Handlungsspielräume gemeindlicher Umweltpolitik am Beispiel des Abfallrechts [1 ed.] 9783428476374, 9783428076376


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Handlungsspielräume gemeindlicher Umweltpolitik am Beispiel des Abfallrechts [1 ed.]
 9783428476374, 9783428076376

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BERNHARD HAASS

Handlungsspielräume gemeindlicher Umweltpolitik am Beispiel des Abfallrechts

Schriften zum Umweltrecht Herausgegeben von Prof. Dr. M i c h a e I K I o e p f e r , Trier

Band 27

Handlungsspielräume gemeindlicher Umweltpolitik am Beispiel des Abfallrechts Von

Dr. Bernhard Haaß

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CI,P-Einheitsaufnahme

Haass, Bernhard:

Handlungsspielräume gemeindlicher Umweltpolitik am Beispiel des Abfallrechts I von Bemhard Haass. Berlin : Duncker und Humblot, 1992 (Schriften zum Umweltrecht ; Bd. 27) Zug!.: Berlin, Freie Univ., Diss., 1992 ISBN 3-428-07637-0 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten

© 1992 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41

Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0935-4247 ISBN 3-428-07637-0

Vorwort Die vorliegende Arbeit hat der Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin im Sommersemester 1992 als Dissertation angenommen. Sie wurde im November 1991 abgeschlossen. Rechtsprechung und Literatur sind bis August 1992 beliicksichtigt, allerdings konnten die Abfallwirtschaftsgesetze Sachsens, Thüringens und Sachsen-Anhalts sowie das neue Landesabfallwirtschaftsgesetz Schleswig-Holsteins vom 6.12.1991 nicht mehr eingearbeitet werden. Herrn Professor Dr. Philip Kunig danke ich sehr herzlich für die engagierte Begleitung dieser Arbeit und für die vielfältigen Anregungen, die ich als Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl erhalten durfte. Auch möchte ich Herrn Professor Dr. Christoph Müller für die Mühe des Zweitgutachtens, vor allem aber für die fachliche Diskussion danken. Schließlich gilt mein Dank Herrn Professor Dr. Michael Kloepfer für die Aufnahme dieser Arbeit in die Reihe "Schriften zum Umweltrecht". Berlin, im September 1992

Bernhard Haaß

Inhaltsverzeichnis Einleitung 1.

Die Gemeinden als potentielle Träger innovativer Umweltpolitik

2.

Zum Begriff "Rec:htllche Handlungssplelräume" . . .......... . . ... . . .. 19

3.

Zur Vorgehenswelse ..... . ................................. . . . .. 21

17

I. Tell

Bewertungsgrundlagen 1.

Rationalität des Handlungszieles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

a) Umweltschutz als Ziel staatlichen Handeins .......... ....•. ...•.... . ... 28 b) Materiale Rationalität von Umweltschutz . ..... . . . . ..... . ... ... . ... . . .. 31

2.

Handlungsrattonalität der Zielverwirklichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

3.

Systematislerung der Problembewältigungsphasen . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

a) Abfallvenneidung . . ... . . ... ............ . ............. . •.. . . .... b) Abfallverwertung ...... .. ...... .. .. . .... . . . . . ............. . .... . c) Endgültige Entsorgung . . . ..... .. .... . .... . ... . .. ..... .... .. . .. . . . aa) Verbrennung . . . ... ... .. .. . ....... .. ... . .... ... ............ bb) Deponierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zielhierarchie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41 44 46 47 49 SO

II. Teil

Zuständigkeiten der Gemeinden 1.

Allgemeine Zentrallslerungstendenz ....... . ......... . ... . .. . ... SI

2.

Zentrallslerungstendenz bei Umweltschutzaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

3.

Funktionen kommunaler Selbstverwaltung . . ........ . .......... . ...... .. 57

a) Verwaltungsorganisatorische Funktion . . .. ......• ... . ..... .. .... . ..... 59 b) Politisch-demokratische Funktion ...... . ... . .•..•... . .. .. •...•.•..•.. 62 aa) Demokratische Binnenlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . • . . 63

8

Inhaltsverzeichnis bb) Kommunale Demokratie als Partikularwille ... . ............ . . ... .... 70 (1) EgalitJire Demokratie und kommunale Willensbildung ......... . . . .. 70 (2) Grenzen des Partikularwillens . . . . . . . • . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 4 c) Vorrang der politisch-demokratischen vor der verwaltungsorganisatorischen Funktion 78

4.

Die verfassungsrechtHeb verbürgte Allzuständigkelt und Elgenverant· wortllchkelt der Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

a) Institutionelle Garantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . , . . . . . , . . , 80 b) Allzuständigkeit und Eigenverantwortlichkeit als Inhalt der Einrichllmgsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 aa) Allgemeine Ausgestaltungsfreiheit des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 (1) Neustrukturierung des Rechts gemeindlicher Selbstverwaltung durch BVerfGE 79, 127 .....•............. . ............ . . . ..... 87 (2) Abkehr von der grundrechtsäluilichen Dogmatik ................... 92 (3) Örtlichkeit als ausschließendes Merkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (4) Rechlfertigung staatlicher Steuerung im Hinblick auf die "Ordnungsgemäßheit" der Aufgabenerfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 bb) Gezielte staatliche Eingriffe gegenüber konkret-individuellen Gemeinden . . . 106 c) Geltungsrichtung der Gewährleistung ...... . ........... . ..... . .. . .... 114 d) Verwaltungsrechtliche Systematisierung der Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

5.

6.

7.

Zuständigkeltsentzug durch Bundesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

a) Kein Aufgabenentzug durch Bundesrecht ..... . ................ . . . ... . b) Sicherung ordnungsgemäßer Aufgabenerledigung durch materielle und instrumentelle Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bundesrechtliche Vorgaben zur Hierarchie der Problembewältigungsstrategien . . . aa) Vorrang der Abfallvermeidung ........... . ...... . ....... . ..... . bb) Regelungen der Abfallverwertung ......... . . . .... .. ...... . . . . . .. (1) Vorrang der Verwertung vor sonstiger Entsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rangfolge der Verwertungsverfahren .. .. .. .. .... . . . ......... . d) Zusammenfassendes Ergebnis . . ..... .. . . .. . .... . .. . . . . . . .... . .... .

122

124 128 129 137 138 140 145

Zuständigkeltsentzug durch Landesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

a) b) c) d)

Landesrechtliche Regelungen der Entsorgungszuständigkeit . . . . Besondere landesrechtliche Vorschriften zur Altlastensanierung . Landesrechtliche Sicherung ordnungsgemäßer Aufgabenerfüllung Abfallwirtschaftliche Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

.... .... .... ....

. . . .

...... ...... ...... . ... ..

. . . .

147 15 1 155 158

Abfallwlrtscbaftllcbe Gestaltungsmögllcbkelten der nlcbt-entsorgungspfllcbdgen Gemeinden· ein Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

Inhaltsverzeichnis

9

lll. Teil

Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik 1.

Umweltschutz Innerhalb der gemelndllcben Verwaltungsorganisation 165 a) Organisationshoheit der Gemeinden o oo o o o o oo o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o 165 b) Organisation der Abfallentsorgung 169 0

2.

3.

4.

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Umweltschutz ln der gemeindlichen Planung

a) b) c) d)

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Naturschutzrechtliche Landschaftspläne o o oo oo o o o o o o o o o o o o o o o . o . o . o o o o Umweltschutz in der Bauleitplanung o o o o o o o o o o oo o o o o o o o o o o o o o oo o Umweltschutzrelevante Fachpläne als Aufgabe staatlicher Behörden o o o o o o o oo o Gemeindliche Umweltverträglichkeitsprüfung o o o o o o o o o o o o ••• o o o o o o •• • o • 0

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171 173 174 177 178

Direkte Verhaltenssteuerung durch Gebots- und Verbotsvorschriften . . 180 a) Satzungshoheit und Gesetzesvorbehalt o o o o o o o o • o o o o o• o o o o o .•• o .. o o o o o 181 b) Kein Vorbehalt des Gesetzes gegenüber gemeindlicher Satzungsgebung o o o o o oo o 188 c) Rechtsstaatliche Instrumente der Sicherung rechtmäßiger Satzungsgebung o o o o o o 193 UmweltfreundHebe Bedarfsdeckung

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197

a) Zulässigkeil produkt- bzwo produktionsbezogener Anforderungen o o o o o o o oo o o o 198

aa) Vergaberechtliche Vorschriften o o. o o o •• o o o o • o 199 bb) Der haushaltsrechtliche Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit o o 201 cc) Rechtspflicht zu einer umweltfreundlichen Beschaffung o o o o o o o o o o o o o o o 204 b) Zulässigkeil produktfremder Maßgaben bei der Auftragsvergabe (konditionierte Bedarfsdeckung) o oo o oo o o o o o • o o o o o . . o o o o o o o o o o o o o oo o 204 aa) Rechtsstaatliche Einwände gegen die Handlungsform als solche o o o o o o o o o o 206 bb) Durchsetzung von rechtlichen Pflichten o o • o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o oo 208 cc) Bindung an gesetzlich nicht pflichtiges Verhalten o o o o o o o o .• o . o o o oo o 208 0

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Gemeindliche Umweltberatung o o .•• o o o o o • 215 a) Formen der Umweltberatung o o o o o o o o o o o o o o o oo o oo o o o o o o o o o o o• o 216 b) Umweltberatung als legitimer Wissenstransfer in einer wettbewerbliehen Marletwirtschaft o. o . • o o 217 c) Die kompetenzrechtliche Seite gemeindlicher Umweltberatung ...•..• . • • o..• 219 d) Rechtsstaatliche Grenzen und grundrechtlicher Gesetzesvorbehalt o .. • ••. . . • • o 221 0

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Finanzielle und säebUche Förderung von Umweltschutzmaßnahmen . . . 224

a) Direkte Subventionierung umweltfreundlicher Maßnahmen . o . . • • o o o o o o o o oo o 225

b) Indirekte Subventionierung durch Verschonung von Abgabepflichten . . o • o . o .. o 233

7.

Abgaben als Instrument gemeindUcher Umweltpolltlk .. . ..... . .... 234 a) Gemeindesteuern als Instrument der Umweltpolitik o o oo oo o o o • o ...•. •• o oo o 239 aa) Die gemeindliche Steuerhoheit o o . o . • o o o o o o o •• o . o • o o o o • . • 239 (1) Verbrauch- und Aufwandsteuern . o • o o .• o o o o o • • . 242 (2) Die "Örtlichkeit" gemeindlicher Steuern . o o . o .. . o o o o • o o o o . o . o• . 243 (3) Keine "Gleichartigkeit" mit Bundessteuern o o..... • • o ... o • o .• o •. 246 0

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Inhaltsverzeiclmis bb) Sachzuständigkcit als Kompetenzvoraussetzung? .......•.... . .. .. ... cc) Rechtsaufsichtliche Genehmigung von Steuersatzungen als gebundene Entscheidung bloßer Rechtmiißigkeitskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) HG-rechtliche Unbedenklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonderabgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . c) Umweltschutzorientierte GestaliUng der Vorzugslasten ............. . .. .. . .

248 251 252 253 254

Ergebnisse . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266

Abkürzungsverzeichnis a.A. a.E. a.F. AbfG ABI.

AfK

AfP AG-AbfG AK

AlL

Anh. Arun. AöR APuZ An. BauGB Bay BayAbfALG BayVBl BFH BGBl. BGHZ BHO BimSchG BK BMF

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BMU BNatSchG BR-Drs. BReg. BT-Drs. BVerfG BVerwG BW BWaldG BWVP DIT DLKrT dng DÖV DStT DVBl. DVP

anderer Ansicht am Ende alte FassWlg Abfallgesetz Amtsblatt Archiv für Kommunalwissenschaften Archiv für Presserecht Ausführungsgesetz zum AbfG Alternativkommentar Alternative Anhang Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament Artikel Baugesetzbuch Bayern, bayerisch Bayerisches Abfallwinschafts- und Altlastengesetz Bayerische VerwaltWlgsblätter Bundesfinanzhof Bundesgesetzblatt Amtliche SammlWlg der EntscheidWlgen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundeshaushaltsordnung Bundesimmissionsschutzgesetz Bonner Kommentar Bundesministerium der Finanzen Bundesministerium des Innem Bundesminister(ium) für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Bundesnaturschutzgesetz Bundesratsdrucksache Bundesregierung Bundestagsdrucksache BundesverfassWlgsgericht Bundesverwaltungsgericht Baden-Wilntemberg, baden-wilntembergisch Bundeswaldgesetz Baden-Wüntembergische Verwaltungspraxis Deutscher Juristentag Deutscher Landkreistag Die niedersächsische Gemeinde Die öffentliche Verwaltung Deutscher Städtetag Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Verwaltungspraxis

12 E EG EKC EuGH

EuR

EvStL EWGV f/ff FG Fn. FS FStrG GemHVO GewArch GG GMBl. GO GS GV(O)Bl. h.L. h.M. HAbfAG Hdb. HdbStR HdUR Hervorh. Hess Hg./hrsg. HGrG HkWP HS IUR i.V.m. JA JöR JR JuS

JZ KAG Kap. KGSt KHR KJ KritV KrO KStZ KSVG LAbfG LAbfWAG LBG LG LHO

Abkürzungsverzeichnis Amtliche Entscheidungssammlung Europäische Gemeinschaften Europäische Charta der Kommunalen Selbstverwaltung Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Europarecht Evangelisches Staatslexikon Vertrag zur Gründung einer Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft folgend/fortfolgend Festgabe Fußnote Festschrift Bundesfernstraßengesetz Gemeinde-Haushaltsverordnung Gewerbearchiv Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland Gemeinsames Ministerialblatt Gemeindeordnung Gedächtnisschrift Gesetz- und Verordnungblatt herrschende Lehre herrschende Meinung Hessisches Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz Handbuch Handbuch des Staatsrechts Handbuch des Umweltrechts Hervorhebung Hessen, hessisch Herausgeber/herausgegeben Haushaltsgrundsätzegesetz Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis Halbsatz Informationsdienst Um weltrecht in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart (Neue Folge) Juristische Rundschau Juristische Schulung Juristenzeitung Kommunalabgabengesetz Kapitel Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung, Köln Kommentar zum Haushaltsrecht, hng. von Heuer Kritische Justiz Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Kreisordnung Kommunale Steuerzeitung Kommunales Selbstverwaltungsgesetz (Saarl) Landes-Abfallgesetz Landesabfallwirtschafts- und Altlastengesetz (Rheinland-Pfalz) Landbeschaffungsgesetz Landschaftsgesetz (NRW) Landeshaushaltsordnung

Abkürzungsverzeichnis LNatSchG LPflG LS LVwG MdB m.w.N. NAbfG NatSchG Nds n.F.

NJW

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NuR NVwZ NVwZ-RR NWVBL o.V. OVG PVS RiA

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ROG RP Saarl SAbfG SH Slg. Sp. SRU StGH StGR StuGB SVG TA Tz.

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VOB VOL

Landesnaturschutzgesetz Landespflegegesetz Leitsatz Landesverwaltungsgesetz Mitglied des Bundestages mit weiteren Nachweisen Niedersächsisches Abfallgesetz Naturschutzgesetz Niedersachsen, niedersächsisch neue Fassung/Folge Neue Juristische Wochenschrift Nordrhein-Westfalen, nordmein-westfälisch Natur und Recht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NVwZ-Rechtsprechungsreport Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter ohne Verfasser Oberverwaltungsgericht Politische Vierteljahrsschrift Recht im Amt Randnummer Raumordnungsgesetz Rheinland-Pfalz, rheinland-pfälzisch Saarland, saarländisch Saarländisches Abfallgesetz Schleswig-Holstein, schleswig-holsteinisch Amtliche Sammlung Spalte Sachverständigenrat für Umweltfragen Staatsgerichtshof Städte- und Gemeinderat Städte- und Gemeindebund Selbstverwaltungsgesetz (DDR) Technische Anleitung Textzeichen Urteil Umweltbundesamt Allgemeiner Teil eines Umweltgesetzbuches (Entwurf) Umwelt- und Prognose-Institut, Heidelberg Umwelt- und Planungsrecht Umwelt- und Technikrecht Umweltverträglichkeitsprüfung Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Verfassung Verfassungsgerichtshof Verwaltungsarchiv Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof Verordnung Verdingungsordnung für Bauleistungen Verdingungsordnung für Leistungen -ausgenommen Bauleistungen

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VSSR VVDStRL VwVfG WHG WiVerw WRV WUR ZBR ZfRSoz ZfU ZG ZKF

ZRP

Abkürzungsverzeichnis Verwaltungsrundschau Vierteljahresschrift für Sozialrecht Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsverfahrensgesetz Wassemaushaltsgesetz Wirtschaft und Verwaltung Weimarer Reichsverfassung Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht Zeitschrift für Beamtenrecht Zeitschrift für Rechtssoziologie Zeitschrift fur Umweltpolitik Zeitschrift für Gesetzgebung Zeitschrift rur Kommunalfinanzen Zeitschrift für Rechtspolitik

Einleitung In der abfallpolitischen Realität fallen Handlungsdruck und Handlungsmöglichkeiten erheblich auseinander: Das deutsche Abfallrecht macht die Kommunen entsorgungspflichtig, es entzieht ihnen aber zugleich weitgehend Handlungsmöglichkeiten, der Abfallflut vorbeugend, d.h. bei der Entstehung zu begegnen. Hier wären effektive Vermeidungs- und Verwertungsregelungen nötig, die jedoch durch die Verordnungsermächtigung in § 14 AbfG im wesentlichen in der Hand der Bundesregierung liegen. Die bisherigen Bemühungen, die Ermächtigung auch materiell zu nutzen, waren - aus umweltpolitischer Sicht - nicht eben erfolgreich: Zwar ist in den alten Bundesländern das Gesamtabfallaufkommen zwischen 1980 und 1987 von 265 Mio. auf 243 Mio. t leicht gesunken, dies geht jedoch primär auf das Konto geringeren Bauschutts und Bodenaushubs1• Siedlungsabfälle2 und Abfälle aus der Produktion sind in diesem Zeitraum annähernd stabil auf einem drastisch höheren Mengenniveau als noch in den vorhergehenden Jahren angefallen. Auch die bundesrechtliche Bemühung, mit der Verpackungsverordnung3 zumindest einen Teilbereich des Problems anzugehen, enthält mannigfaltige wirtschaftspolitische Konzessionen, so daß die Verordnung den Bundesrat nur durch die Unterstützung einzelner SPD-geführten Länder gegen umweltpolitischen Widerstand aus dem Regierungslager passierte. Insbesondere der Aufbau einer "dualen Abfallwirtschaft", so wird bemängelt, berge die Möglichkeit, daß an der Abfallmenge eher noch verdient werde4 • Das abfallwirt-

1 Aktuelle Daten sind aufbereitet und kommentiert im SRU-Sondergutachten, Abfallwinschaft, BT-Drs. 11/8493, Tz. 542 ff (S. ISO ff). Zu den früheren Abfallmengen von Lersner, in W alprecht, Abfall und Abfallentsorgung, S. 11. 2 Siedlungsabfälle sind: Hausmüll, hausmüllähnliche Abfälle vornehmlich aus gewerblichen Betrieben, die nach An und Menge zusammen mit dem Hausmüll entsorgt werden können, Sperrmüll sowie Straßenkehricht und Marktabfälle; zur Terminologie SRU-Sondergutachten, aaO., Tz. 138 ff (S. 52).

3 Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen (VerpackV) vom 12.6.1991, BGBI. I S. 1234. Zu den Auswirkungen auf das kommunale Satzungsrecht Klages, IUR 1992, 1 ff. 4 Interview Dr. Gauweiler (Bayerischer Umweltminister), in Welt am Sonntag, vom 21.04.1991. Zur umweltpolitischen Kritik am Verordnungsentwurf s. Der Spiegel Nr. 43/1990,

16

Einleitung

schaftliehe Credo, Vermeidungsanreize zu setzen, wäre dann geradezu konterkariert. Für die entsorgungspflichtigen Körperschaften ist die Situation besonders prekär: Die bei ihnen angelieferte Abfallmenge wächst von Jahr zu Jahr. Waren 1977 noch 64 Mio. t von ihnen zu entsorgen, so stieg diese Menge 1980 auf 83 Mio. t und 1987 auf knapp 100 Mio. t, wovon etwa 88 Mio. t auf Deponien abgelagert und 8 Mio. t in Abfallverbrennungsanlagen entsorgt wurden. Bei unverändertem Abfallaufkommen sollen die westdeutschen Deponiekapazitäten Mitte der neunziger Jahre bereits zu 50 % erschöpft sein5• Neue Verbrennungsanlagen haben jedoch einen beträchtlichen planungsrechtlichen Vorlauf, sofern sie politisch überhaupt durchsetzbar sind. Dieser Problemdruck, aber auch umweltpolitische Einsicht haben zu vielfältigen Initiativen auf kommunaler Ebene geführt. Bevorzugtes Objekt dieser Initiativen sind die Verpackungsabfälle, die etwa die Hälfte des Hausmülls ausmachen und deren Menge ohne Beeinträchtigung ihrer unbestreitbaren Funktionen durchaus reduziert werden kann6• Wie breit das Spektrum der Handlungsmöglichkeiten ist, zeigt etwa die Stadt Augsburg mit der Einrichtung eines kostenlosen Geschirrverleihdienstes für private und kommerzielle Festveranstalter. Über öffentliche Leistungserstellung hinaus ging beispielsweise die Nürnberger Abfallsatzung (1989), die der Gemeinde ordnungsrechtliche Handhabe geben wollte, gegen Plastiktüten und Einwegverpackungen auf dem Verbots- und Gebotswege (inklusive Sanktionsbewehrung) vorzugehen, die aber an der Kommunalaufsicht scheiterte7• Steuerungstheoretisch und umweltpolitisch besonders interessant sind gemeindliche Bemühungen, durch die Ausgestaltung der Kommunalabgaben finanzielle Vermeidungsanreize zu setzen. So plant die Stadt Kassel eine kommunale Steuer auf Einweggeschirr und -behälter, die von den Betreibern von Imbißständen, Fast-Foot-Restaurants und Hotels erbracht werden soll. 8 Anlaß zu verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzungen gaben bereits ge-

vom 22.10.1990, S. 163 f. 5

So der Parlamentarische Staatssekretär im BMU Grüner, Umwelt 1990, 275.

Jährlich werden über 11 Mio. t Verpackungsmaterialien mit einem Produktionswert von über 30 Mrd. DM verwendet. Zu Vermeidungs- und Substitutionspotentialen SRU-Sondergutachten Abfallwinschaft, BT-Drs. 11/8493, Tz.. 838 ff (S. 244 ff). 6

7 Bericht in Der Spiegel Nr. 45, vom 6.11.1989, S. 114 ff; Süddeutsche Zeitung vom 4.1. 1990, S. 24. Einen Erfahrungsbericht gibt Schimmack, IUR 1992, 12 ff. 8

Tagesspiegel vom 31.8.1991, S. 28.

I. Die Gerneinden als potentielle Träger innovativer Urnweltpolitik

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meindliche (Getränke-) Verpackungsteuern. Ausgelöst durch eine Studie des Heidelberger Umwelt- und Prognose-Instituts9 hatten mehrere Gemeinden entsprechende Satzungen beschlossen, durch die bestimmte Einwegverpakkungen mit einer gemeindlichen Steuer zwischen -,30 und -,70 DM belastet wurden 10• Keine dieser Satzungen erhielt die erforderliche kommunalaufsichtsrechtliche Genehmigung, und zwar mit der Begründung, die Besteuerungsauswirkung sei nicht auf das Gemeindegebiet begrenzt. Der Versuch der Stadt Detmold, die Genehmigung verwaltungsgerichtlich zu erzwingen, ist vor dem Verwaltungsgericht Minden gescheitert11 und eine Berufung nunmehr anhängig.

1. Die Gemeinden als potentielle Träger innovativer Umweltpolitik Die Bedeutung dieser gemeindlichen Versuche, eine eigenständige kommunale Umweltpolitik durch Erlaß von Verpackungsabgaben zu verwirklichen, liegt in der politischen Umsetzung von wissenschaftlich längst Erkanntem und politisch-programmatisch längst Postuliertem. Die betreffenden Gemeinden beabsichtigen, vermittels monetärer Instrumente das umweltrelevante Verhalten von Marktteilnehmern zu steuern. Der Zwang zu einzelwirtschaftlicher Kosteninternalisierung wird in der volkswirtschaftlichen Diskussion 1 sowohl generell als auch insbesondere umweltökonomisch als ein dem Konzept der freien Marktwirtschaft am ehesten konformes staatliches Steuerungsinstrument bevorzugt, da es Anreize zu dynamischen Anpassungsleistungen der Adressaten auslöst. Monetäre Steuerung regt Umweltschutzmaßnahmen an, die Uber statische Grenzwerte und damit Uber das durch Auflageninstrumente Erreichbare hinausgehen.

9 UPI-Bericht 9, Ökosteuern als marktwirtschaftliches Instrument im Umweltschutz, April 1988. Dazu (Institutsrnitarbeiter) Teufel, ZRP 1988, 373. 10 U.a. in Hannover, Wilhelrnshaven, Braunschweig, Detrnold; s. etwa Frankfurter RWtdschau vorn 3.10.1989; Der Spiegel Nr. 45, vorn 6.11.1989, S. 114 ff; Die TageszeitWlg vorn 14.7.1990, S. 7; Die Zeit Nr. 46, vorn 9.11.1990, S. 36. Abdruck der Detrnolder Satzung in ZKF 1990, 102 f. Zur juristischen Bewältigung eingehend Wtten S. 239 ff. 11

109.

Un. vom 28.11.1990 = ZKF 1991, 111; Anrn. Palrn, KStZ 1991, 81; Köck, IUR 1992,

1 Frey, Urnweltökonomie, S. 42 ff, 111 f. GrWtdlegend zum Problern der ExtemalisierWtg aus umweltökonomischer Sicht vgl. die Auseinandersetzung von Kapp, Soziale Kosten der Marktwirtschaft, S. 28 ff mit Pigous Theorie der Sozialkosten. Einen Überblick zur Rezeption in der Rechtswissenschaft gibt Meßerschrnidt, Urnweltabgaben, S. 55 ff. Einzelheiten zu den Bedingungen und Grenzen monetärer SteuerWtg s. unten S. 234 ff. 2 Haaß

18

Einleitung

Auch umweltpolitisch gelten negative Anreizinstrumente als besonders vorzugswürdig, da sie geradezu idealtypisch zentrale Handlungsgrundsätze der Umweltpolitik, nämlich Verursacher- und Vorsorgeprinzip2, umsetzen. Mit der kostenmäßigen Anknüpfung an Produzenten bzw. Konsumenten werden die Problemverursacher belastet; die dadurch ausgelösten Vermeidungsstrategien - z.B. Mehrwegsysteme - verhindern die Entstehung des Problems und entsprechen daher dem Vorsorgeprinzip. Diese theoretische Präferenz schlägt sich auch in politisch-programmatischen Postulaten nieder3, die sich jedoch bislang mit Ausnahme der bundesrechtlichen Abwasserabgabe weder auf Bundes- noch auf Landesebene in nennenswertem Maße umsetzen ließen4 • Die eingangs geschilderten Problemlösungsansätze richten zudem das Augenmerk auf die vordringende Bedeutung einer Umweltschutzpolitik auf kommunaler Ebene. Das verschiedentlich steuerungstheoretisch wie empirisch diagnostizierte "Staatsversagen"5 rückte seit Beginn der achtziger Jahre die föderalstaatliche Problemverarbeitung und damit auch die Funktion und Rolle der Gemeinden verstärkt in den Blickpunkt der politik-, verwaltungs- und rechtswissenschaftliehen Diskussion6• Das Potential dezentraler Lösungen

2 Das Verursacherprinzip findet sich ausdrucklieh und das Vorsorgeprinzip zumindest im· plizit bereits im Umweltprogramm der Bundesregierung von 1971 (BT-Drs. VI/2710, S. 6 und 91). Im Umweltbericht '76 sind beide Prinzipien benannt (BT-Drs. 7/5684, S. 6 und 8). In §§ 4 und S des Entwurfs zu einem UGB-AT von Kloepfer/Rehbinder/Schmidt·Aßmann/Kunig fmden sich Legaldefmitionen. 3 Zur umweltpolitische Programmatik der Bundestagsparteien s. Malunat, APuZ 29/1987, 29 ff. Vgl. auch die Erklärung zum Weltwirtschaftsgipfel vom 16.7.1989, in Europa-Archiv, 17 (1989), S. D 498 Tz. 36 sowie Art. 34 Einigungsvertrag vom 31.8.1990 (BGBl. ll, S. 889). 4 Daneben ist hier auch auf verschiedene landesrechtliche Naturschutzausgleichs- und Wald· abgaben (BW, RP, Hess.) sowie den sog. Waldpfennig in BW hinzuweisen; weiter Nachweise gibt Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 179 ff.

5 Jänicke, Staatsversagen, S. SO ff. Zum Zusammenhang zur These eines "Marktversagens" s. von Amim, APuZ 48/1987, S.l7 ff. Aus systemtheoretischer Sicht grundlegend Willke, Entzauberung des Staates, insbesondere S. 52 ff. Speziell zur Umweltpolitik vgl. Wolhnann, Umweltschutz - Was können die Gemeinden tun? S. 16 ff. Zur Diskussion Schuppert, Der Staat 28 (1989), 912 ff und E.-H. Ritter, in Staatswissenschaften und Staatspraxis 1990, S. SOff. 6 Vgl. die noch aktuelle Standortbestimmung des ll. Speyer-Seminars zur kommunalen Wissenschaft und Pruis 1987: Kommunalwissenschaften in der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. von J.J. Hesse; darin zur verwaltungs- und politikwissenschaftlichen Forschung J.J. Hesse, S. 117 ff bzw. 124 ff; zur rechtswissenschaftliehen Diskussion Knemeyer, S. 71 ff; aus finanzwissenschaftlicher Sicht Fürst, S. 200 ff und stadtökologisch E.-H. Ritter, S. 467 ff. Im einzelnen s. unten S. 57 ff.

2. Zum Begriff "Rechtliche Handlungsspielräume"

19

wird seither auch auf politischer Ebene zunehmend thematisiert'. Die umweltpolitischen Aktivitäten der genannten Städte scheinen diesen Befund zu bestätigen. Während auf zentraler Ebene innovative Politiken nur mühsam durchsetzbar sind (wie z.B. die langwierige Diskussion um eine Klima- oder Kohlendioxid-steuer zeigt)8, gelingt es einzelnen Gemeinden, hier Vorreiterrollen zu übernehmen. Andererseits ist kommunale Umweltpolitik durch vielfältige Restriktionen gekennzeichnet - zunächst sei nur stichwortartig auf die Zielkonflikte zwischen Umweltschutz und Industriestandortsicherung sowie den chronischen Finanzmangel der Gemeinden hingewiesen -, aufgrund derer umweltpolitische "kommunale Verweigerungsstrategien" eher die Regel denn die Ausnahme bilden9• Nicht zuletzt das umweltpolitische Versagen zahlreicher Gemeinden gerade bei der Abfallentsorgung war ein Grund für die "Hochzonung" der Erledigungszuständigkeit10• In den hier aufgezeigten, aktuellen Fällen wurden gemeindliche Aktivitäten jedoch nicht durch faktische, sondern durch rechtliche Rahmenbedingungen beschränkt.

2. Zum Begriff "Rechtliche Handlungsspielräume" Mit der vorliegenden Arbeit sollen die eigenständigen umweltpolitischen Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden am Beispiel der Abfallpolitik aus rechtlicher Sicht untersucht werden. Handlungsspielräume ergeben sich aus der Summe der Handlungsalternativen, die einem Handlungssystem in einer gegebenen Situation zur Verfügung stehen 1• Sie lassen sich allerdings kaum positiv definieren, da die Bestimmung aller denkbaren Handlungsmöglichkeiten nicht vollständig sein kann. Deshalb ist nach den Faktoren zu fragen, die Entscheidungen möglich machen, d.h. nach den Handlungsvoraussetzungen und Handlungsbeschränkungen. Rechtliche Voraussetzung ist zunächst die Zuständigkeit eines öffentlich-rechtlichen Akteurs für konkrete Entscheidungen. Darüber hinaus werden Handlungsspielräume durch das einem Akteur 7 Vgl. die Diskussionsbeiträge der kommunalpolitischen Sprecher der Bundestagsparteien in J.J. Hesse, Zur Situation der kommunalen Selbstverwaltung heute, S. 65 ff. 8 "Ein Blick etwa in das Umweltprogramm der Bundesregierung von 1971 zeigt, daß das Problem nicht auf der Ebene der Erkenntnis, sondern in der Durchsetzung gegen Widerstände liegt." Jänicke, Konzepte präventiver Umweltpolitik, S. 14.

9

Pehle, APuZ 6/1990, S. 28.

10

Dazu unten S. 52 ff.

Hucke, Politische Handlungsspielräume, S. 55 f. Vgl. auch Mayntz, Kommunale Handlungsspielräume und kommunale Praxis, S. 156. 1

20

Einleitung

verfügbare Handlungsinstrumentarium bestimmt. Als Handlungssystem sind hier die politisch-administrativen Akteure der Gemeinde, also Rat und Verwaltung, angesprochen. Handlungsspielräume konstituieren sich aus normativen sowie aus politisch-faktischen Elementen. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung und die einfachgesetzliche Ausgestaltung kommunaler Selbstverwaltung stellen für das Verhalten der politischen und administrativen Akteure eine notwendige, nicht aber eine strikt determinierende Bedingung dar. Sie begrenzen zwar die Aktionsmöglichkeiten, belassen den Akteuren jedoch in diesem Rahmen Handlungsalternativen. Inwieweit von diesen Handlungsspielräumen tatsächlich Gebrauch gemacht wird, ist dann eine Frage des politischen Willens. Andererseits sind de facto teilweise auch dort Gestaltungsräume nachweisbar, wo de jure keine oder nur minimale Handlungsspielräume fonnuliert sind2• Hier liegen empirische Belege etwa im Hinblick auf das Verhältnis der Gemeiden zur Kommunalaufsicht sowie gegenüber staatlichen Genehmigungsbehörden vor3 • In beiden Fällen verfügen die staatlichen Instanzen über ein nonnativ hierarchisch konzipiertes Instrumentarium, welches bei Vorliegen bestimmter Tatbestände Unterordnung und Abhängigkeit der Gemeinden auszuweisen scheint. Die erwähnten Untersuchungen zeigen jedoch, daß das Verhältnis zwischen Staat und Gemeinden auch in diesen Fällen eher von "Diplomatie und Kooperation "4 als von Subordination gekennzeichnet ist, daß also normative a-priori-Konzepte nur von begrenztem Erklärungswert für die Beschreibung tatsächlicher Handlungsspielräumen sind5• Wenn auch in der vorliegenden - rechtswissenschaftliehen - Untersuchung allein die normativen Handlungsspielräume in den Blick genommen werden,

2 Nach Benz, Probleme und Perspektiven der Kommunalpolitik im Strukturwandel, erwies sich vieles, das zunächst als reine Vollzugsaufgabe erschien, später als "durchaus politische Gestaltungsaufgabe" (S. 169). Vgl. auch Zapf·Schramm, Kommunale Umweltpolitik, S. 324 m.w.N.

3 Dazu Mayntz, Kommunale Handlungspielräume und kommunale Praxis, S. 159 ff; Hukke/Müller/Wassen, Implementation kommunaler Umweltpolitik, S. 191 ff; Hucke/Ulhnann, in Mayntz, Implementation politischer Programme/Empirische Forschungsberichte, S. 105/106. Eingehend mit Nachweisen weiterer Untersuchungen Faber, Die Macht der Gemeinden, insbesondere S. 38 ff. 4

Faber, AK GG Bd. I, S. 1713.

s Vgl. auch die Fallstudie von Derlin u.a., Kommunalverfassung und kommunales Entschei-

dungssystem (Ergebnisse S. 116 ff), zur faktischen Annäherung monokratisch konzipierter Kommunalverwaltung an kollegiale Verwaltungsführung. Auch von Unruh, APuZ 30-31/89, S. 8, sieht eine "gewisse Homogenität" durch die "Kräfte des Faktischen".

3. Zur Vorgehensweise

21

so sind die faktischen Bedingungen, unter denen Entscheidungen getroffen werden, auch aus rechtsdogmatischer Sicht nicht von vomherein irrelevant6 • Gerade die politisch-demokratische Funktion der kommunalen Selbstverwaltung greift das spezifische Potiential lokaler Problemlösung auf und positiviert es verfassungskräftig. Es wird zu untersuchen sein, welche Konsequenzen dies für die Auslegung der verfassungsrechtlich verbürgten gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie zeitigt.

3. Zur Vorgehensweise Die rechtlichen Handlungsspielräume der Gemeinden für das Aufgabenfeld Umweltschutz sollen hier nicht nur exemplarisch dargestellt, sondern im Hinblick auf die Adäquanz der Problembewältigung auch bewertet werden. Deshalb sind zunächst - im I. Teil - die Bewertungsgrundlagen aufzubereiten. Diese werden methodisch anhand von Rationalitätskriterien, d.h. der vernunftgeleiteten Begründbarkeil von Entscheidungsmöglichkeiten, systematisiert. Ausgangspunkt ist die Rationalität des Handlungszieles - hier also die Frage, inwieweit die Bestimmung eines konkreten Politikzieles legitimierbar ist. Dies soll als "Zielrationalität" definiert werden. Auf der nachfolgenden Ebene der Zielverwirklichung ist nach der Rationalität des eingesetzen Instrumentariums, d.h. nach der Eignung eines konkreten Instruments zur Verwirklichung des Handlungszieles, zu fragen. Dieses Kriterium wird hier als "Handlungsrationalität" bezeichnet. Für die vorliegende Fragestellung folgt diesen methodischen Überlegungen zu den Bewertungskriterien, daß zunächst - auch mangels einer normativen Festlegung des Umweltbegriffes - der umweltschutzorientierte Zielbezug der zu untersuchenden Handlungsspielräume zu präzisieren sowie die Legitimität der Verfolgung dieses Zieles zu begründen ist. Dabei wird aus (Verfassungs-)rechtlicher Sicht zum einen die Stellung des Umweltschutzes auf der Agenda öffentlicher Entscheidungsträger, zum anderen seine Durchsetzungskraft gegenüber konfligierenden Politikzielen und Schutzgütern allge6 Hier ist nicht Ort für eine Diskussion um Sein und Sollen (zur Kritik dieser Differenzierung s. F. Müller, Normstruktur und Norrnativität, S. 66 ff, 77 ff). Gleichwohl sind Faktizität und Narrnativität logisch zu unterscheiden, da die an materialer Rationalität, d.h. an den voraussichtlichen faktischen Konsequenzen orientierte Legitimationsstruktur zugleich die normative Aussage begrenzt; dazu Kriele, Staatslehre, S. 15 ff und insbesondere S. 40; s. auch F. Müller, Juristische Methodik, S. 72 ff und Häberle, Demokratische Verfassungstheorie, S. 30 ff mit Belegen aus der verfassungsrichterlichen Rechtsprechung zur "wirklichkeitsbewgenen Auslegung".

22

Einleitung

mein zu bestimmen sein. Diese Gewichtungen bilden die Grundlage für die nachfolgenden Überlegungen zur kompetentiellen Aufgabenzuweisung sowie zu dem verfügbaren Instrumentarium. Hinsichtlich der Handlungsrationalität verlangt eine Bewertung der aufzuzeigenden Handlungsspielräume, diejenigen Kriterien herauszuarbeiten, an denen die Tauglichkeit der gegebenen Handlungsalternativen zur Zielverwirklichung - auch unter Berücksichtigung konkurrierender Ziele - gemessen werden soll. Hier sind Elemente der Problembewältigungseignung, der Durchsetzharkeil von Problemlösungen sowie die Berücksichtigung von Entscheidungs(neben)folgen kategorial zu erfassen. Im Anschluß daran soll das beispielhaft ausgewählte Problemfeld Abfallpolitik nach Lösungsstrategien systematisiert und diese auf der Grundlage der aufgestellten Kriterien bewertet werden. Die hiernach aufzustellende abfallwirtschaftspolitische Hierarchie der Problemlösungsstrategien (Vermeidung, Verwertung, Beseitigung) wird der nachfolgenden Bewertung der rechtlichen Ausformung des Aufgabenfeldes zugrunde liegen. Definiert man Handlungsspielräume als die Möglichkeit, zwischen Handlungsalternativen wählen zu können, sind sodann die Handlungsvoraussetzungen zu klären, d.h. die Zuständigkeit, bestimmte Aufgaben wahrzunehmen (II. Teil). Aus dem Blickwinkel rechtlicher Handlungsspielräume der Gemeinden ist damit zunächst das verfassungskräftig verbürgte gemeindliche Selbstverwaltungsrecht angesprochen. Dieses Recht beinhaltet jedoch nicht nur eine verwaltungsorganisatorische Funktion, sondern ist - was oft übersehen wird - an erster Stelle eine besondere Ausprägung des pluralistischdemokratischen Konzeptes der Verfassung. Selbstverwaltung meint nicht Dekonzentration, sondern Dezentralisation, d.h. (u.a.) Willensbildung durch die Betroffenen selbst. Unmittelbares Ziel dezentraler Organisationsformen ist weniger eine möglichst effektive Verwaltung als vielmehr eine möglichst partizipative Willensbildung. Gleichwohl ist auch das Prinzip demokratischpluralistischer Entscheidungsfinduns nicht Selbstzweck, sondern Ausdruck eines Politikverständnisses, welches "richtige" Entscheidungen - nach einer Formulierung Ernst Fraenkels1 - als Resultante eines Parallelogramms der politischen Kräfte begreift und im Grundsatz - also vor allem jenseits unverzichtbarer Mindeststandards - die Richtigkeit nicht durch materielle Vorgaben, sondern durch eine formalisierte Kanalisation widerstreitender Problemlösungsstrategien bewerkstelligen will. Dies wird im einzelnen auszuführen 1

Deutschland und die westlichen Demokratien, S. 21 .

3. Zur Vorgehensweise

23

sein. An dieser Stelle ist für die Vorgehensweise jedoch methodisch der Schluß zu ziehen, daß die konkrete Interpretation des verfassungsverbürgten Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden nur auf der Grundlage einer Punktionsanalyse der Institution an sich möglich ist. Deshalb werden im II. Teil nach einer problemorientierten Einordnung der Gemeinden in die gesamtstaatliche Aufgabenerledigung (Zentralisierungstendenz) zunächst die Funktionen der kommunalen Selbstverwaltung im Staatsautbau aufbereitet. Die Akzentuierung der demokratischen Seite des Selbstverwaltungsrechts fordert eine Klärung des Verhältnisses gemeindlicher Willensbildung als Ausdruck von Partikularwillen zur gesamtstaatlichen Willensbildung, womit - auf dem Boden der Pluralismustheorie - auch die spezifische Problemlösungseignung der gemeindlichen Entscheidungsebene angesprochen wird. Daß diese demokratietheoretischen Überlegungen zur Funktion der Gemeinden im pluralistischen Entscheidungssystem erhebliche Konsequenz auch (und gerade) für die Verfassungsauslegung der Selbstverwaltungsgarantie entfaltet, bestätigt die jüngere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 28 II GG, wonach im Ergebnis die Problemlösungseignung als entscheidendes Kriterium für die Aufgabenzuweisung figuriert2• Deshalb wird hier die verfassungsrechtliche Aufgabenzuweisung des Selbstverwaltungsrechts erst im Anschluß und auf der Grundlage der funktionalen Analyse der Institution untersucht. Erweist sich eine Aufgabe als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft, vermag der einfache Bundes- oder Landesgesetzgeber gleichwohl in den durch Art. 28 II GG gezogenen Grenzen, die Erledigungszuständigkeit anderen Trägem zu überweisen ("Hochzonung") oder die eigenverantwortliche gemeindliche Aufgabenerledigung durch materielle bzw. verfahrensrechtliche Vorgaben zu steuern. Die verfassungskräftigen Voraussetzungen dieser legislatorischen Ausgestaltungsfreiheit werden zunächst allgemein zu untersuchen sein. Dabei sind insbesondere Kriterien herauszuarbeiten, nach denen sich die Zulässigkeit gesetzgebenscher Eingriffe in Selbstverwaltungsaufgaben bemessen kann; die einschlägige Leitentscheidung des Bundesverfassungsgerichts3 hat dazu Ansatzpunkte formuliert, die es fortzuführen gilt. Grundlage dafür können die Überlegungen zur politisch-demokratischen Funktion des Selbstverwaltungsrechts im Staatsautbau sein.

2

Dazu eingehend unten S. 99 ff.

3

BVerfGE 79. 127 "Rastede".

24

Einleitung

Im Anschluß daran soll am Beispiel des Abfallrechts der Frage nachgegangen werden, ob die Handlungsspielräume, die das Bundes- und Landesabfallrecht den Gemeinden belassen, den entwickelten verfassungsrechtlichen Kriterien genügen. Zwar trifft das Bundesabfallrecht zur Entsorgungszuständigkeit selbst keine Regelung; die vielfältigen materiellen und instrumentellen Vorgaben zur Aufgabenerledigung, insbesondere die bundesrechtlichen Normierungen zu den abfallwirtschaftlichen Prinzipien und zum Verhältnis der einzelnen Problembewältigungsphasen zueinander begrenzen jedoch die Entscheidungsmöglichkeiten jedes staatlichen Akteurs. Damit ist zunächst einmal der Landesgesetzgeber angesprochen, dessen Regelungen die bundesrechtlich gesetzten Grenzen nicht überschreiten dürfen. Aus gemeindlicher Sicht werden die Handlungsspielräume zudem und in erster Linie durch das Landesrecht begrenzt, indem die Entsorgungszuständigkeit fast durchgehend "hochgezont" wird. Daneben sind auch die allgemeinen abfallwirtschaftlichen Vorschriften der Landesgesetze zu berücksichtigen, welche Entscheidungen auch auf Gemeindeebene beeinflussen. Wegen der fehlenden Entsorgungszuständigkeit sind die abfallwirtschaftlichen Regelungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts4 für die gemeindlichen Handlungsspielräume nur von peripherer Bedeutung.5 Die mit diesen Richtlinien verfolgte abfallwirtschaftliche Strategie der Gemeinschaft entspricht in ihrer Tendenz der deutschen Abfallpolitik, so daß die EG-Vorgaben in der Bundesrepublik insgesamt zügig umgesetzt wurden6• Zudem begrenzen diese Richtlinien nicht die Zuständigkeit der Gemeinden, sondern geben der nationalen Rechtsordnung Vorgaben für die abfallwirtschaftliche Aufgabenerledigung. Für die Gemeinden wirkt sich das Gemeinschaftsrecht erst als Begrenzung des ihnen zur Verfügung stehenden Instrumentariums aus. So sind im öffentlichen Vergabewesen, aber auch bei Subventionszuweisungen 4 Zur Konkretisierung der abfallwirtschaftlichen Zielsetzung der EG vgl. Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18.3.1991, ABI. L 78 S. 32 ff, welche die Richtlinie 75/442/EWG vom 15.7.1975 änderte. Daneben bestehen noch Vorgaben zu Mengenreduzierung, Verwertung und Sicherheit der Entsorgung; eingehend zum Abfallrecht der Gemeinschaft von Wilmowsky, Abfallwirtschaft im Binnenmarkt, insbesondere S. 11 ff, 69 ff; s. auch M. Schröder, WiVerw 1990, 118 ff. 5 Zum nationalen Selbstverwaltungsrecht und der Rechtsordnung der Gemeinschaft s. Mombaur/Lennep, DÖV 1988, 988 ff; speziell zu den Auswirkungen des Binnenmarktes Leitermann, VR 1989, 185 ff; Kreiner, RiA 1989, 141/144 ff und Wallerath, DVP 1989, 251/253 ff. Die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung, abgedruckt in NVwZ 1988, 1111 ff, entfaltet keine Bindungswirkung für die EG-Organe. Zur EKC s. Knemeyer, DÖV 1988, 997 ff.

6 Versteyl, in Kunig/SchwermerNersteyl, AbfG, Ein!. Rn. 60 a, zu vereinzelten Umsetzungsdefiziten Rn. 62.

3. Zur Vorgehensweise

25

und der Einführung von Abgabepflichten gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zu beachten. Sie werden hier daher im Zusammenhang mit den einzelnen umweltpolitischen Instrumenten berücksichtigt. Die Frage, welche Instrumente das Rechtssystem den Akteuren zur Verfügung stellt, autonom umweltpolitische Ziele zu verfolgen, wird Gegenstand des III. Teils sein. Die rechtlichen Bindungen eigenständiger gemeindlicher Umweltpolitik konkretisieren sich im verfügbaren Instrumentarium, welches hier daher auch als Systematisierungskriterium zugrunde gelegt wird. Da die gemeindlichen Entscheidungen selbstredend der gesamten Rechtsordnung unterliegen, ist insoweit eine Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes geboten. Entsprechend der Fragestellung - Handlungsspielräume eigenständiger gemeindlicher Umweltpolitik - sollen hier diejenigen normativen Handlungsbedingungen herausgearbeitet werden, die entweder hinsichtlich des Akteurs (Gemeinde) oder hinsichtlich des Handlungszieles (Umweltschutz) die Handlungsspielräume spezifisch begrenzen7 • Schließlich ist zur hier verwendeten Terminologie folgendes voranzustellen: Der Begriff "Kommune" wird - wie in der juristischen Terminologie üblich8 - als Gattungsbegriff für die unterstaatlichen Gebietskörperschaften verstanden. Der besseren Lesbarkeit halber wird nur von "Gemeinden" und "Kreisen" gesprochen: Da kreisfreie Gemeinden die Funktion eines Kreises erfüllen - das ist hier vor allem hinsichtlich der Abfallentsorgungszuständigkeit bedeutsam -, ist der Begriff "Kreis" als "Kreis/kreisfreie Gemeinde" zu lesen. Mit "Gemeinde" sind dann nur die kreisangehörigen Gemeinden angesprochen. Sofern im Text die Kreisangehörigkeit besonders herausgestellt wird, dient dies nur der Verdeutlichung.

7 Einzelheiten zur Systematisierung und Eingrenzung der Untersuchung eingangs des ill. Teils S. 163 ff.

8 Von diesem Sprachgebrauch weichen politikwissenschaftliche Autoren oftmals ab und setzen den Begriff mit "Gemeinde" gleich.

I. Teil

Bewertungsgrundlagen Ausgangspunkt für die Ermittlung derjenigen Kriterien, nach denen die Handlungsspielräume bewertet werden sollen, ist die Überlegung, daß in funktional differenzierten Gesellschaften es Aufgabe der Politik ist, allgemein geltende Zielbestimmungen zu treffen und Bedingungen für deren Realisierung zu sichern bzw. zu schaffen1• Ein sich somit aus Zielformulierung und Zielverwirklichung konstituierendes politisches Programm ist einem Problem dann adäquat, wenn beide Elemente nach rationalen Kriterien gerechtfertigt sind. Max Weber definierte Rationalität als Wesensmerkmal des liberalen Staates, und Herbert Krüger bezeichnete sie als Kennzeichen des Modemen Staates schlechthin2• Rationalität bedeutet dabei die Ersetzung transzendenter "Offenbarung" als Bestimmungsgrund politischen Handeins durch vernunftgegebene, also logisch ableitbare Legitimation. Dieses Verständnis liegt auch dem Grundgesetz zugrunde, welches sich grundsätzlich nicht mit religiösen oder weltanschaulichen Auffassungen identifiziert, sondern Irrationalität nur als subjektive Entscheidung (Art. 4 GG) respektiert3• Als Bewertungskriterien für diese Untersuchung reicht jedoch eine so allgemeine Bestimmung von Entscheidungsrationalität selbstverständlich nicht aus. Die Problemstellung fordert, zwischen den Ebenen der Zielbestimmung und der Zielverwirklichung zu differenzieren. Während sich Zielrationalität durch die Legitimität der Problem- und Zielbestimmung des politischen Pro-

1 Nach T. Parsons, Das System moderner Gesellschaften, S. 20 ff, ist Hauptfunktion der Politik die ZielverwirklichWlg. Dieses Konzept modifiziert Luhmann, Soziologische AufkläTWlg, Bd. 1, S. 158 ff, Wld bestimmt die ausdifferenzierte Funktion des politischen Systems in der !Herstellung kollektiv bindender Entscheidungen. 2 Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Bd. II, S. 1034, 1102; Herbert Klüger, Allgemeine Staatslehre, S. 53 ff mit Nachweisen zur Ideengeschichte. Vgl. auch K. Hesse, FS Smend, S. 83 f. Zu den Grenzen des Rationalitätskonzepts Kriele, Theorie der Rechtsgewinnung, S. 186 ff. 3 Grundlegend zum Prinzip der "Nichtidentifikation" Klüger, aaO., S.178 ff. Ausnahmen hierzu folgen insbesondere aus Art. 140 GG; dazu Bull, Staatsaufgaben, S. 107 ff m.w.N. Zu den rationalen Elementen von Gewissensentscheidungen Herdegen, Gewissensfreiheit und Normativität, s. 164 ff.

1. Rationalität des HandlWlgszi.eles

27

gramms (s. sogleich 1.) definiert, ist Handlungsrationalität ein Problem der Zielverwirklichung und beinhaltet neben der Ziel- und Systemkonformität des Umsetzungsinstrumentariums insbesondere die Berücksichtigung der Entscheidungs(neben)folgen (unten 2.). 1. Rationalität des Handlungszieles Die Frage, wann eine politische Zielbestimmung legitim ist, .beantwortet Max Webers Konzept materialer Rationalität im Sinne ethischer Imperative und politischer Maximen 1• Dem wird aus systemtheoretischer Sicht entgegengehalten2, daß in funktional hochdifferenzierten, komplexen Sozialsystemen die zentralen ethischen Kategorien für die Richtigkeilsbewertung - Wahrheit und Gerechtigkeit - vom politischen System nicht erfüllbar sind, da ihm zugleich die Garantie der Entscheidbarkeil aller aufgeworfenen Probleme funktional zugewiesen ist: Das politische System handelt unter der Notwendigkeit des Entscheidens. Nach dieser Konzeption liegt die Funktion politischen Entscheidens in der verbindlichen Vorauswahl von Handlungsalternativen für die sozialen Subsysteme, welche damit von Entscheidungsnotwendigkeiten entlastet werden. Das politische System erfüllt seine Leistung "Komplexitätsreduzierung" für die Subsysteme aber nur dann, wenn für letztere weder Anlaß noch Notwendigkeit besteht, die politisch vorausgewählten Handlungsalternativen erneut zur Disposition zu stellen. Deshalb reduziert Lohmann Legitimität auf die "generalisierte Bereitschaft, inhaltlich noch unbestimmte Entscheidungen innerhalb gewisser Toleranzgrenzen hinzunehmen," mithin auf - empirisch operationalisierbare - Akzeptanz. Ein solches, auf Anerkennung basierendes Verständnis von Legitimität hat auch Eingang in die Verfassungsrechtsprechung gefunden. So wird im Volkszählungsurteil3 der Datenschutz auch damit legitimiert, daß das Mißtrauen in die Datenverwendungspraxis zu sinkender Kooperationsbereitschaft der Auskunftspflichti-

1 M. Weber, Rechtssoziologie, S. 123 ff, 125. Webers Plädoyer für formale Rationalität gilt der BewenWlg des positiven Rechtes, spielt also für die hier in Frage stehende politische Zieldefmition keine Rolle. Zur Auseinandersetzung mit Webers Konzeption rationaler Legitimität als historisch arn weitesten entwickelten Legitimationstypus vgl. Kriele, Staatslehre, S. 35 f und aus systemtheoretischer Sicht Luhrnann, Rechtssoziologie, S. 16 ff. 2 Luhrnann, Legitimation durch Verfahren, S. 21 m.w.N. sowie folgendes Zitat S. 28; ders., Zweckbegriff Wld Systemrationa!ität, S. 4 ff.

3 BVerfGE 65, 1/50 f; zur Legitimität als staatsrechtlicher Begriff Herdegen, Gewissensfreiheit und Normativität, S. 15 ff.

28

I. Teil Bewertungsgrundlagen

gen führe. Dann tritt neben die demokratische Legitimation eine Legitimation durch zu erwartende Akzeptanz. Soziologischen Legitimitätskonzeptionen ist jedoch entgegenzuhalten, daß sie zwar erklären, wie sich Akzeptanz bildet, nicht aber, warum Entscheidungen akzeptiert werden. Im Gegensatz zu Luhmanns Theorie über Legitimation vermittelnde Verfahren kann der Legitimationsbegriff nicht von der Richtigkeitsgewährleistung entkoppelt werden4 • Zwar bilden institutionalisiene Verfahren, die in der Vergangenheit "legitime" Entscheidungen produzierten, ohne Zweifel die Grundlage für eine Generalisierung von Akzeptanz. Die legitimierende Funktion von Verfahren beruht jedoch entscheidend auf der präsumtiven Berücksichtigung aller relevanten Gesichtspunkte5, mithin auf einer Richtigkeitsverrnutung. Legitimität kann daher nicht von materialer Rationalität i.S. ethischer Imperative entkoppelt werden, vielmehr muß eine kritische Staatswissenschaft sowohl werthaft-norrnative als auch sozialempirische Aspekte der Legitimation wahmehmen6•

a) Umweltschutz als Ziel staatlichen Handeins Die Frage, ob und inwieweit staatliches Handeln legitimien oder gar gefordert ist, kann nicht allgemein, sondern nur aufgabenspezifisch beantwortet werden. Für die vorliegende Fragestellung ist daher zunächst zu klären, welches Ziel Umweltpolitik verfolgt, m.a.W. was als "Umwelt" geschützt werden soll, da ein materiell-rechtlich verbindlicher, die Fragestellung daher möglicherweise einschränkender Umweltbegriff fehle und allenfalls ein konventional verbreitetes Begriffsverständnis festgestellt werden kann.

4

So aber Luhmann, Legitimation durch Verfahren, S. 34.

5 Kriele, Staatslehre, S. 38 f; Bull, Staatsaufgaben, S. 111 f; von Amirn, AöR 113 (1988),

1/12.

6 Vgl. etwa BVerfGE 68, 1/86 (Nachrüstung); 69, 315!345 f ( Brokdorf); speziell zur verfassungsrechtlichen und soziologischen Legitimation der gemeindlichen Selbstverwaltung Schrnidt-Jortzig, DVBl. 1980, 1 ff. Zu "Ethik-Konjunktur" im Umweltrecht Kirnrninich, UTR S (1988), 3 ff.

7 Nachweis normativer Umweltbegriffe bei Kloepfer/Meßerschmidt, Innere Harmonisierung, S. 12 ff; rechtsvergleichend: Kloepfer/Bosselmann, Zentralbegriffe, S. 135/139 ff. Eine Legaldefinition findet sich nunmehr in § 2 I S. 2 Nr. 1 UVPG und auch im § 2 I des Entwurfs eines UGB-AT von Kloepfer/Rehbinder/Schmidt-Aßmann/Kunig.

1. Rationalität des Handlungszieles

29

Die etymologische Grundbedeutung des Begriffes - Um-welt als "umgebende Welt" 8- läßt wegen ihrer Konturenlosigkeit nur eine Erkenntnis zu: "Umwelt" ist ein relationaler Begriff, der die Beziehung eines Subjektes zu seiner Umgebung beschreibt. Ein solches Verständnis des Begriffes hat vor allem zur Konsequenz, daß die Objekte dieser Relation nicht um ihrer selbst willen, sondern wegen ihrer Funktionalität für das Subjekt betrachtet bzw. hier geschützt werden. Definiert man nun mit der anthropozentrischen Konzeption von Umweltschutz als Subjekt dieser Beziehung ausschließlich den Menschen, rückt der funktionale Aspekt in den Vordergrund: Erhaltung der Umgebung heißt dann Erhaltung ihrer Funktionsfähigkeit für den Menschen9. Die Grundbedeutung des Begriffes klärt jedoch nicht, auf welche Umgebungsobjekte er sich bezieht. Versteht man "Umwelt" extensiv 10, umfaßt der Begriff neben der natürlichen auch die soziale, kulturelle und technische Umgebung. Praktisch jeder Politikbereich wäre "Umweltpolitik". Dann allerdings ist die partielle Skepsis in der juristischen Literatur gegen den Umweltbegriff11 berechtigt, da er im Widerspruch zur fachspezifischen Aufgabendifferenzierung der Verfassung eine übergeordnete querschnittsorientierte Koordinierungszuständigkeit zu Folge hätte und zudem rechtspolitisch unsinnig die spezifisch ökologische Aufgaben und Interessen innerhalb der übrigen öffentlichen Aufgaben konturenlos ließe 12. Deshalb hat sich rechtspolitisch und -dogmatisch ein restriktiver Umweltbegriff durchgesetzt, der der biologischen Terminologie entlehnt ist13 und "Umwelt" durch den Ausschluß psycho-sozialer Elemente begrifflich auf die sogenannten "natürlichen" Lebens-

8 Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhehn Grimm, Leipzig 1936, Bd. 11 II. Abteilung, Stichwort: Umwelt, S. 1259.

9 Ossenbühl, Bitburger Gespräche 1983, S. 9. Zur Konzeption funktionaler Umwelt als Leistungspotential siehe SRU-Umweltgutachten 1987, BT-Drs. 11/1568, S. 39 ff (Rn. 9 ff). 10

In Anlehnung an die Terminologie Kloepfers, Umweltrecht, § I Rn. 18 f.

H. Huber, FS Klecatsky, sieht die Bedeutung des Begriffs in seiner politischen und politisierenden Funktion (S. 366 f), als Rechtsbegriff sei er ein unbrauchbares "Kunsterzeugnis" (S. 355). Ausdrücklich verzichtet Kimminich, Recht des Umweltschutzes, S. 14 f, auf eine Definition. Sendler fürchtet die Uferlosigkeit des "Allerweltsrechts" (JuS 1983, 255) und zieht die Parallele zur Konturenlosigkeit des Begriffs "Winschaftsrecht". Auch die Studie Global 2000 kapituliert wegen der tatsächlichen Abgrenzungsprobleme vor der Begriffsdefinition (S. 493). 11

12

Erbguth, Rechtssystematische Grundfragen, S. 46 m.w.N.

Die Differenzierung Umgebung-Umwelt geht auf den Biologen Jakob von Uexküll (18641944) zurück (1909). Zur naturwissenschaftlichen Rezeptionsgeschichte siehe Küppers/Lundgreen/Weingart, Umweltforschung, S. 67 ff. Rechtstheoretisch unter Bezug auf die Anthropologie Amold GehJens s. H. Huber, FS Klecatsky, S. 353 ff. 13

30

I. Teil

Bewertm~gsgrundlagen

grundJagen des Menschen begrenzt14• Auch die Landesverfassungen, die den Umweltschutz zum Staatsziel erheben, verwenden nur den Begriff "natürliche Lebensgrundlagen" 15. Damit aber ist nicht viel gewonnen, weil die im Wortsinne "natürliche" Umwelt - "das ohne fremdes Zutun Gewordene" 16"weitgehend und groBteils unwiderruflich durch eine künstliche, von der Zivilisation vollbrachte Umwelt überlagert" 17 und deshalb der Schutz unberührten Urwuchses jedenfalls für Industriegesellschaften eine Fiktion ist. Der Umweltbegriff macht daher als Abgrenzungskategorie nur dann Sinn, wenn er als "Natur" auch die vom Menschen gestaltete Umwelt partiell einschließt18 • So definierte die Bundesregierung bereits im Umweltprogramm von 1971 19 Umweltpolitik als "die Gesamtheit aller Maßnahmen, die notwendig sind, um dem Menschen eine Umwelt zu sichern, wie er sie für seine Gesundheit und für ein menschenwürdiges Dasein braucht, um Boden, Luft, Wasser, Pflanzen- und Tierwelt vor nachteiligen Wirkungen menschlicher Eingriffe zu schützen und um Schäden oder Nachteile aus menschlichen Eingriffen zu beseitigen."

"Umwelt" umfaßt also: Wasser, Boden, Luft und lebende Organismen einschließlich ihrer Wechselbeziehungen. Für die hier in Frage stehende Abfallentsorgungspolitik bleibt dann vor allem hinsichtlich der Abfalldeponierung noch zu klären, inwieweit ästhetische Elemente vom Umweltbegriff erfaßt werden. Eine anthropozentrische, also an Funktionsfähigkeit der Um-

14 Badura/Denninger u.a., Staatszielbestimmung, S. 92f; Erbguth, Rechtssystematische Grundfragen, S. 48; Hartkopf/Bohne, Umweltpolitik I, S. 3; K. Stern, Staatsrecht I, S. 908; Storm, Umweltrecht, Rn. 12; im Grundsatz auch von Lersner, HdUR II, Sp. 550, mit Hinweisen zur rechtspolitischen Begriffsrezeption.

15 Verf Art. 141 Bay, 11 a Bremen, 86 BW, 62 Hess, Präambel Hamburg, 29 a NRW, 73 a Verf RP, 59 a Saarl, 7 SH.

16

Duden, Etymologie, Mannheim usw. 1963, Stichwort: Natur, S. 463.

H. Huber, FS Klecatsky, S. 360; auch "natürlich" sei als bloßes Füllwort ohne Abgrenzungswert (S. 365). Steiger, in Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, S. 5 f, spricht von Überlagerung des "primären" Umweltsystems durch "sekundäre" Systeme und hebt die Bedeutung der gegenständlichen, menschengemachten Umweltelemente hervor. 17

18 So die wohl auch herrschende Rechtsterminologie; vgl. H. Huber, FS Klecatsky, S. 365; Kloepfer, Umweltrecht, Rn.22; Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 32; Ossenbilhl, Bitburger Gespräche 1983, S. 9; Sendler, JuS 1983, 255; Steiger, in Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, S. 3 f; SRU-Umweltgutachten 1987, BT-Drs. 11/1568 S.38 (Rn. 4). 19

BT-Drs. VI/2710, S. 6.

1. Rationalität des Handlungsrieles

31

welt für den Menschen orientierte Umweltschutzpolitik rechtfertigt im Hinblick auf die Erholungsfunktion der Landschaft ohne weiteres auch die Berücksichtigung ästhetischer Belange als Schutzgu~0• Konkret bedeutet eine ökologische Zielsetzung für die Abfallpolitik: 1. Schonung der natürlichen Ressourcen - schon im Produktionsverfahren - wie auch bei der Deponierung; 2. Venneidung überflüssiger Schadstoffeinträge. b) Materiale Rationalität von Umweltschutz

Als Bewertungskriterium für die vorliegende Untersuchung war oben die Entscheidungsrationalität, d.h. hinsichtlich der Problem- und Zielbestimmung die Legitimität des politischen Programms definiert worden. Konzipiert man Legitimität mit Luhmann als bloße Akzeptanz, so ist dieses für Umweltschutzpolitik zumindest als generelle Problem- und Zielbestimmung mehrfach überzeugend nachgewiesen21 • Aber auch vor ethischen Imperativen ist Umweltschutz legitimiert, ja von ihnen gefordert. In der umweltethischen Diskussion wird - wie auch in der umweltrechtlichen, dazu sogleich - der Streit um eine anthropo- und ökozentrische Werteordnung geführt22• Zweifellos würde ein Schutz der Natur um ihrer selbst willen eine maximale Berücksichtigung der so bestimmten Umweltbelange implizieren. Eingedenk der Zwangsläufigkeit von Umweltbeeinträchtigungen jeglicher menschlicher Lebensäußerungen, erst recht angesichts der Komplexität heutiger Industriegesellschaften ist eine solche Position 20 Vgl. etwa § 2 I 2 Nr. 5 AbfG. Ähnlich deutet dies § 2 I S. 2 Nr. 1 UVPG mit der Erwähnung von (Klima und) Landschaft neben den "klassischen" Umwelunedien Boden, Wasser, Luft an. Zum "ästhetischen Wert" des Landschaftsbildes BVerwGE 70, 242/245 f.

21 Vgl. Daten zur Umwelt/Umweltbundesamt 1988/89, S. 93. Weitere Nachweise (auch zum Niederschlag des Wertewandels in geänderten Handlungsweisen; z.B. Recycling) bei Hoppe/ Beckmann, Umweltrecht, § 1 Rn. 60, und SRU-Umweltgutachten 1987, S. 51 f (Rn. 60 ff). 22 Für ein Festhalten an der traditionellen Werteordnung (bei Neukonz.eptualisierung des Verantwonungsprinz.ips) Hirnbacher und Spaemann in Bimbacher, Ökologie und Ethik, S. 103 ff bzw. 180 ff; Hartkopf/Bohne, S. 64 ff. Zur Kritik des anthropozentrischen Wertsystems grundlegend Amery, Natur als Politik, insbesondere S. 181 ff, sowie die Aufsätze von Fraser-Darling und Rock in Bimbacher, aaO., S. 9 ff bzw. 72 ff; Meyer-Abich, Wege zum Frieden mit der Natur, S. 48 ff. Übernliek zur theologischen Diskussion um die Anthropoz.entrik des Christentums ("Schuld des Christentums") gibt Kirnminich, Umweltschutz, S. 32 ff, 42 ff.

32

I. Teil Bewertungsgrundlagen

jedoch eine "irreführende Utopie" 23• Noch entscheidender aber ist, daß in einer freiheitlichen pluralen Gesellschaft ethische Maximen rational nachvollziehbar sein müssen, um unabhängig von partikularen Weltanschauungen eine möglichst breite Anerkennung finden zu können. Selbst Rechtsnormen werden nur peripher wegen der antizipierten Sanktion respektiert, sondern im wesentlichen aufgrund freiwilliger Befolgung24• Dies gilt um so mehr für ethische Maximen. Eine Umweltethik steht daher vor der (kawn lösbaren) Aufgabe, in der Gegenwart konsensfaltig zu sein, gleichwohl aber Werte zu postulieren, die die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen sichern. Auf Konsens trifft heute allenfalls die traditionelle anthropozentrische Ethik, die kategorial - neben Freiheit und Gerechtigkeit - das Prinzip der Verantwortlichkeit für die Legitimation von Umweltschutz fruchtbar macht25 • Danach ist gegenwärtige Freiheitsausübung insbesondere im Verhältnis zu den Folgegenerationen beschränkt, deren Autonomie und Freiheit nicht durch heutiges Verhalten in einer Weise beeinträchtigt werden darf, von der billigerweise nicht zu erwarten ist, daß sie von den Nachkommenden selbst als zurnutbar akzeptiert wird. Die Bindung an Billigkeitserwägungen verweist auf das Gerechtigkeitspostulat Nutznießer eines Verhaltens und Risikoträger sollen identisch sein, weshalb der irreversible Einbau (neben den naturgegebenen) zusätzlicher Gefahrenquellen grundsätzlich illegitim ist. Der deutliche Widerstreit zwischen Konsens und Zukunftssicherung wird gegenwärtig gleichsam durch die Verpflichtung der Nachkommen auf technischen Fortschritt "gelöst", was unter den eben genannten Kategorien kaum legitimierbar ist und die Grenze anthropozentrischer Ethik aufzeigt. Wenn auf deren Grundlage Umweltbelastungen somit zwar nicht ausgeschlossen werden

23 Kloepfer, Umweltrecht, § I Rn. 12; insbesondere der Hinweis (Rn. 4) auf umweltschutzinterne Konflikte (z.B. belasten die bei der Gewässerreinhaltung entstehenden Klärschlämme entweder bei Deponierung den Boden oder bei Verbrennung die Luft; vgl. Umweltgutachten 1987, BT-Drs. 11/1568, S. 38 Rn. 3) zeigt, daß maximaler Umweltschutz nur ein illusorisches "zurück zur Natur" bedeuten könnte. 24 Zum Streit um die Geltungskraft von Normen zwischen Eugen Ehrlich und Max Weber sei auf empirische Untersuchungen verwiesen, die Karl W. Deutsch, Macht und Kommunikation, S. 291, zitiert, nach denen selbst Diktaturen maximal 10 % aller Rechtsnormen in jedem gegebenen Augenblick zwangsweise durchsetzen könnten. Unabhängig von den vielfältigen methodischen Problemen und Fragwürdigkeilen weisen diese Untersuchungen zumindest auf die zentrale Bedeutung der Freiwilligkeit von Normbefolgung als existentielle Grundlage moderner Gesellschaften hin. V gl. auch die Modelle zur Gesetzesbefolgung von Opp, Soziologie im Recht, S. 190 ff und Diekmann, Die Befolgung von Gesetzen, S. 32. Aus verfassungspolitischer Sicht Böckenförde, in HdbStR I, § 22 Rn. 74 ff und Herdegen, Gewissensfreiheit, S. 9 ff.

25

Zum folgenden Spaemann, in Bimbacher, Ökologie und Ethik, S. 180 ff, 199 ff.

1. Rationalität des Handlungsrietes

33

können, so verpflichtet auch anthropozentrische Ethik zumindest, Belastungen zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen künftiger Generationen zu minimieren26• Die in der rechtswissenschaftliehen Diskussion geführte Auseinandersetzung um einen ökozentrisch legitimierten Umweltschutz27 ist angesichts der "anthropologischen Prämisse"28 des Grundgesetzes, welches in Art. 1 I die Würde des Menschen als obersten Verfassungswert konstituiert, rein verfassungspolitischer Natur. Da diese Diskussion im wesentlichen aus den eben erörterten ethischen Erwägungen gespeist wird, führt sie zur vorliegenden Frage nicht zu weitergehenden Erkenntnissen. Unter dem bindenden, anthropozentrischen Primat der Verfassung29 kann es normativ nur um eine Zielbestimmung gehen, die insbesondere der Aufgabe eines rationalen Nachweltund Ressourcenschutzes gewachsen sein muß30• Wenn damit die materiale Rationalität der Zielbestimmung begründet ist, so bleibt zu fragen, warum es gerade der Staat ist, dem die Zielverwirklichung auferlegt ist. Die traditionelle Staatsphilosophie wies dem Staat die Aufgabe zu, die konkurrierenden individuellen Freiheitssphären friedensstiftend abzugrenzen, indem unbegrenzte Freiheit und unbegrenzte Unfreiheit in einer rechtlich geordneten Freiheit aufgehen31 • Seit der Erklltrung der Men26 E. Rehbinder, RabelsZ 40 (1976}, 370, macht zu Recht darauf aufmerksam, daß der (rechts-)ethische Streit im Ergebnis wn die Berücksichtigung dieses Zeithorizontes geführt wird, dem auch eine anthropozentrische Ethik gerecht werden kann. 27 Bosselrnann, KJ 1986, S. 1 ff; vgl. auch von Lersner, in Jänicke/Simonis/Weigmann, Wissen für die Umwelt, S. 195 ff, 206 f sowie J. Weber, IUR 1991, 81 ff. 28 Diskussionsbeitrag Häber1e, VVDStRL 48 (1990), 129 (Zitat); eingehend ders., HdbStR I, § 20 Rn. 60 ff. Vgl. die grundlegenden Ausführungen des BVerfG zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung im KPD-Urteil in BVerfGE 5, 85/197 ff, 204.

29 Überblick gibt Rehbinder, Rabe1sZ 40, 1976, 3631369 ff. Die Anthropozentrizität des GG wird kulturhistorisch (H. Huber, FS Klecatsky, S. 364, rekurriert auf Genesis 1/28}, rechtspolitisch (SRU-Umwe1tgutachten 1987, BT-Drs. ll/1568, S. 440 f, Rn. 1604 ff; Wey, Umweltpolitik, S. 11; Kimminich, Das Recht des Umweltschutzes, S. 15) und unter Berufung auf Art. 1 I GG verfassungspolitisch (Badura/Denninger u.a., Staatszielbestimmung, S. 92 f, Rn. 144) begründet. Kloepfer/Bosselrnann (Zentralbegriffe, S. 137) nehmen Bezug auf die Anthropogenität der Umweltzerstörung. Zur fehlenden Rechtssubjektivität der Naturgüter VG Hamburg, NVwZ 1988, 1058 f ("Robbenklage"). 30 Als Ausfluß der objektiv-rechtlichen Wertentscheidungen des Grundgesetzes; zu den Rechtsfragen des Nachweltschutzes s. nur Renseier AöR 108 (1983), 489/547 ff; Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 206 ff; Saladin, KritV 1989, 27 ff. Zwn Problem des Ausschlusses subjektiver Abwehrrechte insbesondere Saladinflenger, Rechte künftiger Generationen, S. 63 ff, 87 ff. 31

3 Haaß

Vgl. dazu die Auseinandersetzung Krie1es, Staatslehre, S. 123 ff, mit dem "geistigen Vater

34

I. Teil Bewertungsgrundlagen

sehen- und Bürgerrechte von 1789 (Art. 4) ist die "gängige Formel" (H. Krüger) zur Beschreibung dieses Freiheitsverständnisses, "daß die eigene Freiheit ihre Schranke an der gleichen Freiheit der Mitmenschen findet."32

Der Herrenchiemseer Verfassungsentwurf formulierte dies deutlich: "Jedermann hat die Freiheit, innerhalb der Schranken der Rechtsordnung und der guten Sitten alles zu tun, was anderen nicht schadet. "33 Freiheit reduziert sich nicht auf das liberale Konzept von "Staatsfreiheit", sondern ist - zumal vor der fundamentalen Bedeutung der Garantie der Menschenwürde34 - a priori auf Handlungen beschränkt, die weder dem anderen noch der Gesellschaft schaden. Das hiernach mögliche Maß des "kompossiblen Freiheitsgebrauchs" (Krüger) festzulegen, obliegt dem Gesetzgeber. Diese Aufgabe konkretisiert sich unter den Bedingungen der Industriegesellschaft, in der sich Freiheitsausübung häufig als "Umweltbelastungsfreiheit" darstene5, darin, die Freiheitsgefährdung der Beeinträchtigten abzuwehren und präventiven Schutz zu gewährleisten. Dies impliziert die Berücksichtigung des Nachweltschutzes. Andererseits wäre ein völliger Risikoausschluß unverhältnismäßig, da dieser praktisch ein absolutes Technikverbot zur Folge hätte36. Die "Unentrinnbarkeit" von Risiken in der Industriegesell-

des neuzeitlichen Individualismus" (S. 32) Thomas Hobbes. Zur Aufgabe des Staates in der Modeme Michael Stürmer, Die Suche nach dem Glück - Staatsvernunft und Utopie, in Deutsche Verwaltungsgeschichte ll, S. I ff. Aus neuerer Zeit zu den Staatszwecken des Verfassungsstaats Link und Ress, VVDStRL 48 (1990), 10 ff bzw. 56 ff; zu den Rationalitätsgrenzen des Konzepts Sicherheit durch Recht aber Preuß, KritV 1989, 3 ff. 32 Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 538. Eingehend zum ideen- und verfassungsgeschichtlichen Hintergrund Grabitz, Freiheit und Verfassungsrecht, S. 139 ff, hier S. 153. Zum Verteilungsaspekt von Freiheit Zippelius, Allgemeine Staatslehre, § 34 I 2. (S. 332 ff). Dieser Aspekt wird besonders deutlich aus der Perspektive des Zivilrechts; eingehend Gerlach, Privatrecht und Umweltschutz, S. 24 ff.

33

JöR n.F. I (1951), 54; nahezu wortgleich Art. 101 BayVerf.

34

Dürig, in Maunz/Dürig, GG, Art. 2 I Rn. 4.

Murswiek, JZ 1988, 985. Rupp kritisierte schon in IZ 1971, 401/403, daß Freiheitsausübung heute vor allem bedeutet, das Wohlbefinden anderer einzuschränken. Zu den volkswirtschaftlichen Kosten der Umweltbelastung und Versuchen, diese durch eine umweltökonomische Gesamtrechnung zu erfassen s. Letpert, APuZ 10/1991, S. 26 ff. 35

36 Grundlegend BVerfGE 49, 89/140 ff; s. auch 53, 30/59; BVerwGE 61, 256/263. Zu den rechtlichen Problemen der technischen Risiken Marburger, in Bitburger Gespräche 1981, S. 39 ff; aus verwaltungsrechtlicher Sicht J. Ipsen und Murswiek, VVDStRL 48 (1990), 177 ff bzw. 207 ff.

1. Rationalität des Handlungszieles

35

schaft37 allein vermag jedoch nicht zu begründen, warum sich die aktive Freiheit des einen gegen die passive Freiheit des anderen durchzusetzen vermag. Hier ist es Aufgabe des Staates, das Ausmaß der hinzunehmenden Beeinträchtigungen der passiven Freiheit zu bestimmen. Umweltschutzregelungen zielen daher nicht nur auf Freiheitsbegrenzung, sondern dienen zugleich auch der Freiheitssicherung. Die freiheitsregulierende Funktion des Staates ist auch aus wirtschaftstheoretischer Sicht Bedingung für die Aufrechterhaltung einer freien Marktwirtschaft, was die Kartellgesetzgebung zur Gewährleistung des Wettbewerbs augenfällig demonstriert. Im Hinblick auf den Umweltschutz "versagt" ein unreguliertes Marktsystem, weil es den Preis für die Nutzung freier Güter, wie etwa der Umweltmedien Luft und Wasser, nicht betriebswirtschaftlich internalisiert und daher die Knappheit dieser Güter nicht oder nur verspätet anzeigt38 • Da die Zerstörung der Umwelt langfristig auch die Zerstörung von Grundlagen des Marktsystems zur Folge hat, ist es Aufgabe der Umweltpolitik, im Rahmen des marktwirtschaftliehen Systems Knappheitsverhältnisse für die Umweltressourcen zu simulieren und so Produzenten und Konsumenten zu einem schonenden Umgang mit diesen Gütern im Eigeninteresse zu zwingen. Simuliert werden müssen diese Verhältnisse, weil eine - dem marktwirtschaftlich strukturierten Wirtschaftssystem an sich naheliegendere - Privatisierung dieser Güter an technischen und praktischen, aber auch an verfassungsrechtlichen Hindernissen scheitert39 • Eine funktionierende Marktwirtschaft ist daher nicht Folge staatlicher Abstinenz, sondern setzt einen rechtlichen Handlungsrahmen voraus. Die Staatsaufgabe Umweltschutz ist heute in der Staatslehre zumindest im Hinblick auf die Legitimität der Aufgabe unstreitig: "Wenn der Staat überhaupt Aufgaben hat, dann gehört dazu, daß er die natürlichen ('biologischen') Grundlagen menschlichen Lebens schützt. "40 Eine andere Frage ist jedoch,

37

BVerfGE 49, 89/143; diesen Aspekt hebt Ronellenfitsch, DVBI. 1989, 851/853 ff hervor.

Musgrave/Musgrave/Kullrner, Die öffentlichen Finanzen, S. 6 ff sprechen von "Maiktversagen". S. auch Hansmeyer, ZfU 1987, 251/253 ff. Zu den Aufgaben des Verfassungsstaates insoweit Grimm, in Staatswissenschaften und Staatspraxis 1990, S/12 ff; aus umweltökonomischer Sicht eingehend Maier-Rigaud, Umweltpolitik in der offenen Gesellschaft, S. 12 ff, 36 ff. 38

39 Zu den verfassungsrechtlichen Hindernissen s. Hartkopf/Bohne, Umweltpolitik, S. 81 f; zur umweltökonomischen Diskussion Bonus, APuZ 10/91, S. 37 ff (jeweils m.w.N.). 40

3•

So Hans Peter Bull, Staatsaufgaben, S. 224. Vgl. auch Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S.

36

I. Teil BewertWlgsgrundlagen

ob und inwieweit der Staat dazu auch normativ verpflichtet ist. Eine Handlungspflicht würde etwa durch eine allgemeine Staatszielbestimmung konstituiert, die mit rechtlich bindender Wirkung den staatlichen Organen eine fortlaufende Beachtung sachlich umschriebener Ziele auferlegt und als Handlungsaufttag an den Gesetzgeber sowie als Auslegungsleitlinie an Verwaltung und Rechtsprechung nicht nur "politische Prosa"41 wäre, sondern normative Wirkungen entfalten würde42• Die meisten Landesverfassungen haben entsprechende bzw. ähnliche Vorschriften aufgenommen43 • Zwar beziehen diese Vorschriften - teilweise auch ausdrücklich - auch die kommunale Ebene ein, ihnen kommt allerdings angesichts zahlreicher bundesrechtlicher Regelungen im Umweltrecht wegen Art. 31 GG nur eine begrenzte Bedeutung zu. Das geltende Bundesverfassungsrecht enthält jedoch zum Umweltschutz keine zufriedenstellende generelle Aussage44• Die rechtspolitische Diskussion um eine Einfügung des Umweltschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz hat bislang noch nicht zu einer Gesetzeslinderung geftihrt45 • Zwar bestehen für die von Umweltbeeinträchtigungen besonders betroffenen Schutzgüter der Art. 2 II und 14 I GG umweltschützende "Teilgewährleistungen"46, die eine Gefahrdung von menschlichem Leben und Gesundheit bzw.

211/231 Fn. 46 m.w.N.; Herzog, in HdbStR ill, § 58 Rn. 9 (S. 87):"genuine Staatsaufgabe"; Salzwedel, ebenda, Rn. 73 (S. 113), bezeichnet die Erhaltung des Lebens als "die fundamentalste Aufgabe des heutigen Staates". Dies hält auch Rauschning, VVDStRL 38 (1980) S. 170 f, der ansonsten Zurückhaltung beim Erweitern von Staatsaufgaben anempfiehlt, für unbestreitbar. 41

Kloepfer, Stichwort Umweltschutz, in EvStL, S. 3645.

So schlagen sich die landesverfassungsrechtlichen Staatszielbestimmungen durchaus in der Rechtsprechung nieder; vgl. etwa BayVerfGH BayVBl. 1986, 298/300 und 1988, 42/44 f sowie VerfGH NRW, DVBL 1990, 417/418. 42

43 Verf. Art. 141 Bay, 29 a NRW, 59 a Saarl, 7 SH; vgl. auch 86 BW, 11 a Brem, 62 Hess, Präambel Hamburg, 73 a RP. Eingehend und rechtshistorisch Hofmann, JZ 1988, 265 ff, 273 ff. Einfachgesetzlich enthält Bundesrecht entsprechende Zielbestimmungen mit wechselnden FormulieTWlgen materiell z.B. in § 1 I BNatSchG und § 1 BimSchG sowie als Verfahrensvorschrift in § 2 I S. 2 Nr. 1 UVPG. 44

Badura/Denninger u.a., StaatszielbestimmWlgen, Rn. 142.

Zum Stand der politischen Entwicklung Kahl, ZRP 1991, 9 ff m.w.N. zur Diskussion um das Für und Wider von Staatszielbestimmungen (S. 10 Fn. 7). S. auch die Anhörung des Rechtsausschusses in Deutscher Bundestag, VerankeTWlg des Umweltschutzes im Grundgesetz, 1988. Speziell zu dem politisch besonders umstrittenen Gesetzesvorbehalt Sommermann, DVBl. 1991, 34 ff. Eingehend Müller-Bromley, Staatszielbestimmung Umweltschutz, insbesondere S. 102 ff. 45

46 So im Anschluß an den von Scholz in anderem Zusammenhang geprägten Begriff Rauschning, VVDStRL 38 (1980), 167/179. Auch diese "Teilgewährleistungen" erweisen sich als recht unwirksam, wie die Waldschaden-Entscheidung des BGH, die sich auf BVerfGE 56, 54n9 f (Fluglärm) stützt, zu den verfassungsgebotenen staatlichen Schutzpflichten zugWlsten des um-

1. Rationalität des Hand1Wlgszie1es

37

des Privateigentums erfassen. Auch könnte Art. 2 li i.V.m. Art. 1 I GG möglicherweise dahingehend ausgelegt werden, daß das Recht auf Leben über eine bloße biologisch-psychologische Gewährleistung hinaus auch ein Minimum an "menschenwürdigen" Lebensbedingungen umfaßt47 • Gleichwohl bleiben insbesondere hinsichtlich des Schutzes der Nachwelt, der öffentlichen Güter (Ökosystem), immaterieller (Erholung, Ästhetik) und globaler Faktoren (Klima, Ressourcen) "nicht unerhebliche Schutzlücken"48 • Hinzu kommt, daß staatliche Umweltschutzaktivitäten regelmäßig auch gerade die für ihre Legitimation herangezogenen Grundrechte berühren. Hier schlägt sich die erwähnte Freiheitskonzeption grundrechtlich nieder (Eigentums-, Gewerbeund Baufreiheit, auch Berufsfreiheit, allgemeine Handlungsfreiheit), die etwa Abfallregulierung rechtssystematisch als Eingriff in die Dispositionsfreiheit begreift und damit vor den Grundrechten legitimierungsbedürftig macht49• Zur Schließung dieser Schutzlücke wurde wiederholt vorgeschlagen, das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 I, 28 I 1 GG) für die Begründung einer Staatspflicht zum Umweltschutz fruchtbar zu machen, weil der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen heute die gleiche Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des politisch-sozialen Systems zukomme wie die Aufrechterhaltung der sozialen Sicherheit und des inneren Friedens50. Das Sozialstaatsprinzip verpflichte den Staat, die realen Bedingungen der Freiheitsentfaltung zu schaffen und "die schadliehen Auswirkungen schrankenloser Freiheit" zu verhindem51. Dabei sei auch für den Umweltschutz eine kooperative Verantwor-

weltgeschädigten Eigentums deutlich zeigte; BGHZ 102, 350/365 ff (pointiener Anm. von Hippe!, NJW 1988, 482). 47 Benda, UPR 1982, 241/243; H. Klein, FS Weber, S. 643/651 f; Lücke, DÖV 1976, 289/290. Anders allerdings das BVerfG in der eben erwähnten FluglärmE (56, 54n3 ff) Wlter Abgrenzung vom Gesundheitsbegriff der WHO; ebenso Schmidt-AßmaiUl, AöR 106 (1981), 205/208 f. Eingehend Seewald, Zum VerfassWlgsrecht auf Gesundheit, insbesondere S. 47 ff, 59 ff. 48 Badura/Denninger u.a., Staatszielbestimmungen, Fn. 142. Nach Kloepfer, Umweltrecht, § 2 Rn. 11, gewähre Art. 2 II GG nur ein sog. "ökologisches Existen:aninimum". 49

Kritisch dazu Salzwedel, NVwZ 1990, 820.

so Schon E. Rehbinder, ZRP 1970, 250/251 f. Dezidiert Hankopf/Bohne, Umweltpolitik, S. 74 f. Weiter Nachweise bei Hoppe/Beckrnann, Umweltrecht, § 4 Rn. 76. Vgl. auch K. Stern,

Staatsrecht I, S. 887 ff, der darauf hinweist, daß traditioneller Bestandteil des Sozialstaatsprinzip die sog. Daseinsvorsorge ist, die heute nicht mehr nur technische Infrastruktur meinen köiUle, sondern eine hinreichende Reservekapazität an Wasser, Luft, Klima etc. impliziere. 51 So das BVerfGE S, 85/197 (KPD-Uneil). Nach Schnapp, in von Münch, GG, Art. 20 Rn. 18, verpflichte An. 20 I GG zur Schaffung der existentiellen Voraussetzungen für die Entfaltung von Freiheit. Sening apostrophien in NuR 1989, 325/331, daß in Zukunft nicht mehr soziale

38

I. Teil Bewertungsgrundlagen

tung von Staat und Wirtschaft festzustellen, die inhaltlich der Sozialverantwortung entspreche52• Gleichwohl wird die Heranziehung des Sozialstaatsprinzip zur Begründung einer umweltpolitischen Handlungspflicht des Staates ganz überwiegend vor allem deshalb abgelehnt, weil diesem Prinzip aufgrund mangelnder Konturierung kaum konkrete Handlungsaufträge ableitbar sind, und es daher grundsätzlich nur staatliche Umweltpolitik legitimiert, aber nicht hierzu verpflichtet. Seine Konkretisierung ist vielmehr Gegenstand des politischen Prozesses53. Zudem konstituiert das Sozialstaatsprinzip ganz unterschiedliche, u.U. dem Umweltschutz gegenläufige Aufgaben, so daß Umweltschutz nur im Rahmen der allgemeinen Daseinsvorsorge Berücksichtigung finden könnte und deshalb schon im Grundsatz nur eingeschränkt Art. 20 I GG entnehmbar wäre54. Diese prinzipielle Schwäche wird noch dadurch verstärkt, daß unter Berufung auf sozialstaatliche Grundsätze lediglich die Gewährleistung eines "Existenzminimums" begründbar ist, welches über die bereits aufgezeigten grundrechtlich vermittelten Schutzpflichten nicht hinausginge55. Das Grundgesetz konstituiert daher de lege lata umweltpolitische Handlungspflichten des Staates nur zum Schutz von Leben, körperlicher Unversehrtheil und Eigentum vor erheblichen Gefahren.

Verteilungskämpfe • die in der deutschen Verfassungsgeschichte durch Sozial· und Rechtsstaatlichkeil befriedet wurden • die zentrale soziale Auseinandersetzung bilden könnten, sondern die Verteilungskämpfe um die Reste der Natur. Zu den rechtspolitischen und soziologi· sehen Aspekten der Verrechtlichung von Verteilungskämpfen schon Kirchheimer, ZfP 17 (1928), S. 597; s. auch Habermas, Theorie des kommunikativen Handeins ll, S. 522 ff, insbesondere S. 530 ff. 52

Stober, JZ 1988, 426/430.

So das BVerfG schon in E I, 97/105; in E 59, 231/263 unter Hinweis auf das Primat demokratischer Legitimation. Eingehend Zacher, HdbStrR I, § 25 insbesondere Rn. 27 ff, 86 ff; s. auch Schnapp, in von Münch, GG, Art. 20 Rn. 19. Im Anschluß an eine Formulierung von H.P. Ipsen (Diskussionsbeitrag VVDStRL 24, 1966, S. 222) soll nach Herzog dem Sozialstaats· prinzip jedoch eine "allgemeine Wachstumsvorsorge" als Staatsaufgabe ableitbar sein (in Maunz/Dürig, GG, An. 20 Vlli Rn. 6). 53

54

Darauf macht Rauschmng, VVDStRL 38 (1980), S. 185 f aufmerksam.

ss Vgl. dazu auch die beiden Entscheidungen des BVerwG NJW 1975, 2355 f und DVBI.

1977, 897/899 f sowie weitergehend im Hinblick auf die (damals) besondere Situation in Berlin OVG Berlin NJW 1977, 2283/2285 f, die unter Ausschluß einklagbarer Individualansprüche einen Umweltschutzauftrag der Verfassung an den Gesetzgeber begrenzt bejahen.

2. HandlWJgsrationalität der Zielverwitklichung

39

2. Handlungsrationalität der Zielverwirklichung

Nachdem die Legitimität des Umweltschutzes als politische ZielbestimmWtg grundsätzlich begründet ist, wird es Gegenstand der vorliegenden Arbeit sein, die Strategien der ZielverwirklichWlg zu untersuchen und - Wlter dem Kriterium der "Handlungsrationalität" - zu bewerten. Handlungsrationalität definiert sich dabei an erster Stelle durch die Zielkonformität der mit der Umsetzung beauftragten Akteure und des ihnen zur Verfügung gestellten Instrumentariums. Diese "Problembewältigungseignung" steht in Abhängigkeit zur Systemkonformität, dem zweiten Element der Handlungsrationalität Dabei ist eine Politik systemkonform, die Aufgaben und Instrumentarien nach den spezifischen Leistungspotentialen zuweist, gegenläufige Handlungsbedingungen berücksichtigt sowie Zielkonflikte und Interessenkollisionen zum Ausgleich bringt. Im Hinblick auf die Angemessenheit einer Konfliktlösung stellt sich erneut das Legitimitätsproblem, allerdings in der soziologischen Konzeption. Obgleich Umweltpolitik, wie gezeigt, generell als gerechtfertigt akzeptiert wird, ist die Konsensbeschaffung für jede Einzelmaßnahme durchaus problematisch1. Schon die Herstellung einfacher Mehrheiten, die das normative Prinzip repräsentativer Demokratie im Grundsatz ausreichen läßt, führt zu "Konsensbildungskosten"2 , welche die Handlungsrationalität senken. Diese Tendenz setzt sich auf der Implementationsebene fort. Dort hängen die Durchsetzungschancen und Vollzugskosten eines politischen Programms u.a. von der funktionalen Programmkonformität der Vollzugsträger, ebenso aber von der Akzeptanz durch die Adressaten ab3. Deren Konsens wird allerdings abfallrelevante Regelungen (vgl. § 5 I Nr. 3), gleichwohl erzwingen diese Regelungen keine Modifizierung der - logischen Gesichtspunkten folgenden Systematisierung des Problemfeldes durch das Abfallrecht Die Grunddifferenzierung wird bereits im Titel des AbfG angesprochen, in dem zwischen

1 Dazu plastisch Lulunann, Ökologische Kommunikation, S. 181: "Man hat sofort Einvernelunen darüber hergestellt, daß etwas geschehen müsse, und wartet nun offenbar darauf, daß die Probleme so dringlich werden, daß man ohne Aussicht auf Verlust von Wählerstimmen aktiv werden kann." 2 Ellwein/J.J. Hesse, Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, S. 53 f; allgemein zu Konsens in der Demokratie S. 127 ff sowie Iring Fetscher, in Guggenberger/Offe, An den Grenzen der Mehrheitsdemokratie, S. 196 ff.

3 Mayntz, Implementation von regulativer Politik, S. 54 ff, 69; vgl. auch ihre Einleitung im gleichen Band, S. 22: "In gewissen Grenzen ist diese normative Übereinstimmung ein funktionelles Äquivalent detaillierter Programmvorgaben, genauer Kontrolle und intensiver Steuerung."

40

I. Teil BewertW1gsgrundlagen

Vermeidung und Entsorgung unterschieden wird. Entsorgung umfaßt Abfallverwertung und Abfallablagerung sowie die hierzu erforderlichen Begleithandlungen (Abfallsammlung, Transport, Behandeln und Zwischenlagem; vgl. § langesichts zunehmender sozialer Differenzierung, dezentraler Steuerungsstrukturen und inhomogener Wertesysteme zum "knappen Gut". Kriterium für die Bewertung der Rationalität umweltpolitischer Handlungsspielräume wird im Hinblick auf die Systemkonformität daher die Integrationsfähigkeit eines politischen Systems, also seine Konsens- und Akzeptanzbeschaffungskapazität sein. Neben der System- und Zielkonformität beinhaltet Entscheidungsrationalität auf der Ebene der Zielverwirklichung darüber hinaus insbesondere die Berücksichtigung der Entscheidungs(neben)folgen. Im Ergebnis verschiedener Fallstudien ist vor allem eine defizitäre Folgeneinstellung in die Implementation von Umweltpolitik als zentraler Faktor mangelnder Handlungsrationalität festgestellt worden4• Daher wird hier die normative Aufgabenzuweisung und das den Gemeinden zur Verfügung stehende umweltpolitische Instrumentarium auch im Hinblick auf die Problemadäquanz bewertet. Zusammenfassend werden in der vorliegenden Untersuchung die Handlungsspielräume kommunaler Umweltpolitik unter folgenden Kriterien der Handlungsrationalität bewertet: - Zielkonformität (Problembewältigungseignung), - Systemkonformität (Integrations- und Konsensbeschaffung), - Problemadäquanz (Berücksichtigung der Entscheidungsfolgen).

3. Systematisierung der Problembewältigungsphasen Da sich kommunale Handlungsspielräume für die verschiedenen Felder der Umweltpolitik entsprechend der normativen Aufgabenzuweisungen unterschiedlich darstellen, empfiehlt sich eine gesetzesnahe Systematisierung des Untersuchungsgegenstandes. Die wesentliche Rechtsquelle für die hier exemplarisch untersuchte Abfallbeseitigung ist das 1986 erlassene Bundesgesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfallen (AbfG), welches das Ab-

4 Vgl. Hucke/Müller/Wassen, Implementation kommunaler Umweltpolitik, S. 141 ff (für PlanW1gsprozesse), S. 335 ff, 347 ff (Zusammenfassung der Ergebnisse der Fallstudien) sowie Baumheier, VerwArch 79 (1988), 160 ff.

