Grundrechte im Sport [1 ed.] 9783428493401, 9783428093403

Der Autor befaßt sich systematisch mit der vielfältigen Bedeutung der Grundrechtsbestimmungen für den Sport. Neben dem G

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German Pages 255 Year 1998

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Grundrechte im Sport [1 ed.]
 9783428493401, 9783428093403

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MARIO KROGMANN

Grundrechte im Sport

Beiträge zum Sportrecht Herausgegeben von Kristian Kühl, Peter J. Tettinger und Klaus Vieweg

Band2

Grundrechte im Sport Von Mario Krogmann

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme Krogmann, Mario: Grundrechte im Sport I von Mario Krogmann. - Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Beiträge zum Sportrecht ; Bd. 2) Zug!.: Hamburg, Univ., Diss., 1997 ISBN 3-428-09340-2

Alle Rechte vorbehalten Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany

© 1998 Duncker &

ISSN 1435-7925 ISBN 3-428-09340-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 0

Für meine Familie

Vorwort Die Bedeutung des Sports für das Gemeinwesen, seine Wirkung als gesellschaftlicher Integrationsfaktor und sein nationales Identifikations- und Repräsentationspotential, sind unbestritten. Unübersehbar sind auch die in den letzten Jahren immer enger gewordenen Verknüpfungen des Sports mit den Medien und der Wirtschaft. Die vielbeachteten Fälle des belgiseben Fußballspielers Jean Mare Bosman und der deutschen Sprinterin Katrin Krabbe stellen nur die spektakulärsten Beispiele für eine Entwicklung dar, die vielfach abwertend als "Verrechtlichung des Sports" bezeichnet wird, die aber letztlich nur Ausdruck der Tatsache ist, daß im Sport die Rechte und Pflichten der Beteiligten untereinander ebenso differenziert gegeneinander abzugrenzen sind wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Sportbezogene Sachverhalte sind deshalb mittlerweile zum Schauplatz umfassender arbeitsrechtlicher, wettbewerbsrechtlicher oder strafrechtlicher Diskurse geworden. Durch die große Öffentlichkeit, die der Sport tagtäglich durch seine Verbreitung in den Medien genießt, werden die Rechtsprobleme des Sports darüber hinaus zu einer in der Gesellschaft sehr präsenten Materie. Trotz seiner Weite und Unbestimmtheit hat sich für diesen Bereich der etwas unglückliche Begriff "Sportrecht" allgemein durchgesetzt. Bei der Bewältigung der unterschiedlichen juristischen Aufgabenstellungen, die sich im Zusammenhang mit dem Sport ergeben, nehmen auch die Grundrechte des Grundgesetzes ihren festen Platz ein. Dabei geht es vorrangig nicht um die staatsgerichtete Abwehrfunktion der Grundrechtsbestimmungen, sondern in erster Linie um die mit dem Wandel des Grundrechtsverständnisses verbundenen erweiterten Grundrechtsfunktionen, welche für die am Sportgeschehen beteiligten Personen und Organisationen Bedeutung entfalten. Die Grundrechte müssen vor allem bei der Behandlung von Konflikten im Bereich der Sportorganisationen maßgeblich berücksichtigt werden. Einerseits eröffnen die Grundrechte den Sportorganisationen Handlungsspielräume, indem sie ihnen die Möglichkeit geben, eine autonome, an eigenen Maßstäben ausgerichtete verbindliche Wertordnung zu schaffen und ihnen erlauben, diese Wertordnung intern durchzusetzen. Andererseits statten die Grundrechte diejenigen, die dieser Ordnung unterworfen sind, mit Rechtspositionen aus, welche die Machtentfaltung der Organisationsträger nicht selten einzudämmen vermögen. Der interne Umgang

8

Vorwort

der Sportverbände mit der Dopingproblematik oder die Regelung der Teilnahme an bestimmten Verbandseinrichtungen sind nur zwei Bereiche, in denen die Grundrechte einen wesentlichen Beitrag zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Entscheidungsvorgängen innerhalb von Sportverbänden beitragen können. Flankiert wird diese Kontrolle durch die grundrechtlich bedingte Aufstellung interner Strukturerfordernisse, denen sich vor dem Hintergrund der jahrzehntelangen Verbändediskussion zumindest auch die großen Sportorganisationen ausgesetzt sehen müssen. Für das Verhältnis des Sports zum Staat sind die Grundrechtsbestimmungen dennoch keineswegs bedeutungslos. Diese Feststellung gilt insbesondere für die aus den Grundrechten abgeleiteten Schutzpflichten des Staates. Die Verwirklichung staatlicher Schutzpflichten kann angesichts der schwerwiegenden Dopingproblematik, welche von den Sportorganisationen trotz vieler Bemühungen allein ganz offenbar nicht mehr zu bewältigen ist, Ausgangspunkt für ein gesetzgeberisches Einschreiten sein. Die sachgerechte Verteilung öffentlicher Sportfordermittel wiederum erfordert Vergabekriterien, die auch einer Überprüfung vor dem Hintergrund grundrechtlicher Teilhabeansprüche standzuhalten haben. Darüber hinaus wird die Forderung nach der bereits angesprochenen Übertragung bestimmter staatlicher Strukturmerkmale auf Sportverbände immer verbreiteter. Schließlich macht auch die Europäisierung des Grundrechtsschutzes vor dem Sport nicht Halt. Der EuGH hat im Rahmen der Bosman-Entscheidung aus dem Jahr 1995 die uneingeschränkte Anwendbarkeit der im Gemeinschaftsrecht enthaltenen Freizügigkeitsgarantien auf den Sport festgestellt und damit nationalen wie internationalen Sportorganisationen Probleme bereitet, die diese bislang nur teilweise bewältigen konnten. Die vorliegende Arbeit, welche im Sommersemester 1997 vom Fachbereich Rechtswissenschaft I der Universität Harnburg als Dissertation angenommen wurde, stellt eine systematische Zusammenstellung der verschiedenen grundrechtlichen Bezüge dar, die in den unterschiedlichen Bereichen des Sports Bedeutung entfalten. Sie ist daher einerseits eine Standortbestimmung auf dem sich ständig mit neuen Aspekten bereichemden Gebiet des "Sportrechts", soll aber andererseits auch Beiträge zur Lösung einiger beispielhaft hervorgehobener Problemfelder liefern. Bedanken möchte ich mich auf diesem Wege bei Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Jngo von Münch für die interessierte und anregende Betreuung der Arbeit. Dies gilt besonders auch fiir Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Ernst-Joachim Mestmäcker, dessen zügige Erstellung des Zweitgutachtens die ungewöhnlich rasche Abwicklung meiner Promotion ermöglichte.

Vorwort

9

Allen weiteren, die einen Beitrag zum Gelingen dieser Arbeit geleistet haben, sei ebenfalls herzlich gedankt. Hervorheben möchte ich noch die Mitarbeit von Jan Peter Nüsken, dessen freundschaftliche Unterstützung einen festen Bestandteil am Erfolg dieser Arbeit ausmacht. Hamburg, im März 1998

Mario Krogmann

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . I. Zur Stellung des Sports in der deutschen Verfassung . . . . II. Die Funktionen der Gnmdrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23 23 27

B. Sport als Gegenstand des Grundrechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sport als Berufi. S. von Art. 12 Abs. I GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Schutzbereich der Berufsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Berufssport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zur Geltung des Art. 12 Abs. I GG im sog. Amateursportbereich . . . aa) Der Amateurbegriff . ....... . . .. .. ... .. . .... , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die grundrechtliche Einordnung des Amateursports . . . . . . . . . . . . cc) Kriterien für die grundrechtliche Einordnung von Amateursportlern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (I ) Amateursport als wirtschaftliche Lebensgrundlage (2) Amateursport als Berufsausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Schranken der Berufsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Sport und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. I, Satz I GG) IIl. Sport und allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. I GG) . . . . . . . . . . . . . . IV. Sport und Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Vereinigungsbegriffi. S. von Art. 9 Abs. I GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Vereinigungen im Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Struktur des deutschen Sportverbandswesens . . . . . . . . . . . . b) Sonstige Organisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die einzelnen Gewährleistungen der Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . a) Die Vereinigungsfreiheit des einzelnen Bürgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Gründungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Beitrittsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Bestandsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Garantie der intern-freien Funktionsentfaltung . . . . . . . . . . . . . (I) Die Selbstbestimmung von Namen und Zweck der Vereini-

33 33 34 36 38 38 38

gung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

(2) Die autonome Festlegung einer inneren Organisationsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die Enichtung verbindlicher interner Verhaltensnormen . . . (a) Satzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Vereins- oder Nebenordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Die interne Strafgewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40 41 42 44 46 47 48 49 50 50 51 52 53 53 54 56 56 57 57 57 58 59 60 60

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Inhaltsverzeiclmis (5) Die Freiheit zur vereinsinternen Betätigung ..... ....... ee) Der grundrechtliche Schutz der äußeren Vereinsbetätigung . . . . b) Die Vereinigungsfreiheit des Kollektivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Schranken von Art. 9 Abs. 1 GG .. . . . . . .. . .. .. .. .. . . .. .. .. . .. . .. ..

61 62 65 70

C. Grundrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen . . . .

74 74 74

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zur Entstehung von Konfliktsituationen im Bereich der Sportverbände a) Die mitgliedschaftliehe Bindung an das Recht der Vereine bzw. Verbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Bindung an vereins- oder verbandsinternes Recht auf der Basis rechtsgeschäftlicher Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Ausstrahlungswirkung der Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsschutzmöglichkeiten . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . .. . a) Zur gerichtlichen Überprüfung vereins- bzw. verbandsinterner Maßnahmen . . . .. .. .. .. .. .. . . . . . . .. . .. .. . .. .. . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. . .. . .. . b) Der Einsatz von Schiedsgerichten i. S. der§§ 1025 ff. ZPO . . . . . . . . . TI. Die Überprüfung von Versagungsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Ab1elmung von Mitgliedschaftsbewerbern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zivilrechtliche Vorschriften als Basis für die Prüfung von Ablehnungsentscheidungen . . . . .. . .. .. .. . . . . . . .. . .. .. .. .. .. .. . . . . . . . . . . . . . b) Aufnahmezwang im Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Aufnahme in Dachverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Aufnahmeansprüche gegenüber Sportvereinen? . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ablelmungsentscheidungen der Sportverbände im Rahmen von sog. Lizensierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die gerichtliche Überprüfung der Lizenzverweigerung . . . . . . . b) Die Zulässigkeil der Lizenzverweigerung am Beispiel der Wirtschaftlichkeitskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ill. Die gerichtliche Überprüfung von Vereinsstrafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . l. Der Umfang der gerichtlichen Überprüfung von Vereinsstrafen . . . . . . . . 2. Die Überprüfung von Dopingsanktionen im besonderen . . . . . . . . . . . . . . . a) Formale Anforderungen . .. . . . . . . .. .. .. .. . .. . . .. . .. .. .. . .. . .. . . .. . .. . b) Die Sanktionshöhe . . .. . .. . . .. .. .. . .. .. . . . . . .. . .. .. .. . . . . . . . . . . .. .. .. N. Die Zulässigkeit sonstiger beschränkender Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Zulässigkeil von Vermarktungsbeschränkungen der Verbände und Vereine gegenüber Sportlern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der grundrechtliche Schutz der Vermarktungsinteressen der Sportler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V m. Art. 1 Abs. 1 GG) ............ : ...... .... . . . . . ..... .... . .. . bb) Die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) . . .. . .. .. .. .. . . .. .. .. .. .. b) Das Recht der Verbände bzw. Vereine zur Beschränkung der Vermarktungstätigkeitvon Sportlern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I.

75 76 78 81 82 83 85 85 86 90 90 92 93 94 96 99 99 103 103 106 109 111 113 113 119 120

Inhaltsverzeichnis 2. Die Zulässigkeit der Blutentnahme zwn Zweck der Dopingkontrolle . . . a) Die Durchfilhrung von Bluttests in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Zulässigkeit von Bluttests vor dem Hintergrund der grundrechtliehen Positionen der Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die Bedeutung weiterer Grundrechtsfunktionen für den Sport . . I. Staatliche Schutzpflichten gegenüber Sportlern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ableitung und Umfang staatlicher Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zum Tätigwerden des Gesetzgebers in der Dopingproblematik a) Bestehende gesetzliche Regelungen .................... ...... . aa) Betäubungsmittelrecht .. .. . .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. . bb) Arzneimittelrecht . . . . . .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. . .. . . .. . .. . .. .. .. . cc) Allgemeines Strafrecht .. .. .. .. . .. . . . .. .. .. .. .. . . .. . . .. . . .. . . .. . b) Handlungsmöglichkeiten bzw. Handlungspflichten des Gesetzgebers in der Dopingfrage, insbesondere vor dem Hintergrund der staatlichen Schutzpflicht für Leben und körperliche Unversehrtheil (Art. 2 Abs. 2, Satz 1 GG) .......... . ..... . . ... .... .. . .. , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Bestrafung des Dopingkonsums .. .. .. . .. .. . . . . .. .. . . . . . . .. . bb) Die Ausdehnung der Strafbarkeit auf die unentgeltliche Abgabe von Arzneimitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Bestrafung der mißbräuchlichen Verschreibung von Arzneimitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Anhebung des Strafrahmens ftl.r die Weitergabe von Dopingmitteln an Minderjährige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ll. Die grundrechtliehen Aspekte der öffentlichen Sportförderung . . . . . . . . . . . 1. Grundzüge der staatlichen Sportförderung .. . . . . . . . . .. .. .. . . .. .. . .. .. . . 2. Der Anspruch auf gleiche bzw. sachgerechte Teilhabe an staatlichen Sportförderungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Sportverband als Kriterium flir die Gewährung finanzieller Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Konsequente Dopingbekämpfung als Kriterium flir die Zuwendung finanzieller Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Originäre staatliche Förderungspflichten zugunsten des Sports a) Förderungspflichten des Staatesaufgrund von Art. 2 Abs. 1 GG oder Art. 12 Abs. 1 GG .. .. .. . .. .. .. .. .. . . . . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . .. .. .. . b) Die Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG als Grundlage ftl.r eine staatliche Förderungsverpflichtung gegenüber dem Sport . . . . . . . . . . . lll. Grundrechte und sportliche Organisations- bzw. Verfahrensstrukturen . . . 1. Das Gebot zur Verwirklichung demokratischer Grundsätze im Rahmen der internen Ordnung von Sportverbänden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zur Übertragung demokratischer Prinzipien auf die internen Verhältnisse von Sportverbänden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die "Staatsnähe" von Vereinigungen im Bereich des Sports . . . . bb) Die soziale Machtstellung von Sportvereinigungen . . . . . . . . . . . . . b) Probleme der Mitgliederrepräsentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13 125 125 126 131 131 131 134 135 136 137 138

139 141 144 146 146 147 147 150 15 3 156 158 160 160 161 163 165 168 169 171

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Inhaltsverzeichnis aa) Mitgliederrepräsentation durch Delegiertenversanunlungen bb) Zur Bildung von Aufsichtsräten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zur Geltung von Verfahrensgrundrechten bei sportgerichtliehen Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1, Satz 2 GG) b) Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. I 03 Abs. 1 GG) . . . . . . . . . . c) Das Verbot der Mehrfachbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG) . . . . . . . . . .

E. Sport und Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . I. Grundlagen der europäischen Grundrechtsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bestand und Entwicklung des europarechtlichen Grundrechtsschutzes . a) Vertragliche Grundrechtsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundrechtserklärungen der Gemeinschaftsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Entwicklung europäischer Grundrechte durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . d) Die Grundfreiheiten 2. Die gerichtliche Geltendmachung europäischer Grundrechte auf nationaler und gemeinschaftsrechtlicher Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Nichtigkeitsklage (Art. 173 Abs. 1 EGV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Vorlageverfahren zum EuGH nach Art. 177 Abs. 2, 3 EGV c) Grundrechtsschutz durch das BVerfG . . . . . . . . . . . . II. Der Sport als Schutzgut europäischer Grundrechtsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorüberlegung: Bereichsausnahme zugunsten des Sports? . . . . . . . . . . . . . 2. Schutz des Sports auf der Basis allgemeiner Rechtsgrundsätze . . . . . . . . . a) Berufsfreiheit .. . . . . . .. .. .. . . . . . . . . . .. .. . .. . . . .. .. .. .. .. . .. . .. . . . . .. . b) Allgemeine Handlungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vereinigungsfreiheit . . . .. . .. . . . . . . .. .. . . .. . . . .. . .. .. .. . . .. . 3. Sport und Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 48 EGV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sportler als Arbeitnehmer im Sinne des Gemeinschaftsrechts . . bb) Der Inhalt der Arbeitnehmerfreizügigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Dienstleistungsfreiheit (Art. 59 ff. EGV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Niederlassungsfreiheit (Art. 52 EGV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ill. Beschränkungen der europarechtlichen Freizügigkeit von Sportlern . . . . . . 1. Aktuelle Problemfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausländerklauseln . . .. .. .. . . . . . . .. .. .. . . . . . . .. .. . .. .. .. .. . .. . .. . . .. . b) Transferentschädigungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Rechtfertigung freizügigkeitsbeschränkender Maßnahmen . . . . . . . . . a) Die Möglichkeit zur Einschränkung der Grundfreiheiten von Sportlern aus nichtwirtschaftlichen bzw. sportlichen Gründen aa) Die Rechtfertigung von Ausländerklauseln . . . . . . . . (!)Wahrung der nationalen Identität von Mannschaften bzw. von Wettkämpfen .. .. .. .. . . . . .. . . . .. . . . .. . .. .. . . . . .. .. . (2) Nachwuchsförderung . . . . . . .. .. .. . . . .. . .. .. .. .. . .. . . . (3) Die Aufrechterhaltung des sportlichen Gleichgewichts . . . . .

171 173 175 176 177 179 180 180 180 183 184 184 186 187 187 188 188 190 191 194 194 195 195 197 197 197 199 200 201 202 203 203 204 207 208 209 209 212 213

Inhaltsverzeichnis

15

bb) Die RechtfertigWlg der Transferregeln ........... ...... ( 1) ErhaltWlg der wirtschaftlichen Wld sportlichen Ausgewogenheit im organisierten Fußball . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2)NachwuchsfOrderWlg ........... ...... .................. .... b) Das europarechtlich garantierte Gnmdrecht der VereinigWlgsfreiheit als GrWldlage für die RechtfertigWlg freizügigkeitsbeschränkender Maßnahmen .. .. .. . . .. .. .. .. .. . . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . . .. .. .. . . . . aa) Ausländerklauseln . .. . . . .. . . .. .. . .. . .. . .. . . .. .. .. . .. . . . . . . bb) TransferregelWlgen .. . .. .. .. .. . . . . . . .. .. .. .. . . . .. . 3. Neue, im Zusammenhang mit dem 8osman-Urteil des EuGH aufgetretene Konflikte . .. .. . . . . . . .. .. . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . a) Das Problem der InländerdiskriminierWlg b) Zur Problematik von § 11 des DFB-Mustervertrages c) Zur Zulässigkeit von sog. Heimkontingenten

214

219 219 221 223

F. Zusammenfassung . ............... .. . . ... . .. .... . . .. .................... . .. .

225

Literaturverzeichnis

231

Stichwortverzeichnis

251

214 215 216 217 218

Abkürzungsverzeichnis a. A.

anderer Ansicht

a. a. 0.

am angegebenen Ort

ABl.

Amtsblatt

Abschn.

Abschnitt

AcP

Archiv flir die civilistische Praxis

a. F.

alte Fassung

AG

Aktiengesellschaft

AGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen

Alt.

Alternative

AMG

Arzneimittelgesetz

Anm.

Anmerkung (-en)

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

AR-Blattei

Arbeitsrechts-Blattei

Arzneimittel VO

Arzneimittelverordnung

Aufl.

Auflage

AuR

Arbeit und Recht

BAG

Bundesarbeitsgericht

BAGE

Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts

BayVbl.

Bayerische Verwaltungsblätter

BB

Betriebs-Berater

Bd.

Band

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHSt.

Bundesgerichtshof, Entscheidungen in Strafsachen

BGHZ

Bundesgerichtshof, Entscheidungen in Zivilsachen

BKartA

Bundeskartellamt

BLO

Bundesligaordnung

Abkürzungsverzeichnis

17

BMI

Bundesminister des Inneren

BRAO

Bundesrechtsanwaltsordnung

BReg.

Bundesregierung

Bsp.

Beispiel

BT-Drs.

Bundestags-Drucksache

BtMG

Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BVerwGE

Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts

DAR

Deutsches Autorecht

DB

Der Betrieb

DBB

Deutscher Basketball Bund

DDR

Deutsche Demokratische Republik

DEB

Deutscher Eishockey-Bund

DEL

Deutsche Eishockey-Liga

DFB

Deutscher Fußball-Bund

Diss.

Dissertation

DLV

Deutscher Leichtathletik-Verband

Dok.

Dokument

DÖV

Die Öffentliche Verwaltung

DSB

Deutscher Sportbund

DSDV

Deutscher Snowboard Dachverband

DSV

Deutscher Skiverband

DTB

Deutscher Tennis Bund

DVBl.

Deutsches Verwaltungsblatt

DzWiR

Deutsche Zeitung fiir Wirtschaftsrecht

EAA

European Athletic Association

EAG

Europäische Atomgemeinschaft

EEA

Einheitliche Europäische Akte

EG

Europäische Gemeinschaft

EGKS

Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl

2 Krogmann

18

Abkürzungsverzeichnis

EGV

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

El'v1RK.

Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention)

EPO

El)1.hropoietin

ErgänzungsG

Ergänzungsgesetz

EU

Europäische Union

EuGH

Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft

EuGRZ

Europäische Grundrechtezeitschrift

EuR

Europarecht

EUV

Vertrag über die Europäische Union (MaastrichtVertrag)

EuZW

Europäische Zeitschrift Wirtschaftsrecht

e.

V.

eingetragener Verein

EWR

Europäischer Wirtschaftsraum

EWS

Europäisches Währungssystem

f./fi

folgende/folgende (Mz.)

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

FIFA

Federation Internationale de Football Association

FN

Fußnote

FS

Festschrift

GG/GrundG

Grundgesetz

GVBl.

Gesetz- und Verordnungsblatt

GVG

Gerichtsverfassungsgesetz

GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

HGrG

Haushaltsgrundsätzegesetz

h. L.

herrschende Lehre

h. M.

herrschende Meinung

HSB

Hamburger Sport-Bund

HTV

Hauptverband für Traberzucht und -rennen

1AAF

Intenational Athletic Amateur Association

JBU

International Biathlon Union

1\b~gsverzeichrUs

19

IOC

International Olympic Cornitee

IWB

Internationale Wettkampfbestimmungen

Jl\

Juristische .Arbeitsblätter

JöR

Jahrbuch des öffentlichen Rechts in der Gegenwart

JuS

Juristische Schulung

JZ

Juristenzeitung

Kap.

Kapitel

KartelIR

Kartellrecht

KG

Kammergericht

KuG

Kunsturhebergesetz

Ll\G

Landesarbeitsgericht

Ll\0

Leichtathletikordnung

LG

Landgericht

LM

Lindenmaierund Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

Ls.

Leitsatz

LSpSt

Lizenzspielerstatut

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NJW-RR

NJW-Rechtssprechungsreport

NOK

Nationales Olympisches Komitee

NU

Neue Zeitschrift für .Arbeits- und Sozialrecht

OLG

Oberlandesgericht

OLGZ

Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen

AA

Rechtsausschuß

Rdl\

Recht der .Arbeit

Rdnr.

Randnummer

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

RiW

Recht der internationalen Wirtschaft

2*

20

Abkürzungsverzeichnis

RO

Rechtsordnung

Rspr.

Rechtsprechung

RVO

Rechts- und Verfahrensordnung

SA

Societe anonyme

SED

Sozialistische Einheitspartei Deutschlands

Slg.

Sanunlung

SPD

Sozialdemokratische Partei Deutschlands

Spü

Spielordnung

SportFG

Sportförderungsgesetz

SpuRt

Zeitschrift für Sport und Recht

str.

streitig

StSchG LizV

Ständiges Schiedsgericht für Lizenzvereine

StVO

Straßenverkehrsordnung

sz

Süddeutsche Zeitung

TAS

Tribunal Arbital du Sport

TSV

Turn- und Sportverein

Tz.

Textziffer

DEFA

Union des associations europeennes de foothall

URBSFA

Union royale beige des societes de foothall association

VereinsG

Vereinsgesetz

VG

Verwaltungsgericht

VGH

Verwaltungsgerichtshof

vo

Verordnung

Vorb.

Vorbemerkung

VVdStRl

Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

WHO

World Health Organisation

WM

Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht, Wertpapiermitteilungen

WRP

Wettbewerb in Recht und Praxis

WRV

Weimarer Reichsverfassung

Abkürzungsverzeichnis

21

WuW

Wirtschaft und Wettbewerb

WuW!E

Wirtschaft und Wettbewerb, Entscheidungen

ZfA

Zeitschrift für Arbeitsrecht

ZGR

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht

Ziff.

Ziffer

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis

ZPO

Zivilprozeßordnung

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik

zust.

zustinunend

A. Einleitung Die Stellung des Sportwesens in Gesellschaft und Staat steht in auffalligem Kontrast zu seiner geringen Berücksichtigung im Rahmen gesetzlicher Regelungen.1 Eine Grundrechtsbestimmung, welche die sportliche Betätigung ausdrücklich unter ihren Schutz stellt, existiert im Grundgesetz nicht und auch in keiner der übrigen Verfassungsbestimmungen wird der Sport erwähnt. Anders ist die Situation in den Verfassungen der Bundesländer. Teilweise existieren dort in Form von Staatszielen Bestimmungen, die sich vor allem fiir die Förderung des Sports aussprechen. 2 Die Aufnahme einer Staatszielbestimmung in das Grundgesetz ist in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. 3 Dennoch besitzt der Sport und die mit ihm zusammenhängenden staatlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten wie die Gründung von Sportvereinen, die Sportberichterstattung der Medien oder die Sportförderung, auch eine nicht zu verkennende verfassungsrechtliche Relevanz. 4 Die vielfaltigen Zusammenhänge zwischen sportlicher Betätigung und den Grundrechten des Grundgesetzes sollen im Folgenden systematisch verdeutlicht werden. Vorab hierzu wird kurz auf die Stellung des Sports in der Gesamtrechtsordnung und die einzelnen Grundrechtsfunktionen eingegangen.

I. Zur Stellung des Sports in der deutschen Verfassung Sport und Staat stehen in einem ambivalenten Verhältnis zueinander. Auf der einen Seite kann sich der Staatangesichts der in eine "öffentliche Dimension"5 angewachsenen Bedeutung des Sports gegenüber dessen Interessen nicht unbeteiligt zeigen. Mit hohem Aufwand beschäftigen sich daher staatliche 1 Vgl. die Zusanunenstellung im Achten Sportbericht der BReg, BT-Drs. 11/8459, Abschn. A., Kap. 4. 1. 2. a. E. 2 Vgl. ausfuhrlieh hierzu Steiner, SpuRt 1994, 2 ff.; ders. FS f. Stern, S. 515 ff.; dieAufuahme solcher Staatsziele wird auch für die übrigen Verfassungen diskutiert, vgl. dazu noch Stern, FS f. Thieme, 269 ff. 3 Vgl. Steiner, SpuRt 1994, 2, mit dem Hinweis auf die inzwischen abgeschlosseneArbeit der Gemeinsamen Veifassungskommission zur Refonn des Grundgesetzes (Art. 5 des Einigungsvertrages). 4 Dazu aus dem neueren Schrifttum: Htiberle, FS f. Thieme, 25 ff; Stern, FS f.Thieme, 269 ff.; Steiner, BayVbl. 1995,417 ff.; ders., FS f. Stern, S. 509 ff. 5 Stern, FS f. Thieme, S. 276.

24

A. Einleitllllg

Stellen mit den vielfältigen Fragen, die der Sport aufwirft; er ist zum "selbstverständlichen Gegenstand staatlicher Planung, Organisation und Mitfinanzierung im Bereich der Kommune, des Landes und auch des Bundes geworden"; 6 der Sport bzw. seine Förderung wird insoweit regelmäßig als "öffentliche Aufgabe" oder auch als "Staatsaufgabe"' bezeichnet. Andererseits unterliegt die Organisation und Durchführung des Sportwesens in erster Linie der gesellschaftlichen Selbstverwaltung und ist dem Staat im Wesentlichen vorenthalten. Der Grund hierfiir findet sich in der hierzulande wohl vorherrschenden, "den Sportgedanken schlechthin prägenden Grundvorstellung vom unpolitischen Wesen des Sports". 8 Zu seiner Instrumentalisierung für politische Zwekke, wie sie aus totalitären Staaten bekannt ist und unter dem Regime der Nationalsozialisten im Dritten Reich sowie während der SED-Herrschaft in der DDR auch in Deutschland stattgefunden hat, soll es im Geltungsbereich des Grundgesetzes nicht kommen. Es wird heute gerade die "Ausgrenzung und Abschirmung gegenüber staatlicher Indienstnahme"9 als charakteristisches Merkmal des deutschen Sportwesens hervorgehoben. Im Selbstverständnis der Bundesregierung stehen sich Staat und Sport in einem Verhältnis "partnerschaftlicher Zusammenarbeit" 10 gegenüber. Sieht man von den Bereichen Schul-, Hochschul-, Anstalts- oder Militärsport ab, wird dieses auch am Fehlen eines staatlichen Sportangebots deutlich. Gegenüber dem gesellschaftlich nach eigenen Vorstellungen organisierten Sportwesen tritt der Staat vorrangig als Förderer auf. Bund, Länder und Gemeinden tragen durch regelmäßige - vor allem finanzielle - Zuwendungen wesentlich dazu bei, daß die materiellen Rahmenbedingungen für die Sportausübung geschaffen werden können. Dabei wird jedoch von Seiten des Staates stets betont, daß hinsichtlich der Sportförderung das "Subsidiaritätsprinzip" gelte, so daß staatliche Hilfe nur insoweit gewährt werde, als die Mittel des Sports selbst für die Durchführung der eigenen Aufgaben nicht ausreichten. 11 Keine Einigkeit besteht hinsichtlich der Frage, ob diese Rollen-

6 Kirchhof, Sport illld Umwelt als Gegenstand des Verfassilllgsrechts und der Verfassilllgspolitik, S. 42; Fn.ccius, Medienrechtliche Probleme der Sportberichterstattilllg, S. 12.; Weisemann/Spieker, S. 190 ff. 7 Stern, Gnmdrechte der Sportler, S. 142; Häberle, FS f. Thieme, S. 47; Tettinger,Rechtsprobleme der Subventionienmg des Sports, S. 37. 8 Stern, Gflllldrechte der Sportler, S. 143. 9 Burmeister, Sport als Aufgabe kommunaler Selbstverwaltilllg ?, S. 39. 10 Achter Sportbericht der BReg, BT-Drs. 1118459, Abschn. A, Kap. 4. 2. 3.; Scholz/Aulehner, SpuRt 1996, 44. 11 Vgl. Achter Sportbericht der BReg, BT-Drs. 11/8459, Abschn. A, Kap. 4. 2. 2.; vgl.

I. Zur Stellung des Sports in der deutschen Verfassung

25

verteilungzwischen Staat und Gesellschaft in bezugauf den Sport in irgendeiner Weise verfassungsrechtlich vorgegeben ist oder ob sie allein auf dem Konsens zwischen den Beteiligten beruht. Vor allem Steiner hat mehrfach die Auffassung betont, daß die bestehende Aufgabenverteilung zwischen Staat und Sport von politischen Prinzipien bestimmt sei, denen ein eigentlich verfassungsrechtlicher Gehalt nicht innewohne, und welche darum jederzeit widerrufen werden könne. 12 Sollte der Staat von diesen Prinzipien abgehen, ließe sich ihre Beachtung deshalb auch nicht auf dem Wege einer (verfassungs-) gerichtlichen Kontrolle durchsetzen. In erster Linie sei die zurückhaltende Rolle des Staates vielmehr von elementaren tatsächlichen Gegebenheiten erzwungen. Wie es bei der Erfüllung öffentlich bedeutsamer Aufgaben nicht selten zu beobachten sei, könne der Staat auch den in Vereinen und Verbänden organisierten Sport "schon mangels eines personell-ehrenamtlichen Substrats nicht gleichwertig. ersetzen" .13 Zur gegenwärtigen Situation existiere darum schon faktisch keine Alternative. Darüber hinaus seien nur die nationalen Sportverbände satzungsmäßig in der Lage, den internationalen Sportverbänden vollmitgliedschaftlieh beizutreten und am internationalen Sportverkehr teilzunehmen.14 Nach der Ansicht von Burmeister liegt dem Verhältnis von Sport und Staat in der Bundesrepublik mehr zugrunde als nur ein politisches Bekenntnis. Seiner Auffassung nach komme ihm "die Bedeutung eines werthaften bzw. wertfundierten Grundprinzips" 15 zu, welches die Freiheitlichkeil der staatlichen Ordnung unter dem Grundgesetz verdeutliche und unmittelbar vom Rechtsstaatsprinzip gestützt werde, in dem die Beschränkung des Hoheitsverbandes auf öffentliche Aufgabenwahrnehmung ihre Grundlage habe. Das Verhältnis von Staat und Sport ist fiir Burmeister verfassungsrechtlich urunittelbar in den Gegensatz von Staat und Gesellschaft eingebunden, welcher im Rechtsstaat als Strukturprinzip unüberwindlich verankert sei. Der Sport gehört seiner

hierzu ausführlich: Kar/ Schmidt, Voraussetzungen und Formen staatlicher Sportförderung, S. 17 ff.; Tettinger, Rechtsprobleme der Subventionierung des Sports, S. 33 ff.; Steiner, SpuRt 1994, 2 ff ; vgl. auch Stern, FS f. Thieme, S. 271. Stern bezeichnet die staatliche Sportförderung nur dann als "verfassungsrechtlich unbedenklich", "wenn sportrelevante Probleme mit gesellschaftlichen" ( ... ) ,,Mitteln nicht mehr zu lösen sind". 12 Steiner, BayVbl. 1995, 419; ders., Sport und Medien aus verfassungsrechtlicher Sicht,S. 53 ("Interessengemeinschaft"). 13 Steiner, DÖV 1983, 176. 14 Steiner, DÖV 1983, 176; ders. NJW 1991, 2730; vgl. auch: Tettinger, Rechtsprobleme der Subventionierung des Sports, S. 38. 15Burmeister, Sport als Aufgabe kommunaler Selbstverwaltung?, S. 39.

26

A. Einleitung

Auffassung nach zum privaten, "durch individuelle Beliebigkeit gekennzeichneten" Betätigungsbereich und nicht in den "kompetenzrechtlich strukturierten, durch das Pflichtmoment bestimmten staatlichen" Funktionsbereich. 16 Für die rechtliche Erfassung und Zuordnung des Sports gelte daher die Einsicht, "daß sich grundrechtsgeschützte private Betätigungsfreiheit und grundrechtsgebundene öffentliche Aufgabenwahrnehmung nicht in ein- und derselben Person oder Institution zusammenfinden" 17 könnten. Dieser Auffassung entsprechend bezeichnet es Stern als "Rechtspflicht des Staates, die Selbstregulierungskompetenz der gesellschaftlichen Institutionen im Bereich des Sportwesens prinzipiell zu achten und substantiell unangetastet zu lassen", 18 ohne jedoch näher darauf einzugehen. Der Standpunkt von Burmeister beinhaltet im Ergebnis lediglich die Feststellung, daß der Sport dem privaten Betätigungsbereich - und nicht der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung -zuzuordnen sei. Warum er diese Zuordnung erfahren soll, geht aus seinen Erwägungen nicht hervor. Selbst wenn sich dem Rechtsstaatsprinzip die Beschränkung staatlicher Tätigkeiten auf öffentliche Aufgabenwahrnehmung entnehmen ließe, hieße dies nicht, daß der Sport nicht auch Teil dieser öffentlichen Aufgabenwahrnehmung sein könnte. Verstünde man das Rechtsstaatsprinzip aber sogar in dem Sinne, daß bestimmte Lebensbereiche dem staatsfreien Bereich zuzuordnen seien, würde man seinem rechtlichen Gehalt nicht gerecht. Das Rechtsstaatsprinzip ist ausschließlich als "Inbegriff der normativ belegbaren verfassungsrechtlichen Einzelprinzipien" 19 zu verstehen und stellt kein darüberhinausgehendes staatstheoretisches Modell dar. Die Freiheitlichkeil einzelner Lebensbereiche kann daher nur auf der Basis einzelner Grundrechte realisiert werden. Das gilt auch fiir den Sport. Welchen verfassungsrechtlichen Status der Sport genießt, hängt allein davon ab, ob und ggf. inwieweit er dem Schutzbereich einzelner Grundrechte zugeordnet werden kann. Dem Prinzip staatsfreier sportlicher Betätigung kommt damit im Ergebnis kein eigenständiger verfassungsrechtlicher Gehalt zu. Wenn die Trennung von Staat und Sport dennoch ein Charakteristikum des deutschen Sportwesens darstellt, so sprechen hierfür die von Steiner vorgebrachten praktisch orientierten Argumente.

Bunneister, a. a. 0. Bunneister, Sport als Aufgabe konununaler Selbstverwaltung?, S. 40. 18 Vgl. Stern, Grundrechte der Sportler, S. 143. 19 v. Münch/Kunig (Schnapp), Art. 20, Rdnr. 21 ff., m. w. N.; ausführlich hierzu: Kunig, Rechtsstaatsprinzip. 16 17

II. Die Flillktionen der Grundrechte

27

II. Die Funktionen der Grundrechte Die Grundrechte des Grundgesetzes sind objektivrechtliche Grundelemente der demokratischen und rechtsstaatliehen Ordnung des Gemeinwesens. In dieser Funktion bestimmen sie in erster Linie die Grundlagen der Rechtsordnung des Gemeinwesens und stellen vor allem negative Kompetenzbestimmungen im Hinblick auf den Handlungsspielraum des Staates dar. 20 Deutlicher Ausdruck dieser objektiv-rechtlichen Seite der Grundrechte ist Art. 1 Abs. 3 GG. Hiernach binden die Grundrechte "Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht". Die Grundrechte bilden damit als höchstrangige Rechtsnormen einen wesentlichen Maßstab für die Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns. Mit der objektiv-rechtlichen Dimension der Grundrechte korrespondiert deren subjektiv-rechtliche Seite. Die Grundrechte stellen als subjektive Rechte "verfassungsrechtliche Fundamentalrechte" 21 dar, auf. deren Grundlage der Einzelne vom Staat ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen verlangen kann. Die von den Grundrechten als objektiven Elementen mitbestimmte Gesarntrechtsordnung des Gemeinwesens gelangt durch die subjektiv-rechtliche Dimension der Grundrechte für den Einzelnen zur Verwirklichung, da erst sie ihm die Möglichkeit zur individuellen Durchsetzung der Grundrechtsinhalte gegenüber der Staatsgewalt verschafft. 22 Im Rahmen dieser subjektivrechtlichen Grundrechtsdimension stellen die Grundrechte überwiegend Abwehr- bzw. Freiheitsrechte gegenüber dem Staat dar. Als solche sichern sie "die Freiheitssphäre des Einzelnen vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt"23 , indem sie den Staat verpflichten, bestimmte Eingriffe in Rechtsgüter des Einzelnen zu unterlassen oder zu beseitigen. 24 "Klassische" Freiheitsrechte sind u. a. Art. 5 Abs. 1 GG (Meinungsäußerungs-, Informations-, Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit), Art. 8 Abs. 1 GG (Versammlungsfreiheit), Art. 9 Abs. 1 GG (Vereinigungsfreiheit) oder die im Rahmen von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit Wenn eine bestimmte Verhaltensweise dem Schutzbereich eines Abwehrrechts zugeordnet werden kann, sind Grundrechtseingriffe, den GrundrechtsVgl. Hesse, VerfR, Rdnr. 290 ff.; Jarass/Pieroth, Vorb. vor Art. 1, Rdnr. 4. Hesse, VerfR, Rdnr. 283. 22 Vgl. Hesse, VertR, Rdnr. 293. 20

21

23 BVerfGE

7, 198 (204)- Lüth. Siehe dazu: v. Münch!Kunig (v. Münch), Vorb. Art. 1 - 19, Rdnr. 16; Hdb. d. StaatsRV (K. Stern),§ 109, Rdnr. 41 f.; Jarass/Pieroth , Vorb. vor Art. 1, Rdnr. 1; zu diesem sog. "status negativus", vgl. Hesse, VerfR, Rdnr. 281. 24

28

A. Einleitung

träger belastende Handlungen des Staates in bezug auf diese Verhaltensweise, nur im Rahmen der spezifischen Schranken des jeweiligen Grundrechts zulässig. Erforderlich ist also, daß die staatliche Maßnahme entweder durch oder aufgrund eines Gesetzes erfolgt, welches den besonderen Anforderungen des Gesetzesvorbehalts des betroffenen Grundrechts genügt oder aber in Vollzug einer gesetzlichen Konkretisierung des mit der Grundrechtsausübung kollidierenden Verfassungsrechts (verfassungsimmanente Schranke) stattfindet. 25 Beschränkungen der Grundrechte durch hoheitliche Maßnahmen sind darüber hinaus nur dann rechtmäßig, wenn sie verhältnismäßig und im übrigen verfassungsgemäß sind. Ob ein Eingriff verhältnismäßig ist, richtet sich danach, ob die Maßnahme zur Erreichung des mit ihr verfolgten Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen ist. 26 Der Schutzgehalt der Freiheitsrechte hat sich seit dem Irrkrafttreten des Grundgesetzes über die abwehrrechtliche Seite hinaus erheblich erweitert. Angesichts veränderter realer Gegebenheiten haben sich die "Bedingungen menschlicher Freiheit"27 innerhalb der Gesellschaft dahingehend gewandelt, daß die Voraussetzungen effektiver Freiheitsausübung nicht mehr allein durch das Unterlassen staatlicher Eingriffe geschaffen werden können. Der Einzelne verfügt selbst immer weniger über die Voraussetzungen, die für eine freie und autonome Lebensbestallung gewährleistet sein müssen; die Schaffung dieser Voraussetzungen ist vielmehr häufig nur noch dem Staat möglich.28 Das betrifft zum einen die Probleme finanzieller Daseinsvorsorge, zum anderen aber auch die Notwendigkeit zur Abgrenzung und Zuordnung der Freiheitsbereiche der Individuen untereinander "in der heutigen begrenzten und zunehmend komplexer werdenden Welt mit ihren knapper werdenden lebenswichtigen Ressourcen".29 Neben dem Bedürfnis nach staatsfreier Betätigung des Einzelnen durch Abwehr staatlicher Eingriffe entsteht somit zunehmend ein Bedürfnis nach verschiedenartigen positiven Handlungen des Staates als Beitrag zur effektiven Grundrechtsverwirklichung. Darüber hinaus wird die Notwendigkeit einer Veränderung des Grundrechtsverständnisses auch anband der Tatsache deutlich, daß menschliche Freiheit in zunehmendem Maß durch nichtstaatliche Kräfte bedroht wird. Der individuellen Entfaltung des Einzelnen steht nicht

25 Vgl. v. Münch!Kunig (v. Münch), Vorb. Art. 1 - 19, Rdnr. 53 ff.; Jarass/Pieroth, Vorb. vor Art. 1, Rdnr. 29 ff. 26 Dazu im Einzelnen: Jarass!Pieroth, Vorb. vor Art. I, Rdnr. 36, 41; V. Münch/Kunig (v. Münch), Vorb. Art. 1-19, Rdnr. 55.

Hesse, EuGRZ 1978, 430. Siehe Hesse, EuGRZ 1978, 430. 29 Hesse, EuGRZ 1978, 430; vgL auch Rupp, AöR 1976, 164. 27

28

II. Die Fllllktionen der Grundrechte

29

nur die staatliche, sondern mehr und mehr auch die Machtausübung privater Rechtsträger entgegen. Geht man aber davon aus, daß Freiheit nur einheitlich, und nicht als "Freiheit der Mächtigen"30 bestehen soll, dann kann sich die Funktion der Grundrechte nicht auf die Abwehr staatlicher Beeinträchtigungen beschränken, sondern muß grundsätzlich auch den Schutz vor gesellschaftlichen Beeinträchtigungen umfassen. 31 Nach allem wird deutlich, daß der Staat zur Verwirklichung der Grundrechte in zunehmendem Maße neue Beiträge leisten muß. Hierzu muß die Wirkungsweise der Grundrechte über das klassische abwehrrechtliche Verständnis hinaus auch in andere Richtung hin aktiviert werden können. Das BVerfG hat zu diesem Zweck die den einzelnen Grundrechtsbestimmungen jeweils zugrunde liegende Wertentscheidung von ihrer "konkreten verfassungsrechtlichen Ausgestaltung" (...) "als Abwehrrecht des Individuums"32 gelöst und dadurch den objektiv-rechtlichen Gehalt bestimmter Grundrechte freigelegt. Ausgehend von diesem objektiv~rechtlichen Gehalt der Grundrechte war es möglich, den Grundrechtsbestimmungen auch "in andere Richtungen hin" 33 bestimmte Wirkungen zu verschaffen und neue Rechtsfolgen aus ihnen abzuleiten. 34 Die den Entscheidungen des BVerfG zugrunde liegende Terminologie zur Entwicklung neuer Grundrechtsfunktionen ist uneinheitlich.35 Zunächst sprach das BVerfG vielfach davon, daß "eine prinzipielle Verstärkung der Geltungskraft der Grundrechte" gerade darin zum Ausdruck komme, daß das GG "in seinem Grundrechtsabschnitt auch eine objektive Wertordnung aufgerichtet" habe, die "als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts" 36 gelte. Darauf aufbauend hieß es in einer späteren Entscheidung des Gerichts, daß "die grundrechtliehen Verbürgungen nicht lediglich subjektive Abwehrrechte des Einzelnen gegen die öffentliche Gewalt, sondern" (...) "zugleich objektivrechtliche Wertentscheidungen der Verfassung" darstellten, "die 30 Hesse, EuGRZ 1978, 430. 31 Vgl. Rupp, AöR 1976, 165; Burmeister, DÖV 1978, 1. 32 Jarass, AöR 1985, 366 f. 33

Jarass, AöR 1985, 366.

34 Ausführlich zur historischen Entwicklung und Begründung objektiv-rechtlicher

Grundrechtsgehalte in Rechtsprechung und wissenschaftlichem Schriftum: Stern, StaatsR IIIJ1 , § 69 I.) und II.) sowie Böckenförde, Staat 1990, 1 ff.; vgl. auch Hesse, EuGRZ 1978, 432; Bleckmann, StaatsR II, § 11 V., 4. a.). 3s Einen eingehenden Überblick über die vom B VerfG gebrauchten Formulierungen erhält man bei Stern, StaatsR IIIJ1 § 69 I., 3. c.). 36 BVerfGE 7, 199 (205) - LOth; vgl. auch bereits BVerfGE 6, 55 (72) - Ehegattenveranlagung; BVerfGE 39, I (41)- Fristenlösung.

30

A. Einleitung

für alle Bereiche der Rechtsordnung gelten und Richtlinien für Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung geben". 37

Während die Verstärkung der Geltungskraft der Grundrechte über die abwehrrechtliche Dimension hinaus allgemeine Anerkennung erfuhr, 38 erfuhr das BVerfG speziell in bezugauf seine wertbezogene Argumentation frühzeitig erhebliche Kritik. 39 Dennoch wurde sie seit jeher von der wohl herrschenden Lehre geteilt. 40 Hiernach hat das BVerfG den Grundrechten den normativen Inhalt entnommen, welcher der Verfassung bzw. den Grundrechten als Rechtsgehalt innewohne. 41 Den Grundrechten eine solche Wertordnung zu entnehmen, bedeute, festzustellen, "welche werthaften Festlegungen sie" treffe. 42 Ohne das Begründungsmuster des BVerfG anzugreifen, wurde im Schrifttum dennoch der Wertbegriffvermieden und eine abweichende Terminologie bevorzugt. 43

37 BVerfDE 49, 89 (141 f.)- Kalkar; vgl. auch BVerfDE 52, 131 (165 f.)- Arzthaftung; umfangreiche weitere Hinweise aus d. Rspr. bei Stern, StaatsR Ill/1, § 69 I., 3.) (FN 49); es bleibt klarzustellen, daß der hier beschriebene Rückgriff auf den objektiv-rechtlichen Gehalt der Grundrechte nicht identisch ist mit der oben getroffenen Feststellung, daß die Grundrechte auch objektives Recht seien. Zu Recht weist allerdings Jarass, AöR 1985, 368 f. auf diese terminologische Unschärfe hin. 38 msoweit auch v. Münch/Kunig (v. Münch), Vorb. Art. 1 - 19, Rdnr. 22; Jarass, AöR 1985, 368; Stern, StaatsR Ill/1, § 69 I., 3. c.); Bleckmann, StaatsR li, § 11, V., 3. 39 Die gegenüber dem BVerfD geäußerte Kritik stellte in ihrem wesentlichen Kern darauf ab, daß eine juristisch rationale Begründung nicht anhand von Werten gegeben werden könne, da diese beliebig konstruiert werden könnten und zu sehr von subjektiven, den Gehalt der Grundrechte nicht notwendig deckenden Wertungen (des Richters) abhängig seien; dieses WÜrde letztlich nur Rechtsunsicherheit erzeugen. Hierzu ausführlich: Goer/ich; S. 29 ff.; vgl. auch Schlink, EuGRZ 1984, 463 sowie die weiteren Hinweise bei Stern, StaatsR Ill/1, § 69 li., 2. d.). 40 Vgl. MD (Dürig), Art. 1 Abs. ill, Rdnr. 99; Bettermann/Nipperdey (Nipperdey), GR IV/2, S. 749; vMaKI., Vorbemerkungen B III., 4.); umfassende weitere Hinweise bei Grabitz, S. 209 (FN 2); zum "institutionellen Verständnis" der Grundrechte bei Häberle, vgl. Stern, StaatsR Ill/1, § 69 I., 3. c.). 41 Vgl. Stern, StaatsR Ill/1, § 69 li., 2. d.), (,,normative Wertordnung"); Hesse, VerfR, Rdnr. 299; Hesse zufolge war "der Gedanke der Wertordnung' ein Ansatz und eine Hilfe angesichts einer Lage, in der es noch weitgehend an einer Erarbeitung des konkreten nomativen Inhalts und der Tragweite der Einzelgrundrechte, ihres Verhältnisses zueinander und der Voraussetzungen ihrer Begrenzung fehlte." 42 Stern, StaatsR Ill/1, § 69 li., 2. d. ); vgl. auch Starck, JuS 1981, 239. 43 Z. B. "objektiv-rechtliche Elemente", "objektiv-rechtliche Gehalte", vgl. Scheuner, VVDStRl 1965; Pieroth/Sch/ink, Grundrechte§ 4 VII., 2.); Jarass/Pieroth, Vorb. vor Art. 1, Rdnr. 4; A/exy, S. 478 f.; BöckenftJrde, Staat 1990, 5 (FN 12); weitere Nachweise bei Stern, StaatsR Ill/1, § 69 I., 3. c.). Von Hesse wurde die Erweiterung des Grundrechtsverständnisses damit begründet, daß die Grundrechte ,,Elemente objektiver Ordnung" darstellen und insoweit "Grundlagen der Rechtsordnung des Gemeinwesens" konstituieren WÜrden. Zu den subjektiv-rechtlichen Bedeutungsschichten der Grund-

TI. Die Ftmktionen der Grundrechte

31

In mehreren, vorwiegend jüngeren Entscheidungen hat nunmehr auch das BVerfG die Erweiterung grundrechtlicher Funktionen nur noch auf den "objektiv-rechtlichen Gehalt"44 einzelner Grundrechte gestützt bzw. allein darauf abgestellt, daß mit den Grundrechten "zugleich Elemente objektiver Ordnung aufgerichtet" 45 worden seien. Wenngleich das BVerfG den umstrittenen Begriff der "Wertentscheidung" zwar auch in Entscheidungen aus neuerer Zeit mehrfach noch ausdrücklich heranzieht, 46 scheint er im Zusammenhang mit der Erweiterung der Grundrechtsfunktionen auch beim BVerfG zunehmend an Bedeutung zu verlieren.47 Vor diesem Hintergrund entwickelte vor allem das BVerfG grundrechtliche Vorgaben ftir die Auslegung und Anwendung einfachen Rechts, und zwar insbesondere im Rahmen zivilrechtlicher Streitigkeiten; es formulierte zudem grundrechtlich begründete Schutzpflichten des Staates sowie einzelne, auf Grundrechten aufbauende Organisations- und Verfahrensmaximen für bestimmte staatliche und gesellschaftliche Geschehensabläufe. Schließlich entnahm das BVerfG manchen Grundrechten Ansprüche des Individuums auf Leistungen des Staates und Teilhabe an öffentlichen Einrichtungen. 48 Die hinter der Erweiterung der Grundrechtsfunktionen stehenden Motive besitzen in verschiedener Hinsicht auch für den Sport Aktualität. Von erheblicher Bedeutung ist insofern die oben unter der Bezeichnung "Bedrohung durch nichtstaatliche Kräfte" aufgeworfene Problematik. Sie ist einer der maßgeblichen Aspekte im Rahmen einer heftig geführten Diskussion um die gesellschaftliche und politische Stellung der in Deutschland existierenden Verbände. Die Beobachtung, daß sich viele Verbände weit von der ursprünglichen Vorstellung des Zivilgesetzgebers (vgl. §§ 21 ff. BGB) entfernt und zu machtvollen

rechte stehe diese objektiv-rechtliche Komponente in einem "Verhältnis gegenseitiger Ergänzung und Verstärkung", aufgrunddessen sich einzelne neue Schutzfunktionen der Grundrechte ergeben würden, vgl. Hesse, VerfR, Rdnr. 290. 44 BVerfGE 53, 30 (56) - Atomenergienutzung; BVerfGE 56, 54 (72) - Fluglärm; weitere Nachweise aus d. Rspr. bei Stern, StaatsR III/1, § 69 I. , 3.) (FN 54). 45 BVerfGE 73, 261 (269) - Sozialpläne; BVerfGE 50, 290 (337)- Mitbestimmung ("objektive Prinzipien"). 46 Vgl. BVerfGE 73, 261 (269)- Sozialpläne; BVerfGE 50, 290 (337)- Mitbestimmung, beide unter Hinweis aufBVerfGE 7, 198 (205)- Lüth. 47 Vgl. hierzu BVerfGE 61, 18 (25)- Sozialhilfe; BVerfGE 62, 323 (329)- Witwenrente (beide Entscheidungen zu Art. 6 Abs. 1 GG); Stern, StaatsR III/1, § 69 I., 3.d.). 48 Für Jarass, AöR 1985, 367, scheinen "die wesentlichen Erweiterungen der Grundrechtsbedeutung" ( ...) "erreicht, auch wenn nicht auszuschließen ist, daß das Gericht aus objektivrechtlichen Gehalten noch zusätzliche Folgerungen ableiten wird"; anders: Stern, StaatsR ITI/1 , § 69 I., 3. c.).

32

A. Einleitung

Großorganisationen entwickelt haben, die sowohl gegenüber dem Staat als auch gegenüber ihren Mitgliedern als "selbständige Macht"49 gegenübertreten, ist mittlerweile zu einer allgemeinen Erkenntnis geworden. Von der inzwischen kaum noch überschaubaren Anzahl von Stellungnahmen zu diesem Thema wurde auch das Sportverbandswesen erfaßt. Die Rechtsstellung, welche dem verbandlieh organisierten Sportler gegenüber "seinem" Verein bzw. Verband zukommt und die aus diesem Verhältnis gegenläufiger Interessen resultierenden Probleme stehen im Brennpunkt juristischer Fragestellungen.50

49 Hdb.

50 Vgl.

d. VerfR. (Grimm),§ 15, Rdnr. 2.

Stern, Grundrechte der Sportler, S. 144 ff.; Bunneister, DÖV 1978, 1 ff.

B. Sport als Gegenstand des Grundrechtsschutzes Im Grundgesetz existiert keine spezifisch auf den Sport zugeschnittene Grundrechtsbestimmung. Darüber hinaus gibt es auch keine sonstige Verfassungsnorm, die den Sport als solchen berücksichtigt. Im Gegensatz zu anderen gesellschaftlichen Lebensbereichen wie Religion (Art. 4 Abs. 1 GG), Kunst (Art. 5 Abs. 3, Satz 1 GG) oder Wissenschaft (Art. 5 Abs. 3, Satz 1 GG) läßt sich die Stellung des Sports in der Gesamtrechtsordnung, insbesondere aber auch das Verhältnis des Sports zur staatlichen Machtentfaltung nicht unmittelbar aus der Verfassung bzw. aus einzelnen Grundrechten entnehmen. Der Sport kann daher einen grundrechtliehen Status allenfalls dann beanspruchen, wenn einzelne Grundrechtsnormen zwar nicht speziell aber auch fiir den Sport eine bestimmte Wirkung entfalten.51 Für den grundrechtliehen Schutz der immer bedeutsamer werdenden beruflichen Sportausübung kann auf die verschiedenen Gewährleistungen des Art. 12 Abs. 1 GG zurückgegriffen werden. Unter bestimmten Umständen kann auch das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2, Satz 1 GG) einschlägig sein. In Ermangelung weiterer spezieller Grundrechtsbestimmung erfahrt jede sportliche Betätigung im übrigen Grundrechtsschutz im Rahmen der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG). Soweit Sport im Rahmen eines Vereins ausgeübt wird bzw. soweit sich die Beteiligten zu Sportverbänden zusammenschließen, kommt die in Art. 9 Abs. 1 GG errichtete Vereinigungsfreiheit zum Zuge. Die Einzelheiten der jeweiligen Grundrechtsgarantien sollen im Folgenden dargelegt werden.

I. Sport als Berufi. S. von Art. 12 Abs. 1 GG Jede Sportart kann naturgemäß mit beliebiger Intensität betrieben werden. Parallel zu den von Freizeitidealen geprägten Breitensportaktivitäten der überwiegenden Mehrheit von Sportlern, hat im Laufe der letzten Jahrzehnte der Berufs- oder Profisport seinen festen Platz in der Gesellschaft eingenommen. 52 Neben den zahlreichen spezifisch arbeitsrechtlichen Problematiken, die sich im Zusammenhang mit berufssportlicher Tätigkeit ergeben, besitzt daher die

51 Grundrechtsschutz "aus zweiter Hand", vgl. Steiner, DÖV 1983, 174, kritisch: Schroeder, Amn. z. Bosman-Urtei1 des EuGH, JZ 1996, 254. 52 Zur Entwickhmg des Berufs-Fußballs in Deutschland: Schulze-Marmeling, S. 52 ff.

3 Krogmann

34

B. Sport als Gegenstand des Gnmdrechtsschutzes

grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit in Art. 12 Abs. 1 GG fiir den Sport eine praktische Bedeutung. 53 1. Der Schutzbereich der Berufsfreiheit Die Berufsfreiheit in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet allen Deutschen zum einen die freie Wahl des Berufs, des Arbeitsplatzes und der Ausbildungsstätte (Satz 1) und zum anderen die freie Berufsausübung (Satz 2). Als Beruf i. S. von Art. 12 Abs. 1 GG ist jede Tätigkeit anzusehen, die auf Dauer angelegt ist und die in ideeller wie in materieller Hinsicht der Schaffung und Unterhaltung einer Lebensgrundlage dient. s4 Auf die Frage, ob eine bestimmte Tätigkeit vom Gesetz her erlaubt, also nicht generell verboten ist, kommt es fiir den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG nicht an.ss Zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient eine Tätigkeit, wenn sie ihrer Art nach hierzu geeignet ist, und zwar unabhängig davon, welche Zielsetzung der Grundrechtsträger mit der Tätigkeit verbindet (objektiver Maßstab).s6 Unerheblich ist ferner, wie lange der Betreffende die Tätigkeit tatsächlich wahrnimmt, solange sie nur auf Dauer angelegt ist. Gelegentliche oder vorübergehende Tätigkeiten fallen aus dem Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG heraus. s7 Gleiches gilt für das hobbymäßige Betreiben einer bestimmten Tätigkeit. ss Die Berufsfreiheit erfaßt schließlich gleichermaßen die selbständige wie die unselbständige Berufstätigkeit s9 Von den Gewährleistungen der Berufsfreiheit werden auch Zweit- oder Nebenberufe erfaßt. 60 Ob Nebentätigkeiten, welche gegenüber der im übrigen ausgeführten Berufstätigkeit ein geringeres Gewicht besitzen, in den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG fallen, muß anband der tatsächlichen Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Erfüllt eine Nebentätigkeit die obengenannten Merkmale von Art. 12 Abs. 1 GG, ist sie insbesondere zur Existenzsicherung 53 So zuletzt Stern, FS f. Thieme, S. 276; Kirchhof, Sport und Umwelt als Gegenstand des Verfassungsrechts und der Verfassungspolitik, S. 49; Steiner, BayVbl. 1995, 417. 54 BVerfGE 7, 377 (397); BVerfGE 54, 301 (313); Jarass/Pieroth, Art. 12, Rdnr. 4 ff.; v. Münch!Kunig (Gubelt), Art. 12, Rdnr. 5 f. 55 Str., vgl. BVerwGE 87,37 (40 f.); V. Münch!Kunig (Gubelt), Art. 12, Rdnr. 8 f.; Jarass/Pieroth, Art. 12, Rdnr. 6; Sachs (Tettinger), Art. 12, Rdnr. 36 ff.; Langer, JuS 1993, 205 f. 56 Siehe Sachs (Tettinger), Art. 12, Rdnr. 32; v. Münch/Kunig (Gubelt), Art. 12, Rdnr. 10. 57 Vgl. Sachs (Tettinger), Art. 12, Rdnr. 30; v. Münch!Kunig (Gubelt), Art. 12, Rdnr. 10. 58 Jarass/Pieroth, Art. 12, Rdnr. 4. 59 v. Münch/Kunig (Gubelt), Art. 12, Rdnr. 17; Hdb. d. StaatsR VI (Breuer), § 147, Rdnr. 42; MD (Scholz), Art. 12, Rdnr. 7. 60 Vgl. BVerfGE 21, 173 (179); BGHZ 97, 204 (208); Hdb. d. StaatsR VI (Breuer), § 147, Rdnr. 53; v. Münch/Kunig (Gubelt), Art. 12, Rdnr. 15.

I. Sport als Beruf i. S. von Art 12 Abs. 1 GG

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oder -erhaltung geeignet, besteht kein Anlaß, sie aus dem grundrechtliehen Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG herauszunehmen. 61 Das BVerfG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß der Berufsbegriff im Rahmen von Art. 12 Abs. 1 GG weit auszulegen sei und grundsätzlich ''jede sinnvolle, erlaubte Tätigkeit"62 umfasse. Aufgrund dieser weiten Auslegung können auch untypische Tätigkeiten, die von den traditionellen Berufsbildern abweichen, als Berufe i. S. von Art. 12 Abs. 1 GG angesehen werden. Dennoch ist in bestimmten Grenzen eine auf rechtliche und tatsächliche Gegebenheiten gestützte Typisierung bzw. Fixierung von Berufsbildern erforderlich, damit im Einzelfall besser beurteilt werden kann, ob eine bestimmte staatliche Maßnahme als Beschränkung der Berufswahl oder als eine Beschränkung der Berufsausübung aufzufassen ist. 63 Entgegen dieser Differenzierung wird Art. 12 Abs. 1 GG als einheitliches Berufsgrundrecht verstanden. Anders als es der Wortlaut der Grundrechtsbestimmung nahelegt, lassen sich nämlich "die Begriffe 'Wahl' und 'Ausübung' des Berufes ... nicht so trennen, daß jeder von ihnen nur eine bestimmte zeitliche Phase des Berufslebens bezeichnete, die sich mit der anderen nicht überschnitte; namentlich stellt die Aufnahme der Berufstätigkeit sowohl den Anfang der Berufsausübung dar wie die gerade hierin und häufig nur hierin - sich äußernde Betätigung der Berufswahl; ebenso sind der in der laufenden Berufsausübung sich ausdrückende Wille zur Beibehaltung des Berufs und schließlich die freiwillige Beendigung der Berufsausübung im Grunde zugleich der Akte der Berufswahl."64 Das einheitliche Verständnis von der Berufsfreiheit erstreckt sich auch auf die übrigen Gewährleistungen im Wortlaut von Art. 12 Abs. 1 GG. Die Berufsausbildung gehört nach der herrschenden Auffassung "als integrierender Bestandteil eines einheitlichen Lebensvorganges"6s zur Berufstätigkeit dazu. Entsprechend verhält es sich mit 61 Str., vgl. v. Münch/Kunig (Gubelt), Art. 12, Rd.nr. 10; Hinweise bei Sachs (Tettinger), Art. 12, Rd.nr. 32; Hdb. d. StaatsR VI (Breuer), § 147, Rd.nr. 53.; Vgl. BVerwGE 35, 201 (205); BVerwGE 67, 287 (294); BVerfGE 33, 44 (48), jeweils fur Nebentätigkeiten von Beamten. 62 BVerfGE 7, 377 (397) - Apothekenurteil; BVerfGE 14, 19 (22) Automatenaufsteller; BVerfGE 22, 286 (287); v. Münch!Kunig (Gubelt), Art. 12, Rd.nr. 11; m. Beispielen: Sachs (Tettinger), Art. 12, Rd.nr. 27. 63 Vgl. v. Münch!Kunig (Gubelt), Art. 12, Rd.nr. 12 ff.; BVerfGE 13, 97 (106)-Handwerksordnung; BVerfGE 77, 84 (105) - Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe; ausführlich Hdb. d. StaatsR VI (Breuer), § 147, Rd.nr. 35 ff.; Sachs (Tettinger), Art. 12, Rd.nr. 52 ff. ; kritisch: Jarass/Pieroth, Art. 12, Rd.nr. 21 f.; Papier DVBL 1984, 802. 64 BVerfGE 7, 377 (401)- Apothekenurteil; zust: Sachs (Tettinger), Art. 12, Rd.nr. 8, 55; v. Münch!Kunig (Gubelt), Art. 12, Rd.nr. 40, m. zahlr. w. N.; Jarass!Pieroth , Art. 12, Rd.nr. 2; MD (Scholz), Art. 12, Rd.nr. 11 ff. 65 BVerfGE 33, 303 (329 f.); BVerfGE 41, 251 (261)- Zweiter Bi1dungsweg; vgl. MD (Scholz), Art. 12, Rd.nr. 1; v. Münch/Kunig (Gubelt), Art. 12, Rd.nr. 1.

B. Sport als Gegenstand des Grundrechtschutzes

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der freien Wahl des Arbeitsplatzes, also der Arbeitsstelle in räumlicher Hinsicht und im Hinblick auf ein bestimmtes Arbeitsverhältnis.66 Die ausdrückliche Erwähnung von Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte hat daher eine klarstellende bzw. konkretisierende Funktion. Wegen des einheitlichen Schutzbereichs von Art. 12 Abs. 1 GG braucht die Abgrenzung der einzelnen Grundrechtsmerkmale untereinander zunächst nicht zu erfolgen. a) Berufssport

Die wohl auffalligsten Repräsentanten berufssportlicher Betätigung sind Tennisgrößen wie Steffi Graf und Boris Becker, Rennfahrer wie Michael Schumacher oder die Lizenzspieler der Fußball-Bundesligen. Ihr Beruf i. S. von Art. 12 Abs. I GG ist das Betreiben einer bestimmten Sportart, was in erster Linie die Teilnahme an Wettkämpfen, Show-Veranstaltungen oder sonstigen Sportanlässen beinhaltet, wozu aber auch Vor- und Nachbereitungshandlungen, beispielsweise regelmäßiges Training oder eine nachträgliche Wettkampfanalyse, gehören können. Den Tatbestandsmerkmalen von Art. 12 Abs. 1 GG entsprechend, wird die Tätigkeit dieser Sportler dadurch gekennzeichnet, daß sie im Regelfall auf Dauer angelegt ist und zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient. 67 Die Einnahmen bestehen zumeist aus Geldern von Vereinen, Verbänden oder Sportveranstaltern, und werden als unmittelbare Gegenleistung für konkrete sportliche Leistungen an den Sportler gezahlt. Über die genannten Beispiele hinaus können auf diese Weise eine Reihe weiterer Sportarten, wie Boxen, Golf, Eishockey etc. von Sportlern berufsmäßig betrieben werden. Die Einzelheiten der an die Sportler geleisteten Zahlungen werden immer häufiger zum Bestandteil detaillierter individualvertraglicher Vereinbarungen gemacht. Diese können je nach Sportart einen unterschiedlichen Charakter besitzen. In den Mannschaftssportarten Fußball, Eishockey usw. werden zwischen den Vereinen und den Spielern Arbeitsverträge abgeschlossen. 68 Die

66

8.

Dazu v. Münch/Kunig (Gubelt), Art. 12, Rdnr. 23 ff.; Jarass!Pieroth, Art. 12, Rdnr.

67 Jahresverdienste von mehreren hunderttausend Mark sind in der FußballBundesliga keine Seltenheit mehr; je nach Sportart sind darüber hinaus sogar jährliche Erträge von mehreren Millionen Mark möglich, vgl. "Fußball-Größen gehören nicht zum Geldadel", SZ Nr. 292, v. 20. 12. 1994, S 18; vgl. auch LAG Berlin, NJW 1979, 2582 ff. für Lizenzfußballspieler. 68 Zur arbeitsrechtlichen Stellung der Fußball-Lizenzspieler: Arens/Scheffer, AR-Blattei, 1480. 2, Rdnr. 213 ff.; MüHdb.z. ArbR (Gitter), § 195.

I. Sport als Beruf i. S. von Art. 12 Abs. 1 GG

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Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Tennis Bund (DTB) und den ProfiTennisspielern Boris Becker und Michael Stich dagegen wurde in den letzten Jahren stets durch sog. Kooperationsverträge geregelt. Aufgrund ihrer größeren Verselbständigung gegenüber dem übergeordneten Verband werden die Tennisprofis als selbständige Unternehmer angesehen. 69 Unabhängig von ihrer arbeitsrechtlichen Einordnung genießen jedoch alle Sportler, die aufgrund entsprechender Vereinbarungen regelmäßige Einkünfte erzielen, den Schutz der Berufsfreiheit auf der Grundlage von Art. 12 Abs. 1 GG.70 Den Schutz des Berufsgrundrechts genießen Sportler auch dann, wenn sie einen wesentlichen oder sogar den überwiegenden Teil ihrer Einnahmen nicht unmittelbar von Seiten des Vereins oder Verbands, dem sie angehören, erhalten, sondern wenn ihnen bestimmte Mittel von dritter Seite zugewendet werden. Im Spitzensportbereich geschieht dies häufig auf der Grundlage von Sponsoring- oder Vermarktungsvereinbarungen, in denen Sportlern regelmäßige Zahlungen dafür versprochen werden, daß sie für einen Dritten - den Sponsor - eine bestimmte Werbeleistung erbringen. 71 Auch wenn diese Einnahmen aus Tätigkeiten herrühren, die mit konkreten sportlichen Leistungen nur mittelbar zusammenhängen, liegt ihnen letztlich die sportliche Leistung des Betreffenden zugrunde. Der Sport trägt damit auch auf diese Weise zur Schaffung und Erhaltung seiner wirtschaftlichen Lebensgrundlage bei und ist von Art. 12 Abs. 1 GG geschützt. 72 Darüber hinaus erstreckt sich der Schutz der Berufsfreiheit auch auf die Tätigkeiten, die ein Berufssportler im Rahmen solcher Sponsoringvereinbarungen über seine spezifische sportliche Leistung hinaus vollbringt. 73 Hierzu kann beispielsweise das Tragen und Präsentieren von Firmenemblemen oder -Iogos und die Veranstaltung von Autogrammstunden gehören. Wie schon erwähnt, kommt es im Rahmen der Berufsfreiheit (lediglich) darauf an, daß die betreffende Tätigkeit zur Existenzsicherung objektiv geeignet ist. 74 Somit genießen auch diejenigen Sportler den Schutz der Berufsfreiheit, die zwar regelmäßig an Wettkämpfen teilnehmen bei denen es Geldpreise zu 69 Vgl. MüHdb z. ArbR (Gitter), § 195, Rdnr. 22; zur Diskussion darüber, ob auch die Lizenzfußballspieler als Unternehmer anzusehen sind, vgl. MüHdb. z. ArbR (Gitter), § 195, Rdnr. 19 f. ; FAZ Nr. 17, v. 20. 1. 1996, S. 27: "Gerd Niebaum hält Fußballprofis flir Unternehmer". 70 Dazu Turner, MDR 1991, 570. 71 Näher zu den verschiedenen Formen des Sportsponsoring: Bruhn/Mehlinger, Bd. II, S. 3 ff. 72 Zur Arbeitgebereigenschaft von Sponsoren und Veranstaltern: Schimke, Sportrecht, S. 21 ff. 73 Vgl. Bruhn/Mehlinger, Bd. II, S. 12 u. 47; Hof!mann, SpuRt 1996, 75. 74 Oben unter 1.

B. Sport als Gegenstand des Grundrechtschutzes

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gewinnen gibt, die aber von deren Erlösen beispielsweise deshalb nicht leben können, weil sie keinen Erfolg haben.

b) Zur Geltung des Art. 12 Abs. 1 GG im sog. Amateursportbereich Abgrenzungsprobleme hinsichtlich des grundrechtliehen Schutzes von Sportlern können sich im Bereich des sog. Amateursports ergeben. Dies hängt damit zusammen, daß der Begriff" Amateur" immer mehr von seiner ursprünglichen Aussagekraft einbüßt. aa) Der Amateurbegriff Laut § 15 der DFB-Spielordnung (SpO) ist derjenige Sportler Amateur, der"kein Entgelt, sondern ohne vertragliche Bindung allenfalls Ersatz seiner Aufwendungen im Rahmen der steuerrechtlich zulässigen Grenzen erhält". Auch sonst werden diejenigen Sportler als Amateure bezeichnet, denen der Sport nicht als wirtschaftliche Lebensgrundlage dient, sondern bei denen die körperliche Ertüchtigung, die Förderung der eigenen Gesundheit und Leistungsfähigkeit oder einfach der Spaß am Sport im Vordergrund steht. 75 Darüber hinaus ist der Amateursportler nach herkömmlichem Verständnis mitgliedschaftlieh an einen Verein gebunden. 76 Unerheblich ist hingegen, ob der Sportler seinen Sport leistungsmäßig oder nur im Rahmen von Breitensportaktivitäten betreibt. bb) Die grundrechtliche Einordnung des Amateursports Für die Zuordnung amateursportlicher Betätigung zum Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG besteht nach dem oben dargelegten Verständnis vom Amateurbegriff kein Raum. Für den Amateur im oben verstandenen Sinne fehlt es insbesondere an der wirtschaftlichen Bedeutung seiner Sportausübung.77 Auf den überwiegenden Teil der im deutschen Sportverbandswesen unter der Bezeichnung "Amateur" aktiven Sportler treffen die genannten Merkmale des Amateurbegriffs zu. Obgleich häufig feste Strukturen hinsichtlich der Trainings- und Wettkampfzeiten das Sportgeschehen bestimmen und bisweilen Vgl. Pfister!Steiner, A- Z, "Amateur". Siehe MüHdb. z. ArbR (Gitter), § 195, Rdnr. 9 ff. 77 Vgl. Steiner, Amateurfußball und Grundrechte, S. 20.

75

76

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auch finanzielle oder materielle Zuwendungen vorkommen, steht der Selbstzweck sportlicher Betätigung hierzulande nicht nur im Jugendbereich sondern auch im Erwachsenensport im Vordergrund. 78 Eine Anwendung des Grundrechts der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG kommt insoweit nicht in Betracht. Schwierigkeiten hinsichtlich der grundrechtliehen Einordnung können allerdings entstehen, sobald sich die tatsächlichen Umstände in dem als Amateursport bezeichneten Bereich ändern. Mittlerweile wird nämlich auch der von den Verbänden als Amateursport bezeichnete Sport weithin unter erheblichem Zeitaufwand betrieben. Tägliches, intensives Training sowie regelmäßige Wettkämpfe sind zumindest im Leistungs- bzw. Spitzensport keine Seltenheit. Es kommt entscheidend hinzu, daß für sportliche Leistungen von Seiten der Verbände, aber auch von Außenstehenden wie Sponsoren, an einen immer größeren Kreis von sog. Amateursportlern Geldsummen gezahlt werden, die der Höhe nach über bloße Aufwandsentschädigungen weit hinaus gehen. Immer häufiger werden darüber hinaus im sog. Amateurbereich die mitgliedschaftliehen Beziehungen durch detaillierte vertragliche Vereinbarungen ergänzt. In diesen Vereinbarungen werden die Einzelheiten der Zusammenarbeit zwischen Verein, Verband und Sportler geregelt. 79 Dieser Tendenz zur Professionalisierung des Amateursports hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mit der Einführung des Vertragsamateurs Rechnung getragen. Nach § 15 Nr. 2 der DFB-Spielordnung (SpO) ist Vertragsamateur, "wer das Fußballspiel mit vertraglicher Bindung gegen Entgelt ausübt. Der Vertrag ist mit dem Verein zu schließen. Der Spieler muß Mitglied dieses Vereins sein." Kennzeichnend für den Vertragsamateurstatus ist also, daß der einzelne Fußballspieler nicht mehr nur mitgliedschaftlich, sondern auch vertraglich an seinen Verein gebunden ist. Mit dieser Neuregelung sollte die Lücke zwischen dem "rein amateurmäßig" betriebenen Fußballsport und den professionell ausgetragenen Wettbewerben der Lizenzvereine geschlossen werden, welche dadurch entstanden war, daß auch im ursprünglich freizeitmäßig betriebenen Amateurbereich immer höhere Beträge an die Spieler ausgezahlt wurden und ein steigendes Bedürfnis nach speziellen vertraglichen Vereinbarungen entstand.80 Anders als der DFB hält jedoch beispielsweise der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) in seinem offiziellen Regelwerk am AmateurVgl. hierzu filr den Amateurfußball: Vtuh, S. 56 ff. Vgl. SZ Nr. 9, 12. l. 1995, S. 36: "Athleten-Vertrag vorgelegt"; zu den Einzelheiten von Athletenvereinbarungen: Haas!Prokop, SpuRt 1996, 103 ff. 80 Schimke, Sportrecht, S. 19 f.; kennzeichnend ist in ähnlichem Zusammenhang auch die Umbenennung des Deutschen Amateur-Boxverhand in Deutscher Allgemeiner Boxverband, vgl. "Boxer streichen Amateur", SZ Nr. 84, v. 10. 4. 1995, S. 26. 78 79

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B. Sport als Gegenstand des Grundrechtsschutzes

begriff fest. In den Statuten des DLV und des Internationalen LeichtathletikVerbands (IAAF) finden sich ausschließlich Vorschriften, die den "Amateurstatus" der Sportler sicherstellen sollen und die Zulassung zu Wettkämpfen ausschließlich "Amateuren" vorbehalten. 81 In der Leichtathletik ist der Abschluß von Arbeitsverträgen zwischen Vereinen und Spitzenathleten jedoch ebenso gängige Praxis wie die massive Unterstützung der Sportler durch die Sportforderung des Deutschen Leichtathletik-Verbandes oder Zahlungen von Seiten einzelner Sponsoren.82 Es kann somit festgestellt werden, daß der von den Verbänden geprägte Begriff des "Amateurs" angesichts der zu beobachtenden Professionalisierungstendenzen an Aussagekraft verloren hat, denn für die rechtliche Einordnung des Sportgeschehens kann er angesichts der tatsächlichen Verhältnisse nicht mehr herangezogen werden. Dies äußert sich auch dadurch, daß in Schrifttum und Rechtsprechung immer häufiger die Frage gestellt wird, wann auch sog. Amateursportler als Arbeitnehmer i. S. des Arbeitsrechts anzusehen sind. 83 Es stellt sich damit vergleichbar hier das Problem, unter welchen Voraussetzungen auch für sog. Amateursportler der grundrechtliche Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG eingreift. cc) Kriterien für die grundrechtliche Einordnung von Amateursportlern Die Satzungswidrigkeit von Zuwendungen kann der Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG auf die von den Sportvereinen bzw. -verbänden als Amateure bezeichneten Sportler nicht entgegengehalten werden. 84 Für die grundrechtliche Einordnung des sog. Amateursports muß allein auf die tatsächlichen Umstände abgestellt werden, unter denen er betrieben wird. Nur auf diese Weise kann jedem Sportler ein effektiver Grundrechtsschutz gewährleistet werden. Entscheidendes Merkmal für die Anwendung von Art. 12 Abs. 1 GG ist die Frage, ob der Sport im konkreten Fall zur Schaffung einer wirtschaftlichen Lebensgrundlage dient. Darüber hinaus kann der sog. Amateursportbereich unter dem Gesichtspunkt der Berufsausbildung in den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG fallen. 81 Siehe z. B. die Regeln 14 ff. und 5 I ff. der Internationalen Wettkampfbestimmungen der IAAF. 82 Vgl. Haas!Prokop, SpuRt 1996, 109 ff. 83 VgL OLG Stuttgart, AuR 1978, 125 ff., m. Anm. Gronsky; ausfi.lhrlich zu dieser Problematik: Arens!Scheffer, AR-Blattei, 1480. 2, Rdnr. 45 ff.; fllr die Aufgabe der Differenzierung zwischen Profi und Amateur aus steuerrechtliehen Gründen: Dziadkowski, BB 1986,2379. 84 So noch Steiner, Amateurfußball und Grundrechte, S. 20.

I. Sport als Beruf i. S. von Art 12 Abs. I GG

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(1) Amateursport als wirtschaftliche Lebensgrundlage

Neben dem zeitlichen Aufwand, den ein Sportler betreibt, müssen insbesondere die wirtschaftlichen Bedingungen der Sportausübung in die Beurteilung einbezogen werden. Sobald ein Sportler auf der Grundlage seiner sportlichen Leistungen Einkünfte erzielt, die i. S. von Art. 12 Abs. 1 GG zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage geeignet sind, wird er durch das Grundrecht der Berufsfreiheit geschützt. Dies gilt unabhängig davon, welcher Status "Amateur", "Vertragsamateur" oder "Profi" -ihm von Seiten des Vereins oder Verbandes zuerkannt wurde. Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Bedingungen der Sportausübung sind zum einen die direkten Gegenleistungen des Vereins oder Verbandes einzubeziehen, dem der Sportler angehört; zum anderen müssen aber wie bereits oben erwähnt auch die Zahlungen oder sonstigen materiellen Vorteile berücksichtigt werden, die der Sportler von Außenstehenden, also in erster Linie von Sponsoren erhält. Dementsprechend ist Art. 12 Abs. 1 GG in den Dopingfallen der ehemaligen Sprintweltmeisterin Katrin Krabbe sowie ihrer Vereinskameradinnen Grit Breuer und Silke Möller angewendet worden. Diese waren mit dem DLV und ihren Vereinen mitgliedschaftlieh verbunden und wurden in diesem Zusammenhang offiziell als "Amateure" bezeichnet, wobei ihnen allerdings erhebliche Mittel im Rahmen der "Sportforderung" des DLV zuflossen. Vor allem aufgrund dieser Förderung wurde ihre sportliche Tätigkeit sowohl verbandsintern als auch von der Rechtsprechung als berufliche Tätigkeit i. S. von Art. 12 Abs. 1 GG angesehen. 8~ Unnötig erscheint es demgegenüber, die Anerkennung des grundrechtliehen Berufsschutzes in Fällen wie diesem damit zu begründen, daß der Berufsbegriffweit auszulegen sei. 86 Die allgemein vorgenommene weite Auslegung des Berufsbegriffs führt nach ständiger Rechtsprechung dazu, daß auch untypische Betätigungen den Schutz der Berufsfreiheit genießen können. Um die Einbeziehung einer untypischen Betätigung in den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG geht es jedoch im Sport nicht. Es ist seit langem anerkannt, daß Sport beruflich betrieben werden kann, so daß fiir eine weite Auslegung im angegebenen Sinne im Bereich des Sports kein Bedarf besteht.

85 Vgl. DLV-RA, NJW 1992,2588 (2591 f.)- Krabbe I; DLV-RA, SpuRt 1996,67Krabbe II; LG München, SpuRt 1995, 162 ff. -Krabbe II; zustimmend: Vieweg, NJW 1992,2539. 86 So aber DLV-RA, SpuRt 1996, 67; Turner, MDR 1991 , 570.

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B. Sport als Gegenstand des Grundrechtsschutzes

(2) Amateursport als Berufsausbildung

Für sog. Amateursportler könnte der Schutz der Berufsfreiheit in Art. 12 Abs. I GG deshalb eingreifen, weil ihre Tätigkeit als Berufsausbildung anzusehen ist, denn zum Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG gehört auch die freie Wahl der Ausbildungsstätte (vgl. Art. 12 Abs. 1, Satz 1 GG). Als Ausbildungsstätten gelten Einrichtungen, "die über die allg. Schulbildung hinaus der Ausbildung für einen oder mehrere Berufe"87 dienen (berufsbezogene Einrichtungen). Art. 12 Abs. 1 GG schützt jedoch nicht nur die freie Wahl der Ausbildungsstätte, sondern bezieht sich im umfassenden Sinne auf "die gesamte Freiheit der berufsbezogenen Ausbildung". 88 Das bedeutet, daß über den Eintritt in eine konkrete Ausbildungsstätte hinaus auch die im Rahmen der Ausbildung notwendigen Tätigkeiten von Art. 12 Abs. 1 GG geschützt werden. Hierzu zählen insbesondere die Teilnahme an Unterricht oder Prüfungen. 89 Für Berufssportler gibt es keine spezifisch abgrenzbare Berufsausbildung, die etwa mit einem Studium oder einer Lehrlingsausbildung in anderen Berufen vergleichbar wäre. Dem Einstieg in den professionellen Sportbetrieb geht regelmäßig eine langjährige sportliche Laufbahn in einem oder mehreren Vereinen voraus. Während dieser Zeit muß der Sportler versuchen, durch regelmäßiges Training und durch die Teilnahme an Wettkämpfen, beruflich verwertbare Fertigkeiten in seiner Sportart zu erwerben. Individuell und je nach Sportart können sich hinsichtlich der Einzelheiten große Unterschiede ergeben. Die Entscheidung darüber, wann er zur professionellen Sportausübung übergeht, bleibt insoweit dem Aktiven überlassen, als weder eine bestimmte Qualifikation rechtlich vorausgesetzt wird, noch eine feste Ausbildungsstruktur existiert. 90 Es könnte daher schon aus diesem Grund zweifelhaft sein, ob und inwieweit der dem Profisportbetrieb vorgelagerte Bereich überhaupt als Ausbildung i. S. von Art. 12 Abs. 1 GG angesehen werden kann. Eine Beschränkung des Merkmals "Ausbildung" auf solche Tätigkeiten, die für die Aufnahme bestimmter Berufe gesetzlich vorgeschrieben oder die in bestimmten festen Abläufen strukturiert sind, wäre jedoch nicht sachgerecht. Ebenso wie durch die weite Auslegung des Berufsbegriffs die Aufnahme individueller und untypischer Tätigkeiten in den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG ermöglicht werden soll, muß sich auch die grundrechtliche Anerkennung 87 v. Münch!Kunig (Gubelt), Art. 12, Rdnr. 26; Sachs (Tettinger), Art. 12, Rdnr. 67; enf.er: BVerwGE 47, 330 (332). Jarass!Pieroth, Art. l2, Rdnr. 44a. 89 Sachs (Tettinger), Art. 12, Rdnr. 69. 90 Anders ist es beispielsweise bei der Trainerausbildung, vgl. hierzu beispielsweise die Trainerordnung des DFB.

