Gotthold Ephraim Lessings Sämmtliche Schriften: Teil 20 [Reprint 2022 ed.] 9783112632062


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Table of contents :
Personen
Erster Aufzug
Zweyter Aufzug
Dritter Aufzug
Die Juden. Ein Lustspiel in einem Aufzuge
Personen
Erster Auftritt. Wichel Stich. Martin Brumm
Zweyter Auftritt. Martin Txnimni. Der Helfende
Vierter Auftritt. Der Reisende. Christoph
Fünfter Auftritt. Der Reifende. Das Fräulein
Sechster Auftritt. Der Baron. Der Reisende
Siebenter Auftritt. Das Fräulein. Der Reisende Der Baron
Achter Auftritt. Christoph, (in Stiefeln und Sporen, und zwey Mantelfacke unter den Armen.) Die Vorigen
Neunter Auftritt. Lisette. Die Vorigen
Eilfter Auftritt. Martin Krumm. Lifette
Zwölfter Auftritt. Das Fräulern. Eiferte. Martin
Dreyzehnter Auftritt. Lisette. Das Fräulein
Vierzehnter Auftritt. Lisette. Christoph
Fünfzehnter Auftritt. Der Reisende
Sechzehnter Auftritt. Martin Krumm. Der Reisende
Siebzehnter Auftritt. Der Reisende
Achtzehnter Auftritt. Der Baron. Der Reisende
Neunzehnter Auftritt. Der Reisende, (und hernach) Christoph
Zwanzigster Auftritt. Lisette. Der Reisende. Christoph
Ein und zwanzigster Auftritt. Der Baron. Der Reisende. Lisette. Christoph
Zwey und zwanzigster Auftritt. Das Fräulein, und die Vorigen
Letzter Auftritt. Lisette. Christoph
Der Misogyn. Ein Lustspiel in drey Aufzügen
Personen
Erster Aufzug
Zweyter Aufzug
Dritter Aufzug
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Gotthold Ephraim Lessings Sämmtliche Schriften: Teil 20 [Reprint 2022 ed.]
 9783112632062

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Gotthold Ephraim Lessings

sämmtliche Schriften.

Zwanzigster Theil.

Berlin, 1794.

.In der Vosslschcn Vuchhanülung-

Lbrvsander, ein alter Kaufmann. Damis, Verjünge Gelehrte, Chrysanders Sohn. Vater. Juliane. Anton, Bedienter des Damis. Lisette. Der Schauplatz ist Vie Studierstube -es DanriS.

Erster Aufzug. Erster Auftritt. Damis

(am Tische

unter Buchern.)

Anton.

Die Post

also

ist

noch

da? Anton.

Nein.

Damis. Noch nicht? Hast du auch nach

der rechten gefragt? Die Post von Berlin —

Ancon. Nun ja doch; die Post von Berlin; sie ist noch nicht da! Wenn sie aber nicht bald kömmt, so habe ich mir die Beine abgelaufen.

Thun Sie doch, als ob sie Ihnen, werweiß was, mitbringen würde! Und ich wette, wenns hoch *' A 4 kömmt.

8 q-

Der junge Gelehrte, =22»?- ------ - ----- O

kömmt, so ist es eine neue Scharteke, oder eü ne Zeitung, oder sonst ein Wisch.-----Danns. Nein, mein guter Anton; dasmal möchte es etwas mehr seyn. Ah! wann Du es wußtest-----Anton. Will ichs denn wissen? Es würde mir weiter doch nichts helfen, als daß ich ein/ mal wieder über Sie lachen könnte. Das ist mir gewiß etwas seltnes?------ Haben Sie mich sonst noch wohin zu schicken? Ich habe ohnedem auf dem Nathskeller eine kleine Vers richtung, vielleicht Lsts ein Gang? Nu? Danris. (erzürnt.) Nein, Schurke! Anron. Da haben wirs! Er hat alles ge­ lesen, nur keinKomplimentirbuch.------ Aber besinnen Sie Sich. Etwa in den Buchtaden? Dainis. Nein, Schurke! Anton. Ich muß das Schurke so oft hö­ ren, daß ich endlich selbst glauben werde, es sey mein Taufname.------ Aber zum Buch­ binder? Danns, Schweig, oder — — Anton.

Der junge Gelehrte. ........ — damals!

Tempora mutantur, wie wir Latein

ner sagen.

Damis. Tempora inutantur? Ich bitte

Sie, legen Sie doch die Vorurtheiledes Pöbels ab. Die Zeiten andern sich nicht. Denn lassen Sie uns einmal sehen: was ist dieZeit?------- * Lhryf. Schweig! die Zeit ist ein Ding, das

ich mir mit deinem unnützen Geplaudere nicht will verderben lassen.

Meine damaligen Vor­

schriften waren nach dem damaligen Maaße dei­

ner Erfahrung und deines Verstandes eingerich­

tet. Nun aber traue ich dir von beyden so viel zu, daß du Ergötzlichkeiten nicht zu Beschäfti­

gungen machen wirst.

Aus diesem Grunde

rathe ich dir also--------

Damio. Ihre Reden haben einigen Schein der Wahrheit. Allein ich dringe tiefer. Sie wer­

den es gleich sehen.

Der Status Controversia

ist-------^7.-.-"',.j.

Der junge Gelehrte. rs-

^isette. Ja, das werden Sie wohl nim­ mermehr glauben, das; ich und Dam Ls schon so weit mit einander gekommen sind, daß er mich verstecken muß. Schon kann ich ihn Ium ei­ nen Finger wickeln! Noch eine Unterredung, wie vorhin, so habe ich ihn im Sacke. Juliane. Und also hatte ich wohl, in altern Scherze, einen recht guten Einfall gehabt? Wollte doch der Himmel, daß die Verbindung, die sein Vater zwischen uns------Eiferte. Ach, seinVater! der Schalk, der Geizhals! Jetzt habe ich ihn kennen lernen. Juliane. Was giebst du ihm für Titel? Seine Gütigkeit ist nur gar zu groß. Seine Wohlrhaten vollkommen zu machen, tragt er mir dieHand seines Sohnes, und mit ihr sein ganzes Vermögen an. Aber wie unglücklich bin ich dabey! — Dankbarkeit und Liebe, Liebe gegen den Vater, und Dankbarkeit------Eiferte. Noch vor einer Minute, war ich in eben dem Irrthume. Aber glauben Sie mir nur, ich weis; eö nunmehr aus seinem Munde: nicht aus Freundschaft für Sie, sondern aus Freund-

Der junge Gelehrte.

57

Freundschast für Ihr Vermögen, will er diese Verbindung treffen. Juliane. Für mein Vermögen? du schwärmst. Was habe ich denn, das ich nicht von ihm hatte? Eiferte. Kommen Sie, kommen Sie. Hier ist der Ort nicht, viel zu schwatzen. Zeh will Ihnen alles erzehten, was ich gehört habe. Lude des ersten Aufzuges. -----------------

e*.

j

Zweyter A u f z u g. Erster Auftritt. ^ifette.

Valer.

Juliane.

Eiferte. (Noch innerhalb der Scene.) Nur hier herein; Damis ist aüsgegangen. Sie können hier schon ein Wörtchen mir einander im-Vertrauen reden. Juliane. Ja, Vater, mein Entschluß ist ge^ faßt. Ich bin ihm zu viel schuldig; er hat durch seine Wohlthaten das größte Recht.übcr-mich Ur­ hals

Der junge Gelehrte.

58

11 -

-■■ --- ■ rgfah

halten. Es koste mir was es wolle; ich muß dieHeyrath eingehen, weil es Chrysander'ver­ langt. Oder soll ich etwa die Dankbarkeit der Liebe anfopfern? Sie sind selbst tugendhaft, Vater, und Ihr Umgang hat mich edler den­ ken gelehrt. Dich Ihrer werth zu Zeigen, muß ich meine Pflicht, auch mit dem Verluste meines Glückes, erfüllen. Liserre. Eine wunderbare Moral! wahr­ haftig ! Valer. Aber wo bleiben Versprechung, Schwur, Treue? Ist es erlaubt, um eine eingebildete Pflicht zu erfüllen, einer andern, die uns wirklich verbindet, entgegen zu handeln ? Juliane. Ach Valer, Sie wissen es besser, was zu solchen Versprechungen gehört. Miß­ brauchen Sie meine Schwache nicht. Die Ein­ willigung meines Vaters war nicht dabey. Valer. Was für eines Vaters?------Juliane. Desjenigen, dem ich für seine Wohlthaten dieseBenennung schuldig bin. Oder halten Sie es für keine Wohlthaten, der Armuth und allen ihren unseligen Folgen entrissen zu wer-

Der junge Gelehrte.

aS

Der junge Gelehrte. M$»===JL""■■= ■■■

ü-g-. -

das Loch gelassen hat. Verstecke dich wenigstens; verstecke dich! Er bringt sonst wich und dich nui^

Liserre. (beySette.) Halt, ich will beyde be­ kriegen! —'— Wo denn aber hin ? wo hin? in das Kabinet? Anton. Za, ja, nur unterdessen hinein. Vielleicht geht er bald wieder fort.------- Und ich, ich will mich geschwind hieher setzen------(er seht sich an den Tisch, nimmt ein Buch in diö Hand, und thut, alü ob er den Damis nicht gewahr würde.)

Vierter Auftritt. Antc>n. Damio»

Antoit tvor sich.) Ja, die Gelehrt«» '— wie glücklich sind die Leute nicht!------- Ist mein Vater nicht ein Esel gewesen, daß er mich nicht auch anfihreProfeßion gethan har! Zum Hen­ ker, was must es für eine Lust seyn, wenn man alles in der Welt weist, sowie meinHcrr! - ----Potz Stern, die Bücher alle;» verstehn! - ----Wenn man nur darunter sitzt, man wag darinn lesen, oder nicht, so ist man schon ein ganz andrer Mensch!

Dcr junge Gelehrte.

79

- ■■ - -7

-

Mensch! —— Ich fühls, wahrhaftig ich fühls, derVerstand duftet mir recht daraus entgegen. —

Gewiß, er hat Recht; ohne die Gelehrsamkeit ist man nichts, als eine Bestie.--------- Ich dumme

Bestie!--------- (beiseite.) Nun, wie lange wird er mich noch schimpfen lassen?--------- Wir sind

doch närrisch gepaarct, ich und mein Herr!--------

Er giebt dein Gelehrtesten, und ich dem Ungelehr­

testen nichts nach.--------- Ich will auch noch heute anfangen zu lesen.-------- Wenn ich ein Loch

von achtzig Jahren in die Welt lebe, so kann ich schon noch ein ganzer Kerl werden.---------Nur frisch angefaUgen!

Da sind Bücher ge­

nug! ----------Ach will mir das kleinste aussuchen;

denn Anfangs muß man sich nicht über-

nehmen.----------Ha! da finde ich ein allerliebstes Büchelchen.--------- In so einem muß es sich mit

Lust studiren lassen.--------- Nur frisch angefan­ gen, 2lnso«!----------Es wird doch gleichviel

seyn, ob hinten odervvrne?-------- Wahrhaftig, es wäre eine Schande für meinen so erstaunlich,

so erschrecklich, so abscheulich gelehrten Herrn,

wenn er langer einen |o dummen Bedienten

haben sollte —

F 2

Damis-

8o

Der junge Gelehrte.

Darris, (indem er sich ihm vollends nähert.)

Za

freylich wäre e5 eine Schande für ihn. 2Lneou. Hilf Himmel! mein Herr ------Damio. Erschrick nur nicht! Zch habealleS gehört -----Auron. Sie haben alles gehört? — — Ich bitte tausendmal um Verzeihung, wenn ich etr was unrechtes gesprochen habe.------ Zch war so eingenommen, so eingenommen von der Schönheit der Gelehrsamkeit------ verzeihen Sie mir meinen dummen Streich------ daß ich selbst noch gelehrt werden wollte.

Damio. Schimpfe doch nicht selbst deir klügsten Einfall, den Lu Zeitlebens gehabt hast. Anton. Vor zwanzig Zähren mögte er klug genug gewesen sey». Damio. Glaube mir; noch bist du zu den Wissenschaften nicht zu alt. Wir können in unsrer Republik schon mehrere aufweisen, die sich gleichfalls den Musen nicht eher in die Arme geworfen haben. Anton.

Der junge Gelehrte.

8i

Anron. NrclF in lie-vfvmc altern, ich will mich ihnen in den Schooß werfen. —

Aber

in welcher Etadr sind die Leute? Daune. In welcher Stadt? Auron. Ja; ich muß hin, sie kennen zu lerr

uen.

Sie müssen mir sagen, wie sie eS anger

fangen haben.---------

Dam Ls. Was willst du mit der Stadt?

Auron. Sie denken etwa, ich weiß nicht, was eine Republik ist?-------- Sachsen, zum Exempel--------- Und eine Republik hat ja

mehr wie eine Stadt? nicht? Daurio. Was für ein Zdiote! reu der Republik der Gelehrten.

Ich rede

WaS geht

uns Gelehrten, Sachsen, was Deutschland, was Europa an? Ein Gelehrter, wie ich bin,

ist für die ganze Welt: er ist ein Kosmopolit: er ist eine Sonne, die den ganzen Erdball er; leuchten muß---------

Anron. Aber sie muß doch wo liegen, die Republik der Gelehrten.

Dnnris. Wo liegen? dummer Teufel! die gelehrte Republik ist überall.

F 3

Airtorr.

Der junge Gelehrte.

83

■o-----------------

Änton. Ueberail? und also ist sie mit der Republik der Narren an einem Orte?

Die,

hat man mir gesagt, ist auch überall. Damis. Ja freylich sind die Narren und die Kluaen,dicGelchrten und dieUngelchrten überall

untcrmcnat, und zwar so, daß die lehren: immer

den größten Theil ancmachen. Du kannst eS an unserm Hause sehen. Mit wie viel Thoren und

Unwissenden findest du wich nicht hier nmger

den? Einige davon wissen nicht-, und wissen es,

daß sic nichts wissen.

Unter diese gehörst du.

Sie wollten aber doch gern etwas lernen, und

deßwegen sind sie noch die erträglichsten. Andre wissen nichts, und wollen auch nichts wissen; sie

halten sich hey ihrer Unwissenheit für glücklich; sie scheuen das Licht der Gelehrsamkeit---------

anton. Das C'ulcngeschlecht!

D-rmio. 5'ocb andre aber wissen nichts, und glauben doch etwas zu wissen; sie haben nichts, gar nichts gelernt, und wollen doch den Schein

haben, a'.s hätten sie etwas gelernt. Und diese

sind die allexuncrrräalichstcn Narren, wcrnntcr,

die Wahrheit zu bekennen, auch mein Valcr gehört.

anton.

Der junge Gelehrte, .1

r. .■

8;



Anton. Sie w erden doch Ihren Vater z6e; denken Sie doch, Ihren Vater, nicht zu ei­ nem Erznarren machen? Darms, Lerne distinguiren! Ich schimpfe meinen. Vater nicht/ in so fern er mein Vater ist, sondern in so fern ich ihn als einen betrach­ ten kann, der den Schein der Gelehrsamkeit unverdienter Weise an sich reissen will. In so fern verdient er meinen Unwillen. Ach habe cS. ihm schon ost zu verstehen gegeben, wie ärger­ lich er mir ist, wenn er, als ein Kaufmann^ als ein Mann, der nichts mehr, als gute und. schlechte Waaren, gutes und falsches Geld ken­ nen darf, und höchstens das lehre für das erste wegzugeben wissen soll; wenn der, sage ich. Mit seinen Schulbrocken, bey welchen ich doch immer etwas erinnern muß, so prahlen wilk Zn dieser Absicht ist er ein Narr, er mag mein. Mater seyn, oder nicht, Anton. Schade! ewigSchade! daß ich das insofern und inAbsicht nicht als ein Zunge ge­ wußt habe. Wein Vater hatte mir gewiß nicht so piel Prügelumsonstgeben sollen. Er hatte sie alle F 4 richtig

84

Der junge Gelehrte»

richtig wiederbekommen; nicht in so fern als mein Vater, sondern in so fern als einer, der mich zuerst geschlagen hätte. ES lebe die (Sc; lehrsamkeit!-----Damio. Halt! ich besinne mich auf einen Grundsatz deS natürlichenNechts, der diesem Ger danken vortreflich zu statten kömmt. Ich muss doch den Hobbes nachsehen!------ Geduld! daraus will ich gewiß eine schöneSchrist machen! Anton. Um zu beweisen, daß man seinen Vater wieder prügeln dürfe? — -— Damiö. Certo respectu allerdings. Nm* muß man sich wohl in Acht nehmen, daß man, wenn man ihn schlägt, nicht den Vater, sonr dem den Aggressor zu schlagen sich einbilder; denn sonst-----Anton. Aggressor? Was ist das für ein Ding? Damio.So heißt der,welcher ausschlägt----Anton. Ha, ha! nun versteh ichs. Zum Exempel; Ihnen mein Herr stüße wieder einmal eine kleine gelehrte Raserey zu, die sich meinem Buckel durch eine Tracht Schläge empfindlich machte; so wären Sie----- wie heißt es?----- der

Der junge Gelehrte.

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- ------

der Aggressor; und ich, ich würde berechtiget seyn, mich über den Aggressor zu erbarmen, und ihm-----DnurLo. Kerl, du bist toll!-----Auron. Sorgen Sie nicht; ich wollte meine Gedanken schon so zu richten wissen, daß der Herr unterdessen bey Seite geschasst würde-----Dnmio. Nun wahrhaftig; das wäre ein merkwürdiges Exempel, in was für verderbliche Irrthümer man verfallen kann, wenn man nicht weiß, aus welcher Disciplin diese oder jene Wahrheit zu entscheiden ist. Die Prügel, die ein Bedienter von seinem Herrn bekömmt, gehören nicht in das Recht der Natur, sondern in das bürgerliche Recht. Wenn sich ein Bedienter vermietet, so vermietet er auch seinen Bu­ ckel mit. Diesen Grundsatz merke dir. Auron. Aus dem bürgerlichen Rechte ist er ? O das muß ein garstiges Recht seyn. Aber ich sehe es nun schon! die verzweifelte Gelehrsamkeit, sie kann eben so leicht zu Prügeln verhelfen, als dafür schützen. Was wollte ich nicht darum geben, wenn ich mich auf alle ihre wächserne Nasen, so F 5 gut

Der junge Gelehrte,

86

gut verstünde, als Sie-------- O Herr Damiv, erbarmen Sie Sich meiner Dummheit!

Damio. Nun wohl, wenn es dein Ernst ist,

so greife das Werk an. Es erfreut mich, der Ger lehrsamkeit durch mein Exempel cinenProselyten

gernacht zu haben.

Ich will dich redlich mit

meinem Rathe und meinen Lehren unterstützen. Dringst du es zu etwas, so verspreche ich dir,

dich in die gelehrte Welt selbst einzuführen, und

mit einem besondern Werke dich ihr anzukündir gen-

Vielleicht ergreife ich die Gelegenheit, etr

was dc Eruditis fero ad litcras admisiis, oder

de Opfimathia, oder auch dc lind io fenili zu schreiben,

und so wirst du auf einmal ber

rühmt.-------- Doch laß einmal sehen, ob ich

Mir

von

deiner

sprechen habe?

Lehrbegierde viel zu ver­

Welch Buch hattest du vorhin

in Handen? Auron. . Cs war ein ganz kleines — — Damis. Welches denn?---------

Auron. Es war so allerliebst eingebunden, mit Golde aufdem Rücken undaufdem Schnit­

te.

Wo legte ichs doch hin?

Da! da.'

Darms.

Der junge Gelehrte. c■

11

'—— ’

1

-2?T_3

87 - 1

*~1

Damio. Das hattest du? das? Anrorr. Ja, daS! Danris. Das? ?lnron. Din üb an das unrechte gekommen? weil cs so hübsch klein war — Damis. Ich hatte dir selbst kein beßres Vorschlägen können. 2hiron. Das dacht ich wohl, daß es ein schön Buch ferm n.üste. Würde es wohl sonst einen so schönen Nock haben? Danns. Es ist ein Buch, das seines glelr eben nicht hat. Ich habe es selbst geschrieben. Srehst du?------- Au eh) re Dainidc [ Anton. Sie selbst? Nu, nn, habe ichs doch immer gehört, daß man die leiblichen Kinder bester in Kleidung halt, als die Stiefkinder. Das zeigt von der väterlichen Liebe. Damis. Ich habe mich in diesem Buche, so zu reden, übertroffen. So oft ich es wieder lese, so oft lerne ich auch etwas Neues daraus. Arrron. Aus Ihrem eignen Buche? Damitz. Wundert dich das ?------ Ach verr damun! nun erinnere ich mich erst: mein Gott, das

Dee junge Gelehrte.

88 ‘

—!

777-7^^

das arme Mädchen! Sie wird doch nicht noch in dem Kabinete stecken?

Anron.

(er geh: darauf los.)

Um Cottes Witten,

wo wollen

Sie hin? Damis. Was fehlt dir? LnsKabinet. Hast dn Lisetten gesehen? Anton. Nun bin ich vertohren!— Pein,

Herr Damis, nein; so wahr ich lebe, sie ist

nicht drinne. Damis. Du hast sie also schm heraus ge;

heu?

Ist sie schon lauge fort?

Anron. Ich habe sie, so wahr ich ehrlich bin,

nicht sehen herein gehen. Sie ist nicht brinne;

glauben Sie mir nur, sie ist nicht bvmuc — ~

Fünfter Austritt. Lisetre.

Damis.

Anron.

Lisecre. Allerdings ist sie noch drinne — Anron. O das Rabenaas! Damis. So lange hat Sie Sich hier wer* steckt gehalten?

Arme Lisette! das war mein

Wille gar nicht- So bald mein Vater aus der

Stube

Der junge Gelehrte. «fr.

:—-

89

■■■—-

Stube gewesen wäre, Hätte Sie immer wieder heraus gehen können. Lisette. Zeh wußte doch nicht, ob ich recht thäte. Ich wollte also lieber warten, bis mich der, der mich versteckt hatte, selbst wieder her^ vorkommen hies; — •— Anron. Zum Henker, von was für einem Verstecken reden die? (sachte zu Lisettcn.) So, du. feines Thierchen ? hat dich mein Herr selbst schon einmatversteckt? Nun weiß ich doch, wie ich die gestrige Ohrfeige auslegen soll. Du Falsche! Lisetce. Schweig; läge nicht ein Wort, daß ich zuvor bey dir gewesen bin, oder — du weißt schon-----Damre. WaS schwatzt ihr denn beide da zusammen? Darf ich es nicht hören? Liserre. Es war nichts; ich sagte ihm bloß, er solle herunter gehen, baß wenn meineJungftr nach mir fragte, er unterdessen sagen könnte, ich sey ausgegangen.Juliane ist mißtrauisch; sie suchre mich doch wohl hier, wenn sie mich brauchte. Danns. Das ist vernünftig. Gleich, An­ ton, geh! Anton.

go

Der junge Gelehrte.

