenbezug durch das Oberste Volksgericht.2 Danach liegt ein Außenbezug vor, wenn eine oder beide Seiten Ausländer, Staatenlose oder ausländische juristische Personen sind, wenn der Gegenstand der zivilrechtlichen Beziehung sich im Ausland befindet oder wenn sich Rechtstatsachen der Entstehung, Änderung oder des Erlöschens der zivilrechtlichen Rechte- und Pflichtenbeziehung im Ausland ereignen. Wenn etwa der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt der einzige Bezugspunkt eines Sachverhalts zum Ausland ist, findet er keine Beachtung, obwohl er möglicherweise in festlandchinesischen Kollisionsnormen als Anknüpfungsmoment dient. 3 Eine in dieser Hinsicht verbesserte und allge1 Vgl. zum deutschen Recht von Hoffmann/Thorn, § 1 Rn. 15 ff. (S. 4 f.); Kropholler, § 1 IV (S. 7). Für eine unmittelbare Anwendung deutschen Rechts auf reine Binnensachverhalte aus der Praxis OLG Hamm v. 9.12.1998, IPRspr. 1998 Nr. 18 (S. 36); v. 14.1.1999, IPRspr. 1999 Nr. 4 (S. 9); OLG Düsseldorf v. 9.12.1994, RIW 1995, 1025 (1025). 2 Zu anderen in der Literatur vertretenen Kriterien s. Huo, 4 (2009) JCS 82 (83). 3 S. dazu entsprechende Kritik bei SHAN Hailing, Bijiaofa Yanjiu 2006, 92 (92 ff.), der die Existenz einer Definition an sich allerdings nicht in Frage stellt, sondern diese nur ergänzen möchte. Derartige Kritik sucht die entsprechende Auffassung in der deutschen Literatur dadurch zu vermeiden, dass sie jegliche Art von Auslandsbezug genügen lässt, s. Looschelders, Art. 3 EGBGB Rn. 4; Palandt/Thorn, Art. 3 EGBGB Rn. 2. In der festlandchinesischen Rechtsprechung soll aber auch schon ein relevanter Außenbezug mit Verweis auf Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Geschäftsort begründet worden sein, s. Tu, 59 (2011) Am.J.Comp.L. 563 (565).
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1. Teil: Festland – § 3 Interregionaler Bezug
mein präzisere Definition sah Art. 1 von Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs vor, der letztlich keinen Eingang in das Festland-IPRG gefunden hat. Das Festland-IPRG bestimmt lediglich in seinem Art. 2 Abs. 1 S. 1, dass es auf Zivilrechtsbeziehungen mit Außenbezug anzuwenden ist, und setzt den Begriff weiterhin schlicht voraus, ohne ihn zu definieren. Es erscheint daher wahrscheinlich, dass bis auf Weiteres auf die Definition des Obersten Volksgerichts zurückgegriffen werden wird.4 Dass die Definition der Ziff. 178 AGZ-Ansichten entsprechend für den interregionalen Bezug eines Falles gilt, lässt sich aus dem ersten Unterpunkt des ersten Abschnitts der Hong Kong/Macau-Antworten schließen, der dies für den Bezug zu Hong Kong und Macau in Wirtschaftsstreitfällen festlegt.5 Danach ist ein Bezug zu Hong Kong oder Macau, der zur Anwendbarkeit der Hong Kong/Macau-Antworten führt, gegeben, wenn mindestens eine Partei ein Landsmann (┵切) aus einer dieser Regionen oder ein durch Eintragung im dortigen Register gegründetes Unternehmen ist, sich der Prozessgegenstand dort befindet oder die betroffene Wirtschaftsbeziehung in einer der beiden Regionen begründet, geändert oder beendet worden ist. Ein Zivilrechtsfall mit Bezug zu einer der anderen chinesischen Rechtsregionen liegt demnach vor, wenn – zumindest auf einer Seite ein „Landsmann“ (┵切 ) oder eine juristische Person aus einer dieser Regionen beteiligt ist, – der Streitgegenstand sich in einer dieser Regionen befindet oder – sich die Rechtstatsachen, die ein Rechtsverhältnis begründen, ändern oder aufheben, in einer dieser Regionen ereignet haben. Dabei wirft die erste Alternative die Frage der Zuordnung von natürlichen und juristischen Personen zu einer der chinesischen Regionen auf. Es wird also im Folgenden zu klären sein, was eine Person zu einem „Landsmann“ oder einer juristischen Person aus Hong Kong, Macau oder Taiwan macht. 1. Natürliche Personen aus einer der anderen chinesischen Rechtsregionen
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Zunächst ist zu klären, wann eine natürliche Person als „Landsmann“ (┵切) aus einer der anderen chinesischen Rechtsregionen betrachtet wird. Die Abgrenzung zu Fällen mit Außenbezug erfolgt über die Staatsangehörigkeit, wie der zweite Unterpunkt des ersten Abschnitts der Hong Kong/ Macau-Antworten verdeutlicht. Nach dieser Regelung stellen in Hong 4
Auch Cowley/James/El-Mahmoud/Han, Hong Kong Lawyer – At Issue; Tu, 59 (2011) Am.J.Comp.L. 563 (565 f.); Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (8) (mit Verweis auf die Kommentierung von HUANG Jin / JIANG Rujiao), halten Ziff. 178 Abs. 1 AGZ-Ansichten weiterhin für anwendbar. 5 Für Zivilrechtsfälle mit Hong Kong-Bezug ZHU Zhisheng, Dangdai Faxue 2001, 64 (64).
I. Grundsatz
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Kong oder Macau ansässige Ausländer oder Auslandschinesen mit ausländischem Pass sowie im Ausland gegründete Unternehmen keinen Hong Kong- oder Macau-Bezug, sondern einen Außenbezug her. Dass ein Ausländer in einer der Regionen lebt oder wohnt (ሙԣ), reicht also nicht aus. Wann natürliche Personen mit chinesischer Staatsangehörigkeit als Landsleute aus einer bestimmten chinesischen Rechtsregion angesehen werden, ist dagegen den Regelungen der Hong Kong/Macau-Antworten nicht zu entnehmen. In der Gesetzgebung findet sich sowohl die Bezeichnung „Landsleute“ ( 櫂㽘┵切ѥ䃜朑┵切ѥ┙㾧┵切 ) 6 als auch „Einwohner“ (櫂㽘䎢⍔奵㙨④㴺 bzw. 䃜朑䎢⍔奵㙨④㴺)7 der jeweiligen Region, ohne dass jedoch eine Definition dafür bereitgestellt würde. Auch das Oberste Volksgericht hat dazu bisher, soweit ersichtlich, nicht Stellung genommen.
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a) In der festlandchinesischen Literatur In der festlandchinesischen Rechtswissenschaft wird diese Problematik bisher ausschließlich in Bezug auf die Bestimmung des Personalstatuts bei interregionalen Fallgestaltungen diskutiert, nicht dagegen im Rahmen der nach festlandchinesischem Recht logisch zuvor zu beantwortenden Frage, ob ein Sachverhalt überhaupt relevante interregionale Bezüge aufweist. Man wird aber davon ausgehen können, dass eine Person auch als „Landsmann“ aus einer der anderen Regionen angesehen werden wird, wenn das Recht dieser Region ihr Personalstatut darstellt. Die Diskussion um das Personalstatut ist also auf die vorliegende Fragestellung übertragbar. Der im internationalen Rechtsverkehr bisher zur Bestimmung des Personalstatuts verwendete Aspekt der Staatsangehörigkeit kann grundsätzlich durch ein personales Anknüpfungsmoment – etwa den Einwohner- oder
6 S. Art. 9 des Gesetzes der Volksrepublik China über die Identitätsausweise der Einwohner (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㴺忔…峪㷾) vom 28.6.2003, in Kraft seit 1.1.2004, in der Fassung vom 29.10.2011 (in Kraft seit 1.1.2012). 7 S. etwa Art. 4, 11 der Maßnahme zur Wahl von Abgeordneten des 11. Nationalen Volkskongresses durch die Sonderverwaltungszone der Volksrepublik China Hong Kong (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦櫂㽘䎢⍔奵㙨④愲ὧ䱕⑪Ἡ⊑⠦ΰ㴺妑⩐⁃妑䞭⏇㷾 ) und der Maßnahme zur Wahl von Abgeordneten des 11. Nationalen Volkskongresses durch die Sonderverwaltungszone der Volksrepublik China Macau (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦䃜朑䎢⍔奵㙨④愲ὧ䱕 ⑪Ἡ⊑⠦ΰ㴺妑⩐⁃妑䞭⏇㷾 ) vom 16.3.2007 sowie Art. 1 der Verwaltungsregelungen zur Beschäftigung von Einwohnern Taiwans, Hong Kongs und Macaus in der Inneren Region ( ┙ 㾧 櫂 㽘 䃜 朑 㴺 ⡑ ⊮ ⡙ ⵚ ὃ 䳊 䔯 嫭 ⳃ ) vom 2.6.2005, in Kraft seit 1.10.2005.
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1. Teil: Festland – § 3 Interregionaler Bezug
Bürgerstatus einer Region – oder durch territoriale Kriterien wie den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort einer Person ersetzt werden.8 (1) Personales Anknüpfungsmoment: Regionalzugehörigkeit 120
121
Nach einigen Stimmen in der festlandchinesischen Literatur kann das Anknüpfungsmoment der Regionalzugehörigkeit ( ④䵶 ) für den interlokalen Rechtsverkehr die Funktion der Staatsangehörigkeit im internationalen Rechtsverkehr übernehmen; 9 ob es dies nach der bisherigen Rechtslage bzw. Rechtsprechungspraxis auch tat, wird dagegen offen gelassen. Die Regionalzugehörigkeit soll sich auf dem Festland und in Taiwan nach der Haushaltsregistrierung, in Hong Kong und Macau nach dem Identitätsausweis der Ansässigkeit (㴺忔…峪) richten.10 Welcher Rechtsordnung diese Kriterien zu entnehmen sind, wird nicht explizit diskutiert. Aus der Darstellung des Rechts der einzelnen Regionen 11 wird jedoch ersichtlich, dass die Regionalzugehörigkeit nach dem Recht der jeweiligen Region beurteilt wird. Wegen des hohen Grades an Autonomie, den die einzelnen Regionen genießen, soll es wohl in Anlehnung an den Respekt, den man den Regelungen eines Staates über seine Staatsangehörigkeit entgegenbringt, jeder Region überlassen bleiben, selbst darüber zu entscheiden, wen sie als ihren Einwohner bzw. Bürger ansieht. (a) Haushaltsregister in der Festland-Region
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Dass das festlandchinesische Recht das Haushaltsregister (㍠┌) als Kriterium der Regionalzugehörigkeit verwendet, wird – sofern dies überhaupt problematisiert wird – ohne nähere Begründung auf Art. 15 AGZ gestützt,12 der nach seinem Wortlaut (nur) die Bestimmung des Wohnsitzes eines Bürgers regelt, oder aus der entsprechenden Vorschrift eines akademischen Entwurfs (!) zum interregionalen Privatrecht abgeleitet.13 Nach Art. 6 14 der Haushaltsregister-Bestimmungen der Volksrepublik China15 (im Folgenden: Haushaltsregister-Bestimmungen) muss sich jeder 8
S. dazu XU Chongli, Xiamen Daxue Falü Pinglun 2003, 270 (277); YU Fei, S. 254. Ähnlich SONG Hang, in: Festschrift HAN Depei, 181 (188); DU Huanfang / WANG Jiwen / CUI Xiaoyan, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2002, 81 (82). 9 SU Yuanhua, S. 89; Ma, S. 190; SHEN Juan, S. 188. 10 SU Yuanhua, S. 89; Ma, S. 190 f.; SHEN Juan, S. 188 f. 11 S. SHEN Juan, S. 188 ff.; Ma, S. 190 f. 12 S. Ma, S. 190 f. (Fn. 888). 13 So SHEN Juan, S. 188 f. 14 Deutsche Übersetzung: „Der Bürger muss sich am Ort seines ständigen Aufenthaltes als dauerhafte Bevölkerung registrieren, ein Bürger kann nur an einem Ort als dauerhafte Bevölkerung registriert sein.“
I. Grundsatz
51
Bürger (⊕㴺) an seinem ständigen Wohnort (俸⽡⁸) als dauerhafte Bevölkerung registrieren lassen.16 Auch aus den anderen chinesischen Regionen (oder dem Ausland) mit entsprechender Genehmigung 17 zuziehende und sich auf dem Festland niederlassende (ⳃ ) Menschen mit chinesischer Staatsangehörigkeit gelten dabei als Bürger und bedürfen eines Haushaltsregisters.18 Vorübergehende Aufenthalte müssen ebenfalls – allerdings nur als solche und nicht in Form eines Haushaltsregisters – gemeldet werden.19 Der Inhalt des Begriffs der Niederlassung (ⳃ) ist nicht eindeutig geklärt.20 In Ziff. 2 einer vom Büro des Staatsrats für die Angelegenheiten der Auslandschinesen (⠦⏊枋⃑⏊⏇⊕ⳍ) herausgegebenen Mitteilung der Veröffentlichung einer Erläuterung hinsichtlich des Status von Auslandschinesen, heimgekehrten Auslandschinesen, auslandschinesischen Studenten, heimgekehrten auslandschinesischen Studenten, Familienangehörigen von Auslandschinesen usw. (Erprobungsfassung) 21 heißt es dazu: „Sich niederzulassen bedeutet, bereits das Aufenthaltsrecht des Aufenthaltsstaates erlangt zu haben oder sich faktisch bereits vor Ort aufzuhalten, zu wohnen und seinen Lebensunterhalt zu verdienen, obwohl man das Aufenthaltsrecht noch nicht erlangt hat.“22 In der Literatur wird der Begriff der Niederlassung mit dem gewöhnlichen Aufenthalt (㈘⽡㍩⡙)23 bzw. dem
15 16
ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㍠┌䞤峙㢊₴ vom 9.1.1958.
Näher zum Haushaltsregistersystem von Senger/Xu, S. 62 ff. Vgl. zur Pflicht, zuvor einen Antrag auf dauerhafte Rückkehr zu stellen, Art. 10 Gesetz der Volksrepublik China zur Regelung der Aus- und Einreise von Bürgern vom 22.11.1985, in Kraft seit 1.2.1986 (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦ὖ⠦⊕㴺⌣⦬⊎⦬䳊䔯㷾; im Folgenden: BürgerreiseG), Art. 10 f. Ausführungsbestimmungen zum Gesetz der Volksrepublik China über die Regelung der Aus- und Einreise von Bürgern vom 26.12.1986 in der Fassung vom 15.7.1994 ( ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⊕㴺⌣⦬⊎⦬䳊䔯㷾ⳇ㛦俯⍂ ; im Folgenden: Ausführungsbestimmungen zum BürgerreiseG). S. auch Art. 20 der Verwaltungsvorschriften des Verkehrs der Einwohner des Festlands mit der Region Taiwan vom 17.12.1991, in Kraft seit 1.5.1992 (ὖ⠦⊕㴺ォ㢎┙㾧⡙④䳊䔯⏇㷾). 18 Vgl. Art. 11 BürgerreiseG, Art. 12 Ausführungsbestimmungen zum BürgerreiseG. 19 S. Art. 11 S. 2 BürgerreiseG, Art. 13 Ausführungsbestimmungen zum BürgerreiseG. 20 Darauf weist SONG Hang, in: Festschrift HAN Depei, 181 (186), hin. 21 ⒙⓺ѭ⊜ᾷ⑷⃑ѥほ⃑ѥ⑷⃑ⲏ䙈ѥほ⃑ⲏ䙈ѥ⃑䡠䱲忔⌯嬌拳盤峾奵盥Ѯ䞭慃䤎 ; Mitteilung Nr. 2/1984 vom 23.6.1984 (⠦⃑⓺ [1984] 2 ┠). 22 Chinesischer Wortlaut: ljⳃ㝘㐰⼛⓿ダ㍩⡑⠦䞭䚂㡬盨㌿垦㡓⓿ダ㍩⡑⠦䞭䚂 17
㡬儵ᾴⳇἳ⼛⡑ぼ⡙⁸崴䙈ѦѮ.
23 LIU Li, Henansheng Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 109 (110), unter Berufung auf die Mitteilung des Büros des Staatsrats für die Angelegenheiten der Auslandschinesen; ohne Begründung auch HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 143. Ähnlich SONG Hang, in: Festschrift HAN Depei, 181 (186), der darunter Haushalt oder Unterkunft von Dauer (㵡Ὦ䞭ⳟ㌿㍩) fassen will.
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1. Teil: Festland – § 3 Interregionaler Bezug
Wohnsitz (⁸㍩⡙ )24 gleichgestellt oder aber strenger als einen Einbürgerungswillen oder das Recht zum dauerhaften Aufenthalt voraussetzend verstanden.25 In Bezug auf chinesische Staatsangehörige, die aus den anderen chinesischen Regionen einreisen, dürfte der Wille zum unbegrenzten, dauerhaften Aufenthalt verbunden mit der Genehmigung dazu maßgeblich sein. Nach Art. 2 des Gesetzes der Volksrepublik China über die Identitätsausweise der Einwohner 26 (im Folgenden: EinwohneridentitätsausweisG), besteht ab einem bestimmten Alter die Pflicht, sich als Nachweis der Identität aller Bürger, die auf dem Gebiet der Volksrepublik wohnen (⁸),27 einen Einwohneridentitätsausweis ( 㴺忔…峪 ) ausstellen zu lassen, der u.a. die Adresse des Inhabers am Ort der dauerhaften Haushaltsregistrierung ( ⽡ ⁸ ㍠ ┌ ㍩ ⡑ ⡙ ) enthält (Art. 3 Abs. 1 EinwohneridentitätsausweisG). Auch sich in der Festland-Region niederlassende (ⳃ) Landsleute ( ┵切 ) aus den anderen chinesischen Regionen müssen nach Art. 9 28 EinwohneridentitätsausweisG einen solchen Ausweis beantragen, wenn sie ihren Haushalt registrieren lassen. (b) Einwohnermelderegister in Taiwan
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Die Region Taiwan kennt ebenfalls eine Registrierung ihrer Einwohner. Nach Art. 15 des Einwohnermelderegistergesetzes29 müssen sich Personen ohne vorherige Personenstandsregistrierung, die sich mit Genehmigung dauerhaft in Taiwan niederlassen, unabhängig davon, ob es sich um Bürger 24 ZHAO Xianglin / LIU Yinghong, Bijiaofa Yanjiu 2000, 66 (69), gehen davon aus, dass die Begriffe der Niederlassung und des Wohnsitzes synonym verwendet werden können. Zu dieser Auffassung auch ZHAO Xianglin / DU Xinli (XUAN Zengyi / XING Gang), S. 142. Nach WANG Linhua, Guangzhou Daxue Xuebao 2004, 68 (68, Fn. 1), entspricht die Niederlassung dem Begriff des „domicile“ im common law. 25 S. XU Donggen / XUE Fan, S. 301. Vgl. auch Süß, S. 60; ZHAO Xianglin / DU Xinli (XUAN Zengyi / XING Gang), S. 142. 26 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㴺忔…峪㷾 vom 28.6.2003, in Kraft seit 1.1.2004, in der Fassung vom 29.10.2011 (in Kraft seit 1.1.2012). 27 S. Art. 1 EinwohneridentitätsausweisG. 28
ѭ櫂㽘┵切ѥ䃜朑┵切ѥ┙㾧┵切惪⊎⊮⡙ⳃ䞭盨⑷⃑⠇⠦ⳃ䞭盨⓳⨿⠦ΰѥ㜉 ⠦䵶ΰ⡑ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⦬⊮ⳃ⾟委㎢⋯⏉⊎㌿儮ㆋ⨶ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⠦䵶䞭盨⡑⏇䔯⽡ ⁸ ㍠ ┌ 䞤 峙 㜟 盨 ⾽ ぼ 䊐 㡕 㷾 嫭 ⳃ 䙜 崠 榯 ⓿ 㴺 忔 … 峪 Ѧ Ѯ In deutscher Übersetzung:
„Wenn Hong Kong-Landsleute, Macau-Landsleute, Taiwan-Landsleute in die Innere Region ziehen, um sich niederzulassen, wenn Auslandschinesen zurückkehren, um sich niederzulassen, und wenn Ausländer, Staatenlose sich im Gebiet der Volksrepublik China niederlassen und Annahme oder Wiederherstellung der Staatsangehörigkeit der Volksrepublik China genehmigt wird, müssen [sie] bei Erledigung der dauerhaften Haushaltsregistrierung den Empfang eines Einwohneridentitätsausweises nach den Regelungen dieses Gesetzes beantragen.“ 29 ㍟䵶㷾 vom 12.12.1931 in der Fassung vom 25.5.2011.
I. Grundsatz
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der Republik China, Ausländer, Bevölkerung der Festland-Region (⩐枡⡙ ⑩ΰ㴺 ) oder Einwohner von Hong Kong oder Macau ( 櫂㽘ѥ䃜暩㴺 ) handelt, anfänglich registrieren lassen. Nach Art. 2 Nr. 3 der Bestimmungen über die Beziehungen zwischen Personen der Region Taiwan und der Festland-Region30 (s. Rn. 650 ff.; im Folgenden: Festland-Bestimmungen), meint der Begriff der „Bevölkerung der Region Taiwan“ (匣䆌⡙⑩ΰ㴺) Personen, die eine Einwohnermelderegistrierung (㍟䵶) in der Region Taiwan besitzen. Dazu zählen nach Art. 4 der Ausführungsverordnung zu den Bestimmungen über die Beziehungen zwischen Personen der Region Taiwan und der Festland-Region31 Personen der Festland-Region mit Erlaubnis zum dauerhaften Aufenthalt 32 in der Region Taiwan und entsprechender Einwohnermelderegistrierung. Kinder von Personen der Region Taiwan werden nach dieser Vorschrift unabhängig von ihrem Geburtsort ebenfalls zu Personen dieser Region; ist je ein Elternteil Person der Festland-Region und der Region Taiwan, geschieht dies nur bei Geburt in der Region Taiwan. Der Status als Person der Region Taiwan geht – im Gegensatz zur früheren Regelung, nach der ein mindestens vierjähriger Aufenthalt auf dem Festland ausreichte – nach Art. 9-1 Festland-Bestimmungen verloren, wenn eine Haushaltsregistrierung auf dem Festland oder ein festlandchinesischer Pass erlangt wird. Nach Art. 3 der Bestimmungen über die Beziehungen zu Hong Kong und Macau33 (s. unten Rn. 650 ff.), gelten diese Regelungen auch im Verhältnis zu den beiden anderen chinesischen Rechtsregionen. Die Einwohnermelderegistrierung (㍟䵶) ist also aus der Sicht Taiwans allgemeines Kriterium der eigenen Regionalzugehörigkeit, setzt jedoch eine dahingehende Genehmigung zum dauerhaften Aufenthalt voraus.
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(c) Identitätsausweis der Ansässigkeit in Hong Kong und Macau Hong Kong und Macau unterscheiden dauerhaft Ansässige (permanent residents / residentes permanentes bzw. 㵡Ὦㅐ㴺 ) und Ansässige (residents bzw. 㴺 / residentes não permanentes bzw. 梇㵡Ὦㅐ㴺). Beiden Bevölkerungsgruppen kommt das Recht und die Pflicht zu, sich einen Identitätsausweis der Ansässigkeit (Hong Kong: Identity Cards; Macau:
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匣䆌⡙⑩匰⩐枡⡙⑩ΰ㴺朅⃫㧆₴ vom 31.7.1992, in der Fassung vom 21.12.2011. 匣 䆌 ⡙ ⑩ 匰 ⩐ 枡 ⡙ ⑩ ΰ 㴺朅⃫ 㧆 ₴ 㛦 奵 乙 ⍰ vom 16.9.1992 in der Fassung vom
29.12.2003. 32 Wem eine solche Erlaubnis erteilt werden kann, regeln Art. 16, 17 Festland-Bestimmungen. 33 櫂㽘䃜暩朅⃫㧆₴ vom 2.4.1997 in der Fassung vom 30.5.2006.
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1. Teil: Festland – § 3 Interregionaler Bezug
bilhete de identidade de residente „BIR“ bzw. 䃜暩㴺忔…屲) ausstellen zu lassen,34 auf dem der jeweilige Status der Ansässigkeit vermerkt wird.35 Grundsätzlich ist in Hong Kong ansässig, wer dort länger als 180 Tage lebt.36 Nicht dauerhaft Ansässige der Sonderverwaltungszone Macau sind nach Art. 3 des Gesetzes Nr. 8/199937 Personen, die mit rechtlicher Erlaubnis38 in Macau leben (residir bzw. 䚂 ) und nicht zum dauerhaft ansässigen Personenkreis zählen. Chinesischen Bürgern kann diese Erlaubnis nur gewährt werden, wenn sie entweder seit mehr als zwei Jahren außerhalb des Festlandes ansässig gewesen sind (und dies durch Dokumente des Ansässigkeitslandes oder -gebietes nachweisen) 39 oder ein Dokument der ent34 Für Hong Kong s. Sec. 3(1) Registration of Persons Ordinance – Cap. 177 (Fassung vom 12.5.2003), Sec. 3 Registration of Persons Regulations – Cap. 177A (Fassung vom 12.5.2003). Für Macau s. Art. 24 Abs. 3 GGM, Art. 3 Abs. 1 Gesetz Nr. 8/2002 vom 30.7.2002 (Regime do bilhete de identidade de residente da Região Administrativa Especial de Macau bzw. 䃜暩䎢⍎奵㙨⑩㴺忔…屲⍟⿏) (Lei n.º 8/2002 bzw. 䱕 8/2002 垈㷾 ゴ; Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ N.º 31/2002, S. 871–876); Pflicht zur Ausstellung erst nach fünf Jahren, s. Art. 3 Abs. 2 Gesetz Nr. 8/2002. Zur Unterscheidung zwischen Ansässigen und dauerhaft Ansässigen in Hong Kong s. Art. 24 GGHK i.V.m. Immigration Ordinance – Cap. 115 (Fassung vom 14.11.2009), Schedule 1; in Macau s. Art. 24 GGM i.V.m. Art. 1, 3 Gesetz Nr. 8/1999 vom 20.12.1999 (Lei sobre Residente Permanente e Direito de Residência na Região Administrativa Especial de Macau bzw. 䃜暩䎢⍎奵㙨⑩ 㵡Ὦㅐ㴺⓳䚂㰳㷾ゴ) (Lei n.º 8/1999 bzw. 䱕 8/1999 垈㷾ゴ; Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ N.º 1/1999, S. 69–75). 35 Hong Kong: Vgl. Sec. 1A Registration of Persons Ordinance – Cap. 177; Registration of Persons Regulations, Schedule 1. Macau: S. Art. 2 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 8/2002 zu den zwei Arten des Identitätsausweises. Nicht vermerkt wird dagegen die Staatsangehörigkeit, vgl. für Hong Kong Registration of Persons Regulations, Schedule 1; für Macau Art. 7 des Gesetzes Nr. 8/2002. 36 Vgl. Sec. 3 Registration of Persons Regulations: Vom allgemeinen Registrierungserfordernis sind neben bona fide-Reisenden, die sich nicht länger als 180 Tage in Hong Kong aufhalten, ausgenommen: Kinder unter 11 Jahren, britische Militär- und Staatsbedienstete mit ihren Familien ohne Wohnsitz (domicile) in Hong Kong, Alte und Kranke mit besonderer Erlaubnis sowie Flüchtlinge aus Vietnam und außerhalb Hong Kongs geborene chinesische Staatsbürger, die bis zur Einreise ihren Wohnsitz auf dem Festland hatten, aber geltend machen, Abkömmlinge von zumindest einem Elternteil mit dauerhafter Ansässigkeit in Hong Kong zu sein, denen aber noch kein entsprechendes Certificate of Entitlement ausgestellt wurde und die sich unerlaubt oder mit begrenzter Erlaubnis in Hong Kong aufhalten, s. Sec. 25, 25A Registration of Persons Regulations. 37 S. oben Fn. 34 (§ 3). 38 Einzuholen nach bestimmten Kriterien beim Direktor der Exekutive (Chefe do Executivo bzw. 奵㙨暠ⳁ), s. Art. 9 des Gesetzes Nr. 4/2003 – Princípios gerais do regime de entrada, permanência e autorização de residência bzw. ⊎⦬ѥ慀䚂⓳䚂孚┘⍟⿏䞭Ἡ单 Ⓢ⍰ (Lei n.º 4/2003 bzw. 䱕 4/2003 垈㷾ゴ; Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ N.º 11/2003, S. 343–348) vom 25.2.2003. 39 Vgl. Art. 15 Abs. 1 Ziff. 2 der Verwaltungsvorschrift Nr. 5/2003 vom 25.3.2003 (Regulamento sobre a entrada, permanência e autorização de residência bzw. ⊎⦬ѥ慀䚂
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sprechenden festlandchinesischen Behörden vorlegen, das ihnen Ansässigkeit in Macau erlaubt.40 Nach Art. 9 Abs. 3 des Gesetzes Nr. 4/200341 ist der gewöhnliche Aufenthalt (residência habitual bzw. 慃⽡䚂) in Macau Bedingung dafür, dass die Erlaubnis zur Ansässigkeit fortbesteht. Dies wird dadurch untermauert, dass bei Verlassen Macaus eine Rückkehrerlaubnis erforderlich ist, um den Ansässigkeitsstatus zu erhalten.42 Wer dagegen in Hong Kong und Macau dauerhaft ansässig werden kann, ergibt sich für beide Regionen übereinstimmend aus Art. 24 GGHK bzw. GGM und ist begrenzt auf chinesische Staatsangehörige, die entweder in der Region geboren wurden oder von Eltern mit dauerhafter Ansässigkeit abstammen, und sonstige Staatsangehörige, die mindestens sieben Jahre in der Region ansässig sind. Die dauerhafte Ansässigkeit ist nach Art. 26 GGHK bzw. GGM mit dem dauerhaften Aufenthaltsrecht, dem sogenannten „right of abode“, und dem aktiven und passiven Wahlrecht verbunden. In Hong Kong bringt sie auch das Recht auf Ausstellung eines Passes mit sich43 und kann nur bei fehlender chinesischer Staatsangehörigkeit wieder verloren werden.44 Für Hong Kong und Macau lässt sich demnach feststellen, dass diese Regionen zwei Stufen der Ansässigkeit und damit der Regionalzugehörigkeit kennen. Das interregionale Äquivalent zur Staatsangehörigkeit stellt dabei der Status der dauerhaften Ansässigkeit mit seinen Parallelen zur Staatsangehörigkeit wie dem Wahl- und Bleiberecht dar. In der festlandchinesischen Literatur wird jedoch – ohne Begründung – die einfache Ansässigkeit in Hong Kong oder Macau, zu deren Nachweis der Identitätsausweis als ziviles Identifikationsdokument u.a. dient,45 als Kriterium der Regionalzugehörigkeit dieser Regionen festgestellt.46 ⓳䚂孚┘媸䰉) (Regulamento Administrativo n.º 5/2003 bzw. 䱕 5/2003 垈奵㙨㷾媸; Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ N.º 15/2003, S. 405–417). 40 Vgl. Art. 19 der Verwaltungsvorschrift Nr. 5/2003 i.V.m. Art. 10 Abs. 3 des Gesetzes Nr. 4/2003. 41 S. oben Fn. 38 (§ 3). 42 S. Art. 28 der Verwaltungsvorschrift Nr. 5/2003. Für dauerhaft Ansässige ist die Rückkehrerlaubnis zwischen einem und fünf Jahren, für Ansässige bis zum Auslaufen ihrer Ansässigkeitserlaubnis, aber maximal drei Jahre gültig. 43 Nach Sec. 3(2) Hong Kong Special Administrative Region Passports Ordinance, Cap. 539 (Fassung vom 1.7.1997), kann nur chinesischen Staatsbürgern mit dauerhafter Ansässigkeit und einem entsprechenden Identitätsausweis ein Pass ausgestellt werden. 44 S. Immigration Ordinance, Schedule 1. 45 So für Macau ausdrücklich Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 8/2002. Für Hong Kong ergibt sich dies allgemein nur indirekt aus den eingetragenen Daten und der Pflicht, den Ausweis mitzuführen (vgl. Sec. 11 Registration of Persons Regulations), für den Status der dauerhaften Ansässigkeit jedoch ausdrücklich aus Sec. 22 Registration of Persons Regulations. 46 S. SU Yuanhua, S. 89; Ma, S. 190 f.; SHEN Juan, S. 188 f.
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Hinter der Ausstellung eines Identitätsausweises der dauerhaften Ansässigkeit in Hong Kong und Macau steht letztlich die Registrierung eines auf Dauer angelegten Aufenthalts der betreffenden Person in diesen Regionen. Sie entspricht damit der Haushaltsregistrierung auf dem Festland und in Taiwan. Ordnet man also eine Person aufgrund ihrer Regionalzugehörigkeit einer der chinesischen Regionen zu, wird nach der amtlichen Meldung eines unbegrenzten, genehmigten Aufenthalts einer Person in einer der Regionen entschieden, ob sie als natürliche Person der jeweiligen Region angesehen wird. Eine Anknüpfung an die Regionalzugehörigkeit wird jedoch von einem Teil der Literatur zumindest im Hinblick auf Taiwan für politisch problematisch gehalten, weil in ihr eine faktische Anerkennung einer taiwanesischen Staatsangehörigkeit gesehen werden könne und sie damit im Widerspruch zum Prinzip der Einheit Chinas stehe.47 Die Regionalzugehörigkeit wird selbst von dem Teil der Literatur, der dies diskutiert, letztlich nicht vorbehaltlos als Anknüpfungsmoment befürwortet: So soll etwa auf den Wohnsitz zurückgegriffen werden, wenn dieser von der Regionalzugehörigkeit ausnahmsweise abweicht,48 oder es soll der Wohnsitz als Hauptanknüpfung dienen und nur zum Schutz der Parteiinteressen bei lediglich ausländischem Wohnsitz oder in bestimmten erb- und familienrechtlichen Konstellationen die Regionalzugehörigkeit maßgeblich sein.49 (2) Territoriale Anknüpfungsmomente: Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt
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Die Mehrheit der festlandchinesischen Rechtswissenschaftler befürwortet die Zuordnung natürlicher Personen zu einer der chinesischen Rechtsregionen nach einem territorialen Anknüpfungsmoment. (a) Wohnsitz
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Nach einer Auffassung soll der Wohnsitz (⁸㍩) einer Person für ihr Personalstatut im interregionalen Rechtsverkehr entscheidend sein. 50 Der Rechtsbegriff des Wohnsitzes werde in China vergleichsweise allgemein 47
Vgl. YU Fei, S. 256; XU Chongli, Xiamen Daxue Falü Pinglun 2003, 270 (277). SU Yuanhua, S. 90. 49 SHEN Juan, S. 198 ff. 50 So SONG Hang, in: Festschrift HAN Depei, 181 (188); ZHAO Xianglin / LIU Yinghong, Bijiaofa Yanjiu 2000, 66 (69); DU Huanfang / WANG Jiwen / CUI Xiaoyan, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2002, 81 (82), welche dies als h.M. in China bezeichnen; XIE Chi, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 77 (78 f.), der hilfsweise auf den Ort der Handlung zurückgreifen möchte, und wohl auch ZHANG Qingyuan / SUN Zhiyu, Wuhan Daxue Xuebao 2007, 81 (84). 48
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verwendet und könne daher in allen Regionen akzeptiert werden. 51 Der Wohnsitz sei besser als die Regionalzugehörigkeit geeignet, weil er das Zentrum der tatsächlichen Aktivitäten einer Person und Voraussetzung für ihre Regionalzugehörigkeit sei, die engste Beziehung zu ihr besitze und Zweifelsfragen bei der Bestimmung des Personalstatuts von Ausländern mit Wohnsitz in Hong Kong und Macau löse.52 Teilweise wird de lege ferenda gefordert, das bislang in den einzelnen Regionen unterschiedliche Verständnis des Begriffs des Wohnsitzes interregional zu vereinheitlichen.53 (b) Gewöhnlicher Aufenthalt Nach anderer Auffassung eignet sich der gewöhnliche Aufenthalt ( ㈘⽡ ㍩) als Anknüpfungsmoment für das Personalstatut besser als der Wohnsitz: Als tatsächlicher, international verbreiteter Begriff soll er leichter von allen Regionen als Kriterium anzunehmen sein und im Allgemeinen die engste Beziehung einer Person zu einer Region widerspiegeln. 54 Zudem erlaubt diese Anknüpfung die unkomplizierte Anwendung festlandchinesischen Rechts auf Parteien, die sich immer häufiger langfristig auf dem Festland aufhalten, aber ihren Wohnsitz z.B. in Taiwan beibehalten.55 Allerdings soll nach dieser Auffassung ergänzend auf einen eventuellen gemeinsamen Wohnsitz der Parteien zurückgegriffen werden können.56
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(c) Auslegung der beiden möglichen territorialen Anknüpfungsmomente Die Vertreter beider Auffassungen erläutern regelmäßig nicht, nach welcher Rechtsordnung und nach welchen Kriterien gewöhnlicher Aufenthalt und Wohnsitz zu bestimmen sein sollen.57 Auch für das internationale Privatrecht wird das Verständnis dieser beiden Anknüpfungsmomente nur selten als Fragestellung aufgeworfen. Dies hat zu Folge, dass die Argumentation vielfach aneinander vorbeiläuft und Kontroversen entstehen, wo eigentlich Gleiches gemeint ist.
51 DU Huanfang / WANG Jiwen / CUI Xiaoyan, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2002, 81 (82). 52 S. die Argumentation bei SHEN Juan, S. 198 ff. 53 SONG Hang, in: Festschrift HAN Depei, 181 (188). 54 S. XU Chongli, Xiamen Daxue Falü Pinglun 2003, 270 (277); YU Fei, S. 256 f.; Du Huanfang, Zheng Fa Luncong 2007, 82 (85). 55 So XU Chongli, Xiamen Daxue Falü Pinglun 2003, 270 (277); YU Fei, S. 256. 56 XU Chongli, Xiamen Daxue Falü Pinglun 2003, 270 (278); YU Fei, S. 257. 57 Lediglich YU Fei, S. 249 ff., widmet sich dieser Frage, wenn auch nur in Bezug auf den gewöhnlichen Aufenthalt.
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(aa) Auslegung nach der lex fori 139
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Da es sich um eine Frage der Qualifikation58 bzw. der Auslegung inländischer Kollisionsnormen handelt, müssten Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt – auch nach überwiegender festlandchinesischer Auffassung (s. dazu unten Rn. 334 f.) – nach der lex fori zu bestimmen sein. Das festlandchinesische materielle Recht sieht im ersten Halbsatz von Art. 15 AGZ vor, dass der Wohnsitz eines Bürgers an dem Ort liegt, an dem sich seine Haushaltsregistrierung befindet. Nach dem zweiten Halbsatz der Vorschrift bildet der ständige Wohnort (俸⽡⁸⡙) – ein in der festlandchinesischen Zivilrechtsgesetzgebung verwendetes Synonym für den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts (㈘⽡㍩)59 – den Wohnsitz, sofern er vom Ort der Haushaltsregistrierung abweicht. In Ziff. 9 Abs. 1 AGZAnsichten hat das Oberste Volksgericht ergänzend festgelegt, dass der Ort, an dem eine Person nach Verlassen ihres Wohnsitzes mit Ausnahme von Krankenhausaufenthalten länger als ein Jahr ununterbrochen lebt, als ihr ständiger Wohnort dient. 60 Absatz 2 dieser Vorschrift bestimmt, dass die bisherige Haushaltsregistrierung als Wohnsitz selbst bei Wegzug fortgilt, solange der Bürger an keinem anderen Ort registriert wurde oder einen ständigen Wohnort begründet hat. Demnach gilt eine Haushaltsregistrierung am neuen Wohnort vor Ablauf eines Jahres bereits als Wohnsitz, obwohl mangels Zeitablaufs noch kein neuer gewöhnlicher Aufenthalt dort begründet werden konnte. Dahinter dürfte der Gedanke stehen, dass die Registrierung einer Person als dauerhafter Einwohner ihre Intention widerspiegelt, an einem Ort zeitlich unbegrenzt und damit länger als ein Jahr zu wohnen, d.h. dort gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen. Demnach muss der Aufenthalt einer Person an einem bestimmten Ort entweder durch eine bestimmte Dauer oder durch den in Form der Haushaltsregistrierung manifestierten Willen zum langfristigen Wohnen verfestigt sein, um als Wohnsitz zu gelten. Diese Regelungen beziehen sich nach ihrem Wortlaut nur auf „Bürger“ (⊕㴺 ) und erfassen Ausländer daher nicht unmittelbar. Nach Art. 8 Abs. 2 AGZ gelten die Vorschriften für Bürger, also auch Art. 15 AGZ, je58
Vgl. YU Fei, S. 249; YAN Lin, Huaiyin Gongxueyuan Xuebao 2007, 31 (35). Inzident YU Fei, S. 247, nach der Art. 15 AGZ den Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts (㈘⽡㍩) aufgebracht hat, obwohl dieser im Wortlaut vom ständigen Wohnort (俸⽡⁸⡙) spricht. Vgl. auch WANG Linhua, Guangzhou Daxue Xuebao 2004, 68 (69 mit 77, Fn. 1); JIANG Rujiao, Tongling Xueyuan Xuebao 2005, 41 (42 f., Fn. 8); LIU Li, Henansheng Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 109 (110). Die Austauschbarkeit der Begriffe vermuten schon von Senger/Xu, S. 68. Süß, S. 58 f., unterscheidet sie bewusst: ersterer findet im Zivilprozessrecht Verwendung, letzterer im materiellen Recht. 60 Kritisch zu dieser durch das Oberste Volksgericht eingeführten zeitlichen Grenze LIU Li, Henansheng Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 109 (110). 59
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doch ebenso für sich auf dem Gebiet der Volksrepublik aufhaltende Ausländer, sofern das Gesetz keine anderweitige Regelung enthält. Nach Art. 2 Abs. 3 61 Haushaltsregister-Bestimmungen trifft sich in der Volksrepublik aufhaltende ( 䚂 ) Ausländer und Staatenlose die Registrierungspflicht nach den Vorschriften der Haushaltsregister-Bestimmungen – vorbehaltlich anderweitiger Regelungen durch Verordnung.62 Statt einer Haushaltsregistrierung werden Ausländern ab einer Aufenthaltsdauer von sechs Monaten Ausländerausweise des zeitweiligen Aufenthalts ( ⨿⠦ΰὝ㜟䚂峪 ) und ab einem Aufenthalt von einem Jahr Ausländeraufenthaltsausweise (⨿⠦ΰ 63 䚂峪) ausgestellt. Der darin vermerkte Wohn- und Aufenthaltsort wird in der Praxis als Wohnsitz des Ausländers in China angesehen,64 d.h. die Registrierung als in China lebender Ausländer substituiert für die Zwecke des Art. 15 AGZ die Haushaltsregistrierung. Außerdem muss eine Person ohnehin chinesischer Bürger sein, damit sich überhaupt die Frage ergeben kann, ob sie „Landsmann“ aus einer der anderen chinesischen Regionen ist (s. zur Abgrenzung von Fällen mit internationalem Bezug oben Rn. 116). Nach seiner Position im zweiten Abschnitt der AGZ handelt es sich bei Art. 15 AGZ um eine materiellrechtliche Regelung ohne internationalprivatrechtlichen Gehalt. In der Literatur wird die Vorschrift ohne weiteres auch zur Bestimmung des Wohnsitzes im kollisionsrechtlichen Sinne herangezogen.65 Mit Art. 61 Abs. 1 ModellG wurde de lege ferenda eine Definition für den Begriff des Wohnsitzes vorgeschlagen, wonach dieser als der Ort zu verstehen ist, an dem eine Person mit der Absicht dauerhaften Aufenthalts lebt.66 Unterwirft man aber das Verständnis der Anknüpfungsmomente des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts der festlandchinesischen lex fori, wird der Streit, an welches dieser Kriterien das interregionale Personalstatut anzuknüpfen ist, unverständlich: Der Wohnsitz einer natürlichen Person richtet sich gemäß Art. 15 AGZ nach ihrer Haushaltsregistrierung 61
Deutsche Übersetzung: „Auf die Registrierung der Haushalte von Ausländern oder Staatenlosen, die sich auf dem Gebiet der Volksrepublik China aufhalten, werden die vorliegenden Bestimmungen angewendet, es sei denn, eine Verordnung enthält anderweitige Regelungen.“ 62 S. auch Hu, S. 31. 63 Zu den dahingehenden Rechtsgrundlagen s. YAN Lin, Huaiyin Gongxueyuan Xuebao 2007, 31 (35); SHAN Hailing, Bijiaofa Yanjiu 2006, 92 (99). 64 S. YAN Lin, Huaiyin Gongxueyuan Xuebao 2007, 31 (35). Sinngemäß wohl auch SHAN Hailing, Bijiaofa Yanjiu 2006, 92 (99 f.). 65 Vgl. etwa HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 136; HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 54; YU Fei, S. 239; Süß, S. 58 f. Nach YAN Lin, Huaiyin Gongxueyuan Xuebao 2007, 31 (34), ist der Wohnsitzbegriff im international-privatrechtlichen Sinne vollkommen identisch mit dem des chinesischen materiellen Zivilrechts. Vorsichtig noch unterscheidend dagegen von Senger/Xu, S. 64 ff. 66 Eine derartige Definition fehlte dagegen in Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs.
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( ㍠䵶 ) oder einem davon abweichenden gewöhnlichen Aufenthalt – und damit letztlich immer nach letzterem. Durch die Verknüpfung des Wohnsitzes mit dem gewöhnlichen Aufenthalt würden damit beide Auffassungen zum selben Ergebnis gelangen. Bei der Prüfung, wo ein Wohnsitz außerhalb des Festlands begründet ist, müsste nach einer Substitution der Haushaltsregistrierung im Tatbestand der festlandchinesischen Vorschrift des Art. 15 AGZ durch ein Rechtsinstitut einer anderen Rechtsordnung gefragt werden. Maßgeblich zu berücksichtigen wäre dabei, dass es sich bei der Haushaltsregistrierung nach Art. 6 Haushaltsregister-Bestimmungen um die amtliche Meldung einer Person an ihrem dauerhaften Wohnort und eine Art des formalisierten ständigen Aufenthalts handelt. Gleichzeitig wird in der Praxis zur Annahme des Wohnsitzes eines Ausländers auf dem Festland die Registrierung eines Aufenthalts ab einer Dauer von sechs Monaten für ausreichend erachtet (s. oben Rn. 141), d.h. es reicht ein vorübergehender, aber langfristiger Aufenthalt ohne unbegrenztes Aufenthaltsrecht. Wie zur Regionalzugehörigkeit ausgeführt (Rn. 122 ff.), kennen alle chinesischen Rechtsregionen die amtliche Meldung von Personen, die auf ihrem jeweiligen Gebiet langfristig leben. Von einer Substituierbarkeit der festlandchinesischen Haushalts- bzw. Aufenthaltsregistrierung durch die amtlichen Meldungen in den anderen Regionen wäre wohl auszugehen. In Fällen, in denen eine Person in mehr als einer chinesischen Region gemeldet ist, was derzeit in Bezug auf Hong Kong und Macau möglich erscheint, 67 würde eine Registrierung nach Art. 15, 2. Halbsatz AGZ nicht mit dem gewöhnlichen Aufenthalt der Person übereinstimmen, so dass dieser daher letztlich entscheidend wäre. Ist ein chinesischer Bürger in keiner chinesischen Region gemeldet und lebt im Ausland, hilft eine Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt mit seiner Verweisung auf das Ausland für das interregionale Kollisionsrecht nicht weiter. Es könnte jedoch Ziff. 9 Abs. 2 AGZ-Ansichten, der den Fall eines Wegzugs vom Registrierungsort ohne Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts regelt, entsprechend herangezogen werden, da ein gewöhnlicher Aufenthalt auf chinesischem Gebiet fehlt. Maßgeblich wäre dann der Ort der letzten amtlichen Meldung in einer der chinesischen Regionen. (bb) Tatsächliches Verständnis
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Tatsächlich scheint jedoch nach festlandchinesischer Auffassung – entgegen dem Grundsatz der Qualifikation nach der lex fori – der Wohnsitz als
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S. dazu Ma, S. 191.
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Anknüpfungsmoment des eigenen Kollisionsrechts nicht immer nach festlandchinesischem Recht bestimmt zu werden:68 Obwohl Art. 15 AGZ grundsätzlich zur Bestimmung des Wohnsitzes im kollisionsrechtlichen Sinn angewendet wird und nach dieser materiellrechtlichen Regelung eine Person zu einem gegebenen Zeitpunkt nur einen Wohnsitz besitzen kann,69 geht die festlandchinesische Rechtswissenschaft gleichzeitig davon aus, dass eine Person wegen der Verschiedenheit der von anderen Rechtsordnungen zur Bestimmung des Wohnsitzes vorgesehenen Kriterien mehr als einen Wohnsitz besitzen und es damit zu „positiven Kollisionen zwischen Wohnsitzorten“ (⁸㍩䬘㢪⋛䮪) kommen kann.70 Auch das Oberste Volksgericht sieht eine Möglichkeit der „Wohnsitzhäufung“, denn es bestimmt in Ziff. 183 S. 2 AGZ-Ansichten, dass in diesen Fällen der Wohnsitz mit der engsten Verbindung zu der Rechtsbeziehung, über die Streit entstanden ist, maßgeblich sein soll. Ebenso enthalten Art. 62 ModellG und Art. 18 Abs. 1 Kapitel 9 ZGB-Entwurf Regelungen für den Fall, dass eine Person mehrere Wohnsitze besitzt. Dass sich die Bestimmung des Wohnsitzes nicht immer nach der lex fori richten soll, wird regelmäßig weder in Literatur noch Rechtsprechung ausdrücklich so festgestellt oder erläutert,71 sondern offensichtlich für selbstverständlich gehalten. Dahinter könnte ein ähnlicher Gedankengang wie bei der Frage der Staatsangehörigkeit oder der Regionalzugehörigkeit stehen: jeder Staat soll selbst entscheiden können, ob ein Wohnsitz auf seinem Territorium begründet ist. Dann würde das Recht des jeweils in Betracht kommenden Staates über diese Frage entscheiden. In der Literatur finden sich aber wohl auch Hinweise darauf, dass sich der Wohnsitz nach dem Heimatrecht oder einer sonst besonders eng mit dem Fall verbundenen Rechtsordnung richten soll.72 Ähnlich verschwommen bleibt die Frage, nach welchem Recht sich das Verständnis eines Anknüpfungsmomentes des gewöhnlichen Aufenthalts richten soll. Ein Teil der festlandchinesischen Literatur scheint den gewöhnlichen Aufenthalt als tatsächlichen, nicht rechtlichen Begriff auffassen zu wol68
Vgl. hierzu schon Süß, S. 59 m.w.N. Nach von Senger/Xu, S. 66 (mit einem Nachweis), soll dagegen die lex fori anzuwenden sein. 69 S. SHEN Juan, S. 195 f.; von Senger/Xu, S. 65; Süß, S. 59 m.w.N. Vgl. auch SU Yuanhua, S. 89, der darauf hinweist, dass die Rechtsordnungen aller chinesischen Regionen nur einen Wohnsitz je natürliche Person vorsehen. 70 S. allgemein für das internationale Privatrecht HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 98 f.; HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 136. Speziell für interregionale Zusammenhänge SHEN Juan, S. 202 ff.; YU Fei, S. 239 ff.; DU Huanfang / WANG Jiwen / CUI Xiaoyan, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2002, 81 (82 f.). 71 Hinweise auf wenige ältere Quellen finden sich bei Süß, S. 59. 72 Vgl. Süß, S. 59.
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len73 und greift auf die in anderen Ländern geltenden Definitionen zurück. So findet sich etwa die Beschreibung des gewöhnlichen Aufenthalts als Ort des Lebensmittelpunkts und Wohnens einer Person für eine gewisse Zeit.74 Art. 61 Abs. 2 ModellG beschreibt den gewöhnlichen Aufenthalt als den Ort, an dem eine Person regelmäßig wohnt und lebt. Daneben wird auch vertreten, die Kriterien der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts müssten sich nach der lex fori oder nach dem Heimatrecht der jeweiligen Person richten oder jedes Land entscheide selbst, ob auf seinem Territorium ein gewöhnlicher Aufenthalt besteht.75 b) In der Rechtsprechung der Volksgerichte 151
In der festlandchinesischen Rechtsprechung wird der Bezug zu einer der anderen chinesischen Rechtsregionen daraus abgeleitet, dass an einer Rechtsbeziehung ein Einwohner von Hong Kong (櫂㽘㴺76 oder 櫂㽘㵡Ὦ 77 78 79 ㅐ㴺 ) oder Macau (䃜朑㴺 ) oder Taiwan (┙㾧㴺 oder ┙㾧⡙④
73 S. YU Fei, S. 256; DU Huanfang / WANG Jiwen / CUI Xiaoyan, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2002, 81 (82). 74 HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 137. Vgl. auch YU Fei, S. 246 f., nach der die festlandchinesische Rechtswissenschaft den Begriff grundsätzlich genauso versteht, wie er in England, Deutschland, Japan etc. verstanden wird: als Lebensmittelpunkt und tatsächlicher Wohn- und Aufenthaltsort von gewisser Dauer. 75 Zu diesen Auffassungen YU Fei, S. 249 ff., die selbst eine Kombinationslösung befürwortet, nach der über einen festlandchinesischen gewöhnlichen Aufenthalt die lex fori und über das Bestehen eines gewöhnlichen Aufenthalts außerhalb des Festlands das Recht des jeweiligen Landes bzw. der Region entscheidet. Dies entspricht jedoch der Auffassung, nach der das Recht eines Landes die Kriterien dafür liefert, wann auf seinem Territorium ein gewöhnlicher Aufenthalt besteht. 76 S. Mittleres Volksgericht Guangzhou v. 11.5.2006 (Wang Ziye gegen Zhongwang Grundstückserschließungs-GmbH Guangzhou, Ou Zhixing, Dritte Bauingenieur-Gesellschaft des Kreises Dianbai, Zhongwang GmbH, Zhongwang (Gruppe) GmbH), (2006) 䮀 ὖ㷾㴺⠄⍆Ⲁ䱕 30 ┠. 77 S. Oberes Volksgericht der Autonomen Region Guangxi v. 16.8.2006 (Cui Dandan gegen Cui Jun, Xu Ning), (2006) 㥫㴺⠄俱Ⲁ䱕 7 ┠ 78 Mittleres Volksgericht Guangzhou v. 30.3.2006 (Shandong WassergewinnungsPumpwerkGmbH gegen Guan Qiaoling), (2005) 䮀ὖ㷾㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 65 ┠ 79 Mittleres Volksgericht Guangzhou v. 20.4.2005 (Zhu Guojun gegen Guangdong Huanqiu Termingüter-Kommissions-GmbH, Lu Yong), (2004) 䮀ὖ㷾㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 63 ┠ ; Oberes Volksgericht Jiangsu v. 6.9.2005 (Huang Cangyuan gegen Wang Congxian), (2005) 司㴺ἲ俱Ⲁ䱕 073 ┠; Mittleres Volksgericht Suzhou v. 27.9.2004 (Luo Yonggui gegen Jiangsu Pestizid-Aktien-GmbH, Jiangsu Longdeng Chemie-GmbH), (2004) 司ὖ㴺 ἲ⍆Ⲁ䱕 061 ┠; v. 1.4.2005 (Suzhou Goldschmiedehandwerk Kleidungs- und SchmuckGmbH gegen Guo Bochao), (2004) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 082 ┠ ; v. 5.11.2004 (Jijie MetallProdukt (Suzhou) GmbH gegen Kunshan Kaisheng Computer-GmbH, Lü Jinchang), (2004) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 075 ┠.
I. Grundsatz
63
oder ὖ⠦┙㾧ΰ81) beteiligt ist, ohne dass jedoch deutlich wird, woraus sich diese Eigenschaft ergibt.
㴺
80
(1) Untersuchung von Urteilen Regelmäßig findet sich die Angabe, dass eine der Parteien Einwohner von Hong Kong, Macau oder Taiwan ist, nur im Rahmen der Parteivorstellung im Rubrum, nicht aber in der Urteilsbegründung.82 Gelegentlich wird dabei ein Identitätsausweis der jeweiligen Region erwähnt.83 Dies deutet darauf hin, dass die Einwohnerstellung diesem Ausweis entnommen wird. In keinem Fall wurde auf einen vom Identitätsausweis abweichenden anderweitigen gewöhnlichen Aufenthalt zurückgegriffen, also auf einen Wohnsitz nach Art. 15 AGZ abgestellt.84 Auch finden sich keine Erläuterungen zu den Wohnsitzbegriffen der anderen Regionen.
80
Mittleres Volksgericht Chengdu v. 19.8.2005 (Zhang Junming gegen Wu Liqiong), (2004) ㌹㴺⍆Ⲁ䱕 1028 ┠. 81 Oberes Volksgericht Jiangxi v. 22.12.2005 (Ding Shuangxi gegen Ding Hua), (2005) 庌㴺⠄俱Ⲁ䱕 6 ┠. Ähnlich Erstes Mittleres Volksgericht Chongqing v. 31.7.2003 (Dai Gengsheng gegen Yuanli Liegenschaftserschließungs-GmbH der Stadt Yongchuan), (2003) 㽆Ἡὖ㴺⍆Ⲁ䱕 222 ┠: ┙㾧䠪㼗⼫ΰ. 82 Erstes Mittleres Volksgericht Chongqing v. 31.7.2003 (Dai Gengsheng gegen Yuanli Liegenschaftserschließungs-GmbH der Stadt Yongchuan), (2003) 㽆Ἡὖ㴺⍆Ⲁ䱕 222 ┠ ; Mittleres Volksgericht Chengdu v. 19.8.2005 (Zhang Junming gegen Wu Liqiong), (2004) ㌹㴺⍆Ⲁ䱕 1028 ┠; Mittleres Volksgericht Suzhou v. 27.9.2004 (Luo Yonggui gegen Jiangsu Pestizid-Aktien-GmbH, Jiangsu Longdeng Chemie-GmbH), (2004) 司ὖ㴺ἲ ⍆Ⲁ䱕 061 ┠ ; Oberes Volksgericht Jiangsu v. 6.9.2005 (Huang Cangyuan gegen Wang Congxian), (2005) 司㴺ἲ俱Ⲁ䱕 073 ┠; Oberes Volksgericht Jiangxi v. 22.12.2005 (Ding Shuangxi gegen Ding Hua), (2005) 庌㴺⠄俱Ⲁ䱕 6 ┠; Mittleres Volksgericht Guangzhou v. 30.3.2006 (Shandong Wassergewinnungs-PumpwerkGmbH gegen Guan Qiaoling), (2005) 䮀ὖ㷾㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 65 ┠; v. 11.5.2006 (Wang Ziye gegen Zhongwang Grundstückserschließungs-GmbH Guangzhou, Ou Zhixing, Dritte Bauingenieur-Gesellschaft des Kreises Dianbai, Zhongwang GmbH, Zhongwang (Gruppe) GmbH), (2006) 䮀ὖ㷾㴺⠄⍆ Ⲁ䱕 30 ┠ ; Oberes Volksgericht der Autonomen Region Guangxi v. 16.8.2006 (Cui Dandan gegen Cui Jun, Xu Ning), (2006) 㥫㴺⠄俱Ⲁ䱕 7 ┠ 83 Oberes Volksgericht Jiangxi v. 22.12.2005 (Ding Shuangxi gegen Ding Hua), (2005) 庌㴺⠄俱Ⲁ䱕 6 ┠ ; Mittleres Volksgericht Guangzhou v. 11.5.2006 (Wang Ziye gegen Zhongwang Grundstückserschließungs-GmbH Guangzhou, Ou Zhixing, Dritte Bauingenieur-Gesellschaft des Kreises Dianbai, Zhongwang GmbH, Zhongwang (Gruppe) GmbH), (2006) 䮀ὖ㷾㴺⠄⍆Ⲁ䱕 30 ┠ ; Oberes Volksgericht der Autonomen Region Guangxi v. 16.8.2006 (Cui Dandan gegen Cui Jun, Xu Ning), (2006) 㥫㴺⠄俱Ⲁ䱕 7 ┠ 84 Anlass zu derartigen Erwägungen hätte etwa der Sachverhalt eines vom Mittleren Volksgericht Guangzhou am 20.4.2005 entschiedenen Falles (Zhu Guojun gegen Guangdong Huanqiu Termingüter-Kommissions-GmbH, Lu Yong), (2004) 䮀ὖ㷾㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 63 ┠, geliefert: Der Kläger wird als Taiwan-Einwohner (┙㾧㴺) bezeichnet, wohnte früher in Taiwan, aktuell aber in Guangzhou.
152
153
64 154
1. Teil: Festland – § 3 Interregionaler Bezug
Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Rechtsprechung eine Person chinesischer Staatsangehörigkeit als Einwohner einer der anderen Regionen ansieht, wenn diese einen Identitätsausweis der entsprechenden Region vorlegt. Sie stellt demnach auf das leicht zu überprüfende, relativ eindeutige und damit praktikable Kriterium der Regionalzugehörigkeit ab. Ausgeschlossen werden kann jedoch nicht, dass einzelne Gerichte es zur Begründung eines interregionalen Bezuges schon ausreichen lassen, wenn eine Partei eine Adresse in einer der anderen Rechtsregionen angibt. (2) Interne Mitteilung des Büros des Staatsrats für Hong Kong- und Macau-Angelegenheiten vom 19.4.1991
155
Für eine Anknüpfung an die Regionalzugehörigkeit in der Praxis spricht auch eine nicht zu veröffentlichende (ἶⴢ⨿⊕⼬), d.h. interne Mitteilung des Büros des Staatsrats für Hong Kong- und Macau-Angelegenheiten (⠦ ⏊枋㽘䃜⏇⊕ⳍ) an die Amtsstellen der Regierungen der Provinzen, Autonomen Regionen und Regierungsunmittelbaren Städte vom 19.4.1991. 85 Danach sollten nur bestimmte chinesische Staatsbürger unter den Einwohnern von Hong Kong oder Macau als „Landsleute“ (┵切) aus Hong Kong bzw. Macau angesehen werden: dauerhaft Ansässige ( 㵡 Ὦ ㅐ 㴺 ) von Hong Kong und mit entsprechender Erlaubnis der festlandchinesischen Behörden legal nach Hong Kong übergesiedelte Personen, auch wenn sie noch kein Aufenthaltsrecht dort erhalten hatten, sowie Einwohner Macaus mit offiziellem Einwohnerausweis, nicht lediglich einem Ausweis vorübergehenden Aufenthalts.86 Obwohl sich diese Mitteilung nicht an Gerichte, sondern Verwaltungseinheiten richtete und aus der Zeit vor der Rückgabe von Hong Kong und Macau stammt, wird man davon ausgehen können, dass sich die darin enthaltene Begriffsbestimmung als Leitlinie unter staatlichen Stellen und damit wahrscheinlich auch Gerichten verbreitet hat und bis heute fortwirkt. (3) Ergebnis
156
„Landsmann“ (┵切) bzw. Einwohner (㴺) einer bestimmten chinesischen Region ist in der Praxis also jeder chinesische Staatsangehörige, der in dieser Region niedergelassen ist, d.h. dort unbegrenzt und mit dahingehender 85 Mitteilung der Auslegung die Landsleute aus Hong Kong und Macau und den Status ihrer Familienangehörigen betreffend (⊜ᾷ㽘䃜┵切⓳⊟Ίⶇ忔…嬌拳䞭慃䤎), [91] 㽘⏇ Ⲁ䱕 383 ┠ ; im Internet abrufbar unter http://www.51labour.com/lawcenter/lawshow 30777.html (zuletzt besucht am 5.11.2011). 86 Ziff. 1 der Mitteilung lautet: ѭ㽘䃜┵切盶㐰櫂㽘㌿䃜朑㴺ὖ䞭ὖ⠦⊕㴺Ѧ⒜⡑櫂㽘
㠲䚂㡬䞭㵡Ὦㅐ㴺ὖ䞭ὖ⠦⊕㴺▵垦㡓⓿ダ䚂㡬两俸⊮⡙ὤ䳊我朑㎢⋯盨㲌〸䬤 櫂㽘䞭ὖ⠦⊕㴺盨⓳䎢㠲䃜朑㲌〸㴺忔…峪盨儵ἶ㝘睄Ὕ㜟慀䚂峪睄䞭ὖ⠦⊕㴺ѦѮ.
I. Grundsatz
65
Erlaubnis lebt. Als Nachweis darüber dient die entsprechende amtliche Meldung nach den Vorschriften der jeweiligen Region. c) Nach Inkrafttreten des Festland-IPRG Das neue Festland-IPRG zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass es als Anknüpfungsmoment für die persönlichen Rechtsbeziehungen natürlicher Personen in internationalen Fallgestaltungen in erster Linie deren gewöhnlichen Aufenthaltsort ( 俸⽡㍩⡙ ) verwendet. 87 Dieser Wechsel der Anknüpfung des Personalstatuts wird die bisherigen Probleme bei der entsprechenden Anwendung der international-privatrechtlichen Regelungen auf interregionale Sachverhalte in diesem Bereich beseitigen und sich voraussichtlich auch darauf auswirken, wann ein Sachverhalt wegen der Beteiligung bestimmter Personen als Fall mit interregionalem Bezug anzusehen ist. Ob unter Rückgriff auf Art. 20 Festland-IPRG bei unklarem gewöhnlichem Aufenthaltsort auch der aktuelle (schlichte) Aufenthaltsort (䓙 ⡑㍩⡙) einen maßgeblichen interregionalen Bezug herzustellen vermag, bleibt abzuwarten. Nach wie vor fehlt es an einer gesetzlichen Definition dessen, was unter dem gewöhnlichen Aufenthaltsort (俸⽡㍩⡙) einer natürlichen Person zu verstehen ist, so dass insofern weiterhin auf Ziff. 9 Abs. 1 AGZ-Ansichten (dazu oben Rn. 140) zurückzugreifen ist.88
157
158
2. Juristische Personen aus einer der anderen chinesischen Rechtsregionen Die erste Alternative der Definition eines Falles mit interregionalem Bezug (oben Rn. 115) wirft neben der Frage, wann eine natürliche Person „Landsmann“ aus einer der anderen chinesischen Regionen ist, desweiteren das Problem der Zuordnung einer juristischen Person zu einer der Regionen auf.
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a) Staatszugehörigkeit einer juristischen Person Nach festlandchinesischem internationalem Privatrecht wird die Staatszugehörigkeit (⠦䵶) juristischer Personen nach dem Ort ihrer Gründung und
87 88
S. dazu Chen/Bertrand, JDI 2011, 373 (379 f.); Long, IPRax 2012, 273 (277). S. Gan, RivDirIntPrivProc 2011, 101 (105); Long, IPRax 2012, 273 (277).
160
66
1. Teil: Festland – § 3 Interregionaler Bezug
Registrierung bestimmt. 89 Dies lässt sich aus verschiedenen Regelungen schließen:90 (1) Chinesische juristische Personen 161
Zum einen bestimmen die Art. 2, 8 des Gesetzes der Volksrepublik China über die Auslandskapitalunternehmen,91 dass Auslandskapitalunternehmen i.S.d. Gesetzes Unternehmen sind, die auf chinesischem Territorium nach chinesischem Recht gegründet wurden, und dass diese bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen chinesische juristische Personen darstellen. Ähnliche Regelungen enthalten die Art. 1, 2 Abs. 2 des Gesetzes der Volksrepublik China über chinesisch-ausländische kooperative Gemeinschaftsunternehmen 92 für chinesisch-ausländische kooperative Gemeinschaftsunternehmen. Ebenso stellt Art. 2 der Ausführungsbestimmungen zum Gesetz der Volksrepublik China über die chinesisch-ausländischen mit gemeinsamem Kapital betriebenen Gemeinschaftsunternehmen93 den Charakter solcher auf chinesischem Territorium errichteter Unternehmen als chinesische juristische Personen fest. (2) Ausländische juristische Personen
162
Zum anderen bestimmt Art. 192 des Gesellschaftsgesetzes der Volksrepublik China 94 (im Folgenden: GesellschaftsG), dass ausländische Gesellschaften i.S.d. Gesetzes solche Gesellschaften sind, die nach ausländischem Recht außerhalb des Territoriums von China gegründet wurden. Dies stimmt mit der Regelung der Ziff. 184 S. 1 AGZ-Ansichten überein, die für ausländische juristische Personen das Recht ihres Registrierungsortes als Heimatrecht vorsieht.
89 HUANG Jin / DU Huanfang, 7 (2004) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 115 (137 f.); HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 59; Pattloch, S. 23; von Senger/Xu, S. 268 ff. Vgl. auch ZHANG Qingyuan / SUN Zhiyu, Wuhan Daxue Xuebao 2007, 81 (83 f.), die sich jedoch für einen Wechsel zum Maßstab des Gesellschaftssitzes aussprechen. 90 Dazu HUANG Jin / DU Huanfang, 7 (2004) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 115 (137 f.); HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 59. Vgl. auch XIAO Kai, 6 (2003) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 132 (144); ZHANG Qingyuan / SUN Zhiyu, Wuhan Daxue Xuebao 2007, 81 (83). 91 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⨿幭ὃ㷾 vom 12.4.1986, in der Fassung vom 31.10.2000. 92 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦ὖ⨿┱₅俸啎ὃ㷾 vom 13.4.1988, in der Fassung vom 31.10.2000. 93 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦ὖ⨿┱幭俸啎ὃ㷾ⳇ㛦㢊₴ vom 20.3.1983, in der Fassung vom 22.7.2001. 94 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⊕┡㷾 vom 29.12.1993 in der Fassung vom 27.10.2005 (in Kraft seit 1.1.2006).
I. Grundsatz
67
b) Regelung der Hong Kong/Macau-Antworten Dementsprechend erklären auch die Hong Kong/Macau-Antworten den Ort der Gründungsregistrierung für maßgeblich, um interregionale Sachverhalte von Fällen mit Außenbezug oder reinen Inlandsfällen abzugrenzen:
163
(1) Abgrenzung zu rein festlandchinesischen Fällen Nach dem dritten Unterpunkt des ersten Abschnitts der Hong Kong/MacauAntworten ist ein relevanter Bezug zu Hong Kong oder Macau nicht gegeben, wenn dortige Landsleute oder Unternehmen lediglich an einem der betroffenen Unternehmen beteiligt sind, dieses aber in der inneren Region gegründet wurde oder ein Gemeinschaftsunternehmen mit festlandchinesischer Beteiligung ist. Daraus lässt sich ersehen, dass es für einen Bezug zu Hong Kong oder Macau (und im Analogieschluss auch Taiwan) nicht ausreicht, wenn die Beteiligung des Landsmannes einer der anderen Rechtsregionen oder des dort registrierten Unternehmens allein darin besteht, eines der streitenden Unternehmen gegründet zu haben, wenn dies durch Registrierung auf dem Festland geschehen ist.95
164
(2) Abgrenzung zu Fällen mit Außenbezug Ferner fehlt nach dem zweiten Unterpunkt des ersten Abschnitts der Hong Kong/Macau-Antworten Streitigkeiten, bei denen auf einer Seite von Landsleuten aus Hong Kong oder Macau im Ausland gegründete Unternehmen beteiligt sind, ein relevanter Bezug zu Hong Kong oder Macau. Auch wenn solche Fälle einen Hong Kong oder Macau berührenden Faktor aufweisen, werden sie demnach als Streitfälle mit Außenbezug eingeordnet. Praktisch führt die Abgrenzung zwischen Fällen mit Außen- und interregionalem Bezug derzeit zu keinem Unterschied in der Behandlung, da – wie festgestellt – dieselben Vorschriften des internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts angewendet werden.
165
c) Ergebnis Eine juristische Person wird also durch die Registrierung ihrer Gründung in einer der chinesischen Regionen aus festlandchinesischer Sicht zu einer
95
S. aus der Gerichtspraxis Mittleres Volksgericht Suzhou v. 4.3.2005 (Liquidationsgruppe der Kunshan Treuhand-Investitionsgesellschaft gegen Kunshan Huaqiao Standort Jianfu Dorf Dorfbevölkerungs-Ausschuss u.a.), (2002) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 020 ┠: Das Gericht lehnte mit eben dieser Begründung einen Taiwan-Bezug ab.
166
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1. Teil: Festland – § 3 Interregionaler Bezug
juristischen Person dieser Region,96 wodurch ein Rechtsstreit, an dem sie beteiligt ist, einen interregionalen Bezug erhält.97
II. Sonderregelung im Wechsel- und Scheckrecht II. Sonderregelung im Wechsel- und Scheckrecht
167
Eine besondere Definition des Außenbezuges für den Bereich des Wechselund Scheckrechts enthält Art. 94 Abs. 2 Wechsel/ScheckG.98 Danach liegt ein Außenbezug bei Wechsel und Scheck vor, wenn sich Handlungen der Ausstellung, des Indossaments, der Annahme, Bürgschaft, Zahlung usw. teilweise außerhalb, teilweise innerhalb des Gebiets der Volksrepublik China abspielen.99 Maßgeblich muss sowohl sein, wo die Handlungen tatsächlich erfolgen, als auch wo sie hätten stattfinden sollen.100 1. Keine Berücksichtigung eines Außenbezugs von Person und Objekt
168
Im Umkehrschluss ergibt sich aus Art. 94 Abs. 2 Wechsel/ScheckG, dass persönliche Faktoren wie Staatsangehörigkeit oder Wohnsitz einer der Parteien und der Lageort des streitigen Gegenstands keinen relevanten Außenbezug herstellen und damit die Anwendung der im Wechsel/ScheckG vorgesehenen Kollisionsregeln nicht auslösen können sollen.101 In der Litera-
96
Davon geht auch ZHU Zhisheng, Dangdai Faxue 2001, 64 (64), in seiner Definition dessen aus, was einen Fall mit Bezug zu Hong Kong ausmacht. 97 Aus der Praxis s. Oberstes Volksgericht v. 26.10.2005 (Yueheng EntwicklungsGmbH gegen Shenzhen Jianling Investitionsentwicklungs-GmbH), (2003) 㴺⠄俱Ⲁ䱕 28 ┠; Oberes Volksgericht Guangdong v. 27.5.2003 (Dejiala GmbH gegen Walmart China GmbH), (2003) ䷍氁㷾㴺⠄俱Ⲁ䱕 47 ┠ ; Oberes Volksgericht der Autonomen Region Guangxi v. 20.12.2007 (Xingxin Liegenschafts-Gesellschaft der Stadt Wuzhou, Ländliche Kreditgenossenschafts-Verbindungsvereinigung des Stadtgebietes Wuzhou gegen Dongyang Gruppe Hong Kong), (2007) 㥫㴺⠄俱Ⲁ䱕 49 ┠ (jeweils Hong Kong-Bezug); Oberes Volksgericht der Autonomen Region Guangxi v. 19.10.2006 (Taiwan Fanmao Industrie- und Handels-GmbH gegen Pharmazeutisches Werk der Medizinischen Hochschule Guangxi), (2006) 㥫㴺⠄俱Ⲁ䱕 16 ┠ (Taiwan-Bezug). 98 Zur ursprünglichen Fassung vom 10.5.1995 Ding/Wang, China Law No. 38 (10/2002), 71 (72 f.). Die Vorschriften des 5. Kapitels haben sich in ihrem Wortlaut nicht geändert, sondern lediglich um einen Artikel nach vorn verschoben. Eine deutsche Übersetzung der ursprünglichen Fassung findet sich bei Münzel, Chinas Recht IX.1, 10.5.95/1. 99 Art. 94 Abs. 2 Wechsel/ScheckG bestimmt: ѭ⍶㱧㍩䬙㺲⨿䪑㒗盨㝘㐰⌣䪑ѥ凵 ᾏѥ㎨≺ѥ℆峪ѥ 㱧䱲奵ὣὖ盨㜋㠲⓺䙈⡑ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⦬⊮⓱㠲⓺䙈⡑ὖ⑷ ΰ㴺⊚▵⠦⦬⨿䞭䪑㒗ѦѮ. 100 S. CHEN Liuyu, Zhejiang Xuekan 2001, 148 (148). 101 Vgl. dazu LI Jiannan, Faxue 2000, 54 (55); LI Honghai, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 83 (83).
II. Sonderregelung im Wechsel- und Scheckrecht
69
tur wird dies zum Teil kritisiert,102 zum Teil aber auch für richtig erachtet.103 2. Folge Bei konsequenter Anwendung führt die Definition des Art. 94 Abs. 2 Wechsel/ScheckG dazu, dass die in Art. 96 Wechsel/ScheckG vorgesehene Anknüpfung der Fähigkeit zur Übernahme von Verbindlichkeiten aus einem Wechsel oder Scheck an das Heimatrecht einer Person nur eingreift, wenn sich eine der in Art. 94 Abs. 2 Wechsel/ScheckG beschriebenen Handlungen im Ausland abgespielt hat. So würde die Wechselfähigkeit eines Ausländers nach chinesischem Recht beurteilt werden, wenn er sich in China wechselrechtlich verpflichtet und auch alle weiteren Vorgänge dort stattfinden. Wird jedoch eine der wechselrechtlichen Handlungen – auch ohne Zutun des Wechselverpflichteten – im Ausland vorgenommen, beispielsweise der Wechsel in Japan indossiert, bestimmt dagegen sein Heimatrecht die Wechselfähigkeit. Allerdings wird die Fähigkeit zur Verpflichtung aus einem Wechsel auch nach Art. 96 Abs. 2 Wechsel/ScheckG dem Recht des Ortes unterworfen, an dem eine Person gehandelt hat, im Beispiel also chinesischem Recht, wenn dieses abweichend vom Heimatrecht die volle Wechselfähigkeit anordnet. Die Anwendung der Kollisionsregel führt demnach zum gleichen Ergebnis wie ihre Nichtanwendung aufgrund der einschränkenden Definition des Außenbezugs nach Art. 94 Abs. 2 Wechsel/ScheckG. Letztlich erscheint diese vom allgemeinen Grundsatz abweichende Definition des Außenbezugs damit sachlich überflüssig. Zum einen erspart sie jedoch dem Richter die Prüfung von Kollisionsregeln und die Anwendung ausländischen Rechts zur Wechselfähigkeit. Zum anderen hat sie zur Folge, dass sie auf den interregionalen Rechtsverkehr übertragen werden kann, ohne dass sich an dieser Stelle der Prüfung die oben Rn. 113 ff. zur allgemeinen Regel dargestellte Frage nach dem interregionalen Personalstatut ergibt.
102
So etwa von LI Jiannan, Faxue 2000, 54 (55). Vgl. auch DU Tao /CHEN Li, S. 276. S. WANG Han / HUANG Jing, Xiandai Faxue 1997, 13 (13 f.); LI Honghai, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 83 (83 f.). 103
169
170
§ 4 Interregionale Zuständigkeit 1. Teil: Festland – § 4 Interregionale Zuständigkeit
I. Zuständigkeit kraft Gesetzes I. Zuständigkeit kraft Gesetzes
171
Nach Art. 235 Festland-ZPG in der seit dem 1.4.2008 geltenden Fassung (= Art. 237 Festland-ZPG a.F.) gelten die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (Art. 22–35 Festland-ZPG) auch für die Bestimmung der internationalen und – wie oben erläutert – der interregionalen Zuständigkeit, sofern das Festland-ZPG in seinen Art. 241–244 (ehemals Art. 243– 246) keine speziellen Regelungen trifft. Das daraus entstehende Regelungsgeflecht soll im Folgenden dargestellt werden. Das festlandchinesische Recht kennt die allgemeine, besondere und ausschließliche Zuständigkeit. 1. Allgemeine Zuständigkeit
172
Natürliche und juristische Personen können allgemein vor den Gerichten an ihrem Wohnsitzort (⁸㍩⡙) verklagt werden (Art. 22 Abs. 1, 2 FestlandZPG). Besitzt eine natürliche Person einen von ihrem Wohnsitz abweichenden ständigen Wohnort ( 俸 ⽡ 㒗 ⁸ ), ist dieser maßgeblich (Art. 22 Abs. 1, 2. Halbsatz Festland-ZPG).1 Art. 20 ModellG schlägt vor, auch in Zukunft bei dieser Regelung zu bleiben, indem er für die allgemeine internationale Zuständigkeit der Gerichte der Volksrepublik auf den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt des Beklagten verweist. a) Anwendbarkeit des Art. 22 Abs. 1 Festland-ZPG
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Nach seinem Wortlaut ordnet Art. 22 Abs. 1 Festland-ZPG die Wohnsitzzuständigkeit nur für chinesische Bürger an; aus Art. 241 Festland-ZPG, der eine besondere Zuständigkeit für Klagen gegen Personen ohne Wohnsitz in der Volksrepublik bereitstellt, ergibt sich jedoch indirekt, dass diese Grundzuständigkeit auch in Bezug auf Ausländer mit Wohnsitz oder ständigem Aufenthalt in der Volksrepublik gelten soll.2 Da ferner die Art. 241– 1
Vgl. auch die dem entsprechende Regelung des Art. 15 Abs. 2 AGZ. Ohne Begründung gehen NIE Huchen, Jiangxi Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2000, 28 (30); DU Tao / CHEN Li, S. 364, von Art. 22 Festland-ZPG als Basis aus. Zur Anwendung der nach dem Wortlaut nur nationale Fälle erfassenden Art. 22 ff. Festland2
I. Zuständigkeit kraft Gesetzes
71
244 Festland-ZPG keine spezielle Regelung für internationale Sachverhalte treffen, kann die Geltung des Art. 22 Abs. 1 Festland-ZPG auch aus Art. 235 Festland-ZPG abgeleitet werden. 3 Daher findet die allgemeine Zuständigkeit des Art. 22 Festland-ZPG auf die Bürger von Hong Kong, Macau und Taiwan unabhängig davon, ob sie als chinesische Bürger im Sinne des Art. 22 Festland-ZPG gelten oder wie Ausländer zu behandeln sind, jedenfalls Anwendung. b) Der Begriff des Wohnsitzes Der Begriff des Wohnsitzortes wird in Ziff. 4 der ZPG-Ansichten für den Zweck der Bestimmung gerichtlicher Zuständigkeit genauer beschrieben: In Bezug auf natürliche Personen meint er den Ort der Registrierung des Haushalts eines Bürgers, im Hinblick auf juristische Personen den Ort ihrer Hauptverwaltung oder den Ort, an dem sich sein Haupthandlungsorgan befindet. Dies entspricht dem Bedeutungsgehalt des Begriffes im materiellen festlandchinesischen Recht.4
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(1) Natürliche Personen Wie bereits in Rn. 123 dargestellt, muss sich jeder Bürger, einschließlich der aus Hong Kong, Macau oder Taiwan zuziehenden Personen, nach Art. 6 Haushaltsregister-Bestimmungen am Ort seines ständigen Wohnortes als dauerhafte Bevölkerung registrieren lassen; für Ausländer tritt an die Stelle der Haushaltsregistrierung ihre Registrierung als in China lebender Ausländer (s. oben Rn. 141). Stimmt der als Wohnsitz registrierte Ort tatsächlich nicht mit dem ständigen Wohnort einer Person, d.h. ihrem gewöhnlichen Aufenthalt (s. Rn. 140) überein, erklärt Art. 22 Abs. 1, 2. Halbsatz Festland-ZPG letzteren für zuständigkeitsbegründend. Wie im materiellen Recht 5 ist der gewöhnliche Aufenthalt nach Ziff. 5 ZPG-Ansichten der Ort, an dem sich ein Bürger seit Verlassen seines (registrierten) Wohnsitzortes bis zur Klageerhebung bereits über ein Jahr ununterbrochen aufgehalten hat (Krankenhausaufenthalte ausgenommen). Für Übergangsphasen untermauert Ziff. 7 S. 1 der ZPG-Ansichten6 die Maßgeblichkeit des gewöhnlichen Aufenthalts ZPG in der Praxis auch auf Fälle mit Außenbezug s. Pattloch, S. 258 f. Zum insofern irreführenden Wortlaut Hu, S. 38. 3 So QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (33); JIA Yanru, Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2003, 86 (86); HU Yikui, Jianghuai Luntan 2004, 56 (57); Hu, S. 25. Ähnlich HUANG Rui / ZHANG Dongli, Nanchang Daxue Xuebao 2003, 62 (63). 4 S. Art. 15 Abs. 1, 39 AGZ, die auch für eine Auslegung des Begriffs herangezogen werden können, vgl. dazu Zhang, 25 B.C. Int'l & Comp. L. Rev. 59 (67, Fn. 65). 5 Ziff. 9 Abs. 1 AGZ-Ansichten, s.o. Rn. 140. 6 Und ebenso Ziff. 9 Abs. 2 AGZ-Ansichten für das materielle Recht.
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1. Teil: Festland – § 4 Interregionale Zuständigkeit
für die Zuständigkeit, wenn der Haushalt (noch) nicht wieder nach Art. 6 Haushaltsregister-Bestimmungen registriert wurde. Für den Fall, dass der Bürger keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt besitzt, etwa weil er an seinem Aufenthaltsort noch kein Jahr lebt oder sich an keinem Ort lang genug aufhält, behält nach Ziff. 7 S. 2 der ZPG-Ansichten die ursprüngliche Haushaltsregistrierung als Nachweis des früheren gewöhnlichen Aufenthalts ihre zuständigkeitsbegründende Wirkung für ein Jahr nach dem Wegzug, d.h. so lange, wie es dauern würde, ohne Registrierung einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen. Wohnsitz auch im Sinne des Zuständigkeitsrechts ist also der Aufenthaltsort einer Person, den diese durch in Form der Registrierung bekundeten Willen zu langfristigem Wohnen oder eine Dauer von über einem Jahr verfestigt hat.7 Nach Ziff. 7 S. 3 ZPG-Ansichten kann bei Wegzug vom Ort der Haushaltsregistrierung nach Ablauf eines Jahres ohne Begründung eines neuen Wohnsitzes im oben beschriebenen Sinne auf den einfachen Aufenthaltsort zurückgegriffen werden. Fraglich erscheint jedoch, ob diese für die örtliche Zuständigkeit konzipierte Regelung ohne weiteres auf die internationale Zuständigkeit übertragen werden kann. Im Ergebnis würde dann nämlich schon der bloße Aufenthalt auf dem Festland die Zuständigkeit der festlandchinesischen Gerichte bewirken. Beispiele für eine derartige Gerichtspraxis konnten jedoch nicht ermittelt werden. Man wird also die Vorschrift in ihrem spezifischen Zusammenhang verstehen und daher auf den Fall begrenzen müssen, dass zuvor eine Haushaltsregistrierung auf dem Festland bestanden und die Person seit ihrem Wegzug weiterhin an verschiedenen Orten des Festlands gewohnt hat. (2) Personenvereinigungen ohne selbständige Rechtspersönlichkeit
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Für Klagen gegen bürgerliche Gesellschaften ( ⊕㴺┱⁂ ) oder Teilhaberschaftsvereinigungen ( ┱⁂⢴兽啎⁼ ), die kein Handlungsorgan besitzen, sind nach Ziff. 17 ZPG-Ansichten die Gerichte am Ort ihrer Registrierung zuständig, d.h. der Registrierungsort gilt als ihr Sitz. Gibt es keine Registrierung, ist jedes Gericht am Wohnsitzort (irgend-)eines der beklagten Gesellschafter oder Teilhaber zuständig.8 2. Besondere Zuständigkeit a) Zuständigkeit nach Art. 241 Festland-ZPG (ehemals Art. 243)
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Für Streitigkeiten um Verträge und andere Vermögensrechte und -interessen ordnet Art. 241 Festland-ZPG für internationale und damit auch in7 8
Vgl. oben Rn. 140. Zur Streitgenossenzuständigkeit s. auch unten Rn. 305 ff.
I. Zuständigkeit kraft Gesetzes
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terregionale Fälle zusätzlich zur allgemeinen Zuständigkeit am Wohnsitzort des Beklagten auch die besondere Zuständigkeit der Gerichte anderer Orte an. Danach sind auch die Gerichte am Ort des Vertragsabschlusses und seiner Erfüllung, am Belegenheitsort des Prozessgegenstands oder pfändbaren Vermögens des Beklagten, am Ort einer rechtsverletzenden Handlung sowie am Wohnsitzort eines vom Beklagten in der Volksrepublik errichteten Vertretungsorgans zuständig. Die Anwendung des Art. 241 Festland-ZPG setzt voraus, dass der Beklagte seinen Wohnsitz nicht auf dem Festland hat und dass um Vertrags- und Vermögensrechte gestritten wird; Streitigkeiten um Personenstandsbeziehungen unterfallen der Vorschrift nicht.9 Für Wirtschaftsvertragsstreitigkeiten mit Hong Kong- bzw. Macau-Bezug wird die Regelung des Art. 241 Festland-ZPG auch durch den dritten Unterpunkt im zweiten Abschnitt der Hong Kong/Macau-Antworten bestätigt. Danach sind die Gerichte am Belegenheitsort des Prozessgegenstands oder von Vermögen des Beklagten selbst dann zuständig, wenn weder der Ort des Vertragsschlusses oder der Erfüllung, noch der Beklagtenwohnsitz in der inneren Region liegen. Das ModellG schlägt deutlich mehr besondere Gerichtsstände vor, als das geltende Recht vorsieht, u.a. für Streitigkeiten um ein Treuhandverhältnis, 10 einen Arbeitsvertrag, 11 Verbraucherrechte 12 sowie ungerechtfertigte Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag.13
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b) Verhältnis des Art. 241 Festland-ZPG zu den Art. 23–33 Festland-ZPG Nicht vollständig geklärt erscheint das Verhältnis des Art. 241 FestlandZPG nach Art. 235 S. 2 Festland-ZPG zu den Regeln örtlicher besonderer Zuständigkeit. So wurde dazu erwogen, dass Art. 241 Festland-ZPG entweder eine Auffangvorschrift darstellt (die Art. 241 ff. enthalten keine ausdrücklichen Bestimmungen über die in den Art. 23 ff. geregelten besonderen Gerichtsstände) oder aber als abschließende Sonderbestimmung für
9
Zu den Grenzen vgl. JIA Yanru, Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2003, 86 (86 f.). Ähnlich QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (33). Nach LIANG Shuwen / YANG Rongxing, S. 2098, sind vermögensrechtliche Streitigkeiten weit zu verstehen und erfassen alle Streitigkeiten über Besitz, Gebrauch, Ertrag und Aufteilung von Vermögen, also auch Klagen auf Zahlung von Schadensersatz, Pflegegeld, Unterhalt und Alimenten. 10 Art. 25 ModellG: Ort der Verwaltung, des Vermögens oder Sitz des Begünstigten der Treuhand. 11 Art. 30 ModellG: Wohnsitz oder Arbeitsort des Arbeitnehmers. 12 Art. 31 ModellG: Wohnsitz des Verbrauchers. 13 Art. 40 ModellG: Entstehungsort der Verbindlichkeit aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Geschäftsführung ohne Auftrag.
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1. Teil: Festland – § 4 Interregionale Zuständigkeit
Vertrags- und Vermögensstreitigkeiten mit Außenbezug die besonderen Zuständigkeitsregelungen örtlicher Zuständigkeit verdrängt.14 Eine ausdrückliche Diskussion dieser Frage fehlt in der festlandchinesischen Literatur. Ein Teil scheint Art. 241 Festland-ZPG als abschließende Regelung zu begreifen, was sich jedoch immer nur indirekt aus den jeweiligen Darstellungen schließen lässt, in denen lediglich der Inhalt des Art. 241 Festland-ZPG erläutert wird. 15 Andere Literaturstimmen halten zumindest die Art. 26–33 Festland-ZPG für neben Art. 241 Festland-ZPG anwendbar. Auch hier erlaubt oft nur indirekt die Darstellungsweise den Schluss auf das zugrunde liegende Verständnis des Verhältnisses der Normen.16 Teilweise wird aber ausdrücklich, jedoch ohne Begründung darauf hingewiesen, dass die Art. 26–33 Festland-ZPG neben Art. 241 FestlandZPG zur Anwendung kommen.17 In der Praxis dürfte die Frage aufgrund der weiten Fassung des Art. 241 Festland-ZPG, welche die praktisch am häufigsten auftretenden Fälle abdeckt, nur selten relevant werden.18 Betrachtet man die Vorschriften der Art. 23–33 Festland-ZPG im Einzelnen, so wird man differenzieren müssen: (1) Art. 23 Festland-ZPG
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Art. 23 Festland-ZPG ordnet die Zuständigkeit der Gerichte am Klägerwohnsitz in bestimmten Fällen an (Personenstandsbeziehungen,19 also Ehe, Scheidung, Kindschaft, Erbschaft, wenn der Beklagte ohne Aufenthalt in der Volksrepublik oder verschollen ist; Klagen gegen Personen in Haft oder Arbeitserziehung). Die Vorschrift durchbricht den Grundsatz der Klage am Beklagtenwohnsitz, weil dieser Schwierigkeiten bereitet. Damit tritt er zum Schutz des Klägers eigentlich an die Stelle des in diesen Fällen 14
Von Senger/Xu, S. 504. So etwa HUANG Shuangquan, 18.1, 2)A.; JIA Yanru, Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2003, 86 (87); LOU Binglu, Henan Shehui Kexue 1998, 59 (59 f.); SUN Nanshen, Renmin Sifa 2002, 20 (20); ZHANG Xianchu, Falü Shiyong 2004, 6 (6). 16 CHEN Zhiyan, CCMT Nr. 801; Zhang, 25 B.C. Int' & Comp. L. Rev. 59 (69); ZHU Zhisheng, Dangdai Faxue 2001, 64 (65). Unklar QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (33). 17 HUANG Jin, Forschungen, S. 70; Huang/Du, 4 (2005) Chinese J. Int’l L. 647 (670); HAN Depei (Hrsg.) / XIE Shisong, S. 628; LI Tao / ZHANG Ying, Beijing Hangkong Hangtian Daxue Xuebao 2005, 56 (57); NIE Huchen, Jiangxi Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2000, 28 (31); CHEN Haohui / YI Jianhua, CCMT Nr. 800; HUANG Rui / ZHANG Dongli, Nanchang Daxue Xuebao 2003, 62 (64); ZHOU Liming, Zhoukou Shifan Xueyuan Xuebao 2005, 72 (72). Dieser Auffassung scheint auch Pattloch, S. 260, zu sein. 18 Vgl. dazu Pattloch, S. 260: nur wenig Raum für Art. 22 ff. Festland-ZPG neben Art. 243 Festland-ZPG. 19 Vgl. die Erläuterungen zum Begriff der Personenstandsbeziehungen (忔⌯⊜两) bei von Senger/Xu, S. 500. 15
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problematischen allgemeinen Gerichtsstands20 und konkurriert daher nicht mit den aus anderen Gründen zugelassenen besonderen Gerichtsständen des Art. 241 Festland-ZPG. In den eher seltenen Fällen, in denen beide Normen greifen können, etwa bei Geltendmachung eines vertraglichen Anspruchs gegen einen Inhaftierten oder eine Person in Arbeitserziehung, findet demnach Art. 23 Festland-ZPG neben Art. 241 Festland-ZPG Anwendung.21 Dementsprechend schlägt das ModellG mit seinem Art. 21 eine eigene Regelung für die internationale Zuständigkeit vor, die inhaltlich in Bezug auf Status- und Rechts- bzw. Geschäftsfähigkeitsangelegenheiten Art. 23 Festland-ZPG entspricht. (2) Art. 24 Festland-ZPG Anders dagegen Art. 24 Festland-ZPG, der sich wie Art. 241 Festland-ZPG ausdrücklich auf Vertragsstreitigkeiten bezieht, aber nicht so viele Gerichtsstände eröffnet. Hier verdrängt Art. 241 Festland-ZPG als Sondervorschrift für Fälle mit Außenbezug die gleichgerichtete örtliche besondere Zuständigkeitsvorschrift.22
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(3) Art. 25 Festland-ZPG Art. 25 Festland-ZPG betrifft die Wahl eines Gerichtsstands und tritt damit allenfalls zu Art. 242 Festland-ZPG in Konkurrenz (unten Rn. 268 ff.).
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(4) Art. 26–28 Festland-ZPG Die Zuständigkeiten der Art. 26–28 Festland-ZPG sind gezielt auf einzelne Vertragstypen gerichtet: Versicherungsvertrag, Wechsel- und Scheckstreitigkeit, Transportvertrag. In allen drei Fällen ist es nicht unproblematisch, den Erfüllungsort zu bestimmen. Dies spricht dafür, dass die Vorschriften dazu dienen, für die geregelten Vertragstypen den vertraglichen Erfüllungsort zu konkretisieren.23 Auch eine systematische Argumentation weist in diese Richtung: Die Art. 26–28 Festland-ZPG ordnen jeweils die Zuständigkeit der Gerichte am Wohnsitz des Beklagten oder am besonders 20
Dies meinen möglicherweise auch HUANG Rui / ZHANG Dongli, Nanchang Daxue Xuebao 2003, 62 (63), wenn sie von Art. 23 Festland-ZPG als einer Ergänzung zu Art. 22 Festland-ZPG sprechen. 21 Ohne Begründung HUANG Jin, Forschungen, S. 70; CHEN Haohui / YI Jianhua, CCMT Nr. 800; HUANG Rui / ZHANG Dongli, Nanchang Daxue Xuebao 2003, 62 (63); HAN Depei (Hrsg.) / XIE Shisong, 628. 22 Anders wohl Zhang, 25 B.C. Int' & Comp. L. Rev. 59 (68, Fn. 75), der ihn daneben für anwendbar zu halten scheint. 23 Darauf deutet HUANG Jin, Forschungen, S. 70, hin, wenn er die in Art. 26–33 Festland-ZPG neben dem Beklagtenwohnsitz vorgesehenen Klageorte als „besonders gekennzeichnete Erfüllungsorte“ (䎢オⶎ奵⡙) bezeichnet.
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1. Teil: Festland – § 4 Interregionale Zuständigkeit
bezeichneten Ort an, ohne zusätzlich die Möglichkeit einer Klage nach Art. 24 Festland-ZPG am Erfüllungsort zu erwähnen. Sie regeln damit abschließend die besonderen Gerichtsstände für die geregelten Vertragstypen und ersetzen für diese nach der Regelungssystematik die allgemeine Regel örtlicher Zuständigkeit des Art. 24 Festland-ZPG. Die neben dem Beklagtenwohnsitz in Art. 26–28 Festland-ZPG aufgeführten Gerichtsstände sollen also an Stelle des in Art. 24 Festland-ZPG als „allgemeiner“ besonderer Gerichtsstand für Vertragsstreitigkeiten vorgesehenen Erfüllungsortes treten.24 Systematisch ergibt sich daraus, dass sie auch in Bezug auf Art. 241 Festland-ZPG die Erfüllungsortszuständigkeit ersetzen, nicht aber die darüber hinausgehenden dort vorgesehenen Gerichtsstände. (5) Art. 29 Festland-ZPG 187
Art. 29 Festland-ZPG enthält die allgemeine Regelung der Zuständigkeit in Fällen des Deliktsrechts. Auch Art. 241 Festland-ZPG regelt den Gerichtsstand für deliktische Ansprüche. Für vermögensrechtliche Streitigkeiten mit Außenbezug muss sich damit der Deliktsgerichtsstand nach der Sonderregelung des Art. 241 Festland-ZPG richten. Für Klagen aufgrund von Delikten, die aus festlandchinesischer Sicht möglicherweise nicht als Streitigkeiten um Vermögensinteressen gelten könnten (Verletzung persönlicher Rechte, vgl. oben Rn. 54), greift gemäß Art. 235 Festland-ZPG jedenfalls Art. 29 Festland-ZPG.25 Praktisch ergibt sich jedoch kein Unterschied, da beide Vorschriften in Bezug auf den Deliktsgerichtsstand übereinstimmende Regelungen enthalten. (6) Art. 30 Festland-ZPG
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Art. 30 Festland-ZPG befasst sich mit Schadensersatzforderungen aus Unfällen auf Schiene und Straße, im Wasser und in der Luft. Aus der Stellung des Art. 30 Festland-ZPG hinter der Grundvorschrift des örtlichen Deliktsgerichtsstands – und nicht vor ihr im Anschluss an die Sonderregeln für Vertragsstreitigkeiten – lässt sich schließen, dass parallel zum Deliktsanspruch bestehende Vertragsansprüche (etwa eines Passagiers gegen das einen Unfall verschuldende Busunternehmen) von Art. 30 Festland-ZPG nicht erfasst sein dürften und es sich somit um die Spezialregelung eines 24 A.A. wohl Zhang, 25 B.C. Int' & Comp. L. Rev. 59 (68 mit Fn. 76), der Art. 26 als Fall der Belegenheit des Streitgegenstands zu sehen scheint. NIE Huchen, Jiangxi Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2000, 28 (29), versteht die Sonderzuständigkeiten der Belegenheit des Versicherungsgegenstands beim Versicherungsvertrag und der Ware beim Transportvertrag als Beispiele der Zuständigkeit am Belegenheitsort des Prozessgegenstands (allerdings nicht auf China bezogen, sondern allgemein). 25 Vgl. zur Zuständigkeit in Produkthaftungsfällen Wolff, VersR 2004, 165 (169 f.).
I. Zuständigkeit kraft Gesetzes
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Sonderfalls des Deliktsrechts handelt. Damit muss aber Art. 30 FestlandZPG als Regelung eines speziellen Deliktsgerichtsstands in Fällen mit Außenbezug anstelle des in Art. 241 Festland-ZPG vorgesehenen allgemeinen Deliktsgerichtsstands greifen. (7) Art. 31–33 Festland-ZPG Die Art. 31–33 Festland-ZPG enthalten besondere seerechtliche Zuständigkeiten, deren Regelung Art. 241 Festland-ZPG offensichtlich nicht bezweckt, so dass sie ohne weiteres in Fällen mit Außenbezug zur Anwendung gelangen. Daraus ergibt sich, dass Art. 241 Festland-ZPG in Fällen mit Außen-, Hong Kong-, Macau- und Taiwanbezug lediglich die Art. 24 und 29 Festland-ZPG, letzteren jedoch nur teilweise, verdrängt. Die Gerichtsstände der Art. 23, 26–28 und 30–33 Festland-ZPG finden dagegen über Art. 235 Festland-ZPG auch auf diese Fälle Anwendung.
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c) Die Gerichtsstände des Art. 241 Festland-ZPG im Einzelnen Nachdem das Verhältnis des Art. 241 Festland-ZPG zu den Vorschriften besonderer örtlicher Zuständigkeit geklärt ist, sollen nun die einzelnen Gerichtsstände des Art. 241 Festland-ZPG vorgestellt werden.
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(1) Ort des Vertragsabschlusses Für Vertragsstreitigkeiten sind nach Art. 241 Festland-ZPG die Gerichte am Ort des Vertragsabschlusses (┱┵䲧峋⡙) international und interregional zuständig. In der Literatur wird dieser Gerichtsstand überwiegend kritisiert, weil er regelmäßig keine oder nur eine sehr geringe Beziehung zum Vertrag und der aus ihm erwachsenden Streitigkeit aufweist, dabei aber oft schwer zu bestimmen ist.26 Dennoch ist er auch in Art. 27 ModellG weiter vorgesehen.
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(a) Anwendbares Recht Problematisch ist zunächst, nach welchem Recht der Ort des Vertragsabschlusses zu ermitteln ist: nach der lex fori, also festlandchinesischem Recht, oder der lex causae, dem auf den Vertrag im Einzelfall anwendbaren Recht. Eine ausdrückliche Stellungnahme aus der festlandchinesischen Lehre und Rechtsprechung war hierzu nicht ermittelbar. In den Urteilen festlandchinesischer Gerichte zu Fällen mit Bezug zu einer der anderen chinesi26
S. BAI Xueqing, Falü Shiyong 2005, 69 (70); Hu, 46 (1999) NILR 204 (222); LI Yuquan, S. 126. Vgl. auch Kong/Hu, 3 (2002) Melb. J. Int’l L. 414 (417).
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1. Teil: Festland – § 4 Interregionale Zuständigkeit
schen Rechtsregionen fehlen regelmäßig genauere Erwägungen zur Frage, wo sich der Vertragsabschlussort befindet; es wird nur festgestellt, dass er auf dem Festland liegt27 mit allenfalls tatsächlichen Ausführungen28. Dies spricht dafür, dass die Gerichte – ohne Problembewusstsein – die in einer sich noch entwickelnden, relativ jungen Rechtsordnung naheliegende Lösung einer Bestimmung des Ortes nach der lex fori, dem ihnen vertrauten festlandchinesischen Recht, gewählt haben dürften. Auf eine solche Praxis deutet es auch hin, wenn in der Literatur die Unklarheiten der derzeitigen Regelung bemängelt werden und dabei auf die unklare Bedeutung des Begriffes des Vertragsabschlussortes und dessen unterschiedliches Verständnis in den verschiedenen chinesischen Regionen hingewiesen wird29 oder wenn der in § 34 VertragsG geregelte Vertragsabschlussort als auch für die Zuständigkeit nach Art. 241 Festland-ZPG bedeutsam bezeichnet wird.30 (b) Bestimmung des Vertragsabschlussortes 193
Ausgehend von der Anwendbarkeit der lex fori stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien das festlandchinesische materielle Recht den Ort des Vertragsabschlusses ermittelt. Die Fassung des Festland-ZPG von 1982 sah in ihren Regelungen der örtlichen Zuständigkeit, die in der Praxis mangels besonderer Regeln für die internationale Zuständigkeit doppelfunktional angewandt wurden,31 einen Gerichtsstand am Abschluss- oder Erfüllungsort eines Vertrages vor. Dazu hatte das Oberste Volksgericht im Antwortschreiben hinsichtlich der Frage, wie der Abschlussort eines Vertrages zu bestimmen ist32 Kriterien zur Ermittlung des Vertragsabschlussortes aufgestellt. Der in einem schriftlichen Vertrag deutlich als solcher beschriebene Ort wurde danach als Ver27
Oberstes Volksgericht v. 4.1.2005 (Foshan Volksregierung gegen Bank of Communications Hong Kong-Filiale), (2004) 㴺⠄俱Ⲁ䱕 5 ┠, mit der Bestätigung eines entsprechenden untergerichtlichen Urteils; Mittleres Volksgericht Suzhou v. 25.4.2004 (Chinesische Industrie- und Handelsbank, Suzhou Pingjiang Zweigstelle gegen Suzhou Hefeng Fleischspießvorbereitungs-GmbH, Hefeng Fleischspießvorbereitungen), (2003) 司ὖ㴺ἲ ⍆Ⲁ䱕 090 ┠. 28 Mittleres Volksgericht Suzhou v. 1.4.2005 (Suzhou Goldschmiedehandwerk Kleidungs- und Schmuck-GmbH gegen Guo Bochao), (2004) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 082 ┠ (Übergabe des Auftrags); v. 5.11.2004 (Jijie Metall-Produkt (Suzhou) GmbH gegen Kunshan Kaisheng Computer-GmbH, Lü Jinchang), (2004) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 075 ┠ (Ausstellung einer Bürgschaftsannahmeerklärung). 29 So HU Yikui, Jianghuai Luntan 2004, 56 (58). 30 LIU Wenhua, Anm. zu § 34 VertragsG (S. 35 f.); LI Xiandong, S. 122. Ähnlich SONG Zongyu / LI Xufeng, Chongqing Daxue Xuebao 2005, 114 (115); WU Xiaoming, S. 61; WANG Liming, S. 253. 31 S. dazu von Senger/Xu, S. 497. 32 ⊜ᾷ⪫⁾䦗ⳃ┱┵䲧峋⡙朗槁䞭㎢⨶ vom 11.4.1986 (㷾;俸=⨶[1986]15 ┠).
I. Zuständigkeit kraft Gesetzes
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tragsabschlussort angesehen. Fehlte eine derartige Angabe, dann galt der Vertrag an dem Ort abgeschlossen, an dem beide Parteien unterschrieben bzw. gestempelt hatten. Waren die Unterschriften nicht am gleichen Ort geleistet worden, sollte der Ort der letzten Unterschrift maßgeblich sein. Diese Stellungnahme des Obersten Volksgerichts wurde jedoch am 28.1.1997 aufgehoben,33 weil sie der Fassung des Festland-ZPG von 1991 widersprach, die keine örtliche Zuständigkeit am Ort des Vertragsabschlusses mehr vorsieht. Seit dem 1.10.1999 bildet Art. 34 Abs. 1 VertragsG die Grundlage zur Bestimmung des Vertragsabschlussortes:34 Ein Vertrag wird an dem Ort errichtet, an dem die Annahme wirksam wird. Wo eine Annahme wirksam wird, ist dagegen im VertragsG nicht ausdrücklich geregelt. Art. 26 Abs. 1 S. 1 VertragsG schreibt lediglich vor, dass die Annahme grundsätzlich wirksam wird, wenn sie dem Anbietenden zugeht, und regelt damit den Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens. (aa) Grundregel Art. 26 Abs. 1 VertragsG wird der Grundsatz entnommen, dass der Zugang bei der anderen Partei Voraussetzung für die Wirksamkeit der Annahme ist, soweit nichts anderes vereinbart wurde. 35 Daraus scheint geschlossen zu werden, dass die Annahmeerklärung als letzte notwendige Voraussetzung für die Entstehung eines Vertrages und damit auch der Vertrag selbst dort wirksam wird, wo die Annahmeerklärung der anderen Seite zugeht.36 Im Regelfall, in dem die Annahmeerklärung mit ihrem Zugang wirksam wird, ist der Ort des Vertragsabschlusses bei mündlich unter Anwesenden geschlossenen Verträgen eindeutig: die Annahmeerklärung geht am gleichen Ort zu, an dem sie abgegeben wurde.37 Problematischer erscheint seine Ermittlung dagegen, wenn ein Vertrag unter Abwesenden geschlossen wird. Wird die Annahme telefonisch erklärt, wird der Ort, an dem sich der Erklärungsempfänger gerade befindet, als maßgeblich erachtet werden müssen.
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Dennoch verweist DONG Likun, S. 487, im Jahr 2000 noch darauf. Vgl. zur wichtigen Funktion des Art. 34 Abs. 1 VertragsG WU Xiaoming, S. 61; YANG Lixin, S. 97. 35 LIU Wenhua, zu § 26 VertragsG (S. 28). Vgl. auch LIU Renshan / XIA Xiaohong, 7 (2004) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 315 (347). 36 Vgl. WU Xiaoming, S. 61 ff.; YANG Lixin, S. 97 f. 37 S. YANG Lixin, S. 97. 34
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(bb) Nicht empfangsbedürftige Annahmeerklärungen 195
Bedarf die Annahmeerklärung gemäß dem Angebot oder geschäftlichen Gepflogenheiten keines Zugangs, so kommt nach Art. 26 Abs. 1 S. 2 VertragsG der Vertrag mit der Ausführung der Handlung zustande, die nach den Vorgaben des Angebots oder Gepflogenheiten die Annahme zum Ausdruck bringt. Ort des Vertragsschlusses ist dann der Ort der Vornahme dieser Handlung.38 (cc) Art. 34 Abs. 2 VertragsG: Elektronische Datenschriftstücke
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Verwenden die Parteien elektronische Datenschriftstücke ( 㚙㒗䙞㚰 ), erklärt Art. 34 Abs. 2 S. 1 VertragsG den Hauptgeschäftsort des Erklärungsempfängers und hilfsweise mangels Hauptgeschäftsort dessen gewöhnlichen Aufenthaltsort zum Ort der Vertragserrichtung.39 Haben die Parteien einen Ort für den Vertragsabschluss oder auch nur für den Zugang der Annahmeerklärung festgelegt, so gilt nach Art. 34 Abs. 2 S. 2 VertragsG diese Vereinbarung.40 Der Anwendungsbereich des Art. 34 Abs. 2 VertragsG wird unterschiedlich beurteilt: In Literatur41 und Rechtsprechung42 werden Telegramm, Telex und Telefax teilweise auch als elektronische Datenschriftstücke ( 㚙㒗䙞㚰 ) i.S.d. Art. 34 Abs. 2 VertragsG eingeordnet. Diese Auslegung scheint auf der Regelung des Art. 11 VertragsG zu beruhen, nach der unter Schriftform eine Form wie Vertragsurkunde, Brief und elektronisches Datenschriftstück (einschließlich Telegramm, Telex, Telefax, elektronische Datenübertragung und Email) zu verstehen ist, in welcher der überbrachte Inhalt körperlichen Ausdruck finden kann.43 Vom Wortlaut her können also Telegramm, Telex, Telefax, elektronische Datenübertragung und Email als vom Begriff des elektronischen Datenschriftstücks erfasst angesehen werden. Dafür spricht es auch, dass beim Entwurf des VertragsG das UNCITRAL-Modellgesetz 38
S. YANG Lixin, S. 98. Geht man von der Anwendbarkeit des materiellen chinesischen Rechts zur Bestimmung des Vertragsabschlussortes aus, lassen sich mit Hilfe des Art. 34 Abs. 2 VertragsG auch Internet-Fälle lösen. Zur Uneinigkeit in Lehre und Praxis hinsichtlich der Bestimmung des Vertragsabschlussortes bei Internet-Verträgen s. XIE Xinsheng, Xinan Zhengfa Daxue Xuebao 2006, 71 (73 f.); LIU Renshan / XIA Xiaohong, 7 (2004) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 315 (347); ZHAO Fujun, China Law Info Nr. 335569718. 40 S. dazu WU Xiaoming, S. 62. 41 So etwa WU Xiaoming, S. 62; LIU Wenhua, zu § 34 VertragsG (S. 36). 42 S. Mittleres Volksgericht Ningbo v. 31.10.2000 (Ningbo Wellenleitungs-AktienGmbH gegen Airui Elektronik China GmbH), (2000) 䙕俸⍆Ⲁ䱕 82 ┠. 43 Art. 11 VertragsG lautet: ᾏ梋る〸㝘㐰┱┵ᾏѥℊ‟▵㚙㒗䙞㚰盤㐕䙞㏎ѥ䙞⁉ѥ ⁉䡈ѥ䙞ⱹ㚙㒗῍㒋▵䙞ⱹ懗‟盥䱲┘㠲る⡙妑䓙㍩悦⊮Ⳣ䞭る〸Ѧ. 39
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über elektronischen Handel (UNCITRAL Model Law on Electronic Commerce) von 1996 herangezogen wurde.44 Dessen Art. 2(a) definiert „data message“ (in der chinesischen Version: 㚙㒗䙞㚰) als Information, die mit elektronischen, optischen oder ähnlichen Mitteln erzeugt, gesendet, empfangen oder aufbewahrt wird, einschließlich, aber nicht beschränkt auf elektronische Datenübertragung, Email, Telegramm, Telex oder Telefax.45 Allerdings steht hinter der Sonderregelung des Art. 34 Abs. 2 VertragsG, die auf dem Vorbild des Art. 15(4) UNCITRAL-Modellgesetz beruht, der Gedanke, dass bei elektronischer Übermittlung der Ort des tatsächlichen Empfangs der Annahmeerklärung regelmäßig zufällig und häufig auch schwer zu ermitteln ist.46 Nach Ziff. 105 der Richtlinien zur gesetzgeberischen Umsetzung des UNCITRAL-Modellgesetzes über elektronischen Handel (Guide to Enactment of the UNCITRAL Model Law on Electronic Commerce; im Folgenden: UNCITRAL-Richtlinien) soll diese Regelung sicherstellen, dass der Ort des Informationssystems nicht zum entscheidenden Element wird, dass es eine angemessene Beziehung zwischen dem Adressaten und dem fingierten Empfangsort gibt und dass dieser Ort durch den Absender leicht festzustellen ist. In Bezug auf Telegramm, Telex oder Telefax treffen diese Erwägungen jedoch nicht zu; der Ort des tatsächlichen Empfangs ist bei diesen Formen der Übermittlung vorhersehbar und nicht zufällig. Daher schlägt Ziff. 107 der UNCITRAL-Richtlinien die Begrenzung der Empfangsortfiktion auf computerisierte Übertragungen von elektronischen Datenschriftstücken vor. Eine solche ausdrückliche Regelung fehlt im VertragsG. Aus Sicht der Kommission für Arbeiten an der Rechtsordnung des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses (⊑⠦ΰ⩐⽡⫽⁃㷾⍟⼎ ₅⫽▁⁃ – Legislative Affairs Commission) sind aber die UNCITRALRichtlinien auf Art. 34 Abs. 2 VertragsG anzuwenden und die Empfangsortfiktion auf computerisierte Übertragungen zu beschränken.47 Die Kommission für Arbeiten an der Rechtsordnung ist einer der vom Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongress nach Art. 28 Gesetz der Volksre-
44
Vgl. zur Verwendung des UNCITRAL-Modelgesetzes beim Entwurf des VertragsG die Ausführungen zu Art. 11 VertragsG in: Kommission für Arbeiten an der Rechtsordnung des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses, Erläuterung zum VertragsG. 45 Das UNCITRAL-Modellgesetz über elektronischen Handel kann sowohl in englischer als auch chinesischer Sprache auf der Internet-Seite der UNCITRAL (http://www. uncitral.org; zuletzt besucht am 5.11.2011) abgerufen werden. 46 Vgl. LIU Wenhua, zu § 34 VertragsG (S. 36). 47 S. die Ausführungen zu Art. 34 VertragsG in: Kommission für Arbeiten an der Rechtsordnung des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses, Erläuterung zum VertragsG.
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publik China über die Organisation des Nationalen Volkskongresses48 nach Bedarf einzurichtenden Arbeitsausschüsse. Sie kann als eines von drei Gremien an der Erstellung von Gesetzesentwürfen beteiligt sein,49 entwirft Rechtserläuterungen für den Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses50 und erteilt allein oder mit anderen Gremien Rechtsauskünfte an Behörden und staatliche Organe. Die von diesem Ausschuss herausgegebene und durch den Nationalen Volkskongress veröffentlichte Erläuterung zum Vertragsgesetz der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦┱┵㷾ゴ 拳ὲ) lässt daher Rückschlüsse auf die den Vorschriften des VertragsG vom Nationalen Volkskongress als Gesetzgeber zugrunde gelegten Erwägungen und Vorstellungen zu und wirkt für die Anwendung des VertragsG richtungsweisend, wenn auch wohl nicht bindend. Die Ratio der Empfangsortfiktion spricht einerseits für eine teleologische Reduktion der in Bezug auf Telegramm, Telex oder Telefax zu weit geratenen Regelung des Art. 34 Abs. 2 VertragsG, andererseits aber auch für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Annahmeerklärungen, die über ein Mobiltelefon entgegengenommen werden. Auch hier ist der Ort des tatsächlichen Zugangs regelmäßig zufällig, schwer nachzuweisen und für den Erklärenden nicht vorhersehbar. Eine solche analoge Anwendung des Art. 34 Abs. 2 VertragsG wird jedoch, soweit ersichtlich, bisher weder in der festlandchinesischen Literatur noch in der Praxis der Volksgerichte vertreten. (dd) Art. 35 VertragsG: Vertragsurkunden
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Errichten die Parteien aufgrund dahingehender gesetzlicher Erfordernisse oder entsprechender Vereinbarung ihren Vertrag in Form einer Vertragsurkunde (┱┵ᾏ), bestimmt Art. 35 VertragsG den Ort, an dem beide Parteien unterschreiben oder stempeln, zum Ort des Vertragsschlusses. Für den eigentlich vom Wortlaut nur erfassten Fall, dass die Urkunde von den Vertragspartnern am selben Ort unterzeichnet wird, führt schon die Grundregel des Art. 34 Abs. 1 VertragsG zu diesem Ergebnis. 51 Problematisch und umstritten ist jedoch die Wirkung des Art. 35 VertragsG, wenn die Vertragsurkunde an verschiedenen Orten unterzeichnet wird: Nach einer Auffassung wird der Vertrag nach den allgemeinen Regeln erst wirksam, wenn die Vertragsurkunde mit ihrer letzten Unterschrift der
48 49
ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⊑⠦ΰ㴺妑⩐⁃俭俰㷾 vom 10.12.1982.
S. dazu Heuser, S. 195. Zu dieser Aufgabe s. die Angaben auf der Internet-Seite des Nationalen Volkskongresses ( ὖ ⠦ ΰ ⩐ 偺 ) v. 18.2.2004 unter http://www.npc.gov.cn/npc/xinwen/lfgz/lfdt/ 2004-02/18/content_328254.htm (zuletzt besucht am 5.11.2011). 51 Vgl. auch WU Xiaoming, S. 63 f. 50
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Partei, die zuerst unterzeichnet hat, zugeht.52 Der Ort des Zugangs ist dann der Ort des Vertragsschlusses. Nach der wohl herrschenden Gegenauffassung gilt der Ort der letzten Unterschrift als Vertragsabschlussort, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. 53 Die Vertreter dieser Auffassung scheinen Art. 32 VertragsG, der bei Vertragsschluss in Form einer Vertragsurkunde anordnet, dass der Vertrag zustande kommt, wenn von beiden Parteien unterschrieben wurde, als Ausnahmeregelung zu Art. 26 VertragsG zu verstehen: Danach ist Art. 32 VertragsG zu entnehmen, dass es bei strenger Schriftform für die Wirksamkeit der Annahmeerklärung und damit des Vertrages ausnahmsweise nur auf die letzte Unterschrift auf der Vertragsurkunde, also die Erfüllung des Formerfordernisses,54 nicht den Zugang der darin liegenden Erklärung ankommen soll. Dann kommt der Vertrag am Ort der letzten Unterschriftsleistung zustande. Diese Auffassung kann sich auch auf das Verständnis der Kommission für Arbeiten an der Rechtsordnung des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses ( ⊑ ⠦ ΰ ⩐ ⽡ ⫽ ⁃ 㷾 ⍟ ⼎ ₅ ⫽ ▁ ⁃ – Legislative Affairs Commission) berufen. Diese geht davon aus, dass ein Vertrag, für den ein Formerfordernis gilt, zum Zeitpunkt und am Ort der Erfüllung des Formerfordernisses wirksam wird.55
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(ee) Begonnene Erfüllung bei formbedürftigen Verträgen Verträge, die kraft Gesetzes oder Parteivereinbarung zur Wirksamkeit einer bestimmten Form bedürfen, werden nach Art. 36, 37 VertragsG schon vor Erfüllung des Formerfordernisses wirksam, wenn eine Seite mit der Erfüllung der Hauptpflicht beginnt und die andere Seite dies annimmt. Der Ort des Vertragsabschlusses liegt dann dort, wo die Leistung erbracht und entgegengenommen wurde.56
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WU Xiaoming, S. 63. So YANG Lixin, S. 98; LI Xiandong, S. 119 ff. zu § 34 und S. 122, 124 zu § 35 VertragsG. 54 S. WANG Liming, S. 253. 55 S. dazu die Anmerkungen zu Art. 34, 35 VertragsG in: Kommission für Arbeiten an der Rechtsordnung des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses, Erläuterung zum VertragsG. Vgl. auch in der Rubrik „Fragen und Antworten des Rechts” (㷾ゴ朗 䱽) die Antwort vom 22.4.2002 auf die Frage, wie der Ort der Vertragsentstehung zu bestimmen ist ( ┱ ┵ ㌹ 䯴 䞭 ⡙ 䇢 ⪫ ⁾ 䦗 ⳃ 盻 ), unter http://www.npc.gov.cn/npc/flsyywd/ flwd/2002-04/22/content_293635.htm (zuletzt besucht am 5.11.2011). 56 S. WU Xiaoming, S. 64. 53
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(2) Ort der Vertragserfüllung 204
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Die Zuständigkeit der Gerichte am Ort der Vertragserfüllung (┱┵ⶎ奵⡙), die auch Art. 27 ModellG beibehalten will, setzt die Ermittlung dieses Ortes voraus. Im Gegensatz zur Frage nach dem Vertragsabschlussort hat sich hierzu das Oberste Volksgericht in den ZPG-Ansichten und in einer weiteren, speziell auf Kaufverträge bezogenen Auslegung, den Regelungen des Obersten Volksgerichts die Art und Weise der Bestimmung des Erfüllungsortes von Kauf- und Verkaufsverträgen bei der Ermittlung der Zuständigkeit in Wirtschaftsstreitfällen betreffend 57 (im Folgenden: ErfüllungsortRegelungen), geäußert. Beide beziehen sich auf Art. 24 Festland-ZPG, also die Regelung der örtlichen Zuständigkeit. Dies erwähnen die Erfüllungsort-Regelungen explizit im Einleitungssatz, während es sich für die ZPG-Ansichten aus der systematischen Stellung der Regelungen und aus der Formulierung von Ziff. 18 ZPG-Ansichten ablesen lässt. Ziff. 18 ZPG-Ansichten bestimmt die Zuständigkeit der Gerichte am Wohnsitzort des Beklagten, wenn ein Vertrag nicht tatsächlich erfüllt wird und der vertraglich bestimmte Erfüllungsort weder am Wohnsitz des Beklagten noch des Klägers liegt. Damit bezieht sie sich offensichtlich auf Art. 24 Festland-ZPG, der die Gerichte am Wohnsitzort des Beklagten oder am Vertragserfüllungsort für zuständig erklärt. Die in den Auslegungen zu Art. 24 Festland-ZPG zum Ausdruck kommende Einschränkung des für die Zuständigkeit maßgeblichen Vertragserfüllungsortes lässt sich auf die in dieser Hinsicht inhaltsgleiche Regelung des Art. 241 Festland-ZPG übertragen, der für Fälle mit Außenbzw. Hong Kong-, Macau- oder Taiwan-Bezug – wie oben Rn. 184 festgestellt – an die Stelle des Art. 24 Festland-ZPG tritt. Aus Ziff. 18 ZPG-Ansichten kann der Grundsatz entnommen werden, dass die tatsächliche Erfüllung die Zuständigkeit der Gerichte an einem Ort begründet oder aber – wenn es nicht zu einer tatsächlichen Erfüllung kommt – der vertraglich bestimmte Erfüllungsort maßgeblich ist, solange eine der Parteien ihren (Wohn-)Sitz dort hat. Die Folge von letzterem ist, dass als Erfüllungsort wirksam nur der (Wohn-)Sitz einer der Parteien gewählt werden kann. Ist weder tatsächlich erfüllt worden noch ein Erfüllungsort wirksam vereinbart, scheint Ziff. 18 der ZPG-Ansichten den Vertragserfüllungsort als Basis für die gerichtliche Zuständigkeit grundsätzlich ausschließen, also bei Nichterfüllung keine Klage an dem Ort zulassen zu wollen, an dem der Vertrag – unabhängig von einer entsprechenden Vereinbarung – zu er-
57
㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ⡑䦗ⳃ俸㹷俉俠㥱‟䳊悿ὖ⪫⁾䦗ⳃ幖昩┱┵ⶎ奵⡙䞭嫭ⳃ vom
12.9.1996.
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füllen gewesen wäre. Für dieses Verständnis spricht auch, dass Ziff. 3 der Erfüllungsort-Regelungen es für Kaufverträge ausdrücklich bestätigt.58 (a) Wichtige Vertragstypen Für wichtige Vertragstypen geben Ziff. 19, 20, 21 und 22 der ZPG-Ansichten an, welcher Ort jeweils mangels anderweitiger Vereinbarung als Ort der Vertragserfüllung anzusehen sein soll.
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(aa) Kaufvertrag Ziff. 19 der ZPG-Ansichten macht für den Kaufvertrag den Ort der Vertragserfüllung vom Ort der Warenübergabe abhängig. Wurde ein Ort für die Warenübergabe vereinbart, stellt dieser den Vertragserfüllungsort dar. Dies bekräftigt auch Ziff. 1 der Erfüllungsort-Regelungen, die aber darüber hinaus klarstellt, dass im Vertrag vereinbarte Orte für Warenankunft, Ziel, Überprüfung und Abnahme, Installation, Prüfung und Anpassung nicht Erfüllungsort sind. Wurde der Ort der Warenübergabe nicht vereinbart, ist nach Ziff. 19 ZPG-Ansichten aus der Art der Warenübergabe der Übergabe- und damit der Erfüllungsort abzuleiten, d.h. bei Warenversendung bzw. Frachtauftrag ist der Ort der Ver- bzw. Absendung Erfüllungsort, bei Selbstabholung der Ort, an dem die Ware in Empfang genommen wird. Ziff. 19 Abs. 2 ZPGAnsichten bekräftigt den schon aus Ziff. 18 ZPG-Ansichten ersichtlichen Vorrang des tatsächlichen Erfüllungsortes vor dem möglicherweise davon abweichenden vertraglich vereinbarten. Nach Ziff. 2 Erfüllungsort-Regelungen kann die Vereinbarung des Ortes der Vertragserfüllung oder Warenübergabe bei der tatsächlichen Erfüllung schriftlich oder in anderer, von beiden Parteien anerkannter Form geändert werden. Für Streitigkeiten aus mündlichen Kaufverträgen ordnet Ziff. 3 Erfüllungsort-Regelungen an, dass die Zuständigkeit gar nicht nach dem Erfüllungsort bestimmt wird.
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(bb) Werkvertrag Für Werkverträge ist nach Ziff. 20 ZPG-Ansichten der Ort der Bearbeitung der Vertragserfüllungsort.
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Ziff. 3 Erfüllungsort-Regelungen: „Wenn die Parteien im Vertrag für den Erfüllungsort, den Warenübergabeort keine Vereinbarung getroffen haben oder die Vereinbarung nicht klar ist oder es zwar eine Vereinbarung gibt, die Waren aber nicht tatsächlich übergeben werden und beide Wohnsitze der Parteien nicht am vertraglich vereinbarten Erfüllungsort liegen sowie in Streitfällen mündlicher Kauf- und Verkaufsverträge, wird die Zuständigkeit für den Fall nicht nach dem Erfüllungsort bestimmt.“
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In einer früheren Auslegung, dem Brief des Obersten Volksgerichts zur Frage, wie der Erfüllungsort eines Werkvertrages zu bestimmen ist59 (im Folgenden: Erfüllungsort-Brief), stellte das Gericht fest, dass der Erfüllungsort eines Werkvertrages am Ort der das Werk erbringenden Seite ( ⏉ ⼎ ㎨ 㔦 㛢 ㍩ ⡑ ⡙ ) als dem Erfüllungsort der vertraglich festgelegten Pflicht liege, da die Ausführung des Werkes der wesentliche Inhalt eines solchen Vertrages und mit Ausrüstung, Kenntnissen und Personal des Werkunternehmers zu erbringen sei. Unklar erscheint, welcher Ort mit dem „Ort der das Werk erbringenden Seite“ gemeint sein sollte: der Sitz des Werkunternehmers oder der Ort, an dem dieser sich bei Erbringung der Leistung befindet. Allerdings wird in der späteren Bekanntmachung des Obersten Volksgerichts in einem Fall der Werkvertragsstreitigkeit der Wuhan Guoying Fabrik für biologische Fermentationsanlagen gegen das Hubei Jinan Pharmazeutische Produktionswerk 60 zwar auf den Erfüllungsort-Brief Bezug genommen, jedoch eher der Aspekt des Ortes der Erfüllung vertraglich festgelegter Pflichten hervorgehoben und letztlich auf den Sitz des Auftraggebers abgestellt; dort war im konkreten Fall der Hauptteil des Werks erbracht worden – nur 17 von 82 Maschinen waren im Werk des Werkunternehmers hergestellt worden. 61 Die im Erfüllungsort-Brief verwendete Formulierung meint also offensichtlich ebenfalls den Ort der Bearbeitung und nicht den Sitz des Werkunternehmers, auch wenn beides regelmäßig zusammenfallen dürfte.62
59
㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ⪫⁾䦗ⳃ⏉⼎㎨㔦┱┵ⶎ奵⡙朗槁䞭⌦ vom 8.8.1989. 㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ㲏㵲⼫⠦啎䙈䎒⓺択峧⨰⒫ἷ㷜⑀䠪⊩⒀⍟咘⒫⏉⼎㎨㔦┱┵俉俠Ἡ 㥱㐰ⳃ䳊悿䞭慃䤎 vom 22.5.1992. 60
61 Es war vertraglich vereinbart worden, dass ein Teil der Anlagen am Sitz des Werkunternehmers und ein anderer Teil am Sitz des Auftraggebers zu erstellen war, weshalb die Entscheidung grundsätzlich auch auf die Vereinbarung über den Erfüllungsort hätte gestützt werden können. Ob sich die Parteien an die vertraglich vereinbarte Verteilung gehalten haben, lässt sich der Bekanntmachung des Obersten Volksgerichts nicht entnehmen. Maßgeblich ist aber nach Ziff. 18 ZPG-Ansichten ohnehin der Ort der tatsächlichen Erfüllung. 62 Dies zeigen etwa die Fälle, in denen das Oberste Volksgericht gemäß Ziff. 20 ZPGAnsichten Anfragen von Provinzobergerichten beantwortete, vgl. die entsprechenden Bekanntmachungen und Briefe des Obersten Volksgerichts v. 29.1.1996, 28.8.1993, 14.6.1995, 17.12.1995, 6.12.1995, 25.12.1995, 22.12.1995, abrufbar über den Verweis zu Ziff. 20 ZPG-Ansichten auf http://vip.chinalawinfo.com/Newlaw2002/SLC/SLC.asp?Db =chl&Gid=5839 (zuletzt besucht am 23.2.2007, mittlerweile nur noch für Abonnenten zugänglich).
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(cc) Mietvertrag Mietverträge über Sachen oder Kapital sind nach Ziff. 21 der ZPG-Ansichten am Gebrauchsort des Mietgegenstands zu erfüllen, Rückkaufgeschäftsverträge nach Ziff. 22 ZPG-Ansichten am Erfüllungsort der Hauptpflichten des Investitionsempfängers. Bei einem Rückkaufgeschäft liefert eine Seite Technologie, Ausrüstung und erforderliche Werkstoffe, während die andere Partei die Produktion übernimmt und mittels der hergestellten Produkte die Kosten für den Aufwand der ausländischen Seite zurückerstattet.63 Demnach ist Empfänger der Investition die produzierende Seite. Da dies in Fällen mit Außenbezug regelmäßig die festlandchinesische Seite ist und sie die Herstellung in einer ihrer Niederlassungen auf dem Festland als Hauptpflicht übernimmt, führt diese Anknüpfung im Allgemeinen zu einer Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte.
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(dd) Darlehensvertrag Bei Darlehensverträgen liegt der Erfüllungsort nach dem Antwortvermerk des Obersten Volksgerichts auf die Frage, wie der Erfüllungsort eines Darlehensvertrages zu bestimmen ist64 an dem Ort, an dem sich der Darlehensgeber befindet (幠㱧㛢㍩⡑⡙), sofern die Parteien keine anderweitige Vereinbarung getroffen haben.65 Begründet wird dies vom Obersten Volksgericht damit, dass nach den Vereinbarungen des zweiseitig verpflichtenden Darlehensvertrages der Darlehensgeber seine Vertragspflicht zur Auszahlung der Darlehensvaluta zuerst erfüllen muss. Wie in der in Rn. 212 erwähnten Auslegung zum Werkvertrag wird auch hier der Begriff des „Belegenheitsortes“ (㍩⡑⡙) verwendet, der zwar in Gesetzen und den Auslegungen des Obersten Volksgerichts vielfach auftaucht, aber nirgendwo definiert wird.66 Aus Sicht des Obersten Volksgerichts und unterer Gerichte scheint er sich – zumindest im Hinblick auf den Erfüllungsort von Darlehensverträgen – auf den (Wohn-) Sitz des Darlehensgebers zu beziehen. Darauf deutet etwa die Bekanntmachung des Obersten Volksgerichts bezüglich der Bestimmung der Zuständigkeit im Darlehensstreitfall der Yinhe Handels-GmbH der Stadt Nanyang / Provinz Henan gegen die Zhongyuan Internationale Industrie und Handels-Toch-
63 Vgl. Maßnahmen zur Entfaltung der Herstellung und Montage für das Ausland und den chinesischen Rückkaufhandel kleinen Typs (〩ⴢ⨿⏉⼎姮扶▵ὖⴸ⢴妎↨幡㜼⏇㷾) des Staatsrates vom 3.9.1979 (als durch andere Regelungen ersetzt seit dem 15.1.2008 außer Kraft) sowie ZHAN Xuwei, CCMT Nr. 813. 64 㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ⪫⁾䦗ⳃⅈ㱧┱┵ⶎ奵⡙朗槁䞭㎢⨶ vom 17.11.1993. 65 Vgl. dazu Hu, 46 (1999) NILR 204 (221). 66 Vgl. dazu Hu, 46 (1999) NILR 204 (221).
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tergesellschaft Yanbian 67 hin: als „Belegenheitsort“ der Darlehensgeberin und damit Erfüllungsort wurde Nanyang in der Provinz Henan, offensichtlich der Sitz des Unternehmens, angesehen. Deutlicher äußert sich jedoch das Mittlere Volksgericht Haikou in einem Urteil vom 25.10.2000, in dem es die entsprechende Passage des „Antwortvermerks“ des Obersten Volksgerichts (oben Rn. 215) zitiert und dann vom „Wohnsitzort der darlehensgewährenden Seite“ (幠㱧㛢⁸㍩⡙) spricht.68 Über Ziff. 4 ZPG-Ansichten (dazu oben Rn. 174) führt dieses Verständnis der Formulierung „Ort, an dem sich der Darlehensgeber befindet“ ( 幠㱧㛢㍩ ⡑⡙ ) dann zu einem Maßstab für die Ermittlung des maßgeblichen Ortes. (ee) Vertrag zur Übertragung von Anteilen an chinesischen Gesellschaften 217
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Nach Ziff. 5 des Zweiten Protokolls ist als Erfüllungsort eines Vertrages zur Übertragung von Anteilen an auf festländischem Gebiet rechtmäßig errichteten chinesisch-ausländischen mit gemeinsamem Kapital oder kooperativ betriebenen Gemeinschaftsunternehmen sowie Unternehmen im ausschließlichen Auslandseigentum der Ort der Registereintragung dieses Unternehmens anzusehen. Dieser Ansicht war das Oberste Volksgericht offensichtlich schon vor Bekanntgabe des Zweiten Protokolls, wie das Antwortschreiben des Obersten Volksgerichts auf die Bitte um Anweisungen in Fragen der Wirksamkeit einer Zusammenarbeitsvereinbarung im Appellationsfall der Finanzierungsstreitigkeit zwischen der Debao (Fernost) GmbH und der Tianfeng Internationalen GmbH69 zeigt: Zwei Hong Konger Unternehmen hatten eine Vereinbarung über die gemeinsame Geschäftsführung eines von dem einen Unternehmen in der Provinz Hubei auf dem Festland gegründeten Gemeinschaftsunternehmens getroffen und darin die Übertragung von Anteilen festgelegt. Das Oberste Volksgericht bestätigte die Zuständigkeit des entsprechenden Gerichts von Hubei auf der Grundlage der Erfüllungsortzuständigkeit des früheren Art. 243 Festland-ZPG (heute Art. 241); das die Vereinbarung der Parteien erfüllende Verhalten habe sich im Wesentlichen in Hubei zugetragen.
67
㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ㷜⒀䠪⒀杜⼫星㷜♯幡㠲杹幌․⊕┡ἷὖⓈ⠦杮ⳇὃ〟惢⌯⊕┡ⅈ㱧 ⑸峗俉俠㥱㐰ⳃ䳊悿䞭慃䤎 vom 24.3.1997.
68 Mittleres Volksgericht Haikou v. 25.10.2000 (Treuhandgruppe der Internationalen Treuhandkapitalgesellschaft zur Abschaffung des Hafens von Hainan gegen Xi’an Lantian Schmelzhütte u.a.), (2000) 㺠ὖ㷾㴺⍆Ⲁ䱕 120 ┠. 69
㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷムⳆ愅ὅ 㠲杹⊕┡ἷ⩒昴⠦杮㠲杹⊕┡⌣幭俉俠ἳ峲Ἡ㥱┱₅⑸峗 㙱⏄朗槁䞭崠䩣䞭⨶⌦ vom 27.7.2004.
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(b) Qualifikation des Vertrags Die in den Ziff. 19–22 ZPG-Ansichten vorgesehene Bestimmung des Vertragserfüllungsortes nach dem Vertragstyp setzt die Einordnung der Natur eines Vertrages in einem gegebenen Fall voraus. Dabei ist nach dem Antwortvermerk des Obersten Volksgerichts auf Fragen die Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit betreffend, wenn die Bezeichnung eines Wirtschaftsvertrages von seinem Inhalt abweicht 70 der Inhalt der vertraglich festgelegten Rechte und Pflichten maßgeblich, auch wenn der Vertrag eine nicht damit übereinstimmende Bezeichnung trägt. 71 Wenn die Natur des Vertrages sich nach den darin bestimmten Rechten und Pflichten nur schwer einordnen lässt, kann jedoch auf die Vertragsbezeichnung zurückgegriffen werden, sofern sie mit dem Inhalt eines Teils der festgelegten Rechte und Pflichten übereinstimmt. Regelmäßig wirft die international verbreitete Zuständigkeit am Erfüllungsort die Fragen auf, welche der Vertragspflichten für die Bestimmung des Erfüllungsortes maßgeblich ist und nach welchem Recht, der lex fori oder der lex causae, der Erfüllungsort ermittelt wird.72 Aus den dargestellten Einzelregelungen des Obersten Volksgerichts wird ersichtlich, dass es den Erfüllungsort einheitlich für den gesamten Vertrag versteht73 und dabei implizit die charakteristische Leistung – Warenübergabe beim Kaufvertrag, Bearbeitung beim Werkvertrag, Auszahlung des Darlehensbetrages beim Darlehensvertrag – für maßgeblich erachtet.74 Dass eine solche Sichtweise durchaus im Trend der Zeit liegt, zeigt in Europa der erst kürzlich eingeführte Art. 5 Nr. 1 Ziff. b EuGVO, der für Warenkauf und Dienstleistungen ebenfalls den Erfüllungsort einheitlich für den ganzen Vertrag bestimmt und dabei an die charakteristische Leistung anknüpft. Die Auslegungen des Obersten Volksgerichts halten für wichtige Vertragstypen eigene prozessrechtliche Vorschriften zur Ermittlung des Erfüllungsortes bereit, die von den entsprechenden Regeln des festlandchinesischen materiellen Rechts (Art. 6175 und 6276 VertragsG) inhaltlich abwei70
㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ俸㹷┱┵䞭┶䬙ἷ⊮ⳢἶἩ匝㜟⪫⁾䦗ⳃ䳊悿㡬朗槁䞭㎢⨶ vom 13.11.1996, Supreme People’s Court Gazette 1996.4 (Vol. 48), 131. 71 Dazu Zhang, 25 B.C. Int' & Comp. L. Rev. 59 (69). 72 Vgl. Kropholler, § 58 III.2. (S. 616 ff.); von Hoffmann / Thorn, § 3 Rn. 51 (S. 79 f.) m.w.N. 73 Vgl. dazu auch Hu, S. 125, 129; ders., 46 (1999) NILR 204 (220 f.), der dies für ein falsches Verständnis des Begriffs des Erfüllungsortes hält. 74 S. auch Hu, S. 125. 75 Art. 61: „Wenn ein Vertrag wirksam geworden ist, und die Parteien [...], zum Erfüllungsort oder zu anderen Punkten keine oder keine klare Vereinbarung getroffen haben, können sie eine ergänzende Vereinbarung treffen; können sie zu keiner ergänzenden Ver-
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chen. Demnach wird der Erfüllungsort also nach der lex fori bestimmt, die hierfür jedoch besondere Regeln bereithält. Fraglich bleibt danach nur, ob für Verträge, die sich nicht in die in den ZPG-Ansichten besonders geregelten Vertragstypen einordnen lassen, stattdessen die materiellrechtlichen Vorschriften des VertragsG Anwendung finden. Probleme bereitet auch die Bestimmung des Erfüllungsortes bei Verträgen, die vollständig über das Internet abgewickelt werden, da das Internet als Erfüllungsort hier nicht als Zuständigkeitsbasis dienen kann.77 (c) Die Gerichtsstände der Art. 26–28 Festland-ZPG 222
Für Versicherungsverträge, Wechsel- und Scheckstreitigkeiten sowie Transportverträge treten – wie in Rn. 186 erläutert – an die Stelle der Erfüllungsortzuständigkeit die in Art. 26–28 Festland-ZPG vorgesehenen Gerichtsstände, die daher an dieser Stelle dargestellt werden sollen. (aa) Art. 26 Festland-ZPG
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Art. 26 Festland-ZPG sieht für Streitigkeiten aus Versicherungsverträgen neben der allgemeinen Zuständigkeit den Gerichtsstand am Belegenheitsort der versicherten Sache vor. Handelt es sich bei der versicherten Sache um ein Transportmittel oder Waren auf dem Transport, so stellt sich neben den praktischen Schwierigkeiten der Feststellung des sich ständig ändernden Belegenheitsortes auch die Frage nach dem relevanten Zeitpunkt seiner Ermittlung. Daher präzisiert Ziff. 25 ZPG-Ansichten den Belegenheitsort der versicherten Sache für Verträge zur Versicherung von Transportmitteln oder Waren auf dem Transport: zuständig sind die Gerichte am Ort der Registrierung des Transportmittels, des Ziels des Transports, des Eintritts des Versicherungsfalls. Belegenheitsort eines versicherten Transportmittels ist somit der Ort, an dem dieses registriert ist; maßgeblicher Belegenheitsort von versicherten Waren auf dem Transport ist der Ort, an dem der Versicherungsfall eintritt,
einbarung kommen, so wird der Punkt nach den einschlägigen Vertragsklauseln oder nach der Verkehrssitte bestimmt.“ (Übersetzung von Münzel/Zheng, Chinas Recht 15.3.1999/1). 76 Art. 62: „Wenn die Parteien zu den fraglichen Inhalten eines Vertrags keine klare Vereinbarung getroffen haben, und der Punkt sich auch nicht nach § 61 bestimmen lässt, so gelten die folgenden Vorschriften: [...] 3. Ist der Erfüllungsort unklar, und wird Geld gezahlt, so wird am Ort des Zahlungsempfängers erfüllt; wird unbewegliches Vermögen geleistet, so wird am Ort des unbeweglichen Vermögens erfüllt; bei anderen Vertragsgegenständen wird an dem Ort erfüllt, an dem sich die Partei befindet, die eine Pflicht erfüllt. [...]“ (Übersetzung von Münzel/Zheng, Chinas Recht 15.3.1999/1). 77 So LIU Renshan / XIA Xiaohong, 7 (2004) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 315 (318 f.).
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was dessen Kenntnis und Nachweisbarkeit voraussetzen dürfte, oder – wohl in allen anderen Fällen – der Zielort des Transports. Als zukünftige Regelung schlägt Art. 28 ModellG zusätzlich die besondere Zuständigkeit der Gerichte am Sitz des Versicherten, am Sitz des Hauptversicherers bei Mehrfachversicherung und den Unfallort bei Haftpflichtversicherungen vor. (bb) Art. 27 Festland-ZPG Wegen Wechsel- und Scheckstreitigkeiten kann nach Art. 27 Festland-ZPG am Zahlungsort des Wechsels oder Schecks geklagt werden. Dies bestätigt Ziff. 6 Abs. 1 der Bestimmungen des Obersten Volksgerichts über Fragen bezüglich der Verhandlung von Streitfällen über Wechsel und Schecks78 (im Folgenden: Wechsel-Bestimmungen).79 Der „Zahlungsort“ des Wechsels oder Schecks könnte dabei als der Ort, an dem geliefert wird, als der Ort, an dem angenommen und verhandelt wird, als der Ort, an dem sich der Bezogene oder dessen Bank befindet, oder aber als der Ort, an dem für den Wechsel oder Scheck bezahlt wird, verstanden werden.80 Die Wahl zwischen diesen Lösungen hat das Oberste Volksgericht in Ziff. 26 ZPG-Ansichten, Ziff. 6 Abs. 2 S. 1, 1. Halbsatz Wechsel-Bestimmungen zugunsten der letzten Variante getroffen: maßgeblich ist der auf dem Wechsel oder Scheck vermerkte Zahlungsort. Fehlt ausnahmsweise diese Angabe auf dem Wechsel oder Scheck, so soll nach Ziff. 26 ZPG-Ansichten der Wohnsitz bzw. die Hauptgeschäftsstelle des Bezogenen bzw. eines Ersatzbezogenen – gemeint ist die für den Bezogenen zahlende Finanzinstitution81 – maßgeblich sein. Dies deckt sich auch mit den Regelungen der Art. 23 Abs. 3, 76 Abs. 2 und 86 Abs. 2 Wechsel/ ScheckG, die den Zahlungsort für verschiedene Wertpapiere festlegen. 82 Noch detaillierter führt Ziff. 6 Abs. 2 S. 1, 2. Halbsatz Wechsel-Bestimmungen aus, dass Zahlungsort für den Fall des fehlenden bzw. nicht eindeutigen Vermerks auf dem Papier beim Wechsel der Geschäfts-, Wohnsitz- oder gewöhnliche Aufenthaltsort des Wechselbezogenen oder eines Ersatzbezogenen oder der Geschäftsort des Ausstellers des Wechsels bzw. 78
㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯䪑㒗俉俠㥱‟后⾛朗槁䞭嫭ⳃ vom 14.11.2000, in Kraft seit dem 21.11.2000. 79 Ziff. 6 Abs. 2 Wechsel-Bestimmungen lautet in deutscher Übersetzung: „Für Klagen, die aufgrund des Rechts aus einem Wechsel oder Scheck erhoben werden, ist rechtmäßig das Volksgericht am Ort der Zahlung aufgrund des Wechsels oder Schecks und am Wohnsitzort des Beklagten zuständig.“ 80 Ding/Wang, China Law No. 38 (10/2002), 71 (72). 81 Ziff. 6 Abs. 2 S. 2 Wechsel-Bestimmungen. S. auch Ding/Wang, China Law No. 38 (10/2002), 71 (72). 82 Zur ursprünglichen Fassung vom 10.5.1995, in Kraft seit 1.1.1996, Ding/Wang, China Law No. 38 (10/2002), 71 (72 f.).
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1. Teil: Festland – § 4 Interregionale Zuständigkeit
beim Scheck der Geschäftsort des Scheckbezogenen oder eines Ersatzbezogenen ist. Art. 29 ModellG möchte einen besonderen Gerichtsstand am Ausstellungs- oder Zahlungsort des Wechsels oder Schecks begründen. (cc) Art. 28 Festland-ZPG 226
Für Transportverträge, deren charakteristische Leistung, der Transport, an keinem einzelnen Ort erbracht wird, sieht Art. 28 Festland-ZPG statt der problematischen Erfüllungsortzuständigkeit eine Zuständigkeit am Ausgangs- und am Zielort des Transports vor. Eine entsprechende Vorschrift fehlt im ModellG. (3) Belegenheitsort des Prozessgegenstands
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Art. 241 Festland-ZPG sieht weiterhin die Zuständigkeit der Gerichte am Belegenheitsort des Prozessgegenstands (峲峥㤰䞭䎒㍩⡑⡙) vor. Prozessgegenstand (峲峥㤰䞭䎒) könnte auf den ersten Blick das Objekt des Rechtsfolgebegehrens meinen und damit in einem zivilprozessualen Sinne wie der Begriff des Streitgegenstands im deutschen Recht83 zu verstehen sein. Allerdings spricht das Protokoll 1989 von der Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte, wenn sich Vermögen, um das sich die Parteien streiten ( ⓵㛢ᾲ峗幋ῐ ), auf chinesischem Territorium befindet, während die Hong Kong/Macau-Antworten wie das Festland-ZPG den Begriff des Prozessgegenstands ( 峲 峥 㤰 䞭 䎒 ) verwendet. Eine inhaltliche Abweichung dürfte mit der unterschiedlichen Formulierung kaum bezweckt gewesen sein. Dies würde sonst für Fälle mit Hong Kong- oder Macau-Bezug einen zweifachen Wandel der Regelung innerhalb kurzer Zeit – Hong Kong/Macau-Antworten 1987, Protokoll 1989, Festland-ZPG 1991 – bedeuten. Wenn also das Protokoll 1989 lediglich eine andere Formulierung derselben Regelung enthält, muss auch der Begriff des Prozessgegenstands das Objekt des Streits, das streitbefangene Vermögen, meinen. Dafür spricht es auch, wenn diese Zuständigkeitsbasis in der festlandchinesischen Literatur häufig gemeinsam mit der Zuständigkeit am Belegenheitsort pfändbaren Beklagtenvermögens dargestellt wird, während die anderen Grundlagen der Zuständigkeit des Art. 241 Festland-ZPG unter dem Oberbegriff der Zuständigkeit am Ort des Geschehens von Rechtstatsachen zusammengefasst werden.84 83
Zum Streitgegenstand im deutschen Recht s. etwa Thomas/Putzo (Reichold), Einl II Rn. 3 ff. 84 SHEN Hongyu, CCMT Nr. 798; JIA Yanru, Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2003, 86 (87); QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (33).
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Der Gerichtsstand des streitbefangenen Vermögens soll nur für körperliche Vermögensgegenstände gelten.85 Wenn um unbewegliches Vermögen gestritten wird, ordnet bereits die Regelung des Art. 34 Festland-ZPG die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte am Belegenheitsort an (s. dazu unten Rn. 264 ff.). 86 Demnach kann die in Art. 241 Festland-ZPG festgelegte Zuständigkeit am Belegenheitsort des streitbefangenen Vermögens nur in Bezug auf bewegliches, körperliches Vermögen relevant werden. Das ModellG ersetzt die Zuständigkeit am Belegenheitsort streitbefangenen Vermögens für vertrags- und vermögensrechtliche Streitigkeiten allgemein durch eine getrennte Regelung in Art. 27 ModellG für Vertragsstreitigkeiten (Belegenheit des Vertragsgegenstands) und in Art. 23 ModellG für Streitigkeiten um Sachenrechte an beweglichem Vermögen (Lageort des Vermögens).
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(4) Belegenheitsort pfändbaren Vermögens des Beklagten Nach Art. 241 Festland-ZPG sind die Gerichte der inneren Region für einen Fall zuständig, wenn sich pfändbares Vermögen des Beklagten in der inneren Region befindet (Belegenheitsort pfändbaren Vermögens – ┘㎌ ㏥幋ῐ㍩⡑⡙). Wegen seiner Weite findet dieser Gerichtsstand in der festlandchinesischen Literatur viel Kritik; er wurde im ModellG gestrichen.
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(a) Pfändbares Vermögen Eine konkrete Regelung, was unter „pfändbarem Vermögen“ zu verstehen ist, findet sich weder im Gesetz noch in einer Auslegung des Obersten Volksgerichts.87 Allerdings hat sich das Oberste Volksgericht nunmehr in Ziff. 3 des Zweiten Protokolls wenn auch nicht allgemein zum Begriff des pfändbaren Vermögens geäußert, so aber doch einen in der Praxis häufigen88 Spezialfall geregelt: Besitzt eine ausländische Partei auf festlandchinesischem Gebiet ein sogenanntes „drei Liefer- und ein Rückkauf“-Unternehmen (ἲ 㢎Ἡ妎ὃ), d.h. ein Unternehmen der Verarbeitung von Werkstoffen oder Mustern des Kunden, der Zusammenfügung von durch Kunden gelieferten Komponenten oder des Rückkaufhandels, gilt dieses als pfändbares Ver85 QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (33); ZHAO Xianglin / XUAN Zengyi, S. 71 f., letzterer nur grundsätzlich zum internationalen Zivilverfahrensrecht, aber ohne Bezug auf die chinesische Regelung. 86 Vgl. ZHAO Xianglin / XUAN Zengyi, S. 71 f. 87 ZHANG Li, Zhangzhou Shifan Xueyuan Xuebao 2001, 33 (36). 88 Vgl. CHEN Haohui / YI Jianhua, CCMT Nr. 800, zur Praxis ihres Gerichts in der Provinz Guangdong.
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mögen. Bei dieser Art „Unternehmen“ handelt es sich nicht um eine eigene juristische Person, sondern eine Form der Zusammenarbeit zwischen einer ausländischen und einer festlandchinesischen juristischen Person, bei der die ausländische Seite Werkstoffe und/oder Ausrüstung zu Verfügung stellt und die chinesische Seite die Verarbeitung durchführt.89 Die in Ziff. 3 des Zweiten Protokolls getroffene Regelung zielt darauf, einen festlandchinesischen Gerichtsstand nach Art. 241 Festland-ZPG für den hinter dieser Form der Zusammenarbeit stehenden ausländischen Investor zu begründen, da ein „drei Liefer- und ein Rückkauf“-Unternehmen eben keine eigene juristische Person ist und daher nicht selbst verklagt werden kann.90 (b) Vorschläge zum Schutz gegen Missbrauch 233
In der festlandchinesischen Literatur besteht – häufig mit Blick auf ähnliche Regelungen im Ausland91 – Einigkeit darüber, dass eine unbegrenzte Zuständigkeit am Belegenheitsort von Beklagtenvermögen dem Missbrauch Tür und Tor öffnet. Vorgeschlagen werden daher Wertgrenzen, Begrenzungen dessen, was unter Vermögen im Sinne der Vorschrift zu verstehen ist, sowie das zusätzliche Erfordernis andere Bezugspunkte des Forumstaats zur Streitigkeit:92 (aa) Wertgrenzen
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Vermögen mit keinem oder nur geringem Wert soll keine Zuständigkeit begründen. Dies wird auf die im Gesetz vorgesehene Voraussetzung der Pfändbarkeit des Vermögens93 – das Vermögen ist ohne Pfandwert, wenn es die Forderung nicht befriedigen kann – oder auf eine teleologische Argumentation94 gestützt: Der Zweck dieses Gerichtsstands kann darin gesehen werden, die Vollstreckung von Urteilen chinesischer Gerichte gegen Ausländer (bzw. Personen aus den anderen chinesischen Rechtsregionen) zu 89 S. die Maßnahmen zur Entfaltung der Herstellung und Montage für das Ausland und den chinesischen Rückkaufhandel kleinen Typs (〩ⴢ⨿⏉⼎姮扶▵ὖⴸ⢴妎↨幡㜼⏇ 㷾) des Staatsrates v. 3.9.1979 sowie ZHAN Xuwei, CCMT Nr. 813, und den entsprechenden Wikipedia-Eintrag, abrufbar unter http://zh.wikipedia.org/wiki/%E4%B8%89%E6% 9D%A5%E4%B8%80%E8%A1%A5 (zuletzt besucht am 5.11.2011). 90 Vgl. dazu CHEN Haohui / YI Jianhua, CCMT Nr. 800. 91 LOU Binglu, Henan Shehui Kexue 1998, 59 (59 f.); LI Yuquan, S. 126; ZHANG Li, Zhangzhou Shifan Xueyuan Xuebao 2001, 33 (36); XU Chongli, Falü Kexue 2000, 67 (71 ff.). 92 Für eine vollständige Abschaffung zumindest im interlokalen Rechtsverkehr LUO Jianwen, Faxue Pinglun 2004, 86 (90); SHEN Hongyu, CCMT Nr. 798. 93 QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (33); ZHANG Li, Zhangzhou Shifan Xueyuan Xuebao 2001, 33 (36); ZHAO Xianglin / XUAN Zengyi, S. 73. 94 S. die ausführliche Begründung bei XU Chongli, Falü Kexue 2000, 67 (69 ff.).
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ermöglichen und zu verhindern, dass der Beklagte seiner Verpflichtung dadurch entgehen kann, dass er sein Vermögen in ein Land transferiert, dessen Gerichte nicht zuständig sind. Vor diesem Hintergrund kann die Vollstreckbarkeit eines auf dem Festland ergangenen Urteils als Maßstab für den eine Zuständigkeit rechtfertigenden Mindestwert des inländisch belegenen Vermögens herangezogen werden: Wenn das Vermögen eine Vollstreckung des Urteils im Inland nicht gewährleisten kann, weil es keinen oder nur einen geringen Wert besitzt, soll es keine Zuständigkeit begründen, da die Vollstreckung insbesondere eines auf die Vermögenszuständigkeit gestützten Urteils im Ausland nur selten möglich sein und es damit wertlos wird.95 Uneinigkeit besteht darüber, ob der Wert des Vermögens zur vollständigen Befriedigung der Forderung des Klägers ausreichen muss 96 oder die aus dem Vermögen zumindest zu einem wesentlichen Teil mögliche Tilgung der Forderung genügt.97 Letztere Auffassung nennt allerdings keinen Maßstab für einen „wesentlichen“ Teil der Forderung.98 Pfändbares Vermögen als Basis der Zuständigkeit fehlt, wenn zwar Vermögen vorhanden ist, dieses aber nach der lex fori unpfändbar ist. 99 Nach Art. 219 Abs. 1 S. 2, 220 Abs. 1 S. 2 Festland-ZPG darf in den Teil des Einkommens und des Vermögens eines Schuldners nicht vollstreckt werden, den dieser und die von ihm unterhaltenen Familienangehörigen zur Lebenshaltung benötigen. Wenn also ausschließlich Beklagtenvermögen auf dem Festland belegen ist, das unter diese Vorschrift fällt, darf dieses Vermögen nicht die Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte begründen, wenn man die Voraussetzung der Pfändbarkeit konsequent durchsetzt. In wirtschaftsrechtlichen Fällen, in denen regelmäßig juristische Personen beteiligt sind oder um hohe Beträge und daher eher dort gestritten wird, wo auch Aussicht auf Befriedigung besteht, dürfte dies allerdings nur selten relevant sein, so dass hier nicht auf Detailfragen der Pfändungsverbote eingegangen werden soll. Als Vorbeugung gegen Missbrauch ist auch die Begrenzung auf einen konkreten Vermögensgegenstand des Beklagten, wie sie das US-amerikanische Recht mit der action quasi in rem – allerdings nur, wenn ein Recht des Beklagten an der Sache betroffen ist – kennt, erwogen, aber für nicht 95
Dazu auch ZHANG Li, Zhangzhou Shifan Xueyuan Xuebao 2001, 33 (36). ZHANG Li, Zhangzhou Shifan Xueyuan Xuebao 2001, 33 (36); ZHAO Xianglin / XUAN Zengyi, S. 73. 97 Dahingehend wohl QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (33); XU Chongli, Falü Kexue 2000, 67 (69). 98 XU Chongli, Falü Kexue 2000, 67 (72), lehnt es ab, ein bestimmtes Verhältnis des Vermögenswertes zur Streitsumme zu fordern, entwickelt jedoch keine Alternative. 99 Vgl. QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (33), jedoch ohne Fortführung des Gedankens. Ähnlich LIANG Shuwen / YANG Rongxin, S. 2098. 96
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passend gehalten worden. Sie würde einer Vollstreckung des Urteils in später auftauchendes weiteres Vermögen oder aber, wo ausnahmsweise doch möglich, in im Ausland belegenes Vermögen entgegenstehen.100 (bb) Vermögen im Sinne des Art. 241 Festland-ZPG 238
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Körperliches Vermögen unterfällt jedenfalls Art. 241 Festland-ZPG. Ob auch unkörperliches Vermögen die Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte begründen können soll, ist dagegen nicht geklärt. In der Literatur wird teilweise vertreten, dass unkörperliches Vermögen nie Vermögen im Sinne des Art. 241 Festland-ZPG darstellen kann.101 Teilweise wird nach der Natur des unkörperlichen Vermögens unterschieden: Wertpapiere (Aktienpapiere, Schuldverschreibungen, etc.), Wechsel und Schecks sowie Bankguthaben werden dabei als zuständigkeitsbegründendes Vermögen angesehen, weil sie vollständig Objekt einer späteren Vollstreckung werden können.102 Forderungen des Beklagten gegen Dritte sollen ebenfalls die Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte begründen können, da sie nach Ziff. 300103 ZPG-Ansichten Vermögen darstellen, in das vollstreckt werden kann.104 Die problematische Bestimmung des Belegenheitsortes einer Forderung soll dabei ähnlich wie in Deutschland und den USA erfolgen und eine Zuständigkeit demzufolge angenommen werden, wenn der Drittschuldner seinen Wohnsitz auf dem Festland hat oder sich ein Bürge oder Pfand für die Forderung dort befindet. Ungeeignet als Vermögen im Sinne des Art. 241 Festland-ZPG ist nach dieser Auffassung dagegen geistiges Eigentum. Zum einen wäre eine Vollstreckung in geistige Eigentumsrechte in Bezug auf ihre Durchführung (Übertragung, Preis, Bedingungen) problematisch und würde mit der internationalen Gewährleistung dieser Rechte kollidieren. Zum anderen würde es den Verdacht des Missbrauchs erregen, wenn die Registrierung eines 100
XU Chongli, Falü Kexue 2000, 67 (72). QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (33). 102 XU Chongli, Falü Kexue 2000, 67 (70). SUN Nashen, Renmin Sifa 2002, 20 (20), weist dagegen darauf hin, dass nicht das Aktienrecht an einem anderen Unternehmen selbst Vermögen i.S.d. Art. 243 Festland-ZPG bildet, sondern der Erlös aus dem Aktionärsrecht. Allerdings übersieht er dabei, dass Aktienrechte verkauft werden können und damit verwertbar sind. 103 „Wenn der Vollstreckungsschuldner nicht alle Schulden tilgen kann, aber fällige Forderungsrechte gegen Dritte besitzt, kann das Volksgericht nach dem Antrag des die Vollstreckung Beantragenden besagtem Dritten mitteilen, das Forderungsrecht gegenüber dem die Vollstreckung Beantragenden zu erfüllen. Wenn besagter Dritter keine Einwendung gegen das Forderungsrecht hat, aber dennoch nicht innerhalb der in der Mitteilung angezeigten Frist erfüllt, kann das Volksgericht zwangsweise vollstrecken.“ 104 XU Chongli, Falü Kexue 2000, 67 (70). 101
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Rechts in China, die Voraussetzung für seinen Schutz dort ist, als Basis für die Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte in davon völlig losgelösten Streitigkeiten verwendet würde.105 (cc) Erforderliche Beziehung der Streitigkeit zum Forumstaat Teilweise wird in der festlandchinesischen Literatur des Weiteren mit Blick auf Regelungen im Ausland (Japan, USA, Deutschland) eine bestimmte Beziehung der Streitigkeit zum Forumstaat zur Eingrenzung der Zuständigkeit am Belegenheitsort von Beklagtenvermögen gefordert.106 Fehlt einer Streitigkeit bis auf die Belegenheit von Vermögen des Beklagten jegliche Beziehung zum Forumstaat, hat dieser an sich kein Interesse daran, sie vor seinen Gerichten zu verhandeln, und verschwendet Ressourcen und Geld, wenn er sich dennoch für zuständig erklärt.107 Da Art. 5 Festland-ZPG die Gleichstellung ausländischer und inländischer Parteien im Zivilprozess gebietet und es daher nicht zulässt, nach der Staatsangehörigkeit des Klägers zu differenzieren,108 wird die Übernahme der deutschen Lösung, d.h. Zuständigkeit bei Wohnsitz des Klägers im Inland, auch für Festlandchina empfohlen.109 In der Praxis der Gerichte dürften sich die Diskussionen und Lösungsvorschläge der Literatur bisher noch wenig widerspiegeln. Gerade in Bezug auf die anderen chinesischen Regionen nimmt aber die wirtschaftliche Verflechtung zu, so dass sich in den meisten Fällen irgendwelches Beklagtenvermögen in der inneren Region finden lässt, etwa Wohnimmobilien, Aktienrechte, der Gewinn aus Zusammenarbeits- oder Gemeinschaftsinvestitionsunternehmen, etc.110 Dass es in der Praxis für die Begründung der Zuständigkeit schon auszureichen scheint, wenn der Kläger Material über die Gewerbeanmeldung eines Unternehmens, an dem der Beklagte Aktien besitzt, vorlegt, führt im Ergebnis zur Möglichkeit der Wahl des festlandchinesischen Forums durch den Kläger, selbst wenn die Parteien und ihre Streitigkeit keinen Bezug zum Festland besitzen.111
105 XU Chongli, Falü Kexue 2000, 67 (71). Dem zustimmend, jedoch ohne eigene Begründung ZHANG Li, Zhangzhou Shifan Xueyuan Xuebao 2001, 33 (36). 106 XU Chongli, Falü Kexue 2000, 67 (72 ff.); ZHANG Li, Zhangzhou Shifan Xueyuan Xuebao 2001, 33 (36 f.). Ähnlich BAI Xueqing, Falü Shiyong 2005, 69 (70). 107 Vgl. dazu XU Chongli, Falü Kexue 2000, 67 (74). 108 XU Chongli, Falü Kexue 2000, 67 (74). 109 XU Chongli, Falü Kexue 2000, 67 (74); ZHANG Li, Zhangzhou Shifan Xueyuan Xuebao 2001, 33 (36 f.). 110 Für Fälle mit Bezug zu Hong Kong SHEN Hongyu, CCMT Nr. 798. 111 Vgl. dazu in Bezug auf Hong Konger Parteien SHEN Hongyu, CCMT Nr. 798.
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(5) Ort einer rechtsverletzenden Handlung 243
Art. 241 Festland-ZPG enthält für das Deliktsrecht dieselbe Regelung wie Art. 29 Festland-ZPG, indem er die besondere Zuständigkeit der Gerichte am Ort der verletzenden Handlung (⃞㡬奵ὣ⡙) vorsieht. Daneben greift für (deliktsrechtliche) Schadensersatzklagen wegen Unfällen auf Schiene, Straße, im Wasser oder in der Luft anstelle der allgemeinen deliktsrechtlichen Zuständigkeit der Art. 29, 241 Festland-ZPG die Spezialregelung des Art. 30 Festland-ZPG, die sich auch in Art. 33 ModellG wiederfindet. Danach sind neben den Gerichten am Wohnsitzort des Beklagten die Gerichte am Ort des Unfallereignisses und an dem Ort zuständig, den das Kraftfahrzeug, das Schiff oder Flugzeug (nach dem Unfall) zuerst erreicht hat. (a) Begriff des „Ortes der verletzenden Handlung“
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Eine Erläuterung dessen, was unter dem Begriff des „Ortes der verletzenden Handlung“ i.S.d. Art. 29, 241 Festland-ZPG zu verstehen ist, findet sich – bezogen auf Art. 29 Festland-ZPG – in Ziff. 28 ZPG-Ansichten. Danach meint der Ort der deliktischen Handlung sowohl den Ort der Ausführung der Handlung als auch ihren Erfolgsort. Da die deliktsrechtliche Zuständigkeit in Art. 241 Festland-ZPG und in Art. 29 Festland-ZPG deckungsgleich geregelt ist, können Ziff. 28 ZPG-Ansichten und andere Art. 29 Festland-ZPG konkretisierende Äußerungen des Obersten Volksgerichts auch für die Auslegung des Art. 241 Festland-ZPG herangezogen werden. Die Regelung von Ziff. 28 ZPG-Ansichten wird durch Ziff. 187 AGZAnsichten untermauert, die – obschon in Bezug auf das materielle Kollisions- und nicht das Zuständigkeitsrecht geäußert – auch bei der Auslegung des Art. 29 Festland-ZPG zu helfen vermag.112 Ort der verletzenden Handlung ist danach ebenfalls sowohl der Ort der Ausführung einer deliktischen Handlung als auch der Ort, an dem der Verletzungserfolg bzw. eine Folge der Handlung eintritt.113 Art. 32 ModellG schlägt daher für eine zukünftige Regelung diesbezüglich eine ausdrückliche dahingehende Formulierung vor. (b) Produkthaftung
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Für Fälle der Produkthaftung sieht Ziff. 29 ZPG-Ansichten vor, dass neben den Gerichten am Ort der deliktischen Handlung auch die Gerichte am Herstellungsort des Produkts und an seinem Verkaufsort für Klagen auf Er112
Vgl. von Senger/Xu, S. 503. Pattloch, S. 259; von Senger/Xu, S. 503, jeweils m.w.N.; Zhang, 25 B.C. Int'l & Comp. L. Rev. 59 (69). 113
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satz eines durch ein fehlerhaftes Produkt hervorgerufenen Schadens an Vermögen oder Person zuständig sind. Art. 37 ModellG übernimmt diesen Gerichtsstand allgemein für Fälle der Produkthaftung. Eine Erweiterung der Zuständigkeit liegt darin nur, wenn man Herstellung und Verkauf eines fehlerhaften Produkts nicht als Ausführungshandlungen des deliktischen Verhaltens auffasst. (c) Verletzung des Rufes Ziff. 4 der Antworten des Obersten Volksgerichts auf einige Fragen hinsichtlich der Verhandlung von Fällen der Verletzung des Rufes114 wiederholt für Fälle der Verletzung des Rufes einer Person die Regelungen von Art. 29 Festland-ZPG und Ziff. 29 der ZPG-Ansichten. In Ziff. 1 der fünf Jahre später erlassenen Auslegung des Obersten Volksgerichts einige Fragen der Verhandlung von Fällen der Verletzung des Rufes betreffend 115 führt das Oberste Volksgericht weiterhin dazu aus, dass als Ort, an dem der Verletzungserfolg eintritt, der Wohnsitzort der verletzten natürlichen oder juristischen Person oder anderen Organisation anerkannt werden kann.116
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(d) Verletzung geistigen Eigentums (aa) Urheberrechtsverletzungen Nach Ziff. 4 Abs. 1 der Auslegung des Obersten Volksgerichts einige Fragen der Rechtsanwendung bei der Verhandlung von Urheberrechtsfällen betreffend 117 (im Folgenden: Urheberrechts-Auslegung) sind in Urheberrechtsstreitigkeiten neben den Gerichten am Beklagtenwohnsitz die Gerichte am Ort der Ausführung der deliktischen Handlung, am Aufbewahrungsort oder Sicherstellungsort der unerlaubten Nachbildungen zuständig. Dabei meint der Aufbewahrungsort den Ort, an dem unautorisierte Nachbildungen in großer Anzahl oder gewerbsmäßig deponiert oder verborgen werden. Sicherstellungsort bezieht sich auf den Ort, an dem die deliktischen Nachbildungen von Zoll-, Urheberrechts-, Industrie- und Handelsverwaltungsbehörden unter Verschluss genommen oder beschlagnahmt 114 115
㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯┶宲㡬㥱‟后⾛朗槁䞭嬌䱽 vom 7.8.1993. 㠩 氁ΰ 㴺㷾枋 ⊜ᾷ Ⳋ䔯┶ 宲㡬 㥱‟ 后⾛朗 槁䞭嬌 拳 vom 14.7.1998, in Kraft seit
15.9.1998. 116 Dennoch scheint eine Klage am Wohnsitzort des Beklagten die sicherere Zuständigkeitsbasis zu sein, wie die Empfehlung bei Yang, China Law No. 35 (4/2002), 100 (102), zeigt, wegen eines in Guangzhou erscheinenden, den Ruf einer Persönlichkeit aus Hong Kong verletzenden Zeitungsartikels in Guangzhou, am Sitzort der Zeitung, zu klagen. 117 㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯喀₅㡬㴺ᾴ俉俠㥱‟愫䙑㷾ゴ后⾛朗槁䞭嬌拳 vom 12.10.2002, in Kraft seit dem 15.10.2002.
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1. Teil: Festland – § 4 Interregionale Zuständigkeit
werden (Ziff. 4 Abs. 2 Urheberrechts-Auslegung). In der wohl abschließenden Aufzählung dieser Vorschrift fehlt der Erfolgsort der rechtsverletzenden Handlung; er soll aus Sicht des Obersten Volksgerichts – möglicherweise aufgrund seiner zu großen Weite118 – in Urheberrechtsfällen keine Zuständigkeit begründen können.119 Eine weitere Präzisierung und Spezialisierung für Verletzungen des Urheberrechts erfährt die deliktsrechtliche Zuständigkeitsregelung des Art. 241 bzw. 29 Festland-ZPG in Bezug auf das Internet in Ziff. 1 der Auslegung des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Gesetzesanwendung bei der Behandlung von Computernetzwerke berührenden Urheberrechtsstreitigkeiten 120 (im Folgenden: Computernetzwerk-Urheberrechts-Auslegung):121 Nach einer Bekräftigung der Grundregel der Zuständigkeit am Ort der Verletzungshandlung stellt die Vorschrift im zweiten Satz klar, dass die Verletzung an dem Ort begangen wird, an dem sich das zur Ausführung der Verletzungshandlung verwendete NetzwerkServergerät und der Computer oder sonstige Endeinrichtungen befinden.122 Für den Fall, dass der Ort der Verletzungshandlung und der Beklagtenwohnsitz sich nur schwer bestimmen lassen, erlaubt Satz 3 der Vorschrift eine Klage an dem Ort, an dem sich der Computer oder sonstige Endeinrichtungen befinden, an bzw. auf denen der Kläger den Rechte verletzenden Inhalt entdeckt hat (Ⓢ╳⓺䓙⃞㡬⊮Ⳣ䞭峊䳀㡣俱䰘䱲峧⨰㍩⡑⡙). Aus der verwendeten chinesischen Formulierung geht zunächst nicht hervor, ob hier der Computer/Server gemeint sein soll, auf dem das Material mit deliktsrechtlichem Inhalt liegt, oder der Computer, den der Kläger benutzt hat, als er die Rechte verletzenden Inhalte entdeckt hat. Letzteres würde regelmäßig zu einer Zuständigkeit am Wohnsitz des Klägers führen, wenn dieser die verletzenden Inhalte mit Hilfe seines eigenen Computers wahrgenommen hat. Die Rechtsprechung scheint Ziff. 1 S. 3 der Compu118
Vgl. Pattloch, S. 259, Fn. 25. So sieht etwa das Mittlere Volksgericht Wuxi v. 17.8.2005 (Wuxi Xishan Südliche Rostfreie Stahl-GmbH gegen Taizhou Hongbiantian Produktionswerk für kegelförmige Fahnenstangen), (2005) 晊䤎⍆Ⲁ䱕 86 ┠, die örtliche Zuständigkeit am Erfolgsort einer deliktischen Handlung als durch diese Vorschrift ausgeschlossen (㒻枍) an. 120 㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯㺲⓳峊䳀㡣偺倅喀₅㡬俉俠㥱‟愫䙑㷾ゴ后⾛朗槁䞭嬌拳 vom 22.11.2000, in der Fassung vom 22.11.2006, in Kraft seit dem 8.12.2006. 121 Deutsche Übersetzung der älteren Fassung v. 23.12.2003 s. Münzel, Chinas Recht 2004.2, 23.12.03/1. Der Wortlaut von Ziff. 1 hat sich nicht geändert. HUANG Rui / ZHANG Dongli, Nanchang Daxue Xuebao 2003, 62 (67), fordern eine Weiterentwicklung dieser nur punktuellen Regelung für Internet-Sachverhalte durch das Oberste Volksgericht und eine spätere Aufnahme in das Festland-ZPG. 122 Ähnlich Münzel, Chinas Recht 2004.2, Fn. 5, der Satz 2 für überflüssig hält, weil die Orte der aufgeführten Geräte bereits nach der Grundregel die Zuständigkeit begründen. Zhang, 25 B.C. Int' & Comp. L. Rev. 59 (69), hält dies dagegen für eine Erweiterung der Zuständigkeit. 119
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ternetzwerk-Urheberrechts-Auslegung in letzterem Sinne zu verstehen, wie aus einigen Entscheidungen chinesischer Gerichte ersichtlich wird.123 Betrachtet man die Systematik der Vorschrift, bringt Satz 3 regelmäßig auch keine Erweiterung im Vergleich zu Satz 2, der Zuständigkeit am Belegenheitsort des zu Ausführung verwendeten Computers, wenn er an den Belegenheitsort des Computers, auf dem der deliktische Inhalt liegt, anknüpfen würde. Demnach ist davon auszugehen, dass das Oberste Volksgericht sich mit der verwendeten Formulierung auf den Ort beziehen wollte, an dem sich der Computer befindet, mit dessen Hilfe der Kläger die Rechtsverletzung entdeckt.124 Hintergrund der Regelung dürfte es sein, dem Geschädigten trotz der typischerweise in Fällen mit Internet-Bezug häufig auftretenden Schwierigkeiten bei der Feststellung des Beklagtenwohnsitzes und des Standortes der von diesem benutzten Computerausrüstung eine Möglichkeit, Rechtsschutz zu erlangen, offen zu halten.125 Die exakten Voraussetzungen für ein Eingreifen dieser „Notzuständigkeit“ von Ziff. 1 S. 3 Computernetzwerk-Urheberrechts-Auslegung scheinen in der Rechtsprechung jedoch noch ungeklärt zu sein. Nach ihrem Wortlaut müssen sowohl Beklagtenwohnsitz als auch Ausführungsort der deliktischen Handlung nur schwer ermittelbar sein; steht einer der beiden Orte fest, greift sie nicht. In der Rechtsprechung wird dies aber nicht immer deutlich. So wurde es etwa für eine Bestimmung des Deliktsortes nach Ziff. 1 S. 3 Computernetzwerk-Urheberrechts-Auslegung als ausreichend angesehen, dass der Kläger aus der Website mit dem rechtsverletzenden Inhalt weder die Adresse des Betreibers noch sonstige Kontaktmöglichkeiten (Email-Adresse, Telefon- oder Faxnummer, etc.) ersehen und damit den Wohnsitz des Beklagten nicht ohne weiteres be123 Das Mittlere Volksgericht Zhenjiang erwägt in seinen Urteilen v. 18.11.2005 (Zhenjiang Baohua Sattelschlepper-Zubehör-GmbH gegen Jiangyin Guohua Sattelschlepper-Zubehör-GmbH), (2005) 晰㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 34 ┠, und v. 11.5.2006 (Li Xinghua gegen Guangzhou Wangyi Computersystem-GmbH), (2006) 晰㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 10 ┠, den Ort, an dem sich das Notariat befindet, das durch Aufrufen der Internet-Seiten Beweise gesichert hat. Das Erste Mittlere Volksgericht Beijing bestätigte in einem Urteil v. 22.9.2005 (Amt für Erziehungswesen des Wujin-Distrikts, Changzhou gegen Beijing Hanwang Naturwissenschafts- und Technik-GmbH), (2005) Ἡὖ㴺俱Ⲁ䱕 10249 ┠ , die Zuständigkeit des Ausgangsgerichts am Sitz- und wahrscheinlich Wahrnehmungsort der Klägerin, der vom Sitzort des Beklagten und damit auch vom Belegenheitsort von dessen Computeranlagen abwich, nach Ziff. 1 S. 3 Computernetzwerk-Urheberrechts-Auslegung ohne detaillierte Ausführungen. 124 In diesem Sinne auch die englische Übersetzung der Regelung bei He, 11 (2009) Yearbook of PIL 211 (231). A.A. möglicherweise Pattloch, S. 266, der die Frage jedoch nicht ausdrücklich aufwirft. 125 Nach ZHAO Fujun, China Law Info Nr. 335569718; He, 11 (2009) Yearbook of PIL 211 (231 f.), begünstigt Satz 3 ein forum shopping des Klägers, also die Wahl eines für ihn nützlichen Gerichtsortes, besonders.
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1. Teil: Festland – § 4 Interregionale Zuständigkeit
stimmen konnte. 126 Letztlich dürfte in diesem Fall aber aus denselben Gründen eine Ermittlung des Standorts der für die verletzende Handlung verwendeten Computerausrüstung kaum möglich gewesen sein. Des Weiteren hat sich auch noch kein Maßstab für die erforderlichen Schwierigkeiten bei der Bestimmung von Beklagtenwohnsitz und Ausführungsort des Delikts herausgebildet. Das Mittlere Volksgericht Zhenjiang ließ den Einwand des Beklagten, sein Wohnsitz und der Deliktsbegehungsort lägen im Bezirk eines anderen Gerichts, nicht gelten und erklärte sich aufgrund der Beweissicherung mittels eines Computers des Notariats der Stadt Zhenjiang als Gericht am Belegenheitsort des Computers, an dem der Kläger die deliktischen Inhalte wahrgenommen hatte, für zuständig, ohne zu fragen, ob Wohnsitz und Deliktsbegehungsort schwer zu ermitteln waren.127 Andererseits lehnte dasselbe Gericht ein halbes Jahr später in einem ähnlich gelagerten Fall seine Zuständigkeit deshalb ab, weil der Wohnsitz des Beklagten feststehe und auch der Computer, mit dem das Delikt ausgeführt wurde, sich nicht in seinem Bezirk befinde.128 Auch das Zweite Mittlere Volksgericht Beijing ließ einen Rückgriff auf Ziff. 1 S. 3 Computernetzwerk-Urheberrechts-Auslegung nicht zu, weil der Wohnsitz der zweiten Beklagten und der Standort der die fragliche Website beherbergenden, durch die erste Beklagte betriebenen Netzwerkeinrichtung, letzteres aufgrund der Angaben auf der Website selbst, ermittelbar gewesen seien.129 Bemängelt wird teilweise, dass die Computernetzwerk-UrheberrechtsAuslegung ungeregelt lässt, wie der Erfolgsort des Delikts zu bestimmen ist, wo dieser in auf das Internet bezogenen Fällen doch potentiell überall angenommen werden kann.130 Diese Kritik übersieht jedoch, dass auch für Urheberrechtsverletzungen durch das Medium des Internets die in Rn. 248 vorgestellte Urheberrechts-Auslegung gilt, nach deren Ziff. 4 es bei Urheberrechtsverletzungen keine Zuständigkeit der Gerichte am Erfolgsort geben soll. 131 Ziff. 1 S. 3 Computernetzwerk-Urheberrechts-Auslegung ver126
Erstes Mittleres Volksgericht Beijing v. 22.9.2005 (Amt für Erziehungswesen des Wujin-Distrikts, Changzhou gegen Beijing Hanwang Naturwissenschafts- und TechnikGmbH), (2005) Ἡὖ㴺俱Ⲁ䱕 10249 ┠. 127 Mittleres Volksgericht Zhenjiang v. 18.11.2005 (Zhenjiang Baohua Sattelschlepper-Zubehör-GmbH gegen Jiangyin Guohua Sattelschlepper-Zubehör-GmbH), (2005) 晰 㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 34 ┠. 128 Mittleres Volksgericht Zhenjiang v. 11.5.2006 (Li Xinghua gegen Guangzhou Wangyi Computersystem-GmbH), (2006) 晰㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 10 ┠. 129 Zweites Mittleres Volksgericht Beijing v. 27.4.2004 (Xinlicai Zeitschriftenverlag gegen Chongqing Weipu Informations-GmbH u.a.), (2004) ὖ㴺⍆Ⲁ䱕 03568 ┠. 130 Hierzu ZHAO Fujun, China Law Info Nr. 335569718, mit einem Vorschlag für eine Begrenzung. 131 S. Mittleres Volksgericht Wuxi v. 17.8.2005 (Wuxi Xishan Südliche Rostfreie StahlGmbH gegen Taizhou Hongbiantian Produktionswerk für kegelförmige Fahnenstangen), (2005) 晊䤎⍆Ⲁ䱕 86 ┠.