3. Systematisierung der Problembewältigungsphasen

41

fallbeseitigungsgesetz von 1972 ablöste1 und die grundsätzlichen Entscheidungen zur Systematisierung des Aufgabenfeldes vorgibt. In Verbindung mit den bundesrechtlichen Durchführungsvorschriften stehen den Landesgesetzgebern nunmehr nur noch Ausführungskompetenzen zu, von denen allerdings mit durchaus unterschiedlichen Regelungen Gebrauch gemacht wurde. Zwar bestehen neben den Abfallgesetzen verschiedene Spezialregelungen (vgl. die Ausgrenzungsklausel in § 1 III AbfG), die für ihren Anwendungsbereich auch hinsichtlich spezifischer Abfallprobleme Regelungen treffen und insoweit dem Abfallrecht vorgehen 2, auch enthält insbesondere das BimSchG II AbfG). a) Abfallvermeidung

"Die beste Strategie, der steigenden Abfallflut entgegenzuwirken, ist ohne Frage die Abfallvermeidung."3 Diese Banalität, seit Jahren eine der zentralen abfallwirtschaftlichen Forderungen4 , harrt trotz § 1 a I 1 AbfG (oder besser: wegen der dort dem Verordnungsgeber vorbehaltenen Effektuierung) nach wie vor politischer Umsetzung5• Unter dem Gesichtspunkt umweltpolitischer Zielkonformität wären Vermeidungsstrategien jedenfalls im Grundsatz 6 vorzugswürdig. Alle mit der

1 Zur Entwicklung des Abfallrechts Versteyl, in Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, Einl. Rn. 4 ff; Kloepfer, Umweltrecht, § 12 Rn. 9 ff Jeweils m.w.N. S. auch SRU-Sondergutachten Abfallwirtschaft, BT-Drs. 11/8493, S. 39 ff. 2 Mit z.T. problemauseben Regelungskonkurrenzen und Abgrenzungen; vgl. z.B. zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche des Abfall- und des Gefahrstoffrechts (§ 2 I Nr. 4 ChemG) Schwermer, in Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rn. 35, Stichwort Chemikalien m.w.N.; zur Abgrenrung des immissionsschutzrechtlichen vom abfallrechtlichen Reststoffbegriff OVG Saarlouis, NVwZ 1990, 491.

3

Doose, in Walprecht, Abfall und Abfallentsorgung, S. 39/43.

Franßen, in Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, 1982, S. 399 ff, 403 f; Hartkopf/ Bohne, S. 443 f. Aus den umfangreichen Stellungnahmen hierzu vgl. nur Castro, StGR 1987, 109: "sinnvollste Alternative rur Abfallentstehung"; Schenkel, Städtetag 1986, 55/56: "Kausaltherapie"; Kutscheidt, NVwZ 1986, 622; Rehbinder, DVBl. 1989, 496. Zu den technisch denkbaren Lösungen s. die wirtschaftswissenschaftliche Dissertation von Runge, Müllvermeidung. 4

s Für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen enthält allerdings des BimSchG in § 5 I Nr. 3 seit 1985 ein Reststoffvermeidungsgebot. Zu den rechtlichen Aspekten des Vermeidungsgebotes s. unten S. 129 ff und 158 ff. 6 Im Einzelfall kann auch Abfallvermeidung zu umweltpolitisch unerwünschten Ergebnissen führen (z.B. Anreicherung von Schadstoffen, die irgendwann als Sonderabfall entsorgt werden müssen); dazu E. Rehbinder, DVBl. 1989, 496/498 f.

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I. Teil Bewertungsgrundlagen

Entsorgung verbundenen Probleme, auf die im einzelnen einzugehen sein wird, ließen sich so vermeiden. Gleichwohl wäre eine generelle Abfallvermeidungspflicht nicht nur irreal, sondern ebensowenig systemkonform. Wie bereits begründet, kann es in einer freiheitlich konstituierten Industriegesellschaft nicht um nichtkonsentierte, ökologische Maximalforderungen gehen. Da jedes industrielle Produkt über kurz oder lang zu Abfall wird, kann eine systemkonforme Vermeidungspolitik nur auf Verringerung der Menge und der Gefährlichkeit, nicht aber auf eine völlige Abschaffung von Abfall abzielen. Für die Industriegesellschaft impliziert das Konzept individueller Freiheit vielmehr als Kehrseite industrieller Produktion das Entstehen von Abfall und damit - wie im allgemeinen - zwangsläufig Umweltbelastungen7 • Eine erste Voraussetzung für die systemkonforme Lösung des Abfallproblems ist daher eine Bewußtseinswende, die vor allem Nachfrageverhalten ändert und Konsens schafft für vorsorgenden Umweltschutz8• Gleichwohl führen individuelle Verhaltensänderungen i.d.R. nur dann zu den gewünschten Effekten, wenn mit gleichgerichtetem Verhalten aller oder jedenfalls der meisten Beteiligten zu rechnen ist9• Andernfalls fehlt vor allem für diejenigen umweltfreundlichen Verhaltensänderungen, die als Verzicht auf Freiheitsausübung empfunden werden, das nötige MotivationspotentiaL In gesteigertem Maße gilt diese Bedingung für die Erwartung freiwilliger industrieseitiger Maßnahmen. U.a. die Sorge, isolierte Umweltschutzmaßnahmen könnten zu einer Verschlechterung der Wettbewerbssituation führen, hat die Wirksamkeit freiwilliger Selbstverpflichtungen der Wirtschaft bislang vermindert10• Gerade für die Abfallvermeidung hat das manifeste Versagen brancheninterner Lösungen 1988 zur sog. PET-Verordnung 11 geführt. Die Systemkonfor7 S. die bereits erwähnte, pointierte Formulierung Munwieks: "Unsere Freiheit ist daher großenteils Umweltbelastungsfreiheit" in JZ 1988, 985; vgl. Salzwedel, NVwZ 1990, 820.

8 Vgl. von Lersner, in Walprecht, Abfall und Abfallentsorgung, S. 5 ff. Nach Ansorge, StGR 1987, 105, läßt sich Abfallvermeidung nur sehr begrenzt mit Ordnungsrecht durchsetzen, vielmehr seien an erster Stelle Einsicht und Freiwilligkeit gefordert.

9 Zum Zusammenhang zwischen individueller Verhaltensänderung und politisch-rechtlichen .Rahmenbedingungen s. SRU-Umweltgutachten 1987, BT-Dn. 11/1568 S. 51 ff (Rn. 60 ff). Weitere Beispiele bei Murswiek, JZ 1988, 985/988 f. 10 So 1989 der Abteilungsleiter Wasser-/Abfallwirtschaft im BMU Ruchay, in Walprecht, Abfall, S. 16. Zu den sog. "Branchenabkommen" vgl. J. Becker, DÖV 1985, 1003/1005 ff; Bohne, VerwArch. 1984, 343{361 ff. 11 Nachdem trotz einer freiwilligen Selbstbeschränkung der Branche der Anteil von Mehrwegverpackungen an den gesamten Getränkeverpackungen seit 1970 von 90 % unter die, zur Aufrechterhaltung eines wirtschaftlichen Rückführungssystems für erforderlich gehaltene Quote von 75 % gesunken war, führte die Verordnung über die Rücknahme und Pfanderhebung von

3. Systematisierung der Problembewältigungsphasen

43

mität von Selbstbeschränkungen hängt daher nicht von deren "Freiwilligkeit" ab (welche angesichts angedrohter rechtlicher Problemlösung ein zweifelhaftes Kriterium ist), sondern vor allem von ihrer Konsensfähigkeit Diese herzustellen ist wesentlich Aufgabe des politischen Systems12• Dies wirft die Frage nach der Problemadäquanz einer Abfallvermeidungspolitik auf. Konsens über eine solche Politik herzustellen erfordert, die Handlungsbedingungen der angesprochenen Adressaten bei der Programmformulierung zu berücksichtigen13. Eine wesentliche Rolle spielen dabei die gegenläufigen Interessen der Marktteilnehmer. Gerade für die Eindämmung des Verpackungsabfalls ist zudem ein hoher Koordinierungsaufwand erforderlich, da nicht nur Adressaten einer Branche, sondern neben den Verpackungsmittelherstellern auch Warenproduzenten, Groß- und Einzelhandel sowie die mit der Beseitigung der Abfälle beauftragten Körperschaften beteiligt sind. Neben den wirtschaftlichen Interessen der Verpackungsmittelindustrie wollen Warenproduzenten und Handel die Produkte transport- und lagerfähig sowie haltbar verpacken, und bei den Verbrauehern spielen auch ästhetische Aspekte eine Rolle für das Marktverhalten 14• Andererseits werden sowohl Handel als auch Verbraucher mit den Beseitigungskosten belastet, deren Vermeidungsanreiz bislang jedoch nicht ausreichte, signifikante Verhaltensänderungen herbeizuführen. Ob dies durch die jetzt vorliegende Verpackungsverordnung erreicht wird, kann nach dem eingangs Ausgeführten füglieh bezweifelt werden.

Getränkeverpackungen aus Kunststoffen vom 20.12.1988, BGBL I S. 2455, Zwangspfand und Rücknahmepflicht ein.· Zur Vorgeschichte und Zulässigkeil (insbesondere im Hinblick auf die EWGV-Konforrnität und die zur dänischen Parallelnorm ergangene Rechtsprechung des EuGH) s. Versteyl, NVwZ 1989, 126. 12 Nach einem Wort von Carlo Schmid ist Politik "die Kunst, das Notwendige möglich zu machen" (zitiert von Bull, Staatsaufgaben, S. 103). Laut Ruchay, aaO. , S. 16, "mehren sich aber die Signale aus der Wirtschaft", dem Markt durch Bundesrecht verbindliche Anforderungen vorzugeben. 13 Oebbecke, DVBL 1990, 231/235 verweist in diesem Zusammenhang auf den Widerspruch, einerseits Abfallvermeidungspolitik als Eingriff in die Dispositionsfreiheit der Marktteilnehmer unter Berufung auf das Marktsystem abzulehnen, andererseits aber die mit der Abfallentsorgung entstehenden Kosten der entsorgungspflichtigen Körperschaften als "Aufblähung der Gebührenhaushalte" und systemwidrige Erhöhung der sog. Staatsquote zu kritisieren.

14

ff.

Zu Funktionen und Umweltwirkungen von Verpackung s. Runge, Müllvermeidung, S. 124

44

I. Teil Bewertungsgrundlagen

b) Abfallverwertung

Abfallverwertung umfaßt die Rückgewinnung von Stoffen aus Abfall, die dem Produktionskreislauf als Rohstoffe wieder zugeführt werden (stoffliche Verwertung). sowie die Gewinnung von Energie durch Verbrennen (thermische Verwertung) 15• Unter einer Reihe von Bedingungen ist der Abfallverwertung durch § 3 II 3 AbfG der Vorrang vor sonstiger Entsorgung, also insbesondere vor Verbrennung und Deponierung eingeräumt worden. Materialrecycling findet heute vorwiegend in Papier-, Glas- und Metallindustrie, aber auch in Asphaltdeckenaufarbeitung, Altholz- und Bauschuttshredderung, Ziegelsplittherstellung, Altreifenerneuerung und Altöldestillation sowie in der Kompostierung organischer Abfälle statt16. Nach den - allerdings nur begrenzt abgesicherten - Daten zur Umwelt/UBA 1988/89, S. 434, werden ca. 16 % des Abfallaufkommens in der Wirtschaft dem Wirtschaftskreislauf wieder zugeführt. Die zentrale Rolle beim Energierecycling nimmt die Verbrennung zur Strom- oder Wärmeerzeugung ein, daneben finden sich eine Reihe weiterer Verfahren, die jedoch aufgrund ihrer begrenzten Marktfähigkeil und problematischen Umweltverträglichkeit nur eine untergeordnete Rolle spielen 17• Zentraler ökologischer Vorteil einer Abfallverwertung gegenüber der Müllbeseitigung ist der schonendere Umgang mit den natürlichen Ressourcen, und zwar sowohl hinsichtlich der eingesetzten Rohstoffe und Energie 18 als auch im Hinblick auf den Landschaftsverbrauch, den Deponierungen mit sich

u Vgl. die Legaldefmition in § I ll AbfG.

t 6 Zu den technischen Möglichkeiten und bereits angewendeten Verfahren weitere Nachweise bei Werth, StGR 1987, 113; Schenkel, Städtetag 1986, 55/57; Scheffold, in Walprecht, Abfall, S. 57 ff. Zu den Grenzen der Abfallverwertung Runge, Müllverrneidung, S. 102 ff. t? Dies betrifft die Herstellung fester Brennstoffe aus Müll (sog. BRAM-Verfahren), bei der die spätere Verbrennung der erzeugten Stoffe aufgrund Schadstofffrachten zu Umweltgefährdungen führen kann, und ebenso Pyrolyseverfahren, die im Hochtemperaturbereich zwar inertisieren, für die jedoch keine leistungsfähige Technologie zur Verfügung steht. Niedertemperaturpyrolyse ist aber für heterogene, heizwertärmere und schadstoffbelastete Abfälle wie Siedlungsmüll problematisch. Bio-Gasgewinnung ist zwar umweltverträglich, unter den gegebenen Bedingungen einzelwirtschaftlich bislang aber kaum interessant. Vgl. Werth, StGR 1987, 113!114; SRU-Sondergutachten Abfallwirtschaft, BT-Drs. 11/8493, S. 210 ff, 316 ff. 18 Nach Schätzungen bestehen 70 % des Hausmülls aus Materialien, die stofflichen Aufbereitungsverfahren zugänglich sind; ihre Verbrennung vernichtet Rohstoffe endgültig. Auch weisen manche Herstellungsverfahren, die Sekundärstoffe stan Primärstoffe einsetzen, günstigere Energiebilanzen und geringeren Ressourceneinsatz auf; z.B. führt Papierherstellung aus Altpapier zu ca. 80 % weniger Frischwasserverbrauch und 90 % weniger Abwasser. Vgl. dazu die Nachweise bei Leidinger, VR 1989, 3331335 f.

3. Systematisierung der Problembewältigungsphasen

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bringen. Gleichzeitig bringt Verwertung aber immer auch ökologische Zielkonflikte bezüglich der erwähnten Umweltbelastungen mit sich. So können Schadstoffeinträge die an sich relativ einfach realisierbare Kompostierung biologischer Abfälle problematisch machen. Ähnliches gilt für Verbrennungsrückstände, deren Eignung für den Straßenbau durch die Toxizität der Schlacke im Hinblick auf Grundwassergefahrdungen gemindert sein kann. Zielkonflikthaft ist aber vor allem die thermische Verwertung, bei der prinzipiell die gleichen Emissionsprobleme wie bei bloßer Verbrennung auftreten. Zudem sind die Verbrennungsreststoffe (Schlacke, Flugstaub, Wäschesalze) häufig von so hoher Schadstoffkonzentration, daß sie nicht ohne weiteres deponiert werden können, sondern als Sonderabfall entsorgt werden müssen19. Deshalb wäre umweltpolitisch zumindest im Grundsatz der stofflichen Verwertung insoweit der Vorzug zu geben20. Einem Verwertungsgebot steht die Freiheit des potentiellen Abnehmers gegenüber, der wählen kann, ob er Recyclingmaterialien verwendet. Verwertung erfordert daher immer die Vermarktbarkeil der zurückgewonnen Stoffe. Dies ist gegenwärtig das wesentliche Hindernis, Materialrecycling auszubauen, weil die für Investitionen erforderlichen Bedarfsprognosen vor vielfältigen Unwägbarkeiten stehen und die einzelnen Märkte konjunkturell bedingt sehr schwanken21 . Ein wichtiger Kostenfaktor für die Verwertungsmöglichkeiten ist die Qualität, d.h. der Reinheitsgrad der gesammelten Abfallstoffe, da jede zusätzlich erforderliche Materialselektion kostenbelastend wirkt und damit die Marktchancen senkt. Dabei fällt die wichtigste Entscheidung bereits bei der Wahl des Sammlungssystems. Ob Ein- oder Mehrstoffsammlungen im Bring- oder Holsystem eingeführt werden22, hängt von drei Faktoren ab: dem beabsichtigten Reinheitsgrad, der Kostenintensität der Sammlung sowie der Erfassungsquote. Unter dem Gesichtspunkt der Verwertungsfreundlichkeit sind alle

19

Einzelheiten zur Verbrennungsproblematik sogleich.

Diese Forderung hat sich politisch indessen nicht durchsetzen können; vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses zur Änderung des AbfG. BT-Drs. 10!5656, S. 52 ff, 58 ff und die Stellungnahme des (damals gerade geschaffenen) BMU, Umwelt, 4/5 1986 vorn 25.9.1986, s. 17. 20

21 Cronauge, StGR 1987, 99/106; Schenkel, Städtetag 1986, 55!58; Werth, StGR 1987, 113/118; SRU-Sondergutachten Abfallwirtschaft, BT-Drs. 11/8493, S. 210 ff. Einen Überblick zu den einzelnen Märkten gibt Scheffold, in Walprecht, Abfall, S. 57/63 ff. 22 Überblick und Bewertung der e~zelnen Systeme bei l..eidinger, VR 1989, 333(336 ff und Werth, StGR 1987, 113/115 ff.

I. Teil Bewenungsgrundlagen

46

Mehrstoff-Sammlungssysteme, bei denen die einzelnen Reststoffe vennischt gesammelt werden, eine "sinnlose Qualitätsminderung'123• Andererseits ist der Erfolg einer Abfalltrennung von der Akzeptanz in der Bevölkerung abhängig. Dies setzt langfristige Infonnations- und Überzeugungsarbeit voraus. Getrenntsammlung ist aber auch kognitiv begrenzt, da sie von der Beftlhigung zur Unterscheidung der Materialen abhängt. So setzt sich Kunststoffsammlung nur schwer durch, da ein Kunststoffgemisch wirtschaftlich kaum verwertbar ist, eine weitergehende Trennung aber angesichts mehr als 100 verschiedener Kunststoffsorten Schwierigkeiten aufweist24• Eine ebenso eindeutige Entscheidung für das Bring- oder Holsystem kann jedoch nicht getroffen werden: während Bringsysteme, bei denen Abfallweftstoffe in zentrale, professionell geführte Sammelstellen gebracht werden müssen, zwar hohe Wertstoffreinheit und relativ niedrige Betriebs- und Investitionskosten garantieren, liegt die Erfassungsquote wegen der Unbequemlichkeit dieses Verfahrens vergleichsweise niedrig. Die traditionellen Holsysteme wiederum erreichen zwar eine relativ hohe Erfassungsquote, und die Wertstoffqualität ist bei entsprechender Organisation ebenfalls recht hoch, sie sind jedoch sehr kostenintensiv. Zwar können diese Kosten über die Gebühren abgewälzt werden, so daß auch hohe Entsorgungsstandards aus Sicht der kommunalen Haushalte kostendeckend gestaltet werden können, gleichwohl existiert hier eine "Schmerzgrenze" 25 , jenseits derer politischer Konsens nur zum Preis erheblichen Aufwands beschaffbar ist. Daher läßt sich ein allgemeingültiges Modell für eine Organisation der Abfallverwertung nicht aufstellen, vielmehr fordert die jeweilige örtliche Siedlungs- und Problemstruktur spezifische Problemlösungen. Ihr Erfolg hängt dabei wesentlich von der erzielbaren Akzeptanz ab. c) Endgültige Entsorgung

Die endgültige Entsorgung des Abfalls erfolgt durch Deponierung. Sie ist, wie erwähnt, unter bestimmten Voraussetzungen nach § 3 II 2 AbfG gesetzlich nur subsidiär vorgesehen, gleichwohl stellt Deponierung das am weite-

23

Castro, StGR 1987, 197/111.

Werth, StGR 1987, 113/115. Inzwischen gibt es jedoch erfolgversprechende Ansätze, auch Plastikrecycling winschaftlich zu bewerkstelligen; Die Zeit Nr. 24, vom 9.6.1989, S. 41; Beilage Nr. 12 zur FAZ vom 5.11.1991. 24

25

Oebbecke, DVBI. 1990, 231/234.

3. Systematisierung der Problembewältigungsphasen

47

sten verbreitete Abfallbeseitigungsverfahren dar26 • Dies setzt neben den dafür notwendigen Begleiunaßnahmen Sammlung und Transport häufig auch eine Vorbehandlung des Abfalls, z. B. in Form von Zerkleinerung, Verdichtung, Sortierung, insbesondere aber Verbrennung voraus. Ziel der Verbrennung ist dabei vor allem eine Mengenreduzierung, die eine effektivere Nutzung des nur begrenzt verfügbaren Deponieraumes vorbereitet27• Besondere Probleme ergeben sich für gefährliche Sonderabfälle, die durch bestimmte Eigenschaften bzw. durch ihre Herkunft definiert sind (vgl. § 2 li AbfG), und für Abflille, die i.S.v. § 3 III AbfG von den entsorgungspflichtigen Körperschaften ausgeschlossen wurden. Erstere unterliegen im Hinblick auf ihre besondere Gefährlichkeit verschärften bundesrechtlichen Regelungen. § 3 III AbfG erweitert die Handlungsspielräume der entsorgungspflichtigen Körperschaften für Abfälle, die aus technisch-praktischen Gründen nicht mit dem "normalen" Hausmüll zusammen entsorgt werden können28• aa) Verbrennung Auch wenn thermische Abfallbeseitigung nicht zur Energiegewinnung genutzt wird, so leistet sie einen erheblichen Beitrag zur Volumenreduktion (ca. 85 %) und Gewichtsreduktion (ca. 60-65 %) des eingebrachten Abfalls 29•

26 Knapp 90 % der bei den öffentlichen Abfallbeseitigungsanlagen angelieferten Abfallmenge wird deponiert. Für Hausmüllliegt diese Quote bei ca. 75 % (vgl. SRU-Sondergutachten Abfallwirtschaft, BT-Drs. 11/8493, Tab. 3.2.1, S. 155, s. auch Daten zur Umwelt/UBA 1988/89, S. 462).

27 Castro, StGR 1987, 109/111. Matthes, in Walprecht, Abfall, S. 90. Zwischen Verwertung und Ablagerung gibt es durchaus Abgrenzungsprobleme, etwa hinsichtlich der energetischen Nutzung von Deponiegasen oder bei einer rückstandsfreien Abfallverbrennung ohne Energiegewinnung. Weitere Beispiele und Nachweise gibt Schwermer, in Kunig/SchwermerNerstey1, AbfG, § 1 Rn. 43. 28 Dabei ist der Sprachgebrauch nicht einheitlich; vgl. Kloepfer, Umweltrecht, § 12 Rn. 47; Hoppe/Beckmann, Umweltrecht, § 28 Rn. 39 f. Zur Systematisierung der Abfallarten s. Schenkel, in Walprecht, Abfall, S. 25!26 ff; zu den besonderen technischen Anforderungen Schnurer, ebenda, S. 127 ff. 29 Matthes, in Walprecht, Abfall, S. 90; dort auch Einzelheiten zum technischen Verfahren und zum Folgenden. Da der Eisenschrottanteil der Rostschlacke (ca. 12-15 %) bereits jetzt üblicherweise der Stahlindustrie zur Wiederverwertung zugeführt wird und nach Schätzungen bis zu 80% der Schlacke anderweitig (insbesondere als Straßenmaterial) einsetzbar sind, erweist sich der Erkenntniswert der Differenzierung zwischen energetischer Verwertung und bloßer Verbrennung als begrenzt. An ihr sollte gleichwohl festgehalten werden, da sich thermische Entsorgung aufgrundihrer negativen Energiebilanz (Zapf-Schramm, Kommunale Umweltpolitik, S. 314) nur durch Gebührenerhebung wirtschaftlich realisieren läßt und somit das oben erörterte Kriterium unmittelbarer Vermarktbarkeil als Kennzeichen von Abfallverwertung nicht erfüllt.

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I. Teil Bewertungsgrundlagen

Aufgrund hoher Verbrennungstemperaturen werden zudem organische Stoffe praktisch vollständig und gellihrliehe Abfallinhaltsstoffe teilweise zersetzt. Insofern ist Verbrennung zielkonform. Wegen des hohen Leistungspotentials gewährleisten Verbrennungsverfahren zudem eine hohe Entsorgungssicherheit Thermische Abfallbeseitigung ist allerdings nur defizitär konsensfähig ("systemkonform") und wirft vielfiUtige Folgeprobleme auf. Im Hinblick auf konsensfähige Lösungen sind Verbrennungsanlagen aufgrund der unisono beklagten Durchsetzungsschwierigkeiten zweifelhaft30• Ursache der geringen Akzeptanz ist neben Unkenntnis vor allem eine Reihe ungelöster technischer Probleme dieser Technologie. So lassen sich giftige Emissionen (insbesondere chlorierte Kohlenwasserstoffe wie Dioxin und Furan) nicht völlig ausschließen, und die toxischen, häufig wasserlöslichen Rückstände der Verbrennungsschlacke sowie etwaiger Filteranlagen führen als Sondermüll zu Deponierungsproblemen31. Wegen des technischen Aufwandes sollen sich Hausmüllverbrennungsanlagen erst ab einem Jahresdurchsatz von circa 200.000 t wirtschaftlich betreiben lassen, was einem Einzugsgebiet von mindestens 500.000 Einwohnern entspricht und erheblichen Transportaufwand bedeutet32. Großtechnische Anlagen erfordern zudem langfristige Planungszeiträume und sind, einmal installiert, wenig flexibel 33• Vor allem aber im Hinblick auf die erwähnte negative Energiebilanz und die Endgültigkeit der Ressourcenzerstörung erweist sich thermische Verbrennung umweltpolitisch als von nachrangiger Problemadäquanz. Deshalb waren sich alle Sachverständigen in der Anhörung vor dem Innenausschuß des Bundestages anläßtich

30 Schenkel, Städtetag 1986, 55/60, weist in diesem Zusammenhang auf jahrelang versäumte Nachrüstungen hin. Die Akzeptanzkrise und der sog. "Entsorgungsnotstand" erweist sich dann vor allem als Resultat defizitärer politisch-administrativer Problembewältigung, deren Beschwichtigungsstrategien die Sicherung sozialen Konsenses verabsäumten. 31 Überblick bei Ansorge, StGR 1987, 105; s. auch Daten zur Umwelt/UBA 1988/89, S. 430. Zu transportbedingten Umweltbelastungen Runge, Müllvermeidung, S. 105 f.

32 Matthes, in W alprecht, Abfall, S. 90. Die Präferenz großräumiger Lösungen ist in der technischen Diskussion nicht unbestriuen; aber selbst die an möglichst lokaler Entsorgung interessierten Experten schlagen Einzugsgebiete von 40.000 bis 200.000 Einwohnern (etwa Kreisgröße) vor und stellen Modellrechnungen anhand von Einzugsgebieten mit etwa 150.000 Einwohner auf; dazu Hohmann, UPR 1989, 413/414 (Fn. 20 m.w.N.). 33 Zu den Nachteilen großräumiger Lösungen auch im Hinblick auf die geringe Qualität der potentiell verwertbaren Reststoffe vgl. Werth, StGR 1987, 113/118 und Runge, Müllvermeidung, S. I 07. Optimistischer dagegen Matthes, aaO., S. 95, 99 ff.

3. Systematisierung der Problembewältigungsphasen

49

der 4. Novellierung des AbfG 1986 darüber einig, daß stoffliche Verwertung grundsätzlich vorzugswürdig sei34• bb) Deponierung Das abschließende Glied der Abfallentsorgung bildet die Deponierung. Abfallstoffe, die aus verfahrenstechnischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht aufbereitet werden können, müssen endgültig abgelagert werden. Engültige Ablagerung entsorgt diese Stoffe und ist daher i.S.d. hier eingeführten Bewertungskriterien zielkonform. Diese Abfalle sind aber "für die Nachwelt in irgendeiner Form immer Altlasten" 35• Hier stellen latente Gefahrdungen des Grundwassers (Sickerwasser), explosive und toxische Gas-Emissionen (Deponiegas) sowie Setzungen des Deponiekörpers (die das Abdichtungssystem gefährden) technische Probleme, für die bislang nur begrenzt längerfristige Gefährdungsabschätzungen möglich sind36• Hinzu kommen der hohe Landschaftsverbrauch und möglicherweise ästhetische Beeinträchtigungen. Deponierung ist daher im Hinblick auf die Schadenvorsorge und die eingangs erörterten zukunftsbezogenen Pflichten nur vertretbar, wenn einerseits ein redundantes Sicherheitskonzept das Langzeitverhalten prognostizierbar und Emissionen beherrschbar macht, und wenn andererseits die Ablagerung nicht irreversibel ist37 • Technisch wird dies regelmäßig eine Vorbehandlung (z.B. Entgiftung, Sortierung) der abzulagernden Abfalle sowie die Anlage von Monodeponien erfordern. Dies wird zu steigendem planerischen und technischen Aufwand führen und damit die Deponierungskosten erhöhen. Die erheblichen Folgeprobleme schränken daher die Problemadäquanz dieser Lösung des Abfallproblems erheblich ein.

34

BT-Drs. 10/5656, S. 44; s. auch SRU-Sondergutachten Abfallwirtschaft, BT-Drs. 11/8493

Tz. 196.

35 Castro, StGR 1987, 109/112. Ansorge, StGR 1987, 105 spricht von den "Altlasten von morgen". 36

Zu den technischen Problemen im einzelnen Stief, in Walprecht, Abfall, S. I 03 ff.

Letzteres nicht nur im Hinblick auf die Gefahrenabwehr, sondern auch, um eine später ggf. mögliche Wiederverwertung nicht auszuschließen. Dies erfordert eine (auch geologische) Prüfung der Standorteignung, Basis- und Oberflächenabdichtung, Sicherung des Deponiekörpers, Störfallvorsorge, Nachsorge (Sickerwasserbewirtschaftung, Entgasung), Reparierbarkeil der Barrieren (im Hinblick auf spätere Erkenntnisse) und Reversibilität der Ablagerung. Vgl. Castro, StGR 1987, 109/112; Stief, aaO., 105 ff; s. auch Schenkel, Städtetag 1986, 55!59. 37

4 Haaß

50

I. Teil BewertWlgsgrundlagen

d) Zielhierarchie Zusammenfassend ist daher unter den eingeführten Bewertungskriterien eine grundsätzliche Prioritätenfolge begründet: Die höchste Handlungsrationalität weisen Abfallvermeidungsstrategien auf. Hinsichtlich der Abfallverwertung sind stoffliche Verfahren der energetischen Verwertung vorzuziehen. Verbrennung und Deponierung sind zwar unumgänglich, sollten wegen ihrer geringen Handlungsrationalität aber nur subsidiäre Lösungen sein. Daß diese Zielhierarchie, die schon im Abfallwirtschaftsprogramm der Bundesregierung 1975 aufgestellt wurde38 , trotz ihrer 1986 von Mitgliedern der Mehrheitsfraktion konzedierten "unbestreitbar vemünftige(n) Zielsetzung"39 in der Novellierung des AbfG 1986 nicht Gesetzeskraft erhielt, wurde damals mit dem postutarischen Charakter programmatischer Gesetzesaussagen begründet, welche sich im Einzelfall nicht durchsetzen könnten40. Stattdessen wurde auf eine verordnungsrechtliche Konkretisierung verwiesen (§ 14 AbfG), die bislang jedoch nur ungenügend erfolgte. Das entscheidende Argument gegen eine solche Hierarchie, die bundesrechtlich ja nur für das Verhältnis von Verwertung und endgültiger Entsorgung in § 3 II 3 AbfG aufgestellt ist, scheinen eher die damit verbundenen höheren Kosten der Abfallwirtschaft zu sein41 . Dieses Argument beeinflußt ohne Zweifel die Konsensfähigkeit der angestrebten Problemlösungen. Gleichwohl ist aufgrund der Erkenntnis, daß Umweltschutz nicht zum Null-Tarif zu haben ist, auch die Bereitschaft vorhanden, jedenfalls in den erörterten Grenzen die Kosten hierfür zu tragen. Dies gilt zunächst für die Bevölkerung, ist aber auch dem Wirtschaftssystem angemessen: "In einem Wirtschaftssystem, das nur auf Kosten reagiert, muß Abfallbeseitigung teuer sein, um ausreichende Anreizwirkungen für die Vermeidung zu entwikkeln."42

38

BT-Drs. 7/4826, S. 3.

39

So H. Hehnrich, ZG 1986, 57, der Mitglied der Mehrheitsfraktion war.

40 Hoschützky/Kraft, Recht der Abfallwirtschaft, AbfG, § 1 a Rn. 0.1. Dagegen schreiben Art. 1 BayAbfAlG, § 1 NAbfG und§ 1 LAbfWAG RP eine solche Zielhierarchie vor.

41 Das läßt die Begründung der Bundesregierung zum Änderungsentwurf des AbfG (BT-Drs. 10/2885, S. 11 f) vermuten; vgl. auch zur Parallelproblematik in § 5 I Nr. 3 BlmSchG die Beschlußempfehlung des Innenausschusses in BT-Drs. 10!3556, S. 13 f. 42 Schenkel, Städtetag 1986, 55!56. Aus umweltökonomischer Sicht sind die von hohen Entsorgungsstandards ausgehenden Abfallvermeidungs- und verwertungsanreize vorzugswürdig; vgl. Rehbinder, DVBI. 1989, 498/504 m.w.N.

II. Teil

Zuständigkeiten der Gemeinden 1. Allgemeine Zentralisierungstendenz Die Gesamtentwicklung des Verhältnisses der staatlichen und kommunalen Aufgabenerledigung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland läßt sich mit Ellwein/J.J. Hesse als verstärkte "Einbindung der Kommunen in die gesamtstaatliche Problemverarbeitung" charakterisieren1• Der relativ hohe Autonomiegrad der Gemeinden in der unmittelbaren Nachkriegszeit2 wurde im Gefolge der ökonomischen Entwicklung und der Stabilisierung der staatlichen Institutionen zunehmend eingeschränkt. Hier waren vor allem zwei Daten von herausragender Bedeutung: Zunächst betraf diese Entwicklung die Wirtschafts- und Investitionspolitik. Die nach der Wirtschaftskrise 1966/67 aufgelegte antizyklische Wirtschaftspolitik konnte angesichts der Tatsache, daß mindestens 2/3 der gesamten öffentlichen Sachinvestitionen von den Gemeinden getätigt werden, nur dann Erfolge zeitigen, wenn die Gewerbesteuerabhängigkeit der meisten Gemeinden gemildert würde, weil diese Einnahmequelle aufgrund ihrer Konjunkturabhängigkeit ein prozyklisches Ausgabeverhalten der Gebietskörperschaften zur Folge hae. Mit der Verfassungsreformgesetzgebung der Jahre 1967-69 (Einführung der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgaben nach Art. 91 a und b GG, Bundesfinanzhilfen für besondere Investitionsvorhaben der Länder und Gemeinden nach Art. 104 a IV GG) weitete der Bund seine ansonsten verfassungsrechtlich eng begrenzten4 finanziellen Handlungsspielräume gegenüber den Gemeinden aus. Gleichzeitig setzen das Haushaltsgrundsätzegesetz (1969), vor allem aber das Stabilitätsgesetz (1967) Rahmendaten auch für die kommunale Ausgaben- und Investitionspolitik.

4*

1

Ellwein/J.J. Hesse, Das Regierungssystem der BWJdesrepublik Deutschland, S. 62.

1

Vgl. von Mutius, in Deutsche VerwaltWJgsgeschichte Bd. V, S. 316 ff.

3

Überblick s. Ellwein/J.J. Hesse, Regierungssystem, S. 62 f.

4

Vgl. BVerfGE 39, 96/107 ff; 41, 2911304 ff.

52

li. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

Der zweite Komplex betraf den Zuschnitt der Gebietskörperschaften sowie die ihnen zugewiesenen Aufgabenfelder. Um die überkommenen kommunalen Strukturen den Erfordernissen der Verwaltungs- und Wirtschaftsentwicklung anzupassen, brachten die umfassenden Gebietsreformen der 60er und 70er Jahre in den Flächenländern eine drastische Verringerung der Anzahl der Gemeinden von ca. 24.300 (1965) auf ca. 8.400 (1982)5• Diese Reformen zielten auf eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung sowie die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse auch in ländlichen Bereichen6• Nachdem somit die Verwaltungskraft der Gemeinden gestärkt und den veränderten Anforderungen angepaßt war, hätte die zweite Reformlinie, die sog. Funktionalreform, eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung vor allem durch eine Aufgabenverlagerung auf Kreis- und Gemeindeebene bringen sollen. Diese ursprünglich zur Begründung der Gebietsreform in Aussicht gestellte Aufgabenverlagerung und größere Selbständigkeit der Gemeinden ist jedoch kaum in nennenswertem Umfang realisiert worden7 • Für das Aufgabengebiet Umweltschutz läßt sich vielmehr eine gegenläufige, zentralisierende Entwicklung konstatieren.

2. Zentralisierungstendenz bei Umweltschutzaufgaben Die Zentralisierungstendenz für Umweltschutzaufgaben hat spezifische Gründe. Zum einen verlangen die Großräumigkeit und Langfristigkeil vieler Umweltprobleme umfangreiche Abstimmungs- und Planungsprozesse, die von der Einzelgemeinde nicht leistbar sind. Noch entscheidender für diese Entwicklungen aber ist das umweltpolitische Versagen vieler Gemeinden in den

5 Raters, in von Münch, GG, Art. 28 a.E. m.w.N.; ausführlich DStT, Die Gemeinden der Bundesrepublik Deutschland nach der Gebietsreform, passim. 6 Aus der vielfältigen Literatur zur Gebietreform seien die verwaltungswissenschaftlichen Vorarbeiten von Wagener, Neubau der Verwaltung, insbesondere S. 284 ff, 505 ff, sowie die umfassenden Aufarbeitungen in der von Oertzen!Thieme herausgegebenen Schriftenreihe: Die kommunale Gebietsreform, darin insbesondere Bd. !!2: Thieme/Prillwitz, Durchführung und Ergebnisse der kommunalen Gebietsreform, S. 31 ff und Länderbericht S. 109 ff hervorgehoben; s. auch Stüer, Funktionalreform, S. I ff. Zur gegenwärtigen Gebietsreform in den neuen Bundesländern Hoppe/Stüer, DVBl. 1992, 641 ff.

7 Blümel, VVDStRL 36 (1978), S. 234 ff, kommt zu dem Ergebnis, daß die Funktionalreform im wesentlichen die Kreise gestärkt habe (S. 236 f mit Nachweisen m den Entwicklungen in den einzelnen Ländern); s. dazu auch die Referate in Thränhardt, Funktionalreform, (aus gemeindlicher Sicht insbesondere Rehn, S. 47 ff); Wittkämper, Funktionale Verwaltungsreform, S. 14 ff; Andriske, Aufgabenneuverteilung im Kreis, S. 41 ff; Pappermann/Roters/Vesper, Maßstäbe für die Funktionalreform im Kreis, S. 6 ff, 33 ff; Schink, DVBI. 1983, 1165 ff.

2. Zentralisierungstendenz bei Umweltschutzaufgaben

53

60er und 70er Jahren. Im umweltpolitischen Spannungsfeld von Gesamtinteresse und Partikularinteressen erschienen die kommunalen Akteure lange Jahre vor allem als eigennützige Verursacher von Umweltschäden. 1 Dies galt zunächst filr extemalisierbare Problemfelder wie Abwassereinleitung und Luftverschmutzung, bei denen Nutznießer und Beeinträchtigte auseinanderfallen und so der Staat zum Interessenausgleich aufgerufen war. Die gesamtstaatliche Verantwortung war und ist allerdings auch für das traditionell lokal begrenzte Aufgabenfeld Abfallbeseitigung herausgefordert angesichts einer nur als bedenkenlos zu charakterisierenden früheren Problementledigung durch Gemeinden. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen ging schon in seinem Gutachten 1978 von ca. 50.000 Altlastenplätzen aus, die auf ihre Sanierungsbedürftigkeit hin untersucht werden müssen2 • Neuere Untersuchungen schätzen die Anzahl der sog. Verdachtsflächen auf 42.0003• Allein filr die 90er Jahre werden die Sanierungskosten in den alten Bundesländern auf bis zu 100 Mrd. DM geschätzt4 • Unbestreitbar dürfte jedenfalls sein, daß es sich - so der SRU in seinem Sondergutachten zur Altlastenproblematik - um eine gravierende Bedrohung der Umwelt von gesamtstaatlicher Bedeutung handelt5 • Neben diesem bedenkenlosen Umgang mit Boden und Gewässern mobilisierte auch die fortschreitende Zersiedelung der Landschaft, die "servile Hingabe an Leitbilder einer autogerechten Stadt" und nicht zuletzt eine gewisse "Vorliebe für Beton und Bauwirtschaft"6 gesamtstaatliche Verantwortung gegen die filr mangelhaft erachtete Beachtung von Umweltschutzbelangen im kommunalen Willensbildungsprozeß. Trotz der vorwiegend lokalen Auswirkungen der genannten Umweltprobleme erwiesen sich die Kommunen grosso modo als unfahig, gegensteuernde Politik zu betreiben. Umweltschutz wurde daher - auch für lokal begrenzte Problemstellungen - zunehmend als "Staats-

1 Vgl. Salzwedel, WiVerw 1987, 1 f; Peters, ZfU 1986, 50 ff; Weinberger, Der Städtetag 1986, 3 f. 2 SRU-Umweltgutachten 1978, BT-Drs. 8/1938, S. 212; eingeschlossen sind auch die sog. Alt(industrie)standorte mit kontaminierten Böden.

3

UBA, Daten zur Umwelt 1988/89, S. 197.

So vom TÜV Rhein1and, Frankfurter Rundschau v.19.7.1989, zitiert bei Böhm, NVwZ 1990, 341 mit Angaben zu weiteren Schätzungen. S. auch Knopp, DÖV 1990, 683 m.w.N. 4

s SRU-Sondergutachten Altlasten, BT-Drs. ll/6191, Tz. 856. 6

Salzwedel, WiVerw 1987, 2.

54

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

aufgabe" verstanden7 . Dies mußte zu Konsequenzen für die kommunalen Handlungsspielräume führen. Parallel zu allgemeinen Verrechtlichungstendenzen8 setzten staatliche Regeln den Gemeinden zunehmend normative Vorgaben für die Erfüllung ihrer traditionellen Aufgaben. Neben den legislatorischen Vorgaben gelten dabei insbesondere die "unzähligen Richtlinien, Erlasse, Verwaltungsvorschriften, Mustersatzungen, Satzungsmuster und sonstigen Empfehlungen" als in der Verwaltungspraxis besonders wirksam 9• So unterfielen einerseits bislang nicht normierte Aufgaben staatlicher Regulierung (Regelungsbreite), andererseits wurde eigenverantwortliche Aufgabenerfüllung durch detailliertere Beschreibung von Tatbestandesvoraussetzungen bzw. Eingrenzung von Ermessensspielräumen begrenzt (Regelungstiefe) 10• Auch Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe wie beispielsweise der von den Gemeinden zu beachtende Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeitu, die auf außerrechtliche Kriterien verweisen, weiteten die Kontroll- und Einwirkungsbefugnisse der Kommunalaufsicht auch für die Aufgabenfelder mit bloßer Rechtsaufsicht aus. Aufgabenbestände "wanderten" von freien zu pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben und aus dem eigenen zum übertragenen Wirkungskreis mit der Folge bis hin zur Zweckmäßigkeitskontrolle ausgeweiteter Aufsichtsbefugnisse12. Auch Formen der Misch- und Verbundverwaltung, die als sog. Gemeinschaftsaufgaben (vgl. Art. 91 a, 91 b, 104 a IV GG) verfassungsrechtlich für das Verhältnis von Bund und Ländern vorgesehen sind, wirkten sich auf der Vollzugsebene als Reduzierung ursprünglich eigenverantwortlicher Aufgabenerfüllung zu einem begrenzten Mitwirkungsrecht aus 13.

7 So der Titel der Staatsrechtslehrertagung 1979: Referate von Rausehnins und Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S. 167 ff bzw. S. 211 ff.

8 Vgl. die Aufsätze und Untersuchungsberichte in Voigt, Verrechtlichung, (Überblick vom Hg., S. 15 ff); s. aber auch dens., Gegentendenzen zur Verrechtlichung, sowie Hendler, Grundprobleme der Entregelung, in Voigt, Gegentendenzen zur Verrechtlichung, S. 17 ff bzw. 59 ff.

9

Von Mutius, 53. DJT, E 76, spricht insoweit von "apokrypher Rechtsetzung".

Hierzu und zum Folgenden eingehendend m.w.N. Blümel, VVDStRL 36 (1978), 186 ff; Stüer, Funktionalreforrn, S. 181 ff und von Mutius, 53. DJT, E 57 ff. Überblick ders., FG von Unruh, S. 227; Burrneister, Verfassungstheoretische Neukonzeption, S. 6 f. 10

11 GO Art. 61 II Bay; § 77 II BW; § 92 II Hess; § 82 II Nds; § 62 II NRW; § 78 II 1 RP; § 82 II SaarlKSVG; § 75 II SH. 12

Schink, DVBl. 1983, 1165 ff; von Mutius, 53. DJT, E 66 m.w.N.

13

Hölzl, FS Küchenhoff, 2. Halbband, S. 485 ff.

2. Zentralisierungstendenz bei Umweltschutzaufgaben

55

Zahlreiche Organisations- und Verfahrensvorschriften normierten nicht nur den gemeindeinternen Verwaltungsprozeß, sondern räumten höheren Verwaltungsebenen Mitwirkungs-, Genehmigungs- und Kontrollrechte ein. Dies weitete naturgemäß die staatlichen Einflußmöglichkeiten auf die gemeindlichen Handlungsspielräume sowohl rechtlich als auch faktisch aus. Gleiches gilt für die zunehmende Regelung gemeindlicher Planungen durch materielle Vorgaben und Abwägungsleitlinien sowie deren Bindung an überörtliche Planvorgaben (Raumordnung, Landesplanung, Fachplanung). Schließlich gelten Finanzzuweisungen mit Zweckbindung als besonders wirksame EiDflußinstrumente ("goldene Zügel") 14 , welche zwar die beabsichtigten politischen Zwänge ausüben, aber infolge der regelmäßig notwendigen Eigenbeteiligung die ohnehin begrenzten finanziellen Spielräume der Mittelempfänger (die sog. freie Spitze) deutlich einschränken. Neben den soeben aufgezeigten Einschränkungen der Eigenverantwortlichkeil von Aufgabenerfüllung wurden gemeindliche Handlungsspielräume dadurch völlig aufgehoben, daß ganze Aufgabenbestände dem gemeindlichen Entscheidungsprozeß entzogen und entweder höheren kommunalen Ebenen (Kreise, kommunale Zweckverbände) oder der staatlichen Verwaltung überwiesen wurden (sog. "Hochzonung") 15• Für Aufgaben des Umweltschutzes betraf dies beispielsweise den Naturschutz16 , die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung17, sowie - besonders strittig - die Abfallentsorgung18 • Auch soweit diese Zentralisierungstendenzen die Aufgabenerfüllung den Gemeinden beließen, bewirkten sie jedoch einen Wandel des Charakters der Aufgabenerfüllung. Waren viele dieser Aufgaben ursprünglich eigene Angelegenheiten der Gemeinden, die durch autonome Gestaltungsfreiheit charakterisiert werden können und nur unter dem Vorbehalt der Beachtung von Gesetzen standen, handelte es sich nunmehr um echte Vollzugsaufgaben, die

14 Knemeyer, NJW 1980, 1140/1141 f; Blümel, VVDStRL 36 (1978), S. 202 f (jeweils m.w.N.). Zu den normativen und faktischen Einflüssen s. Schneiderbanger, Einflüsse und Auswirkungen staatlicher Finanzzuweisungen an die Gemeinden, S. 26 ff, dessen Untersuchung auf einer Befragung unter 60 bayerischen Gemeinden beruht. 15

Vgl. nur Blümel, VVDStRL 36 (1978) S. 206 ff; von Mutius, 53. DJT, E 67 f; Hohmann,

UPR 1989, 413.

16 So etwa §§ 54, 55 II 1 i.V.m. §§ 5 und 6 NdsNatSchG, wonach die Aufgaben der unteren Naturschutzbehörde sowie die Erstellung von Landschaftsrahmenplänen der Kreisebene obliegt. 17

Dazu Stober, NVwZ 1982, 294 ff; Schleifenbaum/Kamphausen, VR 1983, 9 ff.

18

Zur interkommunalen Aufgabenverteilung für die Abfallentsorgung eingehend unten S.

147 ff.

56

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

- auch soweit sie Verwaltungsennessen einräumen - heteronom gelenkte Gesetzesausführung darstellen. Mit dieser Verrechtlichung und Zentralisierung wurden Konsequenzen aus dem festgestellten Versagen der Kommunen gezogen. Zum einen stand der Staat in der Pflicht, ein gewisses ökologisches Minimum durch allgemeinverbindliche Mindeststandards zu gewährleisten. Ebenso galt es, die Einheitlichkeit der Lebensbedingungen im Bundesgebiet zu sichern (Art. 72 II Nr. 3 GG). Darüber hinaus aber zielten diese Regelungen auf eine höhere Effizienz der Problemlösungen 19 angesichts komplexer Lebensverhältnisse, die vor allem die Umweltprobleme über den lokal bewältigbaren Bereich "hinaus wachsen" ließen. Es ist daher zunächst einmal Aufgabe der staatlichen Rechtsetzung, als "Hüter des Gemeinwohls gegenüber Gruppeninteressen" 20 unverzichtbare Mindeststandards des Umweltschutzes und einheitliche RahmenbedingWlgen vorzugeben, welche sich als Ausfluß grundrechtlicher bzw. rechts- und sozialstaatlicher Gewährleistungen erwiesen hatten (vgl. oben S. 35 ff). Das Verhältnis zwischen kommunaler Selbstverwaltung und staatlicher Gesetzgebung stellt sich allerdings anders dar, als es das Bundesverfassungsgericht im eben zitierten "Facharztbeschluß" hinsichtlich der autonomen Selbstverwaltung von Berufsverbänden bestimmte. Während diese satzWlgsgemäß Gruppeninteressen vertreten und auch nur insoweit legitimiert sind, geht sowohl Legitimation als auch Zuständigkeit der Gebietskörperschaften über diese berufständische Prägung hinaus21 • Vielmehr sind auch die Gemeinden dem Gemeinwohl verpflichter2 , so daß hier zwei Steuerungsansprüche konkurrieren. Das Grundgesetz ordnet in Art. 28 II jedoch eindeutig den Vorrang der staatlichen Steuerung an, da die kommunale Selbstverwaltung nur "im Rahmen der Gesetze" gewährleistet wird. Zu klären bleibt, wie weit dieser Vorrang reicht.

19

Vgl. Blümel, VVDStRL 36 (1978) S. 212 m.w.N.

20

BVerfGE 33, 125/159 (Facharzt).

21 So schon Berg, StGR 1979, 352. Zu den Konsequenzen dieses Unterschiedes für die Satzungshoheit unten S. 186 ff. 22

So ausdrücklich GO§ 1 II BW, § 1 I 2 NRW, § 1 I 2 RP, § 1 I 2 SH.

3. Funktionen kommunaler Selbstverwaltung

57

3. Funktionen kommunaler Selbstverwaltung Es verwundert nicht, daß die beschriebenen Verrechtlichungs- und Zentralisierungstendenzen insbesondere von Kommunalpolitik und Kommunalwissenschaft kritisch kommentiert wurden. Dieser Problemkreis betrifft die grundsätzliche Frage nach dem Spannungsverhältnis zwischen dem Ganzen und seinen Teilen in einer föderalen Demokratie. Schon im Ausgangspunkt der hier aufgezeigten Zentralisierungen machte Theodor Eschenburg 1964 eine Diskrepanz zwischen Mythos und Verfassungswirklichkeit der kommu· nalen Selbstverwaltung aus 1• Dies verstärkte sich auf kommunalpolitischer Ebene in der "heißen Phase" der Gebietreform und kulminierte mit dem Appell des Deutschen Städtetages 1971: "Rettet unsere Städte jetzt!"2 Kommunale Selbstverwaltung wurde zum Thema parteipolitischer Programmatik3 • Die Kritik wendete sich zum einen gegen die Grundannahme struktureller kommunaler Problembewältigungsdefizite; vielmehr würden die Gemeinden über spezifische Vorteile angemessener Problemlösungen verfügen4 • An dieser Stelle interessieren vor allem die verfassungsrechtlichen Einwände. Scheuner äußerte schon 1973 das "Empfinden, (daß) die überlieferte Theorie der Gemeinden und ihre rechtliche Grundlage nicht mehr in ausreichender Deckung mit einer veränderten Wirklichkeit steht." 5 Und Burmeister diagnostizierte im Anschluß an Badura einen "eklatanten Gegensatz zwischen der realen gemeindlichen Stellung in der gesamtstaatlichen Verwaltungsordnung und den überkommenen Modellvorstellungen von der Gemeinde als autonomer, außerhalb der Staatsverwaltung stehender und gegenüber staatlichen Eingriffen abgeschirmter sozialer Raumgemeinschaft." 6 Allenthalben ist von einer "Erosion", "Aushöhlung" oder "Auszehrung" der kommunalen Selbstverwaltung, ja von "Kluft" zwischen Verfassungswirklichkeit und Verfassungstheorie die Rede7 • Gegenstimmen, die eine landläufige Unterschätzung

1

Eschenburg, in ders., Zur politischen Praxis der Bundesrepublik, Bd. ll, S. 126 ff.

2

DStT, Rettet unsere Städte jetzt!, 1971.

3 Zur Entwicklung der Kommunalpolitik in den Parteiprogrammen vgl. Böhrei/Frey, HkWP Bd. 2, S. 11115 ff. 4 Überblick bei Naßmacher, Kommunalpolitik, S. II ff; vgl. auch Weinberger, Städtetag 1986, 6 ff.

'Scheuner, AfK 1973, 1. 6

Burmeister, Verfassungstheoretische Neukonzeption, S. 6; Badura, FS W. Weber, 1974, S.

911/929. 7

Vgl. nur Blümel, VVDStRL 36 (1978), 188 f; Grawert, ebenda, S. 281; Stüer, Funktional-

TI. Teil Zuständigkeiten der Gerneinden

58

der kommunalen Handlungsspielräume erkennen, finden sich in der kommunalwissenschaftlichen Literatur nur vereinzelt, können sich aber auf verschiedene empirische Untersuchungen berufen8• In diesem Zusammenhang sind auch die Diskussionsbeiträge der Staatsrechtslehrertagung von 1977 bemerkenswert, die in tatsächlicher Hinsicht erhebliche Handlungsspielräume der Gemeinden konstatierten9. Mit An. 28 II GG hat sich das Grundgesetz -in den Worten des Bundesverfassungsgerichtes - "für eine auf Selbstverwaltungskörperschaften aufgebaute 'gegliederte Demokratie' entschieden" 10• Gönnenwein bezeichnete die gemeindliche Selbstverwaltung als "Urzelle der Demokratie" 11 • Das staatsorganisationsrechtliche Prinzip eines "Aufbaues der Demokratie von unten nach oben", wie es Art. 11 IV BayVerf plastisch - wenn auch tautologisch beschreibt, ergänzt die in Art. 20 II GG bestimmte Gewaltenteilung durch eine Gliederung der vollziehenden Gewalt und stattet diese mit einer den Staatsparlamenten grundsätzlich gleichwertigen demokratischen Binnenlegitimation aus (Art. 28 I 2 GG). Damit sind die zwei zentralen Komponenten der kommunalen Selbstverwaltung angesprochen: das Organisationsprinzip der Dezentralisation (verwaltungsorganisatorische Funktion) sowie das politisch-integrative Prinzip demokratischer Willensbildung (politisch-demokratische Funktion) 12•

reforrn, S. 181; von Mutius, 53. DIT E 12 Geweils m.w.N.); Knemeyer, FS Scupin, 1983, S. 808; Ellwein/J.J. Hesse, Das Regienmgssystem der Bundesrepublik Deutschland, S. 64 f. 8 Poinitiert Faber, AK-GG Art, S. 1712 f; eingehend ders., Die Macht der Gemeinden, insbesondereS. 20 ff; zurückhaltender Salzwedel, WiVerw 1987, 1/6 f. Nach den Untersuchungen von Hucke/Müller/Wassen, Implementation kommunaler Umweltpoltik, S. 191 ff, verfügen die Gemeinden durchaus über Handlungsspielräume selbst für de jure vorgegebene Entscheidungslagen; weitere Nachweise oben S. 20 (Fn. 2-5).

9 VVDStRL 36 (1978), S. 353 ff; insbesondere Scheuner S. 353; H. Meyer S. 354 f; Brohm S. 360 f; Wagener S. 366 f. H.-P. Schneider verweist S. 377 exemplarisch darauf, daß es mitunter eher die Verflechtung gemeindlicher Entscheidungsträger mit privaten Interessen sei, wel.ehe die Handlungsspielräume einenge. 10 BVerfGE 52, 95/112; s. auch E 79, 127/148 (Rastede) und E 83, 37/53 (kommunales Ausländerwahlrecht). Eingehend von Unruh, FS Scupin, 1973, 391/413 ff.

11

Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 65.

Von Mutius, 53. DJT, E 23 f; ders., FG von Unruh, S. 244; Brohm, DVBl. 1984, 293/294. Die weiter gefächerten Differenzienmgen von Stüer, Funktionalreforrn, S. 66 ff, und Schink, Gesetzliche Kreiszuständigkeiten und Subsidiaritätsprinzip, S. 71 ff, heben Elemente dieser beiden Hauptprinzipien gesondert hervor. 12

3. Funktionen kommunaler Selbstverwaltung

59

a) Verwaltungsorganisatorische Funktion

Selbstverwaltung "meint nicht die Fortsetzung der Staatsverwaltung durch andere Träger" 13, sondern soll selbstbestimmte Aufgabenerfüllung durch dezentrale Träger ermöglichen. Als ihre allgemeinen Vorzüge gelten neben der Pluralisierung der Entscheidungszentren vor allem die größere Vertrautheit mit den relevanten Gegebenheiten und Problemnähe, welche individualisierende Differenzierungen und flexible Problemlösungen erlauben. Dadurch werde zum einen der Staat von Aufgabenerfüllung entlastet, zugleich aber das Problembewältigungsniveau erhöht. Nachteilig können sich geringerer Spezialisierungsgrad sowie unterschiedliche Verwaltungspraxis auswirken. Auch kann der Vollzug eines politischen Programms durch eine Vielzahl dezentraler, eigenverantwortlicher Organisationseinheiten Effizienzverluste bei der Umsetzung mit sich bringen, welche eine zentralistische Verwaltungsorganisation vermeiden könnte14• Dabei geht Dezentralisation über bloße Dekonzentration, also die Zuständigkeitsverlagerung von einer Oberbehörde auf andere Dienststellen, hinaus und wird als Aufgabenerledigung durch selbständige, weisungsunabhängige Verwaltungseinheiten verstanden - so die sog. formale Selbstverwaltungskonzeption, die ausschlaggebend allein auf das formale Merkmal der Rechtsfähigkeit des Aufgabenträgers abstellt. Pointiert definierte Forsthoff Selbstverwaltung als "Wahrnehmung an sich staatlicher Aufgaben durch Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts" 15• Vom gleichen Grundverständnis ausgehend, betonen Wolff/Bachof und diesen folgend K. Stern die besondere Eigenständigkeil der Aufgabenerfüllung und bestimmen Selbstverwaltung als "selbständige, fachweisungsfreie Wahrnehmung enumerativ oder global überlassener oder zugewiesener eigener öffentlicher Angelegenheiten durch unterstaatliche Träger oder Subjekte öffentlicher Verwaltung" 16• Den ausführenden Verwaltungsstellen wird dabei ein zwar gesetzlich gebundener, aber eigener Wirkungsbereich eingeräumt.

13

Schmidt-Aßmann, NVwZ 1987, 265/268.

Dazu nur Stüer, Funktionalreform, S. 78 f; K. Stern, Staatsrecht I, S. 403; Wolff/ Bachof!Stober, Verwaltungsrecht II, § 84 Rn. 6; Frotscher, FG von Unruh, S. 141; Brohm, DVBI. 1984, 294. 1~

15

Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 475, vgl. auch 478.

Wie Vorauflage jet21 Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 84 Rn. 34; K. Stern, Staatsrecht I, S. 399 f. 16

60

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

Lange war strittig, ob es sich bei den Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung tatsächlich um "an sich staatliche Aufgaben" (Forsthoft) handelt mit der Folge, daß den Selbstverwaltungsträgem nur die vom Staat "derelinquierten"17 öffentlichen Angelegenheiten zufielen, oder ob den kommunalen Selbstverwaltungseinheiten originäre ("ursprüngliche"; vgl. Art. 11 II 1 BayVert) Aufgaben zukommen würden, da der konstitutionelle Staat des Grundgesetzes die Selbstverwaltungseinheiten nicht geschaffen, sondern vorgefunden und somit lediglich anerkannt habe18 • Bei der Beantwortung dieser Frage müssen zwei Problemebenen unterschieden werden. Die erste Frage, ob es neben der staatlichen eine außeroder vorstaatliche öffentliche Gewalt der Gemeinden geben kann, verneint das Grundgesetz eindeutig. Wie Art. 20 II 1 GG zeigt, bildet die Verfassung heute - im Gegensatz zum Verfassungsverständnis des Liberalismus und Konstitutionalismus - nicht nur eine Begrenzung, sondern auch die Begründung, und zwar die einzige Begründung öffentlicher Herrschaftgewalt In der Staatslehre ist deshalb die Lehre von der "Einheit der Staatsgewalt" unumstritten, nach der in einem Staatsgebiet keine andere als vom Staat abgeleitete Hoheitsgewalt bestehen kann 19. Die Konzeption der kommunalen Selbstverwaltung als Grundrecht ("Gemeindefreiheit", vgl. jeweils in den Grundrechtsabschnitten § 184 Entwurf RV 1849 und Art. 127 WRV), welche die Gemeinden im Dualismus Staat-Gesellschaft letzterer zuordnete und verfassungsdogmatisch möglicherweise eine andere Argumentation erlauben würde20, ist rechtsdogmatisch bereits Ende der Weimarer Republik mit der Lehre von der institutionellen Garantie21 aufgegeben und vom Grundgesetz mit der Ausformung der kommunalen Selbstverwaltung als "staatsorganisatorisches Aufbauprinzip" 22 positiv-reehtlich überwunden. Unter der Geltung des

17

Salzwedel, WiVerw 1987, 1/3.

Pagenkopf, Kommunalrecht I, S. 43 ff; E. R. Huber, Selbstverwaltung der Wirtschaft, S. 40, spricht von "sanktioniert". Weitere Nachweise zum Streit bei K. Stern, Staatsrecht I. S. 402 Fn. 28 f; eingehend Hendler, Selbstverwaltung als Ordnungsprinzip, S. 295 ff. 18

19 Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 847 ff; Zippelius, Allgemeine Staatslehre, § 9 ill; § 12 II. Speziell zum SelbstVerwaltungsrecht Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 4 und von Amim, AöR 113 (1988), 1/18. 20 Allerdings gegen die damalige Rechtsprechung; vgl. die Bezugnahme des BVerfG in E 79, 127/144 auf ein Judikat des Preußischen OVG von 1886 (PrOVGE 13, 89/106) m.w.N. Zur früheren Diskussion K. Stern, BK, Art. 28 Rn. 68. 21

Dazu unten S. 80 ff.

22

K. Stern, BK, Art. 28 Rn. 78 ff.

3. FWJktionen kommunaler Selbstverwaltung

61

Grundgesetzes sind deshalb vorstaatliche, gleichsam "extrakonstitutionelle Eigenrechte" öffentlicher Herrschaftsgewalt, die dem staatlichen Eingriff schlechthin entzogen wären, ausgeschlossen23• Da auch die Kommunen Hoheitsgewalt ausüben, kann ihr Status nur vom Staat selbst herrühren24• Insofern sind alle öffentlichen Aufgaben "an sich" staatliche Aufgaben. Hendler macht hier auf einen Widerspruch aufmerksam25 : Wenn man mit dem Bundesverfassungsgericht davon ausgeht, daß Art. 28 II GG den Gemeinden im sog. Kernbereich der verfassungsrechtlichen Gewährleistung einen Aufgabenbestand zuweist, der "gegen jede gesetzliche Schmälerung gesichert ist"26, sei es nicht überzeugend, diesen Aufgaben "an sich" staatlichen Charakter zu bescheinigen. Dieser vermeintliche Widerspruch setzt allerdings die Aufrechterhaltung des - wie gezeigt - überwundenen Dualismus zwischen Staat und Gemeinden als Teil der Gesellschaft voraus. Da die Gemeinden staatliche Hoheitsgewalt ausüben, kann man auch heute von "mittelbarer Staatsgewalt"27 hinsichtlich der kommunalen Selbstverwaltung sprechen, auch wenn diese Charakterisierung keine eigenständige Argumentation für die Bestimmung kommunaler Handlungsspielräume eröffnet. Sie markiert lediglich die Stellung der Gemeinden im exekutiven Teil des Staates und weist auf das eigentliche verfassungsrechtliche Problem der Aufgabenverteilung zwischen Staatsverwaltung und Kommunalverwaltung hin. Die entscheidende Frage ist daher, ob und inwieweit das Grundgesetz die Erledigung bestimmter öffentlicher Aufgaben speziellen Aufgabenträgem zuweist. Auch hier gibt die Verfassung hinsichtlich der kommunalen Selbstverwaltung eine zumindest im Grundsätzlichen eindeutige Antwort, indem man sich - wie erwähnt - in Art. 28 II für eine auf Selbstverwaltungseinheiten gründende, gegliederte Demokratie entschieden hat. Die vom Gewähr-

23 Hendler, Selbstverwaltung als OrdnWJgsprinzip, S. 296 (Zitat); s. auch H. Kriiger, Allgemeine Staatslehre, S. 865 f und von Mutius, 53. DJT, E 29.

24

BVerfGE 8, 122/132; 38, 258/270; 47, 253!272 f.

23

Hendler, SelbstverwaltWJg als Ordnungsprinzip, S. 298 f.

26 BVerfGE 1, 167/178; ständige Rechtsprechung, vgl. 38, 258!278 f; 52, 95/116 f; 79, 127/155; s. auch K. Stern, Staatsrecht I, S. 416, Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn 517.

l 7 Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 478 f; gegen diesen Begriff Gönenwein, Gemeinderecht, S. 60 ff, 63 f. Schmidt-Jortzig, KommWJalrecht, Rn. 4 (m.w.N.), betont, daß der Begriff lediglich die weitgehende Verselbständigung des Aufgabenträgers markiert. Auch Hendler begrenzt den Begriff auf eine reine Systematisierungskategorie (Selbstverwaltung als Ordnungsprinzip, S. 299). Das Verständnis kommunaler SelbstverwaltWJg als "mittelbarer Staatsverwaltung" ist Konsequenz der Lehre von der Einheit der Staatsgewalt.

62

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

Ieistungsbereich des Art. 28 li GG erfaßten Aufgabenfelder sind den Gemeinden jedenfalls insoweit zur eigenverantwortlichen Erledigung überwiesen, als der Gesetzgeber nichts Abweichendes vorschreibt. In diesem Fall realisiert sich der angesprochene Wandel des Aufgabencharakters: aus "Gemeindeverwaltung" mit autonomer Gestaltungsfreiheit unter Beachtung von Gesetzen wird "Staatsverwaltung" mit heteronom gelenkter Gesetzesausführung, die allenfalls Verwaltungsermessen einräumt. Hier hat die Alternative zwischen staatlichen und eigenen Aufgaben daher bis heute praktische Relevanz. b) Politisch-demokratische Funktion

Das Grundgesetz begnügt sich jedoch nicht mit der Untergliederung der vollziehenden Gewalt, sondern sieht zudem eine besondere demokratische Legitimation der kommunalen Entscheidungsträger vor (Art. 28 I 2 GG). Das Bundesverfassungsgericht hebt dieses Element in ständiger Rechtsprechung als zentrales, konstituierendes Element der kommunalen Selbstverwaltung hervor und zieht es ausdrücklich für die Legitimierung kommunaler Aufgabenzuständigkeiten heran28 • Die Frage nach der demokratischen Legitimation kommunaler Selbstverwaltung ist daher für die Bestimmung und Begründung kommunaler Handlungsspielräume von erheblicher Bedeutung. Diese verfassungsrechtliche Grundaussage zur freiheitsverwirldichenden, staatsbürgerlichen Partizipation - schlagwortartig: Freiheit durch Teilnahme29 - wird von dem soeben unter a) aufgezeigten formalen Selbstverwaltungsverständnis weitgehend vernachlässigt. Vielmehr wird ein Gegensatz zwischen kommunaler Selbstverwaltung und Demokratie konstruiert. Berühmt ist Forsthaffs einschlägige Stellungnahme (noch 1973)mit den entscheidenden Argumenten: "Demokratie und kommunale Selbstverwaltung sind schon deshalb unverwechselbar geschieden, weil sich die Selbstverwaltung nicht, wie die Demokratie, in der Ausübung eines Wahl- oder Stimmrechts erschöpft, sondern die aktive Mitarbeit der Gemeindebürger bei der Durchführung der kommunalen Verwaltungsaufgaben rniturnfaßt; diese Mitarbeit in der Form der Übernahme von kommunalen Ehrenämtern machen die Gemeindeordnungen den Bürgern zu Pflicht. Nicht die politi-

28 Schon BVerfGE 7, 155/167; 11, 266!275 f; aus neuer Zeit E 52, 95/112; 77, 2881300; 79, 127/151 f. 29

Hendler, Selbstverwaltung als Ordnungsprinzip, S. 272.

3. Fwtktionen kommunaler Selbstverwaltung

63

sehe Willensbildung, sondern sachgerechte Erledigung der örtlichen Verwaltungsobliegenheiten ist die Aufgabe der kommunalen Organe. "30

Bei der Auseinandersetzung mit dieser Dichotomie sind zwei Ebenen zu unterscheiden. Einmal die Frage demokratischer Binnenlegitimation, welche Forsthoff anspricht (dazu unten aa). Darüber hinaus stellt sich das ausgreifendere Problem des Verhältnisses von kommunaler Demokratie als Ausdruck partikularen Willens einerseits und der uneingeschränkten Verwirklichung des gesamtstaatlichen Mehrheitswillens andererseits (dazu unten bb). aa) Demokratische Binnenlegitimation Beschränkt man Selbstverwaltung auf dekonzentrierten Aufgabenvollzug, betont man m.a.W. den administrativen Charakter der Selbstverwaltung, rückt ein allein an Gemeinwohl, Sachgerechtigkeit und Verwaltungseffizienz orientiertes Verständnis ins Zentrum der Begriffsbestimmung. Entscheidungen erfolgen nach fachlichen und nicht nach politischen Gesichtspunkten. Erst recht müsse "mit allen Mitteln versucht werden, die Gemeindeverwaltung parteipolitisch neutral zu halten" 31 . Dieser Ausschluß politischer Willensbildung und damit demokratischer Elemente ist weder dem Selbstverwaltungsbegriff zu eigen, noch unter dem Grundgesetz konstruierbar. Scheuner hatte sich schon 1954 ausdrücklich gegen Forsthoffs Konzept gewandt und geäußert, daß "an dem Element der maßgeblichen Mitwirkung der Mitglieder für den Selbstverwaltungsbegriff fest(zu)halten" sei32• Und Hendler kommt in seiner Auseinandersetzung mit dem formalen Selbstverwaltungsbegriff zu dem Ergebnis, daß die seit mehr als hundert Jahren geführte wissenschaftliche Diskussion bei Forsthoff "gewissermaßen in einer Selbstverwaltungslehre ohne Selbstverwaltung" kulminiere33. Zunächst ist einzuwenden, daß sich Demokratie nicht in periodisch wiederkehrenden Wahlen zur Volksvertretung erschöpft, sondern sich - nach einer Formulierung von Häberle - auch in mediatisierten Formen des pluralisti-

°Forsthoff, Verwaltungsrecht, ( 10. Aufl.), S. 536.

3

Lintz, Die politischen Parteien im Bereich der kommWlalen Se1bstverwa1lWlg, S. 133 (zur "politisch neutralen Verwaltwtg" S. 127 ff); differenzierter Ziebill, Politische Parteien und KommunalverwaltWlg, S. 62 ff. 31

32

Scheuner, VVDStRL 11 (1954), 1/36 f Fn. 102.

33

Hendler, Selbstverwaltung als Ordnungsprinzip, S. 274.

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

64

sehen öffentlichen Prozesses täglicher Politik und Praxis entfaltet34• Verfassungsrechtlich findet dies Niederschlag in der "demokratischen Seite" der Grundrechte (insbesondere Art. 5 I, 8 I, 9 I GG) sowie der herausgehobenen Funktion der öffentlichen Auseinandersetzung im politischen Meinungskampf für den demokratischen Staat35 • Auch schließen sich Demokratieprinzip und Ehrenamtliekeil keineswegs aus. Ganz im Gegenteil lehnt das Bundesverfassungsgericht selbst für die Bezüge der Bundestagsabgeordneten einen Entgeltcharakter ab und charakterisien diese als "Entschädigung mit Alimentationscharakter", welche (nur) aufgrund des Gleichheitssatzes geboten sei36• Unhaltbar ist aber vor allem die Kontrastierung von politischer Willensbildung und Sachgerechtigkeit. Ihr liegt die Vorstellung zugrunde, "Parteienstreit" laufe "guter" kommunaler Selbstverwaltung zuwider, diese erfordere vielmehr nichtpolitisierbare Sachentscheidungen. Eine solche Kontrastierung ist zunächst ahistorisch. Wenn auch das Leitbild der Steinsehen Städteordnung 1808 von einer ehrenamtlichem Honoratiorenverwaltung geprägt war37, hatten die politischen Parteien bereits in der Endphase des Wilhelminischen Kaiserreiches auch auf lokaler Ebene das Machtmonopol der Honoratioren gebrochen und erheblich an Einfluß gewonnen. "Das Ergebnis dieses Prozesses der Politisierung waren im hohen Grade parteipolitisch geprägte Stadtparlamente." 38 Parallel dazu differenzierte sich das Parteienspektrum deutlich aus, indem zum einen im Zuge der Industrialisierung neue Strömungen auftauchten; hier war reichsweit wie kommunalpolitisch insbesondere die Sozialdemokratie relevant. Zum anderen aber zerfiel auch das in der Gründungsphase des Kaiserreiches noch relativ homogene bürgerlich-konstitutio-

34 Häberle, Die Verfassung des Pluralismus, 126 ff (ZitatS. 88). Vgl. auch Maunl/Zippelius, Deutsches Staatsrecht, S. 66 f sowie K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 135. 3s Zur konstitutiven Bedeutung der Meinungsfreiheit für das Demokratieprinzip BVerfGE 82, 272/281 ("Zwangsdemokraten") m.w.N.

36

BVerfGE 40, 2961311 ff, insbs. S. 317.

Vgl. von Unruh, in Deutsche Verwaltungsgeschichte Bd. ll, S. 399/416 ff. Vor allem bei Beleuchtung des geistesgeschichtlichen Hintergrundes wird die Historiezität ·dieses Selbstverwaltungskonzeptes deutlich: für Stein fungierte Selbstverwaltung primär als Freiheitssicherung; bürgerliche Freiheit umfaßte - in Kantscher Tradition - neben Rechten auch Pflichten, für deren Erfüllung ein die Unabhängigkeit des Bürgers sicherndes und Ehrenamtlichkeil ermöglichendes Vermögen Grundlage war. 37

38 Hofmann, in Deutsche Verwaltungsgeschichte Bd. ll, S. 612. Vgl. Croon/HofmannJvon Unruh, Kommunale Selbstverwaltung im Zeitalter der Industrialisierung, S. 15 ff; Trachternach, Parteien in der kommunalen Selbstverwaltung, S. 43 ff; Lepsius, in G.A. Ritter, Die deutschen Parteien, S. 56/82.

3. FIUiktionen kommunaler Selbstverwaltung

65

nelle Lager nach Bismarcks Entlassung und beschleunigt nach der Jahrhundertwende in Interessengruppierungen mit divergierenden politischen Ordnungsvorstellungen, die ihre Ziele mit zunehmender Intensität durch politische Parteien verfolgten39 • Deshalb war die Vorstellung apolitischer kommunaler Selbstverwaltung als neutrale, "über den Parteien stehende" Instanz bereits um die Jahrhundertwende äußerst fragwürdig. In einer pluralistischen Gesellschaft ist der vermeintliche Gegensatz von politischer Willensbildung und Sachgerechtigkeit vollends obsolet geworden40. Für die Bundesrepublik konstatierte das Bundesverfassungsgericht schon 1957, daß die Arbeit in den Gemeinderäten "im allgemeinen Bewußtsein als echte politische Tätigkeit gewertet" werde41 . Und unter Bezugnahme auf Grauhan wird in der Kommunalwissenschaft allenthalben von "politischer Verwaltung" gesprochen42. Gleichwohl weisen neuere empirische Untersuchungen auf eine relativ geringe Wechselbeziehung zwischen parteipolitischer Orientierung der Gemeinderäte und den Ausgaben für Investitions-43 und Wohnungspolitik44 hin. Selbst bei zentralen politischen Entscheidungen wie der Besetzung von kommunalen Spitzenpositionen, der Verabschiedung des Gemeindehaushaltes oder des Flächennutzungsplanes herrsche in den Kommunalvertretungen eher konsens- als konfliktorientiertes Abstimmungsverhalten45. Unabhängig von den Ursachen eines relativ geringen parteipolitischen Differenzierungsgrades der Kommunalpolitik46 wäre es jedoch ein

39 Nipperdey, in G.A. Ritter, Die deutschen Parteien, S. 32 ff; ders., in Wehler, Modeme deutsche Sozialgeschichte, S. 369 ff. Vgl. auch von Unruh, DÖV 1986, 217!220 f, nach dem die an Ehrenamtlichkeil orientierte Konzeption von Steins schon bald im Zuge der lndustrialisiefiUig überholt war. 40 Betont sei, daß hier die politische Willensbildwtg, also die Tätigkeit des Rates angesprochen ist. Eine andere Frage ist die unparteiische, gemeinwohlorientierte Amtsführungspflicht der Beamten (§ 52 I BBG); dazu mit den Iandesrechtlichen Parallelvorschriften Battis, in Achterberg/Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht I, Kap. 4 Rn. llO ff. 41 BVerfGE 7, 155/167 mit Verweis auf E 6, 367/373 (Beteilig\Uig von Parteien bei Kommunalwahl). 42 Grauhan, Politische Verwaltung, 1970, insbesondere S. 32 ff; vgl. nur Banner, AfK 1982, 26; Frotscher, FG von Unruh, S. 139 f und Holtmann, APuZ 25/1990, 3/11. 43

Gabriel/KIUiz!lapf-Schramm, APuZ 30-31/1989, 14 ff/25 f.

44

Grüner/Iaedicke/Ruhland, PVS 29 (1988), 42 ff.

4~

Gabriel/KIUiz!Zapf-Schramm, APuZ 30-31/1989, 14 ff/26 m.w.N.

Die genannten Untersuchungen ziehen zur Erldäf\Uig neben der gegenüber der Bundesund Landespolitik traditionell geringeren parteipolitischen Akzentuierung der Kommunalpolitik und der allgerneinen programmatisch-ideologischen Homogenisierung der großen Parteien vor 46

5 Haaß

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

66

Mißverständnis, faktische Konsensorientierung rechtlich als unpolitische, venneintlich "sachneutrale" Entscheidung zu interpretieren. Vielmehr ist die freiheitlich demokratische Grundordnung des Grundgesetzes durch ein pluralistisches Verständnis aller Ebenen der öffentlichen Willensbildung geprägt. Der Satz "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus" fingiert nicht eine Willenseinheit des Volkes, sondern setzt einen pluralen Willensbildungsprozeß voraus47. Die öffentliche Markierung von parteipolitischem Dissens ist lediglich eine politisch-faktische Frage. Im KPD-Urteil führte das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf eine Verwirklichung des Gesamtwohles aus: "Was jeweils praktisch zu geschehen hat, wird also in ständiger Auseinandersetzung aller an der Gestaltung des sozialen Lebens beteiligten Menschen und Gruppen ermittelt. ... Das gleiche Ziel verfolgt die Abspaltung von Bereichen der Staatstätigkeit aus der zentralen Leitung durch Übertragung an Körperschaften und ·Personengemeinschaften zu grundsätzlich selbstverantwortlicher Wahrnehmung."48

Damit hebt das Bundesverfassungsgericht die ohnehin durch Art. 21 I 1 GG verbürgte besondere Rolle der Parteien hervor49 , begrenzt den politischen Willensbildungsprozeß aber nicht auf Parteien, sondern sieht hieran auch "Gruppen, Verbände und gesellschaftliche Gebilde verschiedener Art" 50 beteiligt. Die pluralistische Konzeption der Verfassung sieht dem Gemeinwohl gerechte, also "richtige" Entscheidungen nicht als Ergebnis vermeintlich "überparteilicher", neutraler administrativer Sachentscheidungen, sondern als "Resultante ... , die sich jeweils aus dem Parallelogramm der ökonomischen, sozialen, politischen und ideologischen Kräfte" ergeben soll51 . Die Konkretisierung des "Gemeinwohls" wird daher Verfassungs-

allem kommunalspezifische Gründe heran wie die Abhängigkeit von externen Vorgaben (z.B. Finanzzuweisungen) sowie die durch den direkten Kontakt mit den betroffenen Bürgern vermittelte Sensibilität für gesellschaftliche Problemlagen. 47

K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 133.

48

BVerfGE 5, 85/198, 199 f.

BVerfGE 2, 1/10 (SRP): "Das Grundgesetz ... trägt der politischen Wirklichkeit Rechnung, indem es die Parteien als Träger der politischen Willensbildung des Volkes - wenn auch nicht als einzige- ausdrücklich anerkennt." Vgl. BVerfGE 20, 56/97 ff; 44, 125/145 f; 73, 40/81 f. 49

so BVerfGE 20, 56/98 f, wie schon im SRP-Urteil angeklungen. SI So die berühmte Formel von Fraenkel, Deutschland und die westlichen Demokratien, S.

21. Zur Legitimation von Entscheidungen durch ihre "Richtigkeit" als Ergebnis pluralistischer, polyzentrischer Entscheidungsprozesse vgl. von Arnim, Gemeinwohl und Gruppeninteressen, S. S

3. FWtktionen konununaler Selbstverwaltung

67

rechtlich nicht durch materielle Kategorien vorgezeichnet, sondern bleibt dem demokratischen Prozeß überantworte~2• Versteht man als Kennzeichen der Politik in der pluralen Gesellschaft der freiheitlich demokratischen Grundordnung53 die Artikulation und Durchsetzung heterogener (Gruppen-)Interessen54, so mag Konsensorientierung zwar möglicherweise das aus funktionalen Gründen wünschbare Maß an programmatischer Ausdifferenzierung55 vermissen lassen, sie macht kommunale Entscheidungsprozesse gleichwohl nicht zu einer apolitischen Veranstaltung. Auch im kommunalen Willensbildungsprozeß lassen sich divergierende Interessen nicht a priori ausschließen, sondern sollen - idealtypisch - zum Ausgleich gebracht werden. Zu Recht wird gegen die Fiktion eines gemeinsamen örtlichen, rein sachlichen Interesses eingewandt: "Der Ort hat keine Interessen, sondern nur die Menschen, die darin wohnen, und diese Menschen haben in aller Regel sehr verschiedene Interessen."56 Dies setzt für die kommunale Selbstverwaltung demokratische Elemente voraus. Der Verzicht auf Partizipation als Element der kommunalen Selbstverwaltung erweist sich daher als eine antipluralen Mustern folgende Abschottung gegenüber Öffent-

ff, sowie ders., AöR 113 (1988), 11 ff. 32

Link, VVDStRL 48 (1990), 10/25 f.

Das BVerfG sieht die positiv-rechtliche Verankerung des Pluralismus vor allem in Verfassungsnormen, die grundlegende Bestandteile der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bilden; vgl. BVerfGE 2, 1/12 f (SRP); S, 85/197 ff (KPD); 12, 113/125; 20, 5697; 44, 125/138 ff. Zu nennen sind insbesondere horizontale und vertikale Gewaltenteilung (Art. 20 I, II 2: 28 I, II GG), die verfassungsrechtlich anerkannte Rolle der Parteien (Art. 21 I GG), grundrechtliche Veibürgungen (Art. 3 ill; Art. 4 I, II; Art. SI, ill; Art. 7, II, IV, V; Art. 8 I; Art. 9 I, ill GG) sowie Art. 33 I-ill und Art. 140 GG i.V.m. 136, 136, 141 WRV. VerfassWtgsrechtlich greifbare Einzelelemente einer Verfassungslehre des Pluralismus gibt Häberle, Die VerfassWtg des Pluralismus, S. 56 ff. 33

S4 Zur Pluralismustheorie Fraenkels Aufsatz von 1964, wiedergegeben in Nuscheler/Steffani, Pluralismus, S. 158 ff; s. auch Sontheimer und Schwan, FS Fraenkel, 1973, S. 425 ff bzw. S. 444 ff. Unter den Kritikern sei hervorgehoben einerseits Forsthoff, Rechtsstaat im Wandel, S. 203 f, der allgemeine Gemeinwohlinteressen nur defizitär im pluralistischen Willensbildungsprozeß berucksichtigt sieht, sowie andererseits Agnoli/Bruckner, Die Transformation der Demokratie, passim, und Narr, in Nuscheler/Steffani, aaO., S. 253 ff, welche dem Pluralismuskonzept eine, allerdings nicht erfüllbare EgalitätsverheißWtg entnehmen wollen. Zum Ganzen nach wie vor lesenswert die Konstanzer Antrittsvorlesung von Fritz Scharpf, Demokratietheorie zwischen Utopie und Anpassung (1970); aus neuerer Zeit Brugger, in Staatswissenschaften und Staatspraxis 1990, 529 ff.

33

Vgl. Luhmann, Legitimation durch Verfahren, S. 155 ff.

Trachtemach, Parteien in der kommunalen Selbstverwaltung, S. 49; Zum Verhältnis Kommunalpolitik Wtd Parteipolitik instruktiv Naßmacher, Kommunalpolitik, S. 14 ff m.w.N. 56

s•

68

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

lichkeit und Konkurrenz57 • Auch hier gilt Konrad Hesses Diktum, daß unter den Bedingungen der modernen Gesellschaft allein eine - ihre Verheißung auch tatsächlich erfüllende- pluralistische Demokratie "Anerkennung und Annahme zu finden vermag und damit einen als legitim empfundenen Staat zu begründen imstande wäre" 58 • Die Kontrastierung zwischen politischer Willensbildung und Sachgerechtigkeit steht aber auch - und das ist hier vor allem erheblich - im Widerspruch zur Grundentscheidung der Verfassung, die sich eben nicht nur für eine auf Selbstverwaltungskörperschaften gründende Vollzugsorganisation, sondern für eine auf Selbstverwaltung aufbauende, gegliederte Demokratie entschieden hat59 • Die Selbstverwaltungsgarantie in Art. 28 li GG und die in Art. 28 I 2 GG angeordnete demokratische Legitimation der gemeindlichen Vertretung sind aufeinander bezogen. Von Amim deutet im Hinblick auf diesen systematischen Zusammenhang das Demokratieprinzip als verfassungsrechtliche Wurzel der kommunalen Selbstverwaltung: "Das Gemeindevolk soll seine örtlichen Angelegenheiten selbst bestimmen." 60 Das Bundesverfassungsgericht betont in ständiger Rechtsprechung die zentrale Rolle des partizipativen Elementes der kommunalen Selbstverwaltung. Als Antwort des Verfassungsgebers auf die zentralistisch-autoritativen Erfahrung des nationalsozialistischen Regimes soll dem Selbstbestimmungsrecht der Gemeindebürger wieder erhöhte Geltung verschafft und damit zugleich die Demokratie "diktaturresistent" werden61 • Die Zurückhaltung des Verfassungsgebers bei der Zulassung unmittelbar-demokratischer Elemente auf Bundesebene soll auf kommunaler Ebene kompensiert werden durch "eine mit wirklicher Verantwortlichkeit ausgestattete Einrichtung der Selbstverwaltung, durch die den Bürgern eine wirksame Teilnahme an den Angelegenheiten des Gemeinwesens ermöglicht wird." 62

57 Thränhardt, Kommunaler Korporatismus, S. 11. Zur korporatistischen Tradition der DGO 1935 s. Matzerath, Nationalsozialismus und kommunale Selbstverwaltung, S. 121 ff, 156 ff.

58 K. Hesse, Verfassungsrecht, Rn. 136. Zum Zusammenhang zwischen gesellschaftlicher Partizipation und sozialer Stabilität in der westdeutschen Geschichte Greiffenhagen, APuZ 12/1991, s. 16 ff. 59

S. oben in diesem Teil über Fn. 10 (Zitat BVerfGE 52, 95/112).

Von Arnim, AöR 113 (1988) 1/14. S. auch Schmidt-Jortzig, DVBI. 1980, 1/3, der von "tektonischer Nähe" spricht. 60

61 BVerfGE 7, 155/167; 11, 266!275; 33, 125/157; in der Rastede-Entscheidung E 79, 127/149 (Zitat). 62

BVerfGE 79, 127/150. Zu den Möglichkeiten unmittelbarer Demokratie auf Gemeinde-

3. Funktionen kommunaler Selbstverwaltung

69

Im Hinblick auf die Rationalität der Kompetenzzuordnung sprechen auch die Ergebnisse der Implementationsforschung dafür, die verfassungsrechtlich eingeräumten Ressourcen dezentraler Willensbildung tatsächlich zu nutzen. Das Konzept politisch neutraler Administration gründet auf der Vorstellung, Sachentscheidungen könnten auf der Grundlage materieller (regulativer) Entscheidungsvorgaben "richtig" getroffen werden. Indes darf die begrenzte Effektivität regulativer Politik wohl als Gemeingut steuerungstheoretischer Untersuchungen gelten63• Wenn auch die Therapievorschläge im einzelnen sehr differieren und z.T. Abstraktionsebenen erreichen, die fruchtbare Ableitungen kaum mehr erlauben64, so sprechen vor allem der erhebliche Anpassungsbedarf staatlicher Steuerung und die schwierige Akzeptanz- und Konsensbildung dafür, Funktionen staatlichen Handeins auf dezentrale politischadministrative Ebenen zu verlagern. Staatliche Politik sollte sich auf Führungsaufgaben begrenzen, die sich konstituieren in 1. Orientierungsfunktion (Problemdefinition, Folgenabschätzung, Leitlinienvorgabe), 2. Organisationsfunktion ("Organisation der Kompetenz-und Ressourcenbereitstellung" durch lnstitutionalisierung von Entscheidungsverfahren) und 3. Vermittlungsfunktion (Moderation gesellschaftlichen Handelns)65 . Einer so weitgehenden Entformalisierung wird man aus verfassungsrechtlicher Sicht entgegenhalten müssen, daß die - S. 35 ff ausgeführte - staatliche Verantwortung auch materieller Mindeststandards unverzichtbar ist und der Rückzug auf bloße verfahrensmäßige (prozedurale) Steuerung keineswegs zu rationalen Ergebnissen führen muß. Auch im Hinblick auf den gemeindlichen Willensbildungsprozeß ist insoweit die Reproduktion gesellschaftlicher

ebene von Amim, DÖV 1990, 85 ff. 63 Mayntz, in dies., lmplementation politischer Programme, S. 50 ff. Einen neueren Überblick zur Diskussion m.w.N. bei Voigt und Seibel, in Voigt, Recht als Instrument der Politik, S. 14 ff bzw. 254 ff; aus umweltökonomischer Sicht Bonus, APuZ 10/1991, 37!38 ff m.w.N. Zu den Ressourcen regulativer Politik jedoch Voigt, GS Kirchheimer, S. 115 ff. Speziell zu dilatorischen Konfliktvermeidungsstrategie der Kommunen gegenüber staatlicher Regulierung Hucke/ Müller/Wassen, Implementation kommunaler Umweltpolitik, S. 303 ff, 308 ff.

64 Zur "sozietalen Steuerungstheorie" Willkes, Entzauberung des Staates, S. 33 ff; zur "Reflexivität" des Rechts Teubner/Willke, ZfRSoz 1984, 4 ff.

65 So die knappe Zusammenfassung der steuerungstheoretischen Ergebnisse bei Ellwein/J.J. Hesse, Regierungssystem, S. 55.

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

70

Machtpositionen im Entscheidungsverfahren hervorzuheben66• Vor dem Hintergrund regulativer Steuerungsdefizite ist jedoch der Schluß zu ziehen, daß die Organisationsfunktion staatlicher Politik effektuiert werden muß, indem die Unbestimmtheit der materiellen Vorgaben durch eine Präzisierung des Verfahrensrechts kompensiert wird. Zu denken wäre an die Vergabe von Verhandlungspositionen ("Tauschmacht" 67), wie es beispielsweise einfachgesetzlich im Umweltrecht (Anhörung beteiligter Kreise, Inkorporierung privater Regelwerke, Verbandsklage) in Ansätzen bereits positiviert ist. Soweit hiernach prozedurale Regelungen einen Rationalitätsgewinn verheißen, sollten Entscheidungen den Gremien der Betroffenen überlassen werden. Für die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft findet dieses Konzept seine verfassungsrechtliche Positivierung im Selbstverwaltungsrecht, welches ein Verfahren gemeindlicher Willensbildung bereitstellt. bb) Kommunale Demokratie als Partikularwille Für die Eingrenzung kommunaler Handlungsspielräume stellt sich jedoch die Frage, wie das Verhältnis zwischen kommunaler Willensbildung und gesamtstaatlichen Mehrheitsentscheidungen zu bestimmen ist. Ausgehend vom Grundsatz politischer Gleichheit aller Teile des Staatsvolkes, die sich in der "Legitimationskette" Volkswahl-Parlament-Regierung-staatsunmittelbare Verwaltung politisch realisiert, stellt sich die Privilegierung von Selbstverwaltungseinheiten bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben auf den ersten Blick als ein "der repräsentativen Demokratie grundsätzlich strukturfremdes Prinzip" dar68 • Kommunale Willensbildung wird als Ausdruck von Partikularwillen dem gesamtstaatlichen politischen Willen entgegengesetzt. (1) Egalittire Demokratie und kommunale Willensbildung

Der vermeintliche Gegensatz zwischen Demokratie und Selbstverwaltung führt auf die staatsrechtliche Diskussion in der Weimarer Republik zurück, die sich an der veränderten Legitimation staatlicher Machtentfaltung entzündete und mehrheitlich vermittels der überkommenen Differenzierung zwischen einem rechtlichen und einem politischen Selbstverwaltungsbegriff Elemente der politischen Willensbildung auf kommunaler Ebene aus dem

66

Eingehend zu den Rationalitätsgrenzen gemeindlicher Willensbildung unten S. 74 ff.

61

Dazu Hoffmann-Riem, Konfliktmittler, S. 64 ff.

68

Breuer, FG von Unruh, S. 870.

3. FWlktionen kommunaler Selbstverwaltung

71

rechtsdogmatisch Relevanten herauszuhalten suchte69• Noch im 19. Jahrhundert zogen die Selbstverwaltungseinheiten ihre Legitimation als "Zellen gesellschaftlicher Freiheit im hierarchisch-autoritär strukturierten Staatskörper"70 aus der Spannungslage zwischen bürgerlicher Gesellschaft und monarchischem Obrigkeitsstaat. Sie kompensierten gleichsam die auf Staatsebene vorenthaltene gesellschaftliche Partizipation. Diese Funktion entfiel mit der direkten demokratischen Legitimation des parlamentarischen Regierungssystems in der Weimarer Republik. Unter dem Dogma uneingeschränkter Verwirklichung des gesamtstaatlichen Mehrheitswillens - Hans Peters sprach vom "Prinzip absoluter Demokratie"71 - erschien kommunale Willensbildung nunmehr als konkurrierender Partikularwillen (und manchen als "pluralistische Zersetzung der Staatshoheit"72). Prägnant formulierte Kelsen: "Dem Willen der Glieder kann nur auf Kosten des Willens des Ganzen Spielraum gewährt werden. "73 Hinzu kommt, daß im volldemokratisch strukturierten Staat die unteren Vollzugsinstanzen durch die Legitimationskette Volk-Parlament-Regierung-untere Vollzugsebene bereits hinreichend legitimiert sind, so daß sich die Wahl kommunaler Repräsentanten als zusätzliche, und zwar personale Legitimation darstellt. Die Gegenüberstellung von kommunaler Selbstverwaltung und Demokratie geht von der Vorstellung aus, das Staatsvolk bilde einen einheitlichen politischen Willen. Diese Vorstellung läßt sich unter dem Grundgesetz nicht halten. Die Verfassung hat sich vielmehr mit der Entscheidung für eine föderative, gestufte Demokratie auch für einen föderativen Willensbildungsprozeß entschieden. "Es gilt nicht die Lehre vom einen, unteilbaren Volkswillen und vom einen, unteilbaren Gemeinwohl, sondern der Wille des Volkes kann in

69 Für die h.M. H. Peters, Grenzen der kommunalen Selbstverwaltung, S. 6 ff m.w.N. Dagegen betonte in diesem Zusammenhang G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 632: "Es gibt keinen staatsrechtlichen Grundbegriff, der nicht aus dem Kampfe und Siege politischer Forderungen hervorgewachsen wäre." Überblick geben Hendler, Selbstverwaltung, S. 163 ff und Frotscher, FG von Unruh, S. 134 ff. Zur Reaktion der Rechtsdogmatik auf die politischen Veränderungen Matzerath, Nationalsozialismus und kommunale Selbstverwaltung, S. 21 ff. 70

Hendler, Selbstverwaltung, S. 167.

71

AaO., S. 44.

Als Ausdruck einer "Polykratie"; so Köttgen, Die Krise der kommunalen Selbstverwaltung, S. 33 (Zitat) und Carl Schmidt, Der Hüter der Verfassung, S. 92 ff. Zur Selbstverwaltung im "totalen Staat" Forsthoff, Die Krise der Gemeindeverwaltung (1932), S. 59 ff. 72

73 Kelsen, Vom Wesen und Wen der Demokratie, S. 74; Kelsen hielt allerdings Selbstverwaltung und Demokratie nicht für wesensfremd, sondern befürchtete vielmehr eine Paralysierung des Gesetzesvollzuges durch die Selbstverwaltungskörperschaften (S. 72).

72

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

Bund, in jedem Land und in jeder Kommune in andere Richtung gehen und das Gemeinwohl anders interpretieren" (Püttner)74• Hier realisiert sich das pluralistische Konzept der Verfassung, welches "richtige", also Gemeinwohl verwirklichende Entscheidungen am ehesten durch polyzentrische Entscheidungsprozesse gewährleistet sieht, weil plurale Entscheidungsträger nicht nur ein System von checks and ballances verbürgen und damit Machtmißbrauch verhindern, sondern zudem Artikulation und Berücksichtigung der vielflUtigen beteiligten Interessen umfassender als in einem zentralistischen Entscheidungssystem erlauben. Darüber hinaus ist die besondere demokratische Legitimation der kommunalen Selbstverwaltung auch staatstheoretisch begründbar. Schon Hans Peters verstand die lokalen Volksteile als Minderheit im Gesamtstaatsvolk und konzipierte kommunale Selbstverwaltung unter Rückgriff auf das Demokratieprinzip als Ausfluß des Minderheitenschutzes75• Konrad Hesse zieht darüber hinaus den föderativen Aufbau der Bundesrepublik zur Abschirmung regionaler Minderheiten gegen die bundesstaatliche Majorität heran76• Hier können politische und soziale Minderheiten vor einer "Mehrheitsdiktatur" geschützt werden und auch gegen gesamtstaatliche Mehrheiten begrenzt politische Wirkung entfalten. Daneben rechtfertigt aber vor allem der Umstand, daß sich das Selbstverwaltungsrecht auf die Regelung der eigenen Angelegenheiten der Gemeindebürger bezieht, auch in einer egalitären Demokratie dem Partikularwillen insoweit eine herausgehobene - wenn auch nicht unbegrenzte Rechtsstellung einzuräumen77 . Man verbindet damit die These, daß hoheitliche Entscheidungen, die unter maßgeblicher Mitwirkung der von ihnen besonders Betroffenen zustande gekommen sind, eher als verbindlich anerkannt werden. Hoffmann-Riem macht darauf aufmerksam, daß das Recht als Verhaltensnorm für

74 HkWP Bd. 2, S. 9 f. Dies muß man Dreier, Hierarchische VeJWaltung im demokratischen Staat, S. 283 ff, entgegen halten. Auch Dreier bewertet polyzentrische Kompetenzverteilung als Verlust demokratischer Einheit, ohne zwischen staatlicher Exekutive und kommunaler SelbstveJWaltung zu differenzieren (vgl. S. 121 ff).

75 Peters, Grenzen der kommunalen SelbstveJWaltung, S. 43 f; s. auch Hendler, Selbstverwaltung, S. 169. 76 K. Hesse, Grundzüge, Rn. 225; ebenso Henog, in MaunlJDürig, GG, Art. 20 IV Rn. 83; Maun2'/lippelus, Deutsches Staatsrecht, S. 109.

n Schmidt-Aßmann, NVwZ 1987, 265/268. Dam Hendler, SelbstveJWaltung, S. 309 ff; Frotscher, FG von Unruh, S. 137 f; K. Stern, Staatsrecht I, S. 403. Vgl. auch BVerfGE 11, 2661275; 33, 125/159, das hier von den "Beteiligten" spricht.

