Heinrich I. und die fränkische Königssalbung [Reprint 2021 ed.] 9783112498781, 9783112498774


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German Pages 60 [62] Year 1956

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Heinrich I. und die fränkische Königssalbung [Reprint 2021 ed.]
 9783112498781, 9783112498774

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BERICHTE ÜBER DIE VERHANDLUNGEN DER SÄCHSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU LEIPZIG Philologisch-historische Band

102

Klaste • Heft

MARTIN

3

LINTZEL

H E I N R I C H I. U N D DIE F R Ä N K I S C H E

KÖNIGSSALRUNG

19 5 5

AKADEMIE-VERLAG•BERLIN

V o r g e t r a g e n i n der S i t z u n g v o m 13. D e z e m b e r 1 9 5 4 M a n u s k r i p t eingeliefert a m 14. März 1955 D r u c k f e r t i g erklärt a m 28. S e p t e m b e r 1955

Erschienen im Akademie-Verlag G m b H . , Berlin W 8, M o h r e n s t r a ß e 39 V e r ö f f e n t l i c h t u n t e r der L i z e n z n u m m e r 1217 des A m t e s f ü r L i t e r a t u r u. Verlagswesen der D e u t s c h e n D e m o k r a t i s c h e n Republik S a t z u n d D r u c k der B u c h d r u c k e r e i F. Mitzlaff K G . , R u d o l s t a d t V/14/7 •— 561 Bestell- u n d V e r l a g s n u m m e r 2026/102/3 P r e i s : DM 2,— P r i n t e d in G e r m a n y

Vorbemerkung Die folgende Untersuchung befaßt sich mit einem Thema, das schon öfter mehr oder weniger ausführlich erörtert worden ist, am besten und gründlichsten wohl von C. Erdmann in seinem schönen Aufsatz „Der ungesalbte König" (Deutsches Archiv 2, 1936). Daß ich dies Thema hier wieder aufgreife, geschieht weniger deshalb, weil ich in manchem zu etwas anderen Ansichten gekommen bin als Erdmann (dessen Ergebnissen und Anregungen meine Untersuchung, auch wo sie sie nicht ganz teilt, immer verpflichtet ist), sondern vor allem deshalb, weil ich in diesem Zusammenhang auf einige Gesichtspunkte für die Geschichte der Königssalbung im Karolingerreich und der karolingischen Traditionen in Sachsen hinweisen möchte, die auch unabhängig von der Frage, wie es mit Heinrichs I. Haltung zur Salbung bestellt war, ihre Berechtigung haben dürften. Halle a. d. S., März 1955

M. L.

Beim Tode des Verfassers, meines verehrten Lehrers, lag diese Arbeit erst im Manuskript vor. Das Lesen der Korrekturen war f ü r mich nicht immer einfach, f ü r Versehen bitte ich um Nachsicht. Wolfgang F r i t z

Inhalt c Vorbemerkung 1. Die Überlieferung von der Ablehnung der Salbung . . . . 2. Die Motivierung Widukinds 3. Die Königssalbung im Karolingerreich 4. Politische Voraussetzungen der Ablehnung 5. Die fränkische Tradition in Sachsen 6. Die Salbung bei der Thronbesteigung Ottos des Großen

.

1. Die Überlieferung von der Ablehnung der Salbung

Widukind von Korvei erzählt bekanntlich in seiner Sachsengeschichte, Heinrich I. habe bei seiner Wahl in Fritzlar die Salbung abgelehnt, die ihm, nachdem er von dem Frankenherzog Eberhard als König bezeichnet war, der Erzbischof Heriger von Mainz angeboten habe: congregatis principibus et natu maioribus exercitus Fr ancor um, in loco qui dicitur FridisIeri, designavit eum regem cor am omni populo Fr ancor um atque Saxonum. Cumque ei offeretur unctio cum diademate a summo pontífice, qui eo tempore Hirigerus erat, non sprevit, nec tamen suscepit: „Satis" inquiens „michi est, ut pre maioribus meis rex dicar et designer, divina annuente gratia ac vestra pietate; penes meliores vero nobis unctio et diadema sit: tanto honor e nos indignos arbitramur". Placuit itaque sermo iste cor am universa multitudine, et dextris in caelum levatis nomen novi regis cum clamore valido salutantes frequentabant1. Ein weiterer Hinweis auf die Ablehnung der Salbung findet sich in Gerhards Vita Udalrici, wo es heißt, der Bischof Udalrich von Augsburg habe in einer Vision, während der ihn die heilige Afra auf das Lechfeld führte, den heiligen Petrus gesehen enses duos valde heriles, unum cum capulo et alter um sine capulo, sibi ostendentem et sie loquentem: „die regi Heinrico, ille ensis qui est sine capulo significai regem, qui sine benedictione pontificali regnum tenebit; capulatus autem, qui benedictione divina regni tenebit gubernacula"2. 1 Vgl. Widukindi rerum gestarum Saxonicarum libri tres I, cap. 26 in: Die Sachsengeschichte des Widukind von Korvei, 5. Aufl. (1935), hsg. von P. Hirsch und H. E. Lohmann in SS. rer. Germ, in us. schol., S. 39. 2 Vgl. Gerhardi Vita Oudalrici cap. 3, SS. 4, S. 389.

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Nachrichten von der Zurückweisung der Salbung sind in der späteren Überlieferung, von Thietmar von Merseburg angefangen 1 , nicht gerade selten; aber sie sind entweder von den erwähnten Quellen abhängig oder sie stehen den Ereignissen zu fern, als daß sie einen selbständigen Quellenwert zu beanspruchen vermögen 2 . Nun könnte man, wenn man ganz vorsichtig und skeptisch sein wollte, zunächst die Frage aufwerfen, ist es überhaupt richtig, daß Heinrich nicht gesalbt worden ist; und wenn er wirklich nicht gesalbt wurde, ist es dann richtig, daß das an seinem Willen, an seiner Ablehnung lag? Widukind hat vierzig oder fünfzig 3 , Gerhard h a t mehr als 1 Vgl. Thietmari chronicon I, cap. 8 in: Die Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg, hsg. v. R . Holtzmann, SS. rer. Germ., nova series Bd. 9 (1935), S. 12ff.; vgl. dazu unten S. 11, Anm. 7. 2 Über die spätem Quellen vgl. G. Waitz, Jahrbücher des Deutschen Reichs unter König Heinrich I., 3. Aufl. (1885), S. 39f. u. S. 216ff.; auch P. E. Schramm, Die Krönung in Deutschland bis zum Beginn des Salischen Hauses (1028), ZRG. 55 (1935), Kan. Abt. 24, S. 195 f.; sowie C. Erdmann, Der ungesalbte König, Deutsches Archiv 2 (1938), S. 334 f. Schramm und Erdmann führen als Zeugnis f ü r die Salbung, dem man glauben kann, auch Hermann von Reichenau zu 919, SS. 5, S. 112, an, wo es von Heinrich heißt: sine regali unctione regnavit. Doch als selbständiges Zeugnis braucht Hermanns Satz kaum zu verwerten zu sein, da ihm die Vita Udalrici bekannt war; vgl. Wattenbach-Holtzmann, Deutschlands Geschiehtsquellen im Mittelalter 1, 2. Aufl. (1948), S. 236. 3

Über die Datierung der Sachsengeschichte vgl. zuletzt H . Beumann, Widukind von Korvei (1950), S. 178 ff., sowie K . Hauck in: Die deutsche Literatur des Mittelalters, Verfasserlexikon 4 (1953), hsg. v. K . Langosch, Sp. 946 ff. Beumann und Hauck lassen die Sachsengeschichte im Anschluß an E. E. Stengel, Corona Quernea, Eestgabe f ü r K . Strecker (1941), S. 136 ff., 967 entstanden sein und bestreiten (wenn Beumann auch eine unmittelbar vor der Fassung von 967 liegende Redaktion annimmt), daß schon im Jahre 957/58 eine Redaktion der Sachsengeschichte geschrieben wurde, wie das H . Bloch, Die Sachsengeschichte Widukinds von Korvei, Neues Archiv 38 (1913), S. 95 ff., angenommen, und wie ich es im Anschluß an Bloch und gegen die Meinung von Stengel in dem Aufsatz Die Entstehungszeit von Widukinds Sachsengeschichte, Sachsen und Anhalt 17 (1943), S. 1 ff., f ü r äußerst wahrscheinlich oder so gut wie sicher gehalten hatte. Beumanns Gegengründe

Heinrich I. und die fränkische Königssalbung

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sechzig J a h r e nach den Ereignissen von 919 geschrieben 1 , u n d was sie sonst über die Zeit um den Regierungsanfang Heinrichs I. berichten, ist in seiner Glaubwürdigkeit keineswegs über jeden Zweifel erhaben 2 . Und die Glaubwürdigkeit der beiden Chronisten gerade in der Frage der Salbung erscheint in einem noch bedenklicheren Lichte, wenn man bemerkt, daß die Quedlinburger Annalen von einer Salbung Heinrichs I. erzählen 3 , und daß der König auf seinen Siegeln mit einer Krone auf dem H a u p t e abgebildet wird 4 . Das scheint zu Widukinds W o r t e n : penes meliores vero nobis unctio et diadema sit nicht zu passen, und tatsächlich ist man neuerdings anscheinend nahe daran, mindestens in den Siegeln Heinrichs einen Einwand gegen den ungesalbten König zu sehen 5 . zusammen mit den Ergänzungen, die Hauck gibt, scheinen mir wichtig, aber doch nicht ganz überzeugend zu sein. Es scheint mir immer noch viel dafür zu sprechen, daß vor der Fassung von 967 wesentlich ältere Bestandteile der Sachsengeschichte da waren, ohne daß ich damit die Möglichkeit bestreiten will, daß es sich anders verhält. Es scheint mir sogar nicht ganz ausgeschlossen zu sein, daß die von Beumann im Gegensatz zu Stengel postulierte erste Fassung, die unmittelbar vor der uns bekannten Redaktion von 967 gelegen haben soll, gar nicht existiert, und daß also Stengel völlig recht hat. Trotz des sehr eindringenden Buches von Beumann scheint mir die A r t von Widukinds Schriftstellerei immer noch nicht genügend geklärt zu sein, um ein ganz sicheres Urteil über die Komposition seines Werkes zu erlauben; vielleicht ist sie überhaupt nicht völlig zu enträtseln. 1

Vgl. Wattenbach-Holtzmann I, S. 257.

2

Über Widukinds Zuverlässigkeit f ü r diese Zeit vgl. zuletzt meine Miszellen zur Geschichte des zehnten Jahrhunderts, Berichte über die Verhandlungen der Sächs. Akademie der Wissenschaften 100, 2 (1953), S. 14 ff.; über Gerhard Wattenbach-Holtzmann, a. a. 0 . 3

Vgl. SS. 3, S. 52.

4

Vgl. die Abbildungen bei P. E. Schramm, Die deutschen Kaiser u n d Könige in Bildern ihrer Zeit (1928), Tafelband Abb. 56 a u. b; dazu ders., Die Krönung in Deutschland bis zum Beginn des Salischen Hauses, ZRG. 55 (1935), K a n . Abt. 24, S. 196. 6

Vgl. W. Holtzmann, König Heinrich I. und die heilige Lanze (1947), S. 60 f. Holtzmann sagt freilich durchaus nicht, daß das Siegel ein Argument

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Doch was zunächst die Quedlinburger Annalen anbelangt, so braucht ihre Notiz gar nichts zu beweisen. Sie sind noch jünger als Widukind und Gerhard 1 , sie sind in ihren sonstigen Mitteilungen keineswegs glaubwürdiger als diese, und ihre der übrigen Tradition widersprechende Behauptung könnte sich damit erklären, daß sie das zu ihrer Zeit und sonst Übliche auch für die Erhebung Heinrichs vorausgesetzt haben. Nicht besser aber steht es mit dem Argument, das man aus der Krone auf Heinrichs Siegeln entnehmen könnte. Einmal sind ganz allgemein die Königssiegel und ähnliche Quellen als Belege für staatsrechtliche Vorstellungen und Tatbestände nur mit Vorgegen die Ablehnung der Salbung und f ü r die Salbung Heinrichs sei; er meint nur, das Siegel verrate, wie sich der König von seinem Volk vorgestellt wissen wollte, eben als gesalbt (wobei Holtzmann Salbungen und Krönungen, wie auch sonst oft geschieht, offenbar identifiziert oder mindestens die Salbung f ü r einen integrierenden Bestandteil der Krönung hält). Wenn man das Siegel so auffaßt, könnte man es aber natürlich auch als Hinweis darauf ansehen, daß die Salbung stattgefunden hat, zumal wenn man an die Nachricht in deii Quedlinburger Annalen denkt. Wenn Holtzmann in diesem Zusammenhang weiter meint, E r d m a n n habe sich dies „Beweisstück" (d. h. das Siegel) gegen den ungesalbten König entgehen lassen, das manche Änderungen an seiner so betitelten Abhandlung erforderlich gemacht hätte, so glaube ich das nicht recht. Tatsächlich sind Heinrichs Siegel mit der Krone längst bek a n n t und auch im Zusammenhang mit der Salbungsfrage besprochen worden; vgl. etwa Waitz, Jahrbücher Heinrichs I., S. 40, und P. E. Schramm, Die Krönung in Deutschland, a. a. 0 . , S. 196. Wenn E r d m a n n von den Siegeln, nichts gesagt hat, so dürfte das daran liegen, daß er sie im Zusammenhang m i t der Salbungsfrage f ü r belanglos hielt, womit er sicher recht gehabt hat. 1

Vgl. Wattenbach-Holtzmann, S. 44 f. Der Quedlinburger Annalist h a t Ende des ersten Jahrzehnts des elften Jahrhunderts zu schreiben begonnen. F ü r seine Nachrichten stützt er sich zwar weitgehend auf die verlorenen größeren Hildesheimer Annalen, die wieder auf die gleichfalls verlorenen Hersfelder Annalen zurückgehen. Wie der Stil des Berichtes über die Erhebung Heinrichs 919 (bei dem Annalisten 920) und der Vergleich mit den übrigen von Hersfeld und Hildesheim abhängigen Quellen zeigt, ist er in seinen Behauptungen über die Salbung Heinrichs aber selbständig; sie stammen also offenbar erst aus dem Anfang des elften Jahrhunderts.

Heinrich. I . u n d die fränkische Königssalbung

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behalt zu gebrauchen 1 . Im übrigen werden auf ihren Siegeln die Könige gern mit einem Diadem abgebildet, gleichgültig, ob eine Salbung stattgefunden hat oder nicht 2 . Die Krone ist eine Insignie des Königtums; daß sie auch Heinrich besessen hat, bemerkt Widukind selbst in einem anderen Zusammenhang 3 , gleich ihm sagen es andere Quellen 4 , und es ist als selbstverständlich anzunehmen, daß es so war. Heinrich wird das Diadem mitunter auch getragen haben®, auch wenn er nicht gesalbt und gekrönt war. Und schließlich könnte der neue König in Fritzlar gekrönt worden sein, ohne daß damit eine Salbung verbunden gewesen ist 6 . So sieht Thietmar von Merseburg die Dinge an 7 , der im übrigen in seinem Bericht über die Fritzlarer 1

Man denke etwa daran, daß von den Karolingern Gemmen m i t lorbeergeschmückten Kaiserköpfen, Janusköpfen, Bacchen u n d Mänaden als Siegel b e n u t z t worden sind. 2 So h a b e n etwa Ludwig der Deutsche u n d sein Sohn K a r l m a n n Siegel m i t der Krone gebraucht, obgleich sie nach allem, was wir wissen, nicht gesalbt worden sind; vgl. P. E . Schramm, Die Deutschen Kaiser u n d Könige in Bildern ihrer Zeit, T e x t b a n d , S. 64. Auch Waitz, J a h r b . S. 40, meint, d a ß auf Heinrichs Siegeln wohl einfach das f r ü h e r Übliche beibehalten u n d daß die K r o n e immer Symbol u n d Insignie der H e r r s c h a f t gewesen sei. 3 Vgl. I, cap. 25, S. 38; danach h a t K o n r a d Heinrich die K r o n e d u r c h E b e r h a r d ü b e r s a n d t . W e n n Widukind dann in cap. 26 Heinrich nicht bloß die unctio, sondern auch das diadema ablehnen läßt, so scheint er sich d a m i t selbst zu widersprechen. Das k o m m t übrigens in der Sach sengeschichte ö f t e r vor, und dazu scheint mir die Art, m i t der m a n sie h e u t e gern als ein wohlüberlegtes u n d abgewogenes W e r k interpretiert, nicht ganz zu passen. 4 Von der Krone, die Heinrich durch K o n r a d e r h a l t e n habe, ist noch die R e d e beim Continuator Reginonis 919, Reginonis chronicon, SS. rer. Germ, in us. schol. (1890), S. 156, sowie bei Liudprand, Antapodosis I I , cap. 20, i n : Die Werke Liudprands v o n Cremona, SS. rer. Germ, in us. schol., 3. Aufl. (1915), S. 46; von der Salbung oder ihrer Ablehnung wird hier natürlich nichts gesagt. 8 So etwa bereits Schramm, Die K r ö n u n g in Deutschland, a. a. O., S. 196. • Auch das h ä l t Schramm, a. a. 0 . , offenbar f ü r möglich. ' Vgl. T h i e t m a r , a. a. O. Gewiß beweist das, wie Schramm, a. a. O., S. 196, A n m . 3, m i t R e c h t b e t o n t , nichts f ü r die wirklichen Hergänge im J a h r e 919; aber m a n wird doch die oben im T e x t gezogenen Folgerungen daraus ziehen können. W e n n G. Waitz, Deutsche Verfassungsgeschichte 6, 2. Aufl. (1896),