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mag mit seiner Anknüpfung an den Ort, an dem sich der Computer befindet, mit dessen Hilfe der Kläger die Rechtsverletzung entdeckt, also einen der Erfolgsorte des Delikts, die in Ziff. 4 Urheberrechts-Auslegung vorgesehene Einschränkung teilweise auszuhebeln. Ziff. 4 Urheberrechts-Auslegung dient dem Interesse des Schädigers daran, nicht überall auf der Welt zur Rechenschaft gezogen werden zu können, während Ziff. 1 S. 3 Computernetzwerk-Urheberrechts-Auslegung das Interesse des Verletzten daran, dass die Probleme bei der Feststellung der Herkunft rechtsverletzender Inhalte im Internet nicht dem Schädiger zugute kommen und einer Klage im Weg stehen, dagegenhält. Ein gerechter Ausgleich dieser Interessen dürfte zu erzielen sein, wenn man die Voraussetzungen der „Notzuständigkeit“ der Ziff. 1 S. 3 Computernetzwerk-Urheberrechts-Auslegung eng auslegt, also gemäß ihrem Wortlaut Schwierigkeiten bei der Feststellung von Beklagtenwohnsitz und Begehungsort des Delikts sowie in zumutbarem Maße diesbezügliche Ermittlungen durch den Geschädigten verlangt. Für Domain-Namen betreffende Deliktsstreitigkeiten bekräftigt Ziff. 2 Abs. 1 S. 1 der Auslegung des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen die Rechtsanwendung bei der Verhandlung von Zivilrechtsstreitfällen über Computernetzwerk-Domain-Namen betreffend 132 (im Folgenden: DomainNamen-Auslegung) 133 wie Ziff. 1 S. 1 der Computernetzwerk-Urheberrechts-Auslegung die allgemeine Regelung der Zuständigkeit des Art. 29 Festland-ZPG; Ziff. 2 Abs. 1 S. 2 Domain-Namen-Auslegung stimmt mit Ziff. 1 S. 3 Computernetzwerk-Urheberrechts-Auslegung überein. 134 Für sonstige Streitigkeiten im Zusammenhang mit Computernetzwerk-DomainNamen verweist Ziff. 2 Abs. 2 S. 2 Domain-Namen-Auslegung auf die Art. 235–244 Festland-ZPG, sieht also keine Sonderregeln vor.135 132
㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯㺲⓳峊䳀㡣偺倅⤈┶㴺ᾴ俉俠㥱‟愫䙑㷾ゴ后⾛朗槁䞭嬌拳
vom 26.6.2001, veröffentlicht am 17.7.2001 ( 㷾 拳 [2001]24 ┠ ), in Kraft seit dem 24.7.2001. 133 Zum Inhalt der Domain-Namen-Auslegung vgl. Huang/Du, 2 (2003) Chinese J. Int’l L. 387 (389 ff.). 134 Ziff. 2 Abs. 1 Domain-Namen-Auslegung lautet: „In Deliktsstreitfällen mit Bezug zu Domain-Namen sind die Mittleren Volksgerichte am Ort der Deliktshandlung oder am Wohnsitzort des Beklagten zuständig. Sind der Ort der Deliktshandlung und der Wohnsitzort des Beklagten schwer zu bestimmen, darf der Belegenheitsort des Computers oder anderer Endeinrichtungen, auf denen der Kläger den Domain-Namen entdeckt, als Ort der Deliktshandlung angesehen werden.“ 135 Ziff. 2 Abs. 2 Domain-Namen-Auslegung lautet: „Domain-Namen-Streitfälle mit Außenbezug beinhalten Domain-Namen-Streitfälle, bei denen eine der Parteien oder beide Seiten Ausländer, Staatenlose, ausländische Unternehmen oder Organisationen, internationale Organisationen sind oder bei denen der Registrierungsort des Domain-Namens im Ausland liegt. Für Domain-Namen-Streitfälle mit Außenbezug, die sich innerhalb des Territoriums der Volksrepublik China ereignen, bestimmt sich die Zuständigkeit nach den Regelungen des vierten Abschnitts des Zivilprozessgesetzes.“
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(bb) Patentrechtsverletzungen 255
Für Patentrechtsverletzungen bestätigt Ziff. 5 Abs. 1 in Einigen Regelungen des Obersten Volksgerichts zu Fragen der Rechtsanwendung bei der Verhandlung von Patentstreitfällen136 (im Folgenden: Patent-Regelungen), die in Art. 29 Festland-ZPG allgemein für das Deliktsrecht vorgesehenen Gerichtsstände. Ziff. 5 Abs. 2 S. 1 Patent-Regelungen zählt Orte auf, die als Orte des deliktischen Verhaltens gelten: der Ort der Ausführung von Handlungen der Produktion, der Verwendung, des Angebots zum Verkauf, des Verkaufs, des Im- und Exports usw. von Waren, die in Verdacht stehen, Patentrechte in Bezug auf Erfindung und praktisches Design zu verletzen, der Ort der Ausführung von Handlungen des Gebrauchs patentierter Verfahren, der Verwendung, des Angebots zum Verkauf, des Verkaufs und des Im- und Exports von Waren, die unmittelbar nach diesen patentierten Verfahren erlangt wurden, der Ort der Ausführung von Handlungen der Herstellung, des Verkaufs und des Im- und Exports von Waren mit einem Patent der Außenkonstruktion und schließlich der Ort der Ausführung von Handlungen der fälschlichen Vorgabe, das Patent eines anderen innezuhaben. Daneben bilden auch alle Orte, an denen der Erfolg der aufgezählten Handlungen eintritt, zuständigkeitsbegründende Orte des unerlaubten Verhaltens (Ziff. 5 Abs. 2 S. 2 Patent-Regelungen). Ziff. 6 Patent-Regelungen koordiniert die Zuständigkeit bei Klagen wegen Herstellung und Vertrieb patentrechtsverletzender Produkte, die an verschiedenen Orten hergestellt und verkauft wurden.137
136
㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯Ἴ⍒俉俠㥱‟愫䙑㷾ゴ朗槁䞭后⾛嫭ⳃ vom 19.6.2001, veröffentlicht am 22.6.2001, in Kraft seit dem 1.7.2001. Diese Regelungen sind an die Stelle der früheren Mitteilung des Obersten Volksgerichts zu Fragen der örtlichen Zuständigkeit bei Streitfällen wegen unerlaubte Patente betreffenden Handlungen (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷἼ ⍒⃞㡬俉俠㥱‟⡙⤈䳊悿朗槁䞭慃䤎) vom 29.6.1987 getreten, deren Inhalt von Senger/Xu, S. 503 f., zusammengefasst wiedergeben. 137 Ziff. 6 Patent-Regelungen lautet in deutscher Übersetzung: „Erhebt der Kläger nur gegen den Hersteller des rechtsverletzenden Produktes Klage und verklagt er nicht den Verkäufer, besitzt das Volksgericht am Herstellungsort die Zuständigkeit bei einem Auseinanderfallen des Ortes der Herstellung und des Ortes des Vertriebs des rechtsverletzenden Produktes; werden Hersteller und Verkäufer als gemeinsame Beklagte verklagt, besitzt das Volksgericht am Vertriebsort die Zuständigkeit. Ist der Verkäufer eine Zweigstelle des Herstellers und verklagt der Kläger den Hersteller des rechtsverletzenden Produktes am Verkaufsort wegen Handlungen der Herstellung und des Vertriebs, besitzt das Volksgericht des Vertriebsortes die Zuständigkeit.“
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(cc) Markenrechtsverletzungen Ziff. 6 der Auslegung des Obersten Volksgerichts einige Fragen der Rechtsanwendung bei der Verhandlung von Markenstreitfällen betreffend138 entspricht Ziff. 4 Urheberrechts-Auslegung (s. oben Rn. 248). Geklagt werden kann also außer am Beklagtenwohnsitz am Aufbewahrungs- und am Sicherstellungsort von deliktischen Nachbildungen. In ihrer Ziff. 7 klärt diese Justizauslegung die Zuständigkeitsfrage bei einer Klage gegen mehrere Beklagte aufgrund unterschiedlichen unerlaubten Verhaltens.139
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(6) Wohnsitzort eines Vertretungsorgans Die im internationalen Vergleich durchaus übliche Zuständigkeitsbasis des (Wohn-)Sitzortes eines Vertretungsorgans (妑㡣㢭⁸㍩⡙) gilt nicht nur für Streitigkeiten, die direkt durch das Vertretungsorgan entstanden sind oder mit diesem in einem Bezug stehen, sondern nach Art. 241 FestlandZPG einschränkungslos. 140 Im Ergebnis wird dadurch der Wohnsitz des Beklagten am Sitz des Vertretungsorgans fingiert bzw. vermutet 141 und deshalb häufig auch als Unterfall der allgemeinen Zuständigkeit behandelt.142 Daher schlägt Art. 24 ModellG die Begrenzung auf Streitigkeiten vor, die unmittelbar aus den kommerziellen Aktivitäten des Vertretungsorgans hervorgehen. Wer Vertretungsorgan eines ausländischen Unternehmens sein kann, richtet sich nach den Vorläufigen Bestimmungen die Aufsicht über die ständigen Vertretungsorgane ausländischer Unternehmen betreffend 143 des Staatsrats. 144 Diese Vorschriften gelten auch für Unternehmen aus Hong Kong, Macau und Taiwan.145 Danach dürfen als Vertretungsorgan ausländi138 㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯♯㤰㴺ᾴ俉俠㥱‟愫䙑㷾ゴ后⾛朗槁䞭嬌拳 vom 12.10.2002, in Kraft seit dem 16.10.2002. 139 In deutscher Übersetzung: „Für gegen mehrere Beklagte gemeinsam erhobene Prozesse, die unterschiedliche Ausführungsorte deliktischen Handelns betreffen, darf der Kläger die Zuständigkeit des Volksgerichts am Ausführungsort des deliktischen Handelns eines von diesen Beklagten wählen; nur für ein Verfahren, das gegen einen von den Beklagten angestrengt wird, besitzt das Volksgericht am Ausführungsort des deliktischen Handelns dieses Beklagten Zuständigkeit.“ 140 Dazu HU Yikui, Jianghuai Luntan 2004, 56 (58). Ähnlich auch die Kritik an diesem Gerichtsstand bei BAI Xueqing, Falü Shiyong 2005, 69 (70). 141 Vgl. HU Yikui, Jianghuai Luntan 2004, 56 (58). 142 Etwa bei SHEN Hongyu, CCMT Nr. 798; CHEN Haohui / YI Jianhua, CCMT Nr. 800. 143 ⊜ᾷ䳊䔯⨿⠦ὃ⽡殤妑㡣㢭䞭㞫奵嫭ⳃ vom 30.10.1980. 144 S. SUN Nanshen, Renmin Sifa 2002, 20 (20). 145 Dies ergibt sich indirekt daraus, dass Art. 32 der Ausführungsbestimmungen hinsichtlich Genehmigung und Aufsicht ständiger Vertretungsorgane ausländischer Unternehmen in China (⊜ᾷⳊ㎢▵䳊䔯⨿⠦ὃ⡑⑷⽡殤妑㡣㢭䞭ⳇ㛦俯⍂) des Ministeriums
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scher Unternehmen nur solche Vertretungsorgane tätig werden, die durch Genehmigung und Registrierung der zuständigen Behörde der chinesischen Regierung eingerichtet wurden.146 Keine Vertretungsorgane, deren Sitzort gerichtliche Zuständigkeit begründet, sind zwischen ausländischen und chinesischen Unternehmen auf der Basis vertraglicher Beziehungen errichtete Handelsvertretungsorgane (♯⏊䔯㡣㢭), auch wenn an sie Justizdokumente wirksam zugestellt werden können, von ausländischen Unternehmen in China errichtete Unternehmen mit Auslandsinvestitionen (⨿♯㎾幭 147 ὃ) oder Zweigniederlassungen (⌯㙘㡣㢭). Letztere können jedoch als Bestandteil des Vermögens des ausländischen Unternehmens zur Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte am Ort der Belegenheit pfändbaren Vermögens des Beklagten führen.148 3. Ausschließliche Zuständigkeit 259
Das festlandchinesische Recht enthält in Art. 244 Festland-ZPG, Art. 34 Festland-ZPG Regelungen der ausschließlichen Zuständigkeit seiner Gerichte. a) Art. 244 Festland-ZPG
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Nach Art. 244 Festland-ZPG sind festlandchinesische Gerichte für Streitigkeiten ausschließlich zuständig, die aufgrund von Verträgen über chinesisch-ausländische – im interregionalen Zusammenhang also zwischen Parteien vom Festland und aus Taiwan, Hong Kong oder Macau – mit gemeinsamem Kapital oder kooperativ betriebene Gemeinschaftsunternehmen sowie über die gemeinsame Erschließung und Ausbeutung natürlicher Ressourcen entstehen, die innerhalb Chinas zu erfüllen sind. Die Beibehaltung dieser Regelung schlägt Art. 46 Nr. 5 ModellG vor.149 Erfasst werden alle aus den genannten Verträgen erwachsenden Streitigkeiten, 150 also möglifür Außenhandel und Wirtschaftliche Zusammenarbeit (ⴢ⨿幡㜼俸㹷┱₅我) als Vorläufer des Ministeriums für Handelswesen (♯⏊我) vom 13.2.1995, anordnet, dass Anträge auf Errichtung eines ständigen Vertretungsorgans auf dem Festland durch Unternehmen aus Hong Kong, Macau und Taiwan nach den auf den Vorläufigen Bestimmungen die Aufsicht über die ständigen Vertretungsorgane ausländischer Unternehmen betreffend beruhenden Ausführungsbestimmungen erledigt werden. 146 Vgl. insbesondere Art. 2 und 19 der Vorläufigen Bestimmungen die Aufsicht über die ständigen Vertretungsorgane ausländischer Unternehmen betreffend. S. auch SUN Nanshen, Renmin Sifa 2002, 20 (20). 147 SUN Nanshen, Renmin Sifa 2002, 20 (20). Bzgl. Zweigniederlassungen s. auch LIANG Shuwen / YANG Rongxin, S. 2098 f. 148 SUN Nanshen, Renmin Sifa 2002, 20 (20). 149 Gegen eine Anwendung dieser ausschließlichen Zuständigkeitsregelung im interregionalen Rechtsverkehr Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (119). 150 Vgl. LIANG Shuwen /YANG Rongxin, S. 2103 f.; Hu, S. 64.
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cherweise auch solche über Rechte an geistigem Eigentum, sofern der Vertrag etwa ihre Übertragung o.ä. beinhaltet. Wann ein solcher Vertrag auf dem Festland zu erfüllen ist und damit die ausschließliche Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte nach sich zieht, klärt Ziff. 5 S. 1, 1. Halbsatz Zweites Protokoll: Als Erfüllungsort eines Vertrages über ein chinesisch-ausländisches Gemeinschaftsunternehmen gilt der Ort der Registereintragung des Unternehmens. Werden also Gemeinschaftsunternehmen in der Festland-Region eingetragen, so unterfallen aus solchen Verträgen entstehende Streitigkeiten der ausschließlichen Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte nach Art. 244 Festland-ZPG. Ziff. 5 S. 1, 2. Halbsatz Zweites Protokoll bestimmt den Registrierungsort eines auf dem Festland rechtmäßig gegründeten Gemeinschaftsunternehmens oder Unternehmens im ausschließlichen Auslandseigentum auch zum Erfüllungsort eines Vertrages zur Übertragung von Anteilen an diesem Unternehmen. Diese Vorschrift deutet darauf hin, dass aus Sicht des Obersten Volksgerichts auch Streitigkeiten aus Verträgen zur Übertragung von Anteilen an Unternehmen der Auslandsinvestition der ausschließlichen Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte unterfallen, obwohl sie in Art. 244 Festland-ZPG nicht genannt werden. Dafür spricht auch die Ausweitung der zwingenden Anwendung festlandchinesischen Rechts auf solche Verträge durch die Vertragsbestimmungen 2007 (s. dazu unten Rn. 465). Dass die Anteilsübertragung im Festland-ZPG noch keine Erwähnung findet, mag daran liegen, dass die Form der ausländischen Investition durch Unternehmenskauf erst Mitte der 1990er Jahre, also nach Inkrafttreten des Festland-ZPG möglich und beliebt wurde. 151 Da die in Art. 244 Festland-ZPG aufgeführten Formen alle zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Festland-ZPG möglichen Wege der Auslandsinvestition darstellten, liegt es nahe, dass die Vorschrift für alle Formen der Investition aus dem Ausland oder einer der anderen chinesischen Regionen gelten sollte und auch – zumindest vom Obersten Volksgericht – in dieser Weise verstanden wird. In der Praxis wird die Regelung des Art. 244 Festland-ZPG nur selten relevant: Zum einen werden aufgrund der Bedenken der ausländischen Investoren regelmäßig Schiedsklauseln vereinbart und dadurch die staatliche Gerichtsbarkeit insgesamt abbedungen (s. dazu sogleich Rn. 267).152 Zum anderen führen die allgemein anerkannten Zuständigkeitsgrundlagen des Wohnsitzes bzw. gewöhnlichen Aufenthaltes des Beklagten für den Fall, dass der ausländische Investor die chinesische Seite verklagt, und des Erfüllungsortes insbesondere für den Fall, dass die chinesische Seite gegen 151 S. zum Aufkommen von Unternehmenskäufen als Investitionsform Wolff, IPRax 2008, 55 (60, Fn. 68); ders., S. 181. 152 Hu, 46 (1999) NILR 204 (222 f.).
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den ausländischen Partner vorgehen möchte, ohnehin zu einer Zuständigkeit chinesischer Gerichte. 153 Allerdings wäre es ohne die Regelung des Art. 244 Festland-ZPG möglich, im Ausland aufgrund eines exorbitanten Gerichtsstands ein Urteil gegen die chinesische Seite eines solchen Vertrages zu erlangen und dieses – als gegen keine ausschließliche Zuständigkeit chinesischer Gerichte verstoßend – in China anerkennen und vollstrecken zu lassen, auch wenn dies aufgrund der praktischen Schwierigkeiten der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in China eher ein theoretisches Risiko darstellen würde.154 b) Art. 34 Festland-ZPG 264
Nach Ziff. 305 S. 1 ZPG-Ansichten ist neben Art. 244 Festland-ZPG auch Art. 34 Festland-ZPG auf Fälle mit Außenbezug anzuwenden. Zwar könnte Art. 244 Festland-ZPG als lex specialis für Fälle mit Außenbezug angesehen werden; er würde dann nach Art. 235 Festland-ZPG die Anwendung des Art. 34 Festland-ZPG als entsprechende Regelung der örtlichen Zuständigkeit ausschließen.155 Die ganz herrschende Auffassung in der festlandchinesischen Rechtswissenschaft folgt jedoch der in Ziff. 305 ZPGAnsichten verbindlich156 zum Ausdruck kommenden Auffassung des Obersten Volksgerichts,157 wenn auch eine teilweise einschränkende, teilweise ausweitende Änderung der Grundlagen ausschließlicher Zuständigkeit de lege ferenda befürwortet wird.158 153
So die Argumentation bei Hu, S. 205 f.; ders., 46 (1999) NILR 204 (222 f.). Zu den Schwierigkeiten der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsurteile in der Volksrepublik China vgl. Reyes, 23 (1997) Brook. J. Int’l L. 241 (250 ff.) sowie unten Rn. 635 ff. 155 So WU Yiming, Nanjing Shenji Xueyuan Xuebao 2006, 80 (81 f.). 156 Auch diesbezüglich heftige Kritik bei WU Yiming, Nanjing Shenji Xueyuan Xuebao 2006, 80 (82). 157 S. etwa QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (33); Zhang, 25 B. C. Int'l & Comp. L. Rev. 59 (71 f.); JIA Yanru, Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2003, 86 (87); LOU Binglu, Henan Shehui Kexue 1998, 59 (60 f.); ZHU Zhisheng, Dangdai Faxue 2001, 64 (65); LI Tao / ZHANG Ying, Beijing Hangkong Hangtian Daxue Xuebao 2005, 56 (58); CHEN Haohui / YI Jianhua, CCMT Nr. 800; NIE Huchen, Jiangxi Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2000, 28 (31); SHEN Hongyu, CCMT Nr. 798; Hu, S. 182; ders., 46 (1999) NILR 204 (208, 222 f.); HUANG Rui / ZHANG Dongli, Nanchang Daxue Xuebao 2003, 62 (64). 158 Eine Abschaffung der Nachlasszuständigkeit befürworten: ZHOU Liming, Zhoukou Shifan Xueyuan Xuebao 2005, 72 (73, 74); für den interregionalen Rechtsverkehr LI Tao / ZHANG Ying, Beijing Hangkong Hangtian Daxue Xuebao 2005, 56 (60); CHEN Haohui / YI Jianhua, CCMT Nr. 800. Die Regelung des Brüssel-Abkommens sehen LI Tao / ZHANG Ying, Beijing Hangkong Hangtian Daxue Xuebao 2005, 56 (60), als Vorbild für das interregionale Verhältnis, ZHOU Liming, Zhoukou Shifan Xueyuan Xuebao 2005, 72 (74 f.) will allgemein die Regelung des ModellG (Ausweitung im Hinblick auf Entste154
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Für die mit der vorliegenden Arbeit untersuchten Fälle des Wirtschaftsverkehrs ist insbesondere die in Art. 34 Nr. 1 Festland-ZPG festgelegte ausschließliche Zuständigkeit für Streitigkeiten um unbewegliches Vermögen an dessen Belegenheitsort von Bedeutung. Ferner sind die festlandchinesischen Gerichte nach Art. 34 Nr. 2 Festland-ZPG für Streitigkeiten aus dem Betrieb eines festlandchinesischen Hafens ausschließlich zuständig. Beide Gerichtsstände finden sich in Art. 46 Nr. 1 und 2 ModellG als Vorschlag für eine künftige Regelung wieder. Darüber hinaus empfiehlt das ModellG in seinem Art. 46 Nr. 3 eine ausschließliche Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte für Fragen der Wirksamkeit der Gründung und der Auflösung sowie die inneren Angelegenheiten einer juristischen Person, wenn diese in der Volksrepublik gegründet wurde oder ihren Hauptgeschäftssitz hat, und in Art. 46 Nr. 4 ModellG für Streitigkeiten um die Wirksamkeit von geistigem Eigentum, das in der Volksrepublik zu registrieren ist.
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c) Abbedingung ausschließlicher Zuständigkeit Die ausschließliche Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte vermag nach Ziff. 305 S. 2 ZPG-Ansichten durch die Abbedingung der staatlichen Gerichtsbarkeit in Form einer Schiedsvereinbarung ausgeschlossen zu werden (vgl. auch Art. 255 Festland-ZPG), nicht dagegen durch bloße Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien (zu letzterem s. auch unten Rn. 280). Die Wirkung der Umgehung der ausschließlichen Zuständigkeit kommt einer Schiedsvereinbarung jedoch nur zu, wenn sie wirksam ist und ihr Inhalt eindeutig, 159 da sonst ihre Durchsetzung abgelehnt wird. 160 Für die Entscheidung über die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung sind nach Ziff. 6 Zweites Protokoll die Gerichte am Wohnsitz von Antragsteller und Antragsgegner sowie am Abschlussort der Schiedsvereinbarung zuständig. 161 Ist eine Schiedsvereinbarung wirksam und eindeutig, erstreckt sie hung juristischer Personen und geistiges Eigentum) übernehmen. WU Yiming, Nanjing Shenji Xueyuan Xuebao 2006, 80 (85), will nur ausschließliche Gerichtsstände für unbewegliches Vermögen, juristische Personen und geistiges Eigentum. 159 Ziff. 145 ZPG-Ansichten; Art. 65 Schiedsgesetz der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺 ⊚▵⠦‛姪㷾) vom 31.8.1994, in Kraft seit 1.9.1995; Ziff. II. (6) S. 2 Hong Kong/MacauAntworten. Vgl. Zhang, 25 B.C. Int'l & Comp. L. Rev. 59 (73). S. auch zu den Anforderungen an eine Schiedsklausel wie deren Ausschließlichkeit HUANG Jin / DU Huanfang, 7 (2004) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 115 (147 ff.). 160 S. etwa Oberstes Volksgericht v. 13.12.2000 (Xinhu Handelsgesellschaft (Korea) gegen Europa-Asien Wirtschafts- und Handels-Hauptgesellschaft der Provinz Sichuan), (2000) 俸俱Ⲁ䱕 155 ┠, Supreme People’s Court Gazette 2001.3 (Vol. 71), 97 f. 161 Ziff. 6 Zweites Protokoll enthält desweiteren Vorschriften über die Zuständigkeit für die Aufhebung einer Schiedsgerichtsentscheidung und die Vollstreckung von Schiedsurteilen.
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sich nach Ziff. 7 Zweites Protokoll auf alle aufgrund des Vertrages oder mit ihm in Beziehung stehenden Streitigkeiten, so dass den staatlichen Gerichten auch die Zuständigkeit fehlt, wenn wegen eines Delikts Klage erhoben wird, das sich im Verlauf des Vertragsschlusses und der Vertragserfüllung ereignet hat.
II. Zuständigkeit kraft Vereinbarung der Parteien II. Zuständigkeit kraft Vereinbarung der Parteien
1. Art. 242 Festland-ZPG 268
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Das festlandchinesische Recht lässt mit Art. 242 Festland-ZPG Gerichtsstandsvereinbarungen für den internationalen und damit auch den interregionalen Rechtsverkehr zu. Die Geltung für Fälle mit Hong Kong- oder Macau-Bezug findet ihre Bestätigung im vierten und fünften Unterpunkt des zweiten Abschnitts der Hong Kong/Macau-Antworten (s. auch den sechsten Unterpunkt des zweiten Abschnitts hinsichtlich der Möglichkeit einer Schiedsgerichtsvereinbarung).162 Art. 242 Festland-ZPG gesteht jedoch einzig ausdrücklichen Vereinbarungen eine Wirkung zu, die darüber hinaus auch nur begrenzt anerkannt werden: Schon Art. 244 Festland-ZPG selbst schreibt Schriftform für eine solche Vereinbarung vor, 163 grenzt die Bestimmung eines Gerichtsstands auf vertrags- oder vermögensrechtliche Streitigkeiten ein und verlangt eine „tatsächliche Beziehung“ (ⳇ杮兽两) der Streitigkeit zu dem gewählten Ort. a) Schriftform
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Zur Erläuterung des Schriftformerfordernisses des Art. 242 Festland-ZPG wird der Schriftform oft die nicht anzuerkennende mündliche Vereinbarung eines Gerichtsstands gegenüber gestellt.164 Nach einem Teil der Literatur genügen der Schriftform neben schriftlichen Verträgen, Dokumenten und Briefen auch Telegramme und Telefaxe, nicht aber auf Computer oder Diskette hinterlegte Dokumente aufgrund ihrer leichten Veränderbarkeit und mangels Unterschrift.165 Eine andere Gruppe in der Literatur versteht das Schriftformerfordernis streng und schließt seine Erfüllung sogar durch Te162 Zur Rechtslage vor Erlass des Festland-ZPG von 1992 vgl. XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (12). 163 Das „Dürfen“ (┘) in Art. 242 Festland-ZPG bezieht sich auf die Möglichkeit einer Zuständigkeitsvereinbarung, nicht ihre Form. Bei lediglich mündlicher Wahl kann nur Art. 245 Festland-ZPG helfen. S. XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (14). 164 XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (14); QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (33); LOU Binglu, Henan Shehui Kexue 1998, 59 (60). 165 Hu, 46 (1999) NILR 204 (213 f.) stellt dies – jedoch ohne Nachweis – als einhellige Meinung dar.
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legramm, Telex, Fax oder eine andere Form der Nachrichtenübermittlung, die als schriftlicher Beweis dienen kann, aus.166 Übereinstimmend wird jedoch eine Anpassung an die modernen technischen Entwicklungen durch eine entspanntere Regelung der Form gefordert. 167 Dabei wird vor allem auf die entsprechende Bestimmung des materiellen Rechts, Art. 11 VertragsG, verwiesen:168 Schriftform meint danach eine Form wie Vertragsurkunde, Brief oder elektronisches Datenschriftstück (einschließlich Telegramm, Telex, Telefax, elektronische Datenübertragung und Email), in welcher der überbrachte Inhalt sichtbaren Ausdruck finden kann (zu Art. 11 VertragsG s. schon oben Rn. 197). Gelegentlich wird eine Anwendung der Regelung des Art. 11 VertragsG auf Gerichtsstandsvereinbarungen schon de lege lata bejaht, da sie eine Art Vertragsverhalten darstellen.169 Zum Teil wird auch vertreten, dass unter bestimmten Bedingungen sogar mündliche Vereinbarungen zugelassen werden sollen.170 b) Vertrags- und vermögensrechtliche Streitigkeit Gerichtsstandsklauseln können nur für vertrags- und vermögensrechtliche Streitigkeiten getroffen werden. Nicht möglich ist es daher, für Angelegenheiten, die Status ( 忔⌯ ) und (Rechts-)Fähigkeit (刦⏄ ) einer natürlichen Person betreffen (oder – im Rahmen dieser Arbeit nicht untersuchte – familien- und erbrechtliche Beziehungen), die Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts zu wählen.171 Was genau zu den vertrags- und vermögensrech166
LI Changchun / LIU Kai / WANG Zu, Xihua Shifan Daxue Xuebao 2005, 97 (98); wohl auch XIE Xinsheng, Xinan Zhengfa Daxue Xuebao 2006, 71 (72 f.). 167 XIE Xinsheng, Xinan Zhengfa Daxue Xuebao 2006, 71 (72 f.); JIA Yanru, Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2003, 86 (87 f.); ZHOU Liming, Zhoukou Shifan Xueyuan Xuebao 2005, 72 (75); ZHANG Li, Zhangzhou Shifan Xueyuan Xuebao 2001, 33 (35); LI Changchun / LIU Kai / WANG Zu, Xihua Shifan Daxue Xuebao 2005, 97 (100). Wohl auch Hu, 46 (1999) NILR 204 (213 f.). 168 XIE Xinsheng, Xinan Zhengfa Daxue Xuebao 2006, 71 (73); ZHANG Li, Zhangzhou Shifan Xueyuan Xuebao 2001, 33 (35); LI Changchun / LIU Kai / WANG Zu, Xihua Shifan Daxue Xuebao 2005, 97 (98, 100); Hu, 46 (1999) NILR 204 (213 f.). Vgl. auch QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (34), der die Anforderungen an einen Vertrag über die Zuständigkeit an die allgemeinen Regelungen für Verträge nach festlandchinesischem Recht anpassen will. JIA Yanru, Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2003, 86 (87 f.), verweist auf die entsprechende Regelung des schweizerischen IPR-Gesetzes als Vorbild. 169 CHEN Zhiyan, CCMT Nr. 801. 170 ZHOU Liming, Zhoukou Shifan Xueyuan Xuebao 2005, 72 (75); LI Changchun / LIU Kai / WANG Zu, Xihua Shifan Daxue Xuebao 2005, 97 (100). QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (34), sogar ohne Einschränkung. 171 Vgl. XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (13); ZHANG Li, Zhangzhou Shifan Xueyuan Xuebao 2001, 33 (35). S. auch ZHOU Liming, Zhoukou Shifan Xueyuan Xuebao 2005, 72 (73). Nach JIA Yanru, Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2003, 86 (87); QIU
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tlichen Streitigkeiten zählt, ob beispielsweise auch Vermögensstreitigkeiten, die aus Familien- und Erbrecht entstehen, hierunter subsumiert werden können, ist nicht geregelt.172 Jedenfalls befürwortet die Mehrheit der Literatur eine Ausweitung der Möglichkeit zur Wahl des zuständigen Gerichts für unterschiedliche Bereiche.173 c) Tatsächliche Beziehung 272
Was unter der geforderten „tatsächlichen Beziehung“ (ⳇ杮兽两) zu verstehen ist, regelt das Gesetz nicht konkret; auch eine entsprechende Erläuterung durch das Oberste Volksgericht fehlte174 bis zur Herausgabe des Zweiten Protokolls Ende 2005. (1) Objektive Bezugspunkte
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In der festlandchinesischen Literatur wurden ohne Begründung die Bezugspunkte genannt, die Art. 25 Festland-ZPG für Gerichtsstandsklauseln in rein festlandchinesischen Fällen vorsieht, nämlich Vertragsabschlussund -erfüllungsort, Wohnsitz von Kläger und Beklagtem, Belegenheit des Streitgegenstands.175 In den 2004 von der Vierten Zivilkammer des Obersten Volksgerichts ohne offizielle Bindungswirkung veröffentlichten (s. Rn. 87) Praktischen Antworten findet sich unter Frage 1 eine ähnliche Zusammenstellung umfassend zu berücksichtigender Bezugspunkte: WohnGuozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (33), sind personenrechtliche (ΰ忔) Beziehungen nicht erfasst. 172 S. dazu LI Changchun / LIU Kai / WANG Zu, Xihua Shifan Daxue Xuebao 2005, 97 (98); BAI Xueqing, Falü Shiyong 2005, 69 (69). Zur Möglichkeit eines sehr engen und eines sehr weiten Verständnisses des Begriffs der vermögensrechtlichen Streitigkeit s. Hu, S. 71. 173 JIA Yanru, Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2003, 86 (87): familienrechtliche Beziehungen; QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (33): alle Bereiche bis auf ausschließliche Zuständigkeit; ZHANG Li, Zhangzhou Shifan Xueyuan Xuebao 2001, 33 (35): aus Ehe-, Familien- und Erbrecht entspringende vermögensrechtliche Streitigkeiten; ZHOU Liming, Zhoukou Shifan Xueyuan Xuebao 2005, 72 (73): Status und Fähigkeit einer Person; LI Changchun / LIU Kai / WANG Zu, Xihua Shifan Daxue Xuebao 2005, 97 (98, 99 f.): familienrechtliche Streitigkeiten mit vermögensrechtlichem Schwerpunkt. 174 S. SUN Nanshen, Renmin Sifa 2002, 20 (20 f.); XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (14 f.); Hu, 46 (1999) NILR 204 (215). Vgl. auch ZHANG Li, Zhangzhou Shifan Xueyuan Xuebao 2001, 33 (34 f.). 175 So etwa LOU Binglu, Henan Shehui Kexue 1998, 59 (60); ZHU Zhisheng, Dangdai Faxue 2001, 64 (65); JIA Yanru, Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2003, 86 (87); LIANG Shuwen / YANG Rongxin, S. 2101. SUN Nanshen, Renmin Sifa 2002, 20 (20 f.), nennt darüber hinaus noch Ausgangs- und Zielort der Ware. XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (15) stützt sich dagegen ausdrücklich unter anderem auf die Regelung des Art. 25 Festland-ZPG als Vorbild. Schon von Senger/Xu, S. 510, und Hu, 46 (1999) NILR 204 (215), sahen diese Vorschrift als Anhaltspunkt für eine Auslegung des Begriffs an.
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sitzorte der Parteien, Registrierungsort, Hauptgeschäfts- und Geschäftsort, Vertragsabschluss- und -erfüllungsort und Belegenheitsort des (Streit-)Gegenstands. Nunmehr bestimmt jedoch Ziff. 4 des Zweiten Protokolls ausdrücklich, dass bei der Beurteilung, ob der gewählte Gerichtsort in tatsächlicher Beziehung zur Streitigkeit steht, die Wohnsitzorte der Parteien, Registrierungsorte, Geschäftsorte, der Vertragsabschluss- und -erfüllungsort sowie der Belegenheitsort des (Streit-)Gegenstands zu berücksichtigen sind, also wählbare Gerichtsstände darstellen. 176 Dahinter steht der Gedanke, dass diese Bezugspunkte ohnehin aus festlandchinesischer Sicht eine so ausreichende Beziehung zum Forumstaat herstellen, dass sie die besondere Zuständigkeit nach den gesetzlichen Vorschriften begründen. Die Gerichtsstandsklausel bewirkt dann lediglich den Ausschluss anderer (gesetzlicher) Gerichtsstände (sofern sie ausschließlich ist, dazu unten Rn. 285 f.).177 Wenn diese Aufzählung abschließend gemeint wäre, würden andere Bezugspunkte nicht ausreichen. An ihrem Ende ist „usw.“ (䱲) angefügt. Dieses Zeichen wird in der chinesischen Sprache nicht immer zur Kennzeichnung einer offenen Aufzählung verwendet; es kann auch lediglich das Ende einer Aufzählung anzeigen, wird dann aber durch ein nachgestelltes Zahlwort begleitet.178 Ein solches fehlt hier, so dass die Aufzählung von ihrem Wortlaut her für weitere Bezugspunkte offen ist. Gegen einen abschließenden Charakter spricht zudem, dass der Vorsitzende Richter der Zweiten Zivilkammer des Obersten Volksgerichts nur wenige Jahre vor Veröffentlichung des Zweiten Protokolls zusätzlich als objektive, also außerhalb des Einflusses der Parteien stehende Aspekte, die aus seiner Sicht eine tatsächliche Beziehung begründen können, die Staatsangehörigkeit der Parteien, 179 aber auch alle Anknüpfungsmomente des Art. 241 Festland-ZPG (Belegenheitsort pfändbares Beklagtenvermögen, Deliktsort, Ort eines Vertretungsorgans des Beklagten) sowie weitere mit der Vertragserfüllung in Bezug stehende Orte (z.B. Verlade-, Ziel-, Produktions-, Warenprüfungsorte) nennt.180
176 Die gleiche Aufzählung findet sich bei SHEN Hongyu, CCMT Nr. 798, der sie möglicherweise dem Zweiten Protokoll entnommen, dies jedoch nicht kenntlich gemacht hat. 177 Vgl. dazu die Erläuterungen von XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (14), Vorsitzendem Richter der Zweiten Zivilkammer des Obersten Volksgerichts, einige Jahre vor Veröffentlichung des Zweiten Protokolls. 178 LI Yimin (Hrsg.), Wörterbuch, S. 257; LÜ Shuxiang (Hrsg.), Wörterbuch, S. 144. 179 XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (14). 180 XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (15).
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(2) Anzuwendendes Recht als Bezugspunkt 276
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Das Zweite Protokoll klärt nicht, ob neben den aufgezählten, rein förmlichen Beziehungen auch ein wesensmäßiger Bezug wie das auf eine vertragliche Streitigkeit anwendbare Recht zur Begründung einer „tatsächlichen Beziehung“ ausreichen soll. Nach einer Auffassung genügt dies nicht: 181 Zum einen lasse eine Rechtswahl nicht ohne weiteres auf den Willen der Parteien schließen, auch einen entsprechenden Gerichtsstand zu bestimmen, und beziehe sich nicht auf das Prozessrecht des gewählten Rechts. Zum anderen könne das Zuständigkeitsrecht als öffentliches Recht nicht einfach von den Parteien abbedungen werden, sonst könnten diese die Grenzen einer Rechtsordnung für eine Zuständigkeitsvereinbarung umgehen. Nur objektive Faktoren könnten eine „tatsächliche Beziehung“ begründen. Die Gegenauffassung, der das Oberste Volksgericht in einer Antwort auf die Anfrage eines Provinzobergerichts gefolgt sein soll,182 hält eine Rechtswahl durch die Parteien für ausreichend, um eine „tatsächliche Beziehung“ zu einem Drittstaat zu begründen.183 Das festlandchinesische Recht lasse die Wahl einer Rechtsordnung ohne jede Beziehung zum Vertrag zu (Art. 145 AGZ, Art. 126 VertragsG; zur Rechtswahl unten Rn. 440 ff.). Dadurch, dass auf die Vertragsbeziehungen und alle daraus erwachsenden Streitigkeiten zwischen den Parteien aber die gewählte Rechtsordnung angewendet werden müsse, entstehe eine enge Beziehung innerer Art zu dem entsprechenden Staat. Es sei auch angemessen, die Gerichtsstandsklausel der Parteien zugunsten eines Drittstaates, dessen Recht sie zur Anwendung bestimmt haben, als wirksam anzuerkennen: Trotz grundsätzlicher Trennung von materiellem und Prozessrecht spiegele sich Kenntnis und Vertrauen zur gewählten Rechtsordnung in der Wahl auch der Zuständigkeit der Gerichte des entsprechenden Staates wider; eine übereinstimmende Wahl sei nicht zufällig. Die Zuständigkeit des dazu bestimmten Gerichts entspreche dem Wunsch und den Interessen der Parteien, gewähre eine gewisse Vorhersehbarkeit des Entscheidungsergebnisses und verhindere ein forum shopping durch den Kläger. Das gewählte Gericht könne die Rechtslage nach seinem eigenen Recht problemlos ermitteln; die Neutralität der Gerichte eines in Beziehung auf die streitige Rechtsbeziehung neutralen Staates könne zu objektiveren und gerechteren Ergebnissen führen.184
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Eine Darstellung dieser Auffassung findet sich bei XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (15). 182 Davon berichtet XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (16). 183 XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (16 f.); SUN Nanshen, Renmin Sifa 2002, 20 (20 f.). 184 Alle Argumente bei XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (16 f.).
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Frage 6 der Praktischen Antworten ist darauf gerichtet, wie Klagen von Parteien aus Übersee wegen Streitigkeiten, die sich außerhalb Chinas ereignet haben, behandelt werden sollen. Die Vierte Zivilkammer des Obersten Volksgerichts antwortet darauf, dass chinesische Gerichte durch schriftliche Gerichtsstandsklausel der Parteien oder rügelose Einlassung des Beklagten Zuständigkeit erlangen, sofern die Streitigkeit nicht Rechte an unbeweglichem Vermögen betrifft. Von einer erforderlichen „tatsächlichen Beziehung“ ist hier nicht die Rede. Dennoch kann wohl davon ausgegangen werden, dass die Vierte Zivilkammer damit nicht – entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut – dieses Erfordernis für die betroffenen Streitigkeiten aufheben wollte. Möglicherweise wollten die Richter lediglich klarstellen, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung nicht nur die Wahl zwischen ohnehin zuständigen Gerichten, sondern auch eine Prorogation ermöglicht, wenn ansonsten kein allgemeiner, besonderer oder ausschließlicher Gerichtsstand in China begründet ist. Insofern stimmen die Äußerungen der Vierten Zivilkammer des Obersten Volksgerichts zu Frage 6 der Praktischen Antworten mit dem dritten Unterpunkt des zweiten Abschnitts der Hong Kong/Macau-Antworten überein, nach der eine Wirtschaftsstreitigkeit zwischen Parteien aus Hong Kong oder Macau aufgrund schriftlicher Vereinbarung oder rügeloser Einlassung der Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte unterfallen kann, auch wenn die Wirtschaftsbeziehung nicht in der inneren Region entstanden ist, verändert oder beendet wurde und sich auch der Streitgegenstand nicht in der inneren Region befindet. Frage 6 der Praktischen Antworten nimmt jedoch Streitigkeiten um unbewegliches Vermögen – wohl in Anbetracht des diesbezüglich verbreitet geltenden Grundsatzes ausschließlicher Zuständigkeit und daraus resultierender mangelnder Anerkennungs- und Vollstreckungsfähigkeit eines chinesischen Urteils – von der Prorogationsmöglichkeit aus.
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d) Kein Verstoß gegen Instanzenzug und ausschließliche Zuständigkeit Eine weitere Grenze der Wahl eines Gerichtsstands stellt Art. 242 S. 2 Festland-ZPG dar: Eine solche Klausel darf nicht den Vorschriften des Festland-ZPG über den Instanzenzug und die ausschließliche Zuständigkeit zuwider laufen. Ob sie, um überhaupt wirksam werden zu können, ein bestimmtes Instanzgericht bezeichnen muss und die Parteien daher mit der komplexen Frage der Ermittlung des für einen möglicherweise zukünftig entstehenden Streit instanziell zuständigen und mit diesem in tatsächlicher Beziehung stehenden Gerichts konfrontiert werden, erscheint nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht zwingend.185 Frage 2 der Praktischen Antworten spricht das Problem an, wie bei einem Verstoß gegen die instanziellen 185
So aber wohl Hu, 46 (1999) NILR 204 (214 f.), der dies allerdings kritisiert.
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Zuständigkeitsvorschriften zu verfahren ist. Aus Sicht der Vierten Zivilkammer des Obersten Volksgerichts ist ein solcher Verstoß nach den Vorschriften über instanzielle Zuständigkeit zu behandeln und unter Umständen an das instanziell zuständige Gericht zu verweisen.186 Dies deutet darauf hin, dass die Nichtbeachtung der instanziellen Zuständigkeitsordnung festlandchinesischer Gerichte nicht zur Unwirksamkeit der Gerichtsstandsklausel insgesamt führt, sondern dass die Wahl der Parteien nur in dieser Hinsicht korrigiert wird. Nach ihrem Wortlaut beziehen sich beide Einschränkungen nur auf den Fall, dass die Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte vereinbart wurde, d.h. die Vereinbarung der Zuständigkeit eines Gerichts außerhalb des Festlands müsste danach möglich sein, selbst wenn die Vorschriften der Festland-ZPG für den gegebenen Fall eine ausschließliche Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte vorsehen. 187 Allerdings wird die Vorschrift in der Literatur einheitlich und ohne weitere Erläuterung so verstanden, dass eine Gerichtsstandsklausel in keinem Fall die ausschließliche Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte abbedingen darf; 188 lediglich wirksame Schiedsvereinbarungen vermögen diese zu umgehen (dazu oben Rn. 267). Darauf, dass sich diese Auslegung auf Ziff. 305 ZPG-Ansichten stützen kann, wird nur selten verwiesen.189 In Ziff. 305 ZPG-Ansichten stellt das Oberste Volksgericht klar, dass „gemäß der Regelung der Art. 34 und 244 der Zivilprozessordnung“ die Parteien nicht die Zuständigkeit der Gerichte eines anderen Landes vereinbaren dürfen, wenn ihre Streitigkeit in die ausschließliche Zuständigkeit chinesischer Gerichte fällt. e) Beschränkung auf die erste Instanz
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Die Vereinbarung eines Gerichtsstands ist ferner auf die Verhandlung des Falles in erster Instanz beschränkt.190 Auch wenn das Festland-ZPG keine dahingehende Regelung aufweist, wird dieser Schluss aus dem geltenden 186
Gemeint sein dürften hier die Art. 36 ff., insbesondere Art. 39 Festland-ZPG. Dieses Problem erkennt auch Hu, S. 71 f.; ders., 46 (1999) NILR 204 (214). 188 Vgl. HUANG Jin, Forschungen, S. 71; HAN Depei (Hrsg.) / XIE Shisong, 629 f.; NIE Huchen, Jiangxi Guangbo Dianshi Xuebao 2000, 28 (31); QIU Guozhong, Jainying Daxue Xuebao 2002, 32 (33); LI Tao / ZHANG Ying, Beijing Hankong Hangtian Daxue Xuebao 2005, 56 (58); SHEN Hongyu, CCMT Nr. 798; XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (13). In anderen Darstellungen wird zwar der Wortlaut des Gesetzes wiedergegeben, jedoch nicht seine Konsequenz beleuchtet, s. etwa Zhang, 25 B.C. Int' & Comp. L. Rev. 59 (70); JIA Yanru, Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2003, 86 (87); ZHANG Li, Zhangzhou Shifan Xueyuan Xuebao 2001, 33 (35); SUN Nanshen, Renmin Sifa 2002, 20 (21). 189 Eine Ausnahme bilden in dieser Hinsicht ZHOU Liming, Zhoukou Shifan Faxue Xuebao 2005, 72 (73); Hu, 46 (1999) NILR 204 (214). 190 Vgl. dazu XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (13); JIA Yanru, Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2003, 86 (87); LOU Binglu, Henan Shehui Kexue 1998, 59 (60). 187
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Zivilprozesssystem abgeleitet. 191 Welche Gerichte des gewählten Staates für weitere Instanzen zuständig sind, entscheidet das Prozessrecht des Gerichtsortes.192 f) Wirksamkeit nach allgemeinen Regeln Weitere ungeschriebene Voraussetzung der Anerkennung einer Zuständigkeitsvereinbarung ist deren Wirksamkeit nach allgemeinen Regeln.193 Wie in anderen Gebieten des Rechts muss eine Vereinbarung mit den gesetzlichen Vorschriften übereinstimmen.194 Zur Unwirksamkeitserklärung durch das Gericht kann der Abschluss der Vereinbarung unter Zwang oder Täuschung, 195 durch einen Minderjährigen 196 oder die Berücksichtigung der Interessen der schwächeren Partei bei einem Formularvertrag197 führen. Da eine Zuständigkeitsvereinbarung Ausfluss der Parteiautonomie ist, muss sie Ergebnis gleichberechtigter Verhandlung sein.198 Als weiteres Beispiel ist aber auch die fehlende Genehmigung des Änderungsvertrages zu einem Vertrag über ein Gemeinschaftsunternehmen genannt worden.199 Welcher Rechtsordnung diese allgemeinen Regeln zu entnehmen sind, wird regelmäßig nicht erläutert.200 Die Beispiele zeigen, dass wohl die lex fori, also festlandchinesisches Recht angewendet werden würde. 201 Dies lässt sich damit begründen, dass die Zulässigkeit und Wirksamkeit einer Gerichtsstandsklausel eine Frage des Verfahrensrechts ist,202 was durch den zweiten Unterpunkt des dritten Abschnitts unter 2. des Protokolls 1989 bestätigt wird. Danach zieht die Unwirksamkeit eines Vertrages, der streitlösende Klauseln wie eine Gerichtsstandsklausel enthält, nicht auch deren Unwirksamkeit nach sich. 203 Nach anderer Auffassung darf das Gericht nicht ohne weiteres eigenmächtig die lex fori anwenden, sondern muss das 191
So XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (13). XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (13). 193 S. dazu insbesondere XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (13). Vgl. auch CHEN Haohui / YI Jianhua, CCMT Nr. 800; HUANG Rui / ZHANG Dongli, Nanchang Daxue Xuebao 2003, 62 (64); Hu, S. 85; ders., 46 (1999) NILR 204 (215). 194 Vgl. XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (13); Hu, 46 (1999) NILR 204 (215). 195 S. XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (13); HUANG Rui / ZHANG Dongli, Nanchang Daxue Xuebao 2003, 62 (64); Hu, S. 85; ders., 46 (1999) NILR 204 (215). 196 XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (13). 197 Vgl. CHEN Haohui / YI Jianhua, CCMT Nr. 800. Ähnlich Hu, 46 (1999) NILR 204 (215). 198 Vgl. HUANG Rui / ZHANG Dongli, Nanchang Daxue Xuebao 2003, 62 (64). 199 CHEN Haohui / YI Jianhua, CCMT Nr. 800. 200 Insofern eine Ausnahme bildet CHEN Zhiyan, CCMT Nr. 801. 201 Hu, 46 (1999) NILR 204 (215), geht ohne weiteres von der Anwendbarkeit der AGZ und dem damals noch geltenden AWVG aus. 202 So Pattloch, S. 262. 203 Dazu von Senger/Xu, S. 511. 192
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Recht anwenden, das nach Auslegung der Parteivereinbarung auf die Klausel anwendbar sein soll.204 g) Ausschließlichkeit 285
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Die Wahl des Gerichtsstands muss ausschließlich sein. Wenn ihr nicht entnommen werden kann, dass sie ansonsten zuständige Gerichte anderer Länder von der Ausübung der Zuständigkeit ausschließen soll, kann sich ein festlandchinesisches Gericht dennoch nach den entsprechenden Regeln des Festland-ZPG für zuständig erklären. Dies stellt nunmehr Ziff. 12 des Zweiten Protokolls klar.205 Zuvor fehlte jegliche diesbezügliche Regelung durch Gesetz oder Auslegung,206 so dass Raum für zwei unterschiedliche Meinungsgruppen blieb: eine sah auch durch nicht ausschließliche Vereinbarungen die Zuständigkeit chinesischer Gerichte als ausgeschlossen an, die andere hielt eine Zuständigkeit – wie nun das Oberste Volksgericht bestätigt hat – nach den Vorschriften des Festland-ZPG daneben für möglich.207 Demnach erweitert eine nicht ausschließliche Zuständigkeitsvereinbarung lediglich die gesetzlich vorgesehenen Gerichtsstände, während der durch eine ausschließliche Klausel begründete Gerichtsstand wie ein gesetzlich ausschließlicher Gerichtsstand wirkt. 208 Fraglich ist allerdings, wann eine Gerichtsstandsklausel als ausschließlich angesehen wird und nach welchem Recht sie auszulegen ist. Die derzeitige Praxis nimmt im Zweifel an, dass sie nicht ausschließlich gemeint ist, wenn die Parteivereinbarung unklar ist bzw. den Ausschluss anderer Gerichtsstände nicht ausdrücklich festlegt oder eine Klausel für die Umgehung der getroffenen ausschließlichen Wahl vorsieht.209 Dies wird von Seiten der Literatur kritisiert und eine Regelung gefordert, nach der Gerichtsstandsklauseln im
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CHEN Zhiyan, CCMT Nr. 801. Vgl. zuvor schon die Antwort auf Frage 5 der unverbindlichen Praktischen Antworten. Beispielsfälle in diesem Sinne bei DU Tao / CHEN Li, S. 374 f. 206 Vgl. dazu XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 29 (29); Hu, S. 77; ders., 46 (1999) NILR 204 (216). 207 S. die Darstellung des Meinungsstreits bei XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 29 (29). 208 XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 29 (30). 209 Vgl. zu dieser Praxis SHEN Hongyu, CCMT Nr. 798; YANG Honglei, Falü Shiyong 2004, 2 (2). A.A. DU Tao / CHEN Li, S. 374. 205
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Zweifel als ausschließlich zu verstehen sind.210 Die Frage des anwendbaren Rechts wird nur selten problematisiert.211 h) Kein Verstoß gegen den inländischen ordre public Eine Vorschrift wie Art. 185 AGZ, der einen Verstoß des gewählten oder objektiv anwendbaren Rechts gegen den festlandchinesischen ordre public verbietet, fehlt im Festland-ZPG für Gerichtsstandsklauseln. 212 Möglich erscheint es aber dennoch, dass ein festlandchinesisches Gericht eine Zuständigkeitsvereinbarung wegen Verstoßes gegen den ordre public – etwa gestützt auf eine Unwirksamkeit nach allgemeinen Regeln (oben Rn. 283) – nicht anerkennen würde.
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2. Art. 243 Festland-ZPG a) Charakter als konkludente Zuständigkeitsvereinbarung Nach Art. 243 Festland-ZPG (ehemals Art. 245) gilt es als Anerkennung der Zuständigkeit der festlandchinesischen Gerichte, wenn ein Beklagter keine Einwände gegen die Zuständigkeit erhebt und auf die Klage erwidert. Diese Zuständigkeit kraft rügeloser Einlassung wird ganz überwiegend als nachträgliche, konkludente Zuständigkeitsvereinbarung angesehen. 213 Die Willenserklärung des Klägers zum Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung liegt in der Erhebung der Klage vor einem bestimmten Gericht, die Annahmeerklärung des Beklagten gibt dieser konkludent durch sein Verhalten ab.214
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Beispielsweise von SHEN Hongyu, CCMT Nr. 798; XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 29 (31). 211 Eine Ausnahme bildet diesbezüglich Hu, 46 (1999) NILR 204 (216), der zwar allgemein von einer Auslegung nach dem auf die Gerichtsstandsvereinbarung anwendbaren Recht ausgeht, aber die Position des chinesischen Rechts dazu als unklar bezeichnet. 212 Vgl. dazu XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 11 (14); BAI Xueqing, Falü Shiyong 2005, 69 (69). 213 QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (33); JIA Yanru, Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2003, 86 (87); LOU Binglu, Henan Shehui Kexue 1998, 59 (60); HU Yikui, Jianghuai Luntan 2004, 56 (58); LI Tao / ZHANG Ying, Beijing Hangkong Hangtian Daxue Xuebao 2005, 56 (58); CHEN Haohui / YI Jianhua, CCMT Nr. 800; ZHOU Liming, Zhoukou Shifan Xueyuan Xuebao 2005, 72 (73); NIE Huchen, Jiangxi Guangbo Dianshi Xuebao 2000, 28 (31); XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 29 (31 f.); LIANG Shuwen / YANG Rongxin, S. 2102. Wohl auch SHEN Hongyu, CCMT Nr. 798. Unklar insofern Zhang, 25 B.C. Int' & Comp. L. Rev. 59 (70). A.A. wohl ZHU Zhisheng, Dangdai Faxue 2001, 64 (65); HAN Depei (Hrsg.) / XIE Shisong, 630, die Art. 243 Festland-ZPG als „vermutete“ Zuständigkeit gesondert behandeln; HUANG Rui / ZHANG Dongli, Nanchang Daxue Xuebao 2003, 62 (64 f.). 214 Vgl. dazu XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 29 (31 f.).
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1. Teil: Festland – § 4 Interregionale Zuständigkeit
Da ein bloßes Unterlassen keine konkludente Willenserklärung darstellt, sieht das Gesetz neben dem Fehlen eines Einwandes gegen die Zuständigkeit als weitere Voraussetzung die Einlassung des Beklagten vor.215 Daraus folgt, dass ein Gericht einen Mangel an Zuständigkeit eigentlich nicht gestützt auf eine konkludente Willenserklärung des Beklagten nach Art. 243 Festland-ZPG überwinden kann, wenn der Beklagte auf die Klage überhaupt nicht reagiert. b) Verhältnis zu Art. 38 Festland-ZPG
290
Problematisch erscheint allerdings insofern die Rolle des Art. 38 FestlandZPG, nach dem ein Beklagter das Recht des Einwands der Unzuständigkeit des Gerichts verliert, wenn er ihn nicht innerhalb der für die Klageerwiderung vorgesehenen Frist des Art. 113 Festland-ZPG (für Beklagte ohne Wohnsitz in China Art. 246 Festland-ZPG) erhebt.216 In der festlandchinesischen Literatur wird diese Vorschrift regelmäßig in die Regelung des Art. 243 Festland-ZPG hineingelesen: Voraussetzung für eine konkludente Zuständigkeitsvereinbarung sei die Einlassung des Beklagten und der Mangel einer Rüge der Unzuständigkeit innerhalb der für die Klageerwiderung vorgesehenen Frist, wobei letzteres als ausschlaggebend betrachtet wird.217 Dies vermischt jedoch zwei verschiedene Grundlagen für eine Annahme der Zuständigkeit: die konkludent durch Klageerhebung und das Verhalten des Beklagten, seine Einlassung ohne Zuständigkeitsrüge, vereinbarte Zuständigkeit nach Art. 243 Festland-ZPG und die Zuständigkeit nach Art. 38 Festland-ZPG als Sanktion einer Verfristung des Unzuständigkeitseinwandes, die sich gerade nicht auf ein Tun der Parteien, sondern ein Unterlassen des Beklagten stützt. Trennt man die Zuständigkeit mangels rechtzeitiger Einwände gegen die Zuständigkeit nach Art. 38 FestlandZPG von Art. 243 Festland-ZPG, verschwindet auch der Widerspruch zum Charakter der Zuständigkeit nach Art. 243 Festland-ZPG als konkludenter Vereinbarung – freilich ohne Unterschied im praktischen Ergebnis. 218 In 215
Zu diesem Gedankengang s. XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 29 (32). Vgl. auch die Kritik von Huang/Du, 4 (2005) Chin. J. Int’l L. 647 (671), am Urteil des Oberen Volksgerichts Tianjin in Sino-Add (Singapore) PTE. Ltd. v. Karawasha Resource Ltd., (2001) Gaojin zhongzi No. 257, in dem sich das Gericht mangels Einwands gegen seine Zuständigkeit für zuständig erklärte, obwohl der Beklagte nicht vor Gericht erschienen war und sich auch sonst in keiner Weise auf die Klage eingelassen hatte. 216 S. BAI Xueqing, Falü Shiyong 2005, 69 (69). 217 So offensichtlich Hu, 46 (1999) NILR 204 (217); Zhang, 25 B.C. Int' & Comp. L. Rev. 59 (70 ff.). 218 So dürfte das Urteil des Oberen Volksgerichts Tianjin in Sino-Add (Singapore) PTE. Ltd. v. Karawasha Resource Ltd., (2001) Gaojin zhongzi No. 257, das Huang/Du, 4 (2005) Chin. J. Int’l L. 647 (671), kritisieren (s. § 4 Fn. 215), letztlich auf der Basis der Art. 38, 235 Festland-ZPG korrekt sein.
II. Zuständigkeit kraft Vereinbarung der Parteien
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Fällen mit Außen- oder interregionalem Bezug findet Art. 38 Festland-ZPG gemäß Art. 235 Festland-ZPG ebenfalls Anwendung. c) Einlassung Der Beklagte lässt sich ein, wenn er oder ein von ihm beauftragter Anwalt vor Gericht erscheint und verhandelt, schriftsätzlich erwidert oder vor demselben Gericht gegen den Kläger Widerklage erhebt. 219 Da Art. 243 Festland-ZPG die beiden Voraussetzungen einer konkludenten Zuständigkeitsvereinbarung kumulativ aufstellt, 220 reicht eine Einlassung des Beklagten – auch zur Sache – zur Begründung der Zuständigkeit des vom Kläger angerufenen Gerichts nicht, wenn sie mit einem Einwand gegen die Zuständigkeit verbunden ist.221
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d) Sonstige Voraussetzungen Die Einlassung ohne Rüge der Unzuständigkeit tritt im Rahmen der Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsvereinbarung an die Stelle des Schriftformerfordernisses. Daneben gelten auch für die konkludente Zuständigkeitsvereinbarung des Art. 243 Festland-ZPG die Beschränkungen, die Art. 242 Festland-ZPG für die ausdrückliche Gerichtsstandsklausel aufstellt (dazu oben Rn. 271 ff.).222
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XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 29 (32). Sie müssen gleichzeitig vorliegen, s. LIANG Shuwen / YANG Rongxin, S. 2102. 221 XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 29 (32). Ebenso Hu, 46 (1999) NILR 204 (218), gestützt auf allgemeine Zweckmäßigkeits- und Gerechtigkeitserwägungen, jedoch ohne dogmatische Begründung. Das Fehlen einer Regelung der auf einen bestimmten Zweck begrenzten Einlassung kritisiert BAI Xueqing, Falü Shiyong 2005, 69 (69). 222 S. dazu XI Xiaoming, Falü Shiyong 2002, 29 (31). A.A. de lege lata wohl DU Tao/ CHEN Li, S. 373, die eine entsprechende Beschränkung fordern. Indirekt in Bezug auf Art. 242 S. 2 Festland-ZPG LIANG Shuwen / YANG Rongxin, S. 2103 (kein Verstoß gegen Vorschriften über den Instanzenzug und die ausschließliche Zuständigkeit). Allerdings wird dies wohl in der Praxis nicht immer beachtet, wie ein tatsächlich vom Mittleren Volksgericht Guangzhou 1991 entschiedener Fall zeigt, von dem LOU Binglu, Henan Shehui Kexue 1998, 59 (60), und Hu, 46 (1999) NILR 204 (218 f.), als Beispiel für die Vorteile einer rügelosen Einlassung berichten: Beide Parteien waren Hong Konger Unternehmen; ihr Vertrag war in Hong Kong abgeschlossen und erfüllt worden. Ob also eine „tatsächliche Beziehung“ zum Festland bestand, erscheint eher zweifelhaft. 220
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1. Teil: Festland – § 4 Interregionale Zuständigkeit
III. Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs III. Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs
1. Anspruchsgrundlagenkonkurrenz 293
Wenn ein Sachverhalt mehrere Rechtsbeziehungen gleichzeitig begründet und daher ein Anspruch auf verschiedene Anspruchsgrundlagen – in den meisten Fällen Vertrag und unerlaubte Handlung – gestützt werden kann, stellt sich die Frage, wie mit einem solchen sogenannten „Wettstreit“ von Verbindlichkeiten aus Vertragsverletzung und aus Delikt (愆俏幌․ἷ⃞㡬 幌․䰇┱) umzugehen ist. Insbesondere ist dann fraglich, ob die Gerichte eines besonderen oder durch die Parteien vertraglich bestimmten Gerichtsstands auch über den Anspruch auf der Basis der jeweils anderen möglichen Anspruchsgrundlage befinden dürfen und ob eine Schiedsklausel die Zuständigkeit staatlicher Gerichte auch in Bezug auf konkurrierende Anspruchsgrundlagen ausschließt. Besitzt ein Gericht die allgemeine internationale bzw. interregionale Zuständigkeit, ohne dass eine Gerichtsstandsoder Schiedsklausel getroffen wurde, wirkt sich eine Anspruchsgrundlagenkonkurrenz erst bei der Frage des anwendbaren Rechts aus. a) Anspruchsgrundlagenkonkurrenz im materiellen festlandchinesischen Recht
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Ergibt sich eine Anspruchsgrundlagenkonkurrenz in einem Fall ohne Außenbezug, bestimmt Art. 122 VertragsG, dass der Geschädigte wählen kann, ob er nach dem VertragsG die Verbindlichkeit wegen Vertragsverletzung oder nach anderer Rechtsgrundlage die Verbindlichkeit aus unerlaubter Handlung einfordern möchte. Nachdem der Gläubiger bei Klageerhebung eine solche Wahl getroffen hat, kann er gemäß Ziff. 30 S. 1 der Auslegung des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Anwendung des Vertragsgesetzes 223 (im Folgenden: VertragsG-Auslegung) bis zur Eröffnung der Verhandlung in erster Instanz das Klagebegehren (峲峥崠㵫 ) ändern. Das Oberste Volksgericht wollte damit eine Änderung der Wahl der Anspruchsgrundlage zeitlich begrenzen, 224 auch wenn die Verwendung des Begriffs des Klagebegehrens, der ebenso den Klageantrag (z.B. „Antrag auf Schadensersatz in Höhe von ...“) bezeichnen kann,225 missverständlich 223
㠩 氁 ΰ 㴺 㷾 枋 ⊜ ᾷ 愫 䙑 ѭ ὖ ⑷ ΰ 㴺 ⊚ ▵ ⠦ ┱ ┵ 㷾 Ѯ 后 ⾛ 朗 槁 䞭 嬌 拳 Ἡ vom 19.12.1999, in Kraft seit 29.12.1999 (㷾拳[1999]19 ┠). 224 S. CAO Shouye / ZHANG Jinxian / YIN Luxian / DU Wanhua / HOU Jianjun / LIU Kaixiang / CAO Shibing / HE Zhonglin (Mitglieder der Gruppe zur Erstellung des Entwurfs der Vertragsgesetz-Erläuterungen des Obersten Volksgerichts) in einer Stellungnahme zu Verständnis und Anwendung der VertragsG-Auslegung unter Punkt 7. Vgl. auch GAO Lujun / LI Yingchun, unter 2.(1). 225 S. etwa in Art. 108 Festland-ZPG.
III. Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs
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ist. 226 Erhebt die Gegenseite Einwände gegen die Zuständigkeit des Gerichts, muss die Klage nach Ziff. 30 S. 2 VertragsG-Auslegung abgewiesen werden, wenn festgestellt wird, dass die Einwände greifen. Das Gericht kann also nach Ablauf des Zeitraums, in dem die Wahl zwischen den Anspruchsgrundlagen noch geändert werden kann, nicht mehr zugunsten des Klägers auf die jeweils andere Anspruchsgrundlage zurückgreifen, wenn die Wahl des Klägers zur Abweisung der Klage wegen Unzuständigkeit des Gerichts führt und auf der Basis einer anderen Anspruchsgrundlage Zuständigkeit gegeben wäre. Daraus ist zu ersehen, dass die Anspruchsgrundlagen der Vertragsverletzung und der unerlaubten Handlung nur alternativ, aber nicht nebeneinander geltend gemacht werden können sollen.227 Es muss wohl angenommen werden, dass dem Recht, die Anspruchsgrundlage zu wählen, eine entsprechende Pflicht des Klägers zur Vornahme dieser Wahl gegenübersteht.
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b) Alternativverhältnis auch in Fällen mit Außen- oder interregionalem Bezug Dies gilt auch in Fällen mit Außen- oder interregionalem Bezug, in denen ein Anspruch auf verschiedene Rechtsgrundlagen gestützt werden kann.228
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(1) Erste gerichtliche Stellungnahme Das Alternativverhältnis vertraglicher und deliktsrechtlicher Haftung wird dabei schon aus einem Urteil des Oberen Volksgerichts Shanghai aus dem Jahr 1988 ersichtlich, 229 das die Zustimmung des Obersten Volksgerichts erfahren hat, indem es von diesem in dessen Amtsblatt veröffentlicht wurde. 230 Das Obere Volksgericht Shanghai war auch bereits in diesem Fall dem Antrag des Klägers gefolgt, der aus Delikt geklagt hatte, ordnete aber darüber hinaus den Anspruch nach der wohl für das (damalige) festlandchinesische materielle Recht gängigen Praxis231 nach dem Motiv der schä226
Dementsprechend versteht YANG Yuquan, Tianfu Xinlun 2006, 82 (83), Ziff. 30 S. 1 VertragsG-Auslegung dahingehend, dass eine auf eine unpassende Anspruchsgrundlage gestützte Klage nur durch Änderung des Klagebegehrens (Klageantrags) gerettet werden kann, die Anspruchsgrundlage dagegen mit Klageerhebung feststeht. 227 Vgl. auch Pattloch, S. 211 f. 228 Vgl. XIAO Yongping / XIE Xinsheng, Fashang Yanjiu 2005, 79 (85 f.). So wohl auch WANG Lu, Keji Zixun Daobao 2007, 131 (131). Nach von Senger/Xu, S. 298, plädiert die Literatur teils für eine Wahl durch die Parteien, teils dafür, diese Frage über eine Qualifikation durch das Gericht zu lösen. 229 Urteil v. 11.10.1988 (Chinesische Hauptgesellschaft für Technologie-Import und -Export gegen Schweizerische Industrie- und Naturresourcen-Gesellschaft). 230 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㠩氁ΰ㴺㷾枋⊕㏎ 1989, Heft 1. 231 Vgl. dazu YU Fei, Taiwan Yanjiu Jikan 2006, 43 (48).
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1. Teil: Festland – § 4 Interregionale Zuständigkeit
digenden Partei – Nichterfüllung des Vertrages oder Missbrauch des Vertrages zur Begehung eines Betruges – scheinbar ausschließlich dem Deliktsrecht zu. (2) Regelungen des Protokolls 1989 298
Kurz darauf stellte das Oberste Volksgericht unter 2. im ersten Unterpunkt des dritten Abschnitts des Protokolls 1989 im Hinblick auf Streitigkeiten mit Außen- und interregionalem Bezug klar, dass in einem Fall durch dieselben Tatsachen verschiedene Arten von Rechtsbeziehungen begründet sein können, also verschiedene Anspruchsgrundlagen nebeneinander in Betracht kommen können. Damit scheint das Oberste Volksgericht einer ausschließlichen Zuordnung eines Sachverhalts zum Vertrags- oder Deliktsrecht eine Absage zu erteilen. Vielmehr bestimmt es unter 2. im ersten Unterpunkt des dritten Abschnitts des Protokolls 1989, dass ein Kläger unter den möglichen Gründen für seine Klage den für ihn nützlicheren wählen und das Gericht eine solche Klage nicht deshalb abweisen darf, weil neben dem vom Kläger gewählten noch ein anderer Klagegrund ( 峲⠉ ) besteht (für den das angerufene Gericht möglicherweise nicht zuständig ist). Der hier erstmalig232 auftauchende Begriff des Klagegrundes (峲⠉) stammt aus dem common law 233 und bezeichnet in seiner Verwendung durch das Oberste Volksgericht eine Anspruchsgrundlage. In der Literatur gehen die Begrifflichkeiten stark durcheinander:234 So wird der Klagegrund mal als Veranlassung und Grund des Klägers zur Erhebung der Klage definiert,235 mal als Entscheidungsverlangen des Klägers an das Gericht.236 Teilweise wird der Klagegrund mit dem Klagebegehren (峲峥崠㵫) gleichgesetzt,237 teilweise mit dem Betreff (㥱䙚).238 232
YANG Yuquan, Tianfu Xinlun 2006, 82 (82). Vgl. Chinesisches Forschungsinstitut der anzuwendenden Rechtswissenschaft beim Obersten Volksgericht ( 㠩氁ΰ㴺㷾枋ὖ⠦⾽䙑㷾ⲏ䤽䮟㍩ ) in einer kommentierenden Analyse (峭㢹) zu einer Entscheidung des Oberen Volksgerichts Fujian v. 2.11.1999, abgedruckt in der Fallsammlung des Obersten Volksgerichts, Bd. 4/2000 ( ΰ㴺㷾枋㥱₴愲 000 ⾝䱕⠄悺ㅤ䱕 34 悺 )), im Internet über das Rechtsinformationssystem der Stadt Guiyang ( 幞杜⼫㷾嫭嫭䰉ℊ㆘两倈 , http://219.141.18.25) abrufbar (zuletzt besucht am 6.11.2011). 234 Vgl. YING Xiuliang, der sich mit dem Grundsatz „Keine erneute Verhandlung in derselben Angelegenheit“ (Ἡᾴἶ⊶䔯) beschäftigt und dazu verschiedene Auffassungen zusammengetragen hat, was unter „einer Angelegenheit“ (Ἡᾴ) zu verstehen ist, s. dazu unten Rn. 309. 235 WU Wenhui, Law Library Beitrag Nr. 693, unter 1. 236 WANG Tieling, Zhongyang Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2000, 1 (2). 237 WANG Tieling, Zhongyang Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2000, 1 (2); CHEN Meiling / RAO Wuyuan, Nanchang Daxue Xuebao 2004, 80 (82 f.). 238 Vgl. Chinesisches Forschungsinstitut der anzuwendenden Rechtswissenschaft beim Obersten Volksgericht ( 㠩氁ΰ㴺㷾枋ὖ⠦⾽䙑㷾ⲏ䤽䮟㍩ ) in der bereits oben Fn. 233 233
III. Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs
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Nach den Anweisungen des Obersten Volksgerichts unter 2. im ersten Unterpunkt des dritten Abschnitts des Protokolls 1989 dürfen die Parteien den selben Fall 239 nicht nach unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen in mehreren Verfahren geltend machen. Damit wird das Oberste Volksgericht gemeint haben, dass eine auf einen bestimmten Lebenssachverhalt gestützte Klage nur ein Mal erfolgreich sein, also nicht mehrmals Schadensersatz zugesprochen werden kann. Bei auf einer möglichen Grundlage erfolgloser Klage soll dagegen eine erneute Klage auf der Basis der anderen in Frage kommenden Anspruchsgrundlage durchaus zulässig sein. 240 Es gibt aber auch Anhaltspunkte dafür, dass das Oberste Volksgericht von einer endgültigen Wahl der Anspruchsgrundlage ausgeht, durch welche auf alle übrigen möglichen Anspruchsgrundlagen verzichtet wird.241 Wenn also ein Lebenssachverhalt sowohl vertrags- als auch deliktsrechtlich qualifiziert werden kann und der Kläger eine Vertragsverletzung als Grundlage für seine Klage vor einem festlandchinesischen Gericht wählt, richtet sich die internationale bzw. interregionale Zuständigkeit dieses Gerichts neben den allgemeinen Regeln nach den besonderen Regelungen für Vertragsstreitigkeiten. 242 Eine besondere Zuständigkeit besteht dann am Ort des Vertragsabschlusses und der Vertragserfüllung. Entsprechendes gilt für Klagen, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.
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(3) In der Rechtsprechung der Volksgerichte Trotz dieser Regelungen folgen nicht alle festlandchinesischen Gerichte strikt dem Grundsatz der Wahl nur eines Klagegrundes durch den Kläger: Einige Gerichte lassen auf mehrere Anspruchsgrundlagen gestützte Klagen
(§ 4) erwähnten kommentierenden Analyse zu einer Entscheidung des Oberen Volksgerichts Fujian v. 2.11.1999; HE Shufeng, unter (2). Zum Betreff (㥱䙚) s. unten Rn. 332. 239 Zur Frage, wann es sich um denselben „Fall“ handelt, s. unten Rn. 309. 240 So CAO Shouye / ZHANG Jinxian / YIN Luxian / DU Wanhua / HOU Jianjun / LIU Kaixiang / CAO Shibing / HE Zhonglin (Mitglieder der Gruppe zur Erstellung des Entwurfs der Vertragsgesetz-Auslegung des Obersten Volksgerichts) in einer Stellungnahme zu Verständnis und Anwendung der VertragsG-Auslegung unter Punkt 7. Vgl. auch LIU Youdong, Xinan Minzu Daxue Xuebao 2007, 151 (154); HE Shufeng, unter (2). In diese Richtung deuten auch die Ausführungen des Mittleren Volksgerichts Qingdao in einem Urteil v. 19.5.2004 (Qingdao Lümei Wiederverwertungsmaterialprodukt-GmbH, Li Kongjian (Kanada) gegen Landbevölkerungs-Komitee des Dorfes Gaojia, Filiale Fu’an-Straße, Stadt Jiaozhou), (2003) 桻㴺⠄⍆Ⲁ䱕 415 ┠. 241 Zur darauf hindeutenden Entscheidung des Obersten Volksgerichts im EOS Engineering Corporation-Fall aus dem Jahr 2003 und der mit dieser veröffentlichten Analyse des Richters am Obersten Volksgericht GAO Xiaoli s. Lu, 7 (2008) Chin. J. Int’l L. 143 (150 f.). 242 Vgl. auch XIAO Yongping / XIE Xinsheng, Fashang Yanjiu 2005, 79 (85 f.).
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zu und verhandeln auch über alle,243 erlegen also dem Kläger keine Pflicht zur Wahl auf. Teilweise wird dem Kläger auf entsprechenden Hinweis des Gerichts erlaubt, einen weiteren Klagegrund hilfsweise geltend zu machen, wenn er mehr als einen Klagegrund vorgetragen hat. 244 Andere Gerichte entscheiden auf der Basis nur einer Anspruchsgrundlage, indem sie die Wahl des Klägers von Amts wegen korrigieren oder gar nicht beachten.245 Weit verbreitet scheint dabei zu sein, der vertragsrechtlichen Anspruchsgrundlage – außer in bestimmten Fällen (Produkthaftung, ärztliche Kunstfehler, Verkehrsunfälle) – den Vorrang zuzugestehen.246 243 Zu dieser Praxis YE Yu / GUO Jie, Dangshi Wenyuan 2007, 58 (59); HE Shufeng, unter (2); GAO Lujun / LI Yingchun, unter 1. sowie 3.; HE Lixin / FU Chaowei / KANG Nan / CHEN Yue / ZHU Ming, Xiamen Daxue Pinglun 2005, 312 (220 f. mit Beispielsfällen aus dem Bereich des Transportrechts). 244 S. LI Gang von der Forschungsstelle des Seegerichts Shanghai in seiner Analyse der Situation unpassender Klageerhebung in See- und Seehandelsfällen und Registrierungsleitlinien v. 9.12.2005 unter 2.4. YING Xiuliang, unter 4., weist darauf hin, dass die bisherigen Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts diesbezüglich keine Regelung enthalten. 245 So etwa Seegericht Guangzhou v. 25.12.2003 (Yihe Import/Export-Aktien-GmbH der Stadt Shenzhen gegen MSC Mediterranean Shipping Company SA, Go-Trans (Hong Kong) Ltd, Go-Trans Express Ltd.), (2003) ⾨㺠㷾⍆Ⲁ䱕 176 ┠ : Der Kläger verlangte Schadensersatz aus unerlaubter Handlung (Verletzung seines Eigentumsrechts) wegen Freigabe von Waren ohne Vorlage des Originalfrachtbriefes. Weil nach Art. 79 Nr. 1 SeehandelsG ein Namenskonnossement nicht übertragen werden kann und es daher nach festlandchinesischem Recht keine Beweiswirkung in Bezug auf das Eigentum am Frachtgut hat, fehlte es aus Sicht des Gerichts an einem Recht des Konnossementinhabers, das durch unerlaubte Handlung verletzt worden sein konnte. Nach der festlandchinesischen lex fori könne, so das Gericht, die fragliche Rechtsbeziehung nur vertraglich zu qualifizieren sein. Zur Praxis der Korrektur bzw. Missachtung einer Wahl des Klagegrunds durch den Kläger YE Yu / GUO Jie, Dangshi Wenyuan 2007, 58 (59); HE Shufeng, unter (2); GAO Lujun / LI Yingchun, unter 1. sowie 3.; HE Lixin / FU Zaowei / KANG Nan / CHEN Yue / ZHU Ming, Xiamen Daxue Pinglun 2005, 312 (220 f. mit Beispielsfällen aus dem Bereich des Transportrechts). Auch in der Literatur wird die Meinung vertreten, es sei Pflicht und Recht des Richters, den durch den Kläger vorgetragenen Klagegrund gegebenenfalls zu korrigieren, s. zu dieser Auffassung HE Lixin / FU Zaowei / KANG Nan / CHEN Yue / ZHU Ming, Xiamen Daxue Pinglun 2005, 312 (221). 246 So etwa Seegericht Guangzhou v. 7.4.2005 (Zhaoying Metall-GmbH der Stadt Guangzhou gegen Kangjie Luftfrachtkommissions-GmbH Beijing Niederlassung Guangzhou, Expeditors International of Washington, Inc. (USA), Kangjie Luftfrachtkommissions-GmbH Beijing), (2004) ⾨㺠㷾⍆Ⲁ䱕 59 ┠: Einordnung einer Klage aus unerlaubter Handlung als vertragliche Streitigkeit, weil zwischen den Parteien gleichzeitig eine Vertragsbeziehung bestand. S. auch OU Yangzhenyuan, Falü Shiyong 2004, 14 (16), der sich für eine vorrangig vertragliche Qualifikation ausspricht, da i.d.R. der vertragliche Schadensersatz höher ist und damit dem Geschädigten den größtmöglichen Schutz bietet. Vgl. zu dieser Tendenz YE Yu / GUO Jie, Dangshi Wenyuan 2007, 58 (59). Ähnlich GAO Lujun / LI Yingchun, unter 3., die trotz Kritik dieser Praxis selbst besondere Regeln für diese Sonderfälle vorschlagen.
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Schwierigkeiten wirft in der Praxis auch die Ermittlung des Klagegrundes auf, wenn der Kläger ihn nicht ausdrücklich benennt, sondern er sich lediglich aus seinem Vortrag ergibt. Die sicherste Lösung dieses Problems ist die teilweise praktizierte Nachfrage durch das Gericht.247 Geschieht dies nicht, können Verfahrensgänge wie in American President Lines (APL) gegen Wanbao Unternehmensgruppe Guangzhou Feida Elektrogeräte-Fabrik, Feili (Guangzhou) Industrie-GmbH, Chinesische Mauer Industrie Guangzhou Gesellschaft248 die Folge sein. In diesem Fall scheint die Einordnung der Streitigkeit als Deliktsfall durch das nach dem Seegericht Guangzhou in zweiter Instanz entscheidende Obere Volksgericht Guangdong auf einem Missverständnis des Vorbringens der Klägerin beruht zu haben,249 da sich alle Parteien im Wiederaufnahmeverfahren vor dem Obersten Volksgericht über die vertragsrechtliche Natur der Streitigkeit einig waren.250
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(4) Sonderfall Schiedsvereinbarung Dem Versuch einer Partei, die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts, der sie selbst vertraglich zugestimmt hat, dadurch zu umgehen, dass sie einen Anspruch auf delikts- statt vertragsrechtlicher Grundlage geltend macht,251 hat das Oberste Volksgericht einen Riegel vorgeschoben. Nach Ziff. 7 Zweites Protokoll erstreckt sich eine Schiedsklausel auch auf einen Anspruch aus unerlaubter Handlung, die sich im Verlauf von Vertragsabschluss und -erfüllung der Parteien ereignet hat, wenn sie für alle Streitigkeiten vereinbart wurde, die aufgrund des Vertrages oder im Zusammenhang mit ihm entstehen.252 Der Geltungsbereich von Gerichtsstandsverein247
So etwa Mittleres Volksgericht Qingdao v. 19.5.2004 (Qingdao Lümei Wiederverwertungsmaterialprodukt-GmbH, Li Kongjian (Kanada) gegen Landbevölkerungs-Komitee des Dorfes Gaojia, Filiale Fu’an-Straße, Stadt Jiaozhou), (2003) 桻㴺⠄⍆Ⲁ䱕 415 ┠. 248 Oberstes Volksgericht v. 25.6.2002, (1998) ῍㓹Ⲁ䱕 3 ┠. 249 OU Yangzhenyuan, Falü Shiyong 2004, 14 (16), geht jedoch davon aus, dass das Oberste Volksgericht die Streitigkeit aufgrund der Tatsachen des konkreten Falls als vertraglich eingeordnet hat, obwohl sich der Kläger auf eine Eigentumsverletzung als Delikt berief. Nach XIAO Yongping / XIE Xinsheng, Fashang Yanjiu 2005, 79 (85 f.), haben dagegen die Parteien ihre Streitigkeit von Anfang an als Streit über einen Seehandelsvertrag vorgetragen, so dass das Oberste Volksgericht lediglich die Missachtung des Klägerwillens durch das Obere Volksgericht Guangzhou korrigiert hat. Dem im Urteil zusammengefassten Sachverhalt lässt sich das ursprüngliche Vorbringen des Klägers nicht entnehmen. 250 Die Klägerin machte darin lediglich noch geltend, die Beklagte dürfe sich infolge ihrer Vertragsverletzung nicht auf die vertragliche Rechtswahlklausel berufen. 251 So etwa in dem Fall, der dem oben Rn. 297 erwähnten Urteil des Oberen Volksgerichts Shanghai v. 11.10.1988 zugrunde lag. 252 So zuvor schon Oberstes Volksgericht v. 31.5.1998, (Leichtindustrie Textil Hauptwerk der Materialien-Gruppe der Provinz Jiangsu gegen Topcapital Holdings Ltd., Prince Development Ltd.), Supreme People’s Court Gazette 1998.3.
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barungen wurde jedoch bisher – soweit ersichtlich – nicht auf gleichzeitig verwirklichte deliktsrechtliche Ansprüche ausgedehnt. Grundsätzlich müssen also die Volksgerichte nach der Anspruchsgrundlage, auf die sich der Kläger beruft, über ihre internationale bzw. interlokale Zuständigkeit entscheiden;253 die Vereinbarung einer Schiedsklausel für Streitigkeiten im Zusammenhang mit einem Vertrag schließt jedoch auch die auf einen konkurrierenden deliktsrechtlichen Anspruch gestützte Klage vor staatlichen Gerichten aus. 2. Streitgenossenzuständigkeit
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Das festlandchinesische Zivilprozessrecht kennt in Bezug auf die örtliche Zuständigkeit einen allgemeinen Gerichtsstand der Streitgenossenschaft: Art. 22 Abs. 3 Festland-ZPG254 sieht für Klagen gegen mehrere Beklagte mit Wohnsitzen in unterschiedlichen Gerichtsbezirken und damit keinem gemeinsamen allgemeinen örtlichen Gerichtsstand vor, dass jedes für eine gesonderte Klage gegen einen der Beklagten zuständige Gericht auch für die Klage gegen alle Beklagten zuständig ist. Auf diese Streitgenossenzuständigkeit verweist auch Ziff. 17 ZPG-Ansichten, nach der für Klagen gegen bürgerliche Gesellschaften ( ⊕㴺┱⁂ ) oder Teilhaberschaftsvereinigungen (┱⁂⢴兽啎⁼), die kein Handlungsorgan besitzen und nicht registriert sind, die Gerichte am Wohnsitz eines der Gesellschafter oder Teilhaber zuständig sind (vgl. oben Rn. 178). Es ist davon auszugehen, dass dieser Gerichtsstand der Streitgenossenschaft über die Verweisung des Art. 237 Festland-ZPG auch in Fällen mit Außen- bzw. interregionalem Bezug zur Anwendung gelangt und damit ein Beklagter ohne (Wohn-)Sitz auf dem Gebiet des Festlands vor festlandchinesischen Gerichten verklagt werden kann, solange es einen dort ansässigen mit verklagten Streitgenossen gibt. In Bezug auf die Verletzung geistigen Eigentums hat das Oberste Volksgericht einige Sonderregeln für die Zuständigkeit bei Klagen gegen Streitgenossen geschaffen, die teilweise die Zuständigkeit an einem Deliktsort bündeln,255 teilweise die Wahl zwischen verschiedenen Orten zulassen.256
253 Vgl. Oberstes Volksgericht v. 10.5.2005 (Songmei Essigsäure GmbH der Stadt Jilin gegen W.P. International Group Inc. (USA), Jilin Chemieindustrie Aktien-GmbH), (2005) 㴺⠄俱Ⲁ䱕 1 ┠. 254 Art. 22 Abs. 3 Festland-ZPG: „Wenn bei ein und derselben Klage die Wohnsitze bzw. ständigen Aufenthaltsorte mehrerer Beklagter in den Bezirken mehrerer Volksgerichte liegen, sind alle diese Volksgerichte zuständig.“ (Deutsche Übersetzung von Münzel, Chinas Recht VII.1, 9.4.91). 255 Zuständigkeit für eine Klage gegen Hersteller und Verkäufer eines patentrechtsverletzenden Produkts am Vertriebsort, Ziff. 6 Patent-Regelungen, s. § 4 Fn. 137.
IV. Parallele interregionale Zuständigkeit
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Darüber hinaus besteht aus Sicht des Obersten Volksgerichts ein Streitgenossengerichtsstand für Klagen gegen Hauptschuldner und Sicherungsgeber (㏮℆ΰ), wie Ziff. 8 Zweites Protokoll zeigt. Danach ist ein festlandchinesisches Gericht für die Streitigkeit aus Haupt- und Sicherungsvertrag (㏮℆┱┵)257 insgesamt zuständig, wenn es für die Streitigkeit aus einem der beiden Verträge nach den Vorschriften des Festland-ZPG zuständig ist. Eine für einen der beiden Verträge getroffene Schieds- oder ausschließliche Gerichtsstandsklausel vermag jedoch hierdurch nicht außer Kraft gesetzt zu werden. Hauptschuldner und Sicherungsgeber müssen nicht gemeinsam verklagt werden. Allerdings erläutert Ziff. 9 Zweites Protokoll die gerichtliche Vorgehensweise, wenn der Gläubiger nur den Sicherungsgeber vor festlandchinesischen Gerichten verklagt. Besitzt das Gericht zwar nach den allgemeinen Regeln Zuständigkeit für die Klage, stellt sich aber heraus, dass dem Sicherungsgeber nach dem auf den Sicherungsvertrag anzuwendenden Recht die Einrede der Vorausklage zusteht oder der Streit aus anderen Gründen eine Entscheidung über die Hauptschuld voraussetzt, setzt das Gericht das Verfahren aus. Der Gläubiger muss dann innerhalb einer gerichtlich bestimmten Frist entweder den Hauptschuldner als Streitgenossen mit verklagen, soweit eine entsprechende Zuständigkeit besteht, oder vor dem zuständigen (Schieds-)Gericht eine Entscheidung herbeiführen; anderenfalls wird seine Klage gegen den Sicherungsgeber abgewiesen.258
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IV. Behandlung paralleler interregionaler Zuständigkeit verschiedener chinesischer Regionen IV. Parallele interregionale Zuständigkeit
1. Verbot der Mehrfachverhandlung einer Angelegenheit Das Verbot der Mehrfachverhandlung einer Angelegenheit ( Ἡᾴἶ⊶䔯 ) bezeichnet im festlandchinesischen Recht den Grundsatz, nach dem eine Klage in einem Fall nicht zugelassen werden darf, wenn sie vor einem an-
256 So für Markenrechtsverletzungen, Ziff. 7 Auslegung des Obersten Volksgerichts einige Fragen der Rechtsanwendung bei der Verhandlung von Markenstreitfällen betreffend, s. § 4 Fn. 139. 257 Das festlandchinesische Recht kennt gemäß Art. 89 AGZ verschiedene Formen der Sicherheit ( ㏮ ℆ ), um die Erfüllung einer Verbindlichkeit sicherzustellen: Bürgschaft, Pfand, Festgeldzahlung und Zurückbehaltungsrecht. Da die letzten beiden Formen keine dritte Person involvieren, kann die Streitgenossenzuständigkeit nach Ziff. 8 Zweites Protokoll nur in Bezug auf Pfand und Bürgschaft relevant werden, wobei der Bürgschaft die größere Praxisrelevanz zukommen wird. 258 Für ein ähnliches Vorgehen spricht sich auch CHEN Zhiyan, CCMT Nr. 801 aus.
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deren Gericht anhängig ist oder bereits entschieden wurde. 259 Bevor der Frage seiner Anwendbarkeit in Bezug auf ausländische Rechtshängigkeit und Urteile bzw. im interregionalen Verkehr nachgegangen werden kann, ist zunächst danach zu fragen, wann aus festlandchinesischer Sicht dieselbe Sache oder Angelegenheit betroffen ist. a) „Eine Angelegenheit“ 309
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Schon in der Gesetzgebung sowie den Justizauslegungen des Obersten Volksgerichts variieren die Bezeichnungen, die für „eine Angelegenheit“ (Ἡᾴ) verwendet werden: Es ist etwa von „Fall“ (㥱‟),260 aber auch einem „identischen Prozess“ (䠡┵峲峥)261 oder „identischen Klagebegehren“ ( 䠡┵峲峥崠㵫 ) 262 die Rede. Dementsprechend uneins ist auch das Verständnis des Begriffs und seiner Elemente in der festlandchinesischen Rechtswissenschaft.263 Aus Sicht eines Richters des Obersten Volksgerichts, die in der Analyse einer Entscheidung dieses Gerichts aus dem Jahr 2003 ihren Ausdruck gefunden hat, sind die Parteien eines Rechtsstreits und die konkrete, dem Gericht zur Entscheidung vorgelegte Kontroverse zwischen ihnen als entscheidende Faktoren des Streitgegenstands (峲峥㤰䞭) anzusehen; nicht relevant sein sollen die vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Argumente und die beantragte Abhilfe. 264 In der zugrundeliegenden Entscheidung hatte das Oberste Volksgericht die Abweisung einer Schadensersatzklage aus Delikt bestätigt, weil der selbe Kläger vom selben Beklagten aus denselben tatsächlichen Ereignissen – lediglich gestützt auf eine andere Anspruchsgrundlage (ungerechtfertigte Bereicherung) – bereits in einem früheren Verfahren erfolglos Zahlung des gleichen Geldbetrages verlangt hatte.265 Neben den Parteien sind also insbesondere die tatsächlichen Ereignisse – der „Lebenssachverhalt“ – maßgeblich, auch wenn es nicht auf die einzelnen aus Tatsachen abgeleiteten Argumente ankommen soll. Nach einer Entscheidung der Ersten Zivilkammer des Obersten Volksgerichts aus dem Jahr 2005 ist die Frage, ob eine wiederholte Klageerhebung 259
Vgl. Lu, 7 (2008) Chin. J. Int’l L. 143 (144 f.), zu diesem Konzept. So etwa in Art. 111(5) Festland-ZPG, in Art. 9(5) Anerkennungs-Regelungen Taiwan (zu dieser Justizauslegung oben Rn. 90) sowie unter 2. im ersten Unterpunkt des dritten Abschnitts Protokoll 1989. 261 Art. 11(2), (3) Anerkennungs-Arrangement Macau (s. zu dieser Justizauslegung oben Rn. 106). 262 Art. 9(6) Anerkennungs-Arrangement Hong Kong (s. zu dieser Justizauslegung oben Rn. 107). 263 S. dazu Lu, 7 (2008) Chin. J. Int’l L. 143 (149, 151). 264 Eine Wiedergabe des diesbezüglichen Inhalts der Analyse des Richters am Obersten Volksgericht GAO Xiaoli findet sich bei Lu, 7 (2008) Chin. J. Int’l L. 143 (151). 265 Zum Inhalt der beiden Entscheidungen s. Lu, 7 (2008) Chin. J. Int’l L. 143 (150 f.). 260
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vorliegt, aus der Verbindung der Grundlage der Klagebegehren der Parteien und der konkreten Ausübung des Dispositionsrechts der Parteien zusammenfassend zu beurteilen.266 Im konkreten Fall waren sowohl die Parteien als auch die Leistung, auf die sich die infrage stehenden Klagen richteten, unterschiedlich. Danach erscheinen das Entscheidungsbegehren des Klägers an das Gericht und seine Disposition, d.h. seine Eingrenzung der zu entscheidenden Fragen wesentlich. b) Kein Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit (lis pendens) Sind nach den Vorschriften über die allgemeine und die besondere Zuständigkeit mehrere Gerichte innerhalb der Volksrepublik für einen Fall zuständig, darf der Kläger nach Art. 35 Festland-ZPG unter diesen wählen, aber nur eines davon anrufen.267 Eine gesetzliche Regelung, wie eine Klage vor festlandchinesischen Gerichten zu behandeln ist, wenn in derselben Angelegenheit zwischen denselben Parteien bereits eine Klage vor einem Gericht im Ausland oder einer der anderen chinesischen Regionen anhängig ist, fehlt.268
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(1) Vor der Rückgabe Hong Kongs und Macaus an die Volksrepublik Eine analoge Anwendung des Art. 35 Festland-ZPG auf Fälle mit Außenbezug lehnte das Oberste Volksgericht bereits in den 1980er Jahren ab,269 indem es in Ziff. 306 S. 1 ZPG-Ansichten regelte, dass bei internationaler Zuständigkeit der festlandchinesischen Gerichte diese die Klage einer Partei trotz gleichzeitiger Zuständigkeit ausländischer Gerichte und bereits dort anhängiger Klage der anderen Partei zur Entscheidung annehmen können. 270 Schon zuvor stellte das Protokoll 1989 im ersten Unterpunkt seines dritten Abschnitts unter 1. klar, dass die Verhandlung eines Falles vor Gerichten des Auslands oder der Regionen Hong Kong und Macau keinen Einfluss auf die Zulassung von Klagen in der gleichen Angelegenheit vor festlandchinesischen Gerichten hat, sondern dass über ihre An266 Oberstes Volksgericht v. 9.11.2005 (Kunpeng Investitions-GmbH Weihai gegen Xigang Liegenschaftserschließungs-GmbH Weihai, Schwerpunkt-Baugewerbe-GmbH der Provinz Shandong), (2005) 㴺Ἡ俱Ⲁ䱕 86 ┠. 267 Dazu auch Pattloch, S. 260; von Senger/Xu, S. 507. 268 S. etwa QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (35); Moser, People's Republic of China, in: Pryles (Hrsg.), Dispute Resolution in Asia, S. 79 ff. (81); LI Tao / ZHANG Ying, Beijing Hangkong Hangtian Daxue Xuebao 2005, 56 (59); ZHOU Liming, Zhoukou Shifan Xueyuan Xuebao 2005, 72 (74); Kong/Hu, 3 (2002) Melb. J. Int’l L. 414 (421). 269 Vgl. dazu JIA Yanru, Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2003, 86 (88). 270 Eine ähnliche Regelung speziell für Scheidungsverfahren, die nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind, enthält Ziff. 15 ZPG-Ansichten.
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nahme nach den konkreten Umständen des Falles zu entscheiden ist. Dies untermalt gleichzeitig die Geltung dieses Grundsatzes im Verhältnis zu Hong Kong und Macau. Inzident enthalten auch die Anerkennungs-Regelungen Taiwan (s. oben Rn. 90) für Fälle mit Taiwan-Bezug eine dahingehende Regelung: Art. 13 Anerkennungs-Regelungen Taiwan bestimmt, dass festlandchinesische Gerichte Fälle mit Taiwan-Bezug trotz der Existenz eines Urteils taiwanesischer Gerichte in derselben Sache zur Verhandlung annehmen müssen, wenn eine Partei keinen Antrag auf Anerkennung des taiwanesischen Urteils stellt, sondern erneut klagt; nach Art. 12 Anerkennungs-Regelungen Taiwan darf keine Klage in derselben Angelegenheit angenommen werden, wenn ein Antrag auf Anerkennung für zulässig erklärt wurde, nach Art. 15 Anerkennungs-Regelungen Taiwan bleibt nach Ablehnung eines Anerkennungsantrags nur die erneute Klage vor festlandchinesischen Gerichten. Schließlich regelt Art. 16 Anerkennungs-Regelungen Taiwan den Vorrang eines Anerkennungsantrages und die Aussetzung eines auf dem Festland anhängigen Verfahrens bis zu seiner Entscheidung. Dass demnach die Existenz selbst eines Urteils taiwanesischer Gerichte nur dann die erneute Verhandlung eines Falles auf dem Festland verhindert, wenn seine Anerkennung beantragt wird, lässt darauf schließen, dass die bloße Anhängigkeit eines Falles vor taiwanesischen Gerichten einer gleichzeitigen Klage vor festlandchinesischen Gerichten nicht entgegensteht.271 (2) Nach der Rückgabe Hong Kongs und Macaus an die Volksrepublik
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Das Oberste Volksgericht hält nach der offiziellen Übernahme der Souveränität über die Regionen Hong Kong und Macau – trotz Kritik aus der Literatur272 – an der in Ziff. 306 ZPG-Ansichten und im Protokoll 1989 getroffenen Regelung fest. Sie findet sich zunächst in der Antwort der Vier-
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Auch wenn eine diesbezügliche ausdrückliche Regelung darin fehlt, s. QIAO Huijuan, Beifang Gongye Daxue Xuebao 2006, 13 (16). 272 Ziff. 306 ZPG-Ansichten soll die staatliche Souveränität und die Interessen inländischer Parteien schützen, s. SHEN Hongyu, CCMT Nr. 798; ZHANG Li, Zhangzhou Shifan Xueyuan Xuebao 2001, 33 (34). Hong Kong und Macau sind aber Teil der Volksrepublik, so dass es dieses Schutzes nicht bedarf, vgl. SHEN Hongyu, CCMT Nr 798; YU Ningjie, Zhongguo Lüshi 2003, 55 (55); CHEN Haohui / YI Jianhua, CCMT Nr. 800; HU Yikui, Jianghuai Luntan 2004, 56 (57 f.); QIAO Huijuan, Beifang Gongye Daxue Xuebao 2006, 13 (17). Allgemeine Kritik an Ziff. 306 ZPG-Ansichten s. QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (35); JIA Yanru, Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2003, 86 (88); LOU Binglu, Henan Shehui Kexue 1998, 59 (61 f.); LI Tao / ZHANG Ying, Beijing Hangkong Hangtian Daxue Xuebao 2005, 56 (59); HUANG Rui / ZHANG Dongli, Nanchang Daxue Xuebao 2003, 62 (65).
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ten Zivilkammer des Obersten Volksgerichts auf Frage 3273 der Praktischen Antworten wieder und wurde 2008 erneut in Ziff. 6 Abs. 1 des Protokolls der Aussprache zur Rechtsprechungsarbeit der Gerichte des ganzen Landes in Handelssachen mit Hong Kong- und Macau-Bezug274 (im Folgenden: Protokoll 2008) bestätigt. Das Oberste Volksgericht hat aber auch ihre Anwendung auf Fälle mit Taiwan-Bezug außer Zweifel gestellt, indem es über Ziff. 153 des Zweiten Protokolls deren Regelungen, darunter auch ihre Ziff. 10, auf Fälle mit Hong Kong-, Taiwan- und Macau-Bezug für entsprechend anwendbar erklärt. Ziff. 10 S. 1 des Zweiten Protokolls nimmt die früher geäußerten Ansichten auf, indem sie vor ausländischen Gerichten anhängigen Verfahren keinen Einfluss auf die Ausübung der Zuständigkeit durch festlandchinesische Gerichte zugesteht und die konkreten Umstände eines Falles zum Maßstab für die Entscheidung des Gerichts über die Annahme des Falles macht. Die Regelung stellt zudem klar, dass sich dies auf den Fall einer Klage vor festlandchinesischen Gerichten sowohl durch den Kläger, als auch durch die beklagte Partei des ausländischen Verfahrens bezieht.275 Alle vier Regelungen zeigen eine gewisse Offenheit und Flexibilität, Ziff. 306 S. 1 ZPG-Ansichten durch die Verwendung des Wortes „ ৃ “, „können, erlaubt sein“, die Regelung im Protokoll 1989, Ziff. 10 S. 1 des 273 Frage 3 lautet in deutscher Übersetzung: „Wie soll verfahren werden, wenn die Parteien, nachdem sie im gleichen Streitfall bereits vor einem ausländischen Gericht Klage erhoben haben, nochmals Klage bei einem Volksgericht einreichen? Antwort: In Fällen in Handelssachen mit Außenbezug, in denen chinesische Gerichte und ausländische Gerichte Zuständigkeit besitzen, kann ein Volksgericht Verhandlung gewähren, wenn eine Partei bereits vor einem ausländischen Gericht Klage erhoben hat und die andere Partei vor einem chinesischen Gericht Klage erhebt.“ 274 ⊑⠦㷾枋㺲㽘䃜♯ᾴⳊ⍍⼎₅⿐崱⁃俓媪 vom 21.1.2008 ( 㷾⓺ [2008]8 ┠ ). Ziff. 6 Abs. 1 lautet in deutscher Übersetzung: „Eröffnen die Parteien in einem handelsrechtlichen Fall, in dem die Volksgerichte der Inneren Region und die Gerichte der Sonderverwaltungszone Hong Kong oder die Gerichte der Sonderverwaltungszone Macau alle Zuständigkeit besitzen, nachdem die Klage einer Partei vor den Gerichten der Sonderverwaltungszone Hong Kong oder den Gerichten der Sonderverwaltungszone Macau erhoben und zur Verhandlung angenommen wurde, vor den Volksgerichten der Inneren Region ein identisches Verfahren, beeinflusst es die Ausübung der Zuständigkeit durch die Volksgerichte der Inneren Region nicht, ob die Gerichte der Sonderverwaltungszone Hong Kong oder die Gerichte der Sonderverwaltungszone Macau den Fall bereits zur Verhandlung angenommen oder entschieden haben, sondern es ist durch die Volksgerichte der Inneren Region nach den konkreten Umständen des Falles zu entscheiden, ob sie den Fall zur Verhandlung annehmen.“ 275 Ziff. 306 ZPG-Ansichten erfasst nach ihrem Wortlaut nur den Fall, dass beide Parteien jeweils vor einem anderen Gericht Klage erheben, nicht aber die mehrfache Klageerhebung durch dieselbe Partei, s. SUN Nanshen, Renmin Sifa 2002, 20 (21); Hu, 46 (1999) NILR 204 (225). Daher sieht TAO Kaiyuan, S. 229, hier Raum für eine entsprechende Anwendung des Art. 35 Festland-ZPG.
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Zweiten Protokolls und Ziff. 6 Abs. 1 Protokoll 2008 durch den Verweis auf die konkreten Umstände des Falles als Maßstab für die Entscheidung über seine Annahme durch festlandchinesische Gerichte. 276 Demnach könnten sie so verstanden werden, dass sie den Gerichten ein Ermessen bei der Entscheidung über die Annahme eines bereits außerhalb des Festlands anhängigen Falles einräumen wollen.277 Die Anhängigkeit eines Falles im Ausland oder einer anderen chinesischen Rechtsregion allein reicht jedoch hiernach nicht aus, damit ein festlandchinesisches Gericht die Ausübung seiner Zuständigkeit ablehnt.278 In der Praxis ist es daher auch zu Parallelverfahren gekommen,279 die oft zu einander widersprechenden Urteilen geführt haben.280 c) Erneute Klage bei bereits im Ausland oder in einer anderen Region ergangenem Urteil (res judicata) 318
Zur Abwehr einer erneuten Klage vor festlandchinesischen Gerichten reicht grundsätzlich nicht die Tatsache, dass bereits im Ausland ein Urteil in derselben Angelegenheit ergangen ist.281 Wurde jedoch bereits das Urteil eines nicht festlandchinesischen Gerichts von einem Volksgericht anerkannt und vollstreckt, so darf dieser Fall nach Ziff. 10 S. 2 des Zweiten Protokolls und im Verhältnis zu Taiwan nach Art. 12 Anerkennungs-Regelungen Taiwan nicht mehr durch festlandchinesische Gerichte verhandelt werden. Die Anerkennung bewirkt, dass das fremde Urteil zur res judicata im Sinne des festlandchinesischen Rechts und eine erneute Klage nach Art. 111(5) Festland-ZPG nicht mehr zugelassen wird. 282 Eine entsprechende Regelung enthalten auch Art. 16 des Anerkennungs-Arrangements
276
Zur Flexibilität des Protokolls 1989 in diesem Punkt s. SHEN Hongyu, CCMT Nr. 798; von Senger/Xu, S. 507. 277 Vgl. zu einem solchen Verständnis von Senger/Xu, S. 507; Hu, 46 (1999) NILR 204 (223 ff.). Ähnlich DU Tao / CHEN Li, S. 386. 278 Erst wenn weitere Umstände vorliegen, etwa der Wohnsitz des Beklagten sowie der Vertragsabschluss- und -erfüllungsort sich in Hong Kong befinden, s. ZHU Zhisheng, Dangdai Faxue 2001, 64 (66). Dann ist aber die anderweitige Anhängigkeit nicht der Grund für die Abweisung des Falles, sondern es handelt sich um eine Art forum non conveniens-Entscheidung. Zu forum non conveniens im festlandchinesischen Recht unten Rn. 322 ff. 279 S. etwa Urteil des Mittleren Volksgerichts Xiamen v. 13.8.2003 (Kwok & Yih Rechtsanwälte gegen Huayang Farbdruck-Gesellschaft). Dazu Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (30). 280 S. Zhang/Smart, 36 (2006) HKLJ 553 (561, Fn. 45), mit Beispielen im Verhältnis Festland – Hong Kong. 281 S. Lu, 7 (2008) Chin. J. Int’l L. 143 (156). 282 Vgl. Lu, 7 (2008) Chin. J. Int’l L. 143 (155).
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Macau (s. oben Rn. 106) und Art. 13 Abs. 2 des im Anwendungsbereich begrenzten Anerkennungs-Arrangements Hong Kong (s. oben Rn. 107).283 Für ein nicht anerkanntes Urteil gilt jedoch der Grundsatz von Ziff. 10 S. 1 des Zweiten Protokolls: es steht der Annahme einer Klage in derselben Angelegenheit durch festlandchinesische Gerichte nicht entgegen (vgl. im Verhältnis zu Taiwan Art. 13 Anerkennungs-Regelungen Taiwan).284 Wenden sich die Parteien dagegen mit einem Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung an die Volksgerichte, so entscheiden diese nach Art. 265, 266 Festland-ZPG bzw. Ziff. 318 ZPG-Ansichten i.V.m. den Anerkennungs-Regelungen Taiwan bzw. den Anerkennungs-Arrangements Hong Kong/Macau darüber.285 Maßgeblich ist demnach der gestellte Antrag. Während eines Verfahrens zur Anerkennung eines Urteils darf dann auch keine Klage in derselben Angelegenheit angenommen werden, wie Art. 12 Anerkennungs-Regelungen Taiwan, Art. 16 Anerkennungs-Arrangement Macau und Art. 13 Abs. 1 Anerkennungs-Arrangement Hong Kong in ähnlicher Weise vorsehen und Ziff. 6 Abs. 2 286 Protokoll 2008 bestätigt. Wenn eine Anerkennung abgelehnt wurde, bleibt – wie nach Art. 15 Anerkennungs-Regelungen Taiwan – nach Art. 17 Anerkennungs-Arrangement Macau und Art. 13 Abs. 3 Anerkennungs-Arrangement Hong Kong nur die erneute Klage. Eine indirekte Sanktion gegen die mehrfache Klageerhebung in verschiedenen Regionen enthält Art. 11 Nr. 2 Anerkennungs-Arrangement Macau. Er legt fest, dass die Gerichte der einen Region ein Urteil der anderen Region nicht anerkennen, wenn es in einem Verfahren ergangen ist, das erst eingeleitet wurde, nachdem bereits vor einem interregional zuständigen Gericht der eigenen Region ein Verfahren anhängig war. Indem das Urteil eines später angerufenen Gerichts in der jeweils anderen Region nicht anerkannt wird, erhält das zuerst angerufene Gericht interregional den Vorrang in der Verhandlung eines Falles. Allerdings hindert dies das
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Ausführlich zu diesen interregionalen Vereinbarungen unten Rn. 604 ff. So schon Frage 4 der Praktischen Antworten. 285 Vgl. Frage 4 der Praktischen Antworten. Zur Bedeutung des Antrags nach den Anerkennungs-Regelungen Taiwan und diesbezüglicher Kritik s. QIAO Huijuan, Beifang Gongye Daxue Xuebao 2006, 13 (15 ff.). 286 Ziff. 6 Abs. 2 Protokoll 2008 lautet: „Haben die Volksgerichte der Inneren Region bereits den Antrag der Parteien auf Anerkennung oder Vollstreckung eines in einem identischen Verfahren ergangenen Urteils der Gerichte der Sonderverwaltungszone Hong Kong oder der Gerichte der Sonderverwaltungszone Macau angenommen, oder hat das Urteil der Gerichte der Sonderverwaltungszone Hong Kong oder der Gerichte der Sonderverwaltungszone Macau bereits Anerkennung und Vollstreckung durch die Volksgerichte der Inneren Region erlangt, dürfen die Volksgerichte der Inneren Region nicht erneut ein identisches Verfahren zur Verhandlung annehmen.“ 284
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später angerufene Gericht nicht daran, den Fall zu verhandeln; die interregionale Zuständigkeit wird ihm nicht abgesprochen. 2. Forum non conveniens 322
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Eine gesetzliche Regelung des aus dem common law stammenden Prinzips des forum non conveniens ( ἶ㛢⃨㷾枋 ) gibt es im festlandchinesischen Recht nicht.287 In der festlandchinesischen Rechtswissenschaft wird überwiegend288 seine förmliche Verankerung im Gesetzesrecht gefordert,289 was sich auch in Art. 51 ModellG niedergeschlagen hat.290 Das Prinzip des forum non conveniens hat trotz fehlender gesetzlicher Regelung Eingang in die Justizpraxis gefunden,291 zum einen in Bezug auf die Zuständigkeit in Ehesachen durch eine gemeinsam vom Außenministerium, Obersten Volksgericht, Ministerium für Zivilverwaltung, Justizministerium und Staatsratsbüro für Auslandschinesenangelegenheiten herausgegebene Regelung vom 27.12.1983, 292 zum anderen durch entsprechende Urteile verschiedener Gerichte, darunter auch des Obersten Volksgerichts.293 Klare Richtlinien der Anwendung wurden dabei durch das Ober287
Vgl. Moser, People's Republic of China, in: Pryles (Hrsg.), Dispute Resolution in Asia, S. 79 ff. (81); CHEN Zhiyan, CCMT Nr. 801; QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (35); CHEN Haohui / YI Jianhua, CCMT Nr. 800; YANG Honglei, Falü Shiyong 2004, 2 (4); REN Qiujuan, Shangchang Xiandaihua 2006, 260 (261); ZHOU Liming, Zhoukou Shifan Xueyuan Xuebao 2005, 72 (74); BAI Xueqing, Falü Shiyong 2005, 69 (70); DU Tao /CHEN Li, S. 387. 288 A.A. DAI Qiong, Zhengfa Xuekan 2004, 48 (50 f.); Hu, S. 243. Kritisch und für eine beschränkte Anwendung nur in interregionalen Fällen REN Qiujuan, Shangchang Xiandaihua 2006, 260 (261). Eine Anwendung in Fällen mit Außenbezug nur bei Gegenseitigkeit und interregional nur in Fällen mit Hong Kong-, nicht aber mit Macau-Bezug befürwortet CHEN Zhiyan, CCMT Nr. 801. 289 S. YU Ningjie, Zhongguo Lüshi 2003, 55 (56); QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (35); LI Tao / ZHANG Ying, Beijing Hangkong Hangtian Daxue Xuebao 2005, 56 (59); HU Yikui, Jianghuai Luntan 2004, 56 (60); ZHANG Li, Zhangzhou Shifan Xueyuan Xuebao 2001, 33 (34); HUANG Rui / ZHANG Dongli, Nanchang Daxue Xuebao 2003, 62 (66); ZHOU Liming, Zhoukou Shifan Xueyuan Xuebao 2005, 72 (75); BAI Xueqing, Falü Shiyong 2005, 69 (70). 290 Auf das ModellG verweisen etwa SHEN Hongyu, CCMT Nr. 798; JIA Yanru, Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2003, 86 (88); CHEN Zhiyan, CCMT Nr. 801; Zhang, 25 B.C. Int' & Comp. L. Rev. 59 (72 f.); DAI Qiong, Zhengfa Xuekan 2004, 48 (50 f.); QIAO Huijuan, Beifang Gongye Daxue Xuebao 2006, 13 (17). 291 A.A. wohl Hu, 46 (1999) NILR 204 (223 ff.), mangels Ermessensfreiheit festlandchinesischer Gerichte. 292 S. dazu QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (35); HUANG Rui / ZHANG Dongli, Nanchang Daxue Xuebao 2003, 62 (66). 293 Vgl. Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (27 ff.); DU Tao / CHEN Li, S. 387 f.; YU Ningjie, Zhongguo Lüshi 2003, 55 (56); SHEN Hongyu, CCMT Nr. 798; CHEN Haohui / YI Jianhua, CCMT Nr. 800; CHEN Zhiyan, CCMT Nr. 801; YANG Honglei, Falü Shiyong 2004,
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ste Volksgericht jedoch nicht entwickelt. 294 Einen Ansatzpunkt für das Prinzip konnte bereits der Verweis auf die Umstände des konkreten Falles bei der Entscheidung eines zuständigen Volksgerichts über die Annahme einer Klage bieten, den das Protokoll 1989 im ersten Unterpunkt seines dritten Abschnitts unter 1. enthält (vgl. zur Flexibilität dieser Regelung bereits oben Rn. 317). Das Oberste Volksgericht hat aber andererseits in seiner Mitteilung zu einigen Fragen der Verhandlung und Vollstreckung bezüglich Zivil- und Handelsrechtsfällen mit Außenbezug295 die Verpflichtung der Gerichte betont, die Vorschriften des Festland-ZPG zu befolgen und die eigene Zuständigkeit weder zu missbrauchen noch ohne Grund aufzugeben.296 Wenn keine Partei chinesisch ist und die Streitigkeit keine praktische Beziehung zu China aufweist, kann den Parteien eine Klage vor einem anderen Gericht nahegelegt werden, weil bei Verhandlung in China die Feststellung der Tatsachen und eine Vollstreckung der Entscheidung nicht ausreichend gewährleistet werden kann. 297 Diese Sichtweise spiegelt sich in der Antwort auf Frage 7 der Praktischen Antworten der Vierten Kammer des Obersten Volksgerichts wider, nach der auf Antrag des Beklagten nach dem Prinzip von forum non conveniens die Ausübung der Zuständigkeit 2 (3 f.); QIAO Huijuan, Beifang Gongye Daxue Xuebao 2006, 13 (13 f., 17) jeweils mit Nachweisen. Es handelt sich dabei etwa um das durch das Oberste Volksgericht genehmigte Urteil des Oberen Volksgerichts Guangdong aus dem Jahr 1995 in Dongpeng Handelsgesellschaft gegen Dongya Bank (ὅ潸幡㜼⊕┡峲ὅῃ星奵ℊ䙑峪俉俠), (1995) ䷍㷾俸 䟺Ⲁ䱕 3 ো, und das Urteil des Obersten Volksgerichts v. 21.12.1999 (Sumitomo Bank Ltd. gegen Xinhua Liegenschafts-GmbH), (1999) 俸俱Ⲁ䱕 194 ┠. Das Mittlere Volksgericht Xiamen erwog in einem Urteil v. 13.8.2003 (Kwok & Yih Rechtsanwälte gegen Huayang Farbdruck-Gesellschaft) den forum non conveniens-Einwand der Beklagten, lehnte es aber mit Blick auf die Vollstreckbarkeit eines Urteils schließlich ab, den Kläger auf seine Klage in Hong Kong zu verweisen, da die Beklagte nur auf dem Festland Vermögen besaß. Ohne konkretes Beispiel Zhang, 25 B.C. Int' & Comp. L. Rev. 59 (72 f.). 294 S. Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (28 ff.). Eine nicht abschließende Liste zu erwägender Faktoren stellte dagegen das Mittlere Volksgericht Xiamen in seinem Urteil v. 13.8.2003 (Kwok & Yih Rechtsanwälte gegen Huayang Farbdruck-Gesellschaft) auf: der Grund des Klägers für die Wahl des Forums, Unannehmlichkeiten für den Beklagten bei einem Verfahren vor diesem Gericht, der Ort, an dem sich das streitige Verhalten oder Geschäft ereignet hat, die Erreichbarkeit von Beweisen, Unannehmlichkeiten bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts, die Möglichkeit der Zustellung an alle Parteien, die Vollstreckbarkeit des Urteils, sprachliche Unannehmlichkeiten, die Arbeitsbelastung des Gerichts. Durch die Veröffentlichung dieser Entscheidung in seinem Amtsblatt signalisierte das Oberste Volksgericht eine gewisse Zustimmung zu dieser Liste. 295 㠩 氁 ΰ 㴺 㷾 枋 ⊜ ᾷ Ⳋ 䔯 ▵ ㎐ 奵 㺲 ⨿ 㴺 ♯ ᾴ 㥱 ‟ ⾽ ぼ 㸑 ㈸ 䞭 ⌉ ὓ 朗 槁 䞭 慃 䤎 vom 17.4.2000 (㷾[2000]51 ┠). 296 Dazu Zhang, 25 B.C. Int' & Comp. L. Rev. 59 (72 f.). 297 S. Zhang, 25 B.C. Int' & Comp. L. Rev. 59 (72 f.), der dazu eine Äußerung des Vize-Präsidenten des Obersten Volksgerichts aus dem Jahr 1998 zitiert.
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abgelehnt werden kann, wenn beide Parteien Ausländer sind und die wesentlichen Tatsachen der Streitigkeit mit China keinerlei Verbindung aufweisen, das Volksgericht also bei der Ermittlung der Tatsachen und der Rechtsanwendung erheblichen Schwierigkeiten begegnen würde und eine Vollstreckung im Ausland erforderlich wäre. Mit Ziff. 11 des Zweiten Protokolls erlaubt das Oberste Volksgericht erstmals die Anwendung des forum non conveniens-Prinzips ausdrücklich, wenn auch nicht in Form einer offiziellen Justizauslegung: Eine Klageabweisung durch ein zuständiges festlandchinesisches Gericht auf der Grundlage dieses Prinzips ist danach auf Antrag oder Zuständigkeitseinwand des Beklagten hin zugunsten eines passenderen, ebenfalls zuständigen Gerichts des Auslands oder einer der anderen chinesischen Rechtsregionen möglich. Voraussetzung ist, dass weder eine Zuständigkeitsvereinbarung der Parteien zugunsten festlandchinesischer Gerichte noch deren ausschließliche Zuständigkeit gegeben ist. Ein unangemessenes Forum ist das festlandchinesische Gericht dabei dann, wenn keine Interessen festlandchinesischer Bürger, juristischer Personen oder anderer Organisationen berührt sind, wesentliche Tatsachen der Streitentstehung außerhalb des Festlands liegen und festlandchinesisches Recht nicht anwendbar ist, ein festlandchinesisches Gericht also bei der Tatsachenfeststellung und Rechtsanwendung schwerwiegenden Problemen begegnen würde.298 Die Interessen festlandchinesischer Bürger, juristischer Personen und anderer Organisationen dürften dann nicht berührt sein, wenn an dem Rechtsstreit nur Personen aus dem Ausland oder Hong Kong, Taiwan, Macau beteiligt sind.299 Im Gegensatz zur Antwort auf Frage 7 der Praktischen Antworten der Vierten Zivilkammer des Obersten Volksgerichts (oben Rn. 324) schweigt Ziff. 11 des Zweiten Protokolls zu der Frage, ob es für eine Unangemessenheit des Forums weiterhin erforderlich ist, dass ein Urteil außerhalb des Festlands vollstreckt werden müsste. Daraus mag zu schließen sein, dass dies keine notwendige Voraussetzung für den Charakter der Unangemes-
298 Damit liegt die Regelung im Wesentlichen auf einer Linie mit den Vorschlägen aus der Literatur, vgl. etwa YANG Honglei, Falü Shiyong 2004, 2 (5); REN Quijuan, Shangchang Xiandaihua 2006, 260 (261), ist jedoch konkreter und präziser als Art. 51 ModellG. Einen Einwand gegen die Zuständigkeit hält YANG Honglei, Falü Shiyong 2004, 2 (4), für entbehrlich, wenn eine nicht ausschließliche Zuständigkeitsvereinbarung vorliegt. Kritik an der Voraussetzung eines Antrags generell bei QIAO Huijuan, Beifang Gongye Daxue Xuebao 2006, 13 (17). DU Tao / CHEN Li, S. 389, wollen darüber hinaus die Notwendigkeit und Möglichkeit der Anerkennung und Vollstreckung des fremden Urteils berücksichtigt wissen und fordern, ein Verfahren zunächst nur auszusetzen statt die Klage abzuweisen. 299 Vgl. insofern die früheren Äußerungen des Obersten Volksgerichts, z.B. Frage 7 der Praktischen Antworten.
IV. Parallele interregionale Zuständigkeit
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senheit sein soll, aber regelmäßig bei Vorliegen der übrigen Bedingungen der Fall sein wird. Auch Ziff. 7300 des Protokolls 2008 liegt die Auffassung des Obersten Volksgerichts zugrunde, dass die Volksgerichte in geeigneten Fällen grundsätzlich unter Berufung auf die Prinzipien des forum non conveniens die Ausübung ihrer interregionalen Zuständigkeit verweigern dürfen. Die Regelung stellt jedoch für Fälle mit Hong Kong- oder Macau-Bezug ausdrücklich klar, dass dies nicht von Amts wegen, sondern nur auf entsprechenden Antrag des Beklagten erfolgen darf.
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3. Forum conveniens Ob sich ein festlandchinesisches Gericht in bestimmten Fällen, in denen ihm eigentlich die Zuständigkeit fehlt, aufgrund eines dringenden Rechtsschutzbedürfnisses der Parteien als „convenient court“ für zuständig erklären kann, ist im festlandchinesischen Gesetzesrecht nicht geregelt.301 Auch in den Auslegungen des Obersten Volksgerichts findet sich – außer für eherechtliche Ausnahmen302 – keine Stellungnahme zu dieser Frage. In der festlandchinesischen Literatur wird die Aufnahme des Prinzips des forum conveniens 303 bzw. einer Art Notzuständigkeit304 in das Gesetzesrecht befürwortet. Auch in der Praxis scheint auf diese Weise vereinzelt bereits eine Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte angenommen worden zu sein.305
300 Ziff. 7 Protokoll 2008 lautet in deutscher Übersetzung: „Erhebt der Beklagte in einem handelsrechtlichen Fall mit Hong Kong-, Macau-Bezug, der durch die Volksgerichte zur Verhandlung angenommen wurde, keine Einwendungen gegen die Zuständigkeit, dürfen die Volksgerichte, wenn der Beklagte nicht vor Gericht erscheint und sich einlässt, die Grundsätze des forum non conveniens nicht von Amts wegen automatisch zur Aufgabe der Zuständigkeit über den Fall anwenden, selbst wenn der Fall Elemente des forum non conveniens aufweist.“ 301 QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (35); BAI Xueqing, Falü Shiyong 2005, 69 (70); indirekt auch WANG Wei, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 61 (99). 302 HUANG Rui / ZHANG Dongli, Nanchang Daxue Xuebao 2003, 62 (65 f.), nennen diesbezüglich Ziff. 13, 14 ZPG-Ansichten. 303 S. etwa BAI Xueqing, Falü Shiyong 2005, 69 (70). WANG Wei, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 61 (99), fordert dies vor allem im Hinblick auf den interregionalen Rechtsverkehr. Vgl. auch JIA Yanru, Guangbo Dianshi Daxue Xuebao 2003, 86 (88); LI Tao / ZHANG Ying, Beijing Hangkong Hangtian Daxue Xuebao 2005, 56 (59), die ein gewisses Maß an „positiver richterlicher Ermessensfreiheit“ einführen wollen. 304 HU Yikui, Jianghuai Luntan 2004, 56 (60). 305 Vgl. mit allgemeiner Aussage QIU Guozhong, Jiaying Daxue Xuebao 2002, 32 (35). Ein konkretes Beispiel findet sich bei YANG Honglei, Falü Shiyong 2004, 2 (5).
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§ 5 Interregionales Privatrecht 1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
I. Allgemeiner Teil I. Allgemeiner Teil
1. Qualifikation 329
Die Frage der Qualifikation (ⳃㅐ, 峯⍔, ⳃ䶤, ⳃ⍟ oder ほ䶤) war bisher auf dem Festland weder im Gesetzesrecht noch in Justizauslegungen des Obersten Volksgerichts geregelt.1 Seit dem 1.4.2011 schreibt Art. 8 Festland-IPRG die Qualifikation nach der lex fori vor. a) Gegenstand der Qualifikation
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In der festlandchinesischen Rechtswissenschaft wird uneinheitlich beurteilt, was Gegenstand der Qualifikation ist: der Lebenssachverhalt, die Kollisionsnorm selbst oder/und das Anknüpfungsmoment.2 Letztlich werden aber wohl überwiegend die Einordnung der fraglichen Tatsachen und die Auslegung der Kollisionsnorm und der in ihr enthaltenen Anknüpfungsmomente unter den Vorgang der Qualifikation gefasst.3 Von Seiten der Abteilungen des praktischen Justizdienstes (┡㷾ⳇ⏊我朑) – also Gerichten, Schiedsge1
HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 112; YU Fei, Taiwan Yanjiu Jikan 2006, 43 (46); JIANG Xinmiao, S. 458. 2 Dazu zusammenfassend Süß, S. 65; YU Fei, Taiwan Yanjiu Jikan 2006, 43 (44). Aufgeworfene Frage und Auslegung der Anknüpfungsmomente z.B. LIN Xin / LI Qiongjing, S. 134 ff. Tatsachen/Fragen und Auslegung bzgl. Rahmen der Kollisionsnorm HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 109 f.; HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 173; SU Yuanhua, S. 92 f. Tatsachen und Auslegung des Rahmens und der Anknüpfungsmomente XU Donggen / XUE Fan, S. 185 f., ähnlich LIN Chunhong, Zhongguo Minhangfeixing Xueyuan Xuebao 2006, 7 (7 ff.). 3 S. YU Fei, Taiwan Yanjiu Jikan 2006, 43 (44), die diese Auffassung als Mehrheitsmeinung bezeichnet und sich ihr anschließt. Dazu zählen wohl im Ergebnis LIN Xin / LI Qiongjing, S. 134 ff.; HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 109 f.; HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 173; SU Yuanhua, S. 92 f.; XU Donggen / XUE Fan, S. 185 f.; LIN Chunhong, Zhongguo Minhangfeixing Xueyuan Xuebao 2006, 7 (7 ff.). A.A. (nur Einordnung der Tatsachen/Rechtsbeziehung): LI Rui in einer auf der Jahrestagung des internationalen Privatrechts 2005 vorgestellten Abhandlung, s. SU Miaomiao, Gansu Nongye 2006, 96 (96); wohl auch QI Xiangquan und ZHANG Zhongbo, zit. nach YU Fei, Taiwan Yanjiu Jikan 2006, 43 (44, Fn. 13 und 14); ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 33, 37 ff.
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richten, Vermittlungsausschüssen u.ä. – wird häufig eine ähnliche Inhaltsbestimmung für die Qualifikation geäußert.4 Sowohl das ModellG als auch Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs differenzierten dagegen zwischen Qualifikation und Feststellung der Anknüpfungsmomente, indem sie beides getrennt voneinander regelten. Art. 8 Festland-IPRG spricht nun von der Qualifikation einer Zivilrechtsbeziehung mit Außenbezug (㺲⨿㴺ᾴ⊜两). Dies deutet darauf hin, dass es um die Einordnung des Lebenssachverhalts geht. In der Praxis erschweren zwei Zusammenhänge die bewusste Qualifikation des Lebenssachverhaltes, d.h. der Tatsachen und der durch sie aufgeworfenen Fragen, durch den Richter: Zum einen müssen die Volksgerichte jeden Fall nach den Regelungen über den Betreff in Zivilrechtsfällen 5 des Obersten Volksgerichts in ein System von insgesamt 424 Fallgruppen einordnen, indem sie ihn entsprechend bezeichnen, etwa als „Streitigkeit der Bestätigung des Eigentumsrechts“6 oder „Streitigkeit der Übertragung von Anteilsrechten“7. Die Einordnung soll sich gemäß Ziff. 2, 1. S. 1 der Mitteilung des Obersten Volksgerichts über die Veröffentlichung der Regelungen über den Betreff in Zivilrechtsfällen nach ihrer Änderung8 nach der Natur der von den Parteien vorgetragenen Rechtsbeziehung richten. Der Betreff ( 㥱䙚) fasst die Streitigkeit der Parteien in hohem Maß zusammen, er steht für die Rechtsbeziehung der Parteien, die Art des Verfahrens und den Rahmen der Verhandlung.9 Diese Verkürzung eines unter Umständen verschiedene Rechtsfragen aufwerfenden Falles auf einen namensgebenden (Haupt-)Aspekt birgt das Risiko in sich, dass das Gericht nach erfolgter Einordnung in eine Betreff„Schublade“ nicht mehr einzelne aufgeworfene Fragen qualifiziert, sondern sich in Bezug auf internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht ausschließlich nach der einmal getroffenen Einordnung richtet. 10 Dementsprechend wird in der festlandchinesischen Literatur gefordert, 4
XIAO Yongping / XIE Xinsheng, Fashang Yanjiu 2005, 79 (80).
5
㴺ᾴ㥱‟㥱䙚嫭ⳃ in der Fassung ihrer 1. Änderung durch Entscheidung des Obersten Volksgerichts vom 18.2.2011, in Kraft seit dem 1.4.2011 (㷾[2011]41 ┠). Zu Hinter-
grund und Zielen der Regelungen über den Betreff in Zivilrechtsfällen s. Dong/Liu/Pißler, S. 1 ff. 6 ㍩㠲㡬䦗峍俉俠, Nr. 32(1) der Regelungen über den Betreff in Zivilrechtsfällen. 7 凊㡬悕峒俉俠, Nr. 249 der Regelungen über den Betreff in Zivilrechtsfällen. 8 㠩 氁 ΰ 㴺 㷾枋 ⊜ ᾷ⒙ ⓺ ℗㙢┷ 䞭 ѭ 㴺ᾴ 㥱‟ 㥱 䙚嫭 ⳃ Ѯ䞭 慃 䤎 vom 18.2.2011 ( 㷾 [2011]42 ┠). 9 S. YANG Yuquan, Tianfu Xinlun 2006, 82 (83); GAO Lujun / LI Yingchun, unter 1. 10 Diese Problematik veranschaulicht die Entscheidung des Oberen Volksgerichts Jiangsu v. 6.9.2005, (2005) 司㴺ἲ俱Ⲁ䱕 073 ┠ (Huang Cangyuan gegen Wang Congxian), in der – aufgrund der Einordnung des Falles als Streitigkeit um eine unerlaubte Handlung hinsichtlich eines Anteilsrechts – alle rechtlichen Fragen des Falls, einschließlich der Wirksamkeit von Verträgen, Stellvertretung etc., der festlandchinesischen lex loci delicti unterstellt wurden.
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
komplexe Fälle in Einzelfragen aufzuspalten und für diese jeweils getrennt die Rechtsordnung zu suchen, deren Anwendung am angemessensten ist, beispielsweise das Heimatrecht des Schädigers für die Deliktsfähigkeit, das Recht des Handlungsortes für die Schadensersatzverpflichtung.11 Zum anderen bildet auch nach festlandchinesischem Recht der Antrag des Klägers als Ausdruck des Dispositionsgrundsatzes ( ⨭ ⌯ Ⓢ ⍂ ) den Rahmen dessen, worüber das Gericht urteilen darf („Keine Klage, keine Verhandlung“ – ἶ ╳ ἶ 䔯 ). 12 Nach wohl überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur des Festlands erstreckt sich diese Begrenzung auch auf den vom Kläger geltend gemachten Klagegrund ( 峲⠉ ), 13 also die von diesem gewählte Anspruchsgrundlage. 14 Über Anliegen und Ansichten, die über diese Rechtsbeziehung hinausgehend vom Kläger vorgetragen werden, darf das Gericht nicht entscheiden.15 Dadurch ist das Gericht aber nicht mehr frei in seiner Einordnung des Sachverhalts, sondern vermag nur noch der durch den Kläger vorgenommenen Qualifikation zuzustimmen oder sie (und damit die Klage) abzulehnen.
11
So etwa LIN Chunhong, Zhongguo Minhangfeixing Xueyuan Xuebao 2006, 7 (9). Vgl. auch HUANG Jin, Forschungen, S. 106. Gelegentlich geschieht dies auch in der Praxis, s. den Beispielsfall für die „Methode der dépeçage“ (dépeçage method) bei Huang/Du, 4 (2005) Chin. J. Int’l L. 647 (675 f.), in dem verschiedene Aspekte einer Rechtsbeziehung differenziert und unterschiedlich qualifiziert (vertraglich, sachenrechtlich, beweisrechtlich) wurden, was zur Anwendung verschiedener Rechtsordnungen führte. Auch Ong, 8 (2009) Chin. J. Int’l L. 637 (649 ff.), hält dépeçage, insbesondere im Bereich des Deliktsrechts, für ein wichtiges Mittel, um sachgerechte Ergebnisse zu erzielen. 12 S. HE Shufeng, unter (2); WANG Tieling, Zhongyang Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2000, 1 (2); YANG Yuquan, Tianfu Xinlun 2006, 82 (85). 13 Vgl. YANG Yuquan, Tianfu Xinlun 2006, 82 (84); WU Wenhui, Law Library Beitrag Nr. 693, unter 5.; WANG Tieling, Zhongyang Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2000, 1 (3 f.); HE Shufeng, unter (2); HE Lixin / FU Chaowei / KANG Nan / CHEN Yue / ZHU Ming, Xiamen Daxue Pinglun 2005, 312 (220). In eine andere Richtung weist dagegen der Kommentar des Chinesischen Forschungsinstituts der anzuwendenden Rechtswissenschaft beim Obersten Volksgericht v. 2.11.1999 zu einer Entscheidung des Oberen Volksgerichts Fujian (oben § 4, Fn. 233), in dem geäußert wird, eine Klage dürfe nicht wegen falsch gewählten Klagegrundes zurückgewiesen werden, weil die Rechtsanwendung als Pflicht des Richters nicht durch die von den Parteien zur Untermauerung ihres Anliegens vorgetragenen Rechtserwägungen begrenzt werde. 14 S. oben Rn. 298. Vgl. zur Unterscheidung zwischen prozessualem und materiellrechtlichem Anspruch, welche die h.M. für das deutsche Recht annimmt, Thomas/Putzo (Reichold), Einl II Rn. 10 ff. 15 S. YANG Yuquan, Tianfu Xinlun 2006, 82 (84); HE Shufeng, unter (2).
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b) Anzuwendendes Recht Die Justizpraxis festlandchinesischer Gerichte stützte bisher die Qualifikation ausschließlich auf die lex fori. 16 Dies findet nun seine rechtliche Grundlage in Art. 8 Festland-IPRG. Ausdrücklichen Regelungen über die Einordnung bestimmter Rechtsverhältnisse in für das Festland geltenden internationalen Abkommen oder vom Gericht anzuwendenden internationalen Gepflogenheiten kommt jedoch Vorrang zu.17 Obwohl in der Literatur verschiedene Meinungen dazu vertreten werden, nach welcher Rechtsordnung qualifiziert werden soll, geht auch hier letztlich die Mehrheit von der grundsätzlichen Anwendbarkeit der lex fori, also festlandchinesischen Rechts aus.18 Auch in Bezug auf Ausnahmen von dieser Grundregel besteht weitestgehend Einigkeit:19 – Unterscheidung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen nach der lex rei sitae,20
16 XIAO Yongpin / XIE Xinsheng, Fashang Yanjiu 2005, 79 (81); Zhu, 3 (2007) J. P.I.L. 283 (288); Kong/Hu, 3 (2002) Melb. J. Int’l L. 414 (424). Vgl. auch SHEN Juan, S. 91. Als Beispiel aus der Gerichtspraxis: Mittleres Volksgericht Suzhou v. 1.4.2005 (Suzhou Goldschmiedehandwerk Kleidungs- und Schmuck-GmbH gegen Guo Bochao), (2004) 司 ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 082 ┠ („[...] gemäß den Regelungen der lex fori muss vorliegender Fall als Kaufvertragsstreitigkeit gelten.“); Mittleres Volksgericht Suzhou v. 10.12.2004 (Deng Xinhui (USA) gegen Xiangtong Autovermietungs-GmbH Suzhou), (2004) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 092 ┠ („[...] dass nun von der Xiangtong Autovermietungs-GmbH Rückzahlung verlangt wird, ist gemäß den Vorschriften des Rechts am Ort des Gerichts eine Streitigkeit der ungerechtfertigten Bereicherung.“); Seegericht Guangzhou v. 25.12.2003 (Yihe Import/Export-Aktien-GmbH der Stadt Shenzhen gegen MSC Mediterranean Shipping Company SA (Schweiz), Go-Trans (Hong Kong) Ltd. (Hong Kong), Go-Trans Express Ltd. (Hong Kong)), (2003) ⾨㺠㷾⍆Ⲁ䱕 176 ┠ („[...] nach den Grundprinzipien des internationalen Privatrechts muss auf die Qualifikation internationaler zivil- und handelsrechtlicher Rechtsbeziehungen die lex fori angewendet werden, [...].“). 17 XIAO Yongpin / XIE Xinsheng, Fashang Yanjiu 2005, 79 (81). Den allgemeinen Vorrang von IPR-Regelungen in internationalen Abkommen verdeutlichen auch Art. 142 S. 2 AGZ; Ziff. III. (4) Hong Kong/Macau-Antworten. 18 Zu diesem Ergebnis gelangen Süß, S. 65; Pattloch, S. 214. S. etwa YU Fei, Taiwan Yanjiu Jikan 2006, 43 (46); HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 112; HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 181; OU Yangzhenyuan, Falü Shiyong 2004, 14 (15, 16, jeweils für einzelne Qualifikationsprobleme). Grundsätzlich auch ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 39 ff., die bei Unmöglichkeit einer Qualifikation nach der lex fori ein Ausweichen auf das möglicherweise anwendbare Recht befürworten. A.A. LI Rui in einer auf der Jahrestagung des internationalen Privatrechts 2005 vorgestellten Abhandlung, s. SU Miaomiao, Gansu Nongye 2006, 96 (96). 19 Darüber hinaus nennt SU Yuanhua, S. 93, noch die Qualifikation von Statusfragen nach dem Heimatrecht und die Einordnung eines Verhaltens nach dem Recht des Ortes, an dem sich dieses ereignet hat.
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– Qualifikation von in der lex fori nicht existierenden Begriffen oder Rechtsinstituten nach dem Recht, aus dem diese stammen,21 – internationale Abkommen als Basis der Qualifikation hinsichtlich darin enthaltener Kollisionsnormen.22 Ein großer Teil der festlandchinesischen Rechtswissenschaft stützt diese Ausnahmen auf eine im Rahmen der Qualifikation vorzunehmende Einzelfallprüfung, ob nach dem Recht mit der engsten Beziehung zum Fall qualifiziert werden sollte.23 Art. 9 ModellG und Art. 5 Kapitel 9 ZGB-Entwurf sahen eine Qualifikation auf der Basis der lex fori mit Ausweichmöglichkeit auf die lex causae – im ModellG begrenzt auf die Unmöglichkeit der Qualifikation nach der lex fori, nach dem vagen Wortlaut des ZGB-Entwurfs möglicherweise nach richterlichem Ermessen – vor. Anknüpfungsmomente sollten nach übereinstimmender Regelung in Art. 10 ModellG und Art. 6 Kapitel 9 ZGBEntwurf nach der lex fori festgestellt werden. Ersterer Regelungsvorschlag nahm davon nur die Staatsangehörigkeit natürlicher Personen aus, während der ZGB-Entwurf zusätzlich die Staatsangehörigkeit juristischer Personen von der Anwendung der lex fori aussparte. Art. 8 Festland-IPRG sieht ohne jede Flexibilität die Anwendung der lex fori vor. Hier wird Problempotential in Fällen gesehen, in denen es um dem festlandchinesischen Recht unbekannte Rechtsinstitute geht, 24 deren Anknüpfung jedoch über den Grundsatz der engsten Beziehung in der Auffangvorschrift des Art. 2 Abs. 2 Festland-IPRG gelöst werden kann.25
20 S. HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 112; HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 181; SU Yuanhua, S. 93; ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 44. Schon von Senger/Xu, S. 180, bezeichnen dies als Mehrheitsauffassung. Vgl. auch Süß, S. 66 f.; Pattloch, S. 214. 21 S. HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 181. Ähnlich HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 112. Vgl. auch die Zusammenfassung bei Süß, S. 66 f.; Pattloch, S. 214. 22 HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 181. S. auch die Zusammenfassung bei Süß, S. 66 f. 23 S. etwa HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 112; SU Yuanhua, S. 93; HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 181. Ähnlich – Qualifikation nach lex fori, lex causae oder Recht eines tangierten Drittstaates je nach Einzelfall – von Senger/Xu, S. 180, zur Mehrheitsauffassung in der festlandchinesischen Literatur. A.A. ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 44, welche die Ausnahmen auf kollisionsrechtliche internationale Gepflogenheiten stützen wollen. 24 S. Gan, RivDirIntPrivProc 2011, 101 (105). Kritisch auch Tu, 59 (2011) Am.J. Comp.L. 563 (572), der jedoch andererseits den Vorteil der einfachen Anwendung hervorhebt. 25 S. Long, IPRax 2012, 273 (275).
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c) Zeitpunkt der Qualifikation Aus festlandchinesischer Sicht stellt sich das Problem der Qualifikation sowohl im Rahmen der Frage internationaler Zuständigkeit als auch bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts, 26 wobei Unterschiede im Prüfungsumfang zu Abweichungen in der Qualifikation führen können und die Frage einer nachträglichen Korrektur der Zuständigkeitsprüfung aufwerfen.27 Die früher in der festlandchinesischen Rechtswissenschaft mit stark politischer Färbung diskutierte Frage einer Qualifikation zweiten Grades bzw. Stufenqualifikation,28 also der Bestimmung des Anwendungsumfangs des anwendbaren Rechts nach seiner Ermittlung durch die lex fori, wird in der jüngeren Literatur regelmäßig nicht einmal mehr erwähnt. Wird sie dennoch vorgestellt, so ohne die frühere ideologische Rhetorik.29
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d) Problemfelder der Qualifikation aus festlandchinesischer Sicht In der festlandchinesischen Literatur finden sich insbesondere zwei Problemfelder ungeklärter Qualifikation, also Bereiche von Einzelfragen, für die ungeklärt ist, als was sie nach festlandchinesischem Recht zu qualifizieren sind.
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(1) Abgrenzung vertraglicher und deliktsrechtlicher Ansprüche Als Beispiel für Bedeutung und Problematik der Qualifikation wird häufig der vom Oberen Volksgericht Shanghai im Jahr 1988 entschiedene Fall „Chinesische Hauptgesellschaft für Technologie-Import und -Export gegen
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XIAO Yongping / XIE Xinsheng, Fashang Yanjiu 2005, 79 (80), mit Verweis auch auf Äußerungen der Abteilungen des praktischen Justizdienstes (┡㷾ⳇ⏊我朑) in China; LIN Chunhong, Zhongguo Minhangfeixing Xueyuan Xuebao 2006, 7 (7); XIANG Pan, Zhongguo Lüshi 2006, 73 (73 f.); ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 36; JIANG Xinmiao, S. 446. Nach XIAO Yongping / XIE Xinsheng, Fashang Yanjiu 2005, 79 (80), wird die Frage der Qualifikation auch bei Prüfung der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile relevant. 27 Vgl. zur dahingehenden Diskussion XIANG Pan, Zhongguo Lüshi 2006, 73 (73 f.); XIAO Yongping / XIE Xinsheng, Fashang Yanjiu 2005, 79 (81 f.). Nach ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 36 f., muss die Qualifikation gleich, aber eventuell für die Ermittlung des anwendbaren Rechts aufgrund besonderer Kollisionsregeln für Einzelaspekte detaillierter sein. 28 S. dazu von Senger/Xu, S. 181 ff.; Süß, S. 68 f. 29 S. etwa HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 180, der die Stufenqualifikation als eine von mehreren Theorien schildert, sie sachlich-argumentativ in seiner persönlichen Stellungnahme ablehnt und darauf hinweist, dass diese Theorie selbst von ihrem englischen Schöpfer in späterer Auflage nicht mehr erwähnt wurde.
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Schweizerische Industrie- und Naturresourcen-Gesellschaft“30 angeführt.31 Darin ordnete das Obere Volksgericht Shanghai den fraglichen tatsächlichen Zusammenhang nach der für das festlandchinesische materielle Recht gängigen Praxis32 nach dem Motiv der schädigenden Partei – Nichterfüllung des Vertrages oder Missbrauch des Vertrages zur Begehung eines Betruges – nur dem Deliktsrecht zu. Nachdem das Oberste Volksgericht unter 2. im ersten Unterpunkt des dritten Abschnitts Protokoll 1989 klargestellt hat, dass in einem Fall durch dieselben Tatsachen verschiedene Arten von Rechtsbeziehungen begründet sein und damit verschiedene Anspruchsgrundlagen miteinander konkurrieren können, hat sich die Problematik auf den Umgang mit einer Anspruchsgrundlagenkonkurrenz verlagert; die Qualifikationsfrage, ob ein Fall vertragsrechtliche oder/und deliktsrechtliche Aspekte aufwirft, hat damit eigentlich durch die Lösung auf der Konkurrenzebene (s. dazu oben Rn. 299 f.) ihre Brisanz verloren. Die Konkurrenz von Ansprüchen aus Vertragsverletzung und unerlaubter Handlung wird in der festlandchinesischen Literatur weiterhin regelmäßig dem Bereich der Qualifikation zugeordnet,33 obwohl sie sich erst ergibt, wenn der fragliche Lebenssachverhalt bereits als vertraglich und deliktsrechtlich qualifiziert worden ist. Dadurch verwischen Fragen der Qualifikation und der Anspruchsgrundlagenkonkurrenz, etwa wenn darüber gestritten wird, ob nach dem Antrag der Partei zu qualifizieren ist.34 (2) Abgrenzung materiell- und prozessrechtlicher Fragestellungen 341
Die Rechtswissenschaft hat die Unterscheidung von materiell- und prozessrechtlichen Fragestellungen als Qualifikationsproblem erkannt. 35 Im Einzelnen geht es dabei insbesondere um die Einordnung der Verjährung (s. dazu unten Rn. 551 ff.), der Beweisbelastung (ὧ峪幌․) und -vermutungen 30 Oberes Volksgericht Shanghai v. 11.10.1988 (Chinesische Hauptgesellschaft für Technologie-Import und -Export gegen Industrie- und Naturresourcen-Gesellschaft), Supreme People’s Court Gazette 1989, Heft 1. 31 Etwa bei LIN Xin / LI Qiongying, S. 135; XIAO Yongping / XIE Xinsheng, Fashang Yanjiu 2005, 79 (84 f.); LIN Chunhong, Zhongguo Minhangfeixing Xueyuan Xuebao 2006, 7 (7); YU Fei, Taiwan Yanjiu Jikan 2006, 43 (48); JIANG Xinmiao, S. 446. 32 Vgl. dazu YU Fei, Taiwan Yanjiu Jikan 2006, 43 (48). 33 So etwa bei LIN Chunhong, Zhongguo Minhangfeixing Xueyuan Xuebao 2006, 7 (7 ff.); ZHANG Shaohong, Zhongguo Lüshi 2007, 57 (57 ff.); OU Yangzhenyuan, Falü Shiyong 2004, 14 (16); XIAO Yongping / XIE Xinsheng, Fashang Yanjiu 2005, 79 (83 ff.); Kong/Hu, 3 (2002) Melb. J. Int’l L. 414 (424 f.); DU Tao / CHEN Li, S. 077 f. 34 Vgl. zu dieser Streitfrage ZHANG Shaohong, Zhongguo Lüshi 2007, 57 (57 f.). 35 S. OU Yangzhenyuan, Falü Shiyong 2004, 14 (15 f.); LIN Xin / LI Qiongying, S. 136; HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 173; SU Yuanhua, S. 92. Nach Ong, 8 (2009) Chin. J. Int’l L. 637 (653), hat die festlandchinesische Rechtswissenschaft die Grenzen zwischen dem Verfahrens- und dem materiellen Recht bisher noch nicht klären können.
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( 㓑ⳃ ) sowie der Schadensberechnung (Rn. 520 f.). 36 In der Praxis wird tendenziell nicht zwischen materiell- und prozessrechtlichen Fragestellungen differenziert.37 Wie im festlandchinesischen Recht Fragen der Beweislast und der Beweisvermutungen zu qualifizieren sind, wird in der Rechtswissenschaft selten konkret erörtert, auch wenn die beiden Grundrichtungen des common law und des civil law vorgestellt werden.38 Möglicher erscheint, dass sie derzeit prozessrechtlich eingeordnet werden, weil der Gesetzgeber den Beweis im Festland-ZPG geregelt hat,39 darunter auch Art. 64 Abs. 1 Festland-ZPG, wonach die Parteien für die Lieferung von Beweisen für ihr jeweiliges Vorbringen verantwortlich sind. In der Rechtsprechung ergibt sich die Frage nur selten, da die Volksgerichte in der großen Mehrheit der Fälle auch in der Sache festlandchinesisches Recht anwenden. In einem Produkthaftungsfall stellte das Mittlere Volksgericht Xi’an fest, die Beweislast (ὧ峪幌․) unterliege der lex fori, verstand darunter aber lediglich die Form der Beweise und die Fristen zu ihrer Vorlage.40 Zuvor hatte es jedoch die Frage, wer bestimmte Tatsachen zu beweisen hatte, – wiederum als Beweislast ( ὧ峪幌․ ) bezeichnet – nach der in diesem Fall japanischen lex causae beurteilt. Es verwendete den Begriff der Beweislast (ὧ峪幌․) also sowohl im prozessrechtlichen als auch im materiellrechtlichen Sinne und qualifizierte die Frage, zu wessen Lasten ein misslungener Beweis ging, materiellrechtlich.
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e) Besonderheiten interregionaler Qualifikation Zum derzeitigen Zeitpunkt, in dem jede Region ihre eigene Lösung interregionaler Rechtskollisionen verfolgt, das Festland sein internationales Privatrecht analog anwendet und die Verfassung keine Hilfestellung für den Bereich der interregionalen Rechtskollisionen bietet, müssen nach allgemeiner Meinung in der festlandchinesischen Literatur Qualifikationsfragen in Fällen mit Bezug zu einer der anderen chinesischen Rechtsregionen nach der „Lehre von Rechtsvergleichung und analytischer Jurispru-
36 Vgl. dazu LIN Xin / LI Qiongying, S. 161; HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 227 ff.; HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 164 ff. 37 Zu diesem Ergebnis gelangt OU Yangzhenyuan, Falü Shiyong 2004, 14 (14 f.), nach Analyse diverser veröffentlichter Urteile aus den Jahren 2001 bis 2003. 38 S. etwa bei HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 228; HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 165 f. 39 So OU Yangzhenyuan, Falü Shiyong 2004, 14 (15). 40 Mittleres Volksgericht Xi’an v. 9.3.2005 (Amt für Öffentliche Verkehrswege der Provinz Gansu gegen Yokohama Rubber Co. Ltd.), (2002) 媨俸⍆Ⲁ䱕 074 ┠ .
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denz“ (㳽悬㷾䔯峣ἷ⌯㢹㷾ⲏ) und der „Lehre von der funktionellen Qualifikation (⏈刦ⳃㅐ崝) gelöst werden.41 Für den Fall, dass ein einheitliches Kollisionsrecht geschaffen wird, sieht die Literatur eine Qualifikation nach der lex fori als problematisch an.42 Würde jede Region die in interregionalen Sachverhalten aufgeworfenen Fragestellungen nach ihrer eigenen Rechtsordnung qualifizieren, würde dies entgegen dem Sinn eines einheitlichen interregionalen Kollisionsrechts wiederum zu regional unterschiedlichen Ergebnissen führen.43 Daher werden hier andere Lösungen wie eine Kombination von rechtsvergleichender und autonomer Qualifikation befürwortet.44 2. Vorfrage 345
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Das festlandchinesische Recht besaß keine ausdrückliche Regelung zum auf die Vorfrage ( ≱⋜朗槁 oder 杭⽏朗槁 oder 杭枸朗槁 ) anwendbaren Recht.45 Auch das Festland-IPRG schweigt dazu auf den ersten Blick. Nach wie vor findet das Problem der Vorfrage in der festlandchinesischen Rechtswissenschaft vergleichsweise wenig Beachtung. 46 Die vorhandenen Stellungnahmen definieren den Begriff der Vorfrage regelmäßig als eine Frage, deren Lösung Voraussetzung für die Entscheidung einer streitigen Frage im internationalen Privatrecht ist, 47 unterscheiden also nicht zwischen vom eigenen Kollisionsrecht (Erstfrage) und vom anwendbaren ausländischen Sachrecht (Vorfrage i.e.S.) vorausgesetzten Rechts-
41 YU Fei, Taiwan Yanjiu Jikan 2006, 43 (49), die selbst in erster Linie nach der lex fori qualifizieren und nur hilfsweise auf andere Theorien zurückgreifen möchte. A.A. SU Yuanhua, S. 93 f., der nach dem Recht des Ortes, der am engsten mit der Rechtsbeziehung verbunden ist, qualifizieren möchte. SHEN Juan, S. 91, möchte das maßgebliche Recht – etwas vage – nach den „Grundsätzen von Gerechtigkeit, Angemessenheit und der Gleichstellung der regionalen Rechtsordnungen“ auswählen, bis sich die Regionen auf eine rechtsvergleichende oder autonome Qualifikation einigen können. 42 HUANG Jin, Forschungen, S. 107; Huang/Qian, Duke J. Comp. Int. L. 1995, 289 (316 f.); Franceschini, S. 46 ff. 43 Vgl. dazu HUANG Jin, Forschungen, S. 107; Huang/Qian, Duke J. Comp. Int. L. 1995, 289 (316). 44 Vgl. Huang/Qian, Duke J. Comp. Int. L. 1995, 289 (316 f.); ausführlicher HUANG Jin, Forschungen, S. 107 f. Zu diesen Vorschlägen Franceschini, S. 48. S. auch die Ausführungen zu dahingehenden Vorschlägen aus der Literatur bei YU Fei, Taiwan Yanjiu Jikan 2006, 43 (49). 45 S. HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 114; DU Tao / CHEN Li, S. 088. Vgl. auch QU Bo / YU Jianli, Dalian Haishi Daxue Xuebao 2006, 11 (13). 46 Diese Feststellung trafen schon Süß, S. 91; von Senger/Xu, S. 195. 47 Vgl. HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 112; HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 191; QU Bo / YU Jianli, Dalian Haishi Daxue Xuebao 2006, 11 (11); QI Xiangquan, Fazhi Yu Shehui Fazhan 2003, 113 (113).
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verhältnissen oder Rechten.48 Als Voraussetzungen für die Entstehung der Vorfragenproblematik zählen festlandchinesische Rechtswissenschaftler – der Sichtweise des common law folgend – die Anwendbarkeit ausländischen Rechts auf die Hauptfrage, die Eigenständigkeit des mit der Vorfrage aufgeworfenen Problems und die diesbezügliche Verweisung auf unterschiedliche Rechtsordnungen durch lex fori und lex causae auf. 49 Eine herrschende Auffassung zum Problem der Anknüpfung von Vorfragen lässt sich nicht feststellen.50 Da sich in der Praxis das Vorfragenproblem aufgrund seiner Entstehungsvoraussetzungen ohnehin nur selten ergibt, findet es in der festlandchinesischen Rechtsprechung – soweit ersichtlich – bisher keine explizite Beachtung.51 Dazu dürfte aber auch maßgeblich beitragen, dass die Volksgerichte nur höchst selten nicht festlandchinesisches Recht zur Anwendung gelangen lassen. Die Prognose, dass das Festland-IPRG die in Art. 15 ModellG und Art. 8 Kapitel 9 ZGB-Entwurf vorgeschlagene Regelung einer selbständigen Anknüpfung von Vorfragen übernehmen würde,52 hat sich nicht bestätigt. Das Festland-IPRG regelt die Vorfragenproblematik nicht ausdrücklich. Da es jedoch nach seinem Art. 9 fremdes Kollisionsrecht generell nicht beachtet wissen will (dazu sogleich unter Rn. 349 ff.), kommt zur Anwendung auf Vorfragen nur noch das eigene Kollisionsrecht in Betracht.53 Das Festland-IPRG enthält damit implizit doch eine Regelung der Vorfragenproblematik zugunsten einer selbständigen Anknüpfung.
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3. Rück- und Weiterverweisung Der renvoi ( ⓶匝 ) war in der festlandchinesischen Gesetzgebung bisher nicht ausdrücklich geregelt, 54 sondern der Gesetzgeber hatte die Lösung 48 Anders in Anlehnung an die deutsche Rechtswissenschaft DU Tao / CHEN Li, S. 086 f. 49 HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 113; HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 192; LIN Xin / LI Qiongying, S. 184 f.; QU Bo / YU Jianli, Dalian Haishi Daxue Xuebao 2006, 11 (11); QI Xiangquan, Fazhi Yu Shehui Fazhan 2003, 113 (113); GUO Yi, Taiyuan Chengshi Zhiye Jishu Xueyuan Xuebao 2005, 32 (32). Dazu schon Süß, S. 91. Vgl. aus deutscher Sicht Kropholler, § 32 II (S. 222). 50 So im Wesentlichen schon Süß, S. 91. 51 Eine indirekte Stellungnahme des Obersten Volksgerichts zugunsten einer selbständigen Anknüpfung für das Scheidungsrecht kann möglicherweise in Ziff. 188 AGZAnsichten gesehen werden, s. von Senger/Xu, S. 195 f. 52 Vgl. dazu QU Bo / YU Jianli, Dalian Haishi Daxue Xuebao 2006, 11 (17). 53 Mit dieser Überlegung bereits zur bisherigen Rechtslage GUO Yi, Taiyuan Chengshi Zhiye Jishu Xueyuan Xuebao 2005, 32 (33). 54 S. LIANG Danni, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2000, 47 (47); FENG Guiyan, Bianjiang Jingji Yu Wenhua 2005, 95 (95); JIN Pengnian / WANG Jiang-
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dieser Frage dem Zusammenspiel von Theorie und Praxis überlassen.55 Die zunächst im Entwurf der AGZ enthaltene diesbezügliche Regelung nach dem Vorbild der taiwanesischen Gesetzgebung war letztlich als nicht der Zielsetzung eines Kollisionsgesetzes entsprechend nicht in das Gesetz übernommen worden.56 Allerdings hatte sich das Oberste Volksgericht zu dieser Thematik geäußert: Zunächst stellte es in Ziff. 5 des 2. Abschnitts seiner AWVG-Antworten klar, dass das durch Parteivereinbarung gewählte und das vom Gericht gemäß dem Prinzip der engsten Verbindung zur Regelung einer Vertragsstreitigkeit ermittelte Recht nur das derzeit geltende materielle Recht meint und nicht Kollisionsregeln oder Prozessrecht beinhaltet.57 Obwohl diese Auslegung zum nicht mehr geltenden AWVG durch Beschluss 58 des Obersten Volksgerichts vom 16.6.2000 mit Wirkung zum 25.7.2000 aufgehoben wurde, betrachtete die Literatur zumindest den auf den renvoi bezogenen Teil weiterhin als anwendbar, weil die Vorschriften des AWVG zu Rechtswahl und objektivem Vertragsstatut ohne Änderung ins neue VertragsG übernommen worden waren. 59 Dass dies ganz im Sinne des Obersten Volksgerichts ist, zeigten schon Ziff. 48 und 49 des Zweiten Protokolls, welche die Ablehnung des renvoi im Falle des gewählten (Ziff. 48) und des objektiven (Ziff. 49) Vertragsstatuts wieder ausdrücklich festlegen. Die Sachnormverweisung als allgemeine Regel bei der Ermittlung des Vertragsstatuts statuiert nunmehr Art. 1 der Vertragsbestimmungen 2007.60 Eine weitere Äußerung des Obersten Volksgerichts im Hinblick auf die Frage des renvoi findet sich in Ziff. 178 S. 2 der AGZ-Ansichten: Wenn die Volksgerichte Zivilrechtsfälle mit Außenbezug verhandeln, müssen sie lian, Zhejiang Daxue Xuebao 2004, 45 (50); YU Fei, Dangdai Faxue 2005, 160 (160); XU Donggen / XUE Fan, S. 193; SHEN Juan, S. 100; HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 120; Huang/Qian, Duke J. Comp. Int. L. 1995, 289 (318); ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 48; DU Tao / CHEN Li, S. 094; Xu, S. 137; Kong/Hu, 3 (2002) Melb. J. Int’l L. 414 (425); Wolff, 56 (2008) Am.J.Comp.L. 1039 (1054). 55 Huang/Qian, Duke J. Comp. Int. L. 1995, 289 (318). 56 S. JIN Pengnian / WANG Jianglian, Zhejiang Daxue Xuebao 2004, 45 (50)(mit Wortlaut der Norm des Entwurfs). Die damalige Kontroverse erwähnen auch XU Donggen / XUE Fan, S. 193; HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 191; LIANG Danni, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2000, 47 (48); ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 48; DU Tao / CHEN Li, S. 094; von Senger/Xu, S. 186, 188; Süß, S. 79. Ähnlich JIANG Xinmiao, S. 475. 57 S. dazu schon von Senger/Xu, S. 188; Süß, S. 79; Xu, S. 137. 58 Rechtsauslegung ( ⊩ 䞞 ) Nr. 20/2000, Supreme People’s Court Gazette 2000.4 (Vol. 66), S. 124 ff. 59 Vgl. etwa FENG Guiyan, Bianjiang Jingji Yu Wenhua 2005, 95 (95). Ohne Begründung auch ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 48. 60 Dazu Wolff, IPRax 2008, 55 (56); Gebauer, IPRax 2008, 62 (65).
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nach den Regelungen des achten Kapitels der AGZ das anzuwendende materielle Recht bestimmen.61 Das Verständnis dieser Regelung ist in der festlandchinesischen Rechtswissenschaft umstritten: Während die eine Auffassung sie als grundsätzliche Ablehnung jeglicher Rück- und Weiterverweisungen und Festlegung des sachnormverweisenden Charakters aller international-privatrechtlichen Normen der AGZ versteht, 62 sieht die Gegenmeinung darin überhaupt keine Aussage zur Frage des renvoi, 63 sondern wohl lediglich die Klarstellung, dass die Vorschriften des achten Kapitels auf alle Fälle mit Außenbezug anzuwenden sind. Aus der Praxis sind jedoch keine Urteile festlandchinesischer Gerichte bekannt, in denen eine Rück- oder Weiterverweisung anerkannt worden wäre.64 Die festlandchinesische Literatur forderte eine ausdrückliche gesetzliche Regelung der Frage des renvoi.65 Dementsprechend findet sich ein Vorschlag für seine Regelung mit unterschiedlichem Wortlaut, aber inhaltlich
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Chinesischer Wortlaut: ѭΰ㴺㷾枋⡑Ⳋ䔯㺲⨿㴺ᾴ⊜两䞭㥱‟㜟盨⾽ぼ㐲䊐㴺㷾慃⍂ 䱕⊔䰉䞭嫭ⳃ㢎䦗ⳃ⾽愫䙑䞭ⳇ⁼㷾ѦѮ.
62 S. HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 120; ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 48; QU Guangqing, S. 208; DU Tao / CHEN Li, S. 094; YU Fei, 4 (2001) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 135 (153 f.), unklar allerdings dieselbe, Dangdai Faxue 2005, 160 (160). Wohl auch JIN Pengnian / WANG Jianglian, Zhejiang Daxue Xuebao 2004, 45 (50), die jedoch betonen, dass obwohl der renvoi in den Justizauslegungen nicht anerkannt wird, daraus keine grundsätzlich ablehnende Haltung des chinesischen internationalen Privatrechts bzgl. einer Gesetzgebung zum renvoi abzulesen ist. Auch von Senger/Xu, S. 189; Liu, 34 (2001) Comp. & Int. L.J. S.Afr. 1 (10 f.); Franceschini, S. 45 f., sowie Münzel in Fn. 20 zu seiner Übersetzung, Chinas Recht III.7, 12.4.86/1, verstehen die Äußerung des Obersten Volksgerichts ohne weiteres in diesem Sinne, ohne die Gegenauffassung zu schildern. 63 S. etwa LIANG Danni, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2000, 47 (47); HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 191; JIANG Xinmiao, S. 475 f., ohne den Streit zu erwähnen; wohl auch FENG Guiyan, Bianjiang Jingji Yu Wenhua 2005, 95 (95), der allerdings beide Auffassungen schildert. Auch SU Yuanhua, S. 96, hält den renvoi außerhalb des Vertragsrechts für möglich, hat aber möglicherweise Ziff. 178 AGZAnsichten lediglich übersehen. Süß, S. 79 f., stellt fest, dass das Oberste Volksgericht einen allgemeinen Ausschluss des renvoi in die AGZ-Ansichten übernommen hätte, wäre er gewollt gewesen; er kann also Ziff. 178 nicht als Ausschluss verstanden haben. 64 S. Liu, 34 (2001) Comp. & Int. L.J. S.Afr. 1 (11); JIN Pengnian / WANG Jianglian, Zhejiang Daxue Xuebao 2004, 45 (50); YU Fei, 4 (2001) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 135 (153 f.). 65 S. FENG Guiyan, Bianjiang Jingji Yu Wenhua 2005, 95 (95); LIANG Danni, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2000, 47 (48); JIANG Xinmiao, S. 476. Zu den theoretischen Diskussionen um Vor- und Nachteile von Rück- und Weiterverweisung der festlandchinesischen Rechtswissenschaft vgl. von Senger/Xu, S. 186 ff.; Süß, S. 80 ff.; Xu, S. 135 f. Die Argumentation ist inhaltlich im Wesentlichen unverändert geblieben, politisch-kommunistisch geprägte Begründungen findet man jedoch heute i.d.R. nicht mehr.
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weitgehend übereinstimmend66 sowohl in Art. 8 ModellG als auch in Art. 2 Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs: Eine Rück- und Weiterverweisung soll danach grundsätzlich nicht zu beachten sein; lediglich eine Rückverweisung auf das festlandchinesische Recht in Statusangelegenheiten 67 (ModellG) bzw. in Bezug auf Rechtsstellung oder Statusbeziehungen natürlicher Personen (ZGB-Entwurf) wird zugelassen. Während ein Teil der Literatur dem im Wesentlichen zustimmte,68 sprach sich ein anderer Teil für eine grundsätzliche und umfassende Anerkennung des renvoi mit Einschränkungen unterschiedlichen Grades vor allem im Hinblick auf das Vertragsstatut aus;69 Stimmen, die eine ausnahmslose Ablehnung von Rück- und Weiterverweisung in einer zukünftigen Regelung befürworten, waren nicht zu finden.70 Ebenso war man sich einig, dass der renvoi für das Vertragsstatut nach der bisherigen Rechtsprechungspraxis ausgeschlossen ist71 und bleiben muss. Art. 9 Festland-IPRG schreibt nunmehr explizit vor, dass alle Verweisungen des festlandchinesischen Kollisionsrechts als Sachnormverweisungen zu verstehen sind. Damit bestätigt es – aus der Sicht derer, welche Ziff. 178 S. 2 AGZ-Ansichten bereits in diesem Sinne verstanden haben – die bisherige Rechtslage.72 In der Literatur wird diese Lösung teilweise als zu unflexibel kritisiert,73 teilweise im Sinne von Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit und vor dem Hintergrund, dass allen Anknüpfungen des Gesetzes der Grundsatz der engsten Verbindung zugrundeliegt, als gerechtfertigt angesehen.74 66
Dazu YU Fei, Dangdai Faxue 2005, 160 (160, 161). Und damit Rechtsstellung und Statusfragen natürlicher und juristischer Personen sowie sonstiger Zusammenschlüsse erfassend, vgl. JIN Pengnian / WANG Jianglian, Zhejiang Daxue Xuebao 2004, 45 (50). Mit Kritik an der insoweit unklaren Formulierung ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 52 f. 68 FENG Guiyan, Bianjiang Jingji Yu Wenhua 2005, 95 (96). JIN Pengnian / WANG Jianglian, Zhejiang Daxue Xuebao 2004, 45 (50 f.), allerdings mit eigenem Formulierungsvorschlag. 69 Sehr weitgehend LIANG Danni, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2000, 47 (48 f.); YU Fei, Dangdai Faxue 2005, 160 (164 f.). Lediglich für Rück-, aber nicht Weiterverweisungen sprechen sich ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 48 ff., aus. 70 Gegen eine völlige Ablehnung etwa ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 50 ff. 71 S. etwa HUANG Jin / DU Huanfang, 7 (2004) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 115 (142). 72 So etwa Long, IPRax 2012, 273 (274); Cammerer, RIW 2011, 230 (232); Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (13, 40). Anders dagegen Gan, RivDirIntPrivProc 2011, 101 (105 f.). 73 So Gan, RivDirIntPrivProc 2011, 101 (105 f.). Ähnlich Tu, 59 (2011) Am.J.Comp.L. 563 (572). Kritisch auch Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (40 f.). 74 So Chen/Bertrand, JDI 2011, 373 (384). 67
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Solange es in China noch kein einheitliches interregionales Kollisionsrecht gibt, stellt sich die Frage nach der Anerkennung von Rück- und Weiterverweisungen auch im interregionalen Rechtsverkehr.75 Sie wird derzeit auf dem Festland ebenso gelöst wie im internationalen Privatrecht,76 auch wenn von Seiten der Literatur teilweise die begrenzte Annahme eines renvoi befürwortet wird.77
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4. Rechtsumgehung Aus Sicht der festlandchinesischen Rechtswissenschaft ist unter Rechtsumgehung (㷾ゴほ憨) das absichtliche Schaffen von Anknüpfungsmomenten durch die Parteien zu verstehen, um die Anwendung des nach dem Kollisionsrecht des Forums anwendbaren Rechts zu vermeiden und die Anwendung ihnen nützlichen Rechts zu erreichen.78 Diese Definition ist jedoch weder gesetzlich noch in einer Auslegung des Obersten Volksgerichts festgeschrieben.79 Insgesamt fehlt eine Regelung der Frage der Rechtsumgehung in der festlandchinesischen Gesetzgebung.80
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a) Umgehung festlandchinesischen Rechts Stattdessen hat sich jedoch das Oberste Volksgericht in Ziff. 194 AGZAnsichten zu dieser Problematik geäußert. Danach führen Handlungen der Parteien, welche die Anwendung von zwingenden oder verbietenden Rechtsnormen des festlandchinesischen Rechts umgehen, nicht zur Anwendung ausländischen Rechts. Dies hat das Oberste Volksgericht erneut 75
Huang/Qian, Duke J. Comp. Int. L. 1995, 289 (317); HUANG Jin, Forschungen, S. 108 ff. 76 Vgl. HUANG Jin, Forschungen, S. 110. 77 S. etwa SHEN Juan, S. 100 f., die einen renvoi nur nicht zulassen will, wenn die Parteien das anwendbare Recht gewählt haben oder wenn das Ergebnis den gerechtfertigten Interessen der Parteien schadet. Ähnlich SU Yuanhua, S. 96. HUANG Jin, Forschungen, S. 111, spricht sich für eine Anerkennung im Familienrecht und die Annahme einer Rückverweisung auf das Recht einer chinesischen Region durch ausländisches IPR aus. Auch YU Fei, 4 (2001) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 135 (154), betont die Bedeutung des renvoi für das interregionale Privatrecht, aber beschränkt auf die ihn erlaubenden anderen drei Regionen. ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 51 f., befürworten eine begrenzte Zulassung des renvoi als Teil des Vereinheitlichungsprozesses, weil die anderen Regionen ihn zulassen. 78 HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 133; HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 194. Ähnlich SHEN Juan, S. 96; SU Yuanhua, S. 97; JIANG Xinmiao, S. 492. Vgl. auch Süß, S. 76. 79 Vgl. Wolff, IPRax 2008, 55 (59). 80 HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 198; HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 136; ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 64; JIANG Xinmiao, S. 500. Vgl. auch FAN Jingjing, Neimenggu Daxue Xuebao 2006, 67 (67).
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in Ziff. 50 des Zweiten Protokolls bestätigt und dabei klargestellt, dass auch in Verwaltungsvorschriften enthaltene zwingende oder verbietende Regelungen nicht wirksam umgangen werden können. Mit Ziff. 6 Vertragsbestimmungen 2007 hat das Oberste Volksgericht eine gleichlautende Regelung speziell für Vertragsstreitigkeiten geschaffen und darin ausdrücklich bestimmt, dass diese im Fall rechtsumgehender Handlungen festlandchinesischem Recht unterliegen. In den Bereich der Rechtsumgehung lassen sich in der Praxis sicher die Versuche ausländischer Unternehmen einordnen, über geschickte Investitionskonstruktionen den Beschränkungen für ausländische Investoren zu entgehen.81 Die festlandchinesische Rechtsprechung,82 aber wohl auch Teile der Literatur,83 fassen auch die Rechtswahl an sich als potentiell rechtsumgehendes Parteiverhalten i.S.d. Ziff. 194 AGZ-Ansichten auf, was den Hintergrund für die Regelung der sich ausschließlich auf Vertragsstreitigkeiten beziehenden Ziff. 6 Vertragsbestimmungen 2007 gebildet haben dürfte. Auch wenn der Parteiwille ein Anknüpfungsmoment darstellt, 84 handelt es sich bei einer Rechtswahl jedoch regelmäßig um eine vom Kollisionsrecht zugelassene Gestaltung des Tatbestandes, es sei denn, die Möglichkeit, das Recht zu wählen, wird erst durch eine Umgehungshandlung geschaffen.85 Dennoch wird eine Rechtswahl als unwirksam angesehen, wenn sie zu einem Verstoß gegen inländisches zwingendes Recht geführt hat, und statt des gewählten Rechts wird insgesamt festlandchinesisches Recht angewendet.86 Neben der Verhinderung des Erfolgs einer missbräuchlichen Veränderung von Anknüpfungsmomenten dient das Institut der Rechtsumgehung also auch dazu, zwingendes inländisches Recht, d.h. unabhängig vom Ver81 S. zu diesem Aspekt Wolff, IPRax 2008, 55 (59); ders., 56 (2008) Am.J.Comp.L. 1039 (1065 f.). 82 Wahl des Rechts von Hong Kong: Oberstes Volksgericht v. 13.6.2002 (Bank of China (Hong Kong) GmbH gegen China Changcheng Industrie-Generalgesellschaft), (2001) 㴺⠄俱Ⲁ䱕 16 ┠; Oberstes Volksgericht v. 21.2.2006 (Starflower Investment Services Ltd. gegen Hangzhou Jinma Liegenschafts-GmbH, Hangzhou ZukunftsweltVergnügungs-GmbH), (2004) 㴺⠄俱Ⲁ䱕 21 ┠. Zu diesen und zwei weiteren ähnlichen Entscheidungen des Obersten Volksgerichts Qin, IPRax 2011, 603 (606). 83 So etwa LIN Chunhong, Zhongguo Minhangfeixing Xueyuan Xuebao 2006, 7 (9). A.A. Huang/Song/Li/Long, 8 (2009) Chin. J. Int’l L. 715 (736). 84 S. Kegel/Schurig, § 13 IV (S. 474). 85 Zum Mißbrauch einer Rechtswahl als Fall der Gesetzesumgehung s. von Hoffmann/Thorn, § 6 Rn. 131 (S. 265 f.). 86 S. Oberstes Volksgericht v. 21.2.2006 (Starflower Investment Services Ltd. gegen Hangzhou Jinma Liegenschafts-GmbH, Hangzhou Zukunftswelt-Vergnügungs-GmbH), (2004) 㴺⠄俱Ⲁ䱕 21 ┠. Kritisch dazu Huang/Song/Li/Long, 8 (2009) Chin. J. Int’l L. 715 (736 f.); Qin, IPRax 2011, 603 (606 ff.) sowie Xiao/Long, 11 (2009) Yearbook of PIL 193 (206 f.), mit weiteren ähnlichen Beispielen aus der Rechtsprechung.
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tragsstatut anzuwendende Eingriffsnormen gegenüber einer Rechtswahl durchsetzen zu helfen. Eine allgemeine Regelung, welche ansonsten die Anwendung von Eingriffsnormen gegenüber einem fremden Statut sicherstellen würde, kannte das festlandchinesische Recht bisher nicht. 87 Vielmehr hatte der Gesetzgeber statt des indirekten Weges zur Durchsetzung des ordre public über Eingriffsnormen den direkten Weg über den ordre public-Vorbehalt (zu diesem unten Rn. 368 ff.) gewählt.88 Die vollständige Ausschaltung der Rechtswahl geht allerdings über das Ziel hinaus, den innerchinesischen zwingenden Rechtsvorschriften zur Anwendung zu verhelfen. Sie bedeutet selbst für Bereiche, für die sonst die Rechtswahl ohne weiteres zulässig wäre, eine zwangsweise Anwendung festlandchinesischen Rechts. Der Regelung der Rechtsumgehung kommt damit ein gewisser Sanktions- bzw. Strafcharakter zu.89 Der Fokus liegt im Gegensatz zur Anwendung festlandchinesischen Rechts aufgrund eines ordre public-Verstoßes oder infolge von Eingriffsnormen auf den Absichten der Parteien.90 Welche Regelungen des festlandchinesischen Rechts zwingend oder verbietend und damit vor einer Umgehung durch die Parteien geschützt sein sollen, ist nicht geregelt und wohl im Einzelfall zu bestimmen. 91 Neuere Rechtsnormen stellen teilweise selbst ihren zwingenden Charakter klar.92 Ein in der Praxis wichtiges Beispiel zwingender Regelungen lässt sich Antwort 51 der Praktischen Antworten entnehmen. Danach kommt aus 87 S. DU Tao / CHEN Li, S. 124; Xiao/Long, 11 (2009) Yearbook of PIL 193 (206 f.). Anders aber wohl das Obere Volksgericht Shanghai, das in einem Fall die Anwendung von Kapitel IV des SeehandelsG entgegen einer zuvor als wirksam festgestellten Rechtswahl der Parteien mit dem zwingenden Charakter dieser seerechtlichen Normen begründete, s. dazu Qin, IPRax 2011, 603 (605 f., 607). Zu einem in dieser Hinsicht ähnlichen Urteil des Oberen Volksgerichts Guangdong s. Xiao/Long, aaO (207). 88 S. dazu Xiao/Huo, 53 (2005) Am.J.Comp.L. 653 (659). Zur Einordnung von Eingriffsnormen als indirekte Regelungsform des ordre public s. auch HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 215; LIANG Tao, Caijingjie 2006, 27 (27); XU Donggen / XUE Fan, S. 195. Als Regelung chinesischer Eingriffsnormen wurde früher auch Art. 4 AWVG verstanden, nach dem beim Abschluss eines Vertrages das Recht der Volksrepublik zu beachten war, s. etwa Xu, S 121. 89 Vgl. auch Gebauer, IPRax 2008, 62 (64). 90 Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (320 f.). S. DU Tao / CHEN Li, S. 124 f., zu einem Fall aus der Praxis, in dem das Obere Volksgericht Guangdong seine Entscheidung auf diesen Unterschied stützte. Zu diesem Urteil auch Huang/Song/Li/Long, 8 (2009) Chin. J. Int’l L. 715 (736 f.). 91 S. DU Tao / CHEN Li, S. 123 f., mit einigen Beispielen; SUN Nanshen, Huadong Zhengfa Xueyuan Xuebao 2005, 73 (78). S. auch Wolff, 56 (2008) Am.J.Comp.L. 1039 (1054), zur Unvorhersehbarkeit der diesbezüglichen Gerichtspraxis. 92 Dazu mit Beispielen Wolff, IPRax 2008, 55 (59).