3. Funktionen kommunaler Selbstverwaltung

73

die Verwaltung nicht nur die Rechtmäßigkeit, sondern in erster Linie die "Richtigkeit" der Entscheidungen im Sinne einer Optimalität steuern soll, und daß die Kontrollfunktion des Rechts erst bei einem Fehlschlag im nachfolgenden gerichtlichen Streit dominiere 8• Da sich Akzeptanz und Konsens am ehesten im Ergebnis einer möglichst optimalen Befriedigung der betroffenen Interessen bilden, gewährleisten erst sie die tatsächliche Verwirklichung der "friedensstiftenden Aufgabe des Rechts" und damit des Staates79 • Selbstverwaltung solle der "Aktivierung der Bürger für ihre eigenen Angelegenheiten durch Einräumung der Möglichkeit zu aktiv gestalterischer Mitwirkung" dienen, welche Demokratie "erlebbar" mache und "durch Einräumung bürgerlicher Mitverantwortung und Mitentscheidung Garant gegen einen Untertanengeist" sei; die "lebendige Demokratie" lasse die "Vorteile eines freiheitlich demokratischen Staatswesens anschaulich miterleben", weshalb ihr eine "nicht zu unterschätzende Integrationskraft" zukomme80• Kommunale Selbstverwaltung bewirke daher: "Beteiligung des Bürgers an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, Integration des Bürgers in politische Gemeinschaften, Verbreiterung der Basis für ein politisches Engagement, Hinführung zu Toleranz und anderen demokratischen Verhaltensweisen, sachgerechte und selbstverantwortliche Lösung von Zielkonflikten, Berücksichtigung örtlicher und regionaler Besonderheiten, Erfolgskontrolle von Entscheidungen höherer Ebene, Aufspüren und Eliminieren von Fehlerquellen in der öffentlichen Verwaltung, Entlastung des Staates durch zusätzliche Kapazitäten der Konfliktverarbeitung, Beitrag zum politischen Pluralismus, Beiträge zu Gesamtplanung und Gesetzgebung, politische Gestaltung der lokal bezogenen Lebensverhältnisse in bürgerschaftlicher Mitverantwortung."81

78 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler, S. 5 f, der zugleich eine Verengung des rechtsdogmatischen Blickwinkels auf die justitielle Ebene konstatiert. 79

Zur Akzeptanz des Rechts Hili, JZ 1988, 377. Die Funktion richterlicher Entscheidungen

zur Herstellung gesellschaftlicher Akzeptanz hebt Benda, DÖV 1983, 305/309 hervor; s. dazu

auch J. Ipsen, VVDStRL 48 (1990), 177(2JY2. Zur Akzeptanz durch Verwaltungsverfahren Würtenberger, NJW 1991, 257. 80 So die Zusammenstellung einschlägiger kommunalrechtlicher Formeln der Rechtsprechung und Literatur bei Schwab, Kommunale Selbstverwaltung heute, S. II f m.w.N.; vgl. auch Burmeister, Verfassungstheoretische Neukonzeption, S. I 08 ff. Daß dies nicht nur "formelhafter Rhetorik" (Hendler, Selbstverwaltung, S. 303) bleiben muß, zeigen die jüngsten Erfahrungen in SH, wo die Ausweitung direkter demokratischer Entscheidungsteilhabe (§ 16 g GO n.F.) zu einer Aktivierung der Bürger in "unerwartetem Ausmaß" geführt habe; so Ulrich Stock, in Die Zeit Nr. 17 vom 19.4.1991, S. 13 ff. 81 So die These eines Professorengespräches des Deutschen Landkreistages (1973) in DLKrT, Gefährdungen und Chancen der kommunalen Selbstverwaltung, S. 119.

74

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

Staatstheoretisch lassen sich im Anschluß an Frotsche(l2 somit vier demokratische Potentiale der Selbstverwaltung zusammenfassen: 1. Partizipation; politische Mitbestimmung ist im lokalen Umfeld typischerweise in größerem Ausmaß möglich als auf gesamtstaatlicher Ebene83• 2. Integration und Identifikation; kommunale Selbstverwaltung vermag dem politischen Entfremdungsprozeß entgegenwirken, welcher für den überwiegenden Teil des Staatsvolkes auf Bundes- und Landesebene durch die Begrenzung der Mitwirkung auf periodische Wahlakte entstehen kann. In diesem Sinne demokratiefördernd erweist sich auch die Responsivität lokalen politischen Handelns84• 3. Pluralismus; Selbstverwaltung unterstützt die Artikulation unterschiedlicher Meinungen und Interessen. 4. Sachgerechtigkeit; kommunale Selbstverwaltung kann lokale Besonderheiten aufgrund ihrer Orts- und Problemnähe in den Entscheidungsprozeß einbeziehen85 .

(2) Grenzen des Partikularwillens Gleichwohl lassen eine Reihe von Einwänden ein idealisierendes Bild lokaler Demokratie nicht zu. Zunächst findet die Berücksichtigung partikularer Akzeptanz dort ihre Grenze, wo der Staat im Gesamtinteresse aufgerufen ist, Mindeststandards und Leistungserstellung zu gewährleisten. Angesichts der Tatsache, daß sich heute auch solche Projekte, die grundsätzlichen Konsens finden (etwa Behindertenheime, psychiatrische Anstalten, Theaterbauten), gegen den aktiven Protest einzelner betroffener Gruppen kaum durchsetzen lassen, muß Gesamtwille grundsätzlich auch gegen Partikularwillen umsetzbar bleiben. Dies gilt im besonderen für raumbezogene Maßnahmen und (groß-)technische Vorhaben (vorliegend vor allem Anlagen zur Abfallbeseitigung), die praktisch durchgängig auf den Widerstand der in Standortnähe wohnenden Bürger bzw. ihrer Gemeinden treffen, welche nach dem

s.

82

FG von Unruh, S. 131 ff.

83

Vgl. von Amim, AöR 113 (1988), S. 15 f.

Zum Konzept vgl. Uppendahl, in Thränhardt/Uppendahl, Alternativen lokaler Demokratie, 85 ff. 84

85 Zur Legitimation von Entscheidungen durch ihre "Richtigkeit" als Ergebnis pluralistischer, polyzentrischer Entscheidungsprozesse vgl. von Arnim, AöR 113 (1988), 11 ff.

3. Funktionen kommunaler Selbstverwaltung

75

"St.-Florians-Prinzip" die Lösung der - schließlich auch von ihnen selbst erzeugten - Probleme im Ergebnis immer nur andernorts realisiert sehen wollen86. Der für eine demokratische Gesellschaft erforderliche Konsens setzt Maßnahmen wtd Projekte gegen den Betroffenenwillen erhöhter Legitimationsnotwendigkeit aus. Zu deren genaueren Bestimmung kann auf das dualistische Legitimationskonzept der Verfassung zurückgegriffen werden, welches Entscheidungen nicht nur durch die demokratische Willensbildung, sondern auch durch ihre Gemeinwohlorientierung legitimiert sieht. Das demokratische Legitimationsverständnis der Verfassung geht zwar von einer föderalen Gliederung aus, räumt allerdings der staatlichen Hoheitsausübung den grundsätzlichen Vorrang ein, weil die zusätzliche Legitimation der kommunalen Entscheidungsträger nur auf das kommunale Wahlvolk, nicht aber auf den Gesamtsouverän zurückführbar ist. Dieser stellt gemäß Art. 20 II 1 GG die primäre Legitimationsquelle dar. Andererseits ist für die genaue Bestimmung der dieserart grundsätzlich gegebenen Priorität zu berücksichtigen, daß die demokratische Legitimation nicht Selbstzweck ist, sondern zu einem wesentlichen Teil in der Erwartung liegt, die demokratisch legitimierten Organe träfen die relativ "richtigen", also dem Gemeinwohl dienenden Entscheidungen87. Verfassungstheoretisch realisiert sich hier das pluralistische Konzept des Grundgesetzes, das die Verwirklichung des Gemeinwohles als Resultat des Ausgleiches zwischen widerstreitenden Interessen sieht88• Das Gebot inhaltlicher Richtigkeit ist daher schon dem Demokratieprinzip immanent. Ob es darüber hinaus auch als Ausdruck materieller Gerechtigkeit rechtsstaatlich geboten ist, mag zweifelhaft sein89 , es folgt aber jedenfalls aus der Fundamentalnorm des Art. 1 I GG, wonach Zweck des Verfassungsstaates die Sicherung der Autonomie des Menschen ist90• Damit wird

86 Hoffmann-Riem, Konflikunittler, S.14 f m.w.N. Betroffenenwiderstand kann jedoch nicht nur als St.·Florians-Mentalität charakterisiert werden, vielmehr kommt ihm im politischen System durchaus eine erhebliche Rolle zu: die Erhöhung des politischen Preises eines Projekts ("Kauf lokaler Zustimmung") vermag die gesellschaftlichen Kosten wenigstens partiell auch einzelwirtschaftlich zu internalisieren; dazu Fetscher, Wieviel Konsens gehört zur Demokratie? in Guggenberger/Offe, An den Grenzen der Mehrheitsdemokratie, S. 196/204. 87

Zur "Legitimation durch Richtigkeit" BVerfGE 5, 85/135; 69, 315!345 ff.

88

Zu diesem Konzept und seinen Grenzen oben S. 63 ff.

89

Dazu Kunig, Rechtsstaatsprinzip, S. 334, 335 ff.

Zur Menschenwürde als Grundlage der staatlichen Gemeinschaft s. Häberle, HdbStR I, § 20 Rn. 56 ff m.w.N; zum Zusammenhang von Demokratie und Menschenwürde s. Rn. 61 ff. 90

76

li. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

zugleich auch die Grenze der prioritären Legitimationsquelle staatlichen Handeins markiert: Ihr kommt nur dort uneingeschränkter Vorrang zu, wo der Partikularwille typischerweise geringere Realisierungschancen für die menschliche Autonomie aufweist. Auch der Gewaltenteilungsgrundsatz (Art. 20 ll GG) ließe sich insoweit fruchtbar machen. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Nachrüstungsbeschluß - allerdings hinsichtlich der Gewaltenteilung zwischen Gesetzgebungsorganen und Gesetzesvollzugsorganen - ausgeführt, daß die staatlichen Entscheidungen "möglichst richtig, das heißt von den Organen getroffen werden, die dafür nach ihrer Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen verfügen. "91 Die grundsätzliche Zuweisung von Aufgaben erfolge danach, welches Organ sie typischerweise bestmöglich erfüllt. Dieser Gedanke ist auch auf die hier in Frage stehende Aufgabenverteilung übertragbar, da diese ebenso der Erfüllung des Gemeinwohles dient. Auch die Rasterle-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes war von diesem Optimierungsgedanken getragen, wenn das Gericht ausführte, daß eine "Aufgabe jeweils auf der Ebene anzusiedeln (ist), die hierfür die geeignetere ist." 92 Für die konkrete Entscheidung muß sich demnach der Vorrang des Gesamtwillens gegenüber partikularem Betroffenenwillen damit legitimieren, daß nur so den Grundwerten der Verfassung, d.h. neben Art. 1 I und Art. 20 GG insbesondere der grundrechtliehen Werteordnung, optimal Geltung verschafft werden kann93 • Neben diesen demokratietheoretischen Erwägungen sieht sich kommunale Willensbildung als Ausdruck des Demokratieprinzips vielfältigen rechtstatsächlichen Einwänden ausgesetzt. Zunächst wird die integrative Funktion durch ein reales Defizit an Partizipationschancen geschmälert. Dies ist einerseits Resultat der fachlichen und daraus folgenden politischen Dominanz der kommunalen Verwaltungsspitze, die Grauban schon 1969 veranlaßten, von "exekutiver Führerschaft" zu sprechen94• Ungeachtet der kommunalverfas-

91

BVerfGE 68, 1/86, 87.

92

BVerwGE 67, 321!325.

Hier würde z.B. die Aufnahme des Umweltschutzes als Staatsziel eine gesteigerte legitimatorische Wirkung entfalten können. 93

94 Grauhan, PVS 1969, 270(273. Vgl. auch von Mutius, 53. DJT, E 101 ff m.w.N. Deshalb charakterisiene Ellwein, PVS 1970, Sonderheft 2, S. 175 die kommunale Selbstverwaltung realiter als "demokratisch ein nullum". Zur sachlichen und zeitlichen Überforderung der - ehrenamtlichen - kommunalen Mandatsträger Naßmacher, in Thränhardt/Uppendahl, Alternativen lokaler Demokratie, S. 43/57 ff.

3. Funktionen kommunaler Selbstverwaltung

77

sungsrechtlichen Unterschiede hat sich die Vorbereitung der Ratsentscheidungen zu über 90 % auf die Fachverwaltungen verlagert, welche die konkreten Entscheidungen wesentlich prägen - wtd zwar aus dem Blickwinkel und in den Routinen des jeweiligen Ressorts. Vor dem Hintergrund der Zielk:onflikthaftigkeit gemeindlicher Umweltpolitik, die nicht nur der Wirtschaftsansiedlungs- bzw. Standortsicherungspolitik im Wege stehen, sondern auch mit (oftmals kurzfristiger) Kostenrationalität kollidieren kann, birgt die Dominanz der Fachverwaltungen gerade unter umweltpolitischen Gesichtspunkten die Gefahr eindimensionaler Problemsicht und mangelhafter Berücksichtigung der langfristigen, fachübergreifenden Entscheidungsfolgen95• Hinzu kommt ein "quantitativer Verlust an demokratischer Substanz", den die drastische Verringerung der Mandate in den kommunalen Vertretungskörperschaften nach der Gebietsreform mit sich gebracht hatte96• Im Hinblick auf eine Beeinträchtigung der integrativen und partizipativen Funktion der kommunalen Selbstverwaltung ist aber von besonderer Bedeutung, daß auch kommunale Selbstverwaltung die Berücksichtigung aller Betroffeneninteressen im Entscheidungsprozeß nicht per se gewährleistet. Vielmehr zeigt gerade das Entstehen von Bürgerinitiativen mit lokaler Thematik mangelhaften Interessenausgleich97• Politische und wirtschaftliche Verflechtungen zwischen "Regierenden und Regierten" kommen auf lokaler Ebene weit stärker zum Tragen als auf gesamtstaatlicher Ebene, weshalb Frotscher

95 Nach B. Richter, in J.J. Hesse, Erneuerung der Politik, S. 141/153, werden zwischen 90 und 95 % der Ratsentscheidungen in den Fachverwaltungen vorbereitet. Zur mangelhaften Problernadäquanz, insbesondere der Kurzfristigkeil des Kostenkalküls und der Extemalisierungsstrategien gemeindlicher Umweltpolitik eingehend die Fallstudienanalysen von Hucke/Müller/ Wassen, Irnplernentation kommunaler Urnweltpolitik, S.lOO ff, 213 ff und Baumheier, VerwArch 79 (1988), 160 ff. Überblick bei E. Müller sowie Hucke/Ueberhorst, in dies., Kommunale Um· weltpolitik, S. 39/46 ff bzw. S. 9 ff. 96 Hili, Die politisch-demokratische Funktion, S. 66 (Zitat). Die Zahl der Mandate sank um ca. 40 %; vgl. Thieme/Prillwitz, Durchführung und Ergebnisse der kommunalen Gebietsreforrn, S. 80; DStT, Die Gerneinden in der Bundesrepublik, S. 21. 97 WeMgleich die Einflußchancen entsprechend der Gemeindegröße naturgemäß unterschiedlich eingeschätzt werden. Nach einer Untersuchung von Bick glauben 60 % der Wähler in Großstädten, keinen Einfluß auf die lokale Politik zu haben (in J.J. Hesse, Zur Situation der kommunalen Selbstverwaltung, S. 33/34). Insgesamt wird die subjektive politische Kompetenz auf lokaler Ebene jedoch höher eingeschätzt; dazu Gabriel, APuZ 25/90, S. 15 ff m.w.N. Zum "Basisbezug" der politischen Parteien in der Kommunalpolitik Engel, ebenda, S. 27 ff. Eine Aufbereitung einschlägiger Untersuchungen zu den Rahmenbedingungen kommunaler Partizipation gibt Schwiderowski, Entscheidungsprozesse, S. 44 ff.

78

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

ein "Repräsentationsdefizit" erkennt98 • Hier wird die Fiktivitllt eines homogenen Gemeindeinteresses besonders augenfällig99•

c) Vorrang der politisch-demokratischen vor der verwaltungsorganisatorischen Funktion Nach der kommunalen Gebietsreform der 60er und 70er Jahre mehrten sich die Stimmen, die eine zu einseitige Orientierung der Reform an verwaltungsorganisatorischer Effizienz kritisiertenHx>. Ziel der Reformmaßnahmen war es, durch Maßstabsvergrößerung und Konzentration der Aufgabenerfüllung die Leistungskraft der unteren und mittleren Verwaltungsebene zu stärken, um damit eine den gestiegenen Anforderungen genügende Leistungskraft der Verwaltungseinheiten zu gewährleisten. Zielkriterium war eine höhere Verwaltungseffizienz, welche sich an ökonomischen und finanzwissenschaftliehen Kriterien bestimmte. Damit einher ging ein - auch vom Bundesverfassungsgericht konstatierter101 - quantitativer Verlust an demokratischer Mitwirkung. Erlebbare Mitwirkungschancen wurden darüber hinaus auch durch die Ausdehnung der räumlichen Zuständigkeiten begrenzt, welche die Einflußchancen der einzelnen Bürger auf den kommunalen Willensbildungsprozeß verringerten und damit einen wesentlichen Motivationsfaktor bUrgerschaftliehen Engagements schmälerten. Zudem führte die Zentralisierung der Verwaltung bzw. die Hochzonung von Aufgaben zu geringerer BUrgemähe, als sie die vorgängigen, kleinen Verwaltungseinheiten aufweisen konnten. Diese Entwicklung zeitigte jedoch eine nur mangelhafte Verwirklichung der politisch-demokratischen Funktion der Selbstverwaltung. Rechts- und verwaltungspolitisch wurde ihr daher ein verkürzter Effizienzbegriff vorgehalten102. Zuletzt hatte noch das Bundesverwaltungsgericht in seiner bereits erwähnten Rastede-Entscheidung die Aufgabenverteilung zwischen Gemeinde

98 Frotscher, FG von Unruh, S. 145; S. 141: "Gefahr des Machtmißbrauchs und der Vetternwirtschaft". Vgl. auch von Amim, AöR 113 (1988), S. 15 f rn.w.N.

99 Deshalb erscheint es problematisch, nachdem das Stichwort "Bürgerinitiativen" erst einmal gefallen ist, kommunale Selbstverwaltung umstandslos mit "Betroffenendernokratie" zu identifizieren (so aber Hendler, Selbstverwaltung, S. 315 f). 100 Von Mutius, 53. DJT, E 60 ff; Hili, Die politisch-demokratische Funktion, S. 13 f (jeweils m.w.N.). Zur Gebietsreform oben S. 52. 101

BVerfGE 79, 127/148.

Von Mutius, FG von Unruh, S. 244 und ihm folgend Hill, Die politisch-demokratische Funktion, S. 24. Kritisch auch Schmidt-Aßmann, FS Sendler, 121/126. 102

4. Die verfassungsrechtlich verbürgte Allzuständigkeit...

79

und Kreis allein unter dem Gesichtspunkt verwaltungsorganisatorischer Optimierung gelöst103• In der Entscheidung zu der daraufhin eingelegten Kommunalverfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht nunmehr - so Schoch104 - "ein geradezu klassisches Machtwort gesprochen" und . unter ausdrücklicher und mehrfacher Inbezugnahme der politisch-demokratischen Funktion der gemeindlichen Selbstverwaltung im Hinblick auf die Aufgabenverteilung entschieden: "Die Verfassung setzt diesen ökonomischen Erwägungen jedoch den politisch-demokratischen Gesichtspunkt der Teilnahme der örtlichen Bürgerschaft an der Erledigung ihrer öffentlichen Aufgaben entgegen und gibt ihm den Vorzug." 105 Für die Begründung von Aufgabenzuständigkeiten und damit von Handlungsspielräumen verleiht demnach die politisch-demokratische Funktion der gemeindlichen Selbstverwaltung den Gemeinden eine herausgehobene Position, an der sich die Entörtlichung von Entscheidungskompetenzen messen lassen muß.

4. Die verfassungsrechtlich verbürgte Allzuständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Gemeinden Handlungsspielräume können nur insoweit bestehen, wie einem politischen Akteur normativ die Entscheidungskompetenz zugewiesen ist. Dies setzt zum einen voraus, daß der Akteur für die Bewältigung der in Frage stehenden Aufgabe kompetentiell zuständig ist, und zum zweiten, daß die Entscheidungsmodalitäten nicht durch zulässige normative Vorgaben begrenzt sind. Zentrale verfassungsrechtliche sedes materiae gemeindlicher Zuständigkeit ist Art. 28 II GG 1, der das Recht der Gemeinden gewährleistet, "alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln." Damit setzt Art. 28 II GG das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden voraus, welches landesverfassungsrechtlich begründet2

103 BVerwGE 67, 3211324 f . Zu der von dieser Entscheidung ausgelösten Diskussion Schoch, VerwArch 81 (1990), S. 18/20 m.w.N. 104

AaO., S. 33.

105

BVerfGE 79, 127/147 ff, Zitat S. 153.

1 Neben den finanzverfassungsrechtlichen Gewährleistungen (Art. 104 a IV; Art. 105 III; Art. 106 V-IX; Art. 107 II; Art. 108 IV, V, VII; Art. 109 IV GG); zur Abgabenhoheit der Gemeinden s. unten S. 239 ff und 254 ff. Die Gemeinden werden weiterhin genannt in Art. 75 Nr. 1, Art. 115 c III und in Art. 93 I 4b GG. 2 Verf Art. 10, 11, 83 Bay; Art. 71 BW; Art. 144 Brem; Art. 137 Hess; Art. 44 Nds; Art. 78 NRW; Art. 49 RP; Art. 117 f Saarl; Art. 46 SH.

80

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

und vom Bund anerkannt sowie garantiert (Art. 28 III GG) wird. Art. 28 li GG normiert lediglich eine Mindestgarantie, über die landesrechtliche Gewährleistungen hinausgehen können. So enthalten die genannten Verfassungsbestimmungen von Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein keine Beschränkung gemeindlicher Aufgaben auf ihre örtliche Radizierung, sondern folgen einem monistischen Aufgabenverständnis. Gleichwohl gewährt keine der Landesverfassungen im Ergebnis wesentlich anderes als Art. 28 II GG, weshalb Schmidt-Jortzig im Hinblick auf die kommunale Selbstverwaltungsgarantie heute von einem "gemeindeutschen Verfassungsrecht" spricht3• Zudem entfalten die landesverfassungsrechtlichen Garantien gemäß Art. 31 GG keine Wirkung gegenüber Bundesrecht Ausgangspunkt der Untersuchung normativer Handlungsspielräume der Gemeinden ist daher Art. 28 II.

a) Institutionelle Garantie Nach allgemeiner Auffassung in Lehre4 und Rechtsprechunt ist die verfassungsrechtliche Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung als institutionelle Garantie zu verstehen. Art. 28 II GG knüpft damit an die Ende der Weimarer Republik entwickelte Staatsrechtslehre an, welche trotz der systematischen Verankerung des Art. 127 WRV im Grundrechtsteil die kommunale Selbstverwaltung nicht mehr als Grundrecht oder grundrechtsähnliches Recht charakterisierte und damit zum einen die praktische Bedeutungslosigkeit der Garantienorm der WRV6 und zum anderen die traditionelle

3 Schmidt-Jonzig, Kommunalrecht, Rn. 457. Vgl. auch Pagenkopf, Kommunalrecht I, S. 64; von Mutius, 53. DJT, E 46 f; K. Stern, Staatsrecht I, S. 419; Knemeyer, FG von Unruh, S. 213 f. A.A. Brohm, DÖV 1989, 429/432, unter Hinweis auf die monistische Aufgabenkonzeption einiger Landesverfassungen; Brohm muß aber einschränken, daß aus dieser Konst!Uktion (bislang) nur marginale Konsequenzen gezogen wurden; vgl. dam auch von Mutius, FG von Unruh, 241 f.

s.

4 Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 28; Pagenkopf, Kommunalrecht I, S. 57 ff; Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 512 f; vgl. auch Blümel, VVDStRL 36 (1978), S. 189; von Mutius, 53. DJT, E 25 ff; Bethge, FG von Unruh, S. 149 ff; K. Stern, Staatsrecht I, S. 408 ff; ders., BK, Art. 28 Rn. 78; Maunz, in ders./Dürig, GG, Art. 28 Rn. 45; Roten, in von Münch, GG, Art. 28 Rn. 31 (jeweils m.w.N.). Eine nach Schmidt-Jortzig (aaO. Fn. 49) "einsame Gegenposition" vertriu G.-J. Richter, Vcrfassungsprobleme, S. 123 ff.

5 BVerfGE 1, 167/174 f; aus ncucrer Zeit E 59,216/227; 76, 107/119; 79, 127/143. Vgl. die umfangreiche Rechtsprechungsübersicht bei Burmeister, Verfassungstheoretische Neukonzeption, S. 3 f Fn. 10. 6

Aufgrund des umfassend verstandenen Gesetzesvorbehaltes; vgl. von Unruh, FS Scupin,

4. Die verlassWJgsrechtlich verbürgte Allzuständigkeit...

81

Konstrastierung von Gemeindeverwaltung und Staatsverwaltung überwinden wollte. Für das Grundgesetz folgt dieses Verständnis der kommunalen Selbstverwaltung aus der systematischen Stellung außerhalb des Grundrechtsteiles unter der Abschnittsüberschrift "Der Bund und die Länder" sowie aus der durch Art. 93 I Nr. 4b GG eingeräumten Kommunalverfassungsbeschwerde, derer es im Falle einer grundrechtliehen Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung im Hinblick auf Art. 93 I Nr. 4a GG nicht bedurft hätte. Die gelegentlich zusätzlich herangezogene Wortlautinterpretation, welche auf die im Vergleich zu Art. 127 WRV ("Gemeinden und Gemeindeverbände haben das Recht ...") geänderte Formulierung hinweist7 , scheint für die Begründung einer nicht grundrechtliehen Konzeption nicht zwingend. Auch in Art. 28 II 1 GG wird "das Recht" gewährleistet, und in Satz 2 ist im Hinblick auf die Gemeindeverbände ausdrücklich vom "Recht der Selbstverwaltung" die Rede. Daß landesrechtlich das kommunale Selbstverwaltungsrecht in Bayern als "grundrechtsähnliches" 8 bzw. im Saarland ebenso wie die Grundrechte als "verfassungsmäßiges Recht" 9 charakterisiert wird, kann die bundesverfassungsrechtliche Gewährleistung nicht beeinflussen; die Verfassungsräume des Bundes und der Länder stehen selbständig nebeneinander10• Eine institutionelle Garantie verbürgt nicht nur objektivrechtlich die Einrichtung als solche, sondern vermittelt darüber hinaus den aus der Einrichtungsgarantie Berechtigten eine subjektive Rechtsposition zur Abwehr von Eingriffen in den Garantiebereich. Dabei wird die institutionelle Garantie des Art. 28 II GG in dreifacher Hinsicht aufgefächert11 : - als institutionelle Rechtssubjektgarantie, die sich zugleich als staatsorganisatorisches Aufbauprinzip erweist,

1973, s. 393. 7

Clemens, NVwZ 1990, 834/835.

BayVerlGHE 29, 191/200; 34, 6Sn2; 34, 180/187 m.w.N.; sowie -nach der Sasbach-Entscheidung des BVerlG (E 61, 82/100 ff)- BayVerlGHE 37, 101/195 ff; BayVBl. 1984, 655 ff; so auch Knemeyer, BayVBl. 1988, 129 ff. Kritisch zur grundrechtliehen Konzeption gemeindlicher SelbstverwaltWlg Bethge, FG von Unruh, S. 159 ff und Badura, BayVBl. 1989, 1/3 f. 8

9

Saar!VerlGH, DÖV 1976, 247.

10

BVerlGE 36, 342!360 f; 60, 175/209.

K. Stern, Slaatsrecht I, S. 409. Weitere Nachweise zur historischen Entwicklung, insbesondere zur Grundrechtsproblematik bei Blümel, FG von Unruh, S. 266 f, Fn. 4 f; Knemeyer, ebenda, S. 211. Zur rechtlichen Qualifizierung der Abwehrposition Maunz, in ders./Dürig, GG, Art. 28 Rn. 56 f. 11

6 Haaß

82

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

- als objektive Rechtsinstitutionsgarantie, die eine eigenverantwortliche Erledigung kommunaler Aufgaben gewährleistet, sowie - als subjektive Rechtsstellungsgarantie, die Rechtsschutz gegen Eingriffe in die gewährte Rechtsstellung vermittelt. Im Gegensatz zur postulierten Abkehr von einem grundrechtliehen Verständnis der kommunalen Selbstverwaltung war die traditionelle Interpretation gemeindlicher Zuständigkeit methodisch von einer engen Anlehnung an die Grundrechtdogmatik geprägt12. Gleich einem grundrechtliehen Schutzbereich wurde zunächst der gegenständliche Aufgabenbereich gemeindlicher Zuständigkeit ("Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft") definiert als "diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben" 13• Sodann deutete man die Formulierung "im Rahmen der Gesetze" in Art. 28 II GG als einen, den Eingriffsvorbehalten in Grundrechte ähnlichen Gesetzesvorbehalt14• Hinsichtlich der Begrenzung dieses Vorbehaltes differenzierte man - unter Bemühung des Bildes konzentrischer Kreise - zwischen einem jeder staatlichen Zuständigkeitsverlagerung schlechthin entzogenen Kernbereich kommunaler Selbstverwaltung sowie einem Randbereich, in dem gesetzgebensehe Regelungen, begrenzt vor allem durch das Übermaßverbot, aber auch durch Gemeinwohlvorbehalt und Abwägungsgebot, zulässig seien. Außerhalb des Bereiches eigener Aufgaben kommunaler Selbstverwaltung liege ein staatlicher Bereich, der dem Gesetzgeber zur beliebigen Disposition offenstehe. Vor dem Hintergrund der oben S. 78 f aufgezeigten Überbetonung der verwaltungsorganisatorischen Funktion der kommunalen Selbstverwaltung muß die Bindung der Zuständigkeit an die Örtlichkeit der Aufgaben zu einer "in-

12 Blümel. FG von Unruh, S. 268; Knemeyer, ebenda, S. 210 f; Schoch, VerwArch 81 (1990), S. 24; umfassend Burmeister, Verfassungstheoretische Neukonzeption, S. 27 ff. Vgl. auch die Berufungsentscheidung zum Rastede-Fall, in der die juristische Person Gemeinde in "die Fortsetzung der Iinie Individuum-Familie" eingereiht wird; OVG Lüneburg, DÖV 1980, 417/418.

13 BVerfGE 79, 127/151 m.N. auf E 8, 122/134; 50, 195/201; 52, 95/120; vgl. auch K. Stern, BK, Art. 28 Rn. 86; Roters, in von Münch, GG, Art. 28 Rn. 40. 14 So die ganz h.M.; vgl. BVerfGE 1, 167/175 f; 38, 258/278 f; 56, 298/309, 313 ff sowie Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 49 ff; Pagenkopf, Kommunalrecht I, S. 65 f; Stöer, Funktionalreform, S. 254; K. Stern, Staatsrecht I, S. 415 ff; von Mutius, 53. DIT, E 32 ff, 37 ff. Vgl. auch die systematische Prüfung bei von Mutius, FG von Unruh, S. 249 ff. Anders Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 486, der die Rahmenbestimmung als apriorische Schrankenziehung mit dem grundrechtliehen Begrenzungsvorbehalt (z.B. Art. 4 ill 2, 5 U, 14 I 2 GG) vergleicht.

4. Die verfassWlgsrechtlich verbürgte Allzuständigkeit...

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haltliehen Verkehrung der Selbstverwaltungsgarantie" 15 führen: Die mit der technischen, industriellen und sozialen Entwicklung einhergehenden Herausforderungen an verwaltungsorganisatorische Problemlösungen und die zunehmenden Ansprüche der Bürger gegenüber kommunaler Leistungserstellung16 belassen praktisch nur noch Aufgaben untergeordneter Bedeutung einen ausschließlich örtlichen Wirkungsbezug, so daß sich die verfassungsrechtliche Verbürgung eines Mindestsubstrats an eigenverantwortlich zu erfüllenden Aufgaben in praxi umkehrt in eine Begrenzung gemeindlicher Handlungsspielräume. In der Rechtslehre wurden deshalb verschiedene Versuche unternommen, diese Diskrepanz zwischen Verfassungstext und Verfassungswirklichkeit zu korrigieren. Nicht durchgesetzt hat sich der Versuch G.-J. Richters, das Konzept der institutionellen Garantie für die kommunale Selbstverwaltung aufzugeben17. Für die verfassungsdogmatische Begründung gemeindlicher Handlungsspielräume sind jedoch hervorzuheben die Ansätze einer funktionalen Selbstverwaltungstheorie sowie Burmeisters Neukonzeption der kommunalen Selbstverwaltung - dazu sogleich. Vorweg ist noch Blümels kompensatorisches Modell zu erwähnen, welches die Grundlage der traditionellen Selbstverwaltungslehre nicht verläßt und unvermeidliche Beschränkungen der kommunalen Selbstverwaltung durch Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte kompensieren will, die im Einzelfall bis zur Annahme von Gemeinschaftsaufgaben, also echter kondominialer Verwaltung zwischen Staat und Gemeinden, führen könne18• Das Auseinanderfallen von Verfassungswirklichkeit und Verfassungsnenn suchte die stark von verwaltungswissenschaftlichen Planungsmodellen beeinflußte Lehre vom sog. "funktionalen Selbstverwaltungsverständnis" 19 dadurch aufzuheben, daß Kreise und kreisangehörige Gemeinden als funktionaler, d.h. arbeitsteiliger Leistungs- und Verwaltungsverbund verstanden werden, in dem derjenigen Ebene die Aufgabenerfüllung zugewiesen ist, welche 15

Burmeister, aaO., S. 23.

Zu den einzelnen Aufgabenfeldem, die aus dem "örtlichen" Wirkungsbezug herausgewachsen sind, s. Raters, in von Münch, GG, An. 28 Rn. 43 ff. 16

17 G.-J. Richter, VerfassWlgsprobleme der kommunalen FWlktionalreform, S. 123 ff, 181 (Thesen 7ft); dazu Blümel, FG von Unruh, S. 282; Knemeyer, PS Scupin, 1983, S. 218.

18 Blümel, VVDStRL 36 (1978), S. 245 ff, insbesondere 248 f; dazu von Mutius, FG von Unruh, S. 237 f. 19 Pappermann, DÖV 1975, 181 ff; Roters, KomWlale Mitwirkung, S. 27 ff, insbesondere S. 30 f; Pappermann/RotersNesper, Maßstäbe, S. 18 ff.

6•

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ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

im Hinblick auf ihre Verwaltungs- und Leistungskraft am ehesten dazu in der Lage ist. Dabei sollten die Gemeinden eine Mitwirkungsbefugnis an höherstufigen Entscheidungsprozessen erhalten. Dieses Konzept ist in der kommunalrechtlichen Literatur auf breite Kritik gestoßen vor allem deshalb, weil es im Widerspruch zur verfassungsrechtlichen Verbürgung eigenverantwortlicher gemeindlicher Aufgabenerledigung in Art. 28 II 1 steh~0• Und auch Roters sieht, daß sich dieses Konzept ohne Verfassungänderung nicht verwirklichen läß~ 1 • Das Diktum von Isensee zum föderalen Verhältnis zwischen Bund und Ländern gilt auch hier: "Mitbestimmung ist immer nur ein unzulängliches Surrogat für Selbstbestimmung."22 Trotz möglicher verwaltungswissenschaftlicher Diskussionswürdigkeit charakterisiert Knemeyer dieses Modell eines Verwaltungsverbundes zwischen Kreis und Gemeinden zwar als einem "zentralistischen Einheitsstaat mit dekonzentrierten Basiseinheiten" adäquat, dem dezentralisierten Verfassungssystem der Bundesrepublik sei es jedoch fremd23• Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht in der Revisionsentscheidung des Rastede-Verfahrens diesen funktionalen Ansatz fruchtbar gemacht und die Aufgabenverteilung zwischen Kreis und kreisangehörigen Gemeinden unter dem Gesichtspunkt geordnet, daß erst diese beiden Ebenen zusammen das Leistungsniveau einer kreisfreien Stadt erbringen können24• Dieser, allein an Verwaltungseffizienz orientierten Überlegung hat jedoch das Bundesverfassungsgericht daraufhin eine deutliche Absage erteilt25• Im Gegensatz zu der bisherigen Rechtsprechung, nach der die gemeindlichen Aufgaben sich danach bemessen, inwieweit sie von der örtlichen Gemeinschaft eigen-

20 Blümel, VVDStRL 36 (1978), S. 244 f; ders., FG von Unruh, S. 278 (m.w.N.); vgl. auch von Mutius, 53. DIT, E 20 f; ders., FG von Unruh, S. 236 f; Knemeyer, FS Scupin, 1983, S. 801 ff; Schmidt·Iortzig, Kommunalrecht, Rn. 498 ff. Zu dieser Kritik s. die Entgegnung von Roters, in von Münch, GG, Art. 28 Rn. 46.

21

Roters, Kommunale Mitwirkung, S. 34 und 35.

Isensee, AöR 115 (1990), S. 257; vgl. auch BVerfGE 77, 288/292 zur Unzulässigkeil einer Hochzonung der Zuständigkeit für die Flächennutzungsplanung auf einen Gemeindeverband mit (bloßer) Beteiligung der verbandsangehörigen Gemeinden im Planungsrat (§ 195 m SaarlKSVG). 22

23 Knemeyer, FS Scupin, 1983, S. 805. Zum Unterschied zwischen Dekonzentration und Dezentralisation s. oben S. 59 f.

24

BVerwGE 67, 321!324.

~ So Schoch, VerwArch 81 (1990), S. 35; Clemens, NVwZ 1990, 834/840: "Die geringe

Auffälligkeit dieses Zusatzes ist umgekehrt proportional zu seiner inhaltlichen Bedeutung." Zu dieser Entscheidung eingehend sogleich.

4. Die verfassungsrechtlich verbürgte Allzuständigkeit...

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verantwortlich und selbständig bewältigt werden können26, bestimmt das Gericht unter mehrfacher Hervorhebung der politisch-demokratischen Funktion gemeindlicher Selbstverwaltung, daß es auf die Verwaltungskraft der Gemeinde für die Bestimmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gerade nicht ankommen solle27• Trotz aller Auslegungs- und Anwendungsschwierigkeiten wird daher an dem Tatbestandsmerkmal der Örtlichkeit für die Bestimmung der gemeindlichen Angelegenheiten zunächst einmal festgehalten. Damit hat das Gericht zugleich den Verzicht auf die Differenzierung zwischen örtlichen und überörtlichen Angelegenheiten, welcher Burmeisters Neukonzeption der kommunalen Selbstverwaltung zugrunde lag, nicht aufgegriffen28• Burmeister zeigt aber eindrucksvoll, daß die traditionelle, an der Grundrechtsdogmatik angelehnte Selbstverwaltungslehre den fortschreitenden Entörtlichungsprozeß strukturell nicht aufhalten konnte, ja geradezu Voraussetzung hierfür war9• Deshalb nimmt seine Neukonzeption für sich in Anspruch, die auf halbem Wege steckengebliebene Überwindung der historischen grundrechtliehen Selbstverwaltungslehre konsequent zuendezuführen und versteht Art. 28 II GG als ausschließlich staatsorganisatorisches Aufbauprinzip, welches die Gewährleistung eines Sondertypus' öffentlicher Verwaltungstätigkeit beinhalte und nach Sinn und Zweck eine "Garantie demokratisch legitimierter öffentlicher Aufgabenerfüllung auf unterster Verwaltungsstufe" darstelle30• So gründe das verfassungsprozessuale Rügepotential der Gemeinden darauf, daß jede Kompetenzbeschneidung einen Einschnitt in die Sphäre demokratischer Entscheidungsteilhabe der Bürgerschaft bedeute. Als "dritte Ebene der politischen Willensbildung im Staate" bestehe die spezifische Gewährleistungsgarantie darin, "daß die Gemeinden grundsätzlich zur Wahrnehmung und Erfüllung aller staatlichen Verwaltungsaufgaben im Wege 26 BVerfGE 8, 122/134; SO, 195/201; 52, 95/120. So auch die Literatur; z.B. Pagenkopf, Kommunalrecht I, S. 52; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 34; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 85 Rn. 18 f. 27

BVerfGE 79, 127/152 oben.

Burmeister, Neukonzeption, S. 24 ff, 70 ff; daneben gründete Burmeisters Argumentation auf der Unmöglichkeit einer präzisen Grenzziehung zwischen gesetzlich disponibler Randwne und unantastbarem Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie, welche zudem aufgrund ihrer Nähe zur Grundrechtsdogmatik systematisch obsolet sei (S. 29 ff). Zur Kritik an Burmeisters Konzeption Blümel, FG von Unruh, S. 280 f; von Mutius, ebenda, S. 238; Knemeyer, FS Scupin, 1983, S. 807 ff (jeweils m.w.N.) 28

29

Burmeister, aaO., S. 6 ff.

30

Ebenda, S. 113.

86

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

der Selbstverwaltung zuständig sind, sofern diese unmittelbar den Rechtsund Interessenkreis der Bürgerschaft tangieren, ohne Rücksicht darauf, ob die jeweilige Aufgabe in ihrer Bedeutung weit über die Grenzen des lokalen Raumes hinausreicht." 31 Den Regelungsvorbehalt des Gesetzgebers deutet Burmeister dann in einer Wortauslegung des Art. 28 II 1 GG ("im Rahmen") als rahmenrechtlichen Schmnkenvorbehalt ähnlich Art. 75 GG, den er allerdings nur auf die Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenerledigung bezieht, während die Gegenstände prinzipiell legislatorisch disponibel seien32• Von der Vorstellung eines '"essentiellen Kernbereichs' bzw. eines Katalogs 'typusbestimmender Agenden', der gegenüber einem zuständigkeitsverlagernden Zugriff absolut immmun sei", müsse man sich gänzlich lösen33 • b) Allzuständigkeit und Eigenverantwortlichkeit als Inhalt der Einrichtungsgarantie Burmeisters Anliegen, das an der Grundrechtsdogmatik angelehnte Verständnis des kommunalen Selbstverwaltungsrechts zu überwinden, findet sich nun auch in der Rastede-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wenn es auch nicht mit der Konsequenz von Bunneisters Neukonzeption umgesetzt wurde. Für die verfassungsrechtliche Gewährleistung gemeindlicher Aufgabenfelder gegenüber legislatorischen Zuständigkeitsregelungen ist jedoch im Ergebnis der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts danach zu differenzieren, ob es sich bei den in Fmge stehenden Bestimmungen um allgemeine Zuständigkeitsregelungen handelt, die jedenfalls im Grundsatz alle kreisangehörigen Gemeinden betreffen (dazu sogleich unter aa), oder ob hoheitliche Maßnahmen des Staates, z.B. in der Raumplanung, gezielt in die individuelle Sphäre bestimmter einzelner Gemeinden eingreifen (dazu unten bb).

31

Ebenda, S. 74; vgl. auch S. 105.

32

Ebenda, S. 84 ff, 91 ff, insbesondere 93 f.

Ebenda, S. 100. Besonders dieser Punkt provozierte verfassungsdogmatischen und -politischen. Widerspruch; vgl. Knemeyer, FS Scupin, 1983, S. 807 f m.w.N. 33

4. Die verfasswtgsrechtlich verbürgte Allzuständigkeit...

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aa) Allgemeine Ausgestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (1) Neustrukturierung des Rechts gemeindlicher Selbstverwaltung durch

BVerjGE 79, 127 (Rastede)

Hinsichtlich allgemeiner Zuständigkeitsregelungen, die grundsätzlich alle Gemeinden betreffen, hat das Bundesverfassungsgericht in der bereits erwähnten Rastede-Entscheidung nunmehr eine dogmatische Neustrukturierung vorgenommen34• Gegenstand des Verfahrens waren die Regelungen des § 1 I, II NdsAbfG vom 9.4.1973, welche als entsorgungspflichtige Körperschaften i.S.v. § 3 II AbfG die Landkreise bestimmten und eine Rückübertragung dieser Aufgabe auf die kreisangehörigen Gemeinden in das Ermessen der Landkreise (mit Zustimmung der Aufssichtsbehörde) stellten. Ausgehend von der Formulierung "im Rahmen der Gesetze" stellt das Gericht nach Wiedergabe des Wortlautes von Art. 28 li 1 GG fest: "Die darin liegende Garantie der Einrichtung gemeindlicher Selbstverwaltung bedarf der gesetzlichen Ausgestaltung und Formung. "35 Damit zieht das Gericht die Konsequenz aus der institutionellen Verbürgung der kommunalen Selbstverwaltung in der Verfassung. Dieser wohnt die Befugnis des Gesetzgebers zur Ausgestaltung einer Einrichtung a priori inne, weil institutionelle Garantien eine Einrichtung nur als solche in der Verfassung gewährleisten, ohne sie jedoch in allen Einzelheiten festzulegen 36• Zugleich hat das Gericht zu dem Streit darüber, ob die institutionelle Gewährleistung den gemeindlichen Aufgabenbestand und/oder die Modalitäten, also auch die Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenerfüllung umfaßt, leitsatzmäßig seine ständigen Rechtsprechung bestätigt, wonach Art. 28 II GG eine umfassende legislatorische Ausgestaltungsfreiheit vorsieht, die sich auf beide

34 BVerfGE 79, 127 ff = (alle 1989) NdsMBI. 184, EuGRZ 133, DVBI. 300, UPR 138, NVwZ 347, DÖV 349, BayVBJ. 269, JA 384, NJW 1790; s. auch JuS 1990, 137. Bcspr. von Erlenkämper, NV.wZ 1991, 325!326; Frers, DVB1.1989, 449 ff; Knemeyer, Der Staat 29 (1990), 406 ff; von Mutius, StuGB 1989, 299 ff; Schink, VerwArch 81 (1990), 385 ff; Schmidt-Aßmann, FS Send1er, S. 121 ff; Ullrich (Gemeindedirektor von Rastede), dng 1989, 67 ff; Wansleben, Städtetag 1989, 338 f. Zur Vorgeschichte der Entscheidwtg hier Fn. 12 (Berufung) und über Fn. 24 (Revision) m.w.N.

3 ~ BVerfGE 79, 127/143. Zwar hatte das Gericht auch schon in früheren Entscheidungen von einer "Ausgestaltung" der gemeindlichen Selbstverwaltung gesprochen, bezog dies aber nur auf den Gesetzesvorbehalt in Art. 28 ll 1 GG im Rahmen der klassischen Schrankenprüfung (vgl. BVerfGE 56, 298(309; 76, 107/117).

36 Maunz/Zippelius, Deutsches' Staatsrecht, S. 147 f; dort auch mr Terminologie von institutionellen Garantien als Verfassungsgarantien und sog. Institutsgarantien als privatrechtliehen Einrichtwtgen.

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II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

Elemente kommunaler Selbstverwaltung bezieht37• Zwar mag eine strikt grammatikalisch-syntaktische Auslegung für eine Begrenzung der Ausgestaltungsfreiheit auf die Eigenverantwortlichkeit sprechen38 , gleichwohl hält das Gericht die Verfassung aufgrund ihrer häufig nur knappen, ja lapidaren Sprachgestalt einer Wortlautauslegung nur begrenzt zugänglich39• Im Ergebnis einer eingehenden Analyse des historischen Bildes der kommunalen Selbstverwaltung und der Entstehungsgeschichte des Art. 28 GG muß der Gesetzesvorbehalt ein umfassender sein. Nur eine solche Konzeption entspricht dem Wesen einer institutionellen Garantie. Die Ausgestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist allerdings nicht unbeschränkt. Die institutionelle Garantie verbürgt zunächst den B~tand der Institution Gemeinde als solche. Damit ist die institutionelle Rechtssubjektsgarantie im Sinne der oben S. 81 ausgeführten Differenzierung von K. Stern gemeint, welche nicht den konkreten Bestand individueller Gemeinden gewährleistet, sondern nur verbürgt, daß es Gemeinden (und Kreise) als solche geben muß40• Dies steht für die vorliegende Untersuchung der Handlungsspielräume gemeindlichen Umweltschutzes außer Frage. Insoweit ist allein von Bedeutung, inwieweit der Gesetzgeber den Gemeinden Aufgaben entziehen bzw. ihnen für die Aufgabenerledigung inhaltliche Vorgaben machen kann. Dies entspricht einer objektiven Rechtsinstitutionsgarantie. Unter systematischer Umkehr der bisherigen Verfassungsdogmatik, die das Tatbestandsmerkmal "Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" gleichsam als grundrechtsähnliche Kategorie wie einen Schutzbereich behandelte, zieht das Gericht die örtliche Radizierung nunmehr als Begrenzung der legislatorischen Ausgestaltungsfreiheit heran. Für die Konkretisierung dieser Beschränkung stützt sich das Bundesverfassungsgericht auf die traditionelle Differenzierung zwischen Kembereich, dessen Wesensgehalt nicht ausgehöhlt werden dürfe, und einer Randzone kommunaler Selbstverwaltung, welche begrenzt disponi-

37 BVerfGE 79, 127 LS 1, 143 ff; vgl. schon BVerfGE 1, 167/175 f; s. auch Maunz, in ders./Dürig, GG, Art. 28 Rn. 52. 38 Der Gesetzesvorbehalt in Art. 28 II 1 GG steht als adverbiale Bestimmung vor "in eigener Verantwortung", weshalb Knemeyer, FG von Unruh, S. 223 f, den Vorbehalt nur auf die Autonomieregelung bewgen sah; in seiner Entscheidungsbesprechung (Der Staat 29, 1990, 406/409) hält Knemeyer nun die Ansicht des BVerfG für stringent begründet Vgl. auch Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 53 sowie zu Burmeister hier bei Fn. 32.

39 BVerfGE 79, 127/143 f; wie schon zuletzt in BVerfGE 74, 51/57; 74, 102/116; weitere Nachweise der früheren Rechtsprechung bei Clemens, NVwZ 1990, 836 Fn. 34. 40 Ständige Rechtsprechung; s. nur BVerfG, B. vom 12.5.1992 -2 BvR 470 u.a./90 = DVBI. 1992, 960/961 m.w.N.

4. Die verlassungsrechtlich verbürgte Allzuständigkeit...

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bel sei. Zum Kernbereich gehöre jedoch "kein gegenständlich bestimmter oder nach feststehenden Merkmalen bestimmbarer Aufgabenkatalog, wohl aber die Befugnis, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz bereits anderen Trägern öffentlicher Verwaltung übertragen sind, ohne besonderen Kompetenztitel anzunehmen. "41 Im Gegensatz zum sog. Spezialitätsprinzip darf die Gemeinde alle bislang "unbesetzen" Aufgaben von örtlicher Relevanz an sich ziehen. Damit erfaßt die Kernbereichsgewährleistung lediglich die identitätsbestimmenden Merkmale "als solche"; und den Versuchen der Lehre, darüber hinaus auch bestimmte materielle Sachbereiche als typusbestimmende Bestandteile am Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung teilhaben zu lassen42, wird eine Absage erteilt. Jedenfalls für den Bereich des Umweltschutzes hat diese Konstruktion der Kernbereichsgewährleistung praktisch immer die Konsequenz, daß eine Aufgabenverlagerung nie als Verletzung der identitätsbestimmenden Merkmale zu kennzeichnen ist, weshalb das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf den Entörtlichungsprozeß zu der lapidaren Feststellung gelangt: "Gegen diese Entwicklung bietet der Grundsatz der Allzuständigkeit den Gemeinden keinen Schutz."43 Konsequent hat das Bundesverfassungsgericht daher bislang in keinem Fall eine Verletzung der Kernbereichsgewährleistung angenommen44. Anzumerken ist, daß auch die (materielle) Subtraktionsmethode K. Sterns hier zu keinem anderen Ergebnis führen würde, da selbst bei einem Entzug sämtlicher Umweltschutzaufgaben nicht davon die Rede sein kann, daß die Gemeinde die "Gelegenheit zu kraftvoller Betätigung verlöre und nur

41 BVerlGE 79, 127/146 unter Bezug und Nachweis auf die ständige Rechtsprechung. Zur Einordnung der gemeindlichen Selbstverwaltungsaufgaben in das Aufgabensystem des Art. 28 ll GG eingehend die Analyse der früheren Rechtsprechung von Stüer, Funktionalreform, S. 279 ff.

41 So K. Stern, Staatsrecht I, S. 416 f, der einen "Eingriff' in den Kernbereich darauf überprüfen will, "ob er die historisch gewachsene Substanz kommunaler Selbstverwaltung derart beeinträchtigt, daß die Selbstverwaltung in dem betroffenen Sachbereich ihre leitbildprägenden und typusbestimmenden Bestandteile verloren hat." Vgl. auch BVerwG 6, 19(25. Sterns "Subtraktionsmethode" ist damit materiell durch die Einbeziehung bestimmter Sachbereiche angereichert; sie unterscheidet sich insoweit von BVerlGE 79, 127/148, welche methodisch zwar eben· falls subtrahiert, ohne allerdings bestimmte Aufgabenkataloge an der Gewährleistung teilhaben zu lassen. 43

BVerlGE 79, 127/148; s. auch S. 155.

So Schoch, VerwArch 81 (1990), S. 32 Fn. 89. Eine Kernbereichsverletzung wird jedoch in der Entscheidung des NdsStGH, NJW 1979, 2301, angenommen (Besprechung von Brodersen, JuS 1980, 232 f); dazu auch Blümel, FG von Unruh, S. 292. 44

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

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noch ein Scheindasein führen könnte" 45• Zu Recht wurde daher die Konzeption der Kernbereichsgewährleistung grundsätzlich kritisiert, weil sie geradezu einlade, das Institut nach der "Salami-Taktik" sukzessive zu entleeren: Der Schutzmechanismus greife im Grunde erst dann, wenn von den beiden letzten eine Einzelfunktion entzogen werden soll46• Für die vorliegende Untersuchung ist daher allein ausschlaggebend, inwieweit die Ausgestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im sog. Randbereich gemeindlicher Aufgabenerfüllung begrenzt ist. Daß es auch außerhalb der Kernbereichsgewährleistung Grenzen gesetzgebenscher Ausgestaltungsfreiheit der kommunalen Selbstverwaltung gibt, ist heute unbestritten47 • Das Bundesverfassungsgericht leitet diese Begrenzung aus der institutionellen Verbürgung ab, welche "die Institution gemeindliche Selbstverwaltung nicht nur in ihrer überkommenen Gestalt aufgegriffen, sondern mit eigenen Aufgaben in den Aufbau des politischen Gemeinwesens nach der grundgesetzliehen Ordnung eingefügt ... (und) ihr eine spezifische Funktion beigemessen" hat48 • Diese Grenzen wurden bislang nach einhelliger Auffassung vor allem am Maßstab des Übermaßverbotes, daneben aber auch am Gemeinwohlerfordernis, an Systemgerechtigkeit und Vertrauensschutz sowie im Hinblick auf das Demokratieprinzip bestimmt49 • Das Bundesverfassungsgericht hat nunmehr

45 So die- man möchte sich Hendlcrs Verdikt von der "formelhaften Rhetorik" erinnern (s. oben S. 73 Fn. 80) ·Rechtsprechung des BVerfGE 79, 127/155 m.w.N. u.a. auf E 1, 167/174 f (dort unter Bezug auf die Rechtsprechung des StGH des Deutschen Reiches). 46 So Schmidt-Jortzig, Einrichtungsgarantien der Verfassung, S. 40 f (Zitat). Kritisch ebenfalls Blümel, FG von Unruh, S. 276 ff (m.w.N. zur Subtraktionsmethode); Knemeyer, ebenda, S. 212 f; dezidiert Burmeister, Neukonzeption, S. 95 ff und Hasse!, VR 1984, 145/148 f, welche die Kernbereichstheorie insgesamt aufgeben wollen. Vgl. auch Faber, AK GG, S. 1720, Rn. 28 ff; Brohm, DÖV 1989, 429/431.

47 Vgl. neben BVerfGE 79, 127/147 auch die Revisionsentscheidung im Rastede·Fall BVerwGE 67, 321/323; BVerwG, B.v.15.3.1989-7 B 108/88=NVwZ-RR 1989, 377/379; dazu auch Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 516 ff; von Mutius, 53. DJT, E 42 ff; Blüme1, FG 'von Unruh, S. 282 f; Schach, VerwArch 81 (1990), S. 32 m.w.N. zu Rechtsprechung und Litera· tur in Fn. 90-92. 48

49

BVerfGE 79, 127/143.

So erklärt Püttner das Übermaßverbot zur "Magna Charta" des Selbstverwaltungsrcchta (Urteilsanmerkung in VSSR 4, 1976, 123/125). Ähnlich Burmeister, Neukonzeption, S. 106; K. Stern, Staatsrecht I, S. 415; Pagenkopf, Kommunalrecht I, S. 58 ff; Wolff/Bachof/Stober, Ver· waltungsrecht ll, § 86 Rn. 165; Schwab, Kommunale Selbstverwaltung heute, S. 12 f; Knemey· er, FG von Unruh, S. 225; Blürnel, ebenda, S. 283 f; von Mutius, ebenda, S. 252 f; sowie speziell zum Demokratieprinzip Berg, StGR 1979, 345 ff.

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die schon in den letzten Entscheidungen zum Staatsorganisationsrechr5° angelegte "Verbannung"51 des Übermaßverbotes aus diesem Rechtsgebiet auch auf die Bestimmung der legislatorischen Ausgestaltungsfreiheit hinsichtlich der kommunalen Selbstverwaltung ausgedehnt und damit die Konsequenz aus deren institutionellen Verbürgung gezogen. An die Stelle der Übermaßprüfung fUhrt das Gericht nunmehr unter mehrfacher Hervorhebung der politisch-demokratischen Funktion der kommunalen Selbstverwaltung ein materielles Aufgabenverteilungsprinzip ein52• Vor dem Hintergrund von Sinn und Zweck der gemeindlichen Selbstverwaltung, welche einerseits die gemeindliche Allzuständigkeit gegen den Zuständigkeitsbereich der allgemeinen Politik abgrenzen, andererseits aber der grundgesetzlieh gewollten Teinahme der Bürger an der öffentlichen Verwaltung ihr Betätigungsfeld zuordnen wolle, habe sich die Verfassung für eine Zuständigkeitsregel zugunsten der Gemeinden entschieden, die alle Aufgaben mit relevantem örtlichen Charakter grundsätzlich der gemeindlichen eigenverantwortlichen Erfüllung zuordnet. Damit fallen - nach wie vor - alle Aufgaben ohne relevanten örtlichen Bezug aus dem Gewährleistungsbereich heraus. Für Aufgaben mit relevantem örtlichen Charakter gelte jedoch ein nicht nur formales rechtstechnisches, sondern ein materielles Regel-Ausnahme-Prinzip, nach dem der Gesetzgeber den Zuständigkeitsvorrang der Gemeinden berücksichtigen müsse und solche Aufgaben nur dann den Gemeinden generell entziehen darf, wenn Gründe des Gemeininteresses dies erfordern, m.a.W. "wenn anders die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht sicherzustellen wäre." Zur Beschreibung dieses Regel-Ausnahme-Verhältnisses hat SchmidtAßmann jetzt den Begriff "Vorrangprinzip" vorgeschlagen53• Dabei rechtfertigt das bloße Ziel der Verwaltungsvereinfachung oder der Zuständigkeits-

50 So BVerfGE 79, 311!341 f zur staatlichen Haushaltspolitik; BVerfGE 81, 310!338 (atom· rechtliches Weisungsrecht).

51 Schoch, VerwArch 81 (1990), S. 26 Fn. 51, der S. 33 Fn. 95 die "heimliche Verabschiedung" des Übermaßverbots aus Art. 28 II GG in der Rastede-Entscheidung methodisch vor allem deshalb kritisiert, weil das BVerfG selbst maßgeblich an der früheren Dogmatik beteiligt war (siehe nur BVerfGE 26, 228/239, 241 ; 56, 298!313; 76, 107/119, 122 f). Die Lehre will rumeist die rechtsstaatliehen Garantien - wie das Übermaßverbot - auch im Rahmen der Kompetenzordnung anwenden; Herzog, in Maunz/Dürig, GG, An. 20 VII Rn. 72; Schmidt-Aßmann, HbdStR I, § 24 Rn.87; zuruckhaltender Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 57. Nicht zutreffend ist der Bezug des VerfGH NRW, DVBI. 1990, 417/417 f auf BVerfGE 79, 127/143 mr Begrundung der vom VerfGH angestellten Übermaßprufung. 52

BVerfGE 79, 127/148 ff, 152 f (dort auch zum Folgenden).

53

FS Sendler, S. 121/135.

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ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

konzentration einen Aufgabenentzug nicht. Hierzu führt das Gericht aus: "die Verfassung setzt diesen ökonomischen Erwägungen jedoch den politischdemokratischen Gesichtspunkt der Teilnahme der örtlichen Bürgerschaft an der Erledigung ihrer öffentlichen Aufgaben entgegen und gibt ihm den Vorzug. Der Staat ist daher zunächst darauf beschränkt sicherzustellen, daß die Gemeinden ihre Angelegenheiten nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erfüllen; daß andere Aufgabenträger in größeren Erledigungsräumen dieselbe Aufgabe insgesamt wirtschaftlicher erledigen könnten, gestattet - jedenfalls grundsätzlich - keinen Aufgabenentzug."54

Im Ergebnis kristallisiert sich damit folgende Systematik für die Zulässigkeit genereller Zuständigkeitsregelungen heraus: - Ausgangspunkt ist die institutionelle Ausgestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. - Diese findet ihre Grenze an dem grundsätzlichen Zuständigkeitsvorrang der Gemeinden für die Aufgaben mit relevantem örtlichen Charakter, - der nur dann legislatorisch durchbrachen werden kann, wenn anders eine an überwiegenden Gründen des Gemeinwohls orientierte, ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht sichergestellt ist. (2) Abkehr von der grundrechtsähnlichen Dogmatik

In der Tat liegt eine systematische Nähe zur Dogmatik der Eigentumsordnung nahe55, in der heute ebenfalls das Schutzobjekt nicht als vorgefundene natürliche oder soziale Gegebenheit, sondern als rechtlich strukturiertes Zuordnungsverhältnis verstanden wird56 • In Anlehnung an Schwerdtfegers plastische Formulierung läßt sich auch die gemeindliche Selbstverwaltung als "eine Schöpfung der Rechtsordnung" charakterisieren. Auch hinsichtlich der Terminologie ist eine Nähe zur Grundrechtsdogmatik etwa in der synonymen

54 BVerfGE 79, 127/153; dieser Maßstab wird S. 158 weiter dahingehend konkretisiert, daß Wirtschaftlichkeitserwägungen erst dann einen Aufgabenentzug rechtfertigen, wenn ein Belassen der Zuständigkeit bei der Gemeinde zu einem unverhältnismäßigen Kostenanstieg führen würde. Um zu kennzeichnen, daß damit keine Rückkehr zur Verhältnismäßigkeilsprüfung gemeint ist, spricht Hohmann, UPR 1989, 414, hier von "qualifizierter Wirtschaftlichkeit". 55 Nach Frers, DVBl. 1989, 449 nähert sich das BVerfG mit der Systematik dieser Entscheidung der Grundrechtsdogmatik; ähnlich Schoch, VerwArch 81 (1990), 26: "deutliche Annäherung an die Rechtsprechung zu Art. 14 I GG". 56 Vgl. dazu insbesondere BVerfGE 58, 300!330 (Naßauskiesung) sowie Böhmer, NJW 1988, 2561!2566; Lege, NJW 1990, 864 ff. Schwerdtfeger, Die dogmatische Struktur der Eigentumsgarantie, S. 13: "Eigentum ist eine Schöpfung der Rechtsordnung".

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Verwendung von "Kernbereich" und des an sich im Grundrechtsteil verorteten Terminus "Wesensgehalt" (Art. 19 II GG) zu erkennen57• In der Entscheidung zur Überplanung der Stadt Wilhelmshaven durch das Niedersächsische Raumordnungsprogramm ist hinsichtlich der geographischen Lage der Gemeinde sogar von "Situationsgebundenheit" 58, einer geradezu klassischen Denkfigur der Eigentumsrechtsprechung59, die Rede. Auf die dogmatischen Parallelen zwischen der institutionellen Garantie des Art. 28 II GG und den grundrechtliehen Freiheitsgewährleistungen hatte Bethge 1982 eingehend hingewiesen60. So enthält Art. 28 II GG neben der objektiven Rechtsinstitutsgarantie anerkanntermaßen auch eine subjektive Rechtsstellungsgarantie der Gemeinden61 • Ebenso läßt sich eine parallele Interessenlage hinsichtlich der Sicherung einer unantastbaren Kernsubstanz des verbürgten Entfaltungsbereiches sowie hinsichtlich einer verfassungsrechtlichen Begrenzung des dem Gesetzgeber disponiblen Gewährleistungsbereiches konstatieren. Vor dem Hintergrund der oben begründeten Staatlichkeit auch der gemeindlichen Hoheitsausübung erweist sich allerdings die traditionelle Kontrastierung der kommunalen Selbstverwaltung als grundrechtliche oder institutionelle Gewährleistung als überholte Fragestellung; es gilt nicht eine - ohnehin nur fiktive - "soziale Raumgemeinschaft" 62 in grundrechtsähnliche Frontstellung gegen den Staat zu bringen, vielmehr erweist sich die institutionelle Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung als besondere Ausprägung des staatsorganisatorischen Aufbauprinzips der Demokratie von unten nach oben, weshalb Brohm von einem "demokratiefördernden Staatsorganisationsprinzip" spricht63 • Erst die Überwindung der Grundrechtsdogmatik macht den Weg dafür frei, Art. 28 II GG als materielles Aufgabenverteilungsprinzip innerhalb der Staatsorganisation zu verstehen. Hier

57

BVerfGE 79, 127/143, 146.

58

BVerfGE 77, 107/123 (zu dieser Entscheidung weiter unten). Ähnlich auch VerfGH NRW, DVBL 1990, 417/419. 59 Seit BGHZ 23, 30/32 ff ("Grünflächenurteil") ständige Rechtsprechung; s. nur BGHZ 99, 24/31; vgl. auch BVerwGE 32, 173/178; 49, 365/368 m.w.N. Ausführlich rum Ganzen Weyreuther, Die Situationsgebundenheit des Grundeigentums, insbesondere S. 119 ff, 165 ff. 60

Bethge, Die Verwaltung 15 (1982), S. 205!210 ff; ders., FG von Unruh, S. 164 ff.

61

S. oben S. 82.

6

z S. etwa Köttgen, Krise der kommunalen Selbstverwaltung (1931), S. 14: "raumbezogene

Heimatgemeinschaft" bzw. "Raumgemeinschaft".

63 Brohm, DÖV 1989, 429/431, ohne allerdings auf die Grundrechtsdogmatik verzichten zu wollen.

94

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

zeigt sich der funktionale Unterschied zur eigentumsrechtlichen Einrichtungsgarantie. Dieser geht es um die objektiv-rechtliche Bestimmung elementarer Strukturmerkmale einer individuellen Rechtsposition64, während der Einrichtungsgarantie des Art. 28 li GG aufgrund der zusätzlichen demokratischen Legitimation der kommunalen Entscheidungen eine politisch-integrative Funktion innerhalb der Staatsorganisation zukommt und deshalb das organisatorische Aufbauprinzip um eine materielle Aussage hinsichtlich der Erledigungskompetenzen anreichert. Die Abkehr von grundrechtlicher Dogmatik zeigt sich auch darin, daß das Bundesverfassungsgericht im Gegensatz zur eigentumsrechtlichen Ausgestaltungsfreiheit des Gesetzgebers65 nunmehr die erwähnte "Verbannung" des Übermaßverbotes aus dem Staatsorganisationsrecht auch auf die verfassungsrechtliche Bestimmung gemeindlicher Aufgabengewährleistung ausdehnt. Somit erweist sich die Neustrukturierung der kommunalen Selbstverwaltung durch die Rastede-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als Abkehr von einem an der Grundrechtsdogmatik angelehnten Verständnis des kommunalen Selbstverwaltungsrechts.

(3) Ortliehkeif als ausschließendes Merkmal Ein Entzug gemeindlicher Aufgaben kann nur für Betätigungsfelder mit relevantem örtlichen Charakter gegeben sein, so daß dieses Tatbestandsmerkmal nach wie vor den Ausgangspunkt einer verfassungsdogmatischen Untersuchung gemeindlicher Zuständigkeiten bildet. Für die Bestimmung dieses Merkmales knüpft das Bundesverfassungsgericht, wie vorstehend gezeigt, an seine traditionelle Interpretation an, wonach Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft diejenigen Bedürfnisse und Interessen seien, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben. Das Gericht führt sodann diesen Ansatz unter ausdrücklichem Bezug auf die politisch-demokratische Funktion der kommunalen Selbstverwaltung weiter durch den Zusatz, daß diese Aufgaben den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sei, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der

64 Für die Eigentumsgewährleistung sind zu nennen: Privatnützigkeit, Verfügungsbefugnis und Substanzverbürgung; vgl. Schoch, Jura 1990, 116 m.w.N. 6' In ständiger Rechtsprechung zu Art. 14 GG zieht das BVerfG das Übermaßverbot als zentrale Begrenrung legislatorischer Ausgestaltungsfreiheit heran; vgl. BVerfGE 74, 203!215 ff; 75, 78/98 ff; 76, 220!238 ff.

4. Die verfassungsrechtlich verbürgte Allzuständigkeit...

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Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffe, wobei es nicht auf die Verwaltungskraft der Gemeinde ankomme66• Nun hilft diese Definition gerade für die Bestimmung konkreter Aufgaben des Umweltschutzes nicht viel weiter67; sowohl im Gemeindegebiet wurzelnde als auch extern herangetragene Umweltbeeinträchtigungen betreffen die Gemeindeeinwohner fast immer zumindest auch "gerade als solche", andererseits sind kaum Felder gemeindlicher Umweltpolitik denkbar, die nicht zumindest indirekte Auswirkungen auch außerhalb des Gemeindegebietes zeitigen. Man denke an die Problembereiche Abfall, Abwasser, Immissionsschutz; selbst Naturschutz und Landschaftspflege haben auch überörtliche Bezüge. Deshalb wird von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vielfach "phänomenologisch ein Ausweg gesucht" 68 und in einer historischen Betrachtungsweise danach gefragt, ob das in Frage stehende Aufgabenfeld zum überkommenen Bild gemeindlicher Selbstverwaltung gehört69. Dies entspricht der nicht unüblichen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, welche die Verfassung aufgrund ihter knappen und lapidaren Sprachgestalt nur begrenzt einer Wortauslegung zugänglich hält70• Für den hier in Frage stehenden Abfallbereich ist eine örtliche Radizierung im Hinblick auf die traditionelle Zuständigkeit der Gemeinden unproblematisch71 • Dies zeigt auch die begriffliche Entwicklung: Während früher die lokale Problemverortung begriffsbildend wirkte und von "Müllabfuhr" (wohin auch immer) die Rede war, heißt es heute "Abfallbeseitigung" bzw. "-entsorgung". Der traditionell örtliche Charakter der Abfallbeseitigung folgt dem - im Wortsinne - örtlichen Anfall des Problems. Bei Beachtung der sicherheits- und umweltrechtlichen Standards weist die Bewältigung dieses Problems grundsätzlich auch keine überörtlichen Bezüge auf1 2 . Anderes gilt 66

BVerfGE 79, 127/151 f.

67

Vgl. von Mutius, FG von Unruh, S. 236: "Leerformeln".

68

Schrnidt-Jortzig, DÖV 1989, 142/145.

BVerfGE 7, 358!364; 11, 266/274; 17, 172/182; 26, 172/180 f; 38, 258/278 f; SO, 195/201; 59, 216/226; 79, 127/146; weitere Nachweise bei K. Stern, Staatsrecht I, S. 413 Fn. 81 b; s. auch Stüer, Funktionalreform, S. 280 f . Zur Kritik sogleich. 69

70

Vgl. hier Fn. 39.

Zu den Urspriingen der Abfallbeseitigung in der Städtereinigung Mitte des 19. Jahrhunderts s. Wey, Umweltpolitik in Deutschland, S.33 ff; Hartkopf/Bohne, Umweltpolitik, S. 434. 71

72 Zur Frage der Wirtschaftlichkeit von Abfallbeseitigungsstrategien, die möglicherweise eine überörtliche Erledigung angezeigt erscheinen lassen, aber deshalb die Abfallbeseitigung verfassungsrechtlich noch nicht über den örtlichen Wirkungsbezug hinauswachsen lassen s. Fn. 54.

96

IT. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

hingegen für den Immissionsschutz, der aufgrund seiner Entwicklung aus dem Gewerberecht traditionell der staatlichen Veranwortung zur Regelung überwiesen war73• Die Fragwürdigkeit der historischen Betrachtungsweise wird hier deutlich, da trotz der zwar abgestuften, aber durchaus vergleichbaren örtlichen Betroffenheitstage der eine Aufgabenbestand traditionell den Gemeinden zur Erfüllung zugewiesen ist, der andere aber nicht. Noch deutlicher wird die Widersprüchlichkeit des Ergebnisses, wenn die traditionelle Zuständigkeit für die Abwasserbeseitigung betrachtet wird. Obwohl die Betroffenheitslage dort gerade umgekehrt ist, weil von den Abwässern nicht nur, aber in erster Linie die außenstehenden Unteranlieger von Vorflutern betroffen sind, es sich also um eine geradezu klassische "überörtliche" Aufgabe handeln müßte, ist ihre Bewältigung jedenfalls im Grundsatz traditionell den (Verursacher-)Gemeinden überantwortet, die sie allerdings in teilweise zwangsweise gebildeten Verbänden lösen müssen74• Der gegen die retrospektive Interpretation der Rechtsprechung gerichtete Einwand, die verfassungsrechtliche Verbürgung der Aufgabenverteilung könne nicht nur damit gerechtfertigt werden, daß eine bestimmte Lösung "schon immer so gewesen" see5, findet an diesen Beispielen eine plausible Bestätigung. Zwar läßt auch die Rechtsprechung eine "vernünftige Fortentwicklung" des überkommenen Aufgabenbestandes zu76, gleichwohl wird sich die Akzeptanz dieser Entwicklung nur auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner bewegen, der einer sachgerechten Aufgabenverteilung aufgrund der tatsächlichen Interessenlage häufig im Wege stehen wird. Hierauf wird im Zusammenhang mit den Überlegungen zum Merkmal "ordnungsgemäßer Aufgabenerfüllung" zurückzukommen sein. Auch verlangt das rechtsstaatliche Gebot vorhersehbarer Verfassungsinterpretation, daß die Verfassung mit der gleichen methodischen Sorgfalt wie das einfache Recht ausgelegt wird. Die Identifizierung des historischen Bezugspunktes wird sich leicht Einwänden ausgesetzt sehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich eine Aufgabenzuständig-

73 Öffentlich-rechtliche Regelungen des Immissionsschutzes fanden sich seit Mine des 19. Jhds. in den GewO einiger deutscher Staaten und 1869 Eingang in die §§ 16 ff der GewO des Norddeutschen Bundes; s. P.M. Huber, AöR 114 (1989), S. 252/253 f; Wey, aaO., S. 105 ff.

74 Zur Geschichte des Gewässerschutzes Wey, Umweltpolitik in Deutschland, S. 33 ff; Rommelspacher, Das natürliche Recht auf Wasserverschmutzung, S. 42 ff. 7s Schmidt-Jortzig, DÖV 1989, 145 (dort auch zu den hier folgenden Einwänden). Kritisch auch Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht ll, § 85 Rn. 9 f; vorsichtiger insoweit Blümel, FG von Unruh, S. 272 ff m.w.N. 76

BVerfGE 23, 353{367; 38, 258/279; 52, 95/117.

4. Die verfassungsrechtlich verbürgte Allzuständigkeit...

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keit im historischen Bild gewandelt hat, so daß die dann für die Bestimmung des Aufgabenfeldes entscheidende Frage, auf welchen historischen Zeitpunkt abzustellen ist, letztlich nicht der Verfassung, sondern allein richterlicher Bewertung überantwortet wäre77• Das Grundgesetz aber hat durch die ausdrückliche Normierung der strukturellen Grundelemente gemeindlicher Selbstverwaltung in Art. 28 II 1 GG die Ausgestaltungsgrenzen selbst aufgestellt und diese im Gegensatz zu Art. 127 WRV gerade nicht dem einfachen Gesetzgeber und der juristischen Dogmatik überlassen. Wegen der Fragwürdigkeit retrospektiver Zuständigkeitsbestimmung sind in der Lehre vielfältige heuristische Versuche unternommen worden, das Merkmal "Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" genauer zu bestimmen. Zur Abgrenzung zu überörtlichen Aufgaben ließen sich rechtstheoretisch drei Grundsätze heranziehen: Regional-, Prioritäts- und Subsidiaritätsprinzip78. Das Regionalprinzip hilft indes hier nicht weiter, da nach diesem Grundsatz eine Verwaltung nur in dem ihr zugehörigen räumlichen Bereich tätig werden darf. Die Verwaltungsbereiche von Kreisen und kreisangehörigen Gemeinden decken sich jedoch bzw. überschneiden sich zumindest teilweise. Aus dem Regionalprinzip könnte daher nur folgen, daß Gemeindehandeln keine externen Auswirkungen zeitigen darf. Nach dem Prioritätsprinzip (prior tempore, prior jure) soll ein vorhandener Aufgabenbestand vorrangig sein; das kommunale Selbstverwaltungsrecht wird jedoch "im Rahmen der Gesetze" gewährleistet, was die grundsätzliche Zulässigkeit nachfolgender Regelungen impliziert. Es bliebe das Subsidiaritätsprinzip, wonach der höhere Verband nur dann zuständig ist, wenn der niedrigere zur sachgerechten Aufgabenerledigung nicht in der Lage ist79• Dabei könnte es sich jedoch allenfalls um einen rechtstheoretischen Grundsatz handeln; aus dem Verfassungsrecht, insbesondere Art. 28 II GG, ist - neben dem Universalitätsprinzip - ein solches Prinzip nicht ableitbar80• Die Abgrenzung muß sich aus

77 Dieses Problem sah das BVerfG in seiner Fluglärm-Entscheidung (E 56, 298(312 f), hinsichtlich der Bauleitplanung, welche sich erst um die Jahrhundenwende herausgebildet hatte, bis 1945 als polizeiliche Aufgabe des Staates verstanden wurde, seither jedoch eine zentrale Rolle für die gesamte gemeindliche Entwicklung einnimmt. 78 Überblick bei Beckmann, DVBI. 1990, 1193/1194 f m.w.N.; Stober, Kommunalrecht, § 3 illa (S. 39 f); Schmidt-Jonzig, Kommunalrecht, Rn. 578 ff.

79 Nach der katholischen Soziallehre bedeutet Subsidiarität eine Nachrangigkeit jeder staatlicher Aufgabenerfüllung gegenüber der Selbstaktivierung gesellschaftlicher Kräfte; dazu Maunz, in ders./Dürig, GG, An. 28 Rn. 6; eingehend Schmidt-Jonzig und Schink, in dies., Subsidiaritätsprinzip und Kommunalordnung, S. 1 ff (insbesondere 20 ff) bzw. S. 25 ff. 80

7 Haaß

Dies ist jedoch nicht unbestritten; s. Schink, aaO., S. 82 ff m.w.N.; gegen eine Anwend-

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

98

der Verfassung selbst ergeben, wobei der Hinweis auf das Subsidiaritätsprinzip argumentatorische Hilfestellung geben mag, wenn - mit der neuen Rechtsprechung (dazu sogleich) - die Aufgabenabgrenzung nach Kriterien der Sachgerechtigkeil ("Ordnungsgemäßheit") erfolgen soll. Anknüpfungspunkt ist der Verfassungslext, der in Art. 28 II GG eine räumliche ("örtliche") und eine soziale ("Gemeinschaft") Komponente enthält81. Dabei hat Schmidt-Jortzigs Ansatz weile Verbreitung gefunden, wonach "örtliche Gemeinschaft" definiert wird als "der in einem wirtschaftlich, ökologisch, strukturell gleichförmigen und emotional überschaubaren Raum entstandene Zusammenhang nachbarschaftlieber Verbundenheit", welcher sich auf anthropologische Voraussetzungen wie Solidaritätsbedürfnis, Heimatverbundenheit, Integrationsverlangen, Engagementbereitschaft und Partizipationsdrang bei der Gestaltung der unmittelbaren Lebensbereiche gründe82• Zur weiteren Konkretisierung dieser wenig handlichen Begriffsbestimmung schlägt von Mutius ein matrixartiges Argumentationsmuster vor, in dessen Zeilen sich finden würden: Siedlungsraum, Nachbarschaftsverbund, historisch überkommener Bestand, Bürgemähe, Objektnähe (sowie Verwaltungs- und Finanzkraft); und in dessen Spalten die einzelnen Stufen des Aufgabenablaufes wiedergegeben werden: Ursachen und Anlaß des Problems, Problemformulierung, Planung und Steuerung der Problemlösung, Aufgabendurchführung bzw. Leistungserstellung, Folgenabschätzung, Aufgabenkontrolle und -kritik83 • Der Konkretisierungsansatz von Unruhs, welcher das Vorhandensein einer bestimmten "Gemeinsamkeit der Interessenlage der Einwohner" für

barkeil des Subsidiaritätsgedankens und m.N. zu früheren Stellungnahmen von Mutius, 53. DJT, E 28; ebenso Beckmann, aaO., S. 1195, der zudem darauf hinweist, daß ein so allgemein gehaltener Grundsatz keine konkrete Auslegungshilfe leisten könne. A.A. Knemeyer, FG von Unruh, S. 220, nach dem in An. 28 II 1 GG ein "spezieller Subsidiaritätsgrundsatz" zum Ausdruck komme. 11 So Schrnidt-Jonzig, DÖV 1989, 146; von Unruh, APuZ 30-31/1989, S. 9f; von Mutius, 53 DJT, E 17f; ders.: FG von Unruh, S. 245 f; Stüer, Funktionalreform, S. 220 ff; K. Stern, Staats· recht I, S.412 f; Wolff/Bachof/Stober, § 85 Rn. 21. Kritisch Schrnidt-Eichstaedt, Bundesgesetze und Gemeinden, S. 137 f. Anders Knemeyer, FG von Unruh, S. 222 und in Der Staat 29 (1990), 406/412, der den einfacheren Weg der (nur) geographischen Anknüpfung für vorzugswürdig hälL Diese Ansicht berücksichtigt jedoch nur unzulänglich die vom BVerfG nun zentral hervorgehobene politisch-demokratische Funktion gemeindlicher Selbstverwaltung mit ihren integratorischen und panizipativen Elementen.

12 Schrnidt-Jonzig, Kommunalrecht, Rn. 468; ders., DÖV 1989, 146; aus der Vorfußnote von Mutius und von Unruh; vgl. auch Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht ll, § 86 Rn. 45 ff. 83

Von Mutius, FG von Unruh, S. 246.

4. Die verfassWlgsrechtlich verbürgte Allzuständigkeit...

99

wesentlich hält84, wäre vor dem Hintergrund vielf'dltiger gemeindeinterner Interessendivergenzen auch auf klassischen gemeindlichen Aufgabenfeldern für die Gemeinden ein zweischneidiges Schwert, weil so schon die Örtlichkeit dieser Aufgaben in Frage gestellt wäre. Das Bundesverfassungsgericht überwies die Bestimmung der örtlichen Bezüge und ihres Gewichts der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers und zog sich insoweit auf eine Vertretbarkeilsprüfung zurück85 • Dies mag unter Gewaltenteilungsgesichtpunkten konsequent sein, ist jedoch vor dem Hintergrund der Tatsache problematisch, daß Ausgangspunkt der neuen Dogmatik schon eine institutionelle Ausgestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist, so daß die Begrenzung des Kontrollumfange~ hinsichtlich der örtlichen Radizierung dem Gesetzgeber auch weite Spielräume bei der Konkretisierung der ihm durch die Verfassung auferlegten Grenzen bedeutet. Damit entwertet das Gericht die zunächst dem Gesetzgeber (scheinbar) auferlegte Grenze, da diese seiner Konkretisierung weitgehend unko~trollierbar zugänglich gemacht wird. Man wird daher aus dieser Rechtsprechung den Schluß ziehen müssen, daß dem Merkmal der Örtlichkeit eine eigenständige Bedeutung nur noch insoweit zukommt, als daß Aufgaben mit eindeutig fehlender örtlicher Relevanz, wie z.B. die Außenpolitik und im Grundsatz auch die Verteidigungspolitik86, dem Bereich gemeindlicher Zuständigkeit von vomherein entzogen sind. Für das weite Feld von Aufgaben mit sowohl örtlicher, als auch überörtlicher Bedeutung schält sich dann die vom Bundesverfassungsgericht als Grenze des Regel-Ausnahme-Prinzips bestimmte "Ordnungsgemäßheit" der Aufgabenerfüllung als zentrales Abgrenzungskriterium heraus. (4)

Rechtfertigung staatlicher Steuerung im Hinblick auf die "Ordnungsgemäßheit" der Aufgabenerfüllung

Wenn also das auf eine Beschränkung des Gesetzgebers zielende Merkmal der örtlichen Radizierung letztlich seiner eigenen Definitionsmacht zugänglich ist, zeigt sich, daß es für die Rechtfertigung staatlicher Aufgabensteuerung zentral nicht auf deren etwaige örtliche Radizierung ankommt, sondern materielle Rechtfertigungsgründe heranzuziehen sind. Hierzu hatte das Bundesverfassungsgericht, wie oben S. 91 ausgeführt, unabweisbare Allgemein-

84

Von Unruh, APuZ 30-31/1989, S. 9.

85

Vgl. BVerfGE 79, 127/153 f m.w.N.

Vgl. BVerwGE 87, 228 und 237; dazu Schach, JuS 1991, 728 ff. Zum Stand der Diskussions. nur Meßerschmidt, Die Verwaltung 23 (1990), S. 425 ff m.w.N. 86

7•

100

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

wohlgründe - d.h. vor allem: wenn anders die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht sicherzustellen wäre - herangezogen und insoweit GrUnde bloßer Verwaltungsvereinfachung hinter dem politisch-demokratischen Gesichtpunkt der Teilnahme der Gemeindebürger an der Erledigung ihrer öffentlichen Aufgaben zurücktreten lassen. Nun erschöpft sich das Kriterium ordnungsgemäßer Aufgabenerfüllung nicht nur in Kategorien der Verwaltungseffizienz und Wirtschaftlichkeit. Gerade die für die vorliegende Untersuchung zum Anlaß genommenen gemeindlichen Versuche, ökologische Probleme durch ökonomische Instrumente schon bei der Verursachung anzugehen, weisen allenfalls peripher Elemente wirtschaftlicher Verwaltungsführung auf. Das Kriterium ordnungsgemäßer Aufgabenerfüllung als Rechtfertigung für den Aufgabenentzug bietet - für sich besehen - jedoch Sachgerechtigkeitserwägungen, m.a.W. verwaltungsfunktionalen Argumenten Einlaß. Damit gerät es in Konkurrenz zur Entscheidung der Verfassung für eine gestufte Demokratie, welche sich durch eine zusätzliche demokratische Legitimation der unteren Vollzugsebene auszeichnet und deshalb grundsätzlich auch suboptimale Lösungen um den Preis bürgerschaftlieber Entscheidungsteilhabe legitimiert Die Verfassung gründet dabei auf dem pluralistischen Konzept, daß der Ausgleich vielfältiger betroffener Interessen grundsätzlich das systemkonform optimale Ergebnis erzeugt87. Systemkonformität muß hier verlangt werden, weil nur so die befriedende Funktion, mithin die zentrale Aufgabe des Staates und der Rechtsordnung realisierbar ist. Das Kriterium ordnungsgemäßer Aufgabenerfüllung muß somit von der politisch-demokratischen Funktion gemeindlicher Selbstverwaltung her bestimmt werden. Die Entscheidung der Verfassung, auch den gemeindlichen Willensbildungsprozeß demokratisch zu legitimieren und ihm in den genannten Grenzen einen Vorrang einzuräumen, erlaubt erst im Falle mangelhafter gemeindlicher Willensbildung, Aufgaben zu entziehen bzw. die Art und Weise der Aufgabenerledigung zu reglementieren. Damit ist aber nur eine erste, wenn auch grundsätzliche Vorüberlegung angestellt, denn für eine verfassungsdogmatische Bestimmung gemeindlicher Zuständigkeiten kann das Merkmal "mangelhafter" Willensbildungsprozeß nicht einer politischen Bewertung unterworfen werden. Andererseits geht es hier auch nicht um kommunalverfassungsrechtliche Mängel im Willensbildungsprozeß, welche diesen

87 Zur demokratischen Binnenlegitimation oben S. 66 ff; s. auch S. 74 ff zu den Grenzen des Partikularwillens. Zum Begriff "systemkonform" oben S. 39 f.

4. Die verfassWJgsrechtlich verbürgte Allzust.ändigkeit...

101

oder die Entscheidung selbst rechtswidrig machen, da der Staat gemäß Art. 28 I 1 i.V.m. 20 III 2. HS GG ohnehin zur Garantie der Rechtsordnung aufgerufen und der Bund insoweit nach Art. 28 III GG verpflichtet ist. Problematisch ist vielmehr erst die Frage, wann ein an sich rechtmäßiger gemeindlicher Willensbildungsprozeß "mangelhaft" sein kann, zumal dies der mehrfach erwähnten plumlistischen Konzeption zu widersprechen scheint. In der Sache geht es um das Problem, inwieweit partikulare Willensbildung aufgrund der ihr eigenen Entscheidungsrationalität die Gefahr probleminadäquater Ergebnisse in sich birgt, welche im Gesamtinteresse die Grenze des Vertretbaren auch unter Berücksichtigung dessen überschreiten, daß die gemeindliche Entscheidung die durch Art. 28 I 2 GG vermittelte zusätzliche Legitimation erfahren hat. Für die Beantwortung dieser Frage ist auf die Ausführungen zum grundsätzlichen Verhältnis von Gesamtwillen und Partikularwillen zurückzugreifen88. Der don begründete Vorrang der staatlichen Legitimation (aufgrund Art. 20 II 1 GG) ist nicht bloßer Selbstzweck, sondern im Sinne des dualistischen Legitimationsverständnisses der Verfassung auch als Gemeinwohl- oder Richtigkeitsverbürgung demokratischer Willensbildung konzipien. Daher wirkt die staatliche Verantwortung für bestimmte Mindeststandards89 auch gegenüber dem gemeindlichen Willensbildungsprozeß. Dieses Minimum darf nicht nur nicht unterschritten werden, der Gesetzgeber ist vielmehr sogar aufgerufen, diese materiellen Mindeststandards zu gewährleisten. Hier setzt sich das staatliche Gesamtinteresse an adäquaten Problemlösungen auch für Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft durch gegenüber dem grundsätzlichen Vorrang systemkonformer, d.h. hier dezentraler Legitimationsbeschaffung. Darüber hinaus geht das pluralistische Konzept - wie gezeigt - davon aus, daß sich Akzeptanz und Konsens, mithin die befriedende Funktion der Rechtsordnung am ehesten im Ergebnis einer möglichst optimalen Befriedigung aller betroffenen Interessen einstellt. Das bedeutet zunächst, daß die staatliche Verantwortung jedenfalls dann zur Regelung aufgerufen ist, wenn die Berücksichtigung aller beteiligten Interessen im demokratischen Willensbildungsprozeß gefährdet ist. Etwaigen Defiziten im innergemeindlichen Willensbildungsprozeß90 will daher die Verfassung in Art. 28 I 1 und 2 GG durch die Verbürgung der gleichen Grundsätze, wie sie für die staatliche

88

S. oben S. 70 ff.

89

Dazu oben S. 35 ff.

90 Zu den tatsächlichen GefährdWlgen oben S. 74 ff.

li. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

102

Willensbildung gelten, entgegenwirken. Hinsichtlich der gemeindlichen Aufgabenerfüllung ergibt sich damit vor allem die Berechtigung, aber auch die Verpflichtung des Staates, die Modalitäten insoweit zu regeln, als Gefährdungen der erwähnten Grundsätze zu befürchten sind. Aber auch für die Zuordnung der Aufgaben selbst erlaubt und erfordert das Gebot, alle beteiligten Interessen zu berücksichtigen, einen Aufgabenentzug dann, wenn die Gefahr besteht, daß die konkrete Interessenlage im gemeindlichen Willensbildungsprozeß strukturell nur mangelhaft Berücksichtigung finden. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn a priori nicht alle beteiligten Interessen hinreichend im Entscheidungsprozeß repräsentiert sind. Soweit nicht bereits der Staat nach dem eben Ausgeführten in der Verantwortung steht, betrifft dies solche Aufgaben, deren Erfüllung außerhalb der Gemeinde relevante91 Auswirkungen zeitigt, die externen Betroffenen aber nicht im Entscheidungsgremium vertreten sind. Dies betrifft typischerweise solche Aufgaben, deren Erledigung durch lokale Institutionen die Gefahr birgt, das Problem nach dem "St.-Florians-Prinzip" auf externe Betroffene zu verlagern, m.a.W. externalisierbare Problemfelder. Die grundsätzlich an materieller Knappheit orientierte gemeindliche Entscheidungsrationalität birgt dann die Gefahr defizitärer Willensbildung, wenn die Problemstruktur es erlaubt, daß Nutznießer eines Verhaltens und Risikoträger nicht identisch sind, und zwar sowohl in örtlicher als auch in zeitlicher (Folgegererationen) Hinsicht. Insoweit ist die Zieltkonformität gemeindlicher Entscheidungen (Problembewältigungseignung) grundsätzlich in Frage gestellt. Für die Bestimmung derjenigen externen Risikoschwelle, die nicht mehr dem gemeindlichen Willensbildungsprozeß überantwortet sein darf, können Ansätze der Figur des sozial-adäquaten Risikos übertragen werden. Zwar ist diese Figur vom Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die staatliche Verantwortung für technische Gefahren der hochindustrialisierten Gesellschaft entwickelt worden, so daß sie thematisch diejenige Risikoschwelle betrifft, deren Mindeststandards der gesamtstaatlichen Verantwortung obliegt92• Der Ansatz dieser Argumentation kann aber auch für die vorliegende Interessenlage hinsichtlich externer Umweltbeeinträchtigungen fruchtbar gemacht werden. Unter der - ernsthaft nicht bezweifelbaren - Prämisse einer Industriegesellschaft müssen Beeinträchtigungen, welche "unentrinnbar und insofern

91 Daß hier eine gewisse Relevanzschwelle eingefühn werden muß, ist Folge der angesprochenen Zwangsläufigkeit externer Effekte lokaler Entscheidungen, und seien sie auch nur vage. 92

Dazu oben S. 35 ff.

4. Die verfassungsrechtlich verbürgte Allzuständigkeit...

103

als sozial-adäquate Lasten von allen Bürgern zu tragen" 93 sind, auch zwischen den Bürgern verschiedener Gemeinden, also von externen Betroffenen hingenommen werden. Soweit Umweltbeeinträchtigungen das Maß des sozial-adäquat Hinzunehmenden nicht überschreiten, können sie durch gemeindliche Entscheidungen ausgelöst werden. Die Entscheidung der Verfassung für eine gestufte Demokratie in der Ausprägung des vom Bundesverfassungsgericht ausgeformten Regel-Ausnahme-Prinzips räumt den Gemeinden insoweit sogar einen Zuständigkeitsvorrang für örtlich radizierte Aufgaben ein, weil solche externen Beeinträchtigungen die Ordnungsgemäßheit der Aufgabenerfüllung nicht in Frage stellen. Erst externe Beeinträchtigungen, welche die Schwelle des sozial Adäquaten überschreiten, können nicht mehr vom gemeindlichen Willensbildungsprozeß (allein) verantwortet werden, vielmehr ist hier der Staat als Vollstrecker des Gesamtwillens aufgerufen, die Entscheidungsräume der Gemeinden untereinander - vergleichbar den Freiheitsräumen einzelner Individuen - zumindest durch gesetzliche Ermächtigungen abzugrenzen. Dieser Gedanke läßt sich auch auf die erforderliche verfahrensrechtliche Sicherung der Grundrechte zurückführen. Zwar sind insoweit vor allem verwaltungsrechtliche bzw. verwaltungsgerichtliche Genehmigungsverfahren Gegenstand der Auseinandersetzung94, gleichwohl läßt sich diese Überlegung auch für die Grenzen gemeindlicher Willensbildung heranziehen, und zwar nicht nur aus dem formalen Gesichtspunkt, daß auch kommunale Rechtsetzung exekutive Hoheitsgewalt darstellt95, sondern auch im Hinblick auf die parallele materielle Interessenlage. Auch die hier in Frage stehenden gemeindlichen Entscheidungen vermögen auf externe Betroffene jedenfalls dann mit grundrechtlicher Relevanz einzuwirken, wenn der Schutzbereich von Art.

93 Vg1. BVerfGE 49, 89/143. Verfassungsdogmatisch wird diese "Last" mit dem aus der Eigentumsdogmatik stammenden Gedanken einer "Situationsprägung" bzw. "Sozi.alpflichtigkeit" der Grundrechte begründet; s. Degenhart, Kemenergierecht, S. 146 ff; Murswiek, Staatliche Verantwortung, S. 140 ff, insbesondere 141 f, 146 f. Vgl. auch § 906 I BGB.

94 BVerfGE 53, 30, insbesondere 65 f m.w.N. (Mülheim-Kärlich); vgl. aus der ständigen Rechtsprechung schon BVerfGE 37, 132/141; 44, 105/119 ff; 45, 422/430 ff; 51, 324/346 ff sowie BVerfGE 61, 256/263; 77, 381/405 f. Aus der umfangreichen Literatur zum Grundrechtsschutz durch Verfahren s. Ossenbüh1, FS Eichenberger, S. 183 ff; P. Huber, Grundrechtsschutz, S. 65 ff m.w.N.; skeptisch Pietzcker, FS Bachof, S. 135 ff. 95 BVerfGE 65, 283!289 und B. v. 21.6.1988, NVwZ 1989, 46 (unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung; vgl. noch E 32, 346/361). Daru Herzog, in Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rn. VI 37.

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ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

2 II 1 GG berührt wird96• Dessen Einschränkung muß sich auf eine formellgesetzliche Ermächtigung (Art. 2 II 3 GG) zurückführen lassen97• Erst durch ein solches Gesetz ist gewährleistet, daß alle (jedenfalls inländischen) betroffenen Grundrechtsträger zumindest mittelbar in das Entscheidungsverfahren einbezogen sind. Clemens hat in seiner Besprechung der Rastede-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Frage angesprochen, ob sich die örtlichkeit einer Aufgabe danach bemesse, wo sie schwerpunktmäßig anfällt, oder danach, wo sie sich auswirkt, und dies sodann im ersten Sinne beantwortet. Unter diesem Vorzeichen entwickelt er aus den Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts ein elastisches Argumentationsmodell: "Je relevanter die örtlichen Bezüge der Aufgabe sind, umso gewichtigere Gründe des Gemeinwohls sind nötig, um den Zuständigkeitsvorrang der Gemeinden 'wegzuwägen' ." 98 Dies geht m.E. am eigentlichen Problem vorbei. Gegen den Ansatz von Clemens spricht zunächst einmal die eben mit ihren Konsequenzen aufgezeigte Entwertung des Örtlichkeitsmerkmals durch die Rastede-Entscheidung, welche die Definition auch der Örtlichkeit gesetzgebenscher Prärogative im Rahmen der Vertretbarkeil überläßt. Vor allem aber berücksichtigt das Modell von Clemens die zentrale politisch-demokratische Funktion des gemeindlichen Willensbildungsprozesses innerhalb des gestuften Staatsaufbaues der Verfassung nur unzureichend. Auf der Grundlage des dualistischen Legitimationskonzepts der Verfassung und vor dem Hintergrund der eben angestellten Überlegungen zu den strukturellen Mängeln gemeindlicher Willensbildung bei extemalisierbaren Problembereichen kann die Bestimmung derjenigen Rechtfertigungsgründe, welche ein "Wegwägen" des Zuständigkeitsvorranges der Gemeinden erlauben, nur hinsichtlich des ohnehin der staatlichen Verantwortung obliegenden Mindeststandards isoliert am abstrakten Kriterium des Gemeinwohles gemessen werden. Für den zentralen, darüber hinausgehenden Bereich gemeindlicher Zuständigkeit aber können Gemeinwohlerwägungen nur eingebettet in Abwägungen der Konkurrenz gesamtstaatlicher und partikularer Willensbildung eingestellt werden. Selbstverständlich sind "örtlich" diejenigen Aufgaben, welche im Ort anfallen. Damit aber ist allenfalls eine erste Vorüberlegung angestellt; das zentrale Kriterium für die Zulässig-

96

Vg1. dazu Murswiek, JZ 1989, 985 ff.