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Ereignisse von Widukind und der Vita Udalrici abhängig ist, und wenn seine späte Erzählung auch kaum etwas für den t a t sächlichen Hergang von 919 beweist, so zeigt sie doch auf jeden Fall, daß nach der Auffassung des Merseburg er Bischofs eine Krönung ohne Salbung möglich war. Tatsächlich sind denn auch Krönungen im neunten Jahrhundert vorgekommen, ohne daß der Gekrönte gesalbt wurde 1 . Die Quedlinburg er Annalen und die Siegel Heinrichs sprechen also nicht dagegen, daß er nicht gesalbt worden ist. Beweisen aber nun Widukind und Gerhard, daß es wirklich nicht der Fall war? Man wird die Frage unbedingt bejahen müssen. Wenn beide auch erst mehrere Jahrzehnte nach 919 geschrieben haben und für die alte Zeit durchaus nicht ganz zuverlässig sind, so wäre doch unverständlich, wie die Geschichte von der abgelehnten Salbung in die Überlieferung von Heinrichs Thronbesteigung gelangt sein soll, wenn sie nicht den Tatsachen entsprach 2 . Widukinds Worten merkt man deutlich an, daß die Geschichte ihm unbequem und unangenehm ist, und ebenso S. 209, meint, das coronaverunt bei T h i e t m a r bedeute nur, d a ß er zum König gemacht worden sei, so scheint m i r diese I n t e r p r e t a t i o n nicht notwendig zu sein. 1 N a c h Regino 888, a. a. O., S. 130, h a t sich Rudolf von H o c h b u r g u n d selbst gekrönt; u n d wenn das auch nicht richtig sein d ü r f t e , so zeigt es doch, daß weltliche K r ö n u n g e n auch nach Reginos Auffassung möglich waren. I n dem Zusammenhang k ö n n t e m a n vielleicht auch darauf hinweisen, daß Arnulf von K ä r n t e n Odo von Paris eine Krone überschickte, m i t der dieser d a n n allerdings vermutlich von den Bischöfen gekrönt u n d zugleich gesalbt worden ist; vor allem aber auf die Tatsache der „weltlichen" Kaiserkrönungen, ohne priesterliche Salbung, in den J a h r e n 813 u n d 817. U n d schließlich wird m a n ganz allgemein sagen können, so g u t dem neugewählten König andere Herrschaftsinsignien, z. B. der Speer, in weltlichen F o r m e n überreicht werden k o n n t e n (so etwa bei der W a h l Heinrichs I I . durch die Sachsen 1002 in Merseburg), d ü r f t e das u n t e r U m s t ä n d e n auch m i t der K r o n e geschehen sein. 2 So sieht m a n die Dinge wohl auch durchweg a n ; vgl. etwa Schramm, Die K r ö n u n g in Deutschland, a. a. O., S. 195; H . Heimpel, Bemerkungen zur Geschichte König Heinrichs des Ersten, Berichte über die Verhandlungen der Sächs. Akademie d. Wissenschaften 88 (1937), S. 36, der m i t R e c h t sagt, die kirchlichen Tadler bewiesen, d a ß die Salbung nicht s t a t t g e f u n d e n h a b e ; vgl. dazu auch E r d m a n n , a. a. O., S. 334.

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peinlich muß sie der kirchlichen und der ottonischen Tradition gewesen sein, der der Mönch gefolgt sein dürfte. Fast noch unanfechtbarer ist aber die Glaubwürdigkeit der Vita Udalrici in diesem Punkt. Auch in Gerhards Bericht (noch viel stärker als in dem Widukinds) ist das Kopfschütteln über Heinrichs Weigerung unverkennbar. Nun war Gerhard einer der vertrautesten Begleiter des Bischofs Udalrich, und Udalrich ist von 923 bis 973 Bischof von Augsburg gewesen; er war in seiner Zeit der bedeutendste Kirchenfürst Schwabens und einer der bedeutendsten Politiker Süddeutschlands überhaupt; er hat die Regierungszeit Heinrichs I. selbst miterlebt und mußte wissen, wie es mit der Thronbesteigung und der Salbung des Königs bestellt war. Wenn aber Heinrich nicht gesalbt worden ist, so kann das nur daran gelegen haben, daß er selbst es nicht wollte 1 . Daß etwa die Kirche oder der in erster Linie zuständige Coronator, der Erzbischof Heriger von Mainz, von sich aus die Salbung verweigerte, wie man bisweilen behauptet hat 2 , ist so gut wie ausgeschlossen. Die Überlieferung bei Widukind und in der Vita Udalrici zeigt, wie bemerkt, sehr deutlich, wie unangenehm es den kirchlichen Kreisen war, daß die Salbung nicht erfolgte. Tatsächlich hatten sie ein Interesse daran, daß sie stattfand. Im übrigen aber wäre ihre Verweigerung, wenn Heinrich Wert darauf legte, Kirche und Erzbischof vermutlich schlecht bekommen; und auf jeden Fall hätte Heinrich den einen oder den anderen Bischof finden können, der ihm, wenn etwa wirklich der Mainzer nicht wollte, die Salbung erteilte. Wenn der neue König mit ihr einverstanden gewesen wäre, so wäre sie also nach allem, was wir sagen können, sicher erfolgt 3 . 1

Vgl. dazu vor allem Erdmann, a. a. 0 . , S. 334 f. Vgl. I. Krüger, Grundsätze und Anschauungen bei der Erhebung der deutschen Könige 911 bis 1056 (1911), S. 42 ff.; Fedor Schneider, Mittelalter bis 1250 (1929), S. 165. 3 Vgl. vor allem Erdmann, a. a. O., der betont, daß die Kirche oder der Erzbischof von Mainz die Salbung gar nicht verweigern konnte. Das scheint 2

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Ob nun freilich ihre Ablehnung in dem Augenblick und an der Stelle der Erhebung Heinrichs vor sich ging, an der sie Widukind unterbringt, darüber kann man verschiedener Meinung sein 1 . Wenn Widukinds Aussagen über das F a k t u m an sich auch richtig sein müssen, die Einzelheiten, die er berichtet, brauchen darum nicht den Tatsachen zu entsprechen. Man hat schon öfter bemerkt, daß sich die Dinge in Fritzlar höchstwahrscheinlich anders abgespielt haben, als er behauptet. Daß die Erhebung Heinrichs nur in einer „Designation" durch den Frankenherzog Eberhard und, nach der Ablehnung der Salbung, in dem Heilruf der Menge (oder was sich hinter Widukinds Worten verbergen mag) bestand, ist recht unwahrscheinlich. Alles, was wir von frühern und spätem Königserhebungen wissen, zeigt, daß in so einfachen, dürftigen Formen die Einsetzung eines neuen Königs nicht vor sich ging. Man h a t schon mit Recht hervorgehoben, daß, wie es sonst üblich war, auch in Fritzlar eine feierliche Thronsetzung, eine Bekleidung mit den königlichen Insignien, vielleicht auch (wie Thietmar will) eine „weltliche" Krönung des neuen Königs stattgefunden haben dürfte 2 . Dann aber ist anzunehmen, daß das Angebot der Salbung und seine Ablehnung erfolgte, ehe die Zeremonie der Königserhebung ihren Anfang nahm. mir auch so gut wie sicher zu sein. Immerhin möchte ich darauf hinweisen, daß es 1024 Aribo von Mainz anscheinend fertiggebracht hat, die Salbung von Konrads II. Gemahlin Gisela abzulehnen. Freilich bleiben, wie oben im Text bemerkt, noch genug Momente übrig, die die Überlieferung von Heinrichs ablehnender Haltung bestätigen. Ein weiterer Gesichtspunkt schließlich dürfte sein, daß die Ablehnung, wie sich zeigen wird, sehr gut in die Situation von 919 paßt. Darüber, daß außer dem Mainzer Erzbischof 919 eventuell auch andere Bischöfe in Frage gekommen wären, um die Salbung zu erteilen, vgl. unten S. 33, Anm. 2. 1 2

Auch Erdmann, a. a. O., hat Bedenken gegen die „Szene".

Vgl. dazu etwa Schramm, Die Krönung in Deutschland, S. 196, sowie W. Schlesinger, Die Anfänge der Deutschen Königswahl, ZRG. Germ. Abt. 66 (1948), S. 402 ff. u. 411; auch meine Miszellen zur Geschichte des zehnten Jahrhunderts, S. 62 ff.

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Doch wie sich das auch verhalten mag, die Ablehnung der Salbung durch Heinrich I. ist jedenfalls eine der a m besten gesicherten Tatsachen aus den Anfängen der Regierung des Königs. I m übrigen ist sie ein erstaunlicher und völlig singulärer Vorgang. E s ist zwar in der vor 919 liegenden Geschichte des ostfränkischen Reiches und des Karolingerreiches wahrscheinlich öfter, in der deutschen Geschichte im dreizehnten J a h r h u n d e r t zweimal, vorgekommen, daß ein König nicht gesalbt worden ist. Das h a t t e dann seine Ursache darin, daß die Salbung in der betreffenden Zeit überhaupt nicht üblich war oder daß sie, wie es im dreizehnten J a h r h u n d e r t der Fall gewesen ist, unterlassen wurde, weil der König mit der Kirche zerfallen war 1 . Daß aber die Salbung dem neugewählten Herrscher von der Kirche angeboten und von ihm zurückgewiesen wurde, das ist ein Vorgang, der, soweit man sieht, in der mittelalterlichen Geschichte einzig dasteht.

2. Die Motivierung Widukinds Als Motiv f ü r die Ablehnung der Salbung gibt Widukind Heinrichs Demut und Bescheidenheit an. Der König h a b e erklärt, ihm sei es genug, daß er, über seine Vorfahren erhoben, durch die göttliche Gnade König genannt werde; bessere als er sollten Salbung u n d Krone empfangen: tcmto honore nos indignos arbitramur2. Außer dieser Begründung wird ein anderes Motiv Heinrichs in den Quellen nicht überliefert. Doch soviel ich sehe, ist Widukinds Behauptung nur von H. Günter 3 und, in ausführlicherer Erörterung, von H . Dörries 4 angenommen worden; 1

So war es bei Konrad IV., Heinrich Raspe starb, ehe er gekrönt und gesalbt werden konnte. 2 Vgl. oben S. 7. 3 Vgl. H. Günter, Das Deutsche Mittelalter 1 (1936), S. 8. 4 Vgl. H . Dörries, Heinrich I. und das altsächsische Christentum, Zeitschr. d. Gesellsch. f. niedersächsische Kirchengeschichte 43 (1938), S. 13 ff.

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Doch wie sich das auch verhalten mag, die Ablehnung der Salbung durch Heinrich I. ist jedenfalls eine der a m besten gesicherten Tatsachen aus den Anfängen der Regierung des Königs. I m übrigen ist sie ein erstaunlicher und völlig singulärer Vorgang. E s ist zwar in der vor 919 liegenden Geschichte des ostfränkischen Reiches und des Karolingerreiches wahrscheinlich öfter, in der deutschen Geschichte im dreizehnten J a h r h u n d e r t zweimal, vorgekommen, daß ein König nicht gesalbt worden ist. Das h a t t e dann seine Ursache darin, daß die Salbung in der betreffenden Zeit überhaupt nicht üblich war oder daß sie, wie es im dreizehnten J a h r h u n d e r t der Fall gewesen ist, unterlassen wurde, weil der König mit der Kirche zerfallen war 1 . Daß aber die Salbung dem neugewählten Herrscher von der Kirche angeboten und von ihm zurückgewiesen wurde, das ist ein Vorgang, der, soweit man sieht, in der mittelalterlichen Geschichte einzig dasteht.

2. Die Motivierung Widukinds Als Motiv f ü r die Ablehnung der Salbung gibt Widukind Heinrichs Demut und Bescheidenheit an. Der König h a b e erklärt, ihm sei es genug, daß er, über seine Vorfahren erhoben, durch die göttliche Gnade König genannt werde; bessere als er sollten Salbung u n d Krone empfangen: tcmto honore nos indignos arbitramur2. Außer dieser Begründung wird ein anderes Motiv Heinrichs in den Quellen nicht überliefert. Doch soviel ich sehe, ist Widukinds Behauptung nur von H. Günter 3 und, in ausführlicherer Erörterung, von H . Dörries 4 angenommen worden; 1

So war es bei Konrad IV., Heinrich Raspe starb, ehe er gekrönt und gesalbt werden konnte. 2 Vgl. oben S. 7. 3 Vgl. H. Günter, Das Deutsche Mittelalter 1 (1936), S. 8. 4 Vgl. H . Dörries, Heinrich I. und das altsächsische Christentum, Zeitschr. d. Gesellsch. f. niedersächsische Kirchengeschichte 43 (1938), S. 13 ff.

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sonst wird sie wohl durchgängig abgelehnt. Tatsächlich ist das, was Widukind zur Motivierung von Heinrichs Verhalten sagt, noch längst nicht deshalb als bare Münze zu nehmen, weil man ihm das F a k t u m von Herigers Salbungsangebot und seiner Zurückweisung zu glauben hat. Einmal entspringen im allgemeinen die Reden, die er seine Helden halten, und die Motive, nach denen er sie handeln läßt, sicher mehr seiner eigenen oder der Phantasie seiner Überlieferung als den historischen Tatsachen. Außerdem desavouiert er in unserm Falle seine Behauptung einigermaßen selbst, indem er Heinrichs Verhalten zu beschönigen für nötig h ä l t : wäre er von dem Motiv der Demut und Bescheidenheit restlos überzeugt gewesen, so hätten seine Worte über die Ablehnung der Salbung sicher einen erheblich anderen Klang bekommen. Und daß Gerhard Heinrichs Haltung in Fritzlar auch nicht gerade als Ausfluß von Demut und Bescheidenheit beurteilt, ist wohl offensichtlich. Im übrigen scheint diese Demut dem, was wir sonst über Heinrichs Charakter und seine Politik wissen, wenig zu entsprechen, und f ü r das Nein, mit dem der König Herigers Angebot beantwortete, hat die Forschung ganz andere, anscheinend besser begründete Motive ausfindig gemacht und angenommen, Motive, von denen noch die Rede sein wird. Doch wenn das alles auch richtig ist, und wenn man gegen Widukinds Worte von Heinrichs Bescheidenheit noch soviel Einwände erheben kann, so sind sie damit noch nicht widerlegt. Wenn auch unwahrscheinlich, so ist es doch nicht unmöglich, daß sie auf einer brauchbaren Überlieferung beruhen, und neben Handlungen und Charakterzügen des Königs, die zu seiner in Fritzlar angeblich bewiesenen christlichen Demut schlecht passen wollen, stehen andere, mit denen sich diese wohl in Einklang bringen ließe 1 ; auf jeden Fall ist das Bild, das wir von 1

Auf derartige Momente in der Geschichte Heinrichs weist vor allem Dörries, a. a. 0 . , hin; freilich bleibt viel von dem, was er sagt, ein wenig fraglich und läßt sich auch anders interpretieren. So dürfte er den formelhaften Wendungen von Heinrichs Diplomen, die auf die Frömmigkeit des Königs

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dem König haben, viel zu dürftig und schattenhaft ausgestattet, als daß wir mit Sicherheit sagen könnten, diese oder jene Züge sind in diesem Bilde unmöglich. Wer will denn beweisen, daß Heinrich aus irgendeiner Stimmung des Augenblicks heraus sich in Fritzlar nicht von den Gefühlen christlicher Devotion hat überwältigen lassen? Wer will sagen, daß er nicht etwa aus einer der Religiosität der Zeit entsprechenden Überlegung des do u t des, sozusagen des Handels mit der Gottheit, die Ehre der Salbung abgelehnt habe, um sich dafür von Gott einen anderen Lohn einzutauschen 1 . Wir wissen alles das nicht. Wenn aber an Widukinds Motivierung etwas Richtiges sein sollte, so wissen wir wieder nicht, ob Heinrich nicht neben dem von Widukind überlieferten Motiv noch andere Motive gehabt hat. Selten oder nie entspringt eine Handlung nur einem einzigen Beweggrunde; sie ist im allgemeinen das Resultat von sehr vielen, verschiedenen, unter Umständen sich scheinbar widersprechenden und aufhebenden Motiven. Warum sollte es 919 in Fritzlar anders gewesen sein? Aber bei alledem ist von vornherein eins zu sagen. So wenig wir das Motiv der Bescheidenheit für Heinrich mit Sicherheit ablehnen oder annehmen können, so wenig können wir andere Motive als für sein Handeln wirklich bestimmend nachweisen. Was der König im Mai 919 in Fritzlar tatsächlich dachte und wollte, weiß niemand und kann niemand wissen. Wir können höchstens sagen, was etwa als möglich und was bis zu einem Bezug nehmen, oder der Rede, die Widukind Heinrich 933 bei der Verweigerung des Ungarntributs halten läßt, zuviel Gewicht beilegen; über das, was Heinrich wirklich dachte, wird man aus solchen Zeugnissen kaum etwas Sicheres entnehmen können, und im übrigen gibt es auch wieder genug Dinge in der Überlieferung und der Geschichte Heinrichs, die man als Belege f ü r eine ganz andere Einstellung des Königs verwerten kann; vgl. dazu weiter unten S. 53. Zum Verhältnis Heinrichs zur Kirche vgl. im übrigen etwa Waitz, a. a. O., S. 106 ff.; in der Literatur ist von diesen Dingen überhaupt verhältnismäßig o f t die Rede, und ich brauche hier auf Einzelheiten nicht weiter einzugehen. l

' A u f diese A r t der altsächsischen Religiosität weist Dörries, a. a. O., besonders hin.

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gewissen G i l d e als wahrscheinlich erscheint. Das ist wenig, und man könnte die Frage stellen, ob ein solches, im Grunde unfruchtbares Rätselraten sich überhaupt lohnt, zumal an den Rätseln, die Heinrichs Verhalten in Fritzlar aufgibt, schon sehr oft und sehr gründlich geraten worden ist. Doch es kommt im folgenden gar nicht so sehr darauf an, zu zeigen, was Heinrich gedacht und gewollt haben könnte. Das eigentliche und wichtigere Ziel der folgenden Überlegungen ist, ausgehend von der Frage oder im Zusammenhang mit der Frage, was wir für Heinrichs Denken und Tun als möglich und wahrscheinlich ansehen können, die Frage zu untersuchen, welche geistigen und politischen Voraussetzungen 919 in Deutschland und besonders in Sachsen dafür gegeben waren, daß der neue König die Salbung zurückwies, und was die Folgen einer solchen Handlungsweise sein konnten und mußten; das heißt, es handelt sich nicht so sehr um die im Grunde nicht oder nur unvollkommen lösbare Frage nach der Einstellung des Königs selbst wie um die Frage nach der allgemeinen historischen und politischen Situation, der geistigen Atmosphäre, in der das Angebot Herigers und seine Ablehnung durch Heinrich erfolgt ist. Um sich diese Atmosphäre klarzumachen, wird es nützlich sein, sich zunächst das Wesen und den Sinn der Königssalbung zu vergegenwärtigen, wie sie sich bis dahin entwickelt hatte; wir versuchen uns daher einen Überblick über ihre Geschichte von ihrem ersten Erscheinen im fränkischen Reich an zu verschaffen.