Anton. Das verlangst du im Ernste, Lisette? Lisette. Freylich; fort, laß uns allein.

Damis. Wirst du bald gehen?

Anton. Bedenken Sie doch selbst, Herr Dar mis; wann Sie nun ihr Geplaudre werden

überdrüßig seyn, und das wird gar bald ger

schehen, wer soll sie Ihnen denn aus der Stube jagen helfen, wenn ich Nicht dabey bin?

Lisetce. Warte,ich will dein Lästermaul — -—

Darms. Laß dich unbekümmert! Wann sie mir beschwerlich fällt, wird sie schon selbst so vernünftig seyn, und gehen.

Anton. Aber betrachten Sie nur: ein Weibsr bild in Ihrer Srudierstube! Was wird Ihr Gott

sagen? Er kann ja das Ungeziefer nicht leiden. -Cisettc. Endlich werde ich dich wohl zur

Stube hinaus schmeissen müssen? Anton. Das wäre mir gelegen.-------- Die verdammten Mädel! auch bey demTeufel können

(gehe ab.)

sie sich einschmeicheln.

Sechster Lifttke.

Auftritt. Darms.

Darms. Und wo blieben wir denn vorhin ? £iset/

Der junge Gelehrte. Q—-

----------- ——----—— 1

9* 1

=0

Eiferte. Wo blieben wir? bey dem, was ich allezeit am liebsten höre, und wovon ich allezeit am liebsten rede, beyIhremLobe. Wenn es nur nicht eine so gar kühliche Sache wäre, einen ins Gesicht Zu leben! — •— Ich kann Ihnen unmöglich die Marter anthun. Danrio. Aber ich berhcure Ihr nochmals, Lisctte; eö ist mir nicht um mein Lob.zu thun! Ich möchte nur gern hören, auf was für vit; schiedene Art verschiedene Personen einerley Gegenstand betrachtet haben. Lrferre. Jeder lobte dasjenige an Ihnen, was er an sich lobenöwürdigeS zu finden glaubte. Zum Exempel, der kleine dicke Mann, mit der ernsthaften Mine, der so selten lacht, der aber, wenn er einmal zu lachen anfangt, mit dem err schütterten Bauche den ganzen Tisch über den Haufen wirft------Damio. Und wer ist das? Aus Ihrer Be­ schreibung, Lisette, kann ich es nicht errathen — O es ist mit den Beschreibungen eine kühliche Sache! Es gehört nicht wenig dazu, sie so ein-tu richten, daß man, gleich bey dem ersten Anblicke, das

92

Der junge Gelehrte.

«ft------------------- --

das Beschriebene erkennen kann, lieber nichts aber in ns; ich mehr lachen, als wenn ich b'-pdies fern und jenem großen Philosophen, wahrhvftig bey Mannern, die schon einer ganzen Sekte ihr reu Namen gegeben haben, öfters Beschreibung gen anstatt Erklärungen antresse. Das macht,, die guten Herren haben mehr Einbildungskraft, als Beurtheilung. Bey der Erklärung muß der Verstand in dasJnnere derDinge eindringen; bey der Beschreibung aber darf man bloß auf die äusserlichen Merkmale, auf das------- Liserre. Wir kommen von unsrer Sache, Herr Danns. Ihr Lob — ■— Danns. Za wohl; fahr Sie nur fort, Lis fette. Von wem wollte Sie vorhin reden? Lisette. Je,sollten Sie denn den kleinen Mann nicht kennen ? Er blaset immer die Backen auf —• Damis. Sie meynt vielleicht den alten RathSherrn? Lisette. Ganz recht, aber seinen Namen —' Damno. Was liegt an dem? - -----Lisette. Ja, Herr Chrysander, sagte also der Rathsherr, an dessen Namen nichts grlegen ist,. 2hk

Der junge Gelehrte.

93

Ihr Herr Sohn kann einmal der beste Raths

Herr von der Welt werden, wenn er sich nur

darauf appliciren will.

Es gehört ein aufge­

weckter Geist dazu; den hat er: eine fixe Zunr

ge; die hat er: eine tiefe Einsicht in die Staats­ kunst; die hat er: eine Geschicklichkeit, seine

Gedanken zierlich auf das Papier zu bringen; die hat er:

eine verschlagne Aufmerksamkeit

auf die geringsten Bewegungen unruhiger Bür­ ger; die hat er: und wenn er sie nicht hat —

0 die Uebung —

die Uebung! Ich weiß ja, Freylich kann man

wie mir es Anfangs gieng.

die Geschicklichkeit zu einem so schweren Amte,

nicht gleich mit auf die Welt bringen — Damiö. Der Narr! es ist zwar wahr, daß ich alle diese Geschicklichkeiten besitze;

allein

mit der Halste derselben könnte ich Geheimer

Rath werden, und nicht bloß--------

Siebenter Auftritt. Anton.

Damir.

£t fette.

Dainis. Nun, wieder? Gilt« Theil.

was G

willst

vn

schon

Anton.

Der junge Gelehrte.

g4 >O

—»_t—t—■

.........................

■ 1 _ Ts.

Anton. Mamsell Zuliane weis; es nun, daß Lifttte ausgegangen ist. Fürchten Sie Sich nur

nicht; sie wird uns nicht überraschen-------Damis. Wer hieß dich denn wiederkommen? Anton. Sollte ich wohl weinen Herrn als

lein lassen? Und dazu, es überfiel mich aufeinr mal so eineAngft, so eineVaugigkeit; dieOhr ren singen mir an zu klingen,

und besonders

das linke--------Lisette! Lisette! Lisette. Was willst du denn?

Anton,

(sachte zu Lisetlen.) Was habt ihr

denn beyde allein gemacht?

Was gilts,

es

gieng auf meine Unkosten!

Lisette. O pack dich — Ich weiß nicht, was der Narre will.

Danns. Fort, Anton! vSistdiehöchsteZcit; du mußt wieder aufdiePost sehen. auch gar nicht, wo

Ich weiß

sie so lange bleibt.------ -

Wirds bald? An ton. Lisette, komm mit!

Damis. WaS soll denn Lisette mit? Anton. Und was soll sie denn bey Zhnen? Damis.

Unwissender!

Anton.

Der junge Gelehrte ■O

.'

■_ .

■' - '

95 _!-------

Anton. Ja freylich ist es mein Unglück, daß

ich eönichtweiß. (sachte zuLisetten.) Rede nur we­ nigstens ein wenig laut, damit ich höre, was unter euch vergeht—

Ich werde horchen — (gehet ab,)

Achter Auftritt. Eiferte,

D a rn i s.

Lisette. Lassen Sie uns ein wenig sachte

reden.

Sie wissen wohl,

man ist vor dem

Horcher nicht sicher. Dttmio. Jawohl; fahr Sie also nur sachte fort.

Lisette. Sie kennen doch wohl des Herrn Chrvsanders Beichtvater? Darms. Beichtvater? soll ich denn alle sol­

che Handwerksgelehrte kennen?

Lisette. Wenigstens schien er Sie sehrwohl zu kennen. Ein guter Prediger, fiel er der dicken Nechtsgelehrsamkeit ins Wort, sollte Herr Dar mis gewiß auch werden.

Eine schöne Statur;

eine starke deutliche Stimme;

ein gutes Ge­

dächtniß; ein feiner Vortrag; eine anständige G 2

Dren-

96

Der junge Gelehrte.

Dreistigkeit; ein reifer Verstand, der über feie ne Meynungen Türkenmaßig zu hatten weiß:

alle diese Eigenschaften glaube ich, ziemlich hohen Grade,

haben.

in einem

bey ihm bemerkt zu

Nur um einen Punkt ist mir bange»

Ich fürchte, ich fürchte; er ist auch ein wenig von der Freygeisterey angcsteckt.-------- Ey, was

Freygeisterey? Medikus.

schrie der schon halb trunkene

Die Freygeister sind brave Leute!

Wird er deswegen keinen Kranken kuriren köm neu?

Wenn es nach mir geht, so muß er ein

Medikus werden.

Griechisch kann er,

Griechisch ist die halbe Medicin,

mählich wieder lauter spricht.) daS dazu gehört,

und

(indem sie atu

Freylich das Herz,

kann sich niemand geben.

Doch das kömmt von sich selbst,

wenn man

erst eine Weile praktieirt hat.---------- Nu,

siel ihm ein alter Kaufmann in die Rede,

so

muß es mit den Herrn Medicinern wohl seyn,

wie mit den Scharfrichtern. erstenmale köpfen,

Wenn die zum

so zittern und beben sie;

je öfter sie aber den Versuch wrederhohlen, der sw frischer geht es.-------- Und auf diesen Ein­ fall

Der junge Gelehrte. 1'.. .

-------- ff

97 • ’T---- L_t>

fall ward eine ganze Viertelstunde gelacht; in einem fort, in einem fort; so gar daö Trinken rvard darüber vergessen.

Neunter Auftritt. Lisette. Danis. Auron. 2tnron. Herr, die Post wird heute vor Neun Uhr nicht kommen. Ich habe gefragt; Eie können Sich darauf verlassen. DanLo. Mußt du uns aber denn schon wie,' Der stören, Idivte? Auron. Es soll mir recht lieb seyn, wann ich Sie nur noch zur rechten Zeit gestört habe. Danis. Was willst du mit deiner rechten Seit? Auron. Ich will mich gegen Lisetten schon deutlicher erklären. Darf ich ihr etwas ins Ohr sagen? Eiferte. Was wirft du mir ins Ohr zu sa­ gen haben? Auron. Nur ein Wort, (sachte.)Du denkst, ich habe nicht gehorcht? Sagtest du nicht: du hattest nicht Herz genug dazu? doch wenn du G 3 nur

Der junge Gelehrter

98

--- ■ -O

......... ■=„■

nur erst das Ding eine Weile würdest praktir

cirethaben-------- Oich habe alles gehört

Kurz, wir sind geschiedne Leute!

Du Unverr

schämte, Garstige — —

Lisette. Sage nur, was du willst?

Dnmis. Gleich, geh mir wieder aus den Augen! Und komme mir nicht wieder vors Ge­

sicht, bis ich dich rufen werde, oder bis du mir

Briefe von Berlin bringst!—

Ich kann sie

kaum erwarten. So macht es die übermäßige

Freude! Zwar sollte ich Hofnung sagen,

weit

jene nur auf das Gegenwärtige, und diese auf

das Zukünftige geht.

Doch hier ist das Zur

künftige schon so gewiß, als das Gegenwärtige. Ich brauche die Sprache der Propheten,

die

ihrer Sachen doch unmöglich so gewiß seyn

konnten.--------Die ganze Akademie müßte blind seyn.--------Nun, was stehst du noch da? Wirst

du gehen?

Zehnter Auftritt. C. i f e 11 e.

D a in i o.

Sisette, Da sehen Sie! Leute.

so lobten Sie die Damio.

Deo junge Gelehrte.,

99

Danns. Ah, wann die Leute nicht besser loben können, so möchten sie es nur gar bleiben

lassen. Ich will mich nicht rühmen, aber doch so viel kaun ich mir ohne Hochmuth zutrauen:

ich will meiner Braut die Wahl lassen, ob sie lieber einen Doktor der Gottesgelahrheit, oder

der Rechte, oder der Arzneykunst, zu ihrem Man-

ne haben will. Irr allen drey Fakultäten habe ich disputirt; in allen dreyen habe ich--------

Listrre.

Sie sprechen von einer Braut?

heyrathen Sie denn wirklich? Damis. Hat Sie auch schon davon gehört,

Lisette?

Eiferte. Kömmt denn wohl ohn unser' einer irgend in einem Haust eine Heyrath zu Stande?

Aber eingebildet hatte ich mir cs nimmermehr,

daß Sie sich für Julianen entschliessen würden ! für Julianen! Dnmiö. Größten Theils thue ich es dem Va­

ter zu gefallender aufdie ausserordentlichste Wei­ se deswegen in mich dringt.

Ich weiß wohl,

daß Juliane meiner nicht werth ist. Allein soll

ich einer solchen Kleinigkeit wegen, als eine G 4 Hcyr

Der junge Gelehrte«.

IOO

Heyrath ist, den Vater vor den Kopf stoßen?

And dazn habe ich sonst einen Einfall, der mir

ganz wohl lassen wird.

Lisectc.

Freylich ist Juliane Ihrer nicht

werth; und wenn nur alle Leute die gute Mam< fest so kennten, als ich--------

Erlfter Auftritt. Anton.

Daniis.

üisctke.

Anton. (vor sich.) Ich kann die Leute un­ möglich so alleine lassen.-------- Herr Valer fragt, vb Sie in Ihrer Stube sind? Sind Sie noch da) Herr Daniis?

Damis. Sage mir nur, Unwissender, hast

du dir cs denn heute recht vorgesetzt, mir be­

schwerlich zu fallen? tifette. So lassen Sie ihn nur da, Herr

Damis.

Er bleibt doch nicht weg —

Anco». Ja, jetzt soll ich da bleiben; jetzt,

da es schon vielleicht vorbey ist,

was ich nicht

hören und sehen sollte. Damis. Was soll denn vorbey seyn? Anton.

Der junge Gelehrte.

ioi

....?TJ?

Amon. Das werben Sie wohl wissen.

Eiferte. (sachte.) Jetzt,

Anton, hilf mir,

Julianen bey deinem Herrn recht schwarz mar chen.

Willst du?

Anton. Ey ja doch! zum Danke vielleicht—'

tiisettc. So schweig wenigstens.--------Nothwendig, Herr Damis, müssen Sie mit Julianen übel fahren.

voraus.

Ich betanre Sie im

Der ganze Erdboden trägt kein ärger

res Frauenzimmer--------

Anton. Glauben Sie es nicht, Herr Dar rnis; Juliane ist ein recht gutes Kind.

Sie

Tönn en mit keiner in der Welt besser fahren. Ich wünsche Ihnen im voraus Glück.

Lisette. Wahrhaftig! du mußt gegen bei« non Herrn sehr redlich gesinnt seyn,

daß du

ihm eine so unerträgliche Plage an den Hals

schwatzen willst. Anton. Noch weit redlicher mußt du gegcit

deine Mamsell seyn, daß du ihr einen fo.gu; ten Ehemann, als Herr Damis werden wird,

mißgönnest, G

5

Äisefr

io2

Der junge Gelehrte.

■43 -------------------- '.-

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■:(>.

Eiferte. Einen guten Ehemann? 9hm wahrhaftig, ein guter Ehemann? das ist auch alles, was sie sich wünscht. Ein Mann, der alles gut seyn laßt------Unten. Ho! ho! alles? Hören Sie, Herr Damis, für was Sie Lisette ansieht? Aus der Ursache möchtest du wohl selbst gern seine Frau seyn? Alles? ey! unter das alles, gehört wohl auch?------- du verstehst mich doch? — Damis. Aber im Ernste, Lisette; glaubt Sie wirklich, daß Ihre Jungfer eine rechte bö­ se Frau werden wird? Hat sie in der That viel schlimme Eigenschaften? Lisette. Viel? Siechat sie alle, die man haben kann; auch nicht die ausgenommen, die einander widersprechen. Damis. Will Sie mir nicht ein Verzeichn mß davon geben? Lisette. Wo soll ich anfangen?— Sie ist albern------Damis. Kleinigkeit! Anron. Und ich sage: Lügen! Lisette. Sie ist zänkisch------Damis.

Der junge Gelehrte.

103

...... .....---------------------------Damis. Anton.

Kleinigkeit! Und ich faße: Lügen!

Eiferte. Sie ist eitel-------Damis.

Kleinigkeit!

Anton. Lügen!

sag ich.

Eiferte. Sie ist keine Wirthin — — Dmnio. Anton.

Kleinigkeit! Lügen!

Lisette. Sie wird Sie durch übertriebenen Staat, durch beständige Ergöhlichkeiten und Schmaufereyen, um alle das Ihrige bringen — Damio.

Kleinigkeit!

Anton.

Lügen!

Eiferte. Sie wird Zhnen die Sorge um eie

ne Heerde Kinder auf den Hals laden — Dainis.

Kleinigkeit!

Anron. Das thun die besten Weiber am

ersten.

Lisette. Aber um Kinder, die aus derrechr len Quelle nicht geholt sind. Dmnis.

Kleinigkeit!

Anron.Und zwar Kleinigkeit nach der Mode! Eiferte. Kleinigkeit? aber was denken Sie

denn, Herr Damis?

Dmms.

104 ------------------

Der junge Gelehrte. -



---------------! ■-■.-!T

Damis. Ich denke, daß Juliane nicht arg genug seyn kann. Ist sie albern? ich bin desto klüger; ist sie zänkisch? ich bin desto gelassener; ist sie eitel? ich bin desto philosophischer gesinnt; verthut sie? sie wird aufhören, wenn sie nichts wehr hat; ist sie fruchtbar? so mag sie sehen, was sie vermag, wann sie eö mit mir um die Wette seyn will. Ein jedes mache sich ewig, womit es kann; das Weib durch Kinder, der Mann durch Bücher. Anton. Aber merken Sie denn nicht, daß Lisette ihre Ursachen haben muß, Julianen so zu verleumden? Damir. Ach freylich merk ich es. Sie gönnt mich ihr, und beschreibt sie mir also vollkommen nach meinem Geschmacke. Sie hat eö ohne Zweifel geschlossen, daß ich ihre Mamsell nur cben deswegen, weil sie das unerträglichste Frauenzimmer ist, heyrathen will. -eiserre. Nur deswegen? nur deswegen? und das hatte ich geschlossen? Ich müßte Sie für irre im Kopfe gehalten haben. Ueberlegen Sie doch nur------Damis.

Der junge Gelehrte.

105

Darms. Das geht zu weit, Listtte! Traut Sie mir keine Uebertegung zu? Was ich gesagt

habe, ist die Frucht einer nur allzuscharfen Uer Verlegung. Za, es ist beschlossen: ich will die Zahl der unglücklich scheinenden Gelehrten, die

sich mit bösen Weibern vermahlt haben, verr mehren.

Dieser Vorsatz ist nicht von heute.

Anton. Nein, wahrhaftig!— Was aber

der Teufel nicht thun kann! Wer hatte e§ sich jetzt sollen träumen lassen, jetzt da esErnstwerr

den soll? Ich muß lachen;

Lisette wollte ihn

von der Heyrath abziehen,

und hat ihn nur

mehr dazu beredt; und ich, ich wollte ihn dazu

bereden, und hatte ihn bald davon abgezogen. Damis. Einmal soll geheyrathet seyn. Auf

eine recht gute Frau darf ich mir nicht Rechnung

machen; also wähle ich mir eine recht schlimme.

Eine Frau von der gemeinen Art, die weder kalt,

noch warm, weder rocht gut, noch recht schlimm

ist, taugt für einen Gelehrten nichts, ganz und gar nichts! Wer wird sich nach seinem Tode um

sie bekümmern? Gleichwohlverdienteres doch, daß sein ganzes Haus mit ihm unsterblich bleibe. Kann

Der junge Gelehrte.

io6 O

.............



.7

'.=g*

Kann ich keine Frau haben, die einmal ihren

Platz, in einer Abhandlung de bonis Erudito-

rum uxoribus findet, so will ich wenigstens ct,'

ne haben, mit welcher ein fleißiger Mann fcü ne Sammlung de malis Eruditorum uxoribus Vermehren kaun.

Za, ja; ich bin es ohnehin

meinem Vater, als der einzige Sohu, schuldig, auf die Erhaltung seines Namens mit der aus-

fersten Sorgfalt bedacht zu seyn. Lisette. Kaum kaun ich mich von meinem Erstaunen erholen-------- Ich habe Sie, Herr Damis, für einen so großen Geist gehalten — *—

Damis. Und das nicht mit Unrecht

Dock­

eben hierdurch, glaube ich, den stärksten Be­ weis davon zu geben. Eiferte. Ich möchte platzen!--------Za, ja,

den stärksten Beweis, daß niemand schwerer zu fangen ist, als ein junger Gelehrter; nicht so­

wohl wegen seinerEinsicht und Verschlagenheit, als wegen seiner Narrheit.

Damis.

Wie so naseweis, Lisette?

Eilt

junger Gelehrter?-------- ein junger Gelehr­

ter? —

Liser-

Der junge Gelehrte.

107

Liseree. JchwillJhnen die Verweise erspar ren. Vater soll gleich von allem Nachricht ber kommen. Ich bin Ihre Dienerinn.

Zwölfter Auftritt. A n t 0 n. D a nr i s. Anton. Da sehen Sie! nun laust sie fort, da Sie nach ihrer Pfeife nicht tanzen wollen.— Damio. Midier non Homo ! bald werde ich auch dieses Paradoxon für wahr halten. Wor durch zeigt man, daß man ein Mensch ist? Durch den Verstand. Wodurch zeigt man, daß man Verstand hat? Wann man die Gelehrten und die Gelehrsamkeit gehörig zu schätzen weiß. Dieses kann kein Weibsbild, und also hat es keinen Verstand, und also ist cs kein Mensch. Ja, wahrhaftig ja; in diesem Paradoxo liegt mehr Wahrheit, als in zwanzig Lehrbüchern. Anton. Wie ist mir denn? ich habe Ihnen doch gesagt, daß Sie Herr Valer gesucht hat? Wollen Sie nicht gehen und ihn sprechen? Damis. Valer? ich will ihn erwarten. Die Zeiten sind vorbey, da ich ihn hochschätzte. Er hat seit

iog ,

Der junge Gelehrte, - ------------------ »MbcgfijaA*«---- --

,

gfr.

seit einigen Jahren die Bücherbey Seite gelegt;

er har sich das Vorurtheilin den Kopfsehen las­ sen, daß man sich vollends durch den Umgang, und durch dieKenntniß der Welt, geschickt nw

chen müsse, dem Staate nützliche Dienste zuteil sten. Was kann ich mehr thun, als ihn betrau ern? Doch ja, endlich werde ich mich auch seis

ner schämen müssen. Ich werde mich schämen müssen, daß ich ihn ehemals meiner Freundschäft werth geschätzt habe.