BVerfGE 22, 180/219; dazu Wemicke, BK, Art. 2, ll 2 f (S. 5); von Münch, in ders., GG, Art. 2 Rn. 68 f m.N. auf friiher abweichend Ansichten. 97

98

Clemens, NVwZ 1990, 834/840 f sowie 839.

4. Die verfasswtgsrechtlich verbürgte Allzuständigkeit...

105

keit eines Aufgabenentzuges bzw. für die Vorgaben von Erledigungsmodalitäten ist, inwieweit sich örtliche Aufgabenerfüllung bei externen Betroffenen auswirkt. Dann nämlich besteht die -das pluralistische Konzept der Verfassung aushöhlende- Gefahr, daß eine möglichst optimale Befriedigung aller betroffener Interessen strukturell schon deshalb scheitert, weil diese Interessen am Entscheidungsprozeß nicht partizipieren. Gleichwohl eröffnet erst die hier entwickelte, auf der politisch-demokratischen Legitimation der gemeindlichen Selbstverwaltung gründende Konzeption den Gemeinden substantielle Handlungsspielräume; sie hat zudem den Vorteil, daß sie mit der Fundamentalentscheidung der Verfassung für eine gestufte, pluralistische Demokratie Ernst macht. Erst ein solches Selbstverwaltungsverständnis begrenzt staatliche Steuerung bei Eingriffen in die gemeindliche Selbstverwaltung auf das verfassungsrechtlich unumgänglich Geforderte im Sinne des materiellen Regel-Ausnahme-Prinzips des Bundesverfassungsgerichts: Gewährleistung materieller Mindeststandards und formelle Verfahrensgarantien sowie Schutz der externen, am gemeindlichen Willensbildungsprozeß nicht Beteiligten. Eine solches Verständnis des Selbstverwaltungsrechts hat zugleich die Konsequenz, daß staatliche Regelung die demokratische Willensbildung der Betroffenen tatsächlich respektieren muß. Dieser an einer "Demokratisierung der Politik" (Luhmann)99 orientierte Ansatz stellt auch keine Idealisierung dezentraler Partizipation dar. Die Herausbildung eines polyzentrischen Systems der Rechtserzeugung und der Rechtsanwendung ist kein Selbstzweck, sondern ein Erfordernis unter der Bedingung sinkender Steuerbarkeil einer hochkomplexen Gesellschaft durch materielle Entscheidungsvorgaben 100• Die Notwendigkeit, auch vor diesem Hintergrund systemkonforme, d.h. durchsetzbare Problemlösungen zu finden - was in der demokratischen Gesellschaft bedeutet, daß diese Lösungen konsensfähig sind und nicht sozial desintegrierend wirken - erfordert im Ausgangspunkt die Betroffenen entscheiden zu lassen. Erst wenn die Handlungsrationalität der so gefundenen Entscheidungen aufgrund mangelnder Zielkonformität (Problembewältigungseignung) der Entscheidungsebene strukturell die Entscheidungsfolgen nur defizitär berücksichtigt und deshalb die Gefahr inadäquater Problemlösungen in sich birgt, muß das vorrangige Interesse an systemkonformen Entscheidungsverfahren zurücktreten.

99

Legitimation durch Verfahren, S. 1S 1.

100

Vgl. nur Willke, Entzauberung des Staates, insbesondere S. 52 ff.

li. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

106

bb) Gezielte staatliche Eingriffe gegenüber konkret-individuellen Gemeinden Wird die eben unter aa) erörterte allgemeine Ausgestaltungsfreiheit des Gesetzgebers der einzelnen Gemeinde gegenOber vollzogen, ist diese naturgemäß individuell davon betroffen, allerdings prinzipiell nicht anders als andere Gemeinden auch. Deshalb gilt auch hier der oben S. 92 aufgefächerte Prüfungsmaßstab für die Zulässigkeil eines Eingriffs in die gemeindliche Selbstverwaltung. Anders stellt sich staatliche Regulierung aber dann dar, wenn Gegenstand der Ausgestaltungsfreiheit von vomherein nur bestimmte, individuelle Gemeinden sind. In diesen Fällen wird den betroffenen Gebietskörperschaften - einem "Sonderopfer" 101 ähnlich - eine Ungleichbehandlung zuteil. Dies betrifft typischerweise das Planungsrecht, weil "überörtliche Planung ... - soll sie ihre Ziele sinnvoll verfolgen - notwendigerweise die Planungshoheit der betroffenen Gemeinden einschränken" muß102• Der hier bezüglich Raumordnung und Landesplanung erhobene Einwand, diese Regelungen griffen aufgrund ihrer überörtlichen Bezüge nicht in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden ein und berührten trotz ihrer Verbindlichkeit nicht die gemeindliche Planungshoheit103, übersieht, daß sich sowohl überörtliche wie örtliche Planung auf dieselbe (gemeindliche) Fläche bezielten104• Daher können diese Konstellationen nicht von vomherein der Selbstverwaltungsgarantie entzogen werden, vielmehr fordert die verfassungsrechtlich verbürgte Autonomie gemeindlichen Gestaltungswillens eine differenzierte Berücksichtigung. Dabei wird sowohl nach Verbindlichkeitsgrad als auch nach der Detailliertheil (Bereichs- und Funktionsschärfe) überörtlicher Planungen zu unterscheiden sein. Förmliche Fachplanungen, wie Planfeststellungen bzw. Schutzgebietsausweisungen105, stellen die stärksten Einschränkungen gemeindlicher Pla-

101

BVerfGE 56, 298/313.

VerfGH NRW, DVBJ. 1990, 417/418. Daß vergleichbare Konstellationen auch in anderen Rechtsbereichen möglich sind, wird nicht auszuschließen sein. Jedenfalls ist die an der Grundrechtsdogmatik und Übermaßverbot orientierte Prüfung allgemeiner Regelungen gemeindlicher Selbstverwaltung nach BVerfGE 79, 127 überholt. Zu früheren Entscheidungen s. Schoch, VerwArch 81 (1990), 18(36. 102

103 Referierend Krebs, in von Münch/Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 279 fm.w.N.

104

Brohm, DÖV 1989, 429/439; vgl. auch Blümel, FG von Unruh, S. 301.

Etwa nach § 31 WHG, § 7 AbfG bzw. §§ 12 ff BNatSchG i.V.m. den LNatSchG, § 19 WHG, § 6 AbfG, §§ 44, 47 BimSchG. 105

4. Die verfassungsrechtlich verbürgte Allzuständigkeit...

107

nungshoheit dar, weil hier rechtsverbindlich bereichs- und funktionskonkrete Ausweisungen überörtlich erfolgen. Zwar besteht gemäß § 7 BauGB eine begrenzte Anpassungspflicht überörtlicher Planungsträger an vorliegende Flächennutzungsplanung, gleichwohl vermag diese Regelung eine effektive Bindung nicht auszulösen: zum einen aufgrund der in § 7 BauGB vorgesehenen Ausnahmen sowie dem allgemeinen Privileg in § 38 BauGB, zum anderen aber im Hinblick auf den nur allgemeinen Charakter der Aussagen der Flächennutzungsplanung (§ 5 I BauGB). Darüber hinaus unterliegen gemeindliche Planungen gemäß § 1 IV BauGB sowie §§ 4 V, 5 IV ROG auch einer Anpassungspflicht gegenüber allgemeiner Raum- und Landesentwicklungsplanung. Dies wird im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit vor allem dann problematisch, wenn die überörtlichen Gestaltungsvorstellungen sich nicht auf allgemeine Entwicklungsaussagen beschränken, sondern entweder bezüglich einzelner Vorhaben bereichs- und funktionsscharfe Ausweisungen enthalten und sich so "fachplanerischer" 106 Festlegung annähern, oder wenn sie durch strukturelle Aussagen wie z.B. Zentralitätsfestsetzungen (Zentrale-Orte-Modell) dem gemeindlichen Gestaltungswillen enge Grenzen auferlegen. Zudem ist es legitimes Ziel staatlicher Entwicklungsplanung, geeignete Flächen für bestimmte Vorhaben planerisch gleichsam "auf Vorrat" vorzuhalten, so daß die davon betroffenen Gemeinden gezwungen sind, tatsächlich u.U. nie benötigte Flächen freizuhalten 107 • Schließlich gilt für die Berücksichtigung der planefischen Vorstellungen benachbarter Gemeinden gemäß § 2 II BauGB ein materielles interkommunales Abstimmungsgebot, welches durch § 4 I BauGB eine verfahrensrechtliche Absicherung erfährt108 • Unabhängig von einfachgesetzlicher Ausgestaltung gemeindlicher Mitwirkung an höherstufiger Planung 109 ist den in ihrem Selbstverwaltungsrecht betroffenen Gemeinden von Verfassungs wegen ein Beteiligungsrecht einzuräumen. Dies gewährleistet ihnen auf jeden Fall eine Mitwirkung im Rah-

106

Brohm, DÖV 1989, 429/433 und zum Folgenden.

Dies ist deshalb bemerkenswert, weil umgekehrt gemeindliche Freihalteplanung von der h.M. für unzulässig gehalten wird (vgl. BVerwGE 40, 258/262; s. auch B. vom 18.12.1990, 4 NB 8.90=UPR 1991, 154; w möglichen Ausnahmen BayVGH, UPR 1990, 193 f; kritisch H.-J. Birk, NVwZ 1989, 905 ff. Zu den umweltdienlichen Feststellungsmöglichkeiten (z.B. nach § 9 Nr. 20 BauGB) s. unten S. 174 ff. 107

108

Dazu BVerwGE 84, 209/215 ff.

Vgl. z.B. § 5 ll ROG; § 18 ll FStrG; §§ 36 ll, 37 ll 2, 38 S. 2 BauGB; §§ 1 ll, 33 I i.V.m. ll Nr. 3 LBG. 109

108

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

men eines sog. "fairen Verfahrens", welches ihnen nicht nur verfahrensrechtlich eine zur Vorbereitung einer Stellungnahme rechtzeitige Unterrichtung einräumt, sondern ihnen auch einen Anspruch auf ermessenfehlerfreie Abwägung ihrer Belange in der höherstufigen Planung gerichtlich überprüfbar verbürgt110. Die verfassungsrechtliche Nähe zur Grundrechtsdogmatik (insbesondere zur Eigentumsordnung, aber auch zum Willkürverbot) ist für die hier in Frage stehenden Fälle individuell betroffener Gemeinden im Hinblick auf die parallele Interessenlage grundrechtlicher Garantien unübersehbar und manifestiert sich nicht nur in der an die Grundrechtsdogmatik adaptierten Terminologie, sondern auch in der einschlägigen Rechtsprechungspraxis, welche vor allem planungsrechtliche Streitigkeiten zum Gegenstand hat und häufig geradezu klassisch an der Grundrechtsprüfung orientiert ist111 • Planungsrecht wird hier vor allem deshalb relevant, weil regelmäßig nicht die allgemeine Entwicklungsplanung zwischen Staat und Kommunen strittig ist, sondern weil Gegenstand der Auseinandersetzung bestimmte Vorhaben sind, welche die kommunale Ebene entweder verhindern 112 oder umgekehrt gegen negative überörtliche Planung verwirklichen will113 • In den vorstehenden Entscheidungen wurde zunächst die gemeindliche Planungshoheit darauf geprüft, inwieweit sie am "Schutzbereich des Art. 28 II GG" 114 teilnimmt, und dies - unter Offenhaltung der Frage, ob die Planungshoheit dem Kernbereich gemeindlicher Selbstverwaltungshoheit unterfällt - mit der Folge bejaht, daß die Zulässigkeit überörtlicher Planung jedenfalls an Willkürfreiheit, Verhältnismäßigkeit und Gemeinwohlerfordernis zu messen sei.

110 BVerfGE 56, 298/313, 320 f; 76, 107/119; auch BVerwGE 77, 128/132 f. Weitere Nachweise gibt Hoppe, FG von Unruh, S. 573. 111 Vgl. die beiden nachfolgenden Fn., sowie Brohm, DÖV 1989, 429, der mehrfach ausdrücklich Grundrechtsparallelen zieht (s. nur S. 430, 431, 435) und den Kompetenzkonflikt zwischen verschiedenen Planungsträgem nach den GNndsätzen kollidierender GNndrechte am Maßstab praktischer Konkordanz lösen will (S. 438). 112 BVerfGE 56, 298 (militärischer F!ughaben, Fluglärm); BVerfGE 76, 107 (Überplanung 1!3 des Stadtgebietes von Wilhelrnshaven als Vorrangstandon für groBindustrielle Anlagen); BayVerfGH, BayVBL 1990, 338 (Abwehr der StationieNng von ABC-Waffen vermittels Landesentwicklungsplanes). Relevant auch BVerfGE 77, 288, wo Gegenstand des Streites zwar nicht ein (bereits) bestimmtes Vorhaben war, sich aber eine betroffene Gemeinde vorsorglich gegen die generelle Hochzonung der gemeindlichen Planungshoheit auf einen Gemeindeverband durch § 195 ll SaarlKSVG wehne.

113 VerfGH NRW, DVBL 1990, 417 (Ausweisung Industriegebiet gegen Gebietsentwicklungsplanung). 114

Ausdrücklich BVerfGE 76, 107/116.

4. Die verfassungsrechtlich verbürgte Allruständigkeit...

109

Ausgangspunkt für die Auflösung des - auf den ersten Blick gegebenen Widerspruchs dieser Entscheidungen zur institutionellen Ausgestaltung der gemeindlichen Selbstverwaltung durch die Rastede-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts115 ist die Überlegung, daß in der Rastede-Entscheidung die gemeindliche Selbstverwaltung eindeutig dem Staatsorganisationsrecht zugerechnet wurde, weil Art. 28 II GG die allgemeine Zuordnung von Befassungsräumen innerhalb des Staatsautbaues regeln solle. Die grundrechtstypische Gefährdungslage zwischen Staat und Gesellschaft existiert für das Verhältnis des Staates zu den Gemeinden gerade nicht. Insofern ist die Vollendung der institutionellen Verbürgung gemeindlicher Selbstverwaltung zwingende Konsequenz der dogmatischen Weichenstellung, die das Bundesverfassungsgericht in seiner "Sasbach"-Entscheidung hinsichtlich der grundsätzlich fehlenden Grundrechtsfähigkeit von Gebietskörperschaften . bekräftigt hatte116• Deshalb ist es verfehlt, das Verhältnis zwischen staatlicher Regulierung und individuell davon besonders, d.h. ungleich betroffenen Gemeinden systematisch gleichsam durch die Hintertür als grundrechtsähnliche Seite der Verfassungsgarantie des Art. 28 li GG zu beschreiben. Nicht die gemeindliche Selbstverwaltung weist grundrechtsdogmatische Parallelen auf, sondern umgekehrt können auch grundrechtliche Verhörgungen - wie etwa Art. 6 I, 7 III i.V.m. 141, 7 IV, 10 I, 14 GG - institutionell gewährleistet sein. Beide Regelungsbereiche sind aber nach der ihnen eigenen dogmatischen Logik zu behandeln. Für die kommunale Selbstverwaltung ist unbestritten, daß sie nicht nur eine objektive Garantie des Rechtsinstituts verbürgt, sondern darüber hinaus auch den einzelnen Gebietskörperschaften eine subjektive Rechtsstellungsgarantie vermittelt117• Eingriffe in subjektive Rechtsstellungen müssen sich auf eine gesetzgeberische Legitimation zurückführen lassen; der Gesetzesvorbehalt gilt auch hier. Zwar müssen auch insoweit alle "wesentlichen" Fragen durch das Parlamentsgesetz entschieden werden 118 , aufgrund der finalen Struktur von Planungsgesetzen119 können sich dabei jedoch die Anforde-

m BVerfGE 79, 127; s. schon oben S. 92 ff. 116 BVerfGE 61, 82/100 ff; dazu m.w.N. auch auf ftühere, gleichgerichtete Rechtsprechung Brühl, HkWP Bd. 6, S. 700 ff. 117

S. oben S. 82.

m BVerfGE 49, 89/126 f (mit Nachweisen auf frühere Rechtsprechung); 68, 1/108 ff. Zur Wesentlichkeitslehre unten S. 184 f. 119

Dazu schon Hoppe, DVBI. 1974, 641 ff.

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

110

rungen an die Bestimmtheit der gesetzlichen Regelung auf Zielvorgaben und allgemeine Aussagen zu den Umsetzungsmitteln beschränken und die Zielverwirklichung der Selbstprogrammierung durch die Planungsträger überlassen120. Wenn aber die Verfassung bestimmte Aufgabenträger innerhalb des Staatsaufbaues mit einer individuellen, schutzbewehrten Rechtspostion ausstattet, müssen sich auch auf ein Gesetz zurückführbare Eingriffe in das eingeräumte subjektive Recht an den allgemeinen Maßstäben der Rechtsordnung, d.h. insbesondere am Rechtsstaatsprinzip messen lassen. Insoweit gelten nach wie vor die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in der Fluglärm-Entscheidung: "Der Bedeutung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG im Verfassungsganzen würde es jedenfalls nicht gerecht, die Reichweite der Garantie im Einzelfall jeder beliebigen Willensenscheidung des Gesetzgebers zu überlassen. ... (Die) betroffenen Gemeinden (sind) derartigen Willensentscheidungen, die ihnen im Vergleich zu anderen Gemeinden ein Sonderopfer auferlegen, nicht schutzlos ausgeliefert. Vielmehr muß der Gesetzgeber dabei den aus Art. 28 Abs. 2 GG folgenden Beschränkungen für staatliche Eingriffe unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen und das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Willkürverbot im Verhältnis zwischen Hoheitsträgern beachten. "121

Neben diesen rechtsstaatliehen Begrenzungen individuell-konkreter Eingriffe in gemeindliche Selbstverwaltungsangelegenheiten ist es aber vor allem die politisch-demokratische Funktion des gemeindlichen Willensbildungsprozesses, welche gebietet, daß Aufgaben nicht nur möglichst sach- und ortsnah, sondern auf derjenigen Ebene des Staatsaufbaues angesiedelt werden, auf der bürgerschaftliehe Initiative und Mitbestimmung möglichst effektive Wirkung entfaltet. Das ist - in den aufgezeigten Grenzen122 - die gemeindliche Ebene. Damit wird nicht nur Initiative und demokratische Teilhabe gewährleistet, sondern zugleich auch die planerische Verantwortung eindeutig dem örtlichen Bereich zugewiesen, so daß Anregungen und Bedenken der unmittelbar Betroffenen an ein von diesen selbst gewähltes und für das Plangebiet spezifisch zuständiges politisches Organ gerichtet werden können123•

120

Vgl. dazu m.w.N. Brohm, DÖV 1989, 429/438 f.

Unter Berufung auf seine ständige Rechtsprechung BVerfGE 56, 298/313. In Bezug ge· nommen in BVerfGE 76, 107/119 f; vgl. auch BVerwG, B. vom 15.3.1989 • 7 B 108/88=NVwZ-RR 1989, 377/379. 121

122

s. 70 ff.

123

So unter Berufung auf das demokratische Prinzip BVerfGE 77, 288/300, mit dem Zweck,

4. Die vedassWlgsrechtlich verbürgte Allzuständigkeit...

111

Gleichwohl gilt für das Verhältnis örtlicher und überörtlicher Planung kein absoluter Vorrang für eine der beiden Ebenen. Vielmehr ist es Aufgabe der übergeordneten Planung in einer Art Gegenstromverfahren dafür zu sorgen, daß sich einerseits die Interessen der Einzelräume in die Ordnung des Gesamtraumes einfügen, andererseits aber auch die Ordnung des Gesamtraumes die Gegebenheiten und Erfordernisse der Einzelräume berücksichtigt (vgl. die Formulierung in § 1 IV ROG) 124• Dabei hat die Bindung der Gebietskörperschaften an höherstufige Planungen ihr Gegenstück in der Berücksichtigung gemeindlicher Vorstellungen im überörtlichen Planungsprozeß. Dies erfordert zumindest, daß die lokalen planerischen Vorstellungen tatsächlich in die überörtliche Planung einfließen. Hierbei bedeutet "berücksichtigen" zwar nicht, daß lokale Planungsvorstellungen strikte Beachtung im Sinne eines Einvernehmens finden müßten - ihnen ist insoweit keine Vetoposition eingeräumt -, dies bedeutet aber andererseits auch mehr als bloße Anhörung. Ähnlich der zu Art. 33 V GG entwickelten Lehre125 konstituiert die Berücksichtigungspflicht ein Regel-Ausnahme-Prinzip zugunsten der örtlichen Gestaltungsvorstellungen, welche erst im Falle besonders nachhaltiger Gründe des Allgemeinwohles hinter den Gesamtinteressen zurückstehen muß. FUr die praktische Handhabung so gelagerter Konflikte wird in der Rechtslehre vorgeschlagen, die zu Grundrechtskollisionen entwickelten Grundsätze, insbesondere den Grundsatz praktischer Konkordanz heranzuziehen 126 . Zur konkreten Bestimmung derjenigen Gemeinwohlinteressen, die sich gegen örtliche Planungen durchzusetzen vermögen, kann zunächst auf die oben S. 100 ff demokratietheoretisch entwickelten Kriterien zur Bestimmung des Merkmales "ordnungsgemäßer Aufgabenerfüllung" zurückgegriffen werden, wonach es auf die Repräsentation der betroffenen Interessen im (partikularen) Willensbildungsprozeß ankommt. Dies gilt zumindest für diejenigen Fälle, in denen die Gemeinde bestimmte Vorhaben gegen überörtliche Planungen durchsetzen will, weil insoweit die Konstellation im Hinblick auf die externen Auswirkungen örtlicher Planung vergleichbar ist. Hier wirkt sich

die Sachnähe der örtlichen Ebene nutzbar zu machen Wld deren Planentscheidungen gegen Eingriffe der ortsfernen Fachaufsicht abzuschinnen (S. 301). 124

Dazu Wld rum Folgenden BayVGH, BayVBl. 1990, 338!339.

115

Diese Parallele zieht Clemens, NVwZ 1990, 834/839; zum Begriff des "Berücksichtigens"

in Art. 33 V GG s. m.w.N. Maunz, in ders./Dürig, GG, Art. 33 Rn. 56 ff sowie Matthey, in von Münch, GG, Rn. 38.

126 Brohm, DÖV 1989, 429/438; vgl. auch Erbguth, in Achterberg/Püttner, Besonderes VerwaltWlgsrecht I, Kap. 2 Rn. 265.

112

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

eine verfassungsrechtlich verankerte Verantwortung des Staates für den Umweltschutz als Senkung der zulässigen Eingriffsschwelle gegenüber kommunaler Planung ausm. Das hier zur Konkretisierung "ordnungsgemäßer Aufgabenerfüllung" eingeführte Kriterium extemalisierbarer Problemstruktur hilft aber dort nicht weiter, wo es darum geht, ein im überörtlichen Interesse liegendes Vorhaben gegen den Widerstand des betroffenen örtlichen Gestaltungswillens durchzusetzen. Dieses Problem ist gerade für die vorliegende Untersuchung relevant, weil allenthalben die Durchsetzungsschwierigkeiten bei der Errichtung von Abfallbeseitigungsanlagen beklagt wird128. Für die Lösung derartiger Steuerungskonkurrenzen wird man materielle Begründungen für den Vorrang überörtlicher Interessen zumindest als Residualkategorie anerkennen müssen. Einen solchen Fall betraf etwa das Verfahren zur Überplanung des Stadtgebietes von Wilhelmshaven durch das Raumordnungsprogramm des Landes Niedersachsen, da die betroffene Gemeinde aufgrund ihrer geographischen Lage einer gewissen "Situationsgebundenheit"129 insofern unterlag, als daß alternative Standorte für IndustrieansiedeJungen mit seeschiffahrtstauglicher Infrastrukturanhindung im Landesgebiet nicht ausweisbar waren. Ein Vorrang des gemeindlichen Gestaltungswillens hätte bedeutet, daß eine Entwicklungsplanung des Landes insoweit ausgeschlossen wäre. Ähnlich stellt sich die Lage für die Sonderabfallbeseitigung dar, welche aufgrund der besonderen Gefahrensituation in tiberörtliche, staatliche Verantwortung gestellt werden kann, so daß überörtliche Plangebung hier nur durch die genannten rechtsstaatliehen Grundsätze begrenzt ist. Diese Erwägungen lassen sich verallgemeinem für alle diejenigen Aufgaben, die entweder aus ihrer Natur heraus oder im Hinblick auf die staatliche Verantwortung für notwendige Mindeststandards nicht mehr als örtlich radiziert gelten können.

127 Dies demonstriert der VerfGH NRW, DVBl. 1990, 417/418, der unter Berufung auf die Staatszielbestimmung Umweltschutz in Art. 29 a Verf NRW den Vorrang überünlicher Grünflächenausweisung gegenüber der von der Gemeinde beabsichtigten Industrieansiedelung rechtfertigt.

128 Schon 1978 Leonhardt, in Olschowy, Natur- und Umweltschutz, S. 639; s. auch Sendler, UPR 1983, 33 ff und 73 ff. Aus neuerer Zeit Ronellenfitsch, DÖV 1989, 737 ff, der jedoch Vorschläge zur Akzeptanzverbesserung ablehnt und fordert, daß der Staat gegen Aufweichungstendenzen des Gewaltmonopols "eben Flagge zeigen" müsse (S. 749). 129 BVerfGE 76, 107/132; dazu Blümel, FG von Unruh, 285 m.w.N. In VerfGH NRW, DVBl. 1990, 417/419 wird die Gebiets- und Funktionsschärfe überunlieber Planung als "Ausdruck der besonderen Situationsgebundenheit" des betroffenen Gemeindegebietes gerechtfertigt.

4. Die verfassungsrechtlich verbürgte Allzuständigkeit...

113

Anders stellt sich aber die Lage für solche Aufgaben dar, die verfassungsrechtlich als örtliche Aufgaben zu qualifizieren sind wie z.B. die Entsorgung der Siedlungsabf'.Ule130• Sofern solche Aufgabenfelder durch gesetzliche Regelung höherstufigen Erledigungsträgern überwiesen sind, muß sich überörtliche Planung, die der Erledigung dieser Aufgaben dienen soll, aufgrund des urspri.inglich örtlichen Charakters der Aufgaben auch hinsichtlich der planungsrechtlichen Konkurrenz zu den betroffenen örtlichen Gestaltungsvorstellungen an den Maßstäben der Rastede-Entscheidung des Bundesverfassungsgericht messen lassen. Der überörtliche Plangeber kann sich auch hier nur dann gegen entgegenstehende örtliche Planungen durchsetzen, wenn anders die beabsichtigte Aufgabenerledigung nicht ordnungsgemäß realisierbar wäre. Zu der verfassungsdogmatischen Ausgangslage einer zusätzlichen demokratischen Legitimation gemeindlicher Entscheidungen bei der Erledigung der örtlichen Aufgaben tritt aber noch die vom Bundesverfassungsgericht herausgehobene demokratische Funktion des gemeindlichen Gestaltungswillens hinsichtlich des eigenen Gemeindegebietes hinzu 131 • Gegen diese "kumulierte" Legitimation kann sich i.iberörtliche Planung verfassungsrechtlich zulässig nur in Fällen unabweisbarer Allgemeinwohlinteressen durchsetzen. Die Tatsache, daß bestimmte Probleme wirtschaftliche Lösungen nur großräumig erlauben, reicht für die Oktroyierung überörtlicher Planung nicht aus. Neben dieser verfassungsrechtlichen, am Demokratieprinzip orientierten Begri.indung ist der Vorrang gemeindlicher Problembewältigung für örtliche Aufgaben, die - wie etwa die Siedlungsmi.illentsorgung - auf Gemeindeebene "ordnungsgemäß" 132 Erledigung finden können, grundsätzlich auch rechtspolitisch wünschenswert. Einmal zieht diese Konzeption Schlußfolgerungen aus den bereits mehrfach erwähnten Steuerungsschwierigkeiten zentraler Regelung und überantwortet die Problemlösung einer sachnahen Ebene. Nicht zuletzt treffen Großvorhaben wie Abfallbeseitigungsanlagen auch deshalb auf massiven Widerstand der Betroffenen, weil sie trotz ihrer Beteiligung am überörtlich angesiedelten Planungs- bzw. Planfeststellungsverfahren die Vorhaben als oktroyiert empfinden. Damit entfalten diese Verfahren nur mangelhaft integratorische Wirkung und vermögen nicht, die Durchsetzungsprobleme abzutragen ("systeminkonform"). Zum anderen aber nimmt die hier vor-

130

S. oben S. 95 f.

131

BVerfGE 77, 288/300 f.

132

Im Sinne der obigen Ausführungen zu BVerfGE 79, 127; s. S. 100 ff.

8 Haaß

114

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

getragene, demokratisch fundierte Konzeption das allenthalben als vorrangig postulierte Verursacherprinzip ernst. Für die örtlich radizierten Probleme muß grundsätzlich die Lösung auch örtlich gesucht werden; dies gilt auch und gerade für die Beseitigung jedenfalls des Siedlungsabfalls. Da dann der Entsorgungsdruck - genauso wie dies heute für die Kreisebene der Fall ist - den Verursachergemeinden entstünde, wären diese gezwungen, sich -gegebenenfalls im Verbund mit anderen Gemeinden- um großräumige Lösungen zu bemühen, wenn anders wirtschaftlich eine Entsorgung nicht zu realisieren ist. Daß in einem solchen, kooperativ strukturierten Erledigungsverbund vennutlich der politische und damit auch der ökonomische Preis für die Ansiedelung der Anlage in einer der Verbundgemeinden im Gegensatz zu Subordinalen Lösungen höher liegen würde ("Kauf lokaler Zustimmung"), hätte zunächst den Vorteil, den umweltpolitisch gewollten 133 , wie nötigen Anreiz zu Abfallvermeidung und -verwertung auszuüben und wäre insofern von größerer Handlungsrationalität Eine solche Lösung wäre zudem auch dem Wirtschaftssystem konform, weil es nicht Aufgabe des Staates ist, die "billigste" Problemlösung zu gewährleisten, sondern den wirtschaftlichen Akteuren nur einen Ordnungsrahmen vorzugeben. Gleiches gilt für die Abfallentsorgung, für deren Erledigung der Staat verfassungsrechtlich nur gehalten ist, sicherheits- und umweltrechtliche Mindeststandards und die Erfüllbarkeil der Aufgabe überhaupt zu gewährleisten.

c) Geltungsrichtung der Gewahrleistung Nachdem nunmehr der Umfang des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts umrissen ist, bleibt die Geltungsrichtung dieser Gewährleistung zu klären. Ein bestimmter Verpflichtungsadressat ist in Art. 28 II 1 GG ("muß das Recht gewährleistet sein") ebenso wie in Satz 2 bezüglich der Gemeindeverbände nicht benannt. Aus der Garantenstellung des Bundes gemäß Art. 28 III GG ist jedoch der Schluß zu ziehen, daß jedenfalls im Ausgangspunkt die Länder primärer Verpflichtungsadressat sind. Dies folgt auch aus der Kompetenzordnung der Verfassung, welche die Gesetzgebungszuständigkeit für das Kommunalrecht den Ländern zuweist. Damit ist die institutionelle Ausgestaltungsfreiheit gemeindlicher Selbstverwaltung grundsätzlich Sache der Länder.

133 V gl. nur das abfallpolitische Gesamtkonzept des BMU für die 12. Legislaturperiode, Umwelt 1991, 264 unter Nr. 1.

4. Die verfassungsrechtlich verbürgte Allzuständigkeit...

115

Vor dem Hintergrund vielfältiger Regelungsdurchgriffe des Bundesgesetzgebers auf gemeindliche Ausführungszuständigkeiten, Einrichtung bestimmter Organe oder Dienststellen, des Rechtscharakters der den Gemeinden übertragenen Aufgaben sowie der Bindung der Kommunen an Mitwirkungsvorbehalte übergeordneter Behörden134 sieht sich diese verfassungsdogmatische Grundaussage im evidenten Widerspruch zur Verfassungswirklichkeit135 • Für die Frage gemeindlicher Selbstverwaltung und bundesrechtlicher Regehmgszulässigkeit sind zwei Problemkreise zu unterscheiden: einmal die kompetenzrechtliche Frage, inwieweit der Bundesgesetzgeber zur Regelung materiell zuständig ist, und zum anderen, ob er in diesen Fällen auch an die Grenzen der Ausgestaltungsfreiheit gemäß Art. 28 ·II GG gebunden ist. Die erste Frage entzündet sich vor allem an bundesrechtlichen Vorgaben für die Kommunalverfassung, weil insoweit auch "punktuelle" Durchgriffe sich nicht auf Art. 84 I und 85 I GG stützen können. Regelungen des Verwaltungsverfahrens und der Behördeneinrichtung setzen - auch im Hinblick auf ihre systematischen Stellung in der Verfassung - zunächst voraus, daß dem Bund für das materielle Rechtsgebiet, welches den Gegenstand der VerfahrensregeJung bildet, eine Zuständigkeit nach den Art. 73 ff GG zukommt136. Das ist für das Kommunal(verfassungs)recht gerade nicht der Fall 137 • Für die vorliegende Untersuchung gemeindlicher Handlungsspielräume auf dem Gebiet des Umweltschutzes stellt sich diese Frage allerdings kaum. Zwar kann sich der Bundesgesetzgeber insoweit nicht auf einen umfassenden Kompetenztitel berufen, umfassende Einzelzuständigkeiten (Art. 73 Nm. 6, 11; Art. 74 Nrn. 1, 11, lla, 12, 17-24; Art. 75 Nm. 3, 4 GG) lassen jedoch ein Übergewicht des Bundes leicht erkennen und den Ländern einen relevanten Regelungsbereich nur hinsichtlich der Landesplanung, des allgemeinen Ordnungsrechts, des Fischereirechts sowie innerhalb des vom Bun-

134 Vgl. hienu die umfangreichen Beispiele und Nachweise bei Bunneister, Neukonzeption, S. 36 ff; Schmidt-Eichstaedt, Bundesgesetze und Gemeinden, S. 165 ff; Stüer, Funktionalrefonn, 183 ff, insbesondere 198 f, 207 ff. 135

Burmeister spricht von "faktischer Unrichtigkeit" (S. 36).

136

BVerfGE 56, 298/313 f; 77, 288 LS 1/299.

Raters macht zu Recht darauf aufmerksam, daß die Landeszuständigkeit für das Kommunalrecht nur das Organisationsrecht, also das Kommunalverfassungsrecht betrifft (in von Münch, GG, Art. 28 Rn. 8). Soweit die Verfassung besondere Kompetenzvorschriften bereithält, kann der Bund diese auch zur Einschränkung autonomer Aufgabenerledigung durch die Gemeinden nutzen (BVerfGE 56, 2981310). 137

s•

li. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

116

desgesetzgeber gestellten Rahmens für das Naturschutz-, Jagd- und Wasserrecht138. Da somit kompetentiell auch ein etwaiger Durchgriff bundesrechtlicher Regelungen des Umweltschutzes auf die gemeindliche Aufgabenerfüllung weithin zulässig ist, stellt sich sodann die Frage, inwieweit auch der Bundesgesetzgeber Verpflichtungsadressat von Art. 28 II GG ist. Für die Begründung einer unmittelbaren Begrenzung der Ausgestaltungsfreiheit auch des Bundesgesetzgebers beruft sich von Mutius systematisch auf die in Art. 28 III GG angeordnete Garantenstellung des Bundes: "Es wäre nun aber ein seltsames Ergebnis, wenn der Bund sich nicht an Normen halten müßte, deren Einhaltung durch die Länder er verfassungsrechtlich garantiert." 139 Darüber hinaus läßt sich auch die Entscheidung der Verfassung für eine gestufte, dezentralisierte Demokratie argumentativ fruchtbar machen. Wenn die Verfassung um der herausragenden Bedeutung der politisch-integmtiven Funktion gemeindlicher Demokmtie Willen die Erfüllung örtlich radizierter Aufgaben bis zur Grenze der "Unordnungsgemäßheit" auf der untersten Zust!lndigkeitsebene ansiedelt und deren Entscheidungen mit einer zusätzlichen demokratischen Legitimation versieht, muß sich auch die Zentralgewalt dieser Grundentscheidung beugen. Alle anderen Lösungen liefen dem dezentralen Prinzip zuwider. Damit entfaltet Art. 28 II GG auch Wirkung gegen den Bundesgesetzgeber, dessen grundsätzliche Ausgestaltungsfreiheit gemeindlicher Aufgabenerledigung selbstverständlich zunächst seine Zuständigkeit gemäß Art. 73 ff, 84 f GG voraussetzt, daneben aber nach dem hier entwikkelten Modell 140 Eingriffe bzw. Vorgaben nur hinsichtlich der seiner Verantwortung obliegenden materiellen Mindeststandards und formalen Verfahrensgarantien zuläßt und darüber hinausgehende Regelungen nur dann erlaubt, wenn anders eine ordnungsgemäße Aufgabenerledigung auf gemeindlicher Ebene gefährdet ist. Insbesondere für den Bereich des Umweltschutzes war dieses Merkmal hier dahingehend konkretisiert worden, daß anders externe, am gemeindlichen Willensbildungsprozeß nicht beteiligte, aber von ihm betroffene Interessen nicht hinreichend geschützt werden können.

138 Dazu Kloepfer/Meßerschmidt, Innere Harmonisierung, S. 7 f. Einzelheiten hier exemplarisch am Abfallrecht unten S. 129 ff. Zu den Bundeskompetenzen des Bodenschutzrechts und dem geplanten Bodenschutzgesetz vgl. Kloepfer, Umweltrecht, § 14 Rn. 13 ff, 60. 139

Von Mutius, 53. DJT, E 30; ders., FG von Unruh, S. 254.

140

s. 100 ff.

4. Die verfassungsrechtlich verbürgte Allzuständigkeit...

117

Strittig ist die Aufgabenverteilung aber nicht nur zwischen Gemeinden und Staat, sondern auch -wenn nicht gar vor allem, wie das Rastede-Verfahren zeigte - die Regelung der Aufgabenerledigung zwischen kreisangehörigen Gemeinden und Kreisen. Insoweit hatten namentlich die Vertreter des sog. "funktionalen Selbstverwaltungsverständnisses" eine interkommunale Geltung der Verfassungsgarantie im Hinblick darauf abgelehnt, daß Art. 28 II 1 GG ausschließlich staatsgerichtet sei und ebensowenig wie die Grundrechte unmittelbare "Drittwirkung" gegen die Kreise entfalte141 . Durch die erwähnte Rastede-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hatte diese Ansicht auch eine gewisse Anerkennung gefunden 142. Das Bundesverfassungsgericht ist dem jedoch unter Berufung auf seine ständige Rechtsprechung entgegengetreten143. Neben der Tradition der Kommunalverfassung sowie der Entstehungsgeschichte von Art. 28 GG zieht das Gericht als zentrales Argument hierfür heran, daß Art. 28 li 2 GG den Kreisen - anders als Art. 28 II 1 GG den Gemeinden - gerade keinen bestimmten Aufgabenbereich zuweise, diese vielmehr - im Sinne des Spezialitätsprinzips - nur dann für die Erledigung bestimmter Aufgaben zuständig seien, wenn sie ihnen ausdrücklich zugeordnet werden. Auch könne aus der zusätzlichen demokratischen Legitimation der Kreisvertretungen kein anderes Ergebnis abgeleitet werden, weil das Grundgesetz damit nur "auf die gegebene Tatsache reagiert (hat), daß die Landkreise kraft Landesrechts vielfach Zuständigkeiten innehaben, die sich einer Allzuständigkeit annähern; es hat nicht darüber hinaus angeordnet, daß sie Allzuständigkeit auch haben sollen." 144 Das Argument der Staatsgerichtetheit von Art. 28 II GG vermag eher für eine interkommunale Geltung sprechen, weil - wie gezeigt145 - auch die Kommunen staatliche Hoheitsgewalt ausüben und die institutionelle Konzeption der gemeindlichen Selbstverwaltung ein materiell angereichertes Staatsaufbauprinzip enthalten. Grundrechtliche Argumentationslinien gehen hier daher völlig fehl. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht - wohl im Hinblick auf eine mißverständliche Deutbarkeit146- den Begriff "Subsidiarität" 147 vermeidet, begründet seine

141

Pappermann, DVBI. 1976, 766fi67; Roters, in von Münch, GG, Art. 28 Rn. 63 m.w.N.

142

Vgl. oben S. 84.

BVerfGE 79, 127/150 f unter Bezug auf E 21, 117/128 f; 23, 353/356 f. Vgl. auch von Mutius, FG von Unruh, S. 254 f m.w.N. 143

144

BVerfGE 79, 127/151.

145

Oben S. 60 f.

146

So Knemeyer, Der Staat 29 (1990), 406/413.

118

IT. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

Rechtsprechung im Hinblick auf die herausragende Funktion demokratischer Beteiligung in einer dezentral strukturierten Demokratie einen materiellen Zuständigkeitsvorrang der (kreisangehörigen) Gemeinden auch gegenüber der höher angesiedelten Kreisebene. Für die interkommunale Aufgabenverteilung kristallisieren sich als eigentliche Aufgaben der Kreise - neben Ausgleichs- und Ergänzungsfunktionen148 - diejenigen Felder heraus, deren Struktur zu einer Problemexternalisierung im gemeindlichen Willensbildungsprozeß neigt. Danach werden die Kreise dann zuständig, wenn sich autonome gemeindliche Aufgabenerledigung relevant außerhalb eines Gemeindegebietes auswirkt, jedenfalls solange, wie der Wirkungsbezug einer Aufgabe nicht eine vergleichbare Problemkonstellation auch auf überkreislieber Ebene auslöst149. Zwar ist dieses Modell dem Einwand ausgesetzt, daß externe Auswirkungen kommunaler Aufgaben jedenfalls dann, wenn sie an den Kreisgrenzen Erledigung finden, zwangsläufig auch überkreisliehe Relevanz aufweisen können, gleichwohl würde dies nicht beliebige "Hochzonungen" rechtfertigen, da das gleiche Problem auf jeder Zuständigkeitsebene auftreten wird150. d) Verwaltungsrechtliche Systematisierung der Aufgaben

In den bisherigen Ausführungen war nur allgemein von ...den Aufgaben" bzw. generell von zulässigen Vorgaben der Erledigungsmodalitäten die Rede. Für eine Konkretisierung der ZulässigkeilSkriterien staatlicher Regulierung stellen Verwaltungsrecht und Verwaltungsrechtsdogmatik eine kategoriale Systematisierung der Aufgaben zur Verfügung, welche zum einen der Rechtspraxis entgegenkommt und den Begründungsaufwand für die Zulässigkeit einer konkreten Regelung vermittels standardisierter Rechtsfolgen als Konsequenz der Zuordnung eines Aufgabenfeldes innerhalb der Systematik senkt und zugleich ein größeres Maß an Rechtssicherheit (etwa im Hinblick auf die Passivlegitmation oder die haftungsrechtliche Handlungszurechnung) ermöglicht. Allerdings stellt sich die Terminologie dieser Systematik aufgrund der 147 Zum

Subsidiaritätsprinzip s. oben S. 97 f.

148

Zu diesen von Mutius, FG von Unruh, S. 248; Stüer, Funktionalreform, S. 374 ff.

149

Zur demokratietheoretischen Entwicklung dieser Kriterien oben S. 100 ff.

Vergleichbar der beobachtbaren Tendenz, sicherheitstechnisch umstrittene Anlagen an den Staatsgrenzen anzusiedeln, mit ihren Implikationen für die Beteiligung an Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren; vgl. BVerwG, v. 17.12.1986- 7 C 29.85 =UPR 1987, 114 ff (m. Anm. Bothe, S. 170 f m.w.N.). Dazu eingehend Steinberg, Nachbarrecht, S. 340 ff. 150

4. Die verfasswtgsrechtlich verbürgte Allzustiindigkeit...

119

Länderhoheit bezüglich des Kommunalverfassungsrechts sehr vielfältig dariSl.

Systematischer Ausgangspunkt ist die grundsätzliche Zweiteilung in staatliche und kommunale Verwaltungsaufgaben. Dabei werden "genuin kommunale Aufgaben" 152 üblicherweise als Selbstverwaltungsaufgaben des eigenen Wirkungskreises bezeichnet und diese in freie Aufgaben, bei denen die zuständige kommunale Ebene über das "Ob" und das "Wie" der Aufgabenerfüllung eigenverantwortlich entscheidet, und pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben differenziert, bei denen das "Ob" der Aufgabenerfüllung durch eine gesetzgeberische Entscheidung vorgegeben ist153, das "Wie" jedoch der kommunalen Gestaltungsfreiheit zugewiesen ist. Für die Erledigung dieser Aufgaben unterliegen die Kommunen der sog. allgemeinen Kommunalaufsicht, welche sich grundsätzlich auf eine Rechtskontrolle beschränkt (Rechtsaufsicht)154. Diesen Selbstverwaltungsaufgaben des eigenen Wirkungskreises stehen "genuin staatliche Aufgaben" gegenüber, welche durch Bundes- oder Landesgesetz den Gemeinden zur Erfüllung übertragen (delegiert) und deshalb als staatliche Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises155 bzw. als Auftragsangelegenheiten156 bezeichnet werden. Da diese Aufgaben an sich der staatlichen Verwaltung obliegen, kann für sie sowohl das "Ob" als auch das "Wie" der Aufgabenerfüllung vorgeschrieben werden 157• Infolgedessen er-

ISI Zur Terminologie Knemeyer, DÖV 1988, 397 ff; s. auch Stüer, Funktionalreform, S. 254 ff; Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 460 ff; von Mutius, 53. DJT, E 19; Püttner, HkWP Bd. 3, S. 3 ff; Schmidt-Eichstaedt, ebenda, S. 9 ff; von Unruh, DVP 1989, 172/176 und Holtm81Ul, APuZ 25/1990, 3/5. 152

Knemeyer, aaO., S. 398.

m Alle GO enthalten insoweit einen Gesetzesvorbehalt; Bay Art. 8 ill i.V.m. 8 I, 7 II 2; BW § 2 II 1; Hess § 3 S. I; Nds § 4 I I; NRW § 3 I 1 (dort auch Verf Art. 78 III); RP 2 I 2, ill 1; SaarlKSVG § 5 ill; SH § 2 II. 154 Stüer, Funktionalreform, S. 259 f m.N. auch zur historischen Begründung dieser Aufsichtsformen; s. auch J. Ipsen, Staatliche Ingerenzen und gemeindliche Selbstverwaltung, S. 5 ff; Bracker, FG von Unruh, S. 459 ff. In der Rechtsprechung finden sich zunehmend Tendenzen, das kommunalaufsichtliche Bemühen um auch sachliche Mitsprache unter Rückgriff auf kondominiale Erwägungen zu sanktionieren; dazu die beiden Entscheidwtgen des OVG Münster in NJW 1989, 1156/1157 und NVwZ 1990, 689/690 f (mit ablehnender Anm. Schrapper, S. 931); dazu kritisch auch Erichsen, NWVBL 1990, 37/40 f und Ehlers, ebenda, S. 80/84 f.

m GO Bay Art. 8 I; Nds § 5 I. 156

§ 2 II 1 GO RP; § 6 SaarlKSVG.

157

Im · Hinblick auf die politisch-demokratische Funktion kommunaler Selbstverwaltung ist

120

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

streckt sich die hier "Fachaufsicht" genannte Kontrolle neben der allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle auch darauf, "ob eine Sachentscheidung den besonderen Zweckmäßigkeitsvorstellungen eines aufsiehtführenden Dritten entspricht."158 Eine dogmatisch umstrittene Zwischenstellung 159 nehmen die sog. Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung bzw. Weisungsaufgaben ein, welche an das monistische Modell des Weinheimer GO-Entwurfes von 1948 anknüpfen 160. Die für diese Aufgaben grundsätzlich auf Rechtmäßig~ keitskontrolle beschränkte Kommunalaufsicht kann im Einzelfall durch gesetzgeberische Ermächtigung auch auf Zweckmäßigkeitserwägungen ausgedehnt werden, weshalb hier um einer terminologischen Klarheit Willen von "Sonderaufsicht" 161 gesprochen werden kann, zumindest solange dabei bewußt bleibt, daß durch die systematische Zuordnung allein die Erweiterung der Aufsichtsbefugnisse nicht begründet werden kann. Im Sinne der Fragestellung dieser Untersuchung eröffnen Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises den Gemeinden keine eigenständigen Handlungsspielräume. Gleiches gilt für die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben im Wege der Organleihe. Von Bedeutung ist allerdings der Bereich von Aufgabenerledigung, in dem kommunale und staatliche Handlungsspielräume konkurrieren. Dies betrifft in erster Linie das Planungsrecht (Raumordnung, Landes-, Regional- und städtebauliche Planung) 162. Auch insoweit kommen rechtsaufsichtliche Maßnahmen gegenüber rechtswidrigen gemeindlichen Planungsentscheidungen in Betracht. Einseitige, autoritative Lösungen bilden in der Planungspraxis allerdings nicht den Regelfall, diese ist vielmehr von kooperatihier die Legitimation der Aufgabenerfüllung eine "echt dualistische" (von Amim, AöR 113, 1988, 1!26): Während die personale Legitimation direkt oder indirekt auf das Gemeindevolk zurückgeht, gründet sich die inhaltlich-sachliche Legitimation jedenfalls minelbar auf eine Entscheidung des Staatsvolkes. Zu Aufgabenübertragung und Selbstverwaltungsrecht nach der Rastede-Entscheidung des BVerfG s. Petz, DÖV 1991, 320 ff. 158 Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 81, der (Rn. 540) im Anschluß an Hans-J. Wolff den Begriff "Fremdverwaltungsaufgaben" verwendet; dazu ablehnend Knemeyer, DÖV 1988, 397/400 ff m.w.N. Zu den Weisungsmöglichkeiten im einzelnen Schmidt-Eichstaedt, HkWP Bd. 3, 22 ff.

s.

159 OVG Münster, OGVE 13, 356/359: "Zwischending". Problematisch sind hier insbesondere die Konsequenzen für die Rechtsschutzmöglichkeiten; dazu Stüer, Funktionalreform, S. 257 fm.w.N.

160 GO NRW § 3 II (vgl. auch Verf Art. 78 IV); SH 3 I; bzw. BW § 2 III; Hess § 4. Zur Rechtnatur dieser Aufgabenkategorie s. Vietmeier, DVBL 1992, 413 ff. 161 Stüer, Funktionalreform, S. 259 f m.w.N.; Holtmann, APuZ 25/1990, S. 5; vgl. auch Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 206. Ablehnend Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 548. 162

Überblick bei Stüer, Funktionalreform, S. 262 ff; Hoppe, FG von Unruh, S. 555 ff.

5. Zuständigkeitsentzug durch Bundesrecht

121

ven Entscheidungsverfahren geprägt163 • Insoweit erfahren die erwähnten verfassungsrechtlich verbürgten Minimalbeteiligungsrechte einfachgesetzliche Ausgestaltungen, die im Einzelfall von bloßer Anhörung bis zu Zustimmungserfordernissen reichen kann 164•

5. Zuständigkeitsentzug durch Bundesrecht Bundesstaatliche Regelungen des Umweltschutzes stellen sich nur dann als Eingriff in die gemeindliche Selbstverwaltung dar, wenn das betreffende Aufgabenfeld als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft zu qualifizieren ist. Exemplarisch war dies für das hier ausgewählte Aufgabenfeld der Abfallentsorgung oben 1 bejaht worden. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, auch solche Aufgabengebiete seiner Ausgestaltung zu unterwerfen, die verfassungsrechtlich den Gemeinden zugewiesen sind, setzt jedoch voraus, daß sie durch übergeordnete Interessen an einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung gerechtfertigt sind2• Bundesrechtliche Reglungen bezüglich der Abfallentsorgung fmden sich in erster Linie im Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz) vom 27.08.19863, welches das Abfallbeseitigungsgesetz von 1972 ablöste. Daneben bestehen abfallbezogene Spezialregelungen in verschiedenen anderen Gesetzen (vor allem AtomG, BBergG, TierKBG, WHG weitere s. § 1 III AbfG), so daß die Abfallentsorgung im Anwendungsbereich dieser Regelungen nicht dem abfallrechtlichen Regime unterfällt Das Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter von 1975 enthält auch hinsichtlich des Transportes bestimmter Abfallarten einschlägige Regelungen. Für die vorliegende Untersuchung von rechtsdogmatisch wie rechtspolitisch hervorgehobener Bedeutung ist schließlich die abfallbezogene Spezialregelung in § 5 I Nr. 3 BlmSchG. Bis 197ln2 wurde die Abfallentsorgung - mit Ausnahme der schon 1968 bundesgesetzlich geregelten Altölbeseitigung - allein als Aufgabe kommuna-

163

Brohm, DÖV 1989, 429/436.

Zu den verfassungskräftig verbürgten Beteiligungsrechten und der einfachgesetzlichen Ausgestaltung gemeindlicher Mitwirkung an höherstufiger Planung oben S. 107 f. 164

I

S. 95 f.

2

S. oben S. 100 ff.

3

BGBl. I 1986, S. 1410, berichtigt S. 1501.

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

122

ler Daseinsvorsorge verstanden, weshalb sich abfallbezogene Regelungen bis dahin nur in kommunalen Satzungen fanden, deren Hauptinstrument die Einführung eines Anschluß- und Benutzungszwanges bildete4 • Nachdem die Länder Hamburg, Hessen, Baden-Württemberg 1971 und Rheinland-Pfalz 1972 einschlägige Landesgesetze erlassen hatten, unterstellte 1972 der Bundesgesetzgeber mit Erlaß des Abfallbeseitigungsgesetzes die Abfallbeseitigung einer öffentlich-rechtlichen Ordnung und bestimmte die Abfallbeseitigung als Aufgabe öffentlicher Daseinsvorsorge, deren Bewältigung durch eine an überörtlichen Gesichtspunkten orientierte Landesplanung gesichert werden sollte. Mit Erfolg zielten diese Regelungen auf eine Konzentration der Abfallbeseitigung auf weniger Anlagen, insbesondere auf eine drastische Reduzierung der Müllkippen, von denen bis 1972 ca. 50.000 im Bundesgebiet mehr oder weniger ungeordnet betrieben wurden5• Obschon abfallwirtschaftliche Problembewältigung, also die Entwicklung der Abfallbeseitigung von bloßer Müllabfuhr hin zu einer umfassenden Abfallentsorgungs- und -venneidungswirtschaft, Eingang in die damalige umweltpOlitische Diskussion gefunden hatte6, handelte es sich bei dem Bundesgesetz von 1972 um eine reine Abfallbeseitigungsregelung. Abfallwirtschaftliche Ziele verfolgten erst spätere Gesetzes!lnderungen, denen häufig einzelne Landesgesetzgeber vorangegangen waren7 • Insoweit trug die umfassende Novellierung des Gesetzes von 1986, die sich programmatisch im geänderten Titel des Gesetzes niederschlug, der umweltpolitischen Forderung nach abfallwirtschaftlicher Problembewältigung Rechnung. a) Kein Aufgabenentzug durch Bundesrecht § 3 II I AbfG bestimmt die Abfallentsorgung zur öffentlichen Aufgabe und § 3 I AbfG eine grundsätzliche Überlassongspflicht des Abfallbesitzers. Demnach muß dem Abfallbesitzer grundsätzlich (Ausnahmen s. § 3 III AbfG) eine zur Abnahme verpflichtete Körperschaft öffentlichen Rechts gegenüberstehen8• Der Bundesgesetzgeber überläßt aber die Entscheidung 4 Bothe, NVwZ 1987, 938; Kloepfer, Umweltrecht, § 12 Rn. 9; zum Instrumentarium Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 514.

5

Versteyl, in Kunig/SchwermerNersteyl, AbfG, Einl. Rn. 4.

6

Versteyl, ebenda, Rn. 9 m.w.N.

Bothe, NVwZ 1987, 938 m.w.N. zu Landesrecht in Fn. 7 f. Zur Entwicklung des Abfallrechts vgl. auch Tettinger, GewArch 1988, 41 ff; Versteyel, aaO., Rn. 4 ff. 7

8

Dazu Kunig, in Kunig/SchwermerNersteyl, AbfG, § 3 Rn. 21. Aus diesem Grunde ist eine

S. Zuständigkeitsentzug durch BWldesrecht

123

darüber, welche Körperschaft insoweit bestimmt wird, ausdrücklich dem Landesrecht. Mag auch das Gesetzgebungsverfahren u.a. angesichts des Versagens gemeindlicher Problemlösung9 auf einer Bevorzugung großräumiger Lösmtgen basiert haben10, ist dem Wortlaut des § 3 II 1 AbfG kein Präjudiz der landesrechtliehen Zuständigkeitsordnung zu entnehmen. Die Bundesregierung hatte ursprünglich sogar eine Formulierung beabsichtigt, nach der die "Gemeinden oder andere durch Landesrecht bestimmte Körperschaften" entsorgungspflichtig sein sollen; dies wurde auf Vorschlag des Bundesrates später zurückgezogen und durch die neutrale, gesetzgewordene Formulierung ersetzt11 • Angesichts des eindeutigen Ergebnisses der Wortlautauslegung können Meinungsäußerungen einzelner am Gesetzgebungsverfahren beteiligter Personen nicht dazu herangezogen werden, der Norm interpretatorisch einen Sinn zu unterlegen, der über den objektiven Wortlaut hinausgeht12• Im übrigen erscheint es sehr fraglich, ob aus der Bevorzugung großräumiger Lösungen zwingend der Schluß zu ziehen ist, daß die Erledigungszuständigkeit auf der Kreisebene anzusiedeln ist13• Der Bundesgesetzgeber hat die Regelung der organisatorischen Fragen ausdrücklich landesrechtlicher Normierung überwiesen (§§ 3 II, 19 AbfG) und damit den Landesgesetzgebern Gestaltungsfreiheit eingeräumt. Denkbar sind nämlich auch Zweckverbandlösungen, wie sie für die Abwasserbeseitigung traditionell üblich sind. Dementsprechend bleiben im Saarland die Gemeinden abfallentsorgungspflichtige Regelung bwtdesrechtswidrig, wonach bestimmte (z.B. nativ-organische) Abfälle vom Abfal· lerzeuger selbst· etwa durch Kompostierwtg ·entsorgt werden sollen; vgl. BayVerfGH, BayVBl. 1990, 367, Fonsetzung S. 399 =DVBl. 1990, 692. 9

S. oben S. 52 ff.

So der Gulachter für den Nds. Landkreistag Kölble, in Doedens/Kölble/Loschelder/Salz· wedel, Zuständigkeit der Landkreise für die Abfallbeseitigung, S. 61 ff, m.N. zum Gesetzgebungsverfahren wtter Berufung auf den zuständigen Unterabteilungsleiter im federführenden BMI und der Stellungnahme eines MdB. Zum großräumigen Konzept des AbfG s. Entwurf der Bun· desregierung, BT-Drs. VJ/2401, S. 12 sowie BVerwGE 66, 301/304. 10

11

BT·Drs. VI/2401, S. 2.

ll Zur Maßgeblichkeit des sog. objektivienen Willens des Gesetzgebers BVerfG seit E 1, 299!312 in ständige Rechtsprechung, zuletzt E 79, 106/121; dazu Larenz, Methodenlehre, S. 302 ff; kritisch zum Streit zwischen subjektiver ("Chimäre") und objektiver ("Phantom") Auslegung F. Müller, Juristische Methodik, S. 204 ff, 255 ff (Zitat S. 257), der zudem auf die Inkonsistenz der Rechtsprechung hinweist (S. 34 f). Vermittelnd Engisch, Einführwtg in das juristische Den· ken, S. 87 ff. Zur (auch von der Rechtsprechung) nur begrenzt respektierten Wortlautgrenze Christensen, Was heißt Gesetzesbindung? S. 42 ff, 69 ff sowie F. Müller, aaO., S. 182 ff, Nachweise insbesondere S. 184 Fn. 323. 13 So aber Kölble, in Doedens/Kölble/Loschelder/Salzwedel, Zuständigkeit der Landkreise für die Abfallbeseitigung, S. 61, 65.

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

124

Körperschaften, welche jedoch diese Aufgabe grundsätzlich im Kommunalen Abfallbeseitigungsverband Saar erledigen (vgl. §§ 2 ff, 10 SaarlAbfG). Daß großräumige Aufgabenerledigung nicht zwingend Kreiszuständigkeit bedeutet, zeigt auch § 6 I 1 AbfG. Die dort angeordnete Verpflichtung der Länder zur Abfallentsorgungsplanung14 nach überörtlichen Gesichtspunkten kann nicht als Entzug der gemeindlichen Entsorgungszuständigkeit durch Bundesrecht gedeutet werden. Ziel dieser Landesplanung ist es vielmehr, über die Gebietsgrenzen der nach § 3 II 1 AbfG pflichtigen Körperschaften hinaus regional nach Lösungen zu suchen, welche sowohl die Belange des Umweltschutzes als auch die Gebote wirtschaftlicher Daseinsvorsorge berücksichtigen15. Damit werden die Länder unabhängig von der ihnen ausdrücklich überwiesenen Entscheidung, welche Gebietskörperschaft entsorgungspflichtig sein sollen, zu einer regionalen Steuerung der Abfallströme verpflichtet, welche Art, Aufkommen und Transport der Abfälle sowie Kapazität und technische Ausstattung der Entsorgung nach Kriterien steuert, die in jedem Fall größere Problembewältigungsräume betreffen als die nach Landesrecht entsorgungspflichtigen Gebietskörperschaften. Zwar hatten die Bundesländer im Gesetzgebungsverfahren primär die Kreisebene als entsorgungspflichtige Körperschaft im Blick, gleichwohl beließ der Bundesgesetzgeber den Ländern ausdrücklich Entscheidungsspielräume, ohne selbst die Abfallentsorgung bundesrechtlich aus dem Bestand gemeindlicher Selbstverwaltungsaufgaben auszugliedern 16.

b) Sicherung ordnungsgemdßer Aufgabenerledigung durch materielle und instrumentelle Vorgaben Jede Abfallentsorgung unterliegt unabhängig von der Erledigungszuständigkeit abfallrechtlichen Vorgaben. Dabei bindet das AbfG die Entsorgung an materielle Regelungen der Gefahrenabwehr und effektuiert diese durch ein ordnungsrechtliches Instrumentarium, welches durch planungsrechtliche Elemente ergänzt wird. Das AbfG unterstellt die Abfallentsorgung einer öffentlich-rechtlichen Ordnung und bindet in § 2 I 2 AbfG jede Entsorgung an

14 Standortfmdung und -sicherung ist Hauptaufgabe der Abfallentsorgungspläne; dazu Weidemann, NVwZ 1988, 977/978.

u Schwermer, in Kunig/SchwermerNersteyl, AbfG, § 6 Rn. 20. Daher kommt es hier nicht darauf an, ob der Bundesgesetzgeber im Durchgriffswege die Wirlcungskreise kommunaler Körperschaften übemaupt häue bestimmen können. Zur fehlenden Bundeskompetenz für das Kommunalrecht vgl. oben S. 114. 16

5. Zuständigkeitsentzug durch Bundesrecht

125

Gemeinwohlverträglichkeit Zur Konkretisierung dieses unbestimmten Rechtsbegriffes führt § 2 I 2 AbfG verschiedene Regelbeispiele auf, die sowohl in ihrer Terminologie ("gefährdet", "schädlich") als auch in ihrer Intention der Gefahrenabwehr dienen 17 • Besondere Anforderungen läßt § 2 II AbfG für gefährlichen Sonderabfall i.S. dieser Vorschrift zu; ähnliches gilt für die Landwirtschaftsklausel in § 15 AbfG. Die in § 13 I 2 AbfG genannten Voraussetzungen für den grenzüberschreitenden Abfallverkehr dienen zumindest auch der Gefahrenabwehr18• Mit diesen Regelungen kommt der staatliche Normgeber seiner Verpflichtung nach, Sicherheits- und umweltrechtliche Mindeststandards vorzugeben 19 , deren Unterschreiten eine Aufgabenerfüllung nicht mehr als ordnungsgemäß erscheinen läßt. Deshalb stellen diese Vorgaben keinen unzulässigen Eingriff in die Autonomie kommunaler Aufgabenerledigung dar0• Hinsichtlich der materiellen Anforderungen an den Betrieb von Abfallentsorgungsanlagen hat der Bundesgesetzgeber eine erschöpfende Normierung geschaffen, welche gemäß Art. 72 I GG landesrechtliehe Regelungen ausschließt. Da der Gesetzgeber verfassungsrechtlich zumindest berechtigt ist, diese Mindeststandards materiell zu formulieren, muß es ihm auch erlaubt sein, ein zum Vollzug dieser Standards geeignetes Instrumentarium vorzusehen. Insoweit bestimmen § 4 I und li AbfG, daß Abfallbeseitigung grundsätzlich nur in den dafür zugelassenen Anlagen erfolgen darf, deren Errichtung oder Betrieb ein Planfeststellungverfahren bzw. eine Genehmigung nach § 7 I bzw. II i.V.m. § 8 AbfG voraussetzt21 • Dabei behält § 8 I 3 AbfG nachträgliche Auflagen gesetzlich vor. § 13 I 1 AbfG sichert die Einhaltung der materiellen Vorgaben durch die Genehmigungspflichtigkeit grenzüberschreitenden Abfallverkehrs. Grundsätzlich genehmigungspflichtig nach § 12 I 1 AbfG sind auch Abfallsammlung und -transport im Inland, sofern sie gewerbsmäßig oder im 17 Deutlich in Nr. 1 (Gesundheit); residual in Nr. 6 wird die polizeirechtliche Generalklausel in Bezug genommen; eine Ausnahme bildet insoweit Nr. 5 (Naturschutz und Landschaftspflege). Zu den terminologischen Abstufungen in den einzelnen Regelbeispielen vgl. Kunig, in Kunig/ SchwermerNersteyl, AbfG, § 2 Rn. 9 f und 25 ff.

18 Voraussetzung für Abfallexpone ist u.a. die Gemeinwohlvenräglichkeit etwaiger Rückwirkungen (§ 13 I 2 Nr. 4c AbfG); daneben aber auch die Sicherung der nationalen Entsorgungsinfrastruktur; dazu Kunig, aaO., § 13 Rn. 12. 19

Vgl. oben S. 35 ff.

lO

Zur "Ordnungsgemäßheit" als Rechtfenigung staatlicher Regelungen s. oben S. 100 ff.

21 Inzwischen sind aufgrund § 4 V AbfG Anforderungen an die Verwenung und sonstige Entsorgung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen nach dem Stand der Technik durch die allgemeine Verwaltungsvorschrift TA Abfall, vom 10.4.1990 (GMBI. S. 170), erlassen.

126

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen erfolgen, da hier eine "Schwachstelle"22 behördlicher Überwachung erkannt wurde. Ausgenommen hiervon sind aber insbesondere die entsorgungspflichtigen Körperschaften bzw. die von ihnen Beauftragten (§ 12 I 2 Nr. 2 AbfG). Die gesamte Abfallentsorgung unterliegt gemäß § 11 I 1 AbfG der Überwachung durch die nach Landesrecht (vgl. § 19 AbfG) zuständige Behörde, deren Tätigkeit durch Aufzeichnungspflichten nach § 11 II, III AbfG, Auskunftspflichten nach § 11 IV, V AbfG sowie Anzeigepflichten nach § 10 I AbfG effektuiert werden soll. Die Überwachung kann auf stillgelegte Anlagen (Altanlagen) ausgedehnt werden (§ 11 I 2 AbfG). Dieses klassisch-ordnungsrechtliche Instrumentarium von Anzeigepflichten, Genehmigungsvorbehalten, nachträglichen Eingriffsbefugnissen und behördlicher Überwachung wird ergänzt durch Elemente institutionalisierter Eigenüberwachung als Ausdruck des Kooperationsprinzips23• Nach §§ 11 a ff AbfG haben die Betreiber ortsfester Abfallbeseitigungsanlagen bzw. die Betreiber solcher Anlagen, in denen regelmäßig gefährlicher Sonderabfall i.S.v. § 2 II AbfG anfällt, einen oder mehrere Betriebsbeauftragen für Abfall zu bestellen. Welche Anlagenbetreiber dies im einzelnen betrifft, wird allgemein von § 1 der Verordnung über Betriebsbeauftragte24 oder speziell durch behördliche Anordnung nach § 11 a II AbfG bestimmt25 . Da das vorstehende Instrumentarium der Effektuierung staatlicher Verantwortung, mithin der Gewährleistung ordnungsgemäßer Aufgabenerledigung dient, sind diese Vorgaben kommunaler Aufgabenerledigung im Hinblick auf Art. 28 II GG zulässig. Dies ist für die Verpflichtung zu Landesabfallplanung nach überörtlichen, auch über die Kreisebene hinausgehenden Gesichtspunkten indes fraglich. Hier wird man, wie es sich in der Praxis auch herausgebil-

22 Versteyl, in Kunig/SchwermerNerstey, AbfG, § 12 Rn. S m.w. rechtstatsächlichen Nachweisen.

23 Zu den Ausprägungen des Kooperationsprin:z.ip Überblick bei Paefgen, GewArch 1991, 161 ff; Müggenborg, NVwZ 1990, 909 ff (Umweltschutzbeauftragte S. 914). Kritisch Schrader, DÖV 1990, 3261329 ff, der S. 331 die gegenwärtige Handhabung als "halbierte Kooperation" zwischen Staat und Anlagenbelreiber unter Ausschluß von Drittbetroffenen charakterisiert; dazu auch Lübbe-Wolff, NuR 1989, 295 ff. Eine Legaldefinition gibt§ 6 des Entwurfs eines UGB-AT von Kloepfer/Rehbinder/Schmidt-AßmaM/Kunig.

24 Vom 26.10.1977, BGBI. I S. 1913 (aufgrund § 11 a I 3 AbfG); wiedergegeben bei Kunig/SchwermerNersteyl, AbfG, Anhang 3.

25 Zu den Voraussetzungen der Einzelfallanordnung HöseVvon Lersner, AbfG, § 11 a Rn. 14; Versteyl, in Kunig/SchwermerNersteyl, AbfG, § 11 a Rn. 18.

5. Zuständigkeitsentzug durch Bundesrecht

127

det har6 , zunächst nach dem Gefilhrlichkeitsgrad der Abfallarten zu differenzieren haben. Für gefährliche Sonderabfälle erfordert die umwelt- und sicherheitsrechtliche Verantwortung des Staates wenige zentrale Entsorgungsstandorte, da die Berücksichtigung von Sicherheitsstandards hier trotz aufsichtlicher Kontrolle nicht partikularer Willensbildung überlassen werden kann. Andererseits gebietet das verfassungsrechtlich verbürgte Selbstverwaltungsrecht der Kommunen die Entsorgung schadstoffarmer Abfälle (regelmäßig etwa Bodenaushub, Bauschutt), die eine lokale oder zeitliche Externalisierung von Gefährdungslagen nicht befürchten läßt, der autonomen kommunalen Problembewältigung im Rahmen staatlich vorgegebener Standards zu überlassen. Umwelt- und sicherheitstechnische Erwägungen rechtfertigen es, dem kommunalen Aufgabenträger zur Gewährleistung ordnungsgemäßer Problembewältigung Vorgaben zu stellen und bei entsprechendem Gefährdungsgrad die Aufgabenerledigung in staatliche Verantwortung zu überführen. Problematisch aber sind Planungsvorgaben, die sich ausschließlich an Wirtschaftlichkeit orientieren. Hierzu ist auf die oben ~itierten Ausführungen des Bundesverfassungsgerichtes27 zurückzugreifen, nach denen der politisch-demokratische Gesichtspunkt der Teilnahme der örtlichen Bürgerschaft an der Erledigung ihrer örtlichen Aufgaben verfassungsrechtlich grundsätzlich Vorrang genießt vor Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitserwägungen. Es ist demnach nicht Aufgabe staatlicher Planung, die möglichst "billigste" Aufgabenerledigung sicherzustellen, sondern nur, daß die Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge von den Erledigungsträgem nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit überhaupt erbringbar sind. So ausgelegt hat die Verpflichtung zur Landesabfallentsorgungsplanung nach überörtlichen Gesichtspunkten Bestand vor Art. 28 II GO. Da die Länder das Abfallgesetz als eigene Angelegenheit i.S. v. Art. 84 I GO ausführen, kann die Tatsache allein, daß der Bundesgesetzgeber überhaupt instrumentelle Regelungen getroffen hat, eine eigenständige Normierungen des Vollzugsinstrumentariums auf Landesebene nicht von vomherein ausschließen. Dies gilt -jedenfalls nach Wegfall der §§ 20 ff AbfG28 und unter der Voraussetzung des § 1 III VwVfG Bund - ohne weiteres für das Verwaltungsverfahren. Dies gilt aber auch für instrumentelle Regelungen,

26

Schwermer, in Kunig/SchwermerNersteyl, AbfG, § 6 Rn. 21.

27

BVerfGE 79, 127/147 ff, 153; s. oben S. 78 f.

28 Aufgehoben durch das Gesetz zur Bereinigung des Verwaltungsverfahrens v. 18.2.1986 (BGBl. I S. 265).

128

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

welche über das eben aufgeführte bundesrechtliche Instrumentarium hinausgehen, wie etwa ökonomische Anreizinstrumente (z.B. Verpackungsabgaben) oder die Koppelung der Betriebsgenehmigung für eine Abfallentsorgungsanlage an eine gebührenpflichtige Lizenz (so das nordrhein-westfiUische Modell)29• Ob und inwieweit auf Landesebene hier eigenständige Lösungen zulässig sind, bemißt sich für das in Frage stehende Instrument danach, ob der Bundesgesetzgeber im Einzelfall eine abschließende Regelung i.S.v. Art. 72 I GG getroffen hat. In der vorliegenden Untersuchung wird dies Gegenstand des III. Teils sein. c) Bundesrechtliche Vorgaben zur Hierarchie der Problembewältigungsstrategien Der Bundesgesetzgeber hat sich nicht auf die soeben erörterten materiellen und instrumentellen Vorschriften beschränkt, sondern im AbfG und in § 5 I Nr. 3 BlmSchG Regelungen zur Hierarchie der Problembewältigungsstrategien getroffen, welche die Handlungsspielräume jedes exekutiven Akteurs unabhängig von der Entsorgungszuständigkeit einschränken. Insoweit war hier30 eine abstrakte, jedenfalls grundsätzliche Rangfolge anhand von Kriterien der Entscheidungsrationalität aufgestellt und begründet worden, nach der grundsätzlich Abfallvermeidung vorzugswürdig ist, hinsichtlich der Verwertung stoffliche Verfahren der energetischen Verwertung umweltpolitisch vorzuziehen sind und Deponierung erst dann sinnvoll ist, wenn eine Mengenreduzierung durch Verbrennung wegen der damit verbundenen Emissionsbelastungen oder Schadstoffrückstände probleminadäquate Ergebnisse zeitigt. Da gesetzliche Vorgaben zur Hierarchie der Problembewältigungsphasen der umwelt- und sicherheitstechnischen Verantwortung des Staates entspringen und damit die Ordnungsgemäßheil der Aufgabenerledigung garantieren sollen, stellten diese Regelungen keine Verletzung kommunaler Selbstverwaltung (Art. 28 II GG) dar. Sie sind vielmehr ein kompetenzrechtliches Problem i.S. der Art. 70 ff GG. Für die einschlägigen Regelungen nimmt der Bund die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 72 i.V.m. Art. 74 GG in Anspruch.

29 Damit soll ein Beitrag zur Finanzierung der Altlastensanierung geleistet werden; vgl. §§ 10 ff AbfG NRW. Dazu Matthiesen, NWVBL 1987, 74{76 ff; zur Diskussion um die verfassungsrechtliche Zulässigkeil des Lizenzsystems, insbesondere des erhobenen Lizenzentgelu s. Salzwedel, NVwZ 1989,820/823 ff; Peine, NWVBL 1988, 193/194 ffm.w.N. 30

Oben S. SO.

5. Zuständigkeitsentzug durch Bundesrecht

129

Somit stellt sich im Hinblick auf die Handlungsspielräume der kommunalen Entscheidungsträger zunächst die Frage, inwieweit sich die betreffenden bundesrechtlichen Regelungen auf eine der in Art. 74 GG aufgeführten Zuständigkeitszuweisungen stützen lassen. Daran schließt sich die Frage an, ob und inwieweit die auf dieser Grundlage ergangenen Regelungen abschließend i.S.v. Art. 72 I GG sind und deshalb darüber hinausgehende Vorschriften auf Landesebene ausschließen. Dabei werden zunächst die Vorrangigkeil der Abfallvermeidung (aa) und sodann die Vorschriften zur Abfallverwertung (bb) untersucht. aa) Vorrang der Abfallvermeidung Ob Abfallvermeidungsvorschriften auf Landesebene getroffen werden können, hängt gemäß Art. 30, 70 I i.V.m. 72 I GG davon ab, inwieweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht Gebrauch gemacht hat. Das setzt zunächst voraus, daß die betreffenden Regelungen der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit unterfallen. Für Abfallvermeidungsregelungen kann sich der Bundesgesetzgeber nicht auf die konkurrierende Zuständigkeit nach Art. 74 Nr. 24 GG ("Abfallbeseitigung") stützen31 • Nach dem Wortsinn setzt Abfallbeseitigung das vorherige Entstehen von Abfall voraus. Dies gerade zu verhindern, ist Zweck einer Vermeidungsregelung. Bundesrecht kann daher erst dann einsetzen, wenn eine Vermeidung des Entstehens von Abfall nicht erfolgte. Der teleologischen Argumentation von Salzwedel, nach der die Auslegung dieser Kompetenzvorschrift davon bestimmt sei, daß der Bundesgesetzgeber in die Lage versetzt werden sollte, Umweltvorsorge zu betreiben und dies im Bereich der Abfallentsorgung bedeuten müsse, daß der Bundesgesetzgeber bereits in die Entstehungsphase von Abfall eingreifen könne32, steht somit der klare Wortlaut der Kompetenznorm entgegen. Auch die Entstehungsgeschichte bestätigt die enge Auslegung dieser Kompetenznorm 33• Konkreter Anlaß der Einfügung der Nr. 24 in Art. 74 GG durch das 30.

31 Wie hier Bothe, NVwZ 1987, 938/939; a.A. Salzwedel, NVwZ 1989, 820/821 f; Tettinger, GewArch 1988, 41/42. Der BayVerfGH hat in seiner Entscheidung zum bayerischen Volksbegehren über ein Abfallwirtschaftsgesetz die weile Auslegung für nicht zwingend gehalten und in seiner Entscheidung nur An. 74 Nr. 11 GG als Kompetenznorm anelkannt (BayVBl. 1990, 367/368 f).

32 Salzwedel, NVwZ 1989, 820/821 f. Ähnlich Tettinger, aaO., der Erwägungen zur Verwertung umstandslos auch auf Vermeidungsregelungen ausdehnt. 33 Unstreitig kann die genetische Auslegung jedenfalls zur Bestätigung des objektiv gefundenen Sinnes einer Norm herangezogen werden; s. hier Fn. 12.

9 Haaß

IT. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

130

Änderungsgesetz zum GG vom 12.4.197234 war die strittige Bundeskompetenz für den Erlaß des AbfG 35 , welches sich zum Zeitpunkt der Grundgesetzänderung bereits im Gesetzgebungsverfahren befand. Das Schwergewicht dieses Gesetzes lag "ganz auf der ordnungsmäßigen Deponie"36• Vermeidungs- oder Verwertungsansätze fanden erst aufgrundder ersten Novellierung des AbfG 1976 hinsichtlich der Aufgaben der Betriebsbeauftragten in § 11 b I Eingang in das Abfallrecht31 • Schließlich bilden die Bundeszuständigkeiten jedenfalls rechtssystematisch eine Ausnahmeregelung38 zur grundsätzlichen Landeszuständigkeit (vgl. Art. 30, 70 I GG), so daß nach allgemeinen methodischen Grundsätzen eine extensive Auslegung bedenklich wäre39• Der Bundesgesetzgeber kann sich hier auch nicht auf eine Gesetzgebungskompetenz kraft Sachzusammenhang stützen, die ihm nur in den Fällen zugewiesen ist, in denen eine dem Bund "ausdrücklich zugewiesene Materie verständigerweise nicht geregelt werden kann, ohne daß zugleich eine nicht ausdrücklich zugewiesene andere Materie mitgeregelt wird, wenn also ein Übergreifen in nicht ausdrücklich zugewiesene Materien unerläßliche Voraussetzung ist für die Regelung einer der Bundesgesetzgebung zugewiesenen Materie" 40. Fünfzehn Jahre Bundesregelung der Abfallbeseitigung ohne allgemeine41 Regelungen der Abfallvermeidung zeigen augenfllllig, daß das

34

BOB!. I S. 593.

Vom 7.6.1972 (BOB!. I S. 873); zu Entstehungsgeschichte und Diskussion zwischen Bund und Ländern vgl. Hösel/von Lersner, Recht der Abfallbeseitigung, Kz. 1020, S. 11 ff. lS

36 Rehbinder, DVBI. 1989, 496. S. auch SRU-Sondergutachten Abfallwirtschaft, 1990, Tz. 7 f (S. 17); zur Geschichte der abfallrechtlichen Zielsetzungen Tz. 86 ff ( S. 39 ff). 37 Vom 21.6.1976 (BOB!. I S. 1601). Zu später aufgenommenen Regelungen der Abfallvermeidung und -Verwertungs. Bergmüller, BayVBl. 1987, 193. 38 Daß dem faktischen Gesetzgebungsprimat des Bundes heute gleichsam kompensatorisch nur noch ein Verwaltungsprimat der Länder gegenüberstehe (so Scholz, FG BVerfG Bd. ll, 252/254), mag zwar rechtstatsächlich eine korrekte Analyse sein, erlaubt aber nicht, die verfassungsrechtlich verbürgte Kompetenzvermutung zugunsten der Länder hermeneutisch aufzuheben.

39 Wenn auch dem Satz singularia non sunt extendenda (vgl. BVerfGE 37, 363/405) in der Methodenlehre allenthalben Skepsis entgegengebracht wird; Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 151 f; Larenz, Methodenlehre, S. 339 ff; dezidiert F. Müller, Juristische Methodik, S. 210 ff. 40 Grundlegend BVerfGE 3, 407/421; vgl. auch E 8, 143/149 (zur Ordnungsgewalt als Annex eines Sachgebietes); weitere Nachweise von Münch, in ders., GG, Art. 70 Rn. 19 sowie in den Rechtsprechungsanalysen von Scholz, aaO., und Bullinger, AöR 96 (1971), 237 ff, insbesondere S. 242; eingehend zur Verfassungsdogmatik E. Küchenhoff, AöR 82 (1957), 413 ff. 41 D.h. Regelungen, die sich an die Allgemeinheit, und nicht nur - wie die erwähnten Regelungsansätze - an Adressaten in der Wirtschaft richten. Zu An. 74 Nr. 11 GG sogleich.

5. Zuständigkeitsentzug durch Bundesrecht

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Abfallrecht durchaus ohne allgemeine Vermeidungsvorschriften bestehen kann42• Der Bundesgesetzgeber kann Abfallvermeidungsregelungen daher in erster Linie43 auf der Grundlage von Art. 74 Nr. 11 GG ("Recht der Wirtschaft") treffen mit der Folge, daß Materien, die nicht das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung "als solche" betreffen44, einer Normierung auf Landesebene grundsätzlich offenstehen45• Dabei bezieht sich Art. 74 Nr. 11 GG nicht nur auf die gewerbliche Wirtschaft, sondern erstreckt sich auch auf öffentliche Versorgungsunternehmen46• Dementsprechend knüpfen die Verordnungsermächtigungen in § 14 I und II AbfG durchgängig an Tätigkeiten der gewerblichen Wirtschaft an. Dies gilt ebenfalls für die Reststoffvermeidungs- und -verwertungsvorschrift in § 5 I Nr. 3 BimSchG, welche für genehmigungsbedürftige Anlagen gilt und daher die in § 4 I S. 1 und 2 BlmSchG angelegte, kompetenzrechtlich begründete Differenzierung nachzeichnet: Während sich Satz 1 auf Art. 74 Nr. 11 GG stützt, bindet Satz 2 die Genehmigungspflicht nicht gewerblicher Anlagen an Luftreinhaltung und Lärmschutz und stützt sich auf die entsprechenden Tatbestände der Zuständigkeitsvorschrift in Art. 74 Nr. 24 GG 47•

42 So Bothe, NVwZ 1987, 938/939, der diese Überlegung jedoch hinsichtlich der Abfallverwertung anstellt. A.A. Klages, Vermeidungs- und Verwertungsgebote, S. 26 f, der eine Annexkompetenz des Bundes annimmt.

43 Daneben kommen im Einzelfall noch Art. 74 Nr. 17 GG hinsichtlich landwirtschaftlicher Regelungen, Nr. 20 betr. Lebensmittelverkehr sowie rahmenrechtlich Art. 75 I Nm. 3, 4 GG in Betracht; vgl. BT-Drs. VI/2249, S. 3; Maunz, in ders./Dürig, GG, Art. 74 Rn. 249. Zu denken wäre schließlich an Art. 74 Nr. 18 GG bezüglich des Bodenschutzrechts; dieses betrifft allerdings Entsorgungsfragen, so daß die hier interessierenden Vermeidungsregelungen kompetentiell insoweit nicht abgestützt werden können. 44 Zur stiindigen Auslegung des Art. 74 Nr. 11 GG vgl. BVerfGE 8, 143/149; 68, 319/327 ff; 71, 162/171 f; weitere Nachweise gibt Maunz, in ders./Dürig, GG, Art. 74 Rn. 131; zur "weiten" Auslegung Rengeling, BK (Zweitbearb. 1983), Art. 74 Rn. 41; kritisch Kunig, JR 1986, 491 (Rechtsprechungsanalyse S. 492 ff).

4 ~ Der BayVerfGH gibt vielfältige Beispiele, darunter auch Unternehmen öffentlicher Daseinsvorsorge (BayVBI. 1990, 367/369). 46 Bzgl. örtlicher Wasserversorgung BVerfG, B.v.2.11.1981 -2 BvR 671/81=DVB1. 1982, 27=JZ 1982, 288=NVwZ 1982, 306{307: auch die in öffentlich-rechtlicher Form unter Erhebung von Benutzungsgebühren erbrachte Daseinsvorsorge ist wirtschaftliche Betätigung in diesem weiten Sinne. Dagegen Knemeyer/Emmert, JZ 1982, 284, mit der Begründung, daß insoweit eine Gewinnemelungsabsicht fehle. Vgl. auch von Münch, in ders., GG, Art. 74 Rn. 40 a: auf die Rechtsform komme es nicht an. Zu den Organisationsformen der Abfallentsorgung unten S. 169 ff. 47

Dazu Bothe, NVwZ 1987, 938/939 f; zur Parallelproblematik bei § 22 I S. 1 und 2

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

132

Ob landesrechtliche Regelungen auch zu Materien der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes zulässig sind, bemißt sich gemäß Art. 72 I GG weiterhin danach, inwieweit der Bund im Rahmen der vorstehend entwickelten Zuständigkeiten tatsächlich abschließende und erschöpfende Regelungen getroffen hat. Dabei begründet die Tatsache, daß der Bund eine bestimmte Materie allgemein geregelt hat, grundsätzlich keinen abschließenden Charakter im Sinne einer Kodifikation, vielmehr kommt es auf eine "Gesamtwürdigung des betreffenden Normkomplexes" 48 an. Im AbfG hat der Bundesgesetzgeber von einem gesetzesunmittelbaren Abfallvermeidungsgebot abgesehen; im Gesetzgebungsverfahren war eine Rangfolge zwischen Vermeidung und Verwertung ausdrücklich abgelehnt worden49• Zwar entspricht die Systematik des AbfG, welches die Abfallvermeidung sowohl im Gesetzestitel als auch in der Normfolge (§ 1 a I 1) vor der Entsorgung nennt (§§ 2 und 3}, der umweltpolitisch geforderten Akzentuierung50, gleichwohl wird die rechtliche Verbindlichkeit dieses Gebotes an eine Konkretisierung durch den Verordnungsgeber gebunden (§ 1 a I 1 AbfG). Die dort in Bezug genommenen Ermächtigungen des § 14 AbfG betreffen hinsichtlich bestimmter Erzeugnisse in Abs. I Nm. 3 und 4 schadstoffmindernde Regelungen (Rücknahme- und Pfandpflichten, schadstoffregulierende Einschränkungen bzw. Verbote des Inverkehrsbringens) sowie in Abs. II 3 Nm. 2-5 Vorschriften zur Verminderung der Abfallmenge. Damit wird der Verordnungsgeber zu produktbezogenen, ordnungsrechtlichen Vermeidungsregelungen ermächtigt51 • Auch die Ermächtigung zur Einführung von Pfandpflichten in Absatz II ist als Vorschrift direkter Steuerung des Marktverhaltens von Produktherstellern und -vertreibern konzipiert, die dieser Pflicht - anders als bei fiskalischen Anreizinstrumenten - im Falle des Erlasses einer entsprechenden Verordnung nicht entgehen können. Die Einführung eines

BimSchG Jarass, BimSchG, § 22 Rn. 9. 48 BVerfGE 7, 342!347; s. auch 56, 110/119; dazu von Münch, in ders., GG, An. 72 Rn. 6 m.w.N.; speziell zum Abfallrecht Bothe, NYwZ 1987, 938/944. 49

Vgl. BT-Drs. 10/5656, S. 58.

Schon Franßen (1982), in Bohne (1983), Umweltpolitik, S. 1987, 193; Backes, DYBI. 1987, AbfG, § 1 a Rn. 2 sprechen von charakter verliehen sei. 50

Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, S. 403 f; Hartkopf/ 443 f; rum Gesetzgebungsverfahren vgl. Bergmüller, BayVBI. 333/335 f; Bothe, NVwZ 1987, 938/942 f. Hösel/von Lersner, einer rechtspolitischen Prioritätenfolge, der jedoch kein Norm-

51 Überhaupt ist das Bundesabfallrecht von ordnungsrechtlichen Instrumenten dominiert; SRU-Sondergutachten Abfallwirtschaft, 1990, Tz. 150 (S. 54).

5. Zuständigkeitsentzug durch Bundesrecht

133

Pfandsystems dient daher lediglich der Effektuierung gleichzeitig auferlegter Rücknahmepflichten. Auf der Grundlage dieser Ermächtigung wurden inzwischen die Altölverordnung, Lösemittelverordnung und die Verordnung über die Entsorgung Schadstoffhaitiger Baustellenabfälle (§ 14 I AbfG) sowie hinsichtlich der Mengenproblematik (§ 14 II AbfG) die Pfandverordnung für Getränkeverpackungen aus Kunststoffen (sog. PET-Verordnung) erlassen52. Inzwischen ist auch - wie schon in der Einleitung erwähnt- die Verordnung zur Vermeidung von Verpackungsabfällen in Kraft getreten, wonach Hersteller und Handel einer Reihe ordnungsrechtlicher Vorgaben nur durch die Einrichtung eines eigenständigen Entsorgungssystems entgehen können (sog. "duale Abfallwirtschaft")53. Für den Regelungsbereich dieser Rechtsverordnungen sind landesrechtliche Regelungen somit gesperrt54. Fraglich ist aber, ob Regelungsbereiche dem Landesnormgeber auch dann entzogen sind, wenn der Bundesverordnungsgeber die ihm durch Bundesgesetz eingeräumte Verordnungsermächtigung für die betreffende Materie noch nicht genutzt hat, m.a.W. ob die bloße Ermächtigung zwn Erlaß von Rechtsverordnungen zu einer Rechtssetzungssperre für die Landesebene führt. Dies bemißt sich danach, ob eine solche Ermächtigung schon ein Gebrauchmachen von der Gesetzgebungszuständigkeit i.S.v. Art. 72 I a.E. GG bedeutet. Da es der gesetzgebensehen Entscheidung frei steht, ein Sachgebiet selbst zu regeln oder unter Beachtung der Erfordernisse des Art. 80 I GG dem Verordnungsgeber zu überweisen, muß grundsätzlich schon die Verordnungsermächtigung als ein Gebrauchmachen von der Gesetzgebungsbefugnis betrachtet werden. Speziell für die vorliegende Ermächtigung in § 14 AbfG kann der Wille des Bundesgesetzgebers, landesrechtliche Regelungen auszuschließen, dem systematischen Vergleich zu § 15 II und III AbfG entnommen

52 Vgl. Gesetzgebungsbericht des BMU mit Angaben zu freiwilligen Selbstbeschränkungen von Industrie und kommunalen Spitzenvetbänden zur Batterie- und FCKW-Entsorgung in Umwelt 1990, S. 290 f. 53 Vgl. Bericht des BMU, in Umwelt 1990, S. 396 f. Abfallwinschaftspolitische Kritik in Der Spiegel Nr. 43 vom 22.10.1990, S. 163 ff. 54 Die TA Abfall ist aufgrund § 4 V AbfG erlassen und betrifft daher nur Anforderungen an die Entsorgung besonders überwachungsbedürftiger Abfälle, nicht aber Vermeidungsregelungen (ausdrücklich Tz. 1). Im übrigen würde der Erlaß auch einer "normkonkretisierenden" (BVerwGE 72, 300/320; m.w.N. Gerhardt, NJW 1989, 2233) Verwaltungsvorschrift kein Gebrauchmachen der "Gesetzgebungsrechte" i.S.v. An. 72 I GG bedeuten.

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

134

werden55 . Dort werden in Abs. III die Landesregierungen zu Rechtsverordnungen ermächtigt, soweit der BMU von der Ermächtigung in Abs. II nicht Gebrauch macht. Demnach ging der Bundesgesetzgeber davon aus, daß ohne die besondere Ermächtigung in Abs. III, landesrechtliche Regelungen gemäß Art. 72 I GG ausgeschlossen wären. Eine dem § 15 III AbfG parallele Vorschrift findet sich in § 14 AbfG jedoch nicht. Unabhängig von den Einwänden gegen dieses systematische Argumen~6, macht der Bundesgesetzgeber jedenfalls dann von seiner Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch, wenn bereits die (bloße) Verordnungsermächtigung einen eigenständigen Regelungsgehalt enthält. Dies trifft für § 14 AbfG zu, da Abs. II S. 3 den Erlaß einer Verordnung erforderlichenfalls an ein vorgängiges, am Kooperationsprinzip orientiertes Zielfestlegungsverfahren bindet, dessen abgestuftes Vorgehen landesrechtliche Regelungen ausschließt57. Für den Regelungshereich der Verordnungsermächtigung hat der Bundesgesetzgeber somit eine abschließende Regelung beabsichtigt und Landesrecht insoweit ausgeschlossen58. Im Gegensatz zu den produktbezogenen Regelungen des AbfG ist die anlagenbezogene Reststoffvermeidung in § 5 I Nr. 3 BlmSchG geregelt, auf den die Unberühnheitsklausel in § 1 a I 2 AbfG deklaratorisch verweist59• Ob Restoffe, die vermieden oder verwenet werden können, schon begrifflich keine Abfälle sind60, kann dahingestellt bleiben, weil Reststoffe i.S.v. § 5 I

ss Vgl. BayVerfGH, BayVBl. 1990, 367/369.

m

n.

§ 15 bezieht sich nur auf einen Teilbereich des Abs. nämlich die sog. "Überdüngung"; darauf stützt sich das abweichende Votum BayVerfGH, BayVBl. 1990, 367, 398/401. 56

57 Zur Regelungssystematik Versteyl, in Kunig/SchwermerNersteyl, AbfG, § 14 Rn. 1 f und 4 ff; vgl. auch At:zpodien, UPR 1990, 7 ff. 58 Bemerkenswert deshalb Art. 1 I 1 Nr. 1 BayAbfG vom 28.6. 1990 Getzt BayAbfAIG v. 27.2.1991), wonach ein allgemeiner Vorrang der Vermeidung gilt, ohne · wie§ 1 Abs. I 1. Teilstrich i.V.m. Abs. ill LAbfG BW (dazu kritisch Schlabach, VBlBW 1990, 273/274)- durch eine salvatorische Klausel die bundesrechtlich abschließend geregelten Bereiche von seiner Geltung auszunehmen. Zum Landesrecht eingehend unten bei 6.

59 Die insoweit bedeutsame Verordnung über Verbrennungsanlagen für Abfälle und ähnliche Stoffe (17 .BimSchV) verfolgt durch Senkung der Emissionsfrachten nicht abfall-, sondern irnmissionsschutzrechtliche Ziele; vgl. Gesetzgebungsbericht o.V. in UPR 1990, 258. 60 So Versteyl, in Kunig!SchwermerNersteyl, AbfG, § 1 a Rn. 6. Zum hemchenden subjektiven Reststoffbegriff (beim Anlagenbetrieb unbezweckt anfallende Stoffe) Feldbaus, BlmSchG, § 5 Rn. 9; Jarass, BimSchG, § 5 Rn. 38; Rehbinder, DVBI. 1989, 496/497. Dagegen will Rebentisch, UPR 1989, 209/211, zudem objektive Kriterien der Verkehrsanschauung zur Begriffsbildung heranziehen.

5. Zuständigkeitsentzug durch Bundesrecht

135

Nr. 3 BlmSchG in jedem Fall nur nach Maßgabe dieser Vorschrift dem abfallrechtlichen Regime unterfallen. Diese Regelung ist daher hinsichtlich der Vermeidungs- und Verwertungsvorschriften abschließend61 • Eindeutig regelt das Gesetz den Vorrang von Vermeidung (und Verwertung) vor konventioneller Beseitigung, die erst dann zulässig ist, wenn Vermeidung oder Verwertung technisch nicht möglich oder unzumutbar ist. Dann unterfallen diese Stoffe in vollem Umfange den abfallrechtlichen Entsorgungsvorschriften62• Hinsichtlich der Rangfolge von Vermeidung und Verwertung stellt die Formulierung des § 5 I Nr. 3 BlmSchG einen Kompromiß dar zwischen den Vorstellungen des Bundesrates, der einen grundsätzlichen Vorzug der Vermeidung anstrebte und der Stellungnahme der Bundesregierung, die eine Gleichrangigkeit normieren wollte63• Zwar stellt das Gesetz die Vermeidung systematisch an erste Stelle und formuliert die Verwertung als Ausnahmetatbestand ("es sei denn"), es erlaubt die Ausnahme aber immer dann, wenn eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung möglich ist. Damit ist Ziel dieser Vorschrift, Reststoffe nicht um ihrer selbst willen, sondern nur dann zu vermeiden, wenn ihre Verwertung Umweltprobleme zeitigen kann. Deshalb nimmt die Literatur ganz überwiegend eine Dispositionsfreiheit des Anlagenbetreibcrs an, sofern eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung gesichert ist64• Trotzdem geht § 5 I Nr. 3 BlmSchG weit über das abfallrechtliche Vermeidungsgebot hinaus, welches aufgrundder bislang nur zögerlichen Umsetzung der Verordnungsermächtigung (§ 14 AbfG) relativ konturenlos geblieben ist, gleichwohl landesrechtliche Regelungen gegenüber gewerblichen Adressaten sperrt. Da die immissionsschutzrechtliche Vorschrift in § 5 I Nr. 3 für ihren Regelungsbereich eine abschließende Aussage zum Verhältnis von Vermeidung und Verwertung trifft, ist der Landesgesetzgeber hier von eigenständigen Regelungen ausgeschlossen.

61 Allgemeine Meinung; vgl. nur Bothe, NVwZ 1989, 938/941; Rebentisch, aaO.; Salzwedel, NVwZ 1989, 820/821; Tettinger, GewArch 1988, 41/43; Breuer, Abgrenzung zwischen Abwasserbeseitigung, Abfallbeseitigung und Reststoffverwertung, S. 19.

62 Kutscheidt, NVwZ 1986, 622/623 f; zur Frage, ob die hnmissionsschutzbehörden eine Art "Freigabe" der Reststoffe in das abfallrechtliche Regime beanspruchen können s. Salzwede1, NVwZ 1989, 820/822 f. 63

Rehbinder, DVBl. 1989, 496/498 m.w.N. zur Entstehungsgeschichte.