I. Sport als Beruf i. S. von Art. 12 Abs. 1 GG

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einer Berufsausbildung allein danach richten, ob die Tätigkeit ihrer tatsächlichen Ausgestaltung nach als Ausbildungs- und Lernvorgang im Hinblick auf einen späteren Beruf angesehen werden kann. 91 Nur auf diese Weise kann der Offenheit des Berufsbegriffs92 auch im Hinblick auf die Berufsaubildung hinreichend Rechnung getragen werden. Es kann somit zumindest nicht grundsätzlich ausgeschlossen sein, daß der Jugend- und "Amateur"-Bereich auch für Berufssportler als Ausbildung i. S. von Art. 12 Abs. 1 GG angesehen werden können, selbst wenn insoweit keine festen Regeln hinsichtlich des Ablaufs oder hinsichtlich bestimmter Qualifikationserfordernisse existieren. Von vornherein aus dem Schutzbereich der Ausbildungsfreiheit ausscheiden müssen diejenigen Sportarten, die- wie z. B. Kunstturnen oder Fechten- selbst im Spitzenbereich (bislang) ausschließlich als reine Amateursportarten betrieben werden. Berufliche "Ausbildung" i. S. von Art. 12 Abs. 1 GG kommt für die darunter liegenden Bereiche nicht in Betracht. Relevant werden kann Art. 12 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt der Ausbildung nur in den Sportarten, in denen eine professionelle Betätigung zumindest theoretisch möglich ist. Das trifft z. B. auf die meisten Mannschaftssportarten zu. Wenngleich auch in diesen Bereichen regelmäßiges Training unter qualifizierter Anleitung sowie entsprechende Wettkämpfe weit verbreitet sind und das Ziel haben, die sportlichen Fähigkeiten der Sportler auszuprägen und zu verbessern, finden sie jedoch überwiegend nicht -oder nur sehr vage- im Hinblick auf eine spätere berufliche Karriere als Sportler statt. An dieser Tatsache kann auch der von den Beteiligten häufig aufgebrachte Ehrgeiz nichts ändern.93 Es würde zu weit führen, hier grundsätzlich von beruflicher Ausbildung zu sprechen und den Schutz des Berufsgrundrechts auf diese Form des Sports auszudehnen. Etwas anderes kann nur dann angenommen werden, wenn die Sportart gezielt zur Vorbereitung auf eine berufliche Laufbahn betrieben wird und der Ausbildungscharakter von Training und Wettkämpfen im Vordergrund steht. Im Boxsport beispielsweise hat sich nach den Erfolgen deutscher Sportler in den vergangeneo Jahren der Trend dahingehend entwickelt, den nichtprofessionellen Bereich gezielt als Vorbereitung für eine Profikarriere zu nutzen. 94 Eine solche Zielgerichtetheit wird im Allgemeinen dann anzuerkennen sein, wenn sich Sportler so weitgehend engagieren, daß sie sich bereits "im unmittelbaren Vorfeld" 95 des bezahlten Sports bewegen. Dieses muß innerhalb einer Sportart nicht einheitlich der Fall sein. Denkbar ist, daß sich sogar Siehe auch Steiner, Amateurfußball und Grundrechte, S. 20. v. Manch/Kunig (Gubelt), Art. 12, Rdnr. 8, m. w. N. 93 Dazu Steiner, Amateurfußball und Grundrechte, S. 20. 94 Vgl. "Sich reinhängen filr den boxefischen Traum", SZ Nr. 109, v. 12. 5.1995,S.23. 95 Für den Fußball: Steiner, Amateurfußball und Grundrechte, S. 20. 91

92 Vgl.

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B. Sport als Gegenstand des GnUleirechtsschutzes

Unterschiede innerhalb einzelner Mannschaften ergeben. Anzeichen für die Zielgerichtetheit einer sportlichen Laufbahn können schon die im Kinder- und Jugendbereich veranstalteten Trainingslager und Sichtungswettkämpfe sein, bei denen Talente für spätere Spitzensportgenerationen in Augenschein genommen werden können. 96 Wenngleich es also durchaus Beispiele für die gezielte "Ausbildung" von Sportlern gibt, kann sie nur anhand konkreter Hinweise im Einzelfall als "Berufsausbildung" i. S. von Art. 12 Abs. 1 GG anzuerkennen sein. Die Vereine oder Institutionen, die diesbezüglich aktiv sind, können nicht grundsätzlich als berufsbezogene Einrichtungen i. S. von Art. 12 Abs. 1 GG anerkannt werden.

2. Die Schranken der Berufsfreiheit Die Berufsfreiheit enthält in Art. 12 Abs. 1, Satz 2 GG einen Regelungsvorbehalt Die Berufsausübung kann danach "durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt" werden. Dem oben dargestellten einheitlichen Verständnis vom Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG entsprechend, erstreckt sich dieser Regelungsvorbehalt über die Berufsausübung hinaus "dem Grunde nach" 97 auch auf die Berufswahl. Es handelt sich hierbei um einen umfassenden Schranken- und Gestaltungsvorbehalt, der dem Gesetzgeber sowohl die konkretisierende Ausgestaltung und Prägung des Grundrechts als auch dessen Einschränkung ermöglichen soll.98 Er unterscheidet sich jedoch nach dem BVerfG von einem "herkömmlichen" Einschränkungsvorbehalt dadurch, daß "eher an eine nähere Bestimmung der Grenzen von innen her, d. h. der im Wesen des Grundrechts selbst angelegten Grenzen gedacht ist, als an Beschränkungen, durch die der Gesetzgeber über den sachlichen Gehalt des Grundrechts selbst verfügen, nämlich seinen natürlichen, sich aus rationaler Sinnerschließung ergebenden Geltungsbereich von außen her einengen würde". 99 Auf Regelungen der Berufsfreiheit ist daher auch weder das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1, Satz 2 GG noch die Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 Abs. 2 GG anwendbar. 100 Im 96 Ein internationales Beispiel filr die gezielte Heranfilhrung von Jugendlichen an den Profisport ist die weithin beachtete Sportschule des niederländischen Fußballclubs Ajax Amsterdam. Zehn Spieler des Europapokalsiegers von 1995 stammen aus dieser Schule. 97 BVerfGE 7, 377 (401 ff.) - Apothekenurteil; v. Münch/Kunig (Gubelt), Art. 12, Rdnr. 44; Jarass!Pieroth, Art. 12, Rdnr. 17. 98 BVerfGE 7, 377 (403 f.)- Apothekenurteil; Jarass!Pieroth, Art. 12, Rdnr. 17; v. Münch!Kunig (Gubelt), Art. 12, Rdnr. 41 f. 99 BVerfGE 7, 377 (404)- ApothekenurteiL 100 H. M. vgl. v. Münch/Kunig (Gubelt), Art. 12, Rdnr. 42; Jarass!Pieroth, Art. 12, Rdnr. 19; kritisch hinsichtlich der Wesensgehaltsgarantie: MD (Scholz), Art. 12, Rdnr. 301.

I. Sport als Berufi. S. von Art. 12 Abs. 1 GG

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übrigen gelten die allgemein an grundrechtseinschränkende Gesetze gestellten Anforderungen. Jede Beeinträchtigung des Schutzbereichs der Berufsfreiheit bedarf daher zunächst einer formell-gesetzlichen Grundlage. Einschränkungen sind zwar auch durch Rechtsverordnungen oder Satzungen möglich; die fur die Ausübung der Berufsfreiheit wesentlichen Fragen müssen aber durch das Parlament selbst geregelt werden. Darüber hinaus muß die einschränkende Norm vor allem auch dem rechtsstaatliehen Bestinuntheitsgebot genügen. 101 Eine Besonderheit im Zusanunenhang mit der Berufsfreiheit besteht in der differenzierten Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüber einschränkenden gesetzgebensehen Maßnahmen. Obwohl sich der Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1, Satz 2 GG grundsätzlich auf alle Teilgewährleistungen der Berufsfreiheit gleichermaßen erstreckt, muß den unterschiedlichen Wertigkeiten dieser Teilgewährleistungen bei der Tätigkeit des Gesetzgebers Rechnung getragen werden. Die Differenzierung zwischen Berufswahl und -ausübung bleibt daher von erheblicher Bedeutung. Ausgehend von der Feststellung, daß die Freiheit der Berufswahl gegenüber der freien Berufsausübung vorrangig zu schützen ist, 102 muß die gesetzgebensehe Gestaltungsfreiheit in solchen Fällen, in denen allein die Berufsausübung betroffen ist, größer sein als bei Beschränkungen, die allein die Berufswahl betreffen. Das BVerfG hat dieser Maßgabe durch die im Apothekenurteil entwickelte "Stufenlehre" Ausdruck verliehen. Danach kann die Freiheit der Berufsausübung "beschränkt werden, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen; der Grundrechtsschutz beschränkt sich auf die Abwehr in sich verfassungswidriger, weil etwa übermäßig belastender und nicht zurnutbarer Auflagen" . 103 Demgegenüber darf die Freiheit der Berufswahl "nur eingeschränkt werden, soweit der Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter es zwingend erfordert. Ist ein solcher Eingriff unumgänglich, so muß der Gesetzgeber stets diejenige Form des Eingriffs wählen, die das Grundrecht am wenigsten beschränkt. "104 Hinsichtlich etwaiger Beschränkungen der Berufswahl "durch Aufstellung bestirrunter Voraussetzungen für die Aufnahme des Berufs" ist schließlich "zwischen subjektiven und objektiven Voraussetzungen zu unterscheiden: fur die subjektiven Voraussetzungen (insbesondere Vor- und Ausbildung) gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit in dem Sinn, daß sie zu dem angestrebten Zweck der ordnungsmäßigen Erfullung der Berufstätigkeit nicht Jarass/Pieroth, Art. 12, Rd.nr. 18 f. ; Sachs (Tettinger), Art. 12, Rd.nr. 83 ff. Vgl. MD(Scho/z),Art. 12,Rd.nr. 16u. 317. 103 BVerfDE 7, 377 (378, Leitsatz 6 a. )); zur Kritik an der Stufenlehre, vgl. MD (Scholz), Art. 12, Rd.nr. 319; Langer, JuS 1993, 203 ff.; v. Münch/Kunig (Gubelt), Art. 12, Rd.nr. 46; vgl. auch die ausftlhrliche Zusammenstellung der Kritikpunkte bei: Sachs (Tettinger), Art. 12, Rd.nr. 123 ff. 104 BVerfDE 7, 377 (378, Leitsatz 6 b.)). 101 102

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B. Sport als Gegenstand des Grundrechtsschutzes

außer Verhältnis stehen dürfen". Die Errichtung objektiver Berufszulassungsregeln, die mit der persönlichen Qualifikation des Berufsanwärters nichts zu tun haben und auf die er keinen Einfluß nehmen kann, wird dagegen im Allgemeinen nur durch "die Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren fur ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut" gerechtfertigt werden können. 105 Der Gesetzgeber muß darüber hinaus "Regelungen nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 jeweils auf der 'Stufe' vornehmen, die den geringsten Eingriff in die Freiheit der Berufswahl mit sich bringt, und darf die nächste 'Stufe' erst dann betreten, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit dargetan werden kann, daß die befurchteten Gefahren mit (verfassungsmäßigen) Mitteln der vorausgehenden 'Stufe' nicht wirksam bekämpft werden können. 106 Mehr und mehr geht das BVerfG jedoch dazu über, die strikte Anwendung der Stufenlehre durch differenzierte Kriterien "aufzuweichen" und durch eine direkte Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu ersetzen. Die vom BVerfG im Apothekenurtei/ herausgearbeiteten Wertungen bleiben dabei allerdings im Grundsatz bestehen. 107

II. Sport und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 1, Satz 1 GG) Gern. § 3, Nr. 8 seiner Satzung will der Deutsche Sportbund "der Lebensfreude und Gesundheit aller Bürger und Bürgerinnen dienen". Daß dem Sport eine gesundheitsfOrdernde Wirkung zukommen kann, steht darüber hinaus außer Frage. Grundrechtlichen Schutz zugunsten sportlicher Betätigung könnte daher möglicherweise auch das Recht auf körperliche Unversehrtheil in Art. 2 Abs. 2, Satz 1 GG bieten. Der Begriff "körperliche Unversehrtheit" i. S. von Art. 2 Abs. 2, Satz 1 GG urnfaßt jedenfalls die menschliche Gesundheit im biologisch- physiologischen Sinne. 108 Darüber hinaus hat das BVerfG auch "nichtkörperliche Einwirkungen", ( .. .) "die ihrer Wirkung nach körperlichen Eingriffen gleichzusetzen" 109 sind, in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2, Satz 1 GG fallen lassen. Wenngleich der Grundrechtsschutz des Art. 2 Abs. 2, Satz 1 GG sich nicht lediglich auf ein Freisein von Krankheit beschränkt, uo erstreckt er sich jedoch nach richtiger Auffassung auch nicht auf den "Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens", wie er BVerfGE 7, 377 (378, Leitsatz 6 c.)). BVerfGE 7, 377 (378 f., Leitsatz 6 d.) u. 408). 107 Ausfilhrlich Wld mit zahlreichen Nachweisen: Sachs (Tettinger), Art. 12, Rdnr. · 109 ff.; Jarass!Pieroth, Art. 12, Rdnr. 20 ff. 108 Siehe dazu v. Munch!Kunig (Kunig), Art. 2, Rdnr. 62; MD (DUrig), Art. 2 ll, Rdnr. 29. 109 BVerfGE 56, 54 (73 f.)- Fluglärm. uoVgl. v. Munch!Kunig (Kunig), Art. 2, Rdnr. 62. 105

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lli. Sport lllld allgemeine Handlllllgsfreiheit (Art. 2 Abs. I GG)

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in der Präambel der Satzung der Weltgesundheitsorganisation WHO vom 22. Juli 1946 niedergeschrieben ist. 111 Nicht jede Form sportlicher Betätigung wird daher, allein weil sie gesund ist, zum Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2, Satz 1 GG gehören. Dennoch dient der Sport in vielen Bereichen unmittelbar der Gesundung oder der Gesunderhaltung der Beteiligten. Zu diesen Bereichen gehören z. B. der Behindertensport, der Rehabilitierungssport oder der Sport älterer Menschen. 112 Es ist daher angebracht, diese Formen sportlicher Betätigung unter den gesonderten Schutz von Art. 2 Abs. 2, Satz 1 GG zu stellen. Ebenso wird auch der Sport von Kindem als eine Form der "Wahrnehmung des Rechts auf körperliche Entwicklung"113 den besonderen Schutz des Art. 2 Abs. 2, Satz 1 GG genießen. Staatliche Beschränkungen der Möglichkeit zur Sportausübung für Kinder, Behinderte oder Kranke usw. wären als Eingriffe in deren Recht auf körperliche Unversehrtheil zu werten.

111. Sport und allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) Das Recht, Sport zu treiben, steht in allen übrigen Erscheinungsformen unter dem Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG. 114 Anders als die speziellen grundrechtliehen Freiheitsverbürgungen, welche jeweils einen bestimmten Persönlichkeits- bzw. Lebensbereich zum Gegenstand haben, schützt die allgemeine Handlungsfreiheit als sog. Auffanggrundrecht umfassend jedes menschliche Tun oder Unterlassen, dem nicht schon durch eine speziellere Bestimmung grundrechtlicher Schutz gewährt wird. 115 Wie das BVerfG bekräftigt hat, deckt der Schutzgehalt von Art, 2 Abs. 1 GG ,jede Form menschlichen Handelns" ab, "ohne Rücksicht darauf, welches Gewicht der Betätigung für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt". 116 Im Rahmen der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG genießt somit auch jede Form 111 H. M., vgl. v. Münch!Kunig (Kunig), Art. 2, Rdnr. 62; vMaKlSt (Starck), Art. 2, Abs. 2, Rdnr. 130; Sachs (Murswiek), Art. 2, Rdnr. 154. 112 So v. Münch, Die Stellllllg des Sports in der modernen Verfassllllgsordnllllg llllseres Sozial- und Kulturstaates, S. 9. 113 v. Münch, Die Stellllllg des Sports in der modernen Verfassungsordnllllg unseres Sozial- und Kulturstaates, S. 10. 114 Vgl. Stern, FS f. Thieme, 270; Steiner, BayVbl. 1995, 417; ausfuhrlieh zwn Rechtsbegriff "Sport" jetzt: Kette/er, SpuRt 1997, 73 ff. 115 Ganz h. M., vgl. BVerfG in ständiger Rspr. seit BVerfGE 6, 32 (36) - Elfes; v. Münch!Kunig (Kunig), Art. 2, Rdnr. 12; Jarass!Pieroth, Art. 2, Rdnr. 3 jew. m. w. N.; a. A. Hesse, VerfR, Rdnr. 425 ff. 116 BVerfGE 80, 137 (152) - Reiten im Walde, vgl. aber auch das abweichende Sondervotum von Grimm ab S. 164 ff.

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B. Sport als Gegenstand des Grundrechtsschutzes

sportlicher Betätigung grundrechtliehen Schutz, soweit sie nicht berufsmäßig (s. oben 1.) oder zur Herstellung oder Aufrechterhaltung der körperlichen Unversehrtheit (s. oben II.) ausgeübt wird. 117 Die allgemeine Handlungsfreiheit umfaßt über die Teilnahme am Sport hinaus auch die freie Festlegung der Regeln nach denen der Sport ausgeübt werden soll. 118 Ob bestimmte Tätigkeiten wie Fingerhakeln oder Wettessen119 als Sportarten angesehen werden müssen, kann im Hinblick auf ihren grundrechtliehen Schutz offen bleiben. Anders als bei einigen speziellen Gesetzen, welche die bestimmte rechtliche Behandlung des Sports zum Gegenstand haben (z. B. verschiedene Steuergesetze), erübrigt sich aufgrund der umfassenden Schutzwirkung von Art. 2 Abs. 1 GG eine grundrechtsbezogene Definition von "Sport". Die allgemeine Handlungsfreiheit - und damit auch die unter ihrem Schutz stehende Möglichkeit zur Ausübung sportlicher Aktivitäten - unterliegt weitreichenden Einschränkungsmöglichkeiten. Nach dem Wortlaut der Schrankentrias in Art. 2 Abs. 1, 2. Halbsatz GG wird die allgemeine Handlungsfreiheit dem Einzelnen nur gewährt, "soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt". Im Ergebnis kann damit ein menschliches Verhalten, welches nicht schon durch ein spezielleres Grundrecht geschützt wird, durch jede Rechtsvorschrift eingeschränkt werden, die formell und materiell verfassungsgemäß, d. h. insbesondere auch verhältnismäßig, ist. 120

IV. Sport und Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) Sobald man Sport nicht mehr bloß spontan und unregelmäßig, ausschließlich spielerisch oder etwa nur regional begrenzt betreiben möchte, entsteht das Bedürfnis und die Notwendigkeit zur Organisation in Vereinen oder anderen personellen Zusammenschlüssen. Tritt darüber hinaus das dem Sport als wesentliches Element innewohnende Wettkampfprinzip durch die Veranstaltung regelmäßiger, überregionaler oder sogar internationaler Leistungsvergleiche in den Vordergrund, wird vor allem die Schaffung einheitlicher Regelwerke und die Einsetzung der entsprechenden Organe zu ihrer DurchsetztlOg unverzichtVgl. statt vieler: Steiner, BayVbl. 1995, 417; Stern, FS f. Thieme, S. 270. So Pfister, FS f. Lorenz, S. 180. 119 Vgl. Pfister!Steiner, A-Z, "Wettessen". 120 Std. Rspr., vgl. BVerfGE 6, 32 (37 f.)- Elfes; BVerfGE 80, 137 (153)- Reiten im Walde; v. Manch!Kunig (Kunig), Art. 2, Rdnr. 22 f. 117

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IV. Sport und Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG)

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bar. 121 Eine Möglichkeit, durch welche diese Einheitlichkeit erreicht werden kann, ist die Bildung eines regional oder fachlich übergreifenden Verbandes, in welchem einerseits Spielregeln oder sonstige Verhaltensrichtlinien, andererseits aber auch organisatorische Fragen hinsichtlich von Wettkämpfen usw. fiir alle Beteiligten gleichermaßen verbindlich getroffen werden können. Hierfiir kommt der durch Art. 9 Abs. 1 GG gewährleisteten Vereinigungsfreiheit eine maßgebliche Bedeutung zu. 1. Allgemeines Die Vereinigungsfreiheit gehört zusammen mit der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1, Satz 1, 1. Halbsatz GG), der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1, Satz 2 GG), der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) und der Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) zu den sog. Kommunikationsgrundrechten, 122 deren spezifische Funktion darin besteht, einen freien, gesellschaftlichen Meinungs-, Willensbildungs- und Selbstorganisationsprozeß zu sichem. 123 Nach den Worten des BVerfG formuliert das Grundgesetz mit der Vereinigungsfreiheit "ein wesentliches Prinzip freiheitlicher Staatsgestaltung". 124 Das Gericht nennt die Befugnis, "sich- zu beliebigen Zwecken- mit anderen in Vereinen, Verbänden und Assoziationen aller Art" zusammenzuschließen, eine der "elementaren Äußerungsfonneo der menschlichen Handlungsfreiheit". 125 Das "Prinzip freier sozialer Gruppenbildung", welches der Vereinigungsfreiheit zugrunde liege, grenze "die freiheitliche Ordnung von einem System ab, in dem das Volk von oben her in ständisch korporative Gruppen gegliedert und nur noch in dieser von vornherein durch obrigkeitliche Lenkung 'kanalisierten' Fonn an der öffentlichen Meinungs- und Entscheidungsbildung beteiligt wird." 126 Damit wird deutlich, welche politische Bedeutung von dem Grundrecht der Vereinigungsfreiheit z. B. fiir Bürgerinitiativen, kommunale Wählervereinigungen oder sonstige Interessenverbände mit erheblicher gesellschaftlicher Relevanz ausgehen kann. 127 Die Vereinigungsfreiheit kommt aber in gleicher Weise auch derjenigen Verbandsbildung zugute, deren Zielsetzung nicht in erster Linie die Teilnahme am freiheitlich-demokratischen Willensbildungsprozeß ist. 128 In Dazu auch Pfister, FS f. Lorenz, S. 180. Münch/Kunig (Schnapp), Art. 20, Rdnr. 15. 123 Vgl. MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 8 und 33. 124 BVerfGE 38,281 (303). mBVerfGE 38,281 (303). 126 BVerfUE 38,281 (303); BVerGE50, 290 (353); Hesse, VertR, Rdnr. 410. 127 Vgl. dazu MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 34; Leßmann, NJW 1978, 1547; Karsten Schmidt, GesellschR, § 23 I, 2. 128 Vgl. Jarrass/Pieroth, Art. 9, Rdnr. 3a; v. Manch/Kunig (LiJwer), Art. 9, Rdnr. 2, 121

122 v.

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B. Sport als Gegenstand des Gnmdrechtsschutzes

jedem Fall gilt die Feststellung, "daß die Aktivitäten der Interessenverbände grundsätzlich im gesellschaftlichen Vorfeld der staatlichen Willensbildung zu verbleiben haben. Verbandsansprüche auf Teilnahme an staatlich demokratischen Entscheidungsprozessen soll es zumindest von Verfassungs wegen nicht geben". 129 2. Der Vereinigungsbegriff i. S. von Art. 9 Abs. 1 GG "Vereinigungen" i. S. von Art. 9 Abs. 1 GG sind alle Zusammenschlüsse von mehr als zwei natürlichen oder juristischen Personen auf freiwilliger Basis, die auf Dauer angelegt sind, zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks gebildet werden und die eine organisierte Willensbildung aufweisen. Auf die Rechtsfahigkeit des Zusammenschlusses kommt es nicht an. 130 Unter den Begriff der Vereinigung i. S. von Art. 9 Abs. 1 GG fallen rechtsfähige und nichtrechtsfahige Vereine i. S. der §§ 21 ff., 54 BGB, Personengesellschaften wie die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die offene Handelsgesellschaft oder die Kommanditgesellschaft und Kapitalgesellschaften wie die Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder die Aktiengesellschaft. Auf eine bestimmte Rechtsform der Vereinigung kommt es aber letztlich nicht an, so daß auch anderweitige Zusammenschlüsse von Art. 9 Abs. 1 GG erfaßt werden, sofern sie die oben genannten Merkmale aufweisen. 131 Öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse fallen darüber hinaus generell nicht in den Schutzbereich von Art. 9 Abs. 1 GG. 132 3. Vereinigungen im Sport Im deutschen Sportwesen ist eine Vielzahl von Vereinigungen tätig, die den Schutz von Art. 9 Abs. 1 GG genießen. Die meisten davon sind eingetragene 28; Hdb. d. StaatsR VI (Merten), § 144, Rdnr. 8; MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 36 Wlterscheidet zwischen "status politicus","status socialis" Wld "status privatus". 129 MüKo (Reuter), Vor § 21, Rdnr. 57; vgl. auch v. MUnch!Kunig (Lwer), Art. 9, Rdnr. 2. 130 So v. MUnch/Kunig (L6wer), Art. 9, Rdnr. 24; Jarrass/Pieroth, Art. 9, Rdnr. 3;.Die Anzahl der erforderlichen Mitglieder ist umstritten, Wie hier v. Manch/Kunig (L6wer), Art. 9, Rdnr. 25; Hdb. d. StaatsR VI (Merten), § 144, Rdnr. 36, dagegen halten u. a. Jarass/Pieroth, Art. 9, Rdnr. 3 sowie MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 59 zwei Mitglieder filr ausreichend. 131 Vgl. Jarass!Pieroth, Art. 9, Rdnr. 3 f. 132 Str., wie hier BVerfDE 10, 89 (102), BVerfGE 38, 281 (297), Jarrass!Pieroth, Art. 9, Rdnr. 5, m. w. N.; a. A. MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 90.

IV. Sport Wld Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG)

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Vereine im Sinne der §§ 21 ff. BGB. Zunehmend wird aber auch im Sport nach neuen Organisationsformen gesucht. a) Die Struktur des deutschen Sportverbandswesens Den größten Anteil der im Sport aktiven Vereinigungen nehmen die Sportvereine ein, zu denen die überwiegende Zahl der sportlich Aktiven in Deutschland auf mitgliedschaftlieber oder vertraglicher Basis in Beziehung steht. Diese Sportvereine sind im Regelfall mitgliedschaftlieh in Sportverbänden zusammengefaßt. Auch diese sind zumeist eingetragene Vereine i. S. der §§ 21 ff. BGB. Zu ihnen gehören Landesfachverbände wie der Hamburger FußballVerband und regional übergeordnete Landessportbünde wie der Hamburger Sport-Bund. Die Fachverbände setzen sich nach demselben Prinzip zu sog. Spitzenverbänden wie dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) oder dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) zusammen. Die nationale Dachorganisation aller Spitzen- und Landesverbände ist der Deutsche Sportbund (DSB). Mit den im Ausland i. d. R. nach demselben Prinzip aufgebauten Spitzensportverbänden werden internationale Fachverbände gebildet. 133 Eine Sonderstellung nimmt das Nationale Olympische Komitee ein, welches sich hauptsächlich aus Vertretern der deutschen Sportfachverbände zusammensetzt. Es hat sich unter anderem in § 2, Nr. 2 seiner Satzung zur Aufgabe gemacht, "die Teilnahme des deutschen Sports an den Olympischen Spielen vorzubereiten. An der Spitze der internationalen olympischen Bewegung steht das Internationale Olympische Korniltee (IOC). 134 Für dieses Verbändesystem ist seine monopolistische Struktur charakteristisch. Damit ist gemeint, daß fiir jede Sportart in der jeweils übergeordneten Ebene der Organisationspyramide nur ein Verband zuständig ist. Dies wird dadurch erreicht, daß der DSB bzw. die Regionalverbände nur jeweils maximal einem Spitzenverband als Vertreter einer Sportart die Mitgliedschaft gewähren. m Diese Gestaltung setzt sich auf internationaler Ebene fort. Auch 133 Solche sind beispielsweise die Europtiische Fußball-Union (UEFA) oder der Europliische Leichtathletik-Verband (EAA). Desweiteren bestehen entsprechende Welt-Fachverbände wie der Welt-Fußball-Verband (FIFA) oder der WeltLeichtathletik-Verband (IAAF); ausfilhrlich: Vieweg, Nonnsetzung Wld -anwendWlg, S. 57 ff.; Weisemann!Spieker, S. 406 ff. 134 Vgl. Vieweg, Nonnsetzung Wld -anwendung, S. 57 ff. 135 Sog. Ein-Platz-Prinzip, vgl. § 5, Nr. 3, Satz 2 der DSB-Satzung: ,,Besteht für ein Fachgebiet bereits ein anerkannter Spitzenverband im DSB, so kann" ( ... ) ,,kein anderer Verband als Spitzenverband filr dieses Fachgebiet in den DSB aufgenommen werden."

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B. Sport als Gegenstand des Gnmdrechtsschutzes

die Satzungen der internationalen Sportverbände sowie die Charta des IOC besagen, daß sich den internationalen Sportorganisationen fiir jede Sportart nur jeweils ein nationaler Spitzenverband anschließen kann. 136 b) Sonstige Organisationsformen

Zunehmend setzen sich im deutschen Sport auch andere Organisationsformen durch. Populäres Beispiel hierfiir ist die seit 1994 existierende Deutsche Eishockey-Liga (DEL), in welcher die miteinander im Wettstreit liegenden "Clubs" in Form von GmbHs organisiert sind, die mit dem Veranstalter der Liga, der DEL-GmbH, durch sog. "Franchise-Verträge" verbunden sind. 137 Auch in anderen Profisportbereichen, insbesondere im Fußball, werden Alternativen zwn derzeitig bestehenden Vereinsbetrieb gesucht. Im Bereich der FußballLizenzligen wird regelmäßig erwogen, die Vereine durch Kapitalgesellschaften zu ersetzen. 138 Ansätze zur Verwirklichung entsprechender Ideen blieben bislang jedoch unverwirklicht. Soweit im Sport Kapitalgesellschaften tätig sind, kommt Art. 9 Abs. 1 GG auch hier zum Tragen. In manchen Randsportarten wie z. B. in der Frisbee-Sportart "Ultimate" gibt es Zusammenschlüsse von Sportlern, die keiner der bisher genannten Organisationsformen zugeordnet werden können. Auch dort kommt es, ähnlich wie in den etablierten Vereinssportarten, zu regelmäßigen Leistungsvergleichen, jedoch ohne daß sich die Beteiligten dafiir zu Vereinen i. S. der §§ 21 ff. BGB zusammengeschlossen haben. Soweit sie bestimmte Mindestanforderungen hinsichtlich Dauerhaftigkeit, gemeinsamem Zweck und organisatorischer Willensbildung erfiillen, sind auch diese Zusammenschlüsse als Vereinigungen i. S. von Art. 9 Abs. 1 GG anzusehen. Große Aufmerksamkeit wird mittlerweile der Feststellung gewidmet, daß sich immer mehr Menschen in ihrer Freizeit sportlich betätigen, ohne dazu eine organisatorische Verbindung einzugehen. Ein Beispiel hierfiir ist die wachsende Anzahl von Sportlern, die sich zwn Fußballspielen, also einer der Entsprechende Regelungen fmden sich in den Satzungen der Landessportbünde, vgl. z. B. § 5 Abs. I, Nr. 2, Satz 2 der Satzung des Hamburger Sportbundes: "Jede Sportart kann nur durch einen Landesfachverband vertreten werden." 136 Hierzu ausfilhrlich: Vieweg, Nonnsetzung und -anwendung, S. 61 ff. ; Reichert/van Look, Rdnr. 3047. 137 Gesellschafter der DEL-GmbH ist wiederum der Deutsche Eishockey-Bund. Vgl. hierzu das Schaubild bei: Schimke, Lizenzierungsverfahren als Vehikel zum Profitum, S. 113. 138 Vgl. hierzu zuletzt: Fuhrmann, SpuRt 1995, 12 ff.; Raupach, "Structure follows Strategy", S. 21 ff.

IV. Sport Wld VereinigWlgsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG)

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klassischen Vereinssportarten, in Parks oder auf anderen geeigneten Flächen treffen. Darüber hinaus wird diese Entwicklung an dem Zulauf deutlich, den die kommerziellen Sportaobieter wie Fitnesstudios oder kommerzielle Sportschulen genießen. Die Sportvereine und -verbände versuchen, dieser Entwicklung durch Integrationsmaßnahmen entgegenzusteuern. 139 Für diesen noorganisierten Freizeitsportbereich gelten die Gewährleistungen der Vereinigungsfreiheil nicht. Es bleibt danach festzustellen daß das auf der Organisationsform des eingetragenen Vereins i. S. der§§ 21 ff. BGB aufbauende Sportverbandssystem mit dem DSB an der Spitze nach wie vor den ganz entscheidenden Bestandteil am deutschen Sportwesen darstellt. 4. Die einzelnen Gewährleistungen der Vereinigungsfreiheit

Die Vereinigungsfreiheit erhält ihre zentrale Bedeutung für den Sport aufgrund der Tatsache, daß das pyrarnidenförrnige System von Sportverbänden faktisch den gesamten deutschen Sport in sich vereint. Bei der Bestimmung des Schutzbereiches von Art. 9 Abs. 1 GG ist zwischen den einzelnen Mitgliedern einer Vereinigung und der Vereinigung als Gesamtheit zu unterscheiden. In beiden Fällen ist die Bestimmung der Reichweite der Vereinigungsfreiheit problematisch.

a) Die Vereinigungsfreiheit des einzelnen Bürgers Von Art. 9 Abs. 1 GG werden ebenso wie von der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG), der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und der Freizügigkeitsgarantie (Art. 11 Abs. 1 GG) alle Deutschen i. S. von Art. 116 Abs. 1 GG geschützt. Ausländern steht die Vereinigungsfreiheit nur im Rahmen von Art. 2 Abs. 1 GG zu. Obwohl ihnen durch§ 1 Abs. 1 VereinsG bzw. durch Art. 11 der Europtiischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) die Vereinigungsfreiheit gewährt wird, bestehen innerhalb des VereinsG und der EMRK besondere Verbotsgründe, welche über 139 Der Hamburger Sportbund beabsichtigt in diesem Zusammenhang eine großangelegte Umstrukturierung mit dem Ziel, sämtliche SporteinrichtWlgen der Stadt unter eine einheitliche VerwaltWlg zu stellen. Vgl. hierzu: "Hamburg - das größte Netzwerk des Sports", Hamb. Abendblatt Nr. 169, v. 22./23. 7. 1995, S. 23; fiir Badminton: "Verband Wld Center spielen sich die Bälle zu", FAZ Nr. 115, v. 18. 5. 1995, S. 31.

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B. Sport als Gegenstand des Grundrechtsschutzes

die fiir Deutsche geltenden Verbotsgründe hinausgehen. 140 Gbwohl die Vereinigungsfreiheit gerade die Gruppenbildung und die Selbstorganisation in Gesellschaft mit anderen schützt, steht auch bei diesem Grundrecht "das Individuum und seine personale Selbstverwirklichung im Vordergrund" .141 Träger des Grundrechts ist in erster Linie der einzelne Bürger. Über den engen Wortlaut "zu bilden" hinaus gewährleistet Art. 9 Abs. 1 GG "umfassende Vereinsfreiheit".142 Dementsprechend enthält die Vereinigungsfreiheit fiir den Einzelnen "das Recht, sich in Vereinigungen prinzipiell beliebiger Art( ...) zusanunenzuschließen, in diesen Organisationen tätig zu werden bzw. sich durch diese selbst zu verwirklichen". 143 aa) Die Gründungsfreiheit Die Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistet zunächst jedem einzelnen Bürger die Möglichkeit, "sich kraft eigener Willensentscheidung mit anderen zusanunenzuschließen und 'Vereine' zu gründen". 144 Sie beinhaltet insoweit auch die Gründung von Sportvereinen und -verbänden. Unter der Geltung des Grundgesetzes entstand das heute den deutschen Sport weitgehend beherrschende Sportverbändesystem. Mit der Gründung der Spitzenorganisation DSB im Jahre 1950 wurde der pyramidenförrnig strukturierte Zusammenschluß der einzelnen Sportverbände errichtet. Unter der Führung des DSB werden nahezu alle bekannten Sportarten von entsprechenden Spitzenfachverbänden repräsentiert. 145 Während es im Bereich der Sportvereine regelmäßig zu Neugründungen kommt, stellt die Gründung von Sportverbänden, welche eine bestimmte Sportart übergreifend repräsentieren, die Ausnahme dar. Zu Verbandsgründungen kommt es dann, wenn sich eine Sportart neu etabliert bzw. wenn sie sich so entwickelt, daß die Einrichtung eines Verbandes aus organisatorischen 140 Vgl. §§ 14 f. VereinsG; diese Differenzierung hat im wesentlichen historische bzw. politische Gründe, insbesondere sollte die Möglichkeit erhalten bleiben, "durch Staatsverträge mit ausländischen Staaten auf Gegenseitigkeit den Deutschen im Ausland die Vereinsfreiheit zu sichern" (vgl. v. Doemming/Fasslein!Matz, JöR 1951, S. 117). 141 ,,Prinzip der personalen Grundrechtsträgerschaft des Individuums", vgl. MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 21. 142 v. Manch/Kunig (Löwer), Art. 9, Rdnr. 16; Hdb d. StaatsR VI (Merten), § 144, Rdnr. 49. 143 MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 22; Scholz erkennt darin die Gewährung eines besonderen "status collectivus". 144 v. Manch/Kunig (Löwer), Art. 9, Rdnr. 15. 145 Siehe hierzu bereits oben 3. a).

IV. Sport Wld VereinigWlgsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG)

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Gründen zweckmäßig wird. Beispiele hierfür aus jüngerer Vergangenheit sind die Deutsche Triathlon- Union ( 1985), der Deutsche Ju-Jutsu- Verband ( 1990) oder der Deutsche Jn/ine-Skate-Verband (1996). 146 Unabhängig davon, ob eine Sportart bereits mit einem Fachverband im DSB vertreten ist oder nicht, gewährt die Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG jedem Bürger die Möglichkeit zur Gründung eines weiteren sportartgleichen Verbandes. Das oben dargestellte "Ein-Platz-Prinzip", welches die Repräsentation einer Sportart im DSB und in den Landessportbünden durch jeweils maximal einen Fachverband satzungsmäßig vorsieht, wirkt sich auf die von Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistete Freiheit zur Gründung von Vereinigungen nicht aus. Selbst die Gründung einer weiteren Spitzenorganisation, wie sie der DSB selbst darstellt, wäre von der Vereinigungsfreiheit gedeckt. Ein Nebeneinander von sportartgleichen Verbänden existierte beispielsweise bis vor kurzem im Bereich Snowboardfahren, da dies sowohl im Rahmen des zum DSB gehörigen Deutschen Ski-Verbandes (DSV), als auch vom Deutschen SnowboardDachverhand (DSDV) betrieben wurde. 147 Mit der Gründung von Alternativverbänden soll häufig Kritik am bestehenden Sportverbandssystem zum Ausdruck gebracht werden. Den Snowboardfahrern im DSDV ging es beispielsweise darum, sich nicht der typisch hierarchischen Struktur der etablierten Verbände DSV bzw. der Federation Internationale de Ski unterzuordnen und sich zudem der Kommerzialisierung der von ihnen betriebenen Sportart zu enthalten. 148 Darüber hinaus wurde auch die Gründung alternativer Leistungssportverbände angeregt, die sich strikt zum Verzicht auf die Anwendung von Dopingmitteln verpflichten. 149 Die Gründung neuer Sportorganisationen scheint schließlich wegen der Möglichkeit zur Abkopplung von bestehenden Verbandsstrukturen und der damit verbundenen Übernahme der kommerziellen Verwertungstätigkeiten attraktiv zu sein. Während insofern die Gründung einer selbständigen Profi-Liga im Eishockeysport stattgefunden hat, die nicht zur völligen Loslösung vom Deutschen Eishockey-Verband geführt hat, 150 wurde im Bereich Tischtennis 146 Vgl. "Eine Massenbewegoog rollt durch die Städte", SZ Nr. 295, v. 21./22. 12. 1996, S. 48. 147 Vgl. "Schleppende AnnaheTWlg in einer Wlübersichtlichen Szene", SZ Nr. 275, v. 28. 11. 1996, S. 43; ein internationales Beispiel ftlr das Nebeneinander von Sportverbänden ist aus dem Boxsport bekannt, wo acht Weltverbände ihre Wettkämpfe parallel austragen. Vgl. hierzu: "Die Krankheit heißt Federationitis", SZ Nr. 231, v. 7./8. 10. 1995, S. 93. 141 Vgl. "Versöhnliche Worte nach dem Protestgeschrei", SZ Nr. 294, v. 27. 12. 1994, S. 40. 149 Siehe Berendonk, Doping, S. 326 ff. 150 Siehe hierzu oben 3. b).

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B. Sport als Gegenstand des Grundrechtsschutzes

davon gesprochen, völlig aus dem Deutschen Tischtennis-Verband "auszusteigen, um eine eigene Profi-Liga zu gründen". 151 Im Squash wurde dieser Schritt durch die Gründung einer eigenständigen Deutschen Squash-Liga e. V. vollzogen, die nur noch als außerordentliches Mitglied im Deutschen Squash-Rackets Verband vertreten ist. 152 Ähnliche, aber nicht so weitgehende Pläne gibt es auch im Bereich des Profifußballs.153 bb) Die Beitrittsfreiheit Neben der Freiheit zur Gründung von Vereinigungen schützt Art. 9 Abs. l GG auch die Freiheit, bestehenden Vereinigungen beizutreten und in diesen als Mitglied zu verbleiben. 154 Die grundrechtliche Absicherung des Prinzips freier sozialer Gruppenbi/dung155 wird durch diese Gewährleistungen der Vereinigungsfreiheit vervollständigt. Zu den genannten Gewährleistungen existiert eine wichtige negative Variante: Sie besteht in dem Recht des Einzelnen, bestehenden Vereinigungen fernzubleiben bzw. aus einer Vereinigungjederzeit wieder auszutreten. 156 cc) Die Bestandsgarantie Art. 9 Abs. l GG schützt den Einzelnen nicht nur als Individuum, sondern auch im Hinblick auf die Gemeinschaft. Die Vereinigungsfreiheit garantiert insoweit jedem Mitglied den Bestand und die freie Existenz "seiner" Vereinigung. Die Bestandsgarantie sichert den Mitgliedern der Vereinigung aber nur den Bestand als solchen, also allein den Schutz des Status des "Vereinigtseins", nicht aber auch schon bestimmte Zwecke oder Tätigkeiten der Vereinigung. Zur Bestandsgarantie gehören gleichwohl auch flankierende Freiheiten, wie z. B. das Recht auf Erhalt des Mitgliederbestandes durch Mitgliederwerbung. 157 Vgl. ,,Der klassische Konflikt zwischen Ehre und Profit", SZ Nr. 61, 14. 3. 1995, S. 22. 152 Vgl. ,,Drang nach Emanzipation", SZ Nr. 94, v. 24. 4. 1995, S. 32; zu vergleichbaren Tendenzen im Boxsport: "Boxer streichen 'Amateur'", SZ Nr. 84, v. 10. 4. 1995, S. 26. 153 Vgl. "Mehr Autonomie für Profifußball", SZ Nr. 45, v. 23. 2. 1995, S. 36. 154 Vgl. BVerfGE 50, 290 (354 ). 155 Siehe oben 1. 156 v. Münch!Kunig (Löwer), Art. 9, Rdnr. 17, m. w. N. 157 MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 81 f. ; AK-GG (Rinken), Art. 9, Abs. 1, Rdnr. 53; Hdb. d. StaatsR VI (Merlen),§ 144, Rdnr. 49. 151

V.

IV. Sport und Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. I GG)

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dd) Die Garantie der intern-freien Funktionsentfaltung Auch das Zusammenwirken mit anderen, also die vereinsmäßige Betätigung, ist Gegenstand der Vereinigungsfreiheit Die Mitglieder besitzen insoweit das Recht, das eigene Vereinsleben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten und diese Gestaltung praktisch umzusetzen bzw. zu verwirklichen. Diese sog. "intern-freie Funktionsentfaltung"us setzt sich aus einer Reihe unterschiedlicher Aspekte zusammen, welche nachfolgend dargestellt werden sollen. (1) Die Selbstbestimmung von Namen und Zweck der Vereinigung

Zur Gestaltungsfreiheit der Mitglieder einer Vereinigung gehört bereits, daß sie den Namen und den Zweck ihres Zusammenschlusses selbst bestimmen können, 1' 9 und daß sie ihre freie Entscheidung darüber treffen dürfen, mit welchen Mitteln der festgelegte Vereinigungszweck verfolgt werden soll. 160 Das bedeutet beispielsweise, daß die Mitglieder einer Sportvereinigung selbst darüber entscheiden dürfen, nach welchen Regeln sie den von ihnen durchgefiihrten Sportbetrieb organisieren. Darüber hinaus erlaubt die Vereinigungsfreiheit den Sportvereinen und Sportverbänden "eine eigene, aus der Gerneinschaft hervorgehende sportbezogene Wert- und Maßstabsbildung". 161 Diese urnfaßt die selbständige Festlegung sportethischer Werte wie z. B. "fair" oder "sportlich", wobei diese nicht unbedingt mit den Werten des Staates oder mit den sonstigen Werten der Gesellschaft übereinstimmen rnüssen. 162 (2) Die autonome Festlegung einer inneren Organisationsstruktur

Die von Art. 9 Abs. 1 GG garantierte Freiheit zur autonomen Gestaltung der Vereinigung bezieht sich insbesondere auf deren innere Organisationsstruktur. Nach der vielzitierten Mitbestimmungsentscheidung des BVerfG aus dem Jahr 1979 gewährt die Vereinigungsfreiheit den Mitgliedern "die Selbstbestimmung 158 MD

(Scholz), Art. 9, Rdnr. 81fT.; Reichertlvan Look, Rdnr. 265. Look, Rdnr. 266; v. Münch!Kunig (Uiwer), Art. 9, Rdnr. 15. 160 Vgl. Steiner, DÖV 1983, 174. 161 Steiner, DÖV 1983, 175; Stern, FS f. Thieme, 271; RtJhricht, Satzungsrechtliche und individualrechtliche Absicherung von Zulassungssperren als wesentlicher Bestandteil des DSB-Sanktionskatalogs, S. 12. 162 Vgl. Steiner, DÖV 1983, 175; Pfister in FS f. Lorenz, 181 ff; Malatos, S. 10; in diesem Sinn ist z. B. das ausrückliehe Bekenntnis vieler Sportverbände filr einen dopingfreien Leistungssport (vgl. dazu z. B. § 2 a. der Satzung des DLV) Ausdruck einer solchen autonomen Wertbildung; vgl. hierzu auchReuter, ZGR 1980, 103 ff. 159 Reichertlvan

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B. Sport als Gegenstand des Grundrechtsschutzes

über die eigene Organisation, das Verfahren ihrer Willensbildung und die Führung ihrer Geschäfte". 163 Häufig wird in diesem Zusanunenhang auch von der "Verfassung" eines Verbandes oder einer Vereinigung gesprochen. 164 Organisatorische Fragen stellen sich für eine Vereinigung zum Beispiel dahingehend, wie der Erwerb oder der Verlust der Mitgliedschaft geregelt wird oder welche Rechte und Pflichten den Mitgliedern der Vereinigung zustehen sollen. Darüber hinaus müssen die Einsetzung der Handlungsorgane einer Vereinigung und deren Kompetenzen hinsichtlich Stellvertretung, Streitschlichtung usw. festgelegt werden. 165 (3) Die Errichtung verbindlicher interner Verhaltensnormen

Die Befugnis zur intern-freien Funktionsentfaltung beinhaltet, daß die zur Erreichung der selbstgesetzten Ziele und Wertvorstellungen und die zur Schaffung und Aufrechterhaltung der inneren Verbandsordnung selbständig getroffenen Festlegungen durch die Aufstellung abstrakt-genereller Regelungen für alle Mitglieder dauerhaft verbindlich gernacht werden können. 166 In der Praxis wird diese Verbindlichkeit, abhängig von der gewählten Vereinigungsforrn, durch Gesellschaftsverträge oder Satzungen erzielt. Diese werden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage ins Leben gerufen, entwickeln dann jedoch "normenähnliche Bindungen für alle gegenwärtigen und künftigen Mitglieder". 167 Wie staatlich gesetztes Recht beinhalten sie abstrakt-generelle Regelungen, die für einen unhestinunten Personenkreis Bindungswirkung entfalten. Die von Art. 9 Abs. 1 GG verliehene private Norrnsetzungsbefugnis der Verbände wird von den Vereinigungen im Sport dazu genutzt, umfangreiche

BVerfGE 50,290 (354); ebenso BVerfGE 80, 244 (252). v. Münch!Kunig (Löwer), Art. 9, Rdnr. 15. 165 AK-GG (Rinken), Art. 9, Abs. 1, Rdnr. 53; v. Münch/Kunig (Löwer), Art. 9, Rdnr. 15. 166 "Private Nonnsetzung", vgl. Vieweg, JuS 1983, 826; ders., Nonnsetzung und -anwendung, S. 29 ff. u. 145; MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 84; Reichertlvan Look, Rdnr. 265; Lindemann, SpuRt 1994, 19. 167 "Modiftzierte Nonnentheorie", vgl. Karsten Schmidt, GesellsehR § 5 I, 1. c.). Grundlegend: BGHZ 47, 172 (179 f.); die Frage nach der Rechtsnatur von Gesellschaftsverträgen bzw. Satzungen ist aber seit langem umstr., vgl. zusammenfassend Karsten Schmidt, GesellsehR § 5 I, 1 b.); Reichert/van Look, Rdnr. 282 ff. Vieweg, Nonnsetzung und -anwendung, S. 319 ff. Dabei geht es wn die Frage, ob die in Gesellschaftsverträgen bzw. Satzungen aufgestellten Regeln rein schuldrechtlicher Natur (so die sog. Vertragstheorie) sind oder ob sie darüber hinaus die Qualität von Rechtsnonnen (sog. Nonntheorie) besitzen. 163 164

IV. Sport und Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG)

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Regelwerke zu schaffen. Diese Regelwerke bestehen im allgemeinen aus einer Satzung sowie -je nach Bedarf- aus zusätzlichen (Neben-) Ordnungen. (a) Satzungen Durch die Satzung eines Vereins wird dessen Verfassung bestimmt (vgl. auch § 25 BGB). Zu der Verfassung eines Vereins gehören zum Beispiel Zweck, Name und Sitz des Vereins (§ 57 BGB) sowie die Festlegungen hinsichtlich der wesentlichen Fragen, die mit der Mitgliedschaft oder mit der Bildung und den Kompetenzen der einzelnen Vereinsorgane verbunden sind (vgl. § 58 BGB). 168 Darüber hinaus gilt, daß alle für das Verbandsleben maßgeblichen Grundentscheidungen in die Satzung aufzunehmen sind, wenn und soweit sich aus ihnen eine Bindungswirkung gegenüber den Mitgliedern ergeben soll.169 Hierzu können insbesondere die zur Erreichung des Vereinszwecks vorgesehenen Mittel gehören, sofern sich aus ihnen Rechte·und Pflichten der Mitglieder ergeben. Die Pflicht zur Aufnahme bestimmter Regelungen in die Satzung beruht darauf, daß dem Mitglied zum Zeitpunkt des Beitritts die Kenntnisnahme seiner Rechte und Pflichten möglich sein muß. Dies wird durch die Aufnahme in die Satzung am ehesten gewährleistet. 170 Darüber hinaus soll durch die Pflicht zur Aufnahme bestimmter Regelungen in die Satzung sichergestellt werden, daß die Mitglieder an der nachträglichen Einführung oder Änderung dieser Regelungen beteiligt werden (vgl. § 33 Abs. 1, Satz 1 BGB: Satzungsänderung durch Mehrheit von drei Vierteln der auf der Mitgliederversammlung erschienenen Mitglieder). Bei den Satzungsbestimmungen der körperschaftlich organisierten Vereinigungen (Vereine, Kapitalgesellschaften, Genossenschaften), zu denen auch die deutschen Sportvereine bzw. -verbände gehören, kann die angesprochene funktionale Ähnlichkeit mit dem vom Staat erlassenem Recht beobachtet werden. Die Satzung eines eingetragenen Vereins entwickelt dem BGH zufolge "ein unabhängiges rechtliches Eigenleben, wird zur körperschaftlichen Verfassung des 168 Vgl. MüKo (Reuter), § 25, Rdnr. 3 ff.; zwn Verhältnis von Öffentlichem Recht und Privatrecht: MüKo (Reuter), vor § 21 , Rdnr. 55; Karsten Schmidt, GesellschR, § 1 II. Zur Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers vgl. v. M üncWKunig, Art. 9, Rdnr. 20. 169 Std. Rspr., vgl. BGHZ 47, 172 (175 ff.); BGHZ 105, 306 (313); vgl. auch Röhricht, Satzungsrechtliche und individualrechtliche Absicherung von Zulassungssperren als wesentlicher Bestandteil des DSB-Sanktionskata1ogs, S. 14 f. ; grundlegend auch: MüKo (Reuter), § 25, Rdnr. 1 ff. 170 Siehe Röhricht, Satzungsrechtliche und individualrechtliche Absicherung von Zulassungssperren als wesentlicher Bestandteil des DSB-Sanktionskatalogs, S. 14 f.

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B. Sport als Gegenstand des Grundrechtsschutzes

Vereins und objektiviert" ( ... ) "das rechtliche Wollen des Vereins als der Zusammenfassung seiner Mitglieder". 171 (b) Vereins- oder Nebenordnungen

Über die Aufstellung einer Satzung hinaus wird vor allem im Sport rege davon Gebrauch gemacht, bestimmte Vereinsangelegenheiten in sog. "Vereinsoder Nebenordnungen" zu regeln. Auch dieses ist Gegenstand der Gewährleistungen von Art. 9 Abs. 1 GG. Häufig werden diese Nebenordnungen zu Bestandteilen der Satzung erklärt und erhalten somit volle Satzungsqualität Vielfach werden sie jedoch auch aufgestellt, ohne zugleich in die Satzung einbezogen zu werden. Soweit es sich bei dem Inhalt von Nebenordnungen um maßgebliche Grundentscheidungen des Vereinslebens handelt, können diese folglich keine Bindungswirkung gegenüber den Mitgliedern entfalten.172 (4) Die interne Strafgewalt

Die von Art. 9 Abs. l GG gewährte Normsetzungsbefugnis von Vereinigungen ist Ausgangspunkt fiir einen weiteren wichtigen Aspekt ihrer grundeechtlieh gesicherten internen Selbstgestaltungsbefugnis. Die Möglichkeit zur Errichtung von Verhaltensregeln erhält ihre volle Wirksamkeit nämlich erst dann, wenn die Nichtbeachtung der selbstgeschaffenen Regeln sanktioniert werden kann. 173 Zu der von Art. 9 Abs. l GG gewährten inneren Gestaltungsfreiheit von Vereinigungen gehört somit auch die Möglichkeit, gegenüber den an die internen Normen gebundenen Mitgliedern Disziplinargewalt auszuüben. Auf der Vereinsautonomie basiert somit die Verhängung sog. Vereinsstrafen, welche in der Praxis von Sportvereinen und -verbänden eine wichtige Rolle spielen. 174 In Betracht kommen hier vor allem Verwarnungen, 171 BGHZ 47, 172 (179); MüKo (Reuter), § 25, Rdnr. 1; vgl. auch Vieweg, JZ 1984, 168; insbesondere zu den Regelwerken der Sportverbände, vgl. Reuter, Rechtliche, wirtschaftliche und sportliche Aspekte der Ablöseswnmen, S. 55 f.; Sandberger, Berufsfreiheit, Freiheit der Sportausübung und Macht internationaler Verbände, S. 72. 172 Gern. § 15 der DLV-Satzung sind die vom DL V erlassene Leichtathletikordnung, die Jugendordnung sowie die Rechts- und Verfahrensordnung "Bestandteile der Satzung", während eine Reihe weiterer Ordnungen, wie z. B. die Finanzordnung oder die Kampfrichterordnung dort lediglich zu "satzungsergänzenden Nebenordnungen" erklärt werden. · 173 Vgl. BGH NJW 1995, 584 - Reitsport; Vieweg, SpuRt 1995, 98; Buchberger, SpuRt 1996, 122. 174 Die Rechtsnatur der von den Rechtsprechungsorganen ausgesprochenen Sanktionen ist wnstritten: Wie hier die h. M., vgl. zu dem gesamten Fragekreis: BGHZ

IV. Sport und Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG)

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Geldbußen, Sperren oder der Entzug von Mitgliedschaftsrechten, welcher bis zum Ausschluß aus der Vereinigung führen kann. Welchem Organ die Sanktionsbefugnis innerhalb der Vereinigung zustehen soll, kann von ihr frei festgelegt werden. m Im Allgemeinen werden hierfür von den Verbänden besondere Spruchkörper eingerichtet. Die umfangreiche Tätigkeit und die der staatlichen Rechtsprechung sehr ähnliche Terminologie und Arbeitsweise der Rechtsprechungsorgane in den Sportverbänden haben dazu geführt, daß sie als "Sportgerichte" bezeichnet werden. In einigen Sportverbänden wurden darüber hinaus sogar mehrinstanzliehe "Rechtswege" geschaffen.1'6 (5) Die Freiheit zur vereinsinternen Betätigung

Im Rahmen des Vereinigungszwecks und der vereil).igungseigenen Gestaltungen und Regelungen gewährleistet Art. 9 Abs.l GG jedem Mitglied die freie vereinsinterne Betätigung. 177 Hierunter fallen alle bisher nicht genannten Beiträge zur Verwirklichung des Vereinigungszwecks. Die vereinsinterne Betätigung beinhaltet somit beispielsweise die Teilnahme der Mitglieder am vereinsinternen Willensbildungsprozeß oder die Übernahme von Ämtern sowie die tägliche Vereinsverwaltung auf der Basis des selbstgesetzten Rechts.178 Mit der vereinsinternen Betätigung ist insbesondere auch die Arbeit der Vereinsorgane gemeint, also beispielsweise die Beschlußfassung der Mitgliederversammlung 21, 370 ff.; Vieweg, JZ 1984, 170; Palandt (Heinn·chs), § 25, Rd.nr. 12 ff.; Kauffinann, Verbandsrechtsprechung im Sport, S. 8; Rohricht, Satzungsrechtliche und individualrechtliche Absicherung von Zulassungssperren als wesentlicher Bestandteil des DSB-Sanktionskatalogs, S. 12 ff. Nach anderer Ansicht können die verbandsinternen Sanktionen nicht allein mit der Vereinsautonomie begründet werden, sondern sind als Vertragsstrafen i. S. der §§ 339 ff. BGB aufzufassen, vgl. Reichert!van Look, Rd.nr. 1592 ff. Hinsichtlich der im Zusammenhang dieser Arbeit relevanten Fragen ergeben sich jedoch keine Unterschiede. Vgl. Erman (H. P. Westermann ), § 25, Rd.nr. 5; Pfister, Arun. zu BGH NJW 1995, 583 ff. in: JZ 1995, 464. m Vgl. Kauffinann, Verbandsrechtsprechung im Sport, S. 9; zur Übertragung der Rechtsprechungsbefugnisse auf geeignete Institutionen, BGH NJW 1995, 586 Reitsport; "Rechtsprechungsorgane" im Sport sind z. B. das Bundesgericht und das Sportgericht des DFB (§§ 39 ff. der DFB-Satzung) oder der Rechtsausschuß des DLV (§ 11 der DL V-Satzung). 176 Die Erkenntnis, daß durch die Errichtung entsprechender Organe das richterliche Rechtsprechungsmonopol (Art. 92 GG) nicht angetastet wird, hat sich mittlerweile durchgesetzt. Vgl. hierzu: Westermann, Verbandsautonomie und staatliches Rechtsprechungsmonopol, S. 41 ff.; Lindemann, SpuRt 1994, 19. 177 MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 83; AK-GG (Rinken), Art. 9, Abs. l, Rdnr. 53. 178 Vgl. Vieweg, JuS 1983, 826.

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B. Sport als Gegenstand des Grundrechtsschutzes

eines Vereins oder die von den dazu bestimmten Organen (z. B. Vorstand) getroffenen sonstigen Entscheidungen. ee) Der grundrechtliche Schutz der äußeren Vereinsbetätigung Die vereinsmäßige Betätigung beschränkt sich nicht auf die Aufrechterhaltung eines funktionierenden internen Vereinslebens. Durch die Koordination und Bündelung von Interessen wird in erster Linie auch die Verfolgung eines bestimmten Zwecks erleichtert. Maßnahmen zur Verfolgung des Vereinigungszwecks können mit individuellen Aktivitäten eines Einzelnen, der die gleichen Interessen verfolgt, identisch sein und sich davon nur durch das verbandsmäßige Tun unterscheiden. Diese sog. "externe Vereinsbetätigung" nimmt einen Großteil der Vereinsaktivitäten ein. Niemand ist beispielsweise daran gehindert, eine Sportart unabhängig von der Zugehörigkeit zu einem Verband zu betreiben. Durch die Koordination der Interessen in Vereinen und Verbänden und durch die damit verbundene Vereinheitlichung von Regelwerken und die Veranstaltung von Wettkämpfen ist es aber möglich, einen Sport intensiver und leistungsorientierter auszuüben. 179 Darüber hinaus gleichen sich beide Formen sportlicher Betätigung. Die vereinsmäßige sportliche Betätigung des Einzelnen ist darum der externen Vereinsbetätigung zuzurechnen. 180 Die Einbeziehung der externen Vereinsbetätigung in den Schutzbereich der individuellen Vereinigungsfreiheit wird vielfach damit begründet, daß die von Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistete Gründungsfreiheit leerliefe, wenn daneben nicht auch ein "Recht auf koordiniertes Wirken" von der Vereinigungsfreiheit umfaßt würde. 181 Diese Auffassung ist prinzipiell richtig. Dennoch muß deutlich unterschieden werden zwischen der Zweckverfolgung als solcher und ihren Inhalten. Die Vereinigungsfreiheit dient der effektiveren Durchsetzung individueller Interessen. Daher muß die kollektive Verfolgung bestimmter Zwecke oder Interessen als solche von der Vereinigungsfreiheit umfaßt sein. Die externe Vereinsbetätigung stellt demgegenüber den Inhalt der kollektiven Zweckverfolgung dar. Ob auch dieser vom Schutzbereich der Vereinigungsfreiheit umfaßt wird, ist zweifelhaft. Für die Einbeziehung der externen Vereinsbetätigung könnte der Grundsatz der größtmöglichen Effektivität bei der Aus179Für die Durchilihrung von Wettbewerben im Fußballsport, vgl. Arens!Scheffer, AR-Blattei, Nr. 1480. 2, Rdnr. 7; zur Notwendigkeit einheitlicher Regelwerke: Pfister, FS f. Lorenz, S. 173. 180 Vgl. das Beispiel ,,Kegelclub" bei Stein, StaatsR § 15, II. 181 Dazu Stein, StaatsR § 15, II.; MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 86; MD (Dürig), Art. 19 m, Rdnr. 4; V. Mutius, Jura 1984, 196; Dreier (Bauer), Art. 9, Rdnr. 40.

IV. Sport und Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG)

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legung von Grundrechten sprechen. Dieser besagt, daß "in Zweifelsnillen diejenige Auslegung zu wählen ist, welche die juristische Wirkungskraft der Grundrechtsnorm am starksten entfaltet". 182 Der Wortlaut des Art. 9 Abs. 1 GG ("Vereine und Gesellschaften zu bilden") spricht zumindest nicht gegen eine solche Interpretation. 183 Bereits oben wurde darauf hingewiesen, daß Art. 9 Abs. 1 GG zu eng formuliert ist und er als Gewährleistung umfassender Vereinsfreiheil zu interpretieren ist. 184 Zu bedenken ist jedoch, daß die gemeinsame, organisierte Ausübung grundrechtlicher Freiheiten im Rahmen einer Vereinigung gegenüber derjenigen außerhalb vereinsmäßiger Organisation verfassungsrechtlich weder privilegiert noch benachteiligt werden darf. Staatliche Beschränkungsmöglichkeiten müssen unabhängig davon bestehen, ob eine Freiheit einzeln oder im Kollektiv genutzt wird. 18s Dieses ist insbesondere im Hinblick auf die externe Vereinsbetätigung zu beachten, denn gerade sie unterscheidet sich von der Freiheitsausübung außerhalb einer Vereinigung lediglich durch das gewählte Medium, nämlich den Personenverband. Die von einer Vereinigung abgegebene Meinungsäußerung muß den gleichen rechtlichen Beschränkungsmöglichkeiten unterliegen wie die Meinungsäußerung von Einzelpersonen. Auch die Sportausübung in einem Verein, ob beruflich oder auf Freizeitbasis, darf gegenüber sportlicher Betätigung von Einzelpersonen keine grundrechtliehen Vorteile genießen. Wenn der Schutzbereich der Vereinigungsfreiheit auch die externe Betätigung im Rahmen des Vereinszwecks umfassen soll, dann müssen somit fur diese Betätigung Schranken errichtet werden, die dem Schutzbereich von Art. 9 Abs.1 GG vom Wortlaut her nicht gezogen sind bzw. es müssen die Schranken der speziellen Grundrechte auch im Rahmen von Art. 9 Abs. 1 GG Anwendung finden. Dieses Vorgehen läßt sich vermeiden, indem man die externe Vereinsbetätigung des einzelnen Mitglieds vom Schutzbereich des Art. 9 Abs. 1 GG löst und dem jeweils einschlägigen Spezialgrundrecht (z. B. Art. 5 Abs. 3, auffangweise auch Art. 2 Abs. 1 GG) zuordnet. Die sachgerechte Beschränkung, der externen vereinsmäßigen Betätigung braucht auf diese Weise nicht durch Übertragung, sondern kann unter unmittelbarer Anwendung der mit dem einschlägigen Spezialgrundrecht verbundenen Schrankensystematik erreicht werden. Eine solche Lösung entspricht in höherem Maße dem Wesen der Vereinigungsfreiheit, denn deren Ziel ist es letztlich allein, eine bestimmte Modalität der Freiheitsausübung zu schützen.186 Was der Einzelne nicht erreichen kann, v. Münch!Kunig (v. Münch), Vorb. Art. 1-19, Rdnr. 51, m. w. N. Anders: AK-GG (Rinken), Art. 9, Abs. 1, Rdnr. 54. 184 Vgl. oben unter 4 a). 185 BVerfGE 50, 290 (353); Thomas Schmidt, S. 62 ff.; AK-GG (Rinken), Art. 9, Abs. 1, Rdnr. 54. 182 183

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B. Sport als Gegenstand des Grundrechtsschutzes

soll durch die Koordination miteinander verwirklicht werden. Die Inhalte der vereinsmäßigen Betätigung betreffen demgegenüber eine andere Ebene grundrechtlicher Gewährleistung. Während somit Art. 9 Abs.1 GG dem Einzelnen die Freiheit verleiht, bestimmte Zwecke auch in kollektiver Form zu verfolgen, wird die Zweckverfolgung selbst durch die Verbindung von Art. 9 Abs.1 GG mit dem jeweiligen Freiheitsrecht geschützt. Scholz beschreibt diesen Sachverhalt, indem er die Vereinigungsfreiheit "auf der Grundlage ihrer rechtlichen Zweckoffenheit als 'Ausübungsrecht'" 187 kennzeichnet, zu welchem die Verfolgung grundrechtlich speziell geschützter Zwecke durch ein zweckbestimmendes "Inhaltsrecht" hinzutreten kann. Sowohl die Vereinigungsfreiheit als auch das jeweilige Freiheitsrecht sind dabei nebeneinander einschlägig. Die Verbindung der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) mit einem entsprechenden Inhaltsrecht wird damit zu einem Fall der Konkurrenz schrankendivergenter Grundrechte, bei dem ein Nebeneinander von Grundrechten mit verschieden hoher Einschränkbarkeit in dem Sinne aufzulösen ist, daß keines der beiden Grundrechte an Wirkung verliert. Bei Eingriffen, welche die externe Vereinsbetätigung betreffen, besteht deren sachgerechte Behandlung darin, ausschließlich die besonderen Schranken des betroffenen Inhaltsrechts zur Geltung zu bringen. Umgekehrt sind Beschränkungen, die sich allein auf die Modalität der Freiheitsausübung beziehen und damit nur die vereinsmäßige Aktivität als solche betreffen, an der Schranke von Art. 9 Abs. 1 GG zu messen.188 Für die vereinsmäßige 186 Vgl. Rüfner, FG f. BVerfG II, S. 477 f.; Leßmann, NJW 1978, 1547 ("Organisationsgrundrecht"); im Anschluß daran: Reichertfvon Look, Rdnr. 2916. 187 MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 38 und 111. IssFür die Behandlung von Konkurrenzen schrankendivergenter Grundrechte existieren unterschiedliche Ansätze, vgl. z.B. Pieroth/Schlink, § 6 V, 2. d., Rüfner, FG f. BVerfG II, S. 476. (parallele Anwendung aller Schranken),Bettermann/Nipperdey (Nipperdey) GR IV/2, S. 765 ("Schrankenkwnulation"). Die sachgerechte _Würdigung der Konkurrenzlage ergibt sich im Fall externer Vereinsbetätigung aus der Überlegung, daß es keine Priviligierung vereinsmäßiger Freiheitsausübung geben darf. Sind mehrere Grundrechte einschlägig, muß nach der Zielrichtung des Eingriffs differenziert werden. Die anzuwendenden Schranken müssen danach bestimmt werden, welcher Motivation der maßgebliche Eingriff folgt bzw. welche typische Gefahr mit dem Eingriff bekämpft werden soll. Auch hier geht es letztlich darum, Privilegierungen (aber auch Benachteiligungen) zu vermeiden, da ,jeder Gesetzesvorbehalt" [...] "bestimmten, von einer Grundrechtsausübung typischerweise ausgehenden Gefahren Rechnung trägt", MD (Herzog), Art. 5, Abs. I, II, Rdnr. 37. Das BVerfG stellt darauf ab, welches Grundrecht nach seinem "spezifischen Sinngehalt die stärkere sachliche Beziehung zu dem zu prüfenden Sachverhalt hat und sich deshalb als der adäquate Maßstab erweist" (BVerfGE 67, 186 (195)). Ähnlich wie hier verfährt das BVerfG im Fall der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG). Vgl. auch: BVerfG, NJW 1988, 328 (329) Anachronistischer Zug.

IV. Sport Wld VereinigWlgsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG)

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Ausübung sportlicher Aktivitäten bedeutet dies, daß sie nur als vereinsmäßige Sportausübung von der Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG geschützt wird; die sportliche Betätigung selbst genießt demgegenüber denselben grundrechtlichen Schutz, wie er im Einzelfall nicht vereinsgebundenen Sportlern zukommt. Berufssportler, die in einem Verein Mitglied sind, können sich damit sowohl auf Art. 9 Abs. 1 GG als auch auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen. Für die berufsmäßige Sportausübung selbst gilt jedoch hinsichtlich des Inhalts und des Umfangs des grundrechtliehen Schutzes allein Art. 12 Abs. 1 GG, auffangweise auch Art. 2 Abs. 1· GG. 189 Damit wird deutlich, daß der Vereinigungsfreiheit keine originäre Bedeutung für die funktionale und organisatorische Trennung von Staat und Sport zukommen kann, da sie hinsichtlich sportlicher Betätigung selbst keine Gewährleistungen enthält. 190 Dennoch besteht ihre besondere Bedeutung fiir das Verhältnis von Staat und Sport darin, daß sie auf der Grundlage dieser Trennung dem Sport einen grundrechtliehen Freiraum sichert. Zurückzufuhren ist dieses jedoch letztlich allein auf die faktische Dominanz des in Vereinigungen i. S. von Art. 9 Abs. 1 GG organisierten Sportwesens. 191 b) Die Vereinigungsfreiheit des Kollektivs

Es stellt sich die Frage, ob die bis hierhin ausschließlich unter individualrechtlichen Gesichtspunkten betrachtete Vereinigungsfreiheit auch einen kollektivrechtlichen Inhalt besitzt, d. h., ob und in welchem Umfang eine Vereinigung selbst Trägetin des Grundrechts aus Art. 9 Abs. 1 GG oder anderer Grundrechte sein kann. Das BVerfG hat zur Frage des kollektivrechtlichen Inhalts von Art. 9 Abs. 1 GG zunelunend differenziert Stellung genommen: Anläßlich einer Verfassungsbeschwerde eines nichtrechtsfähigen Vereins bejahte es 1961 die Zulässigkeil der Verfassungsbeschwerde, weil Art. 9 Abs. 1 GG "nicht nur dem einzelnen Staatsbürger das Recht zum Zusammenschluß in Vereinen und Gesellschaften" verbürge, sondern "auch diesen Vereinigungen, unbeschadet der Frage ihrer Rechtsfähigkeit, das Recht auf Entstehen und Bestehen" gewährleiste. 192 Unter wiederholtem Rückgriff auf diese Entscheidung präzisierte das Gericht später seine Auffassung. Im Jahre 1971 befand das In diesem Sinn auch Steiner, DÖV 1983, 174. Siehe hierzu oben B. I. 191 Vgl. Steiner, NJW 1991 , 2730; insofern spricht auch der Achte Sportbericht der BReg richtigerweise davon, daß "die VerfassWlgsordnWlg der BWldesrepub1ik Deutschland" ( ... ) "dem in Vereinen und Verbänden organisierten gesellschaftlichen Bereich einen weiten, gnm.drechtlich abgesicherten Freiheitsrawn" gewährt (vgl. BT-Drs. 1118459, Abschn. A., Kap. 2. 1. (HervorhebWlgen des Verfassers)). 192 BVerfGE 13, 174 (175); im Anschluß daran auch BGH NJW 1970, 378 (381),,Motorsportkommission". 189 190

5 Krogrnann

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B. Sport als Gegenstand des Gnmdrechtsschutzes

BVerfG, Art. 9 Abs. 1 GG verbürge "nicht nur dem einzelnen Staatsbürger das Recht zum Zusammenschluß in Vereinen und Gesellschaften", sondern gewähre "auch den Vereinen selbst Schutz". 193 Das Gericht ließ jedoch ausdrücklich offen, ob Art. 9 Abs. 1 GG "insbesondere über die Existenz und Funktionsfähigkeit des Vereins hinaus auch jede Vereinstätigkeit als Freiheit gemeinsamen, vereinsmäßigen Handeins an sich" umfasse; Art. 9 Abs. 1 GG schütze jedenfalls "vor einem Eingriff in den Kernbereich des Vereinsbestandes und der Vereinstätigkeit, da sonst ein effektiver Grundrechtsschutz nicht bestünde". 194 Zu diesem "Kernbereich der Vereinstätigkeit" 19' gehörte für das BVerfG "in gewissem Umfang die Namensführung" .196 Im Jahre 1979 stellte das BVerfG fest, daß der Schutz von Art. 9 Abs. 1 GG "sowohl für die Mitglieder als auch für die Vereinigungen die Selbstbestimmung über die eigene Organisation, das Verfahren ihrer Willensbildung und die Führung ihrer Geschäfte" 197 umfasse, da ohne die Möglichkeit zur Selbstbestimmung von einem freien Vereinigungswesen keine Rede sein könne und Fremdbestimmung dem Schutzzweck des Art. 9 Abs. 1 GG zuwiderliefe. Diese Entscheidungen bildeten die Grundlage dafür, daß Art. 9 Abs. 1 GG heute weithin als sog. "Doppelgrundrecht" angesehen wird. 198 Der Grundrechtsschutz der Vereinigungen i. S. von Art. 9 Abs. 1 GG erstreckt sich hiernach nicht nur auf das Recht des Einzelnen zum Gründen, Beitreten, Betätigen etc., sondern auch auf ein Grundrecht der Vereinigung selbst. Begründet wird diese Auffassung ebenfalls mit dem Grundsatz der größtmöglichen Effektivität bei der Grundrechtsauslegung. 199 Der direkte Vergleich mit dem als Doppelgrundrecht seit langem etablierten Art. 9 Abs. 3 GG200 rechtfertige die Annahme eines Doppelgrundrechts ebenso wie die Gegenüberstellung von Art. 9 Abs. 1 GG mit Art. 21 GG und Art. 140 GG (i. V. m. Art. 137 WRV). Geschützt sei "nicht nur die freie Gründung von Parteien, sondern auch die Partei selbst" BVerfGE 30,227 (241). BVerfGE 30, 227 (241 ); im Anschluß daran auch BVerwG NJW 1981, 362 f. 195 Das BVerfG gebraucht auf S. 243 der Entscheidung die Formulierung "vereinsmäßige Betätigung". 196 BVerfGE 30, 227 (241). 197 BVerfGE 50, 290 (354) - Mitbestinunungsgesetz; im Anschluß daran auch BVerfGE 80,244 (253) sowie BVerwGE 88,9 (11). 198 vMakl, Art. 9, Anm. m, Nr. 1. f.; Hamann!Lenz, Art. 9, Anm. A. 2; BK (v. Münch), Art. 9, Rdnr. 47; Badura, StaatsR, C 63; v. Münch - Vorauflage (v. Münch), Art. 9, Rdnr. 18 f.; Hdb. d. StaatsR VI (Merten), § 144, Rdnr. 27 ff.; Hesse, VerfR, Rdnr. 412; "im Kern": v. Münch/Kunig (L6wer), Art. 9, Rdnr. 32; Jarrass/Pieroth, Art. 9, Rdnr. 7; Katz, StaatsR, Rdnr. 768. 199 Unter Hinweis auf BVerfGE 30, 227 (241): v. Münch - Vorauflage (v. Münch), Art. 9, Rdnr. 18. 200 BVerfGE 30,227 (241); Hamann!Lenz, Art. 9, Anm. A. 2; BK (v. Münch), Art. 9, Rdnr. 47 i. V. m. Rdnr. 139. 193

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IV. Sport und Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG)

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bzw. "nicht nur die freie Vereinigung zu Religionsgesellschaften, sondern auch die Religionsgesellschaften selbst". 201 Teilweise wird die kollektive Schutzrichtung von Art. 9 Abs. 1 GG aus einer in ihm enthaltenen "lnstitutsgarantie" hergeleitet. 202 Sein Umfang wird dabei nicht auf den Bestand der Vereinigung oder einen Kernbereich der Vereinstätigkeit beschränkt, sondern teilweise sogar allgemein auf "die Vereinstätigkeit"203 ausgedehnt. Je umfassender man die Vereinigung selbst in den Grundrechtsschutz von

Art. 9 Abs. 1 GG einbezieht, desto schwieriger wird es, das Verhältnis zwischen Art. 9 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 3 GG zu klären. Art. 19 Abs. 3 GG

erweitert den Kreis der Grundrechtsträger auf inländische juristische Personen, soweit die Grundrechte ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind und damit prinzipiell auch auf alle Vereinigungen i. S. von Art. 9 Abs. 1 GG. 204 Würde man jede Betätigung einer Vereinigung bereits unter den Schutzbereich der Vereinigungsfreiheit fallen lassen, bliebe fiir die Anwendung von Art. 19 Abs. 3 GG kaum noch Raum. 20~ Ein derart weites Verständnis vom Schutzbereich von Art. 9 Abs. 1 GG ist abzulehnen. Wie schon bei der Vereinsbetätigung des Einzelnen ist jedoch zu beachten, daß das Maß an Grundrechtsschutz, welches eine Tätigkeit genießt, nicht davon abhängen kann, ob sie individuell oder kollektiv ausgeübt wird. 206 Sofern man auch die kollektive Vereinstätigkeit zum Schutzbereich von Art. 9 Abs. I GG hinzuzählen möchte, müssen fiir Art. 9 Abs. 1 GG die Schranken derjenigen Grundrechte herangezogen werden, die bei entsprechendem individuellem Handeln einschlägig sein würden. 207 Hierfiir besteht jedoch angesichts der Möglichkeit, über Art. 19 Abs. 3 GG die einschlägigen Grundrechte mit den 201 Hdb. d. StaatsR VI (Merlen) § 144, Rdnr. 27; v. Münch/Kunig (Liiwer), Art. 9, Rdnr. 32. 202 BK (v. Manch), Art. 9, Rdnr. 47; eingeschränkt auch Thomas Schmidt, S. 70. 203 Katz, StaatsR, Rdnr. 768. 204 Vgl. MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 25. 205 Siehe Hdb. d. StaatsR V (lsensee), § 118, Rdnr. 64; Thomas Schmidt, S. 58; lediglich die Möglichkeit, sich zu übergeordneten Vereinigungen, wie z. B. Dachverbänden zusammenzuschließen, wird deshalb auch z. B. bei von Mangoldt/Kiein, Art. 9, Anrn. ill 4., als das Anwendungsfeld des Art. 19 Abs. 3 GG hervorgehoben. 206 BVeriDE 30, 227 (243); Hdb. d. StaatsR VI (Merlen), § 144, Rdnr. 30; v. Manch/ Kunig (Liiwer), Art. 9, Rdnr. 15. 207 So BVerfGE 30, 227 (243) hinsichtlich des Kernbereiches ,,Namensrecht". Das BVerfG wendet in diesem Fall die "Schrankentrias" des Art. 2 Abs. 1 GG an, was jedoch nicht die Annahme begründet, Art. 9 Abs. I GG werde damit vom BVerfG pauschal der Schrankensystematik des Art. 2 Abs. 1 GG unterworfen (so aber Rupp, Anrn. zu BVerfUE 30, 227 tT., NJW 1971, 1403); vgl. auch: v. Manch - Vorauflage (v. Manch), Art. 9, Rdnr. 33: "immanente Schranken" der ,,zugleich" in Anspruch genommenen (Spezial-) Grundrechte.

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B. Sport als Gegenstand des Grundrechtsschutzes

dazugehörigen Schranken unmittelbar anzuwenden, kein Anlaß. 208 Merlen vertritt die Auffassung, daß Art. 19 Abs. 3 GG zumindest über das Entstehen und den Bestand juristischer Personen keine Aussage trifft. 209 Art. 9 Abs. 1 GG müsse daher erst die Voraussetzung dafür schaffen, daß Art. 19 Abs. 3 GG überhaupt seine Wirkung entfalten kann. Den Bestand und damit die Voraussetzung für die Transposition von Spezialgrundrechten mit Hilfe des Art. 19 Abs. 3 GG könne Art. 19 Abs. 3 GG nicht bewirken. Wiese man Art. 9 Abs. 1 GG "lediglich das individuelle Assoziieren, die Assoziation als solche aber nur Art. 19 Abs. 3 GG zu, so fielen Vereinsbestand und Vereinsbetätigung ins Leere". 210 Merlen folgert hieraus einen durch Art. 9 Abs. 1 GG gewährleisteten "Entstehens-, Bestands- und Betätigungsschutz"211 zugunsten der Vereinigung, wobei er den Betätigungsschutz der Vereinigung nicht auf jegliche Vereinstätigkeit ausdehnen will. Seine Argumentation ist vergleichbar mit derjenigen, die schon bei der Einordnung vereinsmäßiger Betätigung in den individualrechtlichen Gehalt des Art. 9 Abs. 1 GG dargestellt wurde. Merlen unterscheidet zwischen interner und externer Vereinsbetätigung, und zwar je nachdem, ob sich eine Handlung als Verwirklichung des Vereinszwecks darstellt oder nicht. Nur die "allgemeine (im wesentlichen interne) Vereinsbetätigung" werde von Art. 9 Abs. 1 GG erfaßt. Diese beinhalte insbesondere die Durchführung von Mitgliederversammlungen, Vorstandswahlen, Mitgliederkontakten und Mitgliederwerbung. Die "besondere (externe) Vereinstätigkeit in Verfolgung des jeweiligen Vereinszwecks" werde jedoch nur über die jeweiligen Spezialgrundrechte geschützt. 212 Auch im übrigen Schrifttum wird Art. 9 Abs. 1 GG teilweise als "funktional begrenztes Verbandsrecht"213 angesehen, welches "Bestandschutz, Organisations- und interne Betätigungsfreiheit" umfasse. Nach Waller Schmidl sei Art. 9 Abs. 1 GG nur insoweit einschlägig, als es auf die Verteidigung eines bestimmten Vereinszwecks nicht ankomme. 214 208 Vgl. Rupp, Arun. zu BVerfGE 30,227 ff., NJW 1971, 1403; Murswiek, rus 1992, 118; v. Münch!Kunig (LiJwer), Art. 9, Rdnr. 52; Thomas Schmidt, S. 53 u. 68 ff., allerdings mit der Ausnahme der ,,Existenz- bzw. [.. ] Bestandsgarantie als Parallele zu Art. 1 Abs. 1 GG. 209 Dazu Hdb. d. StaatsR VI (Merten), § 144, Rdnr. 28. 210 Hdb. d. StaatsR VI (Merten), § 144, Rdnr. 28; ähnlich Thomas Schmidt, S. 69 ff. : Art. 9 Abs. 1 GG als ,,Existenz- bzw. [..] Bestandsgarantie", funktional vergleichbar mit Art. 1 Abs. 1 GG filr das Individuwn, und wegen der fehlenden Vorstaatlichkeit der Vereinigungen filr den Aufbau gnmdrechtlicher Gewährleistungen über Art. 19 Abs. 3 GG erforderlich. 211 Hdb. d. StaatsR VI (Merten), § 144, Rdnr. 29. 212 Hdb. d. StaatsR VI (Merten), § 144, Rdnr. 50. 213 AK-GG (Rinken), Art. 9 Abs. 1, Rdnr. 56. 214 Waller Schmidt, FS f Mallmann, S. 238 ff. (Art. 9 Abs. 1 GG als ,,kollektive Eingriffsfreiheit").