3. Die Königssalbung im Karolingerreich I m fränkischen Reiche kommt die Königssalbung nach allem, was wir wissen, zuerst bei der Thronbesteigung Pippins im Winter 751/52 vor 1 . E s ist möglich, vielleicht sogar wahrschein1 Das ist die allgemeine Ansicht, und es liegt mir fern, sie zu bestreiten. Nur möchte ich sagen, daß eine absolute Gewißheit wie in so vielen Fällen

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gewissen G i l d e als wahrscheinlich erscheint. Das ist wenig, und man könnte die Frage stellen, ob ein solches, im Grunde unfruchtbares Rätselraten sich überhaupt lohnt, zumal an den Rätseln, die Heinrichs Verhalten in Fritzlar aufgibt, schon sehr oft und sehr gründlich geraten worden ist. Doch es kommt im folgenden gar nicht so sehr darauf an, zu zeigen, was Heinrich gedacht und gewollt haben könnte. Das eigentliche und wichtigere Ziel der folgenden Überlegungen ist, ausgehend von der Frage oder im Zusammenhang mit der Frage, was wir für Heinrichs Denken und Tun als möglich und wahrscheinlich ansehen können, die Frage zu untersuchen, welche geistigen und politischen Voraussetzungen 919 in Deutschland und besonders in Sachsen dafür gegeben waren, daß der neue König die Salbung zurückwies, und was die Folgen einer solchen Handlungsweise sein konnten und mußten; das heißt, es handelt sich nicht so sehr um die im Grunde nicht oder nur unvollkommen lösbare Frage nach der Einstellung des Königs selbst wie um die Frage nach der allgemeinen historischen und politischen Situation, der geistigen Atmosphäre, in der das Angebot Herigers und seine Ablehnung durch Heinrich erfolgt ist. Um sich diese Atmosphäre klarzumachen, wird es nützlich sein, sich zunächst das Wesen und den Sinn der Königssalbung zu vergegenwärtigen, wie sie sich bis dahin entwickelt hatte; wir versuchen uns daher einen Überblick über ihre Geschichte von ihrem ersten Erscheinen im fränkischen Reich an zu verschaffen.

3. Die Königssalbung im Karolingerreich I m fränkischen Reiche kommt die Königssalbung nach allem, was wir wissen, zuerst bei der Thronbesteigung Pippins im Winter 751/52 vor 1 . E s ist möglich, vielleicht sogar wahrschein1 Das ist die allgemeine Ansicht, und es liegt mir fern, sie zu bestreiten. Nur möchte ich sagen, daß eine absolute Gewißheit wie in so vielen Fällen

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lieh, daß man dabei westgotische Vorbilder vor Augen hatte 1 . Doch ob und wieweit sie tatsächlich von maßgebendem Einfluß waren, das ist ungewiß und für unsere Überlegungen auch einigermaßen unerheblich. Wesentlich und sicher dagegen ist, daß das Vorbild, durch das die fränkische Königssalbung im stärksten Maße beeinflußt werden mußte, die Geschichten waren, die die Bibel über die Königssalbung Sauls und Davids durch Samuel überlieferte: Samuel, Saul und David waren jedem Kleriker im Frankenreich und vermutlich auch jedem Laien bekannt, auf jeden Fall aber dem in St. Denis erzogenen König Pippin. Auf Samuel und die durch ihn, natürlich vor allem an David, vollzogene Königssalbung wird denn auch in den an die Karolinger gerichteten Papstbriefen, in der schriftlichen Überlieferung des Karolingerreiches und später in den Krönungsordines oft genug hingewiesen. Was man sich danach unter der Salbung vorstellte, ist deutlich: sie war eine symbolische Handlung, in der sich die Berufung des Gesalbten zum Königtum durch den Beauftragten Gottes und damit durch Gott selbst ausdrückte2. auch in diesem Falle nicht -besteht. Man sieht zwar im allgemeinen als selbstverständlich an, daß vor 751 der König im Frankenreich nicht gesalbt wurde, und tatsächlich sagen die Quellen auch nichts von Königssalbungen in der Merowingerzeit. Aber das beweist nicht gerade viel; denn über die Art, wie man etwa in der ersten Hälfte des achten Jahrhunderts im Frankenreich König wurde, wissen wir überhaupt nichts, und den Quellen über die Vorgänge von 751 ist, soweit ich sehe, darüber, ob es sich bei der Salbung wirklich um ein Jiovum handelt, nichts zu entnehmen. Einige ihrer Äußerungen scheinen mir dafür zu sprechen, andere aber auch wieder nicht. Daß im übrigen die Situation von 751 zu einer Einführung der Salbung, wenn sie noch nicht Brauch war, drängte, ist sicher; ebenso aber, daß auch das kein Beweis für ihre Keueinführung ist. Ich habe vor, auf diese Dinge in einem anderen Zusammenhang ausführlicher einzugehen. 1 Vgl. dazu P. E. Schramm, Die Krönung in Deutschland, a. a. O., S. 184; E. Müller, Die Anfänge der Königssalbung im Mittelalter und ihre historischpolitischen Auswirkungen, Historisches Jahrbuch 58 (1938), S. 333 ff., besonders S. 344 ff. 2 Das ist die allgemeine Auffassung; vgl. auch unten S. 20, Anm. 3. 2*

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Mit Pippins Thronbesteigung wurden die Merowinger abgesetzt, und die karolingische Dynastie begann zu regieren. Vor seiner Salbung und Thronbesteigung hatte Pippin beim Papst Zacharias in Rom die berühmte Frage gestellt, ob es recht sei, daß die machtlosen Merowinger das Königtum besäßen oder nicht; und der Papst h a t t e im gewünschten Sinne geantwortet 1 . Diese Entscheidung des Papstes, des Nachfolgers Petri, wurde nun durch die Salbung in einer sinnfälligen Form sozusagen wiederholt, durch die Salbung, die vielleicht außer von den fränkischen Bischöfen von dem päpstlichen Legaten Bonifatius vollzogen worden ist 2 (ohne daß man freilich sagen und beweisen kann, daß die Salbung im päpstlichen Auftrag erfolgte). Der Spruch des Papstes und die Salbung hatten offenbar, wie man längst gesehen hat 3 , den Sinn, für das neue 1 Vgl. zu der A n t w o r t des P a p s t e s Zacharias zuletzt H . B ü t t n e r , Aus den Anfängen des abendländischen Staatsgedankens. Die Königserhebung Pippins, H i s t . J a h r b . 71, J g . 1951 (1952), S. 77 ff. Die Ausführungen von B ü t t n e r scheinen mir sehr aufschlußreich zu sein f ü r das, was m a n in gewissen Kreisen des Frankenreiches vielleicht im Zusammenhang m i t der Stellungnahme des P a p s t e s Zacharias zur Thronbesteigung Pippins dachte. Über ein „Vielleicht" scheint m a n m i r dabei freilich nicht r e c h t hinauskommen zu können, u n d ebensowenig d ü r f t e m a n etwas Genaueres d a r ü b e r sagen können, wieweit jene Kreise reichten. Vor allem, daß der Gedanke des ordo als der „von G o t t gesetzten Weltordnung in ihrer Augustinisch frühmittelalterlichen Auspräg u n g " 751 wirklich die Bolle gespielt h a t , die ihm B ü t t n e r zuweist, ist mir etwas zweifelhaft. Die einzige Quelle, die im Z u s a m m e n h a n g m i t der Stellungn a h m e des Papstes von einem ordo spricht, den m a n so verstehen k ö n n t e (aber doch wohl nicht muß), wie B ü t t n e r will, sind die Annales regni F r a n corum. Sie sind aber annähernd vierzig J a h r e nach 751 niedergeschrieben, u n d niemand k a n n sagen, ob sie in unserem Falle Meinungen aus dem J a h r e 751 oder eigene Ansichten wiedergeben. Die f a s t gleichzeitig m i t 751 geschriebene und halboffiziöse Continuatio Fredegarii, die bei der Thronbesteigung Pippins gleichfalls vom ordo redet, v e r s t e h t d a r u n t e r ganz etwas anderes, nämlich den fränkischen B r a u c h bei der Einsetzung des Königs. Auch auf diese Dinge gedenke ich ausführlicher zurückzukommen. 2 Ob Bonifaz wirklich beteiligt war, wird sich wohl nie sicher entscheiden lassen. 3 Vgl. dazu etwa E . Pereis, Pippins E r h e b u n g zum König, Zeitschr. f. Kirchengesch. 53 (1934), S. 400 ff.; E . C a s p a r , Das P a p s t t u m u n t e r fränki-

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Königtum eine Art Gegengewicht gegen das uralte Geblütsrecht der Merowinger zu schaffen: an die Stelle des vielleicht von den alten Göttern stammenden und auf jeden Fall durch Tradition und Alter geheiligten Rechtes der merowingischen Dynastie trat das durch Gott, den heiligen Petrus und die bischöfliche Salbung geheiligte neue Recht Pippins 1 . Samuel h a t Saul und David gesalbt, bevor sie vom Volke zu Königen gewählt wurden. Das entsprach völlig dem Sinn der Salbung. I n ihr drückte sich ja aus, daß Gott entschied und daß er durch seinen Propheten den König aussuchte und berief; die Wahl des Volkes hatte dieser Entscheidung Gottes nur zu folgen. Der Salbung Pippins ist zwar, wenn wir den nicht gerade ausführlichen Quellenberichten Glauben schenken können, eine Wahl durch die fränkische Reichsversammlung vorangegangen 2 . Aber vor dieser Wahl lag doch die Anfrage in Rom und der Spruch des Papstes; einige Quellen sagen geradezu, daß auf seinen Befehl Pippin zum König gemacht wurde. Also auch hier erfolgte vor der Wahl die Entscheidung von Gottes Stellvertreter. Aber noch etwas anderes. Seit der Merowingerzeit war es üblich, daß der neue König durch irgendeinen feierlichen weltlichen Erhebungsakt in sein Königtum eingeführt wurde, wobei die Frage offen bleiben kann und muß, scher Herrschaft, Zeitschr. f. Kirchengesch. 54 (1935), S. 132 ff.; E. Müller, a. a. O.; sowie schon vorher, grundlegend für den ganzen Fragenkomplex, F. Kern, Gottesgnadentum und Widerstandsrecht im frühen Mittelalter, 2. Aufl. 1954, S. 51 ff. und 77 ff. 1 Das, was man neuerdings über ein, besonders von Einhard, konstruiertes Königsheil und altes Geblütsrecht der Karolinger schon in der Zeit vor ihrer Thronbesteigung sagt, scheint mir mindestens etwas fraglich zu sein. Auf jeden Fall brauchen wir uns hier mit diesen Dingen nicht weiter abzugeben und können uns auf die Legitimation durch die Salbung beschränken. Vgl. H . Beumann, Einhard und die karolingische Tradition im ottonischen Corvey, Westfalen 30 (1952), S. 162 ff., sowie einstweilen meine Miszellen zur Geschichte des zehnten Jahrhunderts, a. a. O., S. 42 ff. 2

Vgl. Böhmer-Mühlbacher 64 a, wo die Quellen zusammengestellt sind, sowie H . H a h n , J a h r b . d. fränk. Reichs 741/52 (1863), S. 145 ff.

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in welchen Formen dieser Akt vor sich ging 1 . Eine solche weltliche Erhebung zum König ist nun 751 auch an Pippin vollzogen worden; ihr wurde aber offenbar die Salbung durch die Bischöfe vorangestellt 2 , das Ganze mithin ein Verfahren, das eine deutliche Analogie zu der Reihenfolge aufweist, die im Zusammenhang mit dem Spruch des Papstes und der Wahl durch die fränkische Reichsversammlung oder mit der Salbung durch Samuel und der Wahl des jüdischen Volkes beobachtet wurde. Diese Reihenfolge: erst Spruch des Papstes, dann Wahl; erst Salbung, dann weltliche Königserhebung, entsprach nun aber nicht nur dem Sinn der geistlich-kirchlichen Handlungen, die 751 vorgenommen wurden, sie entsprach zugleich den alten, nichtchristlichen Vorstellungen und Überlieferungen, an deren Stelle jene traten oder mit denen sie sich verbanden. Nach alter fränkischer (und germanischer) Anschauung wählte man bei der Königswahl den zum Königtum schon vor der Wahl Berechtigten, denjenigen, der durch seine Abstammung zum Königtum berufen war. 751 wählte man den, der durch das päpstliche Orakel, und man erhob dann den, der durch die Salbung legitimiert war. Die Einhaltung dieser Reihenfolge dürfte also keineswegs bloß die Beachtung einer äußeren Form gewesen sein. I n ihr dürfte sich vielmehr der Rang ausdrücken, den die Salbung nach den Vorstellungen der Zeit neben und gegenüber den anderen Wahlhandlungen hatte. I m Jahre 754 ist die Salbung an Pippin durch den Papst Stephan II., der damals ins Frankenreich kam, wiederholt 1

Vgl. H. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte 2, 2. Aufl., bearb. v. Claudius Frh. v. Schwerin (1928), S. 22 f. 2 Das scheint mir aus dem Wortlaut der Quellen einigermaßen deutlich hervorzugehen, wenn auch, soweit ich sehe, dies Moment in der Literatur bisher nicht berücksichtigt worden ist. Auch darauf gedenke ich in einem anderen Zusammenhang ausführlicher einzugehen. Vgl. dazu auch meinen Aufsatz: Zur Designation und Wahl König Heinrichs I., Deutsches Archiv 6 (1943), S. 399.

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worden 1 . Zugleich wurde sie von ihm an den noch unmündigen Söhnen des Königs, Karl und Karlmann, vollzogen, und zwar, soweit wir sehen, ohne daß die beiden Kinder vorher zu Königen gewählt worden wären. Endlich hat der Papst 754 die Franken auf die neue Dynastie verpflichtet, indem er jeden, der in Zukunft etwa einen König aus einem andern Hause wählen wollte, mit der Exkommunikation bedrohte. Die Ereignisse von 751 wiederholten sich 754 offenbar in der stärksten Form: der Vorgang von 754 zeigt besonders deutlich, daß die Salbung, ähnlich wie seit alter Zeit das Geblütsrecht, den Anspruch auf das Königtum geben und zum Königtum legitimieren sollte. Fast noch klarer machen das die Vorgänge des Jahres 7722. Nachdem sich 768 Karl der Große und sein Bruder Karlmann von den fränkischen Bischöfen noch einmal hatten salben lassen 3 , hat 772 der Langobardenkönig Desiderius, zu dem damals die Witwe des 771 verstorbenen Karlmann mit ihren Kindern geflüchtet war, den Papst Hadrian aufgefordert, ihre Söhne zu Königen zu salben (was der Papst ablehnte). Diese Söhne waren höchstens ein paar Jahre alt; sie waren von den Franken nicht bloß nicht zu Königen gewählt, sie waren vielmehr von Karl und der fränkischen Reichsversammlung ausdrücklich vom Königtum ausgeschlossen worden. Wenn Desiderius trotzdem ihre Salbung durch Hadrian verlangte, so bedeutete das sicher nicht, daß der Papst Karlmanns Söhne wirklich h ä t t e zu Königen machen können. Aber es bedeutete doch, daß die Salbung einen Rechtsanspruch auf die Krone geben sollte, und insofern erscheint Hadrian hier beinahe noch deutlicher als 751 Zacharias und 754 Stephan in der Rolle Samuels, der das Recht auf das Königtum verlieh. I n den folgenden Jahrzehnten tritt die Königssalbung auffällig zurück. Zwar hat Karl noch 781 seine beiden jüngeren 1 2 3

Vgl. Böhmer-Mühlbacher 76 a. Vgl. Böhmer-Mühlbacher 152 b. Vgl. Böhmer-Mühlbacher 115 d.

