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German Pages 309 Year 1999
STEFANIE HEUN
Gleichgeschlechtliche Ehen in rechts vergleichender Sicht
Schriften zum Internationalen Recht Band 110
Gleichgeschlechtliche Ehen in rechtsvergleichender Sicht unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage in den USA, in Kanada und in Australien
Von
Stefanie Heun
Duncker & Humblot· Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Heun, Stefanie: Gleichgeschlechtliche Ehen in rechtsvergleichender Sicht: unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage in den USA, in Kanada und in Australien / von Stefanie Heun. - Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Schriften zum Internationalen Recht; Bd. 110) Zug!.: Frankfurt (Main), Univ., Diss., 1998 ISBN 3-428-09617-7
Alle Rechte vorbehalten
© 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 3-428-09617-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 @
Für Markus
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 1998 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main als Dissertation angenommen. Die Abhandlung ist im Oktober 1997 abgeschlossen worden. Literatur und Rechtsprechung wurden bis zu diesem Zeitpunkt und vereinzelt auch darüber hinaus berücksichtigt. Mein besonderer Dank gilt zunächst meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Spiros Simitis. der mich fachlich betreut und die Arbeit durch viele wertvolle Anregungen gefördert hat. Danken möchte ich an dieser Stelle auch Frau Prof. Dr. Giesela Zenz für die Erstellung des Zweitgutachtens. Herzlichst bedanken möchte ich mich außerdem bei meinen Freunden. vor allem bei Herrn Dr. Martin Wickel und Herrn York von Lersner, aber auch bei Herrn Dr. Roland Schimmel und Frau Heidi Benedix, die es mir mit Ihrer Freundschaft und Ihrer Hilfbereitschaft erst ermöglicht haben, die vorliegende Arbeit zu schreiben. Nicht unerwähnt bleiben dürfen auch meine EItern, die mich von jeher bedingungslos unterstützt und immer an mich geglaubt haben.
Frankfurt am Main, im April 1999
Stefanie Heun
Inhaltsverzeichnis Erstes Kapitel
Einleitung
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A. Zur Terminologie............... ..................... .................. ......... ......................... .. ..
23 B. Die aktuelle Diskussion um die "Homoehe" ..................................................... 24 C. Fragestellung...................................... .............. ........ .......... .......... ......... ......... 27 D. Gang der Untersuchung......... .................................................................. 27 Zweites Kapitel
Die rechtliche Realität gleichgeschlechtlicher Paare in der Bundesrepublik Deutschland A. Die gleichgeschlechtliche Ehe in Gesetzgebung und Rechtsprechung................
1. Das Recht der Eheschließung in der Gesetzgebung des Bundes.......... .. ...... II. Die Rechtsprechung zur gleichgeschlechtlichen Ehe............................... .. .. l. Die Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt am Main.. ................ ...... 2. Der allgemeine Tenor der Instanzgerichte............................................. 3. Die Bundesverfassungsgerichtsentscheidung vom 4.10.1993................. m. Fazit .......................................................................................................... B. Die gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttum ............. 1. Die Gegner der gleichgeschlechtlichen Ehe ...................................... .......... II. Die Befürworter des Eheschließungsrechts für gleichgeschlechtliche Paare. m. Exkurs: Andere Stimmen............................................................................ l. Gleichstellung und Entdiskriminierung im Recht.................................. 2. Entstigmatisierung durch Gesetzgebung?............ ........ .... . .............. ....... 3. Kritische und ablehnende Stellungnahmen ........................................... IV. Zusanunenfassung...................................................................................... C. Alternativen zum Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare............. I. Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften im Spiegel der Rechtsprechung.. ............................................................................. 1. Vermögensrechtliche Streitigkeiten nichtehelicher (gleichgeschlechtlicher) Lebenspartner bei Beendigung ihrer Beziehung ......................... 2. Gleichgeschlechtliche nichteheliche Lebensgemeinschaften in der Spruchpraxis zum Mietrecht.......................... ............. .................... ...... a) Die Aufnahme des gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten als "berechtigtes Interesse" im Sinne § 549 Abs. 2 BGB ...................... b) Eintritt des überlebenden Partners einer nichtehelichen (gleichgeschlechtlichen) Lebensgemeinschaft in das Mietverhältnis des Verstorbenen analog § 569 aAbs. 2 S. 1 BGB? .............................. c) Zusammenfassung .........................................................................
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Inhaltsverzeichnis
d) Exkurs: Nichteheliche Lebensgemeinschaft, eheähnliche (Lebens-) Gemeinschaft und gleichgeschlechtliche Partnerschaften ................ 3. Homosexualität im Erbrecht................................................................. 4. Die Rechtsprechung zu Arbeitnehmer-Sozialleistungen ...... .. .... .. .......... 5. Sorge- und Umgangsrechte homosexueller Elternteile........................... 6. Zusanunenfassung................................................................................ II. Vorschläge und Entwürfe für eine gesetzliche Regelung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften................................................................................. 1. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts oder einer "eingetragenen Partnerschaft" nach skandinavischem Vorbild ................................................. 2. Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Wohnung für den hinterbliebenen Lebenspartner .. ................................................................... 3. Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse nichtehelicher Lebensgemeinschaften (Nichteheliche-Lebensgemeinschaften-Gesetz-NeLgG) ..... ........................................................................ 4. Zusammenfassung..................... .. ..... .. .... .. ............................................ m. Anti-Diskriminierungsgesetze .................................................................... D. Zusammenfassung und Ausblick ......................................................................
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Drittes Kapitel Die Rechtslage in den USA
A. Die gleichgeschlechtliche Ehe in Gesetzgebung und Rechtsprechung der Vereinigten Staaten............................................................................................... 1. Das Recht der Eheschließung in den Gesetzen der Einzelstaaten ................ II. Die Rechtsprechung zur "same-sex marriage" ............................................ 1. Die Verfahren der siebziger Jahre......................................................... a) Baker v. Nelson, Jones v. Hallahan und Singer v. Hara................... aa) Sachverhalte............................................................................. bb) Entscheidungsgrtinde ....................................... " ....................... (1) Das Wortlautargument... ..................................................... (2) Das Verfassungsargument.. .............. "................................. (a) Der 14. Verfassungszusatz und der verfassungsrechtliche Prnfungsmaßstab.................................................. (b) "Fundamental Right to Marry" (a Partner of the Same Sex) ... ......................................................................... (c) "Suspect c1assification" ................................................ (d) Das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit unter dem ,,Rational Basis Test" ................................................... cc) Ehe ist nur die verschiedengeschlechtliche Ehe......................... b) Anon}'1Tlous v. Anon}'1Tlous ............................................................. aa) Sachverhalt ................................................................... .. ......... bb) Entscheidungsgründe............................. .... ........................ ....... c) Zusanunenfassung .. ...... ... .... ........................... .. .......................... .... 2. Die Verfahren der neunziger Jahre ....................................................... a) Dean v. District ofColumbia..........................................................
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Inhaltsverzeichnis .................................................................. b) Der Hawaii-Fall aa) Die Entscheidung des Supreme Court von Hawaii in Baehr v. Lewin.. ......................................................... bb)Re-Trial des Baehr-Verfahrens vor dem Circuit Court von Hawaii. ............................................................................. cc) Ausblick auf den Verfahrensausgang ............................. ........... dd) Baehr v. Lewin: Durchbruch oder Rückschritt? ......................... c) Exkurs: Mögliche Folgen und Auswirkungen einer Pro-Same-SexMarriage-Rechtsprechung in Hawaii............................................... aa) Die Möglichkeit des "Overruling" ............ ........ ............ ............ bb) Müßten andere Staaten der USA eine in Hawaii geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe anerkennen?.................................... (l) Die Eindämmung oder Verbreitung der "Same-Sex Marriage" durch die Regelungen des Conflict of Laws........ (a) Grundregel: Eine einmal rechtsgültig geschlossene Ehe ist überall gültig.................................................... (b) Ausnahmen.................................................................. (c) Gleichgeschlechtliche Ehen, Eheverbote und die "Strong Public Policy"-Ausnahme ................................. (2) Die zwischenstaatliche Anerkennung der "Same-Sex Marriage" unter der "Ful1 Faith and Credit Clause" ............ 3. Zusammenfassung und Ausblick........................................................... B. Die gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttum............. I. Pro "Same-Sex Marriage" .......................................................................... I. Das Grundrecht auf Eheschließungsfreiheit .......................................... 2. Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz ............................................ 3. Das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit unter dem "Strict-Scrutiny"-Test ............................................................................................ II. Contra "Same-Sex Marriage" .... ................................................. ............... ill. Zusammenfassung.......... ............. .... .. .............. ........................ ...... .... ... C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage" ....... .................................... ................. 1. Überblick über das Fallrecht ...................................................................... 1. Vertragliche und andere Absprachen zwischen zusammenlebenden Partnern und ihre gerichtliche Durchsetzung ......................................... 2. Die "Non-Traditional Family" in der Rechtsprechung ............. .............. a) ,,Redifining the Family" ................................................................. aa) Braschi v. Stahl Associates ....................................................... bb) In Re Guardianship of Kowalski ............................................... cc) Adoption ofTammy und andere ........... ......... ............................ b) Niederlagen.................................................................................... aa) Ausländerrecht: Adams v. Howerton ......................................... bb) Erbrecht: In Re Cooper ............................................................. cc) Rechtsprechung zu Arbeitnehmer-Sozial1eistungen................... c) Sorge- und Umgangsrechte homosexuel1er Elternteile ..................... 3. (Erwachsenen)Adoption ........... ,........................................................... 4. Fazit. .................................................................................................... II. "Domestic Partnership Legislation"............................................................
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Inhaltsverzeichnis
1. Voraussetzungen der Anerkennung als "Domestic Partners" ................. 2. Form und Inhalt der Registrierung ....................................................... 3. Umfang der gewährten Rechte und Adressatenkreis.............................. 4. Grenzen kommunaler Rechtssetzungskompetenzen ............................... 5. Widerstände gegen die "Domestic Partnership Legislations" und ihre tatsächlichen Auswirkungen ........................ " .. ........ .......... ............ ....... 6. Fazit und Ausblick ....................................................... .. ..................... m. Anti-Diskriminierungsgesetze (und ihre Gegner) ........................................ D. Zusammenfassung ...........................................................................................
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Viertes Kapitel
Die Rechtslage in Kanada A. Die gleichgeschlechtliche Ehe in der kanadischen Gesetzgebung und Recht-
sprechung ....... ............... ........... ..... .... ..... ........... ....... ............ 1. Das Recht der Eheschließung in der Gesetzgebung des Bundes und der Provinzen ........... ........ ..... ........ ...... ...... ..................... .... .. ... II. Die ,,Same-Sex Marriage" im kanadischen Common Law ........................... 1. Re North and Matheson ....................................................................... 2. Laylandv. Ontario ................................................................................ a) Die Mehrheitsentscheidung ............................................................ b) Das Minderheitenvotum ................................................................. II1. Zusammenfassung ...................................................................................... B. Die gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttum............. C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage" ................................ " .......................... 1. Die Behandlung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften in der Rechtsprechung .......................................................................................... 1. Vermögensrechtliche Streitigkeiten der (gleichgeschlechtlichen) Partner bei Beendigung der Beziehung ................................................. 2. ,,Are we Family"? "Same-Sex Spousal Benefits" im Fallrecht... ............ a) "Redefining the Family" ................................................................. aa) Knodel v. British Columbia ...................................................... (1) Sachverhalt und Prozeßgeschichte ....................................... (2) Entscheidungsgründe .......................................... .. .............. bb) Leschner v. Ontario .................................................................. b) Niederlagen vor dem Supreme Court von Kanada ........................... aa) Canada v. Mossop .................................................................... (1) Sachverhalt und Prozeßgeschichte ..... .... .............................. (2) Die Mehrheitsentscheidung ...................... .. ........................ (3) Die Minderheitenvoten ....................................................... (4) Zusammenfassung.............................................................. bb) Egan v. Canada ........................................................................ (1) Sachverhalt und Prozeßgeschichte ....................................... (2) Die Mehrheitsentscheidung ................................................ (3) Die Minderheitenvoten ................ .. ..................................... (4) Zusammenfassung .............................................................. c) Sorge- und Umgangsrechte homosexueller Elternteile .....................
171 172 172 172 173 174 175 178 180 180 182 184 184 187 188 188 188 189 191 192 192 193 194 195 196 197 198 199 201 203 203
Inhaltsverzeichnis 3. Zusammenfassung ............................................................................. II. Die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften durch die Gesetzgeber..... .................................................................................... 1. Die Gesetzgebungsinitiativen Ontarios und des Bundes ........................ 2. Kommunale und private Regelungen über gleichgeschlechtliche Partnerschaften ......................................................................... m. Die ,.Human Rights Legislation" des Bundes und der Provinzen ................. D. Zusammenfassung und Ausblick. .. ..................................................
13 204 205 205 207 207 208
Fünftes Kapitel
Die Rechtslage in Australien A. Die gleichgeschlechtliche Ehe in der australischen Gesetzgebung und
Rechtsprechung ................................................................................... I. Die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen über das Familienrecht nach der Australischen Verfassung ............................................................. II. Die Ehegesetzgebung des Australischen Commonwealth ............................ m. Die "Same-Sex Marriage" in der Rechtsprechung ....................................... 1. In the Marriage ofC. and D. (falsely called C.) .......... .. .. .. .. .. .. ...... ......... 2. Corbett v. Corbett (orse. Ashley) .......................................................... 3. Talbot (orse. Poyntz) v. Talbot (orse. Talbot, Mabel) ..................... ....... 4. Fazit.. ............................................................................... .................... IV. Zusammenfassung ............................................. """""""""""'''' ............... B. Die gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttum ............. C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage" ............................................................ 1. Die Behandlung (gleichgeschlechtlicher) nichtehelicher Lebensgemeinschaften in der Rechtsprechung .................................................................. 1. Vermögensrechtliche Streitigkeiten nichtehelicher Lebenspartner bei Beendigung ihrer Beziehung ................................................................. a) Entwicklungen im "Trust Law" ...................................................... aa) Die Grundsätze des "Resulting Trust" ...................................... bb)Der "Constructive Trust" ........................ .................................. (1) Muschinski v. Dodds ................... ... ................................... (2) Baumgartner v. Baumgartner.. .................................. .. ........ ce) Zusammenfassung und Ausblick ............................................... b) "Proprietary Estoppel" ........................................ ........ .. .......... .. ...... c) "Cohabitation Contracts" ............... .. ............... ................................ 2. "Redefining the Family"? """"""'"'''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''' 3. Sorge- und Umgangsrechte homosexueller Elternteile ...................... ..... 4. Zusammenfassung ................................................................................ II. Die "De Facto Relationship"-Gesetzgebung der Einzelstaaten .................... 1. Zur Terminologie ................................................................................. 2. South Australias Family Relationship Act 1975 .................................... 3. New South Wales' De Facto Relationships Act 1984 ............................ 4. Victorias Property Law (Amendment) Act 1987 .................................... 5. Northern Territory De Facto Relationships Act 1991 ............................
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Inhaltsverzeichnis
6. Queenslands Entwurf einer "De Facto Relationship" -Gesetzgebung von 1993 .............................................................................................. 7. Der Domestic Relationships Act 1994 des Australian Capital Territory .................................................................................................... 8. Zusammenfassung ................................................................................ ill. Die Anti-Diskriminierungsgesetzgebung des Commonwealth und der Einzelstaaten .............................................................................................. D. Zusammenfassung und Ausblick ......................................................................
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Sechstes Kapitel
Rechtsvergleichende Gesamtbetrachtung
A. Die Summe der Entwicklungen in der Bundesrepublik, den USA, Kanada und Australien ................................................................................................. I. Die gleichgeschlechtliche Ehe in Gesetzgebung und Rechtsprechung der Staaten ....................................................................................................... II. Alternativen außerhalb des Eherechts ......................................................... 1. Das Fallrecht. ..................................................... .................................. 2. Normative Reaktionen ......... .. ... ................................... ... ...................... m. Fazit .......... ;............................................................................................... B. Handlungsmöglichkeiten für den bundesrepublikanischen Gesetzgeber ............ I. Regelungsmodelle ...................................................................................... 1. Die gesetzliche Normierung einer gleichgeschlechtlichen Ehe .............. 2. Schaffung eines eheähnlichen Ersatzinstituts durch globale Erstrekkung des Eherechts auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften nach skandinavischem Vorbild ..................................................................... a) Das dänische Gesetz über "eingetragene Partnerschaften" .............. b) Das norwegische Gesetz über "eingetragene Partnerschaften" ......... c) Das schwedische Gesetz über "eingetragene Partnerschaften" ......... d) Zusammenfassung .......................................................................... 3. Teilbereichsregelungen über nichteheliche (gleichgeschlechtliche) Lebensgemeinschaften.... ....................... .. .. ....... . .. ...................... ........... a) Schwedens Sambor-Gesetzgebung für Homosexuelle ...................... b) Der Entwurf der Fraktion Bündnis 90IDie Grünen zur Regelung nichtehelicher Lebensgemeinschaften.... ........... ..... .................... ... .. c) Die Domestic Partnership Legislation der USA und Kanadas .......... d) Ontarios Consent of Treatment Act und Entwurf der Fraktion Bündnis 90IDie Grünen zu § 569 a BGB ........................................ 4. Teilbereichsregelungen für verschiedene außerhalb der Ehe organisierte Lebensformen - Domestic Relationships Act 1994 des Australian Capital Territory ............................................................................ 5. Zusammenfassung ................................................................................ II. Verfassungsrechtliche Vorgaben - Vereinbarkeit mit Art. 6 Abs. 1 GG ....... 1. Inhalt und Umfang der verfassungsrechtlichen Garantie des Art. 6 Abs. 1 GG ............................................................................................ a) Grundsatznorm .............. .... .............................................................
254 254 254 255 255 257 258 259 260 260 261 262 264 264 265 266 266 268 269 269 270 271 272 272 272
Inhaltsverzeichnis
15
b) Institutsgarantie ................. ........ .. ...................... .. ......... .................. aa) Konkurrenzschutz? .................................... .. ............................. bb) Zweck der Institutsgarantie? ..................................................... cc) Verfassungswande1? ............................................. .. .................. dd) Fazit. ................ ........................................................................ c) Art. 6 Abs. 1 GG im Sinne eines "klassischen" Grundrechtes ......... 2. Ergebnis ... ............................................................................................
273 275 279 281 282 282 283 C. Resümee .......................................................................................................... 284 Literaturverzeichnis
286
Sachwortverzeichnis
305
Abkürzungsverzeichnis A2d AcP ACrim.R. ACT ACW.S Admin. a.F. AFG A.G.
AJFL Alb. L. Rev.
AU
All E.R
ALR
Alta. Am.
Am. J. Comp. L.
Angl-Am. L. Rev. Am\. App. App. Div. Arb. Bd. ArbG
ARD Ariz. Ark. art. Ass. AuR Az.
BAG BAGE BAT B.C.
Atlantic Reporter 2. Serie (Regionalfallrechtssamrnlung) Archiv für die civilistische Praxis Australian Criminal Reports Australian Capital Territory All-Canada Weekly Summaries Administrative alte Fassung Arbeitsförderungsgesetz Attorney General Australian Journal of Family Law Albany Law Review Australian Law Review All England Law Reports Australian Law Reports Alberta America, -n The American Journal ofComparative Law The Anglo-American Law Review Annotaded (mit Anmerkung versehener Gesetzestext) Appeal Appellate Division Arbitrator Board Arbeitsgericht Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland Arizona Arkansas article Associates Arbeit und Recht (Zeitschrift) Aktenzeichen Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bundesangestelltentarif British Columbia
Abkürzungsverzeichnis
17
B.C.L.R. British Columbia Law Reports B.C.S.c. Supreme Court ofBritish Columbia B.C. Third World L.J Boston College Third World Law Jownal Bd. Band; Board BFH Bundesfinanzhof BFHE Entscheidungen des Bundesfinanzhofs BGB-E Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches BGH Bundesgerichtshof BGBL Bundesgesetzblatt BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Brigham Y. U. L. Rev. Brigham Young University Law Review Brook. L. Rev. Brooklyn Law Review BSHG Bundessozialhilfegesetz Bundessozialgericht BSG Entscheidungen des Bundessozialgerichts BSGE Bundessteuerblatt BStEl. Bundestagsdrucksache BT-Drs. Boston University Law Review B.U. L. Rev. BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerwG Bundesverwaltungsgericht BVerwGE Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts BVH Bundesverband Homosexualität e. V. c. chapter (in Kanada) CA Court of Appeal bzw. Cour d'Appe1 (Quebec) Cal. California Cal. L. Rev. California Law Review Cal. Rptr. California Reporter (Fallrechtssammlung) Can. Bar Rev. Canadian Bar Review Can. J. Farn. L. Canadian Jownal ofFamily Law CDU Christlich Demokratische Union cert.den. certiorari denied (Revisionsantrag durch den Supreme Court abgelehnt) eh. chapter Chic. Kent L. Rev. Chicago Kent Law Review CHRA Canadian Human Rights Act C.H.R.R. Chambers of Human Rights Reports Cir. Circuit: Gerichtsbezirk eines Berufungsgerichts (Court of Appeal) Civ. Civil CLR Commonwealth Law Reports Co. Company CO.Ct. County Court 2 Heun
IR Colum. Hum. Rts. L. Rev. Colum. L. Rev. Cong. COlill.
C.R. Cornell Int. L. 1. CSU Ct. DB D.C. Dec. DeI. Denv. U. L. Rev. Div. Div.Ct.
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DLR D.L.R. DRiZ DtZ Duke 1. Comp. & Int. 'I L. DuR
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ERISA EStG F.2d Fam.Ct. FamLR FamRZ F.C. FDP Feb. Fla. FLC
AbkÜIZungsverzeiclmis Columbia Human Rights Law Review Columbia Law Review Congress Conneticut Criminal Reports Cornell International Law Journal Christlich Soziale Union Court Der Betrieb (Zeitschrift) District ofColumbia December Delaware Denver University Law Review Division Divisional Court Deutscher luristentag Domestic Relation Law Dominion Law Reports Deutsche Richterzeitung Deutsch-Deutsche Rechts-Zeitschrift Duke Journal of Comparative and International Law Demokratie und Recht (Zeitschrift) Deutsche Wolmungswirtschaft (Zeitschrift) edition Europäischer Gerichtshof für Menschemechte Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Ehegesetz England Equal Right Amendment Employee Retirement Income Security Act (Federal) Einkommensteuergesetz Federal Reporter 2. Serie (Fallrechtssanunlung der Bundes berufungsgerichte ) Family Court Family Law Reports Zeitschrift für das gesamte Familiemecht Federal Court (Canada) Freie Demokratische Partei February Florida Family Law Cases
AbkÜIZungsverzeichnis FLR Fordham Urb. L. J. FR F.Supp. FuR Ga. Gen. Geo. Wash. L. Rev Golden Gate U. L. Rev. GVBl. Haw. H.C. HdStR HR.C. HRS Harv. C.R.-C.L. L. Rev. Harv. L. Rev. Hastings Const. L.Q. ICCPR Ill. Ind. Ind. J. Global Legal Stud. Int. J. L. & Farn. lnd. L. Rev. IPRax J. J. Farn. L.
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19
Federal Law Reports oder Family Law Reporter Fordham Urban Law Journal Frankfurter Rundschau Federal Supplement (Fallrechtssammlung der erstinstanzlichen Bundesgerichte) Familie und Recht (Zeitschrift) Georgia General The George Washington Law Review Golden Gate University Law Review Gesetz- und Verordnungsblatt Hawaii, auch hächstrichterliche Fallrechtssammlung des Staates High Court Handbuch des Staatsrechts Human Rights Court Hawaii Revised Statutes Harvard Civil Rights-Civil Liberties Law Review Harvard Law Review Hastings Constitutional Law Quarterly International Convenant on Civil and Political Rights Illinois Indiana Indiana Journal ofGlobal Legal Studies International Journal of Law and the Farnily Indiana Law Review Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Journal Journal ofFamily Law Juristische Rundschau (Zeitschrift) Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristenzeitung Kammergericht Kritische Justiz (Zeitschrift) Kentucky Law Louisiana Landesarbeitsgericht Landgericht Loyola of Los Angeles Law Review
20 L.Q. L.R. Ltd. Man. Mass. Md. Md. L. Rev.
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Mich. Mich. L. Rev. Minn. Mo. Monash U. L. Rev. Mun. N.B. N.D. N.E.2d Neb. NeLgG New Eng. L. Rev. n.F. N.H. N.J. NJ
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AbkÜfZungsverzeichnis Law Quarterly LawReports Limited Manitoba Massachusetts Maryland Maryland Law Review Monatsschrift für Deutsches Recht Michigan Michigan Law Review Minnesota Montana Monash University Law Review Municipal New Brunswik Northern Dictrict (eines erstinstanzlichen Bundesgerichts innerhalb eines Staates) Northeastern Reporter 2. Serie (Regionalfallrechtssammlung) Nebraska Nichteheliche-Lebensgemeinschaften-Gesetz New England Law Review neue Fassung New Hampshire New Jersey Neue Justiz (Zeitschrift) Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Number National Reporter Nova Scotia New South Wales New South Wales Law Report Northern Territory New York University Law Review Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht October Oklahoma Law Review Oberlandesgericht Ontario Ontario Reports Oregon otherwise Law Reports, Probate, Divorce, and Admirality Division
Abkürzungsverzeiclmis Pa. P.2d P.&D. PDS Prov.Ct. PStG Pt. Pty. Q.B. Qu. Rev. R.F.L. Rn. R.S.
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Pennsylvania Pacific Reporter 2. Serie Probate and Divorce Partei des Demokratischen Sozialimus Provincial Court Personenstandsgesetz Part Proprietary Queens Bench (z.B. Man. Q.B. = Queens Bench ofManitoba) Queensland Review, in Verbindung mit Gesetzessammlung revised Reports ofFamily Law Randnununer Revised Statutes i.v.m. Abkürzung eines Staates z.B. R.S.O. = Revised Statutes of Ontario oder R.S.C. = Revised Statutes of Canada S. Seite, in Kanada steht S. auch für Statutes jeweils i. V.m. dem Staat (z.B. S.C. = Statutes ofCanada) s. section SA South Australia Sask. Saskatchewan S.C.C. Supreme Court of Canada S.C.R. Supreme Court Reports S.D. Southern Dictrict (eines erstinstanzlichen Bundesgerichts innerhalb eines Staates) S.E.2d South Eastern Reporter 2. Serie (Regionalfallrechts-sammlung) Sess. Session Seton Hall Const. L. J. Seton Hall Constitutional Law Journal Solicitors Journal Sol. Jo. South. Cal. L. Rev. Southern California Law Review South. U. L. Rev. Southern University Law Review SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands ss. sections St. Street Stan. L. Rev. Stanford Law Review Stat. Statutes, siehe auch bei S. StAZ Das Standesamt (Zeitschrift) Sten. Prot. Stenographische Protokolle StGB Strafgesetzbuch Sup.Ct. Supreme Court Supp. Supplement (ergänzte, aktualisierte Gesetzessammlung) SVD Schwulenverband in Deutschland e.V. SW.2d South Western Reporter 2. Serie (Regionalfallrechts-sanunlung)
22 taz TeIUl. Tex. tit. U. C. Davis L. Rev. U. Dayton L. Rev. U. Hawaii L. Rev. U. BI. L. Rev. U.K. U. Louisville 1. Farn. U. Miami L. Rev. UMKC L. Rev. UNSWLJ U. Pa. L. Rev. US USA U. Tas. L. Rev. U. Toronto Fac. L. Rev. U. Toronto L. 1. v. Va. Vic. VR Vt. VVDStRL
Abkürlungsverzeichnis die tageszeitung TeIUlessee Texas title University ofCalifornia, Davis Law Review University of Dayton Law Review Universtity ofHawaii Law Review University ofIllinois Law Review United Kingdom University ofLouisville Journal ofFamily Law University ofMiami Law Review University ofMissouri-Kansas City Law Review University ofNew South Wales Law Journal University ofPeIUlsylvania Law Review United States, auch Fallrechtssammlung des Obersten Bundesgerichtshofes United States of America University ofTasmania Law Review University ofToronto Faculty ofLaw Review
University ofToronto Law Journal vom, vor, versus Virginia Victoria Victorian Reports Vermont Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Wash. Washington West. Western Wis. Wisconsin Wis. L. Rev. Wisconsin Law Review WuM Wohnungswirtschaft und Mietrecht (Zeitschrift) Weekly Law Reports WLR WRV Weimarer Reichsverfassung W.W.R. Western Weekly Reports y. Yukon Territory Yale 1.L. & Feminism Yale Journal ofLaw and Feminism Yale L. & Policy Rev. Yale Law and Policy Review ZMR Zeitschrift für Miet- und Raumrecht ZParl. Zeitschrift für Parlamentsfragen ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik ZTR Zeitschrift für Tarifrecht
Erstes Kapitel
Einleitung
A. Zur Terminologie Um im Fortgang der Arbeit Mißverständnisse zu venneiden, werden vorab einige Begriffe geklärt. In den nachfolgenden Ausführungen werden mit "homosexuell" sowohl weibliche (lesbische) als auch männliche (schwule) Homosexuelle bezeichnet!. Bezüglich des Begriffspaares "homosexuell" und "gleichgeschlechtlich" sei folgender Hinweis angebracht: Zur Voraussetzung einer Eheschließung gehört die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner, nicht deren heterosexuelle Orientierung. Insofern ist die Homosexualität der Heiratswilligen irrelevant, solange die Partner geschlechtsverschieden sind2 . In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe "gleichgeschlechtlich" und "homosexuell" im Zusammenhang mit Ehe, Lebensgemeinschaft, Partnerschaft, Paarbeziehung und in ähnlichen Konstellationen gleichwohl synonym benutzt. Gemeint ist damit aber immer "gleichgeschlechtlich". Für diese Vorgehensweise spricht nicht zuletzt auch der Umstand, daß in der Regel nur lesbische und schwule und nicht auch heterosexuelle Partner gleichgeschlechtliche Ehen eingehen wollen. Der in der juristischen Diskussion in Deutschland3 und im Ausland4 zu findende Hinweis darauf. daß die sexuelle Orientierung der Nupturienten für die Frage nach der Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Eheschließung keine Rolle spiele, mag zwar aus dogmatischen Grunden gerechtfertigt sein. An der Realität geht er jedoch vorbei. I Die Verwendung des Begriffs "Homosexualität" wird zum Teil wegen seiner Herkunft aus der Sexualpathologie abgelehnt. Im Rahmen dieser Arbeit wird er dennoch wegen der besseren Lesbarkeit im oben definierten Sinne benutzt. 2 Die Homosexualität eines Partners kann allerdings zur Anfechtung der Ehe berechtigen, wenn der andere Partner daruber getäuscht wurde, vgl. z. B. SoergelHeill1zmann, § 32 EheG Rn. 27 m.w.N. zur Rechtsprechung. 3 So z. B. AG Tübingen, StAZ 1993, 13 (14). 4 Siehe etwa die Entscheidung des Supreme Court von Hawaii, Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530, 543 Fn.ll, 852 P.2d 44, 51 Fn. 11 (1993) sowie die kanadische Entscheidung in Layland v. Ontario, 104 D.L.R. (4 th ) 214,223 (1993) (Ont. Div. Ct); dazu sowie zur Kritik an dieser Auffassung unter Drittes Kapitel A. ll. 2. B. aa., dd., Viertes Kapitel A. ll. 2.