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Sicht des Vierten Zivilsenats des Obersten Volksgerichts den Genehmigungs- und Registrierungsformalitäten bei der Übernahme von Auslandsanleihen zwingender Charakter zu, da die Volksrepublik ein Staat mit Devisenkontrolle ist.93 Für den Fall, dass die Parteien eines Sicherungsvertrages (㏮℆┱┵) mit Außenbezug ausländisches Recht gewählt haben, sieht der Senat in der Nichteinhaltung der Formalitäten eine Umgehung der diesbezüglichen Vorschriften i.S.d. Ziff. 194 AGZ-Ansichten mit der Folge der Anwendung festlandchinesischen – statt wie gewählt ausländischen – Rechts.94 b) Die Umgehung ausländischen Rechts 362
Die Umgehung ausländischen Rechts wird in den Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts nicht geregelt.95 In der Rechtsprechung wurde der allseitige Ausbau von Ziff. 194 AGZ-Ansichten bereits erwogen, aber letztlich nicht geklärt.96 Die festlandchinesische Literatur möchte die Wirksamkeit des fraglichen Verhaltens mehrheitlich nach der konkreten Situation beurteilen und von der Angemessenheit der umgangenen Regelung abhängig machen.97 c) Neue Regelung
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Auch Art. 13 ModellG bezog sich nur auf die Umgehung inländischen Rechts. Außer dass die vorgeschlagene Regelung der allgemeinen Ansicht in der Literatur folgend ausdrücklich eine Umgehungsabsicht der Parteien verlangte, entsprach sie den Ziff. 194 AGZ-Ansichten, Ziff. 50 Zweites Protokoll, Ziff. 6 Vertragsbestimmungen 2007. Kapitel 9 des ZGB-Entwur93
Ebenso sieht das mit ausführlicherer Begründung Qin, IPRax 2011, 603 (604). OU Yangzhenyuan, Falü Shiyong 2004, 14 (14), sieht dagegen die Verweigerung der Anwendung des gewählten Hong Kong-Rechts in einem konkreten Fall, der den in Antwort 51 der Praktischen Antworten beschriebenen Umständen entspricht, als Anwendungsfall des ordre public-Vorbehalts. Anders SUN Nanshen, Huadong Zhengfa Xueyuan Xuebao 2005, 73 (78): Da eine Genehmigung grundsätzlich möglich wäre, scheidet ein ordre public-Verstoß aus, wenn die Parteien mit dem Ziel der Rechtsumgehung ihren Vertrag nicht haben registrieren lassen. 95 S. HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 199; HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 136; SU Yuanhua, S. 98; ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 64; JIANG Xinmiao, S. 501; Liu, 34 (2001) Comp. & Int. L. J. S.Afr. 1 (13). 96 S. zu einem entsprechenden Fall aus der Praxis DU Tao / CHEN Li, S. 126. 97 S. HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 199; HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 136; SU Yuanhua, S. 98; SHEN Juan, S. 97; LIN Chunhong, Zhongguo Minhangfeixing Xueyuan Xuebao 2006, 7 (9); JIANG Xinmiao, S. 501. Vgl. auch Liu, 34 (2001) Comp. & Int. L. J. S.Afr. 1 (13). Dazu schon von Senger/Xu, S. 195; Süß, S. 77 f., mit Beispielen aus der Literatur. Kritisch ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 64. 94
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fes enthielt lediglich für den Bereich der Eheschließung in Art. 61, nicht aber im Allgemeinen Teil eine Regelung.98 Auch das Festland-IPRG regelt die Rechtsumgehung nicht. Dafür schreibt es in seinem Art. 4 nun erstmals vor, dass zwingende Bestimmungen (っ⍟ㅐ嫭ⳃ) des Rechts der Volksrepublik China unmittelbar Anwendung finden. Ungeregelt bleibt, ob auch bestimmte Vorschriften fremden Rechts unabhängig vom nach den Kollisionsregeln anwendbaren Recht Anwendung beanspruchen können.99 Der chinesische Wortlaut des Art. 4 Festland-IPRG ist vage: Danach ist es – theoretisch – möglich, die Regelung nicht nur auf Bestimmungen anzuwenden, die international in jedem Fall Anwendung beanspruchen, sondern auch auf einfach zwingendes Recht.100 Ferner ist unklar, ob die zwingende Regelung im Gesetzesrecht der Volksrepublik enthalten sein muss oder es ausreicht, wenn es sich dabei um Recht im weiteren Sinne handelt.101 Art. 4 Festland-IPRG eröffnet einen großen Auslegungsspielraum, der das Risiko der Rechtsunsicherheit mit sich bringt.102 Da das Festland-IPRG die Frage der Rechtsumgehung überhaupt nicht anspricht, also an dieser Stelle eine Regelungslücke aufweist, wird es wohl weiterhin nach Art. 2 Abs. 1 S. 2 Festland-IPRG möglich sein, auf Ziff. 194 AGZ-Ansichten zurückzugreifen, auch wenn es sich dabei um kein förmliches Gesetz handelt. Ob dies in der Praxis angesichts der neuen Regelung der zwingenden Bestimmungen, deren bisheriges Fehlen erst das weite Verständnis der Rechtsumgehung in der Vergangenheit bedingte, noch häufig geschehen wird, bleibt abzuwarten. Die Figur der Rechtsumgehung wird aber dann überflüssig, wenn in der Praxis dieselben Normen als zwingend im Sinne des Art. 4 Festland-IPRG angesehen werden, die bisher vor einer Umgehung geschützt waren.
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d) Interregionale Problematik Im Hinblick auf Fälle mit Bezug zu einer der anderen chinesischen Rechtsregionen befürchtet die festlandchinesische Rechtswissenschaft aufgrund verschiedener Faktoren eine Zunahme von Rechtsumgehungshandlungen durch die Parteien: Zum einen ist regelmäßig die Veränderung von Tatsachen, die Anknüpfungsmomente bilden, etwa des Wohnsitzes oder der Be98
Dazu FAN Jingjing, Neimenggu Daxue Xuebao 2006, 67 (67). S. dazu Long, IPRax 2012, 273 (276 f.). 100 Vgl. Long, IPRax 2012, 273 (276). Für ein Verständnis als auf international zwingende Normen beschränkt s. Long, aaO; Qin, IPRax 2011, 603 (604); Chen/Bertrand, JDI 2011, 373 (384). Dagegen wohl die Kommentierung von HUANG Jin / JIANG Rujiao, s. dazu Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (11), der dies kritisiert, ebd., S. 40. 101 S. Long, IPRax 2012, 273 (276). 102 Long, IPRax 2012, 273 (276). 99
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legenheit von Vermögen, innerhalb eines Landes einfacher als über dessen Grenzen hinweg.103 Zum anderen steigern die großen inhaltlichen Unterschiede der chinesischen Rechtsordnungen den Anreiz zu rechtsumgehendem Verhalten. 104 Schließlich fördert auch der Gegensatz zwischen den chinesischen Regionen, dass die Gerichte einer Region ein Verhalten der Parteien, mit dem diese der Anwendung des Rechts einer Region, die ein anderes Gesellschaftssystem besitzt, zu entkommen versuchen, eher als angemessen anerkennen.105 Stimmen aus der Literatur fordern daher, eine Rechtsumgehung hinsichtlich des Rechts der anderen Rechtsregionen nicht zuzulassen,106 da es sich um gleichrangige Rechtsordnungen innerhalb eines Staatsgebildes handele, deren selbständiger Bestand gewährleistet sei.107 Vorgeschlagen wird stattdessen auch, nicht mehr danach zu differenzieren, ob eigenes oder fremdes Recht umgangen werden soll, sondern danach, ob rechtmäßige Interessen der Parteien hinter ihrem Verhalten stehen.108 5. Ordre public 368
Das festlandchinesische Recht enthält in Art. 150 AGZ einen ordre publicVorbehalt, indem es bestimmt, dass es nicht gegen die gesellschaftlichen und öffentlichen Interessen (䩧⁃⊕⊚⍒䟳)109 der Volksrepublik China verstoßen darf, wenn nach Kapitel 8 der AGZ ausländisches Recht oder internationale Gepflogenheiten angewendet werden. Dabei wird die gesetzliche Formulierung der „gesellschaftlichen und öffentlichen Interessen“ als gleichbedeutend mit dem international geläufigeren Ausdruck des „ordre public“ (⊕⊚䬒⾸) verstanden.110 103
Huang/Qian, Duke J. Comp. Int. L. 1995, 289 (321); SHEN Juan, S. 96. Huang/Qian, Duke J. Comp. Int. L. 1995, 289 (321); SHEN Juan, S. 96; FAN Jingjing, Neimenggu Daxue Xuebao 2006, 67 (69). 105 FAN Jingjing, Neimenggu Daxue Xuebao 2006, 67 (68); SHEN Juan, S. 96. 106 SU Yuanhua, S. 98. De lege ferenda: Huang/Qian, Duke J. Comp. Int. L. 1995, 289 (321); FAN Jingjing, Neimenggu Daxue Xuebao 2006, 67 (69). 107 S. SU Yuanhua, S. 98; ausführlich FAN Jingjing, Neimenggu Daxue Xuebao 2006, 67 (70), der für die festlandchinesische Seite noch hinzufügt, dass dies zudem Ängste der drei anderen Regionen vor einer Assimilation durch das sozialistische System beseitigen helfen kann. 108 So SHEN Juan, S. 98. 109 Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (11 f.), übersetzt den Begriff als “gesellschaftliche Allgemeininteressen”. 110 S. ausdrücklich HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 132; FENG Xia, Henan Shifan Daxue Xuebao 2005, 94 (94); Xiao/Huo, 53 (2005) Am.J.Comp.L. 653 (657 f., insb. Fn. 17); Hu, 46 (1999) NILR 291 (299). Ähnlich CHEN Sheng / LIU Yanna, Heilongjiangsheng Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2006, 100 (102); von Senger/Xu, S. 189; Xu, S. 137; ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 69; SUN Nanshen, Huadong Zhengfa Xueyuan Xuebao 2005, 73 (73). Ansonsten indirekt durch 104
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Obwohl diese Regelung nach ihrem Wortlaut nur für die in den AGZ enthaltenen Kollisionsregeln gilt, wurde sie als allgemeine Regelung des ordre public-Vorbehalts für das gesamte internationale Privatrecht aufgefasst. 111 Deckungsgleiche Vorschriften finden sich darüber hinaus in Art. 276 SeehandelsG und Art. 190 ZivilluftfahrtG für die in diesen Gesetzen enthaltenen speziellen Kollisionsregeln sowie in Art. 266 FestlandZPG für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen durch die Volksgerichte. Ferner hat sich der ordre publicVorbehalt auch in den Äußerungen des Obersten Volksgerichts niedergeschlagen: in Ziff. 10 des 2. Abschnitts der früheren AWVG-Antworten, Ziff. 54 Zweites Protokoll sowie Ziff. 7 Vertragsbestimmungen 2007. Seine Anwendung auch in Fällen mit Bezug zu Hong Kong oder Macau stellte bereits der dritte Unterpunkt des dritten Abschnitts der Hong Kong/MacauAntworten klar.
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a) Inhalt des ordre public Einigkeit besteht darüber, dass der Begriff des ordre public dehnbar und flexibel ist.112 Die Regelung eröffnet den Gerichten einen großen Ermessensspielraum.113 Dies wird in der Rechtswissenschaft als Missbrauchsgefahr wahrgenommen114 und daher seine Anwendung (nur) in bestimmten Fallgruppen propagiert:115 – der Verstoß gegen den Geist der Verfassung, einschließlich der vier (sozialistischen) Grundprinzipien 116 , und die Schädigung der nationalen Einheit; – die Schädigung der nationalen Souveränität und Sicherheit; – der Verstoß gegen Grundnormen des relevanten Rechtsgebiets bzw. Grundprinzipien wichtiger Gesetze; die Aussage, der ordre public sei für das Festland in Art. 150 AGZ geregelt, s. beispielsweise LIANG Tao, Caichanjie 2006, 27 (28); XIE Yancun, Waijiao Pinglun 2005, 93 (94). 111 So etwa HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 217; JIANG Xinmiao, S. 511. 112 S. etwa FENG Xia, Henan Shifan Daxue Xuebao 2005, 94 (95 f.); Liu, 34 (2001) Comp. & Int. L. J. S.Afr. 1 (13); HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 222; SUN Nanshen, Huadong Zhengfa Xueyuan Xuebao 2005, 73 (74 f.). Vgl. auch zusammenfassend von Senger/Xu, S. 190 f.; Franceschini, S. 50. 113 Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (320); HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 222. 114 S. Xiao/Huo, 53 (2005) Am.J.Comp.L. 653 (673). 115 Im Wesentlichen übereinstimmend Xiao/Huo, 53 (2005) Am.J.Comp.L. 653 (677); HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 222; SU Yuanhua, S. 100; XU Donggen / XUE Fan, S. 195 f.; LIANG Tao, Caichanjie 2006, 27 (28). Vgl. dazu schon zusammenfassend Süß, S. 72. Zur letzten Fallgruppe auch von Senger/Xu, S. 191; Xu, S. 138. 116 Vgl. dazu Süß, S. 72 (insb. Fn. 11).
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– der Verstoß gegen Verpflichtungen Chinas aus internationalen Abkommen oder gegen international allgemein anerkannte Gerechtigkeitsprinzipien; – nach dem Gegenseitigkeitsprinzip als Vergeltungsmaßnahme, wenn die Gerichte eines anderen Landes in einem entsprechenden Fall die Anwendung chinesischen Rechts ablehnen. Auf den ordre public soll sich ein Gericht berufen können, wenn die Anwendung ausländischen Rechts sich etwa negativ auf staatliches Eigentum in Form von Aktien oder Anteilen an einem bestimmten Unternehmen auswirkt oder Verbraucherinteressen schädigt.117 Das Oberste Volksgericht hat sich ebenfalls begrenzt zu den Inhalten des ordre public geäußert. So nennt etwa Ziff. 54 Zweites Protokoll neben den gesellschaftlichen und öffentlichen Interessen auch die Grundprinzipien des Rechts ( 㷾 ゴ⤣ 㡕 Ⓢ ⍂ ) der Volksrepublik China als Maßstab. Desweiteren unternimmt der Vierte Zivilsenat des Obersten Volksgerichts in Antwort 43 seiner unverbindlichen Praktischen Antworten den Versuch einer näheren Beschreibung des ordre public, indem er die Grundprinzipien des festlandchinesischen Rechts, die staatliche Souveränität (⠦ⳟὤ㡬) und Sicherheit (Ⲳ⊑) sowie die guten Sitten (⚭厘⌍℀) und die grundlegende Moral (⤣㡕慼ム) aufzählt.118 Nach einigen Angaben aus der Literatur wird der ordre public-Vorbehalt in der Rechtsprechung der Volksgerichte nur sparsam eingesetzt.119 Teilwiese wurde in der Praxis die bisher ungeregelte Anwendung (international) zwingenden festlandchinesischen Rechts statt des eigentlich anwendbaren Rechts auf Art. 150 AGZ gestützt.120 Die Frage eines Verstoßes gegen den festlandchinesischen ordre public ergibt sich jedoch nur höchst selten, weil die Gerichte ohnehin regelmäßig mit Hilfe der sonstigen Kollisionsregeln festlandchinesisches Recht für anwendbar erklären. 121 An anderer Stelle wird dagegen von einer beträchtlichen Anzahl von Fällen mit Hong Kong117
Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (320). Daran dürfte sich FENG Xia, Henan Shifan Daxue Xuebao 2005, 94 (95 f.), in seinen fast gleichlautenden Ausführungen zu dieser Frage orientiert haben. 119 So Han, 2 (2005) US-China L. Rev. 20 (23); Hu, 46 (1999) NILR 291 (300); Liu, 34 (2001) Comp. & Int. L. J. S.Afr. 1 (13). Ähnlich, aber die Uneinheitlichkeit der dabei angewendeten Kriterien kritisierend Xiao/Huo, 53 (2005) Am.J.Comp.L. 653 (672). Wolff, S. 38, geht optimistisch davon aus, dass der ordre public wohl keinen weiteren Anwendungsbereich als in westlichen Ländern hat. 120 S. mit Beispielen DU Tao / CHEN Li, S. 124 f.; Xiao/Long, 11 (2009) Yearbook of PIL 193 (204 f.). Zur bisherigen Praxis der Durchsetzung von Eingriffsnormen über das Institut der Rechtsumgehung und zur neuen Regelung des Art. 4 Festland-IPRG s. bereits oben Rn. 357 ff. 121 Wie selten fremdes Recht von den Volksgerichten angewendet wird, lässt sich den Auswertungen veröffentlichter Urteile bei Wang, IPRax 2007, 363 (365 ff.) entnehmen. 118
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Bezug berichtet, in denen die Volksgerichte die Anwendung des Rechts von Hong Kong gestützt auf den festlandchinesischen ordre public abgelehnt haben. 122 Systematisch wurde die Anwendung des ordre publicVorbehalts durch die festlandchinesischen Gerichte bisher nicht untersucht.123 b) Offene Fragen der bisherigen gesetzlichen Regelung (1) Subjektive vs. Objektive Lehre Unklar ist, ob im Rahmen des Art. 150 AGZ ausländisches Recht selbst oder das Ergebnis seiner Anwendung in einem konkreten Fall anhand des eigenen ordre public bewertet wird.124 Eine Auffassung in der Literatur leitet aus dem Wortlaut der Norm ab, dass bereits die abstrakte ausländische Rechtsnorm unter den Vorbehalt fallen kann, sie also der „Subjektiven Lehre“ (ὤ嫫崝) folgt.125 Nach der Gegenauffassung macht Art. 150 AGZ gerade deutlich, dass das Verständnis des ordre public-Vorbehalts im festlandchinesischen Recht der „Objektiven oder Ergebnis-Lehre“ ( ⳋ 嫫 崝 oder 俼㣅崝) entspricht und es auf das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts ankommt.126 Eine Auseinandersetzung mit der jeweils anderen Meinung erfolgt nicht; auch wird das jeweilige Auslegungsergebnis regelmäßig nicht begründet. Nach ihrem Wortlaut127 ist die Vorschrift offen für beide Auffassungen.
122 Nach OU Yangzhenyuan, Falü Shiyong 2004, 14 (14), lehnte das Obere Volksgericht Guangdong in 5 von 26 untersuchten Entscheidungen aus dem Jahr 2003 die Anwendung des Rechts von Hong Kong wegen ordre public-Verstoßes ab. 123 S. Wolff, 56 (2008) Am.J.Comp.L. 1039 (1058). 124 Diese Unbestimmheit der bestehenden Regelung bemängelt ZHENG Haizhan, Keji Chengguo Zongheng 2006, 26 (30). Auch SUN Nanshen, Huadong Zhengfa Xueyuan Xuebao 2005, 73 (77), scheint davon auszugehen, dass diese Frage im festlandchinesischen Recht ungeklärt ist. 125 Von Senger/Xu, S. 190; MA Dan, Shanghai Caijing Daxue Xuebao 2002, 59 (63). 126 Xiao/Huo, 53 (2005) Am.J.Comp.L. 653 (659); HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 217; FENG Xia, Henan Shifan Daxue Xuebao 2005, 94 (95); JIANG Xinmiao, S. 511; DU Tao / CHEN Li, S. 116; LIANG Tao, Caijingjie 2006, 27 (28). Letzterer bemängelt die uneinheitliche Regelung in verschiedenen Gesetzen, da das Festland-ZPG hinsichtlich des ordre public-Vorbehalts im Rahmen der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile der subjektiven Theorie folge. Wohl auch XIE Yancun, Waijiao Pinglun 2005, 93 (96), wenn er für den interregionalen Bereich strenge Ausrichtung an der Ergebnislehre fordert. Als Beispiel aus der Praxis führen ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 80, den unten Rn. 382 vorgestellten Fall des Seegerichts Guangzhou aus dem Jahr 1989 auf. 127 ѭ䊐㡕䰉嫭ⳃ愫䙑⨿⠦㷾ゴ㌿儮⠦杮㈘₴䞭盨ἶダ愆凵ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦䞭䩧 ⁃⊕⊚⍒䟳ѦѮ.
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(2) Rechtsfolge 373
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Auch hinsichtlich der Rechtsfolge eines ordre public-Verstoßes war die bisherige gesetzliche Regelung unvollständig. In der Literatur wird davon ausgegangen, dass ein Verstoß die Anwendung des ausländischen Rechts ausschließt. 128 Darauf, dass auch das Oberste Volksgericht dieser Auffassung folgt, deutete schon Antwort 43 der Praktischen Antworten des Vierten Zivilsenats des Obersten Volksgerichts hin, auch wenn es sich hierbei nicht um eine offizielle Auslegung des Gerichts handelt. Mit Ziff. 7 Vertragsbestimmungen 2007 hat das Gericht dies zumindest für den Bereich des Vertragsrechts verbindlich bestätigt. Welche Normen an die Stelle des ausgeschlossenen Rechts treten, regelte Art. 150 AGZ ebenfalls nicht ausdrücklich.129 Nach Ziff. 54 Zweites Protokoll (früher Ziff. 10 des 2. Abschnitts der AWVG-Antworten) und Ziff. 7 Vertragsbestimmungen 2007 ist – für den Bereich der Verträge mit Außenbezug – anstelle des ausgeschlossenen fremden Rechts festlandchinesisches Recht anzuwenden.130 Dieser Grundsatz wird in der Praxis auch allgemein, d.h. nicht nur begrenzt auf das Vertragsrecht angewendet.131 Ungeklärt ist, ob nur die Anwendung einer bestimmten Norm unterbleiben muss oder insgesamt die kollisionsrechtliche Verweisung nicht beachtet und festlandchinesisches Recht angewendet wird.132 Angesichts der ohnehin zu beobachtenden Tendenz der Volksgerichte, ihr eigenes Recht anzuwenden, ist davon auszugehen, dass sie bei Feststellung eines ordre public-Verstoßes insgesamt auf festlandchinesisches Recht zurückgreifen.
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Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (320), entnimmt dies Ziff. 10 Abschnitt 2 AWVG-Antworten. 129 Vgl. dazu Xiao/Huo, 53 (2005) Am.J.Comp.L. 653 (676); XU Donggen / XUE Fan, S. 195. S. auch ZHENG Haizhan, Keji Chengguo Zongheng 2006, 26 (30); LIANG Tao, Caijingjie 2006, 27 (28); CHEN Sheng / LIU Yanna, Heilongjiangsheng Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2006, 100 (102), jeweils mit entsprechender Kritik. 130 Dazu Xu, S. 139. 131 S. ZHENG Haizhan, Keji Chengguo Zongheng 2006, 26 (30); SHEN Juan, S. 94. XU Donggen / XUE Fan, S. 195, stützen dieses Ergebnis auf den „Geist“ der AGZ und des Festland-ZPG. Nach ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 78, ist immer chinesisches Recht anzuwenden, sofern es keine entsprechende Gesetzgebung gibt. LIN Xin / LI Qiongying, S. 179, berufen sich dazu noch auf die AWVG-Antworten; vgl. auch von Senger/Xu, S. 192 f., mit ähnlicher Schlussfolgerung aus den AWVG-Antworten. 132 Vgl. Süß, S. 73 m.w.N., zu dem Vorschlag aus der festlandchinesischen Rechtswissenschaft, nur einzelne Vorschriften der lex fori anzuwenden.
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(3) Neue Regelung Die in Art. 11 Kapitel 9 ZGB-Entwurf enthaltene Regelung stimmte im Wesentlichen mit Art. 150 AGZ überein, hätte also die soeben dargestellten Lücken nicht geschlossen. Art. 14 ModellG verwendete dagegen den Begriff des ordre public ( ⊕ ⊚ 䬒 ⾸ ) anstelle der „gesellschaftlichen und öffentlichen Interessen“ und wies insgesamt eine präzisere Formulierung auf: Die Vorschrift stellte klar, dass keine Bewertung ausländischen Rechts vorzunehmen ist, sondern dass das konkrete, durch seine Anwendung erzielte Ergebnis gegen den ordre public verstoßen muss.133 Ferner ordnete sie an, dass dann das entsprechende Recht der Volksrepublik China angewendet werden kann (┘), aber nicht muss, und war damit offen für eine alternative Anwendung des Rechts eines anderen Staates mit einer engeren Beziehung zur Streitigkeit.134 Die durch Art. 5 Festland-IPRG gewählte Lösung liegt letztlich zwischen den beiden Entwürfen: Einerseits stellt die Vorschrift durch ihre Formulierung klar, dass der ordre public-Verstoß in der Anwendung des fremden Rechts liegen muss und entscheidet sich damit für die objektive Theorie.135 Ferner bestimmt sie das festlandchinesische Recht zum Ersatzrecht.136 Andererseits bleibt die Regelung bei der bisherigen Begrifflichkeit der „gesellschaftlichen und öffentlichen Interessen“.137
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c) Ausschluss der Anwendung internationaler Gepflogenheiten Nach Art. 150 AGZ muss nicht nur die Anwendung ausländischen Rechts nach den Kollisionsregeln mit dem ordre public übereinstimmen, sondern auch die Anwendung „internationaler Gepflogenheiten“ (⠦杮㈘₴) – eine Besonderheit des festlandchinesischen Rechts. 138 „Internationale Gepflogenheiten“ können durch entsprechende Vereinbarung der Parteien oder im 133 Vgl. dazu LIANG Tao, Caijingjie 2006, 27 (28); CHEN Sheng / LIU Yanna, Heilongjiangsheng Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2006, 100 (102). 134 S. dazu MA Dan, Shanghai Caishang Daxue Xuebao 2002, 59 (63); CHEN Sheng / LIU Yanna, Heilongjiangsheng Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2006, 100 (102). Diese Spitzfindigkeit der Formulierung übersieht LIANG Tao, Caijingjie 2006, 27 (28). 135 Die verbesserte Formulierung loben Chen/Bertrand, JDI 2011, 373 (384). 136 S. dazu Gan, RivDirIntPrivProc 2011, 101 (103). 137 Vgl. dazu auch Cammerer, RIW 2011, 230 (232, insb. Fn. 45). 138 S. Xiao/Huo, 53 (2005) Am.J.Comp.L. 653 (659); HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 133; LIANG Tao, Caijingjie 2006, 27 (28); JIANG Xinmiao, S. 511. CHEN Sheng / LIU Yanna, Heilongjiangsheng Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2006, 100 (102), beschreiben sie als „einzigartig in der Welt“, während ZHENG Haizhan, Keji Chengguo Zongheng 2006, 26 (30), als weitere Beispiele ähnliche Regelungen in Vietnam und Nordkorea anführt.
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Rahmen der Art. 142 Abs. 3 AGZ, Art. 95 Abs. 2 Wechsel/ScheckG zur Anwendung gelangen (s. schon oben Rn. 96). Als Beispiele materiellrechtlicher 139 internationaler Gepflogenheiten werden etwa die Incoterms ( ⠦杮幡㜼㡘崖嬌拳慃⍂ ; aktuell: 2010; engl.: International Commercial Terms)140 oder die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive ( 弈 ⑾ ℊ 䙑 峪 倈 Ἡ ㈘ ₴ ; aktuell: UCP600; engl.: Uniform Customs and Practice for Documentary Credit)141 der International Chamber of Commerce genannt. Auch das Oberste Volksgericht bezieht sich unter 2. im fünften Unterpunkt des dritten Abschnitts des Protokolls 1989 im Wesentlichen auf diese Regelungswerke, wenn es Preisbedingungen des internationalen Handels wie Frei an Bord (F.O.B.), Kosten- und Frachtpreis (C&F), Kosten, Versicherung, Fracht (C.I.F.) usw. oder Zahlungsmethoden des internationalen Handels wie Zahlung per Inkasso, Akkreditiv für die Parteien, die sie zur Anwendung auf ihre Rechtsbeziehung bestimmen, für verbindlich erklärt. Dass die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive in der Praxis ein häufiges Beispiel der Anwendung internationaler Gepflogenheiten darstellen, lässt sich zudem daraus ersehen, dass die Vierte Kammer des Obersten Volksgerichts diesbezügliche Richtlinien für die unteren Gerichte für erforderlich erachtet und daher in Antwort 54 der Praktischen Antworten entsprechend Stellung nimmt. Nach einigen Stimmen im Schrifttum soll es neben dispositiven (․㈸ㅐ) internationalen Gepflogenheiten auch zwingende (っ⍟ㅐ), d.h. ohne Vereinbarung der Parteien anzuwendende, internationale Gepflogenheiten geben;142 nur erstere sollen nach Art. 150 AGZ dem ordre public-Vorbehalt unterworfen sein. 143 Es wird jedoch nur ein einziges Beispiel für eine
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Zur praktischen Bedeutungslosigkeit kollisionsrechtlicher internationaler Gepflogenheiten s. oben Rn. 94 ff. 140 HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 24; von Senger/Xu, S. 240; Süß, S. 34; Pattloch, S. 5; RAO Zhongxiang / WANG Jianxin, CCMT Nr. 544 (unter 2.2.). 141 HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 24; von Senger/Xu, S. 241; RAO Zhongxiang / WANG Jianxin, CCMT Nr. 544 (unter 2.2.). Beispielsfall auch bei ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 30 f. 142 Von Senger/Xu, S. 237. Diese Auffassung vertritt etwa HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 23 f. Dagegen TIAN Manli / WANG Xin, 9 (2006) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 314 (321 f.); wohl auch CAO Yanmei, Henan Gongan Gaodeng Zhuanke Xuexiao Bao 2005, 42 (42 f.). 143 Für die Erfassung nur dispositiver Handelsbräuche ohne ausführliche Begründung HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 133. Wohl auch CHEN Sheng / LIU Yanna, Heilongjiangsheng Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2006, 100 (102), die diese Frage allerdings nicht offen aufwerfen.
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zwingende internationale Gepflogenheit, der Grundsatz der Immunität von Staaten und ihres Vermögens,144 genannt. Hintergrund der Unterwerfung unter den ordre public-Vorbehalt ist, dass es den Außenhandelseinheiten bei Einführung der (sozialistischen) Marktwirtschaft noch am Verständnis für die internationalen Handelsgepflogenheiten mangelte und daher durch deren irrtümliche Wahl Schaden verursacht wurde.145 Ihre Einbeziehung in den ordre public-Vorbehalt wird deshalb durch einen Teil der Literatur als überholt und Investitionen von außen abschreckend bewertet,146 von anderen dagegen weiterhin befürwortet.147 Die dazu vertretenen unterschiedlichen Auffassungen spiegeln sich auch darin wider, dass Art. 14 ModellG als vorgeschlagene Regelung des ordre public-Vorbehalts im Gegensatz zu Art. 11 Kapitel 9 ZGB-Entwurf nicht mehr auf internationale Gepflogenheiten verweist.148 Auch Art. 5 Festland-IPRG erwähnt internationale Gepflogenheiten nicht. Ob damit jedoch ein Rückgriff auf Art. 150 AGZ, der nicht aufgehoben wurde, ausgeschlossen ist, erscheint unklar. Einerseits könnte man Art. 5 Festland-IPRG als abschließende und damit nach Art. 2 Abs. 1 S. 1 Festland-IPRG, Art. 83 GesetzgebungsG vorrangige Regelung des ordre public insgesamt verstehen. Andererseits erscheint es auch möglich, den Umgang mit internationalen Gepflogenheiten als Regelungslücke des neuen Gesetzes zu begreifen und insofern nach Art. 2 Abs. 2 Festland-IPRG lückenfüllend auf Art. 150 AGZ zurückzugreifen. Die Frage dürfte praktisch kaum relevant werden, da die festlandchinesischen Gerichte Art. 150 AGZ bisher sehr selten in Bezug auf internationale Gepflogenheiten angewendet haben. Aus der Praxis der Gerichte werden nur zwei Urteile von Seegerichten genannt, in denen die Anwendung internationaler Gepflogenheiten unter Hinweis auf den ordre public versagt wurde: Das Urteil des Seegerichts Guangzhou aus dem Jahr 1989 in Wald-Gesellschaft der Provinz Hainan gegen Singapur Titan Schiffahrts-Privat-GmbH, Singapur Dabin (Private) 144
Vgl. von Senger/Xu, S. 237. Auch HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 23, nennt lediglich dieses Beispiel. 145 MA Dan, Shanghai Caishang Daxue Xuebao 2002, 59 (63). 146 MA Dan, Shanghai Caishang Daxue Xuebao 2002, 59 (63), für den interregionalen Zusammenhang. Ähnlich Xiao/Huo, 53 (2005) Am.J.Comp.L. 653 (676 f.); CHEN Sheng / LIU Yanna, Heilongjiangsheng Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2006, 100 (102); LIANG Tao, Caijingjie 2006, 27 (28). 147 HONG Yiqing, Taisheng Xin Shijiao 2005, 65 (66), mit Zusammenfassung der von beiden Seiten vorgebrachten Argumentation; RAO Zhongxiang / WANG Jianxin, CCMT Nr. 544 (unter 4.2.5.); ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 72 ff. CAO Yanmei, Henan Gongan Gaodeng Zhuanke Xuexiao Bao 2005, 42 (44), stellt die Fortgeltung dagegen gar nicht in Frage. 148 Vgl. dazu HONG Yiqing, Taisheng Xinshijiao 2005, 65 (65).
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
GmbH149 und das Urteil des Seegerichts Wuhan aus dem Jahr 1998 im Fall des Piratenschiffs Tianyu150. Es handelt sich dabei um zwei Entscheidungen mit Parallelen in der Tatsachenkonstellation: In beiden Fällen waren die vorgelegten Frachtpapiere gefälscht, so dass eine Durchsetzung der Regel der Eigenständigkeit der Forderung aus dem Akkreditiv nach den Einheitlichen Richtlinien und Gebräuchen für Dokumenten-Akkreditive dem Fälscher zum Erfolg verholfen hätte. Dass in Fällen des Dokumenten-Akkreditiv-Betruges der Grundsatz der Eigenständigkeit des Dokumenten-Akkreditivs nicht durchzusetzen ist, entspricht auch der Auffassung des Obersten Volksgerichts, wie sich aus den Ausführungen des Gerichts unter 2. des vierten Unterpunkts 151 des dritten Abschnitts im Protokoll 1989 sowie der Stellungnahme der Vierten Kammer des Obersten Volksgerichts in Antwort 59 der Praktischen Antworten ergibt. Die Nichtanwendbarkeit des Eigenständigkeitsgrundsatzes in Betrugsfällen kann jedoch schon den Einheitlichen Richtlinien und Gebräuchen für Dokumenten-Akkreditive selbst entnommen werden; eines Rückgriffs auf den ordre public bedarf es dazu nicht.152 Dementsprechend nehmen die Äußerungen des Obersten Volksgerichts auch nicht auf Art. 150 AGZ Bezug. d) Frage der Geltung im interregionalen Privatrecht
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Mittels des dritten Unterpunktes des dritten Abschnitts der Hong Kong/Macau-Antworten stellte das Oberste Volksgericht schon früh die Geltung des ordre public-Vorbehalts auch im Verhältnis zu Hong Kong und Macau klar. Daran hat sich auch mit der offiziellen Rückgabe dieser Gebiete an die Volksrepublik nichts geändert: Die Hong Kong/Macau-Antworten wurden nicht aufgehoben. Außerdem ergibt sich die Anwendung des ordre publicVorbehalts im Hinblick auf Verträge in Handelssachen mit interregionalem
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㺠⒀䠪㡑㣀⊕┡峲㛙⏉⢊㸙⢏卢⏊䫪ΰ㠲杹⊕┡盨㛙⏉⢊惧㚵盤䫪ΰ盥㠲杹⊕┡㓹⑾ 㱣峱㒈Ⳝ幽↨俉俠㥱 . Über dieses Urteil berichten Xiao/Huo, 53 (2005) Am.J.Comp.L.
653 (661 ff.); Süß, S. 75; CHEN Sheng / LIU Yanna, Heilongjiangsheng Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2006, 100 (102); MA Dan, Shanghai Caishang Daxue Xuebao 2002, 59 (63); HONG Yiqing, Taisheng Xin Shijiao 2005, 65 (65); ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 79 f.; DU Tao / CHEN Li, S. 118. 150 ѭ⩒姾Ѯ悗㺠䠀卢㥱 . Auf dieses Urteil beziehen sich RAO Zhongxiang / WANG Jianxin, CCMT Nr. 544 (unter 4.2.5.); HONG Yiqing, Taisheng Xin Shijiao 2005, 65 (66). 151 Auszugsweise englische Übersetzung dieses Teils bei Xiao/Huo, 53 (2005) Am.J.Comp.L. 653 (664). 152 S. Xiao/Huo, 53 (2005) Am.J.Comp.L. 653 (663 f.).
I. Allgemeiner Teil
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Bezug allgemein, also auch im Verhältnis zu Taiwan, inzwischen aus Ziff. 153, 54 Zweites Protokoll.153 Ein weiterer Anhaltspunkt insbesondere für die Gerichtspraxis ist, dass in der Formulierung von Antwort 43 der Praktischen Antworten des Vierten Zivilsenats des Obersten Volksgerichts das Recht eines anderen Landes oder einer Region (⨿⠦㌿⡙④㷾ゴ) dem ordre public-Vorbehalt unterworfen wird. Wie bereits erwähnt (oben Rn. 371), sind auch Gerichtsentscheidungen bekannt, in denen festlandchinesische Gerichte die Anwendung des Rechts von Hong Kong gestützt auf den ordre public verweigert haben. Als praktisches Beispiel für einen ordre public-Verstoß im interregionalen Rechtsverkehr wird in der Literatur die Durchsetzung von Glücksspielschulden nach dem Recht von Macau genannt.154 In der festlandchinesischen Literatur wird unterstrichen, dass es anders als in anderen Mehrrechtsstaaten aufgrund der Besonderheiten der chinesischen interregionalen Rechtskollisionen (dazu oben Rn. 16) trotz einheitlicher Staatsgewalt in China überhaupt eines ordre public-Vorbehalts als Sicherheitsventil bedarf155 – dies selbst dann, wenn ein einheitliches Kollisionsrecht geschaffen werden würde 156 – und dass dessen Anwendungsbereich ungefähr so groß wie im internationalen Rechtsverkehr ist.157 Gleichzeitig wird aber eine “eingeschränkte Anwendung” (㠲杹愫䙑) des Vorbehalts in interregionalen Fällen gefordert: 158 Die Entscheidung müsse von Prinzipien wie der Einheit und Sicherheit des Landes 159 und dem Schutz der gerechtfertigten Parteiinteressen und -erwartungen160 geleitet sein. Die
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FANG Yong, Gaodeng Jiaoyu Yu Xueshu Yanjiu 2007, 118 (119), leitet sie aus der analogen Anwendung des internationalen Privatrechts mangels besonderer interregionaler Regelungen ab. 154 S. etwa SUN Nanshen, Huadong Zhengfa Xueyuan Xuebao 2005, 73 (82); Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (124). 155 Huang/Qian, Duke J. Comp. Int. L. 1995, 289 (319 f.); SU Yuanhua, S. 100; FENG Xia, Henan Shifan Daxue Xuebao 2005, 94 (97); MA Dan, Shanghai Caijing Daxue Xuebao 2002, 59 (61 f.); XIE Yancun, Waijiao Pinglun 2005, 93 (95 f.); FANG Yong, Gaodeng Jiaoyu Yu Xueshu Yanjiu 2007, 118 (120 f.). Vgl. auch SUN Nanshen, Huadong Zhengfa Xueyuan Xuebao 2005, 73 (83). Zusammenfassend Franceschini, S. 52 f. 156 HUANG Jin, Forschungen, S. 115; Huang/Qian, Duke J. Comp. Int. L. 1995, 289 (319 f.); XIE Yancun, Waijiao Pinglun 2005, 93 (96 f.). 157 Vgl. dazu SHEN Juan, S. 93 f.; HUANG Jin, Forschungen, S. 113 f.; Huang/Qian, Duke J. Comp. Int. L. 1995, 289 (319). Zusammenfassend Franceschini, S. 52 f. 158 Allgemein SHEN Juan, S. 95; Huang/Qian, Duke J. Comp. Int. L. 1995, 289 (320 f.). 159 FENG Xia, Henan Shifan Daxue Xuebao 2005, 94 (97); FANG Yong, Gaodeng Jiaoyu Yu Xueshu Yanjiu 2007, 118 (121). 160 HUANG Jin, Forschungen, S. 114 f.; SU Yuanhua, S. 100 f.; FANG Yong, Gaodeng Jiaoyu Yu Xueshu Yanjiu 2007, 118 (121).
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
Ergebnislehre müsse streng beachtet werden,161 der Vorbehalt dürfe nur bei offensichtlichem Verstoß gegen den ordre public greifen,162 internationale Gepflogenheiten seien aus dem Anwendungsbereich auszunehmen.163 Zum Teil wird gefordert, als Ersatzrecht solle nicht die lex fori, sondern die ähnliche Rechtsordnung eines Drittstaates164 oder die am engsten mit dem Fall verbundene Rechtsordnung165 angewendet werden. Helfen könne es auch, wenn jede Region letztinstanzlich ihr oberstes Gericht über die Anwendung des ordre public-Vorbehalts entscheiden lasse.166 Fast alle dieser Einschränkungen werden auch für das internationale Privatrecht gefordert 167 bzw. sind dort ohnehin bereits zu beachten. Es handelt sich also im Ergebnis nicht um spezielle Einschränkungen bei der Behandlung von interregionalen Fällen. 6. Ermittlung des Inhalts des anzuwendenden fremden Rechts 387
Wie der Inhalt einer anzuwendenden fremden Rechtsordnung zu ermitteln ist, stellt eigentlich eine prozessuale Frage dar. 168 Nach Ziff. 193 S. 2 AGZ-Ansichten (wiedergegeben auch in Antwort 41 der Praktischen Antworten), Ziff. 53 Zweites Protokoll, Ziff. 9 Abs. 3 Vertragsbestimmungen 2007 gelangt festlandchinesisches Recht zur Anwendung, wenn das ausländische Recht nicht ermittelt werden kann. Dies bestätigt nun Art. 10 Abs. 2 Festland-IPRG, der darüber hinaus die Anwendung festlandchinesi161 HUANG Jin, Forschungen, S. 114; FENG Xia, Henan Shifan Daxue Xuebao 2005, 94 (98); MA Dan, Shanghai Caijing Daxue Xuebao 2002, 59 (62 f.); XIE Yancun, Waijiao Pinglun 2005, 93 (96); FANG Yong, Gaodeng Jiaoyu Yu Xueshu Yanjiu 2007, 118 (121). 162 FENG Xia, Henan Shifan Daxue Xuebao 2005, 94 (98); XIE Yancun, Waijiao Pinglun 2005, 93 (96); FANG Yong, Gaodeng Jiaoyu Yu Xueshu Yanjiu 2007, 118 (121); nach SU Yuanhua, S. 101, nur bei großem Schaden für die Region; nach HUANG Jin, Forschungen, S. 114, nur bei schwerwiegendem Verstoß. 163 MA Dan, Shanghai Caijing Daxue Xuebao 2002, 59 (62 f.); wohl auch FENG Xia, Henan Shifan Daxue Xuebao 2005, 94 (98). 164 MA Dan, Shanghai Caijing Daxue Xuebao 2002, 59 (62 f.). 165 Diese Auffassung erwähnt XIE Yancun, Waijiao Pinglun 2005, 93 (96), lehnt sie aber selbst als unbrauchbar ab, da dieses Kriterium über die Einzelregelungen des Kollisionsrechts als dessen Konkretisierungen bereits berücksichtigt worden sei und eben zu der aufgrund des ordre public-Vorbehalts ausgeschlossenen Rechtsordnung geführt hätte. 166 XIE Yancun, Waijiao Pinglun 2005, 93 (96). 167 Vgl. zu diesen Forderungen etwa LIANG Tao, Caijingjie 2006, 27 (28): Ergebnislehre, offensichtlicher Verstoß, nicht mehr bzgl. internationaler Gepflogenheiten; CHEN Sheng / LIU Yanna, Heilongjiangsheng Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2006, 100 (102): Ergebnislehre, offensichtlicher Verstoß, nicht mehr bzgl. internationaler Gepflogenheiten, Offenheit für anderes Ersatzrecht als lex fori. ZHAO Xianglin / DU Xinli (DU Xinli / WANG Keyu), S. 79, 84: Ergebnislehre, offensichtlicher Verstoß, Offenheit für anderes Ersatzrecht als lex fori. 168 S. schon Süß, S. 86.
I. Allgemeiner Teil
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schen Rechts bei Regelungslücken des anwendbaren fremden Rechts festlegt. Die Regeln zum Nachweis ausländischen Rechts beeinflussen demnach, welches Recht angewendet wird. Maßgeblich ist dabei insbesondere die Frage, ob dieses von Amts wegen zu ermitteln ist oder von den Parteien vorgetragen werden muss, was bisher im festlandchinesischen Recht unklar war.169 Die Literatur geht davon aus, dass die Volksgerichte den Inhalt des anwendbaren Rechts von Amts wegen festzustellen haben. 170 In der Praxis wenden festlandchinesische Gerichte regelmäßig unter Berufung auf die Nichtermittelbarkeit unmittelbar das eigene Recht an, wenn die Parteien den maßgeblichen Inhalt des ausländischen Rechts nicht beweisen können.171 De facto behandeln sie damit das fremde Recht als durch die Parteien zu beweisende Tatsache.172 Besondere Brisanz erhält dies in Bezug auf common law-Rechtsordnungen wie der von Hong Kong, wenn man von einer Aversion der festlandchinesischen Gerichte gegen eine Anwendung solchen ausländischen Rechts ausgeht, das Präzedenzfällen entnommen werden muss.173 Das Oberste Volksgericht hat die Rechtsprechungstendenz teilweise aufgegriffen.174 So bestimmt es in Ziff. 51 Abs. 1 S. 1 Zweites Protokoll, dass die Parteien den Inhalt des in einer Handelssache anzuwendenden fremden Rechts vorlegen oder beweisen. Nur wenn dabei tatsächliche Schwierigkeiten auftreten, können sie eine Ermittlung des Rechts durch das Volksgericht beantragen (Ziff. 51 Abs. 2 Zweites Protokoll). Ziff. 9 Abs. 1 und 2 Vertragsbestimmungen 2007 schränkt dies jedoch für das Vertragsrecht ein: Nur das aufgrund einer Rechtswahl der Parteien anzuwendende Recht haben die Parteien von sich aus nachzuweisen; der Inhalt des aufgrund seiner engsten Beziehung (also objektiv) anwendbaren Rechts ist dagegen grundsätzlich vom Gericht zu ermitteln. Auch wenn es die Partei169
Vgl. Wang, IPRax 2007, 363 (366); Gan, RivDirIntPrivProc 2011, 101 (103). Dies wird von Kong/Hu, 3 (2002) Melb. J. Int’l L. 414 (425); Huo, 4 (2009) JCS 82 (91), – allerdings ohne Beleg – als „feststehender Grundsatz“ (established principle) bezeichnet. DU Tao / CHEN Li, S. 099 f., betonen, dass das Beweisangebot durch die Parteien, welches Ziff. 193 AGZ-Ansichten vorsieht, nur ein Weg der Ermittlung ist, aber den Parteien keine Pflicht zum Beweisangebot auferlegt. Nach Xiao, 11 (2009) Yearbook of PIL 265 (266 f.), ist der Inhalt des fremden Rechts von Amts wegen zu ermitteln, auch wenn die Partei, welche seine Anwendung begehrt, die Beweislast dafür trägt. 171 Zhu, 3 (2007) J. P.I.L. 283 (289); Huo, 4 (2009) JCS 82 (92); DU Tao / CHEN Li, S. 101, 105; Xiao, 11 (2009) Yearbook of PIL 265 (277 f.). Zu einigen derartigen Beispielsfällen auch Wang, IPRax 2007, 363 (366); Kong/Hu, 3 (2002) Melb. J. Int’l L. 414 (426). 172 S. Huang/Song/Li/Long, 8 (2009) Chin. J. Int’l L. 715 (739). 173 S. zur Problematik der Anwendung ausländischer Präzedenzfälle ausführlich Xiao, 11 (2009) Yearbook of PIL 265 (267 ff.). 174 S. DU Tao / CHEN Li, S. 101 f. 170
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
en zu seinem Nachweis auffordern kann (Ziff. 9 Abs. 2, 2. Halbsatz Vertragsbestimmungen 2007), muss es zunächst selbst aktiv werden.175 Sind sich die Parteien über den Inhalt der fremden Rechtsordnung einig, muss das Gericht dies nach Ziff. 52 S. 1 Zweites Protokoll, Ziff. 10 S. 1 Vertragsbestimmungen 2007 hinnehmen, 176 nur Inhalte, denen widersprochen wurde, sind durch das Gericht zu prüfen (Ziff. 52 S. 2 Zweites Protokoll, Ziff. 10 S. 2 Vertragsbestimmungen 2007). Art. 12 S. 1 ModellG, Art. 12 S. 1 Kapitel 9 ZGB-Entwurf sahen vor, dass Gerichte, Schiedsorganisationen und Verwaltungsorgane die Ermittlung ausländischen Rechts sowohl den Parteien als Pflicht auferlegen, als auch selbst von Amts wegen vornehmen können. Art. 12 S. 2 ModellG ordnete den Rückgriff auf eine ähnliche oder die festlandchinesische Rechtsordnung an, wenn der Inhalt des anwendbaren Rechts nicht ermittelt werden kann oder diese Rechtsordnung keine relevante Regelung enthält. Art. 12 S. 2 Kapitel 9 ZGB-Entwurf erlaubte dagegen lediglich die Anwendung festlandchinesischen Rechts, wenn die Parteien oder das Gericht das fremde Recht nicht ermitteln können. Eine Klärung der Frage, ob Amtsermittlungs- oder Parteibeibringungsgrundsatz gelten sollen, liegt darin nicht.177 Auch Art. 10 Abs. 1 Festland-IPRG entscheidet diese Frage nicht zweifelsfrei, sondern könnte auf eine Zwitterstellung des anzuwendenden fremden Rechts als Tatsache bei Rechtswahl und als Recht in allen sonstigen Fällen hindeuten.178 Satz 1 der Vorschrift bestimmt, dass die Volksgerichte das anwendbare Recht ermitteln, und ist wohl so zu verstehen, dass dies von Amts wegen zu erfolgen hat. Nach Art. 10 Abs. 1 S. 2 Festland-IPRG müssen aber die Parteien das fremde Recht vortragen, wenn seine Anwendung auf ihrer Rechtswahl beruht. Die Vorschrift scheint damit die Regelung von Ziff. 9 Abs. 1 Vertragsbestimmungen 2007 aufgegriffen zu haben.179 Im Zusammenspiel mit Art. 10 Abs. 2 Festland-IPRG, der bei Nichtermittelbarkeit oder Lücken des fremden Rechts die Anwendung festlandchinesischen Rechts anordnet, führt Art. 10 Abs. 1 S. 2 Festland-IPRG wohl dazu, dass das ausländische Recht als nicht ermittelbar gilt, wenn die Parteien dazu nichts vorgetragen haben, und unter Missachtung der Rechtswahl festlandchinesisches Recht angewendet wird. 175 Diese Nuance wird aus der Wiedergabe des Inhalts der beschriebenen Regelungen bei Wolff, IPRax 2008, 55 (60 f.), nicht deutlich. 176 Nach Xiao, 11 (2009) Yearbook of PIL 265 (267, 271 f.), ist das Gericht nicht unbedingt daran gebunden. 177 Vgl. Zhu, 3 (2007) J. P.I.L. 283 (289). 178 Vgl. Cammerer, RIW 2011, 230 (233). Nach Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (14 f.), scheint die Kommentierung zum Festland-IPRG von HUANG Jin / JIANG Rujiao vom Rechtscharakter des anwendbaren Rechts auszugehen. 179 Vgl. auch Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (14).
II. Besonderer Teil
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Inwiefern die bisherigen durch das Oberste Volksgericht aufgestellten Regeln daneben weiter anwendbar bleiben, ist unklar. Betrachtet man den Nachweis des Inhalts fremden Rechts als einen der Wege seiner Feststellung, so dürfte es weiterhin zulässig sein, die Parteien auch außerhalb einer Rechtswahl zu seinem Nachweis – freilich ohne Sanktion seiner Nichtanwendung – aufzufordern. Ferner steht die Beschränkung der Ermittlung durch das Gericht auf zwischen den Parteien streitige Inhalte (s. oben Rn. 390) in keinem offenen Widerspruch zur neuen gesetzlichen Regelung, auch wenn sie dogmatisch auf der tatsächlichen Natur fremden Rechts beruht, sofern man davon ausgeht, dass Gerichte das Recht unabhängig von seinem Vortrag durch die Parteien und damit auch deren Meinungsverschiedenheit über dessen Inhalt anwenden.
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II. Besonderer Teil II. Besonderer Teil
1. Personenrecht a) Natürliche Personen (1) Rechtsfähigkeit (a) Bisherige Rechtslage Nach welcher Rechtsordnung sich die Rechtsfähigkeit (㡬⍒刦⏄) natürlicher Personen richtet, war in der bisherigen festlandchinesischen Gesetzgebung nicht ausdrücklich geregelt.180
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(aa) Personen auf festlandchinesischem Territorium Art. 8 AGZ enthält eine Auffangvorschrift: Sofern sich keine anderweitigen Regelungen finden, ist auf alle zivilrechtlichen Aktivitäten, die sich auf dem Gebiet der Volksrepublik ereignen, festlandchinesisches Recht (Abs. 1) und sind auf alle sich auf dem Gebiet der Volksrepublik aufhaltenden Ausländer und Staatenlosen die Regelungen bezüglich Bürgern (Abs. 2) anzuwenden. Demnach muss sich die Rechtsfähigkeit ausländischer natürlicher Personen mangels anderweitiger Regelung nach den Art. 9 ff. AGZ und damit nach festlandchinesischem Recht richten, sofern sie sich auf dem Festland aufhalten bzw. zivilrechtliche Aktivitäten entfalten.181 180 HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 142. Vgl. auch Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (16); von Senger/Xu, S. 264; SONG Hang, in: Festschrift HAN Depei, 181 (186); LIU Li, Henansheng Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 109 (110). 181 S. HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 142; LU Feifei, Fazhi Yu Shehui 2007, 8 (8); WANG Linhua, Guangzhou Daxue Xuebao 2004, 68 (70). Vgl. auch Xu, S. 66; SONG
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
(bb) Personen außerhalb festlandchinesischen Territoriums 396
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Welches Recht die Rechtsfähigkeit von Personen bestimmt, die sich nicht auf festlandchinesischem Territorium aufhalten, bleibt dagegen offen. Soweit ersichtlich, ist diese Frage – wie auch die Anwendung des Art. 8 AGZ – bisher nicht Gegenstand eines Urteils gewesen, zumal Streitigkeiten über die Rechtsfähigkeit einer Person in der Praxis ohnehin selten sein werden. Man könnte die Regelung des Art. 8 AGZ allseitig ausbauen und jeweils auf das Recht des Aufenthaltsstaates einer Person abstellen. Fraglich ist allerdings schon, ob dieser Norm ein für den allseitigen Ausbau erforderlicher verallgemeinerungsfähiger Rechtsgedanke zugrunde liegt oder ob es sich nicht vielmehr um eine Exklusivnorm handelt, die den Anwendungsrahmen des festlandchinesischen Rechts systemwidrig mit Blick auf inländische Partei- und Ordnungsinteressen ausweitet.182 In der Praxis würden festlandchinesische Gerichte aufgrund ihrer starken Tendenz zur Anwendung der eigenen Rechtsordnung Art. 8 AGZ wohl eher als Exklusivnorm zugunsten festlandchinesischer Interessen behandeln und eine ausgeweitete Anwendung ablehnen. Auch die Literatur, die den Rückgriff auf diese Vorschrift schon in Bezug auf die Rechtsfähigkeit von sich in China aufhaltenden Ausländern kritisiert,183 erwägt keinen allseitigen Ausbau. Eine andere Möglichkeit wäre die von der festlandchinesischen Rechtswissenschaft bevorzugte184 Anwendung des Personalstatuts, die allerdings bisher keine Stütze im Gesetz fand. (c) Neue Regelung
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Art. 65 ModellG und Art. 20 Abs. 1 Kapitel 9 ZGB-Entwurf sahen übereinstimmend vor, dass sich die Rechtsfähigkeit einer natürlichen Person nach dem Recht ihres Wohnsitzortes ( ⁸ ㍩ ⡙ ) 185 oder ihres ständigen Wohnortes / gewöhnlichen Aufenthalts ( 俸⽡⁸⡙ bzw. ㈘⽡⁸⡙ ) 186 Hang, in: Festschrift HAN Depei, 181 (186); LIU Li, Henansheng Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 109 (110); Wolff, 56 (2008) Am.J.Comp.L. 1039 (1049). 182 S. zu allseitigem Ausbau und Exklusivnormen von Hoffmann/Thorn, § 4 Rn. 10 ff. (S. 178 ff.). 183 S. LU Feifei, Fazhi Yu Shehui 2007, 8 (8); SONG Hang, in: Festschrift HAN Depei, 181 (186). 184 Vgl. etwa HUANG Jin (Verfasser dieses Abschnitts nicht ersichtlich), IPR, S. 242; DU Tao / CHEN Li, S. 136. Nach von Senger/Xu, S. 264, neigt die chinesische Rechtswissenschaft dazu, das jeweilige Heimatrecht anwenden zu wollen. Vgl. auch Süß, S. 93. 185 Nach Art. 61 ModellG ist darunter der Ort zu verstehen, an dem eine Person mit der Absicht lebt, dauerhaft dort zu verbleiben (zu den Einzelheiten Art. 61 Abs. 1 S. 2, 62 Abs. 1 ModellG), während der ZGB-Entwurf keine solche Definition enthält. 186 Darunter ist nach Art. 61 Abs. 2 ModellG der Ort zu verstehen, an dem eine Person regelmäßig wohnt; dem ZGB-Entwurf fehlt eine entsprechende Begriffsbestimmung.
II. Besonderer Teil
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richtet. Dabei sollte das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes an die Stelle des Wohnsitzrechts treten, wenn der Wohnsitz nicht bekannt ist oder nicht ermittelt werden kann (vgl. Art. 62 Abs. 2 ModellG bzw. Art. 18 Abs. 2 Kapitel 9 ZGB-Entwurf). Art. 11 Festland-IPRG hat die Anknüpfung an den Wohnsitz aus den Entwürfen nicht übernommen, sondern unterwirft die Rechtsfähigkeit natürlicher Personen unmittelbar dem Recht des Ortes des gewöhnlichen Aufenthalts (俸⽡㍩⡙). Mit Art. 20 Festland-IPRG enthält das neue Gesetz zwar eine Regelung, welche die Anwendung des Rechts des aktuellen Aufenthaltsortes ( 䓙⡑㍩⡙ ) einer natürlichen Person anordnet, sofern der gewöhnliche Aufenthaltsort, dessen Recht eigentlich zur Anwendung berufen ist, unklar ist. Eine Definition des gewöhnlichen Aufenthaltsortes stellt das Festland-IPRG jedoch nicht bereit. Insofern wird wohl bis auf weiteres Ziff. 9 AGZ-Ansichten zum Verständnis dieses Begriffs herangezogen werden.187 Darin bestimmt das Oberste Volksgericht zum materiellen festlandchinesischen Recht, dass der Ort, an dem eine Person nach Verlassen ihres Wohnsitzes länger als ein Jahr lebt, als ihr ständiger Wohnort gilt (俸⽡⁸⡙).188
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(2) Geschäftsfähigkeit (a) Bisherige Rechtslage (aa) Allgemeine Geschäftsfähigkeit Im Hinblick auf die zivile Handlungsfähigkeit ( 奵ὣ刦⏄ ), d.h. die Geschäftsfähigkeit, 189 fand sich bisher nur eine lückenhafte Regelung in Art. 143 AGZ, die durch Ziff. 179–183 der AGZ-Ansichten ergänzt, aber nicht vervollständigt wurde. Art. 143 AGZ bestimmt lediglich, dass auf die Geschäftsfähigkeit von Bürgern der Volksrepublik, die sich in einem anderen Land niedergelassen haben (ⳃ), das Recht des Niederlassungsstaates angewendet werden kann (aber nicht muss)190. Zur Begründung der Niederlassung ist, wie oben unter Rn. 124 dargestellt, der Wille zum unbegrenzten, dauerhaften Aufenthalt verbunden mit der Genehmigung dazu 187 S. Gan, RivDirIntPrivProc 2011, 101 (105); Long, IPRax 2012, 273 (277); Tu, 59 (2011) Am.J.Comp.L. 563 (575). Vgl. auch Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (16), zur Kommentierung von HUANG Jin / JIANG Rujiao. 188 Zu Ziff. 9 AGZ-Ansichten s. bereits oben Rn. 140. 189 Die zivile Handlungsfähigkeit wird in der chinesischen Literatur einheitlich als die Fähigkeit definiert, durch eigenes Verhalten zivilrechtliche Rechte zu erwerben oder zivilrechtliche Pflichten einzugehen, s. HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 142. Ähnlich LIN Xin / LI Qiongying, S. 194; HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 232. 190 Hierzu Süß, S. 96; HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 143; Wolff, 56 (2008) Am.J.Comp.L. 1039 (1050).
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maßgeblich. Ziff. 179 AGZ-Ansichten präzisiert diese Regelung, indem sie sie auf Handlungen beschränkt, die in dem Land vorgenommen werden, in dem sich der chinesische Bürger niedergelassen hat. Das darin zum Ausdruck kommende locus regit actum-Prinzip liegt auch der Auffangregelung des Art. 8 Abs. 1 AGZ – Anwendung chinesischen Rechts auf jede zivilrechtliche Betätigung in China beim Fehlen anderweitiger Vorschriften – und der Regelung von Ziff. 180 AGZ-Ansichten zugrunde. Nach Ziff. 180 AGZ-Ansichten gilt ein Ausländer bei der Vornahme von Geschäften auf chinesischem Territorium als geschäftsfähig, wenn er dies nach festlandchinesischem Recht, nicht aber nach seinem Heimatrecht ist. Die getroffenen unvollständigen Regelungen basieren auf der Anwendung des jeweiligen Heimatrechts zur Bestimmung der Geschäftsfähigkeit, 191 ohne diesen Grundsatz auszusprechen. 192 Anknüpfungsmoment ist also in erster Linie die Staatsangehörigkeit einer natürlichen Person, die jedoch durch die zusätzlichen Anknüpfungsmomente des Handlungsorts und des erlaubten dauerhaften Aufenthalts ergänzt wird:193 Damit die Geschäftsfähigkeit eines chinesischen Bürgers ausländischem Recht unterfallen kann, muss dieser sich im Ausland niedergelassen und an seinem Niederlassungsort gehandelt haben (Handlungsort und erlaubter dauerhafter Aufenthalt). Die Geschäftsfähigkeit eines Ausländers kann sich dagegen zum Schutz des chinesischen Rechtsverkehrs nach chinesischem Recht richten, wenn er in China handelt (Handlungsort); seine Niederlassung dort ist dann nicht erforderlich. Ungeklärt ist jedoch, ob chinesisches Recht auch zugunsten bzw. zum Schutz eines in China handelnden Ausländers Anwendung findet, d.h. wenn dieser nach seinem Heimatrecht, nicht aber nach chinesischem Recht geschäftsfähig ist. Versteht man Art. 8 Abs. 2 AGZ für alle sich in China aufhaltenden Ausländer nicht nur als Verweisung auf das für chinesische Bürger geltende materielle Recht des Abschnitts 2 der AGZ, sondern auch als Verweisung auf die Kollisionsregel des Art. 143 AGZ, lässt sich daraus eine entsprechende Anwendung des Art. 143 AGZ auf Ausländer ableiten. Dann kann 191
Vgl. dazu ZHAO Xianglin / LIU Yinghong, Bijiaofa Yanjiu 2000, 66 (69); XIE Chi, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 77 (78); XU Donggen / XUE Fan, S. 303; WANG Linhua, Guangzhou Daxue Xuebao 2004, 68 (69); DU Tao / CHEN Li, S. 128, 139. S. auch Pattloch, S. 22; SONG Hang, in: Festschrift HAN Depei, 181 (186). A.A. Ma, S. 190 (Fn. 886), die aus Art. 143 AGZ für das Personalstatut die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt schließt, ohne dies jedoch genauer auszuführen. 192 Süß, S. 95, erscheinen die Regelungen der Art. 8 Abs. 2, 143 AGZ „wie Ausnahmen zu einem nicht vorhandenen Grundsatz“. S. auch XU Donggen / XUE Fan, S. 303. 193 Vgl. dazu WANG Linhua, Guangzhou Daxue Xuebao 2004, 68 (69), der allerdings die Begriffe der Niederlassung und des Wohnsitzes synonym verwendet.
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auf die Geschäftsfähigkeit von in China niedergelassenen und handelnden Ausländern – auch zu deren Gunsten – chinesisches Recht angewendet werden. 194 Voraussetzung für die Anwendung des festlandchinesischen Rechts in Bezug auf die Frage der Geschäftsfähigkeit von Ausländern ist bei diesem Verständnis deren erlaubter dauerhafter Aufenthalt und ihr Handeln auf festlandchinesischem Territorium. Andererseits könnte man aus Art. 8 Abs. 1 AGZ die Anwendung chinesischen Rechts auf die Geschäftsfähigkeit aller Parteien eines im Inland vorgenommenen zivilrechtlichen Geschäfts unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit schließen. Folge daraus wäre die Beurteilung der Geschäftsfähigkeit von Ausländern für auf festlandchinesischem Territorium vorgenommene Rechtshandlungen – auch zu ihren Gunsten und unabhängig von einem genehmigten, auf Dauer angelegten Aufenthalt – nach festlandchinesischem Recht, es sei denn, man begreift Ziff. 180 AGZ-Ansichten als anderweitige Regelung i.S.d. Art. 8 AGZ bzw. als Begrenzung der darin vorgesehenen Regeln. Hiergegen spricht jedoch, dass es sich bei den AGZAnsichten nicht um eine offizielle, sondern lediglich um eine faktische Rechtsquelle handelt (zum Status der Justizauslegungen als Rechtsquelle s. oben Rn. 33 ff.). Zum gleichen Ergebnis gelangt man auch, wenn man den Verweis in Art. 8 Abs. 2 AGZ allein auf Abschnitt 2 dieses Gesetzes, also die materiellrechtlichen Rechts- und Geschäftsfähigkeitsregelungen bezieht.195 Legt man Art. 8 AGZ in dieser Art aus, erfordert die Bestimmung der Geschäftsfähigkeit eines in China handelnden Ausländers nach chinesischem Recht nicht dessen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
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406
(bb) Besondere Formen der Geschäftsfähigkeit (i) Deliktsfähigkeit Nach einer im festlandchinesischen Schrifttum verbreiteten Auffassung soll sich die Deliktsfähigkeit als besondere Form der Geschäftsfähigkeit nach dem Deliktsstatut, d.h. dem Recht des Ortes der unerlaubten Hand-
194
So wohl von Senger/Xu, S. 265 f. Strenger noch HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 143, der aus dem „Geist der Vorschrift“ des Art. 143 AGZ schließt, dass alle Handlungen, die von chinesischen Bürgern oder in China ansässigen Ausländern bzw. Staatenlosen auf chinesischem Territorium vorgenommen werden, chinesischem Recht unterfallen müssen. 195 So wohl Süß, S. 95, der den Vorrang der territorialen Anknüpfung des Art. 8 Abs. 2 AGZ vor einer nicht einmal ausformulierten Anknüpfung an das Heimatrecht für „am wahrscheinlichsten“ hält, sowie XU Donggen / XUE Fan, S. 302; Pattloch, S. 22.
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lung richten (zum Deliktsstatut s. unten Rn. 505 ff.).196 Diese Auffassung hat sich auch in Art. 93 Kapitel 9 ZGB-Entwurf, Art. 127 ModellG niedergeschlagen, welche die Deliktsfähigkeit dem Deliktsstatut unterstellen wollen. Die Gerichte qualifizieren in der Praxis häufig nur die Hauptfrage, bestimmen dementsprechend das anwendbare Recht und wenden dieses auf alle durch den Sachverhalt aufgeworfenen Problemstellungen an, ohne die Frage aufzuwerfen, ob sie vom einmal gefundenen Statut erfasst werden. Es ist daher davon auszugehen, dass festlandchinesische Gerichte die Deliktsfähigkeit einer Person nach dem Deliktsstatut beurteilen. (ii) Fähigkeit zur Verfügung über unbewegliches Vermögen
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Die gleiche Überlegung deutet darauf hin, dass festlandchinesische Gerichte die Fähigkeit, über unbewegliches Vermögen zu verfügen, nach dem Sachenrechtsstatut beurteilen. Nach der festlandchinesischen Literatur soll die Geschäftsfähigkeit hinsichtlich unbeweglichen Vermögens ohnehin der lex rei sitae der Immobilie unterfallen.197 (iii) Wechsel- und Scheckfähigkeit
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411
Für die Geschäftsfähigkeit des Wechselschuldners, also die Fähigkeit, sich aus einem Wechsel oder Scheck zu verpflichten, verweist Art. 96 Abs. 1 Wechsel/ScheckG auf das Heimatrecht einer Person. Nach Art. 96 Abs. 2 Wechsel/ScheckG findet jedoch das Recht des Handlungsortes, also der Eingehung der Wechselverbindlichkeit Anwendung, wenn der nach seinem Heimatrecht nicht oder nur beschränkt geschäftsfähige Schuldner nach dieser Rechtsordnung voll geschäftsfähig ist. Damit entspricht die Regelung den auch für die allgemeine Geschäftsfähigkeit geltenden Grundsätzen,198 spricht diese jedoch erstmals klar und vor allem in Form einer allseitigen Kollisionsnorm aus. Ebenfalls in Übereinstimmung mit allgemeinen Kollisionsregeln sieht die Vorschrift des Wechsel/ScheckG – im Gegensatz zu den Genfer Abkommen über Bestimmungen auf dem Gebiet des internationalen Wechselprivatrechts von 1930 und des internationalen Scheckprivatrechts von 1931
196
Vgl. zu dieser Auffassung von Senger/Xu, S. 267; Süß, S. 96 f. A.A. – allerdings ohne Nachweise – Pattloch, S. 203, der die einzelnen Grundsätze wiedergibt, ohne sich dabei explizit auf die Regelung der allgemeinen Geschäftsfähigkeit zu stützen. 197 S. etwa DU Tao / CHEN Li, S. 139. Zu dieser Auffassung Süß, S. 97; von Senger/Xu, S. 266, jeweils m.w.N. 198 Vgl. dazu WANG Han / HUANG Jing, Xiandai Faxue 1997, 13 (22).
II. Besonderer Teil
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– keine Anerkennung einer Rück- oder Weiterverweisung im Bereich der Wechsel- und Scheckfähigkeit vor.199 (b) Neue Regelung Art. 67 Abs. 1 ModellG und Art. 20 Abs. 1 Kapitel 9 ZGB-Entwurf sahen auch für die Geschäftsfähigkeit grundsätzlich die Anwendung des Rechts des Wohnsitzortes bzw. des gewöhnlichen Aufenthaltsortes vor (zu den Einzelheiten vgl. oben Rn. 399).200 Erhalten bleiben sollte in dieser Hinsicht jedoch – ausgenommen in Familien- und Erbrechtsangelegenheiten und bei der Verfügung über unbewegliches Vermögen – nach beiden Entwürfen das locus regit actum-Prinzip der Ziff. 180 AGZ-Ansichten (Art. 67 Abs. 2 ModellG; Art. 20 Abs. 2 Kapitel 9 ZGB-Entwurf), nach Kapitel 9 ZGB-Entwurf allerdings in allseitiger, nicht auf Handlungen innerhalb Chinas begrenzter Form. Auch Art. 12 Abs. 2 Festland-IPRG behält das locus regit actum-Prinzip – als allseitige Kollisionsregel – bei, klammert jedoch nur familien- und erbrechtliche Handlungen, nicht auch sachenrechtliche Verfügungen über Immobilien von seiner Geltung aus. Wie für die Rechtsfähigkeit verweist Art. 12 Abs. 1 Festland-IPRG für die Geschäftsfähigkeit natürlicher Personen auf das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes. Es gilt das dort zu dieser Anknüpfung Gesagte (oben Rn. 400). Besondere Formen der Geschäftsfähigkeit regelt das Festland-IPRG nicht abweichend. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Deliktsfähigkeit und die Fähigkeit zur Verfügung über unbewegliches Vermögen nach Art. 12 Abs. 1 Festland-IPRG dem Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes unterliegen sollen. In der Praxis kann es allerdings weiterhin dazu kommen, dass beides nicht als eigenständige Frage behandelt und daher dem Delikts- bzw. dem Sachenrechtsstatut unterstellt wird (vgl. zu dieser Überlegung Rn. 408 f.). Die Sondervorschriften des Wechsel/ScheckG bleiben nach Art. 2 Abs. 1 S. 2 Festland-IPRG unberührt. Neu ist dagegen die Regelung des Rechts, nach dem sich der Inhalt des Persönlichkeitsrechts (ΰ㥥㡬) richtet. Nach Art. 15 Festland-IPRG unterfällt auch dies dem Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes.
199 S. WANG Han / HUANG Jing, Xiandai Faxue 1997, 13 (22); LI Honghai, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 83 (85). Kritisch dazu LI Jiannan, Faxue 2000, 54 (56); YANG Yongsheng, Shenyang Nongye Daxue Xuebao 2004, 223 (225). Auf diese Kritik weist auch CHEN Liuyu, Zhejiang Xuekan 2001, 148 (149, 151 Fn. 10), hin. 200 Kritisch dazu DU Tao / CHEN Li, S. 128 f.
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(3) Problematik im interregionalen Rechtsverkehr 416
Der Grundsatz der Anwendung des Rechts des Staates, dem eine Person angehört, als Personalstatut auf die Geschäftsfähigkeit einer natürlichen Person warf bisher im interregionalen Rechtsverkehr Probleme auf, da die Bürger aller vier chinesischen Rechtsgebiete die chinesische Staatsangehörigkeit besitzen, die Staatsangehörigkeit also kein brauchbares Anknüpfungsmoment darstellt.201 Die festlandchinesische Literatur wollte de lege ferenda den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt als Anknüpfungsmoment für das Personalstatut in interregionalen Fällen verwenden.202 Dieses Problem beseitigen für die Rechts- und Geschäftsfähigkeit die Art. 11 und 12 Festland-IPRG durch ihre Anknüpfung an das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes.203 Für Altfälle, insbesondere die Beurteilung von vor dem 1.4.2011 vorgenommenen Handlungen, bleibt aber die bisherige Rechtslage relevant. Außerdem sieht das neue Gesetz im Familien- und Erbrecht immer noch subsidiär eine Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit vor (Art. 21 ff. Festland-IPRG). (a) Bestimmung des Personalstatuts
417
Wie unter Rn. 118 ff. erläutert, war in der Literatur umstritten, wie das Personalstatut für den interregionalen Rechtsverkehr anzuknüpfen sein sollte: nach der Regionalzugehörigkeit, dem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt. Die Gerichte hatten sich, soweit ersichtlich, nicht unmittelbar mit dieser Fragestellung beschäftigt, u.a. wohl deshalb, weil Sachverhalte, in denen es um die Geschäftsfähigkeit einer natürlichen Person geht, praktisch selten sind. Wie unter Rn. 156 festgestellt, behandelten sie 201 Vgl. dazu SHEN Juan, S. 188; ZHAO Xianglin / LIU Yinghong, Bijiaofa Yanjiu 2000, 66 (69); DU Huanfang / WANG Jiwen / CUI Xiaoyan, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2002, 81 (81 f.). S. auch SU Yuanhua, S. 89; HUANG Jin, Forschungen, S. 104; SONG Hang, in: Festschrift HAN Depei, 181 (188); Huang/Qian, Duke J. Comp. Int. L. 1995, 289 (321 f.); ZHAO Xianglin / DU Xinli (XUAN Zengyi / XING Gang), S. 140. 202 HUANG Jin, Forschungen, S. 104 f.; Huang/Qian, Duke J. Comp. Int. L. 1995, 289 (322). Ähnlich ZHAO Xianglin / DU Xinli (XUAN Zengyi / XING Gang), S. 141. ZHANG Qingyuan / SUN Zhiyu, Wuhan Daxue Xuebao 2007, 81 (84), befürworten wohl die Anknüpfung an den Wohnsitz, XIE Chi, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 77 (78 f.), möchte hilfsweise auf den Ort der Handlung zurückgreifen. ZHAO Xianglin / LIU Yinghong, Bijiaofa Yanjiu 2000, 66 (69), sehen für eine Anknüpfung an den Wohnsitz bereits eine gewisse rechtliche und praktische Grundlage in Art. 143 AGZ. 203 Insofern erweist sich die von Chen/Bertrand, JDI 2011, 373 (387 f.), kritisierte Formulierung der Vorschriften des Festland-IPRG, die sich mehrheitlich auf das Recht eines Ortes und nicht eines Staates beziehen, als durchaus nützlich und möglicherweise vom Gesetzgeber bewusst gewählt.
II. Besonderer Teil
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jedoch in der Praxis jeden chinesischen Staatsangehörigen, der ausweislich einer entsprechenden amtlichen Meldung in einer bestimmten chinesischen Region niedergelassen ist, d.h. dort dauerhaft und mit diesbezüglicher Erlaubnis lebt, als „Landsmann“ (┵切) bzw. Einwohner (㴺) dieser Region. Dies lässt den Schluss zu, dass die Rechtsprechung das Recht der Region, in der ein chinesischer Staatsangehöriger niedergelassen ist, als dessen Heimatrecht ansieht. (b) Mögliche dogmatische Grundlage: Ziff. 181 AGZ-Ansichten analog Dogmatisch ließe sich nach alter Rechtslage eine Anwendung des Rechts der Niederlassungsregion auf die Geschäftsfähigkeit durch die Gerichte analog auf die Regelung für Staatenlose in Ziff. 181 AGZ-Ansichten stützen, denn auch in interregionalen Fällen steht die Staatsangehörigkeit – wenn auch aus anderen Gründen – nicht als Anknüpfungsmoment zur Verfügung. Nach Ziff. 181 AGZ-Ansichten unterlag bisher die Geschäftsfähigkeit von Staatenlosen dem Recht des Staates, in dem sie sich niedergelassen haben (ⳃ⠦㷾ゴ), bzw. dem Recht des Wohnsitzstaates (⁸㍩⡙⠦), wenn sie sich noch nicht niedergelassen haben.
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(aa) Das Kriterium der Niederlassung Wie in Rn. 124 festgestellt, kann davon ausgegangen werden, dass sich ein chinesischer Staatsangehöriger, der aus einer der chinesischen Regionen in eine andere einreist, dadurch niederlässt, dass er unbegrenzt und dauerhaft dort leben möchte und eine dahingehende Erlaubnis der zuständigen staatlichen Stellen eingeholt hat. Ein solcher unbegrenzter und genehmigter Aufenthalt wird nach den Ausführungen oben unter Rn. 122 ff. in allen chinesischen Regionen amtlich registriert, hat die Ausstellung eines entsprechenden Identitätsausweises der jeweiligen Region zur Folge und entspricht daher der Regionalzugehörigkeit.
419
(bb) Keine Niederlassung in einer chinesischen Region Für eine Person, die sich in keiner der chinesischen Regionen niedergelassen hat, wäre gemäß Ziff. 181 AGZ-Ansichten analog ihr Wohnsitz entscheidend, wobei nach festlandchinesischer Auffassung (s.o. Rn. 148 ff.) jede Region selbst darüber bestimmt, wann auf ihrem Gebiet ein Wohnsitz besteht. Wenn eine Person danach mehrere Wohnsitze in verschiedenen chinesischen Regionen besitzt, wäre nach Ziff. 183 S. 2 AGZ-Ansichten der Wohnsitz mit der engsten Beziehung zur streitigen Rechtsbeziehung maßgeblich; besitzt er dagegen keinen Wohnsitz innerhalb Chinas, dann müsste nach Ziff. 183 S. 1 AGZ-Ansichten auf den gewöhnlichen Aufenthalt abgestellt werden. Fehlt auch ein solcher auf chinesischem Gebiet,
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d.h. lebt die Person im Ausland, könnte nach dem Rechtsgedanken der Ziff. 9 Abs. 2 AGZ-Ansichten das Recht der chinesischen Region das interregionale Personalstatut bilden, in der die Person zuletzt niedergelassen war, also unbegrenzt, genehmigt und registriert gelebt hat. (cc) Niederlassung in mehreren chinesischen Regionen 421
Auf das Personalstatut von natürlichen Personen, die in mehreren Regionen registriert (zu dieser Möglichkeit oben Rn. 146) und damit niedergelassen sind, könnte Ziff. 182 AGZ-Ansichten, die Regelung des Umgangs mit mehrfacher Staatsangehörigkeit, analog angewendet und damit die chinesische Region als entscheidend betrachtet werden, in der sie einen Wohnsitz besitzen oder zu der sie sonst die engste Beziehung aufweisen. Bei Wohnsitzhäufung oder -mangel wäre dann wiederum nach Ziff. 183 AGZ-Ansichten vorzugehen. (c) Bedeutung des Art. 143 AGZ im interregionalen Rechtsverkehr
422
Ausgehend von der Praxis, das Recht der Region, in der sich eine natürliche Person niedergelassen hat und entsprechend amtlich gemeldet ist, als ihr Heimatrecht anzusehen, kam die Regelung des Art. 143 AGZ i.V.m. Ziff. 179 AGZ-Ansichten nicht für eine entsprechende Anwendung auf Personen der Festland-Region in Betracht. Art. 143 AGZ erlaubt die Anwendung des Rechts des Niederlassungsstaates anstelle des Heimatrechts. Im interregionalen Rechtsverkehr bestimmte sich jedoch schon das Heimatrecht nach der Region der Niederlassung einer Person. Eine festlandchinesische Person erwarb also durch ihre Niederlassung in einer anderen chinesischen Region bereits ein anderes Heimatrecht. Vor diesem Hintergrund erschien Art. 143 AGZ für den interregionalen Rechtsverkehr bedeutungslos. (d) Analoge Anwendung der Ziff. 180 AGZ-Ansichten
423
Die Regelung der Ziff. 180 AGZ-Ansichten, die sich nun allseitig ausgebaut in Art. 12 Abs. 2 Festland-IPRG wiederfindet, ließ sich dagegen problemlos auf den interregionalen Rechtsverkehr übertragen: Zum Schutz des festlandchinesischen Rechtsverkehrs kann sich die Geschäftsfähigkeit von Personen mit Niederlassung in einer der anderen Regionen nach festlandchinesischem Recht richten, wenn auf dem Festland gehandelt wurde. Fraglich wäre nur, ob die interregionale Anwendung dieser einseitigen Schutznorm in Anbetracht ihrer in gewissem Sinne diskriminierenden Wirkung rechtspolitisch erwünscht war. Sofern man eine Anwendung festlandchinesischen Rechts auch zum Schutz von in China handelnden Ausländern unabhängig von deren Nieder-
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lassung im Inland zulässt (s. dazu oben Rn. 403 ff.), hätte diese ebenfalls auf Landsleute aus den anderen Regionen übertragen werden können, die auf dem Festland handeln. (e) Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit im Festland-IPRG Im internationalen Familien- und Erbrecht, in dem auch nach dem Festland-IPRG noch subsidiär an das Recht des Staates, dem eine Person angehört, angeknüpft wird, stellt sich auch weiterhin die Frage der analogen Anwendung im interregionalen Rechtsverkehr, in dem die Staatsangehörigkeit als Anknüpfungsmoment nicht zur Verfügung steht. Zur Lösung bietet sich wiederum die Vorschrift an, welche dieses Problem für Staatenlose behebt. Art. 19 S. 2 Festland-IPRG verweist bei Maßgeblichkeit des Rechts der Staatsangehörigkeit für Staatenlose oder bei unklarer Staatsangehörigkeit auf das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes.
424
b) Juristische Personen (1) Bestimmung des Gesellschaftsstatuts Das Personalstatut juristischer Personen, ihr Gesellschaftsstatut, war auf dem Festland bisher nicht gesetzlich geregelt.204 Allerdings hatte das Oberste Volksgericht in seinen Auslegungen lückenhafte Regelungen geschaffen. Heimatrecht bzw. Personalstatut juristischer Personen war bisher das Recht des Ortes, an dem sie durch Registrierung gegründet wurden.205 Dies ordnete Ziff. 184 S. 1 AGZ-Ansichten als einseitige Kollisionsnorm für ausländische juristische Personen an; die Geltung desselben Grundsatzes für inländische juristische Personen konnte aus verschiedenen gesellschaftsrechtlichen Regelungen geschlossen werden, nach denen auf chinesischem Territorium gegründete Gesellschaften als chinesische Gesellschaften gelten (s. schon oben Rn. 160 ff.). 206 Damit folgte das Festland der Gründungsrechtstheorie.207 Die Zuordnung einer juristischen Person zu einem Staat erfolgte demnach durch ihre Gründung in diesem Staat nach dessen entsprechenden Regeln; welchen Maßstab dieser Staat zur Bestimmung des Personalstatuts
204
XIAO Kai, 6 (2003) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 132 (144). S. zur Staatszugehörigkeit juristischer Personen auch oben Rn. 160 ff. 206 Vgl. XIAO Kai, 6 (2003) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 132 (144 f.); QU Guangqing, S. 240 f. Dies wird zusätzlich mit der lex causae – Gründung nach chinesischem Recht – begründet, s. JIANG Xinmiao, S. 361; ZHANG Qingyuan / SUN Zhiyu, Wuhan Daxue Xuebao 2007, 81 (83). 207 XIAO Kai, 6 (2003) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 132 (144); Pattloch, S. 23; QU Guangqing, S. 240 f.; DU Tao / CHEN Li, S. 146. 205
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juristischer Personen verwendet, blieb dabei unerheblich. 208 Es handelte sich daher um eine Sachnormverweisung. (2) Reichweite des Gesellschaftsstatuts (a) Innenbeziehungen der juristischen Person 426
Dem Gesellschaftsstatut unterfallen Fragen der juristischen Person selbst, also die Voraussetzungen ihrer Gründung, ihre Organe und deren Funktion sowie ihre inneren Beziehungen.209 Dies scheint auch die Rechtsprechung des Obersten Volksgerichts widerzuspiegeln: So beurteilte das Gericht die ihm vorgelegte Frage, ob eine Klägerin Investorin und Eigentümerin des gesamten Vermögens einer anderen juristischen Person war, nach festlandchinesischem Recht, weil die juristische Person auf dem Festland gegründet worden war.210 (b) Rechts- und Geschäftsfähigkeit
427
Das Recht des Gründungslandes bestimmt nach dem fünften Unterpunkt im dritten Abschnitt unter 2. des Protokolls 1989, ob einer Gesellschaft, einem Unternehmen oder einer anderen Wirtschaftsorganisation der Status einer juristischen Person zukommt und ob sie begrenzt oder unbegrenzt Verpflichtungen übernehmen kann.211 Ihm unterfallen also Rechts- und Geschäftsfähigkeit. In diesem Sinne ordnet auch Ziff. 184 S. 1 AGZ-Ansichten die Anwendung des Personalstatuts auf die Frage der Geschäftsfähigkeit einer juristischen Person an. Daneben regelt diese Rechtsordnung die
208
Dies betont JIANG Xinmiao, S. 361. Nach Wolff, 56 (2008) Am.J.Comp.L. 1039 (1051), lässt es Ziff. 184 S. 1 AGZ-Ansichten offen, ob Verweisungen des Kollisionsrechts des Gründungortes zu befolgen sind. 209 S. QU Guangqing, S. 242; DU Tao / CHEN Li, S. 146 ff., mit Nachweisen aus der festlandchinesischen Rechtsprechung. 210 S. Oberstes Volksgericht v. 22.9.2005 (Hong Kong Yinglun Huoshi Innenarchitektur- und Sanierungsbau-GmbH gegen Chongqing Yangguang Touristikgruppe-Gesellschaft), (2003) 㴺⠄俱Ⲁ䱕 4 ┠ . Anders dagegen Oberes Volksgericht der Autonomen Region Guangxi v. 20.12.2007 (Xingxin Liegenschafts-Gesellschaft der Stadt Wuzhou, Ländliche Kreditgenossenschafts-Verbindungsvereinigung des Stadtgebietes Wuzhou gegen Dongyang Gruppe Hong Kong), (2007) 㥫㴺⠄俱Ⲁ䱕 49 ┠: Der Streit um einen Eingriff von Aktionären in die Vermögens- und Managementrechte einer auf dem Festland gegründeten Gesellschaft wurde ohne nähere Begründung deliktsrechtlich qualifiziert und daher nicht dem Gesellschaftsstatut unterstellt – freilich ohne Unterschied im Ergebnis: aus Sicht des Gerichts war festlandchinesisches Recht Handlungsortsrecht (zum Deliktsstatut s. unten Rn. 505 ff.). 211 Vgl. dazu schon von Senger/Xu, S. 268.
II. Besonderer Teil
183
Prozessfähigkeit (䆝䆐㸠Ў㛑) einer juristischen Person als Teil ihrer Geschäftsfähigkeit.212 (c) Kumulative Anwendung chinesischen Rechts Nach dem fünften Unterpunkt im dritten Abschnitt unter 2. des Protokolls 1989 ist die Fähigkeit ausländischer juristischer Personen, auf chinesischem Territorium geschäftliche Aktivitäten zu betreiben, zusätzlich nach chinesischem Recht zu prüfen. Auch Ziff. 184 S. 2 AGZ-Ansichten ordnet an, dass Zivilgeschäfte, die ausländische juristische Personen in China vornehmen, den chinesischen Rechtsvorschriften entsprechen müssen.
428
(aa) Anerkennung als juristische Person Mit diesen Äußerungen nimmt das Oberste Volksgericht zum einen auf die behördliche Genehmigungsbedürftigkeit der Aufnahme geschäftlicher Tätigkeit durch ausländische juristische Personen Bezug.213 Während bei vorübergehenden Handelsaktivitäten, beispielsweise der Teilnahme an internationalen Messen, die Subjektsqualität ausländischer juristischer Personen automatisch anerkannt wird, setzt das längerfristige Engagement in den Formen der direkten Investition und der Gründung von Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen eine besondere Billigung durch Prüfung, Genehmigung und Registrierung der ausländischen juristischen Person voraus.214
429
(bb) Beschränkung der Rechts- und Geschäftsfähigkeit Zum anderen ist die Rechts- und Geschäftsfähigkeit ausländischer juristischer Personen auf die ihnen von chinesischer Seite zugestandenen Ge-
212
So HUANG Jin / DU Huanfang, 7 (2004) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 115 (137 f.), in der zustimmenden Besprechung eines Urteils des Ersten Mittleren Volksgerichts Beijing v. 13.6.2002 (Elektrizitätsgewinnung aus Hafenwasser-Projekt-GmbH gegen Chinesische Landwirtschaftsbank Filiale Beijing, Guoyu WirtschaftsentwicklungsHauptgesellschaft), (2001) Ἡὖ㴺⍆Ⲁ䱕 1587 ┠, in dem das Gericht zwar zunächst feststellt, die Parteifähigkeit ( ぼᾴΰὤ⁼幭㥥 ) richte sich nach dem Recht des Landes, in dem sich die juristische Person befindet (㍩⡑⡙⠦), damit aber den Ort ihrer Gründung und Registrierung meint, wie es im nächsten Satz klarstellt. S. auch DU Tao / CHEN Li, S. 146, mit einem weiteren Beispielsfall. 213 Zum Zulassungserfordernis für die Errichtung von Zweigniederlassungen durch ausländische Gesellschaften Art. 193 Abs. 1 GesellschaftsG. S aber auch von Senger/Xu, S. 271 f.; HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 63; Pattloch, S. 23. Unklar ist, ob über die ausdrücklichen Einzelregelungen hinaus ein allgemeines Zulassungserfordernis für jegliche Geschäftstätigkeit besteht, dazu von Senger/Xu, S. 272; Süß, S. 100 f.; Wolff, S. 139 f. 214 S. dazu QU Guangqing, S. 243.
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schäftsbereiche beschränkt,215 etwa die genehmigungsgemäße gemeinsame Organisation von chinesisch-ausländischen mit gemeinsamem Kapital betriebenen Gemeinschaftsunternehmen nach Art. 1 des Gesetzes der Volksrepublik China über die chinesisch-ausländischen mit gemeinsamem Kapital betriebenen Gemeinschaftsunternehmen216 oder die Beteiligung an der gemeinsamen Erschließung von Meereserdölvorkommen nach Art. 1 der Bestimmungen der Volksrepublik China über die Erschließung von Meereserdölvorkommen in Zusammenarbeit mit dem Ausland217.218 Dies muss als eine Art ultra vires-Grundsatz verstanden werden, nach dem – im Unterschied zum ursprünglichen Verständnis von ultra vires – nicht Gründungsdokumente und -recht den Rahmen für die Tätigkeit der juristischen Person vorgeben,219 sondern das chinesische Recht. (3) Anwendung im interregionalen Rechtsverkehr 431
Die Grundsätze des festlandchinesischen internationalen Privatrechts zu Bestimmung und Anwendung des Gesellschaftsstatuts werfen bei analoger Anwendung im interregionalen Rechtsverkehr keine zusätzlichen Probleme auf. Die festlandchinesische Rechtsprechung wendet sie auch tatsächlich auf juristische Personen aus den anderen chinesischen Rechtsregionen an.220 (4) Neue Regelung
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ModellG und Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs sahen für Rechts- und Geschäftsfähigkeit juristischer Personen im Wesentlichen die gleiche Regelung vor: Gemäß Art. 68 ModellG und Art. 23 S. 1 Kapitel 9 ZGB-Entwurf sollte sich die Rechtsfähigkeit juristischer Personen nach dem Recht des Ortes, an dem sie gegründet wurden (㌹䯴⡙ ), oder nach dem Recht des Ortes, an dem sich der Sitz ihres Haupthandlungsorgans befindet (ὤ媪⏇ᾴ 215
Vgl. Süß, S. 101; von Senger/Xu, S. 270 f.; QU Guangqing, S. 244 f. Zu den Grenzen für ausländische Investitionen s. Wolff, S. 138 ff., mit Einzelheiten. 216 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦ὖ⨿┱幭俸啎ὃ㷾 vom 1.7.1979, in der Fassung vom 15.3.2001. 217 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦ⴢ⨿┱₅〩拰㺠㸴䤜㷢幭㾹㢊₴ vom 30.1.1982, in der Fassung vom 21.9.2011 (in Kraft seit 1.11.2011). 218 Diese Beispiele nennen HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 242; QU Guangqing, S. 245. 219 Zur ultra vires-Lehre des common law s. von Hoffmann/Thorn, § 7 Rn. 29 (S. 290); Hess, RIW 1992, 638 f.; Staudinger (Großfeld), IntGesR Rn. 273. Im materiellen Recht der Volksrepublik galt bis zur Einführung des VertragsG ebenfalls ein solches ultra viresPrinzip, s. dazu und zur weiteren Entwicklung Wolff, 23 (2003) Nw. J. Int’l L. & B. 633 (638 ff.). 220 Vgl. Oberstes Volksgericht v. 22.9.2005 (Hong Kong Yinglun Huoshi Innenarchitektur- und Sanierungsbau-GmbH gegen Chongqing Yangguang TouristikgruppeGesellschaft), (2003) 㴺⠄俱Ⲁ䱕 4 ┠.
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㡣㢭㍩⡑⡙), richten. Wie dabei das Alternativverhältnis gemeint war, blieb unklar. Möglicherweise sollte letztere Alternative greifen, wenn der Gründungsort vom hauptsächlichen Ort der Aktivitäten der juristischen Person abweicht, weil die Gründungsparteien die Anwendung einer ihnen nützlichen Rechtsordnung herbeiführen wollten. 221 Für die Geschäftsfähigkeit sahen Art. 69 ModellG und Art. 23 S. 2 Kapitel 9 ZGB-Entwurf zusätzlich noch die Anwendung des Rechts am Handlungsort vor. Art. 14 Abs. 1 Festland-IPRG bestimmt nun das Recht des Ortes der Registrierung einer juristischen Person oder ihrer Zweigstelle zum Gesellschaftsstatut, indem er – in nicht abschließender Aufzählung222 – die Anwendung dieser Rechtsordnung auf ihre Rechts- und Geschäftsfähigkeit, ihre Organisationsstruktur sowie Rechte und Pflichten ihrer Teilhaber vorsieht. Soweit bestätigt die Vorschrift die bisherige Rechtslage. Unklar erscheint, ob daneben weiterhin chinesisches Recht kumulativ anwendbar bleiben wird (oben Rn. 428 ff.); es erscheint denkbar, dass dasselbe Ergebnis nun über Art. 4 Festland-IPRG und die Einordnung der entsprechenden Vorschriften des festlandchinesischen Rechts als Eingriffsnormen erreicht werden wird. Nach Art. 14 Abs. 2 S. 1 Festland-IPRG kann (┘) zudem das Recht des Hauptgeschäftsortes (ὤ啎ὃ⡙) angewendet werden, wenn dieser Ort nicht mit dem Registrierungsort übereinstimmt. Die Regelung scheint es ins Ermessen des Gerichts stellen zu wollen, ob es zugunsten des Rechts des Hauptgeschäftsortes von der Grundregel des Art. 14 Abs. 1 FestlandIPRG abweicht.223 Wahrscheinlich soll mit ihrer Hilfe dem Phänomen der Scheinauslandsgesellschaft begegnet werden, worauf wohl bereits die in den Entwürfen vorgeschlagene Alternativanknüpfung abzielte (s. Rn. 432). Art. 15 Festland-IPRG über das auf den Inhalt des Persönlichkeitsrechts anwendbare Recht (dazu bereits oben Rn. 415) ist nicht auf natürliche Personen beschränkt. Da der gewöhnliche Aufenthaltsort juristischer Personen nach Art. 14 Abs. 2 S. 2 Festland-IPRG an ihrem Hauptgeschäftsort liegt, verweist Art. 15 Festland-IPRG auf dessen Rechtsordnung.
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2. Schuldrecht a) Vertragsrecht Das festlandchinesische materielle Recht kennt nach Art. 54 ff. AGZ einen allgemeinen Begriff des Zivilrechtsaktes (Rechtsgeschäfts), der als recht221 Vgl. die Begründung zu einem in dieser Hinsicht klareren Formulierungsvorschlag bei JIANG Rujiao, Tongling Xueyuan Xuebao 2005, 41 (43). 222 S. Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (17). 223 S. auch Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (17), mit Verweis auf die Kommentierung zum Festland-IPRG von HUANG Jin / JIANG Rujiao.
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mäßige, zivilrechtliche Rechte und Pflichten begründende, ändernde oder beendende Handlung eines Bürgers oder einer juristischen Person definiert wird (Art. 54 AGZ). Im Kollisionsrecht hatten das Rechtsgeschäft und seine allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Form und Stellvertretung bisher keine eigene Regelung erfahren. Daher werden die Aspekte der Form und Stellvertretung hier im Kontext des Vertragsstatuts angesprochen, auch wenn ein Teil der festlandchinesischen Rechtswissenschaft sie gesondert behandelt224 und mit Art. 16 Festland-IPRG nun für die Stellvertretung eine eigenständige Regelung existiert. (1) Ermittlung des Vertragsstatuts 437
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Wie die im Wesentlichen wortgleichen Regelungen des Art. 145 AGZ und des Art. 126 Abs. 1 VertragsG sowie nun auch die Vorschrift des Art. 41 Festland-IPRG zeigen, bestimmt das festlandchinesische Kollisionsrecht das auf einen Vertrag anwendbare Recht grundsätzlich (zu den Ausnahmen s. unten Rn. 463 ff.) subjektiv nach dem Willen der Parteien und hilfsweise nach dem objektiven Kriterium der engsten Beziehung zum Vertrag.225 Den Vorrang einer Rechtswahl vor der objektiven Anknüpfung, der schon aus der Formulierung der gesetzlichen Vorschriften hervorgeht, bekräftigen Ziff. 55 Zweites Protokoll und Ziff. 4 Abs. 1 Vertragsbestimmungen 2007: Erst wenn es den Parteien auch nicht in der Verhandlung vor Gericht gelingt, sich auf die Anwendbarkeit einer bestimmten Rechtsordnung zu einigen, darf auf das objektive Vertragsstatut zurückgegriffen werden.226 Nach Art. 142 Abs. 2 AGZ, Art. 95 Abs. 1 Wechsel/ScheckG kommt internationalen Abkommen in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich der Vorrang gegenüber nationaler Gesetzgebung, also auch den darin enthaltenen Kollisionsregeln zu. Beide Vorschriften behalten auch nach dem Inkrafttreten des Festland-IPRG ihre Gültigkeit, erstere als nicht geregelte Frage gemäß Art. 2 Abs. 2 Festland-IPRG,227 letztere als besondere Regelung nach Art. 2 Abs. 1 S. 2 Festland-IPRG. Dies ist insbesondere mit Blick auf das Wiener UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf (im Folgenden: UNKaufrecht) vom 11.4.1980 von Bedeutung, das seit dem 1.1.1988 für die
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Etwa bei HAN Depei (Hrsg.) / ZHENG Ziwen / LIU Weixiang, S. 243 ff.; HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 151 ff.; DU Tao / CHEN Li, S. 152 ff. 225 Letztere Anknüpfung wird in der festlandchinesischen Literatur auch als ergänzendes bzw. Ersatzprinzip (妎≮Ⓢ⍂) bezeichnet, s. XU Donggen / XUE Fan, S. 226; LIU Wenhua, Art. 26 VertragsG (S. 130). Ähnlich HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 305; Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (324). 226 Vgl. auch Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (324). 227 S. Cammerer, RIW 2011, 230 (232).
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Volksrepublik gilt. 228 Für den interregionalen Rechtsverkehr erhebt das Abkommen jedoch keinen Geltungsanspruch: Nach Art. 1 Abs. 1 UNKaufrecht ist der räumliche Anwendungsbereich des Abkommens gar nicht eröffnet, wenn die Parteien eines Vertrages ihre Niederlassung nicht in verschiedenen Staaten, sondern nur in verschiedenen Rechtsregionen desselben Staates haben.229 Unabhängig davon, ob das UN-Kaufrecht überhaupt in allen chinesischen Regionen gilt, 230 findet es daher auf interregionale Kaufverträge jedenfalls keine Anwendung. (a) Rechtswahl Sofern gesetzlich nicht anders geregelt, können die Parteien eines Vertrages mit Außenbezug231 nach Art. 145 Abs. 1 AGZ, Art. 126 Abs. 1 S. 1 VertragsG wählen, welche Rechtsordnung zur Regelung von Vertragsstreitigkeiten angewendet werden soll. Auch Art. 50 Abs. 1 Kapitel 9 ZGB-Entwurf und Art. 100 Abs. 1 ModellG sahen diese Möglichkeit vor. Das ModellG schlug dabei jedoch eine deutlich detailliertere Regelung vor, die in Art. 41 S. 1 Festland-IPRG keinen Niederschlag gefunden hat. Diese Vorschrift bestimmt lediglich, dass die Parteien das auf einen Vertrag anwendbare Recht durch Vereinbarung wählen können. Die Frage nach dem wirksamen Zustandekommen einer Rechtswahl unterstellt die festlandchinesische Praxis ohne weiteres der lex fori.232 In der Literatur ist die Frage des anwendbaren Rechts streitig. 233 Die Befürworter einer Anwendung der lex fori begründen diese damit, dass die lex fori die Wahl der anwendbaren Rechtsordnung erst ermögliche und damit auch ihre Bedingungen festlege.234
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S. dazu Wolff, IPRax 2008, 55 (57 f.). Vgl. auch den Hinweis des Obersten Volksgerichts auf die Geltung des Abkommens im fünften Unterpunkt des dritten Abschnitts unter 2. des Protokolls 1989. 229 S. dazu im Einzelnen Schroeter, 16 (2004) Pace Int’l L. Rev. 307 (329 f.). 230 S. zu dieser Frage Schroeter, 16 (2004) Pace Int’l L. Rev. 307 (312 ff.); Buschbaum, IPRax 2004, 546 (546); Wolff, 6 (2010) J. P.I.L. 465 (478 ff., 493 f.). 231 Die oben Rn. 114 ff. erläuterte Regelung des Obersten Volksgerichts hat in diesem Zusammenhang wohl die größte Relevanz. Zur Unterscheidung s. DU Tao / CHEN Li, S. 186 ff. Zu Verträgen zwischen zu Investitionszwecken durch ausländische Unternehmen in China zwingend als chinesische juristische Personen gegründeten Einheiten Wolff, 56 (2008) Am.J.Comp.L. 1039 (1053). 232 S. Süß, S. 113. Ähnlich Xiao/Long, 11 (2009) Yearbook of PIL 193 (200), mit Beispielen aus der Gerichtspraxis. 233 S. Bu, § 15 Rn. 7 (S. 154). Vgl. auch Xiao/Long, 11 (2009) Yearbook of PIL 193 (200), die sich jedoch selbst mit dem internationalen Trend für eine Anwendung des gewählten Rechts aussprechen. 234 So LIU Xiangshu / JIANG Baoguo, Wuda Guoji Fa Pinglun 2004, 156 (172).
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(aa) Ausdrückliche und stillschweigende Rechtswahl 442
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Nach Ziff. 46 S. 1 Zweites Protokoll (ähnlich früher Abschnitt 2, Ziff. 2 der AWVG-Antworten), Ziff. 3 Vertragsbestimmungen 2007 muss die Rechtswahl „in ausdrücklicher Form“ ( 㜷䩣㛢〸 ) getroffen werden, 235 was sich auch in Art. 100 Abs. 1 S. 1 ModellG wiederfand, während die Formulierung der Rechtswahlmöglichkeit in Art. 50 Kapitel 9 ZGB-Entwurf für eine konkludente Rechtswahl offen zu sein schien. 236 Seit dem 1.4.2011 schreibt Art. 3 Festland-IPRG für jede zulässige Rechtswahl vor, dass sie ausdrücklich ( 㜷䩣 ) erfolgen muss. Eine konkludente Rechtswahl ist danach nicht ausreichend;237 sie darf nicht durch Auslegung den Vertragsbestimmungen oder einer zwischen den Parteien etablierten geschäftlichen Praxis entnommen werden.238 Demnach könnte eigentlich daraus, dass Parteien übereinstimmend und möglicherweise lediglich aufgrund von Unkenntnis von der Anwendbarkeit einer bestimmten Rechtsordnung ausgehen, keine Rechtswahl gefolgert werden. Allerdings wollte es das Oberste Volksgericht vor Inkrafttreten des Festland-IPRG als Rechtswahl verstanden wissen, wenn sich die Parteien eines Vertrages ohne ausdrückliche Rechtswahl durchweg auf das Recht eines Staates oder Gebietes bezogen und gegen die Anwendung dieser Rechtsordnung keinen Einwand erhoben haben (Ziff. 4 Abs. 2 Vertragsbestimmungen 2007). 239 Es hat damit offensichtlich die bereits gängige Praxis und Tendenz der festlandchinesischen Rechtsprechung zusammengefasst, eine stillschweigende Wahl durch Verhalten im Prozess – regelmäßig zugunsten festlandchinesischen Rechts – zuzulassen:240 235
Von Senger/Xu, S. 283 f.; Süß, S. 114; Xu, S. 115, hielten sogar aufgrund der bis 1999 noch für Außenwirtschaftsverträge erforderlichen Schriftform diese auch für eine Voraussetzung einer wirksamen Rechtswahl. Mit Aufhebung des AWVG und Einführung des VertragsG ist diese Überlegung jedoch obsolet geworden. Pattloch, S. 41, gelangt jedoch auch nach Erlass des VertragsG noch zu einem – zumindest faktischen – Schriftformerfordernis fur eine Rechtswahl. 236 Zu letzterem s. Xiao/Long, 11 (2009) Yearbook of PIL 193 (198 f.). 237 Zum neuen Recht Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (10). Zur bisherigen Rechtslage HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 307; LIU Wenhua, Art. 26 VertragsG (S. 130); XU Donggen / XUE Fan, S. 224 f.; Xu, S. 115 f. A.A. wohl Huang/Du, 4 (2005) Chinese J. Int’l L. 647 (672 f.). DU Tao / CHEN Li, S. 193, halten das Ausdrücklichkeitserfordernis für zu streng und durch die Gerichtspraxis überholt. Zu den Befürwortern einer stillschweigenden Rechtswahl in der festlandchinesischen Lehre s. Süß, S. 113 f. 238 Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (317). A.A. Huang/Du, 4 (2005) Chinese J. Int’l L. 647 (672 f.). 239 Zu den Gefahren und offenen Fragen dieser neuen Regelung Gebauer, IPRax 2008, 62 (63). 240 Vgl. Huang/Du, 4 (2005) Chin. J. Int’l L. 647 (673). Wang, IPRax 2007, 363 (368), nennen als weiteres von der Rechtsprechung anerkanntes Indiz für eine stillschweigende Rechtswahl die Vereinbarung eines einheitlichen Erfüllungsortes.
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So verwendet zum einen das Oberste Volksgericht selbst häufig einen fehlenden Widerspruch der Parteien gegen die Anwendung einer Rechtsordnung im erstinstanzlichen Urteil als Argument, allerdings bisher immer nur zusätzlich zur Feststellung der engsten Verbindung.241 Zum anderen finden sich aber auch in der Rechtsprechung unterer Volksgerichte Begründungen, die darauf schließen lassen, dass die Gerichte in bestimmten Fällen eine stillschweigende Rechtswahl annehmen.242 So entschied das Obere Volksgericht Tianjin in einem Fall, dass es als Rechtswahl anzusehen war, dass die Parteien als Basis für ihre Ansprüche das SeehandelsG und die AGZ angeführt hatten.243 Das Mittlere Volksgericht Xi’an sah es als Rechtswahl an, dass der Beklagte im Verfahren durchgehend das festlandchinesische Recht als Argumentationsbasis verwendet hatte, obwohl er das Vertragsdokument, in dem eine entsprechende Rechtswahlklausel enthalten war, nicht unterzeichnet hatte.244 Das Obere Volksgericht Guangdong bestätigte die Anwendung festlandchinesischen Rechts auf der Basis einer Wahl durch den Kläger, welcher der Beklagte – ebenfalls mittels festlandchinesischen Rechts argumentierend – nicht widersprochen hatte.245 Das Seegericht Tianjin gelangte zur Anwendbarkeit festlandchinesischen Rechts, weil die Parteien sich im konkreten Verfahren nicht zum anzuwendenden Recht geäußert und die relevanten Rechtsnormen nicht vorgelegt hatten. 246 In anderen Fällen wurde die Anwendung 241
S. etwa Oberstes Volksgericht v. 26.10.2005 (Yueheng Entwicklungs-GmbH gegen Shenzhen Jianling Investitionsentwicklungs-GmbH), (2003) 㴺⠄俱Ⲁ䱕 28 ┠; v. 4.1.2005 (Foshan Volksregierung gegen Bank of Communications Hong Kong-Filiale), (2004) 㴺⠄ 俱Ⲁ䱕 5 ┠; v. 25.11.2004 (Ürümqi Xinhengji Industrie- und Handelsentwicklungs-GmbH gegen Zhongchuan Entwicklungs-GmbH), (2004) ⾝㴺⠄俱Ⲁ䱕 8 ┠. Eine weitere ältere Entscheidung des Obersten Volksgerichts zitieren Xiao/Long, 11 (2009) Yearbook of PIL 193 (198). 242 Weitere Beispiele aus der Rechtsprechungspraxis bei Xiao/Long, 11 (2009) Yearbook of PIL 193 (198). 243 Oberes Volksgericht Tianjin v. 30.1.2002 (Shengli Reedereigesellschaft (= DSRSenator Lines, Deutschland) gegen Junye (Tianjin) Internationale Handels-GmbH ), (2001) 氁俸俱Ⲁ䱕 229 ┠ . S. dazu auch Wang, IPRax 2007, 363 (368); Huang/Du, 4 (2005) Chin. J. Int’l L. 647 (673). 244 Das Obere Volksgericht Shanxi gibt die dahingehende Argumentation des Mittleren Volksgerichts Xi’an in seinem die Appellation zurückweisenden Urteil v. 6.12.2004 (Zhao Kelong, Zhao Qiuzongli, Shanxi Shiguang Kulturentwicklungs-GmbH, Xi’an landesweite Naturwissenschafts- und Technik-GmbH gegen Shanxi GmbH der zeitgenössischen westlichen Kultur), (2004) 松㴺ἲ俱Ⲁ䱕 27 ┠, unkommentiert wieder, was auf seine Zustimmung zu schließen lässt. 245 Oberes Volksgericht Guangdong v. 27.5.2003 (Dejiala GmbH (HK) gegen Walmart China GmbH (HK)), (2003) ䷍氁㷾㴺⠄俱Ⲁ䱕 47 ┠. 246 Seegericht Tianjin v. 30.7.2002 (Shenglun Import & Export GmbH Hebei gegen Jinchuang International Kurier GmbH (= Tianjin-Inchon International Passenger & Cargo Shipping Co., Ltd., Südkorea)), (2002) 㺠♯⍆Ⲁ䱕 144 ┠. Dieses Urteil wird in
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
chinesischen Rechts damit begründet, die Parteien hätten in der Gerichtsverhandlung „zum Ausdruck gebracht“ (妑䩣), dass auf den Fall festlandchinesisches Recht angewendet werden solle, ohne dass jedoch genauer dargestellt wird, ob dies ausdrücklich oder konkludent geschehen ist.247 Wie sich diese Praxis der Gerichte unter Geltung des Art. 3 FestlandIPRG entwickeln wird, bleibt abzuwarten.248 (bb) Zeitpunkt der Rechtswahl 446
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Eine Einigung über das anzuwendende Recht kann nach Ziff. 46 S. 1 Zweites Protokoll bei Vertragsschluss, aber auch von diesem losgelöst zu einem späteren Zeitpunkt, jedoch gemäß Ziff. 55 Zweites Protokoll, Ziff. 4 Abs. 1 Vertragsbestimmungen 2007 vor Beendigung der Parteivorträge in der ersten Instanz (Art. 127 Festland-ZPG) ausgehandelt werden. Das Oberste Volksgericht hat damit seine frühere in Abschnitt 2, Ziff. 4 AWVGAntworten geäußerte und durch die Gerichtspraxis überholte249 Auffassung, nach der eine Rechtswahl bis zur Eröffnung der Verhandlung möglich sein sollte,250 erweitert. Es hat sich nunmehr auch zur in den AWVG-Antworten ungeregelten Frage251 der Änderung einer bereits getroffenen Rechtswahl geäußert: Sie ist nach Ziff. 47 Zweites Protokoll, Ziff. 3, 4 Abs. 1 Vertragsbestimmungen 2007 im selben Zeitraum wie eine erstmalige Rechtswahl möglich.252 Ziff. 47 Zweites Protokoll hat die schon in Art. 100 Abs. 2 S. 3 ModellG vorgeschlagene Beschränkung aufgegriffen, dass die rechtmäßigen Interesder Literatur als rechtswidrig kritisiert, da der Vertrag eine ausdrückliche Rechtswahl zugunsten englischen Rechts enthielt, s. Wang, IPRax 2007, 363 (368); Huang/Du, 4 (2005) Chin. J. Int’l L. 647 (673 f.). 247 An Stelle vieler: Seegericht Guangzhou v. 25.1.2002 (Qing Industriewaren Import & Export Unternehmen Shenzhen gegen Jinxing GmbH für Schiffahrtsgeschäfte, Außenvertretung Shenzhen), (2001) ⾨ 㺠 㷾 ⍆ Ⲁ 䱕 264 ┠ ; Mittleres Volksgericht Suzhou v. 1.4.2005 (Suzhou Goldschmiedehandwerk Kleidungs- und Schmuck-GmbH gegen Guo Bochao), (2004) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 082 ┠; Mittleres Volksgericht Nanjing v. 25.4.2005 (Lü Yongqun gegen Liu Minghong, Changzhou Wuting Gangtao Fabrik), (2005) Ⲫ㴺᾽⍆Ⲁ䱕 4 ┠. 248 Vgl. dazu Long, IPRax 2012, 273 (276). Nach der Kommentierung zum FestlandIPRG von HUANG Jin / JIANG Rujiao gilt Ziff. 4 Abs. 2 Vertragsbestimmungen 2007 fort, s. Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (10). So wohl auch Tu, 59 (2011) Am.J.Comp.L. 563 (579 f.). 249 S. dazu Fallnachweise bei Xiao/Long, 11 (2009) Yearbook of PIL 193 (199). 250 S. dazu HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 199; von Senger/Xu, S. 284; Süß, S. 115. S. auch zu diesbezüglicher Kritik Xu, S. 118 f. Dennoch fand die alte Regelung Eingang in Art. 100 Abs. 2 S. 1 ModellG. 251 S. zur diesbezüglichen Diskussion in der Literatur Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (318). 252 Ähnlich auch Art. 100 Abs. 2 S. 2 ModellG.
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sen Dritter durch eine Änderung der Rechtswahl keinen Schaden erleiden dürfen.253 Sie fehlt jedoch in Ziff. 4 Abs. 1 der Vertragsbestimmungen 2007, die nach deren Ziff. 12 allen abweichenden früheren Regelungen des Obersten Volksgerichts vorgehen, so dass ihre Fortgeltung fraglich erscheint. Für die Praxis lässt sich vermuten, dass die Gerichte der in Ziff. 47 Zweites Protokoll durch das Oberste Volksgericht ausgesprochenen Auffassung weiterhin folgen, da sie den zur Frage der Drittinteressen schweigenden Vertragsbestimmungen 2007 nicht widerspricht, sondern einen offengelassenen Sonderfall erläutert. Das Festland-IPRG regelt weder den Zeitpunkt noch die Änderbarkeit einer Rechtswahl ausdrücklich. Art. 3 Festland-IPRG sieht jedoch vor, dass (nur) nach den rechtlichen Bestimmungen eine Rechtsordnung gewählt werden kann. Dies bezieht sich zum einen darauf, dass das Festland-IPRG eine Rechtswahl nur in einzelnen Rechtsbereichen erlaubt,254 zum anderen aber wohl auch auf alle sonstigen Bestimmungen des festlandchinesischen Rechts255 und damit auch die Äußerungen des Obersten Volksgerichts, die sich mit diesen Fragen befasst haben. Es bleibt also an dieser Stelle zunächst bei der bisherigen Rechtslage.256
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(cc) Wählbare Rechtsordnungen Die Parteien konnten bisher das Sachrecht 257 eines anderen Staates oder einer anderen Region, aber auch internationale Abkommen und internationale Gepflogenheiten sowie materielles Einheitsrecht zur Anwendung auf ihren Vertrag bestimmen.258 Ob die Wahl internationaler Abkommen oder Gepflogenheiten als kollisionsrechtliche oder lediglich als materiellrechtliche Verweisung Beachtung finden konnte, wurde in der Gerichtspraxis nicht einheitlich gehandhabt. 259 Die Verwendung des Wortes „Recht“ 253
Vgl. zur früheren diesbezüglichen Unsicherheit Süß, S. 115. S. Long, IPRax 2012, 273 (275). 255 So auch Chen/Bertrand, JDI 2011, 373 (382). 256 So auch Long, IPRax 2012, 273 (276); Tu, 59 (2011) Am.J.Comp.L. 563 (579 f.), sowie die Kommentierung zum Festland-IPRG von HUANG Jin / JIANG Rujiao, s. Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (31 f.). 257 Kein Kollisionsrecht, s. Ziff. 48 Zweites Protokoll, Ziff. 1 Vertragsbestimmungen 2007, Art. 9 Festland-IPRG und oben Rn. 349 ff. S. auch XU Donggen / XUE Fan, S. 225; DU Tao / CHEN Li, S. 188 f.; Wolff, 56 (2008) Am.J.Comp.L. 1039 (1053 f.). 258 Vgl. Antwort 39 der Praktischen Antworten: „[…] In Bezug auf Fälle der Vertragsstreitigkeiten mit Außenbezug bestimmen die Volksgerichte im Allgemeinen das anzuwendende Recht nach den folgenden Methoden: (1) Anwendung des von den Parteien gewählten anzuwendenden Rechts, einschließlich internationaler Abkommen, internationaler Gepflogenheiten, ausländischen Rechts oder des Rechts betroffener Regionen; (2) […].“ S. auch Xu, S. 120. 259 S. Xiao/Long, 11 (2009) Yearbook of PIL 193 (201 f.). 254
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(㷾ゴ), das am gebräuchlichsten für staatlich gesetztes Recht ist,260 in den eine Rechtswahl eröffnenden Vorschriften und die Anordnung der Anwendung des (Sach-)Rechts eines Staates oder einer Region in Art. 1 Vertragsbestimmungen 2007 deuten darauf hin, dass nur die Wahl staatlich gesetzten Rechts kollisionsrechtliche Wirkungen nach sich zieht.261 Entgegen der in Art. 50 Abs. 1 Kapitel 9 ZGB-Entwurf vorgeschlagenen Klarstellung der Wählbarkeit (staatlichen) Rechts, internationaler Abkommen und internationaler Gepflogenheiten trifft auch das Festland-IPRG keine eindeutige Regelung, sondern bleibt in seinem Art. 3 wie die bereits existierenden Vorschriften zur Rechtswahl im Vertragsrecht bei der bloßen sprachlichen Andeutung.262 Eine bestimmte Beziehung zum Vertrag wird weder gesetzlich noch durch einen Kommentar des Obersten Volksgerichts gefordert,263 so dass eine solche von der festlandchinesischen Literatur auch überwiegend nicht verlangt wird.264 Dem scheint sich auch die Rechtsprechung angeschlossen zu haben.265 (dd) Teilrechtswahl
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Zur Frage, ob Parteien für abgrenzbare Teile ihrer Vertragsbeziehung eine Rechtswahl treffen dürfen, hat das Oberste Volksgericht bisher nicht Stellung bezogen. In der Literatur wird die Möglichkeit zur Teilrechtswahl anerkannt, 266 was sich auch in Art. 100 Abs. 3 ModellG widerspiegelte, 260
So erklärt beispielsweise die Wörterbuchredaktion des Forschungsinstituts für Sprache der CAS, Wörterbuch, S. 342, das Wort. 261 Xiao/Long, 11 (2009) Yearbook of PIL 193 (196 f.). 262 Vgl. Long, IPRax 2012, 273 (276). Für eine Wählbarkeit internationaler Abkommen und Gepflogenheiten auch unter Art. 3 Festland-IPRG wohl die Kommentierung von HUANG Jin / JIANG Rujiao, s. Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (10). 263 Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (321). 264 Vgl. Xu, S. 120; Xiao/Long, 11 (2009) Yearbook of PIL 193 (197). S. etwa ZHAO Xianglin / DU Xinli (QI Xiangquan), S. 353 f.; DU Tao / CHEN Li, S. 196; zum Festland-IPRG die Kommentierung von HUANG Jin / JIANG Rujiao, s. Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (32). Zum Streitstand vor Erlass des Festland-IPRG Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (321). 265 Als Beispiel aus der Praxis nennt ZHAO Xianglin / DU Xinli (QI Xiangquan), S. 353 f., Yuandong Weizenmehlwerk GmbH China gegen Meizi Schiffsgeschäfte Unternehmen Libyen, Dongmao Schiffsfracht-Unternehmen Hong Kong (愅ὅὖ⠦梋䶲⒫㠲杹⊕ ┡峲⍒㳽拵ῃ傷⬨卢⏊⊕┡⓳櫂㽘ὅ⊻卓惹⊕┡㺠ἳ幐䎒惹悼幐㒈幽↨俉俠㥱 ) als Fall, in dem US-amerikanisches Recht gewählt war und durch das Gericht angewendet wurde, obwohl es keinen Bezug zu den Parteien oder der betroffenen Transaktion besaß. S. auch Kong/Hu, 3 (2002) Melb. J. Int’l L. 414 (429 f.), mit weiteren Beispielen aus den 1990er Jahren. 266 S. dazu Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (322), sowie schon von Senger/Xu, S. 288. Zu den Befürwortern zählt etwa Xu, S. 116 f. Nach Ong, 8 (2009)
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aber letztlich keinen Ausdruck im Festland-IPRG gefunden hat. Aus der Praxis ist zumindest ein Fall bekannt, in dem eine Teilrechtswahl anerkannt wurde.267 (b) Objektive Anknüpfung (aa) Bisherige Rechtslage Für Vertragsstreitigkeiten, für die sich die Parteien auf keine anzuwendende Rechtsordnung einigen können, verwiesen bisher Art. 145 Abs. 2 AGZ, Art. 126 Abs. 1 VertragsG auf das Recht des Staates, der die engste Verbindung zum Vertrag aufweist.268 Dies bekräftigten Ziff. 5 Abs. 1 Vertragsbestimmungen 2007, Ziff. 55 S. 2 Zweites Protokoll. Es handelte sich dabei nach der Klarstellung in Ziff. 1 Vertragsbestimmungen 2007, Ziff. 49 Zweites Protokoll um eine Sachnormverweisung. Die Regelung der Art. 145 Abs. 2 AGZ, Art. 126 Abs. 1 VertragsG gewährte den Gerichten Ermessen bei der Ermittlung des objektiven Vertragsstatuts.269 Aus Antwort 40 S. 1 der Praktischen Antworten ergab sich, dass die Vierte Zivilkammer des Obersten Volksgerichts bei der Feststellung der engsten Verbindung grundsätzlich den (Wohn-)Sitz der Parteien, den Ort des Vertragsabschlusses und den Ort der Vertragserfüllung als Faktoren, die mit dem betroffenen Geschäft in Beziehung stehen, berücksichtigt wissen wollte. Eine Liste von Vertragstypen mit jeweiliger Anknüpfung fand sich schon in Abschnitt 2, Ziff. 6 AWVG-Antworten, die als Hinwendung zur Lehre von der vertragscharakteristischen Leistung verstanden wurde.270 Mit Aufhebung des AWVG war zeitweilig fraglich, ob die dazu gehörenden Erläuterungen weiter angewendet werden konnten,271 bis auch diese am 25.7.2000 außer Kraft gesetzt wurden. In der Realität richtete sich zumindest die Literatur weiter nach der in den AWVGAntworten enthaltenen Liste. 272 Trotzdem gelangten festlandchinesische Gerichte bisher i.d.R. bei Fehlen einer ausdrücklichen Rechtswahl – mit unterschiedlichen (oder keinen) Begründungen – dazu, dass chinesisches Chin. J. Int’l L. 637 (645), ist diese Möglichkeit dagegen de lege lata darauf beschränkt, prozessuale und materiellrechtliche Aspekte unterschiedlichen Rechtsordnungen zu unterstellen. 267 Über diesen Fall berichten von Senger/Xu, S. 288. 268 Auch Art. 269 SeehandelsG enthält eine entsprechende Regelung. 269 Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (324). 270 S. XU Donggen / XUE Fan, S. 227; Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (325); Zhu, 3 (2007) J. P.I.L. 283 (295); Yu/Xiao/Wang, 8 (2009) Chin. J. Int’l L. 423 (428). 271 S. dazu Qin, S. 365. 272 Vgl. etwa HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 200 f.; Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (315).
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Recht die engste Verbindung zum Vertrag aufweist.273 Einige stützten ihr Ergebnis – wenn auch unausgesprochen – auf die in den AWVG-Antworten enthaltene Liste, andere knüpften an den Erfüllungsort des Vertrages bzw. der vertragscharakteristischen Leistung an, wieder andere an den Wohnsitz der Parteien, den Ort des Vertragsschlusses oder eine Kombination verschiedener Faktoren.274 Um das Ermessen der Gerichte zu begrenzen und Bestimmtheit, Vorhersehbarkeit und Einheitlichkeit der Entscheidungen zu fördern,275 hatte das Oberste Volksgericht schließlich durch Ziff. 5 Abs. 2 Vertragsbestimmungen 2007, Ziff. 56 Abs. 1 S. 1 Zweites Protokoll ausdrücklich276 die Idee der vertragscharakteristischen Leistung aufgegriffen: Die engste Verbindung war danach mit Blick auf den besonderen Charakter des konkreten Vertrages und auf die von einer Partei zu erfüllende Verpflichtung, die das Wesensmerkmal des Vertrags am besten verkörpert, zu bestimmen.277 (bb) Neue Rechtslage
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Art. 41 S. 2 Festland-IPRG knüpft Verträge mangels Rechtswahl an den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Partei, welche die Pflicht erfüllt, die im größten Maß die charakteristischen Kennzeichen des Vertrages zu repräsentieren vermag, oder die engste Beziehung zum Vertrag an. Dies ist nach Art. 9 Festland-IPRG Sachnormverweisung. Damit folgt das FestlandIPRG im Wesentlichen der bisherigen Rechtslage in der Gestalt, die sie durch die Auslegungen des Obersten Volksgerichts gefunden hat. Ungeklärt ist allerdings das Verhältnis der beiden Anknüpfungen. Dem Wortlaut lässt sich nicht entnehmen, ob die Vorschrift der Anknüpfung an die vertragscharakteristische Leistung stets den Vorrang einräumen oder sie gegebenenfalls zugunsten einer noch enger mit dem Vertrag verbundenen Rechtsordnung aufgeben will. 278 Auch die Gesetzgebungsmaterialien geben nur begrenzt Aufschluss: Die Anknüpfung an die vertragscharakteristische Leistung wurde mit dem Ziel gewählt, Rechtssicherheit zu schaf273
Dies stellt OU Yangzhenyuan, Falü Shiyong 2004, 14 (14 f.), fest. Zu dieser Tendenz mit Beispielen aus der Praxis Yu/Xiao/Wang, 8 (2009) Chin. J. Int’l L. 423 (434 ff.), sowie Tu/Xu, 7 (2011) J. P.I.L. 179 (198 f., 201), im Hinblick auf die Zeit vor und nach Erlass der Vertragsbestimmungen 2007. Vgl. auch Wolff, IPRax 2008, 55 (57, Fn. 32), zu unterschiedlichen Begründungen in der Praxis sowie Zhu, 3 (2007) J. P.I.L. 283 (295). 274 Vgl. die von Tu/Xu, 7 (2011) J. P.I.L. 179 (187 ff.), untersuchten Fälle. 275 S. Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (325). 276 Abschnitt 2, Ziff. 6 AWVG-Antworten enthielt keine solche Klarstellung. 277 Zu in der Rechtswissenschaft vorgeschlagenen Faktoren für die Ermittlung der engsten Beziehung s. Yu/Xiao/Wang, 8 (2009) Chin. J. Int’l L. 423 (431 f.). 278 S. Tu/Xu, 7 (2011) J. P.I.L. 179 (186 f.); Tu, 59 (2011) Am.J.Comp.L. 563 (580 f.). Im ersteren Sinne wohl die Kommentierung zum Festland-IPRG von HUANG Jin / JIANG Rujiao, s. Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (32).
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fen; letztlich hielt man aber doch den Grundsatz der engsten Beziehung weiterhin für erforderlich.279 (cc) Konkretisierende Liste von Vertragstypen Ziff. 5 Abs. 2 Vertragsbestimmungen 2007, Ziff. 56 Abs. 1 S. 2 Zweites Protokoll enthalten die praktische Umsetzung der bisherigen Vorgehensweise des Obersten Volksgerichts in Form einer Liste von Anknüpfungen für die gängigsten Vertragstypen, die im Vergleich zur früher in Abschnitt 2, Ziff. 6 AWVG-Antworten enthaltenen abgewandelt und erweitert wurde. Diese Anknüpfungen stehen nach Ziff. 5 Abs. 3 Vertragsbestimmungen 2007, Ziff. 56 Abs. 2 Zweites Protokoll unter dem Vorbehalt einer offensichtlich engeren Verbindung zu einem anderen Land, damit die Gerichte besonderen Umständen des Einzelfalls flexibel Rechnung tragen können. 280 Viele Gerichte stützen seit Erlass der Vertragsbestimmungen 2007 ihre Entscheidungen auf die in der Liste vorgegebenen Anknüpfungen, andere wenden dagegen das Prinzip der engsten Beziehung weiterhin unmittelbar und unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren an.281 Art. 101 ModellG schlug einen deutlich erweiterten Katalog von Regelbeispielen zur Aufnahme in eine künftige gesetzliche Regelung des Kollisionsrechts vor. Art. 50 Abs. 2 Kapitel 9 ZGB-Entwurf beschränkte sich dagegen auf eine bloße Übernahme der in Art. 145 Abs. 2 AGZ, Art. 126 Abs. 1 S. 2 VertragsG getroffenen Regelung. Art. 41 S. 2 Festland-IPRG ist weder dem einen noch dem anderen dieser Vorschläge gefolgt, so dass fraglich ist, ob wie bisher auf die konkretisierende Liste des Obersten Volksgerichts zurückgegriffen werden kann. Dies ist davon abhängig, in welchem Verhältnis die beiden in der Vorschrift vorgesehenen Anknüpfungsalternativen stehen. Nur wenn weiterhin in jedem Fall die mit dem Vertrag am engsten verbundene Rechtsordnung zur Anwendung gelangen soll, bleibt die Liste im Einklang mit dem Gesetz, da sie nicht stets auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erbringers der charakteristischen Leistung abstellt: Die meisten der Vorgaben bestimmen das Recht am Ort des Sitzes bzw. der geschäftlichen Niederlassung des Erbringers der charakteristischen Leistung für anwendbar, beispielsweise das Recht am Ort des Sitzes des Werkunternehmers für Werkverträge (Ziff. 5 Abs. 2 Nr. 2 Vertragsbestim279
S. Tu/Xu, 7 (2011) J. P.I.L. 179 (186 f.); Tu, 59 (2011) Am.J.Comp.L. 563 (580 f.). Vgl. dazu Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (325). Das genaue Verhältnis dieser Ausweichklausel zur Liste ist ungeklärt, Tu/Xu, 7 (2011) J. P.I.L. 179 (185 f.); Tu, 59 (2011) Am.J.Comp.L. 563 (580). Bisher haben die Gerichte die Ausweichklausel wohl weitgehend ignoriert, vgl. Tu/Xu, aaO (197, 200), die keinen Fall ihrer Anwendung ermitteln konnten. 281 S. dazu die Fallanalysen von Tu/Xu, 7 (2011) J. P.I.L. 179 (194 ff.). 280
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mungen 2007, Ziff. 56 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Zweites Protokoll). Dies gilt für Werkverträge, 282 Miet- und Pfandverträge über bewegliches Vermögen, Darlehens-, Versicherungs-, Finanzierungsleasingverträge, Verträge über Lagerung und Verwahrung, Bürgschafts- und Beauftragungsverträge, Kommissions- und Maklerverträge. Besitzt ein Erbringer der charakteristischen Leistung mehr als eine geschäftliche Niederlassung, so ist gemäß Ziff. 185 AGZ-Ansichten diejenige mit der engsten Beziehung zur betroffenen Rechtsbeziehung, hier dem Vertrag, maßgeblich; besitzt er dagegen keine Geschäftsniederlassung, ist auf seinen (Wohn-)Sitz abzustellen.283 Einige der Vorgaben des Obersten Volksgerichts begründen dagegen eine Anknüpfung an den Ort, an dem die vertragscharakteristische Leistung erbracht wird – unabhängig von der geschäftlichen Niederlassung oder dem Sitz des Erbringers. Dazu zählen Verträge über die Lieferung kompletter Anlagen, über eine Bauleistung, über Ausgabe, Absatz und Übertragung von Schuldverschreibungen sowie Auktionsverträge. Eine besondere Regelung hat der Kaufvertrag erfahren. Grundsätzlich verweisen Ziff. 5 Abs. 2 Nr. 1 Vertragsbestimmungen 2007, Ziff. 56 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Zweites Protokoll auf das Recht am Ort des Verkäufersitzes. Wird der Vertrag jedoch am Ort des Sitzes des Käufers verhandelt und abgeschlossen oder legt er ausdrücklich die Übergabe der Kaufsache am Sitz des Käufers fest, begründet dies aus Sicht des Obersten Volksgerichts regelmäßig eine nähere Beziehung zum Ort des Käufersitzes, so dass dessen Recht auf den Vertrag anzuwenden ist. Nach Ziff. 56 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Zweites Protokoll gilt dies auch, wenn der Vertrag auf Ausschreibung durch den Käufer und im Wesentlichen nach durch diesen vorgegebenen Bedingungen abgeschlossen wird. Auch die Regelung für Verträge über Kauf, Miete oder Besicherung unbeweglichen Vermögens weicht vom Grundsatz der Anknüpfung an den Sitzort des Erbringers der charakteristischen Leistung ab, indem sie an die lex rei sitae der Immobilie anknüpft (Ziff. 5 Abs. 2 Nr. 4 Vertragsbestimmungen 2007, Ziff. 56 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 Zweites Protokoll).284 Da sie die lex rei sitae nur als mangels Rechtswahl anzuwendendes Recht festlegt, muss aus Sicht des Obersten Volksgerichts eine Rechtswahl auch für Immobilien betreffende Verträge möglich sein. Zwar bestimmt Ziff. 186 S. 2 AGZ-Ansichten, dass die lex rei sitae alle Rechtsbeziehungen unbeweglichen Vermögens, einschließlich Kauf, Miete und Besicherung erfasst. Jedoch muss diese Regelung entweder als nur auf die sachenrechtlichen As-
282
Dies erfasst auch bestimmte Kompensationshandelsprojekte, genauer dazu Wolff, IPRax 2008, 55 (58). 283 S. HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 201. 284 Zu den dadurch aufgeworfenen Fragen Wolff, IPRax 2008, 55 (58).
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pekte dieser Transaktionen begrenzt verstanden werden285 oder sie gilt aufgrund des ansonsten entstehenden Widerspruchs zu den Regelungen der Vertragsbestimmungen 2007 gemäß deren Ziff. 12 nicht mehr.286 (c) Ausnahmen von der Ermittlung des Vertragsstatuts nach den Grundsätzen von Parteiautonomie und vertragscharakteristischer Leistung bzw. engster Verbindung Art. 126 Abs. 1 S. 1 VertragsG und Art. 145 Abs. 1 AGZ erlauben eine Rechtswahl nur, soweit gesetzlich nichts anderes geregelt ist.287 Dies bestätigt Art. 3 Festland-IPRG, indem er eine Rechtswahl nur gemäß den rechtlichen Bestimmungen erlaubt (s. dazu schon Rn. 448).
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(aa) Ausländische Investitionen in China Art. 126 Abs. 2 VertragsG ordnet an, 288 dass bestimmte Verträge immer dem festlandchinesischen Recht unterliegen, sofern sie auf dem Gebiet der Volksrepublik China erfüllt werden bzw. zu erfüllen sind. Dies sind Verträge über chinesisch-ausländische mit gemeinsamem Kapital oder kooperativ betriebene Gemeinschaftsunternehmen sowie über die gemeinsame Erschließung und Ausbeutung natürlicher Ressourcen. Das diesbezügliche festlandchinesische Recht besitzt den Charakter zwingenden Rechts bzw. stellt Eingriffsnormen dar.289 Eine Rechtswahl ist für solche Verträge wirkungslos. Die Prüfung einer individuellen engsten Verbindung entfällt, auch wenn die Anknüpfung an den chinesischen Erfüllungsort in diesen Sachverhaltskonstellationen – zumindest aus festlandchinesischer Sicht – regelmäßig mit einer Anknüpfung an den am engsten mit dem Vertrag verbundenen Ort übereinstimmen mag.290 Art. 126 Abs. 2
285 Vgl. dazu Wolff, IPRax 2008, 55 (58); ders., 56 (2008) Am.J.Comp.L. 1039 (1056); Süß, S. 104. 286 A.A. DU Tao / CHEN Li, S. 196, welche die sich aus Ziff. 5 Abs. 2 Nr. 4 Vertragsbestimmungen 2007 ergebende Regelung als nicht sachgerecht verwerfen und Ziff. 186 S. 2 AGZ-Ansichten den Vorzug geben. 287 Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (314 f.), bezeichnet dies als den „Ausnahmesatz” (exception clause) der Regelung. 288 Wie vorher schon Art. 5 Abs. 2 AWVG und Abschnitt 2, Ziff. 3 AWVG-Antworten. 289 Vgl. XU Donggen / XUE Fan, S. 227; Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (319). A.A. Qin, IPRax 2011, 603 (605), der mit der Begründung, die entsprechenden nicht strafbewehrten Vorschriften zielten nicht in erster Linie auf den Schutz öffentlicher Interessen ab, in Art. 126 Abs. 2 VertragsG lediglich eine einseitige Kollisionsnorm sieht. 290 Dazu, dass die Anknüpfung nach Art. 126 Abs. 2 VertragsG dem Prinzip der engsten Verbindung entspricht, s. im einzelnen HUANG Jin (XU Donggen), IPR, S. 317.
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
VertragsG wird daher als Grenze von Parteiautonomie291 und Prinzip der engsten Verbindung292 gesehen. In Konkretisierung dieser Grenze hat das Oberste Volksgericht den Katalog der Verträge, die zwingend festlandchinesischem Recht unterliegen, schon in Ziff. 57 Zweites Protokoll um Verträge zur Übertragung von Anteilen an chinesisch-ausländischen mit gemeinsamem Kapital oder kooperativ betriebenen Gemeinschaftsunternehmen oder an Unternehmen im ausschließlichen Auslandseigentum und Verträge, durch die eine ausländische natürliche oder juristische Person oder eine andere Organisation die Führung eines solchen auf chinesischem Gebiet errichteten Unternehmens übernimmt, erweitert. Mit Ziff. 8 Vertragsbestimmungen 2007 wurden dieser Liste noch weitere Verträge hinzugefügt: Verträge über den Erwerb von Anteilsrechten, die Zeichnung einer Kapitalerhöhung oder den Erwerb von Unternehmensvermögen in Bezug auf Unternehmen mit bis dahin rein chinesischer Beteiligung durch ausländische Investoren unterliegen danach ebenfalls ausnahmslos festlandchinesischem Recht.293 Art. 102 ModellG und Art. 51 Kapitel 9 ZGB-Entwurf nahmen die Regelung des Art. 126 Abs. 2 VertragsG auf, stellten aber klar, dass sie sich nur auf zwischen festlandchinesischen und ausländischen natürlichen oder juristischen Personen abgeschlossene Verträge bezog. Neben den schon in Art. 126 Abs. 2 VertragsG genannten Verträgen sollten auch Verträge über die gemeinsame chinesisch-ausländische Erschließung von Wohnraum und Boden sowie Verträge, durch die eine ausländische natürliche oder juristische Person die Führung eines Unternehmens innerhalb chinesischen Territoriums übernimmt, zwingend festlandchinesischem Recht unterstellt werden. Das Festland-IPRG ist diesen Vorschlägen nicht gefolgt. Es enthält keine Art. 126 Abs. 2 VertragsG entsprechende Regelung, was jedoch einer Fortgeltung der bisherigen Regelung nicht entgegensteht. 294 Diese kann sich aus Art. 4 Festland-IPRG ergeben, sofern man das festlandchinesische Sachrecht, dessen zwingende Anwendung Art. 126 Abs. 2 VertragsG bzw. Ziff. 8 Vertragsbestimmungen 2007 anordnen, als Eingriffsnormen auffasst. Möglich erscheint es auch, Art. 126 Abs. 2 VertragsG als nach Art. 2 Abs. 1 S. 2 Festland-IPRG vorrangige besondere kollisionsrechtliche Bestimmung aufzufassen. 291
XU Donggen / XUE Fan, S. 227; HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 309. HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 309. 293 S. ausführlich zu den auf Formen der ausländischen Investition in China anwendbaren Kollisionsregeln, die in fast allen Aspekten auf festlandchinesisches Recht verweisen, Wolff, 56 (2008) Am.J.Comp.L. 1039 (1058 ff.). 294 So nehmen die Kommentierung zum Festland-IPRG von HUANG Jin / JIANG Rujiao, s. Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (32), und wohl auch Tu, 59 (2011) Am.J.Comp.L. 563 (581), eine Fortgeltung an. 292
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(bb) Generalklausel Ziff. 8 Nr. 9 Vertragsbestimmungen 2007 enthält eine Generalklausel, nach der weitere als die aufgezählten Verträge durch entsprechende gesetzliche oder verwaltungsrechtliche Vorschriften zwingend chinesischem Recht unterstellt werden können. Solche Vorschriften dürften sich für alle explizit in den Auslegungen des Obersten Volksgerichts genannten Verträge finden lassen.295 Der Sinn der Aufzählung in Ziff. 57 Zweites Protokoll und Ziff. 8 Vertragsbestimmungen 2007 liegt dann in einer Zusammenfassung der verstreuten Regelungen und der Klarstellung ihres Verhältnisses zu den Grundregeln in Art. 126 VertragsG, Art. 145 AGZ und jetzt Art. 41 Festland-IPRG; eine plötzliche, eigenmächtige Erweiterung des Kreises der Eingriffsnormen steht vermutlich nicht dahinter. Soweit ersichtlich, wurden alle ansonsten als anderweitige Regelungen i.S.d. Art. 126 Abs. 1 S. 1 VertragsG, Art. 145 Abs. 1 AGZ aufgeführten Vorschriften 296 inzwischen aufgehoben, 297 so etwa Art. 25 der am 6.10.2001 außer Kraft gesetzten Maßnahmen zur Kreditvergabe der Bank of China an Außenhandels-Investitionsunternehmen, 298 wonach für einen Kreditvertrag zwischen einem Außenhandels-Investitionsunternehmen und einer chinesischen Bank nur mit Zustimmung der Bank of China das anwendbare Recht gewählt werden konnte.299
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(cc) Arbeitsrecht In der festlandchinesischen Rechtswissenschaft war umstritten, ob Art. 2 Abs. 1 des Arbeitsgesetzes der Volksrepublik China 300 (im Folgenden: ArbeitsG) und Art. 2 Abs. 1 des Arbeitsvertragsgesetzes der Volksrepublik China 301 (im Folgenden: ArbeitsvertragsG) eine weitere Ausnahme vom 295
Vgl. insofern die Anmerkungen zu den in der Liste aufgeführten Verträgen bei Wolff, IPRax 2008, 55 (59 f.); Barth/Lock, RIW 2007, 820 (822). 296 S. etwa bei HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 199 f. 297 Vgl. für einen Teil der Vorschriften Pattloch, S. 34. 298 ὖ⠦星奵ⴢ⨿♯㎾幭ὃ幠㱧⏇㷾 vom 24.4.1987. 299 S. dazu XU Donggen / XUE Fan, S. 225. Diese Regelung kann streng genommen nicht als Ausnahme vom Vertragsstatut angesehen werden, da sie eine Rechtswahl ermöglichte, wo sie sonst mangels Außenbezuges – Vertragsschluss eines als chinesische juristische Person betrachteten Unternehmens mit einer chinesischen Bank – nicht hätte getroffen werden können, s. Süß, S. 127. In ähnlicher Weise ordnet Art. 81 der Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über Unternehmen im ausschließlichen Auslandseigentum der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⨿幭ὃ㷾ⳇ㛦俯⍂ ) in der Fassung vom 12.4.2001 die Anwendung des festlandchinesischen VertragsG auf Verträge zwischen Unternehmen im ausschließlichen Auslandseigentum (als chinesischen juristischen Personen, s. dazu Wolff, S. 158) und anderen Wirtschaftssubjekten an. 300 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⏜⏑㷾 vom 5.7.1994, in Kraft seit dem 1.1.1995. 301 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⏜⏑┱┵㷾 vom 29.6.2007, in Kraft seit dem 1.1.2008.
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
Vertragsstatut nach Art. 145 AGZ, Art. 126 VertragsG statuierten. Schon aus Art. 2 Abs. 1 ArbeitsG als der älteren Vorschrift wurde und wird teilweise gefolgert, dass sie alle Arbeitsvertragsstreitigkeiten zwischen chinesischen Unternehmen einerseits und Arbeitnehmern unabhängig von deren Staatsangehörigkeit andererseits dem festlandchinesischen Recht unterstellt.302 Art. 2 Abs. 1 ArbeitsvertragsG ordnet nicht nur – wie Art. 2 Abs. 1 ArbeitsG im Wesentlichen entsprechend für das ArbeitsG – die Anwendung des ArbeitsvertragsG auf Arbeitsbeziehungen an, die zwischen „Organisationen wie Unternehmen, Einzelwirtschaftsorganisationen oder Einheiten in Selbstverwaltung ohne Unternehmenseigenschaft innerhalb des Gebietes der Volksrepublik China“ (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⦬⊮䞭ὃѥὓ⁼俸㹷 俭俰ѥ㴺⏇梇ὃ⑾⁶䱲俭俰) und Werktätigen (⏜⏑儮) geknüpft werden. Es stellt ferner klar, dass davon auch Abschluss, Erfüllung, Änderung, Auflösung oder Beendigung von Arbeitsverträgen erfasst ist.303 Einleitende Bestimmungen in einem Gesetz, in denen – wie durch Art. 2 Abs. 1 ArbeitsG, Art. 2 Abs. 1 ArbeitsvertragsG – die Anwendung des jeweiligen Gesetzes auf bestimmte, auf dem Territorium der Volksrepublik China entfaltete Aktivitäten oder Geschehnisse angeordnet wird, sind ein typisches Merkmal festlandchinesischer Gesetzgebungstechnik.304 Sie sollen den „Anwendungsrahmen“ (愫䙑听⠝) des Gesetzes innerhalb des festlandchinesischen Rechts regeln, d.h. unter welchen Umständen sie Geltung beanspruchen, sofern festlandchinesisches Recht überhaupt Anwendung findet. Sie dienen nicht dazu, den Anwendungsbereich des festlandchinesischen Rechts gegenüber fremdem Recht abzugrenzen, und weisen damit keinen international-privatrechtlichen Gehalt auf. Denkbar wäre beispielsweise ein Gesetz, das nur für Arbeitnehmer mit chinesischer Staatsangehörigkeit gelten soll, während ein anderes Gesetz die Arbeitsbeziehungen ausländischer Arbeitnehmer in China regeln könnte. Dass derartige Vorschriften nicht mit Kollisionsregeln zu verwechseln sind, wird anhand des Wechsel/ScheckG besonders deutlich. Dieses bestimmt in seinem Art. 2 Abs. 1, dass es auf Wechsel- und Scheckaktivitäten auf dem Territorium der Volksrepublik China angewendet sein will, 305 enthält aber gleichzeitig einen besonderen Abschnitt über die Rechtsanwendung bei Außenbezug, also besondere kollisionsrechtliche Regelungen (dazu unten Rn. 539). 302 Vgl. zum Streitstand ausführlich SHAN Hailing, Zhengzhi Yu Falü 2002, 53 (54 f.); SHI Qin, Zhongguo Laodong Guanxi Xueyuan Xuebao 2007, 22 (22 f.). 303 Art. 2 Abs. 1 ArbeitsvertragsG lautet: ѭὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⦬⊮䞭ὃѥὓ⁼俸㹷俭
俰ѥ㴺⏇梇ὃ⑾⁶䱲俭俰盤ἴ䬙䙑ΰ⑾⁶盥ἷ⏜⏑儮〣䯴⏜⏑⊜两盨峋䯴ѥⶎ奵ѥ━ 㠝ѥ嬌枍㌿儮俱㲋⏜⏑┱┵盨愫䙑㡕㷾ѦѮ. 304 305
Zu derartigen Normen in weiteren Spezialgesetzen s. unten Rn. 524 und 593. Chinesischer Wortlaut: ѭ⡑ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⦬⊮䞭䪑㒗㹤⏑盨愫䙑㡕㷾ѦѮ.
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Obwohl demnach Art. 2 Abs. 1 ArbeitsG, Art. 2 Abs. 1 ArbeitsvertragsG nicht als Kollisionsregeln gemeint sind, war in der Praxis eine unterschiedliche Handhabung zu beobachten. 306 Es war folglich damit zu rechnen, dass im Einzelfall ein Arbeitsvertrag zwischen einem ausländischen Arbeitnehmer und einem festlandchinesischen Unternehmen, zu denen auch chinesisch-ausländische Gemeinschaftsunternehmen zählen (vgl. dazu Rn. 161), durch ein Gericht abweichend von den allgemeinen Vertragskollisionsregeln zwingend festlandchinesischem Recht unterstellt wurde. Seit dem 1.4.2011 gilt mit Art. 43 Festland-IPRG explizit eine abschließende307 besondere Kollisionsregel für Arbeitsverträge. Nach dessen Satz 1 werden Arbeitsverträge grundsätzlich an den Arbeitsort des Arbeitnehmers angeknüpft. Nur wenn dieser schwer zu ermitteln ist, findet stattdessen das Recht des Hauptgeschäftsortes des Arbeitgebers Anwendung. Nach Art. 43 S. 2 Festland-IPRG, einer Vorschrift, der wenig praktische Relevanz prophezeit wird,308 kann die Arbeitsüberlassung dem Recht des Ortes der Entsendung unterstellt werden.
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(dd) Verbraucherverträge Eine besondere Regelung für Verbraucherverträge kannte das festlandchinesische Kollisionsrecht bisher nicht, 309 obwohl ein gewisser Schutz des Verbrauchers zumindest für Kaufverträge, die am Ort des Sitzes des Verbrauchers verhandelt und abgeschlossen werden, also auch Haustürgeschäfte, durch Ziff. 5 Abs. 2 Nr. 1 Vertragsbestimmungen 2007, Ziff. 56 S. 2 Nr. 1 Zweites Protokoll erzielt werden konnte. Zudem ist anzunehmen, dass in der Praxis ein Schutz des Verbrauchers durch Rückgriff auf den ordre public-Vorbehalt erreicht wurde.310 Art. 101 Nr. 18 ModellG wollte Verbraucherverträge objektiv an das Recht des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts des Verbrauchers anknüpfen. Dem ist Art. 42 Festland-IPRG zum Teil gefolgt. Die Vorschrift sieht – abweichend von Art. 41 S. 2 Festland-IPRG – als Grundanknüpfung für Verbraucherverträge das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des 306
S. SHAN Hailing, Zhengzhi Yu Falü 2002, 53 (54). Daneben soll auch nicht Art. 41 S. 1 Festland-IPRG anwendbar, also keine Rechtswahl möglich sein, vgl. Tu, 59 (2011) Am.J.Comp.L. 563 (582), sowie die Kommentierung zum Festland-IPRG von HUANG Jin / JIANG Rujiao, s. Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (33). 308 S. Chen/Bertrand, JDI 2011, 373 (388). 309 S. LIU Xiangshu / JIANG Baoguo, Wuda Guoji Fa Pinglun 2004, 156 (170 f.). 310 So nennt etwa Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (320), die Schädigung von Verbraucherinteressen als Beispiel für den Ausschluss der Anwendung ausländischen Rechts wegen ordre public-Verstoßes. Daneben sehen LIU Xiangshu / JIANG Baoguo, Wuda Guoji Fa Pinglun 2004, 156 (171), auch in der Rechtsumgehung ein begrenztes Mittel zum Schutz des Verbrauchers. 307
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
Verbrauchers vor. Der Verbraucher darf jedoch auch einseitig das Recht des Ortes der Bereitstellung der Ware oder Dienstleistung wählen. Den Interessen des Vertragspartners des Verbrauchers wird begrenzt dadurch Rechnung getragen, dass das Recht des Ortes der Bereitstellung der Ware oder Dienstleistung auch dann anzuwenden ist, wenn der Vertragspartner am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verbrauchers keine entsprechenden geschäftlichen Aktivitäten ausgeübt hat, also nicht mit der Anwendung der dort geltenden Rechtsordnung zu rechnen brauchte. Ob Verbraucher und Unternehmer sich stattdessen auch nach Art. 41 S. 1 Festland-IPRG frei auf irgendeine anwendbare Rechtsordnung einigen können oder Art. 42 Festland-IPRG eine umfassende Sonderregelung für Verbraucherverträge bildet, macht das Gesetz nicht deutlich. Art. 42 Festland-IPRG wird wohl wie Art. 43 Festland-IPRG als abschließende Regelung gemeint sein. (2) Reichweite des Vertragsstatuts 475
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Art. 145 AGZ, Art. 126 VertragsG bestimmen das auf die Behandlung von „Vertragsstreitigkeiten“ (┱┵ᾲ峗) anwendbare Recht, ohne zu definieren, was eine solche Streitigkeit ausmacht. Auch Art. 41 Festland-IPRG enthält keine Aussagen darüber, wie weit das mit seiner Hilfe ermittelte „auf den Vertrag anzuwendende Recht“ (┱┵愫䙑䞭㷾ゴ) reicht. Für die Justizpraxis ordnete Abschnitt 2, Ziff. 1 AWVG-Antworten ein weites Verständnis des Begriffs der Vertragsstreitigkeit an: Danach erfasste er Streitigkeiten darüber, ob Parteien einen Vertrag geschlossen haben, über den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, die Auslegung seines Inhalts, seine Erfüllung, über Verbindlichkeiten wegen Vertragsbruchs sowie über Änderung, Unterbrechung, Übertragung, Auflösung und Beendigung des Vertrages.311 Ziff. 46 S. 2 Zweites Protokoll sieht eine weitgehend gleiche Regelung vor: Das Vertragsstatut erfasst die Fragen, ob und wann ein Vertrag zustande gekommen ist, seine Wirksamkeit, die Auslegung seines Inhaltes, die Erfüllung, den Verstoß gegen Verpflichtungen sowie Auflösung, Änderung, Aussetzung, Übertragung und Beendigung des Vertrages. Ziff. 2 Vertragsbestimmungen 2007 definiert Vertragsstreitigkeiten als Streitigkeiten insbesondere über Errichtung, Wirksamkeit, Erfüllung, Änderung, Übertragung und Beendigung von Verträgen sowie Verbindlichkeiten aus Vertragsverletzungen. Eine sachliche Einschränkung dürfte damit nicht bezweckt sein; die nicht mehr erwähnten Aspekte wie etwa die Vertragsauslegung werden regelmäßig im Rahmen der aufgezählten Streitpunkte relevant werden. 311 HUANG Jin, 7 (2004) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 115 (142), entnahm dies auch nach dem 25.7.2000 den aufgehobenen, aber praktisch weiterhin einflussreichen AWVG-Antworten.
II. Besonderer Teil
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Vom Vertragsstatut erfasst sind nach den Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts Streitigkeiten über Verbindlichkeiten wegen Vertragsverletzung bzw. -bruchs. Häufig kommen im Hinblick auf Geschehnisse, die Ansprüche wegen Vertragsverletzung begründen, wie beispielsweise der Verkauf eines fehlerhaften Produktes, auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung in Betracht. Kann ein Sachverhalt sowohl vertraglich als auch deliktsrechtlich qualifiziert werden (dazu oben Rn. 340), wirft dies die Frage auf, wann das Vertragsstatut und wann das Deliktsstatut zur Anwendung gelangt. Nach Maßgabe des Obersten Volksgerichts entscheidet hier wie in Bezug auf die internationale und interregionale Zuständigkeit (oben Rn. 296 ff.) der Antrag des Klägers: Das Gericht prüft nur den vom Kläger gewählten der alternativ in Betracht kommenden Ansprüche (Vertragsverletzung oder unerlaubte Handlung) und ermittelt das auf diesen anwendbare Recht dementsprechend.312 Greift der geltend gemachte Anspruch nach dem anwendbaren Recht nicht, muss die Klage abgewiesen werden, ohne dass die andere mögliche Anspruchsgrundlage zu berücksichtigen ist. In der Praxis der Gerichte werden diese Grundsätze allerdings nicht immer konsequent angewendet (s. dazu schon oben Rn. 301). Ob unterschiedliche vertragliche Aspekte nach ihrer jeweiligen engsten Verbindung verschiedenen Rechtsordnungen unterstellt werden können (dépeçage), ist nicht geklärt; der Wortlaut von Ziff. 5 Vertragsbestimmungen 2007, nach dem das aufgrund seiner besonderen Merkmale mit dem Vertrag am engsten verbundene Recht anzuwenden ist, deutet auf eine einheitliche Bestimmung des Statuts für alle Aspekte hin. 313 Versteht man Art. 41 S. 2 Festland-IPRG dahin, dass er in erster Linie, also für alle Verträge, die eine charakteristische Leistung aufweisen, auf das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes der Partei, welche die vertragscharakteristische Leistung erbringt, verweist (s. oben Rn. 456), scheidet eine gesonderte Anknüpfung einzelner vertragsrechtlicher Aspekte an ihre jeweilige engste Verbindung aus. Nach allen bisherigen Stellungnahmen des Obersten Volksgerichts stellen Konflikte in Bezug auf die Übertragung eines Vertrages Vertragsstreitigkeiten dar. Demnach gilt das Vertragsstatut auch für die Abtretung oder den Übergang von Forderungen aus dem jeweiligen Vertrag.314 Ob dabei 312 Vgl. etwa Mittleres Volksgericht Qingdao v. 19.5.2004 (Qingdao Lümei Wiederverwertungsmaterialprodukt-GmbH, Li Kongjian (Kanada) gegen LandbevölkerungsKomitee des Dorfes Gaojia, Filiale Fu’an-Straße, Stadt Jiaozhou), (2003) 桻㴺⠄⍆Ⲁ䱕 415 ┠ ; Oberes Volksgericht Hubei v. 25.7.2005 (She Ying, She Dingzhang, Gu Huilian gegen Postamt Hongshan 5 Luojiashan, Stadt Wuhan), (2004) 戫㴺⠄俱Ⲁ䱕 19 ┠. Wohl auch Oberes Volksgericht Jiangsu v. 6.9.2005 (Huang Cangyuan gegen Wang Congxian), (2005) 司㴺ἲ俱Ⲁ䱕 073 ┠. S. auch ZHANG Shaohong, Zhongguo Lüshi 2007, 57 (57). 313 S. dazu Ong, 8 (2009) Chin. J. Int’l L. 637 (644). 314 Vgl. dazu unter Geltung der AWVG-Antworten Süß, S. 122.
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
das der Übertragung zugrunde liegende Rechtsverhältnis, etwa ein Forderungskaufvertrag zwischen Alt- und Neugläubiger, einem eigenen, gesondert ermittelten Vertragsstatut unterliegt, erscheint theoretisch folgerichtig. Eine entsprechende Praxis der Gerichte konnte jedoch nicht ermittelt werden. Das Festland-IPRG schweigt zur Frage des auf den rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Forderungsübergang anwendbaren Rechts ebenso wie es die Schuldübernahme nicht erwähnt.315 Zwei Bereiche scheinen nicht vom Vertragsstatut erfasst zu werden: die Fähigkeit der Parteien, einen Vertrag abzuschließen, als Ausprägung der allgemeinen Geschäftsfähigkeit und die Form eines Vertrages.316 (3) Die Form von Verträgen (und anderen Rechtsgeschäften)
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Eine allgemeine Regelung über das auf die Form von Rechtsgeschäften anzuwendende Recht fehlt auf dem Festland. 317 Auch das Festland-IPRG spricht diese Frage nicht an. Es finden sich jedoch vereinzelte Sondervorschriften für bestimmte Geschäfte. (a) Rechtsgeschäfte über das Eigentum an unbeweglichem Vermögen
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So wird Art. 144 AGZ, nach dem das Eigentum an unbeweglichem Vermögen der lex rei sitae unterliegt, auch entnommen, dass diese Rechtsordnung eventuelle Formerfordernisse für Rechtsgeschäfte über solches Eigentum bestimmt. 318 Da die Regelung nicht zwischen materiellen und formellen Voraussetzungen unterscheidet, geht man davon aus, dass sie beides erfassen soll.319 (b) Wechsel und Scheck
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Ebenso wird den Art. 98, 99 des Wechsel/ScheckG entnommen, dass die Form von Rechtsgeschäften in Wechsel- und Scheckangelegenheiten dem
315
S. Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (44 f.). S. Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (316); Xu, S. 116 f. Hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit auch Barth/Lock, RIW 2007, 820 (821). 317 S. HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 154; QU Guangqing, S. 250; ZHOU Liming, Henan Daxue Xuebao 2004, 111 (113); DU Tao / CHEN Li, S. 154. 318 HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 154; HUANG Jin (XIAO Yongping), IPR, S. 254; QU Guangqing, S. 250; YU Fei, S. 261. ZHOU Liming, Henan Daxue Xuebao 2004, 111 (113), scheint dies nicht nur für Veränderungen des Eigentums an unbeweglichem Vermögen, sondern auch an beweglichen Sachen annehmen zu wollen. 319 S. ZHOU Liming, Henan Daxue Xuebao 2004, 111 (113); dies. / SONG Yanli, Anyang Shifan Xueyuan Xuebao 2003 21 (23). 316
II. Besonderer Teil
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Recht des Handlungsortes unterliegt: 320 Nach Art. 98 Wechsel/ScheckG richten sich die bei der Ausstellung eines Schecks oder Wechsels niederzuschreibenden Punkte nach dem Recht des Ortes der Ausstellung, wobei die Parteien hinsichtlich eines Schecks hierfür auch das Recht des Zahlungsortes wählen können (dazu näher unten Rn. 540 ff.). Für Handlungen des Indossierens, der Annahme, Zahlung und Sicherung eines Schecks oder Wechsels gilt gemäß Art. 99 Wechsel/ScheckG das Recht am Ort dieser Handlung. Art. 99 Wechsel/ScheckG differenziert nicht zwischen materiellen und formellen Voraussetzungen der aufgezählten Handlungen, so dass er für eine Auslegung offen ist, nach der er beides gleichermaßen und einheitlich regeln will.321 Art. 98 Wechsel/ScheckG dagegen erfasst von seinem Wortlaut her nur die zur Ausstellung eines Wechsels oder Schecks niederzulegenden Punkte, also die formellen Voraussetzungen der Ausstellung dieser Wertpapiere.322 Er wirft daher die Frage auf, ob seine Regelung auf die – ansonsten ungeregelten – materiellen Voraussetzungen einer Rechtsbeziehung erstreckt werden kann (dazu unten Rn. 540).
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(c) Verträge (aa) Unter Geltung des AWVG Art. 7 des heute nicht mehr geltenden AWVG schrieb für alle Außenwirtschaftsverträge Schriftform vor. Daraus wurde vor Inkrafttreten des VertragsG abgeleitet, dass die Form aller vom AWVG erfassten Verträge – Wirtschaftsverträge zwischen chinesischen und ausländischen Parteien (Art. 2 AWVG, Abschnitt 1 Ziff. 1 AWVG-Antworten), aber auch auf chinesischem Territorium abgeschlossene oder zu erfüllende Wirtschaftsverträge zwischen Ausländern (Abschnitt 1, Ziff. 2 AWVG-Antworten)323 – chinesischem Recht unterlag und damit Schriftform erforderlich war.324 Dies zeigt auch Abschnitt 3 Nr. 5 AWVG-Antworten, wonach aus Sicht des Obersten 320
S. YU Fei, S. 262; QU Guangqing, S. 250; ZHOU Liming, Henan Daxue Xuebao 2004, 111 (113); dies. / SONG Yanli, Anyang Shifan Xueyuan Xuebao 2003, 21 (23). 321 Vgl. CHEN Liuyu, Zhejiang Xuekan 2001, 148 (150); LI Honghai, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 83 (85); HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 344. A.A. WANG Han / HUANG Jing, Xiandai Faxue 1997, 13 (24). 322 S. dazu CHEN Liuyu, Zhejiang Xuekan 2001, 148 (150); WANG Han / HUANG Jing, Xiandai Faxue 1997, 13 (24). Selbst im Hinblick auf Formfragen wird die Regelung für lückenhaft gehalten, da sie die Fragen von Unterschrift und Übergabe nicht nennt, s. WANG Han / HUANG Jing, Xiandai Faxue 1997, 13 (23). 323 Zum Anwendungsbereich des AWVG s. Xu, S. 90 ff.; Süß, S. 111 f. 324 Vgl. HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 307; Pattloch, S. 27; Süß, S. 122; ZHOU Liming, Henan Daxue Xuebao 2004, 111 (113); dies. / SONG Yanli, Anyang Shifan Xueyuan Xuebao 2003, 21 (23); DU Tao / CHEN Li, S. 153.
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
Volksgerichts nicht schriftlich abgeschlossene Außenwirtschaftsverträge ungültig waren. Offen blieb jedoch, welchem Recht die Form von Verträgen unterstellt werden sollte, die nicht dem Anwendungsbereich des AWVG unterfielen, etwa ein Vertrag zwischen zwei chinesischen Bürgern oder zwischen zwei Ausländern, der im Ausland abgeschlossen wurde und zu erfüllen war.325 Mit dem letzteren Fall werden die Volksgerichte regelmäßig nicht befasst worden sein, da ausländische Parteien sich nicht an chinesische Gerichte gewendet haben dürften, wenn ihre Streitigkeit auf einem weder in China geschlossenen, noch dort zu erfüllenden Vertrag beruhte. Auch dass chinesische Bürger im Ausland Verträge abgeschlossen und dort erfüllt haben, wird in der Praxis kaum vorgekommen sein. (bb) Der Vorbehalt nach Art. 96 UN-Kaufrecht
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Aufgrund des zwingenden Charakters der Schriftform nach chinesischem Recht erklärte die Volksrepublik im Hinblick auf das UN-Kaufrecht den Vorbehalt nach Art. 96 des Abkommens.326 Daraus folgte, dass die Schriftform einzuhalten war, sobald eine Partei ihre Niederlassung auf dem Festland hatte. 327 Auch nach Inkrafttreten des neuen VertragsG wurde dieser Vorbehalt beibehalten,328 wie Antwort 44 der Praktischen Antworten bestätigt. Für den interregionalen Rechtsverkehr vermag er jedoch keine Rolle zu spielen, da das Abkommen räumlich nicht anwendbar ist (s. dazu oben Rn. 439). (cc) Unter Geltung des VertragsG
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Das VertragsG hat die Formvorschriften gelockert und lässt auch den mündlichen Vertragsabschluss zu. Allerdings gestehen Art. 10 Abs. 2 VertragsG und Art. 44 Abs. 2 VertragsG solchen gesetzlichen und verwaltungsrechtlichen Vorschriften den Vorrang zu, die entweder Schriftform oder ein Genehmigungs-, Registrierungs- oder sonstiges Verfahren für die Wirksamkeit bestimmter Verträge vorschreiben. Diese Schriftform-, Genehmigungs- und Registrierungserfordernisse werden als Eingriffsnormen verstanden, die alle auf dem Gebiet des Festlands abgeschlossenen Verträge erfassen.329 Die Vierte Zivilkammer des Obersten Volksgerichts schien 325
S. HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 307. Vgl. ZHOU Liming, Henan Daxue Xuebao 2004, 111 (113); dies. / SONG Yanli, Anyang Shifan Xueyuan Xuebao 2003, 21 (23); DU Tao / CHEN Li, S. 153. 327 Vgl. dazu Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (316). 328 YU Fei, S. 262. Vgl. auch QU Guangqing, S. 250. ZHOU Liming, Henan Daxue Xuebao 2004, 111 (113); dies. / SONG Yanli, Anyang Shifan Xueyuan Xuebao 2003, 21 (23), fordern seine Aufhebung. 329 Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (316). 326
II. Besonderer Teil
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noch 2004 die Formvorschriften nach dem VertragsG – unabhängig vom gewählten oder objektiv zur Anwendung bestimmten Recht – auf Verträge mit Außenbezug (zumindest in Handelssachen) anwenden zu wollen, wie sich Antwort 44 der Praktischen Antworten entnehmen lässt. Allerdings schließen nunmehr Ziff. 46 S. 2 Zweites Protokoll und Ziff. 2 Vertragsbestimmungen 2007 ausdrücklich Fragen der Wirksamkeit eines Vertrages in den Geltungsbereich des Vertragsstatuts ein. Da Formfragen die Wirksamkeit eines Vertrages betreffen, könnte man diese Äußerungen des Obersten Volksgerichts dahingehend verstehen, dass jetzt auch Formfragen vom Vertragsstatut erfasst sein sollen.330 Schon Abschnitt 2, Ziff. 1 AWVG-Antworten stellte jedoch klar, dass als Vertragsstreitigkeit auch ein Konflikt darüber gelten sollte, ob ein Vertrag zustande gekommen ist (┱┵㝘╏㌹䯴 ), letztlich also auch Streitigkeiten über die Wirksamkeit des Vertrages. Fragen der Vertragswirksamkeit wurden – bis auf Geschäftsfähigkeit und Form – in Bezug auf das anzuwendende Recht nie anders als andere Vertragsaspekte gesehen.331 Demnach wäre also eine ausdrückliche Klarstellung zu erwarten gewesen, wenn das Oberste Volksgericht eine Änderung in Bezug auf die geltenden Grundsätze gewollt hätte. Daraus, dass Formfragen keine ausdrückliche Erwähnung im Zweiten Protokoll und den Vertragsbestimmungen 2007 gefunden haben, kann geschlossen werden, dass sie auch weiterhin nicht dem Vertragsstatut unterliegen sollen. Es ist davon auszugehen, dass ein Vertrag, der von festlandchinesischer Seite als Vertrag mit Außen- oder interregionalem Bezug eingeordnet wird,332 den Formvorschriften des chinesischen Rechts unterworfen wird. Manche in der Literatur wollen der Anwendung festlandchinesischer Formvorschriften auf Verträge mit Außenbezug die Geltung des locus regit actum-Prinzips entnehmen, 333 was allseitig ausgebaut zum Recht am Ort des Vertragsabschlusses als Formstatut führen würde. 334 Allerdings erscheint dieser Rückschluss nicht zwingend, da auch ein nicht auf festlandchinesischem Gebiet geschlossener Vertrag etwa aufgrund der chinesischen Staatsangehörigkeit einer Partei oder seiner Erfüllung in China zu einem chinesischen Formvorschriften unterliegenden Vertrag mit Außenbezug werden kann. 330
Vgl. Gebauer, IPRax 2008, 62 (66). Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (318). Vgl. HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 307, zur entsprechenden Regelung der früheren AWVG-Antworten. 332 Zur Feststellung des Außen- bzw. interregionalen Bezugs oben Rn. 113 ff. 333 S. dazu Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (316, 318). 334 Vom allseitigen Ausbau scheint Zhang, 26 (2006) Nw. J. Int’l L. & Bus. 289 (316, 318), auszugehen, während HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 307, dies für ungeklärt hält. 331
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
Dabei ergibt sich jedoch wie im Rahmen der Zuständigkeitsvorschriften die Frage, nach welchem Recht ermittelt wird, wo ein Vertrag geschlossen wurde. 335 Auch hier ist davon auszugehen, dass festlandchinesische Gerichte auf die entsprechenden Regeln der lex fori zurückgreifen würden. (dd) Neue Regelung
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Art. 25 Kapitel 9 ZGB-Entwurf und Art. 70 ModellG enthielten eine im Wesentlichen miteinander übereinstimmende, detaillierte Bestimmung über die Form von Rechtsgeschäften allgemein. Grundsätzlich sollten danach das Handlungsortsrecht oder die lex causae Anwendung finden; eine Rechtswahl wurde aber ebenso für zulässig erklärt, wogegen die Veräußerung unbeweglichen Vermögens in der von der lex rei sitae vorgesehenen Form zu erfolgen haben sollte. Diesen Regelungsvorschlägen ist das Festland-IPRG, das – wie bereits erwähnt (oben Rn. 481) – zur Form von Rechtsgeschäften schweigt, nicht gefolgt. Die festlandchinesische Rechtswissenschaft scheint dennoch von ihrer Geltung auszugehen.336 (4) Stellvertretung (a) Bisherige Rechtslage (aa) Teilregelungen
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Auch das auf die Stellvertretung (䔯) anwendbare Recht hatte bisher weder in den AGZ noch anderen gesetzlichen Vorschriften eine ausdrückliche Regelung erfahren.337 Die kollisionsrechtliche Behandlung der Stellvertretung allgemein wurde auch in den Auslegungen des Obersten Volksgerichts nicht konkretisiert.338 Es gab jedoch Teilregelungen. Wurde eine Vollmacht vertraglich erteilt, unterlag dieses Rechtsverhältnis als Vertrag zwischen Vertreter und Vertretenem nach allgemeiner Meinung in der festlandchinesischen Literatur dem nach Art. 145 AGZ, Art. 126 VertragsG anzuwendenden Recht. 339 So legen dann auch Ziff. 5 Abs. 2 Nr. 13 Vertragsbestimmungen 2007, Ziff. 56(14) Zweites Protokoll
335
S. dazu oben Rn. 192 ff. So die Kommentierung zum Festland-IPRG von HUANG Jin / JIANG Rujiao, s. Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (34). 337 Vgl. QU Guangqing, S. 257 f.; HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 160; ZHAO Xianglin / DU Xinli (XUAN Zengyi / XING Gang), S. 201; HUANG Jin (XIAO Yongping), IPR, S. 261. 338 ZHANG Zhengyi, Qingnian Kexue 2010, 53 (53). 339 ZHAO Xianglin / DU Xinli (XUAN Zengyi / XING Gang), S. 201. S. auch HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 160; DU Tao / CHEN Li, S. 160 f. 336
II. Besonderer Teil
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fest,340 dass das Recht am Ort des Sitzes bzw. der Geschäftsniederlassung des Vertreters die engste Beziehung zum Auftrag bzw. Geschäftsbesorgungsvertrag (⫽㎁┱┵) aufweist. Das Statut des Geschäftsbesorgungsvertrages erfasst jedoch nur das Innenverhältnis, nicht dagegen die Auswirkungen eines Mangels an Vollmacht gegenüber einem Dritten.341 Nach Abschnitt 3 Nr. 4 AWVG-Antworten war ein Außenwirtschaftsvertrag unwirksam, wenn kein Vertretungsrecht bestand oder dieses überschritten oder beendet war, sofern die Vertretung nicht vom Vertretenen genehmigt wurde oder dieser von ihr wusste und ihr nicht widersprochen hatte. Die Folgen eines Mangels an Vertretungsmacht im Außenverhältnis bestimmte also für Außenwirtschaftsverträge das festlandchinesische Recht.342 Nach Aufhebung der AWVG-Antworten ist die Frage des insoweit anzuwendenden Rechts ungeklärt.
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(bb) Rechtsprechung Welches Recht die Rechtsprechung bisher auf die verschiedenen Aspekte der Stellvertretung anwendete, lässt sich nur schwer ermitteln. Die meisten als ein Auftragsverhältnis ( ⫽㎁⊜两 ) o.ä. betreffend ausgewiesenen Entscheidungen behandeln lediglich im Rahmen von Geschäftsbesorgungsverträgen auftretende vertragsrechtliche Fragen und keine Probleme der Vollmacht. In einem der wenigen ermittelten einschlägigen Fälle klagte der koreanische Geschäftsherr gegen seinen Vertreter auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Geschäftsführung. Die Parteien hatten sich im Prozess auf die Anwendung festlandchinesischen Rechts geeinigt. Nach diesem Recht beurteilte das Gericht nicht nur, ob ein Auftragsverhältnis bestand, sondern auch ohne weiteres, ob der Geschäftsherr Vertragspartei des Vertretergeschäfts geworden war oder die Rechte des Vertreters gegen den Dritten geltend machen konnte, obwohl der Vertreter im eigenen Namen gehandelt hatte.343 In einem anderen Fall lehnten es Ausgangs- und Rechtsmittelgericht dagegen ab, das Recht von Hong Kong als Recht des Vertretergeschäfts auf 340 Eine entsprechende Regelung enthielt schon Abschnitt 2 Ziff. 6 Nr. 10 AWVGAntworten. Der fünfte Unterpunkt des dritten Abschnitts des Protokolls 1989 ordnete unter 2. Gleiches für auf chinesischem Gebiet begründete Vertretungsbeziehungen an, muss aber in Bezug auf diese Eingrenzung als durch die neueren Äußerungen des Obersten Volksgerichts überholt gelten. 341 HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 160; HUANG Jin (XIAO Yongping), IPR, S. 261. 342 Vgl. Süß, S. 121. 343 Oberes Volksgericht Shandong v. 28.6.2002 (Hainan Gewerbe-GmbH gegen Import-Export-GmbH für Chemische Industrie der Stadt Weihai Provinz Shandong), (2002) 涪㴺⠄俱Ⲁ䱕 6 ┠.
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
die Frage anzuwenden, ob der Vertretene Vertragspartner geworden war und damit das Vertretergeschäft, die Beauftragung einer Anwaltskanzlei, wirksam kündigen konnte.344 Die Wahl des Rechts von Hong Kong hielten sie nicht für wirksam, da sich diesbezüglich nur der Vertreter und der Dritte einig waren, der Vertretene dagegen die Anwendung festlandchinesischen Rechts begehrte. Beide Gerichte wendeten letztlich festlandchinesisches Recht an und stützten dies auf den Grundsatz der engsten Beziehung, die durch den Sitz des Vertretenen und den Ort begründet wurde, an dem die Anwaltsbeauftragung unterschrieben, also das Vertretergeschäft vorgenommen worden war. Ein anderes Gericht beurteilte die Auswirkung der Überschreitung einer erteilten Vollmacht auf die Wirksamkeit einer durch den Beauftragten an einem Grundstück bestellten Hypothek nach dem Recht des Lageortes.345 Die Frage des auf Fragen der Vollmacht oder ihres Fehlens anwendbaren Rechts problematisierte es dabei nicht gesondert, sondern unterstellte sie dem für die Wirksamkeit der Hypothek maßgeblichen Sachenrechtsstatut. Wie diese Fälle zeigen, wurden Fragen der Stellvertretung, die nicht das Innenverhältnis zwischen Geschäftsherrn und Vertreter betreffen, nicht einheitlich gehandhabt. Als Tendenz wird man den Beispielsfällen lediglich entnehmen können, dass im Außenverhältnis einer Vollmacht auftretende Probleme regelmäßig nicht gesondert qualifiziert, sondern einfach dem einmal als auf den Fall für anwendbar erklärten Recht unterstellt wurden. Wenn sie – wie im zweiten vorgestellten Fall – die Kernfrage darstellen, scheint ein Rückgriff auf den Grundsatz der engsten Beziehung des Rechtsstreits wahrscheinlich gewesen zu sein. (b) Neue Regelung
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Als zukünftige Regelung schlug Art. 71 Abs. 1 ModellG für das Innenverhältnis zwischen Vertreter und Geschäftsherrn bei rechtsgeschäftlicher Vollmachtserteilung die Übernahme des bisher geltenden Grundsatzes vor, während nach Art. 26 Abs. 2 Kapitel 9 ZGB-Entwurf bei fehlender Rechtswahl das Recht am Ort des Sitzes des Geschäftsherrn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses anzuwenden sein sollte.346 Für das Außenverhältnis verwiesen Art. 71 Abs. 2 ModellG und Art. 26 Abs. 3 Kapitel 9 des ZGBEntwurfs auf das Recht des Ortes der Vertreterhandlung bzw. das Recht am Geschäftssitz des Vertreters zum Zeitpunkt der Vertretungshandlung. 344
Oberes Volksgericht Beijing v. 26.7.2006 (Zheng Huang Lin Rechtsanwälte gegen Shouan Industriebrandbekämpfungs-Aktien-GmbH, Huifu Finanzierungs-GmbH), (2006) 氁㴺俱Ⲁ䱕 191 ┠. 345 Oberes Volksgericht der Autonomen Region der Zhuang-Nationalität Guangxi v. 16.5.2006 (Deng Xu gegen Ye Shenglin), (2006) 㥫㴺⠄俱Ⲁ䱕 9 ┠. 346 Kritisch dazu DU Tao / CHEN Li, S. 162.
II. Besonderer Teil
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Art. 71 ModellG klärte darüber hinaus das Verhältnis dieser beiden Anknüpfungen, nicht dagegen Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs.347 Sowohl Art. 72 ModellG als auch Art. 26 Abs. 1 Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs verwiesen für die Vertretungsmacht durch Gesetz oder Ernennung übereinstimmend auf das Recht des Ortes der Vertreterhandlung oder des Wohnsitzes bzw. gewöhnlichen Aufenthalts des Vertreters zum Zeitpunkt seiner Handlung. Art. 16 Festland-IPRG hat nur Teile dieser Vorschläge übernommen. Die Vorschrift unterstellt die Vertretung in ihrem Absatz 1 grundsätzlich dem Recht des Ortes der Vertretungshandlung. Ausgenommen davon ist das Innenverhältnis zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen, auf das die Rechtsordnung des Ortes anzuwenden ist, an dem sich die Vertretungsbeziehung ergeben hat.348 Aus Art. 16 Abs. 2 Festland-IPRG, der die Beachtlichkeit einer Rechtswahl für die gewillkürte Stellvertretung festlegt, ist ersichtlich, dass die Grundregel des Art. 16 Abs. 1 Festland-IPRG für alle Formen der Stellvertretung gelten soll. 349 Im Bereich der Vollmacht bedeutet sie die Aufgabe der bisherigen Anknüpfung des Innenverhältnisses an das Vertragsstatut zugunsten des Ortes der Vollmachtserteilung. Art. 16 Abs. 2 Festland-IPRG erlaubt nach seinem Wortlaut die Wahl des auf die gewillkürte Stellvertretung anzuwendenden Rechts allgemein, also auch für die Außenwirkungen der Vollmacht,350 ohne klarzustellen, welche Parteien der Dreipersonenkonstellation (Vertreter – Vertretener – Dritter) sich einig sein müssen. 351 Ob die Vorschrift zum Schutz des Rechtsverkehrs einschränkend dahin ausgelegt werden wird, dass sie nur das Innenverhältnis erfasst, bleibt abzuwarten.