IV. Sport und Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG)

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Gemeinsam ist allen Auffassungen, daß sie die "externe Betätigungsfreiheit zur Verwirklichung des Vereinszwecks" den Schutzbereichen der Einzelgrundrechte i. V. mit Art. 19 Abs. 3 GG zuordnen. m Das BVerfG hat zu diesem Problem im wesentlichen in drei jüngeren Entscheidungen Stellung genommen: 1985 erklärte es: "Wird eine Vereinigung wie jedermann im Rechtsverkehr tätig, so ist für den Grundrechtsschutz dieser Betätigung nicht Art. 9 Abs. 1 GG maßgebend; die Vereinigung und ihre Tätigkeit bedürfen insoweit nicht als solche des Grundrechtsschutzes, dieser richtet sich vielmehr nach den materiellen (Individual-) Grundrechten." 216 Dementsprechend ordnete es in einer späteren Entscheidung Werbebeschränkungen für Lohnsteuerhilfevereine dem Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG zu. 217 Unter ausdrücklichem Hinweis auf BVerfGE 13, 174 (175); BVerfGE 30, 227 (241) und BVerfGE 50, 290 (353), sprach das BVerfG im selben Jahr aus, das Verbot der Mitgliederwerbung eines Vereins berühre den Schutzbereich von Art. 9 Abs. 1 GG, da dieser "nicht nur dem einzelnen Staatsbürger das Recht zum Zusammenschluß in Vereinen und Gesellschaften" gewähre (insoweit wie BVerfGE 13, 174 (175)), "sondern auch diesen Vereinigungen selbst, unbeschadet der Frage ihrer Rechtsfähigkeit, das Recht auf Sicherung ihres Bestehens."218 Die Annahme eines Doppelgrundrechts beinhaltet somit fur das BVerfG keine Ausweitung des Grundrechtsschutzes der Vereinigungen auf deren gesamte externe Vereinsbetätigung. Der Schutz, den Art. 9 Abs. 1 GG den Vereinigungen selbst vermittele, beschränke sich in erster Linie auf deren Bestand, sowie ihre interne Organisation; auf externe Betätigung erstrecke er sich nur, soweit sie diesen Gewährleistungen unmittelbar dient, wie z. B. beim Bestandsschutz durch Mitgliederwerbung, nicht aber bloße Zweckverwirklichung darstellt. In diesem Licht wird auch die Formulierung vom "Kernbereich der Vereinstätigkeit"219 verständlicher. Mit ausdrücklichem Hinweis auf die Bedeutung von Art. 19 Abs. 3 GG ist Art. 9 Abs. 1 GG jedoch vielfach nicht einmal als funktional begrenztes Verbandsrecht anerkannt. 220 Als "konstitutive Regelung der Grundrechtsfähigkeit überindividueller Organisationseinheiten"221 schlössen der Wortlaut, die 2ll So Walter Schmidt, FS f. Mallmann, S. 242; AK-GG (Rinken), § 9 Abs. 1 Rdnr. 56; v. Münch - Vorauflage (v. Münch), Art. 9, Rdnr. 33 spricht von "zugleich" in Anspruch genonunenen (Spezial-) Grundrechten. 21 BVertGE 70, 1 (25), (Kostendämpfungs-ErgänzungsG); diese Frage war in BVerfGE 62, 354 (373) noch offengelassen worden. 217 BVertGE 85, 97 (104). 218 BVerfGE 84, 372 (378); vorher schon BVerwGE 88, 9 ( 11 ). 219 BVertGE 30, 227 (241). 220 MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 25; MD (Dürig), Art. 19 ill GG, Rdnr. 4; Murswiek, JUS 1992, 118.

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B. Sport als Gegenstand des Grundrechtsschutzes

Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck oder der Standort von Art. 19 Abs. 3 GG es aus, deren Grundrechtsfllhigkeit unmittelbar aus Art. 9 Abs. 1 GG abzuleiten. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Die Annahme eines auf die interne oder vereinsspezifische Betätigung beschränkten kollektivrechtlichen Inhalts von Art. 9 Abs. 1 GG ist nicht erforderlich. Die interne Organisation und die nicht der Zweckverwirklichung des Vereins dienende Betätigung nach außen unterfallen der individualrechtliehen Schutzrichtung von Art. 9 Abs. 1 GG. Die Ausdehnung des Schutzes dieser Betätigung auf die juristische Person kann ohne weitere Voraussetzungen von Art. 19 Abs. 3 GG gewährleistet werden. Einer Grundlage des Existenzrechts, aufwelcher "sich grundrechtliehe Gewährleistungen der Vereinsbetätigung erst aufbauen können",222 bedarf es nicht. Dementsprechend wird auch die fehlende Vorstaatlichkeil von Vereinigungen221 von Art. 19 Abs. 3 GG überwunden. Die Ausweitung des Grundrechtsschutzes des Art. 9 Abs. 1 GG würde somit einen bereits bestehenden Grundrechtsschutz gewissermaßen verdoppeln. Umgekehrt erhält der Schutzbereich von Art. 9 Abs. 1 GG durch die hier vertretene Betrachtungsweise eine dogmatisch genaue Abgrenzung; das Prinzip der personalen Grundrechtsträgerschaft, wie es in Art. 1 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommt,224 wird so verdeutlicht. Diese Auffassung ist unabhängig von der Frage, ob Art. 9 Abs.1 GG eine sog. Institutsgarantie enthält. 225 Der Rückschluß von der Schranke in Art. 9 Abs. 2 GG auf den Inhalt des Abs. 1 kann dem ebensowenig entgegengehalten werden wie der Vergleich mit anderen sog. Doppelgrundrechten. Als Ergebnis kann daher festgehalten werden, daß eine Vereinigung selbst nur Trägerin von Grundrechten sein kann, soweit ihr diese über Art. 19 Abs. 3 GG vermittelt werden. Art. 9 Abs. I GG besitzt darüber hinaus ausschließlich individualrechtliehen Grundrechtsgehalt 5. Die Schranken von Art. 9 Abs. 1 GG Die einzige ausdrückliche Schranke der Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG bildet Art. 9 Abs. 2 GG. Darüber hinaus fehlt es an einem ausdrücklichen Gesetzesvorbehalt Durch Art. 9 Abs. 2 GG wird dem Grundrecht der 221 v. Mutius, JURA 1983, 33; ders. JURA 1984, 196 f. ; Hdb. d. StaatsR V (Isensee), § 118, Rdnr. 65. 222 Thomas Schmidt, S. 69. 113 Thomas Schmidt, a. a. 0 . (im Anschluß an Rufner, AöR 1964, S. 266). 224 Thomas Schmidt, a. a. 0.; MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 21. 225 Ablehnend: MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 26; v. Munch!Kunig (L6wer), Art. 9, Rdnr. 19.

IV. Sport Wld Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG)

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Vereinigungsfreiheit durch eine Verfassungsnorm eine ausdrückliche Grenze gesetzt (sog. verfassungsunmittelbare Schranke).226 Sie erfaßt alle vom Tatbestand des Abs. 1 erfaßten Vereinigungen und verbietet diese, soweit ihre Zwekke oder Tätigkeit "den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten". 227 Der Hinweis auf die Strafgesetze entspringt dabei nur dem Bedürfnis, die kollektive Betätigung gegenüber der individuellen nicht zu privilegieren. Eingriffe in die Vereinigungsfreiheit aufgrund eines Sonderstrafrechts zu Lasten bestimmter Vereinigungszwecke wären unzulässig. 228 Unter der verfassungsmäßigen Ordnung wird in diesem Zusammenhang von der h. M. nicht wie in Art. 2 Abs. l GG die gesamte, mit der Verfassung in Einklang stehende, Rechtsordnung bezeichnet. Unter Hinweis auf die Nähe zu Art. 18, Satz 1 und 21 Abs. 2, Satz l GG, wird hierunter vielmehr nur die freiheitlich demokratische Grundordnung verstanden.229 Den Gedanken der Völkerverständigung würden Vereinigungen stören, die auf eine "Störung des Friedens unter den Völkern und Staaten" zielten, oder sonstige "elementare, für ein friedliches Zusammenleben der Völker unverzichtbare Regeln des Völkerrechts" mißachteten. 230 Die Verbotsgründe in Art. 9 Abs. 2 GG sind abschließend aufgezählt. Diese sog. Polizeifestigkeit der Vereinsfreiheit wird durch§ 3 Abs. l i.V.m. § l Abs. 2 VereinsG bestätigt. Neue Verbotstatbestände kann das VereinsG nicht schaffen. Eine wesentliche Funktion dieses Gesetzes besteht jedoch darin, eine gesetzliche Grundlage für ein Vereinsverbotsverfahren bereitzustellen, um auch in dieser Hinsicht rechtsstaatliehen Anforderungen zu genügen. 231 Für Vereinigungen im Bereich des Sports hat Art. 9 Abs. 2 GG derzeit keine praktische Bedeutung. m Über die von Abs. 2 gezogenen Grenzen hinaus unterliegt Art. 9 Abs. l GG keinen weiteren ausdrücklichen Beschränkungen. Für die Vereinigungsfreiheit spielen daher die sog. immanenten Grundrechtsschranken eine wichtige Katz, StaatsR, Rdnr. 640; Hesse, VerfR, Rdnr. 312. Zur fehlenden Wlmitte1baren Wirkwlg, v. Münch!Kunig (L6wer), Art. 9, Rdnr. 46; Pieroth/Schlink, Gnmdrechte, § 18 IV, 1 a.). 228 Vgl. (auch zu §§ 129, 129a StGB): V. Münch!Kunig (L6wer), Art. 9, Rdnr. 38; Pieroth/Schlink, Gnmdrechte, § 18 IV, 1 a.) aa.); differenziert: Hdb. d. StaatsR VI (Merten), § 144, Rdnr. 75. 229 Im einzelnen str., vgl. v. Münch!Kunig (L6wer), Art. 9, Rdnr. 40; Pieroth/Schlink, Gnmdrechte, § 18 IV, 1 a.) bb.). 230 M. Beispielen: v. Münch!Kunig (L6wer), Art. 9, Rdnr. 40. 231 Vgl. Schnorr, S. 33; Reichertlvan Look, Rdnr. 2926. 232 Siehe dazu Kauffmann, Sportwiss 1981, 200. 226 Dazu

227

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B. Sport als Gegenstand des Grundrechtsschutzes

Rolle. 233 Im Zusammenhang mit der Vereinigungsfreiheit hat das BVerfG in zahlreichen Entscheidungen betont, daß aufgrund des Menschenbildes des Grundgesetzes die Spannung zwischen Individuum und Gemeinschaft "im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheil und Gemeinschaftsgebundenheit der Person" entschieden werden müsse, "ohne dabei deren Eigenwert anzutasten".234 Daraus folgerte es, daß "der Einzelne sich diejenigen Schranken seiner Handlungsfreiheit gefallen lassen" (müsse), "die der Gesetzgeber zur Pflege und Förderung des sozialen Zusammenlebens in den Grenzen des bei dem gegebenen Sachverhalt allgemeinen Zurnutbaren zieht, vorausgesetzt, daß dabei die Eigenständigkeit der Person gewahrt bleibt".m Diese fiir die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG entworfene und seitdem in vielen unterschiedlichen Zusammenhängen verwendete Einschränkungl36 weitete das BVerfG u. a. auch auf Art. 9 Abs. I GG aus und sprach in diesem Zusammenhang von einer "immanenten Schranke", die dem Grundrecht auch ohne ausdrücklichen Gesetzesvorbehalt innewohne.237 Ein solches Verständnis von der Schranke der Vereinigungsfreiheit begegnet Bedenken, soweit es Schranken für Art. 9 Abs. 1 GG vorsieht, die sich nicht auf entgegenstehende Verfassungsgüter zurückführen lassen und die damit nicht den an verfassungsimmanente Schranken gestellten Anforderungen entsprechen. Die Allgemeinheit der Formulierung läßt jedoch weitergehend sogar die Interpretation zu, das BVerfG wolle Art. 9 Abs. 1 GG grundsätzlich den Schranken von Art. 2 Abs. 1 GG unterwerfen. 238 Eine dahingehende Interpretation der Rechtsprechung des BVerfG wäre jedoch nicht zutreffend. Sie stünde in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des BVerfG, mit der dieses die Einschränkung vorbehaltloser Grundrechte durch die allgemeine Rechtsordnung bzw. durch unbestimmte Klauseln, "welche ohne verfassungsrechtlichen Ansatzpunkt und ohne ausreichende rechtsstaatliche Sicherung auf eine Gefahrdung der für den Bestand der staatlichen Gemeinschaft notwendigen Güter abhebt", ablehnt und deren Beschränkung eben nur durch Verfassungsbestimmungen zuläßt. 239 Auch auf dem Menschenbild des Grundgesetzes basierende Einschränkungen vorbehaltloser 233 Ausftlhrlich zu verfassungsimmanenten Schranken: Pieroth/Sch/ink, § 6 V, 1.) und § 18 IV, 1 b.). 234 BVerfGE 4, 7 (15 f. ); BVerfGE 30, 1 (20); BVerfDE 33, 303 (334 ). 235 BVerfDE 4, 7 (16). 236 Vgl. außerdem BVerfDE 12,45 (51); BVerfGE 27,344 (351). 237 BVerfGE 39, 334 (367)- Radikalenentscheidung. 238 In diesem Sinne: AK-GG (Rinken), Art. 9 Abs. 1, Rdnr. 69. 239 Vgl. BVerfGE 30, 173 (192 f.); 33, 23 (29); Hdb d. StaatsR VI (Merten), § 144, Rdnr. 72 stellt eine "dichte Nähe zu der vom BVerfG früher abgelehnten Gemeinschaftsklausel" fest.

IV. Sport Wld VereinigWlgsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG)

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Grundrechte läßt das BVerfG nur zu, soweit die Verfassung selbst diese Grenzen bestimmt. 240 Darüber hinaus widerspräche eine solche Betrachtungsweise der Intention des Grundgesetzes, dem Einzelnen "individuelle Freiheitssphären in unterschiedlicher Intensität"241 zu sichern. Das Menschenbild des GG kann daher auch nach Meinung des BVerfG die Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 Abs. 1 GG nur insofern einschränken, als es eine verfassungsmäßige Schranke im üblichen Sinne verkörpert.

240 241

BVerfGE 32, 98 (107 f.) filr Art. 4 Abs. 1 Wld 5 Abs. 3 GG. Hdb. d. StaatsR VI (Merten), § 144, Rdnr. 72; Bleckmann, StaatsR II, § 12 V., 2.).

C. Grundrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen Als Abwehrrechte gegenüber dem Staat sind die in den vorstehenden Abschnitten erläuterten Grundrechtsbestimmungen für den Sport von untergeordneter Bedeutung. 242 Bei der Lösung von Konflikten im Tätigkeitsbereich der Sportverbände ist dies anders. Grundrechtsrelevante Streitigkeiten zwischen Sportlern und Vereinen oder Verbänden sowie zwischen Vereinen und Verbänden untereinander entstehen anläßlich unterschiedlicher Sachverhalte. Sie sollen im Folgenden ausführlich dargestellt werden.

I. Allgemeines Bevor auf die unterschiedlichen Konstellationen eingegangen werden kann, in denen die Grundrechte zur Konfliktlösung innerhalb von Sportorganisationen beitragen, müssen zunächst verschiedene rechtlichen Grundlagen für eine solche Konfliktlösung dargelegt werden.

1. Zur Entstehung von Konfliktsituationen im Bereich der Sportverbände Auslöser für Konflikte im Bereich des Sports sind vorwiegend die intern ausgesprochenen Sanktionen von Vereinen oder Verbänden gegenüber Sportlern sowie die Entscheidungen von Verbänden, mit denen Sportlern oder Vereinen die Gewährung bestimmter Vorteile versagt wird. Darüber hinaus werden von den Sportorganisationen eine Reihe weiterer Maßnahmen getroffen, welche individuelle Belastungen nach sich ziehen, ohne direkte Sanktionen darzustellen. Ein Bedürfnis nach (gerichtlicher) Klärung der auf diesen Maßnahmen basierenden Konflikte entsteht, wenn der betroffene Sportler oder Verband an die einer Maßnahme zugrunde liegenden Normen gebunden ist. Eine solche Bindung kann sich zum einen aufgrund einer mitgliedschaftliehen Beziehung ergeben, zum anderen wird aber immer häufiger auch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich den Befugnissen eines Vereins oder Verbands rechtsgeschäftlich zu unterwerfen.

242

Für die Vereinigwtgsfreiheit zuletzt deutlich: Steiner, FS f. Stern, S. 513 f.

I. Allgemeines

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a) Die mitgliedschaftliehe Bindung an das Recht der Vereine bzw. Verbände

Die mitgliedschaftliehe Bindung eines Sportlers an die internen Regeln eines Vereins oder Verbands kann auf unterschiedliche Weise herbeigeführt werden: Die Bindung an die Regeln der Organisation, in der er Mitglied ist, entsteht unmittelbar durch seine Mitgliedschaft. 243 Darüber hinaus kann ein Sportler sich satzungsrechtlich den Befugnissen eines Verbandes unterwerfen, dessen Mitglied er selbst nicht ist. Gerade die zweite Alternative ist im Sport von praktischer Bedeutung, denn Sportler sind im Regelfall nur Mitglieder einzelner Vereine, nicht aber der dazugehörigen regional oder fachlich übergeordneten Sportverbände. Obwohl die Vereine in der Regel Mitglieder dieser Verbände sind, kommt eine Bindung des Sportlers an deren Regeln dadurch noch nicht zustande. Damit die Regeln eines übergeordneten Verbandes für ihn verbindlich sind, muß die Satzung des Vereins, in dem der Sportler Mitglied ist, dieses bestimmen. Darüber hinaus muß die Satzung des Verbandes bestimmen, daß seine Regeln auch für die Einzelmitglieder der A1ischlußvereine, also für die einzelnen Sportler gelten (sog. satzungsrechtliche Lösung). 244 Diese mittelbare Unterwerfung unter die Regeln eines übergeordneten Verbandes ist im nicht berufsmäßig betriebenen Sport der Regelfall. Die Fußballspieler eines Vereins in der Landesliga Harnburg sind beispielsweise nur dann an die Entscheidungen und Maßnahmen des DFB gebunden, wenn dessen Regelungen über die Satzungen des Hamburger Fußball-Verbands e. V. und des Vereins, in dem der Spieler Mitglied ist, als für ihn verbindlich erklärt wurden. Diese Bindungskonstruktion kann nach demselben Prinzip in einer Verbandshierarchie mit mehr als drei Ebenen verwirklicht werden. Im Übrigen gilt sie nicht nur für die Bindung von Sportlern an die Regelwerke von Verbänden, sondern auch für die Bindung von Vereinen bzw. Verbänden an die Regeln übergeordneter Organisationen. Sie hat allerdings den Nachteil, daß sie keine "dynamischen" Verweisungen auf die übergeordneten Regelungen in ihrer jeweiligen Fassung zuläßt. 245 Dies zwingt dazu, bei jeder Änderung einer übergeordneten Regelung auch die Verweisung hierauf zu aktualisieren.

243 Zur Stellung des Vereinsmitglieds und zur Rechtsnatur der Mitgliedschaft vgl. Reichert/van Look, Rdnr. 470fT.; Karsten Schmidt, GesellschR, § 19. 244 Vgl. Reichert/van Look, Rdnr. 512; Lindemann, SpuRt 1994, 18; Vieweg, SpuRt 1995, 98. 245 H. M., vgl. BGH NJW 1995, 584 - Reitsport; Reichert/van Look, Rdnr. 512; Haas!Prokop, SpuRt 1996, 109.

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C. Grundrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

b) Die Bindung an vereins-oder verbandsinternes Recht auf der Basis rechtsgeschäftlicher Vereinbarungen

Zu einer Bindung an die von einem Verein oder Verband intern gesetzten Regeln und die auf dieser Grundlage getroffenen Entscheidungen kann es unabhängig von einer mitgliedschaftliehen Beziehung dadurch kommen, daß die Regelwerke des Vereins oder Verbands im Rahmen rechtsgeschäftlicher Vereinbarungen anerkannt werden. Solche Vereinbarungen sind zunächst Bestandteil der im Berufssport üblicherweise abgeschlossenen Arbeitsverträge zwischen Sportlern und Vereinen. 246 Darüber hinaus werden zunehmend zwischen Sportlern und den für die Sportart zuständigen Spitzenverbänden besondere Anerkennungs- bzw. Unterwerfungsvereinbarungen getroffen. Die Bandbreite dieser Vereinbarungen reicht über detaillierte individualvertragliche Abmachungen bis hin zum Abschluß standardisierter Rahmenvereinbarungen oder derErteilungvon "Sportlerpässen" bzw. "Spielerlizenzen", "Spielerausweisen" etc. Während individuelle Verträge mit Verbänden in der Regel nur von wenigen Spitzensportlern abgeschlossen werden, 247 wird die Bindung von Sportlern an die Regelungen von Verbänden häufig durch Rahmenvereinbarungen oder durch die Erteilung von sog. Lizenzen erreicht. Diese ermöglichen dem Sportler generell die Teilnahme an den vom zuständigen Sportverband veranstalteten Wettbewerben. Zu ihrem Erwerb muß der Sportler die Regelungen des jeweils zuständigen Sportverbandes anerkennen. 248 Bekanntestes Beispiel für eine solche Verfahrensweise ist das sog. Lizenzierungsverfahren im Berufs246 Siehe z. B. § 1 Abs. 4 des DFB-Mustervertrages: "Der Spieler unterwirft sich außerdem der Satzung seines Vereins in der jeweiligen Fassung und insbesondere der Vereinsstrafgewalt seines Vereins, sofern hierfilr die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen." Zur arbeitsrechtlichen Stellung von Sportlern vgl. Schimke, Sportrecht, S. 13 ff. 247 Vgl. BGH, NJW 1995, 585 - Reitsport; zur sog. Athletenvereinbarung in der Leichtathletik: Haas!Prokop, SpuRt 1996, 109 ff.; vgl. im Übrigen auch: ,,Ein tntimatwn für den Herrn Verbandspräsidenten", SZ Nr. 36, 13. 2. 1996, S. 31. Vielbeachtete und -diskutierte Vertragsabschlüsse waren z. B. die Verträge zwischen dem Deutschen Tennis Bund (DTB) und den Tennisprofis Boris Becker und Michael Stich. Hierzu zuletzt: "Rente für Helden", SZ Nr. 32, v. 8./9. 2. 1997, S. 47. 248 Vgl. BGH, NJW 1995, 584 - Reitsport; OLG München, SpuRt I 996, 134 Clenbuterol; Reichertfvon Look, Rdnr. 511; Vieweg, SpuRt 1995, 99; Pfister, Anmerkungen zu BGH NJW 1995, 583 ff., JZ 1995, 464 ff.; Lindemann, SpuRt 1994, 20 ff.; zur Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf die individualvertragliche Unterwerfung unter die Regelwerke von Verbänden, vgl. ablehnend: BGH NJW 1995, 585 - Reitsport; Haas!Adolphsen, NJW I 996, 2351 ("mitgliedschaftsähnliches Verhältnis"); RtJhricht, Satzungsrechtliche und individualrechtliche Absicherung von Zulassungssperren als wesentlicher Bestandteil des DSB-Sanktionskatalogs, S. 18 f.

I. Allgemeines

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fußhalL Die Unterwerfung der Fußball-Lizenzspieler an die Satzungen und Ordnungen des DFB wird durch sog. Lizenzspielerverträge zwischen den Spielern und dem DFB geregelt. Diese Verträge sollen vor allem sicherstellen, daß die Lizenzspieler bestimmte persönliche Voraussetzungen wie Sporttauglichkeit und Volljährigkeit erfüllen. Darüber hinaus erklären die Spieler in den Verträgen, daß sie die Statuten und Ordnungen des DFB befolgen werden. 249 Vergleichbare Lizenzierungsverfahren gibt es im Basketball und im Tischtennis. Den Lizenzen ähnlich sind auch der "Athletenpaß" in der Leichtathletik250 oder der von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung ausgestellte "Reiterausweis".251 Die Unterwerfungserklärung kann sich über die Inanspruchnahme bestimmter Vereins- oder Verbandseinrichtungen und die Teilnahme an konkreten Wettkämpfen hinaus auch auf den Sportbetrieb außerhalb des Wettkampfgeschehens, also z. B. auf das Training, beziehen. 252 Sogar eine aufgrund von schlüssigem Verhalten erfolgte Unterwerfung eines Sportlers unter die Befugnisse eines Verbandes kann im Einzelfall vorliegen, wenn der Sportler an Wettkämpfen teilnimmt, die unter ausdrücklicher Einbeziehung der Regelungen des veranstaltenden Verbandes stattfinden. 253 Eine rechtsgeschäftliche Bindung an bestimmte Regelwerke kann jedoch nur insoweit entstehen, als der Sportler von der Regelung eines bestimmten Sachverhaltes in zurnutbarer Weise Kenntnis nehmen konnte.m Für die aufgrundrechtsgeschäftlicher Vereinbarungen erzeugte Verbindlichkeit von Regelwerken kommt es damit nicht

249 Siehe § 3 Abs. 1 des Lizenzspielervertrages zwischen dem DFB und den Lizenzspielern: "Der Spieler verpflichtet sich zu sportlichem Verhalten, insbesondere zur Einhaltung aller Regeln des Fußballsports. Die Statuten und Ordnungen des DFB, die in ihrer jeweiligen Fassng die allgemein anerkannten Regeln des deutschen Fußballsports darstellen, wird der Spieler befolgen."; hierzu ausführlich: Buchner, RdA 1982, 1 ff. 250 Vgl. OLG München, SpuRt 1996, 134 - Clenbuterol. m Vgl. hierzu BGH NJW 1995, 586 -Reitsport. 252 Unabhängig hiervon ergibt sich die Bindung außerhalb von Wettkämpfen aber wohl auch aus dem Gedanken des sportlichen "Fair play", wenn sich der Sportler dem Regelwerk des Verbands im Übrigen unterworfen hat, vgl. OLG München, SpuRt 1996, 134- Clenbuterol; Haas/Adolphsen, NJW 1995, 2146 f.; Haas/Adolphsen, NJW 1996, 2351 f. ; Ausgenommen hiervon ist allein die rein private sportliche Betätigung, vgl. BGH NJW 1995, 585- Reitsport; Haas/Adolphsen, NJW 1995, 2148; Haas!Adolphsen, NJW 1996, 2352. 253 Vgl. BGH NJW 1995, 586 - Reitsport; zur Unterwerfung allein durch leistungsorientierte Sportausübung: Haas/Adolphsen, NJW 1995, 2147 f. 254 Vgl. BGH, NJW 1995, 586 -Reitsport; Pfister, Anmerkungen zu BGH NJW 1995, 586 ff., JZ 1995, 466; Haas/Adolphsen, NJW 1996, 2351.

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C. Grundrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

darauf an, ob eine Regelung Satzungsqualität besitzt oder in einer Nebenordnung getroffen wurde. m

2. Die Ausstrahlungswirkung der Grundrechte Die im Bereich des Sports entstehenden Konflikte lösen in der Regel zivilgerichtliche Streitigkeiten aus. Um die Grundrechtspositionen der Beteiligten in diesem Zusammenhang berücksichtigen zu können, müssen sie über die staatsgerichtete, primär abwehrrechtliche Seite hinaus auch Wirkung entfalten. 256 Auf welche Weise die Grundrechte in das Zivilrecht hineinwirken können, ist seit langem umstritten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat lange Zeit die auch von Teilen der Lehre gestützte Auffassung vertreten, daß einige Grundrechte über die Eigenschaft als Freiheitsrechte hinaus"Ordnungsgrundsätze für das soziale Leben"257 seien und ihnen infolgedessen im Privatrechtsverkehr unmittelbare Geltung zukomme. Diese unmittelbare Geltung führe dazu, daß die Grundrechte auch zwischen Privatpersonen eine unmittelbar normative Wirkung entfalteten, welche bestehende Privatrechtsnormen modifiziere oder neue schaffe, unabhängig davon, ob sie zwingenden oder dispositiven Rechts, Generalklauseln oder bestimmte Rechtsnormen, Verbote, Gebote, subjektive Rechte, Schutzgesetze oder Rechtfertigungsgründe seien. Hierfür spräche auch das normative Bekenntnis des Grundgesetzes zum sozialen Rechtsstaat (Art. 20, 28 GG), welches für die Anwendung des Grundgesetzes und anderer Gesetze von grundlegender Bedeutung sei. 258 Der Ansicht von Schwabe zufolge sind die Grundrechte im Rahmen eines Zivilrechtsstreits schon allein deshalb anzuwenden, weil "bei den privatrechtlichen Ansprüchen nichts anderes als staatliche Gewalt in Form von Geboten oder Verboten" 259 vorliege, deren Errichtung und Durchsetzung es ermögliche, daß einzelne Bürger die grundrechtlich geschützten Güter anderer Bürger beeinträchtigten. Die Zivilgerichte seien bei der rechtlichen Beurteilung des Einzelfalles direkt an die grundrechtliehen Aussagen gebunden, da sie mit der Beteiligung an der Beeinträchtigung grundrechtlicher Positionen letztlich eine dem Staat zurechenbare Herrschaft ausübten.260 Soweit sich beide Parteien des Rechtsstreits auf geschützte Rechtspositionen berufen könnten, komme es 255 So Haas!Adolphsen, NJW 1996, 2351; LG München, SpuRt 1995, 166 f.; hierzu auch bereits oben B. IV. 4. a) dd). 256 Allgemein hierzu bereits oben A ll. 257 BAGE 1, 185 (193 f.). 258 Vgl. BAGE 1, 185 (193 f.);Ennecceros-Nipperdey, AT, 1. Halbbd., § 15 ll, 4.). 259 Schwabe, NJW 1973, 230. 260 Schwabe, NJW 1973, 230; ders., Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 213 f.

I. Allgemeines

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darauf an, eine Güter- und Interessenahwägung (ggf. zwischen Grundrechtspositionen) zu treffen. 261 Nach der vom BVerfG und der h. L. vertretenen Auffassung, beanspruchen die Grundrechte für die Entscheidung zivilrechtlicher Streitigkeiten lediglich mittelbare Geltung. Ausgangspunkt hierfür sei, daß die Grundrechte nach modernem Verständnis über ihre primär abwehrrechtliche Funktion gegenüber der öffentlichen Gewalt hinaus auch "eine objektive Wertordnung"262 verkörperten, welche die Geltungskraft der Grundrechte prinzipiell verstärke. Diese Wertordnung gelte "als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts" und gebe "Richtlinien und Impulse für Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung". 263 Im Rahmen zivilrechtlicher Streitigkeiten seien darum die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften entsprechend dieser Wertordnung auszulegen.264 Laut BVerfG finde die von Art. 1 Abs. 3 GG ausgesprochene Bindung der Zivilrechtsprechung an die Grundrechte in der Pflicht zur Beachtung der grundrechtliehen Wertentscheidungen ihren Sinn.265 Beruht das Urteil des Zivilrichters "auf der Außerachtlassung dieses verfassungsrechtlichen Einflusses auf die zivilrechtliehen Normen, so verstößt er nicht nur gegen objektives Verfassungsrecht, indem er den Gehalt der Grundrechtsnorm (als objektiver Norm) verkennt, er verletzt vielmehr als Träger öffentlicher Gewalt durch sein Urteil das Grundrecht, auf dessen Beachtung auch durch die rechtsprechende Gewalt der Bürger einen verfassungsrechtlichen Anspruch hat". 266 Das Zivilrecht sei dem Einfluß des Verfassungsrechts vor allem dort ausgesetzt, wo es auslegungsbedürftige Generalklauseln oder ausfiillungsbedürftige Begriffe enthalte.267 Letztlich dürfe sich jedoch keine der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften Schwabe, Die sogenannte Drittwirkung der Gnmdrechte, S. 107 ff. 7, 198 (205)- Lüth; BVerfGE 73, 261 (269); siehe hierzu bereits oben All. 263 Std. Rspr., vgl. BVerfGE 39, 1 (41)- Fristenlösung, unter Hinweis aufBVerfGE 7, 198 (205)- Lüth; BVerfGE 34, 279 (280). 264 BVerfGE 7, 198 (205)- Lüth; BVerfGE 42, 143 (148); Hesse, VertR, Rdnr. 354 ff.; Pieroth/Schlink Gnmdrechte, § 5 ll., 2.). Diese Auffassung vertritt inzwischen auch das BAG, vgl. BAGE 48, 122 (138 f.); BAGE 52, 88 (97). 265 BVerfGE 7, 198 (206). Im Ergebnis ebenso, jedoch mit etwas anderer Begründung, MD (Darig), Art. I Abs. ill, Rdnr. 131; Jarass!Pieroth, Art. 1, Rdnr. 25. Nach der dort vertretenen Ansicht wird die Pflicht der Zivilgerichte zur Berücksichtigung der Gnmdrechte schwerpunktmäßig mit der grundrechtliehen Schutzpflicht des Staates aus Art. 1 Abs. 1 GG begründet, die es ihm gebiete, die Gnmdrechtsausübung des Einzelnen gerade auch vor Beeinträchtigungen Dritter zu schatzen: Ähnlich auch Starck, JuS 1981, 244 f., unter zusätzlicher Heranziehung des in den Gnmdrechten zum Ausdruck kommenden Menschenbildes. 266 BVerfGE 7, 198 (206 f.); Jarass!Pieroth, Art. 1, Rdnr. 25. 267 Sog. ,,.Einbruchstellen" der Gnmdrechte in das bürgerliche Recht, vgl. BVerfGE 7, 198 (206); BVerfGE 73,261 (269). 261

262 BVerfGE

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C. Gnmdrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

zum Wertsystem der Grundrechte in Widerspruch befinden, sondern müsse "in seinem Geiste ausgelegt werden". 268 Stünden sich dabei Grundrechtspositionen der am Rechtsstreit Beteiligten gegenüber, versage die spezifisch gegenüber der öffentlichen Gewalt bestehende Schrankensystematik der einzelnen Grundrechte. Es sei vielmehr erforderlich, einen "Ausgleich und eine Abwägung der einander entgegenstehenden Rechte nach dem Grade ihrer Schutzwürdigkeit" vorzunehmen. 269 Wie Alex;?70 überzeugend nachgewiesen hat, ist allen dargelegten Auffassungen gemeinsam, daß sie ihre Ergebnisse durch eine Abwägung zwischen den sich im einzelnen Fall gegenüberstehenden (Grundrechts-) Positionen erreichen. Alleinaufgrund dieser Abwägung stellt sich heraus, in welchem Maß die jeweiligen Grundrechtsaussagen im Verhältnis der Bürger zueinander Wirkung entfalten. Jedes Ergebnis, welches durch eine der genannten Konstruktionen erzielt werden kann, ist auch bei Anwendung der anderen Lösungswege möglich. Es kann daher keiner Konstruktion zur Bewältigung der Drittwirkungsfrage vorgeworfen werden, sie würde von vornherein zu ungerechten Ergebnissen führen. Es kommt vielmehr nach jeder der dargestellten Auffassungen letztlich darauf an, wie die im Einzelfall anzustellende Wertung inhaltlich vorgenommen wird und nicht unbedingt darauf, wie sie dogmatisch begründet werden kann.271 Eine eingehende Erörterung der unterschiedlichen Ansätze zur Lösung der Drittwirkungsproblematik muß aus Raumgründen unterbleiben. Soweit es im Rahmen dieser Arbeit auf die Geltung der Grundrechte im Privatrechtsverkehr ankommt, soll von der "Ausstrahlungswirkung"272 grundrechtlicher Wertentscheidungen ausgegangen werden, wie sie vom BVerfG und von der h. L. an268 BVertGE 7, 198 (206)- Lüth; vgl. auch BVerfGE 34,269 (279 ff.), wo es um die Frage ging, ob im Fall der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Rahmen von § 823 Abs. I BGB, entgegen dem Wortlaut des § 253 BGB, ein Schmerzensgeldanspruch über die in § 847 Abs. I BGB genannten Tatbestände hinaus entstehen könne. Das BVertG bejahte diese Frage unter ausfuhrlieber Darlegung und Heranziehung der grundrechtliehen Wertungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. I Abs. I i. V. m. 2 Abs. I GG) Abzugrenzen ist allerdings zwischen der Frage der grundrechtliehen Ausstrahlungswirkung und der Verfassungsmäßigkeit zivilrechtlicher Normen. Letztere hat mit der hier behandelten Frage der Ausstrahlungswirkung nichts zu tun. 269 BVertGE 7, 198 (220); Jarass/Pieroth, Art. I, Rdnr. 27. 270 Alexy, S. 483 f. 271 Vgl. m. w. N. Alexy, S. 483 f., der zudem ein ,,Drei-Ebenen-Modell der Drittwirkung" entwickelt, in welchem nur alle Theorien gemeinsam zur Lösung von Drittwirkungsfluten beitragen können; ähnlich auch: Starck, JuS 1981 , 243, Bockenforde, Staat 1990, 10 f. 272 Jarass!Pieroth, Art. I, Rdnr. 25.

I. Allgemeines

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genommen wird. Vorzugswürdig erscheint diese Ansicht vor allem deshalb, weil sie den eigenständigen Charakter des Privatrechtssystems bewahrt. Die Wirkung der Grundrechte im Privatrecht zu realisieren, bleibt hiernach primär Aufgabe des Gesetzgebers. 273 Im Rahmen der auf unterschiedlichen Maßnahmen der Sportvereine bzw. -verbände basierenden zivilrechtliehen Streitigkeiten sind es häufig die durch die Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Interessen der Sportvereine oder -verbände, welche mit den durch die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) oder den durch die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) geschützten Interessen der Sportler in Konflikt geraten. Nicht ungewöhnlich sind darüber hinaus Fälle, in denen sowohl hinter den Interessen der Gesamtheit als auch hinter den entgegenstehenden Interessen einzelner Mitglieder jeweils die Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 Abs. 1 GG steht. 274

3. Rechtsschutzmöglichkeiten Wenn ein Sportler eine ihm gegenüber verbindliche Maßnahme eines Vereins oder Verbands angreifen möchte, kann er dies im Regelfall entweder aufgrundeiner entsprechenden Satzungsbestimmung oder aufgrundeiner vertraglichen Regelung durch ein "Rechtsprechungsorgan" des Vereins bzw. des Verbands überprüfen lassen.275 Diese Möglichkeit hat in der Regel auch ein Verein, der eine bestimmte Maßnahme eines übergeordneten Verbandes angreifen möchte. 276 Hat der betroffene Sportler oder Verein den verbandsinternen Rechtsmittelzug erfolglos in Anspruch genommen, steht ihm zur Überprüfung der Vereins- oder Verbandsmaßnahme grundsätzlich der Rechtsweg zu den Zivilgerichten offen(§ 13 GVG). 277 Anders ist dies nur, wenn die Beteiligten für diesen Fall eine wirksame Schiedsgerichtsvereinbarung i. S. der §§ 1025 ff. ZPO abgeschlossen haben. 278 273 Stern,

StaatsR Ill/1, S. 1554 f; Hesse, VerfR, Rdnr. 354; Starck, JuS 1981, 244. Vgl. v. Münch!Kunig (Löwer), Art. 9, Rdnr. 23; Taupitz, § 11 A li., 2. a). 275 VgL z. B. satzungsrechtlich: §§ 23 f. der DTB-Satzung i. V. m . der DTBDisziplinarordnung und der DTB-Sportgerichtsverfahrensordnung; § 64 der Spielordnung des Deutschen Basketball Bundes e. V. (DBB) i. V. m. § 3 der DBBRechtsordnung; vertraglich: § 2 des Lizenzvertrages zwischen dem DFB und den Lizenzspielern. 276 Vgl. z. B. satzungsrechtlich: § 5 Abs. 3 der Rechts- und Verfahrensordnung des Hamburger Fußball Verbandes e. V.; vertraglich:§ 2 des Lizenzvertrages zwischen dem DFB und den Lizenzvereinen. 277 VgL Reichertlvan Look, Rdnr. 1698. 278 Hierzu Lindemann, SpuRt 1994, 18 f; Haas!Prokop, SpuRt 1996, 187 ff. 274

6 Krogmann

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C. Gnmdrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

a) Zur gerichtlichen Überprüfung vereins- bzw. verbandsinterner Maßnahmen

Im Regelfall erfolgt die Überprüfung vereins- bzw. verbandsinterner Maßnahmen durch Zivilgerichte. Gegen die gerichtliche Überprüfung der von den Sportverbänden getroffenen Entscheidungen und Maßnahmen könnten vor dem Hintergrund von Art. 9 Abs. 1 GG grundsätzliche Einwände bestehen, da die Vereinigungsfreiheit gerade die freie interne Normsetzung und die Durchsetzung dieser Normen gegenüber den Mitgliedern beinhaltet. 279 Von der Freiheit zur internen Normsetzung auf die grundsätzliche Freiheit von gerichtlicher Kontrolle dieser Tätigkeit zu schließen, wäre jedoch nicht sachgerecht. Auch die Verbandsautonomie muß sich im Rahmen der herrschenden Gesamtrechtsordnung halten und rechtsstaatliche Mindestvorgaben ebenso beachten wie die Freiheitssphäre der Mitglieder. 280 Sie gewährt zunächst nur die Möglichkeit, interne Konflikte zwischen der Vereinigung und ihren Mitgliedern bzw. zu sonstigen Rechtsträgem selbständig und verbindlich zu regeln, ohne daß es insoweit noch auf eine besondere Legitimation durch die Staatsgewalt ankäme. Sollten sich aufgrund der Ausübung dieser Selbstregelungskompetenz Konflikte mit den rechtlich geschützten Interessen anderer ergeben, muß das Spannungsverhältnis zwischen verbandsinterner Rechtsetzung und allgemeiner Rechtsordnung ebenso gerichtlich aufgelöst werden können wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Die Vereinigungsfreiheit beinhaltet mit anderen Worten nicht auch die staatsfreie Lösung von Konflikten, sondern sie räumt den Vereinigungen im Hinblick auf deren interne Angelegenheiten einen "gerichtlich kontrollierten Freiraum"281 ein. Trotz der strikten Trennung von sportlichen und staatlichen Institutionen handelt es sich auch bei dem vom Sportwesen geschaffenen Recht um abgeleitetes Recht. 282 Die Möglichkeit, die zivilgerichtliche Kontrolle von Vereins- oder Verbandsmaßnahmen mittels entsprechender Satzungsbestimmungen vollständig auszuschließen, besteht im Rahmen von Art. 9 Abs. 1 GG nicht. 283 Diese Feststellung beinhaltet jedoch keine Aussage über den Umfang der gerichtlichen Überprüfung der Maßnahmen von Vereinen oder Verbänden. Wenngleich der Vereinigungsfreiheit nicht Hierzu oben unter B IV., 4 a), dd). Vgl. Rbhricht, Satzungsrechtliche und individualrechtliche Absicherung von Zulassungssperren als wesentlicher Bestandteil des DSB-Sanktionskatalogs, S. 13. 281 Vgl. Vieweg, JZ 1984, l70;Baecker, S. 91 ff.;Malatos, S. 11 f.; Reuter, ZGR 1980, 107. 282 So Malatos, S. 10 ff. 283 Vgl. Reichertfvon Look, Rdnr. 1698. Bestinunungen, die den Mitgliedern untersagen, ordentliche Gerichte vor Ausschöpfung eines satzungsmäßig vorgesehenen verbandsinternen Rechtsweges anzurufen, sind allerdings zulässig. vgl. BGHZ 47, 172 (174). 279

280

I. Allgemeines

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entnommen werden kann, daß eine gerichtliche Kontrolle grundsätzlich ausgeschlossen ist, besitzt sie fur den Umfang der gerichtlichen Nachprüfung von Vereinsmaßnahmen eine erhebliche Bedeutung. Hierzu hat sich eine differenzierte Rechtsprechung entwickelt, auf die im Einzelnen eingegangen werden wird.

b) Der Einsatz von Schiedsgerichten i. S. der§§ 1025 f! ZPO Die Einrichtung von Schiedsgerichten i. S. der §§ 1025 ff. ZPO erhält im Sport eine wachsende Bedeutung. Im Gegensatz zu den Rechtsprechungsorganen, die von Vereinen oder Verbändenaufgrund der ihnen von Art. 9 Abs. 1 GG eingeräumten Selbstverwaltungsbefugnis eingerichtet werden (sog. Vereinsgerichte, Sportgerichte etc.)/84 können Schiedsgerichte die staatliche Gerichtsbarkeit ersetzen:28' Die wirksame Einsetzung eines Schiedsgerichts schließt die Möglichkeit aus, den fraglichen Rechtsstreit vor einem ordentlichen Gericht zu fuhren (vgl. § 1027 a ZPO); zudem hat gern. § 1040 ZPO ein Schiedsspruch unter den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils. An die Wirksamkeit schiedsgerichtlicher Vereinbarungen werden jedoch vor allem hinsichtlich der Form des Schiedsvertrages(§ 1027 ZPO) sowie hinsichtlich der Besetzung des Schiedsgerichts (§§ 1028 ff. ZPO) und des Verfahrens vor dem Schiedsgericht(§§ 1034 ff. ZPO) strenge Anforderungen gestellt. 286 Ordentliche Gerichte besitzen nur in sehr beschränktem Umfang die Möglichkeit, schiedsrichterliche Entscheidungen im Rahmen einer Aufuebungsklage nach § 1041 Abs. 1 ZPO nachzuprüfen. An die Grundrechte des Grundgesetzes sind die Schiedsgerichte nur im Rahmen des sog. ordre-pub/icVorbehalts i. S. von§ 1041 Abs. 1, Nr. 2 ZPO gebunden. Dieser bestimmt, daß die Aufbebung eines Schiedsspruchs beantragt werden kann, wenn seine Anerkennung zu einem Ergebnis fuhrt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutsehen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anwendung Siehe hierzu oben B. IV. 4. a) dd). SchauhojJ, SpuRt 1995, 24 f.; Haas!Prokop, SpuRt 1995, 187 ff.; Schimke, Sportrecht, S. 117; Lindemann, SpuRt 1995, 18. Ein Schiedsgericht hat z. B. der DFB für Streitigkeiten mit "seinen ordentlichen Mitgliedern und Streitigkeiten der Mitgliedsverbände untereinander, die sich aus dem Mitgliedschaftsverhältnis ergeben," (§ 16 DFB-Satzung) eingerichtet. Große Beachtung fand auch die Einsetzung des Internationalen Schiedsgerichthofes für Sport (TAS) mit Sitz in Lausanne; hierzu ausfilhrlich Netzle, SpuRt 1995, 89 ff. 286 Im einzelnen hierzu Stein-Jonas (Schlosser), § 1034 ff., vgl. auch BGH NJW 1995, 587 - Reitsport. 284

285 Hierzu

6*

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C. Grundrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

mit den Grundrechten unvereinbar ist. Ob Schiedsgerichte hierdurch in gleicher Weise an die Grundrechtsbestimmungen gebunden werden wie ordentliche Gerichte, ist zumindest zweifelhaft. 287 Gesichert ist aber, daß die Grundrechte "zumindest in ihren Kernbereichen" 288 auch im Schiedsgerichtsverfahren Beachtung finden müssen, um nicht die Möglichkeit einer Aufhebungsklage nach§ 1041 Abs. 1, Nr. 2 ZPO zu eröffnen. Aufgrund der (wohl) geringeren Grundrechtsbindung von Schiedsgerichten besteht die theoretische Möglichkeit, daß Schiedsgerichte im Sportbereich eine Rechtsprechung entwickeln, deren Maßstäbe in Bezug auf die Grundrechte der Beteiligten von den Maßstäben der ordentlichen Rechtsprechung abweichen. Es gibt jedoch keinen Anhaltspunkt dafiir, daß dieses in der Praxis vorkommt. Schiedsgerichte i. S. der §§ 1025 ff. ZPO sind bei ihren Entscheidungen grundsätzlich an das materielle Recht und damit auch an die Grundrechte des Grundgesetzes gebunden. 289 Darüber hinaus finden sich in einigen Schiedsgerichtsverträgen im Sportbereich Klauseln, welche die materielle Bindung des Schiedsgerichts an das deutsche Recht ausdrücklich hervorheben. 290 Es sind darüber hinaus keine Entscheidungen aus dem Sport bekannt, in denen es um die Aufhebung eines Schiedsgerichtsurteils nach § 1041 Abs. 1, Nr. 2 ZPO ging. Im Übrigen zeigt die bisherige Praxis der Schiedsgerichtsverfahren im Bereich des Sports, daß dort auch die Grundrechtspositionen der Beteiligten berücksichtigt werden. 291 Die Möglichkeit, daß ein Schiedsgericht im Bereich des Sports einen Rechtsstreit unter Mißachtung der Grundrechtspositionen der Beteiligten entscheidet und dieses nur in engen Grenzen durch ein ordentliches Gericht nachprüfbar ist, soll daher hier nicht weiter verfolgt werden.

287 So Stein-Jonas (Schlosser), § 1041 m, Rdnr. 27 e; V. Bemuth, S. 15; vgl. aber: LG Bonn, BB 1965, 354 f. für die Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG. 288 ZiJller (Geimer), § 1041 , Rdnr. 62. 289 Dazu Schwab/Walter, Kap. 19 IV., Rdnr. 12. 290 Vgl. insoweit § 7 Abs. 5 des von Haas, Prokop und Niese erarbeiteten Musterentwurfs einer Athletenvereinbarung, in: SpuRt 1996, 189 ff. : "Das Schiedsgericht entscheidet die Streitigkeit in Übereinstimmung mit dem deutschen Recht unter Berücksichtigung der im organisierten Sport geltenden natinalen und internationalen Sportordnungen, soweit diese im Einklang mit dem staatlichen Recht stehen." 291 Vgl. DEB-Schiedsgericht, SpuRt 1994, 258 ff.

II. Die Überprüfung von Versagungsentscheidungen

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II. Die Überprüfung von Versagungsentscheidungen Grundrechtsrelevante Konflikte auf der Basis zivilrechtlicher Streitigkeiten können dadurch entstehen, daß einem Sportler oder einem Verein bzw. einem Verband durch eine Entscheidung eines anderen Vereins oder Verbands die Gewährung eines bestimmten Vorteils versagt wird. Praktisch bedeutsame Beispiele hierfür aus dem Sport sind die Fälle, in denen ein Dachverband einem anderen Verband die Mitgliedschaft verweigert. Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer Konstellationen, in denen ein einem Verein oder Verband bereits zugehöriger Sportler bzw. Verein von diesem eine positive Entscheidung begehrt und nicht erhält. Auf die mit derartigen Ablehnungsentscheidungen verbundenen Probleme soll im Folgenden anband zweier Beispiele eingegangen werden. In diesem Zusammenhang erhalten auch grundrechtliche Wertaussagen Bedeutung.

1. Die Ablehnung von Mitgliedschaftsbewerbern Selbst wenn die satzungsmäßigen Aufnahmevoraussetzungen eines Vereins erfilllt sind, bleibt die Entscheidung darüber, ob ein Mitgliedschaftsbewerber aufgenommen werden soll oder nicht, weiterhin grundsätzlich dem Verein überlassen. 292 Die dieser Entscheidungsfreiheit zugrunde liegende Vereinsautonomie in Art. 9 Abs. 1 GG stellt eine spezielle Variante der von Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten allgemeinen Vertragsfreiheit dar und ist bei der gerichtlichen Überprüfung von Ablehnungsentscheidungen zu berücksichtigen. 293 Auch zugunsten des Bewerbers müssen jedoch ggf. Grundrechtsbestimmungen bzw. deren objektiv-rechtliche Gehalte zur Überprüfung einer Ablehnungsentscheidung einbezogen werden. 294 Dies können die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) oder das Recht zum freien Beitritt zu einer Vereinigung im Rahmen von Art. 9 Abs. 1 GG als speziellere Norm sein. Darüber hinaus kann sich ein Mitgliedschaftsbewerber, dessen Beitritt zu einer Vereinigung seine 292 BGHZ 10I, I93 (200); Palandt (Heinrichs), § 25, Rdnr. IO; Röhricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen. Bestandsaufuahme und Ausblick, s. 79. 293 Vgl. OLG Harnburg WuWIE OLG, 2775 (2776)- Hauptverband ftlr Traberzucht und -rennen; auch die Mitgliedschaft in einer Vereinigung i. S. von Art. 9 Abs. I GG wird durch ein Vertragsverhältnis begründet und fl1llt grundsätzlich in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. I GG, vgl. hierzu: l.Arenz BGB AT,§ 10 Jll.; Baecker, S. 6II MD (Darig), Art. 2, Abs. I, Rdnr. 53; Traub, WRP I985, 594 f. 94 Vgl. BVerfG NJW-RR 1989, 636 - Dynamo Windrad Kassel; KG Berlin, NJW-RR, 1993, 183; Baecker, S. 63, unter Bezugnahme aufBGH v. 12. 12. 1974 KZR 16/72- Roter Anker; Nick/isch, JZ 1976, 105 (109 ff.); Traub, WRP 1985, 594 f.

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C. Gnmdrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

Berufswahl oder seine Berufsausübung betrifft, möglicherweise auch auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen. Im Hinblick auf diese entgegengesetzten Positionen ist zu klären, ob und inwieweit die Entscheidungsfreiheit von Vereinigungen bei der Aufnahme von Mitgliedern bestimmten Einschränkungen unterliegt. a) Zivilrechtliche Vorschriften als Basis für die Prüfung von Ablehnungsentscheidungen

Ein zivilrechtlicher Aufnahmezwang kann sich aus den §§ 826, 249 BGB oder aus § 27 Abs. 1 GWB i. V. m. § 35 Abs. 1 GWB bzw. § 823 Abs. 2 BGB ergeben. Der Sache nach geht es dabei um die Durchsetzung eines zivilrechtliehen Kontrahierungszwanges. 295 Die Anwendung von § 27 Abs. 1 GWB setzt ein Unternehmen, d. h. eine selbständige Betätigung im geschäftlichen Verkehr mit Waren oder gewerblichen Leistungen voraus, welche nicht ausschließlich dem privaten Bereich zugeordnet ist.l96 Dieses Unternehmen muß die Aufnahme in eine Wirtschafts- oder Berufsvereinigung anstreben, d. h. in eine Vereinigung von Unternehmen eines Wirtschafts- oder Berufszweiges, die sich auf freiwilliger Grundlage zum Schutz und zur Förderung ihrer gemeinschaftlichen Wirtschafts- oder Berufsinteressen zusammengeschlossen haben. 297 Zur Anwendung von§ 27 Abs. 1 GWB im Sport kann an die entgeltliche Veranstaltung von Berufssportwettbewerben und die damit zusammenhängenden Aktivitäten wie Vermarktung, Lizenzerteilung usw. angeknüpft werden. So hat beispielsweise das OLG Harnburg hat § 27 Abs. 1 GWB i. V. m. § 35 GWB zugunsten eines Trabrennvereins angewendet, der die Mitgliedschaft im Hauptverband .fiJr Traberzucht und -rennen (IITV) anstrebte.298 Dieser stellt den Zusammenschluß der Vereinigungen dar, die der Traberzucht und dem Trabrennsport dienen. Nach Auffassung des Gerichts sei der HTV als Wirtschaftsvereinigung einzustufen, weil er die gewerbliche Traberzucht fördere und den Trabrennsport im In- und Ausland vertrete, was zumindest auch der 295 § 27 Abs. 1 GWB kann entgegen dessen Wortlaut und unabhängig von einer kartellbehördlichen Verfugung als verschuldensunabhangiger Direktanspruch auf Aufuahme geltend gernacht werden, vgl. OLG Harnburg WuW/E OLG, 2775; Karsten Schmidt, GesellsehR § 24, V. 2.; lmmenga!Mestmticker (Markert), § 27, Rdnr. 47 ff.; Baecker, S. 66 f.; MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 97; AK-GG (Rinken), Art. 9 Abs. 1, Rdnr. 66; v. Mutius, Jura 1984, 193 (199); Palandt (Heinrichs), § 25, Rdnr. 10; kritisch: Nicklisch, JZ 1976, 105 (112) mit der Forderung nach gesetzlicher Regelung in einem Verbandsgesetz; ders., Inhaltskontrolle, S. 34 ff. 196 /mmenga!Mestmacker(Markert), § 27, Rdnr. 12. 297 Vgl. OLG München, WuW/E OLG, 231 ff.; OLG Harnburg WuW/E OLG, 2775 f.; Immenga/Mestmticker(Markert), § 27, Rdnr. 4 ff., l2 ff. 298 0LG Harnburg WuW/E OLG, 2775 ff.

li. Die Überprüfimg von Versagilllgsentscheidilllgen

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Förderung der wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder diene. Das Gericht sah den die Aufnahme in den Verband begehrenden Trabrennverein aufgrund der von ihm gewerblich veranstalteten Trabrennen sowie der im Zusammenhang damit entstehenden Wettumsätze als Unternehmen i. S. des GWB an. In einer anderen Entscheidung hat das BKartA § 27 Abs. 1 GWB im Zusammenhang mit dem Aufnahmebegehren einzelner Berufsboxer in den "Bund Deutscher Berufsboxer e. V." für einschlägig gehalten. 299 Gegenüber solchen Sportverbänden, die eine "Betätigung auf dem Wirtschaftsmarkt, also etwa auf dem Markt für entgeltliche Sportveranstaltungen"300 nicht erkennen lassen, muß ein Aufnahmeanspruch auf§§ 826, 249 BGB gestützt werden. 301 Der Anspruch eines Unternehmens auf Aufnahme in eine Wirtschafts- oder Berufsvereinigung i. S. von § 27 Abs. 1 GWB besteht nach dessen Wortlaut dann, "wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellt und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führt" (§ 27 Abs. 1, Satz 1 GWB). Diese Merkmale sind auf den deliktsrechtlichen Aufnahmeanspruch in § 826 BGB übertragen worden, so daß inzwischen in allen Fällen einheitlich nach einer "an die Vorschrift des § 826 BGB und an die Tatbestandselemente des § 27 GWB angelehnten Formel "302 geprüft wird, ob die Ablehnung eines Bewerbers, auch wenn sie vom Text der Satzung gedeckt werde, "zu einer - im Verhältnis zu bereits aufgenommenen Mitgliedern - sachlich nicht gerechtfertigten und ungleichen Behandlung und unbilligen Benachteiligung eines die Aufnahme beantragenden Bewerbers" führe. 303

299 WuW!E BKartA, 357 ff.; die Unternehmenseigenschaft i. S. des GWB wird allgemein auch filr den DFB illld die Lizenzfußballvereine bejaht, vgl. KG Ber1in WuW!E OLG, 1429 ff.; OLG DüsseldorfWuW/E OLG, 3335 ff.; KG Berlin, ZIP 1996, 803; filr die Oberste Motorradsportkommission: OLG Frankfurt WuW!E OLG, 3015 ff.; filr einzelne Profisport1er: lmmenga/Mestmticker (Immenga), § 1, Rdnr. 79. 300 0LG Frankfurt WuW!E OLG, 2784- Aikido. 301 OLG Frankfurt WuW!E OLG, 2784 f. -Aikido; Immenga/Mestmäcker (lmmenga), § 1, Rdnr. 79.; BGH LM § 38, Nr. 3- Boxsportverband; BGH NJW 1969, 316 (317)Universitätssportclub; vgl. auch BGH v. 2. 12. 1974 (KZR 16/72 - "Roter Anker"); BGHZ 21, 1 (6 f.)- Verband der Dannimporteure; Immenga/Mestmäcker (Mackert), § 27i Rdnr. 52. 02 BGHZ 63, 282 (285) -Rad- illld Kraftfahrerbund Solidarität e. V. 303 BGHZ 63, 282 (285)- Rad- illld Kraftfahrerbillld Solidarität e. V.; vgl. auch: BGH NJW-RR 1986, 583 ff. - Aikido; OLG Frankfurt WuW!E OLG, 2784 f. - Aikido; Emmen"ch, Karte11R, S. 332; Immenga/Mestmticker (Markert), § 27, Rdnr. 52; zur Entwicklilllg der Rspr. bei Nicklisch, JZ 1976, 105 ff.. ; Baecker, S. 64; zum Ein-Platz-Prinzip im deutschen Sportverbandswesen, vgl. oben illlter B. IV. 3. a).

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C. Gnm.drechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

Ob eine sachlich gerechtfertigte Ablehnungsentscheidung vorliegt, muß nach Abwägung der beiderseitigen Interessen beurteilt werden. 304 Der Rechtsprechung kam es in diesem Zusammenhang zunächst darauf an, ob der ablehnende Verband in bezugauf den mit der Mitgliedschaft verfolgten Zweck eine rechtliche oder tatsächliche Monopolstellung innehatte, denn aufgrund der mit einer Monopolstellung verbundenen Machtposition sei ein Verband einem Bewerber gegenüber zur Rücksichtnahme verpflichtet. Ein Monopolverband könne die Aufnahme eines Bewerbers, der alle Aufnahmevoraussetzungen erfulle, nicht ohne triftigen Grund verweigern. 305 Später ließ der BGH das formale Kriterium "Monopolverband" fallen und entschied sich d.afiir, Aufnahmeentscheidungen bereits dann einer gerichtlichen Nachprüfung zu unterziehen, wenn ein Verband "im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine überragende Machtstellung" innehabe "und ein wesentliches oder grundlegendes Interesse am Erwerb der Mitgliedschaft"306 bestehe. Der Grund für die Rechtfertigung eines Aufnahmezwanges sei nämlich weniger die formale Monopolstellung einer Vereinigung als vielmehr das besonders schwerwiegende Interesse des Bewerbers an der Mitgliedschaft in dem betreffenden Verband. Dieses könne ebenso schon bei Verbänden gegeben sein, denen die oben beschriebene soziale Machtstellung zukomme. 307 Diese Überlegungen machen deutlich, worum es bei der Abwägung der Interessen zwischen Vereinigung und Mitgliedschaftsbewerber im Kern geht: Wenn wegen der tatsächlichen Machtstellung eines Verbandes in einem bestimmten Bereich faktisch keine angemessene Ausweichmöglichkeit auf einen anderen Verband existiert und eine sinnvolle Betätigung bzw. Zweckverwirklichung nur über die Mitgliedschaft in dem fraglichen Verband möglich ist, dann ist das Interesse an einer Mitgliedschaft in diesem Verband so groß, daß von der Freiheit der Entschließung zur Mitgliedschaft, wie sie Art. 9 Abs. 1 304 Vgl. BGH WuWIE BGH 1725, 1727- Deutscher Landseer-Club; OLG Harnburg, WuWIE OLG, 2275 (2277) - Hauptverband filr Traberzucht und -rennen; Immenga/Mestmttcker (Markert), § 27, Rdnr. 18. 305 BGH LM § 38, Nr. 3 - Boxsportverband; BGHZ 21 , 1 (6 f.) - Verband der Darmimporteure; selbst in dem Fall, in dem ein Bewerber nicht alle satzungsmäßigen Aufnahmevoraussetzungen erftlllte, waren filr den BGH Fälle denkbar, in denen seine Ab1elmung wegen der Monopolstellung des Verbandes nicht hingenommen werden könne, vgl. BGH NJW 1969, 316 (317)- Universitätssportclub; vgl. auch BGH v. 2. 12. 1974 (K.ZR 16/72 - ,,Roter Anker"). 306 BGHZ 93, 151 (152) - IG-Metall, ausdrücklich unter Hinweis auf BGH NJW 1980, 186 ff. - Harnburger Anwaltsverein, in der dies noch offengelassen worden war; vgl. aber bereits Nicklisch, JZ 1976, 105 (110); vgl. ebenso BGH NJW-RR 1986, 538 f.; OLG DüsseldorfWuWIE OLG, 4318 tf. - Offertenblatt 307 Vgl. BGHZ 93, 151 (152); R6hricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen. Bestandsaufnahme und Ausblick, S. 79 f.

ll. Die Überprüfung von Versagungsentscheidungen

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GG als objektiv-rechtliche Wertentscheidung zugrunde liegt, nicht mehr gesprochen werden kann. Einem Bewerber fehlt dann die Freiheit, über seinen Beitritt oder Nichtbeitritt zur fraglichen Vereinigung selbst zu entscheiden; er ist auf die Mitgliedschaft angewiesen. In diesem Fall muß sein Interesse an der Aufnahme in den Verband gegenüber dem Interesse des Verbandes, sich frei zu entscheiden, besonderes Gewicht erhalten. Sachlich gerechtfertigte Erwägungen können zwar nach wie vor einen Verein oder Verband dazu berechtigen, einen Bewerber abzuweisen; 308 an diese sachliche Rechtfertigung sind aber um so höhere Anforderungen zu stellen, je größer das Machtgefalle zwischen Verband und Bewerber ist. Allerdings darf der betreffenden Vereinigung wegen der ihr im Rahmen von Art. 9 Abs. 1 GG ebenfalls zustehenden Zwecksetzungskompetenz ein gewisser Entscheidungsspielraum nicht genommen werden. Ein Aufnahmeanspruch kann daher zum einen nur bestehen, wenn ein Bewerber die von der Vereinigung aufgestellten Aufnahmevoraussetzungen erfüllt. Zum andem muß die Auslegung von interpretationsfahigen Aufnahmebestimmungen letztlich dem Verband überlassen bleiben. 309 Sollte das Interesse des Bewerbers an der Mitgliedschaft dennoch so erheblich sein, daß er durch die Vorenthaltung der Rechte und Vorteile des Verbandes unbillig benachteiligt würde, kann der Verband zur Aufnahme des Bewerbers gezwungen werden, selbst wenn der Aufnahme des Bewerbers Satzungsbestimmungen der Vereinigung entgegenstehen. Hierzu kann es insbesondere dann kommen, wenn der Bewerber nicht "ohne unverhältnismäßige Opfer" etwa durch Namensänderungl 10 - in der Lage ist, sich den entgegenstehenden Bestimmungen des Verbandes anzupassen. Soweit das Interesse des Vereins an dem mit der Aufnahmebeschränkung verfolgten Zweck gerechtfertigt ist, könnte die Aufnahme des Bewerbers aber beispielsweise auch durch eine Satzungsänderung erreicht werden, die diesen Zweck wahrt, dem Bewerber aber gleichzeitig den Zugang zu den Verbandsvorteilen ermöglicht. 311 Möglich wäre es allerdings auch, den Bewerber nur auf eine unterhalb der Vollmitgliedschaft liegende Assoziierungsmöglichkeit bzw. andere Lösungen zu verweisen, wenn dies ausreiche, seine Interessen angemessen zu befriedigen. 312 Das MachtBGH NJW 1985, 1216; KG Berlin, NJW-RR 1993, 183 f Vgl. BGH NJW-RR 1986, 584 - Aikido; Röhricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen. Bestandsaufnahme und Ausblick, S. 24; Weiland, NJW 1978, 740. 310 Vgl. BGH NJW 1969, 316 (317) - Universitätssportclub; KG Berlin, NJW-RR 1993, 184- Vorspiel Schwuler Sportverein. 311 I. S. einer ,,milderen" Ausgestaltung, vgl. BGHZ 63, 282 (286); BGH NJW-RR 1986, 583 f - Aikido; Röhricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen. Bestandsaufuahme und Ausblick, S. 80 f 308 309

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C. Grundrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

potential eines Verbandes kann es somit rechtfertigen, eine von diesem autonom getroffene Ablehnungsentscheidung, auch wenn sie von seiner Satzung gedeckt wird, gerichtlich zu korrigieren. Der Aufnahmezwang kann auf diese Weise die auf der Machtstellung des Verbandes beruhende fehlende Freiwilligkeit der Entscheidung über Beitritt oder Fernbleiben kompensieren. 313 b) Aufnahmezwang im Sport

Für den deutschen Sportbetrieb ist die Machtstellung einzelner Verbände charakteristisch. Das gilt insbesondere fiir die jeweiligen Landessportbünde mit dem DSB an der Spitze sowie für Spitzenfachverbände wie den DFB oder den DLV etc. In einzelnen Fällen können aber auch einzelne Sportvereine eine besondere soziale Machtstellung einnehmen. Es stellt sich die Frage, ob sich vor diesem Hintergrund Aufnahmeansprüche herleiten lassen. aa) Die Aufnahme in Dachverbände Die ernsthafte, wettkampfmäßige Beteiligung an einer Sportart ist fiir Vereine und die ihnen angehörenden Sportler im Regelfall nur durch die Teilhabe an den durch den entsprechenden Fach- oder Landesverband zur Verfügung gestellten Einrichtungen möglich. Diese umfassen z. B. Grundstücke, Personal oder Sportgeräte, dazu gehört aber auch die Bereitstellung einheitlicher Regelwerke und der dazugehörigen Kontrollinstanzen, durch die ein geordneter Wettkampfbetrieb (auch international) erst ermöglicht wird. Außerhalb derbestehenden Spitzenverbände ist es zudem erheblich schwieriger, finanzielle Zuwendungen aus privaten bzw. öffentlichen Quellen zu erhalten.314 Entsprechendes gilt fiir Verbände, die eine bestimmte Sportart repräsentieren: Für sie ist es nahezu unentbehrlich, sich dem DSB anzuschließen. Der BGH hat dies in seiner Entscheidung zum Rad- und Kraftfahrerbund Solidarität e. V verdeutlicht. Danach übernehme der DSB die zentrale Führungs- und Beratungstätigkeit seiner Mitgliedsorganisationen "in allen 312 Vgl. Nick/isch , JZ 1976, 105 (110), mit Hinweis auf OLG Stuttgart JZ 1972, 491 f - Landespressekonferenz sowie BGH NJW 1970, 378 ff. - Motosportkonferenz; BGH NJW 1980, 186- Harnburgischer Anwaltverein; OLG München WuWIE OLG, 2781 ff. - Trabrennverein. mBGH, NJW 1985, 1216; KG Berlin, NJW-RR 1993, 183; vgl. aber /mmenga!Mestmacker (lvfarkert), § 27, Rdm. 52, wonach im Hinblick auf die besondere Bedeutung der Wettbewerbsfreiheit im Rahmen von § 27 Abs. 1 GWB die Vereinigungsfreiheit geringer gewertet werden sollte. 314 Vgl. BGHZ 63, 282 (287 f.).

ll. Die Überprüftmg von VersagWigsentscheidWlgen

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überverbandliehen und überfachlichen Angelegenheiten"315, wie z. B. beim Abschluß von Verträgen oder bei der Vertretung der Sportvereine und -verbände gegenüber dem Ausland. Eine ganz wesentliche Bedeutung liege in seiner Mitwirkung "bei der finanziellen und sonstigen Förderung der Sportler und Sportverbände durch staatliche oder private Stellen". Darüber hinaus genieße er "aufgrund seiner langjährigen erfolgreichen Arbeit und dank der Tatsache, daß in ihm nahezu alle Sportspitzenverbände der Bundesrepublik organisiert sind", im In- und Ausland allgemeines Ansehen. Die Ausübung des Vereinssports sei damit für einen Verein oder Verband, der nicht dem DSB angehört, "wesentlich erschwert". 316 Grundsätzlich bestehe daher vor allem für jeden Spitzenverband ein ganz erhebliches Interesse daran, als Mitglied im DSB aufgenommen zu werden. Dasselbe gilt für das Verhältnis der Landesfachverbände zu den Landessportbünden. 317 Aus dieser Monopolstellung des DSB bzw. der Landessportbünde folgt aber zugunsten der Sportverbände, die ihre Sportart vertreten wollen, nicht schon ein Aufnahmeanspruch. Der Aufnahme eines Fachverbandes in einen Dachverband kann nämlich das sog. Ein-Platz-Prinzip entgegenstehen, welches sowohl in der Satzung des DSB als auch in einer entsprechenden Fassung in den Satzungen der Landessportbünde verankert ist. 318 Danach kann für eine Sportart, für die bereits ein anerkannter Fachverband Mitglied ist, grundsätzlich kein weiterer Spitzenverband aufgenommen werden. Dies führte in der Vergangenheit in mehreren Fällen dazu, daß der DSB bzw. verschiedene Landessportbünde einigen Fachverbänden die mitgliedschaftliehe Aufnahme mit Hinweis darauf verweigerten, daß ihr Fachgebiet bereits dort vertreten sei. Das sachliche Interesse an der Einhaltung des Ein-Platz-Prinzips wurde in diesen Fällen von der Rechtsprechung grundsätzlich bejaht, da die Mitgliedschaft zweier sportartgleicher Spitzenverbände unter dem Dach eines übergeordneten Verbandes dessen interne Willensbildung und Funktionsfahigkeit beeinträchtigen könne. Sobald die Spitzenverbände miteinander konkurrieren würden, käme dem Dachverband neben seiner eigentlichen Aufgabe, zwischen den Interessen verschiedener Sportarten zu vermitteln, auch die Rolle zu, innerhalb einer Sportart Interessen koordinieren zu müssen. Die Aufnahme zweier Spitzenverbände nebeneinander widerspräche dem Zweck des Dachverbandes und würde überdies eine erhebliche Erweiterung seines Verwaltungsaufwandes erforderlich machen.319 Dennoch hat der BGH im Fall des Rad- und Kraftfahrerbundes SoliBGHZ 63, 282 ff.; vgl. auch den entsprechenden Wortlaut in § 2 der DSB-Satzung. BGH NJW 1975, 771fT. (erweiterte FassWlg zu BGHZ 63,282 ff.). 317 Vgl. OLG Frankfurt, WuWfE OLG, 235 f. -Aikido; BGH, NJW-RR 1986, 583 Aikido. 318 Siehe hierzu bereits oben B. IV. 3. b). 315

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C. Gnmdrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

darität e. V. einen Aufnahmeanspruch nicht grundsätzlich verneint. Wegen des erheblichen Bedürfnisses der Sportverbände an der Aufnahme in den DSB hat er dessen Bedürfnis an der Aufrechterhaltung des Ein-Platz-Prinzips allerdings nur insoweit anerkannt, als weiteren Bewerbern über eine, dem DSB zurnutbare Lösung in der Satzung, ebenfalls die Aufnahme in den DSB gestattet wird. 320 Die Aufnahmeproblematik im Sport hat dadurch erheblich an Brisanz verloren, daß der DSB und die Landessportbünde der Forderung der Rechtsprechung durch interne Regelungen mittlerweile gerecht geworden sind.321 Die in ihrem Zusammenhang angestellten Überlegungen zur Ausgleichung sozialer Machtunterschiede ist dennoch exemplarisch fiir eine Reihe weiterer Fälle verbandsinterner Konflikte, auf die im Folgenden näher einzugehen sein wird. bb) Aufnahmeansprüche gegenüber Sportvereinen? Nach den fiir Aufnahmeansprüche genannten Kriterien richtet sich auch die Frage, ob einzelne Sportvereine zur Aufnahme neuer Mitglieder gezwungen werden können, wenn sie beispielsweise regional die einzigen Anbieter bestimmter Sportarten sind.322 Ob allein mit fehlenden Alternativen im vereinsmäßigen Sportangebot schon ein Aufnahmeanspruch gegenüber einem Sportverein begründet werden kann, ist jedoch zu bezweifeln. Anders als bei Sportvereinen, die einem übergeordneten Fach- oder Regionalverband beitreten wollen, wird dem Einzelnen durch die Verweigerung der Aufnahme, die Möglichkeit zur sinnvollen Verwirklichung in der Regel nicht genommen. Wenngleich die soziale und gesundheitsfordernde Bedeutung sportlicher Betätigung heutzutage nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, bleiben dem Einzelnen außerhalb vereinsmäßiger sportlicher Betätigung genügend Möglichkeiten zur sinnvollen Freizeitgestaltung. Einzelne Sportvereine besitzen darüber hinaus eher als Fachverbände ein sachliches Interesse daran, den Mitgliederbestand zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit zahlenmäßig zu begrenzen. Dieses 319 Vgl. BGHZ 63, 282 (293); OLG Frankfurt, WuW/E OLG, 235 -Aikido; BGH, NJW-RR 1986, 584 • Aikido. 320 Vgl. im Einzelnen BGHZ 63, 282 (293 f.); entsprechend filr die Aufnahme in die Landessportbünde: BGH NJW-RR 1986, 584 - Aikido; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1987,504 -Aikido. 321 Siehe § 3 Nr. 1 der Aufnahmerichtlinien des Hamburger Sportbundes e. V.: "Betreut ein Antragsteller eine Sportart, die art- oder deckungsgleich bereits durch einen Landesfachverband des HSB betreut wird, so kann der Antragsteller, sofern er alle" (... ) "Aufnahmevoraussetzungen erfilllt, mit der Verpflichtung aufgenommen werden, sich binnen 2 Jahren mit dem konkurrierenden Landesfachverband über eine gemeinsame Vertretung im HSB zu einigen." 322 Dazu R6hricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen. Bestandsaufnahme und Ausblick, S. 80; MüKo (Reuter), Vor§ 21, Rdnr. 112.

II. Die Überprüfung von VersagWlgsentscheidWlgen

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zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit zahlenmäßig zu begrenzen. Dieses Funktionsinteresse muß selbst bei Monopolvereinen berücksichtigt werden. Selbst diese werden daher kaum zur Aufnahme neuer Bewerber gezwungen werden können. 2. Ablehnungsentscheidungen der Sportverbände im Rahmen von sog. Lizenzierungsverfahren Ein weiteres Beispiel für Versagungsentscheidungen im Bereich der Sportorganisationen bieten die sog. Lizenzierungsverfahren. In verschiedenen Sportverbänden wird die Vergabe einer "Lizenz" zur Voraussetzung für die Teilhabe an bestimmten verbandseigenen Einrichtungen gemacht. Die bekanntesten Beispiele fur die Durchfuhrung von Lizenzierungsverfahren sind die vom DFB betriebene Fußball-Bundesliga und die Deutsche Eishockey-Liga (DEL). 323 Nach § 1, Nr. 4 des vom DFB erlassenen Lizenzspielerstatuts·(LSpSt) bedürfen Vereine, die Mannschaften der Lizenzligen unterhalten, einer Lizenz des DFB. Diese wird gern. § 14 LSpSt durch den Liga-Ausschuß erteilt, der sich aus gewählten Vertretern der Bundesligavereine zusammensetzt(§§ 15 f. LSpSt). Die Lizenzen der Vereine erlöschen grundsätzlich nach Ablauf eines Jahres (§ 4 LSpSt) und müssen für jede Bundesligasaison neu beantragt werden (§ 8, Nr. 4 LSpSt). Nur mit der Lizenz wird die Betätigung in der jeweiligen Spielklasse und damit die Benutzung der entsprechenden Vereinseinrichtung (Bundesliga bzw. 2. Bundesliga) erlaubt (§ 1, Nr. 4 LSpSt). Durch die Erteilung einer Lizenz werden die Vereine, deren verbandsrechtliche Bindung an den DFB vorher nur über die Mitgliedschaft in den Landesverbänden besteht, außerordentliche Mitglieder des DFB (§ 6, Nr. 3 der DFB-Satzung). 324 Einen anderen Weg geht der Deutsche Eishockey-Bund (DEB). Die Teilnahme an der höchsten deutschen Eishockey-Spielklasse "DEL" wird durch den Abschluß von Franchise-Verträgen zwischen den Vereinen und der Deutschen EishockeyLiga GmbH (DEL-GmbH) gesichert. Die Entscheidung über die Aufnahme in die DEL treffen die geschäftsfuhrenden Organe der DEL-GmbH mit vorheriger Zustimmung eines Beirats, welcher sich aus je einem Vertreter der Franchisem Zu den Wlterschiedlichen Möglichkeiten der Ausgestaltilllg von LizenzieTW1Jisverfahren: Schimke, LizenzieTW1gsverfahren als Vehikel zwn Profitwn, S. 104 ff. 3 Ausführlich zwn DFB-LizenzieTW1gsverfahren: Arens/Scheffer, AR-Blattei, Nr. 1480. 2, Rdnr. 132 ff.; Weiland, NJW 1978, 737; Roth, Die Wirtschaftlichkeitsprüfung als Kernstück einer LizenzieTW1g, S. 118 ff.; von der LizenzieTW1g der Vereine ist im Bereich des DFB die ErteilWlg von Lizenzen an einzelne Spieler zu Wlterscheiden (vgl. §§ 10 ff. LSpSt). Einzelheiten bei Arens/Scheffer, AR-Blattei, Nr. 1480. 2, Rdnr. 158 ff.; zur Rechtmäßigkeit des Lizenzentzuges gegenüber Berufsfußballspielern, vgl. OLG Frankfurt, NJW 1973, 2209 f.; ArbG Gelsenkirchen, NJW 1977, 598 f.

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C. Gnmdrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

Nehmer zusammensetzt. Den Lizenzierungsverfahren beider Einrichtungen, DFB und DEL-GmbH, ist gemeinsam, daß die Erteilung der Lizenz durch die zuständige Organisation von sportlichen, technischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, die ein Teilnehmer erfiillen muß, abhängig gernacht wird. 325 Aufgrund der enormen sportlichen und wirtschaftlichen Bedeutung der Teilnahme an den Berufsfußball- bzw. Berufseishockey-Wettbewerben, birgt die Frage, ob eine Lizenz im Einzelfall erteilt werden soll, ein hohes Konfliktpotential zwischen den Beteiligten. Jeweils zu Saisonbeginn müssen Vereine furchten, keine neue Lizenz durch die zuständigen Organe ihrer Dachorganisation zu erhalten und damit arn Spielbetrieb nicht teilnehmen zu können. 326 a) Die gerichtliche Überprüfung der Lizenzvenveigerung Obwohl die Uzenzerteilung von Seiten des DFB durch einen Lizenz-Vertrag (vgl. § 4, Nr. 1 LSpSt) ausgestaltet wird, ist sie im Ergebnis eine Beitrittsvereinbarung, welche mitgliedschaftliehe Rechte und Pflichten begründet. 327 Im Eishockey dagegen wird durch die von der DEL-GrnbH erteilte Lizenz an Stelle der mitgliedschaftliehen Teilhabe eine rein vertragliche Beteiligung am professionellen Sportbetrieb hergestellt. Ebenso wie beim gerichtlichen Streit um die Aufnahme eines Mitgliedschaftsbewerbers geht es somit bei der Frage, ob eine Pflicht des DFB oder der DEL-GrnbH zur Erteilung der Lizenz besteht, um die Durchsetzung eines zivilrechtliehen Kontrahierungszwanges. Dieser kann sich aufgrund des kartellrechtlichen Diskriminierungsverbots in § 26 Abs. 2 GWB ergeben. 328 Danach dürfen "Vereinigungen von Unternehmen" m Vgl. z. B. § 5 b.) DFB-LSpSt: "Nachweis der sportlichen Qualifikation der Mannschaft." 326 Zuletzt: ,.Fünf müssen noch zittern", in: SZ, Nr. 102 v. 4. 5. 1995, S. 40; zum Entzug einer bereits erteilten Lizenz eines Vereins der 2. Fußball-Bundesliga, vgl. Ständiges Schiedsgericht für Lizvereine, SpuRt 1994, 107 ff. 327 Buchner, RdA 1982, 3; Arens!Scheffer, AR-Blattei, Nr. 1480. 2, Rdnr. 142 ff. 328 So Weiland, NJW 1978, 739; Emmerich, KartellR, S. 318; zur Abgrenzung gegenüber anderen Anspruchsgrundlagen, vgl. Herrmann, WuW 1979, 150; Beachte: Für die Überprüfung der Lizenzversagungsentscheidung im Berufsfußball ist nach dem zwischen den Vereinen und dem DFB abgeschlossenen Schiedsgerichtsvertrag (§ 1) grundsätzlich das Ständige Schiedsgericht/ar Lizenzvere~ne zuständig. Nur soweit diese Zuständigkeit nicht gegeben ist, konunt es zu einer Überprüfung durch ordentliche Gerichte. Letzteres ist z. B. bei Streitigkeiten um die erstmalige Erteilung einer Lizenz der Fall, da hier noch kein wirksamer Schiedsgerichtsvertrag zwischen dem Verein und dem DFB besteht. Allerdings besteht gern. § 7 des Schiedsgerichtsvertrages in jedem Fall das nach § 91 GWB erforderliche Wahlrecht zwischen Schiedsgerichtsverfahren und ordentlichem Rechtsweg; vgl. hierzu auch Vollkommer, RdA 1982, 24 f. sowie LG Frankfurt, NJW 1983, 761 ff., beide allerdings noch unter Zugrundelegung der alten

li. Die Überprüfung von Versagungsentscheidungen

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(... ) "ein anderes Unternelunen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, weder unmittelbar .noch mittelbar unbillig behindern oder gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar unterschiedlich behandeln". Bei den Lizenzligavereinen der Fußball-Bundesliga bzw. beim DFB handelt es sich um Unternehmen bzw. um eine Vereinigung von Unternehmen i. S. des GWB. 329 Dasselbe gilt auch für die Vereine der DEL und die DEL-GmbH. Die Verweigerung der Uzenzerteilung stellt eine Behinderung i. S. von§ 26 Abs. 2 GWB dar, denn sie beeinträchtigt die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit der Vereine. 330 Es kommt somit bei der Überprüfung der Lizenzierungsentscheidung im Ergebnis darauf an, ob die Ablehnung eines Bewerbers eine unbillige Behinderung darstellt oder ob sie im Einzelfall zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung gegenüber anderen Bewerbern führt. Ausgangspunkt für die Lösung dieser Frage ist die im Rahmen des kartellrechtlichen Diskriminierungsverbots in § 26 Abs. 2 GWB vorzunehmende Abwägung zwischen den Interessen der Bewerber und denen der lizenzerteilenden Einrichtung. 331 Bei dieser Abwägung sind neben "der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes" 332 auch die grundrechtlich geschützten Interessen der Beteiligten mit zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen. Auch bei der Kontrolle der Lizenzvergabeentscheidungen geht es letztlich um die Herstellung eines Gleichgewichts zwischen Verbandsautonomie und Machtkontrolle. 333 Grundsätzlich hat daher auch hier das Selbstbestimmungsinteresse des Verbandes, der die Lizenz erteilt, in dem Maß zurückzustehen wie der Verein, der die Lizenz beantragt, auf die Teilhabe an der in Frage stehenden Verbandseinrichtung angewiesen ist. Sportverbände wie der DFB können sich für die Durchführung von Lizenzvergabeverfahren auf den Schutz der Vereinigungsfreiheit berufen, denn die Vergabe von Lizenzen stellt einen Sonderfall der Aufnahme neuer Mitglieder dar. Die freie Entscheidung darüber, nach welchen Kriterien die Lizenzen verteilt werden sollen, steht daher grundsätzlich unter dem Schutz von Art. 9 Abs. Fassung des DFB-Schiedsgerichtsvertrages; neuerdings: Roth, Die Wirtschaftlichkeitskontrolle als Kernstück der Lizenzierung, S. 121 . 329 H. M., vgl. zuletzt KG Berlin, ZIP 1996, 803; OLG Frankfurt, WRP 1985, 503Jägermeister Braunschweig; zur Unternehmenseigenschaft i. S. des GWB auch schon unter I. 330 Dazu Emmerich, KarteliR, S. 305. 331 Vgl. Herrmann, WuW 1979, 157; Emmerich, Karte!IR, S. 305 ff. 332 Emmen·ch, KarteliR, S. 307; OLG Frankfurt, WRP 1985, 503 - Jägermeister Braunschweig; BGH, WuW!E BGH, 1142 (1145)- Volksbühne li. 333 Vgl. Emmerich, KartellR, S. 307.