Rehbinder und Kutscheidt, aaO., m.w.N.; im Ergebnis ebenso Marburger, 56. DIT, C 63; Rebentisch, UPR 1989, 209!212. A.A. Kloepfer, Umwe1trecht, § 7 Rn. 57; Führ, Sanierung von Industrieanlagen, S. 192 f. 64

136

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

Im Gegensatz zu § 5 I Nr. 3 BimSchG enthält § 22 I Nr. 3 BimSchG für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen derzeitig keine eigenständige Vermeidungs- oder Verwertungsregelung. Soweit im Einzelfall nicht bereits die abfallrechtliche Verwertungsregelung der §§ 3 IV 2 i.V.m. II 3 und 4 AbfG einschlägig ist, hängt die Frage, ob auf Landesebene Vermeidungs- oder Verwertungsregelungen getroffen werden können, von der umstrittenen Auslegung des § 22 II BimSchG ab, wonach "weitergehende" Vorschriften unberührt bleiben. Nach einer engen Ansicht soll sich "weitergehend" nur auf "anderweitige" Vorschriften, d.h. nicht anlagenbezogenen Immissionsschutz beziehen65 , so daß entsprechende abfallrechtliche Vorschriften unstreitig jedenfalls für nicht anlagenbezogene Regelungen landesrechtlich getroffen werden können. Für anlagenbezogene Regelungen kommt die enge Auslegung zu dem Ergebnis, daß das Landesrecht durch § 22 I BimSchG gesperrt sein solle. Dem ist entgegenzuhalten, daß schon dem Wortsinne nach "weitergehend" etwas anderes bedeutet als "anderweitig"66• Auch der Einwand, § 23 II BimSchG würde funktionslos, wenn dem Landesrecht bereits durch § 22 II BimSchG Regelungsmöglichkeiten offenblieben, übersieht, daß § 22 II BimSchG nur eine bundesrechtliche Verordnungsermächtigung enthält, nicht aber - vor dem Hintergrund der Kompetenzvermutung aus Art 30, 70 I GG die Frage landesgesetzlicher Normierung betrifft67• Auch kann § 22 I BlmSchG als bundesrechtlicher Minimalstandard verstanden werden, dessen Durchsetzungsinstrumentarium § 23 BimSchG einschließlich einer Verordnungsermächtigung regelt; § 22 II BimSchG gebe dann den Ländern Handhabe, über den von Abs. I geforderten Mindeststandard hinauszugehen68• Schließlich ist der engen Auslegung systematisch entgegenzuhalten, daß ein Verweis auf die Fortgeltung von Regelungen, welche von der Materie des verweisenden Gesetzes überhaupt nicht erfaßt sind, überflüssig wäre. Der gesamte zweite Teil des BimSchG (§§ 4 bis 31), in welchem sich die strittige Unberührtheilsklausel befindet, betrifft ausdrücklich (vgl. Überschrift) nur den anlagenbezogenen Immissionsschutz. Daß handlungs- oder stoffbezogene Regelungen davon nicht betroffen sein können, bedarf keiner Klarstellung. Vielmehr spricht die Tatsache, daß der Abs. II "zur Klarstellung" auf Vor-

6 s Sellner/Löwer, WiVerw 1980, 221/227; Martens, DVBl. 1981, 597/607; Iarass, BimSchG, § 22 Rn. 13. Nach Fe1dhaus, BlmSchG, § 22 Rn. 20, drohe andernfalls eine "Ve!böserung" durch das Landesrecht.

66

Bothe, NVwZ 1987, 938/942; eingehend Pudenz, NuR 1991, 359/362 ff.

67

Vgl. Kutscheidt, NVwZ 1983, 65/69; Bothe, NVwZ 1987, 938/942.

68

Pestalozza, WiVerw 1984, 245!256 ff, insbesondere S. 259.

5. Zuständigkeitsentzug durch Bundesrecht

137

schlag der Länderkammer eingefügt wurde69, dafür, daß den Ländern auch im Regelungsbereich des § 22 I 1 BlmSchG, also hinsichtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Handlungsspielräume offen stehen. In einem Zwischenergebnis kann somit festgestellt werden, daß den Ländern Handlungsspielräume zu Abfallvermeidungsregelungen offenstehen, welche nicht an Tatbestände der gewerblichen Wirtschaft anknüpfen. Für anlagenbezogene Vermeidungsvorschriften hinsichtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen gilt dies nach der hier vertretenen Auffassung sogar dann, wenn diese Anlagen im gewerblichen Rahmen betrieben werden. bb) Regelungen der Abfallverwertung Bundesrechtliche Abfallverwertungsregelungen können sich, wenn sie an Tatbestände der gewerblichen Wirtschaft anknüpfen, auf Art. 74 Nr. 11 GG stützen. Insoweit gelten die eben unter aa) angestellten Überlegungen entsprechend. Abfallverwertung unterfällt darüber hinaus auch begrifflich der Abfallbeseitigung, so daß sich bundesrechtliche Verwertungsregelungen kompetenzrechtlich auf Art. 74 Nr. 24 GG stützen und deshalb auch über das Recht der Wirtschaft hinaus gehen können70• Dem Wortsinne nach bedeutet "Beseitigung" die Entsorgung von Abftlllen, ohne die Art dieses Vorganges zu determinieren. Eine verfassungsrechtliche Festschreibung konventioneller Entsorgungsverfahren (Verbrennung, Deponierung) ist dem Begriff nicht zu entnehmen, vielmehr sollen die einmal entstandenen Abfälle im Ergebnis dieses Vorganges nicht mehr vorhanden sein. Dies kann zum einen durch konventionelle Techniken geschehen, zum anderen aber auch durch Verwertung: auch dann sind die Abfalle nicht mehr vorhanden, d.h. beseitigt. Dies ergibt sich auch aus dem Zweck der Zuständigkeitsvorschrift, die dem Bundesgesetzgeber Handlungsspielräume zu einer umwelt- und sicherheitstechnisch erforderlichen Problemlösung einräumen sollte71 • Anders als bei Abfallvermeidung kollidiert hier weder eine historische noch eine teleologische Auslegung mit der Wortlautgrenze. Unabhängig von der Frage, ob es nach diesem Wortlautbefund für die Verfassungsauslegung entscheidend darauf

69 Feldhaus, BimSchG, § 22

Rn. 20; Jarass, BimSchG, § 22 Rn. 12 m.w.N.

Hösel/von Lersner, AbfG, § la Rn. 3; Tettinger, GewArch 1988, 41/42; Kloepfer, Umweltrecht, § 12 Rn. 16 (jeweils m.w.N.); a.A. Bothe, NVwZ 1987, 938/939. 70

71 Vgl. Begründung des Regierungsentwurfes, BT-Drs. Vll2249, S. 3; Stellungnahme des Bundesrates, S. 5.

138

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

ankommen könne, daß der historische Gesetzgeber eine bestimmte Problemlösung noch nicht im Blick hatte, greift das Argument, der Verfassungsgeber hätte 1972 das Problem der Abfallverwertung noch nicht gesehen72, schon aus tatsächlichen Gründen nicht durch: unstreitig sollte auch damals schon mit der Formulierung "beseitigen" nicht nur die Vernichtung von Abfallstoffen, sondern auch die Wiederverwertung durch Kompostierung erfaßt werden73 • Kompostierung dient als vorbereitende Maßnahme (Behandeln, Lagern) nicht nur der Volumenreduktion für eine nachfolgende Deponierung bzw. Verbrennung, sondern jedenfalls auch einer späteren Aufbringung auf Böden zur Düngung. Kompostierung ist daher (auch) eine Vorstufe späterer Wiederverwertung bestimmter Abfallstoffe. Der Hinweis auf den Verfassungsgeber kann daher hier einer Wortlautauslegung nicht entgegenstehen. Somit können sich bundesrechtliche Verwertungsregelungen kompetenzrechtlich auf Art. 74 Nr. 24 GG ("Abfallbeseitigung") stützen. Landesrechtliche Verwertungsregelungen sind ausgeschlossen, soweit der Bundesgesetzgeber von dieser Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch gemacht hat (Art. 72 I GG). Dabei sind zwei Problemkreise zu unterscheiden: zum einen das Verhältnis von Verwertung zur konventionellen Beseitigung (Verbrennung ohne thermische Nutzung, Deponierung) und zum anderen das Verhältnis von thermischen und stofflichen Verwertungsverfahren. (1)

Vorrang der Verwertung vor sonstiger Entsorgung

Im Hinblick auf das immissionsschutzrechtliche Verwertungsgebot in § 5 I Nr. 3 BimSchG werden Vermeidung und Verwertung gleichermaßen der konventionellen Beseitigung grundsätzlich vorgezogen. Die Beseitung von Reststoffen als Abfälle ist nur dann zulässig, wenn Vermeidung oder Verwertung der Reststoffe technisch nicht möglich oder unzumutbar ist. Insofern kann auf das eben zur Reststoffvermeidung Ausgeführte (auch zu § 22 BlmSchG) verwiesen werden. Der Bundesgesetzgeber hat in § 3 II 3 AbfG der Abfallverwertung einen relativen Vorrang vor konventionellen Beseitigungstechniken eingeräumt, .sofern die Verwertung technisch möglich ist, die dabei anfallenden Mehrkosten nicht unzumutbar sind und für das gewonnene Produkt (Stoff oder

72 Mit diesem Argument lehnt Bothe, NVwZ 1987, 938/939, eine Bundeszuständigkeit für Verwertungsregelungen ab.

73 Vgl. den Hinweis auf den ursprünglichen Zweck des AbfG im Regierungsentwurf der 4. Novelle 1986, BT-Drs. 10/2885 S. 13 sowie Hösel/von Lersner, AbfG, § 1a Rn. 3.

S. Zuständigkeitsentzug durch Bundesrecht

139

Energie) ein Markt - auch durch Beauftragung Dritter- geschaffen werden kann. Unter diesen Voraussetzungen ist eine Verwertung der Abfallstoffe zwingend; liegen sie nicht vor, bleibt es dem Entsorgungspflichtigen überlassen, trotzdem der Verwertung den Vorzug zu geben74• Die Bindung der Kostenbewertung an das Merkmal "unzumutbar" geht über Erwägungen unmittelbarer betriebswirtschaftlicher Vertretbarkeil hinaus und erlaubt auch, mittel- und langfristige externe Kosten der Entsorgung wie z.B. Umweltauswirkungen, den Verbrauch an Deponiekapazität oder die Langzeitrisiken der Deponierung in die Kostenkalkulation einzubeziehen75• Damit wird den Genehmigungsbehörden ein Instrument an die Hand gegeben, die an betriebswirtschaftlicher Effizienz orientierte Aufgabenerledigung der nach § 3 II 1 bzw. IV AbfG Entsorgungspflichtigen zu einer Re-internalisierung der volkswirtschaftlichen Kosten ihrer Tätigkeit zu zwingen, solange im konkreten Einzelfall eine Verwertung technisch möglich ist und ein Markt für das Recyclingprodukt geschaffen werden kann. Dem Vorschlag des Bundesrates, weitergehende landesrechtliche Regelungen durch eine Konkurrenzklausel zu ermöglichen, ist der Bundestag nicht gefolgt76. Da der Bundesgesetzgeber einen Vorrang der Verwertung an diese Voraussetzungen gebunden hat, ist diese Regelung abschließend, so daß auf Landesebene weder ein allgemeines Verwertungssgebot noch niedrigere Voraussetzungen bezüglich eines Verwertungssvorranges normiert werden können. Landesrechtliche Verwertungsgebote dürfen somit inhaltlich nicht über das von § 3 II 3 AbfG Geforderte hinausgehen77• Somi't bleiben dem Landesrecht vor allem Regelungen zur Ausgestaltung des Verwertungsgebotes z.B. zur getrennten Überlassung von Abfallstoffen überlassen78 •

74 Das relative Verwertungsgebot erlaubt keinen Umkehrschluß in dem Sinne, daß eine Verwertung verboten wäre, wenn die genannten Voraussetzungen nicht vorliegen; vgl. Beschlußempfehlung des Innenausschusses BT-Drs. 10/5656, S. 57. ?S BT-Drs. 10/5656, S. 62; vgl. auch Kunig, in Kunig/SchwermerNersteyl, AbfG, § 3 Rn. 35 (auch zu den Voraussetzungen des Verwertungsvorranges im einzelnen).

16

Vgl. BR-Drs. 465/5/84, S. 3 und BT-Drs. 10/5656, S. 56.

Dementsprechend reduziert der BayVerfGH die sehr weitgehenden Formulierungen des Gesetzentwurfes für ein BayAbfG (Volksbegehren) durch eine bundesrechtskonforme Auslegung; BayVBl. 1990, 367, 398!399 unter d) und e). 11

78

Weitere Beispiele gibt Bergmüller, BayVBl. 1987, 193/195.

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

140

(2) Rangfolge der Verwertungsverfahren

Die Rangfolge verschiedener Verwertungsarten- strittig ist das Verhältnis von stofflicher zu energetischer Verwertung - wird in der immissionsschutzrechtlichen Vorschrift des § 5 I Nr. 3 BlmSchG nicht angesprochen. Deshalb steht es dem Anlagenbetreiber frei, zwischen den Verwertungsarten zu wählen79. Da § 5 BlmSchG die Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen abschließend umschreibt, ist der Landesnormgeber nur dann zu Regelungen berufen, wenn er hierzu bundesrechtlich ermächtigt ist. Eine einschlägige Ermächtigungsgrundlage liegt nicht vor. Anderes gilt jedoch für die Pflichten der Betreiber nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen, für die § 22 II BlmSchG nach der hier vertretenen Auffassung80 weitergehende landesrechtliche Regelungen zuläßt. Für das Abfallrecht ist die Frage, ob bundesrechtlich eine Gleichrangigkeit der stofflichen und energetischen Verwertung abschließend angeordnet ist, strittig. Nach der Legaldefinition in § 1 II AbfG umfaßt Abfallverwertung das Gewinnen von Stoffen oder Energie aus Abfällen. Nach allgemeiner Auffassung der Literatur normiert das AbfG damit und mit der vergleichbaren Formulierung in § 3 II 3 AbfG abschließend eine Gleichrangigkeit beider Verwertungsarten und damit keinen allgemeinen Vorrang für das stoffliche Recycling 81 ; dies könne lediglich durch eine Rechtsverordnung nach § 14 ll 2 Nr. 3 AbfG oder im Einzelfall durch die Bindung der Entscheidung an die Allgemeinwohlverträglichkeit durch § 2 I AbfG vorgeschrieben werden82• Eine landesrechtliche Vorrang-Regelung wäre damit ausgeschlossen. Man stützt sich dabei auf die Entstehungsgeschichte, in der die Gleichrangigkeil beider Verwertungsarten einer der umstrittensten Punkte

79

Rehbinder, DVBl. 1989, 496/499.

80

Vgl. oben S. 136 f.

Backes, DVBI. 1987, 333/335, 338; Tettinger, GewArch 1988, 41/44; Schlabach, VBlBW 1990, 273/274; Klages, Vermeidungs- und Verwertungsgebote, S. 35; Hösel/von Lenner, AbfG, § 3 ll Rn 17; Kunig, in Kunig/SchwermerNersteyl, AbfG, § 3 Rn. 36; Kloepfer, Umweltrecht, § 12 Rn. 74; differenzierend Bothe, NVwZ 1987, 938/942 f (vgl. folgende Fn.). Anden wohl nur Eckert, NVwZ 1987, 192 f, der dieses Kompetenzproblem in seiner Erläuterung des weitergehenden, inzwischen jedoch aufgehobenen HessAbfG von 1985 (Hess. GVBl. I 1986, S. 17) nicht vertieft. 81

82 Bothe, aaO., will die Voraussetzungen des § 3 ll 3 AbfG sinngemäß auch für die Bestimmung des Rangverhältnisses zwischen den beiden Verwertungsarten heranziehen.

5. Zuständigkeitsentzug durch Bundesrecht

141

war, in der sich die Verfechter eines Vorranges des Materialrecyclings jedoch nicht durchsetzen konnten83 • Dieser Auffassung ist nunmehr der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung zum Volksbegehren für ein bayerisches Abfallwirtschaftsgesetz mit einer am Wortlaut orientierten Auslegung der §§ 1 II und 3 II 2 AbfG entgegengetreten 84• Zwar sei das Landes-Verfassungsgericht nicht befugt, Bundesrecht verbindlich auszulegen, gleichwohl gebiete der durch die Verfassung verbürgte Vorrang der Landeskompetenz (Art. 30, 70 I GG), Landesregelungen dann nicht für bundesverfassungswidrig zu erklären, wenn das Bundesrecht in vertretbarer Weise dahin ausgelegt werden könne, daß es der Landesregelung nicht entgegensteht85• Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes müssen die §§ 1 II und 3 II 2 AbfG nicht zwingend dahin ausgelegt werden, daß sie landesrechtliche Regelungen über ein Rangverhältnis zwischen stofflicher und thermischer Verwertung sperren, vielmehr habe das Bundesgesetz beide Verwertungarten "ohne Bewertung nebeneinander aufgeführt". Der Wortlaut dieser Bestimmungen bringe nicht zwingend ein Gleichrangigkeitsverhältnis zum Ausdruck, welches dem Landesgesetzgeber verwehren würde, eine der Verwertungsarten zu bevorzugen. Aufgrund der Offenheit des Bundesgesetzes, welches einer Auslegung in die eine oder andere Richtung zugänglich sei, könne nicht festgestellt werden, daß ausschließlich diejenige Auslegung dem Bundesrecht entspreche, welche dem Landesgesetzgeber ungünstig ist. Zudem könne es im Hinblick auf die dem Bund fehlende Zuständigkeit für Regelungen des Kommunalrechts auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen, wenn der Bundesgesetzgeber unter Ausschluß des Landesgesetzgebers im Durchgriff den nach Landesrecht entsorgungspflichtigen Körperschaften das Recht gewährleiste, frei zwischen den Verwertungsarten zu wählen86•

83 Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 10/2885, S. 11, 13, Anlage 2 (Stellungnahme des Bundesrates) und Anlage 3 (Gegenäußerung der Bundesregierung, nach welcher die getroffene Regelung abschließend sein sollte); s. auch BT-Drs. 10/5656, S. 52 ff, insbesondere S. 57, 59. Zu den weitergehenden Entwürfen der Oppositionsfraktionen BT-Drs. 10/5656, S. 56 f; einen Überblick gibt Versteyl, in Kunig/SchwermerNersteyl, AbfG, Einl. Rn. 20. 84 BayVerfGH, DVBl. 1990, 692=BayVBl. 1990, 367 (Fons. S. 398), hier S. 369; ablehnende Arunerkungen Mann, DVBl. 1990, 697; kritisch ebenso Brenner, BayVBl. 1992, 70 ff.

IS

AaO., S. 368.

86

AaO., S. 369 f.

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

142

Ausgehend vom grundsätzlichen "Bekenntnis"87 der Rechtsprechung zur sog. objektiven Auslegung, nach welcher der in der Vorschrift zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, maßgeblich sei, und subjektive Vorstellungen der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung nicht entscheidend seien, sondern nur zur Bestätigung des (objektiven) Auslegungsergebnisses herangezogenen werden können 88 , muß die Auslegung vom Wortverständnis ausgehen. Vor dem Hintergrund sich stetig wandelnder Lebensverhältnisse kann eine historische Auslegung, die am Willen des subjektiven Gesetzgebers anknüpft - sog. genetische Auslegung - keine letztverbindliche Auslegungsrichtschnur sein, weil die Normvorstellungen der Gesetzesverfasser regelmäßig hinter den Anwendungsmöglichkeiten der Norm zurückbleiben89. "Das Gesetz kann klüger sein als seine Verfasser - es muß sogar klüger sein als seine Verfasser" (Radbruch)90• Sowohl in § 1 II als auch in § 3 II 3 AbfG sind stoffliche und energetische Verwertung durch die Konjunktion "oder" verbunden. Sprachlogisch kann dieses zweierlei ausdrücken91 : einmal kann "oder" im Sinne von lateinisch "aut ... aut'' ausschließend verstanden werden. Dann kann nur eines von beiden Merkmalen anwendbar sein, wobei es sprachlogisch auf die Reihenfolge ankommt. Ist das erste Merkmal einschlägig, wird das zweite ausgeschlossen. Wenn vorliegend die Voraussetzungen für eine stoffliche Verwertung gegeben sind, wäre eine energetische Verwertung mithin ausgeschlossen. Zum anderen kann "oder" im Sinne von "vel" eine Gleichrangigkeit ausdrücken. Diese Bedeutung wird in der deutschen Sprache durch die Formulierung "oder auch" klargestellt. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 ll 3 AbfG könnte dann stoffliche oder auch energetische Verwertung gewählt werden.

87

F. Müller, Juristische Methodik, S. 34.

88

Zum Methodenstreit hier Fn. 12.

89

Larenz, Methodenlehre, S. 317.

Zitiert bei Maunz, Deutsches Staatsrecht, 22. Aufl. 1978, § 7 II Nr. 2, S. 45. Als Beleg für einen solchen Wandel mag man die Untätigkeit des Bundes gegenüber Landesregelungen sehen, die - wie Art. 1 I 1 BayAbfG/BayAbfAlG - eine Rangfolge der abfallwirtschaftlichen Ziele normieren. 90

91

Klug, Juristische Logik, S. 26 und 32; Weinberger, Rechtslogik, S. 114 f.

5. Zuständigkeitsentzug durch Bundesrecht

143

Für die Frage, ob das Bundesgesetz abschließend eine Gleichrangigkeit beider Verwertungsarten vorschreibt, kommt es somit darauf an, ob dem Wortlaut, Normzusammenhang oder Zweck des Gesetzes zwingend zu entnehmen ist, daß die vom Gesetzgeber gewählte Konjunktion im Sinne des Gleichrangigkeit ausdrückenden "vel" zu verstehen ist. Da der Gesetzgeber die ihm ohne weiteres mögliche, klarstellende Fonnulierung ("oder auch") nicht gewählt hat, kann diese Frage mit dem Wortlaut selbst nicht eindeutig beantwortet werden. Vielmehr läßt der Wortlaut beide Deutungen zu. Die systematische Auslegung spricht hingegen für ein ausschließendes Verständnis, da es insoweit auf die Reihenfolge der Merkmale ankommt und in beiden Vorschriften die stoffliche Verwertung an erster Stelle genannt ist. Auch diesen Befund hätte der Gesetzgeber ohne weiteres dadurch verhindem können, daß in einer der beiden Vorschriften die energetische Verwertung an erster Stelle genannt worden wäre. In der Sache geht es um die Frage, ob bundesrechtlich den Entsorgungspflichtigen eine Wahlfreiheit bezüglich der Verwertungsverfahren garantiert ist mit der Folge, daß der Landesgesetzgeber von jeder eigenen Akzentuierung ausgeschlossen wäre. Die hiergegen erhobenen kompetenzrechtlichen Bedenken, die auf die fehlende Bundeskompetenz für das Kommunalrecht abstellen92, greifen nicht durch. Der Bundesgesetzgeber hat zwar die vorgefundene kommunale Zuständigkeit für die Abfallbeseitigung nicht aufgehoben, sondern diese gemäß § 3 II 1 AbfG landesrechtlichen Regelungen zugewiesen, gleichwohl ist Abfallbeseitigung nicht nur eine kommunale Aufgabe, vielmehr treffen die Vermeidungsregelungen ebenso die nach § 3 IV i.V.m. III AbfG entsorgungspflichtigen Abfallbesitzer. Die Vermeidungsregelungen unterfallen daher nicht dem Kommunalrecht. Soweit die Verfassung besondere Kompetenznonnen bereithält, kann der Bundesgesetzgeber diese auch zu einer Einschränkung der gemeindlichen Selbstverwaltung nutzen93 • Es wäre auch nicht einzusehen, warum der Bundesgesetzgeber kompetenzrechtlich den Entsorgungspflichtigen unter Ausschluß des Landesgesetzgebers zwar eine vorrangige Vermeidung auferlegen, nicht aber ihnen dabei auch Gestaltungsfreiräume zuweisen könnte.

92

Bothe, NVwZ 1987, 938/942; BayVerfGH, BayVBl. 1990, 367!369 f.

BVerfGB 56, 298!310. Die These einer Alleinzuständigkeit der Länder für das Kommunalrecht konkretisiert Roters, in von Münch, GG, Art. 28 Rn. 8, zu Recht dahin gehend, daß hiermit nur das Organisationsrecht (also das Kommunalverfassungsrecht) gemeint ist. Zum "Durchgriff' des Bundesgesetzgebers auf die Kommunen oben S. 114 ff. 93

144

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

Der Ausschluß des Landesgesetzgebers würde aber zu einem Nonnwiderspruch führen 94 • Eine vom Landesgesetzgeber nicht einschränkbare Wahlfreiheit der Entsorgungspflichtigen liefe dem Konzept geographisch iibergreifender Aufgabenerledigung zuwider. Gemäß § 6 I 1 AbfG obliegt den Ländern die Abfallentsorgungsplanung nach überörtlichen Gesichtspunkten, welche in jedem Fall größere Erledigungsräume erfassen sollen als die nach Landesrecht entsorgungspflichtigen Gebietskörperschaften95• Eine solche regionale Entsorgungsplanung ist allerdings nur dann möglich, wenn die für die Planung zuständigen Länder den Entsorgungspflichtigen auch inhaltliche Vorgaben zur Aufgabenerledigung geben können. Hinsichtlich der Verwertung ist dies nur möglich, wenn dem Landesgesetzgeber eine eigenständige Vorrangregelung offen steht, mit der er den Entsorgungspflichtigen eine bestimmte Verwertungsstrategie oktroyieren kann. Andernfalls wiirden autonome Entscheidungen der Primärentsorgungspflichtigen jegliche überörtliche Steuerung der Abfallströme konterkarieren können. Im Ergebnis ist festzustellen, daß der Bundesgesetzgeber die ihm ohne weiteres zur Verfügung stehenden grammatikalischen Mittel, eine abschließende Gleichrangigkeit der Verwertungsstrategien in das Gesetz und nicht nur in die Gesetzesbegründung aufzunehmen, nicht genutzt hat. Der Wortlaut des Gesetzes ist insoweit offen. Im Hinblick auf Systematik und Zweck des Gesetzes war jedoch gezeigt worden, daß sich ein Ausschluß des Landesgesetzgebers von eigenständiger Akzentuierung verbietet. Da die Offenheit des Wortlautes auf diesem Wege ausgeräumt ist, kann der somit gewonnene Befund nicht durch einen Rückgriff auf entstehungsgeschichtliche Äußerungen in sein Gegenteil verkehrt werden. Vor dem Hintergrund angestrebter großräumiger Lösungen erweist sich vielmehr die Gleichrangigkeitsthese als in sich widersprüchlich. Entgegen der umweltpolitisch grundsätzlich vorzugswürdigen stofflichen Verwertung war mit dieser These beabsichtigt, den Entsorgungspflichtigen einen vereinfachten Zugang zu thennischer Entsorgung zu verschaffen. Berücksichtigt man, daß Abfallverbrennung wirtschaftlich nur großräumig erfolgen kann, erweist sich die vermeintliche "Gleichrangigkeit" aufgrund der allgemein postulierten Großräumigkeit de facto als Vorrang der thermischen Entsorgung. Einen solchen Vorrang ausdrücklich in das Gesetz aufzunehmen, war schon 1986 umweltpolitisch nicht mehrheitsfähig und ist heute - siehe die Untätigkeit des Bundes und das Schweigen der

94

Dazu Bothe, NVwZ 1987, 938/943.

95

Vgl. oben S. 124.

5. Zuständigkeitsentzug durch Bundesrecht

145

Literatur zu den allgemeinen Vorrangregelungen des neuen BayAbfG/BayAbfAlG - vollends obsolet. Radbruchs Diktum zur Überlegenheit des objektiven Gesetzes erfährt hier eine aktuelle Bestätigung.

d) Zusammenfassendes Ergebnis Die organisatorischen Fragen bleiben der Regelung des Landesrechts überlassen. Gemäß § 3 II AbfG werden die entsorgungspflichtigen Körperschaften durch Landesrecht bestimmt. Ebenso enthält das AbfG keine Bestimmung der Vollzugszuständigkeiten, welche dem Landesgesetzgeber bzw. den Landesregierungen (vgl. die Voraussetzungen in § 19 AbfG) zugewiesen sind. Dies betrifft Zuständigkeitsregelungen zur Aufstellung der Entsorgungspläne, der Planfeststellungs- bzw. Genehmigungsbehörden, der Überwachung und Ordnungswidrigkeitenverfolgung. Auch das Verfahrensrecht verbleibt in der Landeskompetenz. Instrumentelle Regelungen zum Vollzug des AbfG, welche über das im AbfG vorgesehene Instrumentarium hinausgehen (z.B. Anreizinstrumente, Lizenzsystem, Aufklärungs- und Fördermaßnahmen), sind nicht von vomherein ausgeschlossen, hier kommt es vielmehr im Einzelfall darauf an, ob das Bundesrecht insoweit abschließend ist und ob die Maßnahme nicht anderen Bundesregelungen zuwiderläuft (dazu im einzelnen unten im III. Teil). Weiterhin obliegt den Ländern die Steuerung der Abfallströme durch eine an überörtlichen Gesichtspunkten orientierte Entsorgungsplanung, welche nur dann gelingen kann, wenn die Länder auch materielle Vorgaben den Entsorgungspflichtigen oktroyieren können. Schließlich bleiben dem Landesrecht Regelungen zur Lösung des Altlastenproblems offen, da das AbfG in den §§ 9-lla nur einen Ausschnitt der Regelungsmaterie normiert96• Für die Frage, ob unabhängig von der Entsorgungszuständigkeit eigenständige landesrechtliche Normierungen einer Rangfolge der Problembewältigungsstrategien (Vermeidung, stoffliche/energetische Verwertung, konventionelle Entsorgung) bundesrechtlich ausgeschlossen sind, ist zu differenzieren: Anlagenbezogene Vermeidungs- und Verwertungsregelungen sind hinsichtlich genehmigungsbedürftiger Anlagen i.S.v. § 4 BimSchG durch § 5 I Nr. 3 BlmSchG bundesrechtlich abschließend normiert. Anderes gilt jedoch für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen (§§ 22 ff BlmSchG), hinsichtlich derer § 22 li BimSchG nach der hier vertretenen Auffassung auch dann lan-

96 Bothe, NVwZ 1987, 938/947; Tettinger, GewArch 1988, 41/48; vgl. auch Kunig, in Kunig/SchwennerNersteyl, AbfG, Anh. §§ 10, lOa Rn. 4, 7, 9.

10 Haaß

146

li. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

desrechtliche Vorgaben erlaubt, wenn die Anlagen im Rahmen gewerblicher Tätigkeit betrieben werden. Vermeidungs- und Verwertungsregelungen bezüglich anderer nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen stehen landesrechtlicher Normierung offen. Da sich die abfallrechtlichen Vermeidungsvorschriften im wesentlichen auf Art. 74 Nr. 11 GG stützen, pleiben entsprechende Vorgaben grundsätzlich dem Landesrecht offen, soweit sie nicht das Recht der Wirtschaft betreffen. Hinsichtlich des Verhälmisses von Verwertung und sonstiger Entsorgung trifft § 3 II 3 AbfG eine abschließende Regelung, so daß den Ländern nur eine Ausgestaltung des Verwertungsgebotes, z.B. durch Vorschriften über das getrennte Überlassen von Abfallstoffen, zugewiesen ist. Nach überwiegender Meinung ist den Entsorgungspflichtigen unmittelbar durch das AbfG die Wahl zwischen stofflicher und energetischer Verwertung freigestellt. Insoweit könnten die entsorgungspflichtigen Körperschaften auf dem Satzungswege eine Vorrangregelung treffen. Nach der hier vertretenen Auffassung enthalten die entsprechenden Regelungen des AbfG jedoch keinen zwingenden Ausschluß des Landesgesetzgebers, so daß auch landesrechtlich eine Rangfolge der Verwertungsarten angeordnet werden kann.

6. Zuständigkeitsentzug durch Landesrecht Alle Länder, die vor dem 3.10.1990 Teile der Bundesrepublik Deutschland waren, haben in speziellen Landesgesetzen abfallwirtschaftliche Regelungen getroffen. Für die vorliegende Untersuchung kommen von diesen nur diejenigen Länder in Betracht, deren Staatsaufbau eine Untergliederung in kommunale Gebietskörperschaften kennt. Somit sind Gegenstand der Untersuchung die Flächenländer1, deren Abfallgesetze in der folgend angegebenen Fassung die Grundlage der Ausführungen bilden2:

1 Eine Sonderstellung nimmt das Land Bremen ein, das in zwei kreisfreie Gemeinden gegliedert ist, so daß sich die für die Flächenländer strittige abfallrechtliche Zuständigkeitsverteilung zwischen den kommunalen Gebietskörperschaften nicht stellt. Angemerkt sei, daß § 1 I BremAGAbfG die beiden Bremer Stadtgemeinden als entsorgungspflichtige Körperschaften i.S.v. § 3 li AbfG bestimmt. Zur kommunalverfassungsrechtlichen Situation Bremens Heise, HkWP Bd. 2, S. 310 ff. 2 Umfassender Überblick und anschließender Abdruck der Gesetze und einschlägigen Verordnungen bei Bim/Jung, Abfallbeseitigungsrecht, Bd. li, Teil15 Kapitel 17 ff sowie im Anhang bei Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG.

6. Zuständigkeitsentzug durch Landesrecht

147

Landesabfallgesetz Baden-Württemberg (LAbfG BW) vom 8.1.1990 (GBl. S. 1), geändert durch Gesetz vom 24.6.1991 (BGl. S. 434), Bayerisches Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz (BayAbfAlG) vom 27.2.1991 (GVBl. S. 64), Hessisches Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz (HAbfAG) i.d.F. vom 26.2.1991 (GVBI. I S. 106), geänd. d. G. vom 26.6.1991 (GVBl. I S. 221), Niedersächsisches Abfallgesetz (NAbfG) vom 21.3.1990 (GVBl. S. 91), geändert durch Gesetz vom 7.11.1991 (GVBl. S. 295), Abfallgesetz Nordrhein-Westfalen (LAbfG NRW) vom 21.6.1988 (GVNW S. 250), gelindert durch Gesetz vom 20.6.1989 (GVNW S. 366), Landesabfallwirtschafts- und Altlastengesetz Rheinland-Pfalz (LAbtWAG RP) vom 30.4.1991 (GVBI. S. 251), Saarländisches Abfallgesetz (SAbfG) vom 3.6.1987 (Amtsbl. S. 849), Ausführungsgesetz zum Abfallbeseitigungsgesetz Schleswig-Holstein (AGAbfG SH) vom 26.11.1973 (GVOBl. S. 407). a) Landesrechtliche Regelungen der Entsorgungszuständigkeit

Bis auf das Saarland haben alle Länder die Erledigung der Abfallentsorgung den Gemeinden grundsätzlich entzogen und den Kreisen zugewiesen3• Darüber hinaus beließ § 2 I 1 NAbfG fünf einzeln benannten kreisangehörigen Städten die allgemeine Entsorgungszuständigkeit4 • Einen anderen Weg geht das Saarland, welches die Entsorgungszuständigkeit zwar bei den Gemeinden beläßt, diese jedoch zur Aufgabenerfüllung zwangsweise im Kommunalen Abfallentsorgungsverband Saar zusammenschließt (§ 2 I und II SAbfG). Die meisten Länder bestimmen den verwaltungsrechtlichen Charakter der Aufgabe als pflichtige Selbstverwaltungsangelegenheits und erlauben fakultativ die Bildung von Zweckverbänden, welche für den Fall gefährdeter

3 Art. 3 I 1 BayAbfAlG; § 6 I LAbfG BW; § 1 11 1 HAbfAG; § 5 I 1 AbfG NRW; § 3 I LAbfW AG RP; § 1 I 1 AG-AbfG SH.

4 Grund dafür war die in der GO Nds (§§ 10 11, 11) vorgesehene Privilegierung sog. großer selbständiger Städte; vgl. Ullrich, dng 1990, 163/164 m.w.N. Eine Systematik der Privilegierungen kreisangehöriger Gemeinden gibt Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 55, 149 f.

s Ausdrücklich Art. 3 I 2 ßayAbfAlG, § 3 I 1 LAbfWAG RP; gemäß Rückübertragungsregelung in § 2 IV 1 SAbfG; imperative Formulierung in § 1 V 2 HAbfAG, § 2 I 2 NAbfG, § 1 I 2 AG-AbfG SH; ohne Bestimmung des Aufgabencharakters LAbfG BW und NRW. !O•

148

li. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

Entsorgungssicherheit auch zwangsweise gebildet werden können (sog. "Ausfallverbände")6. Somit sind bundesweit die Gemeinden im Ergebnis von der allgemeinen Entsorgungszuständigkeit ausgeschlossen und zwar unabhängig von der Frage, ob im Einzelfall eine ordnungsgemäße Erledigung dieser Selbstverwaltungsaufgabe auch auf der Gemeindeebene möglich wäre. Die Gewährleistung gemeindlicher Selbstverwaltungsaufgaben erlaubt aber eine Hochzonung (ursprünglich) gemeindlicher Aufgaben nur dann, wenn anders die ordnungsgemäße Aufgabenerledigung im Einzelfall nicht sicherzustellen wllre7 • Deshalb schränkt Art. 28 II GG die gesetzgebensehe Ausgestaltungsfreiheit ein und erfordert eine Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Aufgabenfeldes. Für die Ausgestaltung der Entsorgungspflicht nach § 3 II 1 AbfG muß der Landesgesetzgeber zwei Regelungsrichtungen Rechnung tragen: Zum einen muß eine Rückübertragung der allgemeinen Entsorgungspflicht im Einzelfall möglich sein, wenn nämlich die betreffende kreisangehörige Gemeinde eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung gewährleisten kann 8• Dabei obliegt es landesgesetzlicher Ausgestaltungsfreiheit, Ausnahmeregelungen auch typisierend vorzusehen. Dieser Gedanke liegt der niedersächsischen Regelung zugrunde, welche bestimmte privilegierte Städte als entsorgungspflichtige Körperschaften vorsieht. Andere Länder stellen die Rückübertragung der allgemeinen Entsorgungszuständigkeit in das Ermessen der grundsätzlich entsorgungspflichtigen Körperschaft9• In Nordrhein-Westfalen obliegt eine solche Rückübertragung dem Ermessen des zuständigen Ministers (§ 7 I LAbfG). Im Gegensatz dazu sehen die LAbfG von Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz die Möglichkeit einer Rückübertragung der Entsorgungspflicht nicht vor. Diese Regelungen sind deshalb verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt. Zum anderen muß der Landesgesetzgeber im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verbürgung gemeindlicher Selbstverwaltung berücksichtigen, daß sich das Aufgabenfeld technisch in verschiedene Materien gliedert. Dies gilt

6 Art. 8 I BayAbfAlG, § 7 I LAbfG BW, § 2 li NAbfG, § 6 LAbfG NRW, § 3 ill LAbfW AG RP, § 2 li SAbfG, § 2 I AG-AbfG SH; jeweils mit Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen. 7

BVerfGE 79, 127/153; eingehend zu dieser Entscheidung oben S. 87 ff.

8

So BVerfGE 79, 127/153 unten.

9

Art. 5 I BayAbfAIG, § 2 IV SAbfG, § 1 li AG-AbfG SH.

6. Zuständigkeitsentzug durch Landesrecht

149

zunächst für eine Differenzierung der Abfallarten nach ihrem Gefahrlichkeitsgrad. Insoweit kommen Rückübertragungen insbesondere für die Kompostierung pflanzlicher, eventuell auch nativ-organischer Abfälle sowie die Entsorgung von unbelasteten Bauschutt und gegebenenfalls von Erdaushub10 in Frage. Eine ensprechende unmittelbar gesetzliche Rückübertragung findet sich in § 10 I SAbfG. Das BayAbfAlG ordnet in Art. 5 I 2 die Rückübertragung der Kompostierung auf Antrag der Gemeinde als "Soll"-Vorschrift an. In den Ländern, die eine allgemeine Rückübertragung ermessensweise zulassen (Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein), wird insoweit der Gefährlichkeitsgrad ermessensleitende Wirkung entfalten. Andere Länder räumen eine spezielle Rückübertragung der Entsorgungszuständigkeit für diese Abfälle zumindest ermessensweise ein 11 • Allein das NAbfG schließt auch hier jede (über die genannten fünf Städte hinausgehende) Rückübertragung aus. Neben der Differenzierung nach dem Gefährlichkeitsgrad der Abfälle gliedert sich die Aufgabenerledigung auch zeitlich in die Phasen des Einsammelos, der Beförderung, des Behandelns/Lagerns und schließlich der Entsorgung (vgl. § 1 II AbfG). Insoweit waren oben die spezifischen Anforderungen der einzelnen Erledigungssysteme (Hol- und Bringsystem, Getrenntsammlung) erörtert und im Ergebnis eine möglichst ortsnahe Organisationszuständigkeit bevorzugt worden 12• So bestimmt § 5 II LAbfG NRW Einsammeln und Beförderung der Abfälle als gemeindliche Aufgabe. Ähnlich setzt die Satzungsermächtigung in § 10 II SAbfG die gemeindliche Zuständigkeit für Einsammeln und Beförderung voraus. In Bayern und Hessen ist die Übertragung dieser Aufgaben auf Antrag der Gemeinden als "Soll"-Vorschrift geregelt13• Ermessenweise erlauben Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein die Rückübertragung dieser Aufgaben 14• Lediglich Niedersachsen (mit Ausnahme der privilegierten Städte) und Rheinland-Pfalz schließen Abfallsammlung und -beförderung in gemeindlicher Verantwortung aus und

10 Zur strittigen Abfalleigenschaft von Erdaushub Schwerrner, in Kunig/SchwerrnerNerstey1, AbfG, § 1 Rn. 35 Stichwort Bauschutt m.w.N. 11 Ermessensregelung in§ 6 li LAbfG BW, § 1 V 1 HAbfAG; als "Soll"-Vorschrift sieht§ 3 li 2 LAbfW AG RP hier die Beauftragung der Gemeinden als Dritte i.S.v. § 3 li 2 AbfG vor.

12

Oben S. 45 f.

Art. 5 I 2 BayAbfAlG; § 1 li 5 HAbfAG bindet die Rückübertragung insoweit an Gemeinwohlverträglichkeit. 13

14 Spezialregelung in § 6 II AbfG BW; in SH unterfällt die Rückübertragung auch dieser Aufgaben der allgemeinen Regel in § 1 II AG-AbfG.

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

150

ermächtigen stattdessen die Kreise, im Wege der Verwaltungshilfe die Gemeinden in Anspruch zu nchmen 15 • Alle Landesgesetze treffen Regelungen zur Entsorgung widerrechtlich abgeJagter Abfalle ("wilder Müll"). Sofern ein Verhaltensverantwortlicher - wie dies regelmäßig der Fall sein wird - nicht in Anspruch genommen werden kann 16 und andererseits der Grundstückseigentümer deswegen nicht als Abfallbesitzer i.S.v. § 3 I AbfG überlassungspflichtig ist, weil ihm das abfallrechtlich erforderliche Mindestmaß an tatsächlicher Sachherrschaft fehlt17 , ordnen mit Ausnahme Baden-Württembergs alle Landesgesetze spezialgesetzlich eine subsidiäre öffentliche Einsammlungspflicht an. Ob hier die Kreise oder die Gemeinden verpflichtet sind, bemißt sich aus naheliegenden Gründen nach der landesrechtliehen Zuständigkeit für die Abfalleinsammlung. Deshalb sind in den Ländern Hessen, Nordrhein-Westfalen und Saarland die Gemeinden verpflichtet18 und in den anderen Ländern die entsorgungspflichtigen Gebietskörperschaften 19• Das LAbfG BW verzichtet auf eine spezielle Regelung; hier ist die nach § 6 li LAbfG für die Einsammlung zuständige Körperschaft verpflichtet. Zwar werden von der Entsorgungspflicht nur die satzungsgemäß "angefallenen" Abfälle erfaßt, so daß regelmäßig die vorbereitenden Handlungen (Auflesen, Bereitstellen) dann nicht zur Einsammlungspflicht gehören, wenn ein nach § 3 I AbfG überlassungspflichtiger Abfallbesitzer vorhanden ist20• Fehlt jedoch ein solcher, umfaßt das

u Dies folgt aus der allgemeinen Verpflichtung der Gemeinden zu Verwaltungshilfe nach § 2 I 3 NAbfG bzw. § 3 II I LAbfWAG RP. Zu Recht kritisiert Ullrich, dng 1990, 163!164 f, daß diese faktische Hochzonung verfassungsrechtlich nicht begrundbar ist, und daß das BVerfG (E 79, 127/161) die Konstruktion der Verwaltungshilfe nur zum Kosteneinzug aus Praktikabilitätsgrunden nicht beanstandete; vgl. § 8 ill AbfG BW. 16 Die meisten Landesgesetze enthalten insoweit eine spezielle Eingriffsermächtigung (Art.31 BayAbfAIG, § 21 LAbfG BW, § 21 NAbfG, § 121 I LAbfWAG RP, § 19 V SAbfG). Auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht verweisen implizit § 11 HAbfAG, § 5 I 2 2. HS LAbfG :NRW und § 3 a.E. AG-AbfG SH.

17 Abfallrechtlicher Besitz fehlt regelmäßig Grundstückseigentürnem, welche aufgrund allgemeiner Betretensrechte (§ 27 I BNatSchG und § 14 I BWaldG i.V.m. Landesgesetzen) ihre Grundstücke der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Zum abfallrechtlichen Besitzbegriff BVerwGE 67, 8/12 sowie BVerwG, U.v.19.1.1989-7 C 82.87=DÖV 1989, 9011902; dazu Schwermer, in Kunig/SchwermerNersteyl, AbfG, § 1 Rn. 9 f m.w.N.; s. auch Pflugradt, in Bim/Jung, Abfallbeseitigungsrecht, Bd. II, Teil 15 Kap. 12 S. 6 ff.

18 Grundsätzlich § 1 I 2 HAbfAG; allgemein § 5 I 2 i.V.m. II LAbfG NRW, § 10 I Nr. 3 SAbfG. 19

Art. 31 II BayAbfAIG, § 21 NAbfG, § 21 ill LAbfWAG RP, § 3 AG-AbfG SH.

20

BVerwGE 67, 8/11. Zum Begriff des Einsammeins s. Schwermer, in Kunig/Schwermer/

6. Zuständigkeitsentzug durch Landesrecht

151

Einsammeln auch das Auflesen wild abgelagerter Abfälle, wobei grundsätzlich die Ausschlußmöglichkeit nach § 3 III AbfG nicht zur Anwendung kommr1•

b) Besondere landesrechtliche Vorschriften zur Altlastensanierung Als gravierendes Problem haben sich in den letzten Jahren die sog. Altlasten herausgestellt. Darunter werden Altablagerungen und Altindustriestandorte verstanden, bei denen eine Beeinträchtigung des Allgemeinwohles i.S.v. § 2 I 2 AbfG zu besorgen ist (vgl. § 11 I 2 AbfG). Die meisten LAbfG enthalten entsprechende ausführliche Begriffsbestimmungen und knüpfen tatbestandlieh zumeist an das Inkrafttreten des AbfG am 11.6.1972 an22; BadenWürttemberg nimmt insoweit das Inkrafttreten des ersten LAbfG23 am 1.3.1972 in Bezug. Die erste Phase der Problemlösung betrifft Erfassen und Kartierung von verunreinigten Flächen. Insoweit enthalten alle neuen Abfallgesetze spezielle Vorschriften, die jedoch nur Duldungspflichten betroffener Grundstückseigentümer postulieren24• Darüber hinaus geht die hessische Regelung, nach der die "Erstuntersuchung" auf Kosten des potentiellen Sanierungsverantwortlichen i.S.v. § 21 I HAbfAG erfolgt. § 19 II NAbfG und § 29 IV LAbfG NRW verpflichten zudem die Eigentümer oder Nutzungsberechtigten von Grundstücken, ihnen bekannt gewordene Bodenverunreinigungen anzuzeigen. Nach Pflugradt ist diese erste Phase der Problemlösung in vielen Ländern inzwischen zum Abschluß gekommen25 • Erheblich größere Herausforderungen stellt die zweite Phase, nämlich die Sanierung der Altlastenflächen26. Hier ist sowohl die Zuständigkeit als auch

Versteyl, AbfG, § 1 Rn. 45. 11

Pflugradt, in Bim/Jung, Abfallbeseitigungsrecht, Bd. II, Teil 15 Kap. 12 S. 8.

Ausdrücklich Art. 22 I 1 BayAbfAlG (für Altentsorgungsanlagen), § 22 LAbfG BW, § 18 NAbfG, § 28 LAbfG NRW, § 16 SAbfG nimmt Bezug auf § 11 I 2 AbfG; in Hessen (§ 16 AbfAG) und SH (ohne spezielle Altlaslenregelung) gilt nur§ 11 I AbfG; ohne zeitliche Begrenzung jetzt § 25 I LAbfWAG RP. 11

13

LAbfG BW vom 21.12.1971 (GBl. 1972 S. 1).

Art. 28 II BayAbfAIG, § 23 I LAbfG BW, § 17 II I HAbfAG, § 20 NAbfAG, §§ 29 ff LAbfG NRW, § 26 LAbfWAG RP, § 16 SAbfG. 24

15

Pflugradt, in Bim/Jung, Abfallbeseitigungsrecht, Bd. II, Teil 15 Kap. 16 S. 7.

Die Schätzungen gehen auf etwa 50.000 konkret altlastenverdächtige Flächen in den alten Bundesländern und etwa 30.000 in den neuen; dazu und zur finanziellen Dimension Kunig, in ders./SchwermerNersteyl, AbfG, Anh. zu §§ 10, 10a Rn. 4 und Paßlick, DVB1. 1992, 674 ff 26

152

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

die Finanzierungslast problematisch, wobei zu bedenken ist, daß es sich bei den fraglichen Tatbeständen um abgeschlossene Sachverhalte handelt, so daß gegebenenfalls Vertrauenstatbeständen zugunsten der Verursacher bzw. der Grundstückseigentümer Rechnung zu tragen ist27• Vor dem Hintergrund der außerordentlichen finanziellen Tragweite dieses Problems kommt fiir die vorliegende Untersuchung vor allem ein mögliches Eintreten der Gemeinden ftir die Sanierung erhebliche Bedeutung zu. Soweit weder das Wasserrecht noch das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht eine Inanspruchnahme der Verursacher bzw. der Grundstückseigentümer zulassen oder deren Inanspruchnahme aus tatsächlichen Gründen scheitert, obliegt die Sanierung zunächst den Gemeinden. Dazu kommt, daß nach polizeirechtlichen Grundsätzen nur Maßnahmen der Gefahrenabwehr den Polizeipflichtigen auferlegt werden können, so daß insoweit weder Vorsorge-, noch Rekultivierungsmaßnahmen von diesen verlangt werden können. Dementsprechend definiert § 25 I LAbfG BW (ähnlich § 24 LAbfW AG RP) Sanierung als Wiederherstellung eines dem Wohl der Allgemeinheit (§ 2 I 1 AbfG) entsprechenden Zustandes. Hier zeigt sich, daß eine Ermächtigung zum Erlaß bloßer Sanierungsanordnungen gegen Polizeipflichtige wie etwa in § 25 II LAbfG BW oder § 28 I LAbfWAG RP nicht über das hinausgeht, was nach allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht ohnehin gefordert werden könnte28 • Weiter gehen allerdings die neuen Regelungen in Bayern und Hessen. Nach Art. 22 I 1 BayAbfAlG haben Betreiber einer Altentsorgungsanlage das Grundstück auf ihre Kosten zu rekultivieren; nach § 20 I 3 HAbfAG obliegen dem Sanierungsverantwortlichen (§ 21 I HAbfAG) sowohl Maßnahmen zur Verhütung, Verminderung oder Beseitigung von Beeinträchtigungen des Allgemeinwohls durch die Altlast als auch Rekulti vierungsmaßnahmen29 •

m.w.N. 27 Zur rechtlichen Bewältigung des Altlastenproblems Papier, Altlasten, S. 3 ff sowie die neueren Dissertationen von Nauschütt, Altlasten, S. 79 ff, 117 ff; Herrmann, flächensanierung, S. 34 ff, 64 ff und Mosler, Öffentlich·rechtliche Probleme bei der Sanierung von Altlasten, S. 10 ff, 61 ff; jeweils m.w.N. auf die umfangreiche Rechtsprechung und Literatur. Speziell zu kommunalen Haftung Schmidt·Jortzig, DÖV 1991, 753 ff. 28

Deshalb kritisch zu dieser Vorschrift Schlabach, VBIBW 1990, 273/278 Fn. 87.

29 Kritisch zur rechtsstaatliehen Zulässigkeil dieser Regelung als echte Rückwirlmng Knopp,

DÖV 1990, 683/687 f. Als Sanierungsverantwortliche werden in § 21 I HAbfAG spe:rialgesetzlich Polizeipflichtige bestimmt, wobei Abs. n eine Salvatorische Vertrauensschutzklausel enthält. § 21 I 3 u. 4 enthält zudem eine dem Verursacherprinzip Rechnung tragende Regelung des Lastenausgleichs unter mehreren Verantwortlichen; allg. Kloepfer{Thull, DVBl. 1989, 1121 ff.

6. Zuständigkeitsentzug durch Landesrecht

153

Sofern also weder die ehemaligen Anlagenbetreiber noch die Grundstückseigentümer nach dem eben Gesagten in Anspruch genommen werden können, müssen die Gemeinden zunächst einmal selbst die Sanierung tragen - d.h. vor allem finanzieren. Da dies jedoch deren Verwaltungskraft häufig völlig übersteigen würde, haben verschiedene Länder die subsidiäre Sanierungszuständigkeit "hochgezont". So sind nach Art. 22 I 4 BayAbfAIG und § 31 LAbfWAG RP die Kreise in die Pflicht genommen, während in Hessen nach § 22 I HAbfAG eine Altlastensanierungsgesellschaft30 subsidiär Sanierungsaufgaben übernimmt. In Nordrhein-Westfalen übernimmt dies gemäß § 2 II 2 des Gesetzes über die Gründung des Abfallentsorgungs- und Altlastensanierungsverbandes NRW dieser Verband, der sich aus den oben erwähnten Lizenzaufkommen31 finanziert. Neben diesen Regelungen der Sanierungsverantwortung haben einige Länder besondere Programme zur Finanzierung der Altlastensanierung aufgelegt32. Die einzelnen Konzepte tragen den landestypischen Rahmenbedingungen Rechnung und unterscheiden sich erheblich. Während in NordrheinWestfalen - wie auch auf Bundesebene - Versuche gescheitert sind33, kooperative Lösungen mit den betroffenen Wirtschaftszweigen zu finden und deshalb das bereits erwähnte Lizenz(entgelt)modell auf der Grundlage des Gruppenlastprinzips vom Gesetzgeber oktroyiert wurde, ist man in Rheinland-Pfalz zu einer freiwilligen Vereinbarung mit Wirtschaftverbänden gekommen, welche verschiedentlich als markante Umsetzung des umweltpolitischen Kooperationsprinzips hervorgehoben wird34. Nach der Konzeption des Modells werden die Sanierungskosten nicht durch Beiträge rechtlich Verantwortlicher, sondern von Land und der Gesellschaft zur Beseitigung von SonderahfeHlen (GBS) je zur Hälfte getragen. Das Stammkapital dieser Gesellschaft halten zu je einem Drittel das Land, die kommunalen Spitzenverbände sowie Wirtschaftsverbände (IHK Ludwigshafen und verschiedene

30 Bestimmt durch Verordnung vom 30.10.1989 (GVBI. I S. 436) aufgrund § 22 ll HAbfAG wurde die Hessische Industriemüll GmbH, die auch für Sonderabfallentsorgung zuständig ist. 31

S. oben S. 128.

32

Überblick zu den Finanzierungsformen bei Hösel/von Lersner, AbfG, § 10 Abs. 3, Rn. 41.

Matthiesen, NWVBL 1987, 74n5; darauf nimmt Bezug Papier, (u.a. in) Jura 1989, 505/512. 33

34 Breuer, NVwZ 1987, 757; Papier, aaO.; Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 247, qualifiziert dies gar als "markantestes Vertragswerk zum Umweltschutz"; s. auch Pflugradt, in Bim/Jung, Abfallbeseitigungsrecht, Bd. ll, Teil 15 Kap. 16 S. 7 f.

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

154

Unternehmerverbände)35• Allerdings gilt das Altlastenpotential in Rheinland-Pfalz im Vergleich zu größeren Bundesländern mit traditionellen Industriestandorten als relativ überschaubar36, was kooperative Lösungen zweifellos viel einfacher als etwa in Nordrhein-Westfalen oder auf Bundesebene erreichen läßt. Auch in Hessen ist hinsichtlich der Finanzierung der Altlastensanierungsgesellschaft eine freiwillige Vereinbarung mit den kommunalen Spitzenverbänden und Verbänden der Wirtschaft am 13.11.1989 getroffen worden37• Für die Sanierung kommunal verursachter Altlasten hat Hessen darüber hinaus zwei Sonderregelungen getroffen. Zum einen hat das Land einen Fonds eingerichtet (§ 23 HAbfAG), der sich aus einer Umlage finanziert, welche nach § 23 I 1 i.V.m. § 1 li 1 von den Kreisen erhoben wird. Die Mittelvergabe erfolgt unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit und unter Anrechnung eines Eigenanteils von 10-30 % (§ 23 li S. 3 u. 4) an die kommunalen Sanierungsverantwortlichen. Zum anderen können die entsorgungspflichtigen Kreise nach § 2 li i.V.m. § 23 III 5 HAbfAG praktisch sämtliche Aufwendungen für die Altlastensanierung - d.h. auch ihren Eigenanteil und die Umlagebeiträge sowie über die Verweisung in § 2 li 1 auch die Aufwendungen für Überwachung und Untersuchung altlastenverdächtiger Allehen - als Kosten i.S.d. § 10 II HessKAG über die Benutzungsgebühren öffentlichen Abfallentsorgungseinrichtung abwälzen 38 ; dies jedenfalls in den Erforderlichkeitsgrenzen der§§ 19 und 20 HAbfAG. Ebenso können in Baden-Württemberg kommunale Sanierungsmaßnahmen durch einen Altlastenfonds Unterstützung finden, welcher aus Beiträgen des Landes und der Kommunen gespeist wird39 • In Bayern besteht neben der erwähnten allgemeinen Finanzierungshilfe nach Art. 23 BayAbfAIG kein besonderes Finanzierungsprogramm, allerdings übernimmt die Gesellschaft für Sonderabfallentsorgung Bayerns (GSB) auch Sanierungsarbeiten.

35

HöseVvon Lersner, AbfG, § 3 Abs. 4, Rn. 42.

36

Papier, Jura 1989, 505/512.

Abgedruckt bei Bickel, Kommentar zu HAbfAG, S. 202 ff; s. auch Hösel/von Lersner, aaO., § 10 Abs. 3 Rn. 41. 37

38 Diese Regelung ist im Hinblick auf den problematischen Gegenleistungscharakter dieses Entgelts kompetenzrechtlichen Bedenken ausgesetzt; so Böhm, NVwZ 1990, 340/432. Zur umweltschutzorientienen Gestaltung der Gebühren unten S. 254 ff. 39 Zu den Besonderheiten des Baden-Wüntembergischen Altlastenrechts H.-J. Peters, VBIBW 1991, 49 ff.

6. Zuständigkeitsentzug durch Landesrecht

ISS

c) Landesrechtliche Sicherung ordnungsgemäßer Aufgabenerfüllung Soweit einzelne Gemeinden nach dem Vorstehenden entweder allgemein oder für bestimmte Teilaufgaben entsorgungszuständig sind, unterliegt die Aufgabenerfüllung neben den bundesrechtlichen Vorgaben den Vorschriften der Landesabfallgesetze. Viele dieser Regelungen wurden aus der Natur der Sache in allen Ländern im wesentlichen ähnlich getroffen; dies betrifft vor allem Vorschriften zum Verfahren, zu Veränderungssperren und Enteignungen, Satzungs- und Eingriffsermächtigungen und Ordnungswidrigkeitstatbestände. Weiterhin haben alle Länder die behördlichen Zuständigkeiten normiert40. In Einzelfragen sind aber durchaus landesrechtliche Akzente zu erkennen. Bis auf das bereits 1973 erlassene AG-AbfG SH enthalten alle LAbfG eine spezialgesetzliche Ermächtigung der im Einzelfall zuständigen Körperschaft, die Art und Weise der Abfallüberlassung auf dem Satzungswege zu regeln41 . Verschiedene Bundesländer haben hierzu empfehlende Mustersatzungen vorgelegt, die alle relevanten abfall-, gebühren- und organisationsrechtlichen Fragen behandeln und Regelungsvorschläge enthalten42. Diesen Satzungen kommt vor allem deshalb erhebliche Bedeutung zu, weil nur die satzungsgemäß bereitgestellten Abfälle als "angefallen" i.S.v. § 3 II 1 AbfG gelten43 . Damit können die entsorgungspflichtigen Körperschaften insbesondere Trennungsverpflichtungen - eine unerläßliche Voraussetzung effektiver Abfallverwertung - für bestimmte Abfallstoffe vorschreiben. Ausdrückliche Ermächtigungen, verwertungsförderliche Getrennthaltungspflichten auf dem Satzungsweg einzuführen, enthalten § 3 S. 3 NAbfG und § 5 I Nr. 2 LAbfWAG RP zugunsten der entsorgungspflichtigen Körperschaften sowie § 2 II LAbfG NRW zugunsten der dort für die Abfallsammlung regelmäßig zuständigen Gemeinden. Eine gesetzesunmittelbare Trennungspflicht für gefährliche und für nach § 3 III AbfG ausgeschlossene Abfälle ordnen Art. 3 III BayAbfAlG und § 9 I LAbfWAG RP an; § 2 III i.V.m. § 28 II Nr. 1

40

ff.

Tabellarische Synopse bei Bim/Jung, Abfallbeseitigungsrecht, Bd. II, Teil lS Kap. 14 S. 4

41 Art. 7 BayAbfAIG, mit einer ausdrücklichen Ermächtigung zur Einführung von Bringsystemen (Abs. I S. 4); § 8 I LAbfG BW; § 2 I 1 HAbfAG; § 3 NAbfG; § 9 I LAbfG NRW; §SI LAbfW AG RP; § 3 I SAbfG.

42

Dazu Pflugradt, in Bim/Jung, aaO., Teil 1S Kap. 12 S. 6.

Ausdrücklich § 8 I 2 LAbfG BW, § 3 I 1 SAbfG. Dazu Pflugradt, aaO.; m den satzungsrechtlichen Konkretisierungsmöglichkeiten mit einzelnen Beispielen und weiteren Nachweisen s. Kunig, in Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 3 Rn. 17. 43

156

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

LAbfG BW ermächtigt den zuständigen Minister, durch Rechtsverordnung das Getrennthalten bestimmter Abfälle zur Erleichterung der Verwertung auch allgemein anzuordnen. Einen wichtigen Gegenstand der kommunalen Satzungen bildet die Festlegung der Entsorgungsgebühren. Die Frage, inwieweit das allgemeine Kommunalabgabenrecht erlaubt, Vermeidungsanreize durch eine entsprechende Gestaltung der Gebührenstruktur auszulösen, wird vorliegend unten im III. Teil (7. c) untersucht. Einige der modernen LAbfG enthalten hierzu Spezialermächtigungen. So lassen Art. 7 V 1 Nr. 6 BayAbfAlG und § 5 II Nr. 2 LAbfW AG RP progressiv gestaffelte Gebühren "im Rahmen des Äquivalenzund des Kostendeckungsprinzips" zu. Darüber hinaus geht § 3 III 2 SAbfAG, wonach allgemein eine Pflicht zu anreizwirksamer Bemessung und Staffelung der Gebühren besteht. Das LAbfG BW erlaubt in § 2 I 2 allgemein eine anreizwirksame Gebührenausgestaltung und sieht in § 8 II Nr. 2 specialiter umfangreiche Kostenintemalisierungen vor. Eine ähnliche Regelung enthält jetzt§ 3 a NAbfG. Danach können die Kosten der Beratung und Aufklärung über Abfallvermeidung und -verwertung44, direkte Nachsorgekosten sowie eine Rücklagenbildung für spätere Nachsorge und schließlich Menge oder Gewicht des Abfalls Eingang in die Gebührenbemessung finden. Neben diesen Ermächtigungen der entsorgungspflichtigen Körperschaften enthalten die Landesgesetze verschiedene Konkretisierungen des abfallrechtlichen Instrumentariums, indem sie z.B. - das Genehmigungsverfahren nach § 7 II AbfG ausgestalten45 , - Bauüberwachung und Bauabnahme vorsehen46, - besondere ordnungspolizeiliche Pflichten der Anlagenbetreiber aufstellen47,

44

Dies ist auch nach § 5 II Nr. 3 LAbfWAG RP möglich.

Art. 14 ff BayAbfAlG, § 12 LAbfG BW, § 7 HAbfAG, § 21 LAbfG NRW, § 15 LAbfWAG RP, § 17 SAbfG. 45

46 Art. 18 BayAbfAlG, § 15 LAbfG BW, § 14 HAbfAG, § 24 LAbfG NRW, § 16 LAbfWAG RP, § 20 SAbfG.

47 Etwa zur Sachkunde und Zuverlässigkeit des Personals (§ 16 I LAbfG BW, § 5 V HAbfAG, § 17 I NAbfG, § 26 LAbfG NRW, § 17 I 1 LAbfWAG RP, § 15 SAbfG); Errichtung und Betrieb von Entsorgungsanlagen nach dem Stand der Technik (Art. 3 V Bay AbfAlG, § 14 I LAbfG BW, § 5 I 1 HAbfAG); zur Mitbenutzungsduldung gegen Entgelt nach § 3 V AbfG (§ 5 II HAbfAG, § 23 SAbfG).

6.

Zuständ~gkeitsentzug

durch Landesrecht

157

- konkrete Regelungen zur Eigenüberwachung treffen48 , - die Entsorgung von Abfällen, die in das Gebiet eines verbindlichen Abfallentsorgungsplanes eingeführt werden sollen, genehmigungspflichtig machen49, - ergänzend zu §§ 8-10 AbfG nachträgliche Entscheidungen, befristete Betriebsuntersagungen sowie Beseitigungs- und Stillegungsverfügungen zulassen50• Diese Regelungen engen jedoch nicht spezifisch die Handlungsspielräume kommunaler Aufgabenträger ein, sondern treffen jeden Betreiber einer Abfallentsorgungsanlage. Andere landesrechtliche Vorschriften richten sich jedoch speziell an die entsorgungspflichtigen Körperschaften und betreffen gemeindliche Handlungsspielräume insoweit, als die Gemeinden nach dem vorstehend unter a) Ausgeführten ausnahmsweise zuständig sind. So verpflichten die meisten Landesgesetze die entsorgungspflichtigen Körperschaften zu einer institutionellen Beratung der Abfallbesitzer bzw. -erzeuger mit dem Ziel, Vermeidungs- und Verwertungspotentiale auszuschöpfen51 • Verschiedene Länder schreiben den entsorgungspflichtigen Körperschaften eine jährliche Abfallbilanzierung vor, wobei sich die Baden-Württembergische Regelung zum einen durch ihre Publizitätspflicht und zum anderen dadurch auszeichnet, daß die Nicht-Verwertung von Abfallen in der Abfallbilanz gesondert zu begründen ist52• Zum Teil wird von den entsorgungspflichtigen Körperschaften ein Abfallwirtschaftskonzept bzw. -programm verlangt53, wobei Art. 13 BayAbfAlG einen sehr weitgehenden Entsor48 Insoweit sind die Regelungen des § 16 ill LAbfG BW, § 6 II HAbfAG und § 17 II NAbfG hervorzuheben, nach denen durch eine Rechtsverordnungsermächtigung (BW, Hessen) bzw. unmittelbar durch Verwaltungsakt (Nds) die Hinzuziehung externer Sachverständiger auf Kosten des Belreibers angeordnet werden kann. Nach § 17 I 2 LAbfWAG RP hat der Betreiber einer Abfallentsorgungsanlage Vorkehrungen für einen effektiven Verwenungsvorrang zu treffen.

49 Allgemeine Regelung An. 11 II BayAbfAlG; speziell § 8 V HAbfAG, § 12 NAbfG, § 19 LAbfG NRW, § 12 LAbfWAG RP, § 13 ill 2 SAbfG.

so Ggfls. gegen Entschädigung; § 19 ff BayAbfAIG, §§ 17 f LAbfG BW, § 13 HAbfAG, § 18 LAbfWAG RP, § 18 f SAbfG. 51 Art. 3 IV BayAbfAIG, § 2 II LAbfG BW, § 3 II HAbfAG, § 2 b NAbfG, § 4 II LAbfWAG RP. Nach § 2 I LAbfG NRW kann diese Pflicht auf die Gemeinden übertragen werden. Gemäß § 12 SAbfG i.V.m. Saarl. Abfallberater/innenVO v. 28.11.1988 haben sowohl der Entsorgungsverband als auch die Kommunen Abfallberater zu bestellen.

52 § 3 II LAbfG BW. Eine Verpflichtung zu Abfallbilanzen enthalten Art. 12 BayAbfAlG, § 3 I HAbfAG, § I c NAbfG, § 6 LAbfW AG RP. 53

§ 3 I LAbfG BW, § 10 I NAbfG, § 5 ill LAbfG NRW, § 7 LAbfWAG RP.

158

ll. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

gungsvorsorgenachweis vorschreibt. Das BayAbfAlG enthält darüber hinaus in Art. 23 eine besondere Regelung über die Gewährung staatlicher Finanzierungshilfen zur Erfüllung der abfallrechtlichen Aufgaben. d) Abfallwirtschaftliche Pflichten

Mit Ausnahme des AG-AbfG SH von 1973 enthalten alle LAbfG nunmehr besondere abfallwirtschaftliche Zielbestimmungen, die jedoch sowohl in ihrer Reichweite als auch in ihrem Verbindlichkeitsgrad sehr unterschiedlich ausgestaltet sind. Vor dem Hintergrund der hier formulierten Kriterien rationaler Problembewältigung54 treffen Art. 1 und 2 BayAbfAlG, §§ 1, 1 b NAbfG sowie §§ 1, 2 LAbfWAG RP die weitestgehende Regelung. Im Grundsatz ordnen sie einen Vorrang der Abfallvermeidung und Schadstoffminimierung an und geben der stofflichen Verwertung den Vorzug. Raum bleibt für Abweichungen, soweit die Verfolgung der normierten Zielhierarchie zu kontraproduktiven Beeinträchtigungen des Allgemeinwohles (§ 2 I 2 AbfG) führen würde. Dabei wird die gesamte öffentliche Hand gesetzesunmittelbar zu einer "vorbildhaften" Verwirklichung dieser Ziele verpflichtet. Als "Soll"-Vorschrift wird zudem auch jeder einzelne hierzu aufgerufen. Da diese Zielbestimmungen weiter gehen als §§ la und 3 II 3 AbfG, erlangen sie gemäß Art. 31 GG nur für die Regelungsmaterien Geltungskraft, die durch das AbfG nicht abschließend normiert sind55 • Der allgemeine Vermeidungsvorrang gilt nicht für Tatbestände gewerblicher Tätigkeit, da insoweit § 1 a AbfG i.V.m. der Rechtsverordnungsermächtigung nach § 14 AbfG landesrechtliche Regelungen ausschließt. Dagegen darf nach der hier vertretenen Auffassung der Landesgesetzgeber eine allgemeine Vorrangregelung einer der Verwertungsarten treffen. Mit den erwähnten Einschränkungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Betreibung öffentlicher Daseinsvorsorge bindet die Zielhierarchie der Art. 1 I BayAbfAlG, § 1 I NAbfG bzw. § 1 I LAbfWAG RP die Handlungsspielräume der betreffenden Kommunen. Auch das Baden-Württembergische LAbfG normiert in § 1 I 1 als "Soll"Vorschrift eine an jeden gerichtete grundsätzliche Zielhierarchie unter Bevorzugung stofflicher Verwertung. Diese Vorschrift trägt Art. 31 GG dadurch deklaratorisch Rechnung, daß in Abs. III eine salvatorische Klausel eingefügt

54

Oben S. 39 ff.

ss Zu den Zielbestimmungen des AbfG und den verbleibenden landesrechtliehen Gestaltungs-

räumen s. oben S. 129 ff, Zusammenfassung S. 145 f.

6. Zuständigkeitsentzug durch Landesrecht

159

wurde, nach der die Vorschriften des Landesgesetzes dann nicht gelten, wenn eine abschließende bundesrechtliche Regelung vorhanden ist. Die Abfallgesetze der anderen Länder beschränken sich im Ergebnis auf eine Wiederholung der bundesrechtlichen Vorrangregelungen und nutzen die aufgezeigten Spielräume nicht aus. So nimmt § 1 LAbfG NRW die einschlägigen Vorschriften des AbfG in Bezug. Die saarländische Regelung geht zwar insoweit darüber hinaus, als daß nach § 1 II SAbfG die Entsorgungspflichtigen auch verpflichtet sind, auf Vermeidung hinzuwirken, gleichzeitig jedoch bestimmt Abs. I, daß Abfallvermeidung und -verwertung (nur) nach Maßgabe des AbfG zu erfolgen hat. Ähnliches gilt nach § 1 II 1 HAbfAG für Hessen; diese Vorschrift schreibt zudem nur eine Verwertungpflicht vor. Einige Detailregelungen betreffen spezifische Landesprobleme. So reagiert § 3 a HAbfAG auf die prekäre hessische Deponiesituation56 und ordnet zwecks Schonung der Siedlungsmülldeponien für unbelasteten Erdaushub und Bauschutt eine Zwischenlagerung an. Für Nordrhein-Westfalen findet sich eine bemerkenswerte Akzentuierung der thermischen Verwertung in § 5 lli 2-5 LAbfG. Nach dieser Vorschrift sollen die von den Kreisen zu erstellenden Abiallwirtschaftskonzepte neben Vermeidungsmaßnahmen auch "bestehende und künftige Möglichkeiten der Nutzung von Energie und Abwärme" enthalten. Der Landesgesetzgeber trifft damit keine unmittelbare Vorrangregelung, sondern überläßt dies den in Nordrhein-Westfalen grundsätzlich entsorgungspflichtigen Kreisen (§ 5 I 1 und § 7 LAbfG), gleichwohl wird die Berücksichtigungspflicht der energetischen Verwertung in den (pflichtigen) Abfallwirtschaftskonzepten die umweltpolitische Argumentationslast umkehren und de facto einen erheblichen Druck auf entgegenstehende Vorstellungen ausüben. Dies führt zwar umweltpolitisch zu suboptimalen Lösungen, ist aber nach der hier vertretenen Ansicht zu der bundesrechtlichen Regelung der Verwertungsarten zulässig. Neben der Formulierung und Verfolgung abfallwirtschaftlicher Ziele hat die umweltpolitische Diskussion um die Vorbildwirkung und Vorreiterrolle staatlicher Akteure57 Eingang in einige der neuen LAbfG gefunden. So hat die öffentliche Hand nach Art. 2 I BayAbfAIG, § 1 b I NAbfG bzw. § 2 I LAbtW AG RP, wie erwähnt, allgemein "vorbildhaft" dazu beizutragen, daß die abfallwirtschaftlichen Ziele des Gesetzes erreicht werden. Dabei kommt 56 Zur Entstehungsgeschichte Pflugradt, in Bim/Jung, Abfallbeseitigungsrecht, Bd. ill, .Teil 18 Kap. 4 und Böhm, NVwZ 1990, 340 f. 57

E. Müller, in Zimmermann/Hucke, Umweltschutz, S. 239 ff; Wollmann, ebenda, S. 18 f.

160

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

insbesondere dem öffentlichen Beschaffungswesen eine hervorgehobene Bedeutung zu, und zwar nicht nur im Hinblick auf eine direkte Entlastung der Umwelt durch die Beschaffung umweltverträglicher Güter, sondern - umweltpolitisch noch bedeutsamer - als Innovationsanstoß und Erleichterung der Markteinführung entsprechender Produkte58 • Hier haben Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz sehr weitgehende und detaillierte spczialgesetzliche59 Regelungen getroffen, in deren Ergebnis alle öffentlichen Stellen des Landes verpflichtet sind, abfallwirtschaftlich vorzugswürdige Produkte zu beschaffen, sofern sie zweckgeeignet und die Mehrkosten nicht unzumutbar sind60• Ähnlich macht § 3 III HAbfAG bei Beschaffung von Gebrauchsgütern sowie bei der Durchführung von Baumaßnahmen die Verwendung von Recyclingprodukten "nach Möglichkeit" zur Pflicht. In Nordrhein-Westfalen gilt eine ähnliche "Soll"-Vorschrift (§ 3 LAbfG). Bemerkenswert sind auch die Regelungen zur Einflußnahme der öffentlichen Hand auf privatrechtliche Gesellschaften, an denen öffentliche Beteiligungen bestehen. So dehnt § 3 III HAbfAG gesetzesunmittelbar die Beschaffungsvorschrift auf solche Kapitalgesellschaften aus, die sich ganz oder mehrheitlich in Landes- oder Kommunaleigentum befinden. Art. 2 III BayAbfAlG, § 5 S. 2 LAbfG BW, § 1 b III NAbfG und§ 2 III LAbfWAG RP normieren eine entsprechende Einwirkungspflicht auf alle privatrechtliehen Gesellschaften mit öffentlicher Beteiligung.

7. Abfallwirtschaftliche Gestaltungsmöglichkeiten der nichtentsorgungspflichtigen Gemeinden • ein Fazit Soweit die Gemeinden im Ausnahmefall entsorgungspflichtig sind, obliegen ihnen die abfallwirtschaftspolitischen Entscheidungen im bundesrechtlich 1 und landesrechtlich2 vorgegebenen Rahmen. Aus der Sicht gemeindlicher Handlungsspielräume ist dann zu fragen, ob mit der allgemeinen Hochzonung der Entsorgungszuständigkeit den nicht entsorgungspflichtigen Ge-

58

E. Müller, aaO., S. 249.

59

Zur Frage, inwieweit auch nach allgemeinen Vorschriften eine entsprechende Beschaffungspolitik zulässig ist, s. unten S. 197 ff. 60

Art. 2 II Nr. BayAbfAIG, § 5 S. 1 LAbfG BW, § 1 b II NAbfG, § 2 II LAbfWAG RP.

1

Zusammenfassung oben S. 145 f.

2

S. oben S. 158 ff.

7. Abfallwinschaftliche Gestaltungsmöglichkeiten...

161

meinden jede abfallwirtschaftliche Gestaltungsmöglichkeit entzogen ist. Diese Frage ist für die Abfallvermeidungspolitik zu verneinen, für das Verhältnis der Verwertungsarten jedoch zu bejahen: Da Abfall im örtlichen Bereich anfiUlt und dort auch auf sein Entstehen Einfluß genommen werden kann, handelt es sich bei der Abfallvermeidung nicht um eine in ihrer Natur überörtliche Aufgabe. Als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft unterfällt Abfallvermeidung daher eigenverantwortlicher gemeindlicher Allzuständigkeit, solange die Erledigungszuständigkeit durch Bundes- oder Landesrecht nicht entzogen wird. Alle Landesabfallgesetze haben nunmehr die Entsorgungszuständigkeit grundsätzlich auf die Kreisebene bzw. im Saarland auf einen Zweckverband übertragen3• Entsorgung umfaßt nach der Legaldefinition in § 1 II AbfG aber die Vermeidung von AbfiUlen gerade nicht. Dieses Begriffsverständnis liegt zudem sowohl dem Titel des Gesetzes als auch der Systematik in § 1 a AbfG zugrunde. Keines der Landesgesetze weicht von diesem Begriffsverständnis ab. Wie gezeigt4, bildet Abfallvermeidung auch keine Annexmaterie zur Abfallentsorgung. Auch die speziellen landesrechtliehen Abfallvermeidungspflichten, die sich an die entsorgungspflichtigen Körperschaften richten5, wollen ausweislich ihres Wortlautes nicht die Zuständigkeit ausdehnen, sondern lediglich deren Aufgabenerledigung steuern. Deshalb berechtigt Art. 28 II GG die Gemeinden nach wie vor zu einer aktiven Vermeidungspolitik für solche Tatbestände, die nicht als Recht der Wirtschaft durch § 1 a I i.V.m. § 14 AbfG abschließend bundesrechtlicher Verordnungsregelung unterfallen. In Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz besteht insoweit für die Gemeinden wie für alle öffentlichen Stellen des Landes ohnehin gesetzlich ein allgemeiner, verbindlicher Vermeidungsvorrang. Anders hingegen ist die Zulässigkelt gemeindlicher Regelungen der Verwertungsarten zu bewerten. Da Abfallverwertung begrifflich der Entsorgung unterfällt, sind die Gemeinden mit der Iandesrechtlichen Aufgabenübertragung auf die Kreise von eigenständigen Regelungen ausgeschlossen. Ausgenommen sind hier lediglich gemeindliche Vorschriften zum Getrennthalten von Abfallstoffen in denjenigen Ländern, die eine Rückübertragung der Sammlungs- und Transportzuständigkeit zulassen bzw. anordnen. Im übrigen sind die Gemeinden an die Verwertungsentscheidungen der Kreise gebunden.

3

S. oben S. 147 ff.

4

Oben S. 130.

s § 4 I LAbiWAG RP, 11 Haaß

§ 1 II SAbfG.

162

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden

Hier hatten Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz der stofflichen Verwertung jedoch grundsätzlich Vorrang eingeräumt. Ebenso sind aber die nordrhein-westfälischen Gemeinden an die erwähnte, tendenziell gegenläufige Regelung nach § 5 III 2 LAbfG NRW gebunden, welche die thermische Verwertung in den Abfallwirtschaftskonzepten der Kreise akzentuiert. Zwar ergehen diese Konzepte als Satzung und können die kreisangehörigen Gemeinden zu bestimmten Maßnahmen verpflichten (§ 5 III 3 LAbfG NRW), da sich aber die grundsätzliche Übertragung der Entsorgungszuständigkeit als zulässig erwiesen hatte, verletzen auch diese Maßnahmen nicht das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht

lll. Teil

Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik Handlungsspielräume waren hier definiert worden als die Summe der Handlungsalternativen, die einem politischen Akteur zur Verfügung stehen 1• Auch soweit die Gemeinden nach dem im II. Teil Ausgeführten zur Aufgabenerledigung zuständig sind, werden ihre Handlungsmöglichkeiten durch die Gesetzesunterworfenheil begrenzt. Systematisieren lassen sich die rechtlichen Bindungen eigenständiger gemeindliche Umweltpolitik anband der den Gemeinden zur Verfügung stehenden umweltpolitischen Instrumente. In den verfügbaren Instrumenten konkretisieren sich die einem politischen Akteur gegebenen Handlungsspielräume. Begrifflich sind damit diejenigen Mittel gemeint, mit denen ein staatlicher Akteur politische Zielvorstellungen definieren und durchsetzen kann2• Die verschiedenen Instrumente lassen sich je nach Erkenntnisinteresse unterschiedlich klassifizieren. So wird u.a. nach dem Steuerungsmedium (Befehl, Tausch, Leistung, Planung, Überzeugung/Information) oder nach der Steuerungswirkung (direkt/indirekt, "hart/weich") differenziert. Weite Verbreitung hat eine Unterscheidung zwischen regulativer Politik, Anreizprogrammen, öffentlicher Leistungserstellung und Überzeugungsprogrammen gefunden3• Für eine rechtliche Untersuchung gebietet sich naturgemäß eine Systematisierung entsprechend der Regelungsmaterien, welche mit den eben genannten Kategorien weder trennscharf noch deckungsgleich übereinstimmen. Ausgangspunkt der Untersuchung soll die Verankerung des Umweltschutzes innerhalb der gemeindlichen Verwaltungsorganisation sein, da insoweit beste-

1

S. oben S. 19.

Zur Definition und - idealtypischen - Differenzierung der Instrumente Mayntz, in dies., hnplementation politischer Programme, S. 22 ff; Wicke, Umweltökonomie, S. 89; Hartkopf/Bohne, Umweltpolitik, S. 172 ff; aus neuerer Zeit Knüppel, Umweltpolitische Instrumente, S. 32 ff. In den implementationstheoretischen Untersuchungen werden die verhaltenssteuemden, also intervenierenden Instrumente akzentuiert. Handlungsspielräume umfassen jedoch auch verwal· tungsinteme Instrumente etwa zur Zieldefinition oder internen Planung. 2

3

So Pehle, APuZ B 6/1990, 24/30; s. neben den in der Vorfußnote Genannten auch WindWirksamkeitsbedingungen politischer Instrumente, S. 89.

hoff-H~ritier,

ill. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

164

hende Entscheidungsalternativen erheblichen Einfluß auf die Durchsetzungsfähigkeit umweltpolitischer Ziele sowohl in der politischen Willensbildung im Rat4 als auch innerhalb der Gemeindeverwaltung entfalten. Als formalisiertes Instrument der Zielkonkretisierung werden sodann intern und extern wirkende gemeindliche Planungen untersucht. Auf der Ebene der Zielverwirklichung soll entsprechend der Eingriffsintensität sowie der Steuerungsmedien systematisiert werden: Gebots- und Verbotsvorschriften gelten als "harte" Instrumente direkter Verhaltenssteuerung. Des Mediums Tausch bedient sich eine umweltschutzorientierte Beschaffungspolitik der Gemeinden. Als "weiches" Instrument gelten Überzeugungsprogramme, die vermittels Informationstransfer ein umweltbewußtes Verhalten der Adressaten auslösen bzw. verstärken wollen. Wegen der besonderen rechtlichen Voraussetzungen sollen die Möglichkeiten der Gemeinden, durch finanzielle Anreize umweltpolitische Zielvorstellungen zu verwirklichen, abschließend gesondert untersucht werden und zwar differenziert nach positiven Anreizen (Subventionen) und negativen Anreizen (Abgaben). Eine effektive Zielverfolgung läßt sich nicht isoliert mit nur einem dieser Instrumente realisieren. Wie gezeigt, werden selbst die sog. "harten" Verbotsvorschriften weniger aufgrund des ihnen eigenen Zwangspotentials als vielmehr qua Einsicht befolgt, so daß zu ihrer Effektuierung Persuasivprogramme erforderlich sein können. Andererseits entfalten reine Überzeugungsprogramme zumeist einen nur geringen Wirkungsgrads, der sich jedoch etwa durch finanzielle Anreize erhöhen läßt. Anreizprogramme wiederum können Ziele verwirklichen, welche über das ordnungsrechtlich Pflichtige hinausgehen. Aufgrund ihrer nur indirekten Wirkungsweise sind finanzielle Anreizprogramme indes nicht geeignet, unverzichtbare Mindeststandards zu sichern. Diese müssen ordnungsrechtlicher Bestimmung obliegen6• Da die Gemeinden - wie zu zeigen sein wird - nur in eingeschränktem Maße über eigenständige Instrumente direkter Verhaltenssteuerung verfügen, sondern vorwiegend auf

4

Zwn Einfluß der Gemeindeverwaltung auf die Vertretungskörperschaften oben S. 76 f.

s Dazu Dahme/Grunow, in Mayntz, Irnplementation politischer Programme, S. 117 ff. 6 Zu den Wirkungsbedingungen der einzelnen Instrumente unten eingangs der jeweiligen rechtlichen Ausführungen. Grundlegend zur Bewertung der einzelnen Instrumente die analytischen Aufsätze im Theorieband zu: Irnp1ementation politischer Programme, hng. von Renate Mayntz; s. auch Hoffmann-Riem, AöR 115 (1990), 400/416 ff; eingehend aus steuerungstheoretischer Sicht Windhoff-Heritier, Wirksamkeitsbedingungen, S. 89 ff; wirtschaftswissenschaftlich Knüppel, Umweltpolitische Instrumente, S. 74 ff, 116 ff; insbesondere zu abfallpolitischen Instrumenten SRU-Sondergutachten Abfallwirtschaft, 1990, BT-Dn. 11!8493, Tz. 150 ff (S. 54 ff), speziell zu Vermeidung/Verwertung Tz. 892 ff (S. 266 ff).

1. Umweltschutz innerhalb der gemeindlichen Verwaltungsorganisation

165

"weiche" Umsetzungsmittel angewiesen sind, stellt sich für sie in besonderem Maße die Notwendigkeit, durch eine Mischung der verschiedenen Instrumente eine Verwirklichung ihrer umweltpolitischen Ziele anzustreben7•

1. Umweltschutz innerhalb der gemeindlichen Verwaltungsorganisation Grundlage effizienter Umsetzung von Handlungskompetenzen ist eine den Sachaufgaben adäquate Organisationsstruktur. Die innere Organisation der Aufgabenerledigung ist den Gemeinden durch das Selbstverwaltungsrecht zur eigenverantwortlichen Gestaltung aufgegeben und zugleich verbürgt. Daneben ist eigenständige umweltschützende Leistungserstellung durch die Gemeinden wie etwa die Sanierung gemeindlicher Gewässer oder Böden zu erwähnen, welche jedoch rechtlich keine spezifischen Probleme im Sinne der vorliegend verfolgten Fragestellung aufwirft und in der Praxis auch weniger rechtlichen, als vielmehr haushaltspolitischen Zwängen unterworfen ist8•

a) Organisationshoheit der Gemeinden Die sog. Organisationshoheit umfaßt das Recht der Gemeinden, "eigene Organe, Behörden und sonstige Dienststellen zu errichten, zu ändern oder auch aufzuheben, für deren sachliche und personelle Ausstattung Sorge zu tragen, deren Kompetenzen und innere Ordnung zu bestimmen und den gesamten Verwaltungsapparat zu beaufsichtigen und zu lenken."9 Die reine Binnenorganisation der Aufgabenerledigung ist daher rechtlich nicht detenniniert10, sondern eine verwaltungswissenschaftlichen Kriterien folgende Frage.

7 Zum "Instrumentenmix" rechtstheoretisch speziell zur Abfallvermeidung Ladeur, NuR 1989, 66 ff; aus kommunalpolitischer Sicht Pehlc, APuZ B 6/1990, 24{30 ff. Eine allgemeine Darstellung der rechtlichen Instrwnente einer integrierten Abfallwirtschaft geben Appold/Beckmann, VcrwArch 81 (1990), 3CJ7 ff. 8 Soweit eigene Leistungserstellung Außenbezüge aufweist, unterfällt sie stärkeren Restriktionen und wird hier bereichsspezifisch untersucht: zum Beschaffungswesen unten 4., zur Umweltberatung S. sowie zur sächlichen und finanziellen Förderung 6.

9 So Stober, Komrnunalrecht, S. 31 f unter Bezug auf VerfGH NRW, NJW 1979, 1201; s. auch Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 342 ff. 10 Landesrechtliche Versuche, den Gemeinden einzelne Organisationsvorschriften vorzugeben, sind daher im Hinblick auf Art. 28 li GG bedenklich; Beispiele bei Schmidt-Jortzig, aaO., Rn. 357. Zu den personalrechtlichen Besonderheiten sogleich.

m. Teil

166

Instnunente gemeindlicher Umweltpolitik

Eine aufgabengerechte Organisationsstruktur muß der Eigenart der Sachmaterie folgen. Naturgemäß läßt sich dann kein allgemeingültiges Organisationsmodell als optimal bestimmen. Es kommt vielmehr auf die konkrete Aufgabenstruktur der jeweiligen Kommune an, d.h. ob die betreffende Gemeinde den Status und damit einhergehend die Funktion eines Kreises oder einer kreisangehörigen Gemeinde hat; verschiedentlich werden landesrechtlich bestimmte kreisangehörige Gemeinden funktional privilegien11 • Auch die Größe und damit korrelierend die Verwaltungskraft der Gemeinden determinieren die Organisationsstruktur. Schließlich schlagen sich das kommunalverfassungsrechtliche System und die parteipolitische Polarisierung, die häufig bis in die Dezemate hineinreicht, im Zuschnitt der Aufgabenzuständigkeiten nieder. Die kommunale Verwaltungspraxis folgt hinsichtlich der Umweltschutzkompetenzen zwei Organisationsmodellen12: zum einen werden - entsprechend einer Empfehlung der KGSt13 - Umweltschutzaufgaben dezentral in den jeweiligen Fachämtern wahrgenommen; zum anderen können umweltpolitische Kernbereiche in einem Amt mit Entscheidungsbefugnissen konzentrien werden. Da Umweltschutz eine Querschnittsaufgabe darstellt, scheint das dezentrale Modell auf den ersten Blick aufgabengerecht Nachteilig wirkt jedoch, daß in den Fachämtern der Verwirklichung der jeweiligen Fachaufgaben häufig ein Vorrang gegenüber allgemeinen Belangen wie des Umweltschutzes eingeräumt wird14• Für die Bewältigung solcher Querschnittsprobleme wird die Federführung dem thematisch zuständigen Fachamt zugewiesen, welches sich - nach ressortinterner ausführlicher Programmvorbereitung - im zweiten Schritt mit den "mitberatenden Ressorts" koordinieren muß. Die erste Phase ist dabei entscheidend, da hier

11

Zu den gemeindeverfassungsrechtlichen Privilegien oben S. 147 Fn. 4.

Dazu speziell aus kommunaler Sicht Hili, Die Verwaltung 21 (1988}, 175/183 ff; J. Peten, ZfU 1986, 49 ff; Dittmann, HdUR II, Sp. 136 f m.w.N. Eingehend Bothe, Verwaltungsorganisation im Umweltschutz, passim; mr Organisation des Umweltschutzes in der Bundesregierung E. Müller, ZBR 1990, 16S ff. 12

13

KGSt-Bericht 5/1985, insbesondere Tz. 4.1.

Zu den HandliUigsmustem kommunaler Fachverwaltungen die empirischen Untenuchungen von Hucke/Müller/Wassen, Implementation kommiUialer Umweltpolitik, insbesondere S. 247 ff und S. '1:12 ff; Hucke, in Hucke/Ueberhont, Kommunale Umweltpolitik, S. 116 ff; Baumheier, VerwArch 79 (1988), 160 ff. S. auch Benz, in JJ. Hesse, Zur Situation der kommunalen Selbstverwaltung heute, S. 165/170; Hili, Die Verwaltung 21 (1988), 175/183 f m.w.N. 14

I. Umweltschutz innerhalb der gemeindlichen Verwaltungsorganisation

167

das Programm detailliert ausgearbeitet wird, das federführende Fachamt sich mit dem aufgestellten Programm identifiziert und daher nur unter erheblichem Begründungsaufwand wieder korrigiert und die Absicherung des Vollzuges durch die Kommunikation mit den gesellschaftlichen Interessenträgem stattfindet. Die eigenverantwortliche Problembewältigung führt vor allem dann zu defizitärer Berücksichtigung allgemeiner Belange, wenn es, wie typischerweise für das Politikfeld Umweltschutz, zu fachinternen Zielkonflikten kommt15 • Dies mag im Einzelfall durch eine gewisse Affinität der Fachbehörden zu den externen Interessenträgem ihres speziellen Aufgabenbereiches noch verstärkt werden. Dazu kommt steuerungstheoretisch die Dominanz spezialisierter, administrativer Problemsicht, die generelle Perspektiven erschwert und zu einer hohen Technizität der Programme führt. Schließlich wird dieser Organisationsform eine geringere Transparenz und politische Signalwirkung nachgesagt16• Eine gewisse Korrektur dieser Nachteile können Koordinationsstellen, wie z.B. Umweltbeauftragte, bringen, die jedoch aufgrund fehlender eigener Entscheidungskompetenzen nur eine geringe Durchsetzungskraft gegenüber den Fachämtern entwickeln. Sie sind daher auf Bündnispartner angewiesen. Wegen der Zielkonflikthaftigkeit des Umweltschutzes und der häufigen funktionalen Interessenparallelität zwischen gemeindlichen und ökonomischen Interessen (und sei es nur fiskalischer Art) lassen sich "natürliche" Interessenkoalitionen zwischen Umweltschutz und Fachressorts nur selten herstellen. Aufgrund der fehlenden Entscheidungskompetenzen bloßer Beauftragter kommt es auch nicht zu umgekehrten Abhängigkeiten, so daß ein Tauschpotential für politische Gegenleistungen fehlt ("Bittsteller") 17 • Die Einrichtung von Umweltbeauftragten führt zwar zu einer Aufmerksamkeitskonzentration und Profilierung von Umweltschutzinteressen, auch mag die externe Verflechtung geringer sein als in den Fachressorts, gleichwohl verbindet diese Einrichtung ein Maximum an Konflikt mit einem Minimum an Durchsetzungspotential. 15 Speziell zu umweltpolitischen Zielkonflikten in der Kommunalverwaltung Hucke/Ueberhorst, in dies., Kommunale Umweltpolitik, S. 13. 16

Hili, Die Verwaltung, 21 (1988), 183 f m.w.N.

Brandt weist hier auf einen wichtigen Unterschied zu anderen Querschnittsaufgaben wie Finanz- und Personalplanung hin: in diesen Bereichen sind es die Fachressorts, die sich in der Abhängigkeitsposition befinden; AfK 1981, 47/59. 17

III. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

168

Ihre Durchsetzungschancen hängen daher im wesentlichen vom politischen Rückhalt entweder bei der Verwaltungsspitze bzw. beim Vertretungsorgan oder bei den Gemeindebürgern ab. Die Berufung eines Umweltausschusses im Rat kann hier flankierend Unterstützung bieten 18• Auch eine Einrichtung (freiwilliger) gemeindlicher Umweltverträglichkeitsprüfungen könnte zu einer Stärkung der Umweltbelange in den verschiedenen Fachämtern führen (dazu unten 2. d). Als Alternative19 bietet sich eine Konzentration der Umweltschutzaufgaben mit Entscheidungsbefugnissen in einem Amt - in Großstädten auch in einem Dezernat- an. Eine solche Bündelung könnte zu einer übergreifenden Problembetrachtung beitragen, die politische Signalwirkung stärken und die vorrangige Wertung von Fachinteressen zurückdrängen. Umweltschutzbelange könnten nachhaltiger verfolgt werden, da eine bestehende Organisation erfahrungsgemäß auch tätig wird20. Wegen des Querschnittcharakters der Aufgabe müßte sich jedoch auch ein Umweltamt nur auf den Kernbereich des Umweltschutzes beschränken, da sonst jede Binnendifferenzierung der Gernemdeverwaltung aufgehoben würde. Andererseits hängen die Durchsetzungschancen einer Behörde vom Ausmaß ihrer Entscheidungsmacht ab21 . Erst die Möglichkeit, Vorhaben anderer Verwaltungsstellen blockieren oder den Verzicht auf andere eigene Anliegen als Tauschobjekt anbieten zu können22, versetzt eine (Umwelt-)Behörde in die Lage, ihren Aufgaben in der Konkurrenz zu anderen Zielen Geltung zu verschaffen, ohne auf politische Unterstützung angewiesen zu sein. Unter dem Gesichtspunkt umweltpolitischer Entscheidungsrationalität wird daher jedenfalls in größeren Gemeinden eine organisatorische Konzentration

18

Skeptisch zur politischen Rolle dieser Ausschüsse aber J. Peters, ZfU 1986, 49{70.

19 Weitere, bislang nur theoretische Organisationsmodelle entwerfen

(1988), 185 ff und J. Peters, aaO., S. 70 ff. 20

Hili, Die Verwaltung 21

Hill, aaO., S. 184.

Zur Dominanz der Fachverwaltungen Hucke/Müller/Wassen, Irnplementation kommunaler Umweltpolitik, S. 100 ff. 21

22 Interessant sind hier die rechtspolitischen Vorschläge von E. Müller, ZBR 1990, 165 ff, aus ihrer Analyse der Umweltpolitik der Bundesministerien: 1. Erhöhung der Tauschmacht des Umweltressorts durch (begrenzte) Kompetenzausweitung; 2. institutionelle Stärkung des BMU durch Einrichtung von Vetopositionen und Spiegelreferaten (analog BMF); 3. organisatorische Integration und Stärkung ökologischer Anforderungen in den Fachressorts (z.B. durch Umweltreferate).

1. Umweltschutz innerhalb der gemeindlichen Verwaltungsorganisation

169

bestimmter Umweltschutzaufgaben mit Entscheidungsbefugnissen in einem Umweltamt am ehesten problemadäquate Aufgabenerledigung ermöglichen. Schließlich unterfällt dem Bereich organisatorischer Entscheidungsbefugnis auch das Recht der Gemeinden, in den Grenzen des Beamten-, Personal- und Besoldungsrechts das zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung erforderliche Personal eigenverantwortlich auszuwählen, anzustellen, zu befördern und zu entlassen23• Gerade für die Erledigung von Aufgabenbereichen, deren Durchsetzungspotential organisatorisch nur problematisch abgesichert ist, kommt es entscheidend darauf an, qualifizierte, loyale und motivierte Personen zu finden 24 •

b) Organisation der Abfallentsorgung Für die Erledigung spezieller Entsorgungsaufgaben (Abwasser/Abfall) bieten sich drei Organisationsformen an: Regiebetrieb, Eigenbetrieb und die Einschaltung privater Dritter als Erfüllungsgehilfen25• Regelfall öffentlichrechtlicher Entsorgung ist eine Organisation in Fonn von Regiebetrieben. Dabei wird die Entsorgung als rechtlich unselbständiger Teil der allgemeinen Gemeindeverwaltung und im Haushalt als kostenrechnende Einrichtung geführt, wobei die Wirtschaftsführung durch das Prinzip ansatzmäßiger Einzeldeckung (Einnahmen/Ausgaben) und Jährlichkeit bestimmt wird. Diese Einzelveranschlagung im Haushalt erfordert die Einbringung eines Nachtragshaushaltes (mit aufsichtsrechtlicher Genehmigungspflicht), wenn größere haushaltswirtschaftliche Veränderungen während des Rechnungsjahres anstehen. Da die im Haushalt bereitgestellten Mittel grundsätzlich nicht in das nächste Haushaltsjahr übertragbar sind, werden die bereitgestellten Mittel oft ohne Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Verwendung ausgeschöpft; zudem "droht" im Falle nicht vollständiger Ausschöpfung eine Kürzung der Ansätze im Folgehaushalt26•

23

358 ff. 24

Zur Personalhoheit Stober, Kommunalrecht, S. 33 f; Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. Dazu Banner, AfK 1982, 26/43 f.