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b) Deliktsrecht (1) Grundregel Deliktsstatut ist nach Art. 146 Abs. 1 S. 1 AGZ grundsätzlich das Recht des Ortes der unerlaubten Handlung. 352 Die Beibehaltung dieses auch in der Praxis regelmäßig angewendeten 353 Prinzips sahen sowohl Art. 112 ModellG als auch Art. 78 Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs vor. Das FestlandIPRG ist dem in seinem Art. 44 S. 1, 1. Halbsatz gefolgt, stellt aber im Ge347
Dies kritisiert ZHANG Zhengyi, Qingnian Kexue 2010, 53 (53). Die Zufälligkeit dieser Anknüpfung und den darin liegenden Bruch zum Schuldvertragsrecht rügt Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (44). 349 Kritisch dazu Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (43). 350 So auch Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (18 f.). 351 Vgl. insofern klarer die Regelung des Taiwan-IPRG n.F., unten Rn. 804 f. 352 Art. 189 Abs. 1 ZivilluftfahrtG legt Gleiches für Ansprüche auf Ersatz von Schäden fest, die zivil genutzte Flugzeuge Dritten am Boden zugefügt haben. Für das Seerecht enthalten Art. 273, 275 SeehandelsG besondere Regeln. 353 S. dazu mit Beispielsfällen He, 11 (2009) Yearbook of PIL 211 (214 ff.). 348
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gensatz zum missverständlich eng formulierten Art. 146 Abs. 1 S. 1 AGZ, der wörtlich nur den Schadensersatz aus unerlaubter Handlung regelt, im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung und Literatur354 klar, dass die deliktsrechtliche Verantwortlichkeit (⃞㡬幌․) insgesamt dem Tatortrecht untersteht. Nach Ziff. 187 S. 1 AGZ-Ansichten ist Ort einer unerlaubten Handlung – wie im Rahmen der Frage nach der internationalen/interregionalen Zuständigkeit für Klagen aus Delikt (s. dazu oben Rn. 244 f.) – sowohl der Ort ihrer Ausführung als auch der Ort ihres Erfolges. Bei Distanzdelikten können die Volksgerichte nach Ziff. 187 S. 2 AGZ-Ansichten wahlweise das Recht des Ausführungs- oder des Erfolgsortes anwenden. Die Vorschrift eröffnet diesbezüglich ein Ermessen der Gerichte.355 Kriterien für dessen Ausübung finden sich in den Vorgaben des Obersten Volksgerichts dagegen nicht.356 Nach der Literatur soll das dem Geschädigten günstigere oder das mit dem Fall enger verbundene Recht angewendet werden.357 Eine entsprechende Klarstellung zugunsten des dem Geschädigten günstigeren Rechts, die Art. 112 ModellG und Art. 78 Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs vorgeschlagen hatten, wurde nicht in das Festland-IPRG übernommen; es ist demnach weiterhin auf Ziff. 187 AGZ-Ansichten zurückzugreifen. 358 Zur Ermittlung des Begehungsortes in Bezug auf über das Internet begangene Delikte sollen die auf die internationale Zuständigkeit abzielenden Regelungen der Computernetzwerk-Urheberrechts-Auslegung (Rn. 249 ff.) und der Domain-Namen-Auslegung (Rn. 254) analog herangezogen werden können.359 In der Rechtsprechung wurde bereits auf Verlangen des geschädigten Klägers das diesem günstigere Recht angewendet. 360 So berücksichtigte etwa das Mittlere Volksgericht Xi’an in einem Produkthaftungsfall gemäß 354
S. dazu He, 11 (2009) Yearbook of PIL 211 (214). DU Tao / CHEN Li, S. 250. 356 Dies kritisieren Qin, S. 251 f.; Huo, 4 (2009) JCS 82 (87 f.); LIU Xiping, Fujian Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2007, 78 (80); MA Zhiqiang, Tianzhong Xuekan 2004, 26 (27); ZHANG Lisha, Wanxi Xueyuan Xuebao 2006, 70 (72); GONG Lixia, Jingji Wenti 2005, 71 (71 f.); MA Li / LIU Xiaohong, Henan Shangye Gaodeng Zhuanke Xuexiao Xuebao 2005, 65 (66). 357 Zusammenfassend s. Süß, S. 130; Pattloch, S. 202. Weiterer Nachweis zu dieser Auffassung bei Franceschini, S. 61, Fn. 267. 358 Vgl. auch Tu, 59 (2011) Am.J.Comp.L. 563 (583), sowie Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (34 f.), zur Kommentierung von HUANG Jin / JIANG Rujiao. Im Wegfall einer Ziff. 187 AGZ-Ansichten entsprechenden Regelung gegenüber dem Entwurf des Festland-IPRG vom August 2010 sieht Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (44), jedoch ein Gegenargument. 359 So DU Tao / CHEN Li, S. 268. Davon geht auch He, 11 (2009) Yearbook of PIL 211 (231), aus. 360 Dies hielten schon von Senger/Xu, S. 291, für möglich. 355
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dem „allgemeinen kollisionsrechtlichen Grundsatz in Produkthaftungsfällen“ zum Schutz der Interessen des Geschädigten als der schwächeren Partei in Bezug auf das anzuwendende Recht den Wunsch des geschädigten chinesischen Klägers.361 Es wendete das – für den Kläger günstigere – japanische Recht als Recht des Ortes der Deliktsausführung an, auf das dieser sich berufen hatte. Es sind aber auch Fälle aus der Rechtsprechung bekannt, in denen die Gerichte das mit dem Fall enger verbundene Recht anwendeten.362 Aufgrund des starken Heimwärtsstrebens der festlandchinesischen Gerichte wird man jedoch davon auszugehen haben, dass in der Regel festlandchinesisches Recht zur Anwendung gelangt, wenn es eine der beiden zur Wahl stehenden Rechtsordnungen darstellt,363 zumindest wenn der geschädigte Kläger nicht ausdrücklich die Anwendung einer anderen Rechtsordnung fordert. Beispielhaft364 mag dafür ein Fall sein, in dem es um die Verletzung der persönlichen Freiheit und Würde durch Abnahme der Ausweispapiere durch eine Fluggesellschaft ging:365 Schon das Mittlere Volksgericht Shenzhen als Ausgangsgericht entschied sich – ohne sachliche Begründung – dafür, festlandchinesisches Recht als das Recht des Erfolgsortes anstelle des Rechts von Hong Kong als Ort der Ausführung des Delikts anzuwenden. Das Obere Volksgericht Guangdong als Rechtsmittelinstanz bestätigte diese Entscheidung mit der Begründung, das Gericht habe bei Distanzdelikten eben die Wahl zwischen Ausführungs- und Erfolgsort. In einem weiteren Fall entschied sich auch das Obere Volksgericht Hubei im Rahmen einer Klage wegen Verlusts einer Sendung wichtiger Dokumente für die Anwendung chinesischen Rechts, weil der Ort des unerlaubten Verhaltens auf chinesischem Gebiet liege.366 Das Gericht hatte zuvor allerdings selbst zur Begründung des Außenbezugs des Falls ange361
Mittleres Volksgericht Xi’an v. 9.3.2005 (Amt für Öffentliche Verkehrswege der Provinz Gansu gegen Yokohama Rubber Co. Ltd.), (2002) 媨俸⍆Ⲁ䱕 074 ┠. Zu diesem Fall auch Huo, 4 (2009) JCS 82 (87 f.); He, 11 (2009) Yearbook of PIL 211 (230). 362 S. das Beispiel bei He, 11 (2009) Yearbook of PIL 211 (217 f.). 363 Vgl. Süß, S. 130 f., der von einer dahingehenden Praxis berichtet. S. auch D. Xu, Le Droit International Privé en Chine, S. 152 f. A.A. von Senger/Xu, S. 291: das dem Geschädigten günstigere Recht, bei einflussreicher geschädigter Partei auch auf deren Verlangen. 364 S. ferner den Beispielsfall aus dem Jahr 2001, über den Huo, 4 (2009) JCS 82 (87), berichtet. 365 Chen Gang gegen Singapore Airlines, Mittleres Volksgericht Shenzhen in erster Instanz v. 23.8.2005, Oberes Volksgericht Guangdong in der Rechtsmittelinstanz, März/April 2006. 366 Oberes Volksgericht Hubei v. 25.7.2005 (She Ying, She Dingzhang, Gu Huilian gegen Postamt Hongshan Luojiashan der Stadt Wuhan), (2004) 戫㴺⠄俱Ⲁ䱕 19 ┠.
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merkt, das Ergebnis der Schadenszufügung sei in Japan eingetreten, warf dann jedoch die Problematik des Distanzdelikts überhaupt nicht auf. (2) Auflockerung der Tatortregel 511
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Weisen die Parteien eine gemeinsame Staatsangehörigkeit auf oder liegt ihr jeweiliger (Wohn-)Sitz im gleichen Staat, sah bisher Art. 146 Abs. 1 S. 2 AGZ eine Auflockerung der Tatortregel vor: Die Rechte der Beteiligten durften dann auch der Rechtsordnung des Staates unterstellt werden, dem sie gemeinsam angehören oder in dem sie ihren Sitz haben. Diese Regelung, die in der chinesischen Gesetzgebung bereits eine gewisse Tradition hat, sollte die Vollstreckung des chinesischen Urteils im Heimat- oder Wohnsitzstaat der Parteien erleichtern.367 Zu beachten war allerdings, dass der Rückgriff auf gemeinsame Staatsangehörigkeit oder Wohnsitz ins Ermessen des Gerichts gestellt war, wie sich aus der Formulierung von Art. 146 Abs. 1 S. 2 AGZ (kann, darf – ┘) ergibt.368 Bei analoger Anwendung auf interregionale Fälle musste an die Stelle der gemeinsamen Staatsangehörigkeit die Niederlassung der Parteien in derselben chinesischen Rechtsregion als das Kriterium treten, dass chinesische Staatsbürger aus festlandchinesischer Sicht zu Einwohnern der jeweiligen Region macht und voneinander unterscheidet (s. oben Rn. 116 ff.). Festlandchinesische Gerichte konnten auf der Grundlage des Art. 146 Abs. 1 S. 2 AGZ die Auflockerung der Tatortregel zugunsten festlandchinesischen Rechts regelmäßig eingreifen lassen, ihr Ermessen aber tendenziell gegen eine Berücksichtigung eines gemeinsamen Heimat- oder Wohnsitzrechts ausüben, wenn dies zur Anwendung einer fremden Rechtsordnung geführt hätte. So zog das Obere Volksgericht Jiangsu die Regelung des Art. 146 Abs. 1 S. 2 AGZ in einem Rechtsstreit zwischen zwei Einwohnern Taiwans nicht einmal in Betracht, obwohl es sich dieser Übereinstimmung, die es zur Begründung des interregionalen Bezugs anmerkte, bewusst war.369 Eine weitere Auflockerung der Anwendung der lex loci delicti wurde auch in Bezug auf die Höhe des Schadensersatzes vertreten. Dabei sollte trotz grundsätzlicher Anwendbarkeit des Tatortrechts einerseits die finan367
S. D. Xu, Le Droit International Privé en Chine, S. 153 f. Darauf weisen Huang/Lü, 1 (1999) Yearbook of PIL 135 (147); Huo, 4 (2009) JCS 82 (90); He, 11 (2009) Yearbook of PIL 211 (218); HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 207; HUANG Jin (XU Donggen), IPR, S. 338, hin. S. ferner von Senger/Xu, S. 291; Pattloch, S. 202 f.; Qin, S. 251; XU Donggen / XUE Fan, S. 256; Yu/Xiao/Wang, 8 (2009) Chin. J. Int’l L. 423 (427, Fn. 14). 369 Oberes Volksgericht Jiangsu v. 6.9.2005 (Huang Cangyuan gegen Wang Congxian), (2005) 司㴺ἲ俱Ⲁ䱕 073 ┠. S. zu einem weiteren in diese Richtung deutenden Beispiel mit Hong Kong-Bezug Huo, 4 (2009) JCS 82 (90). 368
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zielle Leistungsfähigkeit des Haftpflichtigen, andererseits das Heimatrecht des Geschädigten zu berücksichtigen sein.370 Art. 44 S. 1, 2. Halbsatz Festland-IPRG sieht zwar weiterhin eine Auflockerung der Tatortregel vor, jedoch im Unterschied zu Art. 146 Abs. 1 S. 2 AGZ nur zugunsten des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts von Schädiger und Geschädigtem und ohne dem Gericht ein diesbezügliches Ermessen einzuräumen. Damit ist das neue Gesetz nicht den Vorschlägen des Art. 113 ModellG und des Art. 79 von Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs gefolgt, die eine flexiblere Auflockerung der Tatortregel zugunsten einer durch den Wohnsitz, den gewöhnlichen Aufenthalt, die Staatsangehörigkeit, den Geschäftssitz oder ein anderes Anknüpfungsmoment vermittelten engeren Beziehung vorsahen. Art. 146 Abs. 1 S. 2 AGZ tritt nach Art. 51 Festland-IPRG hinter der neuen Regelung zurück. In Bezug auf Schiffskollisionen sieht Art. 273 Abs. 3 SeehandelsG eine Auflockerung der Tatortregel zugunsten des gemeinsamen Flaggenrechts der kollidierenden Schiffe vor, die nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt ist.371 Als Spezialregelung bleibt dies gemäß Art. 2 Abs. 1 S. 2 Festland-IPRG beachtlich.
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(3) Begrenzung der Anwendung des Deliktsstatuts durch die lex fori Außerhalb festlandchinesischen Gebietes begangene Handlungen, die nach festlandchinesischem Recht kein Delikt darstellen, dürfen nach Art. 146 Abs. 2 AGZ nicht als Delikt behandelt werden. Diese Regelung sollte ursprünglich festlandchinesische Haftpflichtige schützen,372 galt aber ebenso zugunsten ausländischer Schädiger. 373 Sie erfuhr in der festlandchinesischen Literatur überwiegend Kritik, da sie einen festlandchinesischen Geschädigten gerade nicht schützt, wenn nur das anwendbare ausländische Recht eine unerlaubte Handlung annimmt.374 De lege lata entschied jedoch 370
D. Xu, Le Droit International Privé en Chine, S. 158 ff., mit dem Beispiel eines Falles, in dem die Verkehrsverwaltungsbehörde Xiamen einen entsprechenden Ausgleich zwischen einem festlandchinesischen Schädiger und der taiwanesischen geschädigten Partei herbeigeführt hat. 371 S. dazu Huo, 4 (2009) JCS 82 (89); He, 11 (2009) Yearbook of PIL 211 (218 f.). 372 S. dazu D. Xu, Le Droit International Privé en Chine, S. 154; Süß, S. 131; LIU Xiping, Fujian Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2007, 78 (80); MA Zhiqiang, Tianzhong Xuekan 2004, 26 (28); Huo, 4 (2009) JCS 82 (91). 373 HUANG Jin (XU Donggen), IPR, S. 338. Davon scheinen auch LIU Xiping, Fujian Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2007, 78 (80); WANG Lu, Keji Zixun Daobao 2007, 131 (131); MA Zhiqiang, Tianzhong Xuekan 2004, 26 (27 f.); DU Tao / CHEN Li, S. 251, auszugehen. Nach Hsieh, S. 99, ist dies unklar. 374 S. Qin, S. 252; D. Xu, Le Droit International Privé en Chine, S. 156 ff.; LIU Xiping, Fujian Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2007, 78 (80); WANG Lu, Keji Zixun Daobao 2007, 131 (131); MA Zhiqiang, Tianzhong Xuekan 2004, 26 (27 f.). Vgl. auch
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bis zum Inkrafttreten des Festland-IPRG letztlich unabhängig vom Ort der Handlung festlandchinesisches Recht darüber, ob eine Handlung als unerlaubt einzustufen war; 375 nur wenn schon das ausländische Recht eine Handlung als erlaubt betrachtete, behielt es das letzte Wort. Ein Teil der festlandchinesischen Rechtswissenschaft sah daher in Art. 146 Abs. 2 AGZ keine Regelung des anwendbaren Rechts, sondern der Qualifikation.376 Das neue Festland-IPRG enthält keine Art. 146 Abs. 2 AGZ entsprechende Regelung mehr. Art. 51 Festland-IPRG betont, dass im Falle der Abweichung des Art. 146 AGZ von den Vorschriften des Festland-IPRG (nur) letztere anzuwenden sind. Daher ist davon auszugehen, dass damit die lex fori nicht mehr die Anwendung des Deliktsstatuts begrenzt. In der Literatur wurde die Begrenzung des Art. 146 Abs. 2 AGZ teilweise – entgegen dem Wortlaut377 – auch auf die Höhe des Schadensersatzes bezogen,378 wohl mehrheitlich wurde dies aber abgelehnt.379 Eine Begrenzung der Schadensersatzsumme durch die lex fori zum Schutz von im Ausland unerlaubt handelnden chinesischen Personen wurde gelegentlich de lege ferenda befürwortet.380 Darüber, wie die Rechtsprechung verfuhr, variierten die Angaben.381 Die Diskussion um eine Anwendung des Art. 146 Abs. 2 AGZ zur Deckelung von Schadensersatzansprüchen impliziert eine materiellrechtliche Qualifikation nicht nur der zu ersetzenden Schäden sondern auch der Berechnung der Höhe des Schadensersatzes. Unterläge letztere wie im common law als prozessrechtliche Frage ohnehin der lex fori, entfiele die XU Donggen / XUE Fan, S. 264 f.; DU Tao / CHEN Li, S. 251. Für interregionale Zusammenhänge HUANG Jin, Forschungen, S. 119, sowie SHEN Juan, S. 231 ff., mit weiteren Kritikpunkten. 375 Von Senger/Xu, S. 293. 376 So etwa SHEN Juan, S. 231 ff.; XU Donggen / XUE Fan, S. 264; He, 11 (2009) Yearbook of PIL 211 (220). Zu dieser Auffassung m.w.N. Pattloch, S. 204; Franceschini, S. 62. Gegen eine Einordnung als Qualifikationsvorschrift Qin, S. 252. 377 S. dazu Pattloch, S. 204. 378 Zu dieser Auffassung Süß, S. 131; Hsieh, S. 98 f.; Pattloch, S. 204. Eine solche Ausweitung kann weitreichende Folgen haben, s. von Senger/Xu, S. 292 f., auch wenn das festlandchinesische Recht mittlerweile Schadensersatz für seelische Schäden (㊒⼲ᤳ ᆇ) zumindest begrenzt kennt, s. Auslegung des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Bestimmung der Schadensersatzpflicht für seelische Schäden im zivilrechtlichen Deliktsrecht (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ䦗ⳃ㴺ᾴ⃞㡬䷧䪇㒈Ⳝ幽↨幌․后⾛朗槁䞭嬌拳) vom 8.3.2001, in Kraft seit 10.3.2001 (㷾拳[2001]7 ┠). 379 HUANG Jin (XU Donggen), IPR, S. 338; YU Fei, S. 273; He, 11 (2009) Yearbook of PIL 211 (220). 380 HUANG Jin (XU Donggen), IPR, S. 338; YU Fei, S. 273. 381 Nach WANG Lu, Keji Zixun Daobao 2007, 131 (131), ist die Anwendung der lex fori zur Begrenzung der Schadensersatzsumme nach der festlandchinesischen Justizpraxis möglich. Pattloch, S. 204 f., führt dagegen ein Beispiel an, in dem der Umfang eines Schadensersatzanspruchs ohne weiteres nach ausländischem Recht bestimmt wurde.
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Frage nach einer durch die lex fori gezogenen Obergrenze. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Mehrheit der Literatur – zumindest bisher – von einer materiellrechtlichen Qualifikation des Schadensersatzes ausging. Dies schlug sich auch in Art. 127 ModellG und Art. 93 Kapitel 9 ZGB-Entwurf nieder, die Art und Weise des Schadenersatzes sowie seinen Rahmen dem Deliktsstatut unterstellten. Das Festland-IPRG enthält keine derartige Klarstellung. In der Rechtsprechung wird die Berechnung der Schadensersatzsumme – zumindest teilweise – prozessrechtlich qualifiziert. Dies zeigt die Stellungnahme des Stellvertretenden Vorsitzenden der für Fälle mit Außenund interregionalem Bezug zuständigen Vierten Zivilkammer des Oberen Volksgerichts Guangdong in einer wissenschaftlichen Publikation: 382 Aus seiner Sicht kann der angerufene Richter die Schadensersatzsumme nicht nach einer ihm fremden Rechtsordnung berechnen, da der Geschädigte sich ja gerade des Rechtssystems und -verfahrens des Forums bedient, um einen bestimmten Betrag als Schadensersatz zu erlangen. Der Maßstab der lex fori diene auch als Gerechtigkeitskorrektiv bei der Anerkennung der durch die Kollisionsregeln bestimmten Rechte der Parteien. Letztlich bedürfe die Qualifikationsfrage jedoch einer Klärung durch das Oberste Volksgericht.
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(4) Vertragsakzessorische Anknüpfung Da, wie oben unter Rn. 296 ff. dargelegt, ein Anspruch nach festlandchinesischem Zivilprozessrecht zwar grundsätzlich auf mehreren Anspruchsgrundlagen beruhen, aber nur auf der Basis einer davon gerichtlich geltend gemacht werden darf, stellt sich die Frage einer vertragsakzessorischen Anknüpfung in der derzeitigen Rechtsprechungspraxis nicht.383 In der Literatur wird sie de lege ferenda befürwortet.384 Das Festland-IPRG hat dies nicht aufgegriffen.
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(5) Privatautonomie im Deliktsrecht Die Regelung des Art. 146 AGZ sieht eine Rechtswahl für Ansprüche aus unerlaubter Handlung nicht vor.385 In der Literatur wurde überwiegend de lege ferenda eine Zulassung der Privatautonomie in diesem Bereich – begrenzt auf eine nachträgliche Wahl der lex fori – befürwortet. 386 Dies 382
OU Yangzhenyuan, Falü Shiyong 2004, 14 (16). Pattloch, S. 212 f. 384 S. HUANG Jin (XU Donggen), IPR, S. 340. 385 Nach Qin, S. 251, gibt es daher keine Rechtswahl im chinesischen internationalen Deliktsrecht. Vorsichtiger Pattloch, S. 209, der auf den Wortlaut abstellt. 386 HUANG Jin (XU Donggen), IPR, S. 339 f.; XU Donggen / XUE Fan, S. 260; WANG Lu, Keji Zixun Daobao 2007, 131 (131). A.A. LIU Xiping, Fujian Zhengfa Guanli 383
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spiegelte sich in Art. 81 Kapitel 9 des ZGB-Entwurfes und Art. 116 ModellG wider. Art. 44 S. 2 Festland-IPRG hat dies aufgegriffen: Er lässt die Wahl einer beliebigen Rechtsordnung zu, solange sie getroffen wird, nachdem sich die unerlaubte Handlung ereignet hat. In der Rechtsprechung hatte bereits zuvor ein Gericht in einem Fall mit Taiwan-Bezug eine nachträgliche Rechtswahl im Prozess zugunsten der festlandchinesischen lex fori anerkannt.387 Die Literatur berichtet über weitere Beispielsfälle.388 (6) Sonderregelungen 524
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Regelungen für besondere Deliktsarten sah das festlandchinesische Recht bisher nur im Bereich des Seerechts (Art. 273, 275 SeehandelsG) und des Luftfahrtrechts (Art. 189 ZivilluftfahrtG) vor.389 Die Vorschriften sind auch nach Inkrafttreten des Festland-IPRG weiter anzuwenden (Art. 2 Abs. 1 S. 2 Festland-IPRG). Eine Besonderheit stellt hier die Anwendung der lex fori an Stelle des Tatortrechts dar, wenn sich der Schiffs- oder Flugzeugunfall in oder über internationalen Gewässern ereignet hat.390 Besondere Vorschriften zur Produkthaftung waren zwar in den Entwürfen zu den AGZ, nicht aber in der letztlich verabschiedeten Fassung enthalten. 391 Weder das Produktqualitätsgesetz der Volksrepublik China 392 (im Folgenden: ProdQG), noch das Gesetz der Volksrepublik China zum Schutz der legitimen Verbraucherinteressen 393 enthalten besondere Kollisionsre-
Ganbu Xueyuan Xuebao 2007, 78 (81). Pattloch, S. 209, spricht noch von vereinzelten Stimmen in der Literatur. 387 Mittleres Volksgericht Nanjing v. 25.4.2005 (Lü Yongqun gegen Liu Minghong, Changzhou Wuting Gangtao Fabrik), (2005) Ⲫ㴺᾽⍆Ⲁ䱕 4 ┠ : Die Parteien hätten zwar nicht vor dem Prozess eine Wahl des anwendbaren Rechts vereinbart, aber im Verlauf der gerichtlichen Verhandlung dem Gericht gegenüber eine Wahl festlandchinesischen Rechts unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. S. dazu auch Wang, IPRax 2007, 363 (368); He, 11 (2009) Yearbook of PIL 211 (228 f.). 388 So DU Tao / CHEN Li, S. 252; He, 11 (2009) Yearbook of PIL 211 (227 ff.). 389 Huo, 4 (2009) JCS 82 (95). 390 Im Detail zu den Sonderregeln Huo, 4 (2009) JCS 82 (85 f., 89, 91); He, 11 (2009) Yearbook of PIL 211 (220 f.). 391 Süß, S. 133. Zum Fehlen einer Sonderregelung s. auch XU Donggen / XUE Fan, S. 256; ZHANG Lisha, Wanxi Xueyuan Xuebao 2006, 70 (71); LIN Hong, Shanxi Xingzheng Fayuan Xuebao 2007, 98 (98); GONG Lixia, Jingji Wenti 2005, 71 (71); DU Tao / CHEN Li, S. 263. Vgl. auch QU Guangqing, Dalian Haishi Daxue Xuebao 2006, 1 (2 f.). 392 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦ῐ◪幑拸㷾 vom 22.2.1993, in der Fassung vom 8.7.2000 (in Kraft seit 1.9.2000). Zum materiellen chinesischen Produkthaftungsrecht s. Wolff, VersR 2004, 165 (166 ff.). 393 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㺱幢儮㡬䟳℆㏍㷾 vom 31.10.1993, in Kraft seit 1.1.1994.
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geln.394 Zwar begrenzt Art. 2 Abs. 1 ProdQG die Anwendung des ProdQG auf Aktivitäten der Herstellung und des Vertriebs von Produkten innerhalb der Volksrepublik. 395 Darin liegt jedoch nur eine Regelung des Anwendungsbereichs innerhalb des festlandchinesischen Rechts, nicht im Verhältnis zu fremdem Recht (vgl. schon zu den ähnlichen arbeitsrechtlichen Vorschriften oben Rn. 469 f.).396 In der Justizpraxis wurde bisher das anwendbare Recht nach der allgemeinen Regel des Art. 146 AGZ bestimmt397 – oder der Fall ohne weiteres nach materiellem festlandchinesischem Produkthaftungsrecht behandelt.398 Die Literatur forderte dagegen wegen der Besonderheiten dieses Rechtsbereichs besondere Kollisionsregeln.399 Auch wenn chinesische Gerichte in Bezug auf die Produkthaftung noch keine einheitlichen Kollisionsregeln entwickelt zu haben schienen,400 soll in der Rechtsprechung eine Tendenz zum Schutz der Interessen des Geschädigten zu beobachten gewesen sein.401 In diese Richtung deutet jedenfalls die Entscheidung des Mittleren Volksgerichts Xi’an, 402 in der es Ziff. 187 S. 2 AGZ-Ansichten zugunsten des geschädigten (chinesischen) Verbrauchers einsetzte (s. bereits oben Rn. 507). Außerdem kann die An394 S. MA Li / LIU Xiaohong, Henan Shangye Gaodeng Zhuanke Xuexiao Xuebao 2005, 65 (65). Nach LIU Xiangshu / JIANG Baoguo, Wuda Guoji Fa Pinglun 2004, 156 (170), gibt es keine besonderen Kollisionsregeln für Verbraucherverträge. 395 Chinesischer Wortlaut: ѭ⡑ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⦬⊮ῷᾴῐ◪䙈ῐѥ昩♗㹤⏑盨ヮ榤憞ⲱ 㡕㷾ѦѮ . Kritisch zu dieser Regelung LIN Hong, Shanxi Xingzheng Fayuan Xuebao 2007, 98 (99); ZHANG Lisha, Wanxi Xueyuan Xuebao 2006, 70 (72); GONG Lixia, Jingji Wenti 2005, 71 (72). 396 Möglicherweise a.A. Wolff, VersR 2004, 165 (166), der die Vorschrift als Ergänzung zur Regel des Art. 146 Abs. 1 S. 1 AGZ versteht. 397 GONG Lixia, Jingji Wenti 2005, 71 (71); ZHANG Lisha, Wanxi Xueyuan Xuebao 2006, 70 (71); MA Li / LIU Xiaohong, Henan Shangye Gaodeng Zhuanke Xuexiao Xuebao 2005, 65 (65); LIN Hong, Shanxi Xingzheng Fayuan Xuebao 2007, 98 (98). S. auch Wolff, VersR 2004, 165 (166). 398 Ohne näher darauf einzugehen bemerken dies MA Li / LIU Xiaohong, Henan Shangye Gaodeng Zhuanke Xuexiao Xuebao 2005, 65 (65); LIN Hong, Shanxi Xingzheng Fayuan Xuebao 2007, 98 (98). Ähnlich DU Tao / CHEN Li, S. 265 f., mit Beispielsfällen, in denen sich ein Produktunfall in China ereignet hatte. 399 XU Donggen / XUE Fan, S. 258 f.; ZHANG Lisha, Wanxi Xueyuan Xuebao 2006, 70 (71 ff.); LIN Hong, Shanxi Xingzheng Fayuan Xuebao 2007, 98 (99 f.); GONG Lixia, Jingji Wenti 2005, 71 (72 f.); MA Li / LIU Xiaohong, Henan Shangye Gaodeng Zhuanke Xuexiao Xuebao 2005, 65 (65 f., 67 f.), jeweils mit entsprechenden Vorschlägen. S. dazu schon Süß, S. 132 f. 400 S. Zhu, 3 (2007) J. P.I.L. 283 (304). 401 So WANG Lu, Keji Zixun Daobao 2007, 131 (131), allerdings ohne entsprechende Nachweise. 402 Mittleres Volksgericht Xi’an v. 9.3.2005 (Amt für Öffentliche Verkehrswege der Provinz Gansu gegen Yokohama Rubber Co. Ltd.), (2002) 媨俸⍆Ⲁ䱕 074 ┠ .
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wendung chinesischen Produkthaftungsrechts nicht vertraglich ausgeschlossen werden.403 Sowohl das ModellG (Art. 118–126) als auch Kapitel 9 ZGB-Entwurf (Art. 83–92) sahen eine Reihe von Sonderregeln für Verkehrsunfälle, bestimmte auf See und durch die zivile Luftfahrt verursachte Schäden, Produkthaftung, unlauteren Wettbewerb, Umweltverschmutzung, nukleare Schäden, üble Nachrede und Betrug als besondere Formen der unerlaubten Handlung vor.404 Das Festland-IPRG hat einzelne dieser Anregungen aufgegriffen. So unterstellt nun Art. 45, 1. Halbsatz Festland-IPRG die Haftung für Produkte grundsätzlich dem Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Geschädigten. Betreibt der Schädiger dort jedoch keine Geschäfte, ist stattdessen nach Art. 45, 2. Halbsatz Festland-IPRG das Recht des Hauptgeschäftsortes des Schädigers oder die am Ort des Schadenseintritts geltende Rechtsordnung anzuwenden. In welchem Verhältnis die beiden Alternativen zueinander stehen, regelt das Gesetz nicht. 405 Eine der beiden genannten Rechtsordnungen darf der Geschädigte auch nach der in seiner Struktur Art. 42 Festland-IPRG (Verbraucherverträge) ähnelnden Regelung des Art. 45, 2. Halbsatz Festland-IPRG anstelle des Rechts seines gewöhnlichen Aufenthaltsortes zur Anwendung bestimmen. Dem Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Geschädigten unterstellt Art. 46 Festland-IPRG auch die Verletzung von Persönlichkeitsrechten über das Internet oder in anderer Form und erzielt so einen Gleichlauf mit der Rechtsordnung, nach der sich gemäß Art. 15 Festland-IPRG der Inhalt dieser Rechte richtet. Schließlich legt Art. 50 Festland-IPRG für die Verletzung geistigen Eigentums – vorbehaltlich einer nach Verletzungseintritt getroffenen Wahl der lex fori – im Sinne des Schutzlandprinzips die Anwendung des Rechts des Ortes fest, dessen Schutz in Anspruch genommen werden soll. c) Ungerechtfertigte Bereicherung
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Das materielle festlandchinesische Recht kennt Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung ( ἶぼダ⍒ ), wie Art. 92 AGZ, Ziff. 131 AGZ-Ansichten sowie Art. 61 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 AGZ und Art. 117 Abs. 1 AGZ 403
S. Wolff, VersR 2004, 165 (166), mit Fn. 14 zu den denkbaren dogmatischen Grundlagen dafür. 404 Eine Erläuterung der entsprechenden Vorschriften des ZGB-Entwurfs findet sich bei Zhu, 3 (2007) J. P.I.L. 283 (304 f.). 405 Dies kritisiert Tu, 59 (2011) Am.J.Comp.L. 563 (585). Nach der Kommentierung zum Festland-IPRG von HUANG Jin / JIANG Rujiao sollen die engste Beziehung und der Schutz des Geschädigten als schwächere Partei als Kriterien dienen, s. Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (35).
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zeigen. Dennoch war bisher weder gesetzlich noch durch Auslegungen des Obersten Volksgerichts geregelt, welches Recht auf eine ungerechtfertigte Bereicherung mit internationalen oder interregionalen Elementen Anwendung findet.406 In einem ersten Entwurf von Kollisionsnormen aus der Zeit vor Einführung der AGZ fand sich noch eine Vorschrift, nach der das Recht des Ortes, an dem sich die ungerechtfertigte Bereicherung ereignet hat, anzuwenden sein sollte.407 Diesem Grundsatz wollte auch ein Teil der festlandchinesischen Rechtswissenschaft folgen; von seiner Natur her handele es sich bei der ungerechtfertigten Bereicherung um ein gesetzliches Schuldverhältnis, das auf einem tatsächlichen Verhalten gründet, so dass dieselben Gründe für das Handlungsortsrecht sprächen wie im Deliktsrecht.408 Nur wenn die Feststellung des Handlungsorts ausnahmsweise Schwierigkeiten bereitet, wie etwa, wenn bei Ausführung der Handlung das Internet verwendet wurde, sollte auf den mit dem Anspruch am engsten verbundenen Ort als Hilfskonzept zurückzugreifen sein.409 Andere wollten parallel zur Regelung im festlandchinesischen Sachrecht an verschiedenen Stellen der AGZ nach der Ursache der Bereicherung (nichtiges Rechtsgeschäft, Delikt oder auf sonstige Weise) differenzieren und entsprechend anknüpfen 410 oder nach den Prinzipien der Privatautonomie und der engsten Beziehung entscheiden.411 Aus der bisherigen Praxis sind einige Fälle veröffentlicht. Die Gerichte ließen jedenfalls eine Rechtswahl (zugunsten festlandchinesischen Rechts) während des Prozesses zu.412 Dafür reichte es, wenn beide Parteien oder 406
S. Zhu, 3 (2007) J. P.I.L. 283 (296); ZHAO Xianglin / DU Xinli (DUAN Donghui), S. 502; HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 215; CHEN Longye, Lanzhou Xuekan 2007, 120 (121); ZHU Zhenhua, Chongqing Gongshang Daxue Xuebao 2005, 113 (115) = GUO Tianjian, Hunan Shuiwu Gaodeng Zhuanke Xuexiao Xuebao 2005, 32 (34). 407 S. dazu von Senger/Xu, S. 289. 408 S. ZHAO Xianglin / DU Xinli (DUAN Donghui), S. 502. Zu dieser Auffassung Süß, S. 129; XIAO Yongping / HUO Zhengxin, Faxue Yanjiu 2004, 128 (130). 409 ZHAO Xianglin / DU Xinli (DUAN Donghui), S. 502. 410 In diese Richtung JIN Pengnian / ZHANG Mingzhu, Faxuejia 2005, 80 (86); ZHU Zhenhua, Chongqing Gongshang Daxue Xuebao 2005, 113 (116) = GUO Tianjian, Hunan Shuiwu Gaodeng Zhuanke Xuexiao Xuebao 2005, 32 (34); XIAO Yongping / HUO Zhengxin, Faxue Yanjiu 2004, 128 (138 f.). Vgl. zu dieser Auffassung Süß, S. 129. 411 Mit Unterschieden im Einzelnen CHEN Longye, Lanzhou Xuekan 2007, 120 (121 f.); WANG Yonghong, Sheke Zongheng 2006, 77 (78). 412 Mittleres Volksgericht Nanjing v. 27.2.2004 (Bank für Mittlere und Kleine Unternehmen (Südkorea) gegen Yangzhou Yingmaijie Kleidungs-GmbH), (2003) Ⲫ㴺᾽⍆Ⲁ䱕 15 ┠; Mittleres Volksgericht Jinan v. 7.5.2003 (Bantian GmbH (Japan) gegen Import & Export Gesellschaft der Stadt Jinan, Qingdao Jincheng Unternehmen Transport-GmbH), (2003) 㹷㴺⠄⍆Ⲁ䱕 41 ┠, sowie Mittleres Volksgericht Suzhou v. 31.3.2003 (Dynamic Services International Inc. (USA) gegen Suzhou Dixun Software-Entwicklungs-GmbH), (2002) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 023 ┠, und v. 10.12.2004 (Deng Xinhui (USA) gegen Xiangtong Autovermietungs-GmbH Suzhou), (2004) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 092 ┠.
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auch nur der Kläger seine Rechtsauffassung auf festlandchinesisches Recht stützten und keine Partei der Anwendung dieser Rechtsordnung widersprach. 413 Darüber hinaus schienen sich einige Gerichte zur Ergänzung auch auf das Prinzip der engsten Beziehung bzw. den Ort, an dem sich die Bereicherung ereignet hat, stützen zu wollen.414 Es kann demnach davon ausgegangen werden, dass die Gerichte nach bisheriger Rechtslage das Recht des Ortes anwendeten, an dem die ungerechtfertigte Bereicherung geschehen war, sofern die Parteien keine nachträgliche Rechtswahl getroffen hatten.415 Für eine Anwendung des Rechts des Handlungsortes, solange sich dieser auf festlandchinesischem Gebiet befindet, ließ sich sogar eine gesetzliche Grundlage finden: Die Auffangregelung des Art. 8 Abs. 1 AGZ unterstellt zivilrechtliche Aktivitäten auf dem Territorium der Volksrepublik China dem festlandchinesischen Recht, soweit es keine anderweitigen rechtlichen Regelungen gibt. Der Begriff der zivilrechtlichen Aktivität (㴺 ᾴ㹤⏑) ist nicht definiert, scheint aber mit Blick auf seine Verwendung im ersten Abschnitt mit dem Titel „Grundprinzipien“ (⤣㡕Ⓢ⍂ ) umfassend gemeint zu sein und alle in den AGZ geregelten Tatbestände erfassen zu wollen. Damit konnte zumindest die Anwendung des festlandchinesischen Rechts auf eine ungerechtfertigte Bereicherung, die sich auf festlandchinesischem Territorium ereignet, auf Art. 8 Abs. 1 AGZ als Basis gestützt werden – eine Argumentation, die so in der festlandchinesischen Literatur und Rechtsprechung, soweit ersichtlich, nicht auftauchte. Art. 55 Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs ordnete die Anwendung des Rechts des Ortes an, an dem sich die ungerechtfertigte Bereicherung ereignet hat. Auch Art. 129 Abs. 1 ModellG schlug diese Regelung vor, erklärte aber auch das Recht einer zivil- oder handelsrechtlichen Beziehung für anwendbar, wenn sich die ungerechtfertigte Bereicherung aus dieser ergeben 413 Mittleres Volksgericht Nanjing v. 27.2.2004, (2003) Ⲫ㴺᾽⍆Ⲁ䱕 15 ┠ (s. § 5 Fn. 412); Mittleres Volksgericht Suzhou v. 31.3.2003, (2002) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 023 ┠ (s. § 5 Fn. 412). 414 Mittleres Volksgericht Nanjing v. 27.2.2004, (2003) Ⲫ㴺᾽⍆Ⲁ䱕 15 ┠ (s. § 5 Fn. 412); Mittleres Volksgericht Suzhou v. 31.3.2003, (2002) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 023 ┠ (s. § 5 Fn. 412). Auch Huang/Du, 2 (2003) Chinese J Int’l L 387 (396 ff.), berichten über einen Fall, in dem das auf einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung anzuwendende Recht nach dem Grundsatz der engsten Beziehung bestimmt wurde: Hainan Huaqiao Investitions-Aktien-GmbH u.a. gegen Qihui Internationale Investitions-GmbH (Hong Kong). Das letztinstanzliche Urteil des Oberen Volksgerichts Hainan v. 16.11.2001, (2001) 䕥㴺俱Ⲁ䱕 35 ┠, spricht diese Problematik jedoch nicht mehr an. Ein weiteres Beispiel nennt Long, IPRax 2012, 273 (275, Fn. 16). 415 Nach DU Tao / CHEN Li, S. 270 (m.w.N.), wird in der Praxis das Recht des Ortes, an dem sich die Bereicherung ereignet hat, angewendet. S. auch – allerdings ohne Nachweise – ZHU Zhenhua, Chongqing Gongshang Daxue Xuebao 2005, 113 (116) = GUO Tianjian, Hunan Shuiwu Gaodeng Zhuanke Xuexiao Xuebao 2005, 32 (34).
II. Besonderer Teil
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hat. Entsprechend der bisherigen Praxis ordnet nun Art. 47 S. 1 FestlandIPRG in erster Linie die Anwendung des Rechts an, das die Parteien durch Vereinbarung gewählt haben; hier dürften neben Art. 3 Festland-IPRG auch die übrigen Grundsätze über die privatautonome Bestimmung des Vertragsstatuts (dazu oben Rn. 441 ff.) gelten. Mangels Rechtswahl ist nach Art. 47 S. 2 Festland-IPRG das Recht des Ortes anzuwenden, an dem sich die ungerechtfertigte Bereicherung ereignet hat, es sei denn, es kann an einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Parteien angeknüpft werden. d) Geschäftsführung ohne Auftrag Die Geschäftsführung ohne Auftrag (㜉⠉䳊䔯) hat im festlandchinesischen materiellen Recht ihre Regelung in Art. 93 AGZ, Ziff. 132 AGZ-Ansichten gefunden. Obwohl es im Entwurf von Kollisionsnormen aus der Zeit vor Einführung der AGZ eine Vorschrift gab, welche die Anwendung des Rechts des Ausführungsortes der Handlung vorsah,416 enthielt das bisherige festlandchinesische Kollisionsrecht keine Regelung.417 In der festlandchinesischen Rechtswissenschaft wurde zwar die Problematik der Bestimmung des auf die Geschäftsführung ohne Auftrag anwendbaren Rechts allgemein dargestellt, 418 jedoch vergleichsweise selten bezogen auf die eigene Rechtsordnung oder gar eine eventuell feststellbare Praxis festlandchinesischer Gerichte. 419 Wohl überwiegend befürwortet wurde grundsätzlich die Anwendung des Rechts des Ortes, an dem die Handlung der Geschäftsführung ohne Auftrag ausgeführt wird, wie sich dies auch im Rahmen der Entwürfe für eine zukünftige Regelung widerspiegelte (Art. 56 Kapitel 9 ZGB-Entwurf, Art. 130 ModellG).420 Entscheidungen festlandchinesischer Gerichte zum auf Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag anwendbaren Recht scheinen bisher nicht 416
S. dazu von Senger/Xu, S. 289. HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 215; JIN Pengnian /ZHANG Xiaoke, Zhejiang Daxue Xuebao 2001, 104 (104); ZHANG Jianliang / HUO Zhengxin, Wuhan Daxue Xuebao 2005, 607 (610). 418 S. etwa HUANG Jin (XU Donggen), IPR, S. 341. HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 215, stellt immerhin fest, dass das chinesische Recht keine Regelung enthält. 419 S. dazu schon Süß, S. 128. In jüngerer Zeit finden sich immerhin einige Stellungnahmen in Bezug auf eine künftig zu schaffende Regelung, oft im Zuge der Diskussion um Kapitel 9 ZGB-Entwurf, s. etwa Zhu, 3 (2007) J. P.I.L. 283 (297). 420 S. etwa JIN Pengnian /ZHANG Xiaoke, Zhejiang Daxue Xuebao 2001, 104 (107): Recht des Ausführungs- bzw. Handlungsortes, wenn deren Feststellung schwierig ist, Frage nach dem Ort des geschädigten Interesses. ZHANG Jianliang / HUO Zhengxin, Wuhan Daxue Xuebao 2005, 607 (610); HUO Zhengxin, Anhui Jingguan Zhiye Xueyuan Xuebao 2005, 1 (4), wollen als Sonderregel für den Fall, dass sich die Geschäftsführung ohne Auftrag im Rahmen einer Rechtsbeziehung zwischen den Parteien ereignet, deren lex causae anwenden. 417
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
veröffentlicht worden zu sein.421 Angesichts der bereits zum Statut der ungerechtfertigten Bereicherung festgestellten Tendenz, eine Rechtswahl im Prozess zuzulassen, bestand bisher eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Volksgerichte Rechtsstreitigkeiten um Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag ebenso handhaben (würden). Für Ansprüche aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag, die sich auf dem Festland abgespielt hat, hätte darüber hinaus – wie im Hinblick auf Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (s. dazu oben Rn. 532 f.) – die Anwendung des festlandchinesischen Handlungsortsrechts aus Art. 8 Abs. 1 AGZ abgeleitet werden können.422 Der Gesetzgeber hat nun in Art. 47 Festland-IPRG das auf die Geschäftsführung ohne Auftrag anwendbare Recht parallel zum Bereicherungsstatut geregelt (s. dazu oben Rn. 534) und damit im Wesentlichen die vermutete bisherige Rechtslage bestätigt. e) Wechsel und Scheck
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Das Wechsel/ScheckG sieht in seinem fünften Abschnitt Kollisionsregeln für Wechsel und Schecks (䪑㒗) mit Außenbezug vor,423 denen als Hauptprinzip die Anwendung des am Ort der jeweiligen Handlung geltenden Rechts zugrunde liegt.424 Wie bereits oben Rn. 167 ff. dargestellt, gilt für den Außenbezug im Wechsel- und Scheckrecht ein von der allgemeinen Regel der Ziff. 178 Abs. 1 AGZ-Ansichten abweichendes, eingeschränktes Verständnis, nach dem persönliche Faktoren und der Lageort des streitigen Gegenstands keinen relevanten Außenbezug begründen, was jedoch im Ergebnis zu keinen Unterschieden führt. (1) Ausstellung eines Wechsels oder Schecks
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Eine ausdrückliche Regelung dazu, welchem Recht die Ausstellung eines Wechsels oder Schecks unterliegen soll, fehlt.425 Es findet sich lediglich in Art. 97 Wechsel/ScheckG, dass das Recht des Ausstellungsortes die auf einem Wechsel oder Scheck zu vermerkenden Punkte regelt. Art. 97 Abs. 2 Wechsel/ScheckG erlaubt zudem für den Scheck zum Schutz des Scheck421
Diese Feststellung findet sich auch bei Zhu, 3 (2007) J. P.I.L. 283 (296). Vgl. insoweit auch Süß, S. 128. 423 Die Volksrepublik China ist kein Mitgliedstaat der Genfer Abkommen über Bestimmungen auf dem Gebiet des internationalen Wechselprivatrechts von 1930 und des internationalen Scheckprivatrechts von 1931, s. CHEN Liuyu, Zhejiang Xuekan 2001, 148 (148, 151 Fn. 1); JIA Heping, Guoji Jingmao Tansuo 2004, 55 (56). Dennoch ist ein gewisser Einfluss dieser Abkommen auf das chinesische Wechsel- und Scheckkollisionsrecht sichtbar, LI Jiannan, Faxue 2000, 54 (55). 424 S. HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 345; DU Tao / CHEN Li, S. 277. 425 S. LI Honghai, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 83 (85). 422
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berechtigten diesbezüglich begrenzt die Parteiautonomie,426 indem er eine Wahl des Rechts des Zahlungsortes zulässt. Die wohl überwiegende Meinung in der festlandchinesischen Literatur geht – trotz ihrer Bedenken dagegen – davon aus, dass Art. 97 Wechsel/ScheckG derzeit entgegen seinem Wortlaut nicht nach formeller und materieller Wirksamkeit trennen will und deshalb das Recht des Ortes der Handlung, d.h. das des Ortes der Ausstellung, einheitlich anzuwenden ist.427 Dies scheint auch von der Rechtsprechung so gehandhabt zu werden: So entschied das Obere Volksgericht Guangdong die materiellrechtliche Frage, wer Partei einer Scheckbeziehung war, gestützt auf Art. 98 Abs. 2 Wechsel/ ScheckG a.F. (= Art. 97 Abs. 2 Wechsel/ScheckG n.F.) nach festlandchinesischem Recht als Recht des Ortes der Scheckausstellung.428 Der Ort der Ausstellung eines Wechsels oder Schecks als vom festlandchinesischen Recht verwendetes Anknüpfungsmoment wird nach dessen materiellem Wechsel- und Scheckrecht bestimmt.429 Die Art. 23 Abs. 4, 76 Abs. 3, 86 Abs. 3 Wechsel/ScheckG ordnen für den Wechsel, den Solawechsel und den Scheck an, dass die Geschäftsstätte, der Wohnsitz oder der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Ausstellers als Ausstellungsort gilt, sofern der Ausstellungsort nicht auf dem jeweiligen Wertpapier vermerkt ist. Daraus ist zu schließen, dass in erster Linie die entsprechende Angabe auf dem Wechsel oder Scheck maßgeblich ist, nicht dagegen der tatsächliche Ort der Ausstellung. 430 Entsprechendes gilt für die Bestim426 S. dazu CHEN Liuyu, Zhejiang Xuekan 2001, 148 (149); DU Tao / CHEN Li, S. 277. Vgl. auch LI Honghai, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 83 (85). Kritisch WANG Han / HUANG Jing, Xiandai Faxue 1997, 13 (22 f.). 427 So etwa CHEN Liuyu, Zhejiang Xuekan 2001, 148 (150); HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 344; LI Honghai, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 83 (85). A.A. WANG Han / HUANG Jing, Xiandai Faxue 1997, 13 (24), die stattdessen bis zur benötigten Neuregelung eine Lösung über internationale Abkommen und Gepflogenheiten nach Art. 95 Wechsel/ScheckG vorschlagen. 428 Oberes Volksgericht Guangdong v. 30.11.2004 (HE Zelian gegen WU Jiantang, SU Chun Jung), (2004) ䷍氁㷾㴺⠄俱Ⲁ䱕 226 ┠: Nach den Angaben auf dem Scheck war der Kläger Zahlungsempfänger und einer der beiden Beklagten der Aussteller; der zweite Beklagte hatte zwar den Scheck übergeben, war aber nicht auf dem Scheck vermerkt und wurde daher infolge des Grundsatzes der strengen Schriftlichkeit nicht als Partei der Scheckbeziehung angesehen. 429 S. aus der Rechtsprechung Oberes Volksgericht Guangdong v. 30.11.2004 (HE Zelian gegen WU Jiantang, SU Chun Jung), (2004) ䷍氁㷾㴺⠄俱Ⲁ䱕 226 ┠ . Das Gericht bestätigte die Analyse des erstinstanzlichen Gerichts, das den Ausstellungsort nach Art. 87 Wechsel/ScheckG a.F. (= Art. 86 Wechsel/ScheckG n.F.) ermittelt hatte. 430 Von der Maßgeblichkeit des Ortes der tatsächlichen Ausstellung scheinen dagegen WANG Han / HUANG Jing, Xiandai Faxue 1997, 13 (23), auszugehen, die den Ort der Übergabe des Wertpapiers, nicht der Unterschrift für ausschlaggebend halten, da nach Art. 20 Wechsel/ScheckG unter der Ausstellung eines Wechsels die Handlung des Unterschreibens und der Übergabe zu verstehen ist.
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
mung des Zahlungsortes: Fehlt eine Angabe auf dem Wertpapier, gilt die Geschäftsstätte, der Wohnsitz oder der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Bezogenen als Zahlungsort (Art. 23 Abs. 3, 76 Abs. 2, 86 Abs. 2 Wechsel/ScheckG).431 (2) Indossament, Annahme, Zahlung und Bürgschaft 543
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Nach Art. 98 Wechsel/ScheckG unterliegen Indossament, Annahme, Zahlung und Bürgschaft dem Recht des Ortes, an dem die jeweilige Handlung vorgenommen wird. Das anwendbare Recht wird also für jede Handlung gesondert bestimmt.432 Die Möglichkeit, für eine dieser Handlungen das anwendbare Recht zu wählen, sieht das Gesetz, wie im Bereich des internationalen Wechsel- und Scheckrechts üblich, 433 nicht vor. In der Rechtsprechung wird allerdings teilweise eine Rechtswahl – zumindest im Verlauf des Gerichtsverfahrens, d.h. nachträglich – als zulässig angesehen.434 (3) Reichweite des Statuts einer wertpapierrechtlichen Handlung
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Das Statut der Wertpapierausstellung, des Indossaments, der Annahme, Zahlung oder Bürgschaft erfasst, wie unter Rn. 483 f., 540 f. dargestellt, ihre materielle und formelle Wirksamkeit gleichermaßen.435 Man wird davon ausgehen können, dass dieser Rechtsordnung alle Aspekte der jeweiligen Handlung, also ihre jeweiligen Voraussetzungen und Wirkungen unterfallen sollen, solange das Gesetz keine anderweitige Regelung vorsieht.
431 Vgl. auch Ziff. 26 ZPG-Ansichten zur parallelen Problemstellung in Bezug auf die internationale Zuständigkeit, s. oben Rn. 225. 432 Darauf weisen WANG Han / HUANG Jing, Xiandai Faxue 1997, 13 (22), hin. 433 S. dazu LI Honghai, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2004, 83 (85); LI Jiannan, Faxue 2000, 54 (54); WANG Han / HUANG Jing, Xiandai Faxue 1997, 13 (14). 434 S. JIA Heping, Guoji Jingmao Tansuo 2004, 55 (57), in einer Stellungnahme zu einem Fall aus der Praxis: Zwar sei in Deutschland indossiert worden, es sei aber die Wahl der Parteien zu respektieren, die ihre Vorträge im Verfahren auf chinesisches Recht gestützt hätten. Der Autor ist Vorsitzender Richter der Zweiten Zivilkammer des Mittleren Volksgerichts Zhuhai. 435 Als Beispiel aus der Rechtsprechung für die Anwendung auf materielle Aspekte sei auf eine Entscheidung des Mittleren Volksgerichts Nanjing v. 6.1.2000 (Tokai Bank Filiale Kobe (Japan) gegen Agricultural Bank of China Filiale Nanjing), (1999) Ⲫ俸⍆Ⲁ䱕 106 ┠ , verwiesen, in der das Gericht gemäß Art. 99 Wechsel/ScheckG a.F. (= Art. 98 Wechsel/ScheckG n.F.) nach chinesischem Recht als Recht des Handlungsortes bestimmt hatte, ob eine bestimmte Handlung die Annahme eines Wechsels darstellte und welche rechtlichen Folgen dies nach sich zog.
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(a) Handlungen, die zur Ausübung bzw. Erhaltung der Wechsel- oder Scheckrechte erforderlich sind Die Frage, ob eine Vorlage des Wechsels oder Schecks erforderlich ist, könnte man zum einen als Voraussetzung der Zahlung auffassen und deshalb nach dem Recht des Zahlungsortes bestimmen. Zum anderen lässt sie sich aber auch als Frage des Umfangs der Haftung des Bezogenen ansehen und müsste dann dem Statut der Annahme unterstellt werden. Stellungnahmen zur auf dem chinesischen Festland geltenden Rechtslage lassen sich jedoch weder in der festlandchinesischen Rechtsprechung noch in der Literatur436 finden. Für eine eventuelle Frist zur Vorlage des Papiers gilt nach Art. 100 Wechsel/ScheckG das Recht des Zahlungsortes.
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(b) Rückgriffsrechte Unter die Wirkungen einer wertpapierrechtlichen Handlung fallen grundsätzlich auch die Rückgriffsrechte gegen den durch diese Handlung Verpflichteten, wenn der Bezogene die Zahlung verweigert. Ob und unter welchen Voraussetzungen (Zahlungsverweigerung) also beispielsweise ein Rückgriffsrecht gegen einen Indossanten geltend gemacht werden kann, müsste sich folglich nach dem Recht des Ortes richten, an dem indossiert wurde. Für die Frist zur Ausübung von Rückgriffsrechten bestimmt allerdings Art. 99 Wechsel/ScheckG einheitlich das Recht des Ausstellungsortes des Wechsels oder Schecks zur Anwendung. Nach Art. 100 Wechsel/ScheckG unterliegen die Fristen zur Erhebung eines Protests sowie dessen Form dem Recht des Zahlungsortes des Wertpapiers.
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(c) Übertragung von Rechten aus Wechsel oder Scheck Welchem Recht die Übertragung von Rechten aus einem Wechsel oder Scheck unterfallen soll, ist nicht ausdrücklich geregelt; wenn mittels Indossament übertragen wird, richtet sie sich jedoch gemäß Art. 98 Wechsel/ ScheckG nach dem Recht des Handlungsortes.437 Für Fälle der Abtretung des Rechts aus dem Wechsel liegt es nahe, dem Grundsatz der Übertragung vertragsrechtlicher Forderungen nach dem Statut des sie begründenden Vertrages (s. oben Rn. 479) die Anwendung der Rechtsordnung zu entnehmen, nach der das zu übertragende Recht begründet wurde. 436
So weist LI Jiannan, Faxue 2000, 54 (56), lediglich auf die Lückenhaftigkeit der chinesischen Regelung und die international geläufige Regelung hin. 437 S. HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 344; CHEN Liuyu, Zhejiang Xuekan 2001, 148 (150, 151 Fn. 19).
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
Es scheint in der festlandchinesischen Literatur nicht problematisiert zu werden, nach welchem Recht sich richten soll, ob das Recht aus dem Papier durch Übertragung des Rechts am Papier übergeht. (d) Maßnahmen bei Verlust des Wechsels oder Schecks 549
Das Recht des Zahlungsortes regelt nach Art. 101 Wechsel/ScheckG auch Maßnahmen, mittels derer die Rechte aus Wechsel oder Scheck gesichert werden können, wenn das Wertpapier verloren geht. (4) Neue Regelung
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Sowohl Art. 52 Kapitel 9 ZBG-Entwurf als auch Art. 103–107 ModellG schlugen im Wesentlichen die Übernahme der bereits existierenden Vorschriften vor. Das Festland-IPRG schweigt zu wechsel- und scheckrechtlichen Fragen. Daher bleiben gemäß Art. 2 Abs. 1 S. 2 Festland-IPRG die bisherigen Spezialregelungen des Wechsel/ScheckG weiter maßgeblich. f) Verjährung von Forderungen
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Der Verlust einer Forderung, weil der Gläubiger sie nicht innerhalb eines gewissen Zeitraums ausgeübt hat, wird im festlandchinesischen Recht als Klageverjährung ( 峲峥㜟㙱 ) bezeichnet. 438 Daraus, dass die Klageverjährung im festlandchinesischen materiellen Recht (Art. 136–141 AGZ) und nicht im Prozessrecht geregelt ist, wurde in der Literatur bisher der gesetzgeberische Wille zur materiellrechtlichen Qualifikation geschlossen.439 Die AGZ oder sonstige gesetzliche Kollisionsvorschriften enthielten keine allgemeine Regelung über das auf die Klageverjährung anzuwendende Recht. Für das Wechsel- und Scheckrecht bestimmt Art. 99 Wechsel/ ScheckG, dass die Frist zur Ausübung des Rückgriffsrechts dem Recht des Ausstellungsortes des Wertpapiers (nicht der lex fori) unterfällt und stellt damit die materiellrechtliche Qualifikation dieser Frist klar.440 Eine ausdrückliche allgemeine Regelung des auf die Verjährung von Forderungen anzuwendenden Rechts hat das Oberste Volksgericht mit Ziff. 195 der AGZ-Ansichten geschaffen: Die Verjährung richtet sich nach dem gemäß den Kollisionsregeln auf die entsprechende Rechtsbeziehung anwendbaren Recht, also nach der lex causae. 441 Die Gerichte scheinen
438
Vgl. HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 262. So LIN Xin / LI Qiongying, S. 161; HAN Depei (Hrsg.) / XIAO Yongping, S. 168. Für materiellrechtliche Qualifikation auch ZHAO Xianglin / DU Xinli (LIU Li), S. 112. 440 S. dazu CHEN Liuyu, Zhejiang Xuekan 2001, 148 (150). 441 S. ZHAO Xianglin / DU Xinli (LIU Li), S. 112; HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 163; HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 263; DU Tao / CHEN Li, S. 168. So auch LIN 439
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dem in der Praxis gefolgt zu sein und nur bei in der lex causae fehlenden Verjährungsregeln auf die lex fori zurückgegriffen zu haben.442 Die Anwendung des auf die entsprechende Rechtsbeziehung anwendbaren Rechts auch auf Verjährungsfragen regelt nun Art. 7 Festland-IPRG gesetzlich und folgt damit Ziff. 195 AGZ-Ansichten und den Vorschlägen von Art. 15 Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs und Art. 73 ModellG.
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3. Sachenrecht a) Unbewegliches Vermögen Als einzige sachenrechtliche Regelung des achten Abschnitts der AGZ regelt Art. 144 AGZ die Anwendung der lex rei sitae auf das „Eigentumsrecht“ (㍩㠲㡬) an unbeweglichem Vermögen. Der von ihrem Wortlaut her nur auf das Eigentum bezogenen Vorschrift wurde bisher entnommen, dass allgemeines Sachenrechtsstatut für unbewegliches Vermögen die lex rei sitae sein soll. Dieser Grundsatz war in der festlandchinesischen Rechtsprechung443 und Lehre444 allgemein anerkannt. Art. 36 Festland-IPRG hat die Regelung des Art. 144 AGZ der bisherigen Rechtsprechungspraxis und den Vorschlägen von Art. 31 Kapitel 9 ZGB-Entwurf und Art. 77 ModellG folgend übernommen. Die Vorschrift stellt dabei – wie Art. 77 ModellG anregte – in ihrem Wortlaut klar, dass sie nicht nur das Eigentum sondern alle „Sachenrechte“ ( 䎒㡬 ) an unbeweglichem Vermögen erfasst.445 Die Empfehlungen von Art. 34 Kapitel 9 ZGB-Entwurf (Wirksamkeit der Registrierung von unbeweglichem Vermögen nach dem Recht des Registrierungsorts) und Art. 78 ModellG (Wirksamkeit von Eigentumsurkunden alternativ nach dem Recht des Lageorts oder des Ausstellungsorts des Dokuments) haben sich dagegen nicht im Festland-IPRG niedergeschlagen.
Xin / LI Qiongying, S. 161, allerdings ohne Bezugnahme auf die Auslegung des Obersten Volksgerichts. 442 S. dazu DU Tao / CHEN Li, S. 168 f., mit Beispielsfällen. 443 Vgl. Ziff. 186 S. 2 AGZ-Ansichten für die Sichtweise des Obersten Volksgerichts. Dazu näher unten Rn. 569. S. auch Mittleres Volksgericht Foshan v. 20.8.2005 (Beijiao Bäuerliche Kreditgenossenschaft der Stadt Shunde gegen Chen Huibing), (2003) ₄ὖ㷾 㴺⠄⍆Ⲁ䱕 75 ┠, sowie Oberes Volksgericht der Autonomen Region der Zhuang-Nationalität/Guangxi v. 16.5.2006 (Deng Xu gegen Ye Shenglin), (2006) 㥫㴺⠄俱Ⲁ䱕 9 ┠: Bestimmung des auf eine Hypothek anwendbaren Rechts nach Art. 144 AGZ. 444 S. Süß, S. 103. Vgl. auch ZHAO Xianglin / DU Xinli (ZHAO Yimin), S. 237. 445 Die Weite der neuen Formulierung kritisiert Tu, 59 (2011) Am.J.Comp.L 563 (576 f.).
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556
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
b) Bewegliches Vermögen 557
Eine allgemeine gesetzliche Regelung darüber, welcher Rechtsordnung bewegliches Vermögen unterliegen soll, fehlte bisher.446 Es fanden sich lediglich besondere Regelungen für die gesetzliche Erbfolge in beweglichen Nachlass (Art. 149 AGZ) sowie Sachenrechte an Schiffen (Art. 270, 271 SeehandelsG) und Zivilflugzeugen (Art. 185–187 ZivilluftfahrtG).447 (1) Literatur
558
Die festlandchinesische Literatur sprach sich ganz überwiegend dafür aus, auch hier grundsätzlich die lex rei sitae anzuwenden.448 Dabei sollten an einem Lageort nach dessen Rechtsordnung vollendete Tatbestände auch bei zwischenzeitlichem Statutenwechsel anerkannt werden, während die Ausübung der so begründeten Rechte und die Entstehung neuer dinglicher Rechte der Rechtsordnung des aktuellen Lageortes zu unterwerfen war.449 Als Grundlage für eine Anknüpfung an den Ort der Vornahme einer Transaktion zumindest für die vertragliche Übertragung von Sachenrechten an beweglichen Sachen bot sich auch die allgemeine Regelung des Art. 8 Abs. 1 AGZ an.450 (2) Rechtsprechung
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In der Rechtsprechung der Volksgerichte zeichneten sich zwei verschiedene Lösungsansätze ab:
446
S. dazu HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 176; HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 272; XU Donggen / XUE Fan, S. 274 f.; SHEN Juan, S. 212 f.; YU Fei, S. 288; YU Zhihong, Guangxi Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 2003, 67 (69); DU Tao / CHEN Li, S. 172; von Senger/Xu, S. 275; Wolff, 56 (2008) Am.J.Comp.L. 1039 (1057). 447 Zu letzteren unten Rn. 580 ff. 448 Zum Streitstand Anfang der 1990er Jahre Süß, S. 105 f. Aus der aktuellen festlandchinesischen Literatur etwa YU Fei, S. 288 f.; XU Donggen / XUE Fan, S. 275; HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 270 ff.; ZHAO Xianglin / DU Xinli (ZHAO Yimin), S. 245; DU Tao / CHEN Li, S. 172. S. auch Art. 79, 81 ModellG. Ähnlich HE Zhihui, Xiandai Faxue 2000, 81 (85). ZHOU Liming, Henan Daxue Xuebao 2004, 111 (113); ZHOU Liming / SONG Yanli, Anyang Shifan Xueyuan Xuebao 2003, 21 (23), scheinen davon auszugehen, dass nach Gesetzgebung und Praxis in China schon derzeit auf jede Eigentumsveränderung die lex rei sitae anzuwenden ist, begründen dies jedoch nicht. 449 Vgl. HE Zhihui, Xiandai Faxue 2000, 81 (85). 450 So Wolff, 56 (2008) Am.J.Comp.L. 1039 (1057).
II. Besonderer Teil
231
(a) Anwendung der lex rei sitae Einige Urteile lieferten Anhaltspunkte dafür, dass zumindest ein Teil der Gerichte von der Anwendbarkeit der lex rei sitae ausging.451 Das Mittlere Volksgericht Chengdu scheint in einem als Streitigkeit über das Eigentum an Waren eingeordneten Fall bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts auf den Ort abstellen zu wollen, an dem sich die Tatsachen zugetragen haben, die eine Rechtsänderung hätten bewirken können: 452 Die ausländische Klägerin hatte ein Lagerhaus der Beklagten in China angemietet und dort Waren untergestellt. Weil diese in einem Rechtsstreit der Beklagten mit einer anderen Partei gerichtlich unter Verschluss genommen worden waren, verlangte die Klägerin die Feststellung ihres Eigentums an der Ware. Das Gericht stützte die Anwendung festlandchinesischen Rechts zum einen darauf, dass die Handlung der Einlagerung in China vorgenommen worden war, zum anderen verwies es auf das Verhalten der Parteien im Verfahren, die darin übereinstimmend die Anwendung des chinesischen Rechts dargelegt hätten. Das Gericht erläutert jedoch nicht näher, warum es den Ort der Einlagerungshandlung für maßgeblich erachtet. Es könnte der Gedanke dahinter stehen, dass nur diese Handlung eine Änderung hinsichtlich des Eigentums an der Ware hätte hervorrufen können. Der unterstützende Hinweis auf den übereinstimmend auf chinesisches Recht gestützten Parteivortrag deutet zudem darauf hin, dass das Gericht gewillt scheint, eine Wahl des Sachenrechtsstatuts hinsichtlich beweglichen Vermögens anzuerkennen. In einem durch das Oberste Volksgericht entschiedenen Fall,453 in dem es um das Eigentum an Frachtgut ging, soll das Obere Volksgericht Guangdong in der Ausgangsinstanz ebenfalls – gestützt auf die international übliche Verfahrensweise – die (festlandchinesische) lex rei sitae angewendet haben, ohne seine diesbezüglichen kollisionsrechtlichen Erwägungen in dem Urteil kundzutun. 454 Gestritten wurde um das Eigentum an Frachtgut, das von Malaysia nach Indien hatte transportiert werden sollen und auf dem Weg dorthin verloren ging. Später wurde es in China auf einem Schiff wiederentdeckt, das, wie sich herausstellte, das gleiche wie das ursprüngliche, aber umbenannt worden war. 451 Auf einen weiteren Beispielsfall verweisen DU Tao / CHEN Li, S. 172, nach denen die Volksgerichte grundsätzlich die lex rei sitae anwendeten. 452 Mittleres Volksgericht Chengdu v. 21.12.2005 (Full Win Developments Limited gegen Xinjin/Chengdu Baozhu Spirituosen-GmbH), (2005) ㌹㴺⍆Ⲁ䱕 548 ┠. 453 Oberstes Volksgericht v. 1.9.1990 (Xingli-Gesellschaft, Guangao-Gesellschaft gegen Indische Handelsgesellschaft, Bharatpur-Gesellschaft Malaysia, Kupake-Gesellschaft, Nalin-Gesellschaft), Supreme People’s Court Gazette 1991.1. 454 In diesem Sinne verstehen YU Fei, S. 291; ZHAO Xianglin / DU Xinli (ZHAO Yimin), S. 247 ff., und wohl auch DU Tao / CHEN Li, S. 172 f., das Urteil.
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
Die Zusammenfassung der Begründung des Oberen Volksgerichts Guangdong enthält keinen Anhaltspunkt dafür, warum das Gericht chinesisches Recht angewendet hat. Den Rückschluss, es habe bei der Wahl dieser Rechtsordnung auf den Belegenheitsort der Ware abgestellt, wird man daher nicht ziehen können. Des Weiteren führte das Oberste Volksgericht im Rahmen der Frage, ob die vier Kläger Rückgriff wegen des Frachtguts nehmen konnten, obwohl sie von ihren jeweiligen Versicherern bereits Ersatz verlangt hatten, aus, die Versicherungsverträge der drei malaysischen Kläger unterlägen nach internationalen Gepflogenheiten dem Recht am Sitz des Versicherers, also malaysischem Recht. Nach diesem verbleibe das Eigentum am Frachtgut beim Versicherten, so dass ein Rückgriff wegen des Frachtguts zulässig bleibe. Es unterstellte also die Frage, ob eine Eigentumsveränderung eingetreten war, dem Recht des Vertrages, der eine solche mit sich hätte bringen können. Dies scheint eher darauf hinzudeuten, dass das Oberste Volksgericht dem zweiten möglichen Lösungsansatz folgte. (b) Anwendung des Statuts des Kausalgeschäfts
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Manche Volksgerichte unterstellten sachenrechtliche Fragestellungen dem Statut des schuldrechtlichen Vertrages, durch den auf die sachenrechtliche Lage eingewirkt werden soll. In einem Fall, der vom Mittleren Volksgericht Suzhou zu entscheiden war,455 hatte sich die kanadische Verkäuferin einer Anlage bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises das Eigentum an der gelieferten Anlage vertraglich vorbehalten. Da nie vollständig bezahlt worden war, verlangte sie nun u.a. die Feststellung, dass sie Eigentümerin der Anlage geblieben war, und Rückgabe der Anlage. Das Gericht qualifizierte die Streitigkeit als internationale Kaufvertragsstreitigkeit und wandte nach Zustimmung der Parteien im Verlauf des Verfahrens einheitlich festlandchinesisches Recht an.456 Bedenkt man, dass festlandchinesische Richter oft keine tiefergehende juristische Ausbildung genossen haben, erscheint diese Lösung vor dem Hintergrund des Mangels einer klaren gesetzlichen Anweisung für bewegliches Vermögen naheliegend. Dies wird noch dadurch unterstützt, dass das festlandchinesische materielle Recht nicht zwischen schuldrechtlichem Vertrag und dinglicher Einigung unterscheidet.
455
Mittleres Volksgericht Suzhou v. 19.12.2007 (Anpulasi GmbH gegen Hanjia Modellform (Suzhou) GmbH), (2005) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 0217 ┠. 456 Der Eigentumsvorbehalt wurde anerkannt und die Beklagte zur Herausgabe der Anlage verurteilt.
II. Besonderer Teil
233
Bis zum Inkrafttreten des neuen Sachenrechtsgesetzes der Volksrepublik China457 (im Folgenden: SachenRG) war dies zwar umstritten.458 Die Vorschriften der AGZ gaben diesbezüglich keinen klaren Hinweis, ihre Entstehung unter Rückgriff auf das Recht der DDR, das Trennungs- und Abstraktionsprinzip nicht kannte, sprach jedoch dagegen.459 Vor dem Hintergrund des niedrigen juristischen Bildungsniveaus festlandchinesischer Richter ist es zudem höchst unwahrscheinlich, dass die Gerichte in ihren Urteilen eine von den Vorschriften nicht ausdrücklich angeordnete Trennung dinglicher und schuldrechtlicher Rechtsgeschäfte verwirklicht haben könnten. Nach ausgiebigen Diskussionen460 wurden schließlich dem neuen SachenRG weder Trennungs- noch Abstraktionsprinzip zugrunde gelegt; die Unterscheidung zwischen dinglichem und schuldrechtlichem Rechtsgeschäft wurde als zu kompliziert und lebensfremd verworfen. 461 Eine Rechtsänderung erfordert nach den neuen Vorschriften lediglich Kausalgeschäft und Kundgabeakt.462
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(3) Neue Regelung Grundlage der neuen Regelung des Sachenrechtsstatuts in Bezug auf bewegliches Vermögen, die Art. 37 Festland-IPRG enthält, ist den Anregungen von Kapitel 9 ZGB-Entwurf und des ModellG entsprechend die Anwendung der lex rei sitae: Dingliche Rechte an beweglichen Sachen richten sich gemäß Art. 37 S. 2 Festland-IPRG nach dem Recht des Ortes, an dem sie sich gerade befinden, wenn sich eine Rechtstatsache – gemeint ist die dingliche Rechtsänderung463 – ereignet. Darin liegt möglicherweise zugleich eine Regelung des nur hinsichtlich beweglichen Vermögens möglichen Statutenwechsels, allerdings in zulasten der Verständlichkeit komprimierterer Form, als die Entwürfe mit ihren diesbezüglichen besonderen Normen, Art. 33 Kapitel 9 ZGB-Entwurf und Art. 79 ModellG, anregten. Den Vorschlägen von Art. 35 S. 1 Kapitel 9 ZGB-Entwurf, Art. 80 S. 1 ModellG folgend führt Art. 37 S. 1 Festland-IPRG vor allem die Wahl der 457 458
ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦䎒㡬㷾 vom 16.3.2007, in Kraft seit 1.10.2007.
S. zu diesem Streit und den im Wesentlichen vertretenen Auffassungen Baumann, S. 72 ff. 459 S. Baumann, S. 72 ff. 460 Dazu Baumann, S. 75 ff. 461 Julius/Rehm, ZVglRWiss 106 (2007), 367 (383), die den Gesetzgebungsprozess in China beratend begleitet haben. S. auch Ding/Jäckle, RIW 2007, 807 (811). Nur vereinzelt wird vertreten, das neue Recht erkenne das Trennungsprinzip an, s. ZHOU Houchun, Lanzhou Xuekan 2007, 67 (67). 462 S. Ding/Jäckle, RIW 2007, 807 (811, 817); Julius/Rehm, ZVglRWiss 106 (2007), 367 (383). Noch zu den verschiedenen Entwürfen Baumann, S. 79 ff. 463 So die Kommentierung zum Festland-IPRG von HUANG Jin / JIANG Rujiao, s. Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (30).
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
anzuwendenden Rechtsordnung durch die Parteien als neues und vorrangiges Prinzip in das internationale Sachenrecht ein.464 Die vom Gesetzgeber gewählte Minimallösung des Sachenrechtsstatuts für bewegliche Sachen setzt jedoch weder die vorgeschlagenen Regelungen über die Reichweite des Statuts und ihre Begrenzung durch das Recht des Handlungsortes (Art. 32 Kapitel 9 ZGB-Entwurf, Art. 81 ModellG) noch die durch die Entwürfe empfohlene Modifikation des allgemeinen Grundsatzes der Anwendung der lex rei sitae bei der Eigentumsübertragung durch Abstellen auf den Zeitpunkt des Übergangs der Kontrolle über den Gegenstand (Art. 35 S. 1 und 2 Kapitel 9 ZGB-Entwurf, Art. 80 S. 2 und 3 ModellG) um. c) Reichweite des Sachenrechtsstatuts (1) Beweglichkeit oder Unbeweglichkeit einer Sache
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Nach allgemeiner Auffassung in der festlandchinesischen Rechtswissenschaft bestimmt die lex rei sitae als Sachenrechtsstatut, ob eine Sache beweglich oder unbeweglich ist.465 Dies stellt eine Ausnahme vom Grundsatz der Qualifikation nach der lex fori dar (s. dazu oben Rn. 335), die jedoch – entgegen den Anregungen von Art. 30 Kapitel 9 ZGB-Entwurf und Art. 76 ModellG – nicht ausdrücklich in die Regelung des Festland-IPRG aufgenommen wurde. Für das festlandchinesische Recht hat das Oberste Volksgericht in Ziff. 186 S. 1 AGZ-Ansichten geregelt, welche Sachen als unbeweglich anzusehen sind: Grund und Boden, am Boden haftende Bauwerke und andere als Sachen und Bauwerke definierte, fest angeschlossene Vorrichtungen. Alle übrigen Sachen gelten als beweglich.466 (2) Rechtsbeziehungen des Vermögens
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Art. 144 AGZ nennt nur das Eigentum als Regelungsgegenstand des Sachenrechtsstatuts unbeweglichen Vermögens. Daher hat das Oberste Volksgericht mit Ziff. 186 S. 2 AGZ-Ansichten klargestellt, dass dem sämtliche Rechtsbeziehungen des (unbeweglichen) Vermögens unterfallen sollen, neben dem Eigentum explizit auch Kauf, Miete, Pacht und Verpfändung sowie Gebrauch, allerdings wohl nur deren sachenrechtliche Aspekte (dazu schon oben Rn. 462), obwohl das festlandchinesische Recht eigentlich 464
Kritisch dazu Chen/Bertrand, JDI 2011, 373 (388). S. etwa HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 263 f.; HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 269; ZHAO Xianglin / DU Xinli (ZHAO Yimin), S. 226; DU Tao / CHEN Li, S. 173; Tu, 59 (2011) Am.J.Comp.L. 563 (576). 466 Vgl. HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 264; HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 269; YU Fei, S. 288. 465
II. Besonderer Teil
235
nicht zwischen schuld- und sachenrechtlichem Geschäft differenziert (oben Rn. 566). Die festlandchinesische Literatur scheint davon auszugehen, dass der Grundsatz der Anwendbarkeit des Sachenrechtsstatuts auf alle Rechtsbeziehungen des Vermögens allgemein gilt, also auch für das bisher nicht geregelte Sachenrechtsstatut beweglichen Vermögens: Der Anwendungsbereich der lex rei sitae soll – allerdings nicht spezifisch auf das festlandchinesische Recht bezogen – den Rahmen der möglichen Objekte für Sachenrechte, ihre Arten und Inhalte, Erwerb, Übertragung, Änderung und Erlöschen sowie ihren Schutz beinhalten.467 Zur Ersitzung (⓿ダ㜟㙱), die im Rahmen der Verjährung angesprochen wird, ist lediglich festgestellt worden, dass das festlandchinesische Recht keine Regelung des anwendbaren Rechts enthält. 468 Daran hat auch das Festland-IPRG nichts geändert. Da durch die Ersitzung Eigentum erworben wird, müsste sie ebenfalls dem Sachenrechtsstatut unterfallen. Aus der Rechtsprechung lassen sich Beispiele für die Anwendung der lex rei sitae auf die Übertragung von Eigentum an unbeweglichem Vermögen,469 aber auch auf seine Belastung durch Hypotheken nennen.470
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(3) Neue Regelung Die ausführlichen klarstellenden Vorschriften zur Reichweite der lex rei sitae als Sachenrechtsstatut, die insbesondere Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs vorschlug,471 wurden nicht in das Festland-IPRG übernommen. Das neue 467 Vgl. HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 264 ff.; HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 269 f.; DU Tao / CHEN Li, S. 173 f. 468 HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 163. 469 S. Mittleres Volksgericht Chengdu v. 18.12.2006 (Hao You gegen Senyu KonzernGmbH Chengdu), (2006) ㌹㴺⍆Ⲁ䱕 479 ┠. 470 So etwa Mittleres Volksgericht Foshan v. 20.8.2005 (Beijiao Bäuerliche Kreditgenossenschaft der Stadt Shunde gegen Chen Huibing), (2003) ₄ὖ㷾㴺⠄⍆Ⲁ䱕 75 ┠ ; Oberes Volksgericht der Autonomen Region der Zhuang-Nationalität/Guangxi v. 16.5.2006 (Deng Xu gegen Ye Shenglin), (2006) 㥫㴺⠄俱Ⲁ䱕 9 ┠. 471 Nach Art. 32 Kapitel 9 ZGB-Entwurf, Art. 81 ModellG sollten der lex rei sitae die Arten der Sachenrechte, ihr Inhalt und ihre Ausübung unterfallen. Ferner ordnete der Entwurf ihre Anwendung jeweils gesondert für die Teilung von Eigentum an Gebäuden (Art. 46), Nachbarschaftsbeziehungen (Art. 47), den Erwerb von Sachenrechten durch den gutgläubigen Erwerber, den Finder verlorener Sachen und den Entdecker eines Schatzes (Art. 48) an. Auch der Besitz an unbeweglichem Vermögen richtete sich nach dessen Lageortsrecht, während bei beweglichem Vermögen das mit diesem am engsten verbundene Recht maßgeblich sein sollte (Art. 49 Kapitel 9 ZGB-Entwurf). Der ZGBEntwurf nahm jedoch auch bestimmte Fragestellungen vom Anwendungsbereich des allgemeinen Sachenrechtsstatuts aus, so etwa die Wirksamkeit von Hypotheken, die er dem Recht des Registrierungsortes der Hypothek unterstellen wollte (Art. 43), die Wirksamkeit der Verpfändung von beweglichem Vermögen oder Rechten, die sich nach dem Recht
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
Gesetz lässt weiterhin offen, welche Fragen im Einzelnen dem Sachenrechtsstatut unterfallen.472 d) Sonderfälle 576
Von der allgemeinen Regel der Anwendung der lex rei sitae werden in der festlandchinesischen Literatur bestimmte Sonderfälle ausgenommen. 473 Neben der Liquidierung des Vermögens einer juristischen Person, das dem Gesellschaftsstatut zu unterstellen sein soll,474 den Auswirkungen des Erbrechts auf Rechte an Sachen475 und dem Vermögen ausländischer Staaten476 kommen vor allem folgende besondere Konstellationen in Betracht: (1) Güter auf dem Transport (res in transitu)
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Eine besondere Regelung hinsichtlich dinglicher Rechte an Waren, die sich auf dem Transport befinden, sah das festlandchinesische Kollisionsrecht bisher nicht vor. Es war bei Erlass der AGZ eine diesbezügliche Vorschrift erwogen worden, nach der das Recht des Bestimmungsortes der Güter anzuwenden gewesen wäre. Diese Meinung stritt jedoch mit der ebenso vertretenen Auffassung, die eine Rechtswahl der Parteien zulassen und hilfsweise auf den Grundsatz der engsten Beziehung abstellen wollte, und wurde deshalb letztlich nicht umgesetzt.477 Die festlandchinesische Lehre ist sich darüber einig, dass allenfalls bei Unterbrechung des Transports der Grundsatz der Anwendung der lex rei
des Wohnsitzortes des Pfandgläubigers zum Zeitpunkt der Übertragung des Besitzes an der Sache auf ihn (Art. 44) bzw. der Übergabe einer Bescheinigung über das Recht an ihn (Art. 45) richten sollte. Ferner erlaubten Art. 41 Kapitel 9 ZGB-Entwurf, Art. 90 ModellG für gemeinschaftliche dingliche Rechte (⊚㠲䎒㡬) – gemeint sein dürfte vor allem Miteigentum – eine Rechtswahl durch die Parteien. 472 Nach der Kommentierung von HUANG Jin / JIANG Rujiao sollen darunter Arten, Inhalt und Wirkung dinglicher Rechte sowie jede Änderung ihrer Zuordnung fallen, s. Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (30). 473 Vgl. etwa HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 270 ff.; XU Donggen / XUE Fan, S. 275; HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 266 ff. S. dazu schon Süß, S. 107 f.; von Senger/Xu, S. 275. 474 S. Süß, S. 107; HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 267; HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 271 f. Zum Gesellschaftsstatut und seinem Anwendungsbereich s. oben Rn. 425 ff. 475 Süß, S. 107; von Senger/Xu, S. 275; XU Donggen / XUE Fan, S. 275; HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 267 f.; HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 272. 476 S. von Senger/Xu, S. 275. Ob es sich dabei tatsächlich um eine Ausnahme handelt, ist str., s. Süß, S. 108. 477 Zur Gesetzgebungsgeschichte s. von Senger/Xu, S. 275.
II. Besonderer Teil
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sitae eingreifen können soll. 478 Als Möglichkeiten dafür, welches Recht statt dessen zur Anwendung berufen werden kann, werden das Recht des Absendeortes, insbesondere wenn das Eigentum vertraglich schon mit der Absendung auf den Käufer übergehen soll, und das Recht des Bestimmungsortes genannt, 479 teilweise auch das Heimatrecht des Eigentümers oder das Statut der Übertragungsvereinbarung.480 Unter den festlandchinesischen Rechtswissenschaftlern, die dazu Stellung beziehen, welche Lösung für China gewählt werden sollte, schien die Mehrheit eine Anwendung des Bestimmungsortsrechts zu befürworten.481 Dies hat sich nun in Art. 38 S. 2 Festland-IPRG niedergeschlagen, der damit den Vorschlägen von Art. 36 Kapitel 9 ZGB-Entwurf und Art. 89 ModellG folgt. Auf die dinglichen Rechte an Gütern auf dem Transport ist danach das Recht des Bestimmungsortes der versandten Ware anzuwenden. Die Grundregel des Art. 37 S. 1 Festland-IPRG bestätigend erlaubt Art. 38 S. 1 Festland-IPRG den Parteien die Wahl der Rechtsordnung, nach der sich sachenrechtliche Änderungen richten sollen.
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(2) Verkehrsmittel Das festlandchinesische Gesetzesrecht enthält für dingliche Rechte an einzelnen Verkehrsmitteln Spezialvorschriften,482 die auch nach Inkrafttreten des Festland-IPRG, das keine diesbezüglichen Regelungen enthält, nach dessen Art. 2 Abs. 1 S. 2 weiterhin gelten.
580
(a) Schiffe So schreiben Art. 270, 271 Abs. 1 SeehandelsG für Erwerb, Übertragung und Verlust des Eigentums an einem Schiff sowie für Hypotheken an Schiffen die Anwendung des Rechts der Flagge des Schiffes vor. Wird ein Schiff ohne Besatzung und Versorgung angemietet (Bareboat Charter), bleibt für vorher und währenddessen begründete Schiffshypotheken das Recht der ursprünglichen Flagge anwendbar (Art. 271 Abs. 2 SeehandelsG). Art. 272 SeehandelsG verweist für Schiffsgläubigervorrechte (卢卟 ⁁≱㡬), d.h. Rechte auf bevorzugte Befriedigung aus einem Schiff für be478 S. zusammenfassend schon Süß, S. 107 f.; von Senger/Xu, S. 275. Mit Hinweis auf den Sonderfall der Unterbrechung des Transports HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 271; HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 267. 479 XU Donggen / XUE Fan, S. 275; HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 266 f.; HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 271. 480 HAN Depei (Hrsg.) / LIU Weixiang, S. 266 f.; HUANG Jin (HUANG Jin), IPR, S. 271. 481 So etwa YU Fei, S. 289. DU Tao / CHEN Li, S. 174, befürworten dagegen eine flexible Anknüpfung im konkreten Fall. Vgl. auch die Beobachtungen von Süß, S. 107. 482 Zur Auffassung der Literatur vor Erlass dieser Regelungen s. Süß, S. 107.
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
stimmte Forderungen, trotz ihrer Qualifikation als materiellrechtliche Sachenrechte483 auf das Recht des den Fall annehmenden Gerichts. Die Übernahme dieser Regelung schlugen auch Art. 37 Kapitel 9 ZGB-Entwurf und Art. 84, 85, 87 ModellG vor. Ungeklärt erschien bisher, welcher Rechtsordnung Unternehmerpfandrechte (䚂傗㡬) (für Schiffsbau oder -reparatur) entnommen werden können. Sie sollten nicht dem Vertragsstatut unterfallen. 484 Art. 144 AGZ, Ziff. 186 AGZ-Ansichten konnte schon deshalb keine Lösung entnommen werden, weil das Unternehmerpfandrecht als Zurückbehaltungsrecht nach festlandchinesischem Sachrecht (Art. 82, 84 Gesetz der Volksrepublik China über die Sicherheiten485) nur an beweglichem Vermögen entstehen kann und Schiffe daher nach festlandchinesischem Recht nicht als unbewegliche Sachen qualifiziert werden können. 486 Art. 86 ModellG schlug deswegen eine besondere Regelung für Unternehmerpfandrechte an Schiffen vor, die auf den Ort abstellte, an dem das Schiff zurückbehalten wird. Zum gleichen Ergebnis wird man nun über die objektive Anknüpfung des Art. 37 Festland-IPRG für dingliche Rechte an beweglichen Sachen gelangen können. (b) Zivilflugzeuge
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Art. 185, 186 und 187 ZivilluftfahrtsG enthalten zu den Art. 270–272 SeehandelsG parallele Vorschriften für das Eigentum und seine Belastungen an zivil genutzten Flugzeugen. Anstelle des Flaggenrechts tritt hier jedoch das Recht des Ortes der Registrierung des Flugzeuges. Diese Regelungen übernahm Kapitel 9 des ZGB-Entwurfs in seinem Art. 38, während Art. 88 ModellG lediglich pauschal für dingliche Rechte an Flugzeugen und anderen Transportmitteln auf deren Registrierungsortsrecht verwies. (3) Geistiges Eigentum
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Das festlandchinesische Kollisionsrecht enthielt bisher keine Regelung über das auf Immaterialgüterrechte anzuwendende Recht.487 Für das Patentrecht (Erfindungs-, Gebrauchsmuster- und Geschmacksmusterpatente), das Markenrecht und nach überwiegender Ansicht auch für das Urheberrecht nahm die festlandchinesische Rechtswissenschaft die Ge483
S. dazu DU Tao / CHEN Li, S. 176 f. Vgl. ZHAO Xianglin / DU Xinli (ZHAO Yimin), S. 274 f. 485 ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㏮℆㷾 vom 30.6.1995, in Kraft seit dem 1.10.1995. 486 ZHAO Xianglin / DU Xinli (ZHAO Yimin), S. 274 f. 487 S. HUANG Jin, Chinesisches IPR, S. 181; HE Zhihui, Xiandai Faxue 2000, 81 (85); Zhu, 3 (2007) J. P.I.L 283 (297). 484
II. Besonderer Teil
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ltung des Territorialitätsprinzips an:488 Die Immaterialgüterrechte wirken in dem Staat, der sie gewährt, ähnlich wie dingliche Rechte, so dass man unterstellte, dass sie in diesem Staat belegen sind.489 Eine Anwendung der lex rei sitae wie hinsichtlich dinglicher Rechte im engeren Sinne führte damit zur Anwendung der Rechtsordnung des die Immaterialgüterrechte gewährenden und sie schützenden Staates, zum sogenannten Schutzlandprinzip. Diesem unterstanden Entstehung, Inhalt, Wirksamkeit und Erlöschen der geistigen Eigentumsrechte. 490 Auch die Volksgerichte befolgten in ihrer Rechtsprechung das Territorialitätsprinzip.491 Das Festland-IPRG regelt die Kollisionsvorschriften für das geistige Eigentum in einem besonderen, vom Sachenrecht getrennten Kapitel, wie dies auch Kapitel 9 ZGB-Entwurf und das ModellG vorschlugen. Es folgt dabei im Wesentlichen den schon bisher geltenden Grundsätzen, sieht aber eine weit weniger detaillierte Regelung vor, als Kapitel 9 ZGB-Entwurf und das ModellG empfohlen hatten. 492 Art. 48 Festland-IPRG folgt dem Schutzlandprinzip, indem er ohne Differenzierung zwischen verschiedenen geistigen Eigentumsrechten allgemein ihre Zugehörigkeit und ihren Inhalt dem Recht des Ortes unterstellt, dessen Schutz beansprucht wird. Übertragung und lizenzierte Nutzung von geistigen Eigentumsrechten dürfen die Parteien nach Art. 49 S. 1 Festland-IPRG einer Rechtsordnung ihrer Wahl unterstellen. Einigen sie sich nicht auf das anwendbare Recht, verweist Art. 49 S. 2 Festland-IPRG auf die entsprechenden Vorschriften des Festland-IPRG über Verträge und damit das objektive Vertragsstatut. Insgesamt kommt Art. 49 Festland-IPRG demnach eine die vertragsrechtliche Qualifikation von Übertragung und Lizenzeinräumung klarstellende Funktion zu.493 488 S. dazu im Einzelnen und m.w.N. Pattloch, S. 7 ff. Vgl. auch DU Tao / CHEN Li, S. 310 ff. (insb. S. 320 und 324 f.). 489 S. Pattloch, S. 7. 490 Pattloch, S. 8 (Patentrecht), 11 (Markenrecht), 15 (Urheberrecht). 491 Zhu, 3 (2007) J. P.I.L 283 (297). 492 Erwerb und inhaltliche Wirksamkeit eines Patentrechts sollten sich nach dem Recht des Ortes richten, an dem das Patent verliehen wurde (Art 58 Kapitel 9 ZGBEntwurf) bzw. an dem der Patentantrag gestellt wurde (Art. 93 ModellG). Erwerb und inhaltliche Wirksamkeit eines Markenrechts wollten Art. 59 Kapitel 9 ZGB-Entwurf, Art. 94 ModellG nach dem Recht des Registrierungsortes der Marke beurteilen. Das Urheberrecht wurde jedoch von Art. 57 Kapitel 9 ZGB-Entwurf von der bisherigen Rechtslage abweichend dem Heimatrecht des Autors unterstellt, während nach Art. 95 ModellG – wie von beiden Entwürfen auch hinsichtlich weiterer Immaterialgüterrechte vorgesehen (Art. 60 Kapitel 9 ZGB-Entwurf, Art. 96 ModellG) – das Recht des Ortes, an dem das Urheberrecht geltend gemacht wird, anzuwenden sein sollte. 493 Auch die beiden Entwürfe enthielten Verweise auf das Vertragsstatut: für Verträge über Immaterialgüterrechte und im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses entstandenes geistiges Eigentum verwiesen Art. 97, 98 ModellG auf das Statut des Vertrages bzw. Arbeits-
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
(4) Verbriefte Rechte 587
588
589
Das festlandchinesische materielle Recht kennt Wechsel und Scheck als verbriefte Geldforderungen, aber auch Anteilsrechte an Gesellschaften (凊䪑) und Gesellschaftsschuldverschreibungen (⊕┡Ⅳ⍡) als „Wertpapiere“ ( 峪⍡ )494 sowie Warenpapiere (Frachtbrief etc.) als Verkörperung des Eigentumsrechts an der Ware. Bisher enthielt das festlandchinesische Kollisionsrecht jedoch nur Vorschriften über verschiedene Rechtsfragen aus dem Wechsel- und Scheckrecht (s. dazu oben Rn. 539 ff.). In den kollisionsrechtlichen Entwürfen fanden sich die Vorschriften über das auf Wechsel und Schecks anzuwendende Recht im schuldrechtlichen Abschnitt (Art. 52 in Abschnitt 4 Kapitel 9 ZGB-Entwurf, Art. 103– 107 in Abschnitt 8 ModellG), während Anteilsrechte an Gesellschaften ( 凊䪑 ) und Wertpapiere ( 㠲†峪⍡ ) (Art. 39, 40 Kapitel 9 ZGB-Entwurf) bzw. Bescheinigungen über dingliche Rechte an beweglichen Sachen (⏑ῐ 495 und kommerzielle Wertpapiere ( ♯ ὃ 峪 ⍡ ) 496 (Art. 82, 83 䎒㡬⌖峪) ModellG) jeweils im sachenrechtlichen Abschnitt (Abschnitt 3 Kapitel 9 ZGB-Entwurf, Abschnitt 6 ModellG) geregelt waren. Dass für Wechsel und Scheck eigene Vorschriften vorgeschlagen werden, zeigt, dass sie nicht unter die Regelungen für „Wertpapiere“ (㠲†峪⍡ bzw. ♯ὃ峪⍡ ) fallen sollten; sie wurden also offensichtlich schuldrechtlich,497 die übrigen verbrieften Rechte dagegen sachenrechtlich qualifiziert. Soweit ersichtlich, befasste sich die Literatur nur mit dem jeweils verbrieften Recht als unkörperlichem Vermögen und fragte nach dessen Belegenheit. 498 Es wurde festgestellt, dass eine kollisionsrechtliche Regelung
vertrages. Nach Art. 60 Kapitel 9 ZGB-Entwurf sollte die vertragliche Übertragung von Geschäftsgeheimnissen dem Vertragsstatut unterstehen. 494 Nach Art. 2 Wertpapiergesetz der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦峪⍡㷾) vom 29.12.1998 in der Fassung vom 27.10.2005 (in Kraft seit 1.1.2006) sind „Wertpapiere“ (峪⍡) im Wesentlichen Aktien (凊䪑) und Gesellschaftsschuldverschreibungen (⊕┡ Ⅳ⍡), also der Kapitalbeschaffung dienende, an der Börse gehandelte Papiere. 495 Gemeint sind Urkunden, die rechtlich wirksam Sachenrechte an einer bestimmten beweglichen Sache repräsentieren, s. die Erläuterung zum ModellG, Chinesische IPRGesellschaft, ModellG, S. 128 f., also wohl Warenpapiere. 496 Darunter sollen Wertpapiere ( 㠲†峪⍡ ) zu verstehen sein, die einen bestimmten Wert haben und umlauffähig sind, s. die Erläuterung zum ModellG, Chinesische IPRGesellschaft, ModellG, S. 129. 497 Dies zeigt sich auch an ihrer Behandlung im Schuldrechtsteil von Lehrbüchern des internationalen Privatrechts, s. beispielsweise HUANG Jin, IPR. A.A. aber wohl HE Zhihui, Xiandai Faxue 2000, 81 (85), der auch Wechsel und Schecks sachenrechtlich zu qualifizieren scheint. 498 So etwa CAI Yi, Renmin Sifa 2006, 53 (56), der das Anteilsrecht an einer Gesellschaft als dingliches unkörperliches Recht begreift, das Recht des Belegenheitsortes anwenden will und daher nach dem Belegenheitsort des Anteilsrechts fragt.
II. Besonderer Teil
241
für unkörperliches Vermögen fehlte.499 Die Frage nach einer Übertragung des Rechts aufgrund einer sachenrechtlichen Übertragung des Papiers wurde nicht aufgeworfen. Vor diesem Hintergrund war zu vermuten, dass die Übertragung eines verbrieften Rechts (und des verbriefenden Papiers) entweder dem Statut des Übertragungsgeschäfts, etwa eines Kaufvertrages, unterstellt wurde oder dem Statut des verbrieften Rechts selbst, also dem Gesellschaftsstatut in Bezug auf ein Anteilsrecht,500 dem Sachenrechtsstatut der Ware bei Warenpapieren usw. Nach Art. 39 Kapitel 9 ZGB-Entwurf, Art. 83 ModellG sollten Rechte aus Wertpapieren (㠲†峪⍡ bzw. ♯ὃ峪⍡) der im Wertpapier bestimmten Rechtsordnung unterliegen; mangels Festlegung sollte der Wohnsitz der das Wertpapier ausgebenden Institution oder das Recht des Ortes der Verwirklichung des Rechts maßgeblich sein. Art. 39 Festland-IPRG folgt diesen Vorschlägen nur zum Teil: Die Vorschrift erklärt das Recht des Ortes, an dem das Recht aus dem Wertpapier verwirklicht wird, oder eine andere mit dem Wertpapier am engsten verbundene Rechtsordnung zum auf das Wertpapier anwendbaren Recht. Die genaue Reichweite dieses Statuts bleibt nach dem Wortlaut der Vorschrift unklar. Es soll die Rechte aus dem Papier erfassen, während Eigentum und Sicherungsrechte am Wertpapier sowie seine Übertragung dem Sachenrechtsstatut des Papiers unterliegen sollen.501 Das Festland-IPRG enthält darüber hinaus keine weiteren Regelungen für besondere Arten von Wertpapieren, wie sie Art. 40 Kapitel 9 ZGB-Entwurf für Anteilsrechte an Gesellschaften zugunsten des Gesellschaftsstatuts oder Art. 82 ModellG für Bescheinigungen über dingliche Rechte an beweglichem Vermögen – gemeint sind Urkunden, die rechtlich wirksam Sachenrechte an einer bestimmten beweglichen Sache repräsentieren,502 also Warenpapiere wie der Ladeschein – zugunsten des im Papier gewählten Rechts und hilfsweise des Rechts des Ortes, an dem der Inhaber des Dokuments dieses geltend macht, anregten.
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591
(5) Pfandrechte an Rechten Welchem Recht Pfandrechte an Rechten ( 㡬 ⍒ 幑 㡬 ) unterfallen sollen, wurde bisher, soweit ersichtlich, weder in der festlandchinesischen Rechtswissenschaft noch in der Rechtsprechung der Volksgerichte problematisiert.
499
HE Zhihui, Xiandai Faxue 2000, 81 (85). CAI Yi, Renmin Sifa 2006, 53 (56), nimmt allerdings Belegenheit des Anteilsrechts am Hauptgeschäftsort der Gesellschaft an. 501 S. Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (31), mit Bezug auf die Kommentierung zum Festland-IPRG von HUANG Jin / JIANG Rujiao. 502 S. Chinesische IPR-Gesellschaft, ModellG, S. 129. 500
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1. Teil: Festland – § 5 Interregionales Privatrecht
Art. 40 Festland-IPRG unterstellt sie nun dem Recht des Ortes, an dem das Pfandrecht errichtet wird. (6) Treuhand 593
594
Das Treuhandgesetz der Volksrepublik China 503 (im Folgenden: TreuhandG), bestimmt zwar in Art. 3 seine Anwendung auf zivilrechtliche, gewerbliche oder gemeinnützige Aktivitäten der Treuhand (ℊ㎁), die Treugeber, Treuhänder und Begünstigter auf dem Gebiet der Volksrepublik China entfalten. Die Vorschrift soll den persönlichen, sachlichen und territorialen Anwendungsrahmen des Gesetzes definieren und klarstellen, dass jede Treuhandaktivität auf chinesischem Boden die Vorschriften des TreuhandG respektieren muss.504 Dennoch dient sie wohl wiederum nur dazu, die Stellung des TreuhandG innerhalb des festlandchinesischen Rechts zu bestimmen, nicht aber im Verhältnis zu fremdem Recht (vgl. zu den ähnlichen arbeitsrechtlichen Vorschriften oben Rn. 469 f.). Dementsprechend entnimmt die festlandchinesische Literatur Art. 3 TreuhandG auch keine Kollisionsregel. 505 Für die Gerichtspraxis konnte bisher allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Volksgerichte sie als Anordnung eines international zwingenden Charakters des Gesetzes auffassen. Mangels spezieller Kollisionsregel hing das auf die Treuhand anzuwendende Recht bisher von der Qualifikation der Treuhand ab. Ordnet man die Treuhand als einseitigen Vertrag ein, wie dies in der festlandchinesischen Literatur vertreten wurde, 506 gelangt man zu einer Anwendung des Vertragsstatuts nach den allgemeinen Regeln. Es sollte jedoch bei einer Treuhand über unbewegliches Vermögen durch Auslegung zu klären sein, ob nicht das Sachenrechtsstatut des Art. 144 AGZ einzugreifen hat.507 De lege ferenda wurde grundsätzlich die freie Rechtswahl mit hilfsweiser Anknüpfung nach dem Grundsatz der engsten Verbindung befürwortet, wobei einzelne Fragestellungen ihrer Natur entsprechend unterschiedlich angeknüpft werden sollten. 508 Unter den Gerichten war die kollisionsrechtliche Behandlung der Treuhand umstritten.509 503 504
ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦ℊ㎁㷾 vom 28.4.2001, in Kraft seit dem 1.10.2001.
S. dazu die Anmerkungen zu Art. 3 TreuhandG in Kommission für Arbeiten an der Rechtsordnung des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses, Erläuterung zum TreuhandG. 505 S. Zhu, 3 (2007) J. P.I.L. 283 (293); HUANG Jin (GUO Yujun), IPR, S. 284; DU Tao / CHEN Li, S. 282. Münzel, Fn. 2 zur Übersetzung, Chinas Recht 2001.5, 28.4.01/1, sieht darin eine kollisionsrechtliche Vorschrift mit unklarem Inhalt. 506 ZHAO Xianglin / DU Xinli (ZHAO Yimin), S. 285. Zur schuldrechtlichen Qualifikation auch DU Tao / CHEN Li, S. 281. 507 So ZHAO Xianglin / DU Xinli (ZHAO Yimin), S. 285. 508 S. HUANG Jin (GUO Yujun), IPR, S. 284. 509 S. DU Tao / CHEN Li, S. 282.
II. Besonderer Teil
243
Das Festland-IPRG ordnet die Treuhand systematisch weder dem Sachen- noch dem Schuldrecht zu, sondern regelt das auf sie anzuwendende Recht durch Art. 17 im Kapitel über die Zivilrechtssubjekte. Art. 17 S. 1 Festland-IPRG lässt, etwas weniger präzise und streng als in Art. 42 Kapitel 9 ZGB-Entwurf und Art. 91 Abs. 1 ModellG vorgeschlagen,510 eine Vereinbarung der Parteien über das anwendbare Recht zu. Während die Entwürfe jedoch bei fehlender oder wegen Unbekanntheit der Treuhand im gewählten Recht fehlgehender Rechtswahl unter Vorgabe von Vermutungsregeln511 auf das mit der Treuhand am engsten verbundene Recht zurückgreifen wollten, erklärt Art. 17 S. 2 Festland-IPRG das Recht des Belegenheitsortes des Treuhandvermögens oder das Recht des Ortes für anwendbar, an dem sich das Treuhandverhältnis ergibt.512 Das Verhältnis der Alternativen zueinander und die Reichweite des Statuts513 klärt das Gesetz nicht.
510
Diese wollten, etwas strenger, nur eine ausdrücklich vom Treugeber im schriftlichen Dokument der Treuhanderrichtung getroffene Rechtswahl zulassen. Dass die Rechtswahl auch nach dem Festland-IPRG ausdrücklich erfolgen muß, ergibt sich aus Art. 3 Festland-IPRG. 511 Es sollten im Allgemeinen der Ort, an dem sich das Treuhandvermögen befindet, der Ort der Treuhandverwaltung (nach Art. 91 Abs. 2 ModellG nur der Ort, den der Treugeber hierfür vorgegeben hat), der gewöhnliche Aufenthalt oder der Geschäftssitz des Treuhänders oder der Ort, an dem sich das Ziel der Treuhand verwirklicht, in Betracht kommen. 512 Die Zufälligkeit dieser Anknüpfung rügt Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (42). 513 Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (43), möchte der systematischen Stellung der Norm eine Begrenzung des Statuts auf die Frage der eigenen Rechtspersönlichkeit der Treuhand entnehmen.
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§ 6 Interregionale Justizhilfe – Anerkennung und Vollstreckung von Zivilurteilen 1. Teil: Festland – § 6 Anerkennung und Vollstreckung
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Nachdem die Regeln, nach denen festlandchinesische Gerichte ihre Zuständigkeit im Verhältnis zu den anderen chinesischen Rechtsregionen ermitteln, sowie die von ihnen bei der Verhandlung von Fällen mit interregionalem Bezug zum Einsatz gebrachten Kollisionsregeln untersucht wurden, bleibt nun noch der Blick auf die Frage, ob festlandchinesische Gerichte Gerichtsentscheidungen aus den Regionen Taiwan, Macau und Hong Kong anerkennen. Da die Rechtsgrundlagen unterschiedlich sind, wird dies jeweils in eigenen Abschnitten erfolgen.
I. Im Verhältnis zu Taiwan I. Im Verhältnis zu Taiwan
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Die Anerkennung und Vollstreckung von Zivilurteilen taiwanesischer Gerichte auf dem chinesischen Festland wurde 1998 durch das Oberste Volksgericht in Form einer Justizauslegung, den Anerkennungs-Regelungen Taiwan (s. dazu oben Rn. 90, 318 ff.), einseitig geregelt. Den Anlass dazu mag die Tatsache geboten haben, dass Taiwan am 14.5.1997 ein Gegenseitigkeitserfordernis in seine Regelung über die Anerkennung festlandchinesischer Gerichtsurteile (dazu unten Rn. 863 ff.) eingefügt hatte, nachdem diesen darin zuvor bedingungslose Wirkung zugesprochen worden war. 1 Vor Erlass der Anerkennungs-Regelungen Taiwan wurden taiwanesische Urteile auf dem Festland nicht anerkannt, obwohl schon 1991 der damalige Präsident des Obersten Volksgerichts sich dahin geäußert hatte, dass sie nach den Umständen des Einzelfalls anzuerkennen seien, solange sie nicht gegen den festlandchinesischen ordre public verstießen. 2 Die Anerkennungs-Regelungen Taiwan werden dagegen auch praktisch durch die Ge-
1
S. dazu Chung, 22 (2008) St. John’s J. Leg. Comm. 559 (567 f.). Vgl. SU Yuanhua, S. 412. Über die Äußerung des Gerichtspräsidenten berichten auch SHEN Juan, S. 131; HUANG Jin, Forschungen, S. 267; Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (130, Fn. 107). 2
I. Im Verhältnis zu Taiwan
245
richte umgesetzt.3 Sie werden seit dem 14.5.2009 durch die AnerkennungsZusatzregelungen Taiwan (s. oben Rn. 90) ergänzt. 1. Anwendungsbereich Die Anerkennungs-Regelungen Taiwan gelten nach ihren Art. 2, 19 allgemein für Zivilurteile taiwanesischer Gerichte und Schiedsurteile taiwanesischer Schiedsinstitutionen, wenn die Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einer anderen Provinz, Autonomen Region oder Regierungsunmittelbaren Stadt – mit anderen Worten auf dem Festland – haben oder das Vermögen, in das vollstreckt werden soll, dort belegen ist. Art. 2 Abs. 1 Anerkennungs-Zusatzregelungen Taiwan stellt klar, dass die anzuerkennenden Zivilurteile auch über handels- und seerechtliche Streitigkeiten sowie geistiges Eigentum betreffende Streitigkeiten ergangen sein können. Nach dem Antwortvermerk des Obersten Volksgerichts dazu, ob die Volksgerichte Anträge der Parteien an die Volksgerichte auf Anerkennung von Vergleichsurkunden in Zivilsachen der entsprechenden Gerichte der Region Taiwan oder Urkunden über Vergleichsvereinbarungen, die durch entsprechende Organisationen der Region Taiwan ausgestellt oder bestätigt wurden, zulassen sollen 4 stehen zivilrechtliche Gerichtsvergleiche (崬嬌ᾏ) den Zivilurteilen gleich, nicht dagegen Vergleiche, die vor anderen Institutionen geschlossen wurden. Auch Zahlungsbefehle ( 㙘 ▦ ) und ihnen entsprechende Urkunden können gemäß dem Antwortvermerk des Obersten Volksgerichts dazu, ob die Volksgerichte Anträge der Parteien an die Volksgerichte auf Anerkennung von Zahlungsbefehlen der entsprechenden Gerichte der Region Taiwan zulassen sollen5 wie Zivilurteile nach den Anerkennungs-Regelungen Taiwan anerkannt werden. Die Arten der anzuerkennenden Entscheidungen fasst nunmehr Art. 2 Abs. 2 Anerkennungs-Zusatzregelungen Taiwan zusammen. Die Vorschrift nennt auch Beschlüsse (姪ⳃ) und Schiedsurteile (‛姪㡣㢭姪⋜). Die Anerkennung von Gerichtsentscheidungen, die vor Inkrafttreten der Anerkennungs-Regelungen Taiwan ergangen waren, konnte ebenfalls auf
3 S. SU Yuanhua, S. 414, mit einem Beispielsfall vom Juli 1999 und DU Tao / CHEN Li, S. 438, mit weiteren Beispielen aus der Praxis. Min, S. 38, berichtet über die Anerkennung eines taiwanesischen Schiedsurteils. 4
㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷぼᾴΰ㐪┙㾧⡙④㠲⊜㷾枋㴺ᾴ崬嬌ᾏ㌿儮㠲⊜㡣㢭⌣⊠㌿䦗峍䞭崬 嬌⑸峗ᾏ┺ΰ㴺㷾枋䙜崠峍┘盨ΰ㴺㷾枋⾽╏─䔯䞭㎢⨶, beschlossen am 9.4.1999, veröffentlicht am 27.4.1999 (㷾拳[1999]10 ┠), in Kraft seit 12.5.1999. 5 㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷぼᾴΰ㐪┙㾧⡙④㠲⊜㷾枋㙘 ▦┺ΰ㴺㷾枋䙜崠峍┘ΰ㴺㷾枋⾽ ╏─䔯䞭㎢⨶, beschlossen am 20.3.2001, veröffentlicht am 10.4.2001 ( 㷾拳[2001]13 ┠ ),
in Kraft seit 27.4.2001. S. dazu Huang/Du, 2 (2003) Chin. J. Int’l L. 387 (392 f.).
598
599
600
246
1. Teil: Festland – § 6 Anerkennung und Vollstreckung
die neue Regelung gestützt werden, sofern noch kein Jahr seit Wirksamwerden der Entscheidung vergangen war. 6 2. Zuständigkeit 601
Zuständig für die Anerkennung sind gemäß Art. 3 Anerkennungs-Regelungen Taiwan die Mittleren Volksgerichte am Ort des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts des Antragstellers oder an dem Ort, an dem sich – nachgewiesen durch den Antragsteller (Art. 3 Abs. 2 Anerkennungs-Zusatzregelungen Taiwan) – das Vermögen befindet, in das vollstreckt werden soll. Zwischen mehreren zuständigen Volksgerichten entscheidet nach Art. 3 Abs. 1 Anerkennungs-Zusatzregelungen Taiwan der Prioritätsgrundsatz. 3. Gründe für eine Ablehnung der Anerkennung
602
Art. 10 Anerkennungs-Regelungen Taiwan bestimmt, dass die Wirkung des Urteils eines taiwanesischen Gerichts anzuerkennen ist, wenn kein Grund zur Verweigerung der Anerkennung nach Art. 9 Anerkennungs-Regelungen Taiwan vorliegt. Art. 8 Anerkennungs-Zusatzregelungen Taiwan fügt als Voraussetzung noch die festgestellte Authentizität und Wirksamkeit der anzuerkennenden Entscheidung hinzu. Ein taiwanesisches Urteil ist nach Art. 9 Anerkennungs-Regelungen Taiwan nicht anzuerkennen, wenn – seine Wirksamkeit nicht feststeht, – es in einem Verfahren ergangen ist, in dem der Beklagte abwesend war und nicht rechtmäßig geladen wurde oder der Beklagte prozessunfähig war und keine angemessene Vertretung erhalten hat, – Volksgerichte ausschließlich zuständig waren, – beide Seiten eine Schiedsvereinbarung geschlossen haben, – ein Volksgericht bereits in diesem Fall ein Urteil erlassen hat oder das Urteil eines Gerichts eines anderen Landes oder auswärtigen Gebietes oder das Schiedsurteil einer auswärtigen Schiedsinstitution anerkannt hat, – das anzuerkennende Urteil gegen die Grundprinzipien des nationalen Rechts verstößt oder die gesellschaftlichen und öffentlichen Interessen verletzt.7
6
Du, China Law No. 18 [1999.1], 85 (88). S. hierzu Kritik bei SU Yuanhua, S. 414 f.: Die ordre public-Klausel müsse für den interregionalen Rechtsverkehr begrenzt werden: keine Anerkennung nur bei Widerspruch zur nationalen Einheit und Sicherheit sowie bei Verstoß gegen die Grundprinzipien des nationalen Rechts, nicht lediglich des Rechts der Festland-Region. 7
II. Im Verhältnis zu Macau
247
4. Sonstige Regelungen Wie bereits unter Rn. 318 ff. erläutert, legt das Oberste Volksgericht in den Anerkennungs-Regelungen Taiwan auch fest, wie sich ein bereits vorhandenes taiwanesisches Urteil auf eine Klage vor festlandchinesischen Gerichten auswirkt. Die übrigen Vorschriften der Anerkennungs-Regelungen Taiwan regeln im Wesentlichen das Verfahren (Antrag, erforderliche Unterlagen, Fristen etc.). Nach Art. 17 Anerkennungs-Regelungen Taiwan musste ein Antrag auf Anerkennung innerhalb eines Jahres seit Wirksamwerden des Urteils gestellt werden,8 bevor Art. 9 Abs. 1 Anerkennungs-Zusatzregelungen Taiwan diese Frist auf zwei Jahre verlängerte.9 Für eine gegebenenfalls erforderliche Vollstreckung des anerkannten, in seiner Wirkung einer festlandchinesischen Gerichtsentscheidung gleichgestellten 10 Urteils verweist Art. 18 Anerkennungs-Regelungen Taiwan auf die entsprechenden Bestimmungen des Festland-ZPG (Art. 201 ff. Festland-ZPG). Art. 5 Anerkennungs-Zusatzregelungen Taiwan ermöglicht auf Antrag Sicherungsmaßnahmen während des Anerkennungsverfahrens.
603
II. Im Verhältnis zu Macau II. Im Verhältnis zu Macau
Die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen der Gerichte von Macau richtet sich seit April 2006 nach der interregionalen Vereinbarung des Anerkennungs-Arrangement Macau (oben Rn. 106, 318 ff.). Zuvor galten die Vorschriften des Festland-ZPG für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile entsprechend (dazu unten Rn. 630 ff.).11 Das Anerkennungs-Arrangement Macau enthält bereits ausführlichere Regelungen als die Anerkennungs-Regelungen Taiwan.
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1. Anwendungsbereich Nach Art. 1 Anerkennungs-Arrangement Macau erfasst die Vereinbarung Urteile in Zivil- und Handelssachen einschließlich bestimmter Bereiche des Arbeitsrechts und in strafrechtlichen Fällen ausgeurteilten zivilrechtlichen Schadensersatz. Art. 2 Anerkennungs-Arrangement Macau stellt klar, dass der Begriff des Urteils (⍍⋜ ) in der Vereinbarung in einem weiten Sinn zu verstehen ist, indem er die verschiedenen möglichen Formen richterlicher Entscheidung beider Regionen aufzählt. 8
Zu den mutmaßlichen Hintergründen dieser Regelung s. Min, S. 38. Art. 9 Abs. 2 Anerkennungs-Zusatzregelungen Taiwan ermöglicht eine Fristverlängerung auf Antrag bei unverschuldetem Hindernis, die Frist zu wahren. 10 Art. 1 Abs. 2 Anerkennungs-Zusatzregelungen Taiwan. 11 S. SU Yuanhua, S. 407 ff. 9
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248 606
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1. Teil: Festland – § 6 Anerkennung und Vollstreckung
Art. 3 Anerkennungs-Arrangement Macau bestimmt, dass für Zahlungsurteile ein Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung gestellt werden kann; für Urteile, die nicht auf Zahlung gerichtet sind oder keiner Vollstreckung bedürfen, kann dagegen entweder nur Anerkennung beantragt oder das Urteil unmittelbar in einem anderen Verfahren als Beweis verwendet werden. Dies zeigt, dass der Anwendungsbereich des Anerkennungs-Arrangements Macau auch nicht hinsichtlich des Inhalts der anzuerkennenden Entscheidung begrenzt ist, also nicht nur Zahlungsurteile, sondern Leistungs-, Feststellungs- und Gestaltungsurteile gleichermaßen erfasst. In zeitlicher Hinsicht gilt das Anerkennungs-Arrangement Macau nach seinem Art. 21 Abs. 1 für Anträge auf Anerkennung und Vollstreckung, die nach seinem Inkrafttreten gestellt werden. Solche Anträge können auch für Gerichtsentscheidungen eingereicht werden, die im Zeitraum zwischen der Rückgabe Macaus an die Volksrepublik und dem Inkrafttreten der Vereinbarung ergangen sind, sofern deren Anerkennung zuvor noch nicht beantragt worden ist oder ein dahingehender Antrag nicht angenommen wurde. 2. Zuständigkeit
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Die Zuständigkeit für eine Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen aus Macau liegt auf dem Festland gemäß Art. 4 Abs. 1 Anerkennungs-Arrangement Macau bei den Mittleren Volksgerichten am Ort des Wohnsitzes, des gewöhnlichen Aufenthalts oder des Belegenheitsortes von Vermögen des Antragsgegners; der Antragsteller darf jedoch nur vor einem von mehreren zuständigen Volksgerichten den Anerkennungsantrag stellen. 3. Gründe für eine Ablehnung der Anerkennung
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Nach Art. 11 Anerkennungs-Arrangement Macau lehnt das hinsichtlich der Anerkennung einer Gerichtsentscheidung angerufene Gericht diese ab, wenn – die in der anzuerkennenden Entscheidung entschiedenen Angelegenheiten nach dem Recht der Region, von der die Anerkennung begehrt wird, der ausschließlichen Zuständigkeit ihrer eigenen Gerichte unterlagen, – vor den zuständigen12 Gerichten der Region, in der die Anerkennung beantragt wird, bereits ein identisches Verfahren anhängig war, bevor das Verfahren in der anderen Region eingeleitet wurde,13
12
Nach der jeweiligen lex fori des Urteilsgerichts, s. Min, S. 41. Kritisch zur Wortwahl dieses Ablehnungsgrundes Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (122). 13
II. Im Verhältnis zu Macau
249
– die Gerichte der angerufenen Region schon die Entscheidung eines Gerichts oder Schiedsgerichts, das keines der Urteilsregion ist, in derselben Angelegenheit anerkannt oder vollstreckt haben, – die anzuerkennende Entscheidung in einem Verfahren ergangen ist, in dem nach dem Recht der Urteilsregion die unterlegene Partei 14 nicht rechtmäßig geladen wurde oder prozessunfähig war und keine angemessene Vertretung erhalten hat, – die anzuerkennende Entscheidung noch nicht rechtskräftig oder ihre Rechtskraft infolge Rechtsmittels ausgesetzt ist,15 – die Anerkennung und Vollstreckung gegen den ordre public verstoßen würde. Der ordre public-Vorbehalt ist für das Festland und Macau jeweils getrennt formuliert, um der jeweiligen Ausgestaltung des ordre public in beiden Regionen Rechnung zu tragen. So findet sich für das Festland die im festlandchinesischen Recht übliche Formulierung, dass nicht gegen die Grundprinzipien des Rechts der inneren Region (⊮⡙㷾ゴ䞭⤣㡕Ⓢ⍂) oder die gesellschaftlichen und öffentlichen Interessen ( 䩧⁃⊕⊚⍒䟳 ) verstoßen werden darf. Im Unterschied zu Art. 266 Festland-ZPG werden die staatliche Souveränität und Sicherheit vor dem Hintergrund, dass diese interregional nicht betroffen sein sollten, nicht genannt.16 Der Vorbehalt von Seiten Macaus sichert die Grundprinzipien (princípios fundamentais) des Rechts von Macau sowie die öffentliche Ordnung (ordem pública). Nach Art. 20 Anerkennungs-Arrangement Macau finden auf die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen die entsprechenden Vorschriften der anerkennenden Region Anwendung, soweit die Vereinbarung keine besonderen Regeln vorsieht. Diese Vorschrift scheint so verstanden zu werden, dass die Gründe für eine Ablehnung der Anerkennung im Anerkennungs-Arrangement Macau nicht abschließend geregelt sein sollen, sondern darüber hinausgehende, im jeweiligen eigenen Zivilprozessrecht vorgesehene Gründe weiterhin zur Anwendung gelangen können.17
14 Regelmäßig die beklagte Partei. Die Ungenauigkeit des Wortlauts, nach dem ein unterliegender Kläger theoretisch trotz fehlender Zustellung an den Beklagten vollstrecken lassen könnte, s. Min, S. 42, ist unschädlich, da der unterlegene Kläger kein Interesse an der Anerkennung des Urteils haben wird. 15 Der zweite Teil der Regelung ist einer Besonderheit des Rechts von Macau geschuldet, nach dem ein Rechtsmittel nur bei bestimmten Entscheidungsarten der Rechtskraft entgegensteht, s. Min, S. 42. 16 So Min, S. 42. 17 S. Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (19 f.), mit Verweis auf die Aussage eines leitenden Richters des Obersten Volksgerichts. Dies würde auch die Praxis der parallelen Prüfung des Anerkennungs-Arrangement Macau und des Art. 1200 Macau-ZPG, dazu unten Rn. 995, erklären.
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1. Teil: Festland – § 6 Anerkennung und Vollstreckung
Art. 14 Anerkennungs-Arrangement Macau stellt klar, dass die Anerkennung einer Gerichtsentscheidung insgesamt nicht allein deshalb verweigert werden darf, weil einzelne in ihr enthaltene Teilentscheidungen nicht anerkannt werden können: Wenn eine Entscheidung nicht vollständig anerkannt werden kann, bleibt die Anerkennung hinsichtlich eines Teils des Klagebegehrens möglich. 4. Sonstige Regelungen
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614
Neben Fragen des Antragsverfahrens (Form, Frist etc.) sieht das Anerkennungs-Arrangement Macau die Möglichkeit von vorläufigen Vermögenssicherungsmaßnahmen gegen den Antragsgegner vor (Art. 15 AnerkennungsArrangement Macau) und koordiniert die Vollstreckung in Vermögen, das sich in beiden Regionen befindet (Art. 5 Anerkennungs-Arrangement Macau). Es regelt in seinen Art. 16 und 17 die Möglichkeit einer erneuten Klage bei bereits vorhandenem Urteil der Gerichte der jeweils anderen Region (s. dazu oben Rn. 318 ff.). Des Weiteren stellt Art. 13 S. 1 Anerkennungs-Arrangement Macau ein anerkanntes Urteil in seiner Wirkung einer in der anerkennenden Region ergangenen Gerichtsentscheidung gleich, so dass es nach den entsprechenden Regeln der jeweiligen Region vollstreckt werden kann. Eine Frist für die Stellung eines Antrags auf Anerkennung sieht das Anerkennungs-Arrangement Macau nicht vor. Es regelt aber im Rahmen der Übergangsregelung für die Zeit zwischen der Rückgabe Macaus an die Volksrepublik und dem Inkrafttreten der Vereinbarung den Beginn einer solchen Frist (Art. 21 Abs. 3 Anerkennungs-Arrangement Macau). Es geht also offensichtlich davon aus, dass eine Frist besteht. Aus Art. 20 Anerkennungs-Arrangement Macau (s. oben Rn. 611) ist zu folgern, dass die durch das Festland-ZPG für einen Antrag auf Vollstreckung vorgeschriebenen Fristen gelten sollen.18 Nach Art. 219 Abs. 1 Festland-ZPG a.F. betrug diese Frist zwischen juristischen Personen und sonstigen Organisationen sechs Monate, sobald mindestens eine natürliche Person beteiligt war, ein Jahr. Durch die Reform des Festland-ZPG wurde nunmehr eine einheitliche Frist von zwei Jahren eingeführt (Art. 215 Abs. 1 S. 1 Festland-ZPG n.F.). Beide beginnen am letzten Tag der in der zu vollstreckenden Urkunde bestimmten Erfüllungsfrist (Art. 219 Abs. 2 Festland-ZPG a.F., Art. 215 Abs. 2 Festland-ZPG n.F.).
18
So auch Huang/Song/Li/Long, 8 (2009) Chin. J. Int’l L. 715 (720).
III. Im Verhältnis zu Hong Kong
251
III. Im Verhältnis zu Hong Kong III. Im Verhältnis zu Hong Kong
Die wie das Anerkennungs-Arrangement Macau im Jahr 2006 unterzeichnete Vereinbarung über die Anerkennung und Vollstreckung bestimmter Urteile zwischen dem chinesischen Festland und Hong Kong (s. dazu oben Rn. 107, 318 ff.) ist mit Wirkung zum 1.8.2008 in beiden Regionen umgesetzt worden. Im Folgenden wird zunächst auf die Regelungen des Anerkennungs-Arrangement Hong Kong eingegangen, bevor die bisherige, für die hiervon nicht erfassten Entscheidungen der Gerichte von Hong Kong weiterhin maßgebliche festlandchinesische Rechtslage untersucht wird.
615
1. Das Anerkennungs-Arrangement Hong Kong Das Anerkennungs-Arrangement Hong Kong löst das Problem der gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen zwischen dem Festland und Hong Kong aufgrund seines begrenzten Anwendungsbereiches nicht so umfassend wie das Anerkennungs-Arrangement Macau im Verhältnis zu Macau. In vielerlei Hinsicht folgt es den Lösungen des Haager Übereinkommens über Gerichtsstandsvereinbarungen vom 30.6.2005.19
616
a) Anwendungsbereich Nach seinem Art. 1 findet das Anerkennungs-Arrangement Hong Kong (nur) Anwendung auf zivil- und handelsrechtliche vollstreckbare Endurteile auf Zahlung einer Geldsumme, die durch ein Gericht ergangen sind, dessen Zuständigkeit die Parteien schriftlich vereinbart hatten.
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(1) Der Begriff des Urteils Der Begriff des Urteils ist nach der Aufzählung von Entscheidungsarten in Art. 2 Abs. 2 Anerkennungs-Arrangement Hong Kong weit zu verstehen. Er soll jede Art der verfahrensbeendenden Entscheidung erfassen.20
618
(2) Vollstreckbares Endurteil Was unter einem vollstreckbaren Endurteil (⊠㠲㎐奵⏄䞭俱Ⳋ⍍⋜) zu verstehen ist, bestimmt Art. 2 Abs. 1 Anerkennungs-Arrangement Hong Kong jeweils gesondert für die Urteile der Gerichte der beiden Regionen. Während jedes rechtswirksame Urteil der verschiedenen Gerichte von Hong Kong als vollstreckbar anzusehen ist, kommen für eine Anerkennung nur genau beschriebene Urteile bestimmter Gerichte des Festlands in Betracht. 19 20
Zhang/Smart, 36 (2006) HKLJ 553 (570). S. Vogl/Wang, RIW 2007, 283 (284).
619
252 620
621
1. Teil: Festland – § 6 Anerkennung und Vollstreckung
Hintergrund dieser Regelung sind die Bedenken, die das nach dem Gesetzeswortlaut sehr weitgehende Wiederaufnahmeverfahren des Festlands hinsichtlich der Endgültigkeit festlandchinesischer Gerichtsurteile hervorruft. 21 Selbst wenn gegen das Urteil eines Volksgerichts das eigentliche Rechtsmittel entweder ausgeschöpft oder verfristet ist, kann zeitlich unbegrenzt durch das Urteils- oder ein höheres Gericht und befristet auch durch die Parteien nach Art. 177 ff. Festland-ZPG eine Art Kontrollverfahren eingeleitet werden, etwa weil neue Beweise vorliegen oder die im Ausgangsverfahren vorgelegten Beweise gefälscht waren, aber auch wegen grober Rechtsanwendungsfehler.22 Als Endurteil sollen daher neben allen Urteilen des Obersten Volksgerichts und Urteilen der zweiten und letzten Instanz nur Urteile angesehen werden, die entweder in erster Instanz bei verfristetem oder nicht zugelassenem Rechtsmittel oder im Wiederaufnahmeverfahren durch ein höheres Gericht ergangen sind. Es dürfen zudem nur erstinstanzliche Urteile von solchen Volksgerichten anerkannt werden, die infolge der Zuständigkeitskonzentration nach den Zuständigkeits-Regelungen (oben Rn. 57) für Fälle mit Außen- und interregionalem Bezug zuständig sind. (3) Schriftliche Gerichtsstandsvereinbarung
622
Ein Urteil kann nur auf der Grundlage des Anerkennungs-Arrangement Hong Kong anerkannt und vollstreckt werden, wenn das entscheidende Gericht seine Zuständigkeit auf eine andere Zuständigkeiten ausschließende Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien stützen kann.23 Diese muss gemäß Art. 3 Abs. 1 Anerkennungs-Arrangement Hong Kong nach dessen Inkrafttreten 24 für eine bestimmte rechtliche Beziehung der Parteien getroffen 21
S. dazu Vogl/Wang, RIW 2007, 283 (284); Zhang/Smart, 36 (2006) HKLJ 553 (561 f.); Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (14 f.); Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (126 f.). Zu den Bedenken im Vorfeld der Vereinbarung Gu, China Law No. 35 [4/2002], S. 83 (85). Zur Frage der Endgültigkeit (finality) festlandchinesischer Gerichtsentscheidungen ausführlich die durch die diesbezügliche Debatte in Hong Kong veranlasste, aber nicht auf diese beschränkte Analyse von Liu, 13 (1999) CJAL 35 (35 ff.). 22 S. zu den einzelnen Gründen für eine Wiederaufnahme Art. 179 Festland-ZPG. S. ausführlich zum festlandchinesischen System der Wiederaufnahme Liu, 13 (1999) CJAL 35 (68 ff.). Zu diesbezüglichen Einschränkungsmaßnahmen und Reformbestrebungen s. Zhang/Smart, 36 (2006) HKLJ 553 (570 f.); Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (126 f.). Diese haben jedoch letztlich nur zu einer Verfeinerung des Systems geführt, Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (16 f.). 23 S. dazu auch Vogl/Wang, RIW 2007, 283 (283 f.). 24 Dies schränkt den Anwendungsbereich des Anerkennungs-Arrangements Hong Kong in zeitlicher Hinsicht weiter ein, als Art. 17 vorgibt, der die Anwendung des Anerkennungs-Arrangements Hong Kong auf Entscheidungen vorsieht, die am Tag seines Inkrafttretens oder danach ergangen sind, s. Zhang/Smart, 36 (2006) HKLJ 553 (583 f.).
III. Im Verhältnis zu Hong Kong
253
worden sein. Bei einer solchen Rechtsbeziehung kann es sich nach Art. 3 Abs. 2 Anerkennungs-Arrangement Hong Kong nur um einen zivil- oder handelsrechtlichen Vertrag zwischen den Parteien handeln; Arbeitsverträge und Verträge natürlicher Personen für den persönlichen Verbrauch, die Familie oder andere nicht kommerzielle Zwecke sind ausgenommen. 25 Die Gerichtsstandsvereinbarung ist grundsätzlich vom Schicksal des Vertrags, für den sie getroffen wurde, unabhängig (Art. 3 Abs. 4 S. 2 AnerkennungsArrangement Hong Kong). Trotzdem lässt das Anerkennungs-Arrangement Hong Kong aus Sicht der Literatur zu viel Raum für eine Nichtbeachtung von Gerichtsstandsvereinbarungen.26 Für die Schriftform ist nach Art. 3 Abs. 3 Anerkennungs-Arrangement Hong Kong maßgeblich, dass der Inhalt wahrnehmbar wiedergegeben werden kann und das Dokument einer späteren Bezugnahme und Verwendung zugänglich ist. Als Beispiele werden neben dem Vertragsdokument u.a. auch Telefax und Email genannt.
623
(4) Zivil- und handelsrechtliches Zahlungsurteil Im Unterschied zum Anerkennungs-Arrangement Macau ist die Anwendung des Anerkennungs-Arrangements Hong Kong auf Gerichtsentscheidungen beschränkt, die auf die Zahlung eines Geldbetrages gerichtet sind. Auf Vornahme oder Unterlassung einer Handlung gerichtete Entscheidungen und einstweilige Verfügungen sind nicht erfasst.27 Ferner kann das Anerkennungs-Arrangement Hong Kong nur auf zivilund handelsrechtliche Urteile angewendet werden. Was genau darunterfallen soll, ist nicht festgelegt und könnte vor dem Hintergrund zu Qualifikationsproblemen führen, dass das Recht von Hong Kong den Begriff der Zivil- und Handelsrechtssache nicht kennt.28 Jedenfalls sollen Entscheidungen in Ehe- und Nachlasssachen, Insolvenz oder Liquidation nicht darunter fallen.29 Darüber hinaus bewirkt Art. 3 Abs. 2 Anerkennungs-Arrangement Hong Kong eine gewisse Klärung, indem er die Anwendung der Vereinbarung auf Urteile über Streitigkeiten aus kommerziellen Verträgen beschränkt (s. Rn. 622). 25 Nach Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (117), beruht diese Begrenzung auf Vorgaben von Seiten Hong Kongs. 26 S. Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (12 f.). In diese Richtung auch Chow, Hong Kong Lawyer 5/2007, 29 (34), der eine Umgehung der Anwendung des Anerkennungs-Arrangements Hong Kong dadurch befürchtet, dass Gerichtsstandsvereinbarungen als nicht ausschließlich ausgelegt werden. 27 Vgl. So/Leung, Hong Kong Lawyer 1/2007, 28 (29); Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (106).. 28 Vgl. dazu Gu, China Law No. 35 [4/2002], S. 83 (86 f.). 29 S. So/Leung, Hong Kong Lawyer 1/2007, 28 (29).
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254
1. Teil: Festland – § 6 Anerkennung und Vollstreckung
b) Zuständigkeit 626
Welche Volksgerichte für die Anerkennung von Urteilen der Gerichte von Hong Kong auf dem Festland zuständig sind, ist in Art. 4, 5 Abs. 1 Anerkennungs-Arrangement Hong Kong in gleicher Weise geregelt wie in Art. 4 Abs. 1 Anerkennungs-Arrangement Macau im Verhältnis zu Macau (s. dazu oben Rn. 608). c) Gründe für eine Ablehnung der Anerkennung
627
Die Anerkennung eines Urteils der Gerichte der jeweils anderen Region darf nach Art. 9 Anerkennungs-Arrangement Hong Kong abgelehnt werden, wenn – die Gerichtsstandsvereinbarung nach dem Recht der Region des gewählten Gerichts unwirksam ist, es sei denn, das gewählte Gericht hat ihre Wirksamkeit in seinem Urteil bestätigt,30 – dem Urteil bereits vollständig Folge geleistet wurde, – die Gerichte der um Anerkennung ersuchten Region nach ihrem Recht ausschließlich zuständig gewesen wären, – die unterlegene Partei nach dem Recht der Urteilsregion nicht rechtmäßig31 geladen wurde und nicht vor Gericht erschienen ist oder ihr trotz rechtmäßiger Ladung nicht der gesetzlich eingeräumte Zeitraum für ihre Verteidigung zugebilligt wurde, – das Urteil durch Betrug erreicht wurde,32 – bereits in der um Anerkennung ersuchten Region ein Urteil hinsichtlich des gleichen Klagebegehrens oder die Entscheidung eines Gerichts oder Schiedsgerichts, das keines der Urteilsregion ist, in derselben Angelegenheit anerkannt oder vollstreckt wurde,33 – die Anerkennung und Vollstreckung gegen den ordre public der um Anerkennung ersuchten Region verstoßen würde.34 30 Nach Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (118), soll das gewählte Gericht die Entscheidung über die Wirksamkeit – im Unterschied zum anerkennenden Gericht – auf jede beliebige Rechtsordnung stützen dürfen, solange diese Bezug zum Rechtsstreit hat. 31 Als rechtmäßig gilt dabei auch eine öffentliche Zustellung, wenn das Recht der Urteilsregion dies zulässt. Dies kritisieren So/Leung, Hong Kong Lawyer 1/2007, 28 (30); Zhang/Smart, 36 (2006) HKLJ 553 (574), aus Hong Konger Sicht. 32 Dieser zuvor auf dem Festland unbekannte Ablehnungsgrund geht auf das Recht von Hong Kong zurück, s. Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (119). Zu durch die Einführung dieser Rechtsfigur des common law ins festlandchinesische Recht auftretenden Auslegungsproblemen Huang, aaO (145 f.). 33 Als für das Festland ungeklärt beschreibt Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (120), die Frage, ob das Urteil zwischen den gleichen Parteien ergangen sein muß. 34 Zu Bedenken hinsichtlich der Reichweite des festlandchinesischen ordre public aus Hong Konger Sicht s. So/Leung, Hong Kong Lawyer 1/2007, 28 (30). Huang, 6 (2010) J.
III. Im Verhältnis zu Hong Kong
255
Wie im Anerkennungs-Arrangement Macau (s. dazu oben Rn. 610) bezieht die Formulierung des ordre public-Vorbehalts die in den betroffenen Regionen übliche Bezeichnung mit ein, ohne für das Festland die nationale Sicherheit und Einheit zu nennen. Ob Art. 8 Abs. 1 Anerkennungs-Arrangement Hong Kong wie Art. 20 Anerkennungs-Arrangement Macau (dazu oben Rn. 611) als Öffnungsklausel für weitere im jeweiligen Zivilverfahrensrecht vorgesehene Gründe einer Ablehnung der Anerkennung angesehen werden kann,35 erscheint angesichts des abweichenden Wortlauts zweifelhaft, aber nicht ausgeschlossen. Anders als im Anerkennungs-Arrangement Macau ist hier nicht von der Anerkennung und Vollstreckung selbst, sondern nur dem Verfahren der Beantragung einer solchen die Rede. Als weiterer Ablehnungsgrund einer Anerkennung kommt aber allenfalls die Voraussetzung des Rechts von Hong Kong, dass ein Urteil nicht gegen die „natürliche Gerechtigkeit“ (natural justice) verstoßen darf (dazu unten Rn. 1151), in Betracht,36 soweit die entsprechenden Fälle nicht bereits unter den Ablehnungsgrund der nicht rechtmäßigen Ladung oder den ordre public-Vorbehalt fallen.
628
d) Sonstige Regelungen Die übrigen Regelungen des Anerkennungs-Arrangements Hong Kong entsprechen im Wesentlichen denen des Anerkennungs-Arrangements Macau, so dass auf die Ausführungen zu diesem verwiesen werden kann (s. oben Rn. 613). Art. 8 Abs. 2 Anerkennungs-Arrangement Hong Kong enthielt hinsichtlich der Frist für einen Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung ursprünglich eine Regelung, wie sie Art. 219 Abs. 1 Festland-ZPG a.F. vorsah (s. dazu oben Rn. 614). Diese wurde jedoch zum Inkrafttreten der reformierten Fristenregelung des Art. 215 Abs. 1 S. 1 Festland-ZPG n.F. durch die Notiz zur Änderung von Art. 8 des Arrangements in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in zivil- und handelsrechtlichen Fällen mit durch die Parteien vereinbarter Zuständigkeit durch die Gerichte der inneren Region und der Sonderverwaltungszone Hong Kong 37 angepasst und sieht nunmehr eine Zweijahresfrist vor. Diese Frist beginnt für die Vollstreckung von Urteilen aus Hong Kong an dem Tag, an dem das Urteil vollstreckbar wird, im Regelfall dem Urteilstag; gewährt das Urteil einen anderen Zeitraum für seine Erfüllung, wird P.I.L. 109 (120), fordert eine strikte Begrenzung dieses Ablehungsgrundes im Interesse der Rechtssicherheit. 35 Dies erwägt Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (19 ff.). Dagegen Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (117). 36 S. Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (20 f.). 37
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629
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1. Teil: Festland – § 6 Anerkennung und Vollstreckung
ab dem letzten Tag dieses Zeitraumes gerechnet (Art. 8 Abs. 3 Anerkennungs-Arrangement Hong Kong). 2. Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen, die nicht vom Anerkennungs-Arrangement Hong Kong erfasst sind 630
Die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen der Gerichte von Hong Kong wird durch die festlandchinesischen Gerichte seit der Rückgabe der Region an die Volksrepublik unterschiedlich gehandhabt. Da sich die Frage einer Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen aus Hong Kong weiterhin für solche Entscheidungen stellt, die nicht vom Anwendungsbereich des Anerkennungs-Arrangements Hong Kong erfasst werden, sollen die verschiedenen dazu vertretenen Ansätze im Folgenden dargestellt werden. a) Bezugnahme auf die Anerkennungs-Regelungen Taiwan
631
Das Mittlere Volksgericht Changsha bezog sich 1998 auf die Anerkennungs-Regelungen Taiwan, um in einem Fall ein Urteil aus Hong Kong anzuerkennen. 38 Soweit ersichtlich, hat diese Vorgehensweise keinen Anklang unter den festlandchinesischen Gerichten gefunden und wurde seitdem nicht wiederholt. b) Ablehnung der Anerkennung mangels interregionaler Regelung
632
Einige Gerichte sind – gestützt auf Art. 95 GGHK, der interregionale Justizhilfevereinbarungen erlaubt – der Auffassung, es bedürfe zur Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen aus Hong Kong besonderer Regelungen des interregionalen Privatrechts. Solange (und soweit) diese fehlen, lehnen diese Gerichte die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen aus Hong Kong ab.39 c) Entsprechende Anwendung der Art. 265, 266 Festland-ZPG
633
Wohl überwiegend gehen Rechtsprechung 40 und Literatur 41 von der entsprechenden Anwendbarkeit der Vorschriften über die Anerkennung und 38
Über diesen Fall berichten Zhang/Smart, 36 (2006) HKLJ 553 (556), mit Nachweis; Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (125). Ohne den konkreten Fall zu nennen auch Min, S. 13, 35. 39 S. zu dahingehenden Entscheidungen des Mittleren Volksgerichts Quanzhou Zhang/Smart, 36 (2006) HKLJ 553 (556), und des Mittleren Volksgerichts Xiameng Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (125), jeweils mit Nachweis. 40 S. das Beispiel bei Zhang/Smart, 36 (2006) HKLJ 553 (556). Vgl. zur Praxis der Gerichte der Provinz Guangdong TAO Kaiyuan, S. 234. Vgl. auch allgemein oben Rn. 70.
III. Im Verhältnis zu Hong Kong
257
Vollstreckung von ausländischen Gerichtsentscheidungen aus. Die Voraussetzungen für die Anerkennung ausländischer Gerichtsentscheidungen sind nur unvollständig in den Art. 265, 266 des Festland-ZPG geregelt.42 (1) Anerkennungsvoraussetzungen nach Art. 265, 266 Festland-ZPG, insbesondere das Prinzip der gegenseitigen Begünstigung Erforderlich ist ein Anerkennungsantrag.43 Daneben muss die anzuerkennende gerichtliche Entscheidung rechtliche Wirkung ( 㷾ゴ㙱⏄ ) erlangt haben, d.h. sie muss im Urteilsstaat bzw. der Urteilsregion nach dessen/deren Recht wirksam und vollstreckbar sein.44 Teilweise werden weitere ungeschriebene Anerkennungsbedingungen angenommen: die rechtmäßige Ladung und ausreichende Verteidigungsgelegenheit des Beklagten, 45 die
41
S. etwa HUANG Jin, Forschungen, S. 258, 268; Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (113 f.). 42 S. zu den Anerkennungsvoraussetzungen ausführlich Deißner, IPRax 2011, 565 (567 ff.). Nur für die Anerkennung der statusrechtlichen Wirkung von Scheidungsurteilen hat das Oberste Volksgericht explizite, detailliertere Regelungen erlassen: Regelungen des Obersten Volksgerichts zu Fragen des Verfahrens der Anerkennung von Scheidungsurteilen ausländischer Gerichte auf Antrag chinesischer Bürger (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ ὖ⠦⊕㴺䙜崠㎨峍⨿⠦㷾枋䫤⮃⍍⋜䬴⾸朗槁䞭嫭ⳃ) vom 13.8.1991, insb. dessen Ziff. 12, sowie Regelungen des Obersten Volksgerichts zu Fragen im Zusammenhang mit der Behandlung von Fällen des Antrags auf Anerkennung von Scheidungsurteilen ausländischer Gerichte durch die Volksgerichte (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷΰ㴺㷾枋─䔯䙜崠㎨峍⨿⠦㷾枋䫤⮃⍍ ⋜㥱‟㠲⊜朗槁䞭嫭ⳃ), beschlossen am 29.2.2000, in Kraft seit 1.3.2000. 43 ZHU Zhisheng, Dangdai Faxue 2002, 78 (79); LI Guanghui / SONG Lei, unter .3.(2). 44 S. dazu Hu, 46 (1999) NILR 291 (296 f.); Min, S. 30 f.; LI Guanghui / SONG Lei, unter .3.(2); JIANG Rujiao, Zhongyang Zhengfa Guanli Ganbu Xueyuan Xuebao 1998, 42 (42); ZHU Zhisheng, Dangdai Faxue 2002, 78 (78 f.). Vgl. auch HE Xiaoyi, Falü Shiyong 2005, Heft 7, 91 (92); LIU Bing, Gansu Zhengfa Chengren Jiaoyu Xueyuan Xuebao 2007, 15 (16); Zhang, 25 (2002) B. C. Int’l & Comp. L. Rev. 59 (88); Han, 2 (2005) USChina L. Rev. 20 (21); Yuan, 36 (2004) Geo. Wash. Int’l L. Rev. 757 (767); Daentzer, ZZPInt 2 (1997), 367 (369). 45 LIU Bing, Gansu Zhengfa Chengren Jiaoyu Xueyuan Xuebao 2007, 15 (15), leitet aus der Voraussetzung einer rechtlich wirksamen Entscheidung ab, dass sie in einem angemessenen Verfahren ergangen sein muss. Vgl. zu dieser Sichtweise von Senger/Xu, S. 523. Auch LI Guanghui / SONG Lei, unter .2.(3), lesen aus der gesetzlichen Regelung die Voraussetzung der rechtmäßigen Ladung nach dem Recht des Urteilsstaats ab. Zhang, 25 (2002) B. C. Int’l & Comp. L. Rev. 59 (88), und – ihm folgend – Yuan, 36 (2004) Geo. Wash. Int’l L. Rev. 757 (767), beschreiben dies als Anerkennungsbedingung, die zwar im chin. ZPG nicht geregelt ist, sich aber in den internationalen Anerkennungsund Vollstreckungsabkommen widerspiegelt und in der Praxis angewendet wird. Hu, 46 (1999) NILR 291 (299 ff.); Reyes, 23 (1997) Brook. J. Int’l L. 241 (261), verankern diese Bedingung im ordre public-Vorbehalt. Offen gelassen bei Daentzer, ZZPInt 2 (1997), 367 (371 f.).
634
258
1. Teil: Festland – § 6 Anerkennung und Vollstreckung
internationale Zuständigkeit des Urteilsgerichts nach chinesischem Recht46 oder die rechtmäßige, d.h. über den dazu vorgesehenen Weg erfolgte Zustellung des Urteils an den Beklagten.47 Darüber hinaus stellt Art. 266 Festland-ZPG die Anerkennung und Vollstreckung fremder Gerichtsentscheidungen unter den Vorbehalt des ordre public: Die anzuerkennende Entscheidung darf nicht gegen die Grundprinzipien des Rechts der Volksrepublik China, gegen die staatliche Souveränität, Sicherheit oder die gesellschaftlichen und öffentlichen Interessen verstoßen. Teilweise werden die Grundprinzipien des Rechts der Volksrepu-
46
Vgl. LI Guanghui / SONG Lei, unter .2.(1); Zhang, 25 (2002) B. C. Int’l & Comp. L. Rev. 59 (88); Yuan, 36 (2004) Geo. Wash. Int’l L. Rev. 757 (767); Daentzer, ZZPInt 2 (1997), 367 (369 f.); Kong/Hu, 3 (2002) Melb. J. Int’l L. 414 (432). Hu, 46 (1999) NILR 291 (294), entnimmt diese ungeregelte Voraussetzung dem Erfordernis der rechtlich wirksamen Entscheidung. Ähnlich HU Jun, Richter des Zweiten Mittleren Volksgerichts Beijing, in einer Erläuterung zum Beschluss v. 19.12.2005 auf den Antrag des Russischen Nationalen Sinfonie-Ensembles und der Atemengte-GmbH auf Anerkennung eines Urteils des englischen High Court (dazu unten § 6 Fn. 63). WANG Hui, unter Ἡ.()2.(5), leitet sie aus nationalem Zivilverfahrensrecht und internationalen Abkommen ab. Auch von Senger/Xu, S. 522, gehen von dieser Bedingung für eine Anerkennung aus. LIU Bing, Gansu Zhengfa Chengren Jiaoyu Xueyuan Xuebao 2007, 15 (16), kritisiert das Fehlen einer Regelung. Nicht endgültig geklärt ist, nach welchem Recht die internationale Zuständigkeit des ausländischen Gerichts zu prüfen ist, s. Hu, 46 (1999) NILR 291 (295 f.); WANG Hui (aaO) unter Ἡ.()2.(5). In der westlichen Literatur wird vermutet, dass ein Verstoß gegen chinesische Zuständigkeitsvorschriften als Verstoß gegen die Grundprinzipien aufgefasst und eine Versagung der Anerkennung dann aus dem ordre public-Vorbehalt abgeleitet werden würde, s. Reyes, 23 (1997) Brook. J. Int’l L. 241 (261); Daentzer, 2 (1997) ZZPInt, 367 (370), letztere nur hinsichtlich eines Verstoßes gegen eine ausschließliche Zuständigkeit chinesischer Gerichte. 47 Diese Anerkennungsvoraussetzung scheint das Oberste Volksgericht im Antwortschreiben des Obersten Volksgerichts auf die Bitte um Instruktionen in Fragen zum Antrag des Gemeinschaftsunternehmens für Fließbandproduktion Minsk auf Anerkennung und Vollstreckung eines Urteils des Obersten Gerichtshofs der Republik Weißrussland (㠩 氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ㜷㛘≴匓⏑俨䙈ῐ兽┱⊕┡䙜崠㎨峍⓳㎐奵䞦⃭傀㛘⊚▵⠦㠩氁俸㹷㷾⍍ ⋜Ἡ㥱㠲⊜朗槁䞭崠䩣䞭⨶⌦) v. 10.3.2003, (2003) 㴺⠄Ⲁ䱕 4 ┠, allgemein und unab-
hängig vom konkret betroffenen chinesisch-weißrussischen Justizhilfeabkommen aufstellen zu wollen. Auch im Beschluss des Mittleren Volksgerichts Wenzhou v. 13.12.2005 (Antrag der Schneider Electric Industries SAS auf Anerkennung eines Urteils des Tribunal de Grande Instance de Paris), (2005) 㽒㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 155 ┠, wird die Ablehnung des Anerkennungsantrags mit mangelnden Beweisen sowohl der rechtlichen Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit als auch der rechtmäßigen Zustellung begründet. Nach Hu, 46 (1999) NILR 291 (301), erfordert der chinesische prozessuale ordre public die Beachtung des Haager Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen v. 15.11.1965. In diese Richtung auch Reyes, 23 (1997) Brook. J. Int’l L. 241 (261).
III. Im Verhältnis zu Hong Kong
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blik China ( ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㷾ゴ䞭⤣㡕Ⓢ⍂ ) dabei als eigene Anerkennungsvoraussetzung angesehen.48 Als praktisch wichtigste, da meist fehlende Voraussetzung für eine Anerkennung von Urteilen, die nicht durch Volksgerichte erlassen wurden, verlangt Art. 266 Festland-ZPG, dass entweder ein internationales Abkommen oder das „Prinzip der gegenseitigen Begünstigung“ ( Ά㈉Ⓢ⍂ ) zwischen China und dem Urteilsstaat gilt.49 Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, bleibt dem Urteilsgläubiger nur der Weg über eine neue Klage vor festlandchinesischen Gerichten, wie das Oberste Volksgericht in Ziff. 318 der ZPG-Ansichten klargestellt hat.50 Das „Prinzip der gegenseitigen Begünstigung“ bezeichnet hier eine Gegenseitigkeitsbeziehung (Ά㈉⊜两51), nach der ein Urteil der Gerichte des angerufenen Staates in einem gleichartigen Fall im anrufenden Staat Anerkennung findet, 52 also die Verbürgung der Gegenseitigkeit. Dabei muss diese Gegenseitigkeitsbeziehung „tatsächlich“ ( ᾴⳇ ) bestehen, 53 was aus den die Anerkennung ausländischer Gerichtsentscheidungen regelnden Vorschriften herausgelesen wird.54 „Tatsächlich“ besteht eine Gegenseitigkeitsbeziehung nur, wenn ein Präzedenzfall der Anerkennung zwischen den beteiligten Staaten ermittelt werden kann.55 Dies führt dazu, dass faktisch der jeweils andere Staat mit der Anerkennung chinesischer Urteile beginnen muss, da festlandchinesische Gerichte wahrscheinlich keinen Präzedenzfall schaffen werden.56 Eine Vermutung zugunsten der Gegenseitigkeit 48 So will Min, S. 32 ff., die ungeschriebenen, auf das ausländische Verfahren bezogenen Voraussetzungen (Zuständigkeit und faires Verfahren), aber auch die Ablehnung der Anerkennung von Urteilen hier verorten, die dem festlandchinesischen Recht fremde Rechtsinstitute wie etwa Strafschadensersatz durchsetzen. 49 Anderes gilt für die Anerkennung von Scheidungsurteilen, s. dazu DU Tao / CHEN Li, S. 429. 50 Dazu Han, 2 (2005) US-China L. Rev. 20 (21). Dies kritisiert LIU Bing, Gansu Zhengfa Chengren Jiaoyu Xueyuan Xuebao 2007, S. 15 (16). 51 So auch vom Obersten Volksgericht in Ziff. 318, 319 ZPG-Ansichten bezeichnet. 52 Vgl. dazu DU Tao, Huanqiu Falü Pinglun 2007, 110 (111); WANG Hui, unter .()1. 53 LIU Bing, Gansu Zhengfa Chengren Jiaoyu Xueyuan Xuebao 2007, 15 (16); ZHU Zhisheng, Xiandai Faxue 2002, 78 (78); HU Han, unter I.( ) .3. Hiervon scheinen auch DU Tao / CHEN Li, S. 427 f., auszugehen, wenn sie die negativen Folgen einer solchen Praxis kritisieren. 54 Hu, 46 (1999) NILR 291 (302 f.); WANG Hui, unter .()2. 55 WANG Hui, unter .( Ἡ )5. sowie .( )2.; HU Han, unter I.( ) .3. Schon Daentzer, ZZPInt 2 (1997), 367 (376), vermutete ein solches Verständnis der Gegenseitigkeit. Gleiches gilt im Bereich der Anerkennung von Schiedsurteilen, s. Peerenboom, 1 (2000) Asian-Pac. L. & Pol’y J. 1 (27). Nach Min, S. 31 f., ist sogar zweifelhaft, ob bloße Präzedenzfälle der Anerkennung ausreichen oder vielmehr beidseitige Erklärungen oder Handlungen der betroffenen Staaten erforderlich sind. 56 Vgl. auch Daentzer, ZZPInt 2 (1997), 367 (377); WANG Hui, unter .()4.
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1. Teil: Festland – § 6 Anerkennung und Vollstreckung
mangels gegenteiliger Erfahrung gilt nach festlandchinesischem Recht nicht.57 Praktisch erscheint eine Anerkennung daher wegen der Schwierigkeiten des Nachweises der tatsächlichen Gegenseitigkeit nur über ein internationales Abkommen möglich.58 Dieses in der festlandchinesischen Rechtswissenschaft kritisierte59 Verständnis der Gegenseitigkeitsverbürgung findet seinen Ursprung in der festlandchinesischen Rechtsprechung: In diesem Sinn verstanden wird vor allem ein Beschluss des Mittleren Volksgerichts Dalian in zweiter Instanz,60 durch den dieses die Anerkennung eines japanischen Urteils ablehnte, weil keine angemessene Gegenseitigkeitsbeziehung gegeben sei, sowie der auf Anfrage des Oberen Volksgerichts der Provinz Liaoning in diesem Fall ergangene, gleichlautende Antwortschreiben des Obersten Volksgerichts die Frage betreffend, ob die Volksgerichte Chinas das Urteil eines japanischen Gerichts mit Forderungen und Verbindlichkeiten als Inhalt anerkennen und vollstrecken sollen. 61 Seine dahingehende Auffassung hat das Oberste Volksgericht 2007 bestätigt, indem es die Anerkennung eines australischen Urteils auf Anfrage des Oberen Volksgerichts Guangdong mangels angemessener Gegenseitigkeitsbeziehung ablehnte. 62 Mit der gleichen Begründung, es bestehe weder ein internationales Anerkennungs- und Vollstreckungsabkom57 Vgl. Beuchert/Laumann/Towfigh, RIW 48 (2002), 902 (908); Daentzer, ZZPInt 2 (1997), 367 (376). 58 Zu diesem Schluss gelangt HU Han, unter I.(⠄ ). Zu den Schwierigkeiten der gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen im deutsch-chinesischen Verhältnis s. Deißner, IPRax 2011, 565 (566 ff.). 59 Zum Teil wird das Erfordernis der Tatsächlichkeit kritisiert, s. Hu, 46 (1999) NILR 291 (302 f.); WANG Hui, unter ἲ .(ἲ)2.; XU Chongli, Xiamen Daxue Falü Pinglun 2004, 43 (70 f.); DU Tao, Huanqiu Falü Pinglun 2007, 110 (118 f.), zum Teil wird gefordert die Gegenseitigkeitsbeziehung als Anerkennungsvoraussetzung insgesamt fallen zu lassen, s. etwa LIU Bing, Gansu Zhengfa Chengren Jiaoyu Xueyuan Xuebao 2007, 15 (17); nur für familienrechtliche, nicht vermögensrechtliche Urteile auch XU Chongli, Xiamen Daxue Falü Pinglun 2004, 43 (72); zu dieser Auffassung Hu, 46 (1999) NILR 291 (303); DU Tao, Huanqiu Falü Pinglun 2007, 110 (118). 60 Mittleres Volksgericht Dalian v. 5.11.1994 (Fall des Antrags des japanischen Bürgers Wu Wei Huang auf Anerkennung und Vollstreckung des Urteils eines japanischen Gerichts). 61
㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ㌺⠦ΰ㴺㷾枋⾽╏㎨峍▵㎐奵㜎㡕⠦㷾枋⊠㠲Ⅳ㡬Ⅳ⏊⊮Ⳣ姪⍍䞭⨶ ⌦ vom 26.6.1995, (1995) 㴺Ⲁ䱕 17 ┠. Vgl. WANG Hui, unter .( )2.; HU Han, unter I.().3. sowie I.(⠄). A.A. XU Chongli, Xiamen Daxue Falü Pinglun 2004, 43 (70),
der auf die nur einfache Begründung und die fehlende konkrete Erläuterung hinweist. 62 Antwortschreiben des Obersten Volksgerichts auf die Bitte um Anweisung in Bezug auf den Fall des Antrags der Antragstellerin Fulaxi Antriebsmotoren-GmbH auf Anerkennung und Vollstreckung des Urteils eines australischen Gerichts (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ䙜 崠ΰ㏲媨⏑⏄⓺⏑㡣㠲杹⊕┡䙜崠㎨峍▵㎐奵䃜⩐⍒ῃ㷾枋⍍⋜Ἡ㥱䞭崠䩣䞭⨶⌦ ) v. 1.3.2007, (2006) 㴺⠄Ⲁ䱕 45 ┠ .
III. Im Verhältnis zu Hong Kong
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men noch eine Gegenseitigkeitsbeziehung, haben Mittlere Volksgerichte die Anerkennung eines englischen63, eines US-amerikanischen64 und eines deutschen65 Urteils abgelehnt. Obwohl die Volksgerichte im Rahmen dieser Entscheidungen regelmäßig nicht erläutern, wie sie zu dem Schluss gelangen, dass eine Gegenseitigkeitsbeziehung nicht besteht, lassen Äußerungen von Richtern die dahinterstehenden Erwägungen deutlich werden. So leitet einer der Richter der Kammer, welche die Anerkennung des englischen Urteils ablehnte, in seiner Erklärung der getroffenen Entscheidung66 aus dem Antwortschreiben des Obersten Volksgerichts hinsichtlich des Japan-Falls die Anwendung des Grundsatzes der tatsächlichen Gegenseitigkeit durch chinesische Gerichte ab. 67 Konkret sei zu prüfen, ob ein Präzedenzfall der Anerkennung existiere; da es einen solchen im Verhältnis zu England nicht gebe, bestehe keine Gegenseitigkeitsbeziehung. Die Argumentation des ausländischen Antragstellers, die Gegenseitigkeit sei verbürgt, weil nach englischem common law ein ähnliches Urteil eines chinesischen Gerichts in England Anerkennung erlangen könne, konnte daher aus Sicht des Richters nicht greifen.68 Differenzierend äußert sich die Vorsitzende Richterin der Vierten Zivilkammer des Mittleren Volksgerichts Zhuhai, die für Fälle mit internationalem und interregionalem Bezug zuständig ist, in einer akademischen Publikation: 69 Gebe es zwar kein förmliches Übereinkommen, aber eine schriftliche, auf diplomatischem Weg erzielte Gegenseitigkeitszusage im Namen des anderen Staates oder der Regierung, könne unmittelbar nach 63
Zweites Mittleres Volksgericht Beijing v. 19.12.2005 (Fall des Antrags des Russischen Nationalen Sinfonie-Ensembles und der Atemengte-GmbH auf Anerkennung eines Urteils des englischen High Court gegen Internationale Musikfest-Gesellschaft Beijing), (2004) ὖ㴺䎢Ⲁ䱕 928 ┠. 64 S. Mittleres Volksgericht Nanjing v. 16.11.2004 (Zhuo Yue und Nanjing Diansheng Aktien-GmbH), (2004) Ⲫ㴺᾽⍆Ⲁ䱕 7 ┠. Das Gericht verwies zur Begründung der vollständigen Neuverhandlung des Falls trotz bereits ergangenen Urteils des kalifornischen Court of Appeal auf Ziff. 318 ZPG-Ansichten und die fehlende Anerkennungsfähigkeit US-amerikanischer Urteile. 65 Unveröffentlichter, der Verfasserin vorliegender Beschluss des Zweiten Mittleren Volksgerichts Beijing v. 17.5.2002 (Deutsche Bank Export-Leasing-GmbH gegen Chinesische Außenhandels-Finanzleasing-Gesellschaft), (2001) ὖ 㴺 䎢 Ⲁ 䱕 520 ┠ , zitiert und in der maßgeblichen Passage übersetzt bei Neelmeier, SchiedsVZ 2007, 102 (103). 66 Aus dem im Internet abrufbaren Dokument geht nicht hervor, ob diese „Erläuterung“ (嬌崝) Teil des Urteils ist oder nachträglich angefügt wurde. 67 HU Jun, Erläuterung zum Urteil erster Instanz des Zweiten Mittleren Volksgerichts Beijing v. 19.12.2005 (s. § 6 Fn. 46). 68 HU Jun, Erläuterung zum Urteil erster Instanz des Zweiten Mittleren Volksgerichts Beijing v. 19.12.2005 (s. § 6 Fn. 46). 69 HE Xiaoyi, Falü Shiyong 2005, 91 (92).
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1. Teil: Festland – § 6 Anerkennung und Vollstreckung
dem Prinzip der Gegenseitigkeit anerkannt werden. Ansonsten dürfe ein ausländisches Urteil anerkannt und vollstreckt werden, wenn die beantragende Partei nachweise, dass der Urteilsstaat in der Praxis chinesische Urteile anerkennt und vollstreckt und dass eine Anerkennung der Urteile dieses Staates in China der Entwicklung der bilateralen Beziehungen und den Interessen Chinas nützt. Liege weder eine Gegenseitigkeitszusage noch faktische Gegenseitigkeit vor, sei es nicht ratsam, ausnahmslos die Anerkennung abzulehnen. Auch wenn aus dieser Formulierung eine gewisse Offenheit und keine kategorische Ablehnung spricht, erscheint es faktisch nahezu unmöglich, vor einem festlandchinesischen Gericht die Anerkennung eines ausländischen Urteils ohne Nachweis einer Praxis der Anerkennung chinesischer Urteile im jeweiligen Land zu erwirken. (2) Gegenseitigkeit im Verhältnis zu Hong Kong 641
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Als common law-Rechtsordnung kennt das Recht von Hong Kong zwei Wege der Anerkennung fremder Gerichtsentscheidungen:70 auf gesetzlicher Grundlage über eine Anmeldung (registration) der Entscheidung und auf common law-Grundlage (action on a foreign judgment). Der erste Weg setzt ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen voraus und kommt deshalb im Verhältnis zum chinesischen Festland nur hinsichtlich der vom Anerkennungs-Arrangement Hong Kong erfassten Gerichtsentscheidungen zur Anwendung. In allen übrigen Fällen bleibt nur eine Anerkennung auf der Basis des common law. Dies erfordert formell eine erneute Klage vor den Gerichten von Hong Kong, in deren Rahmen das anzuerkennende Urteil jedoch i.d.R. nicht umfassend in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht überprüft wird (application for summary judgment). Grundsätzlich werden in Hong Kong unabhängig vom beschrittenen Weg über eine Anmeldung oder eine Anerkennungsklage fremde Urteile nach denselben Grundsätzen und unabhängig von einer Verbürgung der Gegenseitigkeit anerkannt. 71 Die Anerkennung festlandchinesischer Urteile ist jedoch infolge des festlandchinesischen Systems der Wiederaufnahme (s. dazu unten Rn. 620) im Hinblick auf das Anerkennungserfordernis der Endgültigkeit einer Entscheidung problematisch (s. dazu unten Rn. 1064).72 Aus festlandchinesicher Sicht reicht offensichtlich der indirekte common law-Weg der Anerkennung festlandchinesischer Urteile nicht aus, um die von Art. 265 Festland-ZPG geforderte Gegenseitigkeitsbeziehung zu 70
Vgl. dazu Johnston, Rn. 9.004 (S. 547); Wong, China Law [3/1998], 67 (70); Smart, 5 (2005) OUCLJ 301 (301 f.). 71 S. Johnston, Rn. 9.003 ff. (S. 546 ff.). 72 Johnston, Rn. 9.059 (S. 600 ff.) m.w.N.
III. Im Verhältnis zu Hong Kong
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begründen.73 Möglicherweise beruht dies darauf, dass infolge der Notwendigkeit einer neuen Klage (irrig) davon ausgegangen wird, dass im Rahmen dieser Klage der einem anzuerkennenden festlandchinesischen Urteil zugrunde liegende Fall vollständig neu verhandelt und entschieden wird.74 Jedenfalls muss trotz bereits vorhandenem Urteil aus Hong Kong auf dem Festland gemäß Ziff. 318 ZPG-Ansichten nochmals geklagt werden, 75 wenn das Ziel die Vollstreckung in dort befindliches Vermögen ist. Im Rahmen dieses Verfahrens werden allerdings die durch das Gericht von Hong Kong ermittelten Tatsachen und das Urteilsergebnis als Beweise verwendet und als Tatsachen festgestellt, sofern die Parteien keine Beweise vorlegen, die dagegen sprechen.76 Das Vorgehen weist damit Ähnlichkeiten zur Anerkennung und Vollstreckung fremder Urteile nach common law in Hong Kong auf. d) Ergebnis Die ganz überwiegende Mehrheit der festlandchinesischen Gerichte lehnt demnach die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen aus Hong Kong – außerhalb des Anwendungsbereichs des AnerkennungsArrangements Hong Kong – entweder mangels besonderer interregionaler Regelung (oben Rn. 633) oder wegen nicht verbürgter Gegenseitigkeit ab. Eine unmittelbare gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen findet zwischen dem Festland und Hong Kong also nicht statt.77
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Vgl. SHEN Juan, S. 131 f., die von einem Fall aus dem Jahr 1986 berichtet, in dem das Mittlere Volksgericht Zhuhai die Anerkennung eines Hong Konger Urteils wegen fehlender Gegenseitigkeitsbeziehung ablehnte und neu verhandelte. S. auch Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (125), zur Praxis der Gerichte. Indirekt in diese Richtung auch TAO Kaiyuan, S. 234, mit der Aussage, die Anerkennungsvoraussetzungen nach dem Festland-ZPG seien im Verhältnis zu Hong Kong nicht erfüllt. 74 So scheint jedenfalls Su, China Law No. 19 [2/1999], 74 (75), das in Hong Kong zu beschreitende Verfahren zu verstehen. 75 Vgl. Wong, China Law [3/1998], 67 (70), allgemein zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Anerkennungs-Arrangements Hong Kong. 76 So zur Praxis der Gerichte der Provinz Guangdong der Vizepräsident des Oberen Volksgerichts Guangdong TAO Kaiyuan, S. 234. 77 Vgl. auch Zhang, China Law No. 23 [4/2000], 105 (105) sowie So/Leung, Hong Kong Lawyer 1/2007, 28 (28). Nach letzteren waren Urteile aus Hong Kong vor Inkrafttreten des Anerkennungs-Arrangements Hong Kong auf dem Festland praktisch unvollstreckbar. Für von der interregionalen Vereinbarung nicht erfasste Gerichtsentscheidungen so auch Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (125 f.).
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§ 7 Zusammenfassung des 1. Teils 644
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Nach einem ersten Überblick über die verschiedenen Rechtsquellen des festlandchinesischen interregionalen Privatrechts konnte festgestellt werden, dass nach der augenblicklichen Rechtslage grundsätzlich und in weiten Bereichen die Regeln des internationalen Privatrechts sowohl für die Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte in Abgrenzung zu den Gerichten der anderen chinesischen Regionen als auch für die Bestimmung des anwendbaren Rechts analog anzuwenden sind und auch angewendet werden. Lediglich die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen aus den drei anderen chinesischen Rechtsregionen unterliegen derzeit interregionalen Sonderregeln, im Verhältnis zu Hong Kong jedoch nur in bestimmten Fällen. Das festlandchinesische interregionale Privatrecht findet nach den Erkenntnissen aus dem zweiten Abschnitt des 1. Teils Anwendung, wenn an einem Rechtsstreit mindestens auf einer Seite eine natürliche oder juristische Person aus einer der anderen Regionen beteiligt ist, das Objekt des Streites sich in Hong Kong, Taiwan oder Macau befindet oder sich Rechtstatsachen, die das streitige Rechtsverhältnis begründen, ändern oder aufheben, in einer dieser Regionen ereignet haben. Natürliche Personen aus einer der anderen chinesischen Regionen besitzen die chinesische Staatsangehörigkeit und sind in einer dieser Regionen niedergelassen, d.h. leben dort – nachgewiesen durch einen entsprechenden Einwohnerausweis – zeitlich unbegrenzt und mit entsprechender Genehmigung. In Bezug auf juristische Personen ist ihr Registrierungsort maßgeblich. Der personale interregionale Bezug bleibt im Wechsel- und Scheckrecht außer Betracht. Bei der Untersuchung des Zuständigkeitsrechts ergab sich ein umfangreiches System an Zuständigkeiten, das zwar einzelne Fragen offenlässt, dessen Anwendung interregional aber grundsätzlich auf keine im Vergleich zum internationalen Zuständigkeitsrecht besonderen Probleme trifft. Lediglich die Tatsache, dass festlandchinesische Gerichte einen Fall entscheiden dürfen, obwohl bereits in einer anderen Region zwischen denselben Parteien gestützt auf denselben Lebenssachverhalt ein Rechtsstreit anhängig oder gar bereits entschieden, aber nicht die Anerkennung des Urteils beantragt ist, erscheint möglicherweise im Rechtsverkehr innerhalb eines Landes noch bedenklicher als zwischen verschiedenen Staaten.
§ 7 Zusammenfassung des 1. Teils
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Auch die Erkundungen zum interregionalen Kollisionsrecht, also der das anwendbare Recht bestimmenden Regeln, brachten nur wenige spezifisch interregional-privatrechtliche Probleme zutage. Die ganz überwiegende Mehrheit der auftretenden Schwierigkeiten war auf die ausgesprochen lückenhaften, unübersichtlichen und verstreuten Regelungen des internationalen Privatrechts und den schlechten Ausbildungsstand der Richter zurückzuführen. Ersterem verspricht das am 1.4.2010 in Kraft getretene Festland-IPRG in weiten Teilen abzuhelfen. Den Ausbildungsstand der Richter anzuheben, wird mehr Zeit brauchen, auch wenn einzelne Entscheidungen schon dogmatische Ansätze zeigen. Soweit die festlandchinesische Literatur für einzelne Bereiche, etwa in Bezug auf den ordre public-Vorbehalt, Einschränkungen bei interregionaler Anwendung postuliert, wurden ähnliche Forderungen aus der Lehre auch in Bezug auf das internationale Privatrecht festgestellt. Selbst die viel diskutierte Frage des interregionalen Personalstatuts hatte durch die Gerichte eine pragmatische Lösung gefunden, die sich sogar – wie gezeigt – auf eine dogmatische Basis innerhalb des bestehenden kollisionsrechtlichen Regelwerks stützen ließ. Der Wechsel des Anknüpfungsmoments zur Bestimmung des Personalstatuts, den das Festland-IPRG vollzieht, erlaubt nun eine in den im Wirtschaftsverkehr relevanten Rechtsbereichen problemlose entsprechende Anwendung der international-privatrechtlichen Regelungen. Im Bereich der Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen aus den anderen chinesischen Regionen waren dagegen besondere interregionale Regelwerke aufgrund der sehr restriktiven Anerkennungspraxis festlandchinesischer Gerichte nach den Bestimmungen des internationalen Privatrechts tatsächlich geboten. Hier sind sie mit den Anerkennungs-Regelungen Taiwan und dem Anerkennungs-Arrangement Macau bereits geschaffen worden. Lediglich im Verhältnis zu Hong Kong konnte mit dem Anerkennungs-Arrangement Hong Kong bisher nur eine begrenzte Lösung gefunden werden, während alle nicht erfassten Gerichtsentscheidungen aus Hong Kong auf dem Festland weiterhin keine Anerkennung finden.
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2. Teil: Die drei anderen chinesischen Rechtsregionen Dem im 1. Teil der Arbeit im Detail untersuchten interregionalen Privatrecht des chinesischen Festlands sollen im Folgenden die entsprechenden Regelungen der drei anderen chinesischen Rechtsregionen gegenübergestellt werden, um einen Vergleich zu ermöglichen und im Interesse künftiger Vereinheitlichungsbestrebungen Gemeinsamkeiten aufzuzeigen.
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§ 8 Taiwan 2. Teil: Die anderen Regionen – § 8 Taiwan
I. Derzeitige Rechtsquellen des interregionalen Privatrechts I. Rechtsquellen
1. Die Festland-Bestimmungen und die Hong Kong/Macau-Bestimmungen als besondere Rechtsquellen des interregionalen Privatrechts Das Recht Taiwans besitzt mit den Bestimmungen über die Beziehungen zwischen Personen der Region Taiwan und der Festland-Region (im Folgenden: Festland-Bestimmungen)1 und den Bestimmungen über die Beziehungen zu Hong Kong und Macau (im Folgenden: Hong Kong/Macau-Bestimmungen)2 besondere Gesetze zur Regelung des interregionalen Rechtsverkehrs. Beide Gesetze befassen sich umfassend, also in Bezug auf zivil-, straf- und öffentlich-rechtliche Angelegenheiten, mit den Beziehungen zu den anderen Regionen. Während allerdings die Festland-Bestimmungen in ihrem Kapitel III das anwendbare Recht in Zivilsachen mit Festland-Bezug detailliert selbst regeln, verweisen die Hong Kong/Macau-Bestimmungen über ihren Art. 38 S. 1 im Wesentlichen auf eine entsprechende Anwendung des Gesetzes über die Rechtsanwendung in Zivilsachen mit Außenbezug (im Folgenden: Taiwan-IPRG)3. Nach dem Willen des Gesetzgebers erfasst diese Analogie alle Quellen des taiwanesischen internationalen Privatrechts,4 darunter auch die international-privatrechtliche Rechtstheorie.5 Das führt zu der Besonderheit, dass auf Fälle mit Bezug zu Hong Kong und Macau andere Regelungen zur Anwendung gelangen als in Fällen mit Bezug zum Festland. Dass in Fällen mit Bezug zu Hong Kong oder Macau nach der Rückgabe dieser Gebiete an die Volksrepublik nicht ebenfalls die Festland-Bestimmungen Anwendung finden, wird mit Kontinuitätsaspekten begründet: Vor der Rückkehr von Hong Kong und Macau zum Festland entwickelten sich 1 匣䆌⡙⑩匰⩐枡⡙⑩ΰ㴺朅⃫㧆₴ vom 31.7.1992, in Kraft seit dem 18.9.1992, in der Fassung vom 21.12.2011. S. bereits oben Rn. 127. 2 櫂 㽘 䃜 暩 朅 ⃫ 㧆 ₴ vom 2.4.1997, in Bezug auf Hong Kong in Kraft seit dem 1.7.1997, in Bezug auf Macau seit dem 20.12.1999, in der Fassung vom 30.5.2006. S. bereits oben Rn. 128. 3 Dazu unten Rn. 677 ff. 4 S. Chen, 16 (1998) Wis. Int’l L.J. 599 (613 f.); LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 706 f. 5 S. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 707.
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 8 Taiwan
zwischen Taiwan und Hong Kong bzw. Macau enge wirtschaftliche Beziehungen und ein reger Austausch von Gütern, Dienstleistungen und Personen. 6 Auftretende Rechtskollisionen wurden nach internationalem Privatrecht gelöst. Aus Sorge, die wichtigen, bereits etablierten Wirtschaftsbeziehungen zu stören, beließ man es daher lieber dabei, anstatt den Rechtsverkehr zwischen Taiwan und Hong Kong bzw. Macau den vorsichtigeren und daher restriktiveren7 Festland-Bestimmungen zu unterstellen.8 Ergänzt werden die Vorschriften der Festland-Bestimmungen und der Hong Kong/Macau-Bestimmungen durch ihre jeweiligen Durchführungsbestimmungen, die Ausführungsverordnung zu den Bestimmungen über die Beziehungen zwischen Personen der Region Taiwan und der Festland-Region (im Folgenden: Festland-AusführungsVO) 9 sowie die Ausführungsverordnung zu Bestimmungen über die Beziehungen zu Hong Kong und Macau (im Folgenden: Hong Kong/Macau-AusführungsVO)10. a) Anwendungsbereich (1) Festland-Bestimmungen
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Einen Anhaltspunkt dafür, auf welche Fälle die Festland-Bestimmungen Anwendung finden, könnte sich indirekt aus ihren Art. 1 und 2 ergeben, die Teil der allgemeinen Vorschriften des ersten Kapitels sind. Nach Art. 1 S. 1 Festland-Bestimmungen regeln die Festland-Bestimmungen den Kontakt zwischen Personen der Region Taiwan und der Festland-Region und die Behandlung daraus entstehender Rechtsangelegenheiten. Zu den Personen in diesem Sinne zählen nach Art. 2 Festland-AusführungsVO neben natürlichen Personen auch juristische Personen, Vereinigungen und andere Institutionen. Aus diesen Vorschriften könnte man schließen, dass die Anwendung der Festland-Bestimmungen voraussetzt, dass an einem Sachverhalt sowohl Personen der Region Taiwan als auch der Festland-Region beteiligt sind. Einer solchen Auslegung steht jedoch Art. 41 Abs. 2 Festland-Bestimmungen entgegen: Die Vorschrift unterstellt zivilrechtliche Angelegenheiten zwischen Personen der Festland-Region und Personen der Festland-Region und Ausländern vorbehaltlich anderweitiger Regelungen der Festland6
S. CHEN Rongchuan, S. 14. S. auch Chen, 16 (1998) Wis. Int’l L.J. 599 (610). Vgl. dazu das Zitat aus der Erläuterung des taiwanesischen Exekutiv-Hofes zu den Festland-Bestimmungen bei YU Fei, S. 93. Dort ist die Rede von „bedingter Anerkennung“ der nach festlandchinesischem Recht begründeten Rechte und Pflichten und zum Schutz von Wirtschaft, Gesellschaft und Recht Taiwans „erforderlichen Beschränkungen“. 8 Vgl. CHEN Rongchuan, S. 14. 9 匣 䆌 ⡙ ⑩ 匰 ⩐ 枡 ⡙ ⑩ ΰ 㴺 朅 ⃫ 㧆 ₴ 㛦 奵 乙 ⍰ vom 16.9.1992 in der Fassung vom 29.12.2003. 10 櫂㽘䃜暩朅⃫㧆₴㛦奵乙⍰ vom 27.6.1997 in der Fassung vom 25.10.2000. 7
I. Rechtsquellen
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Bestimmungen dem festlandchinesischen (Sach-)11Recht. Demnach können im Grundsatz auch Sachverhalte unter die Festland-Bestimmungen fallen, an denen keine Personen der Region Taiwan beteiligt sind, auch wenn dann nicht taiwanesisches Recht anzuwenden ist. Zudem knüpfen einzelne Kollisionsregeln der Festland-Bestimmungen nicht an die beteiligten Personen, sondern etwa den Handlungsort (z.B. Art. 48, 49) oder den Belegenheitsort einer Sache (Art. 51) an. Es ist daher davon auszugehen, dass – entsprechend zum internationalen Privatrecht12 – (irgend)ein „Festlands-Element“ des Sachverhalts ausreicht, um den Anwendungsbereich der Festland-Bestimmungen zu eröffnen.13 Ein FestlandBezug scheint aber dann nicht zur Anwendung der Festland-Bestimmungen zu führen, wenn an einem Sachverhalt ausschließlich Personen der Region Taiwan beteiligt sind.14
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(2) Hong Kong/Macau-Bestimmungen Auch die Hong Kong/Macau-Bestimmungen dienen nach ihrem Art. 1 S. 1 dazu, die Beziehungen zu Hong Kong und Macau zu regeln. Hier deutet jedoch bereits der Wortlaut des Art. 38 Hong Kong/Macau-Bestimmungen darauf hin, dass ein beliebiger Berührungspunkt des Sachverhalts mit diesen beiden chinesischen Regionen ausreicht, um die Hong Kong/MacauBestimmungen zur Anwendung zu bringen. Die Vorschrift ordnet die entsprechende Anwendung der international-privatrechtlichen Vorschriften auf Zivilsachen an, die sich auf Hong Kong oder Macau beziehen, eine Beziehung zu diesen Regionen haben (㺲⓳櫂㽘㌿䃜暩). Wie auf dem Festland (vgl. oben Rn. 113) bedarf es demnach wohl eines Bezuges zu einer der anderen Rechtsregionen, damit die interregionalen Kollisionsregeln greifen. Die Art des Bezugspunktes ist dagegen nicht vorgegeben. Die Existenz verschiedener interregional-privatrechtlicher Rechtsquellen hat aber zur Folge, dass zusätzlich deren Anwendungsbereiche voneinander abgegrenzt werden müssen.