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C. Grundrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

1 GG. Sie ist Ausdruck der im Rahmen von Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Zwecksetzungskompetenz. 334 Kommt die Teilnahme an einem Wettbewerb wie im Berufseishockey allein auf rechtsgeschäftlicher Basis zustande, ohne daß zugleich eine mitgliedschaftliehe Verbindung begründet wird, ist die freie Entscheidung darüber, ob und nach welchen Kriterien die Teilnahme gestattet werden soll, von der Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) gedeckt.335 Insoweit besteht grundsätzlich ebenfalls die Möglichkeit, die Auswahlkriterien selbst festzulegen. In den Fällen, in denen die Uzenzerteilung mit der Erlangung eines mitgliedschaftliehen Status verbunden wird, beschränkt die Verweigerung der Lizenz die von Art. 9 Abs. 1 GG geschützte Freiheit der Bewerber, einer Vereinigung beizutreten. 336 Die Teilnahme an den Berufssportwettbewerben der verschiedenen Sportarten dient den Vereinen über den sportlichen Aspekt hinaus jedoch auch ganz erheblich zu Erwerbszwecken. Ohne den Erhalt einer Lizenz besteht für einen Verein praktisch keine Möglichkeit, sich im sportlichen Bereich erwerbsmäßig zu betätigen. Bei der Interessenahwägung ist daher insbesondere auch die von Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG geschützte Gewerbefreiheit der Vereine zu berücksichtigen. 337 Wegen der sportlichen und wirtschaftlichen Bedeutung der Teilnahme an den Wettbewerben im Fußball, Eishockey etc. und deren Bedeutung für die Gewerbeausübung der Vereine muß die sachliche Rechtfertigung der Kriterien für die Uzenzerteilung strengeren Maßstäben unterworfen werden als es bei der Aufnahme von Mitgliedern der Fall war. 338 b) Die Zulässigkeif der Lizenzverweigerung am Beispiel der Wirtschaftlichkeitskontrolle

Für die im Rahmen der Lizenzerteilungsverfahren entstehenden Konflikte ist vor allem die bei den Lizenzierungsverfahren im Vordergrund stehende Vgl. hierzu oben tu1ter 1. Allgemein hierzu: v. Münch!Kunig (Kunig), Art. 2, Rdnr. 16. 336 Siehe hierzu oben tu1ter B. IV., 4 a), bb). 337 Dazu Weiland, NJW 1978, 741; zur Geltung von Art. 12 Abs. I GG im Berufssport, vgl. oben Wlter B I.); zur Anwendbarkeit von Art. 12 Abs. 1 GG auf juristische Personen, vgl. Jarrass/Pieroth, Art. 12, Rdnr. 9; v. Münch!Kunig (Gubelt), Art. 12, Rdnr. 6. 338 Hierzu oben 1.; fllr die AnwendWlg der vom BVerfG entwickelten dreistufigen Verhältnismäßigkeitsprüfimg in Bezug auf verbandsinterne Regeltu1gen, Weiland, NJW 1978, 741; offenbar auch: Arens/Jaques, SpuRt 1997,41. Dagegenjedoch überzeugend: Westermann, Verbandsstrafgewalt, S. 91 f.; Stern, Grundrechte der Sportler, S. 155. 334 335

ll. Die Überprüfung von VersagungsentscheidWlgen

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"Wirtschaftlichkeitskontrolle" verantwortlich. 339 Voraussetzung fiir die Lizenzerteilung durch den DFB ist gern. § 5, Buchst. d) LSpSt "der Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsflihigkeit nach den vom DFB erlassenen Richtlinien".

Für diesen Nachweis muß jeder Verein dem DFB eine Reihe von Unterlagen, darunter vor allem seine von einem Wirtschaftsprüfer geprüften Jahresund Zwischenabschlüsse per 30. 6. und 31. 12., eine Planrechnung unter Aufwands- und Ertragsgesichtspunkten vom 1. 1. bis zum 30. 6. und einen Finanzplan fiir das Spieljahr über die Ausgaben und Einnalunen einreichen (§ 8 Nr. 1, Satz 1 LSpSt). Diese Unterlagen werden durch einen vom Liga-Auschuß des DFB und den Lizenzvereinen beauftragten Wirtschaftsprüfer nach Maßgabe der in Anhang Nr. 2 zum LSpSt niedergelegten Richtlinien geprüft (§ 8 Nr. 1, Satz 2 LSpSt). Das Prüfungsverfahren ist in§ 14 a LSpSt festgelegt. Für die Bewerbung und Zulassung zum Spielbetrieb der DEL wurden entsprechende Regelungen in die zwischen der DEL-GmbH und den Franchise-Nehmern abgeschlossenen Franchise-Verträge aufgenommen. Als Kriterien fiir die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Lizenzbewerber werden dessen Vermögenslage und Liquiditätsverhältnisse herangezogen. Die Verm6gens/age muß so gehalten und geordnet sein, daß zum einen das Vereinsvermögen durch den Spielbetrieb der Lizenzabteilung nicht nachhaltig gemindert wird, zum anderen, daß die laufenden und zukünftigen Verpflichtungen aus dem Spielbetrieb erfüllt werden können. Die Liquidität muß im Spielbetrieb insoweit gegeben sein, daß Mittel sowohl zur Ingangsetzung des Spielbetriebs fiir die bevorstehende Runde als auch zur Dekkung von Defiziten aus einer abgelaufenen Runde bereitzustellen sind. 340 Hinter der im Ralunen der beschriebenen Lizenzierungsverfahren vorzunehmenden Wirtschaftlichkeitskontrolle steht das Interesse der jeweiligen Verbände an der Funktionsfähigkeit der von ihnen veranstalteten Wettbewerbe. Die Wirtschaftlichkeitskontrolle soll sicherstellen, daß nur wirtschaftlich gesunde Vereine am Spielbetrieb der jeweils kommenden Saison teilnehmen. 34 1 Es soll insbesondere vermieden werden, daß ein Verein bzw. ein Franchise-Nehmer während einer Spielzeit in Konkurs gerät und seinen Gehalts-, Mietzins- oder 339 Zum Verfahren der Wirtschaftlichkeitskontrolle ausfilhrlich: Roth, Die Wirtschaftlichkeitskontrolle als Kernstück einer Lizenzierung, S. 119 fT. 340 Vgl. Roth, Die Wirtschaftlichkeitskontrolle als Kernstück einer Lizenzierung, S. 122. 341 Dazu Herrmann, WuW 1979, 157 f., der noch zwischen kurz- Wld mittelfristigen Liquiditätsinteressen Wlterscheidet; Roth, Die Wirtschaftlichkeitskontrolle als Kernstück einer Lizenzierung, S. 118.

7 Krogmann

C. Gnmdrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

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sonstigen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, denn damit wäre verbunden, daß dieser Verein seine sportlichen Aktivitäten im Lizenzbereich aufgeben müßte. Wenngleich es übertrieben wäre, anzunehmen, das Ausscheiden einer Mannschaft während einer laufenden Spielzeit könnte den Zusammenbruch des gesamten Spielbetriebs nach sich ziehen, 342 kann man davon ausgehen, daß hiermit zumindest nachteilige sportliche und wirtschaftliche Folgen für den Veranstalter des Wettbewerbs und die übrigen Teilnehmer eintreten würden. Die Ermittlung der sportlichen Rangfolge unter den übrigen Teilnehmern würde komplizierter werden, da einige Mannschaften bereits gegen den ausscheidenden Teilnehmer gespielt haben und andere nicht; es käme zu Unstimmigkeiten im Tabellenbild, die sich negativ auf die Übersichtlichkeit des Wettbewerbs auswirken würden. Das Ansehen des Wettbewerbs beim Publikum und damit auch die Vermarktungsmöglichkeiten und die Sponsorentätigkeiten würden zurückgehen. Hinzu kämen aber auch die wirtschaftlichen Verluste der restlichen Teilnehmer wegen entgangener Einnahmen aus den nicht stattfindenden Spielen.343 Das besondere Interesse der Verbände an der Durchführung einer Wirtschaftlichkeitskontrolle wird damit deutlich. Sie dient im Lizenzsportbereich vor allem der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Wettbewerbe. Verbände, die eine Wirtschaftlichkeitskontrolle durchführen, können sich damit nicht allein auf ihre Zwecksetzungsbefugnis, sondern auf ihre ebenfalls von Art. 9 Abs. 1 GG erfaßte Bestandsschutzgarantie berufen. Hiervon gedeckt ist auch die Festlegung bestimmter Ausschlußfristen, zu denen die entsprechenden Unterlagen einzureichen sind. 344 Wenngleich mit der Wirtschaftlichkeitskontrolle und den darauf basierenden Ablehnungsentscheidungen stets auch eine Beeinträchtigung der grundrechtlich geschützten Interessen der Bewerber verbunden ist, stellt die Wirtschaftlichkeitskontrolle wegen des erheblichen sachlichen Interesses der Sportorganisationen an ihrer Durchführung jedenfalls dann keine unbillige Benachteiligung der Lizenzbewerber i. S. von § 26 Abs. 2 GWB dar, wenn diese die jeweiligen Wirtschaftlichkeitskriterien nicht erfüllen. Darüber hinaus gewährleistet die Verbandsautonomie in Art. 9 Abs. 1 GG auch einen Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Frage, welchen konkreten Anforderungen die Lizenzbewerber im Rahmen der Wirtschaftlichkeitskontrolle ausgesetzt werden sollen. Die Heranziehung der Vermögenslage und der Liquiditätsverhältnisse (s. oben) begegnet insofern keinen rechtlichen Bedenken. Vgl. Weiland, NJW 1978, 738. Siehe Weiland, NJW 1978, 738; "Stoiber Wld Ude sollen helfen", SZ Nr. 294, v. 22. 12. 1994, S. 40. 344 Vgl. LG Frankfurt, NJW 1983,763. 342

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ill. Die gerichtliche Überprüfung von Vereinsstrafen

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Schließlich besitzen aber die lizenzerteilenden Verbände auch einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage, ob ein Lizenzbewerber die konkret an ihn gestellten Anforderungen erfüllt. Der DFB kann also grundsätzlich selbst darüber entscheiden, wann eine "nachhaltige Minderung" des Vereinsvermögens zu besorgen ist. Überprüfungsmöglichkeiten ergeben sich hier nur in engen Grenzen. Eine Lizenzverweigerung, die auf einer fehlerhaften Tatsachen- ermittlung durch das lizenzerteilende Organ beruht, muß jedenfalls nachträglich korrigiert werden können. 345

111. Die gerichtliche Überprüfung von Vereinsstrafen Im Blickpunkt des täglichen Sportgeschehens stehen regelmäßig die von bestimmten Verbandsorganen gegenüber einzelnen Sportlern verhängten Disziplinarmaßnahmen. Diese werden gerade im Bereich der Sportverbände mit zum Teil gravierenden Auswirkungen fiir die Betroffenen ausgesprochen. Das Spektrum der im Sport gebräuchlichen Sanktionen reicht von bloßen Verwarnungen über kurze (auf einen bestimmten Wettkampf bezogene) Zeitstrafen bzw. Ausschlüsse bis hin zu jahrelangen, bisweilen lebenslangen Wettkampfsperren. Eine der schwerwiegendsten Maßnahmen ist der Ausschluß eines Mitglieds aus seinem Verein oder Verband. Nicht selten werden jedoch auch bloße Geldstrafen ausgesprochen. Inwieweit verbandsinterne Sanktionsentscheidungen einer Nachprüfung durch ordentliche Gerichte unterzogen werden können, wurde lange Zeit heftig diskutiert. Vor allem der sog. Bundesliga-Skandal, der nach sich zog, daß mehrere Mannschaften der Fußball-Bundesliga sowie einige Einzelspieler verschiedener Vereine durch das DFB-Sportgericht gesperrt wurden und als Reaktion hierauf Rechtsschutz vor ordentlichen Gerichten suchten, hat dazu gefiihrt, daß über dieses Thema auch im Hinblick auf den Sport ausgiebig diskutiert wurde.346

1. Der Umfang der gerichtlieben Überpriifung von Vereinsstrafen Die Kontrolldichte bezüglich verbandsinterner Sanktionsmaßnahmen wurde in der Vergangenheit stetig erhöht. Zusammengefaßt gilt, daß eine Vereinsstrafe eine hinreichend bestimmte, satzungsmäßige Grundlage besitzen muß, um 145 Hierzu auch Weiland, NJW 1978, 740; StSchG LizV, SpuRt 1994, I 07 ff. Stichtagsprinzip. 146 Vgl. hierzu ausführlich: Rauball, Bwtdesliga-Skandal; Westermann, Verban~s­ strafgewalt; Preis, DB 1971, 1570 ff.; Triffterer, NJW 1975,612 ff.; Burmeister, DÖV 1978, 1 ff.; Röhricht, Satzwtgsrechtliche wtd individualrechtliche Absicherwtg von Zulasswtgssperren als wesentlicher Bestandteil des DSB-Sanktionskatalogs, S. 12 ff.

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C. Grundrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

dem Betroffenen die Möglichkeit zu geben, die Folgen seines Verhaltens richtig einzuschätzen. 347 Darüber hinaus muß bei der Verhängung von verbandsinternen Sanktionen ein an rechtsstaatliehen Grundsätzen ausgerichtetes Verfahren eingehalten werden. Soweit ein bestimmtes Verfahren satzungsmäßig vorgeschrieben ist, darf hiervon nicht abgewichen werden. Dies gilt beispielsweise für Zuständigkeits- und Besetzungsregelungen im Hinblick auf die verbandsinternen Rechtsprechungsorgane, für Regelungen hinsichtlich der Gewährung rechtlichen Gehörs oder der Möglichkeit, sich vor dem Rechtsprechungsorgan des Verbandes durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen. 348 Während der BGH darüber hinaus zunächst prüfte, ob die Sanktionsnorm bzw. die konkrete Maßnahme der zivilrechtliehen Gesetzes- bzw. Sittenwidrigkeitskontrolle der §§ 134, 138 und 826 BGB standhielt/49 hat er im Hinblick auf die Inhaltskontrolle der verbandsinternen Strafnormen eine bedeutsame Ausweitung vorgenommen. So hält er es bei solchen Vereinigungen, die im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine überragende Machtstellung innehaben, für gerechtfertigt, die einer Sanktion zugrunde liegenden Normen auf ihre Vereinbarkeil mit Treu und Glauben i. S. von§ 242 BGB zu untersuchen. 350 Da den Spitzensportverbänden in der Bundesrepublik die erwähnte soziale Machtstellung in der Regel zukommt, 351 besitzt diese Ausweitung der gerichtlichen Prüfungsbefugnisse gerade für deren interne Gerichtsbarkeit gravierende Auswirkungen. Die Überprüfung verbandsinterner Normen am Maßstab von § 242 BGB erfordert eine umfassende Abwägung aller Interessen der am Rechtsverhältnis Beteiligten, bei der insbesondere auch grundrechtlich geschützte Positionen Berücksichtigung finden müssen. Eine solche Interessenahwägung läuft im Ergebnis auf die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Strafnorm hinaus. Damit ist eine Sanktionsregelung daraufhin zu untersuchen, ob sie zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet ist, bei gleicher Wirksamkeit den geringstmöglichen Eingriff zur Erreichung dieses Zwecks darstellt und für den betroffenen Sportler im Einzelfall zurnutbar bzw. angemessen ist. 352 147 H. M., vgl. BGHZ 21, 370 ff.; Reichertlvan Look, Rdnr. 1569 ff.; DLV-RA SpuRt 1996, 68- Clenbuterol; Buchberger, SpuRt 1996, 124 f., m. w. N. 148 Dazu Röhricht, Satzungsrechtliche und individualrechtliche Absicherung von Zulassungssperren als wesentlicher Bestandteil des DSB-Sanktionskatalogs, S. 24 f.;

Weisemann/Spieker, S. 9.

149 Vgl. BGHZ21, 370 (373); BGHZ 29,352 (354); BGHZ 36, 105 (109); BGHNJW 1984, 919; ausfilhrlich hierzu: MüK.o (Reuter), § 25, Rdnr. 24. 150 Vgl. BGHZ 105, 306 (317); BGH NJW 1995, 587- Reitsport; dazu: Vieweg, SpuRt 1995, 100. m Siehe hierzu oben C. ll. 152 Dazu Steiner, Verfassungsrechtliche Probleme des Dopings, S. 60; Vieweg, JZ 1984, 171; ders., Zur Bedeutung der Interessenabwägung bei der gerichtlichen

lli. Die gerichtliche Überprüfung von Vereinsstrafen

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Auch die Beurteilung der aufgrundeiner Strafnonn ausgesprochenen Sanktion oder Maßnahme selbst hat sich geändert. Dies spielt bei solchen Entscheidungen eine Rolle, bei denen dem zuständigen Organ ein Entscheidungsspielraum zur Verfügung steht.m Der BGH stellte zunächst in bezugauf den Ausschluß eines Mitglieds aus einer Vereinigung fest, daß dieser ebenso wie die Ablehnung eines Aufnahmewilligen durch sachliche Gründe gerechtfertigt, also nicht unbillig sein dürfe. 354 Diesen gegenüber der reinen Sittenwidrigkeitskontrolle erweiterten Prüfungsmaßstab hat der BGH allgemein auf die Entscheidungen der Vereins- oder Verbandsgerichtsbarkeit ausgedehnt, so daß inzwischen alle internen Sanktionsentscheidungen von Verbänden mit sozialer Machtstellung auf ihre Billigkeit bzw. Angemessenheil hin zu untersuchen sind. 355 Auch bei der Überprüfung der Sanktionsentscheidungen selbst kommt es somit auf eine Abwägung der gegenüberstehenden Interessen im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung an. 356 Auch hier sind ggf. grundrechtliche Wertaussagen mit einzubeziehen. In bezug auf die Tatsachenfeststellungen, welche einer vereinsinternen Sanktionsmaßnahme zugrunde gelegt werden, ging der BGH nach anfänglicher Zurückhaltung357 zur vollen gerichtlichen Nachprüfung über. Trotz der freiwilligen Unterwerfung der Mitglieder unter die Vereins- oder Verbandsgewalt könne diesen nicht unterstellt werden, sie willigten mit der Unterwerfung zugleich darin ein, "für Taten verantwortlich gemacht zu werden, die sie nicht begangen haben". 358 Der BGH wies in diesem Zusammenhang darauf hin, daß angesichts der großen gesellschaftlichen Macht, welche moderne Verbände heutzutage ausübten, von der Freiwilligkeit des Eintritts ohnehin nicht mehr uneingeschränkt die Rede sein könne. 359 Die mit der unbeschränkten Tatsachenkontrolle durch staatliche Gerichte verbundene Einschränkung der VerKontrolle von Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 39 ff.; ders., SpuRt 1995, 100; Buchberger, SpuRt 1996, 160. 353 Vgl. Vieweg, Zur Bedeutung der Interessenahwägung bei der gerichtlichen

Kontrolle von Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 41 . 354 BGHZ 102, 265 (277); vgl. auch Vieweg, JZ 1984, 171; Röhricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen. Bestandsaufnahme und Ausblick, S. 88. 355 Vgl. BGH NJW 1995, 587 - Reitsport; Lindemann, SpuRt 1994, 17; MüK.o (Reuter), § 25, Rdnr. 36. 356 Dazu Vieweg, JZ 1984, 171; ders., Zur Bedeutung der Interessenahwägung bei der gerichtlichen Kontrolle von Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 38 ff. ; Röhricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen. Bestandsaufnahme und Ausblick, S. 87; Popp, JuS 1980, 803 f. 357 BGHZ 36, 105 (114); BGHZ 47, 381 (384). 358 Vgl. BGH NJW 1984, 919; Reichertfvon Look, Rdnr. 1812; ausführlich: Vieweg, JZ 1984, 167 ff.;Lindemann , SpuRt 1994, 17. 359 Vgl. BGH NJW 1984, 919; zur Freiwilligkeit des Eintritts, vgl. auch schon oben unter C . 11. 1.

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C. Grundrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

eins- bzw. Verbandsautonomie (Art. 9 Abs. 1 GG) müsse hingenommen werden, da den Vereinen hierdurch lediglich die Möglichkeit genommen werde, ihre Maßnahmen auf Sachverhalte zu stützen, die sich "bei objektiver, an rechtsstaatliehen Grundsätzen ausgerichteter Tatsachenermittlung nicht feststellen lassen". 360 Was den Vereinen bliebe, sei die eigenständige und nur in engen Grenzen durch staatliche Gerichte nachprüfbare Subsumtion festgestellter Sachverhalte unter die Tatbestände vereinsinterner Normen, also beispielsweise die Entscheidung darüber, ob ein bestimmtes Verhalten als "sportwidrig" oder "unsportlich" im Sinne selbstgesetzter Regelungen anzusehen sei. Diese eingeschränkte Nachprüfbarkeil hinsichtlich der Subsumtion von Sachverhalten sei der eigentlich wichtige Aspekt der Vereinsautonomie. Sie gewähre den Vereinen die freie interne Gestaltung des Vereinslebens und verhindere, daß es auf staatliche Wertvorstellungen festgelegt werden müsse. 361 Der Übergang zur umfassenden Billigkeitskontrolle bezüglich der Sanktionsmaßnahmen sozialmächtiger Verbände fUhrt jedoch letztlich auch zur Nachprüfung der verbandsintern vorgenommenen Subsumtion. Die Prüfung der Frage, ob eine bestimmte Maßnahme angemessen ist, läßt sich nämlich nur schwer von der Frage trennen, ob diese Maßnahme bzw. die ihr zugrundeliegende Norm überhaupt auf den betreffenden Sachverhalt angewendet werden kann.362 Deutlich wird dies bei Maßnahmen auf der Basis der im Sportbereich häufig vorkommenden konkretisierungsbedürftigen Regelungen, bei denen dem Verband ein Beurteilungsspielraum zur Verfügung steht. Ob es beispielsweise unbillig ist, eine bestimmte Verhaltensweise als "unsportlich" zu bestrafen, läßt sich nicht beantworten, ohne sich damit auseinanderzusetzen, wann ein bestimmtes Verhalten als unsportlich anzusehen ist. Ein verbandsinterner Beurteilungsspielraum besteht somit nur noch in engen Grenzen. 363 Bei der Strafbemessung selbst ist schließlich auch der Grad des Verschuldeos zu berücksichtigen, welches den Sportler bei seinem Normverstoß trifft. Fehlendes Verschulden bzw. Fahrlässigkeit müssen einen Ansatzpunkt für eine Milderung der zu verhängenden Strafe bilden. Eine verschuldeosunabhängige Bestrafung verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. 364 Sind 360 Vgl.

BGH NJW 1984, 919; BGH NJW 1995, 587- Reitsport. Vgl. BGH NJW 1984, 919; Röhricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen. Bestandsaufnahme und Ausblick, S. 86 f. ; Vieweg, JZ 1984, 169. 362 Vgl. R6hricht, Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Entscheidungen. Bestandsaufnahme und Ausblick, S. 86 f.; Vieweg, JZ 1984, 169; ders., SpuRt 1995, 100. 363 Vgl. BGHZ 102, 265 (277); Vieweg, Zur Bedeutung der Interessenahwägung bei der gerichtlichen Kontrolle von Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 45; MüK.o (Reuter), § 25, Rdnr. 35. 364 Vgl. DLV-RA, SpuRt 1996, 67 f.; Prokop, Probleme des Deutschen Leichtathletik-Verbandes bei der Durchsetzung von Sanktionen nach Dopingverstößen, S. 31. 361

III. Die gerichtliche Überprüfung von Vereinsstrafen

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darüber hinaus in den Regelwerken des Vereins oder Verbands, der die Strafe verhängt, besondere StrafzumessWlgsregeln vorhanden, müssen diese bei der EntscheidWlg beachtet werden. 365 Die Rechtsprechung unterscheidet bei der Überprüfung von Verbandsmaßnahmen nicht danach, ob eine mitgliedschaftliehe oder eine individualvertragliche BeziehWlg zwischen dem Verein bzw. dem Verband und dem Sportler besteht. Auch im Verhältnis zu Nichtmitgliedern werden somit vereinsinterne Regelwerke auf ihre inhaltliche Angemessenheil unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) untersucht. 366 Soweit also ein Konflikt auf der Basis einer vertragsrechtliehen Unterwerfung unter die Vereinsgewalt entsteht/67 muß dieser nach den gleichen Kriterien beurteilt werden, wie ein Konflikt auf mitgliedschaftlicher Basis. 2. Die Überprüfung von Dopingsanktionen im besonderen Kaum eine Sportart ist in den letzten Jahren von Negativmeldungen zum Dopingmißbrauch verschont geblieben. 368 Besonders das Verfahren der deutschen Sprinterio Katrin Krabbe hat in diesem Zusammenhang für erhebliches Aufsehen in der Öffentlichkeit gesorgt. a) Formale Anforderungen

Die Androhung länger andauernder Sperren wegen Dopingmißbrauchs muß ebenso wie die Sanktionierung sonstiger Verhaltensweisen als wesentliche Grundentscheidung für das Vereinsleben aus der Satzung Wld nicht aus einer sonstigen Ordnung ohne Satzungsqualität entnommen werden können.369 Vgl. OLG München, SpuRt 1996, 136. BGH NJW 1995, 585- Reitsport; dazu Haas!Prokop, SpuRt 1996, 110; fi1r eine Prüfung anhand des AGB-Gesetzes, jedoch ohne anderes Ergebnis: Röhricht, Satzungsrechtliche und individualrechtliche Absicherung von Zulassungssperren als wesentlicher Bestandteil des DSB-Sanktionskatalogs, S. 18 f. ; Vieweg, Zur Bedeutung der Interessenahwägung bei der gerichtlichen Kontrolle von Verbands-Zulassun8sentscheidungen, S. 39. 3 Hierzu oben unter C. I. 1. 368 Zur begriffiichen und rechtstatsächlichen Einfiihrung in das Thema, vgl. Vieweg, NJW 1991,1511 tT. 369 Vgl. Vieweg, NJW 1992, 2539 f. ; DLV-RA SpuRt 1996, 67; zu beachten ist jedoch, daß es bei der vertraglichen Unterwerfung unter ein Regelwerk nicht auf die Satzungsqualität einer Regelung, sondern allein auf die zurnutbare Möglichkeit von seiner Kenntnisnahme ankommt, vgl. oben C. I. 1. b ). 365

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C. Gnmdrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

Abzusichern ist ein Dopingtatbestand, d. h. eine Festlegung darüber, welches Verhalten eines Sportlers einen Dopingvorwurfüberhaupt begründen kann. Ein Beispiel für eine ausführliche Regelung bieten die von der International Amateur Athletic Federation (IAAF) erlassenen Internationalen Wettkampfbestimmungen (IWB), die gern. § 15 der Satzung des Deutschen LeichtathletikVerbandes (DLV) zum Satzungsbestandteil gemacht wurden. Nach Nr. 60, Ziff. l IWB i. V. m. § 15 der DLV-Satzung wird als Dopingverstoß geahndet: "a) der Befund einer verbotenen Substanz im KlJrpergewebe oder in der Kiirper- flüssigkeif eines Athleten; b) der Gebrauch oder die Nutznießung verbotener Techniken; c) das Geständnis, eine verbotene Substanz oder verbotene Technik gebraucht oder Vorteil daraus gezogen zu haben; d) das Versäumnis oder die Weigerung eines Athleten, sich der Dopingkontrolle zu unterziehen (Regel 56. 1); e) das Versäumnis oder die Weigerung eines Athleten, eine Blutprobe abzugeben; ./) die Unterstützung oder Verleitung anderer beim und zum Gebrauch einer verbotenen Substanz oder Technik bzw. das Geständnis, dies getan zu haben (Regel 56. 3); g) das Handeln mit, Verbreiten, Verteilen und Verkaufen

von verbotenen Substanzen (Regel 56. 4)."

Weitere zum Teil weitergehende spezielle Dopingtatbestände finden sich darüber hinaus in § 79 der DLV-Rechts und Verfahrensordnung (RVO) und in den§§ 5 ff. der Leichtathletik-Ordnung (LAO), welche ebenfalls nach§ 15 der DLV-Satzung zum Satzungsbestandteil gemacht wurden. Hinsichtlich der Frage, was unter "verbotene Substanzen" zu verstehen ist, begnügt sich die Vorschrift mit einem Verweis: Der Begriff "verbotene Substanzen" gern. Nr. 55, Ziff. 3 IWB schließt "die in Liste 1 zu den 'Veifahrensrichtlinien für Dopingkontrollen' aufgeführten ein. Diese Liste wird ständig von der Dopingkommission überprüft und kann von dieser ergänzt oder geändert werden. Eine Ergänzung oder Änderung muß vom Rat genehmigt werden und tritt drei Monate nach der Genehmigung in Kraft."

Ill. Die gerichtliche Überprüfung von Vereinsstrafen

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SatzWlgsmäßig festgelegt ist wiederum der Begriff "verbotene Technik": Dieser beinhaltet laut Nr. 55, Ziff. 7 IWB i. V. m. § 15 der DLV-Satzung "a) Blutdoping b) den Gebrauch von Substanzen und Methoden, die eine Veränderung der Unversehrtheil und der Rechtsgültigkeil der für Dopingkontrollen verwendeten Urin- proben herbeiführen"

Auch diese Vorschrift nimmt weiterführend auf die Liste 2 der "Verfahrensrichtlinien für Dopingkontrollen" Bezug. Soweit also ein Sportler, der an die Regelwerke des DLV gebWlden ist, wegen eines Dopingverstoßes bestraft werden soll, kann der DLV hierfür auf eine Reihe satzungsmäßig festgelegter Tatbestände zurückgreifen. Die weitergehende Bezugnahme auf eine Liste "verbotener Substanzen" oder "verbotener Techniken" außerhalb der Satzung wirft demgegenüber Probleme auf. Die genaue Bezeichnung der Substanzen oder Methoden, deren AnwendWlg einen Dopingverstoß begründet, gehört ebenso zu den verfassungsmäßigen Grundentscheidungen eines Vereins wie die Bezeichnung der Dopingsanktionen. Für die getrennte Auflistung der einzelnen Dopingsubstanzen in einer gesonderten Liste, die weder Satzungs- noch Ordnungsbestandteil ist, sprechen allerdings praktische Erwägungen. 370 Angesichts der immer schneller voranschreitenden EntdeckWlg Wld Entwicklung neuer Substanzen, mit denen eine künstliche LeistWlgssteigefWlg im Sport herbeigeführt werden kann, muß es den Sportorganisationen möglich sein, kurzfristig und effektiv zu reagieren und den Gebrauch neu auftauchender Substanzen zu verbieten. Wenn ein solches Verbot stets nur durch eine Satzungsänderung erzielt werden könnte, würde wegen des damit verbWldenen zeitlichen Aufwandes der Kampf gegen den Dopingmißbrauch bis zur Wirkungslosigkeit behindert werden. Die regelmäßige Einsichtnahme in eine Liste verbotener Substanzen bzw. verbotener Techniken ist dagegen jedem Sportler zuzumuten, und zwar insbesondere auch deshalb, weil auf die Ergänzungs- oder Änderungsbefugnis der IAAF-Dopingkomrnission ausdrücklich satzungsmäßig hingewiesen wird. Außerdem wird dadurch, daß eine Ergänzung der Dopingliste erst drei Monate nach der Genehmigung durch den Rat der IAAF in Kraft tritt, ein zusätzlicher Vertrauensschutz zugunsten der Sportler geschaffen. Vor diesem Hintergrund begegnet die Bezugnahme auf eine Dopingliste außerhalb der Satzung keinen rechtlichen Bedenken. 370 Hierzu Röhricht, Satzungsrechtliche und individualrechtliche Absicherung von Zulassungssperren als wesentlicher Bestandteil des DSB-Sanktionskatalogs, S. 21 ; Buchberger, SpuRt 1996, 124 f., m. w. N.

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C. Gnmdrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

Vielfach existieren in den Satzungen der Sportverbände über die speziellen Regelungen hinaus generalklauselartige Straftatbestände, die einzelne Sanktionen an "unsportliches" oder "vereinsschädigendes" Verhalten von Sportlern anknüpfen. Diese allgernein gehaltenen Tatbestände sind im Hinblick auf ihre Bestimmtheit ebenfalls nicht zu beanstanden, da eine detaillierte Umschreibung jeder als "unsportlich" etc. in Frage kommenden Verhaltensweise praktisch unmöglich sein dürfte. Entscheidend ist allein, daß der betroffene Sportler die Gefahr einer Sanktionierung seines Verhaltens erkennen kann. 37 1 Auf diese Weise wird es den Verbänden möglich gemacht, bestehende Lükken in einem System ausformulierter Dopingnormen zu schließen: Fällt das Verhalten eines Sportlers unter keinen bestimmten Dopingtatbestand, war ihm aber bewußt, daß er dennoch den Grundsätzen eines dopingfreien Sports widersprechen würde, kann er aufgrund einer entsprechenden Generalklausel zur Verantwortung gezogen werden. Als Verstoß "gegen die anerkannten Grundsätze sportlichen Verhaltens" (§§ 1 Abs. 2 b, i. V. rn. 65 ff. RVO) hat es beispielsweise der Rechtsausschuß des DLV im Fall von Katrin Krabbe geahndet, daß verschreibungspflichtige Medikamente, die auf illegalem Weg beschafft worden waren, ohne medizinische Indikation eingenommen und diese Einnahme nicht auf dem dafür vorgesehenen Dopingkontrollbogen angegeben wurden. 372 Aus dem Bestimmtheilserfordernis ergibt sich auch, daß eine Sanktion wegen Dopingmißbrauchs nur dann ausgesprochen werden darf, wenn ein Dopingverstoß, eine verbotene Substanz oder eine Technik vor der Einnahme bzw. der Anwendung durch den Sportler in die entsprechenden Regelungen und Kataloge aufgenommen wurde.373 b) Die SanktionshtJhe

Im Zusammenhang mit der Sanktionierung des Dopingmißbrauchs tauchen grundrechtliche Erwägungen vor allem bei der Frage auf, welches Strafmaß im 371 Vgl. LG München, SpuRt 1995, 167; Kauffmann, Verbandsrechtsprechung im Sport, S. 14. 372 Vgl. DLV-RA SpuRt 1996, 68 f - Clenbuterol; die Nachprüfung derartiger Entscheidungen läuft auf die oben beschriebene gerichtliche Subsumtionskontrolle hinaus. Bei der Prüfung der Frage, ob die Bestrafung wegen unsportlichen Verhaltens sachlich gerechtfertigt war, kommt das Gericht unweigerlich dazu, sich mit den in der Generalklausel verwendeten Begriffen "sportwidrig" usw. auseinanderzusetzen. Deutlich insoweit: LG München, SpuRt 1995, 166; OLG München, SpuRt 1996, 135 (beide zum Fall Katrin Krabbe). 373 Vgl. DLV-RA SpuRt 1996, 68- Clenbuterol.

ill. Die gerichtliche Überprüfung von Vereinsstrafen

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jeweiligen Einzelfall für einen Dopingverstoß verhängt werden kann. Insoweit konunt es darauf an, daß die entgegenstehenden grundrechtlich geschützten Interessen von Verband und Sportler bei der Bemessung der Strafe in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht werden. Zugunsten der Sportverbände flillt ins Gewicht, daß die Verfolgung und Sanktionierung des Gebrauchs leistungssteigernder Mittel der Zwecksetzungsund Zweckverfolgungskompetenz von Vereinigungen im Rahmen von Art. 9 Abs. 1 GG unterliegt.374 Sie hat die Aufrechterhaltung eines fairen und humanen Leistungssports zum Ziel und dient unmittelbar der "Pflege und Förderung des Leistungs-, Breiten- und Freizeitsports", wie beispielsweise der DLV in§ 1 seiner Satzung angibt. 375 Die Entscheidung eines Sportverbandes für die Bekämpfung des Dopingmißbrauchs bewegt sich im Rahmen legitimer Verbandszwecke und ist bei der gerichtlichen Inhaltskontrolle verbandsinterner Dopingvorschriften zu respektieren. 376 Das bedeutet, daß auch die Sanktionierung des Dopingmißbrauchs gegenüber den Verbandsunterworfenen grundsätzlich von der Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG geschützt wird. Ein Gericht, welches die interne Sanktionierung eines Dopingvergehens zu überprüfen hat, kann daher nicht etwa seine eigene Haltung zum Dopingproblem als Maßstab heranziehen. Wird der Gebrauch leistungssteigernder Mittel im Wege eines Ausschlusses oder einer Wettkampfsperre bestraft, können jedoch auch Grundrechte des Sportlers betroffen sein. Während insoweit für die nicht-berufsmäßige Sportausübung die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) in Betracht kommt, können sich Berufssportler zur Überprüfung der ihnen gegenüber verhängten Sanktionen auf ihre Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) berufen.377 Dabei ist zu berücksichtigen, daß berufsmäßig aktiven Sportlern regelmäßig ohnehin nur wenige Jahre zur Verfügung stehen, in denen sich ihre Leistungsfahigkeit aufberuflich nutzbarem Niveau befindet. Vor diesem Hintergrund kann die Verhängung einer lebenslangen Sperre wohl nur in extremen Ausnahmeflillen einer richterlichen Kontrolle standhalSiehe im einzelnen oben llllter B. IV. 4. Siehe auch Buchst. A der "International Olymi.c Charter against doping in sport", ab~edruckt bei Donike!Rauth, Anhang 4. 6 Vgl. Rlihricht, Satzllllgsrechtliche tu1d individualrechtliche Absicherung von Zulassungssperren als wesentlicher Bestandteil des DSB-Sanktionskatalogs, S. 12; Vieweg, Zur Bedeutung der Interessenahwägung bei der gerichtlichen Kontrolle von Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 40; Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Do~inganalytik ?, S. 530 f. 3 7 Vieweg, Zur Bedeutung der Interessenahwägung bei der gerichtlichen Kontrolle von Verbands-Zulassungsentscheidungen, S. 40; Steiner, NJW 1991, 2735 f. 374

375

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C. Grundrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

ten. Sie stellt den größtmöglichen Eingriff in die berufliche Tätigkeit eines Sportlers dar und wirkt für ihn wie ein Berufsverbot. Ob zur Verhängung einer lebenslangen Sperre beispielsweise schon ein wiederholter Verstoß gegen bestimmte Dopingverbote (vgl. Nr. 60, Ziff. 2, Buchst. a, ab. IWB) bzw. das Handeln, Verbreiten, Verteilen und Verkaufen von verbotenen Substanzen (vgl. Nr. 60, Ziff. 2, Buchst. c, i. V. m. Ziff. 1, Buchst. g IWB) ausreicht, muß stark bezweifelt werden. Keinesfalls dürfen hier die näheren Umstände der Tat außer acht gelassen werden. Gleiches gilt aber auch schon für die in Nr. 60, Ziff. 2, Buchst. a.) aa.) IWB festgeschriebene vierjährige Wettkampfsperre, welche bei einer Reihe von Doping-Erstverstößen verhängt werden kann. Auch sie führt zumindest bei älteren Sportlern im Ergebnis dazu, daß diese ihren Beruf nicht länger ausüben können. Die besondere Schärfe einer vierjährigen Sperre liegt ferner darin begründet, daß es damit einem Sportler unmöglich gemacht wird, an den jeweils nächsten Olympischen Spielen teilzunehmen. Obwohl also diese vierjährige Sperre im Rahmen der Internationalen Wettkampfbestimmungen Bestandteil der DLV-Satzung geworden ist, ist sie unverhältnismäßig lang, denn sie ist dazu geeignet, die Laufbahn des Betroffenen faktisch zu beenden. 378 Für Sportarten mit längerfristigen Karrieremöglichkeiten wie Fußball oder Tennis muß dies jedoch nicht automatisch auch gelten, so daß hier eine vierjährige Sperre zumindest nicht von vorneherein ausgeschlossen erscheint. Eine Sperre von zwei Jahren für Doping-Erstverstöße wird demgegenüber in jedem Fall respektiert werden müssen. Wird die Strafe nicht unmittelbar wegen eines Dopingverstoßes ausgesprochen, sondern an ein sonstiges "sportwidriges Verhalten" geknüpft, ist dieses mildernd zu berücksichtigen. Entsprechend verfuhr der DLV-Rechtsausschuß im Fall von Katrin Krabbe, die wegen eines Verstoßes "gegen die anerkannten Grundsätze sportlichen Verhaltens" gern. §§ 1 Abs. 2 b, i. V. m. 71 Abs. 1 RVO mit einer Wettkampfsperre von 12 Monaten belegt wurde. 379 Es kannjedoch auch nicht von vornherein als unzulässig angesehen werden, krasse Fälle sportwidrigen Verhaltens im Einzelfall schärfer zu bestrafen als etwa fahrlässig begangene Dopingverstöße.380 378 So Steiner, VerfassWlgsrechtliche Probleme des Dopings, S. 62 f. ; DL V-RA, SpuRt 1996, 67; OLG München, SpuRt 1996, 138; zwn Konflikt mit den Rege1Wlgen internationaler Verbände, welche den grWldrechtlichen BindWlgen nicht Wlterliegen: Prokop, Probleme des Deutschen Leichtathletik-Verbandes bei der Durchsetzung von Sanktionen nach Dopingverstößen, S. 31 ff.; Steiner, FS f. Stern, S. 511 f. 379 Vgl. DLV-RA, SpuRt 1996, 69; hierzu: LG München, SpuRt 1995, 167 bzw. OLG München, SpuRt 1996, 135. 380 Vgl. OLG München, SpuRt 1996, 136.

N. Die Zulässigkeit sonstiger beschränkender Maßnahmen

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IV. Die Zulässigkeit sonstiger beschränkender Maßnahmen Neben den bisher untersuchten Versagungsentscheidungen und Vereinsstrafen gibt es im Sport eine Reihe weiterer Maßnahmen, mit denen ein Verein oder Verband seine Verhältnisse regeln kann, und die sich auf die Interessen der Betroffenen belastend auswirken können. Wie in den vorangegangenen Abschnitten stellt sich grundsätzlich die Frage, ob und inwieweit hinsichtlich dieser Maßnahmen eine gerichtliche Kontrolle stattfinden kann. Bereits vor den Entscheidungen zur Aufnahme- und Sanktionsproblematik381 hatte der BGH gegenüber solchen vereinsinternen Regelungen eine Inhaltskontrolle i. S. von § 242 BGB durchgefiihrt, welche die "rechtlichen Beziehungen zu Nichtmitgliedern, die seine Einrichtungen benutzen wollen", 382 zum Gegenstand haben. In dem fraglichen Rechtsstreit ging es um eine Regelung des Dachverbandes fiir Traberzucht und Trabrennsport, nach welcher der Besitzwechsel eines Pferdes auf den Tag des Eingangs einer Besitzwechselanzeige beim Verband datiert wurde, sofern nicht der Besitzwechsel innerhalb von acht Tagen nach dem Erwerb gemeldet wurde. Die Bindung des betroffenen Klägers an diese Regelung war rechtsgeschäftlich zustandegekommen, ohne daß jedoch der BGH eine genaue Charakterisierung des Rechtsverhältnisses vornahm. 383 Der Pferdehalter hatte die beschriebene Meldefrist nicht eingehalten und war daraufhin vom Verband nicht mit dem Zeitpunkt des tatsächlichen Besitzübergangs als Besitzer einer von ihm erworbenen Stute anerkannt worden, sondern erst mit dem Zeitpunkt des Eingangs seiner Wechselanzeige. Diese Datierung hatte fiir ihn deshalb nachteilige Konsequenzen, da er dadurch auch nicht als Züchter eines von der Stute geworfenen Fohlens anerkannt wurde, welches zwischen dem tatsächlichen Besitzübergang und dem Eingang der Besitzwechselanzeige zur Welt gekommen war. Hieraus ergaben sich fiir ihn finanzielle Nachteile. 384 Zur Lösung des Konflikts zwischen dem Eigentümer des Pferdes und dem Verband nahm der BGH eine "an den Grundsätzen des§ 242 BGB auszurichtende Inhaltskontrolle" der einschlägigen Verbandsnorm vor. Kernpunkt fiir diese Inhaltskontrolle war die Frage, ob bei der Gestaltung der Meldefrist "die Interessen des beklagten Verbandes und die eines Erwerbers von tragenden Stuten" [... ] "angemessen gegeneinander abgewogen worden" seien bzw. ob es fiir eine etwaige Belastung der Betroffenen "ausreichende sachliche Gründe" gäbe.385 Mit dieser Interessenahwägung legte der BGH den Grundstein 381

Siehe hierzu oben II. und ill.

382 BGH

WM 1972, 1249 (Hervorheb. d. Verf.). Vgl. BGHWM 1972,1249. 384 Zum Sachverhalt im Einzelnen: BGH WM 1972, 1249. 385 BGH WM 1972, 1249. 383

IIO

C. Gnmdrechtsreievante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

für die heutige Praxis der Inhaltskontrolle vereins- bzw. verbandsinterner Normen. Nachdem der BGH im Anschluß an diese Entscheidung die verbandsinternen Bestimmungen hinsichtlich der Aufnahme oder des Ausschlusses von Mitgliedern sowie der Sanktionierung bestimmter Verhaltensweisen einer umfassenden Billigkeits- bzw. Angemessenheitskontrolle unterworfen hatte, 386 kam er zu dem Ergebnis, daß der Regelungsautonomie der Vereinigungen diese Grenze auch im Übrigen gesetzt werden müsse. Seit BGHZ 105, 306 ff. unterzieht der BGH alle vereins- oder verbandsinternen Normen, welche die Rechtsstellung der Mitglieder regeln, einer Kontrolle auf ihre Vereinbarkeit mit Treu und Glauben, soweit diese Normen einem im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich mit einer überragenden Machtstellung ausgerüsteten Verein oder Verband zuzuordnen sind. 387 So wie es diesen Vereinigungen nicht freigestellt werden könne, Bewerber willkürlich abzuweisen, könne es ihnen dem BGH zufolge nicht überlassen bleiben, "ihre Mitglieder willkürlichen oder unbilligen, Treu und Glauben (§ 242 BGB) widerstreitenden Satzungsgestaltungen zu unterwerfen".388 Alle gegenüber Mitgliedern oder Nichtmitgliedern verbindlichen Bestimmungen eines Vereins bzw. eines Verbandes, dem eine gewisse Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich zukommt, unterliegen somit im Ergebnis einer Kontrolle auf ihre Verhältnismäßigkeit 389 Dementsprechend kommt es auch insoweit entscheidend darauf an, die entgegengesetzten grundrechtlich geschützten Positionen miteinander in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen.390 Die umfassende Verhältnismäßigkeitskontrolle interner Regelungen hat fiir Sportverbände weitreichende Wirkungen, was nachfolgend anhand zweier aktueller Problembereiche dargestellt werden soll.

386 Siehe

ausfilhrlich oben Il. und ill. Vgl. BGHZ I05, 306 (3I7 f.); Reichert/van Look, Rdnr. 299 a. 388 BGHZ I05, 306 (3I8); auch hier stellt sich die Frage, inwieweit andere Möglichkeiten der Überprüfung verbandsinterner Regelungen gegeben sind. Eine rechtliche Überprüfung wird vor allem anband des AGB-Gesetzes oder des GWB befürwortet, vgl. Ho.ffmann, SpuRt I996, 74; im Ergebnis wirkt sich dieses jedoch nicht aus, siehe hierzu bereits oben I. I. b) und m. I . 389 Siehe Vieweg, SpuRt I995, 99 f.; Hoffmann, SpuRt I996, 74. 390 Vgl. MüKo (Roth), § 242, Rdnr. 36 ff.; Hoffmann, SpuRt I996, 74. 387

N. Die Zulässigkeit sonstiger beschränkender Maßnahmen

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1. Die Zulässigkeit von Vermarktungsbeschränkungen der Verbände und Vereine gegenüber Sportlern Der finanzielle Bedarf der Sportvereine und -verbände sowie der von Einzelsportlern im Amateur- wie im Profibereich wächst. Demgegenüber reichen Mitgliedsbeiträge oder Zuschauereinnahmen allein heutzutage nicht mehr zur Aufrechterhaltung eines funktionierenden Sportbetriebs aus. Auch die öffentliche SportfOrderung ist nicht in der Lage, den wirtschaftlichen Bedarf des Sports vollständig zu decken. Im Übrigen kann und soll sie nur insoweit hinzukommen, als der Sport nicht selbst zur Beschaffung der erforderlichen Mittel in der Lage ist. 391 Eine im Sport weit verbreitete Möglichkeit zur Beschaffung privater Mittel ist das Sponsoring. Gesponsert werden Sportverbände, -vereine und einzelne Sportler. Der Gesponserte erhält Zuwendungen des Sponsors aufgrund seiner sportlichen Leistungen oder, im Fall von gesponserten Vereinen, aufgrund der Leistungen der bei dem Verein tätigen Sportler.392 Für seine finanziellen oder materiellen Zuwendungen erhält der Sponsor eine vertraglich bestimmte Gegenleistung des Gesponserten. In der Regel besteht diese darin, daß der Gesponserte seinem Sponsor mit Hilfe bestimmter Gegenstände oder Handlungen im Rahmen einer Sportveranstaltung die Möglichkeit zur Eigenwerbung verschafft. Bekanntes Beispiel hierftir ist die Trikot- oder Bandenwerbung im Freizeit- wie im Berufssport. 393 Die Gegenleistung des Gesponserten kann darüber hinaus auch darin bestehen, daß Sportler oder Vereinsvertreter unabhängig von konkreten sportlichen Anlässen, also z. B. in der Werbung, auf Präsentationen, Pressekonferenzen, zu Autogrammstunden oder sonstigen Veranstaltungen des Sponsors erscheinen. Neben dem Verkauf von Femseh-Übertragungsrechten394 391 Subsidiarität der Sportfbrderung, vgl. Achter Sportbericht der BReg, BT-Drs. 11/8459, Abschn. A, Kap. 4. 2. 2.; durch die Erhöhung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung wurde dieses Problem vor kurzem noch verschärft. Diese Beitragserhöhung bereitet vor allem den Vereinen der Fußball-Bundesligen und der Fußball-Regionalligen erhebliche finanzielle Schwierigkeiten, vgl. "Empörung über Erhöhung", SZ Nr. 228, v. 4. 10. 1995, S. 37. 392 Dazu die umfassende Darstellung bei Vieweg, Sponsoring und Sportrecht, SpuRt 1994, S. 6 ff. u. 73 ff.; Brohn/Mehlinger, Bd. II, S. 3 tf.; Mehlinger, SpuRt 1996, 164 f. 393 Allein filr die Trikotwerbung der Fußball-Bundesliga investierten Sponsoren in der Saison 1996/97 insgesamt 51, 18 Mio. DM, vgl. "Spitzenreiter Bayern und Bayer", SZ Nr. 183, v. 9. 8. 1996, S. 36; weitere Beispiele bei Reichert/van Look, Rdnr. 2727; umfassend: Netzle, Der Sportler- Subjekt oder Objekt ?, S. 23 ff.; Brohn!Mehlinger, Bd. ll, S. 6 f. 394 Der Erlös aus dem Verkauf der Fernsehrechte filr die Olympischen Spiele zwischen den Jahren 2000 und 2008 betrug ca. 5 Mrd. Dollar. Damit beträgt der Anteil der Fernseheinnahmen an den Marketingerträgen des IOC 48 %, vgl. "Mit Milliarden Dollar aufeinen schmalen Grat, SZ Nr. 91, v. 19. 4. 1996, S. 18.

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C. Grundrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

gehört das Sponsoring zu den tragenden Säulen der privaten Sportfinanzierung. Im Zusammenhang mit dem Sponsoring kommt es immer häufiger zu Konflikten zwischen den Beteiligten. 39s Ein typisches Beispiel hierfiir sind Streitigkeiten zwischen Vereinen bzw. Verbänden und Sportlern um die Wahrnehmung oder Einschränkung von Vermarktungsinteressen. Zunächst besitzt jeder Verein oder Verband originäre Vermarktungsrechte hinsichtlich des eigenen Namens(§ 12 BGB) und der kommerziellen Nutzung eigener oder gewerbsmäßig gemieteter Werbeflächen wie Spielflächen, Banden, Ausrüstung etc. Bei der kommerziellen Nutzung eigener Logos, Schriftzüge usw. kann darüber hinaus im Einzelfall auch der gewerbliche Markenschutz in Betracht kommen. 396 Ob Vereinigungen ein eigenes Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. I Abs. 1 GG zukommt, 397 kann dahingestellt bleiben, denn solange ein Sportverband die Vermarktung in Bezug auf eigene Werbeflächen, Logos oder den eigenen Namen betreibt, besteht die Gefahr einer Kollision mit den Vermarktungsinteressen der ihm angehörenden Sportler nicht. Jeder Sportverein oder -verband hat zudem ein vitales Interesse daran, die sich im Zusammenhang mit einer Sportveranstaltung bietenden Vermarktungsmöglichkeiten vollständig auszunutzen. Daher beanspruchen Sportvereine oder -verbände weitergehende Vermarktungsbefugnisse für sich, wenn ein Sportereignis umfassend kommerziell verwertet werden soll. Das Interesse der Verbände geht in diesem Fall dahin, auch die nicht in ihrem Eigentum oder die ihnen aufgrundsonstiger spezieller Rechte zustehenden Vermarktungsgegenstände, vor allem die von den Mannschaften oder einzelnen Athleten verwendete Kleidung, Ausrüstung etc. oder sogar die Person des Sportlers selbst, Dritten zum Zwecke der Werbung zur Verfugung zu stellen. Zu diesem Zweck werden von den Verbänden oder den von ihnen beauftragten Agenturen Sponsoringgeschäfte abgeschlossen, die nicht selten mit den Vorstellungen der an dem Sportereignis teilnehmenden Sportler kollidieren, da diese über die Nutzung der sie selbst betreffenden Vermarktungsmöglichkeiten in der Regel selbst entscheiden wollen. 398 m Vgl. zu dem gesamten Fragekreis: Vieweg, Spurt 1994, 8 ff.; Bruhn/Mehlinger, Bd. II, S. 37 ff. 396 Dazu: Schiedsgericht filr den Bereich des DEB, SpuRt 1994, 260; Vieweg, Sponsoring und internationale Sportverbände, S. 78. 397 Vgl. hierzu: Jarass!Pieroth, Art. 2, Rdnr. 31. 398 Zwischen dem Deutschen Schwimm-Verband (DSV) und der Deutschen Wasserball-Nationalmannschaft bzw. den deutschen Wasserspringern entstanden kürzlich Streitigkeiten, als diese ihre Auftritte und Veranstaltungen nicht länger durch die vom DSV eingeschaltete Marketing-Gesellschaft, sondern auf andere Weise finanzieren und dazu eigene Sponsorenverträge abschließen wollten.Vgl. "Das Elend im

IV. Die Zulässigk:eit sonstiger beschränkender Maßnahmen

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Zur Vermeidung solcher Konflikte enthalten einige Verbandsstatuten ausdrückliche Regelungen, mit denen die Vermarktungsmöglichkeiten der Sportler zugunsten des Verbandes eingeschränkt werden, indem sie zu bestimmten Werbemaßnahmen des Vereins oder Verbands verpflichtet werden oder indem ihnen untersagt wird, eigene Vermarktungsaktivitäten zu entfalten. Die Zulässigkeit derartiger Regelungen muß insbesondere auch vor dem Hintergrund der grundrechtlich geschützten Interessen der Beteiligten beurteilt werden. a) Der grundrechtliche Schutz der Vermarktungsinteressen der Sportler Sportler können sich hinsichtlich der Vermarktung ihrer sportlichen Tätigkeit auf einen weitgehenden grundrechtliehen Schutz berufen. aa) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) Die Vermarktungsinteressen der Sportler berühren vorrangig Fragen ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wurde vom BVerfG auf der Grundlage der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) unter besonderer Einbeziehung der Wertgehalte der Menschenwürdegarantie (Art. 1 Abs. 1 GG) entwickelt. Es soll in erster Linie "die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen" schützen, "die sich durch die traditionellen konkreten Freiheitsgarantien nicht abschließend erfassen lassen". 399 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ergänzt die allgemeine Handlungsfreiheit zu einem umfassenden Persönlichkeitsschutz.400 Bei den Fallgruppen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geht es zum einen um den Schutz der Begründung und Ausgestaltung einer privaten Sphäre oder zum anderen um den Schutz der personalen Selbstentfaltung des Einzelnen, was insbesondere die eigene Darstellung in der Öffentlichkeit betreffen kann. 401 Der Schutz der Privatsphäre beinhaltet in erster Linie die Erhebung von Informationen aus der privaten Lebenssphäre. Vorbehaltlich speziell einWasserballbecken", SZ Nr. 204, v. 5. 9. 1994, S. 34; "Eigene Wege", SZ Nr. 53, v. 4./5. 3. 1995, S. 45; weitere Beispiele bei Hoffmann, SpuRt 1996, 73 f.; Vieweg, Sponsoring und Sportrecht, SpuRt 1994, 74 f. 399 BVerfGE 54, 148 (153); BVerfGE 72, 155 (170). 400 BVerfGE 54, 148 (153); vgl. dazu grundsätzlich: v. Münch/Kunig (Kunig), Rdnr. 10 u. Art. 2, Rdnr. 30 ff.; Hdb. d. StaatsR VI (Schmitt Glaeser), § 129, Rdnr. 27 ff.; De~enhart, JuS 1992, 361 ff. 4 1 Vgl. Hdb. d. StaatsR VI (Schmitt Glaeser), § 129, Rdnr. 30 ff.; Degenhart, JuS 1992, 361 tT.;Jarass/Pieroth, Art. 2, Rdnr. 27.

& Krogmann

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C. Gnmdrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

greifender Grundrechte, wie Art. 10 GG (Brief-, Post- und Femmeldegeheimnis) oder Art. 13 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung), soll durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein abgeschirmter Bereich privater Lebensgestaltung geschützt werden. Ohne diesen abgeschirmten Bereich müßte befürchtet werden, daß die freie Entfaltung der Persönlichkeit wegen des psychischen Drucks, der durch die öffentliche Anteilnahme entsteht, gehemmt werden könnte. 402 Die Vermarktung der eigenen Persönlichkeitsaspekte hängt primär mit dem Schutz der eigenen Darstellung in der Öffentlichkeit zusammen. Dieser soll verhindern, daß ein soziales Profil erzeugt wird, welches von den Betroffenen "nicht autorisiert ist und ihren Vorstellungen auch häufig zuwiderläuft". 403 Im Vordergrund steht nicht die Einschränkung der Informationsbeschaffungsmöglichkeiten sondern die Beschränkung der Informationsverwertung. Jeder Einzelne soll nach den Worten des BVerfG "selbst darüber befinden dürfen, wie er sich gegenüber Dritten oder der Öffentlichkeit darstellen will, was seinen sozialen Geltungsanspruch ausmachen soll und ob oder inwieweit Dritte über seine Persönlichkeit verfügen können, indem sie diese zum Gegenstand öffentlicher Erörterungen machen". 404 Die Darstellung der Person in der Öffentlichkeit wird zum einen durch personenbezogene Informationen, zum anderen aber auch allein durch das äußere, physische Bild selbst bestimmt, welches der Einzelne abgibt oder welches sich andere durch die Weitergabe seiner Bildnisse oder Worte machen. Aus diesem Grund gehören insbesondere auch das Recht am eigenen Bild sowie das Recht am eigenen Wort zu den grundrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrechten und sind grundsätzlich vor fremder Verfügung geschützt. 405 Unter diesem Komplex des Persönlichkeitsschutzes ist das Recht des Einzelnen einzuordnen, über Werbung im Zusammenhang mit den eigenen Aspekten der Persönlichkeit selbst zu entscheiden.406 402 BVerfGE 27, 1 (6 f.)- Mikrozensus; 32, 373 (379 ff.)- Krankenakten. 403 Hdb. d. StaatsR VI (Schmitt Glaeser), § 129, Rdnr. 42.

404 BVerfGE 63, 131 (142); vgl. auch BVerfGE 27, 344 ff. - Übersendung von Ehescheidungsakten an eine andere Behörde; hienmter fällt auch das Recht des Einzelnen aufResozialisienmg, vgl. Jarass/Pieroth, Art. 2, Rdnr. 27. 405 Vgl. BVerfGE 34, 238 (246) - Tonbandaufnahme; 35, 202 (220) - Lebach; v. Münch/Kunig (Kunig), Art. 2, Rdnr. 35. 406 Eine Synthese von Privatsphärenschutz und Selbstdarstellungsrecht bildet darüber hinaus das vom BVerfG im Volkszählungsurteil entwickelte ,,Recht auf informationeile Selbstbestimmung". Es kombiniert mehrere der genannten Elemente des Persönlichkeitsschutzes miteinander. Laut BVerfG setzt die freie Entfaltung der Persönlichkeit "unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung den Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speichenmg, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten voraus", vgl. BVerfGE 65, 1 (43); zu dieser Entscheidung im

IV. Die Zulässigkeil sonstiger beschränkender Maßnahmen

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Bei Streitigkeiten zwischen Sportlern und Verbänden in Fragen der Vermarktung geht es darum, ob und inwieweit die einzelnen Persönlichkeitsrechte auch im Privatrechtsverkehr geltend gemacht werden können. Neben der typisch abwehrrechtlichen Zwecksetzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegenüber staatlichen Eingriffen ist auch im Privatrecht ein weiträumiger Persönlichkeitsschutz entwickelt worden. Bereits vor der Entwicklung des allgemeinen Persönlichkeitsgrundrechts durch das BVerfG wurde vom BGH unter ausdrücklicher Heranziehung von Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG ein zivilrechtlicher Schutz der Privatsphäre anerkannt. In der Leserbrief-Entscheidung von 1954 stellte der BGH fest, daß "nachdem nunmehr das Grundgesetz das Recht des Menschen auf Achtung seiner Würde (Art. 1 GrundG) und das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit auch als privates, von jedermann zu achtendes Recht" anerkenne, [.. .] "das allgemeine Persönlichkeitsrecht als ein verfassungsmäßig gewährleistetes Grundrecht angesehen werden" 407 müsse. Unter Hinweis hierauf sprach der BGH später sogar davon, "daß die Bestimmungen in Art. 1 und 2 GrundG, in denen die Unantastbarkeit der Menschenwürde ausgesprochen und das Recht eines jeden auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit anerkannt ist", [... ] "ein Grundrecht gewährleistet, das sich nicht nur gegen den Staat und seine Organe richtet, sondern auch im Privatrechtsverkehr gegenüber jedermann gilt".408 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht sei demzufolge als ein "sonstiges Recht" im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB anzusehen.409 Das BVerfG hat diese Rechtsprechung des BGH anerkannt und mit Hinweis auf die besondere Bedeutung des grundrechtliehen Persönlichkeitsschutzes festgestellt, daß das allgemeine Persönlichkeitsrecht zum festen Bestandteil der Privatrechtsordnung geworden sei. 4 10 Wegen seiner Weite und Unbestimmtheit wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht des§ 823 Abs. 1 BGB als Rahmen- oder als Quellrecht bezeichnet. 411 Inhalt und Umfang des allgemeinen Persönlichkeitsrechts lassen sich nämlich, anders als es bei den überwiegend inhaltlich abgegrenzten sonstigen einzelnen: Hdb. d. StaatsR VI (Schmitt Glaeser), § 129, Rdnr. 42 fT. In Weiterfüluung dieser Rechtsprechung hat das BVerfG darüber hinaus ein ,,Recht auf individuelle Selbstbestimmung" entwickelt, vgl. BVerfGE 72, 155 (170), kritisch dazu: Erman (H. Ehmann), Anhang zu§ 12, Rdnr. 9. 407 BGHZ 13, 334 ff unter Hinweis auf Enneccerus-Lehmann, Schuldrecht, 14. Aufl., § 233 2. c; vgl. auch Brandner, JZ 1983, S. 689 fT. m. w. N. aus der Rspr.; Jarass, NJW 1989, s. 858. 408 BGHZ 24, 72 (76 f.); BGHZ 26, 349 (354)- Herrenreiter. 409 BGHZ 26, 349 (354)- Herrenreiter. 410 BVerfGE 34, 269 (281)- Soraya. 411 Vgl. Schwerdtner, Schutz der Persönlichkeitsrechte des Sportlers, S. 107; Vieweg, Sponsoring und internationale Sportverbände, S. 77.

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C. Gnmdrechtsre1evante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

Schutzgütern des § 823 Abs. 1 BGB der Fall ist, nicht allgemein und abstrakt bestimmen, sondern müssen im Einzelfall konkretisiert werden. Im Gegensatz zu den sonstigen Schutzgütern des § 823 Abs. 1 BGB besitzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht somit auch keinen fest umrissenen Tatbestand, dessen Verletzung zugleich die Rechtswidrigkeit der Verletzungshandlung indizieren könnte. Die Konkretisierung des tatbestandliehen Schutzbereichs und die Feststellung der Rechtswidrigkeit fallen vielmehr zusammen. Um eine rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts i. S. von § 823 Abs. 1 BGB feststellen zu können, ist daher stets eine Güter- und Interessenahwägung erforderlich. 412 Auch die zum zivilrechtliehen Persönlichkeitsschutz ergangene Rechtsprechung trägt der Tatsache Rechnung, daß die Persönlichkeit in doppelter Hinsicht schutzbedürftig ist: Einerseits in Bezug auf den Schutz der Privatsphäre und andererseits im Hinblick darauf, sich frei entfalten zu können. Letzteres wird auch im Privatrecht insbesondere durch den Schutz der selbstbestimmten Darstellung in der Öffentlichkeit gewährleistet, zu der vor allem auch die Vermarktung der eigenen Persönlichkeitssphäre durch Werbung gehört. 413 Dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht im Rahmen von § 823 Abs. 1 BGB stehen verschiedene spezielle Ausprägungen gegenüber. Neben einigen weiteren, in § 823 Abs. 1 BGB ausdrücklich genannten Rechtsgütern wie Leben, Körper, Gesundheit und Freiheit,414 können bestimmte Ehrverletzungen nach den §§ 185 f. StGB strafrechtliche und i. V. m § 823 Abs. 2 oder § 826 BGB auch zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen; bei einer Verletzung des Namensrechts nach§ 12 BGB kann Beseitigung bzw. Unterlassung, in Verbindung mit § 823 Abs.1 BGB ("sonstiges Recht") auch Schadensersatz verlangt werden.415 Für Sportler besitzt vor allem das nach § 22 ff. KUG geschützte Recht am eigenen Bild eine große Bedeutung. 416

Palandt (Thomas), § 823, Rdnr. 184 ff. Jeweils m. zahlr. Nachw. aus der Rspr.: Palandt (Thomas), § 823, Rdnr. 177; Erman (H. Ehmann), Anhang zu § 12, Rdnr. 24, 115 ff.; MüK.o (Schwerdtner), § 12, Rdnr. 215 ff. 414 Siehe Erman (H. Ehmann), Anhang zu§ 12, Rdnr. 22. 415 Vgl. zu allem: Kötz, DeliktsR, S. 222; Erman (H. Ehmann), Anhang zu§ 12, Rdnr. 1 ff. 416 Vgl. insbesondere BGH NJW 1968, 1091 f. - Sammelbilder; BGH NJW 1979, 2203 f. - Fußballkalender; zuletzt: LG Mönchengladbach, SpuRt 1994, 245 f.; Schwerdtner, Schutz der Persönlichkeitsrechte des Sportlers, S.l06 ff., R. Nasse, SpuRt 1995, 145 ff.; Schimke, SportR, S. 163 ff. 412

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IV. Die Zu1ässigkeit sonstiger beschränkender Maßnahmen

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Die speziellen Persönlichkeitsrechte gelten als besondere Erscheinungsformen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Rahmen von § 823 Abs. 1 BGB. 417 Im Unterschied zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht besitzen sie einen fest umrissenen Tatbestand, dessen Verletzung in der Regel zugleich die Rechtswidrigkeit der Verletzungshandlung indiziert. Ein anschauliches Beispiel hierfür bieten die §§ 22 ff. KUG, mit deren Normierung der Gesetzgeber das Spannungsverhältnis zwischen Persönlichkeitsschutz und Öffentlichkeitsinteresse selbst auflösen wollte.418 Die genannten Formulierungen des BGH erwecken den Eindruck, das Gericht gehe - zumindest im Rahmen von § 823 Abs. l BGB - von einer unmittelbaren Drittwirkung des grundrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus. 419 Zu einer unmittelbaren Drittwirkung grundrechtlicher Gewährleistungen im Privatrechtsverkehr kommt es demgegenüber auch im Hinblick auf den Persönlichkeitsschutz grundsätzlich nicht. 420 Selbst wenn man der Menschenwürdegarantie in Art. l Abs. l GG, aus der das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch hergeleitet wird, eine unmittelbare Bindungswirkung im Privatrecht zuerkennen würde,421 müßte dies nicht auch die unmittelbare Drittwirkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts selbst nach sich ziehen. Grundlage des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bleibt vielmehr die allgemeine 417 Vgl. BGHZ 13, 334 (339); BGH NJW 1971, 885 f. ; BVerfGE 35, 202 (224)Lebach; Erman (H. Ehmann), Anhang zu§ 12, Rdnr. 22. 418 Vgl. Erman (H. Ehmann), Anhang zu § 12, Rdnr. 55; Schwerdtner, Schutz der Persönlichkeitsrechte des Sportlers, S. 106 ff.; verletzt wird das Recht am eigenen Bild durch die Verbreitung oder öffentliche Zurschaustellung des Bildnisses einer Person ohne deren Einwilligung. Die damit zugleich indizierte Rechtswidrigkeit der Verletzungshandlung kann nur durch das Eingreifen bestimmter Tatbestände wieder beseitigt werden. Nach § 23 Abs. 1, Nr. 1 KUG dürfen z. B. "Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte" auch ohne die Einwilligung der abgebildeten Person verbreitet werden. Auch die sonstigen in § 23 Abs. 1 KUG genannten Ausnahmetatbestände (Personen als Beiwerk - Nr. 2, Versammlungen und AufZÜge Nr. 3, Kunst oder Wissenschaft- Nr. 4) sind Ausdruck einer vom Gesetzgeber selbst vorgenommenen Interessenabwägung. Vollends wird jedoch auch beim Recht am eigenen Bild nicht auf eine Interessenahwägung im Einzelfall verzichtet. Dies gilt z. B. filr das Tatbestandsmerkmal ,,Person der Zeitgeschichte", vgl. dazu ausführlichErman (H.Ehmann), Anhang zu§ 12, Rdnr. 231 ff. Ebenso wird eine Interessenahwägung dann erforderlich, wenn das Gesetz von der getroffenen Wertentscheidung selbst wiederum Ausnahmen zuläßt. So kann selbst bei Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte die Veröffentlichung untersagt sein, wenn dadurch ein "berechtigtes Interesse des Ab~ebildeten" [... ]"verletzt wird" (§ 23 Abs. 2 KUG). 4 9 ln diesem Sinne Canaris, AcP 1984, S. 203 und 231 ; v. Münch/Kunig (v. Münch), Vorb. Art. 1 - 19, Rdnr. 30; Palandt (Heinrichs), § 242, Rdnr. 7. 420 Siehe bereits oben unter C. I. 2. 421 Vgl. v. Münch/Kunig (Kunig), Art. 1, Rdnr. 27; v. Münch- Vorauflage (v. Münch), Art. 1, Rdnr. 33.

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C. Gnmdrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

Handlungsfreiheit in Art. 2 Abs. 1 GG. Dieser kommt eine solche unmittelbare Drittwirkung nicht zu. 422 Eine privatrechtliche Bindung an die hilialte des allgemeinen Persönlichkeitsgrundrechts aus Art. 2 Abs. 1 i. V. rn. Art. 1 Abs. 1 GG kann somit grundsätzlich nur durch die sog. mittelbare Ausstrahlungswirkung der Grundrechte erzeugt werden, die der hinter den Grundrechten stehenden objektiven Wertordnung auch im Verhältnis von Privatpersonen zueinander Geltung verleiht, indem es auf die Auslegung und Anwendung privatrechtlieber Vorschriften ausstrahlt. 423 Dies gilt auch für den zivilrechtliehen Persönlichkeitsschutz im Rahmen von § 823 Abs. 1 BGB. Trotz dieser Grundrechtsprägung stellt das zivilrechtliche allgerneine Persönlichkeitsrecht ein einfachrechtliches "eigenständiges subjektives privates Recht"424 dar. Für die gerichtliche Feststellung einer rechtswidrigen Verletzung des allgerneinen Persönlichkeitsrechts im Rahmen von § 823 Abs. 1 BGB muß aber auch auf die grundrechtliehen Wertentscheidungen zurückgegriffen werden, die hinter den bei der Abwägung zu berücksichtigenden Interessen stehen. 425 Typischerweise So Jarass, NJW 1989, 857. BVerfG NJW 1991, 2411 f. unter Hinweis auf BVerfDE 7, 198 (206)- Lüth; Jarass, NJW 1989, 862; Brandner, JZ 1983, 689; MüKo (Schwerdtner), § 12, Rdnr. 189, m. Bsp.; zu den dogmatischen Gnmdlagen der mittelbaren Drittwirkung, siehe oben C. I. 2. 424 Sehr ausführlich, insbesondere zu den zivilrechtlich-dogmatischen Besonderheiten: Erman (H. Ehmann), Anhang zu§ 12, Rdnr. 69 ff.; vgl. aber auch Jarass, NJW 1989, 858; Wiese, ZfA 1971, 276; Dürig zufolge habe die staatliche Pivatrechtsprechung mit der Schaffung dieses einfachrechtlichen Instituts der in Art. 1 Abs. 1, Satz 2 GG aufgestellten Verpflichtung der staatlichen Gewalt genügt, die MenschenWÜrde auch gegenüber Angriffen Privater oder gesellschaftlicher Gruppen zu schützen, vgl. MD (Dürig), Art. 1 Abs. 1, Rdnr. 38; ders., Art. 1 Abs. ill, Rdnr. 133 (Schließung einer "Wertschutzlücke"). 425 MüKo (Schwerdtner), § 12, Rdnr. 205; BK (Degenhart), Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rdnr. 122 ff.; kritisch dazu: Erman (H. Ehmann), Anhang zu § 12, Rdnr. 72. Nach dort vertretener Auffassung wird das BVerfD wegen der mangelnden tatbestandliehen Umgrenzung des allgemeinen Persönlichkeitsgrundrechts zur Superrevisionsinstanz. Auch bei der im Rahmen von § 23 KUG vorzunehmenden Interessenahwägung (siehe oben FN 420) kommt es zu einer Berücksichtigung der Ausstrahlungswirkung grundrechtlicher Wertentscheidungen. Zur richtigen Anwendung des Bildnisschutzes nach§ 22 KUG gelangt man nach den Worten des BVerfD im Einzelfall nur, indem bei "der durch § 23 KUG gebotenen Interessenahwägung der Ausstrahlungswirkung der einschlägigen Gnmdrechte hinreichend Rechnung" getragen wird, vgl. BVerfDE 35, 202 (224 f.) - Lebach. Geht es im Rahmen der §§ 23 Abs. 1 KUG um die Bestimmung des Begriffes ,.,Person der Zeitgeschichte" oder um die Feststellung eines "berechtigten Interesses" i.S. von § 23 Abs. 2 KUG, dann müssen auch dabei wiederum die Wertentscheidungen des hinter dem Persönlichkeitsschutz stehenden allgemeinen Persönlichkeitsgrundrechts mit dem hinter dem Öffentlichkeitsinteresse stehenden grundrechtliehen Wertgehalt (z. B. Art. 5 Abs. 1 GG) in Einklang gebracht werden. Das geschieht z. B. durch thematische, zeitliche oder räumliche Beschränkung der Abbildungsfreiheit bei ,,relativen Personen der Zeitgeschichte", die nur durch ein 422

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IV. Die Zulässigkeil sonstiger beschränkender Maßnahmen

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kollidiert der Persönlichkeitsschutz des Einzelnen mit den Wertgehalten der in Art. 5 Abs. 1 GG gewährten Kommunikationsgrundrechte, da häufig insbesondere von Seiten der Medien Persönlichkeitsbilder des Einzelnen in die Öffentlichkeit gelangen. 426 Vor diesem Hintergrund kommt dem Persönlichkeitsschutz im Sport eine erhebliche Bedeutung zu. Er stellt insbesondere sicher, daß jeder Sportler über die Vermarktung seiner Persönlichkeit selbst bestimmen kann. Damit bewahrt der Persönlichkeitsschutz jeden einzelnen Sportler vor der unberechtigten Inanspruchnalune seiner Persönlichkeitssphäre zu Werbezwecken. Zur Persönlichkeitssphäre gehört sein Name (§ 12 BGB), sein Bild (§§ 22 f. KUG), sein Körper, seine Stimme sowie alle sonstigen Ausdrucks- und Erscheinungsformen seiner Persönlichkeit(§ 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG). 427 Jeder Sportler besitzt also grundsätzlich auch die Möglichkeit, über das Anbringen von Werbung am eigenen Körper selbst zu entscheiden.428 bb) Die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) Soweit Sportler ihren Sport als Beruf i. S. von Art. 12 Abs. 1 GG ausüben, 429 fällt darunter auch die mittelbar mit der Sportausübung verbundene kommerzielle Nutzung ihrer Tätigkeit. Das bedeutet, daß sich Berufssportler bei allen gewerblichen Aktivitäten, die mit ihrer beruflichen Sportausübung zusammenhängen, auch auf das Grundrecht der Berufsfreiheit in Art. 12 Abs. 1 GG berufen können. In diesem Zusammenhang kommt insbesondere die Ausnutzung der sich aus der Prominenz eines Sportlers ergebenden Werbemöglichkeiten in Betracht. 430 Dabei ist es unerheblich, ob diese mit der Sportausübung zusammenfällt oder ob sie unabhängig davon vorgenommen wird. Gleichermaßen von Art. 12 Abs. 1 GG geschützt ist daher z. B. die Werbung eines Sportlers an der eigenen Sportkleidung und die Werbung, die unabhängig von der Ausübung des Sports betrieben wird. Darüber hinaus ist auch Sportlern, die zwar einmaliges, besonderes Ereignis das Interesse der Öffentlichkeit erregt haben. Hierzu mit ausftlhrlichen Nachw. aus d. Rspr.: Erman (H. Ehmann), Anhang zu § 12, Rdnr. 221,231 ff.; vgl. auchDegenhart, JuS 1992, 364 f. 426 Vgl. z. B. BVerfGE 34, 269 (282)- Soraya; Beispiele aus dem Bereich Sport bei Schwerdtner, Schutz der Persönlichkeitsrechte des Sportlers, S. I 06 ff. 427 So Vieweg, Sponsoring und internationale Sportverbände, S. 77; Schimke, SportR, S. 163 ff. 428 DazuReichertlvan Look, Rdnr. 2732 b. 429 Zur Einordnung von sportlicher Tätigkeit im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG, vgl. oben BI. 430 Siehe Bruhn!Mehlinger, Bd. li, 12, 47; Ho./Jmann, SpuRt 1996, 75; Vieweg, Sponsoring und internationale Sportverbände, S. 77.

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C. Gnmdrechtsre1evante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

ihren Sport nicht berufsmäßig betreiben, deren Vermarktungsaktivitäten aber zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienen, der Schutz der Berufsfreiheit zuzusprechen. Im übrigen fällt die Eigenvermarktung unter die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit im Rahmen von Art. 2 Abs. 1 GG. b) Das Recht der Verbände bzw. Vereine zur Beschränkung der Vermarktungstätigkeit von Sportlern

Für die Beschränkung von Persönlichkeitsrechten ist von dem Grundsatz auszugehen, daß diese wegen ihrer höchstpersönlichen Natur zwar nicht abgetreten werden können, daß aber die Ausübung von Persönlichkeitsrechten einem anderen gestattet werden kann. 431 Um einzelne Sportler dazu zu verpflichten, eine bestimmte Werbung zu betreiben (z. B. Trikotwerbung für den Vereinssponsor), müssen diese folglich ihre Einwilligung hierzu abgegeben haben. Eine solche Einwilligung liegt vor, wenn ein Sportler die Ausübung seiner Persönlichkeitsrechte, etwa im Rahmen einer arbeitsvertragliehen Vereinbarung mit seinem Verein oder im Rahmen einer individualvertraglichen Abrede mit einem Spitzenverband, gestattet. 432 Problematisch sind die Fälle, in denen ein Verein oder Verband die Ausübung der Persönlichkeitsrechte der Sportler durch sein Regelwerk einschränkt, dem der betroffene Sportler satzungsrechtlich oder vertragsrechtlich unterworfen ist. 433 Dies ist z. B. auch im Nachwuchs- oder im Amateurbereich der Fall.434 Ob und inwieweit die grundrechtlich geschützten Rechte einzelner Sportler zur Vermarktung der eigenen Persönlichkeitsaspekte durch verbandsinterne Regelungen beschränkt werden können, hängt davon ab, ob rechtliche oder sachliche Interessen des Vereins oder Verbands diese Beschränkungen rechtfertigen können und die getroffene Regelung verhältnismäßig ist. 435 431 Vgl. Reichertlvan Look, Rdnr. 2732 d; Vieweg, Sponsoring Wld internationale Sportverbände, S. 81. 432 Vgl. die Beispiele bei Reichert, Sponsoring Wld nationales Sportverbandsrecht, S. 47; Seiter, Vertrags- Wld arbeitsrechtliche Probleme der Werbung durch Spitzensportler, S. 42 fi 433 Vgl. § 5 Abs. 4, Satz 1 der DBB-Vorschriften für die Benutzung von Werbung, nach der das Tragen von WerbWlg "nicht mit einem persönlichen Vorteil für Einzelpersonen (Spieler, Schiedsrichter) verbWlden sein darf'. 434 Vgl. Reichert, Sponsoring und nationales Sportverbandsrecht, S. 48. 435 Vgl. Vieweg, Sponsoring und internationale Sportverbände, S. 83; eine vergleichbare Problematik kann zwischen Verbänden Wld Vereinen entstehen: Populäre Fälle waren in diesem Zusammenhang der Streit des Eishockey-Vereins "ECD lserlolm Senioren e. V." mit dem DEB über die Trikotwerbung für das "Grüne Buch" oder der Konflikt zwischen dem Fußballbundesliga-Verein Eintracht Braunschweig und dem DFB über die Umbenennung des Vereins in "Jägermeister Braunschweig". Der BGH hat es nicht beanstandet, daß der DFB aufgrund einer Satzungsbestimmung, welche

IV. Die Zulässigkeit sonstiger beschränkender Maßnalunen

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Soweit für die Einschränkung von Persönlichkeitsrechten der Sportler die in Art. 9 Abs. 1 GG verankerte Vereinsautonomie herangezogen werden soll, 436 muß differenziert werden. Die Vermarktung eines bestimmten Ereignisses ist keine spezifisch verbandsmäßige Form wirtschaftlicher Betätigung und gehört daher nicht zu dem von Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Selbstverwaltungsbereich einer Vereinigung. Sie fallt grundsätzlich allein unter die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit im Rahmen von Art. 2 Abs. 1 GG. 437 Zu beachten ist jedoch, daß die Gewährleistungen der Vereinigungsfreiheit leerliefen, wenn nicht auch in einem gewissen Maß die Möglichkeit zur Schaffung einer wirtschaftliehen Grundlage davon erfaßt wäre. Unter dem Schutz von Art. 9 Abs. 1 GG steht deshalb beispielsweise die Erhebung von Mitgliedsbeiträgen. 438 Sollte diese Möglichkeit der Mittelbeschaffung jedoch nicht ausreichen, um die Existenz und Funktionsfähigkeit einer Vereinigung abzusichern, muß die in Art. 9 Abs. 1 GG enthaltene Bestandsgarantie die Möglichkeit zur Beschaffung weiterer Mittel gewährleisten. Soweit also im Einzelfall die funktionsgerechte Betätigung einer Vereinigung tatsächlich von der Vermarktung bestimmter Sportereignisse abhängig ist, fallt auch die Vermarktungstätigkeit selbst in den Schutzbereich von Art. 9 Abs. 1 GG. Als Anknüpfungspunkt für ein gerechtfertigtes Interesse an der umfassenden kommerziellen Verwertung eines Sportereignisses hat sich darüber hinaus der Begriff des Veranstalters etabliert. Grundsätzlich stehen alle mit einem Wettkampf, einem Turnier etc. zusammenhängenden Vermarktungsrechte dem Veranstalter dieses Ereignisses zu. Veranstalter ist diejenige Person oder Institution, in deren Händen die organisatorische Vorbereitung und Durchführung sowie die Übernahme des finanziellen Risikos liegt.439 Soweit also ein Verein oder Verband als Veranstalter einer sportlichen Darbietung bzw. eines Wettkampfes auftritt, besitzt er grundsätzlich alle mit diesem Wettkampf im Zusammenhang stehenden Vermarktungsrechte. In aller Regel sind die Vereine oder Verbände die Veranstalter der hier stattfindenden sportlichen Ereignisse. Namensänderungen "zwn Zwecke der Werbung" für lUlZUlässig erklärte, dem Verein die Umbenennung in "Jägermeister Braunschweig" untersagt hat, vgl. BGH, WRP 1985, 500 ff. 436 So Vieweg, Sponsoring und internationale Sportverbände, S. 80. 437 1. V. m. Art. 9 Abs. 1, siehe hierzu ausführlich oben unter B. IV. 4. a) ee); vgl. Reichertlvan Look, Rdnr. 2729 a; ähnlich auch: Bruhn!Mehlinger, Bd. II, S. 41 ff. 438 Siehe hierzu oben unter B. IV. 4. a) cc). 439 Urheberrechtlicher Veranstalterbegriff, vgl. BGH, NJW 1958, 1987 Box-Programmheft; BGH NJW 1990, 2817- Sportübertragungen; Reicherlfvan Look, Rdnr. 2730; Vieweg, Sponsoring und internationale Sportverbände, S. 79; fur Fernsehrechte im besonderen: v. Westerholt, ZIP 1996, 265; Werlhenbruch, ZIP 1996, 1420; in eine ähnliche Richtung geht auch der Rückgriff auf das Recht am eingerichteten oder ausgeübten Gewerbebetrieb, vgl. Vieweg, a. a. 0 .

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C. Gnmd.rechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

Veranstalter der einmal jährlich stattfindenden Deutschen LeichtathletikMeisterschaften oder der ebenfalls einmal jährlich stattfindenden Deutschen Schwimm-Meisterschaften sind beispielsweise die Spitzenfachverbände DLV und DSV. Sie sind grundsätzlich dazu befugt, alle mit den von ihnen veranstalteten Wettkämpfen zusanunenhängenden Vermarktungsrechte zu nutzen. Wenn - wie es häufig vorkonunt - ein Spitzenfachverband einen über einen längeren Zeitraum verlaufenden Wettkampf organisiert, dessen einzelne Teilnehmer aber die wirtschaftliche und organisatorische Verantwortung für dessen einzelne Bestandteile übernehmen, sind demgegenüber diese Vereine als Veranstalter anzusehen. 440 Sie sind es demzufolge auch, die zur konunerziellen Nutzung der einzelnen Wettkämpfe befugt sind.441 Man muß sich in allen Fällen fragen, ob und inwieweit die grundsätzliche Nutzungsbefugnis des Veranstalters einer Sportveranstaltung die auf dem Persönlichkeitsrecht und der Berufsfreiheit bzw. der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit basierenden Interessen der Sportler an der Eigenwerbung überwiegen kann. Als unzulässig sind Regelungen anzusehen, durch die ein Verein oder Verband den ihm unterworfenen Sportlern pauschal jegliche Werbung, und zwar sowohl im sportlichen als auch im privaten Bereich, verbieten will. Im privaten Bereich ist eine Einschränkung der Werbemöglichkeiten nur dann zulässig, 440 Ein Beispiel hierfür bietet der berufsmäßig betriebene Fußball unter der Leitung des DFB: Im DFB-LSpSt werden die Bundesliga und die 2. Bundesliga als "Vereinseinrichti.Ulgen des DFB" bezeichnet(§ 1 Nr. 3). Darüber hinaus übernimmt der DFB mit der Durchfil.hrung der Lizenziefl.lllgsverfahren, der Erstellung der Spielpläne und der Bereitstellung der Schiedsrichter maßgebliche organisatorische Aufgaben, die das Gelingen der zwischen den Vereinen stattfmdenden Wettkämpfe gewährleisten. Als Veranstalter im Sinne der oben gegebenen Definition sind jedoch, zumindest beztlglich der einzelnen Spiele der Bundesliga und der 2. Bundesliga, die jeweils gastgebenden Vereine anzusehen. Sie tragen die organisatorische Verantwortung und vor allem das unternehmensehe Risiko hinsichtlich der Begegnungen und sind gegenüber dem DFB fitr deren Abwicklung entsprechend den DFB-internen und den gesetzlichen Bestimmungen (Polizeirecht, Baurecht, etc.) verantwortlich (vgl. z. B. § 20 Abs. 1 der Durchfahrungsbestimmungen jar die Bundesspiele ); dies gilt auch fitr die Spiele in den verschiedenen Europapokalwettbewerben UEFA-Pokal, Pokal der Pokalsieger und Pokal der Landesmeister ("Champions League"); ausfUhrlieh hierzu: Werthenbruch , ZIP 1996, 1420 ff; siehe auch Reichertlvan Look, Rdnr. 2730. 441 Eine aktuelle kartellrechtliche Problematik in einigen Sportarten beruht darauf, daß in verschiedenen verbandsinternen Statuten die Befugnis zur Vermarkti.Ulg der jeweiligen sportlichen Ereignisse abweichend von der tatsächlichen Veranstalterstellung geregelt ist. Gern. § 3, Nr. 2 des DFB-LSpSt besitzt z. B. der DFB (und nicht die Vereine) "das Recht, über Fernseh- und Rundfunkübertragungen von Bundesspielen und internationalen Wettbewerbsspielen mit Lizenzligamannschaften Verträge zu schließen"; vgl. hierzu: BKartA, SpuRt 1995, 119 f.; KG Berlin, ZIP 1996, 801 ff.; Stockmann, ZIP 1996,413 ff.