O wie ekel muß

man in der Freundschaft seyn!

Doch was hat

es geholfen, daß ich es bis auf den höchsten

Grad gewesen bitt? Umsonst habe ich mich voi: der Bekanntschaft aller mittelmäßigen Köpfe ges

hütet; umsonst habe ich mich bestrebt, nur mit Genies, nur mit originellen Geistern umzuge-

hen: dennoch mußte mich Valer, unter der Lar-

ve eines solchen, hintergehen. OVater! Vater! Airron. Laut genug, wenn er es hören soll. Danris. Ich hatte über sein kaltsinniges

Kompliment bersten mögen! Von waS unterhielt er mich? von nichtswürdigen Kleinigkeiten. Und

gleichwohl kam er von. Berlin, und gleichwohl

Der junge Gelehrte.

xog

........................ " ------------------------------------ 0>

hatte er mir die allerangcnehmsre Neuigkeit zur erst berichten können.

O Naler! Naler!

Anton. St! wahrhaftig er kömmt. Sehen Sie, daß er sich nicht dreymal rufen laßt?

Dreyzchnter Auftritt. Damis.

Vater.

Anton.

Vater. Verzeihen Sie, liebster Freund

daß ichSLeinJhrcr gelehrten Ruhe störe—— Auron. Wenn er doch gleich sagte, Faulheit. Damis. Stören? ich sollte glauben, das; Sie

mich zu stören kamen? Nein, Baler, ich kenne Siezuwohl; Sie kommen, mir die angenehme sten Neuigkeiten zu hinterbringen, die der Atif?

merksamkeit eines Gelehrten, der seine Belohr

nung erwartet, würdig sind.--------- Einen Stuhl, Anton!--------Sehen Sie Sich.

Vater. Sie irren sich, liebster Freund. Ich komme Ihnen die Unbeständigkeit Ihres Var rers zu klagen; ich komme, eine Erklärung von

Ihnen zu verlangen, von welcher mein ganzes Glück abhangen wird.--------

Erster Theil.

H

Damis.

Der junge Gelehrte.

iio ..........

'O



Damis. 01 ich konnte es Ihnen gleich atu sehen, daß Sie vorhin die Gegenwart meines

Vaters abhielt, sich mit mir vertraulicher zu besprechen, und mir Ihre Freude über die Ehr re zu bezeigen, die mir der billige Ausspruch

der Akademie--------Vater. Nein,

allzugelehrter Freund; last

sen Sie uns einen Augenblick von etwas minr

der gleichgültigem reden. Damis.Von etwas minder gleichgültigem? Also ist Ihnen meine Ehre gleichgültig? Fal­ scher Freundl------ -

Vater. Ihnen wird diese Benennung zukoms

tuen, wann Sie mich langer von dem,

was für

ein zärtliches Herz das wichtigste ist) abbringcrr

werden. Ist es wahr, daß Sie Julianen her­

rathen wollen? daß Ihr Vater dieses allzuzärtlü che Frauenzimmer durch Bande der Dankbarkeit

binden will,

in seiner Wahl minder frey zu

handeln? Habe ich Ihnen jemals aus meiner Neigung gegen Julianen ein Geheimniß ge­

macht? Haben Sie mir nicht von je her ver­

sprochen, meiner Liebe behilflich zu seyn?

Darms»

Q~...... —.-2.—■

■.!*»

Damis. Sie ereifern Sich, Vater; und vcw gessen, daß ein Weibsbild die Ursache ist. Schlau gen Sie Sich diese Kleinigkeit aus dem Sinne— Sie müssen in Berlin gewesen seyn, da dieAkal demie den Preis aufdieses Jahr ausgetheilet hat. Die Monaden sind die Aufgabe gewesen. Sollten Sie nicht etwa gehört haben, daßdieDevise— Valer. Wie grausam find Sie, Damis! So antworten Sie mir doch! Damis. Und Sie wollen mir nicht antworr ten? Besinnen Sie Sich; sollte nicht die Set vise: Unum eft neccflarimn, seyn gekrönt worden? Ich schmeichle mir wenigstens---- Valer. Bald schmeichle ich mir nun mit nichts mehr, da ich Sie so ausschweifend sehe. Bald werde ich nun auch glauben müssen,- daß die Nachricht, die ich für eine Spötlerey von Lisetten gehalten habe, gegründet sey. Sie halten Juliar nen für Ihrer unwerth, Sie halten sie für die Schande ihres Geschlechts, und eben deswegen wollen Sie sie heyrathen? Was für ein unger heurer Einfall! Damis. Ha! ha! ha! Vater. H 2

112

Der junge Gelehrte. —-"■■

----------- ---

Vater. Ja lachen Sie nur, Danris, lachen Sie nur! Ich bin ein Thor, daß ich einen Aur

genblick solchen Unsinn von Ihnen habe glau­

ben können.

Sie haben Lisetten zum besten ge­

habt, oder Lisette

mich.

Nein,

nur in ein

zerrüttetes Gehirn kann ein solcher Entschluß

kommen! Ihn zu verabscheuen, braucht man nur vernünftig zu denken, und tauge nicht edel, wie Sie doch zu denken gewohnt sind. Aber

lösen Sie mir, ich bitte Sie, dieses martern­

de Räthsel! Danris. Bald werden Sie mich, Vater, auf Ihr Geschwatze aufmerksam gemacht haben. So

verlangen Sie doch in der That, daß ich meinen

Ruhm Ihrer thörichten Neigung nachsehen soll? Meinen Ruhm!--------- Doch wahrhaftig, ich

will vielmehr glauben, daß Sie scherzen. Sie wollen versuchen,

ob ich in rneinen Entschlies­

sungen auch wankelhaft bin.

Vater. Ich scherzen?

der Scherz sey ver­

flucht, dermirhier in den Sinn kommt!--------Damiö. Desto lieber ist mir es, wann Sie

endlich ernsthaft reden wollen. Was ich Ihnen sage:

113

Der junge Gelehrte.

vS

'vr.T.T:

.'s. Verspottungen?

schlecht kennen.

Sie müssen mich

Was ich sage, das sag ich.

Ich habe die Sache nun besser überlegt;

ich

Juliane schickt sich für meinen Sohn

sehe,

nicht, und er sich noch vielweniger für Inliar ne».

Sie lieben sie;

Sie haben langst bey

mir um sie angehalten; wer am ersten kömmt, der muß am ersten mahlen.

Ich habe eben

mit meinem Sohne davon geredt--------- Sie

kennen ihn ja — ■— Valer.

Himmel, was hör ich ?

Ist es

möglich? welche glückliche Veränderung I Err landen Sie, daß ich Sie tausendmal umfange.

Soll ich also doch noch glücklich seyn? O Chryr sauberl

o Damis !

LH res. Neben Sie mit ihm, und setzen Sie ihm denKopf ein wenig znrechte.

Julianen gehen,

Ich will zu

und ihr meinen veränderten Entc

Der junge Gelehrte.

143

Sie wird mir eZ

Entschluß hinterbringcn.

doch nicht übel nehmen? Valcr. Uebel? Sie werden ihr das Leben wieder geben, so wie Sie cs mir wieder geger

ben haben.

Lhrys. Ey! kann ich das?

(geht ab.)

Sechstem Auftritt. Damrs.

Vater.

Anton.

Vater. Und in welchem Tone soll ich nun

mit Ihnen reden, liebster Freund?

Das er­

neuerte Versprechen ZhreS Vaters berechtigte mich, Sie ganz und gar zu übergehen.

Ich

habe gewonnen, so bald Chrysander Julianen

zu zwingen aufhört.

Doch wie angenehm soll

es mir seyn, wann ich ihren Besitz zum Theil

auch Ihnen werde verdanken können. Damio.

Anton!

Anton, (kömmt.) Was soll der?

ist Ihnen

die Post wieder eingefallen?

Danris, Gleich geh!

sie muß nothwendig

da seyn.

K 2

Anton,

144 -a

Dcu junge Gelelnke. a*.^^Saä=s= -■ü

-T-.......................

Auron. Aber ich sageZhnen, daß sieben so Übeln Welter vor zehn Uhr nicht kommen kann. Damis. Giebst du abermals eine Stunde zu? Kurz, gehl und kömmst du leer wieder, so sieh dich vor! Auron. Wenn ich diese Nacht nicht saust schlafe, so glaube ich Zeitlebens nicht mchr, daß die Müdigkeit etwas dazu helfen kann, (acht ab.)

Siebenter Auftritt. D a rn r s.

Vale r.

Vnler. So? anstatt zu antworten, reden Sie mit dem Bedienten? Darme. Verzeihen Sie, Waler; Sie haben also mit mir gesprochen? Ich habe kenKepfso voll; eS ist uur unmöglich, ans alles zu hören.

Vnler. Und Sie wollen Sich auch bey miv verstellen? Ich weiß die Zeit noch sehr wohl, da ich in eben dein wunderbaren Wahne stand, Cu ließe gelehrt, so zerstreut, als möglich, und auf nichts, als auf fein Buch aufmerksam zu

Der junge Gelehrte.

145

thun. Doch glauben Sie nur, der muß sehr einfältig seyn, den Sie mit diesen Gauckeleyen hintergehen wollen, Danris. Und Sie müssen noch einfältiger seyn, daß Sie glauben können, ein jeder Kopf sey so gedankenleer, als derJhrige. Und vcn dient denn Ihr Geschwätz, daß ich darauf hör re? Sie haben ja gewonnen, sobald Chrysanr der Julianen zu zwingen aufhört; Sie sind ja berechtiget, mich zu übergehen------Valer, Das muß doch eine besondre Art der Zerstreuung seyn, in welcher man des an: dern Reden gleichwohl so genau höret, daß man sie von Wort zu Wort wiederhohten kann. Darms. Ihre Spötterey ist sehr trocken, (sieht wieder ans sein Buch.)

'Vater. Doch aber zu empfinden?----- — Was für eine Marter ist es, mit einem Menr sehen von Ihrer Art zu thun zu haben? ES giebt deren wellige — — Darms. Das sollte ich selbst glauben. Vater. ES würden sich aber mehrere finden, wenn selbst------Damis K 3

Der junge Gelehrte.

146 -7-

.

o

■_.

Damio. Ganz recht; wenn die wahre Ger

lehrsamkeit nicht so schwer zu erlangen, natürliche Fähigkeit dazu gemeiner,

die

und ein

unermüdeter Fleiß nicht so etwas beschwerlir

ches waren-------Valer. Ha! ha! ha!

Damis. Das Lachen eines wahrenZdioten!

valer. Sie reden von Ihrer Gelehrsamkeit, und ich, mit Vergebung, wollte von ihrer Thorr

heit reden.

Hierin«, meynte ich, würden Sie

mehrere Ihres gleichen finden, wenn selbst diese

Thorheit ihren Sklaven nicht zur Last werden müßte. Damio. Verdienen Sie also,

daß ich Ihr

neu antworte? (sieht wieder in sein Buch.)

Valer. Und verdienen Sie wohl, daß ich noch

Freundes genug bin,mit Ihnen ohne Verstellung

Zureden? Glauben Sie mir, Siewerden Ihre Thorheiten bey mehrerm Verstände bereuen - Damio. Bey mchrerm Verstände? (spöttisch.) Valcr. Werden Sie darüber ungehalten?

Das ist wunderbar! Ihr Körper kann, Ihren

Jahren nach,

noch nicht ausgewachsen haben,

und

Der junge Gelehrte«

147

ii — —

=0

,,,,,

*0-

unb Sie glauben, daß Ihre Seele gleichwohl schon zu ihrer möglichen Vollkommenheit getane

gct sey? Ich würde den für meinen Feind hal­ ten, welcher mir den Vorzug, täglich zu mehrerm

Verstände zu kommen, streitig machen wollte. Damis.

Sie!

Valer. Sie werden so spöttisch, mein Here

Nebenbuhler—

Doch da ist sie selbst! (taufe

ihr entgegen.) Ah, Juliane —' —>

Achter Auftritt. Juliane. Juliane. Ach,

Damis.

Vater.

Valcr, welche glückliche

Veränderung!-------Damis. (indem er sich auf Sem Stuhle iimweudet.)

Die Ehre, Sie hier zu sehen, Mademoiscll,

habe ich ohne Zweifel einem Irrthume zu dan­ ken? Sie glauben vielleicht in Ihr Schlafzim­ mer zu kommen---------

Juliane. DieserZrrthumwarennvergeblich! Nein! mein Herr, e§ geschieht aufBefehlIhres

Herrn Vaters, daß ich diesen heiligen Ort betrete. Ich komme, Ihnen einen Kauf aufznsagen, und

K 4

mich

148 ----------------

Der junge Gelehrte.

cgjfja*«»,* -■

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— {*+

mich bey Ihrer Muse zu entschuldigen , daß ich beynahe m die Gefahr gekommen wäre, ihr einen so liebenswürdigen Geist abspenstig zu machen. Naler. O wie entzückt bin ich, schönste Siu liane, Sie auf einmal wieder in Ihrer Heiterkeit zu sehen. Damio. Wenn ich bas Gewäsche eines FrauenzimmerS recht verstehe, so kommen Sie, ein Pakrum aufzuheben, welches doch alle Requip sita hat, die zu einem unumstößlichen Pakto erfordert werden. Juliane. Und wann ich das Galimathias eines jungen Gelehrten verstehen darf, so har ben Sie es getroffen. Darms. Mein Vater ist ein Idiote. Kömmt es denn nurattfihn, oderaufSie, Mademoisell, an, einen Vertrag, der an meinem Theil fest bcsiehet, ungültig zu machen?------ Es wird sich alles zeigen; nur wollte ich bitten,mich jetzt ungestört zu lassen------ (wunder sich wieder an den Tisch.) dualer. Was für ein Bezeigen! hat man je­ mals einem Frauenzimmer, auf dessen Besitz man Einspruch macht, so begegnet? Darme.

Der junge Gelehrte. ------- . ■

--

149 ■ ■ ■——

Damis.Und ist man jemals einem beschäftigLen Gelehrten so überlastig gewesen? Diese verLrüßliche Gesellschaft toß zu werden, muß ich nur selbst meine vier Wände verlassen, (gehr ab,)

Neunter Auftritt. Naler. Juliane, Juliane. Und wir lachen ihm nicht nach? Naler. Nein, Juliane; eine bessere Freude 3nag uns jetzt erfüllen; und beynahe gehört eine Art von Grausamkeit dazu,sich über einen so kläg­ lichen Thoren lustig zu machen. Wie soll ich Ih­ nen die Regungen meines Herzens beschreiben, jetzt, da man ihm alle seine Glückseligkeit wieder gegeben hat? Ich beschwöre Sie,Juliane, wann Sie mich lieben, so verlassen Sie noch heute mit 2nir dieses gefährliche Haus. Setzen Sie Sich nicht langer der Ungestümigkeit eines veränderli­ chen Alten, der Raserey eines jungen Pedanten, rmd der Schwäche Ihrer eignen allzuzärtlichen Denkungsart aus. Sie sind mir in einem Tage genommen, und wieder gegeben worden; lassen Sie ihn den ersten und den letzten seyn', der so grausam mit uns spielen darf! K 5 Inlü

150

Der junge Gelehrte»

zugeben,

daß sich eine häßliche Dohle mit

meinen prächtigen Pfauenfedern auöschmücke? Erster Theil,

M

Mach

Der junge Gelehrte.

174

Mach bald! oder ich werde andre Maaßregeln

ergreifen. Auron. Was wollen Sie denn? Zch habe

i\\d)t einen Buchstaben mehr von Ihnen.

Damis. Gleich wende alle Taschen uni! Auron. Warum auch nicht? Wenn ich sie

nmwende, so fallt ja alles heraus, was ich dau

inn habe. Damis. Mach, und erzürne mich nicht! Auron. Zch will ein Schelm seyn, wenn Sie

nur ein Stäubchen Papier bey mir finden. Dar

rnitSieaber doch Ihren Willen haben;— hier ist die eine; da ist die andre---------Was sehen

Sie?— Da ist die dritte; die ist auch leer —

Nun kömmt die vierdre— (indem er sie umwcndet,

fallen die Briefe herauö)----- Zum Henker,

die

verfluchten Briefe! die hatte ich ganz vergessen —

(er will sie geschwind wieder anfhebcn.) Damis. Gieb her, heraus?

gieb her! was fiel da

Ganz gewiß wird es wieder etwas

Von mir seyn. Anton. So wahr ich lebe, es ist nichts von Ihnen. An Sie könnte es eher noch etwas seyn.

Da:nis.

Der junge Gelehrte. Q' ■■■■■ ■

175 ■■■■..

Darms. Halte mich nicht auf;

o

irf) habe

mehr zu thun.

Kinton, galten Sie mich nur nicht auf. Sie wissen ja, daß ich nun bald wieder auf die Post gehen muß. Ich weiß, es sind Briefe da.

Darms. Nun so geh, so geh! Aber durchs aus zeige mir erst, was du so eilfertig aufhobst.

Ich muß es sehen.

Anton. Zum Henker!

wenn das ist,

so

brauche ich nickt auf die Post zu gehen. Darms. Wie so?

Anton. Nu, mi! da haben Sie es. Ich will hurtig gehen, (er giebt ihm Oen Brief/ und will fortlanfen.)

Damis. (indem er ihn besieht.) Je, Unton, An,'

ton, das ist ja eben der Brief aus Berlin , web

chen ich erwarte. Ich kenn ihn an derAufschrift. Anton. Es kann wohl seyn,

daß er es ist.

Aber, Herr Damis, werden Sie nur-------- nur

nicht ungehalten.

Ich hatte es, bey meiner

armen Seele! ganz vergessen — Darms, Was hast du denn vergessen? M 2

Anten,

i?6

Der junge Gelehrte.

-f>——-......

......

- i,

2(nton. Daß ich dm Brief, beynahe schon

eine halbe Stunde, in der Tasche trage.

QDiit

dem verdammten Plaudern! —

Damio. Weil er nun da ist, so will ich dir dm dummen Streich verzeihen— Aber, allerliebster

Anton, was müssen hierinn für unvergleichliche, für unschätzbare Nachrichten stehen! Wie wird sich mein Vater freuen! Was für Ehre, was für

Lobsprüche!-------- O Anton!----------- ich will dir

ihn gleich vorlesen--------

-

------ J

------ ^.b?7'

' ',g>

Der Reis. Nur ein wenig höflicher, mein Freund!-----Mart.Rr.O! lassen Sie Sicks doch nurweü sen. Wenn sie nun so stehen,------ sehen Sie- Ivie der Blil) lind sie mit der Hand nach derUhrr lasche, (er fährt mit der Hand, anstatt nach derUhr, itr die Rocktasche, und nimmt ihm seine Tobackodose heraus.)

Das lohnen sie nun aber alles so geschickt machen. Laß man schwören sollte, sie führen mit der Hand dahin, wenn sie dorthin fahren. Wenn sie von der Tobacksdoft reden,so zielen sie gewiß nach derUhr, und wenn sie von derUhr reden, so haben sie ger wiß die Tobacködose zu stehlen im Sinne, (er will ganz sauber nach der Uhr greifen, wird aber ertappt.)

Der Reis. Sachte.' sachte! was hat Eues Hand hier zu suchen? Mark. Tw. Da können Sie fes)it, mein Herr, was ich für ein ungeschickter Spitzbube seyn würde. Wenn ein Jude schon so einen Griff ger thau hätte, so wäre es gewiß um die gute Uhr ge­ schehn gewesen.----- - Doch weil ich sehe, daß ich Ihnen beschwerlich falle, so nehme ich mir die Freyheit mich Ihnen bestens zu empfehlen, und ver-

Die Juden.

203

verbleibe Zeitlebens für Dero erwiesene Wohlthaten, meines hochzuehrenden Herrn gehörsamster Diener, Martin Krumm, wohlbestallt ter Vogt auf diesem Hochadelichen RLttergute. Der Reis. Geht nur, geht!

Marr. Rr. Erinnern Sie Sich ja, was ich Ihnen von den Juden gesagt habe. Es ist lauter gottloses diebisches Volk.

Dritter Auftritt. Der

Reisende.

Vielleicht ist dieser Kerl, so dumm er ist, oder

sich stellt, ein boshafterer Schelm, als je einer «tu ter den Juden gewesen ist. Wenn ein Jude betrkegt, so hat ihn,unter neunmalen,der Christ viel­

leicht siebenmal dazu genöthiget. Ich zweiste, ob vielChristen sich rühmen können,mir einew.Juden

aufrichtig verfahren zu seyn: und sie wundern sich,

wenn er ihnen Gleiches mitGleichem zn vergelten sucht? Sollen Treu und Redlichkeit unter zwey

Völkerschaften herrschen, so müssen beyde gleich

viel dazu beytragen. Wie aber, wenn es bey der einen

204

Die Juden,

einen einNeligionspunkt, und beynahe ein vevf dienstliches Werk wäre, die andre zu verfok gen? Doch —

Vierter Auftritt. Der Reisende. L h r i st o p h. Der 2\eis* Daß nlan Euch doch allezeit eine Stunde suchen muß, wenn man Euch haben will. Lhrrst, Sie scherzen, mein Herr. Nicht wahr, ich kann nicht mehr, als an einem Orte zugleich seyn? Ist es also meine Schuld, daß Sie Sich nicht an diesen Ort begeben? Gewiß Sie finden mich allezeit da, wo ich bin. DerReis. So? und Ihr taumelt gar? Nun begreif ich, warum Ihr so sinnreich seyd. Müßt Zhr Euch denn scheut frühmorgens besaufen? Christ. Sie reden von Besaufen, und ich har 6c kaum zu trinken angefangen. Ein PaarFtar scheu guten Landwein, ein Paar Glaser Brand­ wein, und eine Mnndsemmel ausgenommen, habe ich, so wahr ich ein ehrlicher Mann bin, nicht das geringste zu mir genommen. Ich bin noch ganz nüchtern.

Die Inden,

205 '*—** 1 11

—-gfr

J!?J-!

Der Heif. 0! das sieht man Euch an. Und ich rache Euch, als ein Freund, die Portion Zu verdoppeln.

Christ. VdrtreflicherRath! Ich werde nicht unterlassen, ihn, nach meiner Schuldigkeit, als einenBefehl an Zu seh en. Ich gehe, und Sie solr len sehen, wie gehorsam ich zu seyn weiß. Der 2icif* Seyd klug! Ihr könnt dafür gehn, und die Pferde satteln und anfpacken» Ich will noch diesen Vormittag fort.