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Nach LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 678, verweist die Vorschrift nicht auf das internationale oder interregionale Privatrecht des Festlands. 12 Vgl. zu diesem KE Zedong, S. 15. 13 In diese Richtung weisen auch die Ausführungen von Chen, 16 (1998) Wis. Int’l L.J. 599 (616). 14 Darauf deutet es hin, wenn nach Justizhof(┡㷾枋)-Dokument Nr. 04872 aus 1997 des Generalsekretärs, taiwanesisches Justizverwaltungsbüro, 3. Abteilung ( (86) 䬁┙〜┡ ἲⲀ䱕о⠄⊔Ἤ垈⌦ ) vom 4.3.1997, in: Rat für Festlandangelegenheiten, Erläuterungen zu den Festland-Bestimmungen, auf die Verletzung von Urheberrechten zwischen Personen der Region Taiwan unabhängig vom Verletzungsort und ohne Prüfung der Festland-Bestimmungen taiwanesisches Recht für anwendbar erklärt wird.
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 8 Taiwan
b) Kollisionen zwischen den verschiedenen Rechtsquellen (1) Fälle mit Bezug zum Festland und zu Hong Kong bzw. Macau 658
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Weist ein Fall Bezugspunkte zum Festland und zu Hong Kong oder Macau auf, stellt sich die Frage, ob das anwendbare Recht mit Hilfe der FestlandBestimmungen oder der Hong Kong/Macau-Bestimmungen ermittelt wird. Art. 1 Abs. 2 Hong Kong/Macau-Bestimmungen sieht vor, dass auf nicht in den Hong Kong/Macau-Bestimmungen geregelte Fragen die Vorschriften anderer rechtlicher Vorschriften Taiwans Anwendung finden, jedoch grundsätzlich nicht die Festland-Bestimmungen. Diese dürfen nur angewendet werden, wenn die Hong Kong/Macau-Bestimmungen dies ausdrücklich vorsehen. Dies zeigt, dass Hong Kong und Macau gerade nicht als besondere Regionen der Festland-Region angesehen werden sollen, sondern als eigenständige Regionen, auf welche die Festland-Bestimmungen nicht anwendbar sind. Dementsprechend sieht die taiwanesische Literatur die Hong Kong/Macau-Bestimmungen als Spezialgesetz mit Anwendungsvorrang an.15 In einem Fall mit Bezügen zu Hong Kong oder Macau und dem Festland ist also zunächst nach den Hong Kong/Macau-Bestimmungen der Einfluss der Hong Kong- oder Macau-Faktoren auf das anwendbare Recht zu untersuchen. Führen diese nicht zu einer Anwendung des Rechts von Hong Kong oder Macau, wird man davon ausgehen können, dass nachrangig die Festland-Bestimmungen darüber bestimmen, ob das Recht Taiwans oder des Festlands den Fall entscheidet. (2) Fälle mit interregionalem und internationalem Bezug
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Weist ein Sachverhalt gleichzeitig Auslandselemente und Bezugspunkte zum Festland auf, muss nach allgemeinen Kollisionsrechtsgrundsätzen in einem ersten Schritt zunächst nach den Regeln des taiwanesischen internationalen Privatrechts ermittelt werden, ob eine ausländische oder eine der chinesischen Rechtsordnungen Anwendung findet; erst wenn das internationale Privatrecht chinesisches Recht zur Anwendung beruft, wird in einem zweiten Schritt nach den Festland-Bestimmungen ermittelt, ob festlandchinesisches oder taiwanesisches Recht den Rechtsstreit entscheidet.16 In der Praxis wird dies auch so gehandhabt.17 15
So etwa CHEN Rongchuan, S. 16 m.w.N.; LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 707; Chen, 16 (1998) Wis. Int’l L.J. 599 (617). S. auch YU Fei, S. 103. 16 CHEN Rongchuan, S. 17 f.; LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 677 f. S. auch YU Fei, S. 103. 17 CHEN Rongchuan, S. 17 f., der als Beleg hierfür auf den Erlass der Abteilung für Rechtsangelegenheiten des Justizministeriums Taiwans (㷾␂我) Nr. 17951 aus 1994 (㷾
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Die Regelung des Art. 41 Abs. 2 Festland-Bestimmungen steht insofern im Widerspruch zu den allgemeinen Prinzipien des Kollisionsrechts und sollte daher aus der Sicht der taiwanesischen Literatur gestrichen oder abgeändert werden.18 Nach Art. 41 Abs. 2 Festland-Bestimmungen unterliegen Zivilrechtsangelegenheiten zwischen Personen der Festland-Region oder festlandchinesischen und ausländischen Personen den festlandchinesischen Bestimmungen, soweit die Festland-Bestimmungen (nicht aber das internationale Privatrecht) nichts anderes vorsehen. Im Hinblick auf Fälle mit Bezug zum Ausland und Hong Kong oder Macau dürfte prinzipiell das Gleiche gelten. Da jedoch das interregionale Privatrecht für die Rechtsbeziehungen mit Hong Kong und Macau auf die Regeln des internationalen Privatrechts verweist, kommt es zu keinen Kollisionen zwischen internationalem und interregionalem Privatrecht. Die Anwendungsreihenfolge der unterschiedlichen Rechtsquellen wird hier praktisch nicht relevant.
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2. Anwendbare Rechtsquellen des internationalen Privatrechts a) Das Zivilprozessgesetz Die internationale Zuständigkeit der Gerichte Taiwans richtet sich in der Hauptsache19 nach den Vorschriften des Zivilprozessgesetzes Taiwans (im Folgenden: Taiwan-ZPG)20.21 Dabei werden die Regelungen der örtlichen Zuständigkeit nach h.M. in Rechtsprechung22 und Literatur23 entsprechend angewendet, sofern keine besonderen Umstände dies unpassend erscheinen
83 ゴ㶣Ⲁ䱕 17951 垈⌦) vom 18.8.1994 verweist. Vgl. auch YU Fei, S. 103. Ein weiteres Beispiel bietet der Erlass der Abteilung für Rechtsangelegenheiten des Justizministeriums Taiwans (㷾␂我) Nr. 11861 aus 1995 (㷾 84 ゴ㶣Ⲁ䱕 11861 垈⌦) vom 24.5.1995, in: Rat für Festlandangelegenheiten, Erläuterungen zu den Festland-Bestimmungen. 18 S. CHEN Rongchuan, S. 19 ff.; LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 678. 19 Mit Ausnahme einiger im Taiwan-IPRG a.F. enthaltener Sonderregeln in Familienrechts- und Statusangelegenheiten, s. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 604. 20 㴺ᾴ孝孈㷾 vom 26.12.1930, in Kraft seit 1.7.1931, in der Fassung vom 8.7.2009. 21 WANG Zhiwen, 31 (2004) Hwa Kang L.Rev. 1 (12). 22 Für die internationale Deliktsrechtszuständigkeit s. die Entscheidung des Obersten Gerichts Taiwans ( 匣䆌㠩氁㷾枋) v. 27.3.2008 (ᾆ⑪Ἤ⾝⿏┙㏀Ⲁ䱕Ἡ⊔᾽垈 ). Dem entnimmt das Obergericht Taiwans (匣䆌氁䱲㷾枋) einen allgemeinen Grundsatz, s. sein Urteil v. 4.3.2009 (96 ⾝⿏℆染ἳⲀ䱕 19 垈). S. auch RUAN Weifang, S. 9 ff., mit ausführlicher Rechtsprechungsübersicht. 23 S. RUAN Weifang, S. 6. So etwa LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 604; LÜ Xiaoli, Dangdai Faxue 2002, 67 (67); Cheng, S. 32. Einen Überblick über den Stand der Meinungen darüber, inwieweit den vorhandenen Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit die internationale Zuständigkeit entnommen werden kann, bei WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (9 ff.); RUAN Weifang, S. 6 ff.
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lassen. 24 Eine allgemeine Regelung der internationalen Zuständigkeit fehlt.25 Die interregionale Zuständigkeit hat ebenfalls keine eigene Regelung gefunden.26 Auch in den Festland-Bestimmungen und den Hong Kong/Macau-Bestimmungen fehlt jegliche Regelung, wie etwa ein Verweis auf das Recht der internationalen oder örtlichen Zuständigkeit, den man dort hätte vermuten dürfen. Nach Art. 1 Festland-Bestimmungen und Art. 1 Abs. 2 Hong Kong/Macau-Bestimmungen werden auf in den jeweiligen Bestimmungen ungeregelte Fragen andere einschlägige Regelungen des Rechts Taiwans angewendet. In Bezug auf die interregionale Zuständigkeit wären dies die Zuständigkeitsregelungen des Taiwan-ZPG. Fraglich könnte vom politisch-dogmatischen Standpunkt aus sein, ob die Regelungen der örtlichen Zuständigkeit unmittelbar oder in ihrer Modifikation für internationale Fälle entsprechend auf interregionale Fälle, insbesondere solche mit Festland-Bezug, angewendet werden können. Für Fälle mit Bezug zu den Regionen Macau und Hong Kong kann ohne weiteres von einer Anwendung des internationalen Zuständigkeitsrechts ausgegangen werden, da Hong Kong und Macau nach dem Geist der Hong Kong/Macau-Bestimmungen im Interesse der Kontinuität grundsätzlich dem Ausland gleichgestellt werden. In der Praxis scheinen im Hinblick auf die Zuständigkeit der Gerichte Taiwans – unabhängig von der betroffenen Region – interregionale wie internationale Sachverhalte behandelt zu werden. So stellte beispielsweise das taiwanesische Obergericht in einem Fall fest, dass eine Partei juristische Person des festlandchinesischen Macau sei und daher eine Zivilrechtssache mit Außenbezug vorliege. 27 Die Zuständigkeit der Gerichte Taiwans ergab sich aus Art. 2 Abs. 2 Taiwan-ZPG, den das Gericht mangels ausdrücklicher Regelung der internationalen Zustän24
S. dazu Urteil des Obergerichts Taiwans (匣䆌氁䱲㷾枋) v. 4.3.2009 (96 ⾝⿏℆染ἳ Ⲁ䱕 19 垈). Vgl. auch WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (9 ff., 29); RUAN Weifang, S. 27, die unter den im taiwanesischen Schrifttum vertretenen Auffassungen einer zwischen entsprechender Anwendung und Interessensabwägung vermittelnden Sichtweise folgen, die der gerichtlichen Vorgehensweise zugrunde zu liegen scheint. 25 S. WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (6, 17); LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 604; MA Hanbao, S. 206 f.; Cheng, S. 32. 26 HUANG Jin, Forschungen, S. 75. Vgl. auch Chung, 22 (2008) St. John’s J. Leg. Comm. 559 (566). 27 S. die Rechtsmittelurteile des Obergerichts Taiwans (匣䆌氁䱲㷾枋) v. 16.5.2006 (95 ⾝ ⿏ ἳ Ⲁ 䱕 171 垈 – 2. Instanz) und v. 20.11.2007 (96 ⾝ ⿏ ἳ 㠝 Ἡ Ⲁ 䱕 52 垈 – 3. Instanz). Ähnlich hinsichtlich einer juristischen Person aus Hong Kong in einem Urteil erster Instanz: Distriktgericht Taibei v. 7.7.2010 (98 ⾝⿏拶孝Ⲁ䱕 159 垈).
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digkeit entsprechend anwendete. Dies deutet zum einen darauf hin, dass kein Unterschied zwischen einem Bezug zum Festland und einem solchen zu Hong Kong oder Macau gemacht wird, zum anderen belegt es die Einordnung als Zivilsache mit Außenbezug und die Anwendung der für diese geltenden Zuständigkeitsregeln. Gleiches zeigt auch eine Entscheidung des Distriktgerichts Taibei: Das Gericht stellte fest, dass die Zuständigkeit taiwanesischer Gerichte für Klagen gegen ausländische juristische Personen ohne Anerkennung, Geschäfts- oder Betriebsstelle in Taiwan begrenzt ist, und wendete diesen Grundsatz auf die drei Beklagten, je eine juristische Person aus Hong Kong, Macau und dem Festland, ohne Differenzierung an.28 In einem anderen Fall verfuhr das Obergericht Taiwans hinsichtlich einer Klage gegen eine juristische Person aus Hong Kong ebenfalls nach den Regeln über die internationale Zuständigkeit, indem es seine Zuständigkeit mangels Hauptgeschäfts- oder -betriebsstelle der Beklagten auf den internationalen Gerichtsstand des pfändbaren Beklagtenvermögens nach Art. 3 Abs. 1 Taiwan-ZPG stützte.29 In einem Fall, in dem es unter anderem um eine Streitigkeit zwischen einer juristischen Person der britischen Jungferninseln und einer solchen des chinesischen Festlands ging, gründete das Obergericht Taiwans seine Zuständigkeit in entsprechender Anwendung des Art. 12 Taiwan-ZPG darauf, dass sich einer der Erfüllungsorte in Taiwan befand.30 Eine ausdrückliche Regelung der Zuständigkeit bei Sachverhalten, die verschiedene Rechtsregionen betreffen, fehle. Das Gericht stützte die analoge Anwendung der für rein innerregionale Fälle geltenden Zuständigkeitsvorschriften auf die Üblichkeit dieser Vorgehensweise in vielen anderen Rechtsordnungen. Das Distriktgericht Taibei entnahm im Rahmen einer Klage gegen eine festlandchinesische juristische Person Art. 41 Abs. 1 der Festland-Bestimmungen, der für die von dieser besonderen Rechtsquelle des interregionalen Privatrechts nicht abweichend geregelten Bereiche auf taiwanesisches Recht verweist, die Anwendung der Zuständigkeitsvorschriften des Taiwan-ZPG.31 Das Gericht wies die Klage mangels Zuständigkeit taiwanesischer Gerichte ab, da die Beklagte weder eine Hauptgeschäfts- oder -betriebsstelle auf Taiwan besaß, noch die im konkreten Fall in Betracht kommenden Gerichtsstände des Erfüllungsortes einer vertraglichen Ver28
S. Distriktgericht Taibei (匣䆌匣⑀⡙㛢㷾枋) v. 30.7.2010 (99 ⾝⿏拶孝Ⲁ䱕 295 垈). S. Urteil des Obergerichts Taiwans (匣䆌氁䱲㷾枋) v. 27.2.2007 (95 ⾝⿏拶ἳⲀ䱕 139 垈). 30 S. Urteil des Obergerichts Taiwans (匣䆌氁䱲㷾枋) v. 26.8.2009 (96 ⾝⿏拶ἳⲀ䱕 493 垈). 31 S. Distriktgericht Taibei (匣䆌匣⑀⡙㛢㷾枋) v. 24.2.2006 (93 ⾝⿏℆染Ⲁ䱕 8 垈). 29
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bindlichkeit (Art. 12 Taiwan-ZPG) und des Deliktsortes (Art. 15 Abs. 1 Taiwan-ZPG) tatsächlich gegeben waren. In der Rechtswissenschaft wird die entsprechende Anwendung des Rechts der internationalen Zuständigkeit in Bezug auf das Festland auf rechtstheoretische Erwägungen gestützt:32 Obwohl es sich bei Taiwan und dem Festland um zwei Regionen innerhalb eines Landes handele, seien die innerchinesischen Verhältnisse infolge der Unmöglichkeit der Verweisung an ein zuständiges Gericht in der jeweils anderen Region internationalen Zuständigkeitsfragen ähnlich. Es ist also davon auszugehen, dass die interregionale Zuständigkeit taiwanesischer Gerichte nach den entsprechend anwendbaren örtlichen Zuständigkeitsregelungen bestimmt wird; inwieweit diese für den internationalen bzw. interregionalen Rechtsverkehr angemessen angepasst oder vollständig von der Anwendung ausgenommen werden, ist bei den konkreten Zuständigkeitsgrundlagen zu erörtern (s. unten Rn. 684 ff.). b) Das Gesetz über die Rechtsanwendung in Zivilsachen mit Außenbezug
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Im Gesetz über die Rechtsanwendung in Zivilsachen mit Außenbezug vom 6.6.1953 (im Folgenden: Taiwan-IPRG)33 hat Taiwan die Bestimmung des anwendbaren Rechts für Fälle mit Außenbezug geregelt. Über die Verweisung in Art. 38 Hong Kong/Macau-Bestimmungen finden dessen Vorschriften auf Sachverhalte mit Bezug zu Hong Kong oder Macau entsprechende Anwendung und sind daher auch für den interregionalen Rechtsverkehr relevant. Da das Gesetz von 1953 in vieler Hinsicht als veraltet, lückenhaft und unflexibel empfunden wurde,34 setzte der Justiz-Hof (┡㷾枋), das höchste Justizorgan Taiwans, 1999 eine aus Wissenschaftlern und Experten zusammengesetzte Forschungskommission ein, die Verbesserungsvorschläge erarbeiten sollte.35 Es entstanden nacheinander drei unterschiedliche Fassungen 36 eines Entwurfs zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsanwendung in Zivilsachen mit Außenbezug37: Die erste Fassung, die Urfassung ( Ⓢ䭨 ), wurde zwischen März 1999 und März 2000 im Rahmen der zweiten bis fünften Sitzung der Kommissi32 S. dazu mit Verweis auf das Werk eines taiwanesischen Richters Chung, 22 (2008) St. John’s J. Leg. Comm. 559 (565 f.). 33 㺲⨿㴺ᾴ㷾ゴ憒䙑㷾 (Fassung vom 30.12.2009). 34 Vgl. zur konkreten Kritik YU Fei, S. 87 f. 35 S. dazu WANG Zhiwen, Vol. 31 (2004) Hwa Kang Law Review, 1 (3). 36 Schematische Übersichten über den Inhalt der verschiedenen Versionen finden sich bei LAI Laikun, S. 262 ff. Zusammenfassend zu den Inhalten s. auch YU Fei, S. 89 ff.; WANG Zhiwen, 31 (2004) Hwa Kang L.Rev. 1 (6 ff.). 37 㺲⨿㴺ᾴ㷾ゴ憒䙑㷾℗㲌呲㥱.
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on entworfen. Diese mit ihren 144 Artikeln umfassendste Version enthielt neben den Regelungen zum anwendbaren Recht auch verfahrensrechtliche Bestimmungen, insbesondere zur internationalen Zuständigkeit, sowie Vorschriften über die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Gerichtsentscheidungen. Die zweite, mit ihren 67 Artikeln deutlich kürzere Fassung wurde als vorläufiges Konzept oder erster Entwurf (⍆䭨) in der 6. bis 16. Kommissionssitzung zwischen Mai 2001 und Mai 2002 entwickelt. In ihr finden sich nur noch vereinzelte Vorschriften zur internationalen Zuständigkeit, beispielsweise zum forum non conveniens und zur Zuständigkeitsvereinbarung. Auch die Regelung der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen ist auf lediglich zwei Artikel zusammengeschmolzen. Die dritte und letzte durch die Forschungskommission erstellte Fassung, als „erste Fassung“ (䱕Ἡ䭨)38 oder auch Entwurf der Änderung von Teilbestimmungen des Gesetzes über die Rechtsanwendung in Zivilsachen mit Außenbezug ( 㺲⨿㴺ᾴ㷾ゴ憒䙑㷾我⌯㧆㚰℗㲌呲㥱 ) 39 bezeichnet, wurde schließlich im November 2003 auf der Internetseite des Justiz-Hofes veröffentlicht. Ihre 60 Artikel sehen nur noch Regelungen des anwendbaren Rechts vor. Am 30.6.2008 nahm der Justiz-Hof in seiner 125. Sitzung seinen Entwurf zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsanwendung in Zivilsachen mit Außenbezug an und ersuchte den Exekutiv-Hof ( 奵㙨枋 ) um Gegenzeichnung.40 Am 13.1.2009 wurde der gegengezeichnete Entwurf dem Gesetzgebungs-Hof (䯴㷾枋) zur Beratung übersandt.41 Der Gesetzgebungs-Hof verabschiedete am 30.4.2010 in der 11. Sitzung der 5. Sitzungsperiode der 7. Amtszeit die neue Fassung des Gesetzes über die Rechtsanwendung in Zivilsachen mit Außenbezug in dritter Lesung.42 Das 63 Artikel umfassende Gesetz folgt in weiten Teilen dem letzten Kommissionsentwurf, insbesondere auch darin, ausschließlich das anwendbare Recht zu regeln und die Bereiche des internationalen Privatrechts im wei-
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Bezeichnung nach dem offiziellen Protokoll der 17. Kommissionssitzung, s. WANG Zhiwen, 31 (2004) Hwa Kang L.Rev. 1 (10); YU Fei, S. 90 Fn. 2. 39 So bei LAI Laikun, S. 262. S. auch YU Fei, S. 90. 40 S. ┡㷾░⌳栤ⱹ⥚ (Judicial Weekly E-Paper), 1396. Ausgabe v. 3.7.2008 (䱕 1396 㡈 2008/07/03 ⌣⌳) (http://www.judicial.gov.tw/jw9706/1396_main.html, zuletzt besucht am 25.1.2012). 41 S. ⼎ ♯ 㜟 ㏎ (Business Times) v. 4.5.2010, abrufbar über die Seite des Citizen Congress Watch bzw. ⊕㴺䠌䢌⠴㠬冘䠈 (http://www.ccw.org.tw/?p=2745, zuletzt besucht am 25.1.2012). 42 S. Meldung v. 7.5.2010 auf der Internet-Seite des Justiz-Hofes (http://www.judicial. gov.tw/en, zuletzt besucht am 25.1.2012).
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teren Sinne, also die internationale Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen auszusparen. Das neue Taiwan-IPRG wurde durch den Präsidenten der Republik China unterzeichnet und am 26.5.2010 in der 6923. Ausgabe des Amtsblatts des Präsidialamtes (佦亚⿅⊕⥚ – Presidential Office Gazette) bekannt gegeben. Es ist gemäß seinem Art. 63 ein Jahr nach der Bekanntgabe in Kraft getreten. Art. 62 Taiwan-IPRG n.F. enthält eine Übergangsregelung: Die neue Fassung des Taiwan-IPRG findet in erster Linie auf Zivilsachen Anwendung, die sich erst nach ihrem Inkrafttreten ereignen. Für ihre Anwendbarkeit reicht es jedoch, wenn das rechtliche Ergebnis von Zivilsachen nach ihrem Inkrafttreten eintritt.
II. Interregionale Zuständigkeit II. Interregionale Zuständigkeit
1. Zuständigkeit kraft Gesetzes a) Allgemeine Zuständigkeit (1) Klagen gegen natürliche Personen 684
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Für Klagen gegen eine natürliche Person sind nach Art. 1 Abs. 1 S. 1 Taiwan-ZPG grundsätzlich die Gerichte an ihrem Wohnsitz (⁸㍩⡙) – örtlich – zuständig. Unter dem Wohnsitz (⁸㍩⡙) einer Person ist nach Art. 20 des Zivilgesetzbuches vom 23.5.1929 (im Folgenden: Taiwan-ZGB)43 der Ort zu verstehen, an dem sie nachweislich mit der Intention lebt, dort dauerhaft zu bleiben.44 Der Regelung des Art. 1 Abs. 1 Taiwan-ZPG wird in entsprechender Anwendung auch die internationale allgemeine Zuständigkeit der Gerichte Taiwans für Klagen gegen Personen mit Wohnsitz in Taiwan entnommen.45 Insoweit entspricht die taiwanesische Regelung weitgehend der Rechtslage zur allgemeinen Zuständigkeit auf dem Festland, auch wenn der Wohnsitz nach festlandchinesischem Recht formalisierter bestimmt wird (s. oben Rn. 175 f.). Abweichungen ergeben sich jedoch mit Blick auf Art. 1 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Taiwan-IPRG. Nach Art. 1 Abs. 1 S. 2 Taiwan-ZPG fällt die Zuständigkeit den Gerichten am Aufenthaltsort (㍩⡙) einer natürlichen Person 43 44
㴺㷾 (Fassung vom 26.5.2010).
S. zum dahingehenden Verständnis von Art. 1 Abs. 1 S. 1 Taiwan-ZPG LIN Jiaqi/LIU Junlin, S. 4. Zur Bestimmung des Wohnsitzes s. auch Art. 21 ff. Taiwan-ZGB mit Detailregelungen. 45 Aus der Praxis s. Entscheidung des Obersten Gerichts Taiwans (匣䆌㠩氁㷾枋 ) v. 27.3.2008 (ᾆ⑪Ἤ⾝⿏┙㏀Ⲁ䱕Ἡ⊔᾽垈). Vgl. auch WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (30 f.), zur Angemessenheit dieser Analogie.
II. Interregionale Zuständigkeit
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zu, wenn die Gerichte an dessen Wohnsitz nicht tätig werden können. Der Aufenthaltsort (㍩⡙) bezeichnet dabei im Gegensatz zum Wohnsitz einen Ort, an dem eine Person nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend lebt. 46 Es kann davon gegangen werden, dass auch diese Regelung im internationalen Kontext entsprechend anwendbar ist, jedoch dann voraussetzt, dass eine Person einen Wohnsitz in Taiwan besitzt. Nicht endgültig geklärt ist dagegen, ob Art. 1 Abs. 2 Taiwan-ZPG neben der örtlichen auch eine internationale Zuständigkeit entnommen werden kann. Die Vorschrift greift für Personen ohne Wohnsitz in der Republik China (und für den Fall, dass sich der Wohnsitz nicht ermitteln lässt) unabhängig von ihrer Staats- oder Regionalzugehörigkeit in erster Linie auf den Ort ihres Aufenthalts in Taiwan zurück (Art. 1 Abs. 2 S. 1 Taiwan-ZPG); sofern es einen solchen nicht gibt, ersetzt der letzte Wohnsitz, den die fragliche Person in der Republik China hatte, einen derzeitigen Wohnsitz dort (Art. 1 Abs. 2 S. 2 Taiwan-ZPG). Nach einer hierzu vertretenen Auffassung können Aufenthalt oder früherer Wohnsitz einer Person in Taiwan auf der Grundlage des Art. 1 Abs. 2 Taiwan-ZPG nur eingeschränkt auch die internationale Zuständigkeit der Gerichte Taiwans begründen, nämlich als eine Art Notzuständigkeit, wenn ein Beklagter weder im In- noch im Ausland einen Wohnsitz hat und damit gar keinen allgemeinen internationalen Gerichtsstand besitzen würde. 47 Nach der Gegenauffassung ist es für die taiwanesischen Gerichte unerheblich, ob andere Staaten für die Klage gegen eine bestimmte Person allgemein international zuständig wären, maßgeblich sind danach allein die Bezugspunkte zu Taiwan in Form des Wohnsitzes, des Aufenthalts oder eines früheren Wohnsitzes.48 Art. 1 Abs. 3 Taiwan-ZPG regelt eine Sonderzuständigkeit für Beamte des diplomatischen Dienstes der Republik China 49 und bleibt hier außer Betracht.
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(2) Klagen gegen juristische Personen Nach Art. 2 Abs. 3 Taiwan-ZPG sind für Klagen gegen ausländische juristische Personen und andere parteifähige Vereinigungen die Gerichte des Ortes (örtlich) zuständig, an dem sie auf Taiwan eine Hauptgeschäfts- oder 46
S. LIN Jiaqi/LIU Junlin, S. 4; WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (33). 47 S. WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (32 ff.) m.w.N., der diese Auffassung als herrschend bezeichnet. In diese Richtung weist auch Urteil des Obergerichts Taiwans (匣䆌氁䱲㷾枋) v. 4.3.2009 (96 ⾝⿏℆染ἳⲀ䱕 19 垈). 48 LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 605. Zu dieser Auffassung mit Nachweis auch WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (32). 49 S. LIN Jiaqi/LIU Junlin, S. 5.
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Hauptbetriebsstelle (ὤᾴ␂㍩㌿ὤ䌈㪖㍩) besitzt. Auch für taiwanesische private juristische Personen tritt nach Art. 2 Abs. 1 Taiwan-ZPG für die allgemeine Zuständigkeit ihre Hauptgeschäfts- oder Hauptbetriebsstelle an die Stelle des Wohnsitzes bei natürlichen Personen. Dieser Regelung wird entsprechend die internationale Zuständigkeit taiwanesischer Gerichte entnommen, wenn eine juristische Person ihre Hauptgeschäfts- oder Hauptbetriebsstelle auf Taiwan hat.50 Die Rechtslage entspricht damit im Wesentlichen der festlandchinesischen (dazu oben Rn. 173 f.). b) Besondere Zuständigkeit (1) Ort der Vertragserfüllung 690
Für Streitigkeiten in Bezug auf einen Vertrag sind gemäß Art. 12 TaiwanZPG die Gerichte am Erfüllungsort einer Verbindlichkeit (⇞␂ⶎ奵⡙ ) – örtlich und damit bei entsprechender Anwendung51 auch international – zuständig, wenn die Parteien einen Erfüllungsort festgelegt haben. So reichte es beispielsweise in der Praxis zur Begründung der interregionalen Zuständigkeit taiwanesischer Gerichte, dass vertraglich die Zahlung auf ein Konto in Taiwan zu erfolgen hatte, obwohl der Ort der Übergabe der Ware auf dem Festland lag. 52 Damit kennt das taiwanesische Recht zwar eine Zuständigkeit am Ort der Vertragserfüllung wie das festlandchinesische Recht (s. dazu oben Rn. 204 ff.), die jedoch im Detail anders geregelt ist und verstanden wird. (2) Belegenheitsort pfändbaren Vermögens
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In gewisser Parallele zur Zuständigkeit am Belegenheitsort des Prozessgegenstands und des pfändbaren Beklagtenvermögens nach festlandchinesischem Recht (dazu oben Rn. 227 ff.) sind in vermögensrechtlichen Streitigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 Taiwan-ZPG die Gerichte am Belegenheitsort von pfändbarem Vermögen des Beklagten ( 委╳┘㎌㏥ὴ巊䙋 ) oder des Gegenstands des Begehrens (寴㵫㭂䞭) (örtlich) zuständig, sofern es kein aufgrund des Wohnsitzes einer Person allgemein zuständiges Gericht gibt. Handelt es sich bei diesem Vermögen oder dem betroffenen Gegenstand um eine Forderung, gilt nach Art. 3 Abs. 2 Taiwan-ZPG der Wohnsitz des 50
S. aus der Praxis die Rechtsmittelurteile des Obergerichts Taiwans (匣䆌氁䱲㷾枋) v. 16.5.2006 (95 ⾝⿏ἳⲀ䱕 171 垈 – 2. Instanz) und v. 20.11.2007 (96 ⾝⿏ἳ㠝Ἡ Ⲁ䱕 52 垈 – 3. Instanz). Zum Standpunkt der Literatur s. WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (30 f.); LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 606. 51 Diese wird vollständig bejaht, s. WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (51 f.). S. auch LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 608. 52 S. Urteil des Obergerichts Taiwans (匣䆌氁䱲㷾枋) v. 26.8.2009 (96 ⾝⿏拶ἳⲀ䱕 493 垈).
II. Interregionale Zuständigkeit
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Schuldners oder der Belegenheitsort eines die Forderung sichernden Gegenstands als Belegenheitsort. Vermögen ist dann pfändbar, wenn es nicht wie beispielsweise Gegenstände des persönlichen Bedarfs (Kleidung, Geschirr, etc.) nach Art. 53 des Zwangsvollstreckungsgesetzes 53 unpfändbar ist.54 Das taiwanesische internationale Zuständigkeitsrecht betrachtet die Belegenheit von pfändbarem Vermögen des Beklagten in entsprechender Anwendung des Art. 3 Taiwan-ZPG grundsätzlich als zuständigkeitsbegründend, wenn es an einem Inlandswohnsitz des Beklagten – bzw. der dem für die juristische Person entsprechenden Hauptgeschäfts- oder Hauptverwaltungsstelle55 – fehlt.56 Strittig ist allerdings, ob der Wert des Klagegegenstands ungefähr dem Wert des zuständigkeitsbegründenden pfändbaren Vermögens entsprechen muss und ob der Belegenheitsort des betroffenen Vermögens und das Begehren des Klägers in einem unmittelbaren Bezug zueinander stehen müssen.57
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(3) Ort einer unerlaubten Handlung Nach Art. 15 Abs. 1 Taiwan-ZPG sind die Gerichte am Ort des schädigenden Verhaltens für Klagen aufgrund von unerlaubten Handlungen ( ⃞㰳 奵䇣) (örtlich) zuständig. Dabei liegt der Ort dieses Verhaltens zum einen dort, wo die Handlung ausgeführt wurde, zum anderen dort, wo ihr Ergebnis, die Schädigung, eingetreten ist. 58 Art. 15 Abs. 1 Taiwan-ZPG wird grundsätzlich entsprechend zur Ermittlung der internationalen – und damit auch der interregionalen – Zuständigkeit taiwanesischer Gerichte angewendet.59 Taiwanesische Gerichte sind damit in der Regel unter ähnlichen Voraussetzungen für deliktsrechtliche Klagen zuständig wie festlandchinesische (dazu oben Rn. 243 ff.). Strittig ist jedoch, ob die entsprechende Anwendung des Art. 15 Abs. 1 Taiwan-ZPG für Distanzdelikte angemessen ist: Nach einer Auffassung 53
だ⍟⤠奵㷾 vom 19.1.1940 (Fassung vom 29.6.2011). Vgl. dazu LIN Jiaqi/LIU Junlin, S. 8. 55 Vgl. Urteil des Obergerichts Taiwans (匣䆌氁䱲㷾枋) v. 27.2. 2007 (95 ⾝⿏拶ἳⲀ䱕 139 垈). 56 S. m.w.N. WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (37). Vgl. auch LUO Jianwen, Faxue Pinglun 2004, 86 (90), der dies kritisiert. Beispiele aus der Rechtsprechung bei RUAN Weifang, S. 26. 57 S. dazu WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (37 ff.). 58 So die taiwanesische Rechtswissenschaft und Rechtsprechung, s. WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (46), mit Nachweisen; LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 608. 59 S. Oberstes Gericht Taiwans (匣䆌㠩氁㷾枋) v. 27.3.2008 (ᾆ⑪Ἤ⾝⿏┙㏀Ⲁ䱕Ἡ⊔ ᾽垈); Obergericht Taiwans (匣䆌氁䱲㷾枋) v. 4.3.2009 (96 ⾝⿏℆染ἳⲀ䱕 19 垈); Distriktgericht Taibei (匣䆌匣⑀⡙㛢㷾枋) v. 24.2.2006 (93 ⾝⿏℆染Ⲁ䱕 8 垈). 54
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muss es zum Schutz des Geschädigten zur Begründung der internationalen Zuständigkeit ausreichen, wenn entweder der Ausführungsort oder der Ort, an dem das Ergebnis der Handlung eintritt, in Taiwan liegt.60 Nach der Gegenauffassung sind taiwanesische Gerichte nur eingeschränkt international zuständig, wenn sich lediglich die Schädigung in Taiwan ereignet hat;61 wie diese Einschränkungen aussehen, scheint dabei allerdings uneinheitlich gesehen zu werden: So wird beispielsweise vertreten, bei besonderen Delikten, etwa aus dem Bereich der Produkthaftung, reiche auch der Schadenseintritt zur Begründung der internationalen Zuständigkeit, während diese im allgemeinen Deliktsrecht nur auf den Ort der Ausführung gestützt zu werden vermöge.62 Für Schiffs- und Flugzeugunfälle treffen Art. 15 Abs. 2 und 3 TaiwanZPG Sonderregelungen: Zuständig sind hier die Gerichte an dem Ort, an dem das geschädigte Schiff oder Flugzeug zuerst eintrifft oder an dem das Schädigerschiff bzw. -flugzeug festgehalten wird, sowie am Ort des Heimathafens. Diese Regelungen dürften ohne weiteres bei der Feststellung der internationalen Zuständigkeit entsprechende Anwendung finden.63 (4) Weitere besondere Zuständigkeiten (a) Klagen gegen bestimmte Personen
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Die Art. 4 und 5 Taiwan-ZPG enthalten besondere Zuständigkeiten für vermögensrechtliche Klagen gegen bestimmte Personen, deren soziales und rechtliches Aktionsfeld aus beruflichen Gründen an einen anderen Ort als ihren eigentlichen Wohnsitz verlagert ist, so dass es einem etwaigen Kläger nicht zugemutet werden kann, stets am allgemeinen Gerichtsstand dieser Personen klagen zu müssen. 64 So ordnet Art. 4 Taiwan-ZPG für Auszubildende, Arbeitnehmer und andere aus beruflichen Gründen nicht an ihrem eigentlichen Wohnsitz lebende Personen die (örtliche) Zuständigkeit der Gerichte an ihrem beruflich bedingten Wohnort an. Nach Art. 5 Taiwan-ZPG können Soldaten und Seeleute vor den Gerichten am Ort ihrer Dienststelle oder dem Register- bzw. Flaggenort des Schiffes, auf dem sie dienen, verklagt werden. Einer entsprechenden Anwendung zur Feststellung der internationalen und interregionalen Zuständigkeit taiwanesischer Gerichte scheint hier nichts im Weg zu stehen. 60
Dazu WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (46), mit Nachweisen. S. WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (46). 62 So WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (46 f.). 63 Für Art. 15 Abs. 2 Taiwan-ZPG s. dazu WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (43 f.). 64 Vgl. dazu LIN Jiaqi/LIU Junlin, S. 9 f. 61
II. Interregionale Zuständigkeit
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(b) Klagen am Ort einer Geschäftsstelle oder Zweigniederlassung Gemäß Art. 6 Taiwan-ZPG kann eine – natürliche oder juristische – Person auch an dem Ort verklagt werden, an dem sie eine Geschäfts- oder Betriebsstelle (ᾴ␂㍩㌿䌈㪖㍩) besitzt, sofern sich die Klage auf ihre berufliche Tätigkeit von dieser Geschäfts- oder Betriebsstelle aus bezieht. Diese Regelung wird in der Praxis zur Feststellung der internationalen bzw. interregionalen Zuständigkeit taiwanesischer Gerichte entsprechend angewendet.65 Sie scheint begrenzt mit der Zuständigkeit am Sitzort eines Vertretungsorgans nach festlandchinesischem Recht (vgl. oben Rn. 257 f.) vergleichbar zu sein.
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(c) Gesellschaftsrechtliche Klagen Art. 9 Taiwan-ZPG bestimmt für gesellschaftsrechtliche Klagen die (örtliche) Zuständigkeit der Gerichte am Ort der Hauptgeschäftsstelle oder -betriebsstelle. Die Vorschrift gilt für Klagen der Gesellschaft, ihrer Gesellschafter oder Gläubiger gegen derzeitige und frühere Gesellschafter sowie ihre Angestellten.
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(d) Klagen in Bezug auf unbewegliches Vermögen Für nicht sachenrechtliche Klagen, die sich auf unbewegliches Vermögen (ἶ⏾䙋 ) beziehen, sieht Art. 10 S. 2 Taiwan-ZPG in Ergänzung zur ausschließlichen Zuständigkeit des Art. 10 S. 1 Taiwan-ZPG (dazu unten Rn. 705) eine besondere Zuständigkeit der Gerichte des Belegenheitsortes vor. Daneben ermöglicht Art. 11 Taiwan-ZPG die Klage aufgrund einer durch Belastung unbeweglichen Vermögens gesicherten Forderung am Belegenheitsort des belasteten Vermögens.
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(e) Klagen aus Wechseln Nach Art. 13 Taiwan-ZPG sind für Klagen aus Wechselforderungen die Gerichte am Zahlungsort des Wechsels (örtlich) besonders zuständig.
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(f) Klagen aus Vermögensverwaltung Für Klagen aus Vermögensverwaltung ( 巊䙋䳊䔯 ) sind nach Art. 14 Taiwan-ZPG die Gerichte am Ort dieser Verwaltung (örtlich) besonders zuständig.
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S. in Bezug auf eine festlandchinesische Partei Obergericht Taiwans (匣䆌氁䱲㷾枋) v. 16.1.2006 (95 ⾝⿏㺱ἳⲀ䱕 2 垈).
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(g) Klagen auf der Basis von Registrierungen 703
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Art. 17 Taiwan-ZPG sieht für Registrierungen ( 䞤孁 ) betreffende Klagen die besondere Zuständigkeit der Gerichte des Registerortes vor. Von einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift zur Begründung der internationalen Zuständigkeit taiwanesischer Gerichte ist auszugehen.66 Daneben sehen noch Art. 7, 8 und 16 Taiwan-ZPG besondere seerechtliche Zuständigkeiten vor. Sie sind zur Bestimmung der internationalen Zuständigkeit entsprechend anwendbar.67 c) Ausschließliche Zuständigkeit
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Art. 10 S. 1 Taiwan-ZPG bestimmt, dass in Bezug auf Klagen, die sich auf Sachenrechte an unbeweglichem Vermögen, ihre Aufteilung oder ihren Umfang beziehen, die Gerichte am Lageort des unbeweglichen Vermögens ausschließlich (örtlich) zuständig sind. Dieser international verbreitete – und auch auf dem Festland über Art. 34 Nr. 1 Festland-ZPG (dazu oben Rn. 264 f.) geltende – Grundsatz wird zur Feststellung der internationalen Zuständigkeit entsprechend angewendet.68 2. Zuständigkeit kraft Vereinbarung der Parteien a) Ausdrückliche Zuständigkeitsvereinbarung
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Art. 24 Abs. 1 Taiwan-ZPG erlaubt auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis bezogene Vereinbarungen über die örtliche Zuständigkeit. Diese müssen nach Art. 24 Abs. 2 Taiwan-ZPG schriftlich getroffen werden. Die ausschließliche Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts kann durch eine solche Vereinbarung nach Art. 26 Taiwan-ZPG jedoch nicht abbedungen werden. Ferner schränkt Art. 28 Abs. 2 Taiwan-ZPG die Möglichkeit der Zuständigkeitsvereinbarung durch eine juristische Person oder einen Kaufmann in allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Schutz des Verbrauchers dahingehend ein, dass ihr widersprochen werden kann. Grundsätzlich respektieren die Gerichte Taiwans internationale Zuständigkeitsvereinbarungen der Parteien in entsprechender Anwendung des Art. 24 Taiwan-ZPG. 69 Die Voraussetzungen hierfür – Schriftlichkeit und kein Verstoß gegen ausschließliche Zuständigkeiten – entsprechen dabei 66
Vgl. für das Seerecht WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (44 f.). S. hierzu im Detail WU Guangping, 16 (2006) Zhongyuan Caijing Faxue 1 (42 ff., 48, 54 ff.). 68 Vgl. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 607, nach denen gestützt hierauf taiwanesische Gerichte ferner eine an sich aus anderen Gründen gegebene Zuständigkeit ablehnen müssen, wenn es um eine im Ausland belegene Immobilie geht. 69 S. LÜ Xiaoli, Dangdai Faxue 2002, 67 (67). 67
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teilweise denen des festlandchinesischen Rechts (s. oben Rn. 270 ff.). Abweichungen ergeben sich jedoch in Bezug auf das auf Zuständigkeitsvereinbarungen anwendbare Recht und die Erforderlichkeit besonderer Beziehungen zum gewählten Forum. Welcher Rechtsordnung die Zuständigkeitsvereinbarung selbst unterliegt, ist im taiwanesischen Recht nicht ausdrücklich geregelt; daher wird analog auf das Vertragsstatut nach Art. 6 Taiwan-IPRG a.F., also in erster Linie auf das durch die Parteien zur Anwendung berufene Recht zurückgegriffen, das jedoch grundsätzlich unabhängig vom Statut des Hauptvertrages ist.70 Die konkrete Wirkung einer nach ihrem Vertragsstatut wirksamen Zuständigkeitsvereinbarung richtet sich nach taiwanesischem Recht als der lex fori.71 Eine Wahl zugunsten fremder Gerichte wird dabei auch ohne eine besondere Beziehung der Streitigkeit zum gewählten Forum beachtet, sofern das gewählte Gericht seine Zuständigkeit annimmt und ein daraus resultierendes Urteil in Taiwan anerkannt und vollstreckt werden kann.72 Die internationale Zuständigkeit taiwanesischer Gerichte kann dagegen nur durch Vereinbarung begründet werden, wenn in der Sache Bezugspunkte zu Taiwan vorliegen.73
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b) Rügelose Einlassung Art. 25 Taiwan-ZPG regelt die örtliche Zuständigkeit kraft rügeloser Einlassung: Äußert sich ein Beklagter in einem Verfahren zur Sache, ohne die Unzuständigkeit des vom Kläger angerufenen Gerichts zu rügen, so gilt dieses – ähnlich wie auf dem Festland (dazu oben Rn. 288 ff.) – als zuständig. Auch hier gelangt jedoch Art. 26 Taiwan-ZPG zur Anwendung; eine solche konkludente Zuständigkeitsvereinbarung wird bei ausschließlicher Zuständigkeit eines anderen Gerichts nicht angenommen.
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3. Zuständigkeit kraft Sachzusammenhang Mit Art. 20 Taiwan-ZPG regelt das taiwanesische Zuständigkeitsrecht die örtliche Zuständigkeit bei Beklagtenmehrheit: Sofern es kein Gericht mit besonderer Zuständigkeit für die Klagen gegen alle Beklagten gibt, sind die Gerichte am Wohnsitz jedes einzelnen Beklagten für die Klage gegen alle Beklagten örtlich zuständig. Nach der taiwanesischen Rechtsprechung betrifft diese Regelung jedoch nur die örtliche Zuständigkeit und setzt die 70
LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 612 f. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 613. 72 S. Fan, S. 64. Vgl. auch das Zitat aus einem Urteil des Obersten Gerichts Taiwans von 1975 bei LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 613, Fn. 6. 73 So jedenfalls Fan, S. 65. 71
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internationale Zuständigkeit taiwanesischer Gerichte voraus, vermag eine solche also nicht zu begründen.74 Im internationalen Zuständigkeitsrecht Taiwans scheint es – anders als im festlandchinesischen Recht (s. oben Rn. 305 ff.) – keine Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs zu geben. 4. Behandlung paralleler interregionaler Zuständigkeit a) Verbot der Mehrfachverhandlung einer Angelegenheit
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Aus der Gesetzesbegründung zu Art. 402 Taiwan-ZPG über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen ist ersichtlich, dass nach Auffassung des Gesetzgebers eine Streitigkeit nicht mehrmals gerichtlich entschieden werden sollte.75 Dennoch war es möglich, in einem im Ausland rechtshängigen Fall zusätzlich vor taiwanesischen Gerichten zu klagen, da das Oberste Gericht Taiwans entschieden hatte, dass sich Art. 253 Taiwan-ZPG76, der eine Klageerhebung hinsichtlich einer bereits rechtshängigen Angelegenheit verbietet, nur auf inländische Verfahren bezieht.77 In der Literatur wurde es dagegen befürwortet, ein inländisches Verfahren unter ausweitender Auslegung des Art. 249 Abs. 1 Nr. 7 TaiwanZPG, der i.V.m. Art. 253 Taiwan-ZPG die Abweisung bzw. Aussetzung von anderweitig rechtshängigen Klagen vorsieht, zugunsten eines bereits im Ausland rechtshängigen Verfahrens auszusetzen.78 Im Jahr 2003 wurde schließlich Art. 182-2 Taiwan-ZPG eingefügt. Die Vorschrift erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen die Aussetzung eines Verfahrens, wenn in derselben Angelegenheit im Ausland eine Klage rechtshängig ist. Der Gesetzgeber möchte damit verhindern, dass eine Streitigkeit doppelt entschieden wird.79 Die Vorschrift bewirkt auch, dass Art. 253 Taiwan-ZPG nun auch die Rechtshängigkeit vor ausländischen Gerichten erfasst.80 Die Aussetzung eines Verfahrens nach Art. 182-2 Abs. 1 S. 1 TaiwanZPG setzt zunächst voraus, dass eine Klage vor einem ausländischen Gericht in derselben Angelegenheit, d.h. zwischen den selben Parteien über den selben (nach der lex fori zu bestimmenden) Verfahrensgegenstand mit S. Distriktgericht Taibei (匣䆌匣⑀⡙㛢㷾枋) v. 24.2.2006 (93 ⾝⿏℆染Ⲁ䱕 8 垈). S. Min, S. 92. 76 Die Vorschrift lautet in deutscher Übersetzung: „Die Parteien dürfen nicht in einer Angelegenheit, in der bereits Klage erhoben wurde, während der Rechtshängigkeit des Verfahrens eine weitere Klage erheben.“ 77 S. RUAN Weifang, S. 133, 147. 78 So LIU Tiezheng, S. 276. 79 Vgl. zur Gesetzesbegründung Min, S. 101, sowie RUAN Weifang, S. 133 f., mit einem wörtlichen Zitat der Gesetzesbegründung. 80 S. RUAN Weifang, S. 134 f., aber auch zur in der Literatur vertretenen a.A. 74 75
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dem selben Klageziel,81 rechtshängig ist. Ob eine Angelegenheit im Ausland rechtshängig ist, entscheidet das Recht des jeweiligen Gerichtsortes.82 In seinen weiteren Voraussetzungen kombiniert Art. 182-2 Abs. 1 S. 1 Taiwan-ZPG Anerkennungsprognose und Interessensabwägung: 83 Neben erforderlichen ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass eine Entscheidung des ausländischen Gerichts in dem betreffenden Rechtsstreit in Taiwan nach Art. 402 Taiwan-ZPG anerkannt werden wird,84 dürfen dem Beklagten durch die Klage im Ausland keine schwerwiegenden Unannehmlichkeiten entstehen. Gemeint sind hier Verfahrensnachteile sowie Arbeits-, Kosten- und zeitlicher Aufwand.85 Nach Art. 182-2 Abs. 1 S. 2 Taiwan-ZPG darf ein Verfahren vor taiwanesischen Gerichten trotz vorliegender Voraussetzungen nach Art. 182-2 Abs. 1 S. 1 Taiwan-ZPG nicht ausgesetzt werden, wenn die Parteien übereinstimmend eine Entscheidung durch das taiwanesische Gericht wünschen. Eine Zuständigkeitsvereinbarung zugunsten taiwanesischer Gerichte scheidet als die erforderliche Einigung der Parteien aus, da auch das ausländische Gericht zuständig sein muss, damit sich überhaupt das Problem doppelter Rechtshängigkeit stellen kann.86 Art. 182-2 Taiwan-ZPG regelt den Fall, dass ausländische Gerichte zuerst mit einer Streitigkeit befasst werden. Aus Sicht des Gesetzgebers wird ein Verfahren vor taiwanesischen Gerichten nicht dadurch beeinflusst, dass nachträglich auch im Ausland geklagt wird.87 Daraus ergibt sich ein System zeitlicher Priorität: Das zuerst angerufene Gericht soll aus taiwanesischer Sicht entscheiden.88 Art. 182-2 Taiwan-ZPG wird zur Lösung des Problems mehrfacher Rechtshängigkeit auch im Verhältnis zu Hong Kong und wahrscheinlich auch Macau angewendet.89 Bis in die 1990er Jahren galt im Hinblick auf die Rechtshängigkeit vor Hong Konger Gerichten nicht nur infolge der Auslegung des Art. 253 Taiwan-ZPG anderes; problematisch war auch die 81
Näher dazu RUAN Weifang, S. 135 f. RUAN Weifang, S. 136 f. 83 S RUAN Weifang, S. 134. 84 Im voraus lassen sich nur Art. 402 Nr. 1 und 4 Taiwan-ZPG prüfen, während die beiden anderen in der Vorschrift genannten, gegen eine Anerkennung sprechenden Gründe erst mit Blick auf ein konkretes Urteil beurteilt werden können, s. RUAN Weifang, S. 142 f. 85 RUAN Weifang, S. 137. 86 RUAN Weifang, S. 137 f. 87 S. die Gesetzesbegründung zu Art. 182-2 Taiwan-ZPG, wiedergegeben bei RUAN Weifang, S. 133 f. 88 S. Min, S. 102; RUAN Weifang, S. 146 f. 89 S. die bei RUAN Weifang, S. 155, angeführte Entscheidung im Verhältnis zu Hong Kong. 82
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Anerkennungsfähigkeit von Urteilen der Gerichte von Hong Kong nach Art. 402 Taiwan-ZPG (dazu unten Rn. 862).90 Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichts Taiwans kommt dagegen einem festlandchinesischen Urteil trotz Anerkennung keine Rechtskraftwirkung (㠲㜋⍍⏄) zu, so dass ein taiwanesisches Gericht in späteren Verfahren frei auch über solche Aspekte neu entscheiden kann, die Grundlage des bereits ergangenen festlandchinesischen Urteils waren.91 b) Forum non conveniens 719
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Ob es die derzeitige Rechtslage in Taiwan den Gerichten erlaubt, die Ausübung ihrer nach den Zuständigkeitsregeln des Taiwan-ZPG gegebenen internationalen Zuständigkeit nach ihrem Ermessen im Sinne der Doktrin des forum non conveniens abzulehnen, ist umstritten. Nach einer Auffassung fehlt es hierfür an einer Rechtsgrundlage. 92 Auch Art. 182-2 Taiwan-ZPG ordnet die Entscheidung des zuerst mit einem Fall befassten Gerichts an, ohne – außerhalb einer abweichenden Parteivereinbarung – eine Möglichkeit der Ablehnung zu eröffnen.93 Nach anderer Auffassung lässt sich die Anwendung der Grundsätze des forum non conveniens über die „Rechtstheorie“ rechtfertigen, auf die Art. 30 S. 2 TaiwanIPRG a.F. (jetzt Art. 1 2. Halbsatz Taiwan-IPRG n.F.) zur Lückenfüllung verweist. 94 Obwohl in der Literatur eine klarstellende Ergänzung des Rechts angeregt wird,95 wurde sie aus dem letzten Entwurf zur Neuregelung des internationalen Privatrechts wieder gestrichen96 und ist auch im Taiwan-IPRG n.F. nicht enthalten. In der Praxis berufen sich jedoch immer wieder Gerichte auf die Grundsätze des forum non conveniens, allerdings in den meisten Fällen – den Begriff und die Funktion der klassischen common law-Doktrin missverstehend – im Rahmen der Überlegungen zur internationalen Zuständigkeit, wenn nach der Angemessenheit der entsprechenden Anwendung der örtli-
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Zu der früheren Problemstellung s. noch Chen, 16 (1998) Wis. Int’l L.J. 599 (628 f.). 91 Oberstes Gericht Taiwans (匣䆌㠩氁㷾枋 ) v. 13.11.2008 (97 ⾝┙ἳⲀ䱕 2376 垈 ). Kritisch dazu Liu, 11 (2009) Yearbook of PIL 235 (249). 92 Vgl. WANG Zhiwen, 31 (2004) Hwa Kang L.Rev. 1 (22 f.); KE Zedong, S. 121; RUAN Weifang, S. 146 f., 182 f. 93 S. dazu RUAN Weifang, S. 146 f., 182 f. 94 Zu dieser Auffassung s. RUAN Weifang, S. 185, und insgesamt zum Streitstand, S. 183 ff. Ein Vertreter dieser Auffassung scheint, wenn auch ohne Begründung, Chung, 22 (2008) St. John’s J. Leg. Comm. 559 (566), zu sein. In diese Richtung wohl auch LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 606. 95 So etwa LIU Tiezheng, S. 276. 96 S. WANG Zhiwen, 31 (2004) Hwa Kang L.Rev. 1 (25).
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chen Zuständigkeitsregeln gefragt wird (vgl. oben Rn. 665, 676).97 In nur wenigen Fällen wurde es erwogen, nach der Doktrin die bereits festgestellte internationale Zuständigkeit der taiwanesischen Gerichte abzulehnen.98 In einzelnen Fällen haben es die Gerichte aber auch unter Hinweis auf die fehlende Rechtsgrundlage und die vorhandenen Zuständigkeitsregelungen, die einen Rückgriff auf die Rechtstheorie mangels Lücke verbieten, ausdrücklich abgelehnt, die Grundsätze des forum non conveniens in Betracht zu ziehen.99
III. Interregionales Privatrecht III. Interregionales Privatrecht
1. Allgemeiner Teil a) Qualifikation Die Frage der Qualifikation (ⳃㅐ) war im Taiwan-IPRG in der alten Fassung nicht geregelt.100 Man hat sich letztlich auch bei der Neufassung des Taiwan-IPRG gegen eine Regelung entschieden. Art. 23 der ersten Fassung des Entwurfs hatte noch vorgesehen, dass das Gericht die Natur einer Zivilsache mit Außenbezug bestimmt, es sich aber nach der Auffassung des Klägers zu richten hat, wenn der Beklagte dieser nicht widerspricht.101 Da diese Regelung jedoch nicht die eigentlich umstrittene Frage der im Rahmen der Qualifikation anzuwendenden Rechtsordnung entscheidet, wurde sie als zum gegenwärtigen Zeitpunkt überflüssig angesehen, sofern das Gericht im Einzelfall – unabhängig von der jeweiligen Wahl der zur Qualifikation vertretenen Auffassung – eine wohlerwogene ausdrückliche Entscheidung trifft.102 In der taiwanesischen Literatur scheint lediglich Einigkeit darüber zu bestehen, dass die Theorie der Anwendung der lex fori nicht in ihrer Rein-
97 S. RUAN Weifang, S. 147, 157, 182 f., mit ausführlicher Untersuchung dieser Fälle, S. 158 ff. Vgl. auch WANG Zhiwen, 31 (2004) Hwa Kang L.Rev. 1 (22 f., 25). 98 So jedenfalls das Résumé, das RUAN Weifang, S. 182 f., nach seiner Untersuchung der entsprechenden Gerichtsentscheidungen, S. 175 ff., zieht. Nach WANG Zhiwen, 31 (2004) Hwa Kang L.Rev. 1 (22 f., 25), erfolgt keine gesonderte Prüfung nach bereits festgestellter Zuständigkeit. 99 S. dazu die von RUAN Weifang, S. 157 f., untersuchte Gerichtsentscheidung eines Distriktgerichts. 100 Vgl. YU Fei, S. 117; Cheng, S. 22. 101 S. YU Fei, S. 117. 102 S. die Begründung von CHEN Rongchuan, die bei YU Fei, S. 118 f., wiedergegeben ist.
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form zur Anwendung gelangt; ihre Einschränkungen durch andere Ansätze werden unterschiedlich gesehen.103 In der Praxis scheint nach der lex fori qualifiziert zu werden,104 was mit der geltenden Rechtslage auf dem Festland (s. oben Rn. 334 ff.) übereinstimmen würde. Da die Verweisung des Art. 38 Hong Kong/Macau-Bestimmungen nicht nur das Taiwan-IPRG sondern auch die rechtstheoretischen Grundlagen des internationalen Privatrechts meint (s. oben Rn. 650), finden diese Grundsätze auch im Verhältnis zu Hong Kong und Macau Anwendung. Die Festland-Bestimmungen als vorrangiges interregionales Regelwerk im Verhältnis zum Festland enthalten keine Regelung hinsichtlich der Qualifikation. Nach ihrem Art. 41 Abs. 1 ist auf Zivilrechtsangelegenheiten zwischen Personen der Region Taiwan und der Festland-Region taiwanesisches Recht anzuwenden, sofern die Festland-Bestimmungen keine anderweitige Regelung vorsehen. Diese einseitige Ergänzungskollisionsregel hilft jedoch hinsichtlich der Qualifikation, die keine Verweisungsnorm darstellt, nicht weiter. Es ist davon auszugehen, dass über Art. 1 S. 2 FestlandBestimmungen, der den lückenfüllenden Rückgriff auf andere einschlägige Vorschriften des taiwanesischen Rechts anordnet, wie im Verhältnis zu Hong Kong und Macau die von der Rechtslehre entwickelten ungeschriebenen Qualifikationsregeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung gelangen. b) Vorfrage
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Die Frage, ob eine Vorfrage (杭柑♸極) selbständig nach dem internationalen Privatrecht des Gerichtsortes oder unselbständig nach dem Kollisionsrecht der lex causae anzuknüpfen ist, findet im Taiwan-IPRG keine Regelung; in der Rechtsprechung wurde diese Frage ebenfalls noch nicht explizit entschieden.105 Auch die Festland-Bestimmungen und die Hong Kong/Macau-Bestimmungen schweigen diesbezüglich. Über Art. 38 S. 1 Hong Kong/Macau103 S. etwa KE Zedong, S. 69 ff., der nach dem Recht des Gerichtsortes, ergänzt durch die lex causae und rechtsvergleichende Überlegungen, qualifizieren will. Einen Überblick über die in Taiwan vertretenen Auffassungen findet sich bei YU Fei, S. 110 ff. 104 S. dazu einen vom Distriktgericht Gaoxiong 2001 entschiedenen Fall, über den CHEN Rongchuan, 52 (2003) Taiwan Bentu Faxue 130 (141), berichtet. Auch die allgemeine Äußerung des Obersten Gerichts Taiwans (匣䆌㠩氁㷾枋) in seiner Entscheidung v. 26.11.2009 (98 ⾝┙ἳⲀ䱕 2259 垈) deutet in diese Richtung (Qualifikation „nach den Regelungen oder Begriffen des inländischen Rechts“: ܻ⠴㷾ὴ媸ⳃ㌿㪫ㄞ), während es in einer früheren Entscheidung v. 8.5.2003 (92 ⾝┙⊶Ⲁ䱕 22 垈) lediglich feststellt, das Gericht müsse Zivilrechtssachen mit Außenbezug nach der lex fori oder der Rechtsordnung eines anderen in Beziehung stehenden Landes (⊟䠡朅⠴ⳟὴ㷾ゴ) qualifizieren. 105 S. LIU Tiezheng, S. 254.
III. Interregionales Privatrecht
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Bestimmungen gelten im Verhältnis zu Hong Kong und Macau die allgemeinen (ungeschriebenen) Grundsätze des internationalen Privatrechts (s. oben Rn. 650); ein Rückgriff auf Art. 38 S. 2 Hong Kong/Macau-Bestimmungen, der für Regelungslücken die Anwendung des Rechts mit der engsten Beziehung zur fraglichen Rechtsbeziehung anordnet, hilft in der Vorfragenproblematik nicht, da sie nicht durch das Fehlen einer bestimmten Kollisionsregel ausgelöst wird. Bei strikter Anwendung des Art. 41 Abs. 1 Festland-Bestimmungen müssten im Verhältnis zum Festland Vorfragen stets nach taiwanesischem Recht angeknüpft werden. In der Praxis wird aber möglicherweise dennoch auf die international-privatrechtlichen Grundsätze zurückgegriffen. Aus Sicht der Literatur kann im internationalen Privatrecht über Art. 30 Taiwan-IPRG a.F. bzw. Art. 1 2. Halbsatz Taiwan-IPRG n.F. zur Lösung des Problems der Vorfragenanknüpfung auf ausländische Präzedenzfälle und wissenschaftliche Erkenntnisse zurückgegriffen werden.106 Dabei wird mit Blick auf die hohe Bedeutung, die Art. 29 Taiwan-IPRG a.F. (jetzt Art. 6 Taiwan-IPRG n.F.) dem renvoi beimisst, eine grundsätzliche Anknüpfung nach dem Kollisionsrecht der lex causae befürwortet, von der in Ausnahmefällen zugunsten der lex fori abgewichen werden könne. 107 An anderer Stelle wird dagegen implizit von einer selbständigen Anknüpfung nach der lex fori ausgegangen.108
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c) Rück- und Weiterverweisung Anders als auf dem Festland (dazu oben Rn. 349 ff.) hat der renvoi (⓶匝) im taiwanesischen internationalen Privatrecht eine sehr weitgehende, 109 ausdrückliche Regelung in Art. 29 Taiwan-IPRG a.F. gefunden. Nach dessen Satz 1 ist eine Weiter- oder Rückverweisung, die das nach dem Taiwan-IPRG anwendbare Heimatrecht eines Beteiligten ausspricht, zu beachten. Verweist die Rechtsordnung, auf die das Heimatrecht verwiesen hat, wiederum auf eine weitere Rechtsordnung oder das Heimatrecht zurück, wird dies nach Art. 29 S. 2 Taiwan-IPRG a.F. ebenfalls respektiert; lediglich bei einer Rückverweisung auf das taiwanesische Recht wird die Verweisungskette dort abgebrochen.110 106
S. LIU Tiezheng, S. 255. So jedenfalls LIU Tiezheng, S. 255. 108 Nach LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 333, richtet sich im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag die Frage nach einem etwaigen Auftrag nach dem gemäß Art. 6 Taiwan-IPRG a.F. auf die Rechtsbeziehung zwischen Auftraggeber und -nehmer anzuwendenden Recht. 109 S. dazu Ma, FS Siehr, 413 (425); YU Fei, S. 190. 110 S. dazu die Übersicht bei KE Zedong, S. 130. Cheng, S. 25 f., ist dagegen der Auffassung, die unmittelbare Rückverweisung sei nicht geregelt. 107
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Die Regelung des Art. 29 Taiwan-IPRG a.F. ist zwar einerseits, wie dargestellt und nach den Gesetzesmotiven auch bezweckt111, sehr weitgehend, da sie Rück- und Weiterverweisungen umfassend zu befolgen vorsieht. Andererseits ist sie jedoch begrenzt, nämlich auf die Verweisung auf das Heimatrecht einer Partei. 112 Sie betrifft damit in erster Linie statusrechtliche Kollisionsregeln, die dieses Anknüpfungsmoment verwenden, nicht dagegen beispielsweise sachenrechtliche Verweisungen auf das Belegenheitsortsrecht.113 Hinsichtlich der objektiven Anknüpfung von Verträgen an das gemeinsame Heimatrecht der Parteien nach Art. 6 Abs. 2 Taiwan-IPRG a.F. (dazu unten Rn. 782), des Personalstatuts von Staatenlosen nach Art. 27 Taiwan-IPRG a.F. sowie des Verweises auf das Heimatrecht bei Mehrrechtsstaaten i.S.d. Art. 28 Taiwan-IPRG a.F. ist in der taiwanesischen Literatur daher die Beachtung eines renvoi umstritten.114 Die Art. 29 Taiwan-IPRG a.F. entsprechende neue Regelung des renvoi findet sich in Art. 6 Taiwan-IPRG n.F. Die Regelung der Weiterverweisung durch das Recht, auf welches das Heimatrecht verwiesen hat, in Satz 2 der alten Regelung wurde – internationalen Tendenzen zur Begrenzung der Anerkennung des renvoi folgend – gestrichen.115 Die Weiterverweisung nach Satz 1, dessen Regelung unverändert übernommen wurde, ist damit nun Sachnormverweisung. Art. 6 S. 2 Taiwan-IPRG n.F. stellt jetzt klar, dass die Regelung sowohl die unmittelbare, durch das Heimatrecht ausgesprochene als auch die mittelbare, durch eine dritte Rechtsordnung angeordnete Rückverweisung auf taiwanesisches Recht erfasst, was zuvor in der Literatur umstritten war.116 Im Verhältnis zu Hong Kong und Macau finden diese Vorschriften nach Art. 38 S. 1 Hong Kong/Macau-Bestimmungen entsprechende Anwendung. Für das Verhältnis zum Festland hat der renvoi in Art. 43 FestlandBestimmungen eine eigene Regelung gefunden: wenn das festlandchinesische Recht angewendet werden soll, aber keine ausdrücklichen Bestimmungen enthält oder auf taiwanesisches Recht zurückverweist, dann gelangt taiwanesisches Recht zur Anwendung. Die beiden Alternativen, fehlende Bestimmung und Rückverweisung, werden als jeweils eigene Regelung aufgefasst. 117 Die erste Alternative bezieht sich demnach auf materiellrechtliche Regelungslücken des festlandchinesischen Rechts. Daher 111
S. MA Hanbao, S. 256. Vgl. YU Fei, S. 190; MA Hanbao, S. 256; Cheng, S. 25. 113 Vgl. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 510. 114 S. mit einer Zusammenfassung der jeweiligen Positionen YU Fei, S. 191 ff.; LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 512 ff. 115 S. die Gesetzesbegründung zu Art. 6 Taiwan-IPRG unter 2. 116 S. die Gesetzesbegründung zu Art. 6 Taiwan-IPRG unter 3. Zu den Unklarheiten der alten Fassung s. YU Fei, S. 190. 117 S. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 683, mit Kritik an dieser Regelung. 112
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kann es nicht zum Problem werden, dass das festlandchinesische Recht weder besondere Bestimmungen des interregionalen Kollisionsrechts noch eine allgemeine Verweisung für interregionale Fallgestaltungen auf das internationale Privatrecht besitzt und es damit in diesem Bereich per se an ausdrücklichen Bestimmungen mangelt. Art. 43 Festland-Bestimmungen ist einerseits enger als die internationalprivatrechtliche Vorschrift, da er nur den Fall der Rückverweisung regelt. Der Fall der Weiterverweisung bedurfte zum Zeitpunkt der Schaffung der Festland-Bestimmungen – vor der Rückgabe von Hong Kong und Macau – keiner interregionalen Regelung, da es nur zwei Rechtsregionen innerhalb Chinas gab. 118 Vor diesem historischen Hintergrund könnte Art. 43 Festland-Bestimmungen heute so ausgelegt werden, dass die Verweisungen festlandchinesischer Kollisionsregeln grundsätzlich beachtlich sind. Gegen eine danach mögliche Beachtung einer durch festlandchinesisches Kollisionsrecht ausgesprochenen Weiterverweisung auf das Recht von Hong Kong oder Macau spricht jedoch das Verhältnis der Festland-Bestimmungen und der Hong Kong/Macau-Bestimmungen (dazu oben Rn. 658 ff.), wonach letzteren Anwendungsvorrang zukommt. Art. 43 Festland-Bestimmungen scheint andererseits – zumindest nach seinem Wortlaut – weiter als die international-privatrechtliche Regelung zu sein, da er die Beachtung der Rückverweisung nicht auf den Fall einer Verweisung auf das Heimatrecht beschränkt.
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d) Rechtsumgehung Von Rechtsumgehung (媸憨㷾ゴ) spricht die taiwanesische Rechtswissenschaft im Wesentlichen, wenn die Parteien einer Rechtsbeziehung Anknüpfungsmomente mit dem Ziel verändern, dass eine andere als die eigentlich nach den Kollisionsregeln anwendbare Rechtsordnung zur Anwendung gelangt.119 Ob und unter welchen Voraussetzungen diese willentlich herbeigeführte Änderung der Anknüpfungsmomente zu beachten und eine andere Rechtsordnung anzuwenden ist, wird in der taiwanesischen Literatur unterschiedlich beurteilt; dabei bewegt sich das Meinungsspektrum zwischen Nichtbeachtung und vollständiger Beachtung.120 Auch umstritten ist, ob lediglich die Umgehung taiwanesischen Rechts oder auch die jeder ausländischen Rechtsordnung zu sanktionieren ist.121 Eine Regelung hat die Rechtsumgehung weder in den Festland-Bestimmungen noch im Taiwan-IPRG a.F. gefunden. Die Praxis konnte die Figur 118
S. Chen, 16 (1998) Wis. Int’l L.J. 599 (618). Vgl. etwa KE Zedong, S. 117. Zu Definitionen verschiedener taiwanesischer Rechtswissenschaftler s. YU Fei, S. 128 f. 120 S. zu diesem Meinungsbild und den jeweiligen Begründungen YU Fei, S. 137 ff. 121 Zum Meinungsstand YU Fei, S. 136 f. 119
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der Rechtsumgehung hinsichtlich des Taiwan-IPRG a.F. nach Auffassung der Literatur über Art. 30 Taiwan-IPRG a.F. (jetzt Art. 1 Taiwan-IPRG n.F.) und den darin enthaltenen Verweis auf die Rechtstheorie zur Lückenfüllung anwenden.122 Dies galt über Art. 38 S. 1 Hong Kong/Macau-Bestimmungen auch im Rechtsverkehr mit Hong Kong und Macau. In der neuen Fassung des Taiwan-IPRG findet sich nunmehr in Art. 7 eine Art. 4 Festland-IPRG (dazu oben Rn. 364 f.) ähnelnde Regelung, nach der zwingende und verbietende Bestimmungen des taiwanesischen Rechts, welche die Parteien zu umgehen versuchen, dennoch anzuwenden sind. Nach der Gesetzesbegründung rechtfertigt die Absicht, zwingende oder verbietende Vorschriften der Republik China zu umgehen und dadurch im taiwanesischen Recht bislang nicht anerkannte Vorteile zu erlangen, die Nichtbeachtung der äußerlich rechtmäßig veränderten anknüpfungsrelevanten Tatsachen.123 Was den zwingenden oder verbietenden Charakter einer Norm ausmacht, erscheint nach dem Wortlaut und der Begründung der Regelung – wie im festlandchinesischen Recht – ungeklärt. Hinsichtlich des Verhältnisses zum Festland hilft wiederum die lückenfüllende Verweisung des Art. 41 Abs. 1 Festland-Bestimmungen nicht weiter, da über die Figur der Rechtsumgehung aufgrund ihrer bloßen Hilfsfunktion keine unmittelbare Verweisung zu erzielen ist. Unter Geltung des Taiwan-IPRG n.F. kann u.U. Art. 1 S. 2 Festland-Bestimmungen den Rückgriff auf Art. 7 Taiwan-IPRG n.F. ermöglichen. Art. 1 S. 2 Festland-Bestimmungen legt die lückenfüllende Funktion der Vorschriften anderer relevanter Gesetze, hier also des Taiwan-IPRG, fest. e) Ordre public
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Ein Vorbehalt des ordre public (⊕⾸厘℀ oder ⠴柄⊕⾸) ist in Art. 25 Taiwan-IPRG a.F. geregelt. Danach wird ausländisches Recht, das nach den Regelungen des Taiwan-IPRG eigentlich anzuwenden ist, dann nicht angewendet, wenn seine Bestimmungen gegen die öffentliche Ordnung (⊕⊚ 䬒⾸) oder die guten Sitten (⚭厘槑℀) der Republik China verstoßen. Die in ihrem Wortlaut sehr vage 124 Vorschrift meint mit „öffentlicher Ordnung“ die konkrete Manifestation des Geistes, aus dem die Nation gegründet wurde, und der grundlegenden nationalen Richtlinien, während die „guten Sitten“ den ethischen Vorstellungen des Volkes entspringen.125 Über die grundlegenden nationalen Richtlinien und den Gründungsgeist, Kultur, Moral und Ethik hinaus beinhaltet der ordre public in seiner heutigen Be122
YU Fei, S. 142; LIU Tiezheng, S. 473; KE Zedong, S. 121. S. die Gesetzesbegründung zu Art. 7 Taiwan-IPRG unter 2. 124 S. Ma, FS Siehr, 413 (426). 125 S. die Gesetzesbegründung, ausschnittweise in ihrem Wortlaut wiedergegeben bei KE Zedong, S. 93; MA Hanbao, S. 244. Vgl. auch Ma, FS Siehr, 413 (426). 123
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deutung auch Gesetzgebungspolitik und -technik sowie wirtschaftliche Interessen Taiwans.126 Individualinteressen werden jedoch durch den ordre public nicht unmittelbar geschützt.127 Das ausländische Recht, dessen Anwendung der Vorbehalt ausschließt, umfasst dessen Bedeutung, System und Inhalt; dabei können zum einen materielle und kollisionsrechtliche Regelungen des ausländischen Rechts selbst oder in dieses integrierte internationale Abkommen gegen den taiwanesischen ordre public verstoßen, zum anderen kann der Verstoß im Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts liegen. 128 Bei der Anwendung von Art. 25 Taiwan-IPRG a.F. war in der Praxis zu beachten, dass ausländisches Recht nur ausnahmsweise – bei einem nach gründlicher Analyse festgestellten schwerwiegenden Verstoß gegen wichtige gesellschaftliche Interessen Taiwans – nicht zur Anwendung gelangt; dabei sind wohlerworbene Rechte zu wahren.129 Auch wenn die Regelung des Art. 25 Taiwan-IPRG a.F. dies nicht ausspricht, wurde sie allgemein so verstanden, dass anstelle des gegen den ordre public verstoßenden ausländischen Rechts die lex fori anzuwenden war.130 Nach der Gesetzesbegründung ist der Rückgriff auf die lex fori jedoch restriktiv zu handhaben, also beispielsweise eine ausländische Vorschrift dennoch anzuwenden, wenn nur ihre Ausnahme gegen den ordre public verstößt.131 Auch die neue Fassung des Taiwan-IPRG enthält den ordre publicVorbehalt, nunmehr allerdings in Art. 8. Als einzige wichtige Änderung schreibt Art. 8 Taiwan-IPRG n.F. – wie auch Art. 5 Festland-IPRG (dazu oben Rn. 376) – nun vor, dass das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts gegen den ordre public verstoßen muss. Dadurch soll die Gleichwertigkeit in- und ausländischen Rechts gewahrt und klargestellt werden, dass der Vorbehalt nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich eine Ausnahme darstellt; die alte Regelung hatte die gerechtfertigte Anwendung ausländischen Rechts zu sehr eingeschränkt.132
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S. KE Zedong, S. 97. KE Zedong, S. 98 f. 128 KE Zedong, S. 97. Vgl. auch YU Fei, S. 171: Das Gesetz folgt der „objektiven Theorie“. Für eine angemessene Auslegung zugunsten der Ergebnistheorie MA Hanbao, S. 244. 129 KE Zedong, S. 98. Vgl. auch MA Hanbao, S. 243. Zu einer restriktiveren Handhabung im interregionalen Rechtsverkehr s. Chen, 16 (1998) Wis. Int’l L.J. 599 (621 f.). 130 S. Ma, FS Siehr, 413 (426). Nach KE Zedong, S. 101, ist dies allgemeine Auffassung der Literatur und der Praxis. 131 S. Ma, FS Siehr, 413 (426). Ähnlich auch MA Hanbao, S. 245. 132 S. Gesetzesbegründung zu Art. 8 Taiwan-IPRG unter 2. 127
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Über Art. 38 S. 1 Hong Kong/Macau-Bestimmungen galt und gilt der im Taiwan-IPRG a.F. und n.F. geregelte ordre public-Vorbehalt auch im Rechtsverkehr mit Hong Kong und Macau. Art. 44 Festland-Bestimmungen stimmt inhaltlich mit Art. 25 TaiwanIPRG a.F. überein. Der Begriff des ordre public wird auch wie im internationalen Privatrecht ausgelegt.133 Die Vorschrift ordnet im Unterschied zu Art. 25 Taiwan-IPRG a.F. ausdrücklich an, dass statt des gegen den ordre public verstoßenden festlandchinesischen Rechts das taiwanesische Recht anzuwenden ist. Abzuwarten bleibt, ob das Erfordernis des Verstoßes durch das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts, das Art. 8 Taiwan-IPRG n.F. aufstellt, auch in die Festland-Bestimmungen – durch deren Änderung oder über die Rechtsprechung – Eingang finden wird. In der Literatur wird die Vorschrift bereits jetzt als in ihrer Anwendung in diesem Sinne begrenzte Ausnahmevorschrift verstanden.134 f) Ermittlung des Inhalts des anzuwendenden fremden Rechts
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In der taiwanesischen Gesetzgebung spiegelt sich eine Tendenz wider, fremdes Recht als Recht und nicht etwa als Tatsache aufzufassen.135 Nach Art. 283 Taiwan-ZPG obliegt es dennoch den Parteien, dem Gericht unbekannte Gewohnheiten, lokale Vorschriften und ausländisches Recht zu beweisen; das Gericht darf jedoch auch von sich aus ermitteln. Bereits 1918 hatte der zentrale Justizhof (⩐䔯枋) der Qing-Dynastie, der in Taiwan als Vorgängerinstitution des Obersten Gerichts der Republik China aufgefasst wird, entschieden, dass das Gericht nicht dazu verpflichtet ist, ausländisches Recht zu kennen, sondern vielmehr die Parteien Beweis für dieses anbieten müssen, wenn es dem Gericht nicht bekannt ist. 136 Es scheint demnach wie auf dem Festland kein Widerspruch darin gesehen zu werden, wenn Parteien Beweispflichten in Bezug auf als Recht begriffenes fremdes Recht auferlegt werden. Wenn das fremde Recht danach unklar bleibt oder Lücken aufweist, tendiert die taiwanesische Rechtsprechung – im Gegensatz zur festlandchinesischen Rechtsprechung (dazu oben Rn. 388) – dazu, anstelle des eigentlich anwendbaren Rechts trotz der damit verbundenen Schwierigkeiten nicht die lex fori, sondern das Recht eines verwandten Rechtssystems anzuwenden.137 Dogmatisch werden fremde Gesetzgebungsparallelen als Teil 133
Vgl. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 684. S. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 684. 135 KE Zedong, S. 156. 136 S. dazu das entsprechende Zitat aus dem Urteil Nr. 1250 (㴺⠴Ἤ⾝ἳⲀ䱕Ἡ᾽Ѫ 垈) bei KE Zedong, S. 156. 137 S. KE Zedong, S. 156. 134
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der Rechtstheorie (㷾䔯) betrachtet,138 mit deren Hilfe nach Art. 30 TaiwanIPRG a.F. bzw. Art. 1 Taiwan-IPRG n.F. (zu dieser Vorschrift bereits oben Rn. 736) Regelungslücken des Taiwan-IPRG zu schließen sind. Auch die Literatur scheint dies zu einem großen Teil zu vertreten, variiert jedoch in dem, was sie unter Rechtstheorie fasst, beispielsweise allgemeine Prinzipien, verwandte Rechtsordnungen, etc.139 Art. 43 Festland-Bestimmungen sieht dagegen den Rückgriff auf die lex fori vor, wenn im festlandchinesischen Recht geschriebene Regelungen ( 㜷㚰媸ⳃ ) fehlen. Demnach sind hier Gesetzeslücken durch taiwanesisches Recht zu füllen; ob dies auch für den Fall gilt, dass das festlandchinesische Recht nicht ermittelt werden kann, bleibt dabei offen. Kritisiert wird die Vorschrift, weil sie bereits beim Fehlen geschriebenen (㜷㚰), also kodifizierten Rechts eingreift.140
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2. Besonderer Teil a) Personenrecht (1) Natürliche Personen (a) Im Verhältnis zu Hong Kong und Macau Art. 38 S. 1 Hong Kong/Macau-Bestimmungen ordnet für Fälle mit Bezug zu Hong Kong oder Macau die entsprechende Anwendung des TaiwanIPRG an.
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(aa) Rechtsfähigkeit Im Taiwan-IPRG a.F. fehlt eine Regelung des auf die Rechtsfähigkeit natürlicher Personen anzuwendenden Rechts.141 Nach der in Taiwan überwiegenden Auffassung kann aber die Regelung des auf die Geschäftsfähigkeit anwendbaren Rechts, Art. 1 Abs. 1 Taiwan-IPRG a.F., analog angewendet werden.142 Dies führt zur Anwendung des Heimatrechts einer Person auf ihre allgemeine Rechtsfähigkeit, auch wenn das taiwanesische Recht die Fähigkeit, Inhaber bestimmter Rechte zu sein, etwa in Bezug auf Eigentum an Boden und Schiffen einschränkt.143 Art. 9 Taiwan-IPRG n.F. sieht nun ausdrücklich vor, dass die Rechtsfähigkeit einer Person ihrem Heimatrecht unterliegt.
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S. die Nachweise bei YU Fei, S. 215 f. S. dazu den Überblick bei YU Fei, S. 215 f. 140 LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 683. 141 S. dazu LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 248; MA Hanbao, S. 320. 142 S. KE Zedong, S. 189. Vgl. auch LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 248 f. 143 S. dazu LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 249, Fn. 4. 139
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Nach Art. 1 Abs. 1 Taiwan-IPRG a.F. unterliegt die Geschäftsfähigkeit einer Person ihrem Heimatrecht. Die Regelung erstreckt sich ausweislich der Gesetzesbegründung nicht auf Rechts- und Deliktsfähigkeit einer Person. 144 Wenn eine Person nach taiwanesischem Recht geschäftsfähig ist, wird sie gemäß Art. 1 Abs. 2 Taiwan-IPRG a.F. für in Taiwan vorgenommene Rechtshandlungen als geschäftsfähig angesehen, auch wenn sie das nach ihrem Heimatrecht möglicherweise nicht ist. Das taiwanesische Kollisionsrecht kennt damit wie das Festland-IPRG (dazu oben Rn. 413) das locus regit actum-Prinzip. Art. 1 Abs. 3 Taiwan-IPRG a.F. nimmt familien- und erbrechtliche oder auf im Ausland belegenes unbewegliches Vermögen bezogene Rechtshandlungen von der Regelung des vorigen Absatzes oder der vorigen Absätze (⍶椮媸ⳃ) aus. Da die chinesische Sprache grundsätzlich keine Mehrzahlform eines Wortes kennt, ist unklar und in der taiwanesischen Rechtswissenschaft auch streitig, ob die Regelung lediglich eine Ausnahme zur Ausnahme des Art. 1 Abs. 2 Taiwan-IPRG a.F. darstellt145 oder aber generell die Fähigkeit, besagte Rechtshandlungen vorzunehmen, nicht dem auf die Geschäftsfähigkeit nach Art. 1 Abs. 1 und 2 Taiwan-IPRG a.F. anwendbaren Recht unterstellt wissen will.146 Ferner bleibt nach dem Wortlaut der Vorschrift offen, ob auf im Ausland belegenes unbewegliches Vermögen bezogene Rechtshandlungen nur Verfügungen über im Ausland belegene Immobilien und damit dingliche Rechtshandlungen erfassen oder aber auch schuldrechtliche Geschäfte gemeint sind; in einem Entwurf zu Art. 1 Abs. 3 Taiwan-IPRG a.F. war noch nur von Verfügungen die Rede.147 Die Regelung des Art. 1 Taiwan-IPRG a.F. hat Art. 10 Taiwan-IPRG n.F. übernommen, der nun zusätzlich im neu eingefügten Absatz 2 klarstellt, dass ein Wechsel des Heimatrechts keinen Einfluss auf die einmal erlangte Geschäftsfähigkeit einer Person hat.148 (cc) Die Verweisung auf das Heimatrecht im interregionalen Rechtsverkehr
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Im internationalen Privatrecht meint die Verweisung auf das Heimatrecht einer Person das Recht des Staates, deren Staatsangehörigkeit sie besitzt, 144
S. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 252 f. So etwa MA Hanbao, S. 319; ZENG CHEN Mingru, BT, S. 62; Cheng, S. 36. 146 S. dazu YU Fei, S. 298; ZENG CHEN Mingru, BT, S. 63. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 256, Fn. 8, scheinen die Vorschrift beispielsweise nur auf Art. 1 Abs. 2 Taiwan-IPRG a.F. bezogen zu verstehen. 147 LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 256 f.; ZENG CHEN Mingru, S. 62 f. 148 Dies war nach der alten Gesetzesfassung zweifelhaft, s. Cheng, S. 36. 145
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wie sich in Art. 26 f. Taiwan-IPRG a.F. bzw. Art. 2 f. Taiwan-IPRG n.F. widerspiegelt. Im interregionalen Rechtsverkehr läuft diese Verweisung jedoch eigentlich ins Leere, da die Personen aller Rechtsregionen innerhalb eines Landes dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen.149 Das Oberste Gericht Taiwans – und damit auch die Rechtsprechung der übrigen Gerichte – betrachtet jedoch das Recht von Hong Kong bzw. Macau ohne weiteres als Heimatrecht der „Einwohner Hong Kongs“ (櫂㽘㴺) bzw. der „Einwohner Macaus“ (䃜暩㴺).150 Nach Art. 4 Abs. 1 Hong Kong/Macau-Bestimmungen zählen zu den „Einwohnern Hong Kongs“ (櫂㽘㴺) die Personen, welche die Qualifikation als „dauerhaft Ansässige Hong Kongs“ (櫂㽘㵡Ὦ䚂), aber weder einen britischen (Übersee-)Pass noch ein anderes Reisedokument neben dem Hong Konger Pass besitzen; „Einwohner Macaus“ ( 䃜 暩 㴺 ) besitzen nach Art. 4 Abs. 2 Hong Kong/Macau-Bestimmungen die Qualifikation als „dauerhaft Ansässige Macaus“ (䃜暩㵡Ὦ䚂) und halten neben dem Pass Macaus keine anderen Reisedokumente oder haben den portugiesischen Pass noch vor der Übergabe Macaus an das Festland erlangt. „Bevölkerung der Region Taiwan“ (匣䆌⡙⑩ΰ㴺) sind nach Art. 3 Hong Kong/MacauBestimmungen i.V.m. Art. 2 Nr. 3 Festland-Bestimmungen die Menschen mit einer Haushaltsregistrierung in Taiwan. Die Bestimmung des Heimatrechts nach der Registrierung des dauerhaften Aufenthalts wird im Verhältnis zu Hong Kong und Macau damit regelmäßig zur Anwendung der gleichen Rechtsordnung auf Rechts- und Geschäftsfähigkeit führen wie nach der Regelung des Festland-IPRG, die auf den gewöhnlichen Aufenthalt verweist (dazu oben Rn. 400, 413).
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(b) Im Verhältnis zum Festland Für „Bevölkerung der Festland-Region“ ( ⩐ 枡 ⡙ ⑩ ΰ 㴺 ) ordnet Art. 46 Abs. 1 Festland-Bestimmungen in Form einer einseitigen Kollisionsnorm151 die Anwendung festlandchinesischen Rechts auf die Geschäftsfähigkeit an; verheiratete Minderjährige gelten dabei aber hinsichtlich in Taiwan getätigter Rechtsgeschäfte als geschäftsfähig. Art. 2 Nr. 3 und 4 Festland-Bestimmungen definiert (nur)152 für natürliche Personen, wer zur „Bevölkerung der Region Taiwan“ (匣䆌⡙⑩ΰ㴺) und wer zur „Bevölkerung der Festland-Region“ ( ⩐枡⡙⑩ΰ㴺 ) zählt. 149 Zur Notwendigkeit der Umwandlung in ein regionales Anknüpfungsmoment s. Chen, 16 (1998) Wis. Int’l L.J. 599 (616). 150 Vgl. das Urteil des Obersten Gerichts Taiwans (匣䆌㠩氁㷾枋) v. 16.8.2007 (96 ⾝ ┙ἳⲀ䱕 1804 垈). 151 S. dazu LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 686, 691. 152 Vgl. die Begrenzung der Definition von „Bevölkerung“ (ΰ㴺) in Art. 2 FestlandAusführungsVO auf bestimmte Vorschriften der Festland-Bestimmungen.
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 8 Taiwan
Maßgeblich ist danach jeweils die Haushaltsregistrierung (㍟䵶), die nach den Vorschriften der jeweiligen Region zu ermitteln ist.153 Die genaueren Grenzen für die „Bevölkerung der Region Taiwan“ zieht Art. 4 FestlandAusführungsVO (s. dazu bereits oben Rn. 127), ergänzt durch Art. 5 Festland-AusführungsVO, der spiegelbildlich die entsprechenden Fälle für die „Bevölkerung der Festland-Region“ aufzählt. Auch im Ausland lebende Personen der Festland-Region gelten nach Art. 3 Festland-Bestimmungen als „Bevölkerung der Festland-Region“, solange sie einen festlandchinesischen Pass halten und nicht die Staatsangehörigkeit des Staates, in dem sie leben, angenommen haben (Art. 7 Festland-AusführungsVO). Das auf die Rechtsfähigkeit anwendbare Recht hat keine Regelung gefunden. Bei strikter Anwendung der Festland-Bestimmungen führt dies nach deren Art. 41 Abs. 1 dazu, dass sie mangels anderweitiger Regelung taiwanesischem Recht unterfällt. Dies wäre ein bedeutender Unterschied zur festlandchinesischen Rechtslage, nach der sich die Rechtsfähigkeit nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes einer Person richtet (s. oben Rn 400). Nach der taiwanesischen Literatur sollte die Rechtsfähigkeit der gleichen Rechtsordnung wie die Geschäftsfähigkeit unterliegen.154 (2) Juristische Personen (a) Bestimmung des Gesellschaftsstatuts (aa) Im Verhältnis zu Hong Kong und Macau
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Nach Art. 2 Taiwan-IPRG a.F. gilt das Recht des Sitzes einer ausländischen juristischen Person, deren Gründung von der Republik China als wirksam anerkannt worden ist, als ihr Heimatrecht. „Sitz“ (⁸㍩⡙) meint dabei den Ort, an dem sich die Hauptgeschäftsstelle einer juristischen Person befindet.155 Die Bestimmung des Sitzes einer juristischen Person ist jedoch dem Recht des für einen Sitz in Betracht kommenden Landes überlassen, so dass die Hauptgeschäftsstelle als Kriterium des taiwanesischen Rechts nur darüber entscheidet, ob ein Sitz in Taiwan begründet wurde.156 Diese Vorschrift folgt also der Sitztheorie zur Bestimmung des Gesellschaftsstatuts, ist aber beschränkt auf anerkannte ausländische juristische Personen und lässt das Heimatrecht taiwanesischer und nicht anerkannter juristischer Personen offen. 157 Nach der Rechtstheorie galt für taiwanesische juristi-
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S. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 686. S. CHEN Rongchuan, S. 53. 155 Dies wird aus der Gesetzesbegründung deutlich, die LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 284, zitieren. 156 S. CHEN Rongchuan, IPR, S. 42. 157 Vgl. Gesetzesbegründung zu Art. 13 Taiwan-IPRG unter 2. 154
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sche Personen die Gründungstheorie zur Bestimmung des Gesellschaftsstatuts.158 In der taiwanesischen Rechtswissenschaft ist umstritten, wie zu ermitteln ist, ob eine juristische Person ausländisch oder inländisch ist. Unter „ausländischer Gesellschaft“ versteht u.a. das taiwanesische Gesellschaftsgesetz 159 (im Folgenden: taiw. GesellschG) nach seinem Art. 4 eine nach ausländischem Recht gebildete und eingetragene kommerzielle Gesellschaft (die durch die taiwanesische Regierung zur Geschäftstätigkeit auf Taiwan zugelassen wurde). Eine Auffassung im taiwanesischen Schrifttum folgerte daraus, dass das taiw. GesellschG zur Unterscheidung von ausländischen und inländischen juristischen Personen der Gründungstheorie folgt. Der Widerspruch zum Taiwan-IPRG a.F., welches nach seinem Wortlaut das Recht des Sitzortes als „Heimatrecht“ festlegt, also die Herkunft einer juristischen Person nach ihrem Sitz beurteilt, wurde nach dem Grundsatz, dass die speziellere der allgemeinen Regel vorgeht, aufgelöst: Art. 2 Taiwan-IPRG a.F. und die Sitztheorie sollte nur auf gemeinnützige juristische Personen und allgemeine Privatpersonen angewendet werden; für die Zuordnung gewinnorientierter juristischer Personen zu einem Staat dagegen die Gründungstheorie gelten.160 Nach der Gegenauffassung entscheidet über die Zuordnung einer juristischen Person zu einem Staat wie bei der Staatsangehörigkeit natürlicher Personen der jeweilige Staat selbst. 161 Aus Sicht des taiwanesischen Gesetzgebers werde eine juristische Person durch ihre Gründung in Taiwan zur taiwanesischen juristischen Person; im Ausland gegründete juristische Personen würden dagegen selbst bei einer Verlegung ihres Sitzes nach Taiwan ausländische juristische Personen bleiben. 162 Art. 2 Taiwan-IPRG a.F. regelt nach dieser Auffassung nicht die Zugehörigkeit einer juristischen Person zu einem Staat, sondern allein die Frage ihres Personalstatuts, auch wenn dies in der Vorschrift irreführend als „Heimatrecht“ bezeichnet wird.163 Nach beiden Auffassungen ist Gesellschaftsstatut ausländischer juristischer Personen das Recht ihres Sitzortes. Art. 13 Taiwan-IPRG n.F. folgt nun – wie grundsätzlich auch das festlandchinesische Recht (s. Rn. 425, 433) – allgemein der Gründungstheorie, indem er bestimmt, dass die Rechtsordnung, nach der eine juristische Person errichtet wurde, als ihr Heimatrecht anzusehen ist. 158
Zu letzterem s. Gesetzesbegründung zu Art. 13 Taiwan-IPRG unter 2.
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⊕┡㷾 vom 26.12.1929, in Kraft seit dem 1.7.1931, in der Fassung vom 29.6.2011.
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KE Zedong, S. 203; ZENG CHEN Mingru, AT, S. 198. CHEN Rongchuan, IPR, S. 31 f. 162 CHEN Rongchuan, IPR, S. 32. Vgl. auch MA Hanbao, S. 327. 163 CHEN Rongchuan, IPR, S. 32, 40 f. So auch MA Hanbao, S. 327. 161
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Über die entsprechende Anwendung des Taiwan-IPRG nach Art. 38 S. 1 Hong Kong/Macau-Bestimmungen gelten diese Grundsätze auch bei Hong Kong- bzw. Macau-Bezug. Dies illustriert die taiwanesische Rechtsprechung, die Gesellschaften wegen deren Gründung bzw. Eintragung in Hong Kong dieser Region zuordnet, ohne dass dies näher erläutert wird.164 (bb) Im Verhältnis zum Festland
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Weder die Festland-Bestimmungen noch ihre Durchführungsverordnung enthalten eine Regelung darüber, wann eine juristische Person dem Festland zuzuordnen ist. Die lückenfüllende Verweisung des Art. 41 Abs. 1 Festland-Bestimmungen auf taiwanesisches Recht vermag nicht weiterzuhelfen. Sie ordnet an, dass auf alle Zivilrechtsangelegenheiten zwischen der Bevölkerung Taiwans und der des Festlands im Zweifel taiwanesisches Recht anzuwenden ist. Nach Art. 2 Festland-AusführungsVO fallen auch juristische Personen unter den Begriff der „Bevölkerung“. Damit setzen die Vorschriften aber bereits die Zuordnung einer juristischen Person zu einer der Regionen voraus. Die Rechtsprechung verfährt wie im internationalen Privatrecht und ordnet juristische Personen nach ihrem Gründungsort dem Festland zu.165 Dogmatisch ließe sich das auf Art. 1 S. 2 Festland-Bestimmungen stützen, der für in den Festland-Bestimmungen nicht geregelte Angelegenheiten auf andere einschlägige Vorschriften des taiwanesischen Rechts verweist, also auch auf solche des internationalen Privatrechts und des Gesellschaftsrechts. (b) Reichweite des Gesellschaftsstatuts
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Art. 1 Abs. 1 Taiwan-IPRG a.F. regelt nicht nur die Geschäftsfähigkeit und in seiner analogen Anwendung die Rechtsfähigkeit natürlicher Personen (s. oben Rn. 750), sondern unterstellt diese Fragen auch für juristische Personen deren Heimatrecht, 166 also ihrem Personal- oder Gesellschaftsstatut. Gleiches gilt für Art. 9 und 10 Abs. 1 Taiwan-IPRG n.F. Die Verweisung ist – anders als im festlandchinesischen Recht (vgl. Art. 9 Festland-IPRG) –
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S. Urteil des Obersten Gerichts Taiwans (匣䆌㠩氁㷾枋) v. 14.2.2003 (92 ⾝┙䵊ἳ Ⲁ 4 垈); Urteile des Distriktgerichts Banqiao (㢨㭴⡙㛢㷾枋) v. 22.12.2009 (97 ⾝⿏拶孝 Ⲁ䱕 480 垈) sowie v. 31.5.2005 (94 ⾝⿏孝Ⲁ䱕 301 垈). 165 In seinem Urteil v. 24.2.2000 (89 ⾝┙ἳⲀ䱕 461 垈) gibt das Oberste Gericht Taiwans ( 匣䆌㠩氁㷾枋 ) den Rückschluss des Ausgangsgerichts vom Gründungsort einer Gesellschaft auf dem Festland auf deren Eigenschaft, festlandchinesische Gesellschaft zu sein, jedenfalls unbeanstandet wieder. 166 Vgl. dazu etwa das Urteil des Distriktgerichts Taibei (匣⑀⡙㛢㷾枋) v. 31.8.2010 (99 ⾝⿏䵊ἳⲀ䱕 197 垈).
III. Interregionales Privatrecht
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Gesamtverweisung, wie sich aus Art. 29 Taiwan-IPRG a.F. bzw. Art. 6 Taiwan-IPRG n.F. ergibt.167 Welche Fragen darüber hinaus dem Gesellschaftsstatut unterliegen, wird aus dem Taiwan-IPRG a.F. nicht deutlich. Nach der Literatur sollte das Gesellschaftsstatut Gründung, Geschäftsfähigkeit, Rechtsfähigkeit und innere Angelegenheiten einer juristischen Person umfassen, während die äußeren Angelegenheiten dem auf das jeweilige Rechtsverhältnis anzuwendenden Recht unterstanden.168 Art. 14 IPRG n.F. zählt nunmehr nicht abschließend auf, welche inneren Angelegenheiten einer juristischen Person ihrem Personalstatut unterliegen: Neben Gründung, Wesen, Rechts- und Geschäftsfähigkeit erfasst es Einund Austritt sowie Rechte und Pflichten der Gesellschafter einer juristischen Person, regelt, welche Organe es gibt und wie diese organisiert sind, und bestimmt, wer die juristische Person in welchem Maße vertritt. Dem Gesellschaftsstatut unterfällt darüber hinaus, wer innerhalb der juristischen Person für Verbindlichkeiten gegenüber Dritten haftet, aber auch die Änderung der Statuten sowie Auflösung und Liquidation der juristischen Person. Die inneren Angelegenheiten von Zweigniederlassungen, die ausländische juristische Personen nach dem Recht von Taiwan dort errichten, unterliegen jedoch nach Art. 15 Taiwan-IPRG n.F. dem taiwanesischen Recht, obwohl Zweigniederlassungen Teil der ausländischen juristischen Person sind.169 Für festlandchinesische juristische Personen sieht Art. 46 Abs. 2 Festland-Bestimmungen weiterhin nur vor, dass sich ihre Rechtspersönlichkeit und Geschäftsfähigkeit nach festlandchinesischem Recht richtet. Da sich die innere Organisation einer nach festlandchinesischem Recht gegründeten juristischen Person regelmäßig nicht als Zivilrechtsangelegenheit zwischen Personen der Festland-Region und der Region Taiwan i.S.d. Art. 41 Abs. 1 Festland-Bestimmungen darstellt, kann davon ausgegangen werden, dass über Art. 1 S. 1 Festland-Bestimmungen auch hier die Grundsätze des internationalen Privatrechts und damit das Gesellschaftsstatut zum Einsatz kommen.
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(c) Kumulative Anwendung des taiwanesischen Rechts (aa) Anerkennung juristischer Personen Das taiwanesische Recht geht davon aus, dass sich ausländische juristische Personen anerkennen lassen müssen, um in Taiwan – im selben Maße wie 167
Vgl. CHEN Rongchuan, IPR, S. 44. CHEN Rongchuan, IPR, S. 45 ff. Ähnlich ZENG CHEN Mingru, BT, S. 19, der allerdings auch die Beziehungen nach außen vom Gesellschaftsstatut geregelt wissen will. 169 Vgl. dazu Gesetzesbegründung zu Art. 15 Taiwan-IPRG unter 2. 168
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ihre gesellschaftsrechtliche Entsprechung im taiwanesischen Recht – rechtsfähig zu sein.170 Dem für das interregionale Privatrecht entsprechend verbietet Art. 39 Hong Kong/Macau-Bestimmungen juristischen Personen und anderen Vereinigungen aus Hong Kong oder Macau jede Rechtshandlung in Taiwan, sofern sie nicht dort anerkannt wurden. Der inzwischen aufgehobene Art. 70 der Festland-Bestimmungen sah Gleiches für festlandchinesische juristische Personen und Vereinigungen vor; die Fortgeltung dieses Grundsatzes ergibt sich aus Art. 71 Festland-Bestimmungen, dessen Regelung die Anerkennungspflicht voraussetzt.171 Rechtstheoretisch sind damit außerhalb Taiwans gegründete juristische Personen ohne dortige Anerkennung nicht rechts- und geschäftsfähig, 172 sondern nur „Vereinigungen ohne Rechtspersönlichkeit“ (梇㷾ΰ⡁毽).173 Sowohl Art. 71 Festland-Bestimmungen als auch Art. 40 Hong Kong/ Macau-Bestimmungen sehen jedoch vor, 174 dass bei Vornahme einer Rechtshandlung gegenüber einem Dritten trotz fehlender Anerkennung die konkret handelnde Person zusammen mit der juristischen Person oder Vereinigung gemeinschaftlich haftet. Implizit wird hier also – zum Schutz des Vertragspartners – zumindest die Rechtsfähigkeit der nicht anerkannten juristischen Person (nach deren Gesellschaftsstatut) vorausgesetzt. In Bezug auf festlandchinesische juristische Personen hat das Oberste Gericht Taiwans mit dieser Begründung auch festgestellt, dass deren Rechtspersönlichkeit und Rechtsfähigkeit trotz nicht erfolgter Anerkennung in Taiwan bestehen bleiben und sie daher in einem Gerichtsverfahren parteifähig sind. 175 Juristischen Personen aus Hong Kong (oder Macau) ohne Anerkennung in Taiwan sprach das Oberste Gericht Taiwans dagegen lediglich die Rechtsstellung einer „Vereinigung ohne Rechtspersönlichkeit“ zu, 176 die parteifähig sei, da sich Art. 39 Hong Kong/Macau-Bestimmungen nur auf materielle Rechtshandlungen beziehe und das Verfahrensrecht nicht 170
Vgl. Art. 11, 12 des taiwanesischen Ausführungsgesetzes zu den Allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts (㴺㷾佦⍰㛦奵㷾) vom 24.9.1929, in Kraft seit 10.10.1929, in der Fassung vom 23.5.2008, in Kraft seit 1.1.2009. S. dazu KE Zedong, S. 204 f. 171 Vgl. implizit LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 687. 172 Vgl. zum internationalen Privatrecht KE Zedong, S. 205. Zur ähnlichen bisherigen Rechtslage auf dem Festland oben Rn. 431. 173 S. CHEN Rongchuan, IPR, S. 47, mit Verweis auf eine Stellungnahme des Verwaltungshofes (奵㙨枋) von 1978. 174 Für ausländische juristische Personen findet sich diese Regelung in Art. 15 des taiwanesischen Ausführungsgesetzes zu den Allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts (zu diesem Gesetz s. § 8 Fn. 170). 175 S. das Urteil des Obersten Gerichts Taiwans (匣䆌㠩氁㷾枋) v. 24.2.2000 (89 ⾝┙ἳ Ⲁ䱕 461 垈). Von einer Rechtsstellung als bloße Vereinigung ohne Rechtspersönlichkeit gehen dagegen CHEN Rongchuan, S. 60; LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 687, aus. 176 Ebenso LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 707.
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betreffe; auf das Zusammenspiel mit Art. 40 Hong Kong/Macau-Bestimmungen ging das Gericht hier nicht ein.177 (bb) Erwerb von Grund und Boden Art. 69 Festland-Bestimmungen stellt Erwerb, Begründung und Übertragung von Rechten an unbeweglichen Sachen durch natürliche oder juristische Personen vom Festland unter Genehmigungsvorbehalt. Für natürliche und juristische Personen aus Hong Kong gilt Ähnliches über die Vorschriften der Art. 17–20 des taiwanesischen Bodengesetzes178 und der Funktionseckpunkte für den Erwerb von Landrechten in Taiwan durch Ausländer179 über den Grunderwerb durch Ausländer.180 Dies schränkt jedoch nicht die Sachenrechtsfähigkeit der Personen aus den anderen chinesischen Regionen ein, auch wenn auf ungenehmigte Transaktionen gerichtete Rechtsgeschäfte unwirksam sind.181
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b) Schuldrecht (1) Vertragsrecht (a) Ermittlung des Vertragsstatuts (aa) Rechtswahl (i) Im Verhältnis zu Hong Kong und Macau Nach Art. 38 Hong Kong/Macau-Bestimmungen i.V.m. Art. 6 Abs. 1 Taiwan-IPRG a.F. richten sich aus Rechtshandlungen entstehende Schuldverhältnisse (㷾ゴ奵䇣䞥䙈⇞ὴ朅⃫ ) nach dem Recht, das nach dem Willen 177
S. das Urteil des Obersten Gerichts Taiwans (匣䆌㠩氁㷾枋) 14.2.2003 (92 ⾝┙䵊ἳ Ⲁ 4 垈). Dem folgend auch Urteil des Distriktgerichts Taibei (匣⑀⡙㛢㷾枋) v. 31.8.2010 (99 ⾝⿏䵊ἳⲀ䱕 197 垈). In beiden Fällen war aber letztlich Art. 39 Hong Kong/MacauBestimmungen nicht einschlägig, da es an einer Rechtshandlung in Taiwan fehlte. 178 ⡈⡙㷾 vom 30.6.1930, in Kraft seit 1.3.1936, in der Fassung vom 25.6.2011. 179 ⨿⠴ΰ⡑㌺⠴⓿ダ⡈⡙㰳⍒₅㪖媪瀇 vom 23.11.1988, in der Fassung vom 27.3.2009, im Internet abrufbar über die Seite des taiwanesischen Amtes für Bodenverwaltung beim Innenministerium ( ⊐㙨我⡙㙨┡) unter http://www.land.moi.gov.tw/law (zuletzt besucht am 24.5.2011). 180 Hong Kong findet sich unter den Staaten mit bedingter Gegenseitigkeit auf der Liste der Gegenseitigkeitsstaaten der Ausländer, die in Taiwan (Republik China) Bodenrechte erwerben oder einrichten ( ⨿⠴ΰ⡑㌺⠴⓿ダ㌿孖ⳃ⡈⡙㰳⍒Ά㈉⠴ⳟἩ嫦妑 ), Stand: 18.12.2009, in chinesischer Sprache abrufbar über die Seite des taiwanesischen Innenministeriums ( ⊐㙨我 ) unter http://glrs.moi.gov.tw/NewsContent.aspx?id=122 (zuletzt besucht am 24.5.2011). Im Verhältnis zu Macau besteht gemäß dieser Liste keine Gegenseitigkeit, was den Grunderwerb ausschließt. 181 Vgl. für das Verhältnis zum Festland CHEN Rongchuan, S. 64; LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 688.
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der Parteien anwendbar sein soll. Erfasst werden ein- und zweiseitige Rechtsgeschäfte,182 Hauptfall ist der Vertrag (⩺中).183 Nach Wortlaut und Gesetzgebungsmaterialien ist der Kreis der wählbaren Rechtsordnungen nicht eingeschränkt.184 Teilweise wird jedoch eine unmittelbare Beziehung zwischen dem Vertrag und dem gewählten Recht gefordert, für die der Ort des Vertragsschlusses allein nicht ausreichen soll.185 Ob die Rechtswahl ausdrücklich erfolgen muss oder auch konkludent getroffen werden kann, ist dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu entnehmen. Art. 6 Abs. 2 Taiwan-IPRG a.F. ordnet die Bestimmung des auf das Rechtsgeschäft anwendbaren Rechts nach objektiven Kriterien für den Fall an, dass der Wille der Parteien „unklar“ (ἶ㜷) ist. Die taiwanesische Rechtswissenschaft sah danach mehrheitlich neben der ausdrücklichen auch die stillschweigende Rechtswahl als zulässig an.186 Dabei sollte aus allen mit dem Rechtsgeschäft zusammenhängenden Faktoren, etwa der verwendeten (Fach-)Sprache, Verweisen auf Gesetze, Gerichtsstands- und Schiedsgerichtsvereinbarungen, Abschluss- und Erfüllungsort, Staatsangehörigkeit der Parteien, auf den Willen der Parteien geschlossen werden.187 Maßstab sollte sein, was der vernünftige Geschäftsmann angesichts der Umstände bei Vertragsschluss vereinbart hätte.188 Die konkludente Rechtswahl helfe, die aus Sicht der Literatur nicht die engste Verbindung eines Vertrages widerspiegelnden Faktoren der objektiven Anknüpfung zu vermeiden.189 Die Rechtsprechung ging dagegen bei fehlender ausdrücklicher Wahl wohl meist davon aus, dass der Wille der Parteien unklar und damit das
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Ma, FS Siehr, 413 (423). Vgl. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 309; MA Hanbao, S. 330. 184 Ma, FS Siehr, 413 (423); LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 310; ZENG CHEN Mingru, BT, S. 130 f. 185 So KE Zedong, S. 211. 186 S. YU Fei, S. 311, m.w.N.; ZENG CHEN Mingru, BT, S. 130. Die Zulässigkeit einer stillschweigenden Rechtswahl befürworten etwa Ma, FS Siehr, 413 (424); KE Zedong, S. 209 ff.; LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 310; YU Huirong/ZENG Guoxiong, 17 (2008) Hangyun Jikan 1 (7); MA Hanbao, S. 331; Cheng, S. 40 f. Dem folgt auch der Erlass der Abteilung für Rechtsangelegenheiten des Justizministeriums Taiwans (㷾␂我) Nr. 11861 aus 1995 (㷾 84 ゴ㶣Ⲁ䱕 11861 垈⌦) vom 24.5.1995, in: Rat für Festlandangelegenheiten, Erläuterungen zu den Festland-Bestimmungen. 187 Vgl. YU Fei, S. 311; KE Zedong, S. 210 f.; LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 310. Ma, FS Siehr, 413 (424), möchte anhand der objektiven Fakten des Einzelfalles nach der engsten Verbindung des Vertrages fragen. Ähnlich mit ausführlichen Beispielen MA Hanbao, S. 332 ff. 188 S. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 310. Noch die Ermittlung eines hypothetischen Parteiwillens ablehnend Cheng, S. 41. 189 Vgl. MA Hanbao, S. 332 f. 183
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anwendbare Recht nach Art. 6 Abs. 2 und 3 Taiwan-IPRG a.F. objektiv zu bestimmen ist.190 Die Parteien sollen auch noch nach Vertragsschluss vor Beginn eines Zivilverfahrens das auf ihre Rechtsbeziehung anwendbare Recht wählen können.191 Art. 20 Abs. 1 Taiwan-IPRG n.F. hat die Regelung des Art. 6 Abs. 1 Taiwan-IPRG a.F. fast wörtlich übernommen. Allerdings stellt jetzt Art. 20 Abs. 2 Taiwan-IPRG n.F. über die Bestimmung, wann das auf ein Rechtsgeschäft anwendbare Recht objektiv zu bestimmen ist, klar, dass nur eine ausdrückliche Rechtswahl beachtlich ist und dass sich deren wirksames Zustandekommen nach dem gewählten Recht richtet.192 Wie auf dem Festland (dazu oben Rn. 442) entschied sich der Gesetzgeber dagegen, eine konkludente Rechtswahl zu ermöglichen.
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(ii) Im Verhältnis zum Festland Auch im Verhältnis zum Festland wird eine Rechtswahl der Parteien anerkannt. Dies ergibt sich aus Art. 48 Abs. 1 Festland-Bestimmungen, auch wenn nach dessen Formulierung eine Rechtswahl die Ausnahme und das objektiv bestimmte Recht den Regelfall darstellt.193
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(bb) Objektive Anknüpfung (i) Im Verhältnis zu Hong Kong und Macau Über Art. 38 Hong Kong/Macau-Bestimmungen wurde bisher auch im Verhältnis zu Hong Kong und Macau das objektiv auf ein Schuldrechtsverhältnis anwendbare Recht nach Art. 6 Abs. 2, 3 Taiwan-IPRG a.F. ermittelt. Hierfür stellt diese Regelung eine Art Anknüpfungsleiter zur Verfügung: In erster Linie ist nach Art. 6 Abs. 2 Taiwan-IPRG a.F. das gemeinsame Heimatrecht der Parteien anzuwenden. Fehlt ein solches, ist das Recht des „Handlungsortes“ (奵䇣⡙) maßgeblich. Nach welcher Rechtsordnung bestimmt wird, wo der „Handlungsort“ liegt, wird als Frage der Qualifikation angesehen194 und unterliegt damit grundsätzlich der lex fori (zur Qualifikation s. oben Rn. 722 ff.). Dass damit der Ort des Abschlusses des Rechtsgeschäfts gemeint ist, zeigt der Rest der Regelung: Danach ist auf das Recht des Ortes zurückzugreifen, an dem die Angebotserklärung abgegeben wurde, wenn der „Handlungsort“ uneinheitlich ist, sich also die Partei190
S. YU Fei, S. 312. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 311. 192 S. Gesetzesbegründung zu Art. 20 Taiwan-IPRG unter 3. 193 Dazu YU Fei, S. 282 f.; CHEN Rongchuan, S. 77; LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 693. 194 Vgl. MA Hanbao, S. 135. 191
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en bei Abgabe der Willenserklärungen an verschiedenen Orten befinden.195 Es wird demnach darauf abgestellt, wo die Angebotserklärung abgegeben wurde, nicht dagegen, wo sie der anderen Partei zugegangen ist. Gibt beispielsweise eine Partei in Macau ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages schriftlich ab und schickt es der anderen Partei nach Taiwan, die dann in Taiwan die Vertragsurkunde unterzeichnet, unterliegt der Vertrag nach Art. 6 Abs. 2 Taiwan-IPRG dem Recht von Macau.196 Ist der anderen Partei unbekannt, wo das Angebot abgegeben wurde, gilt der Wohnsitz des Anbietenden als „Handlungsort“. Nach Art. 6 Abs. 3 Taiwan-IPRG a.F. ist letztlich auf das Recht des Erfüllungsortes zurückzugreifen, wenn sich der „Handlungsort“ nach Abs. 2 über zwei oder mehr Staaten erstreckt oder auf staatenlosem Territorium liegt. Der Anwendungsbereich dieser Regelung ist jedoch auf wirkliche Ausnahmekonstellationen beschränkt,197 da bereits durch Art. 6 Abs. 2 Taiwan-IPRG a.F. das Problem des Vertragsschlusses unter Abwesenden, also sich zum Zeitpunkt der Willensübereinstimmung in zwei verschiedenen Ländern aufhaltenden Parteien zugunsten des Ortes der Angebotsabgabe aufgelöst wird. Die einzigen Beispiele aus der Praxis für die Anwendung des Art. 6 Abs. 3 Taiwan-IPRG a.F. scheinen dem Bereich des Transportrechts zu entstammen und betreffen vom Transportvertrag unabhängige Rechtsbeziehungen auf der Basis von Frachtpapieren. 198 In der Literatur wird u.a. als Beispiel genannt, dass ein Angebot in einem Land abgegeben und in einem anderen Land widerrufen wird.199 Eine der grundlegendsten Änderungen, die das neue Taiwan-IPRG mit sich bringt, ist die Bestimmung des objektiv auf ein Rechtsgeschäft anzuwendenden Rechts nach Art. 20 Abs. 2, 3 Taiwan-IPRG n.F. Unter Abkehr von der rigiden Anknüpfungsleiter des Art. 6 Abs. 2, 3 Taiwan-IPRG a.F. folgt nun Art. 20 Abs. 2 Taiwan-IPRG n.F. nach deutschem Vorbild dem Grundsatz der im konkreten Fall zu ermittelnden engsten Verbindung. 200 195
S. YU Huirong/ZENG Guoxiong, 17 (2008) Hangyun Jikan 1 (14), mit Verweis auf die Gesetzgebungsmaterialien. 196 So lag der einem Urteil des Obersten Gerichts Taiwans (匣䆌㠩氁㷾枋) v. 22.5.2008 (97 ⾝⿏┙ἳⲀ䱕 1038 垈) zugrunde liegende Fall. 197 Vgl. MA Hanbao, S. 138. 198 Das Oberste Gericht Taiwans (匣䆌㠩氁㷾枋) erklärte in einem Urteil v. 27.12.1996 (85 ⾝⿏┙ἳⲀ䱕 3095 垈), dem viele untere Gerichte folgten, in einer Rechtsbeziehung aus Konnossement (怲巑屲⍡) nach Art. 6 Abs. 3 Taiwan-IPRG a.F. den Erfüllungsort für maßgeblich, da „Handlungsort“ hier sowohl der Ausstellungsort (Verladeort) als auch der Ort der Warenlieferung (Entladeort) sei. Die diesbezügliche Rechtsprechung ist aber wohl uneinheitlich, s. YU Huirong/ZENG Guoxiong, 17 (2008) Hangyun Jikan 1 (14 f.), die aber als Beispiele für den Anwendungsbereich der Vorschrift ebenfalls auf Sonderkonstellationen aus dem Transportrecht verweisen. 199 S. ZENG CHEN Mingru, BT, S. 132, auch zu weiteren Beispielen. 200 Vgl. dazu Gesetzesbegründung zu Art. 20 Taiwan-IPRG unter 3.
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Mit Blick auf die europäisch vereinheitlichte Regelung des Art. 4 des Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19.6.1980 vermutet Art. 20 Abs. 3 S. 1 Taiwan-IPRG n.F. die engste Verbindung mit dem Staat, in dem der die vertragscharakteristische Leistung Erbringende bei Vertragsschluss seinen Wohnsitz hat; im Einzelfall kann sich jedoch eine andere Rechtsordnung als enger mit dem Vertrag verbunden erweisen.201 Für auf unbewegliches Vermögen bezogene Rechtshandlungen vermutet Art. 20 Abs. 3 S. 2 Taiwan-IPRG n.F. die engste Beziehung mit dem Belegenheitsort des Vermögens. Mit dieser Hinwendung zur international immer gebräuchlicher werdenden Anknüpfung an die sich im Sitzort des Erbringers der vertragscharakteristischen Leistung ausdrückende engste Beziehung ist ein grundlegender Unterschied zum Kollisionsrecht des Festlands (dazu oben Rn. 452 ff.) weitgehend weggefallen, auch wenn die Regelungen nicht vollständig übereinstimmen. (ii) Im Verhältnis zum Festland Für Fälle mit Bezug zum Festland ist dieser bedeutende Wandel der objektiven Ermittlung des Vertragsstatuts bisher nicht nachvollzogen worden. Hier ergibt sich weiterhin eine ähnliche Anknüpfungsleiter wie nach Art. 6 Abs. 1, 2 Taiwan-IPRG a.F.:202 Art. 41 Abs. 2 Festland-Bestimmungen, wonach Zivilrechtsangelegenheiten unter Festlandchinesen festlandchinesischem Recht unterfallen, führt zu einer Anknüpfung an das gemeinsame Heimatrecht. Mangels Rechtswahl ermittelt Art. 48 Abs. 1 Festland-Bestimmungen das auf schuldrechtliche Verträge anzuwendende Recht nach dem Ort, an dem der Vertrag abgeschlossen wurde. Dieser entspricht dem „Handlungsort“ des Art. 6 Abs. 2 Taiwan-IPRG a.F. Bei der Auslegung des Begriffes des Vertragsabschlussortes i.S.d. Art. 48 Abs. 1 Festland-Bestimmungen soll dann auch analog auf Art. 6 Abs. 2 Taiwan-IPRG a.F. zurückgegriffen werden können. 203 Bei Vertragsschluss unter Abwesenden ist dann der Ort der Abgabe der Angebotserklärung bzw. der Wohnsitzort der das Angebot abgebenden Partei maßgeblich. Würde man stattdessen auf Art. 45 Festland-Bestimmungen zurückgreifen,204 was in der Praxis bisher nicht vorgekommen zu sein scheint,205 wäre hier stets taiwanesisches Recht maßgeblich. Art. 45 Festland-Bestimmungen fingiert nämlich für den Fall, dass es im Rahmen der Festland-Bestimmungen auf den Ort ankommt, an 201
Vgl. Gesetzesbegründung zu Art. 20 Taiwan-IPRG unter 4. S. hierzu YU Huirong/ZENG Guoxiong, 17 (2008) Hangyun Jikan 1 (8). 203 CHEN Rongchuan, S. 77; LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 693. 204 Zu dieser Möglichkeit YU Fei, S. 282; YU Huirong/ZENG Guoxiong, 17 (2008) Hangyun Jikan 1 (8). 205 So jedenfalls CHEN Rongchuan, S. 77. 202
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dem gehandelt wurde oder an dem sich Tatsachen ereignet haben, diesen Ort in Taiwan, wenn tatsächlich in beiden Regionen gehandelt wurde bzw. sich Tatsachen ereignet haben. Zu Abweichungen von der Regelung des Art. 6 Abs. 2, 3 Taiwan-IPRG a.F. führt Art. 48 Abs. 2 Festland-Bestimmungen, indem er für den Fall des unklaren und nicht ausdrücklich durch die Parteien vereinbarten Abschlussortes auf das Recht des Erfüllungsortes zurückgreift; falls dieser ebenfalls unklar ist, soll das Recht des (Schieds-)Gerichtsortes anzuwenden sein. Ferner erfasst Art. 48 Festland-Bestimmungen nach seinem Wortlaut im Gegensatz zu den international-privatrechtlichen Vorschriften nur Verträge; die Regelung dürfte aber auch auf andere Rechtsgeschäfte Anwendung finden. (b) Reichweite des Vertragsstatuts
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Art. 6 Abs. 1 Taiwan-IPRG a.F. bestimmt über Art. 38 S. 1 Hong Kong/ Macau-Bestimmungen das anwendbare Recht für die Entstehungsbedingungen und die Wirkungen eines rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses mit Bezug zu Hong Kong oder Macau. Erfasst sind seine Entstehungsvoraussetzungen hinsichtlich Angebot und Annahme, Willensmängel und Anforderungen an den Vertragsgegenstand, die Wirkungen der Verbindlichkeit, d.h. Rechte und Pflichten beider Seiten, die Auslegung eines Vertrages sowie Erlöschensgründe und deren Voraussetzungen. 206 Art. 20 Abs. 1 Taiwan-IPRG n.F. hat diese Regelung weitgehend übernommen – Entstehung und Wirkung sollen dem Vertragsstatut bzw. dem Statut des Rechtsgeschäfts unterliegen. Dem fügt Art. 37 Taiwan-IPRG n.F. als allgemeine Regelung für das Schuldrecht hinzu, dass diese Rechtsordnung auch über den Untergang des Schuldverhältnisses bestimmt. Deutlich detaillierter als das festlandchinesische Recht (s. dazu Rn. 479) regelt das taiwanesische Kollisionsrecht die Rechtsanwendung in Drei-Personen-Konstellationen (Forderungsübergang, Schuldübernahme usw.). Die Forderungsabtretung war bisher im taiwanesischen internationalen Privatrecht ausdrücklich nur in ihrer Wirkung Dritten gegenüber geregelt.207 „Dritte“ im Sinne dieser Vorschrift waren dabei sowohl der Schuldner der abgetretenen Forderung als auch die Erfüllung der Forderung durch Einräumung einer Sicherheit gewährleistende und damit von der Abtretung betroffene andere Dritte.208 Nach Art. 7 Taiwan-IPRG a.F. richtet sich die Wirkung einer Abtretung diesen beiden Personengruppen gegenüber nach 206
Im Einzelnen dazu LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 312 ff. S. WANG Zhiwen, 31 (2004) Hwa Kang L.Rev. 1 (34). 208 Vgl. dazu die Gesetzesbegründung zu Art. 32 Taiwan-IPRG unter 2. 207
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dem auf die abgetretene Forderung anwendbaren Recht. Das auf das Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar, zumindest aber ihren Abtretungsvertrag 209 anwendbare Recht wurde gemäß Art. 6 Taiwan-IPRG a.F. als Statut des entsprechenden Rechtsgeschäfts ermittelt. 210 Das Statut einer Forderung bestimmte auch über ihren Übergang kraft Gesetzes oder Substitution, beispielsweise auf eine Versicherung aufgrund ihrer Leistung an einen Geschädigten.211 Art. 32 Taiwan-IPRG n.F. erfasst nun dieselben Personengruppen wie zuvor Art. 7 Taiwan-IPRG a.F., regelt sie aber gesondert: Für den Schuldner bleibt es bei der Anwendung des auf die abgetretene Forderung anwendbaren Rechts; inwiefern die Abtretung gegenüber Sicherungsgebern wirkt, bestimmt sich nach Art. 32 Abs. 2 Taiwan-IPRG n.F. nach dem Recht, das auf Entstehung und Wirkung des Sicherungsrechts anzuwenden ist. Das Rechtsverhältnis zwischen Zedent und Zessionar, aus dem sich die Forderungsabtretung ergibt, unterfällt weiterhin der Rechtsordnung, der seine Entstehung und Wirkung nach den übrigen Regeln des Taiwan-IPRG entspringt. Eine Regelung, dass die in diesem Verhältnis getroffene Rechtswahl für den Schuldner (nur) dann gilt, wenn er ihr zugestimmt hat, wurde als überflüssig betrachtet, da sich dies als Änderung des ursprünglichen Schuldverhältnisses durch dreiseitige Willensübereinstimmung darstellt und den allgemeinen Regeln unterliegt.212 Eine Regelung für die Schuldübernahme enthielt das Taiwan-IPRG a.F. nicht. 213 Ihre Wirkung Dritten gegenüber richtete sich in entsprechender Anwendung des Art. 7 Taiwan-IPRG a.F. nach dem Statut der übernommenen Schuld. Nun unterstellt Art. 33 Abs. 1 Taiwan-IPRG n.F. die Wirkungen eines Vertrages der Schuldübernahme, an dem der Gläubiger der Forderung nicht beteiligt ist, 214 diesem gegenüber dem auf Entstehung und Wirkung der übernommenen Schuld anzuwendenden Recht. Da sich durch die Schuldübernahme die ursprünglichen Rechte und Pflichten ändern,215 unterstellt Art. 33 Abs. 2 Taiwan-IPRG n.F. ihre Wirkung gegenüber Dritten, die über ein Sicherungsrecht die Erfüllung der Verbindlichkeit abgesichert haben, dem Recht, nach dem das Sicherungsrecht entstanden ist und wirkt. 209 LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 323 ff., unterscheiden hier zwischen Verpflichtungsvertrag und (dinglicher) Forderungsübertragung und wollen letztere nach Art. 7 Taiwan-IPRG a.F. analog dem Recht der abgetretenen Forderung unterstellen. 210 KE Zedong, S. 224; MA Hanbao, S. 338. 211 Dafür verweisen LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 325, Fn. 1, auf ein Urteil des Obersten Gerichts Taiwans v. 25.4.1978. 212 Vgl. Gesetzesbegründung zu Art. 32 Taiwan-IPRG unter 2. 213 S. WANG Zhiwen, 31 (2004) Hwa Kang L.Rev. 1 (34). 214 S. dazu Gesetzesbegründung zu Art. 33 Taiwan-IPRG unter 2. 215 Vgl. Gesetzesbegründung zu Art. 33 Taiwan-IPRG unter 3.
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Die bisher ungeregelte Frage, welcher Rechtsordnung die Rückgriffsrechte eines Dritten unterliegen, der aufgrund eines selbständigen Rechtsverhältnisses – beispielsweise einer Bürgschaft – eine Schuld getilgt hat, löst Art. 34 Taiwan-IPRG n.F. zugunsten der auf dieses Rechtsverhältnis anzuwendenden Rechtsordnung. In gleicher Weise ordnet Art. 35 TaiwanIPRG n.F. an, dass sich der Regress eines von mehreren Gesamtschuldnern, der eine Forderung gänzlich getilgt hat, gegen die übrigen Schuldner nach dem auf die Rechtsbeziehung zwischen den Schuldnern anzuwendenden Recht richtet. Im Verhältnis zum Festland fehlt es an ausführlichen Regelungen über die Reichweite des auf ein Rechtsgeschäft bzw. einen Vertrag anzuwendenden Rechts. Nach Art. 48 Festland-Bestimmungen untersteht dieser Rechtsordnung „der Vertrag“. Wie im internationalen Privatrecht dürften davon Zustandekommen, Wirkung und Untergang des jeweiligen Vertrages erfasst sein. Eine Abgrenzung der auf verschiedene, aber durch Dreipersonenkonstellationen miteinander zusammenhängende Rechtsgeschäfte anzuwendenden Rechtsordnungen, wie sie die Art. 32–35 Taiwan-IPRG n.F. detailliert treffen, fehlt in den Festland-Bestimmungen. Soweit sich für die einzelnen Rechtsverhältnisse das anzuwendende Recht nach den Regelungen der Festland-Bestimmungen ermitteln lässt, fehlt es an einer Regelungslücke, für die Art. 41 Abs. 1 Festland-Bestimmungen die Anwendung taiwanesischen Rechts anordnen würde. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die einzelnen Statute über Art. 1 S. 2 Festland-Bestimmungen nach den international-privatrechtlichen Regeln der Art. 32–35 TaiwanIPRG n.F. entsprechend abgegrenzt werden. (c) Sonderregeln für bestimmte Verträge
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Besondere Kollisionsregeln für bestimmte Verträge, wie sie das FestlandIPRG für Arbeits- und Verbraucherverträge vorsieht (s. oben Rn. 469 ff.), enthalten weder das Taiwan-IPRG a.F. noch das Taiwan-IPRG n.F. (d) Die Form von Rechtshandlungen/Verträgen (aa) Grundsatz
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Im Gegensatz zur lex fori-Anknüpfung nach festlandchinesischem Recht (s. oben Rn. 488 ff.) sieht Art. 5 Abs. 1 Taiwan-IPRG a.F. in Verbindung mit Art. 38 S. 1 Hong Kong/Macau-Bestimmungen vor, dass die Form von Rechtshandlungen mit Bezug zu Hong Kong oder Macau sich grundsätzlich nach der lex causae der jeweiligen Rechtshandlung richtet, sie aber auch als formwirksam anerkannt wird, wenn die diesbezüglichen Vorschriften des an ihrem Vornahmeort geltenden Rechts befolgt wurden. In der taiwanesischen Rechtswissenschaft war dabei umstritten, ob der Ort
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der Vornahme einer Rechtshandlung im Sinne dieser Vorschrift nach Art. 6 Abs. 2, 3 Taiwan-IPRG a.F. (s. oben Rn. 781 ff.) zu bestimmen ist.216 Art. 16 Taiwan-IPRG n.F. hat die Regelung des Art. 5 Abs. 1 TaiwanIPRG a.F. im Wesentlichen übernommen; sie stellt nunmehr klar, dass bei einer Mehrheit von Handlungsorten die Einhaltung der Rechtsordnung eines dieser Orte zur Wirksamkeit der Rechtshandlung führt. Da sich die Regelung zur Bestimmung des auf eine Rechtshandlung objektiv anwendbaren Rechts grundlegend geändert hat (s. oben Rn. 784), wäre auch ein Rückgriff auf den früheren Art. 6 Abs. 2, 3 Taiwan-IPRG a.F. nicht mehr infrage gekommen. Die Form von Rechtshandlungen mit Bezug zum Festland regelt Art. 47 Abs. 1 Festland-Bestimmungen in gleicher Weise wie Art. 5 Abs. 1 Taiwan-IPRG a.F. Als Fragen der Form werden angesehen, in welcher Form ein Vertrag zu errichten ist, ob es einer schriftlichen Niederlegung oder der Koordination durch eine Behörde etwa durch Registrierung bedarf, ob ein Zeuge anwesend sein muss und in welcher Form eine Willenserklärung zu übermitteln ist; nicht vom Formstatut erfasst wird, ob eine Vollmacht bestehen oder ein Dritter zugestimmt haben muss.217
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(bb) Ausnahmen (i) Sachenrechtliche Rechtshandlungen Sowohl Art. 5 Abs. 2 Taiwan-IPRG a.F. über Art. 38 S. 1 Hong Kong/Macau-Bestimmungen im Verhältnis zu Hong Kong und Macau als auch Art. 47 Abs. 3 Festland-Bestimmungen für den Bezug zum Festland unterstellen die Form dinglicher Rechtshandlungen dem Recht des Belegenheitsortes der betroffenen Sache.218 Diese Sonderregelung findet sich nunmehr im Sachenrechtsabschnitt des Taiwan-IPRG n.F. in dessen Art. 39. Danach unterliegt die Form dinglicher Rechtshandlungen dem Recht, das auf die dingliche Rechtshandlung anzuwenden ist, und bringt damit Form- und Sachstatut vollständig miteinander in Einklang.219
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S. YU Fei, S. 266 f., mit einem Meinungsbild. Dafür sprechen sich beispielsweise LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 296 f., aus. 217 LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 295 f. 218 Dies gilt im Unterschied zum festlandchinesischen Recht, dazu oben Rn. 482, für bewegliche und unbewegliche Sachen gleichermaßen. 219 S. dazu Gesetzesbegründung zu Art. 39 Taiwan-IPRG unter 2.
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(ii) Wechsel und Scheck 801
Die Form von Rechtshandlungen der Ausübung oder Wahrung von Rechten aus Wechseln und Schecks unterliegt – wie im festlandchinesischen Recht (s. oben Rn. 483 f.) – nach Art. 5 Abs. 3 Taiwan-IPRG a.F. bzw. Art. 21 Abs. 3 Taiwan-IPRG n.F. i.V.m Art. 38 Hong Kong/Macau-Bestimmungen und nach Art. 47 Abs. 3 Festland-Bestimmungen ausschließlich 220 dem Recht des Ortes ihrer Vornahme. Die Vorschrift soll analog auf alle wechsel- und scheckrechtlichen Handlungen Anwendung finden.221 (d) Stellvertretung
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Welcher Rechtsordnung die (rechtsgeschäftliche) Erteilung einer Vollmacht (䔯㰳) untersteht, ist im Taiwan-IPRG a.F. nicht geregelt.222 Für die Rechtsverhältnisse zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen sowie zwischen dem Vertreter bzw. dem Vertretenen und dem Dritten war das anwendbare Recht jeweils nach Art. 6 Taiwan-IPRG a.F. gesondert zu ermitteln. 223 Ob gesetzliche Vertretungsmacht besteht, ist dem auf der Grundlage der familienrechtlichen Kollisionsregeln anwendbaren Recht zu entnehmen,224 auf dem die gesetzliche Vertretungsmacht beruht, die Vollmacht von Organen juristischer Personen dem Gesellschaftsstatut. Auch die Festland-Bestimmungen schweigen zu diesen Fragen. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass entsprechend zur international-privatrechtlichen Praxis die auf die einzelnen Rechtsverhältnisse anzuwendenden Rechtsordnungen nach Art. 48 Festland-Bestimmungen ermittelt wurden und werden.225 Art. 17–19 Taiwan-IPRG n.F., die im Verhältnis zu Hong Kong und Macau über Art. 38 S. 1 Hong Kong/Macau-Bestimmungen Anwendung finden, gehen auf die Art. 5, 6, 11–15 des Haager Übereinkommens über das auf die Stellvertretung anzuwendende Recht v. 14.3.1978 (im Folgenden: Haager Stellvertretungs-Übereinkommen) zurück.226
220
S. dazu Ma, FS Siehr, 413 (423). MA Hanbao, S. 342, zu Art. 5 Abs. 3 Taiwan-IPRG a.F. 222 WANG Zhiwen, 31 (2004) Hwa Kang L.Rev. 1 (32); LIU Tiezheng, S. 171. 223 LIU Tiezheng, S. 171. S. auch den Erlass der Abteilung für Rechtsangelegenheiten des Justizministeriums Taiwans (㷾␂我) Nr. 11861 aus 1995 (㷾 84 ゴ㶣Ⲁ䱕 11861 垈⌦) vom 24.5.1995, in: Rat für Festlandangelegenheiten, Erläuterungen zu den Festland-Bestimmungen, in der die Erteilung einer Vollmacht und ihre Wirksamkeit dem nach Art. 6 Taiwan-IPRG a.F. anwendbaren Recht unterstellt wurde. 224 S. Cheng, S. 45. 225 Theoretisch denkbar, aber systematisch zweifelhaft wäre eine Anwendung taiwanesischen Rechts nach der Zweifelsregel des Art. 41 Abs. 1 Festland-Bestimmungen. 226 S. Gesetzesbegründung zu Art. 17, 18, 19 Taiwan-IPRG jeweils unter 2. 221
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Die Erteilung einer Vollmacht durch Rechtsgeschäft und ihre Wirksamkeit zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem unterstellt Art. 17 Taiwan-IPRG n.F. in erster Linie dem ausdrücklich dafür durch Vollmachtgeber und Bevollmächtigten gewählten Recht. Insofern besteht eine Parallele zu Art. 16 Abs. 2 Festland-IPRG (dazu oben Rn. 504). Fehlt eine Rechtswahl, ist nach Art. 17 Taiwan-IPRG n.F. auf das Recht des mit der Vertretungshandlung am engsten verbundenen Ortes zurückzugreifen. Dieses ist anhand aller objektiven und subjektiven Faktoren sowie der konkreten Umstände des Einzelfalles zu bestimmen; die engste Verbindung besteht beispielsweise mit einem Land, wenn einer seiner Staatsangehörigen dort Geschäfte betreibt und von einem Ausländer bevollmächtigt wurde, über dessen dort belegenes Vermögen zu verfügen.227 Statt der konkreten Anküpfungsmomente des Art. 6 Haager Stellvertretungs-Übereinkommens zur Bestimmung des objektiv anwendbaren Rechts hat demnach Art. 17 Taiwan-IPRG n.F. lediglich das dahinter stehende Prinzip der engsten Beziehung übernommen. Inwiefern der Vertretene durch eine Rechtshandlung des Bevollmächtigten in seinem Namen einem Dritten gegenüber berechtigt und verpflichtet wird, unterliegt nach Art. 18 Taiwan-IPRG n.F. vorrangig dem durch den Vertretenen und den Dritten ausdrücklich zur Anwendung bestimmten Recht, hilfsweise dem Recht des Ortes mit der engsten Beziehung zur Vertretungshandlung. Auch hier wurde die Beachtlichkeit einer Rechtswahl, wenn auch regelungstechnisch abweichend, aus dem Haager Stellvertretungs-Übereinkommen (dort Art. 14) übernommen, die Konkretisierungen der engsten Beziehung, die Art. 11 Haager Stellvertretungs-Übereinkommen vorsieht, dagegen nicht. Bei der Ermittlung der engsten Beziehung im Einzelfall sind neben dem Willen der Parteien und ihrer Kenntnis der jeweiligen Orte die Orte der Geschäftstätigkeit des Vertreters oder seines Arbeitgebers zum Zeitpunkt der Vertreterhandlung, der Belegenheitsort betroffener Sachen, der Ort der Vornahme der Vertreterhandlung und der Wohnsitz des Vertreters zu berücksichtigen.228 Beispielsweise soll die engste Verbindung mit einem Land angenommen werden, wenn sich dort die zu veräußernden Gegenstände befinden, der Vertragspartner die entsprechende Staatsangehörigkeit besitzt und die Gegenstände dort erworben hat, obwohl der Vertretene und der Vertreter jeweils Staatsangehörige anderer Länder sind und der Vertretene in seinem Heimatland geschäftlich tätig ist.229 Die Regelung des Art. 15 Haager Stellvertretungs-Übereinkommen wurde vollständig in Art. 19 Taiwan-IPRG n.F. übernommen: Sie unterstellt 227
S. die Gesetzesbegründung zu Art. 17 Taiwan-IPRG unter 2. S. die Gesetzesbegründung zu Art. 18 Taiwan-IPRG unter 2. 229 So das Beispiel der Gesetzesbegründung zu Art. 18 Taiwan-IPRG unter 2. 228
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die Rechtsbeziehung zwischen dem Vertreter und einem Dritten, etwa die Haftung des Vertreters bei fehlender oder überschrittener Vertretungsmacht, der Rechtsordnung, die nach Art. 18 Taiwan-IPRG n.F. auch das Verhältnis zwischen dem Vertretenen und diesem Dritten bestimmt. (2) Deliktsrecht (a) Grundregel 807
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Im Verhältnis zu Hong Kong und Macau fand auf eine aus einem Delikt entstehende Schuld nach Art. 38 S. 1 Hong Kong/Macau-Bestimmungen, Art. 9 Abs. 1 S. 1 Taiwan-IPRG a.F. das Recht des Ortes des Delikts Anwendung. Dabei ist in der taiwanesischen Literatur umstritten, wie der Ort des Delikts bei Distanzdelikten zu bestimmen ist, ob dabei der Ort der Ausführung der verletzenden Handlung oder der Ort des Eintritts des Verletzungsergebnisses maßgeblich ist.230 Die Gerichte verstehen den Begriff des Deliktsortes weit und fassen darunter sowohl Handlungs- als auch Erfolgsort.231 Art. 9 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Taiwan-IPRG a.F. ordnete allerdings – vor dem Hintergrund des moralischen Charakters des Deliktsrechts und als Kompromiss zwischen reiner Anwendung von lex fori und Deliktsortsrecht 232 – zusätzlich die begrenzende Anwendung des taiwanesischen Rechts an: So setzte gemäß Art. 9 Abs. 1 S. 2 Taiwan-IPRG a.F. eine Haftung nach dem Deliktsortsrecht voraus, dass auch die lex fori eine Handlung als unerlaubt ansieht. Art. 9 Abs. 2 Taiwan-IPRG a.F. ließ das taiwanesische Recht auch die Obergrenze für den Schadensersatz bestimmen. Die Vorschriften waren unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen anzuwenden und damit nicht als einseitige Schutzvorschriften für Bürger Taiwans ausgestaltet.233 Da sich die Haftung aus unerlaubter Handlung damit letztlich nach taiwanesischem Recht richtete, sofern das Deliktsortsrecht eine Handlung als unerlaubt betrachtet, kann man auch von einem versteckten lex fori-Prinzip sprechen.234
230 S. dazu YU Fei, S. 268 f., mit einem Überblick über Stimmen aus der taiwanesischen Literatur. KE Zedong, S. 226, stellt lediglich fest, was für die Anwendung des Handlungsortsrechts und was für die Anwendung des Ergebnisortsrechts spricht, lehnt aber nur eine Wahl einer dieser Rechtsordnungen durch die Parteien ab und entscheidet sich ansonsten nicht zwischen beidem. 231 S. Urteile des Obersten Gerichts Taiwans (匣䆌㠩氁㷾枋) v. 8.5.1992 (81 ⾝┙ἳⲀ 䱕 935 垈) und v. 3.5.2002 (91 ⾝⿏┙ἳⲀ䱕 859 垈). Vgl. auch YU Fei, S. 269. 232 S. dazu Ma, FS Siehr, 413 (424 f.); LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 354 f. 233 S. Ma, FS Siehr, 413 (425). Vgl. auch Hsieh, S. 90 f. 234 S. Hsieh, S. 92.
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Art. 50 Festland-Bestimmungen entspricht Art. 9 Abs. 1 Taiwan-IPRG a.F.235 Im Verhältnis zum Festland fehlt jedoch die Begrenzung der Schadensersatzhöhe durch taiwanesisches Recht, die Art. 9 Abs. 2 TaiwanIPRG a.F. vorsieht. Wenn sich die Tatsachen der unerlaubten Handlung sowohl auf dem Festland als auch in Taiwan ereignet haben, führt Art. 45 Festland-Bestimmungen durch Anordnung der Anwendung taiwanesischen Rechts zur Maßgeblichkeit des Handlungs- oder Ergebnisortes in Taiwan.236 Nach Art. 25 S. 1 Taiwan-IPRG n.F. bleibt es – wie auf dem Festland (s. oben Rn. 505) – bei der Grundregel der Anwendung des Deliktsortsrechts. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass diese Rechtsordnung im Allgemeinen die engste Verbindung zu einem Deliktsrechtsverhältnis aufweist. Dies verdeutlicht nunmehr Art. 25 S. 2 Taiwan-IPRG n.F., indem er die Abweichung von der Grundregel des Satzes 1 für den Fall zulässt, dass eine andere Rechtsordnung die engere Beziehung zum Delikt aufweist. Da in diesem Rahmen die Anwendungsinteressen und Begrenzungen des taiwanesischen Rechts ausreichend Berücksichtigung finden, wurde die Regelung der Art. 9 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 Taiwan-IPRG a.F. in Bezug auf Existenz einer Haftung und Höhe des Schadensersatzes überflüssig.237 Wie nach dem Festland-IPRG (dazu oben Rn. 518) wird demnach im neuen taiwanesischen Kollisionsrecht die Anwendung des Deliktsstatuts nicht mehr durch die lex fori begrenzt.
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(b) Sonderregelungen Für einige Sonderkonstellationen, in denen ein anderes als das Deliktsortsrecht enger mit dem Deliktsrechtsverhältnis verbunden ist, regeln nun die Art. 26–28 Taiwan-IPRG n.F. das anwendbare Recht; diese Vorschriften gehen damit in ihrer Anwendung der allgemeinen Regel des Art. 25 Taiwan-IPRG n.F. vor.238 Art. 26 Taiwan-IPRG n.F. bestimmt das auf die Produkthaftung anwendbare Recht. Unter Geltung des Taiwan-IPRG a.F. war das anwendbare Recht gemäß den allgemeinen Regeln nach erfolgter Qualifikation als delikts- oder vertragsrechtlich ermittelt worden; wenn Delikts- und Vertragsrecht zusammentrafen, war streitig, ob es sich um zwei gesonderte Ansprüche handelte oder lediglich zwei gesetzliche Grundlagen für einen An235
KE Zedong, S. 108; LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 694. S. Justizhof(┡㷾枋)-Dokument Nr. 04872 aus 1997 des Generalsekretärs, taiwanesisches Justizverwaltungsbüro, 3. Abteilung ( (86) 䬁┙〜┡ἲⲀ䱕о⠄⊔Ἤ垈⌦ ) vom 4.3.1997, in: Rat für Festlandangelegenheiten, Erläuterungen zu den Festland-Bestimmungen. 237 S. Gesetzesbegründung zu Art. 25 Taiwan-IPRG unter 4. 238 Vgl. Gesetzesbegründung zu Art. 25 Taiwan-IPRG unter 3. 236
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spruch angenommen wurden mit der Folge des Vorrangs des Vertragsstatuts als speziellerer Regelung.239 Bei der neuen Regelung des Art. 26 Taiwan-IPRG n.F. geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Rechtsbeziehung zwischen Geschädigtem und Produkthersteller mit den Vorschriften des Heimatrechts des Herstellers über die im Herstellungsprozess zu beachtenden Sorgfaltspflichten und die daraus erwachsende Haftung zusammenhängt.240 Grundsatz ist daher nach Art. 26 S. 1 Taiwan-IPRG n.F. die Anwendung des Heimatrechts des Herstellers, wenn es beim gewöhnlichen Ge- oder Verbrauch eines Produktes zu Schäden kommt. Ob daneben aus vertraglichen Anspruchsgrundlagen nach dem Vertragsstatut vorgegangen werden kann, bleibt weiterhin offen. Damit ist die objektive Anknüpfung eines Produkthaftungsanspruchs im taiwanesischen Recht deutlich weniger geschädigten- bzw. verbraucherfreundlich als im neuen festlandchinesischen Recht (dazu oben Rn. 528). Zum Schutz des Geschädigten sieht aber auch Art. 26 S. 2 Taiwan-IPRG n.F. eine auf bestimmte Rechtsordnungen beschränkte Rechtswahl des Geschädigten vor: Er soll zwischen dem Recht des Ortes des Schadenseintritts, dem Recht des Ortes des Produkterwerbs und seinem Heimatrecht wählen können. Voraussetzung ist, dass der Hersteller im Voraus zugestimmt hat oder vorhersehen konnte, dass das Produkt im Geltungsgebiet dieser Rechtsordnungen verkauft werden würde. Ein Rechte- und Pflichtenverhältnis, das infolge von Handlungen des unlauteren Wettbewerbs oder der Wettbewerbsbeschränkung entsteht, unterliegt nach Art. 27 S. 1 Taiwan-IPRG n.F. dem Recht des Marktortes. Erstrecken sich die betroffenen Märkte auf mehr als einen Staat, sind die aus den jeweiligen Handlungen erwachsenden Rechte und Pflichten jeweils nach dem Belegenheitsort des betroffenen Marktes zu beurteilen.241 Wird der Wettbewerb durch eine Rechtshandlung beeinträchtigt, richten sich gemäß Art. 27 S. 2 Taiwan-IPRG n.F. die Rechte des Geschädigten nach dem auf diese Rechtshandlung anzuwendenden Recht, sofern es für ihn vorteilhafter ist als das Marktortrecht. Werden zur Deliktsbegehung Verbreitungswege wie Verlag, Rundfunk, Fernsehen oder Internet genutzt, ist der Bereich der Schädigung relativ weit und Handlungs- und Erfolgsort häufig schwer zu ermitteln. Dem will die Regelung des Art. 28 S. 1 Taiwan-IPRG n.F. Rechnung tragen, indem sie detailliert bestimmt, welche Rechtsordnung mit dem aus dem Delikt entstehenden Schuldverhältnis jeweils am engsten verbunden ist.242 Grundsätzlich ist dies nach der ersten Alternative das Recht des Ortes, an dem 239
S. LIU Tiezheng, S. 113 ff. S. Gesetzesbegründung zu Art. 26 Taiwan-IPRG unter 2. 241 S. Gesetzesbegründung zu Art. 27 Taiwan-IPRG unter 2. 242 S. Gesetzesbegründung zu Art. 28 Taiwan-IPRG unter 2. 240
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die verletzende Handlung vorgenommen wurde, der bei Ermittlungsschwierigkeiten am Wohnsitzort des Schädigers fingiert wird. Nach der zweiten Alternative greift das Recht des Ortes, an dem die Schädigung eingetreten ist, sofern dieser für den Schädiger vorhersehbar war. Bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen besteht schließlich nach der dritten Alternative die engste Beziehung zum Heimatrecht des Geschädigten; Anwendung findet also das Personalstatut.243 Wenn der Schädiger gewerbsmäßig Informationen über Verlag, Rundfunk, Fernsehen, Internet oder ähnliches verbreitet, also ein Unternehmen der öffentlichen Verbreitungsmedien selbst handelt, ist nach Art. 28 S. 2 Taiwan-IPRG n.F. wegen der untrennbaren Verknüpfung der unerlaubten Handlung und des Ortes der Geschäftstätigkeit das Recht des Ortes der Geschäftstätigkeit auf Fragen der Rechtmäßigkeit des Verhaltens und des Schadensersatzes anzuwenden.244 Ob einem Geschädigten gegen die Versicherung eines Ersatzpflichtigen ein unmittelbarer Zahlungsanspruch zusteht, richtet sich nach Art. 29 S. 1 Taiwan-IPRG n.F. in erster Linie nach dem Statut des Versicherungsvertrages, obwohl der Geschädigte nicht Vertragspartei ist. Art. 29 S. 2 TaiwanIPRG n.F. gesteht daher dem Geschädigten zu seinem Schutz auch zu, nach seiner Wahl einen unmittelbaren Anspruch gegen die Versicherung nach dem Deliktsstatut geltend zu machen.245
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(3) Ungerechtfertigte Bereicherung Im Verhältnis zu Hong Kong und Macau war bisher über Art. 38 S. 1 Hong Kong/Macau-Bestimmungen Art. 8 Taiwan-IPRG a.F. zur Bestimmung des auf ein Schuldverhältnis aus ungerechtfertigter Bereicherung ( ἶ䚟ダ⍒ ) anwendbaren Rechts maßgeblich. Anknüpfungsmoment nach Art. 8 Taiwan-IPRG a.F. ist der Ort, an dem sich die Tatsachen ereignet haben (ᾴⴏ 䞥䙈⡙). Da es sich bei Art. 8 Taiwan-IPRG a.F. um eine Auffangvorschrift handelt, die auch andere aus „Rechtstatsachen“ ( 㷾ゴᾴⴏ ) entstehende Schuldverhältnisse erfasst, 246 ist das Anknüpfungsmoment allgemein gefasst. Im Hinblick auf seine Anwendung auf Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung werden in der taiwanesischen Rechtswissenschaft drei Wege der Bestimmung des Ortes, an dem sich die Tatsachen ereignet haben, diskutiert: Abgestellt wird entweder darauf, wo der Vorteil
243 So auch – allerdings aufgrund der abweichenden Bestimmung des Personalstatuts mit anderem Ergebnis – das festlandchinesische Recht, s. oben Rn. 529. 244 S. dazu Gesetzesbegründung zu Art. 28 Taiwan-IPRG unter 3. 245 S. dazu Gesetzesbegründung zu Art. 29 Taiwan-IPRG unter 2. 246 Vgl. dazu LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 342.
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erlangt wurde, oder darauf, wo gehandelt wurde, oder aber darauf, an welchem Ort der Nachteil eingetreten ist.247 Dem nach Art. 8 Taiwan-IPRG a.F. ermittelten Statut unterliegen grundsätzlich Fragen der Entstehung eines Schuldverhältnisses aus ungerechtfertigter Bereicherung und seiner Folgen hinsichtlich der Herausgabe der Bereicherung; ein möglicher Rechtsgrund für eine Bereicherung ist jedoch als Vorfrage gesondert anzuknüpfen und damit nicht erfasst.248 Mit Art. 24 Taiwan-IPRG n.F. enthält das Gesetz nun eine gesonderte Vorschrift zur Bestimmung des auf ein aus ungerechtfertigter Bereicherung entstandenes Schuldverhältnis anzuwendenden Rechts. Es unterscheidet zwischen der infolge einer Leistung eingetretenen Bereicherung und der Bereicherung aus anderen Gründen. Erstere wird nach Art. 24 S. 2 TaiwanIPRG n.F. wegen ihrer engen Beziehung zu dem Rechtsverhältnis, aufgrund dessen sie erfolgt ist, dem auf dieses anzuwendenden Recht unterstellt und damit ihrem Charakter als Folge der Unwirksamkeit dieses Rechtsverhältnisses gemäß behandelt.249 Für alle übrigen Rechtsverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung gilt Art. 24 S. 1 Taiwan-IPRG n.F.: Da im Zentrum der maßgeblichen Rechtstatsachen hier die Erlangung eines Vorteils steht,250 werden sie dem Recht des Ortes unterstellt, an dem der Vorteil erlangt wurde. Im Ergebnis dürfte die neue präzisierte Regelung keine wesentliche Änderung der Rechtslage mit sich gebracht haben. Zur Maßgeblichkeit einer Rechtswahl, wie sie Art. 47 S. 1 Festland-IPRG nun als Grundsatz statuiert (dazu oben Rn. 534), kann es nach taiwanesischem Recht nur im Bereich der Leistungskondiktion über die lex causae des Rechtsverhältnisses, aufgrund dessen die Bereicherung erfolgt ist, kommen. Für Rechtsverhältnisse der ungerechtfertigten Bereicherung mit Bezug zum Festland formuliert Art. 49 Festland-Bestimmungen eine wie Art. 8 Taiwan-IPRG a.F. für aus Rechtstatsachen entstehende Schuldverhältnisse umfassende, aber einseitige251 Kollisionsnorm: Sie ordnet die Anwendung festlandchinesischen Rechts an, wenn das Schuldverhältnis auf dem Festland entstanden ist. Alle übrigen Fälle, also solche, in denen das Schuldverhältnis in Taiwan entstanden ist, unterliegen über Art. 41 Abs. 1 Festland-Bestimmungen mangels anderweitiger Regelung taiwanesischen Recht. Dies führt letztendlich ebenso wie Art. 8 Taiwan-IPRG a.F. zu einer Anwendung des Rechts des Ortes, an dem sich die das Schuldverhältnis begründenden Tatsachen ereignet haben. 247
S. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 342 ff., die selbst die Anknüpfung an den Ort der Erlangung des Vorteils befürworten. 248 S. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 344. 249 S. dazu Gesetzesbegründung zu Art. 24 Taiwan-IPRG unter 4. 250 S. Gesetzesbegründung zu Art. 24 Taiwan-IPRG unter 4. 251 S. YU Fei, S. 283; LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 694.
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(4) Geschäftsführung ohne Auftrag Auch für Schuldverhältnisse aus Geschäftsführung ohne Auftrag (䉊⠉䳊䔯) mit Bezug zu Hong Kong oder Macau galt nach Art. 8 Taiwan-IPRG a.F., Art. 38 S. 1 Hong Kong/Macau-Bestimmungen das Recht des Ortes, an dem sich die Tatsachen ereignet haben. Gemeint sind hier die Tatsachen, aus denen sich die rechtliche Wirkung der Geschäftsführung ohne Auftrag ergibt, also ein Verhalten oder bestimmte Handlungen des Geschäftsführers ohne Auftrag.252 Häufig weist dies auf den Ort, an dem sich das Objekt der Geschäftsführung ohne Auftrag befindet.253 Begründen mehrere Handlungen das Rechtsverhältnis, ist der Ort ihres Schwerpunkts maßgeblich.254 Art. 23 Taiwan-IPRG n.F. ordnet nun nicht mehr in Form einer allgemeinen Auffangvorschrift, sondern speziell für Schuldverhältnisse, die sich aus Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben, die Anwendung des Rechts des Ortes der Geschäftsführung an. Die neue Vorschrift regelt damit den bereits unter Art. 8 Taiwan-IPRG a.F. geltenden Grundsatz nun ausdrücklich, scheint aber keine wirkliche Änderung mit sich zu bringen. Das Statut der Geschäftsführung ohne Auftrag erfasst die Entstehungsvoraussetzungen des Rechtsverhältnisses sowie die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten. 255 Weil eine Handlung der Geschäftsführung trotz des erforderlichen Geschäftsführungswillens kein Rechtsgeschäft ist, unterfällt die Fähigkeit zur Geschäftsführung ohne Auftrag nicht dem Statut der allgemeinen Geschäftsfähigkeit nach Art. 1 Taiwan-IPRG a.F., sondern dem auf die Geschäftsführung ohne Auftrag anzuwendenden Recht.256 Dieses bestimmt jedoch nicht darüber, ob der Handlung ein wirksamer Auftrag zugrunde lag oder ob ein solcher überschritten wurde; dies richtet sich nach dem Statut des Rechtsverhältnisses, aus dem sich der Auftrag ergibt.257 Art. 49 Festland-Bestimmungen regelt trotz seines Charakters als einseitige Kollisionsnorm durch das Zusammenspiel mit Art. 41 Abs. 1 FestlandBestimmungen das auf Schuldverhältnisse aus Geschäftsführung ohne Auftrag anzuwendende Recht nach den gleichen Grundsätzen wie Art. 8 Taiwan-IPRG a.F. (vgl. dazu oben Rn. 822). Bei einer Mehrheit von Handlungen, die sich über beide Regionen erstrecken, bestimmt im Verhältnis zum Festland jedoch nicht der Ort, an dem schwerpunktmäßig gehandelt wurde, 252
Vgl. das Beispiel bei Ma, FS Siehr, 413 (425). LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 331 f. Vgl. ZENG CHEN Mingru, BT, S. 139. 254 LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 331 f. 255 Dazu LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 332 f., mit Einzelheiten zu Art. 8 Taiwan-IPRG a.F. 256 LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 332; KE Zedong, S. 239, zu Art. 8 TaiwanIPRG a.F. 257 S. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 332 f., zu Art. 8 Taiwan-IPRG a.F. 253
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sondern nach Art. 45 Festland-Bestimmungen stets der taiwanesische Handlungsort das anwendbare Recht. Welche Fragen vom Statut der Geschäftsführung ohne Auftrag geregelt werden, dürfte dagegen nach den international-privatrechtlichen Grundsätzen gehandhabt werden. (5) Wechsel und Scheck 826
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Art. 5 Abs. 3 Taiwan-IPRG a.F. regelte – ebenso wie Art 47 Abs. 3 Festland-Bestimmungen – nur die Form von Rechtshandlungen, durch die Rechte aus Wechseln oder Schecks ausgeübt oder gewahrt werden (s. dazu bereits oben Rn. 801). Die Vorschrift konnte aber entsprechend auf die Entstehung oder Änderung einer Rechtsbeziehung aus einem Wechsel oder Scheck ( 䪑 㘃 ), also Ausstellung und Annahme des Wertpapiers sowie Übertragung durch Indossament angewendet werden; auf das wechseloder scheckrechtliche Rechtsverhältnis war dann – mit Ausnahme der Rechtsbeziehung, welche den Grund für die wechsel- oder scheckrechtliche Handlung bildet und ihrem eigenen Statut unterliegt – das Recht des Ortes der jeweiligen Handlung bzw. deren Vollendung anzuwenden.258 Die Wechsel- und Scheckfähigkeit war dagegen dem auf die allgemeine Geschäftsfähigkeit nach Art. 1 Taiwan-IPRG a.F. anwendbaren Recht zu entnehmen.259 Eine entsprechende Anwendung der Regelung des Art. 47 Abs. 3 Festland-Bestimmungen, wie sie für das internationale Privatrecht hinsichtlich Art. 5 Abs. 3 Taiwan-IPRG a.F. vertreten wird, scheidet mit Blick auf Art. 41 Abs. 1 Festland-Bestimmungen, nach dem Regelungslücken durch das taiwanesische Recht zu füllen sind, wohl aus. Danach unterliegen wechsel- und scheckrechtliche Rechtsbeziehungen mit Bezug zum Festland in jedem Fall taiwanesischem Recht. Art. 21 Abs. 1 Taiwan-IPRG n.F., der über Art. 38 S. 1 Hong Kong/Macau-Bestimmungen in Fällen mit Bezug zu Hong Kong oder Macau maßgeblich ist, erklärt nun vorrangig das Recht für maßgeblich, das die Parteien für Entstehung und Wirkungen eines Rechts aus dem Wechsel oder Scheck gewählt haben. Nur bei fehlender oder unwirksamer ausdrücklicher Rechtswahl soll nach Art. 21 Abs. 2 Taiwan-IPRG n.F. das Recht des Handlungsortes und bei dessen Unklarheit das des Zahlungsortes zur Anwendung gelangen. Damit sind die Regelungen des wechsel- und scheckrechtlichen Kollisionsrechts von Taiwan weit weniger detailliert als die des chinesischen Festlands (dazu oben Rn. 539 ff.), folgen aber im Grundsatz auch einer
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Anknüpfung an den Handlungsort, allerdings wohl nicht für Fälle mit Bezug zum Festland. (6) Verjährung von Forderungen Die Verjährung von Forderungen ist nach taiwanesischem Sachrecht eine materiellrechtliche und damit keine der lex fori unterfallende prozessrechtliche Frage.260 Sie richtete sich daher – trotz Fehlens einer diesbezüglichen Regelung im Taiwan-IPRG a.F. und obwohl sie nach taiwanesischem Recht eine Forderung nicht zum Untergang bringt – bereits bisher nach dem Recht, das auf den Vertrag (oder ein anderes Rechtsverhältnis) anzuwenden war, aus dem die Forderung erwachsen war.261 Dieser Grundsatz des taiwanesischen internationalen Privatrechts zur Frage der Reichweite des Statuts eines Rechtsverhältnisses dürfte sowohl über Art. 38 S. 1 Hong Kong/ Macau-Bestimmungen im Verhältnis zu Hong Kong und Macau als auch gegenüber dem Festland nach Art. 1 S. 2 Festland-Bestimmungen gegolten haben. Nunmehr sieht Art. 36 Taiwan-IPRG n.F. – wie Art. 7 Festland-IPRG (s. oben Rn. 554) – ausdrücklich die Anwendung des Statuts der Rechtsbeziehung, der die fragliche Forderung entstammt, auch auf die Frage ihrer Verjährung vor, da sich die Verjährung als Teil der Wirkungen der Rechtsbeziehung gegen die Forderung richtet.262
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c) Sachenrecht (1) Grundsatz Über Art. 38 S. 1 Hong Kong/Macau-Bestimmungen richteten sich in Sachverhalten mit Bezug zu Hong Kong oder Macau gemäß Art. 10 Abs. 1 Taiwan-IPRG a.F. dingliche Rechte einheitlich, also ohne Differenzierung nach der Beweglichkeit oder Unbeweglichkeit der betroffenen Sache, wie sie sich in der getrennten Regelung der Art. 36 und 37 Festland-IPRG widerspiegelt, nach dem Belegenheitsortsrecht. Dieser Rechtsordnung unterfielen die Eigenschaften von Sachen und die Rechte über sie, die Qualifikation eines Rechts als Sachenrecht, die Arten von Sachenrechten und ihr Inhalt, ihre Entstehung und Wirkung, dabei insbesondere Besitz und Eigentum, Ansprüche aus der Sache, Nutznießungs- und Sicherungsrechte; darüber hinaus bestimmt das Sachenrechtsstatut über die Änderung von Sachenrechten, die Wirksamkeit von Verfügungen durch einen Nichtberech260 S. WANG Zhiwen, 31 (2004) Hwa Kang L.Rev. 1 (32); LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 315, Fn. 5. Vgl. auch die Gesetzesbegründung zu Art. 36 Taiwan-IPRG unter 2. 261 Vgl. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 315, Fn. 5. 262 Zur Begründung s. Gesetzesbegründung zu Art. 36 Taiwan-IPRG unter 2.
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tigten gegenüber einem gutgläubigen Dritten sowie – wie Art. 5 Abs. 2 Taiwan-IPRG a.F. klarstellte (s. bereits oben Rn. 800) – Formerfordernisse für dingliche Rechtshandlungen.263 Vom Anwendungsbereich des Sachenrechtsstatuts ausgenommen ist dagegen die statusrechtliche Seite des Eigentums; sachenrechtliche Wirkungen beispielsweise des Erbrechts unterstehen dem jeweils auf die statusrechtliche Beziehung anzuwendenden Recht.264 Die Fähigkeit, sachenrechtliche Rechtshandlungen vorzunehmen, bestimmt sich zwar grundsätzlich nach dem Personalstatut; wegen der infolge des internationalen Zuständigkeitsrechts engen Beziehung zwischen unbeweglichen Sachen und ihrem Belegenheitsort, wird jedoch in Bezug auf Immobilien aus praktischen Gründen eine unmittelbare Anwendung des Belegenheitsortsrechts vertreten.265 Die Auswirkungen eines Statutenwechsels regelte Art. 10 Abs. 3 Taiwan-IPRG a.F. Zur Anwendung gelangte danach das Recht des Ortes, an dem sich eine Sache zu dem Zeitpunkt befindet, zu dem ein Erwerbs- oder Verlusttatbestand vollendet wird. Die gesetzlichen Voraussetzungen und Wirkungen von Erwerb, Änderung oder Verlust eines Sachenrechts, aber auch Vorgaben in zeitlicher Hinsicht unterliegen dem jeweils aktuellen Belegenheitsortsrecht.266 Auch über die Ersitzung entscheidet daher das Recht des Ortes, an dem sich eine Sache bei Vollendung der vorgesehenen Frist befindet.267 Dass auch Rechte Gegenstand von Sachenrechten sein können, erkannte Art. 10 Abs. 2 Taiwan-IPRG a.F. an: Wegen der Schwierigkeiten, den Lageort eines Rechts zu bestimmen, und der engen Beziehung eines Rechts zu seinem Entstehungsort ordnete die Vorschrift hier die Anwendung des am Entstehungsort geltenden Rechts an. 268 Im Sinne der Rechtsklarheit nahm die Vorschrift dabei in Kauf, dass die Forderung selbst, die sich nicht unbedingt nach dem Recht des Ortes der Vornahme des Rechtsgeschäfts richtet (zum Vertragsstatut s. oben Rn. 775 ff.), und ein dingliches Recht an ihr unterschiedlichen Rechtsordnungen unterstehen.269 Auf unkörperliches Vermögen, beispielsweise Bergbaurechte, wurde aufgrund seines 263
S. dazu ausführlich LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 368 ff. Vgl. auch YU Fei, S. 293; KE Zedong, S. 245; Cheng, S. 87 ff. 264 S. dazu YU Fei, S. 292 f. 265 LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 370 f. 266 S. dazu LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 367; YU Fei, S. 294 f. 267 LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 367; KE Zedong, S. 245 f.; MA Hanbao, S. 345. 268 Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, s. dazu mit Zitat der maßgeblichen Passage YU Fei, S. 293; KE Zedong, S. 244; MA Hanbao, S. 344 f. Vgl. auch zu den Schwierigkeiten der Bestimmung des Lageortes von Rechten Cheng, S. 89 f. 269 S. Cheng, S. 89 f.
III. Interregionales Privatrecht
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rechtsähnlichen Charakters Art. 10 Abs. 2 Taiwan-IPRG a.F. analog angewendet.270 Art. 38 Abs. 1–3 Taiwan-IPRG n.F. hat die Regelung des Art. 10 Abs. 1–3 Taiwan-IPRG a.F. übernommen, stellt jedoch durch seine Formulierung klar, dass nicht nur Entstehung und Verlust, sondern auch die Änderung von Sachenrechten unter das Sachenrechtsstatut fallen. 271 Art. 38 Abs. 3 Taiwan-IPRG n.F. (bzw. Art. 10 Abs. 3 Taiwan-IPRG a.F.) wird außerdem durch den neuen Art. 40 Taiwan-IPRG n.F. ergänzt: Bereits nach der jeweiligen lex rei sitae entstandene Sachenrechte richten sich in ihrer Wirkung nach taiwanesischem Recht, sobald die betroffene Sache nach Taiwan verbracht wird. Diese Transformation fremder Sachenrechte in die Formen des taiwanesischen Sachenrechts soll dem Schutz des inländischen Rechtsverkehrs dienen. 272 Nach bisheriger Auffassung in der taiwanesischen Literatur sollte zwar grundsätzlich ein Statutenwechsel das jeweilige Sachenrecht weder verringern noch vergrößern, sein Inhalt und seine Anerkennung als wirksam aber dennoch nach dem neuen Statut zu beurteilen sein.273 Im Verhältnis zum Festland regelt Art. 51 Abs. 1–3 Festland-Bestimmungen das Sachenrechtsstatut in gleicher Weise wie Art. 10 Abs. 1–3 Taiwan-IPRG a.F. Daher können für das Verständnis der Norm die bereits dargestellten Grundsätze des internationalen Privatrechts herangezogen werden.274
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(2) Sonderfälle (a) Güter auf dem Transport Nach welchem Recht sich Erwerb, Änderung oder Verlust von Sachenrechten an Gütern auf dem Transport ( 慴愪ὖὴ䎒 ) richtet, war im TaiwanIPRG a.F. nicht geregelt.275 Gleiches gilt für die Festland-Bestimmungen. In der Literatur wurde mit Blick auf die Regelung des Art. 10 Abs. 4 Taiwan-IPRG a.F. teilweise die Anwendung des auf das Transportmittel anwendbaren Rechts vertreten und damit das Transportmittel als bewegliche Rechtsregion verstanden. 276 Nach anderer Auffassung war das anwendbare Recht nach der allgemeinen Regelung und damit dem tatsächlichen Belegenheitsort zum Zeitpunkt der Vollendung des jeweiligen sachen270
YU Fei, S. 293. Vgl. auch ZENG CHEN Mingru, BT, S. 200. S. dazu Gesetzesbegründung zu Art. 38 Taiwan-IPRG unter 2. 272 S. Gesetzesbegründung zu Art. 40 Taiwan-IPRG unter 2. 273 LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 365 f.; YU Fei, S. 294 f. 274 In diesem Sinne ist wohl CHEN Rongchuan, S. 136, zu verstehen. 275 WANG Zhiwen, 31 (2004) Hwa Kang L.Rev. 1 (33); LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 364. 276 Zu dieser Auffassung LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 364. 271
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 8 Taiwan
rechtlichen Tatbestands zu bestimmen; nur, wenn sich die Güter keiner Rechtsregion zuordnen lassen, weil sie sich in internationalen Gewässern oder im internationalen Luftraum befinden oder ihr Lageort unbekannt ist, wurde auf das Flaggen- oder Registerrecht des Transportmittels zurückgegriffen.277 Art. 41 Taiwan-IPRG n.F., der über Art. 38 S. 1 Hong Kong/Macau-Bestimmungen im Verhältnis zu Hong Kong und Macau Anwendung findet, regelt nunmehr das auf Erwerb, Entstehung, Verlust und Änderung von Sachenrechten an Gütern auf dem Transport anzuwendende Recht wie Art. 38 S. 2 Festland-IPRG (s. oben Rn. 579) zugunsten des Rechts des Zielortes. Eine Rechtswahl wie nach Art. 38 S. 1 Festland-IPRG ist nicht vorgesehen. Nach den Gesetzgebungsmaterialien erfasst die Vorschrift nur durch Rechtshandlungen bewirkte sachenrechtliche Vorgänge; die Anwendung des Rechts des Zielortes entspricht hier den Erwartungen der Parteien und dem Schutz des Rechtsverkehrs. 278 Sachenrechtliche Vorgänge, die nicht durch Rechtshandlungen bewirkt werden, richten sich nach wie vor nach dem Recht des jeweiligen Belegenheitsorts.279 (b) Verkehrsmittel
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Sowohl Art. 10 Abs. 4 Taiwan-IPRG a.F. und Art. 38 Abs. 4 Taiwan-IPRG n.F. als auch Art. 51 Abs. 4 Festland-Bestimmungen sehen – wie das festlandchinesische Recht (s. oben Rn. 581, 583) übereinstimmend vor, dass Sachenrechte an Schiffen dem Recht ihrer Flagge und dingliche Rechte an Flugzeugen dem Recht des Ortes der Flugzeugregistrierung unterfallen. Hintergrund dieser Sonderregel ist der naturgemäß oft stattfindende Belegenheitsortswechsel und der häufige Aufenthalt in internationalen Gewässern oder im internationalen Luftraum.280 (c) Geistiges Eigentum
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Im Taiwan-IPRG a.F. war die Frage des auf geistiges Eigentum (㞣㊐巊䙋) anwendbaren Rechts nicht geregelt.281 Geistiges Eigentum sollte daher als Sachenrecht an einem Recht behandelt und nach Art. 10 Abs. 2 TaiwanIPRG a.F. dem Recht des Entstehungsortes des jeweiligen Urheber-, Marken- oder Patentrechts unterliegen.282 Für Urheberrechte bedeutete das die 277
In diesem Sinne LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 364 f. Ähnlich wohl ZENG CHEN Mingru, BT, S. 196. 278 S. Gesetzesbegründung zu Art. 41 Taiwan-IPRG unter 2. 279 S. Gesetzesbegründung zu Art. 41 Taiwan-IPRG unter 2. 280 S. dazu die entsprechenden Gesetzgebungsmaterialien, zitiert bei YU Fei, S. 295; KE Zedong, S. 246; MA Hanbao, S. 345 f. 281 WANG Zhiwen, 31 (2004) Hwa Kang L.Rev. 1 (33). Vgl. auch MA Hanbao, S. 345. 282 S. ZENG CHEN Mingru, BT, S. 200 f.
III. Interregionales Privatrecht
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Anwendung des Rechts des Ortes der Erstpublikation,283 während Patentrechte dem Recht des Staates, der sie gewährt hat, unterliegen sollten.284 Auch die Festland-Bestimmungen sehen keine spezielle Regelung vor, so dass eigentlich nach Art. 51 Abs. 2 Festland-Bestimmungen, der Regelung für Sachenrechte an Rechten, zu verfahren wäre.285 Nach einer Äußerung des Gremiums des Justizministeriums zur Untersuchung der Rechtssätze des Festlands ( 㷾␂我⩐枡㷾媸䤽䮟⫽☊㠬 ) aus den 1990er Jahren soll sich der Schutz und die Übertragung von Urheberrechten unabhängig vom Ort des Vertragsabschlusses oder der Erfüllung nach dem Schutzlandprinzip richten, während die schuldrechtlichen Aspekte der Übertragung dem Vertragsstatut zu entnehmen sind.286 Für das internationale Privatrecht – und über Art. 38 S. 1 Hong Kong/ Macau-Bestimmungen auch im Verhältnis zu Hong Kong und Macau – schreibt nun Art. 42 Abs. 1 Taiwan-IPRG n.F. wie Art. 48 Festland-IPRG (dazu oben Rn. 586) die grundsätzliche Geltung des Schutzlandprinzips vor: Anwendbar ist das Recht des Staates, dessen Schutz geltend gemacht wird. Dies soll nach den Gesetzgebungsmaterialien dazu führen, dass Art und Inhalt geistigen Eigentums, sein temporaler Bestand sowie Erwerb, Verlust und Änderung einer einheitlichen Rechtsordnung zu entnehmen sind.287 Abweichend von der Grundregel des Art. 42 Abs. 1 Taiwan-IPRG n.F. sieht Abs. 2 der Vorschrift die akzessorische Anknüpfung der Inhaberschaft an das Statut eines Arbeitsvertrages vor, wenn das geistige Eigentum durch einen Arbeitnehmer im Rahmen seiner Arbeitstätigkeit geschaffen wurde.
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(d) Verbriefte Rechte Weder das Taiwan-IPRG a.F. noch die Festland-Bestimmungen enthalten über die nur rudimentäre Regelung des internationalen Wechsel- und Scheckrechts (dazu oben Rn. 826 ff.) hinaus eine besondere Regelung über das auf verbriefte Rechte, insbesondere ihre Übertragung, anzuwendende Recht. In der Rechtswissenschaft wurde zwischen der Rechtsbeziehung aus einem Wertpapier, das über Güter auf dem Transport ausgestellt wird, und dem Sachenrecht an den Gütern unterschieden und diese getrennt ange-
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ZENG CHEN Mingru, BT, S. 204. ZENG CHEN Mingru, BT, S. 206. 285 S. CHEN Rongchuan, S. 137 f. 286 Zitat der maßgeblichen Passage bei CHEN Rongchuan, S. 137 f. Vollständiger Text des Erlasses der Abteilung für Rechtsangelegenheiten des Justizministeriums Taiwans (㷾 ␂我) Nr. 06306 aus 1994 (㷾 83 ゴ㶣Ⲁ䱕 06306 垈⌦) vom 30.3.1994 in: Rat für Festlandangelegenheiten, Erläuterungen zu den Festland-Bestimmungen. 287 Gesetzesbegründung zu Art. 42 Taiwan-IPRG unter 2. 284
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 8 Taiwan
knüpft. 288 Das Recht aus einem Wertpapier unterlag dabei nach Art. 10 Abs. 2 Taiwan-IPRG a.F. dem Sachenrecht des Ortes seiner Beurkundung,289 also dem Recht seines Ausstellungsortes. Das Taiwan-IPRG n.F. sieht für Wertpapiere außerhalb des Wechselund Scheckrechts nun in seinen Art. 22 und 43 f. ausführliche Regelungen vor, die allein schon infolge ihrer Differenziertheit inhaltlich von der einheitlichen Regelung des Art. 39 Festland-IPRG (dazu oben Rn. 591) abweichen. Rechtsbeziehungen aus Inhaber- (䉊孁┶屲⍡) und Orderpapieren (㐰䩣 290 屲⍡), die nicht Wechsel oder Scheck sind, aber durch Rechtshandlung entstehen, richten sich gemäß Art. 22 Taiwan-IPRG n.F. nach dem Recht des Ortes der Rechtshandlung, also regelmäßig des Ausstellungsortes des Papiers. Ist dieser unklar, gelangt nach dem zweiten Teil der Regelung das Recht des Zahlungsortes zur Anwendung. Nach Art. 43 Abs. 1 Taiwan-IPRG n.F. unterliegt eine Rechtsbeziehung aufgrund eines Konnossementes (怲巑屲⍡) in erster Linie dem durch Vermerk auf dem Papier gewählten Recht. Abweichend von der bisherigen Rechtsprechung ist diese Rechtswahl im Interesse der Vorhersehbarkeit und des Schutzes des Rechtsverkehrs anzuerkennen, obwohl sie regelmäßig einseitig durch den Frachtführer und seine Gehilfen oder Vertreter bei der Ausstellung des Papiers getroffen wird.291 Den Gefahren für den Inhaber des Papiers soll nach den Gesetzgebungsmaterialien dadurch begegnet werden, dass die Wahl nicht als wirksam anerkannt wird, wenn sie ein unangemessenes Ungleichgewicht der Parteien schafft; ist nämlich nichts auf dem Papier vermerkt oder die Rechtswahl unwirksam, gelangt nach dem 2. Halbsatz der Vorschrift das Recht der engsten Verbindung zur Anwendung.292 Erheben mehrere Gläubiger Ansprüche aus dem Papier oder unabhängig davon aus einem Sachenrecht an den Gütern, richtet sich gemäß Art. 43 Abs. 2 Taiwan-IPRG n.F. die Rangordnung der Gläubiger nach dem Sachenrechtsstatut der Ware. Vor Aufgabe zum Transport ist dann die lex rei sitae zu diesem Zeitpunkt, also das Recht des Absendeortes anzuwenden, während das anwendbare Recht nach Aufgabe zum Transport gemäß Art. 41 Taiwan-IPRG n.F. zu ermitteln ist.293
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So etwa LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 365. ZENG CHEN Mingru, BT, S. 200. 290 S. Gesetzesbegründung zu Art. 22 Taiwan-IPRG unter 2. 291 S. Gesetzesbegründung zu Art. 43 Taiwan-IPRG unter 2. 292 Gesetzesbegründung zu Art. 43 Taiwan-IPRG unter 2. 293 S. Gesetzesbegründung zu Art. 43 Taiwan-IPRG unter 3. 289
IV. Anerkennung und Vollstreckung
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Art. 43 Abs. 3 Taiwan-IPRG n.F. ordnet die entsprechende Anwendung der ersten beiden Absätze auf Rechtsbeziehungen aus Lagerschein (Ⅎ⛗) und Ladeschein (㓹⛗) an. Vorbild für die Regelung des Art. 44 Taiwan-IPRG n.F. waren die Art. 4–6 des Haager Übereinkommens über die auf bestimmte Rechte an intermediär-verwahrten Wertpapieren anzuwendende Rechtsordnung vom 5.7.2006 (im Folgenden: Haager Wertpapierübereinkommen). 294 Art. 44 Taiwan-IPRG n.F. ordnet an, dass Erwerb, Verlust und Änderung sowie die Verfügung über ein Recht aus einem im Sammeldepot verwahrten Wertpapier dem im Depotvertrag ausdrücklich gewählten Recht unterliegt. Fehlt eine ausdrückliche Rechtswahl, kommt nach dem zweiten Teil der Vorschrift das Recht mit der engsten Beziehung zum Einsatz. Das Recht mit der engsten Beziehung ist durch den Richter nach den konkreten Umständen, aber mit Blick auf die hierfür in Art. 5 und 6 des Haager Wertpapierübereinkommens aufgestellten Vermutungen zu ermitteln.295
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(e) Treuhand Das auf die Treuhand (ℊ孀) anzuwendende Recht hat weder im TaiwanIPRG a.F. oder n.F. noch in den Festland-Bestimmungen eine eigene Regelung gefunden. Die Frage, welcher Rechtsordnung die Treuhand unterliegt, hängt daher maßgeblich von der Qualifikation der Treuhand im taiwanesischen Recht ab. Das taiwanesische Treuhandgesetz296 sieht in seinem Art. 2 vor, dass ein Treuhandverhältnis entweder durch Vertrag oder Testament zustande kommt. Es ist also davon auszugehen, dass es dem Statut des das Verhältnis begründenden Vertrages oder Testaments unterliegt.297
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IV. Interregionale Justizhilfe – Anerkennung und Vollstreckung von Zivilurteilen IV. Anerkennung und Vollstreckung
1. Im Verhältnis zu Hong Kong und Macau Nach Art. 42 Abs. 1 Hong Kong/Macau-Bestimmungen sind auf die Voraussetzungen der Wirkung, der Zuständigkeit und der Vollstreckbarkeit von 294
S. Gesetzesbegründung zu Art. 44 Taiwan-IPRG unter 2. So die Gesetzesbegründung zu Art. 44 Taiwan-IPRG unter 2. 296 ℊ孀㷾 vom 26.1.1996 in der Fassung vom 30.12.2009, in Kraft seit 23.11.2009. 297 Vgl. dazu Urteil des Obergerichts Taiwans (匣䆌氁䱲㷾枋㴺ᾴ) v. 2.4.2002 (90 ⾝⿏ 拶ἳⲀ䱕 521 垈), in dem es um einen Anspruch auf Rückgabe des Treuhandguts ging und die maßgebliche Rechtsordnung über Art. 6 Abs. 1 Taiwan-IPRG a.F. mit Blick auf den Treuhandvertrag ermittelt worden war. 295
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in Hong Kong oder Macau ergangenen Gerichtsentscheidungen in Zivilsachen die Vorschriften, welche diese Fragen für ausländische Gerichtsentscheidungen regeln, namentlich Art. 402 Taiwan-ZPG und Art. 4-1 Zwangsvollstreckungsgesetz 298 , entsprechend anwendbar. Zielsetzung der Gleichstellung Hong Kongs und Macaus mit dem Ausland auch in Bezug auf die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen war wiederum, die Auswirkungen der Rückgabe dieser Gebiete an das Festland abzumildern und für Kontinuität zu sorgen, 299 da zuvor die für den internationalen Rechtsverkehr geltenden Vorschriften Anwendung gefunden hatten.300 Art. 402 Taiwan-ZPG regelt, wann eine ausländische Gerichtsentscheidung nicht anerkannt werden darf. Das Gesetz geht damit wie seine deutschen und japanischen Vorbilder von einer automatischen Anerkennung aus; ein besonderes Anerkennungsverfahren ist nicht erforderlich.301 Dem fremden Urteil kommt dieselbe Wirkung zu wie einem in Taiwan ergangenen; weder werden die Tatsachen erneut festgestellt noch die Rechtsanwendung überprüft.302 Dies gilt für alle Arten gerichtlicher Entscheidung, solange sie endgültig sind und nicht lediglich prozessuale Angelegenheiten betreffen, und erfasst auch Gerichtsvergleiche.303 Die Vollstreckung aus einem ausländischen Urteil in Taiwan setzt jedoch nach Art. 4-1 Zwangsvollstreckungsgesetz die Vollstreckbarerklärung durch ein taiwanesisches Gericht voraus, das in diesem Verfahren die Anerkennungsvoraussetzungen nach Art. 402 Taiwan-ZPG prüft.304 a) Zuständigkeit des Urteilsgerichts
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Als erste Anerkennungsvoraussetzung sieht Art. 402 Abs. 1 Nr. 1 TaiwanZPG vor, dass das ausländische Gericht nach taiwanesischem Recht zuständig gewesen sein muss. Zu fragen ist nach dem Spiegelbildprinzip, ob das ausländische Gericht bei Anwendung der entsprechenden Normen des 298 299
だ⍟⤠奵㷾 vom 19.1.1940 (Fassung vom 29.6.2011).
LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 708. Vgl. zu letzterem Min, S. 105, mit Hinweis auf ein entsprechendes Urteil des Obersten Gerichts Taiwans aus dem Jahr 1996. 301 S. RUAN Weifang, S. 139; Min, S. 94. Vgl. auch LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 620; Chen, 16 (1998) Wis. Int’l L.J. 599 (623); Fan, S. 74. 302 S. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 620 ff. 303 S. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 624 f. Vgl. auch Art. 402 Abs. 2 TaiwanZPG. 304 Vgl. dazu Min, S. 104; LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 620. Art. 4-1 Abs. 1 Zwangsvollstreckungsgesetz lautet: „Wenn aufgrund eines durch ein ausländisches Gericht erlassenen Urteils die Zwangsvollstreckung beantragt wird, soll es zwangsweise vollstreckt werden, wenn das Urteil nicht in eine der Kategorien des Art. 402 Zivilprozessgesetz fällt und es durch Urteil eines Gerichts der Republik China für vollstreckbar erklärt wurde.“ 300
IV. Anerkennung und Vollstreckung
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taiwanesischen Zuständigkeitsrechts 305 international 306 zuständig gewesen wäre.307 Selbst wenn danach sowohl das ausländische als auch ein taiwanesisches Gericht zuständig gewesen wäre, darf die Anerkennung des ausländischen Urteils nur dann abgelehnt werden, wenn die internationale Zuständigkeit des taiwanesischen Gerichts eine ausschließliche war.308 b) Faires Verfahren Nach Art. 402 Abs. 1 Nr. 2 Taiwan-ZPG darf eine ausländische Gerichtsentscheidung nicht anerkannt werden, wenn sich die beklagte Partei nicht eingelassen hat, es sei denn, ihr wurde die Klage in Übereinstimmung mit dem ausländischen Recht oder im Wege taiwanesischer Rechtshilfe innerhalb angemessener Frist zugestellt. Öffentliche oder Ersatzzustellung reichen dabei nicht aus.309 Maßgeblich ist die Möglichkeit zur Vorbereitung der Einlassung bzw. Verteidigung; die Vorschrift soll ein faires Verfahren gewährleisten.310
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c) Kein Verstoß gegen den ordre public Art. 402 Abs. 1 Nr. 3 Taiwan-ZPG enthält einen ordre public-Vorbehalt: verstößt der Inhalt einer Gerichtsentscheidung oder das Verfahren, in dem sie erging, gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten Taiwans, ist sie nicht anzuerkennen. Als Beispiele für ein ordre public-widriges Verfahren nennt die Gesetzesbegründung den Mangel an Gelegenheit zur Teilnahme an der Verhandlung trotz rechtmäßiger Zustellung und das Urteil durch einen befangenen Richter. 311 In Ergänzung zu Art. 182-2 Taiwan-ZPG (s. dazu oben Rn. 714 ff.) wird anscheinend auch der Fall eines bereits in Taiwan erlassenen Urteils oder eines vor taiwanesischen Gerichten rechtshängigen Ver305 S. dazu oben Rn. 665. Zu den Problemen, die das Fehlen ausdrücklicher Normen für die internationale Zuständigkeit im Rahmen des Art. 402 Taiwan-ZPG auslöst, Min, S. 97 f. 306 Gemeint ist nur die internationale, nicht die örtliche Zuständigkeit, s. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 626. 307 S. RUAN Weifang, S. 140 f.; Min, S. 97. 308 LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 628 f. S. auch Min, S. 97 f., zur mangels ausdrücklicher Regelung des internationalen Zuständigkeitsrechts uneinheitlichen Justizpraxis, in der einige Gerichte die internationale Zuständigkeit des ausländischen Gerichts nur dann verneinen, wenn taiwanesische Gerichte international ausschließlich zuständig gewesen wären. 309 RUAN Weifang, S. 141, sowie ausführlich dazu Min, S. 99, jeweils m.w.N. 310 Min, S. 99; LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 631 f. Vgl. auch ZENG CHEN Mingru, AT, S. 292. 311 Die Gesetzesbegründung ist bei LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 633, wiedergegeben. Zu weiteren Beispielen Min, S. 100.
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 8 Taiwan
fahrens in der gleichen Angelegenheit hierunter gefasst.312 Ein Prozessbetrug scheint dagegen einer Anerkennung grundsätzlich nicht entgegenzustehen.313 Ein ordre public-Verstoß des Inhalts eines Urteils ist mit Blick auf das konkrete Urteil, nicht den abstrakten Inhalt des durch das ausländische Gericht angewendeten Rechts zu ermitteln.314 Hierunter fällt etwa ein Urteil, das ein in Taiwan verbotenes Verhalten, die Erfüllung eines Vertrages des Menschenhandels oder den Vollzug einer Vielehe anordnet.315 Eine Verurteilung zur Zahlung von Strafschadensersatz (punitive damages) verstößt dagegen nicht ohne weiteres gegen den taiwanesischen ordre public, da diese Form des Schadensersatzes dem taiwanesischen Recht nicht fremd ist; entsprechende Urteile werden begrenzt anerkannt.316 d) Verbürgung der Gegenseitigkeit
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Art. 402 Abs. 1 Nr. 4 Taiwan-ZPG stellt die Anerkennung fremder Gerichtsentscheidungen unter den Vorbehalt gegenseitiger Anerkennung. Gemeint ist nach der Gesetzesbegründung zu einer klarstellenden Änderung des Wortlauts die gegenseitige Anerkennung der Justiz, nicht dagegen eine etwaige völkerrechtliche oder politische Anerkennung. 317 Maßgeblich ist die objektive Prognose, dass die Urteile taiwanesischer Gerichte im fraglichen Land unter im Wesentlichen ähnlichen, aber nicht unbedingt völlig gleichen Voraussetzungen anerkannt werden würden; es bedarf keines konkreten Falles, in dem bereits ein taiwanesisches Urteil anerkannt wurde, solange die Anerkennung in der Praxis noch nicht verweigert wurde.318 Da ursprünglich Urteile taiwanesischer Gerichte in Hong Kong mangels politischer Anerkennung der taiwanesischen Regierung nicht anerkannt wurden, erkannte auch Taiwan seit den 1970er Jahren gemäß Art. 402 Abs. 1 Nr. 4 Taiwan-ZPG Gerichtsentscheidungen der Gerichte von Hong Kong nicht an.319 Seit der Court of Final Appeal in Hong Kong 1999/2000 seine Rechtsprechung zugunsten einer Anerkennung taiwanesischer Zahlungsurteile revidiert hat (s. dazu unten Rn. 1157 f.), steht das Gegensei312 313
S. dazu Min, S. 101 f. S. Min, S. 100 f., mit Verweis auf eine Entscheidung des Obersten Gerichts Tai-
wans. 314
S. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 633. Diese Beispiele nennen LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 633. Ähnliche Beispiele bei RUAN Weifang, S. 141. 316 S. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 633 f. 317 LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 634; RUAN Weifang, S. 142; Chen, 16 (1998) Wis. Int’l L.J. 599 (623); Min, S. 103. 318 S. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 636; RUAN Weifang, S. 142; Min, S. 102 f. Vgl. auch ZENG CHEN Mingru, AT, S. 293. 319 Ausführlich dazu Chen, 16 (1998) Wis. Int’l L.J. 599 (627 ff.). S. auch Fan, S. 74. 315
IV. Anerkennung und Vollstreckung
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tigkeitserfordernis einer Anerkennung von (Zahlungs-)Urteilen aus Hong Kong in Taiwan nicht mehr entgegen.320 2. Im Verhältnis zum Festland Die Anerkennung und Vollstreckung festlandchinesischer Gerichtsentscheidungen regelt Art. 74 Festland-Bestimmungen. Absatz 1 der Norm erlaubt es, einen Anerkennungsantrag in Taiwan zu stellen, sofern eine festlandchinesische endgültige Gerichtsentscheidung (姪⍍) nicht gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten der Region Taiwan verstößt. Art. 74 Abs. 2 Festland-Bestimmungen eröffnet die Möglichkeit der Vollstreckung aus einer anerkannten festlandchinesischen Entscheidung. Beide Absätze gelten jedoch nach Absatz 3 der Vorschrift nur, wenn eine endgültige taiwanesische Gerichtsentscheidung auch auf dem Festland Anerkennung findet. Art. 74 Festland-Bestimmungen erfasst dieselben Arten gerichtlicher Entscheidung wie Art. 402 Taiwan-ZPG (dazu oben Rn. 855).321 Anders als im internationalen Rechtsverkehr und auch im Verhältnis zu Hong Kong und Macau, wo dies nur die einer Vollstreckung bedürfenden Zahlungsurteile betrifft, bedarf es jedoch nach dieser Regelung in jedem Fall einer taiwanesischen gerichtlichen Anerkennungsentscheidung, damit eine festlandchinesische Gerichtsentscheidung in Taiwan Wirkung entfaltet.322 Als Ausdruck der besonders anerkennungsfreundlichen Haltung des Gesetzgebers sieht aber Art. 74 Festland-Bestimmungen nur zwei der Ausschlussgründe des Art. 402 Taiwan-ZPG für eine Anerkennung vor:323 einen Verstoß des Urteils gegen den taiwanesischen ordre public (Abs. 1) und die fehlende Gegenseitigkeit (Abs. 3). Ursprünglich setzte die Vorschrift nicht einmal die Verbürgung der Gegenseitigkeit voraus; der letzte Absatz wurde erst 1997 eingefügt.324 Nachdem das Oberste Volksgericht 1998 seine Anerkennungs-Regelungen Taiwan (dazu oben Rn. 597 ff.) erlassen hatte, stellte das Obergericht Taiwans am 28.7.1998 offiziell fest, dass damit die Gegenseitigkeit im Verhältnis zum Festland gewährleistet sei.325 320
S. dazu LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 635 f., Fn. 27. Liu, 11 (2009) Yearbook of PIL 235 (241, Fn. 16), spricht von einer ersten Anerkennung im Jahr 2004. 321 Min, S. 107. 322 S. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 690; CHEN Rongchuan, S. 290; Min, S. 106. Vgl. auch Oberstes Gericht Taiwans (匣䆌㠩氁㷾枋) v. 13.11.2008 (97 ⾝┙ἳⲀ䱕 2376 垈 ). 323 S. CHEN Rongchuan, S. 309. Vgl. auch Liu, 11 (2009) Yearbook of PIL 235 (240). 324 Chung, 22 (2008) St. John’s J. Leg. Comm. 559 (567 f.); Chen, 16 (1998) Wis. Int’l L.J. 599 (626 f.); Min, S. 109. 325 Chung, 22 (2008) St. John’s J. Leg. Comm. 559 (567 f.). Seitdem werden auch in der Gerichtspraxis Gerichtsentscheidungen festlandchinesischer Gerichte durch die tai-
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 8 Taiwan
In der Literatur wird kritisiert, dass in Art. 74 Festland-Bestimmungen die fehlende (interregionale) Zuständigkeit des Urteilsgerichts und die fehlende angemessene Einlassungsmöglichkeit des Beklagten nicht als Gründe genannt werden, die einer Anerkennung entgegenstehen.326 In der taiwanesischen Rechtsprechung zeigt sich eine Tendenz, den Mangel an interregionaler Zuständigkeit oder dem Grundsatz eines fairen Verfahrens zuwiderlaufende Verfahrensfehler als Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public zu werten.327 Im Übrigen soll aber der taiwanesische ordre public, der wie im internationalen Privatrecht als „öffentliche Ordnung oder gute Sitten“ (⊕⊚䬒⾸㌿ ⚭厘槑℀) bezeichnet ist, wohl nicht anders zu verstehen sein als im Rahmen der Anerkennung einer ausländischen Gerichtsentscheidung. Der unbestimmte Rechtsbegriff soll im konkreten Fall mit Blick auf die Werte des gewöhnlichen Bürgers auszulegen sein,328 wobei die Anerkennung den Regelfall darstellt.329
wanesischen Gerichte nach Art. 74 Festland-Bestimmungen anerkannt, s. DU Tao/CHEN Li, S. 438, auch zu einem letztinstanzlich durch das Oberste Gericht Taiwans entschiedenen und damit exemplarischen Fall. 326 Chen, 16 (1998) Wis. Int’l L.J. 599 (626 f.); CHEN Rongchuan, S. 309; LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 689 f. 327 CHEN Rongchuan, S. 328 ff.; Min, S. 108. 328 S. LIU Tiezheng / CHEN Rongchuan, S. 689. 329 Dazu CHEN Rongchuan, S. 294. Eine gegenteilige Tendenz meint Min, S. 108, in der Rechtsprechung festzustellen. Einen Missbrauch des ordre public-Vorbehalts befürchtet auch Liu, 11 (2009) Yearbook of PIL 235 (249).
§ 9 Macau 2. Teil: Die anderen Regionen – § 9 Macau
I. Derzeitige Rechtsquellen des interregionalen Privatrechts I. Rechtsquellen
In Macau gilt – vor der Rückgabe an die Volksrepublik und gemäß Art. 3 Abs. 3 und 12 Sino-portugiesische Gemeinsame Erklärung, Art. 5 und 8 GGM auch danach – eine Rechtsordnung kontinental-europäischen Typs, die in weiten Teilen an das portugiesische Recht angelehnt ist, aber seit den 1970er Jahren auch ihre Eigenheiten entwickelt hat (vgl. Rn. 3, 6). Spezielle Regelungen zur Bestimmung der interregionalen Zuständigkeit oder zur Ermittlung des anwendbaren Rechts bei interregionalen Sachverhalten enthält das Recht von Macau nicht. Stattdessen wurden das Zuständigkeitsrecht und die Kollisionsregeln so angepasst, dass sie sowohl internationale als auch interregionale Fallkonstellationen erfassen. Lediglich für die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen im Verhältnis zum Festland existiert eine besondere Rechtsquelle, das Anerkennungs-Arrangement Macau (s. oben Rn. 106, 604 ff.), während sie im Verhältnis zu Hong Kong und Taiwan der Regelung folgt, die auch für den internationalen Rechtsverkehr gilt. 1 Das Anerkennungs-Arrangement Macau wurde durch Erlass des Oberhaupts der Exekutive Nr. 12/20062 vom 22.3.2006 innerhalb Macaus bekanntgegeben und umgesetzt.
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1. Das Zivilprozessgesetzbuch von Macau Als Macau noch portugiesische Kolonie war, hatte man zunächst die Geltung der portugiesischen Zivilprozessordnung auf Macau als Kolonie Portugals erstreckt.3 Allerdings waren die besonderen Regelungen der internationalen Zuständigkeit mangels staatlicher Souveränität Macaus nicht übernommen worden; stattdessen dienten die Bestimmungen zur örtlichen Zuständigkeit – wie in Portugal in Ergänzung zu den Spezialregeln4 – doppel-
1
Vgl. Min, S. 75, 77. Aviso do Chefe do Executivo n.º 12/2006 bzw. 䱕 12/2006 垈奵㙨暠ⳁ⊕╳, Boletim Oficial – II Série / ⊕⥚ – 䱕乭 N.º 12/2006, S. 2449. 3 Zhao, China Law No. 18 [1999.1], 72 (72). 4 S. dazu Teixeira de Sousa, IPRax 1997, 352 (352 f.); Rathenau, S. 69. 2
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 9 Macau
funktional auch zur Ermittlung der internationalen Zuständigkeit. 5 Des Weiteren hatte die Reform durch das Gerichtsorganisationsgesetz6 und das Gesetz über die Grundlagen der Justizorganisation von Macau7 in Macau ein von Portugal unabhängiges Endurteilsrecht und in Abweichung vom portugiesischen System ein Zwei-Instanzen-System bei dreistufigem Gerichtsaufbau eingeführt.8 Durch das Gesetz Nr. 55/99/M vom 8.10.19999 reformierte Macau sein Zivilprozessrecht erneut und setzte die derzeit geltende Fassung seines Zivilprozessgesetzbuches (Código de Processo Civil bzw. 㴺ᾴ孝孈㷾⊡; im Folgenden: Macau-ZPG) mit Wirkung zum 1.11.1999 in Kraft.10 Das Macau-ZPG ist weiterhin an das portugiesische Recht angelehnt, zumal die zur Erarbeitung der Reform eingesetzte Kommission von einem portugiesischen Juristen, Borges Soeiro, koordiniert wurde, der zuvor schon Koordinator der Kommission zur Revision der portugiesischen Zivilprozessordnung war und mittlerweile Richter am höchsten portugiesischen Gericht (Supremo Tribunal de Justiça) ist. 11 Im Unterschied zur portugiesischen Zivilprozessordnung unterscheidet das Macau-ZPG nicht zwischen internationaler und örtlicher Zuständigkeit, da das Konzept einer internationalen Zuständigkeit eine Souveränität Macaus suggerieren könnte, die es nicht besitzt.12 Stattdessen regelt es allgemein die „Zuständigkeit“ (competência bzw. 䳊恭㰳) und bezieht sich dabei in den Zuständigkeitsregelungen – ins5
So HUANG Jin, Forschungen, S. 72 ff., der sich trotz Erscheinens seines Buches nach Erlass des neuen Macau-ZPG auf die alte Regelung beziehen muss, vgl. unten die Ausführungen zur Formulierung der neuen Regelung, die jedenfalls nicht die örtliche Zuständigkeit erfassen will. 6 Lei orgânica dos tribunais judiciais bzw. 㷾 枋 乭 佽 㷾 , Gesetz Nr. 38/87 vom 22.12.1987 (Lei n.° 38/87 bzw. 䱕 38/87 垈㷾ゴ), Boletim Oficial / ⊕⥚ 11/1988, S. 1025; später aufgehoben und verändert durch Gesetz Nr. 17/92/M vom 2.3.1992 (Aprova o sistema judiciário de Macau bzw. 䃜暩┡㷾乭佽㛙媸⍰ ), Decreto-Lei n.° 17/92/M bzw. 䱕 17/92/M 垈㷾, Boletim Oficial / ⊕⥚ N.º 9/1992, S. 927. 7 Lei de Bases da Organização Judiciária de Macau bzw. 䃜暩┡㷾乭佽仚媪㷾, Gesetz Nr. 112/91 vom 19.6.1991 (Lei n.° 112/91 bzw. 䱕 112/91 垈㷾ゴ), Boletim Oficial / ⊕⥚ N.º 36/1991, S. 3799. 8 Vgl. dazu HUANG Shuangquan, 3.3. 9 Decreto-Lei n.° 55/99/M bzw. 䱕 55/99/M 垈㷾, Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ – 䱕Ἡ乭 N.º 40/1999, S. 3670. 10 Zuletzt geändert durch das Gesetz Nr. 9/2004 vom 12.8.2004 (Lei n.° 9/2004 bzw. 䱕 9/2004 垈㷾ゴ), Boletim Oficial / ⊕⥚ N.º 33/2004, S. 1456, aber ohne Relevanz im Hinblick auf die internationale/interregionale Zuständigkeit oder die Anerkennung und Vollstreckung fremder Gerichtsentscheidungen. 11 Siehe dazu die kurzen Ausführungen zum Werdegang von Borges Soeiro auf den Internet-Seiten des portugiesischen Supremo Tribunal de Justiça unter http://www.stj.pt/ stj/estrutura/juizes/46-juizes-comissao-servico/60-josemanuelborgessoeiro (zuletzt besucht am 30.10.2011). 12 Vgl. Alexandre, 55 (2000) Rivista di Diritto Processuale 382 (390).
I. Rechtsquellen
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besondere in den Art. 15, 16, 17, 18, 20, 25, 29 – stets auf die „Gerichte von Macau“ (tribunais de Macau bzw. 䃜暩㷾枋). Die Regelungen der Zuständigkeit des Macau-ZPG sind damit offen für eine Anwendung sowohl auf internationale als auch auf interregionale Fälle. Zudem spricht Art. 29 Macau-ZPG, der Zuständigkeitsvereinbarungen betrifft, von Streitigkeiten mit Verbindung zu mehr als einer Rechtsordnung (ordem jurídica bzw. 㷾ゴ䬒⾸ ) und der Bestimmung der Gerichte eines Gebietes (⡙) in der chinesischen Fassung bzw. einer Jurisdiktion (jurisdição) im portugiesischen Text, nicht dagegen eines Landes oder Staats (país/estado bzw. ⠴ⳟ). Damit bringt die Formulierung des Art. 29 MacauZPG deutlich zum Ausdruck, dass die Zuständigkeitsvorschriften internationale und interregionale Fälle erfassen sollen und wollen. Schließlich ist eine Regelung der örtlichen Zuständigkeit auch angesichts der geringen Größe Macaus und der Existenz lediglich eines Grundgerichts für Zivilsachen (Tribunal Judicial de Base bzw. ⍆乃㷾枋)13 obsolet. Auch Titel 14 des 5. Buches des Macau-ZPG, in dem die Anerkennung und Vollstreckung fremder Gerichtsentscheidungen geregelt ist, spricht von durch Gerichte oder Schiedsgerichte außerhalb Macaus erlassenen Entscheidungen (decisões proferidas por tribunais […] do exterior de Macau bzw. 䃜暩⨿⡙㛢ὴ㷾枋 […] ㍩₅姪⍍ ) und ist damit offen für eine Anwendung im internationalen und interregionalen Rechtsverkehr.14
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2. Das Zivilgesetzbuch von Macau Zu den portugiesischen Gesetzen, deren Geltung auf Macau als portugiesische Kolonie erstreckt worden waren, zählte auch das portugiesische Zivilgesetzbuch (im Folgenden: port. ZGB), 15 das in seiner Fassung von 1966 in Art. 14–65 Vorschriften des internationalen Privatrechts bereithielt. 16 Durch das Gesetz Nr. 39/99/M vom 3.8.1999 17 wurde eine neue Fassung des Zivilgesetzbuches (Código Civil bzw. 㴺ᾴ㷾⊡; im Folgenden: Macau-ZGB) angenommen, die zum 1.11.1999 in Kraft trat.18 Im Rahmen 13 Vgl. Art. 27 Lei de Bases da Organização Judiciária bzw. ┡㷾乭佽仚媪㷾 n.F., eingeführt durch Lei n.° 9/1999 bzw.䱕 9/1999 垈㷾ゴ, Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ – 䱕 Ἡ乭 N.º 1/1999, S. 75. Macau besitzt keine Gerichtsbezirke, s. Alexandre, 55 (2000) Rivista di Diritto Processuale 382 (392). 14 S. dazu Min, S. 75. 15 Zhao, China Law No. 18 [1999.1], 72 (72); Tu, 40 (2010) HKLJ 85 (86). 16 Moura Ramos, in: Jayme (Hrsg.), Rechtsentwicklungen in Portugal, Brasilien und Macau, S. 157 (157). 17 Decreto-Lei n.º 39/99/M bzw. 䱕 39/99/M 垈㷾, Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ – 䱕Ἡ乭 N.º 31/1999, S. 1794. 18 Durch Decreto-Lei n.º 48/99/M bzw. 䱕 48/99/M 垈㷾 vom 27.9.1999, Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ – 䱕Ἡ乭 N.º 39/1999, S. 3572.
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 9 Macau
dieser Reform wurde das für internationale Rechtskollisionen konzipierte System des portugiesischen internationalen Privatrechts an die Situation Macaus, in der interregionale Sachverhalte gelöst werden müssen, angepasst: Es wurde das Anknüpfungsmoment der Nationalität aufgegeben 19 und in den Vorschriften nicht mehr auf fremdes oder ausländisches Recht Bezug genommen, sondern auf Recht von außerhalb Macaus (lei exterior a Macau bzw. 䃜暩⨿ὴ㷾ゴ).20 Im Übrigen weichen die Kollisionsregeln des Macau-ZGB nur wenig von ihrem portugiesischen Vorbild ab; der Einfluss des portugiesischen Rechts ist auch hier gewahrt geblieben.21
II. Qualifikation als Fall mit Bezug zu einer anderen Rechtsregion II. Interregionaler Bezug
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Nach portugiesischer Auffassung, der die Gerichte von Macau im Zweifel folgen werden, wird das internationale Privatrecht – wie auf dem chinesischen Festland (s. oben Rn. 113) – nur auf Fallgestaltungen angewendet, die grenzüberschreitende Elemente (elementos de estraneidade) aufweisen.22 Welche Auslandskontakte relevant sind, hängt dabei allerdings von den Vorschriften des internationalen Privatrechts selbst, d.h. im Allgemeinen von den darin vorgesehenen Anknüpfungsmomenten ab; einzig problematisch erscheint dann, ob eine von den Parteien in einem ansonsten rein inländischen Fall getroffene Rechtswahl den nötigen internationalen Bezug zu begründen vermag (zur Beantwortung dieser Frage unten Rn. 960).23 Für die Frage, wann ein Sachverhalt als interregional angesehen wird, dürften angesichts der Anwendung der bewusst offen formulierten Normen des internationalen Verfahrens- und Privatrechts auf interregionale Fälle (dazu oben Rn. 872 ff.) die gleichen Grundsätze gelten.
19
Moura Ramos, in: Jayme (Hrsg.), Rechtsentwicklungen in Portugal, Brasilien und Macau, S. 157 (170). S. auch Marques dos Santos, 2 (2000) Yearbook of PIL 133 (137). 20 Marques dos Santos, 2 (2000) Yearbook of PIL 133 (137 f.). 21 S. dazu Tu, 40 (2010) HKLJ 85 (87 f.). Der Originalentwurf der Kollisionsregeln stammt von einer Professorin der Universität Lissabon, Isabel Magalhães Collaço, s. Marques dos Santos, 2 (2000) Yearbook of PIL 133 (135). 22 Zur portugiesischen Auffassung s. Lima Pinheiro, Bd. 1, S. 37 f. 23 S. Lima Pinheiro, Bd. 1, S. 39 f.
III. Interregionale Zuständigkeit
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III. Interregionale Zuständigkeit III. Interregionale Zuständigkeit
1. Zuständigkeit kraft Gesetzes a) Allgemeine Zuständigkeit Art. 17 Macau-ZPG regelt in Form einer Auffangvorschrift – nach der Gesetzessystematik sind die besonderen Zuständigkeiten der Art. 15 und 16 vorrangig – die allgemeine Zuständigkeit der Gerichte Macaus.
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(1) Natürliche Personen Natürliche Personen können nach Art. 17 a) Macau-ZPG allgemein und unabhängig von der Art der Klage in Macau verklagt werden, wenn sie ihren Wohnsitz (domicílio / ⁸㍩) oder Aufenthalt (residência / ㍩) in Macau haben. Die Regelung ist damit weiter als die allgemeine Zuständigkeit nach festlandchinesischem Recht (dazu oben Rn. 172 ff.). Es ist davon auszugehen, dass die Gerichte Macaus dem portugiesischen Vorbild24 folgend den Wohnsitz einer Person nach den dafür von der lex fori bereitgestellten Regelungen bestimmen. Nach Art. 83 Abs. 1 Macau-ZGB liegt der Wohnsitz (domicílio / ⁸㍩) einer natürlichen Person am Ort ihres gewöhnlichen Aufenthalts; bei mehreren gewöhnlichen Aufenthaltsorten wird jeder von ihnen gleichermaßen als Wohnsitz betrachtet. Eine natürliche Person hat nach Art. 30 Abs. 2 Macau-ZGB an dem Ort ihren gewöhnlichen Aufenthalt, an dem sich ihr tatsächliches und ständiges Lebenszentrum befindet. Art. 83 Abs. 2 Macau-ZGB regelt den Fall des Fehlens eines gewöhnlichen Aufenthalts. Seine Anwendung erübrigt sich jedoch im Rahmen von Art. 17 a) Macau-ZPG mit Blick auf die Alternative des (einfachen) Aufenthalts (residência / ㍩) sowie Art. 17 b) Macau-ZPG. Bei Schwierigkeiten aufgrund des Fehlens eines gewöhnlichen Aufenthalts oder unklaren Verbleibs des Beklagten sowie Problemen mit der Ermittlung des Beklagten hilft Art. 17 b) Macau-ZPG, indem er – wie Art. 23 Festland-ZPG für bestimmte Fälle (s. oben Rn. 183) – die Zuständigkeit der Gerichte Macaus alternativ an den Wohnsitz oder Aufenthalt des Klägers in Macau knüpft.
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(2) Juristische Personen Für Klagen gegen juristische Personen sind die Gerichte Macaus nach Art. 17 c) Macau-ZPG zuständig, wenn sich ihr (Wohn-)Sitz (domicílio / ⁸㍩) oder Hauptverwaltungsorgan in Macau befindet. Es reicht aber auch 24
S. zur Vorgehensweise im portugiesischen Recht Rathenau, S. 56; Teixeira de Sousa, IPRax 1997, 352 (355 f.).
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 9 Macau
bereits, dass eine Zweigstelle, Agentur, Filiale, Abordnung oder Vertretung in Macau betrieben wird, wohl vor dem Hintergrund der dann anzunehmenden Aktivitäten im Geschäftsverkehr Macaus. Allerdings wird diese Zuständigkeit – wie die nach ihrem portugiesischen Vorbild25 und auch die vergleichbare Zuständigkeit des festlandchinesischen Rechts (vgl. oben Rn. 257 f.) – nicht auf Streitigkeiten aus dem Betrieb der Geschäftsstelle eingeschränkt. In Anbetracht der Tatsache, dass nach portugiesischem Recht eine juristische Person für Zuständigkeitszwecke an einem Ort als ansässig gilt, wenn ihre Hauptverwaltungsniederlassung oder eine Zweigstelle, Agentur, Filiale, Zweigniederlassung dort liegt,26 ist die selbständige Bedeutung des Kriteriums des (Wohn-)Sitzes neben den übrigen in Art. 17 c) Macau-ZPG genannten nicht ersichtlich. b) Besondere Zuständigkeit
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Neben der allgemeinen Zuständigkeit sehen die Art. 16 und 17 Macau-ZPG für bestimmte Fallgruppen die besondere Zuständigkeit der Gerichte von Macau vor. (1) Art. 16 a) Macau-ZPG
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Art. 16 a) Macau-ZPG stellt eine Zuständigkeit der Gerichte in Macau zur Verfügung, wenn dort der Erfüllungsort von Verbindlichkeiten (obrigações / ⇞␂) liegt. Er entspricht in seinem Wortlaut weitgehend Art. 74 Abs. 1 des portugiesischen Zivilprozessgesetzes (Código de Processo Civil; im Folgenden: port. ZPG) in dessen Fassung von 1997,27 auf dessen Vorbild er beruht. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Vorschrift in Macau im Wesentlichen wie ihr Vorbild ausgelegt und angewendet wird. Art. 16 a) Macau-ZPG ist auf Klagen auf vertraglicher Grundlage ausgerichtet, 28 obwohl er nach seinem Wortlaut Verbindlichkeiten (obrigações / ⇞ ␂ ) allgemein erfasst und sich von daher auch auf andere schuldrechtliche Ansprüche beziehen könnte. Die Vorschrift greift bei Klagen auf Erfüllung oder Schadensersatz bzw. Vertragsauflösung wegen Nichterfüllung sowie bei auf fehlerhafte Erfüllung gestützten Klagen.
25
S. dazu Rathenau, S. 57 f.; Teixeira de Sousa, IPRax 1997, 352 (356). Nach der Reform des portugiesischen Zivilverfahrensrechts von 1997/2003 reicht auch der satzungsmäßige Sitz, s. dazu Rathenau, S. 56 f. 27 Eine Gegenüberstellung der verschiedenen Fassungen des port. ZPG findet sich bei Rathenau, S. 227 ff. 28 Zu Art. 74 Abs. 1 port. ZPG s. Rathenau, S. 72. 26
III. Interregionale Zuständigkeit
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Maßgeblich ist der Erfüllungsort der betroffenen vertraglichen Pflicht;29 Art. 16 a) Macau-ZPG setzt in der portugiesischen Fassung voraus, dass „die Verbindlichkeit“ (obrigação) in Macau erfüllt werden muss, während die chinesische Fassung noch deutlicher von der „betroffenen Verbindlichkeit“ (㠲朅⇞␂) spricht. Einen einheitlichen Erfüllungsort für den gesamten Vertrag, etwa nach der charakteristischen Leistung wie im festlandchinesischen Recht (oben Rn. 220), kennt das Zuständigkeitsrecht von Macau nicht. Die portugiesische Rechtswissenschaft geht davon aus, dass der Erfüllungsort einer Vertragspflicht nach dem auf den Vertrag anzuwendenden Recht zu bestimmen ist, während in der portugiesischen Rechtsprechung die Tendenz vorzuherrschen scheint, die lex fori anzuwenden. 30 In Entscheidungen von Gerichten Macaus wird regelmäßig auf portugiesische Literatur Bezug genommen, 31 während allenfalls selten – ein Beispiel konnte nicht gefunden werden – auf die portugiesische Rechtsprechung zurückgegriffen wird. Danach erscheint es wahrscheinlicher, dass die Gerichte von Macau den Erfüllungsort nach der lex causae ermitteln. Die in Art. 16 a) Macau-ZPG vorgesehene zweite Alternative, Zuständigkeit der Gerichte Macaus für die genannten Klagen, wenn der Beklagte einen Wohnsitz in Macau hat, erscheint angesichts der allgemeinen Zuständigkeit nach Art. 17 Macau-ZPG funktionslos. Sie entstammt dem portugiesischen Vorbild, das doppelfunktional zur Ermittlung der internationalen und der örtlichen Zuständigkeit angewendet wird, und entfaltet dort nur noch im Rahmen der örtlichen Zuständigkeit eigenständige Wirkung.32
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(2) Art. 15 a) Macau-ZPG Nach Art. 15 a) Macau-ZPG sind die Gerichte Macaus zuständig, wenn sich die Tatsache, die als Klagegrund dient, oder eine der Tatsachen, die den Klagegrund bilden, in Macau ereignet hat. Das Macau-ZPG hat damit das Territorialprinzip33 bzw. den Verursachungsgrundsatz34 aus dem portugiesischen Recht übernommen. 29
Zum portugiesischen Recht Rathenau, S. 73. Rathenau, S. 73 f. 31 S. beispielsweise das Urteil des Tribunal da Última Instância de Macau v. 11.2.2010 (n.° 43/2009; AsianLII-Nr. [2010] MOTUI 7), und das Urteil des Tribunal da Segunda Instância de Macau v. 11.4.2002 (n.° 17/2001; AsianLII-Nr. [2002] MOTSI 54), die sich mit der Anerkennung festlandchinesischer Urteile befassen. Zu den Hintergründen des fortdauernden Einflusses der portugiesischen Literatur s. Tu, 40 (2010) HKLJ 85 (90). 32 Vgl. Rathenau, S. 75. 33 So bezeichnet bei Rathenau, S. 101. 34 So Alexandre, 55 (2000) Rivista di Diritto Processuale 382 (390). 30
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Es genügt demnach bereits zur Begründung der Zuständigkeit der Gerichte Macaus, wenn eine der rechtlich relevanten Tatsachen, auf die eine Klage gestützt wird, sich in Macau ereignet hat.35 Diese sehr allgemein gehaltene Zuständigkeitsgrundlage gilt für alle Rechtsbereiche. Im Bereich des Deliktsrechts führt sie – ähnlich wie Art. 241 FestlandZPG (s. oben Rn. 243 ff.) – zu einer Zuständigkeit der Gerichte Macaus, wenn die unerlaubte Handlung – zumindest teilweise – in Macau begangen wurde, aber auch bereits, wenn der Schaden (oder ein Teil des Schadens) in Macau entstanden ist. Eine besondere Regelung für den Deliktsgerichtsstand etwa am Begehungsort war daher neben Art. 15 a) Macau-ZPG überflüssig und ist im Recht von Macau entfallen.36 Auch der Abschluss eines Vertrages in Macau vermag – wie auf dem Festland nach Art. 241 Festland-ZPG (s. oben Rn. 191 ff.) – die Zuständigkeit der Gerichte Macaus für Klagen auf der Basis dieses Vertrages zu begründen. Es ist davon auszugehen, dass die Gerichte Macaus den Abschlussort des Vertrages nach portugiesischem Vorbild auf der Grundlage der lex fori, also dem Recht von Macau ermitteln.37 (3) Art. 16 b), c), h) Macau-ZPG
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Die in Art. 73 Abs. 1 port. ZPG zusammengefassten Zuständigkeitsgrundlagen, die an die Belegenheit von Vermögen anknüpfen, wurden in Macau in drei Vorschriften, Art. 16 b), c), h) Macau-ZPG, aufgeteilt: Art. 16 b) Macau-ZPG erfasst bestimmte Klagen, die sich auf unbewegliches Vermögen in Macau beziehen: Klagen im Hinblick auf persönliche Nutzungsrechte sowie Räumungs-, Vorzugs- und Vollstreckungsklagen. Unter persönliche Nutzungsrechte (direitos pessoais de gozo) an Immobilien dürften entsprechend der portugiesischen Sichtweise38 auch Miet- und Pachtverhältnisse fallen. Art. 16 c) Macau-ZPG betrifft Klagen auf Erhöhung der Sicherheit, Substitution, Herabsetzung oder Beseitigung in Bezug auf Hypotheken. Ist ein Flugzeug oder Schiff Gegenstand der Hypothek, muss dieses in Macau registriert sein, damit die Gerichte Macaus zuständig sind. Bei anderem Vermögen, an dem eine Hypothek bestellt ist, kommt es auf die Belegenheit in Macau an. 35
Vgl. zum portugiesischen Vorbild Rathenau, S. 101; Teixeira de Sousa, IPRax 1997, 352 (354). 36 Vgl. zum portugiesischen Recht, das einen doppelfunktionalen diesbezüglichen Gerichtsstand kennt, aber nur selten darauf zurückgreift, Rathenau, S. 101. 37 Zum portugiesischen Recht Rathenau, S. 103 f. Auch das festlandchinesische Recht folgt dieser Lösung, s. oben Rn. 192. 38 Die für diesbezügliche Klagen jedoch die ausschließliche Zuständigkeit vorsieht. S. dazu Rathenau, S. 60 f.
III. Interregionale Zuständigkeit
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Nach Art. 16 h) Macau-ZPG sind die Gerichte Macaus auch zuständig, wenn es um die Aufteilung von Miteigentum an einer in Macau belegenen Sache geht.
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(4) Art. 16 d)–g) Macau-ZPG Art. 16 d)–g) Macau-ZPG enthalten seerechtliche Zuständigkeitsregelungen: So sind die Gerichte Macaus etwa befugt, darüber zu entscheiden, ob ein Schiff frei von vorrangigen Rechten erworben wurde, sofern es zum Erwerbszeitpunkt im Hafen von Macau lag (Art. 16 d) Macau-ZPG). Die Zuständigkeit für Klagen auf Regulierung von Havarieschäden wird an den Zielhafen der betroffenen Waren geknüpft (Art. 16 e) Macau-ZPG). Für Schadensersatzklagen in Bezug auf Schiffskollisionen sieht Art. 16 f) Macau-ZPG als deliktsrechtliche Sonderregelung verschiedene Anknüpfungspunkte für eine Zuständigkeit der Gerichte Macaus vor: den Geschehensort des Unfalls, den Wohnsitz des Eigentümers des den Unfall verursachenden Schiffs, den Register- oder Entdeckungsort des unfallverursachenden Schiffs sowie den ersten Ankunftsort des geschädigten Schiffs nach der Schädigung. Eine ähnliche Vielfalt an zuständigkeitsbegründenden Umständen hält Art. 16 g) Macau-ZPG für Klagen auf Zahlung des Bergungshonorars bereit (Ort der Bergung, Wohnsitz des Eigentümers, Registeroder Fundort des geborgenen Schiffs).
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(5) Art. 15 b) Macau-ZPG Zum Schutz von Klägern mit Wohnsitz in Macau „spiegelt“ Art. 15 b) Macau-ZPG fremde Zuständigkeitsvorschriften, mittels derer der Kläger ohne Rücksicht auf seinen Wohnsitz außerhalb Macaus verklagt werden könnte, ins eigene Recht. Vor der Reform des portugiesischen Zivilprozessrechts von 1997 fand sich eine ähnliche Vorschrift auch im port. ZPG.39 Diese Vorschrift hat insbesondere im interregionalen Rechtsverkehr eine begrenzte Rechtsangleichung zur Folge, indem sie unter Umständen als exorbitant empfundene, im eigenen Recht nicht vorgesehene Gerichtsstände der anderen Regionen kopiert. So dürfte beispielsweise im Verhältnis zum Festland der Gerichtsstand des Belegenheitsortes pfändbaren Beklagtenvermögens nach Art. 241 Festland-ZPG (dazu oben Rn. 231 ff.) über Art. 15 b) Macau-ZPG zur Anwendung gelangen, sofern der Kläger seinen Wohnsitz in Macau hat. Ob auch die Zuständigkeit durch Zustellung bei bloß zufälligem, vorübergehendem Aufenthalt, wie sie nach dem Recht von Hong Kong u.U. möglich ist (s. dazu unten Rn. 1021 ff.), übernommen 39
S. Teixeira de Sousa, IPRax 1997, 352 (353).
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 9 Macau
würde, erscheint dagegen angesichts der großen systematischen Unterschiede des Zuständigkeitsrechts von Macau und Hong Kong ungewiss. (6) Arbeitsrecht – Art. 4 Arbeitsprozessgesetzbuch 902
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Für das Arbeitsrecht enthält Art. 4 Arbeitsprozessgesetzbuch (im Folgenden: APG)40 eine besondere Regelung der internationalen bzw. interregionalen Zuständigkeit der Gerichte Macaus. Art. 4 Abs. 1 APG entspricht im Wesentlichen der Regelung des Art. 15 a) Macau-ZPG: Die Gerichte Macaus sind zuständig, wenn die Tatsache oder Tatsachen, die der Klagegrund oder der Grund für den Klagebeginn beinhaltet, sich ganz oder teilweise in Macau ereignet haben oder vorgenommen wurden. Daneben knüpft Art. 4 Abs. 2 APG die Zuständigkeit der Gerichte Macaus an den Wohnsitz des beklagten Arbeitnehmers in Macau (Nr. 1), an den Registerort eines Schiffes oder Flugzeugs für aus Arbeitsunfall oder Berufskrankheit des Schiffs- oder Flugzeugpersonals resultierende Klagen (Nr. 2), an den (Wohn-)Sitz des Arbeitgebers für Klagen wegen Arbeitsunfällen, die sich im Dienst des Arbeitgebers außerhalb Macaus ereignet haben (Nr. 3), sowie an den (Wohn-)Sitz des Verantwortlichen (Nr. 4) bzw. der verklagten Sozialversicherungsanstalt oder des beklagten Versicherers (Nr. 5) für Klagen aufgrund von Arbeitsunfall oder Berufskrankheit. Darüber hinaus sieht die Vorschrift mit Art. 4 Abs. 2 Nr. 6 APG eine Art. 15 c) Macau-ZPG (s. dazu unten Rn. 925) entsprechende Öffnungsklausel vor: hiernach sind die Gerichte von Macau über die aufgezählten Fallgruppen hinaus auch immer dann zuständig, wenn das betroffene Recht sonst nicht verwirklicht werden könnte und ein schwerwiegendes persönliches oder gegenständliches Verbindungselement zu Macau besteht. c) Ausschließliche Zuständigkeit
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Die Gerichte Macaus sind nach Art. 20 a) Macau-ZPG ausschließlich zuständig für Klagen in Bezug auf dingliche Rechte an Immobilien, die in Macau belegen sind. Wie das portugiesische Vorbild, Art. 65-A c), 1. Alternative port. ZPG, dürften hiervon Klagen erfasst sein, die darauf gerichtet sind, Ausmaß, Beschaffenheit, Eigentum und Besitz einer Immobilie sowie andere Sachenrechte an ihr zu bestimmen oder die aus dem Titel erwachsenden Rechte zu gewährleisten; die Zuständigkeit soll jedoch nicht für jede, nur indirekt mit dinglichen Rechten an Immobilien zusammenhängende
40 Código de Processo do Trabalho bzw. ␇⏾孝孈㷾⊡ , angenommen durch Gesetz Nr. 9/2003 vom 30.6.2003 (Lei n.º 9/2003 bzw. 䱕 9/03 垈㷾ゴ), Boletim Oficial / ⊕⥚ N.º 26/2003, S. 674–716.
III. Interregionale Zuständigkeit
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Klage gelten.41 Eine Klage ist dann dinglich, wenn zwischen den Parteien keine persönliche Beziehung besteht, aufgrund derer eine Partei eine Sache an die andere Partei zu übergeben hat.42 Art. 20 b) Macau-ZPG sieht darüber hinaus die ausschließliche Zuständigkeit für Insolvenzverfahren über juristische Personen mit Sitz in Macau vor.
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2. Zuständigkeit kraft Vereinbarung der Parteien a) Gerichtsstandsvereinbarungen Die Zuständigkeit der Gerichte Macaus kraft einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien ist in Art. 29 Macau-ZPG – in großer Ähnlichkeit zum portugiesischen Recht (Art. 99 port. ZPG) – geregelt. Nach portugiesischem Recht richten sich Zulässigkeit, Form und Folgen einer Gerichtsstandsvereinbarung nach der lex fori, während ihr Zustandekommen dem auf den Hauptvertrag, in dessen Rahmen sie getroffen wird, anwendbaren Recht unterfällt.43 Es kann davon ausgegangen werden, dass das Recht von Macau diesem Vorbild folgt. Aus Art. 29 Abs. 1 Macau-ZPG lässt sich ersehen, dass Gerichtsstandsvereinbarungen durch die Gerichte Macaus nur anerkannt werden, wenn die tatsächliche Beziehung, aus welcher der Rechtsstreit hervorgeht, Verbindungen zu mehr als einer Rechtsordnung aufweist. Für reine Binnensachverhalte kann also das zuständige Gericht nicht durch die Parteien bestimmt werden. Ferner stellt die Vorschrift klar, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung sowohl für einen bereits entstandenen als auch für einen erst später aus einer bestimmten Rechtsbeziehung hervorgehenden Streit getroffen werden kann. Zulässig ist nach Art. 29 Abs. 2 Macau-ZPG die Vereinbarung der ausschließlichen sowie der konkurrierenden Zuständigkeit. Im Zweifel wird eine Gerichtsstandsklausel nach dem zweiten Halbsatz der Vorschrift als lediglich konkurrierende Zuständigkeit begründend verstanden.44 Aus der Formulierung von Art. 29 Abs. 2 Macau-ZPG ergibt sich indirekt auch, dass die Zuständigkeit der Gerichte Macaus durch eine entsprechende Vereinbarung begründet (Prorogation), aber auch ausgeschlossen 41 Zum portugiesischen Recht s. Neto, Art. 65-A port. ZPG Rn. 11 (III). Anders wohl im festlandchinesischen Recht nach Art. 34 Festland-ZPG, vgl. oben Rn. 229. 42 S. Tribunal da Última Instância de Macau v. 17.7.2002 (n.° 8/2002; AsianLII-Nr. [2002] MOTUI 10); Tribunal de Segunda Instância de Macau v. 7.11.2002 (n.° 104/2002; AsianLII-Nr. [2002] MOTSI 162). 43 S. Rathenau, S. 117 ff. Anders wohl im festlandchinesischen Recht, das zur Anwendung der lex fori insgesamt tendiert, oben Rn. 284. 44 Zur Kritik an der portugiesischen Vorbildvorschrift gleichen Wortlauts s. Rathenau, S. 133.
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(Derogation) werden kann. Die Regelung spricht im Hinblick auf die Vereinbarung ausschließlicher Zuständigkeit davon, dass nur „die Gerichte einer bestimmten Region“ zuständig sein sollen, ist also für die Abbedingung einer an sich bestehenden Zuständigkeit der Gerichte Macaus offen. Weitere Voraussetzungen für die Wirksamkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen sieht Art. 29 Abs. 3 Macau-ZPG vor: Die Streitigkeit, für die das gewählte Gericht zuständig sein soll, muss sich auf dispositive Rechte beziehen. Geht es um Rechte, welche die Parteien nicht kraft ihres Willens zur Entstehung oder auch zum Erlöschen bringen können oder auf die sie nicht verzichten können, etwa Statusangelegenheiten,45 kommt demnach eine Wahl des Gerichtsstands wie im festlandchinesischen Recht (s. oben Rn. 271) nicht in Betracht. Die lex fori des gewählten Gerichts muss eine solche Gerichtsstandsklausel als wirksam betrachten. Wie im portugiesischen Recht46 dient diese Voraussetzung dazu, negative Kompetenzkonflikte zu vermeiden. Ernsthafte Interessen beider Parteien oder zumindest einer Partei müssen für die Wahl dieses Gerichts sprechen; letzterenfalls dürfen der Gegenpartei jedoch keine schwerwiegenden Unannehmlichkeiten aus der Wahl entstehen. Wie der Begriff des ernsthaften Interesses (um interesse sério) zu verstehen ist, scheint wie in Bezug auf das portugiesische Vorbild der Vorschrift auch in Macau bisher nicht abschließend geklärt zu sein; der Begriff dürfte aber eher weit mit Blick auf das durch das gewählte Gericht anzuwendende Prozess- oder Sachrecht, Vollstreckungsvorteile, besondere Eignung zur Entscheidung des konkreten Streits oder Neutralität des Wahlgerichtsstands zu verstehen sein.47 Er ist damit weiter als das Erfordernis der tatsächlichen Beziehung nach Art. 242 Festland-ZPG (dazu oben Rn. 272 ff.), erfüllt aber einen ähnlichen Zweck. Ausgeschlossen ist – wiederum in Übereinstimmung mit dem festlandchinesischen Recht (oben Rn. 280 f.) – die Wirksamkeit einer Gerichtsstandswahl für Angelegenheiten, die der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte Macaus (dazu oben Rn. 904 f.) unterfallen. Schließlich muss eine Gerichtsstandsvereinbarung – wie nach festlandchinesischem Recht (s. oben Rn. 270) – schriftlich getroffen oder zumindest bestätigt werden und ausdrücklich die zuständige Gerichtsbarkeit benennen. Letzteres will wie die wortgleiche portugiesische Regelung stillschweigende Zuständigkeitsvereinbarungen ausschließen.48 Dem Erfordernis der Schriftlichkeit ist nach Art. 29 Abs. 4 Macau-ZPG genügt, wenn 45 Zum entsprechenden Verständnis des Begriffs im portugiesischen Recht mit Kritik an dieser Voraussetzung Rathenau, S. 130. 46 S. dazu Rathenau, S. 120. 47 Zum portugiesischen Recht Rathenau, S. 121 ff. 48 Zum portugiesischen Recht s. Rathenau, S. 125 f.
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entweder ein Dokument von beiden Parteien unterzeichnet wurde oder sich die Vereinbarung aus dem Austausch von Briefen oder anderen Kommunikationsmitteln mit Beweiswert hinsichtlich der Schriftlichkeit ergibt. Es reicht auch ein schriftlicher Verweis auf ein anderes, die Gerichtsstandsklausel enthaltendes Dokument, etwa allgemeine Geschäftsbedingungen. b) Rügelose Einlassung Das Zuständigkeitsrecht von Macau kennt wie das portugiesische Recht49 und im Gegensatz zum festlandchinesischen Recht (dazu oben Rn. 288 ff.) keinen Gerichtsstand der rügelosen Einlassung. Dies verdeutlichen die Art. 30 ff. Macau-ZPG: Nach Art. 31 Abs. 1 Macau-ZPG muss das Gericht von Amts wegen seine Zuständigkeit prüfen, solange in der Sache noch nicht entschieden wurde. Eine Klage, für welche die Gerichte Macaus nicht zuständig sind, wird nach Art. 33 Abs. 2 Macau-ZPG als unzulässig abgewiesen. Lediglich die Unzuständigkeit wegen der Verletzung einer Gerichtsstandsvereinbarung bedarf des Einwands durch den Beklagten innerhalb von dessen Frist zur Klageerwiderung (Art. 31 Abs. 2 Macau-ZPG), um berücksichtigt zu werden. Dann führt sie aber gegebenenfalls auch zur Klageabweisung nach Art. 33 Abs. 2 Macau-ZPG. Es erscheint jedoch möglich, dass die Spiegelungszuständigkeit des Art. 15 b) Macau-ZPG (oben Rn. 900) im Verhältnis zum Festland dazu führt, dass ein festlandchinesischer Beklagter in Macau kraft rügeloser Einlassung verklagt werden kann, da der Kläger aus Macau auf dem Festland auf dieser Grundlage verklagt werden könnte.
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3. Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs Ein für eine Klage zuständiges Gericht Macaus ist nach Art. 26 Abs. 1 Macau-ZPG auch befugt, über Nebenumstände und vom Kläger zur Verteidigung vorgetragene Fragen zu erkennen. Dieser Entscheidung kommt jedoch gemäß Art. 26 Abs. 2 Macau-ZPG außerhalb des konkreten Verfahrens außer auf ausdrücklichen Antrag einer Partei und auf der Basis eigenständiger Zuständigkeit für diese Angelegenheit keine Rechtskraftwirkung zu. Eine Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs als eigene Zuständigkeitsgrundlage ergibt sich hieraus demnach nicht. Auch für den Gegenstand einer Widerklage müssen die Gerichte Macaus eigenständig zuständig sein, damit dieser durch ein Gericht Macaus entschieden werden kann. Könnte die Widerklage nicht als Klage vor die Gerichte Macaus gebracht werden, muss sie nach Art. 28 Abs. 2 MacauZPG abgewiesen werden. Dem entspricht auch Art. 65 Abs. 1 Macau-ZPG, 49
S. dazu Rathenau, S. 161; Teixeira de Sousa, IPRax 1997, 352 (353).
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wonach eine Klageverbindung unzulässig ist, wenn dem Gericht für eine der zu verbindenden Klagen die Zuständigkeit fehlt. Eine Streitgenossenzuständigkeit, wie sie das festlandchinesische Zuständigkeitsrecht (s. oben Rn. 305 ff.) und das portugiesische Zuständigkeitsrecht nach seiner Reform für den Mehrparteienprozess50 kennen, fehlt – soweit ersichtlich – im Macau-ZPG. 4. Behandlung paralleler interregionaler Zuständigkeit a) Verbot der Mehrfachverhandlung einer Angelegenheit
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Das Recht von Macau definiert in Art. 416 Abs. 1 Macau-ZPG die Prinzipien der anderweitigen Rechtshängigkeit (litispendência bzw. 孝孈⼛侔ⶕ) und des bereits entschiedenen Falls (caso julgado bzw. 㥱‟⼛㠲䧣ⳃ姪⍍). Sie dienen nach Art. 416 Abs. 2 Macau-ZPG dazu zu vermeiden, dass in einer Angelegenheit mehrfach und damit entweder unnötigerweise wiederholend oder sogar widersprechend gerichtlich entschieden wird. Dennoch ist eine Rechtshängigkeit vor einem Gericht außerhalb Macaus nach Art. 416 Abs. 3 Macau-ZPG zunächst unbeachtlich, obwohl dem auswärtigen Urteil später im Rahmen einer Anerkennung und Vollstreckung nach Art. 1200 Abs. 1 d) Macau-ZPG gegenüber dem Urteil des Gerichts von Macau der Vorrang zukommt, wenn die Klage zuerst im Ausland rechtshängig war (dazu unten Rn. 1002). Das auswärtige Urteil und die Rechtshängigkeit außerhalb von Macau entfalten keine unmittelbare (Sperr-)Wirkung51 und stehen wie im festlandchinesischen Recht (s. oben Rn. 312 ff.) insbesondere auch nicht der Zuständigkeit der Gerichte Macaus entgegen. b) Forum non conveniens
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Da die Vorschriften des Macau-ZPG den Gerichten kein Ermessen darüber zugestehen, ob sie die gewährten Zuständigkeiten ausüben wollen, ist für Entscheidungen nach dem Prinzip des forum non conveniens im Recht von Macau kein Platz.52 c) Forum conveniens
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Dagegen kennt das Recht von Macau mit Art. 15 c) Macau-ZPG eine Art Notzuständigkeit: Könnte das geltend gemachte Recht ohne eine Klage vor den Gerichten von Macau nicht verwirklicht werden, erwächst daraus die 50
S. dazu Rathenau, S. 59. Vgl. dazu Tribunal de Segunda Instância de Macau v. 11.4.2002 (n.° 17/2001; AsianLII-Nr. [2002] MOTSI 54, der sich in dieser Hinsicht portugiesischer Literatur anschließt. 52 S. zum portugiesischen Recht Teixeira de Sousa, IPRax 1997, 352 (353). 51
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internationale bzw. interregionale Zuständigkeit, sofern ein schwerwiegendes persönliches oder gegenständliches Verbindungselement zu Macau besteht. Diese Notzuständigkeit könnte etwa im Falle eines negativen Kompetenzkonfliktes oder bei praktischer Unmöglichkeit der Klageerhebung vor einem eigentlich zuständigen Gericht infolge wirtschaftlicher oder politischer Krise zum Einsatz kommen. 53 Im Unterschied zum portugiesischen Vorbild dieser Regelung, Art. 65 Abs. 1 d) port. ZPG, reicht es dagegen nicht, dass die Klageerhebung außerhalb Macaus für den Kläger erhebliche Unannehmlichkeiten mit sich bringt.
IV. Interregionales Privatrecht IV. Interregionales Privatrecht
1. Allgemeiner Teil a) Qualifikation Art. 14 Macau-ZGB befasst sich mit der Qualifikation (qualificação bzw. ⳃㅐ). Hiernach dürfen nur die Bestimmungen der lex causae angewendet werden, welche nach Inhalt und Funktion in dieser Rechtsordnung zu der Kategorie zählen, auf die sich die Kollisionsregel der lex fori bezieht. Art. 14 Macau-ZGB entspricht wörtlich Art. 15 port. ZGB. Daher kann davon ausgegangen werden, dass auch Verständnis und dogmatische Basis der Vorschrift mit dem portugiesischen Vorbild übereinstimmen.54 Nach der sich in Art. 15 port. ZGB widerspiegelnden portugiesischen Lehre stellt das Kollisionsrecht der lex fori in Form von Normkategorien das Kriterium der Qualifikation zur Verfügung; für Umfang und Reichweite der Kategorien ist dabei in erster Linie Sinn und Zweck der Kollisionsnorm nach der lex fori von Bedeutung.55 Sofern erforderlich, wird in Macau aber auch auf fremde Rechtsordnungen Bezug genommen.56 Das Objekt der Qualifikation wird nicht im konkreten Tatsachen- oder Rechtsverhältnis, sondern den möglicherweise anwendbaren Normen der lex causae gesehen. 57 Erfüllen die materiellen Normen einer bestimmten Rechtsordnung – nach ihrem Inhalt und ihrer Funktion in der lex causae58 – das von der Kollisionsnorm vorgegebene Kriterium, werden sie auf alle Tatsachen,
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Vgl. insofern zum portugiesischen Recht Teixeira de Sousa, IPRax 1997, 352 (355). Vgl. auch Tu, 40 (2010) HKLJ 85 (102 f.). 55 S. Ferrer-Correia, ZfRV 1970, 114 (116 f., 119). 56 Tu, 40 (2010) HKLJ 85 (103). 57 Ferrer-Correia, ZfRV 1970, 114 (120 f., 125). 58 Ferrer-Correia, ZfRV 1970, 114 (123 f.). 54
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die ihren Tatbestand erfüllen, angewendet.59 Der Gegenstand der Qualifikation ist also in Macau ein anderer als auf dem Festland (dazu oben Rn. 329 ff.). Ob diese Vorgehensweise zu anderen Ergebnissen führt als die Qualifikation des Lebenssachverhaltes nach der lex fori, ist ohne weiterführenden Vergleich der Regelungen in ihrer konkreten Anwendung nicht abzuschätzen. b) Vorfrage 929
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Nach portugiesischer Lehre entsteht die Frage der Anknüpfung einer Vorfrage (questão prévia), wenn das kraft des Kollisionsrechts auf die Hauptfrage anwendbare Recht einen Aspekt aufwirft, der unter eine eigene Kollisionsnorm fallen könnte, auf die Hauptfrage ausländisches Recht anzuwenden ist, lex fori und lex causae unterschiedliche Kollisionsnormen für die Vorfrage bereithalten und diese auf verschiedene Rechtsordnungen verweisen.60 Zwei Lösungen werden für diese Problemstellung diskutiert, die autonome und die unselbständige Anknüpfung (conexão autónoma – conexão subordinada), von denen aber nur erstere als mit geltendem Recht vereinbar angesehen wird: Die Nichtanwendung der vom Kollisionsrecht für einzelne typische Vorfragenaspekte, beispielsweise Geschäftsfähigkeit und Form, bereitgehaltenen Kollisionsnormen sei – insbesondere vor dem Hintergrund der nur begrenzten Bedeutung, die der Gesetzgeber dem internationalen Entscheidungseinklang beimesse – de lege lata nicht zu rechtfertigen.61 Da das Macau-ZGB im Wesentlichen nach portugiesischem Vorbild konzipiert wurde und die Gerichte Macaus bei seiner Anwendung stets die portugiesische Literatur berücksichtigen, kann davon ausgegangen werden, dass Vorfragen auch in Macau – wie auf dem Festland (s. oben Rn. 348) – selbständig angeknüpft werden. c) Rück- und Weiterverweisung
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Nach der in Art. 15 Macau-ZGB enthaltenen Grundregel sind die Verweisungen des Macau-ZGB auf Rechtsordnungen von außerhalb Macaus Sachnormverweisungen; sie beziehen sich – wie nach festlandchinesischem Kollisionsrecht (dazu oben Rn. 349 ff.) – nur auf das materielle auswärtige Recht, nicht das Kollisionsrecht (vgl. Art. 15 Abs. 2 Macau-ZGB). Allerdings regelt Art. 16 Macau-ZGB begrenzte Ausnahmen vom Grundsatz der Nichtbeachtung eines renvoi (reenvio bzw. ⓶匝 ). Danach 59
Ferrer-Correia, ZfRV 1970, 114 (121); zum Recht von Macau Tu, 40 (2010) HKLJ 85 (103). 60 Lima Pinheiro, Bd. 1, S. 540 ff. 61 Lima Pinheiro, Bd. 1, S. 547 f.
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wird – im Interesse des internationalen Entscheidungseinklangs 62 – die Verweisung durch das Kollisionsrecht der Rechtsordnung, die nach den Kollisionsregeln von Macau anzuwenden ist, auf eine dritte Rechtsordnung, welche diese annimmt (Art. 16 Abs. 1 Macau-ZGB), oder eine Rückverweisung auf das Recht von Macau (Art. 16 Abs. 2 Macau-ZGB) befolgt. Dies gilt jedoch nach Art. 17 Abs. 1 Macau-ZGB nicht, wenn dadurch eine nach dem materiellen Recht der Rechtsordnung, auf die das Kollisionsrecht von Macau verweist, wirksame Willenserklärung unwirksam oder ein rechtmäßiges Statusverhältnis unrechtmäßig wird. Ferner schließt Art. 17 Abs. 2 Macau-ZGB die Anwendung des Art. 16 Macau-ZGB für den Fall einer zulässigen Rechtswahl durch die Parteien aus; gewählt werden kann also nur das materielle Recht einer Rechtsordnung. Neben Art. 16 Macau-ZGB enthält Art. 35 Abs. 2 Macau-ZGB eine weitere Ausnahme vom Grundsatz der Sachnormverweisung. Die Vorschrift lässt es im Interesse der Wirksamkeit (favor negotii) einer Willenserklärung genügen, wenn die Formerfordernisse der Rechtsordnung gewahrt sind, auf die das Kollisionsrecht des Ortes der Vornahme der Willenserklärung verweist.63 Sie ergänzt in Bezug auf die Form den Schutz des Art. 17 Abs. 1 Macau-ZGB in seiner ersten Alternative.
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d) Rechtsumgehung Nach Art. 19 Macau-ZGB dürfen tatsächliche und rechtliche Umstände, die mit betrügerischer Absicht hervorgerufen wurden, um das eigentlich anzuwendende Recht zu umgehen, bei der Ermittlung des anzuwendenden Rechts nach den Kollisionsnormen nicht berücksichtigt werden. Mit dieser Vorschrift hat das Macau-ZGB Art. 21 port. ZGB wörtlich übernommen, so dass bei ihrer Auslegung und Anwendung ebenfalls auf portugiesische Grundsätze zurückgegriffen werden kann. Hiernach weist die Rechtsumgehung (fraude à lei bzw. 㷾ゴ㱣孹), ähnlich wie im festlandchinesischen Recht (vgl. oben Rn. 359), ein objektives und ein subjektives Element auf: Das objektive Element besteht in der erfolgreichen Manipulation des Anknüpfungselementes oder der fingierten Internationalisierung eines eigentlich vollkommen inländischen Sachverhaltes.64 Voraussetzung ist ferner, dass das ohne die Manipulation anwendbare Recht eine zwin62
S. Marques dos Santos, 2 (2000) Yearbook of PIL 133 (140); Moura Ramos, in: Jayme (Hrsg.), Rechtsentwicklungen in Portugal, Brasilien und Macau, S. 157 (160). Zum portugiesischen Recht s. Moura Ramos, in: Symeonides (Hrsg.), Private International Law at the End of the 20th Century, S. 349 (366). 63 Zur portugiesischen Vorbildvorschrift, Art. 36 Abs. 2 port. ZGB, Moura Ramos, in: Symeonides (Hrsg.), Private International Law at the End of the 20th Century, S. 349 (367). 64 Lima Pinheiro, Bd. 1, S. 500.
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gende Norm vorsieht, welche im konkreten Fall eingreift und die damit zum Objekt der Rechtsumgehung wird.65 Das subjektive Element bildet der Wille, die Anwendung der eigentlich anwendbaren zwingenden Norm zu umgehen; bloße Fahrlässigkeit reicht nicht aus, erforderlich ist eine auf die Manipulation der Umstände gerichtete betrügerische Absicht.66 In der Regel wird anhand der Tatsachen mit Hilfe von auf Erfahrungssätzen beruhenden Wahrscheinlichkeiten auf das Vorliegen des subjektiven Elementes geschlossen.67 Die Vorschrift sanktioniert die Umgehung sowohl des Rechts von Macau als auch fremder Rechtsordnungen.68 e) Ordre public
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Art. 20 Abs. 1 Macau-ZGB untersagt die Anwendung von Rechtsnormen einer anderen als der Rechtsordnung von Macau, die aufgrund der Verweisung durch das Kollisionsrecht Macaus eigentlich anzuwenden wären, wenn diese Anwendung offensichtlich (manifestamente bzw. 㜷榘) die öffentliche Ordnung (ordem pública bzw. ⊕⊚䬒⾸) verletzen würde. Stattdessen ist nach Art. 20 Abs. 2 Macau-ZGB auf andere passende Vorschriften der auswärtigen Rechtsordnung oder – bei deren Fehlen69 – des Rechts von Macau zurückzugreifen. Im Unterschied zum portugiesischen Vorbild dieser Regelung, Art. 22 port. ZGB, muss ein Verstoß offensichtlich sein, ist jedoch nicht wie nach portugiesischem Recht auf die grundlegenden Prinzipien der öffentlichen Ordnung begrenzt. 70 Unter öffentlicher Ordnung werden auch in Macau die rechtlichen Normen und absolut zwingenden Prinzipien verstanden, die als durch den Willen des Individuums nicht abdingbar das Grundbild des Systems bilden.71 Ergänzt wird dieser allgemeine ordre public-Vorbehalt durch den Schutz des Art. 21 Macau-ZGB, der einen in der portugiesischen Lehre anerkannten, im port. ZGB aber nicht geregelten Grundsatz 72 kodifiziert. Danach setzen sich solche Normen des Rechts von Macau gegen das nach den Kollisionsregeln anwendbare fremde Recht durch, die nach ihrem besonderen Gegenstand oder Zweck zwingend angewendet werden müssen. Die Rege65
Lima Pinheiro, Bd. 1, S. 500. Lima Pinheiro, Bd. 1, S. 501. 67 Lima Pinheiro, Bd. 1, S. 501. 68 Vgl. Marques dos Santos, 2 (2000) Yearbook of PIL 133 (139). Zum portugiesischen Recht s. Lima Pinheiro, Bd. 1, S. 503. 69 S. Tu, 40 (2010) HKLJ 85 (105). 70 S. dazu Marques dos Santos, 2 (2000) Yearbook of PIL 133 (141). 71 S. Tribunal de Segunda Instância de Macau v. 7.11.2002 (n.° 104/2002; AsianLIINr. [2002] MOTSI 162) und v. 7.5.2009 (n.° 520/2007; AsianLII-Nr. [2009] MOTSI 270). 72 S. hierzu Moura Ramos, in: Jayme (Hrsg.), Rechtsentwicklungen in Portugal, Brasilien und Macau, S. 157 (161). Vgl. auch Tu, 40 (2010) HKLJ 85 (98). 66
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lung ähnelt damit Art. 4 Festland-IPRG (dazu oben Rn. 364). Die Durchsetzung zwingenden Rechts anderer Rechtsordnungen ist dagegen nicht geregelt, so dass der Umkehrschluss aus Art. 21 Macau-ZGB ergibt, dass es grundsätzlich 73 nicht entgegen den Verweisungen des Kollisionsrechts zur Anwendung gelangt. f) Ermittlung des anzuwendenden Rechts Auch wenn die Partei, die sich auf eine Rechtsordnung von außerhalb Macaus beruft, nach Art. 341 Abs. 1 Macau-ZGB die Beweislast für Existenz und Inhalt dieser Rechtsordnung trägt, hat dennoch das Gericht nach Art. 341 Abs. 1 und 2 Macau-ZGB das fremde Recht von Amts wegen anzuwenden und seinen Inhalt zu ermitteln. Auswärtiges Recht stellt demnach keine Tatsache dar, sondern wird als Recht verstanden.74 Es ist auch in seinem Regelungszusammenhang zu verstehen und nach den Auslegungsregeln des auswärtigen Rechts auszulegen (Art. 22 Abs. 1 MacauZGB). Können der Inhalt des anwendbaren Rechts oder wichtige tatsächliche oder rechtliche Faktoren zur Bestimmung des anwendbaren Rechts nicht ermittelt werden, ist nach Art. 22 Abs. 2 Macau-ZGB zunächst auf ein Ersatzstatut zurückzugreifen. Viele der Kollisionsregeln stellen solche subsidiären oder Ersatzstatute für den Fall bereit, dass das vorrangige Anknüpfungsmoment fehlt. Beispielsweise wird auf den Ort eines Verhaltens abgestellt, wo ein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt fehlt (Art. 34 Abs. 2 Macau-ZGB), oder entscheidet bei fehlendem gewöhnlichen Aufenthalt die engste Beziehung (Art. 30 Abs. 1 und 5 Macau-ZGB). Erst wenn weder der Inhalt des primär noch der des subsidiär anwendbaren Rechts ermittelt werden kann, kommt nach Art. 341 Abs. 3 Macau-ZGB das materielle Recht von Macau als lex fori zur Anwendung.75 In der Praxis werden – wohl oft aus Unkenntnis, aber auch zum Schutz lokaler Interessen – häufig auswärtige Elemente eines Sachverhalts ignoriert.76 Demzufolge wird in diesen Fällen das anwendbare Recht nicht nach den kollisionsrechtlichen Regeln ermittelt, sondern unmittelbar das materielle Recht von Macau angewendet.
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Zu den ausdrücklich geregelten Ausnahmen (Art. 35 und 44 Abs. 3 Macau-ZGB) s. Tu, 40 (2010) HKLJ 85 (98). 74 S. Marques dos Santos, 2 (2000) Yearbook of PIL 133 (139). 75 Vgl. Marques dos Santos, 2 (2000) Yearbook of PIL 133 (139). 76 S. hierzu Tu, 40 (2010) HKLJ 85 (99), der dies aus dem Fehlen von Gerichtsentscheidungen zu kollisionsrechtlichen Fragestellungen schließt.
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2. Besonderer Teil a) Personenrecht (1) Natürliche Personen (a) Rechtsfähigkeit 942
Nach Art. 25 Abs. 1 Macau-ZGB unterfällt die Rechtsfähigkeit einer natürlichen Person ihrem Personalstatut. Auch die Existenz von Persönlichkeitsrechten, ihr Schutz und die Grenzen ihres Gebrauchs werden nach Art. 26 Abs. 1 Macau-ZGB durch das Personalstatut einer Person geregelt. In Macau wird ihr Schutz durch eine auswärtige Rechtsordnung nach Art. 26 Abs. 2 Macau-ZGB jedoch nur soweit gewährt, wie ihn das Recht von Macau anerkennt. (b) Geschäftsfähigkeit
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Grundsätzlich unterfällt die Geschäftsfähigkeit einer natürlichen Person gemäß Art. 24 Macau-ZGB – wie auch ihre Statusverhältnisse, Verwandtschaftsbeziehungen und Beerbung – ihrem Personalstatut. Eine einmal erlangte Volljährigkeit wird durch einen Wechsel des Personalstatuts nicht wieder aufgehoben (Art. 28 Macau-ZGB). Art. 27 Macau-ZGB berücksichtigt neben dem Personalstatut unter bestimmten Umständen zum Schutz des Rechtsverkehrs vor den Folgen fehlender Geschäftsfähigkeit in ähnlicher, aber differenzierterer Weise wie das Festland-IPRG (dazu oben Rn. 413) das Recht des Ortes, an dem eine Rechtshandlung vorgenommen wurde. Art. 27 Abs. 1 und 2 Macau-ZGB regelt Handlungen, die in Macau vorgenommen werden: Das Fehlen der Geschäftsfähigkeit nach dem (fremden) Personalstatut berechtigt nicht zur Lösung von der Rechtshandlung, wenn der Handelnde nach dem Recht von Macau geschäftsfähig gewesen wäre (Abs. 1); dies gilt mangels Schutzbedürfnisses des Rechtsverkehrs nicht, wenn die andere Partei sichere Kenntnis von der Geschäftsunfähigkeit nach dem Personalstatut hatte, es sich um ein einseitiges Rechtsgeschäft handelte oder über nicht in Macau belegene Immobilien verfügt wurde (Abs. 2).77 Art. 27 Abs. 3 Macau-ZGB bestimmt, dass in Bezug auf außerhalb von Macau vorgenommene Rechtshandlungen solche Vorschriften des Handlungsortsrechts zu befolgen sind, die Art. 27 Abs. 1 und 2 Macau-ZGB entsprechen.
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Auch im Rahmen des Familien- und Erbrechts gilt die Ausnahme des Art. 27 Abs. 1 Macau-ZGB nicht.
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(c) Ermittlung des Personalstatuts Das Anknüpfungselement, welches das Macau-ZGB zur Ermittlung des Personalstatuts einer natürlichen Person gewählt hat, ist der besonderen Situation Macaus als Region ohne Staatsqualität geschuldet. Eine Übernahme des Grundsatzes der Bestimmung des Personalstatuts nach der Staatsangehörigkeit aus dem portugiesischen Recht machte – trotz seiner Modifikation Anfang der 1990er Jahre durch eine einseitige Zusatzregel der Anwendung des Rechts von Macau als Personalstatut auf alle Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Macau – mit Blick auf den interregionalen Rechtsverkehr mit den anderen chinesischen Rechtsregionen keinen Sinn mehr.78 Man entschied sich daher – wie mittlerweile auch auf dem Festland (vgl. oben Rn. 400, 413) – zu einem grundsätzlichen Wechsel des Anknüpfungsmomentes: Nach Art. 30 Abs. 1 Macau-ZGB ist das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes einer natürlichen Person ihr Personalstatut. Der gewöhnliche Aufenthaltsort einer Person liegt dort, wo sich ihr tatsächliches und ständiges Lebenszentrum befindet (Art. 30 Abs. 2 MacauZGB). Es wird gemäß Art. 30 Abs. 3 Macau-ZGB vermutet, dass Personen, die berechtigt sind, sich einen Identitätsausweis der Ansässigkeit ausstellen zu lassen, also in Macau dauerhaft Ansässige (residentes permanentes bzw. 㵡Ὦㅐ㴺 ) und nicht dauerhaft Ansässige (residentes não permanentes bzw. 梇㵡Ὦㅐ㴺) (s. dazu oben Rn. 129), ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Macau haben. Darüber hinaus wird nach Art. 30 Abs. 3 Macau-ZGB Verwaltungsformalitäten keinerlei Bedeutung bei der Ermittlung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes beigemessen. Besitzt eine Person mehr als einen gewöhnlichen Aufenthaltsort, kommt einem gewöhnlichen Aufenthalt in Macau nach Art. 30 Abs. 4 Macau-ZGB Vorrang zu. Liegt keiner von mehreren gewöhnlichen Aufenthaltsorten in Macau – ein Fall, den das Gesetz nicht regelt –, wird auf den Ort abzustellen sein, mit dem die Person und ihr Leben am engsten verbunden ist.79 Diese Lösung bietet sich mit Blick auf Art. 30 Abs. 5 Macau-ZGB an, der für Personen ohne einen gewöhnlichen Aufenthaltsort das Recht des mit ihrem Leben am engsten verbundenen Ortes als Personalstatut vorsieht. Art. 30 Abs. 6 Macau-ZGB trägt dem Umstand Rechnung, dass viele Staaten zur Bestimmung des Personalstatuts dem Staatsangehörigkeitsprinzip folgen. Die Vorschrift fördert den internationalen Entscheidungseinklang, indem sie das Recht des Staates, dem eine Person angehört, in Bezug auf dort vorgenommene Rechtshandlungen als Personalstatut anwendet, sofern es selbst sich für anwendbar hält, also dem Staatsangehörigkeits78
Vgl. dazu Moura Ramos, in: Jayme (Hrsg.), Rechtsentwicklungen in Portugal, Brasilien und Macau, S. 157 (163 f.). 79 Vgl. Moura Ramos, in: Jayme (Hrsg.), Rechtsentwicklungen in Portugal, Brasilien und Macau, S. 157 (164, Fn. 52).
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prinzip folgt. Sie gilt nach Art. 30 Abs. 7 Macau-ZGB nicht, wenn es sich um einen Mehrrechtsstaat handelt, der das Personalstatut über den gewöhnlichen Aufenthalt einer Person anknüpft, und die handelnde Person nicht nur die Staatsangehörigkeit dieses Staates besitzt, sondern auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort hat. (2) Juristische Personen (a) Bestimmung des Gesellschaftsstatuts 950
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Anders als grundsätzlich im festlandchinesischen Recht (s. oben Rn. 425, 433) bildet nach Art. 31 Abs. 1 Macau-ZGB das Recht des Ortes, an dem sich der tatsächliche Hauptsitz der Verwaltung einer juristischen Person befindet, ihr Personalstatut. Dass sich daraus in der Praxis große Unterschiede im Vergleich zum Festland ergeben, erscheint unwahrscheinlich, da das Festland-IPRG beim Auseinanderfallen von Registrierungs- und Hauptgeschäftsort eine Anknüpfung an letzteren erlaubt (s. oben Rn. 434). Für juristische Personen, die durch Abschluss eines internationalen Abkommens gegründet wurden (internationale juristische Personen), gilt dieses Recht nach Art. 32 Macau-ZGB nur dann als Personalstatut, wenn das anzuwendende Recht nicht im Gründungsabkommen oder den Statuten der juristischen Person bestimmt wurde. Wechselt eine juristische Person ihr Personalstatut durch Verlegung ihres Hauptsitzes, bleibt ihre Rechtspersönlichkeit nach Art. 31 Abs. 3 Macau-ZGB erhalten, sofern sowohl das alte als auch das neue Personalstatut einen solchen Wechsel zulassen und anerkennen. (b) Reichweite des Gesellschaftsstatuts
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Dem Personalstatut einer juristischen Person unterliegt nach Art. 31 Abs. 2 Macau-ZGB ihre Geschäftsfähigkeit und ihre innere Organisation – Bildung, Funktion und Kompetenzen ihrer Organe, Erwerb und Verlust der Mitgliedschaft, Rechte und Pflichten der Mitglieder. Daneben regelt es Organisationsänderungen, Auflösung und Erlöschen der juristischen Person und bestimmt, inwiefern sie selbst, ihre Organe und die Personen, mit denen die Organe besetzt sind, gegenüber Dritten haften. Auch die Vertretung der juristischen Person durch ihre Organe richtet sich gemäß Art. 37 Macau-ZGB nach dem Gesellschaftsstatut. Zu beachten ist, dass die Verkehrsschutzvorschrift des Art. 27 Macau-ZGB (dazu oben Rn. 943 ff.) gemäß Art. 33 Macau-ZGB bei entsprechender Interessenlage auch im Hinblick auf die Geschäftsfähigkeit von juristischen Personen gilt. Für die Fusion zweier juristischer Personen mit unterschiedlichen Personalstatuten sind nach Art. 31 Abs. 4 Macau-ZGB beide Personalstatute kumulativ maßgeblich.
IV. Interregionales Privatrecht
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b) Schuldrecht (1) Vertragsrecht Im Unterschied zum festlandchinesischen Kollisionsrecht (s. oben Rn. 436) haben rechtsgeschäftliche Willenserklärungen (declaração negocial) im Kollisionsrecht von Macau nach portugiesischem Vorbild eine eigene Regelung erfahren. Sie bildet mit den Bestimmungen zur Form, Stellvertretung und Verjährung einen eigenen Unterabschnitt zum Allgemeinen Teil des Schuldrechts. Der Darstellung zum festlandchinesischen Recht folgend wird das auf Willenserklärungen anwendbare Recht im Interesse einer unmittelbaren Vergleichbarkeit jedoch wie die Fragen von Form und Stellvertretung im Rahmen des Vertragsrechts dargestellt.
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(a) Willenserklärungen Die Fragen, ob eine Willenserklärung wirksam abgegeben wurde, wie sie auszulegen ist, ob bzw. wie eventuelle Lücken zu füllen sind, ob der Wille fehlt oder fehlerhaft zustande gekommen ist, unterliegen grundsätzlich gemäß Art. 34 Abs. 1 Macau-ZGB dem Recht, das auf die Substanz des jeweiligen Rechtsgeschäfts anzuwenden ist. Handelt es sich bei dem Rechtsgeschäft um einen Vertrag, so verweist Art. 34 Abs. 1 Macau-ZGB für die entsprechenden Willenserklärungen also auf das Vertragsstatut. Ausnahmen von diesem Grundsatz sehen Art. 34 Abs. 2 und 3 MacauZGB vor: Ob ein Verhalten eine Willenserklärung darstellt, richtet sich gemäß Art. 34 Abs. 2 Macau-ZGB in erster Linie nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Erklärenden und des Erklärungsempfängers. Häufig wird es in der Praxis keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsort der beteiligten Personen geben, so dass die in der Vorschrift vorgesehene Hilfsanknüpfung an den Ort des fraglichen Verhaltens wohl eher den Regelfall darstellen wird. Auch für die Frage, ob aus Schweigen eine Willenserklärung abgeleitet werden kann, soll nach Art. 34 Abs. 3 Macau-ZGB grundsätzlich das Recht des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsortes zur Anwendung gelangen. Fehlt ein solcher, ist auf das Recht des Ortes, an dem das Angebot entgegengenommen wird und daher auch eine Reaktion bzw. Annahmeerklärung zu erwarten ist, zurückzugreifen.
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(b) Ermittlung des Vertragsstatuts (aa) Rechtswahl Das Vertragsstatut ist nach Art. 40 Abs. 1 Macau-ZGB das Recht, das die Parteien bezeichnet haben oder das sie bei Abschluss des Vertrages als an-
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wendbar im Blick hatten. Das Kollisionsrecht von Macau erkennt demnach sowohl eine ausdrückliche als auch – anders als das festlandchinesische Recht (s. oben Rn. 442) – eine konkludente Rechtswahl an.80 Wählbar ist jedoch nach portugiesischem Vorbild nicht jede Rechtsordnung.81 Nach Art. 40 Abs. 2 Macau-ZGB darf eine Rechtsordnung nur gewählt werden, wenn ihre Anwendung wichtigen Interessen der Parteien genügt oder sie in Bezug zu kollisionsrechtlich relevanten Faktoren steht. Letztere Alternative meint die im Macau-ZGB verwendeten Anknüpfungsmomente,82 so dass etwa das Recht des Belegenheitsortes einer Kauf- oder Mietsache oder des gewöhnlichen Aufenthaltsortes mindestens einer der Parteien usw. wählbar erscheint. (bb) Objektive Anknüpfung
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Kann das anwendbare Recht nicht bestimmt werden, wurde es also nicht von den Parteien nach Art. 40 Macau-ZGB gewählt, gelangt nach Art. 41 Macau-ZGB das Recht des Ortes zur Anwendung, der mit dem Rechtsgeschäft am engsten verbunden ist.83 Mit dieser Regelung hat sich das Macau-ZGB unter Abkehr von seinem portugiesischen Vorbild dem aktuellen internationalen Trend hinsichtlich der objektiven Anknüpfung des Vertragsstatuts angeschlossen.84 Auslegungshilfen, wie beispielsweise Vermutungen der engsten Beziehung, fehlen; auch die Rechtsprechung Macaus hat noch keine Leitlinien für die Anwendung des Art. 41 Macau-ZGB entwickelt.85 (c) Reichweite des Vertragsstatuts
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Das Vertragsstatut findet auf die aus Willenserklärungen entstehenden Verbindlichkeiten und die Substanz eines Rechtsgeschäfts Anwendung (Art. 40 Abs. 1 Macau-ZGB). Es regelt damit Abgabe und Auslegung der Willenserklärungen des Vertrages sowie die Behandlung von Willensmängeln (Art. 34 Abs. 1 Macau-ZGB, s. oben Rn. 956). Im Grundsatz ist das Vertragsstatut auch auf die Form des Vertrages bzw. der ihn begründenden 80
Vgl. Marques dos Santos, 2 (2000) Yearbook of PIL 133 (143); Moura Ramos, in: Jayme (Hrsg.), Rechtsentwicklungen in Portugal, Brasilien und Macau, S. 157 (165). 81 Art. 40 Macau-ZGB entspricht fast wörtlich Art. 41 port. ZGB, s. Marques dos Santos, 2 (2000) Yearbook of PIL 133 (144). Anders nach festlandchinesischem Kollisionsrecht, s. oben Rn. 450. 82 S. Marques dos Santos, 2 (2000) Yearbook of PIL 133 (143 f.). 83 Auch wenn die Vorschrift ihrem Wortlaut nach auf eine “vergleichsweise enge” Beziehung Bezug nimmt, s. Tu, 40 (2010) HKLJ 85 (108, Fn. 183). 84 Vgl. Marques dos Santos, 2 (2000) Yearbook of PIL 133 (143); Moura Ramos, in: Jayme (Hrsg.), Rechtsentwicklungen in Portugal, Brasilien und Macau, S. 157 (165 f.). 85 Tu, 40 (2010) HKLJ 85 (108).
IV. Interregionales Privatrecht
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Willenserklärungen anwendbar (Art. 35 Abs. 1 Macau-ZGB, dazu näher unten Rn. 968). Welche Rechtsordnung die mit einer Forderungsabtretung verbundenen Fragen regelt, bestimmt das Macau-ZGB ebenso wie sein portugiesisches Vorbild und das festlandchinesische Recht (s. oben Rn. 479) nicht ausdrücklich. Es kann davon ausgegangen werden, dass Rechtsprechung und Lehre Macaus in dieser Hinsicht der zum portugiesischen internationalen Privatrecht vertretenen Auffassung folgen. Danach unterliegen die Zulässigkeit einer Abtretung, die Notwendigkeit einer Mitteilung von der Abtretung an den Schuldner und dessen Verteidigungsrechte, die Übertragung von Nebenrechten sowie die Umstände, unter denen der Schuldner befreiend an den Zedenten leisten kann, in jedem Fall dem auf die abgetretene Forderung anwendbaren Recht, während im Übrigen eine Rechtswahl zugelassen wird.86 Die Wirksamkeit der Abtretung und das Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar richten sich nach der Rechtsordnung, die auf das der Abtretung zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzuwenden ist.87
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(d) Sonderregeln für bestimmte Verträge (aa) Arbeitsrecht Weder das Macau-ZGB noch das Gesetz der Arbeitsbeziehungen88 oder das Gesetz der Verträge der nicht ansässigen Arbeitnehmer89 sehen besondere Kollisionsregeln für Individualarbeitsverträge vor. Auch die Vorschriften über den Anwendungsbereich der beiden letzteren Gesetze90 lassen keinen Schluss darauf zu, ob sie möglicherweise unabhängig vom nach den allgemeinen Regeln bestimmten Vertragsstatut anzuwenden sein sollen. Auch für Verbraucher- und Versicherungsverträge sieht das Recht Macaus keine besonderen Kollisionsregeln vor.91
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(bb) Allgemeine Vertragsbedingungen Art. 2 des Gesetzes Nr. 17/92/M zur Festsetzung einer rechtlichen Ordnung der allgemeinen Vertragsklauseln vom 28.9.199292 bestimmt über den An86
Caeiro/Maia, in: Hadding/Schneider, S. 563 f. Caeiro/Maia, in: Hadding/Schneider, S. 564. 88 Lei das relações de trabalho bzw. ␇⏾朅⃫㷾, Lei n.º 7/2008 bzw. 䱕 7/2008 垈㷾ゴ, veröffentlicht am 18.2.2008, Boletim Oficial – I Série / ⊕ ⥚ – 䱕 Ἡ 乭 N.º 33/2008, S. 821–860. 89 Lei da contratação de trabalhadores não residentes bzw. 冁 䙑 ⨿ ⡙ √ ☊ 㷾 , Lei n.º 21/2009 bzw. 䱕 21/2009 垈㷾ゴ, veröffentlicht am 27.10.2009, Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ – 䱕Ἡ乭 N.º 43/2009, S. 1559–1574. 90 Art. 3 Lei das relações de trabalho; Art. 1 Lei da contratação de trabalhadores não residentes. 91 S. Tu, 40 (2010) HKLJ 85 (108). 87
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 9 Macau
wendungsbereich des Gesetzes, dass es nicht nur dann gilt, wenn das Recht von Macau Vertragsstatut ist (Art. 2 a) Gesetz Nr. 17/92/M), sondern auch dann, wenn der Vertrag infolge von Angeboten oder Werbemaßnahmen gegenüber der Öffentlichkeit in Macau mit einer Person zustande kommt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Macau hat und auch dort ihre Willenserklärung abgegeben hat (Art. 2 b) Gesetz Nr. 17/92/M). In diesem Fall ist also der Schutz, den das Gesetz dem Vertragspartner eines Verwenders von allgemeinen Geschäftsbedingungen gewährt, vom jeweiligen Vertragsstatut unabhängig und daher international bzw. interregional zwingend. Nach Art. 13 Abs. 1 h) des Gesetzes Nr. 17/92/M kann eine Gerichtsstandsklausel in allgemeinen Vertragsbedingungen verboten werden, wenn der gewählte Gerichtsstand für eine Partei einen schwerwiegenden Nachteil mit sich bringt, ohne dass dies durch die Interessen der anderen Partei gerechtfertigt wäre. Auch eine Rechtswahlklausel in allgemeinen Vertragsbedingungen zugunsten auswärtigen Rechts kann nach Art. 13 Abs. 1 i) des Gesetzes Nr. 17/92/M verboten werden, wenn den dadurch für die eine Partei entstehenden Nachteilen nicht ernstliche und objektive Interessen der anderen Partei gegenüberstehen. Das Verbot dieser Klauseln hängt nach Art. 13 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 17/92/M von ihrer Angemessenheit im vertraglichen Kontext ab. (e) Form
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Grundsätzlich unterliegt die Form (forma bzw. 㛢〸 ) einer Willenserklärung nach Art. 35 Abs. 1 Macau-ZGB dem auf das Rechtsgeschäft, auf das sie gerichtet ist, anwendbaren Recht. Für ihre Formwirksamkeit reicht es jedoch regelmäßig aus, wenn sie die Formvorschriften erfüllt, die das materielle Recht des Ortes, an dem die Willenserklärung vorgenommen wird (Art. 35 Abs. 1 Macau-ZGB), oder die Rechtsordnung, auf welche das Kollisionsrecht des Ortes der Willenserklärung verweist (Art. 35 Abs. 2 Macau-ZGB), vorschreibt. Dies gilt dann nicht, wenn die auf das Rechtsgeschäft anwendbare Rechtsordnung auch für außerhalb ihres Geltungsgebietes getätigte Rechtsgeschäfte ein mit Unwirksamkeit sanktioniertes Formerfordernis enthält. (f) Stellvertretung
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Während die Stellvertretung (representação bzw. 䔯) kraft Gesetzes nach Art. 36 Macau-ZGB der Rechtsordnung unterliegt, die auf die Rechtsbe92
Estabelece o regime jurídico das cláusulas contratuais gerais bzw. ⍟ⳃ┱中䞭Ἡ单 㧆㱧㷾ゴ⍟⿏, Lei n.º 17/92/M bzw. 䱕 17/92/M 垈㷾ゴ, in Kraft seit 1.1.1993, Boletim Oficial / ⊕⥚39/1992, S. 4020. Eine deutsche Übersetzung der beiden kollisionsrechtlich relevanten Normen des Gesetzes findet sich bei Jayme, IPRax 1993, 273 (274).
IV. Interregionales Privatrecht
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ziehung, aus der das Vertretungsrecht abgeleitet wird, anwendbar ist, sieht Art. 38 Macau-ZGB eine komplexere Regelung für die rechtsgeschäftliche Stellvertretung vor. Grundsätzlich richtet sich die rechtsgeschäftlich erteilte Vollmacht gemäß Art. 38 Abs. 1 Macau-ZGB nach dem Recht ihres Gebrauchsortes. Eine Rechtswahl ist demnach im Gegensatz zum festlandchinesischen Recht (s. oben Rn. 504) nicht beachtlich. Erfasst sind von diesem Statut Errichtung, Reichweite, Änderung, Folgen und Ende der Vollmacht (Art. 38 Abs. 1 Macau-ZGB). Die übrigen Absätze des Art. 38 Macau-ZGB sehen Ausnahmen von diesem Grundsatz für bestimmte Fallkonstellationen vor: Zum Schutz des Geschäftsherrn wird nach Art. 38 Abs. 2 Macau-ZGB das Recht seines gewöhnlichen Aufenthaltsortes angewendet, wenn der Vertreter die Vollmacht außerhalb des vom Geschäftsherrn vorgegebenen Gebrauchsortes verwendet, sofern der Vertragspartner dies weiß und daher nicht mehr vorrangig schutzbedürftig ist. Auf die Vollmacht von berufsmäßigen Stellvertretern findet bei entsprechender Kenntnis des Vertragspartners von der Berufsmäßigkeit gemäß Art. 38 Abs. 3 Macau-ZGB das Recht des Ortes Anwendung, an dem sich der berufliche Sitz des Vertreters befindet. Ist schließlich die Verfügung über oder die Verwaltung von unbeweglichem Vermögen Gegenstand der Vollmacht, knüpft Art. 38 Abs. 4 MacauZGB diese Vollmacht akzessorisch an das Sachenrechtsstatut, die lex rei sitae der betroffenen Immobilie, an.
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(2) Deliktsrecht Unabhängig davon, ob eine außervertragliche Haftung (responsabilidade extracontratual bzw. 梇┱┵巕․) auf einer unrechtmäßigen oder rechtmäßigen Handlung oder einer Gefahr beruht, findet nach Art. 44 Abs. 1 Macau-ZGB grundsätzlich das Recht des Ortes Anwendung, an dem sich die schädigende Handlung im wesentlichen ereignet hat. Anders als auf dem Festland (s. oben Rn. 506 ff.) ist nach der gesetzlichen Regelung grundsätzlich der Ort der Ausführung einer schädigenden Handlung, nicht der ihres Erfolges maßgeblich.93 Für eine Haftung infolge Unterlassens ist auf den Ort abzustellen, an dem hätte gehandelt werden müssen (Art. 44 Abs. 1, 2. Halbsatz Macau-ZGB). Art. 44 Abs. 2 Macau-ZGB lockert die strikte Anknüpfung an den Ort der Ausführung des Delikts zugunsten des Geschädigten: Dem Recht des Ortes, an dem eine Schädigung eingetreten ist, kommt dann Vorrang zu, wenn es im Gegensatz zum Recht des Handlungsortes eine Haftung annimmt und der Haftende hätte vorhersehen müssen, dass seine Handlung 93
Tu, 40 (2010) HKLJ 85 (106).
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oder Unterlassung zu einer Schädigung an diesem Ort führen konnte. Nach welcher Rechtsordnung sich die Vorhersehbarkeit der Schädigung richtet, lässt die Vorschrift jedoch offen. 94 Sie erlaubt es wohl auch nicht, zum Schutz des Geschädigten auch dann auf das Recht des Schadensortes zurückzugreifen, wenn das Recht des Handlungsortes zwar eine Haftung vorsieht, dem Geschädigten aber nur eine niedrigere Schadensersatzsumme zugesteht.95 Wie Art. 44 S. 1, 2. Halbsatz Festland-IPRG (dazu oben Rn. 515) sieht Art. 44 Abs. 3 Macau-ZGB eine Auflockerung der Tatortregel zugunsten des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsortsrechts von Schädiger und Geschädigtem vor, wenn Handlungs- und Erfolgsort zufällig von diesem abweichen.96 Auch in diesem Fall bleiben jedoch Vorschriften des Handlungs- bzw. Erfolgsortsrecht anwendbar, die ausnahmslos auf jede Person, also ohne Rücksicht auf kollisionsrechtliche Verweisungen, angewendet werden müssen. Hinzuweisen bleibt noch auf die Regelung des Art. 23 Macau-ZGB. Hiernach werden Handlungen an Bord von Schiffen oder Flugzeugen außerhalb eines Hafens oder Flughafens dem Recht des Registrierungsortes dieser Transportmittel unterstellt (Abs. 1) bzw. bei militärischer Nutzung dem Recht ihres Heimatstaates oder der Region, zu der sie gehören (Abs. 2). Diese Regelung gilt zwar allgemein für Handlungen jeder Art, dürfte aber insbesondere im Deliktsrecht ihre Wirkung entfalten. Das Recht von Macau sieht – im Gegensatz zum neuen festlandchinesischen Kollisionsrecht (s. oben Rn. 528 f.) – keine besonderen Kollisionsregeln für spezielle Delikte, etwa im Bereich des Produkthaftungsrechts, vor.97 (3) Ungerechtfertigte Bereicherung
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Fragen der ungerechtfertigten Bereicherung (enriquecimento sem causa bzw. ἶ䚟ダ⍒) werden gemäß Art. 43 Macau-ZGB durch die Rechtsordnung geregelt, nach der die Vermögensinteressen an den potentiell ungerechtfertigt Bereicherten übertragen wurden. Dies verweist für eine aus einer Leistung resultierende Bereicherung auf das Recht, das auf das Rechtsverhältnis anzuwenden ist, auf das sich die Leistung bezieht, für eine Bereicherung durch Eingriff in ein geschütztes Interesse auf das Recht des Eingriffsortes und für sonstige Fälle auf das Recht des Ortes, an dem die
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Marques dos Santos, 2 (2000) Yearbook of PIL 133 (144). Tu, 40 (2010) HKLJ 85 (106). 96 Kritisch hierzu Tu, 40 (2010) HKLJ 85 (106 f.). 97 Tu, 40 (2010) HKLJ 85 (107). 95
IV. Interregionales Privatrecht
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Bereicherung eingetreten ist.98 Eine Rechtswahl findet damit nur indirekt im Bereich der Leistungskondiktion Beachtung; 99 der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Parteien ist dagegen im Gegensatz zum festlandchinesischen Recht (s. oben Rn. 534) als solcher gänzlich unbeachtlich. Das Statut der ungerechtfertigten Bereicherung erfasst Voraussetzungen, Inhalt und Ausmaß der auf dieses Rechtsinstitut gestützten Ansprüche.100
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(4) Geschäftsführung ohne Auftrag Die Geschäftsführung ohne Auftrag (gestão de negócios bzw. 䉊⠉䳊䔯 ) unterliegt nach Art. 42 Macau-ZGB dem Recht des Ortes, an dem der Geschäftsführer hauptsächlich gehandelt hat. Anders als im festlandchinesischen Recht (dazu oben Rn. 538 i.V.m. 534) finden auch hier Rechtswahl und gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt der Beteiligten keine Berücksichtigung.
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(5) Wechsel und Scheck In Macau galten seit 1960 über Portugal das Genfer Abkommen über Bestimmungen auf dem Gebiet des internationalen Wechselprivatrechts (einschließlich des dazugehörigen Protokolls) vom 7.6.1930101 (im Folgenden: Genfer Wechselrechtskonvention) und das Genfer Abkommen über Bestimmungen auf dem Gebiet des internationalen Scheckprivatrechts (einschließlich des dazugehörigen Protokolls) vom 19.3.1931102 (im Folgenden: Genfer Scheckrechtskonvention). Beide Konventionen gelten nach Art. 138 GGM auch nach dem 20.12.1999 weiter, obwohl die Volksrepublik China nicht Mitgliedstaat ist.103
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Für das Verständnis des Art. 44 port. ZGB, der Art. 43 Macau-ZGB wörtlich entspricht, greift Lima Pinheiro, Bd. 2, S. 422 ff., auf die deutsche Regelung des Art. 38 EGBGB zurück. 99 Vgl. dazu die Ausführungen zum taiwanesischen Recht, Rn. 820. 100 Zum portugiesischen Vorbild s. Lima Pinheiro, Bd. 2, S. 424. 101 Convenção destinada a Regular Certos Conflitos de Leis em Matéria de Letras e de Livranças (e Protocolo) bzw. ѭ嬌㶣䪑⓳㡕䪑后⾛㷾ゴ㏞嬡⊕中Ѯ ⓳⊟岙ⳃ㠡 , Boletim Oficial / ⊕⥚ N.º 6/1960, S. 172. 102 Convenção destinada a Regular Certos Conflitos de Leis em Matéria de Cheques (e Protocolo) bzw. ѭ嬌㶣㙘䪑后⾛㷾ゴ㏞嬡⊕中Ѯ⓳⊟岙ⳃ㠡 , Boletim Oficial / ⊕⥚ N.º 6/1960, S. 240. 103 Die Fortführung der Genfer Wechselrechtskonvention wurde durch Erlass des Oberhaupts der Exekutive vom 6.2.2002 (Aviso do Chefe do Executivo n.º 5/2002 bzw. 䱕 5/2002 垈奵㙨暠ⳁ⊕╳), Boletim Oficial – II Série / ⊕⥚ – 䱕乭 N.º 6/2002, S. 407, verkündet, die der Genfer Scheckrechtskonvention durch Erlass des Oberhaupts der Exekutive vom 6.2.2002 (Aviso do Chefe do Executivo n.º 8/2002 bzw. 䱕 8/2002 垈奵㙨暠ⳁ ⊕╳), Boletim Oficial – II Série / ⊕⥚ – 䱕乭 N.º 6/2002, S. 412.
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Neben den beiden Genfer Konventionen konnten – wie in Portugal – keine kollisionsrechtlichen Regelungen zu den von den Konventionen nicht erfassten Fragen in Bezug auf Wechsel und Scheck (letra/livrança bzw. 䪑 / 㡕䪑 und cheque bzw. 㙘䪑) und der Behandlung anderer Wertpapiere im Recht von Macau ermittelt werden. 104 In der portugiesischen Literatur wird hierfür die Anwendung des Rechts des Ortes befürwortet, der als Zahlungsort auf dem Wertpapier angegeben ist, und falls eine solche Angabe fehlt, auf das Recht des Ausstellungsortes zurückgegriffen.105 (6) Verjährung von Forderungen
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Die Verjährung (prescrição bzw. 㝫㙱) und Verwirkung (caducidade bzw. ⩚㙱) von Rechten wird – wie nach festlandchinesischem Recht (s. oben Rn. 554) – als materiellrechtliche Frage verstanden und gemäß Art. 39 Macau-ZGB der Rechtsordnung unterstellt, die auf das betroffene Recht anzuwenden ist. Eine vertragliche Forderung verjährt also beispielsweise nach dem Vertragsstatut, eine deliktsrechtliche nach dem Deliktsstatut. c) Sachenrecht (1) Grundsatz
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Der in Art. 45 Abs. 1 Macau-ZGB festgelegte Grundsatz verweist für Besitz, Eigentum und andere Sachenrechte auf das Recht des Belegenheitsortes der Sache, ohne wie das festlandchinesische Recht (s. oben Rn. 555 ff.) nach beweglichem und unbeweglichem Vermögen zu unterscheiden. Wie nach der im Wortlaut kaum abweichenden Vorschrift des portugiesischen Rechts (Art. 46 Abs. 1 port. ZGB) regelt das Sachenrechtsstatut in Bezug auf den Besitz die Mittel seines Schutzes und seine Wirkung beispielsweise beim Eigentumserwerb; was Eigentum und andere Sachenrechte angeht, unterfällt der lex rei sitae deren Begründung, Änderung, Übertragung und Aufhebung, einschließlich der Arten und des Inhalts der Sachenrechte sowie die Ausgestaltung der Publizität.106 Dem Sachenrechtsstatut unterliegt nach Art. 46 Macau-ZGB auch – abweichend vom Grundsatz der Anwendung des Personalstatuts auf Fragen der Geschäftsfähigkeit – ausnahmsweise die Fähigkeit, Sachenrechte an unbeweglichem Vermögen zu begründen oder zu übertragen, sofern das (Kollisions-)Recht des Belegenheitsortes dies vorsieht. 104
Das materielle Recht der Wechsel und Schecks findet sich in Art. 1064 ff. Código Comercial bzw. ♯㷾⊡ vom 3.8.1999, angenommen durch Decreto-Lei n.° 40/99/M bzw. 䱕 40/99/M 垈㷾, Boletim Oficial / ⊕⥚ N.º 31/1999, S. 2366; zuletzt geändert durch Lei n.° 16/2009 bzw. 䱕 16/2009 垈㷾ゴ, Boletim Oficial / ⊕⥚ N.º 32/2009, S. 1137. 105 S. Lima Pinheiro, Bd. 2, S. 335. 106 S. zum portugiesischen Recht Lima Pinheiro, Bd. 2, S. 441.
IV. Interregionales Privatrecht
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(2) Sonderfälle (a) Güter auf dem Transport Auch die Begründung und Übertragung von Sachenrechten an Gütern auf dem Transport (coisas em trânsito bzw. 慷⦬䎒) richtet sich nach dem Belegenheitsortsrecht. Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Bestimmung des jeweiligen tatsächlichen Belegenheitsortes, wird dieser nach Art. 45 Abs. 2 Macau-ZGB am Zielort der Waren fingiert, so dass die Regelung im Ergebnis der objektiven Anknüpfung nach Art. 38 S. 2 Festland-IPRG (dazu oben Rn. 579) entspricht.
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(b) Verkehrsmittel Die Begründung und Übertragung von Sachenrechten an Verkehrsmitteln (meios de transporte bzw. ῍慃⼎⊠), die einem Registrierungssystem unterfallen, also regelmäßig an Schiffen, Flugzeugen und Eisenbahnen, unterstellt Art. 45 Abs. 3 Macau-ZGB – ähnlich wie das festlandchinesische Recht (s. oben Rn. 581 ff.) – dem Recht des jeweiligen Registrierungsortes.
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(c) Geistiges Eigentum Für geistiges Eigentum (propriedade intelectual bzw. 䤎岁䙋㰳 ) verweist Art. 47 Macau-ZGB vorbehaltlich anderweitiger Regelungen in Spezialgesetzgebung auf das Recht, dessen Schutz in Anspruch genommen wird, folgt also wie das festlandchinesische Recht (oben Rn. 586) dem Schutzlandprinzip.
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(d) Treuhand Sogenannte Auslands-trusts (gestão fiduciária «offshore» bzw. 栋ⷡℊ孀 䳊䔯) dürfen auf dem Gebiet Macaus tätig werden, sofern sie die Vorschriften des Gesetzes Nr. 58/99/M zur Errichtung einer allgemeinen Ordnung für durch auswärtige Märkte gesteuerte Aktivitäten vom 18.10.1999107 einhalten. Unter Auslands-trusts (gestão fiduciária «offshore» bzw. 栋ⷡℊ孀 䳊䔯 ) versteht das Gesetz nach seinem Art. 2 m) solche Aktivitäten der Verwaltung und Verfügung, welche durch den ernannten Treuhänder für eine zur Tätigkeit im offshore-Bereich autorisierte juristische Person über eine bestimmte Vermögensmasse, die durch das Treuhandvermögen bezeichnet ist und dem Treuhänder über einen Akt unter Lebenden oder für den Todesfall durch eine nichtansässige, vom Gründer ernannte juristische 107
Decreto-Lei n.º 58/99/M (Estabelece o regime geral da actividade `offshore`) bzw.
䱕 58/99/M 垈㷾 (嬫ⳃ栋ⷡ㪖␂ὴἩ单⍟⿏δ后⾛》㲋), Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ – 䱕Ἡ乭 N.º 42/1999, S. 4235.
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 9 Macau
Person übertragen und seiner Kontrolle unterstellt wurde, ausgeübt werden und der Verfolgung eines bestimmten Zwecks oder dem Vorteil eines oder mehrerer Begünstigter (Gründer, Treuhänder oder andere dritte Nichtansässige) dienen. Nach Art. 43 des Gesetzes Nr. 58/99/M werden unter dem Recht einer auswärtigen Rechtsordnung errichtete Auslands-trusts für den offshoreBereich anerkannt, wenn sie die Vorschriften des Gesetzes einhalten, das bestimmte Voraussetzungen an Form und Inhalt des Gründungaktes vorsieht (Art. 44 ff. des Gesetzes Nr. 58/99/M). Eine besondere Kollisionsregel für die Treuhand (gestão fiduciária bzw. ℊ孀䳊䔯) konnte daneben nicht ermittelt werden, so dass ihre Anknüpfung von ihrer sachen- oder schuldrechtlichen Qualifikation abhängen dürfte. Das materielle Recht von Macau kennt nach kontinental-europäischer Tradition das Institut der Treuhand im anglo-amerikanischen Sinne nicht. Da nicht der Lebenssachverhalt, sondern die Normen der in Betracht kommenden lex causae nach dem Recht von Macau Gegenstand der Qualifikation sind (s. oben Rn. 928), liegt es nahe, dass die Qualifikation der Treuhand wesentlich davon mitbestimmt wird, ob Normen einer common lawoder einer civil law-Rechtsordnung nach ihrer Funktion in der jeweiligen Rechtsordnung in das Kollisionsrechtssystem Macaus einzuordnen sind.
V. Interregionale Justizhilfe – Anerkennung und Vollstreckung von Zivilurteilen V. Anerkennung und Vollstreckung
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Damit einer ausländischen Gerichtsentscheidung in Macau die Wirkung einer Gerichtsentscheidung zukommt, bedarf sie nach Art. 1199 Abs. 1 Macau-ZPG der Anerkennung in einem gerichtlichen Verfahren in Macau.108 Die offene Formulierung – es wird stets auf „Gerichte von außerhalb Macaus“ (tribunais do exterior de Macau bzw. 䃜暩⨿⡙㛢ὴ㷾枋) Bezug genommen – macht deutlich, dass sich die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen, die in einer anderen chinesischen Rechtsregion ergangen sind, genauso nach diesen Vorschriften richtet wie die Anerkennung ausländischer Gerichtsentscheidungen. In der Praxis wird daher anhand von Art. 1199 ff. Macau-ZPG geprüft, ob Gerichtsentscheidungen der Gerichte von Hong Kong 109 und wohl auch von Taiwan 110 in Macau anerkannt werden dürfen. 108
S. dazu Min, S. 77. S. als Beispiele für positive Anerkennungsentscheidungen Tribunal de Segunda Instância de Macau v. 7.11.2002 (n.° 104/2002; AsianLII-Nr. [2002] MOTSI 162) und v. 16.4.2009 (n.° 140/2006; AsianLII-Nr. [2009] MOTSI 171) sowie die ablehnende Ent109
V. Anerkennung und Vollstreckung
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Vor Inkrafttreten des Anerkennungs-Arrangements Macau (zu diesem oben Rn. 106, 318 ff.) wurden festlandchinesische Gerichtsentscheidungen ebenfalls auf diesem Wege in Macau anerkannt. 111 Auch unter Geltung des Anerkennungs-Arrangements Macau werden in der Praxis weiterhin die Anerkennungsvoraussetzungen des Art. 1200 Macau-ZPG geprüft und eine Anerkennung auf beide Rechtsgrundlagen gestützt. 112 Die Basis hierfür dürfte im internen Recht die Bestimmung des Art. 1199 Abs. 1 Macau-ZPG bilden, die lediglich abweichenden Regelungen aus in Macau anwendbaren internationalen Abkommen oder Justizhilfevereinbarungen, zu denen das Anerkennungs-Arrangement Macau zu zählen ist, den Vorrang zuerkennt. Das Anerkennungs-Arrangement Macau scheint diese Praxis über seinen Art. 20 zu erlauben.113 Die Vorschrift bestimmt, dass auf die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen die jeweiligen Vorschriften der anerkennenden Region angewendet werden, soweit das Anerkennungs-Arrangement Macau selbst keine besonderen Regeln vorsieht. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung ergeben sich aus Art. 1202 i.V.m. Art. 1200 Abs. 1 Macau-ZPG.
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1. Art. 1202 Abs. 1 Macau-ZPG Nach Art. 1202 Abs. 1 Macau-ZPG können einer Anerkennung entweder das Fehlen der in Art. 1200 Abs. 1 Macau-ZPG hierfür aufgestellten Bedingungen oder das Vorliegen von Tatsachen entgegenstehen, die nach Art. 653 a), c) oder g) Macau-ZPG im rein inländischen Verfahren einen Berufungsgrund darstellen würden.
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a) Art. 1200 Macau-ZPG Art. 1200 Abs. 1 Macau-ZPG sieht sechs Bedingungen vor, die erfüllt sein müssen, damit eine ausländische Gerichtsentscheidung in Macau anerkannt scheidung des Tribunal de Segunda Instância de Macau v. 10.6.2004 (n.° 29/2003; AsianLII-Nr. [2004] MOTSI 163). 110 Es konnte kein Fall der Ablehnung, dafür aber ein Beispiel der Anerkennung eines taiwanesischen Adoptionsurteils aus der Zeit vor der Rückgabe Macaus an die Volksrepublik China ermittelt werden: Tribunal Superior de Justiça de Macau v. 3.7.1996 (n.° 482/1996), abrufbar über die Internet-Seite der Anwaltsvereinigung von Macau (Associação dos Advogados de Macau) unter http://www.informac.gov.mo/aam/portug uese/jurisprudencia/1996/art0110.htm, zuletzt besucht am 5.8.2011. 111 S. z.B. Tribunal de Segunda Instância de Macau v. 11.4.2002 (n.° 17/2001; AsianLII-Nr. [2002] MOTSI 54). 112 S. etwa Tribunal da Última Instância de Macau v. 11.2.2010 (n.° 43/2009; AsianLII-Nr. [2010] MOTUI 7); Tribunal de Segunda Instância de Macau v. 7.5.2009 (n.° 520/2007; AsianLII-Nr. [2009] MOTSI 270) und v. 2.7.2009 (n.° 16/2008; AsianLIINr. [2009] MOTSI 405). 113 S. dazu oben Rn. 611.
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 9 Macau
werden kann. Sie entsprechen – bis auf wenige Anpassungen an die Gegebenheiten Macaus – den Anerkennungsbedingungen des autonomen portugiesischen Zivilverfahrensrechts in Art. 1096 Abs. 1 port. ZPG. Nach Art. 1200 Abs. 1 a) Macau-ZPG darf kein Zweifel daran bestehen, dass das Urteilsdokument echt und – rein sprachlich114 – verständlich ist. Dafür reicht es regelmäßig, wenn das Urteilsdokument mit offiziellem Siegel und Übersetzung versehen ist.115 Probleme im Hinblick auf die Echtheit und Verständlichkeit der Urkunde führen aber auch erst dann zu einer Verweigerung der Anerkennung, wenn sie nicht geklärt werden können.116 Art. 1200 Abs. 1 b) Macau-ZPG verlangt die Rechtskraft der Entscheidung nach dem Recht des Ortes, an dem sie ergangen ist. Sie darf nicht mehr mit einem ordentlichen Rechtsbehelf anfechtbar sein.117 Die Rechtskraft festlandchinesischer Gerichtsentscheidungen wurde bisher trotz der im festlandchinesischen Recht vorgesehenen Möglichkeit der Wiederaufnahme (s. oben Rn. 620) – anders als in Hong Kong (s. unten Rn. 1163 f.) – nicht in Frage gestellt.118 Nach Art. 1200 Abs. 1 c) Macau-ZPG darf keine Rechtsumgehung die internationale bzw. interregionale Zuständigkeit des Urteilsgerichts herbeigeführt haben und keine ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte Macaus für die fragliche Materie gegeben sein. Letzteres ist nach dem Recht von Macau zu beurteilen.119 Für das Verständnis des Begriffs der Rechtsumgehung (fraude à lei bzw. 㷾ゴ㱣孹) kann auf die Vorschrift des Art. 19 Macau-ZGB zurückgegriffen werden (dazu oben Rn. 934 f.).120 Es darf also kein Anknüpfungsmoment manipuliert worden sein, um die Zuständigkeit des fremden Gerichts herbeizuführen. Zur portugiesischen Vorbildvorschrift des Art. 1200 Abs. 1 c) Macau-ZPG wird in der Literatur zusätzlich eine Nähebeziehung des Sachverhalts zum Forum verlangt, um den Be114
S. zum portugiesischen Recht Lima Pinheiro, Bd. 3, S. 364. S. aber Tribunal de Segunda Instância de Macau v. 10.6.2004 (n.° 29/2003; AsianLII-Nr. [2004] MOTSI 163): Verweigerung der Anerkennung dreier Urteile auf der Grundlage von Art. 1202 Abs. 2 i.V.m. Art. 1200 Abs. 1 a) Macau-ZPG, weil die den Urteilen zugrunde gelegten Tatsachen nicht darin wiedergegeben waren und damit eine Überprüfung in der Sache nach Art. 1202 Abs. 2 Macau-ZPG (dazu unten Rn. 1008) nicht möglich war. 115 S. Min, S. 82. 116 Dazu Min, S. 78 f. 117 Zum portugiesischen Recht Rathenau, S. 169; Lima Pinheiro, Bd. 3, S. 364. 118 S. Min, S. 82. S. z.B. Tribunal de Segunda Instância de Macau v. 11.4.2002 (n.° 17/2001; AsianLII-Nr. [2002] MOTSI 54). 119 Vgl. Tribunal de Segunda Instância de Macau v. 11.4.2002 (n.° 17/2001; AsianLIINr. [2002] MOTSI 54) und v. 7.11.2002 (n.° 104/2002; AsianLII-Nr. [2002] MOTSI 162). Nach Min, S. 82 f., ist ungeklärt, ob die Frage der ausschließlichen Zuständigkeit nach dem Recht der Urteilsregion oder dem Recht Macaus zu beurteilen ist. 120 S. Tribunal de Segunda Instância de Macau v. 16.4.2009 (n.° 140/2006; AsianLIINr. [2009] MOTSI 171.
V. Anerkennung und Vollstreckung
369
klagten zu schützen und auf der Basis exorbitanter Gerichtsstände ergangene Urteile abzuwehren.121 Nach Art. 1200 Abs. 1 d) Macau-ZPG ist die Anerkennung zu verwehren, wenn aufgrund einer Klage vor den Gerichten Macaus anderweitige Rechtshängigkeit (litispendência bzw. 孝孈⼛侔ⶕ) oder Rechtskraft (caso julgado bzw. 㥱‟⼛㠲䧣ⳃ姪⍍ ) eingewendet werden kann, es sei denn, das auswärtige Gericht hat zuerst seine Gerichtsbarkeit ausgeübt.122 Letzteres ist dann der Fall, wenn die Klage nach dem Recht des jeweiligen Gerichtsortes zuerst rechtshängig geworden ist.123 Art. 1200 Abs. 1 d) MacauZPG zielt darauf ab, dass in einem Zivilprozess außerhalb Macaus möglicherweise – nach einer Art. 416 Abs. 3 Macau-ZPG (dazu oben Rn. 923) parallelen Regelung – nicht eingewendet werden kann, dass in derselben Angelegenheit bereits ein Verfahren in Macau läuft, und sich daher ohne das Anerkennungshindernis letztlich zwei Entscheidungen in derselben Angelegenheit gegenüberstehen könnten.124 Die Einwendung der anderweitigen Rechtshängigkeit oder Rechtskraft setzt nach Art. 417 Abs. 1 Macau-ZPG die Identität der Subjekte, des Antrags und des Klagegrunds voraus. Es müssen also dieselben Parteien dieselbe Rechtsfolge aufgrund derselben Tatsachen herbeizuführen versuchen.125 Art. 1200 Abs. 1 e) Macau-ZPG soll ein faires Verfahren gewährleisten, indem er für eine Anerkennung voraussetzt, dass der Beklagte in dem Verfahren, in dem das anzuerkennende Urteil erging, rechtmäßig geladen wurde und die Grundsätze der Erörterung und der Parteiengleichheit beachtet wurden. Ob die Ladung rechtmäßig erfolgt ist, bestimmt dabei das Recht des Ortes des Gerichts, das entschieden hat.126 Zur Wahrung der Verfahrensgrundsätze reicht es aus, wenn das auswärtige Verfahrensrecht das rechtliche Gehör und die Unparteilichkeit gewährleistet und im konkreten Fall befolgt wurde; der Beklagte muss nicht in jedem Fall tatsächlich gehört worden sein, solange er die Möglichkeit dazu hatte.127 Das Verfahrensrecht von Hong Kong und des Festlands erfüllt nach der Praxis der Gerichte Macaus grundsätzlich diese Anforderungen.128 121
S. dazu Rathenau, S. 171, sowie ausführlich Lima Pinheiro, Bd. 3, S. 349 ff. Für ein Beispiel des Vorrangs der zuerst rechtshängigen Klage s. Tribunal de Segunda Instância de Macau v. 11.4.2002 (n.° 17/2001; AsianLII-Nr. [2002] MOTSI 54). 123 Zur gleichlautenden portugiesischen Vorbildvorschrift, Art. 1096 d) port. ZPG, Rathenau, S. 171. 124 Vgl. zum portugiesischen Recht Lima Pinheiro, Bd. 3, S. 365. 125 Vgl. Art. 417 Abs. 2–4 Macau-ZPG. 126 Min, S. 85. Vgl. auch zur gleichlautenden portugiesischen Vorbildvorschrift, Art. 1096 e) port. ZPG, Rathenau, S. 173. 127 S. Min, S. 84 f. 128 Min, S. 85. 122
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 9 Macau
Schließlich sieht Art. 1200 Abs. 1 f) Macau-ZPG noch vor, dass die Anerkennung der auswärtigen Gerichtsentscheidung nicht zu einem deutlich gegen den ordre public verstoßenden Ergebnis führen darf. Da der verfahrensrechtliche ordre public bereits durch Art. 1200 Abs. 1 e) Macau-ZPG geschützt wird, bezieht sich die Vorschrift ausschließlich auf den materiellrechtlichen ordre public.129 Vergleichspunkt zur Beurteilung der ordre public-Widrigkeit ist dabei, ob ein ähnliches Urteil auch in Macau hätte ergehen können, so dass in der Praxis Zahlungsurteile grundsätzlich mit Blick auf den ordre public nicht beanstandet werden.130 b) Art. 653 a), c) und g) Macau-ZPG
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Nach Art. 1202 Abs. 1 Macau-ZPG können einer Anerkennung ferner die Gründe des Art. 653 a), c) und g) Macau-ZPG für die Überprüfung eines rechtskräftigen Urteils entgegengehalten werden. So wird ein infolge einer Straftat des urteilenden Richters zustande gekommenes Urteil (Art. 653 a) Macau-ZPG) ebenso wenig in Macau Anerkennung finden wie ein Urteil, das auf der alleinigen Grundlage eines den Parteien im Ausgangsprozess unbekannten oder nicht zugänglichen, später aufgefundenen Dokuments im für die unterlegene Partei vorteilhafteren Sinne abgeändert werden müsste (Art. 653 c) Macau-ZPG). Über den Verweis auf Art. 653 g) Macau-ZPG kann auch die Rechtskraft eines bereits in derselben Angelegenheit ergangenen Urteils (caso julgado bzw. 㥱‟⼛㠲䧣ⳃ姪⍍) gegen die Anerkennung einer auswärtigen Gerichtsentscheidung unabhängig davon eingewandt werden, ob das Urteil in Macau entschieden wurde oder außerhalb Macaus und bereits anerkannt wurde.131 Dadurch ergibt sich wie im portugiesischen Recht132 ein Widerspruch zwischen Art. 1202 Abs. 1 i.V.m. Art. 1200 Abs. 1 d) Macau-ZPG und Art. 1202 Abs. 1 i.V.m. Art. 653 g) Macau-ZPG: Beide Varianten regeln den Konflikt zwischen zwei Gerichtsentscheidungen in derselben Angelegenheit; dabei räumt jedoch Art. 1200 Abs. 1 d) Macau-ZPG der Entscheidung den Vorrang ein, die im zeitlich früher rechtshängigen Verfahren ergangen ist, während sich nach Art. 653 g) Macau-ZPG von zwei Urteilen das durchsetzt, das früher rechtskräftig geworden ist. Als Lösung wird sowohl vertreten, auf die Rechtskraft abzustellen, als auch Art. 1200 Abs. 1 d) Macau-ZPG als spezieller Vorschrift über die Anerkennung ausländischer
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Zum portugiesischen Vorbild Rathenau, S. 173. S. Min, S. 85. Vgl. etwa Tribunal de Segunda Instância de Macau v. 11.4.2002 (n.° 17/2001; AsianLII-Nr. [2002] MOTSI 54) und v. 7.5.2009 (n.° 520/2007; AsianLIINr. [2009] MOTSI 270). 131 Zu letzterem s. Min, S. 87. 132 Dazu Rathenau, S. 172; Lima Pinheiro, Bd. 3, S. 366. 130
V. Anerkennung und Vollstreckung
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Entscheidungen gegenüber dem auf das inländische Verfahren ausgerichteten Art. 653 g) Macau-ZPG den Vorzug zu geben.133 2. Art. 1202 Abs. 2 Macau-ZPG Ist die unterliegende Partei in Macau ansässig (residente bzw. 㴺 ), 134 kann der Anerkennung und Vollstreckung des Urteils in Macau Art. 1202 Abs. 2 Macau-ZPG entgegenstehen. Die Vorschrift ordnet zugunsten von Ansässigen eine begrenzte Überprüfung der auswärtigen Gerichtsentscheidung in der Sache an: Wäre im konkreten Fall nach dem Kollisionsrecht von Macau das materielle Recht Macaus anwendbar gewesen und hätte dieses zu einem für die unterliegende, in Macau ansässige Partei günstigeren Ergebnis geführt, darf der auswärtigen Entscheidung die Anerkennung verweigert werden. Dabei sind die Tatsachen der Prüfung so zugrunde zu legen, wie sie das fremde Gericht festgestellt hat.135
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3. Systematik der Anerkennungsvoraussetzungen und -hindernisse Nach Art. 1204 Macau-ZPG werden im Anerkennungsverfahren nur die Bedingungen des Art. 1200 Abs. 1 a) und f) Macau-ZPG von Amts wegen geprüft, während vermutet wird, dass die übrigen Voraussetzungen des Art. 1200 Macau-ZPG für die Anerkennung vorliegen, solange sich im Verfahren keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben.136 Diese Vermutung kann durch den dann beweispflichtigen137 Antragsgegner entkräftet werden, was Art. 1202 Abs. 1 Macau-ZPG dadurch verdeutlicht, indem er die Anerkennungsvoraussetzungen des Art. 1200 Macau-ZPG als Anfechtungsgründe nochmals aufgreift. Die Anerkennungshindernisse des Art. 1202 Abs. 1 i.V.m. Art. 653 Macau-ZPG und des Art. 1202 Abs. 2 Macau-ZPG
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Zu diesen Meinungen in Bezug auf die parallele Problemstellung im portugiesischen Recht s. Rathenau, S. 172; Lima Pinheiro, Bd. 3, S. 366. Nach Lima Pinheiro, Bd. 3, S. 367, kann die portugiesische Entsprechung zu Art. 653 g) Macau-ZPG so verstanden werden, dass sie nur entscheidet, welches von mehreren außerhalb Portugals (bzw. Macaus) ergangenen Urteilen sich im Wege der Anerkennung durchsetzt. 134 Zu Begriff und Voraussetzungen der Ansässigkeit in Macau s. oben Rn. 129 f. 135 S. Tribunal de Segunda Instância de Macau v. 10.6.2004 (n.° 29/2003; AsianLIINr. [2004] MOTSI 163). 136 S. Tribunal da Última Instância de Macau v. 11.2.2010 (n.° 43/2009; AsianLII-Nr. [2010] MOTUI 7) sowie Tribunal de Segunda Instância de Macau v. 11.4.2002 (n.° 17/2001; AsianLII-Nr. [2002] MOTSI 54) und v. 7.11.2002 (n.° 104/2002; AsianLIINr. [2002] MOTSI 162). Vgl. zur im Wesentlichen gleichen portugiesischen Vorbildvorschrift des Art. 1101 port. ZPG Rathenau, S. 169 f. 137 S. Tribunal da Última Instância de Macau v. 11.2.2010 (n.° 43/2009; AsianLII-Nr. [2010] MOTUI 7). Zum portugiesischen Recht s. Rathenau, S. 169.
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 9 Macau
müssen stets durch den Antragsgegner eingewandt und bewiesen werden, damit sie berücksichtigt werden.138
138 Vgl. Tribunal de Segunda Instância de Macau v. 7.11.2002 (n.° 104/2002; AsianLII-Nr. [2002] MOTSI 162); Tribunal da Última Instância de Macau v. 11.2.2010 (n.° 43/2009; AsianLII-Nr. [2010] MOTUI 7).
§ 10 Hong Kong 2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
I. Derzeitige Rechtsquellen des interregionalen Privatrechts I. Rechtsquellen
Wie bereits oben Rn. 5 dargestellt, galt in Hong Kong vor dem 1.7.1997 das englische common law mit den Modifikationen, die es seit 1843 durch lokale Gesetzgebung und die Rechtsprechung durch die Gerichte von Hong Kong erfahren hatte. Dies hat sich gemäß Art. 3 Abs. 3 und 12 Sino-britische Gemeinsame Erklärung, Art. 5 und 8 GGHK auch nach dem 1.7.1997 im Wesentlichen nicht geändert (s. oben Rn. 3). Einfachgesetzlich bestimmt die Fortgeltung der bisherigen Rechtsordnung Sec. 7(1) der Hong Kong Reunification Ordinance 1 . Wo also keine Gesetzgebung das Recht abgeändert hat, wird in Hong Kong weiterhin das ursprünglich englische common law mit seinen ineinander übergehenden Bestandteilen von common law und equity angewendet.2 Nach Art. 84 GGHK dürfen die Gerichte von Hong Kong auch fortfahren, das Fallrecht anderer common law-Jurisdiktionen bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen. Die komplexe Lehre des stare decisis, der Bindung der Gerichte an die wesentlichen Entscheidungsgründe von Präzedenzfällen, bedeutet in Hong Kong, dass die Entscheidungen des Hong Kong Court of Final Appeal, der seit der Rückgabe von Hong Kong an China den Privy Council als höchstes Gericht abgelöst hat, für den Court of Appeal und alle unteren Gerichte bindend sind.3 Die Urteile des Privy Council, die vor dem 1.7.1997 auf ein Rechtsmittel aus Hong Kong hin ergangen sind, bleiben ebenfalls bindend,4 während allen übrigen Entscheidungen dieses Gerichts (vor 1997 als Rechtsmittel aus anderen Commonwealth-Staaten oder nach 1997) und
1 No. 110 of 1997 (Constitutional Instrument A601), in Kraft seit 1.7.1997. Sec. 7(1) lautet: “The laws previously in force in Hong Kong, that is the common law, the rules of equity, Ordinances, subsidiary legislation and customary law, which have been adopted as the laws of the HKSAR, shall continue to apply.” 2 S. Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.002]. 3 A Solicitor v. The Law Society of Hong Kong (FACV24/2007) v. 13.3.2008, [2008] 2 HKLRD 576; (2008) 11 HKCFAR 117, Rn. 18 (Li CJ). 4 A Solicitor v. The Law Society of Hong Kong (FACV24/2007) v. 13.3.2008, Rn. 7 f. (Li CJ).
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
auch des House of Lords lediglich eine stark überzeugende (persuasive) Wirkung beizumessen ist.5 Der Court of Final Appeal darf von seinen eigenen Entscheidungen und den bindenden Urteilen des Privy Council – im Interesse der Rechtssicherheit nur selten und mit großer Umsicht – abweichen.6 Der Court of Appeal als mittleres Gericht von Hong Kong ist grundsätzlich an seine eigenen Entscheidungen gebunden; er darf sie nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn er davon überzeugt ist, dass sie schlechthin falsch (plainly wrong) sind, revidieren. 7 Schlechthin falsch (plainly wrong) ist ein Urteil ohne weiteres, wenn dabei eine mit ihr unvereinbare gesetzliche Vorschrift oder ein bindendes Präjudiz übersehen wurde, aber auch dann, wenn sie – auch mit Blick auf die nachfolgende Entwicklung in Gesetzgebung und Rechtsprechung – ernsthaft mit Fehlern behaftet (seriously flawed) ist. 8 Selbst dann muss das Gericht aber noch im Interesse der Rechtssicherheit abwägen, ob ein Abweichen von seiner früheren Entscheidung – im Hinblick auf Rechtsmittelmöglichkeiten, ein potentielles Eingreifen des Gesetzgebers, etc. – ausnahmsweise erforderlich ist.9 Den Entscheidungen des District Court und der anderen unteren Gerichte von Hong Kong kommt keine bindende Wirkung als Präjudiz zu; bei fehlender Rechtsprechung höherer Gerichte sind sie jedoch ein erster Anhaltspunkt für die Rechtslage.10 1. Common law
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Das common law unterscheidet traditionell nicht zwischen internationalem und interlokalem Privatrecht.11 Aus Sicht des Rechts von Hong Kong sind die Rechtsordnungen und Gerichte der anderen chinesischen Rechtsregionen ebenso „fremd“ wie es zu Zeiten Hong Kongs als britische Kronkolo-
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A Solicitor v. The Law Society of Hong Kong (FACV24/2007) v. 13.3.2008, Rn. 9– 17 (Li CJ). 6 A Solicitor v. The Law Society of Hong Kong (FACV24/2007) v. 13.3.2008, Rn. 19 f. (Li CJ). 7 A Solicitor v. The Law Society of Hong Kong (FACV24/2007) v. 13.3.2008, Rn. 45 (Li CJ). Zur früheren Rechtslage s. ebd., Rn. 22–44. Widersprechen sich zwei Urteile des Court of Appeal, tritt überhaupt keine Bindung an sie ein; auch abweichende bindende Rechtsprechung eines höheren Gerichts muss ohne weiteres zu einer Abweichung von der eigenen Rechtsprechung führen. 8 A Solicitor v. The Law Society of Hong Kong (FACV24/2007) v. 13.3.2008, Rn. 46– 48 (Li CJ). 9 A Solicitor v. The Law Society of Hong Kong (FACV24/2007) v. 13.3.2008, Rn. 49 f. (Li CJ). 10 Vgl. zur insoweit wohl parallelen Lage in England Blumenwitz, S. 45. 11 Vgl. zum englischen Recht Dicey, Morris & Collins (Collins), Rn. 1-001 (S. 3).
I. Rechtsquellen
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nie das Recht und die Gerichte Großbritanniens waren.12 Solange es also keine besonderen Gesetze (ordinances) gibt, die Fragen des interregionalen Kollisionsrechts regeln, richten sich die interregionale Zuständigkeit, das interregional anwendbare Recht und die Anerkennung von Gerichtsentscheidungen aus dem Festland, Macau und Taiwan nach den Regeln des internationalen Privatrechts von Hong Kong. Diese folgen den durch englische Gerichte im 19. und 20. Jahrhundert entwickelten Grundsätzen, während die jüngere Entwicklung der Europäisierung des englischen internationalen Privatrechts in Hong Kong nicht nachgezeichnet wurde.13 2. Gesetze (ordinances) a) Mit interregional-privatrechtlichen Regelungen Derzeit einziges Gesetz mit spezifisch interregional-privatrechtlichem Regelungsgehalt ist die Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance 14 , die das mit dem Festland geschlossene Anerkennungs-Arrangement Hong Kong (dazu oben Rn. 107, 616 ff.) für das Recht von Hong Kong umsetzt und die Anerkennung und Vollstreckung bestimmter festlandchinesischer Gerichtsentscheidungen regelt.
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b) Mit international-privatrechtlichen Regelungen Das common law der internationalen Zuständigkeit (jurisdiction) wird durch Order 10 und 11 der Rules of the High Court15 (im Folgenden: RHC) und der Rules of the District Court 16 (im Folgenden: RDC) ergänzt. Bei den Rules handelt es sich nicht um Gesetze im engen Sinne (ordinances), sondern um delegierte Gesetzgebung in Form von Verordnungen (regulations), die durch an den Gerichten gebildete Rules Committees beschlossen werden. Einige weitere Gesetze enthalten daneben direkt und indirekt Regelungen zur Ermittlung des anwendbaren Rechts. Dazu zählen die Recognition of Trusts Ordinance17, die Employment Ordinance18, die Control of Exemption Clauses Ordinance19 und die Unconscionable Contracts Ordinance20 12
Johnston, Rn. 1.002 (S. 4). S. für den Bereich des internationalen Vertragsrechts Wolff, 6 (2010) J. P.I.L. 465 (465, 467 f.), der sich für eine grundlegende Reform ausspricht, ebd. (480 ff.). 14 Cap. 597, L.N. 195 of 2008, in Kraft seit 1.8.2008. 15 Cap. 4A (Fassung vom 2.4.2009), L.N. 152 of 2008; L.N. 18 of 2009. 16 Cap. 336H (Fassung vom 2.4.2009), L.N. 153 of 2008; L.N. 18 of 2009. 17 Cap. 76 (Fassung vom 30.6.1997), in Kraft seit 1.1.1992. 18 Cap. 57. Die relevante Vorschrift, Art. 70 Employment Ordinance, gilt in ihrer Fassung vom 30.6.1997. 19 Cap. 71. Die relevante Vorschrift, Art. 17 Control of Exemption Clauses Ordinance, gilt in ihrer Fassung vom 1.7.1997, L.N. 65 of 2000. 13
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
sowie die Foreign Corporation Ordinance21. Darüber hinaus werden die international-privatrechtlichen Regeln durch die Domicile Ordinance22 unterstützt.
II. Qualifikation als Fall mit Bezug zu einer anderen Rechtsregion II. Interregionaler Bezug
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Wenn sich alle Elemente der dem Gericht vorgelegten Angelegenheit innerhalb des Gerichtsstaates ohne jeden Bezugspunkt zum ausländischen Recht ereignet haben, handelt es sich aus der Sicht des Rechts von Hong Kong um eine rein inländische Angelegenheit, auf die nicht die kollisionsrechtlichen Prinzipien sondern unmittelbar inländisches Recht angewendet wird.23 Da das common law grundsätzlich nicht zwischen internationalem und interregionalem Privatrecht unterscheidet, ist davon auszugehen, dass ein Sachverhalt irgendeinen Bezugspunkt zu einer der anderen chinesischen Regionen aufweisen muss, damit das anwendbare Recht nach dem Kollisionsrecht von Hong Kong zu ermitteln ist. Der Ausgangspunkt für die Anwendung des Kollisionsrechts, das Erfordernis eines auswärtigen Bezuges, ist damit derselbe wie auf dem Festland (s. oben Rn. 113 ff.); die Art des Bezugspunktes wird jedoch flexibler gehandhabt.
III. Interregionale Zuständigkeit III. Interregionale Zuständigkeit
1. Zuständigkeit kraft Zustellung 1019
Zentrales Element der internationalen (und mangels entsprechender Unterscheidung auch der interregionalen) Zuständigkeit (jurisdiction) ist nach dem common law von Hong Kong – aus historischen Gründen24 – die Zustellung der Klageschrift an den Beklagten (service of the originating pro-
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Cap. 458 (Fassung vom 1.7.1997), L.N. 65 of 2000. Cap. 437 (Fassung vom 30.6.1997). 22 Cap. 596 (Fassung vom 1.3.2009), L.N. 280 of 2008. 23 Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.001]. In diese Richtung deutet auch Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.003]. Vgl. auch Cowley/James/El-Mahmoud/Han, Hong Kong Lawyer – At Issue. A.A. für den Bereich des Vertragsrechts – Möglichkeit der Rechtswahl auch ohne Auslandsbezug – Wolff, 6 (2010) J. P.I.L. 465 (494). 24 Das Zuständigkeitsrecht in England entstand auf der Grundlage der physisch-realen Hoheitsgewalt des Königs über den Beklagten. Da sich alle Gerichte in London befanden, entwickelte sich kein System örtlicher Zuständigkeit. S. dazu ausführlich von Cube, S. 6 ff. 21
III. Interregionale Zuständigkeit
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cess).25 Abweichendes gilt auf gesetzlicher Grundlage in Rechtsbereichen, die von der Untersuchung im Rahmen dieser Arbeit ausgenommen wurden (s. oben Rn. 26), namentlich im Insolvenz-, Familien- und Erbrecht.26 a) Zustellung in Hong Kong Die Gerichte von Hong Kong sind grundsätzlich für jede Klage – unabhängig von der Art des geltend gemachten Anspruchs – zuständig, die der beklagten Partei innerhalb von Hong Kong rechtmäßig zugestellt werden kann.27 Wie zu sehen sein wird, ist die Zuständigkeit durch Zustellung innerhalb von Hong Kong infolge der Zustellungsregeln in vielen Punkten mit der allgemeinen Zuständigkeit auf dem Festland vergleichbar.
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(1) Zustellung an natürliche Personen Einer natürlichen Person kann grundsätzlich durch persönliche Übergabe,28 Versand per Einschreiben (registered post)29 oder Einwurf in den Briefkasten 30 an der gewohnten oder letzten bekannten Adresse (usual or last known address) in Hong Kong zugestellt werden. 31 Für die Wirksamkeit der Zustellung an der gewohnten oder letzten bekannten Adresse muss sich der Beklagte allerdings zum Zeitpunkt der Zustellung in Hong Kong aufhalten.32 Im Ergebnis führt dies jedenfalls zu einer Zuständigkeit Hong Konger Gerichte, wenn der Beklagte in Hong Kong wohnt und damit eine Adresse dort hat – vorausgesetzt er befindet sich auch in Hong Kong.33 Eine Verfestigung des Wohnsitzes durch Registrierung oder Aufenthaltsdauer wie für die allgemeine Wohnsitzzuständigkeit auf dem Festland (oben Rn. 176)
25
Vgl. Moser, Hong Kong, in: Pryles (Hrsg.), Dispute Resolution in Asia, S. 102. S. den entsprechenden Hinweis bei Johnston, Rn. 3.020 (S. 67). 27 Vgl. Moser, Hong Kong, in: Pryles (Hrsg.), Dispute Resolution in Asia, S. 102; Johnston, Rn. 3.002 (S. 56 f.). 28 Order 10 r. 1(1), 65 r. 2 RHC/RDC. 29 Order 10 r. 1(2)(a) RHC/RDC. 30 Order 10 r. 1(2)(b) RHC/RDC. 31 Darüber hinaus ist im Hinblick auf vertragliche Ansprüche auch eine Zustellung auf zwischen den Parteien vereinbarte Weise wirksam, Order 10 r. 3 RHC/RDC. 32 Yongheng Nevada International Company Ltd. v. Chan Mau Tak (HCA014528/1998) v. 5.5.2000, Rn. 3 ff. (Cheung J). 33 In den meisten Fällen, in denen ein Beklagter zwar grundsätzlich in Hong Kong lebt, sich aber zeitweise nicht dort aufhält, wird Order 11 r. 1(1)(a) RHC/RDC die Zustellung außerhalb Hong Kongs ermöglichen. S. dazu unten Rn. 1036 ff. 26
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
wird dabei jedoch nicht gefordert. Vielmehr reicht bereits eine Arbeitsadresse aus.34 Die Alternative der Zustellung an die letzte bekannte Adresse verhindert, dass sich die beklagte Partei durch einen – dem Kläger verheimlichten – Umzug dessen Zugriff entzieht. Maßgeblich ist die letzte dem Kläger bekannte Adresse.35 Ein bloß vorübergehender Aufenthalt in Hong Kong kann grundsätzlich ebenfalls zu einer wirksamen Zustellung, etwa durch persönliche Übergabe, führen. Eine erhebliche Beschränkung erfahren diese im Vergleich zum Festland weiterreichenden Möglichkeiten der Klageerhebung durch die Grundsätze des forum non conveniens (dazu unten Rn. 1070 ff.). (2) Zustellung an Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit
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Bei Personenvereinigungen ohne selbständige Rechtspersönlichkeit (partnerships) muss die Klageschrift grundsätzlich jedem Teilhaber zugestellt werden. Die Zuständigkeit der Gerichte von Hong Kong ist insofern schwerer zu begründen als auf dem Festland, wo der Registrierungsort einer Personenvereinigung bzw. mangels eines solchen der Wohnsitz irgendeines der Teilhaber zur Zuständigkeit führt (oben Rn. 178). Allerdings gelten für Personenvereinigungen, die in Hong Kong unter einem Firmennamen Geschäfte betreiben, vereinfachte Zustellungsbedingungen: Ihnen gegenüber kann durch Übergabe oder per Einschreiben an ihrem Hong Konger Hauptgeschäftssitz (principal place of business) sowie durch Zustellung an (mindestens) einen Teilhaber die Zuständigkeit der Gerichte von Hong Kong begründet werden.36 (3) Zustellung an juristische Personen
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Die Möglichkeiten einer Zustellung an juristische Personen hängt davon ab, ob die juristische Person in Hong Kong nach den Vorschriften der Hong Kong Companies Ordinance37 oder aber außerhalb von Hong Kong gegründet wurde. In Hong Kong gegründete juristische Personen besitzen einen registrierten Geschäftssitz (registered place of business), 38 an dem ihnen Klage34
Vgl. Guangdong International Trust and Investment Corp. Hong Kong (Holdings) Ltd. v. Yueh Wah (Hong Kong) Wah Fat Ltd. (HCA3503/1996) v. 7.4.1997, [1997] HKLRD 489, Rn. 6–8 (Keith J). 35 S. Guangdong International Trust and Investment Corp. Hong Kong (Holdings) Ltd. v. Yueh Wah (Hong Kong) Wah Fat Ltd. (HCA3503/1996) v. 7.4.1997, Rn. 7 (Keith J). 36 Vgl. Order 81 r. 3(1) RHC/RDC. 37 Cap. 32 (Fassung v. 11.7.2008), L.N. 139 of 2008. 38 Sec. 92 Hong Kong Companies Ordinance.
III. Interregionale Zuständigkeit
379
schriften durch (eingeschriebenen) Postversand oder Einwurf in den Briefkasten zugestellt werden. 39 Insofern dürfte sich die hierüber begründete Zuständigkeit mit der auf dem Festland praktizierten allgemeinen Zuständigkeit am Ort der Hauptverwaltung bzw. der Haupthandlungsorgane von juristischen Personen (oben Rn. 174) regelmäßig decken. Nicht in Hong Kong gegründete juristische Personen müssen einen etwaigen Geschäftssitz in Hong Kong nach Sec. 333 Hong Kong Companies Ordinance binnen eines Monats eintragen lassen und dabei mindestens einen Zustellungsbevollmächtigten in Hong Kong benennen sowie ihren Hauptgeschäftssitz am Gründungsort angeben. Eine Klagezustellung erfolgt dann in erster Linie an den Zustellungsbevollmächtigten in Hong Kong.40 Sofern dies scheitert, kann der juristischen Person an jedem Geschäftssitz innerhalb von Hong Kong zugestellt werden; besitzt sie keinen Geschäftssitz mehr, tritt an dessen Stelle der Hauptsitz am Gründungsort, und sofern auch ein solcher nicht existiert, ein Geschäftssitz der letzten zwölf Monate innerhalb von Hong Kong.41 Juristischen Personen, die keinen Geschäftssitz in Hong Kong besitzen, wird eine Klageschrift durch Übergabe an ihren Vorsitzenden (chairman) oder Generaldirektor (president), Buchhalter (clerk), leitenden Angestellten (secretary), Kassenführer (treasurer) oder einen ähnlichen Angestellten zugestellt.42 Diese Zuständigkeiten für Klagen gegen nicht in Hong Kong gegründete juristische Personen gehen über die allgemeine Zuständigkeit für Klagen gegen juristische Personen auf dem Festland hinaus. In vielen Fällen dürfte dies auf dem Festland jedoch durch die besonderen Zuständigkeiten des Sitzortes eines Vertretungsorgans (oben Rn. 257 f.) und der Belegenheit pfändbaren Vermögens in Form eines Geschäftssitzes oder einer Niederlassung (oben Rn. 258) ausgeglichen werden.
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(4) Zustellung an einen Beauftragten Für Klagen bezüglich eines Vertrages, der in Hong Kong durch oder über einen Beauftragten (agent) geschlossen wurde, kann die Zustellung der Klageschrift an den Beauftragten gegenüber dem Geschäftsherrn zuständigkeitsbegründend wirken. Voraussetzung dafür ist nach Order 10 r. 2 RHC/RDC, dass der Beauftragte im Gegensatz zu seinem Auftraggeber entweder eine natürliche Person, die in Hong Kong lebt oder Geschäfte be-
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Ob darüber hinaus auch eine Zustellung durch Übergabe am eingetragenen Geschäftssitz oder Versand/Einwurf am Hauptgeschäftssitz (principal place of business) ausreichen, ist nicht abschließend geklärt. S. dazu Johnston, Rn. 3.024 (S. 70 ff.). 40 Sec. 338(1) Hong Kong Companies Ordinance. 41 Sec. 338(2) Hong Kong Companies Ordinance. 42 Order 65 r. 3(1) RHC/RDC.
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
treibt, oder eine juristische Person mit eingetragenem Büro oder Geschäftssitz in Hong Kong ist. Durch oder über einen Beauftragten geschlossen sind Verträge dabei auch, wenn der Beauftragte lediglich Bestellungen entgegennehmen sollte, diese aber mangels Vertretungsmacht nicht verbindlich zuzusagen vermochte, also kein im engeren Sinne „Bevollmächtigter“ ist.43 Zur Ermittlung ihrer Zuständigkeit bestimmen die Gerichte von Hong Kong den Abschlussort eines Vertrages in der Regel nach der lex fori,44 da diese Frage dem Prozessrecht zugeordnet wird. 45 Das common law von Hong Kong folgt den traditionellen Regeln zur Ermittlung des Ortes, an dem ein Vertrag geschlossen wurde: Im Allgemeinen kommt nach der klassischen postal rule ein Vertrag an dem Ort zustande, an dem die Annahmeerklärung der Post übergeben wird; bei der Verwendung von Technik, die Nachrichten unverzüglich übermittelt (Telefon, Funk, Fax und wohl auch Email), liegt der Abschlussort dort, wo die verbindliche Annahmeerklärung empfangen wird.46 Hinsichtlich der Zuständigkeit kraft Zustellung an einen Beauftragten in Hong Kong können sich im Ergebnis Ähnlichkeiten mit der besonderen Zuständigkeit festlandchinesischer Gerichte aufgrund des Wohnsitzes eines Vertretungsorgans (oben Rn. 257 f.) ergeben. b) Zustellung außerhalb von Hong Kong
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In bestimmten Fällen ist es nach Order 11 r. 1(1) RHC/RDC möglich, die Zuständigkeit der Gerichte von Hong Kong durch Zustellung der Klageschrift außerhalb von Hong Kong zu begründen (sogenannte long-arm jurisdiction). Die Zustellung erfordert dabei stets eine zuvor eingeholte
43
S. dazu Johnston, Rn. 5.031 (S. 216, insb. Fn. 162 m.w.N.). Ohne diese Frage überhaupt aufzuwerfen etwa Century Yachts Ltd. v. Xiamen Celestial Yacht Ltd. (CACV000011/1993) v. 8.6.1993, Rn. 24 f. (Litton J); GDH Ltd. v. Creditor Co. Ltd. (HCA1462/2006) v. 24.10.2008, Rn. 30 ff. (To J); Robin Hargreaves on his own behalf and on behalf of those Lloyds’ Syndicates listed on the Schedule to the writ of summons v. Taian Insurance Co. Ltd. (HCCL27/2005) v. 6.6.2006, [2006] 3 HKLRD 70, Rn. 28 f. (Stone J). Zuvor dagegen zur Anwendung des Vertragsstatuts neigend, aber letztlich offenlassend Ferromin Ltd. v. Nittetsu Shoji Co. Ltd. (HCCL41/1998) v. 29.1.1999, Rn. 24 f. (Stone J). 45 S. Johnston, Rn. 5.024 (S. 211). 46 S. Johnston, Rn. 5.025 (S. 211 f.) und Rn. 5.026 ff. (S. 213 ff.), zu Problemfällen und einem Alternativvorschlag zu den traditionellen Regeln. 44
III. Interregionale Zuständigkeit
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Genehmigung (leave) des Gerichts,47 auch wenn sie in den anderen chinesischen Rechtsregionen erfolgt.48 Im Folgenden sollen die Konstellationen im Überblick dargestellt und auf Parallelen zu Zuständigkeitsgrundlagen des festlandchinesischen Rechts untersucht werden, die im hier untersuchten, für den Wirtschaftsverkehr relevanten Bereich (oben Rn. 26) Klagen vor den Gerichten von Hong Kong gegen eine Partei ermöglichen, die sich nicht in Hong Kong aufhält.
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(1) Order 11 r. 1(1)(a) RHC/RDC: Domizil oder gewöhnlicher Aufenthalt In Hong Kong kann nach Order 11 r. 1(1)(a) RHC/RDC gegen eine (natürliche oder juristische)49 Person geklagt werden, die dort ihr Domizil (domicile) oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt (ordinary residence) hat, auch wenn sie sich zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht in Hong Kong befindet.
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(a) Domizil (aa) Natürliche Personen Die Ermittlung des Domizils (domicile) einer natürlichen Person richtete sich bis zum 28.2.2009 nach dem traditionellen common law von Hong Kong;50 seit dem 1.3.2009 wurde es durch die Domicile Ordinance51 abgelöst. 52 Nach Sec. 3(1) Domicile Ordinance besitzt jede natürliche Person ein Domizil (domicile), aber auch nur und genau eines (Sec. 3(2) Domicile Ordinance). Bei Kindern liegt das Domizil an dem Ort, mit dem sie zum gegebenen Zeitpunkt am engsten verbunden sind.53 Eine Vermutung streitet dabei zugunsten des Domizils der Eltern bzw. des Elternteils, bei denen bzw. dem das Kind lebt. 54 Bei Eintritt der Volljährigkeit behält ein geschäftsfähiger Erwachsener dieses Domizil bei, bis er an einem anderen Ort ein neues begründet. 55 Dies erfordert seine Anwesenheit am Ort des 47
Eine praktisch extrem begrenzte Ausnahme bildet Order 11 r. 1(2)(b) RHC/RDC, s. dazu Johnston, Rn. 3.028 (S. 79, Fn. 175); Ramaswamy, 8 (2011) US-China L. Rev. 295 (304, Fn. 29). 48 Darauf weist Johnston, Rn. 3.028 (S. 79), ausdrücklich hin. 49 Sec. 3 Interpretation and General Clauses Ordinance, Cap. 1 (Fassung v. 8.5.2009), L.N. 2 of 2009. 50 S. dazu im Detail Johnston, Rn. 7.007 (S. 339 ff.). 51 Cap. 596 (Fassung v. 1.3.2009), L.N. 280 of 2008. 52 Zur Ablösung der Regeln des common law s. Sec. 14(2) und (3) Domicile Ordinance. 53 Sec. 4(1) Domicile Ordinance. 54 Sec. 4(2) und (3) Domicile Ordinance. 55 Sec. 5(1) Domicile Ordinance.
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
neuen Domizils und seinen Willen, ihn auf unbegrenzte Zeit zu seiner Heimat zu machen.56 Die Begründung eines Domizils in Hong Kong erfordert nach Sec. 6 Domicile Ordinance in der Regel, dass die Person sich rechtmäßig in Hong Kong aufhält. (bb) Juristische Personen 1038
Das Domizil (domicile) einer juristischen Person ist der Staat oder die Rechtsregion, deren Recht die juristische Person ihre Rechtspersönlichkeit verdankt.57 (b) Gewöhnlicher Aufenthalt (aa) Natürliche Personen
1039
Der gewöhnliche Aufenthalt einer natürlichen Person liegt im Allgemeinen an dem Ort ihres Aufenthaltes, den sie im Rahmen eines geregelten Lebensablaufs freiwillig und für bestimmte Zwecke, die eine gewisse Beständigkeit mit sich bringen, unabhängig von der Dauer des Aufenthalts angenommen hat.58 (bb) Juristische Personen
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Der gewöhnliche Aufenthalt einer juristischen Person wird durch den Ort ihrer zentralen Führung und Kontrolle bestimmt.59 Zur Ermittlung kommt es auf die tatsächlichen Umstände an; zu berücksichtigen sind dabei u.a. die Angaben zum Gegenstand des Unternehmens in der Gründungsurkunde, die Orte der Gründung, des tatsächlichen Geschäfts, der Buchhaltung, der Verwaltung, der Vorstandstreffen und des Hauptbüros sowie der Belegenheitsort der wichtigsten Vermögensgegenstände.60
56
Sec. 5(2) Domicile Ordinance. Johnston, Rn. 7.016 (S. 348). 58 S. Johnston, Rn. 7.019 (S. 349 f.). 59 Insurance Co. of the State of Pennsylvania v. Grand Union Insurance Co. Ltd. (CACV29/1988) v. 27.5.1988, [1988] 2 HKLR 541, Rn. 10 (Cons V.-P.). 60 S. Charter View Holdings (B.V.I.) Ltd. v. Corona Investments Ltd. and Another (HCA8190/1995) v. 10.9.1997, [1998] 1 HKLRD 469, Rn. 3 (Keith J). 57
III. Interregionale Zuständigkeit
383
(2) Zuständigkeit aufgrund des Handlungsortes (a) Order 11 r. 1(1)(b) RHC/RDC: Gerichtliche Verfügung zu einem Tun oder Unterlassen Die Gerichte von Hong Kong können nach Order 11 r. 1(1)(b) RHC/RDC für Verfügungen (injunctions) zuständig sein, durch die ein Beklagter zu einem Tun oder Unterlassen innerhalb von Hong Kong angewiesen wird.
1041
(b) Order 11 r. 1(1)(d)(i) RHC/RDC: Ort des Vertragsschlusses Wurde ein Vertrag in Hong Kong geschlossen, so können nach Order 11 r. 1(1)(d)(i) für den Vertrag betreffende Ansprüche 61 wie etwa Durchsetzung, Widerruf, Auflösung oder Aufhebung sowie Ansprüche infolge einer Vertragsverletzung die Gerichte von Hong Kong in Anspruch genommen werden, auch wenn der Beklagte sich nicht in Hong Kong aufhält. Der Abschlussort des Vertrages wird wie im Rahmen von Order 10 r. 2(1) ermittelt (dazu oben Rn. 1032).
1042
(c) Order 11 r. 1(1)(d)(ii) RHC/RDC: Vertragsschluss durch oder über einen Beauftragten Auch der Vertragsschluss durch oder über einen in Hong Kong gewerblich tätigen oder wohnhaften Beauftragten (agent) kann nach Order 11 r. 1(1)(d)(ii) bei vertraglichen Ansprüchen zur Zustellung der Klageschrift an den Auftraggeber (principal) außerhalb von Hong Kong führen. Hier gilt das oben Rn. 1030 ff. zur Möglichkeit der Zustellung an den Beauftragten Gesagte; der Vertrag braucht jedoch nicht in Hong Kong abgeschlossen worden zu sein, da sonst bereits die erste Alternative von Order 11 r. 1(1)(d) RHC/RDC eingreifen würde.
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(d) Order 11 r. 1(1)(e) RHC/RDC: Vertragsverletzung Wird ein Vertrag durch eine Handlung oder Unterlassung in Hong Kong verletzt (breach), gewährt Order 11 r. 1(1)(e) RHC/RDC wegen der daraus resultierenden Ansprüche die Möglichkeit der Zustellung außerhalb von Hong Kong. Der Ort, an dem die Vertragsverletzung begangen wurde, wird dabei nach dem Vertragsstatut bestimmt.62 Dadurch, dass auch Vertragsverletzungen durch Unterlassen erfasst sind, 63 greift die Vorschrift auch für 61
Die Formulierung von Order 11 r.1(1)(d) RHC/RDC bezweckt hinsichtlich der erfassten Ansprüche keine Einschränkung und ist daher weit zu verstehen, s. Johnston, Rn. 5.020 (S. 206 ff.). 62 Diesen Rückschluss lässt das von Johnston, Rn. 5.036 (S. 218), erwähnte Beispiel zu. 63 Johnston, Rn. 5.036 (S. 218).
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
Ansprüche wegen Nichterfüllung eines Vertrages, wenn Hong Kong Erfüllungsort ist. Häufig wird die nach Order 11 r. 1(1)(e) RHC/RDC bewirkte Zuständigkeit Hong Konger Gerichte zu ähnlichen Ergebnissen führen wie die besondere Zuständigkeit am Erfüllungsort eines Vertrages nach festlandchinesischem Recht. Im Fall der Nichterfüllung kommt letztere jedoch gar nicht zum Einsatz, sofern nicht ein Erfüllungsort vereinbart worden ist (oben Rn. 207). (e) Order 11 r. 1(1)(f) RHC/RDC: Unerlaubte Handlung
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Wenn aus einer unerlaubten Handlung (tort) (erheblicher, wenn auch nicht notwendig der gesamte)64 Schaden in Hong Kong entstanden ist oder die schädigende Handlung in Hong Kong begangen wurde, erlaubt Order 11 r. 1(1)(f) RHC/RDC die Zustellung einer auf deliktsrechtliche Ansprüche gestützten Klage auch außerhalb von Hong Kong. Die Zuständigkeit der Gerichte von Hong Kong kann demnach in ähnlichen Fällen begründet werden wie die besondere Zuständigkeit des Ortes einer rechtsverletzenden Handlung (oben Rn. 243 ff.) auf dem Festland. Die Gerichte von Hong Kong dürfen dabei mittlerweile auch – trotz widersprüchlicher englischer Präjudizien hinsichtlich der sogenannten subject matter jurisdiction – über die Verletzung fremder geistiger Eigentumsrechte entscheiden.65 (f) Order 11 r. 1(1)(p) RHC/RDC: fingiertes Treuhandverhältnis
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Nach Order 11 r. 1(1)(p) RHC/RDC können sich die Gerichte von Hong Kong für Ansprüche aus fingiertem Treuhandverhältnis (constructive trust), insbesondere solche auf Erstattung (claim for money had and received), gegen eine Partei, die sich nicht in Hong Kong aufhält, zuständig erklären. Voraussetzung dafür ist, dass die Handlung, die zur geltend gemachten Haftung führt, in Hong Kong begangen worden ist. Ein Treuhandverhältnis (trust) wird auf der Grundlage von equity in Fällen fingiert, in denen eine Person Treuhandvermögen unter Verletzung der Treuhand (trust) erhalten hat, in denen eine Person rechtmäßig Treuhandvermögen erhalten, dann aber veruntreut hat oder in denen eine Per64
Johnston, Rn. 5.096 (S. 256). Esquel Enterprises Ltd. and Another v Tal Apparel Ltd. and Another (CACV71/2005) v. 26.1.2006, [2006] 2 HKLRD 363, Rn. 32 ff. (Tang JA). Zuvor bereits Anheuser-Busch, Inc. v. Budejovicky Budvar, Narodni Podnik (HCA11095/1999) v. 4.10.2000, Rn. 27 f. (Kwan J). Dies entspricht auch der Tendenz in anderen common lawStaaten, s. KK Sony Computer Entertainment v Van Veen, High Court of New Zealand (McKenzie J), (2006) 71 IPR 179. S. noch vorher zur ungeklärten Rechtslage Johnston, Rn. 4.030 ff. (S. 151 ff.); Wah, 35 (2005) HKLJ 367 (372 ff.). 65
III. Interregionale Zuständigkeit
385
son unredlich eine betrügerische Treuhandverletzung fördert.66 Es handelt sich also im Wesentlichen um eine Zuständigkeit für bestimmte Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung67 an dem Ort, an dem in die Rechte des anderen eingegriffen wurde. (3) Order 11 r. 1(1)(g), (h) und (i) RHC/RDC: Zuständigkeit aufgrund der Belegenheit einer Sache Order 11 r. 1(1)(g) RHC/RDC regelt die Möglichkeit der Zustellung einer Klage außerhalb von Hong Kong, deren Gegenstand in Hong Kong belegene Immobilien oder die beweissichernde gerichtliche Aufnahme von sich auf diese beziehenden Zeugenaussagen (perpetuation of testimony) sind. Ebenso ermöglicht Order 11 r. 1(1)(h) RHC/RDC die Zustellung außerhalb von Hong Kong, wenn um die Auslegung, Berichtigung, Aufhebung oder Durchsetzung eines Rechtsgeschäfts, einer notariellen Urkunde, eines Testaments oder Vertrages, einer Forderung oder Haftpflicht gestritten wird, die eine in Hong Kong belegene Immobilie beeinflussen. Darunter fallen auch Klagen auf Zahlung des Mietzinses oder den Erlös aus dem Verkauf einer Immobilie.68 Nach Order 11 r. 1(1)(i) RHC/RDC können die Gerichte von Hong Kong durch Zustellung im Ausland zum einen dann zuständig werden, wenn der geltend gemachte Anspruch aus einer durch in Hong Kong belegene Immobilien gesicherten Geldschuld herrührt. Zum anderen dürfen hiernach auch grundsätzlich Eigentums-, Besitz- und Sicherungsrechte an in Hong Kong belegenem beweglichem Vermögen vor Hong Konger Gerichten unabhängig vom Aufenthaltsort des Beklagten geltend gemacht werden. Schließlich erlaubt Order 11 r. 1(1)(i) RHC/RDC noch Klagen auf Vollmachtserteilung zur Veräußerung von in Hong Kong belegenem beweglichem Vermögen vor den Gerichten von Hong Kong. Bewegliches Vermögen erfasst dabei auch immaterielle Vermögenswerte (intangible property).69 Hier bedarf es besonderer Regeln, um den Belegenheitsort zu bestimmen. Das festlandchinesische Recht kennt für Immobilien betreffende Streitigkeiten sogar eine ausschließliche Zuständigkeit (oben Rn. 264 ff.), die möglicherweise auch von der Seite Hong Kongs über die sogenannte Moçambique rule 70 als ausschließlich respektiert werden würde. 71 Nach
66
Vgl. Dicey, Morris & Collins (Collins), Rn. 11-242 (S. 394), zum englischen Recht. Vgl. zum englischen Recht von Cube, S. 68. 68 S. Johnston, Rn. 6.049 (S. 336, Fn. 172 und 173). 69 Johnston, Rn. 6.049 (S. 336, Fn. 175). 70 Benannt nach dem maßgeblichen englischen Präjudiz British South Africa Co. v. Companhia de Moçambique [1893] AC 602. 67
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
diesem Grundsatz des traditionellen englischen common law besitzen die Gerichte von Hong Kong keine Zuständigkeit in der Sache (subject matter jurisdiction), wenn Sachenrechte an oder Eingriffe in außerhalb von Hong Kong belegene Immobilien in Frage stehen.72 Die Belegenheit von körperlichen beweglichen Sachen kann auf dem Festland über die besondere Zuständigkeit am Belegenheitsort des Prozessgegenstands (oben Rn. 227 ff.) ebenfalls die internationale bzw. interregionale Zuständigkeit begründen. (4) Zuständigkeit aufgrund der Anwendbarkeit des Rechts von Hong Kong (a) Order 11 r. 1(1)(d)(iii) RHC/RDC: Vertragsstatut 1053
Ist auf einen Vertrag aufgrund einer Rechtswahl oder nach objektiver Anknüpfung das Recht von Hong Kong anzuwenden, erlaubt Order 11 r. 1(1)(d)(iii) RHC/RDC für Klagen, die den Vertrag oder seine Verletzung betreffen (s. dazu oben Rn. 1042), die Zustellung außerhalb von Hong Kong. (b) Order 11 r. 1(1)(j) RHC/RDC: Treuhand
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Ansprüche hinsichtlich der Verwaltung von Treuhandvermögen, die sich gegen den Treuhänder richten, können nach Order 11 r. 1(1)(j) RHC/RDC vor die Gerichte von Hong Kong gebracht werden, selbst wenn sich der Treuhänder nicht in Hong Kong aufhält. Damit diese Regelung greift, muss die Treuhand (trust) schriftlich und ausdrücklich begründet worden sein und nach dem Kollisionsrecht von Hong Kong (dazu unten Rn. 1144 ff.) dem Recht von Hong Kong unterfallen.73 2. Ausschließliche Zuständigkeit
1055
Das Konzept der ausschließlichen internationalen Zuständigkeit ist dem common law fremd. In Rechtsordnungen, die wie die festlandchinesische eine ausschließliche Zuständigkeit kennen, werden in der Regel dieser zuwider laufende Gerichtsstandsvereinbarungen nicht beachtet und fremde Urteile nicht anerkannt, wenn sie entgegen der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte des um Anerkennung ersuchten Staates ergangen sind.
71
Der Mangel an einschlägigen Präjudizien der Gerichte von Hong Kong macht es derzeit schwierig abzuschätzen, ob die Gerichte der traditionellen Moçambique rule folgen würden, vgl. Johnston, Rn. 4.027, 4.029 (S. 147, 150 f.), der sich dagegen ausspricht. 72 S. dazu ausführlich Johnston, Rn. 4.026 ff. (S. 147 ff.); von Cube, S. 108 ff. Vgl. auch Ramaswamy, 8 (2011) US-China L. Rev. 295 (307). 73 S. Johnston, Rn. 8.108 (S. 527).
III. Interregionale Zuständigkeit
387
Da es nach dem Recht von Hong Kong ohnehin im Ermessen der Gerichte steht, eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten eines fremden Gerichts zu honorieren, selbst wenn sie ausschließlich ist (s. dazu Rn. 1061), bedarf es an dieser Stelle nicht der starren Lösung der eigenen ausschließlichen Zuständigkeit. Ob die Gerichte von Hong Kong aus der sogenannten Moçambique rule (oben Rn. 1052), sofern sie ihr überhaupt folgen, dann noch schließen würden, dass fremde Gerichtsurteile nicht anerkannt werden können, wenn sie in Hong Kong belegene Immobilien betreffen, erscheint derzeit ungeklärt. In ihrer unmittelbaren Anwendung bezieht die Moçambique rule sich nur darauf, die eigene internationale Zuständigkeit abzulehnen. 3. Zuständigkeit kraft Unterwerfung des Beklagten Eine Partei kann sich – vor oder nach Beginn eines Verfahrens – durch eine entsprechende vertragliche Vereinbarung oder durch ihr Verhalten der Gerichtsbarkeit von Hong Kong unterwerfen (submission) und damit das Recht verlieren, die internationale bzw. interregionale Zuständigkeit der Gerichte von Hong Kong zu beanstanden.74 Eine Zustellung der Klageschrift als formal zuständigkeitsbegründender Akt bleibt dabei aber in jedem Fall erforderlich.75 Für Vertragsstreitigkeiten erlaubt daher Order 11 r. 1(1)(d)(iv) RHC/RDC die Zustellung außerhalb von Hong Kong, wenn im Vertrag die Zuständigkeit der Gerichte von Hong Kong für den Streitfall vereinbart wurde.
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a) Rügelose Einlassung Eine Partei unterwirft sich der Gerichtsbarkeit der Gerichte von Hong Kong, wenn sie sich ohne Zuständigkeitsrüge auf die Klage in der Sache einlässt. Dabei ist maßgeblich, ob die Partei sich so unvereinbar mit der Aufrechterhaltung der Option der Zuständigkeitsrüge verhält, dass es als Verzicht auf diese Rüge angesehen werden muss.76 Selbst ein ausdrücklicher Vorbehalt der Zuständigkeitsrüge kann bei extrem widersprüchlichem Verhalten dennoch zum Verlust der Rüge führen.77
74 Vgl. Johnston, Rn. 3.004 (S. 58). S. auch zum englischen Recht Dicey, Morris & Collins (Collins), Rn. 11-130 ff. (S. 356 ff.). 75 Johnston, Rn. 3.018 (S. 65). 76 S. Hwoo Huang Linda v. Fu Being San and Others (HCA4888A/2001) v. 10.4.2002, Rn. 26 (Reyes J), mit einigen positiven und negativen Beispielen. 77 S. Chan Kui v. Lee Fai t/a Fai Kee Timber (HCPI126/1995) v. 2.5.1997, Rn. 16 (Chan J).
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
b) Gerichtsstandsvereinbarung 1059
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Wirksamkeit und Auslegung einer Gerichtsstandsvereinbarung (jurisdiction clause) richtet sich – anders als im festlandchinesischen Recht (dazu oben Rn. 284) – nach ihrem Vertragsstatut, das – sofern keine besondere Rechtswahl getroffen wurde – mit dem Statut des Hauptvertrages übereinstimmt.78 In seinem rechtlichen Schicksal sind Gerichtsstandsklauseln jedoch grundsätzlich vom Hauptvertrag unabhängig. 79 Unterliegen sie dem Recht von Hong Kong, können sie mündlich – allerdings mit der Schwierigkeit ihres Nachweises – und schriftlich abgeschlossen werden.80 Unterschieden werden ausschließliche (exclusive) und nicht ausschließliche (non-exclusive) Gerichtsstandsklauseln. In ersteren kommt der Wille der Parteien zum Ausdruck, Streitigkeiten untereinander einzig und allein durch das gewählte Gericht entscheiden zu lassen; in nicht ausschließlichen Klauseln wird vereinbart, das ein bestimmtes Gericht zuständig sein soll, ohne die Entscheidung durch andere Gerichte auszunehmen. Eine Gerichtsstandsvereinbarung wird als ausschließlich (exclusive) begriffen, wenn ihre Auslegung ergibt, dass sie die Parteien dazu verpflichtet, sich an das genannte Gericht zu wenden; die Verwendung des Wortes „ausschließlich“ (exclusive) ist nicht ausschlaggebend.81 (1) Zugunsten eines fremden Gerichts
1061
Eine Vereinbarung, nach der für bestimmte Streitigkeiten ausschließlich ein Gericht außerhalb von Hong Kong zuständig sein soll, bewirkt regelmäßig, dass die Gerichte von Hong Kong es ablehnen, eine durch Zustellung begründete Zuständigkeit auszuüben; es bleibt jedoch in ihrem Ermessen, in außergewöhnlichen Fallkonstellationen trotz der Klausel in der Sache selbst zu entscheiden. 82 Bei Klagen vor den Gerichten von Hong Kong, in denen nicht ausschließliche (non-exclusive) Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten von Gerichten außerhalb von Hong Kong in Rede stehen,
78 Johnston, Rn. 3.081 (S. 118). Vgl. auch Ramaswamy, 8 (2011) US-China L. Rev. 295 (306). 79 S. Johnston, Rn. 3.081 (S. 118 f.), mit Ausführungen auch zu Ausnahmen. 80 S. Johnston, Rn. 3.082 (S. 119). S. auch LUO Jianwen, Faxue Pinglun 2004, 86 (88); HUANG Jin, Forschungen, S. 72; Ramaswamy, 8 (2011) US-China L. Rev. 295 (306). Anders im festlandchinesischen Recht, das Schriftform verlangt, s. Rn. 270. 81 Hwoo Huang Linda v. Fu Being San and Others (HCA4888A/2001) v. 10.4.2002, Rn. 40 (Reyes J); Yu Lap Man v. Good First Investment Ltd. (CACV115/1998) v. 12.1.1999, Rn. 6 f. (Mayo JA). 82 Vgl. T & K Electronics Ltd. v. The Tai Ping Insurance Co. Ltd. (HCCL61/1997) v. 23.9.1997, [1998] 1 HKLRD 172, Rn. 6 (Stone J). S. auch Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.018]; Svantesson, 35 (2005) HKLJ 395 (414).
III. Interregionale Zuständigkeit
389
wirken diese dagegen nur als ein Faktor unter vielen bei der Abwägung im Rahmen einer forum non conveniens-Entscheidung (s. dazu Rn. 1070 ff.).83 (2) Zugunsten eines Gerichts von Hong Kong Eine nicht ausschließliche (non-exclusive) Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der Gerichte von Hong Kong wirkt im Rahmen von Order 11 r. 1(1) RHC/RDC wie eine Beweislastumkehr zugunsten des Klägers bei seinem Antrag auf Genehmigung der Zustellung außerhalb von Hong Kong; sie zeigt, dass beide Parteien Hong Kong als potentielles Forum anerkannt haben.84 Nur unter außergewöhnlichen, bei Vereinbarung des Gerichtsstands nicht vorhersehbaren Umständen lassen die Gerichte von Hong Kong zu, dass sich die beklagte Partei von der erklärten Anerkennung ihrer Zuständigkeit löst.85 Ihre Wirkung unterscheidet sich hier folglich nicht von der einer ausschließlichen Gerichtsstandsklausel.86 In diesem flexiblen System erfüllt demnach die Abwägung nach dem Prinzip des forum non conveniens die Funktion der tatsächlichen Beziehung zwischen Streitigkeit und Gerichtsort, die das festlandchinesische Recht für die Beachtlichkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung voraussetzt (dazu oben Rn. 269, 272 ff.).
1062
4. Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs: Order 11 Rule 1(1)(c) RHC/RDC Das Zuständigkeitsrecht von Hong Kong kennt mit Order 11 Rule 1(1)(c) RHC/RDC wie das festlandchinesische Recht (s. oben Rn. 305 ff.) eine Form der Zuständigkeit kraft Streitgenossenschaft. Die Vorschrift erlaubt die Zustellung der Klage (mit gerichtlicher Genehmigung) an eine Partei außerhalb von Hong Kong, wenn diese eine notwendige (necessary) oder87 83 Noble Power Investments Ltd. and Another v. Nissei Stomach Tokyo Co. Ltd. (CACV398/2007) v. 27.6.2008, [2008] 5 HKLRD 631, Rn. 44 (Ma CJHC), Rn. 67 ff. (Stone J). Vgl. auch Johnston, Rn. 3.083 (S. 120 f.). Beispiele sind Peregrine Fixed Income Ltd. v. JP Morgan Chase Bank (HCCL2/2004) v. 4.2.2005, [2005] 3 HKLRD 1, Rn. 41 ff. (Stone J); T & K Electronics Ltd. v. The Tai Ping Insurance Co. Ltd. (HCCL61/1997) v. 23.9.1997, [1998] 1 HKLRD 172, Rn. 21 (Stone J). 84 Noble Power Investments Ltd. and Another v. Nissei Stomach Tokyo Co. Ltd. (CACV398/2007) v. 27.6.2008, [2008] 5 HKLRD 631, Rn. 27 ff. (Ma CJHC), Rn. 62 ff. (Stone J). 85 Noble Power Investments Ltd. and Another v. Nissei Stomach Tokyo Co. Ltd. (CACV398/2007) v. 27.6.2008, Rn. 40 (Ma CJHC), Rn. 62 ff. (Stone J). 86 Noble Power Investments Ltd. and Another v. Nissei Stomach Tokyo Co. Ltd. (CACV398/2007) v. 27.6.2008, Rn. 37 (Ma CJHC), Rn. 64 (Stone J). 87 Das nach dem Wortlaut der Vorschrift gegebene Alternativverhältnis der beiden Varianten bekräftigend Inchcape J.D.H. Ltd. v. Baltrans Exhibition & Removal Ltd. and Another (HCCL257/1996) v. 27.10.1997, [1997] HKLRD 1278, Rn. 22 ff. (Stone J).
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
angemessene (proper) Partei der Klage gegen eine andere Person ist, der rechtmäßig zugestellt werden konnte. Die Gerichte entscheiden dabei unter Zuhilfenahme der prozessualen Regeln über die Streitgenossenschaft (joinder of parties).88 Insbesondere kann im Allgemeinen auf die Regelung der Fehlverbindung und der Nichtverbindung von Klagen (misjoinder and nonjoinder of parties) in Order 15 Rule 6(2)(b) RHC/RDC zurückgegriffen werden.89 a) Notwendige Partei 1064
Danach kann eine Partei als notwendig (necessary) angesehen werden, wenn sie an dem Verfahren hätte beteiligt werden sollen oder ihre Anwesenheit vor Gericht unerlässlich ist, um sicherzustellen, dass alle streitigen Fragen eines Rechtsstreits erfolgreich und vollständig entschieden werden können (vgl. Order 15 r. 6(2)(b)(i) RHC/RDC). b) Angemessene Partei
1065
Als angemessene (proper) Partei wird man eine Person betrachten können, wenn zwischen ihr und einer der Parteien des Rechtsstreits eine Frage aufkommen könnte, die aus, in Bezug auf oder in Verbindung mit einem der durch die Klage geforderten Rechtsbehelfe entsteht und es nach Auffassung des Gerichts gerecht und zweckdienlich wäre, diese Frage gleichzeitig mit Wirkung gegenüber dieser Person zu entscheiden (vgl. Order 15 r. 6(2)(b)(ii) RHC/RDC). Nach Order 15 r. 4(1) RHC/RDC sind zwei oder mehr Personen im Rahmen einer Klage angemessene (proper) Beklagte, wenn in getrennten Verfahren einige gemeinsame Rechts- oder Tatsachenfragen zu klären wären und sich alle (gesamtschuldnerischen, getrennten oder alternativen) Ansprüche aus demselben tatsächlichen Vorgang ergeben.90
88
Zum englischen Recht Fawcett, 44 (1995) IntCompLQuart 744 (747 f.). Vgl. zum Recht von Hong Kong Inchcape J.D.H. Ltd. v. Baltrans Exhibition & Removal Ltd. and Another (HCCL257/1996) v. 27.10.1997, [1997] HKLRD 1278, Rn. 20 f., 24 (Stone J). Das Gericht urteilte unter Übernahme der Grundsätze aus englischen Präjudizien, dass eine Partei, die sich nicht in Hong Kong befindet, dann angemessene (proper) Partei in dem Verfahren gegen die Person ist, die bereits der Gerichtsbarkeit der Hong Konger Gerichte unterliegt, wenn beide Parteien, würden sie sich in Hong Kong aufhalten, angemessene (proper) Beklagte wären. 89 S. zur wortgleichen Vorschrift des englischen Rechts Court of Appeal in Société Commerciale de Réassurance v. Eras International Ltd. (formerly Eras UK) And Others [1992] 1 Lloyd’s Rep. 570 (591 f.). 90 S. Inchcape J.D.H. Ltd. v. Baltrans Exhibition & Removal Ltd. and Another (HCCL257/1996) v. 27.10.1997, Rn. 20 f., 24 (Stone J).