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Söhne Pippin und Ludwig vom Papst in Rom salben lassen 1 ; das geschah im Zusammenhang mit der Einrichtung von Unterkönigtümern für die beiden Prinzen in Italien und in Aquitanien, und es geschah, soweit wir sehen, wieder, ohne daß eine Wahl vorangegangen wäre. Doch daß Karl auf die Salbung kein allzu großes Gewicht legte, dürfte daraus hervorgehen, daß er die seines ältesten Sohnes, Karl, bis zum Jahre 800 hinausschob; erst damals kam der Prinz nach Rom und wurde am Weihnachtstag, unmittelbar nach Karls des Großen eigener Kaiserkrönung, vom Papst zum König gesalbt 2 . Danach verschwindet die Salbung im Frankenreich für längere Zeit anscheinend mehr oder weniger vollständig. Weder bei der Reichsteilung von 817 noch bei den folgenden Teilungen, Teilungsversuchen und Regierungsantritten unter Ludwig dem Frommen und in der Zeit um den Vertrag von Verdun wurde sie, soweit wir sehen, angewandt. Im Westfrankenreich bürgert sich dann freilich, wovon noch die Rede sein wird, der alte Brauch mit der Salbung Karls des Kahlen in Orleans 848 durch den Erzbischof von Sens wieder ein. Im Mittelreich ist wenigstens Ludwig II., der Sohn Kaiser Lothars, 844 vom Papst zum König gesalbt worden 3 ; dagegen haben Ludwigs Brüder Lothar II. in Lothringen und Karl in Burgund ohne Salbung regiert, und von den ostfränkischen Königen ist vor Ludwig dem Kind offenbar allein Karl I I I . 879 vom Papst, und zwar in Ravenna, gesalbt worden: Ludwig der Deutsche, Ludwig der Jüngere, Karlmann und sein Sohn Arnulf blieben nach allem, was wir wissen 4 , ungesalbt. 1

Vgl. Böhmer-Mühlbacher 235 b. Vgl. Böhmer-Mühlbacher 370 c. 3 Vgl. Böhmer-Mühlbacher 1115 a. 1 Völlige Sicherheit läßt sich freilich, glaube ich, auch in diesen Punkten kaum gewinnen. Die Quellen sagen nichts von einer Salbung der im Text genannten Könige. Aber als Argument e silentio ist das nur mit Einschränkungen zu verwerten. Die Quellen, die von einer Salbung Ludwigs des Deutscheh und seiner Söhne nichts wissen, wie Regino und die Fuldaer Annalen, wissen nämlich auch nichts von einer Salbung Zwentibolds von Lothringen; 2

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Nun hat freilich vor mehreren Jahren C. Erdmann in seinem Aufsatz über den ungesalbten König 1 die Ansicht vertreten, die Tradition der Salbung habe sich in Wirklichkeit im Karolingerreich und vor allem in seinem ostfränkischen Teil trotz ihres scheinbaren Versiegens in ununterbrochener Folge erhalten. Man sei dabei nur von der Vorstellung ausgegangen, daß derjenige, der die Salbung zu vollziehen hatte (wie es 754 und 800 geschehen und 772 geplant war), der Papst sei, und man habe den Vollzug der Salbung daher aufgeschoben, bis man mit dem Papst zusammentraf; bei den karolingischen Königen des neunten Jahrhunderts, die nicht gesalbt worden sind, sei die Salbung infolgedessen nur unterblieben, weil sie mit dem Papst niemals zusammenkamen. Die einzige Stütze für Erdmanns These ist, soweit man sieht, die Tatsache, daß sich Ludwig II. 844 in Rom und Karl I I I . 880 bei ihrer ersten Begegnung mit dem Papst in Ravenna haben salben lassen 2 . Doch man wird schwerlich beweisen können, daß die beiden damit einem allgemein gültigen Prinzip folgten, und daß nicht etwa ihre Salbung ganz anderen Gründen, z. B. päpstlichen Aspirationen, Zufälligkeiten der augenblicklichen politischen Lage und dergleichen entsprang. Andererseits wird sich auch kaum beweisen lassen, daß jenes Prinzip nicht existierte 3 ; uijser Material dürfte für einen Beweis wie für seine über sie sind wir n u r durch die Annales Vedastini zu 895 u n t e r r i c h t e t (vgl. Böhmer-Mühlbacher 1908 a). Das Schweigen jener andern Quellen ist also offenbar nicht sehr beweiskräftig. I m m e r h i n scheint die Tatsache, daß, wie E r d m a n n , a. a. O., S. 316 f., nachgewiesen h a t , K a r l I I I . als dies consecrationis den T a g feierte, a n dem er 880 in R a v e n n a vom P a p s t zum König gesalbt sein d ü r f t e , d a f ü r zu sprechen, daß er 776 oder f r ü h e r bei seiner Thronbesteigung nicht gesalbt worden ist; u n d wenn das f ü r ihn gilt, so d ü r f t e es natürlich auch f ü r seine B r ü d e r K a r l m a n n u n d Ludwig den J ü n g e r e n zutreffen. 1 Vgl. oben S. 8, Anm. 2. 2 Die Kaiserkrönung Arnulfs, auf die E r d m a n n in diesem Zusammenhang noch hinweist, scheint mir d a f ü r irrelevant zu sein. 3 D a ß der P a p s t , als er 833 ins Frankenreich k a m , die Söhne Ludwigs des F r o m m e n offenbar nicht salbte und anscheinend ebensowenig Ludwig den Deutschen, als er 874 in Verona m i t ihm zusammentraf, beweist, wie

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Widerlegung zu dürftig sein. Doch so viel wird man sagen müssen: wenn der Gedanke an die Salbung in der Weise, wie Erdmann meint, tatsächlich noch lebendig gewesen sein sollte, so würde das doch nichts daran ändern, daß sie ihren alten Sinn und ihre alte Bedeutung verloren hatte. Die Salbung hatte, wie wir sahen, ursprünglich den Sinn, die Legitimation oder doch eine Legitimation für das Königtum des Gesalbten zu geben. Wenn man sie beliebig lange, unter Umständen für immer aufschieben konnte, und wenn man Jahre hindurch, in den meisten Fällen sogar dauernd ohne Salbung regierte, so beweist das, daß sie gegenüber ihrer alten Bedeutung zu einer einigermaßen belanglosen Form herabgesunken war. Woran diese Wandlung lag, braucht uns hier nicht näher zu beschäftigen. Sie mag ihre Ursache in einer gewissen Emanzipation des Königtums, vor allem des ostfränkischen Königstums, von den kirchlichen Ideen der Mitte des achten Jahrhunderts, der Zeit des Bonifatius, zugleich in der Stärkung des Geblütsrechts der Dynastie und ihrer eigenen theokratischen Position gehabt haben. F ü r unsere Zwecke ist nun aber das Wesentliche, daß die Salbung in der zweiten Hälfte, vor allem im letzten Drittel des neunten Jahrhunderts, wieder zu neuer Bedeutung kam. Wie bemerkt, hat sich 848 Karl der Kahle in Orléans salben lassen, und zwar von der Hand des Erzbischofs von Sens. Er t a t das, nachdem er Aquitanien erobert oder sich doch die aquitanischen Großen ihm zugewandt hatten, und wenn Erdmann, a. a. O., S. 315, Anm. 1, und S. 318, mit Recht betont, nicht viel: es könnte sich um begründete Ausnahmen von der Regel handeln. Freilich ist auf keinen Fall recht einzusehen, 'warum sich die ostfränkischen Könige nicht, wenn der Papst nicht zur Verfügung stand, von Bischöfen haben salben lassen, wenn sie überhaupt auf die Salbung Gewicht legten. Im Westfrankenreich war die von Bischöfen vollzogene Salbung ja seit 848 wieder üblich, und sie war, wie wir sahen, auch bereits im achten Jahrhundert, 751 und 768, vorgekommen. Erdmanns These von der päpstlichen Salbung, auf die man im Ostfrankenreich wartete, scheint also auch insofern etwas unwahrscheinlich zu sein.

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man auch fragen kann, ob die Salbung für das aquitanische Reich oder für das Königtum Karls überhaupt zu gelten hatte, so steht doch so viel fest, daß sie seine einigermaßen unsichere und bedrohte Herrschaft festigen sollte. Eine ganz ähnliche Bedeutung h a t t e dann die Salbung, die er 869, nach dem Einfall in Lothringen, in Metz vom Erzbischof Hinkmar von Reims an sich vollziehen ließ 1 : auch hier sollte das fragwürdige Recht und die fragwürdige Macht des Königs gestützt werden. Seitdem ist die Salbung bei den westfränkischen Karolingern wieder üblich; die Nachfolger Karls des Kahlen haben sie durchweg empfangen, und es ist klar, daß sie zur Vermehrung ihrer Rechtstitel und zur Stärkung ihres Königtums zu dienen hatte. Doch wichtiger für die Erkenntnis des Wesens und der Bedeutung der Salbung in dieser Zeit ist die Rolle, welche sie beim Zerfall des Karolingerreiches in den Jahren 879 und 887/88 gespielt hat. Sämtliche Prätendenten, die damals außerhalb des ostfränkischen Reiches neue Königreiche gegründet haben oder zu gründen versuchten, Boso in Niederburgund 2 , Odo und Wido in Frankreich, Rudolf in Hochburgund und in Lothringen, Berengar und Wido in Italien, sind gesalbt worden 3 . Man h a t damals zwar nicht wieder wie einst Pippin beim Papst in Rom sich die Berechtigung des neuen Königtums bescheinigen lassen. Immerhin wurde bei einer der Königserhebungen, die jetzt erfolgten, und über die wir genauer Bescheid wissen, bei der Bosos von 879, von einem Bischof die (offenbar freilich falsche) Behauptung aufgestellt, der Papst habe seine Zustimmung gegeben 4 . Und der Wahlakt von 879, der der Salbung Bosos durch den Erzbischof von Lyon voranging, wurde nicht bloß in einer Form vollzogen, die die Bischöfe als die Initiatoren 1 Vgl. E. Dümmler, Geschichte des ostfränkischen Keiches 2, 2. Aufl. (1887), S. 282 ff. 2 Vgl. Dümmler 3, 2. Aufl. (1888), S. 124 ff. * Vgl. ebenda S. 313 ff. Die Quellen führe ich im einzelnen nicht an. Vgl. jedoch unten S. 31, Anm. 1. 1 Vgl. Dümmler, S. 126.

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der Wahl erscheinen ließ — diese Wahl selbst wurde auch als durch göttliche Eingebung und Offenbarung erfolgt hingestellt. Wir wissen andrerseits kaum zu sagen, ob 879 und 887/88 die Salbungen, wie es im achten Jahrhundert geschehen war, vor einer weltlichen Thronerhebung vollzogen wurden. Doch ist es wenigstens bei den Salbungen Odos und Widos in Frankreich sowie bei der Rudolfs in Lothringen deutlich, daß man sie möglichst früh, im Falle Widos und Rudolfs geradezu überstürzt vornahm; diese Salbungen geschahen in einem Augenblick, in dem die Könige erst von einem kleinen Teil der Großen gewählt waren, und ihnen sollte die Anerkennung und Wahl durch die Gesamtheit erst folgen 1 . Selbstverständlich ähnelten die Salbungen der eben genannten Prätendenten denen der w est fränkischen Karolinger seit 848 insofern, als auch sie den Zweck hatten, das schwache und fragwürdige Königtum der Gesalbten zu stützen. Darüber hinaus und auf jeden Fall kann man aber wohl von den Königssalbungen der Jahre 879 und 887/88 sagen, daß sie einen ähnlichen Sinn wie die von 751 hatten. Die Prätendenten, die jetzt eingesetzt wurden, waren, wenn zum Teil auch in weiblicher Linie mit den Karolingern verwandt, doch sämtlich nicht Angehörige der karolingischen Dynastie. Sie gründeten neue Dynastien, und sie wurden erhoben, indem man die Ansprüche und Rechte des altgeheiligten, seit 751 regierenden Hauses (ganz ähnlich wie einst das der Merowinger) ignorierte: die Salbung hatte, ebenso wie 751, den Sinn, eine kirchliche, d. h. göttliche Legitimation der neuen Dynastien zu geben. Nur im ostfränkischen Reich ist es 887 nicht zur Erhebung eines nichtkarolingischen Königs gekommen. Soweit wir sehen, ist denn auch Arnulf von Kärnten, der hier König wurde, nicht gesalbt worden. Dagegen hat 895 Arnulfs illegitimer Sohn 1 Odo h a t sich dann nach seiner ersten Salbung in Compiegne später, als er allgemeinere Anerkennung gefunden hatte, in Reims noch einmal salben lassen.

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Heinrich I . und die fränkische Königssalbung

Zwentibold, als man ihn zum König von Lothringen machte 1 , und höchstwahrscheinlich sein legitimer Sohn Ludwig das Kind, als er Arnulf 899 im ostfränkischen Reich nachfolgte, die Salbung empfangen2. Mit beiden Salbungen wurde nicht eine neue Dynastie legitimiert; sie hatten eine bescheidenere, geringere Bedeutung, und zwar offensichtlich dieselbe wie die Königssalbungen, die sich seit 848 bei den westfränkischen Karolingern wieder eingebürgert hatten, eine Bedeutung, die, wie wir sahen, nebenbei auch bei den Salbungen von 879 und 887/88 hervortrat: diese sollten die schwache Machtstellung der Könige erhöhen und aufbessern. Welche Stellung innerhalb der übrigen Erhebungsakte Zwentibolds die Salbung einnahm, können wir nicht sagen; doch 899 bei der Erhebung Ludwigs ist sie, wenn wir recht unterrichtet sind, offenbar vor einer weltlichen Thronsetzung des Kindes erfolgt 3 . Ganz derselbe Sinn wie den Salbungen, die 879 und 887/88 an den Repräsentanten neuer Dynastien vollzogen wurden, und damit eine ähnliche Bedeutung wie der von 751 kam nun aber der ersten Salbung zu, die wir mit voller Bestimmtheit für einen ostfränkischen König auf deutschem Boden nachweisen können: der Konrads I. im Jahre 911, die höchstwahrscheinlich in Forchheim urd von Hatto von Mainz vollzogen 1

Vgl. D ü m m l e r 3, S. 408 f . ; Böhmer-Mühlbacher 1908 a ; vgl. dazu

S . 24, Anm. 4.

Für

oben

absolut gesichert halte ich diese Salbung freilich auch

n i c h t ; sie wird nur von den Annales Vedastini überliefert, während die F u l d a e r A n n a l e n und Regino nichts von einer Salbung, sondern nur von einem weltlichen W a h l a k t sagen; und die Ann. Vedastini k ö n n t e n in ihrer Ausdruckswreise durch westfränkische Anschauungen b e s t i m m t sein. 2

Vgl. D ü m m l e r 3, S. 4 9 5 ; Böhmer-Mühlbacher

1983 d ; dazu vor allem

E r d m a n n , a. a. 0 . , S. 312 f. 3

wicum

Vgl. Reginonis clironicon 900, S. 147 f . : proceres . . . regem

in fastigio

super

regni sublimant.

se creant

et coronatum

et optimates

regiisque

ornamentis

. . .

Ludoindutum

E t w a s ganz Sicheres i s t aus R e g i n e s W o r t e n frei-

lich, wie m a n sieht, n i c h t zu e n t n e h m e n ; doch sind sie am wahrscheinlichsten wohl so zu deuten,

daß erst eine W a h l ,

d a n n die Thronsetzung stattgefunden h a t .

dann die K r ö n u n g

und Salbung,

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wurde 1 ; wobei sich über ihr Verhältnis zur Wahl und zur weltlichen Thronsetzung infolge der Dürftigkeit der Überlieferung freilich gar nichts sagen läßt. Mit der Erhebung Konrads schob man die Ansprüche der Karolinger, die im Westen mit Karl dem Einfältigen inzwischen wieder auf den Thron gekommen waren, beiseite, und man etablierte wie in den Jahren 751, 879 und 887/88 eine neue Dynastie. Man sieht, seit 751 hatte sich die Salbung zwar nicht in einer ununterbrochenen Tradition, als feststehender Brauch, im fränkischen Reiche durchgesetzt; aber sie war doch im Westen seit der Mitte, im Osten wahrscheinlich seit dem Ende des neunten Jahrhunderts, sicher seit dem Jahre 911 wieder ein Bestandteil der Königserhebung geworden. Vor allem aber, sie ist seit 751 auf dem Boden des Karolingerreiches stets vollzogen worden, wenn es sich darum handelte, einen König gegen die herrschende Dynastie aus einem neuen Hause einzusetzen 2 . Dabei mag das rechtliche, politische und moralische Gewicht, das die Salbung tatsächlich für die Legitimierung der neuen Könige oder der neuen Dynastien hatte, schwer abzuschätzen sein. Wir können kaum beurteilen, wie groß die Widerstände waren, die die neuen Könige oder Prätendenten fanden, und die mit Hilfe des kirchlichen Segens überwunden werden mußten und konnten, und ebensowenig können wir zuverlässig entscheiden, wie intensiv die religiösen und kirchlichen Überzeugungen waren, die der 1 Vgl. D ü m m l e r 3, S. 576; Böhmer-Mühlbacher 2070 e; E r d m a n n , S. 312. Auf Widukinds Aussage, K o n r a d sei gesalbt worden, wird m a n allerdings nicht allzuviel zu geben h a b e n ; denn er l ä ß t z. B. auch den alten Frankenkönig Theuderich gesalbt werden. U m so mehr aber darauf, daß K o n r a d , wie Erdm a n n m i t R e c h t b e t o n t , in den Beschlüssen von Hohenaltheim als christus domini erscheint, sowie darauf, daß 919 u n d 936 offenbar bereits eine Tradition f ü r die Salbung b e s t a n d ; als einigermaßen vollgültigen Beweis wird man, wie Schramm, a. a. 0 . , S. 194, betont, alle Momente zusammen ansehen dürfen. 2

Das sowie die Feststellung der Reihenfolge v o n Salbung u n d weltlicher Königserhebung scheint mir das wesentlichste Ergebnis der vorangegangenen Zusammenstellungen über die Salbungen im Karolingerreich zu sein.

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Salbung ihr Gewicht gaben. Wir sagten oben bereits, daß 772 das Wort des Papstes sicher nicht genügt hätte, die Ansprüche der Söhne Karlmanns durchzusetzen, und ähnlich dürfte es bei allen Salbungen seit 751 gewesen sein, mögen sie nun vom Papst oder von Bischöfen und an Königen aus dem herrschenden oder aus einem neu erhobenen Hause vollzogen worden sein: ohne eine erhebliche Macht der Prätendenten, an denen sie vorgenommen wurden, und ohne eine mindestens weitgehende Zustimmung des Volkes oder der Großen, die sie zu wählen und zu erheben hatten, wäre die Salbung sicher wirkungslos geblieben. Aber immerhin, so selbstverständlich das ist, und so sehr man im einzelnen über das Maß ihrer Wirksamkeit streiten kann, politisch belanglos war sie auf keinen Fall; sie stärkte und stützte unter allen Umständen die Position der Könige und der alten oder der neuen Dynastien, und sie war dazu da, etwaige Usurpationen zu legitimieren und mit dem Schimmer des Rechts und des göttlichen Segens zu umkleiden. Das wurde besonders deutlich und sozusagen auch äußerlich erkennbar, wenn man den Spruch des Papstes der Wahl durch das Volk oder die Salbung einer Thronsetzung durch die Großen voranstellte 1 . Wenn man nach alledem die Ablehnung der Salbung durch Heinrich I. überdenkt, so wird man sagen dürfen, sie war, 1

Man bekommt übrigens den Eindruck, daß die Salbung um 751 mehr zu bedeuten h a t als gegen Ende des neunten Jahrhunderts. Die Quellen betonen ihr Vorkommen, ebenso wie den Spruch des Papstes, um 751 viel stärker als später. Daß es sich so verhält, ist kein Wunder: um die Mitte des achten Jahrhunderts waren die Beziehungen zu Rom und zu der eben reformierten Kirche anders als um 888. Freilich glaube ich, man wird sich auch f ü r die Mitte des achten Jahrhunderts keine so günstigen Vorstellungen über das Verhältnis von Laienwelt und Kirche und die zwischen ihnen herrschende Harmonie machen dürfen, wie jetzt manchmal geschieht. Daß in dieser Zeit manches verhältnismäßig harmonisch aussieht, was in Wirklichkeit wohl weniger harmonisch war, mag zum Teil daran liegen, daß wir im allgemeinen auf sehr einsilbige, von Klerikern geschriebene Quellen angewiesen sind. Später, -etwa im neunten Jahrhundert, wo die Quellen mehr erzählen, ist es mit dieser Harmonie offenbar nicht weit her gewesen.