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1. Kapitel: Einleitung
Genaue Zahlen über heiratswillige homosexuelle Paare können nicht vermittelt werden. Nach den Ergebnissen des Kinsey-Institut Reports von 1978 führen etwa 14 % der homosexuellen Männer und 38 % der homosexuellen Frauen eine "Quasi-Ehe"s. Neuere bundesdeutsche Untersuchungen, die sich allerdings ausschließlich auf schwule Männer beziehen, ergaben, daß derzeit schätzungsweise 42 % der männlichen Homosexuellen in einer festen Beziehung leben 6 . Auch wenn unwahrscheinlich ist, daß sämtliche in einer langjährigen Partnerschaft lebenden Lesben und Schwule an der Ehe interessiert sind, betrifft das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeie, ausgehend von einem Anteil von 1-3 % lesbischer Frauen und 4-5 % schwuler Männem an der Gesamtbevölkerung8 , immerhin einige hunderttausend Menschen.
B. Die aktuelle Diskussion um die "Homoehe" Die Frage, ob es die Ehe oder andere Formen rechtlicher Anerkennung für gleichgeschlechtliche Partnerschaften geben kann und soll, wird von betroffenen Gruppen und interessierten Kreisen nicht erst in jüngerer Zeit gestellt9 Zu einer zentralen Forderung zumindest eines Teils der Schwulenbewegung wurde die .,Homoehe"lo, wie die Ehe für zwei Personen desselben Geschlechts auch schlagwortartig genannt wird, jedoch erst zu Beginn der neunziger 1ah5 Bell/Weinberg, S. 152-160 sowie Tabellen 13.5, 13.6 (S. 409 f.). Dafür, daß diese Zahlen auf Deutschland übertragen werden können, Gallner, S. 36 m.w.N. o Dannecker, S. 149 ff.; Bachaw, S. 18 ff. 7 Ein Eheverbot wegen Gleichgeschlechtlichkeit ist im EheG, das die Eheverbote in den §§ 4-10, 39 Abs. 1 abschließend aufzählt, nicht geregelt. Deshalb wird das Geschlechtsverschiedenheitserfordernis als materielle Ehevoraussetzung eingeordnet, bei deren Fehlen eine sogenannte Nichtehe entsteht. Dazu z. B. GemhuberlCaester Waltjen, § 12 II.7. Wenn im folgenden von einem Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit die Rede ist, dann ist dies im untechnischen Sinne gemeint. 8 Vgl. hierzu den Zwischenbericht der Enquete-Kommission des 11. Deutschen Bundestages zum Thema Aids, hrsg. v. Deutschen Bundestag, S. 42. 9 Die Zeitschrift emma hat sich bereits 1984 (Heft 7, S. 14-26) mit der "Lesbenehe" auseinandergesetzt. Einen Kernpunkt der späteren Diskussion um die "Homoehe" hat Alice Schwarzer dort (S. 23) schon damals treffend beschrieben mit ihrer Äußerung: "Mir scheint die Sehnsucht nach der Ehe gerade in einer homosexuellen Liebe individuell gesehen zwar durchaus konform, strukturell gesehen aber gleichzeitig glatt revolutionär." Ende der achtziger Jahre rückten der Themenbereich Ehe oder andere Möglichkeiten für gleichgeschlechtliche Paare bei Vertretern der Schwulenbewegung und anderweitig politisch Aktiven mehr in der Vordergrund. Eine ausführliche Dokumentation der kontrovers geführten Debatte um die "Homoehe" findet sich in dem 1991 von Klaus Laabs herausgegebenen Sammelband: Lesben. Schwule. Standesamt. Siehe auch bei Rimmele, Schwule Biedermänner?, 1993. 10 Zum Begriff "Homoehe" vgl. insbesondere Laabs in: Lesben. Schwule. Standesamt., hrsg. v. Laabs, S. 7-13.
B. Die aktuelle Diskussion um die "Homoehe"
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re ll . Seitdem wird die Diskussion um die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen zunehmend auch außerhalb der Lesben- und Schwulengemeinde geführt. Maßgeblichen Einfluß auf diese Entwicklung hatte die im Sommer 1992 stattfindende .. Aktion Standesamt", die damit begann, daß zahlreiche homosexuelle Paare das Aufgebot zwecks nachfolgender Eheschließung bestellten 12. Einheitlich lehnten die zuständigen Standesbeamten den Erlaß des Aufgebots unter Hinweis auf ein bestehendes Ehehindernis der Gleichgeschlechtlichkeit ab. Die darauffolgenden erstinstanzlichen Gerichtsentscheidungen bestätigten die Auffassung der Beamten nahezu ausnahmslos. Nach Ausschöpfung des Instanzenzuges stand bundeseinheitlich fest, daß zwei Personen desselben Geschlechts nicht miteinander die Ehe eingehen können 13 . Nachdem das daraufhin von einigen Heiratswilligen angerufene Bundesverfassungsgericht hierin keinen Verstoß gegen Verfassungsrecht, insbesondere auch keine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG, erkennen konnte l4 , hatte die "Aktion Standesamt" auf rechtlicher Ebene ihr Ziel, die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare zu eröffnen, verfehlt. Sie hatte aber ein großes Medienecho hervorgerufen, im Zuge dessen die Diskussion um die "Homoehe" erstmals eine breite Öffentlichkeit erreichteIS. Das auf diese Weise geweckte Interesse riß auch in der Folgezeit nicht ganz ab. Zwar ließ die Intensität der Berichterstattung nach, aber es erschienen immer wieder kurze Meldungen in der Tagespresse l6 oder eine TV11 Zwn Entstehen der Forderung nach der "Homoehe" und den damit zusammenhängenden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen vgl. Rimmele, S. 7, 56-76 m.w.N .. Zu den verschiedenen Standpunkten innerhalb der Lesben- und Schwulenbewegung zu diesem Thema in der BRD, den USA u. in Kanada siehe unter Zweites Kapitel B. m, Drittes Kapitel C. Fn. 262, Viertes Kapitel C. I. 2. 12 Nachdem bereits im Mai 1992 das prominente Lesbenpaar Hella von Sinnen und Cornelia Scheel seine Heiratsabsicht bekannt gegeben hatte (hierzu: Spiegel Nr. 23/1992 S. 128 f), riefen im Juli 1992 der Schwulenverband in Deutschland e.Y. (SVD) und die "Schwulen Juristen" heiratswillige Lesben- und Schwulenpaare dazu auf, am 19. August 1992 das Aufgebot bei den zuständigen Standesämtern zu bestellen. Dieser als ,Aktion Standesamt" bezeichneten Aufforderung kamen etwa 250 Paare nach. Dazu Bnms, in: Lesben. Schwule. Partnerschaften, hrsg. v. Senatsverwaltung für Jugend und Familie, S. 63 (69 f.); Rimmele, S. 70. 119-128. \3 Dazu Zweites Kapitel A. II. 1.,2. 14 BVerfG NJW 1993, 3058 f = FamRZ 1993, 1419 = FuR 1993, 347 f = MDR 1993, 1208. 15 Vgl. hierzu nur: Bruns, in: Lesben. Schwule. Partnerschaften, hrsg. v. Senatsverwaltung für Jugend und Familie, S. 63 (69 f.), der einen kurzen Überblick über die Reaktion auf die ,Aktion Standesamt" gibt. 10 Der Themenkomplex gleichgeschlechtliche Partnerschaften und Eheschließungsrecht wurde zum Beispiel angesprochen in: FAZ v. 2.1.1993, S. 41 f (Grüne Stadträte wollen Homosexuellen-Ehe erstreiten); Schwan, FAZ v. 5.1.1993, S. 31 (Rosarote insel); FAZ v. 5.1.1993, S. 32 ("Eine Frage der Einschätzung"); Süddeutsche Zeitung v. 14.10.1993, S. 1 (Entscheidung in Karlsruhe. Keine Ehe zwischen Homosexuellen), ehenda, S. 4 (Nein zur Hochzeit, Ja zur Hoffnung); Spiegel 19/1993, S. 63 (Schwulen-
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I. Kapitel: Einleitung
Veranstaltung 17 setzte sich mit gleichgeschlechtlich orientierten Menschen und ihren Lebensweisen auseinander. Diese Entwicklung konnte nicht ohne Einfluß auf Politik und Wissenschaft bleiben. Der Diskurs zum Themenkomplex Homosexualität, gleichgeschlechtliche Lebensweisen und Eheschließungsrecht wurde dort neu belebt beziehungsweise überhaupt erst angeregt. Die dadurch aufkommende Meinungsvielfalt spiegelt sich in zahlreichen Verlautbarungen zu diesem Thema wider, die von purer Ablehnung bis hin zur Ausarbeitung vollständiger Gesetzestexte reiches. Hierzu möchte, unter rechtswissenschaftlichen Gesichtspunkten, auch die vorliegende Arbeit einen Beitrag leisten.
und Lesbenehe nicht mehr tabu); Stienemeier, FR v. 7.6.1994, S. 4 (Antworten waren eher verhalten. Schwule Juristen fragten Parteien nach Gleichstellung); FR v. 25.6.1994, S. 24 (Hamburg: Segen für Homosexuelle); Hebel, FR v. 11.2.1995, S. 4 (Gericht unterstellt Untreue); FR v. 23.2.1995, S. 20 ("Ritual für Homosexuelle"); Ha/lack, FR v. 4.4.1995, S. 4 (Ohne Trauschein kein Ortszuschlag); FR v. 15.5.1995, S. 1 (Niedersachsen. Gleichstellung für homosexuelle Paare geplant); Hanack, FR v. 22.5.1995, S. 5 (Von der "rosa" Ehe" können Homosexuelle in Deutschland nur träumen); ders., FR v. 26.6.1995, S 4 (Ein Schritt auf dem Weg zur ,,rosa Ehe"); FR v. 27.7.1995, S. 32 (Frankreich Gericht stellt lesbisches Paar Eheleuten gleich); FAZ v. .1.2.1996, S. 7 (Sydney: Lesbierin muß nach Trennung Alimente zahlen); FAZ v. 14.2.1996, S. 1 (Antrag zu homosexuellen Lebensgemeinschaft kritisiert); FR v. 17.4.1996, S. 2 (Niederlande. Parlament stimmt für Homosexuellen-Heirat); FR v. 5.12.1996, S.34 (US-Gericht hält Ehen von Homosexuelle fUr legal); FAZ v. 5.12.1996, S. 10 (Bald Homosexuellen-Ehen im Bundesstaat Hawaii?); Wiegandt, Zeit v. 20.12.1996, S. 8 (Durchbruch in Hawaii?); Süddeutsche Zeitung v. 11.2.1997, S. 2 (Die Gefahrtin ist so wichtig wie der frühere Ehemann); Winter, FR v. 25.6.1997, S. 3 (Ein Hochzeitswunsch schlägt Wellen). 17 Das Thema "Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern" wurde z. B. in der ARD-Sendung PRO & CONTRA am 21.2.1991, in "Doppelpunkt" am 6.8.1992 diskutiert. Ebenfalls um diese Thematik ging es bei "Boulevard Bio" in der ARD am 26.4.1994 und in den Beiträgen von 3sat: ,,Die andere Ehe" am 1.11.1993 sowie "Ganz in Weiß" am 17.6.1994. Außerdem haben die beiden ARD-Serien "Lindenstraße" und "Verbotene Liebe" kürzlich, am 22. u. 27. Juli 1997, jeweils eine "SchwulenHochzeit" stattfinden lassen. Dazu liegler, taz v. 9. Juli 1997. IS Am deutlichsten hat Edmund Stoiber (CSU), zitiert nach Rimmele, S. 122, seine Ablehnung dokumentiert, der zum Thema "rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaft" äußerte: "Wenn ich über steuer- und erbrechtliehe Anerkennung von homosexuellen Paaren diskutiere, dann kann ich gleich über Teufelsanbetung diskutieren:' Im Gegensatz dazu Rita Süssmuth (CDU) in einem Interview der Illustrierten Bunte (29/1991, S. 90) die Ansicht vertreten:" Wenn ein gleichgeschlechtliches Paar ein Leben lang füreinander sorgt, dann muß der Staat dies zum Beispiel im Hinterbliebenenrecht, bei der Rente und auch bei der Besteuerung berücksichtigen. Hier müssen wir uns gesellschaftspolitisch öffnen." Von den rechtswissenschaftlichen Äußerungen seien an dieser Stelle nur genannt: Wacke, FamRZ 1990, 347 ff.; Brulls/Beck, MDR 1991, 832 ff.; Nordhues, DRiZ 1991, 136 ff.; Schimmel/Meier, StAZ 1993,210 ff; Louven, ZRP 1993, 12 f; Reiß KJ 1994, 98 ff.Dazu später Zweites Kapitel B. Gesetzesentwürfe wurden unter anderem von der Bundestagsfraktion Bünd-
D. Gang der Untersuchung
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C. Fragestellung Im Vordergrund der nachfolgenden Untersuchung stehen folgende Fragestellungen: 1. Wie kann dem in der "AktIOn Standesamt" offenkundig gewordenen Bedürfi1is gleichgeschlechtlicher Paare nach umfänglicher rechtlicher Anerkennung und Absicherung ihrer Beziehungen am besten Rechnung getragen werden?
Es sei an dieser Stelle bereits darauf hingewiesen, daß die Suche nach Antworten auf die eben formulierte Frage nicht auf das nationale Recht beschränkt bleiben wird. Eine maßgebliche Rolle werden vielmehr einige ausländische Rechtsordnungen spielen, die mit demselben Problem konfrontiert sind und die sich deshalb ebenfalls um Lösungen bemühen. 2. Welche der insoweit in Betracht kommenden .Möglichkeiten lassen sich mit den verfassungsrechtlichen T/orgaben des Grundgesetzes der Bundesrepublik, insbesondere mit Art. 6 Abs. 1 GG, vereinbaren?
D. Gang der Untersuchung Die Arbeit beginnt mit der Darstellung der gegenwärtigen rechtlichen Realität gleichgeschlechtlicher Paare in der Bundesrepublik. Es wird also zunächst ausgeleuchtet welche Möglichkeiten den Partnern einer homosexuellen Lebensgemeinschaft bereits heute zur Verfügung stehen, um ihre Beziehung rechtlich auszugestalten und in welchen Bereichen ihnen die gewünschte rechtliche Anerkennung versagt bleibt. Dabei werden die bestehenden gesetzlichen Regelungen ebenso in die Betrachtung mit einbezogen wie die Spruchpraxis der Gerichte. Berücksichtigt werden ferner die damit im Zusammenhang stehenden Äußerungen des rechtswissenschaftlichen Schrifttums. Soweit Verlautbarungen des bundesdeutschen Gesetzgebers zum Thema "gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften" vorhanden sind, werden sie schon am Anfang der Arbeit aufgegriffen, um das Bild der derzeitigen Situation gleichgeschlechtlicher Paare in der Bundesrepublik abzurunden und mögliche Entwicklungstendenzen aufzuzeigen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den bereits im Bundestag diskutierten Entwürfen, insbesondere unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, findet allerdings erst im letzten Kapitel im Rahmen der rechtsvergleichenden Gesamtbetrachtung statt.
ms 90IDie Grünen, der Gruppe der PDS im Bundestag, dem BVH und gemeinsam von den Schwulen Juristen und dem SVD ausgearbeitet. Hierzu Zweites Kapitel C. II.
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1. Kapitel: Einleitung
Anschließend werden ausländische Rechtsordnungen daraufhin untersucht, welche Möglichkeiten sie gleichgeschlechtlichen Paaren zur Absicherung ihrer Partnerschaften bieten und ob darüber hinausgehende Maßnahmen diskutiert werden. Auch hier beschäftigt sich die Darstellung sowohl mit der derzeitigen gesetzlichen Lage als auch mit dem Fallrecht und, sofern vorhanden, mit dem rechtswissenschaftlichen Schrifttum. Nationale Besonderheiten bestimmen jeweils den Schwerpunkt der Ausführungen. An erster Stelle der Auslandsbetrachtungen stehen die USA. Dies hat zunächst damit zu tun, daß die sogenannte "gay rights litigation" um die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen dort ihren Ursprung nahm. Die ersten Prozesse, in denen es um das Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare ging, wurden in den Vereinigten Staaten bereits zu Beginn der siebziger Jahre entschieden. Dementsprechend umfangreich ist die rechtswissenschaftliche Literatur, die seitdem zum Thema "same-sex marriage" und verwandten Problemkreisen veröffentlicht wird. Darüber hinaus stehen die USA gegenwärtig erneut im Mittelpunkt des Interesses, denn seit der Entscheidung des Supreme Court von Hawaii 1993 und dem darauffolgenden - noch nicht rechtskräftigen - Urteil des Circuit Court vom Dezember 1996 liegt die Vermutung nahe, daß Hawaii der erste Staat sein wird, in dem gleichgeschlechtlichen Paaren die Eingehung einer Ehe erlaubt sein wird, Dies hat zu einer Neuauflage der nicht mehr nur im rechtswissenschaftlichen Schrifttum stattfindenden Diskussion über die "same-sex marriage" und damit zusammenhängender Fragen geführt, so daß eine Betrachtung der Entwicklungstendenzen in den USA auch für die bundesdeutsche Diskussion von großem Interesse ist. Dem folgen die Ausführungen zur gegenwärtigen Rechtslage in Kanada und in Australien. Beide Staaten haben sich schon bei der rechtlichen Behandlung der nichtehelichen verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaft als besonders engagiert und fortschrittlich gezeigt, weshalb es nicht sehr überrascht, daß sie sich auch im Rahmen der Diskussion um gleichgeschlechtliche Partnerschaften bereits um praktische Lösungen bemüht haben. Den Abschluß bildet eine rechtsvergleichende Gesamtbetrachtung aller dargestellten Rechtsordnungen. Dabei werden zunächst die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede herausgearbeitet, die die Rechtsordnungen der Bundesrepublik, der USA. Kanadas und Australiens bei der Behandlung gleichgeschlechtlicher Paare aufweisen. In diesem Rahmen werden erstmals auch die im internationalen Vergleich wohl weitreichendsten Regelungsmodelle der skandinavischen Länder, namentlich Dänemarks, Norwegens und Schwedens berücksichtigt. Diese Vorgehensweise erscheint gerechtfertigt, weil es bereits umfangreiches auch deutschsprachiges Material zur "eingetragenen Partnerschaft" gibt auf das insofern verwiesen werden kann 19 . Basierend auf dem Er-
D. Gang der Untersuchung
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gebnis. daß im Ausland allgemein die Tendenz vorherrscht, gleichgeschlechtlichen Paaren eine außerhalb des Eherechts liegende gesetzliche Regelung zur Verfügung zu stellen. wird die Frage untersucht, ob die Bundesrepublik - wo der Gesetzgeber bislang untätig geblieben ist - von dieser Entwicklung deshalb abweicht, weil sich Art. 6 Abs. 1 GG gegen die Schaffung eines den ausländischen Regelungsmodellen vergleichbaren Rechtsinstituts für gleichgeschlechtliche Paare sperrt. Zentraler Bezugspunkt bei der Beantwortung dieser verfassungsrechtlichen Fragestellung wird der Nichtannahmebeschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Oktober 1993 20 sein. Die jeweils ans Ende der Kapitel gestellten inhaltlichen Zusammenfassungen geben einen knappen, aber vollständigen Überblick über die behandelte Thematik.
19 Z. B.: Grib, Die gleichgeschlechtliche Partnerschaft im nordischen und deutschen Recht, 1996; dies., in: Lesben. Schwule. Partnerschaften, S. 91 ff.; Wacke, FamRZ 1990, 347; Müller-Freien/eis, FS f. Gemhuber, 737 (749-756); Wübbecke, S. 34-40; 'Verschraegen, S. 107-139; dies., StAZ 1995,225 ff.; Jayme, IPRax, 1990, 197. Weitere, auch englischsprachige Literatumachweise finden sich im Sechsten Kapitel unter B. 2. 20 BVerfG NJW 1993, 3058 f. = FamRZ 1993, 1419 = FuR 1993, 347 f. = MDR 1993, 1208.
Zweites Kapitel
Die rechtliche Realität gleichgeschlechtlicher Paare in der Bundesrepublik Deutschland A. Die gleichgeschlechtliche Ehe in Gesetzgebung und Rechtsprechung I. Das Recht der Eheschließung in der Gesetzgebung des Bundes
Ein ausdrückliches Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen ist in den innerhalb der Gesetzgebungskompetenz des Bundes erlassenen] und derzeit geltenden ehe- und familienrechtlichen Vorschriften ebensowenig zu finden wie ihre Erlaubnis. Darüber hinaus enthalten weder das Ehegesetz, das in Verbindung mit dem Personenstandsgesetz das Eheschließungsrecht regelt, noch das Bürgerliche Gesetzbuch, wo in den §§ 1297-1588 die Rechtswirkungen der Ehe bis hin zu ihrer Scheidung normiert sind, eine Definition dessen, was unter Ehe zu verstehen ist. Selbst Art. 6 Abs. 1 GG, der neben der Familie auch die Ehe unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt, bringt nicht die erwartete Aufklärung über ihren rechtlichen Inhalt oder ihr Erscheinungsbild2 . Der Wortlaut der insoweit maßgeblichen Vorschriften des Grundgesetzes und des einfachgesetzlichen Rechts spricht deshalb weder für noch gegen die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen.
11. Die Rechtsprechung zur gleichgeschlechtlichen Ehe Vor diesem Hintergrund überrascht es, daß sich bundesdeutsche Gerichte erstmals 1992 mit der Frage nach der Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher
] Die Gesetzgebungskompetenz über das Ehe- und Familienrecht obliegt im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung gemäß Art. 74 Abs. 2 Nr. I. u. 2 i. V.m. Art. 72 Abs. I GG dem Bund. 2 Zu Inhalt und Umfang der verfassungsrechtlichen Garantie des Art. 6 Abs. I GG später Sechstes Kapitel B. II.
A. Gleichgeschlechtliche Ehe in Gesetzgebung und Rechtsprechung
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Ehen beschäftigen mußten3 . Anlaß war die zu dieser Zeit stattfindende "Aktion Standesamt", in deren Rahmen zahlreiche gleichgeschlechtliche Paare dem Aufruf des Schwulenverbands in Deutschland (SVD) und der "Schwulen Juristen" gefolgt waren und das für eine Eheschließung erforderliche Aufgebot bestellten4 . Nachdem sämtliche der gemäß § 4 PStG zuständigen Standesbeamten den Erlaß des Aufgebotes unter Hinweis auf ein gemäß § 5 Abs. 2 PStG entgegenstehendes Ehehindernis der Gleichgeschlechtlichkeit abgelehnt hatten, stellten die abgewiesenen Paare bei den nunmehr zur Entscheidung berufenen Amtsgerichten den Antrag, die Standesbeamten anzuweisen, das Aufgebot zu erlassen und die Trauung vorzunehmen 5.
I. Die Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt am Main Dieser Antrag wurde einzig vom Amtsgericht Frankfurt am Main 6 positiv beschieden. Begründet wurde die Entscheidung zunächst damit, daß eine gesetzliche Ehedefinition ebensowenig existiere wie die materielle Ehevoraussetzung der Verschiedengeschlechtlichkeit7 . Im Wege einer als verfassungskonform bezeichneten Auslegung des Ehe- und Personenstandsgesetzes kam das Gericht dann zu dem Ergebnis, daß die Gleichgeschlechtlichkeit der Antragsteller dem Erlaß des Aufgebotes und der beabsichtigten Eheschließung nicht entgegensteheR. In der gegenteiligen Ansicht liege ein Verstoß gegen die in Art. 6 Abs. I GG gewährleistete Eheschließungsfreiheit, die auch die Wahl eines gleichgeschlechtlichen Partners urnfasse9 . Ferner würde ein Ehehindernis der Gleichgeschlechtlichkeit den aus Art. 3 Abs. 3 GG folgenden Gleichbehand3 In den USA wurde die erste Klage, mit der ein Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare eingefordert wurde, bereits 1971 entschieden; in Kanada war es 1974. Siehe dazu Drittes Kapitel A. II. 1., Viertes Kapitel A. II. 1. 4 Dazu schon Erstes Kapitel B. Zu vereinzelten, der Aktion Standesamt vorausgehenden Verfahren, die sich mit der Eheschließung gleichgeschlechtlicher Paare beschäftigen mußten: Schimmel, S. 61 Fn. 23 m.w.N. zu den unveröffentlichten Urteilen. 5 Vgl. AG Tübingen StAZ 1993, 13 f; AG Würzburg StAZ 1993, 80 ff.; AG BerlinSchöneberg StAZ 1993, 148 f; AG Mainz StAZ 1993, 150; AG Rostock StAZ 1993, 150 L AG Leipzig StAZ 1993, 320 f, sowie die nachstehende Fn. o AG FrankfurtlMain v. 21.12.1992, Az.: 40 UR m E 166/92 u. 40 UR m Ke 176/92 = StAZ 1993, 48f= MDR 1993, 116f= NJW 1993, 940 = FamRZ 1993, 557fmit ablehnender Anmerkung von Quo, StAZ 1993, 149 f.u. Willutzki, MDR 1993, 116 ff.; kritisch auch Verschraegen, S. 160-163. Die Entscheidung des Amtsgerichts FrankfurtlMain wird nachfolgend nur nach StAZ 1993, 48 f, zitiert. 7 AG Frankfurt, StAZ 1993, 48 f. 8 AG Frankfurt, StAZ 1993,48 (48). 9 AG Frankfurt, StAZ 1993,48 (49).
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2. Kapitel Die rechtliche Realität in der Bundesrepublik Deutschland
lungsgrundsatz verletzten, da ein sachlicher Grund für die sich aus dem Eheverbot ergebenden Benachteiligungen nicht ersichtlich sei lO . Der Verweis auf eine christlich-abendländische Ehetradition der Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner könne hierfür jedenfalls nicht genügen. Schließlich verstieße diese Auslegung auch gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG), das auch das Recht umfasse, mit dem gleichgeschlechtlichen Partner in einer Lebensgemeinschaft zusammenzuleben. Denn im Gegensatz zu verschiedengeschlechtlichen, nichtehelichen Lebensgemeinschaften hätten zwei Lebenspartner desselben Geschlechts bei Bejahung eines Ehehindernisses der Gleichgeschlechtlichkeit keine Entscheidungsfreiheit, ob sie ihre Beziehung dem Schutzbereich der Ehe unterstellen oder niche I . Dieser Beschluß wurde auf Beschwerde des städtischen Rechtsamts hin in der nächsten Instanz durch das Landgericht Frankfurt am Main l2 aufgehoben und dahingehend abgeändert, daß die ablehnende Entscheidung des Standesbeamten bestätigt wurde. Das Landgericht vertrat die Auffassung, daß die Gleichgeschlechtlichkeit der Parteien ein Ehehindernis im Sinne von § 5 Abs. 2 PStG sei. 2. Der allgemeine Tenor der Instanzgerichte
Nachdem die Frankfurter Amtsgerichtsentscheidung infolge ihrer Aufhebung gegenstandslos geworden war, stand bundeseinheitlich fest, daß ein Eheschließungsrecht für homosexuelle Paare nicht existiert, denn alle anderen mit dieser Frage befaßten Untergerichte hatten die Klagen der heiratswilligen gleichgeschlechtlichen Paare bereits in der ersten Instanz mit der Feststellung, die Verschiedengeschlechtlichkeit stelle eine Ehevoraussetzung dar, abgewiesen l3 . Diese Auffassung wurde in der Rechtsmittelinstanz von den jeweils zuständigen Landgerichten ebenso bestätigtl4 wie von den letztinstanzlich mit
AG Frankfurt, StAZ 1993, 48 (49). AG Frankfurt, StAZ 1993, 48 (49). 12 LG FrankfurtfMain StAZ 1993,.217 f'= NJW 1993,1998 f, womit über den mit Az.: 40 UR m E 166/92 wortgleichen Beschluß des AG FrankfurtfMain Az.: 40 UR m H 194/92 entschieden wurde. 13 AG Tübingen StAZ 1993, 13 f; AG WÜIZburg StAZ 1993, 80 ff.; AG BerlinSchöneberg StAZ 1993, 148 f; AG Mainz StAZ 1993, 150; AG Rostock StAZ 1993, 150 f; AG Leipzig StAZ 1993, 320 f 14 LG Osnabrück StAZ 1993, 219 '= FamRZ 1993, 327 f.; LG Bonn StAZ 1993, 13; LG Gießen StAZ 1993, 148'= FamRZ 1993, 558 '= NJW 1993, 942; LG Neubrandenburg MDR 1993, 87L LG Münster StAZ 1993, 320. 10 11
A. Gleichgeschlechtliche Ehe in Gesetzgebung und Rechtsprechung
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der weiteren Beschwerde befaßten Oberlandesgerichten l5 . Dabei findet sich in sämtlichen Entscheidungsgründen folgende Argumentation. Der Begriff der Ehe sei zwar weder einfachgesetzlich noch im Grundgesetz definiert. Seine Auslegung müsse aber zu dem Ergebnis kommen, daß die Gleichgeschlechtlichkeit ein Ehehindernis im Sinne von § 5 Abs. 2 PStG darstellt, denn unter Ehe sei ausschließlich die umfassende, grundsätzlich unauflösbare Lebensgemeinschaft von Mann und Frau zu verstehen. 3. Die Bundesverfassungsgerichtsentscheidung vom 4. JO. J993
Im Anschluß an die letztinstanzlichen Entscheidungen der Oberlandesgerichte, die ein Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare einhellig abgelehnt hatten, gingen zahlreiche Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein, mit denen die Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 6 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs.l und Art. 3 Abs. 1 GG rügten. Die erste dieser Verfassungsbeschwerden wurde mit Beschluß vom 4.10.1993 von der dritten Kammer des ersten Senates nicht zur Verhandlung angenommen, da ihr keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukäme und damit die gemäß § 93 a Abs. 2 BVerfGG erforderliche Voraussetzung fehle l6 . In seiner Begründung geht auch das Bundesverfassungsgericht davon aus, daß unter Ehe nur die Vereinigung von Mann und Frau zu verstehen sei. Ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG könne deshalb nicht vorliegen. Damit hält das Gericht an seiner ständigen Rechtsprechung zur Ehe fest, die es auch nicht zu überprüfen gelte, da ein grundlegender Wandel des Eheverständnisses in dem Sinne, daß der Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner keine prägende Bedeutung mehr zukäme, nicht ersichtlich sei 17. Ein solcher Wandel ergebe sich - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer - auch nicht daraus, daß die Fortpflanzungsfahigkeit der Partner keine Bedingung für die Eingehung einer Ehe sei und immer mehr Ehen kinderlos blieben, während eine zunehmende 150LG Köln StAZ 1993, 147 f= FamRZ 1993, 1081 f= NJW 1993, 1997 f= FuR 1993, 229 f= MDR 1993, 767 f.; OLG Köln FamRZ 1994, 1107; BayObLG StAZ 1993,147 = FamRZ 1993,558 f= NJW 1993,1996 f= MDR 1993,984 f; OLG Celle StAZ 1993,216 f= FamRZ 1993, 1082 f; KG StAZ 1994,220. 16 BVerfG NJW 1993, 3058f= FamRZ 1993,1419 = FuR 1993, 347f.= MDR 1993, 1208; mit kritischer Amnerkung Schimmel, FuR 1993, 348; kritisch auch Berghalm, KJ 1993,397 (417); zustimmend Radloff, FamRZ 1994,21; flohloch, JuS 1994, 254 L die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird nachfolgend nach NJW zitiert. 17 BVerfG NJW 1993, 3058 (3058) nLw.N. zur einschlägigen RechtsprechWlg des BundesverfassWlgsgerichts. 3 Heun
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2. Kapitel: Die rechtliche Realität in der Bundesrepublik Deutschland
Zahl von Kindern in außerehelichen Beziehungen geboren und aufgezogen würden 18 . Diese unstreitigen Tatsachen stünden nicht im Widerspruch zu der Annahme, daß die Ehe in erster Linie deshalb verfassungsrechtlichen Schutz genieße, weil sie den Partnern den rechtlichen Rahmen zur Gründung einer Familie mit gemeinsamen Kindern zur Verfügung stellen SOll19. Ebensowenig wurde der Frage, ob sich ein Recht auf Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht oder dem Gleichheitssatz ergeben könnte, grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung beigemessen. Denn wenn bereits die speziellere Norm des Art. 6 Abs. 1 GG die Eheschließungsfreiheit auf verschiedengeschlechtliche Paare beschränke, könnten die insoweit vom Beschwerdeführer gerügten generellen Grundrechte aus Art. 2 Abs. I in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. I GG nicht eine Ehe ohne die Beschränkung auf die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner garantieren20 . Ausdrücklich offen ließ das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die zahlreichen Benachteiligungen der gleichgeschlechtlichen Paare gegenüber Ehepartnern die Frage danach, ob der Gesetzgeber aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet sein könne, gleichgeschlechtlichen Partnern eine rechtliche Absicherung ihrer Lebensgemeinschaft zu ermöglichen, oder ob zumindest einzelne Regelungen in verschiedenen Rechtsbereichen der Änderung bedürften, denn diese Fragen seien nicht Prüfungsgegenstand gewesen 21 . III. Fazit
Obwohl eine gesetzliche Ehedefinition fehlt, setzen die Behörden und Gerichte allgemein die Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehepartner voraus und lehnen es ab, eine Verbindung zwischen zwei Personen desselben Geschlechts unter Ehe zu subsumieren. Aus diesem Grund haben die zuständigen Standesbeamten ebenso wie die Gerichte den Erlaß des Aufgebotes - unter Hinweis auf das im Sinne § 5 Abs. 2 PStG bestehende Ehehindernis der Gleichgeschlechtlichkeit - für homosexuelle Paare abgelehnt, und konnte das Bundesverfassungsgericht in der Zwangsehelosigkeit gleichgeschlechtlicher Paare einen Verstoß gegen Artikel 6 Abs. I GG nicht erkennen. Die Rechtspraxis geht 18 BVerfGE NJW 1993, 3058 (3058); dagegen Schimmel, FuR 1993, 348 (348 f). Vgl. auch Zweites Kapitel B. 1., II. 19 BVerfGE NJW 1993, 3058 (3058) unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR im Urteil Rees, Serie A, Nr. 49; dazu auch Bn.ms, ZRP 1996,6 (6). 20 BVerfG NJW 1993, 3058 (3058). 21 BVerfG NJW 1993, 3058 (3058 f).
B. Gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttum
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demnach einhellig davon aus, daß eine Ehe nur zwischen Mann und Frau geschlossen werden kann.
B. Die gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttum Die Frage nach der Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen beschäftigt das rechtswissenschaftliehe Schrifttum in der Bundesrepublik erst seit kurzem. In der Regel waren es die im Zusammenhang mit der "Aktion Standesamt" ergangenen Gerichtsentscheidungen, die einzelne Autoren zu Stellungnahmen und Kommentaren veranlaßten 22 . Andere machten die 1989 in Dänemark getroffene Regelung dieses Problemkreises zum Gegenstand ihrer Beiträge23 .
I. Die Gegner der gleichgeschlechtlichen Ehe Die überwiegende Mehrheit des rechtswissenschaftlichen Schrifttums geht von der ausschließlich verschiedengeschlechtlichen Ehe aus; ein Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare wird folglich verneine 4 . Dabei wird das Erfordernis der Zweigeschlechtlichkeit häufig nicht einmal erwähnt, sondern als "Selbstverständlichkeit" stillschweigend vorausgesetzt. Erst seit diese Prämisse in Folge der "Aktion Standesamt" auch hierzulande ernsthaft in Frage gestellt wird, gehen die Autoren vermehrt dazu über, das Prinzip der Geschlechtsverschiedenheit als Wesensmerkmal der Ehe ausdrücklich zu nennen 25 . Teilweise werden auch weitergehende Erklärungsversuche unternom22 So z. B. Louven, ZRP 1993, 12 f( dazu Grimm, ZRP 1993, 232; Kleinschmidt, ZRP 1993, 271 f, Grüll, ZRP 1994, 40); SchimmelIMeier, StAZ 1993, 210 ff.; Reiß, KJ 1994, 98 ff; Willutzki, MDR 1993, 117 f; Hohloch, JuS 1994, 354 f; Radloff, FamRZ 1994,21; Schimmel, FuR 1993, 347. 23 Siehe z. B. Wacke, FamRZ 1990, 347 ff.; Jayme, IPRax 1990, 197; Nordhues, DRiZ 1991, 136 ff; Bruns/Beck, MDR 1991, 823 ff.; Beck, DuR 1991,446 ff. 24 BK-Pirson, Art. 6 Rn. 5; MaunzlDürig-Maunz, Art. 6 Rn.15; v. MÜllchlKunig-v. Münch, Art. 6 Rn. 4; AK.-GG-Richter, Art. 6 Rn. 15; Jarass/Pieroth, Art. 6 Rn. 2; Schmidt-BleibtreuIKlein, Art. 6 Rn. 6; v. Campenhausen, VVDStRL 45, 8, 26; PalandtDiederichsen, Ein!. v. § 1297 Rn. 1; MülKo-Rebmann, Ein!. vor §§ 1297-1588 Rn. 24; Soergel-Heintzmann. § 11 EheG Rn. 1; Staudinger-Hübner, § 1353 Rn 20; AK.-BGBLange-Klein, Vor §§ 1353 ffRn. 6; Erman-Aderhold, Vor § 1 EheG Rn. 1; Schlüter, § 2 I.; Schwab, Rn. 20; Wacke, FamRZ 1990, 347 (350); Wagenitz/Barth, FamRZ 1996, 577 (584) sowie die in den folgenden Fn. aufgeführten Autoren, soweit sie hier nicht genannt wurden. 25 So z. B.: BeitzkelLüderitz, §5 1.2; Giesen, Rn. 4 (Fn. 25, 28); LecheIer, § 133 Rn. 19: sowie GemhuberICoester-Waltjen, § 5 I. 2., wo in Fn. 13 ausgeführt wird: " Als allzu selbstverständlich meist gar nicht erwähnt. Angesichts einer ernsthaft geführten
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2. Kapitel: Die rechtliche Realität in der Bundesrepublik Deutschland
men. Dies geschieht meist durch den Hinweis darauf, daß mit Ehe seit jeher nur die Verbindung von Mann und Frau gemeint sei, die Verfassung insofern an eine vorgefundene, naturgegebene und damit außerrechtliche Lebensform anknüpfe, mit der sie insoweit auch übereinstimme 26 . Nur in dieser Form stehe sie unter der Obhut von Art. 6 Abs. 1 GG, denn die Ehe werde vor allem deshalb verfassungsrechtlich geschützt, weil die Geburt und Erziehung von Kindern auch heute noch überwiegend in der Ehe stattfanden27 . Da gleichgeschlechtliche Paare in der Regel kinderlos blieben, seien ihre Beziehungen nicht in der gleichen Weise schützenswert wie heterosexuelle Verbindungen, in denen zumindest die grundsätzliche Möglichkeit der Fortpflanzung bestehe 2s . 11. Die Befürworter des Eheschließungsrechts für gleichgeschlechtliche Paare Die Befürworter gleichgeschlechtlicher Ehen setzen ebenso wie ihre Gegner am Ehebegriff an, dessen Bedeutungsgehalt mangels gesetzlicher Definition durch Auslegung zu ermitteln sei. Dem folgt meist die Feststellung nach, daß die hierbei zunächst maßgebliche historische Auslegung zwar eindeutig ergebe, daß mit Ehe nur die Verbindung von Mann und Frau gemeint war, an gleichgeschlechtliche Ehen seinerzeit jedenfalls nicht gedacht wurde29 . Vor dem Hintergrund tiefgreifender gesellschaftlicher Veränderungen sei der Wille des Gesetzgebers, der ohnehin nur ein Aspekt der Methodenlehre sei, indes
Debatte um Jie Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften ist heute die Erwähnung nicht mehr überflüssig." 20 So z. B.: Louven, ZRP 1993, 12 (12); Otto, StAZ 1993, 149 (149); Lecheier, § 133 Rn. 19; Giesen, Rn. 4; Palandt-Diederichsen, Einleitung vor § 1297 Rn. 1; MaunzJDürig-Maunz, Art. 6 Rn. 2, 14; BK-Pirson, Art. 6 Rn. 6, 11; SchmidtBleibtreu/Klein, Art. 6 Rn. 6; Dölle, § 5 I., Bosch FamRZ 1966, 57 (61); Henrich, Stcllungnalune, S. 22 (220; Pauly, Stellungnahme, S. 30 (30); ders., NJW 1997, 1955 (1955): ausführlich und kritisch dazu Schimmel, S. 78-86. 27 So Loul'en, ZRP 1993,12 (13); Willutzki, MDR 1993, 117 (118); Duo, StAZ 199\ 149 (149); Schuhmacher, FamRZ 1994,857 (858); Wacke, FamRZ 1991, 347 (350): Verschraegen, S. 167: Pauly, Stellungnahme, S. 30 (30 f.); ders. NJW 1997, 1955 (1955). 28 Louven, ZRP 1993, 12 (12 ): Willutzki, MDR 1993, 117 (118); DUo, StAZ 1993, 149 (149); Schuhmacher, FamRZ 1994,857 (858); Pauly, Stellungnahme, S. 30 (31); Verschmegen, S. 167. ähnlich auch Henrich, Stellungnahme 22 (27). 29 Statt vieler SchimmelIMeier, StAZ 1993, 210 (212); Schimmel, S. 92-95; Augstein 111: Leshen. Schwule. Partnerschaften., hrsg. v. Senatsverwaltung für Jugend und Familie, S ~() (53)
B. Gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttum
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nicht unumstößlich 30 . Bestätigt würde diese Auffassung zudem durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das bereits in einem anderen Zusammenhang entschieden habe, daß auch das von der Verfassung geschützte, überkommene Eheverständnis gesellschaftlichen Veränderungen unterliege, was im Falle eines grundlegenden Wandels zu einer veränderten rechtlichen Beurteilung führen könne31 . Beiträge, die nach dem 4. Oktober 1993 veröffentlicht wurden, konnten sich insoweit auch auf den unter diesem Datum ergangenen Kammerbeschluß des Bundesverfassungsgerichts berufen, wo diese Rechtsprechung fortgeführt und ein Wandel des Eheverständnisses auch im Hinblick auf das Merkmal der Verschiedengeschlechtlichkeit grundsätzlich für möglich erachtet wurde 32 . Wenn das Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare dort letztlich abgelehnt wurde, dann nur deshalb, weil das Gericht im Zeitpunkt seiner Entscheidung auf tatsächlicher Ebene keine Anhaltspunkte für einen solchen grundlegenden Wandel erkennen konnte. Demgegenüber gehen die Befürworter eines Eheschließungsrechts für gleichgeschlechtliche Paare davon aus, daß die erforderlichen Veränderungen sowohl bezüglich der gesellschaftlichen Ausgestaltung der Ehe als auch bezüglich der Lebensform Homosexualität bereits eingetreten sind 33 . Ein grundlegender Wandel habe vor allem in der gesellschaftlichen Bewertung von Homosexualität stattgefunden. Dies sei zunächst daran abzulesen, daß die Strafbarkeit männlicher Homosexualität nach und nach reduziert worden sei 34 , zwischenzeitlich ist sie in Folge der Streichung von § 175 StGB gänzlich entfallen35 . Ein weiteres Indiz, das in diesem Zusammenhang häufig genannt wird, ist die Entwicklung der Rechtsprechung der Zivilgerichte in be-
30 So ausdrücklich SchimmelIMeier, StAZ 1993,210 (212); Schimmel, S. 95 u. Augstein in: Lesben. Schwule. Partnerschaften., hrsg. v. Senatsverwaltung für Jugend und Familie, S.50 (53). Vgl. hierzu auch Bruns/Beck, MDR 1991, 832 (833) sowie v. Münch in: Handbuch des Verfassungsrechts, § 9 Rn. 8. 31 So z. B. Bruns/Beck, MDR 1991, 832 (833); Augstein in: Lesben. Schwule. Partnerschaften., hrsg. v. Senatsverwaltung für Jugend und Familie, S. 50 (53 f) jeweils unter Hinweis aufBVerfGE 36, 146 (163 f). 32 So etwa Schimmel, S. 130; Bruns, ZRP 1996, 6 (7). 33 Bnms/Beck, MDR 1993, 832 (833 f); Augstein in: Lesben. Schwule. Partnerschaften., hrsg. v. Senatsverwaltung für Jugend und Familie, S. 50 (54 f.); Kleinschmidt, ZRP 1993,271 (272); SchimmelIMeier, StAZ 1993,210 (213), Grüll, ZRP 1994,40 (40); Bruns, ZRP 1996, 6 (7); ausführlich dazu auch Schimmel, S. 131. 34 Augstein in: Lesben. Schwule. Partnerschaften., hrsg. v. Senatsverwaltung für Jugend und Familie, S. 50 (55); Bruns/Beck, MDR 1991, 832 ( 833 f.); Schimmel, S. 126. 35 29. Strafrechtsänderungsgesetz vom 31. Mai 1994, 8GBl. I., 1168.
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2. Kapitel: Die rechtliche Realität in der Bundesrepublik Deutschland
zug auf gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften36 . Galt das Zusammenleben in einer solchen homosexuellen Partnerschaft einst noch als sittenwidrig, so stehe seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zum Mietreche 7 fest, daß das Zusammenleben zweier unverheirateter Personen desselben Geschlechts nicht mehr als sittlich anstößig bewertet werden könne38 . Tiefgreifenden Veränderungen habe sich auch das Erscheinungsbild der Ehe unterwerfen müssen. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Grundgesetzes noch eine vom Patriarchat geprägte Institution, kennzeichne die Ehe heute in erster Linie das gleichberechtigte Zusammenleben der Eheleute 39 . Ohne gesetzlich vorgegebene Geschlechtsrollenzuweisung und vor dem Hintergrund geschlechtsneutral gehaltener Normtexte könnten unter die maßgeblichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Ehegesetzes ohne weiteres auch gleichgeschlechtliche Partner subsumiert werden 4o . Dieser Argumentation könne jedenfalls nicht allein mit dem Hinweis darauf begegnet werden, die Ehe stehe in erster Linie deshalb unter dem besonderen Schutz der Verfassung, weil sie Eheleuten den geeigneten Rahmen zur Familiengründung zur Verfügung stellen wolle, weshalb die regelmäßig kinderlosen gleichgeschlechtlichen Paare dieses Schutzes nicht bedürften41 • Dies ließe außer acht, daß die Fortpflanzungsfahigkeit keine Voraussetzung der Eheschließung sei, folglich auch solche heterosexuelle Verbindungen in den grundgesetzlichen Schutzbereich fallen, die ungewollt und - immer zahlreicher - auch
30 So z. B. Augstein in: Lesben. Schwule. Partnerschaften., hrsg. v. Senatsverwaltung für Jugend und Familie, S.50 (55); Bruns/Beck, MDR 1991, 832 ( 833 f.); Schimmel, S. 127 f 37 BGHZ 92, 2 I 3 f1= NJW 1985, 130 f1= FamRZ 1985, 42 f1= DWW 1985, 24 f, ausführlich dazu unten C. 1. 2. a. 38 Augstein in: Lesben. Schwule. Partnerschaften., hrsg. v. Senatsverwaltung für Jugend und Familie, S. 50 (55), Bruns/Beck, MDR 1991,832 ( 833 f); Schimmel, S. 127 jeweils m.w.N. zur Rechtsprechung. 39 Hierzu Augstei/l in: Lesben. Schwule. Partnerschaften., hrsg. v. Senatsverwaltung für Jugend und Familie, S. 50 (54); Schimmel, S. 114 f 40 So Augstein in: Lesben. Schwule. Partnerschaften., hrsg. v. Senatsverwaltung für Jugend und Familie, S. 50 (54); Schimmel, S. 122-124. 41 SchimmelIMeier, StAZ 1993,210 (212 f.); Bruns/Beck, MDR 1991, 832 (834); Beck, DuR 1991,446 (454); Augstein in: Lesben. Schwule. Partnerschaften., hrsg. v. Senatsverwaltung für Jugend und Familie, S. 50 (52); Reiß, KJ 1994, 98 (l05); Wübbecke, S. 4 L Gn-m, ZRP 1994, 40, Kleinschmidt, ZRP 1993, 271 (272); Bruns, ZRP 1996,6 (6 f). Ausdrücklich gegen BVerfG NJW 1993, 3058 fsowie entgegen einiger Vertreter der rechtswissenschaftlichen Literatur (dazu oben unter B. 1.), die sich mit dieser Argumentation gegen die Zulässigkeit gleichgeschlechtlichen Ehe ausgesprochen haben: Schimmel, FuR 1993,348 (348.f), ders. S. 101-104, I I3 f
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gewollt kinderlos blieben 42 . Warum nur gleichgeschlechtliche, kinderlose Paare von vornherein von diesem Schutz ausgeschlossen werden sollen, sei nicht zu begründen 43 .In Anbetracht der modernen Fortpflanzungstechniken könne zudem nicht mehr generell davon ausgegangen werden, daß homosexuelle Paare keinesfalls eigene Kinder in die gleichgeschlechtliche Beziehung einbringen können44 . Darüber hinaus sei die Prämisse, wonach die Ehe vor allem als rechtlicher Rahmen für die dort stattfindende Familiengründung verfassungsrechtlichen Schutz genießt, ohnehin überdenkenswert, denn die Zunahme außerehelicher Geburten einerseits und die immer größer werdende Zahl kinderloser Ehen andererseits machten deutlich, daß sich Ehe und Familie stetig weiter auseinanderentwickelten45 • Hieraus sei jedoch nicht zu folgern, daß die Ehe nunmehr funktionslos und damit nicht mehr schützenswert geworden sei. Vielmehr habe sie nach wie vor auch noch andere, über die Fortpflanzung hinausgehende Aufgaben, wie zum Beispiel Solidarität im Alter und in Notzeiten, die sowohl von verschieden- als auch von gleichgeschlechtlichen Paaren erfüllt werden könnten46 . Von diesen Überlegungen ausgehend kommen die Befürworter des Eheschließungsrechts für gleichgeschlechtliche Paare schließlich zu dem Ergebnis, daß die Einbeziehung gleichgeschlechtlicher Paare in das derzeitige Eherecht, wenn nicht geboten, so doch zumindest möglich ist 47 . Mit anderen Worten, treffend formuliert: "Damit erweist sich die Zulässigkeit gleichge42 SchimmelIMeier, StAZ 1993, 210 (212 f); Schimmel, FuR 1993, 348 (348 f.); ders., S. 101-104; Beck, DuR 1991, 446 (454); Augstein in: Lesben. Schwule. Partnerschaften., hrsg. v. Senatsverwaltung für Jugend und Familie, S. 50 (52 f.); Kleinschmidt, ZRP 1993,271 (272), Wübbecke, S. 41; Grüll, ZRP 1994,40 (40); Bruns, ZRP 1996, 6 (7). 43 Wie vorherige Fn. 44 SO Z. B. SchimmelIMeier, StAZ 1993,210 (212); Schimmel, S. 104 sowie S. 104110 zu Familien gleichgeschlechtlicher Paare durch Adoption, Pflegekindschaft oder Sorgerecht für Kinder aus vorangegangenen heterosexuellen Verbindungen. 45 Schimmel, FuR 1993, 348 (348 f.); SchimmelIMeier, StAZ 1993, 210 (212); Coester, StAZ 1988, 122 (124) sowie Bruns/Beck, MDR 1993, 832 (834); Beck, DuR 1991,446 (454,458); Augstein in: Lesben. Schwule. Partnerschaften., hrsg. v. Senatsverwaltung für Jugend und Familie, S. 50 (52 f); Kleinschmidt, ZRP 1993,271 (272); Grüll, ZRP 1994, 40 (40); Schimmel, S. 113 f; Bruns, ZRP 1996, 6 (7); Oberlies, Streit 1994, 172 (173). 46 Ausführlich dazu Schimmel, S. 144 f, 148-152; Grüll, ZRP 1994,40 (40); Beck, DuR 1991,446 (460); Bruns, ZRP 1996,6 (7); vgl. auch Coester, StAZ 1988, 122 (124); a.A. Oberlies, Streit 1994, 172 (174), die aus dem vorhergesagten die Schlußfolgerung zieht, der besondere Schutz der Ehe sei aufzugeben. 47 So Schimmel, S. 162; Bruns/Beck, MDR 1991, 832 (834); Beck, DuR 1991,446 (458); Reiß, KJ 1994, 98 (104 f); Augstein in: Lesben. Schwule. Partnerschaften., hrsg. v. Senats verwaltung für Jugend und Familie, S.50 (56); Wübbecke, S. 41 f; Bruns, ZRP 1996,6 (8).
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2. Kapitel: Die rechtliche Realität in der Bundesrepublik Deutschland
schlechtlicher Ehen de lege lata als eine Frage nicht des rechtlichen Könnens, sondern des politischen Wollens,,48. III. Exkurs: Andere Stimmen Jenseits juristischer Argumentationen liegen die für eine breite, rechtspolitische Diskussion nicht minder wichtigen Meinungen und Argumente der Betroffenen, die deshalb zumindest angesprochen werden sollen. Auch hier gibt es nicht nur Befürworter, sondern ebenso Gegner des Eheschließungsrechts für gleichgeschlechtliche Paare. Die Darstellung beschränkt sich auf die offiziellen Stellungnahmen der Interessenverbände Homosexueller sowie auf Äußerungen der in diesem Bereich besonders engagierten Lesben und Schwulen49 . Inwieweit deren Ansichten von den mehrheitlich nicht organisierten homosexuellen Bürgern der Bundesrepublik getragen werden, ist ungewiß. J. Gleichstellung und Entdiskriminierung im Recht
Die Forderung nach dem Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare wird von deren Vertretern regelmäßig mit der dadurch zu erreichenden Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Partnerschaften und der damit einhergehenden Entdiskriminierung gleichgeschlechtlicher Paarbeziehungen gerechtfertigt50. Ausgangspunkt dieser Überlegung ist, daß mit der Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen die Gleichwertigkeit homosexueller und heterosexueller Verbindungen festgeschrieben würde. An dieser Entscheidung müßten sich dann alle drei Gewalten, das heißt die Rechtsprechung, die Verwaltung und auch der zukünftige Gesetzgeber orientieren51 . Das "Ja" zum Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtlicher Paare bedeute folglich das EnSchimmellJvfeier, StAZ 1993,210 (213). Wie z. B. der Lesbenring e.V:, der Bundesverband Homosexualität e.V. (BVH) und der Schwulenverband in Deutschland e.V. (SVD) sowie die in den nachfolgenden Fußnoten genannten Autoren. Ein Überblick über den Meinungsstand innerhalb der deutschen homosexuellen Gemeinde findet sich in: Lesben. Schwule. Standesamt., hrsg. v. Laabs sowie bei Rimmele, Schwule Biedermänner, u. Wübbecke, S. 23-30. Zur us-amerikanischen und kanadischen "gay community" siehe unter Drittes Kapitel C. Fn. 262, Viertes Kapitel C. I. 2. 50 Vgl. Beschluß vom 16./17. Oktober 1993, abgedruckt in Schwulenmacht '94, hrsg. v. SVD, vgl. auch Emanzipation, Partizipation und Integration schwuler Männer in Deutschland. Programm des SVD, hrsg. v. SVD; Rowohlt in: BVH-Magazin Nr. 2 April 1991, S.1O f.; Bnms/Beck in: Lesben. Schwule. Standesamt, hrsg. Laabs, S. 112129. 5\ Wie vorherige Fn. 48
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de jeglicher Diskriminierung homosexueller Lebensgemeinschaften seitens des Rechts 52 . Dabei sind sich sämtliche Verbände darüber einig, daß die Ehe an sich nicht der geeignete Bezugspunkt für die Vergabe von derart umfassenden Begünstigungen ist wie sie derzeit an den Ehestatus geknüpft werden 53. Aus diesem Grund lehnen Teile der Lesben- und Schwulenbewegung die Forderung nach dem Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare grundsätzlich ab 54 . Diejenigen "Ehekritiker", die gleichwohl für eine Öffnung des Eheinstituts für gleichgeschlechtliche Paare plädierenden, begründen ihre Haltung damit, daß ein Eherecht für alle Paarbeziehungen die Ehe in ihrer gegenwärtigen Fonn an Bedeutung verlieren ließe: zum einen durch die damit verbundene Relativierung der Ehe als patriarchales Rechtsinstitut und zum anderen durch die steigenden - durch das Ehegattensplitting bedingten - Steuerausfalle 55 . Hieraus folge dann die Aufgabe der (Ehe )Privilegien, die allein an die fonnelle Eheschließung anknüpfen. Statt dessen würden diejenigen begünstigt, die Kinder, Kranke oder andere bedürftige Personen betreuen und aus diesem Grund konkrete finanzielle und andere Einbußen erlitten, die von der Gesellschaft auszugleichen seien56 . Das Eheschließungsrecht für lesbische und schwule Paare wird demnach nicht nur als erster Schritt auf dem Weg zur
52 Um die Diskriminierung auf anderen Gebieten zu beenden, fordern die Verbände unter anderem die Änderung der Landesverfassungen sowie von Art. 3 GG und/oder eine Anti-Diskriminierungsgesetzgebung. Vgl. hierzu nur: "Schwulenrechte in die Berliner Verfassung, Schwulenrechte in die Verfassung" u. "Ein Anti-Diskriminierungsgesetz für Schwule", sämtliche hrsg. v. SVD sowie Die "Beglaubigte Partnerschaft", hrsg. v. BVH. Dazu auch unten unter C. rn. 53 Vgl. hierzu SVD (Hrsg.), "Wir wollen, daß Schwule ihr Recht bekommen: Weg frei zum Standesamt", "Mehr Rechte für nichteheliche Lebensgemeinschaften", "Ein Anti-Diskriminierungsgesetz für Schwule", "Schwulenrechte in die Verfassung"; BVH-Positionen zur Lebensformenpolitik, beschlossen auf der BVH-Mitgliederversammlung am 11./12. November 1989, in: BVH-Magazin Nr. 1 Februar 1990; Blanke in: BVH-Magazin Nr. 2 April 1991. Da der BVH zur Eheforderung für homosexuelle Partner keinen einheitlichen Standpunkt vertritt, werden dort werden die unterschiedlichen Meinungen innerhalb des BVH zusammengefaßt dargestellt; Resolution des Lesbenrings auf der Mitgliederversammlung am 3./4. Februar 1990, in: BVH-Magazin Nr.lfFebruar 1990, S. 22. Siehe auch bei Bnms/Beck in: Lesben. Schwule. Standesamt., hrsg. v. Laabs, 112 (123) sowie Die Schwulen Juristen (Hrsg.), S. 61. 54 Näheres sogleich unter B rn. 3. 55 SVD (Hrsg.), "Wir wollen, daß Schwule ihr Recht bekommen: Weg frei zum Standesamt", "Mehr Rechte für nichteheliche Lebensgemeinschaften"; Rowohlt in: BVH Magazin Nr. 2 /April 1991, S. 10 f.; Buns/Beck in: Lesben. Schwule. Standesamt, hrsg. v. Laabs, S. 112 (123); Die Schwulen Juristen (Hrsg.), S. 51. 56 SVD (Hrsg.), "Wir wollen, daß Schwule ihr Recht bekommen: Weg frei zum Standesamt", "Mehr Rechte für nichteheliche Lebensgemeinschaften"; Bruns/Beck in: Lesben. Schwule. Standesamt., hrsg. v. Laabs, 112 (123 f.).
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2. Kapitel: Die rechtliche Realität in der Bundesrepublik Deutschland
Gleichberechtigung homosexueller Lebensweisen begriffen, sondern außerdem als Mittel zur darüber hinaus angestrebten Entprivilegierung der Ehe. 2. Entstigmatisierung durch Gesetzgebung?