Christ. Wenn Sie mir im Scherze gerathen haben, ein doppeltes Frühstück zu nehmen, wie kann ich mir einbilden, daß Sie jeht im Ernste reden? Sie scheinen Sich heute mit mir erlustigen zu wollen. Macht Sie etwa das junge Frauleinso aufgeräumt? 0! es ist ein allerlieb­ stes Kind. — Nur noch ein wenig alter, ein klein wenig alter sollte sie seyn. Nicht wahr, mein Herr? wenn das Frauenzimmer nicht Zn einer gewissen Reife gelangt ist,------Der Reis. Geht, und thut, was ich Euch befohlen habe. Christ. Elfter Theil, P

2o6

Die Juden.

Christ. Sie werden ernsthaft. Nichts destoweniger werde ich warten, bis Sie mir es das drittemal befehlen. Der Punkt ist zu wichtig! Sie könnten Sich übereilt haben.. Und ich bin allezeit gewohnt gewesen, meinen Herren Be­ denkzeit zu gönnen. Ueberlegen Sie es wohl, einen Ort, wo wir fast auf den Handen getra­ gen werden, so zeitig wieder zu verlassen? Ge­ stern sind wir erst gekommen. Wir haben unS um den Herrn unendlich verdient gemacht , und gleichwohl bey ihm kaum eine Abendmahlzeit Und ein Frühstück genossen. Der Reis. Eure Grobheit ist unerträglich. Wenn man sich zu dienen entschließt, sollte man sich gewöhnen, weniger Umstande zu machen. Christ. Gut, mein Herr! Sie fangen an zu moralisiren, das ist: Sie werden Zornig. Mäßigen Sie sich; ich gehe schon — — Der Reis. Ihr müßt wenig Ueberlegungen zu machen gewohnt seyn. Das, was wir diesem Herrn erwiesen haben, verlieret den Namen einer Wohlthat,so bald wir die geringsteErkenNtlichkeit dafürzu erwarten scheinen. Zch hatte mich nicht ein-

Die Juden.

207

einmal sollen Mit hieher nöthigen lassen. Das Vergnügen,einem Unbekannten ohne Absicht bey; gestanden zu haben, ist schon vor sich so groß! Und er selbst würde uns mehr Segen nachgewünscht haben, als er uns jetzt übertriebene Danksagung halt. Wen man in die Verbindlichkeit setzt, sich weitläuftig, und mit dabey verknüpften Kosten zn bedanken, der erweiset uns einen Gegendienst, der ihm vielleicht saurer wird, als uns unsere Wohl; that geworden. Die meisten Menschen sind zu verderbt, als daß ihnen die Anwesenheit eines Wohlthäters nicht höchst beschwerlich seyn sollte. Sie scheint ihren Stolz zu erniedrigen > ■— •— Christ. Ihre Philosophie, mein Herr, bringt Sie um denAlhem. Gut! Sie sollen sehen, daß ich eben so großmüthig bin, als Sie. Ich gehe; in einer Viertelstunde sollen Sie sich aufsetzen Men»

Fünfter Auftritt. Der Reifende. Dao Fräulein. Der Reif. So wenig ich mich mit diesem Menschen gemein gemacht habe, so gemein macht er sich mit mir.

0L

Das

sog

Die Jude».

Das Kraulern. Warum verlassen Sie uns, mein Herr ? Warum sind Sie hier so allein? Zfc Ihnen unser Umgang schon die wenigen Srunr Hen, die Sie bey unS sind, zuwider geworden? Es sollte mir leid thun. Ich suche aller Wett zu gefallen; und Ihnen möchte ich, vor allen an­ dern, nicht gern mißfallen. Der Reis. Verzeihen Sie mir, Fräulein. Ich habe nur meinem Bedienten befehlen wollen, alles zur Abreise fertig zu halten. Das Kraul., Wovon reden Sie-? von Ihrer Abreise? Wenn war dennIhre Ankunft? Es sey noch, wenn Sie überIahr und Tag eine melan­ cholische Stunde auf diesen Einfall brachte. Aber wie, nicht einmal einen völligen Tag aus­ halten wollen? das ist zu arg. Sch sage es Ih­ nen, ich werde böse, wenn Sie noch einmal daran gedenken. Der Reis. Sie könnten mir nichts empfindlichers drohen. Das Kraul. Nein? im Ernst? ist es wahr, würden Sie empfindlich seyn., wenn ich böse §uf Sie würde? Der

Die Juden.

309

........ '--------------- -T!—

Dcr3öeis. Wem sollte der Zorn eines licbenstvürdigenFrauenzimers gleichgültig seyn können? Dao Fränk. Was Sie sogen, klingt zwar bey­ nahe, als wenn Sie spotten wollten: doch ich will

Dee Reis. Erlauben Sie,-------- ist keine

Freundschaft. Wenn Sie mich unter dieser fal­ schen Gestalt betrachten, so kaun ich Ihr Freund

nicht seyn. Gesetzt einen Augenblick,

ich wäre

Ihr Wohlthäter: würde ich nicht zu befürchten

haben, daß Ihre Freundschaft nichts, als eine

wirksame Dankbarkeit wäre?

Der Baron. Sollte sich beydes nicht ver­

binden lassen?

Der Reis. Sehr schwer! Diese halt ein ed­

les Gemüth für seine Psticht;

jene erfordert

lauter willkührliche Bewegungen der Seele.

Der Baron. Wer wie sollte ich-------- Ihr allzuzärrlicher Geschmack macht mich ganz ver­

wirrt. —

Der Reis. Schätzen Sie mich nur nicht Hä­ her, als ich es verdiene. Auss höchste bin ich ein -Mensch, der seine Schuldigkeit mit Vergnügen

-gethan hat. Die Schuldigkeit an sich selbst ist

-keiner Dankbarkeit werth. Daß ich sie aber mit

.Vergnügen gethan habe, dafür bin ich genug-

.fmii

durch Ihre Freundschaft belohnt.

Der Laron. Diese Großmuth verwirrt mich

nur

Die Juden.

213

iiitv noch mehr.-------- Aber id) bin vielleicht zu

verwegen.-------- Ich habe mich noch nicht um rerstehen wollen,

nach Ihrem Namen,

nach

Ihrem Stande zu fragen.— Vielleicht biete ich meine Freundschaft einem an,

der-------- der

sie zn verachten-------Der Reis. Verzeihen Sie, mein Herr! —Sie-— Sie machen Sich--------Sie haben all,' zugroße Gedanken von mir.

Der Baron, (bereite.) Soll ich ihn wohl

fragen? Er kann meine Neugierde übel nehmen. Der Reif, (bey Seite.) Wenn er mich fragt, was werde ich ihm antworten? DerBaron. (bey Seite.) Frage ich ihn nicht;

so kann er es als eine Grobheit auetegen.

Der Reis. (beySeire.) Soll ich ihm die Wahrheit sagen?

Der Baron, (bey Seite) Doch ich will den sichersten Weg gehen. Ich will erst seinen

dienten aussragen lassen.

Der Reis, (bey Seite.) Konnte ich doch btc; fcv Verwirrung überhoben seyn!---------

Der Baron. Warum so nachdenlend?

O 5

Der

214 «Qj. . '-rr

-Die Juden.

sga

■ ,!'... i .-j_=

Der Reis. Ich war gleich bereit, dieseFrar

ge an Sie zu thun, mein Herr-------Der Darc»,. Ich weiß es, man vergißt sich dann und wann. Lassen Sie uns von etwas anr

deru reden-------- Sehen Sie, daß cs wirkliche Juden gewesen sind, die mich angefallen haben?

Nur jetzt hat mir mein Schulze gesagt, daß er vor einigen Tagen ihrer drey aufder Landstraße angcr

troffen. Wie er sie mir beschreibt, haben sieSpitzr buben ähnlicher,als chrlichenLeutcu,gesehen. Und warum sollte ich auch daran zweifeln? Ein Volk,

das auf den Gewinnst so erpicht ist, fragt wenig darnach, ob es ihn mit Recht oder Unrecht, mit List oder Gewaltsamkeit erhalt-------- Es scheir net auch zurHaudelschaft, oder deutsch zu reden,

zur Betrügerey gemacht zu seyn. Höflich, frey,

unternehmend, verschwiegen, sind Eigenschaften

die es schätzbar machen würden,

wenn es sie

nicht allzusehr zu unserm Unglück anwendete.— (er hält «was inne.)------- Die Juden haben mit

sonst schon nicht wenig Schaden und Verdruß ger macht. Als ich noch in Kriegsdiensten war, ließ

ich mich bereden, einen Wechsel für einen meiner Der

Die Juden. O..................—V

»fcXcg.lja**«—

215 -7>

Bekannten mit zu unterschreiben; unddcrZude, andencranSgestelletwar, brachte mich nicht al­ lein dahin, daß ich ihn bezahlen, sondern, daß ich ihn so gar zwcymal bezahlen mußte------O! cs sind die allerboshaftesten, niederträchtig­ sten Leute— Was sagen Sie dazu? Sie schei­ nen ganz niedergeschlagen.

Der Roif.Was soll ich sagen ? Ich muß sagen, daß ich diese Klage sehr ost gehört habe------Der Baron. Und ist es nicht wahr, ihre Ge­ sichtsbildung hat gleich etwas, das uns wider sie einnimmt ? Das Tückische, das Ungewissenhafte, das Eigennützige, Betrug und Meineid, sollte man sehr deutlich aus ihren Augen zu lesen glau­ ben— Aber, warum kehren Sie sich von mir? Der Reis. Wie ich höre, mein Herr, so sind Sie ein großer Kenner der Physiognomie; und ich besorge, baß die ineinige------Der Baron. 0! Sie kranken mich. Wie können Sie auf dergleichen Verdacht kommen? Ohne ein Kenner der Physiognomie zu seyn, muß ich Ihnen sagen, daß ich nie eine so ansrichtige, groß-

2iü

Die Iubeu.

großmüthige und gefällige Miene gefunden ha-' be, als die Ihrige. Der Reis. Ihnen die Wahrheit zu gestehn: ich bin kein Freund allgemeiner Urtheile über ganze Völker------ Sie werden meine Frey­ heit nicht übet nehmen.— Ich sollte glauben, daß es unter allen Nationen gute und böse See­ len geben könnte. Und unter den Juden------ .

Siebenter Auftritt. Das Fräulein. Der 2vcifeiibc* Der Baron.

Dao Fräulein. Ach! Papa-----Der Baron. Nu, tut! fein wild, fein wild! Vorhin liesst du vor mir: was sollte das beben; ten?-----Das Fräulein. Vor Ihnen bin ich nicht ge; lausen, Papa; sondern nur vor Ihrem Verweise. DerDaron. Der Unterschied ist sehr subtil. Aber was war es denn, das meinen Verweis verdiente? Das

Die Juden,

217.

äDao graul 0! Sie werden cs schon wissen. Sie sahen es ja! Ich war bey dem Herrn — Der Baron. Nun? und — DasZranl. Und der Herr ist eine MannZpers fonz und mit den Mannspersonen, haben Sie be­ fohlen, mir nicht allzuviel zu thun :u nrachen.— Der Baron. Das; dieserHerr eineZluSnahme sey, hattest du wohl merken sollen, Ich wollte wünschen, daß er dich leiden könnte------- . Ich werde es mit Vergnügen sehen, wenn du auch beständig um ihn bist. Das Fränl.Ach! es wird wohl das erste und letztemal gewesen seyn. Sein Diener packt schon auf— — Und das wollte ich Ihnen eben sagen. Der Baron. Was? wer? sein Diener? Der Rers. Ja, mein Herr, ich hab es ihm befohlen. Meine Verrichtungen und die Besorgn niß. Ihnen beschwerlich zu fallen — Der Baron. Was soll ich ewig davon denken ? Soll ich das Glück nicht haben, Ihnen näher zu zeigen, daß Sie Sich ein erkenntliches Herz ver­ bindlich gemacht haben? 0! ich bitte Sie, fugen Sie

218

Die Iriden.

Sie zu Ihrer Wohlthüt noch die andre hinzu, die nur eben so schahbar, als die Erhaltung meines Lebens seyn wird; bleiben Sie einige Zeit— wer nigstens einige Tage bey mir; ich würde mir es ewig vorzuwerfen haben, daß ich einen Mann, wie Sie, ««gekannt, ungeehrt, unbelohnt, wenn es anders in meinem Vermögen steht, von mir ge­ lassen hatte. Ich habe einige meiner Anverwand­ ten aufheute einladen lassen, mcinVergnügen mit ihnen zu theilen, und ihnen das Glück zu verschaf­ fen, meinen Schutzengel kennen zu lernen. Der Reis. Mein Herr, ich muß nothwen­ dig Dao Fraul. Da bleiben, mein Herr, da blei­ ben! Zeh laufe, Ihrem Bedienten zu sagen,'daß ev wieder abpackcn soll. Doch da ist er schon.

Achter Auftritt. Christoph, (in Stiefeln und Sporen, und zwey Mans relfacke unter den Armen.) Lio Vorigen»

Christ. Nun! mein Herr, es ist alles fertig. Fort! kürzen Sie Ihre Abschiedsfonneln ein wer nlg

Die Juden. nig ab.

219

Was soll das viele Rede», wenn wir

Nicht da bleiben können? Der Laro». WaS hindert euch denn, hier zu bleiben?

Christ. GewisseDetrachtungen, mein Herr

Baron, die den Eigensinn meines Herrn zum Grunde, und seine Großmuth zum Vorwande

Haben. Der Reis. Mein Diener ist öfters nicht klug:

verzeihen Sie ihm.

Ich sehe, daß Ähre Bit­

ten in der That mehr als Komplimente sind. Ich ergebe mich;

damit ich nicht aus Furcht grob

zu seyn, eine Grobheit begehen möge. Der Davon. O! was für Dank bin ich Zhr

nen schuldig! Der Reis. Ahr könnt nur gehen, und wie­

der abpackcn! Wir wollen erst morgen fort.

Das Frau!. Nu! hört Er nicht? Was steht Er denn da? Er soll gehn, und wieder abpackcn.

Christ. Von Rechts wegen sollte ich böse wer­ den. Es ist mir auch beynahe, als ob meinZorn erwachen wollte;

doch weil nichts schlimmers

daraus erfolgt, als daß wir hier bleiben, und »u

Die Juden,

220

Au essen und zu trinken bekommen,

und wöhl

gepflegt werden, so mag es seyn!

Sonst laß

ich mir nicht gern unnöthige Mühe machen: wissen Sie das?

Der Reis. Schweigt! Ihr seyd zu unver­

schämt. Christ. Denn ich sage die Wahrheit.

Das Araul. O! das ist vortreflich, daßSlk bey uns bleiben. Nun bin ich Ihnen noch einmal so gut.

Kommen Sie, ich will Ihnen unsern

Garten zeigen; er wird Ihnen gefallen. DerReif. Wenn er ihnen gefällt, Fräulein, so ist cs schon so gut, als gewiß.

Das Araul. Kommen Sie nur;— — mu terdesscn wird cs Essenszeit. Papa, Sie erlau­

ben es doch? Der Baron. Ich werdeeuch so gar begleiten. DaoAranl. Nein, nein, das wollen wirJH:

nen nicht zumuthcn. Sie werden zu thun haben»

Der Baron. Ich Habe'jeht nichts wichtigers zu thun, als meinen Gast zu vergnügen. Das Araul. Er wird es Ihnen nicht übel nehmen: nicht wahr mein Herr? (fWe ;u ihm.)

Sprer

Die S'ubett»

231

Sprechen Sie doch Nein. Ich möchte gern mit Ihnen allein gehen. Der Reis.

Es wird mich gereuen, baß ich

mich so leicht habe bewegen lassen, hier zu bleie ben,

so bald ich sehe,- daß ich Ihnen im ge­

ringsten verhinderlich bin. Ich bitte also-------- Der Baron. 0! warum kehren Sie Sich,

an des Kindes Nedo? Das Frank. Kind?-------- Papa!---------- be­

schämen Sie mich doch nicht so!— Der Herr

wird denken, wiejung ich bin!-------- Lassen Sie rö gut seyn; ich bin alt genug, mit Ihnen spazie­ ren zu gehen —

Kommen Sie-------- Aber

sehen Sie einmal: Ihr Diener steht noch da,

und hat die Mantelsacke unter ben Armen. Christ. Ich dachte, das gienge nur den an,

Lein es sauer wird? Der Reis. Schweigt! Man erzeigt euch zu viel Ehre---------

Neunter Auftritt. Lisctre. Die Vorigen. Der Baron. (in »cm er Sifettcn komme» sicht.) Mein Herr, ich werde Ihnen gleich nachfolgen, Erster Theil.

P

wann

222

nigstens würde mich, wenn .man mich mit silber­

nen Dosen anfiele,

sehr schlecht vertheidigen

können. Mit so einer Dose hatte ein Liebhaber gegen mich gewonnen Spiet.

riLivt. £1% Ich verstehs, ich verstehs! —

Eiferte. Da sie Ihnen so nichts kostet, wollte

ich Ihnen rathen, Herr Vogt, sich eine gute Freundinn daiüit zu machen-------Mare. Ixv. Ich verstehs, ich verstehs! — Lisette. (schmeichelnd.) Wollten Sie mir sie wohl schenken?--------

Mart.Rr. O um Verzeihung!-------- Man

giebt die silbernen Dosen jetzt nicht mehr,so in den Tag hinein, weg. Und glaubt Sie denn, Jungfer

Lisette, daß ich so verlegen mit der meinigen bin?

Ich werde schon noch einen ehrlichen Mann dazu

finden, ehe ich sie vor die Saue werfe. Lisette. Hat man jemals eine dümmre Grob­

heit gefunden!--------Ein Herz einer Schnupft tabacksdose gleich zu schätzen?

Mart.

Ja, ein steinern Herz einer sil­

bern Schnupstabacksdose-------Lisette.

2Z2

Die Jude».

Liserre. Vielleicht würde es aufhören, sieinenr zu seyn, wenn------ --

Doch alle meine Nederr

find vergebens-------- Er ist meiner Liebe nichk werth-------- Was ich für eine gutherzige 32dvf

rin bin! — (will ivcmcn.) beynahe hatte ich (er giebt ihr die Dose.)—t

Aber nun bin ich doch wvhlIhrer Liebe werth ?— Zum Anfänge verlange ich nichts, als nur ein

Küßchen aufZhre schöne Hand!--------(er fußt fte.y Ah, wie schmeckt das! —

Zwölfter Auftritt. Dao Zraulern.

Eiferte.

Martin

r u rn m.

Dao Fraul. (sie summt dazu geschlichen, und stößt

ihn mit Dem

fe auf Ci: Hand. ) Ey ! Herr Vogt,—

ruß Er mir doch meine Hand auch!

Eiferte. Daß doch!-------- : Mart.

Die Judek

033

------- ..

... .

o

llTavt.T.r. Ganz gern, gnädiges Fräulein— "(et will ihr die Handküssen.)

Das Fräul. (giel’t ihm eine Ohrfeige.) IhrFlct Hel, versteht Ihr denn keinen Spaß? Mare. Nr. Den Teufel mag das Spaß seyn! lisette. Ha! ha! ha! (i-chrihn ane.) O icl> Kedaure ihn, mein lieber Vogt— Ha! ha! ha!

Marr. Nr. So? und Sie lacht noch dazu?

Ist das mein Dank? Schon gut, schon gut! (gehr ad.) v?ifette, Ha! ha! ha!

Dreyzehnter Auftritt. Lisette.

Dao

Fräulein.

Das Fräul. Hatte ichs doch nicht geglaubt, -wenn ichs nicht selbst gesehen hätte.

Du läßt

dich küssen? und noch dazu vom Vogt?

lisette. Ich weiß auch gar nicht, was Sie für Recht haben, mich zu belauschen? Ich denke.

Sie gehen imGarten mit demFremden spazieren» Dao Fräul. Ja, und ich wäre noch bey ihm,

wenn der Papa nicht nachgekommen wäre. Aber

so

2Z4

Die Juden»

so kann ich ja kein kluges Wort mit ihm sprer chen.

Der Papa ist gar zu ernsthaft---------

Lifttte. Ey, was nennen Sie denn ein klur ges Wort? Was haben Sie denn wohl mit ihm

zu sprechen, das der Papa nicht hören dürste? Das Frank.

Tausenderlei)! —

Aber du

machst mich böse, wo du mich noch mehr fragst.

Genug, ich bin dem fremden Herrn gut. Das

darf ich doch wohl gestehn? Siserre. Sic würden wohl greulich mit dem

Papa zanken, wenn er Ihnen einmal so einen

Bräutigam verschaffte? Und im Ernst, werweiß, was er thut. Schade nur, daß Sie nicht einige

Jahre, älter sind:

cs könnte vielleicht bald zu

Stande kommen.

DasFraul. 0, wenn cs nur am Alter liegt, so kann mich ja der Papa einigeJahr älter ma­ chen. Ich werde ihm gewiß nicht widersprechen/

tii fette. Nein, ich weiß noch einen besser» Rath. Ich will Ihnen einige Jahre von den meinigen geben, so ist uns allen beyden geholfen.

Ich bin alsdann nicht zu alt, und Sie nicht zu jung. Das

Dle Juden.

335.

-w'.,........ f»......... .—-.........

— Aber wohl ge­

merkt ,

wie ich den Hunger rind Durst erklärt

habe. Zhr die Wahrheit zu gestehn, meine liebe Jungfer, so halte ich schon, so bald ich gestern vom

Pferde stieg, ein Auge auf Sie geworfen. Doch

weil ich nnr einige Stunden hier zu bleiben vcw, meynte, so glaubte ich, eS verlohne sich nicht der

Mühe, mich mitZhr bekannt zu machen. WaS

hätten wir in so kurzer Zeit können ausrichten ?•

Wir hatten unsern.Noman von hinten müssen atn fflii;

23& fangen.

Die Iudeik Allein es ist auch nicht allzusicher, die

Katze bey dein Schwänze aus dem Ofen zu ziehen. Liserce. Das ist wahr! nun aber können wie

schon ordentlicher verfahren.

Sie können mir

Ihren Antrag thun; ich kann darauf antworten.'