III. Interregionale Zuständigkeit
391
5. Behandlung paralleler interregionaler Zuständigkeit a) Lis pendens Ist ein Rechtsstreit bereits in einem anderen Staat oder einer anderen Region Chinas anhängig, führt dies wie im festlandchinesischen Recht (s. oben Rn. 312 ff.) nicht per se zu einer Ablehnung der eigenen Zuständigkeit oder zur Verfahrenseinstellung. Die gleichzeitige Anhängigkeit des Rechtsstreits in verschiedenen Rechtsregionen ist vielmehr nur ein – wenn auch bedeutsamer91 – Faktor unter vielen im Rahmen der forum non conveniensPrüfung (unten Rn. 1070 ff.).92 Wenn jedoch dieselbe Partei in verschiedenen Rechtsregionen klagt, dann muss sie sich für einen der Gerichtsorte entscheiden, sofern sie nicht besondere Gründe nachweist, die ausnahmsweise parallele Verfahren erlauben.93 Einen Grund für parallele Verfahren kann es darstellen, wenn zwischen den beiden Staaten bzw. Rechtsregionen keine gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen stattfindet, aber eine vollständige Befriedigung der ausstehenden Forderung von einem Rückgriff auf Vermögen der beklagten Partei in beiden Regionen abhängt. Im Verhältnis zum Festland wurde dies in einer Entscheidung aus dem Jahr 1992 mit einem Verweis auf die Möglichkeit der common law-Anerkennung eines festlandchinesischen Urteils in Hong Kong abgelehnt.94 Mit Blick auf die Bedenken hinsichtlich der Endgültigkeit festlandchinesischer Urteile, die sich seitdem im Fallrecht von Hong Kong durchgesetzt haben (dazu unten Rn. 1163 f.), kann dies mittlerweile jedoch nur noch im begrenzten Anwendungsbereich der Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance (zu dieser unten Rn. 1159 ff.) gelten.95
91
Vgl. Moser, Hong Kong, in: Pryles (Hrsg.), Dispute Resolution in Asia, S. 105. Vgl. Shenzhen Futaihong Precision Industry Co. Ltd. And Others v. BYD Co. Ltd. and Others (HCA2114/2007) v. 27.6.2008, Rn. 30 (Au J). S. auch Ramaswamy, 8 (2011) US-China L. Rev. 295 (307). 93 Johnston, Rn. 3.058 (S. 104); Hing Fat Plastic Manufacturing Co. Ltd. v. Advanced Technology Products (HK) Ltd. (HCA3104/1992) v. 23.7.1992, Rn. 5 (Keith J), unter Verweis auf die Entscheidung des englischen House of Lords in The Abidin Daver, [1984] AC 398. 94 Hing Fat Plastic Manufacturing Co. Ltd. v. Advanced Technology Products (HK) Ltd. (HCA3104/1992) v. 23.7.1992, Rn. 6 f. (Keith J). 95 Die Problematik der Endgültigkeit stellte einen unter mehreren Faktoren dar, die in Chan Chow Yuen v. Nangyang Commercial Bank Trustee Ltd. And Others (HCAP4/2002) v. 7.6.2004, Rn. 9 ff. (Cheung J), zur Zulassung eines parallelen Verfahrens in Hong Kong führten. 92
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
b) Res judicata 1068
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Wurde ein bestimmter Klagegegenstand bereits durch ein fremdes Gericht entschieden, so darf vor den Gerichten von Hong Kong kein Verfahren zwischen denselben Parteien hierüber eröffnet werden, es sei denn, das ergangene Urteil ist in Hong Kong nicht vollstreckbar oder anerkennungsfähig.96 Im Unterschied zum festlandchinesischen Recht (s. oben Rn. 318 ff.) reicht also die Anerkennungsfähigkeit aus, um das fremde Urteil zur res judicata für das Verfahrensrecht von Hong Kong werden zu lassen. Im Hinblick speziell auf vom Anerkennungs-Arrangement Hong Kong erfasste festlandchinesische Urteile sieht die Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance in ihrer Sec. 16(1) vor, dass ein anerkennungsfähiges festlandchinesisches Urteil in einem Verfahren über denselben Klagegegenstand zwischen denselben Parteien in Hong Kong als endgültig (conclusive) anzuerkennen ist. 97 Diesen Schutz ergänzt Sec. 22 Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance, indem sie die Einleitung eines neuen Verfahrens bei bereits anhängigem Anerkennungsantrag oder erfolgter Eintragung (registration) des festlandchinesischen Urteils untersagt.98 c) Forum non conveniens
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Wenn nach den unter Rn. 1019 ff. dargestellten Regeln die Gerichte von Hong Kong für eine Klage international bzw. interregional zuständig sind, kann sich die beklagte Partei unter Verweis auf ein deutlich angemesseneres (clearly more appropriate), zur Verfügung stehendes (available) Forum gegen die Ausübung dieser Zuständigkeit wehren. Die dafür maßgeblichen Grundsätze des forum non conveniens gelten nach der Rückgabe von Hong Kong an die Volksrepublik China weiterhin auch im Verhältnis zum Festland. 99 Nach der Entscheidung des englischen House of Lords in Spiliada,100 der die Gerichte von Hong Kong gefolgt sind, ist Ziel der Prinzipien des forum non conveniens, das Gericht zu ermitteln, vor dem eine Angele96 Sec. 5(1) Foreign Judgments (Restriction on Recognition and Enforcement) Ordinance, Cap. 46 (Fassung v. 30.6.1997). S. auch Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.019]. Bis 1985 galt nach common law noch keine Beschränkung durch ein fremdes Urteil für eine erneute Klage in Hong Kong, s. Moser, Hong Kong, in: Pryles (Hrsg.), Dispute Resolution in Asia, S. 111 f. 97 S. dagegen noch First Laser Ltd. v. Fujian Enterprises (Holdings) Co. Ltd. and Another (HCA4414/2001) v. 5.2.2008, Rn. 52 (To J), wo dem Urteil eines festlandchinesischen Gerichts in Bezug auf die Frage des anwendbaren Rechts keine res judicataWirkung zuerkannt wurde. 98 S. dazu auch Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (5 f.). 99 Johnston, Rn. 3.086 (S. 122). 100 Spiliada Maritime Corp. v. Cansulex Ltd., [1987] AC 460.
III. Interregionale Zuständigkeit
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genheit am angemessensten im Interesse aller Parteien und der Gerechtigkeit verhandelt werden kann.101 Traditionell wird bei Zuständigkeit durch Zustellung innerhalb von Hong Kong vermutet, dass das Hong Konger Gericht auch das angemessene Forum (appropriate forum) zur Entscheidung des Rechtsstreits ist, solange der Beklagte nicht das Gegenteil beweist; bei Zuständigkeit durch Zustellung außerhalb von Hong Kong obliegt dagegen dem Kläger die Beweislast für die Angemessenheit einer Entscheidung durch die Gerichte von Hong Kong.102 Im Übrigen gelten jedoch dieselben Grundsätze, für die der Hong Kong Court of Appeal in Adhiguna Meranti103 als Zusammenfassung für die Praxis eine dreistufige Prüfung entwickelt hat:104 Im ersten Schritt ist zu untersuchen, ob das Hong Konger Gericht das natürliche oder angemessene Forum (natural or appropriate forum) für das Verfahren darstellt, und wenn nicht, ob ein anderes, deutlich oder merklich angemesseneres (clearly or distinctly more appropriate) Forum zur Verfügung steht. Faktoren, die hierbei Berücksichtigung finden, sind die Art des geltend gemachten Anspruchs, die Beziehung der Parteien und des Anspruchs zu den möglichen Gerichtsorten, der Aufenthaltsort von Zeugen und der Ort, an dem sich Beweismaterial und in Frage stehendes Vermögen befindet, die durch den Rechtsstreit jeweils für die Parteien entstehenden Kosten, die von Zeugen und in Dokumenten verwendete Sprache und das Zentrum der Aktivitäten der Parteien sowie das anwendbare Recht, das ein besonders wichtiger Aspekt sein kann.105 In die Abwägung kann dabei auch einfließen, dass an dem anderen in Frage kommenden Gerichtsort bereits ein Gerichtsverfahren zwischen denselben Parteien in derselben Angelegenheit anhängig ist.106 Der zweite Schritt fragt nach einem möglichen Verlust legitimer persönlicher oder juristischer Vorteile (legitimate personal or juridical advantages) des Klägers in einem Verfahren vor dem anderen Gericht. Hierunter fallen in der Praxis jedoch nur extreme Fälle, beispielsweise die auf mangelnder Verfügbarkeit von Prozesskostenhilfe basierende wirtschaftliche 101 Johnston, Rn. 3.047 (S. 97). Vgl. auch Cowley/James/El-Mahmoud/Han, Hong Kong Lawyer – At Issue. 102 Johnston, Rn. 3.048 f. (S. 97); Ramaswamy, 8 (2011) US-China L. Rev. 295 (307). Vgl. auch Svantesson, 35 (2005) HKLJ 395 (398 f.). 103 The Adhiguna Meranti (CACV66/1986) v. 24.4.1987, [1987] HKLR 904 (Hunter JA). 104 Johnston, Rn. 3.059 (S. 104 f.); Svantesson, 35 (2005) HKLJ 395 (396 f.). Zur Anwendung dieser Grundsätze im Verhältnis zum Festland s. Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (24 ff.), mit Beispielen. 105 Vgl. Johnston, Rn. 3.060 (S. 106); Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.007]; Svantesson, 35 (2005) HKLJ 395 (398). 106 Johnston, Rn. 3.058 (S. 103 f.).
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
Unmöglichkeit der Klage in dem anderen Forum oder bei Klageerhebung im anderen Forum zu erwartende erhebliche Zeitverzögerungen.107 Im Verhältnis zum Festland, dessen Gerichte im Vergleich zu den Gerichten von Hong Kong deutlich zügiger arbeiten, wird letzterer Fall regelmäßig nicht nachzuweisen sein. 108 Es erscheint möglich, dass die Problematik der Anerkennung und Vollstreckung festlandchinesischer Urteile in Hong Kong außerhalb des Anwendungsbereichs der Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance in diesem Schritt Berücksichtigung findet.109 Das Problem des örtlichen Protektionismus auf dem Festland hat bereits – belegt anhand von festlandchinesischen Justizberichten – bei einer Klage gegen ein festlandchinesisches Staatsunternehmen zur Verhandlung in Hong Kong geführt.110 Inzwischen erschwert jedoch die positive Entwicklung im festlandchinesischen Justizwesen eine derartige Argumentation.111 Im Hinblick auf Korruptionsvorwürfe sind die Zustände an dem einzelnen festlandchinesischen Gericht, das als alternatives Forum in Rede steht, maßgeblich.112 Eine weitere mögliche Grundlage für den Einwand des Verlusts legitimer Vorteile sind die Auswirkungen unterschiedlicher Verjährungsvorschriften auf dem Festland und in Hong Kong, sofern diese nicht vom Kläger selbst zu verantworten sind.113 Bei der Prüfung dieser Frage scheinen allerdings die Gerichte von Hong Kong stets von der eigenen Qualifikation der Verjährung (limitation) als prozessuale und damit der jeweiligen lex fori unterfallende Frage auszugehen (dazu unten Rn. 1135) und nicht zu berücksichtigen, dass ein festlandchinesisches Gericht nicht immer seine eigenen Verjährungsvorschriften, sondern die der lex causae anzuwenden hat (oben Rn. 551 f.).114
107
S. dazu ausführlich Johnston, Rn. 3.055 (S. 101 ff.). Vgl. Johnston, Rn. 3.086 (S. 123). 109 Dies erwägt Chow, Hong Kong Lawyer 5/2007, 29 (34). 110 Bayer Polymers Co. Ltd. v. Industrial and Commercial Bank of China, Hong Kong Branch (HCCL307/1998) v. 22.11.1999, Rn. 10 ff. (Stone J). 111 S. als Beispiel Xinjiang Xingmei Oil-Pipeline Co. Ltd. v. China Petroleum & Chemical Corp. (HCCL6/2004) v. 18.2.2005, Rn. 41 ff. (Stone J). 112 S. New Link Consultants Ltd. v. Air China and Others (HCA515/2001) v. 3.5.2004, Rn. 97 ff. (Poon J). 113 Vgl. Duan Qi Gui v. Upper Like Investment and Others (HCA1004/2005) v. 22.8.2007, Rn. 33 ff. (Cheung J), unter Rückgriff auf die Entscheidung des House of Lords in Spiliada; Botanic Ltd. v. China National United Oil Corp. (HCA1852/2005) v. 25.8.2008, Rn. 87 ff. (To J). 114 In beiden in Fn. 113 (§ 10) aufgeführten Fällen wurde nicht danach gefragt, ob die festlandchinesischen Gerichte überhaupt ihre Verjährungsvorschriften anwenden würden, sondern ohne weiteres davon ausgegangen. 108
IV. Interregionales Privatrecht
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Im letzten Schritt müssen die im ersten Schritt festgestellten Vorteile der Entscheidung durch ein fremdes Gericht mit den in Schritt zwei ermittelten Nachteilen für den Kläger abgewogen werden. Obwohl einem Gericht in Hong Kong vor diesem Hintergrund ein beachtlicher Entscheidungsspielraum zukommt, dürften die Ergebnisse infolge des umfangreichen Fallrechts zur Frage des forum non conveniens letztlich vorhersehbarer sein als auf dem Festland, wo dieses dem civil law fremde Rechtsinstitut erst kürzlich und auf nicht unumstrittener Grundlage Einzug gehalten hat (dazu oben Rn. 322 ff.).
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IV. Interregionales Privatrecht IV. Interregionales Privatrecht
1. Allgemeiner Teil a) Qualifikation Die Gerichte von Hong Kong haben bisher nicht unmittelbar und bindend darüber entschieden, nach welcher Rechtsordnung die Streitfragen eines Falles qualifiziert, also in die Kategorien der Kollisionsregeln eingeordnet werden müssen.115 Ausgehend von englischen Präjudizien streitet zunächst eine Vermutung für eine Qualifikation (classification/characterisation) nach der lex fori, die jedoch flexibel und mit Blick auf andere Rechtsordnungen gehandhabt werden sollte. 116 Eine mechanische Kategorisierung von durch einen Fall aufgeworfenen Fragen ist dabei zu vermeiden; die Qualifikation stellt lediglich ein Instrument dar, um die zur Anwendung auf ein konkretes Problem geeignetste Rechtsordnung zu ermitteln. 117 Maßgeblicher Gegenstand der Qualifikation ist nicht der Klagegegenstand (cause of action), sondern die konkret streitige Fragestellung unabhängig von der Formulierung des Anspruchs.118 Eine Ausnahme von der Regel der Qualifikation nach der lex fori stellt – wie auf dem Festland (s. oben Rn. 569) – die Unterscheidung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen dar: Es ist davon auszugehen, dass die Gerichte von Hong Kong nach englischem Vorbild zwar den Belegenheitsort des Vermögens nach dem Recht von Hong Kong bestimmen, die
115
Johnston, Rn. 2.027 (S. 33). S. Johnston, Rn. 2.027 (S. 33). Vgl. auch Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.011]. Ähnlich First Laser Ltd. v. Fujian Enterprises (Holdings) Co. Ltd. and Another (HCA4414/2001) v. 5.2.2008, Rn. 50, 55 (To J). 117 S. Johnston, Rn. 2.027 (S. 33). 118 First Laser Ltd. v. Fujian Enterprises (Holdings) Co. Ltd. and Another (HCA4414/2001) v. 5.2.2008, Rn. 55 (To J). 116
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
Frage nach der Beweglichkeit bzw. Unbeweglichkeit jedoch dem am Belegenheitsort geltenden Recht unterstellen.119 Besonders folgenschwer ist die Qualifikation einer Frage als prozessual oder materiellrechtlich: Im ersten Fall gelangt das Recht von Hong Kong als lex fori zur Anwendung, im zweiten Fall dagegen die nach den Kollisionsregeln ermittelte Rechtsordnung (lex causae). Traditionell fasst das common law den Begriff des Verfahrens weit auf, auch wenn sich in jüngerer Zeit eine Tendenz zur Eingrenzung zeigt.120 Während die Beweislast und Beweisvermutungen als materiellrechtliche Fragen verstanden werden, 121 wird dagegen die Frage des Rechtsbehelfs dem Prozessrecht zugeordnet. Dadurch befindet die lex fori etwa darüber, ob nichtfinanzielle Anspruchsziele wie Erklärungen oder Vertragserfüllung (specific performance) erlangt werden können,122 und über die Bemessung des Schadensersatzes, nicht aber über gesetzliche Haftungshöchstgrenzen.123 b) Vorfrage
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Beiläufige Fragen (incidental questions) sind Fragen, die zwar in einem Fall miteinander verknüpft auftreten, aber auch jeweils für sich entstehen könnten.124 Es ist davon auszugehen, dass ihre Qualifikation und Anknüpfung in Hong Kong nach englischem Vorbild125 flexibel – gesondert oder nach der jeweiligen „Hauptfrage“ – gehandhabt wird.126 c) Rück- und Weiterverweisung
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In Hong Kong scheint sich die Frage einer Rück- oder Weiterverweisung (renvoi) durch das mit Hilfe des Kollisionsrechts von Hong Kong bestimmte fremde (Kollisions-)Recht bisher den Gerichten nicht gestellt zu haben. In der Literatur wird die Anerkennung einer Rück- oder Weiterverweisung als Mittel betrachtet, als ungerecht empfundene Ergebnisse zu vermeiden, und gefordert, dieses Ergebnis statt über das geheimnisvolle 119
Johnston, Rn. 6.004 (S. 299). S. Johnston, Rn. 2.002 (S. 13); Dicey, Morris & Collins (Harris), Rn. 7-003 (S. 177 f.). 121 Johnston, Rn. 2.008 (S. 17). 122 Johnston, Rn. 2.012 (S. 18 f.). Zum englischen Recht s. Dicey, Morris & Collins (Harris), Rn. 7-006 f. (S. 179 f.). 123 Johnston, Rn. 2.013 (S. 19 f.). Zum englischen Recht ausführlich Dicey, Morris & Collins (Harris), Rn. 7-035 ff. (S. 192 ff.). Zur Qualifikation von Verjährungsfragen s. unten Rn. 1135. 124 Diese Definition findet sich bei Johnston, Rn. 2.026 (S. 32). 125 S. dazu Dicey, Morris & Collins (Briggs), Rn. 2-046 ff. (S. 52 ff.). 126 Johnston, Rn. 2.028 (S. 34). 120
IV. Interregionales Privatrecht
397
Konzept des renvoi offen über die dahinterstehenden Beweggründe zu erzielen.127 Vor diesem Hintergrund ist wohl davon auszugehen, dass die Gerichte von Hong Kong die Verweisungen ihres Kollisionsrechts als Sachnormverweisungen behandeln und – wie das festlandchinesische Kollisionsrecht (s. oben Rn. 349 ff.) – keine Rück- oder Weiterverweisung anerkennen. Keinen Platz hat der renvoi jedenfalls im Rahmen der Ermittlung des Vertrags-128 und des Deliktsstatuts.129
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d) Ordre public Die Gerichte von Hong Kong verweigern unter besonderen Umständen ausnahmsweise die Anwendung fremden Rechts, wenn dessen Natur oder das Ergebnis im konkreten Fall dem ordre public (public policy) zuwiderläuft.130 Im Allgemeinen wird die öffentliche Ordnung (public policy) von Hong Kong jedoch statt über den allgemeinen, nur in Extremfällen greifenden Grundsatz vielmehr über besondere Regeln geschützt, etwa im Bereich der Anerkennung und Vollstreckung fremder Urteile.131 Der besondere (rechts-)kulturelle Hintergrund von Hong Kong macht es zudem noch schwieriger, den ohnehin vagen ordre public-Begriff mit konkreten Inhalten zu füllen.132 Der interregionale Rechtsverkehr könnte die Frage aufwerfen, ob die Anwendung des Rechts von Taiwan als einer von der Volksrepublik China nicht als Staat anerkannten Region durch den ordre public ausgeschlossen ist. In Anbetracht der Entscheidung des Hong Kong Court of Final Appeal in Chen Li Hung and Another v. Ting Lei Miao and Another in Bezug auf die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen aus Taiwan (dazu unten Rn. 1157) dürfte jedoch nicht mehr zu bezweifeln sein, dass auch das Recht Taiwans durch die Gerichte von Hong Kong angewendet werden darf.133 Dies ist in der Praxis auch bereits geschehen, ohne dass ein Verstoß gegen den ordre public erwogen worden wäre.134
127
So Johnston, Rn. 2.034 (S. 37). Johnston, Rn. 5.015 (S. 204); Wolff, 6 (2010) J. P.I.L. 465 (478). 129 Johnston, Rn. 5.093 (S. 255). 130 Johnston, Rn. 4.023 (S. 144 f.). Vgl. auch Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.012] mit Nachweisen aus dem englischen Fallrecht. 131 Johnston, Rn. 4.023 (S. 145). 132 S. dazu Wolff, 6 (2010) J. P.I.L. 465 (476 f.). 133 Vgl. Johnston, Rn. 5.005 (S. 190, Fn. 13). 134 CDC Finance & Leasing Corp. and Another v. The Owners and/or Demise Charterers of the Vessel M V “Liberty Container” (HCAJ207/2003) v. 31.3.2004, Rn. 30 ff. (Reyes J). Von der Anwendbarkeit taiwanesischen Rechts im konkreten Fall ausgehend: Robin Hargreaves on his own behalf and on behalf of those Lloyds’ Syndi128
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
Zusätzlich zum ordre public-Vorbehalt kennt das Recht von Hong Kong international zwingendes Recht, d.h. Normen aus dem Gesetzesrecht von Hong Kong, die nach ausdrücklichem oder stillschweigendem Willen des Gesetzgebers stets und unabhängig von den Kollisionsregeln zur Anwendung gelangen sollen. 135 Es bedarf daher nicht eines Rechtsinstituts der Rechtsumgehung, wie es das festlandchinesische Recht kennt (s. oben Rn. 355 ff.), auch wenn in einzelnen vertragsrechtlichen Fällen das sich möglicherweise auf den Rechtsumgehungsgedanken beziehende, verschwommene Erfordernis aufgestellt wurde, eine Rechtswahl müsse bona fide und rechtmäßig sein.136 Fremdes zwingendes Recht wird mit Ausnahme der Illegalität eines Vertrages an seinem Erfüllungsort dagegen nur nach Maßgabe der Kollisionsregeln beachtet.137 e) Ermittlung des anzuwendenden Rechts
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Die Anwendbarkeit einer Rechtsordnung, die nicht die von Hong Kong ist, muss vor einem Hong Konger Gericht als Tatsache vorgetragen und bewiesen werden. Beruft sich keine Partei auf die Anwendbarkeit fremden Rechts, gelangt ohne weiteres das Recht von Hong Kong zur Anwendung.138 Sind sich also die Parteien über die Anwendung des Rechts von Hong Kong (stillschweigend) einig, können sie dadurch für alle Rechtsbereiche die lex fori zur Anwendung berufen. Im bisherigen festlandchinesischen Kollisionsrecht konnte ebenfalls eine Tendenz in diese Richtung zugunsten festlandchinesischen Rechts, im Bereich des Vertragsrechts aber auch fremden Rechts beobachtet werden, deren Schicksal jedoch mit Blick auf den eine ausdrückliche Rechtswahl verlangenden Art. 3 Festland-IPRG unklar ist (s. oben Rn. 442 ff., 390). Wenn zwar eine Partei die Anwendbarkeit einer fremden Rechtsordnung vorträgt, ihren Inhalt jedoch nicht darlegt und beweist, wird vermutet, dass das fremde Recht mit dem Recht von Hong Kong – mit Ausnahme besonderer lokaler Rechtsinstitute – übereinstimmt.139 Im Ergebnis gelangt also wiederum – ähnlich wie auf dem Festland nach Art. 10 Festland-IPRG in cates listed on the Schedule to the writ of summons v. Taian Insurance Co. Ltd. (HCCL27/2005) v. 6.6.2006, [2006] 3 HKLRD 70, Rn. 67 (Stone J). 135 Johnston, Rn. 4.024 (S. 146). Hierzu auch für den Bereich des Vertragsrechts Wolff, 6 (2010) J. P.I.L. 465 (474 ff.). Zu gesetzlichen Einschränkungen der Rechtswahlfreiheit unten Rn. 1111 f. 136 S. dazu Wolff, 6 (2010) J. P.I.L. 465 (468 f.). Vgl. auch unten Rn. 1102. 137 S. Johnston, Rn. 4.025 (S. 146). 138 S. Johnston, Rn. 2.036 (S. 37), 2.046 (S. 45 f.). Vgl. übereinstimmend zum englischen Recht Dicey, Morris & Collins (Briggs), Rn. 9-003 (S. 256). 139 S. dazu ausführlich Johnston, Rn. 2.045 ff. (S. 45 ff.).
IV. Interregionales Privatrecht
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Bezug auf kraft einer Rechtswahl anzuwendendes Recht (s. dazu Rn. 392) – die lex fori zur Anwendung. 2. Besonderer Teil a) Personenrecht (1) Natürliche Personen (a) Rechtsfähigkeit Die Rechtspersönlichkeit (legal personality) natürlicher Personen wird in Hong Kong unabhängig von Nationalität oder Domizil anerkannt. 140 Die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein (Rechtsfähigkeit), wird demnach – anders als auf dem Festland (vgl. oben Rn. 400) – durch das Recht von Hong Kong, also die lex fori zugesprochen.
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(b) Geschäftsfähigkeit Ein allgemeines Statut für die Geschäftsfähigkeit (capacity) von natürlichen Personen scheint das Recht von Hong Kong nicht zu kennen; vielmehr finden sowohl das Personalstatut, das Recht des Domizils (domicile),141 als auch die lex causae der fraglichen Handlung Berücksichtigung, so dass nach der Art des Handelns unterschieden wird:142
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(aa) Geschäftsfähigkeit zum Abschluss eines Vertrages Für die Fähigkeit einer natürlichen Person, einen Vertrag abzuschließen, soll das objektiv ermittelte Vertragsstatut maßgeblich sein. 143 Dies gilt auch für eine vertragliche Verpflichtung zur Übertragung von Sachenrechten.144 Zum Schutz der anderen Vertragspartei reicht es aber aus, wenn die Person nach dem Recht ihres Domizils oder ihres – wenn auch nur aus Sicht der anderen Partei – gewöhnlichen Aufenthalts geschäftsfähig ist.145 Trotz der vom festlandchinesischen Recht (dazu oben Rn. 413) abweichenden Grundregel wird dieses ergänzende Prinzip den Unterschied im Ergebnis in vielen Fällen abmildern. 140
Johnston, Rn. 7.022 (S. 353). S. Johnston, Rn. 7.007 (S. 339). 142 Diesen Rückschluss erlauben die Ausführungen von Johnston, Rn. 7.031 ff. (S. 360 ff.). Zu diesem gemischten Ansatz auch Cowley/James/El-Mahmoud/Han, Hong Kong Lawyer – At Issue. 143 Johnston, Rn. 7.034 (S. 360 f.). Nach Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.048] deuten die englischen Präjudizien auf das objektive Vertragsstatut, aber auch das Recht am Ort des Vertragsschlusses hin. 144 Johnston, Rn. 7.036 (S. 362). 145 Johnston, Rn. 7.034 (S. 360 f.). 141
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400
2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
(bb) Fähigkeit zur sachenrechtlichen Verfügung 1092
Die Fähigkeit, wirksam über das Eigentum an einer Sache oder ein anderes Sachenrecht verfügen zu können, unterliegt – wie in der Praxis auf dem Festland in Bezug auf Immobilien wohl auch (s. oben Rn. 409, 414) – dem Recht des Belegenheitsortes der Sache.146 Hier könnte gegebenenfalls bei Belegenheit außerhalb von Hong Kong ein durch das fremde Recht ausgesprochener renvoi Beachtung finden.147 (cc) Deliktsfähigkeit
1093
Die Deliktsfähigkeit soll dem Recht des Ortes mit der engsten Verbindung zur unerlaubten Handlung unterfallen, die double actionability rule (dazu unten Rn. 1117 ff.) dagegen keine Anwendung finden.148 (2) Juristische Personen (a) Bestimmung des Gesellschaftsstatuts
1094
Gesellschaftsstatut ist – wie grundsätzlich auch auf dem Festland (s. oben Rn. 425, 433) – das Recht des Staates, nach dessen Recht eine juristische Person gegründet wurde. Für juristische Personen, die in einem Gebiet (territory) gegründet wurden, das von der Zentralregierung der Volksrepublik China149 nicht als Staat anerkannt ist, enthält Sec. 2 Foreign Corporations Ordinance150 eine Sonderregelung: Scheint die Rechtsordnung dieses Gebiets zum maßgeblichen Zeitpunkt von einem beständigen (settled) Gerichtssystem vor Ort angewendet zu werden, wird sie als Gesellschaftsstatut so angewendet, als wäre das Gebiet ein anerkannter Staat. Diese ursprünglich auf die Republik China auf Taiwan abzielende Regelung 151 vermag nunmehr auch im Hinblick auf Macau über die Hürde hinwegzuhelfen, dass es sich bei der Region um keinen eigenen Staat handelt. (b) Reichweite des Gesellschaftsstatuts
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Nach dem Recht des Gründungsstaates richtet sich, ob ein rechtliches Gebilde – etwa ein Unternehmen (company) oder eine Teilhaberschaft (part146 Johnston, Rn. 7.035 (S. 361 f.); Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.060]; Cowley/James/El-Mahmoud/Han, Hong Kong Lawyer – At Issue. 147 Johnston, Rn. 7.035 (S. 361 f.). 148 Johnston, Rn. 7.037 (S. 362). 149 Sec. 2A(3) i.V.m. Schedule 8 unter 1(b) Interpretation and General Clauses Ordinance, Cap. 1 (Fassung v. 1.7.1997), L.N. 110 of 1997, L.N. 26 of 1998, gleicht insofern den Gesetzestext an die Verhältnisse nach 1997 an. 150 Cap. 437 (Fassung v. 30.6.1997). 151 S. dazu Johnston, Rn. 7.024 (S. 355).
IV. Interregionales Privatrecht
401
nership) – Rechtspersönlichkeit (legal personality) besitzt 152 und damit selbst Träger von Rechten und Pflichten sein kann, also rechtsfähig ist. Auch die Geschäftsfähigkeit unterliegt in erster Linie dem Recht des Gründungsstaates, das jedoch durch solche Regeln der lex causae des vorgenommenen Aktes ergänzt wird, nach denen diese Rechtsordnung juristischen Personen oder bestimmten Gruppen unter ihnen die Fähigkeit abspricht, bestimmte Handlungen vorzunehmen.153 Daraus ergibt sich, dass in Fällen, in denen die Handlung einer nicht festlandchinesischen juristischen Person festlandchinesischem Recht unterliegt, das Recht von Hong Kong die Beschränkungen der Geschäftsfähigkeit auf genehmigte Aktivitäten, die das festlandchinesische Recht zumindest bisher vorsah (s. dazu oben Rn. 430), akzeptieren würde. Weiterhin erfasst das Gesellschaftsstatut alle Angelegenheiten der internen Unternehmensführung einschließlich der Haftung eines Verwaltungsratsmitglieds (director) gegenüber der juristischen Person.154 Es erstreckt sich auf die Haftung eines Anteilseigners (shareholder), Gründers (promoter) oder Verwaltungsratsmitglieds (director) gegenüber Dritten aus spezifisch aktienrechtlichen Vorschriften, während eine Haftung nach den allgemeinen Haftungsgründen wie Vertrag, Delikt und ungerechtfertigte Bereicherung dem Vertrags-, Delikts- oder Bereicherungsstatut unterfällt.155 Nach der Literatur soll die Frage nach der organschaftlichen Vertretungsmacht eines Organs der juristischen Person nicht dem Gesellschaftsstatut unterstehen, sondern wie die rechtsgeschäftliche Vollmacht behandelt werden (dazu unten Rn. 1114 f.). 156 Der Hong Kong Court of First Instance hat dagegen in einer nichttragenden Urteilsbegründung deutlich gemacht, dass er die organschaftliche Vertretungsmacht als vom Gesellschaftsstatut erfasst betrachtet.157
152
Vgl. Johnston, Rn. 7.024 f. (S. 354 ff.). Johnston, Rn. 7.041 (S. 363 f.). Vgl. auch CDC Finance & Leasing Corp. and Another v. The Owners and/or Demise Charterers of the Vessel MV “Liberty Container” (HCAJ207/2003) v. 31.3.2004, Rn. 26–29 (Reyes J) sowie Cowley/James/El-Mahmoud/ Han, Hong Kong Lawyer – At Issue. 154 Johnston, Rn. 8.116 f. (S. 533 f.). 155 Johnston, Rn. 7.050 f. (S. 369 f.). 156 Johnston, Rn. 7.045 (S. 367) und Rn. 7.047 (S. 367 f.). Ähnlich wohl Cowley/James/El-Mahmoud/Han, Hong Kong Lawyer – At Issue, nach denen in erster Linie das auf die jeweilige Transaktion anwendbare Recht anzuwenden ist, aber auch das Gesellschaftsstatut berücksichtigt werden kann. 157 Noble Power Investments Ltd. and Another v. Nissei Stomach Tokyo Co. Ltd. (HCA285/2007) v. 30.11.2007, [2008] 1 HKLRD 134, Rn. 38 f. (Jat Rec.). Die Entscheidung wurde später in anderer Hinsicht durch den Court of Appeal bemängelt und aufgehoben, Noble Power Investments Ltd. and Another v. Nissei Stomach Tokyo Co. Ltd. (CACV398/2007) v. 27.6.2008, zu dieser Entscheidung bereits oben Rn. 1061 f. 153
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b) Schuldrecht (1) Vertragsrecht (a) Ermittlung des Vertragsstatuts 1099
Die Gerichte von Hong Kong ermitteln das Vertragsstatut in drei Schritten:158 Zunächst wird nach einer ausdrücklichen Rechtswahl der Parteien gefragt. Fehlt eine solche, so ist zu prüfen, ob aus den Umständen des Falles geschlossen werden kann, dass die Parteien eine bestimmte Rechtsordnung zur Anwendung berufen wollten. Kann auch keine konkludente Rechtswahl festgestellt werden, so bildet das Recht das Vertragsstatut, das mit dem Geschäft die engste und effektivste Beziehung (closest and most real connection) hat. (aa) Rechtswahl
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Die Frage, ob eine Rechtswahl wirksam getroffen wurde bzw. eine dahingehende Klausel in einen Vertrag einbezogen wurde, scheint dem gewählten Recht zu unterliegen.159 Wählbar ist jede Rechtsordnung eines von der Zentralregierung der Volksrepublik China anerkannten Staates, aber auch das Recht einer nicht als Staat anerkannten Region wie Taiwan; 160 ob daneben auch die Wahl nichtstaatlichen Rechts zu respektieren ist, wurde von den Gerichten von Hong Kong bisher noch nicht geklärt. 161 Auch eine Teilrechtswahl (depeçage), d.h. nur einzelne Aspekte der Vertragsbeziehungen einer Rechtsordnung zu unterstellen, dürfte theoretisch möglich sein, ist aber praktisch bisher nicht relevant geworden.162 Ob eine Beziehung des Geschäfts zur gewählten Rechtsordnung nicht verlangt wird,163 ist in der Rechtsprechung der Gerichte von Hong Kong 158 Bank of India v. Gobindram Naraindas Sadhwani Vinoo Gobindram Sadhwani (HCA4939/1982) v. 27.4.1988, Rn. 13 ff. (Nazareth J); York Airconditioning & Refrigeration Inc. v. Lam Kwai Hung t/a North Sea a/s Elec. Eng. Co. (HCA8176/1993) v. 16.12.1994, [1995] 2 HKLR 256, Rn. 18 ff. (Kaplan J). 159 S. Star Cruises (HK) Ltd. v. Tung Ho Wah (DCPI44/2005) v. 15.3.2006, Rn. 21–36 (Chan J). In diesem Fall wurde die wirksame Einbeziehung einer Gerichtsstands- und einer Rechtswahlklausel nach dem potentiell anwendbaren Recht geprüft. Es handelt sich jedoch lediglich um ein Urteil des District Court. 160 Johnston, Rn. 5.005 (S. 190); Wolff, 6 (2010) J. P.I.L. 465 (470 f.), der aber auch auf die dogmatischen Probleme hinweist, welche die Anwendung taiwanesischen Rechts aufwirft. 161 Johnston, Rn. 5.005 (S. 190). Für die Zulässigkeit einer hinreichend bestimmten Wahl nichtstaatlichen Rechts Wolff, 6 (2010) J. P.I.L. 465 (470). 162 Johnston, Rn. 5.012 (S. 199). Vgl. auch Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.043]; Wolff, 6 (2010) J. P.I.L. 465 (472). 163 So Johnston, Rn. 5.005 (S. 191 f.).
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trotz einer Tendenz zur Aufgabe eines dahingehenden Erfordernisses nicht abschließend geklärt.164 Wie bereits erwähnt, kann eine Rechtswahl ausdrücklich oder – anders als im festlandchinesischen Recht (s. oben Rn. 442) – stillschweigend erfolgen. Maßstab bei der Ermittlung des konkludent gewählten Rechts ist, was durchschnittliche, vernünftige Geschäftsleute vereinbart hätten, wenn ihnen diese Frage bewusst gewesen wäre.165 Damit ist der Übergang zwischen der Annahme einer stillschweigenden Rechtswahl und der Ermittlung des objektiven Vertragsstatuts fließend.166
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(bb) Objektive Anknüpfung Objektiv wird das Vertragsstatut nach dem Prinzip der engsten und effektivsten Beziehung (closest and most real connection) bestimmt.167 Ziel ist es dabei, die Rechtsordnung zu ermitteln, die mit dem Geschäft am engsten verbunden ist. 168 Damit tendiert das Recht von Hong Kong zu einer am konkreten Einzelfall orientierten Bewertung. Es steht daher im Vergleich zum festlandchinesischen Recht, das dazu neigt, der Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erbringers der charakteristischen Leistung den strikten Vorrang zu gewähren,169 am entgegengesetzten Ende des durch den Grundsatz der engsten Verbindung gesteckten Rahmens. Bei flexibler, fallbezogener Handhabung ziehen die Gerichte von Hong Kong hierbei verschiedene Faktoren in Betracht.170 Weniger wichtige Faktoren sind der Ort des Vertragsschlusses, der Ort der Vertragsverhandlungen, Domizil oder Aufenthalt der beteiligten Parteien, Vertragssprache und -währung.171 Der Belegenheitsort von Vermögen, das Gegenstand des Vertrages ist, kann insbesondere, wenn Immobilien betroffen sind, einen schwerwiegenden Aspekt darstellen. 172 Wird die Terminologie eines be-
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S. Wolff, 6 (2010) J. P.I.L. 465 (469, 495). Century Yachts Ltd. v. Xiamen Celestial Yacht Ltd. (CACV000011/1993) v. 8.6.1993, Rn. 31 (Litton J); Continental Mark Ltd. v. Verkehrs-Club de Schweiz (HCA7999/2000) v. 31.10.2001, Rn. 29 (McCoy J). 166 Vgl. Johnston, Rn. 5.004 (S. 189) und Rn. 5.006 (S. 193). Auch Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.044] unterscheidet nicht zwischen den beiden Schritten. 167 Johnston, Rn. 5.007 (S. 194). 168 Vgl. dazu Johnston, Rn. 5.009 (S. 194 f.). 169 Vgl. zu den diesbezüglichen Zweifelsfragen oben Rn. 455 ff. 170 S. kritisch dazu mit einer Aufzählung von Faktoren Wolff, 6 (2010) J. P.I.L. 465 (472 f.). 171 Johnston, Rn. 5.010 (S. 196 ff.). 172 Johnston, Rn. 5.010 (S. 195 f.). Vgl. auch Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.044]. Ein Beispiel bietet Tjoe, Joen Moy v. Lie Herlina Jauhari (DCCJ417/2001) v. 5.9.2003, Rn. 23 (Wong J). 165
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stimmten Rechtssystems verwendet oder stehen verschiedene Geschäfte in Zusammenhang miteinander, können dies auch Indizien sein.173 Auch wenn zwischen den Parteien vereinbarte Gerichtsstands- oder Schiedsklauseln keinen automatischen Rückschluss auf eine engste Beziehung zur am Gerichts- oder Schiedsort geltenden Rechtsordnung zulassen, bleiben solche Klauseln wichtige Faktoren.174 Ein häufig schwerwiegendes Kriterium ist der Ort der vorgesehenen Erfüllung.175 Dabei scheint der Erfüllungsort nach der lex fori bestimmt zu werden.176 Aus dem Erfüllungsort kann für zwei Arten von Verträgen eine (widerlegliche) Vermutung hinsichtlich des objektiven Vertragsstatuts abgeleitet werden: Für den Warenkauf (sale of goods) wird vorgeschlagen, auf das Recht des Ortes der Lieferung der Ware abzustellen,177 und für den Hinterlegungsvertrag (bailment) soll in erster Linie das Recht des Ortes maßgeblich sein, an dem die Waren zu verwahren sind.178 (b) Reichweite des Vertragsstatuts
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Dem (potentiellen) Vertragsstatut unterliegen alle Fragen des materiellen Zustandekommens eines Vertrages, seine Wirksamkeit, Auslegung und Erfüllung, Ansprüche wegen Vertragsverletzung sowie die Rückabwicklung 173
Johnston, Rn. 5.010 (S. 196 f.). S. Johnston, Rn. 5.010 (S. 197 f.); Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.044]. Beispiele bilden: Chan Chi Keung t/a Tadi Land International and Another v. Delmas Hong Kong Ltd. (HCCL40/2003) v. 7.6.2004, Rn. 42 ff. (Sakhrani J), mit einer schwerwiegenden Vermutung zugunsten konkludenter Rechtswahl infolge ausschließlicher Gerichtsstandsklausel, sowie York Airconditioning & Refrigeration Inc. v. Lam Kwai Hung t/a North Sea a/s Elec. Eng. Co. (HCA8176/1993) v. 16.12.1994, [1995] 2 HKLR 256, Rn. 32 (Kaplan J), wo eine Schiedsklausel diese nur durch wichtige andere Aspekte widerlegbare Vermutung begründete. 175 Johnston, Rn. 5.010 (S. 196). Vgl. auch Gobindram Naraindas Sadhwani Vinoo Gobindram Sadhwani (HCA4939/1982) v. 27.4.1988, Rn. 24 (Nazareth J). In Cim Co. Ltd. and Others v. Koo Chi Yun (HCA4293/1999) v. 6.12.2001, Rn. 29 ff. (Chung J), als einer von drei Faktoren berücksichtigt. 176 So ging etwa der Richter in Cim Co. Ltd. and Others v. Koo Chi Yun (HCA4293/1999) v. 6.12.2001, Rn. 33 ff. (Chung J), ohne weiteres vom Recht Hong Kongs und damit davon aus, dass der Erfüllungsort am Belegenheitsort der Schuld liege. Von inhaltsgleichen Regeln beider in Frage kommender Rechtsordnungen ausgehend und damit offengelassen in First National Bank of Chicago v. Carroway Enterprises Ltd. and Others (HCA148/1989) v. 20.12.1989, Rn. 19 (Bokhary J). In Gobindram Naraindas Sadhwani Vinoo Gobindram Sadhwani (HCA4939/1982) v. 27.4.1988, Rn. 24 (Nazareth J), wird lediglich festgestellt, der Erfüllungsort liege in Japan, auch wenn in Hong Kong gezahlt werden könne. 177 S. Johnston, Rn. 5.052 (S. 225). Für c.i.f.-Verträge offengelassen in Ferromin Ltd. v. Nittetsu Shoji Co. Ltd. (HCCL41/1998) v. 29.1.1999, Rn. 19 f. (Stone J). 178 Johnston, Rn. 5.055 (S. 227), unter Rückgriff auf englische Präjudizien. 174
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bei einem Fehlschlagen des Vertrages.179 Die Rechte Dritter aus einem Vertrag richten sich ebenfalls nach dem auf den Vertrag anwendbaren Recht.180 Unabhängig vom Vertragsstatut wird dagegen eine Unwirksamkeit des Vertrages wegen Rechtswidrigkeit nach dem Recht des Ortes geachtet, an dem Erfüllungshandlungen vorgenommen werden oder werden müssen.181 Während die Abtretbarkeit einer Forderung dem Statut zu entnehmen ist, der die Forderung unterliegt, bestimmt über die Wirksamkeit ihrer Abtretung (assignment) das Vertragsstatut des Abtretungsvertrages zwischen dem Alt- und dem Neugläubiger.182 Die Abgrenzung zum Sachenrechtsstatut scheint jedoch problematisch und bisher nicht abschließend geklärt zu sein. 183 Möglicherweise ist zwischen eigentumsrechtlichen und schuldrechtlichen Wirkungen einer Abtretung zu unterscheiden184 oder die Übertragung vertraglicher Verbindlichkeiten wird insgesamt – im Gegensatz zu allen Fragen der Änderung oder des Erlöschens vertraglicher Rechte – sachenrechtlich qualifiziert und dem Belegenheitsortsrecht unterstellt.185
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(c) Sonderregeln für bestimmte Verträge (aa) Arbeitsverträge Arbeitsverträge unterliegen – anders als nach Art. 43 Festland-IPRG (s. oben Rn. 472) – grundsätzlich den allgemeinen Regeln über das Vertrags179
Johnston, Rn. 5.011 (S. 198 f.). Hinsichtlich des Zustandekommens s. auch Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.045] und [100.046]. Zur Erfüllung etwas abweichend Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.050]; Cowley/James/El-Mahmoud/Han, Hong Kong Lawyer – At Issue. 180 Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.046]. 181 Johnston, Rn. 5.013 (S. 200 ff.); Wolff, 6 (2010) J. P.I.L. 465 (476). S. auch Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.049]. 182 S. Truebell Plc v. Leung Fai Man t/a Truebell Marketing Co. (HCA1242/1997) v. 31.12.1998, Rn. 6 (Suffiad J); Hang Lung Bank Ltd. v. World-Wide Properties Corp. Ltd. (HCA1344/1984) v. 9.8.1985, Rn. 11 ff. (Eddis QC). So auch Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.062]. Dem Statut der abgetretenen Forderung unterliegen im englischen Recht auch das Verhältnis zwischen Neugläubiger und Schuldner, die Voraussetzungen der Geltendmachung der Schuld und ihr Erlöschen, s. Dicey, Morris & Collins (Briggs), Rule 126, Rn. 24R-050 (S. 1181). 183 S. in dieser Hinsicht zum englischen Recht Moshinsky, 109 (1992) LQuartRev 591 (591 ff.). 184 In diese Richtung deutet First Laser Ltd. v. Fujian Enterprises (Holdings) Co. Ltd. And Another (HCA4414/2001) v. 5.2.2008, Rn. 55 ff. (To J). S. auch Moshinsky, 109 (1992) LQuartRev 591 (593 ff.). 185 So Johnston, Rn. 6.023 (S. 311). Eine vertragliche Schuld ist dort belegen, wo sie am besten eingetrieben werden kann; dies richtet sich in erster Linie nach einer etwaigen ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung, in zweiter Linie nach einem vereinbarten Zahlungsort und schließlich nach dem Sitz des Schuldners, s. Johnston, Rn. 6.023 (S. 307 ff.).
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statut. Wenn ein Arbeitnehmer in Hong Kong arbeitet oder dort stationiert ist, bildet das Recht von Hong Kong regelmäßig das Recht des Ortes der engsten Beziehung mit dem Arbeitsvertrag.186 Ist das Recht von Hong Kong objektives Vertragsstatut, setzt Sec. 70 Employment Ordinance 187 eine anderweitige Rechtswahl insoweit außer Kraft, als die Rechte und der Schutz des Arbeitnehmers durch die Employment Ordinance dadurch geschmälert werden.188 (bb) Verbraucherschutz
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Die Unconscionable Contracts Ordinance189 bezweckt den Schutz des Verbrauchers vor skrupellosen Vertragsklauseln, die Control of Exemption Clauses Ordinance190 soll – in erster Linie Verbraucher – vor zu weit gehenden Haftungsausschlüssen bewahren. Beide Gesetze sind anwendbar, wenn das Recht von Hong Kong objektives Vertragsstatut ist, können aber nicht allein aufgrund einer Rechtswahl zur Anwendung berufen werden.191 Gleichzeitig verhindern wortgleiche Regelungen in beiden Gesetzen, dass durch eine Rechtswahl der gewährte Schutz ausgehöhlt wird: Die Gesetze finden auch entgegen einer Rechtswahl Anwendung, wenn eine Klausel vollkommen oder hauptsächlich deshalb in den Vertrag eingeführt worden zu sein scheint, um das Eingreifen des jeweiligen Gesetzes zu umgehen, oder/und wenn bei Vertragsschluss eine der Parteien als Verbraucher handelte, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Hong Kong hatte und die wesentlichen Schritte zum Vertragsabschluss dort vollzogen wurden.192 (d) Die Form von Verträgen
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Im Unterschied zum festlandchinesischen Recht (dazu oben Rn. 488 ff.) reicht es nach dem Kollisionsrecht von Hong Kong aus, wenn die Formerfordernisse alternativ des Rechts am Ort des Vertragsschlusses oder des bei
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Johnston, Rn. 5.068 (S. 239). Cap. 57 (Fassung v. 30.6.1997). 188 Die Vorschrift lautet in deutscher Übersetzung: „Jede Vertragsbedingung, welche Rechte, Vorteile oder Schutz auszuschalten oder zu mindern vorgibt, die dieses Gesetz dem Arbeitnehmer gewährt, ist unwirksam.“ Vgl. zu dieser Regelung auch Johnston, Rn. 5.070 (S. 240). 189 Cap. 458 (Fassung v. 1.7.1997), L.N. 65 of 2000. 190 Cap. 71 (Fassung v. 1.7.1997), L.N. 65 of 2000. 191 Sec. 7(1) Unconscionable Contracts Ordinance, Sec. 17(1) Control of Exemption Clauses Ordinance. 192 Sec. 7(2) Unconscionable Contracts Ordinance, Sec. 17(2) Control of Exemption Clauses Ordinance. 187
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Wirksamkeit des Vertrages auf diesen anwendbaren Rechts erfüllt sind.193 Die Form dinglicher Rechtsgeschäfte scheint dagegen wie auf dem Festland (dazu oben Rn. 482 ff.) dem Sachenrechtsstatut zugeordnet (s. unten Rn. 1138) und die Form wechsel- und scheckrechtlicher Handlungen dem Handlungsortsrecht unterstellt (dazu im Einzelnen unten Rn. 1128) zu werden. (e) Stellvertretung Nach dem Kollisionsrecht von Hong Kong findet auf die Beziehung zwischen dem Geschäftsherrn und dem Stellvertreter – anders als nach Art. 16 Festland-IPRG – das Statut des Vertrages Anwendung, auf dem sie beruht; das Verhältnis zum dritten Geschäftspartner unterliegt dagegen dem Statut des durch den Vertreter vorgenommenen Geschäfts.194 Abweichend davon wurde jedoch auf die Frage nach dem Bestehen einer (Anscheins- oder Duldungs-)Vollmacht im Verhältnis zum Geschäftspartner in Akai Holdings Ltd. (In Liquidation) v. Thanakharn Kasikorn Thai Chamkat (Mahachon) 195 entgegen einer Rechtswahl das Recht von Hong Kong als das am stärksten mit dem abgeschlossenen Vertrag – insbesondere hinsichtlich der Vertretungsmacht und der Handlung des Vertreters – verbundene Recht angewendet, 196 das gleichzeitig auch das Recht des Ortes der Vertreterhandlung war.197 Es erscheint danach möglich, dass zwar das Statut des abgeschlossenen Vertrages im Verhältnis zum Dritten zur Anwendung gelangt, jedoch nur als objektiv ermitteltes ohne Rücksicht auf eine etwaige Rechtswahl.
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(2) Deliktsrecht (a) Grundregel Das Recht von Hong Kong folgt der im 19. Jahrhundert in Phillips v. Eyre198 entwickelten Grundregel des common law zum internationalen Deliktsrecht, der sogenannten double actionability rule (Regel der doppelten 193 Johnston, Rn. 5.011 (S. 199). Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.047] hält diese Frage für ungeklärt und zählt lediglich die verschiedenen Optionen auf. 194 Johnston, Rn. 5.016 (S. 204 f.), unter Berufung auf englische Präjudizien. 195 (HCCL59/2004) v. 26.5.2008 (Stone J). 196 Akai Holdings Ltd. (In Liquidation) v. Thanakharn Kasikorn Thai Chamkat (Mahachon) (HCCL59/2004) v. 26.5.2008, Rn. 437 (Stone J). Obiter dictum stellte der Richter jedoch fest, dass die Anwendung thailändischen Rechts zum selben Ergebnis geführt hätte, Rn. 439 ff. 197 Eine Partei hatte eingewandt, das Recht des Ortes der Vertreterhandlung bzw. das Recht mit der engsten Verbindung sei anzuwenden (Rn. 434), während die Gegenpartei sich auf das Statut des vorgenommenen Geschäfts berief (Rn. 429). 198 [1870] LR 6 QB 1, Ex Ch.
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
Klagbarkeit): ein Anspruch, der auf einem in einem anderen Land begangenen Delikt beruht, kann im Inland nur geltend gemacht werden, wenn er sowohl auf der Grundlage des Rechts des Landes, in dem das Delikt begangen wurde (lex loci delicti), als auch nach der lex fori – eine Begehung im Inland unterstellt – gegeben ist.199 Daraus ergibt sich eine grundsätzliche, wenn auch nicht bis in alle Einzelheiten reichende Parallele zur bisherigen, durch die Reform jedoch aufgehobenen Regelung auf dem Festland, nach der die Anwendung der lex loci delicti als Deliktsstatut durch die lex fori begrenzt wurde (oben Rn. 517 ff.). (b) Modifikationen 1117
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Die double actionability rule wurde durch die englischen Entscheidungen in Chaplin v. Boys200 und Red Sea Insurance Co. Ltd. v. Bouygues SA201 modifiziert; beiden Präjudizien sind die Gerichte von Hong Kong gefolgt.202 Nach Chaplin v. Boys können aufgrund öffentlicher Interessen nur sehr schwache Beziehungen des Delikts zu seinem Begehungsort dazu führen, dass die lex fori unbegrenzt Anwendung findet. Die Entscheidung in Red Sea Insurance Co. Ltd. v. Bouygues SA eröffnet es den Gerichten von Hong Kong, aufgrund der engen Beziehung zu den Geschehnissen und den Parteien zu einer ausschließlichen Anwendung der lex loci delicti zu gelangen. Die maßgebliche Frage hiernach ist nunmehr, welche Rechtsordnung die wichtigste Beziehung (most significant relationship) zu den Ereignissen und den Parteien besitzt; sie wird aber nur ausnahmsweise zu einer Abweichung von der Grundregel der double actionability führen. Es erscheint sogar möglich, dass anstelle von lex loci delicti und lex fori eine dritte Rechtsordnung berufen wird.203 Diese flexible Ausnahme bietet demnach ein Einfallstor für ordre public-Erwägungen, aber auch die Möglichkeit zur Lösung von Anpassungsproblemen, wenn etwa das Deliktsortsrecht und die lex fori Haftung oder Anspruch aus derselben Angelegenheit unterschiedlichen Personen zuweisen.204 Ebenso ermöglicht sie eine vertragsakzessorische Anknüpfung 199 Vgl. Shanghai Reeferco Container Co. Ltd. v. Waggonbau Elze GmbH&Co Besitz KG (HCA3341/2003) v. 20.2.2004, Rn. 28 (Poon J). S. auch Johnston, Rn. 5.081 (S. 246); Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.053]; Cowley/James/El-Mahmoud/Han, Hong Kong Lawyer – At Issue. 200 [1971] AC 356. 201 [1995] 1 AC 190. 202 Im letzteren Fall war eine Nichtbeachtung ohnehin nicht möglich, da der Privy Council zum einen zu einem Zeitpunkt vor der Rückgabe Hong Kongs an China, zum anderen auf ein Rechtsmittel aus Hong Kong hin (s. Johnston, Rn. 5.081 (S. 246, Fn. 357)) und damit für Hong Kong bindend entschieden hatte. S. auch oben Rn. 1011. 203 So jedenfalls Johnston, Rn. 5.087 (S. 250). 204 Vgl. dazu Johnston, Rn. 5.087 (S. 250) und Rn. 5.083 (S. 247 f.).
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von deliktsrechtlichen Ansprüchen, die im Rahmen vertraglicher Beziehungen entstanden sind, und nimmt Qualifikationsunterschieden im Hinblick auf die vertragliche oder deliktsrechtliche Natur von Ansprüchen ihre Bedeutung.205 Zusätzlich zu dieser Flexibilität birgt auch die Ermittlung des Deliktsortes Potential, die double actionability rule nachgiebiger zu gestalten: Wo ein Delikt begangen worden ist, wird nach dem Recht von Hong Kong wertend ermittelt: Es ist danach zu fragen, wo im Wesentlichen der Klagegrund entstanden ist.206 Dabei kann eine unerlaubte Handlung selbst dann als in Hong Kong begangen gelten, wenn die beklagte Partei ausschließlich außerhalb von Hong Kong gehandelt hat. 207 Leben etwa alle beteiligten Parteien bei Tatbegehung in derselben Rechtsregion, erlaubt dieser flexible Ansatz, den gemeinsamen Wohnort der Parteien als Ort der Deliktsbegehung anzusehen.208 Dies kann zu ähnlichen Ergebnissen wie die im festlandchinesischen Recht vorgesehene Auflockerung der Tatortregel (dazu oben Rn. 511 ff.) führen. Es hat ebenso zur Folge, dass – wie auf dem Festland (oben Rn. 506 ff.) – sowohl Handlungs- als auch Erfolgsort einer unerlaubten Handlung Berücksichtigung finden können.
1119
(c) Reichweite des Deliktsstatuts Das Deliktsstatut erfasst strenge und verschuldensabhängige Haftung wegen eines Tuns oder Unterlassens.209 Es findet Anwendung auf die Fragen der Verursachung (causation), der erforderlichen Nähe (remoteness) der schädigenden Handlung zum Schaden und der zu ersetzenden Schadensposten (heads of damages); die Bemessung des Schadensersatzes (quantification of damages) wird dagegen traditionell prozessual qualifiziert und der lex fori unterstellt.210 Die Deliktsfähigkeit sowie die Frage, ob und unter welchen Umständen einer juristischen Person unerlaubte Handlungen ihrer Organe oder Angestellten zugerechnet werden können, soll dem nach der Ausnahmeregel aus Red Sea Insurance Co. Ltd. v. Bouygues SA ermittelten Recht mit der engsten Beziehung zu den Ereignissen und Parteien ohne Anwendung der double actionability rule unterfallen.211
205
Vgl. Johnston, Rn. 5.140 ff. (S. 292 ff.). Johnston, Rn. 5.089 (S. 251). Vgl. auch Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.056]. 207 Johnston, Rn. 5.089 (S. 251 f.). 208 Johnston, Rn. 5.090 (S. 253). 209 Johnston, Rn. 5.085 (S. 249). 210 Johnston, Rn. 2.013 (S. 19 f.). 211 S. oben Rn. 1117 sowie Johnston, Rn. 7.044 (S. 367). 206
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
(3) Ungerechtfertigte Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag 1122
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Als Bereicherungsansprüche werden Ansprüche aller Art auf Erstattung/ Herausgabe (restitution) verstanden, also auch solche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio / agency by necessity). Maßgeblich für eine Qualifikation als Erstattungsanspruch ist, dass es sich um eine Verpflichtung handeln muss, welche auf der ungerechtfertigten Bereicherung (unjust enrichment) des Beklagten auf Kosten des Klägers beruht.212 Da dieses Konzept im common law noch relativ jung ist, haben die Gerichte in Hong Kong bisher keine diesbezügliche Kollisionsregel entwickelt; auch die Rechtsprechung aus anderen common law-Rechtsordnungen bietet wenig Anhaltspunkte.213 In einer Entscheidung jüngeren Datums, Akai Holdings Ltd. (In Liquidation) v. Thanakharn Kasikorn Thai Chamkat (Mahachon),214 standen Erstattungsansprüche auf der Basis der Nichtigkeit eines Vertrages mangels Vertretungsmacht im Raum. Obwohl es sich um einen internationalen Sachverhalt handelte, wurde die Frage des anwendbaren Rechts lediglich in Bezug auf die Vertretungsmacht aufgeworfen und behandelt, nicht dagegen hinsichtlich des Anspruchs auf Erstattung (restitution) insgesamt. In der Literatur vorgeschlagen wird die Anwendung des Rechts mit der engsten und effektivsten Beziehung (closest and most real connection) zur Erstattungsverpflichtung.215 Diese sehr allgemeine Grundregel soll sich für den (häufigsten) Fall, dass die Bereicherung im Zusammenhang mit einem Vertrag oder einer anderen Rechtsbeziehung zwischen den Parteien erlangt wurde, zu einer Verweisung auf das Statut dieser Rechtsbeziehung konkretisieren, und zwar regelmäßig selbst dann, wenn die Rechtsbeziehung nichtig ist oder wird.216 Geht es um die Erstattung eines Vorteils, den eine Partei unmittelbar und spezifisch auf bewegliche oder unbewegliche Sachen – etwa im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag – übertragen hat, wird in der Regel das Belegenheitsortsrecht der Sache die engste Beziehung zur Erstattungsverpflichtung aufweisen.217 Bei Erstattungsansprüchen, die aus der Unangemessenheit des Verlusts seitens des Bereicherungsgläubigers erwachsen, ohne dass es auf ein Fehlverhalten des Bereicherungsschuldners ankommt (autonomous unjust enrichment), sollen die Wirkung auf den Bereicherungsgläubiger und die Umstände, die dessen Verlust ungerechtfertigt erscheinen lassen, die engste Beziehung zu einer Rechtsord212
Johnston, Rn. 5.106 (S. 263). Vgl. Johnston, Rn. 5.101 (S. 258) i.V.m. Rn. 5.106 (S. 263). 214 (HCCL59/2004) v. 26.5.2008 (Stone J). 215 Johnston, Rn. 5.107 (S. 264). Zum englischen Recht ebenso Dicey, Morris & Collins (Morse), Rn. 34-014 (S. 1869). 216 S. Johnston, Rn. 5.108 ff. (S. 264 ff.), mit Details. 217 Vgl. Johnston, Rn. 5.114 (S. 272 f.). 213
IV. Interregionales Privatrecht
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nung herstellen.218 Beruht ein Erstattungsanspruch auf einem Fehlverhalten des Bereicherungsschuldners, das mangels Schaden nicht zu einem deliktsrechtlichen Anspruch des Bereicherungsgläubigers geführt hat, soll dennoch das Recht anwendbar sein, dem der Anspruch aus unerlaubter Handlung unterlegen hätte.219 (4) Wechsel und Scheck Das Kollisionsrecht hinsichtlich des Wechsels (bill of exchange) hat eine gesetzliche Regelung in Sec. 72 Bills of Exchange Ordinance220 gefunden. Diese gilt nach Sec. 73(1) Bills of Exchange Ordinance auch für den Scheck (cheque) und gemäß Sec. 95 Bills of Exchange Ordinance in entsprechender Anwendung für den Eigenwechsel (promissory note). Die Kollisionsregeln der Sec. 72 Bills of Exchange Ordinance greifen, sobald ein Wechsel in einem Land (country) gezogen wurde, aber in einem anderen Land begeben oder angenommen wurde bzw. zahlbar ist. Als „Land“ (country) im Sinne der Vorschrift muss dabei jede gesonderte Rechtsregion verstanden werden,221 so dass die Regelung auch im interregionalen Rechtsverkehr weiterhelfen kann.
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(a) Fragen der Form Nach Sec. 72(a) Bills of Exchange Ordinance findet auf die formelle Wirksamkeit eines Wechsels das Recht des Ausstellungsortes Anwendung, während die formelle Wirksamkeit von Annahme, Annahme unter Protest oder Indossament dem Recht des Ortes unterliegt, an dem ein solcher Vertrag abgeschlossen wurde. Dabei ist jedoch ein außerhalb von Hong Kong ausgestellter Wechsel nach Sec. 72(a)(i) Bills of Exchange Ordinance nicht deshalb unwirksam, weil er nicht nach dem Ausstellungsortsrecht – als Zeichen der entrichteten Stempelsteuer – gestempelt wurde. Des Weiteren ist nach Sec. 72(a)(ii) Bills of Exchange Ordinance ein außerhalb von Hong Kong ausgestellter Wechsel, der die Formerfordernisse des Rechts von Hong Kong erfüllt, zwischen allen Personen, die innerhalb von Hong Kong den Wechsel begeben haben, halten oder Partei geworden sind, wirksam.
218
Johnston, Rn. 5.115 (S. 273 f.), mit Einzelheiten. Johnston, Rn. 5.116 (S. 274). 220 Cap. 19 (Fassung v. 1.7.1997), L.N. 23 of 1998, L.N. 60 of 1999. 221 Johnston, Rn. 5.063 (S. 235, Fn. 282). 219
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(b) Materiellrechtliche Fragen (aa) Grundregel 1129
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Nach Sec. 72(b) Bills of Exchange Ordinance ist auf die „Auslegung“ (interpretation) der Ausstellung eines Wechsels, von Indossament, Annahme oder Annahme unter Protest, vorbehaltlich der Regelungen der Bills of Exchange Ordinance, das Recht des Ortes anzuwenden, an dem der jeweilige Vertrag geschlossen wurde. Dabei umfasst „Auslegung“ im Sinne der Vorschrift, verstanden als Auslegung der genannten Handlungen, alle Fragen, die keiner speziellen Regelung der Bills of Exchange Ordinance unterfallen.222 Es handelt sich also um eine Auffangvorschrift, die inhaltlich – grundsätzlicher Verweis auf das Handlungsortsrecht – deutliche Parallelen zur diesbezüglichen Regelung des festlandchinesischen Rechts (oben Rn. 539 ff.) aufweist. Auch die Wechselfähigkeit und die Bemessung des Schadensersatzes sollen sich nach der so ermittelten Rechtsordnung richten.223 Im Hinblick auf die eigentumsrechtlichen Wirkungen eines Indossaments scheint – mit nur seltenen Unterschieden im Ergebnis – nicht geklärt zu sein, ob sie ebenfalls der über Sec. 72(b) Bills of Exchange Ordinance ermittelten Rechtsordnung oder dem Belegenheitsortsrecht des Wechsels zum Zeitpunkt der Übergabe unterliegen.224 (bb) Sonderregeln (i) Inlandswechsel
1131
Für Wechsel, die tatsächlich oder nach ihrem Erscheinungsbild in Hong Kong ausgestellt wurden und zahlbar sind oder innerhalb von Hong Kong auf eine in Hong Kong lebende Person gezogen wurden (sogenannte Inlandswechsel (inland bills) nach Sec. 4(1) Bills of Exchange Ordinance) enthält Sec. 72(b) Bills of Exchange Ordinance in einem zweiten Absatz eine Sonderregel: Wird ein Inlandswechsel außerhalb von Hong Kong indossiert, so findet gegenüber dem Bezogenen nicht das Recht des Ortes des Indossaments, sondern das Recht von Hong Kong Anwendung.
222 S. Johnston, Rn. 5.063 (S. 236 f.). S. auch York Airconditioning & Refrigeration Inc. v. Lam Kwai Hung t/a North Sea A/C Elect. Eng. Co. (HCA8176/1993) v. 16.12.1994, Rn. 52 ff. (Kaplan J): Ohne dies detailliert zu erläutern, wurden alle Fragen eines Wechsels nach dem gem. Sec. 72 Bills of Exchange Ordinance ermittelten Recht von Hong Kong – Ausstellung und Annahme waren in Hong Kong erfolgt – beurteilt. 223 Johnston, Rn. 5.063 (S. 237). 224 S. Johnston, Rn. 5.063 (S. 238).
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(ii) Einzelfragen der Ausübung von Wechselrechten Die Pflichten des Wechselinhabers hinsichtlich einer Vorlage des Wechsels zur Annahme oder Zahlung richten sich gemäß Sec. 72(c) Bills of Exchange Ordinance nach dem Recht des Ortes der Vornahme der Handlung. Was also der Wechselinhaber bei der Vorlage des Wechsels beachten muss, um die Zahlung durchsetzen zu können, bestimmt das Recht des Ortes, an dem er den Wechsel zu Annahme oder Zahlung vorlegt. Ebenso unterliegt es nach Sec. 72(c) Bills of Exchange Ordinance dem Recht des jeweiligen Handlungsortes, ob ein Protest oder die Mitteilung der Annahmeverweigerung bzw. Nichtzahlung notwendig oder hinlänglich ist. Anwendbar auf diese Fragen ist das Recht des Ortes, an dem Annahme oder Zahlung verweigert wurde.
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(iii) Fälligkeitsdatum Wurde ein Wechsel in einer Rechtsregion ausgestellt, ist er aber in einer anderen zahlbar, bestimmt nach Sec. 72(d) Bills of Exchange Ordinance das Recht des Zahlungsortes über das Fälligkeitsdatum.
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(5) Verjährung von Forderungen Nach traditionellen common law-Grundsätzen wird jede Regelung der Verjährung (limitation), welche die Geltendmachung eines Rechts nach Ablauf einer bestimmten Frist sperrt, prozessual qualifiziert und untersteht daher der lex fori; nur Regelungen, nach denen ein Recht durch Zeitablauf erlischt (prescription rules), werden der lex causae zugeordnet.225 Dies gilt – trotz bereits erfolgter Änderung in anderen common law-Rechtsordnungen durch Gesetz (England) oder Rechtsprechung (Kanada, Australien) – für Hong Kong weiterhin. 226 Die Gerichte scheinen nicht gewillt, zugunsten einer einheitlich materiellrechtlichen Qualifikation der Verjährung von den Traditionen des common law abweichen zu wollen.227 An dieser Stelle bewirkt die Zugehörigkeit des Rechts von Hong Kong zum common law eine deutliche Abweichung auch im Ergebnis von den Kollisionsregeln der an-
225
Johnston, Rn. 2.017 (S. 26). S. Johnston, Rn. 2.017 f. (S. 26 f.). 227 S. Peregrine Fixed Income Ltd. (In Liquidation) v. JP Morgan Chase Bank (HCCL2A/2004) v. 15.3.2005, Rn. 19 f. (Stone J), mit ausdrücklich ablehnender Haltung. Vgl. auch die oben Fn. 113 (§ 10) genannten Fälle, in denen im Rahmen der Frage nach einem Verlust legitimer persönlicher oder juristischer Vorteile (legitimate personal or juridical advantages) des Klägers bei der forum non conveniens-Prüfung implizit weiterhin von der prozessualen Qualifikation ausgegangen wurde. 226
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
deren drei chinesischen Rechtsregionen, die einheitlich die lex causae der Forderung auf die Frage ihrer Verjährung anwenden.228 c) Sachenrecht (1) Grundregel 1136
Unabhängig von seiner Art ist das Statut eines Sachenrechts grundsätzlich das Recht des Belegenheitsortes der Sache (lex rei sitae). (2) Reichweite
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Das Sachenrechtsstatut entscheidet darüber, ob ein Vermögensgegenstand eine bewegliche oder unbewegliche Sache darstellt.229 Für das Recht von Hong Kong gelten alle Eigentumsrechte an oder in Bezug auf Grundbesitz als unbeweglich;230 alle übrigen Eigentumsrechte zählen zum beweglichen Vermögen. Die lex rei sitae bestimmt über Entstehung, Übertragung und Erlöschen eines Sachenrechts.231 In Bezug auf die Übertragung regelt es (auch formelle) 232 Voraussetzungen und Wirkungen; beim Wechsel des Lageortes übernimmt das Recht des neuen Lageortes ein Sachenrecht so, wie es den früheren Belegenheitsort verlassen hat.233 (3) Sonderfälle (a) Güter auf dem Transport
1139
Wohl infolge der geläufigen Verwendung von Konnossementen (bills of lading) hat sich in Hong Kong bisher keine besondere Regel für die eigentumsrechtlichen Vorgänge an Gütern auf dem Transport (goods in transit) gebildet.234 Anders als im festlandchinesischen Recht (s. oben Rn. 579) gilt die allgemeine Regel der lex rei sitae.
228 Zum festlandchinesischen Recht s. oben Rn. 554, zu Taiwan s. Rn. 830 und zu Macau Rn. 984. 229 Johnston, Rn. 6.004 (S. 299); Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.058]. 230 Johnston, Rn. 6.005 (S. 299). 231 Johnston, Rn. 6.001 (S. 297). 232 S. Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.060] in Bezug auf unbewegliches Vermögen. 233 Johnston, Rn. 6.009 (S. 302). 234 Vgl. Johnston, Rn. 6.014 (S. 303 f.).
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In der Literatur wird vorgeschlagen, Vorgänge, die sich ereignen, während der Belegenheitsort der Waren zufällig (casual) oder unbekannt ist, dem Recht zu unterstellen, dem der Vorgang schuldrechtlich unterliegt.235
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(b) Verkehrsmittel Eindeutige Regeln darüber, nach welchem Recht das Eigentum an Verkehrsmitteln, insbesondere Schiffen und Flugzeugen, übertragen wird, haben die Gerichte bisher nicht entwickelt.236 In der Literatur wird vorgeschlagen, die allgemeine lex rei sitae-Regel anzuwenden, wenn sich die Verkehrsmittel in Ruheposition innerhalb eines nationalen Territoriums befinden.237 Für die übrigen Fälle soll flexibel auf die Rechtsordnung mit der engsten Beziehung zum jeweiligen Geschäft ausgewichen 238 oder der Belegenheitsort dort fingiert werden, wo das Schiff oder Flugzeug registriert ist.239
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(c) Geistiges Eigentum Geistiges Eigentum gilt als an dem Ort belegen, nach dessen Rechtsordnung es besteht;240 diese findet als lex rei sitae Anwendung auf Entstehung, Übertragung und Erlöschen von Immaterialgüterrechten.
1143
(d) Treuhand In Hong Kong ist das Haager Übereinkommen über das auf Trusts anzuwendende Recht und ihre Anerkennung 241 (im Folgenden: Haager TrustÜbereinkommen) über die Recognition of Trusts Ordinance242 mit Wirkung zum 1.1.1992 in Kraft getreten. Sie gilt nach Sec. 2(5) Recognition of Trusts Ordinance allgemein, nicht nur im Verhältnis zu anderen Vertragsstaaten, und auch in Bezug auf regionale Rechtsordnungen wie die fest-
235 S. Johnston, Rn. 6.014 (S. 303 f.). Ähnlich Cowley/James/El-Mahmoud/Han, Hong Kong Lawyer – At Issue. Für das englische Recht auch Dicey, Morris & Collins (Briggs), Rn. 24-017 (S. 1170). 236 S. Johnston, Rn. 6.015 (S. 304). 237 Johnston, Rn. 6.015 (S. 304). Vgl. auch Dicey, Morris & Collins (Harris), Rn. 22058, 22-061 (S. 1130 ff.). 238 Johnston, Rn. 6.015 (S. 304 ff.), mit ausführlicher Begründung. 239 Für das englische Recht Dicey, Morris & Collins (Harris), Rn. 22-058, 22-061 (S. 1130 ff.). 240 Johnston, Rn. 6.033 (S. 318); Cowley/James/El-Mahmoud/Han, Hong Kong Lawyer – At Issue. 241 Hague Convention on the Law applicable to Trusts and on their Recognition v. 1.7.1985. 242 Cap. 76 (Fassung v. 30.6.1997).
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
landchinesische.243 Ihre Kollisionsregeln sind weitaus differenzierter als in den anderen chinesischen Rechtsregionen.244 Über Sec. 2(3) Recognition of Trusts Ordinance finden die im Übereinkommen vorgesehenen Kollisionsregeln Anwendung auf trusts, die freiwillig errichtet wurden und schriftlich nachgewiesen sind (Art. 3 Haager Trust-Übereinkommen). 245 Trusts sind nach Art. 2 Haager Trust-Übereinkommen von einer Person geschaffene Rechtsbeziehungen, bei denen Vermögen zugunsten eines Begünstigten oder für einen bestimmten Zweck der Aufsicht des Treuhänders (trustee) unterstellt worden ist, dabei getrenntes Sondervermögen des Treuhänders darstellt, in seinem oder seines Vertreters Eigentum steht und nach den Vorgaben der Rechtsbeziehung von ihm verwaltet, gebraucht oder veräußert werden darf und muss. Nach Art. 6 Abs. 1 Haager Trust-Übereinkommen i.V.m. Sec. 2(1) Recognition of Trusts Ordinance findet in erster Linie das vom Gründer des trusts ausdrücklich oder konkludent über die Bestimmungen des Gründungsdokuments bzw. des den trust bestätigenden Schriftstücks gewählte Recht Anwendung. Fehlt eine Rechtswahl oder scheitert sie, weil die gewählte Rechtsordnung das Institut des trusts gar nicht oder nicht in der konkreten Form kennt (Art. 6 Abs. 2 Haager Trust-Übereinkommen), ist nach Art. 7 Abs. 1 Haager Trust-Übereinkommen i.V.m. Sec. 2(1) Recognition of Trusts Ordinance auf die mit dem trust am engsten verbundene Rechtsordnung zurückzugreifen. Bei der Ermittlung des Rechts mit der engsten Verbindung zum trust sind insbesondere der vom Gründer bezeichnete Ort der Verwaltung des trusts, die Belegenheit des trustVermögens, der Ort des Wohnsitzes oder Geschäfts des Treuhänders (trustee) sowie die Zwecke des trusts und die Orte, an denen sie zu erfüllen sind, zu berücksichtigen (Art. 7 Abs. 2 Haager Trust-Übereinkommen i.V.m. Sec. 2(1) Recognition of Trusts Ordinance). Rück- und Weiterverweisungen sind nicht zu beachten.246 Dem so ermittelten auf den trust anzuwendenden Recht unterstehen umfassend seine Wirksamkeit, Auslegung, Wirkungen und Verwaltung. 247 243
Vgl. insbesondere zu letzterem Johnston, Rn. 8.094 (S. 515, Fn. 409). Zum festlandchinesischen Recht oben Rn. 595, zu Taiwan Rn. 852 f. und zum Recht von Macau Rn. 990 ff. 245 Die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Gesetzes gegenüber dem des Haager Trust-Übereinkommens nach Sec. 2(3) Recognition of Trusts Ordinance beruht auf dem britischen Vorbild und bleibt für Hong Kong praktisch ohne eigenständige Bedeutung. S. dazu im Detail Johnston, Rn. 8.092 (S. 512 f.). 246 Art. 17 Haager Trust-Übereinkommen i.V.m. Sec. 2(1) Recognition of Trusts Ordinance. 247 Art. 8 Abs. 1 Haager Trust-Übereinkommen i.V.m. Sec. 2(1) Recognition of Trusts Ordinance. Art. 8 Abs. 2 Haager Trust-Übereinkommen enthält eine detaillierte, nicht abschließende Aufzählung der dadurch erfassten Rechtsfragen. 244
V. Anerkennung und Vollstreckung
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Ausgenommen vom Statut des trusts sind Vorfragen der Übertragung des Vermögens auf den Treuhänder 248 sowie die in Art. 15 Abs. 1 Haager Trust-Übereinkommen aufgeführten Fragen,249 darunter der Schutz Minderjähriger und Geschäftsunfähiger, die Übertragung von Eigentum und Sicherungsrechten an Vermögen, der Schutz von Gläubigern in der Insolvenz und anderen in gutem Glauben handelnden Dritten. Zwingendes Recht Hong Kongs bleibt ebenfalls anwendbar.250 Ist ein trust nach dem auf ihn anzuwendenden Recht wirksam, ist er als Sondervermögen anzuerkennen.251
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V. Interregionale Justizhilfe – Anerkennung und Vollstreckung von Zivilurteilen V. Anerkennung und Vollstreckung
Wie bereits oben Rn. 641 erwähnt, gibt es für die Anerkennung und Vollstreckung fremder Gerichtsentscheidungen in Hong Kong zwei verschiedene Wege: die Eintragung (registration) auf gesetzlicher Grundlage im Verhältnis zu bestimmten Staaten und in allen übrigen Fällen die Anerkennungsklage (action on a foreign judgment) des common law. Gerichtsentscheidungen, deren Inhalt nicht die Zahlung einer Geldsumme (money award) ist, sondern eine Handlung oder Unterlassung, etwa die Erbringung einer vertraglichen Leistung oder die Herausgabe eines Gegenstands, werden nicht anerkannt und vollstreckt.252
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1. Im Verhältnis zu Macau und Taiwan Im Verhältnis zu Macau und Taiwan kommt mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage nur eine Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen im Wege des common law in Betracht. Wie bei der Anerkennung und Vollstreckung auf gesetzlicher Basis werden dabei die Tatsachen- und Rechtsfeststellungen des Urteilsgerichts nicht in der Sache überprüft. 253
248 Art. 4 Haager Trust-Übereinkommen i.V.m. Sec. 2(1) Recognition of Trusts Ordinance. 249 Vgl. zu diesem Verständnis der Regelung als bloße Klarstellung der Grenzen des auf den trust anzuwendenden Rechts Johnston, Rn. 8.107 (S. 525, Fn. 453). 250 Art. 16 Haager Trust-Übereinkommen i.V.m. Sec. 2(1) Recognition of Trusts Ordinance. 251 S. Art. 11 f. Haager Trust-Übereinkommen i.V.m. Sec. 2(1) Recognition of Trusts Ordinance mit Einzelheiten. 252 Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.013]. 253 Johnston, Rn. 9.009 (S. 549 f.); Min, S. 62.
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
Ein privatrechtliches 254 Zahlungsurteil (money award) aus Macau oder Taiwan ist in Hong Kong anerkennungsfähig, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:255 a) Angemessenes Verfahren 1151
Nur in einem fairen Verfahren ergangene Gerichtsentscheidungen dürfen anerkannt werden. Anderenfalls werden sie wegen Verstoßes gegen die „natürliche Gerechtigkeit“ (natural justice) nicht anerkannt, sofern einer Partei durch den Verstoß ein wesentlicher Nachteil (substantial prejudice) entstanden ist.256 Im Wesentlichen bezieht sich diese nur selten erfolgreich bestrittene Voraussetzung darauf, dass der Beklagte angemessen vom Verfahren in Kenntnis gesetzt und ihm rechtliches Gehör gewährt worden sein muss. 257 Werden diesbezügliche Verfahrensmängel festgestellt, ist zu berücksichtigen, inwiefern der Beklagte sich im Urteilsstaat mit Rechtsmitteln dagegen zur Wehr zu setzen vermag.258 b) Kein Betrug
1152
Die Gerichtsentscheidung darf nicht durch einen Betrug (fraud) der die Anerkennung begehrenden Partei oder des Urteilsgerichts zustande gekommen sein.259 Unter Betrug (fraud) ist hier ein absichtlich schädigendes Verhalten, wie etwa die Irreführung oder Einschüchterung des Gerichts oder dessen Korruption, oder ein schwerwiegender Verstoß gegen das Verfahrensrecht oder ethische Standards des Urteilsstaates zu verstehen.260 c) Internationale/interregionale Zuständigkeit des Urteilsgerichts
1153
Das Urteilsgericht muss nach dem Recht von Hong Kong international bzw. interregional zuständig gewesen sein. Dies war es nur, wenn sich der Beklagte seiner Gerichtsbarkeit unterworfen hat, indem er sich entweder bei Verfahrensbeginn in dieser Rechtsregion aufhielt, sich gemäß dem Verfah254
Nicht straf-, steuer- oder sonst öffentlich-rechtliches, s. Johnston, Rn. 9.008 (S. 548); Min, S. 64 f. 255 Zu den Anerkennungsvoraussetzungen s. Johnston, Rn. 9.008 (S. 548); Moser, Hong Kong, in: Pryles (Hrsg.), Dispute Resolution in Asia, S. 109 ff. Smart, 5 (2005) OUCLJ 301 (302); Zhang/Smart, 36 (2006) HKLJ 553 (555), nennen nur die Zuständigkeit, die Endgültigkeit der Entscheidung und den bestimmten Geldbetrag als Voraussetzungen. 256 S. dazu Min, S. 69 f. 257 Johnston, Rn. 9.018 (S. 559 f.); Moser, Hong Kong, in: Pryles (Hrsg.), Dispute Resolution in Asia, S. 111. 258 Johnston, Rn. 9.019 (S. 561 f.). 259 Johnston, Rn. 9.023 (S. 564). 260 Johnston, Rn. 9.024 (S. 564 f.).
V. Anerkennung und Vollstreckung
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rensrecht des Urteilsgerichts rügelos auf das Verfahren eingelassen oder die Zuständigkeit des Urteilsgerichts mit dem Kläger vereinbart hatte.261 Eine Zuständigkeit fremder Gerichte in Äquivalenz zu den in Order 11 RHC/RDC vorgesehenen Tatbeständen wird dagegen nicht berücksichtigt; zu einer entsprechenden Anwendung der Lehre des forum non conveniens kommt es ebenfalls nicht.262 Erging das anzuerkennende Urteil unter Verstoß gegen eine (ausschließliche und nach dem auf sie anzuwendenden Recht)263 wirksame Schiedsoder Gerichtsstandsvereinbarung, ohne dass die verurteilte Partei das zum Urteil führende Verfahren selbst begonnen bzw. ihm zugestimmt oder sich der Gerichtsbarkeit des fremden Gerichts unterworfen hat, ist nach Sec. 3(1) und (2) Foreign Judgments (Restriction on Recognition and Enforcement) Ordinance264 die Anerkennung zu verweigern.
1154
d) Rechtskraft und Endgültigkeit Das Urteil eines fremden Gerichts muss rechtskräftig und endgültig (final and conclusive) im Sinne des Rechts von Hong Kong265 sein, um anerkannt zu werden. Dabei kommt es darauf an, dass das Gericht die Existenz der Schuld endgültig, rechtskräftig und für immer festgestellt hat; auch Zwischenentscheidungen, wie Urteile im beschleunigten Verfahren (summary judgments) oder Versäumnisurteile (default judgments), können dieses Erfordernis erfüllen, sofern sie nicht mehr durch das urteilende Gericht selbst aufgehoben werden können.266
1155
e) Kein Verstoß gegen den ordre public Ein Urteil ist nicht anerkennungsfähig, wenn seine Anerkennung gegen den ordre public (public policy) von Hong Kong verstoßen würde, beispielsweise ein in Hong Kong gerichtlich angeordnetes Prozessführungsverbot (anti-suit injunction) missachtet wurde oder bereits das Urteil eines Gerichts von Hong Kong in derselben Angelegenheit rechtskräftig ist.267
261
Vgl. Johnston, Rn. 9.036 (S. 577 ff.); Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.013] ff. Die Staatsangehörigkeit des Urteilsstaates reicht wohl alleine nicht mehr aus, s. Halsbury’s Laws of Hong Kong [100.014]. 262 Johnston, Rn. 9.033 ff. (S. 574 ff.). 263 S. Johnston, Rn. 9.039 (S. 582). 264 Fassung v. 22.1.2010, L.N. 235 of 2009. 265 Zur Anwendung des Rechts von Hong Kong in dieser Hinsicht Min, S. 66. S. auch Huang, 6 (2010) J. P.I.L. 109 (126). 266 S. Chow, Hong Kong Lawyer 5/2007, 29 (30); Moser, Hong Kong, in: Pryles (Hrsg.), Dispute Resolution in Asia, S. 110. Vgl. auch Min, S. 67. 267 Johnston, Rn. 9.051 (S. 594).
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
Ende der 1990er Jahre war – insbesondere vor dem Hintergrund der Rückgabe von Hong Kong an die Volksrepublik China – zunächst unklar, ob die Entscheidungen der Gerichte von Taiwan in Hong Kong Anerkennung und Vollstreckung finden können. In Frage stand, ob es mit Blick auf die Belange der Hoheitsrechte (sovereign power) der Volksrepublik China gegen den ordre public von Hong Kong verstoßen würde, Entscheidungen der Gerichte Taiwans anzuerkennen, da Taiwan aus Sicht des Festlands von Rechts wegen Teil der Volksrepublik ist, aber unter der faktischen, rechtswidrigen Kontrolle einer Usurpatorregierung (usurper government) steht.268 Der Court of Final Appeal entschied schließlich, Entscheidungen der Gerichte Taiwans anzuerkennen, solange sie private Rechte betreffen, ihre Durchsetzung den Interessen der Gerechtigkeit, gesundem Menschenverstand und den Bedürfnissen von Recht und Ordnung entsprechen und nicht gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere hoheitliche Interessen verstoßen. 269 Maßgeblich war unter anderem, dass mit der Anerkennung der Gerichtsentscheidungen keine Anerkennung der Regierung Taiwans im völkerrechtlichen Sinne verbunden ist270 und über die Anerkennungs-Regelungen Taiwan (oben Rn. 597 ff.) selbst auf dem Festland taiwanesische Urteile anerkannt werden.271 Soweit also Zahlungsurteile der Gerichte Taiwans die sonstigen Anerkennungsvoraussetzungen erfüllen, werden sie auf common law-Grundlage anerkannt.272
268
Vgl. zur Fragestellung Chen Li Hung and Another v. Ting Lei Miao and Others (FACV2/1999) v. 27.1.2000, [2000] 1 HKLRD 252; (2000) 3 HKCFAR 9, Rn. 3 (Bokhary PJ). 269 Chen Li Hung and Another v. Ting Lei Miao and Others (FACV2/1999) v. 27.1.2000, Rn. 37 (Bokhary PJ). 270 Chen Li Hung and Another v. Ting Lei Miao and Others (FACV2/1999) v. 27.1.2000, Rn. 37, 39 (Bokhary PJ). Eine ähnliche Erwägung findet sich auch in CEF New Asia Co. Ltd. v. Wong Kwong Yiu, John (CACV77/1999) v. 8.6.1999, [1999] 3 HKLRD 697, Rn. 12 (Leung JA), einem noch vor der endgültigen Klärung durch den Court of Final Appeal, aber in die gleiche Richtung weisenden Urteil des Court of Appeal. 271 Chen Li Hung and Another v. Ting Lei Miao and Others (FACV2/1999) v. 27.1.2000, Rn. 29 (Bokhary PJ); CEF New Asia Co. Ltd. v. Wong Kwong Yiu, John (CACV77/1999) v. 8.6.1999, Rn. 13 (Leung JA). 272 Während es in Chen Li Hung and Another v. Ting Lei Miao and Others (FACV2/1999) v. 27.1.2000 um die Stellung von Insolvenzverwaltern auf der Grundlage einer Insolvenzeröffnung vor einem taiwanesischen Gericht ging, bestätigt CEF New Asia Co. Ltd. v. Wong Kwong Yiu, John (CACV77/1999) v. 8.6.1999, Rn. 12 (Leung JA), die Anerkennungsfähigkeit eines taiwanesischen Zahlungsurteils. S. dem folgend Wang Hsiao Yu v. Wu Cho Ching (HCA1690/1997) v. 4.7.2000, Rn. 4 (Kwan J).
V. Anerkennung und Vollstreckung
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2. Im Verhältnis zum Festland a) Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance Nach Inkrafttreten des Anerkennungs-Arrangements Hong Kong (oben Rn. 107) und der dieses für Hong Kong umsetzenden Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance273 ist für die Anerkennung und Vollstreckung von Zahlungsurteilen bestimmter festlandchinesischer Gerichte, die am oder nach dem 1.8.2008 ergangen sind,274 in bestimmten Fällen der Weg über eine Eintragung (registration) des Urteils eröffnet. Die Folge einer Eintragung (registration) ist die Gleichstellung des festlandchinesischen Urteils hinsichtlich seiner Vollstreckung mit einer am Registrierungsdatum ergangenen Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts (Court of First Instance) von Hong Kong.275 Die Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance setzt die Vorgaben des Anerkennungs-Arrangements Hong Kong sehr detailliert um: So werden beispielsweise in ihrer Sec. 5(2)(a) alle Möglichkeiten gesondert aufgeführt, wie eines der festlandchinesischen Gerichte, deren Entscheidungen nur anzuerkennen sind,276 in Übereinstimmung mit der jeweiligen Gerichtsstandsklausel entschieden haben kann (als gewähltes Gericht, auf Verweisung des gewählten Gerichts, etc.). Dies mag als Sicherung gegen ein zu enges Verständnis der Vorgaben des Anerkennungs-Arrangements Hong Kong durch die Gerichte von Hong Kong dienen. In ähnlicher Weise stellt Sec. 3(2) Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance klar, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung unabhängig davon zu beachten ist, ob danach ein bestimmtes festlandchinesisches Gericht oder allgemein die Gerichte des Festlands zuständig sein sollen. 277 Insgesamt präzisiert die Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance die Regelungen des Anerkennungs-Arrangements Hong Kong und weitet sie den Bedürfnissen des Rechts von Hong Kong entsprechend aus, etwa in ihrer Sec. 12 hinsichtlich der Registrierung von Zinsen und Kosten oder in ihrer Sec. 11 zum Umgang mit Zahlungsurteilen in Fremdwährung.278
273
Cap. 597 (Fassung v. 1.8.2008), L.N. 195 of 2008. Zur Gesetzgebungsgeschichte Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (4 f.). 274 Vgl. Sec. 5(2)(a) Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance. 275 Sec. 14 Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance. 276 Oberstes Volksgericht, Obere und Mittlere Volksgerichte, Untere Volksgerichte mit Zuständigkeit für Fälle mit Außen- und interregionalem Bezug, s. Art. 2 AnerkennungsArrangement Hong Kong, Sec. 2 i.V.m. Schedule 1 Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance. 277 Zu entsprechenden Bedenken hinsichtlich der Auslegung des Anerkennungs-Arrangement Hong Kong s. Chow, Hong Kong Lawyer 5/2007, 29 (34). 278 S. Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (8).
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2. Teil: Die anderen Regionen – § 10 Hong Kong
Eher Verwirrung als Klarheit schafft es dagegen, dass die Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance im Gegensatz zum Anerkennungs-Arrangement Hong Kong die im Recht von Hong Kong übliche und eindeutig belegte Formulierung „rechtskräftig und endgültig“ (final and conclusive) in ihrer Sec. 5(2)(c) wieder aufgreift, auch wenn sie diese Voraussetzung dann in ihrer Sec. 6(1) abweichend vom common law definiert.279 In das Anerkennungs-Arrangement Hong Kong hatte man dagegen bewusst statt des kritischen Wortlauts die Voraussetzung eines vollstreckbaren Endurteils (⊠㠲⤠奵⏄䞭乫ⴒ⍍㶣 – an enforceable final judgment) aufgenommen. 280 Ob sich infolge der Regelung in Sec. 6(1) Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance zwei verschiedene Bedeutungen von „rechtskräftig und endgültig“ (final and conclusive) parallel entwickeln werden oder aber die common law-Bedeutung beeinflusst werden wird, ist derzeit noch nicht absehbar.281 b) Common law
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Außerhalb des Anwendungsbereichs der Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance, also beispielsweise bei Streitigkeiten deliktsrechtlicher Natur, 282 kann grundsätzlich versucht werden, mit Hilfe des common law festlandchinesische Gerichtsentscheidungen in Hong Kong anerkennen und vollstrecken zu lassen. Als Haupthinderungsfaktor in Bezug auf festlandchinesische Gerichtsentscheidungen hat sich in den letzten Jahren die Anerkennungsvoraussetzung der Rechtskraft und Endgültigkeit nach dem Recht von Hong Kong (oben Rn. 1155) erwiesen. Ausgehend von einem englischen Präjudiz wird eine Gerichtsentscheidung nur als rechtskräftig und endgültig (final and conclusive) angesehen, wenn sie vor dem Gericht, das entschieden hat, endgültig und unabänderlich (final and unalterable) ist.283 Dies wurde in Anbetracht des sehr weitgehenden Systems der Wiederaufnahme (dazu oben Rn. 620) für festlandchinesische Gerichtsentscheidungen abgelehnt bzw. bezweifelt.284 279 Vgl. dazu kritisch Chow, Hong Kong Lawyer 5/2007, 29 (32); Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (14 ff.). 280 Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (14 ff.). 281 S. Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (34). 282 Chow, Hong Kong Lawyer 5/2007, 29 (33). 283 Chiyu Banking Corp. Ltd. v. Chan Tin Kwun (HCA11186/1995) v. 12.7.1997, [1996] 2 HKLRD 395, Rn. 18 (Cheung J). S. dazu Smart, 5 (2005) OUCLJ 301 (302). 284 Chiyu Banking Corp. Ltd. v. Chan Tin Kwun (HCA11186/1995) v. 12.7.1997, Rn. 20 ff. (Cheung J). S. dazu Zhang/Smart, 36 (2006) HKLJ 553 (561 f.); Chow, Hong Kong Lawyer 5/2007, 29 (30 f.). Ferner Tan Tay Cuan v. Ng Chi Hung (HCA5477/2000) v. 5.2.2001, Rn. 4 ff. (Waung J). Keine Entscheidung dieser Frage in Wuhan Zhong Shuo Hong Real Estate Co. Ltd. v. The Kwong Sang Hong International Ltd. (HCA14325/1998)
V. Anerkennung und Vollstreckung
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In den letzten Jahren hat sich Kritik hieran in Rechtsprechung und Literatur geregt. Das englische Präjudiz sei aus seinem Zusammenhang – Anerkennungsfähigkeit eines vorläufigen Urteils – gerissen worden285 und vor dem Hintergrund der eindeutig geklärten Anerkennungsfähigkeit von Versäumnisurteilen nach englischem Recht in sich fragwürdig. 286 In der Rechtsprechung wurden die prinzipiellen Ähnlichkeiten mit der Wiederaufnahme eines Verfahrens nach common law betont.287 Dennoch ist wohl immer noch die Meinung herrschend, dass festlandchinesische Urteile nicht rechtskräftig und endgültig im Sinne des Rechts von Hong Kong sind.288 Danach erscheint zwar die Anerkennung und Vollstreckung eines festlandchinesischen Urteils außerhalb des Anwendungsbereiches der Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance nicht als ausgeschlossen, aber immer noch eher unwahrscheinlich. Einen weiteren Grund für die Ablehnung einer Anerkennung und Vollstreckung festlandchinesischer Urteile könnte in einzelnen Fällen der ordre public-Vorbehalt darstellen. Der Vorbehalt ist jedoch nach den traditionellen Grundsätzen des Rechts von Hong Kong eng zu verstehen und damit im Allgemeinen kein Mittel, mit dem die Gerichte von Hong Kong ihren Bedenken hinsichtlich der Qualität festlandchinesischer Urteile in Bezug auf Korruption oder Lokalprotektionismus werden begegnen können.289
v. 12.6.2000, Rn. 18 ff. (Yeung J), aber ernsthafte Zweifel, die u.a. zur Verfahrensaussetzung für sechs Monate führten. 285 Smart, 5 (2005) OUCLJ 301 (307 ff.). 286 Smart, 5 (2005) OUCLJ 301 (309 ff.). 287 S. dazu Zhang/Smart, 36 (2006) HKLJ 553 (571 f.). 288 S. Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (33 f.). 289 S. Zhang/Smart, 36 (2006) HKLJ 553 (577 ff.).
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§ 11 Zusammenfassung des 2. Teils 1167
Nach der Untersuchung des interregionalen Privatrechts der drei chinesischen Rechtsregionen Taiwan, Macau und Hong Kong ist im Vergleich zum im 1. Teil der Arbeit erkundeten festlandchinesischen Recht zunächst festzustellen, dass jede Region ihre eigene Antwort auf die Frage interregionaler Rechtskollisionen gefunden hat. Von der Konzeption her ähnliche Ansätze sind auf dem Festland, in Macau und Hong Kong zu beobachten: Das Festland wendet im Grundsatz sein internationales Privatrecht analog an, Macau hat sein internationales Privatrecht so angepasst, dass es sowohl internationale als auch interregionale Sachverhalte erfasst, und das common law-Kollisionsrecht von Hong Kong unterscheidet ohnehin regelmäßig nicht zwischen internationalen und interregionalen Bezügen. Eine deutlich andere, im Wesentlichen politisch-geschichtlich bedingte Lösung verfolgt das taiwanesische Recht. Es besitzt – außer für den Bereich der Zuständigkeit – zwei verschiedene Rechtsquellen des interregionalen Privatrechts, die teilweise voneinander abweichende Regelungen für den Bezug zum Festland und für den Bezug zu Macau oder Hong Kong vorsehen.
I. Qualifikation als Fall mit interregionalem Bezug I. Interregionaler Bezug
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In allen vier chinesischen Rechtsregionen kommt interregionales Privatrecht zum Einsatz, wenn ein Sachverhalt einen Bezugspunkt zu einer der anderen Rechtsregionen aufweist. Während jedoch in Taiwan, Macau und Hong Kong grundsätzlich irgendein grenzüberschreitendes Element mit kollisionsrechtlicher Relevanz ausreicht, definiert das festlandchinesische Recht den interregionalen Bezug am engsten, indem es in Betracht kommende Bezugspunkte aufzählt, ohne dabei alle vom eigenen Kollisionsrecht verwendeten Anknüpfungsmomente zu berücksichtigen.
II. Interregionales Zuständigkeitsrecht II. Interregionales Zuständigkeitsrecht
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Mit Blick auf das interregionale Zuständigkeitsrecht der vier chinesischen Rechtsregionen sind bei vielen Unterschieden im Detail und trotz des kon-
II. Interregionales Zuständigkeitsrecht
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zeptionell anderen Ansatzes des common law in Hong Kong einige grundsätzliche Gemeinsamkeiten zu erkennen. Alle Regionen sehen eine Wohnsitzzuständigkeit der eigenen Gerichte für Klagen gegen eine natürliche Person vor. Dabei variiert in den einzelnen Regionen die Bestimmung des Wohnsitzes im Detail – mit wahrscheinlich oft gleichem Ergebnis in der Praxis. Bei Klagen gegen juristische Personen gelangen das Festland, Macau und Hong Kong in ähnlicher Weise zu einer Zuständigkeit am Ort der Hauptverwaltung oder Kontrolle über die juristische Person, was regelmäßig mit der im taiwanesischen Recht vorgesehenen Zuständigkeit am Hauptgeschäftsort zusammenfallen wird. Eine besondere Zuständigkeit am Ort des Vertragsschlusses regeln das festlandchinesische Recht, das Recht von Hong Kong und – über den Ort, an dem sich eine rechtlich relevante Tatsache ereignet hat – auch das Recht von Macau; dem taiwanesischen Recht ist diese Zuständigkeitsgrundlage unbekannt. Alle vier Rechtsordnungen enthalten dagegen – mit unterschiedlicher Begrenzung – eine Zuständigkeit am Erfüllungsort einer Verbindlichkeit. Die Belegenheit von Vermögen, insbesondere Immobilien, kann ebenfalls in allen Regionen zur Zuständigkeit der eigenen Gerichte führen. Während sich die Gerichte auf dem Festland, in Taiwan und Macau für sachenrechtliche Klagen in Bezug auf unbewegliches Vermögen als ausschließlich zuständig erachten, ist das Konzept der ausschließlichen Zuständigkeit dem Recht von Hong Kong fremd. Unterschiede ergeben sich bei auf bewegliches Vermögen bezogenen und bei nicht sachenrechtlichen Klagen, deren Gegenstand Immobilien sind. Den Gerichtsstand pfändbaren Beklagtenvermögens kennen nur die Rechtsordnungen des Festlands und Taiwans; in Macau kann diese Zuständigkeit jedoch zugunsten eines Klägers mit Wohnsitz in Macau im Verhältnis zu diesen beiden Regionen „gespiegelt“ angewendet werden. Handlungs- und Ergebnisort rechtsverletzender Handlungen führen in allen vier Regionen zur Zuständigkeit der Gerichte. Zu diesem Ergebnis gelangt das Recht von Macau nicht aufgrund einer ausdrücklichen Regelung, sondern über die allgemein gehaltene Zuständigkeit an dem Ort, an dem sich eine rechtlich relevante Tatsache ereignet hat. Diese Vorschrift vermag auch das Fehlen einer Entsprechung zur Zuständigkeit am Ort des Sitzes eines Vertretungsorgans bzw. einer Geschäftsstelle auszugleichen, welche die anderen drei chinesischen Rechtsordnungen – in Hong Kong und Taiwan allerdings begrenzt auf Streitigkeiten in Bezug auf die Tätigkeit des Vertretungsorgans bzw. der Geschäftsstelle – vorsehen. Die interregionale Zuständigkeit kann nach allen vier chinesischen Rechtsordnungen auch wirksam vereinbart werden. Eine dahingehende Vereinbarung muss – außer in Hong Kong – schriftlich getroffen werden.
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§ 11 Zusammenfassung des 2. Teils
Sie darf nach den Rechtsordnungen des Festlands, Taiwans und Macaus nicht gegen die ausschließliche Zuständigkeit der eigenen Gerichte verstoßen und muss eine Beziehung zur gewählten Gerichtsregion (in Taiwan nur bei Prorogation taiwanesischer Gerichte) aufweisen. Das Recht von Hong Kong erreicht ähnliche, aber flexiblere Grenzen über den Grundsatz des forum non conveniens. Während Hong Kong, Taiwan und Macau das Zustandekommen einer Gerichtsstandsvereinbarung dem Vertragsstatut unterstellen, scheint auf dem Festland stattdessen die lex fori angewendet zu werden. Bis auf Macau kennen darüber hinaus alle chinesischen Rechtsregionen einen Gerichtsstand kraft rügeloser Einlassung. Die interregionale Zuständigkeit für die Klage gegen einen von mehreren Streitgenossen vermag auf dem Festland und in Hong Kong auch eine Zuständigkeit für die Klagen gegen die anderen Streitgenossen zu begründen, während die Rechtsordnungen von Taiwan und Macau dies nicht vorsehen. Die Rechtshängigkeit einer Klage in einer anderen chinesischen Rechtsregion oder ein dort bereits ergangenes, aber noch nicht anerkanntes Urteil stehen einer Zuständigkeit für eine Klage zwischen denselben Parteien in derselben Angelegenheit weder auf dem Festland noch in Macau entgegen. Die interregionale Zuständigkeit der Gerichte von Hong Kong wird dagegen durch ein anerkennungsfähiges Urteil aus einer der anderen Regionen gesperrt. Taiwan folgt insgesamt – in Bezug auf fremde Rechtshängigkeit und Rechtskraft – dem Prioritätssystem, möglicherweise jedoch nicht im Verhältnis zum Festland. Während das Konzept des forum non conveniens im Zuständigkeitsrecht von Hong Kong traditionell eine zentrale Rolle einnimmt, ist es den kontinental-europäisch geprägten Rechtsordnungen der anderen drei Regionen grundsätzlich fremd. In das festlandchinesische Recht hat es nunmehr über eine Regelung des Obersten Volksgerichts Eingang gefunden und ist auch durch taiwanesische Gerichte – wenn auch meist unter Verkennung seiner eigentlichen Funktion – gelegentlich herangezogen worden.
III. Anwendbares Recht III. Anwendbares Recht
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Auch bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts lassen sich neben vielen Unterschieden in gewissem Maße Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten feststellen. Bis auf Macau, das einen etwas anderen Ansatz verfolgt, tendieren alle chinesischen Rechtsregionen dazu, zur Qualifikation auf die lex fori zurückzugreifen. Während das Festland und Macau Vorfragen selbständig anknüpfen, handhaben Hong Kong und Taiwan dies flexibel. Das festland-
III. Anwendbares Recht
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chinesische Recht lehnt es strikt ab, eine durch fremdes Kollisionsrecht ausgesprochene Rück- oder Weiterverweisung zu befolgen. Zu einer Ablehnung des renvoi neigen auch die Rechtsordnungen von Hong Kong und Macau. Das taiwanesische Recht zeigt sich dagegen, wenn auch nicht unbeschränkt, am renvoi-freundlichsten. Seit den Reformen des internationalen Privatrechts in Taiwan und auf dem Festland sehen nun alle vier chinesischen Rechtsordnungen übereinstimmend vor, dass die Anwendung fremden Rechts (und damit nicht lediglich die abstrakte Norm) nicht gegen den – jeweils unterschiedlich formulierten – eigenen ordre public verstoßen darf. Eingriffsnormen des jeweils eigenen Rechts setzen sich ebenfalls seit den Reformen nach allen vier Rechtsordnungen gegen fremdes Recht durch. Darüber hinaus kennen das Festland, Macau und wohl auch Taiwan zusätzlich die Figur der Rechtsumgehung. Trotz verschiedener Ausgangspunkte in Bezug auf die Natur fremder Rechtsordnungen erlegen alle chinesischen Rechtsregionen den Parteien, wenn auch in unterschiedlichem Maße, die Beweislast für den Inhalt des fremden Rechts auf. Nicht einheitlich wird dagegen gehandhabt, welche Rechtsordnung ersatzweise bei Rechtslücken und Nichtermittelbarkeit des eigentlich anwendbaren Rechts zum Einsatz kommt. Rechts- und Geschäftsfähigkeit einer natürlichen Person werden auf dem Festland und in Macau grundsätzlich an den gewöhnlichen Aufenthalt der Person angeknüpft. In Fallgestaltungen jedenfalls mit Bezug zu Hong Kong oder Macau, möglicherweise aber auch solchen mit Festland-Bezug, gelangt das taiwanesische Recht zu einem ähnlichen Ergebnis, indem es das Heimatrecht hier anhand des registrierten dauerhaften Aufenthalts bestimmt. Den Rechtsordnungen des Festlands, Taiwans und Macaus ist auch das locus regit actum-Prinzip, durch das der Rechtsverkehr am Geschäftsort geschützt werden soll, gemeinsam, wenn auch mit etwas unterschiedlichen Beschränkungen. Das Recht von Hong Kong hat dagegen eine andere Lösung für das auf die Rechts- und Geschäftsfähigkeit natürlicher Personen anwendbare Recht gewählt: die lex fori für die Rechtsfähigkeit und die Berücksichtigung sowohl des Rechts des dem gewöhnlichen Aufenthalt ähnlichen Domizils (domicile) als auch des auf das infrage stehende Rechtsverhältnis anwendbaren Rechts. Das Gesellschaftsstatut bestimmen Hong Kong und Taiwan über den Gründungsort einer juristischen Person. Auch das Festland folgt dem im Grundsatz, lässt aber ein Ausweichen auf das Recht des Hauptgeschäftsortes zu. Lediglich Macau folgt abweichend von den anderen drei Rechtsregionen der Sitztheorie und knüpft an den tatsächlichen Hauptsitz der Verwaltung einer juristischen Person an.
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Zur Bestimmung des Vertragsstatuts sehen alle vier chinesischen Rechtsordnungen die Möglichkeit der Rechtswahl vor. In den Details variieren sie jedoch. Zu Abweichungen kommt es beispielsweise bei der Frage, ob – wie in Taiwan – ausschließlich eine ausdrückliche Wahl des anzuwendenden Rechts anerkannt wird oder ob es daneben – wie in Hong Kong, Macau und begrenzt auf Verhalten im Prozess auch auf dem Festland – anerkannt wird, wenn die Parteien sich nur konkludent über das anzuwendende Recht geeinigt haben. Für die Bestimmung des mangels Rechtswahl anwendbaren Rechts greifen alle vier Rechtsregionen auf den Grundsatz der engsten Verbindung zurück. Das Festland und Taiwan gebrauchen daneben den gewöhnlichen Aufenthalt bzw. Wohnsitz des Erbringers der vertragscharakteristischen Leistung als Anknüpfungsmoment. Das taiwanesische Recht vermutet hier den am engsten mit dem Vertrag verbundenen Ort, während für das festlandchinesische Recht das Verhältnis der beiden nach dem Gesetz alternativ nebeneinander gestellten Anknüpfungen noch ungeklärt ist. Auffallende Unterschiede im Hinblick auf das Vertragsstatut ergeben sich im festlandchinesischen Recht dadurch, dass bestimmte, Investitionen aus dem Ausland oder einer anderen Region betreffende Verträge von den Regeln über die Ermittlung des Vertragsstatuts ausgenommen und zwingend festlandchinesischem Recht unterstellt werden. Auch das taiwanesische Recht stört die Übereinstimmungen mit den Kollisionsregeln der drei anderen Regionen, indem es – zumindest momentan noch – im Verhältnis zum Festland das Vertragsstatut objektiv über eine (früher im Wesentlichen auch international und gegenüber Hong Kong und Macau geltende) strikte Anknüpfungsleiter ermittelt. Sonderregeln für Arbeits- und Verbraucherverträge sehen nur das Festland und begrenzt auch Hong Kong vor. Nach den Rechtsordnungen von Hong Kong, Macau und Taiwan sind Verträge formwirksam, wenn sie die Formvorschriften einhalten, welche entweder das am Ort des Vertragsschlusses geltende Recht oder das Vertragsstatut enthalten. Dieser Grundsatz soll nach der festlandchinesischen Literatur auch für das Festland gelten; in der Praxis scheint jedoch auf die lex fori zurückgegriffen zu werden. Bei den Regelungen des auf die Stellvertretung anzuwendenden Rechts überwiegen die Unterschiede. Die Rechtsordnungen von Hong Kong und Taiwan unterstellen im Ergebnis das Innenverhältnis dem Statut des Vertrages zwischen Vertreter und Vertretenem und das Außenverhältnis dem Statut des Vertretergeschäfts. Das Recht von Macau knüpft die gesetzliche Stellvertretung akzessorisch an das Rechtsverhältnis an, das ihr zugrunde liegt; auf die Vollmacht wendet es grundsätzlich das Recht ihres Gebrauchsortes an. Das festlandchinesische Recht hingegen unterwirft seit seiner Reform im Grundsatz alle Arten der Stellvertretung dem Recht des
III. Anwendbares Recht
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Ortes der Vertretungshandlung, was im Hinblick auf die Vollmacht zu ähnlichen Ergebnissen wie nach dem Recht von Macau führen dürfte. Es unterstellt jedoch das Innenverhältnis dem Recht des Ortes, an dem die Vertretungsbeziehung zustande gekommen ist, und erlaubt – anders als das Recht von Macau – in Bezug auf die rechtsgeschäftliche Stellvertretung eine Rechtswahl. Als Deliktsstatut verwenden alle chinesischen Rechtsregionen zunächst übereinstimmend die lex loci delicti. In den Details variieren die Regelungen allerdings, beispielsweise im Hinblick darauf, wie der Deliktsort zu bestimmen ist bzw. inwiefern die Orte der Ausführung und des Ergebnisses der unerlaubten Handlung Berücksichtigung finden. Auch die Möglichkeit einer Auflockerung der Tatortregel, etwa zugunsten des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts wie auf dem Festland und begrenzt in Macau oder flexibel nach dem Grundsatz der engsten Verbindung wie in Hong Kong und Taiwan, ist verschieden geregelt. Nur das festlandchinesische Recht lässt eine (nachträgliche) Rechtswahl zu. Während das festlandchinesische und das taiwanesische Recht nach ihren jeweiligen Reformen inhaltlich voneinander abweichende Sonderregeln für bestimmte Delikte vorsehen, schweigen die Rechtsordnungen von Hong Kong und Macau hierzu. Durch die Reformen des internationalen Privatrechts ist auf dem Festland und in Taiwan – dort allerdings nur für Fälle mit Bezug zu Hong Kong oder Macau – die Begrenzung der Anwendung des Handlungsortsrechts durch die lex fori und damit eine zuvor vorhandene Ähnlichkeit zum Recht von Hong Kong weggefallen. Das Recht, das auf Rechtsbeziehungen aus ungerechtfertigter Bereicherung anzuwenden ist, bestimmen Taiwan und Macau als kontinentaleuropäisch geprägte Rechtsordnungen differenziert nach der Art der Bereicherung. Die Geschäftsführung ohne Auftrag knüpfen sie an den Ort der Geschäftsführung an. Inwiefern es hier zu Übereinstimmungen mit dem reformierten festlandchinesischen Recht kommen kann, wird von der praktischen Auslegung des im Festland-IPRG allgemein gehaltenen Anknüpfungsmomentes des Geschehensortes abhängen, auf das die neue Regelung bei fehlender Rechtswahl und ohne gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Parteien abstellt. Im Recht von Hong Kong haben sich bisher keine festen Regeln für die ursprünglich dem common law fremden Rechtsinstitute der ungerechtfertigten Bereicherung und der Geschäftsführung ohne Auftrag herausgebildet; eine flexible Handhabung über den Grundsatz der engsten Beziehung könnte zu ähnlichen Ergebnissen wie nach den konkreten Regeln der anderen Rechtsregionen führen. Im Bereich des Wechsel- und Scheckrechts gehen alle vier chinesischen Rechtsordnungen grundsätzlich von einer Anknüpfung an den Ort der jeweiligen Handlung aus; in den Details sind jedoch Unterschiede zu ver-
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zeichnen. Eine wichtige Abweichung von den Regelungen der anderen Regionen wäre es, wenn Taiwan in der Praxis tatsächlich auf Fälle mit Bezug zum Festland mangels Regelung in den Festland-Bestimmungen über deren Auffangregelung pauschal die taiwanesische lex fori anwenden sollte. Im Hinblick auf die Verjährung von Forderungen zeigt sich eine deutliche, durch die traditionelle common law-Auffassung bedingte Abweichung des Rechts von Hong Kong von den Regelungen der anderen drei chinesischen Rechtsregionen. Während in Hong Kong Fristen, welche die Geltendmachung einer Forderung sperren, der lex fori entnommen werden, unterstellen das Festland, Taiwan und Macau die Forderungsverjährung dem auf die Forderung anzuwendenden Recht. Ausgangspunkt des interregionalen Sachenrechts ist in allen vier Rechtsregionen die grundsätzliche Anwendbarkeit der lex rei sitae. Zu Abweichungen mag es führen, dass auf dem Festland die Wahl des auf dingliche Rechte an beweglichen Sachen anzuwendenden Rechts möglich ist und dass in Taiwan fremde Sachenrechte an beweglichen, nach Taiwan verbrachten Sachen in das taiwanesische Recht transformiert werden. Weitgehende Übereinstimmungen zwischen den Kollisionsrechten der vier chinesischen Rechtsregionen ergeben sich im Hinblick auf die Behandlung von Gütern auf dem Transport (Recht des Bestimmungsortes), von Verkehrsmitteln (Recht der Flagge bzw. des Registerortes) und von geistigem Eigentum (Schutzlandprinzip). Zu Unterschieden kommt es dagegen im Hinblick auf Fragen der Treuhand. In Taiwan und Macau bestimmt mangels besonderer Regelung die Qualifikation über das anwendbare Recht. Das festlandchinesische Kollisionsrecht verweist auf das gewählte Recht und knüpft hilfsweise an die Orte der Belegenheit von Treuhandvermögen und der Entstehung des Treuhandverhältnisses an. Die detaillierteste, auf Rechtswahl und engster Beziehung beruhende Regelung sieht das Recht von Hong Kong infolge seiner Umsetzung des Haager Trust-Übereinkommens vor; es könnte damit im Zuge einer innerchinesischen Vereinheitlichung des Kollisionsrechts der Treuhandverhältnisse zum Vorbild für die anderen drei chinesischen Rechtsregionen werden.
IV. Gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen IV. Gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung
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Die Voraussetzungen, unter denen die chinesischen Rechtsregionen Gerichtsentscheidungen untereinander anerkennen und vollstrecken, wurden bisher nur in gewissem Maße im biregionalen Verhältnis zwischen dem Festland und Hong Kong sowie dem Festland und Macau durch die Aner-
V. Schlusswort
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kennungs-Arrangements vereinheitlicht. Im Übrigen folgt auch hier jede Region ihren eigenen Regeln. Im festlandchinesisch-taiwanesischen Verhältnis ergeben sich – angesichts des politischen Hintergrunds und trotz unvereinheitlichter Regelungen – erstaunlich wenige Probleme. Ausgehend vom Wortlaut der Regelung scheint das taiwanesische Recht im gegenseitigen Verhältnis anerkennungsfreundlicher zu sein als das festlandchinesische Recht, da es weniger Gründe für eine Ablehnung der Anerkennung vorsieht. Das Anerkennungs-Arrangement Macau regelt die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen im Verhältnis zwischen dem Festland und Macau umfassend. Die dadurch erzielte weitgehende diesbezügliche Rechtsvereinheitlichung wird jedoch teilweise durch die Auslegung des Anerkennungs-Arrangements Macau wieder ausgehebelt, nach der die Gründe für eine Ablehnung der Anerkennung aus dem jeweiligen autonomen Recht übernommen werden dürfen. Die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von fremden Gerichtsentscheidungen im Verhältnis des Festlands und Hong Kongs ist trotz des Anerkennungs-Arrangements Hong Kong aufgrund von dessen sehr begrenztem Anwendungsbereich nach wie vor am problematischsten. Nicht erfasste Gerichtsentscheidungen der jeweils anderen Seite werden regelmäßig nicht anerkannt. Die Regionen Hong Kong, Macau und Taiwan erkennen Gerichtsentscheidungen untereinander unter im Wesentlichen ähnlichen Bedingungen an, auch wenn dazu in Hong Kong infolge der common law-Tradition rein formell eine neue Klage angestrengt werden muss.
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V. Schlusswort V. Schlusswort
Nachdem im 2. Teil der Arbeit das interregionale Privatrecht der Regionen Taiwan, Macau und Hong Kong im Überblick dem im 1. Teil der Arbeit im Detail untersuchten festlandchinesischen interregionalen Privatrecht gegenübergestellt wurde, hat ein erster Vergleich, der zu vertiefter Untersuchung und Diskussion der vielen Einzelfragen anregen und beitragen möchte, neben den Unterschieden deutliche Gemeinsamkeiten aufgezeigt. So werden – trotz des konzeptionell anderen Ansatzes in Hong Kong – einige wichtige Grundlagen der interregionalen Zuständigkeit in allen vier Rechtsregionen verwendet. Regelmäßig kann dort, wo eine natürliche Person dauerhaft lebt, eine Klage gegen diese angestrengt werden. Neben einigen besonderen Zuständigkeitsgrundlagen, die auf dem Ort einer Handlung oder dem Belegenheitsort bestimmten Vermögens beruhen, sehen so-
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§ 11 Zusammenfassung des 2. Teils
wohl das Festland als auch Taiwan, Hong Kong und Macau die Möglichkeit vor, die interregionale Zuständigkeit zu vereinbaren. Bei den Regeln zur Ermittlung des anwendbaren Rechts ergeben sich – zumindest mit Blick auf die abstrakten Regelungen und insofern unter dem Vorbehalt ihrer konkreten Umsetzung in der Praxis – besonders weitgehende Übereinstimmungen im Hinblick auf den ordre public-Vorbehalt und die Beachtlichkeit von Eingriffsnormen der eigenen Rechtsordnung. Auch im interregionalen Sachenrecht überwiegen die Gemeinsamkeiten. Von gleichen Grundregeln gehen alle vier Rechtsregionen im Vertragsrecht über die Beachtlichkeit der Rechtswahl und den Grundsatz der engsten Verbindung, im Deliktsrecht über die Verweisung auf die lex loci delicti sowie im Wechsel- und Scheckrecht durch das Anknüpfungsmoment des Handlungsortes aus; im Detail kommt es hier aber zu bedeutenden Unterschieden. Der duale Ansatz des taiwanesischen Rechts zur Lösung interregionaler Rechtskollisionen tritt seit der Reform des internationalen Privatrechts, die in einigen Bereichen, insbesondere im Hinblick auf das Vertragsstatut, eine Annäherung an die anderen chinesischen Rechtsordnungen gebracht hat, deutlicher zutage als zuvor. Während die Regeln zur Ermittlung des anwendbaren Rechts im Verhältnis zum Festland und im Verhältnis zu Hong Kong und Macau vor der Reform im Ergebnis nur an einzelnen Stellen voneinander abwichen, haben sich nun die Unterschiede in der Behandlung von Fällen mit Festland-Bezug einerseits und Fällen mit Macau- oder Hong Kong-Bezug andererseits vergrößert. Es wird abzuwarten sein, ob der taiwanesische Gesetzgeber die Modernisierung des internationalen Privatrechts zum Anlass nehmen wird, auch die Festland-Bestimmungen diesbezüglich zu überarbeiten. Die Reform des festlandchinesischen internationalen Privatrechts hat in einigen Rechtsgebieten, wie etwa dem interregionalen Sachenrecht, Klarheit geschaffen. Die Schwächen der Reform, beispielsweise die Verwendung gänzlich unüblicher und wenig aussagekräftiger Anknüpfungsmomente1 oder das ungeklärte Verhältnis mancher Anknüpfungsalternativen2, werden sich aber ebenso auf den interregionalen Rechtsverkehr auswirken. In der gewagten und bisher völlig unerprobten Einführung der Privatautonomie in traditionell einer Rechtswahl nicht zugängliche Bereiche wie das Sachenrecht mag einerseits Innovation liegen. Andererseits entfernt sich das festlandchinesische interregionale Privatrecht dadurch aber auch deutlich von den kollisionsrechtlichen Regelungen der anderen drei chinesischen Rechtsregionen.
1 Vgl. die Kritik von Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (42 ff.), zur Anknüpfung von Treuhand und Stellvertretung. 2 Zu diesem Problem des Festland-IPRG Pißler, RabelsZ 76 (2012), 1 (39).
V. Schlusswort
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Die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen ist interregional unter weitgehend ähnlichen Voraussetzungen möglich. Nur im Verhältnis zwischen dem Festland und Hong Kong kommt es nach wie vor außerhalb des sehr kleinen Anwendungsbereichs des Anerkennungs-Arrangements Hong Kong zu Problemen, deren Lösung den interregionalen Rechtsverkehr deutlich voranbringen würde.
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Anhang I: Rechtstexte Festland I. Antworten des Obersten Volksgerichts auf einige Fragen zur Behandlung von Wirtschaftsstreitfällen mit Hong Kong-, Macau-Bezug I. Hong Kong/Macau-Antworten
vom 19.10.1987 (zitiert als: Hong Kong/Macau-Antworten) 1 – Zur Frage des Umfangs der Fälle (1) Wenn bei einem vor einem Volksgericht anhängigen Wirtschaftsstreitfall einer der folgenden Umstände vorliegt, gehört er zu den Wirtschaftsstreitfällen mit Bezug zu Hong Kong und Macau: 1. eine Seite oder beide Seiten der Parteien sind Landsleute aus Hong Kong oder Macau oder im Register der Region von Hong Kong, Macau errichtete Unternehmen oder andere Wirtschaftsorganisationen; 2. der Gegenstand des Wirtschaftsstreitfalls befindet sich in der Region von Hong Kong, Macau; 3. die Entstehung, Veränderung oder Beendigung der Wirtschaftsbeziehung hat sich in der Region von Hong Kong, Macau ereignet. (2) Wirtschaftsstreitfälle zwischen in der Hong Kong- oder Macau-Region ansässigen Ausländern (einschließlich Auslandschinesen, die einen englischen oder portugiesischen Heimatpass halten) oder von Landsleuten aus Hong Kong oder Macau durch Registrierung im Ausland gegründeten Unternehmen oder anderen Wirtschaftsorganisationen und Unternehmen oder anderen Wirtschaftsorganisationen der inneren Region oder durch Registrierung in der Hong Kong- oder Macau-Region errichteten Unternehmen oder anderen Wirtschaftsorganisationen gehören nicht zu den Wirtschaftsstreitfällen mit Hong Kong- oder Macau-Bezug, sondern sind Wirtschaftsstreitfälle mit Außenbezug. (3) Wirtschaftsstreitfälle zwischen von Landsleuten aus Hong Kong oder Macau oder von Unternehmen oder anderen Wirtschaftsorganisationen aus Hong Kong oder Macau in der inneren Region gegründeten Einzelunternehmen oder durch Kapitalanlage errichteten, mit gemeinsamem Kapital oder kooperativ betriebenen Gemeinschaftsunternehmen (joint venture) und Unternehmen oder anderen Wirtschaftsorganisationen der inneren Region zählen ebenfalls nicht zu den Wirtschaftsstreitfällen mit Hong Kong- oder MacauBezug, sondern sind inländische Wirtschaftsstreitfälle.
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Anhang I: Rechtstexte Festland 2 – Zu Fragen der Zuständigkeit und Anhängigkeit
(1) In erster Instanz sind die mittleren Volksgerichte für Wirtschaftsstreitfälle mit Hong Kong- oder Macau-Bezug zuständig. (2) Die örtliche Zuständigkeit für Wirtschaftsstreitfälle mit Hong Kong- oder MacauBezug in erster Instanz wird nach den Vorschriften des 2. Teils des 2. Buches des Zivilprozessgesetzes (probeweise Durchführung) über die örtliche Zuständigkeit behandelt. (3) Obwohl sich weder Abschlussort oder Erfüllungsort des Wirtschaftsvertrags mit Hong Kong- oder Macau-Bezug noch Beklagtenwohnsitz in der inneren Region befinden, aber sich der Streitgegenstand des Falles in der inneren Region befindet oder der Beklagte Vermögen in der inneren Region besitzt, dann kann ein Prozess, der aufgrund einer Vertragsstreitigkeit zwischen den Parteien eingeleitet wird, der Zuständigkeit des Volksgerichtes am Belegenheitsort des Prozessgegenstands oder des Vermögens des Beklagten folgen. (4) Die Parteien können die Wahl der Zuständigkeit der Gerichte eines Ortes vereinbaren, mit dem der Wirtschaftsvertrag tatsächlich verbunden ist. Für den Vertrag eines in der inneren Region errichteten mit gemeinsamem Kapital oder kooperativ betriebenen Gemeinschaftsunternehmen (joint venture) oder einen Vertrag der gemeinsamen Erschließung und Ausbeutung natürlicher Ressourcen dürfen die Parteien aber nicht in der Form der Vereinbarung die Zuständigkeit der unserer Volksgerichts ausschließen. (5) Wenn in einer Wirtschaftsstreitigkeit zwischen Parteien aus Hong Kong oder Macau zwar der Ort der Entstehung, Veränderung, Beendigung dieser Wirtschaftsbeziehung und das Verfahrensobjekt nicht in der inneren Region liegen, aber die Parteien gemäß schriftlicher Vereinbarung vor den Volksgerichten den Prozess einleiten, kann die Annahme des Falles gewährt werden. Wenn es keine Vereinbarung gibt und eine Partei vor den Volksgerichten den Prozess einleitet, die andere Partei sich einlässt, gilt die Zuständigkeit des Volksgerichtes für besagten Prozess als von beiden Seiten anerkannt. (6) Wenn die Parteien einer Wirtschaftsstreitigkeit mit Hong Kong- oder MacauBezug die Vorlage zur Schiedsentscheidung bei einem Schiedsgericht der vom chinesischen internationalen Handel geförderten Kommission [gemeint ist wohl CIETAC, früher CITAC] oder bei einem Schiedsorgan im Ausland oder einem nicht ständigen Schiedsorgan vereinbart haben, darf der Prozess nicht bei den Volksgerichten eingeleitet werden. Wenn die Schiedsvereinbarung nicht eindeutig ist und die Parteien eine neue Vereinbarung nicht erreichen können, kann das Volksgericht die Annahme des Falles gewähren, wenn eine Partei in dieser Situation den Prozess vor dem Volksgericht einleitet; wenn die andere Partei Einwendungen gegen die Zuständigkeit erhebt, muss das Volksgericht zunächst die Schiedsvereinbarung prüfen und eine Entscheidung treffen, ob es zuständig ist. Wenn die Parteien mit der Entscheidung nicht einverstanden sind, können sie dagegen Appellation/Rechtsmittel einlegen. 3 – Zu Fragen der Rechtsanwendung (1) Werden Wirtschaftsstreitfälle mit Hong Kong- oder Macau-Bezug gerichtlich verhandelt, sind sie in Bezug auf das Verfahren nach den besonderen Vorschriften des Fünften Buches des Zivilprozessgesetzes (probeweise Durchführung) bezüglich Zivilrechtsverfahren mit Außenbezug zu behandeln. (2) Werden Wirtschaftsstreitfälle mit Hong Kong- oder Macau-Bezug gerichtlich verhandelt, müssen sie in Bezug auf das Sachrecht, sofern das Recht unseres Landes an-
I. Hong Kong/Macau-Antworten
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wendbar ist, nach den Gesetzen und Verwaltungsvorschriften mit Außenbezug, [d.h.] den relevanten Vorschriften der allgemeinen Zivilrechtsprinzipien und dem Außenwirtschaftsvertragsgesetz, dem Gesetz über chinesisch-ausländische mit gemeinsamem Kapital betriebene Gemeinschaftsunternehmen sowie dessen Ausführungsregelung und nach dem Gesetz über ausländische Kapitalgesellschaften behandelt werden. Trifft das Recht unseres Landes keine Regelung, können internationale Gepflogenheiten angewendet werden. (3) Werden Wirtschaftsstreitfälle mit Hong Kong- oder Macau-Bezug gerichtlich verhandelt und muss nach den Rechtsanwendungsvorschriften der Zivilrechtsbeziehungen mit Außenbezug des achten Abschnitts der allgemeinen Zivilrechtsprinzipien und der Vorschrift des Artikels 5 des Außenwirtschaftsvertragsgesetzes das Recht der Hong Kong- oder Macau-Region oder ausländisches Recht angewendet werden, kann die Anwendung gewährt werden, jedoch mit der Begrenzung, dass nicht gegen die gesellschaftlichen und öffentlichen Interessen unseres Landes verstoßen wird. (4) Werden Wirtschaftsstreitfälle mit Hong Kong- oder Macau-Bezug gerichtlich verhandelt und enthalten internationale Abkommen, an denen unser Land und die Hong Kong- oder Macau-Region teilnimmt, vom Recht unseres Landes abweichende Vorschriften, sind die Vorschriften des internationalen Abkommens anzuwenden, es sei denn unser Land hat eine Vorbehaltsklausel erklärt. 4 – Zu Fragen der Prozessparteien [...] 5 – Zu Zustellungsfragen [...] 6 – Zu Fragen der Verfahrenssicherung und anderen Zwangsmaßnahmen [...] 7 – Zu Fragen der gerichtlichen Verhandlung und Vollstreckung [...] (3) Wird ein Beklagter der Hong Kong- oder Macau-Region durch Versäumnisurteil verurteilt, kann das Volksgericht, wenn sich in der inneren Region Vermögen befindet, die relevante Behörde beauftragen, den Verkauf zu einem angemessenen Preis zu erlauben; danach wird nach der Vorschrift des Artikels 180 des Zivilprozessgesetzes (probeweise Durchführung) vollstreckt. Kann das verkaufte Vermögen nicht die ganze Schuld tilgen, kann das Volksgericht für den nicht getilgten Teil entscheiden, die Vollstreckung zu unterbrechen und auf einen Zeitpunkt warten, zu dem später Möglichkeiten gegeben sind, um die Vollstreckung wieder aufzunehmen. Bleibt vom Verkauf des Vermögens nach Tilgung der gesamten Schuld ein Rest, muss das Volksgericht dem Vollstreckungsschuldner mitteilen, diesen entgegenzunehmen. Hat der Vollstreckungsschuldner ihn drei Monate nach der Mitteilung nicht abgeholt, muss das Volksgericht die verbleibende Summe im Namen des Vollstreckungsschuldners bei einer Bank hinterlegen und auf seine Abholung warten. (4) [Wenn] eine Partei der Hong Kong- oder Macau-Region im Verfahren unterliegt und verurteilt wird und wenn es in der inneren Region ein durch Kapitalanlage errichtetes Einzelunternehmen oder mit gemeinsamem Kapital oder kooperativ betriebenes Gemeinschaftsunternehmen (joint venture) gibt, jedoch kein anderes Vermögen, in das vollstreckt
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Anhang I: Rechtstexte Festland
werden kann, können mit dem durch die Kapitalanlage erzielten Profit die Schulden beglichen werden; im allgemeinen ist es nicht passend, mit dieser Kapitalanlage die Schuld zu tilgen; wenn es wirklich erforderlich ist, muss die durch Kapital oder Kooperation beteiligte Seite der inneren Region hinzugezogen und ihr Einverständnis in der betroffenen Hinsicht eingeholt werden, mittels der Form der Übertragung von Rechten und Interessen an der Kapitalanlage vorzugehen.
II. Protokoll der Aussprache zur wirtschaftsgerichtlichen Verhandlungsund Entscheidungsarbeit mit Außen-, Hong Kong-, Macau-Bezug in den Küstengebieten des ganzen Landes II. Protokoll 1989
vom 12.6.1989 (zitiert als: Protokoll 1989) –1– [Einleitung] –2– Gemäß den Bestimmungen des Zivilverfahrensgesetzes und der Allgemeinen Zivilrechtsgrundsätze unseres Landes und der Erfahrungen der einzelnen Gebiete soll in der wirtschaftsgerichtlichen Verhandlungs- und Entscheidungsarbeit mit Außen-, Hong Kong-, Macau-Bezug an folgenden drei Grundprinzipien festgehalten werden: (1) Prinzip des Schutzes der nationalen Souveränität. [...] (2) Prinzip der Gleichberechtigung und gegenseitigen Begünstigung. [...] (3) Einhaltung internationaler Abkommen, Beachtung internationaler Gepflogenheiten. [...] –3– Die Versammlung untersuchte und diskutierte dann einige sich in der wirtschaftsgerichtlichen Verhandlungs- und Entscheidungsarbeit ergebende und dringend zu lösende Fragen und äußerte folgende Ansichten: (1) Fragen der Zuständigkeit 1. Wirtschaftsgerichtliche Verfahren mit Außen-, Hong Kong-, Macau-Bezug gibt es im wesentlichen drei Arten: Verfahren, die aufgrund von Wirtschaftsvertragsstreitigkeiten angestrengt werden, Verfahren, die aufgrund sachenrechtlicher Streitigkeiten angestrengt werden, und Verfahren, die aufgrund deliktsrechtlichen Verhaltens angestrengt werden. Immer, wenn der Vertragserfüllungs- oder -abschlussort auf dem Gebiet unseres Landes liegt oder sich das Vermögen, um das sich beide Seiten streiten, auf dem Gebiet unseres Landes befindet oder der Ort, an dem sich deliktisches Verhalten oder das deliktsrechtliche Ergebnis ereignet, auf dem Gebiet unseres Landes liegt, besitzen die Volksgerichte unseres Landes Zuständigkeit. Des Weiteren können die Volksgerichte unseres Landes gemäß der Entscheidungspraxis auch immer dann zuständig sein, wenn der Beklagte auf dem Gebiet unseres Landes seinen Wohnsitz, Geschäftsort hat oder wenn er ein ständiges Vertretungsorgan hat oder wenn der Beklagte auf dem Gebiet unseres Landes nicht streitiges Vermögen besitzt.
II. Protokoll 1989
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In Wirtschaftsstreitfällen, die außerhalb des Territoriums ereignet haben und für welche die Gerichte unseres Landes keine Zuständigkeit besitzen, bedarf es – außer in Streitigkeiten bezüglich Sachenrechten an unbeweglichem Sachen – nur einer schriftlichen Vereinbarung beider Parteien, in welcher vereinbart wird, dass ein Verfahren vor den Gerichten Chinas einzuleiten ist, damit die Volksgerichte unseres Landes auf der Basis der von den Parteien unterbreiteten schriftlichen Vereinbarung für dieses Verfahren Zuständigkeit erlangen. Erhebt in dem Fall, dass es keine Vereinbarung gibt, eine Partei vor den Volksgerichten unseres Landes Klage und verteidigt sich die andere Partei und erwidert zur Sache, wird es als Anerkennung der Zuständigkeit der Volksgerichte unseres Landes für das besagte Verfahren durch beide Parteien angesehen. Haben die Parteien eines Wirtschaftsvertrages mit Außen-, Hong Kong-, MacauBezug schriftlich die Durchführung eines Schiedsverfahrens vereinbart, bedarf es nur der Zuständigkeit der chinesischen Gerichte für das fragliche Verfahren, damit die Volksgerichte Annahme gewähren, wenn die Schiedsvereinbarung unwirksam ist oder aufgrund ihres unklaren Inhalts nicht durchgeführt werden kann. In jedem Wirtschaftsstreitfall mit Außen-, Hong Kong-, Macau-Bezug, für den die chinesischen Gerichte Zuständigkeit besitzen, hat es keinen Einfluss auf die Erhebung einer Klage durch die Parteien vor den Volksgerichten unseres Landes, wenn über den selben Fall vor einem ausländischen Gericht oder einem Gericht der Regionen Hong Kong, Macau verhandelt wird, sondern ob er angenommen wird, ist nach den konkreten Umständen des Falles zu entscheiden. 2. In jedem Wirtschaftsstreitfall, in dem die chinesischen Gerichte nach dem Zivilprozessgesetz und anderen Rechtsvorschriften ausschließlich zuständig sind, einschließlich der Verfahren, die aufgrund unbeweglicher Sachen eingeleitet werden, der Verfahren, die sich im Hafenbetrieb ereignen, Verfahren, die sich bei der Registrierung ereignen, sowie Verfahren, die aus Streitigkeiten der auf dem Gebiet unseres Landes zu erfüllenden Verträge über chinesisch-ausländische mit gemeinsamem Kapital betriebene Gemeinschaftsunternehmen, über chinesisch-ausländische kooperative betriebene Gemeinschaftsunternehmen und über chinesisch-ausländische Kooperationen zur Erschließung und Ausbeutung natürlicher Ressourcen, besitzen ausländische Gerichte und die Gerichte der Regionen Hong Kong, Macau keine Zuständigkeit und dürfen die Parteien nicht die Zuständigkeit eines Gerichts außerhalb des Territoriums unseres Landes vereinbaren. Aber wenn in einem Außenwirtschaftsvertrag eine Schiedsklausel festgelegt ist oder die Parteien sonst eine Schiedsvereinbarung haben, in der vereinbart wird, eine Vertragsstreitigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit eines chinesischen Organs der Schiedsgerichtsbarkeit mit Außenbezug oder eines Schiedsorgans eines anderen Landes vorzulegen, bedarf es nach den Bestimmungen des Art. 192 des Zivilprozessgesetzes und der Art. 37, 38 des Außenwirtschaftsvertragsgesetzes unseres Landes nur der rechtmäßigen Wirksamkeit besagter Schiedsklausel oder -vereinbarung, damit die Volksgerichte unseres Landes keine Annahme gewähren dürfen, wenn eine Partei aufgrund einer Vertragsstreitigkeit vor den Gerichten unseres Landes Klage erhebt; wenn die Partei an der Klageerhebung festhält, muss rechtmäßig beschlossen werden, die Klageerhebung abzuweisen; die Zugehörigkeit zur ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte unseres Landes kann nicht als Grund dienen, sich der Wirksamkeit der Schiedsklausel oder -vereinbarung zwischen den Parteien zu widersetzen oder sie abzulehnen. 3. [instanzielle Zuständigkeitsregelung]
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(2) Fragen der Annahme von Fällen 1. Annahmefragen in Fällen, in denen gleichzeitig zwei Klagegründe vorliegen. Eine Rechtstatsache oder ein rechtliches Verhalten kann manchmal gleichzeitig zwei Rechtsbeziehungen hervorrufen; am häufigsten wird gesehen, dass deliktsrechtliche und sachenrechtliche Beziehung nebeneinander vorliegen oder dass das Verhalten des Beklagten gleichzeitig einen Vertragsbruch und eine zivilrechtliche Schädigung bildet. Der Kläger kann zur Klageerhebung unter den beiden den für ihn nützlichen wählen; das zuständige, die Klage empfangende Gericht darf nicht die Annahme ablehnen, weil ein anderer Klagegrund existiert. Aber die Parteien dürfen nicht dieselbe Rechtstatsache oder dasselbe rechtliche Verhalten getrennt nach den unterschiedlichen Klagegründen in zwei Verfahren geltend machen. 2. Fragen der Wirksamkeit von streitlösenden Klauseln in unwirksamen Verträgen. Streitlösende Klauseln in Wirtschaftsverträgen mit Außen-, Hong Kong-, Macau-Bezug einschließlich Schiedsklauseln, Gerichtsstandsklauseln und Rechtsanwendungsklauseln verlieren ihre Wirksamkeit nicht aufgrund der Unwirksamkeit des Vertrages selbst. Art. 81 des „UN-Abkommens über internationale Warenkaufverträge“, an dem unser Land teilnimmt, regelt, wenn ein Vertrag für unwirksam erklärt wird, die beidseitigen Pflichten des Vertrages gelöst sind, dies aber keinen Einfluss auf irgendwelche Bestimmungen im Vertrag bezüglich der Lösung von Kontroversen nimmt. Nachdem der Vertrag für unwirksam erklärt wurde, müssen die anstehenden, zwischen den Parteien zu lösenden Probleme, beispielsweise des Schadensersatzes, der Rückgabe des Preises oder der Ware usw., gemäß der von den Parteien im Vertrag vereinbarten streitlösenden Klausel behandelt werden. (3) Fragen der Verfahrenssubjekte und Prozessvertretung [...] (4) Fragen der Verfahrenssicherung [...] (5) Fragen der Rechtsanwendung Bei der Verhandlung von Wirtschaftsstreitfällen mit Außen-, Hong Kong-, MacauBezug muss gemäß den Bestimmungen der Allgemeinen Zivilrechtsprinzipien, des Zivilprozessgesetzes und des Außenwirtschaftsvertragsgesetzes die Frage des anwendbaren Rechts korrekt gelöst werden. Augenblicklich sind folgende Punkte zu klären: 1. In Bezug auf das Verfahrensrecht einschließlich der Gerichtszuständigkeit, der Dokumentenzustellung im Prozess des Verfahrens, der Beweiserhebung sowie der Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen usw. ist nach den Verfahrensvorschriften des Zivilprozessgesetzes und anderer Gesetze vorzugehen. Wenn aber internationale Abkommen, die unser Land abgeschlossen hat oder an denen es teilnimmt (z.B. das „Abkommen zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedsurteile“ und chinesisch-ausländische Justizhilfevereinbarungen) und das Recht unseres Landes unterschiedliche Regelungen enthalten, müssen die Bestimmungen der internationalen Abkommen vorrangig angewendet werden, es sei denn, unser Land hat eine Vorbehaltsklausel erklärt. 2. In Bezug auf das Sachrecht müssen zunächst im Hinblick darauf, dass unser Land bereits dem „UN-Abkommen über internationale Warenkaufverträge“ von 1980 beigetreten ist und seit dem 1.1.1988 die Verpflichtungen aus diesem Abkommen anerkennt und durchsetzt, auf Verträge, die von Unternehmen unseres Landes mit Unternehmen anderer
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Mitgliedstaaten dieses Abkommens (wie USA, Frankreich, Italien, Jugoslawien, Ägypten, Syrien, Argentinien, Sambia, Lesotho usw.) abgeschlossen wurden, automatisch unmittelbar die entsprechenden Bestimmungen dieses Abkommens angewendet werden. Die Gerichte müssen die Vertragsstreitigkeiten zwischen ihnen nach den Regelungen dieses Abkommens behandeln. Des Weiteren sind alle von den Parteien in einem Vertrag verwendeten internationalen Gepflogenheiten, beispielsweise Preisbedingungen des internationalen Handels wie Frei an Bord (F.O.B.), Kosten- und Frachtpreis (C&F), Preis bei Anlieferung (C.I.F.) usw. sowie Zahlungsmethoden des internationalen Handels wie Zahlung per Inkasso, Akkreditiv für die Parteien verbindlich; das Gericht soll diese Art von Wahl der Parteien respektieren und die Anwendung zulassen. Drittens sind die Fragen, ob eine Gesellschaft, ein Unternehmen oder eine andere Wirtschaftsorganisation des Auslands oder der Regionen Hong Kong, Macau des Status einer juristischen Person besitzen, ob sie begrenzt oder unbegrenzt Verpflichtungen tragen, nach dem Recht des Ortes zu entscheiden, an dem die Gesellschaft, das Unternehmen oder die andere Wirtschaftsorganisation errichtet wurde. Ihre Fähigkeit, auf chinesischem Territorium geschäftliche Aktivitäten zu entfalten, muss noch nach chinesischem Recht entschieden werden. Werden auf chinesischem Territorium Vertretungsbeziehungen zwischen Gesellschaften, Unternehmen, anderen Wirtschaftsorganisationen oder natürlichen Personen des Auslands oder der Regionen Hong Kong, Macau begründet, muss die Frage, ob der Vertretungsvertrag errichtet wurde, sowie seine Wirksamkeit nach dem Recht des Wohnsitzortes des Vertreters oder des Ortes seiner gewerblichen Niederlassung entschieden werden. (6) Fragen des Versäumnisurteils [...] (7) Fragen der öffentlichen Zustellung, der Replik und der Appellationsfristen [...] –4– [Schluss]
III. Protokoll der Zweiten Konferenz zur Verhandlungs- und Entscheidungsarbeit in Handels- und Seerechtssachen mit Außenbezug des ganzen Landes III. Zweites Protokoll
vom 26.12.2005 (zitiert als: Zweites Protokoll) [Einleitung] 1 In Bezug auf die Zuständigkeit in den Fällen 1. Wenn im Prozess der Verhandlung eines inländischen Streitfalles in Handelssachen durch Hinzutreten von Parteien der Fall einen Faktor mit Außenbezug erhält, gehört er zu den Streitfällen in Handelssachen mit Außenbezug, die Volksgerichte müssen die Zuständigkeit für den Fall nach den „Regelungen des Obersten Volksgerichts bezüglich einiger Fragen der prozessualen Zuständigkeit in Zivil- und Handelsrechtsfällen mit Außenbe-
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Anhang I: Rechtstexte Festland
zug“ entscheiden. Eine von den Parteien vereinbarte Zuständigkeit darf nicht gegen die oben erwähnten Regelungen verstoßen. Ein Volksgericht ohne Zuständigkeit darf einen Streitfall in Handelssachen mit Außenbezug nicht zur Verhandlung annehmen; wenn er ihn bereits angenommen hat, muss er den Fall an das zuständige Volksgericht zur Verhandlung verweisen. 2. In Fällen von Streitigkeiten in Handelssachen, die Auslandskapital-Finanzinstitutionen (einschließlich ausländische Banken im Einzeleigentum, Finanzgesellschaften im Einzeleigentum, Gemeinschaftsbanken, Gemeinschaftsfinanzgesellschaften, Filialen ausländischer Banken) betreffen, wird ihre prozessuale Zuständigkeit nach den „Regelungen des Obersten Volksgerichts bezüglich einiger Fragen der prozessualen Zuständigkeit in Zivil- und Handelsrechtsfällen mit Außenbezug“ behandelt. 3. Wenn eine Partei vor einem Volksgericht Klage gegen eine ausländische Partei als Beklagten erhebt und die ausländische Partei ein Unternehmen der Verarbeitung von Werkstoffen des Kunden, der Verarbeitung von Mustern des Kunden, der Zusammenfügung von durch Kunden gelieferten Komponenten oder des Kompensationshandels innerhalb des Gebietes unseres Landes besitzt, dann muss darauf erkannt werden, dass er innerhalb des Gebietes unseres Landes pfändbares Vermögen besitzt, das Volksgericht, das am Belegenheitsort dieser „drei Liefer- und ein Kompensations“-Unternehmen die Zuständigkeit für Fälle in Handelssachen mit Außenbezug besitzt, kann über den Streitfall seine Zuständigkeit ausüben. 4. Wenn die Volksgerichte entscheiden, ob ein durch Vereinbarung der Parteien eines Streifalles in Handelssachen mit Außenbezug gewähltes Gericht zu den „Gerichten der mit dem Streit eine tatsächliche Beziehung aufweisenden Orte“ der Regelung des Art. 244 des Zivilprozessgesetzes der Volksrepublik China gehört, sollen sie die Faktoren der Wohnsitzorte der Parteien, der Registrierungsorte, der Geschäftsorte, des Vertragsabschlussortes, des Vertragserfüllungsortes, des Belegenheitsortes des Streitgegenstands usw. berücksichtigen. 5. Für den Vertrag eines chinesisch-ausländischen mit gemeinsamem Kapital betriebenen Gemeinschaftsunternehmens und den Vertrag eines chinesisch-ausländischen kooperativ betriebenen Gemeinschaftsunternehmens gilt der Ort der Registereintragung des mit gemeinsamem Kapital oder kooperativ betriebenen Unternehmens als Ort der Vertragserfüllung; in Bezug auf Verträge über die Übertragung von Aktien an auf dem Gebiet unseres Landes rechtmäßig errichteten chinesisch-ausländischen mit gemeinsamem Kapital betriebenen Gemeinschaftsunternehmen, chinesisch-ausländischen kooperativ betriebenen Gemeinschaftsunternehmen, Unternehmen im ausschließlichen Auslandseigentum gilt der Ort der Registereintragung des oben erwähnten Unternehmens der Auslandsinvestition als Erfüllungsort des Vertrages. Nach den Regelungen des Zivilprozessgesetzes der Volksrepublik China besitzt das Volksgericht am Ort der Vertragserfüllung für Streitigkeiten der oben genannten Verträge die Zuständigkeit. 6. In Fällen, in denen die Parteien eine Entscheidung über die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung beantragen, sind die Mittleren Volksgerichte zuständig, die am Wohnsitzort des Antragstellers, am Wohnsitzort des Antragsgegners oder am Abschlussort der Schiedsvereinbarung das Recht besitzen, Fälle in Handelssachen mit Außenbezug zur Verhandlung anzunehmen; in Fällen, in denen die Vollstreckung eines Schiedsgerichtsentscheidung mit Außenbezug beantragt wird, sind die Mittleren Volksgerichte zuständig, die am Wohnsitzort des Antragsgegners, am Belegenheitsort seines Vermögens das Recht besitzen, Fälle in Handelssachen mit Außenbezug zur Verhandlung anzuneh-
III. Zweites Protokoll
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men; in Fällen, in denen die Annulation einer Schiedsgerichtsentscheidung unseres Landes mit Außenbezug beantragt wird, sind die Mittleren Volksgerichte zuständig, die am Ort des Schiedsorgans das Recht besitzen, Fälle in Handelssachen mit Außenbezug zur Verhandlung anzunehmen; in Fällen, in denen die Anerkennung und Vollstreckung einer ausländischen Schiedsgerichtsentscheidung beantragt wird, sind die Mittleren Volksgerichte zuständig, die am Wohnsitzort des Antragsgegners oder am Belegenheitsort seines Vermögens das Recht besitzen, Fälle in Handelssachen mit Außenbezug zur Verhandlung anzunehmen. 7. Eine wirksame Schiedsvereinbarung, die zwischen den Parteien eines Vertrages in Handelssachen mit Außenbezug abgeschlossen wird, legt fest, dass alle Streitigkeiten, die aufgrund des Vertrages entstehen oder mit dem Vertrag in Beziehung stehen, auf dem Wege der Schiedsgerichtsbarkeit gelöst werden müssen; wenn der Kläger in einer Streitigkeit, die sich im Verlauf von Vertragsabschluss und -erfüllung der Parteien ereignet hat, auf der Grundlage einer unerlaubten Handlung vor einem Volksgericht Klage erhebt, besitzt das Volksgericht keine Zuständigkeit. 8. Wenn das Volksgericht nach den Regelungen des Zivilprozessgesetzes der Volksrepublik China nur für die Streitigkeit aus dem Hauptvertrag oder die Streitigkeit aus dem Sicherungsvertrag Zuständigkeit besitzt, der Kläger aber vor dem Volksgericht Klage gegen den Hauptschuldner und den Sicherungsgeber als gemeinsame Beklagte erhebt, kann das Volksgericht über die Streitigkeit des Hauptvertrages und die Streitigkeit des Sicherungsvertrages insgesamt entscheiden, aber wenn die Parteien des Hauptvertrages oder des Sicherungsvertrages eine Schiedsvereinbarung oder eine Zuständigkeitsvereinbarung getroffen haben und die Entscheidung der Streitigkeit durch die Schiedsgerichtsbarkeit des Schiedsorgans oder die ausschließliche Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts zu erfolgen hat, dann besitzt das Volksgericht für die Streitigkeit aus dem Hauptvertrag oder die Streitigkeit aus dem Sicherungsvertrag, für die eine derartige Abrede getroffen wurde, kein Zuständigkeitsrecht. 9. Wenn sich der Hauptschuldner des Sicherungsvertrages außerhalb des Gebietes unseres Landes befindet und der Gläubiger in unserem Land nur den Sicherungsgeber verklagt, muss das Volksgericht gemäß den entsprechenden Regelungen des Zivilprozessgesetzes der Volksrepublik China die Zuständigkeit ausüben. Wenn sich im Verhandlungsprozess herausstellt, dass der Sicherungsgeber nach dem auf den Sicherungsvertrag anwendbaren Recht ein Recht zur Einrede der Vorausklage besitzt oder der Fall zunächst der Entscheidung der Verschuldung aus dem Hauptvertrag bedarf, kann gemäß den unterschiedlichen Situationen getrennt folgendermaßen verfahren werden: (1) Wenn das Volksgericht für die Streitigkeit aus dem Hauptvertrag Zuständigkeit besitzt, kann es verlangen, dass der Kläger innerhalb einer bestimmten Frist den Hauptschuldner als gemeinsamen Beklagten hinzufügt; (2) wenn das Volksgericht für die Streitigkeit aus dem Hauptvertrag keine Zuständigkeit besitzt, muss es eine Aussetzung der Verhandlung beschließen und eine bestimmte Frist festlegen und den Kläger darüber unterrichten, gegen den Hauptschuldner ein Klage- oder ein Schiedsverfahren anzustrengen oder auf andere Weise die Hauptverschuldung zu entscheiden. Wenn der Gläubiger innerhalb der festgesetzten Frist ein Klage- oder ein Schiedsverfahren gegen den Hauptschuldner anstrengt oder auf andere Weise die Hauptverschuldung klären kann, muss das Volksgericht die Verhandlung wieder aufnehmen, nachdem der Gläubiger ein entsprechendes wirksames Entscheidungsdokument oder ein anderes Beweisdokument vorgelegt hat. Wenn der Gläubiger innerhalb der festgesetzten Frist es ablehnt zu beantragen, dass der Hauptschuldner als gemeinsamer Beklagter hinzugefügt wird, oder nicht gegen den
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Hauptschuldner ein Klage- oder ein Schiedsverfahren anstrengt oder auf andere Weise die Hauptverschuldung nicht zu klären vermag und ein Vergleich des Volksgerichts nicht zustande kommt, beschließt es die Abweisung der Klage des Gläubigers. 10. Wenn in Streitfällen in Handelssachen mit Außenbezug, in denen die Gerichte unseres Landes und ausländische Gerichte ein Zuständigkeitsrecht besitzen, eine Partei vor ausländischen Gerichten Klage erhebt und nachdem sie verhandelt wurde, nochmals in der gleichen Streitigkeit vor den Gerichten unseres Landes ein Verfahren einleitet oder die andere Partei in der gleichen Streitigkeit vor den Gerichten unseres Landes einen Prozess anstrengt, beeinflusst es nicht die Ausübung der Zuständigkeit durch ein Gericht unseres Landes, ob das ausländische Gericht den Fall bereits verhandelt oder ein Urteil erlassen hat oder nicht, aber ob es verhandelt, entscheidet das Gericht unseres Landes nach den konkreten Umständen des Falles. Wenn das Urteil des ausländischen Gerichts bereits durch die Gerichte unseres Landes anerkannt und vollstreckt wurde, darf das Volksgericht nicht verhandeln. Wenn internationale Abkommen, die unser Land abgeschlossen hat oder an denen es teilnimmt, andere Regelungen enthalten, wird nach diesen Regelungen verfahren. 11. Wenn ein Gericht unseres Landes im Prozess der Verhandlung eines Streitfalles in Handelssachen mit Außenbezug entdeckt, dass der Fall Faktoren der unangemessenen Zuständigkeit aufweist, kann es gemäß dem „Prinzip des unangemessenen Gerichts“ beschließen, die Klage des Klägers abzuweisen. Die Anwendung des „Prinzips des unangemessenen Gerichts“ muss folgenden Bedingungen entsprechen: (1) Der Beklagte stellt den Antrag auf Anwendung des „Prinzips des unangemessenen Gerichts“ oder er hebt Einspruch gegen die Zuständigkeit und das angerufene Gericht ist der Ansicht, das „Prinzip des unangemessenen Gerichts“ anwenden zu können; (2) das Gericht unseres Landes, das den Fall behandelt, besitzt für den Fall die Zuständigkeit; (3) zwischen den Parteien gibt es keine Vereinbarung einer Entscheidung für die Zuständigkeit der Gerichte unseres Landes; (4) der Fall unterfällt nicht der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte unseres Landes; (5) der Fall berührt nicht die Interessen der Bürger, juristischen Personen oder anderen Organisationen unseres Landes; (6) die wesentlichen Tatsachen der Streitentstehung des Falles befinden sich nicht auf dem Gebiet unseres Landes, und es ist nicht das Recht unseres Landes anzuwenden, wenn die Gerichte unseres Landes den Fall verhandeln würden, gäbe es bei der Feststellung der Tatsachen und der Anwendung des Rechts schwerwiegende Schwierigkeiten; (7) ein ausländisches Gericht besitzt für den Fall ein Zuständigkeitsrecht und seine Verhandlung des besagten Falles ist noch angemessener. 12. Wenn die Vereinbarung von Parteien eines Streitfalles in Handelssachen mit Außenbezug festlegt, dass ein ausländisches Gericht für ihre Streitigkeiten nicht ausschließliche Zuständigkeit besitzt, kann anerkannt werden, dass besagte Vereinbarung kein Zuständigkeitsrecht enthält, das zuständige Gerichte anderer Länder ausschließt. Wenn eine Partei vor einem Gericht unseres Landes ein Verfahren anstrengt und das Gericht unseres Landes nach den entsprechenden Regelungen des Zivilprozessgesetzes der Volksrepublik China für den Fall ein Zuständigkeitsrecht besitzt, kann es verhandeln. 2 In Bezug auf die Prozessparteien [...] 3 In Bezug auf die Zustellung von Justizdokumenten [...]
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4 In Bezug auf den Prozessbeweis [...] 5 In Bezug auf die Rechtsanwendung der Verträge in Handelssachen mit Außenbezug 46. Die Parteien eines Vertrages in Handelssachen mit Außenbezug können bei Abschluss des Vertrages oder nach Abschluss des Vertrages bei Übereinstimmung durch Verhandlung in ausdrücklicher Weise das auf Vertragsstreitigkeiten anzuwendende Recht wählen. Vertragsstreitigkeiten beinhalten Streitigkeiten darüber, ob der Vertrag zustande gekommen ist, über den Zeitpunkt seines Zustandekommens, seine Wirksamkeit, die Auslegung seines Inhaltes, die Erfüllung, den Verstoß gegen Verpflichtungen sowie die Auflösung des Vertrages, Änderung, Aussetzung, Übertragung, Beendigung. 47. Die Parteien eines Vertrages in Handelssachen mit Außenbezug können nach Abschluss des Vertrages bis vor dem Schlussplädoyer der ersten Instanz bei Übereinstimmung durch Verhandlung das bei Vertragsabschluss gewählte Recht ändern, aber sie dürfen nicht die rechtmäßigen Interessen Dritter schädigen. 48. Das von den Parteien durch Vereinbarung gewählte Recht meint die Vorschriften des materiellen Rechts des entsprechenden Landes sowie der Region, es schließt nicht die Kollisionsregeln und die Vorschriften des Prozessrechts ein. 49. Das Recht, welches das Volksgericht nach dem Grundsatz der engsten Verbindung zum auf einen Vertrag in Handelssachen mit Außenbezug anzuwendenden Recht bestimmt hat, meint die Vorschriften des materiellen Rechts des entsprechenden Landes sowie der Region, es schließt nicht die Kollisionsregeln und die Vorschriften des Prozessrechts ein. 50. Ein Verhalten, durch das die Parteien Regelungen der Gesetze oder Verwaltungsvorschriften der Volksrepublik China mit zwingendem oder verbietendem Charakter umgehen, erwachsen nicht nach dem angewendeten ausländischen Recht in Wirksamkeit, das Volksgericht muss das Recht der Volksrepublik China anwenden. 51. Wenn das Recht, das auf einen Streitfall in Handelssachen mit Außenbezug angewendet werden muss, ausländisches Recht ist, wird der relevante Inhalt dieses ausländischen Rechts durch die Parteien vorgelegt oder bewiesen. Die Parteien können das relevante Gesetzes- oder Fallrecht des ausländischen Rechts durch Rechtsexperten, Rechtsdienstleistungsinstitutionen, gewerbliche autonome Organisationen, internationale Organisationen, Internet liefern, sie können gleichzeitig relevante juristische Literatur, juristisches Einführungsmaterial, Expertenmeinungen usw. einreichen. Wenn die Parteien tatsächlich Schwierigkeiten haben, das ausländische Recht zu liefern, können sie beantragen, dass das Volksgericht von Amts wegen das relevante ausländische Recht ermittelt. 52. Wenn dem von den Parteien bereitgestellten ausländischen Recht nach dem Kreuzverhör nicht widersprochen wurde, muss das Volksgericht Bestätigung gewähren. Über Teile, denen die Parteien widersprochen haben, oder wenn die von den Parteien gelieferten Expertenmeinungen nicht übereinstimmen, wird durch Ermittlung des Volksgerichts erkannt. 53. Wenn der Inhalt des ausländischen Rechts nicht geklärt werden kann, darf das Volksgericht das Recht der Volksrepublik China anwenden.
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54. Wenn die Anwendung des ausländischen Rechts gegen Grundprinzipien des Rechts der Volksrepublik China oder öffentliche Interessen verstößt, wird diesem ausländischen Recht keine Anwendung gewährt, sondern es muss das Recht der Volksrepublik China angewendet werden. 55. Wenn die Parteien eines Vertrages in Handelssachen mit Außenbezug das auf den Vertrag anzuwendende Recht nicht gewählt haben, können die Parteien, nachdem das Volksgericht den Fall zur Verhandlung angenommen hat, vor Schluss des Abschlussplädoyers in der ersten Instanz eine Wahl treffen. Wenn es den Parteien nicht gelingt, eine Übereinstimmung auszuhandeln, um eine Wahl zu treffen, wird das Recht des Ortes, der mit dem Vertrag die engste Verbindung besitzt, angewendet. 56. Wenn das Volksgericht nach dem Prinzip der engsten Verbindung das auf den Vertrag anzuwendende Recht bestimmt, muss das Recht des Landes, das nach den Faktoren der speziellen Grundeigenschaften des Vertrages sowie den essentiellen charakteristischen Merkmalen des die von den Parteien zu erfüllenden Pflichten am ehesten verkörpernden Vertrages die engste Verbindung mit dem Vertrag hat, das Vertragsstatut bilden. Unter gewöhnlichen Umständen ist das Recht des Ortes mit der engsten Verbindung der folgenden Verträge: (1) auf den internationalen Warenkaufvertrag wird das Recht des Wohnsitzortes der Verkäuferseite zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses angewendet; wenn der Vertrag am Wohnsitzort der Käuferseite verhandelt und abgeschlossen worden ist oder der Vertrag im wesentlichen gemäß durch die Käuferseite festgelegten Bedingungen und einer durch die Käuferseite abzugebenden Ausschreibung abgeschlossen worden ist oder der Vertrag ausdrücklich regelt, dass die Verkäuferseite ihre Pflicht zur Warenübergabe am Wohnsitzort der Käuferseite zu erfüllen hat, wird das Recht des Wohnsitzortes der Käuferseite angewendet. (2) Auf den Vertrag über die Verarbeitung von Werkstoffen des Kunden, die Zusammenfügung von durch den Kunden gelieferten Komponenten und andere Arten von Werkverträgen wird das Recht des Wohnsitzortes des Werkunternehmers angewendet. (3) Auf den Vertrag über die Lieferung einer kompletten Anlage wird das Recht des Ortes angewendet, an dem die Anlage installiert und betrieben wird. (4) Auf den Vertrag über Verkauf, Miete oder Belastung von unbeweglichem Vermögen wird das Recht am Belegenheitsort des unbeweglichen Vermögens angewendet. (5) Auf den Mietvertrag über bewegliches Vermögen wird das Recht am Wohnsitzort der Mieterseite angewendet. (6) Auf Pfandverträge über bewegliches Vermögen wird das Recht am Wohnsitzort des Pfandgläubigers angewendet. (7) Auf Darlehensverträge wird das Recht am Wohnsitzort des Darlehensgebers angewendet. (8) Auf den Schenkungsvertrag wird das Recht am Wohnsitzort des Schenkenden angewendet. (9) Auf den Versicherungsvertrag wird das Recht am Wohnsitzort des Versicherers angewendet. (10) Auf den Finanzleasingvertrag wird das Recht am Wohnsitzort des Leasinggebers angewendet. (11) Auf den Bauvertrag wird das Recht am Ort des Bauprojektes angewendet. (12) Auf den Vertrag über Lagerung und Verwahrung wird das Recht am Wohnsitzort des Lagernden und Verwahrenden angewendet. (13) Auf den Garantievertrag wird das Recht am Wohnsitzort des Garanten angewendet. (14) Auf den Auftragsvertrag wird das Recht am Wohnsitzort des Beauftragten angewendet. (15) Auf Verträge über Ausgabe, Verkauf und Übertragung von Schuldverschreibungen wird jeweils das Recht des Ausgabeortes der Schuldverschreibung, das Recht des Verkaufsortes der Schuldverschreibung und das Recht des Registrierungsortes der Schuldverschreibung angewendet. (16) Auf den Auktionsvertrag wird das Recht des Ortes der Durchführung der Versteigerung angewendet. (17) Auf den Kommissionsvertrag wird das Recht des Wohnsitzortes des Kommissionärs angewendet. (18) Auf den Maklervertrag wird das Recht des Wohnsitzortes des Maklers angewendet.
III. Zweites Protokoll
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Wenn die oben genannten Verträge offensichtlich mit einem anderen Land oder einer anderen Region eine engere Verbindung besitzen, wird das Recht dieses Landes oder dieser Region angewendet. 57. Auf folgende auf dem Gebiet unseres Landes zu erfüllende Verträge zwischen einer natürlichen Person, einer juristischen Person oder einer anderen Organisation, welche die Staatsangehörigkeit der Volksrepublik China besitzt, und einer ausländischen natürlichen Person, juristischen Person oder anderen Organisation abgeschlossen wird, wird das Recht der Volksrepublik China angewendet: (1) der Vertrag eines chinesisch-ausländischen mit gemeinsamem Kapital betriebenen Gemeinschaftsunternehmens; (2) der Vertrag eines chinesisch-ausländischen kooperativ betriebenen Gemeinschaftsunternehmens; (3) der Vertrag einer chinesisch-ausländischen Kooperation zur Erschließung und Ausbeutung natürlicher Ressourcen; (4) der Vertrag zur Übertragung von Anteilen an einem chinesisch-ausländischen mit gemeinsamem Kapital betriebenen Gemeinschaftsunternehmen, einem chinesisch-ausländischen kooperativ betriebenen Gemeinschaftsunternehmen, einem Unternehmen im ausschließlichen Auslandseigentum; (5) der Vertrag, durch den sich eine ausländische natürliche Person, juristische Person oder andere Organisation zur Führung eines auf dem Gebiet unseres Landes errichteten Unternehmens verpflichtet. 6 In Bezug auf die gerichtliche Prüfung von Schiedsverfahren in internationalen Handels- und Seerechtssachen [...] 7 In Bezug auf die Streitfälle der Außenhandelsinvestitionsunternehmen [...] 8 In Bezug auf die Begrenzung der Ausreise der Parteien [...] 9 In Bezug auf Streitfälle der Übergabe von Waren ohne korrekten Ladeschein beim Warentransport auf See [...] 10 In Bezug auf die Streitfälle der maritimen Versicherungsverträge [...] 11 In Bezug auf Schiffskollisionsstreitfälle [...] 12 In Bezug auf Schadensersatzstreitfälle der Schädigung durch Schiffsölverschmutzung [...] 13 Anderes 152. In Seerechtsstreitfällen mit Außenbezug sind die entsprechenden Regelungen für Streitfälle in Handelssachen mit Außenbezug dieses Protokolls anzuwenden, wenn dieses Protokoll keine besonderen Regelungen enthält. 153. In Streitfällen in Handels- und Seerechtssachen mit Bezug zur Sonderverwaltungszone Hong Kong, zur Sonderverwaltungszone Macau sowie zur Region Taiwan sind entsprechend die relevanten Regelungen für Streitfälle in Handels- und Seerechtssachen
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mit Außenbezug dieses Protokolls anzuwenden, wenn dieses Protokoll keine besonderen Regelungen enthält.
IV. Ansichten des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Anwendung des Zivilprozessgesetzes der Volksrepublik China IV. ZPG-Ansichten
vom 14.7.1992 (zitiert als: ZPG-Ansichten) 1 Zuständigkeit [...] 4. Der Wohnsitzort eines Bürgers ist der Ort der Registrierung des Haushalts des Bürgers, der Wohnsitzort einer juristischen Person ist der Ort der Hauptverwaltung der juristischen Person oder der Ort, an dem sich das Haupthandlungsorgan befindet. 5. Der ständige Aufenthaltsort eines Bürgers ist der Ort, an dem sich der Bürger seit Verlassen seines Wohnsitzortes bis zur Klageerhebung bereits über ein Jahr ununterbrochen aufgehalten hat. Ausgenommen bleibt aber der Ort, an dem der Bürger zur ärztlichen Behandlung im Krankenhaus liegt. [...] 7. Haben sich die Parteien nach Wegzug aus ihrem registrierten Haushalt noch nicht wieder niedergelassen, gibt es aber einen ständigen Aufenthaltsort, dann ist das Volksgericht dieses Ortes zuständig. Gibt es keinen ständigen Aufenthaltsort, ist aber der Auszug noch nicht ein Jahr her, ist das Volksgericht am Ort der ursprünglichen Haushaltsregistrierung zuständig; ist ein Jahr verstrichen, ist das Volksgericht an ihrem Aufenthaltsort zuständig. [...] 17. Für Klagen gegen Unternehmensgründungen von Bürgern und Zusammenschlüsse vom Typ einer Unternehmensgründung, die kein Handlungsorgan besitzen, sind die Volksgerichte am Registrierungsort des Beklagten zuständig. Gibt es keine Registrierung und befinden sich die verschiedenen Beklagten nicht im selben Zuständigkeitsbezirk, sind die Volksgerichte der Wohnsitzorte der Beklagten alle zuständig. 18. Für Prozesse aufgrund von Vertragsstreitigkeiten sollen die Gerichte am Wohnsitzort des Beklagten zuständig sein, wenn der Vertrag nicht tatsächlich erfüllt wird und keiner der Wohnsitzorte der beiden Parteien am vertraglich bestimmten Erfüllungsort liegt. 19. Haben beide Parteien eines Kauf- und Verkaufvertrages im Vertrag den Ort der Warenübergabe festgelegt, gilt der vereinbarte Ort der Warenübergabe als Ort der Vertragserfüllung; haben sie keine Vereinbarung getroffen, dann wird der Ort der Vertragserfüllung nach der Art der Warenübergabe bestimmt; wird die Methode der Warenversendung verwendet, ist der Ort, an den die Ware versandt wird, als Vertragserfüllungsort anzusehen; wird die Methode der Selbstabholung angewendet, gilt der Ort, an dem die Ware in Empfang genommen wird, als Ort der Vertragserfüllung; wird die Ware per Frachtauf-
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trag oder nach der Methode zum Warenversand von Holz und Kohle versandt, dann wird der Ort der Absendung der Ware als Vertragserfüllungsort betrachtet. Sind der tatsächliche Erfüllungsort eines Kauf- und Verkaufvertrages und der im Vertrag vereinbarte Warenübergabeort nicht identisch, ist der tatsächliche Erfüllungsort als Vertragserfüllungsort anzusehen. 20. Bei Werkverträgen gilt der Ort des bearbeitenden Verhaltens als Vertragserfüllungsort, es sei denn im Vertrag ist der Erfüllungsort vereinbart worden. 21. Bei Verträgen über die Miete von Sachen und Finanzierung wird der Gebrauchsort des Mietgegenstands als Ort der Vertragserfüllung angesehen, es sei denn im Vertrag ist der Erfüllungsort vereinbart worden. 22. Bei Verträgen des Kompensationshandels gilt der Erfüllungsort der Hauptpflichten der Seite, welche die Kapitalanlage empfangen hat, als Vertragserfüllungsort. 23. Die in Art. 25 Zivilprozessgesetz geregelte schriftliche Vereinbarung im Vertrag meint eine Klausel vereinbarter Zuständigkeit im Vertrag oder eine vor dem Prozess getroffene Vereinbarung gewählter Zuständigkeit. 24. Wenn die Vereinbarung einer gewählten Zuständigkeit durch beide Parteien eines Vertrages nicht eindeutig ist oder wenn unter den gewählten, in Art. 25 des Zivilprozessgesetzes geregelten Volksgerichten mehr als zwei Gerichte zuständig sind, dann ist die Vereinbarung einer gewählten Zuständigkeit unwirksam, und die Zuständigkeit wird nach der Regelung des Art. 24 des Zivilprozessgesetzes bestimmt. 25. Für Prozesse aufgrund von Versicherungsvertragsstreitigkeiten sind, wenn der Gegenstand der Versicherung Transportmittel oder Waren auf dem Transport sind, die Volksgerichte am Beklagtenwohnsitz oder am Registrierungsort des Transportmittels, am Zielort des Transports, am Ort des Eintritts des Versicherungsfalles zuständig. 26. Der in Art. 27 des Zivilprozessgesetzes geregelte Zahlungsort des Wechsels meint den auf dem Wechsel eingetragenen Zahlungsort. Ist auf dem Wechsel kein Zahlungsort eingetragen, wird der Wohnsitzort oder der Sitz der Hauptverwaltung des Wechselbezogenen (einschließlich eines Ersatzbezogenen) als Zahlungsort des Wechsels angesehen. [...] 28. Der in Art. 29 des Zivilprozessgesetzes geregelte Ort einer deliktischen Handlung beinhaltet den Ort der Ausführung der deliktischen Handlung und den Ort, an dem der Deliktserfolg eintritt. 29. Für Prozesse aufgrund der durch die nicht normgerechte Qualität eines Produktes hervorgerufenen Schädigung des Vermögens oder der Person eines anderen sind die Volksgerichte am Produktionsort des Produktes, am Verkaufsort des Produktes, am Ort des deliktischen Verhaltens und am Wohnsitzort des Beklagten zuständig. 30. Für Streitigkeiten aus Verträgen des Eisenbahntransportes sowie Deliktsrechtsstreitigkeiten, die mit einem Eisenbahntransport in Beziehung stehen, sind die Eisenbahntransport-Gerichte zuständig. [31. + 32. bzgl. vorläufigen Rechtsschutz] 33. In Prozessen, für die mehr als zwei Volksgerichte zuständig sind, darf das zuerst mit dem Fall befasste Volksgericht den Fall nicht an ein anderes zuständiges Volksgericht verweisen. Wenn ein Volksgericht vor seiner Befassung mit dem Fall erkennt, dass ein
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anderes zuständiges Volksgericht bereits mit dem Fall befasst ist, darf es den Fall nicht doppelt [ebenfalls] annehmen, bemerkt es nach seiner Befassung mit dem Fall, dass ein anderes zuständiges Volksgericht bereits mit dem Fall befasst ist, beschließt es die Verweisung des Falles an das zuerst mit ihm befasste Volksgericht. 34. Nachdem der Fall zur Verhandlung angenommen worden ist, wird die Zuständigkeit des annehmenden Volksgerichts durch den Wechsel des Wohnsitzes oder des ständigen Aufenthaltsortes des Beklagten nicht beeinflusst. 35. Nachdem ein zuständiges Volksgericht einen Fall zur Entscheidung angenommen hat, darf der Fall nicht aufgrund einer Änderung des Verwaltungsbezirks an das durch die Änderung zuständig gewordene Volksgericht verwiesen werden. Ein Fall der Appellation nach dem Urteil und Fälle nach dem Verfahren zur Wiederaufnahme von Urteilen werden von dem höheren Volksgericht des Ausgangsvolksgerichts beurteilt; Fälle, die vom zweitinstanzlichen Volksgericht zur vertieften Verhandlung zurückverwiesen werden, oder Fälle, die das obere Volksgericht zu erneuten Verhandlung beordert, werden vom Ausgangsvolksgericht vertieft oder erneut verhandelt. [36. + 37. zum Streit um die Zuständigkeit zwischen Gerichten, Art. 37 Festland-ZPG] [...] 18 Sonderregeln für das Zivilprozessverfahren mit Außenbezug 304. Zivilrechtsfälle, in denen beide oder eine Partei Ausländer oder Staatenloser, ausländische Gesellschaft oder Organisation ist oder die Rechtstatsachen der Entstehung, Änderung oder Beendigung der Zivilrechtsbeziehung der Parteien sich im Ausland ereignet haben oder sich der Streitgegenstand im Ausland befindet, gelten als Zivilrechtsfälle mit Außenbezug. 305. Gemäß der Regelung der Art. 34 und 244 des Zivilprozessgesetzes dürfen die Parteien in Fällen, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Volksgerichte der Volksrepublik China fallen, nicht durch schriftliche Vereinbarung die Zuständigkeit der Gerichte eines anderen Landes wählen. Ausgenommen davon ist die Vereinbarung der Wahl einer schiedsgerichtlichen Entscheidung. 306. In Fällen, in denen die Volksgerichte der Volksrepublik China und ausländische Gerichte zuständig sind, können die Volksgerichte den Fall zur Entscheidung annehmen, wenn eine Partei vor einem ausländischen Gericht, die andere Partei vor einem Volksgericht der Volksrepublik China Klage erhoben hat. Nach Ergehen eines Urteils wird dem Gesuch eines ausländischen Gerichts oder dem Antrag einer Partei an ein Volksgericht auf Anerkennung und Vollstreckung des durch ein ausländisches Gericht in diesem Fall ergangenen Urteils oder Beschlusses keine Genehmigung gewährt, es sei denn, ein internationales Abkommen, an dem beide Seiten gemeinsam teilnehmen oder das sie geschlossen haben, enthält abweichende Regelungen. […] 312. [Geltung der Art. 145–148 und 277, 278 Festland-ZPG] 313.–315. [Antrag auf Vollstreckung einer durch ein chinesisches Organ der Schiedsgerichtsbarkeit mit Außenbezug getroffenen Entscheidung] 316. Die Annullierung oder Beendigung eines Wirtschaftsvertrages mit Außenbezug hat keinen Einfluss auf die Gültigkeit einer in dem Vertrag enthaltenen Schiedsklausel. Erhebt eine Partei vor einem Volksgericht Klage, weil ein mit Schiedsklausel vereinbarter
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Wirtschaftsvertrag mit Außenbezug annulliert oder beendet wurde, wird dies nicht zur Entscheidung angenommen. 317. [Vermögenssicherungsmaßnahmen durch Volksgerichte in Schiedsverfahren] 318. Wenn die Parteien bei einem Mittleren Volksgericht der Volksrepublik China die Anerkennung und Vollstreckung eines durch ein ausländisches Gericht gefällten rechtskräftigen Urteils oder Beschlusses beantragen, können die Parteien, sofern der Forumstaat des besagten Gerichtes mit der Volksrepublik China weder ein internationales Abkommen abgeschlossen hat, noch gemeinsam mit ihr an einem solchen Abkommen teilnimmt, und es auch kein Verhältnis der Gegenseitigkeit gibt, vor den Volksgerichten Klage erheben; aufgrund des vom zuständigen Volksgericht gefällten Urteils wird Vollstreckung gewährt. 319. [Justizhilfe] 320. [Beglaubigung chinesischer Urteile für die Verwendung im Ausland]
Anhang II: Gesetzestext Taiwan Zivilprozessgesetz (in Auszügen) Zivilprozessgesetz
(abgeändert am 8.7. im Jahr 98 der Republik1) 1. Teil: Zusammenfassende Regeln Kapitel 1: Gerichte Abschnitt 1: Zuständigkeit Art. 1 Für den Prozess sind die Gerichte am Wohnsitz des Beklagten zuständig. Wenn die Gerichte am Wohnsitz des Beklagten ihre Amtsgewalt nicht ausüben können, sind die Gerichte an seinem Aufenthaltsort zuständig. Wenn sich die klagebegründenden Tatsachen am Ort des Aufenthaltes des Beklagten ereignen, dann sind die Gerichte des Aufenthaltsortes ebenfalls zuständig. Hat der Beklagte gegenwärtig keinen Wohnsitz in der Republik China oder ist sein Wohnsitz unklar, dann wird sein Aufenthaltsort in der Republik China als sein Wohnsitz angesehen; gibt es keinen Aufenthaltsort oder ist der Aufenthaltsort unklar, wird sein letzter Wohnsitz in der Republik China als sein Wohnsitz angesehen. Wenn für Bürger der Republik China, die im Ausland Extraterritorialität besitzen, nach den Regelungen der ersten beiden Absätze kein zuständiges Gericht bestimmt werden kann, wird der Sitz der Zentralregierung als ihr Wohnsitzort angesehen. Art. 2 Für Prozesse gegen staatliche juristische Personen sind die Gerichte am Standort ihrer staatlichen Dienststelle zuständig; wenn eine zentrale oder regionale Behörde Beklagter ist, sind die Gerichte am Standort besagter Behörde zuständig. Für Prozesse gegen private juristische Personen oder andere Organisationen, die Partei eines Prozesses sein können, sind die Gerichte am Standort der Hauptgeschäfts- oder Hauptbetriebsstelle zuständig. Für Prozesse gegen ausländische juristische Personen oder andere Organisationen, die Partei eines Prozesses sein können, sind die Gerichte am Standort ihrer Hauptgeschäftsoder Hauptbetriebsstelle in der Republik China zuständig. Art. 3 Für Prozesse aufgrund vermögensrechtlichen Bezugs gegen Personen, die in der Republik China gegenwärtig keinen Wohnsitz besitzen oder deren Wohnsitz unklar ist, sind 1
2009 unserer Zeitrechnung.