Ein anderes Ziel, das einige Befürworter der Homoehe zu erreichen hoffen, ist die Entstigmatisierung homosexuellen Lebens in der Gesellschaft. Ausgangspunkt dieser Überlegung ist nicht, daß durch eine Gesetzesänderung per se auch eine Emanzipation der homosexuellen Minderheit erreicht wird, da gesellschaftliche Umwälzungen in der Regel nicht erzwungen werden können 57 . Es gelte vielmehr eine bereits vorhandene Stimmung der Liberalisierung aufzugreifen und politisch wegweisend umzusetzen, um so einen Prozeß der Auseinandersetzung in Gang zu setzen, der letztlich zu einer gesellschaftlichen Akzeptanz der vom Gesetzgeber getroffenen Entscheidung führen kann58 . Von der Abschaffung des Eheverbots der Gleichgeschlechtlichkeit wird demnach ein ähnlich positiver Einfluß auf die Entstigmatisierung homosexueller Lebensweisen erwartet wie von der Liberalisierung des Strafrechts im Rahmen des § 175 StGB am Ende der sechziger Jahre 59 . 3. Kritische und ablehnende Stellungnahmen
Andere Teile der Lesben- und Schwulenbewegung stehen der Forderung nach dem Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare kritisch bis ablehnend gegenüber60 . Sie halten die "Homoehe" für den falschen Ansatzpunkt auf dem Weg zur Emanzipation homosexueller Lebensweisen, wobei sich die Abneigung nicht gegen die "Homoehe", sondern grundsätzlich gegen die Institution Ehe richtet 61 . Die Ehe setze die Ungleichheit der Partner vor-
Bruns/Beck in: Lesben. Schwule. Standesamt, hrsg. v. Laabs, 112 (112 f.). Beck in: Lesben. Schwule. Standesamt., hrsg. v. Laabs, 39 (57). 59 So Bruns/Beck in: Lesben. Schwule. Standesamt., hrsg. v. Laabs, 112 (124); kritisch hierzu: Bleibtreu-Ehrenberg in Lesben. Schwule. Standesamt., hrsg. v. Laabs, 135 (137). 60 Der Lesbeming lehnt die Ehe für Lesben grundsätzlich ab. Vgl. hierfür Resolution des Lesbenrings auf der Mitgliederversammlung am 3./4. Februar 1990, in: BVHMagazin Nr. IlFebruar 1990, S. 22., nochmals in: Was haben Frauenbeauftragte mit Lesben zu tun, hrsg. v. Lesbeming e.V., Bremen 1994, S. 47-50; ebenso die Mehrheit des BVH laut BVH-Positionen zu "Lebensformen" in: BVH-Magazin Nr. 2/April 1991, S.8. 61 Offizielle Stellungnahme des Lesbemings und eines Teils des BVH (vgl. hierzu vorherige Fn.); ebenso: Oesterle-Schwerin in: Lesben. Schwule. Standesamt. Hrsg. v. 57 58
B. Gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttum
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aus, fordere Rollenbilder, in denen Frauen regelmäßig die Benachteiligten sind und sei deshalb zu bekämpfen62 . Mit der Forderung nach dem Eherecht für Homosexuelle werde jedenfalls nicht die Emanzipation der Lesben und Schwulen vorangetrieben, sondern eher Gegenteiliges bewirkt63 . Zudem gehe es um die Abschaffung der Privilegien, die ohne sachliche Berechtigung an die Ehe geknüpft seien und um die Ausweitung der Privilegien, die aufgrund ihres elementaren Wesens allen - unabhängig vom Familienstand - zugänglich gemacht werden müßten. Gefordert wird deshalb die direkte Anerkennung - ohne Umweg über die Zulässigkeit von Ehen zwischen Gleichgeschlechtlichen sämtlicher selbstgewählter Lebensweisen durch den Staat, ohne daß eine davon begünstigt wird64 . IV. Zusammenfassung Beinahe einhellig lehnt die rechtswissenschaftliehe Literatur die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen ab. Meist ohne nähere Begründung gehen ihre Vertreter davon aus, daß die Ehe die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner voraussetzt, eine Verbindung zwischen zwei Personen des gleichen Geschlechts deshalb nicht unter Ehe subsumiert werden kann. Wissenschaft und Rechtsprechung bestätigen insofern einander, denn auch die Gerichte sind nahezu einstimmig von der Unzulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen unter der derzeitigen Rechtslage ausgegangen. Die Befürworter des Eheschließungsrechts bilden deshalb eine Mindermeinung. Hieran wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach auch in Zukunft nichts ändern, denn die Diskussion um die gleichgeschlechtliche Ehe hat in Anbetracht ihrer übermächtigen Gegnerschaft und den damit einhergehenden gerichtlichen Niederlagen insgesamt an Zugkraft verloren. Ohne aktuellen Anlaß scheint die Diskussion um ein Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare nur noch wenige zu interessieren65 . Es bleibt deshalb abzuwarten, ob die Forderung nach der Zulässigkeit Laabs, S. 28 ff.; Eckert in: Lesben. Schwule. Standesamt., hrsg. v. Laabs S. 230 ff.; Nehm in: BVH-Magazin Nr. 2/April 1991, S. 9. 62 Oesterle-Schwerin in: Lesben. Schwule. Standesamt., hrsg. v Laabs, 28 (36); dies. in: BVH-Magazinchen Nr. 4/0ktoberI989, S.28-35; Resolution des Lesbenrings am 3.14. Februar 1990 in: BVH-Magazin Nr. IlFebruar 1990, S. 22; so auch: Oberlies, Streit 1994, 172-174. 63 Oesterle-Schwerin in: Lesben. Schwule. Standesamt., hrsg. v. Laabs, 28 (34-36). 640esterle-Schwerin in: BVH-Magazinchen Nr. 4/0ktober 1989, S.28 ff.; vgl. auch Lesbische Lebensformen, hrsg. v. Lesbenring e.Y.; Eckert in: Lesben. Schwule. Standesamt., hrsg. v. Laabs, 230 (232), Nehm in: BVH-Magazin Nr. 2/April 1991, S. 9. 65 SO Z. B. Verschraegen, Gleichgeschlechtliche ,,Ehen", 1994; Schimmel, Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare, 1996; Grib, Die gleichgeschlechtliche Partnerschaft im nordischen und im deutschen Recht, 1996; Bruns, ZRP 1996, 6 ff.
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2. Kapitel: Die rechtliche Realität in der Bundesrepublik Deutschland
der gleichgeschlechtlichen Ehe die Rechtspraxis erneut beschäftigen wird66 oder ob sie an anderer Stelle erhoben wird und die Debatte um die "Homoehe" im Gefolge neu entflammt67 .
c. Alternativen zum Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare
Das Bundesverfassungsgericht sieht in Art. 6 Abs. 1 GG eine wertentscheidende Grundsatznorm und leitete daraus die umfängliche Verpflichtung des Staates ab, die Ehe nicht bloß vor Beeinträchtigungen zu schützen, sondern auch durch geeignete Maßnahmen zu fördern 68 . Dies führt dazu, daß die Ehe in zahlreichen einfachgesetzlichen Regelungen gegenüber anderen Lebensformen privilegiert behandelt und ausgestaltet wird69 . Gleichgeschlechtliche Paare können daran mangels Eheschließungsrecht nicht teilhaben. Sie müssen statt dessen die der Besserstellung von Eheleuten korrespondierenden Nachteile sowohl im Rahmen ihrer privaten Lebensgestaltung und auch in öffentlich-rechtlichen Bereichen hinnehmen, denn anders als ihr heterosexuelles Gegenstück haben sie keine Wahl, sondern sind zur Ehelosigkeit gezwungen. Eine Folge der Ehelosigkeit ist, daß im Trennungsfall kein dem Scheidungsrecht vergleichbarer Mechanismus einsetzt, die vermögensrechtlichen Ansprüche deshalb nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen abgewickelt werden müssen, die in keiner Weise auf eine von personalen Elementen dominierte Partnerschaft zugeschnitten sind70 • Das Fehlen jeglichen rechtlichen Rahmens macht sich aber auch in anderen Krisensituationen wie dem Krankheits- oder Todesfall eines Partners bemerkbar. Ohne gesetzliches Erbrecht, wie es etwa den Ehegatten zusteht oder anderer verbindlich angeordneter Ansprüche gegenüber Dritten sind die Partner einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft darauf angewiesen, daß ihre Forderungen im Wege der richterliche Rechtsfortbildung befriedigt werden. In den zuletzt genannten 66 Sowohl in den USA als auch in Kanada wurde die gleichgeschlechtliche Ehe mehrfach, zum Teil mit einem Abstand von fast zwanzig Jahren, vor Gericht eingefordert. Dazu unter Drittes Kapitel A. II., Viertes Kapitel A. II. 67 Vgl. hierzu die verschiedenen Vorstöße der Fraktion Bündnis 90IDie Grünen im Bundestag. Siehe hierzu unter Zweites Kapitel C. II sowie Sechstes Kapitel B. I. 1., 3. b., 3. d. 68 Grundlegend BVerfGE 6,55 (72, 76 f). Dazu auch später unter Sechstes Kapitel B. II. 1. a. 69 Eine detaillierte Übersicht über sämtliche Eheprivilegien und die korrespondierenden Nachteile für unverheiratete gleichgeschlechtliche Paare in: Schwule im Recht, hrsg. v. Die Schwulen Juristen sowie Bnms/Beck, MDR 1991, 823 (832 f). 70 Dazu sogleich unter C. I. I.
c. Alternativen zum Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare
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Konstellationen geht es häufig um die in bezug auf verschiedengeschlechtliche nichte he liehe Lebensgemeinschaften zumindest teilweise geklärte Frage, ob Vorschriften, deren Rechtsfolgen an den Angehörigenstatus oder ähnliches anknüpfen, analog auch auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften angewendet werden können 7 ]. Während gleichgeschlechtliche Paare in diesem Bereich zunächst vereinzelte Erfolge erzielen konnten, mußten sie gerade in jüngerer Zeit Rückschläge hinnehmen, so daß die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit verschiedengeschlechtlichen ehelichen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften durch richterliche Rechtsfortbildung mehr als Notlösung denn als Alternative zur Ehe erscheint. Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes über die verfassungsrechtlichen Aspekte des Eheschließungsrechts für gleichgeschlechtliche Paare werden deshalb verstärkt auch außerhalb des Eherechts liegende gesetzliche Regelungsmöglichkeiten für gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften diskutiert 72 . Denn dort hatte das Gericht zum Ausdruck gebracht, daß der Gesetzgeber im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeits recht und den allgemeinen Gleichheitssatz durchaus dazu verpflichtet sein könnte, eine gesetzliche Regelung zu schaffen oder einzelne Vorschriften des einfachen Rechts zu modifizieren, um die vielfältigen Benachteiligungen gleichgeschlechtlicher Paare zu beseitigen 73
I. Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften im Spiegel der Rechtsprechung Seit Mitte der achtziger Jahre hat sich die in der Gesellschaft abzeichnende Entwicklung im Sinne einer zunehmende Akzeptanz schwuler und lesbischer Lebensweisen auch in der (höchstrichterlichen) Rechtsprechung niedergeschlagen. Dazu beigetragen hat vor allem die Lockerung der strafrechtlichen Beurteilung sexueller Handlungen zwischen zwei Personen desselben Geschlechts bis hin zu ihrer Abschaffung 1994 durch Streichung des symbolträchtigen § 175 StGB 74 Infolge der Entkriminalisierung homosexuellen Verhaltens ist es gleichgeschlechtlich orientierten Menschen nunmehr möglich, ihre alltäglichen Sorgen und Schwierigkeiten, die sie zuvor aus Angst vor 71 Dazu unten C 1. 2.-4., siehe hierzu auch Knache, Die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft als "Familienangehörige"? 72 Dazu unten unter C II. 2., 3. 73 BVerfG NJW 1993, 3058 (3058 f.). 74 Die Geschichte des § 175 StGB ist ausführlich dargestellt in der gleichnamigen Dokumentation, hrsg. v. Freunde eines Schwulen Museums im Berlin e. V. sowie als Oberblick bei Baumann, S. 15-39 u. GaUner, S. 163-236.
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2. Kapitel: Die rechtliche Realität in der Bundesrepublik Deutschland
Strafverfolgung für sich behielten, in der Öffentlichkeit anzusprechen und auszuleben 75 . Heute artikulieren Lesben und Schwule ihre Bedürfnisse und Ansprüche und machen sie soweit erforderlich auch gerichtlich geltend. Zuvor häufig auf die strafrechtliche Beurteilung sexueller Aktivitäten beschränkt, muß sich die Rechtsprechung deshalb seit einiger Zeit mit den verschiedensten Aspekten homosexuellen Lebens und in diesem Zusammenhang mit gleichgeschlechtlichen nichtehelichen Lebensgemeinschaften auseinandersetzen. 1. Vermögensrechtliche Streitigkeiten nichtehelicher (gleichgeschlechtlicher) Lebenspartner bei Beendigung ihrer Beziehung
Die Partner einer bestehenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft wirtschaften häufig aus einem Topf, ohne daß es für sie eine Rolle spielt, wer bei formaljuristischer Betrachtungsweise berechtigt oder verpflichtet ist. Die rechtlichen Beziehungen, die die Partner untereinander und mit Dritten eingehen, werden deshalb oft nicht als solche wahrgenommen. Erst im TrennungsfalL wenn es um die vermögensrechtliche Abwicklung der bis dahin von personalen Elementen dominierten Verbindung geht, treten sie in den Vordergrund, denn infolge der Unanwendbarkeit des Scheidungsrechts sind die Partner beziehungsweise die Gerichte bei der nachträglichen Beurteilung der im Verlauf der Beziehung erworbenen schuld- und sachenrechtlichen Positionen auf die allgemeinen Regeln des Zivilrechts angewiesen76 . Danach findet ein Ausgleich zwischen den Partnern grundsätzlich nicht statt n . Seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zum "Geliebtentestament"78 steht zwar fest, daß auch die in sexueller Beziehung zueinander stehenden Partner wirksame Rechtsgeschäfte miteinander abschließen können, diese folglich nicht mehr wie zuvor regelmäßig angenommen als sittenwidrig und damit ungültig anzusehen sind. Im Hinblick auf das in erster Linie von persönlichen Aspekten motivierte Verhältnis der Lebensgefahrten ist aber zunächst davon auszugehen, daß Zuwendungen ersatzlos von demjenigen erbracht werden, der dazu in
75 Vgl. hierzu auch Bnms, Betriill: Justiz 1993, 82 ff.mit zahlreichen Nachweisen zur tatsächlichen Situation Homosexueller. 70 Allgemein zur rechtlichen Beurteilung der vermägensrechtlichen Aspekte nichtehelicher Lebensgemeinschaften Soergel-Lange, Anhang: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft; Staudinger-Strätz, Anhang zu §§ 1297 ff.; Palandt-Diederichsen, Einl. v. § 1297 Rn. 8-21;jewei1sm.w.N. 77 Ständige Rechtsprechung des BGH, FamRZ 1980,664; NJW 1980, 1520; NJW 1981,1502; NJW 1983, 1055; vgl. auch Palandt-Diederichsen, Einl. v. § 1297 Rn. 17; Staudinger-Strätz, Anhang zu §§ 1297 ff.Rn. 65,68. 78 BGHZ 53, 369 ff.
C. Alternativen zum Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare
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der Lage ise 9 . Nur in Ausnahmefällen kann ein Rückforderungs- oder ein sonstiger Ausgleichsanspruch entstehen, dessen Abwicklung sich dann je nach den Umständen des Einzelfalles nach den Regeln des Auftrags-, des Gemeinschafts, - des Gesellschafts- oder des Bereicherungsrechts - gegebenenfalls in entsprechender Anwendung - richten kann 80 . Dies trifft auf heterosexuelle Paare ebenso zu wie auf homosexuelle Verbindungen. Denn auch wenn die vorgenannten RechtsgrundSätze in der Regel im Rahmen von vermögensrechtlichen Streitigkeiten zwischen verschiedengeschlechtlichen Lebensgefährten entwickelt worden sind, gelten im Hinblick auf homosexuelle Paare insoweit keine Besonderheiten81 . 2. Gleichgeschlechtliche nichteheliche Lebensgemeinschaften in der Spruchpraxis zum Mietrecht
Abgesehen von den Paaren, die in getrennten Wohnungen zusammenleben und damit ihre Beziehung durch das sogenannte living-apart-together ausgestalten, kennzeichnet das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft in der Regel das gemeinsame Wohnen der Partner. Insofern überrascht es nicht, daß die ersten Entscheidungen, in denen sich die Gerichte mit der Existenz homosexueller nichtehelicher Lebensgemeinschaften auseinandersetzen mußten, zum Mietrecht ergangen sind. a) Die Aufnahme des gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten als "berechtigtes Interesse" im Sinne § 549 Abs. 2 BGB Eingeleitet wurde die Entwicklung hin zur zunehmenden Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften im Mietrecht durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 17.8.198282 . Gegenstand dieses Rechtsent-
79 Palandt-Diederichsen, Ein!. v. § 1297 Rn. 17; Staudinger-Strätz, Anhang zu §§ 1297 ffRn. 65,68 jeweils m.w.N. 80 Palandt-Diederichsen, Ein!. v. § 1297 Rn. 17-20 m.w.N. sowie Staudinger-Strätz, Anhang zu §§ 1297 ff.Rn. 72-106.
81 Vg!. hierzu z. B. KG Berlin, NJW 1982, 1886 = FamRZ 1983, 271 sowie OLG FrankfurtJMain, NJW-RR 1995,265 ff, zu letzerem lll1ten C. 1. 3. 82 OLG Hamm, WuM 1982,318 ff.= NJW 1982,2876 ff.= MDR 1983, 56 (nachfolgend nach NJW zitiert); zustimmend Finger, WuM 1983, 8 ff.Dagegen die Urteilsanmerkung von Basch, FamRZ 1983, 273, die massiv kritisiert wird bei Fn'edrichs, Streit 1983, 14 f.
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2. Kapitel: Die rechtliche Realität in der BWldesrepublik Deutschland
scheides war § 549 Abs. 2 BGB, wozu das Gericht in seinen Entscheidungsgründen unter anderem ausführte 83 : "Der Mieter hat unbeschadet etwaiger Einwendungen des Vermieters aus dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit (§ 549 Abs. 2 BGB) bereits dann ein berechtigtes Interesse an der Aufnahme eines Dritten in die Mietwohnung im Sinne von. § 549 Abs. 2 BGB, wenn er im Rahmen seiner Lebensgestaltung aus persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen mit dem Dritten eine auf Dauer angelegte Wohngemeinschaft begründen will, gleichviel, ob es sich bei dem Dritten um eine Person des gleichen oder des anderen Geschlechts handelt. " Damit wurde erstmals ausdrücklich anerkannt, daß auch zwei Personen desselben Geschlechts in einer dauerhaften Partnerschaft verbunden sein können und deshalb der Wunsch, den gleichgeschlechtlichen Partner in die Mietwohnung aufnehmen zu wollen, ebenso wie bei heterosexuellen Lebensgefährten ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 549 Abs. 2 BGB darstellen kann. Zu diesem Novum erschienen erwartungsgemäß verschiedene Veröffentlichungen in juristischen Fachzeitschriften. Neben positiven Stimmen84 , meldete sich dort auch Friedrich Wilhelm Bosch zu Wort, der sich entschieden gegen die seiner Meinung nach zu großzügige Behandlung und Duldung der Homosexualität durch die Gerichte wandte85 . Er warnte vor Abnormität und Dekadenz im Sexualbereich, was in der Geschichte nicht ganz selten ein Vorbote des totalen Zusammenbruchs eines Volkes gewesen sei86 . Aus diesem Grund hoffte er, daß bald der Bundesgerichtshof auf Vorlage eines anderen Oberlandesgerichtes die Gelegenheit erhalten würde, den Entscheid des Oberlandesgerichts Hamm zu korrigieren, zumindest im Hinblick auf die Erlaubnis zur Aufnahme eines Homosexualpartners87 . Diese Möglichkeit ergab sich bereits zwei Jahre später, nachdem das Kammergericht Berlin am 19. Januar 1984 einen Vorlagebeschluß gemäß Art. III Abs. I S. 1 des Dritten Gesetztes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften gefaßt hatte88 . In dem zu Grunde liegenden Verfahren ging es, wie bereits in der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm um die Frage, ob der ausOLG Hanun, NJW 1982, 2876 (2880 f.). Finger, WuM 1983, 8 ff.; vgl. auch Schwab, ZMR 1983, 184 (185 f) sowie die aktuelle KonunentiefWlg bei Staudinger-Emmerich, § 549 Rn. 71-77. 85 FamRZ 1983,273; ders., FamRZ 1991, I (4), nennt die ZuerkennWlg eines Eintrittsrechts für den homosexuellen Partner auch 1991 noch eine "Ungeheuerlichkeit"; dazu schon Friedrichs, Streit 1983, 14 f 80 Basch, FamRZ 1983,273. 87 Wie vorherige Fn. 88 KG Berlin, FamRZ 1984, 695 ff = WuM 1984, 74, nachfolgend nach FamRZ zitiert. 83
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schließlich durch persönliche Grunde motivierte Wunsch eines Mieters, mit Dritten eine Wohngemeinschaft zu bilden, ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 549 Abs. 2 BGB darstellen könne89 . Die daraufhin ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 3.10.198490 bestätigte im wesentlichen die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Hamm, insbesondere auch im Hinblick auf die Entscheidung des Mieters, mit Dritten - gegebenenfalls dem homosexuellen Partner - eine auf Dauer angelegte Wohngemeinschaft zu bilden. Denn dies sei Ausfluß des verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 Abs. 1 S. 1, Art. 2 Abs. 1 GG), wenn das insoweit nach Art. 2 Abs. 1 GG zu beachtende Sittengesetz nicht verletzt werde91 . Dieses sei jedoch den Anschauungen der Zeit unterworfen92 . Hierzu fiihrte das Gericht aus, daß sich eine allgemein gültige Auffassung, wonach das Zusammenleben unverheirateter Personen gleichen oder verschiedenen Geschlechts zu zweit in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder zu mehreren in einer Wohngemeinschaft sittlich anstößig sei, heute nicht mehr feststellen lasse93 . Damit wich der Bundesgerichtshof von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Mai 1956 94 ab, in der die Feststellung getroffen worden war, daß gleichgeschlechtliche Betätigung eindeutig gegen das Sittengesetz verstoße 95 . Die höchstrichterliche Rechtsprechung trug folglich gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung und stellte damit die Weichen fiir eine zunehmende rechtliche Anerkennung homosexueller Lebensweisen. Zuvor hatte bereits das Amtsgericht Hamburg mit Urteil vom 6.5.1982 96 entschieden, daß die Aufnahme eines gleichgeschlechtlichen Lebensgefahrten in die Wohnung keinen vertragswidrigen Gebrauch (§ 553 BGB) darstelle, der eine Kündigung rechtfertige. Begrundet wurde diese Entscheidung damit, daß die Voraussetzungen einer Kündigung nicht vorlägen, da der beklagte Mieter im Zeitpunkt der Kündigung einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis des Vermieters gemäß § 549 Abs. 2 BGB hatte. Denn auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften könnten ein berechtigtes Interesse im Sinne § 549 Abs. 2 BGB
KG Berlin, FamRZ 1984, 695 ff. 90BGHZ 92, 213ff.= NJW 1985, 130ff.= FamRZ 1985, 42ff.= DWW 1985, 24 f(nachfolgend nur nach amtlicher Sammlung zitiert); mit kritischen Anm. Bosch. FamRZ 1985,45; Gather, DWW 1985, 25; Reichert, DWW 1985, 25 f 91 BGHZ 92, 213 (219). 92 BGHZ 92, 213 (219). 93 BGHZ 92, 213 (219) m.w.N. 94 BVerfGE 6, 389 ff. 95 BVerfGE 6,389 (434) In der nachfolgenden Entscheidung des BVerfG zu § 175 StGB (E 36,41-46) wurde die Feststellung, daß gleichgeschlechtliche Betätigung gegen das Sittengesetz verstoße, nicht mehr wiederholt. 96 AG Hamburg, NJW 1982, 2260. 89
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zur Aufnahme des Lebensgefährten in die Mietwohnung darstellen97 . Ebenso entschied später das Landgericht München mit Urteil vom 10.4.1991 98 und begründetet seine Entscheidung zusätzlich mit dem zwischenzeitlich ergangenen Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Hamm99 . Zuletzt vertrat das Amtsgericht Nümberg im Urteil vom 30. November 1992 100 die Auffassung, daß ein berechtigtes Interesse im Sinne § 549 Abs. 2 S. 1 BGB an der Aufnahme des gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten in die Wohnung bestehen kann. In den Entscheidungsgründen hieß es dannlO!: " ... das Interesse an einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft (ist) in Anbetracht der gewandelten Moralvorstellungen nicht weniger schutzwürdig als an einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau"
Damit ist die Frage, ob das Recht bestehen kann, den gleichgeschlechtlichen Partner in die angernietete Wohnung aufzunehmen, nunmehr eindeutig durch die Rechtsprechung zugunsten homosexueller Paare beantwortet worden. b) Eintritt des überlebenden Partners einer nichtehelichen (gleichgeschlechtlichen) Lebensgemeinschaft in das Mietverhältnis des Verstorbenen analog § 569 a Abs. 2 S. 1 BGB? Nach wie vor umstritten ist demgegenüber, ob auch der überlebende Lebensgefährte einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft gemäß § 569 a Abs. 2 S. 1 BGB analog in den Mietvertrag des verstorbenen Partners eintreten kann. Bezüglich nichtehelicher heterosexueller Lebensgemeinschaften gilt diese Frage seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.1.1993 102 als geklärt103 • Eine direkte Anwendung von § 569 a BGB auf nichteheliche LebensgemeinAG Hamburg, NJW 1982, 2260. LG München, NJW-RR 1991, 1112 f 99 OLG Hamm, NJW 1982, 2876 ff 100 AG Nürnberg, Streit 1994, 185. 101 AG Nürnberg, Streit 1994, 185. 102BGHZ 121, 116ff= NJW 1993, 999ff.= JZ 1993, 950ff.= JR 1993, 503 ff.(nachfolgend nach amtlicher Sammlung zitiert) mit kritischer Anmerkung: Medicus, JZ 1993,952 ff; Lützenkirchen, WuM 1993,373 f, Haase, JR 1993, 506, Heinz, JR 1994, 89. fL Merschmeier, ZMR 1994, 13 ff.; Stintzing, JuS 1994, 550 ff.; Finger, FuR 1993, 159 ff.Vgl. auch Bosch, FamRZ 1991, 1 (3 f.). 103 Siehe hierzu etwa die aktuelle Kommentierung bei Palandt-Putzo, § 569 a Rn. 7, der in diesem Zusammenhang von der wohl herrschenden Meinung spricht; sowie Mü/Ko-Voelskow, § 569 a Rn. 9, der die analoge Anwendbarkeit des § 569 a auf eheähnliche Gemeinschaften erst gar nicht bezweifelt. 97
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C. Alternativen zum Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare
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schaften kommt danach zwar nicht in Betracht, weil der Partner einer solchen Lebensgemeinschaft nicht Familienangehöriger im Sinne der Vorschrift ist lO4 • Befürwortet wurde aber eine analoge Heranziehung von § 569 a Abs. 2 S. 1 BGB, da es innerhalb der Vielzahl möglicher Formen außerehelichen Zusammenlebens Partnerschaften gebe, die eine weitgehende Ähnlichkeit mit einer Ehe oder sonstigen familiären Beziehungen aufweisen, so daß das Fehlen einer "formalen" rechtlichen Bindung einer entsprechenden Anwendung von § 569 a Abs. 2 S. 1 BGB nicht entgegenstehen könne lO5 . Auch der Gesetzgeber erkenne in Bestimmungen wie § 122 BSHG und § 137 Abs. 2 a AFG an, daß außereheliche Lebensgemeinschaften existieren, in denen die partnerschaftlichen Bindungen im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehungsgemeinschaft den auf Ehe oder Verwandtschaft beruhenden Bindungen so ähnlich sind, daß sie eine teilweise rechtliche Gleichbehandlung gebieten106 . Um den Kreis der aus § 569 a Abs. 2 S. 1 BGB Berechtigten zu bestimmen, knüpft der Bundesgerichtshof dann an den in § 122 BSHG und § 137 Abs. 2 a AFG verwandten Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft an107. Hierunter wird unter Bezugnahme auf die vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 17.1.1992 108 entwickelte Definition eine "Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau verstanden, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zuläßt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehung in einer reinen Haushalts- und Wirtschafts gemeinschaft hinausgeht" I 09. Im Anschluß an diese Begriffsklärung wird dann die Feststellung getroffen, daß gleichgeschlechtliche Paare damit von vornherein aus dem Analogiebereich des § 569 a BGB ausscheiden müßten 110 . Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann folglich nur der überlebende Partner einer heterosexuellen nichtehelichen Lebensgemeinschaft analog zu § 569 a Abs. 2 S. 1 BGB in den Mietvertrag des verstorbenen Partners eintre-
J04BGHZ 121, 116(120). 105BGHZ 121, 116(121 f.). 106 BGHZ 121, 116 (124). 107BGHZ 121, 116 (124), kritisch hierzu Finger, FuR 1993,159 (169), Schimmel, S.199-207. 108 BVerfGE 87, 234 (264) = FamRZ 1993, 164 (168) = NJW 1993,643 (645) = JZ 1993, 144 m. Anm. Seewald 148 ff.sowie Luckey, FuR 1993, 22; die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird nachfolgend nach der amtlichen Sammlung zitiert. 109 BGHZ 121, 116 (124). 110 BGHZ 121, 116 (124); darauf, daß diese Schlußfolgerung durch die Fragestellung nicht indiziert war und deshalb als obiter dictum für die gerichtliche Praxis nicht bindend ist, weist Merschmeier, ZMR 1994, 13 (14) hin. 4*
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2. Kapitel: Die rechtliche Realität in der Bundesrepublik Deutschland
ten, während homosexuellen nichtehelichen Lebensgemeinschaften dieses Recht - mangels Geschlechtsverschiedenheit - vorenthalten werden soll!!! . Demgegenüber hatte das Landgericht Hannover in seinem Urteil vom 7.10.1992 112 in Analogie zu § 569 a Abs. 2 S. 1 BGB entschieden, daß auch der überlebende Partner einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft in den Mietvertrag des verstorbenen Partners eintreten kann. In den Entscheidungsgründen wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß die Definition der nichtehelichen Lebensgemeinschaft auch auf homosexuelle Lebensgemeinschaften zutreffe, da diese ebenfalls auf enger persönlicher Zuneigung beruhen und dauerhaft angelegt sein können! 13. Der einzige Unterschied zur heterosexuellen Lebensgemeinschaft sei das gleiche Geschlecht bei der Partner, was aber heutzutage keine unterschiedliche Behandlung mehr rechtfertige 114 . Begründet wird dies mit einem rechtspolitischen Wandel im In- und Ausland, der erkennbar zur gesellschaftlichen und rechtlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften hingehe!!5. Auch das Amtsgericht Berlin-Wedding bejahte eine analoge Anwendung von § 569 a Abs. 2 S. I BGB auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften und billigte dem überlebenden Partner einer nichtehelichen gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft ein Eintrittsrecht in den durch den Tod des anderen Partners endenden Mietvertrag ZU!!6. Das Amtsgericht sah wie schon das Landgericht Hannover keinen Grund, warum Lebensgemeinschaften gleichgeschlechtlicher und verschiedengeschlechtlicher Partner bei analoger Anwendung von § 569 a Abs. 2 S. I BGB unterschiedlich behandelt werden sollen!!7. Damit wandte sich das Amtsgericht ausdrücklich gegen die seitens des Bundesgerichtshofs!!8 geäußerte Ansicht, wonach gleichgeschlechtliche Partnerschaften von der analogen Anwendung des § 569 a Abs. 2 S. I BGB von vornherein ausgeschlossen sind 119 • Hierzu merkte das Gericht an, daß es sich bei der Äußerung des Bundesgerichtshofs ersichtlich um eine beiläufig geäußerte und damit nicht bindende Meinung handele, denn zur Entscheidung ge111 Gegen diese Schlußfolgerung Merschmeier, ZMR 1994, 13 (14 f.); Schumacher, FamRZ 1994, 857 (860); Schimmel, S. 199-208; ähnlich Lützenkirchen, WuM 1993, 373 (374) sowie Finger, FuR 1993, 159 ff. 112LG Hannover, NJW-RR 1993, 1103 = FamRZ 1993, 547f., nachfolgend nach NJW-RR zitiert. 113 LG Hannover, NJW-RR 1993, 1103. 114 LG Hannover, NJW-RR 1993,1103. 115 LG Hannover, NJW-RR 1993, 1103. 116 AG Berlin-Wedding, NJW-RR 1994,524 f. 117 AG Berlin-Wedding, NJW-RR 1994, 524 (525). 118 BGHZ 121,116 (124). 119 AG Berlin-Wedding, NJW-RR 1994, 524 (525).