Da die hier exemplarisch herausgegriffene Abfallentsorgung, wie gezeigt, praktisch durchgehend den Gemeinden landesrechtlich entzogen ist, sollen die Organisationsformen der Aufgabenerledigung nur kurz angesprochen werden; eingehend Schmeken, Der Städtetag 1989, 239 ff. Zu den Kriterien für die Rechtsformenwahl Hauser, Die Wahl der Organisationsform, passim; s. auch Scholz/Pitschas, HkWP Bd. S, S. 128 ff. 2!l

26

Dazu Schmeken, Der Städtetag 1989, 239/242.

170

ill. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

Aus wirtschaftlicher Sicht werden deshalb Eigenbetriebslösungen vorgezogen, bei denen die Entsorgungseinrichtung zwar Bestandteil der gemeindlichen Vermögens bleibt, aber aus dem allgemeinen Haushalt und der allgemeinen Verwaltung ausgegliedert ist und die Rechnungslegung nach kaufmännischen Kriterien (Aufwendungen/Erträge; stichtagsmäßige Gewinn/Verlustrechnung) erfolgt27 • Aufgrund ihrer an Wirtschaftlichkeit ausgerichteten Betriebsführung sind Eigenbetriebe als Organisationsform nur für wirtschaftliche Aufgaben (z.B. kommunale Energieversorgungsuntemehmen, öffentlicher Personennahverkehr) zulässig, während Eigenbetriebslösungen für die Erledigung öffentlich-rechtlicher Aufgaben - wie der Abfallentsorgung (§ 3 II 1 AbfG) - nach den GO{KrO durchgängig einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung bedürfen28 • Für die Abfallentsorgung liegen solche Ermächtigungen in Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen vor29, in RheinlandPfalz ist die Eigenbetriebslösung zwingend vorgeschrieben (§ 85 li 4 GO), während in Schleswig-Holstein von der nach § 101 II 3 GO theoretisch möglichen Einzelzulassung bislang nicht Gebrauch gemacht wurde und in BadenWürttemberg und Niedersachsen30 entsprechende Ermächtigungen gänzlich fehlen. Im Saarland besteht ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsverbund (spezialgesetzlich § 2 II 1 i.V.m. §§ 3 bis 9 SAbfG). Aus umweltpolitischer Sicht weisen Eigenbetriebslösungen indes einen Nachteil auf: Aufgrund ihrer organisatorischen Verselbständigung - Eigenbetriebe verfügen über eigene Organe (Werksleitung, Werksausschuß) - ist der politische Zugriff auf die Gestaltung der laufenden Geschäfte nur indirekt möglich. Dagegen stehen die organisatorisch in die allgemeine Gemeindeverwaltung integrierten Regiebetriebe direkter politischer Einflußnahme offen. Im Hinblick auf die betriebswirtschaftliche Kostenrechnung der Eigenbetriebe erschwert dies die umweltpolitisch wünschenswerte politische Gestaltung der Aufgabenerledigung und Gebührenstruktur. 27 Zu den winschaftlichen Vorteilen s. neben Schmeken, aaO., S. 242 ff auch Zeiss, HkWP Bd. 5, S. 154 ff. 28 GO: Art. 95 I 1 Bay, § 103 BW, § 127 I Hess, § 113 Nds, § 93 I NRW, § 85 RP, § 108 II SaarlKSVG, § 101 II 1 SH; KrO: Art. 82 I 1 LKrO Bay, § 48 BW, § 52 I Hess, § 65 Nds, § § 42 I NRW, § 50 RP, § 189 SaarlKSVG, § 57 SH.

29 GO Art. 95 IV Bay, § 121 ill Hess, § 88 II Nr. 3 NRW; hierbei handelt es sich jedoch nur wn Verordnungsermächtigungen. Zumindest in Bayern liegt nunmehr eine solche VO vor; Schmeken, Der Städtetag 1989, 239/241. 30 Nach § 116 a II 2 GO Nds kö!Ulen nicht-wirtschaftliche Unternehmen nicht als Eigenbetrieb geführt werden.

2. Umweltschutz in der gemeindlichen Planung

171

Schließlich können sich die entsorgungspflichtigen Körperschaften nach § 3 II 2 AbfG zur Erfüllung der Entsorgungspflicht Dritter, d.h. auch privater Entsorgungsunternelunen bedienen; gleichwohl bleiben auch in diesem Fall die landesrechtlich bestimmten Gebietskörperschaften entsorgungspflichtig. Die beauftragten Dritten sind lediglich ErfUllungsgehilfen31 ,

2. Umweltschutz in der gemeindlichen Planung Vorausschauende Einflußnahme auf die Umweltbedingungen ist ohne Zieldefinition konturenlos. Instrument der Zielbestimmung ist die Planung: sie enthält eine Aussage zum Ist-Zustand, definiert das angestrebte Ziel (SollZustand) und kann die Zielverwirklichungsmaßnahmen darstellen1• Planung ist daher wesensmäßig ein prognostizierendes und ein gestaltendes Element zu eigen2• Ihre Funktion liegt in einer (mehr oder weniger verbindlichen) Auslotung und Auswahl von Handlungsaltemativen. Da eine integrierte ("holistische") Umweltplanung nicht existiert und die frühere gelegentlich geäußerte steuerungstheoretische Euphorie heute einer überwiegend skeptischen Einschätzung solcher Planungsmodelle gewichen ist3 , findet die vorausschauende Gestaltung der Umweltbedingungen auch de lege ferenda in verschiedenen, teilweise konkurrierenden Planungsstufen und -Systemen statt. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich die - an Konfliktmustern orientierte - rechtswissenschaftliche Diskussion naturgemäß vor allem mit dem Verbindlichkeitsgrad sowie dem Verhältnis der Einzelplanungen zueinander ("Vernetzung")4 • Neben diesen Problemen aus dem Bereich regulatorischer Gestaltung vermag Planung aber auch informatorisch und persuasiv ("influenzierend") wirken, indem durch Vermittlung von Daten und Formulierung von 31 Zum Untenclried zur Übenragung der Entsorgungspflicht nach § 3 VI AbfG s. Kunig, in Kunig/SchwermerNenteyl, AbfG, § 3 Rn. 52 f. Rechtstatsächlich zur Entwiclclung der Privatisierung kommunaler Aufgabenerledigung König, VerwArch 79 (1988), 241/260 ff.

1 Vgl. etwa § 6 BNatSchG. Zur vonargenden Planung als Gestaltungsaufgabe des Staates s. nur Hoppe, VVDStRL 38 (1980), 211/231 f; Schmidt·Aßmann, DÖV 1990, 169 m.w.N. 2 S. nur BVerwGE 34, 301/304, wonach "Planung ohne Gestaltungsfreiheit ein Widenpruch in sich wäre". 3 Zur Diskussion 1. Pcten, ZfU 1986, 49/66 f; s. auch achon Hoppe, VVDStRL 38 (1980), 211/2S4 ff m.w.N. 4 S. nur Hoppe, aaO., S. 289 ff; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 117 ff (jeweila m.w.N.). Zum Verhältnis der kommunalen Selbstverwaltungshoheit zur überörtlichen Planung H.-1. Birk, NVwZ 1989, 905 ff; Brohm, DÖV 1989, 429 ff; zu Fachplanung und Bauleitplanung Paetow, UPR 1990, 321 ff.

m. Teil

172

Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

Zielen sowohl das Verhalten des planenden Verbandes selbst als auch das Verhalten der Bürger indirekt beeinflußt wird5 • Schon insoweit kann sich planecisehe Gestaltung als "milderes Mittel" gegenüber imperativen Vorgaben erweisen - und man möchte hinzufügen: die Konstrastierung Freiheit vs. Planung als Vereinfachung. Löst man sich von ideologischen Vorbehalten, kann auch das freiheitsverwirklichende, nämlich partizipative Potential von Planung in den Blick gelangen. Wenn auch die Beteiligung der Planungsbetroffenen nicht begriffsnotwendig und rein verwaltungsinterne Planung denkbar ist, so verlangt informatorisch-persuasive Planung eine mehr oder weniger stark ausgeprägte, prinzipiell aber gegebene Betroffenenbeteiligung. Dies ist Ausdruck eines funktionalen Leitbildes von Planung im kooperativen Staat: als interaktiver Prozeß ist Planung ein offenes, d.h. materiell nur durch Mindeststandards determiniertes Entscheidungsverfahren6, das sich deshalb als prinzipiell systemkonformes Instrument konsensualer7 Steuerung darstellt. Aus umweltpolitischer Sicht kommt hinzu, daß planecisehe Abwägungen mit qualifizierten Begründungslasten verknüpft sind, welche die materielle Duchsetzungsfähigkeit dem Umweltschutz konkurrierender Nutzungen senken und daher einen gewissen Druck auslösen, sich mit der Problemadäquanz der beabsichtigten Vorhaben auseinanderzusetzen. Die Rechtsordnung der Bundesrepublik bietet eine breite Palette umweltbezogener Planungsformen8• Für die vorliegende Untersuchung ist Ausgangspunkt wieder Art. 28 II GG, der - unbestritten - auch das Recht der Gemeinden gewährleistet, die eigenverantwortliche Wahrnehmung ihrer Aufgaben auch in größerer Perspektive planen zu dürfen9 • Ob diese sog. Planungshoheit dem Kernbereich des Selbstverwaltungsrechts zuzuordnen ist, blieb bislang unentschieden. Relevant wird dieses Problem im Konfliktfall,

5 Dezidien Schmidt-Aßmann, DÖV 1990, 174, 175 f; Göb, DÖV 1990, 592/598; Überblick bei Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 11 und Hankopf/Bohne, Umweltpolitik, S. 180 ff m.w.N. 6 Im Anachluß an BUhl kann "offene" SystemplaniDlg "als Organisation einer adaptionsfähigen, in der Getellschaft verankeneo Zukunftsforschung ID!d -planiDlg" definien werden; eine andere Frage ist jedoch, inwieweit die Planungsrealität diesem Anspruch gerecht zu werden vennag; Zu PlaniDlgstheorie und -realitllt BUhl, Der Staat 28 (1989), 525 ff (DefinitionS. 551).

7 Daß in einer pluralistischen Gesellschaft der Konsens bis auf wenige Grundwene kawn ein vollstindiger sein kann, steht außer Frage; deshalb sind Konsensdefizite a priori systemkonfonn. Gleichwohl bietet panizipative Planung ein akzeptanzerhöhendes Potential. 1

Überblick bei Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 19 ff; Hoppe/Beckmann, Umweltrecht, § 7

Rn. 10 ff.

9 S. nur BVerfGE 56, 298ß12 f; 76, 107/118; BVerwGE 84, 209/214 f; VerfGH NRW, DVBL 1990, 417/418; dazu Hoppe, FG von Unruh, S. SSS ff.

2. Umweltschutz in der gemeindlichen Planung

173

wenn überörtliche Planungen detaillierte Aussagen treffen; sie nehmen dann notwendig örtliche Flächen in Anspruch und können in Kollision mit örtlichen Gestaltungsvorstellungen geraten. In diesen Fällen stellt sich überörtliche Planung als gezielter staatlicher Eingriff gegenüber konkret-individuellen Gemeinden dar. Zur Lösung derartiger Konfliktlagen ist auf die Überlegungen oben S. 106 ff zu verweisen. Vorliegend ist der Augenmerk auf die Frage gerichtet. welche planensehen Instrumente den Gemeinden zur Gestaltung der örtlichen Umwelt an die Hand gegeben sind. Das Selbstverwaltungsrecht erlaubt umfassend rein gemeindeverwaltungsinterne Planungen als Ausformung gemeindlicher Organisationshoheit Zu denken wäre etwa an kommunale Umweltschutzberichte, die Vorbereitung örtlicher Sanierungsmaßnahmen oder behördeninterne Abfallvermeidungsstrategien10. Darüber hinaus sieht die einfache Rechtsordnung verschiedene Planungsinstrumente vor, derer sich die Gemeinden in Verfolgung des jeweiligen Gesetzeszwecks bedienen müssen (Gesetzesvorrang) und durch die den Gemeinden außenwirksame Planungen - unbeschadet des Selbstverwaltungsrechts - eingeräumt werden.

a) Naturschutzrechtliche Landschaftspläne Eine medial übergreifende Grundlage gemeindlicher Umweltplanung bieten die örtlichen Landschaftspläne11 , die eine rahmenrechtliche Grundlage in § 6 BNatSchG gefunden haben. Die Außenwirksamkeit örtlicher Landschaftspläne wird (von den Flächenländern) nur in Nordrhein-Westfalen durch eigenständige Satzung vermittelt; in den anderen Bundesländern geschieht dies durch die Einbeziehung in die Bauleitplanung12• Aus dem Blickwinkel gemeindlicher Handlungsspielräume wird die Reichweite örtlicher Landschaftspläne vor allem durch die materielle Berücksichtigungspflicht der Raumord-

10

Weitere Beispiele gibt J. Peters, ztU 1986, 49/68.

Dazu Schmidt-Aßmann, DÖV 1990, 169/171 f m.w.N. Naturschutzrechtliebe Schutzgebiete (vgl. §§ 12 ff BNatSchG) werden in allen Bundesländem durch die Naturschutzbehörden ausgewiesen; dazu Kloepfer, Umweltrecht, § 10 Rn. 69. Soweit die Gemeinden zu naturschutzrechtlichen Baumschutzsatzungen (im Rahmen von § 18 BNatSchG) ermächtigt werden (NatSchG An. 12 Bay, § 2S BW, § 15 Hess, § 28 Nds, § 45 LG NRW, § 20 LPflG RP) handeln sie im übertragenen Wirlcungskreis. Baumschutzsatzungen sind jedoch auch bauplanungsrechtlich (§ 9 I Nr. 25 BauGB) möglich. Zum Verhältnis des Naturschutzrechtes zum Bau- und Fachplanungsrecht Dürr, UPR 1991, 81 ff. 11

12 § 16 ll LG NRW; Art. 3 ll BayNatSchG, § 9 I NatSchG BW, § 4 ll HessNatSchG, § 17 LPflG RP, § 9 Vll SaarlNatSchG, § 6 IV LPflG SH.

174

m. Teil

Instrumente gemeindlicher

U~wcltpolitik

nung und Landschaftsplanung des jeweiligen Landes (§ 6 III BNatSchG) beschrankL Gleichwohl bleiben hier regelmäßig erhebliche gemeindliche Handlungsspielräume.

b) Umweltschutz in der Bauleitplanung Die landesrechtlich zumeist vorgesehene Integration der örtlichen Landschaftsplanung in die Bauleitplanung ist Ausdruck des großen Potentials der Bauleitplanung als Instrument gestaltenden und vorbeugenden Umweltschutzes13. Ihre Aufgabe ist nicht nur die bauliche Nutzung, sondern auch die sonstige Nutzung der Grundstücke vorzubereiten und zu leiten (vgl. § 1 I BauGB). Das Ziel einer geordneten städtebaulichen Entwicklung erfaßt auch die Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt sowie den Schutz und die Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen; dabei soll insbesondere mit dem vorhandenen Grund und Boden sparsam und schonend umgegangen werden (§ 1 V BauGB). Planung muß die vorgefundenden wie auch die ihr zuzurechnenden städtebaulich relevanten Konflikte jedenfalls insoweit bewältigen, als dies mit dem planungsrechtlich vorgegebenen Instrumentarium möglich ist14• Speziell zum Immissionsschutz hat das Bundesverwaltungsgericht mehrfach eine wechselseitige Einwirkung zwischen diesem und dem Bebauungsrecht betont15: Einerseits bestimme das BlmSchG die gebotene nachbarschaftliehe Rücksichtnahme allgemein und folglich auch für künftige Bebauungen; andererseits bemesse sich die Schutzwürdigkeit eines Grundstücks nach dem planungsrechtlich Zulässigen. Daraus folge insbesondere, daß die Gemeinde bauplanungsrechtlich steuern könne, welche Nachteile und Belästigungen i.S.v. § 3 I BlmSchG erheblich seien. Dabei ennächtige das

13 Da:m Gacntsch, NuR 1990. 1/2 f; Kunig/Vogel, Jura 1992, 311 ff und Hoppe/Beckmann. Umwcltrecht, § 7 Rn. 34 m.w.N. Eine technische Anleitung geben die "Hinweise :mr Berücksichtigung des Natunchutzes und der Landschaftspflege in der Bauleitplanung" von der Arbeitsgemeinschaft der :mständigen Landesminister (ARGEBau) und der Länderarbeitsgemeinschaft für Natunchutz der Umweltministerkonferenz (LANA), abgedruckt in NuR 1992, 69=UPR 1992, 96.

14 Zu den Grenzen planenscher Konfliktbewältigung BVerwG, Beschluß vom 28.8.1987 - 4 N 1.86::NuR 1988, 37/38 (Besprechung Hoppe/Beckmann, NuR 1988, 6 ff); s. auch Pfeifer, Der Grundsatz der Konldliktbewältigung in der Bauleitplanung, S. SO ff und passim.

15 BVerwGE 74, 315/326; Beschluß vorn 16.12.1988- 4 NB 1/88=NVwZ 1989, 664=DVB1. 1989, 369; Urteil vom 14.4.1989- 4 C 52/87=NVwZ 1990, 2S7=DVB1. 1989, 1050=DÖV 1989, 772=UPR 1989, 352=NuR 1990, 27; Besprechung der letzten beiden Entscheidungen von Selrner, JuS 1990, 672 f. Zum Verhältnis von Immissionsschutz und Bauleitplanung Peine/Smollich, WiVerw 1990, 269 ff.

2. Umweltschutz in der gemeindlichen Planung

175

immissionschutzrechtliche Vorsorgeprinzip (§ 5 I Nr. 2 BlmSchG) auch, vorbeugenden Umweltschutz zu betreiben. Die Gestaltungsfreiheit wird jedoch durch die Bindung der Planungsträger an die Darstellungsmöglichkeiten begrenzt, welche zudem nur dann als abwägungserhebliche Position in überörtliche oder fachspezifische Planungen eingehen, wenn sie hinreichend konkrete positive Feststellungen treffen; bloße Freihalteplanung bleibt irrelevant16• Im Flächennutzungsplan können nach § 5 II BauGB insbesondere folgende umweltschutzrelevante Darstellungen getroffen werden: Grünflächen (Nr. 5), Flächen für Nutzungsbeschränkungen und für Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen (Nr. 6), Wasserflächen (Nr. 7), Wald (Nr. 9 b)17 , Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft (Nr. 10). Im Bebauungsplan sind gemäß § 9 I BauGB folgende Festsetzungen möglich: Grünflächen (Nr. 15), Wasserflächen (Nr. 16), Wald (Nr. 18 b) 18, Maßnahmen sowie Flächen für diese zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft (Nr.20) 19, 16 BVerwGE 40, 258/262; Beschluß vom 18.12.1990 - 4 NB 8.90 = UPR 1991, 154 f; kritisch H.-J. Birlc, NVwZ 1989, 905/910 ff. Zu begrenzten Ausnahmen BayVGH, UPR 1990, 193 f. Speziell aus naturschutzrechtlicher Sicht bietet jedoch § 9 I Nr. 20 BauGB positive Feststel· lungsmöglichkeiten (dazu sogleich), die alleiniger Inhalt eines Bebauungsplanes sein kötmen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 27.7.1990, 4 B 156.89= WUR 1991, 37 f=NuR 1991, 72). 17 Aufgrund der landwirtschaftlichen Freizeiclmungsklauseln (§ 1 m, 8 VII BNatSchG) erweisen sich Feststellungen von Flächen für die Landwirtschaft nach Nr. 9 a eher als dem Umweltschutz kookurrierend; eingehend Henneke, Landwirtschaft und Naturschutz, S. 45 ff, s. auch Salzwedel, WiVerw 1987, 1/8 sowie Gaentzsch, NuR 1990, 1/2. 18 19

Zu§ 9 I Nr. 18 a s. vorstehende

Fn.

Sofern derartige Feststellungen nach anderen Vorschriften getroffen werden können (dies betrifft etwa naturschutzrechtliche Schutzgebietsausweisungen nach §§ 13 ff BNatSchG), gehen diese vor und können nur nachrichtlich nach § 9 VI in die Bebauungspläne übernommen werden.

176

ill. Teil Instnunente gemeindlicher Umweltpolitik

Gebiete, in denen aus besonderen städtebaulichen Gr0nden20 bestimmte luftverunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen (Nr. 23) - dies betrifft vor allem Heizmaterialien, von Bebauung freizuhaltende Schutzflächen sowie Flächen für Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen (Nr. 24)21, Bepflanzung von Flächen sowie Erhaltung von Pflanzen und Gewässern (Nr. 25). Neben diesen speziellen umweltorientierten Feststellungmöglichkeiten erlauben auch die allgemeinen Darstellungen zu Art und Maß der baulichen Nutzung, zu den überbaubaren Grundstücksflächen sowie zu Mindest- bzw. Höchstmaßen der Baugrundstücke ( § 9 I Nm. 1 bis 3 i.V.m. BauNVO) eine planensehe Steuerung der Umweltrelevanz der vorgesehenen Bebauung22• Gerade die angemessene Trennung konkurrierender Nutzungen ist vom Bundesverwaltungsgericht zu einem Planungsgrundsatz erhoben worden23• Eine Positivierung erfuhr dieses Trennungsgebot durch die Gebietskategorien der BauNVO sowie durch den auch in der Bauplanung zu beachtenden Grundsatz des § 50 BlmSchG. Eine Gesamtschau dieser Darstellungsmöglichkeiten zeigt, daß sie vor allem natur- und immissionsrechtliche Schutzwirkungen intendieren. Für die vorliegend exemplarisch interessierende Abfallpolitik gibt das Bauplanungsrecht indes nicht viel her; eine Festsetzung von Flächen, auf den bestimmte

20 Wegen dieser Einschränkung skeptisch zur Regelungseffizienz Schmidt-Aßmann, NVwZ 1987, 265/271. Diese Einschränkung bedeutet aber nicht, daß bereits unzumutbare Verhältnisse gegeben sein müssen; vielmehr erlaubt der immissionsschutzrechtliche VorsorgeglW1dsatz, derartige Verhältnisse gar nicht erst entstehen zu lassen; Selmer in der erwähnten Besprechung (JuS 1990, 672) m.w.N.

11 Damit sind nur (aktiv oder passiv schützende) bautechnische VorkehlW1gen festsetzbar (und zwar auch abstrakt-generell), z.B. Doppelfenster, lärmisolierende Außenwände, Filter. Unmittelbare Nutzungsbeschränkungen oder isolierte allgemeine Festsetzungen von Emissions- oder Immissionsgrenzwerten können nicht aufglW1d § 9 I Nr. 24 BauGB, sondern nur im Rahmen von anlagenbezogenen Festsetzungen nach § 1 IV S. 1 Nr. 2 und S. 2 BauNVO getroffen werden. Dazu BVerwG, Beschluß vom 18.12.1990-4 N 6.88 (LS 1) =DVBl. 1991, 442=UPR 1991, 151; s. auch Löhr, in Battis/Krautzherger/Löhr, BauGB, § 9 Rn. 89 f.

l l Zu den dabei zu beachtenden BestimmtheitsanfordelW1gen sowie der entschädigungsrechtlichen Relevanz im Hinblick auf Art. 14 GG s. Gaentzsch, NuR 1990, 3 bzw. 4. 23 Vgl. BVerwGE 45, 309{327. Zu der Ableinmg aus dem Gebot der Rücksichtnahme Erbguth, in Achterberg/Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht I, Kap. 2 Rn. 307 m.w.N.

2. Umweltschutz in der gemeindlichen Planung

177

abfallträchtige Produkte nicht hergestellt oder verwendet werden dürfen, wäre planungsrechtlich unzulässig. Im Hinblick auf Abfallvermeidung wurde vorgeschlagen, durch Bauleitplanung und der ihr folgenden Genehmigungspraxis solche Einzelhandelsbetriebe zu fördern, die im Gegensatz zu Großmärkten mehr offene Waren anböten. In Betracht kommen auch die Festsetzungsmöglichkeiten nach§ 9 I Nr. 23 BauGB.24 Schließlich kommt der Zusammenhang zwischen Naturschutz- und Bauplanungsrecht noch einmal in der mittelbaren Wirkung der naturschutzrechtlichen Eingriffsklausel (rahmenrechdich in § 8 I BNatSchG) auf die gemeindliche Bebauungsplanung zum Tragen25• Wenngleich das Unterlassungs- und Ausgleichsgebot dieser Vorschrift erst der behördlichen Einzelzulassung gilt, so findet eine Baugenehmigung auf der Grundlage des Bebauungsrechts statt. Der potentielle Eingriff in die natürlichen Lebensgrundlagen wird bauplanungsrechtlich vorbereitet. Der Konflikt möglicher Nutzungen muß deshalb schon planefisch bewältigt werden, indem bereits in der Bauleitplanung Vorsorge für eine weitestmögliche Vermeidung oder Verminderung von Eingriffen getroffen wird. Insoweit bieten §§ 5 II Nr. 10 bzw. 9 I Nr. 20 BauGB Festsetzungmöglichkeiten. Der gegebenenfalls erforderliche Ausgleich kann im Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan bzw. in der Begründung des Bebauungsplanes vorbereitet werden. c) Umweltschutzrelevante Fachpläne als Aufgabe staatlicher Behörden

Neben diesen, den Gemeinden planungsrechdich an die Hand gegebenen Instrumenten, sind verschiedene Umweltschutzfachpläne bundesgesetzlich vorschrieben. Zur Sicherung und Entwicklung der Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse sieht § 36 WHG wasserwirtschaftliche Rahmenpläne für Flußgebiete oder Wirtschaftsräume vor; konkretere Regelungen können die Anordnung von Wasserschutzgebieten (§ 19 WHG), Reinhalteordnungen nach § 27 WHG, Bewirtschaftungspläne nach § 36 b sowie Abwasserbeseitigungspläne (§ 18a III WHG) treffen. Im Immissionsschutzrecht kommen insbesondere Luftreinhaltepläne für festgesetzte Belastungsgebiete (§§ 47 i.V.m. 44 BimSchG), Emissionskataster (§ 46 BlmSchG) sowie Schutzgebietsauswei-

24 Klages, NVwZ 1988, 481/487 unter Bezug auf ein abfallwüuchaftsrechtliches Gutachten von Seeberger für die Bürgenchan Hamburgs (Bürgenchaftsdrucksache 11/6660, Anhang S. 75; August 1986). 25 Zwn Verhältnis der natunchutzrechtlichen Eingriffsklausel zur Bauleitplanung Gaentzsch, NuR 1990, 6; Stich, UPR 1989, 166/169 f; Erbguth, VerwArch 81 (1990), 327ß4S ff.

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ID. Teil Instnunente gemeindlicher Umweltpolitik

sungen nach § 49 I ("Schongebiet") und § 49 II BimSchG ("Smoggebiet") in Betracht Für das vorliegend interessierende Abfallrecht sieht § 6 AbfG Abfallentsorgungspläne nach überörtlichen Gesichtspunkten vor26• Ebenso wie die Abfallentsorgungspläne27 sind auch die anderen eben aufgeführten Planungsinstrumente als Aufgaben staatlicher Verwaltung konzipiert. Für ihren Regelungsbereich sind daher gemeindliche Planungen ausgeschlossen. Im Ergebnis sind daher gemeindliche Umweltplanungen auf die Vorbereitung gemeindeinterner Maßnahmen, örtliche Landschaftspläne sowie die Bauleitplanung beschränkt. d) Gemeindliche Umweltverträglichkeitsprüfung

Mit Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) wird ein Verfahren umschrieben, welches die Umweltrelevanz eines Vorhabens untersucht, beschreibt und bewertet. Sie wird defmiert als "ein systematisch-analytisches Verfahren, um positive und/oder negative unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt feststellen, beschreiben und bewerten zu können wie auch umgekehrt: die Auswirkungen einer vorhandenen Umwelt (z.B. Flugplatz, Industrieanlage) auf eine geplantes Vorhaben (z.B. Wohnsiedlung, Kinderspielplatz)." 28 Begrifflich ist UVP nicht auf projektbezogene Untersuchungen begrenzt und auch als sog. "Prozeß-UVP" möglich, wenngleich eine UVP-Pflicht nur für die im UVPG normierten Vorhaben sowie der Sache nach auch für die Bauleitplanung besteht. Von den Vorschriften des UVPG sind die Gemeinden einmal dann betroffen, wenn sie als Träger eines UVP-pflichtigen Projekts (Anlage zu § 3 UVPG) die erforderlichen Unterlagen bei der zuständigen UVP-Behörde

26 Bei den sog. "Plan" -feststellW!gen nach § 7 ff AbfG handelt es sich funktional um Genehmigungsverfahren, die allerdings durch eine fonnalisierte ÖffentlichkeitsbeteiligWig gekennzeichnet sind (wie auch förmliche Verfahren nach §§ 63 ff VwVfG). Die rechtsdogmatische VerortWig der Planfeststellungsverfahren im PlanW!gsrecht hat vor allem auf der Rechtsfolgenseite Konsequenzen: die Entscheidung erfolgt nicht nur im Rahmen einer Ennessensennächtigung, sondern wird durch planensehe GestaltW!gsfreiheit (mit Folgen für die Rechukontrolle) charakterisiert. Zu den rechtsdogmatischen Unterschieden im einzelnen Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 153 ff.

l?

S. oben S. 124.

KOSt-Bericht 11/1986, S. 8. Zur Geschichte der UVP instruktiv Otto-Zimmennann, in ders., UVP in der Kommunalverwaltung, S. 4 ff. Der Entwurf des UGB-AT von Kloepfer/Rehbinder/Schmidt-Aßmann/Kunig sieht in den §§ 31 ff allgemeine RegclW!gen für eine ausgreifendere "Umweltfolgenprüfung" vor, s. eingehend S. 232 ff der EntwurfsbegründWig. 28

2. Umweltschutz in der gemeindlichen Planung

179

vorlegen müssen (§ 6 UVPG). In diesem Fällen sind sie im Rahmen des § 5 UVPG am Verfahren beteiligt. Bei fremden Projekten werden die betroffenen Gemeinden im Rahmen von § 7 UVPG beteiligt und können Einwendungen i.S.v. § 9 UVPG erheben. Soweit Gemeinden lru1desrechtlich zur UVP-Behörde bestimmt werden sollten, wäre diese Aufgabe im übertragenen Wirkungskreis wahrzunehmen29 • Schließlich ordnet § 17 UVPG für bestimmte Bauleitpläne, die UVP-pflichtige Vorhaben vorbereiten, eine UVP-Pflicht schon in der Bauleitplanung Wl, welche sich jedoch nach den Verfahrensvorschriften des BauGB bemißt und diese lediglich um die in § 8 UVPG vorgeschriebene grenzüberschreitende Behördenbeteiligung erweitert. Abgesehen von diesem Punkt fungiert die normale Bauleitplru1ung als raumbezogene UVP30, und zwar auch dann, wenn es nicht um ein bestimmtes UVP-pflichtiges Projekt geht31 • Wenn sonach eine spezifisch gemeindliche UVP-Pflicht im wesentlichen nur für die BauleitplWlung besteht, so werden dadurch weitergehende, freiwillige gemeindliche UVP nicht ausgeschlossen32• Nach dem Vorstehenden liegt es sogar nahe, ein erhebliches umweltschutzorientiertes Potential bei der freiwilligen Selbstkontrolle zu vermuten. Als Ausfluß der OrgWlisationshoheit (Art. 28 II GG) kann die gemeindliche Binnenorganisation bei Plru1ungs- und Entscheidungsprozessen einer gemeindlichen UVP unterworfen werden. Somit stünde den einzelnen gemeindlichen Aufgabenstellen ein Verfahren zur Verfügung, Umweltschutzbelru1ge in die Wahrnehmung ihrer jeweiligen Fachaufgaben zu integrieren. Dabei ist Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf konkrete Projekte beschränkt, sondern kann sich auf alle Bereiche gemeindlichen Handeins erstrecken und untergesetzliche Spielräume für eine Verminderung der Umweltbelastung ausschöpfen. Für den Bereich der Abfallwirtschaftspolitik käme dies insbesondere im gemeindlichen Beschaffungs-

19 Zum Ganzen Duo-Zimmermann, in den., UVP in der Kommunalverwaltung, S. 33 ff, insbesondere S. 38; Schink, NVwZ 1991, 935 ff. 30 Dies ist Folge der Ansicht des Gesetzgeben, die Normen des BauGB erfüllten die Anforderungen der EG-Richtlinie zur UVP; vgl. BT-Dn. 1113919, S. 13 ff, insbesondere S. 17, 30. hn Ergebnis zustimmend Peine/Smollich, WiVerw 1990, 269/272 ff; kritisch E!bguth, VerwArch 81 (1990), 331 ff. 31 Krautzberger, UPR 1989, 161/164; Söfker, UPR 1989, 170/173 f; s. auch M. Grüner, Umwelt 1990, 168/170.

32 Dazu umfassend Schlarmann, in Duo-Zimmermann, UVP in der Kommunalverwaltung, S. 46 ff; in diesem Band finden sich auch Aufsätze zu den Bewertungsmethoden und -maßstäben sowie zu aktuellen Erfahrungen mit UVP-Modellen in der kommunalen Praxis. S. auch die praxisorientierte Untenuchung von Braun, UVP in der Bauleitplanung, S. 86 ff, 124 ff.

m. Teil

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Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

wesen sowie für gemeindliche Umweltschutzförderungen zum Tragen33• Für die übrigen Aufgabenbereiche, d.h. vor allem im außengerichteten Verwaltungshandeln, ist die Einführung einer gemeindlichen UVP eine Zweckmäßigkeitsfrage, so daß sich eine autonome gemeindliche Gestaltung danach bemißt, inwieweit die Art und Weise gemeindlicher Aufgabenerledigung gebunden isL Insoweit ist die Wahrnehmung von freiwilligen oder pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben grundsätzlich frei 34•

3. Direkte Verhaltenssteuerung durch Gebots- und Verbotsvorschriften Direkte Verhaltenssteuerung soll den Adressaten ohne Umweg zu einem bestimmten Verhalten (Handeln, Dulden oder Unterlassen) zwingen. Als Instrument direkter, außenwirksamer Verhaltenssteuerung kommen für die Gemeinden im wesentlichen Gebots- und Verbotsvorschriften in Frage. Zwar wirken auch administrative Kontrollinstrumente wie Anzeigepflichten, Erlaubnisvorbehalte und Untersagungsermächtigungen direkt verhaltenssteuemd, gleichwohl unterfallen diese Instrumente aufgrund ihrer ordnungs- und gewerberechtlichen Wurzel nicht dem Selbstverwaltungsrecht und werden von Ortsbehörden nur im übertragenen Wirkungskreis wabrgenommen1• Unbeschadet weitergehender rechtsstaatlicher und grundrechtlicher Gesetzesvorbehalte betreffen imperative Einzelakte jedenfalls die allgemeine Handlungsfreiheit der Regelungsadressaten und stehen deshalb unter dem Rechtssatzvorbehalt des Art. 2 I GG2 • Für die Bestimmung des den Gemeinden verfügbaren imperativen Instrumentariums kommt es daher darauf an, inwieweit generell-abstrakte Regelungen von den Gemeinden getroffen werden können.

33

Dazu wtten 4. bzw. 6.

Zur verwaltwtgsrechtlichen Systematisierwtg der Aufgaben in Selbstverwaltwtgsaufgaben (im eigenen Wirkungskreis) und staatlichen Aufgaben im übertragenen Wirkwtgskreis s. oben S. 118 ff. 34

1 Etwas anderes gilt z.T. für den Polizeivollzug; Einzelheiten bei Gönnenwein, Gemeinderecht, S . 96 f. l BVerfGE 6, 32(38 (Elfes) ständige Rechtsprechung, vgl. E 80,137 (Reiten im Walde); kritisch zur Weite des Schutzbereichs von Art. 2 I GG nach der h.M. Sondervotum Grimm zu BVerfGE 80, 137/164 ff und Kunig, Jura 1990, 523 (Fn. 3 m.w.N.); für die Auffangfunktion aber Pieroth, AöR 115 (1990), S. 33 ff.

3. Direkte Verhaltenssteuerung durch Gebots- und Verbotsvorschriften

181

a) Satzungshoheit und Gesetzesvorbehalt Fi.ir die kommunalen Gebietskörperschaften folgt die Rechtsetzungshoheit unmittelbar aus Art. 28 li GG, da das hier gewährleistete "Regeln" nicht nur konkretes, gegenständliches Verwalten, sondern auch generelles Ordnen umfaßt3. Das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht enthält daher nicht nur eine Aufgabenverbürgung, sondern zugleich eine Regelungsbefugnis für die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Kommunalrechtliches Instrument solcher Regelungen sind Satzungen, welche vom Bundesverfassungsgericht definiert werden als "Rechtsvorschriften, die von einer dem Staat eingeordneten juristischen Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der ihr gesetzlich verliehenen Autonomie mit Wirksamkeit fi.ir die ihr angehörigen und unterworfenen Personen erlassen werden. "4 Dabei hat sich der Vorbehaltszweck in Art. 28 II GG der Sache nach materiell gewandelt und dient heute nicht nur der Begrenzung staatlicher Tätigkeit, sondern vielmehr auch - wenn nicht gar an erster Stelle - der Sicherung gemeindlicher Aufgabenerfüllung5• Dem trägt das Bundesverfassungsgericht Rechnung, wenn es ausführt, daß es Zweck der Verleihung von Satzungsgewalt sei, "die gesellschaftlichen Kräfte zu aktivieren, entsprechenden gesellschaftlichen Gruppen die Regelung solcher Angelegenheiten, die sie selbst betreffen und die sie in überschaubaren Bereichen am sachkundigsten beurteilen können, eigenverantwortlich zu überlassen und dadurch den Abstand zwischen Normgeber und Normadressat zu verringern.... Zugleich wird der Gesetzgeber davon entlastet, sachliche und örtliche Verschiedenheiten zu berücksichtigen. die für ihn oft schwer erkennbar sind und auf deren Veränderung er nicht rasch genug reagieren kann." 6

Bei der Satzungsgebung durch den "Ortsgesetzgeber" handelt es sich nach heutiger Auffassung um Normsetzung der vollziehenden Gewalt i.S.v. Art. 20 III GG7 • Zwar sind die kommunalen Vertretungskörperschaften demokratisch 3 Allgemeine Ansicht: BVerfGE 32, 346/361; BVerwGE 6, 247/250 f; Maunz, in ders./ Dürig, GG, Art. 28 Rn. 44; K. Stern, BK, Art. 28 Rn. 105; Roters, in von Münch, GG, Art.28 Rn. 47; Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 478 f; Ossenbühl, in Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 146; Meyn, Gesetzesvorbehalt, S. 18 ff (jeweils m.w.N.). Zum früheren Streitstand Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 144 f .

4

BVerfGE 10, 20/49 f; 33, 125/156. Vgl. auch Legaldefmition in § 65 I LVwG SH.

s Hili, 58. DJT, D 23 bei Fn. 6 m.w.N. zu rechtstatsächlichen Untersuchungen. 6

BVerfGE 33, 125/156 f (Facharzt); zum Zweck der Selbstverwaltung s. oben S. 73 f.

Die frühere Rechtsprechung, nach der die Verleihung der Satmngshoheit eine Verlagerung innerhalb der Legislative darstelle (so noch BVerfGE 21, 54/62 f; 32, 3461361), ist aufgegeben; vgl. BVerfGE 65, 283/289; 78, 3441348; OVG Münster NVwZ 1988, 272/273. So auch die h.L.; vgl. nur Herzog, in Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rn. VI 37; Hill, 58. DJT, D 13; Schmidt-Aß7

182

III. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

verfaßte Volksvertretungen (vgl. Art. 28 I 2 GG), deren Entscheidungen durchaus "legislatorischen Charakter" 8 tragen; im System der Gewaltenteilung sind sie jedoch als Verwaltungsorgan einer Selbstverwaltungskörperschaft der Exekutive zuzuordnen. Sie sind daher weder rechtlich noch im Hinblick auf die ausgeführten tatsächlichen Entscheidungsbedingungen mit den staatlichen Parlamenten vergleichbar9• Diese Grundentscheidung hat zunächst - "unbestritten und unproblematisch"10 - die Konsequenz, daß gemeindliche Satzungsgebung dem Gesetzesvorrang nach Art. 20 III GG unterliegt. Damit einher geht eine im Grundsatz unbeschränkte Justitiabilität; eine gesetzgebensehe Gestaltungsfreiheit kommt dem kommunalen Satzungsgeber per se nicht zuu. Von weitreichender Bedeutung für die gemeindlichen Handlungsspielräume ist jedoch die. Frage, ob sich gemeindliche Nonnsetzung auf fonnellgesetzliche Ermächtigungen stützen muß, inwieweit also ein Vorbehalt des Gesetzes gilt. Aus dem Blickwinkel gemeindlicher Gestaltungsräume geht es dabei nicht um die Frage, ob sich das Parlament einer Entscheidung nicht entäußern darf (sog. Parlamentsvorbehalt)12, sondern darum, inwieweit die kommunalen Vertretungskörperschaften eigenständig - d.h. ohne spezialgesetzliche Ermächtigung - Regelungen treffen dürfen. Für die speziellen grundrechtliehen Gesetzesvorbehalte ·ergibt sich ein differenziertes Bild. Die hier in Frage stehenden umweltschutzorientierten Gebots- bzw. Verbotsnormen betreffen in erster Linie die Berufs-, Eigen-

mann, Kommunale Rechtsetzung, S. 7. Im Ergebnis ebenso von Arnim, AöR 113 (1988) 1/25 f. Dagegen aber Schmidt-Eichstaedt, FS Seeger, 113/119. 8

BVerfGE 65, 283!298.

Wenn gelegentlich von einer "Par1amentarisierung" der kommunalen Vertretungskörperschaften gesprochen wird, (s. etwa den Diskussionsbeitrag von Schleberger, in Erichsen, Kommunalverfassung, S. 25 ff) so handelt es sich dabei nur um eine faktische, nicht aber eine rechtliche Entwicklung; dazu Knemeyer, FS Mikat, S. 741 ff; Janssen, Die zunelunende Parlamentarisierung der Gemeindeverfassung, insbesondere S. 5. 9

10

Ossenbühl, HdbStR III, S. 476.

Anders aber Schmidt-Eichstaedt, FS Seeger, S. 113/119 f. Zur gerichtlichen Kontrollkompetenz kommunaler Satzungen s. die Beratungen der korrununalrechtlichen Abteilung des 58. DJT, insbeondere das Gutachten von Hili, D 41 ff, 105 ff (w.N. D 7 Fn. 2 und D 13 Fn. 8). Kritisch zu argumentativen Versuchen, die gerichtliche Kontrolldichte einzuschränken Schach, Vorläufiger Rechtsschutz, S. 3 ff. 11

12 Konsequenz ist ein Delegationsverbot; zur begrifflichen Abschichtung des Parlamentsvorbehaltes und des Vorbehalts des Gesetzes s. Ossenbühl, HdbStR III, S. 334 ff; K. Stern, Staatsrecht II, S. 569 ff.

3. Direkte Verhaltenssteuerung durch Gebots- und Verbotsvorschriften

183

tums- und die allgemeine Handlungsfreiheit, daneben wären Strafbewehrungen von Satzungsanordnungen sowie Regelungen denkbar, die den Schutzbereich des Art. 13 I GG berühren. Unter dem Vorbehalt eines formellen Gesetzes stehen enteignende Regelungen13 sowie generell-abstrakte Einschränkungen des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung 14• Auch Straf- und Bußgeldbewehrungen von Satzungen bedürfen spezieller gesetzlicher Ermächtigung15. Dagegen können Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums16 sowie Eingriffe in die Berufsfreiheit17 grundsätzlich durch materielles Gesetz, d.h. auch durch gemeindliche Satzungen erfolgen. Gleiches gilt, wie oben erwähnt, für die allgemeine Handlungsfreiheit, die (lediglich) unter einem allgemeine Rechtssatzvorbehalt steht. Soweit hiernach die Freiheitsrechte nicht unter dem Vorbehalt des formellen Gesetzes stehen, hindert die Grundrechtsordnung für sich besehen 18 die Gemeinden nicht, gerade in den umweltrechtlich besonders relevanten Bereichen der Eigentumsordnung, Berufs- und allgemeinen Handlungsfreiheit Regelungen zu treffen. Jedoch unterliegt auch die kommunale Satzungshoheit nach ganz überwiegender Auffassung dem ungeschriebenen, aus der rechtsstaatliehen Verfassungstradition19 abgeleiteten klassischen Vorbehalt des Gesetzes: "Ein-

13 BVerfGE 56, 249/261; 74, 264/285. Papier, in Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rn. 471 (m.w.N. auch rum früheren Streit); Bryde, in von Münch, GG, Art. 14 Rn. 74. Zu kommunalen Satzungen s. Schmidt-Aßmann, Kommunale Rechtsetzung, S. 8.

14 Art. 13 lli 2. Alt. GG. Dazu Pappermann, in von Münch, GG, Art. 13 Rn. 35; Maunz, in ders./Dürig, GG, Art. 13 Rn. 15. 15 BVerfGE 32, 346/362; Kunig, in von Münch, GG, Art. 103 Rn. 24; Hili, 58. DIT, D 90; Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 630 f m.N. auf allgemeine landesrechtliche Ermächtigungen. Dagegen aber Dürig, in Maunz/Dürig, GG, Art. 103 ll Rn. 106, der Satzungsbewehrungen auch ohne spezialgesetzliche ErmächtigWJg für zulässig erachtet. 16 So BVerfGE 8, 71n9; Schmidt-Aßmann, Kommunale Rechtsetzung, S. 10. Papier, in MaWJz/Dürig, GG, Art. 14 Rn. 279 spricht von "schlichtem Rechtssatzvorbehalt".

17 BVerfGE 33, 125/155 (Facharzt); 76, 171/184 ff (rechtsanwaltliches Standesrecht); Scholz, in MaWJz/Dürig, GG, Art. 12 Rn. 306, 309; a.A. Gubelt, in von Münch, GG, Art. 12 Rn. 68.

18 Zum Ganzen Starck, Gesetzesbegriff, S. 32 ff m.w.N. Zu den Grenzen, welche die Wesentlichkeitslehre kommWJaler Rechtsetzung zieht, sogleich weiter unten. 19 Vgl. nur BVerfGE 8, 155/166 ff; 40, 237/248 f; 49, 89/126; aus der Lehre Herzog, in MaWJz/Dürig, GG, Art. 20 Rn VI 55 und Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 30 I b. Zum verfassungsgeschichtlichen Hintergrund Krebs, Vorbehalt des Gesetzes, S. 17 ff; Ossenbühl, in HdbStR ill, S. 322 ff; Kloepfer, JZ 1984, 685 ff sowie aus politikwissenschaftlicher Sicht Ellwein/J.J. Hesse, Regierungssystem, S. 120 f, 447 ff. Kritisch zur verfassungsrechtlichen Verortung des Vorbehalts des Gesetzes Kunig, Rechtsstaatsprinzip, S. 176 ff.

III. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

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griffe in Freiheit und Eigentum" müssen sich auf eine parlamentsgesetzliche Ermächtigung zurückführen lassen20• Dabei stellen die allgemeinen Satzungsklauseln der Gemeindeordnungen21 keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage dar; ihnen kommt neben der verfassungsunmittelbaren Gewährleistung nur eine organisationsrechtliche Bedeutung zu22• Konsequenz dieser "Freiheit-und-Eigentums-Klausel" ist, daß jeder belastende Akt dem Vorbehalt des formellen Gesetzes unterfällt und damit die den Gemeinden eingeräumten Eingriffsmöglichkeiten in Grundrechte unter Rückgriff auf die rechtsstaatliche Verfassungstradition ins Leere gehen. Außerhalb verwaltungsinterner Regelungen und reiner Leistungsverwaltung wird regelmäßig jede außenwirksame Gebots- oder Verbotsnorm einen Eingriff in Freiheitsräume darstellen. Dies gilt, wie gezeigt, gerade für den Bereich des Umweltschutzes. So betrifft beispielsweise jede Regelung zur Abfallvermeidung zwangsläufig "Freiheit und Eigentum" sowohl des potentiellen Abfallbesitzers als auch des Produktherstellers. Hierauf wird zurückzukommen sein. Zunächst ist jedoch zu konstatieren, daß im Ergebnis der ganz h.M. jede eigenständige Umweltpolitik der Gemeinden, die über verwaltungsinterne Regelungen oder die bloße Erbringung von Leistungen hinausgeht und durch imperative Verhaltenssteuerung die Handlungsfreiheit der Satzungsunterworfenen regeln will, ausgeschlossen ist. Der gemeindliche Satzungsgeber wird dies zu respektieren haben und belastende Regelungen nur dann treffen können, wenn er hierzu durch staatliche Rechtsetzung ermächtigt wurde. Darüber hinaus ist heute anerkannt, daß sich der Vorbehalt des Gesetzes nicht nur auf die klassische Eingriffsfunktion des Staates beschränkt, sondern - in der "Chiffre der sog. Wesentlichkeitslehre"23- der demokratischen Prä-

20 S. zuletzt BayVGH, DVBJ. 1992, 717(718 m.w.N.; so auch die ganz überwiegende kommunalrechtliche literatur Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 628; Stober, Kommunalrecht S. 133 f; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht TI, § 86 Rn. 80; Schmidt-Aßmann, in von Münch/ Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 63 f; ders., FS Sendler, S. 121/131 f; Bethge, NVwZ 1983, 577 ff; Hili, 58. DJT, D 90; M. Schröder, in Achterberg/Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht TI, Kap. 5 Rn. 81 ff. Dagegen aber unter Rückgriff auf das Demokratieprinzip Bleckmann, DVBI. 1987, 1085/1086; Meyn, Gesetzesvorbehalt, S. 25, 46; von Amim, AöR 113 (1988), 1/20 f (dazu im einzelnen weiter unten).

21 Art. 23 S. 1 Bay; § 4 I 1 BW; § 5 I 1 Hess; § 6 I 1 Nds; § 4 I 1 NRW; § 24 I 1 RP; § 12 I 1 Saar!KSVG; § 4 I 1 SH; vgl. auch § 5 I 1 SVG DDR vom 17.5.1990 (GBI. DDR I, S. 255). 22 BVerwGE 6, 247/250; Schmidt-Jortzig, DVBI. 1990, 920/921; So auch Hili, SchmidtAßmann, Schröder, Wolff/Bachof/Stober, Bethge (aaO.) und Meyn (S. 51).

23

Schmidt-Aßmann, Kommunale Rechtsetzung, S. 8 (Zitat). Zur Wesentlichkeitslehre des

3. Direkte Verhaltenssteuerung durch Gebots- und Verbotsvorschriften

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rogative und insbesondere der grundrechtliehen Ordnungsfunktion des Parlaments Rechnung trägt. Die objektive Werteordnung der Grundrechte bedarf einer gesetzlichen Aufbereitung und Ausgestaltung durch inhaltliche und organisatorische Regelungen, die den Grundrechtsträgem erst die Verwirklichung der verfassungsrechtlich verbürgten Freiheitsräume ermöglicht. Dies gilt in hervorgehobenem Maße für den Umweltschutz. Hier konkurrieren die grundrechtliehen Positionen der Umweltbelaster (neben Art. 2 I GG insbesondere Art. 12 I und 14 I GG) mit verfassungsverbürgten Schutzansprüchen der von der Ausübung dieser Positionen "Belasteten", wobei sich der staatliche Schutzauftrag nicht nur auf die räumlichen, sondern ebenfalls auf die zeitlich späteren Auswirkungen erstreckt24• Soweit in diesem Sinne grundrechtssichernde Regelungen keine Eingriffsqualität tragen, entfalten sie doch grundrechtliche Relevanz für die heute oder zukünftig davon Betroffenen, weshalb die Grenze des "Wesentlichen" gerade im Umweltbereich sehr schnell erreicht wird25• In diesem Sinne wesentliche, also grundrechtsrelevante Maßnahmen obliegen deshalb parlarnentar~scher Entscheidung und können nicht dem gesetzlich ungebundenen, maßstablosen Ermessen der (Selbst-)Verwaltung überlassen bleiben26• Die demokratisch-parlamentarische Staatsverfassung des Grundgesetzes erfordert, so das Bundesverfassungsgericht, "daß die Entscheidungen aller grundsätzlichen Fragen, die den Bürger unmittelbar betreffen, durch Gesetz erfolgen muß, und zwar losgelößt von dem in der Praxis fließenden Abgrenzungsmerkmal des 'Eingriffs'. Staatliches Handeln, durch das dem Einzelnen Leistungen und Chancen gewährt und angeboten werden, ist für eine Existenz in Freiheit oft nicht weniger bedeutungsvoll als das Unterbleiben eines 'Eingriffs'. Hier wie dort kommt dem vom Parlament beschlossenen Gesetz gegenüber dem bloßen Verwaltungshandeln die unmittelbare demokratische Legitimation zu, und das parlamentarische Verfahren gewährleistet ein höheres Maß an Öffentlichkeit der Auseinandersetzung und Entscheidungssuche und damit auch größere Möglichkeiten eines Ausgleiches widerstreitender Interessen.'m

BVerfG vgl. nur E 34, 165/192; 45, 400/417 ff; 49, 89/126 f; 58, 257/268 ff; 68, 1/108 ff. Aus der umfangreichen Literatur m.w.N. Staupe, Parlamentsvorbeha1t, S. 103 ff; Umbach, FS Faller, S. 111 ff; Erichsen, FS 125j. Jur. Gesellschaft Ber1in, S. 113 ff. Überblick gibt K.Joepfer, JZ 1984, 685/689 ff. 24 Dazu Murswiek, JZ 1989, 985; s. auch ders., Staatliche Verantwortung, S. 88 ff sowie K!oepfer, DVBl. 1988, 3051308; Stober, JZ 1988, 426 ff; Wahl/Masing, JZ 1990, 553 ff. S. schon oben S. 35 ff.

25

Kloepfer, DVBJ. 1988, 3051308.

26

Vg!. BVerfGE 57, 295/327.

27

BVerfGE 40, 237/249.

III. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

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Dies gilt im Ergebnis auch hinsichtlich der kommunalen Satzungsgebung. In seinem Facharztbeschluß hat das Bundesverfassungsgericht die Geltung des Parlamentsvorbehalts gegenüber berufsständischer Satzungsautonomie festgestellt und ausgeführt, "daß der Gesetzgeber sich seiner Rechtsetzungsbefugnis nicht völlig entäußern und seinen Einfluß auf den Inhalt der von den körperschaftlichen Organen zu erlassenden Normen nicht gänzlich preisgeben darf. Das folgt sowohl aus dem Prinzip des Rechtsstaats wie aus dem der Demokratie. ... Der Gesetzgeber darf seine vornehmste Aufgabe nicht anderen Stellen innerhalb oder außerhalb der Staatsorganisation zu freier VerfUgung überlassen. Das gilt besonders, wenn der Akt der Autonomieverleihung dem autonomen Verband nicht nur allgemein das Recht zu eigenverantwortlicher Wahrnehmung der übertragenen Aufgaben und zum Erlaß der erforderlichen Organisationsnormen einräumt, sondern ihn zugleich zu Eingriffen in den Grundrechtsbereich ermächtigt."28

Dem liegt der - bereits mehrfach ausgeführte - Gedanke zugrunde, daß vor allem der parlamentarische, d.h. pluralistische Willensbildungsprozeß dazu geeignet und berufen ist, "Hüter des Gemeinwohls gegenüber Gruppeninteressen zu sein" 29 • Ob diese Argumentation eine Übertragung der Vorbehaltsstandards des Facharztbeschlusses auch für die Normsetzung kommunaler Selbstverwaltungskörperschaften zuläßt, ist umstritten. Das Bundesverfassungsgericht hatte diese Frage in der Facharzt-Entscheidung offengelassen (S. 157). Unter Hinweis auf die grundrechtssichemde Funktion des demokratisch legitimierten Parlamentsgesetzes werden zumeist die maßgeblichen Aussagen des Facharztbeschlusses auch auf die kommunale Satzungshoheit übertragen 30• Gegen eine Gleichbehandlung spricht allerdings, daß im Gegensatz zu den berufsständischen Selbstverwaltungskörperschaften ein spezifisches Gruppeninteresse im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung nicht erkennbar ist; auch die Gemeinden sind dem Gemeinwohl verpflichtet31 • Meyn lehnt deshalb eine Übertragung des Vorbehaltsmaßstabs des Facharztbeschlusses auf die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften ab, da deren personales Substrat genauso wie in Bund und Ländern territorial und

28

BVerfGE 33, 125/158.

29 BVerfGE 33, 125/159. VgJ. auch E 76, 171/184

ff.

Bethge, NVwZ 1983, 577/578 (m.w.N. in Fn. 15), Schmidt-Aßmann, Kommunale Rechts· etzung, S. 8 f; Ossenbühl, HdbStR ill, S. 476 f. Der Sache nach auch Hill, 58. DJT, D 90. 30

31 So die ausdrückliche Verpflichtung der Gemeindeorgane z.B. in GO § 1 li BW, § 1 I 2 NRW, § 1 I 2 RP; § 1 I 2 SH.

3. Direkte Verhaltenssteuerung durch Gebots- und Verbotsvorschriften

187

im Unterschied zu den Berufsverbänden nicht gruppenspezifisch definiert sei32• Auch Bleckmann und ähnlich von Arnim stehen jedenfalls einer verallgemeinernden Übertragung dieser Argumentation kritisch gegenüber unter Bezugnahme der allgemeinen, von sämtlichen Gemeindebürgern abgeleiteten demokratisch-politische Legitimation der Vertretungskörperschaften33• Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zum kommunalen Ausländerwahlrecht betont, daß sich die personelle Zugehörigkeit zu einer kommunalen Gebietskörperschaft "nicht nach gruppenspezifischen Kriterien, wie besonderen Eigenschaften, Funktionen oder Interessen, sondern ausschließlich nach der Wohnsitznahme im Hoheitsbereich der Gebietskörperschaft (bestimmt); deren personale Grundlage ist damit von einer 'offenen' und in diesem Sinne unbestimmten Allgemeinheit geprägt".34 Die Verortung des Vorbehalts des Gesetzes (auch) im Demokratieprinzip konkurriert hier mit der Grundentscheidung der Verfassung für den "Aufbau der Demokratie von unten nach oben": In diesem Zusammenhang ist zu betonen, daß eine solche Konkurrenz von vornherein nur für Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft bestehen kann. Die Maßstäbe für eine Entscheidung zwischen den konkurrierenden Steuerungsansprüchen des Gesamtwillens und des kommunalen Partikularwillens wurden oben im I. Teil demokratietheoretisch ausgeführt und für die Aufgabenverteilung zwischen Staat und Kommunen konkretisiert35 • Diese an Gemeinwohl ("Richtigkeit") orientierten Maßstäbe verbieten es, umstandslos berufsständische und kommunale Selbstverwaltung einheitlich als Ausdruck von Partikularwillen "in einen Topf' 36 zu werfen. Da außenwirksame Normen ohne irgendeine Grundrechtsrelevanz kaum denkbar sind - man denke etwa an örtliche Bauvorschriften, Polizeiverordnungen, Baumschutzsatzungen oder die Einführungen eines Anschluß- und Benutzungszwangs -,würde das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht leerlaufen, wenn sich jede gemeindliche Satzung mit Grundrechtsrelevanz auf eine parlamentsgesetzliche Ermächtigung stützen müßte. Ein solches Verständnis würde im Gegensatz zur Verfassungsverbürgung die

32

Meyn, Gesctzesvorbehalt, S. 43 f.

Bleckmann, DVBJ. 1987, 1085/1086; von Amim, AöR 113 (1988), 1/23 f, der im Ergebnis jedoch die typischerweise größere Richtigkeitschance eines parlamentarisch hervorgebrachten Gesetzes zur Begründung eines Vorbehalts des Gesetzes heranzieht (S. 25 f). 33

34

BVerfGE 83, 37/54 f.

35

S. oben S. 70 ff sowie S. 100 ff.

36

So von Amim, AöR 113 (1988), 1/22; ebenso Scheuner, HkWP Bd. 1, 7/17.

ll. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

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kommunalen Gebietskörperschaften zu dekonzentrierten Vollzugseinrichtungen machen. Das dualistische Legitimationskonzept der Verfassung ist hingegen, wie gezeigt, auf Dezentralisation aufgebaut und geht im Grundsatz davon aus, daß der Ausgleich konkurrierender Grundrechtspositionen nicht per se im gemeindlichen Willensbildungsprozeß defizitär ist37• Erst dann, wenn eine mangelhafte Beteiligung verfassungsrechtlich geschützter Positionen im kommunalen Willensbildungsprozeß droht - wie es insbesondere bei den erwähnten räumlich oder zeitlich extemalisierbaren Problemfeldern der Fall ist -, kann der Ausgleich zwischen den betroffenen Positionen nicht mehr dem partikularen, gemeindlichen Willen überantwortet bleiben. Hier ist vielmehr die parlamentarische Verantwortung als Ausdruck des Gesamtwillens aufgerufen, drohende Defizite zumindest durch gesetzliche Ermächtigungen zu kompensieren.

b) Kein Vorbehalt des Gesetzes gegenaber gemeindlicher Satzungsgebung Der soeben entwickelte Maßstab für den mit der Wesentlichkeitslehre begründeten Vorbehalt des Gesetzes wirkt sich auch aus auf die bereits angesprochene Frage, inwieweit der rechtsstaatlich begründete Vorbehalt des Gesetzes der gemeindlichen Satzungshoheit entgegengehalten werden kann. Wie gezeigt, bedarf nach der ganz überwiegenden Auffassung jede belastende Regelung unabhängig von demokratisch-rechtsstaatliehen oder speziellen grundrechtliehen Vorbehalten einer parlamentsgesetzlichen Ermächtigung. Der klassische Vorbehalt des Gesetzes wird, wie erwähnt, aus der rechtsstaatlichen Verfassungstradition abgeleitet. Die rechtlichen Elemente, die einen "Rechtsstaat" konstituieren, sind jedoch "nicht bloß ein Gefüge rechtstechnischer Formeln ohne Inhalt" (Maunz) 38 , vielmehr bekennt sich das Grundgesetz zu einem Rechtsstaat im materiellen Sinne, dessen Zweck neben der Herstellung und Bewahrung eines gerechten Zustandes insbesondere und nach wie vor die Sicherung individueller Freiheit ist39• Diesen Zweck verfolgten schon die Verfassungskämpfe des 19. Jahrhunderts, als deren - wenn man so will: rechtsdogmatisches - Ergebnis der Vorbehalt des Gesetzes bei

37 Deshalb bleibt Bethges Bemerkung (NVwZ 1983, 577/579) unverständlich, daß Art. 28 GG keine Freizeichnung von Grundrechtsbindung darstelle. 38

n

Deutsches Staatsrecht, 22. Auf!., S. 7 4.

K. Stern, Staatsrecht I, S. 785, speziell zum Vorbehalt des Gesetzes S. 802; Kriele, Einführung in die Staatslehre, S. 104. 39

3. Direkte Verhaltenssteuerung durch Gebots- und Verbotsvorschriften

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Eingriffen in Freiheit und Eigentum entstand40• Nach der gescheiterten Revolution von 1848/49 konnte es zwar nicht mehr darum gehen, die Monopolisierung der Staatsgewalt bei den Landesherren zu beseitigen, zumindest aber sollte die Individualsphäre der bürgerlichen Gesellschaft durch eine Beteiligung der bürgerschaftliehen Repräsentativorgane an den sie betreffenden Entscheidungen, d.h. vor allem bei Eingriffen in "Freiheit und Eigentum" vor Willkürakten der Landesherren größeren Schutz finden. Die Ablösung des sich durch kollektive Wohlfahrt legitimierenden, aufgeklärten "Polizeystaats" durch den liberalen Konstitutionalismus gründete ideengeschichtlich auf einem veränderten, nämlich individualen Verständnis von Freiheit, "nach dem man frei ist, wenn man nur Gesetzen gehorcht, an deren Zustandekommen man beteiligt ist." 41 Vor diesem Hintergrund und unter den Bedingungen eines seit 1919, unbezweifelbar aber seit 1949 demokratisch durchgängig legitimierten Staatsaufbaus ist ein generelles Festhalten am klassischen Konzept des Vorbehalts des Gesetzes fragwürdig geworden. Einen verfassungsdogmatischen Ausweg hätten die vereinzelt angestellten Überlegungen geboten, nach denen die Wesentlichkeitslehre nicht als Ausdehnung, sondern als neue, den klassischen Eingriffsvorbehalt ablösende Definition des Vorbehalts des Gesetzes zu verstehen sei42; diese Konzeption vermochte sich jedoch nicht durchzusetzen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat dahin gehende Erwägungen aus der Entscheidung zum Sexualkundeunterricht nicht wieder aufgegriffen43 . Aus der Sicht des betroffenen Bürgers stellt sich jeder Eingriff in "Freiheit und Eigentum" zugleich als Eingriff in seine allgemeine Handlungsfreiheit dar. Die von der h.M. postulierten unterschiedlichen Vorbehaltsstandards des grundrechtliehen Gesetzesvorbehalts und des allgemein rechtsstaatliehen Vorbehalts des Gesetzes lassen sich jedoch nicht damit begründen, daß die

40

S. dazu Nachweise hier Fn. 19.

41 So

die Formulierung von Ellwein/J.J. Hesse, Regierungssystem, S. 448.

Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, S. 393 ff (im Nachwort zur 2. Auflage); zustimmend Ossenbühl, HdbStR ill, S. 342. 42

43 Dort hieß es nach Ausführungen zum Schulrecht: "Als entscheidender Fortschritt dieser Rechtsauffassung ist es anzusehen, daß der Vorbehalt des Gesetzes von seiner Bindung an überholte Formeln (Eingriff in Freiheit und Eigentum) gelöst und von seiner demokratisch-rechtsstaatlichen Funktion her auf ein neues Fundament gestellt wird, auf dem aufbauend Umfang und Reichweite dieses Rechtsinstituts neu bestimmt werden können" (BVerfGE 47, 46(78 f). Kritisch dazu Kloepfer, JZ 1984, 685/689. Die Entscheidung betraf das sog. besondere Gewaltverhältnis, weshalb Ossenbühl, aaO, S. 337 Fn. II 0, eine hierauf gestützte allgemeine Aussage für unzulässig hält.

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grundrechtliehen Gesetzesvorbehalte gegen den Gesetzgeber gerichtet seien, der allgemeine Eingriffsvorbehalt aber das Bestimmungsrecht des Gesetzgebers wahren solle44 . Auch die Prärogative des Gesetzgebers ist - wie das Prinzip der Gewaltenteilung überhaupt - kein Selbstzweck, sondern gründet auf der Rückbindung der staatlichen Macht an den Volkswillen. Diese RUckbindung ist die staatsrechtliche Ausformung des gewandelten Freiheitskonzeptes. Wie die grundrechtliehen Gewährleistungen dienen auch die rechtsstaatlichen Beschränkungen staatlicher Machtentfaltung an zentraler Stelle der Sicherung von Freiheit und stehen daher in enger Verknüpfung zum Demokratieprinzip - und zwar als dessen Schranke. Auch der rechtsstaatliche Vorbehalt des Gesetzes existiert nicht um des Gesetzgebers willen, sondern um den Rechtsunterworfenen vor Eingriffen zu schützen, an deren personaler Legitimation er nicht beteiligt war. Eine Isolierung des Vorbehalts des Gesetzes vom Demokratieprinzip verbietet sich deshalb. Versteht man auch den klassischen Vorbehalt des Gesetzes als Einschränkung des Demokratieprinzips, kommt es zunächst darauf an, inwieweit die Betroffenen an der Legitimation der Entscheidung beteiligt sind. Insoweit vermittelt das dualistischen Demokratiekonzept der Verfassung - wohlgemerkt im Bereich der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft - eine vollgültige demokratische Legitimation der Entscheidungen der kommunalen Gebietsvertretungen, welche auch die Freiheitsverwirklichung nicht a priori gemeindlicher Willensbildung entzieht. Die Gründe, die für weitgehende Gesetzesvorbehalte (Stichwort: Totalvorbehalt)45 ins Feld geführt werden - Öffentlichkeit des parlamentarischen Verfahrens und der Verkündung, Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle, Justitiabilität, klare Rechtsansprüche46 - mögen zwar gegenüber der staatlichen Verwaltung greifen, nicht aber gegenüber den kommunalen Gebietskörperschaften. Hier folgt die Willensbildung im Grundsatz den gleichen Prinzipien. Deshalb führt das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung zum kommunalen Ausländerwahlrecht im Hinblick auf Art 28 I 2 GG aus47 ,

44

So aber Ossenbühl, HdbStR III, S. 325.

Vgl. Jesch, Gesetz und Verwaltung, S. 175 ff, der einen Totalvorbehalt au& dem Demokratieprinzip ableitete; anders in der Begründung Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, S. 113 ff, der die Vorbehaltsfrage als rechtsstaatliches Problem versteht. 45

46

Herzog, in Maunz/Dürig, GG, Art. 20 VI Rn. 70 ff m.w.N.

47

BVerfGE 83, 37/53.

3. Direkte Verhaltenssteuerung durch Gebots· und Verbotsvorschriften

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"daß die Grundentscheidung der Verfassung für die Prinzipien der Volkssouveränität und der Demokratie sowie für ein demokratisches Wahlverfahren nicht nur auf Bundes- und Landesebene gelten sollen, sondern auch in den Untergliederungen der Länder, den Gemeinden und Gemeindeverbänden".

Die Grenzlinie satzungsmäßiger Freiheitsbegrenzung wird erst dann erreicht, wenn die Betroffeneninteressen im kommunalen Willensbildungsprozeß nur defizitär Beteiligung finden. Insoweit ist auf die mehrfach ausgeführten Bedingungen abzustellen48 • Argumente für die Anhindung des Vorbehalts des Gesetzes an die Partizipationschancen im Willensbildungsprozeß, mithin an demokratische Legitimation, lassen sich dem rechtsstaatlich gebotenen Gewaltenteilungsprinzip auch im Hinblick auf das Verhältnis der Selbstverwaltungsorgane zur staatlichen Exekutive entnehmen. Gewaltenteilung zielt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht auch darauf ab, "daß staatliche Entscheidungen möglichst richtig, das heißt von Organen getroffen werden, die dafür nach ihrer Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen verfügen"; einen "Gewaltenmonismus" kenne das Grundgesetz nicht49• Dies muß gerade für die kommunale Selbstverwaltung gelten, die institutionell herausgehoben in Art. 28 li GG verbürgt ist, und deren Vertretungskörperschaften im Gegensatz zur staatlichen Verwaltung personell unmittelbar demokratisch legitimiert sind, so daß eine Begrenzung der Rechtsetzungsbefugnis für die Satzungsautonomie weniger geboten ist als für die staatliche Exekutive. Daftir sprechen auch die eingeschränkten Bestimmtheitserfordemisse bei Satzungsermlichtigungen. Gerade in dem sensiblen Bereich des Abgabenrechts, in dem der Gesetzgeber die wesentlichen Tatbestände, aus denen sich die Abgabepflicht ergibt, mit "hinreichender Genauigkeit" bestimmen müssen soll50, regeln die Ermächtigungen zu Abgabensatzungen in den KAG Inhalt, Zweck und Umfang "nicht einmal in ihren Grundrissen" 51 • Auch die allgemeinen Ermächtigungen zur Einführung eines Anschluß- und Benut-

41

Eingehend oben S. 100 ff.

BVerfGE 68, 1/86, 87; s. auch E 49, 89/124 ff; sowie BVerwGE 72, 300/317. Zwn sog. "Verwaltungsvorbehalt" Maurer und Schnapp, VVDStRL 43 (1985), S. 135 ff bzw. 179 ff sowie Schröder, DVBI. 1984, S. 814 ff. 49

so Vgl. BVerfGE 19, 253/267; 49, 343(362; dazu K. Stern, Staatsrecht I, S. 807 rn.w.N. st So Bleckmann, DVBl. 1987, 1085.

192

ll. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

zungszwanges bei kommunalen Einrichtungen bleiben ähnlich vage52. Hier gehen die Parlamentsgesetze über die bloße Ermächtigung an sich nicht hinaus und überlassen den Ausgleich der grundrechtsrelevanten Positionen letztlich der kommunalen Willensbildung. Dem trägt die allgemeine Ansicht dadurch Rechnung, daß die Maßstäbe des Bestimmtheilsgrundsatzes nach Art. 80 I 2 GG im Gegensatz zu den vorliegend nicht interessierenden Verordnungsermächtigen53 weder direkt noch entsprechend auf die kommunale Satzungsermächtigung anwendbar sind54. Im Ergebnis der vorstehenden Ausführungen ist hinsichtlich des Vorbehalts des Gesetzes eine Differenzierung geboten: Soweit die Zuständigkeitsordnung der Verfassung Entscheidungen dem gemeindlichen Willensbildungsprozeß überläßt (Art. 28 li GG), und soweit weder spezielle Freiheitsgrundrechte55 noch der mit der Wesentlichkeitslehre umschriebene demokratischrechtsstaatliche Vorbehalt des Gesetzes eine formal-gesetzliche Ermächtigung erfordern, muß der allgemeine Vorbehalt des Gesetzes zurücktreten. Insoweit kann er der gemeindlichen Satzungshoheit nicht entgegengehalten werden. Hier verwirklicht sich der Unterschied zwischen dekonzentrierter Normsetzungermächtigung an Stellen der bürokratisch-hierarchisch organisierten staatlichen Exekutive und der Ermächtigung eines bestimmten Kreises von Bürgern, ihre eigenen Angelegenheiten dezentral durch eigene demokratisch legitimierte Organe zu regeln. Davon unbeschadet bleibt selbstverständlich die Befugnis des Parlamentsgesetzgebers, innerhalb der verfassungsmäßigen Kompetenzordnung den

Sl Vgl. GO§ II I BW, Art. 24 I I Nr. 1 Bay, § 19 II Hess, § 8 Nr. I Nds, § 19 NRW, § 26 RP, § 22 KSVG Saar!. § 17 SH, s. auch § 15 SVG DDR. Dies führt insbesondere im Hinblick auf die Zulässigkeil von haftungsrechtlichen Freizeichnungsklauseln zu Rechtsunsichemeit; dazu Reifer, BayVBI. 1990, 711 ff m.N. zur divergierenden Rechtsprechung.

SJ Hier werden staatliche Aufgaben als Fremdverwaltung auf dekonzentrierte Verwaltungsstellen übertragen; dazu Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 615.

54 BVerfGE 12, 3191325 ständige Rechtsprechung; s. nur E 33, 125/157 ff m.w.N. sowie BVerwGE 6, 247/249 ff; 27, 303/304. Dazu Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 148; Schmidt·Aßmann, Kommunale Rechtsetzung, S. 8; Hili, 58 DJT, D 20; s. auch Kunig, Rechsstaatsprinzip, S. 179 f, 330 ff. Zu den besonderen Anforderungen bei Strafbewehrungen BVerfGE 32, 3461362 und Menger, VerwArch 63 (1972), 447 ff.

ss Die gerade für den Umweltschutz relevanten Grundrechte stehen, wie oben S. 182 f gezeigt, nicht unter dem Vorbehalt eines formellen Gesetzes, sondern nur unter einem Rechtssatzvorbehalt. Dies ist Schmidt-Aßmann, FS Sendler, 121/131 f, zu entgegnen, der zur Begründung des klassischen Eingriffsvorbehalts generalisierend das "allgemeine Verteilungsprinzip zwischen grundrechtlicher Freiheit und gebundener staatlicher Kompetenz (Art. 1 Abs. 3 GG)" in Anspruch nehmen will.

3. Direkte Verhaltenssteuerung durch Gebots- und Verbotsvorschriften

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kommunalen Gebietskörperschaften für die Erledigung ihrer Aufgaben Vorgaben zu machen, an welche die Gemeinden im Rahmen des Gesetzesvorrangs gebunden sind. Dabei hat der Gesetzgeber die oben ausgeführten Grenzen des Selbstverwaltungsrechts für die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu beachten.

c) Rechtsstaatliche Instrumente der Sicherung rechtmäßiger Satzungsgebung Wenn nach der hier vorgetragenen Konzeption der allgemeine klassische Vorbehalt des Gesetzes den Entscheidungen der kommunalen Vertretungskörperschaften wegen deren demokratischer Legitimation nicht entgegengehalten werden kann, so folgt dieser Begründungsstruktur zugleich - ebenso wie der Schrankensystematik des Art. 2 I GG- ein "Vorbehalt der Satzung". Belastende Einzelakte müssen sich daher unbeschadet der ausgeführten weitergehenden Gesetzesvorbehalte zumindest auf eine satzungsmäßige Ennächtigung stützen lassen. Darüber hinaus kommt den Vertretungskörperschaften aufgrund ihrer unmittelbaren Volkswahl eine politische Leitfunktion zu, so daß ähnlich der staatsrechtlichen Wesentlichkeitslehre "alle für die Gemeinde wichtigen Entscheidungen" (vgl. § 27 I GO SH) unabhängig von ihrem Eingriffscharakter unter einem "Ratsvorbehalt" stehen. Dies ist ebenso aus Gründen der Rechtssicherheit und Regelungsklarheit zu verlangen56• Soweit hiernach auch belastende Regelungen in die kommunale Kompetenz fallen, obliegt die Abgrenzung der individuellen Freiheitsräume dem gemeindlichen Willensbildungsprozeß. Dies mag insbesondere für kleine Gemeinden eine Herausforderung an die juristische Kompetenz zur Folge haben57, schon weil der rechtsstaatliche Anspruch der Normunterworfenen auf Rechtssicherheit es verbietet, eine effektive Gewährleistung rechtmäßiger Entscheidungen erst aufsichtsrechtlicher oder verwaltungsgerichtlicher Kontrolle zu überantworten. Gleichwohl sind die gemeindlichen Vertretungskörperschaften schon jetzt dieser Aufgabe mannigfaltig ausgesetzt. Wie gezeigt, obliegt bereits nach der bisherigen Auffassung die Abgrenzung selbst grundrechtlich verbürgter Freiheitsräume vielfaltig der gemeindlichen Willensbildung, indem entweder die grundrechtliehen Gesetzesvorbehalte auch satzungsmäßige Schrankenziehung erlauben oder aber die einfachgesetzlichen

56 Zwn "Ratsvorbehalt" GöMenwein, Gemeinderecht S. 149 f; Schmidt-Jottzig, ZG 1987, 193/200; Hili, 58. DIT, D 89.

57

Zu einer möglichen Überforderung der Entscheidungsträger Schink, ZG 1986, 33/51 f.

13 Haaß

m. Teil

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Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

Ermächtigungen so generell gehalten sind, daß die Abgrenzung individueller Freiheitsräume faktisch dem gemeindlichen Willensbildungsprozeß zugewiesen ist58 . Schon jetzt bedienen sich die Gerneinden zur Ergänzung der innergemeindlichen Rechtrnäßigkeitskontrolle59 kompetenter Hilfestellung seitens ihrer Spitzenverbände. Neben direkter Beratungsleistung sind es vor allem empfehlende Satzungsrnuster, die fehlsarne gemeindliche Entscheidungen präventiv vermeiden helfen können 60• Nach der Untersuchung von Schink folgen die gemeindlichen Vertretungsorgane um so eher diesen Mustern, je spezieller und juristisch komplizierter die Regelungsmaterie und je kleiner die Gemeinde ist. Zwar birgt die Verwendung von Satzungsmustern die Gefahr einer dem Zweck des Selbstverwaltungsrechts konträren Vereinheitlichung des Ortsrechts, gleichwohl bleibt es im Gegensatz zu detailliert vorherbestimmenden Ermtlchtigungen bei originärer kommunaler Rechtsetzung. Positiv wirken sich zudem Alternativregelungen in den Mustern aus, wodurch erweiterte Entscheidungsalternativen in den Blick der Vertretungsgremien gelangen können. Der Vermeidung rechtswidriger kommunaler Entscheidungen dienen auch die staatlichen Mustersatzungen, denen allerding ein höheres Maß an Bindungswirkung zukommt, als es bei den Satzungsmustern der kommunalen Spitzenverbände der Fall ist. Die Bindungswirkung kann unmittelbar gesetzlicher Anordnung (etwa § 145 S. 2 GO BW) oder staatlicher Verbindlicherklärung folgen 61 . Auch kann sie sich aus der Verknüpfung mit aufsichtsrechtlichen Genehmigungserfordernissen ergeben. So kann die Verwendung der Mustersatzung Genehmigungserfordernisse entfallen lassen oder umgekehrt

58 Neben den hier bereits erwähnten Ermächtigungen zu Abgabensatzungen und zur Anordnung eines Anschluß- und Benutzungszwanges gilt dies vor allem für das Bauplanungsrecht, das zwar die abwägungserheblichen Belange sowie Abwägungsziele und -Ieitlinien in § 1 IV-VI BauGB einfachgesetzlich normiert, die planensehe Austarierung der betroffenen Freiheitsräume jedoch wegen der eingeschränkten Rechtmäßigkeilskontrolle weitgehend den Gemeinden zuweisL

59

Dazu Hili, 58. DIT, D 9 f sowie Stroeßenreuther, Die behördeninterne Kontrolle, passim.

Dazu die rechtstatsächliche Untersuchung von Schink, ZG 1986, 33 ff, welche Schoch, NVwZ 1990, 801/804 veranlaßt, insoweit von einer "faktischen Determinierung" der Ratsentscheidungen zu sprechen. Beispiele von Mustersatzungen bei Schink, S. 37 f. 60

61 Alle anderen GO ermächtigen - mit abweichenden Details - staatliche Stellen jedenfalls bestimmte, zumeist haushaltsrechtliche Satzungsmuster verbindlich vorzulegen; ArL 123 ll Bay, § 154 IV Hess, § 142 II Nds, § 119 ill 2 NRW, § 116 ll 2 RP, § 221 IV 2 SaarlKSVG, § 135 IV SH.

3. Direkte Verhaltenssteuerung durch Gebots- Wld Verbotsvorschriften

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eine Abweichung die Genehmigungspflicht auslösen62• Damit ist ein weiteres Sicherungsinstrument angesprochen, welches rechtlich fehlsame Entscheidungen zu verhindem geeignet ist: die staatliche sowie die verwaltungsgerichtliche Kontrolle von gemeindlichen Satzungen. Präventiv ist dem eine Beratung der Selbstverwaltungsorgane durch die Aufsichtsbehörden vorgelagert, welche insbesondere bei kleineren Gemeinden auch in der Praxis große Bedeutung zu kommt63• Satzungen unterfallen darüber hinaus wie alle Selbstverwaltungsäußerungen der aufsichtsrechtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle, deren Maßstab das gesamte höherrangige Recht bildet (Art. 20 III GG). Diese Rechtmäßigkeitskontrolle ist von solcher Dichte, daß die Frage, inwieweit Einschränkung geboten sein könnten, Gegenstand der Beratungen des 58. DJT (München 1990) war64• Obschon das gemeindliche Satzungsrecht vom Grundsatz der Genehmigungsfreiheit beherrscht wird65, bestehen über weite Strecken umfangreiche Genehmigungsvorbehalte66, welche eine antizipierte Rechtskontrolle gewährleisten. Zudem sehen die meisten Kommunalgesetze eine Vorlagepflicht für Satzungen vor67, deren Verletzung allein jedoch nicht das rechtswirksame Zustandekommen der Satzung verhindert, sondern nur aufsichtsrechtliche Konsequenzen hat68. In einigen Ländern gelten die vorgelegten Satzungen nach einer beanstandungslos verstrichenen Frist als genehmigt (vgl. auch § 11 III BauGB)69. Schließlich finden Satzungen auch eine repressive Rechtmäßigkeitskontrolle, wenn die Satzungsbetroffenen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. 61 So z.B. Art. 2 ill 2 BayKAG; dazu Hili, 58. DIT, D 27 sowie Schmidt-Jortzig, DVBI. 1990, 920/923 m.w.N. 63 Zu Aufsichtsrecht und -praxis Bracker, FG von Unruh, 1983, S. 459 ff, insbesondere S. 466 ff; von Mutius, 53. DJT, 79 ff, 201 ff; Hill, 58. DJT, D 29 f.

64 S. dazu insbesondere die kritische Analyse von Hili, Gutachten D 28 ff, 41 ff, rechtspolitische Entwicklungsvorschläge D lOS ff; sowie die Begleitaufsätze von (u.a.) J. Ipsen, JZ 1990, 789, 793 ff; Schmidt-Jortzig, DVBI. 1990, 920, 922 ff; Schoch, NVwZ 1990, 801, 805 ff; kritisch zur Effizienz Oerder, NJW 1990, 2104/2105. Zu den aufsichtsrechtlichen Befugnissen entsprechend den Aufgabenkategorien s. oben S. 118 ff.

65 Allgemeiner Grundsatz, vg1. Hili, 58. DJT, D 32; ausdrücklich § S I 2 HessGO, § 6 ill NdsGO, § 4 I 2 GO NRW, § 12 11 I Saar!KSVG. 66

Nachweise gibt Humpen, Genehmigungsvorbehalte, S. 17 ff.

GO An. 25 Bay ("sollen"),§ 4 lli 3 BW, § SI 2 Hess, § 6 IV 2 Nds, § 24 112 RP, § 12 Il 2 Saar!KSVG; s. auch §.5 ill 3 SVG DDR vom 17.5.1990. 67

68

Hili, 58 DJT, D 30 m.w.N.

In Hessen und Niedersachen nach drei Monaten (§ 143 I 3 HessGO, 133 I 2 NdsGO), in Rheinland-Pfalz nach einem Monat (§ 119 I 2 GO RP). 69

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ill. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

Insoweit kommt dem behördlichen Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) bei Selbstverwaltungsangelegenheiten im Hinblick auf § 73 I 2 Nr. 3 VwGO jedoch nur eine untergeordnete Rolle zu. Dagegen entfaltet die repressive Kontrolle durch die Verwaltungsrechtsprechung - entweder im Verfahren nach § 47 I VwG070 oder inzidenter, wenn Vollzugsakte streitgegenständlich sind - ein erhebliches SteuerungspotentiaL Damit wird nicht nur die Rechtswidrigkeit im Einzelfall korrigiert, vielmehr entfaltet die gerichtliche Entscheidung "eine Breitenwirkung, die im Effekt der Normsetzung mitunter nahekommt" 71 , vor allem dann, wenn Regelungen von häufig verwendeten Satzungsmustern kassiert werden. Dies vermittelt den von einer Satzung direkt oder mittelbar Betroffenen weitgehenden Rechtsschutz. Zugleich führt dies jedoch zu einer Beeinträchtigung der Rechtssicherheit Satzungen sind als Rechtsnormen grundsätzlich ohne äußere Bestandskraft, sie sind unbefristet angreifbar72• Auch entfalten Satzungen anders als Verwaltungsakte (§ 43 VwVfG) keine innere Bestandskraft Hier können insbesondere Änderungen der Rechtsprechung weittragende Konsequenzen sowohl für die Gemeinden als auch für die Satzungsunterworfenen zeitigen. Der diesbezüglich erhobenen Forderung, beabsichtigte Rechtsprechungsänderungen im Interesse größerer Rechtssicherheit durch obiter dicta anzuzeigen73, ist in verschiedenen jüngeren Entscheidungen ebenso wie der rechtspolitisch gewünschten Zulassung rückwirkender Regelungen nach der Kassation nichtiger Satzungen Rechnung getragen worden74• Zusammenfassend können daher die rechtsstaatliehen Sicherungsinstrumente als hinreichend effektiv und damit zielkonform bewertet werden. Das hier entwickelte Konzept einer Verknüpfung der Eingriffskompetenz mit der gemeindlichen Aufgabenzuständigkeit nutzt die Integrationsressourcen gemeindlicher Willensbildung, ohne daß die Gefahr probleminadäquater Ergeh-

70

Zur rechtspolitischen Weiterentwicklung Hili, 58. DJT, D 105 ff.

So Schoch, NVwZ 1990, 801/804, nach dem Gerichte partiell zu Ersatzgesetzgebern mutieren (S. 81 0). 71

72 Einfachgesetzlich sind teilweise abweichende Regelungen vorgesehen; vgl. § 215 BauGB, ähnlich auch § 4 VI GO NRW. Zur Problematik von Mutius, 53. DJT, E 146 {sowie Oerder, NJW 1990, 2104 f. 73

Schmitt, in Dokumentation zum 7. Deutschen Verwaltungsrichtertag, 106/117.

Entsprechende Hinweise geben etwa OVG Koblenz, DÖV 1990, 292/294; VGH Mannheim, VBIBW 1990, 103/109; zu rückwirkenden Satzungen BVerwG, Urteil vom 7.4.1989, 8 C 83/ 87=NVwZ 1990, 168 und VGH München, NVwZ-RR 1990, 106; w.N. bei Schoch, NVwZ 1990, 801/810, Fn. 163 bzw. 159. 74

4. Umweltfreundliche Bedatfsdeckung

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nisse durch mangelhafte Berücksichtigung der Entscheidungsfolgen außer acht gelassen würde. Da zum einen schon die Aufgabenzuständigkeit an die Entscheidungsrationalität gebunden ist75 , zum anderen sowohl die Grundrechtsordnung als auch die Wesentlichkeitslehre eine frühzeitige gesamtstaatliche Entscheidungsverantwortung auslösen, sollte die Konsequenz des Verzichts auf den klassischen Vorbehalt des Gesetzes gegenüber gemeindlichen Satzungen nicht überbewertet werden.

4. Umweltfreundliche Bedarfsdeckung Ebenso wie private Haushalte können auch die öffentlichen Haushalte bei der Deckung ihres Bedarfs an Produkten und Leistungen 1 prinzipiell Umweltschutzbelange berücksichtigen. Als "umweltfreundlich" gelten Produkte, die weniger umweltbelastend sind als andere2• Bei der Beschaffung eines Produktes kann die Umweltfreundlichkeit dabei als Qualitätskriterium entweder im Bedarfsgegenstand selbst liegen - dieser kann z.B. lännarm, abgasfrei, langlebig, wiederverwendbar oder aus Reststoffen hergestellt sein - oder sich aus einem umweltfreundlichen Herstellungsverfahren ergeben. Öffentliche Bedarfsdeckung kann aber auch dadurch als Umweltschutzinstrument eingesetzt werden, daß die Auftragsvergabe von produktfremden Maßnahmen beim Anbieter abhängig gemacht wird (Koppelung, Konditionierung). Hier wäre etwa an Umweltschutzmaßnahmen zu denken, die über das gesetzlich Pflichtige hinausgehen. Da - jedenfalls bisher in den alten Bundesländern - etwa die Hälfte aller öffentlichen Bedarfsdeckungsausgaben von kommunalen Stellen getragen werden, kommt dieser Nachfrage ein erhebliches ökonomisches Steuerungspotential zu3 • Es ist allerdings nicht allein das finanzielle Volumen dieser Nachfrage, welches den Steuerungseffekt beeinflußt, vielmehr können Pilotund Demonstrationsprojekte und die damit verbundene Öffentlichkeitswir-

75

Durch das Kriterium der "Ordnungsgemäßheit"; vgl. oben S. 100 ff.

Zum Begriff und zum Untetfall der Auftragsvergabe Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 202. 1

2

3

So die lapidare Definition von Hucke, HdUR li, Sp. 75.

E. Müller, in Zimmermann/Hucke, Umweltschutz - was können die Gemeinden tun?, S. 241 f. Zur ökonomischen und politischen Bedeutung Wallerath, Öffentliche Bedatfsdeckung, S. 39 ff bzw. 140 ff sowie zur Größenordnung des Fiskalhandeins insgesamt Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 15 ff. Zur kommunalen Vergabepraxis UBA, Hdb. Umweltfreundliche Beschaffung, S. 29 ff.

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m. Teil

Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

kung auch mittelbar als politischer Hebel dienen, die Anbieter zur Entwicklung umweltfreundlicher Alternativen zu bewegen. Deshalb wird umweltfreundlicher Bedarfsdeckung eine erhebliche innovative Wirkung beigemessen, welche zudem die Markteinführung umweltfreundlicher Produkte erleichtern hilft. Nicht zuletzt kommt dem Verhalten der öffentlichen Hand auch eine Vorreiter- und Vorbildfunktion zu. Andererseits stößt eine umweltorientierte Bedarfsdeckungspolitik an vielfältige faktische Grenzen4 • Hier sind es natürlich zunächst die fiskalischen Zwänge, die vor allem dann, wenn umweltfreundliche Produkte betriebswirtschaftlich teurer sind als andere, die Beschaffungsstellen politisch und rechtsaufsichtlich erhöhtem Begründungsdruck aussetzen. Aber auch die Struktur der öffentlichen Nachfrage (Produktstruktur, zersplitterte Nachfrage, Beschaffungsroutinen) begrenzt ebenso wie die Struktur der örtlich verfügbaren Angebote die Steuerungseffizienz. Zudem stellen sich hinsichtlich der Umweltfreundlichkeit des konkreten Produkts mannigfaltige Bewertungsprobleme, dies vor allem wenn die Herstellungs- und Entsorgungsbedingungen Eingang in die Überlegungen finden sollen. Entsprechend der vorliegenden Fragestellung soll nur untersucht werden, inwieweit Umweltschutzbelange in die kommunale Bedarfsdeckungspraxis einfließen dürfen bzw. müssen; die sonstigen Regelungen des Vergaberechts bleiben hier unberücksichtigt5 • Dabei werden zunächst die produkt- bzw. produktionsbezogenen Anforderungen an das Leistungsprofil (a) und sodann die Koppelbarkeil öffentlicher Aufträge an produktfremden Maßgaben (b) untersucht. a) Zulässigkeil produkt- bzw. produktionsbezogener Anforderungen

Die Zuständigkeit für die öffentliche Bedarfsdeckung folgt als Annex der allgemeinen Verwaltungskompetenz. Für das gemeindliche Beschaffungswesen bietet das Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 li GG) die verfassungsrecht-

4 Dazu ausfilhrlich Hucke u.a., Umweltschutz in der öffentlichen Vergabepolitik, UBA Texte 3/81, S. 41; Neitzel/Schäfer, Beschaffungspolitik, in Hucke/Ueberhorst, Kommunale Umweltpolitik, S. 245 ff, insbesondere 254 ff.

s Dazu aus verfassungsrechtlicher Sicht Pietzcker, Staatsauftrag, insbesondere S. 361 ff; Wallerath, Öffentliche Bedarfsdeckung, insbesondere S. 221 ff, 393 ff sowie Überblick bei W. Stern, WiVerw 1984, 69 ff; Rittner, Rechtsgrundlagen, S. 39 ff; Gusy, JA 1989, 26 ff; Rengeling, FS Lukes, S. 172 ff und speziell aus kommunal- und gemeinschaftsrechtlicher Sicht Altenmüller, DVBl. 1982, 241 ff sowie von Ameln, Städtetag 1989, 7 ff.

4. Umweltfreundliche Bedarfsdeckung

199

liehe Grundlage, welches den Gemeinden als Ausfluß der Organisationshoheit (u.a.) die selbständige und eigenverantwortliche Ausstattung mit den erforderlichen sachlichen Mitteln verbürgt6• Da die Beschaffung als privatrechtliche Einigung zwischen dem Bedarfsträger und dem Produktanbieter qualiftziert wird (Staat als "Kunde"), unterfällt sie grundsätzlich der Privatautonomie7 • Rechtlichen Bindungen sind die Gemeinden insoweit nur nach dem Gesetzesvorrang (Art. 20 III GG) unterworfen. Die Berücksichtungsfllhigkeit umweltorientierter Maßgaben bei der gemeindlichen Beschaffung bemißt sich nach dem Vergaberecht (aa), d.h. insbesondere nach den Verdingungsordnungen (wobei vorliegend in erster Linie die VOL/A einschlägig ist) sowie den haushaltsrechtlichen Grundsätzen (bb) 8• Darüber hinaus gehen verschiedene Regelungen, welche eine Berücksichtigungspflicht bestimmter Umweltbelange bei der Bedarfsdeckung anordnen (cc). aa) Vergaberechtliche Vorschriften Die größte Regelungsdichte weisen die Verdingungsordnungen auf, die jedoch an sich nur unverbindliche Regelungsvorschläge darstellen und erst durch Erlaß zu Verwaltungsvorschriften werden9 Dies ist durchgängig mit einer dreistufigen Verweisungstechnik geschehen. Alle Gemeindeordnungen enthalten Ermächtigungen, die Vergabe- und Lieferbedingungen im Verordnungswege zu regeln 10• Davon ist in allen Ländern mit Kommunal- bzw.

6 Altenmüller, DVBJ. 1982, 241/242; Gusy, JA 1989, 26/27; Stober, Kommunalrecht, S. 31 f m.w.N. 7 So die ganz h.M.; s. nur Rengeling, PS Lukes, S. 170 und von Ameln, Städtetag 1989, 7 Fn. 3 Geweils m.w.N.). Auch soweit das fiskalische Handeln des Staates Einwänden ausgesetzt ist (dezidiert bereits Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 323 ff; Überblick zur Diskussion bei Kempen, Formenwahlfreiheit, S. 85 ff m.w.N.), blieb die öffentliche Bedarfsdeckung "bemerkenswert unangefochten" (Wallerath, Öffentliche Bedarfsdeckung, S. 64). Eine andere Frage ist, ob auch der privatrechtlich handelnde Staat öffentlich-rechtlichen Bindungen unterworfen ist; dazu weiter unten. 8 Die im folgenden zitierten Vorschriften - das betrifft insbesondere die Verwaltungsvorschriften und ihre amtlichen Erläuterungen - sind mit Fundstellen wiedergegeben bei Michaelis/Rhösa, Preisbildung bei öffentlichen Aufträgen, Text-Teil li Nr. 4 und 7, Loseblatt Stand 12/1990 sowie der Textausgabe VOL/A, hrsg. von Daub/Eberstein, 23. Auf!. 1984.

9 Rengeling, FS Lukes, S. 170; Eberstein, in Daub/Eberstein, Kommentar VOL/A, Einf. Rn. 33 ff; Hucke u.a., Umweltschutz, UBA Texte 3/81, S. 89 f. Die Vorläufige Verwaltungsvorschrift-BHO zu § 55 spricht in Nr. 3 von "Dienstanweisungen an die Beschaffungsstellen". Für eine begrenzte Außenwirkung dieser Vorschriften aber Pietzcker, Staatsauftrag, S. 387. 10 GO Art. 123 li Nr. 3 Bay; § 144 S. 1 Nr. 21 BW; § 154 ill Nr. 6 Hess; § 142 I Nr. 6 Nds; § 119 li Nr. 6 NRW; 116 I Nr. 6 RP; § 221 I Nr. 8 KSVGSaarl; § 135 li Nr. 7 SH.

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ill. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

Gemeindehaushalts-Verordnungen Gebrauch gemacht worden, und zwar vermittels einer weiteren Ermächtigung, wonach bei der Vergabe diejenigen Vergabegrundsätze anzuwenden sind, welche die Innenminister in den Amtsblättern bekannt geben 11 • Hier nun sind die VOB in allen und die VOL in den meisten Ländern als Verwaltungsvorschrift verbindlich gemacht worden12. Die EinbeziehbarkeiL von Umweltbelangen in die Beschaffung regelt die VOL/A entsprechend der Vergabephasen. Zunächst ordnet § 4 für bestimmte Vergabeentscheidungen eine Markterkundungspflicht an. In den amtlichen "Einführenden Hinweisen" heißt es hierzu, daß diese Vorschrift "den Auftraggeber veranlassen soll, im Vorfeld einer wettbewerbliehen Vergabe die Marktverhältnisse auch unter innovatorischen und umweltfreundlichen Gesichtspunkten zu durchleuchten". Dabei ist jedoch eine formalisierte Umweltverträglichkeitsprüfung - wie nunmehr im Anlagenrecht (UVPG) - vergaberechtlich nicht verlangt. Von zentraler Bedeutung für eine umweltfreundliche Beschaffung ist die Frage, inwieweit die Umweltverträglichkeit als Qualitätsmerkmal der nachgefragten Leistung definiert werden kann. Dies bemißt sich zunächst nach den Vorschriften der Leistungsbeschreibung. Hier bestimmt § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOL/A, daß an die Beschaffenheit der Leistung "ungewöhnliche Anforderungen" nur soweit zu stellen sind, wie es unbedingt notwendig ist. Heute wird man produkt- bzw. produktionsbezogene Umweltschutzanforderungen als Qualitätskriterium einer Leistung nicht mehr als etwas Ungewöhnliches betrachten können 13• Die amtlichen Erläuterungen zu § 8 Nr. 3 Abs. 1 vermeiden14 eine ausdrückliche Stellungnahme, sondern bestimmen nur, daß an die gewünschte Leistung unter Beachtung des haushaltsrechtlichen Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nur solche Anforderungen zu

11 KommHVO § 31 ll Bay; GemHVO § 31 ll BW, NRW, RP, Saarl; § 30 II Hess; § 32 II Nds; § 29 ll SH. 12 Dazu von Ameln, Städtetag 1989, 8; Altmüller, DVBI. 1982, 241; Ingenstau/Korbion, Kommentar VOB, Einl. Rn. 18 und 100. Diese VeJWeisungtechnik ist im Hinblick auf das SelbstveJWaltungsrecht Bedenken ausgesetzt (vgl. Rittner, Rechtsgnmdlagen, Rn. 49), von der Rechtsprechung aber gebilligt (vgl. BVeJWG, Beschlu vom 15.3.1989, 7 B 108/88=NVwZ-RR 1989, 377 ff).