IV. Die Zulässigkeit sonstiger beschränkender Maßnalunen

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wenn sie sich auf Konkurrenzunternehmen der Vereinssponsoren bezieht. 442 Zu berücksichtigen ist auch, ob die fraglichen Bestimmungen vor oder nach der Unterwerfung des Sportlers unter das Regelwerk aufgestellt wurden. Wurden sie hinterher aufgestellt, ist der Sportler schutzbedürftiger als er es wäre, wenn er sich bei der Unterwerfung der einzelnen Beschränkungen bewußt war. 443 Darüber hinaus kommt es auch darauf an, wie sehr die Finanzierung des Vereins oder Verbands zur Aufrechterhaltung seiner Funktionsfähigkeit notwendig ist. Je mehr ein Verband reine Amateur- bzw. Breitensportaktivitäten zu unterhalten hat, desto geringer fallt das wirtschaftliche Interesse an einer Eigenvermarktung ins Gewicht. 444 Das Interesse, den jeweiligen Sportlern eigene Werbung zu untersagen, kann jedoch sehr weit gehen: Werbebeschränkungen braucht beispielsweise nicht immer ein im Einzelnen nachzuweisendes Interesse des Verbandes aufgrund eigener (konkurrierender) Sponsoringverpflichtungen zugrunde zu liegen. Es läßt sich vielmehr auch rechtfertigen, daß ein Verein oder ein Verband durch eine Werbebeschränkung versucht, sich selbst zunächst die Eingebung bestimmter zukünftiger Sponsoringvereinbarungen vorzubehalten und sich das Werbepotential des Sportlers zu sichern. In den meisten Fällen hat der Veranstalter deshalb ein berechtigtes Interesse an der ausschließlichen Vermarktung, da gerade die umfassende und exklusive Vermarktung einer Sportveranstaltung deren Werbewert erhöht und dieses die Veranstaltung für Sponsoren attraktiv macht. 445 Je umfangreicher allerdings einem Sportler auf dieser Grundlage die Eigenwerbung unmöglich gemacht wird, desto eher muß er aber an den vom Verein oder Verband erzielten Gewinnen beteiligt werden. Dieses kann zum einen damit begründet werden, daß der wirtschaftliche Wert einer Werbemaßnahme aufgrund ihrer Exklusivität in dem Maße wächst, wie der Sportler auf die eigene Vermarktung verzichtet. Zum anderen ist es aber auch sachgerecht, Sportlern allein für die Verwertung ihrer Persönlichkeit eine Gegenleistung zukommen zu lassen, selbst wenn sie keine eigenen Werbeverpflichtungen eingegangen wären, die denen des Verbandes widersprochen hätten. 446 Eine angemessene Gegenleistung wird daher vom Verein oder Verband regelmäßig zu gewähren sein, wobei jedoch maßgeblich auch die Art und Schwere der Persönlichkeitsverletzung berücksichtigt werden muß, welche durch die konkrete Werbemaßnahme verursacht wird. Ein Verband kann einen Sportler, der vor Vgl. Reichert, Sponsoring und nationales Sportverbandsrecht, S. 50. Vgl. Brohn!Mehlinger, Bd. ll, 45 f.; Reichert, a. a. 0. 444 Siehe Brohn!Mehlinger, Bd. ll, 51; Reichert, a. a. 0 . 445 Siehe dazu Vieweg, Sponsoring und internationale Sportverbände, S. 83; Netzle, Der Sportler- Subjekt oder Objekt?, S. 65 f. 446 Vgl. Hoffmann, SpuRt 1996, 75. 442 443

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C. Gnmd.rechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

der Teilnahme an einem Wettkampf in die fremde Ausübung seiner Persönlichkeitsrechte nicht einwilligt, grundsätzlich nicht vom Wettkampf ausschließen, wenn der Verband dem Sportler keine angemessene Beteiligung an den Werbeeinnahmen des Vereins bzw. Verbandes anbietet. 447 Unberührt hiervon bleiben solche Werbebeschränkungen, die einem Sportler allein aus sportlichen Erwägungen heraus auferlegt werden. Hier überwiegt das Verbandsinteresse an einer ungestörten Verfolgung des Verbandszwecks das Interesse des Sportlers an der eigenen Verwertung seiner Persönlichkeit. Die größenmäßige Beschränkung von Werbeflächen auf der Kleidung oder die Aufstellung von Genehmigungserfordernissen rechtfertigen sich durch das Interesse der Verbände, einen durch übermäßige Werbung gestörten Spielbetrieb zu vermeiden. 448 Ebenso kann es einem Sportverband nicht verboten sein, Sportlern Werbung für alkoholische Getränke sowie politische, konfessionelle oder sittenwidrige Werbung zu untersagen. In jedem Fall müssen bei der Beschränkung von Persönlichkeitsrechten formale Anforderungen an entsprechende Regelungen gestellt werden. Regelungen, welche die Ausübung von Persönlichkeitsrechten zum Inhalt haben, müssen als Grundentscheidungen des Vereinslebens i. S. von § 25 BGB in der Satzung getroffen werden. 449 Darüber hinaus sind an ihre Bestimmtheit hohe Anforderungen zu stellen. Die Verpflichtungen des Sportlers zum Tragen von Werbung des Vereins- oder Verbandssponsors sowie zur Unterlassung konkurrierender Vermarktungsaktivitäten müssen sich aus der Regelung so deutlich ergeben, daß dem Sportler das Außmaß seiner Einwilligung im Einzelnen bewußt wird, und zwar umso mehr, je weitergehender seine Persönlichkeit von der Maßnahme betroffen ist. 450 Notwendig ist allerdings auch hier, daß entsprechende Regelungen, beispielsweise auch die politische oder konfessionelle Neutralität des Sportverbandes in der Satzung und nicht bloß in (Neben-) Ordnungen niedergelegt sind. 451

Dazu Vieweg, Sponsoring Wld Sportrecht, SpuRt 1994, 76. Vgl. Reichert/van Look, Rdnr. 2729 e ff; Hoffinann, SpuRt 1996, 75. 449 Dazu Vieweg, Sponsoring Wld Sportrecht, SpuRt 1994, 75; Reichert/van Look, Rdnr. 2730 a; allgemein hierzu: Röhricht, Satzungsrechtliche Wld individualrechtliche Absicherilllg von ZulassWlgssperren als wesentlicher Bestandteil des DSB-Sanktionskatalogs, S. 14 f. 450 So Reichert/van Look, Rdnr. 2733; Vieweg, Sponsoring Wld internationale Sportverbände, S. 82; Netzle, Der Sportler- Subjekt oder Objekt?, S. 46. 451 Siehe dazu BGH WRP 1985, 500 - Jägermeister BraWlschweig. 447 448

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2. Die Zulässigkeit der Blutentnahme zum Zweck der Dopingkontrolle Die juristische Diskussion im Rahmen der Dopingproblematik beschränkt sich nicht auf die Frage der Sanktionierung festgestellter Dopingverstöße. Zunehmend kommt die Befürchtung auf, daß die von den Sportverbänden zur Ermittlung von Dopingverstößen eingesetzten Mittel rechtlichen Anforderungen nicht immer gerecht werden. Dies betrifft insbesondere die in den letzten Jahren entstandene Diskussion um die Einführung von Blutentnahmetests.452 a) Die Durchführung von Bluttests in der Praxis

Die Entnahme von Blutproben zur Ermittlung von Dopingverstößen beginnt sich durchzusetzen. Tatsächlich wurden bislang im Biathlon, Skilanglauf, Fahrradsport und in der Leichtathletik Blutentnahmetests durchgeführt. 453 Die Regelwerke der Sportverbände sehen eine Abnahme von Blutproben allerdings mehrheitlich noch nicht vor. Eine Ausnahme hiervon bildet die Leichtathletik. Nach Nr. 55 der Internationalen Wettkampfbestimmungen (IWB) tritt ein Dopingverstoß ein, wenn eine verbotene Substanz in der Körperflüssigkeit eines Athleten gefunden wird. In den zu dieser Bestimmung ergangenen "Procedural Guidelines for Doping Control" (Verfahrensrichtlinien für Dopingkontrollen) der IAAFm wird bestimmt, daß hierfür auch das Blut von Sportlern analysiert werden kann (Abschnitt 1. 3.). Näheres zum Verfahren bestimmt Abschnitt 5. der Verfahrensrichtlinien. Die Blutabnahme selbst soll nur durch Personen erfolgen, "die nach ihrer medizinischen Ausbildung dazu berechtigt sind" (5. 6.) 452 Vgl. Kirchhof, Sport und Umwelt als Gegenstand des Verfassungsrechts und der Verfassungspolitik, S. 48; Vieweg, NJW 1992, 2540; Donike/Rauth, S. 29 ff.; ausführlich zu dieser Problematik: Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik ?, S. 525 ff.; Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme zum Zweck der Dopingkontrolle, S. 89 ff.; vgl. aus der Presse: "Premiere bei der Dopingbekämpfung", SZ Nr. 284, v. 10. 11. 1994, S. 58; "Debatte tun neuen Do~ingtest", SZNr. 56, v. 8. 3. 1995, S. 51. 4 3 Aufsehen erregte die von der Internationalen Biathlon-Union (IBU) vorgenommene Blutentnahme bei den an der Weltcupsaison 1994/95 teilnehmenden Biathleten, vgl. "Premiere in der Dopingbekämpfung", SZ Nr. 58, v. 10. 11. 1994, S. 284; auch bei den Fahrradprofis wurden kürzlich Blutproben zur Ermittlung der Einnahme von Erythropoietin (EPO) eingeführt, vgl. "Dünnes Blut als Vorschrift", SZ Nr. 24, v. 30. 1. 1997, S. 24; allerdings hat zuletzt das IOC die Einführung von Blutkontrollen bei den Olympischen Spielen von Atlanta abgelehnt, vgl. "Angewidert von der Doppelbödigkeit der Antidoping-Politik", SZ Nr. 228, v. 2./3. 10. 1996, S. 60. 454 In deutscher Übersetzung abgedruckt bei Donike/Rauth, Anhang 8.

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C. Gnmdrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

und die Blutproben erst dann entnommen werden, "wenn der Athlet aber die Prozedur der Abnahme informiert wurde und er seine Zustimmung schriftlich erklärt hat" (5. 7.).

Eine Blutprobe kann nach den Verfahrensrichtlinien (5. 11.) nur unter folgenden Umständen verweigert werden: "a) die Person, die die Blutentnahme durchführen soll, kann nicht ihre medizinische Qualifikation nachweisen; b) wenn die Bestandteile des Blutentnahme-Besteckes nicht steril verpackt sind oder wenn die Verpackung nicht intakt ist; c) wenn ein Offizieller mehr als 25 ml Blut entnehmen will."

Nach Nr. 56 IWB darf ein Athlet darüber hinaus eine Blutprobe nur verweigern, "wenn das vorgeschriebene Veifahren und der Schutz gemäß den Verfahrensrichtlinien für Dopingkontrollen' nicht eingehalten werden".

Andernfalls stellt das Versäumnis oder die Weigerung eines Athleten, eine Blutprobe abzugeben, einen Dopingverstoß i. S. von Nr. 60 IWB dar, der beim ersten Mal mit einer Wettkampfsperre von mindestens vier Jahren sanktioniert werden kann (Nr. 60, Nr. 2 a, aa) IWB). 455 Es stellt sich die Frage, ob diese Regelungen zur Blutentnahme einer Inhaltskontrolle am Maßstab von § 242 BGB, insbesondere unter Heranziehung der Grundrechtspositionen der Beteiligten, standhalten. b) Die Zulässigkeil von Bluttests vor dem Hintergrund der grundrechtliehen Positionen der Beteiligten

Das interne Vorgehen von Verbänden gegenüber Mitgliedern oder gegenüber auf andere Weise Verpflichtetenaufgrund selbstgeschaffener Regelungen fällt unter den Schutz der von Art. 9 Abs. 1 GG geschützten internen Vereinsbetätigungsfreiheit Hinzu kommt die ebenfalls von der Vereinigungsfreiheit geschützte Zwecksetzungs- und Zweckverfolgungskompetenz, die es den Sportverbänden ermöglicht, auch die Mittel, init denen sie ihre Ziele verfolgen 455 Zur Rechtmäßigkeit einer vierjährigen Sperre bei Dopingerstverstößen, vgl. oben Wlter C. m. 2. b).

IV. Die Zulässigk:eit sonstiger beschränkender Maßnahmen

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wollen, grundsätzlich selbst zu bestimmen. Nicht nur die Befugnis zur Sanktionierung des Dopingmißbrauchs, sondern auch die Aufstellung von Regelwerken, in denen die Maßnahmen zur Ermittlung des Dopings festgelegt werden, stehen unter dem Schutz von Art. 9 Abs. 1 GG. 456 Demgegenüber kann vor allem das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Sportler aus Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG die vereinsinternen Ermittlungsmöglichkeiten im Bereich der Dopingproblematik eindämmen. Die auf dem Weg der Dopingfahndung gewonnenen Erkenntnisse (Einnahme von Medikamenten, Vorhandensein von Krankheiten, Blutgruppe usw.) sind der privaten Lebenssphäre des Sportlers zuzuordnen. Diese Lebenssphäre wird durch die Erhebung, Speicherung und Verwertung der Informationen verletzt, denn der hiervon betroffene Sportler verliert die Möglichkeit zur ausschließlichen Verwendung seiner Daten. 457 Anders als die Abgabe von Urin kommt eine Blutentnahme darüber hinaus unter Verletzung der körperlichen Integrität des untersuchten Sportlers zustande. Neben dem allgemeinen Persönlichkeitsschutz muß deshalb auch das in Art. 2 Abs. 2, Satz 1, 2. Alt. GG geschützte Recht des Einzelnen auf körperliche Unversehrtheit in die Abwägung der Interessen von Sportverband und betroffenem Sportler einbezogen werden; in den Schutzbereich dieses Grundrechts fallen alle Beeinträchtigungen der menschlichen Gesundheit im biologisch-physiologischen Sinne; hierzu zählt auch die Blutentnahme.458 Denkbar ist schließlich auch eine Verletzung der von Art. 4 Abs. 1 GG geschützten Religionsfreiheit bei Sportlern, deren Glaube die Entnahme von Körperflüssigkeiten verbietet. 459 Vor dem Hintergrund einer Abwägung zwischen vereinsautonomer Selbstbestimmungsbefugnisund dem Schutz der Privat- und Körpersphäre der Sportler nach Maßgabe von § 242 BGB ist die Frage entscheidend, ob ein zur Ermittlung eines Dopingverstoßes verursachter Eingriff in die rechtlich geschützten Interessen des betroffenen Sportlers verhältnismäßig ist. Dazu muß die 456 So Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme zum Zweck der Dopingkontrolle, S. 111; zum Schutzbereich von Art. 9 Abs. 1 GG ausfUhrlieh oben B. IV. 4. 457 Dazu Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme zum Zweck der Dopingk:ontrolle, S. 111; Steiner, Verfassungsrechtliche Probleme des Dopings, S. 60 f.; Kirchhof, Sport und Umwelt als Gegenstand des Verfassungsrechts und der Verfassungspolitik, S. 48; zum "Recht auf informationeile Selbstbestimmung", vgl. BVerfGE 27, I (6 f.) - Mikrozensus; BVerfGE 32, 373 (379 ff.) - Krankenakten; BVerfGE 65, 1 (43); BVerfGE 78, 77 (84); BVerfGE 84, 192 (194), Jarrass/Pieroth, Art. 2, Rdnr. 28 a, 35; hierzu auch bereits oben 1. a) aa). 458 Vgl. BVerfGE 5, 13 (15); Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik?, 532 f.; Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme zum Zweck der Dopingk:ontrolle, S. 111; Jarass/Pieroth, Art. 2, Rdnr. 45 u. 48 ff. 459 Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme zum Zweck der Dopingk:ontrolle, S. 112; Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik?, 541 f.

128

C. Gnmdrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

Maßnahme zur Ermittlung eines Dopingverstoßes geeignet sein und das mildeste Mittel zur Zweckerreichung darstellen. Schließlich muß sich der durch die Maßnahme verursachte Eingriff zu dem dahinter stehenden Zweck in einem angemessenen Verhältnis befinden. 460 Blutproben sind nach den Gutachten von Donike 461 und Hans Meyer462 in mehrerer Hinsicht dazu geeignet, den Kampf gegen den Dopingmißbrauch zu effektivieren. Am auffälligsten ist die Bedeutung von Blutproben für den Nachweis des sich immer weiter verbreitenden Dopings mit Fremd- oder Eigenblut (sog. Blutdoping) sowie der damit gleichzusetzenden Stimulierung durch das blutverdickend wirkende Mittel Erythropoietin (EP0). 463 Aber auch zum Nachweis der klassischen Dopingmittel wie Stimulanzien, Narkotika und anabole Steroide kann die Blutprobe in Ergänzung zur Urinprobe eine sinnvolle Ergänzung sein. 464 Darüber hinaus wird mit Hilfe des "genetischen Fingerabdrucks" eine Vertauschung des entnommenen Bluts mit anderen Blutproben unmöglich gemacht. 465 Eine solche Vertauschung kann bei Urinproben nicht ausgeschlossen werden. Andererseits ist die Urinprobe genüber der Blutprobe das deutlich mildere Mittel zur Ermittlung von Dopingverstößen und zum Nachweis der klassischen Dopingmittel darüber hinaus auch geeigneter, denn diese Stoffe sind im Blut regelmäßig in geringerer Konzentration vorhanden als im Urin. 466 Eine Regelung, welche die Entnahme von Blutproben zur Ermittlung der Einnahme "herkömmlicher" Stoffe anordnen würde, wäre damit nicht erforderlich und folglich unverhältnismäßig. Anders ist dies bei einer Blutentnahme zum Zweck der Ermittlung eines Blutdoping-Verstoßes. Hier kann die Blutprobe durch eine Urinprobe nicht gleichwertig ersetzt werden. Wegfallen würde dieses Argument allerdings in Sportarten, in denen das Blutdoping anerkanntermaßen ohne praktischen Nutzen ist und darum eine Blutprobe in dieser Hinsicht keine Ergebnisse liefern kann. 467 Die Abnahme eines "genetischen Fingerabdrucks" kann durch eine Zur Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes oben vor 1. Donike, Gutachten zur Frage des Nachweises von Dopingmitteln im Blut, S. 127 ff.; Donike!Rauth, S. 30. 462 Hans Meyer, Die Eignung von Blut und/oder Urin zum Nachweis von Dogingsubstanzen, S. 153. 63 Donike, Gutachten zur Frage des Nachweises von Dopingmitteln im Blut, S. 132; hierzu auch: "Dünnes Blut als Vorschrift", SZ Nr. 24, v. 30. 1. 1997, S. 24. 464 Donike, a. a. 0. · 465 Donike, a. a. 0. 466 Donike, Gutachten zur Frage des Nachweises von Dopingmitteln im Blut, S. 131 f. 460

461

IV. Die Zulässigkeit sonstiger beschränkender Maßnahmen

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Urinprobe ebenfalls nicht mit gleicher Wirksamkeit ersetzt werden. Soweit also eine Blutprobe angeordnet wird, um die Vertauschungsgefahr bei Dopingproben auszuschließen, gibt es keine mildere Maßnahme. Zum Zweck einer effektiven Anti-Doping-Politik kann es den Sportverbänden auf der Basis der Vereinsautonomie (Art. 9 Abs. 1 GG) grundsätzlich nicht verwehrt werden, den Gebrauch leistungssteigernder Mittel durch Ermittlungsmaßnahmen aufzudecken, und zwar selbst dann, wenn dadurch die Persönlichkeitssphäre der betroffenen Sportler verletzt wird. Während die satzungsmäßig festgelegte Pflicht zur Abgabe von Urinproben in dieser Hinsicht keinen Bedenken ausgesetzt ist, 468 müssen jedoch an die Entnahme von Blutproben strengere Maßstäbe angelegt werden. Die Blutentnahme zum Zweck der Dopingkontrolle ist nur dann angemessen bzw. zumutbar, wenn sie satzungsmäßig vorgesehen ist bzw. wenn der betreffende Sportler im Fall der vertraglichen Unterwerfung unter ein Regelwerk in zurnutbarer Weise von der Möglichkeit der Blutentnahme Kenntnis nehmen konnte. 469 Unverzichtbar ist zudem die fachgerechte Ausfiihrung der Blutentnahme durch qualifiziertes medizinisches Personal und unter Heranziehung entsprechender Instrumente. Darüber hinaus darf die zu entnehmende Menge Blut ein bestimmtes Volumen nicht überschreiten.470 Schließlich muß die mißbräuchliche Verwendung der ermittelten Informationen ausgeschlossen sein. Wenngleich sich die Möglichkeit zur Durchfiihrung von Blutentnahmetests nur mittelbar aus den Satzungsbestimmungen des DLV ergibt (vgl. oben Nr. 56 und 60 IWB), genügt dies der durch das Satzungserfordernis angestrebten Warnfunktion vereinsinterner Regelwerke. Ein Sportler, der sich diesen Regelwerken unterwirft, muß mit der Möglichkeit von Blutentnahmekontrollen rechnen. Auch den personellen und technischen Anforderungen wurde in den Verfahrensrichtlinien fiir Dopingkontrollen hinreichend Rechnung getragen. 471 Die vertrauliche Behandlung der ermittelten Informationen istjedenfalls dann gesichert, wenn die Blutprobe das Vorhandensein einer Krankheit oder gesundheitsbedrohenden Situation beim Sportler ergibt (Ziff. 7. 8. der Verfahrensrichtlinien). Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme zum Zweck der S. 114. 4 8 Vgl. hierzu Steiner, Verfassungsrechtliche Probleme des Dopings, S. 61 f. 469 Vgl. oben C. I. 1. b). 470 Als Maximum sind 20 ml, aufgeteilt in zwei Proben anerkannt, vgl. Donike, Gutachten zur Frage des Nachweises von Dopingmitteln im Blut, S. 130; Vieweg, Zivilrechtliche Beurteilung der Blutentnahme zum Zweck der Dopingkontrolle, S. 115. 471 Siehe dort insbesondere Abschnitt 5. 6 (medizinische Qualifikation des Blutabnehmenden) und 5. 8 (Material für die Blutentnahme). 467

Vieweg,

Do~ingkontrolle,

9 Krogmann

130

C. Grundrechtsrelevante Konflikte im Bereich der Sportorganisationen

Darüber hinaus muß jedoch wegen des durch die Blutentnahme verursachten Eingriffs in die körperliche Unversehrtheil die Freiwilligkeit der Blutabgabe ständig gewährleistet bleiben. Hieraus folgt zum einen, daß ein Bluttest nur dann durchgefiihrt werden darf, wenn der Sportler im konkreten Fall nicht widerspricht; zum anderen darf jedoch seine Weigerung nicht grundsätzlich als Dopingverstoß gewertet werden. Eine solche Wertung würde die Freiwilligkeit der Entscheidung des Sportlers beseitigen und den ihm von Art. 2, Abs. 2, Satz 1, 2. Alt. GG gewährten Schutz gegenüber dem Sportverband aushöhlen. Die in den Verfahrensrichtlinien für Dopingkontrollen vorgesehenen Weigerungsmöglichkeiten (s. oben) können als Anhaltspunkte fiir Fälle gesehen werden, in denen eine Weigerung keinesfalls mit nachteiligen Konsequenzen fiir den Sportler verbunden sein darf. Sie sind jedoch in erster Linie im Hinblick auf den Ge~undheitsschutz der Sportler bei der Blutentnahme eingeräumt worden. Auch wenn keiner dieser Weigerungsgründe vorliegt, ist mit der automatischen Sanktionierung des Sportlers zurückhaltend umzugehen. Ein wirksamer Privatsphärenschutz muß die Möglichkeit gewährleisten, sich ohne nachteilige Konsequenzen z. B. aus privaten oder ethischen Erwägungen heraus der Blutentnahme durch den Sportverband zu entziehen. Beachtenswert erscheinen in diesem Zusammenhang insbesondere auch religiöse Motive. Es erscheint daher sehr zweifelhaft, ob die automatische Bestrafung eines sich bei der Blutprobe weigernden Sportlers als verhältnismäßig angesehen werden kann. Vergleichbar mit der richterlichen Anordnung einer Blutentnahme nach § 81 a Abs. 2 StPO könnte fiir den Fall der Weigerung eines Sportlers daran gedacht werden, eine vom Verband unabhängige Institution, etwa ein Schiedsgericht, mit der Entscheidung über die Weigerungsgründe des Sportlers zu beauftragen.

D. Die Bedeutung weiterer Grundrechtsfunktionen iür den Sport Mit der Heranziehung der grundrechtliehen Wertentscheidungen bei der rechtlichen Würdigung verbandsinterner Konflikte hat sich die Bedeutung der Grundrechte für den Sport nicht erledigt. Auch die übrigen auf den objektivrechtlichen Wertentscheidungen basierenden Grundrechtsfunktionen werfen im Hinblick auf den Sport aktuelle Fragestellungen auf.

I. Staatliche Schutzpflichten gegenüber Sportlern Unter bestimmten Voraussetzungen kann sich eine Verpflichtung des Staates ergeben, die in einzelnen Grundrechten verbürgten Positionen durch positive Maßnahmen vor Beeinträchtigungen zu schützen, welche dem Grundrechtsträger von dritter Seite drohen.472 Solche Schutzpflichten können Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung treffen.

1. Ableitung und Umfang staatlicher Schutzpflichten Angesichts der in Art. 1 Abs. 1, Satz 2 GG für alle staatliche Gewalt ausgesprochenen Verpflichtung, die Würde des Menschen zu achten und zu schutzen, hat das BVerfG frühzeitig eine Verpflichtung des Staates zum Schutz vor Beeinträchtigungen durch Dritte, und zwar durch "Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung, Ächtung usw." anerkannt. 473 Darüber hinaus leitet das BVerfG eine Pflicht des Staates, "jedes menschliche Leben zu schützen", 474 aus Art. 2 Abs. 2, Satz 1 GG ab, wobei es sich dabei zusätzlich auf den in Art. 1 Abs. 1 GG verbürgten Schutz der Menschenwürde beruft. Ob und in welchem 472 Grwld1egend hierzu: BVerfGE 39, 1 (42) - Schwangerschaftsabbruch; Stern, StaatsR III/1, § 69 IV; Jarass/Pieroth, Vorb. vor Art. 1, Rdnr. 8; Böckenförde, Staat 1990, 12 f.; Hdb. d. StaatsR V (lsensee), § 111, Rdnr. 77 ff.; Hdb. d. StaatsR VI (Lorenz), § 128, Rdnr. 43 ff; Pieroth/Schlink, Grundrechte,§ 4 IX., 2.); zwn Verhältnis zur Ausstrahlungs- bzw. Drittwirkung der Grw1drechte im Privatrecht: Klein, NJW 1989, 1639 f. 473 BVerfGE 1, 97 (1 04) - Hinterbliebenemente. 474 BVerfGE 39, 1 (41)- Schwangerschaftsabbruch; vgl. auch BVerfGE 46, 160 (164) - Schleyer; BVerfGE 57, 250 (284 f).

9*

I32

D. Die Bedeutung weiterer Grundrechtsfunktionen für den Sport

Umfang staatliche Schutzpflichten im konkreten Fall anzunehmen seien, ergäbe sich aufgrund der Ermittlung und Auslegung des objektiv-rechtlichen Gehalts der grundrechtliehen Normen. 475 Auch im Schrifttum ist anerkannt, daß auf der Basis der einzelnen Grundrechte Schutzpflichten des Staates entstehen können. 476 Das BVerfG hat die Verpflichtung des Staates, sich schützend und fOrdernd vor die in Art. 2 Abs. 2, Satz 1 GG genannten Rechtsgüter zu stellen, weiterentwickelt und daraus, teilweise auch unter Heranziehung von Art. 1 Abs. 1, Satz 2 GG, eine allgemeine Pflicht des Staates abgeleitet, das menschliche Leben und die körperliche Unversehrtheil vor Eingriffen Dritter zu schützen. 477 Grundrechtliche Schutzpflichten entnimmt das BVerfG auch dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des einzelnen (Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG),478 der Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3, Satz 1 GGt79 und der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) 480 sowie zugunsten von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG).4s 1

Hinsichtlich der Frage, wie eine Schutzpflicht im konkreten Fall zu erfüllen ist, steht dem Staat ein erhebliches Maß an Entscheidungsfreiheit zur Verfügung. Die Gesetzgebung und die vollziehende Gewalt besitzen sowohl hinsichtlich der bei der Entscheidungstindung zu berücksichtigenden Gesichtspunkte als auch hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der zu treffenden Regelungen einen weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum. 482 Der Umfang der Schutzpflicht ergibt sich insbesondere aus der Art und dem Rang des bedrohten Rechtsgutes, der Nähe und dem Ausmaß der diesem Rechtsgut 475 Std. Rspr., vgl. BVerfGE 39, I (41 f.)- Schwangerschaftsabbruch; BVerfGE 49, 89 (I4I f.) - Kalkar; BVerfGE 56, 54 (73) -Fluglärm; BVerfGE 77, 170 (2I4) C-Waffen; zwn objektiv-rechtlichen Gehalt der Grundrechte, vgl. BVerfGE 7, I98 ff.Lüth sowie oben B ll. 476 Teilweise bestehen insoweit andere Begründungsansätze, vgl. Stern, StaatsR III/I , § 69 IV, 5.; Klein, NJW I989, 1635; v. Münch!Kunig (v. Münch), Vorb. Art. I - I9, Rdnr. 22; mit Hinweis auf die "einhellige Akzeptanz der Schutzpflicht": Hdb. d. StaatsR V (lsensee), § lli, Rdnr. 81 f. 477 Vgl. BVerfGE 53, 30 (57) - Mühlheirn-Kärlich; BVerfGE 56, 54 (73, 78, 80) Fluglärm; BVerfGE 77, I70 (214) - C-Waffen; Jarass!Pieroth, Art. 2, Rdnr. 50 ff.; Böckenförde, Staat I990, 12 f.; Hdb. d. StaatsR V (Isensee), § 111 , Rdnr. 78, m. w. N. 478 Vgl. BVerfGE 63, 13I (142); BVerfGE 73, li8 (20I); Jarass!Pieroth, Art. 2, Rdnr. 35, m. w. N. 479 Vgl. BVerfGE 35, 79 (I28); BVerfGE 55, 37 (68). 480 Vgl. BVerfGE 81, 242 (255). 481 Vgl. BVerfGE 6, 55 (76). 482 Vgl. BVerfGE 77, 170 (214) - C-Waffen; BVerfGE 49, 89 (141 f.)- Kalkar; BVerfGE 79, 174 (201 f.) - Verkehrslänn; zur Kontrolle der Einhaltung von Schutzpflichten durch die Rechtsprechung: Hdb. d. StaatsR V (Jsensee), § I1I , Rdnr. 90; Stern, StaatsR III/1, § 69 IV, 6 c.).

I. Staatliche Schutzpflichten gegenüber Sportlern

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drohenden Gefahren sowie aus den diesbezüglich schon vorhandenen Regelungen. 483 Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, inwieweit es dem Betroffenen selbst möglich und zurnutbar ist, die in Rede stehende Rechtsgutsverletzung von sich abzuwenden. 484 Die in der Entscheidung zum Ausdruck kommende Wertung darf konkurrierende öffentliche und private Interessen nicht unberücksichtigt lassen. Soweit eine zur Verhinderung einer Grundrechtsverletzung erlassene Regelung mit einem Eingriff in Grundrechtspositionen Dritter (Störer) verbunden ist, müssen die geltenden Grundrechtsschranken beachtet und ein verhältnismäßiger Ausgleich zwischen den widerstreitenden grundrechtlich geschützten Interessen gefunden werden. 485 Die Problematik der Verwirklichung grundrechtlicher Schutzpflichten stellt sich aus verschiedenen Perspektiven: Zum einen kann das Bedürfnis, bestimmten Lebensbereichen einen besonderen Schutz zukommen zu lassen, dem Staat die Möglichkeit eröffnen, schützende Maßnahmen zu ergreifen. Sollten in diesem Zusammenhang Grundrechtspositionen Dritter betroffen sein, stellt sich die Frage, ob die getroffenen Maßnahmen den an Grundrechtseingriffe gestellten Anforderungen (Schranken, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) gerecht werden. 486 Zum anderen ist interessant, ob der Staat auf der Basis seiner Schutzpflichten (bestimmte) Maßnalunen ergreifen muß, denn nach der Rechtsprechung des BVerfG beinhaltet die Verletzung einer grundrechtliehen Schutzpflicht die Verletzung des Grundrechts selbst. Soweit also der Staat einer grundrechtlich abgeleiteten Schutzpflicht im Einzelfall nicht nachkommt, kann diese - ggf. nach Ausschöpfung des Verwaltungsrechtsweges - auch mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden. 487 Wegen des beschriebenen Gestaltungsspielraums muß es jedoch weitgehend dem Staat überlassen bleiben, in welchem Maß er den gefahrdeten Grundrechtspositionen Schutz gewähren will. Wenngleich es nicht ausgeschlossen ist, daß beispielsweise der 483 Vgl. BVerfGE 49, 89 (141 f.) - Kalkar; BVerfGE 56, 54 (78) - Fluglärm; Jarass/Pieroth, Vorb. vor Art. 1, Rdnr. 8. 484 Vgl. BVerfGE 77, 170 (214) - C-Waffen; BVerfGE 79, 174 (201 f.) Verkehrslärm; BVerfGE 85, 191 (212) - Nachtarbeitsverbot; B6ckenf6rde, Staat 1990, 13; Jarass/Pieroth, Art. 2, Rdnr. 51 ; Hdb. d. StaatsR V (lsensee), § 111, Rdnr. 90 f., 141 ff. 485 Vgl. BVerfGE 53, 30 (57 f.)- Mühlheim-Kärlich; Hdb. d. StaatsR V (lsensee), § 111 , Rdnr. 90 f.; Hdb. d. StaatsR VI (Lorenz), § 128, Rdnr. 46; Klein, NJW 1989, 1637 f.; Schmidt-Assmann, AöR 1981 , 215 f.; Hermes, S. 227; zur Problematik des grundrechtsschützenden Eingriffs ohne gesetzliche Grundlagen: BVerfG NJW 1989, 3270 - Jugendsekten; hierzu ausfllhrlich: Wahl!Masing, JZ 1990, 553 ff. 416 So Wahl!Masing, JZ 1990, 560. 487 Vgl. BVerfGE 77, 170 (214)- C-Waffen; BVerfGE 79, 174 (202)- Verkehrslärm; Hdb. d. StaatsR V (lsensee), § 111, Rdnr. 92; Klein, NJW 1989, 1636 f.; B6ckenförde, Staat 1990, 16 ff.

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D. Die Bedeutung weiterer Grundrechtsfunktionen für den Sport

Gesetzgeber dazu verpflichtet sein kann, der Gefahr von Grundrechtsverletzungen durch die Schaffung oder Ausgestaltung bestimmter - unter besonderen Voraussetzungen auch strafgesetzlicher- Regelungen entgegenzutreten, 488 vertritt das BVerfG die Auffassung, daß der Einzelne grundsätzlich keinen Anspruch auf den Erlaß einer von ihm gewünschten und nach seiner Beurteilung ausreichend Schutz garantierenden Regelung besitzt, sondern daß der grundrechtliche Schutzanspruch nur dahin gehe, daß "die öffentliche Gewalt Vorkehrungen zum Schutz der Grundrechte trifft, die nicht gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind". 489 Nur unter engen Voraussetzungen ist es somit möglich, eine Grundrechtsverletzung dahingehend geltend zu machen, daß eine bestimmte Maßnahme zum Schutz einer grundrechtlich geschützten Position unterlassen wurde. 2. Zum Tätigwerden des Gesetzgebers in der Dopingproblematik Das öffentliche Interesse an der Schaffung eines dopingfreien Leistungssports ist wegen dessen Vorbildfunktion für den Breitensport sowie aufgrund der identitätsbildenden und repräsentierenden Funktion des Leistungssports für den Staat eminent. 490 Doping beeinträchtigt zum einen in ganz erheblicher Weise die Glaubwürdigkeit des Sportgeschehens, da es den mit dem Sport verbundenen moralisch-ethischen Wertvorstellungen wie Fairplay und Chancengleichheit zuwiderläuft. Zum anderen sind mit dem Dopingmißbrauch in vieler Hinsicht massive gesundheitliche Risiken verbunden. Hiervon zeugen nicht zuletzt die nachweislich auf den Gebrauch von Dopingmitteln zurückzuführenden körperlichen Veränderungen, die bei Leistungssportlern zu beobachten sind und aus denen nachhaltige Schädigungen im gesamten Organismus resultieren können. 491 In zahlreichen Fällen hat der Gebrauch von Dopingmitteln sogar schon den Tod von Sportlern nach sich gezogen.492 Wenngleich die Diskussion 488 Vgl. BVerfGE 49, 89 (142)- Kalkar; BVerfGE 56, 54 (78 f); Hdb. d. StaatsR V (Isensee), § 111, Rdnr. 90; Wahl!Masing, JZ 1990, 562 f; zum Erlaß von Strafrechtsnonnen: BVerfDE 39, 1 (44 ff.)- Schwangerschaftsabbruch; Stern, StaatsR III/1 , § 69 IV, 6. b.); Pieroth!Schlink, Grundrechte, § 4 IX, 2.). 489 BVerfDE 77, 170 (215)- C-Waffen; vgl. auch: BVerfGE 56,54 (81)- Fluglärm; BVerfGE 79, 174 (202) - Verkehrslärm; BVerfG NJW 1983, 2931 f -Waldsterben; BVerfD, NJW 1987, 2287- AIDS; Hdb. d. StaatsR V (Isensee), § 111 , Rdnr. 90 ("Untermaßverbot"); Hesse, VerfR, Rdnr. 350; Schmidt-Assmann, AöR 1981, 216. 490 Siehe hierzu den Achten Sportbericht der BReg, BT-Drs. 11/8459, Abschn. B., Kag. 8. 1 Vgl. AG Nürnberg, in: Reschke, Hdb. d. SportR, Dok. Nr. 63 17 01; Lehner!Freibüchler, SpuRt 1995, 2. 492 Hierzulande bekannt geworden sind insbesondere die Todesflille der deutschen Siebenkämpferio Birgit Dresse/ (1987) und des deutschen Bodybuilders Andreas

I. Staatliche Schutzpflichten gegenüber Sportlern

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um die vollständige oder teilweise Freigabe von Dopingmitteln zumindest im Bereich des Erwachsenensports immer wieder neu aufkommt, haben auch die Sportverbände mit dem DSB an der Spitze sich einhellig dafür ausgesprochen, Doping in ihrem Bereich zu verbieten. Hierbei können sie sich auf einen breiten Konsens innerhalb von Gesellschaft und Politik stützen. 493 Die öffentliche Kritik an der tatsächlichen Umsetzung dieser offiziellen Haltung zum Thema Doping ist jedoch kaum zu überhören. Bemängelt wird vor allem die geringe Kontrolldichte und die fehlende hinreichende Absicherung von Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten in den Regelwerken der Sportverbände. 494 Es ist daher zu überlegen, ob und ggf. mit welchen Maßnahmen der Staat zur Umsetzung seiner Schutzpflicht fur Leben und körperliche Unversehrtheil der Sportler in die Dopingproblematik eingreifen kann oder sogar muß. a) Bestehende gesetzliche Regelungen

Der Staat beteiligt sich auf unterschiedliche Weise am Kampf gegen den Dopingmißbrauch. Deutlich wird dieses Engagement beispielsweise im Rahmen der öffentlichen Sportförderung, wo den Sportorganisationen hinsichtlich der Dopingbekämpfung klare Vorgaben gemacht werden.m Eine besondere finanzielle Förderung erhält die Dopingforschung im Rahmen des Bundesinstituts filr Sportwissenschaften und die mit diesem verbundenen DopingKontrollabore in Köln und Kreischa. 496 Darüber hinaus existieren im Betäubungsmittel- und Arzneimittelrecht gesetzliche Regelungen, die sich zwar nicht mit dem Doping als solchem beschäftigen, die aber von ihrem Geltungsbereich her auch den Dopingmißbrauch Münzer (1996), vgl. hierzu: Linck, NJW 1987, 2545 ff.; Körner, ZRP 1989, 418 ff. sowie "Blond, stark und tot", Der Spiegel Nr. 17, v. 22. 4. 1996, S. 140 ff. 493 Siehe hierzu Abschn. 5. 2. des (nicht veröffentlichten) Berichts der Unabhängigen Dopingkommission (sog. Reiter-Kommission), welche auf Anregung des Bundesministers des Innern von DSB und NOK im Jahr 1991 einberufen wurde (vgl. zu diesem Bericht: Achter Sportbericht der BReg, BT-Drs. 11/8459, Abschn. B, Kap. 8. sowie Vieweg, NJW 1991, 1511 ff.); vgl. auch die Präambel des Übereinkommens des Europarars gegen Doping im Sport vom 16. 11. 1989, BGBI. II 1994, 334 ff. 494 Vgl. "Angewidert von der Doppelbödigkeit der Anti-Doping-Politik", SZ Nr. 228, v. 2./3. 10. 1996, S. 60. 495 Hierzu im einzelnen unter II. 1. 496 Siehe Achter Sportbericht der BReg, BT-Drs 11/8459, Abschn. B, Kap. 7. 1. 3. u. 8. 4. sowie den Anti-Doping-Bericht der BReg, BT-Drs 12/7540, Kap. 5.

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D. Die Bedeutung weiterer Grundrechtsfunktionen für den Sport

im Sport erfassen. Auf den Dopingmißbrauch können im Einzelfall auch einzelne Straftatbestände des StGB Anwendung finden. aa) Betäubungsmittelrecht Im Zusammenhang mit dem Doping kann zunächst das Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (BtMG) 497 relevant werden. Zweck dieses Gesetzes ist es, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Mißbrauch von Betäubungsmitteln oder die mißbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen (vgl. § 5 Abs. 1, Nr. 5 BtMG). Welche Stoffe als Betäubungsmittel anzusehen sind, ergibt sich aus § 1 BtMG i. V. mit Anlage I bis III dieses Gesetzes. Zum Zweck des Dopings im Sport verwendete Substanzen, die unter das BtMG fallen, sind z. B. Heroin, Kokain, Morphium, Opium, Kodein und Marihuana. 498 Nach§ 3 BtMG ist der Verkehr mit Betäubungsmitteln grundsätzlich erlaubnispflichtig. Ausgenommen hiervon ist vor allem der auf ärztlicher Verschreibung basierende Erwerb und Vertrieb von Betäubungsmitteln in Apotheken(§ 4 BtMG). Die Erlaubnis zum Verkehr mit Betäubungsmitteln kann vor allem dann versagt werden, wenn der Antragsteller die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs nicht gewährleisten kann (vgl. § 5 Abs. 1, Nr. 1 - 5 BtMG) oder wenn die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem obengenannten Zweck des BtMG vereinbar ist (vgl. § 5 Abs. 1, Nr. 6 BtMG). Die Verschreibung, das Verabreichen und das Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch ist demgegenüber nicht nach dem BtMG erlaubnispflichtig. Gern. § 13 Abs. 1 BtMG dürfen jedoch allein Ärzte oder Zahnärzte diese Handlungen vornehmen, und zwar nur dann, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen Körper begründet ist. Die in Anlage I und II des BtMG genannten Betäubungsmittel dürfen weder verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden (§ 13 Abs. 1, Satz 3 BtMG). Von den oben genannten Dopingsubstanzen gehören hierzu Heroin, Marihuana, Codein, Morphium und Kokain. Über diese Regelungen hinaus sind insbesondere die im BtMG enthaltenen Strafvorschriften von Bedeutung. Nach § 29 Abs. 1, Nr. 1 BtMG macht sich 497 Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln v. 28. Juli 1981 (BGBI. I, S. 681) i. d. Fassung der Bekanntmachung v. I. 3. 1994 (BGBI. I, S. 358). 498 Vgl. Linck, NJW 1987, 2551; Otto, SpuRt 1994, 15.

I. Staatliche Schutzpflichten gegenüber Sportlern

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deijenige strafbar, der "Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft". Ferner macht sich nach § 29 Abs. I, Nr. 3 BtMG deijenige strafbar, der "Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein". Der Konsum von Betäubungsmitteln fällt als solches nicht unter das Gesetz. Ein Gericht kann von der Bestrafung absehen, wenn der Sportler "Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt" (§ 29 Abs. 5 BtMG). Ärzte oder Betreuer, die Dopingmittel, welche unter das BtMG fallen, ohne ärztliche Indikation verschreiben, verabreichen oder zum unmittelbaren Verbrauch überlassen, machen sich nach § 29 Abs. 1, Nr. 6 BtMG strafbar. In Betracht kommen kann auch eine Strafbarkeit nach § 29 Abs. 1, Nr. 9 BtMG, welche denjenigen treffen kann, der "unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen" (... ) "die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen". Schließlich kann deijenige Sportler zur Verantwortung gezogen werden, der "eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch, Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln öffentlich oder eigennützig mitteilt, eine solche Gelegenheit einem anderen verschafft oder gewährt oder ihn zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet" (§ 29 Abs. 1, Nr. 10 BtMG).499 bb) Arzneimittelrecht Medikamente, die zur künstlichen Leistungssteigerung im Sport verwendet werden, fallen darüber hinaus häufig unter das Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG), 500 da sie dazu bestimmt sind, "die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen" (vgl. § 2 Abs. 1, Nr. 5 AMG).501 Das AMG regelt insbesondere die Zulassung(§§ 21 ff. AMG) und die Abgabe bzw. den Verkehr(§§ 43 ff. AMG) mit Arzneimitteln. Es soll die Bevölkerung vor den sich aus dem ArzneiSo auch Linck, NJW 1987, 2551; Körner, ZRP 1989, 420. Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln, v. 24. August 1976 (BGBl. I, S. 2445) i. d. Fassung d. Bekanntmachung v. 19. Oktober 1994 (BGBl. I, S. 3018); hierzu: Franz!Hartl, NJW 1988, 2277; Kloesel!Cyran, A 1.0, § 2 AMG, Anm. 19 b. 501 Das von der deutschen Sprinterin Katn'n Krabbe eingenommene Medikament "Spiropent" enthielt den in der Anlage der ArzneimittelVO aufgeführten Wirkstoff Clenbuterol. Zum Fall Krabbe vgl. insbesondere: DLV-RA, SpuRt 1996, 66 ff.; OLG München, SpuRt 1996, 133 ff. 499

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mittelgebrauch ergebenden Risiken, die von Laien nicht hinreichend bewertet werden können, schützen und im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung ftir die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln sorgen. 502 Zu diesem Zweck regelt das AMG insbesondere die Apotheken- (§ 43 ff. AMG) und die Verschreibungspflicht (§ 48 ff. AMG) bestimmter Medikamente. Die in§§ 95 f. AMG formulierten Strafvorschriften stellen, anders als die entsprechenden Vorschriften im BtMG, nicht auf den Erwerb, den Besitz oder die mißbräuchliche Verschreibung ab, sondern sanktionieren in erster Linie das Herstellen und loverkehrbringen bestimmter Arzneimittel. Der Konsum von Arzneimitteln ist hiervon ebensowenig betroffen wie im StGB oder BtMG. Auch im AMG existieren verschiedene Strafbestimmungen, die im Zusammenhang mit der Dopingproblematik Bedeutung entfalten können. Gemäß § 95 Abs. 1, Nr. 4 AMG kann beispielsweise derjenige, der verschreibungspflichtige Arzneimittel "im Einzelhandel außerhalb einer Apotheke in den Verkehr bringt", mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Welche Arzneimittel verschreibungspflichtig sind, ergibt sich aus § 48 AMG i. V. m. der Verordnung über verschreibungspflichtige Arzneimittel (ArzneimittelVO). 503 Zu den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gehören in der Regel insbesondere die beim Doping häufig verwendeten anabolikahaltigen Medikamente. cc) Allgemeines Strafrecht Die Verwendung leistungssteigernder Mittel im Sport kann schließlich auch allgemein-strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Zunächst kann eine Strafbarkeit von gedopten Sportlern wegen Betruges nach § 263 StGB gegenüber dem jeweiligen Wettkampfveranstalter in Betracht kommen.504 Darüber hinaus können sich diejenigen Personen, i. d. R. Ärzte oder Betreuer, die einem Sportler Dopingsubstanzen zugänglich gemacht, verschrieben, verschafft oder injiziert haben, wegen Körperverletzungs- oder Tötungsdelikten strafbar machen. 505 Allerdings kann in den Fällen, in denen einem Sportler ein § 1 AMG;Pabel, S. 109. Verordnung über verschreibungspflichtige Arzneimittel vom 31. Oktober 1977 (BGBl. I, S. 1933) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. August 1990 (BGBl. I, S. 1866); trotz der geschilderten Möglichkeiten zur strafrechtlichen Verfolgung von Dopingfällen im Sport kam es bislang nur vereinzelt zur Einleitung entsprechender Verfahren; vgl. aber AG Hamm, in: Reschke, Hdb. d. SportR, Dok. Nr. 63 24 03 Anavar sowie AG Nümberg, in: Reschke, Hdb. d. SportR, Dok. Nr. 63 17 01 Metandienon; hierzu: K6mer, ZRP 1989, 421 . 504 So Otto, SpuRt 1994, 15; ablehnend: Linck, NJW 1987, 2551. 505 Dazu ausfilhrlich: Linck, NJW 1987, 2548 ff.; Otto, SpuRt 1994, 10 ff. 502 Vgl. 503

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Dopingmittel verabreicht wird, eine rechtfertigende Einwilligung des Sportlers nach § 226 a StGB die Strafbarkeit für Körperverletzungsdelikte ausschließen, es sei denn, daß "die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt". 506 Die Bestrafung eines Sportlers, welcher ein Dopingmittel konsumiert hat, unterbleibt nach dem StGB ebenso, wie die Bestrafung desjenigen, der einem Sportler, welcher freiverantwortlich und in Kenntnis der Tragweite seiner Entscheidung ein Dopingmittel zu sich nimmt, ein entsprechendes Mittel beschafft, zur Verfügung stellt oder verabreicht. Die Straflosigkeit der Selbstschädigung verhindert eine strafrechtliche Verfolgung der daran Beteiligten. 507 In dieser Hinsicht besteht ein grundlegender Unterschied zu den Regelungen des BtMG oder des AMG. Der Grund hierfür besteht darin, daß das BtMG und das AMG neben der körperlichen Unversehrtheil des Einzelnen insbesondere auch auf die Gesundheit als Schutzgut der Allgemeinheit abzielen. Sowohl das BtMG als auch das AMG dienen gerade auch dem Schutz der Volksgesundheit, welche durch den Mißbrauch von Betäubungs- und Arzneimitteln gefährdet wird und der Verfügung des Einzelnen entzogen ist. 508 · b) Handlungsmöglichkeiten bzw. Handlungspflichten des Gesetzgebers in der Doping/rage, insbesondere vor dem Hintergrund der staatlichen Schutzpflicht für Leben und körperliche Unversehrtheil (Art. 2 Abs. 2, Satz 1 GG)

Nach Auffassung der Bundesregierung waren bislang über die bestehenden gesetzlichen Regelungen hinaus keine besonderen gesetzgebensehen Maßnahmen zur Dopingbekämpfung erforderlich. Wenngleich die Bekämpfung des Dopingmißbrauchs seit langem als vorrangiges Ziel der Sportpolitik angesehen wird, hält sich bei der Bundesregierung die Auffassung, daß die mit der Sanktionierung des Gebrauchs leistungssteigernder Mittel verbundenen Fragen in erster Linie den jeweiligen Sportverbänden überlassen bleiben sollen.509 Diese 506 Siehe zu dem gesamten Fragekreis: Linck, NJW 1987, 2549 ff.; Turner, NJW 1991,2943 ff. 507 Insoweit sindjedoch enge Grenzen zu beachten, vgl. Linck, NJW 1987, 2548; Otto, SpuRt 1994, 15; Roxin, StrafRAT I, § 11, Rdnr. 86 ff. 508 Dazu Erbs!Kohlhaas (Pe/ehen), B 64, Vorbem., Rdnr. 1; Körner, Vorbem., Rdnr. 1; BGHSt 37, 179 (182), m. Anm. Rudolphi, JZ 1991, 572 ff.; vgl. im übrigen die Begründung des Gesetzesentwurfs der BReg zur Neuordnung des Arzneimittelrechts v. 7. 1. 1975, BT-Drs. 7/3060, S. 43 ff. sowie die Begründung des Gesetzes zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechts, BT-Drs. 8/3551, S. 37. Zu den berufsrechtlichen Konsequenzen des Dopings für Ärzte, siehe auch Linck, NJW 1987, 2547; Franz/Hartl, NJW 1988, 2277 ff. 509 Vgl. Anti-Doping-Bericht der BReg, BT-Drs. 1217540, S. 17; Achter Sportbericht der BReg, BT-Drs. 11/8459, Abschn. B., Kap. 8. 2.; vgl. auch die jüngste

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Auffassung wird von der Unabhängigen Dopingkommission geteilt. Ihrzufolge werde der Sport im staatsfreien Bereich gesellschaftlicher Selbstorganisation ausgeübt und müsse von staatlicher Reglementierung so weit wie möglich verschont bleiben. 510 Auch im juristischen Schrifttum herrscht die Ansicht vor, daß gesetzliche Regelungen des Staates zur Bekämpfung des Dopingmißbrauchs im Sport vermieden werden sollten. m Um den Kampf gegen den Dopingmißbrauch im Sport zu effektivieren, wird gleichwohl zum einen eine konsequentere Anwendung der bestehenden gesetzlichen Regelungen auf den Mißbrauch leistungssteigernder Mittel im Sport gefordert;512 zum anderen wird seit langem eine Diskussion darüber geführt, ob dem Dopingmißbrauch im Sport mit der Schaffung neuer, insbesondere strafrechtlicher Regelungen begegnet werden sollte. 513 Bei dieser Diskussion stehen folgende Aspekte im Vordergrund: - die Bestrafung des Konsums von Dopingmitteln, - die Bestrafung der mißbräuchlichen (medizinisch nicht indizierten) Verschreibung von Arzneimitteln zu Dopingzwecken, - das Verbot der unentgeltlichen Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, - Strafschärfung für die Abgabe von Dopingmitteln an minderjähn·ge Sportler.

Die drei letztgenannten Punkte sind Bestandteil eines von der SPD-Fraktion 1996 in den Bundestag eingebrachten Gesetzesentwurfs zur Bekämpfung des Doping und zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarates gegen Doping im Sport. 514 Die Handlungsmöglichkeiten und ggf. -pflichten des Gesetzgebers sollen im Hinblick auf die oben dargestellten Aspekte untersucht werden.

Stellungnahme des Pari. Staatssekretär beim BMin d. Innern Lintner, Stenographischer Bericht des BTages, 125. Sitzung, Plenarprotoko11131125, S. 11323 f. 510 Vgl. Bericht der Unabhängigen Dopingkommission (FN 492), Abschn. 5. 3. 511 Dazu Steiner, NJW 1991, 2735; Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik ?, S. 530 f. Favorisiert wird demgegenüber allseitig eine im Rahmen der öffentlichen Sportförderung stattfmdende Allti-Dopingpolitik des Staates. 512 So Linck, NJW 1978, 2551. 513 Vgl. Körner, ZRP 1989, 420 ... 514BT-Drs. 13/5215; vgl. das Ubereinkommen des Europarals gegen Doping im Sport, BGBI. II, 1994, 334 ff.

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aa) Die Bestrafung des Dopingkonsums Ein Ansatz zur Bewältigung der Dopingproblematik könnte darin bestehen, den Eigenkomsum von Dopingmitteln durch Gesetze zu pönalisieren. Wenngleich Sportler häufig auf Veranlassung dritter Personen, wie ihren Trainern oder ihren Ärzten, Medikamente einnehmen, wissen sie überwiegend, ob es sich hierbei um dopingrelevante Stoffe handelt oder nicht. Darüber hinaus besteht in der Regel für jeden Sportler die Möglichkeit, sich davon Kenntnis zu verschaffen, ob ein bestimmtes Medikament einen Wirkstoff enthält, der den im Sport geltenden Dopingkatalogen unterfällt Zur Legitimation einer Bestrafung des Dopingkonsums kann jedoch die staatliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2, Satz I GG nicht herangezogen werden. Gegen die Bestrafung von Sportlern, die Dopingmittel einnehmen, spricht, daß es sich hierbei um Fälle von bewußter Selbstgefährdung handelt. Die Selbstgefährdung steht jedoch ebenfalls unter grundrechtlichem Schutz. Jeder Einzelne besitzt im Rahmen der ihm zustehenden allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) bzw. im Rahmen des ihm aufgrundseines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) zustehenden Selbstbestimmungsrechts grundsätzlich auch ein Recht auf eine "risikobehaftete Lebensführung". m Bestimmte Gefahren auf sich zu nehmen - beispielsweise auch im Rahmen gefährlicher Sportarten - ist Teil der individuellen Freiheit des Einzelnen. Ein gesetzgeberisches Einschreiten zur Bekämpfung des Dopingmißbrauchs wäre daher nur möglich, wenn das Interesse am Gesundheitsschutz zugunsten des Sportlers schwerer wöge als dessen Bedürfnis nach Selbstbestimmung bzw. dopingbedingter Selbstschädigung. 516 Davon ist grundsätzlich nicht auszugehen. Die gesundheitliche Selbstschädigung muß auch im Hinblick auf den Dopinggebrauch jedem selbst überlassen bleiben, um der Bedeutung der freiheitlichen Lebensgestaltung des Individuums angemessen Geltung zu verschaffen. 517 Für Doping gilt damit in gleichem Maße das, was für die gesundheitlichen Risiken, die durch Nikotin- und Alkoholgenuß entstehen, gilt. 518 Die Befugnis zur Selbstgefährdung könnte dort ihre Grenze haben, wo die volkswirtschaftliche oder soziale Belastung eines Verhaltens für die Gesellschaft nicht mehr zu ertragen ist. So wird beispielsweise die allgemeine Pflicht m Steiner, NJW 1991, 2734. Vgl. BVerwGE 82, 45 (49); BGHZ 79, 131 (142); Tettinger, Blutentnahme zum Zwecke der Dopinganalytik ?, S. 530; Jarass!Pieroth, Art. 2, Rdnr. 53; Hdb. d. StaatsR V (Lorenz), § 128, Rdnr. 63; Hdb. d. StaatsR VI (lsensee), § 111, Rdnr. 113 f.; Kirchhof, Sport und Umwelt als Gegenstand des Verfassungsrechts und der Verfassungspolitik, S. 47 f.; v. Münch, FS f. Ipsen, S. 124 ff. m So Hermes, S. 229 ff. 518 Dazu Turner, ZRP 1992, 122. 516

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zum Anlegen von Sicherheitsgurten bzw. zum Tragen von Schutzhelmen im Straßenverkehr (vgl. § 21 a StVO) auch damit gerechtfertigt, daß die durch die Nichtbefolgung dieser Vorkehrungsmaßnahmen entstehenden Verletzungsoder Todesfolgen die Allgemeinheit der Mitglieder in der Kranken-, Unfalloder Rentenversicherung unzumutbar belasten würden. 519 Für eine hiermit vergleichbare Belastung der Versichertengemeinschaft durch den gesundheitsschädigenden Gebrauch von Dopingmitteln gibt es allerdings noch keine Anhaltspunkte, auch wenn Doping sich inzwischen zu einem Massenphänomen entwickelt hat, welches den Bereich des Hochleistungssports längst verlassen hat.s2o Es könnten aber neben dem Gesundheitsschutz noch andere Interessen bestehen, die den Gedanken der zulässigen Selbstgefährdung bzw. die Selbstbestimmungsfreiheit des Einzelnen in den Hintergrund treten lassen. 521 Der Gesetzgeber könnte sich insbesondere aufgrund von sportethischen Maßstäben (Fairneß, Chancengleichheit etc.) dazu veranlaßt sehen, gegen den Dopingkonsum vorzugehen. Die selbständige Festlegung sportethischer Werte und die Festlegung, mit welchen Mitteln diese Werte durchgesetzt werden sollen, sind jedoch grundlegende Gewährleistungen der Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG. Die Sportverbände als Träger des Sportbetriebs können auf der Grundlage der Vereinigungsfreiheit selbst darüber entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen ein bestimmtes Verhalten als unfair oder sportwidrig anzusehen ist und welche Sanktionen sich an ein solches Verhalten anknüpfen sollen. Unerheblich ist demgegenüber gerade, ob das staatliche Verständnis von sportlicher Fairneß sich mit demjenigen der Sportinstitutionen deckt. 522 Von der Vereinigungsfreiheit ist daher auch die freie Entscheidung darüber gedeckt, ob und inwieweit der Gebrauch von Dopingsubstanzen bzw. die Anwendung von Dopingmethoden verbandsintern als Mißachtung sportlicher Grundsätze geahndet werden soll. Wollte der Staat daneben anhand eigener Wertmaßstäbe ein besonderes Sanktionssystem errichten, bestünde die Gefahr, daß die Möglichkeit der Sportvereinigungen zur freien Wert- und Maßstabsbildung in der Dopingfrage ausgehöhlt wird. Letztlich träfen diese an der Vereinigungsfreiheit orientierten Bedenken jedoch nur dann zu, wenn die staatlich gesetzten Maßstäbe strenger wären als die von den Sportinstitutionen gesetzten, wenn also z. B. die Einnahme eines be519 So Schlund, DAR 1976, 61. 520 Dazu auch Steiner, NJW 1991 , 2735; siehe auch die Begrundung zum

Gesetzesentwurf der SPD-Fraktion, BT-Drs. 13/5215, S. 4. 521 Vgl. Hennes, S. 230; ausfl.ihrlich: Hillgrober, S. 111 ff. 522 Siehe Steiner, NJW 1991, 2733; hierzu auch oben B. IV. 4. a) dd).

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stimmten Wirkstoffes, der nach sportlichen Regelwerken keiner Pönalisierung unterliegt (z. B. Traubenzucker) als sportwidriges Verhalten gesetzlich verfolgt werden könnte. Die Berufung des Gesetzgebers auf das Gebot zur Fairneß und Chancengleichheit im Sport wäre hingegen unproblematisch, solange er sich an den innerhalb der Verbände bestehenden Maßstäben von Fairneß und Chancengleichheit orientiert. Hiervon kann aufgrund der derzeitigen Praxis der staatlichen Anti-Doping-Maßnahmen ausgegangen werden. Die staatlichen Stellen stehen mit den Spitzenorganisationen in Fragen der Dopingbekämpfung in enger Verbindung. Gerade die Einheitlichkeit und gegenseitige Abstimmung der Anti-Doping-Maßnahmen wird allseitig immer wieder hervorgehoben ..m Für die Überwindung des Selbstbestimmungsrechts der Sportler reicht das staatliche Interesse an der Aufrechterhaltung von Fairneß und Chancengleichheit im Sport dennoch nicht aus. Es läßt sich trotz des erheblichen Interesses an einem "sauberen und manipulationsfreien Sport", 524 welches sich aufgrund von dessen vielschichtiger politischer und gesellschaftlicher Bedeutung ergibt, weder aus der Verfassung noch aus sonstigen höherrangigen Erwägungen herleiten. m Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß es auch in zahlreichen anderen gesellschaftlichen Bereichen üblich ist, eine künstliche Leistungssteigerung durch die Einnahme von Medikamenten zu erreichen, ohne daß dieses bislang zu einem gesetzgebensehen Einschreiten gefiihrt hat. Zu Recht wird die Frage erhoben, worin zwischen Sportlern, die ihren beruflichen Anforderungen durch die Einnahme leistungssteigernder Mittel gerecht zu werden versuchen und Politikern, Künstlern, Schülern oder Studenten, die dasselbe Ziel haben, ein Unterschied besteht. 526 Soweit also Sportler Dopingmittel gebrauchen und dadurch ihre Gesundheit gefährden, kann dem durch gesetzliche Regelungen nicht entgegengetreten werden. Eine vom derzeit geltenden allgemeinen Strafrecht bzw. Betäubungsmittel- oder Arzneimittelrecht abweichende Wertung bzw. ein Bedürfnis nach einer entsprechenden gesetzlichen Regelung fiir den Bereich des Dopings läßt sich mit der Schutzpflicht des Staates fiir die Gesunderhaltung der Sportler aus Art. 2 Abs. 2, Satz 1 GG nicht begründen.

523 z. B. in der Präambel des Übereinkommens des Europarates gegen Doping im Sport, BGBl. ll, 1994, S. 334. 524 Achter Sportbericht der BReg, BT-Drs. 1118459, Abschn. B, Kap. 8. I. 525 So Steiner, NJW 1991, 2733 f. 526 Dazu Turner, ZRP 1992, 122.

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D. Die Bedeutung weiterer Grundrechtsfunktionen fiir den Sport

bb) Die Ausdehnung der Strafbarkeit auf die unentgeltliche Abgabe von Arzneimitteln Die Ausdehnung der Sanktionsmöglichkeiten des AMG auf die unentgeltliche Abgabe von Arzneimitteln527 ist zu befürworten. Insbesondere der schon erwähnte Fall Katrin Krabbe, in dem es um die unentgeltliche Abgabe des anabolikahaltigen Medikaments "Spiropent" durch den Trainer der Sportlerio ging, hat gezeigt, daß die unentgeltliche Abgabe von Dopingmitteln im Sport auf einfache Weise dazu genutzt werden kann, sich den Sanktionsmöglichkeiten des AMG zu entziehen. 528 Weder das Selbstschädigungsrecht der Beteiligten aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG noch die Freiheit zur vereinsinternen Maßstabsbildung nach Art. 9 Abs. 1 GG stehen einer Bestrafung der unentgeltlichen Weitergabe von Dopingmitteln entgegen. Letztere kommt insbesondere deshalb nicht zum Tragen, weil die Personen, die Dopingmittel weitergeben, in der Regel nicht der Sanktionsgewalt der Sportverbände unterworfen sind, so daß es zu einer Kollision der staatlichen mit den verbandsinternen Wertungen hinsichtlich des Dopings nicht kommen kann. Im Ergebnis kann daher das gesetzgeberische Bedürfnis, den Gesundheitsschutz der Sportler zu verbessern, eine Erweiterung des AMG auf die unentgeltliche Weitergabe von Arzneimitteln hinreichend rechtfertigen. Zweifel ergeben sich allerdings im Hinblick darauf, ob eine entsprechende gesetzliche Regelung begrifflich daran anknüpfen sollte, daß die unentgeltliche Weitergabe "zum Zwecke des Dopings" 529 erfolgt. Abgesehen davon, daß eine Pönalisierung der unentgeltlichen Weitergabe von Arzneimitteln auch im Hinblick auf andere Lebensbereiche als den Sport sinnvoll erscheint/30 würde mit der Aufnahme des Begriffs "Doping" in das AMG ein Tatbestandsmerkmal geschaffen, welches bisher ausschließlich im Rahmen sportverbandsinterner Regelungen Verwendung gefunden hat und im deutschen Recht nicht definiert wird. In der Begründung des Gesetzesentwurfs wird hierzu ausgeführt, daß der Begriff Doping wegen der ständig fortschreitenden medizinischen und 527 Entsprechend dem Gesetzesentwurfder SPD-Fraktion, BT-Drs. 13/5215, S. 3 soll § 95 Abs. 1 AMG durch folgende Bestimmung erweitert werden: Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer "4 a. Arzneimittel im Sinne des§ 2 Abs. 1 und 2 Nr. 2 oder Stoffe im Sinne des § 3 zu Zwecken des Dopings bei anderen anwendet, in den Verkehr bringt oder verschreibt". 528 Vgl. die Darstellung der Abgeordneten Freitag, Anlage 2 zum Stenographischen Bericht des BTages, 125. Sitzung, Plenarprotokoll 13/125, S. 11320; "Minderjährigen-Dopern droht Gefiingnis", SZ Nr. 225, v. 28./29. 9. 1996, S. 56. 529 So Art. I, Nr. 1 des Gesetzesentwurfs, BT-Drs. 13/5215, S. 3 und die Stellungnahme der Abgeordneten Philipp, Anlage 2 zum Stenographischen Bericht des BTages, 125. Sitzung, Plenarprotokoll 13/125, S. 11321 . 530 Vgl. Körner, Vorbem. , Rdnr. 1.

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technischen Entwicklung nur schwer definiert werden kann. Um die Bestimmtheit des Gesetzes dennoch zu wahren, ohne sich von den Dopingdefinitionen der Sportorganisationen abhängig zu machen, wird auf die im Anhang des Europaral-Übereinkommens gegen Doping im Sport enthaltene Dopingliste zurückgegriffen. Diese Verfahrensweise ist in mehrerer Hinsicht angreifbar. Zunächst handelt es sich bei der in dem genannten Übereinkommen enthaltenen Liste auch um eine von einer Sportorganisation, nämlich dem IOC getroffene Zusammenstellung, so daß eine von den Sportorganisationen unabhängige Dopingdefinition auch hier nicht getroffen wurde. Darüber hinaus ist die Liste im Anhang des Übereinkommens der rasanten Dopingentwicklung ebenso unterworfen, wie der Begriff des Dopings selbst, was allein daran erkennbar ist, daß auch sie inzwischen und vom IOC aktualisiert wurde und damit in der Fassung des Übereinkommens nicht mehr den neuesten Anforderungen entspricht. 531 Um Interpretationsschwierigkeiten bei der Anwendung des Gesetzes zu vermeiden, sollte daher der ausdrückliche Bezug auf den Dopingbegriff vermieden werden. Die im Zusammenhang mit dem BtMG oder dem AMG existierenden Listen von Arznei- oder Betäubungsmitteln reichen für die Verfolgung des Dopingmißbrauchs im Sport aus. Ob sich eine Pflicht des Gesetzgebers zum Erlaß dieser Regelung auf der Grundlage von Art. 2 Abs. 2, Satz 1 GG ergibt, muß bezweifelt werden. Eine Pflicht zum Erlaß von Strafnormen kann nur dann in Betracht kommen, wenn der zugunsten eines bestimmten Rechtsguts "von der Verfassung gebotene Schutz auf keine andere Weise zu erreichen ist". m Dies trifft auf die strafrechtliche Anti-Doping-Gesetzgebung nicht zu. Die Möglichkeiten des Staates zur Verhinderung des Dopingmißbrauchs mit weniger scharfen Mitteln als denen des Strafrechts sind vielfiiltig. Sie beginnen bei der Verstärkung von Aufklärungsmaßnahmen und enden bei gesetzlichen Regelungen, die sich noch intensiver mit der Kontrolle der Herstellung und des Inverkehrbringens von Dopingmitteln beschäftigen. Eine gesetzgebefische Pflicht zum Erlaß einer entsprechenden Strafrechtsnorm kann daher nicht angenommen werden.

531 Neu in die Gruppe der verbotenen Wirkstoffgruppen aufgenommen wurden 1993 beispielsweise die Stimulanzien Amineptin, Amiphenazol oder das anabole Steroid Methylthestosteron. 532 BVerfGE 39, 1 (47)- Schwangerschaftsabbruch.

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D. Die Bedeutung weiterer Grundrechtsfunktionen für den Sport

cc) Die Bestrafung der mißbräuchlichen Verschreibung von Arzneimitteln Auch die Einfiihrung einer strafrechtlichen Sanktionierung der mißbräuchlichen Verschreibung von Dopingmitteln533 ist zu befürworten. Der Schutz vor den durch die mißbräuchliche Verbreitung von Betäubungs- und Arzneimitteln im Sport drohenden Gesundheitsgefahren bliebe ohne eine entsprechende Regelung lückenhaft. Außerhalb der gesetzlich legitimierten Fälle darf es für Dritte keinerlei Möglichkeit geben, die Einnahme der unter das BtMG oder das AMG fallenden Dopingsubstanzen zu fördern oder sonst zu ermöglichen. Gerade in der Möglichkeit zur straflosen Verschreibung von Arzneimitteln ohne medizinische Indikation besteht im Hinblick auf den Sport ein erhebliches Gefahrenpotential, dem durch eine entsprechende Regelung im AMG wirksam begegnet ~erden könnte. Es leuchtet überdies nicht ein, warum die mißbräuchliche Verschreibung nur nach dem BtMG der Strafbarkeit unterliegen soll. 534 Auch insoweit sollte jedoch entsprechend der oben unter (b) vertretenen Auffassung die Wendung "zum Zwecke des Dopings" durch die Formulierung "Verschreibung zu medizinisch nicht indizierten Zwecken" ersetzt werden. Sie erfaßt die mißbräuchliche Verschreibung von Dopingmitteln in gleicher Weise, ohne sich den Schwierigkeiten der Bestimmung des Dopingbegriffs auszusetzen. Für die Frage einer Verpflichtung des Gesetzgebers, eine entsprechende Regelung zu schaffen, gelten die Ausführungen unter (b) in gleicher Weise. Eine gesetzgebensehe Verpflichtung zum Erlaß von Strafnormen muß auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben, von denen hier jedoch keiner vorliegt. dd) Die Anhebung des Strafrahmens für die Weitergabe von Dopingmitteln an Minderjährige Schließlich ist auch die Anhebung des Strafrahmens für die Abgabe von Dopingmitteln an Minderjährigem wegen deren gesteigerter Schutzbedürftigkeit gerechtfertigt. Gerade bei einem minderjährigen Sportler besteht die Gefahr, daß ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis dazu ausgenutzt wird, ihm mvgl. den oben dargestellten Gesetzesentwurf(FN 526). Siehe§ 29 Abs. 1, Nr. 6 BtMG; Körner, ZRP 1989, 420; Turner, ZRP 1992, 122. 535 Vgl. insoweit die NeufassWlg von § 95 Abs. 3 Nr. 4 AMG im Gesetzesentwurf der SPD-Fraktion, BT-Drs. 13/5215, S. 3: Ein besonders schwerer Fallliegt in der Regel vor, wenn der Täter durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen "4. der Nummer 4 a die dort genannten Arzneimittel oder Stoffe an Minderjähn'ge abgibt oder an M inderjährigen anwendet." 534

Il. Die grundrechtliehen Aspekte der öffentlichen Sportförderung

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Dopingmittel ohne sein Wissen zu verabreichen. Die zahlreichen Fälle von systematischem Doping an Kindem im DDR-Sport sind hierfür bedrückende Beispiele.536 Eine gesetzgebensehe Verpflichtung zur Anhebung des Strafrahmens ist insoweit jedoch ebensowenig erkennbar, wie bei den vorangegangenen Punkten.

II. Die grundrechtliehen Aspekte der öffentlichen Sportförderung Grundrechte können unter bestimmten Voraussetzungen staatliche Leistungspflichten begründen. Dies hängt in erster Linie mit dem bereits zu Beginn dargelegten Gedanken zusammen, daß manche Freiheitsrechte für ihre Träger nicht hinreichend zur Entfaltung kommen, solange nicht der Staat durch bestinunte - ausschließlich ihm mögliche - Maßnahmen die tatsächlichen Voraussetzungen dafür schafft, sie in Anspruch zu nehmen.537 Zu unterscheiden sind Ansprüche auf Leistungen des Staates im Hinblick darauf, ob sie als Reaktion auf vorhergehendes staatliches Handeln die gleiche bzw. sachgerechte Teilhabe an bestehenden Leistungssystemen beinhalten (sog. derivative Teilhaberechte) oder ob sie den Staat über vorhandene Einrichtungen hinaus zu bestimmten tatsächlichen Leistungen verpflichten können (sog. originäre Teilhabe- bzw. Leistungsrechte). 538 Nachfolgend soll geprüft werden, ob und ggf. mit welchem Inhalt einzelne Grundrechtsbestimmungen Leistungspflichten des Staates zugunsten des Sportbetriebs begründen können. Bedeutsam wird diese Frage im Rahmen der staatlichen Sport:förderung.

1. Grundzüge der staatlichen Sportrörderung Die Sportförderung durch den Staat ist Bestandteil der öffentlichen Sportverwaltung. Träger dieser öffentlichen Sportverwaltung sind Bund, Länder und Kommunen. 539 Die Förderung erfolgt in erster Linie durch direkte finanzielle Zuwendungen an Verbände und Vereine sowie an sonstige Organisationen Hierzu: Lehner!Freibüchler, SpuRt 1995, 2. Vgl. BVerfGE 33, 303 (330 ff.)- Numerus clausus; BVerwGE 27, 360 (363)Privatschulsubventionierung; BVerwGE 52, 339 (343) - Grundausstattung; Hesse, VerfR, Rdnr. 288 f; Hdb. d. StaatsR V (Stern), § 109, Rdnr. 43 ff.; ausfilhrlich auch Stern, StaatsR Ill/1, § 67 II., 3.); Alexy, S. 395 ff.; siehe hierzu auch oben, A II. 538 Grund1egend hierzu: Martens, WdStRl 1972, 21; Hesse, EuGRZ 1978, 433; v. Münch!Kunig (v. Münch), Vorb. Art. 1 - 19, Rdnr. 20; Hdb. d. StaatsR V (Murswiek), § 112, Rdnr. 6 ff.; Martens, WdStR11972, 21 ff. 539 Hierzu ausfilhr1ich: Achter Sportbericht der BReg, BT-Drs. 11/8459, Abschn. A, Kap. 5.; Weisemann/Spieker, S. 190 ff. 536 537

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D. Die Bedeutung weiterer Grundrechtsfunktionen für den Sport

oder Stellen, deren Aufgabe es ist, zur Entwicklung des Sports durch Forschung, Ausbildung etc. beizutragen. 540 Daneben erfolgt sie indirekt durch die Gewährung von Steuervorteilen auf der Basis des Gemeinnützigkeitsrechts (vgl. §§ 51 bis 68 Abgabenordnung) 541 und im Bauen von Sportstätten bzw. deren kostengünstiger Überlassung. 542 Die Gesamtheit der staatlichen Sportförderungsleistungen im Jahr 1990 betrug ohne Steuermindereinnahmen ca. 7 Mrd. DM.s43 Die öffentliche Förderung des Freizeit- und Breitensports obliegt auf der Grundlage der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2, Satz 1 GG) den Städten, Gemeinden und Landkreisen sowie als Teil der Kulturhoheit den Bundesländern (vgl. Art. 30 GG). 544 Die öffentliche Förderung des Hochleistungs- bzw. Spitzensports wird vor allem vom Bund, teilweise aber auch von den Ländern betrieben. Der Bund stützt sich hierfür auf ungeschriebene Verfassungskompetenzen, die er in erster Linie mit der gesamtstaatlichen Repräsentationsfunktion des Spitzensports begründet. 545 In einigen Bundesländern existieren besondere Sportförderungsgesetze (SportFG), die sich mit der Zuwendung öffentlicher Mittel bei der Planung und Errichtung von Sportanlagen und mit der finanziellen Unterstützung der Landessportbünde und anderer Organisationen im Breiten-, Freizeit- und Leistungssport befassen. 546 Im übrigen findet die Sportförderung der Länder und Kommunen 540 Hierzu zählen beispielsweise die sog. "Olympiastützpunkte". Einen Überblick über die verschiedenen Förderungsschwerpunkte des Bundes gibt der Achte Sportbericht der BReg, BT-Drs. 11/8459, Abschn. B.; zur Förderung der Länder und Kommunen vgl. Kar! Schmidt, Voraussetzungen und Formen staatlicher Sportförderung, S. 19 ff; Kirchhof, Sport als Mittel der Förderung kommunaler Wirtschaftsstruktur, S. 4 ff. 541 Vgl. hierzu: Trzaskalik, Die Steuer- Instrument der Sportförderung ?, S. 55 fi 542 Siehe den Achten Sportbericht der BReg, BT-Drs. 11/8459, Abschn. B., Kap. 9. 543 Vgl. Achter Sportbericht der BReg, BT-Drs. 11/8459, Abschn. A, Kap. 6. 2. 544 Zu den Förderungsschwerpunkten der Länder im Einzelnen: Kar! Schmidt, Voraussetzung und Formen staatlicher Sportförderung, S. 19fT. 545 Vgl. den Achten Sportbericht der BReg, BT-Drs. 11/8459, Abschn. A., Kap. 4. 1. 2.; Kar! Schmidt, Voraussetzung und Formen staatlicher Sportförderung, S. 26 ff. ; kritisch: Tettinger, Rechtsprobleme der Subventionierung des Sports, S. 40 ff. Ausführlich hierzu, insbesondere auch zu den besonderen verfassungsrechtlichen Kompetenzbestimmungen in Art. 32 Abs. 1 GG, Art. 91 a GG, Art. 91 b GG und Art. 104 a Abs. 4 GG: Häberle, FS f Thieme, S. 48 f.; zur Zuständigkeit des Bundes für die Förderung des Kinderhochleistungssports: Fahlbusch-Wendler, S. 94 ff.; zu den ungeschriebenen Verfassungskompetenzen im allgemeinen: Hesse, VerfR, Rdnr. 236; BVerfGE 22, 180 (217)- Jugendwohlfahrt 546 Siehe z. B. SportFG Rheinland-Pfalz v. 9. 12. 1974 (GVBI. S. 597), SportFG Bremen v. 5. 7. 1976 (GBI. S. 173), SportFG Berlin v. 6. 1. 1989 (GVBI. S. 122); vgl. auch: Kar! Schmidt, Voraussetzung und Formen staatlicher Sportförderung, S. 22 f; Steiner, FS f Stern, S. 517 ff.

II. Die grundrechtliehen Aspekte der öffentlichen Sportförderung

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nach Maßgabe verwaltungsinterner Richtlinien statt. 547 Die Förderung des Leistungssports aus dem Bundeshaushalt erfolgt ebenfalls auf der Basis besonderer Förderungsrichtlinien bzw. aufgrundvon Regierungsprogrammen, die von den Sportorganisationen in Zusammenarbeit mit den zuständigen staatlichen Stellen ausgearbeitet werden. 548 Die vom Staat gewährte Sportförderung soll ausschließlich als Hilfe zur Selbsthilfe dienen. Sie wird dementsprechend davon abhängig gemacht, daß die Sportorganisationen, bevor sie staatliche finanzielle Hilfe in Anspruch nehmen, ihre eigenen Finanzierungsmöglichkeiten ausschöpfen. 549 Auch von Seiten der Bundesregierung wird nur ein "partnerschaftliches" Zusammenwirken von Staat und Sport als Garant für eine wirkungsvolle Sportförderung angesehen. Die Zielsetzung dieser Partnerschaft ist es, Konzepte gemeinsam zu erarbeiten, konkrete Maßnahmen miteinander abzustimmen und dem Sport die Gelegenheit zu geben, sich aufpolitischer Ebene zu äußem. 550 Die Vergabe öffentlicher Sportfördermittel erfolgt ausdrücklich unter Respektierung der von Art. 9 Abs. 1 GG gewährleisteten Unabhängigkeit und Selbstverantwortung der Zuwendungsempfänger.551 Die Angelegenheiten des Sports sollen von den dafür zuständigen Organisationen geregelt werden, ohne daß dabei auf die Gewährung öffentlicher Sportfürdermittel Rücksicht genommen wird. Während der finanzielle Bedarf der Sportvereine und -verbände ansteigt, wird die Notwendigkeit zu Einsparungen bei den öffentlichen Kassen immer 547 Vgl. die Hinweise bei: Reschke, Hdb. d. SportR, Dok.-Nr. 53 00 02 ff.; Kar/ Schmidt, Voraussetzung und Formen staatlicher Sportförderung, S. 21 f. ; zur Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage für die Gewäluung von Sportförderung: Tettinger, Rechtsprobleme der Subventionierung des Sports, S. 37; Fahlbusch-Wendler, S. 183 ff. 548 Siehe die Hinweise bei: Reschke, Hdb. d. SportR, Dok.-Nr. 53 00 01 ; Kar/ Schmidt, Voraussetzung und Formen staatlicher Sportförderung, S. 27. 549 "Subsidiarität der Sportförderung", vgl. Achter Sportbericht der BReg, BT-Drs. 11/8459, Abschnitt A, Kap. 4. 2.; Ziff. 1. 1. ff.; Kar/ Schmidt, Voraussetzung und Formen staatlicher Sportförderung, S. 25. 550 1m Rahmen der Förderung des Spitzensports arbeitet das Bl.\.1I deshalb eng mit dem DSB zusammen, welcher als Dachorganisation der deutschen Turn- und Sportbewegung die Interessen seiner Mitgliedsverbände gegenüber dem Staat vertritt. Der DSB hat flir diese Zusammenarbeit eigens einen Bereich Leistungssport eingerichtet, der den Spitzensport in Deutschland organisiert und die Verbindung zwischen den politischen Gremien und den deutschen Spitzensportorganisationen ist. Darüber hinaus hat in den Jahren 1993 und 1996 jeweils ein Runder Tisch des Sports stattgefunden, an dem hochrangige Vertreter von Sport, Politik und Wirtschaft teilgenommen haben, um über ein gemeinsames Konzept zur Erhaltung der Leistungsfahigkeit des deutschen Sportwesens zu beraten, vgl. "Kohl steht Pate für neuen Solidarpakt", SZ Nr. 37, v. 14. 2. 1996, S. 44. 551 Siehe Achter Sportbericht der BReg, BT-Drs. 1118459, Abschnitt A, Kap. 4. 2.