C. Alternativen zum Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare
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standen hatte allein die Frage, ob der überlebende Partner einer verschiedengeschlechtlichen eheähnlichen Gemeinschaft ein Eintrittsrecht haben könne l20 . Zwischenzeitlich hat das Landgericht Berlin in einem nicht veröffentlichten Urteil entschieden, daß der überlebende Partner einer über zehn Jahre dauernden schwulen Lebensgemeinschaft nicht gemäß § 569 a Abs. 2 S. 1 BGB in den Mietvertrag eintreten kann l21 • Die Analogie zu § 569 a Abs. 2 S 1 BGB scheiterte dort allerdings nicht an der Gleichgeschlechtlichkeit der beiden Partner, sondern daran, daß das Gericht die für eine eheähnliche Lebensgemeinschaft erforderliche Ausschließlichkeit der Beziehung zwischen dem Beklagten und dem Verstorbenen nicht festzustellen vermochte. In diesem Zusammenhang stellte das Gericht auf die Art der Erkrankung (AIDS) des Verstorbenen ab m , was der Entscheidung später herbe Kritik einbrachte 123 . c) Zusammenfassung Während die Rechtsprechung zu § 549 Abs. 2 BGB einheitlich davon ausgeht, daß ein berechtigtes Interesse an der Aufnahme sowohl des gleich- als auch des verschiedengeschlechtlichen Lebenspartners bestehen kann, ist die Frage, ob der Eintritt eines gleichgeschlechtlichen Partners in das Mietverhältnis analog § 569 a Abs. 2 S. 1 BGB möglich ist, noch umstritten; eine die Instanzgerichte bindende höchstrichterliche Entscheidung ist bislang nicht ergangen l24 . d) Exkurs: Nichteheliche Lebensgemeinschaft, eheähnliche (Lebens)Gemeinschaft und gleichgeschlechtliche Partnerschaften Die genannten Entscheidungen machen deutlich, daß die Rechtsprechung einerseits dazu neigt, die nichteheliche Lebensgemeinschaft in den Begriff des Familienangehörigen insoweit einzubeziehen, als die für analogiefähig gehal-
120 AG Berlin-Wedding, NJW-RR 1994, 524 (525), ebenso Merschmeier, ZMR 1994, 13 (14) m.w.N. sowie Schimmel, S. 199. 121 LG Berlin, Az.:65 S. 184/94. 122 LG Berlin, Az.:65 S. 184/94, S. 5. 123 Hierzu taz v. 6. Februar 1995, FR v. 11. Februar 1995. 124 Vor dem Hintergrund zahlreicher Aidserkrankungen homosexueller Männer wird dieser Zustand teilweise als äußerst unbefriedigend empfunden. Dies hat die Fraktion Bündnis 90IDie Grünen dazu veraniaßt, einen Gesetzesentwurf zur Änderung von § 569 a Abs. 1 BGB einzubringen. Dazu unter C. II. 2.
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2. Kapitel: Die rechtliche Realität in der Bundesrepublik Deutschland
tenen gesetzlichen Regelungen ihren Grund nicht primär in der Institution der Ehe, sondern in der Tatsache der persönlichen Verbundenheit haben12S . Andererseits tendiert der Bundesgerichtshof in jüngerer Zeit dazu, homosexuelle Lebensgemeinschaften aus dieser Rechtsfortbildung auszuschließen, indem er im Rahmen der Analogie an den Begriff der eheähnliche Gemeinschaft anknüpft, der wegen seiner Vergleichbarkeit mit der Ehe nach Auffassung des Gerichts die Geschlechtsverschiedenheit voraussetze l26 . Ebenso verfahren das Bundesverwaltungs- und das Bundessozialgericht in ihrer Rechtsprechung zu § 122 BSHG und § 137 Abs. 2 a AFG, wo sich unter Verwendung des Begriffs "eheähnliche Lebensgemeinschaft" zwei der seltenen gesetzlichen Nonnierungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft finden. In ständiger Rechtsprechung beider Gerichte wurde das Tatbestandsmerkmal der eheähnlichen Gemeinschaft dahingehend konkretisiert, daß darunter nur solche Beziehungen zu fassen seien, deren Partner grundsätzlich die Ehe miteinander eingehen können 127 . Auch das Bundesverfassungsgericht128 , auf das sich der Bundesgerichtshof insoweit berief, hatte im Rahmen seiner Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit von § 137 AFG das Vorliegen einer eheähnliche Gemeinschaft an das Erfordernis der Geschlechtsverschiedenheit der Partner gekoppelt. Anders entschied jedoch der Bundesfinanzhof, wenn er den Partnern einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft ausnahmsweise Steuervorteile gewährte, wie sie sonst nur Eheleute erhaltenl29 . Nach der Rechtsprechung des Bundes125 Vgl. BGHZ 121, 116 (119, 123); LG Hannover, NJW-RR 1993, 1103 (1103); AG Berlin-Wedding, NJW-RR 1994,524 (525); AG NÜffiberg, Streit 1994, 185 (185). 126 So BGHZ 121, 116 (124) in Anlehnung an BVerfGE 87, 234 (264); kritisch zur Übertragbarkeit des Begriffes der "eheähnlichen Gemeinschaft" auf das Zivilrecht, Finger, FuR 1993, 159 (160): "So kann für § 569 a Abs. 2 Satz I BGB durchaus "falsch sein, was für § 137 Abs. 2 a AFG richtig ist"; sowie Schimmel, S. 204-206. 127 BVerwGE 15,306 (312); 52,11 (12), BVerwGE 98,195 = FarnRZ 1995,1352; BSGE 63, 120 (123). Hierdurch ergibt sich eine Besserstellung homosexueller Paare bei der Bewilligung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, da im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung bei gleichgeschlechtlichen Paaren nur das Einkommen und das Vermögen des Antragstellers berücksichtigt wird, während bei heterosexuellen Lebensgemeinschaften wie bei Eheleuten auf die Einkünfte und das Vermögen beider Partner zurückgegriffen werden kann. Vgl. auch OLG Celle, Streit 1994, 193 f, wo insoweit konsequent kein Unterhaltsausschluß gemäß § 1579 Nr. 7 BGB in bezug auf die geschiedene Ehefrau ausgesprochen wurde, die in einer lesbischen Lebensgemeinschaft lebte. 128 BVerfGE 87, 234 (264). 129 Dies betraf Unterhaltsleistungen, die ein Steuerpflichtiger seinem Partner in einer eheähnlichen Gemeinschaft gewährt, denn mangels gesetzlicher Unterhaltspflicht waren solche Zahlungen nicht als zwangsläufig im Sinne § 33 a Abs. I i.V.m. § 33 Abs. 2 S. I EStG (1990) anzusehen; allein das - wenn auch auf Dauer angelegte - Zusammenleben und die gemeinsame Haushalts- und Wirtschaftsführung reichten dafür
C. Alternativen zum Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare
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finanzhofs zu § 33 a Abs. 1 EStG 1990 war dies in den Fällen möglich, in denen die Bedürftigkeit des Partners gemeinschaftsbedingt ist und besondere Umstände vorliegen, die die Unterhaltsgewährung bei Würdigung der gesamten Umstände als unausweichlich erscheinen lassen!3o. Diese Grundsätze wurden in vollem Umfang auf gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften übertragen, wobei zur Begründung kurz ausgeführt wurde, daß das Zusammenleben homosexueller Menschen der verantwortungsvollen Lebensführung einer eheähnlichen Gemeinschaft entsprechen kann!3!. In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes kommt es demnach anders als in der des Bundesverfassungsgerichts und der anderen in diesem Zusammenhang zitierten Obergerichte für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht entscheidend auf das Merkmal der Geschlechtsverschiedenheit, sondern auf die verantwortungsvolle Lebensführung der Partner an. Für diese auch von einigen Untergerichten zum Mietrecht vertretene Auffassung spricht vor allem, daß die Bejahung einer Analogie in den zugrundeliegenden Fällen regelmäßig von der tatsächlichen, persönliche Verbundenheit der Partner abhängig gemacht wurde132 . Diese findet sich in dauerhaften Beziehungen zwischen zwei Personen desselben Geschlechts ebenso wie in verschiedengeschlechtlichen Partnerschaften. Die Gleichgeschlechtlichkeit der Partner oder deren Homosexualität steht dem jedenfalls nicht per se entgegen. Deshalb können grundsätzlich auch gleichgeschlechtliche Partner eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne der vom Bundesverfassungsgericht!33 beschriebenen Verantwortungs- und Einstehungsgemeinschaft bilden! 34. Um diese dann im Einzelfall von anderen Lebens-, Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaften abzugrenzen, kann auf die ebenfalls in den Entscheidungen des nicht aus. So BFHE 158,431 (433)
= BStBl. TI 1990, 886 (887); BFHE
= BStBl. TI 1990,294 (295); BFHE 160, 519 (522) 164,82 = BStBl. TI 1991, 518, nachfolgend zitiert
nach der amtlichen Sammlung. Diese Rechtsprechung ist durch die Neufassung von § 33 a Abs. 1 EStG obsolet geworden. § 33 a Abs. 1 EStG in der Fassung von 1996 bestimmt nunmehr, daß Unterhaltsleistungen aus "sittlichen Gründen" nicht mehr wie bisher als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden können: Vgl. hierzu Bnms, ZRP 1996, 6 (9). 130 BFHE 158,431 (434 f); BFHE 160,519 (522). 13! BFHE 164,82. 132 So BGH 121, 116 (119, 123); LG Hannover, NJW-RR 1993, 1103 (1103); AG Berlin-Wedding, NJW-RR 1994, 525 (525); AG Nürnberg, Streit 1994,185 (185); vgl. auch Merschmeier, ZMR 1994, 13 (15); Schimmel, S. 205 f.; Schuhmacher, FamRZ 1994, 857 (860); Finger, FuR 1993, 159 (161); Brudermüller, FamRZ 1994, 207 (213). I33 BVerfGE 87, 234 (264). 134 So auch Merschmeier, ZMR 1994, 13 (15); Schimmel, S. 205 f.; Schuhmacher, FamRZ 1994, 857 (860); Finger, FuR 1993, 159 (161); vgl. auch Brudermüller, FamRZ 1994,207 (216).
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2. Kapitel: Die rechtliche Realität in der Bundesrepublik Deutschland
Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofes beispielhaft genannten Kriterien zurückgegriffen werden. Danach deuten vor allem folgende Umstände auf eine eheähnliche Gemeinschaft hin: die Dauer des Zusammenlebens, die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt sowie die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen J35 . Da all diese Kriterien sowohl bei gleich- als auch bei verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften angetroffen werden können, kann jedenfalls allein das Fehlen des Merkmals der Verschiedengeschlechtlichkeit eine unterschiedliche Behandlung homosexueller und heterosexueller Lebensgemeinschaften nicht rechtfertigen 136. Darüber hinaus ist unklar geblieben, was das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof mit der erst in jüngerer Zeit eingeführten begrifflichen Differenzierung zwischen "eheähnlicher Lebensgemeinschaft" und "nichtehelicher Lebensgemeinschaft" zu erreichen versuchen. Angesichts der uneinheitlichen Rechtsprechung und der daraus folgenden Unsicherheiten für die Betroffenen scheint die Terminologie mehr Verwirrung gestiftet zu haben, als sie zur inhaltlichen Klärung beigetragen hat m . Im folgenden werden deshalb sowohl gleich- als auch verschiedengeschlechtliche Partnerschaften wie bisher als nichteheliche Lebensgemeinschaften bezeichnet. 3. Homosexualität im Erbrecht
Die mietrechtlichen Entscheidungen zu § 549 Abs. 2 BGB beeinflußten die Rechtsprechung der Instanzgerichte auch auf anderen Rechtsgebieten. So entschied das Oberlandesgericht Hamburg 1988 zum Erbrecht, daß es für den Vater keinen berechtigten Grund darstellt, dem Sohn den Pflichtteil zu entziehen, weil dieser in einer dauerhaften schwulen Beziehung lebt, denn in der Homosexualität an sich und dem Führen einer gleichgeschlechtlichen Dauerbeziehung könne ein "ehrloser und unsittlicher" Lebenswandel im Sinne 135 BVerfGE 87, 234 (264), hierzu jetzt auch BVerwGE 98, 195 ff.= FamRZ 1995, 1352 ff., wo das Bundesverwaltungsgericht seine bisherige Rechtsprechung ausdrücklich aufgibt und sich der vorstehend genannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anschließt. 136 So schon Schwab, ZMR 1983, 184 (186); ebenso Merschmeier, ZMR 1994, 13 (15); Schuhmacher, FamRZ 1994, 857 (860); BFHE 164, 82; LG Hannover, NJW-RR 1993, 1103; AG Berlin-Wedding NJW-RR 1994, 524 fAusführlich auch Schimmel, S. 197-207. Vgl. auch die us-amerikanische Entscheidung Braschi v. Stahl Associates 74 N.Y.2d 201,543 N.E.2d 49,544 N.Y.S.2d 784 (1989), die im Dritten Kapitel unter C. I. 2. a. aa. dargestellt und besprochen wird. 137 Siehe hierzu auch bei Schimmel, S. 206 f u. Finger, FuR 1993, 159 (159 f); ähnlich Luckey, FuR 1993, 22; Lützenkirchen, WuM 1993, 373 f
C. Alternativen zum Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare
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§ 2333 Nr. 5 BGB nicht gesehen werden138 . Zur Begründung machte sich das Gericht zunächst zwischenzeitlich gewonnene wissenschaftliche Erkenntnisse zu eigen, wonach Homosexualität eine vor Geburt angelegte oder in der Kindheit erworbene Eigenschaft des Menschen sei, weshalb es bereits an dem für § 2333 Nr. 5 BGB erforderlichen Verschulden fehle I39 . Außerdem sei für die Bestimmung dessen, was unter "ehrloser und unsittlicher" Lebenswandel zu verstehen sei, nicht allein die Sicht des Erblassers maßgeblich, vielmehr sei ein Rückgriff auf objektive und damit allgemeine Wertvorstellungen der Gesellschaft unerläßlich. Danach bewertete das Gericht gleichgeschlechtliche Beziehungen nicht mehr als sittlich anstößig, da sich die gesellschaftlichen Anschauungen in einer Weise gewandelt hätten, die auch die neuere Rechtsprechung beeinflußt hätten l4o . Als Beispiele wurden unter anderem der bereits angesprochene Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Ham141 zu § 549 Abs. 2 BGB und die bestätigende Entscheidung des Bundesgerichtshofes 142 genannt, wo die Feststellung getroffen worden war, daß eine allgemeingültige Auffassung, wonach das Zusammenleben unverheirateter Personen gleichen oder verschiedenen Geschlechts zu zweit in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft anstößig sei, heute nicht mehr festzustellen sei l43 . Abschließend stellte das Gericht noch fest, daß es eine offenkundige Tatsache sei, daß in unserer Gesellschaft eine Vielzahl von Personen lebten, die ungeachtet ihrer Homosexualität ein sozial anerkanntes Leben führen 144.
Ein Beispiel aus jüngerer Zeit ist die Entscheidung des Oberlandesgericht Frankfurt am Main l45 , wo die Sittenwidrigkeit der Erbeinsetzung des gleichgeschlechtlichen Lebenspartners im Ergebnis verneint und dabei ausdrücklich der gleiche Beurteilungsmaßstab herangezogen wurde, der für die Erbeinsetzung des verschiedengeschlechtlichen Partners gile 46 : Diese für die Beurteilung eines "Geliebtentestaments" inzwischen allgemein anerkannten Grundsätze sind auch für die Beurteilung des vorliegenden Testaments bedeutsam, in dem ein Ehemann seinen homosexuellen Partner zum Miterben eingesetzt hat."
OLG Hamburg, NJW 1988, 977 (978). OLG Hamburg, NJW 1988, 977 (978). 140 OLG Hamburg, NJW 1988, 977 (978). 141 OLG Hamm, NJW 1982, 2876 ff. 142 BGHZ 92, 213 ff. 143 So auch KG FamRZ 1983, 271 ff., worauf OLG Hamburg NJW 1988, 977 ff.ebenfalls noch verwiesen hatte. 144 OLG Hamburg NJW 1988, 977 (978). 145 NJW-RR 1995,265 ff. 146 OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 1995,265 (266). 138 139
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2. Kapitel: Die rechtliche Realität in der Bundesrepublik Deutschland
4. Die Rechtsprechung zu Arbeitnehmer-Sozialleistungen
Obwohl im Arbeitsrecht grundsätzlich keine Besonderheiten gegenüber homosexuellen Arbeitnehmern gelten l47 , versprechen Klagen in gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaft lebender Arbeitnehmer auf Sozialleistungen und Gehaltszuschläge, die an den Ehestatus geknüpft sind, nur wenig Erfolg l48 . Hier kommt es vor allem deshalb zu Benachteiligungen, weil gleichgeschlechtlichen Paaren die Eheschließung verwehrt ist und es auch keine anderweitige gesetzliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften gibt, die sie zumindest für solche Fälle mit Eheleuten gleichstellen l49 • Exemplarisch kann auf das unlängst ergangene Urteil des Bundesarbeitsgerichts verwiesen werden, wo entschieden wurde, daß dem im öffentlichen Dienst be147 Aus diesem Grund steht dem Arbeitgeber z. B. kein Fragerecht bezüglich der sexuellen Orientierung des Bewerbers zu. Solche Fragen sind nicht zulässig und müssen deshalb nicht wahrheitsgemäß beantwortetet werden (ständige Rechtsprechung des BAG: E 5,159 (153); 11,270 (273); 22, 278; 49, 214 (219); 51, 167 (172); 53, 226 (232); BAG BB 1984, 533; NJW 1985,645; BAGE 46, 98 (106); 53,226 (232)). Ferner ist nach einem Urteil des BAG (E 77,128 ff.= NZA 1994, 1080 = DB 1994,2190 = Streit 1994, 183 = NJW 1995, 275; AuR 1995, 198) eine Kündigung allein wegen der homosexuellen Lebensweise des Arbeitnehmers - selbst während der Probezeit, in der grundsätzlich ohne jede Begründung gekündigt werden kann - nicht zulässig, da hierin ein Verstoß gegen § 242 BGB liege. Begründet wurde diese Auffassung damit, daß der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung bilde, die im Rahmen einer Kündigung zu einer Abwägung zwischen Vertragsfreiheit (Kündigungsfreiheit) einerseits und dem Recht auf Achtung der Menschenwürde sowie auf freie Entfaltung der Persönlichkeit anderseits führen müsse. Davon ausgehend hielt es der entscheidende Senat für rechtsmißbräuchlich, wenn ein Arbeitsvertragspartner unter Ausnutzung der Privatautonomie einzig wegen des persönlichen (Sexual-) Verhaltens gekündigt würde. Wegen der bestehenden Besonderheiten im Beamtenverhältnis und bei kirchlichen Arbeitgebern siehe nur: Die Schwulen Juristen (Hrsg.), S. 21-50. In diesem Zusammenhang ist auch das später vom LG Baden-Württemberg (NZA 1994,416) im Kern bestätigte Urteil des AG Lörrach, AuR 1993, 151 ff.interessant, wo entschieden wurde, daß sich das Verbot homosexueller Betätigung in der katholischen Moraltheologie im Widerspruch zu den Grundprinzipien der Rechtsordnung, dem Willkürverbot, den guten Sitten und dem ordre public befande. Dazu Geck/Schimmel, AuR 1995, 177 ff. sowie Mayer-Maly, AcPI94 (1994), 105 (165 f.). 148 Allenfalls auf der Grundlage privater Absprachen können gleichgeschlechtliche Partner mit solchen Leistungen rechnen. So erkennt z. B. die Lufthansa AG nicht nur die Ehegatten, sondern ebenso die nichtehelichen gleich- und verschiedengeschlechtlichen Partner ihrer Beschäftigten als "Mitflieger" für verbilligte Flüge an. Vgl. hierzu die Broschüre der Lufthansa AG "Guten Flug", zu beziehen über die Lufthansa AG, Frankfurt am Main. Laut dem Völkinger Kreis e.v., Bundesverband Gay Manager, Stellungnahme, S. 38 (49) erkennt auch Ford Deutschland gleichgeschlechtliche Partnerschaften in vielen dienstlichen Angelegenheiten an. 149 Vgl. hierzu die ähnliche Situation in den USA (Drittes Kapitel C. I. 2. b. ce.), in Kanada (Viertes Kapitel C. I. 2.) und in Australien (Fünftes Kapitel C. I. 2.), wo zum Teil bereits umfangreiche Rechtsprechung ergangen ist.
C. Alternativen zum Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare
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schäftigten Partner einer homosexuellen Lebensgemeinschaft kein Anspruch auf einen erhöhten Ortszuschlag zusteht, wie ihn verheiratete Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst erhalten l50 . Die Zahlung einer solchen Gehaltszulage setze die Ehe voraus, woran es im Falle des Klägers, der in einer gleichgeschlechtlichen nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebt, fehle i51 . Daß nichteheliche verschieden- oder gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften bei der Gewährung des Ortszuschlages gemäß § 29 B Abs. 2 BAT nicht mit Ehegatten gleichgestellt würden, sei auch mit dem Grundgesetz, insbesondere mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. I GG ) vereinbar, denn die Privilegierung der Eheleute beruhe im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG auf einem sachlichen Grund l52 . Ebensowenig liege eine Diskriminierung wegen des Geschlechts (Art. 3 Abs. 3 GG) vor, da die Tarifnorm männliche und weibliche Angestellte gleichermaßen von der Leistung ausschließe, wenn diese unverheiratet sind 153 . Offen ließ das Gericht die Frage, ob Art. 3 GG auch Ungleichbehandlungen wegen der sexuellen Orientierung verbiete. Dieser Punkt bedürfe keiner Klärung, weil der tarifliche Leistungsausschluß alle Unverheirateten ohne Rücksicht auf den Grund der Ehelosigkeit erfasse l54 . Ob der Kläger wegen der in dem Urteil aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen das Bundesverfassungsgericht anrufen wird, steht derzeit nicht fest. 5. Sorge- und Umgangsrechte homosexueller Elternteile
Sorge- und Umgangsrechtsprozesse, an denen ein homosexueller Elternteil beteiligt ist, haben bundesdeutsche Gerichte bisher nur selten beschäftigt155. Hierzu gehört zum Beispiel die Entscheidung des Amtsgericht Mettmann, wo der lesbischen Mutter, die mit ihrer Lebensgefährtin zusammenlebte, gemäß § 1671 BGB das Sorgerecht übertragen wurde l56 . Dabei ging das Gericht 150 BAG, NJW 1998, 1012 ff., womit das Urteil des LAG Köln vom 30. Oktober 1995 (Az.: 3 Sa 404/95) bestätigt wurde. Erstinstanzlieh hatte das ArbG Bonn (Az.: 5 CA 2010/94) die Klage mit Urteil vom 10. November 1994 abgewiesen, hierzu auch Hanack, FR v. 4.4.1995 S. 4. 151 BAG, NJW 1998,1012 (1012). 152 BAG, NJW 1998, 1012 (1012 f.). 153 BAG, NJW 1998, 1012 (1013). 154 BAG, NJW 1998, 1012 (1013). 155 Anders verhält es sich in den USA, wo dieser Themenkreis die Rechtspraxis und -theorie bereits seit längerem und in weitaus größerem Umfang beschäftigt. Dazu Drittes Kapitel C. 1. 2. b. ce. . 156 AG Mettmann, FamRZ 1985, 529 m. Anm. Luthin, S. 529 f., zustimmend auch MülKo-Hinz, § 1671 Rn. 33.
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2. Kapitel: Die rechtliche Realität in der Bundesrepublik Deutschland
mit Blick auf das Kindeswohl davon aus, daß allein die homosexuelle Orientierung eines Elternteils diesen nicht als Sorgerechtsinhaber disqualifiziere, denn die sexuelle Veranlagung für sich genommen treffe keine Aussage über die erzieherischen und sozialen Qualitäten eines Menschen l57 . Folglich bleibe es auch in den Fällen, in denen ein Elternteil homosexuell sei, bei den auch sonst im Rahmen von Sorgerechtsentscheidungen maßgeblichen Beurteilungskriterien, wobei neben der Gesamtpersönlichkeit des Elternteils vor allem dessen Beziehung zum Kind eine Rolle spiele I58 . Ebenfalls diesem Themenkreis zuzuordnen ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig l59 . Dort wurde das Sorgerecht einem transsexuellen Elterntei~ zugeordnet, der nach der Ehescheidung eine Geschlechtsanpassung durchlaufen hatte und nunmehr als dem weiblichen Geschlecht zugehörig galt. In diesem Fall hatte das Gericht dem Wunsch des damals elfjährigen Kindes entsprochen, bei seinem jetzt als Frau geltendem Vater bleiben zu wollen, weil die Geschlechtsumwandlung auf Grund der sonstigen Umstände das Kindeswohl nicht beeinträchtigen würde l60 . In diesem Zusammenhang führte es aus l61 : "Der Umstand, daß nach der Geschlechtsumwandlung des einen Elternteils dem Kind nicht mehr wie sonst die Wesenszüge eines weiblichen und eines männlichen Elternteils vermittelt werden können, ist eine zwangsläufige, für das Kind sicherlich nachteilige Folge, die es jedoch nicht rechtfertigt, dem Kind die elterliche Sorge durch den Elternteil, der seine Identität geändert hat, vorzuenthalten. " Vor dem Hintergrund lediglich zwei zu diesem Themenkreis veröffentlichter Entscheidungen erscheint ein Rückschluß darauf, daß deutsche Familienrichter der homosexuellen Orientierung eines Elternteils grundSätzlich unvoreingenommen gegenüberstehen, voreilig. Es bleibt deshalb abzuwarten, welche Haltung die Gerichte in zukünftigen Verfahren einnehmen werden.
AG Mettmann, FarnRZ 1985, 529 (529). AG Mettmann, FarnRZ 1985, 529 (529), insoweit zustimmend StaudingerCoester, § 1671 Rn. 75. 159 FarnRZ 1990, 433 fIrn. Anm. Luthin. 160 OLG Schleswig, FarnRZ 1990, 433 (434f.). 161 OLG Schleswig, FarnRZ 1990, 433 (434), insoweit zustimmend StaudingerCoester, § 1671 Rn. 75. 157 158
C. Alternativen zum Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare
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6. Zusammenfassung
Insgesamt festgehalten werden kann an dieser Stelle nur, daß die Rechtsprechung einem allgemeinen Trend folgt, wonach im Rahmen der Diskussion über rechtliche Behandlungs- und Regelungsmöglichkeiten nichteheliche Lebensgemeinschaften zunehmend auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften in die Überlegungen mit einbezogen werden l62 . Ein Bewußtsein bezüglich der Probleme gleichgeschlechtlich orientierter Menschen im Alltag ist demnach auch innerhalb der Justiz vorhanden. Die Herangehensweise der Gerichte kann jedoch keinesfalls als einheitlich bezeichnet werden. Während einige Spruchkörper nichteheliche homosexuelle Partnerschaften in bestimmten Rechtsbereichen ebenso wie unverheiratete heterosexuelle Paare behandeln 163 und damit zeigen, daß viele Vorurteile gegenüber Schwulen und Lesben abgebaut sind, werden anderswo nach wie vor Vorbehalte gegen die Gleichbehandlung gleich- und verschiedengeschlechtlicher nichtehelicher Lebensgemeinschaften deutlich l64 . Entscheidungen wie die des Amtsgerichts Worms l65 , das einer Schenkung zwischen Homosexuellen unter Hinweis auf die §§ 138, 817 BGB die Rechtswirksamkeit absprach, dürften heute allerdings die Ausnahme sein. Gleichwohl kann nicht erwartet werden, daß die Gerichte gleichgeschlechtlichen Paaren über sämtliche der vielfältigen Benachteiligungen hinweghelfen werden, sofern sie dazu überhaupt in der Lage sind. Hier sei nur der Verweis auf die umfangreiche Rechtsprechung und Literatur zu verschiedengeschlechtlichen nichtehelichen Lebensgemeinschaften erlaubtl66 . Auch dort wird deshalb schon seit langem die Forderung nach gesetzgeberischen Handeln erhoben167.
162 So z. B. Trimbach/EI Alami, NJ 1996, 57 (61 f); Müller-Freienfels, FS Gernhuber 1993, S. 737 (749-757); Brodermüller, FarnRZ 1994, 207 ff.; Grziwotz, FarnRZ 1994,1217 ff.; so schon Schwab, ZMR 1983, 184 ff. 163 Siehe hierzu vor allem die oben unter C. I. 2. b. dargestellte untergerichtliche Rechtsprechung zu § 569 a Abs. 2 S. I BGB, die nahezu einstimmig auch die gleichgeschlechtlichen Paare in den Analogiebereich einbezieht. 164BGHZ 121, 116 ff.sowie die dargestellten und besprochenen Fallbeispiele aus der Gerichtspraxis bei Malt, S. 37-82. 165 AG Worrns Az. I C 670/81 v, 25.3.1982, insoweit abgeändert durch LG Mainz Az.: 3 S 174/82 v. 19.10.1982. 166 Statt vieler Palandt-Diederichsen, Einl. v. § 1297 Rn. 8-21 sowie StaudingerSträtz, Anhang zu §§ 1297 ff., jeweils m.w.N. 167 Vgl. Z. B. die Empfehlungen des 57. Deutschen Juristentages, NJW 1988,2998.
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11. Vorschläge und Entwürfe für eine gesetzlichen Regelung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften Im Vordergrund der Diskussion über eine derzeit noch nicht existente gesetzliche Anerkennung für nichteheliche Lebensgemeinschaften stehen, seit Dänemark 1989 die "eingetragene Partnerschaft,,168 einführte und vor allem seit 1992 die "Aktion Standesamt" auf deutschem Boden stattfand, eindeutig gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Auf diese Entwicklung hatten die Homosexuellenverbände einen nicht unerheblichen Einfluß. Nachdem die von einem Teil der Schwulenbewegung initiierte Eheschließungskampagne mit einer Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht geendet hatte, verfolgten sie ihr Ziel weiter. Sie sprachen sich für eine gesetzliche Regelung in diesem Bereich aus und verliehen ihrer Forderung Nachdruck, indem sie mit ausformulierten Vorschlägen an die Öffentlichkeit gingen l69 . Zwischenzeitlich haben verschiedene politische Parteien die Thematik aufgegriffen. Die SPD hat ihre Absicht allgemein dahingehend formuliert, die rechtlicher Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften abschaffen zu wollen17 0. Die FDP hat die Einführung einer Eingetragenen Partnerschaft, die sich in grundlegenden Fragen an das Familienrecht anlehnen soll, in ihr Programm aufgenommen l7l . Bündnis 90IDie Grünen wollen das Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare einführen und gleichzeitig eine gemeinsame Regelung für nichteheliche homo- und heterosexuelle Lebensgemeinschaften schaffen I72 . Die PDS setzt sich für eine Entprivilegierung der Bürgerlichen Ehe und für eine Stärkung der Rechte aller Lebensformen ein 173 . Auf parlamentarischer Ebene ist es 168 Ausführlich dazu im Sechsten Kapitel unter B. I. 2. a. 169 Vgl. die in Zusammenarbeit mit den ,,Die Schwulen Juristen" ausgearbeiteten Vorschläge des SVD sowohl zur Einführung des Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare als auch den Entwurf eines Gesetzes über "Nichteheliche Partnerschaften, beides abgedruckt in: Lesben. Schwule. Standesamt., hrsg. v. Laabs, S. 291 fsowie den Gesetzesentwurf des BVH zur ,,Beglaubigte Partnerschaft", unter diesem Titel, hrsg. v. BVH; abgedruckt auch in Streit 1994, 180 f 170 Vgl. hierzu das Grundsatzprogramm der SPD vom 10.12.1989. S. 19 sowie den Entwurf eines "Gesetzes zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes des Artikel 3 GG (Gleichbehandlungsgesetz)" und den Entwurf "Wohn- und Lebensgemeinschaften" der SPD-Bundestagsabgeordneten Margot von Renesse, zu beziehen über dies., Bundeshaus, NH-A 214/215,53113 Bonn. 171 Programm der FDP zur Bundestagswahl 1994, S. 62, zu beziehen über die Bundesgeschäftsstelle der FDP, Adenauerallee 266, 53113 Bonn. I72 Programm Bündnis 90IDie Grünen zur Bundestagswahl 1994, 2. Teil, 2. Teil, ill., S. 36, zu beziehen über die Bundesgeschäftsstelle, Ehrental 2-4, 53332 Bonn, sowie die sogleich unter C. II. ausführlich dargestellten Gesetzesinitiativen der Bundestagsfraktion Bündnis 90IDie Grünen. 173 Ergänzungen zum PDS-Programm von 1993, Punkt 4.8 sowie "Die PDS im Bundestag": Lesbische oder schwule Lebensweise - eine Möglichkeit unter anderen, hrsg.