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oder vorsichtiger ausgedrückt, sie mußte in den Augen von Heinrichs Zeitgenossen als die Ablehnung der Art der Königserhebung erscheinen, wie sie auf dem Boden des fränkischen Reiches im achten Jahrhundert einige Jahrzehnte und wie sie seit der Mitte des neunten Jahrhunderts im Westen ständig, im Osten wahrscheinlich seit 900 geübt worden war. Sie war außerdem und vor allem aber die Ablehnung einer geistlichen Sanktionierung des neuen sächsischen Hauses, einer Sanktionierung, wie sie seit 751 im ganzen Karolingerreich in ähnlichen Fällen immer für nötig gehalten wurde, und sie war damit, wenn wir uns an die Vorstellungen der Zeit erinnern, die Zurückweisung eines kirchlichen Segens, der auf die Bibel und das Vorbild Samuels und Davids zurückblicken konnte 1 . Die Frage ist nun, wie die geschichtliche Situation und die geistige Atmosphäre beschaffen war, in der diese Ablehnung zustande kam.

4. Politische Voraussetzungen der Ablehnung Die territoriale Expansionspolitik der Liudolfinger stieß in Thüringen und in den fränkisch-sächsischen Grenzgebieten mit der der Mainzer Erzbischöfe zusammen; mindestens zwischen H a t t o von Mainz und Heinrich ist es deshalb offenbar zu heftigen Konflikten gekommen. I n diesen Konflikten hat man den Grund oder einen Grund für die Zurückweisung, die Heriger in Fritzlar erfuhr, sehen wollen2. Nun ist H a t t o von Mainz 913 gestorben, und ob oder wie sehr unter seinem Nachfolger Heriger die Streitigkeiten mit dem sächsischen Herzogshaus weiter1 Vgl. dazu Erdmann, a. a. O., S. 324 f. Wenn ich Erdmanns Ansieht, daß im ostfränkischen Reich eine dauernde Tradition der Königssalbungen bestanden habe, auch nicht teile, so folge ich doch durchaus seiner Auffassung, daß in Fritzlar „die karolingische Tradition als Ganzes" zurückgewiesen ist. 2 Vgl. dazu neuerdings H . Büttner und I. Dietrich, Weserland und Hessen im Kräftespiel der karolingischen und frühen ottonischen Politik, Westfalen 30, 3 (1952), S. 147, Anm. 95.

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oder vorsichtiger ausgedrückt, sie mußte in den Augen von Heinrichs Zeitgenossen als die Ablehnung der Art der Königserhebung erscheinen, wie sie auf dem Boden des fränkischen Reiches im achten Jahrhundert einige Jahrzehnte und wie sie seit der Mitte des neunten Jahrhunderts im Westen ständig, im Osten wahrscheinlich seit 900 geübt worden war. Sie war außerdem und vor allem aber die Ablehnung einer geistlichen Sanktionierung des neuen sächsischen Hauses, einer Sanktionierung, wie sie seit 751 im ganzen Karolingerreich in ähnlichen Fällen immer für nötig gehalten wurde, und sie war damit, wenn wir uns an die Vorstellungen der Zeit erinnern, die Zurückweisung eines kirchlichen Segens, der auf die Bibel und das Vorbild Samuels und Davids zurückblicken konnte 1 . Die Frage ist nun, wie die geschichtliche Situation und die geistige Atmosphäre beschaffen war, in der diese Ablehnung zustande kam.

4. Politische Voraussetzungen der Ablehnung Die territoriale Expansionspolitik der Liudolfinger stieß in Thüringen und in den fränkisch-sächsischen Grenzgebieten mit der der Mainzer Erzbischöfe zusammen; mindestens zwischen H a t t o von Mainz und Heinrich ist es deshalb offenbar zu heftigen Konflikten gekommen. I n diesen Konflikten hat man den Grund oder einen Grund für die Zurückweisung, die Heriger in Fritzlar erfuhr, sehen wollen2. Nun ist H a t t o von Mainz 913 gestorben, und ob oder wie sehr unter seinem Nachfolger Heriger die Streitigkeiten mit dem sächsischen Herzogshaus weiter1 Vgl. dazu Erdmann, a. a. O., S. 324 f. Wenn ich Erdmanns Ansieht, daß im ostfränkischen Reich eine dauernde Tradition der Königssalbungen bestanden habe, auch nicht teile, so folge ich doch durchaus seiner Auffassung, daß in Fritzlar „die karolingische Tradition als Ganzes" zurückgewiesen ist. 2 Vgl. dazu neuerdings H . Büttner und I. Dietrich, Weserland und Hessen im Kräftespiel der karolingischen und frühen ottonischen Politik, Westfalen 30, 3 (1952), S. 147, Anm. 95.

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gingen, wissen wir nicht. Dagegen, daß sie noch eine größere Rolle spielten und die Lage 919 beeinflußten, könnte man geltend machen, daß nach der Thronbesteigung Heinrichs Heriger stets als Erzkanzler erscheint 1 , was der Mainzer Erzbischof unter Heinrichs beiden Vorgängern nicht gewesen ist, und man könnte weiter sagen, daß, wenn Heinrich sich 919 an der Person Herigers und der Mainzer Territorialpolitik stieß, so hätte er sich von andern Bischöfen salben lassen können 2 . Immerhin läßt sich die Möglichkeit, daß territoriale Gegensätze Heinrichs Stellungnahme in Fritzlar beeinflußten, nicht bestreiten. Aber wenn dem so sein sollte, so muß man sich doch darüber klar sein, daß nach dem, was wir vorhin über das Wesen der Salbung feststellten, ihre Ablehnung mehr war als ein Glied in der Kette territorialer Streitigkeiten, und daß sie jedenfalls von den Zeitgenossen als mehr aufgefaßt werden mußte. Daß sie als mehr angesehen wurde, geht schon aus den bittern Worten der Vita Udalrici von dem Schwert ohne Knauf hervor 3 ; jedenfalls wurde durch sie ein Fragenkomplex angerührt, der weit über den Bereich mainzisch-sächsischer Grenzstreitigkeiten hinausging. 1 Freilich mit der Einschränkung, auf die Erdmann, a. a. O., S. 3 2 6 / f „ hingewiesen hat, daß Heriger in den Diplomen Heinrichs zu Anfang bisweilen nicht als Erzkanzler, sondern als Erzbischof bezeichnet wird; doch diese Einschränkung bezieht sich auf das Funktionieren der Kapelle und nicht so sehr auf die Stellung Herigers. Ob er in den königlichen Urkunden Erzkanzler oder Erzbischof genannt wird, ist f ü r unsere Fragestellung gleichgültig: praktisch h a t t e er die einem Erzkanzler entsprechende Stellung. 2 Eine feste Tradition f ü r den Mainzer Erzbischof als Coronator bestand damals noch in keiner Weise — bekanntlich auch später nicht. Und im übrigen denke man daran, daß unter Umständen die Salbung auch von gewöhnlichen Bischöfen vollzogen werden konnte und vollzogen wurde. So ist etwa Wido 880 in Frankreich vom Bischof von Langres, Budolf in Lothringen vom Bischof von Toul gesalbt worden. Heinrich h ä t t e sich also, wenn er wollte, recht gut von andern fränkischen Bischöfen als dem Mainzer oder auch von sächsischen Bischöfen salben lassen können; vgl. dafür oben S. 13, Anm. 3. 3

Vgl. oben S. 7. 3

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Man legt denn auch im allgemeinen auf die territorialen Konflikte zwischen Sachsen und Mainz in diesem Zusammenhang nicht soviel Gewicht wie darauf, daß in Fritzlar, sozusagen durch einen symbolischen Akt, die Zurückweisung eines Bündnisses mit der Kirche dokumentiert worden sei 1 . I m ostfränkischen Reich standen sich nach allem, was wir wissen, seit Ludwig dem Deutschen Königtum und Kirche im allgemeinen sehr nahe. Beide ergänzten und stützten sich weitgehend gegenseitig 2 ; und so ist es bekanntlich auch unter Heinrichs Nachfolgern wieder geworden. Unter seinem unmittelbaren Vorgänger Konrad I. hatten die Beziehungen zwischen beiden Gewalten durch den Konflikt mit den Herzögen eine besondere Verstärkung erfahren: sie hatten sich offenbar zum Bündnis gegen die aufstrebenden Herzöge in Sachsen, Bayern und Schwaben entwickelt. Den deutlichsten Ausdruck fand die Hilfe, die dabei die Krone von der Kirche erhielt, auf der Synode von Hohenaltheim im Jahre 916. Dort wurden die schwäbischen Prätendenten Erchanger und Berchtold zu lebenslänglicher Klosterhaft verurteilt, der bayrische Herzog Arnulf wurde aufgefordert, sich vor einer Regensburger Synode seiner eigenen Bischöfe zu verantworten, und jeder, der sich gegen den König empören und der sich gegen sein Leben oder seine Herrschaft verschwören sollte, wurde in der feierlichsten 1 Vgl. etwa Heimpel, Bemerkungen zur Geschichte Heinrichs I., ä. a. O., S. 37 ff.; ders., Deutsches Mittelalter (1941), S. 37 f.; Erdmann, a . a . O . , S. 335 ff.; vgl. weiter etwa auch L. v. Ranke, Weltgeschichte 6, 2, 4. Aufl. (1891), S. 112 ff.; K . W. Nitzsch, Geschichte des Deutschen Volkes 1 (1883), S. 204; G. Waitz, Jahrbücher Heinrichs I., S. 4 0 f . sowie S. 217 ff.; S. Hellmann, Das Mittelalter bis zum Ausgang der Kreuzzüge, 2. Aufl. (1924), S. 102; A. Cartellieri, Die Weltstellung des Deutschen Reiches (1932), S. 13; R. Holtzmann, Geschichte der sächsischen Kaiserzeit (1943), S. 69 f.; meinen Aufsatz König Heinrich I. und die Gründung des deutschen Reiches, Thür.-sächs. Zeitschr. f. Geschichte u. K u n s t 24 (1936), S. 31 f.; Schramm, die Krönung in Deutschland, a. a. O., S. 195 f. 2 Vgl. darüber etwa J . Schur, Königtum und Kirche im ostfränkischen Reiche (1931), S. 66.

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Form mit Verfluchung und ewiger Verdammnis und Klosterh a f t bedroht 1 . Konrad und die Kirche sind in ihrem Kampfe gegen die Herzöge unterlegen, und das Resultat dieser Niederlage war, daß die Krone auf den sächsischen Herzog überging. E s mußte 1 Ü b e r die Synode v o n Hohenaltheim vgl. Constitutiones 1, S. 618 ff.; D ü m m l e r 3, S. 6 0 5 f f . ; Nitzsch, a. a. 0 . , S. 280; sowie zuletzt M. H e l l m a n n , Die Synode von Hohenaltheim, H i s t . J a h r b . 73 (1954), S. 127 ff. H i e r vert r i t t Hellmann die Ansicht, daß auf der Synode ein weitgehender Herrschaftsanspruch der Bischöfe zutage getreten sei, dem sich K o n r a d nicht f ü g t e ; Kirche u n d König h ä t t e n sich also als Gegner gegenübergestanden. A n dieser Ansicht ist wohl insofern etwas Richtiges, als der E p i s k o p a t 916 auch eigene Interessen v e r t r a t , u n d m a n h a t das auch f r ü h e r schon gesehen; vgl. etwa meine Beschlüsse d e r Deutschen H o f t a g e von 911 bis 1056 (1924), S. 98 f., wo ich bemerke, daß der E p i s k o p a t im Laufe des zehnten J a h r h u n d e r t s dem K ö n i g t u m wohl nie selbständiger gegenübergestanden h a b e als in Hohenaltheim, u n d daß m a n d o r t vor allem auf die S t ä r k u n g des kirchlichen Einflusses bedacht war. Doch daneben ist nicht zu verkennen, daß K ö n i g u n d Bischöfe Bundesgenossen waren, u n d diese Seite d e r Angelegenheit d ü r f t e bei Hellmann etwas zu kurz kommen. W ä r e n K r o n e u n d Episkopat, wie er anscheinend, m e i n t , entzweit gewesen u n d wäre jeder seinen eigenen W e g gegangen, so wäre das angesichts der gemeinsamen Bedrohung d u r c h die Herzöge eine Torheit gewesen, f ü r die sich jedenfalls in den Beschlüssen von Hohenaltheim keine A n h a l t s p u n k t e finden. Auf die Einzelheiten von Hellmanns Beweisführung u n d Darlegungen k a n n ich hier n a t ü r l i c h nicht vollständig eingehen, doch möchte ich immerhin einiges dazu sagen. Der wertvolle Nachweis, daß in Hohenaltheim die Pseudoisidorischen Dekretalien ausgiebiger b e n u t z t worden sind, als m a n bisher a n n a h m (wobei m a n n u r einen Hinweis auf das bisher schon Feststehende vermißt),. d ü r f t e f ü r die a u t o n o m e n Tendenzen der Bischöfe gegen die K r o n e nicht allzuviel beweisen. E i n m a l a h n t e schwerlich auch n u r einer von ihnen, daß die Dekretalien eine Fälschung, u n d noch weniger, zu welchem Zwecke sie gefälscht waren. D e r I n h a l t der Sätze, die m a n aus Pseudoisidor ü b e r n a h m , war im ganzen r e c h t harmlos u n d ging ü b e r das, was sonst auf Synoden der Zeit gegen Laien u n d Könige gefordert wurde, nicht allzuweit hinaus; d i e stärksten Beschlüsse, die überh a u p t , aus Pseudoisidor e n t l e h n t , gefaßt wurden, sprechen sich doch gerade zugunsten des K ö n i g t u m s aus. Bezeichnend scheint m i r dabei zu sein, d a ß in Hohenaltheim E r m a h n u n g e n an den König völlig fehlen, wie sie etwa auf der Mainzer Synode 888 gegen Arnulf von K ä r n t e n ziemlich deutlich u n d reichlich ausgesprochen werden. — D a ß 916 der König als christus dotnini

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für ihn naheliegen, sein Königtum aus dem Bündnis, das soeben bankrott gemacht hatte, zu lösen, und tatsächlich sieht man, daß er das, mindestens für den ersten Teil seiner Regierung, auch getan hat. Man hat längst bemerkt und oft betont, daß in den Urkunden Heinrichs Schenkungen an Geistliche und Interventionen von Klerikern auffällig selten vor-

bezeichnet wird, bedeutet doch in keiner Weise eine Herabsetzung, wie Hellmann zu meinen scheint, eher das Gegenteil; und ebensowenig kann man einen bewußten Affront gegen Konrad darin sehen, daß die Synode nicht nur Bischöfe, sondern auch weltliche Empörer mit Strafen belegt und bedroht: aas hat etwa die Synode von Ingelheim 948 auch getan, und niemand wird behaupten wollen, daß sie sich damit gegen Otto den Großen wandte; bezeichnend ist auch, daß, worauf schon A. Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands 3, 6. Aufl. (1952), S. 14, hinweist, bei der Verurteilung Erchangers und Berchtolds zur Klosterhaft das Hauptgewicht auf ihre Empörung gegen den König, nicht auf die Gefangennahme Salomos von Konstanz gelegt wird. Immerhin ist zuzugeben, daß in diesem Punkte das Selbstbewußtsein und die Selbständigkeit der Hohenaltheimer Synode besonders stark hervortritt; aber von da bis zu dem, was Hellmann meint, ist wohl noch ein weiter Weg. — Daß Konrad in Hohenaltheim nicht anwesend war, ist, wenn auch nicht zu beweisen, so doch sehr wahrscheinlich; aber wenn der König wirklich fehlte, so würde auch das im Sinne von Hellmann nicht viel besagen. An der Synode von Tribur 895 hat Arnulf von Kärnten trotz der damals zutage tretenden engen Verbindung zwischen ihm und der Kirche gleichfalls nicht teilgenommen. Hellmanns Behauptung, daß Arnulf die Synode „selbstverständlich" geleitet habe, ist ein Irrtum. Während die Bischöfe in der Kirche ihre Synode abhielten, tagte der König mit den weltlichen Großen in der Pfalz von Tribur. — Wenn in Hohenaltheim der päpstliche Legat präsidierte, so ist auch das nichts Auffälliges: in Ingelheim war es trotz der Anwesenheit des deutschen Königs Otto und des französischen Königs Ludwig genauso. — Daß die erzählenden Quellen über die Synode von 916 so gut wie nichts sagen, beweist gleichfalls nichts für Hellmanns Meinungen; sie sagen nicht weniger, als bei ihrer Schweigsamkeit überhaupt zu erwarten ist. -— Ganz in der Luft zu schweben scheint mir die Vermutung, daß das Programm der Hohenaltheimer Synode in Mainz, womöglich schon unter dem (913 gestorbenen) Erzbischof Hatto ausgearbeitet worden sei. Schließlich dürfte der Ort Hohenaltheim (vgl. Hellmann, S. 138) gleichfalls nichts für eine antikönigliche Haltung der Synode beweisen. Daß Hohenaltheim kein Bischofssitz war, spricht doch höchstens dafür, daß man keinem der Bischöfe eine besonders bevorzugte Stellung einräumen wollte, indem man die Synode in seine Residenz verlegte. Und ob Hohenaltheim