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D. Die Bedeutung weiterer Grundrechtsfunktionen für den Sport

größer. Die Frage nach dem Bestehen und dem Umfang staatlicher Leistungsverpflichtungen stellt sich daher gerade im Hinblick auf die öffentliche Sportförderung. 2. Der Anspruch auf gleiche bzw. sachgerechte Teilhabe an staatlichen Sportf'örderungsmaßnahmen Die Gewährung von Sportfördennitteln soll zunächst im Hinblick auf die Ansprüche auf gleiche bzw. sachgerechte Teilhabe an staatlichen Förderungsmaßnahmen betrachtet werden. Zur Begründung dieser Ansprüche wird auf den allgemeinen Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. l GG und das in in Art. 20 Abs. l GG verankerte Sozialstaatsprinzip zurückgegriffen. In Verbindung hiermit kann den objektiv-rechtlichen Wertentscheidungen einzelner Grundrechtsbestimmungen insofern eine entscheidende Rolle zukommen, als sie den Gleichheitssatz nach bestimmten Richtungen hin ausprägen und "Unterscheidungen verbieten, die dem in der Wertentscheidung ausgedrückten Willen des Verfassungsgebers zuwiderlaufen würden, einem bestimmten Lebensbereich oder Lebensverhältnis seinen besonderen Schutz angedeihen zu lassen". 552 Das gilt insbesondere dann, wenn der Staat bestimmte Einrichtungen geschaffen hat, an denen er ein "faktisches, nicht beliebig aufgehbares Monopol" besitzt, und die Beteiligung hieran gleichzeitig "notwendige Voraussetzung für die Verwirklichung von Grundrechten ist". 553 Entscheidendes Merkmal der Ansprüche auf sachgerechte Teilhabe ist, daß sie ihre Grenze an der Kapazität der betreffenden öffentlichen Einrichtung finden. 554 Während Teilhabeansprüche einerseits auf bestimmte organisatorische Maßnahmen des Staates gerichtet sein können,555 kommt ihnen andererseits auch bei der Verteilung staatlicher Haushaltsmittel Bedeutung zu. Es ist jedoch zu beachten, daß dem Gesetzgeber und der Verwaltung hinsichtlich der Bereitstellung und Verteilung der Leistungen ein Gestaltungsspielraum zur Verfügung steht. Dieser Gestaltungsspielraum ist umso größer, je weniger eine Maßnahme zur Abwendung einer sozialen Notlage oder um einer Verpflichtung der Gemeinschaft nachzukommen getroffen wird, sondern um ein bestimmtes 552 BVerfGE 17, 210 (217)- Wohnungsbau-Prämiengesetz; vgl. auch BVerfGE 33, 303 (332); BVerfGE 35, 79 (114) - Niedersächsisches Vorschaltgesetz; Martens, VVdStR1 1972, 22 ff.; Hesse, EuGRZ 1978, 433; Alexy, S. 398 ff.; zum objektiv-rechtlichen Gehalt der Grundrechtsbestimmungen, vgl. oben All. 553 BVerfGE 33, 303 (331 f.) - Numerus clausus; BVerfGE 35, 79 (115) Niedersächsisches Vorschaltgesetz; v. Münch!Kunig (v. Münch), Vorb. Art. 1 - 19, Rdnr. 20m. w. N. 554 Vgl. Martens, VVdStRl 1972, 25; Stern, StaatsR IIJ/1, § 67 ll, ! . c. ). 555 Jarass/Pieroth, Vorb. vor Art. 1, Rdnr. 11.

ll. Die grundrechtliehen Aspekte der öffentlichen Sportförderung

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Verhalten der Bürger zu fördern, welches "aus wirtschafts-, sozial- oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünscht ist". 556 Stellt der Gesetzgeber für einen bestimmten Lebensbereich Haushaltsmittel zur Verfügung, darf er die Leistungen zwar nicht willkürlich verteilen, ihm stehen allerdings sachbezogene Gesichtspunkte "in weitestem Umfang" 557 zur Verfügung. Eine Regelung ist bereits dann nicht zu beanstanden, wenn sie "sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt" 558 und der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten vom Gesetzgeber sachgerecht abgegrenzt wird. Die Organe der mit eigenen Entscheidungsspielräumen ausgestatteten oder gesetzesfreien Leistungsverwaltung sind auf der Basis von Art. 3 Abs. 1 GG zur gleichmäßigen Ermessensausübung gegenüber den Anspruchstellern verpflichtet. 559 Eine hieraus folgende Bindung ihres Ermessens kann insbesondere im Zusammenhang mit Verwaltungsvorschriften oder aufgrundeiner ständigen Verwaltungspraxis entstehen.560 Die bei der Vergabe öffentlicher Sportfördermittel geltenden Grundsätze, insbesondere die für die Anspruchsteller maßgeblichen Vergabevoraussetzungen und -kriterien, können dem im Haushaltsansatz vorgesehenen Förderungszweck, den allgemeinen haushaltsrechtlichen Vorschriften561 und soweit vorhanden, den Sportförderungsgesetzen562 oder den für den jeweiligen Fall maßgeblichen Verwaltungsvorschriften563 entnommen werden. Während die haushaltsrechtlichen Vorschriften und die Sportförderungsgesetze überwiegend pauschale Aussagen zur Förderungswürdigkeit von Sportorganisationen enthalten, 564 finden sich die Kriterien für die Zuwendung von Sportfördermitteln überwiegend in Verwaltungsvorschriften. Für die Vergabe von Sportfördermitteln der Freien und Hansestadt Harnburg existieren 556 BVerfGE 17, 210 (216)- Wohnungsbau-Prämiengesetz; Martens, VVdStR1 1972, 22 f.; Tettinger, Rechtsprobleme der Subventionierung des Sports, S. 52 f. 557 BVerfGE 17,210 (216)- Wohnungsbau-Prämiengesetz; BVerfGE 12, 354 (367). 558 BVerfGE 17,210 (216)- Wohnungsbau-Prämiengesetz; Martens, VVdStRl 1972, 22. 559 Vgl. Tettinger, Rechtsprobleme der Subventionierung des Sports, S. 50. 560 "Selbstbindung der Verwaltung", vgl. Martens, VVdStRl 1972, 24; Hdb. d. StaatsR V (Stern), § 109, Rdnr. 46; Maurer, VerwR, § 24, Rdnr. 21 ff., m. zahlr. Hinweisen auf die einschlägige Rspr.; für die Sportförderung: Tettinger, Rechtsprobleme der Subventionierung des Sports, S. 50 f. 561 Siehe z. B. §§ 14 und 26 HGrG (erhebliches Interesse), dazu: Tettinger, Rechtsprobleme der Subventionierung des Sports, S. 49; Fahlbusch-Wendler, S. 189 ff. 562 Vgl. z. B. § 3 Abs. 2 SportFG Berlin. 563 Überblick in: Reschke, Hdb. d. SportR, Dok.-Nr. 53 00 01 ff.; Fahlbusch-Wendler, S. 189 ff. 564 Eine Ausnahme hiervon stellt der neugefaßte § 3 Abs. 2 SportFG Berlin dar, in welchem für die Förderungswürdigkeit von Sportorganisationen detaillierte Kriterien aufgestellt werden.

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D. Die Bedeutung weiterer Grundrechtsfunktionen für den Sport

- Richtlinien zur Gewährung von Zuwendungen an Sportvereine in den Einzelsportarien des Hochleistungssports, - Richtlinien zur Gewährung von Zuwendungen an Sportvereine in den Mannschaftssportarten des Hochleistungssports, - Richtlinien zur Gewährung von Zuwendungen zum Neubau, Umbau, zur Erweiterung, Grundinstandsetzung sowie Modernisierung vereinseigener Sportstätten, - Richtlinien zur Förderung der Sportvereine mit eigenen Sporhallen, Sportplätzen und Umkleidehäusern.

Letztere sehen unter anderem vor, daß eine Zuwendung nur an solche Vereine weitergegeben werden darf, die "mindestens 50 Mitglieder haben" und die "ihren ~itz in Harnburg haben". 565 Daneben sieht z. B. das Programm zur Förderung des Leistungssports durch den Bundesminister des Innern vor, daß für die Förderung des Spitzensports in den olympischen und nichtolympischen Verbänden "die Leistungsstärke im internationalen Vergleich" maßgebend ist. 566 Die in den Verwaltungsvorschriften befindlichen Vergabekriterien müssen sich mit dem Gesetz in Einklang befinden. 567 Insbesondere dürfen die in ihnen getroffenen Unterscheidungen keine gleichheitswidrige Benachteiligung ausgeschlossener Anspruchsteller nach sich ziehen.568 Entsprechend dem eingangs Erwähnten können zur Konkretisierung dieses Gleichbehandlungsgebots auch grundrechtliche Wertaussagen einzubeziehen sein, mit der Folge, daß bestimmte Unterscheidungskriterien bei der Vergabe von Sportfördermitteln nicht angelegt werden dürfen. Vor diesem Hintergrund sollen im folgenden zwei der Vergabekriterien aufihre Zulässigkeit hin untersucht werden, die in besonderer Weise grundrechtliche Fragestellungen berühren.

565 Siehe z. B. Ziff. 3, 2. und 3. Alt. der Richtlinien der Freien und Hansestadt Harnburg zur Förderung der Sportvereine mit eigenen Sportha/len, Sportplätzen und Umkleidehäusem; vgl. auch Kar/ Schmidt, Voraussetzung und Formen staatlicher

Sportförderung, S. 22. 566 Vgl. Programm zur Förderung des Leistungssports durch den Bundesminister des Innem, BT-Drs. 11/8459, Anhang 2, Absclm. 2. 2. 567 Dazu Maurer, VerwR, § 24, Rdnr. 31 . 568 So Maurer, VerwR, § 7, Rdnr. 23; Tettinger, Rechtsprobleme der Subventionierung des Sports, S. 50.

II. Die grundrechtliehen Aspekte der öffentlichen Sportförderung

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a) Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Sportverband als Kriterium für die Gewährung finanzieller Sportförderung

In der Regel werden finanzielle Mittel zur Sportförderung an die Vereine nur unter der Voraussetzung gewährt, daß diese dem zuständigen Landesfachverband bzw. Landessportbund angehören. 569 Das gleiche gilt für die Sportfachverbände, denen Fördermittel nur dann gewährt werden, wenn sie rnitgliedschaftlich mit dem DSB verbunden sind. 570 Es stellt sich die Frage ob es zulässig ist, die Gewährung von Sportfördermitteln an die mitgliedschaftliehe Zugehörigkeit zu einer anderen Sportorganisation zu knüpfen. Die Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG gewährt ihren Trägem als negative Variante zur Beitrittsfreiheit auch das Recht, Vereinigungen fernzubleiben bzw. ihre Mitgliedschaft darin jederzeit aufzugeben. 571 Wenn die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Sportorganisation zur Grundlage von Vergabekriterien bei der Sportförderung gemacht wird, entsteht für die Anspruchsteller faktisch der Zwang, sich dieser Organisation anzuschließen. Das in Art. 9 Abs. 1 GG verkörperte Prinzip der Freiwilligkeit der Mitgliedschaft droht auf diese Weise unterlaufen zu werden. Ob die fehlende Mitgliedschaft in einem anderen Verband einen hinreichenden sachlichen Grund dafür darstellt, daß der anspruchstellende Verband von der Förderung ausgeschlossen wird, ist vor dem Hintergrund der in Art. 9 Abs. 1 GG verkörperten grundrechtliehen Wertentscheidung zumindest fraglich. Mit der öffentlichen Sportförderung verfolgt der Staat hochrangige gesellschaftliche Zielsetzungen. Er bezieht sich insoweit stets auf die gesundheitsfördernden und sozialen Wirkungen des Sports und dessen Funktion als Identifikations- und Repräsentationsfaktor für die gesamte Gesellschaft. 572 Als Kriterien für die Einschränkung der Förderungswürdigkeit einer Sportorganisation können daher in erster Linie nur solche als sachgerecht anerkannt werden, die sich daran orientieren, wie wirksam und nachhaltig die jeweiligen Anspruchsteller diese Zielsetzungen zu erfüllen vermögen. Zu Recht wird daher l 69 Vgl. z. B. Ziff. 3, 3. Alt. der Richtlinien der Freien und Hansestadt Harnburg zur Förderung der Sportvereine mit eigenen Sporthallen, Sportplätzen und Umkleidehäusem: "Die antragstellenden Vereine müssen dem Hamburger Sport-Bund mindestens zwei Jahre angehören"; hierzu auch: Tettinger, Rechtsprobleme der Subventionierung des Sports, S. 53; VG Köln, in: Reschke, Hdb. d. SportR, Dok.-Nr. 52 43 01. 570 Siehe Reschke, Hdb. d. SportR, Erl. III, S. 37. m Hierzu oben unter B. IV. 4. a) bb). 572 Vgl. insbesondere den Achten Sportbericht der BReg, BT-Drs. 11/8459, Abschn. A, Kap. 2. sowie das Leistungssportprogramm des BMin d. Innem, BT-Drs. 1118459, Anhang 2, Ziff. 1. 6.

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D. Die Bedeutung weiterer Grundrechtsfunktionen für den Sport

im Rahmen der Sportförderungsrichtlinien und -programme von den anspruchstellenden Vereinen ein gewisser Mindestbestand an Mitgliedern gefordert, m da nur so eine hinreichende Konsistenz der sportlichen Vereinsarbeit überhaupt gewährleistet ist. Auch der Forderung, daß anspruchstellende Vereine einen Mindestbestand an jugendlichen Sportlern aufweisen müssen, um in den Genuß öffentlicher Zuwendungen zu kommen, 574 liegen die obengenannten gesellschaftspolitischen Zielsetzungen zugrunde. Die Einschränkung, daß nur gemeinnützigen Vereinen Sportfördennittel zukommen sollen, m ist schließlich vor dem Hintergrund berechtigt, daß jedermann die Möglichkeit gegeben werden soll, an der Förderung dieser Zielsetzungen teilzuhaben. 576 Auch die Mitgliedschaft in den Landessportbünden bzw. im DSB wird von den zuständigen staatlichen Stellen als Voraussetzung fur eine effektive Sportausübung angesehen. 577 Zur Begründung wird angefuhrt, daß im Rahmen dieser Organisationen eine fachlich betreute Sportausübung möglich ist, welche durch die Gelegenheit zu überregionalen und internationalen Kontakten nach neuesten Erkenntnissen gestaltet und entwickelt werden kann. Darüber hinaus sei der mit dem Sport unlösbar verbundene Wettkampfgedanke nur über verbandlieh organisierte Wettbewerbe zu verwirklichen, fur deren Durchfuhrung allein die Sportverbände das nötige Organisationspotential besitzen würden. Die Mitgliedschaft darin sei überdies mit weiteren organisatorischen und technischen Vorteilen fur die Vereine verbunden, da diese die bestehenden Einrichtungen der Sportverbände in Anspruch nehmen können. Nicht zuletzt sei auch durch die Mitgliedschaft in den großen Sportorganisationen ein besonderer Versicherungsschutz zugunsten der Sportler gewährleistet. Trotz dieser beachtenswerten Erwägungen kann nicht ausgeschlossen werden, daß Vereine auch unabhängig von einer Mitgliedschaft in einem übergeordneten Sportverband in der Lage sein können, die mit dem Sport verbundenen Ziele zu verwirklichen. Darüber hinaus müssen Sportvereine jederzeit die Möglichkeit besitzen, sich den intern getroffenen Zweck- und Wertvorstellungen der Sportverbände dadurch zu entziehen, daß sie ihnen nicht beitreten oder ihre Mitgliedschaft darin beenden. Auf Verbandsebene muß jederzeit die Möglichkeit zur Gründung alternativer Organisationen mit eigener Wert- und m Vgl. Ziff. 3, 4. Alt. der Richtlinien der Freien und Hansestadt Harnburg zur Förderung der Sportvereine mit eigenen Sporthallen, Sportplätzen und Umkleidehäusem . l 74 A. a. 0., Ziff. 3, 5. Alt. m A. a. 0., Ziff. 3, 1. Alt. l 76 So Tettinger, Rechtsprobleme der Subventionierung des Sports, S. 50; Zu entsprechenden Erwägungen im Steuerrecht: Trzaskalik, Die Steuer - Instrument der Sprtförderung ?, S. 56. 577 Auskunft der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde f. Inneres - Sportamt - v. 13. 1. 1997.

II. Die grundrechtliehen Aspekte der öffentlichen Sportförderung

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Maßstabsbildung bestehen, ohne daß damit von vornherein der Erhalt öffentlicher Sportfürdermittel ausgeschlossen ist. Wenn der staatliche Förderungsgeber die Möglichkeit zur alternativen Zwecksetzung durch die Verweigerung von Fördermitteln faktisch erschwert, mißachtet er dadurch die Wertaussagen von Art. 9 Abs. I GG. 578 Problematisch ist in diesem Zusammenhang auch, daß der DSB und die Sportverbände durch die Aufstellung von Aufnahmekriterien wie dem Ein-Platz-Prinzip579 über die Zugehörigkeit zu ihrem System aus eigener Machtvollkommenheit bestimmen können und dadurch letztlich auch über den Zugang zur öffentlichen Förderung entscheiden. Wenngleich dies durch die Rechtsprechung zum Aufnahmezwang von Sportverbänden580 kompensiert werden kann, ist nicht ausgeschlossen, daß Vereinen oder Verbänden gerade in wenig etablierten Randsportarten der Zugang zum DSB-System verwehrt wird, ohne daß dieses einer gerichtlichen Nachprüfung unterzogen wird. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, daß der Staat sich bei der Zuwendung öffentlicher Sportfürdermittel nicht schematisch daran orientieren darf, ob ein Verein oder Verband einer anderen, übergeordneten Sportorganisation angehört. Entscheidendes Kriterium für die Mittelvergabe muß die "sportliche Kompetenz" eines Antragstellers sein, die jedoch mit einer Mitgliedschaft in einer anderen Organisation nicht notwendig zusammenhängt. Eine Verwaltungspraxis, die auf die Mitgliedschaft des Antragstellers in einer anderen Organisation abstellt, verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 9 Abs. 1 GG. 581 Diese Auffassung wird indirekt von§ 3 Abs. 2 SportFG Berlin bestätigt. Dort wird bestimmt, daß Sportorganisationen grundsätzlich als förderungswürdig gelten, wenn sie dem Landessportbund Berlin e. V. unmittelbar oder mittelbar angehören. Durch diese Regelung wird Vereinen, die dem Landessportbund Berlin angehören, der Erhalt öffentlicher Mittel erleichtert, gleichzeitig werden aber außenstehende Vereine, Verbände, mvgl. auch: VG Köln, in: Reschke, Hdb. d. SportR, Dok.-Nr. 52 43 01 sowie dort die Erläuterungen Ill, S. 37; Tettinger, Rechtsprobleme der Subventionierung des Sports, S. 53, m. w. N.; Steiner, NJW 1991, 2733; Kirchhof, Sport als Mittel der Förderung kommunaler Wirtschafisstruktur, S. 14. 579 Siehe hierzu oben B. IV. 3. a). 580 Siehe hierzu oben C. II. 1. 581 Damit ist allerdings noch nicht die Frage beantwortet, ob ein wegen seiner Nichtzugehörigkeit zu einem bestimmten Verband von der Sportförderung ausgeschlossener Antragsteller die Ausdehnung der Förderung auf sich selbst mit Erfolg gerichtlich geltend machen könnte. Die gleichheitswidrige Begünstigung führt nämlich wegen des Gewaltenteilungsgrundsatzes nur in Ausnahmefallen auch dazu, daß ein Gericht die Erstreckung der Begünstigung auf den Antragsteller anordnet. Instruktiv hierzu: Pieroth!Schlink, Grundrechte, S. 131 ff.

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D. Die Bedeutung weiterer Grundrechtsfunktionen für den Sport

Gruppen etc. nicht von vornherein von der öffentlichen Sportförderung ausgeschlossen.

b) Konsequente Dopingbekämpfung als Kriterium für die Zuwendung finanzieller Mittel Nach Ansicht der Bundesregierung gehört zu einem humanen Leistungssport dazu, daß er "von Doping und anderen Manipulationen frei bleibt". 582 Förderungsmaßnahmen werden dementsprechend danach ausgerichtet, ob im Rahmen der sportlichen Selbstverwaltung alle Anstrengungen im Kampf gegen den Dopingmißbrauch unternommen werden. 583 In der Praxis sind die Zuwendungsbescheide des Bundes an die zuständigen Sportfachverbände darum häufig mit der Auflage bzw. dem Vorbehalt verbunden, daß diese die von den zuständigen internationalen und nationalen Sportorganisationen erlassenen AntiDoping-Bestimmungen befolgen.584 Darüber hinaus sieht das Programm zur Förderung des Leistungssports durch den Bundesminister des Innern 585 vor, daß Dopingverstöße zu einer Überprüfung der Förderungsmaßnahmen, deren Einschränkung oder Einstellung führen können (Ziff. 1. 10.). Die Zulässigkeil derartiger Auflagen und Vorbehalte kann vor dem Hintergrund der von Art. 9 Abs. 1 GG urnfaßten Wertaussagen zweifelhaft sein, da die Vereinigungsfreiheit die Sportverbände grundsätzlich vor einer Beeinträchtigung ihrer freien Wert- und Maßstabsbildung schützt und ihnen damit auch die freie Entscheidung über das ob und wie der Dopingbekämpfung überläßt. 586 Zu einer Beeinträchtigung dieser Zwecksetzungskompetenzen kommt es durch die Anti-Doping-Auflagen insofern, als die Verbände gezwungen werden, ihre eigene Maßstäbe im Hinblick auf den Dopingmißbrauch denjenigen übergeordneter Sportverbände anzupassen, wenn sie an der Vergabe öffentlicher Spartförderungsmittel teilhaben wollen. Dies kann nur dann als zulässig erachtet werden, wenn das mit der Beschränkung der staatlichen Förderungsaktivitäten verfolgte Interesse an einem dopingfreien Leistungssport gegenüber dem Interesse der Sportverbände an einer selbstbestimmten Anti-Doping-Politik überwiegt.

Achter Sportbericht der BReg, BT-Drs. 1118459, Abschn. A, Kap. I. Achter Sportbericht der BReg, a. a. 0. · 584 Dazu Steiner, NJW 1991, 2735 sowie Achter Sportbericht der BReg, BT-Drs. 1118459, Abschn. A, Kap. 6. 2. 585 Achter Sportbericht der BReg, BT-Drs. 1118459, Anhang 2. 586 Siehe hierzu bereits oben unter B. IV. 4. a) dd). 582 583

Il. Die grundrechtliehen Aspekte der öffentlichen Sportförderung

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Hinter dem Bedürfnis nach der Bekämpfung des Dopingmißbrauchs stehen in erster Linie sowohl gesundheitspolitische als auch sportethische Überlegungen. Wie schon im Zusammenhang mit der strafrechtlichen Sanktionierung des Dopings erörtert wurde, hat sich der Staat bei der Festlegung und Anwendung eigener ethischer Werte auf den Sport zurückzuhalten, denn gerade in Bezug auf die Festlegung dieser Werte besteht für die Sportorganisationen ein auf Art. 9 Abs. 1 GG gegründetes Abschirmungsbedürfnis. Auf der anderen Seite spricht der Umstand, daß sich der Bund für seine Förderungskompetenzen in erster Linie auf die staatliche Repräsentationswirkung des Leistungssports stützt, dafür, daß er seine Zuwendungsaktivitäten auch davon abhängig machen kann, inwieweit der Leistungssport seinen Vorstellungen von staatlicher Repräsentation tatsächlich nachkommt. Da Sportarten, in denen die Verwendung von Dopingsubstanzen bekannt wird, einen erheblichen Imageverlust erleiden, ist nicht einzusehen, warum der Staat sich durch eine derartige Sportart repräsentiert sehen soll. Ungeachtet der vorstehenden Erwägungen erscheint es jedoch in jedem Fall sachgerecht, Dopingvorgaben mit der Pflicht zum Gesundheitsschutz der beteiligten Athleten auf der Basis von Art. 2 Abs. 2, Satz 1, 2. Alt. GG zu begründen.587 Das Interesse des Staates an der Gesunderhaltung seiner Bürger ist so erheblich, daß das Abschirmungsinteresse der Sportvereinigungen gegenüber staatlicher Einflußnahme zurückzutreten hat, wenn derartig weitreichende Gesundheitsbeeinträchtigungen zu besorgen sind wie sie durch den Mißbrauch von Dopingmitteln entstehen können. Dem Doping kommt eine gesundheitsgefahrdende Wirkung in einem Maße zu, welches der staatliche Förderungsgeber nicht mehr hinzunehmen braucht. Dadurch, daß er seine Förderungsaktivitäten auf solche Sportarten beschränkt, die den Kampf gegen den Dopingmißbrauch ernst nehmen, kommt er letztlich seiner Pflicht zum Schutz der Gesundheit der Bürger nach. Überdies handelt es sich bei der dopingbezogenen Vorenthaltung von Fördermitteln, verglichen mit der strafrechtlichen Sanktionierung von Dopingvergehen, um ein vergleichbar mildes Mittel staatlicher Reaktion auf sportinterne Sachverhalte. Die Anknüpfung staatlicher Mittelvergabe an die Einhaltung einer konsequenten Anti-Doping-Politik ist somit im Ergebnis keinen Bedenken ausgesetzt. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie an die Einhaltung von Regelungen anknüpft, denen die Sportverbände schon aufgrund ihrer Mitgliedschaft in einer internationalen Sportorganisation unterworfen sind.

587 Vgl. Tettinger, Rechtsprobleme der Subventionierung des Sports, S. 52; Steiner, Verfassungsrechtliche Aspekte des Kinderhochleistungssports, S. 55; zum Gesundheitsschütz durch strafrechtliche Normen bereits oben unter D. I. 2.

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D. Die Bedeutung weiterer Grundrechtsfunktionen für den Sport

3. Originäre staatliche Förderungspflichten zugunsten des Sports Weitaus problematischer als die Feststellung von Rechten auf sachgerechte Teilhabe ist die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit einzelnen Grundrechten gegenüber dem Staat Ansprüche auf Schaffung öffentlicher Einrichtungen oder auf Gewährung bestimmter finanzieller Unterstützungsmaßnahmen entnommen werden können. Auch wenn es grundsätzlich der nicht einklagbaren Entscheidung des Gesetzgebers überlassen sei, ob und inwieweit im Rahmen der gewährenden Verwaltung Leistungen gewährt werden sollen, hat sich in der Rechtsprechung die Auffassung durchgesetzt, daß derartige Leistungsansprüche zumindest nicht von vomherein ausgeschlossen werden können. 588 Es soll nachfolgend untersucht werden, ob sich hieraus Konsequenzen für den Sport ergeben. Auch die sog. originären Leistungsansprüche entstehen in erster Linie auf der Basis der objektiv-rechtlichen Wertgehalte einzelner Grundrechtsbestimmungen. Darüber hinaus kann zu ihrer Begründung auch das Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG herangezogen werden. Exemplarisch wurde dies vom BVerfG in dem bereits erwähnten Urteil zur Hochschulzulassung dargelegt: Der durch Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützte Anspruch jedes Staatsbürgers, bei Erfüllung der subjektiven Zulassungsvoraussetzungen zum Hochschulstudium seiner Wahl zugelassen zu werden, liefe nach Auffassung des BVerfG weitgehend leer, wenn ein Großteil der Bewerber wegen begrenzter Kapazitäten abgewiesen werden würde. Grundsätzlich hielt es das Gericht daher für möglich, daß sich auf der Basis der Berufsfreiheit und der Tatsache, daß der Staat in Bezug auf Hochschulstudien ein Ausbildungsmonopol innehabe, "ein objektiver sozialstaatlicher Verfassungsauftrag"589 ergibt, ausreichende Ausbildungskapazitäten für die verschiedenen Studienrichtungen bereitzustellen. Ob dieser Verfassungsauftrag im konkreten Fall angenommen werden könne, ließ das BVerfG jedoch ebenso offen, wie die Frage, ob sich hieraus "ein einklagbarer Individualanspruch des Staatsbürgers auf Schaffung von Studienplätzen herleiten ließe". 590 Verfassungsrechtliche Konsequenzen seien dem BVerfG zufolge jedenfalls erst bei einer evidenten Verletzung eines solchen Verfassungsauftrages in Betracht zu ziehen. Entscheidend sei, "was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft 588 Vgl. BVerfDE 33, 303 (330 IT.)- Numerus clausus; BVerwGE 27, 360 (362 fi)Privatschulsubventionierung; BVerwGE 52,· 339 (345) - Grundausstattung; v. Münch!Kunig(v.Münch), Vorb.Art.1- 19,Rdnr. 19. 589 Vgl. BVerfDE 33, 303 (333) - Numerus clausus; BVerwGE 27, 360 (364) Privatschulsubventionierung; BVerwGE 52, 339 (345)- Grundausstattung. 590 BVerfDE 33, 303 (333)- Numerus clausus.

IL Die grundrechtliehen Aspekte der öffentlichen Sportförderung

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beanspruchen könne". m Hierbei müsse insbesondere berücksichtigt werden, daß der Gesetzgeber im Ralunen seiner Haushaltswirtschaft auch andere (konkurrierende) Gemeinschaftsbelange zu berücksichtigen, insbesondere gern. Art. 109 Abs. 2 GG auch den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen habe. Persönliche Freiheit lasse sich nämlich auf Dauer nicht losgelöst von Funktionsfähigkeit und Gleichgewicht des Ganzen verwirklichen. Ein unbegrenztes subjektives Anspruchsdenken auf Kosten der Allgemeinheit sei vielmehr mit dem Sozialstaatsgedanken unvereinbar.592 Ebensowenig erkannte das BVerwG einen sich aus der Wissenschaftsfreiheil (Art. 5 Abs. 3 GG) ergebenden Anspruch eines Hochschullehrers auf Bereitstellung einer Grundausstattung an. Allein die gestiegenen Kosten für Forschung und Lehre könnten die Zubilligung eines solchen Anspruchs nicht rechtfertigen. 593 Demgegenüber hatte es die grundsätzliche Verpflichtung des Staates zur Subventionierung privater Ersatzschulen aufgrund ihrer Gewährleistung in Art. 7 Abs. 4 GG in einem früheren Urteil bejaht, weil ohne staatliche Hilfe "das Ersatzschulwesen entgegen dem Willen des Grundgesetzgebers zum Erliegen käme". 594 Es ergebe sich daher in diesem außergewöhnlichen Fall aus einer verfassungsrechtlichen Garantie ein grundsätzlicher Leistungsanspruch gegenüber dem Staat, dessen konkrete Ausgestaltung insbesondere der Höhe nach dem (Landes-) Gesetzgeber überlassen bleibe.595 Auch die Bereitstellung eines Existenzminimums hat das BVerfG als staatliche Leistungspflicht auf der Basis von Grundrechtsbestimmungen (Art. 1 Abs. 1 GG) anerkannt. 596 Es bleibt zu klären, ob zugunsten der am Sport beteiligten Verbände, Vereine oder Sportler auf der Basis von Grundrechtsbestimmungen Förderungsansprüche gegenüber dem Staat bestehen. Den vorhandenen Sportförderungsgesetzen können derartige Leistungsansprüche zugunsten des Sports nicht entnommen werden. Auch unabhängig hiervon herrscht zu dieser Frage eine eher ablehnende Haltung vor. 597

591 BVerfGE 33, 303 (333) -Numerus clausus; BVerfGE 82, 60 (82); Jarass/Pieroth, Vorb. vor Art. 1, Rdnr. 7 m. w . N. 592 Vgl. BVerfGE 33, 303 (334) - Numerus clausus; BVerfGE 35, 79 (122); BVerwGE 52, 339 (345 ff.)- Grundausstattung; vgl. auch: Hesse, EuGRZ 1978, 434. 593 Vgl. BVerwGE 52, 339 (345)- Grundausstattung. 594 Vgl. BVerwGE 27, 360 (363)- Privatschu1subventionierung. 595 Vgl. BVerwGE 27, 360 (365)- Privatschulsubventionierung. 596 Vgl. BVerfGE 40, 121 (133)- Existenzminimum. 597 Dazu Kar/ Schmidt, Voraussetzung und Formen staatlicher Sporttorderung, S. 22; Tettinger, Rechtsprobleme der Subventionierung des Sports, S. 52; Steiner, Amateurfußball und Grundrechte, S. 10.

160

D. Die Bedeutung weiterer Grundrechtsfunktionen fur den Sport

a) Förderungspflichten des Staates aujgrund von Art. 2 Abs. 1 GG oder Art. 12 Abs. 1 GG

Der Sport hat weder in der Form berufsmäßiger Ausübung noch im übrigen eine besondere verfassungsrechtliche Berücksichtigung erfahren. Es ist nicht davon auszugehen, daß es bei der Errichtung des Grundgesetzes beabsichtigt war, den Sport als Einrichtung besonders zu gewährleisten oder seine Vielfalt in irgendeiner Weise abzusichern. Nichts anderes ergibt sich aufgrundder dem Sport zur Verfügung stehenden grundrechtliehen Gewährleistungen in Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 12 Abs. 1 GG. Der Staat kann nicht dazu verpflichtet werden, die Ausübung bestimmter Berufe oder die Möglichkeit, einer bestimmten Freizeitbeschäftigung nachzugehen, durch Unterstützungsmaßnahmen abzusichern. b) Die Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG als Grundlage für eine staatliche Förderungsverpflichtung gegenüber dem Sport

Denkbar könnte es sein, die Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG als Anknüpfungspunkt für eine Förderungspflicht des Staates gegenüber dem Sport heranzuziehen. 598 Die Vereinigungsfreiheit entfaltet auch für den Sport eine zentrale Bedeutung, indem sie die Trennung von Staat und Sport zwar nicht begründet, aber darauf aufbauend die Freiheitlichkeit des gesamten Sportverbandswesens schützt. 599 Es stellt sich die Frage, ob diese grundlegende Bedeutung der Vereinigungsfreiheit staatliche Förderungspflichten zugunsten des Sports begründen kann. Dabei geht es nicht um die Teilhabe an vom Staat zur Verfügung gestellten Verbandsstrukturen, denn an einem staatlichen Sportangebot fehlt es ohnehin. Bedenkenswert erscheint jedoch die Fragestellung, ob sich staatliche Förderungspflichten vor dem Hintergrund der Tatsache begründen lassen, daß die internen Entscheidungsabläufe bei Sportverbänden immer häufiger von wirtschaftlichen Interessen Dritter beeinflußt werden. Es gibt zahlreiche Belege dafür, daß Sportarten durch die Veränderung von Spielregeln, zeitlichen oder technischen Abläufen umgestaltet werden und diese Umgestaltung auf die Einflußnahme von Sponsoren oder Fernsehübertragungsanstalten zurückgeführt werden kann. Die Autonomie der Sportverbände im Hinblick auf die Gestaltung und Betreibung ihrer Sportart wird durch diese Entwicklung eingeschränkt, da bei Entscheidungen die den Sport betreffen, 598 Ablehnend: Tettinger, Rechtsprobleme der Subventionierung des Sports, S. 52; vgl. Jarrass/Pieroth, Art. 9, Rdnr. 12; MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 85. 599 Hierzu ausfUhrlieh oben B. IV. 4. a) ee).

Ill. Gnm.drechte illld sportliche Organisations- bzw. Verfahrensstrukturen

161

inuner weniger auf sportspezifische Erwägungen oder Auslosungsergebnisse als auf wirtschaftliche Interessen dritter Geldgeber abgestellt wird. Ein Beispiel hierfür ist die Diskussion um die Einführung von Viertelpausen oder Auszeiten im Fußball, welche aufBetreiben der Fernsehanstalten in Gang gebracht wurde und allein den Zweck besaß, den Raum für Werbemöglichkeiten zu vergrößem.600 Die grundrechtliche Gewährleistung der Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG, welche unter anderem gerade die freiheitliche Eigenregelung der internen Verbandsangelegenheiten schützen soll, gerät durch diese Entwicklung in die Gefahr, entwertet zu werden. Es stellt sich daher die Frage, ob der staatliche Förderungsgeber die Möglichkeit zur effektiven Nutzung der Vereinigungsfreiheit im Einzelfall dadurch zu erhalten hat, daß er Förderungsmaßnahmen gegenüber Sportvereinen oder Sportverbänden trifft, um diese von den Interessen Außenstehender unabhängig zu machen. Im Ergebnis kann dies nicht der Fall sein. Abgesehen davon, daß Art. 9 Abs. 1 GG kaum als verfassungsrechtliche Garantie eines in jeder Hinsicht unabhängigen Vereinigungswesens aufgefaßt werden kann, betreiben die Sportorganisationen die Suche nach privaten Finanzquellen (Sponsoren, Medien) letztlich von sich aus und in eigenem Interesse. Nichts deutet darauf hin, daß es sich bei der verstärkten Einflußnahme von Außenstehenden um einen Tatbestand handelt, dem die Sportverbände machtlos gegenüberstehen würden. Es ist im Gegenteil eher so, daß die Zusanunenarbeit von Seiten der Sportorganisationen gesucht und geschätzt wird. Sollte sich dieses ändern, bliebe jederzeit die Möglichkeit, diese Zusanunenarbeit aufzukündigen. Originäre Leistungspflichten zugunsten eines von Drittinteressen unabhängigen Verbändewesens lassen sich somit aus der Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG nicht herleiten.

111. Grundrechte und sportliche Organisations- bzw. Verfahrensstrukturen Wichtige Funktionen erfüllen Grundrechte auch für bestimmte Organisations- und Verfahrensgestaltungen. 601 Aufgrund der Tatsache, daß menschliche Freiheit immer mehr auf staatliche Unterstützung, Vorsorge und Verteilung angewiesen ist und es zunehmend der "Abgrenzung, Begrenzung und Vgl. "ÄnderilllgnachBeschwerde", SZNr. 135, v. 14./15. 6. 1995, S. 38. Hierzu Hesse, EuGRZ 1978, 434 tT.; Hesse, VerfR, Rdnr. 358 tT.; Bethge, NJW 1982, 1 ff.; Stern, StaatsR III/1, § 69 V.; v. Münch!Kunig (v. Münch), Vorb. Art. 1 - 19, Rdnr. 25 ff.; Starck, FG f. BVerfG II, 481. 600

601

II Krogmann

162

D. Die BedeutWlg weiterer GrWldrechtsfunktionen für den Sport

Zuordnung"602 der Freiheitsbereiche des Menschen bedarf, ist eine wirksame Sicherung der Grundrechte häufig nur durch bestimmte organisatorische oder verfahrenstechnische Ausgestaltungen staatlicher Tätigkeitsbereiche möglich. Ist die Ausübung einer grundrechtlich gesicherten Freiheit von der Inanspruchnahme einer bestimmten Einrichtung abhängig, muß eine Organisations- oder Verfahrensgestaltung gefunden werden, die demjeweiligen Grundrecht so weit wie möglich gerecht wird. 603 Verfahrensanforderungen können beispielsweise den prozessualen Grundrechten wie der Rechtsweggarantie in Art. 19 Abs. 4 GG oder dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs in Art. 101 Abs. 1 GG entnommen werden. 604 Im übrigen können allgemeine Verfassungsgrundsätze wie das Rechtsstaatsprinzip Auswirkungen auf die Ausgestaltung der gerichtlichen Entscheidungstindung haben. 605 Das BVerfG hat darüber hinaus zur Sicherung und Verwirklichung von Grundrechten verfahrensrechtliche Anforderungen gegenüber Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung entwickelt. 606 Einen Einfluß besitzen die Grundrechte beispielsweise bei der verfassungskonformen Anwendung strafverfahrensrechtlicher Normen.607 Auch Lebensbereiche, an denen der Staat nicht unmittelbar beteiligt ist, bedürfen umfangreicher organisatorischer und verfahrenstechnischer Regelungen. Dies gilt vor allem dort, wo sich mehrere zu Verbänden, Vereinigungen oder sonstigen Funktionsträgern zusammenschließen und die näheren Umstände der Willensbildung geregelt, Leitungsbefugnisse und Kompetenzen gegeneinander abgegrenzt und die verschiedenen Interessen der Beteiligten miteinander zum Ausgleich gebracht werden müssen. Im Zusammenhang mit einzelnen Grundrechtsbestimmungen können sich in diesen Bereichen organisatorische Anforderungen ergeben, die ggf. durch den Gesetzgeber zu verwirklichen sind. 608 Hesse, EuGRZ 1978, 434 f ; vgl. auch oben Wlter A II. mvgl. BVerfGE 31, 314 (326)- RWldfunk; BVerfGE 35, 79 (120 f)- Hochschule; hiervon zu Wlterscheiden ist die Organisations- und verfahrensrechtliche Ausgestaltung von Grundrechtsnormen selbst, zu welcher der Gesetzgeber im Wege der SchaffWlg gesetzlicher Regelungen berechtigt oder verpflichtet sein kann, um überhaupt erst die GfWldrechtsausübWlg zu ermöglichen (sog. "AusgestaltWlgsbefugnis" des Gesetzgebers), vgl. hierzu Hesse, EuGRZ 1978, 434; Bethge, NJW 1982, 5. Im übrigen bestehen deutliche ÜberschneidWlgen mit der Problematik gfWldrechtlich begründeter Teilhabeansprüche, vgl. Jarass, AöR 1985, 358 ff. 604 Siehe Hesse, EuGRZ 1978, 435, m. Nachw. aus der Rspr. 605 Z. B. der GrWldsatz des "fairen Verfahrens", der aus dem Rechtsstaatsprinzip ab~eleitet wird, v.gl. BVerfGE 39, !56 (163); dazu auch Hesse, EuGRZ 1978,435. 06 Vgl. dazu die ausführlichen Nachweise bei Hesse, EuGRZ 1978, 435 f; Bethge, NJW 1982, 5 ff. 607 So Hesse, EuGRZ 1978, 435 . 608 Dazu Bethge, NJW 1982, 3 f; BVerfGE 35, 79 ff. - Gruppenuniversität; BVerfGE 12, 205 ff. -Rundfunkanstalt. 602

III. Grundrechte und sportliche Organisations- bzw. Verfahrensstrukturen

163

Das Bedürfnis, entsprechende Bestimmungen zu schaffen, besteht in besonderem Maß auch für die in der Bundesrepublik existierenden Sportverbände, die sich auf der Basis der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) entwickelt haben. In ihnen trifft eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen aufeinander, deren Koordination und Ausgleich durch entsprechende Regelungen erreicht werden muß. Ob und ggf. inwieweit unter Heranziehung einzelner Grundrechtsbestimmungen bestimmte Postulate für die Organisations- und Verfahrensgestaltungen im Bereich des Sports aufstellen, soll nachfolgend anhand zweier aktueller Beispiele geprüft werden. Zum einen geht es darum, ob und inwieweit die innere Struktur von Sportverbänden demokratischen Grundsätzen entsprechen muß, zum anderen soll ermittelt werden, ob und mit welcher Maßgabe die prozessualen Grundrechte im Verfahren vor den sog. Sportgerichten der Verbände Anwendung finden.

1. Das Gebot zur Verwirklichung demokratischer Grundsätze im Rahmen der internen Ordnung von Sportverbänden Die Pflicht privater Verbände zur Einrichtung demokratischer Binnenstrukturen ist ein seit langem vieldiskutiertes Thema. Es bildet einen Schwerpunkt in der seit Jahrzehnten um die gesetzliche Regelung des Verbändewesens geführten Diskussion, welche sich angesichts des sozialen Machtzuwachses der Verbände entwickelt hat. 609 Die einzigen nichtstaatlichen Institutionen, denen 609 Vgl. Wimmer, DVBI. 1977, 401 ff.; Leßmann, NJW 1978, 1545 ff.; Hdb. d. StaatsR VI (Scholz), § 151, Rdnr. 36; AK-GG (Rinken), Art. 9, Abs. 1, Rdnr. 72 ff. Bei der Diskussion um entsprechende Normierungsvorhaben sind im wesentlichen zwei Problemkreise zu unterscheiden: Zunächst wird ein Bedürfnis danach geäußert, das (Außen-) Verhältnis der Verbände zum Staat auf eine rechtliche Grundlage zu stellen. Probleme ergäben sich hauptsächlich durch die Konzentration von Verbandsmacht, die weitgehende Übernahme politischer Tätigkeiten und die große Typenvielfalt von Verbänden. Die "Symbiose von Staat und Verbänden" (Teubner, JZ 1978, 547) gefahrde die innere Souveränität des Staates und korrumpiere die Integrität der staatlichen Willensbildung, vgl. Meessen, S. 5 f.; Herzog in: Dettling, Macht der Verbände, S. 70. Gesetzliche Regelungen sollten daher einer verbreiteten Auffassung nach auf eine Dezentralisierung bzw. Aufgabenbeschränkung der Verbände hinwirken (,,Reprivatisierung" ). Die entgegengesetzte Aufassung befürwortet die ,,Konstitutionalisierung" , d. h. die Einbeziehung der Verbände "in den Zusammenhang der verfassungsrechtlich organisierten Entscheidungsgewalt" und damit auch ihre öffentliche Kontrolle. Ausführlich zu den unterschiedlichen Konzepten: Teubner, JZ 1978, 546 ff. Der zweite Aspekt eines möglichen Verbändegesetzes beträfe die Normierung verbandsinterner Beziehungen, und zwar im wesentlichen die des Verbandes zu seinen Mitgliedern. Hier geht es vor allem um die Durchsetzung demokratischer Binnenstrukturen, vgl. insbesondere flir Gewerkschaften, Wimmer, DVBI. 1977, 402 ff

II *

164

D. Die Bedeutung weiterer Gnmdrechtsfunktionen für den Sport

eine nach demokratischen Grundsätzen organisierte innere Ordnung vorgeschrieben ist, sind die politischen Parteien (vgl. Art. 21 Abs. 1, Satz 3 GG). Für andere gesellschaftliche Bereiche, insbesondere für Verbände i. S. von Art. 9 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 3 GG, wird die Einrichtung einer demokratischen Binnenstruktur ebenfalls gefordert. 610 Dies gilt auch in Bezug auf die in der Bundesrepublik existierenden Sportvereine und -verbände. 611 Das Demokratieprinzip, in Art. 20 Abs. 1 GG bzw. Art. 28 Abs. 1, Satz 1 GG konstituiert, ordnet als Leitprinzip den politischen Prozeß, "in dem staatliche Gewalt geschaffen und in dem staatliche Gewalt wirksam wird". 612 Eine nähere verfassungsrechtliche Ausformung erfahrt es durch Art. 20 Abs. 2 GG. Gern. Art. 20 Abs. 2, Satz 1 GG geht alle Staatsgewalt vom Volk aus. Allein das Volk kann die Herrschaft des Staates legitimieren und den politischen Willen des Staates bilden.613 Dies geschieht gern. Art. 20 Abs. 2, Satz 2 GG vor allem durch Wahlen zu Parlamenten und Kommunalvertretungen sowie durch Abstimmungen anläßlich von Volksbegehren und Plebisziten (vergleiche z. B. Art. 29 Abs. 2, Satz 1 GG). Ausgeübt wird die Staatsgewalt durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung. 614 Die verschiedenen Fonneu der Willensbildung führen Entscheidungen nach dem Mehrheitsprinzip herbei.615 Diese bedürfen zu ihrer vollen demokratischen Legitimation eines gewissen Maßes an Minderheitenschutz, so wie er beispielsweise im Erfordernis qualifizierter Mehrheiten für verfassungsändernde Gesetze in Art. 79 Abs. 2 GG verankert ist. Darüber hinaus gebietet es der Minderheitenschutz, daß es grundsätzlich möglich sein muß, in einem offenen politischen Prozeß die Mehrheitsverhältnisse zu ändern. Dies setzt zunächst freie, periodisch wiederkehrende Wahlen voraus. Zudem müssen legitime Opposition Daneben geht es wn die gesetzliche Regelung interner Konflikte, welche sich unmittelbar aus der Gegenläufigkeit von Grundrechtspositionen zwischen den arn Verbandsleben Beteiligten ergeben können. Ausdrücklich hat z. B. auch Burmeister (DÖV 1978, 3) den Erlaß eines speziellen Sportverbandsgesetzes gefordert. 610 Dazu auch die zusammenfassende Darstellung bei Stern, StaatsR I,§ 18 ill, 2.). 611 So Steiner, Amateurfußball und Gnmdrechte, S. 9; Kauffmann, Sportwiss 1981, 203 f.; beachte auch § 3 SportFG Berlin (siehe FN 554), in welchem die Förderungswürdigkeit von Sportorganisationen davon abhängig gemacht wird, ob ihr innerer Aufbau und ihre Tätigkeit demokratischen Grundsätzen entspricht. 612 Hesse, VerfR, Rdnr. 130. 613 "Volkssouveränität", vgl. Stern, StaatsR I,§ 18 II, 4.). 614 "Repräsentative Demokratie", vgl. v. Münch/Kunig (Schnapp), Art. 20, Rdnr. 31. Entscheidend ist, daß sowohl die staatlichen Organe als auch deren Maßnahmen "ihre Grundlage letztlich in einer Entscheidung des Volkes finden", vgl. BVerfGE 47, 253 (Ls} Stern, StaatsR I,§ 18 II, 4.); v. Münch!Kunig (Schnapp), Art. 20, Rdnr. 30. 61 v. Münch!Kunig (Schnapp), Art. 20, Rdnr. 13f.

ill. Grundrechte Wld sportliche Organisations- bzw. Verfahrensstrukturen

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durch ein Mehrparteiensystem und die Freiheit zur Gründung politischer Parteien (Art. 21 Abs.l, Satz 2 GG) gewährleistet sein. 616 Einen wichtigen Bestandteil eines offenen politischen Prozesses und einer demokratischen Ordnung bildet die staatsfreie Bildung einer öffentlichen Meinung "von unten nach oben". Der Vorgang der politischen Willensbildung des Volkes mündet einerseits in die Wahlen ein, er kann aber andererseits auch die politische Gesamtrichtung im Allgemeinen beeinflussen. 617 Als Voraussetzung für die politische Willensbildung sind die sog. Kommunikationsgrundrechte unerläßlich. Zu ihnen gehören die Partei- (Art. 21 Abs. 1 GG) und die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. I GG), die Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. I GG) sowie die Meinungs-, die Presse-, die Rundfunk- und die Filmfreiheit (Art. 5 Abs. I, Satz I und Satz 2 GG). Untrennbar verbunden ist das Demokratieprinzip überdies mit bestimmten Aspekten des Gleichheitsprinzips. Jeder Bürger muß den gleichen Anteil an der Bildung des Volkswillens haben. Die Etablierung einer Herrschaft von Minderheiten (Oligarchie) ist mit dem Demokratieprinzip unvereinbar. 618 Zu dieser sog. demokratischen Gleichheit gehören das gleiche (aktive und passive) Wahlrecht (Art. 38 Abs. 1, Satz I GG), der gleiche Zugang zu öffentlichen Ämtern (Art. 33 Abs. 2 GG), die gleiche Teilhabe an den Kommunikationsgrundrechten sowie die Gleichheit der politischen Parteien, insbesondere deren Chancengleichheit in Bezug auf ihre gesamte politische Tätigkeit. 619 Vor allem in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verwirklicht sich mit dem Demokratieprinzip "das Ideal des freiheitlichen Staates". 620 a) Zur Übertragung demokratischer Prinzipien auf die internen Verhältnisse von Sportverbänden

Für die im allgemeinen in der Rechtsform des eingetragenen Vereins existierenden Sportvereine und -verbände ist die Verwirklichung einer Reihe von demokratischen Grundsätzen schon durch die §§ 25 ff. BGB vorgeschrieben. Die Souveränität der Vereinsmitglieder kommt zum Ausdruck 616 Siehe Stern, StaatsR I,§ 18 II, 5.) f.; Hesse, VerfR, Rdnr. 154; v. Münch/Kunig (Schnapp), Art. 20, Rdnr. 14. 617 Hierzu: BVerfGE 20, 56 (99); BVerfGE 44, 125 (139); Hesse, VerfR, Rdnr. 149; Stern, StaatsR I,§ 18 II, 5.). 618 Vgl. AK-GG (Stein), Art. 20, Abs. 1 - 3, Rdnr. 11. 619 Hdb. d. StaatsR I (Böckenförde), § 22 m 1.) f.; V. Münch!Kunig (Schnapp), Art. 20, Rdnr. 14; Jarrass/Pieroth, Art. 20, Rdnr. 7. 620 Stern, StaatsR I, § 18, 6. ).

166

D. Die Bedeutung weiterer Gnmdrechtsfunktionen flir den Sport

- in der zwingend vorgeschn'ebenen Möglichkeit zum Widerruf der Bestellung des Vorstandes aus wichtigem Grund ( § 27 Abs. 2, Satz 2 BGB ), - in der zwingenden Möglichkeit zur Einberufung der Mitgliederversammlung, wenn das Vereinsinteresse es eifordert (§ 36 BGB ), - im Selbsteinberufungsrecht der Mitgliederversammlung durch eine Minderheit von Mitgliedern ( § 37 Abs. I BGB ), -in der Befugnis zur Selbstauflösung ( § 41 BGB ).

Zur Sicherung der Teilnahme am vereinsinternen Willensbildungsprozeß in eingetragenen Vereinen sieht zudem§ 58, Nr. 4 BGB vor, daß die Satzung Bestimmungen über die Voraussetzungen, unter denen die Mitgliederversammlung zu berufen ist, über die Form der Berufung und über die Beurkundung der Beschlüsse erhalten soll. 621 Es muß danach in jedem Fall gesichert sein, daß die Mitglieder rechtzeitig davon in Kenntnis gesetzt werden, wann und wo die Mitgliederversammlung stattfindet. Ort und Zeit müssen für die Mitglieder zumutbar sein. 622 Jedem Mitglied muß es vorbehaltlich näherer Ausgestaltung in der Satzung möglich sein, Anträge in die Tagesordnung aufnehmen zu lassen.623 Darüber hinaus enthält das Mitgliedschaftsrecht im Rahmen von § 32 Abs. 1 BGB zwingende Mitverwaltungs- bzw. Mitwirkungsrechte wie das Teilnahmerecht an der Mitgliederversammlung, das Widerspruchsrecht gegen Versammlungsbeschlüsse, das aktive und passive Wahlrecht und das Gebot der Chancengleichheit der Bewerber. 624 Im Kern geschützt sind weiter das Auskunftsrecht (auch außerhalb der Mitgliederversammlung, §§ 27 Abs. 3, 666 BGB), das Rederecht der Mitglieder auf der Mitgliederversammlung und das Stimmrecht der Mitglieder. 625 Insbesondere im Schutz des Stimmrechts der Mitglieder kommt das Prinzip demokratischer Gleichheit zum Ausdruck. Es deckt sich mit der Gleichbehandlungspflicht der Mitglieder in bezug auf die Ausübung von Stimmrechten. Das Stimmrecht des einzelnen Mitglieds ist abgesehen von § 34 BGB (Stimmrechtsausschluß bei Interessenwiderstreit) grundsätzlich frei und unentziehbar. Weitergehende demokratische Elemente, wie genaue Regelungen hinsichtlich der Zuständigkeit, der Gründe und der Zeiträume zur Einberufung der Mitgliederversammlung, die zeitliche Machtbegrenzung der Repräsentanten durch periodisch wiederkehrende Neuwahlen 621 Gern. § 60 BGB ist der Eintragungsantrag bei Fehlen derartiger Bestimmungen zurückzuweisen. 622 Palandt (Heinrichs), § 32, Rdnr. 3; Reichert!van Look, Rdnr. 829 ff. 623 Reichertlvan Look, Rdnr. 843. 624 Zu dem gesamten Fragekreis: Reichertlvan Look, Rdnr. 517 f.; Palandt (Heinrichs), § 32, Rdnr. 7. 625Reichertlvan Look, Rdnr. 885 ff. ; Ausnahme: § 34 BGB -Befangenheit.

ill. Grundrechte und sportliche Organisations- bzw. Verfahrensstrukturen

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oder die Regelung der Wahlgleichheit, sind darüber hinaus möglich. 626 Alle übrigen Regelungen, insbesondere -die Wahl/Bestellung des Vorstandes durch die Mitgliederversammlung (§ 27 Abs. 1 BGB), -das Weisungsrecht der Mitgliederversammlung ggü. dem Vorstand(§§ 27 Abs. 3, 665BGB), - die Macht zur Satzungsanderung durch drei Viertel der erschienenen Mitglieder(§ 23 Abs. 1, Satz 1 BGB), -die Macht zur Zwecklinderung durch alle Mitglieder(§ 33 Abs. 1, Satz 2 BGB ), -die Auffangzusttindigkeit der Mitgliederversammlung ( § 32 Abs. 1, Satz 1 BGB ), - das Mehrheitsprinzip bei der Beschlußfassung der Mitgliederversammlung ( § 32 Abs. 1, Satz 3 BGB ), - das Eifordemis der Bezeichnung der Gegenstände der Beschlußfassung bei Einberufung zur Mitgliederversammlung ( § 32 Abs. 1, Satz 2 BGB)

gelten gern. § 40 BGB nur, soweit sie nicht durch die Satzung verändert oder sogar aufgehoben werden. Durch die genannten Regelungen der §§ 25 ff. BGB kommt den Mitgliedern die weitgehende Teilnahme am Willensbildungsprozeß innerhalb des Vereins und damit ein erhebliches Maß an demokratischer Repräsentation zu. Die Mitgliederversammlung stellt daher grundsätzlich das höchste Organ des Vereins dar. 627 Wegen der Möglichkeit zur abweichenden Satzungsgestaltung (vgl. § 40 BGB), kann aber die demokratische Mitwirkung der Mitglieder bei der verbandsinternen Willensbildung stark beschränkt werden. 628 Es stellt sich daher die Frage, ob unabhängig von den gesetzlichen Regelungen eine Verpflichtung von Sportverbänden zur Einrichtung demokratischer Binnenstrukturen begründet werden kann, so daß sich abweichende Satzungsgestaltungen verbieten. Die unmittelbare Geltung des Demokratieprinzips im gesellschaftlichen Bereich scheidet aus, da Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG sowie Art. 28 Abs. 1 GG sich nur auf den Staat bzw. auf kommunale Gebietskörperschaften beziehen. 629 Bei der Anwendung demokratischer Grundsätze ist im übrigen zu beachten, daß es Vereinigungen wegen der ihnen nach Art. 9 Abs. 1 GG zustehenden internen Gestaltungsfreiheit grundsätzlich möglich sein muß, ihre innere 626 Vgl.

Palandt (Heinrichs),§ 32, Rdnr. 7. Karsten Schmidt, GesellsehR § 24, ill 3.). 628 Ausfuhrlieh hierzu: G6hner, DVBI. 1980, 1034; Teubner, Organisationsdemokratie und Verbandsverfassung, S. 27. 629 H. M., vgl. MD (Herzog), Art. 20, Rdnr. 52 f. ; Stern, StaatsR I, § 18 ill, 3.); Wimmer, DVBI. 1977,402. 627 Vgl.

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D. Die Bedeutung weiterer Grundrechtsfunktionen fur den Sport

Ordnung nach selbstgewählten - ggf. auch nichtdemokratischen - Gesichtspunkten zu gestalten. 630 Es ergeben sich gleichwohl verschiedene Aspekte, mit denen die Forderung nach interner Demokratisierung fiir Vereinigungen im Bereich des Sports begründet werden kann. Zwei dieser Aspekte sollen nachfolgend hervorgehoben werden, da es fiir sie in besonderem Maß auf staatsrechtliche bzw. grundrechtliche Überlegungen ankommt. aa) Die "Staatsnähe" von Vereinigungen im Bereich des Sports Eine demokratische Binnenstruktur muß umso eher von Vereinigungen gefordert werden, je mehr diese in die Nähe staatlicher Institutionen rücken, indem sie entweder an der staatlichen Willensbildung teilnehmen, diese beeinflussen oder auf sonstige Weise politische Macht ausüben. Je größer der sog. Öffentlichk~itsstatus631 einer Vereinigung ist, desto eher besteht die Notwendigkeit, ihre Handlungen durch die Mitglieder legitimieren zu lassen, denn die Mitgestaltung politischer Entscheidungsprozesse durch gesellschaftliche Funktionsträger kann nicht geduldet werden, ohne daß diese hierfiir ein bestimmtes Maß an gesellschaftlicher Legitimation vorweisen können. 632 Dogmatisch wird dies vielfach als analoge Anwendung von Art. 21 Abs. 1, Satz 3 GG aufgefaßt. 633 Es gibt zahlreiche Beispiele dafiir, daß zumindest zwischen den großen Sportverbänden und den staatlichen Leitungsorganen in der Bundesrepublik intensive Kontakte bestehen. Vor allem der DSB und der DFB vertreten gegenüber den politischen Entscheidungsträgem die Interessen des Sports auf der Bundesebene. Auf Landesebene werden sie von den jeweiligen Landesverbänden wahrgenommen. 634 Bei der Interessenvertretung des Sports geht es in erster Linie um die Durchsetzung finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Haushalten.635 Insbesondere haben z. B. im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands intensive Beratungen über die Finanzierung eines "Goldenen Plans Ost" zur Sicherung der Sportstätten in der ehemaligen DDR stattgefunden.636 Beim "Antrittsbesuch" des neugewählten DSB-Präsidenten 630 Dazu Wimmer, DVBl. 1977,402. 631

MD (Scholz), Art. 9, Rdnr. 15.

632 Wimmer, DVBl. 1977, 402 f.; Säcker, S. 13 (m. zahlr. Nachw.).

Ablehnend: MD (Herzog), Art. 20, ll. Teil, Rdnr. 115 ff. In § 2, Buchst. a.) bestimmt der DSB seinen Zweck dementsprechend unter anderem darin, die gemeinschaftlichen Interessen seiner Mitgliedsorganisationen ge~enüber S~t und Gemeinden zu vertreten; vgl. auch Wimmer, DVBl. 1977, 401 . 35 Vgl. "Em1gung über das Förderkonzept", SZ Nr. 199, v. 30. 8. 1995, S. 39; zur öffentlichen Sportförderung, vgl. oben D. ll. 1. 636 Vgl. "Ratlosigkeit über Finanzierung des 'Goldenen Plans Ost"', FAZ Nr. 18, vom 633 634

ill. Grundrechte und sportliche Organisations- bzw. Verfahrensstrukturen

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von Richthofen bei Bundeskanzler Kohl Anfang 1995 ging es um steuerpolitische Konzepte zur Rettung des "Sportstandortes Deutschland" hinsichtlich internationaler Spitzensportveranstaltungen, um die Besteuerung des Sponsorings und um die Förderung ehrenamtlicher Tätigkeiten im Sport.637 Mit den Vertretern der Bundesregierung werden daneben auch sportpolitsche Angelegenheiten wie die veränderte Stellung des Sports in der europäischen Rechtsordnung seit dem Bosman-Urtei1638 des EuGH besprochen.

Die Zusagen, welche seitens der politischen Entscheidungsträger gegenüber dem Sport gemacht werden, zeigen, daß die Vertreter des Staates die politische Bedeutung des Spitzen- und des Breitensports erkennen und ihn bei ihren Entscheidungen berücksichtigen. 639 Spitzenverbänden wie dem DSB oder dem DFB kommt somit ein erheblicher Öffentlichkeitsstatus im oben dargestellten Sinne zu. Von ihnen muß somit grundsätzlich verlangt werden, daß sie ihre innere Struktur an demokratischen Grundsätzen ausrichten. bb) Die soziale Machtstellung von Sportvereinigungen Ein weiteres Merkmal, an welches die Forderung nach demokratischen Sinnenstrukturen geknüpft werden kann, ist die soziale Machtstellung einzelner Verbände. Solange die Möglichkeit des Wechsels zu einem Konkurrenzverband tatsächlich und nicht nur theoretisch besteht, müssen die Verbände und deren Satzungsregelungen um Attraktivität und Rücksicht gegenüber den Mitgliedern bemüht sein. Je mehr jedoch der Einzelne wegen fehlender Ausweichmöglichkeiten auf die Mitgliedschaft in einem speziellen Verband angewiesen ist oder je weniger die Attraktivität der Mitgliedschaft auf konkret definierten verbandspolitischen Zielen und Aktionen, sondern auf anderen mittelbar mit der Mitgliedschaft verbundenen Vorteilen beruht, desto unabhängiger werden die Leitungsorgane einer Vereinigung von der Zustimmung oder Ablehnung ihrer Mitglieder. So kann es dazu kommen, daß Konflikte innerhalb der 22. 1. 1993, S. 45; "Bei der inneren Vereinigung sind noch Defizite vorhanden", SZ Nr. 276, V. 1. 12. 94, S. 47. 637 Vgl. "Der Steuern wegen nach Bonn", SZ Nr. 26, v. 1. 2. 95, S. 44. 638 EuGH NJW 1996, 505 ff.- Bosmap.; vgl. hierzu: "Sport als EU-Aufgabe", SZ Nr. 278, v. 2./3. 12. 1995, S. 63. 639 Vgl. "Bundesregierung hilft", SZ Nr. 221 , v. 25. 9. 1995, S. 34; Steiner, Amateurfußball und Grundrechte, S. 9.; Wimmer, DVBl. 1977, 401. Bundeskanzler Kohl selbst regte nach einem Treffen mit DSB-Präsident v. Richthofen die Wiederaufnahme der Gespräche am ,,Runden Tisch" aus Vertretern von Sport, Wirtschaft und Politik an; vgl. "Wirtschaft und Sport in einer Liga", Handelsblatt Nr. 32, v. 14. 2. 1996, S. 5; "Kohl steht Pate ftlr neuen Solidarpakt", SZ Nr. 37, v. 14. 2. 1996, S. 44.

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D. Die Bedeutung weiterer Gnmdrechtsfunktionen für den Sport

Vereinigung nicht mehr im Sinne eines Interessenausgleichs, sondern auf der Basis von Regeln gelöst werden, die den tatsächlichen Mehrheitswillen nicht repräsentieren. Es entsteht die Gefahr einer "Funktionärsherrschaft". 640 Um solche Verhältnisse zu vermeiden bzw. auszugleichen, sind bei sozialmächtigen Vereinigungen an die Interessenrepräsentation und die Mitwirkungsmöglichkeiten der Mitglieder besondere Anforderungen zu richten. Während es beispielsweise im Zusammenhang mit der Aufnahmeproblematik darum geht, den wegen der Machtstellung eines Verbandes faktisch bestehenden "Beitrittsdruck" dadurch zu kompensieren, daß an die Rechtmäßigkeit von Ablehnungsentscheidungen besondere Voraussetzungen geknüpft werden,641 kann mit der Verpflichtung zur Einrichtung demokratischer Binnenstrukturen der Zwang zum Verbleiben in einer Vereinigung ausgeglichen werden. Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist auch hier die negative Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG und das darin enthaltene Prinzip der Freiwilligkeit der Mitgliedschaft, welches einfachgesetzlich in § 39 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommt. Denkbar ist es im Übrigen auch, die Pflicht zur Einrichtung demokratischer Elemente im Einzelfall damit zu begründen, daß speziellen, für eine demokratische Ordnung unverzichtbaren Grundrechten der Mitglieder wie beispielsweise der Meinungsäußerungsfreiheit i. S. von Art. 5 Abs. 1 GG Geltung verschafft werden muß. Bestimmungen, die der Pflicht zur Einrichtung demokratischer Strukturelemente in einer Vereinigung entgegenstehen, können auf der Grundlage einer richterlichen Billigkeitskontrolle (§ 242 BGB) für unwirksam erklärt werden. 642 Für die Sportverbände in der Bundesrepublik Deutschland ergeben sich daraus unmittelbare Konsequenzen. Was den vereinsmäßig betriebenen Leistungs- und Spitzensport betrifft, besitzt der DSB eine Monopolstellung. Die Landessportbünde und Spitzenfachverbände sind auf die Mitgliedschaft im DSB angewiesen. Nur theoretisch besteht die Möglichkeit, einen Parallelverband zu gründen, der in gleicher Weise die Interessen des Sports repräsentieren könnte.643 Entsprechendes gilt für Fachverbände wie den DFB oder den DLV. Die berufssportliche Betätigung als Fußballspieler oder Leichtathlet wird erst durch die ordentliche bzw. außerordentliche Mitgliedschaft in diesen Verbänden ermöglicht; sie ist zudem eine wesentliche Voraussetzung für finanzielle Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln. Auch als Konsequenz aus dieser Machtstellung muß somit jedenfalls von den 640 Vgl. MüK.o (Reuter), Vor§ 21, Rdnr. 66 ff. u. 113 ff.; Nicklisch, Inhaltskontrolle, S. 34 ff.; hierzu auch BGH NJW 1984, 919 ("Freiwilligkeit des Eintritts"). 641 Siehe hierzu oben unter C. TI. 1. 642 Vgl. MüK.o (Reuter), Vor§ 21, Rdnr. 114; BGHZ lOS, 306 ff.; OLG Frankfurt, OLGZ 1981,391 (392 f.). 643 Vgl. hierzu bereits oben unter B. IV. 3. a) und C. TI. l. b ).

ill. Grundrechte lUld sportliche Organisations- bzw. Verfahrensstrukturen

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Spitzenverbänden des Sports die Einrichtung demokratischer Strukturen verlangt werden. b) Probleme der Mitgliederrepräsentation Die Sportverbände und -vereine in der Bundesrepublik Deutschland sind in der Regel eingetragene Vereine i. S. der §§ 21 ff. BGB. Um eine streng nach demokratischen Grundsätzen organisierte Binnenstruktur zu erhalten, müßte die gesamte Willensbildung des Verbandes der Mitgliederversammlung (§ 32 Abs. 1, Satz 1 BGB) zustehen. In manchen Vereinigungen, insbesondere auch im Sportbereich, treten an die Stelle der Mitgliederversammlung andere Repräsentationsorgane. Zum einen werden in Sportvereinen und -verbänden die Aufgaben und Interessen der Mitglieder häufig von Delegierten wahrgenommen. In den professionell geführten Sportvereinen kommt es zum anderen immer häufiger zur Bildung von Aufsichtsräten, denen bestimmte Willensbildungskompetenzen zugeordnet sind. Es stellt sich die Frage, ob die Einrichtung dieser Organe dem Gebot innerverbandlieber Demokratie im Einzelfall entspricht. aa) Mitgliederrepräsentation durch Delegiertenversammlungen Im Sport setzen sich Mitgliederversammlungen häufig aus sog. Delegierten zusammen. Oft werden insbesondere in den Spitzensportverbänden die Mitgliedervereine oder -verbände durch Delegierte repräsentiert. Ein Beispiel hierfür ist der DFB-Bundestag, der sich gern. § 20 der DFB-Satzung zu einem erheblichen Teil aus den Delegierten der Regiona1verbände, Landesverbände und Vereine der Lizenzligen zusammensetzt. In seine Zuständigkeit fällt die Wahl des DFB-Vorstandes, die Änderung von Satzungen oder Ordnungen oder die Aufnahme bzw. der Ausschluß von Mitgliedern aus dem DFB.644 In der überwiegenden Praxis der Sportverbände werden die Delegierten vom Vorstand des Mitgliedsvereins oder -verbands bestimmt. 645 Gegen dieses Verfahren, welches u. a. auch bei der Zusammensetzung der DFB-De1egiertenversammlung betrieben wird, ist nichts einzuwenden. Grundsätzlich ist der Vorstand eines Mitgliedsvereins oder -verbands nach§ 26 Abs. 2, Satz 1 BGB als sog. geborener Delegierter für die Vertretung seiner Organisation in der 644 Siehe §§ 21, 23, Nr. 2 DFB-Satzilllg; ähnlich auch: §§ 2 ff. der DBB-GeschäftslUld VerwaltlUlgsordnilllg; Sauter!Schweyer, Rdnr. 216. 645 Auskunft des Hamburger Fußball-Verbandes, des Württembergischen FußballVerbandes sowie des Hamburger Basketball-Verbandes, alle vom 23. 1. 1997.

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D. Die Bedeutung weiterer Grundrechtsfunktionen fiir den Sport

Delegiertenversammlung zuständig. 646 Im Rahmen seiner allgemeinen Geschäftsführungsbefugnis (§ 27 Abs. 3 BGB) ist er aber auch berechtigt, an seiner Stelle Personen zu bestimmen, die seine Rechte in der Delegiertenversammlung wahrnehmen sollen. Eine andere Möglichkeit zur Einrichtung einer Delegiertenversammlung besteht darin, die Delegierten von den Mitgliedern wählen zu lassen. Dies ist vor allem von besonders mitgliederstarken Sportvereinen bekannt. 647 Das Interesse an einer solchen Delegiertenversammlung wird damit begründet, daß wegen der hohen Anzahl der Mitglieder die Möglichkeit zur zweckmäßigen Durchführung einer Mitgliederversammlung nicht mehr gewährleistet ist. 648 Darüber hinaus können gewählte Delegierte in Verbänden die nach der gesetzlichen Regelung(§ 26 Abs. 2, Satz 1 BGB) zu entsendenden Vorstandsmitglieder ersetzen. Im Vergleich zu den als Delegierte entsandten Vorstandsmitgliedern eines Vereins genießen die von den Mitgliedern gewählten Delegierten größere Selbständigkeit. Während die Mitglieder eines Vereins gegenüber ihrem Vorstand nach §§ 27 Abs. 3, 665 BGB grundsätzlich ein Weisungsrecht besitzen, sind die Delegierten als gewählte Vertreter von den Weisungen der Mitglieder unabhängig, es sei denn, daß die Satzung des Vereins etwas anderes vorsieht. 649 Die Einrichtung einer Delegiertenversammlung aus gewählten Vertretern ist nur zulässig, soweit eine entsprechende Bestimmung in der Satzung existiert (vgl. §§ 32 Abs. 1, Satz 1, 40 BGB).650 Dies gilt unabhängig von der sozialen Machtstellung oder der "Staatsnähe" einer Vereinigung. Darüber hinaus ist die Einrichtung einer Delegiertenversammlung nur dann zulässig, wenn dies nicht zur völligen Entrechtung der Mitglieder führt. 651 Um sicherzustellen, daß die Mitglieder zumindest mittelbar Träger der Willensbildung innerhalb des Vereins bleiben, müssen die Delegierten auf der Basis der allgemeinen Wahlgrundsätze von den Mitgliedern gewählt worden sein.652 Den Mitgliedern muß die Bestimmung von Anzahl und Amtsdauer der Delegierten verbleiben. 653 Das Vgl. Reichertlvan Look, Rdnr. 2686. Sog. gekorene Vertreter, Reichert/van Look, Rdnr. 2686; "Paragraphen und ein au~eregter Präsident", SZ Nr. 249, v. 28./29. 10. 1995, S. 45. 8 So Reichertlvan Look, Rdnr. 2687; Karsten Schmidt, GesellschR, § 24 ill., 3 a.); Göhner, DVBl. 1980, 1034; Säcker, S. 6 f.; Sauter!Schweyer, Rdnr. 216 ff.; vgl. auch LG Frankfurt, ZIP 1983, 1336 ( 1338). 649 Dazu Reichert!van Look, Rdnr. 2686 u. 2702; Karsten Schmidt, GesellschR, § 24 ill., 2 d.) u. ill., 3.; Säcker, S. 23; Sauter!Schweyer, Rdnr. 220; RGZ 155, 21 (25). 650 Reichert/van Look, Rdnr. 2787; siehe hierzu Ziff. 19. 4., Satz 1 der Satzung des TSV 1860 München e. V.: "Die einzelnen Abteilungen wählen aus ihrer Mitte fiir die Dauer von jeweils 3 Jahren die Delegierten fiir die Delegiertenversarnmlung." 651 So Säcker, S. 15 ff. 652 Reichert!van Look, Rdnr. 2693 ff.; Säcker, S. 23; Sauter!Schweyer, Rdnr. 217. 653 Dazu Säcker, S. 23 f. 646 647

ill. Grundrechte lllld sportliche Organisations- bzw. Verfahrensstrukturen

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Wahlorgan, das Wahlveifahren, die Delegiertenzahl bzw. -quote und die Amtsdauer der Delegierten müssen als Grundentscheidungen des Vereinslebens zumindest in Grundzügen in die Satzung des Vereins aufgenommen werden.654 Je größer die soziale Machtstellung eines Vereins oder Verbands ist, desto höhere Anforderungen sind an die Regelungsdichte dieser Bestimmungen zu stellen. Bei Delegiertenversammlungen in Dachverbänden muß die Satzung des Verbandes nur die Einrichtung der Delegiertenversammlung und ggf. die Anzahl der auf die Mitgliedervereine entfallenden Delegierten regeln. Die näheren Umstände des Bestellungsverfahrens, der Amtszeit und des Wahlverfahrens müssen in den Satzungen der Mitgliedsvereine enthalten sein.655 Nehmen an den Delegiertenversammlungen eines Vereins oder Verbands auch die Vorstandsmitglieder mit Stimmrecht teil, 656 darf den Mitgliedern der entscheidende Einfluß auf die Willensbildung in der Delegiertenversammlung nicht entzogen sein. In jedem Fall müssen die Delegierten die satzungsändernde Mehrheit behalten.657 Aus dem (relativen) Gleichbehandlungsgebot. ergibt sich grundsätzlich für alle Formen von Delegiertenversammlungen, daß die Zahl der auf die Mitglieder entfallenden Delegierten und damit die Stimmkraft der verschiedenen Mitglieder unterschiedlich hoch sein kann, wenn hierfür sachliche Gründe bestehen. 658 Den unterschiedlichen Mitgliederzahlen und Beitragshöhen entsprechend kann gern. § 20 der DFB-Satzung der Süddeutsche Fußballverband 44 Delegierte in den DFB-Bundestag entsenden, der Norddeutsche Fußballverband dagegen nur 25 Stimmvertreter. Der Nordostdeutsche Fußballverband, in dem alle Landesverbände der neuen Bundesländer einschließlich des Berliner Fußballverbandes zusammengeschlossen sind, ist ebenfalls mit 25 Delegiertenstimmen auf dem DFB-Bundestag vertreten. bb) Zur Bildung von Aufsichtsräten Seit 1995 macht der DFB die Lizenzerteilung an die Vereine der Bundesliga und der 2. Bundesliga davon abhängig, daß diese sicherstellen, 654 Siehe Säcker, S. 25 ff.; Reichertfvon Look, Rdnr. 2689; Sauter/Schweyer, Rdnr. 216 ff.; MüK.o (Reuter), § 23, Rdnr. 5; ders. , ZHR 1984, 532; vgl. auch OLG Frankfurt, ZIP 1985, 213 ff. (217); LG Frankfurt, ZIP 1983, 1336 (1338). 655 Vgl. MüK.o (Reuter), § 32, Rdnr. 7; ders., ZHR 1984, 532 f.; Sauter/Schweyer, Rdnr. 217. 656 Vgl. z. B. § 18, 2. c.) DFB-Satzllllg. 657 Siehe Reichertlvan Look, Rdnr. 2690; Säcker, S. 28 f. ; MüK.o (Reuter), § 32, Rdnr. 5. 658 Reichert/van Look, Rdnr. 2689; Sauter/Schweyer, Rdnr. 216; MüK.o (Reuter), § 32, Rdnr. 5.

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D. Die Bedeutung weiterer Grundrechtsfunktionen für den Sport

"daß die Mitgliederversammlung den Vorsitzenden und gegebenenfalls auch die übrigen Mitglieder des Vorstandes wählt, nachdem zuvor ein Wahlausschuß den Vorsitzenden beziehungsweise die Mitglieder des Vorstandes vorgeschlagen hat oder ein von der Mitgliederversammlung in seiner Mehrheit gewähltes Vereinsorgan den Vorsitzenden und auch gegebenenfalls die übrigen Mitglieder des Vorstandes bestellt"(§ 7 Nr. 1 fDFB-LSpSt).

Darüber hinaus soll die Satzung der Vereine den in Anhang 6 des DFBLSpSt formulierten Rahmenbedingungen für die Satzung eines Lizenzvereins entsprechen (§ 7 Nr. 2 DFB-LSpSt). Diese enthalten nähere Verfahrens- und Kompetenzregelungen. Die entscheidende Neuerung der zitierten Regelung besteht darin, daß der Mitgliederversammlung die alleinige und umfassende Zuständigkeit bei der Wahl des Vereinsvorstandes bzw. -präsidiums genommen wird. Während die Wahl des Vereinsvorstandes einschließlich der Auswahl der Kandidaten früher der Mitgliederversammlung oblag,659 muß nunmehr entweder ein Wahlausschuß die Kandidaten vorschlagen oder aber ein gesondert von der Mitgliederversammlung gewähltes Organ die Vorstandsmitglieder bestellen. Laut den erwähnten Rahmenbedingungen ist hierfür die Einrichtung eines Aufsichtsrates vorgesehen, der in seiner Mehrheit von der Mitgliederversammlung gewählt wird und den Vorstand bestellt. Die Zuständigkeit für Satzungsänderungen oder eine eventuelle Vereinsauflösung verbleiben bei der Mitgliederversammlung. Eine entsprechende Regelung wurde bereits in mehreren Vereinssatzungen des Lizenzspielbetriebs der Fußball-Bundesligen festgeschrieben. 660 Während ein Delegiertensystem in den Sportverbänden vorrangig deshalb eingerichtet wird, um angesichts hoher Mitgliederzahlen Entscheidungsprozesse zu vereinfachen, und die Mitgliederversammlung deshalb "im Ganzen", also hinsichtlich aller Zuständigkeiten, durch eine Delegiertenversammlung ersetzt wird, sollen Aufsichtsräte gebildet werden, um bestimmte Entscheidungsprozesse in den Lizenzvereinen kalkulierbarer zu machen. Der DFB vertritt die Auffassung, daß den gewachsenen ökonomischen und organisatorischen Anforderungen, die der Lizenzfußball mit sich bringe, nur durch eine Führungsstruktur begegnet werden könne, deren Schicksal nicht etwa von Stimmungswahlen oder plötzlichen, emotional bedingten Meinungsumschwüngen abhänge. Für derartige Situationen hat es in der Vergangenheit mehrere Beispiele gegeben. 661 s Vgl. z. B. § 10 Abs. 2 derHSV-Satzung in der Fassung vom Oktober 1994. Vgl. § 17 f. der HSV-Satzung in der Fassung vom 3. 7. 1996; "Schalke soll endlich einmal Vorbild sein", SZ Nr. 278, v. 3./4. 12. 1994, S. 43. 661 Vgl. die Vorbemerkung zu den Rahmenbedingungen für die Satzung eines 6 9

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ill. Grundrechte und sportliche Organisations- bzw. Verfahrensstrukturen

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Anders als der DFB und die Spitzenverbände in anderen Sportarten besitzen Vereine in der Regel weder eine besondere Staatsnähe noch können sie in dem Sinne als sozialmächtige Vereinigungen angesehen werden, daß sie Druck auf die Mitglieder erzeugen. Dies ändert sich auch nicht dadurch, daß die Bundesligavereine als außerordentliche Mitglieder im DFB unter den Sportvereinen eine Sonderstellung einnehmen, denn diese Sonderstellung basiert ausschließlich auf ihrer sportlichen Leistung und ist prinzipiell jedem Verein zugänglich. Die interne Struktur der Bundesligavereine braucht daher nicht in gleicher Weise an demokratischen Grundsätzen ausgerichtet zu sein wie die innere Ordnung der Spitzenverbände. Die Einrichtung eines Aufsichtsrats, dem Befugnisse der Mitgliederversammlung übertragen werden, begegnet daher keinen Bedenken. 662 Zu beachten ist jedoch, daß die Zuständigkeit des Aufsichtsrats zur Bestellung des Vorstandes nach der gesetzlichen Regelung in§§ 27 Abs. 2, 40 BGB ausdrücklich in der Satzung verankert sein muß. 663 Wie schon bei der Einrichtung einer Delegiertenversammlung ist es auch bei der Bildung des Aufsichtsrats unverzichtbar, daß er durch die Mitglieder legitimiert wird. Die Aufsichtsratsmitglieder müssen darum von den Mitgliedern nach allgemeinen Wahlgrundsätzen gewählt werden. 664 Im übrigen besitzen die Vereine bei der Einsetzung von Aufsichtsräten eine erhebliche Gestaltungsfreiheit Dies betrifft die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder, Amtsdauer, Beschlußfähigkeit usw.

2. Zur Geltung von Verfahrensgrundrechten bei sportgerichtliehen Entscheidungen Verbandsinterne Sanktionen dürfen nur verhängt werden, wenn ihnen ein an rechtsstaatliehen Grundsätzen orientiertes Verfahren zugrunde liegt.665 Im Lizenzvereins, Anhang 6 des DFB-LSpSt sowie: "Aufsichtsräte statt Stinunungswahlen sollen den Vorstand bestinunen", FAZ Nr. 250, v. 27. 10. 1994, S. 33. 661 Dazu Reichert/van Look, Rdnr. 1579 ff. 663 Vgl. Sauter/Schweyer, Rdnr. 251 ; § 18 Nr. 1.) der HSV-Satzung in der Fassung vom 3. 7. 1996: "Der Aufsichtsrat bestellt den Vorstand und beruft ihn ab." 664 DiesbezUglich hat vor allem die in einigen Vereinssatzungen vorgesehene "en bloc"-Wahl der Aufsichtsratsmitglieder in einigen Bundesligavereinen filr Streitigkeiten gesorgt. Eine solche "en bloc"-Wahl war z. B. ursprünglich im Satzungsentwurf des Hamburger SV enthalten, wurde jedoch nach Protesten wieder verworfen, vgl. "Uwe Seeler kommissarischer HSV-Präsident", SZ Nr. 229, v. 5. 10. 1995, S. 42; "Der HSV im Umbruch: Heute wird Bilanz gezogen", Hamb. Abendblatt, v. 11. 10. 1995, S. 20. Verankert ist eine "offene Blockwahl" in der Satzung des TSV 1860 München (Ziff 17. 1., Satz 2). Blockwahlen sind vor allem im Hinblick auf die Grundsätze der Wahlfreiheit und Wahlgleichheit (Art. 38 Abs. 1, Satz 1 GG) umstritten, vgl. hierzu: Küchenhoff, Blockwahlsystem, S. 28 ff. ; Hans Meyer, Wahlsystem, S. 253 ff. 665 Siehe hierzu oben unter C. ill. 1.