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allerdings nur die Fraktion Bündnis 90IDie Grünen, die lesbische und schwule Themen wiederholt auf die Tagesordnung gebracht und verschiedene Gesetzesvorschläge zur Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften vorgelegt hat 17 4 . 1. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts oder einer" eingetragenen Partnerschaft" nach skandinavischem Vorbild
Diese Gesetzesinitiative, die gleich dreimal 175 in die parlamentarische Debatte eingebracht und erst im dritten Anlauf behandelt wurde, richtet sich auf eine Modifikation des § 1353 BGB, der danach wie folgt lauten soll: Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen." Als Alternative nennt der Entwurf die Einführung eines der Ehe gleichwertigen Ersatzinstitutes fiir gleichgeschlechtliche Paare nach skandinavischem Vorbild unter dem Namen "eingetragene Partnerschaft" I 76. Schon in der ersten Beratung des Gesetzentwurfs zeichnete sich ab, daß er keine Mehrheit finden würde I 77 . Angemeldet wurden dabei nicht nur grundsätzliche Bedenken178 . Das Vorhaben, gleichgeschlechtlichen Paaren den Zugang zur Ehe zu ermöglichen, rief auch Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Entwurfs im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG hervor, da von dessen Tatbe-
v. PDS im Bundestag, Arbeitskreis Feministische Politik, zu beziehen über die PDS im Bundestag, Bundeshaus Bonn-Center, 53113 Bonn. 174 Dazu gleich unter C. n. Begleitet \vurden diese Initiativen von Kleinen und Großen Anfragen bezüglich des Themenkreises "Gleichstellung homosexueller Paare" wie z. B. BT-Drs. 1111824; BT-Drs. 13/2719. Auch die PDS hat sich auf parlamentarischer Ebene gegen Diskriminierungen gegenüber Lesben und Schwulen ausgesprochen. Da die Position der PDS aber von einer Entprivilegierung der Ehe und einer Stärkung aller Lebensweisen ausgeht, zielen die Vorschläge in der Regel nicht auf die Erlangung von Rechten speziell für gleichgeschlechtliche Paare ab. Aus diesem Grund werden die Vorstöße der PDS hier nur beiläufig behandelt. 175 BT-Drs. 1117197, BT-Drs. 12/7885, BT-Drs. 13/2728. 176 BT-Drs. 13/2728, S. 1. 177 13. Wahlperiode, 131. Sitzung, Steno Prot., S. 11890-11898. 178 Die Bedenken waren allerdings sehr unterschiedlicher Natur. Während die CDU/CSU-Fraktion die Einführung des Eheschließungsrechts für gleichgeschlechtliche Paare vor allem in Hinblick auf die in der Ehe stattfinden FamiliengrOndung als Schutzgrund ablehnte (S. 11893), äußerte die Sprecherin der PDS in erster Linie feministische Kritik an der Konzeption der Ehe an sich und forderte die Abschaffung der ihrer Meinung nach ungerechten Eheprivilegien (S. 11896 f.).
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2. Kapitel: Die rechtliche Realität in der Bundesrepublik Deutschland
stand nur verschiedengeschlechtliche Ehen erfaßt seien179 . Der Justizminister konkretisierte diese Bedenken dahingehend, daß es für ein derartiges Gesetzesvorhaben zumindest einer verfassungsändernden Mehrheit bedürfe l80 . Eine endgültige Bewertung des Entwurfs, auch unter rechtlichen Gesichtspunkten, steht derzeit noch aus; da er sich zur Beratung noch in den Ausschüssen befindet l81 . 2. Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Wohnung für den hinterbliebenen Lebenspartner
Einen weiteren gesetzgeberischen Vorstoß unternahm die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im März 1995 182 . Nachdem der BGH signalisiert hatte, gleichgeschlechtliche Paare von einer Analogie zu § 569 a Abs. 2 S. 1 BGB ausnehmen zu wollen l83 , schlug die Fraktion vor, § 569 Abs. 1 BGB durch Einfügung des folgenden Satzes nach Satz 1 zu ändern: "Dem Ehegatten steht der Partner einer gleich- oder verschiedengeschlechtlichen nichtehelichen Lebensgemeinschaft gleich." Auch hier ließ die Beratung im Bundestag schon vermuten, daß der Entwurf keine Aussicht Erfolg haben wird l84 . Tatsächlich scheiterte er später im Rechtsausschuß an den Stimmen der Koalition l85 .
13. Wahlperiode, 131. Sitzung, Steno Prot., S. 11895 f.; 11898. Wahlperiode, 131. Sitzung, Steno Prot., S. 11898. 181 Eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Entwurf mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar ist oder nicht und der in diesem Zusammenhang abgehaltenen Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuß findet im Sechsten Kapitel unter B. ll. statt. 182 BT-Drs. 13/847 (mit Begründung); einen Vorschlag zur Änderung der §§ 569 a, 569 b BGB machte auch die Gruppe der PDS (BT-Drs. 13/2355). Dieser richtet sich jedoch nicht nur an lesbische und schwule Paare, sondern an alle Mitbewohner des verstorbenen Mieters, denen ein Eintrittsrecht eingeräumt werden sollte. Dieser Entwurf scheiterte später im Rechtsausschuß an den Stimmen der Koalition (BT-Drs. 13/3595). 183 Dazu oben unter C. 1. 2. b. 184 13. Wahlperiode, 55. Sitzung, Steno Prot. S. 4691-4698. 185 BT-Drs. 13/3595, S. 4. Vgl. hierzu auch Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90IDie Grünen Nr. 823/95 vom 29.11.1995, hrsg. v. Fraktion Bündnis 90IDie Grünen, Pressedienst, zu beziehen über die Pressestelle der Bundestagsfraktion Bündnis 90IDie Grünen, Bundeshaus, Hochhaus Tulpenfeld, 53090 Bann. 179
18013.
C. Alternativen zum Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare
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3. Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse nichtehelicher Lebensgemeinschaften (Nichteheliche-Lebensgemeinschaften-Gesetz-NeLgG)
Zuletzt hat die Fraktion Bündnis 90IDie Grünen am 13. März 1997 den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft eingebracht, das sowohl für gleich- als auch für verschiedengeschlechtliche Paare gelten SOll186. Dieses Gesetz knüpft seine Rechtsfolgen an keinen Publizitätsakt, wie etwa eine Registrierung oder Eintragung der Partnerschaft, sondern an die tatsächlichen Gegebenheiten; nur zur Beweiserleichterung dient die in § 1302 b BGB-E vorgesehene Möglichkeit, die Partnerschaft notariell beurkunden zu lassen l87 . Der Adressatenkreis wird in Anlehnung an die Definition des Bundesverfassungsgerichts von "eheähnlicher Lebensgemeinschaft" bestimmt, allerdings ohne das Erfordernis der Geschlechtsverschiedenheit und ohne das Erfordernis eines gemeinsamen Wohnsitzes der Partnerl88 . Als Konsequenz der in der Definition des Bundesverfassungsgerichts zum Ausdruck kommenden Ausschließlichkeit der Beziehung kann neben einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft weder eine weitere nichteheliche Lebensgemeinschaft noch eine Ehe geführt werden; die Rechtsfolgen eine "Doppelverbindung" regelt das Gesetz l89 . Eine der wichtigsten Wirkungen, die das Gesetz bei Bestehen einer solchen nichtehelichen Lebensgemeinschaft anordnet, ist, daß die Partner als Familienangehörige gelten, weshalb zahlreiche weitergehende Rechtsfolgen, die an den verschiedensten Stellen des privaten und des öffentlichen Rechts verankert sind, ohne weiteres auch auf die nichtehelichen Partner zutreffen l90 . Ein weiterer nennenswerter Aspekt des Entwurfes ist, daß das Innenverhältnis der Partner prinzipiell frei bleibt von gesetzlichen Regelungen, weshalb sich die Beteiligten grundsätzlich nicht gegenseitig zum Unterhalt verpflichtet sind l91 . Nur in Ausnahmefallen entsteht ein Anspruch etwa auf BetreuungsunterhaIe 92. Ein anderer Ausnahmetatbestand ist § 1302 f BGB-E, wonach bei Streitigkeiten über die Berechtigung an der gemeinsam genutzten Wohnung die §§ 2 bis 7 der Verordnung über die Behandlung der Ehewohnung und des 186 BT-Drs. 13/7228 (mit Begründung). 187 BT-Drs. 1317228,8. 6, 7. 188 § 1302 a BGB-E, sowie unter BT-Drs. 1317228,8.6 f. 189 § 1302 g Abs. 2 BGB-E, dazu BT-Drs. 13/7228, 8.9; ähnlich auch § 20 EheG,
wo die Nichtigkeit der Doppelehe angeordnet wird. 190 § 1302 c BGB-E, dazu BT-Drs. 1317228, 8.5, 7 f. 191 § 1302 d Abs. 1 BGB-E, dazu BT-Drs. 13/7228, 8. 6, 8. 192 § 1302 d, dazu BT-Drs. 1317228,8.6,8. 5 Heun
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2. Kapitel: Die rechtliche Realität in der Bundesrepublik Deutschland
Hausrats entsprechende Anwendung findet l93 . Ebenfalls in dem Entwurf geregelt ist das Verfahren bezüglich eines gemeinsamen Sorgerechts der nichtehelichen Eltern194 und ein gesetzliches Erbrecht l95 • Steuererleichterungen gewährt das Gesetz nur in bestimmten Bereichen, jedenfalls nicht im gleichen Umfang wie sie Eheleuten zustehen l96 . Die nichteheliche Lebensgemeinschaft endet mit Wegfall der tatbestandlichen Voraussetzungen der Begriffsdefinition sowie in den Fällen, in denen die Partner eine Beurkundung haben vornehmen lassen, durch eine entsprechende Beendigungserklärungl97 . Vor allem das Fehlen einer gegenseitigen Unterhaltsverpflichtung und auch die nur teilweise Besserstellung im Steuerrecht zeigen deutlich, daß der Entwurf insgesamt keine Gleichstellung mit Eheleuten zu erreichen versucht. Es soll vielmehr ein neues Rechtsinstitut geschaffen werden, das sich an nichtehelichen Lebenspartnern und deren Bedürfnissen ausrichtet l98 . Auf eine umfassende Regelung ihrer privaten Lebensgestaltung wird folglich zu Gunsten eines Minimalrechtsschutzes, der vornehmlich das Verhältnis der Partner zu Dritten betrifft, verzichtd 99 . Die Entwurfsbegründung stellt insofern klar, daß das geplante Gesetz lesbischen und schwulen Paaren keine der Ehe entsprechende umfassende Absicherung ihrer Partnerschaft bieten kann, weshalb die Forderung nach der Öffnung der Ehe durch Modifikation des § 1353 BGB daneben aufrechterhalten wird 20o . Eine Beratung oder Debatte des kürzlich eingebrachten Gesetzes fanden bislang nicht statt201 .
Dazu unter BT-Drs. 13/7228, S. 6,8 f. §1302 h BGB-E, dazu unter BT-Drs. 13/7228, S. 9. 195 § 1931 a BGB-E, dazu BT-Drs. 13/7228, S. 9 f. 196 Artikel 3 NeLgG: Änderung des Einkommensteuergesetzes, dazu unter BT-Drs. 13/7228, S.10; Artikel 4 NeLgG: Änderung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes, dazu BT-Drs. 13/7228, S. 10. 197 § 1302 e BGB-E, dazu unter BT-Drs. 13/7228, S. 8. 198 Vgl. hierzu auch BT-Drs. 13/7228, S. 6. 199 Vgl. BT-Drs. 13/7228, S. 5. 200 BT-Drs. 13/7228, S. 6. Die damit angestrebte Rechtslage wäre ähnlich wie in Schweden, wo gleichgeschlechtlichen Paaren sowohl die "eingetragene Partnerschaft" als Eheäquivalent als auch die Regelungen über homosexuelle nichteheliche Lebensgemeinschaften zur Verfügung stehen. Dazu unter Sechstes Kapitel B. 1. 2. c., B. 1. 3. 193
194
a.
201
Zur rechtlichen Bewertung später Sechstes Kapitel B.
n.
C. Alternativen zum Eheschließungsrecht fUr gleichgeschlechtliche Paare
67
4. Zusammenfassung
Gleichgeschlechtliche Partnerschaften werden in der Bundesrepublik derzeit auch außerhalb des Eherechts gesetzlich nicht anerkannt. Gesetzgeberische Initiativen sind bis heute fast ausschließlich von der Fraktion Bündnis 90IDie Grünen ausgegangen, so daß deren Durchsetzbarkeit im Hinblick auf die Mehrheitsverhältnisse mehr als fraglich erscheint. III. Anti-Diskriminierungsgesetze Die Meinungen sowohl zum derzeitigen Ausmaß der Diskriminierung gleichgeschlechtlich veranlagter Menschen als auch zu den Möglichkeiten, wie die unstreitig bestehenden Benachteiligungen abgebaut werden können, gehen auseinander o2 . Unabhängig von der Forderung des Eheschließungsrechts oder einer anderen gesetzlichen Regelung fiir gleichgeschlechtliche Partnerschaften wird deshalb auch vorgeschlagen, Art. 3 Abs. 3 GG203 sowie die Landesverfassungen204 um das Verbot der Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung zu erweitern beziehungsweise ein Anti-Diskriminierungsgesetz zu erlassen205 . Beide Maßnahmen verfolgen das Ziel, die Benachteiligungen der homosexuellen Minderheit insgesamt abzubauen. Die verfassungsrechtliche Forderung erscheint zunächst überflüssig, da ungerechtfertigte Ungleichbehandlungen lesbischer Frauen und schwuler Männern bereits durch den relativen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verboten werden. Es verbleiben aber Spiel räume bei der Auslegung der Gesetze und der Bewertung des Sachverhaltes, die vor allem vor dem Hintergrund der Dogmatik des Gleichheitssatzes, wonach nur Gleiches auch gleich behandelt werden
202 Vgl. hierzu nur Bruns, Betrifft: Justiz 1993, 82 ff., der eine ganze Reihe von Benachteiligungen Homosexueller auf Grund ihrer sexuellen Orientierung aufzeigt und mit Beispielen belegt. 203 Die Ergänzung von Art. 3 Abs. 3 GG um das Merkmal "sexuelle Identität" wurde von der Gemeinsamen Verfassungskommission diskutiert, aber letztlich mangels Mehrheit nicht empfohlen; vgl. Abschlußbericht der Verfassungskommission, DRiZ 1994,65 (68). 204 Die Verfassung des Landes Brandenburg vom 20.8.1992 (GVBl. I, S. 298) hat in Art. 12 Abs. 2 einen wesentlich umfangreicheren Katalog von Diskriminierungsverboten als das Grundgesetz in Art. 3. Hierzu gehört unter anderem die sexuelle Identität. In ThUringen ist ein Diskriminierungsverbot unter dem Begriff "sexuelle Orientierung" in die Verfassung vom 25.10.1993 (GVBl. S. 625, Art. 2 Abs. ill) aufgenommen worden. 205 Vgl. hierzu Die Schwulen Juristen (Hrsg.), S. 307-314 m.w.N. sowie den Entwurf eines Gleichbehandlungsgesetzes der SPD-Abgeordneten Margot v. Renesse vom Januar 1997, Nachweis in Fn. 170.
5'
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2. Kapitel: Die rechtliche Realität in der Bundesrepublik Deutschland
muß, zu einem "Restrisiko" für Lesben und Schwule führt 206 . Dies, so hofft man207 , würde durch die Aufnahme der "sexuellen Orientierung" in den Diskriminierungskatalog von Art. 3 Abs. 3 GG zumindest verringert, denn die in Art. 3 Abs. 3 GG aufgeführten Merkmale sind grundsätzlich, das heißt solange keine Grundrechtskollsion vorliegt, nicht differenzierungsfähig 208 • Außerdem wird der Erlaß von Anti-Diskriminierungsgesetzen gefordert. Die dort getroffenen Wertentscheidungen, wie zum Beispiel das Verbot von Diskriminierungen wegen der sexuellen Orientierung, würden vor allem die staatliche Gewalt, also die Behörden und Gerichte, bei der Rechtsanwendung binden209 . Ein weiterer Effekt solcher Gesetze ist, daß sie im Gegensatz zu Grundrechtsnormen, die nur in Ausnahmefällen Drittwirkung entfalten, auch im privaten Rechtsverkehr beachtet werden müßten210 • Durch das Inkraftsetzen von Anti-Diskriminierungsgesetzen erhoffen sich ihre Befürworter den Abbau von Benachteiligungen von Homosexuellen auf breiter Basis211 . Entwürfe haben sowohl die Fraktion der Grünen im Bundestag als auch die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) vorgelegt212. Ob sich die an eine Grundgesetzänderung und an die Einführung von AntiDiskriminierungsgesetzen geknüpften Hoffnungen und Erwartungen tatsächlich erfüllen werden, erscheint jedoch fraglich. Dagegen sprechen vor allem die Erfahrungen, die in Kanada gemacht wurden. Dort ist die sexuelle Orientierung sowohl im Canadian Human Rights Act als auch in den meisten AntiDiskriminierungsgesetzen der Provinzen und seit kurzem auch durch die kanadische Verfassung verboten. Gleichwohl haben die von Lesben und Schwu206 Vgl. hierzu nur die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (E 6, 389) aus dem Jahre 1957 zur Verfassungsmäßigkeit des § 175 StGB a.F. Allgemein zur Dogmatik des allgemeinen Gleichheitssatzes siehe die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: BVerfGE 1, 14 (52); 3, 58 (135); 55, 72 (88); 70, 230 (239 f); 71, 146 (154 f); sowie v. MünchIKunig-Gebelt, Art. 3 Rn. 10-14 m.w.N.; Hesse, Rn. 432 f 207 SO Z. B. Die Schwulen Juristen (Hrsg.), S. 309, ähnlich auch die Fraktion der Grünen im Bundestag, BT-Drs. 1117197, S. 8. 208 Siehe z. B. BVerfGE 15, 337 (343); MaunzlDürig-Dürig, Art. 3 Abs. 3 Rn. I; Schmidt-BleibtreuiKlein, Art. 3 Rn. 40 f; GemhuberiCoester-Waltjen, § 611. 2. 209 Vgl. hierzu HammerlRzadkowski, ZTR 1991, 363 (367 f.), Die Grünen, BT-Drs. 1117197, S. 6 f; Die Schwulen Juristen (Hrsg.), S. 314. 210 Dazu Die Schwulen Juristen (Hrsg.), S. 314, vgl. auch den Entwurf der SPDAbgeordneten v. Renesse, Nachweis oben Fn. 170. 211 SO Z. B. die Begründung der Fraktion Die Grünen zu ihrem Entwurf eines AntiDiskriminierungsgestzes, BT-Drs. 1117197 S. 5 f; Die Schwulen Juristen (Hrsg.), S. 313 f, HammerlRzadkowski, ZTR 1991, 363 (367). 212 BT-Drs. 1117197; HammerlRzadkowski, ZTR 1991, 363 tT., wo der Entwurf der ÖTV abgedruckt und erläutert ist. Vgl. auch den Entwurf eines Gleichbehandlungsgesetzes der SPD-Abgeordneten Margot v. Renesse, Nachweis oben in Fn. 170.
D. Zusammenfassung und Ausblick
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len angestrengten Klagen, mit denen sie Gleichstellungen mit Eheleuten beziehungsweise verschiedengeschlechtlichen nichtehelichen Lebensgemeinschaften etwa im Renten oder Sozialversicherungsrecht gefordert haben, nur in Ausnahmefällen zum Erfolg geführt213 .
D. Zusammenfassung und Ausblick Sowohl die Verfassung als auch die derzeit geltenden einfachgesetzlichen Regelungen über die Ehe und das Eheschließungsrecht schweigen zum Erfordernis der Geschlechtsverschiedenheit. An keiner Stelle findet sich ein ausdrückliches Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen oder zumindest eine positive Umschreibung dessen, was unter Ehe zu verstehen ist. Dem geschrieben Recht läßt sich insofern weder die Zulässigkeit noch die Unzulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen zweifelsfrei entnehmen. Gleichwohl ist sich die Rechtsprechung darüber einig, daß Ehen nur zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts geschlossen werden können, gleichgeschlechtlichen Paaren folglich kein Eheschließungsrecht zustehen kann. Sämtliche Untergerichte - mit Ausnahme des Amtsgerichts Frankfurt am Main, dessen Entscheidung wohl als "Ausreißer" angesehen werden muß - definieren die Ehe als ausschließlich heterosexuelle Verbindung. Bestätigung findet diese Auffassung zudem unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, denn auch die in diesem Zusammenhang maßgebliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist insoweit eindeutig. Unter Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG ist danach nur die Vereinigung von Mann und Frau zu einer umfassenden Lebensgemeinschaft zu verstehen. Die "Aktion Standesamt", die mit dem Kammerbeschluß vom 4. Oktober 1993 ihr vorläufiges Ende gefunden hat, konnte ein Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Partner jedenfalls nicht erstreiten. Die Ehe bleibt deshalb bis auf weiteres ein Exklusivrecht für heterosexuelle Paare. An dieser Rechtslage soll auch die geplante Neuregelung des Eheschließungsrechts nichts ändern214 . Der hierzu von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf normiert zwar weder in § 1 EheG, der unverändert fortbestehen soll, noch in den §§ 1303 ff. BGB-E das Erfordernis der Geschlechtsverschiedenheit der Ehepartner215 . Begründet wird diese Vorgehensweise allerdings damit, daß es keinen Anlaß gebe, etwas derart Selbstverständliches in den Gesetzestext aufzunehmen 216 . Vor diesem Hintergrund wäre es geradezu Dazu ausführlich im Vierten Kapitel unter C. I. 2. BT-Drs. 13/4898 (mit Begründung). 215 BT-Drs. 13/4898. 216 So Wagenitz/Barth, FamRZ 1996, 833, 839: ,,An der notwendigen Geschlechtsverschiedenheit geht der Entwurf, weil selbstverständlich, schweigend vorbei." Vgl. 213 214
70
2. Kapitel: Die rechtliche Realität in der Bundesrepublik Deutschland
abwegig, davon auszugehen, daß der Gesetzgeber demnächst die gleichgeschlechtliche Ehe einfuhren wird. Dem darauf abzielenden Entwurf der Bundestagsfraktion Bündnis 90IDie Grünen zur Änderung des § 1353 BGB kann jedenfalls angesichts der derzeitigen Mehrheitsverhältnisse, selbst wenn zu seiner Durchsetzung nur eine einfache Mehrheit erforderlich ist, keine Aussicht auf Erfolg eingeräumt werden. Es ist deshalb davon auszugehen, daß es ein Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare auch in näherer Zukunft nicht geben wird, ihre Partnerschaften folglich ohne den von der Ehe vorgegebenen rechtliche Rahmen auskommen müssen. Damit bleiben homosexuelle Lebensgemeinschaften in der Bundesrepublik weitgehend schutzlos, denn eine ausdrückliche gesetzliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften findet auch außerhalb des Eherechts nicht statt2l7 . Die daraus folgenden Schwierigkeiten gleichgeschlechtlicher Paare im Rahmen ihrer alltäglichen Lebensgestaltung wurden in der Vergangenheit zumindest in einigen Rechtsbereichen durch eine großzügige Rechtsprechung abgemildert. Durch entsprechende Auslegung und Anwendung einzelner Vorschriften wurde gleichgeschlechtlichen Paaren vor allem im Mietrecht zu Ansprüchen verholfen, die sonst nur Eheleuten oder verschiedengeschlechtlichen nichtehelichen Lebenspartnem zugestanden werden. Seit der jüngsten Entscheidung des BGH zu § 569 a Abs. 2 S. 1 BGB scheint der Fortgang dieser Entwicklung jedoch in Frage gestellt. Es besteht die Möglichkeit, daß in Zukunft nur noch eheähnliche Gemeinschaften im Sinne von heterosexuellen nichtehelichen Lebensgemeinschaften für analogiefahig gehalten werden und homosexuelle Paare auf Grund ihrer Gleichgeschlechtlichkeit bei der Rechtsfortbildung in bezug auf nichteheliche Lebensgemeinschaften außen vor bleiben. Gesetzgeberische Lösungen gewinnen deshalb zunehmend an Bedeutung. Auf parlamentarischer Ebene wurden bislang drei, höchst unterschiedlich dazu auch Bosch, FamRZ 1997, 65, 71 f, der die Geschlechtsverschiedenheit zwar auch für selbstverständlich erachtet, einer diesbezüglichen KlarsteIlung durch den Gesetzgeber, zwnindest in der Begründung zwn neuen Eheschließungsrecht, jedoch zuneigt. Siehe aber Simitis in: Rechtswissenschaft in der Bonner Republik, S. 390 (446 f): "Spätestens im Zusammenhang mit den dabei (Regelungen der Eheschließung) zu entscheidenden Fragen muß der Gesetzgeber....... sich nicht zuletzt der Debatte über homosexuelle Ehen stellen." 217 Zu den zahlreichen Nachteilen, die aus dem Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit folgen, schon oben unter C.; vgl. auch die Ausführungen der Rechtsanwältin Augstein (S. 3-7) im Rahmen ihrer Stellungnahme zwn Gesetzesentwurf der Fraktion Bündnis 90IDie Grünen, BT-Drs. 13/2728, die nochmals ausdrücklich die Rechtsfolgen aufzählt, die Eheleute generell tretTen und die für gleichgeschlechtlichen Paaren auch nicht durch rechtsgeschäftliche oder andere Absprachen erhältlich sind.
D. Zusanunenfassung und Ausblick
71
konzipierte Gesetzesentwürfe vorgestellt. Weitere Modelle, wie zum Beispiel die "Eingetragene Partnerschaft" nach skandinavischem Vorbild, werden diskutiert. Unabhängig davon, wie die politischen Erfolgsaussichten dieser Regelungsmöglichkeiten beurteilt werden, muß auch eine rechtliche Bewertung stattfinden. Dies um so mehr, weil auch in politischen Debatten häufig ausschließlich rechtliche Argumente gegen die gesetzliche Einfiihrung einer gleichgeschlechtlicher Ehe oder eines eheähnlichen Ersatzinstitutes nach skandinavischem Vorbild ins Felde geführt werden. In diesem Rahmen werden vor allem verfassungsrechtliche Fragen im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG eine Rolle spielen. Es sollen aber auch andere Aspekte wie Durchführbarkeit, Reichweite und Praktikabilität einer gesetzlichen Lösung angesprochen werden. Bevor jedoch damit begonnen wird, soll erst noch eine Untersuchung anderer Rechtsordnungen erfolgen, wo sich ähnliche Frage- und Problemstellungen ergeben haben. Soweit es dort bereits zu gesetzgeberischen oder anderweitigen Reaktionen und Lösungsansätzen gekommen ist, werden die zugrundeliegenden Überlegungen und eventuell vorliegende Erfahrungswerte in die hiesige Betrachtung mit einbezogen.
Drittes Kapitel
Die Rechtslage in den USA Die Entwicklung in den USA verläuft zweigleisig. Einerseits wird der Versuch unternommen, die "same-sex marriage" gerichtlich durchzusetzen. Die ersten Prozesse um die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen wurden bereits in den siebziger Jahren geführt und sämtlich abschlägig beschieden. Darauf folgte eine mehr als zehnjährige Prozeßpause. Erst seit Beginn der neunziger Jahre muß sich die Rechtspraxis erneut mit der Forderung nach der gleichgeschlechtlichen Ehe auseinandersetzen. Eines der Gerichte, die mit diesen Fällen befaßt sind, ist der Supreme Court von Hawaii, dessen Entscheidung in Baehr v. Lewin 1 der Diskussion um die gleichgeschlechtliche Ehe eine überraschende Wendung gegeben hat. Der Entscheidung lagen die Klagen dreier homosexueller Paare zugrunde, denen jeweils die Heiratsbewilligung vom zuständigen Beamten unter Hinweis auf ihre Gleichgeschlechtlichkeit verweigert worden war. Nachdem der Supreme Court von Hawaii hierin erstmals eine geschlechts spezifische Ungleichbehandlung gesehen hatte, die nach der amerikanischen Verfassungsrechtsdogmatik nur durch ein überragendes - bislang nur in seltenen Ausnahmefällen dargelegtes Staatsinteresse gerechtfertigt werden kann, sind die Chancen auf die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen in den USA erheblich gestiegen. Dies vor allem auch deshalb, weil der erstinstanzlich zur Prüfung dieser Frage berufene Circuit Court von Hawaii den Ausführungen der Regierung nicht gefolgt ist und das bestehende Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit für verfassungswidrig erklärt hat 2 Der Ausgang des Verfahrens, das wegen der seitens der Regierung von Hawaii eingelegten Berufung zur Zeit noch anhängig ist, wird wegen seiner möglichen Auswirkungen auf die anderen Staaten der USA mit 3 Spannung erwartet . Gleichermaßen wird seit längerer Zeit auch über Alternativen nachgedacht, durch die für lesbische und schwule Paare eine der Ehe vergleichbare rechtliche Situation geschaffen werden könnte. In diesem Rahmen werden legislative Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530, 852 P.2d 44 (1993). Afiike, No 91-1394,1996 WL 694235 (Hawaii Cir. Ct. Dec. 3.1996),23 FLR 1063 ff. 3 Dazu unten A. II. 2. b. ce. I
2 Baehrv.
A. Gleichgeschlechtliche Ehe in Gesetzgebung und Rechtsprechung
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Lösungen ebenso diskutiert wie die Möglichkeit einer schrittweisen Gleichstellung durch Richterrecht. In der Praxis ist es bereits auf beiden Ebenen zu vereinzelten Anerkennungen homosexueller Partnerschaften gekommen. Für den Bereich der Rechtsprechung kann exemplarisch auf den viel besprochenen Fall Braschi v. Stahl Associates4 verwiesen werden. Dort wurde dem überlebenden Partner einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft im Wege der Auslegung des Begriffes "Familie" ein Eintrittsrecht in den Mietvertrag des verstorbenen Partners zugesprochen. Gesetzliche Regelungen, mit denen eine partielle Anerkennung nichtehelicher homo- und heterosexueller Lebensgemeinschaften erreicht wird, bestehen seit Beginn der achtziger Jahre in einigen Städten in Form der sogenannten "Domestic Partnership Legislation"s. Neben diesen Entwicklungen, die auf eine zunehmende Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Lebensweisen hindeuten, gibt es gleichzeitig eine nicht unbedeutende Anzahl gesetzgeberischer und richterlicher Entscheidungen, die sich gegen die Etablierung gleich- aber auch verschiedengeschlechtlicher nichtehelicher Partnerschaften als alternative, schützenswerte Lebensform wenden.