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kommen; Erdmann hat in seinem Aufsatz über den ungesalbten König gezeigt, daß die Kapelle, die Hofgeistlichkeit, in den ersten Jahren seiner Regierung offenbar eine ungewöhnlich geringe, geradezu verschwindende Rolle spielt 1 . Vor allem aber hat Heinrich den Kampf gegen die Herzöge nicht fortgesetzt; er hat sich mit ihnen verständigt, und dabei h a t er den Episkopat, den bisherigen Bundesgenossen der Krone, in Schwaben weitgehend 2 , in Bayern vollständig den Herzögen ausgeliefert. Der bayrische Herzog Arnulf erhielt bekanntlich das bisher und sonst überall dem König zustehende Recht, die Bischöfe einzusetzen. Wenn aber Heinrich das traditionelle Bündnis mit der Kirche aufgab, so mochte es naheliegen, das durch einen besonders deutlichen Akt zu manifestieren; und als solcher Akt konnte und mußte die Ablehnung der Salbung aufgefaßt werden 3 . Auf jeden Fall aber mochte es naheliegen, sich in dieser Situation nicht durch die Annahme von Herigers Angebot ausgerechnet der Kirche zu verpflichten und als Freund keine Pfalz war, wissen wir nicht; daß dort altes Reichsgut lag, bemerkt Hellmann, S. 138, Anm. 37, selbst. Aber auch, wenn der Ort keine Pfalz war, was würde das beweisen? Als Grund, in ihm die Synode tagen zu lassen, d ü r f t e doch, wie man schon früher betont hat, seine günstige geographische Lage genügen. Übrigens möchte ich darauf hinweisen, daß die Reichsteilung von 876 gleichfalls im Rießgau, in dem Hohenaltheim lag, s t a t t f a n d ; eine genauere Lokalisierung dieser Reichsteilung geben die Quellen nicht; sollte sie etwa in Hohenaltheim vollzogen worden sein? Auf das, was ich an Hellmanns Ansichten f ü r richtig halte, komme ich unten S. 40, Anm. 1, nochmals zu sprechen. 1 A. a. O., S. 325 ff.; vgl. auch E. Erdmann, Beiträge zur Geschichte König Heinrichs I., Sachsen u. Anhalt 16 (1940), S. 98 ff. Daß sich in den ersten J a h r e n Heinrichs nur ein Urkundenschreiber am Hofe nachweisen läßt, erklärt sich zwar, wie Erdmann selber betont, aus der „Schriftlosigkeit" Sachsens und beweist nicht viel f ü r oder gegen die Bedeutung der Kapelle; daß diese aber gering war, zeigen die übrigen Momente, die Erdmann anführt. 2 Vgl. dazu meinen Aufsatz König Heinrich I. und das Herzogtum Schwaben, Hist. Viertel]ahrsschr. 24 (1929). 3 So sieht es die moderne Forschung wohl auch meistens an; vgl. oben S. 34, Anm. 1.

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oder gar als Schützling der Kirche zu erscheinen. Derselbe Heriger, der in Fritzlar Heinrich die Salbung anbot, hatte in Hohenaltheim, vermutlich an hervorragender Stelle, mitgewirkt, als man Arnulf von Bayern, mit dem sich Heinrich 921 verständigt hat, vor das Gericht der Bischöfe zitierte, und als man über Arnulfs Oheime Erchanger und Berchthold das Urteil sprach1. In den Beschlüssen von Hohenaltheim aber war der König Konrad als christus domini bezeichnet worden; eben damit, daß er der Gesalbte des Herrn war, war die Verurteilung der Empörung gegen ihn als eines Sakrilegs begründet worden. Daß Heinrich die in den Beschlüssen jener Synode gipfelnde Politik des Zusammengehens mit der Kirche nicht fortsetzen wollte, konnte kaum deutlicher ausgedrückt werden als dadurch, daß er sich weigerte, der Gesalbte des Herrn zu werden: die Ablehnung der Salbung konnte man als ein Vorspiel zu der Verständigung mit den Herzögen auffassen, und sie mag dazu beigetragen haben, diese Verständigung zu erleichtern2. Doch noch etwas anderes. Es ist möglich, daß man in der Situation von 919 die Salbung nicht bloß deshalb als unzweck 1

Auf die Synode und ihre Wirkung auf die Vorgänge von 919 h a t Heimpel, Bemerkungen zur Geschichte Heinrichs I., a. a. O., S. 37 f., besonders nachdrücklich hingewiesen, wobei er freilich H a t t o von Mainz in Hohenaltheim agieren läßt: tatsächlich war in Hohenaltheim als Mainzer Erzbischof derselbe Heriger anwesend, der 919 Heinrich die Salbung anbot. 2 Bekanntlich ist Arnulf von Bayern nach Konrads Tod ebenso wie Heinrich zum König erhoben worden; er wurde von den Bayern und einem Teil des fränkischen Stammes gewählt, und es ist durchaus möglich, daß das schon vor der Wahl Heinrichs geschah; vgl. dazu meinen Aufsatz Zur Designation und Wahl Königs Heinrichs I., Deutsches Archiv 6 (1943), S. 389; dem haben sich H. Mitteis, Die Krise des deutschen Königswahlrechts, Sitzungsberichte der Bayer. Akademie d. Wissenschaften 8 (1950), S. 55, sowie K . Reindel, Herzog Arnulf und das Regnum Bavariae, Zeitschr. f. Bayerische Landesgeschichte 17 (1954), H e f t 2, S. 231, angeschlossen. Leider wissen wir nicht, ob Arnulf gesalbt worden ist oder nicht. Wenn es nicht der Fall war, so ist anzunehmen, daß man in Fritzlar einen Grund mehr hatte, Heinrich durch eine bischöfliche Salbung nicht als „Pfaffenkönig" erscheinen zu lassen.

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mäßig und belastend ansah, weil sie den König an ein eben unterlegenes System zu binden und die Auseinandersetzung mit den Herzögen zu erschweren schien. I n der Sanktionierung des Königtums durch die Salbung kam doch nicht bloß, wie wir bisher festgestellt haben, eine Unterstützung der Krone durch die Kirche zum Ausdruck. Sie h a t t e noch eine andere Seite 1 . Samuel h a t Saul nicht bloß gesalbt, er hat ihn auch verworfen, und das Recht des Propheten, den König zu verwerfen, leitete sich eben aus der Salbung ab oder korrespondierte doch mit ihr. Der Papst Zacharias hat, indem er die Ansprüche Pippins legitimierte, die der Merowinger verneint: er fungierte in letzter Instanz als Richter über die Rechte des fränkischen Königtums 2 . Diese richterliche Rolle des höchsten Priesters wie der Priesterschaft, des Episkopats überhaupt, war bekanntlich tief im Wesen der christlichen Kirche begründet; sie mußte oder konnte aber durch die Mitwirkung bei der Erhebung des Königs noch verstärkt, noch handgreiflicher und augenfälliger werden. I n der Zeit Ludwigs des Frommen, in den Thronstreitigkeiten seiner Söhne und in den Händeln seiner Enkel haben Päpste und fränkische Bischöfe bekanntlich das Recht für sich in Anspruch genommen, den Streit der Könige zu entscheiden, Könige zu stürzen und wieder einzusetzen. Ob man von diesen Vorgängen beim Beginn der Regierung Heinrichs und in seiner Umgebung noch eine Vorstellung hatte, wissen wir nicht. Aber auch wenn die Erinnerung daran inzwischen verschwunden oder verblaßt sein sollte, die Ansprüche des Episkopats lagen sozusagen in der Luft, und daß sie jederzeit hervortreten konnten, hatte sich eben trotz aller Hilfe, die der König hier fand, auf der Synode von Hohenaltheim gezeigt 3 . Gewiß, hier wurde in erster Linie das Bündnis 1

Zu dieser Seite der Salbung vgl. besonders den oben S. 19, Anm. 1, zitierten Aufsatz von E. Müller. 2 Natürlich konnte und kann man über das Gewicht seines Richterspruches verschiedener Meinung sein; vgl. oben S. 30 f. 3 Vgl. dazu oben S. 35, Anm. 1.

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zwischen Kirche und Krone deutlich. Aber indem die Bischöfe in der schroffsten und autoritativsten Weise gegen die Herzöge und die übrigen Laienwelt vorgingen und über sie richteten, mochten sie manchem auch wieder als Rivalen des Königs erscheinen; sie verlangten außerdem, daß kein Geistlicher von einem Laien gerichtet werde, und darin konnte man eine indirekte Spitze gegen die Krone sehen 1 . I n Sachsen aber, wo man noch eben an der Seite der in Hohenaltheim verurteilten Herzöge gestanden und sogar die Bischöfe sich von der Synode und ihren Sprüchen ferngehalten hatten, mag man die Hohenaltheimer Beschlüsse besonders stark als Zeichen eines Versuches angesehen haben, den Bischöfen die erste Rolle im Staate zuzuschieben, und dadurch dürfte die Abneigung gegen die Salbung noch verstärkt worden sein 2 . Widerstände gegen die Salbung sind nach alledem begreiflich. Doch vielleicht läßt sich die Bereitschaft, auf sie zu verzichten, 1 So viel scheint mir an den Bedenken, die Hellmann gegen das Hohenaltheimer Bündnis zwischen König und Kirche vorbringt, richtig zu sein; vgl. oben S.35ff., Anm. 1; ähnlich schon meine Beschlüsse der deutschen Hoftage, a. a. 0 . 2

I n dem Zusammenhang kann man vielleicht auch daran erinnern, daß, wie wir aus den Krönungsordines und etwa dem Bericht über die Erhebung Bosos 879 wissen, mit dem Salbungszeremoniell geistliche Ermahnungen an den König sowie Versprechungen des Königs, sich kirchlich wohl zu verhalten, verbunden waren — man könnte fast von einer Art Wahlkapitulation reden; vgl. dazu auch P. E. Schramm, Die Krönung bei den Westfranken und Angelsachsen von 878 bis um 1000, ZRG. 54, K a n . Abt. 23 (1934), S. 117 ff. Man kann sich vorstellen, daß das, sowie das sonstige Zeremoniell, Heinrich und dem sächsischen Adel nicht gerade sympathisch war. Dabei ist natürlich die Frage, wieweit man aus den uns bekannten Krönungsordines sowie aus den Vorgängen von 879 auf das schließen kann, was 919 geschehen wäre, wenn sich Heinrich hätte salben lassen. Immerhin wird man annehmen dürfen, daß es ähnlich hergegangen wäre wie 936 bei der Salbung Ottos des Großen. Wenn Widukind von Korvei hier nur etwas von geistlichen Ermahnungen des Mainzer Erzbischofs und nichts von Versprechungen des neuen Königs sagt, so könnte er darin durchaus unvollständig sein. Aber auch wenn sein Bericht vollständig ist, so könnte das Zeremoniell, wie er es schildert, allein schon die Abneigung der Sachsen 919 hervorgerufen haben.

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noch von einer andern Seite verständlich machen. Erinnert man sich, daß sich in der Salbung nicht bloß ein christlichkirchlicher, sondern auch ein fränkischer Brauch und eine fränkische Tradition aussprachen, so liegt die Frage nahe, wieweit das Sachsen Heinrichs I. für fränkische Traditionen erschlossen und zugänglich oder wieweit hier etwa die Neigung vorhanden gewesen sein könnte, sie zu ignorieren.

5. Die fränkische Tradition in Sachsen Daß das Reich, dessen Regierung Heinrich 919 mit seiner Wahl übernahm, das ostfränkische Reich war, und daß der König insofern der Erbe der Karolinger wurde, ist keine Frage. Aber die Frage ist, wieweit dies Reich dadurch, daß jetzt der sächsische Herzog an seine Spitze trat, eine Veränderung seines Charakters, seiner politischen Grundlagen und Ziele, man möchte sagen, seiner politischen Ideologie erfuhr 1 . Man scheint neuer1

Den deutschen, nicht mehr oder doch nicht mehr allein fränkischen und karolingischen Charakter des ostfränkischen Beiches im zehnten J a h r h u n d e r t habe ich in meiner Kaiserpolitik Ottos des Großen (1942), S. 46 ff., stark betont. Dagegen h a t sich vor allem F. Rörig, Die Kaiserpolitik Ottos des Großen, Festschrift f ü r E. E. Stengel (1952), S. 203 ff., gewandt. Ich kann hier auf die Einzelheiten der Kontroverse nicht eingehen und gebe gern zu, daß manche von den Fragezeichen, die Rörig hinter meine Ansichten setzt, ihre Berechtigung haben; ich habe tatsächlich in meinem Buch manches von dem, was das deutsche Reich im zehnten J a h r h u n d e r t und seine fränkische Tradition anlangt, etwas zu massiv und einseitig abgemacht, vielleicht deshalb, weil ich selber an andern Stellen die karolingische Tradition um so stärker betont habe [vgl. etwa Heinrich I . und die Entstehung des deutschen Reiches, Thür.-sächs. Zeitschr. f. Geschichte u. K u n s t 24 (1936), S. 25 ff., oder Karl der Große und Widukind (1935), S. 32 ff.]. Doch wenn Rörig meint, daß Ottos Politik die sinnvolle Erfüllung einer „als vollkommen gegenwärtig empfundenen karolingisch-fränkischen Aufgabe" (S. 212) gewesen sei, so scheint mir das auch wieder zu weit zu gehen. I m folgenden versuche ich wenigstens in einigen Punkten die Stellung zu klären, die man innerhalb des sächsischen Stammes im zehnten J a h r h u n d e r t zur fränkischen Tradition einnahm, ohne daß ich dabei irgendwelchen Anspruch auf Vollständigkeit

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noch von einer andern Seite verständlich machen. Erinnert man sich, daß sich in der Salbung nicht bloß ein christlichkirchlicher, sondern auch ein fränkischer Brauch und eine fränkische Tradition aussprachen, so liegt die Frage nahe, wieweit das Sachsen Heinrichs I. für fränkische Traditionen erschlossen und zugänglich oder wieweit hier etwa die Neigung vorhanden gewesen sein könnte, sie zu ignorieren.

5. Die fränkische Tradition in Sachsen Daß das Reich, dessen Regierung Heinrich 919 mit seiner Wahl übernahm, das ostfränkische Reich war, und daß der König insofern der Erbe der Karolinger wurde, ist keine Frage. Aber die Frage ist, wieweit dies Reich dadurch, daß jetzt der sächsische Herzog an seine Spitze trat, eine Veränderung seines Charakters, seiner politischen Grundlagen und Ziele, man möchte sagen, seiner politischen Ideologie erfuhr 1 . Man scheint neuer1

Den deutschen, nicht mehr oder doch nicht mehr allein fränkischen und karolingischen Charakter des ostfränkischen Beiches im zehnten J a h r h u n d e r t habe ich in meiner Kaiserpolitik Ottos des Großen (1942), S. 46 ff., stark betont. Dagegen h a t sich vor allem F. Rörig, Die Kaiserpolitik Ottos des Großen, Festschrift f ü r E. E. Stengel (1952), S. 203 ff., gewandt. Ich kann hier auf die Einzelheiten der Kontroverse nicht eingehen und gebe gern zu, daß manche von den Fragezeichen, die Rörig hinter meine Ansichten setzt, ihre Berechtigung haben; ich habe tatsächlich in meinem Buch manches von dem, was das deutsche Reich im zehnten J a h r h u n d e r t und seine fränkische Tradition anlangt, etwas zu massiv und einseitig abgemacht, vielleicht deshalb, weil ich selber an andern Stellen die karolingische Tradition um so stärker betont habe [vgl. etwa Heinrich I . und die Entstehung des deutschen Reiches, Thür.-sächs. Zeitschr. f. Geschichte u. K u n s t 24 (1936), S. 25 ff., oder Karl der Große und Widukind (1935), S. 32 ff.]. Doch wenn Rörig meint, daß Ottos Politik die sinnvolle Erfüllung einer „als vollkommen gegenwärtig empfundenen karolingisch-fränkischen Aufgabe" (S. 212) gewesen sei, so scheint mir das auch wieder zu weit zu gehen. I m folgenden versuche ich wenigstens in einigen Punkten die Stellung zu klären, die man innerhalb des sächsischen Stammes im zehnten J a h r h u n d e r t zur fränkischen Tradition einnahm, ohne daß ich dabei irgendwelchen Anspruch auf Vollständigkeit

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dings diese Frage mehr und mehr in dem Sinne zu beantworten, daß alles das nicht oder nur sehr wenig der Fall war, und daß in Sachsen der „fränkische Gedanke" ungebrochen, ja, da es sich in Sachsen um ein von den Franken erschlossenes „Kolonialland" handelte, vielleicht sogar besonders stark und betont gelebt und geherrscht habe 1 . Doch diese Meinung wird einiger Ergänzungen und Einschränkungen bedürfen. Die nichtsächsischen deutschen Stämme, vor allem der fränkische Stamm selbst, sowie Bayern und Schwaben gehörten seit der Zeit um 500, also sozusagen von Anfang an, zum fränkischen Reich. Bayern und Schwaben hatten sich zwar zeitweise mehr oder weniger selbständig gemacht, aber unter den Karolingern sind sie wieder in den Reichsverband zurückgekehrt. Und wenn das auch unter Kämpfen geschehen ist, so waren diese Kämpfe doch nur von kurzer Dauer und haben, soweit wir sehen, kaum tiefere Erinnerungen zurückgelassen. I m Zusammenhang mit der Verbindung mit den Franken war das Christentum allmählich bei den süddeutschen Stämmen zur Herrschaft gelangt. Seitdem sich im neunten Jahrhundert das ostfränkische Reich aus dem Karolingerreich herauslöste, war das Zentrum der Königsgewalt außer in Franken, am Main und mittleren Rhein, vor allem in Bayern, aber auch in Schwaben gewesen. Ganz anders stand es mit Sachsen. Das Land gehörte erst seit etwa vier Menschenaltern zum fränkischen Reich und zur christlichen Kirche; und in beide war es durch einen Dreißigjährigen Krieg hineingezwungen worden. Zwar erhebe. Bstonen möchte ich dabei, daß im zehnten Jahrhundert in Sachsen und Deutschland recht viele Stammes- und „Nationalgefühle" neben- und übereinander bestanden haben dürften: in Sachsen etwa fränkisch-karolingisches, sächsisches, deutsches, eine beginnende römische „Staatsideologie". Vgl. dazu auch C. Erdmann, Das ottonische Reich als Imperium Romanum, Deutsches Archiv 6 (1943), S. 412 ff. 1 Vgl. dazu vor allem H . Beumann, Einhard und die karolingische Tradition im ottonischen Corvey, Westfalen 30 (1952), 3, S. 150 ff.; sowie H. Büttner und I. Dietrich, Weserland und Hessen im Kräftespiel der karolingischen und frühen ottonischen Politik, ebenda S. 133 ff.