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die Gerichte am Belegenheitsort von pfändbarem Vermögen des Beklagten oder des herausverlangten Gegenstands zuständig. Wenn das Vermögen des Beklagten oder der herausverlangte Gegenstand eine Forderung ist, wird der Wohnsitz des Schuldners oder der Belegenheitsort des besagte Forderung sichernden Gegenstands als Belegenheitsort des Vermögens des Beklagten oder des herausverlangten Gegenstands angesehen. Art. 4 Für Prozesse aufgrund vermögensrechtlichen Bezugs gegen Auszubildende, Arbeitnehmer oder andere auswärtig wohnende 2 Personen sind die Gerichte am auswärtigen Wohnort zuständig. Art. 5 Für Prozesse aufgrund vermögensrechtlichen Bezugs gegen im aktiven Militärdienst stehende Soldaten oder Seeleute sind die Gerichte am Ort ihrer Dienststelle, des Registers oder der Flagge ihres Kriegsschiffes zuständig. Art. 6 Gegen Personen, die eine Geschäfts- oder Betriebsstelle haben, sind für Prozesse die berufliche Tätigkeit in Bezug auf ihre Geschäfts- oder Betriebsstelle betreffend die Gerichte am Ort besagter Geschäfts- oder Betriebsstelle zuständig. Art. 7 Gegen Schiffseigentümer oder Schiffsnutzer sind für Prozesse aufgrund eines Bezugs zu dem Schiff oder der Schiffahrt die Gerichte am Ort der Flagge zuständig. Art. 8 Für Prozesse aufgrund einer Schiffsforderung oder einer durch das Schiff gesicherten Forderung sind die Gerichte am Belegenheitsort des Schiffes zuständig. Art. 9 Für Prozesse von Gesellschaften oder anderen Körperschaften oder ihren Gläubigern gegen Gesellschafter oder eines Gesellschafters gegen einen Gesellschafter mit Bezug auf Anforderungen hinsichtlich der Eignung ihrer Gesellschafter sind die Gerichte am Standort der Hauptgeschäfts- oder Hauptbetriebsstelle besagter Körperschaft zuständig. Die vorstehende Vorschrift wird auf Prozesse von Körperschaften oder ihren Gläubigern oder Gesellschaftern aufgrund von Forderungen gegen Angestellte der Körperschaft oder bereits ausgetretene Gesellschafter entsprechend angewendet. Art. 10 Für Prozesse aufgrund eines Bezugs zu Sachenrechten an unbeweglichem Vermögen oder ihrer Aufteilung oder ihrem Umfang sind die Gerichte am Belegenheitsort des unbeweglichen Vermögens ausschließlich zuständig. Für andere Prozesse aufgrund des Be2
Mit einem vom eigentlichen Wohnsitz abweichenden beruflichen Wohnsitz, z.B. Parlamentsmitglieder am Tagungsort des Parlaments.
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zugs zu unbeweglichem Vermögen sind die Gerichte am Belegenheitsort des unbeweglichen Vermögens zuständig. Art. 11 Für Prozesse gegen den gleichen Beklagten aufgrund des Bezugs zu einer Forderung und einem Sachenrecht an die Forderung sicherndem unbeweglichem Vermögen haben die Gerichte am Belegenheitsort des unbeweglichen Vermögens zusammengefasste Zuständigkeit. Art. 12 Für Prozesse aufgrund des Bezugs zu einem Vertrag sind, falls die Parteien einen Ort für die Erfüllung der Verbindlichkeit festgelegt haben, die Gerichte an besagtem Erfüllungsort zuständig. Art. 13 Für Prozesse aufgrund des Bezugs zu einer Wechsel- oder Scheckforderung sind die Gerichte am Ort der Auszahlung des Wechsels oder Schecks zuständig. Art. 14 Für Prozesse aufgrund des Bezugs zu Forderungen aus Vermögensverwaltung sind die Gerichte am Ort der Verwaltung zuständig. Art. 15 Für Prozesse aufgrund des Bezugs zu deliktsrechtlichem Verhalten sind die Gerichte am Ort des Verhaltens zuständig. Für Prozesse aufgrund des Bezugs zu Schadensersatzforderungen wegen einer Schiffskollision oder anderer Unglücksfälle auf See sind die Gerichte an dem Ort, an dem das geschädigte Schiff zuerst eintrifft, oder dem Ort, an dem das schädigende Schiff beschlagnahmt wird, oder dem Ort seines Heimathafens zuständig. Für Prozesse aufgrund des Bezugs zu Schadensersatzforderungen wegen des Flugunglücks eines Flugzeuges oder anderer Unglücksfälle im Luftraum sind die Gerichte an dem Ort, an dem das geschädigte Flugzeug zuerst landet, oder dem Ort, an dem das schädigende Flugzeug beschlagnahmt wird, zuständig. Art. 16 Für Prozesse mit Bezug auf Hilfeleistung in Seenot sind die Gerichte des Ortes der Hilfeleistung oder des Ortes, an dem das Schiff, dem geholfen wurde, zuerst eintrifft, zuständig. Art. 17 Für Prozesse bezüglich Registrierungen sind die Gerichte am Registerort zuständig. Art. 18 und 19 [Nachlass]
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Art. 20 Bei Prozessen gegen mehrere Beklagte als Streitgenossen, deren Wohnsitze nicht im Zuständigkeitsbezirk eines Gerichtes liegen, besitzen die Gerichte am Ort jedes besagten Wohnsitzes Zuständigkeit. Aber wenn es nach den Regelungen der Art. 4 bis zum vorigen Artikel ein gemeinsam zuständiges Gericht gibt, ist das besagte Gericht zuständig. Art. 21 Wenn der Beklagtenwohnsitz, der Belegenheitsort unbeweglichen Vermögens, der Ort deliktsrechtlichen Verhaltens oder andere Orte, deren Gerichte als zuständig bestimmt sind, sich über mehrere Bezirke gerichtlicher Zuständigkeit erstrecken oder verstreuen, besitzt jedes der besagten Gerichte die Zuständigkeit. Art. 22 Wenn für den gleichen Prozess mehrere Gerichte die Zuständigkeit besitzen, darf der Kläger nach Belieben bei einem dieser Gerichte die Klage einreichen. Art. 23 [Bestimmung der Zuständigkeit in Zweifelsfällen durch das höhere Gericht] Art. 24 Die Parteien dürfen durch Vereinbarung das zuständige Gericht erster Instanz bestimmen. Aber dies ist auf Prozesse, die aus einer bestimmten Rechtsbeziehung entstehen, begrenzt. Die Vereinbarung des vorstehenden Absatzes muss schriftlich belegt sein. Art. 25 Wenn der Beklagte nicht einwendet, dass ein Gericht keine Zuständigkeit besitzt, und sich zum Fall streitig äußert, wird dieses Gericht als zuständiges Gericht angesehen. Art. 26 Die Regelungen der vorherigen beiden Artikel werden nicht auf Prozesse angewendet, in denen dieses Gesetz eine ausschließliche Zuständigkeit festlegt. Art. 27 [Zeitpunkt der Zuständigkeitsbestimmung] Art. 28 Wenn das Gericht meint, für den ganzen Prozess oder einen Teil nicht zuständig zu sein, dann verweist es auf Antrag des Beklagten oder durch Entscheidung von Amts wegen an das zuständige Gericht. Ist eine der Parteien eine juristische Person oder Kaufmann, darf die andere Partei vor der mündlichen Verhandlung des Falles die Verweisung an ihr zuständiges Gericht beantragen, wenn die vereinbarte Zuständigkeit des Artikel 24 durch eine Klausel begründet wird, die dies für gleichartige Verträge festlegt, und nach den Umständen klar die Fair-
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ness verliert. Wenn aber beide Parteien juristische Personen oder Kaufleute sind, gilt diese Beschränkung nicht. Wenn der Antrag der Verweisung des Prozesses zurückgewiesen wird, kann dagegen kein Rechtsmittel eingelegt werden. […] Art. 182-2 Erheben die Parteien in einer bereits vor einem ausländischen Gericht rechtshängigen Angelegenheit noch eine Klage, darf das Gericht vor Erlass eines Urteils durch das Gericht im Ausland die Aussetzung des Verfahrens beschließen, wenn angemessene Gründe für die Möglichkeit sprechen, dass das Urteil des ausländischen Gerichts in besagter Angelegenheit in der Republik China in seiner Wirkung anerkannt werden wird, und wenn auch die Einlassung im Ausland für den Beklagten keine schwerwiegenden Unannehmlichkeiten mit sich bringt. Aber wenn beide Parteien übereinstimmend die Entscheidung durch ein Gericht der Republik China wollen, gilt diese Einschränkung nicht. Vor einem Beschluss im Sinne des vorstehenden Absatzes soll das Gericht den Parteien Gelegenheit zum Vortrag ihrer Auffassung geben. […] Art. 402 Die Wirkung von Urteilen, die durch ausländische Gerichte ergangen sind, wird nicht anerkannt, wenn einer der folgenden Umstände gegeben ist: 1. Das ausländische Gericht war gemäß dem Recht der Republik China nicht zuständig. 2. Der im Prozess unterliegende Beklagte hat sich nicht eingelassen. Diese Begrenzung gilt nicht, wenn die das Verfahren einleitende Mitteilung oder Verfügung bereits innerhalb angemessener Frist auf in besagtem Land rechtmäßige Weise oder im Wege der Mitwirkung nach dem Recht der Republik China zugestellt worden ist. 3. Der Inhalt des Urteils oder das Klageverfahren verstößt gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten der Republik China. 4. Es gibt keine gegenseitige Anerkennung. Die Regelung des vorherigen Absatzes wird auf Beschlüsse, die durch ausländische Gerichte ergangen sind, entsprechend angewendet.
Anhang III: Gesetzestexte Macau I. Zivilprozessgesetz1 (in Auszügen) I. Zivilprozessgesetz
Buch 1: Die Klage Titel I: Grundlegende Bestimmungen […] Titel II: Gerichte Kapitel I: Zuständigkeit Abschnitt I: Allgemeine Vorschriften Art. 13 (Die Zuständigkeit regelndes Recht) 1. Die Zuständigkeit bestimmt sich im Zeitpunkt der Klageerhebung. 2. Änderungen der Tatsachen und des Rechts, die sich danach ereignen, sind unbeachtlich, es sei denn, es bestehen anderweitige Regelungen. 3. Im Fall einer beachtlichen Änderung der Zuständigkeit verfügt das Gericht von Amts wegen die Verweisung des anhängigen Falles an das zuständige Gericht. Art. 14 (Verbot der Übertragung) Ein Fall darf außer unter besonders gesetzlich geregelten Umständen von einem zuständigen Gericht nicht auf ein anderes Gericht übertragen werden. Art. 15 (Allgemeine Situationen der Zuständigkeit der Gerichte von Macau) Wenn einer der folgenden Umstände auftritt, besitzen die Gerichte Macaus Zuständigkeit: a) die Tatsache, die als Klagegrund dient, oder eine der Tatsachen, die den Klagegrund bilden, ereignen sich in Macau; b) der Beklagte ist nicht Einwohner von Macau, und der Kläger ist Einwohner von Macau, sofern, wenn besagter Beklagter vor den Gerichten seines Wohnsitzortes einen identischen Prozess anstrengt, sich besagter Kläger an diesem Ort verklagen lassen muss;
1 Die vorliegende Übersetzung beruht auf der portugiesischen Fassung des Gesetzes, da seine Auslegung in erster Linie dem portugiesischen Mutterrecht folgt und für die chinesische Fassung lediglich der portugiesische Originaltext übersetzt wurde.
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Anhang III: Gesetzestexte Macau
c) das betroffene Recht kann außer durch die angestrebte Klage vor den Gerichten Macaus nicht verwirklicht werden, sofern es zwischen der unterbreiteten Klage und Macau irgendein gewichtiges Element der persönlichen oder tatsächlichen Beziehung gibt. Art. 16 (Die Zuständigkeit für bestimmte Klagen festlegende Umstände) Ohne Verlust der Zuständigkeit, die sich aus der Bestimmung des vorherigen Artikels ergibt, sind die Gerichte von Macau zuständig zu beurteilen: a) Klagen, die auf die Erfüllung einer Verbindlichkeit oder Schadensersatz aufgrund von Nichterfüllung oder fehlerhafter Erfüllung einer Verbindlichkeit gerichtet sind oder mit denen die Vertragsauflösung wegen der Nichterfüllung einer Verbindlichkeit verlangt wird, sofern die betroffene Verbindlichkeit in Macau erfüllt werden musste oder der Beklagte in Macau seinen Wohnsitz hat; b) Klagen bezüglich persönlicher Nutzungsrechte, Räumungsklagen, Vorzugsklagen sowie Vollstreckungsklagen, sofern die mit der Klage bezeichnete Sache unbewegliches Vermögen in Macau ist; c) Klagen der Sicherheitsverstärkung, Substitution, Verringerung oder Beseitigung von Hypotheken, sofern, wenn Schiffe oder Flugzeuge betroffen sind, diese in Macau registriert sind oder, wenn anderes Vermögen betroffen ist, dieses sich in Macau befindet; d) Klagen, die darauf gerichtet sind, ein unentgeltlich oder entgeltlich erworbenes Schiff frei von Vorrechten zu sprechen, wenn das Schiff zum Zeitpunkt des Erwerbs im Hafen von Macau liegt; e) Klagen bezüglich der Regulierung eines gemeinsamen Seeunfalls, den ein Schiff erleidet, welches das betreffende Frachtgut im Hafen von Macau ausliefert oder ausliefern soll; f) auf eine Kollision von Schiffen gegründete Schadensersatzklagen, wenn sich der Unfall in Gewässern unter der Verwaltung der Region ereignet hat, der Eigentümer des kollidierenden Schiffes in Macau den Wohnsitz hat, das kollidierende Schiff in Macau registriert ist oder im Hafen von Macau angetroffen wird, oder wenn Macau der erste Hafen ist, in den das kollidierende Schiff eingefahren ist; g) Klagen, die darauf gerichtet sind, das für die Bergung oder die Hilfe von Schiffen geschuldete Honorar einzufordern, wenn die Bergung oder Hilfe sich in Gewässern unter der Verwaltung der Region ereignet hat, der Eigentümer der geborgenen Gegenstände in Macau den Wohnsitz hat, das Schiff, dem geholfen wurde, in Macau registriert ist oder im Hafen von Macau angetroffen wird; h) Klagen auf Aufteilung von Miteigentum, wenn es als Objekt in Macau belegenes Vermögen hat; i) Scheidungsklagen, wenn der Kläger sich in Macau aufhält oder hier den Wohnsitz hat; j) Inventarisierungsklagen, die auf die Beendigung einer Erbengemeinschaft gerichtet sind, wenn [...]; l) Klagen der Befähigung einer Person als Rechtsnachfolger von Todes wegen einer anderen Person, wenn [...]; m) Klagen auf Insolvenzerklärung, wenn der Wohnsitz, der Sitz oder die Hauptverwaltung des Handelsunternehmers sich in Macau befindet oder wenn sich nichts davon in Macau befindet, aber jene Klagen aus in Macau abgeschlossenen oder zu erfüllenden Verbindlichkeiten hervorgehen und der Handelsunternehmer hier eine Zweigstelle, Agentur, Filiale, Abordnung oder Vertretung hat, jedoch begrenzt auf die Abwicklung des in Macau vorhandenen Vermögens.
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Art. 17 (Umstände, unter denen für andere Prozesse die Zuständigkeit gegeben ist) Unbeschadet der Zuständigkeit, die sich aus der Bestimmung des Artikels 15 ergibt, sind die Gerichte von Macau zuständig, über nicht im vorherigen Artikel oder in Spezialvorschriften geregelte Klagen zu urteilen, wenn: a) der Beklagte Wohnsitz oder Aufenthalt in Macau hat; b) der Beklagte keinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder er unsicher oder abwesend ist, und der Kläger Wohnsitz oder Aufenthalt in Macau hat; c) der Beklagte eine juristische Person ist, der jeweilige Sitz oder die Hauptverwaltung oder eine Zweigstelle, Agentur, Filiale, Abordnung oder Vertretung in Macau liegt. […] Art. 20 (Ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte von Macau) Die Gerichte von Macau haben die ausschließliche Zuständigkeit, folgende Klagen zu verhandeln: a) Klagen betreffend dingliche Rechte an in Macau belegenem unbeweglichem Vermögen; b) Klagen, die auf die Erklärung der Insolvenz oder Zahlungsunfähigkeit einer juristischen Person mit Sitz in Macau gerichtet sind. […] Kapitel II: Ausdehnungen und Änderungen der Zuständigkeit Art. 26 (Inzidente Fragen) 1. Das für die Klage zuständige Gericht ist auch zuständig, über Ereignisse zu erkennen, welche in ihr aufkommen, und Fragen, die der Beklagte als Mittel der Verteidigung aufwirft. 2. Die Entscheidung der aufgeworfenen Fragen und Ereignisse bildet aber keinen entschiedenen Fall außerhalb des jeweiligen Verfahrens, außer eine der Parteien beantragt ein Urteil mit dieser Weite und das mit der Rechtssache befasste Gericht ist für seine Beurteilung zuständig. […] Art. 28 (Widerklagefragen) 1. Das Klagegericht darf über Fragen, die mittels Widerklage vorgebracht werden, befinden, sofern es für diese Zuständigkeit besitzt. 2. Wenn das Klagegericht für die Entscheidung über die Widerklage nicht zuständig ist, weil sie nicht vor die Gerichte Macaus gebracht werden kann oder weil es eine Übergehung des Schiedsgerichts gegeben hat, wird der Kläger von der Widerklageinstanz freigesprochen. 3. […]
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Anhang III: Gesetzestexte Macau Art. 29 (Die Gerichtsbarkeit ausschließende und gewährende Vereinbarungen)
1. Die Parteien können vereinbaren, welche Gerichtsbarkeit zuständig ist, einen bestimmten Prozess oder Prozesse, welche möglicherweise aus einer bestimmten Rechtsbeziehung entstehen, zu entscheiden, sofern die materielle Beziehung, aus welcher der Streit entspringt, Verbindungen zu mehr als einer Rechtsordnung aufweist. 2. Die Vereinbarung kann die ausschließliche oder lediglich die alternative Zuständigkeit der Gerichte von Macau begründen; im Zweifelsfall wird vermutet, dass sie alternativ ist. 3. Die Vereinbarung ist nur wirksam, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: a) Sie bezieht sich auf eine Streitigkeit über dispositive Rechte; b) sie wird durch das Recht des vereinbarten Gerichts angenommen; c) sie entspricht einem wichtigen Interesse der Parteien oder einer von ihnen, sofern sie für die andere Partei keine schwerwiegende Unbequemlichkeit mit sich bringt; d) sie unterfällt nicht der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte von Macau; e) sie muss sich aus einer schriftlichen Vereinbarung oder einer schriftlichen Bestätigung ergeben, welche ausdrücklich die zuständige Jurisdiktion erwähnen muss. 4. Für die Wirkungen der Ziff. e) des vorherigen Absatzes wird eine Vereinbarung, die in einem von beiden Parteien unterschriebenen Dokument niedergeschrieben ist oder die sich aus dem Austausch von Briefen oder anderen Kommunikationsmitteln, die als schriftlicher Beweis dienen können, ergibt, als in Schriftform abgefasst verstanden, sowohl wenn diese Instrumente die Vereinbarung unmittelbar enthalten, als auch wenn sie auf einer Klausel beruht, die auf irgendein Dokument verweist, in welchem sie enthalten ist. Kapitel III: Gewährleistung der Zuständigkeit Abschnitt I: Unzuständigkeit Art. 30 (Fälle der Unzuständigkeit) Das Gericht ist unzuständig, wenn die Klage nicht vor den Gerichten von Macau erhoben werden kann oder wenn es einen Verstoß gegen die Regeln der Zuständigkeitsverteilung der inneren Ordnung gibt. Art. 31 (Rechtmäßigkeit und Gelegenheit des Einwands) 1. In jeder Phase des Verfahrens kann die Unzuständigkeit durch die Parteien eingewendet und muss sie durch das Gericht von Amts wegen aufgeworfen werden, solange es nicht zu einem in Rechtskraft übergegangenen Urteil über den Grund der Rechtssache kommt. 2. Die Unzuständigkeit, die sich auf einen Verstoß gegen einen privaten Vertrag über die Zuständigkeit oder die Übergehung des gewillkürten Schiedsgerichts gründet, kann allein durch den Beklagten eingewendet werden, die Einwendungsfrist ist die für Widerspruch, Widerstand oder Antwort oder, wenn kein Raum für diese ist, für andere Mittel der Verteidigung mit der Möglichkeit der Abrechnung festgelegte [Frist]; im Schriftsatz der Einwendung müssen sofort die Beweise angegeben werden.
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3. […] 4. […] […] Art. 33 (Wirkungen der Unzuständigkeit) 1. Die Feststellung der Unzuständigkeit hat die Verweisung des Verfahrens an das zuständige Gericht zur Folge, in diesem Fall wird die Klageschrift als am Datum der ersten Registrierung ihrer Einreichung eingereicht angesehen. 2. Ausgenommen ist der Fall, in dem die Klage nicht vor den Gerichten von Macau erhoben werden kann, in welchem die Klageschrift grundsätzlich abgelehnt oder der Beklagte von der Instanz freigesprochen wird, sowie der Verstoß gegen einen privaten Vertrag über die Zuständigkeit oder die Übergehung des Schiedsgerichts, wobei der Beklagte von der Instanz freigesprochen wird. […] Titel III: Die Parteien Kapitel III: Rechtmäßigkeit Abschnitt I: Allgemeine Bestimmungen […] Art. 65 (Hindernisse für einen Zusammenschluss) 1. Der Zusammenschluss ist nicht zulässig, wenn das Gericht unzuständig ist, über einen der Klageanträge zu entscheiden. […] Buch III: Das ordentliche Erklärungsverfahren Titel I: Das gewöhnliche Verfahren Kapitel I: Darlegung Abschnitt II: Widerspruch Unterabschnitt II: Ausnahmen […] Art. 416 (Begriffe der anderweitigen Rechtshängigkeit und des entschiedenen Falls) 1. Die Ausnahmen der anderweitigen Rechtshängigkeit und des entschiedenen Falls vermuten die Wiederholung einer Rechtssache; wenn sich eine Rechtssache wiederholt, während eine frühere verhandelt wird, handelt es sich um anderweitige Rechtshängigkeit; wenn die Wiederholung festgestellt wird, nachdem die erste Rechtssache durch Urteil, gegen das kein allgemeines Rechtsmittel zulässig ist, entschieden worden ist, handelt es sich um die Ausnahme des entschiedenen Falls. 2. Sowohl die Ausnahme der anderweitigen Rechtshängigkeit als auch die des entschiedenen Falls hat zum Ziel zu vermeiden, dass das Gericht nur die Möglichkeit hat, einer früheren Entscheidung zu widersprechen oder sie zu reproduzieren.
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3. Die Rechtshängigkeit der Klage in einer Jurisdiktion außerhalb von Macau ist unerheblich, es sei denn, anderes ist als Lösung in einem in Macau anwendbaren internationalen Abkommen oder in einer Vereinbarung im Bereich der gerichtlichen Zusammenarbeit vorgesehen. Art. 417 (Voraussetzungen der anderweitigen Rechtshängigkeit und des entschiedenen Falls) 1. Eine Rechtssache wiederholt sich, wenn eine Klage erhoben wird, die mit einer anderen was Subjekte, Antrag und Klagegrund angeht, identisch ist. 2. Identität der Subjekte liegt vor, wenn die Parteien unter dem Gesichtspunkt ihrer rechtlichen Eigenschaften dieselben sind. 3. Identität des Antrags liegt vor, wenn aus dem einen oder anderen Grund dieselbe Rechtsfolge erzielt werden soll. 4. Identität des Klagegrundes liegt vor, wenn der Anspruch, aus dem sich die beiden Klagen ableiten, von denselben rechtlichen Tatsachen handelt, wobei als Klagegrund bei dinglichen Klagen die rechtlichen Tatsachen angesehen werden, aus denen sich das dingliche Recht ableitet, und bei konstitutiven und Nichtigkeitsklagen die konkreten Tatsachen oder die spezifische Nichtigkeit, auf die sich die Partei beruft, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Art. 418 (Bei welcher Klage muss anderweitige Rechtshängigkeit abgeleitet werden) 1. Die anderweitige Rechtshängigkeit muss bei Klagen abgeleitet werden, die an einem zweiten Ort erhoben werden; an einem zweiten Ort erhoben wird die Klage, für die der Beklagte später geladen wird. 2. Erfolgt für beide Klagen die Ladung am selben Tag, bestimmt sich die Reihenfolge der Klagen nach der Reihenfolge, in welcher die jeweiligen Anträge im Sekretariat eingegangen sind. […] Kapitel VI: Rechtsmittel Abschnitt III: Außerordentliche Rechtsmittel Unterabschnitt I: Antrag auf Überprüfung Art. 653 (Grundlagen) Eine in Rechtskraft erwachsene Gerichtsentscheidung kann auf einer der folgenden Grundlagen zum Objekt des Antrags auf Überprüfung werden: a) wenn sich für ein in Rechtskraft erstarktes Urteil zeigt, dass es durch Pflichtverletzung, Unterschlagung oder Korruption des Richters oder eines der Richter, die an der Entscheidung teilgenommen haben, ausgesprochen wurde; b) […]; c) wenn ein Dokument vorgelegt wird, das den Parteien nicht bekannt gewesen ist oder von dem in dem Prozess, in dem die Entscheidung ergangen ist, kein Gebrauch gemacht werden konnte, und das Dokument für sich allein ausreicht, um die Entscheidung im für die unterlegene Partei vorteilhafteren Sinne abzuändern; d) […];
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e) […]; f) […]; g) wenn sie einer anderen zuvor ergangenen [Entscheidung], die zwischen den Parteien einen entschiedenen Fall bildet, zuwider läuft. […] Buch V: Die besonderen Verfahren Titel XIV: Von der Prüfung von durch Gerichte oder Schiedsgerichte außerhalb Macaus erlassenen Entscheidungen Artikel 1199 (Notwendigkeit der Prüfung) 1. Vorbehaltlich anderslautender Bestimmungen aus in Macau anwendbaren internationalen Abkommen, Vereinbarungen auf dem Gebiet der Justizhilfe oder speziellen Gesetzen, erlangen Entscheidungen private Rechte betreffend, die durch Gerichte oder Schiedsgerichte von außerhalb Macaus erlassen wurden, nach Prüfung und Anerkennung Wirksamkeit in Macau. 2. Die Prüfung ist nicht notwendig, wenn die Entscheidung in einem vor den Gerichten von Macau anhängigen Verfahren als einfaches Beweismittel vorgebracht wird, das der Würdigung durch denjenigen, der über die Rechtssache urteilen muss, unterliegt. Art. 1200 (Für die Anerkennung notwendige Bedingungen) 1. Damit eine Entscheidung, die durch ein Gericht von außerhalb Macaus erlassen wurde, anerkannt werden kann, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: a) dass keine Zweifel über die Authentizität des Dokuments, welches die Entscheidung wiedergibt, oder die Verständlichkeit der Entscheidung bestehen; b) dass die Entscheidung nach dem Recht des Ortes, an dem sie ergangen ist, bereits rechtskräftig ist; c) dass sie durch ein Gericht erlassen wurde, dessen Zuständigkeit nicht durch Rechtsumgehung verursacht worden ist, und sie keine Materie betrifft, die der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte Macaus unterliegt; d) dass nicht die Ausnahme der anderweitigen Rechtshängigkeit oder des Falls, über den [bereits] geurteilt worden ist, auf der Grundlage einer Klage vor den Gerichten Macaus vorgebracht werden kann, es sei denn, das Gericht aus dem Gebiet außerhalb Macaus hat zuerst die Gerichtsbarkeit ausgeübt; e) dass der Beklagte nach dem Recht des Ortes des Ursprungsgerichts rechtmäßig geladen wurde und in dem relevanten Klageverfahren die Grundsätze der Erörterung und der Gleichberechtigung der Parteien beachtet wurde; f) dass keine Entscheidung enthalten ist, deren Bestätigung zu einem deutlich der öffentlichen Ordnung widersprechenden Ergebnis führt. 2. Die Bestimmung des vorherigen Absatzes ist in den Teilen, in denen es möglich ist, auf Schiedsentscheidungen anwendbar. […]
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Anhang III: Gesetzestexte Macau Art. 1202 (Grundlagen der Anfechtung)
1. Der Antrag kann nur auf der Grundlage des Fehlens einer der in Art. 1200 aufgezählten Bedingungen oder durch Bestätigung von in Art. 653 a), c), g) vorgesehenen Tatsachen angefochten werden. 2. Wenn die Entscheidung gegen einen Ansässigen von Macau ergangen ist, kann sich die Anfechtung noch darauf gründen, dass das Ergebnis der Klage bei Anwendung des materiellen Rechts von Macau vorteilhafter gewesen wäre, sofern dieses nach den Kollisionsregeln von Macau die Frage hätte entscheiden müssen. […] Art. 1204 (Amtliche Tätigkeit des Gerichts) Das Gericht stellt von Amts wegen die Übereinstimmung mit den in Art. 1200 Buchstaben a) und f) genannten Bedingungen fest, es lehnt ebenfalls von Amts wegen die Bestätigung ab, wenn es durch Untersuchung des Verfahrens oder durch in Ausübung seiner Funktionen erlangte Kenntnis ermittelt, dass irgendeine der nach Buchstaben b), c), d) und e) derselben Vorschrift verlangten Anforderungen fehlt.
II. Zivilgesetzbuch2 (in Auszügen) II. Zivilgesetzbuch
Buch I: Allgemeiner Teil Titel I: Vom Recht, seiner Auslegung und Anwendung Kapitel III: Rechte von Nichtansässigen und Rechtskollisionen Abschnitt I: Allgemeine Vorschriften Artikel 14 (Qualifikation) Die einem Recht beigemessene Zuständigkeit erfasst nur die Normen, die nach ihrem Inhalt und der Funktion, die sie in dieser Rechtsordnung haben, zum System des in der Kollisionsregel in den Blick genommenen Rechtsinstituts gehören. Art. 15 (Verweisung auf eine Rechtsordnung von außerhalb Macaus, Allgemeines Prinzip) 1. Die Verweisung der Kollisionsregeln auf eine Rechtsordnung von außerhalb Macaus bestimmt mangels entgegengesetzter Vorschriften nur das interne Recht dieser Rechtsordnung zur Anwendung.
2 Die vorliegende Übersetzung beruht auf der portugiesischen Fassung des Gesetzes, da seine Auslegung in erster Linie dem portugiesischen Mutterrecht folgt und für die chinesische Fassung lediglich der portugiesische Originaltext übersetzt wurde. In Teilen konnte die Übersetzung des port. ZGB in seiner Fassung von 1966 durch Makarov, Alexander N., in: Makarov, Alexander N. (Hrsg.), Quellen des Internationalen Privatrechts: Nationale Kodifikationen, 3. Aufl., Tübingen 1978, S. 197 ff., zur Hilfe genommen werden.
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2. Für die Zwecke dieses Kapitels ist unter internem Recht das materielle Recht unter Ausschluss der Kollisionsregeln zu verstehen. Art. 16 (Renvoi) 1. Wenn jedoch das Kollisionsrecht der durch die Kollisionsregeln von Macau berufenen Rechtsordnung auf eine andere Rechtsordnung verweisen und sich diese Rechtsordnung selbst als für die Regelung des Falls maßgebend versteht, ist das interne Recht besagter Rechtsordnung anzuwenden. 2. Wenn das Kollisionsrecht der nach den Kollisionsregeln bestimmten Rechtsordnung auf das interne Recht von Macau zurückweist, ist dieses das anzuwendende Recht. Art. 17 (Fälle, in denen ein Renvoi nicht zugelassen wird) 1. Die Bestimmung des vorherigen Artikels ist aufzugeben, wenn aus ihrer Anwendung die Ungültigkeit oder Unwirksamkeit einer Rechtshandlung, die nach der in Art. 15 festgelegten Regelung gültig oder wirksam wäre, oder die Illegitimität eines Statusverhältnisse folgt, der sonst legitim wäre. 2. Die Bestimmung des vorherigen Artikels ist ebenfalls aufzugeben, wenn in den Fällen, in denen eine Benennung erlaubt ist, das Recht durch die interessierten Parteien benannt worden ist. Art. 18 (Mehrrechtsordnungen) 1. Wenn auf territorialer oder persönlicher Grundlage eine Rechtsordnung für zuständig erklärt wird, in der mehrere Normsysteme gleichzeitig existieren, ohne dass das anwendbare Normsystem bezeichnet wird, bestimmt sich das zuständige Recht in Übereinstimmung mit den in jener Rechtsordnung verwendeten Kriterien. 2. Wenn besagte Kriterien nicht ermittelt werden können, wird das Normsystem angewendet, mit dem die Situation sich in engerer Beziehung befindet. Art. 19 (Rechtsumgehung) Bei der Anwendung der Kollisionsregeln sind die tatsächlichen und rechtlichen Umstände ohne Bedeutung, die mit betrügerischer Absicht geschaffen werden, um die Anwendbarkeit des Rechts zu vermeiden, das unter anderen Umständen zuständig gewesen wäre. Art. 20 (Ordre public) 1. Die Vorschriften des durch die Kollisionsregeln benannten Rechts von außerhalb Macaus sind nicht anwendbar, wenn diese Anwendung offenkundig mit der öffentlichen Ordnung unvereinbar wäre. 2. In diesem Fall sind die passendsten Normen des zuständigen auswärtigen Rechts oder hilfsweise die Regeln des internen Rechts von Macau anzuwenden.
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Anhang III: Gesetzestexte Macau Art. 21 (Unmittelbar anzuwendende Normen)
Die Normen des Rechts von Macau, die nach ihrem spezifischen Gegenstand und Zweck zwingend angewendet werden müssen, setzen sich gegenüber den in den Bestimmungen des folgenden Abschnitts benannten Regeln des auswärtigen Rechts durch. Art. 22 (Auslegung und Ermittlung des anwendbaren Rechts) 1. Das zur Anwendung bestimmte Recht von außerhalb Macaus wird innerhalb des Systems ausgelegt, zu dem es gehört, und in Übereinstimmung mit den in ihm festgelegten Auslegungsregeln. 2. Bei Unmöglichkeit der Ermittlung des Inhalts dieses Rechts wird auf das Recht zurückgegriffen, das hilfsweise zuständig wäre, wobei immer, wenn es nicht möglich ist, tatsächliche oder rechtliche Elemente, von denen die Bestimmung des anwendbaren Rechts abhängt, zu ermitteln, dasselbe Verfahren anzuwenden ist. Art. 23 (An Bord ausgeführte Handlungen) 1. Auf Handlungen, die an Bord eines Schiffes oder Flugzeugs außerhalb eines Hafens oder Flughafens ausgeführt werden, ist immer, wenn territoriales Recht zuständig ist, das Recht des Ortes der jeweiligen Registrierung anwendbar. 2. Militärische Schiffe oder Flugzeuge werden als Teil des Territoriums des Staates oder der Region angesehen, zu dem oder der sie gehören. Abschnitt II: Kollisionsregeln Unterabschnitt I: Reichweite und Ermittlung des Personalstatuts Art. 24 (Reichweite des Personalstatuts) Der Status einer Einzelperson, die Geschäftsfähigkeit einer Person, Verwandtschaftsbeziehungen und Beerbung werden vorbehaltlich der im vorliegenden Abschnitt festgelegten Beschränkungen durch das Personalstatut des jeweiligen Subjekts geregelt. Art. 25 (Beginn und Ende der Rechtspersönlichkeit) 1. Beginn und Ende der Rechtspersönlichkeit werden gleichermaßen durch das Personalstatut jeder Einzelperson festgelegt. 2. Wenn bestimmte rechtliche Wirkungen vom Überleben einer Person gegenüber einer anderen abhängt, und ihre Personalstatute unterschiedlich sind, sind die Regelungen des Absatzes 2 von Artikel 65 anwendbar, wenn die Annahmen des Überlebens dieses Gesetzes unvereinbar sind. Art. 26 (Persönlichkeitsrechte) 1. Auf Persönlichkeitsrechte, was ihre Existenz und ihren Schutz und die ihrer Ausübung gesetzten Grenzen betrifft, ist ebenfalls das Personalstatut anwendbar.
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2. In Macau genießen Nichtansässige jedoch keine Form des rechtlichen Schutzes, die nicht durch das örtliche Recht anerkannt ist. Art. 27 (Abweichungen in Bezug auf die Folgen fehlender Geschäftsfähigkeit) 1. Rechtsgeschäfte, die in Macau durch Personen abgeschlossen werden, die nach ihrem zuständigen Personalstatut geschäftsunfähig sind, können nicht auf der Grundlage der Geschäftsunfähigkeit rückgängig gemacht werden, wenn das Recht von Macau, wäre es anwendbar, diese Person als geschäftsfähig betrachten würde. 2. Diese Ausnahme endet, wenn die andere Partei Kenntnis von der Geschäftsunfähigkeit hatte oder das Rechtsgeschäft einseitig war, in den Bereich des Rechts der Verwandtschaftsverhältnisse oder Erbschaft gehört oder die Verfügung über außerhalb der Region Macau belegenes unbewegliches Vermögen betrifft. 3. Wenn eine geschäftsunfähige Person außerhalb von Macau eine Rechtshandlung vornimmt, ist das am Ort der Vornahme geltende Recht, das sich Regelungen widmet, die mit den vorstehenden Absätzen übereinstimmen, zu befolgen. Art. 28 (Volljährigkeit und Emanzipation) Der Wechsel des Personalstatuts beeinträchtigt nicht die nach einem früheren Personalstatut erlangte Volljährigkeit oder Emanzipation. Art. 29 (Vormundschaft und entsprechende Rechtsinstitute) Die Vormundschaft und entsprechende Rechtsinstitute des Schutzes Geschäftsunfähiger ist das Personalstatut des Geschäftsunfähigen anwendbar. Art. 30 (Ermittlung des Personalstatuts) 1. Das Personalstatut ist das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Individuums. 2. Als gewöhnlicher Aufenthaltsort wird der Ort angesehen, an dem ein Individuum das tatsächliche und ständige Zentrum seines persönlichen Lebens hat. 3. Für die Zwecke der vorstehenden Absätze hängt der gewöhnliche Aufenthaltsort in Macau nicht von irgendwelchen Verwaltungsformalitäten ab, aber derjenige, der einen Rechtsanspruch auf einen Identitätsausweis der Ansässigkeit in Macau hat, wird als sich auf dem Territorium von Macau gewöhnlich aufhaltend vermutet. 4. Falls ein Individuum mehr als einen gewöhnlichen Aufenthaltsort besitzt und darunter einer in Macau liegt, ist das Recht der Region Macau das Personalstatut. 5. Mangels gewöhnlichen Aufenthaltsortes ist das Personalstatut eines Individuums das Recht des Ortes, mit dem sein persönliches Leben die engste Verbindung aufweist. 6. Es werden jedoch in Macau die Rechtsgeschäfte anerkannt, die im Land der Staatsangehörigkeit des Erklärenden in Übereinstimmung mit dem Recht dieses Landes vorgenommen wurden, sofern es sich für zuständig erachtet.
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7. Die Regelung des vorherigen Absatzes wird nicht angewendet, wenn der Erklärende Staatsangehöriger eines Landes ist, in dem mehrere gesetzgebende Systeme nebeneinander existieren, und er seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in diesem Land hat, sofern das Recht seines gewöhnlichen Aufenthaltsortes sich zur Regelung der Rechtsbeziehung zuständig erachtet. Art. 31 (Juristische Personen) 1. Die juristische Person hat als Personalstatut das Recht des Ortes, an dem sich der hauptsächliche und tatsächliche Sitz ihrer Verwaltung befindet. 2. Das Personalstatut ist insbesondere dafür verantwortlich zu regeln: die Geschäftsfähigkeit der juristischen Person, die Errichtung, die Funktionsweise und die Zuständigkeit ihrer Organe, die Arten des Erwerbs und des Verlusts der Mitgliedschaft und die entsprechenden Rechte und Pflichten, die Haftung der juristischen Person sowie der zugehörigen Organe und Mitglieder gegenüber Dritten, die Umwandlung, die Auflösung und das Löschen der juristischen Person. 3. Die Verlegung des Sitzes einer juristischen Person an einen Ort, der zu einem anderen Rechtssystem gehört, löscht die Rechtspersönlichkeit einer juristischen Person nicht, wenn die Rechtsordnungen des einen und des anderen Sitzes es zulassen. 4. Die Fusion von Körperschaften mit unterschiedlichem Personalstatut wird mit Blick auf beide Personalstatute beurteilt. Art. 32 (Internationale juristische Personen) Das Personalstatut juristischer Personen, die durch ein internationales Abkommen gegründet wurden, ist das in dem Abkommen, das sie geschaffen hat, oder der jeweiligen Satzung benannte oder mangels Benennung das [Recht] des Ortes, an dem sich der Hauptsitz befindet. Art. 33 (Abweichung in Bezug auf die Folgen der Geschäftsunfähigkeit juristischer Personen) Die Bestimmungen des Artikels 27 sind auf juristische Personen anwendbar, wenn die Analogie es rechtfertigt. Unterabschnitt II: Das Recht zur Regelung von Rechtsgeschäften Art. 34 (Rechtsgeschäftliche Erklärung) 1. Die Vollendung, Auslegung und Vervollständigung von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen werden durch das auf die Substanz des Rechtsgeschäfts anwendbare Recht geregelt, das ebenso auf Mangel und Fehler des Willens anwendbar ist. 2. Die Bedeutung eines Verhaltens als rechtsgeschäftliche Erklärung wird durch das Recht des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsortes von Erklärendem und Erklärungsempfänger bestimmt und mangels eines solchen durch das Recht des Ortes, an dem sich das Verhalten zuträgt.
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3. Die Bedeutung von Schweigen als Mittel der Erklärung wird ebenso durch das Recht des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts bestimmt und mangels eines solchen durch Recht des Ortes, an dem das Angebot entgegengenommen wird. Art. 35 (Form der Erklärung) 1. Die Form der rechtsgeschäftlichen Erklärungen wird durch das Recht geregelt, das auf die Substanz des Rechtsgeschäft angewendet wird; es reicht jedoch die Befolgung des Rechts, das an dem Ort in Kraft ist, an dem die Erklärung abgegeben wird, es sei denn, das die Substanz des Rechtsgeschäfts regelnde Recht verlangt unter Androhung der Ungültigkeit oder Unwirksamkeit die Befolgung einer bestimmten Form auch dann, wenn das Geschäft im Ausland vorgenommen wird. 2. Die rechtsgeschäftliche Erklärung ist vorbehaltlich der Bestimmungen des letzten Teils des vorherigen Absatzes auch formell wirksam, wenn sie anstelle des durch das lokale Recht vorgeschriebenen Form die durch das Rechtssystem, auf das die Kollisionsregeln dieses Rechts verweisen, vorgeschriebene Form befolgt. Art. 36 (Gesetzliche Stellvertretung) Die gesetzliche Stellvertretung unterliegt dem Recht, das die Rechtsbeziehung regelt, aus der die Vertretungsmacht entspringt. Art. 37 (Organschaftliche Stellvertretung) Die Stellvertretung der juristischen Person durch Vermittlung ihrer Organe wird durch das jeweilige Personalstatut geregelt. Art. 38 (Gewillkürte Stellvertretung) 1. Die gewillkürte Stellvertretung wird, was das Vorhandensein, die Reichweite, die Änderung, die Wirkungen und das Erlöschen der Vertretungsmacht angeht, durch das Recht des Ortes geregelt, an dem die Befugnisse ausgeübt werden. 2. Wenn aber der Vertreter die Vertretungsmacht in einem anderen als dem durch denjenigen, den er vertritt, angegebenen Land oder Territorium ausübt und diese Tatsache dem Dritten, mit dem er kontrahiert, bekannt ist, ist das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Vertretenen anwendbar. 3. Wenn der Vertreter die Stellvertretung beruflich ausübt und diese Tatsache dem vertragschließenden Dritten bekannt ist, ist das Recht des beruflichen Hauptsitzes anwendbar. 4. Wenn sich die Vertretung auf die Verfügung über oder die Verwaltung von unbeweglichem Vermögen bezieht, ist das Recht des Ortes der Belegenheit dieses Vermögens anwendbar.
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Anhang III: Gesetzestexte Macau Art. 39 (Verjährung und Verwirkung)
Verjährung und Verwirkung werden durch das Recht geregelt, das auf das Recht anwendbar ist, auf das sich die eine oder die andere bezieht. Unterabschnitt III: Das Schuldverhältnisse regelnde Recht Art. 40 (Aus Rechtsgeschäften herrührende Schuldverhältnisse) 1. Aus Rechtsgeschäften herrührende Schuldverhältnisse sowie ihre eigene Substanz werden durch das Recht geregelt, das die jeweiligen Subjekte bezeichnet oder im Blick gehabt haben. 2. Die Bezeichnung oder Bezugnahme der Parteien kann jedoch nur auf das Recht fallen, dessen Anwendbarkeit einem ernsthaften Interesse der Erklärenden entspricht oder das mit einem der Elemente des Rechtsgeschäfts in Verbindung steht, die im Bereich des Kollisionsrechts berücksichtigt werden. Art. 41 (Ergänzungskriterium) Mangels Bestimmung des anwendbaren Rechts wird das Recht des Ortes angewendet, mit dem das Rechtsgeschäft die engste Beziehung besitzt. Art. 42 (Geschäftsführung ohne Auftrag) Auf die Geschäftsführung ohne Auftrag ist das Recht des Ortes anwendbar, an dem die Haupttätigkeit des Geschäftsführers stattfindet. Art. 43 (Ungerechtfertigte Bereicherung) Die ungerechtfertigte Bereicherung wird durch das Recht geregelt, auf dessen Grundlage sich die Übertragung des Vermögenswertes zugunsten des Bereicherten herausstellt. Art. 44 (Außervertragliche Haftung) 1. Die außervertragliche Haftung auf der Grundlage sowohl einer unrechtmäßigen Handlung als auch einer Gefahr oder irgendeiner rechtmäßigen Handlung wird durch das Recht des Ortes geregelt, an dem sich die den Schaden hervorrufende Haupttätigkeit ereignet hat; im Falle der Haftung für ein Unterlassen ist das Recht des Ortes anwendbar, an dem der Haftende hätte handeln müssen. 2. Wenn das Recht des Ortes, an dem die schädigenden Wirkungen erzeugt wurden, den Handelnden als haftbar betrachtet, das Recht des Ortes, an dem seine Tätigkeit stattgefunden hat, dies jedoch nicht annimmt, ist das erste Recht anwendbar, sofern der Handelnde die Entstehung des Schadens an dem Ort, der jenem Recht unterliegt, als Folge seiner Handlung oder Unterlassung hätte vorhersehen müssen. 3. Wenn jedoch der Handelnde und der Geschädigte denselben gewöhnlichen Aufenthaltsort besitzen und sich zufällig im Ausland befinden, ist das anwendbare Recht das
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des gemeinsamen Aufenthaltsortes, unbeschadet der Bestimmungen des nach den vorherigen beiden Absätzen bestimmten Rechtssystems, die ausnahmslos auf alle Personen angewendet werden müssen. Unterabschnitt IV: Das die Sachen regelnde Recht Art. 45 (Dingliche Rechte) 1. Das System von Besitz, Eigentum und anderen Sachenrechten wird durch das Recht des Ortes bestimmt, auf dessen Gebiet sich die Sachen gelegen befinden. 2. In allem, was die Begründung oder Übertragung dinglicher Rechte an Sachen auf dem Transport betrifft, sind diese als am Zielort belegen anzusehen. 3. Die Begründung und Übertragung von dinglichen Rechten an Verkehrsmitteln, die einem Registrierungssystem unterworfen sind, wird durch das Recht des Ortes geregelt, an dem die Registrierung durchgeführt worden ist. Art. 46 (Die Fähigkeit, Sachenrechte an unbeweglichem Vermögen zu begründen oder über sie zu verfügen) Ebenso wird die Fähigkeit, Sachenrechte an unbeweglichem Vermögen zu begründen oder über sie zu verfügen, durch das Recht des Belegenheitsortes der Sache bestimmt, sofern dieses Recht das festsetzt; anderenfalls ist das Personalstatut anwendbar. Art. 47 (Geistiges Eigentum) Vorbehaltlich von Bestimmungen in Spezialgesetzgebung werden die Urheberrechte und verwandte Schutzrechte sowie gewerbliches Eigentum durch das Recht des Ortes geregelt, an dem ihr Schutz verlangt wird. […] Titel II: Von den Rechtsbeziehungen Untertitel IV: Von Ausübung und Schutz der Rechten Kapitel II: Beweise Abschnitt I: Allgemeine Bestimmungen […] Art. 341 (Gewohnheitsrecht oder Recht von außerhalb des Gebietes von Macau) 1. Demjenigen, der sich auf Gewohnheitsrecht oder Recht von außerhalb des Gebietes von Macau beruft, obliegt es, den Beweis seiner Existenz und seines Inhalts zu erbringen; das Gericht muss sich jedoch von Amts wegen um die entsprechende Kenntnis bemühen. 2. Die Kenntnis von Amts wegen obliegt auch stets dem Gericht, wenn es auf der Basis von Gewohnheitsrecht oder Recht von außerhalb des Gebietes von Macau entscheiden muss und keine der Parteien sich darauf berufen hat oder die Gegenpartei seine Existenz und seinen Inhalt anerkannt hat oder keinen Widerspruch erhoben hat.
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3. Bei Unmöglichkeit der Ermittlung des Inhalts des anwendbaren Rechts greift das Gericht auf die Regeln des allgemeinen Rechts von Macau zurück.
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1
Hinweis: Chinesische Autorennamen sind in Pinying und mit dem Familiennamen in Großbuchstaben an erster Stelle aufgeführt. 2 China Foreign-Related Commercial And Maritime Trial (CCMT) ist eine 2001 vom Obersten Volksgericht ins Leben gerufene und seitdem geförderte Internet-Datenbank.
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Bis auf den Titel wortgleich mit dem Beitrag von ZHU Zhenhua, Chongqing Gongshang Daxue Xuebao 2005, 113 ff.
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II. Literatur in chinesischer Sprache
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ZHENG Haizhan (懺㺠㾄): „Das System des ordre public-Vorbehalts und seine Gesetzgebung und Vervollkommnung in meinem Land“ (⊕⊚䬒⾸℆䚂⍟⿏⓳⊟㌺⠦䞭䯴㷾 ▵ⲵ⚭), in: 䫺㎩㌹㣅俞㭓 (Keji Chengguo Zongheng = Ergebnisse aus Naturwissenschaft und Technik auf einen Blick), 2006, Heft 5, S. 26, 30 ZHOU Houchun (░┷㝎): „Der Einfluss des Trennungsprinzips im neuen Sachenrechtsgesetz auf die Gesetzgebung des internationalen Privatrechts“ (㛙䎒㡬㷾ὖ䞭④⌯Ⓢ ⍂ⴢ⠦杮䫪㷾䯴㷾䞭゚◶), in: ⊙⼇ⲏ⌳ (Lanzhou Xuekan = Universitätsmagazin Lanzhou), 2007, Heft 12, S. 67–69 ZHOU Liming (░濷㜷): „Diskussion der Bestimmung des auf die Form von Rechtshandlungen mit Außenbezug anwendbaren Rechts“ (峣㺲⨿㷾ゴ奵ὣ㛢〸⋯㒗㷾䞭䦗ⳃ), in: 㷜⒀⩐ⲏⲏ㏎˄䩧⁃䫺ⲏ䍱˅(Henan Daxue Xuebao = Hochschul-Journal der Universität Henan – Sozialwissenschaftsausgabe), Vol. 44 (2004), Heft 2, S. 111–114 –: „Probleme des chinesischen Zuständigkeitsrechtssystems in Zivilsachen mit Außenbezug und eine Analyse von Gegenmaßnahmen“ (ὖ⠦㺲⨿㴺ᾴ䳊悿㡬⍟⿏ⲁ⡑䞭朗槁 ⓳ⴢ䱿⌯㢹), in: ░┌⼱听ⲏ枋ⲏ㏎(Zhoukou Shifan Xueyuan Xuebao = HochschulJournal der pädagogischen Hochschule Zhoukou), Vol. 22 (2005), Heft 6, S. 72–76 – / SONG Yanli (Ⲵ厜ὦ): „Diskussion der Rechtskollisionen der Rechtshandlungen mit Außenbezug und ihre Lösung“ (峣㺲⨿㷾ゴ奵ὣ䞭㷾ゴ⋛䮪⓳⊟嬌⋜), in: Ⲳ杜⼱听 ⲏ枋ⲏ㏎ (Anyang Shifan Xueyuan Xuebao = Hochschul-Journal der Pädagogischen Hochschule Anyang), 2003, S. 21–24 ZHU Zhenhua (㡚䓶⑷): „Versuchsweise Diskussion von auf das Statut der ungerechtfertigten Bereicherung anzuwendenden Grundsätzen“ ( 峾 峣 ἶ ぼ ダ ⍒ 䞭 ⋯ 㒗 㷾 愫 䙑 Ⓢ⍂),4 in: 拶⾯⼎♯⩐ⲏⲏ㏎盤䩧⁃䫺ⲏ䍱盥(Chongqing Gongshang Daxue Xuebao = Hochschul-Journal der Universität für Industrie und Handel Chongqing – Sozialwissenschaftsausgabe), Vol. 22 (2005), Heft 5, S. 113–116 ZHU Zhisheng (㡚㞈): „Untersuchung und Diskussion einiger konkreter Fragen der Vervollkommnung des chinesischen System der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsurteile“ ( ⲵ ⚭ ㌺ ⠦ ㎨ 峍▵ ㎐ 奵 ⨿⠦ ⍍ ⋜ ⍟ ⿏后 ⾛ ⊠ ⁼朗 槁䞭 㓋峑), in: ぼ㷾ⲏ (Dangdai Faxue = Zeitgenössische Rechtswissenschaft), 2002, Heft 1, S. 78–82 –: „Vergleich des Zuständigkeitsrechts in Zivilsachen mit Außenbezug der inneren Region meines Landes und der Sonderverwaltungszone Hong Kong“ (㌺⠦⊮⡙ἷ櫂㽘䎢 ⍔奵㙨④⊜ᾷ㺲⨿㴺ᾴ䳊悿㡬䞭㳽悬), in: ぼ㷾ⲏ (Dangdai Faxue = Zeitgenössische Rechtswissenschaft), 2001, Heft 2, S. 64–67 ZOU Tao (懢㻄) / LI Yalin (㡷柮㣀): „Diskussion der Unzulänglichkeiten der Gesetzgebung des Art. 257 Seegesetz und Änderungsvorschläge“ (峣ѭ㺠♯㷾Ѯ䱕 257 㢊䞭䯴 㷾ἶ廜⓳℗㙢〣峗), in: ⩒㹎卓㺠 (Tianjin Hanghai = Tianjin Schiffahrt), 2005, Heft 4, S. 22–24
4
Bis auf den Titel wortgleich mit dem Beitrag von GUO Tianjian, Hunan Shuiwu Gaodeng Zhuanke Xuexiao Xuebao 2005, 32 ff.
Verzeichnis der Rechtsvorschriften I. Festland I. Festland
Die Mehrheit der zitierten festlandchinesischen Rechtsvorschriften kann in chinesischer Fassung im Internet über die u.a. vom Rechtsinformationszentrum der Universität Beijing (⑀⩐ⲏ㷾⍟ℊ㆘ὖレ) unterhaltene Datenbank „Schatz des Rechts der Universität Beijing“ ( ⑀ ⩐ 㷾 Ⳇ ) unter http://vip.chinalawinfo.com/index.asp (zuletzt besucht am 3.2.2012) abgerufen werden.
1) Gesetze Allgemeine Grundsätze des Zivilrechts der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㴺㷾 慃 ⍂ ) vom 12.4.1986, in Kraft seit 1.1.1987, mit Änderungen vom 27.8.2009 deutsche Übersetzung: Münzel, Chinas Recht III.7, 12.4.86/1 Arbeitsgesetz der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⏜⏑㷾) vom 5.7.1994, in Kraft seit 1.1.1995, mit Änderungen vom 27.8.2009 deutsche Übersetzung: Münzel, Chinas Recht VIII.7, 5.7.94/2 Arbeitsvertragsgesetz der Volksrepublik China ( ὖ ⑷ ΰ 㴺 ⊚ ▵ ⠦ ⏜ ⏑ ┱ ┵ 㷾 ) vom 29.6.2007, in Kraft seit 1.1.2008 deutsche Übersetzung: Münzel, Chinas Recht, 29.6.07/1 Außenwirtschaftsvertragsgesetz der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㺲⨿俸㹷┱┵ 㷾) vom 21.3.1985 (außer Kraft) Bestimmungen der Volksrepublik China über die Erschließung von Meereserdölvorkommen in Zusammenarbeit mit dem Ausland (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦ⴢ⨿┱₅〩 拰㺠㸴䤜㷢幭㾹㢊₴) vom 30.1.1982, in der Fassung vom 21.9.2011 (in Kraft seit 1.11.2011) Gesellschaftsgesetz der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⊕┡㷾) vom 29.12.1993, in der Fassung vom 27.10.2005, in Kraft seit 1.1.2006 deutsche Übersetzung: Münzel, Chinas Recht, 27.10.05/1
500
Verzeichnis der Rechtsvorschriften
Gesetz der Volksrepublik China über chinesisch-ausländische kooperative Gemeinschaftsunternehmen ( ὖ ⑷ ΰ 㴺 ⊚ ▵ ⠦ ὖ ⨿ ┱ ₅ 俸 啎 ὃ 㷾 ) vom 13.4.1988, in der Fassung vom 31.10.2000 Gesetz der Volksrepublik China über die Auslandskapitalunternehmen (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦ ⨿幭ὃ㷾) vom 12.4.1986, in der Fassung vom 31.10.2000 Gesetz der Volksrepublik China über die chinesisch-ausländischen mit gemeinsamem Kapital betriebenen Gemeinschaftsunternehmen (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦ὖ⨿┱ 幭俸啎ὃ㷾) vom 1.7.1979, in der Fassung vom 15.3.2001 Gesetz der Volksrepublik China über die Identitätsausweise der Einwohner (ὖ⑷ΰ㴺⊚ ▵⠦㴺忔…峪㷾) vom 28.6.2003, in Kraft seit 1.1.2004, in der Fassung vom 29.10.2011 (in Kraft seit 1.1.2012) Gesetz der Volksrepublik China über die Organisation der Gerichte (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦ΰ 㴺㷾枋俭俰㷾) vom 1.7.1979, in Kraft seit 1.1.1980, in der Fassung vom 31.10.2006 (in Kraft seit 1.1.2007) Gesetz der Volksrepublik China über die Organisation des Nationalen Volkskongresses (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⊑⠦ΰ㴺妑⩐⁃俭俰㷾) vom 10.12.1982 Gesetz der Volkrepublik China über die Rechtsanwendung auf Zivilbeziehungen mit Außenberührung ( ὖ ⑷ ΰ 㴺 ⊚ ▵ ⠦ 㺲 ⨿ 㴺 ᾴ ⊜ 两 㷾 ゴ 愫 䙑 㷾 ) vom 28.10.2010, in Kraft seit 1.4.2011 deutsche Übersetzungen: Cammerer, Klaus, RIW 2011, S. 235–241 Pißler, Knut Benjamin, ZChinR 2010 Heft 4 und RabelsZ 76 (2012), S. 161–169, sowie im Internet abrufbar unter http://www.mpipriv.de/ shared/data/pdf/ipr-gesetz2010vr.pdf (zuletzt besucht am 1.11.2011) Xue, Tong / Zou, Gouyong, IPRax 2011, S. 199–202 englische Übersetzungen: Long, Weidi, IPRax 2011, S. 203–205 Chen, Weizuo / Moore, Kevin M., in: Bonomi, Andrea / Volken, Paul (Hrsg.), Yearbook of Private International Law, Vol. XI (2009), S. 669–674 französische Übersetzung: Chen, Weizuo / Nord, Nicolas / Bertrand, Lyvia, JDI 2011, S. 389–394 Gesetz der Volksrepublik China über die Sicherheiten (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㏮℆㷾) vom 30.6.1995, in Kraft seit 1.10.1995 deutsche Übersetzung: Münzel, Chinas Recht, 30.6.95/2 Gesetz der Volksrepublik China über die Zivile Luftfahrt (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㴺䙑卓䮣㷾) vom 30.10.1995, in Kraft seit 1.3.1996, mit Änderungen vom 27.8.2009
I. Festland
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Gesetz der Volksrepublik China zum Schutz der legitimen Verbraucherinteressen (ὖ⑷ΰ 㴺⊚▵⠦㺱幢儮㡬䟳℆㏍㷾) vom 31.10.1993, in Kraft seit 1.1.1994, mit Änderungen vom 27.8.2009 Gesetz der Volksrepublik China zur Regelung der Aus- und Einreise von Bürgern (ὖ⑷ΰ 㴺 ⊚ ▵ ⠦ ὖ ⠦ ⊕ 㴺 ⌣⦬ ⊎⦬ 䳊 䔯 㷾 ) vom 22.11.1985, in Kraft seit 1.2.1986, mit Änderungen vom 27.8.2009 deutsche Übersetzung: Seel-Kirchner, in: Münzel, Chinas Recht IV.4, 22.11.85/1 Gesetzgebungsgesetz der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦䯴㷾㷾) vom 15.3.2000, in Kraft seit 1.7.2000 deutsche Übersetzung: Münzel, Chinas Recht 2000.5, 15.3.00/2 Grundgesetz der Sonderverwaltungszone Hong Kong (櫂 㽘䎢 ⍔奵㙨 ④⤣㡕 㷾) vom 4.4.1990, in Kraft seit 1.7.1997 Grundgesetz der Sonderverwaltungszone Macau ( 䃜 朑 䎢 ⍔ 奵 㙨 ④ ⤣ 㡕 㷾 ) vom 31.3.1993, in Kraft seit 20.12.1999 Haushaltsregister-Bestimmungen der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㍠┌䞤峙 㢊₴) vom 9.1.1958 Maßnahme zur Wahl von Abgeordneten des 11. Nationalen Volkskongresses durch die Sonderverwaltungszone der Volksrepublik China Hong Kong (ὖ⑷ΰ㴺 ⊚▵⠦櫂㽘䎢⍔奵㙨④愲ὧ䱕⑪Ἡ⊑⠦ΰ㴺妑⩐⁃妑䞭⏇㷾) vom 16.3.2007 Maßnahme zur Wahl von Abgeordneten des 11. Nationalen Volkskongresses durch die Sonderverwaltungszone der Volksrepublik China Macau (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵ ⠦䃜朑䎢⍔奵㙨④愲ὧ䱕⑪Ἡ⊑⠦ΰ㴺妑⩐⁃妑䞭⏇㷾) vom 16.3.2007 Produktqualitätsgesetz der Volksrepublik China ( ὖ ⑷ ΰ 㴺 ⊚ ▵ ⠦ ῐ ◪ 幑 拸 㷾 ) vom 22.2.1993, in der Fassung vom 8.7.2000 (in Kraft seit 1.9.2000), mit Änderungen vom 27.8.2009 deutsche Übersetzung: Münzel, Chinas Recht 2000.12, 22.2.93/1 Richtergesetz der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㷾ⳁ㷾) vom 28.2.1995, in Kraft seit 1.7.1995, in der Fassung vom 30.6.2001 (ὤ⽖䱕 53 ┠) Sachenrechtsgesetz der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦䎒㡬㷾) vom 16.3.2007, in Kraft seit 1.10.2007
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Verzeichnis der Rechtsvorschriften deutsche Übersetzung: Münzel, Chinas Recht, 16.3.07/1
Schiedsgesetz der Volksrepublik China ( ὖ ⑷ ΰ 㴺 ⊚▵⠦ ‛ 姪 㷾 ) vom 31.8.1994, in Kraft seit 1.9.1995, mit Änderungen vom 27.8.2009 deutsche Übersetzung: Münzel, Chinas Recht, 31.8.94/2 Seehandelsgesetz der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㺠♯㷾) vom 7.11.1992, in Kraft seit 1.7.1993 deutsche Übersetzung: Münzel, Chinas Recht VIII.2, 7.11.92/1 Treuhandgesetz der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦ℊ㎁㷾) vom 28.4.2001, in Kraft seit 1.10.2001 deutsche Übersetzung: Münzel, Chinas Recht 2001.5, 28.4.01/1 Verfassung der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦ⳓ㷾) vom 4.12.1982, in der Fassung vom 14.3.2004 Vertragsgesetz der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦┱┵㷾) vom 19.12.1999, in Kraft seit 29.12.1999 deutsche Übersetzung: Münzel, Chinas Recht 2000.1, 15.3.99/1 Wechsel- und Scheckgesetz der Volksrepublik China ( ὖ ⑷ ΰ 㴺 ⊚ ▵ ⠦ 䪑 㒗 㷾 ) vom 10.5.1995, in Kraft seit 1.1.1996, in der Fassung vom 28.8.2004 deutsche Übersetzung: Münzel, Chinas Recht, 10.5.95/1 Wertpapiergesetz der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦峪⍡㷾) vom 29.12.1998, in der Fassung vom 27.10.2005 (in Kraft seit 1.1.2006) deutsche Übersetzung: Münzel, Chinas Recht, 27.10.05/2 Zivilprozessgesetz der Volksrepublik China (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㴺ᾴ峲峥㷾) vom 9.4.1991, in der Fassung vom 28.10.2007 (in Kraft seit 1.4.2008) deutsche Übersetzung: Münzel, Chinas Recht VII.1, 9.4.91/1
2) Äußerungen des Obersten Volksgerichts Ansichten des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Anwendung des Zivilprozessgesetzes der Volksrepublik China (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ愫䙑ѭὖ⑷ΰ
I. Festland
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㴺⊚▵⠦㴺ᾴ峲峥㷾Ѯ后⾛朗槁䞭㈸嫪) vom 14.7.1992 (㷾⓺[1992] 22 ┠), mit Anpassungen vom 16.12.2008 (in Kraft seit 31.12.2008), in (für die Arbeit nicht relevanten) Teilen aufgehoben am 18.12.2008 (in Kraft seit 24.12.2008) deutsche Übersetzung in Auszügen in Anhang I, unter IV. Ansichten des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Durchsetzung und Vollstreckung der ‚Allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts der Volksrepublik China’ (Probefassung) (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ幘イ㎐奵ѭὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦ 㴺㷾慃⍂Ѯ后⾛朗槁䞭㈸嫪盤峾奵盥), beschlossen am 26.1.1988, am 2.4.1988 den Gerichten mitgeteilt (㷾(⏇)⓺[1988]6 ┠), in (für die Arbeit nicht relevanten) Teilen aufgehoben am 18.12.2008 (in Kraft seit 24.12.2008) deutsche Übersetzung: Münzel, Chinas Recht III.7, 12.4.86/1 Antworten auf Fragen der praktischen Befassung mit der Verhandlung von Handels- und Seerechtssachen mit Außenbezug (㺲⨿♯ᾴ㺠ᾴⳊ⍍ⳇ⏊朗槁嬌䱽), 2004 Antworten des Obersten Volksgerichts auf einige Fragen bezüglich der Verhandlung von Wirtschaftsstreitfällen mit Hong Kong-, Macau-Bezug (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ ᾷⳊ䔯㺲㽘䃜俸㹷俉俠㥱‟后⾛朗槁䞭嬌䱽) vom 19.10.1987 (㷾[俸] ⓺[1987]28 ┠) deutsche Übersetzung in Auszügen in Anhang I, unter I. Antworten des Obersten Volksgerichts auf einige Fragen hinsichtlich der Verhandlung von Fällen der Verletzung des Rufes (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯┶宲㡬㥱 ‟后⾛朗槁䞭嬌䱽) vom 7.8.1993 (㷾⓺[1993]15 ┠) Antworten des Obersten Volksgerichts auf einige Fragen zur Anwendung des Außenwirtschaftsvertragsgesetzes (㠩氁ΰ㴺㷾枋⒙⓺ѭ⊜ᾷ愫䙑㺲⨿俸㹷┱┵ 㷾 后 ⾛ 朗 槁 䞭 嬌 䱽 Ѯ 䞭 慃 䤎 vom 19.10.1987, mit Wirkung zum 25.7.2000 aufgehoben Antwortschreiben des Obersten Volksgerichts auf die Bitte um Anweisungen in Fragen der Wirksamkeit einer Zusammenarbeitsvereinbarung im Appellationsfall der Finanzierungsstreitigkeit zwischen der Debao (Fernost) GmbH und der Tianfeng Internationalen GmbH (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷムⳆ愅ὅ 㠲杹⊕┡ἷ⩒昴⠦杮㠲杹⊕┡⌣幭俉俠ἳ峲Ἡ㥱┱₅⑸峗㙱⏄朗槁䞭 崠䩣䞭⨶⌦) vom 27.7.2004, (2004) 㴺⠄Ⲁ䱕 26 ┠ Antwortschreiben des Obersten Volksgerichts auf die Bitte um Anweisung in Bezug auf den Fall des Antrags der Antragstellerin Fulaxi Antriebsmotoren-GmbH auf Anerkennung und Vollstreckung des Urteils eines australischen Gerichts (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ䙜崠ΰ㏲媨⏑⏄⓺⏑㡣㠲杹⊕┡䙜崠㎨峍 ▵㎐奵䃜⩐⍒ῃ㷾枋⍍⋜Ἡ㥱䞭崠䩣䞭⨶⌦) vom 1.3.2007, (2006) 㴺 ⠄Ⲁ䱕 45 ┠,
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Verzeichnis der Rechtsvorschriften im Internet abrufbar unter http://www.tjlvshi.com/newslb.asp?Id=188 (zuletzt besucht am 3.12.2011)
Antwortschreiben des Obersten Volksgerichts auf die Bitte um Instruktionen in Fragen zum Antrag des Gemeinschaftsunternehmens für Fließbandproduktion Minsk auf Anerkennung und Vollstreckung eines Urteils des Obersten Gerichtshofs der Republik Weißrussland (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ㜷㛘≴匓 ⏑俨䙈ῐ兽┱⊕┡䙜崠㎨峍⓳㎐奵䞦⃭傀㛘⊚▵⠦㠩氁俸㹷㷾⍍⋜ Ἡ㥱㠲⊜朗槁䞭崠䩣䞭⨶⌦) vom 10.3.2003, (2003) 㴺⠄Ⲁ䱕 4 ┠, im Internet auf der Seite des Rechtsanwalts ZHOU Guangjun (░⾨) abrufbar unter http://www.chinaruslaw.com/CN/LawsuitArbitrate/002/ 20081211150150_373302.htm (zuletzt besucht am 24.1.2012) Antwortschreiben des Obersten Volksgerichts die Frage betreffend, ob die Volksgerichte Chinas das Urteil eines japanischen Gerichts mit Forderungen und Verbindlichkeiten als Inhalt anerkennen und vollstrecken sollen (㠩氁ΰ㴺 㷾枋⊜ᾷ㌺⠦ΰ㴺㷾枋⾽╏㎨峍▵㎐奵㜎㡕⠦㷾枋⊠㠲Ⅳ㡬Ⅳ⏊⊮Ⳣ 姪⍍䞭⨶⌦) vom 26.6.1995, (1995) 㴺Ⲁ䱕 17 ┠, im Internet abrufbar auf der Seite der Rechtsbibliothek Xihu (媨㽿㷾ゴ ⠧ᾏ檯) unter http://www.law-lib.com/law/law_view.asp?id=11508 (zuletzt besucht am 24.1.2012) Antwortschreiben des Obersten Volksgerichts in Bezug auf die Klagefrist eines Ersatzverlangens für den Verlust von Ware des Schiffes ‚Yuepingling’ (㠩氁ΰ㴺㷾 枋⊜ᾷnό⾜ⷖo悗幐㒈之幽峲峥㜟㙱䞭⨶⌦) vom 20.11.1992, ῍㴺 Ⲁ(92)䱕 2 ┠, im Internet abrufbar auf der Seite der Rechtsbibliothek Xihu (媨㽿㷾ゴ ⠧ᾏ 檯) unter http://www.law-lib.com/law/law_view.asp?id=9138 (zuletzt besucht am 24.1.2012) Antwortvermerk des Obersten Volksgerichts auf die Frage, wie der Erfüllungsort eines Darlehensvertrages zu bestimmen ist (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ⪫⁾䦗ⳃⅈ㱧 ┱┵ⶎ奵⡙朗槁䞭㎢⨶) vom 17.11.1993 (㷾⨶[1993]10 ┠) Antwortvermerk des Obersten Volksgerichts auf Fragen die Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit betreffend, wenn die Bezeichnung eines Wirtschaftsvertrages von seinem Inhalt abweicht (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ俸㹷┱┵䞭 ┶䬙ἷ⊮ⳢἶἩ匝㜟⪫⁾䦗ⳃ䳊悿㡬朗槁䞭㎢⨶) vom 13.11.1996, Supreme People’s Court Gazette 1996.4 (Vol. 48), S. 131 Antwortvermerk des Obersten Volksgerichts dazu, ob die Volksgerichte Anträge der Parteien an die Volksgerichte auf Anerkennung von Vergleichsurkunden in Zivilsachen der entsprechenden Gerichte der Region Taiwan oder Urkunden über Vergleichsvereinbarungen, die durch entsprechende Organisationen der Region Taiwan ausgestellt oder bestätigt wurden, zulassen sollen (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷぼᾴΰ㐪┙㾧⡙④㠲⊜㷾枋㴺ᾴ崬嬌ᾏ ㌿儮㠲⊜㡣㢭⌣⊠㌿䦗峍䞭崬嬌⑸峗ᾏ┺ΰ㴺㷾枋䙜崠峍┘盨ΰ㴺㷾 枋 ⾽ ╏ ─ 䔯 䞭 ㎢ ⨶ ) beschlossen am 9.4.1999, veröffentlicht am 27.4.1999 (㷾拳[1999]10 ┠), in Kraft seit 12.5.1999, Supreme People’s Court Gazette 1999.3 (Vol. 59), S. 96
I. Festland
505
Antwortvermerk des Obersten Volksgerichts dazu, ob die Volksgerichte Anträge der Parteien an die Volksgerichte auf Anerkennung von Zahlungsbefehlen der entsprechenden Gerichte der Region Taiwan zulassen sollen (㠩氁ΰ㴺 㷾枋⊜ᾷぼᾴΰ㐪┙㾧⡙④㠲⊜㷾枋㙘 ▦┺ΰ㴺㷾枋䙜崠峍┘ΰ 㴺㷾枋⾽╏─䔯䞭㎢⨶) beschlossen am 20.3.2001, veröffentlicht am 10.4.2001 (㷾拳[2001]13 ┠), in Kraft seit 27.4.2001 Antwortvermerk hinsichtlich der Frage, wie der Abschlussort eines Vertrages zu bestimmen ist (⊜ᾷ⪫⁾䦗ⳃ┱┵䲧峋⡙朗槁䞭㎢⨶) vom 11.4.1986 (㷾 ;俸=⨶[1986]15 ┠), am 28.1.1997 aufgehoben Arrangement des Obersten Volksgerichts in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in zivil- und handelsrechtlichen Fällen mit durch die Parteien vereinbarter Zuständigkeit durch die Gerichte der inneren Region und der Sonderverwaltungszone Hong Kong (㠩氁ΰ㴺 㷾枋⊜ᾷ⊮⡙ἷ櫂㽘䎢⍔奵㙨④㷾枋䠡Ά峍┘▵㎐奵ぼᾴΰ⑸峗䳊悿 䞭㴺♯ᾴ㥱‟⍍⋜䞭Ⲳ㒻) am 14.7.2006 unterzeichnet, veröffentlicht am 3.7.2008 (㷾拳[2008]9 ┠), in Kraft seit 1.8.2008 Arrangement des Obersten Volksgericht in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung zivil- und handelsrechtlicher Urteile zwischen der inneren Region und der Sonderverwaltungszone Macau (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ⊮ ⡙ ἷ 䃜 朑 䎢 ⍔ 奵 㙨 ④ 䠡 Ά 峍 ┘ ▵ ㎐ 奵 㴺 ♯ ᾴ ⍍ ⋜ 䞭 Ⲳ 㒻 ) am 13.2.2006 vom Rechtsprechungsausschuss des Obersten Volksgerichts verabschiedet, am 28.2.2006 unterzeichnet, veröffentlicht am 21.3.2006 (㷾拳[2006]2 ┠) Arrangement des Obersten Volksgerichts in Bezug auf die Zustellung in gegenseitiger Beauftragung von Justizdokumenten in Zivil- und Handelssachen zwischen der inneren Region und der Sonderverwaltungszone Hong Kong (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ⊮⡙ἷ櫂㽘䎢⍔奵㙨④㷾枋䠡Ά⫽㎁愪惧㴺♯ᾴ ┡㷾㚰ᾏ䞭Ⲳ㒻), am 30.12.1998 beschlossen, am 29.3.1999 veröffentlicht (㷾拳[1999]9 ┠), in Kraft seit 30.3.1999 Auslegung des Obersten Volksgerichts einige Fragen der Rechtsanwendung bei der Verhandlung von Markenstreitfällen betreffend (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯♯ 㤰㴺ᾴ俉俠㥱‟愫䙑㷾ゴ后⾛朗槁䞭嬌拳) vom 12.10.2002, in Kraft seit 16.10.2002 (㷾拳[2002]32 ┠) Auslegung des Obersten Volksgerichts einige Fragen der Rechtsanwendung bei der Verhandlung von Urheberrechtsfällen betreffend (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯 喀₅㡬㴺ᾴ俉俠㥱‟愫䙑㷾ゴ后⾛朗槁䞭嬌拳) vom 12.10.2002, in Kraft seit 15.10.2002 (㷾拳[2002]31 ┠) Auslegung des Obersten Volksgerichts einige Fragen der Verhandlung von Fällen der Verletzung des Rufes betreffend (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯┶宲㡬㥱‟后 ⾛朗槁䞭嬌拳) vom 14.7.1998, in Kraft seit 15.9.1998 (㷾拳[1998]26 ┠)
506
Verzeichnis der Rechtsvorschriften
Auslegung des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Anwendung des Vertragsgesetzes (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ愫䙑ѭὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦┱┵㷾Ѯ后⾛朗槁 䞭嬌拳Ἡ ) vom 19.12.1999, in Kraft seit 29.12.1999 (㷾拳 [1999] 19 ┠) Auslegung des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Bestimmung der Schadensersatzpflicht für seelische Schäden im zivilrechtlichen Deliktsrecht (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ䦗ⳃ㴺ᾴ⃞㡬䷧䪇㒈Ⳝ幽↨幌․后⾛朗槁䞭嬌拳) vom 8.3.2001, in Kraft 10.3.2001 (㷾拳[2001] 7 ┠) Auslegung des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Gesetzesanwendung bei der Behandlung von Computernetzwerke berührenden Urheberrechtsstreitigkeiten (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯㺲⓳峊䳀㡣偺倅喀₅㡬俉俠㥱‟愫䙑 㷾ゴ后⾛朗槁䞭嬌拳) vom 22.11.2000, in der Fassung vom 22.11.2006, in Kraft seit 8.12.2006 (㷾拳[2006]11 ┠) Auslegung des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen die Rechtsanwendung bei der Verhandlung von Zivilrechtsstreitfällen über Computernetzwerk-Domain-Namen betreffend (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯㺲⓳峊䳀㡣偺倅⤈┶ 㴺ᾴ俉俠㥱‟愫䙑㷾ゴ后⾛朗槁䞭嬌拳) vom 26.6.2001, veröffentlicht am 17.7.2001 (㷾拳[2001]24 ┠), in Kraft seit 24.7.2001 Bekanntmachung des Obersten Volksgerichts bezüglich der Bestimmung der Zuständigkeit im Darlehensstreitfall der Yinhe Handels-GmbH der Stadt Nanyang / Provinz Henan gegen die Zhongyuan Internationale Industrie und Handels-Tochtergesellschaft Yanbian (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ㷜⒀䠪⒀杜⼫ 星㷜♯幡㠲杹幌․⊕┡ἷὖⓈ⠦杮ⳇὃ〟惢⌯⊕┡ⅈ㱧⑸峗俉俠㥱㐰 ⳃ䳊悿䞭慃䤎) vom 24.3.1997 (㷾⌦[1997]42 ┠) Bekanntmachung des Obersten Volksgerichts in einem Fall der Werkvertragsstreitigkeit der Wuhan Guoying Fabrik für biologische Fermentationsanlagen gegen das Hubei Jinan Pharmazeutische Produktionswerk (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ 㲏㵲⼫⠦啎䙈䎒⓺択峧⨰⒫ἷ㷜⑀䠪⊩⒀⍟咘⒫⏉⼎㎨㔦┱┵俉俠Ἡ 㥱㐰ⳃ䳊悿䞭慃䤎) vom 22.5.1992 (㷾⌦[1992]71 ┠) Bestimmungen des Obersten Volksgerichts über die Arbeit der Justizauslegung (㠩氁ΰ㴺 㷾 枋 ⊜ ᾷ ┡ 㷾 嬌 拳 ⼎ ₅ 䞭 嫭 ⳃ ) vom 11.12.2006, veröffentlicht am 9.3.2007 (㷾⓺[2007]12 ┠), in Kraft seit 1.4.2007 Bestimmungen des Obersten Volksgerichts über Fragen bezüglich der Verhandlung von Streitfällen über Wechsel und Schecks (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯䪑㒗俉 俠㥱‟后⾛朗槁䞭嫭ⳃ) vom 14.11.2000, in Kraft seit dem 21.11.2000 ( 㷾 拳 [2000]32 ┠ ), mit Anpassungen vom 16.12.2008 (in Kraft seit 31.12.2008) Bestimmungen des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Rechtsanwendung bei der Behandlung von Fällen der zivilrechtlichen oder handelsrechtlichen Vertragsstreitigkeiten mit Außenbezug (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯㺲⨿㴺 ᾴ ㌿♯ ᾴ┱ ┵俉俠 㥱‟ 㷾ゴ 愫䙑 后⾛ 朗槁䞭 嫭ⳃ ) vom 11.6.2007, veröffentlicht am 23.7.2007 (㷾拳[2007]14 ┠), in Kraft seit 8.8.2007
I. Festland
507
Brief des Obersten Volksgerichts zur Frage, wie der Erfüllungsort eines Werkvertrages zu bestimmen ist (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ⪫⁾䦗ⳃ⏉⼎㎨㔦┱┵ⶎ奵⡙朗槁 䞭⌦) vom 8.8.1989, (1989)㷾俸;⌦=Ⲁ䱕 22 ┠, im Internet abrufbar auf der Seite der Rechtsbibliothek Xihu (媨㽿㷾ゴ ⠧ᾏ 檯) unter http://www.law-lib.com/law/law_view.asp?id=5866 (zuletzt besucht am 24.1.2012) Das Oberste Volksgericht zu einigen Rechtsfragen bei der Behandlung von Zivilrechtsfällen mit Taiwan-Bezug durch Volksgerichte (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ ΰ㴺㷾枋⨭䔯㺲┙㴺ᾴ㥱‟䞭⌉ὓ㷾ゴ朗槁) vom 9.8.1988 Einige Regelungen des Obersten Volksgerichts zu Fragen der Rechtsanwendung bei der Verhandlung von Patentstreitfällen (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯Ἴ⍒俉俠㥱 ‟ 愫 䙑 㷾 ゴ 朗 槁 䞭 后 ⾛ 嫭 ⳃ ) vom 19.6.2001, veröffentlicht am 22.6.2001, in Kraft seit 1.7.2001 (㷾拳[2001]21 ┠) Mitteilung des Obersten Volksgerichts über die Veröffentlichung der Regelungen über den Betreff in Zivilrechtsfällen nach ihrer Änderung (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ⒙ ⓺ ℗ 㙢 ┷ 䞭 ѭ 㴺 ᾴ 㥱 ‟ 㥱 䙚 嫭 ⳃ Ѯ 䞭 慃 䤎 ) vom 18.2.2011 ( 㷾 [2011]42 ┠) Mitteilung des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Verhandlung und Vollstreckung bezüglich Zivil- und Handelsrechtsfällen mit Außenbezug (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷⳊ䔯▵㎐奵㺲⨿㴺♯ᾴ㥱‟⾽ぼ㸑㈸䞭⌉ὓ朗槁 䞭 慃 䤎 ) vom 17.4.2000 ( 㷾 [2000]51 ┠ ), mit Anpassungen vom 16.12.2008 (in Kraft seit 31.12.2008) Mitteilung des Obersten Volksgerichts zu Fragen der örtlichen Zuständigkeit bei Streitfällen wegen unerlaubte Patente betreffenden Handlungen (㠩氁ΰ 㴺㷾枋⊜ᾷἼ⍒⃞㡬俉俠㥱‟⡙⤈䳊悿朗槁䞭慃䤎) vom 29.6.1987, außer Kraft seit dem 1.7.2001 Notiz zur Änderung von Art. 8 des Arrangements in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in zivil- und handelsrechtlichen Fällen mit durch die Parteien vereinbarter Zuständigkeit durch die Gerichte der inneren Region und der Sonderverwaltungszone Hong Kong (⊜㛥℗㙢ѭ⊜㛥⊮⡙ἷ櫂㽘䎢⍔奵㙨④㷾枋䠡Ά峍┘▵㎐奵ぼᾴΰ ⑸峗䳊悿䞭㴺♯ᾴ㥱‟⍍⋜䞭Ⲳ㒻Ѯ䱕⊔㢊䞭俓媪) vom 29.2.2008 Protokoll der Aussprache zur Rechtsprechungsarbeit der Gerichte des ganzen Landes in Handelssachen mit Hong Kong- und Macau-Bezug (⊑⠦㷾枋㺲㽘䃜♯ ᾴⳊ⍍⼎₅⿐崱⁃俓媪) vom 21.1.2008 (㷾⓺[2008]8 ┠) Protokoll der Aussprache zur wirtschaftsgerichtlichen Verhandlungs- und Entscheidungsarbeit mit Außen-, Hong Kong-, Macau-Bezug in den Küstengebieten des ganzen Landes (⊑⠦㷨㺠⡙④㺲⨿㺲㽘䃜俸㹷Ⳋ⍍⼎₅⿐ 崱⁃俓媪) vom 12.6.1989 (㷾;俸=⓺[1989]12 ┠) deutsche Übersetzung in Auszügen in Anhang I, unter II.
508
Verzeichnis der Rechtsvorschriften
Protokoll der Zweiten Konferenz zur Verhandlungs- und Entscheidungsarbeit in Handelsund Seerechtssachen mit Außenbezug des ganzen Landes (䱕㱊⊑⠦ 㺲⨿♯ᾴ㺠ᾴⳊ⍍⼎₅⁃峗俓媪) vom 26.12.2005 (㷾⓺[2005]26 ┠) deutsche Übersetzung in Auszügen in Anhang I, unter III. Regelungen des Obersten Volksgerichts bezüglich der Anerkennung von Zivilurteilen relevanter Gerichte der Taiwan-Region durch die Volksgerichte (㠩氁ΰ㴺 㷾 枋 ⊜ ᾷ ΰ 㴺 㷾 枋 峍 ┘ ┙ 㾧 ⡙ ④ 㠲 ⊜ 㷾 枋 㴺 ᾴ ⍍ ⋜ 䞭 嫭 ⳃ ) vom 15.1.1998, veröffentlicht am 22.5.1998 (㷾拳[1998]11 ┠), in Kraft seit 26.5.1998, Supreme People’s Court Gazette 1998.3 (Vol. 55), S. 87 f. Regelungen des Obersten Volksgerichts bezüglich einiger Fragen der prozessualen Zuständigkeit in Zivil- und Handelsrechtsfällen mit Außenbezug (㠩氁ΰ 㴺 㷾 枋 ⊜ ᾷ 㺲 ⨿ 㴺 ♯ ᾴ 㥱 ‟ 峲 峥 䳊 悿 后 ⾛ 朗 槁 䞭 嫭 ⳃ ) vom 25.12.2001, veröffentlicht am 25.2.2002 (㷾拳[2002]5 ┠), in Kraft seit 1.3.2002 Regelungen des Obersten Volksgerichts die Art und Weise der Bestimmung des Erfüllungsortes von Kauf- und Verkaufsverträgen bei der Ermittlung der Zuständigkeit in Wirtschaftsstreitfällen betreffend (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ⡑䦗 ⳃ 俸 㹷 俉 俠 㥱 ‟ 䳊 悿 ὖ ⪫ ⁾ 䦗 ⳃ 幖 昩 ┱ ┵ ⶎ 奵 ⡙ 䞭 嫭 ⳃ ) vom 12.9.1996 (㷾⓺[1996]28 ┠) Regelungen des Obersten Volksgerichts über den Betreff in Zivilrechtsfällen (㴺ᾴ㥱‟㥱 䙚 嫭 ⳃ ) in der Fassung ihrer 1. Änderung durch Entscheidung des Obersten Volksgerichts vom 18.2.2011, in Kraft seit 1.4.2011 ( 㷾 [2011]41 ┠) deutsche und englische Übersetzung in Dong/Liu/Pißler, S. 7 ff. Regelungen des Obersten Volksgerichts zu Fragen des Verfahrens der Anerkennung von Scheidungsurteilen ausländischer Gerichte auf Antrag chinesischer Bürger (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷὖ⠦⊕㴺䙜崠㎨峍⨿⠦㷾枋䫤⮃⍍⋜䬴⾸ 朗槁䞭嫭ⳃ) vom 13.8.1991 (㷾;㴺=[1991]21 ┠) Regelungen des Obersten Volksgerichts zu Fragen im Zusammenhang mit der Behandlung von Fällen des Antrags auf Anerkennung von Scheidungsurteilen ausländischer Gerichte durch die Volksgerichte (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷΰ 㴺㷾枋─䔯䙜崠㎨峍⨿⠦㷾枋䫤⮃⍍⋜㥱‟㠲⊜朗槁䞭嫭ⳃ), beschlossen am 1.12.1999, veröffentlicht am 29.2.2000 (㷾拳[2000]6 ┠), in Kraft seit 1.3.2000 Verschiedene Bestimmungen des Obersten Volksgerichts über die Arbeit der Justizauslegung (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷ┡㷾嬌拳⼎₅䞭后⾛嫭ⳃ) vom 23.6.1997 (㷾⓺[1997]15 ┠), in Kraft vom 1.7.1997 bis 31.3.2007
I. Festland
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Vorläufigen Ansichten im Hinblick auf den Rahmen der von den Wirtschaftskammern der Volksgerichte anzunehmenden Fälle (㠩氁ΰ㴺㷾枋俸㹷Ⳋ⍍⊜ᾷΰ 㴺枋俸㹷Ⳋ⍍㙟㥱听⠝䞭⍆㲎㈸嫪) vom 8.8.1980 Zusatzregelungen des Obersten Volksgerichts bezüglich der Anerkennung von Zivilurteilen relevanter Gerichte der Taiwan-Region durch die Volksgerichte (㠩氁ΰ㴺㷾枋⊜ᾷΰ㴺㷾枋峍┘┙㾧⡙④㠲⊜㷾枋㴺ᾴ⍍⋜䞭妎≮ 嫭ⳃ) vom 30.3.2009, veröffentlicht am 24.4.2009 (㷾拳[2009]4 ┠), in Kraft seit 14.5.2009
3) Delegierte Rechtssetzung Ausführungsbestimmungen hinsichtlich Genehmigung und Aufsicht ständiger Vertretungsorgane ausländischer Unternehmen in China (⊜ᾷⳊ㎢▵䳊䔯⨿ ⠦ ὃ ⡑ ⑷ ⽡ 殤 妑 㡣 㢭䞭 ⳇ 㛦 俯 ⍂ ) vom 13.2.1995, Anordnung 3/1995 des Ministeriums für Außenhandel und Wirtschaftliche Zusammenarbeit (Vorläufer des Ministeriums für Handelswesen ( ♯ ⏊ 我 )) (ⴢ⨿幡㜼俸㹷┱₅我[Ἡᾆᾆ᾽⾝䱕 3 ┠]) Ausführungsbestimmungen zum Gesetz der Volksrepublik China über die chinesischausländischen mit gemeinsamem Kapital betriebenen Gemeinschaftsunternehmen ( ὖ ⑷ ΰ 㴺 ⊚ ▵ ⠦ ὖ ⨿ ┱ 幭 俸 啎 ὃ 㷾 ⳇ 㛦 㢊 ₴ ) vom 20.3.1983, in der Fassung vom 22.7.2001, Anordnung Nr. 311 des Staatsrates (⠦⏊枋䱕 311 ┠), mit Änderungen vom 8.1.2011 Ausführungsbestimmungen zum Gesetz der Volksrepublik China über die Regelung der Aus- und Einreise von Bürgern (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⊕㴺⌣⦬⊎⦬䳊䔯㷾 ⳇ㛦俯⍂) des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit, des Außenministeriums und des Ministeriums für Verkehr ( ⊕ Ⲳ 我 ѥ ⨿ ῍ 我 ѥ ῍慃我) vom 26.12.1986, in der Fassung vom 15.7.1994, mit Änderungen des Staatsrats vom 8.1.2011 deutsche Übersetzung: Münzel, Chinas Recht 1999.10, 26.12.86/1 Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über Unternehmen in ausschließlichem Auslandseigentum (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦⨿幭ὃ㷾ⳇ㛦俯⍂) vom 28.10.1990, in der Fassung vom 12.4.2001, Anordnung Nr. 301 des Staatsrates (⠦⏊枋 [䱕 301 ┠]) Maßnahmen zur Entfaltung der Herstellung und Montage für das Ausland und den chinesischen Rückkaufhandel kleinen Typs (〩ⴢ⨿⏉⼎姮扶▵ὖⴸ⢴妎↨ 幡㜼⏇㷾) des Staatsrates (⠦⏊枋) vom 3.9.1979, außer Kraft seit dem 15.1.2008 Maßnahmen zur Kreditvergabe der Bank of China an Außenhandels-Investitionsunternehmen (ὖ⠦星奵ⴢ⨿♯㎾幭ὃ幠㱧⏇㷾) der Bank of China (ὖ⠦ 星奵) vom 24.4.1987, außer Kraft seit dem 6.10.2001
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Verzeichnis der Rechtsvorschriften
Mitteilung der Auslegung die Landsleute aus Hong Kong und Macau und den Status ihrer Familienangehörigen betreffend (⊜ᾷ㽘䃜┵切⓳⊟Ίⶇ忔…嬌拳䞭慃 䤎), des Büros des Staatsrates für Hong Kong- und Macau-Angelegenheiten (⠦⏊枋㽘䃜⏇⊕ⳍ) vom 19.4.1991, [91] 㽘⏇Ⲁ䱕 383 ┠ Verwaltungsregelungen zur Beschäftigung von Einwohnern Taiwans, Hong Kongs und Macaus in der Inneren Region (┙㾧櫂㽘䃜朑㴺⡑⊮⡙ⵚὃ䳊䔯 嫭ⳃ) vom 2.6.2005, in Kraft seit 1.10.2005, Anordnung Nr. 26 des Ministeriums für Arbeit und Soziales (⏜⏑▵䩧⁃℆柅我䱕 26 ┠) Verwaltungsvorschriften des Verkehrs der Einwohner des Festlands mit der Region Taiwan (ὖ⠦⊕㴺ォ㢎┙㾧⡙④䳊䔯⏇㷾) vom 17.12.1991, in Kraft seit 1.5.1992, Anordnung Nr. 93 des Staatsrates (⠦⏊枋䱕 93 ┠) Vorläufige Bestimmungen die Aufsicht über die ständigen Vertretungsorgane ausländischer Unternehmen betreffend (⊜ᾷ䳊䔯⨿⠦ὃ⽡殤妑㡣㢭䞭㞫 奵嫭ⳃ) des Staatsrates (⠦⏊枋) vom 30.10.1980 (⠦⓺[1980]272 ┠)
II. Taiwan II. Taiwan
Die zitierten Gesetze Taiwans sind – soweit nicht anders angegeben – in chinesischer Fassung und englischer Übersetzung im Internet über die „Datenbank der Rechtsvorschriften des ganzen Landes“ (Laws & Regulations Database of The Republic of China – ⊑⠴㷾媸巰㛂⿔) unter http://law.moj.gov.tw (zuletzt besucht am 1.11.2011) abrufbar. Die Datenbank wird durch eine Arbeitsgruppe des Justizministeriums (㷾␂我⊑⠴㷾媸巰㛂⿔ ⼎₅ⴸ乭) unterhalten. Ausführungsgesetz zu den Allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts (㴺㷾佦⍰㛦奵㷾) vom 24.9.1929, in Kraft seit 10.10.1929, in der Fassung vom 23.5.2008 (in Kraft seit 1.1.2009) Ausführungsverordnung zu Bestimmungen über die Beziehungen zu Hong Kong und Macau (櫂㽘䃜暩朅⃫㧆₴㛦奵乙⍰) vom 27.6.1997, in der Fassung vom 25.10.2000 Ausführungsverordnung zu den Bestimmungen über die Beziehungen zwischen Personen der Region Taiwan und der Festland-Region (匣䆌⡙⑩匰⩐枡⡙⑩ΰ㴺 朅⃫㧆₴㛦奵乙⍰) vom 16.9.1992, in der Fassung vom 29.12.2003 Bestimmungen über die Beziehungen zu Hong Kong und Macau (櫂㽘䃜暩朅⃫㧆₴) vom 2.4.1997, in Bezug auf Hong Kong in Kraft seit 1.7.1997, in Bezug auf Macau seit 20.12.1999, in der Fassung vom 30.5.2006 Bestimmungen über die Beziehungen zwischen Personen der Region Taiwan und der Festland-Region (匣䆌⡙⑩匰⩐枡⡙⑩ΰ㴺朅⃫㧆₴) vom 31.7.1992, in Kraft seit 18.9.1992, in der Fassung vom 21.12.2011
III. Macau
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Bodengesetz ( ⡈ ⡙ 㷾 ) vom 30.6.1930, in Kraft seit 1.3.1936, in der Fassung vom 25.6.2011 Gesellschaftsgesetz (⊕┡㷾) vom 26.12.1929, in Kraft seit 1.7.1931, in der Fassung vom 29.6.2011 Gesetz über die Rechtsanwendung in Zivilsachen mit Außenbezug (㺲⨿㴺ᾴ㷾ゴ憒䙑㷾) vom 6.6.1953 (in der Fassung vom 30.12.2009)(a.F.) chinesische Fassung abrufbar unter http://law.moj.gov.tw/Law Class/LawOldVer_Vaild.aspx?PCODE=B0000007 (zuletzt besucht am 1.11.2011) deutsche Übersetzung von Makarov, Alexander N., in: Makarov, Alexander N. (Hrsg.), Quellen des Internationalen Privatrechts: Nationale Kodifikationen, 3. Aufl., Tübingen 1978, S. 272–276; mit Korrektur durch Siehr, Kurt auch abgedruckt in: Kropholler, Jan / Krüger, Hilmar / Riering, Wolfgang / Samtleben, Jürgen / Siehr, Kurt (Hrsg.), Außereuropäische IPR-Gesetze, Hamburg 1999, S. 782–803 vom 26.5.2010, in Kraft seit 27.5.2011 (n.F.) chinesische Fassung (noch) ohne englische Übersetzung in der Internet-Datenbank des taiwanesischen Justizministeriums deutsche Übersetzung von Pißler, Knut Benjamin, im Internet abrufbar über die Seiten des Max-Planck-Instituts für Ausländisches und Internationales Privatrecht (Hamburg) unter http:// www.mpipriv.de/shared/data/pdf/ipr-gesetztaiwan2010. pdf (zuletzt besucht am 1.11.2011) Einwohnermelderegistergesetz (㍟䵶㷾) vom 12.12.1931, in der Fassung vom 25.5.2011 Treuhandgesetz (ℊ孀㷾) vom 26.1.1996, in der Fassung vom 30.12.2009 (in Kraft seit 23.11.2009) Zivilgesetzbuch (㴺㷾) vom 23.5.1929, in der Fassung vom 26.5.2010 Zivilprozessgesetz (㴺ᾴ孝孈㷾) vom 26.12.1930, in Kraft seit 1.7.1931, in der Fassung vom 8.7.2009 deutsche Übersetzung in Auszügen in Anhang II Zwangsvollstreckungsgesetz (だ⍟⤠奵㷾) vom 19.1.1940, in der Fassung vom 29.6.2011
III. Macau III. Macau
Die Gesetzesvorschriften des Rechts von Macau sind in portugiesischer und chinesischer Fassung über die Regierungsdruckerei (Imprensa Oficial – ⒙␂ ) der Sonderverwal-
512
Verzeichnis der Rechtsvorschriften
tungszone Macau im Internet unter http://www.io.gov.mo (zuletzt besucht am 30.10.2011) abrufbar. Código Civil bzw. 㴺ᾴ㷾⊡ (Zivilgesetzbuch), in der Fassung durch Decreto-Lei n.º 39/99/M bzw. 䱕 39/99/M 垈㷾 (Gesetz Nr. 39/99/M vom 3.8.1999), Boletim Oficial – I Série / ⊕ ⥚ – 䱕 Ἡ 乭 31/1999, S. 1794; zum 1.11.1999 in Kraft gesetzt durch Decreto-Lei n.º 48/99/M bzw. 䱕 48/99/M 垈㷾 (Gesetz Nr. 48/99/M vom 27.9.1999), Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ – 䱕Ἡ乭 N.º 39/1999, S. 3572 deutsche Übersetzung in Auszügen in Anhang III, unter II. Código Comercial bzw. ♯㷾⊡ (Handelsgesetzbuch), angenommen durch Decreto-Lei n.° 40/99/M bzw. 䱕 40/99/M 垈 㷾 (Gesetz Nr. 40/99/M vom 3.8.1999), Boletim Oficial / ⊕ ⥚ 31/1999, S. 2366; zuletzt geändert durch Lei n.° 16/2009 bzw. 䱕 16/2009 垈㷾ゴ (Gesetz Nr. 16/2009 vom 28.7.2009), Boletim Oficial / ⊕⥚ N.º 32/2009, S. 1137 Código de Processo Civil bzw. 㴺ᾴ孝孈㷾⊡ (Zivilprozeßgesetzbuch), in der Fassung durch Decreto-Lei n.° 55/99/M bzw. 䱕 55/99/M 垈 㷾 (Gesetz Nr. 55/99/M vom 8.10.1999: Reform des Zivilprozessgesetzbuches), Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ – 䱕Ἡ乭 40/1999, S. 3670; zuletzt geändert durch Lei n.° 9/2004 bzw. 䱕 9/2004 垈㷾ゴ (Gesetz Nr. 9/2004 vom 12.8.2004), Boletim Oficial / ⊕⥚ N.º 33/2004, S. 1456 deutsche Übersetzung in Auszügen in Anhang III, unter I. Código de Processo do Trabalho bzw. ␇⏾孝孈㷾⊡ (Arbeitsprozessgesetzbuch), angenommen durch Lei n.º 9/2003 bzw. 䱕 9/03 垈㷾ゴ (Gesetz Nr. 9/2003 vom 30.6.2003), Boletim Oficial / ⊕⥚ N.º 26/2003, S. 674–716 Convenção destinada a Regular Certos Conflitos de Leis em Matéria de Cheques (e Protocolo) bzw. ѭ 嬌 㶣 㙘 䪑 后 ⾛ 㷾 ゴ ㏞ 嬡 ⊕ 中 Ѯ ⓳ ⊟ 岙 ⳃ 㠡 (Genfer Abkommen über Bestimmungen auf dem Gebiet des internationalen Scheckprivatrechts (und Protokoll) vom 19.3.1931), Boletim Oficial / ⊕⥚ N.º 6/1960, S. 240 Convenção destinada a Regular Certos Conflitos de Leis em Matéria de Letras e de Livranças (e Protocolo) bzw.ѭ嬌㶣䪑⓳㡕䪑后⾛㷾ゴ㏞嬡⊕中Ѯ ⓳⊟岙ⳃ㠡 (Genfer Abkommen über Bestimmungen auf dem Gebiet des internationalen Wechselprivatrechts (und Protokoll) vom 7.6.1930), Boletim Oficial / ⊕⥚ N.º 6/1960, S. 172 Decreto-Lei n.º 58/99/M (Estabelece o regime geral da actividade ‘offshore’) bzw. 䱕 58/99/M 垈 㷾 ( 嬫 ⳃ 栋 ⷡ 㪖 ␂ ὴ Ἡ 单 ⍟ ⿏ δ 后 ⾛ 》 㲋 ) (Gesetz Nr. 58/99/M zur Errichtung einer allgemeinen Ordnung für durch auswärtige Märkte gesteuerte Aktivitäten vom 18.10.1999), Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ – 䱕Ἡ乭 N.º 42/1999, S. 4235
III. Macau
513
Lei da contratação de trabalhadores não residentes bzw. 冁䙑⨿⡙√☊㷾 (Gesetz der Verträge der nicht ansässigen Arbeitnehmer), Lei n.º 21/2009 bzw. 䱕 21/2009 垈 㷾 ゴ (Gesetz Nr. 21/2009, veröffentlicht am 27.10.2009), Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ – 䱕Ἡ乭 N.º 43/2009, S. 1559–1574 Lei das relações de trabalho bzw. ␇⏾朅⃫㷾 (Gesetz der Arbeitsbeziehungen), Lei n.º 7/2008 bzw. 䱕 7/2008 垈㷾ゴ (Gesetz Nr. 7/2008, veröffentlicht am 18.2.2008), Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ – 䱕Ἡ乭 N.º 33/2008, S. 821–860 Lei de Bases da Organização Judiciária de Macau bzw. 䃜暩┡㷾乭佽仚媪㷾 (Gesetz über die Grundlagen der Justizorganisation von Macau), Lei n.° 112/91 bzw. 䱕 112/91 垈㷾ゴ (Gesetz Nr. 112/91 vom 19.6.1991), Boletim Oficial / ⊕⥚ N.º 36/1991, S. 3799 Lei n.º 17/92/M (Estabelece o regime jurídico das cláusulas contratuais gerais) bzw. 䱕 17/92/M 垈㷾ゴ⍟ⳃ┱中䞭Ἡ单㧆㱧㷾ゴ⍟⿏ (Gesetz Nr. 17/1992 zur Festsetzung einer rechtlichen Ordnung der allgemeinen Vertragsklauseln vom 28.9.1992, in Kraft seit 1.1.1993), Boletim Oficial / ⊕⥚ N.º 39/1992, S. 4020 Lei n.º 8/1999 (Lei sobre Residente Permanente e Direito de Residência na Região Administrativa Especial de Macau) bzw. 䱕 8/1999 垈㷾ゴ (䃜暩䎢⍎奵 㙨 ⑩㵡Ὦㅐ 㴺⓳ 䚂㰳㷾 ゴ)(Gesetz Nr. 8/1999 vom 20.12.1999) Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ N.º 1/1999, S. 69–75 Lei n.º 8/2002 (Regime do bilhete de identidade de residente da Região Administrativa Especial de Macau) bzw. 䱕 8/2002 垈㷾ゴ (䃜暩䎢⍎奵㙨⑩㴺忔… 屲⍟⿏)(Gesetz Nr. 8/2002 vom 30.7.2002) Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ N.º 31/2002, S. 871–876 Lei n.º 4/2003 (Princípios gerais do regime de entrada, permanência e autorização de residência) bzw. 䱕 4/2003 垈㷾ゴ (⊎⦬ѥ慀䚂⓳䚂孚┘⍟⿏䞭Ἡ单 Ⓢ⍰)(Gesetz Nr. 4/2003 vom 25.2.2003) Boletim Oficial – I Série / ⊕ ⥚ N.º 11/2003, S. 343–348 Lei orgânica dos tribunais judiciais bzw. 㷾 枋 乭 佽 㷾 (Gerichtsorganisationsgesetz), Gesetz Nr. 38/87 vom 22.12.1987 (Lei n.° 38/87 bzw. 䱕 38/87 垈㷾ゴ), Boletim Oficial / ⊕ ⥚ 11/1988, S. 1025; später aufgehoben und verändert durch Gesetz Nr. 17/92/M vom 2.3.1992 (Aprova o sistema judiciário de Macau bzw. 䃜 暩 ┡ 㷾 乭 佽 㛙 媸 ⍰ ), Decreto-Lei n.° 17/92/M bzw. 䱕 17/92/M 垈㷾, Boletim Oficial / ⊕⥚ N.º 9/1992, S. 927 Regulamento Administrativo n.º 5/2003 (Regulamento sobre a entrada, permanência e autorização de residência) bzw. 䱕 5/2003 垈奵㙨㷾媸 (⊎⦬ѥ慀䚂⓳ 䚂 孚 ┘ 媸 䰉 ) (Verwaltungsvorschrift Nr. 5/2003 vom 25.3.2003) Boletim Oficial – I Série / ⊕⥚ N.º 15/2003, S. 405–417
514
Verzeichnis der Rechtsvorschriften
IV. Hong Kong IV. Hong Kong
Die aus dem Recht von Hong Kong zitierten Vorschriften des Gesetzesrechts können in englischer und chinesischer Fassung im Internet über das Zweisprachige Rechtsinformationssystem (Bilingual Laws Information System – 栂 寇 㷾 ₴ 㛂 两 亚 ) des Justizministeriums (Department of Justice – ゴ㙨┡) der Sonderverwaltungszone Hong Kong unter http://www.legislation.gov.hk/index.htm (zuletzt besucht am 30.10.2011) abgerufen werden. Bills of Exchange Ordinance, Cap. 19 (Fassung vom 1.7.1997), L.N. 23 of 1998, L.N. 60 of 1999 Control of Exemption Clauses Ordinance, Cap. 71 Domicile Ordinance, Cap. 596 (Fassung vom 1.3.2009), L.N. 280 of 2008 Employment Ordinance, Cap. 57 Foreign Corporations Ordinance, Cap. 437 (Fassung vom 30.6.1997) Foreign Judgments (Restriction on Recognition and Enforcement) Ordinance, Cap. 46 Hong Kong Companies Ordinance, Cap. 32 (Fassung vom 11.7.2008), L.N. 139 of 2008 Hong Kong Special Administrative Region Passports Ordinance, Cap. 539 (Fassung vom 1.7.1997) Immigration Ordinance, Cap. 115 (Fassung vom 14.11.2009) Interpretation and General Clauses Ordinance, Cap. 1 Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance, Cap. 597 (Fassung vom 1.8.2008), L.N. 195 of 2008 Recognition of Trusts Ordinance, Cap. 76 (Fassung vom 30.6.1997) Registration of Persons Ordinance, Cap. 177 (Fassung vom 12.5.2003) Registration of Persons Regulations, Cap. 177A (Fassung vom 12.5.2003) Rules of the District Court, Cap. 336H (Fassung vom 2.4.2009), L.N. 153 of 2008; L.N. 18 of 2009 Rules of the High Court, Cap. 4A (Fassung vom 2.4.2009), L.N. 152 of 2008; L.N. 18 of 2009 Supreme Court Ordinance, ehemals Cap. 4 (Ordinance No. 12 of 1873, nach der Rückgabe von Hong Kong an die Volksrepublik aufgehoben) Unconscionable Contracts Ordinance, Cap. 458 (Fassung vom 1.7.1997), L.N. 65 of 2000
Entscheidungsregister I. Festland I. Festland
Alle Urteile, für die keine anderweitige Fundstelle angegeben ist, sind dem „Netzwerk der Rechtsprechung in handels- und seerechtlichen Angelegenheiten mit Außenbezug“ ( ὖ⠦㺲⨿♯ᾴ㺠ᾴⳊ⍍偺 ) oder CCMT (China Foreign-related Commercial And Maritime Trial), im Internet abrufbar unter http://www.ccmt.org.cn (zuletzt besucht am 30.10.2011), entnommen. In Zusammenarbeit mit allen Gerichten der Volksrepublik werden in dieser 2001 vom Obersten Volksgericht ins Leben gerufenen 1 und seitdem von diesem geförderten Internet-Datenbank (im weiteren Sinne) handels- und seerechtliche Urteile mit Bezug zum Ausland, Hong Kong, Macau und Taiwan gesammelt.
1. Oberstes Volksgericht (ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦㠩氁ΰ㴺㷾枋) 1.9.1990
Xingli-Gesellschaft, Guangao-Gesellschaft gegen Indische Handelsgesellschaft, Bharatpur-Gesellschaft Malaysia, Kupake-Gesellschaft, Nalin-Gesellschaft (⊝⍒⊕┡ѥ⾨䃜⊕┡ἷ⒙⿏⠦幡⊕┡ѥ殕㢎媨ῃ⼝ ㏲㞗ⴽ⊕┡ѥ⾼⼾≴⊕┡ѥ俜㣀⊕┡幐䎒㍩㠲㡬ᾲ峗ἳ峲㥱), Supreme People’s Court Gazette 1991.1, S. 44 (als Fallklassiker des Wirtschaftsrechts über die Rechtsdatenbank der Bibliothek der Stadt Hefei abrufbar unter: http://www.hflib.gov.cn/law/law/falvfagui2/JJF/ JDAL/1045.htm, zuletzt besucht am 28.11.2011)
31.5.1998
Leichtindustrie Textil Hauptwerk der Materialien-Gruppe der Provinz Jiangsu gegen Topcapital Holdings Ltd., Prince Development Ltd. (㶈司 䠪䎒幭柯⠋悤⼎俣俰ㅤ⊕┡峲盤櫂㽘盥姾Ῠ柯⠋㠲杹⊕┡ѥ盤⏉㐨 ⩐盥⩓ⱹ⓺㠲杹⊕┡⃞㡬㒈Ⳝ幽↨俉俠ἳ峲㥱), Supreme People’s Court Gazette 1998.3
21.12.1999
Sumitomo Bank Ltd. gegen Xinhua Liegenschafts-GmbH (⁸⓴星奵㠲杹 ⊕┡峲㛙⑷㍨⡙ῐ㠲杹⊕┡幠㱧┱┵俉俠䳊悿㡬〫峗ἳ峲㥱), (1999) 俸俱Ⲁ䱕 194 ┠, zitiert nach: Zhang, 39 (2009) HKLJ 3 (27 ff.)
13.12.2000
Xinhu Handelsgesellschaft (Korea) gegen Europa-Asien Wirtschaftsund Handels-Hauptgesellschaft der Provinz Sichuan (椒⠦㛙㽿♯䩧ἷ ⠄⼆䠪㱐ῃ俸幡ㅤ⊕┡䱲ℊ䙑峪㱣峱俉俠䳊悿㡬〫峗㥱), (2000) 俸俱 Ⲁ䱕 155 ┠, Supreme People’s Court Gazette 2001.3 (Vol. 71), S. 97 f.
1
Dazu HUANG Jin / DU Huanfang, 7 (2004) Chinese Yearbook of PIL & Comp. L. 115 (117).
516
Entscheidungsregister
2.7.2002
Guangdong Entwicklungsbank Jiangmen Filiale gegen Xinzhong Immobilien Ltd (⾨ὅ⓺星奵㶈朑⌯奵ἷ櫂㽘㛙ὖ⡙ῐ㠲杹⊕┡ⅈ㱧㏮℆ 俉俠ἳ峲㥱), (2001) 㴺⠄俱Ⲁ䱕 14 ┠, Rechtsbekanntmachung Nr. 53/2002 (㷾⊕⼬ (2002) 䱕 53 ┠), im Internet abrufbar auf der Seite der Rechtsbibliothek Xihu (媨㽿㷾ゴ ⠧ᾏ檯) unter http://www.law-lib.com/cpws/cpws_view.asp?id=200400 653665 (zuletzt besucht am 14.1.2012)
25.6.2002
American President Lines (APL) gegen Wanbao Unternehmensgruppe Guangzhou Feida Elektrogeräte-Fabrik, Feili (Guangzhou) IndustrieGmbH, Chinesische Mauer Industrie Guangzhou Gesellschaft (傷⠦ㅤ 倈悗卢⊕┡ἷἰⳆ柯⠋⾨⼇唛惧䙞➑⒫ѥ唛⍒盤⾨⼇盥⼎ὃ㠲杹⊕ ┡ѥὖ⠦暨⣷⼎ὃ⾨⼇⊕┡㜉⑾㙧幐俉俠), (1998) ῍㓹Ⲁ䱕 3 ┠, Supreme People’s Court Gazette 2002.5
25.11.2004
Ürümqi Xinhengji Industrie- und Handelsentwicklungs-GmbH gegen Zhongchuan Entwicklungs-GmbH (ή涪㡑灹⼫斔ㅻ⤣ⳇὃ⓺㠲杹⊕ ┡ἷὖ⼆⓺㠲杹⊕┡兽〣┱┵俉俠), (2004) ⾝㴺⠄俱Ⲁ䱕 8 ┠
4.1.2005
Foshan Volksregierung gegen Bank of Communications Hong KongFiliale (₄⼫ΰ㴺㙨⿅峲῍慃星奵櫂㽘⌯奵㏮℆俉俠), (2004) 㴺⠄ 俱Ⲁ䱕 5 ┠
10.5.2005
Songmei Essigsäure GmbH der Stadt Jilin gegen W.P. International Group Inc. (USA), Jilin Chemieindustrie Aktien-GmbH (┲㣀⼫㼇傷抴 抡㠲杹⊕┡峲傷⠦ WP ⠦杮⓺⊕┡ѥ┲㣀ⲏ⼎ὃ凊…㠲杹⊕┡⃞ 㡬㒈Ⳝ幽↨俉俠䳊悿㡬〫峗), (2005) 㴺⠄俱Ⲁ䱕 1 ┠
22.9.2005
Hong Kong Yinglun Huoshi Innenarchitektur- und Sanierungsbau-GmbH gegen Chongqing Yangguang Touristikgruppe-Gesellschaft (櫂㽘吚⁏栶 ⨔ⳍ⊮峧峊姮℗⼎䬴㠲杹⊕┡峲拶⾯杜≲㛮ὃ柯⠋⊕┡䦗峍ὴ峲), (2003) 㴺⠄俱Ⲁ䱕 4 ┠
26.10.2005
Yueheng EntwicklungsGmbH gegen Shenzhen Jianling InvestitionsentwicklungsGmbH (廬ㅻ⓺㠲杹⊕┡峲㼚⡜⼫〣䘝㎾幭⓺㠲杹⊕┡ ┱₅〣㍨┱┵俉俠), (2003) 㴺⠄俱Ⲁ䱕 28 ┠
9.11.2005
Kunpeng Investitions-GmbH Weihai gegen Xigang Liegenschaftserschließungs-GmbH Weihai, Schwerpunkt-Baugewerbe-GmbH der Provinz Shandong (⬪㺠淛潸㎾幭㠲杹⊕┡ἷ⬪㺠媨㽘㍨⡙ῐ〩⓺㠲杹⊕ ┡ѥὅ䠪拶䇢〣峧ⳇὃ㠲杹⊕┡⡈⡙₨䙑㡬俉俠Ἡ㥱), (2005) 㴺Ἡ 俱Ⲁ䱕 86 ┠, Supreme People’s Court Gazette 2006.5, S. 3
2. Obere Volksgerichte a) Oberes Volksgericht Beijing (⑀⼫氁俐ΰ㴺㷾枋) 26.7.2006
Zheng Huang Lin Rechtsanwälte gegen Shouan Industriebrandbekämpfungs-Aktien-GmbH, Huifu Finanzierungs-GmbH (懺濭㣀ゴ⼱奵ἷ檿Ⲳ ⼎ὃ㺱杛凊…㠲杹⊕┡盨ⓈⳊ委╳㵰墶幭㠲杹⊕┡⫽㎁┱┵俉俠), (2006) 氁㴺俱Ⲁ䱕 191 ┠
I. Festland
517
b) Oberes Volksgericht Guangdong (⾨ὅ䠪氁俐ΰ㴺㷾枋) 1995
Dongpeng Handelsgesellschaft gegen Dongya Bank (ὅ潸幡㜼⊕┡峲ὅ ῃ星奵ℊ䙑峪俉俠), (1995) ䷍㷾俸䟺Ⲁ䱕 3 ┠, zitiert nach DU Tao / CHEN Li, S. 388
27.5.2003
Dejiala GmbH gegen Walmart China GmbH (ム⏉㏲盤櫂㽘盥㠲杹⊕┡ ⠉ἷ㶬ⴽ䓄ὖ⠦㠲杹⊕┡㱉㱧俉俠Ἡ㥱), (2003) ䷍氁㷾㴺⠄俱Ⲁ䱕 47 ┠, im Internet abrufbar auf der Seite der Rechtsbibliothek Xihu (媨㽿㷾ゴ ⠧ᾏ檯) unter http://www.law-lib.com/cpws/cpws_view.asp?id=200400 654358 (zuletzt besucht am 15.1.2012)
30.11.2004
HE Zelian gegen WU Jiantang, SU Chun Jung (⁾㸦⿲ἷ‶掝㨉ѥ司 和(SU CHUN JUNG)㺲⨿䪑㒗愦之㡬俉俠ἳ峲㥱), (2004) ䷍氁㷾㴺⠄ 俱Ⲁ䱕 226 ┠, im Internet abrufbar in der kostenlosen Entscheidungsarchivbibliothek Panjueshu (⍍⋜ᾏ㦌㥱檯) unter http://www.panjueshu.com/guangdong/ gaoyuan/m200411302004226.html (zuletzt besucht am 15.1.2012)
März/April 2006 Chen Gang gegen Singapore Airlines (東旋峲㛙⏉⢊卓䮣⊕┡ΰ㥥ⴳ 㒈Ⳝ幽↨俉俠㥱), Rechtsmittel zu: Mittleres Volksgericht Shenzhen v. 23.8.2005, abrufbar auf der Homepage der Gerichte von Guangdong unter http:// www.gdcourts.gov.cn/alxc/ms/t20070831_21114.htm (zuletzt besucht am 15.1.2012) c) Oberes Volksgericht der Autonomen Region der Zhuang-Nationalität/Guangxi (⾨媨⨗ 㛸匓㷤④氁俐ΰ㴺㷾枋) 23.8.2004
Guilin Glutamat-Lebensmittel-Generalfabrik gegen Weiquan Lebensmittelindustrie-GmbH, Guilin Weiquan Lebensmittel-GmbH (㥫㣀▜䷧樈◪ ㅤ⒫ἷ▜⊑樈◪⼎ὃ凊…㠲杹⊕┡盨㥫㣀▜⊑樈◪㠲杹⊕┡⁶㡬 俉俠ἳ峲Ἡ㥱), (2004) 㥫㴺⠄俱Ⲁ䱕 5 ┠
16.5.2006
Deng Xu gegen Ye Shenglin (憼㜖ἷ┟䙈䕜(YE SHENGLIN)ⅈ㱧㏮℆ ┱┵俉俠ἳ峲㥱), (2006) 㥫㴺⠄俱Ⲁ䱕 9 ┠
16.8.2006
Cui Dandan gegen Cui Jun, Xu Ning (⸽ὢὢἷ⸽⋄ѥスⲪ⩔⫤⊚┵Ⅳ ⏊䦗峍俉俠), (2006) 㥫㴺⠄俱Ⲁ䱕 7 ┠
19.10.2006
Taiwan Fanmao Industrie- und Handels-GmbH gegen Pharmazeutisches Werk der Medizinischen Hochschule Guangxi (┙㾧听⒘ⳇὃ㠲杹⊕┡ ἷ⾨媨⑤䫺⩐ⲏ⍟咘⒫ὖ⨿┱幭俸啎┱┵俉俠), (2006) 㥫㴺⠄俱Ⲁ䱕 16 ┠
20.12.2007
Xingxin Liegenschafts-Gesellschaft der Stadt Wuzhou, Ländliche Kreditgenossenschafts-Verbindungsvereinigung des Stadtgebietes Wuzhou gegen Dongyang Gruppe Hong Kong (㧐⼇⼫⊝ℊ㍨⡙ῐⳇὃ⊕┡ѥ㧐⼇ ⼫④⋅㡺ℊ䙑┱₅䩧兽┱䩧ἷ櫂㽘ὅ㸴柯⠋⃞䏘⊕┡幋ῐ㡬▵俸啎㡬 俉俠), (2007) 㥫㴺⠄俱Ⲁ䱕 49 ┠
518
Entscheidungsregister
d) Oberes Volksgericht Hainan (㺠⒀䠪氁俐ΰ㴺㷾枋) 16.11.2001
Hainan Huaqiao Investitions-Aktien-GmbH u.a. gegen Qihui Internationale Investitions-GmbH (Hong Kong) (㺠⒀⑷⃑㎾幭凊…㠲杹⊕┡䱲 峲⊟㵰⠦杮㎾幭盤櫂㽘盥㠲杹⊕┡䱲ἶぼダ⍒Ἡ㥱), (2001) 䕥㴺俱Ⲁ 䱕 35 ┠, abrufbar über die Internetseite „Rechts-Express“ ( 㷾 ゴ ㄔ 悏 ) unter http://www.lawtime.cn/info/guojizhongcai/guojijiufenzhongcai/2010101 9990.html (zuletzt besucht am 16.1.2012)
e) Oberes Volksgericht Hubei (㽿⑀䠪氁俐ΰ㴺㷾枋) 25.7.2005
She Ying, She Dingzhang, Gu Huilian gegen Postamt Hongshan 5 Luojiashan, Stadt Wuhan (₂榿ѥ₂瀷䰉ѥ榧㊐哛ἷ㲏㵲⼫㹓᾽䔇䓱 懗㙨懗㙨㠶⏊⃞㡬之幽俉俠), (2004) 戫㴺⠄俱Ⲁ䱕 19 ┠
f) Oberes Volksgericht Jiangsu (㶈司䠪氁俐ΰ㴺㷾枋) 6.9.2005
Huang Cangyuan gegen Wang Congxian (濭叶㾹ἷ䒴冓幍凊㡬⃞㡬俉 俠), (2005) 司㴺ἲ俱Ⲁ䱕 073 ┠
g) Oberes Volksgericht Jiangxi (㶈媨䠪氁俐ΰ㴺㷾枋) 22.12.2005
Ding Shuangxi gegen Ding Hua (Ἢ⓵⛅ἷἪ叚盷Ἢ叚峲Ἢ⓵⛅ⅈ幐俉 俠ἳ峲㥱), (2005) 庌㴺⠄俱Ⲁ䱕 6 ┠
h) Oberes Volksgericht Shandong (ὅ䠪氁俐ΰ㴺㷾枋) 28.6.2002
Hainan Gewerbe-GmbH gegen Import-Export-GmbH für Chemische Industrie der Stadt Weihai Provinz Shandong (㺠⒀ⳇὃ⊕┡ἷὅ䠪 ⬪㺠⼫⼎愄⌣┌㠲杹⊕┡⫽㎁䔯┱┵俉俠), (2002) 涪㴺⠄俱Ⲁ䱕 6┠
i) Oberes Volksgericht Shanghai (ἳ㺠⼫氁俐ΰ㴺㷾枋) 11.10.1988
Chinesische Hauptgesellschaft für Technologie-Import und -Export gegen Schweizerische Industrie- und Naturresourcen-Gesellschaft (ὖ⠦㎩ 㡘愄⌣┌ㅤ⊕┡峲䖇⨔⼎ὃ幭㾹⊕┡⃞㡬㒈Ⳝ幽↨俉俠ἳ峲㥱), Supreme People’s Court Gazette 1989.1
j) Oberes Volksgericht Shanxi (松媨䠪氁俐ΰ㴺㷾枋) 6.12.2004
Zhao Kelong, Zhao Qiuzongli, Shanxi Shiguang KulturentwicklungsGmbH, Xi’an landesweite Naturwissenschafts- und Technik-GmbH gegen Shanxi GmbH der zeitgenössischen westlichen Kultur (庞≴烂盨庞 威Ⳁὦ盨松媨㜟≲㚰⓺㠲杹⊕┡盨媨Ⲳ⠦愅䫺㎩㠲杹⊕┡ἷ松媨 䓙媨我㚰㠲杹⊕┡惽愁㎾幭㱧俉俠), (2004) 松㴺ἲ俱Ⲁ䱕 27 ┠
I. Festland
519
k) Oberes Volksgericht Sichuan (⠄⼆䠪氁俐ΰ㴺㷾枋) 28.7.2004
Sichuan Shanyang Industrie- und Handels-GmbH gegen Taiwan Wangzi Unternehmens-Aktien-GmbH (⠄⼆杜ⳇὃ㠲杹⊕┡ἷ┙㾧䒴幭ὃ 凊…㠲杹⊕┡ⅈ㱧俉俠), (2004) ⼆㴺俱Ⲁ䱕 187 ┠
l) Oberes Volksgericht Tianjin (⩒㹎⼫氁俐ΰ㴺㷾枋) 30.1.2002
Shengli Reedereigesellschaft (= DSR-Senator Lines, Deutschland) gegen Junye (Tianjin) Internationale Handels-GmbH (ム⠦刅⍒卓惹⊕┡ἷ殸 ὃ(⩒㹎) ⠦杮幡㜼㠲杹⊕┡㜉㲌㡕㓹⑾㙧幐㒈⩚幽↨俉俠), (2001) 氁俸俱Ⲁ䱕 229 ┠
3. Mittlere Volksgerichte a) Erstes Mittleres Volksgericht Beijing (⑀⼫䱕Ἡὖ俐ΰ㴺㷾枋) 13.6.2002
Elektrizitätsgewinnung aus Hafenwasser-Projekt-GmbH gegen Chinesische Landwirtschaftsbank Filiale Beijing, Guoyu Wirtschaftsentwicklungs-Hauptgesellschaft (㽘㾹㵝⍒䙞⏄⼎䬴㠲杹⊕┡ἷὖ⠦⋅ὃ星奵 ⑀⼫⌯奵ѥ⠦Ⲱ俸㹷⓺ㅤ⊕┡ⲁ㱧俉俠), (2001) Ἡὖ㴺⍆Ⲁ䱕 1587 ┠
22.9.2005
Amt für Erziehungswesen des Wujin-Distrikts, Changzhou gegen Beijing Hanwang Naturwissenschafts- und Technik-GmbH (⽡⼇⼫㲏愄④㚂凛 ἷ⑀㵲䒴䫺㎩㠲杹⊕┡⃞䏘喀₅㡬俉俠ἳ峲㥱), (2005) Ἡὖ㴺俱 Ⲁ䱕 10249 ┠, im Internet abrufbar in der kostenlosen Entscheidungsarchivbibliothek Panjueshu ( ⍍ ⋜ ᾏ 㦌 㥱 檯 ) unter http://www.panjueshu.com/beijing/ zhongyuan1/m20050922200510249.html (zuletzt besucht am 16.1.2012)
b) Zweites Mittleres Volksgericht Beijing (⑀⼫䱕ὖ俐ΰ㴺㷾枋) 17.5.2002
Deutsche Bank Export-Leasing-GmbH gegen Chinesische Außenhandels-Finanzleasing-Gesellschaft (ム㈸星奵⌣┌䬈幪㠲杹⊕┡峲ὖ⠦ ⨿幡拺墶䬈幪⊕┡), (2001) ὖ㴺䎢Ⲁ䱕 520 ┠ (unveröffentlicht, aber der Verfasserin vorliegend, auszugsweise übersetzt bei Neelmeier, SchiedsVZ 2007, 102 (103))
27.4.2004
Xinlicai Zeitschriftenverlag gegen Chongqing Weipu InformationsGmbH u.a. (㛙䔯幋㡫䩧峲拶⾯倝㞗幭峘㠲杹⊕┡䱲⃞䏘喀₅㡬俉 俠㥱), (2004) ὖ㴺⍆Ⲁ䱕 03568 ┠, im Internet abrufbar in der kostenlosen Entscheidungsarchivbibliothek Panjueshu ( ⍍ ⋜ ᾏ 㦌 㥱 檯 ) unter http://www.panjueshu.com/beijing/ zhongyuan2/m20040427200403568.html (zuletzt besucht am 17.1.2012)
20.12.2004
Liquidationsausschuss der Taiqun-Gesellschaft gegen HantangGesellschaft (┙働⊕┡㼮䳀⫽▁⁃ἷ㵲☹⊕┡凊ὅἶⶎ奵ⴢ⊕┡ὲ⏊ 俉俠), (2004) ὖ㴺⍆Ⲁ䱕 08635 ┠
19.12.2005
Fall des Antrags des Russischen Nationalen Sinfonie-Ensembles und der Atemengte-GmbH auf Anerkennung eines Urteils des englischen High Court gegen Internationale Musikfest-Gesellschaft Beijing (⃭傀㛘⠦ⳟ
520
Entscheidungsregister ῍◶ό⠋ѥ杨䎢嗂䎢㠲杹幌․⊕┡䙜崠㎨峍吚⠦氁䱲㷾枋⍍⋜㥱), (2004)ὖ㴺䎢Ⲁ䱕 928 ┠, im Internet auf der Seite des Rechtsanwalts ZHOU Guangjun (░⾨) abrufbar unter http://www.chinaruslaw.com/CN/LawsuitArbitrate/003/20 0865220559_680614.htm (zuletzt besucht am 20.1.2012)
c) Mittleres Volksgericht Chengdu/Sichuan (⠄⼆䠪㌹戦⼫ὖ俐ΰ㴺㷾枋) 11.1.2002
Chen Qizhen gegen Sichuan Qiming Moderne Landwirtschafts-GmbH (東╘㦋ἷ⠄⼆╘㜷䓙⋅ὃ㠲杹⊕┡┱₅俸啎┱┵俉俠), (2001) ㌹ 俸⍆Ⲁ䱕 546.623 ┠
29.5.2003
Li Huasong gegen Liao Fangan, Shangyuan Kunststoff-GmbH Chengdu (㡷⑷唁ἷἰⲲѥ㌹戦ἳ⠯⥺㛂㠲杹⊕┡ⅈ㱧┱┵俉俠), (2002) ㌹ 㴺⍆Ⲁ䱕 597 ┠
12.12.2003
Wang Zhongcheng gegen Sichuan Huahang Bau- und EntwicklungsGmbH (䒴ㄉ崃ἷ⠄⼆⑷卓〣峧⓺㠲杹⊕┡㴺朝ⅈ幠俉俠), (2003) ㌹㴺⍆Ⲁ䱕 882 ┠
19.8.2005
Zhang Junming gegen Wu Liqiong ( ぉ ⡰ 昖 ἷ ╝ ⍒ 䕥 ⏉ ⼎ ㎨ 㔦 ┱ ┵ 俉俠), (2004) ㌹㴺⍆Ⲁ䱕 1028 ┠
21.12.2005
Full Win Developments Limited gegen Xinjin/Chengdu Baozhu Spirituosen-GmbH (惹⓺㠲杹⊕┡ἷ㌹戦㛙㹎Ⳇ䔉扻ὃ㠲杹⊕┡䦗峍幋 ῐ㍩㠲㡬ⶇ俉俠), (2005) ㌹㴺⍆Ⲁ䱕 548 ┠
18.12.2006
Hao You gegen Senyu Konzern-GmbH Chengdu (㽡㺒ἷ㌹戦㨗Ⲱⳇὃ 柯⠋㠲杹⊕┡), (2006) ㌹㴺⍆Ⲁ䱕 479 ┠, im Internet auf der Seite der Gerichte von Chengdu (㌹戦㷾枋偺) abrufbar unter http://cdfy.chinacourt.org/public/detail.php?id=8517 (zuletzt besucht am 20.1.2012)
d) Erstes Mittleres Volksgericht Chongqing (拶⾯⼫䱕Ἡὖ俐ΰ㴺㷾枋) 31.7.2003
Dai Gengsheng gegen Yuanli Liegenschaftserschließungs-GmbH der Stadt Yongchuan (㍝㠝䙈ἷ㵡⼆⼫㾹⏄㍨⡙ῐ〩⓺㠲杹⊕┡ⅈ㱧俉俠 Ἡ㥱), (2003) 㽆Ἡὖ㴺⍆Ⲁ䱕 222 ┠
e) Mittleres Volksgericht Dalian/Liaoning (惦Ⲫ䠪⩐愇⼫ὖ俐ΰ㴺㷾枋) 5.11.1994
Fall des Antrags des japanischen Bürgers Wu Wei Huang auf Anerkennung und Vollstreckung des Urteils eines japanischen Gerichts (㜎㡕⊕ 㴺᾽▜㝬䙜崠ὖ⠦㷾枋㎨峍▵㎐奵㜎㡕㷾枋⍍⋜㥱), im Internet abrufbar in der kostenlosen Entscheidungsarchivbibliothek Panjueshu ( ⍍ ⋜ ᾏ 㦌 㥱 檯 ) unter http://www.panjueshu.com/liaoning/ dalian/zhongyuan/riben.html (zuletzt besucht am 20.1.2012)
I. Festland
521
f) Mittleres Volksgericht Foshan/Guangdong (⾨ὅ䠪₄⼫ὖ俐ΰ㴺㷾枋) 20.8.2005
Beijiao Bäuerliche Kreditgenossenschaft der Stadt Shunde gegen Chen Huibing (榣ム⼫⑀䀁⋅㡺ℊ䙑┱₅䩧峲東㊐⋙ⅈ㱧㏮℆┱┵俉俠㥱), (2003) ₄ὖ㷾㴺⠄⍆Ⲁ䱕 75 ┠, im Internet abrufbar in der kostenlosen Entscheidungsarchivbibliothek Panjueshu (⍍⋜ᾏ㦌㥱檯) unter http://www.panjueshu.com/guangdong/ foshan/zhongyuan/m200508202003475.html (zuletzt besucht am 20.1.2012)
g) Mittleres Volksgericht Guangzhou/Guangdong (⾨ὅ䠪⾨⼇⼫ὖ俐ΰ㴺㷾枋) 20.4.2005
Zhu Guojun gegen Guangdong Huanqiu Termingüter-KommissionsGmbH, Lu Yong (㡚⠦旐ἷ⾨ὅ䠪ⴙ䔬㡈幭俸俓㠲杹⊕┡盨弘㵡Ἡ㥱 㴺ᾴ⍍⋜ᾏ), (2004) 䮀ὖ㷾㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 63 ┠
30.3.2006
Shandong Wassergewinnungs-PumpwerkGmbH gegen Guan Qiaoling (ὅ⒃㵝㸞ὃ㠲杹⊕┡峲⊜⼐䓛ᾙ⑿┱┵俉俠), (2005)䮀ὖ㷾㴺ἲ ⍆Ⲁ䱕 65 ┠
11.5.2006
Wang Ziye gegen Zhongwang Grundstückserschließungs-GmbH Guangzhou, Ou Zhixing, Dritte Bauingenieur-Gesellschaft des Kreises Dianbai, Zhongwang GmbH, Zhongwang (Gruppe) GmbH (䒴㦼䈑ἷ⾨⼇ὖ㡄㍨ ⡙ῐ〩⓺㠲杹⊕┡ѥ㱐㝈ѥ䙞䞦ⓨ䱕ἲ〣䱺⼎䬴⊕┡ѥὖ㡄㠲杹⊕ ┡ѥὖ㡄盤柯⠋盥㠲杹⊕┡ⅈ㱧⓳㏮℆┱┵俉俠), (2006) 䮀ὖ㷾㴺⠄ ⍆Ⲁ䱕 30 ┠
h) Mittleres Volksgericht Haikou/Hainan (㺠⒀䠪㺠┌⼫ὖ俐ΰ㴺㷾枋) 25.10.2000
Treuhandgruppe der Internationalen Treuhandkapitalgesellschaft zur Abschaffung des Hafens von Hainan gegen Xi’an Lantian Schmelzhütte u.a. (㗍昩㺠⒀㽘⠦杮ℊ㎁㎾幭⊕┡㎁䳊俭峲媨Ⲳ⼫嘆䙙⋟䇥⒫䱲ⅈ 㱧┱┵俉俠㥱), (2000) 㺠ὖ㷾㴺⍆Ⲁ䱕 120 ┠, im Internet – in wesentlichen Teilen kostenfrei – abrufbar über die Datenbank Chinalawinfo unter http://vip.chinalawinfo.com/Newlaw2002/ SLC/slc.asp?db=fnl&gid=117447980 (zuletzt besucht am 20.1.2012)
i) Mittleres Volksgericht Jinan/Shandong (ὅ䠪㹷⒀⼫ὖ俐ΰ㴺㷾枋) 7.5.2003
Bantian GmbH (Japan) gegen Import & Export Gesellschaft der Stadt Jinan, Qingdao Jincheng Unternehmen Transport-GmbH (⡫䙙㥓〸⁃ 䩧ἷ㹷⒀⼫愄⌣┌⊕┡ѥ桻ⷄ拺崃ὃ惹悼㠲杹⊕┡ἶぼダ⍒俉俠), (2003) 㹷㴺⠄⍆Ⲁ䱕 41 ┠
j) Mittleres Volksgericht Nanjing/Jiangsu (㶈司䠪⒀⼫ὖ俐ΰ㴺㷾枋) 6.1.2000
Tokai Bank Filiale Kobe (Japan) gegen Agricultural Bank of China Filiale Nanjing ((㜎㡕)ὅ㺠星奵䪇㍠㙘⿀峲ὖ⠦⋅ὃ星奵⒀⼫⌯奵ℊ 䙑峪 㱧俉俠㥱), (1999)Ⲫ俸⍆Ⲁ䱕 106 ┠,
522
Entscheidungsregister im Internet abrufbar über die Seite der Rechtsanwalts-Hotline von Shanghai (ἳ㺠ゴ⼱䈖俨) unter http://www.lawyerhotline.com.cn/law/ show_51390.aspx (zuletzt besucht am 22.1.2012)
27.2.2004
Bank für Mittlere und Kleine Unternehmen (Südkorea) gegen Yangzhou Yingmaijie Kleidungs-GmbH (椒⠦ὖⴸὃ星奵峲ὖ⠦㎕⼇吚惱㢙㠶 檙㠲杹⊕┡ἶぼダ⍒俉俠), (2003) Ⲫ㴺᾽⍆Ⲁ䱕 15 ┠
16.11.2004
Zhuo Yue und Nanjing Diansheng Aktien-GmbH (⑼庳峲⒀䙞⨙凊… 㠲杹⊕┡㱉㱧俉俠㥱), (2004) Ⲫ㴺᾽⍆Ⲁ䱕 7 ┠
25.4.2005
Lü Yongqun gegen Liu Minghong, Changzhou Wuting Gangtao Fabrik (┾㵡働峲⍁㜷Ⲹ盨⡣⼇⼫᾽ῖ偡⪀⒫⊟凊ὅ㡬俉俠), (2005)Ⲫ㴺᾽ ⍆Ⲁ䱕 4 ┠
k) Mittleres Volksgericht Ningbo/Zhejiang (㺂㶈䠪Ⲫ㸋⼫ὖ俐ΰ㴺㷾枋) 31.10.2000
Ningbo Wellenleitungs-Aktien-GmbH gegen Airui Elektronik China GmbH (Ⲫ㸋㸋ⴥ凊…㠲杹⊕┡峲厧䢨䙞ⱹὖ⠦㠲杹⊕┡幐䎒ᾙ⑿┱ ┵俉俠㥱), (2000) 䙕俸⍆Ⲁ䱕 82 ┠, im Internet abrufbar über die Seite der Rechtsanwalts-Hotline von Shanghai (ἳ㺠ゴ⼱䈖俨) unter http://www.lawyerhotline.com.cn/law/ show_130187.aspx (zuletzt besucht am 22.1.2012)
l) Mittleres Volksgericht Qingdao/Shandong (ὅ䠪桻ⷄ⼫ὖ俐ΰ㴺㷾枋) 19.5.2004
Qingdao Lümei Wiederverwertungsmaterialprodukt-GmbH, Li Kongjian (Kanada) gegen Landbevölkerungs-Komitee des Dorfes Gaojia, Filiale Fu’an-Straße, Stadt Jiaozhou (桻ⷄ倨傷⊶䙈㡹㛂⍟◪㠲杹⊕┡ѥ㡷ⱽ ἷ刟⼇⼫杅Ⲳ妀慼⏇ᾴ⨭氁ⳟ⾭㡺㡺㴺⫽▁⁃⃞㡬俉俠), (2003) 桻 㴺⠄⍆Ⲁ䱕 415 ┠
23.6.2004
Qingdao Zhongguangjin Handels-GmbH gegen Sinochem International FZE ( 桻 ⷄ ὖ ⾨ 愄 幡 㜼 㠲 杹 ⊕ ┡ ἷ 愄 倥 ┱ 幡 㜼 㠲 杹 幌 ․ ⊕ ┡ (Sinochem International FZE)ᾙ⑿┱┵幽↨┘ダ⍒㻏㒈⩚俉俠), (2004) 桻㴺⠄⍆Ⲁ䱕 225 ┠
m) Mittleres Volksgericht Suzhou/Jiangsu (㶈司䠪司⼇⼫ὖ俐ΰ㴺㷾枋) 31.3.2003
Dynamic Services International Inc. (USA) gegen Suzhou Dixun Software-Entwicklungs-GmbH (⠦杮⏑ㄪ㠶⏊㠲杹⊕┡ἷ司⼇愓峘悘‟〩 ⓺㠲杹⊕┡ἶぼダ⍒俉俠), (2002) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 023 ┠
25.4.2004
Chinesische Industrie- und Handelsbank, Suzhou Pingjiang Zweigstelle gegen Suzhou Hefeng Fleischspießvorbereitungs-GmbH, Hefeng Fleischspießvorbereitungen (ὖ⠦⼎♯星奵司⼇⼫⾜㶈㙘奵峲司⼇▵ ⸙Ὓ䈐㛂䔯㠲杹⊕┡盨▵⸙Ὓ䈐㛂䔯ⅈ㱧┱┵俉俠), (2003) 司ὖ㴺ἲ ⍆Ⲁ䱕 090 ┠
27.9.2004
Luo Yonggui gegen Jiangsu Pestizid-GmbH, Jiangsu Longdeng ChemieGmbH (傀㵡㥫峲㶈司䠪⋅咘凊…㠲杹⊕┡盨㶈司烂䆘ⲏ㠲杹⊕┡ 凊㡬悕峒俉俠), (2004) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 061 ┠
I. Festland
523
5.11.2004
Jijie Metall-Produkt (Suzhou) GmbH gegen Kunshan Kaisheng Computer-GmbH, Lü Jinchang (⤣㢙᾽拺⍟◪盤司⼇盥㠲杹⊕┡ἷ㜯⌘刅 䙞刺㠲杹⊕┡盨┾晏㜵ᾙ⑿┱┵俉俠), (2004) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 075 ┠
10.12.2004
Deng Xinhui (USA) gegen Xiangtong Autovermietungs-GmbH Suzhou (憼㛙悲ἷ司⼇⼫僽慃㶦悏䬈幪㠲杹⊕┡ἶぼダ⍒俉俠), (2004) 司ὖ 㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 092 ┠
1.4.2005
Suzhou Goldschmiedehandwerk Kleidungs- und Schmuck-GmbH gegen Guo Bochao (司⼇⼫拺⑉⼎厣㠶檙㠲杹⊕┡ἷ或⒃庮ᾙ⑿┱┵俉俠), (2004)司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 082 ┠
4.3.2005
Liquidationsgruppe der Kunshan Treuhand-Investitionsgesellschaft gegen Kunshan Huaqiao Standort Jianfu Dorf Dorfbevölkerungs-Ausschuss u.a. (㜯⼫ℊ㎁㎾幭⊕┡㼮䳀俭峲㜯⼫叚㦎晰〣䪸㡺㡺㴺 ⫽▁⁃盨㛙檙傷⥺刟⼎ὃ㠲杹⊕┡盨⩐䊍䙞⊕┡ス⾭䤨⩃䫶俸啎⊕ ┡盨ἳ㺠✲ⳃ⨿⊱㻛㴽俸啎㠲杹⊕┡盨㜯⼫⼎ὃ幭ῐ俸啎ㅤ⊕┡ ⅈ㱧俉俠), (2002) 司ὖ㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 020 ┠
19.12.2007
Anpulasi GmbH gegen Hanjia Modellform (Suzhou) GmbH (Ⲳ㞗㏲㛘㠲 杹⊕┡峲㵲⏉㭊⥺盤司⼇盥㠲杹⊕┡幋ῐ㍩㠲㡬俉俠), (2005) 司ὖ㴺 ἲ⍆Ⲁ䱕 0217 ┠
n) Mittleres Volksgericht Wenzhou/Zhejiang (㺂㶈䠪㽒⼇⼫ὖ俐ΰ㴺㷾枋) 13.12.2005
Antrag der Schneider Electric Industries SAS auf Anerkennung eines Urteils des Tribunal de Grande Instance de Paris (㛦儹ム䙞㴽⼎ὃ⊕┡ 䙜崠㎨峍㷾⠦⼝濷⩐Ⳋ㷾枋⍍⋜⡑ὖ⑷ΰ㴺⊚▵⠦榯⤈⊮⊠㠲㷾ゴ㙱 ⏄俉俠⾟ᾱ㎐奵㥱), (2005) 㽒㴺ἲ⍆Ⲁ䱕 155 ┠, im Internet abrufbar in der kostenlosen Entscheidungsarchivbibliothek Panjueshu (⍍⋜ᾏ㦌㥱檯 ) unter http://www.panjueshu.com/zhejiang/ wenzhou/zhongyuan/schneider.html (zuletzt besucht am 22.1.2012)
o) Mittleres Volksgericht Wuxi/Jiangsu (㶈司䠪㜉晊⼫ὖ俐ΰ㴺㷾枋) 17.8.2005
Wuxi Xishan Südliche Rostfreie Stahl-GmbH gegen Taizhou Hongbiantian Produktionswerk für kegelförmige Fahnenstangen (㜉晊⼫晊⒀ 㛢ἶ昱旋㠲杹⊕┡峲┙⼇俋慶⩒晎る㜀㡯⍟慉⒫喀₅㡬⃞㡬俉俠㥱), (2005) 晊䤎⍆Ⲁ䱕 86 ┠, im Internet abrufbar auf der Seite der Rechtsbibliothek Xihu (媨㽿㷾ゴ ⠧ᾏ檯) unter http://www.law-lib.com/cpws/cpws_view.asp?id=200401 042822 (zuletzt besucht am 22.1.2012)
p) Mittleres Volksgericht Xiamen/Fujian (䪸〣䠪Ⓩ朑⼫ὖ俐ΰ㴺㷾枋) 13.8.2003
Kwok & Yih Rechtsanwälte gegen Huayang Farbdruck-Gesellschaft (或 ┟ゴ⼱奵峲Ⓩ朑⑷㸴を⒙⊕┡䔯┱┵俉俠䳊悿㡬〫峗㥱), Supreme People’s Court Gazette 2004.7, S. 32, im Internet abrufbar in der kostenlosen Entscheidungsarchivbibliothek Panjueshu ( ⍍ ⋜ ᾏ 㦌 㥱 檯 ) unter http://www.panjueshu.com/fujian/ xiamen/zhongyuan/lvshihang.html (zuletzt besucht am 22.1.2012)
524
Entscheidungsregister
q) Mittleres Volksgericht Xi’an/Shaanxi (松媨䠪媨Ⲳ⼫ὖ俐ΰ㴺㷾枋) 9.3.2005
Amt für Öffentliche Verkehrswege der Provinz Gansu gegen Yokohama Rubber Co. Ltd. (䙁冬䠪⊕弘ἷ㜎㡕㭓䀑㮊刟㥓〸⁃䩧ῐ◪幌․⃞ 㡬俉俠), (2002) 媨俸⍆Ⲁ䱕 074 ┠
r) Mittleres Volksgericht Zhenjiang/Jiangsu (㶈司䠪晰㶈⼫ὖ俐ΰ㴺㷾枋) 18.11.2005
Zhenjiang Baohua Sattelschlepper-Zubehör-GmbH gegen Jiangyin Guohua Sattelschlepper-Zubehör-GmbH (晰㶈⼫Ⳇ⑷⑳㐫悏扶‟㠲杹⊕┡ 峲㶈杝⼫⠦⑷⑳㐫悏扶‟㠲杹⊕┡喀₅㡬俉俠㥱), (2005)晰㴺ἲ⍆ Ⲁ䱕 34 ┠, im Internet abrufbar auf der Seite der Rechtsbibliothek Xihu (媨㽿㷾ゴ ⠧ᾏ檯) unter http://www.law-lib.com/cpws/cpws_view.asp?id=200401 041994 (zuletzt besucht am 22.1.2012)
11.5.2006
Li Xinghua gegen Guangzhou Wangyi Computersystem-GmbH (㡷奵⑷ 峲⾨⼇偺㜼峊䳀㡣两倈㠲杹⊕┡喀₅㡬俉俠㥱), (2006)晰㴺ἲ⍆Ⲁ 䱕 10 ┠, im Internet abrufbar in der kostenlosen Entscheidungsarchivbibliothek Panjueshu ( ⍍ ⋜ ᾏ 㦌 㥱 檯 ) unter http://www.panjueshu.com/jiangsu/ zhenjiang/zhongyuan/wangyi.html (zuletzt besucht am 22.1.2012)
4. Seegerichte a) Seegericht Guangzhou (⾨⼇㺠ᾴ㷾枋) 1989
Wald-Gesellschaft der Provinz Hainan gegen Singapur Titan Schifffahrts-Privat-GmbH, Singapur Dabin (Private) GmbH (㺠⒀䠪㡑㣀⊕┡ 峲㛙⏉⢊㸙⢏卢⏊䫪ΰ㠲杹⊕┡盨㛙⏉⢊惧㚵盤䫪ΰ盥㠲杹⊕┡㓹⑾ 㱣峱㒈Ⳝ幽↨俉俠㥱), Supreme People’s Court Gazette 1993.2
25.1.2002
Qing Industriewaren Import & Export Unternehmen Shenzhen gegen Jinxing GmbH für Schiffahrtsgeschäfte, Außenvertretung Shenzhen (㼚 ⡜悤⼎ὃ◪愄⌣┌⊕┡峲拺㝈卢⏊㠲杹⊕┡ѥ㼚⡜⨿㺠ἳ幐䎒惹悼 ┱┵俉俠), (2001) ⾨㺠㷾⍆Ⲁ䱕 264 ┠
25.12.2003
Yihe Import/Export-Aktien-GmbH der Stadt Shenzhen gegen MSC Mediterranean Shipping Company SA, Go-Trans (Hong Kong) Ltd, Go-Trans Express Ltd. (㼚⡜⼫ㅊ䫧愄⌣┌凊…㠲杹⊕┡峲 -3# ⡙ὖ㺠卓惹㠲杹 ⊕┡ѥ氁㜵幐惹盤櫂㽘盥㠲杹⊕┡ѥ氁㜵ㄔ惹㠲杹⊕┡㺠ἳ幐䎒惹悼 ┱┵幐䎒῍ 俉俠), (2003) ⾨㺠㷾⍆Ⲁ䱕 176 ┠
7.4.2005
Zhaoying Metall-GmbH der Stadt Guangzhou gegen Kangjie Luftfrachtkommissions-GmbH Beijing Niederlassung Guangzhou, Expeditors International of Washington, Inc. (USA), Kangjie Luftfrachtkommissions-GmbH Beijing (⾨⼇⼫≯澙᾽拺㠲杹⊕┡峲⑀㒠䮣幐惹䔯 㠲杹⊕┡⾨⼇⌯⊕┡ѥ⏛惧幐惹凊…㠲杹⊕┡ѥ⑀㒠䮣幐惹䔯 㠲杹⊕┡㺠ἳ幐䎒惹悼㜉㓹⑾῍ 幐䎒俉俠), (2004) ⾨㺠㷾⍆Ⲁ䱕 59 ┠
II. Taiwan
525
b) Seegericht Tianjin (⩒㹎㺠ᾴ㷾枋) 29.6.1992
Liberia Yixun Schiffahrtsgesellschaft gegen Panama Jinguang Übersee Privatbetriebs-GmbH (⍒㳽拵ῃ㜼惮卓惹⊕┡ἷ⼝㐨殕拺≲㺠⨿䫪ΰ 俸啎㠲杹⊕┡卢卟䧙㗇㒈Ⳝ幽↨俉俠㥱), im Internet abrufbar in der kostenlosen Entscheidungsarchivbibliothek Panjueshu ( ⍍ ⋜ ᾏ 㦌 㥱 檯 ) unter http://www.panjueshu.com/tianjin/ haishi/yixun.html (zuletzt besucht am 22.1.2012)
30.7.2002
Shenglun Import & Export GmbH Hebei gegen Jinchuang International Kurier GmbH (= Tianjin-Inchon International Passenger & Cargo Shipping Co., Ltd., Südkorea) (㷜⑀⡌Ὼ愄⌣┌凊…㠲杹⊕┡ἷ㹎⼆⠦ 杮ⳋ幐卓惹㠲杹⊕┡㜉㲌㡕㓹⑾㙧幐俉俠㥱), (2002) 㺠♯⍆Ⲁ䱕 144 ┠
c) Seegericht Wuhan (㲏㵲⼫㺠ᾴ㷾枋) 1998
Piratenschiff Tianyu (ѭ⩒姾Ѯ悗㺠䠀卢㥱), zitiert nach RAO Zhongxiang / WANG Jianxin, CCMT Nr. 544; HONG Yiqing, Taisheng Xin Shijiao 2005, 65 (66)
II. Taiwan II. Taiwan
Die zitierten Entscheidungen der Gerichte Taiwans sind im Internet über das Rechtswissenschaftliche Datenabrufsystem (Law and Regulation Retrieving System – 㷾ⲡ巰㛂㯋之 两亚) des Justizhofes (Judicial Yuan – ┡㷾枋) unter http://jirs.judicial.gov.tw/ Index.htm (zuletzt besucht am 1.11.2011) mit Hilfe des jeweiligen Aktenzeichens abrufbar. Sie sind in der folgenden Aufstellung unter dem urteilenden Gericht chronologisch sortiert.
1. Oberstes Gericht Taiwans (匣䆌㠩氁㷾枋) 8.5.1992
81 ⾝┙ἳⲀ䱕 935 垈
27.12.1996
85 ⾝⿏┙ἳⲀ䱕 3095 垈
24.2.2000
89 ⾝┙ἳⲀ䱕 461 垈
3.5.2002
91 ⾝⿏┙ἳⲀ䱕 859 垈
14.2.2003
92 ⾝┙䵊ἳⲀ 4 垈
16.8.2007
96 ⾝┙ἳⲀ䱕 1804 垈
27.3.2008
97 ⾝⿏┙㏀Ⲁ䱕 185 垈
22.5.2008
97 ⾝⿏┙ἳⲀ䱕 1038 垈
13.11.2008
97 ⾝┙ἳⲀ䱕 2376 垈
26.11.2009
98 ⾝┙ἳⲀ䱕 2259 垈
526
Entscheidungsregister
2. Obergericht Taiwans (匣䆌氁䱲㷾枋) 2.4.2002
90 ⾝⿏拶ἳⲀ䱕 521 垈
16.1.2006
95 ⾝⿏㺱ἳⲀ䱕 2 垈
16.5.2006
95 ⾝⿏ἳⲀ䱕 171 垈
27.2. 2007
95 ⾝⿏拶ἳⲀ䱕 139 垈
20.11.2007
96 ⾝⿏ἳ㠝Ἡ Ⲁ䱕 52 垈
4.3.2009
96 ⾝⿏℆染ἳⲀ䱕 19 垈
26.8.2009
96 ⾝⿏拶ἳⲀ䱕 493 垈
3. Distriktgerichte a) Distriktgericht Taibei (匣䆌匣⑀⡙㛢㷾枋) 24.2.2006
93 ⾝⿏℆染Ⲁ䱕 8 垈
7.7.2010
98 ⾝⿏拶孝Ⲁ䱕 159 垈
30.7.2010
99 ⾝⿏拶孝Ⲁ䱕 295 垈
31.8.2010
99 ⾝⿏䵊ἳⲀ䱕 197 垈
b) Distriktgericht Banqiao (㢨㭴⡙㛢㷾枋) 31.5.2005
94 ⾝⿏孝Ⲁ䱕 301 垈
22.12.2009
97 ⾝⿏拶孝Ⲁ䱕 480 垈
III. Macau III. Macau
Die zitierten Entscheidungen der Gerichte der Sonderverwaltungszone Macau (Tribunais da Região Administrativa Especial de Macau – 䃜暩䎢⍎奵㙨⑩㷾枋) sind – soweit nicht anders angegeben – über deren Internetseite unter http://www.court.gov.mo (zuletzt besucht am 30.10.2011) oder über die Seite Asian Legal Information Institute unter http://www.asianlii.org/mo (zuletzt besucht am 30.10.2011) abrufbar. Sie sind in der folgenden Aufstellung unter dem urteilenden Gericht chronologisch sortiert.
1. Tribunal da Última Instância de Macau 17.7.2002
n.° 8/2002 (AsianLII-Nr. [2002] MOTUI 10)
11.2.2010
n.° 43/2009 (AsianLII-Nr. [2010] MOTUI 7)
2. Tribunal da Segunda Instância de Macau 11.4.2002
n.° 17/2001 (AsianLII-Nr. [2002] MOTSI 54)
7.11.2002
n.° 104/2002 (AsianLII-Nr. [2002] MOTSI 162)
IV. Hong Kong 10.6.2004
527
n.° 29/2003 (AsianLII-Nr. [2004] MOTSI 163)
16.4.2009
n.° 140/2006 (AsianLII-Nr. [2009] MOTSI 171)
7.5.2009
n.° 520/2007 (AsianLII-Nr. [2009] MOTSI 270)
2.7.2009
n.° 16/2008 (AsianLII-Nr. [2009] MOTSI 405)
3. Tribunal Superior de Justiça de Macau 3.7.1996
n.° 482/1996, abrufbar über die Internet-Seite der Anwaltsvereinigung von Macau (Associação dos Advogados de Macau) unter http://www. informac.gov.mo/aam/portuguese/jurisprudencia/1996/art0110. htm (zuletzt besucht am 5.8.2011)
IV. Hong Kong IV. Hong Kong
Die Entscheidungen der Gerichte von Hong Kong lassen sich über das Rechtliche Referenzsystem (Legal Reference System – 㷾ゴ⓬儬巰㛂两亚) der Justiz (Judiciary – ┡㷾㮈㫴) der Sonderverwaltungszone Hong Kong unter http://legalref.judiciary.gov.hk/lrs/common /ju/judgment.jsp (zuletzt besucht am 30.10.2011) abrufen.
1. Gerichte von Hong Kong A Solicitor v. The Law Society of Hong Kong (FACV24/2007) v. 13.3.2008, [2008] 2 HKLRD 576; (2008) 11 HKCFAR 117 Akai Holdings Ltd. (In Liquidation) v. Thanakharn Kasikorn Thai Chamkat (Mahachon) (HCCL59/2004) v. 26.5.2008 Anheuser-Busch, Inc. v. Budejovicky Budvar, Narodni Podnik (HCA11095/1999) v. 4.10.2000 Bank of India v. Gobindram Naraindas Sadhwani Vinoo Gobindram Sadhwani (HCA4939/1982) v. 27.4.1988 Bayer Polymers Co. Ltd. v. Industrial and Commercial Bank of China, Hong Kong Branch (HCCL307/1998) v. 22.11.1999 Botanic Ltd. v. China National United Oil Corp. (HCA1852/2005) v. 25.8.2008 CDC Finance & Leasing Corp. and Another v. The Owners and/or Demise Charterers of the Vessel M V “Liberty Container” (HCAJ207/2003) v. 31.3.2004 CEF New Asia Co. Ltd. v. Wong Kwong Yiu, John (CACV77/1999) v. 8.6.1999, [1999] 3 HKLRD 697 Chan Chi Keung t/a Tadi Land International and Another v. Delmas Hong Kong Ltd. (HCCL40/2003) v. 7.6.2004 Chan Chow Yuen v. Nangyang Commercial Bank Trustee Ltd. And Others (HCAP4/2002) v. 7.6.2004
528
Entscheidungsregister
Chan Kui v. Lee Fai t/a Fai Kee Timber (HCPI126/1995) v. 2.5.1997 Charter View Holdings (B.V.I.) Ltd. v. Corona Investments Ltd. and Another (HCA8190/1995) v. 10.9.1997, [1998] 1 HKLRD 469 Chen Li Hung and Another v. Ting Lei Miao and Others (FACV2/1999) v. 27.1.2000, [2000] 1 HKLRD 252; (2000) 3 HKCFAR 9 Chiyu Banking Corp. Ltd. v. Chan Tin Kwun (HCA11186/1995) v. 12.7.1997, [1996] 2 HKLRD 395 Cim Co. Ltd. and Others v. Koo Chi Yun (HCA4293/1999) v. 6.12.2001 Century Yachts Ltd. v. Xiamen Celestial Yacht Ltd. (CACV000011/1993) v. 8.6.1993 Continental Mark Ltd. v. Verkehrs-Club de Schweiz (HCA7999/2000) v. 31.10.2001 Duan Qi Gui v. Upper Like Investment and Others (HCA1004/2005) v. 22.8.2007 Esquel Enterprises Ltd. and Another v Tal Apparel Ltd. and Another (CACV71/2005) v. 26.1.2006, [2006] 2 HKLRD 363 Ferromin Ltd. v. Nittetsu Shoji Co. Ltd. (HCCL41/1998) v. 29.1.1999 First Laser Ltd. v. Fujian Enterprises (Holdings) Co. Ltd. and Another (HCA4414/2001) v. 5.2.2008 First National Bank of Chicago v. Carroway Enterprises Ltd. and Others (HCA148/1989) v. 20.12.1989 GDH Ltd. v. Creditor Co. Ltd. (HCA1462/2006) v. 24.10.2008 Gobindram Naraindas Sadhwani Vinoo Gobindram Sadhwani (HCA4939/1982) v. 27.4.1988 Guangdong International Trust and Investment Corp. Hong Kong (Holdings) Ltd. v. Yueh Wah (Hong Kong) Wah Fat Ltd. (HCA3503/1996) v. 7.4.1997, [1997] HKLRD 489 Hang Lung Bank Ltd. v. World-Wide Properties Corp. Ltd. (HCA1344/1984) v. 9.8.1985 Hing Fat Plastic Manufacturing Co. Ltd. v. Advanced Technology Products (HK) Ltd. (HCA3104/1992) v. 23.7.1992 Hwoo Huang Linda v. Fu Being San and Others (HCA4888A/2001) v. 10.4.2002 Inchcape
J.D.H. Ltd. v. Baltrans Exhibition & Removal Ltd. (HCCL257/1996) v. 27.10.1997, [1997] HKLRD 1278
and
Another
Insurance Co. of the State of Pennsylvania v. Grand Union Insurance Co. Ltd. (CACV29/1988) v. 27.5.1988, [1988] 2 HKLR 541 New Link Consultants Ltd. v. Air China and Others (HCA515/2001) v. 3.5.2004 Noble Power Investments Ltd. and Another v. Nissei Stomach Tokyo Co. Ltd. (HCA285/2007) v. 30.11.2007, [2008] 1 HKLRD 134 Noble Power Investments Ltd. and Another v. Nissei Stomach Tokyo Co. Ltd. (CACV398/2007) v. 27.6.2008, [2008] 5 HKLRD 631
IV. Hong Kong
529
Peregrine Fixed Income Ltd. v. JP Morgan Chase Bank (HCCL2/2004) v. 4.2.2005, [2005] 3 HKLRD 1 Robin Hargreaves on his own behalf and on behalf of those Lloyds’ Syndicates listed on the Schedule to the writ of summons v. Taian Insurance Co. Ltd. (HCCL27/2005) v. 6.6.2006, [2006] 3 HKLRD 70 Shanghai Reeferco Container Co. Ltd. v. Waggonbau Elze GmbH&Co Besitz KG (HCA3341/2003) v. 20.2.2004 Shenzhen Futaihong Precision Industry Co. Ltd. And Others v. BYD Co. Ltd. and Others (HCA2114/2007) v. 27.6.2008 Star Cruises (HK) Ltd. v. Tung Ho Wah (DCPI44/2005) v. 15.3.2006 T & K Electronics Ltd. v. The Tai Ping Insurance Co. Ltd. (HCCL61/1997) v. 23.9.1997, [1998] 1 HKLRD 172 Tan Tay Cuan v. Ng Chi Hung (HCA5477/2000) v. 5.2.2001 The Adhiguna Meranti (CACV66/1986) v. 24.4.1987, [1987] HKLR 904 Tjoe, Joen Moy v. Lie Herlina Jauhari (DCCJ417/2001) v. 5.9.2003 Truebell Plc v. Leung Fai Man t/a Truebell Marketing Co. (HCA1242/1997) v. 31.12.1998 Wang Hsiao Yu v. Wu Cho Ching (HCA1690/1997) v. 4.7.2000 Wuhan Zhong Shuo Hong Real Estate Co. Ltd. v. The Kwong Sang Hong International Ltd. (HCA14325/1998) v. 12.6.2000 Xinjiang Xingmei Oil-Pipeline Co. Ltd. v. China Petroleum & Chemical Corp. (HCCL6/2004) v. 18.2.2005 Yongheng Nevada International Company Ltd. v. Chan Mau Tak (HCA014528/1998) v. 5.5.2000 York Airconditioning & Refrigeration Inc. v. Lam Kwai Hung t/a North Sea a/s Elec. Eng. Co. (HCA8176/1993) v. 16.12.1994, [1995] 2 HKLR 256 Yu Lap Man v. Good First Investment Ltd. (CACV115/1998) v. 12.1.1999
2. Gerichte des Vereinigten Königreichs Abidin Daver, The [1984] AC 398 (House of Lords v. 26.1.1984) British South Africa Co. v. Companhia de Moçambique [1893] AC 602 (House of Lords v. 8.9.1893) Chaplin v. Boys [1971] AC 356 (Court of Appeal v. 6.12.1967) Phillips v. Eyre [1870] LR 6 QB 1 (Exchequer Chamber v. 23.6.1870) Red Sea Insurance Co. Ltd. v. Bouygues SA [1995] 1 AC 190 (Privy Council v. 19.7.1994) Société Commerciale de Réassurance v. Eras International Ltd. (formerly Eras UK) And Others [1992] 1 Lloyd’s Rep. 570 (Court of Appeal v. 21.11.1991) Spiliada Maritime Corp. v. Cansulex Ltd. [1987] AC 460 (House of Lords v. 19.11.1986)
530
Entscheidungsregister
3. Neuseeländische Gerichte KK Sony Computer Entertainment v Van Veen, (2006) 71 IPR 179 (High Court of New Zealand v. 14.12.2006)
Sachregister Sachregister
(Zahlen = Randnummern) (F = Festland, T = Taiwan, M = Macau, HK = Hong Kong) allgemeine Geschäftsbedingungen M 966 f. Anerkennung fremder Gerichtsentscheidungen F 596 ff.; T 854 ff.; M 993 ff.; HK 1149 ff. – Anerkennungsklage F 635, 642; HK 641, 1149 ff. – common law HK 641, 1149 ff. – Gerichtsstandsvereinbarung F 622 f.; HK 1160 – im Verhältnis F – HK: F 616 ff., HK 1159 ff. – im Verhältnis F – M: F 604 ff., M 995 – im Verhältnis F – T: F 597 ff., T 863 ff. – im Verhältnis HK – M: M 994; HK 1150 ff. – im Verhältnis T – HK: T 854 ff.; HK 1150 ff. – im Verhältnis T – M: T 854 ff.; M 994 – Verbürgung der Gegenseitigkeit F 635 ff.; T 861 f., 865 f. – Wiederaufnahmeverfahren F 641; HK 1163 f. Anerkennungs-Arrangement Hong Kong F 107, 616 ff.; HK 1159 ff. – Gerichtsstandsvereinbarung F 622 f.; HK 1160 Anerkennungs-Arrangement Macau F 106, 604 ff.; M 995 Anerkennungs-Regelungen Taiwan F 90, 597 ff. Anspruchsgrundlagenkonkurrenz F 293 ff., 340 Arbeitsvertrag F 469 ff.; T 795; M 964; HK 1110 f.
Beweislast F 341 ff.; HK 1080 Bills of Exchange Ordinance HK 1126 ff. charakteristische Leistung F 453 ff.; T 784 common law HK 1010 ff. Delikt F 505 ff.; T 807 ff.; M 974 ff.; HK 1116 ff. – akzessorische Anknüpfung F 522; HK 1118 – Auflockerung F 511 ff.; T 810; M 976; HK 1119 – Gerichtsstand F 243 ff.; T 693 f.; M 892 f.; HK 1046 f. – und lex fori F 517 ff.; T 808, 810; HK 1116 ff. – Privatautonomie F 523; T 814, 817 – Produkthaftung F 525 ff., T 812 ff.; M 978 – Rechtswahl F 523; T 814, 817 – und Vertrag F 293 ff.; HK 1118 – Zuständigkeit F 243 ff.; T 693 f.; M 892 f.; HK 1046 f. Deliktsfähigkeit F 407 f., 414; HK 1093, 1121 dépeçage F 478; HK 1101 domicile HK 1037 f., 1090 Domicile Ordinance HK 1037 Eingriffsnormen F 358 f., 364 f.; T 737 f.; M 938; HK 1086 – Joint Venture F 464
532
Sachregister
Erfüllungsort, Gerichtsstand F 204 ff.; T 690; M 887 ff.; HK 1044 – Darlehen F 215 f. – Kaufvertrag F 209 ff. – Rückkaufgeschäft F 214 – Werkvertrag F 212 f. Ermittlung fremden Rechts F 387 ff.; T 746 ff.; M 939 ff.; HK 1087 f. Ersitzung F 573 Festland-Bestimmungen T 650 ff. – Anwendungsbereich T 653 ff. Festland-IPRG F 81 ff. Flugzeug – Delikt F 524; M 977 – Sachenrecht F 583; T 841; M 988; HK 1141 f. – Zuständigkeit T 694 Forderungsabtretung F 479; T 789 f., 794; M 963; HK 1109 Form F 481 ff.; T 796 ff., M 933, 968; HK 1113 – Gerichtsstandsvereinbarung F 270, 623; T 706; M 916; HK 1059 forum non conveniens F 322 ff.; T 719 ff.; M 924 ; HK 1070 ff. geistiges Eigentum – Deliktsgerichtsstand F 248 ff., HK 1047 – Sachenrecht F 584 ff.; T 842 ff.; M 989; HK 1143 – unerlaubte Handlung F 529 Genfer Scheckrechtskonvention M 982 Genfer Wechselrechtskonvention M 982 Gerichtsstand s. auch Zuständigkeit – Arbeitsrecht M 902 f. – Beklagtenwohnsitz F 172 ff.; T 684 ff.; M 880 f., 884 f.; HK 1022, 1036 ff. – Belegenheitsort des Prozessgegenstands F 227 ff.; HK 1050 – Belegenheitsort pfändbaren Beklagtenvermögens F 231 ff.; T 691 f.; M 901 – trust HK 1048 f., 1054 – Delikt F 243 ff.; T 693 f.; M 892 f., HK 1046 f. – Gesellschaftsrecht T 699 – gewöhnlicher Aufenthalt HK 1039 f.
– Joint Venture F 260 ff. – Ort der Vertragserfüllung F 204 ff.; T 690; M 887 ff.; HK 1044 – Ort des Vertragsschlusses F 191 ff.; M 894; HK 1030 ff., 1042 – Sitz eines Vertreters F 257 f.; HK 1030 ff., 1043 – Versicherungsvertrag F 223 – Vertragsstatut HK 1053 – Zweigniederlassung F 258; T 698; M 884 f. Gerichtsstandsvereinbarung F 268 ff.; T 706 ff.; M 906 ff.; HK 1056 ff. – und allgemeine Geschäftsbedingungen T 706; M 967 – und Anerkennung fremder Gerichtsentscheidungen F 622 f.; HK 1160 – Form F 270; T 706; M 916; HK 1059 – konkludente F 288 ff.; T 710; M 917 ff.; HK 1058 Geschäftsfähigkeit – juristische Person F 427, 430, 433; T 768, 770 f., 772 ff.; M 953; HK 1096 – natürliche Person F 401 ff.; T 751 ff., 756 f.; M 943 ff.; HK 1090 ff. Geschäftsführung ohne Auftrag F 535 ff.; T 822 ff.; M 981; HK 1122 ff. Gesellschaftsstatut F 425 ff.; T 759 ff.; M 950 ff.; HK 1094 ff. gewöhnlicher Aufenthalt F 137 ff., 416; M 881, 947; HK 1039 f. – und Personalstatut F 137 ff., 416; M 946 ff. – Zuständigkeit HK 1036, 1039 f. Güter auf dem Transport F 577 ff.; T 838 f.; M 987; HK 1139 f. Haager Stellvertretungsübereinkommen T 802 ff. Haager Trust-Übereinkommen HK 1144 ff. Haager Wertpapierübereinkommen T 851 Haushaltsregister F 123 – und Wohnsitz F 140 f. Hong Kong/Macau-Antworten F 41 Hong Kong/Macau-Bestimmungen T 650 ff. – Anwendungsbereich T 657 Immobilien s. unbewegliches Vermögen
Sachregister internationale Gepflogenheiten – Begriff F 95 – und ordre public F 377 ff. – als Rechtsquelle F 94 ff. Joint Venture – Vertragsstatut F 464 ff. – Zuständigkeit, interregionale F 260 ff. juristische Person – Geschäftsfähigkeit F 427, 430, 433; T 768, 770 f., 772 ff.; M 953; HK 1096 – Rechtsfähigkeit F 427, 430, 433; T 768, 770 f., 772 ff.; HK 1095 – Staats-/Regionalzugehörigkeit F 160 ff., T 760 ff. Justizauslegungen F 35 ff. Kaufvertrag – Gerichtsstand des Erfüllungsortes F 209 ff. – objektive Anknüpfung F 461 lis pendens F 312 ff., T 713 ff.; M 923, 1002 f.; HK 1066 f. locus regit actum F 401, 412 f.;T 751 f.; M 943 ff. Macau-ZGB M 876 Mainland Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance HK 1015, 1159 ff. Moçambique rule HK 1052, 1055 ModellG F 78 Notzuständigkeit F 328; T 686; M 925 ordre public F 368 ff.; T 739 ff. ; M 937 f. ; HK 1084 ff. – Anerkennung fremder Gerichtsentscheidungen F 602, 609 f., 627; T 858 ff., 865, 867 f.; M 1005; HK 1156 ff., 1166 – Ergebnislehre F 372, 375 ff.; T 742, 745 – internationale Gepflogenheiten F 377 ff. Personalstatut F 118 ff., 416 ff.; T 754 f.; M 946 ff.; HK 1090, 1094 Praktische Antworten F 87
533
Prinzip der gegenseitigen Begünstigung F 635 ff. Produkthaftung F 525 ff.; T 812 ff.; M 978 – Gerichtsstand F 246 Protokoll 1989 F 42 f. Qualifikation F 329 ff.; T 722 ff.; M 926 ff.; HK 1077 ff. – Beweislast F 341 ff.; HK 1080 – Gegenstand F 330 ff.; M 928; HK 1077 – Treuhand F 594 f.; T 852 f.; M 992 – Verjährung F 551; T 829; M 984; HK 1075, 1135 Rechtsfähigkeit – juristische Person F 427, 430, 433; T 768, 770 f., 772 ff.; HK 1095 – natürliche Person F 394 ff.; T 750, 758; M 942; HK 1089 Rechtshängigkeitseinwand s. lis pendens Rechtsumgehung F 355 ff.; T 735 ff.; M 934 ff.; HK 1086 Rechtswahl F 440 ff.; T 775 ff.; M 959 f.; HK 1100 ff. – durch Prozessverhalten F 443 ff. – stillschweigende F 442 ff.; T 776 f., 779; M 959; HK 1099, 1103 – Zeitpunkt F 446 ff.; T 778 Regionalzugehörigkeit F 120 ff. renvoi F. 349 ff.; T 728 ff.; M 931 ff.; HK 1082 f. res in transitu F 577 ff.; T 838 f.; M 987; HK 1139 f. res judicata F 318 ff.; T 718; M 923, 1002 f., 1007; HK 1068 f. Rückkaufgeschäft F 214 Rückverweisung s. renvoi Rules of the High/District Court HK 1016 Sachenrecht F 555 ff.; T 831 ff.; M 985 ff.; HK 1136 ff. – Flugzeug F 583; T 841; M 988; HK 1141 f. – Form F 482; T 800; HK 1113 – geistiges Eigentum F 584 ff.; T 842 ff.; M 989; HK 1143
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Sachregister
– Güter auf dem Transport F 577 ff.; T 838 f.; M 987; HK 1139 f. – Schiff F 581 f.; T 841; M 988; HK 1141 f. – Treuhand F 593 ff.; T 852 f.; M 990 ff.; HK 1144 ff. – Verfügungsfähigkeit F 409, 414; T 774, 833; M 986; HK 1092 – Wertpapier F 587 ff.; T 845 ff. Scheck s. Wechsel Scheckfähigkeit F 410 f.; T 826; HK 1126, 1130 Schiff – Delikt F 524; M 977 – Sachenrecht F 581 f.; T 841; M 988; HK 1141 f. – Zuständigkeit T 694; M 897, 899 Schuldübernahme F 479; T 791 f., 794 stare decisis HK 1011 ff. Stellvertretung F 495 ff.; T 802 ff.; M 969 ff.; 1114 f. Streitgenossenzuständigkeit F 305 ff.; T 711; M 922; HK 1063 ff.
– Arbeitsrecht F 469 ff.; T 795; M 964; HK 1110 f. – charakteristische Leistung F 453 ff.; T 784 – und Delikt F 293 ff. – engste Verbindung F 452 ff.; T 784; M 961; HK 1104 ff. – Form F 485 ff.; T 796 ff.; M 933, 962, 968; HK 1113 – objektive Anknüpfung F 452 ff.; T 781 ff.; M 961; HK 1104 ff. – Rechtswahl F 440 ff., T 775 ff.; M 959 f.; HK 1100 ff. – unbewegliches Vermögen F 462 – Verbraucher F 473 f.; T 795; M 965; HK 1112 Vertragsbestimmungen 2007 F 62 Vollmacht s. Stellvertretung Vollstreckung fremder Gerichtsentscheidungen F 603, 613, 629; T 855, 863; s. auch Anerkennung Vorfrage F 345 ff.; T 725 ff.; M 929 f.; HK 1081
Taiwan-IPRG T 677 ff. Treuhand F 593 ff.; T 852 f.; M 990 ff.; HK 1144 ff. trust HK 1144 ff.; s. auch Treuhand
Wechsel F 539 ff.; T 826 ff.; M 982 f.; HK 1126 ff. – Außenbezug F 167 ff. – Form F 483 f.; T 801; HK 1128 – Gerichtsstand F 224 f.; T 701 Wechselfähigkeit F 410 f.; T 826; HK 1130 Weiterverweisung s. renvoi Wirtschaftsstreitigkeit F 51 ff. Wohnsitz – Begriff F 174 ff.; T 684; M 880 f., 884 f.; HK 1037 f. – und Personalstatut F 136, 138 ff., 416; HK 1090 – Zuständigkeit F 172 ff.; T 684 ff.; M 880 f., 884 f.; HK 1036 ff.
unbewegliches Vermögen F 555 f. – Abgrenzung F 569 f.; HK 1078, 1137 – Form F 482 – Stellvertretung M 973 – Verfügungsfähigkeit F 409, 414; T 774, 833; M 986 – Vertragsstatut F 462 – Zuständigkeit F 265; T 700, 705; M 895 ff., 904; HK 1050 ff. unerlaubte Handlung s. Delikt ungerechtfertigte Bereicherung F 530 ff.; T 818 ff.; M 979 f.; HK 1122 ff. UN-Kaufrecht F 92, 439 Verbrauchervertrag F 473 f.; T 795; M 965; HK 1112 Verjährung F 551 ff.; T 829 f.; M 984; HK 1075, 1135 Vertrag F 436 ff.; T 775 ff.; M 955 ff.; HK 1099 ff.
ZGB-Entwurf F 79 f. Zivilprozessgesetz – Festland F 73 – Macau M 871 ff. – Taiwan T 665 ff. Zuständigkeit, interregionale F 73, 171 ff.; T 665 ff., 684 ff.; M 871 ff., 879 ff.; HK 1019 ff.; s. auch Gerichtsstand
Sachregister – ausschließliche F 259 ff.; T 705; M 904 f.; HK 1055 – forum conveniens F 328; M 925 – rügelose Einlassung F 288 ff.; T 710; M 917 ff.; HK 1058 – Streitgenosse F 305 ff.; T 711; M 922; HK 1063 ff.
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– durch Zustellung HK 1019 ff. Zuständigkeitsvereinbarung s. Gerichtsstandsvereinbarung Zuständigkeitskonzentration F 57 Zweites Protokoll F 59 ff. zwingendes Recht s. Eingriffsnormen