A. Die gleichgeschlechtliche Ehe in Gesetzgebung und Rechtsprechung der Ver~inigten Staaten I. Das Recht der Eheschließung in den Gesetzen der Einzelstaaten
Die Ausgestaltung des Ehe- und Familienrechts fallt in den USA in den Kompetenzbereich der Einzelstaaten. Die inhaltliche Ausgestaltung der gesetzlichen Voraussetzungen einer Eheschließung kann deshalb von Staat zu Staat variieren6 . Gemeinsam ist indes sämtlichen Kodifikationen, daß kein einzelstaatliches Gesetzeswerk gleichgeschlechtliche Ehen ausdrücklich erlaubt. Ein entsprechendesVerbot solcher Ehen war aber nur in seltenen Fällen normiert 7 . Erst seit der Entscheidung des Supreme Court von Hawaii in Baehr v. Lewin und der damit einhergehenden Sensibilisierung der Gesetzgeber für die Thematik gehen immer mehr Einzelstaaten dazu über, ein explizites Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit in ihre Ehegesetzgebung einzufü-
4 Braschi v. Stahl Associates, 74 N.Y.2d 201, 543 N.E.2d 784, 544 N.Y.S.2d 784 ( 1989). 5 Dazu unten unter C. 11. o Clark, §§ 2.2, 2.3. m.w.N. zum Eheschließungsrecht in den Einzelstaaten. 7lndiana: Ind. Code Ann. § 31-7-1-2 (West. Supp. 1994); Texas: Tex. Farn. Code Ann. § 101 (West 1993): Utah Code Ann. § 30-1-2 (1989, Supp. 1994); Virginia: VA. Code Alm. § 20-45.2 (Michie 1990).
3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
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gen 8 . Einige Staaten begnügen sich nach wie vor damit, die Ehe sprachlich auf die Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau zu beschränken9 . Andere haben für das Recht der Eheschließung geschlechtsneutrale Formulierungen gewählt, so daß der Wortlaut der maßgeblichen Gesetze allein weder für noch gegen die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen ins Feld geführt werden kann 1o . 11. Die Rechtsprechung zur "same-sex marriage" Insofern überrascht es nicht, daß sämtliche Rechtsstreitigkeiten über die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen in den Staaten ausgetragen wurden und werden. in denen der Gesetzeswortlaut neutral formuliert ist 11. Ansonsten kann die Rechtsprechung zur "same-sex marriage" zunächst in zwei Gruppen eingeordnet werden. in die Verfahren der siebziger und der neunziger Jahre. Die Prozesse der siebziger Jahre sind dann nochmals zu unterteilen. In Sachen Baker v. Nel.\·oI1 12 • Jones v. Hallahan 13 und Singer v. Hara l4 war die Erteilung der Heiratsbewilligung zwecks Eheschließung zwischen zwei Personen desselben Geschlechts jeweils Gegenstand des Verfahrens. Anders dagegen in Anonymous v. Anonymous l5 . Dort war einem gleichgeschlechtlichen Paar eine Heiratsbewilligung "versehentlich" erteilt worden, so daß im Rahmen der begehrten Annullierung über die Gültigkeit dieser "Ehe" entschieden werden mußte.
später unter A. II. 2. b. dd. u. A. II. 2. c. bb. (I) (c). So z. B.: La. Stat. Ann.-Civ. Code Art. 88 (Supp.1976), Maryland Code, Family Law Code Alm. § 2-20 I (Supp. 1984). Auch der Unifonn Marriage and Divorce Act § 201, 9A lInif. L. Ann. 106 (Supp.1979) verlangt ausdrücklich die Verschiedengeschleehtliehkeit der Ehegatten für eine gültige Eheschließung. 10 Alabama Code § 30-1-9 (1994); Ariz. Rev. Stat. Ann. § 25-121 (1994); D.C. Code Alm. § 30 (1993); Me. Rev. Stat. Ann. tit. 19, § 1 (West 1993); Mass. Gen. Laws. AlUl. eh. 207, § I (West 1987); N.J. Rev. Stat. § 37 (1973 & Supp. 1994); N.Y. Dom. Rev. Law, § I (McKinney 1988). 11 SO Z. B. Minn. Stat. Ann. §§ 517.01-.08 (West 1968). Zwischenzeitlich wurde das Gesetz geändert das Minn. Stat. Ann § 517.01 (West. Supp. 1978) defmiert Ehe nUlUuehr als Vertrag zwischen einem Mann und einer Frau. 12 191 N.w.2d 185 (Minn. 1971), Berufung zurückgewiesen, 409 US 810 (1972). 13 501 S.w.2d. 588 (Ky. 1973). 14 522 P.2d I 187 (Wash. Ct. App. 1974). 15 67 Mise.2d 982, 325 N. Y.S.2d 499 (Sup. ct. 1971). R Dazu
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A. Gleichgeschlechtliche Ehe in GesetzgebWlg Wld RechtsprechWlg
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I. Die Verfahren der siebziger Jahre
a) Baker v. Nelson, Jones v. Hallahan und Singer v. Hara aal Sachverhalte
Der Supreme Court von Minnesota war der erste höchste Gerichtshof eines Staates, der sich in Baker v. Nelson mit der Frage nach der Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen auseinandersetzen mußte. Kurz nach dessen Entscheidung waren der Court of Appeals von Kentucky in Jones v. Hallahan und Washingtons Court of Appeals in Singer v. Hara mit diesem Problem beschäftigt. In allen drei Fällen klagten gleichgeschlechtliche Paare auf Erteilung der Heiratsbewilligung, die ihnen zuvor von den jeweils zuständigen Beamten unter Hinweis auf den Grundsatz der Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehe verweigert worden war 16 . Zur Anspruchsbegründung wurde überall eine zweistufige Argumentation vorgebracht. Zunächst vertraten die Kläger die Auffassung, daß eine Auslegung der maßgeblichen Vorschriften, die kein ausdrückliches Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen normierten und auch sonst geschlechtsneutral formuliert seien, zur Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen führen müsse l7 . Für den Fall, daß die Gerichte zum gegenteiligen Ergebnis kommen sollten, beriefen sich die Kläger darauf, daß die gleichgeschlechtliche Ehe verfassungsrechtlich gewährleistet und geschützt sei, ein Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit deshalb gegen die Verfassung verstoße 18 . hh) Entscheidungsgründe
Keine der Klagen hatte Erfolg. Sämtliche zur Entscheidung berufenen Gerichte verstanden unter Ehe ausschließlich die Verbindung von Mann und Frau und sahen in dem daraus folgenden Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit keinen Verfassungsverstoß. Die Kläger konnten demnach mit keinem ihrer Argumente durchdringen.
10 Bakerv. Ne/son, 191 N.W2d 185, 185 (Minn. 1971); Jones v. Ha//ahan, 501 SW.2d. 588, 589 (Ky. 1973); Singerv. Hara, 522 P.2d 1187, 1188 (Wash. Ct. App. 1974 ). 17 Bakerv. Ne/son, 191 N.W2d 185, 185 (Minn. 1971); Jones v. Ha//ahan, 501 SW.2d. 588, 589 (Ky. 1973); Singerv. Hara, 522 P.2d 1187, 1188 (Wash. Ct. App. 1974). 18 . Bakerv. Ne/son, 191 NW.2d 185, 186f. (Minn. 1971); Jonesv. Ha//ahan, 501 S.W2d. 588,589 (Ky. 1973); Singer v. Hara, 522 P.2d 1187, 1188 f. (Wash. Ct. App. 1974 ).
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
(l) Das Wortlautargument
Zwar stellten auch die Gerichte fest, daß sich den jeweils einschlägigen Gesetzen weder ein ausdruckliches Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen noch eine Definition des Begriffes Ehe entnehmen ließ, so daß der Regelungsgehalt der Vorschriften durch Auslegung ermittelt werden müsse 19 . Einhellig kamen sie jedoch zu dem Ergebnis, daß unter Ehe nicht die Verbindung zweier Personen desselben Geschlechts subsumiert werden könne 2o . Zur Begrundung wurde der gewöhnlichen Sprachgebrauch herangezogen, auf den im Rahmen einer Auslegung zunächst zuruckgegriffen werden müsse 21 . Danach sei unter Ehe ausschließlich die verschiedengeschlechtliche Paarbeziehung zu verstehen, was in Baker v. 'Nelson und Jones v. Hallahan anhand gängiger Wörterbücher und Lexika belegt wurde 22 . Außerdem wurde noch festgestellt, daß kein Zweifel daran bestehe. daß der Gesetzgeber, als er die Ehe gesetzlich geregelt habe, von diesem Eheverständnis ausgegangen sei; für eine andersartige Interpretation sei jedenfalls kein Anhaltspunkt ersichtlich23 . Besonders deutlich wurde diese Auffassung in Baker v. Nelson 24 : " (it) is unrealistic to think that the original draftsmen of our marriage statutes, which date from territorial days, would have used the term in any different sense."
Etwas anders, aber mit dem gleichen Ergebnis, wurde in Singer v. Hara argumentiert. Dort war das die Eheschließung regelnde Gesetz erst 1970 im Rahmen einer Gesetzesnovellierung geschlechtsneutral fonnuliert worden. Aus diesem Grund griff der Court of Appeals auf den Willen des Gesetzgebers bei der Neuregelung zuruck, der in erster Linie von der Umsetzung des Gleichbehandlungsgebotes der Geschlechter bestimmt gewesen sei, so daß dem Gesetzgeber nicht die Intention unterstellt werden könne, er habe damit die gleichgeschlechtliche Ehe ennöglichen wollen 25 . 19 Bakerv. Nelson, 191 NW.2d 185, 185 f. (MilU1. 1971); Jonesv. Hallahan, 501 S.W.2d. 588, 589 (Ky. 1973); Singerv. Hara, 522 P.2d 1187, 1189 (Wash. Ct. App. 1974 ). 20 Bakerv. Nelson, 191 NW.2d 185, 185 f. (MiIU1. 1971),409 US 810 (1972); Jones v. Hallahan, 501 SW.2d. 588,589 (Ky. 1973); Singerv. Hara, 522 P.2d 1187, 11 R9 (Wash. Cl. App. 1974). 21 Bakerv. Nelson, 191 N.W.2d 185, 185f. (MiIU1. 1971); Jonesv. Hallahan, 501 SW.2d. 588, 5R9 (Ky 1973); Singerv. Hara, 522 P.2d 1187,1189 (Wash. Cl. App. 1974). 22 Bakerv. Nelson, 191 N.W.2d 185,186. (MiIU1. 1971); Jonesv. Hallahan, 501 SW.2d. 588, 5R9 (Ky. 1973). 23 Bakerv. Nelson, 191 N.W.2d 185, 186 (MilU1. 1971); Jonesv. Hallahan, 501 SW.2d. 588, 589 (Ky. 1973). 24 191 NW.2d. 186, 186 (MilU1. 1971). 25 Singerv. Hara, 522 P.2d 1187, 1189 (Wash. Cl. App. 1974).
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Da die Gerichte zu dem Auslegungsergebnis kamen, daß unter Ehe nur die Verbindung von Mann und Frau zu verstehen sei, ergab sich in allen drei Staaten eine Gesetzeslage, die eine Eheschließung zwischen zwei Personen desselben Geschlechts nicht zuließ. Die Gerichte mußten deshalb prüfen, ob darin ein von den Klägern behaupteter Verstoß gegen Verfassungsrecht lag. (2) Das Verfassungsargument Der ~ortr~g zur V~rfa~sungswidr~gkeit des E~everbots de~ Gl.ei~h~~ schlechthchkeIt stützte s1ch 1m wesenthchen auf zwe1 Argumentatlonshmen . Zum einen wurde die Verletzung der "due process clause" des 14. Verfassungszusatzes der US-Verfassung gerügt, da gleichgeschlechtlichen Paaren infolge des Eheverbotes das Grundrecht der Eheschließungsfreiheit ("fundamental right to marry") vorenthalten werde 27 . Außerdem stelle die Beschränkung des Eheschließungsrechtes auf verschiedengeschlechtliche Partnerschaften eine Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare wegen ihrer Geschlechtszugehörigkeit beziehungsweise wegen ihrer sexuellen Orientierung dar, wodurch gegen den ebenfalls im 14. Verfassungszusatz enthaltenen Gleichbehandlungsgrundsatz ("equal protection clause") verstoßen werde 28 . (a) Der 14. Verfassungszusatz und der verfassungsrechtliche Prüfungsmaßstab Um eine Vorschrift gegen den Vorwurf zu verteidigen, sie verstoße gegen den 14. Verfassungszusatz, genügt es in der Regel darzulegen, daß vernünftige, rational nachvollziehbare Gründe ihre Existenz rechtfertigen ("rational ba-
20 Die Darstellung beschränkt sich auf di"jenigen Verfassungsrügen, mit denen sich die Gerichte und später auch die rechtswissenschaftliche Diskussion auseinandergesetzt haben. Ohne Begründung wurden unter anderem folgende Argumente zurückgewiesen: die Verletzung des 9. Verfassungszusatzes der US-Verfassung unter dem Geichtspunkt des "rights of privacy" und die Verletzung des 8. Verfassungszusatzes der US-Verfassung im Hinblick auf das Verbot von "cruel and unusal punishment" (Bakerv. Nelson. 191 N.w.2d 185, 186 Fn. 2 (Minn. 1971); Jonesv. Hallahan, 501 S.W.2d. 588,590 (Ky. 1973); Singer v. Hara, 522 P.2d 1187, 1195, Fn. 11 (Wash. ct. App.1974». 27 Bakerv. Nelson, 191 N.W.2d 185,186 f. (Minn. 1971); Jonesv. Hallahan, 501 S.w.2d. 588, 589 (Ky. 1973); Singerv. Hara, 522 P.2d 1187, 1188 f. (Wash. Ct. App. 1974 ). 28 Bakerv. Nelson, 191 N.W.2d 185,186 (Minn. 1971); Jonesv. Hallahan, 501 S.w.2d. 588, 589 (Ky. 1973); Singerv. Hara, 522 P.2d 1187, 1189 (Wash. Ct. App. 1974).
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
sis tesn 29 . Ein wesentlich strengerer Prüfungsmaßstab ist hingegen anzulegen, wenn das als verfassungswidrig gerügte Gesetz in ein Grundrecht eingreift oder der Beschwerdeführer wegen seiner Zugehörigkeit zu einer "suspect class" diskriminiert wird3o . In diesen Fällen wird eine sogenannte "strict scrutiny"-Prüfung vorgenommen, wonach das Gesetz nur Bestand haben kann, wenn die Regierung ein zwingendes oder überragendes Staatsinteresse ("compelling state interest") an der durch die Vorschrift getroffenen Regelung nachweisen kann und diese nicht übermäßig in die betroffenen Verfas. ·ft31. sungsrecIlte emgrel Für die Entscheidungen der Gerichte kam es demnach maßgeblich darauf an, welcl,l.er Prüfungsmaßstab bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung der angegriffenen Vorschriften angelegt werden würde und hierfür wiederum, ob die Gerichte in den Gesetzen, die das Eheschließungsrecht auf verschiedengeschlechtiiche Paare beschränkten, eine Verletzung des Grundrechts der Eheschließungsfreiheit oder eine Diskriminierung aufgrund einer "suspect classification" sehen würden. (b) "Fundamental Right to Marry" (a Partner ofthe Same Sex) Eine Verletzung des "fundamental right to marry" wurde von sämtlichen Gerichten mit knapper Begründung zurückgewiesen. Ein Grundrecht auf eine gleichgeschlechtliche Ehe existiere nicht, so daß dagegen auch nicht verstoßen werden könne 32 . Das von der Verfassung zweifellos gewährte "fundamental right to marry" sei hingegen nicht tangiert, weil das, was die Kläger begehrten, keine Ehe in diesem Sinne sei, denn dies sei nur die Verbindung von Mann und Frau33 . In Jones v. Hallahan wurde ausgeführt34 : " In substance, the re1ationship proposed by the appellants does not authorize the issuance ofrnarriage license because what they propose is not a rnarriage." 29 30 31
Tribe, § 16-2: NowakiRotunda, §§ 14.1, 14.3, jeweils rn.w.N. Tribe, § 16-16: NowakiRotunda, §§ 14.1, 14.3, 14.28 jeweils rn.w.N. Tribe, § 16-17: NowakiRotunda, §§ 14.1, 14.3, 14.28 jeweils rn.w.N. zum Fall-
recht. 32 Bakerv. Nelson, 191 N.W.2d 185, 187 (Minn. 1971); Jonesv. Hallahan, 501 S.w.2d. 588, 590 (Ky. 1973); Singer v. Hara, 522 P.2d 1187, 1191 f (Wash. Ct. App. 1974). 33 Bakeni. Nelson, 191 N.W.2d 185, 187 (Minn. 1971); Jones v. Hallahan, 501 S.w.2d. 588,590 (Ky. 1973); Singerv. Hara, 522 P.2d 1187, 1192 (Wash. Ct. App. 1974): a.A. später Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530, 565 f, 852 P.2d 44, 63 (1993), siehe unten unter A. n. 2. b. aa. 34 501 S.w.2d. 588,590 (Ky.1973); in Singerv. Hara 522 P.2d 1187,1192 (Wash. Ct. App. 1974) wurde dann auf diese Ausführungen verwiesen.
A. Gleichgeschlechtliche Ehe in Gesetzgebung und Rechtsprechung
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(c) "Suspect classification" Das Argument der Kläger, daß sich ihre sexuelle Orientierung als "suspect classification"" darstellen könnte, wurde von keinem der Gerichte auch nur in Betracht gezogen, weshalb hierzu keinerlei Ausführungen zu finden sind35 . Kaum mehr Beachtung fand der Vortrag, daß eine Benachteiligung wegen der Geschlechtszugehörigkeit vorliegen könnte ("gender based classification"). Lediglich der Court of Appeals von Washington setzte sich damit auseinander; kam aber auch zu dem Ergebnis, daß in der Beschränkung der Ehe auf verschiedengeschlechtliche Paare keine Diskriminierung der Kläger wegen ihrer Geschlechtszugehörigkeit liege. Diese Auffassung begründete das Gericht damit, daß den Klägern die Ehe nicht wegen ihres Geschlechts verweigert werde, sondern wegen der Natur der Ehe an sich36 . Diese liege in der Geburt und Erziehung der Kinder, wozu gleichgeschlechtliche Paare jedoch grundsätzlich nicht in der Lage seien, während eine freiwillige oder erzwungene Kinderlosigkeit bei verschiedengeschlechtlichen Paaren eine Ausnahme darstelle37 . Demnach werde gleichgeschlechtlichen Paaren die Ehe nicht wegen ihrer Geschlechtszugehörigkeit vorenthalten, sondern wegen ihrer Unfahigkeit, sich in der angestrebten ehelichen Beziehung fortzupflanzen 38 . Bevor der Court of Appeals von Washington zum "rational basis test" überging, um abschließend zu klären, ob der· 14. Verfassungszusatz der USVerfassung ("due process"- beziehungsweise "equal protection clause"), durch das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit verletzt sein kann, ging es noch auf den nur in diesem Fall vorgebrachten Verstoß gegen den Equal Right Amendment (ERA) der staatlichen Verfassung ein39 . Nachdem zunächst klargestellt worden war, daß es zwei Frauen ebenso wie zwei Männern verwehrt sei, die Ehe zu schließen, aus diesem Blickwinkel also keine Diskriminierung wegen der Geschlechtszugehörigkeit der Kläger vorliegen könne, wiederholte 35 In Singerv. Hara, 522 P.2d 1187, 1196 (Wash. ct. App. 1974) wird das Argument der Kläger zwar kurz referiert, dann jedoch olme Begründung der ,,rational basis test" als Prüfungsmaßstab angewandt. Anders Dean v. Distriet ofColumbia. A.2d 307, 336-358 (1995), wo ein Richter diese Frage zum Gegenstand einer ausführlichen und genauen Prüfung macht, sowie Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530, 852 P.2d 44 (1993), wo Hawaiis Supreme Court zu dem Ergebnis kam, daß das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit unter dem "strict scrutiny"-Test auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen sei. Ausführlich dazu unten unter A. II. 2. a., b. aa. 3o Singer v. Hara, 522 P.2d 1187, 1196 (Wash. Ct. App. 1974); a.A. Baehrv. LeWill, 74 Haw. 530,565 f., 852 P.2d 44,63 (1993). 37 Singerv. Hara, 522 P.2d 1187, 1195 (Wash. Ct. App. 1974). 38 Singer v. Hara, 522 P.2d 1187, 1195 (Wash. Ct. App. 1974). 3Q Der ERA wurde im Sommer 1972 von Washingtons Wählern bestätigt und galt deshalb zur Zeit der Entscheidung. Vgl. hierzu Singerv. Hara, 522 P.2d 1187, 1190 Fn. 4 u. 5 (Wash. Ct. App. 1974).
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
das Gericht das bereits im Zusammenhang mit dem 14. Verfassungszusatz ausgeführte Argument, daß gleichgeschlechtlichen Paaren die Ehe nicht wegen ihres Geschlechts, sondern wegen ihrer Unfähigkeit zur Fortpflanzung verweigert werde 40. Eine Benachteiligung aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit sei mithin nicht dargelegt worden, weshalb der ERA nicht verletzt sein könne41 . (d) Das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit unter dem "Rational Basis Test" Nachdem die Beschränkung der Ehe auf verschiedengeschlechtliche Paare von keinem der Gerichte als Eingriff in das Grundrecht der Eheschließungsfreiheit oder als eine "suspect classification" angesehen wurde, stand fest, daß die Verfassungsmäßigkeit der betreffenden Vorschriften nicht am Maßstab der ,.strict scrutiny" gemessen werden würde, sondern anhand des weit weniger strengen "rational basis"-Tests. In diesem Rahmen wurde nochmals auf das Geburts- und Kindererziehungsargument zurückgegriffen. Es sei ein vernünftiger Grund, die Ehe auf verschiedengeschlechtliche Paare zu beschränken, die unter dem Schutz dieses Institutes regelmäßig die Sorge für Nachkommenschaft und Erziehung der Kinder übernähmen, was für das Überleben der Gesellschaft unerläßlich und deshalb deren nachvollziehbares Grundanliegen sei 42 . Da gleichgeschlechtliche Paare diese Aufgaben nicht erfüllen könnten, sei es gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber ihnen das Eheschließungsrecht und den damit verbundenen Schutz der Rechtsordnung verweigere; hierin liege jedenfalls kein Verstoß gegen den 14. Verfassun§szusatz, der die Rechtsprechung zu einer Änderung der Ehedefinition zwinge4 . Hiervon unberührt bliebe indes die Berechtigung des Gesetzgebers,. die Voraussetzungen der Eheschließung neu zu definieren, ohne 44 zugleich gegen Verfassungsrecht zu verstoßen .
40 Singerv. Hara, 522 P.2d 1187, 1191, 1194 f. (Wash. Ct. App. 1974). 41 Singer v. Hara, 522 P.2d 1187, 1195 (Wash. Ct. App. 1974). 42 Singer v. Hara. 522 P.2d 1187, 1197 (Wash. Ct. App. 1974); Bakerv. Nelson, 191 N.w.2d 185,186 (Minn. 1971). 43Singerv. Hara, 522 P.2d 1187, 1197 (Wash. Ct. App. 1974); Bakerv. Nelson, 191 N.W.2d 185,186 f. (Minn. 1971). 44 Singer v. Hara. 522 P.2d 1187, 1197 (Wash. Ct. App. 1974); Baker v. Nelson, 191 N.W.2d 185,186 f. (Minn. 1971).
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cc) Ehe ist nur die verschiedengeschlechtliche Ehe Damit stand fest, daß gleichgeschlechtlichen Paaren - zumindest in den von den Gerichtsentscheidungen betroffenen Staaten - eine Eheschließung nicht möglich war und bis auf weiteres nicht möglich sein wird, da die Ehe nach einhelliger Auffassung nur die Verbindung eines Mannes und einer Frau sein kann.
b) Anonymous v. Anonymous Auch hier kam das Gericht zu dem Ergebnis, daß es eine Ehe nur zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts geben kann.
aa) Sachverhalt In Anonymous v. Anonymous war einem gleichgeschlechtlichen Paar eine Heiratsbewilligung erteilt worden, nachdem ein Partner seine Geschlechtszugehörigkeit falsch dargestellt hatte 45. Allerdings glaubte der Kläger, der männlichen Geschlechts war, eine verschiedengeschlechtliche Ehe einzugehen. Erst nach der Eheschließung stellte sich heraus, daß er einen anderen Mann "geheiratet" hatte 46. Nun wollte er festgestellt haben, daß seine "Ehe" mit einem Partner desselben Geschlechts ungültig sei 47 .
bb) Entscheidungsgründe Der Supreme Court von Queens County, New York, entschied, daß es keiner Annullierung der Ehe zwischen den Beteiligten bedürfe, da deren Ehe von Anfang an nichtig gewesen sei 48 . Denn eine "Eheschließung" zwischen zwei Personen desselben Geschlechts führe nicht zu einer gültigen Ehe, sondern zu einem juristischen nullum 49. Begründet wurde dies damit, daß unter Ehe, auch wenn die betreffenden Gesetze keinerlei Aussage zur Behandlung gleichge-
45 Anonymous v. Anonymous, 67 Misc.2d 982, 325 N.Y.S.2d 499, 499 (Sup. Ct. 1971); nachfolgend nur nach N.Y.S. zitiert. 40 Anonymous v. Anonymous, 325 N.Y.S.2d 499, 499 (Sup. Ct. 1971), bei dem Beklagten handelte es sich um einen prä-operativen Transsexuellen. 47 Anonymous v. Anonymous, 325 N.Y.S.2d 499,499 (Sup. Ct. 1971). 48 Anonymous v. Anonymous, 325 N.Y.S.2d 499,501 (Sup.Ct. 1971). 49 Anonymous v. Anonymous, 325 N.Y.S.2d 499,501 f.(Sup.Ct. 1971).
6 Heun
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
schlechtlicher Ehen enthielten, allein die Verbindung eines Mannes und einer Frau zu verstehen sei 50 . Auch wenn sich der Supreme Court in Anonymous v. Anonymous nur implizit mit der Ehe zwischen zwei Personen desselben Geschlechts befassen mußte, trifft auch diese Entscheidung die eindeutige Feststellung, daß der Ehe der Grundsatz der Verschiedengeschlechtlichkeit zugrundeliege. c) Zusammenfassung Die Gerichtsurteile zur gleichgeschlechtlichen Ehe aus den siebziger Jahren schienen die Rechtslage in den USA geklärt zu haben. In keinem Staat war gleichgeschlechtlichen Paaren die Eheschließung ausdrücklich erlaubt und in denjenigen Staaten, in denen Lesben und Schwule die Ehe für sich gerichtlich eingefordert hatten, waren ihre Klagen ohne Erfolg geblieben. Der USSupreme Court, der bis heute noch nicht über die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen geurteilt hat, hatte das vorgelegte Verfahren Baker v. Nelson nicht zur Entscheidung angenommen 51, so daß bis auf weiteres feststand, ein Eheschließungsrecht gibt es nur für verschiedengeschlechtliche Paare. 2. Die Verfahren der neunziger Jahre
Den Prozessen der siebziger Jahre folgte eine lange Phase, in der keinerlei Versuche unternommen wurden, die gleichgeschlechtliche Ehe gerichtlich oder auf andere Weise durchzusetzen. Es wurde still um die "same-sex marriage". Erst in den späten achtziger Jahren wurde die Forderung nach der eherechtlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften wieder mit Nachdruck verfolgt. Anlaß waren die stetig steigenden Zahlen lesbischer und schwuler Paare, die (ihre) Kinder gemeinsam aufziehen wollten52 und vor allem auch die besorgniserregende Zunahme der HIV-Infektionen und der
Anonymous v. Anonymous, 325 N.Y.S.2d 499,500 (Sup.Ct. 1971). Bakerv. Nelson, 291 Minn, 191 N.W.2d 185 (1971), appeal dismissed, 409 US 810 (1972) for lack offederal question. 52 Von allen Prozessen, in denen das Thema Homosexualität eine Rolle spielt, werden die meisten um das Sorge- und Umgangsrecht homosexueller Elternteile nach einer Ehescheidung geführt. Hierzu Link, 23 Loy. LA L.Rev. 1055, 1119 (1990); Little, 47 Okla. L. Rev. 695, 695 (1994); Swart, 43 Emory L. J. 1573, 1591 (1994) sowie später unter C. I. 2. c. 50
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A. Gleichgeschlechtliche Ehe in GesetzgebWlg Wld RechtsprechWlg
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Aidserkrankungen53 . Die in Fällen von Krankheit und Tod auftretenden Schwierigkeiten gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, denen jegliche Anerkennung seitens des Rechts verweigert wird, wurden auf tragische Weise sichtbar54 . Die Suche nach Lösungsansätzen führte unter anderem zur Wiederbelebung der Diskussion über die "same-sex marriage", die nunmehr auch verstärkt in der Öffentlichkeit stattfand. Schließlich wurde wie bereits zwanzig Jahre zuvor wieder auf juristischer Ebene um die "same-sex marriage" gestritten. In Hawaii, im District of Columbia und an anderen Orten machten gleichgeschlechtliche Paare Klagen anhängig, mit denen sie das Eheschließungsrecht für sich gerichtlich durchzusetzen suchen55 . a) Dean v. District of Columbia In Dean v. Distriet of Columbia 56 variierten die beiden männlichen Kläger die bereits aus den Siebziger-Jahre-Fällen zur "same-sex marriage" bekannten Argumente. Sie stützten ihre Klage auf Erteilung der erforderlichen Heiratslizenz zusätzlich zu Wortlaut- und Verfassungsargumenten auf ein im District of Columbia geltendes Gesetz, den District of Columbia Human Rights Act57, der unter anderem die Diskriminierung einer Person aufgrund ihrer sexuellen Orientierung in bestimmten Bereichen des öffentlichen Lebens verbietet58 . 53 So Scocca, 2 Seton Hall Const. L. 1. 719, 751 f. (1992); Leonard, 21 Fordham Urb. L. 1. 927, 937 f. (1994); Stamps, 19 South. U. L. Rev. 441, 445 (1992); Treuthardt, 26 Gozaga L. Rev. 91, 95 f. (1990/91). 54 Dazu gehören Wlter anderem Probleme mit dem Besuchsrecht im Krankenhaus, dem Recht der Totenfürsorge, dem Erbrecht Wld dem Recht, die gemeinsame MietwohnWlg nach dem Tod eines Partners behalten zu dürfen. Hierzu Fajer, 46 U. Miami L. Rev. 511, 578-581 (1991/92 II). 55 Eine Wlveröffentlichte EntscheidWlg erging ferner in Arizona (CalIender v. Corbett, No. 296666 (Ariz. Super. Ct., April 13, 1994». Dort wurde die Klage eines gleichgeschlechtlichen Paares auf ErteilWlg einer EhebewilligWlg abgewiesen; ein Rechtsmittel wurde bislang nicht eingelegt. Außerdem ist seit August 1995 eine "same-sex marriage"-Klage in Alaska anhängig; eine EntscheidWlg ist allerdings noch nicht ergangen. Vg!. hierzu Wardie, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. 1,9 Fn. 23 (1996) sowie Hovemlill, 53 Md. L. Rev. 450, 451 Fn. 8 (1994); Reed, 28 Colurn. Hurn. Rts. L. Rev. 97, 112 (1996). Eine ebenfalls Wlveröffentlichte EntscheidWlg erging in Florida (Underwoodv. Florida, NO. CI 93-4656 (Cir. ct. Orange COWlty, Fla. July 8, 1993), zitiert nach Brown, 68 South. Ca!. L. Rev. 745, 750 Fn. 17 (1995», wo zwei Frauen versuchten, eine Ehelizenz für sich zu erstreiten, damit aber erstinstanzlich keinen Erfolg hatten. Weitere Verfahren sind anhängig in Kalifornien Wld in Oklahoma laut Reed, 28 Colurn. Hurn. Rts. L. Rev. 97, 112 (1996). 56 Dean v. Distriet ofColumbia, 653 A.2d 307 (D.C.App. 1995). 57D.C. Code 1981, §§ 1-2501 bis 1-2557. 58 Zwar hatten die Kläger ihr Begehren vor dem erstinstanzlich zuständigen Trial Court zunächst nur auf das Wortlautargurnent Wld auf die VerietzWlg des District of
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Adressat dieses Gesetzes sei auch das "Marriage License Bureau", das ihnen deshalb die Heiratserlaubnis nicht allein wegen ihrer Gleichgeschlechtlichkeit verweigern dürfe, ohne gegen den Human Rights Act zu verstoßen 59 . Nachdem die Kläger mit diesem Vortrag in der Tatsacheninstanz in vollem Umfang unterlegen waren, griffen sie die Entscheidung des Eingangsgerichts mit der Berufung an, zu deren Begründung sie sich abermals auf ihr erstinstanzliches Vorbringen stützten60 . Der Erfolg stellte sich allerdings wiederum nicht ein. In einer ausführlich begründeten Entscheidung wies der nunmehr zuständige Court of Appeals das Rechtsmittel der Kläger zurück61 . Zunächst wurde das Argument der Kläger, die geschlechtsneutrale Formulierung des Ehegesetzes62 erlaube auch gleichgeschlechtlichen Paaren die Eheschließung, verneint. In diesem Rahmen fand zwar eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Wortlaut des Ehegesetzes insgesamt, seinen verschiedenen Änderungen und dem dabei zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willen statt63 . Letztlich stand jedoch auch für das Dean-Gericht fest, daß die gängigen Auslegungsmethoden nur zu dem Ergebnis führen könnten, daß die Ehe dem Prinzip der Verschiedengeschlechtlichkeit unterliege 64 . Ebensowenig konnten sich die Kläger mit der zusätzlichen Argumentationslinie zur Verletzung des Human Rights Act durchsetzen. Zustimmung ernteten sie noch mit ihrem Vortrag, das Gesetz binde auch das "Marriage License Bureau,,65. In der Nichterteilung der Heiratsbewilligung wegen der Gleichgeschlechtlichkeit der Kläger konnte der Supreme Court jedoch keine den Human Rights Act verletzende Diskriminierung sehen, die eine Beschränkung der Ehe auf verschiedengeschlechtliche Paare unzulässig mache66. Der Gesetzgeber habe durch den Erlaß dieses Gesetzes nicht jedwede Ungleichbe-
Columbia Human Rigts Act, D.C. Code §§ 1-2501 bis 1-2557, gestützt, später aber - in einem vom hierfür ebenfalls zuständigen Trial Court zugelassenen Wiederaufnahmeverfahren - wurden die Verfassungsrügen noch nachgeschoben, so daß letztlich auch sie Teil der Klagebegründung und damit Verfahrensgegenstand waren. Vgl. hierzu Dean v. Distriet ofColumbia, 653 A.2d 307, 309 f (D.C.App. 1995). 59 Dean v. Distriet of Columbia, 653 A.2d 307, 309 (1995). Zum erstinstanzlichen Verfahren und dem unveröffentlichten Urteil des Trial Courts siehe bei Scocca, 2 Seton Hall Const. L. J. 719,752-758 (1992). 00 Vgl. hierzu Dean v. District of Columbia, 653 A.2d 307, 309 f (1995) sowie Scocca,2 Seton Hall Const. L. 1. 719, 752-758 (1992). 01 Dean v. District ofColumbia, 653 A.2d 307 (1995). 02 D.C.Code 1981, §§ 30-101 bis 30-121. 03 Dean v. District ofColumbia, 653 A.2d 307, 312 -318 (1995). 64 Dean v. District ofColumbia. 653 A.2d 307, 310 (1995). 0) Dean v. Dlstrict ofColumbia, 653 A.2d 307, 3 I 9 (1995). M Dean v. District ofColumbia, 653 A.2d 307, 320 (1995).