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war in diesen Kämpfen ein großer Teil oder der größte Teil des sächsischen Adels auf die fränkische Seite getreten, und mindestens die sächsische Aristokratie hat sich mit der fränkischen Herrschaft und dem Christentum bald ausgesöhnt1. Verbindungen zwischen dem fränkischen und dem sächsischen Adel waren nicht selten 2 ; das seit der Mitte des neunten Jahrhunderts allmählich emporkommende Herzogshaus der Liudolfinger war mit der fränkischen Aristokratie und sogar mit den Karolingern verwandt. Oda, die Großmutter Heinrichs I., stammte aus fränkischem Geschlecht, und Heinrichs Tante Liudgard war 1 Vgl. dazu meine Schrift D e r sächsische Stammesstaat und seine E r oberung durch die Sachsen (1933) und den Aufsatz: Die Unterwerfung Sachsens durch K a r l den Großen und der sächsische Adel, Sachsen u. Anhalt 10 (1934), S. 3 0 f f . ; sowie H . B ü t t n e r und I . Dietrich, a. a. 0 .

Vgl. dazu Sachsen u. Anhalt 10, S. 55 ff. sowie besonders H . B ü t t n e r und I . Dietrich in dem in der vorigen Anmerkung zitierten Aufsatz. Dem, was dort S. 140 über die Verwandtschaft der Liudolfinger m i t den Babenbergern gesagt wird, wird man freilich nicht ganz folgen können: B ü t t n e r und Dietrich meinen, der Babenberger Heinrich, der V a t e r des 906 hingerichteten Adelbert, sei m i t einer „Liudolfingerin, offenbar einer Schwester Brunos und O t t o s " (des Vaters Heinrich I . ) vermählt, Hathui aber, die Gemahlin Ottos und Mutter Heinrichs I . , sei eine Schwester eben jenes Babenbergers Heinrich gewesen. Die einzige Stütze für die zuerst genannte Ansicht ist Widukind I , cap. 21, wo Adelbert als Heinrici ex sorore nepos bezeichnet wird; man sieht, daß diese Stütze nicht ganz tragfähig ist, denn danach war Adelberts Mutter eine Schwester Heinrichs I . und nicht seine Tante. Wenn B ü t t n e r und Dietrich das „nach Maßgabe der Zeit und der möglichen Verwandtschaftsverhältnisse" ablehnen, so scheint mir das nicht unbedingt nötig zu sein. Heinrich I . ist um 875 geboren, seine nach Widukind m i t dem Babenberger Heinrich vermählte Schwester könnte erheblich älter gewesen sein. Wenn sich aber Widukind irrte, warum soll man dann in Adelberts Mutter «ine T a n t e Heinrichs I . sehen? Ebenso könnte doch überhaupt Widukinds N a c h r i c h t von der Liudolfingisch-babenbergischen Verwandtschaft im ganzen auf einem I r r t u m beruhen, genauso wie recht viel von dem, was Widukind über die Geschichte der Zeit um 900 sagt, irrig ist. D a ß aber Heinrichs I . M u t t e r Hathui eine Schwester des Babenbergers Heinrich war, davon weiß man, soviel mir bekannt ist, gar nichts. Uber ihre Herkunft sagt meines Wissens keine Quelle ein W o r t , und auch bei Böhmer-Ottenthal, auf die sich B ü t t n e r und Dietrich berufen, findet sich darüber nichts. 2

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mit Ludwig dem Jüngeren vermählt 1 . Die Liudolfinger haben es, wie auch die übrige sächsische Aristokratie, an kirchlichem Eifer, der sich vor allem in Reliquiendienst und Klostergründungen ausdrückte, nicht fehlen lassen. Doch so unbestreitbar dies alles ist, ebenso unbestreitbar dürfte sein, daß die Sachsen innerhalb des ostfränkischen Reiches eine weitgehend isolierte Stellung einnahmen. An der Reichspolitik beteiligten sie sich wenig, und der König kam selten oder nie in ihr Land. Ludwig der Deutsche ist nach dem Vertrag von Verdun bis 862 anscheinend fünfmal, danach nicht wieder, Ludwig der Jüngere (trotz seiner Verwandtschaft mit den Liudolfingern) und Karl I I I . sind anscheinend nie, Arnulf nur einmal im Anfang seiner Regierung, Ludwig das Kind wieder niemals nach Sachsen gekommen. Der sächsische Herzog oder sächsische Große hielten sich nur ganz selten in der Umgebung des Königs auf 2 . Unter Ludwig dem Kind und Konrad I. standen die Liudolfinger in der Opposition zur Reichsregierung. Unter Konrad ist es zwischen ihnen und den Franken zu heftigen Kämpfen gekommen, nach denen man sich in Sachsen den Sieg zuschrieb. Von der Hohenaltheimer Synode hatten sich, wie bemerkt, die sächsischen Bischöfe im Gegensatz zum übrigen deutschen Episkopat ferngehalten 3 . Alles in allem ist deutlich, daß Sachsen 1 Vgl. zu alledem H . B ü t t n e r und I.Dietrich, a . a . O . ; ebenso Waitz, Jahrbücher Heinrichs I., S. 10 ff. 2 Eine Ausnahme machten höchstens die sächsischen Bischöfe; aber auch sie fehlten schließlich ganz oder zum großen Teil in Hohenaltheim; vgl. die folgende Anmerkung. — Man bekommt übrigens den Eindrück, als ob sich Sachsen in mancher Hinsicht nach einer zunächst engern Bindung in den spätem Jahrzehnten des neunten Jahrhunderts dem ostfränkischen Reich wieder stärker entfremdet habe. 3 Ob alle sächsischen Bischöfe fehlten oder ob nicht doch der eine oder andere anwesend war, ist freilich unsicher. Der Wortlaut des 30. Kanons der Synodalbeschlüsse läßt, wie schon Dümmler, Ostfränkisches Reich, 3, S. 608; Waitz, Jahrbücher Heinrichs I., S. 30, und Hellmann, a. a. O., S. 138, mit Recht bemerken, beide Möglichkeiten zu. Über die Rolle Adalwards von Verden, der am 29. Juni und am 6. Juli 916, wie aus DDK I, 29 und 30 hervorgeht, auf Konrads bayrischen Feldzug in der Umgebung des Königs war,

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mit dem Reich und der Reichspolitik viel weniger verschmolzen war als die übrigen Stämme. Es ist daher von vornherein damit zu rechnen, daß das sächsische Stammesbewußtsein und sächsische Überlieferungen den Traditionen des fränkischen und des ostfränkischen Reiches besonders selbständig gegenübertraten. Wenn wir dafür aus der Zeit Heinrichs I. unmittelbare Zeugnisse auch kaum besitzen (da uns für diese Zeit die schriftliche Überlieferung überhaupt so gut wie vollständig im Stich läßt), so zeigen doch die Quellen aus der Zeit Ottos des Großen einigermaßen deutlich, wie es damit bestellt war. Wenn man neuerdings die Ansicht vertreten hat, daß, als die Liudolfinger das Königtum übernahmen, sie ganz selbstverständlich in die fränkische Tradition eintraten, und wenn man meint, daß das staatliche und politische Denken der Ottonenzeit vom fränkischen Reichsbewußtsein getragen wurde, so wird als Kronzeuge für diese Auffassung vor allem Widukind von Korvei angeführt 1 . I n seinem Geschichtsbild treten tatsächlich die Franken stark hervor; als ,,Reichsvolk" scheint er den populus Francorum et Saxonum anzusehen 2 , und das Reich ist für ihn ein imperium oder regnum Francorum. können wir, glaube ich, gar nichts sagen, und f ü r Hellmanns Vermutung, a. a. O., S. 139, er sei als Beauftragter Heinrichs, vielleicht als Beobachter an den Hof geschickt worden, um den König vor den Ansprüchen des Episkopats zu warnen, scheint mir jeder Anhaltspunkt zu fehlen. Hellmann verweist f ü r seine Vermutung auf Waitz, S. 30, Anm. 1; dort steht aber gegenüber älteren Phantasien über Adalwards Rolle sehr richtig: „hier ist alles unsicher." 1 Vgl. vor allem Beumann, Westfalen 30, S. 150 ff., bes. S. 158 ff., und die dort angegebene Literatur. 2 Freilich scheint mir Beumann in dem, was er über die „Reichsvolktheorie" sagt, bisweilen etwas zu weit zu gehen, und dem Korveier Mönch werden doch wohl manchmal universalgeschichtliche Konstruktionen zugeschrieben, die ihm ferngelegen haben dürften. Dahin scheint mir auch das zu gehören, was Beumann, a. a. O., S. 168 f., über Widukinds Ansicht äußert, daß die Sachsen von den Griechen abstammten. Beumann meint, Widukind habe damit eine Parallele zu Fredegars» Anschauungen von der Abstammung der Franken von den Trojanern geben und die Sachsen gleich den Franken mit

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Sicher ist richtig, daß in Widukinds Denken das fränkische Bewußtsein stärker und das sächsische schwächer ist. als man früher oft angenommen hat 1 . Nun h a t man aber neuerdings ebenfalls nachgewiesen, daß Korvei überhaupt sehr stark in die fränkische Tradition hineingehört 2 . Nicht bloß, daß es von Franken gegründet war und zu Corbie an der Somme, sozusagen seinem Mutterkloster, ursprünglich in den engsten Beziehungen stand, bis in das zehnte Jahrhundert hinein waren Korveier Äbte mit der fränkischen Aristokratie verwandt, und für die Korveier literarische Produktion im allgemeinen und für Widukind im besondern hat man eine sehr enge Abhängigkeit von der fränkischen Überlieferung und fränkischen Vorbildern aufgezeigt: Widukind etwa schließt sich viel stärker an Einhards Vita Karoli an, als man bisher annahm 3 . Aber wenn das alles so ist und wenn Widukind als ein Schüler der Franken erscheint, so ist es um so auffälliger und bezeichnender, daß in seinem Denken das Sächsische von dem Fränkischen keineswegs überwunden und ausgeschaltet ist; seine spezifisch sächsischen Ansichten und Überzeugungen bestehen ungebrochen weiter. Auf Widukinds sächsisches Stammesbewußtsein h a t man schon häufig hingewiesen, und man sagt nichts Neues, wenn man bemerkt, daß er etwa die Sachsen als die Tapfersten nach den alten Römern ansieht, daß er ihre Unterwerfung durch den hervorragendsten „Reichsvölkern" der Antike auf eine Stufe stellen wollen. Doch wenn man sich das ansieht, was Widukind wirklich sagt, so dürfte deutlich sein, daß es sich bei ihm um nicht viel mehr als um das Ausgraben von gelehrten Schulmeinungen handelt, die er noch dazu recht zweifelnd und vorsichtig vorbringt, ohne aus ihnen ein besonderes Kapital zu schlagen. 1 Vgl. dazu außer H . Beumanns oben mehrfach zitiertem Aufsatz in Westfalen 30 sein Buch Widukind von Korvei (1950), bes. S. 216 ff.; auch meinen Aufsatz: Die politische Haltung Widukinds von Korvei, Sachsen u. Anhalt 14 (1938), S. 27 ff. 2 Vgl. Beumann, Westfalen 30, S. 150 ff. 3 Das scheint mir Beumann, Westfalen 30, S. 162 ff., überzeugend nachgewiesen zu haben.

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Karl den Großen in eine bloße Bekehrung zum Christentum und Vereinigung mit den Franken zu einem Volk verwandelt und dergleichen mehr1. Besonders wichtig ist in unserm Zusammenhang, daß er etwa dem magnus Karolus2 den niagnus dux Widukindus gegenüberstellt3, vor allem aber, daß er die Frankenherrschaft von den Sachsen gestürzt werden läßt; schon in der Zeit des Thüringerkrieges war das nach seiner Meinung vorauszusehen4, und in der Zeit Heinrichs hat es sich erfüllt5; nach seiner Erzählung hat der sterbende Konrad Heinrich deshalb zu seinem Nachfolger empfohlen, weil sonst die Franken von den Sachsen vernichtet werden würden. Dem entspricht es völlig, wenn Widukind in der Zeit Ottos des Großen von einer Herrschaft der Sachsen über die deutschen Stämme zu reden weiß6. Am bezeichnendsten für seine Einstellung ist vielleicht sein Stoßseufzer: Sachsen sei in der Zeit der Ottonen ex serva Hiera et ex tributaria multarum gentium domina geworden7: mit welcher Erbitterung muß man an der (sonst von Widukind verschwiegenen) Tatsache getragen haben, daß die Franken einst die Sachsen überwarfen; wie heftig muß sich der sächsische Stammesstolz dagegen empört und an dem schließlichen Siege der Sachsen aufgerichtet haben. Mag die Decke der fränkischen Tradition noch so stark sein, mag Widukind für seine Zeit vom Frankenreich und einem fränkischsächsischen Volke reden, daneben bleibt völlig deutlich ein gegen diese Anschauungen in ihm selbst sozusagen revoltierendes sächsisches Nationalgefühl8. Es ist nicht so,, daß die Sachsen 1 Vgl. dazu und zum folgenden besonders die oben S. 46, Anm. 1 zitierten Schriften. 2 Vgl. etwa I, cap. 15, S. 25; I, cap. 19, S. 29; I, cap. 28, S. 40 und öfter. 3 Vgl. Widukind I, cap. 31, S. 44. 1 Vgl. Widukind I, cap. 9, S. 16. 5 Vgl. Widukind I, cap. 25, S. 38. 6 Vgl. II, cap. 26, S. 88; II, cap. 28, S. 90. 7 Vgl. Widukind I, cap. 34, S. 48; dazu Beumann, Westfalen 30, S. 160. 8 Man wird sich das Stammesbewußtsein, das Nationalgefühl und ähnliche mehr oder weniger emotionale Regungen in der alten Zeit überhaupt viel

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nach Widukinds Auffassung einfach das fränkische Reich fortsetzen oder in ihm aufgehen; neben Worten, die man so deuten könnte, und die eben der fränkischen Tradition des Korveier Mönches, seiner Schule, entsprechen, stehen andere, die das Gegenteil sagen und die darauf hinauslaufen, daß nach seiner Ansicht die fränkische Herrschaft von den Sachsen beseitigt und die sächsische an ihre Stelle gesetzt worden ist. Doch selbst, wenn Widukind stärker, als es hiernach der Fall zu sein scheint, in fränkischen Gedanken und Traditionen aufging, so wäre doch die Frage, wieweit man die geistige und politische Haltung, die man in Korvei findet, auf das übrige Sachsen übertragen darf. Wenn Korvei (und mit ihm andere Klöster) so etwas wie eine fränkische Kolonie waren, so braucht das doch für das übrige Sachsen nicht zu gelten. Tatsächlich zeigt sich denn auch in den wenigen Zeugnissen, die wir etwa aus derselben Zeit, in der Widukind schrieb, besitzen, daß das nicht der Fall war. Hrotswith, die in dem liudolfingischen Hauskloster Gandersheim Nonne war und zu den Ottonen in engen Beziehungen stand, hat vom fränkischen Reich ihrer Zeit eine etwas andere, noch „sächsischere" Auffassung als Widukind. Nach Gottes Willen ist das Trancorum nobile regnum auf die clara gens Saxonum übergegangen 1 ; nach einer andern Wendung ist es die gens Saxonum fortis2, auf der das Regnum beruht. In ihrer Gandersheimer Geschichte sagt Hrotswith geradezu, daß Otto 8

stärker vorzustellen haben, als sie nach den Quellen im allgemeinen zu sein scheinen. Diese Dinge treten in der meist sehr traditions- und stilgebundenen Schriftstellerei des frühen Mittelalters weniger hervor, als ihnen eigentlich zukommt. Bei manchen weniger gebunden und dafür subjektiver schreibenden Historikern, wie etwa Liudprand von Cremona, aber auch bei Widukind, werden sie freilich immer noch deutlich genug. Vgl. zu dem ganzen Fragenkomplex das aufschlußreiche Buch von P. Kirn, Aus der Frühzeit des Nationalgefühls (1943). 1 Vgl. Gesta Oddonis v. 4, Hrotsvithae opera, hsg. von P. v. Winterfeld (1902), S. 204. 2 Vgl. ebenda v. 669, S. 223.