Ich kann Ihnen meine Zweifel machen; Sie köns

tun mir sie auflösen. Wir können uns bey jedem Schritte, den wir thun, bedenken, und bfirfctt Einander nicht den Assen im Sacke verkaufen^

Hätten Sie mir gestern glcichJhren Liebesantraz gethan; es ist wahr, ich würde ihn angcnomr

inen haben. Aber überlegen Sie einmal, wie vick

jch gewagt hätte,

wenn ich mich nicht einmal

nach Ihrem Stande, Vermögen, Vaterlande,

Bedienungen, und dergleichen mehr, zu «rkunr

digen, Zeit gehabt hätte? Christ. Der Geyer! wäre das aber auch so

nöthig gewesen? So viel Umstände? Sie könnten

jabeydemHeyrathen nicht mehrere machen?—* Lisekte. O! wenn es nur auf eine kahle

Heyrath angesehen wäre, so wär cs lächerlich, wenn ich so gewissenhaft seyn wollte. Allein mit einem Liebcsverständnisse ist es ganz etwas ane

derss

.Die Juden.

-37

ders! Hier wird die schlechteste Kleinigkeit 511

einem wichtigen Punkte. Also glauben Sie nur nicht, daß Sie die geringste Gefälligkeit von mir erhalten werden, wenn Sie meiner Neu/

gierde nicht in allen Stücken ein Gnüge thum

Lhrist. Nu? wie weit erstreckt sich denn die? Liserre. Weil man doch einen Diener am besten nach seinem Herrn beurtheilen kann, so

verlange ich vor allen Dingen zu wissen-----Lhrist. Wer mein Herr ist? Ha' ha!, das ist lustig. Sie fragen mich etwas, das ich Sie

gern selbst fragen möchte,

wenn ich glaubte,

daß Sie mehr wüßten, als ich. Lisette. Und mit dieser abgedroschnen Ausr

flucht denken Sie durchzukommen? Kurz, ich

muß wissen, wer Ihr Herr ist, oder unsre gan­ ze Freundschaft hat ein Ende.

Lhrist. Ich kenne meinen Herrn nicht langer,

alö seit vier Wochen.

So lange ist es,

daß er

mich in Hamburg in seineDienste genommen hat. Von da aus habe ich ihn begleitet, niemals mir

aber die Mühe genommen, nach seinem Stande oder Namen zu fragen. So viel ist gewiß, reich Elsiu' Theil»

Q

muß

2Z8.

Die Juden.

muß er scpn 1 denn er hat weder mich,

noch

sich, auf der Reise Noth leiden lassen. Und was brauch ich mich mehr zu bekümmern?

Lisette. WaS soll ich mir von Ihrer Liebe

versprechen,

da Sie meiner Verschwiegenheit

nicht einmal eine solche Kleinigkeit anvertrauen wollen? Ich würde nimmermehr gegen Sie so seyn. ZumExempehhierhabeich eine schöne sitr

berne Schnupstabacrsdvse--------Christ. Ja? nu?--------

Eiferte. Sie dürften mich ein Tfein wenig

bitten, so sagte ich Ihnen, von wem ich sie be­ kommen habe *--------

Christ. 0! daran ist mir nun eben so viel nicht gelegen. Lieber möchte ich wissen- wer sie

von Ihnen bekommen sollte?

Lisetre. Ueber denPunkt habe ich eigentlich noch nichts beschlossen. Doch wenn Siesie nicht

sollten bekommen, so haben Sie cä niemanden

anders, alö Sich selbstzuznfchreiben. Ich würde Ihre Aufrichtigkeit gewiß nicht unbelohnt lassen. Lhrist. Oder vielmehr meine Schwa1>haftigr

kett' Doch, so wahr ich ein ehrlicher Kerl bin, wann

Die Juden,

2 39

1 '."r"....... ... c>

wann ich dasmal verschwiegen bin, so 6in id)$ aus Noth.

Denn ich weiß nichts,

was ich

ausplaudern könnte. Verdammt! wie gern wolls te ich meine Geheimnisse ausschütten, wann ich

nur welche hatte. Lisetre. Adieu! ich will Ihre Tugend nicht langer bestürmen. Nur wünsch ich, daß sieJhs

nen bald zu einer silbernen Dose und einer Lieb, sren verhelfen möge,

beydes gebracht hat.

so wie sie Sie jetzt nm

(will gehcrr.)

Christ. Wohin? wohin? Geduld ! (bey Seite.)

Ich sehe mich genöthigt, zu lügen. Denn so ein

Geschenk werde ich mir doch nicht sollen entgehn lassen? Was wirds auch viel schaden? Liserte. Nun, wollen Sie es näher geben?.

Aber,—— ich sehe schon, es wird Ihnen sauer. Nein, nein; ich mag nichts wissen— Christ. Ja, ja. Sie soll alles wissen!-----(bey Seite.) Wer doch recht viel lügen könnte! —

Hören Sie nur!— Mein Herr ist-------- ist cts ner von Adel.

Er kömmt,-------- wir kommen

mit einander aus--------- aus----------- Holland,

Er hat müssen------- - gewisser Verdnchlichkeiten

Die Juden.

240 -



.

,

wegen,-------- einer Kleinigkeit------------ eines

Mords wegen-------- entfliehen — ZZisette. Was? eines Mords wegen?

Christ. Ja,--------- aber eines honetten Mords--------eines DuelS wegen entfliehen,— Und jetzt eben--------- ist er ans derFlncht----------

üisette. Und Sic, nicht Freund?--------

Christ. Ich, bin auch mit ihm auf der Flucht. Der Entleibte hat uns — •— will ich sagen, die Frennde des Entleibten haben uns sehr verfolgen

lassen; uud dieser Verfolgung wegen — — Nun

können Sie leicht das Uebrige errathen.--------Was Geyer, soll man auch thun? Ueberlegen

Sie eS selbst; ein junger naseweiser Lasse schimpft.

Uns. Mein Herr stößt ihn übernHaufen. DaS kann nicht anders seyn!—

Schimpft mich jec

mand, so thu ichs auch,— oder— oder schlar gc ihn hinter die Ohren.

Ein ehrlicher Kerl

muß nichts ans sich sitzen lassen. -Äscrre. Dasistbrao! solchen Leuten bin kch gut; denn ich bi» auch ein wenig unleidlich. Aber

sehen Sie einmal, da kömmt ZhrHerr! sollte man

es ihm wohl ansehn- das; er so zornig, so grausam

wäre?

Christ.

Die Juden^ Christ. 0 kommen Sie!

wir wollen ihm

aus dem Wege gehn. Er möchte wir es ansehn,

daß ich ihn verrathen habe. Liserre. Ich bins zufrieden--------

Christ. Aber die silberne Dose —

Lisette. Kominen Sie nur. (beySeite.) Ich will erst sehen, was mirvon meinem Herrn für mein entdecktes Geheimniß werden wird: lohttL

sich das der Mühe, so soll er sie Habern

Fünfzehnter Auftritt. D

e V

Reisende.

Ich vermisse meine Dose. Es ist eine Kleinig leit; gleichwohl ist mir der Verlust empfindlich.

Sollte wir sie wohl der Vogt?—■ — Doch ich könn sie verlohrcn haben,— ich kann sic aus Nur

Vorsichtigkeit herausgerisscn haben.-------- Auch mit seinem Verdachte muß man niemand belcidü

gen.— Gleichwohl,— er beengte sich an mich heran;— ergriff nach dcr Nhr:— ich ertappte

ihn; könnte er auch nicht nach der Dose gegriffen haben, ohne daß ich ihn ertappt hätte?

Q z

Sech-

242

Die Iuden^

Sechzehnter Auftritt. Martrn R r u m m.

Der R e i s e n d e.

Marr. Nr. (als er den Reisenden gewahr wird,

will er wieder umkehren.) Der Reis. Nu,

Huy! nu, immer naher, mein

Freund!------- (der) Seite.) Ist er doch so schuchr tern, als ob er meine Gedanken wüßte!--------

Nu? nur naher!

Marr.Ne. (trotzig.) Ach! ich habe nichtZeit! Ich weiß schon. Sie wollen mit mir plaudern. Ich habe wichtigere Sachen zu thun.

Ich mag

Ihre Heldenthaten nicht zehnmal hören. Erzah, len Sie sie jemanden, der sie noch nicht weiß. Der Reis. Was höre ich? vorhin war der Wogteinfaltig und höflich, jeht ist er unverschämt

und grob. Welches ist denn Eure rechte Larve?

Marr. Nr. Ey! das hat Sie der Geyer gelernt, mein Gesicht eine Larve zu schimpfen.

Zchmag mirZhnen nicht zanken,— sonst---------

(er will fortgehen.) Der Reis. Sein unverschämtes Verfahren

bestärkt mich in meinemArgwohne.— Nein,nein,

Die Juden.

245

Geduld! Ich habe Euch etwas nothwendiges zu sagen---------Marc. Rr. Und ich werde nichts drauf zu antworten haben, es mag so nothwendig seyn, als es nn(L Drum sparen Sie nur die Frage.

Der Reis.Ich will es wagen— Allein, wie

leid würde mir es seyn, wann ich ihm Unrecht thar te.-------- Mein Freund,, habt Ihr nicht meine

Dose gesehn? — Ich vermisse sie.--------Marc. Txr. Was ist das für eine Frage?

Kann ich etwas dafür, daßmansieJhnen gestohe

len hat?--------- Für was sehen. Sie mich an?

Für den Hehler? Oder für den Dieb? Der Reis. Wer rede denn vom Stehlen?'

Ihr verrathet Euch fast selbst--------Marr. Rr. Ich verrathe mich selbst? Alsi> meynen Sie, daß ich sie habe? WissenSie auch,

was das zu bedeuten hat, wenn man einen ehrlir

chen Kerl dergleichen beschuldigt ? Wissen Sies? DerReif.Warum müßt Ihr so schreyen? Ich habe Euch noch nichts beschuldigt. Ihr seyd Euer

eigner Ankläger. Dazu weiß ich eben nicht, ob ich großes Unrecht haben würde? Wen ertappte

Q 4

ich

344

Die Juden,

ich denn vorhin, als er nach meiner Uhr greir feit wollte? Mart. Rr. O! Sie sind ein Mann, der gar keinen Spaß versieht. Hören Sies!------(Gei) (Seite,) Wo er sie nur nicht bey Lisetten gesehenhat— Das Madel wird doch nicht narrisch seyn, und sich damit breit machen — — Der Reis. O! ich verstehe den Spaß so wohl. Laß ich glaube, Ihr wollt mit meiner Dose auch spaßen. Allein wenn man den Spaß zu weit treibt, verwandelt er sich endlich in Ernst. Es ist mir um Euren guten Namen leid. Gesetzt, ich wäre überzeugt, daß Ihr cs nicht böse gemeynt hattet, würden auch andre------Marr. Rr. Ach, •— andre!— andre! — andre waren es langst überdrüßig, sich so etwas vorwerfen zu lassen. Doch, wenn Sie denken, daß ich sie habe: befühlen Sie mich,--— visu Liren Sie mich------Der Reif. Das ist meines Amts nicht. Dazu Lrägtmanauch nicht alles bey sich in derTasche. Marr.Rr. Nun gut! damit Sie sehen, daß ich ein ehrlicherKerl bin, so will ich meine Schub­ säcke

Die Juden.

245

—— -—-■■>■> ■■■-' —-tz» sacke selber umwenden.— Geben Sie Acht! — Es müßte mit Dem Teufel zugehen, wenn sie heraussiele. Der Keif.. O macht Euch keine Mühe? Mart.Rr. Nein, nein: Sie sollens sehn. Sie sollens sehn, (er wendet die Taschen um.) Ist da eine Dose? Vrodgrümel sind örinnc: das liebe Gut! (er wende: die andre um.)Da ist auch nichts! Ja, — doch! ein Stückchen Kalender.— Ich hebe es der Verse wegen auf, die über den Mona/ ten stehen. Sie sind recht schnurrig! — Nu, aber daß wir weiter kommen. Geben Sie Acht: da will ich den dritten nmwenden, (bei) dem Umwenden füllen ;wci> große Barre heraus.) Der Henker! was laß ich da fallen? (er will sie hurtig anfheüen, der (bey Seite.)

Weisende aber ist hurtiger, und erwischt einen davon.)

Der Keif. Was soll das verstellen? U7art. 7äv. (bei)Seite.) O verdammt k ich denke, ich habe den Quark lange von mir gelegt. Der Kris. Das ist ja gar ein Bart, (er mache ihnvorö Kinn.) Sehe ich bald einem Inden so ähnlich?------Marr. Rr. Ach geben Sie her! geben Sie her! Werweiß, was Sie wieder denken? Ich

Q 5

sch re/

246

Die Juden. ............. . ......-O

- ---------

schrecke meinen kleinen Jungen manchmal dar

mit.

Dazu ist er.

Der Reis. Ihr werdet so gut seyn, und mir

ihn lassen. Ich will auch damit schrecken.

Marr. Rr. Ach! vexiren Sie Sich nicht

mit mir.

Ich muß ihn wieder haben,

(er will

ihn aus der Hand reißen.) Der Reis. Geht, oder--------Mart. Rr. (bey Seite.) Der Geyer! nun mag

ich sehen, wo der Zimmermann das Loch gelassen

hat.-------- ES iss schon gut;

es ist schon gut!

Ich sehs, Sie sind zu meinem Unglücke hieher ger

kommen. Aber, hohl mich alle Teufel, ich bin ein ehrlicherKerl! und den will ich sehn, dermir

etwas Schlimmes nachreden kann. Merken Sie Sich das! Es mag kommen zu was es will, so kann ich es beschwören,

daß ich den Bart zu

nichts Bösem gebraucht habe. —

(geht ab.)

Siebzehnter Auftritt. Der

R

e

i s e n v

e.

Der Mensch bringt mich selbst auf einen Arg» wohn, der ihm höchst nachtheilig ist.-------- Könn»

te

Die Juden.

247

te er nicht einer von den verkappten Räubern gewesen seyn?— Doch ich will in meiner Verr

muthuug behutsam gehen.

Achtzehnter Auftritt. Der Baron.

Der Reisende.

Der Reis. Sollten Sie nicht glauben, ich

Ware gestern mir den jüdischen Straßenrändern insHandgemenge gckommen,daß ich einem davon

den Barr ausgerissen harre? (er zeigt ihm den Barr.) Der Baron. Wie verstehn Sie das, mein Herr?-------- Allein, warum haben Sie mich so geschwind im Garten verlassen?

Der Reis. Verzeihen Sie meine Unhöflichkeit.

Ich wollte gleich wieder bey Ihnen seyn.

Ich

gieng nur meine Dose zu suchen, die ich hier

herum muß verloren haben. Der Baron Das ist mir höchst empfindlich.

Sie sollten noch bey mir zu Schaden kommen? DerReis. Der Schade würde so groß nicht seyn-------- Allein betrachten Sie doch einmal

diesen ansehnlichen Bart! Der

2'48

o

Die Juden. --777------------ =T="- ■.'■!.

Der Baron. Sie haben mir ihn schon ein» mal gezeigt. Waruin? Der "Kcis. Ich will mich Ihnen deutlicher erklären. Zch glaube----- Doch nein, ich will meine Vermuthungen znrückhalten.-----Der Baron. Ihre Vermuthungen? Erklär tcn Sic Sich! Der Reis. Nein; ich habe mich übereilt. Ich könnte mich irren-----Der Baron. Sie machen inich unruhig. DerRcis. Was halten Sie von Ihrem Vogt? DerBaron. Nein, nein; wir wollen das Gespräch auf nichts anders lenken----- Ich ber schwöre Sie bey der Wohlthak, die Sie mir crr zeigt haben, entdecken Sic mir, was Sie glaur ben, was Sie vermuthen, worinne Sie Sich könnten geirrt haben! DerReif.NurbieBeantwortungmcinerFrar ge kann mich anlrcibcn, cs Ihnen zu ciitdccken. Der Baron. Was ich von meinem Vogte halte?----- Ich halte ihn für einen ganz ehr­ lichen und rechtschafnen Mann. Der

Die Juden.

249

Der Meis. Vergessen Sie also; daß ich ett was habe sagen wollen.

Der, Baron. Ein Bart,— Vermuthn«; gen,— der Vogt,-— wie soll ich diese Dinge verr binden?— Vermögen meine Bitten nichts bey Ihnen?— Sie könnten Sich geirrt haben? Gesetzt, Sie haben Sich geirrt; was können Sie bey einem Freunde.für Gefahr laufen? Der Reis. Sie dringen zn stark in mich. Ich sageJhnen also,daß der Vogt diesen Bart ans Un­ vorsichtigkeit hat fallen lassen; baßer noch einen hatte, den er aber in der Geschwindigkeit wieder Zu sich steckte-; daß seine Reden einen Menschen verriethen, welcher glaubt, man denke von ihm eben so viel Uebels, als er thut; daß ich ihn auchsonst über.eiuem nicht allzngewissenhasten------ wenigstens nicht allzuklugen Griffe, ertappt habe. DerBaron.Es istals ob mir die Augen auf einmal aufgiengen. Ich besorge,— Sie werden Sich nicht geirrt haben. Und Sie trugen Beden­ ken, mir so etwas zu entdecken?— Den Augenr blick will ich gehn, und alles anwenden, hinter die Wahr;

2ZO

Die Juden.

-sf>:-----7^—777-^------ sJ!i!»^Frfa»=w4_L'.. ■ r- . ;■■

c*

Wahrheit zu kommen Sollte ich meinen Mörder in meinem eignen Hause haben? Der Reis. Doch zürnen Sie nicht aufmich,

wenn Sie, zum Glücke, meine Vermuthungen falsch befinden sollten.

Sie haben wir sie aus-

gevrestt, sonst würde ich sie gewiß verschwiegen

haben. Der Baron. Ich mag sie wahr oder falsch be­

finden, ich werde Zhnen allezeit dafür danken.

Neunzehnter Auftritt. Der Reisende, (und hernach) Christoph. DerReis.Wo ernurnichtzu hastig nist ihm

verfahrt!

Denn so groß auch der Verdacht ist,

so könnte der Mann doch wohl noch unschuldig seyn.— Ich bin ganz verlegen.-------- In der That ist es nichts geringes, einem Herrn seine Un­ tergebnen so verdächtig zu machen. Wenner sie

auch unschuldig befindet,so verliert er doch aufim­ mer das Vertrauen zu ihnen.— Gewiß, wenn

ich es recht bedenke, ich hatte schweigen sollen — Wird

Die Juden.

2Zr

Wird man nicht Eigennutz und Rache für die Ur­ sachen meines Argwohns halten, wenn man er­

fahrt, daß ich ihm,meinen Verlust zugeschrieben

habe?— Ich wollte ein Vieles darum schul­ dig seyn, wenn ich die Untersuchung noch hin­

tertreiben könnte — Christ, (kömmt gelacht.)

Ha! ha! ha! wissen

Sie, wer Sie sind, mein Herr?

Der Reis. Wißt Zhr, daß Zhr ein Narr seyd? Was fragt Ihr? Christ. Gut! wenn sie es dennnichtwissen, so will ich es Ihnen sagen. Adel.

Sie sind einervon

Sie kommen aus Holland. Alldahaben

Sie Verdrüßlichkeiten und ein Duell gehabt. Sie sind so glücklich gewesen, einen jungen Naseweis

zu erstechen. Die Freunde des Entleibten haben Sie heftig verfolgt.

Sie haben Sich auf die

Flucht begeben. Und ich habe die Ehre, Sie auf

der Flucht zu begleiten. Der Reis. Träumt Ihr, oder raset ihr?

Christ. Keines von beyden. Denn für einen

Rasenden wäre meine Rede zu klug, und für ei­ nen Träumenden zu toll. Der

2)2

Die Juden.

Der Reis. Wer hat Euch solch unsinniges Zeug weiß gemawt? Christ. O dafür ist gebeten, baß man mirs weiß macht. Allein finden Sie es nicht recht wohl ausgesonnen ? In der kurzen Zeit, die man mir zum Lügen ließ , hatte ich gewiß auf nichts Bessers fallen können. So sind Sie doch wer m'gstens vor weitrcr Neugierigkeit sicher!

Der Reis. Was soll ich mir aber aus alle dem nehmen? Christ. Nichts mehr, als was Ihnen gefällt; das Uebrige lassen Sie mir. Hören Sie nur, wie eö zugieng. Man fragte mich nach Ihrem Nae men, Stande, Vaterlande, Verrichtungen; ich ließ mich nicht lange bitten, ich sagte alles, was ich davon wußte; das ist: ich sagte, ich wüßte nichts. Sie können leicht glauben, daß diese Nach: richt sehr unzulänglich war, und daß man wenig Ursache hatte, damit zufrieden zu seyn. Man drang also weiter in mich; allein umsonst! Ich blieb verschwiegen, weil ich nichts zu verschweigen ^atte> Doch endlich brachte mich ein Geschenk ivef;

Die Juden.

»53

........ .. —........ ----------------------------- ----------

welches man mir anbot, dahin,

daß ich mehr

sagte, als ich wußte; das ist: ich log. ‘

Der Reis. Schurke! ich befinde mich, wie

ich sehe, bey Euch in feinen Händen. Christ. Ich will doch nimmermehr glauben,' Haß ich von ohngefähr die Wahrheit sollte gelor gen haben?

Der Reis. Unverschämter Lügner, Ihr habt inich in eine Verwirrung gesetzt, aus der--------Christ. Aus der Sie Sich gleich helfen könr

8en, sobald Sie das schöne Beywort, das Sie

jnir jetzt zu geben beliebten, bekannter machen. Der Reis. Werde ich aber alsdenn nicht ger

ilöthiget seyn, mich zu entdecken?

Christ. Desto besser! so lerne ich Sie bey

Gelegenheit auch kennen.—

Allein, urtheilen

Sie einmal selbst, ob ich mir wohl, mit gutem

Gewissen, dieser Lügen wegen ein Gewissen mal

rhenkonnte? (er zieht die Dose heraus.) Betrachten Sie diese Dose! Hatte ich sie leichter verdienen

können? Erster Theil.

R

Der

2Z4 «s "

Die Juden.

........... -r>

Der Reif. Zeigt mir sie doch ?— (er nimmt Wassel) ich? Christ. Ha! ha! ha! Das dachte ich, daß Sie erstaunen würden. Nicht wahr, Sie lögeit selber ein Geschehen, wenn Sie so eine Dose verdienen könnten. Der Reis. Und also habt Ihr mir sie entr wendet? Christ. Wie? was? Der Reis. Eure Treulosigkeit ärgert mkchi Nicht so sehr, als der übereilte Verdacht, den ich deswegen einem ehrlichen Mann zngezogen habe. Und Ihr konnt noch so rasend frech seyn, mich überreden zu wollen, sie wäre ein,'------ obgleich beynahe eben so schimpflich erlangtes,—Geschenk? Geht! kommt mir nicht wieder vor die Augen! Christ. Träumen Sie, oder-------- aus Ner spect will ich das andre noch verschweigen. Der Neid bringt Sie doch nicht auf solche Ausschwei, fungcn? DieDose soll Ihre seyn? Ich soll sie Ihr nen,salv2 venia, gestohlen haben? Wenn das war re; ich müßte ein dummer Teufel seyn, baß ich ge­ gen sie

in die Hon».)