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D. Die Bedeutlmg weiterer Grundrechtsfunktionen ftlr den Sport

Bereich des Sports taucht in diesem Zusanunenhang das Problem auf, ob und inwieweit die für staatliche Gerichtsverfahren geltenden prozessualen Grundrechte, welche in Art. 101 GG und Art. 103 GG enthalten sind, auf die Verfahren vor den sog. Sportgerichten Anwendung finden. 666 Ansatzpunkt für die Berücksichtigung dieser Grundrechtsbestimmungen ist die bereits oben im Zusammenhang mit der materiellen Überprüfbarkeil von Verbandssanktionen angesprochene Billigkeitskontrolle auf der Basis von § 242 BGB, welche eine umfassende Abwägung der Interessen der Beteiligten gebietet. In diese Interessenahwägung können auch die Wertaussagen einzelner Grundrechte einfließen, soweit diese ein bestimmtes Verhalten unter ihren spezifischen Schutz stellen. Dies schließt die genannten prozessualen Grundrechte mit ein. 667 Nachfolgend sollen die wichtigsten dieser Grundrechtsbestimmungen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf sportgerichtliche Verfahren untersucht werden.

a) Das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1, Satz 2 GG) Das Recht auf den gesetzlichen Richter in Art. 101 Abs. 1, Satz 2 GG stellt eine wichtige Ausprägung des auf dem Rechtsstaatsprinzip basierenden Gebots der Rechtssicherheit und Objektivität dar. 668 Es besagt, daß die Zuständigkeit der Richter in bezug auf ein bestimmtes Verfahren oder eine Entscheidung abstrakt-generell, und zwar durch eine gesetzliche Regelung im voraus bestimmt sein muß, damit durch die kurzfristige Auswahl von Richtern das Ergebnis einer Entscheidung nicht beeinflußt werden kann. 669 Diese Festlegungspflicht betrifft sowohl den Spruchkörper selbst als auch die jeweils in Person zuständigen Richter. 670 Auf die verbandsinterne Rechtsprechung lassen sich diese Grundsätze nur eingeschränkt übertragen. Eine satzungsmäßige Festlegungspflicht trifft Sportverbände hinsichtlich der Zuständigkeit ihrer Rechtsprechungsorgane für die verschiedenen Sanktions- bzw. Entscheidungsmöglichkeiten. Jeder von einer Verbandsmaßnahme Betroffene muß im voraus wissen, welches Organ im Fall eines sanktionsbewehrten Verhaltens die Entscheidung über die Verhängung einer Strafe trifft. Dementsprechend haben Sportverbände wie der DFB (§§ 39 Hierzu zuletzt: Buchberger, SpuRt 1996, 122 ff. bzw. 157 ff. Buchberger, SpuRt 1996, 123; zur verbandsinternen Geltung des Bestinuntheitsgrundsatzes (Art. 103 Abs. 2 GG), siehe oben C. m. 1. 668 Vgl. BVerfGE 20, 336 (344); BVerfGE 82, 159 (194); Jarass!Pieroth, Art. 101 , Rdnr. 1. 669 Jarass/Pieroth, Art. 101, Rdnr. 3 f.; BVerfGE 17, 294 (298); BVerfGE 48, 246 (254). 670 BVerfGE 17, 294 (298 f.); BVerfGE 18, 344 (349); BVerfGE 20, 336 (334 ). 666

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m. Gnmdrechte und sportliche Organisations- bzw. Verfahrensstrukturen

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ff. DFB-Satzung, Bundesgericht/Sportgericht), der DBB (§ 15 Abs. 1 u. Abs. 5 DBB-Satzung, Rechtsausschuß/Spielgericht) oder der DTB (§§ 23 f. DTBSatzung, Sportgericht) mehr oder weniger detaillierte Festlegungen zur Zuständigkeit bei Streitigkeiten im eigenen Wirkungsbereich getroffen. Für die Einzelheiten wird regelmäßig auf weiterführende Nebenordnungen verwiesen. 671 Unschädlich ist dies, soweit sich die Zuständigkeit der verschiedenen Organe aus einer Nebenordnung ergibt, die ihrerseits zum Satzungsbestandteil gemacht wurde (vgl. § 23 Nr. 2 DTB-Satzung i. V. m. der DTB-Disziplinarordnung). Darüber hinaus ist es als ausreichend anzuerkennen, wenn zumindest die Zuständigkeit derjenigen Rechtsprechungsorgane aus der Satzung hervorgeht, die zur abschließenden Entscheidung eines Falles befugt sind. Hiervon abweichende Eingangszuständigkeiten können in Nebenordnungen festgeschrieben sein, ohne die Aussage des Art. 101 Abs. l, Satz 2 GG zu verletzen. 672 Die vorherige Festlegung der im Einzelnen zu berufenen Richter begegnet dagegen bereits praktischen Schwierigkeiten. Die persönliche Teilnahme der meist ehrenamtlich tätigen Mitglieder eines Sportverbandes an den Sitzungen des Rechtsprechungsorgans kann im voraus nicht immer gewährleistet werden. Ausreichend ist es daher, wenn die Satzung bestimmt, mit wievielen Personen der jeweilige Spruchkörper besetzt sein soll. 673

b) Der Anspruch aufrechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) Auch der Anspruch auf rechtliches Gehör in Art. 103 Abs. 1 GG stellt eine grundlegende Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips und des Menschenwürdeschutzes dar. 674 Jeder Einzelne soll vor einer gerichtlichen Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen und die Möglichkeit haben, auf das Verfahren und sein Ergebnis Einfluß zu nehmen. 675 Dies setzt zum einen die Kenntnis des 671 Vgl. § 15 Abs. 1 DBB-Satzung: "Die Bundesgerichtsbarkeit wird vom DBBRechtsausschuß (RA) nach den Bestimmungen der Rechtsordnung ausgeübt" und § 15 Abs. 1 DBB- Satzung: "Für Entscheidungen aus dem Spielbetrieb der Bundesliga und des DBB-Pokals ist das Spielgericht gemäß BLO (Bundesligaordnung, Hinw. d. Verf.) zuständig." 672 In der DBB-Rechtsordnung (RO) und in der DBB-BLO beispielsweise werden für die meisten Streitigkeiten die Spielleitung, das Liga-Büro oder die Rechtsausschüsse der Landesverbände als Vor- bzw. Eingangsinstanzen genannt. 673 Siehe z. B. § 15 Abs. 2 DBB-Satzung: "Der RA besteht aus dem Vorsitzenden und dessen zwei ständigen Stellvertretern sowie 8 Beisitzern."; Buchberger, SpuRt 1996, 125. 674 Dazu Jarass!Pieroth, Art. 103, Rdnr. 1. 675 BVerfGE 9, 89 (95).

12 Krogmann

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D. Die Bedeutung weiterer Gnmdrechtsfunktionen für den Sport

dem Rechtsstreit zugrundeliegenden Sach- und Streitstandes voraus. Es besteht beispielsweise eine richterliche Informationspflicht hinsichtlich der Äußerungen der Gegenseite, gutachterliehen Stellungnahmen oder tatsächlicher Feststellungen aus anderen Verfahren. 676 Zum anderen gewährleistet Art. 103 Abs. 1 GG dem Betroffenen die Möglichkeit, sich vor Erlaß der Entscheidung zumindest schriftlich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern und Anträge zu stellen. 677 Schließlich beinhaltet der Grundsatz des rechtlichen Gehörs :fiir jeden Einzelnen die Gewähr, daß das Gericht den Beteiligtenvortrag berücksichtigt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht. 678 Diese Grundsätze gelten auch im Rahmen sportgerichtlicher Verfahren. 679 Vor der Festsetzung einer Vereinsstrafe ist dem Betroffenen die Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dazu ist dem Betroffenen das zum Gegenstand des Verfahrens gemachte Verhalten und dessen rechtliche Würdigung sowie das gesamte belastende Material zur Kenntnis zu bringen und eine angemessene Frist zur Stellungnahme zu gewähren. 680 Eine ohne Beachtung dieser Grundsätze verhängte Maßnahme ist rechtswidrig und kann von einem ordentlichen Gericht für unwirksam erklärt werden. 681 Verschiedene Sportverbände haben dem Anspruch auf rechtliches Gehör in ihren Regelwerken Rechnung getragen. Eine ausführliche Regelung zur Benachrichtigung und Aufforderung zur Stellungnahme sowie der Durchfiihrung einer mündlichen Verhandlung hat der DFB in seiner Rechts- und Verfahrensordnung getroffen. 682 Solange für einen Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit zur Stellungnahme grundsätzlich garantiert ist, können aber auch weniger detaillierte Regelungen nicht beanstandet werden. 683

Einzelheiten bei Jarass/Pieroth, Art. 103, Rdnr. 7 ff. Vgl. BVerfGE 69, 145 (148); BVerfGE 86, 133 (144 f.); Jarass!Pieroth, Art. 103, Rdnr. 14 ff. 678 BVerfGE 83, 24 (35); BVerfGE, NJW 1994, 849; Jarass/Pieroth, Art. 103, Rdnr. 18 ff. 679 H. M., vgl. LG München, SpuRt 1995, 162 (167)- Krabbe; Buchberger, SpuRt 1996, 124; Reichertlvan Look, Rdnr. 1666, m. zahlr. Nachw., allerdings ohne Rückgriff auf Art. 103 Abs. 1 GG. 680 Dazu Reichert!van Look, Rdnr. 1666 a ff. 681 So Reichert!van Look, Rdnr. 1668, m. w. N. 682 Vgl. §§ 8 bzw. 10, Nr. 1-3 DFB-RVO. 683 Vgl. § 10 Abs. 1 DBB-RO: "In allen Verfahren ist den Beteiligten Gelegenheit zur Äußenmg zu geben. Hierbei sind Erklärungsfristen zu setzen." 676

677

Ill. Grundrechte und sportliche Organisations- bzw. Verfahrensstrukturen

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c) Das Verbot der Mehrfachbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG)

Das Verbot der Mehrfachbestrafung ("ne bis in idem") in Art. 103 Abs. 3 GG verbietet es zugunsten der Rechtssicherheit, daß jemand wegen derselben Tat, d. h. wegen desselben einheitlichen Lebensvorganges, mehrfach strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird. 684 Aus diesem Grund entfalten das rechtskräftig verurteilende, aber auch das freisprechende Urteil eine prozessuale Sperrwirkung und ein Verbot erneuter Strafverfolgung.68j Das hinter dem Verbot stehende Interesse an Rechtssicherheit und Rechtsfrieden besteht in vergleichbarer Weise auch im Tätigkeitsbereich der Sportverbände. Gerade vor dem Hintergrund der hohen wirtschaftlichen Bedeutung, welche verbandsinterne Sperren oder sonstige Strafen besitzen können, darf es nicht dazu kommen, daß Sanktionsentscheidungen, die sich auf einen bestimmten Sachverhalt beziehen, wiederholt werden können. Zu einem an Gerechtigkeitsmaßstäben orientierten Verbandsleben gehört daher auch das Verbot der Mehrfachbestrafung. 686 Dies gilt auch fur Sanktionen, die vor dem Hintergrund des internationalen Sportverbändesystems von verschiedenen Organisationen ausgesprochen werden. 687 Zu beachten ist jedoch, daß das Verbot der Mehrfachbestrafung es den Sportverbänden nicht verbietet, ein Verhalten, welches bereits mit einer Sanktion eines ordentlichen Gerichts belegt wurde, ihrerseits verbandsintern noch einmal zu bestrafen. 688

Vgl. Jarass/Pieroth, Art. 103, Rdnr. 56 f. "Strafk.lageverbrauch", siehe Jarass/Pieroth, Art. 103, Rdnr. 60 ff. 686 Dazu Buchberger, SpuRt 1996, 125, m. w. N. 687 Vgl. LG München, SpuRt 1995, 162 (167)- Krabbe. 688 Vgl. BGHZ 21, 370 (374 ); Buchberger, SpuRt 1996, 125. 684 685

12•

E. Sport und Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft Mit dem Voranschreiten des europäischen Integrationsprozesses verlagert sich ein erheblicher Teil der aktuellen Grundrechtsfragen auf die gemeinschaftsrechtliche Ebene. Hiervon wird wegen seiner immer weiterreichenden internationalen Verflechtungen auch der Sport berührt.

I. Grundlagen der europäischen Grundrechtsdogmatik Das Recht der Europäischen Gemeinschaften besteht aus dem primären und dem sekundären, d. h. abgeleiteten Gemeinschaftsrecht Zum primären Gemeinschaftsrecht gehören in erster Linie die völkerrechtlichen Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), der Europäischen Gemeinschaft (EG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG) einschließlich der Anlagen, Anhänge und Protokolle sowie einschließlich der späteren Ergänzungen und Änderungen dieser Verträge, insbesondere durch die Einheitliche Europäische Akte und den Vertrag über die Europäische Union (Maastricht-Vertrag). 689 Sie sind die Grundlage für die Existenz einer gemeinschaftlichen Rechtsordnung. Das sekundäre Gemeinschaftsrecht besteht aus den von den Organen der EG nach Maßgabe der Gründungsverträge erlassenen Rechtsakten. Hierunter fallen sowohl die gern. Art. 189 Abs. l EGV vom Europäischen Parlament und Rat gemeinsam als auch die von Rat und Kommission erlassenen Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen einschließlich deren Empfehlungen und Stellungnahmen. 690 1. Bestand und Entwicklung des europarechtlichen Grundrechtsschutzes

Die gemeinschaftliche Rechtsordnung wird durch ihre unmittelbare Geltung in den Mitgliedsstaaten gekennzeichnet. Die Bestimmungen der Gründungsverträge binden einerseits die Mitgliedsstaaten selbst, sie können andererseits aber auch unmittelbar Rechte und Pflichten der dort lebenden Individuen 689 690

Vgl. Streinz, EuropaR, Rdru. 2 f. ; Bleckmann, EuropaR, Rdru. 237. Vgl. Streinz, EuropaR, Rdru. 4 .

I. Grundlagen der europäischen Grundrechtsdogmatik

181

begründen. Daher sind sie vor allem von den gemeinschaftlichen und den nationalen Vollzugsorganen, also den Verwaltungsbehörden und Gerichten, zu beachten und anzuwenden. 691 Umittelbare Geltung in jedem Mitgliedsstaat beanspruchen auch die gern. Art. 189 Abs. 1 EGV erlassenen Verordnungen der Gemeinschaft (vgl. Art. 189 Abs. 2 EGV). Entgegen dem Wortlaut von Art. 189 Abs. 3 EGV können zudem EG-Richtlinien ausnahmsweise unmittelbare Wirkung innerhalb der Mitgliedsstaaten entfalten. 692 Für das Funktionieren der Gemeinschaft ist zudem die einheitliche Geltung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedsstaaten unerläßlich. 693 Diese einheitliche Geltung wird jedoch nur dann erreicht, wenn dem Gemeinschaftsrecht gegenüber den verschiedenen nationalen Rechtsordnungen Vorrang eingeräumt wird, wenn also bei einer Kollision zwischen nationaler Rechtsordnung und Gemeinschaftsrecht allein Gemeinschaftsrecht Anwendung findet. Ein solcher Vorrang gegenüber nationalem Recht ist, wenngleich mit unterschiedlicher Begründung, im Ergebnis anerkannt. 694 Die vorrangige Geltung des Gemeinschaftsrechts im innerstaatlichen Bereich ergibt sich den Vertretern eines rein europarechtlichen Ansatzes zufolge aus dessen eigenständigen Wesen und dem Grundsatz des "effet utile", welcher die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Gemeinschaft als oberstes Prinzip des Gemeinschaftsrechts verlangt. 695 Kollisionsentscheidende Normen, die das Verhältnis zwischen sich widersprechenden Regelungen bestimmen können, seien aufgrund der Eigenständigkeil und Loslösung des Gemeinschaftsrechts von seiner völkerrechtlichen Grundlage ausschließlich dem Gemeinschaftsrecht zu entnehmen. Beispielhaft hierfür seien Art. 5 EGV und Art. 189 Abs. 2 EGV. Von einem auf der Eigenständigkeil basierenden Vorrang gegenüber den nationalen Rechtsordnungen geht auch der EuGH aus. 696 Dem Gemeinschaftsrecht korrunt nach dieser Auffassung Vorrang vor jeglichem nationalen Recht der

691 Vgl. EuGH Slg. 1963, 3 (24 ff. ); Streinz, EuropaR, Rdnr. 349; Bleckrnann, EuropaR, Rdnr. 809 ff.; beachte aber die Ausnalunen hierzu bei Geiger, Art. 5, Rdnr. 13 ff. 692 AusfUhrlieh dazu: Streinz, EuropaR, Rdnr. 394 ff. 693 So Streinz, Bundesverfassungsgerichtlicher Rechtsschutz und Europäisches Gemeinschaftsrecht, S. 74, m. w. N.; Bleckmann, EuropaR, Rdnr. 735. 694 Vgl. ausfUhrlieh zu den unterschiedlichen Ansätzen: Bleckmann, EuropaR, Rdnr. 735 ff.; Schweitzer!Hummer, EuropaR § 8. B.; Streinz, EuropaR, Rdnr. 574. Ob es sich bei dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts um einen Geltungs- oder einen Anwendungsvorrang handelt, ist umstritten, vgl. Streinz, EuropaR, Rdnr. 200. 695 Siehe Nicolaysen, EuropaR I, S. 39 f. ; Ipsen, S. 277 ff. 696 Grundlegend hierzu: EuGH Slg. 1964, 1251 ff. - Costa!ENEL; Streinz, EuropaR, Rdnr. 185 ff.

182

E. Sport Wld Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

Mitgliedsstaaten zu. Es unterbleibt insbesondere eine verfassungsgerichtliche Kontrolle von Rechtsakten der Gemeinschaft. 697 Nach der Auffassung des BVerfG ergibt sich der Vorrang des Gemeinschaftsrechts erst aufgrundder verfassungsrechtlichen Ermächtigung in Art. 23 Abs. 1 GG.698 Sie ermögliche es, die deutsche Rechtsordnung in der Weise zu öffnen, "daß der ausschließliche Herrschaftsanspruch der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich des Grundgesetzes zurückgenommen und der unmittelbaren Geltung und Anwendbarkeit eines Rechts aus anderer Quelle innerhalb des staatlichen Herrschaftsbereichs Raum gelassen wird". 699 Auf dieser Grundlage könnten von Verfassungs wegen Hoheitsrechte durch Vertrag auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen werden und dem von solchen Einrichtungen geschaffenen Recht ein Vorrang vor dem innerstaatlichen Recht der Bundesrepublik Deutschland eingeräumt werden. Das bewirke auch, daß die Hoheitsrechte ihrer Organe, "vom ursprünglich ausschließlichen Hoheitsträger anzuerkennen sind". 700 Der fur die Geltung der gemeinschaftlichen Rechtsordnung maßgebliche "innerstaatliche Rechtsanwendungsbefehl" 701 werde durch die zu den europäischen Gemeinschaftsverträgen ergehenden Zustimmungsgesetze erteilt. Letztlich ergebe sich erst durch die Zustimmungsgesetze die unmittelbare Geltung des Gemeinschaftsrechts fur die Bundesrepublik Deutschland und dessen Anwendungsvorrang gegenüber innerstaatlichem Recht. 702 Das bedeute jedoch, daß die Schranken der verfassungsrechtlichen Ermächtigung zugleich die Grenzen des Vorrangs der gemeinschaftsrechtlichen Normen bilden. Eine verfassungsgerichtliche Überprüfung von Rechtsakten der Gemeinschaft sei demnach grundsätzlich möglich. 703 Das BVerfG hat dieser Auffassung folgend stets die Grenzen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts hervorgehoben, welche nach seiner Auffassung durch das nationale Recht gezogen werden und hinsichtlich europarechtlicher Normen umfassende Prüfungskompetenzen fur sich in Anspruch genommen. Eine wesentliche Rolle spielte dabei fur das Gericht die Tatsache, daß kein kodifizierter Grundrechtskatalog existiere, "dessen Inhalt ebenso zuverlässig und fur die Zukunft unzweideutig feststeht wie der des GG und deshalb einen Vergleich und eine Entscheidung gestattet, ob derzeit der in der Gemeinschaft Streinz, EuropaR, Rdnr. 191; Nicolaysen, EuropaR I, S. 43 ff. zur NeufassWlg von Art. 23 Abs. 1 GG zog das BVerfG hierfilr Art. 24 Abs. 1 GG heran. Näher: Jarass!Pieroth, Art. 23, Rdnr. 1. 699 BVerfGE 37, 271 (280)- Solange I; BVerfGE 73, 339 (374)- Solange II. 700 BVerfGE 31, 145 (174); Streinz, EuropaR, Rdnr. 204. 701 BVerfGE 73, 339 (375)- Solange II. 702 Vgl. BVerfGE 73, 339 (374 f.)- Solange II; Streinz, EuropaR, Rdnr. 203. 703 So Streinz, EuropaR, Rdnr. 190. 697 Dazu

698 Bis

I. Gnmdlagen der europäischen Gnmdrechtsdogmatik:

183

allgemein verbindliche Grundrechtsstandard des Gemeinschaftsrechts auf die Dauer dem Grundrechtsstandard des GG" 704 entspricht. Diese Situation hat sich inzwischen geändert. In der Tat finden Grundrechte in den Gründungsverträgen der Europäischen Gemeinschaften nach wie vor nur sehr vereinzelt Berücksichtigung; zu einer erheblichen Erweiterung des europäischen Grundrechtsschutzes hat aber die Rechtsprechung des EuGH beigetragen. Eine Sonderstellung nehmen die in einzelnen Vertragsbestimmungen niedergelegten sog. Grundfreiheiten ein. Bestand und Entwicklung des europarechtlichen Grundrechtsschutzes sollen im Folgenden kurz dargestellt werden. a) Vertragliche Grundrechtsbestimmungen

Zu den in den Verträgen der Europäischen Gemeinschaften befindlichen Bestimmungen mit Grundrechtscharakter zählen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit (Art. 6 EGV) und der Grundsatz des gleichen Entgelts fiir Männer und Frauen (Art. 119 EGV). Beide stellen Ausprägungen des allgemeinen Gleichheitssatzes dar. 705 Weder durch die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) aus dem Jahre 1950 noch durch die Einheitliche Europäische Akte (EEA) von 1987 ist der gemeinschaftsrechtliche Grundrechtsschutz erweitert worden. 706 Eine vertragliche Festlegung der Mitgliedsnationen erfolgte im Vertrag über die Europäische Union (EUV) aus dem Jahre 1992. In Art. F Abs. 2 EUV ist bestimmt, daß die Union "die Grundrechte" achtet, "wie sie in der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedsstaaten als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ergeben". Mit dieser Bestimmung gelangte der Grundrechtsschutz ausdrücklich auch in die vertraglich vereinbarten Grundlagen der Europäischen Union (EU). 707 Wenngleich die Aufnahme des Grundrechtsschutzes in den EUV allgemein begrüßt wurde, fehlt es nicht an Hinweisen darauf, daß mit Art. F Abs. 2 EUV lediglich eine grundsätzliche Formulierung getroffen wurde. Die Verankerung eines umfassenden Grundrechtskatalogs im Vertragsrecht der EU kann sie nicht ersetzen. Auch Vgl. BVerfGE 37, 271 (285)- Solange I; Hilf. EuGRZ 1987, I. Dazu Rengeling, S. 175, 182; kritisch zur grundrechtliehen Einordnung von Art. 7 EGV: Groeben/Thiesing/Eh/ennann (Beutler), Anh. C, Rdnr. 10. 706 Vgl. Streinz, EuropaR, Rdnr. 220: Groeben/Thiesing/Ehlennann (Beutler), Rdnr. 46 u. Anh. C, Rdnr. 11; kritisch: Grabitz/Hilf, Art. F EUV, Rdnr. 26 ff.; Chwolik-Lanfennann, S. 45 ff.; Rengeling, S. 175 707 Ausführlich: Grabitz/Hilf, Art. 7 EUV, Rdnr. 20 ff. 704

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E. Sport Wld Gnul(lrechte in der Europäischen Gemeinschaft

der Hinweis auf die EMRK bewirkt keine materiellrechtliche Bindung an die darin formulierten Grundrechtsbestimmungen.708 b) Grundrechtserklärungen der Gemeinschaftsorgane

Von Seiten der Gemeinschaftsorgane sowie von Seiten der Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft wurden zahlreiche Erklärungen zum Grundrechtsschutz abgegeben. Vor allem in der am 5. April 1977 abgegebenen Gemeinsamen Erklärung von Europäischem Parlament, Rat und Kommission zum Grundrechtsschutz, die als unmittelbare Reaktion auf den "Solange I" - Beschluß des BVerfG aufgefaßt wird, 709 wurde die Geltung von Grundrechten in der Gemeinschaft erstmals förmlich anerkannt und die "Achtung der Grundrechte" (...), "wie sie insbesondere aus den Verfassungen der Mitgliedsstaaten sowie aus der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten hervorgehen",710 unterstrichen. In der Erklärung des Europäischen Rates zur Demokratie vom 8. April 1978 haben sich die Mitgliedsstaaten der Gemeinsamen Erklärung angeschlossen. Es folgten unter anderem die Deklaration zur Europäischen Union vom 20. Juni 1983 und die Erklärung des Europäischen Parlaments vom 12. April1989, die sogar einen Grundrechtskatalog enthält Rechtliche Wirkung kommt den genannten Erklärungen nur in begrenztem Maße zu. Ihre Bedeutung besteht vor allem darin, "die Bedeutung des Grundrechtsschutzes in der Gemeinschaft und für ihre künftige Entwicklung deutlich" 7 11 zu machen. Einerseits dokumentieren sie den Stand des gemeinsamen Grundrechtsverständnisses in der Gemeinschaft, andererseits bilden sie Bezugspunkte für den zukünftigen Ausbau des gemeinsamen Grundrechtsschutzes. 712 c) Die Entwicklung europäischer Grundrechte durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs

Die Rechtsprechung des EuGH ist der maßgebliche Faktor beim Ausbau des gemeinschaftsrechtlichen Grundrechtsschutzes. Gern. Art. 164 EGV hat der VgL Chwolik-Lanfermann, S. 281 f.; Grabitz/Hilf, Art. 7 EUV, Rdnr. 24 ff. Siehe oben FN 704; Hilf, EuGRZ 1987, 2; Nicolaysen , EuropaR I, S. 57. 710 Wortlaut der Erklärung bei Groeben!Thiesing!Ehlermann (Beutler), Anhang C, Rdnr. 50. 711 Groeben!Thiesing!Ehlermann (Beutler), Anhang C, Rdnr. 55; Nicolaysen, EuropaR I, S. 57 f. ; Streinz, EuropaR, Rdnr. 356. 712 Im einzelnen: Chwolik-Lanfermann, S. 84 ff. 708

709

I. Grundlagen der europäischen Grundrechtsdogmatik

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EuGH die Aufgabe, "die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung" des Vertrages zu sichern, wozu auch die Rechtsfindung und -gestaltung im Hinblick auf eine gemeinschaftsrechtliche Grundrechtsordnung gehört. 713 Durch die Entwicklung eines gemeinschaftsrechtlichen Grundrechtsschutzes soll vor allem verhindert werden, daß Betroffene auf der Grundlage nationaler Verfassungsbestimmungen Schutz gegenüber Gemeinschaftsrechtsakten suchen. Die einheitliche Geltung der gemeinschaftlichen Rechtsordnung in den Mitgliedsstaaten soll nicht durch die Berufung auf nationale Verfassungsbestimmungen gestört werden. 714 Die Grundrechte gehören laut Auffassung des EuGH zu den vom Gerichtshof zu wahrenden allgemeinen Rechtsgrundsätzen und sind somit Bestandteil des Primärrechts der Europäischen Gemeinschaften. Bei ihrer Gewährleistung habe "der Gerichtshof von den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen auszugehen, so daß in der Gemeinschaft keine Maßnahmen als rechtens anerkannt werden können, die unvereinbar sind mit den von den Verfassungen dieser Staaten geschützten Grundrechten. "715 Darüber hinaus könnten auch "die internationalen Verträge über den Schutz der Menschenrechte, an deren Abschluß die Mitgliedsstaaten beteiligt waren oder denen sie beigetreten sind",( .. .) "Hinweise geben, die im Rahmen des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen sind".716 Auch die EMRK und die EEA hat der Gerichtshof zur Auslegung von Gemeinschaftsrecht herangezogen und daraus einen für die Gemeinschaften verbindlichen grundrechtliehen Mindeststandard abgeleitet, ohne jedoch insoweit eine materielle Bindung der Gemeinschaftsorgane anzuerkennen.717 Ebenso hat sich der EuGH zur Begründung seiner Rechtsprechung mehrfach auf die Gemeinsame Erklärung von Parlament, Rat und Kommission von 1977 berufen. 718 Soweit bei der Entwicklung gemeinschaftlicher Grundrechte auf die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedsstaaten zurückgegriffen werden soll, müssen die Unterschiede im Grundrechtsverständnis der einzelnen Mitgliedsstaaten berücksichtigt werden. Sachgerecht erscheint hierbei weder die Orientierung an dem unter den Mitgliedsstaaten weitestgehenden Dazu Nicolaysen, EuropaR I, S. 56. Vgl. EuGH, Slg. 1970, 1125 ( 1130). 715 EuGH, EuGRZ 1979, 661. 716 EuGH, Slg. 1974, 507 - Nold; EuGH, Slg. 1986, 1682; dieser Ansatz wird auch durch die in Art. F Abs. 2 EUV getroffene Fonnulierung bestätigt. 717 Vgl. z. B. EuGH S1g. 1989, 1263 (1290); EuGH, EuGRZ 1991, 274 (283); Grabitz/Hilf, Art. F EUV, Rdnr. 29 ff.; Streinz, EuropaR, Rdnr. 361, m. w. N.; ausfllhrlich: Rengeling, S. 184. 718 Vgl. die Nachweise bei Groeben/Thiesing/Ehlermann (Beutler), Anhang C, Rdnr. 51. 713

714

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E. Sport und Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

Grundrechtsschutz, noch die Festlegung eines gemeinsamen Mindeststandards. Es konunt bei der Begründung der Grundrechte vielmehr darauf an, das mitgliedschaftliehe Grundrechtsverständnis im Rahmen der Gemeinschaftsrechtsordnung zu "verschmelzen" und die Grundrechte durch eine "wertende Rechtsvergleichung" herzuleiten. 719 Vor diesem Hintergrund hat der EuGH verschiedene Gemeinschaftsgrundrechte wie Menschenwürde, Achtung der Privatsphäre, der Wohnung und des Briefverkehrs, den Gleichheitsgrundsatz, Religionsfreiheit, Vereinigungsfreiheit, Handelsfreiheit, Berufsfreiheit, Eigentum, das Verbot von Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts, den allgemeinen Gleichheitssatz, Meinungs- und Veröffentlichungsfreiheit, das Gebot der Rückwirkung von Strafgesetzen und die Grundrechte im gerichtlichen Verfahren entwickelt. 720 d) Die Grundfreiheiten

Als "grundrechtsähnlich" oder "grundrechtsartig" werden vielfach die sog. Grundfreiheiten des EGV bezeichnet. 721 Sie nehmen eine Sonderstellung im Primärrecht der Europäischen Gemeinschaften ein. Zu ihnen zählen das Verbot mengenmäßiger Beschränkung (Art. 30 ff. EGV), die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 48 EGV), die Niederlassungsfreiheit (Art. 52 ff. EGV) und die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs (Art. 59 ff. EGV). Die Grundfreiheiten verbieten die Diskriminierung von Waren nach ihrem Herkunfts- und Bestimmungsort sowie die Diskriminierung von Angehörigen der Mitgliedsstaaten aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit im Bereich abhängiger Arbeit, der Niederlassung und der Dienstleistung und enthalten damit spezielle Ausprägungen des allgemeinen Diskriminierungsverbots in Art. 6 EGV. 722 Aufgabe der Grundfreiheiten ist es neben der Zollunion (Art. 9 ff. EGV) und der Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs (Art. 73 b ff. EGV) die Hindernisse für den freien Personen,- Dienstleistungs- und Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedsstaaten zu beseitigen und damit den Gemeinsamen Markt als zentrale Aufgabe der Gemeinschaft (vgl. Art. 2 EGV) zur Entstehung zu bringen. Für den Sport 719 So Groeben/Thiesing/Ehlermann (Beutler), Anh. C, Rdnr. 30; Streinz, EuropaR, Rdnr. 361 ff. 720 Aufzählung nach Streinz, EuropaR, Rdnr. 372; ausftlhrlich: Rengeling, S. 16 ff. 721 Vgl. Nicolaysen, EuropaR ll, S. 160; EuGH NJW 1996, 505 ff. (Tz. 129) Bosman; Schroeder, Anm. z. Bosman-Urteil des EuGH, JZ 1996, 255 f; als "echte Grundrechte" bezeichnet sie Bleckmann, EuropaR, 479; ablehnend: Groeben/Thiesing/Ehlermann (Beutler), Anh. C, Rdnr. 42; Chwolik-Lanfermann, S. 75 f. 722 Grabitz/Hilf(Randzelhofer), Art. 48, Rdnr. 26; Hilf, NJW 1984, 519; Hobe/Tietje, JuS 1996, 489.

I. Grundlagen der europäischen Grundrechtsdogmatik

187

sind insbesondere die sog. Personenverkehrsfreiheiten723 in Art. 48, 52 ff. und 59 ff. EGV von Bedeutung. Sie beinhalten das Gebot der Inländergleichbehandlung, welches besagt, daß die Angehörigen anderer Mitgliedsstaaten nicht schlechter behandelt werden dürfen als In1änder. 724 Die Grund- bzw. die Personenverkehrsfreiheiten gehören zu den Grundlagen der Gemeinschaft. Sie gelten für jeden EU-Bürger unrnittelbar, 725 wenden sich jedoch im Unterschied zu den Grundrechten des Gemeinschaftsrechts nicht in erster Linie an die Gemeinschaftsorgane, sondern an die Mitgliedsstaaten. Ihre Aufgabe besteht vorrangig darin, "die Funktionsvoraussetzungen des Gemeinsamen Marktes gegen Einschränkungen durch mitgliedsstaatliche Maßnahmen zu sichem". 726

2. Die gerichtliche Geltendmachung europäischer Grundrechte auf nationaler und gemeinschaftsrechtlieber Ebene Rechtsakte der Gemeinschaft können grundsätzlich nicht vor deutschen Gerichten angegriffen werden. Es ist beispielsweise nicht möglich, gegen eine Entscheidung der Kornmission nach Art. 89 Abs. 2, 189 EGV eine verwaltungsgerichtliche Klage oder gegen eine EG-Verordnung i. S. von Art. 189 EGV eine Verfassungsbeschwerde zu erheben. 727 Ein Betroffener muß in diesen Fällen den nach dem EG-Vertrag vorgesehenen, spezifisch gemeinschaftsrechtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Die hierfür einschlägigen Verfahren sind in Art. 169 ff. EGV geregelt. a) Die Nichtigkeitsklage (Art. 173 Abs. 1 EGV)

Für die Adressaten von Entscheidungen des Rates oder der Kommission kommt eine Nichtigkeitsklage beim EuGH gern. Art. 173 Abs. 1 EGV in Betracht. Der EuGH hat im Rahmen dieses Verfahrens zu prüfen, ob die angegriffene Entscheidung wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung des EG-Vertrages oder einer bei seiner Durchführung Dazu Streinz, EuropaR, Rdnr. 694 ff. Streinz, EuropaR, Rdnr. 708; Schweitzer, Die Freizügigkeit des Berufssportlers in der Europäischen Gemeinschaft, S. 72. 725 Siehe zu Art. 48 EGV: EuGH, Slg. 1974, 1337 (1347); zur Geltung der Grundfreiheiten fUr juristische Personen des Privatrechts, Rengeling, S. 201 . 726 Groeben/Thiesing/Ehlennann (Beutler), Anh. C, Rdnr. 65 u. 42; ChwolikLan[,ennann, S. 75; Streinz, EuropaR, Rdnr. 694 ff. 7 7 Vgl. BVerfGE 37, 271 (281 ff.) - Solange I. 723

724 Vgl.

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E. Sport lllld Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmißbrauchs nichtig ist (vgl. Art. 173 Abs. 2, 174 EGV). Er prüft also auch, ob die Entscheidung gegen höherrangige Nonnen des Gemeinschaftsrechts, beispielsweise gegen eine Verordnung oder sonstige allgemeine Rechtsgrundsätze, insbesondere also die Gemeinschaftsgrundrechte, verstoßen hat. 728

b) Das Vorlageverfahren zum EuGH nach Art. 177 Abs. 2, 3 EGV Indirekter Rechtsschutz vor nationalen Gerichten kommt in Betracht, wenn Gemeinschaftsrecht durch die Verwaltungsorgane der Mitgliedsstaaten vollzogen wird. In diesem Zusammenhang können Fragen der Auslegung des EGVertrages oder der Gültigkeit von Rechtsakten der Gemeinschaftsorgane auftauchen. Bei der Überprüfung der Anwendung des Gemeinschaftsrechts hat das angerufene Gericht die einschlägige europarechtliche Norm (Verordnung, Richtlinie) am höherrangigen (primären) Gemeinschaftsrecht zu messen. Es hat also insbesondere auch die gemeinschaftlichen Grundrechte als Prüfungsmaßstab heranzuziehen. 729 Um eine einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedsstaaten zu gewährleisten, liegt jedoch das Auslegungsmonopol und die Verwerfungskompetenz hinsichtlich europarechtlicher Normen allein beim EuGH. Hält daher ein deutsches Gericht eine europarechtliche Regelung für mit höherrangigem Gemeinschaftsrecht unvereinbar, dann kann es die Entscheidung über diese Frage nach Art. 177 Abs. 2 u. 3 EGV dem EuGH vorlegen (sog. Vorlage- oder Vorabentscheidungsverfahren). Das letztinstanzliehe nationale Gericht ist in diesem Fall zur Durchführung des Vorlageverfahrens verpflichtet (Art. 177 Abs. 3 EGV). Der EuGH stellt daraufhin den maßgeblichen Inhalt des vorrangigen Gemeinschaftsrechts verbindlich für alle Mitgliedsstaaten fest.'3o

c) Grundrechtsschutz durch das BVerjG Da die europäischen Grundrechte direkt und unmittelbar auch in der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedsstaat der EU gelten, könnte ihre Verletzung durch die deutsche Staatsgewalt theoretisch auch vor dem BVerfG geltend gernacht werden. Da jedoch der Standard des Grundgesetzes gegenüber Vgl. Streinz, EuropaR, Rdnr. 524. DazuStreinz, EuropaR, Rdnr. 219 u. 575. 730 Vgl. BVerfGE 37, 271 (281)- Solange I. 728

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I. Grundlagen der europäischen Grundrechtsdogmatik

189

dem der europäischen Grundrechte zumindest als gleichrangig angesehen werden kann und sich darum ein in seinen Grundrechten Betroffener in aller Regel auf das Grundgesetz berufen wird, kommt dieser Rechtsschutzmöglichkeit keine praktische Bedeutung zu. Von der Geltendmachung der europäischen Grundrechtsnormen vor dem BVertG ist die Überprüfung gemeinschaftlicher Rechtsakte anhand der Grundrechte des Grundgesetzes zu unterscheiden. Soweit Maßnahmen der deutschen öffentlichen Gewalt zur Begründung oder zur Durchführung des Gemeinschaftsrechts erforderlich sind, unterliegt auch das entsprechende primäre oder sekundäre Gemeinschaftsrecht grundsätzlich der mittelbaren gerichtlichen Kontrolle durch das BVerfG. 731 Dieses prüft, ob sich die gemeinschaftsrechtliche Norm, welche den Gegenstand des Rechtsstreits bildet, mit den Schranken der Integrationsermächtigung in Art. 23 Abs. 1 GG, das heißt im Wesentlichen mit den Grundrechten des Grundgesetzes in Einklang befindet und von der deutschen Behörde bzw. dem Gericht angewendet werden durfte. 732 Während das BVerfG zunächst noch die Auffassung vertrat, daß ein dem Grundrechtsstandard des Grundgesetzes adäquater allgemein verbindlicher Grundrechtsstandard des Gemeinschaftsrechts nicht bestehe und sich darum im Kollisionsfall die Garantien des Grundgesetzes gegenüber den Normen des Gemeinschaftsrechts durchsetzen würden, 733 hat das Gericht im sog. "Solange II" -Beschluß von 1986 anerkannt, daß im Hoheitsbereich der Europäischen Gemeinschaften mittlerweile ein Maß an Grundrechtsschutz entstanden ist, "das nach Konzeption, Inhalt und Wirkungsweise dem Grundrechtsstandard des Grundgesetzes im wesentlichen gleichzuachten ist" .734 Hieraus zog das BVerfG die Konsequenz, daß es seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Gemeinschaftsrecht, welches für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden in Anspruch genommen wird, "nicht mehr ausüben und dieses Recht mithin nicht mehr am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes 731 Dazu Streinz, EuropaR, Rdnr. 212 ff.; im Anschluß an eine Vorabentscheidtmg des EuGH gern. 177 EGV kann beispielsweise ein deutsches Gericht eine Entscheidtmg des BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG (konkrete Normenkontrolle) einholen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, gegen die letztinstanzliehe Entscheidtmg eines deutschen Gerichts Verfasstmgsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1, Nr. 4 a.) GG zu erheben. Diese kann auch auf die Verletztmg von Art. 101 Abs. 1, Satz 2 GG (Recht auf den gesetzlichen Richter) gestützt werden, wenn es das Instanzgericht tmterlassen hat, ein Vorabentscheidtmgsverfahren nach Art. 177 EGV bzw. eine konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG einzuleiten, vgl. BVerfGE 73, 339 (377) Solange II. Vgl. allerdings zur Pruftmgskompetenz des BVerfG den Streitstand tmter 1. ). 732 Vgl. Streinz, EuropaR, Rdnr. 216. 733 BVerfGE 37, 271 (283 ff.) - Solange I, siehe auch oben tmter 1. 734 BVerfGE 73, 339 (378)- Solange II.

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E. Sport Wld Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

überpriifen" werde, "solange die Europäischen Gemeinschaften, insbesondere die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Gemeinschaften einen wirksamen Schutz der Grundrechte gegenüber der Hoheitsgewalt der Gemeinschaften generell gewährleisten" würde, "der dem vom Grundgesetz als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im wesentlichen gleichzuachten ist, zumal den Wesensgehalt der Grundrechte generell verbürgt". 735 Das BVerfG erachtet entsprechende Vorlagen nach Art. 100 Abs. 1 GG für unzulässig. 736 Im Maastricht-Urteil sprach das BVerfG davon, daß es seine Gerichtsbarkeit in einem "Kooperationsverhältnis" zum EuGH ausüben würde. Der EuGH würde den Grundrechtsschutz "in jedem Einzelfall" für das gesamte Gebiet der EG garantieren, während sich das BVerfG auf "eine generelle Gewährleistung der unabdingbaren Grundrechtsstandards beschränken" könne. 737 Das BVerfG hat damit unterstrichen, daß es sich eine Prüfung gemeinschaftsrechtlicher Normen, die durch deutsche Behörden vollzogen oder durch deutsche Gerichte angewendet werden, weiterhin grundsätzlich vorbehält. 738 Eine solche Prüfung hat das BVerfG anläßtich einer Verfassungsbeschwerde im Zusammenhang mit der umstrittenen EG-Bananenmarktverordnung vorgenommen. 739

II. Der Sport als Schutzgut europäischer Grundrechtsnormen Ebensowenig wie im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland findet der Sport im Wortlaut des EG-Vertrages Berücksichtigung. Die Organe der EU besitzen im Bereich des Sports weder bestimmte Zuständigkeiten noch existieren allgemeine vertraglich formulierte Zielsetzungen. 740 Einen gemeinschaftsrechtlichen Status kann der Sport deshalb, ähnlich wie im Grundgesetz, 735 BVerfGE 73, 339 (387)- Solange ll; in Anknüpfung an diese RechtsprechWlg des BVerfG stellte der im Jahr 1992 neugefaßte Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG die Mitwirkung der BWldesrepublik Deutschland bei der VerwirklichWlg der Europäischen Union allgemein Wlter die Maßgabe, daß diese "demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen Wld fOderativen Grundsätzen Wld dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist Wld einen diesem Grundgesetz im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet". 736 Kritisch hierzu Streinz, EuropaR, Rdnr. 217. 737 BVerfGE 89, 155 (175)- Maastricht; kritisch: v. Münch/Kunig (Rojahn), Art. 23, Rdnr. 40, m. w. N. 738 Kritisch hierzu: v. Manch/Kunig (Rojahn), Art. 23, Rdnr. 40 m. zahlr. Nachw. 739 Vgl. BVerfG NJW 1995, 950; hierzu kritisch: Nettesheim, NJW 1995, 2083 ff. 740 Vgl. Werthenbruch, NJW 1993, 180; hierzu: Palme, JZ 1996, 238 f.; die Forderung nach einer direkten Einbeziehung des Sports in die Vertragsziele der Union wird allerdings immer nachdrücklicher erhoben, vgl. "Sport will dabeisein", SZ Nr. 108 v. 10. 5. 1996, S. 21; "Heiße Luft vom Genius loci", SZ Nr. 252, v. 31. 10./1. 11. 1996, S. 39; zur verfassWlgsrechtlichen StellWlg des Sports im GG, oben B. I.

II. Der Sport als Schutzgut europäischer Gnmd.rechtsnormen

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allenfalls mittelbar und über solche Bestimmungen erhalten, die im Rahmen ihrer allgemeinen Zwecksetzungen auch sportliche Sachverhalte erfassen. Das gilt in gleicher Weise für den europarechtlich garantierten Schutz des Sports durch Grundrechte und Grundfreiheiten. 1. Voriiberlegung: Bereichsausnahme zugunsten des Sports? Eine Besonderheit des europarechtlichen Grundrechtsschutzes gegenüber dem Grundrechtsschutz durch das Grundgesetz basiert darauf, daß die Kompetenz der EU-Organe im Hinblick auf die unterschiedlichen gesellschaftlichen Lebensbereiche beschränkt ist. Das maßgebliche Ziel der EU ist die Wirtschaftsintegration der Mitgliedstaaten durch Schaffung eines Binnenmarktes (vgl. Art. B, Abs. 1, 1. Spiegelstrich EUV). Gern. Art. 2 EGV ist es Aufgabe der Gemeinschaft, eine harmonische und ausgewogene Entwicklung des Wirtschaftslebens innerhalb der Gemeinschaft zu fördern. Wenngleich die EU und ihre Organe neben der Wirtschaft auch in anderen politischen Bereichen, wie der Umweltpolitik (Art. 130 r. ff. EGV) oder der Sozial- und Bildungspolitik (Art. 117 ff. EGV) tätig werden kann, kommen ihr Regelungs- und Entscheidungskompetenzen vorrangig auf wirtschaftlichem Gebiet zu. Bedenken könnten daher bereits im Hinblick darauf bestehen, ob die EU mit ihren primär wirtschaftlich orientierten Zuständigkeiten den spezifischen Eigenheiten und Bedürfnissen des Sports überhaupt gerecht werden kann und die kulturpolitische, nichtwirtschaftliche Dimension des Sports bei der Anwendung gemeinschaftlicher Normen und der Ausübung gestalterischer Kompetenzen durch die EU hinreichende Berücksichtigung findet. 741 Es wird dementsprechend erwogen, den Sport aus dem Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts, insbesondere der Grundfreiheiten prinzipiell herauszunehmen. Zur Begründung wird darauf verwiesen, daß in Art. 2 EGV die harmonische Entwicklung des Wirtschaftslebens als Aufgabe der Gemeinschaft niedergelegt ist und die Aktivitäten von Sportlern diesem Wirtschaftsleben nicht zuzuordnen seien. Deshalb gelte für den Sport eine sog. Bereichsausnahme, wie sie gern. Art. 48 Abs. 4 EGV für die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung ausdrücklich vorgesehen ist. 742 Diese Auffassung wird vor allem auch von den Sportverbänden vertreten.743 Vgl. Palme, JZ 1996, 238 ff. Vgl. Scholz!Aulehner, SpuRt 1996, 45; Hilf, NJW 1984, 520; zur Errichtung einer vertraglichen Ausnahmevorschrift Fischer, SpuRt 1996, 38. 743 Vgl. die Stellungnahme von Eifers für die UEFA und den DFB zum Fall Bosman (nicht veröffentlicht), vorgetragen auf der Tagung der European Parlamentary Sport Convention vom 27. 11. 1995, S. 4. 741

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E. Sport Wld Gnmdrechte in der Europäischen Gemeinschaft

Der EuGH hat festgestellt, daß angesichtsder Ziele der Gemeinschaft sportliche Betätigungen dem Gemeinschaftsrecht nur insoweit unterfallen, "als sie einen Teil des Wirtschaftslebens im Sinne von Art. 2 des Vertrages ausmachen. Läßt sich eine solche Betätigung als entgeltliche Arbeits- oder Dienstleistung kennzeichnen, so gelten für sie, je nach Lage des Einzelfalles, die besonderen Vorschriften der Artikel48 bis 51 oder 59 bis 66 des Vertrages." 744 Auch im wissenschaftlichen Schrifttum wird häufig ausschließlich darauf abgestellt, ob der Sport als Teil des Wirtschaftslebens i. S. von Art. 2 EGV anzusehen ist. 745 Wenn man die kulturelle bzw. nichtwirtschaftliche Seite des Sports betont, kann man auf diese Weise den Sport, und zwar auch den berufsmäßig betriebenen Leistungssport, prinzipiell von der Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Normen ausnehmen. Ein solcher Ansatz wäre jedoch systematisch verfehlt. Ob eine bestinunte sportliche Betätigung vom Gemeinschaftsrecht erfaßt wird, also z. B. unter eine der vertraglich vorgesehenen Freizügigkeitsgarantien fallt, ist anband der in diesen Freizügigkeitsgarantien enthaltenen Tatbestandsmerkmale zu entscheiden. Für die Anwendung von Art. 48 EGV kommt es daher z. B. darauf an, ob ein Sportler Arbeitnehmer i. S. des Gemeinschaftsrechts ist. Erst wenn sich aufgrund der spezifischen Eigenheiten einer Arbeitstätigkeit Zweifel ergeben, ob die Anwendung der Freizügigkeitsgarantien sachgerecht ist, kann der Begriff des Wirtschaftslebens ergänzend herangezogen werden.746 Dies wird der Funktion der Vertragsziele gerecht, die Auslegung und Anwendung des übrigen Gemeinschaftsrechts zu beeinflussen. 747 Diese Vorgehensweise liegt auch der Begründung des EuGH im Dona-Urteil zugrunde. Dort befand der EuGH, daß die Tätigkeit von "Fußballprofis oder -halbprofis" dem Wirtschaftsleben deshalb unterfalle, "da diese Tätigkeit eine entgeltliche Arbeits- oder Dienstleistung" darstelle. 748 Wenngleich der EuGH den Begriff des Wirtschaftslebens in den Vordergrund stellt, zieht er allein die Tatbestandsmerkmale der 744 EuGH, Slg. 1974, 1405 (1418) - Walrave u. Koch/Association Union Cycliste Internationale (Hervorheb. d. Verf. ); im Anschluß daran: BVerwG NJW 1981 , 1169 ErwerbsW1ZUcht; VGH Mannheim NJW 1982, 544 - VorbereitWlgsdienst. 745 Vgl. Marticke, Ausländerklauseln und Spielertransfer aus europarechtlicher Sicht, S. 60; Steindorff, RiW 1975, 254; Kahlenberg, EWS 1994, 424. 746 Ähnlich: Marticke, Ausländerklauseln Wld Spielertransfer aus europarechtlicher Sicht, S. 75; Fischer, SpuRt 1994, 175; ders., SpuRt 1996, 34. 747 Vgl. /psen, S. 558 u. 561; Groeben/Thiesing/Ehlennann (Zuleeg), Art. 2, Rdnr. 2 [;Geiger, Art. 2, Rdnr. 4 u. 11; dementsprechend EuGH, Slg. 1982, 1409 (1431 f)Gaston Schulllnspecteur der invoerrechten en accijnzen; EuGH, S1g. 1982, 1035 (1050) - Levin!Staatssecretaris van Justitie. 748 EuGH, Slg. 1976, 1333 ( 1340) - Dona!Mantero (Hervorheb. d. Verf. ); vgl. auch Ehlennann/Bieber (Wölker), AI 27, Rdnr. 32; Steindorff, NJW 1982, 1903.

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Freizügigkeitsgarantien heran, um eine bestimmte sportliche Betätigung dem Gemeinschaftsrecht zuzuordnen. 749 Erst auf diese Weise wird deutlich, daß das Gemeinschaftsrecht "auch im sozialen und kulturellen Bereich der Ungleichbehandlung der ausländischen Mitbürger"750 entgegentreten und insbesondere auch für den nichtkommerziellen Sport Bedeutung besitzen kann. Die Anwendung des Gemeinschaftsrechts hängt allein davon ab, welche einzelnen Normen den Sport tatbestandlieh betreffen. Erst die Heranziehung von Auslegungsnormen wie Art. 2 EGV kann im Einzelfall zu einer besonderen Interpretation der einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift und zu einer Sonderbehandlung des betreffenden Lebensbereichs (hier: des Sports) zwingen. Wenn dem EuGH entgegengehalten wird, er unterwerfe allein die wirtschaftliche Seite des Sports dem Gemeinschaftsrecht, ist dies auf die in der Wa/rave-Entscheidung vom EuGH verwendete Formulierung, der Sport unterfalle dem Gemeinschaftsrecht "nur", soweit er einen Teil des Wirtschaftslebens ausmache, zurückzuführen. 751 In den Entscheidungen des EuGH ging es jedoch allein um die gemeinschaftsrechtliche Behandlung des Berufssports. Dieser fiel tatbestandlieh unter die Freizügigkeitsgarantien des EG-Vertrages. Entgegen der geäußerten Kritik hat der EuGH die Regeln des Gemeinschaftsrechts somit im Ergebnis völlig zu Recht angewandt. Ob der EuGH einzelne Normen des Gemeinschaftsrechts auch auf sonstige Formen sportlicher Betätigung anwenden würde, bleibt letztlich offen.752 Auch das in Art. 3 b EGV verankerte Subsidiaritätsprinzip, welches besagt, daß die Gemeinschaft, "in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen," (. .. ) "nur tätig" wird, "sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können", sagt nichts über die Anwendbarkeit der EG-Normen auf den Sport aus. Zweck des Subsidiaritätsprinzips ist die Gewährleistung einer sachgerechten Begrenzung der gemein749Nichts Anderes geschieht, wenn man die Entgeltlichkeit der Sportausübung als das gemeinsame maßgebliche Kriterium für die Teilnahme am Wirtschaftsleben ansieht (vgl. Marticke, Ausländerklauseln und Spielertransfer aus europarechtlicher Sicht, S. 55). Die Entgeltlichkeit einer Tätigkeit ist nur ein Merkmal der in den Freizügigkeitsgarantien enthaltenen Tatbestandsmerkmale Arbeits- und Dienstleistung; hierzu im einzelnen unten, 3. a). 150 Hilf, NJW 1984, 520. 751 Vgl. Hilf, NJW 1984, 520. Der EuGH hat allerdings in den nachfolgenden Entscheidungen auf dieses "nur" verzichtet, vgl. EuGH, Slg. 1976, 1333 (1340) Dona!Mantero; EuGH NJW 1996, 505 ff. (Tz. 73)- Bosman. 752 Ähnlich: Groeben!Thiesing/Ehlermann (Zuleeg), Art. 2, Rdnr. 2.

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E. Sport und Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

schaftliehen Rechtssetzungskompetenzen. Hierdurch soll eine Dezentralisierung und damit die Sicherung einer bürger- und sachnahen Anwendung der Politik bewirkt werden. 753 Regelungen der EU-Organe, die den Sport betreffen, können als gemeinschaftsrechtswidrig angesehen werden, wenn sie nicht den Anforderungen des Subsidiaritätsprinzips entsprechen. Für die Anwendung und Auslegung der Grundfreiheiten gilt dies nicht. Die "Sachnähe" der Grundfreiheiten ergibt sich aus deren Tatbestandsmerkmalen. Entscheidend ist, ob die Tatbestandsmerkmale der Grundfreiheiten einschlägig sind, ob also beispielsweise Sportler als Arbeitnehmer angesehen werden müssen oder nicht. Für die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips ist unter diesen Voraussetzungen kein Raum. 754

2. Schutz des Sports auf der Basis allgemeiner Rechtsgrundsätze Seit der Wa/rave-Entscheidung755 des EuGH aus dem Jahr 1974, in welcher es darum ging, ob Radrennfahrer und deren "Schrittmacher" bei Weltmeisterschaften dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen müssen, ist die Bedeutung der Gemeinschaftsgrundrechte für den Sport in das juristische Blickfeld gerückt. Dies gilt zum einen für die vertraglich garantierten Grundfreiheiten in Art. 48, 52 und 59 EGV. Zum anderen werden jedoch auch die auf der Basis allgemeiner Rechtsgrundsätze existierenden europäischen Grundrechte in die Lösung von Konflikten im Bereich des Sports einbezogen. Anläßtich der vieldiskutierten Bosman-Entscheidung756 des Europäischen Gerichtshofs im Rechtsstreit zwischen dem belgiseben Fußballprofi Jean-Marc Bosman, dem Belgisehen Fußballverband URBSFA, der UEFA und dem belgiseben Fußballverein Royal club ligeois SA, trat ihre praktische Bedeutung fiir den Sport hervor. a) Berufsfreiheit

Laut EuGH gehört zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Gemeinschaftsrechts ein Recht auf freie Berufsausübung, welches in den Grenzen gewährleistet wird, "die durch die dem Gemeinwohl dienenden Zwecke der Vgl. Art. A, Abs. 2 EUV; Streinz, EuropaR, Rdnr. 41 . Im Ergebnis ebenso die Schlußanträge des Generalanwalts Lenz, Rechtssache C-415/93 (Bosman), I - 51; HiljlPache, NJW 1996, 1177; Palme, JZ 1996, 241; anders: Scholz!Aulehner, SpuRt 1996, 46. mEuGH, Slg. 1974, 1405 ff. - Walrave u. Koch!Association Union Cycliste Internationale. 156 EuGH NJW 1996, 505 ff. - Bosman. 753

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Gemeinschaft gedeckt werden, soweit dadurch nicht der Wesensgehalt dieses Rechts angetastet wird". m Grundsätzlich kann daher zugunsten des Berufssports ein europäischer Grundrechtsschutz angenommen werden. Praktisch ist dies noch nicht relevant geworden. Vielmehr ging es in diesem Zusammenhang bislang vor allem um die Gewährleistungen der Personenverkehrsfreiheiten. 758 b) Allgemeine Handlungsfreiheit

Vergleichbar mit dem Schutz der sportlichen Betätigung durch Art. 2 Abs. 1 GG759 kommt dem Sport auch auf europarechtlicher Basis der gemeinschaftliche Grundrechtsschutz allgemeiner Handlungsfreiheit zugute. 760 Der EuGH hat insoweit festgestellt, daß der Schutz der privaten Betätigung vor willkürlichen oder unverhältnismäßigen Eingriffen der öffentlichen Gewalt auch in der europäischen Gemeinschaftsordnung als allgemeiner Rechtsgrundsatz anerkannt sei. 761 Auffangweise steht daher jegliche sportliche Tätigkeit zumindest nach dieser Maßgabe unter europäischem Grundrechtsschutz. c) Vereinigungsfreiheit

Es ist anerkannt, daß auch die Vereinigungsfreiheit auf europäischer Ebene grundrechtliehen Schutz genießt. Die Rechtsprechung des EuGH konzentrierte sich insoweit zunächst auf berufliche Interessenvereinigungen zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. 762 Auch die allgemeine Vereinigungsfreiheit findet aber in vielen Verfassungen der EGMitgliedsstaaten eine Basis und hat darüber hinaus in Art. 11 Abs. 1 EMRK ihren Niederschlag gefunden. 763 Ausdrücklich wird dort allen Menschen das Recht zugesprochen, "sich frei mit anderen zusammenzuschließen". Vor diesem Hintergrund wurde unter der Vereinigungsfreiheit vor allem das Recht des 757 Vgl.

EuGH, NJW 1987,569. Hierzu im Einzelnen unter 3. 759 Hierzu oben unter B. ill. 760 Vgl. EuGH, Slg. 1987, 2289 (2338) - Rau/Bundesanstalt f. landwirtschaftliche Marktordnung; hierzu: Rengeling, S. 135. 761 Vgl. EuGH, NJW 1989, 3081 - Hoechst; hierzu: Kirchhof, EuR Beiheft 111991 , S. 42. 762 Vgl. EuGH, Slg. 1974, 917 - Gewerkschaftsbund, zu Art. 24 a) des Beamtenstatuts; dazu: Feger, S. 184 f. 763 Vgl. z. B. Art. 46 und 55 der Portugiesischen Verfassung und Art. 7 bzw. Art. 22 der Spanischen Verfassung; ausfUhrliehe Aufstellung bei: Rengeling, Grundrechtsschutz, S. 58 ff.; Claudi, S. 421. 758

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E. Sport lllld Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

Einzelnen verstanden, zusammen mit anderen Vereinigungen zu gründen und es wurde den Vereinigungen ein Bestandsschutz zugesprochen. 764 Die Überlegungen zur EG-rechtlich gewährten allgemeinen Vereinigungsfreiheit sind anläßtich des Bosman-Urteils wieder aufgefrischt worden. In dieser Entscheidung hat der EuGH hinsichtlich der Vereinigungsfreiheit ausdrücklich anerkannt, "daß dieser in Artikel 11 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankerte Grundsatz, der sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedsstaaten ergibt, zu den Grundrechten gehört, die nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes" ( ... ) "in der Gemeinschaftsrechtsordnung geschützt werden". 765 Der EuGH hat gleichzeitig deutlich gemacht, daß zum Grundrecht der Vereinigungsfreiheit auch die interne Rechtssetzungsbefugnis der Personenverbände gehört; der Gerichtshof spricht in diesem Zusammenhang von der "Autonomie, über die die privaten Verbände beim Erlaß von Sportregelungen verfügen".760 Anläßtich dessen hat sich vermehrt auch das Schrifttum mit der allgemeinen Vereinigungsfreiheit beschäftigt. In Übereinstimmung mit der oben zitierten Entscheidung des EuGH wird dort die Auffassung vertreten, daß das europäische Grundrecht der Vereinigungsfreiheit "auch die Freiheit der inneren Ordnung"767 einer Vereinigung beinhalte. Neben der Freiheit, Vereinigungen zu gründen, gewährleiste die europarechtlich garantierte Vereinigungsfreiheit zudem "den Bestand und die funktionsgerechte Betätigung",768 und zwar sowohl des Einzelnen als auch der Vereinigung als solcher. Auch der EG-rechtlich gewährten Vereinigungsfreiheit liegt letztlich das Prinzip freier Assoziation und Selbstbestimmung zugrunde. Sie und das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG können als "strukturgleich"769 angesehen werden.

Vgl. Claudi, S. 421 ;Rengeling, S. 58 ff. EuGH, NJW 1996,505 (Tz. 79). 766 EuGH, NJW 1996,505 (Tz. 81). 767 Hobe/Tietje, JuS 1996, 490; vgl. auch Schroeder, Arun. z. Bosman-Urtei1 des EuGH, JZ 1996, 256. 768 Scholz/Aulehner, SpuRt 1996, 45. 769 Scholz/Aulehner, SpuRt. 1996, 47. 764

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II. Der Sport als Schutzgut europäischer Grundrechtsnormen

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3. Sport und Grundfreiheiten Durch die Entscheidungen des EuGH in den Fällen Wa/rave 710 und Dona771 wurde die Relevanz der europarechtlich garantierten Grundfreiheiten, insbesondere der Personenverkehrsfreiheiten für den Sport frühzeitig erkennbar. Durch das Bosman-Urteil772 trat sie erneut hervor. a) Die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 48 EGV) Bei den rechtlichen Auseinandersetzungen im Bereich des Sports auf europarechtlicher Ebene stand bislang die Garantie der Arbeitnehmerfreizügigkeit i. S. von Art. 48 EGV im Mittelpunkt. Sie gewährt allen EU-staatsangehörigen Arbeitnehmern das Recht, ihren Beruf in jedem Mitgliedstaat unter den gleichen Bedingungen wie ein Angehöriger des jeweiligen Staates auszuüben. aa) Sportler als Arbeitnehmer im Sinne des Gemeinschaftsrechts Als Arbeitnehmer im gemeinschaftsrechtlichen Sinne werden in Übereinstimmung mit dem in der Bundesrepublik geltenden Arbeitnehmerbegriff Personen bezeichnet, die eine Tätigkeit in einem Abhängigkeitsverhältnis ausüben. Erfaßt werden davon sowohl Arbeiter als auch Angestellte. Bei der Beurteilung ist die Gesamtheit der Umstände einzubeziehen, die das Verhältnis zwischen den Beteiligten charakterisieren. 773 Die Arbeitnehmerfreizügigkeit kommt allein Arbeitnehmern zugute, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen. 774 Sportler können als 770 EuGH, Slg. 1974, 1405 ff. - Walrave u. Koch/Association Union Cycliste Internationale. 771 EuGH, Slg. 1976, 1333 ff. - Dona/Mantero. 772 EuGH NJW 1996, 505 ff. - Bosman. 173 Vgl. Werthenbruch, NJW 1993, 180; Grabitz/Hi/f(Randzelhofer), Art. 48, Rdnr. 2; Ehlermann/Bieber, I A 27, Rdnr. 21 ff.; zwn Arbeitnehmerbegriff im deutschen Recht: Schaub, ArbR, § 8. 774 Vgl. Werthenbruch, NJW 1993, 180; Grabitz/Hi/f(Randzelhofer), Art. 48, Rdnr. 7 ff.; Nicolaysen, EuropaR Il, S. 161. Zu beachten ist, daß die Geltung der Grundfreiheiten durch den EWR-Vertrag auch auf die EWR-Mitgliedsstaaten ausgedehnt wurde. Darüber hinaus gelten die Grundfreiheiten des EG-Vertrages zugunsten der Sportler, deren Heimatstaaten mit der EU ein entsprechendes Assoziierungsabkommen unterzeichnet haben. Dies gilt fiir Sportler aus Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei, Rumänien, Bulgarien, Marokko, Tunesien, Algerien und die Türkei. Hinzu kommen werden entsprechende Abkommen mit Rußland, Litauen, Lettland, Estland und Slowenien. Vgl. hierzu: Streinz, EuropaR, Rdnr. 62 f Maßgebend ist jedoch der jeweilige Inhalt der Abkommen. Aufgrund des Abkommens mit der

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E. Sport lllld Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

Arbeitnehmer im Sinne von Art. 48 EGV anzusehen sein, wenn sie ihren Sport weisungsabhängig ausüben, das heißt, wenn sie hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Ausfiihrung der sportlichen Betätigung fremder Bestimmung unterliegen. Ein Indiz :fiir das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses ist es, wenn ein Sportler für seine Leistungen ein Entgelt erhält. 775 Art. 48 EGV läßt sich unter diesen Prämissen ohne weiteres auf eine Reihe von Sportlern anwenden. In zahlreichen Mannschaftssportarten wie Fußball, Eishockey, Basketball, aber auch in einigen Einzelsportarten wie Tischtennis oder Leichtathletik, sind die jeweiligen Spitzen- bzw. Leistungssportler Arbeitnehmer ihres Vereins.776 Bei der Anwendung der Grundfreiheiten auf den Sport ist zu berücksichtigen, daß sich die Bereiche, in denen Sport erwerbsmäßig betrieben wird, erheblich ausgedehnt haben. Auch in weiten Teilen des sog. Amateursports werden auf vertraglicher Grundlage erhebliche Einkünfte erzielt. Die herkömmliche Unterscheidung zwischen "Amateur-" und "Profisportler" ist für den Arbeitnehmerbegriff und dementsprechend für die Anwendung der Freizügigkeitsgarantie in Art. 48 EGV unbrauchbar geworden. 777 Die Anwendung von Art. 48 EGV ist vielmehr von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles abhängig zu machen. Nach Auffassung des EuGH sind vom Schutzbereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit nur solche Tätigkeiten ausgeschlossen, "die einen so geringen Umfang haben, daß sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen". 778 Aus dem Anwendungsbereich von Art. 48 EGV fallen daher jedenfalls diejenigen Sportler heraus, die ihren Sport ausschließlich hobby- oder freizeitmäßig betreiben. Sobald jedoch als Gegenleistung für die Sportausübung Entgelte gezahlt werden, die über bloße Aufwandsentschädigungen hinausgehen, steht der Anwendung der Arbeitnehmerfreizügigkeit nichts mehr entgegen, auch wenn der betreffende Sportler nach den Verbandsstatuten als "Amateur" bezeichnet wird. 779 Türkei kommt beispielsweise einem türkischen Sportler das Recht auf Freizügigkeit lediglich innerhalb eines EU-Mitgliedsstaates zu, soweit er in diesem Staat vier Jahre lang ordnllllgsgemäß beschäftigt war. Vgl. hierzu: Werthenbrnch, Anm. zum Bosman-Urtei1 des EuGH, EuZW 1996, 91. 775 Hierzu ausführlich: Schimke, SportR, S. 13 ff.; MüHdb. d. ArbR (Gitter), § 195, Rdnr. 2 ff.; Palme!Hepp-Schwab/Wilske, JZ 1994, 343. 776 Vgl. Petzold/Safaris, EuR 1982, 78; Palme/Hepp-Schwab/Wilske, JZ 1994, 343 f.; Fischer, SpuRt 1994, 174; ders., SpuRt 1996,34 f.; grund1egendBuchner, RdA 1982, 1 ff.; Meyer-Cording, RdA 1982, 13 ff.; Kahlenberg, EWS 1994, 424; aus der deutschen Rechtsprechllllg vgl. insbesondere OLG Stuttgart, AuR 1978, 125 f. (Tischtennis) m. Anm. Grnnsky; ArbG Bielefeld, NZA 1989, 966 ff. (Tennis); abweichend: Scholz/Aulehner, SpuRt 1996, 47. 777 Vgl. hierzu Arens/Scheffer, AR-B1attei 1480. 2, Rdnr. 45 ff. sowie auch die Erörtefllllgen zur grundrechtliehen EinordnWlg des Sports, oben B. I. 1. 778 EuGH, Slg. 1982, 1050- Levin/Staatssecretaris van Justitie. 779 Marticke, Ausländerklauseln lllld Spielertransfer aus europarechtlicher Sicht, S.

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Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, daß im Einzelfall ein arbeitsrechtlich relevantes Abhängigkeitsverhältnis zu Sponsoren oder zu Veranstaltern von Sportereignissen besteht. 780 bb) Der Inhalt der Arbeitnehmerfreizügigkeit Die Arbeitnehmerfreizügigkeit in Art. 48 EGV umfaßt dem Wortlaut nach "die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstigen Arbeitsbedingungen" (Art. 48 Abs. 2 EGV). Sie ermöglicht es den Arbeitnehmern, sich "vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen" (... ) "um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben, sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen, sich dort aufzuhalten, um dort eine Beschäftigung auszuüben, und nach deren Beendigung dort zu verbleiben". 781 Eine Konkretisierung erhielt die Arbeitnehmerfreizügigkeit durch die VO Nr. 1612168 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft. 782 Aus dieser ergibt sich insbesondere das Recht eines jeden EU-Bürgers, den geltenden Rechts- und Verfahrensvorschriften entsprechend Arbeitsverträge zu schließen und zu "erfiillen, ohne daß sich Diskriminierungen daraus ergeben dürfen" (Art. 2 der VO). Darüber hinaus erklärt sie "alle Bestimmungen in Tarif- oder Einzelarbeitsverträgen oder sonstigen Kollektivvereinbarungen betreffend den Zugang zur Beschäftigung, die Entlohnung und alle übrigen Arbeits- und Kündigungsbedingungen" ( ... ) "fiir nichtig, soweit sie fiir Arbeitnehmer, die Staatsangehörige anderer Mitgliedsstaaten sind, diskriminierende Bedingungen vorsehen oder zulassen" (Art. 7 Abs. 4 der VO). Die Verordnung stellt damit klar, daß die Arbeitnehmerfreizügigkeit auch im Privatrechtsverkehr Wirkung entfaltet. 783 Hierzu fiihrte der EuGH aus, daß "die Beseitigung der Hindernisse fiir den freien Personen- und Dienst780Hierzu: Schimke, SportR, S. 21 ff.; ablehnend: Marticke, Ausländerklauseln und Spielertransfer aus europarechtlicher Sicht, S. 55. 781 Vgl. Art. 48 Abs. 3 EGV; EuGH, Slg. 1982, 1035 (1047 f.)- Levin. 782 ABI. L 1968, Nr. 257/2; dazu Petzold!Safaris, EuR 1982, 77. 783 Hilf, NJW 1984, 519; Kah/enberg, EWS 1994, 425; Petzold!Safaris, EuR 1982, S. 80; Schweitzer, Die Freizügigkeit des Berufssportlers in der Europäischen Gemeinschaft, S. 76 f.; letztere sehen beispielsweise die DFB-SpO als "Kollektivvereinbarung" i. S. von Art. 7 Abs. 4 der VO an; kritisch hierzu: Marticke, Ausländerklauseln und Spielertransfer aus europarechtlicher Sicht, S. 57.

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leistungsverkehr - eines der in Art. 3 Buchstabe c des Vertrages aufgeführten wesentlichen Ziele der Gemeinschaft-" gefährdet wäre, "wenn die Beseitigung der staatlichen Schranken dadurch in ihren Wirkungen wieder aufgehoben würde, daß privatrechtliche Vereinigungen oder Einrichtungen kraft ihrer rechtlichen Autonomie derartige Hindernisse aufrichteten". 784 Beschränkte sich die Anwendung der Grundfreiheiten auf die Abwehr entsprechender staatlicher Maßnahmen, wäre darüber hinaus ihre einheitliche Durchsetzung nicht gesichert, weil "die Arbeitsbedingungen je nach Mitgliedstaat einer Regelung" ( ... ) "durch Verträge und sonstige Rechtsgeschäfte, die von Privatpersonen geschlossen oder vorgenommen werden, unterliegen". 785

b) Die Dienstleistungsfreiheit (Art. 59 jJ. EGV) Im Gegensatz zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet die Dienstleistungsfreiheit in Art. 59 ff. EGV die diskriminierungsfreie selbständige Erwerbstätigkeit. Eine Dienstleistung i. S. der Art. 59 ff. EGV ist eine vorübergehend erbrachte entgeltliche Leistung, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegt (Art. 60 EGV). Sie wird dadurch entscheidend gekennzeichnet, daß der Leistende in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist als der Leistungsempfänger. 786 Inwieweit Sportler von der Dienstleistungsfreiheit profitieren, hängt somit davon ab, ob sie als selbständige Gewerbetreibende angesehen werden können und grenzüberschreitende Tätigkeiten ausführen. Als selbständig gewerbetreibende Sportler gelten beispielsweise Tennisspieler, Boxer oder Skifahrer.787 Sie werden grenzüberschreitend i. S. von Art. 59 EGV tätig, wenn sie gegen Entgelt in einem anderen Mitgliedsstaat an Wettkämpfen teilnehmen. Dies trifft beispielsweise auf Tennisspieler zu, die für die Teilnahme an einem Turnier ein sog. Antrittsgeld erhalten. Ob für Radsportler die Arbeitnehmerfreizügigkeit i. S. von Art. 48 EGV oder die Dienstleistungsfreiheit i. S. 784 EuGH Slg. 1974, 1405 (1419 f.)- Walrave u. Koch/Association Union Cycliste Internationale; vgl. hierzu: Steindorff, RiW 1975, 253 f. ; Hobe/Tietfe, Jus 1996, 488 f., m. zahlr. Nachw.; Kahlenberg, EWS 1994,425. 785 EuGH, Slg. 1974, 1405 (1420)- Walrave u. Koch/Association Union Cycliste Internationale; vgl. auch EuGH, NJW 1996, 505 ff. (Tz. 82 f.) - Bosman; HilßPache, NJW 1996, 1171 ; ausführlich: Schweitzer, Die Freizügigkeit des Berufssportlers in der Europäischen Gemeinschaft, S. 78 f. 786 Vgl. hierzu; Geiger, Art. 59, Rdnr. 4; Schweitzer!Hummer, S. 289 ff.; Kahlenberg, EWS 1994, 424; Schweitzer, Die Freizügigkeit des Berufssportlers in der Europäischen Gemeinschaft, S. 73 ff. 787 Vgl. Palme, JZ 1996, 240.

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von Art. 59 EGV anwendbar ist, hat der EuGH zunächst offen gelassen. 788 Auch fur "Fußballprofis oder -halbprofis" hat der Gerichtshof lediglich festgestellt, daß "diese eine unselbständige Tätigkeit ausüben oder entgeltliche Dienstleistung erbringen". 789 Einer genauen Abgrenzung der abhängigen Arbeit zur Dienstleistung bedarf es letztlich deshalb nicht, weil sich die Dienstleistungsfreiheit hinsichtlich ihres Schutzgehalts nicht von der Arbeitnehmerfreizügigkeit unterscheidet. Beide beinhalten das Verbot von Diskriminierungen aufgrundder Staatsangehörigkeit. 790 Die Dienstleistungsfreiheit ist auf das Verhältnis von Privatrechtssubjekten untereinander ebenfalls anwendbar. Sie kann somit insbesondere als Maßstab fur die Gültigkeit der Satzungsbestimmungen von Sportverbänden herangezogen werden. 791 c) Die Niederlassungsfreiheit (Art. 52 EGV) Auch die in Art. 52 EGV festgeschriebene Niederlassungsfreheit schützt die diskriminierungsfreie selbständige Erwerbstätigkeit Im Unterschied zur Dienstleistungsfreiheit geht es dabei jedoch nicht um grenzüberschreitende Leistungen, sondern um den dauernden Aufenthalt einer selbständig tätigen natürlichen oder juristischen Person im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates.792 Die Niederlassungsfreiheit urnfaßt "die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen"(. ..) "nach den Bestimmungen des Aufnahmestaates für seine eigenen Angehörigen" (Art. 52 Abs. 2 EGV). Verbote und Beschränkungen, die sich unmittelbar auf die Aufnahme und die Ausübung selbständiger Tätigkeiten der Staatsangehörigen anderer Mitgliedsstaaten beziehen, sind damit unzulässig. 793 Die Niederlassungsfreiheit richtet sich ebenso wie die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Dienstleistungsfreheit auch gegen private Rechtsträger. 794

788 Vgl. EuGH, Slg. 1974, 1405 (1418)- Walrave u. Koch/Association Union Cycliste Internationale. 789 EuGH NJW 1996, 505 ff. (Tz. 73) - Bosman (Hervorheb. d. Verf.); vgl. auch EuGH, Slg. 1976, 1333 (1340)- Dona/Mantero; Grabitz!Hilf(Randzelhofer), Art. 48, Rdnr. 4). 790 Streinz, EuropaR, Rdnr. 708. 791 Vgl. EuGH, Slg. 1974, 1405 (1418)- Walrave u. Koch/Association Union Cycliste Internationale; Schweiter, Die Freizügigkeit des Berufssportlers in der Europäischen Gemeinschaft, S. 79. 792 Vgl. hierzu Streinz, EuropaR, Rdnr. 718 ff. 793 Vgl. Geiger, Art. 52, Rdnr. 12. 794 Vgl. Geiger, Art. 52, Rdnr. 9; EuGH, Slg. 1974, 1405 (1418) - Walrave u. Koch/Association Union Cycliste Internationale.

202

E. Sport und Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

Der Niederlassungsfreiheit ist bislang fur den Sport keine Bedeutung zugemessen worden. 795 Dies dürfte seine Ursache darin finden, daß selbständig tätige Sportler wie Tennis- oder Golfspieler, wenn sie an einem Turnier im Ausland teilnehmen, lediglich vorübergehend dort aktiv sind und für sie kein Bedürfnis danach besteht, auch ihren Sitz dorthin zu verlegen. Dies bedeutet, daß für selbständig tätige Sportler in der Regel nicht die Niederlassungsfreiheit, sondern die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 59 EGV einschlägig ist. Art. 52 EGV könnte allerdings Bedeutung erhalten, wenn man, wie es in der aktuellen Diskussion befürwortet wird, den Unternehmerbegriff auch auf solche Sportler ausdehnte, die bisher als Arbeitnehmer i. S. von Art. 48 EGV qualifiziert wurden.796 Hierunter fallen insbesondere die bei den Vereinen angestellten Sportler in den Mannschaftssportarten Fußball, Eishockey, Basketball etc. Zumindest Spitzensportler verlegen ihren Sitz oft dauerhaft ein ein anderes Land, um ihren Sport bei einem dortigen Verein weiter zu betreiben. Sähe man diese Sportler als selbständig tätige Unternehmer an, käme die Niederlassungsfreiheit in Art. 52 EGV zum Tragen. Die Aufnahme und die Ausübung der sportlichen Tätigkeit dieser Sportler bei einem Verein im Ausland wäre nach Art. 52 EGV geschützt.

111. Beschränkungen der europarechtlichen Freizügigkeit von Sportlern Durch die fehlende Allzuständigkeit der EU-Organe ist die abwehrrechtliche Bedeutung der Grundrechte auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene begrenzt. 797 Älmlich wie im deutschen Verfassungsrecht steht daher die Frage nach der Zulässigkeit freizügigkeitsbeschränkender Regelungen einzelner Sportverbände im Mittelpunkt der Problematik europäischer Grundrechte im Sport. Insbesondere die Geltung und Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsgarantien und die Möglichkeit der Sportverbände, die Wahrnehmung dieser Garantien durch Regelwerke zu beschränken, wurde in der Vergangenheit diskutiert.

195 Vgl. Schweitzer, Die Freizügigkeit des Berufssportlers in der Europäischen Gemeinschaft, S. 72. 796 Vgl. "Gerd Niebawn hält Fußballprofis fllr Unternehmer", FAZ Nr. 17, v. 20. 1. 1996, S. 27; "Brief an Kohl", SZ Nr. 10, v. 14. 1. 1997, S. 31; "Attacke auf Me~er-Vorfelder", SZ Nr. 20, v. 25./26. 1. 1997, S. 54. 77 Vgl. Werthenbroch, NJW 1993, 180; Nicolaysen, EuropaR I, S. 54.

III. Beschränkungen der europarechtlichen Freizügigkeit von Sportlern

203

1. Aktuelle Problemfelder Im Vordergrund der europäischen Grundrechtsdiskussion im Hinblick auf den Sport steht die Frage nach der Zulässigkeil von Ausländerklauseln und Transferentschädigungspflichten. Beide Problemkreise sollen im folgenden untersucht werden. a) Ausländerklauseln

Seit längerem wird die Frage erörtert, ob Regelungen zulässig sind, welche die Teilnahme ausländischer Sportler an bestimmten Wettkämpfen beschränken. Die meisten nationalen Sportverbände tendierten bislang dazu, die Betätigung von Ausländern zumindest im Spitzenbereich einzuschränken. Das galt und gilt teilweise immer noch in erster Linie für Mannschaftssportarten wie Fußball, Eishockey oder Basketball. 798 Nach§ 7 c.) der bis zum Aprill996 gültigen Fassung des DFB-LSpSt erhielt ein Verein der Bundesliga und der 2. Bundesliga die für die Teilnahme am Spielbetrieb erforderliche Lizenz unter anderem nur dann, wenn er "mindestens zwölf Lizenzspieler unter Vertrag" hielt. Darunter durften sich "bis zu drei Ausländer" befinden. "Staatsangehörige der Mitgliedsländer der EG und andere ausländische Spieler, die die letzten fünf Jahre, davon mindestens drei Jahre als Juniorenspieler, ununterbrochen für einen deutschen Verein spielberechtigt waren", galten, "soweit es sich um die Erteilung der Lizenz" handelte, "nicht als Ausländer." Nach dieser Regelung konnte also ein Verein theoretisch eine unbegrenzte Anzahl von EUAusländern bei sich verpflichten. Darüber hinaus durften sich aber nach der ebenfalls bis April 1996 gültigen Fassung des § 22 DFB-SpO "in Spielen einer Lizenzspielermannschaft" ( ... ) "unter Beachtung der Vorschriften der FIFA und der UEFA jeweils drei ausländische Spieler im Spiel befinden". Ausgenommen hiervon waren Spieler, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen, nur dann, wenn sie "die letzten 5 Jahre, davon mindestens 3 Jahre als Juniorenspieler, ununterbrochen für deutsche Vereine spielberechtigt" waren. Hinsichtlich der Spiele der Fußhall-Bundesligavereine war somit die Möglichkeit zum Einsatz von EGBürgern beschränkt. 791 Vgl. z. B. § 12 DBB-BLO: "In dem Wettbewerb der I. Bundesliga dürfen in jeder Mannschaft bis zu drei Ausländer eingesetzt werden, in jedem Spiel jedoch nicht mehr als zwei."; weitere Nachweise bei Hilf, NJW 1984, 518; Marticke, Ausländerklauseln und Spielertransfer aus europarechtlicher Sicht, S. 64 f.

204

E. Sport Wld Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

Die Zulässigkeit dieser allgemein als "Ausländerklauseln" bezeichneten Regelungen ist in EG-rechtlicher Hinsicht problematisch. Nach Art. 4 der VO 1612/68 finden nationale Vorschriften, "durch welche die Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern zahlen- oder anteilmäßig" (... ) "beschränkt wird," ( ... ) "auf Staatsangehörige der übrigen Mitgliedstaaten keine Anwendung". Einen Verstoß gegen Art. 48 Abs. 2 EGV sah der EuGH in einer Regelung des Italienischen Fußballverbandes, "die das Recht, als Profi oder Halbprofi an Fußballspielen teilzunehmen, allein den Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats" vorbehielt. 799 Darüber hinaus wurde vorn EuGH im bereits angesprochenen Bosman-Urteil auch die Beschränkung auf eine bestimmte Anzahl von Ausländern als Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 48 Abs. 2 EGV angesehen. Dem ist zuzustimmen. Eine Ungleichbehandlung liegt darüber hinaus auch dann vor, wenn zwar nicht die Möglichkeit der Vereine zur Verpflichtung der Spieler eingeschränkt wird, aber wie in § 22 DFB-SpO die Möglichkeit, "sie bei einem offiziellen Spiel aufzustellen". 800 Die Beschränkung der Einsatzmöglichkeiten für ausländische Spieler wirkt sich negativ auf deren Einstellungsmöglichkeiten aus, denn eine sinnvolle "Einkaufspolitik" der Vereine muß sich daran orientieren, wieviele ausländische Spieler gleichzeitig zum Einsatz gebracht werden können. Daß dem einzelnen Spieler kein Recht auf Aufstellung zugute kommt, ändert hieran nichts. b) Transferentschädigungsregeln

Erhebliches Interesse gilt darüber hinaus der Frage, ob und inwieweit die im Sport verbreitete Pflicht zur Zahlung einer Transferentschädigung beim Vereinswechseleines Sportlers gemeinschaftsrechtlich beurteilt werden muß. Um sicherzustellen, daß bei einem Vereinswechsel keine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem bisherigen Verein verletzt werden, unterliegt z. B. der Transfer von Lizenzfußballspielern bestimmten Formerfordernissen wie der vorherigen Aufnahme in eine sog. Transferliste (§ 27 Nr. 1 DFB-LSpSt) oder der Erteilung einer Spielerlaubnis (§ 26 a DFB-LSpSt). Darüber hinaus soll die zeitliche Beschränkung auf bestimmte Transferperioden einen geordneten Spielbetrieb ermöglichen (vgl. § 27 Nr. 2 DFB-LSpSt). Kernpunkt der Transferregelungen im Berufssport ist die Pflicht der aufnehmenden Vereine zur Zahlung einer sog. Transfer- bzw. Aus- und Weiter799 EuGH, Slg. 1976, 1333 ( 1341) - Dona!Mantero; zur Geltung der Grundfreiheiten im Privatrechtsverkehr, oben ll. 3. a). 800 EuGH NJW 1996, 505 ff. (Tz. 119 f.) - Bosman; dazu: Petzold/Safaris, EuR 1982, 79 f. ; Hilf, NJW 1984, 521 ; HiljlPache, NJW 1996, 1173.

ill. Beschränkungen der europarechtlichen Freizügigkeit von Sportlern

205

bildungsentschädigung (vgl. § 29 Nr. 4 DFB-LSpSt; Art. 59 DEB-SpO). Will ein Spieler nach Vertragsbeendigung seinen Verein verlassen und zu einem neuen Verein wechseln, war dieser bislang verpflichtet, an den früheren Verein eine nach einem bestimmten Modus berechnete Geldsumme zu zahlen (sog. Transferentschädigung). Diese war grundsätzlich frei zu vereinbaren. Entstand Streit über die Höhe der zu zahlenden Transferentschädigung bestand die Möglichkeit, deren Höhe durch einen Schiedsgutachter feststellen zu lassen (vgl. § 29 Nr. 4 DFB-LSpSt). Mit geringen Unterschieden fand dieses Verfahren sowohl bei Transfers zwischen den dem DFB zugehörigen Lizenzvereinen, also innerhalb der beiden Fußball-Bundesligen, als auch auf der Basis entsprechender UEFA- und FIFA-Regeln bei internationalen Spielerwechseln Anwendung.801 Darüber hinaus galten ähnliche Regelungen für den Wechsel von Amateuren und Vertragsamateuren im Bereich der Regionalligen, mit der Abweichung, daß dort die Höhe der Transferentschädigungen statutenmäßig festgeschrieben ist. 802 Ob Transferregelungen dieser Art zulässig sind, ist seit langem umstritten. 803 Durch die Bosman-Entscheidung des EuGH hat die Diskussion um die Zulässigkeil von Transferentschädigungen in mehrerer Hinsicht neue Impulse erhalten. Der EuGH hat im Rahmen des im Bosman- Verfahrens festgestellt, daß die Freizügigkeitsnormen des EG-Vertrages "den Gemeinschaftsangehörigen die Ausübung jeder Art von Berufstätigkeit erleichtern sollen und Maßnahmen entgegenstehen, die die Gemeinschaftsangehörigen benachteiligen können, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben wollen".804 Anders als bei den Ausländerklauseln stand der EuGH bei den Transferregelungen vor dem Problem, daß diese ohne Rücksicht auf die Nationalität des wechselnden Sportlers für alle Vereinswechsel (auch innerstaatliche) gelten. Eine auf der Staatsangehörigkeit beruhende Ungleich801 Vgl. Art. 14 ff. der FIFA-Regelements und das flir den Bereich der UEFA geltende "Reglement der UEFA zur Festsetzung einer Transferentschädigung". Siehe im übrigen für den Berufs- und Amateurfußball die aktuelle und umfassende Darstellung von Eifers, Transferbestimmungen im Fußballsport. Verbandsrechtliche Regelungen des DFB, der UEFA und der FIFA, S. 1 ff. 802 Vgl. Abschnitt ill., Nr. 4 der vom DFB aufgestellten "Rahmenrichtlinien für die Regionalliga" sowie § 30 des DFB-LSpSt (Verpflichtung eines Amateurs oder Vertragsamateurs durch einen Verein der Lizenzligen) und § 33 DFB-LSpSt (Reamateurisierung von Lizenzspielern). Für den internationalen Wechsel von Amateurspielern gelten die Art. 14 ff. des FIFA-Reglements. 803 Vgl. insbesondere Burmeister, DöV 1978, 6 f. ("Leibeigenschaft"); Westermann, JA 1984; weitere Hinweise bei Werthenbruch, NJW 1993, 179. 804 EuGH NJW 1996, 505 ff. (Tz. 94)- Bosman; EuGH, Slg. 1992, I 4265 (4293)Singh.