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der Große nach seinem Vater Heinrich das Saxonum regnum regiert habe 1 , und in demselben Buch nennt sie an einer anderen Stelle Otto den Saxonum rex2. Die Nonne ist sich wohl dessen bewußt, daß es früher einmal ein fränkisches Reich gab, aber mit der Thronbesteigung der Liudolfinger ist es für sie, indem es auf das Volk der Sachsen überging, zum Reich der Sachsen geworden 3 . Auch die Vita Mathildis antiquior, zur Zeit Ottos II. in Nordhausen entstanden, weiß nichts mehr von einem fränkischen Reich. Gewiß, ihr ist natürlich bekannt, daß Konrad I. der rex Francorum war; sie nennt ihn zweimal so 4 . Aber indem dann das Reich an Heinrich I. gekommen ist, ist es für die Vita kein fränkisches Reich mehr; mit Heinrichs Thronbesteigung kommen nach ihrer Meinung die Sachsen zu so hohen Ehren wie früher niemals; sie sind es, die mit einem Könige beschenkt sind, und durch die Herrschaft der Ottonen ist Germanien (nicht etwa das fränkische Regnum) aus seiner früheren Knechtschaft zu besonderm gradus honorum erhoben worden 5 . Wieweit dabei die Vita, ähnlich wie Widukind von Korvei, a n die alte Unterwerfung der Sachsen oder vielleicht der deutschen Stämme unter die Franken und die Änderung dieses Zustandes durch das Königtum Heinrichs I. denkt, wird kaum zu entscheiden sein. Deutlich ist aber wohl, daß für ihre Auffassung die Thronbesteigung Heinrichs nicht etwa eine Fort1

Vgl. ebenda De primordiis coenobii Gandeshemmensis v. 73, S. 231. Vgl. ebenda v. 564 ff., S. 245. 3 Vgl. S. 48, Anm. 1. Vgl. zu Hrotswith auch C. Erdmann, Das ottonische Reich als Imperium Romanum, Deutsches Archiv 6 (1943), S. 421 ff., wo Erdmann ausführt, daß das ottonische Reich für Hrotswith außer einem sächsischen ein römisches Reich ist; oder daß es aus diesen beiden Reichen besteht; um so bezeichnender ist es, daß sie vom fränkischen Reich nichts sagt. * Vgl. Vita Mathildis antiquior, cap. 1, SS. 10, S. 575, und cap. 4, ebenda S. 576. 6 Vgl. cap. 4, S. 577; dazu H. Beumann, Die sakrale Legitimierung des Herrschers im Denken der ottonischen Zeit, ZRG, Germ. Abt. 79 (1948), S. 37 f. 4 2

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setzung des fränkischen Reiches, wohl aber eine Rangerhöhung der Sachsen bedeutet; und ganz klar wird das, wenn sie schließlich davon spricht, daß die Slaven, Dänen, Bayern und Böhmen von Heinrich dem Saxonicum Imperium unterworfen wurden 1 . Blieb eben etwas unsicher, wieweit die Vita, indem sie im Zusammenhang mit der Thronbesteigung Heinrichs von der Überwindung der alten Knechtschaft redete, an die Unterwerfung der Sachsen durch die Franken denkt, so tut sie das in einem andern Zusammenhang sehr deutlich 2 ; sie vermeidet dabei aber, von einer Besiegung der Sachsen durch die Franken zu sprechen und erzählt statt dessen von einem Zweikampf zwischen K a r l dem Großen und dem Sachsenherzog Widukind, wobei Gott, durch die Bitten und Tränen der Christen bewegt, K a r l den Sieg verleiht, und Widukind und die Sachsen das Christentum annehmen. Man merkt deutlich, daß dem Stammesstolz der Vita oder ihrer Gewährsmänner das Eingeständnis des fränkischen Sieges nicht gerade leicht fällt. Sie erleichtert es sich, indem sie, ganz ähnlich wie der Korveier Mönch, den Krieg zu einem Glaubenskrieg macht und den Sieg Karls als einen Sieg der Christenheit und des rechten Glaubens erscheinen läßt. Schließlich wird dann dieser fränkische Sieg einigermaßen in sein Gegenteil verkehrt oder mindestens in Frage gestellt, wenn bei Liudprand von Cremona 3 (der bekanntlich am Ottonischen Hofe aus- und einging) und noch deutlicher und vergröbernd später bei Thietmar von Merseburg 4 von einem Sieg der Sachsen über Karl die Rede ist. Von einem in der ottonischen Zeit noch andauernden fränkischen Reich erfährt man bei Liudprand so wenig wie in der Vita Mathildis oder bei Hrotswith. Nun ist bei alledem zu bedenken, daß die Geistlichen oder Mönche und Nonnen, die eben zu Worte kamen, der kirchlichen 1 a 3 4

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.



ebenfalls cap. 4, a. a. O. cap. 1 u. 2; dazu auch Beumann, Widukind von Korvei, S. 224 ff. Liudprandi antapodosis II, cap. 26, S. 50. Thietmari chronicon VII, cap. 75, S. 490.

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und fränkischen Tradition in einem viel stärkern Maße ausgesetzt waren, als dies bei der sächsischen Laienwelt der Fall gewesen sein dürfte. Außerdem schrieben sie in einer Zeit, in der etwa ein halbes Jahrhundert seit der Übernahme des Königtums durch den sächsischen Herzog vergangen war: um 919 dürfte man sich in Sachsen des Gegensatzes zu den bis dahin herrschenden und eben jetzt vom Thron gestoßenen Franken noch viel mehr bewußt gewesen sein. Auf solche, diese Zeit erfüllenden scharfen Gegensätze weist es etwa hin, wenn man erfährt, daß in Sachsen nach dem Sieg Heinrichs über die Franken von 915 die Spielleute Lieder sangen, in denen man fragte, ob die Hölle groß genug wäre, um die gefallenen Franken aufzunehmen 1 ; oder wenn man liest, daß die Sachsen nach der Gewinnung der Königsherrschaft gloriosi facti es verschmähten, die Lehen, die sie von Angehörigen anderer Stämme hatten, noch als solche anzuerkennen 2 . Wenn man aber, wie wir sahen, in der Historiographie der zweiten Hälfte des zehnten Jahrhunderts den alten Gegner Karls des Großen, den magnus dux Widukind nicht vergessen hatte, wie sollte man ihn dann in der Umgebung Heinrichs I. vergessen haben, dessen Gemahlin eine Nachkommin des Herzogs Widukind war? Gewiß, Heinrich ist auf Grund einer Verständigung zwischen Franken und Sachsen zum König gewählt worden 3 . Aber diese Verständigung war doch das Resultat des sächsischen Sieges über die Franken oder mindestens des politischen und militärischen Übergewichts, das der sächsische Stamm gewonnen hatte. Wenn Widukind, wie oben bemerkt, 918 Konrad I. sagen läßt, man solle Heinrich zum König machen, damit nicht das Volk der Franken von ihm vernichtet werde 4 , so dürfte der Mönch damit aussprechen, wie man in Sachsen die Dinge ansah: die 1

Vgl. Widukind I, cap. 23, S. 36.

2

Vgl. Widukind II, cap. 6, S. 71.

3

Vgl. dazu Deutsches Archiv 6, S. 399.

4

Vgl. oben S. 47, Anm. 5. 4*

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Krone war ein Gewinn, den man der eigenen Macht und Stärke zu verdanken hatte. Der Korveier Mönch erzählt bekanntlich, daß Heinrich I. nach dem Sieg von Riade zum Imperator ausgerufen sei, und dasselbe versichert er von Otto dem Großen nach der Schlacht auf dem Lechfeld; von da an datiert er Ottos Kaisertum, während er die Krönung durch den Papst verschweigt 1 . Widukind schiebt also die geistliche Legitimation beiseite und legitimiert das Kaisertum durch einen Sieg auf dem Schlachtfeld. Was der Mönch in der Theorie t a t , mochte aber in der Praxis zu t u n in der Situation von 919 naheliegen. Schließlich war nach der Auffassung der Zeit, wie sie in diesen Jahrhunderten noch oft genug hervortritt, Kampf und Sieg ein Gottesurteil. Warum sollte man, nachdem Gott unmittelbar den Sieg und damit die Krone gegeben hatte, sie sich noch einmal von der Hand eines Priesters geben lassen? Und warum sollten die Sachsen und vor allem die sächsischen Edlinge, denen Heinrich seine Siege über die Franken verdankte und die nun die Königswahl und Thronerhebung ihres Herzogs in Fritzlar vollzogen, sich ihren Sieg und ihre Entscheidung durch die priesterliche Salbung beeinträchtigen und überschatten lassen? Es ist schwer zu sagen, wieweit in Sachsen zu Beginn des zehnten Jahrhunderts trotz des Bekenntnisses zum christlichen Glauben, trotz aller unbestreitbaren Kirchlichkeit, trotz Reliquienkult und Klostergründungen sich Christentum und Kirche wirklich durchgesetzt hatten. Sicher standen neben den kirchlich-christlichen noch andere Überzeugungen und Impulse. D a ß man in Sachsen auch einem Wort des Papstes trotzen konnte, zeigt etwa das Fernbleiben der sächsischen Bischöfe von der Hohenaltheimer Synode, und wenn, wohl auf Anordnung oder 1 Vgl. Widukind I, cap. 39, S. 58 und I I I , cap. 49, S. 128. Auf die vielen Auslegungen dieser Stellen und die inzwischen recht umfangreich gewordene Literatur über diese Dinge brauche ich hier nicht weiter einzugehen; ich verweise nur auf die grundlegende Schrift von E. E. Stengel, Den Kaiser m a c h t das Heer (1910).

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Wunsch des Herzogs, die Bischöfe so verfuhren, wie mochte es dann mit der Einstellung der Laien gegenüber der Geistlichkeit bestellt sein 1 ? Von Heinrich erfahren wir, daß er nicht bloß, was die Intervention der Bischöfe und die Schenkungen an die Kirche anlangt, dem Episkopat kühl gegenüberstand. Die Überlieferung, wie sie sich bei Thietmar von Merseburg findet, erzählt auch von Verstößen des Königs gegen die Gebote der Religion und der Kirche 2 ; sie weiß auch zu berichten, daß er mit dem Bischof von Halberstadt in Konflikt geraten sei, der ihm mit der Exkommunikation gedroht habe 3 . Gleichgültig, was an diesen Erzählungen im einzelnen richtig ist, sie beweisen auf jedem Fall, daß nach sächsischer Auffassung die Kirchlichkeit Heinrichs (wie des sächsischen Adels) ihre Grenzen hatte. Im übrigen hat der Kampf zwischen Laienadel und Episkopat in den ersten Jahrzehnten des zehnten Jahrhunderts in ganz Deutschland offenbar besonders harte und erbitterte Formen angenommen. Man denke etwa an die Ermordung des Bischofs Otbert von Straßburg 913 4 , an die Blendung des Bischofs Einhard von Speyer im selben Jahr 5 , oder a n die Gefangennahme Salomos von Konstanz; und auf der anderen Seite an die Ermordung Burkhards I. von Schwaben, für die man die Bischöfe 1 Wenn man bemerkt, daß die sächsische Aristokratie Klöster gründete und den Klöstern und ihren Heiligen nahestand, so ist doch zu sagen, daß die Stellung des Adels zu den Bischöfen grundsätzlich etwas anders gewesen sein könnte. Die Klöster waren eben zum großen Teil Stiftungen der Aristokratie, die Bistümer nicht; die Bistümer waren vom König eingerichtet und ihre Vorsteher wurden von ihm ernannt, wenn sie auch im allgemeinen aus den Kreisen des sächsischen Adels hervorgegangen sein dürften. 2 Vgl. Thietmar I, cap. 24, S. 3 0 f f . ; vgl. auch I, cap. 15, S. 22, wo davon die Rede ist, daß Heinrich gegen Gott superbiendo erexit, und I, cap. 16, ebenda, wo es von Heinrich heißt: Si quid in regno suimet, ut multi dicunt, is predatus sit huic Deus Clemens ignoscat. Offenbar wurde Heinrich in der Überlieferung, der Thietmar folgt, nur mit Einschränkungen für fromm gehalten; vgl. dazu oben S. 16. 3 Vgl. Waitz, Jahrbücher, S. 16. 4 Vgl. Dümmler 3, S. 592 f. 6 Vgl. ebenda S. 593.

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verantwortlich machte, oder a n die rigorosen Beschlüsse von Hohenaltheim, die sich gegen den Laienadel richteten. Wie man aber gerade in Sachsen im Zusammenhang mit diesen Auseinandersetzungen über die höchsten geistlichen Würdenträger u n d besonders über den dachte, dessen Nachfolger in Fritzlar die Königssalbung spenden wollte, das zeigt die volkstümliche Überlieferung, nach der der Schuldige a n der hinterlistigen Tötung des letzten Babenbergers H a t t o von Mainz war, u n d nach der derselbe H a t t o einen feigen Mordanschlag auf Heinrich von Sachsen selbst geplant haben soll 1 . Man wird nach alledem sagen dürfen, wenn in Fritzlar die durch die biblische Überlieferung geheiligte u n d durch die fränkische Tradition gebotene Legitimierung des neuen sächsischen Königtums abgelehnt wurde, so waren die Voraussetzungen dafür nicht bloß durch die vielleicht noch vorhandenen politischen Gegensätze zwischen dem Erzbistum Mainz u n d dem sächsischen Herzogshaus oder durch das Fiasko der kirchenfreundlichen Politik Konrads I. u n d das Bedürfnis nach einem sozusagen weltlicheren Neubeginn gegeben; eine Grundlage dafür war offenbar auch die Tatsache, daß das Königtum mit dem Übergang auf den Sachsenherzog aus der fränkischen Sphäre in eine andere Welt hinüberwechselte, in eine Welt, der zwar die fränkisch-kirchlichen Überlieferungen keineswegs fremd und neu waren, die aber doch zuviel eignes Bewußtsein u n d eigenen Stolz hatte, u m sich ihnen sofort und bedingungslos anzuvertrauen.

6. Die Salbung bei der Thronbesteigung Ottos des Großen Heinrich I. h a t sich in den späteren J a h r e n seiner Regierung bekanntlich wieder in stärkerem Maße der Kirche zugewandt, und m a n wird es als ein Ergebnis dieser Wendung ansehen 1

Vgl. Widukind I, cap. 22, S. 30 ff.

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verantwortlich machte, oder a n die rigorosen Beschlüsse von Hohenaltheim, die sich gegen den Laienadel richteten. Wie man aber gerade in Sachsen im Zusammenhang mit diesen Auseinandersetzungen über die höchsten geistlichen Würdenträger u n d besonders über den dachte, dessen Nachfolger in Fritzlar die Königssalbung spenden wollte, das zeigt die volkstümliche Überlieferung, nach der der Schuldige a n der hinterlistigen Tötung des letzten Babenbergers H a t t o von Mainz war, u n d nach der derselbe H a t t o einen feigen Mordanschlag auf Heinrich von Sachsen selbst geplant haben soll 1 . Man wird nach alledem sagen dürfen, wenn in Fritzlar die durch die biblische Überlieferung geheiligte u n d durch die fränkische Tradition gebotene Legitimierung des neuen sächsischen Königtums abgelehnt wurde, so waren die Voraussetzungen dafür nicht bloß durch die vielleicht noch vorhandenen politischen Gegensätze zwischen dem Erzbistum Mainz u n d dem sächsischen Herzogshaus oder durch das Fiasko der kirchenfreundlichen Politik Konrads I. u n d das Bedürfnis nach einem sozusagen weltlicheren Neubeginn gegeben; eine Grundlage dafür war offenbar auch die Tatsache, daß das Königtum mit dem Übergang auf den Sachsenherzog aus der fränkischen Sphäre in eine andere Welt hinüberwechselte, in eine Welt, der zwar die fränkisch-kirchlichen Überlieferungen keineswegs fremd und neu waren, die aber doch zuviel eignes Bewußtsein u n d eigenen Stolz hatte, u m sich ihnen sofort und bedingungslos anzuvertrauen.

6. Die Salbung bei der Thronbesteigung Ottos des Großen Heinrich I. h a t sich in den späteren J a h r e n seiner Regierung bekanntlich wieder in stärkerem Maße der Kirche zugewandt, und m a n wird es als ein Ergebnis dieser Wendung ansehen 1

Vgl. Widukind I, cap. 22, S. 30 ff.

Heinrich I. und die fränkische Königssalbung

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dürfen, daß 936 nach dem Tode des Königs die Erhebung Ottos I. in Aachen mit einer Salbung verbunden war. Doch die Salbung, die in Aachen am 7. August 936 vollzogen wurde, nimmt eine eigenartige Stellung ein, und sie erhält im Zusammenhang der Handlungen, in denen sich die Erhebung des Königs vollzog, einen ungewöhnlichen Platz 1 . Wir sahen, daß nach allem, was wir wissen, im fränkischen Reich, in der Zeit der älteren Karolinger die Salbung zwar nicht der Wahl, wohl aber der weltlichen Erhebung, der Thronsetzung des Königs voranging. So scheint es auch bei der Erhebung Ludwigs des Kindes gewesen zu sein 2 , der einzigen Thronsetzung eines ostfränkischen Königs, von der wir vor der Ottos I. wenigstens einigermaßen oder doch halbwegs deutliche Nachrichten haben. Und bei der Wahl Konrads II., über die wir, nach der Ottos von 936, wieder genauer Bescheid wissen, ist die Reihenfolge der Erhebungsakte: zunächst die Kur durch die Geistlichen, dann die K u r durch die weltlichen Fürsten; darauf die Salbung und dann die Huldigung; jedenfalls gehen auch hier die geistlichen oder kirchlichen Erhebungsakte den weltlichen voran 3 . Ganz anders 936 in Aachen. Hier erfolgt zunächst eine Thronsetzung und Huldigung allein durch die weltlichen Fürsten in der Vorhalle des Aachener Münsters; danach erst wird die Salbung im Münster selbst vollzogen. Die sonst übliche und dem Sinn des geistlichen Weiheakts offenbar entsprechende Reihenfolge ist hier also umgekehrt. Diese Umkehrung aber dürfte ein Ausläufer der Haltung gewesen sein, die Heinrich I. 919 in Fritzlar eingenommen hat. In Fritzlar hatte die Erhebung des Königs einen ausschließlich weltlichen Charakter; der kirchliche Teil 1

Vgl. Widukind I I , cap. 1, S. 63 ff. Vgl. oben S. 29, Anm. 3; freilich bleibt hier alles unsicher, und nach den Worten Reginos könnten sich die Dinge 900 auch ähnlich abgespielt haben wie 936 in Aachen; immerhin d ü r f t e wohl auch dann die starke Betonung der weltlichen Handlung in der Vorhalle des Aachener Münsters auffällig bleiben. 3 Vgl. dazu Wipo, Gesta Chuonradi imperatoris, cap. 2 ff., S. 13 ff. 2

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der Zeremonie t r a t nicht in Erscheinung. I n Aachen wurde die Salbung durch die Bischöfe wieder zugelassen, aber der Vorrang vor ihr gebührt der weltlichen Königserhebung: durch sie wurde, wie es ausdrücklich heißt, Otto zum König gemacht 1 . Die Salbung erscheint daneben beinahe als eine Zutat. Die starke Theokratisierung des deutschen Königtums im Laufe des zehnten Jahrhunderts brachte dann mit sich, daß sie wieder an die alte Stelle rückte und unter den Riten, die den König zum König machten, den ersten Rang behauptete. 1

Vgl. Widukind, a. a. 0 . , S. 64 f.