Die Juden.

= 5S

gen Sie selbst damit prahlen sollte.— Gut, da kömmt Lisette! Hurtig komm Sie! HelfSie mir doch meinen Herrn wieder zu Rechte bringen»

Zwanzigster Auftritt. 5ifctte. Der Reisende. Christoph. Liserre. 0 mein Herr, was stiften Sie bey uns ft'irUnruhe! Was hatZhncn denn unserVogt gethan? Sie haben den Herrn ganz rasend ans ihn gemacht. Man rcdt von Bärten, von Dosen, vonPlündern; der Vogt weint und flucht, daß er unschuldig wäre, daß Sie die Unwahrheit rede tcn. Der Herr ist nicht zu besänftigen- und jetzt hat er so gar nach dem Schulzen und den Gericht ten geschickt, ihn schliessen zu lassen. Was soll denn das alles heißen? Christ. 0! das ist alles noch nichts, hör Sie nur, hör Sie, was er jetzt gar mit mir vor hat — — Der-Rcis. Za freylich, meine liebe Lisette, ich habe mich übereilt. Der Vogt ist unschuldig. Nur mein gottloser Bedienter hat mich in diese Verr drüßlichkeitcn gestürzt. Er ists, der mir meine R L Dose

s;6

Die Juden.

Dose entwandt hat, dercnwegen ich den Vogt ..-im Verdacht hatte; und der Bart kann aller: dings ein Kinderspiel gewesen seyn, wie er sagte» Ich geh, ich will ihm Genugthuung geben, ich ivill meinen Irrthum gestehn, ich will ihm, was er nur verlangen kann------Christ. Nein, nein, bleiben Sie! Sie müft sen mir erst Genugthuung geben» Zum Henker, so rede Sie doch, Lisette, und sage Sie - wie die Sache ist. Ich wollte, daß Sie mit Ihrer Dose am Galgen wäre! Soll id) mich deswer gen zum Diebe machen lassen? Hat Sie mir sie nicht geschenkt? Lisette. Ja freylich! und sie soll ihm auch geschenkt bleiben» Der Reis. So ist cs doch wahr? Die Dose gehört aber iiitiv Lisette. Ihnen? das habe ich nicht gewußt. Der Reis. Und also hat siewohl Lisette gefum den? und meine Unachtsamkeit ist an allen den Verwirrungen Schuld? (zu Christophen.) Ich habe Euch auch zu viel gethan! Verzeihtmiir! Ich muß mich schämen, Laß ich mich so übereilen können. Lisette.

Die Juden.

257

Eiferte, (beySeite.) Der Gever! nun werde ich bald klug. 0! er wird sich nicht übereilt haben. Der Reis. Kommt,

wir wollen---------

Ein und zwanzigster Auftritt. Der Baron.

fette.

Der Reisende.

C.x:

Christoph.

Der Baron. (kömmt hastig herzu.) Den Augen­ blick, Lisette, stelle dem Herrn seine Dose wie­

der;»!

Es ist alles offenbar;, er har alles ger

standen. Und du hast dich nicht geschämt, von

so einem Menschen Geschenke anzunehmen?

Nun? wo ist die Dose?

Der Reis. Es ist also doch wahr?---------Lisette. Der Herr hat sie lange wieder. Ich

habe geglaubt, von wem Sie Dienste annehmen

können, von dem könne ich auch Geschenke anneh­ men. Zch habe ihn so wenig, gekannt, wie Sie-

Christ. Also ist mein Geschenk zum Teufel? Wie gewonnen, so zerronnen!

R 3

Der

Die Juden.

2Z8 Ql...

g.'TjS'

JJLm.,,1

7

Der Baron. Wie aber soll ich, theuerster Freund, mich gegen Sie erkenntlich erzeigen? Siereißen mich zum zweytenmal aus einer gleich großen Gefahr. Ich bin Ihnen mein Leben schuldig. Nimmermehr würde ich, ohne Sie, mein so nahes Unglück entdeckt haben. Der Schulze, ein Mann, den ich für den ehrlichsten auf allen meinen Gütern hielt, ist sein gottloser Gehülfe gewesen. Bedenken Sie also, ob ich jemals dieß hätte vermuthen können? Wären Siehestte von mir gereiset -------

Der Reis. Es ist wahr------ so wäre die Hülfe, die ich Ihnen gestern zu erweisen glaubte, sehr unvollkommen geblieben. Ich schätze mich also höchst glücklich, daß mich der Himmel zu die­ ser unverMutheten Entdeckung ausersehen hat; und ich freue mich jetzt so sehr, als ich vorher auS Furcht zu irren, zitterte. Der Baron. Ich bewundre Ihre Menschen­ liebe, wie ihre Großmuth. O möchte es wahr seyst, was mir Lisette berichtet hat.' Zwey

.

1" .

Die Juden. ir.gjgss! '1.

259 .z=O

Zwey und zwanzigster Auftritt. Das

Fra »lein,

nnd di«

Vorigen.

. Äisctte. Nun, warum sollte es nicht wahr seyn?

Der Baron Komm, meine Tochter, komm! Verbinde deine Bitte mit der meinigen: ersuche

meinen Erretter, deine Hand, und mit deiner Hand mein Vermögen anzunehmen. WaS kamt ihm meine Dankbarkeit kostbarers schenken, als

dich, die ich eben so sehr liebe, als ihn? Wnnr dern Sic Sich nur nicht, wie ich Ihnen so einen Antrag thun könne. Ihr Bedienter hat uns entr deckt, wer Sie sind.

Gönnen Sie mir das nur

schöhbareVergnügen, erkenntlich zu seyn! Mein Vermögen ist meinem Stande, und dieser dem

Ihrigen gleich. Hier sind Sie vor Ihren Fein­

den sicher, und kommen unter Freunde, die Sie anbeten werden.

Allein Sie werden niederge­

schlagen? Was soll ich denken? Dao Franl. Sind Sie etwa meinetwegen i'u

Sorgen? Ich versichere Sie, ich werde dem Papa mit Vergnügen gehorchen.

R 4

Der

Die Juden.

Z6c>

Der Reis. Ihre Großmulh setzt mich in En

staunen. Aus der Größe der Vergeltung, die Sie iiiiv anbieten, erkenne ich erst, wie klein meine

Wohlthat ist. Allein, was soll ich Ihnen antwort ten ? Mein Bedienter hat die Unwahrheit gercdt> und ich —

Der Barone Wollte der Himmel, daß Sie

das nicht einmal waren, wofür erSieansgiebt! Wollte derHimmel, Ihr Stand wäre geringer,

als der meinige! So würde doch meine Vergelt tung etwas kostbarer, und Sie würden vielleicht

weniger ungeneigt seyn, meine Bitte Statt stur den zu lassen. Der Reis. (6ct) Sette.) Warum entdecke ich mich auch nicht?—Mein Herr, Ihre Edelmut

thigkcit durchdringet meine ganze Seele. Allein

schreiben Sie es dem Schicksale, nicht mir zu, daß

Ihr Anerbieten vergebens ist.

Ich bin---------

DerBaron. Vielleicht schon verheyrathct?

Der Reis

Nein —— —

Der Baron. Der Reis.

Nun? was?

Ich bin ein Jude.

Der Baron. Ein Jude? grausamer Zufall!

Lhrist.

Ein Jude?

4ifcttc.

Die Juden.

üiscttke.

2ÖI

Ein Jude?

Dao Fränl. Ey, waS thut das?

£i fette. St! Fräulein, st! ich will eö Ihr

neu hernach sagen, was das thut. Der Baron. So giebt es denn Falle, wo uns der Himmel selbst verhindert, dankbar zu seyn?

Der Reist. Sie sind eS übersiüßig dadurch.

Laß Sie es seyn wollen. DerBaron. So will ich wenigstens so viel

thun, als mir das Schicksal zu thun erlaubt. Neh­ men Sie mein ganzes Vermögen. Ich will lieber

arm und dankbar, als reich und undankbar seyn. Der Reist Auch dieses Anerbieten ist bey mir

umsonst, da mir der Gott meiner Väter mehr ge


Nicht so, der dich bis jetzt für den einzigen Trost seines Alters gehalten hat. Es ist ja noch Zeit. Vater. Nein, es ist nicht langer Zeil, liebe stcr Vater. Ach habe heute Briefe bekommen, welche mich nöthigen, auf das eheste wieder zue rück zu reisen» ivumsh. Ze nun, so reise in Gottes Namen; nur folge mir darinn; heyrathe nicht. Zch habe dich zu lieb, als daß ich zu deinem Unglück Za sagen sollte. Valer.Zu meinem Unglücke? Wie verschiede»» müssen wir über Glück und Unglück denken! Zch werde es für »nein größtes Unglück Hallen, wes» ich eine Person länger entbehren »nuß, die »nir das Schätzbarste in der Welt ist. Und Sie — —V)umsh. Und ich werde es für dein äußerstes Unglück halten, wen»» ich dich deiner blinden Neie gung folgen sehe. Ein Weibsbild für das Schätze barste auf der Welt zu halten ? Ein Weibsbild! Doch derMangel derErfahrung entschuldigt dich. «Höre; hältst btt mich für einet» treue»» Vater? Valer. Es sollte Mir leid seyn, wenn Ihnen hiervon nicht mein Gehorsain — — S r wmneh.

2?2

Dee Misogyn.

vomnsl). Du hast Recht, dich auf deinen Ge­ horsam zu berufen. Allein har es dich auch jemals

gereuet, wenn du mir gehorsam gewesen bist?

Vater. Bis jetzt noch nie; wnmol). Aber du fürchtest,

aber — —

es werde dich

gereuen, wenn du mir auch hierinn folgen woll­

test; nicht wahr? Doch wenn es andern ist, daß ich dein treuer Vater bin;

wenn cs andern ist,

daß ich mit meiner väterlichen Zuneigung, Ein­ sicht und Erfahrung verbinde: so ist deine Furcht

sehr unbillig. Man glaubt einem Unglücklichen, den Sturm rmd Wellen an das Ufer geworfen,

wenn er uns die Schrecken des Schrfbruchs erZahlt; und wer klug ist, lernt aus seiner Erzahiuug,

wie wenig dem ungetreuen Wasser zu

trauen. Alles, was so ein Unglücklicher auf der See erfahren hat, habe ich in meinem dreyma­ ligen Ehestand erfahren; und gleichwohl willst du

nicht durch meinen Schaden klug werden? Ich

war in deinen Jahren eben so feurig,

eben so

unbedachtsam. Ich sah ein Mädchen mit rothen Backen, ich sah es; und beschloß meine Frau

daraus zu machen. Sie war arm---------

Vater.

Dcr Misogyn«

373

X)atev. 0 Herr Vater, verschonen Sie mich mit der nochmaligen Erzählung Ihrer Geschieht

te. Ich habe sie schon so oft gehört — 'wnmsh Und du hast dich noch nicht daraus

gebessert?— Sie war arm, und ich besaß auch nicht viel. Nun stelle dir einmal vor, wa6 ein

angehenderHandelsmann, wie ich dazumal war, für Kummer, Sorge- und Plage hat, wenn er

mit leeren Handen anfangt. Valer. Meine Braut aber ist ja nichts wer Niger, als arm.

wnirrsh. Höre nur zu! Zu meinen Anvers wandten durfte ich bey meinen mühseligen Umstanden keine Zuflucht nehmen.

Warum?

sie

hatten mir vorgeschlagen, eine alte reiche Wittr

Wc zu heyrathen, wodurch mir in meiner Hand­ lung auf einmal wäre geholfen gewesen. Ich

stieß sie also vor den Kopf,

da ich mich in ein

schönes Gesicht vergaffte, und lieber glücklich lieben, als glücklich leben wollte.

Valer.Aber bey meinerHeyrath kann dieses-'

U)nmsh.Geduld! Was dabey daSDchlimmsie

War, so Liebte ich sie so blind, daß ich allen mögS 3

lichen

274

Der Misogyn.

sichen Aufwand ihrentwegen machte. Ihr üben mäßiger Staat brachte mich in unzählig« Schulden Vnler. Verspüren Sie nur jetzt/ Herr Va< ter, diese überflüssige Erzählung, und sagen Sie mir kurz, ob ich hoffen darf — — wnmoh. Ich erzähle es ja blos zu deinem Besten. — — Glaubst du, daß ich mich ans he» vielen Schulden hätte heransreißen können, wenn der Himmel nicht so gütig gewesen wäre, mir, nach Jahres Frist, die Ursache meines Ver­ derbens zu nehmen? Sie starb,und str hatte kaum die Augen zugethan, als mir die meinigen auf» giengcn. Wo ich hinsah, war ich schuldig. Und bedenkx, in waö für ein« Raserey ich gerieth, da ich nach ihrem Tode ihre verfluchte Untreue erfuhr. Meine Schulden fiengen an, mich zweymal heftiger zu drücken, als ich sah, daß ich sie einer Nichtswürdigen zu Liebe, einer verdamm­ ten Heuchlerin zu gefallen, gemacht hatte. Und bist du sicher, mein Sohn, daß es dir nicht auch so gehen werde? Valer, Dieserwcgeu kann ich so sicher seyn, als

Der Misogyn. ■

275 '.'J.O

............... ■"■

als überzeugt ich von der Liebe meiner Hilaria

bin.

Ihre Seele ist viel zu edel;

ihr Herz

viel zu aufrichtig---------

wumeh.Nuu, nun, ich mag keine Lobrede auf

eine Sirene hören, die ihre häßlichen Schuppen so klug unter dem Wasser zu halten weiß. Wenn

du nicht mein Sohn wärst, so würde ich über deine Einfalt herzlich lachen. In der That, du hast

eine» sehr glücklichen Ansatz zu einem gutenMan-

ne! Eine edle Seele, ein aufrichtiges Herz, in eit nem weiblichen Körper! Und wie du gar sagst: tu einem schönen weiblichen Körpers

Doch das

kömmt endlich auf eins heraus: schön oder häß­

lich.

Die Schöne findet ihre Liebhaber, und

die Räuber deiner Ehre überall; und die Häß­ liche suchet sie überall. Was kannst du mir hierr

auf antworten? Valer.Zweyerley. Entweder es ist so gewiß nicht,daß alle Frauenzimmer von gleicher Untreue

sind; und in diesem Falle bin ich versichert, daß meine Hilaria mit unter der Ausnahme ist; oder eS ist gewiß, daß eine getreue Frau nur ein Wesen der Einbildung ist, das niemals war, und niemals S 4

seyn

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Der Misogyn. ' •' 11

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—... ■

seyn wirb; und in diesem Falle muß ich so gut, als jedermann--------wumsh. O pfui), pfui)! schäme dich, schäl

me dich! — Doch du scherzest.

Vnlcr. In der That nicht! «in unstreitiges Uebel,

Ist eine Fran

so ist sie auch ein nethl

wendiges Uebel. Wunioh. Za, das unsere Thorheit nothk wendig macht. Aber wie gern'Wollte ich thöricht

gewesen seyn, wenn du es nur dadurch weniger sehn könntest! Vielleicht wäre es auch möglich,

wenn du meine Zufälle recht überlegen wolltest. Höre nur! Als meine erste Fran also todt war,

versucht ich es mit einer reichen und schon etwas betagten--------

Dritter Auftritt. Lelio.

Die

Vorigen.

Valer. Kommen Sie, Lelio, kommen Sie;

helfen Sic mir meinen Vater erbitten, daß ec meinem Glücke nicht langer hinderlich ist. Ivumoh. Kommen Sie, Herr Lelio, kommen Sie ! Mein Sohn hat wieder feinen Anfall von Heyrakhcn bekommen. Helfen Sie mir ihn doch

ju rechte bringen.

Lelio.

Der Misogyn. —

277 ■



■. -

Lelio. O ! so schämen Sie Sich einmal, Ba­

ler, und machen der Vernunft Platz. Sie haben es ja oft genug von Ihrem Heren Vater gehört,

Laß das Hcyrathen eine lächerliche und unsinnige

Handlung ist.

Ich dächte. Sie sollten einmal

überzeugt seyn. Einem Manne, der es mit drey

Weibern versucht hat, kann man es doch wohl endlich glauben, daß die Weiber insgesammt —

insgesammt Weiber sind.

Valcr. Sind Sie so auf meiner Seite? Ih­ re Schwester wird Ihnen sehr.verbunden seyn. Lelio. Ich bin mehr aUfZhrer Seite,als Sie

glauben: und meine Schwester würde selbst nicht

anders reden, wenn sie zugegen wäre. wnmsh. Ja, das sollte ich auch meynen.

Denn wenn es wahr ist, daß die Frauenzimmer noch so etwas, der Vernunft ähnliches, besitzen,

so müssen sie nothwendig von ihrer eignen Ab­

scheulichkeit überzeugt seyn.

klar;

Sie ist so sonnen­

und nur du kannst sie nicht sehen, weil

dir die Liebe die Augen zuhält.

Lelio. D, mein Herr, Sie reden, wie die Ver­ nunft selbst. Sie haben mich in der kurzen Zeit,die S 5

ich

2?8

Der Misogyn.

ich bey Ihnen bin, ganz bekehrt. Das Frauenzimmer war mir auch sonst nicht allzugleichgültig. "Aber jetzt------ - ja, ich sollte Ihr Sohn seyn, mein Herr Wnmshäler; ich wollte dasGeschlecht der Weiberfeinde vortreflich fortpflanzen l Meine Söhne sollten alle so werden, wie ich! Valcr. Daö laß ich gelten. Solche Weiberfeinde würden doch wenigstens die Welt nicht anssterben lassen. 5cii. Das wäre auch albern genug. So müßten ja auch die Weiberfeinde mit auesterben ? Nein, nein, Baler, aufdie Erhaltung so vorzüg­ licher Menschen muß man, so viel als möglich her dacht seyn. Nicht wahr? wimieh. Das ist schon einigermassen wahr. Doch aber sah« ich lieber, wenn mein Sohn an­ dere darauf bedacht seyn ließe. Zch weiß gewiß, man wird seinen Beytrag nicht vermissen. War­ um soll er sich, einer ungewissen Nachkommen­ schaft wegen, ein unglückliches Leben machen? Und dazu ist es eine sehr schlechte Freude, Kin­ derzuhaben, wenn man so viel Angst mit ihnen haben muß, als ich. Du sichst, mein Sohn, wie ich

Der Misogyn.

279

ich mir deine Umstände zu Herzen nehme. Vcrgilt mir doch durch deinen Gehorsam den Verr drnß, den mir deine Mutter gemacht hat. Lelio. Das muß wohl eine sehr böse Fran gewesen seyn? wmnoh. Wie sie alle sind, mein lieber Lelio.. Habe ich Ihnen meinen Lebenslauf noch nicht erzählt? Er isi erbärmlich anzuhören, valer. O, verschonen Sie ihn damit. Er hat ihn schon mehr als zehnmal müssen hören. m-ieh,

Dee Misogyn

317 .

«Q!

wumoh. Ze, Herr Solbist! Herr Solbist! Solbist. Treten Sie ein wenig vor die Thü­ re, damit niemand herein kömmt!

IVnmel;. Ich will Gott danken, wenn je­

mand dazukömmt, denn ich fürchte in der That/

Sie sind unsinnig geworden. Solbist. Treten Sie doch nur, und gedulden Sie Sich einen Augenblick !-------- „Als nun, sag „ich, Adam in dieses Paradies gesetzt, als er,

„sag ich, darinn gesetzt war. Und, will ich sagen, „also in dem Paradiese war, worein er von Gott

„war gesetzt worden. So war er in diesem Pa­ radiese.,,-------- Ey, vertrakt, wenn ich nur erstlich wieder heraus wäre!— Da haben Sies nun! Das kömmt davon, wenn man dem Orator

in die Rede fallt. wrunsl). Ich besorge nur, ich werde Ihnen

bald in die Daumen fallen müssen. Sagen Sie mir nur in Ewigkeit, was Sie wollen? Solbist. Ich wollte lieber, daß Sie mir eine Obrfeige gegeben hatten, als baß Sie mich aus meinem Koncepte gebracht haben. Wto Thcil,

K

Ich muß nur

318

Dee Misogyn.

onur sehen, ob ich wieder hinein kommen kann;

(ganz geschwind.) „Hochedelgebohrner, insondcrS „Hochzuehrender Herr und Gönner! Als Gott

„den Adam erschaffen, und in das schöne Parar „dies gesetzt hatte-------- Hochedelgebohrner, „insonders Hochzuehrender Herr und Gönner!

„Als Gott den Adam erschaffen, und in das „schöneParadies gesetzt hatte.,,--------Nein, eS geht wirklich nicht weiter; es ist, als wenn mirs vom Maule weggeschnitten wäre. Nun mags;

der größte Schade dabey ist Ihre.

wumsh. Ist meine? Solbist. Ja, wahrhaftig; Sie hatten ein

recht ciceronianischcs Meisterstück hören sollen, EinevertrauteNednergesellschaft würde es nicht,

besser haben abfassen können! Nun werden Sie

Sich mit den Contcntis begnügen müssen. Hören Sie nur also: meine Rede— denn so viel werden

Sie doch wohl gemerkt haben, daß ich Ihnen eine Rede habe halten wollen?— Meine Rede, sag ich, hatte drey Partes, ob gleich sonst acht

Portes orationis zu seyn pflegen. Der erste Pars,,

oder vielmehr die erste Pars, enthielt ein richtiges ,23er;

Der Misogyn.

319

O:

Verzeichniß aller bösen Weiber, von der Eva an, biS auf die Ihrigen drey.

wnmsh. Was? Ein Verzeichniß aller bösen

Weiber? Ey, daS wäre ich cnriüsgswesen, zu hören! — Ein Verzeichniß aller bösen Werber

wirdS nun wohl nichtgewesen seyn, sondern nur ein Verzeichniß der Bösesten.

Denn ein Verr

zercbniß aller bösen Weiber, das war ein Ver­ zeichnis; aller Weiber, die jemals auf der Wett

gelebt haben, und das kanus doch nicht gewe­

sen seyn. Solbist. Ganz recht. Meine andrePars------- -

rvmnsl). Hatten Sie denn auch in Ihrem Verzeichnisse die Fran des Hiobs? Solbist. Freylich!— Meine andre Pars —

wnmsh. Hatten Sie denn auch die Frau

des Tobias? Solbist. Freylich!— Meine andre Pars — wttmeh. Auch die Königinn Jesabel?