13 Nach Zdzieblo, in Daub/Eberstein, Kommentar VOL/A, § 8 Rn. 57, gilt dies bereits als "allgemeine Verkehrsauffassung".

14 Dieses Thema blieb bei der Novellienmg der VOL/A 1985 kontrovers; dazu Zdzieblo, aaO., § 8 Rn. 9.

4. Umweltfreundliche Bedarlsdeckung

201

stellen sind, die zur Aufgabenerfüllung unbedingt notwendig sind, und daß in diesem Rahmen z.B. auch Gesichtspunkte des Umweltschutzes berücksichtigt werden können. Das verwaltungsinterne Entscheidungsverfahren wird durch die Auswahl eines der Leistungsangebote, den Zuschlag, beendet. Insoweit bestimmt § 25 Nr. 3 VOL/A, daß dieser "auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot" zu erteilen ist, wobei es auf den niedrigsten Angebotspreis allein nicht entscheidend ankommt. Damit sind die Beschaffungsstellen grundsätzlich nicht auf das betriebswirtschaftlich "billigste" Angebot verpflichtet, vielmehr hängt die Entscheidung davon ab, welche Kriterien für die Bemessung der "Wirtschaftlichkeit" eines Angebotes zulässig sind. Dies ergibt sich aus den haushaltsrechtlichen Grundsätzen. bb) Der haushaltsrechtliche Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Der allgemeine haushaltsrechtliche Grundsatz wirtschaftlicher und sparsamer Haushaltsführung ist gern. § 6 I i.V.m. § 1 HGrG von Bund und Ländern nach den §§ 6 und 7 I der Haushaltsordnungen in der gesamten Haushaltsführung "zu beachten"; parallel dazu führen es alle Gemeindeordnungen auf15 • Dieser Grundsatz ist konkretisierungsbedürftig und entfaltet keine absolute Bindungswirkung - abweichende, eindeutige Gesetzesbefehle gehen vor16• Ob dieser Grundsatz durch die Kontrollnorm des Art. 114 II GG (bzw. den landesverfassungsrechtlichen Pendants) 17 auch eine verfassungsrechtliche Bindungswirkung entfaltet18 , mag dahin gestellt bleiben, da diese Diskussion vor allem im Bezug auf den parlamentarischen Haushaltsgeber relevant ist19 • Gegenüber der Verwaltung würde auch eine verfassungsrechtliche Vorgabe die einfachgesetzlichen Bindungen nicht verstärken, da bei der Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsbegriffs auch auf der verfassungsrechtlichen Ebene (nicht anders als auf der Ebene der einfachgesetzlichen Konkretisierungen) die staatliche Verantwortung für das Allgemein15 GO Art. 61 II Bay, § 77 II BW, § 92 li Hess, § 82 II Nds, § 62 II NRW, § 93 II RP, § 80 II KSVGSaarl, § 75 II SH. Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 661, spricht von "bindender Richtschnur für das gesamte Haushaltsgebaren". 16

Dommach, in Heuer, KHR, § 7 BHO Rn. 4.

17

Art. 53 II NdsVerl; Art. 86 II Verl NRW; Art. 120 II Verl RP; Art. 106 II SaarlVerl.

So Fischer-Menshausen, in von Münch, GG, Art. 110 Rn. 7 und Art. 114 Rn. 17 und inzident K. Stern, Staatsrecht II, S. 1208. 18

19 Das wird insoweit auch heftig diskutiert; dazu von Amim, Wirtschaftlichkeit, S. 67 ff (w.N. S. 71 Fn. 21).

202

ill. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

wohl bzw. die Staatsziele und Schutzpflichten gerade für den Umweltschutz in die Auslegung einfließen müssen. Speziell für die öffentliche Bedarfsdeckung wird dasjenige Angebot als das wirtschaftlichste definiert, bei dem das günstigste Verhältnis zwischen der gewünschten Leistung und dem angebotenen Preis erzielt wird20• Dabei ist "Wirtschaftlichkeit" die rechtliche Chiffre für die wirtschaftswissenschaftlichen Prinzipien der Kostenminimierung (ein bestimmtes Ergebnis mit möglichst geringem Mitteleinsatz) bzw. der Nutzenmaximierung (mit einem bestimmten Einsatz das bestmögliche Ergebnis), während "Sparsamkeit" den Grundsatz der Ausgabennotwendigkeit (vgl. § 6 BHO/LHO) umreißt21 • Diese Definition macht deutlich, daß es entscheidend auf die Vorgabe desjenigen Zieles ankommt, auf welches hin die Kosten-Nutzen-Relation zu überprüfen ist. Damit stellt sich erneut - hier haushaltsrechtlich - die Frage, inwieweit die Umweltfreundlichkeit eines Produktes als gefordertes Leistungsprofil zulässig ist, und zwar vor allem dann, wenn das umweltfreundlichere Produkt nur um den Preis höherer Anschaffungs- oder Betriebskosten zugänglich ist. Im Gegensatz zu privater Nachfrage, die grundsätzlich nur an privater (betriebswirtschaftlicher) Nutzenrationalität orientiert ist, geschieht jedes staatliche Handeln und damit auch jede öffentliche Nachfrage um der Erfüllung öffentlicher, d.h. allgemeiner Ziele willen. Das verbietet, die Kostenwirksamkeit öffentlicher Bedarfsdeckung nur aus dem Blickwinkel des Jahreshaushaltes der konkreten Bedarfsstelle zu bewerten. Dabei entspricht die Berücksichtigung der zeitlichen Folgekosten schon privater Entscheidungsrationalität Anders als im privaten Sektor hat öffentliche Nachfrage aber die Auswirkungen einer Maßnahme auf andere Aufgabenbereiche, letztlich die gesellschaftlichen Nutzen und Kosten einzurechnen. Im Hinblick auf die in § 7 II BHO/LHO angeordneten Kosten-Nutzen-Untersuchungen für Maßnahmen von erheblicher finanzieller Bedeutung schreibt Nr. 2.1.1 der Vorläufigen Verwaltungsvorschrift-BHO zu § 7 vor, daß diese Untersuchungen über einen bloßen finanzwirtschaftliehen oder betriebswirtschaftliehen Kostenvergleich hinauszugehen haben, "indem sie auch gesellschaftliche Nutzen und Kosten" einbeziehen. Daß sich eine solche Anordnung für einfache Maßnah.men nicht findet, soll dort nicht die gesellschaftliche Verantwortlichkeit öffentlichen Handeins ausschließen, sondern nur den Aufwand eines formali20 So Kulartz, in Daub/Eberstein, Kommentar VOL/A, § 25 Rn. 36. Ähnlich UBA, Hdb. Umweltfreundliche Beschaffung, S. 24 m.w.N. 21 So Nr. l.l Vorläufige Verwaltungsvorschrift-BHO zu § 7; s. auch Gusy, JA 1989, 26/lS. Zum Verhältnis beider Begriffe Dommach, in Heuer, KHR, § 7 Rn. 14.

4. Umweltfreundliche Bedadsdeckung

203

sierten Bewertungsverfahrens, wie es nach § 7 II BHO/LHO für kostenintensive Maßnahmen vorgesehen ist, vermeiden. Eine "Umweltverträglichkeitsprüfung" im Beschaffungsverfahren soll der Bedeutung des Leistungsgegenstandes angemessen bleiben. Beispielhaft läßt sich die Berücksichtigung der Kostenfolgen an der Streusalzverwendung im Winterdienst verdeutlichen22• Auch wenn umweltfreundlicheres Streumaterial im Haushalt der Stadtreinigung zu Mehrkosten führt, so bewirkt die Umstellung z.B. durch Schonung von Bauwerken, Bäumen und des Grundwassers in anderen Teiles des Haushaltes eine Kostenentlastung. Es liegt nahe, Gleiches für die Verwendung von Produkten, welche die Abfallentsorgung entlasten, anzunehmen. Daß dabei u.U. nicht die Beschaffungsstelle, sondern andere Kostenträger (z.B. der entsorgungspflichtige Kreis) entlastet werden, verbietet nicht die Berücksichtigung produktbezogener23 Maßgaben, da die Gemeinden, wie schon mehrfach erwähnt, dem Gemeinwohl, und nicht nur dem "Gemeindewahl" verpflichtet sind. Wenn sonach die gesellschaftlichen Folgen öffentlicher Bedarfsdeckung grundsätzlich in die Wirtschaftlichkeitsprüfung Eingang finden können, stellt sich im Einzelfall die tatsächliche und oftmals schwierige Frage, wie der gesellschaftliche Nutzen der konkreten umweltfreundlichen Beschaffungsmaßnahme quantifiziert werden kann. Erst eine solche Bewertung ermöglicht die Abwägung, ob der konkrete Beitrag zum Umweltschutz die Mehraufwendungen rechtfertigt. Soweit nämlich der Umweltnutzen hinter dem erhöhtem Kosteneinsatz zurückbleibt, wäre auch trotz Einrechnung der gesellschaftlichen Folgekosten das betreffende Leistungsangebot nicht das wirtschaftlichste. Zudem muß der Aufwand des Bewertungsverfahrens in einem vertretbaren Verhältnis zum Wert des Beschaffungsgegenstandes bleiben. Für einfache Bedarfsdeckungsgeschäfte bietet das UBA mit dem bereits erwähnten Handbuch "Umweltfreundliche Beschaffung", das 1992/93 in 3. Auflage erscheinen soll, sowie den Qualitätssiegeln für umweltfreundliche Produkte ("Blauer Engel") Entscheidungshilfen. Daneben bietet das Gutachten von Hucke u.a. 24 einen umfangreichen Leitfaden zur tatsächlichen Bewertung der Kosten-Nutzen-Relation.

:u Vgl. UBA, Hdb. Umweltfreundliche Beschaffung, S. 24. 23 Für die Koppelung der Beschaffung an produktfremde Anforderungen wird zu differenzieren sein; dazu sogleich b).

24

Umweltschutz in der öffentlichen Vergabepolitik, UBA Texte 3/81, S. 140 ff, 179 ff.

204

ill. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

cc) Rechtspflicht zu einer umweltfreundlichen Beschaffung In fast allen Bundesländern gehen die vergaberechtlichen Verwaltungsvorschriften über eine bloße Zulassung von Umweltschutzaspekten bei der Bedarfsdeckung hinaus und weisen die Beschaffungsstellen ausdrücklich an, mehr als bisher die Umweltverträglichkeit der nachgefragten Leistung bei der Leistungsbeschreibung und der Angebotsauswahl zu berücksichtigen25• Darüber hinaus bestehen nunmehr in den meisten Bundesländern auch gesetzliche Pflichten zur Berücksichtigung bestimmter Umweltbelange im Beschaffungswesen. Speziell für die vorliegend exemplarisch untersuchte Abfallwirtschaftspolitik normieren die nach 1988 erlassenen Landesahfallgesetze eine entsprechende Rechtspflicht für alle dem Landesrecht unterstehenden öffentlichen Aufgabenträgern. Da es sich um legislativ angeordnete Rechtspflichten handelt, stellen sich für die davon betroffenen Länder (Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen)26 die soeben unter aa) erörterten vergaberechtlichen Schranken nicht, da diese nur als Verwaltungsvorschriften die Bedarfsträger binden und daher im Wege des Gesetzesvorrangs zurücktreten. Für den landesrechtlieh angeordneten Haushaltsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit stellen diese abfallwirtschaftlichen Vorschriften spezielle Regelungen zur Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsbegriffes auf. Aber auch vor dem bundesrechtlich "zu beachtenden" Haushaltsgrundsatz (§ 7 I HGrG) haben die landesrechtliehen Regelungen Bestand, da das Bundesrecht, wie gezeigt, eine gesamtgesellschaftliche Nutzen-Kosten-Abwägungen erlaubt (bzw. teilweise ausdrücklich anordnet) und zudem den Wirtschaftlichkeitsbegriff nicht abschließend so definiert, daß nur betriebswirtschaftliche Kriterien der Kostenstelle eingerechnet werden dürften (s. oben bb). b) Zulässigkeil produktfremder Maßgaben bei der Auftragsvergabe (konditionierte Bedarfsdeckung)

Öffentliche Bedarfsdeckung kann auch von der Erfüllung produktfremder Bedingungen abhängig gemacht werden. Vorliegend ist an eine Verknüpfung der Auftragsvergabe mit betrieblichen Umweltschutzmaßnahmen zu denken,

25 S. z.B. Hessischer Staatsanzeiger Nr. 23/1983, S. 1186. Nach Angaben des UBA existierten 1988 derartige Erlasse (soweit ersichtlich bis auf RP) in allen Bundesländern; vgl. Hdb. Umweltfreundliche Beschaffung, S.22. 26

Eingehend oben S. 159 f.

4. Umweltfreundliche Bedarfsdeckung

205

die nicht das Produkt selbst bzw. seine Herstellung, sondern den Betriebsablauf anderweitig betreffen27 • Nach seiner Wirkungsstruktur handelt es sich dabei um ein finanzielles Anreizinstrument, welches Subventionslagen nahesteht Die staatliche Gegenleistung für das angesonnene Verhalten liegt hier nicht in der direkten finanziellen oder sächlichen Förderung einer Maßnahme, sondern in der Abnahme eines Wirtschaftsgutes. Dies markiert zugleich den höheren Grad an Freiheitsgefährdung: Während direkte Umweltschutzsubventionen auf die Mitwirkungsbereitschaft der Subventionsnehmer angewiesen sind, so daß deren Verhandlungsposition zumeist stärker als die der öffentlichen Vergabestellen ist, stellt sich die Situation für konditionierte Beschaffung gerade umgekehrt dar. Hier sind die Produktanbieter weitaus eher in einer ungünstigen Verhandlungsposition, weil die öffentlichen Bedarfsträger leicht auf andere Anbieter ausweichen können. In rechtlicher Hinsicht schlagen sich diese unterschiedlichen Durchsetzungschancen in einer differenzierten Akzentuierung der Zulässigkeitbewertung nieder. Zwar sind in beiden Fällen durchaus ähnliche grundrechtliche, rechtsstaatliche und haushaltsrechtliche Kriterien einschlägig, die Gefährdungslagen unterscheiden sich jedoch wesentlich. Während sich die Koppelung öffentlicher Bedarfsdeckung primär vor den Rechtspositionen der privaten Güteranbieter zu rechtfertigen hat, werden für die Vergabe öffentlicher Subventionsmittel -jedenfalls für die vorliegend interessierenden Umweltschutzmaßnahmen - vor allem (wenn auch nicht nur) objektiv-rechtliche Bindungen des Haushaltsrechts und der Rechtsstaatlichkeil entscheidungserheblich. Die Unzulässigkeil einer Koppelung öffentlicher Bedarfsdeckung kann sich einmal daraus ergeben, daß die Koppelung selbst, d.h. die Handlungsform als solche rechtsstaatliehen Einwänden ausgesetzt ist; diese prinzipielle Frage soll vorweg unter (aa) untersucht werden, da sie zugleich die entscheidenden Grenzen jeglicher Koppelung markiert und bei der nachfolgenden Zulässigkeitsprüfung einer konkreten Bedingung zu beachten ist. Zum anderen kann sich eine Unzulässigkeil der Koppelung daraus ergeben, daß die Bedingung materiell rechtswidrig ist. Insoweit ist zu unterscheiden zwischen Maßgaben, die der Erfüllung von Rechtspflichten (bb) dienen, und solchen Bedingungen, die über das gesetzlich Pflichtige hinausgehen (cc). Vorweg sei erwähnt, daß das Europäische Gemeinschaftsrecht einer Koppelung nicht entgegensteht,

27

Weitere Beispiele bei Wallerath, Öffentliche Bedarfsdeckung, S. 337.

206

III. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

wenn sie nicht unmittelbar oder mittelbar zu einer Diskriminierung der Bieter aus anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft f0hrt28• aa) Rechtsstaatliche Einwände gegen die Handlungsform als solche Die demokratie- und rechtsstaatliehen Einwände gegen die Konditionierung öffentlicher Auftragsvergabe, mithin gegen das Instrument als solches, setzen an der Gesetzesgebundenheit jedes staatlichen Verwaltens an. Der Staat soll in einer modernen Industriegesellschaft mit differenzierter Rechtsordnung gehalten sein, politische Ziele nur mit den Instrumenten durchzusetzen, welche die jeweiligen Rechtssätze vorsehen und öffentliche Aufträge im Prinzip nicht als Druckmittel benutzen29• Darüber hinaus geht P. Kirchhof, der den Staat bei der Wahrnehmung von Allgemeinverantwortlichkeit prinzipiell auf "strikt einseitiges" Handeln verweisen will und privatrechtliche Handlungsformen nur bei reiner Bedarfsdeckung für zulässig hält30• Dem sind einmal die Steuerungsprobleme einer "modernen Industriegesellschaft'' - Stichwort: Vollzugsdefizit31 - entgegenzuhalten. Die Implementationsforschung deutet, wie mehrfach gezeigt, gerade die Dominanz imperativer staatlicher Verhaltenssteuerung als eines der grundsätzlichen Zielverwirklichungsprobleme. Die Kritik führt daher im Ergebnis dazu, den Staat gleichsam auf Steuerungsdefizite zu verpflichten. Zudem können Maßgaben, die über das gesetzlich Pflichtige hinausgehen, notwendig nicht rechtsförmig ausgestaltet sein. Daß Verwaltungsträger im Bereich von Gegenleistungsverhältnissen aber nur auf das begrenzt sein sollen, was sie auch als Oktroi regeln könnten, ist unplausibel und wohl heute nicht mehr vertretbar. Gerade für gemeindlichen vorbeugenden Umweltschutz hat das Bundesverwaltungs-

28 Vgl. EuGH Slg. 1988, 4635 (Beentjes/Niederlande) LS 2 a.E. und Tz. 32. Für das gemeindliche Beschaffungswesen wird es zu einer solchen Konstellation zum einen schon faktisch wegen des relativ geringen Wertes der Einzelaufträge nur selten kommen, zum anderen ist dies auch rechtlich ausgeschlossen, da - wie zu zeigen sein wird - der kommunale Bedarfsträger nur Bedingungen seines Aufgabenbereiches stellen darf.

29 Vgl. Zdzieblo, Kommentar VOIJA, § 8 Rn. 58; Rengeling, FS Lukes, S. 177 f; referierend Pietzcker, Staatsauftrag, S. 391 m.w.N. 30 So P. Kirchhof, Verwalten durch "mittelbares" Einwirken, S. 346 f; dessen Ausführungen sich allerdings nur auf den Fall vertraglicher Erzwingung von Normtreue ("venragsverminelle Polizeipflichtigkeit") beziehen. Ihm folgend Rengeling, FS Lukes, S. 178 f. 31 Dazu die SRU-Gutachten von 1974, BT-Drs. 7!2802, Tz. 660 ff und von 1978, BT-Drs. 8/1938, Tz. 1521 ff; s. Hucke/Wollmann, in HdUR II, Sp. 1078 ff m.w.N.; eingehend zum gemeindlichen Umweltschutz Hucke/Müller/Wassen, Implementation kommunaler Umweltpolitik, S. 8 ff und passim.

4. Umweltfreundliche Bedarlsdeckung

207

geeicht dies kürzlich leitsatzmäßig hervorgehoben32• Zwar mag die Skepsis gegenüber wirtschaftlichem Druck als staatlicher Handlungsform von der Sorge getragen sein, daß insbesondere bei dominierender Marktmacht des Staates Mißbrauchsgefahren drohen. Dies wird allerdings schon faktisch wegen der zersplitterten öffentlichen Nachfragestruktur nur selten zu befürchten sein. Vor allem aber verhindem die bestehenden rechtlichen Sicherungen - neben wettbewerbsrechtlichen Schranken33 vor allem das Willkürverbot sowie der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz34 mißbräuchliche Koppelungen. Auch wenn die ausgeführten steuerungstheoretischen Erkenntnisse für eine rechtliche Betrachtung unbeachtlich sein sollten35, folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip kein genereller Ausschluß bestimmter Handlungsinstrumente. Soweit das einfache Recht nicht bestimmte Handlungsformen ausschließt, entfaltet der Gesetzesvorrang keine instrumentell ausschließende Wirkung. Dies um so mehr, als auch die Nichtvergabe eines öffentlichen Auftrages bis auf wenige Extremfälle keinen Eingriffscharakter aufweist. Für Maßgaben, die im Sinne der Wesentlichkeilslehre grundrechtsrelevant sind, mag zwar der Vorbehalt des Gesetzes die freie Handlungsformenwahl der Verwaltungsträger beeinflussen. Da sich aber, wie unten cc) zu zeigen sein wird, die Zulässigkeit einer Vergabekondition, die über das gesetzlich Pflichtige hinausgeht, ohnehin nach der Aufgabenzuständigkeit bemißt, werden kaum Fälle denkbar sein, in denen einem Verwaltungsträger zwar materiell die Erledigungskompetenz zugewiesen, ihm aber zugleich das Angebot eines staatlichen Transfers als Gegenleistung für das gewünschte Verhalten instrumentell verwehrt ist. Selbst für hoheitliche Rechtsverhältnisse schließt die spezielle Koppelungsregelung in § 56 VwVfG eine vertraglich vereinbarte Zweckbindung nicht grundsätzlich aus. Daher ist die Koppelung gemeindlicher Auftragsvergabe als Handlungsform zulässig, soweit der verfolgte

32 BVerwGE 84, 236 LS 1: "Die Gemeinde darl vorbeugenden Imrnissiormchutz außer durch Bauleitplanung auch mit dem Mittel der standortbezogenen gewerblichen Investitionsförderung (kommunale Wirtschaftsförderung) verlolgen." (s. auch S. 241). 33

Dazu Pietzcker, Staatsauftrag, S. 392 m.w.N.

Zur Geltung des Verhältnismäßigkeilsgrundsatzes auch im Bereich des leistenden Staatshandelns unter Bezug auf BVerlGE 23, 127/133, Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaates, S. 11 ff (m.w.N.). S. auch K. Stern, Staatsrecht I, S. 862 m.w.N. in Fn. 614; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 30 ll b I (S. 178); von Arnim, Wirtschaftlichkeit, S. 74, 76 ff. 34

35 Für eine Berücksichtigung spräche das pluralistische Demokratiekonzept der Verlassung, welches "richtigen" Entscheidungen dient; vgl. oben S. 66 f. Auch wäre den Staatszielbestimmungen und den Schutzpflichten des Staates (s. oben S. 35 ff) eine auch rechtliche Pflicht zu effizienter Zielverwirklichung 211 entnehmen.

208

III. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

Zweck in einem sachlichen Zusammenhang zum Aufgabenkreis der Gemeinde steht und die Koppelung weder willkürlich noch unverhältnismäßig ist36• bb) Durchsetzung von rechtlichen Pflichten Im Grundsatz ist eine Konditionierung der Auftragsvergabe in der Rechtspraxis kein unbekanntes Phänomen. So ist die Erfüllung gesetzlicher Pflichten wie etwa die Entrichtung der Steuerschuld (durch Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes nachzuweisen) oder der Sozialversicherungsbeiträge übliches Vergabekriterium 37• Da der Staat insgesamt dem Gemeinwohl verpflichtet und Garant der Rechtsordnung ist, darf (wenn nicht gar muß) die Rechtstreue der Leistungsanbieter für das privatrechtliche Handeln des Staates auch dann Berücksichtigung finden, wenn andere Stellen als der Bedarfsträger kompetenzrechtlich zur Wahrung der betreffenden Rechtspflicht aufgerufen sind. Zu Recht wird gefragt, ob nur das "kohlekaufende Finanzamt" die Steuerehrlichkeit soll beachten dürfen38 • Wenn man im Hinblick auf die steuerrechtliehen Unbedenklichkeitsbescheinigungen einwendet, sie dürften nicht als Instrument zur Erziehung von Steuerehrlichkeit dienen, sondern sollen nur die öffentlichen Auftraggeber vor Folgekosten schützen39 , so greift dies hier jedoch nicht durch. Auch die Verknüpfung der Auftragsvergabe an die Erfüllung umweltrechtlicher Pflichten dient gerade dazu, die Allgemeinheit vor Kosten zu schützen, die sonst in der Folge externalisierter Umweltbeeinträchtigungen der öffentlichen Hand nach dem Gemeinlastprinzip entstehen würden. Damit erweist sich eine solche Bedingung grundsätzlich als zulässig, sofern die rechtsstaatliehen Grenzen einer Koppelung an sich (dazu schon oben aa) beachtet bleiben. cc) Bindung an gesetzlich nicht pflichtiges Verhalten Steuerungstheoretisch interessanter ist die Frage, ob gesetzlich nicht zwingende Maßgaben gestellt werden dürfen. Hier könnte sich das eigentliche

36

So die eben erwähnte Entscheidung des BVerwGE 84, 236/241.

Für den Bereich der VOB/A § 8 Nr. 4 d. Kritisch zur gleichlaufenden Praxis im Bereich der VOL Kulanz, in Daub/Eberstein, Kommentar VOUA, § 25 Rn. 31. 37

38

Pietzcker, Staatsauftrag, S. 394.

Es solle vermieden werden, daß die Auftraggeber von öffentlichen Kassen wegen der Verbindlichkeiten säumiger Auftragnehmer (qua Abtretung, Legalzession oder Zwangsvollstrekkung) in Anspruch genommen werden könnten; so Ingenstau/Korbion, Kommentar VOB/A, § 8 Rn. 70. 39

4. Umweltfreundliche Bedarfsdeckung

209

Potential einer umweltfreundlichen Bedarfsdeckungspolitik entfalten, dies vor allem im Hinblick auf eine Kompensierbarkeit der prinzipiellen Steuerungsgrenzen ordnungsrechtlicher Vorgaben. Insoweit weist Pietzcker zu Recht darauf hin, daß die Verbindung privatrechtliehen Handeins des Staates mit öffentlichen Zwecken "nicht nur nicht bedenklich, sondern gewissermaßen unausweichlich ist, weil der Staat immer unter dem Gebot der Wahrung des öffentlichen Interesses steht." 40 Die Koppelung öffentlicher Bedarfsdeckung an produktfremde Bedingungen sieht sich jedoch grundrechtliehen Einwänden ausgesetzt41 • Nach der h.M. unterliegt die privatrechtlich handelnde Verwaltung nur dann öffentlichrechtlichen, insbesondere grundrechtliehen Bindungen, wenn sie unmittelbar Verwaltungsaufgaben erfüllt (sog. Verwaltungsprivatrecht)42• Dies ist für Bedarfsdeckungsgeschäfte grundsätzlich nicht der Fall. Sofern man nicht eine unmittelbare Drittwirkung der Grundrechte im gesamten Privatrechtsverkehr annimmt, gelten die Grundrechte für die öffentliche Bedarfsdeckung nur mittelbar über die zivilrechtliehen Generalklauseln43• Die Koppelung der Vergabe an produktfremden Maßgaben legitimiert sich jedoch nur aus der Verfolgung von Gemeinwohlbelangen, so daß im Einzelfall fraglich sein kann, ob die Bedingung nur mittelbare Nebenfolge ist oder ob das Verwaltwtgshandeln nicht bereits dem sog. Verwaltungsprivatrecht unterfällt Zudem sieht sich die h.M. ohnehin vehementer Kritik ausgesetzt, weil der Begriff "vollziehende Gewalt" in Art. 1 III GG auch in einem umfassenden Sinn verstanden werden kann, was zur Folge hätte, daß jedes staatliche Handeln, d.h. also auch in der Form des Privatrechts, den grundrechtliehen Bindungen unterliegt44.

40

Pietzcker, Staatsauftrag, S. 391.

Dazu Wallerath, Öffentliche Bedarfsdeckung, S. 331 ff; Pietzcker, aaO., S. 390 ff; Rengeling, FS Lukes, S. 172 ff. 41

41 S. nur Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 23 Il b; Dürig, in Maunz/Dürig, Art. 3 Rn. 480; Badura, in von Münch/Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 221; Möllgaard, in Knack, VwVfG, § 1 Rn. 4.2 Ueweils m.w.N.). Kritisch ru dem Kriterium der "Unmittelbarkeit" Pietzcker, Staatsauftrag, S. 366 ff. 43 Dürig, in Maunz/Dürig, GG, Art. 1 ill Rn. 135; nach dem bei Monopolsituationen für den Fiskus stärkere mittelbare Grundrechtswirkungen als für Private gelten; s. auch Wolff/Bachof, aaO., § 23 Il a. 44 Gegen eine "Flucht ins Privatrecht" vehement schon Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 323 ff; K. Hesse, Verfassungsrecht, Rn. 347; s. auch Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 214 ff; Pietzcker, Staatsauftrag, S. 370; Bleckmann, Staatsrecht Il, S. 165 ff; vermittelnd von Münch, in Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 42 f.

14 Haaß

m. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

210

Aber auch wenn man den rein privatrechtlich handelnden Staat den grundrechtlichen Schranken unterwirft, wird die Zulllssigkeit eines umweltschutzbezogenen Junktims der Vergabe nur in außergewöhnlichen Fällen durch Grundrechte der Anbieter in Frage gestellt. Insoweit können nur solche Vergabebedingungen unzulässig sein, die in ihrem materiellen Gehalt grundrechtswidrig sind, weil sie in unzulässiger Weise entweder - vom Leistungsanbieter einen Grundrechtsverzicht verlangen, - oder einen Grundrechtseingriff bzw. - eine Verkürzung von Leistungsansprüchen darstellen. Die vertragliche Minderung des grundrechtlich geschützten Freiheitsraumes durch die Übernahme von Verpflichtungen, die darauf gerichtet sind, von den grundrechtlich verbürgten Freiheiten nicht in vollem Umfange Gebrauch zu machen45 , stellt nur einen Ausschnitt dessen dar, was gemeinhin unter dem Sammelbegriff "Grundrechtsverzicht" diskutiert wird. Insoweit betonen die neueren Stellungnahmen zumeist, daß sich eine pauschale Betrachtungsweise verbiete; vertragliche Einschränkungen seien anders zu bewerten als sonstige, auch faktische Grundrechtseingriffe46• Wenn auch die Freiwilligkeit des "Mitmachens" häufig faktischen Zwängen ausgesetzt ist, besteht der prinzipielle Unterschied - so etwas vergröbert die Argumentation zusammengefaßt - in der Gegenleistung, die der Staat für den Freiheitsverzicht anbietet. Aus der Sicht des Betroffenen macht es einen Unterschied, ob er etwa zum Einbau eines Emissionsfilters zwangsweise verpflichtet wird, oder ob der Staat ihm dies freistellt, einen Einbau aber durch eine Gegenleistung honorieren würde. Zunächst ist eine vertraglich vereinbarte Freiheitsminderung sicher dort zulässig, wo die Gemeinden auch im Eingriffswege regelungsbefugt wären. Dies ist jedoch nach dem oben (III. Teil 3.) Ausgeführten nur ein relativ schmaler Bereich. Für die Bewertung darüber hinausgehender Vereinbarungen ist zu bedenken, daß hier der sog. "Grundrechtsverzicht" durch den Gütertausch mit dem staatlichen Auftragsvergeber erst gemeinsam mit der

45

So die Definition von Wallerath, Öffentliche Bedarfsdeckung, S. 339.

Pitzcker, Staatsauftrag, S. 392; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 220 ff; Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 158 ff; Wallerath, aaO., S. 339 ff; Überblick bei Bleckmann, Staatsrecht II, S. 281 ff sowie ders., JZ 1988, 57 ff. Dezidiert abweisend noch Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 30 II b 1: "Die Grundrechte ... lassen sich - z.B. bei Subventionierungen - weder abkaufen, noch verkaufen." 46

4. Umweltfreundliche Sedafisdeckung

211

Grundrechtsausübung möglich wird; erst das Handeln der öffentlichen Hand vermittelt den Grundrechtsgebrauch. Ausgangspunkt für die ZulässigkeiLSfrage ist daher die VertraglichkeiL der Freiheitsminderung, also deren Willentlichkeit. Die Zulässigkeil einer willentlichen Grundrechtsminderung gegenüber öffentlicher Gewalt bemißt sich zunächst nach der "Tauschfähigkeit" des grundrechtlich geschützen Freiheitsraumes. Insoweit sind sicher solche Konditionen unzulässig, die gegen abschließende gesetzliche Regelungen verstoßen; hier greift der Gesetzesvorrang voll durch. Das vorliegend interessierende Umweltrecht versteht sich indes nicht als Normierung maximalen Umweltschutzes, der weitergehendes, freiwilliges Umweltschutzverhalten verbieten würde47• Konditionierte Beschaffungspolitik findet vor der Grundrechtsordnung vielmehr erst dann eine Grenze, wenn der Wesensgehalt des geschützen Freiheitsraumes betroffen wäre - das dürfte kaum gegeben sein - oder wenn das Grundrecht nicht nur in seiner subjektiven Abwehrposition, sondern zugleich in seiner objektiven Ausprägung als Teil der Werteordnung der Verfassung berührt ist. Dann wäre ein willentlicher Verzicht nicht mehr beliebig zulässig. Diese Schwelle wird eine Einwilligung in nicht übermäßige Beschränkungen der grundrechtlich geschützten wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit jedoch kaum erreichen; sie wird daher im allgemeinen unbedenklich sein48 • Aus der Sicht des Grundrechtsbetroffenen stellt sich das eigentliche Problem der Verzichtsdiskussion erst dann, wenn die Dispositionsbefugnis des Grundrechtsträgers über den Freiheitsraum, wie etwa im Hinblick auf die politische und religiöse Meinungsfreiheit sowie die Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit, fraglich ist49 • Insoweit sollen jedoch die einschlägigen Art. 12 I, 14 I GG sowie die Wettbewerbsfreiheit nach Art. 2 I GG gerade die Freiheit des Grundrechtsträgers, über seine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit zu disponieren, schützen. Hier liegt der Grundrechtsgebrauch gerade in der vertraglich vermittelten Bindung. So will Pietzcker eher von "Grundrechtsgebrauch" als von "Grundrechtsverzicht" sprechen, da sonst

47 S. nur exemplarisch am Bauplanungs- und Immissionsschutzrecht BVerwGE 84, 236 l.S 1, 241; dazu schon Zitat hier oben in Fn. 32. 48

Dazu Ehlers, Verwaltung im Privatrechtsform, S. 222.

Hierzu entzündet sich auch die Diskussion; Pietzcker, Staatsauftrag, S. 392; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 222. 49

III. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

212

auch die Pflicht, den Auftrag überhaupt zu erfüllen, in ähnlicher Weise in Zweifel gezogen werden müßte50• Nach Rengeling sollen Eingriffe in Freiheitsrechte dann in Betracht kommen, "wenn öffentliche Aufträge aus Gründen des Umweltschutzes nicht vergeben werden" 51 • Dies könne bei den betroffenen Leistungsanbietern erhebliche wirtschaftliche Folgen, wenn nicht ihren wirtschaftlichen Untergang herbeiführen. Bedarfsdeckung kann allerdings nur in dem - außergewöhnlichen - Fall als Eingriff qualifiziert werden, wenn die Diskriminierung eines Anbieters nicht Nebenfolge des Vorziehens umweltfreundlicherer Anbieter, sondern selbst Zweck der Auftragsvergabe ist; wenn es also dem Vergabeträger primär nicht um die Beschaffung des nachgefragten Gutes, sondern um die Verkürzung der grundrechtlich verbürgten Freiheit des Leistungsanbieters geht. Eine solche Konstellation wird vor dem Hintergrund knapper öffentlicher Mittel nur ausnahmsweise gegeben sein. Soweit die Vergabebedingung im Einzelfall Hauptzweck des Auftragsangebotes sein sollte, wird ganz regelmäßig nicht ein bestimmter Anbieter beschränkt werden sollen, sondern die Erfüllung der produktfremden Leistung an sich im Vordergrund stehen. In diesem Fall stellt sich das Auftragsangebot jedoch nicht als Eingriff, sondern als eine mittelbare Form der Subventionierung d~ 2: Die produktfremde Maßnahme wird zwar nicht direkt subventioniert, die staatliche Transferleistung liegt aber in der Abnahme des nachgefragten Gutes53• Damit wird das Augenmerk auf die eigentliche grundrechtliche Frage gerichtet, inwieweit ein Leistungsanbieter einen Anspruch auf Berücksichtung geltend machen kann. Das ist für die Freiheitsgrundrechte keine Frage eines

50

Pitzcker, Staatsauftrag, S. 392.

51

Rengeling, FS Lukes, ZitatS. 176 sowie S. 169. Diese Argumentation ist bemerkenswert, weil Rengeling eine vorschnelle und unrichtige Einstufung der "Umweltfeindlichkeit" bestimmter Produkte unterstellt und darauf basierend Parallelen zu öffentlichen Warnungen zieht (S. 169), die folgenden Erwägungen zu Grundrechtseingriffen jedoch nicht auf diese Konstellationen beschränkt sind, sondern jeden nichtberücksichtigten Anbieter gleichsam zum Opfer der Vergabepolitik stilisieren. 52 Die tatsächliche Nähe zu Subventionslagen veranlassen etwa Kopp, VwVfG, § 35 Rn. 22, die Entscheidung über eine Vergabe öffentlicher Aufträge analog der "Zwei-Stufen-Theorie" als Verwaltungsakt zu qualifizieren; damit ließen sich die öffentlich-rechtlichen Bindungen unbeschadet der Diskussion um Art. 1 III GG jedenfalls für das Beschaffungswesen begründen. Dagegen aber Clausen, in Knack, VwVfG, § 9 Rn. 3.3.1 m.w.N.

53 Insoweit sind die Zulässigkeilsgrenzen einer Subventionsvergabe zu berücksichtigen; dazu unten 6. a).

4. Umweltfreundliche Bedarfsdeckung

213

"Grundrechtsverzichts", sondern betrifft den status pos1t1vus. Ein Leistungsrecht ist jedenfalls für die hier in Frage stehende wirtschaftliche Betätigung nicht ersichtlich: ein Marktteilnehmer hat keinen freiheitsgrundrechtlich vermittelten Anspruch auf Abnahme seiner Produkte durch die öffentliche Hand - nicht einmal dann, wenn anderenfalls seine wirtschaftliche Existenz bedroht ist. Auch soweit Art. 2 I GG die Wettbewerbsfreiheit als solche schützt, lassen sich Leistungsansprüche nicht ableiten. Selbst wenn im Einzelfall ein solcher Anspruch konstruierbar sein könnte, so würde er mit der Staatsaufgabe Umweltschutz54 kollidieren. Deshalb wäre ein Leistungsanspruch allenfalls desjenigen Anbieters denkbar, der im Gegensatz zu seinen Konkurrenten bereit ist, die in Verfolgung der umweltpolitischen Verantwortung des Staates aufgegebenen Bedingungen zu akzeptieren. Ein subjektiver Abnahmeanspruch kann auch weder der Haushaltswirtschaftsverfassung (Art. 114 II GG oder Art. 109 11: "gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht") noch dem einfachen Haushaltsrecht (§§ 16 I i.V.m. 1 StabilisierungsG sowie dem oben ausgeführten Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit) entnommen werden, da diese nur objektive Rechtsgebote bewirken55 • Wenn nicht besondere staatliche Zusagen vorliegen, kann deshalb ein Berücksichtigungsanspruch eines Anbieters - wie im Subventionsrecht - nur aus dem Gleichheitssatz folgen 56• Dieser aber vermittelt, wenn überhaupt, nur demjenigen Anbietereinen Anspruch, der die umweltschutzorientierte Bedingung im Gegensatz zu seinen Konkurrenten akzeptiert. Soweit sich der Staat vorgängig durch Verwaltungsübung selbst gebunden hat, bewirken die oben S. 199 ff angesprochenen Verwaltungsvorschriften eine Selbstbindung zugunsten des Umweltschutzes. Aber auch wenn man dem Gleichheitssatz einen originären Teilhabeanspruch auf "Chancengleichheit" entnehmen will, wie dies etwa die bildungspolitische Diskussion der 70er Jahre formulierte57, entfließt diese einer materiellen, verfassungskräftigen Handlungspflicht des Staates. Insoweit sind kaum Fälle denkbar, in denen eine staatliche Pflicht zur Sicherung einer konkreten wirtschaftlichen Existenz der allgemeinen

54 Unbeschadet einer bundesverfassungsrechtlichen umweltschutzorientierten ·Staatszielbestimmung folgt ein solches Berücksichtigungsrecht schon aus dem bisherigen Bundesrecht sowie aus den landesverfassungsrechtlichen Verpflichtungen zum Umweltschutz (vgl. oben S. 35 ff).

ss Von Amim, Wirtschaftlichkeit, S. 102; Fischer-Menshausen, in von Münch, GG, An. 114 Rn. 17: "der Legislative und Exekutive als Verfassungsgebot aufgegeben." s6 Dazu R. Schmidt, in Achterberg/Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht I, Kap. 1 Rn. 144 m.w.N.

57 Dazu Bleckmann, Staatsrecht ll, S. 206 f m.w.N.

214

III. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

staatlichen Verantwortung für die Umwelt vorgehen würde. Schließlich entspringt dem Gleichheitsgebot eine objektive Pflicht des Staates, Differenzierungen auf einen vernünftigen, einleuchtenden Grund zu stützen58 • Auch wenn der eingeschränkte Rationalitätsmaßstab dieser Auslegung von Art. 3 I GG im wesentlichen der eingeschränkten richterlichen Kontrollkompetenz gegenüber dem Gesetzgeber entspringen mag und der Gleichheitssatz darüber hinaus nicht nur nicht unvernünftige, sondern sachgemäße und richtige Entscheidungen fordert59 , so muß jedenfalls jede Differenzierung nach Gesichtspunkten, die der staatlichen Verantwortung - wenn nicht gar der staatlichen Schutzpflicht - folgen, als gemeinwohlkonform ("richtig") gelten; eine Differenzierung nach Umweltschutzgesichtpunkten ist vor dem Gleichheitsgebot mithin legitim. Die Frage, ob daraus auch subjektive Leistungsansprüche ableitbar sind, kann daher dahingestellt bleiben. Auch vor dem Gleichheitssatz stellt sich das Problem eines Grundrechtsverzichts, da der Leistungsanbieter auf die Gleichheit des für alle geltenden Gesetzes verzichtet60, wenn er sich Konditionen unterwirft, die der Oktroi ihm nicht auferlegt hat. Vor dem Gleichheitssatz ist aber eine Differenzierung selbst imperativer Regelungen nach Umweltschutzgesichtspunkten grundsätzlich sachgerecht; a fortiori muß dies auch für das Ansinnen freiwilligen Verzichts auf Gleichheit gelten. Der Bezug auf den Gleichheitssatz und die rechtsstaatliche Gesetzesgebundenheit der Verwaltung markieren indes die Grenze zulässiger Auftragsmaßgaben. Ein Differenzierungskriterium kann von einem Träger öffentlicher Gewalt nur insoweit eingeführt werden, wie die Verfolgung des Differenzierungszieles der Zuständigkeit des Aufgabenträgers obliegt. Da die Bedarfsdeckung selbst nicht Gesetzesvollzug darstellt (sog. "gesetzesfreie" Verwaltung), kann sich eine Koppelung der Auftragsvergabe an beschaffungsfremde Ziele nur vom Zweck des jeweiligen Verwaltungshandeins her legitimieren61. Deshalb wird dem Willkürverbot und dem rechtsstaatliehen Grundsatz der Gesetzesgebundenheit der Verwaltung ein (allgemeines) Koppelungsverbot entnommen, welches die Verwaltungsträger auf die ihnen

58 So die ständige Rechtsprechung des BVerfG seit E 1, 14/52, s. nur E 74, 182/200 m.w.N., E 76, 256/329.

59

So K. Hesse, Verfassungsrecht, Rn. 439; von Amim, Wirtschaftlichkeit, S. 77.

So Pietzcker, Staatsauftrag, S. 393 unter Bezug auf Dürigs Formulierung vom "Gesetz als Gleichheitsfaktor". 60

61

Dazu Wallerath, Öffentliche Bedarfsdeckung, S. 331 ff.

5. Gemeindliche Umweltberatung

215

zugewieseneneo Bereiche beschränkt. Der Koppelungszweck muß innerhalb der Kompetenz des Verwaltungsträgers liegen; er darf - im Gegensatz zu produktbezogenen Anforderungen und der Durchsetzung gesetzlicher Pflichten - nicht Instrument für Aufgaben sein, die anderen Trägem zugewiesen sind62• Zudem muß der Koppelungszweck in einem sachlichen Zusammenhang zum jeweiligen Hauptzweck stehen, d.h. an Vorgänge anknüpfen, die im betrieblichen Verfügungsbereich des Leistungsanbieters stehen. Soweit sich eine gemeindliche Zuständigkeit nicht aus einfachem Gesetz ergibt, müssen Koppelungszwecke, die mit gemeindlicher Beschaffung verfolgt werden, einen Bezug zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft aufweisen (Art. 28 II GG). Vergabekonditionen, die über gesetzliche Pflichten hinausgehen, stehen daher den Gemeinden als Handlungsinstrument nur für den Bereich gemeindlicher Aufgaben zur Verfügung. Diese waren für die Umweltschutzpolitik am Beispiel des Abfallrechts oben II. Teil 5.-7. ausgeführt. Aus der Perspektive rechtlicher Handlungsspielräume der Gemeinden hat eine solche Beschaffungspolitik den Vorteil, nicht an die Schranken imperativer Verhaltenssteuerung, d.h. insbesondere den Gesetzesvorbehalt gebunden zu sein.

S. Gemeindliche Umweltberatung

Zunehmend wird versucht, Defizite imperativer Verhaltenslenkung durch "weiche" Steuerungsinstrumente auszugleichen. Soweit eine imperative Realisierung politischer Ziele aus Gründen der rechtlichen oder faktischen Rationalität des ordnungsrechtlichen Instrumentariums begrenzt bleibt, geraten andere Steuerungsmedien in den Blick. Hier ist es vor allem die Instrumentalisierung von Marktmacht privater oder wirtschaftlicher Güternachfrage, die - ähnlich der eben angesprochenen öffentlichen Bedarfsdeckung - der Zielverwirklichung dienlich sein kann. Im Gegensatz zu den öffentlichen Bedarfsträgem ist das private Nachfrageverhalten prinzipiell autonom. Es kann nicht imperativ, sondern nur durch monetäre Anreize oder - hier interessierend durch die Vermittlung von überzeugenden Informationen, d.h. letztlich durch den Appell an verantwortliches Verhalten, beeinflußt werden. Dabei wird Umweltberatung von dem Bestreben getragen, durch Information, Aufklärung, Empfehlung und Warnung das Handeln von Personen am Schutz der

62 Ehlers, Verwaltung in Privatrechstform, S. 223, Pietzcker, Staatsauftrag, S.371; Wallerath, Öffentliche Bedarfsdeckung, S. 331; Rengeling, FS Lukes, S. 177.

216

ill. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

Umwelt auszurichten. Diese Aufgabe wird bereits von verschiedenen privaten, halbstaatlichen oder staatlichen Einrichtungen wahrgenommen 1• Vorliegend interessiert, inwieweit auch die Gemeinden hierzu berufen sind. a) Formen der Umweltberatung

Das Spektrum öffentlicher Beratungs- und Informationsleistungen ist breit geftichert. Einmal kann Beratung - etwa durch spezialisiertes Personal ("Umweltberater") - individuell für den einzelnen Verbraucher angeboten werden. Zum anderen können sich Informationen, Empfehlungen, Appelle oder Warnungen an die Allgemeinheit richten. Neben dieser Intensitätsklimax der Äußerungsform stellt sich die Beratungsleistung auch inhaltlich ganz unterschiedlich dar. Umweltberatung kann sich auf eine allgemeine Hebung des Verhaltensbewußtseins richten, indem etwa zum sparsamen Umgang mit Umweltgütern aufgerufen wird. Eine größere Intensität entfalten produktbezogene Umweltinformationen, die sich ihrerseits unterscheiden lassen in firmenneutrale (z.B. Aufrufe zur Verwendung phosphatfreier Waschmittel) oder firmenspezifische Umweltinformationen, wobei sich im Einzelfall auch formal herstellerneutrale Information wegen des begrenzten Produzentenkreises als firmenspezifisch erweisen kann. Anschauungsmaterial für fmnenspezifische Warnung gab der sog. "Birkel-Fall"2• Darüber schiebt sich eine zweite Differenzierungsebene produktbezogener Information: Einmal können bestimmte Produkte positiv durch Prädikatierung oder einfache Nennung in Kaufanleitungen hervorgehoben werden. Umsatzeinbußen der Konkurrenten sind dann nur eine recht entfernte Folgeerscheinung. Eine nähere, wenn auch wegen der dazwischen geschobenen autonomen Käuferentscheidung nicht als unmittelbar charakterisierbare Konsequenz zeitigen Negativnennungen bestimmter Produkte für deren Hersteller. Dies betraf etwa die eben erwähnten Beispielsfälle. Schließlich gebietet sich für

1 Etwa Urnweltvereine, Verbraucherverbände, Presse, VeröffentlichiDlgen von Einzelautoren, Stiftung Warentest, UBA, BGA usw.; s. Mohr, NuR 1989, 101 ff. Der Entwurf eines UGB-AT von Kloepfer/Rehbinder/Schrnidt-AßrnaM/Kunig enthält in § 107 Ermächtigungen zu Warnungen, Hinweisen, und Empfehlungen; der Entwurf bindet die zuständige Behörde jedoch an "überwiegende Grunde des Gemeinwohls".

z OLG Stuttgart, Urteil vorn 21.3.1990, WUR 1990, 43 ff mit Anmerkungen von Schoch; s. dazu auch Stillner, NJW 1991, 1340 f. Hier wären auch die Appelle des UBA zu "Waschverstärkertüchern" sowie UBA und BGA zu bestimmten Toilenensteinen anzuführen; dazu das Gutachten von Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche WamiDlgen, S. 1 f, welches im Auftrag des betroffene Industrieverbands erstellt wurde.

5. Gemeindliche Umweltberatung

217

eine rechtliche Bewertung eine weitere Abschichtung danach, ob die staatliche Information - im polizeirechtlichen Sinne - gefährliche, d.h. nicht verkehrsfähige Produkte betrifft oder solche, die zwar im Rahmen des rechtlich Zulässigen hergestellt, aber aus umweltpolitischen Gründen unerwünscht sind. Aus abfallwirtschaftlicher Sicht könnten beispielsweise übermäßig verpakkungsintensive Produkte angeführt werden.

b) Umweltberatung als legitimer Wissenstransfer in einer wettbewerbliehen Marktwirtschaft Diese breite Palette ganz unterschiedlicher Beratungsalternativen entfaltet naturgemäß eine recht unterschiedliche Relevanz für die Interessen aller Betroffenen; so nimmt es nicht wunder, daß sich die rechtswissenschaftliche Diskussion an erster Stelle den grundrechtlich vor allem virulenten negativen firmenspezifischen Warnungen zuwandte3• Auch die einschlägigen Entscheidungen betreffen diesen Problemausschnitt4 • Da Umweltberatung (auch) auf eine Beeinflussung des Nachfrageverhaltens zielt, greift sie in das Marktgeschehen ein. Daß insoweit der Gefahrenabwehr dienende Eingriffe - unbeschadet der Kompetenzordnung - unproblematisch zulässig sind, wird im Ergebnis von keiner Seite in Zweifel gezogen5• Sowohl steuerungstheoretisch als auch rechtlich interessanter ist die Frage, ob der Staat auch berufen ist, im Vorbeugebereich aufklärerisch - in der

3 Grundlegend zur staatlichen Informationspolitik Scholz NJW 1973, 481 ff und P. Kirchhof, Verwalten durch "mittelbares" Einwirken, S. 116 ff; speziell zur Umwe1tberatWlg das erwähnte Gutachten von Ossenbühl, Umweltptlege, insbesondere S. 33 ff; ders., UTR Bd. 3 (1987), S. 27 ff; Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2705 ff; Mohr, NuR 1989, 101 ff; eingehend Phillip, Staatliche Verbraucherinformation, passim. Überblick zum Diskussionsstand bei Robbers, AfP 1990, 84 ff und aus zivil- und wirtschaftsrechtlicher Sicht Paschke, AfP 1990, 89 ff. Allgemein zur Öffentlichkeitsaufklärung durch Behörden Gröschner, DVBL 1990, 619 ff; speziell zum Lebensmittelrecht das im Auftrag eines Lebensmittelverbandes erstellte Gutachten von Dolde, Behördliche Warnungen, passim.

4 Zur Informationstätigkeit des Staates BVerwGE 71, 183 (Arznei-Transparenzlisten); 82, 76 (Jugendsekten); 87, 37 (diäthylenglykolhaltige Weine); weitere z.T. nicht veröffentlichte Judikate bei Philipp, aaO., S. 89 ff.

' Die h.M. läßt verbotene Handlungen von vomherein nicht am Grundrechtsschutz teilnehmen; s. hier z.B. OVG Münster, NJW 1986, 2783, schon BVerfGE 7, 377!397. Der bedenkenswerte Einwand etwa von Gubelt, in von Münch, GG, Art. 12 Rn. 9 und Robbers, AfP 1990, 85 f (Fn. 17 m.w.N. auch zu unveröffentlichten Entscheidungen), das einfache Recht könne nicht die Verfassungsräume determinieren, greift jedoch gegenüber der Verfassungspflicht des Staates, den Einzelnen vor Gefahren zu schützen, nicht durch. So kommt auch Robbers im Ergebnis jedenfalls zu einer Rechtfertigung etwaiger Eingriffe.

218

ill. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

Sprache der Jmplementationsforschung: persuasiv - zu wirken. Aus dem Blickwinkel der Verfassung rechtfertigt das demokratie- und rechtsstaatliche Publizitätsgebot jeder öffentlichen Verwaltung zunächst einmal Informationen zum Zwecke öffentlicher Aufgabenerledigung6• Dies sind Informationen über die Aufgabenerledigung7 sowie solche, die sich aus der Aufgabenerledigung ergeben. Sie dienen der Transparenz öffentlichen Verwaltungshandelns. So sind etwa die mit der Abfallentsorgung befaßten öffentlichen Stellen zu allen damit im Zusammenhang stehenden Informationen kompetenticH befugt. Damit ist eine erste - und für gemeindliche Umweltberatung die entscheidende - Grenze staatlicher Umweltberatung bestimmt: Die Beratungskompetenz folgt der Sachkompetenz. Nun zeigen die eben angeführten Beispiele, daß Gegenstand der Umweltberatung nur selten das Verwaltungshandeln selbst ist, vielmehr dient Umweltberatung regelmäßig der Transparenz privatwirtschaftliehen Handeins und setzt persuasiv Daten für die Marktteilnehmer. Hier wird die Information selbst Gegenstand der öffentlichen Aufgabe. Dabei bedient sich der Staat nicht des ihm allein vorbehaltenen hoheitlichen Regelungsinstrumentariums, sondern begrenzt seine Steuerung auf schlicht hoheitliches Handeln, welches nicht durch Zwang wirkt, sondern allein auf rationale Überzeugungskraft baut8 • Insoweit ist vorweg zu bemerken, daß die Existenz eines freiheitlichen Gemeinwesens a priori nicht auf Zwang, sondern primär auf Überzeugung basiert9. Es ist daher ein Widerspruch in sich, dem Staat jedes Einwirken auf die Akzeptanz verfassungsrechtlich legitimer politischer Zielverfolgung a priori verbieten und ihn gleichsam in die Schranken des Ordnungsrecht verweisen zu wollen. Imperative gesetzliche Vorschriften haben, so zu Recht Lübbe-Wolff, "weder rechtlich noch tatsächlich die Bedeutung einer Zusicherung, daß im Falle ihrer Einhaltung auf den zusätzlichen Einsatz anderer

6 Einhellige Auffassung; vgl. Scholz, NJW 1973, 483; Ossenbühl, Umweltpflege, S. 37; Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2707; Robbers, AfP 1990, 85. 7 Beispiele kommunaler Öffentlichkeitsarbeit als Selbstdarstellung in Der Bayerische Bürgermeister 1990, 249 ff. Aus verwaltungswissenschaftlicher Sicht Stölzle, BWVP 1990, 56 ff.

8 Zur Zuordnung staatlicher Informationstätigkeit als öffentlich-rechtliches, schlicht hoheit· liebes Handeln Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen, S. 18 ff. 9 Für die soziale Geltung auch von Rechtsnormen ist dies seit Bugen Ehrlich wissenschaftlicher Standard; aus rechtsdogmatischer Sicht P. Kirchhof, VeiWalten durch "mittelbares" Einwirken, S. 116 f.

5. Gemeindliche Umweltberatung

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Steuerungsformen verzichtet werden wird." 10 Leitbild der ordnungspolitischen Diskussion in der Bundesrepublik ist keinesfalls ein von staatlicher Ingerenz völlig freier Markt. Der Konsens über die Zulässigkeit staatlicher Verbraucherinformation ist vielmehr geprägt von dem Ziel, eine funktionsfähige Wettbewerbssituation herzustellen, die ohne Markttransparenz nicht zu haben ist11 • Hier entfaltet staatliche Informationspolitik ein ordnungspolitisch legitimes Potential, Transparenzdefizite der wettbewerbliehen Informationsmechanismen zu kompensieren und damit nicht zuletzt die Angebotsstruktur zu verändern. Umweltberatung beläßt dem Einzelnen die Entscheidungsfreiheit, appelliert aber an dessen Eigenverantwortlichkeit und stützt diese durch Informationstransfer ab. Auch wenn staatlicher Information ein herausgehobener Autoritltts- und Glaubwürdigkeitsanspruch zu eigen ist und insbesondere die Warnung vor nichtverkehrsfähigen Produkten einen großen Befolgungsgrad erreichen mag, kann Umweltberatung jedenfalls nicht pauschal eine "psychologische Zwangswirkung" beigemessenen werden, welche sowohl die infonnationsverbreitenden Medien als auch die Konsumenten als "bloße Marionetten in der Hand der Behörden" versteht12• Informationsvermittlung, sei sie auch appellativ vermittelt, schränkt nicht die Autonomie der Marktteilnehmer ein, sondern ist Voraussetzung autonomer Marktteilnahme. Sie entfaltet von vomherein eine geringere Regelungsintensität als ordnungsrechtliche Gebote. c) Die kompetenzrechtliche Seite gemeindlicher Umweltberatung

Wenn somit Umweltberatung als staatliches Handlungsinstrument prinzipiell legitim ist, bleibt zu fragen, inwieweit es auch den Gemeinden an die Hand gegeben ist. Dies ist, wie gezeigt, zunächst eine Kompetenzfrage. Die Beratungszuständigkeit kann sich einmal aus dem einfachen Recht ergeben. Speziell für die Abfallentsorgung enthalten die LAbfG einen Handlungsauftrag an die entsorgungspflichtigen Körperschaften, dessen Erfüllung verschiedentlich auf die Gemeinden übertragbar ist13 • Davon werden in erster Linie 10

Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2712.

Aus rechtlicher Sicht von Hippe!, Verbraucherschutz, S. 37, 143 ff; dezidiert Paschke, AfP 1990, 89 ff m.N. auf die wirtschaftspolitische Diskussion. 11

12 So zu Recht Robbers, AfP 1990, 87 (Zitat), Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2711, Philipp, Staatliche Verbraucherinformation, S. 140; gegen Ossenbühl, UTR Bd. 3, S. 33, und ders., Umweltpflege, S. 85, der von Käufern als "Werkzeug" der Verwaltung spricht. 13

S. oben S. 157 Fn. 51.

220

ill. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

Beratungen über Abfallverwertungsmöglichkeiten, d.h. für die privaten Haushalte vor allem zur Abfalltrennung erfaßt. Vorbeugende Umweltberatung setzt jedoch bei Abfallvermeidung an, die - mit Ausnahme solcher Tatbestände, die an das Recht der Wirtschaft anknüpfen und daher abschließend bundesrechtlicher Regelung nach § la I i.V.m. einer Verordnung nach § 14 AbfG unterfallen - auch eingedenk der landesrechtliehen Vorschriften dem Selbstverwaltungsrecht unterfallen14• Soweit sonach die Aufgabenzuständigkeit nicht einfachgesetzlich anderen Verwaltungsträgern zugewiesen sind, bemißt die kompetentielle Zuständigkeit gemeindlicher Umweltberatung nach Art. 28 li GG. Dies hat zunächst die Konsequenz, daß die individuelle Beratung ortsansässiger Bürger und Betriebe in allen aufgefächerten Varianten als örtlich radizierte Aufgabe dem Selbstverwaltungsrecht folgt15 • Art. 28 II GG markiert zugleich die Grenze der an die Allgemeinheit adressierten Informationstätigkeit der Gemeinden. Insoweit sind Informationen und Appelle, die eine Hebung des allgemeinen Umweltbewußtseins der Gemeindeansässigen intendieren, kompetentiell von Art. 28 II GG erfaßt. Anders hingegen ist produktbezogene, an die Allgemeinheit gerichtete Umweltberatung zu bewerten. Hier werden Konstellationen, in denen ein Produkt nur lokalspezifische Umwelteinwirkungen verursacht, schwerlich denkbar sein. Die Verwendung eines Wirtschaftsgutes wird ganz regelmäßig unabhängig vom Ort der Nutzung umweltfreundlich oder umweltbelastend wirken. Deshalb ist gerade im Bereich vorbeugenden Staatshandeins eine örtliche Radizierung hier nicht gegeben, so daß darauf gerichtete gemeindliche Umweltberatung sich bereits kompetentiell als unzulässig erweist. Eher wären örtliche Gefahrenlagen denkbar, die durch eine spezifische lokale Konstellation ausgelöst werden. Aufgaben der Gefahrenabwehr sind indes den Ordnungsbehörden, d.h. landesrechtlich i.d.R. den Kreisverwaltungsbehörden zugewiesen 16, wenn sie nicht gar- wie etwa in § 9 I StrVG 17 - bundesgesetzlich zentralisiert sind. Sanach ist gemeindliche Umweltberatung als individueller Informationstransfer an die ortsansässigen Bürger und Betriebe kompetentiell umfassend zulässig. An die Allgemeinheit gerichtete Informationstätigkeit steht den

14

Zur Abfallvermeidung als örtlich radiziene Aufgabe oben S. 95, 161.

1s

So auch Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2707; Mohr, NuR 1990, 105 und 106.

16

Dazu Gröschner, DVBL 1990, 624.

Zur Zentralisierung der Strahlenschutzvorsorge entschiedend ablehnend Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2708; kritisch auch Philipp, Staa!liche Verbraucherinformation, S. 63 ff. 17

5. Gemeindliche Umweltberatung

221

Gemeinden nur insoweit zu, als die Lösung örtlicher Problemlagen intendiert ist. Allgemeiner, produktbezogener Umweltberatung ermangelt es jedoch der örtlichen Radizierung. d) Rechtsstaatliche Grenzen und grundrechtlicher Gesetzesvorbehalt

Insoweit zulässige gemeindliche Umweltberatung ist darüber hinaus - wie jede staatliche Informationspolitik - rechtsstaatliehen und grundrechtliehen Grenzen ausgesetzt. Die von der Zivilrechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Verbraucherinformation sind nach allgemeiner Ansicht18 auch Maßstab staatlicher Informationspolitik. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes muß ein Gewerbetreibender eine der Wahrheit entsprechende Kritik seiner Leistung grundsätzlich hinnehmen 19, weil sachlich zutreffende Marktinformation den Wettbewerb nicht stört, sondern dessen Funktionsvoraussetzung ist. Neben Objektivität und Sachkunde ist staatliche Verbraucherinformation insbesondere der Neutralität verpflichtet. Das Neutralitätsgebot ist vor allem für produktbezogene Umweltberatung bedeutsam, da eine willkürliche Auswahl und Behandlung der genannten Produkte unzulässig wäre. Schließlich unterliegt jedes staatliche Handeln, wie oben im Zusammenhang mit der Bedarfsdeckungsungspolitik ausgeführt, unbeschadet etwaiger Grundrechtsrelevanz, dem Übermaßverbot20• Soweit Umweltberatung die Intensität eines Grundrechtseingriffs erreicht, sind die Betroffenen auf jeden Fall vorher anzuhören21 • Neben dem Erfordernis einer grundrechtliehen Rechtfertigung stellt sich zudem gerade für gemeindliche Umweltberatung die Frage, ob die Beratungstätigkeit einer speziellen gesetzlichen Ermächtigung bedarf22• Dies setzt voraus, daß die Bera-

18 Ausführlich zur BGH-Rechtsprechung Paschke, AfP 1990, 90 f; s. auch Ossenbühl, Umweltpflege, S. 75 f; Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2711; Philipp, Staatliche Verbraucherinfonnation, S. 37 f; Mohr, NuR 1989, 102 m.N. unveröffentlicher Judikate; Robbers, AfP 1990, 85. 19

BGH, NJW 1987, 2746; s. auch BGHZ, 36,77/80 ff; 45, 296/309; 65, 325/331.

Dazu hier Ossenbühl, Umweltpflege, S. 70 ff, dessen Ausführungen sich jedoch auf Umweltberatung mit Eingriffscharakter beschränken. 20

21 Zur verfassungs- und verwaltungsverfahrensrechtlichen Ableitung Ossenbühl, Umweltpflege, S. 68 ff; s. auch Dürig, in Maunz/Dürig, GO, Art. 103 I Rn. 62 bzw. Kopp, VwVfG, § 28 Rn. 1 m.w.N. 2l Unter Hinweis auf den Unterschied von Zuständigkeits- und Befugnisnonnen und mit einem sehr weiten Eingriffsverständnis Ossenbühl, Umweltpflege, S. 14 ff bzw. 33 ff. Dagegen Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2708 ff; Philipp, Staatliche Verbraucherinformation, S. 87 ff und 157

ill. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

222

tungstätigkeit die Schwelle grundrechtlicher Relevanz erreicht. Einigkeit besteht darüber, daß der Grundrechtschutz zwar auch, aber nicht nur durch "klassische" Eingriffe ausgelöst wird23 • Art. 1 III GG bindet alle staatliche Gewalt, unabhängig davon, in welchen Handlungsformen sie auftritt. Auch faktische, mittelbare Schmälerungen des grundrechtlich geschützten Freiheitsraumes müssen sich grundsätzlich vor der Grundrechtsordnung rechtfertigen lassen. Da staatliche Verbraucherinformation erst auf dem Umweg über die autonome Entscheidung der Konsumenten auf die Wettbewerbssituation einzuwirken vermag, entfaltet sie nur eine faktische, mittelbare Auswirkung auf die Interessenlage der Produkthersteller. Einigkeit in den eben genannten Stellungnahmen besteht weiterhin darüber, daß nicht jede noch so entfernte mittelbare Auswirkung staatlichen Handeins den Grundrechtsschutz auslöst, sondern daß eine individualisierbare, grundrechtsspezifische Betroffenheit vorliegen muß. Erweist sich die individuelle Betroffenheit nur als Reflex einer Veränderung der generellen, wettbewerbliehen Rahmenbedingungen, werden grundrechtliche Schutzbereiche nicht betroffen24• Hinsichtlich der durch Art. 2 I GG geschützten Wettbewerbsfreiheit war schon erwähnt worden, daß neutrale, objektive und sachkundige Verbraucherinformation den Wettbewerbsmechanismus nicht einschränkt, sondern das Ordnungsziel eines funktionsfähigen, transparenten Wettbewerbs erst verwirklicht. Somit betrifft Umweltberatung vor allem die berufs- und eigentumsrechtliche Freiheitsgewährleistung. Wenn auch die dogmatische Einigkeit ihr Ende findet bei der Bestimmung derjenigen Intensitätsschwelle, von der an faktische Auswirkungen den Grundrechtsschutz auslösen sollen, so kann die auf das Selbstverwaltungsrecht gestützte gemeindliche Umweltberatung aufgrund ihrer kompetentiellen Begrenztheit diese Schwelle nach keiner der vertretenen Auffassungen erreichen: Nach Ansicht der Rechtsprechung sollen mittelbare Folgen staatlicher Tätigkeit dann den Grundrechtsschutz auslösen, wenn die Veränderung der Erwerbsbedingungen staatlicherseits zielgerichtet (final) und grundrechtsspezifisch (etwa mit erkennbar objektiv berufsregelnder Tendenz) erfolgt25 • Eine gewisse Relativierung erfährt dieser dogmati-

ff; Robbers, AfP 1990, 85 ff, insbesondere S. 88. 23 Grundlegend BVerfGE 66, 39/57 ff; BVerwGE 71, 183/189 ff. Aus der Lehre Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen, S. 81 ff und passim; Pietzcker, FS Bachof, S. 131 ff, 143 ff; sowie speziell zu öffentlicher Informationspolitik Ossenbühl, Umweltpflege, S. 15 ff; Dolde, Behördliche Warnungen, S. 11 ff; Philipp, Staatliche Verbraucherinforrnation, S. 89 ff.

24

BVerwGE 71, 183/193 f; dazu Ramsauer, aaO., S. 41 ff; Ossenbühl, aaO., S. 25 ff m.w.N.

25

BVerfGE 47, 1/21 f; BVerwGE 71, 183/189 ff; OVG Münster, NJW 1986, 2783; s. auch

5. Gemeindliche Umweltberatung

223

sehe Ansatz dadurch, daß das Bundesverwaltungsgericht - ähnlich der Rechtsprechung zum öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch aus dem Eigentum im Baurecht - "nach Art und Ausmaß", also nach der "Schwere" der tatsächlichen Betroffenheit differenzieren will26• Die Staatshaftungsrechtsprechung stellt dagegen als Eingrenzungskriterium auf die Unmittelbarkeit der Auswirkungen ab27 • In der Lehre vertritt Ossenbühl ein sehr weitgehendes Eingriffskonzept, das an der "Schwere" der tatsächlichen Betroffenheit ansetzt und das Vorliegen deutlicher Umsatzrückgänge bei den betreffenden Unternehmern zum "Eingriffs"-Merkmal machen wilt28• Robbers hingegen rückt die Kausalität der behördlichen Information für tatsächliche Auswirkungen bei den Herstellern in das Zentrum seiner Erwägungen und schlägt zu deren Eingrenzung - auf der Grundlage des haftungsrechtlichen "Birkel"-Falles zivilrechtliche Kausalitätskriterien vor, die er durch Anleihen aus der polizeirechtlichen Theorie der Zweckveranlassung konkretisiert29• Wie gezeigt, wird vom Selbstverwaltungsrecht zunächst die konkret-individuelle Beratung der gemeindeansässigen Bürger und Unternehmen erfaßt. Eine solche Umweltberatung zielt selbst dann nicht auf eine Einschränkung der Unternehmerischen Freiheit, wenn von der Verwendung bestimmter Produkte oder Materialien abgeraten wird; sie ist vielmehr darauf gerichtet, die persönliche oder örtliche Umwelt von Beeinträchtigungen freizuhalten. Ihr fehlen daher sowohl die erforderliche Finalität als auch die Grundrechtsspezifik einer Beeinträchtigung unternehmenscher Freiheit. Zudem kann individuelle Verbraucherinformation in einer Gemeinde auch kaum zu "deutlichen Umsatzrückgängen" (Ossenbühl) bei den betreffenden Herstellern führen. Gleiches gilt für allgemeine, umweltschutzorientierte gemeindliche Appelle, welche an die örtliche Allgemeinheit gerichtetel sind; sie sind grundrechtsneutral30. Hier ist schon eine Individualisierbarkeit der betroffenen Unternehmen kaum möglich. Erst recht entfalten sie keine grundrechtsspezifische Eingriffsintensität Soweit allgemeine Informationen tatsächlich eine breitere

OLG Stuttgan, WUR 1990, 43 f; w.N. bei Philipp, Staatliche Verbraucherinfonnation, S. 88 ff. 26 BVerwGE 71, 183/191; vgl. auch schon E 30, 191/198 f. Einen Versuch, die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zu konkretisieren, unternimmt Philipp, aaO., S. 153 ff (zusammenfassende Thesen 12-16 aufS. 239 f).

17

BGHZ 54, 332; 55, 229; BGH, NJW 1980, 770.

18

Ossenbühl, Umweltpflege, S. 31.

29

Robbers, AfP 1990, 86 f. Zu den "Birkel"-Entscheidungen hier oben Fn. 2.

30

Ossenbühl, Umweltpflege, S. 62; Mohr, NuR 1989, 102.

III. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

224

Resonanz im Kaufverhalten finden, stellt sich dies als bloßer Reflex geänderter Rahmenbedingungen dar. Eine - zumal umweltpolitische- status-quoVerbürgung, welche dem Staat (auch appellativen) Wissenstransfer verbietet und ihn zur Verfolgung allgemeinwohldienlicher Ziele instrumentell auf das Ordnungsrecht beschränkt, ist aus der Grundrechtsordnung nicht abzuleiten.

6. Finanzielle und sächliche Förderung von Umweltschutzmaßnahmen Eine Förderung bestimmten Verhaltens kann einmal durch eine direkte (finanzielle oder sächliche) staatliche Leistung (a), zum anderen aber auch indirekt durch die Verschonung des Adressaten von Abgabepflichten (b) geschehen. Wenn diese Subventionstypen auch aus der Sicht betriebswirtschaftlicher Kostenkalkulation identische Wirkung zeitigen 1, so bemißt sich die rechtliche Zulässigkeit nach unterschiedlichen GesichtspWlkten. Zudem weisen beide Typen eine unterschiedliche Distanz zu den Staatsorganen auf. Da steuerliche Verschonung wegen des im Abgabenrecht herrschenden Prinzips der Tatbestandsmäßigkeit generell-abstrakt determiniert ist und deshalb zu einer relativ breiten Streuung der gewährten Vorteile führt, eignen sich Verschonungssubventionen zur Erreichung eines allgemein erhöhten Umweltschutzniveaus. Dagegen handelt es sich bei Leistungssubventionen um konkret-individuell formierte Rechtsverhältnisse, die eine flexiblere Feinsteuerung ermöglichen. Sie gestatten daher für viele Problemlagen optimaleren Mitteleinsatz und vermeiden effizienzmindernde Mitnahmeeffekte2, lösen andererseits aber einen höheren Grad konkret-individueller Betroffenheit aus. Von Bedeutung auch für die gemeindliche Subventionspraxis ist die Beihilfekontrolleder nach Art. 92 und 93 EWGV, soweit sie sich der Form nach als Wirtschaftsförderung darstellt3• Zwar postuliert Art. 92 I EWGV keine unmittelbare Verbotsnorm, sofern jedoch die dort vorgeschriebene Anzeige unterblieben ist oder die Kommission innerhalb einer angemessenen Frist4

1 Zudem läßt sich die Grenze zwischen Abgaben und indirekten Subventionen häufig nur schwer bestimmen; Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 43 f; Hendler, AöR 115 (1990), S. 577/586; Kloepfer, HdUR TI, Sp. 583/594. 2

Zu den Schwierigkeiten gezielter Lenkung SRU, Umweltgutachten 1978, BT-Drs. 8/1938,

s 539 f.

3 Zu den kommunalrechtlichen Aspekten der Beihilfekontrolle Zuleeg, FG von Unruh, 91/97 ff; Mombaur/Lennep, DÖV 1989, 988/991 ff; Wallerath, DVP 1989, 251/254 f; Kreiner, RiA 1989, 141/145 f.

4

Der EuGH S!g. XIX 1471/1481 f (Lorenz) hält im Hinblick auf Art. 173, 175 EWGV eine

6. Finanzielle und sächliche Förderung von Umweltschutzmaßnahmen

225

noch nicht entschieden hat, beansprucht das Durchführungsverbot nach Art. 93 III 3 EWGV unmittelbare Geltung. Die Anzeigepflicht trifft den Bund; gleichwohl haben die Länder - und damit auch die Gemeinden - nach dem Gebot der Bundestreue dazu beizutragen, daß der Bund seine Verpflichtung erfüllen kann. Deshalb sind beabsichtigte gemeindliche Beihilfen i.S.v. Art. 92 EWGV über die Bundesregierung der EG-Kommission mitzuteilen. Davon ausgenommen sind Maßnahmen der Infrastrukturverbesserung, die allgemein die Attraktivität der Gebietskörperschaft erhöhen und nicht verdeckt auf ein bestimmtes Unternehmen ausgerichtet sind5. Die Kommission kann allerdings nur dann eine Aufhebung oder Umgestaltung der Begünstigung - mit unmittelbarer Rechtwirkung im nationalen Bereich6 - anordnen, wenn die Begünstigung in wettbewerbsverfälschender Weise den innergemeinschaftlichen Handel beeinträchtigt. Eine solche Beeinträchtigung liegt bereits vor, wenn die Produktionskapazität eines auf den gemeinschaftlichen Handel ausgerichteten Unternehmens gestört wird7 • Dies wird durch gemeindliche Maßnahmen nur selten eintreten. Zudem soll die Kommission nach den bisherigen Erfahrungen Maßnahmen zur Förderung der Forschung, des Umweltschutzes und der Energieeinsparung, die der Verwirklichung gemeinschaftsrechtlicher Ziele dienen, aufgeschlossen gegenüber stehen8 •

a) Direkte Subventionierung umweltfreundlicher Maßnahmen Leistende Einwirkungen des Staates begnügen sich nicht mit einer gefahrabwehrenden Zielsetzung, sondern sind Ausfluß des legitimen Anspruches des Staates, aktiv-gestaltend auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Prozesse Einfluß zu nehmen 9 • Begünstigte Adressaten können sowohl die privaten Haushaltungen als auch Wirtschaftsunternehmen sein. Frist von zwei Monaten für angemessen. ' Meldepflichtig sind auf jeden Fall Grundsteuerennäßigungen, Verzicht auf Erschließungsbeiträge oder Gewerbesteuern, ebenso Grundstücksveräußerung unter Verkehrswert oder weitere gezielte Vergünstigungen. 6

EuGH Slg. XIX 611/622 (Capolongo/Azienda Agric. Maya).

EuGH Slg. 1980, 2671!2688 f (Philip Morris Holland). Zudem gilt das allgemeine Diskriminierungsverbot gemäß Art. 7 I EWGV. 7

8 Mombaur/Lennep, DÖV 1988, 988/992; Wallerath, DÖV 1989, 251!255 unter Hinweis u.a. auf die Beihilfekontrollverfahren zum Frankfurter Innovationsförderungsprogramm und dem Marburger Unterstützungsprogramm für bestimmte ("alternative") Unternehmen.

9 Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, S. 654 ff; Henseler, VerwArch 77 (1986), S. 250. 15 Haaß

226

III. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

Soweit private Umweltschutzmaßnahmen finanziell oder sächlich gefördert werden, sind der Kreativität praktisch nur finanzielle Grenzen gesetzt Wie weit das Spektrum reichen kann, zeigt die Stadt Augsburg mit der Einrichtung eines kostenlosen "Geschirrverleihdienstes" für private und kommerzielle Festveranstalter, welcher den durch Einweggeschirr entstehenden Plastikmüllberg deutlich reduzieren konnte10• Hier wären auch Prämierungssysteme, mit denen die bereits erwähnten Überzeugungsprogramme effektuiert werden können, anzuführen. So belohnt die Stadt Detmold eine gute Sortierung des Hausmülls mit einer Art Lotterie 11 • Der Berliner Senat hat einen mit 50.000 DM dotierten Umweltpreis ausgeschrieben, mit dem umweltfreundliche Innovationen von Einzelpersonen oder Industrieunternehmen prämiert werden; zudem wird eine - werbewirksame - Urkunde ausgestellt12. Aus rechtlicher Sicht sind derartigen Förderungen von Umweltschutzmaßnahmen nur haushaltsrechtliche und rechtsstaatliche Grenzen gesetzt. Diese sollen im folgenden am Beispiel gemeindlicher Subventionierung von Umweltschutzmaßnahmen in der Wirtschaft untersucht werden, da sie hier am ehesten erheblich werden. Das Angebot finanzieller oder sächlicher Förderung kann zwar im Hinblick auf die Steuerungsdefizite ordnungsrechtlicher Vorgaben auch der Effektuierung gesetzlicher Pflichten dienen, sein zentrales Steuerungspotential entfaltet der "mit weicher Hand regierende Lenkungsstaat" (Henseler) 13 jedoch dort, wo Verhaltenslenkung über gesetzlich formierte Pflichtigkeit hinaus geht. Der ordnungspolitische Einwand, staatliche Wirtschaftslenkung geflihrde durch künstliche Marktbedingungen das Optimierungspotential des Marktsystems, muß sich entgegenhalten lassen, daß der marktwirtschaftliche Prozeß bestimmte soziale und politische Folgen allein nicht bewältigen kann - zum sogenannten "Marktversagen" schon oben S. 35 - und insoweit staatliche Korrekturen jedenfalls im Grundsatz geboten sind. Auch erscheint es fragwürdig, allein die - unbestreitbar - freiheitsgefährdenden Aspekte eines Subventionsstaates in den Blick zu nehmen; manche erblicken hier viel eher staatliche Ohnmacht und ein Ausgeliefertsein der Allgemeinheit an die privaten Wirtschaftssubjekte14.

10

Pehle, APuZ B 6/1990, S. 31.

11

Tagesspiegel vom 10.2.1991, S. 10.

12

Tageszeitung (Berliner Teil) vom 11.2.1991, S. 22.

13

Henseler, VerwArch 77 (1986), S. 250 f.

14

So von Amim, Gemeinwohl und Gruppeninteressen, S. 277; referierend· Haverkate,

6. Finanzielle und sächliche Förderung von Umweltschutzmaßnalunen

227

Da der subventionierende Staat von der Mitwirkungsbereitschaft der Leistungsadressaten abhängig ist, verwirklicht leistende Lenkung das .sowohl steuerungstheoretisch - durch Aktivierung der Kompetenz der Adressaten als auch ordnungspolitisch vorzugswürdige Konzept kooperativer Verhaltenslenkung. Wenn man einwenden möchte, daß dies nur um den Preis einer Aufgabe verursachergerechter Kosteninternalisierung gelingt15 , so muß gemeinlastiger Umweltschutz unter den Bedingungen einer auf Konkurrenz der Interessen gründenden Industriegesellschaft in gewissen Grenzen notgedrungen hingenommen werden. Gerade für die Subventionierung gesetzlich nicht pflichtigen Verhaltens erweist sich der Hinweis auf hehre Prinzipien für die Betroffenen als wenig hilfreich: Es nützt den lokal von Umweltbeeinträchtigungen Betroffenen nichts, auf verursachergerechte Regelungen zu warten, deren Erlaß sie nur marginal beeinflussen können. Auch vermag leistende Verhaltenssteuerung auf besondere lokale Problemlagen in einem Maß zu reagieren, welches allgemeine Regelungen nicht leisten könnten. Ein Überborden gemeinlastiger Umweltschutzsubventionen ist zudem vor dem Hintergrund angespannter kommunaler Haushalte16 schon faktisch nicht zu befürchten. Damit ist zugleich die wesentliche Einschränkung der Steuerungskraft dieses Instruments benannt. Die rechtlichen Schranken gemeindlicher Umweltschutzsubventionen erweisen sich vor den fiskalischen Zwängen als das geringere Problem. Aus steuerungstheoretischer Sicht laufen positive Anreizprogramme zudem Gefahr, sich in bloßen Mitnahmeeffekten zu erschöpfen, wenn sie Empfängern zugutekommen, die sich auch ohne die staatliche Transferleistung im angestrebten Sinne verhalten hätten 17• Verfassungsrechtlich ist die Zulässigkeit des Handlungsinstruments als solches unbestritten18 • Um so heftiger wird jedoch um die Erforderlichkeit einer materiell gesetzlichen Ermächtigung gestritten. Die Verwaltungsrechts-

Rechtsfragen des Leistungsstaates, S. 145 m. w.N. 15 So etwa Pehle, APuZ B 6/1990, 31; Wicke, Umweltökonomie, S. 335 f; Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 163 f. Nach Ansicht des SRU, Umweltgutachten 1987, BT-Drs. 11/1588, S. 71 Tz. 168, sind deshalb Umweltschutzsubventionen grundsätzlich abzulehen. 16 S. nur Gemeindefinanzbericht von Karrenberg/Münstermann, Städtetag 1991, 80 ff; aus finanzwissenschaftlicher Sicht Scharpf, in Mayntz, Implementation politischer Programme, S. 101; Zimmermann, in Hucke/Ueberhorst, Kommunale Umweltpolitik, S. 262 ff, insbesondere S. 283 und R. Klein, in J.J. Hesse, Zur Situation der kommunalen Selbstverwaltung heute, S. 93 ff.

17

Dazu Scharpf, aaO.

So R. Schmidt, in Achterberg/Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht I, Kap. 1 Rn. 139; s. auch Wolff/Bachhof, Verwaltungsrecht ill, § 154 Rn. 13; K. Hesse, Verfassungsrecht, Rn. 211. 18

15•

228

m. Teil

Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

dogmatik ordnet staatliche Subventionstätigkeit der Leistungsverwaltung zu, die dem Vorbehalt des Gesetzes grundsätzlich nicht unterliege. Dagegen richten sich vor allem demokratie- und rechtsstaatliche Einwände19. Neben dem reduzierten Rechtsschutz der gängigen, nur auf verwaltungsinternen Regelungen basierenden Praxis und deren Publizitätsmängel wird vor allem die Auflösung des Eingriffsbegiffs ins Feld geführt - der ja auch die Rechtsprechung mit der Wesentlichkeitslehre dogmatisch Rechnung getragen hat20. Gerade subventionierende Wirtschaftslenkung zeitigt durchaus Grundrechtsrelevanz; zum einen als Marktlenkung gegenüber den nichtbedachten Konkurrenten, zum anderen als Verhaltenslenkung gegenüber der Unternehmerischen Freiheit des Begünstigten. Die h.M. ist dem jedoch nur begrenzt gefolgt und läßt eine - haushaltsrechtlich ohnehin pflichtige - hinreichend zweckbestimmte Veranschlagung der Subventionsmittel im Haushaltsplan grundsätzlich21 als ausreichend gelten22. Dabei fordert das Haushaltsrecht, daß alle Ausgaben nach Zwecken getrennt zu veranschlagen und, soweit erforderlich, zu erläutern sind und daß Ausgaben nur zu den im Haushaltsplan bezeichneten Zwecken geleistet werden dürfen23 . Den Gemeinden wird die Subventionstätigkeit durch Art. 28 li GG im Rahmen ihrer "Finanzhoheit" verbürgt. Danach können sie über ihre Finanzmittel im Rahmen der gemeindewirtschaftlichen Bestimmungen selbstverantwortlich verfügen24. Damit ist zunächst eine erste Grenze für die recht-

19 S. nur Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 154 ff; B1eckmann, 55. DJT, Bd. I, D 71 ff (s. auch Empfehlungen, Bd. II, S. 199 ff). Überblick m.w.N. bei R. Schmidt, aaO., Kap. I Rn. 140 ff; Henseler, VerwArch 77 (1986), S. 258. Zum sog. "Tota1vorbehalt" oben S. 190.

20 Ausdrücklich etwa in BVerwGE 40, 237/249: "Staatliches Handeln, durch das dem Einzelnenen Leistungen und Chancen gewährt und angeboten werden, ist für eine Existenz in Freiheit oft nicht weniger bedeutungsvoll als das Unterbleiben eines 'Eingriffs'". Zur Wesentlichkeilslehre oben S. 184 f. 21 Zu den Ausnahmen R. Schmidt, in Achterberg/Püttner, Besonderes Verwalllmgsrecht I, Kap. I Rn. 141; 1-laverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 154 f. 22 Ständige Rechtsprechung seit BVerwGE 6, 282/287 f; 58, 45/48; 75, 109/117; vorausgesetzt in E 84, 236/240; s. auch Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht ill, § 154 Rn. 20. 23 Vgl. § 12 IV HGrG, §§ 17 I BHO/LHO bzw. § 27 I 1 HGrG, §§ 45 I 1 BHO!LHO; zu den umfangreichen Form- und Verfahrensvorschriften des Gemeindehaushaltsrechts (insbesondere den Gemi-IVO) s. Fuchs, HkWP Bd. 6, S. 399 ff; Stober, Kommunalrecht, § 10 ll. 24 BVerwGE 84, 236/239 f; s. auch Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 747 m.w.N.; P. Kirchhof, HkWP Bd. 6, S. 3 ff. Das BayAbfAlG enthält in Art. 24 eine besondere Ermächtigung, nach der die entsorgungspflichtigen Körperschaften - also regelmäßig die Kreise - im

6. Finanzielle und sächliche Förderung von Umweltschutzmaßnahmen

229

liehe Zulässigkeit gemeindlicher Umweltschutzsubvention markiert: die kompetentielle Bindung an die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Materielle Grenzen folgen darüber hinaus den Bindungen an rechtsstaatliche und grundrechtliche Vorgaben. Insbesondere letztere gelten hier unbestritten, da Umweltschutzsubventionen immer der Verfolgung öffentlicher Interessen dienen und so unbeschadet der verwaltungsrechtsdogmatischen Diskussion um die Handlungsformcn25 unproblematisch auch im Falle privatrechtlicher Subventionsverhältnisse dem sog. Verwaltungsprivatrecht unterfallen26• Im Hinblick auf die grundrechtliche Zulässigkeil subventionierender Umweltschutzpolitik sind zwei Konstellationen zu unterscheiden: Zum einen können Grundrechtpositionen von Konkurrenten des Begünstigten betroffen sein, zum andem die unternehmefische Freiheit des Leistungsempfänger selbst. Beide Fallgruppen werden von den unterschiedlichen Förderungstechniken in spezifischer Weise ausgelöst: Einmal können gemeindeansässige Unternehmen im Hinblick auf die Umweltfreundlichkeit der Produktionsverfahren generell gefördert werden; zum anderen können konkrete Projekte Gegenstand eines Subventionsverhältnisses sein. Im ersten Fall soll ein etwaiger Konkurrenznachteil umweltfreundlicher Betriebsführung kompensiert werden. Ähnlich regionaler Wirtschaftsförderung zum Zwecke der Arbeitsplatzsicherung greift eine solche Förderung direkt in die Marktbedingungen und damit die Wettbewerbsfreiheit (Art. 2 I GG) ein. Hier kommt daher vor allem eine mittelbare Betroffenheit von Grundrechtspositionen der Mitwettbewerber in Betracht. Einen eigentumsrechtlichen Grundrechtsschutz können Konkurrenten nur in AusnahmeHillen geltend machen. Zwar mag eine faktische Betroffenheit denkbar sein, gleichwohl wären Konkurrenten im Regelfall nur in ihren wirtschaftlichen Chancen, nicht jedoch in eigentumskräftigen Rechtspositionen betroffen27• Auch die Berufsfreiheit der Mitwettbewerber ist nur mittelbar betroffen, so daß die Schwelle rechtlicher Betroffenheit erst im Falle einer

Rahmen der zur Verfügwtg stehenden Haushaltsmittel private Maßnahmen zur Abfallvermeidung, Schadstoffminimierung und Abfallverwertung finanziell fördern sollen. 25 Eingehend zur Frage, ob Subventionsverhältnisse als privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Verträge zu qualifizieren sind Ehlers, VerwArch 74 (1983) S. 112 ff. Kritisch zur faktischen Bedeutwtg eines bloßen Formenwechsels Henseler, VerwArch 77 (1986), 256 f. 26

Dazu oben S. 209.

27

Nüßgens/Boujong, Eigentum, Rn. 82 m.w.N.

230

m. Teil

Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

"berufsregelnden Tendenz" der Maßnahme für die Konkurrenten erreicht wird28 • Solange daher die Förderung nicht eine Drittbetroffenheit gerade intendiert, kann ihre Unzulässigkeil nur der Intensität der Drittbetroffenheit folgen. Nicht beabsichtigte, aber mit jeder Subventionierung zwangsläufig verbundene mittelbare Auswirkungen auf die Wettbewerbspositionen der Konkurrenten stellen grundsätzlich keine Verletzung der berufs- und eigentumsrechtlichen Gewährleistung der Unternehmerfreiheit dar; sie sind erst dann unzulässig, wenn sie zu einer schweren Beeinträchtigung oder Existenzvernichtung der konkurrierenden Wettbewerber führen. Soweit Art. 2 I GG die Wettbewerbsfreiheit der Konkurrenten auch vor faktischen Schutzbereichsverkürzungen schützt29 , kommt eine Grundrechtsverletzung erst dann in Betracht, wenn die Wettbewerbssituation in einem unerträglichen Maße eingeschränkt ist30• Eine solche Konstellation wird sich für umweltschutzbegründete Förderung kaum ergeben, da hier lediglich eine volkswirtschaftliche Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen - nämlich die fehlende betriebswirtschaftliche Kosteninternalisierung bei den Mitwettbewerbern - kompensiert werden soll. Hier handelt es sich vielmehr regelmäßig um ein Gleichheitsproblem, für das die Legitimität der Gemeinschaftsaufgabe Umweltschutz als Differenzierungskriterium für die Förderungswürdigkeit vorliegend schon mehrfach begründet war. Umweltschutzförderung wird daher ganz regelmäßig nicht vor den Positionen der Konkurrenten problematisch, sondern muß sich aus grundrechtlicher Sicht vor allem im Hinblick auf die unternehmerische Freiheit des Begünstigten (Art. 12 I, 14 I, 2 I GG) rechtfertigen. Insoweit wird die autonome und eigenverantwortliche Entscheidungsbefugnis des begünstigten Unternehmers vertraglich beschnitten. Diese Konstellation ergibt sich insbesondere im

28 BVerfGE 47, 1/21 m.w.N.; 52, 42/54; 55, 1!25 ff; s. auch Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 162 f m.w.N.; zur Einschlägigkeil von An. 12 I GG vgl. Knuth, JuS 1986, 523 ff, insbesondere S. 528; zum Verhältnis der Berufsfreiheit zur Wettbewerbsfreiheit Gubelt, in von Münch, GG, An. 12 Rn. 88. Zum Grundrechtsschutz bei mittelbar-faktischen Beeinträchtigungen oben S. 222.

29 Zur dogmatischen Konstruktion der in An. 2 I GG verbürgten Wettbewerbsfreiheit BVerwGE 30, 191/197 ff, wo sich bereits der von Zu1eeg, Subventionskontrolle, S. 73 ff, weiter ausgeformte Gedanke findet, wonach An. 2 I GG folge, daß niemand mit einem Nachteil belastet werden dürfe, der nicht in der verfassungsmäßigen Ordnung begründet sei, so daß diese Norm einen umfassenden Konkurrentenschutz statuiere; kritisch dazu Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaats, S. 162 ff. 30 So insbesondere BVerwGE 71, 183/191 ff; 65, 167/174; vgl. auch E 30, 191/198 und schon E 6, 134/140 ff.

6. Finanzielle und sächliche Förderung von Umweltschutzmaßnahmen

231

Fall konkreter, projektbezogener Subventionsverhältnisse. Hier verpflichtet sich der Subventionsnehmer zu einem bestimmten (zumeist gesetzlich nicht pflichtigen) Verhalten im Gegenzug zu einer staatlichen Leistung. Damit macht der Grundrechtsträger gerade von der ihm grundrechtlich verbürgten Unternehmerischen Dispositionsfreiheit Gebrauch; eine solche vertragsvermittelte, d.h. willentliche Beschränkung unternehmenscher Freiheit ist aus den oben im Zusammenhang mit konditionierter Beschaffungspolitik ausgeführten Gründen und in den dort genannten Grenzen 31 zulässig. Der Einwand, faktische Zwänge könnten die Willentlichkeit in Frage stellen, übersieht, daß sich der Subventionsnehmer anders als bei ordnungsrechtlichen Vorgaben dem ihm abverlangten Verhalten entziehen kann- wenn auch unter Risiken und Kosten32• Lenkungssubventionierung ersetzt vielmehr obrigkeitliche Staatsintervention und erweist sich wegen der erheblich niedrigeren Zwangsintensität als das (polizeirechtlich) mildere Mittel. Für die vorliegend interessierenden, projektbezogenen Umweltschutzsubventionen unterliegen zudem regelmäßig nicht die begünstigten Wirtschaftssubjekte, sondern die öffentlichen Subventionsgeber den Zwängen der Faktizität. Soweit gesetzlich nicht pflichtiges Verhalten "erkauft" wird, hängen die Vergabeträger von der Mitwirkungsbereitschaft der Subventionsnehmer ab, welche ansonsten keinen Anlaß hätten, das im öffentlichen Interesse verfolgte Projekt zu realisieren. Die Anknüpfung an die Verfolgung öffentlicher Interessen markiert zugleich die entscheidende grundrechtliche und rechtsstaatliche Grenze subventionierender Verhaltenslenkung. Sie sieht sich in zweifacher Hinsicht rechtfertigungsbedürftig: einmal gegenüber der Freiheitsbindung des Subventionsempfltngers, zum anderen gegenüber der Allgemeinheit wegen des Einsatzes öffentlicher Mittel33 • In beiden Fällen muß sich die Mittelvergabe durch eine geeignete, erforderliche und angemessene Verfolgung legitimer öffentlicher Zwecke rechtfertigen. Die Verfolgung von Umweltschutzbelangen ist insoweit, wie schon mehrfach ausgeführt, von der Verfassung erlaubt, wenn nicht gar gefordert34• Die Legitimität gemeindlicher Umweltschutzsubventioniening, welche über gesetzlich pflichtiges Verhalten hinaus geht

31

Zum sog. "Grundrechtsverzicht" oben S. 210 f.

Auf diesen prinzipellen Unterschied zu ordnungsrechtlichen Vorgaben weist Hense1er hin (VerwArch 77, 1986, 277 f); s. auch Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaates, S. 148 ff. ll

33 Henseler, aaO., 262 f, 275, der kategorial zwischen subjektiv-freiheitlicher und objektivhaushaltsrechtlicher Legitimation differenziert. 34

S. insbesondere oben S. 35 ff.

232

ill. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

und örtlich radizierte Anliegen verfolgt, wird weder durch die Zuständigkeitsordnung noch grundsätzlich durch die Umweltgesetzgebung der Parlamente in Frage gestellt. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht jetzt unter ausdrücklicher Berufung auf die Stärkung kooperativer Handlungsformen den grundlegenden Unterschied zwischen hoheitlichem Zwang und leistender Verhaltenslenkung herausgestellt und zu den Regelungen des BlmSchG und des Bauplanungsrechts exemplarisch ausgeführt, daß diese Normen nur eine Unterschreitung ihrer Mindeststandards zum Schlechteren hin verbieten, nicht aber eine Überschreitung dieser Standards zum Besseren hin35. Die Zweigleisigkeil der Zweck-Mittel-Relation entfaltet sich am unterschiedlichen Prüfungsmaßstab. Gegenüber dem Subventionsempfllnger darf die Beeinträchtigung der Unternehmerischen Entscheidungsfreiheit nicht außer Verhältnis zum verfolgten öffentlichen Interesse stehen. Zu herficksichtigen ist dabei, daß leistende Verhaltenslenkung schon an sich wegen der geringeren Zwangsintensität ein milderes Mittel als ordnungsrechtliches Vorgehen darstellt. Im Hinblick auf die Angemessenheil der Vergabebedingungen läßt sich naturgemäß keine generelle Aussage treffen, man wird aber - jedenfalls für die vorliegend interessierenden Umweltschutzsubventionen- die Willentlichkeil einer solchen Einschränkung der Unternehmerfreiheit in Rechnung zu stellen haben, da hier, wie erwähnt, die stärkere Verhandlungsposition regelmäßig beim Subventionsempfänger liegt. Deshalb wird das Übermaßverbot nur selten das Austauschverhältnis als solches oder die vereinbarten Nebenbedingungen (z.B. Rückforderungskautelen als Sanktion verabredungswidrigen Empfangerverhaltens) in Frage stellen. Dies betrifft auch die Verteilung der Verhaltenslasten und des wirtschaftlichen Risikos. Im Interesse eines effizienten Mitteleinsatzes ist dem Vergabeträger zumeist an einer Eigenbeteiligung des Subventionsempfängers gelegen, um einen Teil des Projektrisikos dem Empfänger - zwecks dessen ökonomischer Molivierung - aufzuerlegen36. Da das wirtschaftliche Risiko hier im Verhandlungswege verteilt wird, ist vor dem Hintergrund der genannten Verhandlungspositionen eine unangemessene Verteilung der Verhaltenslasten nur in Ausnahmefällen (und dann auch eher zuungusten der öffentlichen Vergabeträger) zu erwarten. Die entscheidende Regulierungskraft für gemeindliche Umweltschutzsubventionen entfaltet der Verhältnismäßigkeitsmaßstab daher weniger in seiner subjektiv-rechtlichen Ausprägung, sondern als objektiv-haushaltsrechtliches

35

BVerwGE 84, 236!240 f; s. Zitat schon oben S. 207 Fn. 32.