206

E. Sport tmd Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

behandlung von Arbeitnelunem, wie sie vom Wortlaut des Art. 48 EGV erfaßt wird, konnten die Transferentschädigungspflichten somit nicht darstellen.

Der EuGH hat jedoch deutlich gemacht, daß "Bestimmungen, die einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats daran hindem oder davon abhalten, sein Herkunftsland zu verlassen, um von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen," (... ) "Beeinträchtigungen dieser Freiheit" darstellen, "auch wenn sie unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betroffenen Arbeitnehmer Anwendung finden". 805 Demzufolge sah der EuGH auch die unterschiedslos anwendbaren Transferregelungen als Beeinträchtigung der Arbeitnelunerfreizügigkeit i. S. von Art. 48 EGV an. Er stellte dabei zunächst auf solche Regelungen ab, die es einem Berufsfußballspieler verboten, seinen Spott bei einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen neuen Verein auszuüben, solange "dieser Verein dem bisherigen Verein nicht die Transferentschädigung gezahlt hat".806 Eine Beeinträchtigung sei aber auch dann gegeben, wenn der Wechsel als solcher nicht von der Zahlung der Transfersumme abhängig sei, und der Spieler unabhängig von den wirtschaftlichen Beziehungen der beteiligten Vereine bei seinem neuen Arbeitgeber spielen könne. Die bloße Pflicht zur Zahlung der Transferentschädigung und die Drohung von Sanktionen im Falle der Nichtzahlung hindere die Vereine "ebenso wirksam" 807 daran, neue Spieler zu verpflichten, als wäre die Zahlung Voraussetzung für den Wechsel. 805 EuGH NJW 1996, 505 ff. (Tz. 96)~ dazu HilßPache, NJW 1996, 1171 f.~ Hobe/Tietje, JuS 1996, 489; Fischer, SpuRt 1996, 35 f.~ kritisch: Schroeder, Anm. zu EuGH NJW 1996, 505 ff.- Bosman, in: JZ 1996, 256 f.~ ebenso: Palme, JZ 1996, 241. 806 EuGH NJW 1996, 505 ff. (Tz. 100) - Bosman. Für die Lizenzvereine der Fußball-Btmdesligen gab es früher die Möglichkeit, die Freigabe eines Spielers für den neuen Verein von der Zahltmg einer Transfersumme abhängig zu machen tmd damit einen Vereinswechsel aktiv zu verhindern (vgl. Art. 26 a DFB-LSpSt a. F.). Seit der im Anschluß an die Baake-Entscheidtmg des LAG Berlin vorgenommenen Andertmg des DFB-LSpSt ist ein Spieler unabhtingig von der Einigtmg über die Höhe der Transferzahltmg dazu berechtigt, für den neuen Verein zu spielen, soweit die übrigen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind (vgl. LAG Berlin, NJW 1979, 2582 ff.~ hierzu: Eilers, Die Regeltmg der Fußballverbände im Amateur- tmd Berufsfußball auf nationaler tmd internationaler Ebene, S. 21 ~ ders. Transferbestimmtmgen im Fußballsport. Verbandsrechtliche Regeltmgen des DFB, der UEFA tmd der FIFA, S. 2~ Werthenbruch, NJW 1993, 179~ vgl. auch BAG, DB 1990, 739). Zu den noch bis vor wenigen Jahren geltenden (insoweit von den DFB-Regeln abweichenden) internationalen Regeltmgen, vgl. EuGH NJW 1996, 505 ff. (Tz. 12 ff. ); vgl. hierzu auch Arens, SpuRt 1996, 39 f. 807 Vgl. EuGH NJW 1996, 505 ff. (Tz. 101) - Bosman~ HilßPache, NJW 1996, 1172. Von der Zahltmg einer Transferentschädigtmg nach Ablauf der Verträge zwischen einem Sportler tmd seinem Verein muß jedoch das vorzeitige "Herauskaufen" aus laufenden Verträgen tmterschieden werden. Für die hiermit verbtmdenen Zahltmgen existieren keine verbandsinternen Regeltmgen. Der Vereinswechsel von Sportlern hängt insoweit vielmehr allein von der Einigtmg der Parteien ab. Vgl. hierzu: Werthenbruch,

III. BeschränkwJ.gen der europarechtlichen Freizügigkeit von Sportlern

207

2. Die Rechtfertigung freizügigkeitsbeschränkender Maßnahmen Während die Geltung der gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsgarantien im Bereich des Sports nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, stellt sich die Frage, ob andere Möglichkeiten bestehen, die Freizügigkeit von Sportlern im Rahmen verbandsinterner Regelungen einzuschränken. Die für hoheitliche Eingriffe in die Grundfreiheiten geltende Schrankensystematik kann auf verbandsinterne Konflikte nicht ohne weiteres übertragen werden. Die ordrepublic Vorbehalte der jeweiligen Grundfreiheiten lassen Einschränkungen der Freizügigkeit im wesentlichen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu. 808 Schweifzer befürwortet zwar eine "öffentliche Ordnung der Sportverbände" und damit "die nichtwirtschaftlichen Grundregeln, die die wesentlichen Aspekte der jeweiligen Sportart berühren";809 der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist jedoch allein polizeirechtlich zu verstehen und umfaßt die wesentlichen Interessen des Staates. 810 Private Verbände oder Institutionen können den Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht definieren. 811 Auch die unter anderem in der Cassis-Formel des EuGH genannten "zwingenden Erfordernisse" oder "berechtigten Belange des Gemeinwohls",812 die zur Rechtfertigung von hoheitlichen Einschränkungen der Freizügigkeit zunehmend herangezogen werden, lassen sich nicht auf das Verhältnis von Privatpersonen zueinander anwenden, da Privatpersonen sich nicht auf Belange des Gemeinwohls berufen können. Auch sie können daher nicht zur Lösung von Konflikten innerhalb von Sportverbänden beitragen. 813

NJW 1993, 179; Schimke, Sportrecht, S. 213. Das Herauskaufen von Sportlern aus laufenden Verträgen stellt keine BeschränkwJ.g der Freizügigkeit von Sportlern dar, da es sich bei der hierbei gezahlten "Ablösesumme" letztlich nur um die Gegenleistung filr eine einvernehmliche Vertragsauflösung handelt. Vgl. Arens, SpuRt 1996,40. 808 z. B. Art. 48 Abs. 3 EGV: "aus Giilnden der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit". 809 Schweitzer, Die Freizügigkeit des Berufssportlers in der Europäischen Gemeinschaft, S. 85. 810 Vgl. Streinz, EuropaR, Rdnr. 680. 811 Marticke, Ausländerklauseln und Spielertransfer aus europarechtlicher Sicht, S. 61; Hilf, NJW 1984, 519; Fischer, SpuRt 1994, 175; ders., SpuRt 1996, 45; Kahlenberg, EWS 1994, 425; a. A. Palme, JZ 1996,239. 811 Hierzu Palme, JZ 1996, 239; kritisch zu dieser Rspr. Schroeder, Anm. zu EuGH NJW 1996, 505 ff. - Bosman, in: JZ 1996, 256 f. 813 Schroeder, Anm. zu EuGH NJW 1996, 505 ff. - Bosman, in: JZ 1996, 256. Zu den wettbewerbsrechtlichen Fragen, vgl. HilftPache, NJW 1996, 1175 f.

208

E. Sport und Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

a) Die Möglichkeit zur Einschränkung der Grundfreiheiten von Sportlern aus nichtwirtschaftlichen bzw. sportlichen Gründen

Der EuGH vertritt die Auffassung, daß die EG-Grundfreiheiten solchen "Regelungen oder Praktiken nicht entgegenstehen, die aus nichtwirtschaftlichen Gründen," welche "nur den Sport als solchen betreffen" (... ), "gerechtfertigt"814 sein können. Dahinter steht die zutreffende Überlegung, daß rein sportliche Erwägungen mit der wirtschaftlichen Ausrichtung des Gemeinschaftsrechts, wie sie in den Vertragszielen des Art. 2 EGV zum Ausdruck kommt, nicht kollidieren können. 815 Ob sich die Heranziehung von nichtwirtschaftlichen Erwägungen auf den sachlichen Geltungs- oder Anwendungsbereich der Freizügigkeitsgarantien auswirkt bzw. ob sich im Hinblick auf nichtwirtschaftliche Erwägungen Ausnahmen von den Freizügigkeitsgarantien begründen lassen816 oder ob nichtwirtschaftliche Erwägungen zur sachlichen Rechtfertigung von Beschränkungen bzw. zur Relativierung von Grundfreiheiten im Einzelfall herangezogen werden können,817 wird unterschiedlich gesehen. Während der EuGH im SosmanUrteil einerseits von der Beschränkung des Geltungsbereichs spricht, heißt es dort andererseits, daß Beeinträchtigungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit durch die Regelungen eines Sportverbandes gerechtfertigt sein können.818 Die dogmatische Einordnung nichtwirtschaftlicher (sportbezogener) Erwägungen kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben. Entscheidend ist vielmehr, daß freizügigkeitsbeschränkende Maßnahmen auf der Basis nichtwirtschaftlicher Erwägungen zulässig sein können und daß auf diese Weise dem Postulat nach Berücksichtigung spezifischer Belange des Sports entsprochen werden kann.819 Freilich unterliegen diese Maßnahmen ihrerseits wiederum bestimmten Prüfungsmaßstäben. Beschränkungen der EG-Freizügigkeiten im Rahmen 814 EuGH NJW 1996, 505 ff. (Tz. 76 u. 127)- Bosman; vgl. auch schon EuGH, S1g. 1974, 1405 (1419)- Walrave u. Koch/Association Union Cycliste Internationale; EuGH, Sli. 1976, 1333 (1341)- Dona/Mantero. 15 Dieser Grundsatz gilt auch bei hoheitlichen Beschränkungen der Freizügigkeitsgarantien. Auch diese müssen auf nichtwirtschaftlichen Gründen beruhen, vgl. Streinz, EuropaR, Rdnr. 682; Palme!Hepp-Schwab!Wilske, JZ 1994, 344. 816 Vgl. Schweitzer, Die Freizügigkeit des Berufssportlers in der Europäischen Gemeinschaft, S. 83 ff. ("begrenzte Bereichsausnahme"); ebenso Schlußantrag des Generalanwalts Lenz, Rechtssache C-415/93 (Bosman), I - 54 f. ; Marticke, Ausländerklauseln und Spielertransfer aus europarechtlicher Sicht, S. 60; Kahlenberg, Anm. z. LG Frankfurt, SpuRt 1994, 102 f., SpuRt 1994, 230; ders., EWS 1994, 426 f. 817 So Palme/Hepp-Schwab/Wilske, JZ 1994, 344; Fischer, SpuRt 1996, 35. 818 Vgl. BVerfD NJW 1996, 505 ff. (Tz. 76, 104 u. 127)- Bosman. 819 Siehe hierzu auch schon oben unter II. 1.; für einen "integrierten Kulturvorbeha1t" auf der Basis von Art. 128 EGV spricht sich Palme in JZ 1996, 240 aus.

m. Beschränkungen der europarechtlichen Freizügigkeit von Sportlern

209

verbandsinterner Regelungen sind am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen. 820 Sie müssen nach den Worten des EuGH "geeignet sein, die Verwirklichung des verfolgten Zweckes zu gewährleisten", und dürfen "nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zweckes erforderlich ist". 821 In Anwendung dieser Grundsätze hat der EuGH klargestellt, daß sportliche Gründe nicht herangezogen werden können, "um eine sportliche Tätigkeit im ganzen vom Geltungsbereich des Vertrages auszuschließen". 822 aa) Die Rechtfertigung von Ausländerklauseln Von Seiten der Sportverbände wurden zur Rechtfertigung von ausländerbeschränkenden Regelungen eine Reihe von Argumenten vorgetragen, die darauf abstellten, daß die fraglichen Regelungen aus sportlichen Gründen aufgestellt worden seien und daher Einschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit rechtfertigen würden. (1) Wahrung der nationalen Identität von Mannschaften bzw. von Wettkämpfen

Der EuGH hat es als möglich erachtet, daß "eine Regelung oder Praxis, welche die ausländischen Spieler von der Mitwirkung bei bestimmten Begegnungen" (... )"ausschließt", mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit vereinbar sein kann, wenn diese Gründe "mit dem besonderen Charakter und Rahmen dieser Begegnungen zusammenhängen und deshalb ausschließlich den Sport als solchen betreffen".823 Als Beispiel fiir eine zulässige Einschränkung der EG-Freizügigkeitsgarantien hatte der EuGH bereits in der Wa/rave-Entscheidung den Ausschluß von Ausländern bei der Bildung von Nationalmannschaften genannt. 824 Dahinter steht zum einen die richtige Überlegung, daß Nationalmannschaften als wirksame Repräsentanten der jeweiligen Nationen deren Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit erheblich mitprägen; zum anderen muß ihnen auch eine 820 Vgl. Palme/Hepp-Schwab/Wilske, JZ 1994, 344; HilflPache, NJW 1996, 1172; Schroeder, Amn. zu EuGH NJW 1996, 505 ff. - Bosman, in: JZ 1996, 255 f. 821 EuGH NJW 1996, 505 ff. (Tz. 76, 104 u. 127) - Bosman; ähnlich bereits EuGH, Slg. 1974, 1405 (1419)- Walrave u. Koch!Association Union Cycliste Internationale; vgl. auch EuGH, Slg. 1993, 1663 - Kraus; EuGH, EuZW 1996, 96 (Tz. 37) - Gebhard. 822 EuGH, NJW 1996, 505 ff. (Tz. 76) - Bosman; dazu Hobe!Tietje, JuS 1996, 488; Kahlenberg, EWS 1994, 248. 823 EuGH, Slg. 1976, 1333 (1341)- Dona!Mantero. 824 EuGH, Slg. 1974, 1405 (1418 f.)- Walrave u. Koch/Association Union Cycliste Internationale.

14 Krogmann

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E. Sport und Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

bedeutende identifikationsstiftende Funktion nach innen zugesprochen werden, stärkt doch das Auftreten der Nationalmannschaften das Nationalbewußtsein innerhalb der Länder. 825 Diese allgemein als gewünscht angesehenen Faktoren würden erheblich geschwächt, wenn man Nationalmannschaften auch für Ausländer öffnen würde. Der Ausschluß von Ausländern bei der Bildung von Nationalmannschaften ist daher gerechtfertigt. 826 Der hiergegen erhobene Einwand, auch die Spiele von Nationalmannschaften hätten eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung, da auch hier Sonderprämien gezahlt oder der Marktwert der Spieler gesteigert würde, 827 geht fehl, denn die besondere Anziehungskraft und wirtschaftliche Bedeutung der Spiele zwischen Nationalmannschaften beruht gerade darauf, daß in diesen Mannschaften nur die Angehörigen der jeweiligen Staaten spielen dürfen. Die Öffnung der Nationalmannschaften für Ausländer mit der wirtschaftlichen Bedeutung der Länderwettkämpfe zu begründen, wäre somit widersprüchlich. Es stellt sich die Frage, ob diese Erwägungen auch für die Zusammenstellung sonstiger Wettbewerbsmannschaften gelten. Problematisch sind Restriktionen für Ausländer, die sich auf die nationalen Wettbewerbe (z. B. die Fußball- oder die Basketball-Bundesliga) beziehen. Auch hier wurde von Seiten der Sportverbände die Identifikation des Publikums mit den jeweiligen Mannschaften als Argument zur Rechtfertigung der Ausländerbeschränkungen vorgetragen. Diese Identifikation sei gefährdet, wenn eine Mannschaft mehrheitlich oder zu einem großen Teil aus ausländischen Spielern bestünde. Zudem sei die Beschränkung für Ausländer notwendig, um Wettbewerben, die einen "Deutschen Meister" hervorbringen, diesen nationalen Charakter zu erhalten. Dies gelte insbesondere deshalb, da die Mannschaften, soweit sie in internationalen Wettbewerben aufträten, eine ähnlich repräsentierende Funktion erfüllten, wie Nationalmannschaften.828 Dieser Auffassung lassen sich eine Reihe von Aspekten entgegenhalten. Zunächst ist zweifelhaft, ob es sich bei dieser Argumentation um rein sportliche Erwägungen handelt. Wenn zur Begründung der Ausländerklauseln auch die Sicherung der Zuschauennärkte vorgetragen wird, 829 macht dies deutlich, Hierzu Väth, S. 145; Scholz!Aulehner, SpuRt 1996, 44. Vgl. ebenso Palme!Hepp-Schwab/Wilske, JZ 1994, 345; Kahlenberg, Anm. z. LG Frankfurt, SpuRt 1994, 102 f., SpuRt 1994, 130 f. 827 Vgl. die Schlußanträge des Generalanwalts Lenz, Rechtssache C-415/93 (Bosman), I- 55; Marticke, Ausländerklauseln und Spielertransfer aus europarechtlicher Sicht, S. 58 (allerdings mit zutreffendem Ergebnis); Palme, JZ 1996, 240. 828 Vgl. Kahlenberg, Anm. z. Urteil des LG Frankfurt a. M., SpuRt 1994, 102 f., SpuRt 1994, 130; Scholz!Aulehner, SpuRt 1996, 45; Palme/Hepp-Schwab!Wilske, JZ 1994, 345; Kahlenberg, EWS 1994,429. 829 Scholz!Aulehner, SpuRt 1996, 45. 825

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III. Beschränkungen der europarechtlichen Freizügigkeit von Sportlern

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daß hinter der Erhaltung des nationalen Charakters von Wettkämpfen auch wirtschaftliche Interessen stehen. 830 Selbst wenn man diesen Umstand vernachlässigt, zeigt sich aber, daß auch die Begründungsversuche zur Rechtfertigung von Ausländerklauseln nicht stichhaltig sind. Bereits heute steht fest, daß Ausländer in den Mannschaften ebensoviel wie die deutschen Mitspieler, in manchen Fällen sogar entscheidend zur Identifikation des Publikums mit dem Verein oder der Mannschaft beitragen. Die Teilnahme von Ausländern prägt das Erscheinungsbild der Spitzenmannschaften, ohne daß dieses der Identifikation des Publikums mit denjeweiligen Deutschen Meistern in den unterschiedlichen Sportarten abträglich wäre. Das Publikum honoriert die Erfolge der Mannschaften unabhängig davon, ob sie auf die Beteiligung ausländischer Spieler oder auf die Beteiligung deutscher Spieler zurückzuführen sind. Um eine nationale Repräsentationswirkung, vergleichbar der von Nationalmannschaften geht es somit in diesen Wettbewerben gar nicht. 831 Da die Vereine zudem auf die identitätsstiftende Wirkung ihrer Mannschaft auch aus wirtschaftlichen Gründen angewiesen sind (Zuschauereinnahrnen, Merchandising, sonstige Werbeeinnahmen, etc.), besitzen sie im Maß des Zuschauerinteresses einen unmittelbaren Indikator da:fiir, wie viele Ausländer sie in ihren Reihen haben dürfen, ohne daß es zu den erwähnten Identifikationsproblemen kommt. Warum es auf eine satzungsmäßig vorgeschriebene Anzahl von Ausländern ankommen soll, ist demgegenüber nicht ersichtlich. Es kommt hinzu, daß die vom EG-Vertrag aufgestellten Freizügigkeitsgarantien die Grenzen des nationalen Denkens innerhalb der Europäischen Gemeinschaften gerade überwinden und somit zu einem der wesentlichen Ziele der europäischen Integration beitragen sollen. 832 Dieser Zielsetzung, die vor allem auch in der Einführung der Unionsbürgerschaft (Art. 8 EGV) ihren Ausdruck findet, würde die Beschränkung nationaler Meisterschaften auf Inländer entgegenstehen. Ein Verständnis, welches die nationalen Meisterschaften als Wettbewerbe ansieht, die sich im wesentlichen nur noch durch ihren Austragungsort unterscheiden, kann daher europarechtlich als gewollt angesehen werden. 833 Auch hier wird sich das Publikumsinteresse als erheblich gerrauerer 830 Vgl.

auch Fischer, SpuRt 1994, 177. Vgl. die Schlußanträge des Generalanwalts Lenz, Rechtssache C-415/93 (Bosman), I - 56 f.; Hobe/Tietje, JuS 1996, 441; Hilf, NJW 1984, 521. Die Richtigkeit dieser Auffassung kann ein Jahr nach dem Bosman-Urteil in zahlreichen Sportarten abgelesen werden, vgl. "Endstation Ersatzbank für eigene Talente", SZ Nr. 7, v. 10. 1. 1997, S. 40;"VolleHallen",SZNr.l7,v.22.1.1997,S.48. 832 Siehe Palme/Hepp-Schwab/Wilske, JZ 1994, 345; Hobe/Tietje, JuS 1996, 491 ; hierzu auch das Interview von Rauball in: Der Spiegel, Nr. 3, v. 15. 1. 1996, S. 139, mit dem überzeugenden Vergleich zum Musikbetrieb, in welchem auch niemand auf die Idee käme, die Zahl von Ausländern in einem Orchester zu beschränken. 831

14*

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E. Sport und Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

Indikator für die Richtigkeit von Vereinsentscheidungen erweisen als zentrale Vorschriften der Verbände. Eine Beschränkung der Teilnahmemöglichkeiten von Ausländern hat die UEFA in den Fällen für gerechtfertigt erachtet, in denen Vereinsmannschaften an internationalen Wettbewerben wie z. B. der Champions League im Fußball teilnehmen. Dies könnte damit begründet werden, daß die Teilnahme von Mannschaften an internationalen Wettbewerben dieser Art eine ähnlich repräsentierende Funktion erfülle wie eine Nationalmannschaft.834 Das trifft jedoch nicht zu. Die Repräsentations- und Identifikationswirkung der Vereine bzw. der Mannschaften ist im internationalen Sportgeschehen ebenso unabhängig von der Zahl der Ausländer wie im Rahmen nationaler Wettbewerbe. Zudem steht diese Argumentation der UEFA dazu im Widerspruch, daß nach der eigenen Statutenlage vor dem Bosman-Urteil der Einsatz von Ausländern bei internationalen Vereinswettbewerben gestattet war. 835 (2) Nachwuchsförderung

Beschränkungen der zulässigen Anzahl von Ausländern in einer Mannschaft wurden vom LG Frankfurt a. M als gerechtfertigt angesehen, weil es zur Förderung einer Sportart erforderlich sei, "daß kontinuierlich talentierte Nachwuchsspieler trainiert und an höhere Aufgaben herangeführt werden. "836 Wenn über eine gewisse Grenze hinaus erfahrene Spieler aus dem Ausland Plätze in der Mannschaft besetzten, könnten Nachwuchsspieler keine ausreichende Wettkampferfahrung sammeln. "In diesem Fall hätten nur sehr wenige deutsche Nachwuchsspieler die Chance, sich in die Spitzenklasse hineinzuspielen. Dies hätte gleichzeitig negative Auswirkungen auf die Bildung der Nationalmannschaften. "837 Auf der anderen Seite ist darauf hinzuweisen, daß gerade der Kontakt mit ausländischen Sportlern für die Laufbahn einheimischer Sportlern sehr wichtig sein kann, da diese frühzeitig an den internationalen Leistungsstand herangeführt werden können. 838 Zudem verläuft die Karriere junger Spieler 833 Vgl. Schlußanträge des Generalanwalts Carl Otto Lenz, Rechtssache C-415/93 (Bosman), I- 58. 834 Vgl. Palme/Hepp-Schwab/Wilske, JZ 1994, 345. 835 Vgl. Fischer, SpuRt 1996, 37. 836 LG Frankfurt a. M., SpuRt 1994, 103 (Tischtennis). 837 LG Frankfurt a. M., SpuRt 1994, I 03 (Tischtenrus); zustinunend: Kahlenberg, Anm. z. Urteil des LG Frankfurt a. M. , SpuRt 1994, 129 ff.; ders., EWS 1994,428 f. ; Scholz/Aulehner, SpuRt 1996, 45; Fischer, SpuRt 1994, 178; vgl. "Endstation Ersatzbank fll.r eigene Talente", SZ Nr. 7, v. 10. 1. 1997, S. 40.

ill. Beschränkungen der europarechtlichen Freizügigkeit von Sportlern

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ohnehin regelmäßig über Amateurvereine ohne Ausländerbeschränkungen, so daß ihr Wegfall im Profibereich keine weitergehenden Nachwuchsprobleme erzeugen könnte, als sie jetzt bereits bestehen. 839 Es liegt vielmehr in den Händen der Verbände selbst, ihre Nachwuchsarbeit so zu gestalten, daß man dem Konkurrenzdruck aus anderen Ländern gewachsen ist. Das Argument, durch den Wegfall ausländerbeschränkender Maßnahmen sei die Nachwuchsarbeit innerhalb der Länder gefährdet, ist genaugenommen gar kein rein sportliches Argument, sondern soll vor allem auch den wirtschaftlichen Wettbewerbsdruck, der durch eine größere europäische Konkurrenz entsteht, abmildern. Das eigentliche Problem besteht nämlich darin, daß ausländische Spieler in der Regel für weniger Geld zu erhalten sind als einheimische. 840 Diese Tatsache ist aber nicht dazu geeignet, eine Ausnahme von der Freizügigkeitsgarantie des Art. 48 EGV zu begründen, denn der freie wirtschaftliche Wettbewerb ist maßgeblicher Sinn und Zweck des EG-Vertrages. Soweit den Ausländerbeschränkungen auch im Hinblick auf die Nationalmannschaften nachwuchsfördernde Wirkung beigelegt wird, gilt ähnliches. Durch die Abschaffung der Ausländerklauseln im Sport würde nicht die Existenz, sondern allenfalls die Leistungsfähigkeit der Nationalmannschaften gefährdet.841 Auch insoweit liegt es jedoch an den Vereinen und Verbänden, durch gezielte und vor allem kostengünstigere Nachwuchsarbeit im eigenen Land einen Leistungsabfall im Hinblick auf die Nationalmannschaft zu verhindern. (3) Die Aufrechterhaltung des sportlichen Gleichgewichts

Es wurde schließlich versucht, Ausländerbeschränkungen damit zu rechtfertigen, daß sie die reichen Vereine daran hindern, sich die Dienste der besten ausländischen Spieler zu sichern, so daß Ausländerbeschränkungen auch zur Aufrechterhaltung eines sportlichen Gleichgewichts zwischen den Vereinen beitragen würden. Hiergegen ist einzuwenden, daß sich ein sportliches Ungleichgewicht zwischen unterschiedlich wohlhabenden Vereinen nicht allein aufgrund der 838 Vgl. Palme!Hepp-Schwab/Wilske, JZ 1994, 345; Schlußanträge des Generalanwalts Carl Otto Lenz, Rechtssache C-415/93 (Bosman), I - 59; Fischer, SpuRt 1994, 177. 839 Vgl. Schlußanträge des Generalanwalts Carl Otto Lenz, Rechtssache C-415/93 (Bosman), I- 59. 840 So auch: Fischer, SpuRt 1994, 177. 841 Bereits dies bezweifelt Lenz, I - 60; ebenso: Marticke, Ausländerklauseln und Spielertransfer aus europarechtlicher Sicht, S. 62; a. A. Kahlenberg, Anm. z. LG Frankfurt a. M., SpuRt. 1994, 130; Fischer, SpuRt 1994, 177 f.

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E. Sport und Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

Verpflichtung der besten ausländischen Spieler, sondern ebenso aufgrund der Verpflichtung der besten inländischen Spieler ergeben kann. Die Beschränkung der Möglichkeiten zur Verpflichtung von Ausländern ist daher zur Erhaltung eines sportlichen Gleichgewichts nicht geeignet. 842 bb) Die Rechtfertigung der Transferregeln Der EuGH hat im Hinblick auf die (unterschiedslos) geltenden Transferregeln die Auffassung vertreten, daß diese nicht verboten seien, wenn sie "einen mit dem Vertrag zu vereinbarenden Zweck verfolgen würden und aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt wären". 843 Dieser Rückgriff auf zwingende Allgemeininteressen ist, wie bereits oben dargestellt, problematisch. Zum einen läßt der EuGH nicht hinreichend klar werden, welche Allgemeininteressen im einzelnen zur Rechtfertigung einschränkender Regelwerke herangezogen werden können. Zum anderen stellt sich grundsätzlich die Frage, ob die Sportverbände überhaupt in der Lage sind, Allgemeininteressen zu vertreten.844 Zweckmäßig ist es daher, auch die Transferregeln in erster Linie anband derjenigen Maßstäbe zu überprüfen, die spezifisch fiir die Regelungen von Sportverbänden gelten. Es konunt somit darauf an, ob die Einschränkung der Freizügigkeitsgarantien durch die Festlegung von Transferentschädigungspflichten aus sportlichen Erwägungen gerechtfertigt sein können. (1) Erhaltung der wirtschaftlichen und sportlichen Ausgewogenheit im organisierten Fußball

Überwiegend wird die Pflicht zur Zahlung von Transferentschädigungen damit begründet, daß dem abgebenden Verein fiir seine im Zusanunenhang mit der Entdeckung, Ausbildung und Fortbildung des Spielers gemachten Aufwendungen ein finanzieller Ausgleich gewährt werden müsse. Auf diese Weise erhalte der abgebende Verein "einen Ausgleich fiir den sportlichen und wirtschaftlichen Verlust, der mit der Abwanderung eines Spielers verbunden ist". 845 Dieser wirtschaftliche Ausgleich trage gleichzeitig zur Erhaltung der sportlichen Wettbewerbsfähigkeit der am Spielbetrieb teilnehmenden Vereine bei, da der abgebende Vereinaufgrund der erhaltenen Ausgleichszahlung in die Lage EuGH, NJW 1996, 505 (Tz. 135)- Bosman. 1996,505 ff. (Tz. 104)-Bosman(Hervorheb. d. Verf.). 844 Vgl. Schroeder, Anm. zu EuGH NJW 1996, 505 ff. - Bosman, in: JZ 1996, 256; Palme, JZ 1996, 239 ; abweichend: Fischer, SpuRt 1996, 36. 845 Schiedsgericht f. d. Bereich d. DEB, SpuRt 1994, 50. 842 Vgl.

843 EuGHNJW

III. Beschränkungen der europarechtlichen Freizügigkeit von Sportlern

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versetzt werde, "einen anderen Spieler zu verpflichten, der den abgewanderten Spieler ersetzt". 846 Die Transferregelungen der Sportverbände sind vor diesem Hintergrund schon deshalb problematisch, da sie sich nicht an den tatsächlichen Aus- und Weiterbildungskosten orientieren, sondern auch den gestiegenen Marktwert eines Sportlers zur Bemessungsgrundlage heranziehen. 847 Dennoch hat der EuGH "die Aufrechterhaltung eines Gleichgewichts zwischen den Vereinen unter Wahrung einer bestimmten Chancengleichheit und der Ungewißheit der Ergebnisse" 848 als berechtigten Zweck anerkannt, um eine Einschränkung der EG-Freizügigkeiten zu rechtfertigen. Dem kann zugestimmt werden. Es besteht zudem kein Zweifel daran, daß die Verfügbarkeil finanzieller Mittel im Rahmen sportlicher Wettkämpfe einen entscheidenden Faktor für das sportliche Gleichgewicht zwischen den Teilnehmern darstellt. Die gerechte Mittelverteilung unter den Wettkampfteilnehmern kann daher grundsätzlich als Rechtfertigung für freizügigkeitsbeschränkende Regelungen von Sportverbänden in Betracht kommen. Es ist jedoch zu bezweifeln, ob die Festlegung von Transferentschädigungspflichten zur Schaffung eines wirtschaftlichen Ausgleichsmechanismus geeignet ist, denn erfahrungsgemäß entstehen wirtschaftliche und sportliche Ungleichheiten zwischen verschiedenen Teilnehmern eines Wettbewerbs unabhängig davon, daß Transfersummen gezahlt werden müssen.849 Darüber hinaus sind die Transferregelungen auch nicht erforderlich, um ein sportliches Gleichgewicht im Sport aufrecht zu erhalten. Ein solches Gleichgewicht kann nämlich ebensogut auch durch mildere Mittel hergestellt werden, die nicht in die Freiheit der Berufsausübung der Sportler eingreifen.850 Es bleibt beispielsweise abzuwarten, wie die vom DFB angekündigte Poollösung im einzelnen ausgestaltet werden wird. (2) Nachwuchsförderung

Es wird vertreten, der Wegfall der Transferentschädigungszahlungen führe dazu, daß die Nachwuchsarbeit im Sport, gerade auch hinsichtlich der Bildung 846 Schiedsgericht f. d. Bereich d. DEB, SpuRt 1994, 50; Werlhenbroch, Anm. zu EuGH, NJW 1996, 505 ff.- Bosman, EuZW 1996, 91 . 847 Vgl. Arens/Scheffer, AR-Blattei 1480.2, Rdnr. 278 m. Nachw. aus d. Rspr.; Schiedsgericht f. d. Bereich d. DEB, SpuRt 1994, 50 ff. 848 EuGH NJW 1996, 505 ff. (Tz. 106) - Bosman. 849 Vgl. EuGH, NJW 1996, 505 ff. (Tz. 107)- Bosman; zustimmend: Arens, SpuRt 1996,40. 850 EuGH, NJW 1996, 505 ff. (Tz. 110)- Bosman; Arens/Scheffer, AR-Blattei 1480.2, Rdnr. 288.

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E. Sport illld Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

sportlich erfolgreicher Nationalmannschaften, behindert würde. Dieses liege daran, daß die für Transferentschädigungen aufgewendeten Gelder bei einem Wegfall der Transfersysteme nicht länger für "die Entdeckung, Ausbildung und Förderung junger Spieler, sondern stattdessen in (noch) höhere Gehälter bereits 'fertiger' Spieler"851 investiert werden würden. Der EuGH hat die Förderung junger Spieler bei Einstellung und Ausbildung als einen Zweck anerkannt, der eine Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit rechtfertigen könne. 852 Er hat jedoch zu Recht die Ansicht vertreten, daß die Transferregeln auch diesbezüglich kein geeignetes Mittel darstellen würden. Zur Begründung führte er an, daß "die sportliche Zukunft der jungen Spieler unmöglich mit Sicherheit vorhergesehen werden" könne "und sich nur eine begrenzte Anzahl dieser Spieler einer beruflichen Tätigkeit" widme. 853 Wenngleich "die Aussicht auf die Erlangung von Transfer-, Förderungs- oder Ausbildungsentschädigungen tatsächlich geeignet" sei, "die Fußballvereine zu ermutigen, nach Talenten zu suchen und für die Ausbildung der jungen Spieler zu sorgen", seien die "tatsächlichen Kosten, die den Vereinen bei der Ausbildung sowohl der künftigen Berufsspieler als auch derjenigen, die nie Berufsspieler werden," entstünden, davon unabhängig.854 Gekennzeichnet seien die Entschädigungen darum vor allem durch ihren "Eventualitäts- und Zufallscharakter".855 Jedenfalls sei "die Aussicht auf die Erlangung solcher Entschädigungen weder ein ausschlaggebender Faktor,"(..) "um zur Einstellung und Ausbildung junger Spieler zu ermutigen, noch ein geeignetes Mittel, um diese Tätigkeiten, insbesondere im Fall der kleinen Vereine, zu finanzieren" 856 Auch die Erforderlichkeil dieser Regelungen hat der EuGH daher richtigerweise verneint. 857 b) Das europarecht/ich garantierte Grundrecht der Vereinigungsfreiheit als Grundlage für die Rechtfertigung freizügigkeitsbeschränkender Maßnahmen

Im Rahmen des Bosman-Verfahrens hat sich der EuGH erstmals mit der Frage auseinandergesetzt, ob interne Regelungen von Sportverbänden, welche die Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach Art. 48 EGV einschränken, durch grundrechtlich geschützte Interessen dieser Verbände gerechtfertigt sein 851 Scholz/Aulehner, SpuRt 1996, 45. 852

Vgl. EuGH, NJW 1996, 505 ff. (Tz. 106)- Bosman.

853 EuGH, NJW 1996, 505 ff. (Tz. 109) - Bosman.

EuGH, NJW EuGH, NJW 856 EuGH, NJW 857 EuGH, NJW 854 855

1996, 505 ff. 1996, 505 ff. 1996, 505 ff. 1996, 505 ff.

(Tz. (Tz. (Tz. (Tz.

108 f.)- Bosman. 109)- Bosman. I 09) - Bosman. 110)- Bosman.

ill. Beschränkungen der europarechtlichen Freizügigkeit von Sportlern

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könnten. Die Aufstellung interner Verhaltensnormen ist Bestandteil der gemeinschaftsrechtlich als allgemeiner Rechtsgrundsatz geschützten Vereinigungsfreiheit der Sportverbände. 858 Hierzu gehört die Möglichkeit, den Zweck des Zusammenschlusses und die Mittel, mit denen dieser Zweck verwirklicht werden soll, frei zu bestimmen. 859 Sofern verbandsinterne Regelungen wie Ausländerklauseln oder Transferbestinunungen die Grundfreiheiten der Sportler beeinträchtigen, kollidieren deren Interessen mit der Vereinigungsfreiheit des regelaufstellen Sportverbandes. Die entgegenstehenden Positionen sind daher zu einem Ausgleich im Sinne praktischer Konkordanz zu bringen. 860 Zu prüfen ist danach, ob der von der Vereinigung angestrebte Zweck der Regelung als gesetzes~ oder sittenwidrig anzusehen ist und ob die gewählte Maßnahme einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhält. 861 Der EuGH mißt freizügigkeitsbeschränkende Regelungen von Sportverbänden dementsprechend daran, ob sie erforderlich seien, um die Ausübung der Vereinigungsfreiheit durch die Verbände, die Vereine oder die Spieler zu gewährleisten, oder "eine unausweichliche Folge dieser Freiheit darstellen". 862 aa) Ausländerklauseln Hinsichtlich der Zulässigkeit von Ausländerbeschränkungen ergeben sich auch vor dem Hintergrund der Vereinigungsfreiheit keine neuen Gesichtspunkte. Auch Regelungen, die nur die Möglichkeit zum Einsatz ausländischer Spieler, nicht aber die Möglichkeit zu ihrer Verpflichtung beschränken, können nicht von der Vereinigungsfreiheit gedeckt werden.

hierzu oben n. 2. b). Schrifttum ist die Horizontalwirkung der Gemeinschaftsgrundrechte grundsätzlich anerkannt, vgl. Kutscher, Der Schutz von Grundrechten im Recht der Europäischen Gemeinschaften, S. 47; Rengeling, S. 199 f.; Zur Funktion der europäischen Grundrechte als Leistungs- und Teilhaberechte sowie als gemeinschaftliche Schutzpflichten: Rengeling, Grundrechtsschutz, S. 203 ff.; Bleckmann, EuropaR, Rdnr. 459 ff. 860 Vgl. Scholz/Aulehner, SpuRt 1996, 45; Schroeder, Anm. zu EuGH NJW 1996, 505 ff. - Bosman, in: JZ 1996, 256; Hobe/Tiet.fe, JuS 1996, 490; fi1r den EuGH scheint die Berücksichtigung der Vereinigungsfreiheit demgegenüber allein eine Frage der Anwendbarkeit der Freizügigkeitsgarantien zu sein, vgl. EuGH, NJW 1996, 505 ff. (Tz. 79 ff.)- Bosman; im Anschluß daran: HilflPache, NJW 1996, 1171 . 861 Vgl. Schroeder, Anm. zu EuGH NJW 1996, 505 ff. - Bosman, in: JZ 1996, 256. 862 EuGH, NJW 1996, 505 ff. (Tz. 80) - Bosman. 858 Vgl. 859 Im

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E. Sport lllld Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

Zahlerunäßige Beschränkungen hinsichtlich der in einer Sportart aktiven Sportler müssen daher vollständig aufgehoben werden. 863 bb) Transferregelungen Auch hinsichtlich der von den Verbänden aufgestellten Transfersysteme stellt sich die Frage, ob ihre Zulässigkeit auf die EG-grundrechtlich garantierte Vereinigungsfreiheit gestützt werden kann. Neben der eigenen Zwecksetzungskompetenz der Verbände könnte wegen der finanziellen Bedeutung der Transferzahlungen insbesondere auch die grundrechtlich gewährte Bestands- und Funktionsgarantie sowie die ebenfalls grundrechtlich erfaßte Gewähr einer funktionsgerechten Betätigun~4 fiir die Zulässigkeit der Transfersysteme der Sportverbände sprechen. Für den Fall des Ausbleibens der Transferzahlungen sehen zahlreiche Stimmen im Schrifttum den Bestand und die funktionsgerechte Betätigung der Sportverbände in der Zukunft wirtschaftlich bedroht. 865 Dies liege insbesondere daran, daß die jeweils in Aussicht stehenden Transferzahlungen von den Vereinen in erheblichem Maß als Sicherheit gegenüber Kreditinstituten verwendet worden seien. Im übrigen erzeuge eine allein auf die Transfers zwischen Mitgliedstaaten vorgenommene Regeländerung, die ansonsten unverändert fortbestünde, innerhalb der Weltsportverbände ein Spannungsverhältnis, welches den Verbleib der betroffenen europäischen Verbände im Weltsport und damit die weltweite Organisation des Fußballsports bedrohe.866 Hinzu komme, daß die Transfersysteme auch den Sinn hätten, den Jugendfußball wirtschaftlich mit dem Berufsfußball zu verbinden. 867 Die wirtschaftliche Entwicklung der von der Bosman-Entscheidung des EuGH besonders betroffenen Fußball-Bundesliga zeigt, daß die Befiirchtungen in dieser Hinsicht keineswegs abwegig gewesen sind. Um einzelne Spieler langfristig binden zu können, müssen die Vereine höhere Gehälter zahlen, während ihre Refinanzierungsmöglichkeiten aus den bei Abgabe des Spielers zu erwartenden Transferentschädigungszahlungen weggefallen sind. 868 Ob dies jedoch ausreicht, um die von der Vereinigungsfreiheit gewährleistete 863 Vgl. insoweit z. B. "Ausländerklausel soll weg", SZ Nr. 276, v. 29. 11. 1996, S. 47 (Deutscher Volleyball- Verband)'; "Beschränkllllg aufgehoben", SZ Nr. 7, 10. 1. 1995, S. 36 (Deutscher Handball-Blllld). 864 Siehe oben ll., 2. b ). 865 Vgl. z. B. Scholz/Aulehner, SpuRt 1996, 45; Westermann, DZWir, 1996, 83. 866 Vgl. Scholz/Aulehner, a. a. 0. 867 Vgl. Scholz!Aulehner, a. a. 0. 868 Vgl. "Die Herren Spieler werden mit Geld zugeschüttet", SZ Nr. 213, v. 14./15. 9. 1996, S. 55.

ill. Beschränktmgen der europarechtlichen Freizügigkeit von Sportlern

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Bestandsgarantie der Sportverbände als gefährdet anzusehen, muß bezweifelt werden. Zu bedenken ist insbesondere, daß es im Hinblick auf Transferregelungen schon immer nationale Unterschiede gegeben hat, ohne daß dies besondere Schwierigkeiten aufgeworfen hätte. 869 Hinzu kommt, daß selbst aus den Reihen der vom Wegfall der Transfersummen besonders betroffenen Sportverbände DFB und DEB der Einwand erhoben wird, die hierdurch eingetretenen Vermögenseinbußen zwängen letztlich zwar zu einer sparsameren Haushaltsfiihrung, müßten jedoch nicht zwangsläufig schon den wirtschaftlichen Ruin für die Lizenzvereine bedeuten. 870 Im übrigen spricht die frühzeitige Aufnahme der Verlängerungsoption in § 11 des DFB-Mustervertrages, für den Fall, "daß die bisherige Transferentschädigungsregelung (§ 29 ff. LSt) teilweise oder ganz entfällt," dafür, daß die Feststellungen des EuGH für die Sportverbände keine Überraschung dargestellt haben konnten. Dies gilt vor allem vor angesichts der Tatsache, daß das Europäische Parlament bereits im Jahr 1989 die Auffassung vertreten hat, daß die Transferregelungen rechtswidrig seien. 871 Es ist den Sportorganisationen daher durchaus zuzumuten gewesen, rechtzeitig über Altemativlösungen zu den derzeitigen Transferregelungen nachzudenken. Insoweit erübrigt sich auch die Diskussion um das Fehlen einer Übergangslösung im EuGH-Urteil. 872 3. Neue, im Zusammenhang mit dem Bosman-Urteil des EuGB aufgetretene Konflikte Im Zusarrunenhang mit dem vom EuGH ausgesprochenen Bosman-Urteil entstanden im Bereich der Sportorganisationen neue Konfliktfelder. a) Das Problem der Inländerdiskriminierung

Unabhängig von der europarechtlichen Problematik wird über die rechtliche Zulässigkeil der Transferregelungen deutscher Sportverbände, insbesondere derjenigen des DFB, seit langem diskutiert. 873 Durch das vom EuGH ausgesprochene Urteil im Bosman-Verfahren874 tauchte mit dem Problem der lnlän869 Vgl. EuGH NJW 1996, 505 ff. (Tz. 112). 870Siehe "Mayer-Vorfelders Prophezeiungen fmden Gehör", SZ Nr. 13., v. 17. 1. 1997, S. 33; "Kienass-Urteil geflilirdet den Paragraphen 11 ", SZ Nr. 270, v. 22. 11. 1996, S. 46. 871 Siehe auch "Fußballspieler sind Arbeitnehmer", FAZ Nr. 69, v. 21. 3. 1996, S. 11. 872 Hierzu Hilf!Pache, NJW 1996, 1174; kritisch auch: Westennann, DZWir 1996, 83. 873 Vgl. Bunneister, DÖV 1978, 6 f. 874 EuGH, NJW 1996, 505 ff. - Bosman.

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E. Sport und Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

derdiskriminierung ein Aspekt auf, der die Diskussion um die Transferregelungen neu belebte.

Eine Besonderheit der Grundfreiheiten besteht darin, daß sie, ihrer Zielsetzung entsprechend, nur bei grenzüberschreitenden Sachverhalten eingreifen und damit auf die rein internen Verhältnisse eines Mitgliedstaates keine Anwendung finden. 875 Bei sog. Inlandssachverhalten kann es infolgedessen zu einer Schlechterstellung von Bürgern eines Mitgliedstaates gegenüber den Bürgern eines anderen Mitgliedstaates konunen, denn Bürger, die in dem Land wohnen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, sind nicht in jedem Fall wie Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten zu behandeln. 876 Dieses Problem wird dadurch verschärft, daß die Grundfreiheiten nicht mehr nur bei einer an die Staatsangehörigkeit anknüpfenden Beschränkung, sondern grundsätzlich auch bei nichtdiskriminierenden Beeinträchtigungen eingreifen können, sofern diese geeignet sind, die Freizügigkeit der Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates zu beschränken.877 Die Gefahr der Inländerdiskriminierung im Hinblick auf den Vereinswechsel von Sportlern besteht also solange, wie in einer Sportart Transferentschädigungspflichten fur innerstaatliche Vereinswechsel weiterexistieren, selbst wenn diese den Wechsel eines Sportlers nicht unmittelbar behindern. Der DFB hat insoweit bereits reagiert und die Pflicht der Vereine zur Zahlung von Transferentschädigungen mit Wirkung zum 1. Juli 1997 vollständig abgeschafft. Der Finanzausgleich zwischen den Vereinen soll von diesem Zeitpunkt an durch ein (noch zu entwickelndes) "individuelles Poolsystem zum Finanzausgleich" erzielt werden. 878 Vorbehaltlich der konkreten Ausgestaltung dieser Poollösung ist damit das Problem der Inländerdiskriminierung im Lizenzfußball gegenstandslos geworden. Dasselbe gilt inzwischen auch fur die Sportarten, in denen die Pflicht zur Zahlung von Transferentschädigungssummen fur innerstaatliche Vereinswechsel zunächst beibehalten worden war. Für den Bereich Eishockey hat das BAG879 kürzlich festgestellt, daß Transferregelungen mit den GewährleiVgl. Streinz, EuropaR, Rdnr. 706 f. Vgl. hierzu: Streinz, EuropaR, Rdnr. 706 f.; Kewenig, JZ 1990, 20 ff., m. zahlr. weiterführenden Nachw.; König, AöR 1993, 591 ff. 871 Siehe oben 1. b ).; Grabitz/Hilf (Randzelhofer), Art. 48, Rdnr. 36; Behrens EuR 1992, 148 ff.; HilßPache, NJW 1996, 1172; Nicolaysen, EuropaR ll, S. 165; kritisch: Palme, JZ 1996, 241; Schroeder, Anm. zu EuGH NJW 1996, 505 ff. - Bosman, in: JZ 875

876

1996, 255. 878 Vgl.

§ 29 DFB-LSpSt.

879 Siehe

BAG 5 AZR 518/95 - bislang nicht veröffentlicht; hierzu: "Auch Deutschland hat jetzt seinen Bosman", SZ Nr. 22, v. 27./28. 1. 1996, S. 44; "Kienass-Urteil gefährdet den Paragraphen 11 ", SZ Nr. 270, v. 22. 11. 1996, S. 46.

ill. Beschränkungen der europarechtlichen Freizügigkeit von Sportlern

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stungen der Berufsfreiheit der Sportler aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar sind. Das Problern der Inländerdiskriminierung stellt sich somit im Hinblick auf die Transferentschädigungsregelungen im Sport nicht mehr. b) Zur Problematik von§ 11 des DFB-Mustervertrages

Durch das Bosrnan-Urteil und die damit verbundene Abschaffung der Transferentschädigungsregelungen hat der bereits erwähnte § 11 des DFB-Mustervertrages im Lizenzfußballbetrieb Bedeutung erhalten. In § 11 des DFBMustervertrages verpflichtet sich der unterzeichnende Spieler dazu, "den Vertrag unter den seithefigen Bedingungen um ein Jahr fortzusetzen, falls der Verein es wünscht", wenn sich die jeweils geltenden Transferbestimmungen des DFB bzw. der UEFA oder der FIFA nach Abschluß des Vertrages dahingehend ändern, "daß die bisherige Transferentschädigungsregelung (§ 29 ff. LSt) teilweise oder ganz entfallt". Es stellt sich die Frage, ob diese Klausel nicht deshalb als rechtswidrig angesehen werden muß, weil sie als eine Umgehung des Bosman-Urteils und als Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit in Art. 48 EGV anzusehen ist. 880 Durch die Wahmelunung der Verlängerungsoption von Seiten des Vereins wird einem Spieler die Möglichkeit genommen, nach Ablauf seines Vertrages zu einem anderen Verein zu wechseln. Die sofortige Umsetzung des BosrnanUrteils und die AusübURg des Rechts der Spieler auf Freizügigkeit (Art. 48 EGV) wird damit im Einzelfall unmöglich gemacht. Die Klausel in § 11 des DFB-Mustervertrages ist somit wegen Verstoßes gegen die Arbeitnelunerfreizügigkeit europarechtswidrig, auch wenn sie nicht etwa die Fortgeltung der (weggefallenen) Transferbestimmungen vorsieht, sondern allein die Möglichkeit einräumt, die Vertragslaufzeit zu verlängern. Daß hiermit gerade die negativen Folgen des Wegfalls des Transfersystems umgangen werden sollten, ergibt sich aus der ausdrücklichen Anknüpfung des Optionsrechts an den Wegfall der Transferentschädigungsregelung. Es ist jedoch zu beachten, daß die Arbeitnelunerfreizügigkeit allein den grenzüberschreitenden Spielertransfer innerhalb der Europäischen Union garantiert. Eine Umgehung des Bosrnan-Urteils kommt demnach bei der Wahrnelunung der Option in § 11 des Mustervertrages nur insoweit in Betracht, als ein Spieler dadurch an einem Wechsel in das europäische Ausland gehindert 880 Hierzu LAG Köln, NZA 1997, 317 f.; Arens!Jaques, SpuRt 1997,41 ff.; N. Nasse, SpuRt 1997,45 ff.

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E. Sport und Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

wird.881 Zu überlegen ist daher, ob § 11 des Vertrages auch insoweit als rechtswidrig anzusehen ist, als damit ein Wechsel zwischen DFB-Mitgliedsvereinen, also innerhalb der Bundesligen, verhindert werden soll.882 Dabei ist zu beachten, daß es sich bei dem DFB-Mustervertrag nicht um einen Teil eines verbandsinternen Regelwerkes handelt, welcher ohne weiteres der richterlichen Inhaltskontrolle nach Maßgabe von § 242 BGB unterliegt.883 Er stellt vielmehr einen standardisierten Arbeitsvertrag zwischen den Vereinen als Arbeitgeber und den Lizenzspielern als Arbeitnehmer dar und unterliegt daher im übrigen auch nicht der Kontrolle nach dem AGB-Gesetz (vgl. § 23 Abs. 1 AGB). Die Rechtmäßigkeit des § 11 :fiir Vereinswechsel innerhalb der Bundesliga richtet sich auch nicht nach den Grundsätzen über die Inländerdiskriminierung. Eine Schlechterstellung gegenüber EU-Ausländern bewirkt die Wahrnehmung der Verlängerungsoption durch die arbeitgebenden Vereine nicht. Die inhaltliche Überprüfung der Vertragsklauseln des DFB-Mustervertrages könnte jedoch auf der Basis der richterlichen Billigkeitskontrolle von Arbeitsverträgen stattfinden. 884 Diese kann die Korrektur einer vertraglichen Regelung zur Folge haben, wenn zwischen den Vertragsparteien ein so starkes Machtgefalle (sog. "gestörte Vertragsparität") herrscht, daß ein Vertragspartner den Vertragsinhalt faktisch einseitig bestimmen kann. Eine Korrektur setzt weiter voraus, daß eine "typisierbare Fallgestaltung, die eine strukturelle Unterlegenheit des einen Vertragsteils erkennen läßt" vorliegt, und daß "die Folgen des Vertrags :fiir den unterlegenen Vertragsteil ungewöhnlich belastend"885 sind. Diese Kriterien treffen auf das Verhältnis zwischen Lizenzspielern und ihren Vereinen zu. Die Lizenzspieler haben praktisch keinen Einfluß auf den Inhalt der vom DFB vorgegebenen und von den Vereinen verwendeten Musterverträge. Die Klausel in § 11 des Mustervertrages ist daher praktisch in jedem Lizenzspielervertrag enthalten. 886 Die Wahrnehmung der Verlängerungsoption durch den arbeitgebenden Verein betrifft einen Fußballspieler vor allem in der Ausübung seiner Berufsfreiheit i. S. von Art. 12 Abs. 1 GG. 887 Diese gewährt allen Deutschen die freie Wahl des Arbeitsplatzes, was als Konkretisierung der Berufswahl des Einzelnen auch die freie Entscheidung darüber beinhaltet, "an 881 Vgl. "Der Fall Dahlin", SZ Nr. 103, v. 4./5. 5. 1996, S. 41 ; "Ungeheure Solidarität", SZNr. 265, v. 16./17. 11. 1996, S. 58. 882 Siehe "Bundesliga schließt Solidarpakt", SZ Nr. 260, v. 11. 11. 1996, S. 35. mvgl. oben C IV. 884 Siehe hierzu Schaub,§ 31, II., 3; Palandt (Heinrichs), § 24 AGBG, Rdnr. 2. 885 BVerfGE NJW 1994, 2750. 886 Vgl. "Alle sind unsicher, alle wollen deutscher Meister werden", SZ Nr. 293, v. 20. 12. 1995, S. 40. 887 Vgl. Hilf/Pache, NJW 1996, 1174; ausführlich: Arens/Jaques, SpuRt 1997, 41 f.

III. Beschränkungen der europarechtlichen Freizügigkeit von Sportlern

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welcher Stelle er dem gewählten Beruf nachgehen möchte". 888 Diese Entscheidungsfreiheit wird empfindlich beeinträchtigt, wenn ein Verein es einem Spieler unmöglich machen kann, nach Vertragsablauf den Arbeitsplatz zu wechseln.

Es ist über die Privatautonomie der Vereine (Art. 2 Abs. I GG) hinaus kein Interesse ersichtlich, welches diese Beschränkung der freien Arbeitsplatzwahl rechtfertigen könnte. Die Verlängerungsoption scheint vielmehr allein den Hintergrund zu haben, den Wegfall der Transferentschädigungspflichten (übergangsweise) zu kompensieren, indem man Spieler, die einen Verein verlassen wollen, nur durch sog. Herauskaufen von ihrem alten Verein ablösen kann. 889 Eine legitime Übergangslösung, mit der die nachteiligen Folgen des Wegfalls des Transfersystems aufgefangen werden können, stellt die Regelung in § 11 des DFB-Mustervertrages damit jedoch nicht dar, denn das Herauskaufen richtet sich anders als die ursprünglichen Transferregelungen nicht nach festen Bemessungskriterien, sondern kann praktisch willkürlich abgewickelt werden. Darüber hinaus wurde bereits oben festgestellt, daß es eines übergangsweisen Ersatzes für den Wegfall der Transferzahlungen nicht bedarf. 890 Die Regelung in § 11 des DFB-Mustervertrages muß daher als rechtswidrig angesehen werden, da sie die Berufsausübungsfreiheit der Sportler aus Art. 12 Abs. 1 GG unverhältnismäßig stark einschränkt. 891 c) Zur Zulässigkeil von sog. Heimkontingenten

Innerhalb der Sportverbände ist im Anschluß an das Bosman-Vrteil eine heftige Diskussion darüber entbrannt, wie man dessen Folgen für den deutschen Sport abwenden könne. Nach wie vor besteht in vielen Sportverbänden die Auffassung, die Ausländerklauseln seien zum Schutz nationaler Interessen gerechtfertigt. Eine Lösung für diese Problematik sieht der DFB in der Neufassung von § 7 Nr. 1. c.) des DFB-Lizenzspielerstatuts, nach der ein Verein für die Uzenzerteilung nachweisen muß, daß er "mindestens zwölf Lizenzspieler deutscher Staatsangehörigkeit unter Vertrag hält".

888 BVerfG NJW 1991, 1667; v. Münch/Kunig (Gubelt), Art. 12, Rdnr. 23. Zur Anwendbarkeit von Art. 12 Abs. I GG auf den Sport, oben BI. 889 Vgl. zum sog. Herauskaufen, oben FN 807. 890 Siehe hierzu oben 2. b) bb). 891 Anders jedoch LAG Köln, NZA 1997, 317 f.

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E. Sport und Grundrechte in der Europäischen Gemeinschaft

Darüber legt der neu in das LSpSt eingefügte § 20 Nr. 8 fest, daß "Spieler mit der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsverbandes der UEFA (Europäer)"(. ..) "unbegrenzt verpflichtet werden"

können. Eine zahlenmäßige Begrenzung sowohl für die Verpflichtung als auch für den Spieleinsatz gibt es nur noch hinsichtlich derjenigen Spieler, die nicht die Staatsangehörigkeit eines der Mitgliedsverbände der UEFA besitzen (vgl. §§ 20 Nr. 8, Abs. 2 LSpSt, 22 Nr. 1 u. 2 a.), Satz 1 SpO) und die nicht "die letzten fünf Jahre, davon mindestens drei Jahre als Juniorenspieler, ununterbrochen für deutsche Vereine spielberechtigt waren" (sog. Fußball-Deutsche, vgl. §§ 20 Nr. 8, Abs. 3 LSpSt, 22 Nr. 2 a.), Satz 2 SpO). Der DFB knüpft damit die Spielberechtigung von Ausländern nicht an die Staatsangehörigkeit der Mitgliedstaaten der EG an, sondern stellt auf die Zugehörigkeit zu einem der Mitgliedsverbände der UEFA ab. Insofern geht er über das Postulat gemeinschaftsrechtlicher Freizügigkeit i. S. von Art. 48 EGV hinaus und gewährt den Vereinen die Möglichkeit, auch nicht EGStaatsangehörige Europäer zu verpflichten und zum Einsatz zu bringen. Hierzu war er gemeinschaftsrechtlich nicht verpflichtet. Problematisch ist die Tatsache, daß der DFB in§ 7 Nr. 1 c.) LSpSt ein sog. Heimkontingent von den Lizenzvereinen fordert. Dieses Heimkontingent beschränkt die Teilnahme ausländischer Spieler am Spielgeschehen zwar nicht unmittelbar, da es hierzu keine Aussage trifft; es führt jedoch mittelbar zu einer Beschränkung der Verpflichtung von Ausländern durch die Vereine, da diese sich keine unbegrenzten Spielerkontingente zulegen. Die für die Aufstellung dieser Heimkontingente vorgetragenen Argumente sind dieselben wie diejenigen, die zur Rechtfertigung der Ausländerklauseln vorgetragen wurden. Es ist den Vereinen wohl auch hier in erster Linie daran gelegen, den nationalen Charakter der Wettkämpfe zu wahren. Auch die Aufstellung sogenannter Heimkontingente widerspricht aber der Arbeitnehmerfreizügigkeitsgarantie aus Art. 48 EGV und kann weder zur Wahrung der nationalen Identität eines Wettbewerbs noch mit dem Argument der Nachwuchsförderung oder der Aufrechterhaltung des sportlichen Gleichgewichts gerechtfertigt werden.

F. Zusammenfassung Die Grundrechtsbestimmungen des Grundgesetzes und die allgemeinen Rechtsgrundsätze und Grundfreiheiten des Europäischen Gemeinschaftsrechts wirken sich auf vielfache Art und Weise auf rechtliche Problembereiche im Bereich des aktuellen Sportgeschehens aus. Obwohl der Sport im Grundgesetz und in den Gemeinschaftsverträgen nur mittelbaren Schutz erfährt, können die bestehenden Regelungen für eine erhebliche Zahl von Fällen Lösungsmaßstäbe zur Verfügung stellen. Während der von den meisten Menschen als Freizeitbeschäftigung betriebene Sport, der sowohl im Grundgesetz (Art. 2 Abs. 1 GG) als auch im Gemeinschaftsrecht in den Schutzbereich der allgerneinen Handlungsfreiheit fällt, juristisch nur wenig in Erscheinung tritt, enthält der Berufssport und die mit ihm zusammenhängenden wirtschaftlichen Tätigkeiten ein erheblich größeres Konfliktpotential. Entscheidend ist daher, welche Sportausübung unter den Begriff "Berufssport" i. S. von Art. 12 Abs. 1 GG subsumiert werden kann. Besonderen Anlaß zu dieser Frage gibt die Entwicklung, daß es auch im sog. "Amateursport" immer häufiger zu finanziellen Zuwendungen an Sportler kommt, die weit über Aufwandsentschädigungen hinausgehen und vielfach zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage geeignet sind. Der von den Verbänden geprägte Amateurbegriff stellt insoweit kein taugliches Abgrenzungskriterium mehr dar. Die Abrenzung muß sich vielmehr danach richten, ob nach den tatsächlichen Umständen eine sportliche Tätigkeit zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient. Im Einzelfall kann Sport auch als Berufsausbildung i. S. von Art. 12 Abs. 1 GG in Betracht kommen. Eine vergleichbare Frage stellt sich im Zusammenhang mit der Anwendung der gemeinschaftsrechtichen Freizügigkeitsgarantien in Art. 48, Art. 52 und Art. 58 EGV. Hier bedarf es einer genauen Abgrenzung der gemeinschaftsrechtlichen Begriffe des Arbeitnehmers (Art. 48 EGV) und der selbständigen Erwerbstätigkeit (Art. 52 und Art. 58 EGV). Auch insoweit kann nicht auf die von den Sportorganisationen getroffene Unterscheidung von Amateuren und Profis zurückgegriffen werden. Der für den Sport allgemein als überragend wichtig hervorgehobene Grundrechtsschutz im Rahmen der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) basiert auf der im Sportwesen faktisch bestehenden Vormachtstellung der Sportverbände. Die Vereinigungsfreiheit garantiert dem Einzelnen neben der

15 K rogmann

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F. Zusanunenfassung

Gründungs-, Beitritts- oder Austrittsfreiheit auch eine Bestandsgarantie hinsichtlich der Vereinigung selbst. Darüber hinaus beinhaltet die Vereinigungsfreiheit die Garantie der "intern-freien Funktionsentfaltung" der Mitglieder. Diese umfaßt neben der Selbstbestimmung von Namen und Zweck der Vereinigung vor allem auch die freie Gestaltung ihrer internen Vorgänge. Im Sport verwirklicht sich diese Organisationsbefugnis insbesondere durch die Aufstellung intern verbindlicher Normen (Satzungen bzw. Ordnungen) und die Einrichtung von Organen zur Durchsetzung dieser Normen. Dies ist die Grundlage für die Errichtung der vielbeachteten "Sportgerichtsbarkeit". Eine besondere Stellung nimmt die externe Vereinsbetätigung ein. Sie umfaßt das gesamte Handeln der Mitglieder, welches sich von individuellem Tun durch die vereinsmäßige Begehungsweise unterscheidet. Die externe Vereinsbetätigung unterfällt nicht dem Schutzbereich der Vereinigungsfreiheit, sondern ist (in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 GG) den entsprechenden Freiheitsrechten zuzuordnen. Einer Ausdehnung des Schutzbereichs von Art. 9 Abs. 1 GG auf interne oder externe Tätigkeiten der Vereinigung selbst bedarf es wegen der Möglichkeit, umfassenden Grundrechtsschutz zugunsten von Vereinigungen über Art. 19 Abs. 3 GG zu erreichen, nicht. Praktisch relevant werden die Grundrechtsbestimmungen vor allem bei der Lösung von Konflikten, die auf der Grundlage sportverbandsinterner Regelungen entstehen. Zu Konflikten kommt es häufig zwischen den regelaufstellenden Vereinen oder Verbänden und einzelnen Sportlern, aber auch zwischen Vereinen oder Verbänden untereinander. Im Regelfall unterwirft sich ein Sportler oder ein Verein durch seine Mitgliedschaft oder durch eine vertragliche Vereinbarung dem Regelwerk eines anderen Vereins oder Verbands. Wegen der Ausstrahlung ihrer objektiv-rechtlichen Wertgehalte auf private Rechtsbeziehungen sind die Grundrechte bei der Lösung von Streitigkeiten maßgebend mit heranzuziehen. Im Sportbereich bilden die Versagungs- und Sanktionsentscheidungen der Sportverbände den Ausgangspunkt zahlreicher rechtlicher Streitigkeiten. Darüber hinaus besitzen Sportvereinigungen durch die ihnen auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 1 GG verliehene Regelungsbefugnis die Möglichkeit, durch abstrakt-generelle Festlegungen individuelle Belastungen zu erzeugen. Entscheidend für die gerichtliche Kontrolldichte ist die auf der sozialen Machtstellung eines Verbandes bestehendefaktische Anziehungskraft gegenüber denjenigen, die zu ihm in Beziehung stehen. Je größer die soziale Machtstellung bestimmter Verbände ist, desto größer ist wegen der fehlenden Ausweichmöglichkeit des Betroffenen das Bedürfnis, eine einseitige Machtausnutzung durch die Korrektur interner Entscheidungen zu verhindern. Dies geschieht durch das

F. Zusammenfassung

227

Gebot einer willassenden Abwägung der sich im Konfliktfall gegenüberstehenden Interessen auf der Basis von zivilrechtliehen Generalklauseln. Dies fuhrt im Ergebnis dazu, daß verbandsinterne Maßnahmen oder Regelungen auf ihre sachliche Rechtfertigung bzw. auf ihre Verhältnismäßigkeit hin zu untersuchen sind. In diesem Zusammenhang müssen zugunsten der von einer Maßnahme Betroffenen auch grundrechtliche Wertentscheidungen einbezogen werden. Bei der gerichtlichen Nachprüfung von Vereins- oder Verbandsentscheidungen ist aber zu berücksichtigen, daß diesen aufgrund von Art. 9 Abs. 1 GG bei der Verfolgung ihrer Interessen ein Regelungs- und Beurteilungsspielraum eingeräumt bleibt. Wegen der sozialen Machtstellung der in der Bundesrepublik existierenden Sportverbände spielen die genannten Grundsätze hier eine maßgebliche Rolle. Eine typische Versagungsentscheidung im Sportbereich ist die Verweigerung eines Vereins oder Verbands, einen Mitgliedschaftsbewerber bei sich aufzunehmen. Die Anforderungen an die sachliche Rechtfertigung von Ablehnungsentscheidungen steigen mit der sozialen Machtstellung der Vereinigungen. Spitzensportverbände können unter Umständen sogar zur Aufnahme eines Mitgliedschaftsbewerbers gezwungen werden, wenn der Bewerber nicht alle satzungsmäßigen Aufnahmevoraussetzungen erfüllt. Nach den gleichen Grundsätzen ist auch die Wirtschaftlichkeitskontrolle im Rahmen von sog. Lizenzierungsverfahren einer Nachprüfung zu unterziehen, welche insbesondere im Bereich Fußball und Eishockey regelmäßig zu Streitigkeiten hervorruft. Die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitskontrolle läßt sich jedoch insbesondere damit rechtfertigen, daß sie die Funktionsfahigkeit der mit der Lizenzierung verbundenen Wettbewerbe gewährleistet. Eine differenzierte Rechtsprechung hat sich zu der Frage entwickelt, inwieweit verbandsinterne Sanktionsentscheidungen einer gerichtlichen Nachprüfung unterzogen werden können. Mittlerweile ist gesichert, daß über die Nachprüfung bestimmter formeller Anforderungen an verbandsinterne Sanktionsnormen hinaus, sowohl die einer Verbandssanktion zugrundeliegende Norm als auch das im konkreten Fall verhängte Strafmaß einer Verhaltnismäßigkeitskontrolle unterliegen. Die Nachprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Sanktionsentscheidung schließt die Kontrolle der Subsumtion eines bestimmten Verhaltens unter auslegungsfahige Normen mit ein. Im Sport ist diese Subsumtionskontrolle vor allem deshalb wichtig, weil Strafmaßnahmen dort häufig an "unsportliches" Verhalten geknüpft werden. Darüber hinaus erstreckt sich die richterliche Kontrolle verbandsinterner Sanktionsentscheidungen auch auf die diesen Entscheidungen zugrundeliegende Tatsachenermittlung.

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F. Zusarrunenfassung

Bei dem Versuch, die Vermarktungsinteressen der einer verbandsinternen Regelung untenvorfenen Sportler einzuschränken, werden die Befugnisse der Sportverbände oder -vereine, die sich aufgrund von Art. 9 Abs. 1 GG oder aufgrund ihrer Veranstalterposition ergeben können, durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Sportler aus Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG und deren Berufsausübungsfreiheit in Art. 12 Abs. I GG begrenzt. Ein pauschales Verbot der Werbetätigkeit von Sportlern ist durch verbandsinterne Regelungen nicht durchzusetzen. Sachlich gerechtfertigt werden können aber Werbebeschränkungen aufgrund konkurrierender Sponsoringvereinbarungen oder solche, die mit sportlichen Envägungen begründet werden. Auch bei der Einführung von Blutentnahmekontrollen zur Ermittlung von Dopingverstößen werden die Befugnisse der Sportverbände durch grundrechtliehe Wertaussagen zugunsten der Sportler eingeschränkt. Blutkontrollen sind vor allem vor dem Hintergrund des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Sportler (Art. 1 Abs. I GG i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG) als auch des Rechts der Sportler auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2, Satz I GG) problematisch. Um den darin enthaltenen Schutzgütern gerecht zu werden, muß vor allem die Freiwilligkeit der Blutentnahme gewährleistet sein. Die Venveigerung einer Blutabnalune darf nicht automatisch als Dopingverstoß gewertet werden. Die grundrechtlich abgeleitete Schutzpflicht für Leben und körperliche Unversehrtheit der Bürger (Art. 2 Abs. 2, Satz I GG) spielt bei der Frage eine Rolle, ob und durch welche Maßnahmen der staatliche Gesetzgeber über die bestehenden gesetzlichen Regelungen im AMG, BtMG und StGB hinaus der Bekämpfung des Dopingmißbrauchs entgegentreten könnte oder zu bestimmten Maßnahmen sogar verpflichtet ist. Eine gesetzgebensehe Pflicht zum Erlaß von Strafnormen zur Sanktionierung des Dopings kann nicht angenommen werden. Wegen der teilweise bestehenden Lücken im AMG sollte allerdings von der Möglichkeit zum Erlaß neuer gesetzlicher Regelungen Gebrauch gemacht werden. Es sollte dabei aber vermieden werden, den Begriff "Doping" ausdrücklich neu in die gesetzlichen Regelungen aufzunelunen. Bei der Vergabe öffentlicher Sportfördermittel ist problematisch, daß die antragstellenden Vereinigungen in der Regel nur dann in den Genuß der Sportförderung kommen, wenn sie Mitglied in einem anerkannten Sportverband sind. Dies zwingt unabhängige Sportorganisationen oder Sporttreibende dazu, sich der Verbandspyramide des DSB anzuschließen, was vor dem Hintergrund der von Art. 9 Abs. I GG gewährleisteten individuellen Entschließungsfreiheit zu beanstanden ist. Letztlich überwiegen jedoch wohl die sachlichen Gründe, mit denen staatliche Stellen diesen Beitrittsdruck rechtfertigen. Anzustreben wäre allerdings eine Regelung, wie sie das neugeschaffene Berliner SportFG

F. Zusammenfassung

229

aufgestellt hat. Diese läßt auch nicht-organisierten Sportorganisationen zumindest die Möglichkeit, an der Sportförderung des Landes Berlin zu partizipieren. Um den Verlust von Auswahlmöglichkeiten bei sozialmächtigen Vereinigungen und die damit verbundene faktische Aushöhlung der Vereinigungsfreiheit der Mitglieder (Art. 9 Abs. 1 GG) auszugleichen, muß die innere Struktur von Vereinigungen bestimmten demokratischen Anforderungen genügen. Im Sportbereich ist die Frage nach der Demokratisierung von Vereinigungen vor allem hinsichtlich der Mitgliederrepräsentation bei der verbandsinternen Willensbildung zu beachten. Die Verlagerung von Willensbildungskompetenzen auf gesonderte Organe ist grundsätzlich zulässig. Wichtig ist allerdings, daß die Mitglieder der Repräsentationsorgane von der Mitgliederversammlung nach den allgemeinen Wahlgrundsätzen gewählt werden, damit letztlich die Mitglieder Träger der vereinigungsinternen Willensbildung bleiben. Zudem ist die Einrichtung dieser Organe in Grundzügen in die Satzung aufzunehmen. Für die Durchführung sportgerichtlicher Verfahren müssen grundsätzlich und soweit dies sachlich möglich ist, die prozessualen Grundrechte aus Art. 101 Abs. 1, Satz 2 GG (Recht auf den gesetzlichen Richter), Art. 103 Abs. 1 GG (Anspruch auf rechtliches Gehör) und Art. 103 Abs. 3 GG (Verbot der Mehrfachbestrafung) Beachtung finden. Auf europarechtlicher Ebene ist insbesondere eine Auseinandersetzung mit den im Rahmen des Bosman-Urteils vorgetragenen Argumenten zur Rechtmäßigkeit von Ausländerklauseln und zur Zulässigkeit von Regelungen über die Zahlung von Transferentschädigungen notwendig. Obwohl diese Auffassung nicht allgemein geteilt wird, hat der EuGH richtigerweise die EGRechtswidrigkeit der mit Ausländerklauseln und Transferentschädigungsregelungen verbundenen Freizügigkeitsbeschränkungen festgestellt. Auch im Hinblick auf die europarechtlich garantierte Vereinigungsfreiheit, welche durch ihre Ausstrahlungswirkung in das Privatrecht zugunsten der Sportverbände zu berücksichtigen ist, ergibt sich kein abweichendes Ergebnis. Die Gefahr einer sog. Inländerdiskriminierung, die entstanden war, als in einigen Sportverbänden für Vereinswechsel von Sportlern innerhalb eines Staates Transferentschädigungspflichten aufrechterhalten wurden, besteht seit einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom November 1996, in dem solche Regelungen ebenfalls für rechtswidrig erklärt wurden, nicht mehr. Sowohl die zur Umgehung der Folgen des Bosman-Urteils geschaffenen Heimkontingente, mit denen eine Mindestanzahl deutscher Spieler in den Vereinen vorgeschrieben wird, als auch die in den vom DFB formulierten Musterverträgen für die Fußball-Bundesliga enthaltene Verlängerungsoption für den Fall

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F. Zusarrunenfassung

der Abänderung der Transferentschädigungsregelungen (§ 11 des DFBMustervertrages) müssen vor dem Hintergrund deutscher und europäischer Grundrechtsbestimmungen als rechtswidrig angesehen werden.

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Stichwortverzeichnis Ablehnungsentscheidung 85 allgemeine Handlungsfreiheit 47 f. , 72 allgemeine Rechtsgrundsätze 194 allgemeiner Gleichheitssatz 150 Allgemeines Persönlichkeitsrecht 113fT. Alternativverbände 55 Amateursport 37 ff, 43, 198 Amateursportler 42 anabole Steroide 128 Anti-Doping-Gesetzgebung 145 Anti-Doping-Maßnahmen, staatliche 143 Arbeitnehmer 40 Arbeitnehmerbegriff 198 Arbeitnehmerfreizügigkeit 197 ff. Arbeitsverträge 36, 40, 76 Arzneimittelrecht 135 ff. Athletenpaß 77 Aufnahmezwang 86 f., 90 ff. Aufsichtsrat 171 ff. Aufwandsentschädigungen 39 Ausländer 53 Ausländerklauseln 203 ff., 210, 217 Ausschluß 61, 101 Ausstrahlungswirkung 80 Ausübungsrecht 63 Autogrammstunden 37, III Bandenwerbung 111 Behindertensport 47 Beitritt 85 Bereichsausnahme 191 Berufsausbildung 42 f. Berufsbegriff 35, 41 ff. Berufsboxer 87 Berufsfreiheit 34, 41, 222 Berufssport 36 Berufssportler 65 Berufssportwettbewerbe 86

Berufsverbot 108 Bestandsgarantie 56, 69, 98, 121 Bestimrntheitsgebot 45, 106 Betäubungsmittelrecht 135 ff. Billigkeitskontrolle 102, 222 Blutdoping 128 Blutentnahme 125 ff. Breitensport 37 Bundesliga-Skandal 99 Chancengleicheil 143 Dachverband 85 Delegiertenversammlung 171 ff. Demokratieprinzip 164 DFB-Mustervertrag 221 f. Dienstleistungsfreiheit 200 Diskriminierungsverbot 94 f. Disziplinargewalt 60 Disziplinarmaßnahmen 99 Doping 103 ff., 134, 156 Dopingkontrollen 125 ff. Doppelgrundrecht 66 ff. Drittwirkung 80 Effektivitätsgrundsatz 62 f. EG-Vertrag 190 Ein-Platz-Prinzip 51 ff., 91, 155 eingetragene Vereine 51 El)'thropoiethin 128 europarechtlicher Grundrechtsschutz 191 ff. externe Vereinsbetätigung 62 ff. Fairneß 143 Fitnessstudio 53 F örderungspflichten, staatliche 158 ff. Franchising 93 Freizeitsport 53 Freizügigkeitsgarantien 207, 211

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Stichwortverzeiclmis

Funktionärsherrschaft 170 Gemeinschaftsgrundrechte 194 gemeinschaftsrechtlicher Grundrechtsschutz 184 ff. Generalklauseln 79 Gesellschaftsverträge 58 Gesetzesvorbehalt 28, 70 gesetzlicher Richter 176 Gestaltungsfreiheit 57, 167 Gesundheitsschutz 157 Gewerbefreiheit 96 Gleichbehandlungsgebot 152 Gleichheitsgrundsatz 155 Goldener Plan Ost 168 Grundfreiheiten 186, 197 Heimkontingente 223 immanente Grundrechtsschranken 71 individuelle Vereinigungsfreiheit 62 Inhaltskontrolle 100, 107 ff. Inländerdiskriminierung 219 f. Institutsgarantie 67 intern-freie Funktionsentfaltung 57 ff. interne Normsetzung 82 interne Organisation 69 Jugendsport 39, 43 Kapitalgesellschaften 52 Kernbereich 66 Kinder 47 kollektive Vereinstätigkeit 67 Kommerzialisierung 55 Kontrahierungszwang 86, 94 Kooperationsverträge 37 körperliche Unversehrtheit 46 f. Körperverletzung 138 Landesfachverbände 51 Landessportbünde 51 Leistungsrechte 147 Leistungssport 39

Lizenzierungsverfahren 76, 93 ff. Lizenzligen 52 Lizenzspielerverträge 77 Lizenzvereine 39 Mehrfachbestrafung 179 Minderheitenschutz 164 Mitgliederbestand 56 Mitgliederversammlung 166 f. Mitgliederwerbung 56, 69 Mitgliedschaft 58, 75, 85 Monopolverband 88 Nachwuchsförderung 212,215 Namensänderung 89 Namensführung 66 ne bis in idem 179 Nebenberufe 34 Nebenordnung 60, 78 Neugründung 54 Nichtigkeitsklage 187 Niederlassungsfreiheit 20 I Normsetzung 58 fi objektiv-rechtliche Wertentscheidung 89 objektiv-rechtlicher Grundrechtsgehalt 27 ff., 132 objektive Ordnung 31 objektive Wertordnung 79 öffentliche Aufgaben 24 Olympische Spiele 108 ordre-public-Vorbehalt 83, 207 Organisation, interne 161 Organisations- und Verfahrensmaximen 31 originäre Leistungsansprüche 158 personale Selbstentfaltung 113 Personenverkehrsfreiheiten 197 Polizeifestigkeit 71 Professionalisierung 39 prozessuale Grundrechte 176

Stichwortverzeiclmis Randsportarten 52, 155 Recht am eigenen Bild 116 rechtliches Gehör 162, 177 Rechtsmittelzug, verbandsinterner 81 Rechtssprechungsorgane 83 Rechtsstaat 26 Rechtsstaatsprinzip 25 f., 162 Rechtsweg 81 Rechtsweggarantie Regelwerke 48, 59 Rehabilitierungssport 47 Reiterausweis 77 Sanktionsbefugnis 61 Satzung 58 f. , 75, 166 Satzungsänderung 89 satzungsrechtliche Lösung 75 Schiedsgerichte 83 Schiedsgerichtsvereinbarungen 81 Schutzpflichten 31, 132 ff. selbständige Berufstätigkeit 34 Selbstbestimmung 143 Selbstgefardung 141 Selbstgestaltungsbefugnis 60 Selbstregulierungskompetenz 26 Selbstverwaltung 24, 82 f. Sichtungswettkämpfe 44 Sittenwidrigkeilskontrolle 100 Sonderstrafrecht 71 soziale Machtstellung 88, 169 Sozialstaatsprinzip ISO Spielerlizenzen 76 Sponsoring 37 ff. , 111 , 160 sportethische Werte 57, 142 Sportförderung, öffentliche 40, 135, 147 ff., 156 Sportförderungsgesetze 148 ff. Sportförderungsrichtlinien 154 Sportgerichte 61, 163, 176 Sportlerpaß 76 sportliches Gleichgewicht 213 f. Sportschulen 53 Staatsaufgabe 24 Staatsnähe 168, 172

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Strafbemessung 102 Strafnorm 100 Strafrecht 138 Stufenlehre 45 subjektiv-rechtlicher Grundrechtsgehalt 27 Subsidiaritätsprinzip 24, 193 Tatsachenkontrolle 101 Teilhaberechte, grundrechtliche 147 ff. Tötungsdelikte 138 Traininslager 44 Transferentschädigung 203 ff. Transferregelungen 218 Trikotwerbung 111, 120 Übertragungsrechte 111 Ultimate-Frisöee 52 Ungleichbehandlung 204 unselbständige Berufstätigkeit 34 Unternehmer 37 Unternehmerbegriff 202 Unterwerfungsvereinbarungen 76 Urinprobe 127 f. Veranstalter 121 Verbandsautonomie 82 Vereinigungen 50 ff. Vereinigungsfreiheit, negative 170 Vereinigungsfreiheit, positive 49, 53 ff. , 142, 153 ff., 160,216 Vereinigungszweck 57 ff. , 68 vereinsinterne Betätigung 61 Vereinsstrafen 60, 99 Vereinsverbot 71 Vereinsverwaltung 61 verfassungsimmanente Schranken 28 verfassungsunmittelbare Schranke 71 Verhältnismäßigkeit 45 f. , 100 f. Vermarktungsrechte 112, 120 Vermarktungsvereinbarungen 37 Verschulden 102 Vertragsamateur 39 Verwaltungsvorschriften 151 f.

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Stichwortverzeiclmis

Vorlageverfahren 188 Vorrang des Gemeinschaftsrechts 182

Wirtschaftlichkeitskontrolle 97 Wirtschaftsvereinigung 86

Werbebeschränkungen 69, 123 Werbung 112, 119 ff. Wert- und Maßstabsbildung 57 Wesensgehaltsgarantie 44 Wettkampfprinzip 48

Zitiergebot 44 Zwecksetzung 89, 96, 107, 126 Zweckverfolgung 62, 107, 126 Zweitberufe 34