Solbist. Auch! — Meine andre Pars —

wnmsh. Auch die große Hure von Baby­

lon? Solbist. Auch! — Meine andre Pars — A 2, wnmsh.

Der Misogyn.

320 - .......................

.H».l

■■■-,.

wnnrsh. Sie hören, daß ich doch auch ein wenig bewandert bin! Solbist. Ich höre wohl, daß Sie nur die kennen, die noch die besten darunter sind. Ich wußte noch ganz andere ! Eine Hispulla, eine Hippia, eine Medullina, eine Saufeja, eine Ogulina, eine Messalina, eine Casonia— Von welchen allen, indem Sechsten der Geschiehtbücher des Juvenals, ein mehreres uachgelesen werden kann.------ Doch, damit meine Contents nicht langer werden, als meine Rede geworden wäre, so hören Sie nur weiter. Meine zweyte Pars erwieß so kurz als gründlich, daß eine Fran das größte Unglück auf der Welt sey, und leitete daraus unwidersprechLich her, daß dasHeyrathen eine sehr unsinnige Sache seyn müsse, welches dennweitlanftig mitTcfrimoniis, besonders mit dem Ihrigen bestärkt wurde. Wnttrsh. Ey! lieber Herr Solbist, wiewar ren Sie auf eine so vortreffliche Materie gekomr rnen? Gewiß, ich beklag es nunmehr recht herz­ lich, daß Ihre Rede so vor dieHundegegangen ist. Ze! je! Aber wie komm ich denn dazu, , daß Sie

Der Misogyn.

321

Sieunirso ein Vergnügen haben machen wollen? Es ist doch heute weder mein Geburtstag, noch mein Namenstag, daß Leh etwa dachte. Sie hatt teil mir so eine schöne Gratulationsrede halten wollen. —

Solbist.AuS meiner dritten Pars wird Ihnen alles klar werden.------ Die dritte Pars endlich enthielt, daß dem ohngeachtet, diese Unsinnigleit, rmmlich die Unsinnigkeit zu hcyrachen,— rarhen Sie einmal, wer? begehen wollte — IVumoh. Wer? Doch wohl nicht mein Sohn? Denn dem denk ich es wohl ausgeredr zu haben. Solbist. Nicht Ihr Sohn, nein, wumoh. Nun, so wollte ich, daß.esmeitt ärgster Feind seyn müsse. Solbist. Bravo!. wmush. Ich wollte, daß es Leander wäre! Solbist. Getroffen!

U)umsh. Wirklich? O, daß ich keine von meinen, drey Weibern vom Tode erwecken, und sie ihm geben kann! Solbist.

Z22

Der Misogyn.

Solbist.Das sönnen Sie,Herr Wumshäter, das können Sie, wenn Sie nur wollen! Leibt und lebt nicht Ihre zweyte Fran in JhrerJungfer

Tochter? Kurz, sehen Sie in mir den Dräut; Werber des Herrn Leanders, und zwar um die

Ehr - und Tugendsame Jungfer, Jungfer Laura,

eheleiblichen einzigen Tochter des Herrn, Herrn Zacharias Maria Wumshäter.

Wenn er in sei;

nein Suchen glücklich ist, so sollen Sie den Pro;

ceß gewonnen haben.

Dixi!

wumöh. Was? allerliebster Herr Solbist, ist eS möglich ? Leander will meine Tochter haben,

und wenn ich sie ihm gebe, soll ich den Proceß gewonnen haben?

Solbrst. Sollen Sie ihn gewonnen haben! Besinnen Sie Sich ja nicht lange.

wunrsh. Ich mich besinnen? Solbist. Sie müssen überzeugt seyn, daß man

kein feindseliger Verfahren erdenken kann, als einem eine Frau zu geben. wrrmet). Das bin ich! Er soll sie haben, ja; mit Freuden will ich sie ihm geben.

Wie

soll sie ihm das Leben so sauer machen! Leander,

Lean;

Der Misogyn. O-.'. /■■■_■-'-----

323 ----------==O

■ ■

Leander, er soll den Verdruß zehnfach wieder em­ pfinden, den er mir verursacht hat.

Wie will

.ich mich freuen, wenn ich bald erfahren werde,

daß sich meine Tochter täglich mit ihm zankt; daß sie ihn keinen Bissen in Ruhe genießen laßt, daß sie sich so gar an ihm vergreift, daß sie ihm untreu ist, daß-sie ihm sein Vermögen durchbringt, daß

er endlich Haus und Hof ihrentwegen verlassen muß ! Ich denke, ich denke, sie solls dahin brin­

gen.

Ja, ja, Herr Solbist, Leander soll meine

Tochter haben,

er soll sie haben —

Allein,

wenn ich den Proceß dadurch gewinne, so muß ich die deponirten sechstausend Thaler ausgezahlt bekommen.

Solbist. Die können Sie morgen bekom­ men.

rvumsh. Morgen? das wäre vortrefflich!

Ich hätte eben Gelegenheit sie zu sechs Procent

unterzubringen.---------Aber Leander denkt doch wohl nicht, daß er sie zurAussteuer etwa wieder

bekommen werde? Das mag ersich nurvergehen lassen. Mitgeben kann ich meiner Tochter nichts,

gar nichts. 2E 4

Solbist.

Der Misogyn.

324 -«S'..................... ■

'■ -r~-O

I

Solbist. Es wird auch nicht nöthig seyn; Leander ist selbst reich genug.

wumsh. Wenn das ist, so ist sie, wenn er

will, noch heute seine Frau. Ich wollte sie zwar meinem Sohne niitgebcn;

doch daraus wird

nun nichts. ES ist besser, daß sie mich an einem

Menschen rächt, der mir so vieles Unrecht gethan hat. Wir wollen gleich zu ihr gehen; kann doch

HcrrLeander hernach selbst Herkommen.Kommen Sie, Herr Solbist — Solbist. Gehen Sie nur.

Ich muß meine

Spitzenkrause vorher wieder abbindcn, und die glaßirtcn Handschuh cinsteckcn.

Sagen Sic cS

aber ja niemanden, daß ich der Brautwerber

gewesen bin! (Wumshater goh-r ab.) Es möchte sich zu meinem Amte nicht allzuwohl schicken; weßr wegen ich denn auch ganz weislich in dem völli­

gen Ornate nicht Herkommen wollte. Wie leicht

hätte man mir cs ansehen können, daß ich mir einen Kuppelpelz verdienen wollen.

es kommt jemand! — —

Geschwind,

325

Der Misogyn»

Sechster Auftritt. L i s e t r e.

Solbist.

Solbist (indem er sich noch die Krause abbindet.) Ilr Sies, Lisettchen? Nun, nun. Sie darf es

endlich wissen, was ich hier gemacht habe. 4ifcttcr Ist es gut abgelaufen, Herr Solbist?

Solbist. Als wenn nicht alles gut ablaufen müßte, womit ich mich einmal abgebe. Hatte

man mich fern eher zu Rathe gezogen, so könnte

Laura wohl schon von Leandern Kinder haben. Eiferte. Man sollte es kaum denken, was in dem grauen Köpfchen für Schetmereyen stecken

Müssen!

Solbist. Mache Sie mich nicht schamroth. Freylich wurde Herr Wumshater Leandern abgel

wiesen haben, wenn man den Antrag für ihn auf

irgend eine andere Art gethan hatte.

Aber eö

war doch auch so schwer nicht, diese einzige Art zu finden; besonders für einen Mann von Er-

fahrung, wie ich-------- Denn im Vertrauen.Lisettchen, (ins Ohr.) glaubt Sie, daß dieses das erste Paar ist, das ich zusammen bringe?

% 5

Sisettd.

Z2Ü

Der Misogyn.

Liserce. Ey nicht doch; ich glaube vielmehr,

daß Sie auf das Kuppeln ausgelernt haben. Solbist. St! st! schrey Sie nicht so! DaS

hat mir müssen manchen schönen Thaler einbriitt gen. Die Leute irren sich erschrecklich, wenn sie denken, ich könnte nichts als Uneinigkeit stiften.

DaS muß ich zwar können, als ein ehrlicher Adr vokat; doch, wenn es damit nicht allezeit fort

Will, so kann ich auch Ehen stiften.

Lisecre. Als wenn Ehen stiften, undUneinigr feit stiften, nicht einerley wäre! Und so viel ich

gehört habe, so können Sie Eheleute ebensowohl wieder von einander, als zusammen bringen. Sie

sind ein schlauer Fuchs.

Hätten Sie mit Eher

scheidungsprocessen wohl so viel verdienen könr

nen, wenn Sie nicht durch Ihr Kuppeln den Grund dazu gelegt hätten? Solbist. Der Geyer! wer hat Ihr das ger

sagt? Ich thue doch alles in der Stille und im

Verschwiegenen, und rede von solchen Sachen

nicht gern einmal laut: und Sie hat es doch erfahren? Das kann mit rechten Dingen nicht

zugehen.-------- Aber das ist wahr: eine Lust ist

Der Misoayn. -&■■■■■

337

---------

,o

es, wenn ich des Vormittags meinen Klienten

Gehör gebe.

Alles hat seine Zuflucht zu mir.

Witt der Bauer mir seinem Herrn proceßiren; so

kömmt er zu mir. Will ein altes Mütterchen einen

gesunden frischen Mann haben; so kömmt siezn mir. Will ein Schelm den andern Jnjuriarum

belangen; so kömmt er zu mir. Will einejunge Frau ihren alten Ehekriepel tos seyn; so kömmt sie zu mir. Aber alles das, alles das, besonders

was die Ehesachen anbelangt, geschieht so in der

Stille, daß sie mir es nur ins Ohr sagen müssen.

Und gleichwohlweiß Sies? Sey Sie verschwieg

gen, Lisettchen; und plaudre Sie es nicht wer'/ 1er.

Vielleicht, daß ich Ihr auch einen Dienst

thun kann. Ich weiß zwar nicht, ob Sie schon Lust hat, sich zu verheyrathcn; aber die Lust

kömmt manchmal ganz geschwind. mirs, wenn sie kömmt.

Sage Sie

Ich halte ein richtiges

Register von allen mannbaren Jungfern, und

allen weibbaren Junggesellen in der Stadt. Das

lese ich alle Tage ein bis zweymal durch, und sehe nach, welche meiner Hülfe etwa nöthig haben könnten. Die Wahrheit zu sagen: ich habe schon

einige

Dee Misogyn.

->2 8 -

- - 7'. -- — "■

.-■#».

knitze Mannspersonen mit einem Sternchen ans gemerkt, die sich ganz wohl für Sie schicken würden. Lisecre. Wenn Sie reich, jung und schön sind,

so können Sie. gewiß glauben, daß sie sich für

inid) schicken. Mehr gute Eigenschaften brauche mein künftger Mann eben nicht zu haben. Die

andern habe ich. Solbist. Ich will Ihr mein Register weisen.

Kann Sie doch nachsehen, wer Ihr am meisten darunter gefallt.

Ich habe sie umständlich nach

ihren äußerlichen und innerlichen Gaben beschries Len, und aus der Proportion der Glieder gewisse

nicht unebene Schtüssegezogen; zumal der Nase, der Schultern, der Waden— Ein andermal

hiervon ein mehreres, Lisettchen. Ich muß jetzt

Zehen, und den Herrn Leander herschicken. Trotz des Processes, hat er doch immer eine große Liebe zur Jungfer. Laura gehabt.

Eiferte. O, und sie auch zu ihm.

Vergess

sen Sie das Register nicht!

Solbist. Aber nurverschwiegen! verschwiel

genr

gifeth?«

Der Misogyn.

•Cifette. («Kein.)

329

Das laßt mir einen rechtt

schaffenen Advokaten seyn! Wenn es mit seiner

List mir nicht zu spät ist! Laura ist mir seit einigen Tagen sehr verändert gegen Leandern vorgckomr

men. Ich fürchte, ich fürchte, Valer hatseiuen

künftigen Schwager zur Unzeit mirgebrachi!

Siebender Auftritt. w u m ö h ä t e r»

L i s e r k e.

N)umsh. Wo ist die Tochter, Lisctte?

Lisetre. Was für eine Tochter?

wumst). Die Tochter! Ich habe sie schon

im ganzen Hause gesucht.

Wo ist sie?

Lifeere. Welche Tochter denn?

wumsh. Der Nickel will nur, daß ich sagen soll: meine Tochter; und sie weiß doch , wie

ungern ich es sage. Lifttte. Nach IhrerZungfer Tochter fragen Sie also? NachIhrer? Ich weiß wirklich nichts

wo sie ist. Aber was wetten wir, ich weiß, waS Sie ihr melden wollen? wumsh. Ist sie etwann im Garten? Liferre.

*2^ Liserre. Es kann wohl seyn. —

Sie haben

gewiß recht sehr klug gethan, daß Sie Herr Leandern — wnittsh. Sage du ja nicht, daß ich klug ge-

thau habe, oder ich werde glauben, daß ich die

größte Thorheit begangen habe. Eiferte So will ich das Letzte sagen.

wumsh. So sag es in aller Hexen Rar men, und laß mich ungehudelt. Lisette. (allein.)

Nun gewiß, wenn ich ein­

mal so einen Narren zum Manne bekommen soll­ te, ich glaube, ich würde in meinem Alter eine

eben so große Männerfeindinn, als er ein Wei­ berfeind ist.

Aber, wohl gemerkt, nicht eher

als in meinem Alter!

Ende DeS zweyten Aufzuges. O

Dritter Aufzug. Erster Auftritt» Lisettö von Der einen , unD andern Seite.

von Der

Eiferte. So hitzig, Mamsell? ^anra.

Der Misogyn,

Laura. Wo ist der nichtswürdige Advokat?

Der alte ungebetne Kuppler! In was mengt

er sich? Wer hat eS ihm aufgetragen, mich von meinem Vater,

als eine Strafe für einen

Mann, zu erbitten, mit dem ich am meisten gestraft seyn würde?

Lisette» Mit dem Sie am meisten gestraft seyn würden? Lieben Sie dennnicht Leandern?

Und haben Sie nicht schon langst ihm Ihre Ger nehmhaltung ertheilt, aufdre eine oder die andere

Weise die Einwilligung Ihres Vaters zu suchen ?

Laura. Es ist dein Glück, daß du sagst, schon langst. Eben deßwegen, weil ich Leandern schon langst einmal geliebt habe, und schon langst

einmal die Seine habe seyn wollen, hatte man sich doch wohl vorher erkundigen können, ob ich

es auch noch jc£t wollte, nnd ob ich ihn auch noch jetzt liebte? Muß man so zuversichtlich zu

Werke gehen, ohne mir ein Wort davon zu sagen ? Ich dachte doch, ich wäre die geringste Person

bey diesem Handel nicht. Lisette. Und also lieben Sie wvhlLeandcrn

nicht mehr? Laura.

Der Misogyn,

zz2

Laura. Nein; und ich schäme mich, ihn je­ mals geliebt zu haben. Wenn deine Verführun­ gen nicht gewesen waren, so würde ich nimmer­ mehr einen MenschenmcinerAchrung gewürdiget

haben- der mit meinem Vater so offenbar im Zank und Streite lebt. Lisetce. (macht eine tiefe Verbeugung.) Sie erzei­

gen mir zu viel Ehre, mich mit Ihrem Herzen

zu vermengen. Laura. Mein Herz muß keinen großen An­

theil daran gehabt haben.

Ein fliegender Ge­

schmack; das war es aufs höchste alles.

Sonst

würde cs mir, ohne Zweifel, saurer geworden seyn, ihn zu vergessen.

Eine einzige kleine Be­

trachtung hat mich von dieser ungeziemenden

Liebe abgezogen. Liferre. So? eine Betrachtung ? Darfman diese Betrachtung nicht wissen? Doch wohl nicht

die Betrachtung des Herrn Lelio? Laura. Du bist eine Närrinn.

Lisette.

Dieser Antwort versah ich mich.

Aber wissen Sie das Sprüchelchen von Kindern

und Narren? Laura.

Dee Misogyn.

333

Laura. Leander ist ein Feind meines Vaters. Er hat mich zwar oft versichert, daß er es nicht sey, und daß er die Nothwendigkeit gar nicht ein: sehen könnte, warum diejenigen, welche mit ein­ ander proceßiren, einander hassen müßten; man könne ja wohl sein Recht auch gegen einen Mann verfolgen, den man Hochschatze und liebe. Allein, ich sehe nun wohl, diese Sprache ist die Sprache eines Arglistigen, welcher sich gern aufden Fuß setzen will, seinen Proceß auch alsdenn nicht zu verlieren, wenn er ihn verliert; eines Eigennützi­ gen, der das, was er durch eine Sentenz ver­ loren hat, durch einen Ehekontrakt wieder zu ge­ winnen sucht. Da hast du meine Betrachtung! Ob mir aber Lelio zu dieser Betrachtung Gelegen­ heit gegeben hat, oder ob er sie nur bestärkt hat, das geht dich nichts an, und ist einzig und al­ lein meine Sache. Llserte. Ich habe die Erfahrung gemacht, so ostwirFrauenzimmer unsereAufführung mitVernunst und Gründen vertheidigen,so oft haben wir Ilnrecht.GestehenSr'e mir es also nur,daßLelio die einzige UrsacheZhrer Veränderung ist. Nur seine Erster Theis. Y Gesell/

Der Misogyn.

334

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Gesellschaft hat Sie diese Tage über so bestrickt, daß Sie weder Leanders Briefe lesen, noch ihm eine geheime Zusammenkunft verstatten wollen. Wie gern thaten Sie sonst beydes I Laura. Ich will von dir an keine Fehler cn innert seyn, die ich, wie schon gesagt, ohne dich nicht würde begangen haben. Es reuet michger nug, so schwach gewesen zu seyn. Lisette. Um noch schwacher zu seyn, und sich einem jungen Flattergeist zu überlassen, den Sie erst seit acht Tagen kennen, und dessen Liebe Sie nur aus nichts bedeutenden Schmeicheleyen schliessen. Ich rathe Ihnen, Mamsell, sehen Sie Sich vor'

Zweyter Auftritt, wnmshater.

Die Dorigen.

wmnöh. Nun? Hast du dem armen Herrn Solbist die Augen ausgekraht? Lisette. Wenn er nicht schon fort gewesen wäre, wer weiß was sie gethan hatte. wumoh. O, ich will es wohl glauben, daß sie als eine wohlgerarhcne Tochm demjenigen alles

Der Misogyn.

33 5

■o ■" ■„ — 1 ~--------------- ------------------------------ o

alles Unglück anwünscht, der ihren rechtschaffenen

Vater von zwey beschwerlichenDingen auf einmal

befreyet; von einen: Weibsbilde und einem Processe. Aber du magst mir dieses Glück nungöm

nen, oder nicht, so will ich es doch nicht langer entbehren.

Du mußt Leanders Frau werden,

oder meine Tochter zu seyn aufhören. Laura. Dieses Oder ist hart.' Gleichwohl nehme ich mir die Freyheit, Ihnen zu sagen, daß

ich Ihren ersten Befehl vorziehe., und mtt dem Bruder reisen will. Ich kann meinen Witten so

geschwind nicht andern, als Sie den Ihrigen. Oder hat man Sie etwa zu bereden gesucht,

daß ich Leandern liebe? rvuimch. Daran ist nicht gedacht worden;

desto besser wenn du ihn nicht liebst! Mit der Liebe einer Weibsperson sind es zwar so bloße

Narrenspossen, und lieben heißt bey euch nur we­ niger hassen. Ihr seyd nicht im Standejemam

den zu lieben, als euch selbst. — Lisette. (fahrt auf ihn loö.) Nein, mein Herr,

das ist zu toll! Ihre Jungfer Tochter hat zwar Unrecht, daß sie den Mann von Ihrer Hand V 2

nicht

Der Misogyn.

336

nicht annehmen will, aber müssen Sie deswegen das ganze Geschlecht lästern?

wumsh. Hu! — Nun ist es Zeit, daß ich

geh. Ich will lieber zwischen zwey Mühlräder, als zwischen zwcyWeiböbilder kommen.Schweig,

ich bitte dich, schweig! Sie kann sich allein genug verantworten.

Dritter Auftritt. v a l e v.

Dic vorigeir.

Valer. Eben jetzt, Herr Vater, ist die Schwee

sier deS Lelio angckommen.

Sie ist bey einem

Anverwandten, den sie hier hat, abgetreten, und

hat sich bereits bey mir melden lassen. Ich erwarte

sie alle Augenblicke.

Sie sind es doch noch zue

frieden, daß ich sie Ihnen vorstellen darf. wumsh. Einmal möchte ich sie wohl sehen, wenn eS auch nur der vorgegebenen Aehnlichkeit

wegen wäre.

Aber mehr als einmal auch nicht.

Bringe sie nur. Ich will cs ihr selbst, so bescher'«

den als möglich, sagen, daß sie auf dich keinoRechnung machen soll, ,

Laura.

Der Misogyn.

337

^aura. Wie, Bruder? So ist deine Hrtaria hier , und du hast mir es auch nicht mit einem eins Zigen Worte vorhergesagt, daß sie kommen werde? Vater. Du wirst es nicht übel nehmen, Schwester. Ich habe dir nichts ungewisses sagen wollen. — Du wirst dich aber über noch weit mehr, als über ihre blose Ankunft, zu verwundern haben. Ihre erstaunliche Aehnlichkeit mit ihrem Bruder— Wen seh ich? Himmel! Sie ist es selbst! Vierter Auftritt. Lelio,

(in ihrer wahren Gestalt als Hilaria.)

Die

Vorigen.

Vstlcr. Ach! schönste Hilana, wie erfreut, Ivie glücklich machenSie mich! Wie soll ichJhnen genug dafür danken, daß Sie eine Familie zu be­ suchen würdigen, die anfeine nähere Verbindung mit Ihnen schon zum voraus stolz ist. Lelio. Erlauben Sie, Valer, daß ich vor jetzt Ihre Schmeichelei) unbeantwortet lasse, und vor allen Dingen demjenigen (gegen Wmnöhätew.) meine Y 3 Ehr-

Der Misogyn.