36

Dazu m.w.N. :rur Vergabepraxis Henseler, VerwArch 77 (1986), 264 über Fn. 84 f.

6. Finanzielle und sächliche Förderung von Umweltschutzmaßnalunen

233

Gebot. Die Vergabe öffentlicher Mittel - aus Steuergeldem - kann sich vor der Allgemeinheit nur dadurch rechtfertigen, daß die Zuwendung zur Verfolgung öffentlicher Interessen geeignet, erforderlich und angemessen ist. Die öffentliche Leistung muß sich auf den Aufwand begrenzen, der erforderlich ist, um den Leistungsempfänger zu dem öffentlich erwünschten Verhalten zu bewegen; bei gleichzweckdienlichen Leistungsalternativen ist diejenige auszuwählen, die einen geringeren Mitteleinsatz erfordert und ein geringeres Verlustrisiko birgt37 • Schließlich darf der Umfang der Begünstigung nicht außer Verhältnis zum Nutzen des erwarteten Verhaltens für die Allgemeinheit stehen. b) Indirekte Subventionierung durch Verschonung von Abgabepflichten

Im Steuerrecht wird von Verschonungssubventionen mannigfaltig Gebrauch gemacht. Ihre steuerungstheoretischen Vor- und Nachteile wurden oben bereits erwähnt38 • Umweltschutzmaßnahmen werden etwa durch erhöhte Absetzungsmöglichkeiten in § 7 d EStG, § 82 a EStDV und § 4a InvestitionszulageG gefördert39 • Aus rechtlicher Sicht müssen sie sich ebenso wie direkte Subventionierung durch ihre Gemeinwohlbezogenheit, Willkürfreiheit und Verhältnismäßigkeit rechtfertigen40• Wie bei direkten Subventionen gelten auch hier sowohl die objektiv-haushaltsrechtlichen als auch die subjektiv-freiheitsrechtliehen Rechtfertigungsanforderungen. Der grundlegende Unterschied folgt jedoch aus der strikten Gesetzesgebundenheit des Steuerrechts (Art. 20 III GG)41 • Öffentliche Abgabenlasten können nur aufgrund von Rechtssätzen, also abstrakt-generell auferlegt werden. Hierzu führte das Bundesverwaltungsgericht aus, daß "Abgaben nur nach Maßgabe der Gesetze erhoben werden (dürfen). Diese strikte Bindung

37 So Henseler, aaO., S. 275 f; s. auch Bleckmann, 55. DIT, D 98 ff. Für die Haushalte des Bundes und der Länder ist dies durch § 14 HGru i.V.m. §§ 23 BHO/LHO einfachgesetzlich angeordnet; das Gemeindehaushaltsrecht enthält keine entsprechende Vorschrift.

38

Eingangs zu ill. Teil 6.

Eingehend zu den Befreiungs- und Begünstigungsregelungen des Steuerrechts Dickertmann, in Öffentliche Finanzen und Umweltpolitik, Bd. I, S. 91 ff. 39

40

Speziell zu Verschonungssubventionen insoweit Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 629 ff m.w.N.

Als Ausdruck des Grundsatzes nullum tributum sine lege; klarer zum Gesetzesbegriff: no taxation without representation; zum Prinzip der Tatbestandsmäßigkeit Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 34 ff, die betonen, daß nicht nur die Tatbestandsseite, sondern auch die Rechtsfolge genau bestimmt sein muß, weshalb besser von "Gesetzesbestimmtheit" zu sprechen sei. 41

234

ill. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

an das Gesetz schließt aus, eine Abgabe von den gesetzlichen Regelungen abweichend zu ·erheben, insbesondere durch Verwaltungsmaßnahmen Abgabenbefreiungen über den Rahmen des Gesetzes hinaus zu gewähren. "42 Ein Verzicht auf (kommunal)rechtlich auferlegte Abgaben verstieße gegen Art. 20 III GG43 • Selbst Literaturstimmen, die öffentlich-rechtliche Verträge im Kommunalabgabenrecht nicht prinzipiell ausschließen wollen, kommen nicht umhin, eine Durchbrechung der abgabenrechtlichen Grundsätze, insbesondere der Abgabengleichheit für unzulässig zu halten44• Da somit Verschonungssubventionen im Abgabenrecht selbst generell-abstrakt fonnuliert sein müssen, bemißt sich die Frage, inwieweit Umweltschutzbelange einfließen können, danach, ob die Gemeinden generell-abstrakt abgabenrechtliche Regelungen treffen können. Dies soll im folgenden untersucht werden.

7. Abgaben als Instrument gemeindlicher Umweltpolitik Daß Steuern etwas "mit Steuerung zu tun" haben, ist keine Erkenntnis moderner Staats- und Verwaltungslehre; die Verfolgung nichtfiskalischer, nämlich lenkender Zwecke mit der Auferlegung von Abgabenlasten verfügt vielmehr über eine lange Tradition 1• Die abgabengesteuerte Verfolgung speziell umweltpolitischer Ziele ist zuerst - und das nicht zufällig - von wirtschaftswissenschaftlicher Seite her angeregt worden 2: Soweit Umweltressourcen wie insbesondere Luft vom Marksystem als "freie Güter" behandelt und kostenlos genutzt werden können, schlägt sich ihre Nutzung nicht im Preis nieder. Die betriebswirtschaftliche Kostenrechnung drückt dann nicht die

42

BVerwG v. 2J.JO.J983-8 C 174.81=NJW 1984, 2113=DVB1. 1984, 192/193.

43

OVG Koblenz, NVwZ 1986, 68.

Hier sind jedoch Gebühren- und Beitragsrechtsverhältnisse Gegenstand der Diskussion, die wegen der Anhindung an konkrete Nutzungsverhälntisse eher Anlaß bieten, individuell-konkrete Regelungen zu treffen. Deshalb läßt auch die Rechtsprechung vereinzelt vertragliche Vereinbarungen zu; dazu Allesch, DÖV 1988, 103 ff; Heun, DÖV 1989, 1053. 44

1 Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 190 (Zitat); eingehend Selmer, Steuerinterventionismus, S. 30 ff; Bodenheim, Der Zweck der Steuer, S. 133 ff; Amdt, WiVerw 1990, 1 ff m.w.N.

2 Die umweltökonomische Diskussion basiert auf dem Internalisierungsmodell Pigous aus den 20er Jahren; dazu Wicke, Umweltökonomie, S. 43 ff, 356 ff m.w.N. In dem von Siebert hrsg. Sammelband: Umwelt und wirtschaftliche Entwicklung, fmden sich die wichtigsten der klassischen Texte. Anschaulich Sieben, in Die Zeit Nr. 38 vom 15.9. 1989, S. 36. Gedrängter Überblick sowie zur Rezeption in der Rechtswissenschaft Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. SO ff. S. auch Bonus, APuZ B 10/91, S. 37 ff m.w.N.

7. Abgaben als Instrument gemeindlicher Umweltpolitik

235

volkswirtschaftlich entstehenden Kosten der Güternutzung aus. Um eine (aus volkswirtschaftlicher Sicht) Fehlallokation von Produktionsfaktoren zu korrigieren, sollen Umweltabgaben tatbestandlieh an die Nutzung von Umweltressourcen anknüpfen und so die sozialen, externen Kosten in die betriebswirtschaftliche Kalkulation internalisieren. Das wirtschaftswissenschaftliche Internalisierungsmodell ist aus umwelt(rechts)politischer Sicht einmal deshalb interessant, weil die Nutzer vom Umweltgütern belastet werden und somit das Verursacherprinzip3 zur Geltung kommt. Zum anderen bieten Umweltabgaben die Chance, die Eigenmotivation der Marktteilnehmer, d.h. insbesondere der Produkthersteller im Interesse des Umweltschutzes zu stärken. Mehr als durch ordnungsrechtliche Vorgaben möglich, wird die Kompetenz der Marktteilnehmer bei der Gestaltung ihres eigenen Verhaltens aktiviert und auf umweltfreundliche Wirkungen ausgerichtet. Schließlich können Umweltabgaben in den Dienst vorsorgender Umweltpolitik gestellt werden, da sie einen ökonomischen Anreiz bieten, Maßnahmen des Umweltschutzes nicht nur - wie durch die am Grenzwertmodell orientierten regulative Vorgaben4 - auf die Realisierung eines bestimmten Standards der Umweltbeeinträchtigung zu richten, sondern zur Vermeidung der Abgabenpflicht die tatbestandliehe Ressourcennutzung soweit als (wirtschaftlich) möglich zu senken5. Umweltabgaben erweisen sich daher im Sinne der hier angelegten Rationalitätskriterien als von hoher Zielkonformität und Problemadäquanz. Einer über den Preisbildungsmechanismus gesteuerten Marktwirtschaft sind sie jedenfalls im Grundsatz konform 6• Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist der 3 Kritisch zur allgemeinen Anerkennung des Verursacherprinzips im Umweltrecht Adams, JZ 1989, 787; Entgegnung von Kirchgässner, ebenda, S. 1042. 4

Dazu schon oben S. 164.

s Deshalb monierte der SRU in seinem Umweltgutachten 1987, BT-Drs. 11/1568 (Kurzfassung, Tz. 24) das Fehlen eines ökonomischen Anreizsystems zur Stimulierung des Eigeninteresses der Umweltnutzer. Ähnlich im Sondergutachten Abfallwirtschaft, 1990, BT-Drs. 11/8493 Tz. 150 ff (S. 54 ff). Aus finanzpolitischer Sicht Benkert/Bunde/Hansjürgens, Umweltpolitik mit Öko-Steuern? passim; Gelbhaar, in Staatswissenschaften und Staatspraxis 1991, 444 ff. Eingehend aus rechtlicher Sicht Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 58 ff, 81 ff sowie Hendler, AöR 115 (1990), 577/578 f, 587 ff; Bonus, APuZ B 10/91, S. 38 ff; F. Kirchhof, DÖV 1992, 233 ff. 6 S. schon E. Rehbinder, FS Böhm, 499/514 f; finanzwissenschaftlich Hansmeyer/Ewringmann, in Staatswissenschaften und Staatspraxis 1990, 34/40 f; zurückhaltend Hendler, AöR 115 (1990), 577/588 f. Anders P. Kirchhof, HdUR I, Sp. 14{21, der als "marktkonform" die Freiheit von jeglicher hoheitlicher Intervention versteht. Daß dies dem Konzept einer Marktwinschaft nicht zu eigen ist, wurde oben im Zusammenhang mit der staatlichen Gewährleistung eines funktionsfähigen Marktes gezeigt (S. 35).

ill. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

236

Gesetzgeber nicht auf eine bestimmte wirtschaftspolitische Doktrin festgelegt, da der Wirtschaftsverfassung - jedenfalls nach der h.M. - ein bestimmtes Ordnungsmodell nicht entnommen werden kann und daher auch eine prinzipiell anti-interventionistische Ordnungspolitik von Verfassungs wegen nicht gefordert ist7 • Mehrere Gründe sprechen allerdings gegen eine Überbewertung der Abgaben als Instrument des Umweltschutzes. Wegen des direkten Zwangs zur Kosteninternalisierung lösen Umweltabgaben regelmäßig einen hohen Betroffenheilsgrad bei den belasteten Herstellern bzw. Vertreibern aus und werden deshalb häufig auf deren Widerstand stoßen, was die Durchsetzungschancen zumal im Hinblick auf die geringe "Gegenwehr" der Gemeinden aufgrund ihrer Abhängigkeit von wirtschaftlicher Prosperität senkt. Weiterhin kann die Gewährleistung unverzichtbarer Mindeststandards8 nicht in das - wenn auch ökonomisch gesteuerte - Belieben der Umweltnutzer gestellt werden. Abgaben können daher nur flankierend wirken und insbesondere über ordnungsrechtliche Pflichten hinausgehende Vermeidungsanreize setzen9• Zudem erweist sich eine dem Lenkungszweck angemessene Ausgestaltung des Abgabentatbestands rechtstechnisch als schwierig: Als Instrument indirekter Verhaltenssteuerung soll die Auferlegung einer Abgabenpflicht die Letztentscheidungskompetenz des Adressaten nicht aufheben. Dies verbietet prohibitive Abgabenhöhen. Andererseits muß die Abgabe tatsächlich einen Anreiz auslösen; sie verlöre sonst ihren Lenkungszweck und würde zu einer Fiskalabgabe "mutieren". Hendler weist schließlich darauf hin, daß auch das Abgabenmodell einen erheblichen Verwaltungsaufwand erfordert, weshalb die als "Vollzugsdefizit" diagnostizierten Lenkungsprobleme durch ein instrumentelles Ausweichen auf Abgabenlösungen nicht umgangen werden können 10• Aus rechtspolitischer Sicht bedenklich ist aber vor allem, daß Umweltabgaben, die - wie die für die vorliegende Arbeit zum Anlaß genommenen gemeindlichen Getränkeverpackungsabgaben - nicht an die Produktion, sondern an den allgemeinen Verbrauch anknüpfen, als indirekte Besteuerung wirken und deshalb mit der grundsätzlich an der subjektiven Leistungsfähig-

7

BVerfGE 4, 7/17 f; 50, 290/336 ff; dazu Meßerschmidt, Umweltabgaben, 72 f.

8

Dazu oben S. 35 ff.

K1oepfer spricht daher von "Instrumentenverbund" mit ordnungsrechtlichen Regelungen; Umweltrecht § 4 Rn. 202. Eingehend Meßerschmidt, Umwe1tabgaben, S. 81 ff. 9

10

Hendler, AöR 115 (1990), 592. Zum "Vollzugsdefizit" s. oben S. 206.

7. Abgaben als Instrument gemeindlicher Umweltpolitik

237

keit des Abgabenschuldners11 orientierten sozialstaatliehen Steuerlastverteilung kollidieren 12• Aus rechtlicher Sicht schlägt dieser Einwand jedoch nicht durch, da das Lastengleichheitsprinzip hinter den verfassungskräftig hervorgehobenen Umweltschutz grundsätzlich zurückgesetzt werden darf13• Für die vorliegend interessierende Frage, inwieweit Abgaben als Instrument gemeindlicher Umweltschutzpolitik sinnvoll und zulässig sein können, steht der Lenkungszweck im Vordergrund. Ein tatsächliches Abgabenaufkommen deutet dann auf eine partielle (aber dem Instrument notwendig anhaftende) Verfehlung des Lenkungszwecks hin. Gegenstand der Untersuchung sollen daher nur solche Umweltabgaben sein, welche auf Güter und Leistungen erhoben werden, "die wegen ihrer Umweltschädlichkeit bzw. ihrer Gefährdungspotentiale durch Verteuerung in ihrer Mengenentwicklung begrenzt oder absolut zurückgeführt werden sollen" 14 • Soweit ein tatsächliches Abgabenaufkommen entsteht und - etwa im Hinblick auf eine erhöhte Akzeptanz der Abgabenpflicht - gegebenenfalls zweckgebunden für Umweltschutzmaßnahmen verwendet werden soll, bleibt dies bloßer Nebeneffekt Lenkungsabgaben sind zudem um so effektiver, je vorübergehender das Abgabenaufkommen ist. Daneben werde auch solche Geldleistungspflichten als Umweltabgaben definiert, die weniger (oder gar nicht) der Verhaltenslenkung als vielmehr der

11 Lastengleichheit bedeutet, daß jeder Abgabenschuldner nach Maßgabe seiner individuellen und relativen Leistungsfähigkeit zu belasten ist; vgl. BVerfGE 6, 55no; 8, 51/68 ff. Eingehend D. Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 50 ff. Gerade bei Abgabentatbeständen, die anläßich der Befriedigung elementarer Bedürfnisse (hier: Trinken) entstehen, läßt die Einkommensverwendung typischerweise nicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Konsumenten schließen; vgl. dazu die Entscheidung des VGH Mannheim zu einer gemeindlichen Einwohnersteuer NVwZ 1990, 395. 12 Daru schon D. Birk, NuR 1985, 90/91. S. auch Hansmeyer/Ewringmann, in Staatswissenschaften und Staatspraxis 1990, 34/42 f, die sich auch deshalb gegen den u.a. vom Umwelt- und Prognose-Institut Heidelberg (UPI-Bericht 9/1988, S. 55 ff; Bericht von Teufel, ZRP 1988, 373 ff) vorgeschlagenen ökologischen Totalumbau des Abgabenrechts wenden. 13 Unbeschadet der Frage, ob man der Lastengleichheit jede Verfassungsverbürgung absprechen kann; so Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 130 f (m.N. zur Diskussion), s. auch Donner/ Fischer, in Donner/Magoulas u.a., Umweltschutz zwischen Staat und Markt, S.359/362. In seiner Sonderabgabenjudikatur verankert das BVerfG dieses Prinzip nicht in der Finanzverfassung, sondern sieht in ihm eine "spezifische Ausprägung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes im Steuerrecht"; BVerfGE 75, 361/367 f; 55, 274/302; 66, 214!223; ebenso D. Birk, Steuerrecht I, § 6 Rn. 15.

14

Hansmeyer/Ewringmann, in Staatswissenschaften und Staatspraxis 1990, 34/39.

238

ill. Teil Instnunente gemeindlicher Umweltpolitik

Beschaffung zweckgebundener Finanzierungsmittel dienen 15. Reine Umweltfinanzierungsabgaben sind bisher nicht eingeführt; man könnte aber beispielsweise hinsichtlich der Abfallentsorgungsgebühren die Einrechenbarkeit bestimmter behördlicher Leistungen in die Gebührenkalkulation, wie z.B. Emissionsmessungen oder Beratungsangebote, die sich nicht unmittelbar als Äquivalent individuell zurechenbarer Leistungen darstellen, als umweltorientiertes Finanzierungselement ansehen. In der rechtspolitischen Diskussion stehen jedoch "reine" Lenkungsabgaben im Vordergrund sowie - als Mischform - sog. "verhaltenslenkende Umweltabgaben mit ökologischem Finanzierungszweck"16. Prototyp einer solchen "gemischten" Umweltlenkungs- und -finanzierungsabgabe ist im bundesdeutschen Recht die Abwasserabgabe. Auch das Lizenzentgelt nach § 11 LAbfG NRW enthält beide Elemente. Daneben existieren vielflUtige rechtspolitische Vorschläge 17. Aus neuerer Zeit wären auf Bundesebene insbesondere die Anregung zu einer Kohlendioxidabgabe, eine Ersetzung der Kraftfahrzeugsteuer durch eine Abgassteuer oder eine ökologisch motivierte Erhöhung der Mineralölsteuer zu erwähnen 18. Für die Abfallpolitik ist das BMU mit dem Entwurf eines Abfall-Abgaben-Gesetzes an die Öffentlichkeit getreten.19 Danach soll für die Entsorgung einzeln aufgeführter Abfälle eine Vermeidungsabgabe sowie allgemein eine Deponieabgabe mit einer der Abwasserabgabe ähnlichen zeitlichen und sachlichen Systematik erhoben werden. Das Aufkommen soll den Ländern zustehen, wobei 40 % zweckgebunden für die Sanierung in den neuen Bundesländern ist. Wenn sich auch die vorstehenden Überlegungen vorwiegend auf ökologisch begründete Steuern sowie Sonderabgaben bezogen, so steht doch das gesamte Abgabensystem, d.h. also auch die Gestaltung von Gebühren und Beiträgen einer ökologischen Ausrichtung grundsätzlich offen.

u Zur rechtstheoretischen Systematisierung Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 36; Überblick bei Grabitz, UTR 7, S. 112 ff. 16 Hendler, AöR 115 (1990), 577/583, der auf den "ökologischen Doppeleffekt" dieser Abgabenkonstruktion hinweist: einmal wird auf ein umweltpolitisch unerwünschtes Verhalten steuernd eingewirkt, zum anderen das dabei erzielte Aufkommen für Umweltschutzmaßnahmen zweckgebunden.

17 Dazu Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 46 ff; Klages, NVwZ 1988, 481/483 f; Teufel, ZRP 1988, 373 ff (jeweils m.w.N.). 18

Vgl. Franke, ZRP 1991, 24.

19

S. Umwelt 1991, S. 265; dazu Köck, !UR 1991, 186 ff.

7. Abgaben als Instrument gemeindlicher Umweltpolitik

239

a) Gemeindesteuern als Instrument der Umweltpolitik Steuern sind - entsprechend der Legaldefinition in § 3 I AO (1977) Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen, mithin keine Entgeltfunktion haben und zur Erzielung öffentlicher Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen die tatbestandliehe Leistungspflicht zutrifft; ausdrücklich wird nunmehr sodann bestimmt, daß die Einnahmewirkung auch als bloßer Nebenzweck entstehen kann. Die Verfolgung primär interventionistischer Zwecke vermittels der Auferlegung von Steuerlasten ist vom Bundesverfassungsgericht seit jeher gebilligt worden 20, jedenfalls solange, wie die - sekundäre - Einnahmeerzielung durch eine prohibitive Höhe der Steuer nicht von vomherein verhindert wird: Steuern dürfen keine erdrosselnde Wirkung entfalten, indem sie ein bestimmtes Verhalten wirtschaftlich faktisch verbieten. Wird mit der "Steuererhebung" eine Einnahmeerzielung nicht einmal als Nebenzweck erstrebt, ist eine Zuordnung zum Finanzwesen ausgeschlossen 21 • aa) Die gemeindliche Steuerhoheit Für die Frage, inwieweit eine bestimmte Umweltsteuer der gemeindlichen Steuergesetzgebungshoheit unterfällt, muß danach differenziert werden, ob sich die Abgabe auch materiell 22 als Steuer darstellt, oder ob sie als Sonderabgabe zu qualifizieren ist (dazu unten b). Beide Abgabenarten haben primär oder - als (nicht prohibitive) Lenkungsabgaben - jedenfalls sekundär die Aufgabe, finanzielle Mittel aufzubringen, um mit diesen öffentliche Sachaufgaben zu erfüllen. Der Unterschied zwischen beiden Abgabenarten ergibt sich aus der näheren Bestimmung des fiskalischen Verwendungszwecks 23 • Als Steuern sind begrifflich nur solche Abgaben qualifizierbar, deren Erträge in den allgemeinen Haushalt einfließen und für beliebige Zwecke verwendet werden können. Dagegen haben Sonderabgaben fiskalisch die Aufgabe,

20 BVerfGE 16, 147 (LS 2), 161; 38, 61/80; 55, 274/299; s. auch BGHZ 98, 115/119 ff. Vgl. D. Birk, Steuerrecht I, § 4 II Rn. 5 m.w.N.; ausführlich Sehner, Steuerinterventionismus, S. 86 ff.

21 BVerfGE 17, 135/137; 31, 8!23; 32, 78/85; dazu Maunz, in ders./Dürig, GG, Art. 105 Rn. 9; Henneke, Jura 1990, 63/65 m.w.N. 22 Für die Qualifizierung kommt es nicht auf die Bezeichnung, sondern auf den materiellen Gehalt an; ständige Rechtsprechung, vgl. nur BVerfGE 7, 244/252; 67, 256/276.

23 Zur gegenständlichen Abgrenzung BVerfGE 67, 256!275, sowie Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S.27 ff; Meßerschrnidt, Umweltabgaben, S. 218 ff; Jarass, DÖV 1989, 1013 ff, insbesondere 1017 f; Amdt, WiVerw, 1990, 6 f Geweils m.w.N.).

240

III. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

zweckgebunden Mittel für bestimmte Sachaufgaben aufzubringen. Zwar läßt die Rechtsprechung auch Zwecksteuern zu, die Bindung darf allerdings nur zugunsten "allgemeiner Aufgaben" erfolgen im Gegensatz zu Sonderabgaben, die der Erfüllung "besonderer Aufgaben" dienen sollen24• Eine unspezifizierte Zweckbindung eines Steueraufkommens für "Umweltschutzmaßnahmen" dürfte danach zulässig sein; detailliertere Zweckbindungen etwa für bestimmte Maßnahmen würden jedoch die begrifflich für Steuern erforderliche Beliebigkeil der Mittelverwendung aufheben. Eine so ausgestaltete Abgabe flösse nicht mehr allgemein in den Hauhalt der Ertragskörperschaft ein, sondern wäre Finanzierung konkreter Aufgabenerledigung. Jarass weist hier darauf hin, daß (auch) bei Zwecksteuern der Verwendungszweck keinen rechtlichen Einfluß auf das Abgabenschuldverhältnis nimmt; dagegen bewirkt eine rechtliche Verknüpfung zwischen Verwendungszweck und Abgabenpflicht die Qualifizierung der Abgabe als Sonderabgabe. Aus der Perspektive gemeindlicher Abgabengestaltung bedeutet dies, daß eine spezifizierte Zweckbindung des Aufkommens gemeindlicher Abgaben unzulässig ist, da Sonderabgaben, wie unten b) zu zeigen sein wird, von den Gemeinden nicht erhoben werden können. Soweit die oben in der Einleitung erwähnten gemeindlichen Getränkeverpackungsteuern der vorgeschlagenen Mustersatzung25 folgen, entsteht der Steuertatbestand beim "Verkauf eines Getränkes in einer nicht wiederverwendbaren Getränkeverpackung an einen Endverbraucher", wobei der Endverkäufer Steuerschuldner ist. Eine so ausgestaltete Getränkeverpackungsteuer erfüllt damit alle Tatbestandsmerkmale einer Steuer26• Wie gezeigt, darf der Lenkungszweck auch bei Steuern durchaus im Vordergrund stehen, jedenfalls soweit die Steuer nicht prohibitiv wirkt; dann wäre eine Einnahmeerzielungsabsicht nicht einmal mehr als Nebenzweck erkennbar. Eine erdrosselnde Wirkung läßt sich für die einzelne Steuerart indes nicht pauschal feststellen; sie ist vielmehr eine Frage der tatbestandliehen Ausgestaltung der Steuerhöhe27•

24 So BVerfGE 55, 274/310 f; zur Kritik dieses Unterscheidungsmerkmals Jarass, DÖV 1989, 1013/1018 m.w.N.

25 Abgedruckt bei Corsten, ZKF 1989, 2. Ähnlich die von der Stadt Detmold am 20.6.1989 beschlossene Satzung, wiedergegeben bei Benkmann/Gaulke, ZKF 1990, 98/102 f.

26 So die Stellungnahmen von Köck/von SchwanflOgel, Abfallvermeidung durch komnnmale Verpackungsabgaben, S. 26; Eckert, DÖV 1990, 1006 f; Corsten, ZKF 1989, 2/3. 27 So zu Recht Eckert, DÖV 1990, 1006/1007. Dies verkennen Gern, KStZ 1989, 61 und ihm folgend Tiedemann, DÖV 1990, 1/3, die Verpackungsabgaben jeden Fiskalzweck pauschal absprechen und damit ihre rechtliche Qualifizierbalkeit als Steuer verneinen.

7. Abgaben als Instrument gemeindlicher Umweltpolitik

241

Nach Modellrechnungen führen bereits Steuersätze von DM -,10 bis -,30 je Verpackungseinheit aufkommensseitig zu einer deutlichen Überschreitung der Bagatellgrenze28 • Man wird daher eine Aufkommenserzielungsabsicht jedenfalls als Nebenzweck regelmäßig anzunehmen haben. Schließlich fließt das Aufkommen der vorgeschlagenen Getränkeverpackungsteuer in den allgemeinen Gemeindehaushalt ein. Selbst wenn man das sog. gemeindliche Steuerfindungsrecht als Ausfluß der Steuerhoheit unmittelbar dem Selbstverwaltungsrecht entnehmen will, läßt die umfassende (allerdings konkurrierende) Gesetzgebungsbefugnis des Bundes, die der ausschließlichen Landeskompetenz nur Verbrauch- und Aufwandsteuern mit örtlich begrenztem Wirkungskreis offenhält (Art. 105 II und Ila), eine autonome gemeindliche Steuergebung "nur noch in allergeringstem Umfange" zu29. Nach allgemeiner Ansicht sind gemeindliche Abgaben jedoch aufgrund ihres Eingriffscharakters dem Vorbehalt des Gesetzes unterworfen und bedürfen demgemäß einer speziellen gesetzlichen Ennächtigung30. Abgesehen von dem hier nicht interessierenden Art. 106 VI 2 GG (Hebesätze der Realsteuern), finden sich keine speziellen verfassungsrechtlichen Steuerermächtigungen zugunsten der Gemeinden. Mangels einschlägiger bundesgesetzlicher Ermächtigungen31 kann sich eine Gemeindekompetenz nur aus einer landesrechtliehen Vorschrift ergeben. Insoweit enthalten die §§ 3 I der KAG Niedersachsens, Nordrhein-Westfalens und des Saarlandes eine generelle Ermächtigung zu gemeindlichen Steuersatzungen. Da die Länder selbstredend nur eigene Kompetenzen übertragen können, bemißt sich der Umfang dieser Ermächtigungen einmal danach, ob Abgabentatbestände betroffen sind, die der bislang ungenutzten konkurrierenden Bundesgesetzgebung nach Art. 105 II GG unterfallen, oder aber danach, ob es um örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern i.S.v. Art. 105 II a GG geht; in jedem Fall dürfen sie Bundessteuern nicht gleichartig sein. Die KAG der anderen Flä-

21 Vgl. Graf, ZFK 1988, 172/173 sowie den bereits erwähnten UPI-Bericht 9/1988, S. 8, wonach bei 250.000 Einwohnern mit einem Aufkommen je nach Steuersatz von zwischen 5 Mio. bis 15 Mio. DM p.a. zu rechnen ist. Die erwähnte Steuersatzung der Stadt Deuno1d sieht für die verschiedenen Getränkebehälter einen Steuersatz von DM ·,70 oder -,80 vor und würde zu höheren Einnahmen führen. 29 So schon Gönnenwein, Gemeindrecht, S. 113 (noch zur alten Fassung des Art. 105 GG); s. auch Köck/von Schwanf!üge1, Abfallverrneidung, S. 19. 30 S. BVerfGE 33, 125/157 ff; Schmidt-Aßmann, in von Münch/Schrnidt-Aßmann, Besonderes Verwa1tungsrecht, S. 83; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 86 Rn. 111; SchrnidtJortzig, Kommuna1recht, Rn. 768; Henneke, Jura 1990, 66 f.

31

Unbeschadet der Zulässigkeil eines solchen "Durchgriffs"; dazu oben S. 115 f.

16 Haaß

m. Teil

242

Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

chenländer antizipieren die zweite Alternative und ermächtigen von vomherein nur zu Gemeindesteuern i.S.v. Art. 105 II a GG32•

(1) Verbrauch- und Aufwandsteuern Aufwandsteuern qualifizieren sich gegenüber Verbrauchsteuern durch die Anknüpfung an den steuerrechtliehen Lastenverteilungsgrundsatz, wonach die Besteuerung, wie erwähnt, der subjektiven Leistungsfähigkeit des Abgabenschuldners folgen soll. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts soll mit Aufwandsteuern "die in der Vermögens- oder Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende besondere Konsumfähigkeit des Steuerpflichtigen besteuert werden33• "Aufwandsteuern sollen einen besonderen Aufwand, also eine über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehende Verwendung von Einkommen oder Vermögen erfassen." 34 /

Die vorliegend exemplarisch herausgegriffenen Getränkeverpackungsteuern knüpfen tatbestandlieh nicht an das Entgelt des verpackten Produktes, sondern an die Verpackungseinheit an. In der Wahl zwischen Getränken in wiederverwendbaren Verpackungen oder in Einweggefäßen tritt eine besondere subjektive Leistungsfähigkeit des Konsumenten, die eine über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehende Einkommensverwendung indizieren würde, indes nicht zu Tage. Dies um so mehr, als eine Verpakkungsabgabe in der genannten Höhe allenfalls geeignet wäre, den üblicherweise niedrigeren Preis von Getränken in Einweggefäßen zu kompensieren. Eine so ausgestaltete Abgabe kann daher begrifflich nicht als Aufwandsteuer qualifiziert werden 35 • Verbrauchsteuern knüfen an den Übergang einer Sache aus dem steuerlichen Nexus in den nicht gebundenen Verkehr an36• Ob, wie und wo die

32 KAG Art. 3 I Bay, § 6 lli BW, § 7 II Hess, § 3 II RP, § 3 I SH. Zu den nicht an Art.80 I 2 GG zu messenden Bestimmtheitsanforderungen gegenüber Satzungsermächtigungen schon oben S. 192. 33

BVerfGE 16, 64(74; 49, 343(354; 65, 325(346 f.

BVerfG, Beschluß vom 10.8.1989- 2 BvR 1532/88=UPR 1990, 61 zur kommunalen Jagdsteuer; s. auch die erwähnte Entscheidung des VGH Mannheim, NVwZ 1990, 395 l1l einer kommunalen Einwohnersteuer. Zu den einzelnen Steuerarten Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 171 ff. 34

3S

Anders Ecken, DÖV 1990, 1007.

So BFHE 57, 473/489; 141, 369(374; vgl. auch BVerwGE 6, 2471256; BVerfGE 16, 64(74. Speziell zur gemeindlichen Getränkeveq>ackungsteuer Benkmann/Gaulke, ZKF 1990, 98/99. 36

7. Abgaben als Instrument gemeindlicher Umweltpolitik

243

übergegangene Sache "verbraucht" wird, ist für die Erhebung der Steuer irrelevant. Verbrauchsteuern weisen daher eine Ähnlichkeit zu Verkehrsteuern auf, welche seit der Änderung der Finanzverfassung 1969 der konkurrierenden Bundeskompetenz nach Art. 105 II GG, also nicht Art. 105 II a GG, unterfallen. Verkehrsteuern unterscheiden sich von Verbrauchsteuern dadurch, daß sie nicht - wie Verbrauchsteuern - "an einen tatsächlichen Vorgang, sondern an einen Akt des Rechtsverkehrs anknüpfen und den Aufwand treffen wollen, der beim Abschluß des Rechtsgeschäfts entsteht und eine bestimmte Leistungsfahigkeit des Steuerpflichtigen indiziert'm. Gemeindliche Umweltsteuern, die an einen rechtlichen Veräußerungstatbestand anknüpfen, wären daher als Verkehrsteuern nur in den Ländern kompetentiell zulässig, welche eine allgemeine Steuerermächtigung in ihren KAG vorsehen (Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland). Soweit ein äußerlich erkennbarer, tatsächlicher Vorgang den Besteuerungstatbestand auslöst, handelt es sich um in allen Länder zulässige gemeindliche Verbrauchsteuern. Speziell kommunale Getränkeverpackungsteuern fallen zwar anläßlich der rechtsgeschäftliehen Veräußerung an den Endabnehmer an, sie besteuern aber ausweislich ihres Lenkungszwecks nicht den rechtstechnischen Vorgang der Veräußerung, sondern die Abgabe von Getränken unter Verwendung nicht wiederverwendbarer Verpackungen. Dies ist kein rechtsgeschäftlicher Vorgang, sondern ein Realakt38. Deshalb wird man diese Steuern als Verbrauchsteuern zu qualifizieren haben.

(2) Die "Ortlichkeit" gemeindlicher Steuern Bei gemeindlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern muß es sich nach Art. 105 II a GG um "örtliche" handeln. Soweit die landesgesetzlichen Ermächtigungen auch Steuern i.S.v. Art. 105 II GG erfassen (also auch etwaige Verkehrsteuern), ergibt sich eine entsprechende Begrenzung aus der Grundsatznorm der §§ 1 I KAG 39 , welche über die Formulierung "kommunale Abgaben" eine örtliche Radizierung voraussetzen40• Bislang hat das Bundesver-

37 D. Birk, Steuerecht I, § 6 Rn. 12; s. auch die Begründung zum Finanzverfassungsgesetz von 1955, wonach Verbrauchsteuern "aufgrund eines äußerlich erkennbaren Vorgangs" erhoben werden (BT-Drs. W480, S. 107- Tz. 160). 38 Dies übersehen Köck/von Schwanflügel, Abfallvermeidung, S. 41 ff, die eine Verkehrsteuer annehmen. 39 Mit Ausnahme BayKAG, dort ist die Ermächtigung ohnehin auf örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern beschränkt. 40

16•

S. nur Pagenkopf, Kommunalrecht TI, § 38 Vill 3 (S. 89); Bauemfeind, in Driehaus,

244

DI. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

fassungsgeeicht bei der näheren Bestimmung des Örtlichkeitsmerkmals an seiner 1963 - also vor der Refonn des Finanzverfassungsrechts 196941 - in der Entscheidung zur hessischen Speiseeissteuer entwickelten Rechtsprechung festgehalten, wonach Steuern mit örtlich begrenztem Wirkungskreis nur solche Steuern seien, "die an örtliche Gegebenheiten, vor allem an die Belegenheil einer Sache oder an einen Vorgang, im Gebiet der steuererhebenden Gemeinde anknüpfen und wegen der Begrenzung ihrer unmittelbaren Wirkungen auf das Gemeindegebiet nicht zu einem die Wirtschaftseinheit berührenden Steuergefälle führen können." 42 Weiterhin hieß es, daß nur "der Verkauf zum Verzehr an Ort und Stelle" der Besteuerung unterliegen dürfe. Auch wenn nach dieser Rechtsprechung die örtliche Radizierung nicht die Auswirkungen des besteuerten Konsums, sondern die Auswirkung der Besteuerung selbst betreffen soll43 , wird die Möglichkeit einer außerörtlichen Auswirkung nur selten völlig ausschließbar sein44• Selbst die Zweitwohnungsteuer - Musterbeispiel einer Gemeindesteuer45 - entfaltet ihre belastende Wirkung regelmäßig am Erstwohnsitz, der durchaus außerhalb des besteuerten Gemeindegebiets liegen kann. Bei der konkreten Bestimmung der örtlichen Radizierung kann speziell für gemeindliche Getränkeverpackungsteuern nicht auf die intendierte Senkung des Abfallaufkommens rekurriert werden, da nicht der Abfall, sondern die Verpackung besteuert wird46• Für die Örtlichkeit der Besteuerungswirkung kann weiterhin nicht auf den Verzehr des verpackten Produktes abgehoben werden, da nicht dieser, sondern die Abgabe in einer Einwegverpackung die Abgabepflicht ausgelöst. Besteuert wird nicht der "Verbrauch" einer EinwegKommunalabgabenrecht, § 1 KAG Rn. 13 ff. 41 Zweck dieser Rechtsprechung war vor allem, die wegen des früher fehlenden Gleichartigkeitsverbots möglichen gemeindlichen Sonderumsatzsteuern zu verhindern. Zu den (von der Rechtsprechung weitgehend ignorierten) Konsequenzen der Reform vgl. die instruktive Analyse von Köck/von Schwanflügel, Abfallvermeidung, S. SOff; kritisch auch Eckert, DÖV 1990, 1008.

42 BVerfGE 16, 306/327; s. auch 40, 56/61; 65, 325/349; 69, 174/183; ebenso BVerwGE 45, 264/265 f; 58, 231/238. W.N. bei Maunz, in ders./Dürig, GG, Art. 105 Rn. 56; D. Birk, Steuerrecht I, § 7 Rn. 11; einschränkend Fischer-Menshausen, in von Münch, GG, Art. 105 Rn. 24, nach dem sich die unmittelbaren Wirkungen lediglich "im wesentlichen" auf einen örtlich abgrenzbaren Bereich beschränken müssen.

43

So Tiedemann, DÖV 1990, 4.

44

So auch Bayer, HkWP Bd. 6, S. 167 ff.

Eine örtliche Aufwandsteuer; vgl. BVerwGE 58, 230/238 f sowie Beschluß vom 26.10. 1989- 8 B 36/89=NVwZ 1990, 568. 45

46

Vgl. Tiedemann, DÖV 1990, 3 f; a.A. Graf, ZKF 1988, 172/174.

7. Abgaben als Instrument gemeindlicher Umweltpolitik

245

verpackung, sondern deren Verwendung zum Verkauf eines Getränkes47• Die Steuer knüpft daher allein an einen Vorgang in der steuererhebenden Gemeinde an; sie ist somit örtlich radiziert. Weiterhin darf die gemeindliche Besteuerung nicht zu einem die Wirtschaftseinheit berührenden Steuergefälle führen. Ein überörtliches Verständnis dieses Kriteriums würde jede Gemeindesteuer, die nicht in allen Gemeinden des Bundesgebietes auferlegt wird, unzulässig machen. Dies wäre sinnwidrig. Selbst wenn man daher entgegen der hier vertretenen Auffassung als Steuertatbestand nicht auf die Benutzung einer Einwegverpackung, sondern auf einen etwaigen "Verbrauch" der Verpackung außerhalb des Gemeindegebietes abstellen würde, wäre die Wirtschaftseinheit nicht tangiert48 • Dieser Begriff kann sinnvollerweise nur auf das Gebiet der steuererhebenden Gemeinde selbst bezogen werden: Ein die Wirtschaftseinheit gefahrdendes Steuergefälle würde nur dann drohen, wenn in ein und derselben Gemeinde ein bestimmter Konsumvorgang unterschiedlicher Besteuerung unterliegt49 • Damit ist die Wurzel dieses von der Rechtsprechung nicht konkretisierten Merkmales angesprochen: der Gleichheitsgrundsatz. Die bloße Ausweichmöglichkeit des Konsumenten auf (Nachbar-)Gemeinden, welche eine Verpackungsabgabe nicht erheben, verletzt den Gleichbehandlungsanspruch der Gemeindeansässigen nicht; die steuererhebende Gemeinde ist nicht an die Rechtslage anderer Gemeinden gebunden, sondern nur verpflichtet, innerhalb ihres eigenen Bereichs den Gleichheitssatz zu wahren50• Zusammengefaßt kann daher festgestellt werden, daß mit der Anhindung des gemeindlichen Steuerrechts an die örtlichen Wirkungen der Besteuerung die Herrschaftsgewalt des Gemeindesatzungsgebers - wie auch durch Art. 28 II GG - auf das Gemeindegebiet begrenzt werden soll. Gemeindliche Steuersatzungen können nur an Vorgänge anknüpfen, die im Gemeindegebiet statt47 Das wird in der EntscheidWJg des VG Minden zur Detmolder Getränkeverpackungsteuer übersehen, weM der Verpackungsteuer die örtliche Beschränkung unter Bezug auf BVerfGE 16, 3061324 abgesprochen wird, "weil bei ihr nicht lediglich ein auf die Gemeinde beschränkter 'Verzehr an On Wld Stelle' oder ein diesem gleichzustellender Vorgang ... besteuen wird" (ZKF 1991, 111/112 mit Anm. Palm, KStZ 1991, 81). 48

Anders aber Corsten, ZKF 1989, 3; Gern, KStZ 1989, 61/62.

Dies folgt auch dem genaMten Zweck der Rechtsprechung, die Sonderumsatzsteuern vermeiden wollte, was nWJmehr durch das Gleichanigkeitsverbot erreicht ist. So auch Tiedemann, DÖV 1990, 3 f. 49

50 So zu Recht Ecken, DÖV 1990, 1009 WJter Verweis auf BVerwG, Beschluß vom 3.11. 1989 - 1 B 131/89=NJW 1990, 589/590 bezüglich der Ländergesetzgebung; a.A. TiedemBM, aaO.

m. Teil

246

Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

finden. Die Örtlichkeit von Umweltsteuern, die wie die Getränkeverpackungsteuer an einen Realakt anknüpfen, bemißt sich somit nach dem Ort der tatbestandsauslösenden Handlung, hier also danach, in welcher Gemeinde die Benutzung einer nicht wiederverwendbaren Verpackung zum Verkauf erfolgt. Analog gilt dies für steuerliche Belastungen, welche sich wie Verkehrsteuern tatbestandlieh auf ein Rechtsgeschäft beschränken.

(3) Keine "Gleichartigkeit" mit Bundessteuern Weiterhin darf die Steuer nicht mit bundesgesetzlich geregelten Steuern "gleichartig" sein. Dies ordnet Art. 105 II a GG ausdrücklich an; für Steuern im Rahmen der konkurrierenden Bundesgesetzgebung nach Art. 105 II GG folgt dies aus der Verweisung auf Art. 72 II GG. Wann allerdings das Merkmal der Gleichartigkeit vorliegt, ist in Rechtsprechung und Literatur nicht eindeutig geklärt51 • Die von den Bundesgerichten theoretisch postulierte Verschiedenheit der GleichartigkeilSbegriffe nach Art. · 105 II GG und Art. 105 II a GG52 sehlägt sich jedenfalls in ihrer konkreten Auslegung nicht niede~ 3• Regelmäßig wird vielmehr die Vergleichbarlceit von Steuern an Steuergegenstand, Steuermaßstab, Erhebungstechnik, wirtschaftlichen Auswirkungen sowie daran gemessen, ob die gleiche Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausgeschöpft wird54• Insbesondere die Brauchbarlceit des letzten Merkmals ist äußerst fraglich, da alle beste~enden Steuern zwangsläufig die gleichen Quellen der wirtschaftlichen Leistungstlihigkeit, nämlich Einkommen und Vermögen, beanspruchen55• Dem trägt das Bundesverfassungsgericht dadurch Rechnung, daß die Ausschöpfung derselben Quelle nicht schon als solches einen Verstoß gegen das GleichartigkeilSverbot

51 Eingehend Czisnik, DÖV 1989, 1065 ff; speziell zu gemeindlichen GetrinkeverpackiDig· steuern Eckert, DOV 1990, 1009 ff; Köck/von Schwanflügel, Abfallvenneidung, S. 47 ff. 5l

Vgl. BVerfGE 40, 56 (LS), 63 f; BVerwGE 45, 264/268 ff.

Vgl. die erwähnte Untersuchung von Czisnik, S. 1071 f, die jedoch darauf hinweist, daß in allen EntscheidiDigen eine Gleichartigkeit der Steuern verneint wird, weshalb der dogmatische Auasagewert ihrer Analyse beeinträchtigt sei. 53

54 Vgl. BVerfGE 40, 56/62 f; 49, 343/355; 65, 325/351 sowie BVerwGE 45, 264!268 f; Beschluß vom 26.10.1989 • 8 B 36/89=NVwZ 1990, 568; aus der Literatur Fischer-Menshausen, in von Münch, GO, Art. 105 Rn. 20; nach MaiDiz, in ders./Dürig, GO, Art. 105 Rn. 43, sei be· sonders das letzte Merlemal von Bedeutung.

55 Im Anschluß an D. Birlc, Steuerrecht I, § 7 Rn. 7, auch Köck/von Schwanflügel, Abfallvenneidung, S.47; s. auch Eckert, DÖV 1990, 1010.

7. Abgaben als Instrument gemeindlicher Umweltpolitik

247

bedeutet, da anderenfalls jede landesrechtliche Steuererhebung unzulässig sein würde56• Die Getränkeverpackungsteuer erweist sich als der Umsatzsteuer nicht ver-

gleichb~7. Die Umsatzsteuer knüpft tatbestandlieh an sämtliche entgeltli-

che Lieferungen und Leistungen an; sie besteuert allgemein und unspezifisch den gesamten Umsatz. Dagegen ist die Getränkeverpackungsteuer objektbezogen und erfaßt - ähnlich der Mineralöl- oder Biersteuer - nur einen Ausschnitt entgeltlicher Leistungen. Es wird nicht der Verbrauch an sich besteuert, sondern die Auswahlentscheidung zugunsten einwegverpackter Produkte. Im Gegensatz zur Umsatzsteuer nimmt die Getränkeverpackungsteuer auch nicht das Entgelt, sondern die Verpackungseinheiten zum Maßstab. Auch in der Erhebungstechnik unterscheiden sich beide Steuerarten: Während die Umsatzsteuer als sog. Allphasensteuer bereits beim Verlassen des Herstellers anfltllt (und dann bis zum Endverbraucher weitergereicht wird), soll die Getränkeverpackungsteuer ausschließlich beim Endverkäufer anfallen, der sie nur in Form einer Preiserhöhung weitergeben kann. Schon darin ist ein Unterschied in den wirtschaftlichen Auswirkungen markiert. Hinzu kommt, daß die Umsatzsteuer bundesweit auf alle Güter erhoben wird und unterschiedslos alle Endverbraucher ohne die Möglichkeit eines Ausweichens trifft. Dagegen ist die Getränkeverpackungsteuer so konzipiert, daß der Besteuerung durch ein Ausweichen auf mehrwegverpackte Produkte ohne Einschränkung des Konsums möglich ist. Sie wird zudem nur auf Gemeindeebene erhoben58• Die wirtschafllichen Auswirkungen beider Steuerarten unterscheiden sich schließlich dadurch, daß Verpackungsteuern primär ordnungspolitischen Aufgaben (hier: Abfallvermeidung) verpflichtet sind im Gegensatz zur Umsatzsteuer, die ausschließlich fiskalischen Zwecken dient. Daß Verpackungsteuern ebenso wie alle Steuerlasten die gleiche Quelle, nämlich Einkommen/Vermögen bzw. deren Verwendung besteuern, reicht nach dem Vorstehenden allein zur Annahme einer Gleichartigkeit nicht aus. Die Gleichartigkeit gemeindlicher Getränkeverpackungsteuern mit einer Bundessteuer wäre somit erst dann gegeben, wenn der Bundesgesetzgeber ~ 6 BVerfGE 40, 56/63 f. ~ 7 So im Ergebnis auch Graf, ZKF 1988, 172/175; Corsten, ZKF 1989, 4; Eckert, DÖV 1990, 1009; Köck/von Schwanflügel, Abfallvermeidung, S. 47 ff. Dagegen Gern, KStZ 1989, 62, allein unter Hinweis auf die Gleichartigkeit der ausgeschöpften Quelle.

~ 8 Dem würde auch nicht entgegenstehen, wenn sämtliche Gemeinden eines Gebiets eine solche Steuer erneben würden; dazu BVerwG, aaO. (NVwZ 1990, 568) zu Zweitwohnungsteuem.

ill. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

248

eine entsprechende Steuer einführt. Insbesondere führt ein Ausnutzen des in § 14 I AbfG eingeräumten Verordnungsinstrumentariums nicht zu einer Verletzung des Gleichanigkeitsverbots. Pfand- und Rücknahmepflichten stellen keine Steuern dar und bewirken nur, daß die regelungsunterworfenen Verpackungen nicht mehr als Einwegverpackungen qualifizierbar sind59• Auch eine bundesgesetzlich eingeführte Abfallabgabe60 wäre keine der Verpackungsabgabe gleichartige Steuer, da nach dem Entwurf die Abfallabgabe an die Entsorgung gebunden ist, während die Getränkeverpackungsteuern die Verpackung als solche zum Abgabestatbestand machen. Allerdings wäre der Lenkungszweck beider Abgabearten identisch: Beide zielen auf eine Vermeidung von Abfällen. Dann kollidiert das gemeindliche Steuerfindungsrecht mit der Sachzuständigkeit des Bundesgesetzgebers. bb) Sachzuständigkeit als Kompetenzvoraussetzung? Wenn sich auch gemeindliche Verpackungsteuern nach dem Vorstehenden aus finanz(verfassungs)rechtlicher Sicht als zulässig erwiesen haben, weisen sie doch in ihrer primär lenkenden Wirkungsstruktur Parallelen zum bereits bestehenden bundesrechtlichen Abfallvermeidungsinstrumentarium auf. Noch deutlicher wird dies, wenn der Bundesgesetzgeber tatsächlich die erwähnte Abfallabgabe einführt. Eine Lenkungsabgabe, die wie Verpackungsteuern das Abgabenaufkommen nur nolens volens in Kauf nimmt, stellt sich in erster Linie als Instrument von Sachpolitik dar. An Stelle ordnungsrechtlicher Vorgaben soll das Sachziel vermittels indirekter Verhaltenssteuerung verwirklicht werden. Dann stellt sich die Frage, ob die kompetentielle Zulässigkeit einer solche Steuer auch an der sachlichen Aufgabenkompetenz zu messen ist. Die Rechtsprechung stützt auch Steuern mit interventionistischem Gehalt kompetenzrechtlich allein auf die Finanzverfassung61 • Auch in der Literatur zur Getränkeverpackungsteuer wird dieses Problem zumeist nicht angesprochen und nur

s9 Zwn auf das Ordnungsrecht begrenzten Regelungsgehalt des § 14 AbfG s. oben S. 132 f. 60

Dazu oben S. 238.

Vgl. BVerfGE 13, 181/196 f; 38, 61n9 f; w.N. bei KöckJvon Schwanflügel, Abfallvermeidung, S. 27 f. Auch die Entscheidungen des BVerwG zu gemeindlichen Spielautomatensteu· em gehen auf die sachliche Zuständigkeit für die mit diesen Steuern verfolgte Lenkung mit keinem Won ein; BVerwG, Beschluß vom 17.7.1989 - 8 B 159188 sowie vom gleichen Tag 8 NB 2/89 =NVwZ 1989, 1175 und 1176=KStZ 1990, 114 bzw. 116. Ebenso die hier Fn. 47 erwähnte Entscheidung des VG Minden zur Detmolder Verpackungsteuersatzung. 61

7. Abgaben als Instrument gemeindlicher Umweltpolitik

249

die finanz(verfassungs)rechtliche Zulässigkeit untersucht62• Soweit dies der Begrenzung des gemeindlichen Steuerfindungsrechts auf Steuern mit örtlich begrenztem Wirkungskreis geschuldet ist, wird übersehen, daß die finanzverfassungsrechtliche Begrenzung nur die Auswirkung der Steuer selbst, nicht aber die vorliegend interessierende Frage erfaßt, ob das abgabenrechtliche Instrumentarium auch zur Verfolgung von Zwecken genutzt werden darf, die nicht im Aufgabenbereich des Steuergesetzgebers liegen. Nach der erwähnten Rechtsprechung könne der Rückgriff auf sachliche Aufgabenzuständigkeiten auch dann eine Steuergesetzgebungskompetenz nicht in Frage stellen, wenn mit der Steuer Nebenzwecke verfolgt werden, die der materiellen Regelungskompetenz der normsetzenden Gebietskörperschaft entzogen sind. Dies setze aber voraus, daß der Hauptzweck die Einnahmeerzielung sein müsse; anderfalls würde der Steuergesetzgeber "seine Befugnis zur Steuergesetzgebung mißbrauchen, wollte er von diesem Hauptzweck eines Steuergesetzes absehen und eine Regelung, die ihm nach den allgemeinen Kompetenzvorschriften versagt ist, in das Gewand eines Steuergesetzes kleiden. "63 In der Literatur wird dies jedoch nicht als Problem mißbräuchlicher Handlungsformen, sondern als Problem kollidierender Kompetenzen verstanden und die materielle Regelungskompetenz in diesen Fällen als "Schranke der Ausübung der Besteuerungskompetenz" gedeutet64• Diesen Judikaten wird man zunächst einen Widerspruch zu den oben erwähnten Entscheidungen attestieren müssen, wonach aus verfassungsrechtlicher Sicht der Fiskalzweck von Steuern nachrangig sein darf, wie dies in § 3 I 1 AO nunmehr auch einfachgesetzlich bestimmt ist. Vor diesem Hintergrund müßte dann danach unterschieden werden, welcher Zweck primär bzw. sekundär verfolgt wird. Diese Frage wird in der Steuerrechtslehre zu Recht meistens für unbeantwortbar gehalten65• Beispielsweise läßt sich der objektive Zweck einer Spielautomatensteuer kaum eindeutig feststellen. Bodenheim

62 So etwa bei Klages, NVwZ 1989, 484; Corsten, ZKF 1989, 2 ff; Tiedemann, DÖV 1990, I ff; Ecken, DÖV 1990, 1009; Franke, ZRP 1991, 26. Anders Köck/von Schwanflügel, Abfallvermeidung, S. 27 ff; pauschal Gern, KStZ 1989, 62.

63

BVerfGE 14, 76/99.

So Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, S. 164 f; ähnlich Bodenheim, Der Zweck der Steuern, S. 296 ff; Amdt, WiVerw 1990, 12 ff (jeweils m.w.N.); Fischer-Menshausen, in von Münch, GG, An. 105 Rn. 9. Zurückhaltender Maunz, in ders./Dürig, GG, An. 105 Rn. 24, nach dem es sich nur um eine Mißbrauchsgrenze handele. 64

65

S. nur D. Birk, Steuerrecht I, § 2 Rn. 17 ff; Bodenheim, Der Zweck der Steuer, S. 211 ff.

m. Teil

250

Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

schlägt deshalb eine objektive Wertung anband des Steuergegenstandes und Steuermaßstabes vor66• Für die vorliegend exemplarisch untersuchten gemeindlichen Getränkeverpackungsteuern steht jedoch der Lenkungszweck eindeutig im Vordergrund. M.E. bemißt sich die Gesetzgebungszuständigkeit der Gemeinden hier gleichwohl nicht nach der allgemeinen Sachzuständigkeitsordnung67- dies jedenfalls so lange, wie der Bundesgesetzgeber eine Abfallabgabe noch nicht eingeführt hat. Wenn die grundsätzlich allein maßgebliche Finanzverfassung nur dann um das Erfordernis auch sachlicher Zuständigkeit erweitern werden soll, wenn der Steuergesetzgeber seine Steuersetzungsbefugnis "mißbraucht" - so das Bundesverfassungsgericht -, soll das Steuerfindungsrecht nicht einer allgemeinen Sachkompetenzschranke unterworfen werden, sondern nur Fälle eklatanter Übergriffe in fremde Kompetenzräume ausgeschlossen werden. Selbst als Kompetenzkollision wäre die Grenze erst dann zu ziehen, wenn die Gemeinde- (oder Landes-) Steuer eine bundesrechtlich abschließend geregelte und zugelassene Tätigkeit faktisch unmöglich macht68 • Damit aber ist die steuerrechtlich mit dem Begriff "Erdrosselung" verbundene Wirkung angesprochen. Auf der Grundlage des hier ausgebreiteten kompetenzrechtlichen RegelAusnahme-Prinzips zugunsten der Gemeinden69 kann von einem solchen Übergriff finanzverfassungsrechtlich zulässiger Gemeindesteuern nur dann gesprochen werden, wenn sie der lenkenden Regelung solcher Materien dienen, die eindeutig der Sachzuständigkeit des gemeindlichen Satzungsgebers entzogen sind. Abfallvermeidung intendierende Abgaben wie die Getränkeverpackungsteuer unterfallen nicht abschließender Bundeszuständigkeit, weil sich die Abfallvermeidungsvorschriften des Bundes nur für den Regelungsbereich der Verordnungsermächtigung nach § 14 AbfG als abschließend verstehen, diese aber instrumentell ausschließlich ordnungsrechtliche Vorgaben anspricht. Demgemäß beschränkt sich auch die Verpackungsverordnung auf Gebots- und Verbotsvorschriften70• Soweit der Bundesgesetzgeber

66

Bodenheim, aaO., S. 298.

Anders Köck/von Schwanflügel, Abfallvermeidung, S. 28 ff, die jedoch zu dem Ergebnis kommen, daß gemeindliche Getränkeverpackungsteuern auch sachkompetentiell zulässig sind. 67

68

Vgl. Amdt, WiVerw 1990, 13 unter Bezug auf BVerfGE 31, 8/23.

69

Oben S. 87 ff, insbesondere S. 100 ff.

Dies gilt auch für die Pflicht zum Aufbau eines Rücknahme- und Pfandsystems, dem sich die Normadressaten (Hersteller, Handel) nicht entziehen können; zur instrumentellen Zuordnung 70

7. Abgaben als Instrument gemeindlicher Umweltpolitik

251

die Erledigung örtlich radizierter Aufgaben wie die Abfallvermeidung, die zudem der Verfolgung verfassungsrechtlich legitimierter Ziele dient, auf ein bestimmtes Instrumentarium beschränken wollte, hätte dies zumindest in der Ermächtigungsnorm zum Ausdruck kommen müssen. Eine insoweit auch instrumentell abschließende Regelung wUrde die Abfallvermeidung allerdings erfahren, sobald der Bundesgesetzgeber eine Abfallabgabe einführt71 • Durch diese würden gemeindliche Verpackungsabgaben ausgeschlossen. cc) Rechtsaufsichtliche Genehmigung von Steuersatzungen als gebundene Entscheidung bloßer Rechtmäßigkeitskontrolle Gemeindliche Steuersatzungen bedürfen außer in Baden-WUrttemberg und Rheinland-Pfalz und mit Unterschieden im Detail einer rechtsaufsichtliehen Genehmigung72• Dies wird zum Teil als Rechtsaufsichtsmittel verstanden mit der Folge, daß sich die aufsichtliche Kontrolle auf die Rechtmäßigkeit der Steuer zu beschränken hat73• Andere wollen anband des jeweiligen Genehmigungsvorbehaltes entscheiden, ob die Genehmigung als Akt staatlicher Mitwirkung ("Kondominium") eine umfassende Zweckmäßigkeitskontrolle erlaubt und die Entscheidung in das Ermessen der Aufsichtsbehörde stellt74• So gibt beispielsweise der bayerische Genehmigungsvorbehalt nur zwingende Versagungsgründe vor (Beeinträchtigung öffentlicher Belange, insbesondere volkswirtschaftlicher oder steuerlicher Interessen des Staates), was auf eine Ermessensentscheidung hindeutet. Ausgangspunkt für die Auslegung der Genehmigungsvorbehalte muß das verfassungsrechtlich verbUrgte Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden sein. Hierzu führte der Bayerische Verfassungsgerichtshof zur Genehmigung einer Zweitwohnungsteuer aus: "Es gehört zum Kernbereich der Selbstverwaltung,

oben S. 132. Auch BayVGH, DVBl. 1992, 717 ff erldärt nur gemeindliche Einwegverbote (instrumentell also Ordnungsrecht) für durch die Verpackungsverordnung gesperrt. 71

S. hier Fn. 19.

72

KAG Art. 2 ill, IV Bay; § 2 II Hess; § 2 II Nds; § 2 II NRW; § 2 II Saarl;, § 3 II SH.

So Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 200 ff; Schmidt-Jortzig, Komrnunalrecht, Rn. 643; K. Stern, BK, Art. 28 Rn. 137 ff; Köck/von Schwanf!ügel, Abfallvermeidung, S. 57 ff m.w.N. zum Streitstand. 73

74 Bauemfeind, in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 2 KAG Rn. 105; Bracker, FG von Unruh, 459/475; Schmidt-Aßmann, in von Münch/Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 36 f; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Il, § 86 Rn. 180.

252

ill. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

daß die Gemeinden - sei es auch unter staatlicher Mitwirkung - grundsätzlich ein Recht zum Erlaß von Abgabensatzungen haben." Stünde der Genehmigungsbehörde ein Ermessen zu, "dann hätten die Gemeinden im Ergebnis keinen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Erlaß einer Abgabesatzung. Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze kann nicht bedeuten, daß der Gesetzgeber die Inhaltsbestimmung des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts im Bereich der kommunalen Finanzhoheit dem Ermessen der staatlichen Exekutive überläßt."75 Staatliche Interessen können daher - und darauf deuten auch die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in der Rasterle-Entscheidung zur Abgrenzung der "Ordnungsgemäßheit" gemeindlicher Aufgabenerledigung hin76 - nur dann in die Genehmigungsentscheidung einfließen, wenn sie eine rechtliche Anerkennung gefunden haben. Sie sind dann im Rahmen der Rechunäßigkeitskontrolle entscheidungserheblich. Soweit gemeindliche Steuern die verfassungs- und kommunalabgabenrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllen, ist die Genehmigung eine gebundene Entscheidung. dd) EG-rechtliche Unbedenklichkeit Aus EG-rechtlicher Sicht muß sich nationale Steuererhebung gemäß Art. 95 EWGV gemeinschaftsrechtlich rechtfertigen lassen, soweit Anbieter ausländischer Waren unmittelbar oder mittelbar höhere Abgabenlasten zu tragen haben als Anbieter gleichartiger inländischer Waren. Eine solche Wirkung zeitigen Verpackungsabgaben, die anläßtich jeder Kaufentscheidung zugunsten eines einwegverpackten Produktes unbeschadet des Herkunftsortes anfallen, nur in Ausnahmekonstellationen77• Aber auch in diesen Fällen wird sich eine faktische Diskriminierung ausländischer Anbieter vor dem Umweltschutz als wesentlichem Ziel der Gemeinschaft rechtfertigen lassen, soweit das Verhältnismäßigkeitsprinzip gewahrt bleibt78• Dies legen auch die Ausführung des Gerichtshofes zur dänischen Pfandflaschenregelung nahe79• Zwar statuierte die entsprechende dänische Verordnung keine Abgabepflicht, sondern führte Pfanderhebungs- und Rücknahmepflichten ein, weshalb sich die Ausführungen nicht direkt auf Verpackungsabgaben übertragen lassen, gleichwohl war der Regelungszweck ähnlich einer Verpackungsabgabe auf

15

BayVerfGH, KStZ 1989, 34f37=BayVBl. 1989, 237 ff.

16

S. oben S. 100 ff.

77

Grabitz, UTR 7, 85/116 hält sie demnach grundsätzlich für unbedenklich.

78

S. etwa EuGH Slg. 1985, 531/549 (Aitölverbrennung).

79

EuGH, Slg. 1988, 4607 ff (Besprechung Rengeling/Kenten, JuS 1990, 613).

7. Abgaben als Instrument gemeindlicher Umweltpolitik

253

eine Verminderung des Verpackungsabfalls gerichtet. Da Riicknahmepflichten eine größere Eingriffsintensität entfalten - sie verpflichten unmittelbar zum Aufbau eines Mehrwegsystems -, diirften gemeinschaftliche Einwände gegen nicht iibermäßig wirkende Verpackungsabgaben nicht durchgreifen. Ob eine gemeinschaftsrechtliche Steuerharmonisierung auch interventionistische Abgabepflichten erfassen wird, ist auf dem gegenwärtigen Stand der Diskussion nicht auszumachen80• Selbst wenn das Harmonisierungsgebot nach Art. 99 EWGV nicht nur Verbrauchsteuem, sondern auch Umweltlenkungsabgaben erfassen sollte81 , ließen sich nationale Alleingänge vor dem Gemeinschaftsrecht durch ihre umweltpolitische Zielsetzung rechtfertigen. b) Sonderabgaben

Auch Sonderabgaben können als Instrument des Umweltschutzes sowohl zur Finanzierung besonderer Umweltschutzmaßnahmen als auch zur Verhaltenssteuerung ausgestaltet werden. Vorgeschlagen wurden auf Bundesebene etwa Abgaben auf den Schadstoffgehalt im Hausmül182• Wahrend sich die Steuergesetzgebungshoheit, wie gezeigt, grundsätzlich aus der Finanzverfassung ergibt, bemißt sich die kompetentielle Zulässigkeit von Sonderabgaben nach der allgemeinen Kompetenzverteilung der Art. 70 ff GG 83• Gleichwohl ist den Gemeinden der Zugriff auf dieses Instrument verwehrt. Unabhängig davon, ob man die Vorschriften der KAG als Schranke der Steuersatzungshoheit nach Art. 28 II GG oder - wie die h.M. 84 - als Ermächtigungsnormen begreift, erlauben die §§ 1 I der KAG durchgängig die Erhebung gemeindlicher Abgaben nur nach Maßgabe der KAG. Die meisten Llinder räumen den Gemeinden indes nur örtliche Verbrauch- und Aufwand-

80

62 ff. 81

Vgl. Grabitz, UTR 7, 116 f. Dazu m.w.N. Köck/von Schwanflügel, Abfallvermeidung, S. So Randzio-Plath, IUR 1991, 183/185; dagegen Breuer, DVBl. 1992, 485/494 f m.w.N.

Weitere Beispiele bei Klages, NVwZ 1988, 481/484; eingehend Köck, Die Sonderabgabe als Instrument des Umweltschutzes. 82

83 BVerfGE 55, 274!297 m.w.N. (Berufsbildungsabgabe); 57, 139/166 (Schwerbehindertenabgabe); 67, 256!274 (Investitionshilfeabgabe); eingehend Amdt, WiVerw 1990, 1(36ff. 84

S. dazu S. 241 f.

m. Teil

254

Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

steuern ein85; und auch die anderen Länder ennächtigen nur zur Erhebung von Steuern86, nicht aber von Sonderabgaben87 • c) Umweltschutzorientierte Gestaltung der Vorzugslasten

Nach den §§ 1 I der KAG haben die Gemeinden das Recht, neben Steuern auch gemeindliche Gebühren und Beiträge als Gegenleistung für eine gemeindliche Leistung zu erheben, soweit Bundes- oder Landesrecht nicht entgegensteht. Mit der Auferlegung der Abgabe an sich sowie der Bestimmung der Abgabenhöhe können grundsätzlich auch andere als lediglich Dekkungszwecke verfolgt werden 88 • Aus umweltpolitischer Sicht sind weniger Verwaltungs- als vielmehr Benutzungsgebühren von Bedeutung. Die hier exemplarisch herausgegriffenen Getränkeverpackungsabgaben könnten, sofern sie anders als die vorliegenden Mustersatzungen nicht als Steuer, sondern als Vorzugslasten konzipiert sind, nur als Gebühren ausgestaltet sein, da die KAG durchgehend Beitragserhebungen nur von Grundstückseigentümern erlauben89• Deshalb käme eine umweltschutzorientierte Gestaltung gemeindlicher Beiträge allenfalls unter Bodenschutzgesichtspunkten in Betracht. Alle Vorzugslasten sind jedoch abhängig von einer - bei Beiträgen jedenfalls optionalen - individuell zurechenbaren öffentlichen Gegenleistung ("spezielle Entgeltlichkeit")90• Darin unterscheiden sie sich von den "vorausset-

85

KAG Art. 3 I Bay, § 6 ill BW, § 7 ll Hess; § 3 ll RP, § 3 I SH.

86

§§ 3 I KAG Nds, NRW, Saarl.

87 Zur Unterschiedlichkeil dieser beiden Abgabenarten nach "Idee und Funktion" s. nur BVerfGE 55, 274 (LS 1-5), 298 ff. Diese Entscheidung betraf eine Finanzierungssonderabgabe, welche mehr noch als Lenkungssonderabgaben die Gefahr einer Umgehung der Finanzverfassung in sich bergen, was eine deutliche Unterscheidung zu Steuern erfordert. Die Abgrenzung der Lenkungs- von Finanzierungssonderabgaben (vgl. BVerfGE 57, 139/167 f; E 67, 2561277 f) dient in erster Linie einer Flexibilisierung der sonstigen Zulässigkeitserfordernisse (Gruppenhomogenität, -verantwonung und -nützigkeit); dazu aus neuerer Zeit Jarass, DÖV 1989, 1020 f; Amdt, WiVerw 1990, 38 f; Heun, DVBI. 1990, 666 ff; W. Schmidt, NVwZ 1991, 36 ff.

88 BVerfGE SO, 217/226 f; vgl. auch BVerwG, KSIZ 1975, 191 (zu Abwassergebühren). Zum Ganzen Meßerschmidt, Umweltabgaben, S.llS ff; Köck/von Schwanflügel, Abfallvermeidung, S. 71 ff, insbesondere S. 76; Amdt, WiVerw 1990, 20 ff. Zur Intemalisienmg volkswirtschaftlicher Kosten in die Gebührenkalkulation s. Bals/Nölke, KSIZ 1990, 201 ff. Einen Überblick über rechtstatsächliche Untersuchungen zu den ansatzfähigen Kosten, die den Gemeinden in Ausführung von Bundesgesetzen entstehen, gibt Schmidt-Eichstaedt, ZG 1986, 131/138 ff. 89 Etwa KAG § 10 I BW, § 6 I Nds, § 8 II NRW; s. Driehaus, in ders., Kommunalabgabenrecht, § 8 KAG Rn. 55.

90

S. nur Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, S. 308; Zimmermann, DVBl. 1989, 901 ff;

7. Abgaben als Instrument gemeindlicher Umweltpolitik

255

zungslosen" Steuern. Der Gebührenschuldner muß sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nur diejenige öffentliche Leistung bezahlen, die gerade ihm zugute gekommen ist bzw. ihm zurechenbar veranlaßt wurde (" Äquivalenzprinzip"). Dabei lassen sich Vorhaltekosten in Form einer Grundgebühr umlegen. Soweit, wie etwa bei der Müllabfuhr, eine individuelle Äquivalanz aus technischen oder finanziellen Gründen nicht uneingeschränkt realisierbar ist, kann sich die Gebührenhöhe auch an statistischen Durchschnittswerten bemessen91 • Eine Grenze wird durch den allgemeinen Gleichheitsatz gezogen, der dem Gesetzgeber solange eine Pauschalierung erlaubt, als nicht mehr als 10 % der betroffenen Fälle Besonderheiten aufweisen ("Typengerechtigkeit")92. Deshalb wird man lineare Gebührengestaltungen regelmäßig für zulässig halten dürfen. Problematisch sind jedoch progressive Gebührenstaffelungen, die zwar eine hohe Lenkungsrationalität aufweisen, gleichwohl im Einzelfall mit dem abgabenrechtlichen Äquivalenzprinzip kollidieren können. Daneben soll das Gesamtgebührenaufkommen die im Zusammenhang mit den in Anspruch genommenen Leistungen entstandenen Aufwendungen nicht überschreiten ("Kostendeckungsgrundsatz")93• Auch das Kostendeckungsprinzip läuft der Lenkungswirkung zuwider, jedenfalls dann, wenn ein rein betriebswirtschaftlicher Kostenbegriff zugrunde gelegt wird94• Angesichts der grundsätzlichen Zulässigkeit lenkender Gebühren prüft das Bundesverfassungsgericht deshalb die Verfassungsmäßigkeit der Abgabenhöhe bei lenkenden Gebühren nicht an diesen beiden Bemessungsprinzipien, denen kein

Amdt, WiVerw 1990, 20 ff; Hendler, AöR 115 (1990), S. 601 f; Henneke. Jura 1990, 113 ff; Hili, 58. DIT, D 81 ff. 91

Dazu Klages, NVwZ 1988, 481/485; Henneke, Jura 1990, 114 m.w.N.

BVerwGE 68, 36 (LS), 41; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 1.8.1986-8 C 112/84 =NVwZ 1987, 231/232; w.N. bei Hili, 58. DJT, D 83 Fn. 68 f. 92

93 Dazu Hili, 58 DJT, D 82 m.w.N; Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rn. 798 ff. Nach Dahmen (in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, KAG, § 6 Rn. 30 m.w.N.) ist die Kostendeckung jedoch kein Wesensmerkmal der Gebühr; dieser Grundsatz gelte deshalb nur bei einer ausdruckliehen speziellen gesetzlichen Anordnung. Ohne eine solche seien auch höhere als kastendeckende Tarife zulässig. Die maßgebliche Grenze gebe dann das Äquivalenz- und Gleichheitsprinz.ip. 94 Dazu m.w.N. Amdt, WiVerw 1990, 33 sowie (restriktiver) Henneke, Jura 1990, 115 f. Kritisch zu einem rein betriebswirtschaftliehen Kostenverständnis Dahmen, KStZ 1990, 25/27 f. Zur Gebührenkalkulation allgemein Briining, KStZ 1990, 21 ff sowie von Zwehl/Kaufmann, WUR 1991, 7 ff, welche den gesetzlichen Verweis auf die "nach betriebswirtschaftliehen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten" (etwa in § 9 II KAG BW; § 6 II KAG NRW; älmlich § 5 II KAG Nds) eher als "attraktive Redewendung" des Gesetzgebers deuten denn als Anordnung wirklich betriebswirtschaftlicher Denkkategorien in der Gebührenkalkulation (S. 9).

m. Teil

256

InstlUßlente gemeindlicher Umweltpolitik

Verfassungsrang zukomme95 , sondern am Zweck der Gebühr96: Das Lenkungsziel bestimme die zulässige Gebührenhöhe; diese müsse dann vor Art. 3 I GG und am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestehen97 • Speziell für abfallwirtschaftliche Gebühren wäre als öffentliche Gegenleistung zunächst an Entsorgungsleistungen zu denken. Insoweit würden schon lineare, am mengen- bzw. gewichtsmäßigen Abfallaufkommen, aber auch am Aufwand für Vorhalteleistungen orientierte Gebührenstaffelungen98 einen Vermeidungsanreiz auslösen, der durch progressive Staffelung noch verstärkt werden könnte. So erlauben Art. 7 V 1 Nr. 6 BayAbfAlG und § 5 II Nr. 2 LAbfWAG RP "im Rahmen des Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzips" ausdrücklich eine progressive Ausgestaltung der Entsorgungsgebühren. Eine ähnliche Regelung enthält jetzt § 3 a V 2 NAbfG. Nach § 3 II 2 SaarlAbfG sind durch Bemessung und Staffelung der Gebühren Anreize zu Vermeidung und Verwertung zu schaffen99• Die Beratungskosten dürfen nach § 9 III LAbfG NRW zum Ansatz gebracht werden. Wie gezeigt, sind die (kreisfreien) Gemeinden jedoch praktisch von eigener Abfallentsorgung ausgeschlossen 100• Eigenständige gemeindJiche Handlungsspielräume könnten also nur dann gegeben sein, wenn die Gebühren für eine andere (gemeindliche) Gegenleistung erhoben werden. Kennzeichen von Vorzugslasten ist, daß der erhebenden Körperschaft finanzielle Aufwendungen entstehen, die auf die Abgabenschuldner umgelegt werden 101 • Speziell

95

Anders Hili, 58. DIT, D 82; differenzierend Amdt, WiVerw 1990, 31 m.w.N.

Ähnliches gilt für eine Gebührenstaffelung nach sozialen Gesichtspunkten, wie etwa bei Kindergartengebühren üblich; vgl. Hili, 58. DJT, D 85 f m.w.N. zur neueren Rechtsprechung (s. nur OVG Bremen und OVG Münster, NVwZ-RR 1989, 269 bzw. 273, die jedoch auf spezialgesetzliche Ermächtigungen im Jugendwohlfahrtsrecht rekurrieren). A.A. Bauemfeind, in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, KAG, § 2 Rn. 53. 96

91 BVetfGE SO, 217(225 ff; daru Zimmermann, DVBL 1989, 903 ff. Anders mag dies sein, wenn die Gebühr der Abschöpfung eines Vorteils dient; dazu F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 61 ff. Zu Abschöpfungsabgaben sogleich im Zusammenhang mit Verleihungsgebühren. Zu den Bestimmtheitsetfordemissen bei Gebührensatzungen BVerwGE 85, 3001302 ff; VGH Mannheim, VBlBW 1990, 103/106 ff; w.N. bei Hili, 58. DIT D 91 ff. 98 Speziell zu den Abfallentsorgungsggebühren eingehend Schmeken, StGR 1990, 259 ff und Lindemann/Wiebe, NuR 1991, 171 ff; s. auch Klages NVwZ 1988, 485.

99 Eine ähnliche Regelung in § 2 IX 2 HessAbfG a.F. wurde durch das HAbfAG vom 10.7.1989 wieder abgeschafft. 100

S. oben S. 147 ff.

So Jarass, DÖV 1989, 1013/1016 unter Bezug auf BVetfGE 18, 392/396; 50, 217/226; BVerwGE 12, 162/179. Deshalb unverständlich Köck/von Schwanflügel, Abfallvermeidung, S. 101

7. Abgaben als Instrument gemeindlicher Umweltpolitik

257

für Gebühren beim Kauf von einwegverpackten Produkten ist eine solche gemeindliche Gegenleistung nicht denkbar, da abfallwirtschaftliche Aufwendungen den jedenfalls regelmäßig nicht entsorgungspflichtigen Gemeinden nicht entstehen und folglich von ihnen auch nicht umgelegt werden können. Für andere Umweltschutzaufgaben gilt dies jedoch nicht. Hier wären die konkreten gemeindlichen Leistungen und die individuelle Zurechnung der damit entstehenden Aufwendungen eine Frage des Einzelfalles. Als gebührenpflichtiger Tatbestand kommt zunächst die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen und Anlagen, bei denen es sich typischerweise um menschlich geschaffene Organisationseinheiten handelt (Schwimmbad, Festhalle etc.), in Betracht102• Des weiteren kann eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Nutzung öffentlicher Sachen (öffentliche Gewässer, Luft, Kulturdenkmäler etc.) 103 jedenfalls dann eine Gebührenpflicht auslösen, wenn dem Gebührengläubiger für deren Herstellung bzw. Unterhaltung und Pflege Aufwendungen entstanden sind. Die Benutzung einer mit Haushaltsmitteln des Abgabengläubigers unterhaltenen öffentlichen Sache verkörpert eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung und kann daher als Gebühr auf die Nutzer umgelegt werden 104• Der Kostendeckungsgrundsatz verbietet dann nur die Erzielung von Überschüssen. Einen entgegengesetzten Ansatz schlägt F. Zimmermann vor, der - ausgehend von dem erwähnten volkswirtschaftlichen Internalisierungsmodell - die Entgelthöhe nicht an einer objektivierten Bewertung des Gutes bzw. der Leistung selbst, sondern an der Bewertung des durch das jeweilige Gut vermittelten Nutzens bemessen will 105 . Funktional soll dann der durch die (bisher) kostenlose Nutzung eines öffentlichen Gutes entstandene betriebswirtschaftliche Vorteil abgeschöpft werden. In diesem Zusammenhang wäre insbesondere an sogenannte "Verleihungsgebühren" zu denken, die der Staat nicht wegen der Kostenverursachung eines Vorteils erhebt, sondern für die

75, welche "die Inanspruchnahme einer gemeindlichen Einrichtung auf dem Gemeindegebiet" annehmen, ohne Auskunft darüber zu geben, um welche - öffentliche - Einrichtung oder Sache es sich dabei handeln solle. 102 S.

nur Pietzcker, DVBL 1987, 774n75; Hendler, AöR 115 (1990), 601.

103

Zu den ansatzfähigen Kosten aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht Bals/Nölke, KStZ 1990, 201 ff; zur öffentlichen Sache als Umweltschutzinstrument Lorenz, NVwZ 1989, 812 ff. 104 So auch Hendler, AöR 115 (1990), 577/602 und Jarass, DÖV 1989, 1015; a.A. F. Kirchhof, NVwZ 1987, 1031/1035. 105

17 Haaß

Zimmermann, DVBl. 1989, 901/904.

ill. Teil Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik

258

Einräumung eines Rechts106 ; vorliegend etwa zur Nutzung eines bestimmten Umweltgutes. Unbeschadet der prinzipiellen Einwände gegen ein solches Institut an sich - da regelmäßig die aufgabenspezifische Einnahmeerzielung im Vordergrund steht, handele es sich häufig eher um eine Sonderabgabe107- sehen die KAG eine derartige Abgabenform nicht vor108• Aus umweltrechtlicher Sicht wäre zudem zu fragen, über welches "Recht" die Gemeinden insoweit überhaupt verfügen könnten. Ohne besondere staatliche Ermächtigung steht den Gemeinden jedenfalls eine so ausgestaltete GebühreTerhebung nicht zur Verfügung.

106 Friauf, FS der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zur 600-Jahr·Feier der Universität Köln, S. 679 ff (zum Begriff S. 682 ff); F. Kirchhof, DVBI. 1987, 554 ff. 107 Friauf, aaO., S. 696 ff; Jarass, DÖV 1989, 1016; vgl. auch Hend1er, AöR 115 (1990) 577/605 ff; Amdt, WiVerw 1990, 25 ff Ueweils m.w.N.). 108

F. Kirchhof, DVBL 1987, 554/555.

Ergebnisse Einleitung 1. Handlungsspielräume ergeben sich aus der Summe der Handlungsalternativen, die einem Handlungssystem in einer gegebenen Situation zur Verfügung stehen. Sie konkretisieren sich in Handlungsvoraussetzungen und Handlungsbeschränkungen. Aus rechtlicher Sicht sind damit die Zuständigkeit zur Aufgabenwahrnehmung sowie das verfügbare Hanillungsinstrumentarium angesprochen.

I. Teil Bewertungsgrundlagen 2. Ausgangspunkt für die Bewertung gegebener Handlungsspielräume ist die Überlegung, daß es in funktional differenzierten Gesellschaften Aufgabe der Politik ist, allgemein geltende Zielbestimmungen zu treffen und Bedingungen für deren Realisierung zu sichern bzw. zu schaffen. Dabei ist ein politisches Programm einem Problem dann angemessen, wenn (a) Zielformulierung und (b) Zielverwirklichung nach rationalen Kriterien gerechtfertigt sind: a) Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlage ist legitime Aufgabe des Staates und bedeutet speziell für die Abfallwirtschaft eine Schonung der natürlichen Ressourcen und die Vermeidung überflüssiger Schadstoffeinträge. Das Grundgesetz konstituiert de lege lata umweltpolitische Handlungspflichten des Staates nur zum Schutz von Leben, körperlicher Unversehrtheil und Eigentum vor erheblichen Gefahren. b) Die friedensstiftende Funktion der Rechtsordnung kann sich nur in integrativen und konsensruhigen Entscheidungen verwirklichen ("Systemkonformität"); dies findet aber eine Grenze an der Problembewältigungseignung ("Zielkonformität"), und zwar insbesondere im Hinblick auf die Berücksichtigung der Entscheidungsfolgen ("Problemadäquanz"). 3. Für die Abfallwirtschaftspolitik gilt eine grundsätzliche Prioritätenfolge: Abfallvermeidungsstrategien weisen die höchste Handlungsrationalität auf. Hinsichtlich der Abfallverwertung sind stoffliche Verfahren der energeti17*

260

Ergebnisse

sehen Verwertung vorzuziehen. Verbrennung und Deponierung sind zwar unumgänglich, sollten wegen ihrer geringen Handlungsrationalität aber nur subsidiäre Lösungen sein.

II. Teil Zuständigkeiten der Gemeinden 4. Mit Art. 28 hat sich das Grundgesetz - in den Worten des Bundeverfassungsgerichts1 - "für eine auf Selbstverwaltungskörperschaften aufgebaute, gegliederte Demokratie entschieden". Damit sind die zwei zentralen Komponenten der kommunalen Selbstverwaltung angesprochen: (a) das Organisationsprinzip der Dezentralisation (verwaltungsorganisatorische Funktion) sowie (b) das politisch-integrative Prinzip demokratischer Willensbildung (politisch-demokratische Funktion). a) Dezentralisation geht über bloße Dekonzentration, also die Zuständigkeitsverlagerung von einer Oberbehörde auf andere Dienststellen, hinaus und bedeutet Aufgabenerledigung durch selbständige, weisungsunabhängige Verwaltungseinheiten. Die Pluralisierung der Entscheidungszentren erlaubt eine Entlastung staatlicher Behörden und zugleich eine Flexibilisierung der Problemlösungen, birgt aber auch die Gefahr ineffizienter und suboptimaler Lösungen. b) Die Entscheidungen der kommunalen Vertretungsorgane sind nicht nur mittelbar institutionell als Teil der Verwaltung, sondern zusätzlich unmittelbar personell demokratisch legitimiert (Art. 28 I 2 GG). Damit ist die pluralistische Konzeption der Verfassung, welche "richtige" Entscheidungen nicht als Ergebnis neutraler Administration, sondern als Resultante aus dem Parallelogramm der sozialen Kräfte versteht (Ernst Fraenkel), auch für das Selbstverwaltungsrecht positiviert. Demokratische Partizipation (Stichwort: Freiheit durch Teilnahme) ist Voraussetzung für die friedensstiftende Funktion des Staates, indem erlebbare Mitbestimmung der sozialen Integration und Identifikation dient. Deshalb geht die politisch-demokratische Funktion verwaltungsorganisatorischen Erwägungen vor. Andererseits konkurriert gemeindliche Willensbildung als Ausdruck von Partikularwillen mit gesamtstaatlicher Willensbildung; beider Verhältnis ist durch Art. 28 II GG bestimmt.

1

S. oben S. 58.

Ergebnisse

261

5. An der herausgehobenen demokratischen Legitimation gemeindlicher Selbstverwaltung muß sich die Entörtlichung von Entscheidungskompetenzen messen lassen. a) Ausgangspunkt für die Zulässigkeit genereller Regelungen des gemeindlichen Aufgabenbestandes sowie der eigenverantwortlichen Aufgabenerledigung ist die institutionelle Ausgestaltungsfreiheit, die Art. 28 li GG dem Gesetzgeber einräumt. Diese findet ihre Grenze an dem grundsätzlichen Zuständigkeitsvorrang der Gemeinden für die Aufgaben mit relevantem örtlichen Charakter, der nur dann legislatorisch durchbrachen werden kann, wenn anders eine an überwiegenden Gründen des Gemeinwohls orientierte, ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht sichergestellt ist. b) Die demokratische Begründung des Selbstverwaltungsrechts verlangt, das Kriterium ordnungsgemäßer Aufgabenerledigung nicht nur auf Verwaltungseffizienz und Wirtschaftlichkeit (also die verwaltungsorganisatorische Funktion) zu beschränken, sondern die Mitwirkungsmöglichkeit der betroffenen Interessen im gemeindlichen Willensbildungsprozeß als maßgebliche Kategorie heranzuziehen. Staatliche Verantwortung, die über die Sicherung verfassungsrechtlich geforderter Mindeststandards hinaus geht, ist dort geboten, wo die Gefahr besteht, daß betroffene Interessen im gemeindlichen Willensbildungsprozeß nur mangelhaft vertreten sind. Diese Gefahr besteht, wenn gemeindliche Entscheidungen relevante (also sozial-inadäquate) Auswirkungen zeitigen können, die betroffenen Interessen aber nicht im Willensbildungsprozeß repräsentiert sind. Dies betrifft extemalisierbare Problemfelder, deren Struktur es erlaubt, das Risiko einer Entscheidung entweder örtlich oder zeitlich (Folgegenerationen) anderen als den Nutznießern der Entscheidung aufzubürden. 6. Die abfallwirtschaftspolitischen Handlungsspielräume der Gemeinden erweisen sich als äußerst begrenzt. Da Abfall im örtlichen Bereich anfällt. und dort auch auf sein Entstehen Einfluß genommen werden kann, handelt es sich bei Abfallvermeidung und -entsorgung nicht um eine in ihrer Natur überörtliche Aufgabe. Als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft unterfällt Abfallpolitik eigenverantwortlicher gemeindlicher Allzuständigkeit, solange die Erledigungszuständigkeit durch Bundes- oder Landesrecht nicht entzogen wird. Alle Landesabfallgesetze haben nunmehr die Entsorgungszuständigkeit grundsätzlich auf die Kreisebene bzw. einen Zweckverband übertragen. Soweit die Gemeinden im Ausnahmefall entsorgungspflichtig sind, obliegen

262

Ergebnisse

ihnen die abfallwirtschaftspolitischen Entscheidungen im bundesrechtlich2 und landesrechtlich3 vorgegebenen Rahmen. 7. Art. 28 II GG berechtigt auch die nicht entsorgungspflichtigen Gemeinden zu einer aktiven Vermeidungspolitik für solche Tatbestände, die nicht als Recht der Wirtschaft durch § 1 a I i.V.m. § 14 AbfG abschließend bundesrechtlicher Verordnungsregelung unterfallen. In Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz besteht insoweit für die Gemeinden wie für alle öffentlichen Stellen des Landes gesetzlich ein allgemeiner, verbindlicher Vermeidungsvorrang. 8. Anders hingegen stellt sich die Zulässigkeil gemeindlicher Regelungen der Verwertungsarten dar. Da Abfallverwertung - im Gegensatz zur Abfallvermeidung - begrifflich der Entsorgung unterfällt, sind die Gemeinden mit der landesrechtliehen Aufgabenübertragung auf die Kreise von eigenständigen Regelungen ausgeschlossen. Ausgenommen sind lediglich gemeindliche Vorschriften zum Getrennthalten von Abfallstoffen in denjenigen Ländern, die eine Rückübertragung der Sammlungs- und Transportzuständigkeit zulassen bzw. anordnen. Im übrigen sind die Gemeinden an die Verwertungsentscheidungen der Kreise gebunden, soweit deren Entscheidungen nicht bereits landesrechtlich präformiert sind. 9. Gemeindlicher Prioritätensetzung gänzlich entzogen sind anlagenbezogene Vermeidungs- und Verwertungsregelungen, welche hinsichtlich genehmigungsbedürftiger Anlagen i.S.v. § 4 BlmSchG durch § 5 I Nr. 3 BimSchG bundesrechtlich abschließend normiert sind.

111. Teil

Instrumente gemeindlicher Umweltpolitik 10. Die rechtlichen Handlungsgrenzen eigenständiger gemeindlicher Umweltpolitik lassen sich anband der den Gemeinden zur Verfügung stehenden umweltpolitischen Instrumente systematisieren. In den verfügbaren Instrumenten konkretisieren sich die einem politischen Akteur gegebenen Handlungsspielräume. Begrifflich sind damit diejenigen politischen Mittel gemeint, mit denen ein staatlicher Akteur politische Zielvorstellungen definieren und durchsetzen kann.

2

Zusammenfassung oben S. 145 f.

3

Fazit oben S. 160 ff.

Ergebnisse

263

11. Grundlage effizienter Umsetzung von Handlungskompetenzen ist eine den Sachaufgaben adäquate Organisationsstruktur. Die innere Organisation der Aufgabenerledigung ist den Gemeinden durch das Selbstverwaltungsrecht zur eigenverantwortlichen Gestaltung aufgegeben und zugleich verbürgt; sie ist rechtlich nicht determiniert, sondern eine verwaltungswissenschaftlichen Kriterien folgende Frage. Unter dem Gesichtspunkt umweltpolitischer Entscheidungsrationalität wird jedenfalls in größeren Gemeinden eine organisatorische Konzentration bestimmter Umweltschutzaufgaben mit Entscheidungsbefugnissen in einem Umweltamt am ehesten problemadäquate Aufgabenerledigung ermöglichen. 12. Vorausschauende Einflußnahme auf die Umweltbedingungen ist ohne Zieldefinition konturenlos. Instrument der Zielbestimmung ist die Planung: Sie enthält eine Aussage zum Ist-Zustand, definiert das angestrebte Ziel (Soll-Zustand) und kann die Zielverwirklichungsmaßnahmen darstellen. Art. 28 II GG gewährleistet den Gemeinden das Recht, die eigenverantwortliche Wahrnehmung ihrer Aufgaben auch in größerer Perspektive planen zu dürfen (sog. Planungshoheit). Das den Gemeinden dabei gesetzlich an die Hand gegebene Instrument planenscher Umweltgestaltung ist die Bauleitplanung, welche (bis auf Nordrhein-Westfalen) auch die örtlich Naturschutzplanung integriert. Daneben können die Gemeinden verwaltungsinterne Maßnahmen planerisch vorbereiten. Eine formalisierte Berücksichtigung von Umweltschutzbelangen im Entscheidungsprozeß bieten freiwillige Umweltverträglichkeitsprüfungen. 13. Den Gemeinden steht eine eigenständige direkte Steuerung umweltbezogenen Verhaltens vermittels Gebots- und Verbotsvorschriften praktisch nicht zur Verfügung. Da direkte Verhaltenssteuerung regelmäßig in "Freiheit und Eigentum" eingreift, bedarf sie nach ganz überwiegender Meinung einer formellgesetzlichen Ermächtigung (Vorbehalt des Gesetzes). Dagegen wird hier argumentiert, daß das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht wegen der vollgültigen demokratischen Legitimation der gemeindlichen Selbstverwaltungsorgane (Art. 28 I 2 GG) nicht nur einen Aufgabenbestand verbürgt, sondern auch eine Befugnisnorm enthält, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu "regeln". Soweit die Zuständigkeitsordnung der Verfassung in den hier entwickelten Grenzen Entscheidungen dem gemeindlichen Willensbildungsprozeß überläßt und soweit weder spezielle Freiheitsgrundrechte noch die Wesentlichkeitslehre eine formellgesetzliche Ermächtigung erfordern, muß der klassische Vorbehalt des Gesetzes zurücktreten.

264

Ergebnisse

14. Bei der öffentlichen Bedarfsdeckung sind umweltschutzbegründete Anforderungen an das Produkt bzw. seine Herstellung im Rahmen des Vergabe- und des Haushaltsrechts zulässig. Landesrechtlich besteht zum Teil die Pflicht, Belange der Abfallwirtschaftspolitik im Beschaffungswesen zu berücksichtigen. Produktfremde Bedingungen sind zur Durchsetzung rechtlicher Pflichten zulässig. Die Bindung einer Auftragsvergabe an gesetzlich nicht forderbares Verhalten ist zulässig, soweit der verfolgte Zweck in einem sachlichen Zusammenhang zum Aufgabenkreis der Gemeinde steht und die Koppelung weder willkürlich noch unverhältnismäßig ist. Zudem muß der Koppelungszweck an Vorgänge anknüpfen, die im betrieblichen Verfügungsbereich des Leistungsanbieters stehen. 15. Die Kompetenz zur Umweltberatung folgt der Sachkompetenz. Speziell für die Abfallentsorgung enthalten die meisten LAbfG einen Beratungsauftrag an die entsorgungspflichtigen Körperschaften, dessen Erfüllung teilweise auf die Gemeinden übertragbar ist. Darüber hinaus sind ortsbezogene Beratungsleistungen in den Grenzen des Selbstverwaltungsrechts zulässig. Daher ist individueller Informationstransfer an die ortsansässigen Bürger und Betriebe kompetentiell umfassend zulässig. An die Allgemeinheit gerichtete Informationstätigkeit steht den Gemeinden nur insoweit zu, als die Lösung spezifischer örtlicher Problemlagen intendiert ist. Allgemeiner, produktbezogener Umweltberatung ermangelt es der örtlichen Radizierung. 16. Das Setzen positiver finanzieller Anreize wird den Gemeinden im Rahmen der sog. Finanzhoheit durch Art. 28 II GG gewährleistet. In Verfolgung von Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind gemeindliche Umweltschutzsubventionen zulässig, soweit sie im Haushaltsplan hinreichend zweckbestimmt veranschlagt werden und die Mittelvergabe sich als geeignetes, erforderliches und angemessenes Instrument der Verfolgung öffentlicher Zwecke rechtfertigen läßt. Die Vorschriften des staatlichen Umweltrechts verbieten nur eine Unterschreitung ihrer Mindeststandards zum Schlechteren hin, nicht aber eine Überschreitung dieser Standards zum Besseren durch leistende Verhaltenslenkung. Grundrechte der Konkurrenten bzw. der ErnpHioger sind nicht verletzt, soweit die Mittelvergabe willkürfrei bzw. verhältnismäßig ist. 17. Demgegenüber um weltpolitisch vorzugswürdig sind negative finanzielle Anreize: a) Hier wäre zunächst an eine umweltschutzorientierte Gestaltung von Gemeindesteuern zu denken. Obwohl das Selbstverwaltungsrecht eine sog. "Steuerhoheit" beinhalten soll, sind gemeindliche Abgaben nach allgemeiner

Ergebnisse

265

Ansichtaufgrund ihres Eingriffscharakters dem Vorbehalt des Gesetzes unterworfen. Insoweit enthalten einige KAG eine generelle Ermächtigung zu gemeindlichen Steuersatzungen. Da die Länder nur eigene Kompetenzen übertragen können, bemißt sich der Umfang dieser Ermächtigungen einmal danach, ob Abgabentatbestände betroffen sind, die der bislang ungenutzten konkurrierenden Bundesgesetzgebung nach Art. 105 Il GG unterfallen, oder aber danach, ob es sich um örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern i.S.v. Art. 105 II a GG handelt; in jedem Fall dürfen sie Bundessteuern nicht gleichartig sein. Die KAG der anderen Flächenländer antizipieren die zweite Alternative und ermächtigen von vornherein nur zu Gemeindesteuern i.S.v. Art. 105 II a GG. Reine Lenkungssteuern können zudem mit der Sachkompetenz des Bundesgesetzgebers kollidieren; dann kommt es im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung darauf an, ob die Bundesregelung auch instrumentell abschließend von der Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht hat. Die aufsichtsrechtliche Genehmigung von Gemeindesteuern ist als bloße Rechtmäßigkeitskontrolle eine gebundene Entscheidung. b) Sonderabgaben stehen den Gemeinden instrumentell nicht zur Verfügung. c) Auch die Entgelte für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen oder Leistungen können anreizwirksam ausgestaltet werden. Die Verfassungsmäßigkeit der Abgabenhöhe bei lenkenden Gebühren bemißt sich am Lenkungsziel; die Gebührenhöhe darf weder willkürlich noch unverhältnismäßig sein. Aus umweltpolitischer Sicht interessant wären beispielsweise progressive Abfallentsorgungsgebühren; teilweise enthalten die LAbfG ausdrücklich entsprechende Gestaltungsaufträge. Auch diese Ermächtigungen stehen jedoch unter dem Vorbehalt des allgemeinen abgabenrechtlichen Äquivalenz- und Kostendeckungsgrundsatzes.

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