338

' --=-■■ '■ —.......... " -r-L‘==^*

Ehrerbietigkeit bezeuge, der es mir so gütig err

tauben will, ihn als einen Vater zu lieben. wumsh. Es istmirange— sehrunange—nicht ganz unangenehm, Madmoisell, Sie ken­

nen zu lernen; nur muß ich Ihnen gleich Anfangs

sagen, daß Sie ein wenig zu geschwind gehen. Zch werde von zweyen bereits Vater genennt —

Vater. Und es ist sein einziger Wunsch, auch von Ihnen dafür erkannt zu werden. —

wmmch. Nein doch, mein Sohn. . Vater,

(indem er die Hilaria der Laura zuführt.)

Lassen Sie Sich, Hilaria, von einer Schwester

uniarmen, die ihre Freude nicht mehr mäßigen

kann.

Lelio,

(indem sie sich umarmen.)

Zch Gilt so

frey, schönste Laura, nm Ihre Freundschaft zu

bitten. — Laura. Zch bin beschämt, daß ich mir in dieser Bitte habe zuvor kommen lassen.

Valer. Nun, Herr Vater? Erstaunen Sie

nicht über die Gleichheit, die Hilaria mit ihr rem Bruder hat?

Der Misogyn.

339

o -__ - —...................................... -=7-=^

Laura. Gewiß, man muß darüber erstaunen. Ich kann mich nicht satt sehen.

Wo ist Herr

Lelio? Warum können wir nicht das Vergnügen

haben, ihn mit diesem Ebenbilde zu vergleichen? wnmsh. Wenn Lelio nur ha wäre; wenn er

nur da wäre! Ich weiß nicht, wo ihr die Augen haben müßt, ihr Leute. Ich will zwar nicht scu

gen,Madmoisell, daßSie gar nichts ähnliches mit Ihrem Bruder haben sollten; allein, man muß

wirklich genau darauf sehen, wenn man es bemer­ ken will

Vors erste, ist Lelio wenigstens eine

Hand breit größer; der hohen Absätze an Ihren

'

Schuhen ungeachtet.

Lelio. Und doch haben wir uns hundertmal mit einander gemessen, und nicht den geringsten Unterschied wahrnehmen können.

wnmsh. Mein Augenmaaß trügt nicht, ich kann mich darauf verlassen.

Vors andere, ist

Herr Lelio auch nicht völlig so stark; er ist besser gewachsen und schlanker, ob er gleich keine

Schnierbrnst tragt. Ich will Sie dadurch nicht beleidigen, Madmoisell; sondern Ihrem Bruder

blos Gerechtigkeit wiederfahren lassen.

D 4

Laura.

Der Misogyn»

Z4S >

.7 -

I ■ -■■■

^anra.

O

Ich kann Ihrer Meynung nicht

seyn, Herr Vater. Es ist zwar wahr, Man wird schwerlich an einer Mannsperson einen schönern Wuchs finden, als an dem Herrn Lelio; aber sehen

Sie doch nur recht! Hilaria hat vollkommen eben

denselben Wuchs, nur daß sie durch den Zwang derKleidung eher schmächtiger,als starker scheinet,

wmnsh. Und das Gesicht! Valer. Nun? das Gesicht?

Qurush. Ich will davon gar nicht reden.

Lelio hat seine frische natürliche Farbe, aber auf Ihrem Gesichte, Madmoisell, liegt die Schmink ke ja Fingers dicke.

^clto. Ich glaube zwar meßt, daß es etwas unerlaubtes für ein Frauenzimmer sey, sich zu

schminken; aber doch habe ich noch nie für gut bc;

funden, meiner Bildung auf diese Art zu Hülfe

zu kommen.

Ich will dieses nicht zu meinem

Lobe gesagt haben; denn vielleicht habe ich das,

was andere aus Stolz thun,

aus größerm

Stolze unterlassen.

wumsh. Ich versteh, ich versteh— Die

Augen, mein Sohn) Hast du noch nicht be; merkt,

Der Misogyn.

1'

34t

........... --T-- —

merkt, daß dieses graue Augen sind, und Lelio schwarze Augen hat? Valeo. Was sagen Sie? Sind dieses graue Augen? wumsl). Ja wohl graue Augen, und dabey sind sie eben so matt, als des Lelio Augen feu­ rig sind. Laura. Je, Herr Vater — wmnöh. Je, Jungfer Tochter! Schweig Sie doch! Ich weiß so wohl, daß keine Krähe der andern die Augen aushaccen wird. Du willst gewiß, daß sie deine gelben Augen auch einmal schwarz nennen soll. Macht ihr mich nur blind! —■ Und diese Nase — So eine kleine stumpfe Har bichtsnase, hat Lelio nicht. Wollt ihr das auch leugnen? Vater. Ich erstaune! — wumsh. Ueber deine Verblendung mußt du erstaunen — Auch der Mund ist noch einmal so groß, als ihn Lelio hat. Was für eine aufge­ worfene Lippe! Was für ein spitziges Kinn! Die rechte Schulter ist eine Hand breit höher, als die linke! — Mit einem Worte, mein Sohn, die Y 5 vor-

342

Der Misogyn. ■-■

............... ■................

>- --- --------

vorgegebene Gleichheit war eine Lift, dem Vater seine Einwilligung abzulocken. Und freylich wäre

sie ein großer Punkt wider mich gewesen, wenn sie sich gefunden hätte. Desto besser, daß sie sich nicht gefunden hat, und daß es nunmehr desto

wahrscheinlicher bleibt, daß in einem Körper, der

von dem Körper des Bruders so gar sehr untere schieden ist, auch eine ganz verschiedene Seele wohnen werde. Ihr Herr Bruder, Mademoisell,

ist ein verständiger junger Mensch, der meine Ursachen, warum ich unmöglich zu derVerheyrathung meines Sohnes Za sagen kann, weiß und

billiget. Er wird mich also bestens entschuldigen, daß ich mit Ihnen so wenig Umstände mache. Zch kann mich jetzt nicht langer aufhalten, son­

dern muß sorgen, daß ich mit Leandern je eher je lieber richtig werde.

Du, Laura, halte dick­

gefaßt ! Zch kann dir sic nunmehr nicht mitgeben,

Vater; ich kann hier meinen Proceß mit ihr gewinnen, und das geht vor. Laura. Laß dich nicht irre machen, Bruder, ich reise gewiß mit.

Ihr Proceß ist verloren,

wenn Sie ihn durch mich gewinnen sollen. wumsh.

Der Misogyn.O__ =s=-.-=.— niiimof).

343 ■- - '==0

Spare dein Widersprechen für

deinen Mann.

Fünfter Auftritt. Lelio.

Valer.

Laura.

Li fette.

Laura. Wir müssen uns schämen, Bruder,

daß ein so liebenswürdiger Gast von unserm Va­ ter so übel ausgenommen worden.

Du mußt

übrigens der Liebe deinerHilaria sehr gewiß seyn,

daß du ihre Geduld auf diese empfindliche Pro­

be zu stellen, hast wagen dürfen. Lelio. Sie haben eine sehr gütige Schwester, Valer.

Ihre Höflichkeit würde mich verwirren,

wenn ich nicht wüßte, in welcher Achtung mein Bruder bey ihr zu stehen das Glück habe. Er ge-

falltJhnen, zärtliche Laura, und diese Eroberung

war das erste, was er mir bey meiner Ankunft

mit einer triumphirenden Mine erzählte? Er ist es auch in der That schon werth, daß ein Frauen­

zimmer um ihn seufzet. Aber nehmen Sie Sich gleichwohl in Acht; er ist ein kleiner Vcrrather,

und macht sich nicht daö geringste Bedenken, eine Untreue zu begehen.

Wenn Sie ihn nicht recht fest

344 *o=

Der Misogyn.

fest zu halten wissen, so wird er aus dem Garne seyn, ehe Sie Sich eS versehen. Er ist ruhmredig Labey, und ich,stehe Ihnen nicht dafür, daß er nicht hernach mit mehrern Gunstbezeugungen prahlen sollte, als er wirklich erhalten — Ich empfehle mich Ihnen, bis auf Wiedersehen. Kommen Sie, Valer.

Sechster Auftritt. Laura. Eiferte, Laura. Was war das? Ich glaube Lelio und Hr'laria müssen nicht klug seyn. Woher weißer es denn, daß ich ihn liebe? Und wenn er es auch wissen könnte, ist es nicht etwas sehr nichtswürdü ges, eine so nasenweise Schwester zur Vertrauten zu machen? Gut, mein Herrchen, gut, daß wir miteinander noch nicht so weit sind! — Aber wie stehst du denn da, Lisctte? Bist du versteü riert? Rede doch! Lisette.. Noch kann ich mich nicht recht besim ticit, was ich gesehen und gehört habe. Lassen Sie mir ein klein wenig Zeit, daß ich mich von meinem Erstaunen erhole! Wer war das Frauenzimmer? Laura.

Der Misogyn»

345

Laurn. Hilaria. Du hast sie die ganze Zeit

über ja steifgenug angesehen. Sahe sie dem Lelio

nicht ähnlich genug, daß du noch daran zweifeln

wolltest? Lisette. Sie sah ihm nur allzuähnlich; un£> so ähnlich, so vollkommen ähnlich, daß ich mich

wundern muß, warum Sie nicht selbst aufeinen Verdacht fallen —

Laura. Auf was für einen Verdacht?

Liseere. Auf einen Verdacht, den ich mir nicht mehr ausreden lasse. Hilaria muß entweder

Lelio, oder Lelio muß Hilaria seyn. Laura. Wie meynst du das? Liserrc. Sie werden wohl thun, wenn Sie

auf Ihrer Hut sind, Mamsell.

Ich will bald

hinter das Geheimniß kommen. Dis dahin aber

Lenken Sie ja fleißig an den Hund, der mit einem StückeFleisch durchsWasser schwamm.Sie haben

einen Liebhaber, der Ihnen gewiß ist; kehrenSLk

Sich an den Schatten von einem andern nicht. Laura. Schweig mit deinen Kinderlehren! Lelio mag seyn, wer er will, er hat es bey mir

weg. Er soll es sehen; er soll es sehen, daß man em

346

Der Misogyn.

ein Gesichtchen, wie das seine, leichter vergesi

sen

kann, als ein anders.

Lisette. Recht so! Besonders wenn sich bey einem andern Realitäten finden, die bey dem sei­

nen ganz gewiß mangeln.

Denn je mehr ich

nachdenke, je wahrscheinlicher wird es mir.—

Stille! da kömmt ja das andere Gesicht selbst! Zeigen Sie nunmehr, daßeinStuherchen, wie

Lelio, uns nicht immer bey allen Zipfeln hat.

Siebenter Auftritt. wmnsharer.

Leander.

Die Vorigen,

wumsh. Hier, Tochter, bringe ich dir den

Mann, dem ich alle meine Rechte über dich ab­ trete.

Es ist der Herr Leander.

Leander. Ich schmeichle mir, Mademoisell, daß Sie mich nicht völlig als einen Unbekannten betrachten werden.

Laura. Ich hatte nicht geglaubt, daß die

wenigmale,dre wir an öffentlichen Orten einander zu sehen Gelegenheit gehabt, einen Mann, von der feinen Denkungsart des Herrn Leanders, so

zuversichtlich machen könnten. Sie haben sich in

einer

Der Misogyn. «L.

---- — -7

■ :^=

347 o

einer Sache ein weinen Vater gewandt, wegen

der Sie, ohne Zweifel, mit mir selbst vorher hät­ ten einig werden sollen.

wnmeh. Ey denkt doch! So hatte er wohl

gar sein Wort eher bey dir, als bey mir an­ bringen sollen. Lisette. d'et) Seite.) Als wenn er es auch nicht gethan hatte! Schon recht! Verstellen müssen

wir uns.

wnmsh. Jchfinde, daß du sehr unverschämt

bist, und wenn ich dich nicht in Gegenwart deines

Bräutigams schonen wollte, so würde ich dir jetzt eine recht derbe Lection geben.

Leander. Es ist wahr, schönste Laura, daß meine Liebe viel zu ungeduldig gewesen ist, und

daß Sie recht haben, Sich über mich zu be­ schweren —

wnmsh. Sie wollen Sich doch wohl nicht

entschuldigen? — Laura. Und die Art, Herr Leander, mit der Solbist um mich angehalten hat — wumsh. An

zusehen.

der Art war nichts

aus­

Und kurz, ich will, daß du mir fo(?

gen

Dor Misogyn.

348 gen sollst- —

Kann ich das nicht verlangen,

Min Sohn?

Achter Auftritt. Valer.

Die Vorigen.

Valer. Wenn ich es getroffen ho.be, wovon die Rede ist, so will ich für den Gehorsam meiner

Schwester fast stehen. Laura. Du wagstsehrviel, Bruder.

Weit

eher könnte ich für deinen Ungehorsam stehen,

und eine sichere Wette darauf eingehen, daß brr mir gewisser eine Schwägerinn geben wirst, als

ich dir einen Schwager. Leander. Ist es möglich, Madmoisell?

Valer. Lassen Sie Sich nichts anfechten.

Leander. Aber ich höre — Valer.SLe hören das Gespärre einerBrant—

turnst). Und ich höre weiblichen Unsinn.

Schweig Mädel! Dein Bruder hat vielzuviet Verstand, als daß er noch an das Heyrathen denken sollte. Valer. Verzeihen Sie, Herr Vater. Da ich

Nunmehr auch des versprochenen Beystandes mei­ ner

Dce Misogyn.

349

iKv Schwester entbehren muß, so ist cs um so viel nöthiger, bey meinem einmal gefaßten Entschlüsse zu bleiben. Ich hoffe auch gewiß, daß Sie nicht

langer dawider seyn werden. Die ganze Stadt kennet Sie als einen Mann von Billigkeit. Was

würde man aber sagen, wenn es auskame, daß Sie eben dieselben Eigenschaften und Vollkomr

menheiten an der einen Person hochgeschätzt, und

an der andern verkleinert hatten?

Was würde

man sagen, wenn man erführe, daß eingewur­ zelter Groll gegen ein Geschlecht, von welchem

Sie beleidiget zu seyn glauben.

Sie etwas zu

erkennen verhindert habe, was die ganze Wett

erkennt? Eine so offenbare Gleichheit — wumsh. Schweig doch nur von deiner schlr märischen Gleichheit! Oder willst du mich nöthir

gen, daß ich dich auch bey Herr Leandern lächere

lich machen soll? Wahrhaftig ich werde es thun müssen. Gut, Herr Leander, Sie sollen Schiene richter zwischen uns seyn. Geh, hole deine Hiss,

laria her, aber bringe auch den Bruder mit» Wir wollen die

Vergleichung anstellen,

wie

sichs gehört. Erster Theil»

A

Vater.

Der Misogyn,

35°

Valer. Ich bin es zufrieden, Herr Vater.

LLsette,springe geschwind auf die Stube desHerrn Lelio. fen.

Du wirst sie beyde beysammen antref:

Bitte sie, sich hieher zu bemühen.

(Eifette gehet ab.) wumöh. Sie werden sehen, Herr Leander, daß ich Recht habe.

Leander. (sachte ZU Valeren.)

Möchte Ihre

List doch eben so glücklich ausfallen, als die meir

nige ausgefallen ist! Valer.

(sachte zu Leandern.) Ich hoffe es,

liebster-Freund, und danke Ihnen.

wumöh. (der Leandern und Valeren zusammen re» den sieht.) Ja, da§ gilt nicht; bereden müßt ihr euch nicht vorher zusammen.

Ich hoffe, Herr

Leander, daß die erste Probe Ihrer Aufrichtig: feitz die ich von Ihnen verlange —

Leander. Befürchten Sie nichts. Ich werde

mich von der Wahrheit nicht entfernen, wenn es auf meinen Ausspruch ankommen sollte. Ich Hof: fe aber, daß es nicht darauf ankommen wird, wumsl). Wie so? Wissen Sie denn schon,

was unser Streit ist? Die Schwester soll voll:

kom:

Der Misogyn.

zzr ----------- !22---------- o

O

kommen so aussehen, wie der Bruder, und weit ich den Bruder leiden kann, so verlangt er, daß

ich auch die Schwester müsse leiden können.

Valer.Kann ich es nicht mitNecht verlangen? wumsh. Die Gleichheit voraus gesetzt, könn­

test du es freylich mit einigem Rechte verlangen. Aber eben über diese Gleichheit streiten wir noch»

Valer. Wir werden nicht lange mehr dar­ über streiten; und ich bin versichert, Sie wer­

den sie endlich selbst einraumen müssen.

wnmsh. Ich werde sie gewiß nicht einräu­ men.- Wenn ich sie aber einraume, so wird es ein

sicherer Beweist seyn, daß ich Sinne und Ver­

stand verloren habe, und du daher nicht verbun­

den bist, mir im geringsten zu gehorchen. Valer. Merken Sie dieses, Herr Leander; daß ich.nicht verbunden bin, ihm im geringsten

zu gehorchen, im Falle er die Gleichheit selbst zugestehen muß.

wnmsh. Merken Sie es nur!—

Nun?

was ist das für ein Aufzug? —

Z 2

Neum

ZZ2

Der Misogyn,

Nerlnter Auftritt. Lelio oder Ilaria.

Valer.

wirmshater.

Lisette.

Laura.

Leander.

Lelio (in einer halb männlichen und weiblichen Kleidung r welche von Dem Geschmacke Der Schauspielerinn Mangen wird.) MeinHcrr, Sie haben den Lelio und die Hilaria bevde zugleich zu sehen verlangt,

wunrsh. Nun?— Ich weiß nicht, was

rnir ahndet. Lelio. Hier sind sie beyde. Wnmcch Was? Eiferte. Ja, mein Herr, hier sind sie beyL

He; und Sie waren gefangen. wnrnsl). Was, ich gefangen? Lisette. (sachte zur Laura.) Hatte sch nicht

Recht?

Mamsell?

Sie stutzen?

wumsh. Ich gefangen?

Wie soll ich das

verstehn? Lelio. Sie werden die Gütigkeit haben,

und es so verstehen, daß eben dieselbe Person nicht eine Hand breit größer seyn kann, als sie

tvirklicb ist.

rvnmvh. Nun? !—

Lelio.

Der Misogyn.

L-Pr ...... . j ■

353 —

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Lelio. Daß eben dieselben Augen nicht zur gleich grau und schwarz seyn können. wnmsl). Nun? — Lelio. Daß eben dieselbe Nase — Vater. Kurz, liebster Vater, (indem er ihm zu. Fuße falle.) verzeihen Sie meiner unschuldigen List. Lelio istHilaria, undHilaria hatte die Lier be, mir nur deswegen in Mannskleidern hieher zu folgen, damit sie Gelegenheit haben könnte, die Gewogenheit eines Mannes zu erlangen, von welchem sie es wußte, wie unerbittlich er gegen ihr Geschlecht sey. rvnrneh.Steh auf, mein Sohn, steh auf, und mache der Possen einmal ein Ende. Jch sehe nun wohl, wie es ist. Deine Hitaria ist gar nicht da, und der leichtfertige Lelio hat mit sei­ nem Iungfergesichtchen ihre Nolle gespielt. Pfuy, Lelio— (indem er auf ihn los geht.) Nein, nein, so leicht hintergeht man mich nicht. Legen Sie immer diesen zweyten Habit wieder ab, mein guter— (indem er sie auf die Achsel klopfen will.)

Himmel, was seh ich ? 0 weh, meine arme An« gen! Wo gerathen.die hin. Es ist ein Weibs« 3 3 b'ldj

354

Der Misogyn.

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bild! Es ist wirklich ein Weibsbild!. Und das

listigste, das verschlagende, das gefährlichste viels

leicht von allen, die in der Welt sind. Ich bin betrogen ! Ich bin verrathen! Mein Sohn, mein Sohn, wie hast du das thun können!

Valer. Lassen Sie mich nochmals zu Ihren Füssen um Vergebung bitten. Ulnmoh. Was hilft dir meine Vergebung,

wenn du meinem N.athe.nicht mehr folgen kannst? freylich .vergeb ich dir, aber —

Lelio. Auch ich bitte auf das demüthigste um Verzeihung —-

Ulumsl). Gehn Sie nur, Ich vergeb auch Ihnen —

gehn Sie nur.

weil id} muß!

Vater. Nicht, weil Sie müssen, Herr Vater!

Lassen Sie uns diese schmerzliche Worte nicht hören. Vergeben Sie uns, weil Sie uns lieben,

wmnsh. Nun ja doch, weil ich dich liebe. Lelio. Und mich bald lieben werden,

wie

ich gewiß hoffe.

wnmsh. Sie hoffen zu viel. Daß ich Sie

nicht hasse,- das wird alles seyn, was ich thun kann. Ich sehe wohl, der Mensch soll , verliebe

er

Der Misogyn.

355

7-

O'-

er soll narrisch seyn.

Was kann ich wider daS

Schicksal? Sey es, mein Sohn, nur auch. Sey

narrisch! durch unsere Narrheit werden wir am sichersten klug. Ziel) in Frieden; es ist mir lieb,

daß ich wenigstens kein Augenzeuge von deiner Thorheit seyn darf.. Mache nur, daß mir meine Tochter nicht langer widerspenstig ist — Laura. Sorgen Sie nicht, Herr Vater, ich

will Ihnen nicht einen zweyten Verdruß machen.

Ich gebe Herr Leandern meine Hand, und-würde

sie ihm gegeben haben,

wenn Lelio auch nicht

H'laria wäre. (gegen die-Hilana.) Dieses Ihnen zur Nachricht, wegen der triumphirenden Mine!

Lelio. Sind Sie ungehalten gegen mich, liebste Laura? (zu Leandern.) Wie haben Sie es ewig angefangen, mein Herr, daß Sie ein sol­ ches Felsenherz zur Liebe haben bewegen können ?

Wenn Sie wüßten, was für Angriffe ich auf

dasselbe in meiner Verkleidung gewagt, und wie standhaft vC5

gleichwohl —

Laura. Stille Hilaria, oder ich werde noch ungehalten, (zu Leandern, welcher der Hilaria antwor­

ten will.) Antworten Sie ihr nicht, Leander, ich vM

z;6

Dee Misogyn.

verspreche Ihnen, daß Sie nie einen gefahrlü

chern Nebenbuhler haben sollen, als Lelio war. Leander. Wie glücklich bin ich!

Vater. Und wie glücklich bin auch ich! Numsh. Ueber Jahr und Tag,

hoff ich,

sollt ihr anders exklamiren!

Lisette. Freylich anders;

besonders wenn

mehr Stimmen dazu kommen— (gegen Die Au-

schauer.) Lachen Sie doch, meine Herren, diese Komödie schließt sich wie ein Hochzeitkarmen!

Ende

des

Misogyn.