A. Gleichgeschlechtliche Ehe in Gesetzgebung und Rechtsprechung
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handlung sanktionieren wollen 67 . Diese Auffassung konnte der Court of Appeals durch eigene Rechtsprechung stützen, in welcher bereits entschieden worden war, daß weitreichende richterliche Eingriffe in eine möglicherweise diskriminierende Rechtslage oder -praxis nicht allein mit dem allgemein formulierten Anti-Diskriminierungsgesetz zu begründen seien68 . Um dem Gesetzgeber die Absicht unterstellen zu können, er habe durch Einführung des Human Rights Act in das geltende Ehegesetz in der Weise eingreifen wollen, daß unter Ehe nunmehr auch die Verbindung zweier Personen desselben Geschlechts verstanden werden müsse, hätte es zumindest eines dahin gehenden Hinweises im Gesetz selbst oder im Verlauf seiner Entstehungsgeschichte bedurft 69 . Insbesondere vor dem Hintergrund, daß dem Gesetzgeber bei Erlaß des Human Rights Act die Diskussion um die gleichgeschlechtliche Ehe bekannt war, er sich aber jeder Stellungnahme dazu enthalten habe, deute darauf hin, daß er damit nicht in das geltende Ehegesetz habe eingreifen wollen 70. Außerdem sei unter Ehe nur die verschiedengeschlechtliche Ehe zu verstehen, weshalb den Klägern die Eheschließung nicht wegen einer diskriminierenden Gesetzgebung versagt seil sondern weil sie begrifflich schon keine Ehe miteinander eingehen könnten 7 . Schließlich wurden die verfassungsrechtlichen Argumente insgesamt zurückgewiesen. Einhelligkeit herrschte dabei noch, soweit das von der "due process clause" geschützte "fundamental right to marry" von den Klägern in Anspruch genommen wurde. Hierfür fehle es der gleichgeschlechtlichen "Ehe" an einer der verschiedengeschlechtlichen Ehe vergleichbaren Tradition und Verwurzelung im Bewußtsein der Bevölkerung, was jedoch der Grund dafür sei, daß der Ehe überhaupt Grundrechtscharakter zugesprochen würde 72. Bei der Frage, inwieweit der Gleichbehandlungsgrundsatz durch das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit verletzt sein könnte, war das Gericht hingegen
Dean v. District ofColumbia, 653 A.2d 307, 319 (1995). Der Court of Appeals des Distriet of Colwnbia hatte bereits in einem anderen Fall entschieden, daß nicht jede Diskriminierung durch den Hwnan Rights Act verboten würde. In National Organization of Woman (NOW) v. Mutual of Omaha, 531 A.2d 274, 276 f. (1987) wurde die Versicherungspraktik, die Höhe der Beiträge nach der Geschlechtszugehörigkeit zu staffeln, für rechtmäßig erachtet und zur Begründung ausgeführt, der Gesetzgeber habe durch das allgemein die Diskriminierung wegen der Geschlechtszugehörigkeit verbietende Gesetz nicht in übliche Vertragsgestaltungen der Versicherungen eingreifen wollen. Für eine solche weitreichende Folge hätte es zumindest in der Begründung des Gesetzesentwurfs eines entsprechenden Hinweises bedurft. Vgl. auch Dean v. District ofColumbia, 653 A.2d 307, 319 f. (1995). b9 Dean v. District ofColumbia, 653 A.2d 307, 320 (1995). 70 Dean v. District ofColumbia, 653 A.2d 307, 320 (1995). 71 Dean v. Distriet ofColumbia, 653 A.2d 307, 320 (1995). 72 Dean v. Distriet ofColumbia. 653 A.2d 307, 331-333 (1995) m.w.N. 67
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geteilter Meinung. Während die Mehrheit diesen Vortrag mit knapper Begründun~3 die stark an die Entscheidungen der siebziger Jahre erinnerte, zurückwies , wich Richter FeITen in einem ausführlich begründeten Sondervotum von diesem Teil der Entscheidung ab74 . Dort widmete er sich insbesondere der Frage, ob Homosexuelle eine verfassungsrechtlich besonders geschützte "suspect class" oder "quasi suspect class" darstellen, weshalb die "equal protection clause" am Maßstab des "strict scrutiny"-Tests gemessen werden müßte 75 . Hierbei kam er zu dem Ergebnis, daß das Verfahren zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Untergericht ZUfÜckverwiesen werden müsse 76 . Mit dieser Auffassung vermochte er sich allerdings nicht durchzusetzen, so daß die Berufung insgesamt als unbegründet zurückgewiesen wurde 77. Gleichgeschlechtliche Ehen können demnach auch im District of Columbia nicht geschlossen werden. Wenn damit auch die Verfahren der siebziger Jahre und die zwanzig Jahre später erfolgte Entscheidung in Dean v. Distriet of Columbia zum gleichen Ergebnis kommen, so zeigen der unterschiedliche Begründungsaufwand und das abweichende Sondervotum, daß das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit nicht mehr ganz so selbstverständlich hingenommen wird wie in den frühen Entscheidungen zur "same-sex marriage". Diese Tendenz, die sich vor allem in den Ausführungen des abweichenden Richters zur "suspect class" an-
73 Auch die im Ergebnis übereinstimmenden Richter begründeten ihre Auffassung zur "equal protection c1ause" jeder in einem eigenen Votum. Richter Terry hielt eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit schon deshalb nicht für gegeben, weil es gleichgeschlechtlichen Paaren bereits wegen der Konzeption der Ehe als Verbindung von Mann und Frau nicht möglich sei, zu heiraten. Aus diesem Grund werde ihnen die Ehe nicht seitens des Rechts, sondern aus tatsächlichen Gründen vorenthalten (Dean v. Distriet of Columbia, 653 A.2d 307, 361 (1995». Richter Steadman konnte einen verfassungsrechtlich relevanten Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht erkennen, weil das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit, selbst wenn es diskriminierende Wirkung haben sollte, solange nicht aufVerfassungsebene zum Tragen komme, wie die Verfassung selbst das "fundamental right to marry" auf verschiedengeschlechtliche Paare beschränke (Dean v. Distriet ofColumbia, 653 A.2d 307, 363 f. (1995). Ähnlich schon Baker v. Nelson, 191 N.W.2d 185, 187 (Minn. 1971)~ Jones v. Hallahan, 501 S.W.2d 588, 590 (Ky. 1973)~ Singerv. Hara, 522 P.2d 1187, 1192 (Wash. ct. App. 1974). Vgl. aber auch Baehrv. Lewin, 74 Haw. 530, 565, 569 f., 852 P.2d 44,61,63 (1993), wo diese von staatlicher Seite wiederholte Argumentation als Zirkel schluß zurückgewiesen wurde. 74 Dean v. Distriet ofColumbia, 653 A.2d 307, 333-358 (1995). 75 Dean v. Distriet ofColumbia, 653 A.2d 307,336-358 (1995). 76 Dean v. Distriet ofColumbia, 653 A.2d 307, 358 (1995). 77 Vgl. die Mehrheitsvoten der Richter Terry und Steadman und die sich direkt darauf beziehenden Ausführungen des Richters Ferren, Dean v. Distriet ofColumbia, 653 A.2d 307,359-364 (1995).
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gedeutet hatte, konkretisierte sich in dem etwa zur gleichen Zeit in Hawaii anhängigen Baehr-Fall, denn dort unterwarf das Gericht das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit dem Maßstab der "striet scrutiny" und verlangte von der Legislative den noch zu führenden Nachweis eines zwingenden Staatsinteresses 78.
b) Der Hawaii-Fall Im Unterschied zu Dean v. District 0/ Columbia knü.gften die Kläger in dem noch nicht rechtskräftig entschiedenen Hawaii-Fall wieder in vollem Umfang an die Argumentationsstrukturen der Verfahren der siebziger Jahre an. Nachdem ihnen die Heiratsbewilligungen von der zuständigen Behörde in Hawaii unter Hinweis auf ihre Gleichgeschlechtlichkeit verweigert worden waren, stützten sie ihr Begehren auf die bereits bekannten Wortlaut- und Verfassungsargumente 8o . Die erste Instanz endete allerdings wie schon die Verfahren vor zwanzig Jahren mit einer Klageabweisung81 . Es schien deshalb zunächst, als ob sich die Prozesse der siebziger Jahre wiederholen würden. Erst die Rechtsmittelinstanz brachte eine unerwartete Wendung, die Baehr v. Lewin über die Grenzen der USA hinaus bekannt werden ließ. aa) Die Entscheidung des Supreme Court von Hawaii in Baehr v. Lewin
Der Supreme Court von Hawaii ist der erste Spruchkörper der Vereinigten Staaten, der - in einer Mehrheitsentscheidung - das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit der Rechtmäßigkeitskontrolle anband des strengen Maßstabs der "striet scrutiny" unterwarf und damit die Anforderungen an die zur Rechtfertigung der bestehenden Gesetzeslage vorzubringenden Gründe wesentlich erhöhte82 . Seine Vorgehensweise begründete der Supreme Court damit, daß die Unzulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen gegen das in Article Hierzu sogleich lUlter A. II. 2. b. Baehrv. Lewin, 74 Haw. 530,852 P.2d. 44 (1993); Baehrv. Miike, No 91-1394, 1996 WL 694235 (Haw. Cir. Ct. Dec. 3 1996), 23 FLR 1063 ff., Berufung ist derzeit am Supreme Court von Hawaii anhängig. 80 Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530, 539 f, 852 P.2d 44,50 (1993). 81 Vgl. hierzu Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530, 547, 852 P.2d 44, 53 (1993), wo die unveröffentlichte EntscheidlUlg des Hawaii Circuit Court vom 3. Sept. 1991 zusammengefaßt wiedergegeben wird. 82 Vgl. Baehr v. Lewin, 74. Haw. 530, 580, 583, 852 P.2d 44, 67 f (1993); concurring opinion, at 584 bzw. 68; dissent opinion at 587 bzw. 70; FallbesprechlUlg z. B. bei Deitrieh, 78 Marquette L. Rev. 121,141-147 (1994/95). 78
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L Section 5 der Verfassung von Hawaii normierte Diskriminierungsverbot aufgrund des Geschlechts einer Person verstoße, was nach seiner Auffassung nur bei Vorliegen eines überragenden Staatsinteresses gerechtfertigt sein könne 83 . Die darüber hinaus von den Klägern gerügte Verletzung des Grundrechts der Eheschließungsfreiheit ("fundamental right to marry") wurde hingegen, wie schon in den Entscheidungen der siebziger Jahre, abgelehnt. Zwar gewähre auch die hawaiische Verfassung in Art. I, Section 6 das "right to privacy" (Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit), wozu auch das Grundrecht der Eheschließungsfreiheit gehöre 84 . Damit sei indes nur die Ehe im Sinne einer Verbindung von Mann und Frau gemeint85 . Eine erweiternde Auslegung auf "gleichgeschlechtliche Ehen" lehnte der Supreme Court ab. Hierfür fehle es an einer der verschiedengeschlechtlichen Ehe vergleichbaren, tief verwurzelten Tradition; dies sei jedoch einer der Gründe, warum der Ehe im Sinne der Verbindu~f von Mann und Frau überhaupt Grundrechtscharakter zugesprochen werde . Auch die Prüfung des Gleichbehandlungsgebotes 87 der Verfassung von Hawaii begann zunächst mit vertrauter Argumentation. Der Supreme Court von Hawaii konnte im "Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit" keine Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung der Kläger sehen. Dabei wurde die Frage, ob Homosexualität eine "suspect class" darstellt, nicht nur unbeantwortet gelassen, sondern ausdrücklich festgestellt, daß für die verfassungsrechtliche Fragestellung des Falles weder die sexuelle Orientierung der Kläger noch Homosexualität als solches eine Rolle spiele88 . Das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit knüpfe in keiner Weise an die sexuelle Orientierung der Paare, die sowohl hetero- als auch homosexuell sein könnten, an, sondern ausschließlich an deren Gleichgeschlechtlichkeit89 . Die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ergebe sich jedoch aus dem Gesichtspunkt des Diskriminierungsverbotes aufgrund des Geschlechts einer Person, was Artikel
Baehr v. Lewin, 74. Haw. 530, 580, 583, 852 P.2d 44,67 f (1993). Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530, 551 f, 852 P.2d 44,55 (1993). 85 Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530, 555-557, 852 P.2d 44,56 f. (1993). 86 Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530, 556 f, 852 P.2d 44, 57 (1993). 87 Haw.Const. Art. I, § 5 (1978): "No person shall be deprived of life, liberty or property without due process oflaw, nor be denied the equal protection ofthe laws, nor be denied the e~joyment of the person's civil rights or be discriminated against in the exercise thereofbecause of race, religion, sex or ancestry." 88 Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530,543 Fn. 11 sowie 547 Fn. 14,852 P.2d 44, 51 Fn. 11 sowie53Fn.14(l993). 89 Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530, 543, Fn. 11, 852 P.2d 44, 51 Fn. 11 (1993) Diese Argumentation des Supreme Court wurde in der rechtswissenschaftlichen Literatur zum Teil scharf kritisiert. VgJ. hierzu unten A. II. 2. b. dd. 83
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I, Section 5 der hawaiischen Verfassung ausdrücklich verbiete 9o . Zu diesem Ergebnis kam der Supreme Court, in dem er - im Gegensatz zu den Gerichten der siebziger Jahre91 - die Analogie zu Loving v. Virginia 92 zog. Gegenstand der Loving-Entscheidung war die Frage, ob ein Gesetz des Staates Virginia, das Eheschließungen zwischen Angehörigen verschiedener "Rassen" untersagte, gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Rassendiskriminierung verstieß. Der US-Supreme Court bejahte diese Frage, indem er das Argument, das Gesetz betreffe Schwarze und Weiße gleichermaßen, so daß eine einseitige Benachteiligung einer "Rasse" nicht vorliegen könne, zurückwies 93 . Allein die Tatsache, daß die Zugehörigkeit zu einer "Rasse" zum Anknüpfungspunkt eines gesetzlichen (Ehe)Verbotes gemacht werde ("suspect classification"), genüge fiir die Annahme einer rechtlich relevanten Ungleichbehandlung, die jedenfalls nicht allein deshalb zu rechtfertigen sei, weil Schwarze ebenso wie Weiße von dem Verbot erfaßt werden94 . Dieser Argumentation folgte Hawaiis Supreme Court, der fiir das Wort "race" den Begriff "sex" einsetzte und zum gleichen Ergebnis kam95 . Anschließend entschied der Supreme Court, daß Ungleichbehandlungen aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit unter dem Schutz der hawaiischen Verfassung grundsätzlich nur in den Fällen zu rechtfertigen seien, in denen ein überragendes Staatsinteresse ("compelling state interest") an den entsprechenden Regelungen nachgewiesen werden kann96 . Die Vorschrift des Ehegesetzes97 , die das Eheschließungsrecht dem Grundsatz der VerschiedengeBaehr v. Lewin, 74 Haw. 530,557,852 P.2d 44, 57 (1993). Ausdrücklich abgelehnt wurde eine Analogie zu Loving v. Virginia in Baker v. Nelson, 191 N.W. 2d 185, 187 (Minn. 1971) und in Singerv. Hara, 522 P.2d 1187, 1191 f. (Wash. Ct. App. 1974). Dort wurde zur Begründung ausgeführt, dem Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit fehle es an einer dem Eheverbot zwischen verschiedenen Rassen vergleichbaren Diskriminierungssituation, denn es existiere bereits kein Recht, eine Person desselben Geschlechts zu heiraten, weil die Ehe schon begrifflich etwas anderes meine, nämlich nur die Verbindung von Mann und Frau. Dieses - von Lewin, dem Vertreter des Staates Hawaii, wiederholte Argument - wies der Supreme Court von Hawaii als Zirkel schluß ("tautological and circular") zurück, 74 Haw. 530, 565, 569 f., 852 P.2d44, 61, 63 (1993). 92 388 US 1,87 S. Ct. 1817 (1967). 93 Loving v. Virginia, 388 US 1,87 S. Ct. 1817,1822 (1967). 94 Loving v. Virginia, 388 US I, 87 S. Ct. 1817, 1822 f (1967). 95 Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530,581 f., 852 P.2d 44, 68 (1993). 96 Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530, 576 f, 580, 852 P.2d 44,65-67 (1993). 97 Hawaii Revised Statutes (HRS) § 572-1 (1985): ,,In oder to make valid the marriage contract, it shall be necessary that: (1) The respective parties do not stand in relation to each other of ancestor and descendant of any degree whatsoever, brother and sister of the half as weil as to whole blood, uncle and nice, aunt and nephew, whether the relationship is legitimate or illegitimate; (2) Each of the parties at the time of contracting the marriage is at least sixteen years of age; provided that with the written ap90
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schlechtlichkeit unterwerfe und damit eine "sex based classification" enthalte, müsse folglich die "strict-scrutiny Prüfung" bestehen, ansonsten gelte sie als verfassungswidrig98 . Aus diesem Grund wurde das Verfahren Baehr v. Lewin an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen, wo geklärt werden sollte, ob die Regierung, der insoweit die Beweislast obliegt, ein solches überragendes Interesse an dem gesetzlichen Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit darlegen kann99 . bb) Re-Trial des Baehr-Verfahrens vor dem Circuit Court von Hawaii
Das nunmehr als Baehr v. Miike gefiihrte Verfahren 100 wurde am 3. Dezember 1996 von dem erneut erstinstanzlich zuständigen Circuit Court entschieden. In einem sechsundvierzig Seiten langen Urteil wies der Circuit Court Richter Chang sämtliche seitens des Staates Hawaii zur Darlegung eines "compelling state interesf' vorgebrachten Argumente als ungenügend zurück und erklärte den für das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit verantwortlichen Paragraphen des Ehegesetzes (H.R.S. § 572-1) wegen eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der Hawaii Constitution fiir verfassungswl'd' ng 101 . Die Regierung hatte ihr überragendes Interesse an der Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Gesetzeslage, die Eheschließungen nur verschiedengeschlechtlichen Paaren erlaubt, vor allem damit begründet, daß sich die Zulassung gleichgeschlechlicher Ehen negativ auf die gesetzliche Verpflichtung l02
proval of the family court of the circuit court within which the minor resides, it shall be lawfull for a person under the age of sixteen years, but in no event under the age of fifteen years, to marry, subject to S. 572-2 ; (3) The man does not at the time have any lawful wife living and the woman does not have any lawful husband living; (4) ..... ;(5)... ; (6) It shall in no case be lawful for any peson to marry in the State without a license for that purpose duly obtained from the agent appointed to grant marriage license; (7)........ . 98 Vgl. hierzu Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530, 576 f., 580, 852 P.2d 44,65-67 (1993). 99 Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530,576 f., 580, 583, 852 P.2d 44,65-67 (1993). 100 Der nunmehr als Beklagter bezeichnete Miike war zwischenzeitlich in die Position des Direktors des Departement of Health eingerückt. In dieser Funktion wurde er automatisch zum Beklagten, weshalb das Verfahren jetzt als Baehr v. Miike geführt wird. 101 Baehr v. Miike, No 91-1394, 1996 WL 694235 (Haw. Cir. Ct. Dec. 3 1996), 23 FLR 1063 ff.; vgl. hierzu auch Wiegandt, Die Zeit v. 20.12.1996, S. 8; FR v. 5.12.1996, S, 34; FAZ v. 5.12.1996, S. 10. 102 Chapters 571 und 577 H.R.S.
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des Staates, das "well-being of children and families" sicherzustellen, auswirken würde!03. Nach Anhörung der überwiegend seitens der beweispflichtigen Regierung von Hawaii gestellten sachverständigen Zeugen kam das Gericht jedoch zur Überzeugung, daß Kinder, die in Familien mit gleichgeschlechtlichen Erziehungsberechtigten aufwachsen, keine &,rundsätzlich schlechteren Entwicklungschancen hätten als andere Kinder! 4 Daruber hinaus vertrat der Circuit Court die Auffassung, daß die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen dem Wohlergehen der Kinder sogar förderlich sei, denn infolge der Eheschließung kämen sämtliche Familienmitglieder, also auch die Kinderb in den Genuß der an den Ehestatus geknüpften Rechte und Vergünstigungen! 5. Der Staat Hawaii hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Aus diesem Grund setzte der Circuit Court die Urteilswirkungen bis zur Entscheidung des in der Rechtsmittelinstanz erneut zuständigen Supreme Court, die für Ende 1997 erwartet wird, aus!06. cc) Ausblick auf den Verfahrensausgang
Wie der Hawaii-Fall letztlich ausgehen wird, ist zur Zeit noch Spekulation. Pressemeldungen, die schon fruhzeitig ankündigten, es werde demnächst in Hawaii die "same-sex marrlage" geben, können jedenfalls nur als voreilig bezeichnet werden!07. Das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen wird in Baehr v. Lewin durch Anwendung des "strict-scrutiny"-Maßstabes zwar einer wesentlich strengeren Kontrolle unterworfen als in den vorausgegangenen Verfahren der siebziger Jahre. Hieraus folgt aber nicht ohne weiteres die Verfassungs103 Weitere Argumente, die alle mit äußerst knapper Begründung als ungenügend zurückgewiesen wurden, waren, die Zulassung gleichgeschlechtlicher Ehen beeinträchtige den öffentlichen Haushalt nachhaltig sowie das Interesse des Staates an der Anerkennung der auf seinem Gebiet geschlossenen Ehen in anderen Jurisdiktionen der USA. Zu dem ebenfalls seitens der Regierung vorgebrachten Rechtfertigungsgrund, wonach gleichgeschlechtliche Ehen von der Mehrheit des Volkes nicht gebilligt WÜrden, führte der Circuit Court lediglich aus, daß auf diffusen Gefühlen gegründete Vorurteile einer Mehrheit einen Eingriff in den verfassungsrechtlich geschützten Rechtskreis der Kläger keinesfalls rechtfertigen könnten, Vgl. hierzu Baehr v. Miike, No 911394, 1996 WL 694235 (Haw. Cir. Ct. Dec. 3 1996),23 FLR 1063,2009-2011. 104 Baehr v. Miike, No 91-1394, 1996 WL 694235 (Haw. Cir. Ct. Dec. 3 1996), 23 FLR 1063,2009 f.. 105 Baehrv. Miike, No 91-1394,1996 WL 694235 (Haw. Cir. Ct. Dec. 3 1996),23 FLR 1063,2010. 106 Baehrv. Miike, No 91-1394, 1996 WL 694235 (Haw. Cir. Ct. Dec. 3 1996),23 FLR 1063, 1063; vgl. auch Winter, FR v. 25.6.1997, S. 3. 107 SO Z. B. Magnus 811993, S. 22; Süddeutsche Zeitung v. 11.2.1997, S. 9.
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widrigkeit der entsprechenden gesetzlichen Regelung und damit die Zulässigkei t gleichgeschlechtlicher Ehen 108. Obwohl diejenigen Vertreter des rechtswissenschaftlichen Schrifttums, die es für wahrscheinlich gehalten haben, daß es der Regierung nicht .relingen wird, ein solches zwingendes staatliches Interesse nachzuweisen 10 , durch die Entscheidung des Circuit Court in ihrer Auffassung bestärkt wurden, bleibt abzuwarten, wie der nunmehr erneut zuständige Supreme Court von Hawaii entscheiden wird. Bestätigt er das Urteil des Untergerichts, was im Hinblick auf die erste Entscheidung Supreme Court mehr als nur möglich erscheint, ist es rechtskräftig und Hawaii wird der erste Staat sein, in dem gleichgeschlechtliche Paare heiraten können. dd) Baehr v. Lewin: Durchbruch oder Rückschritt?
Ungewiß ist aber nicht nur der Ausgang des Verfahrens. Es sind vor allem die Auswirkungen, die die Entscheidung auf die Rechte der homosexuellen Minderheit haben wird, die unterschiedlich eingeschätzt und bewertet werden. Nicht nur Zustimmung finden zunächst die tragenden EntscheidungsgTÜnde, wonach das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit als eine "sex-based discrimination" einzustufen ist, die nur dann aufrecht erhalten werden könne, wenn es der Regierung gelingt ein zwingendes Staatsinteresse an dieser Regelung darzulegen 110. Teilweise wird gerade in dieser Argumentation ein Schwachpunkt der Entscheidung und eine Niederlage für die "gay-rights"Bewegung gesehen 111. Indem der Gleichheitssatz ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Geschlechtszugehörigkeit geprüft und entschieden worden sei, anstatt die sexuelle Orientierung der Kläger zum Anknüpfungspunkt zu 108 Es ist zwar wesentlich schwerer, eine gesetzliche Regelung unter der "striet scrutiny"-PTÜfung als unter dem "rational basis test" aufrecht zu halten; es ist aber nicht uruuöglich. Vg!. hierzu Tn'be, § 16.6., wo einige der Fälle dokumentiert sind, in denen der Gesetzgeber ein zwingendes Interesse an der angegriffenen Regelung nachweisen konnte. Vg!. dazu auch Beschle, 70 Notre Dame L. Rev. 39, 85-90 (1994) rn.w.N. 109 SO Z. B. Balian, 68 South Ca!. L. Rev. 397,399 f (1995); CordelI, 26 Colum. Hurn. Rts. L. Rev. 247,264 (1994); Herman, 56 Ohio State L. 1. 985,986 (1995). Für völlig offen halten das Hawaii Verfahren Cox, 1994, Wis. L. Rev. 1033, 1117 (1994); KozlIma, 30 Willamette L. Rev. 891,902-905 (1994). 110 Vg!. hierzu etwa Burton, 3 Ind. J. Global Legal Stud. 177, 195-197 (1995); Herman, 56 Ohio State L. 1. 985,986, 1002 f. (1995); Koppelman, 69 N.Y. U. L. Rev. 197,201 f. (1994); KlingemanIMay, 16 U. Hawaii L. Rev. 447,482,488 (1994). 111 Vgl. hierzu Courson, 24 Golden Gate U. L. Rev. 41, 61 f. (1994); Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1033, 1052 (1994); Homer, 29 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 505, 509-511 (1994); Kozuma, 30 Willamette L. Rev. 891, 904 f. (1994); o Bn'an, 32 San Diego L. Rev. 163,200 f. (1995); Strasser, 64 Fordharn L. Rev. 921, 947, 937-941 (1995).
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machen, habe der Supreme Court die Gelegenheit verspielt, zur Akzeptanz lesbischer und schwuler Lebensweisen beizutragen 112. Insbesondere die Feststellung, daß gleichgeschlechtliche und homosexuelle Ehen nicht gleichbedeutend seien, der sexuellen Orientierung der Kläger jedenfalls in diesem Zusammenhang keinerlei Bedeutung zukomme, habe das Thema Homosexualität nicht nur in den Hintergrund gedrängt, sondern quasi eliminiert ll3 . Der Supreme Court von Hawaii habe auf diese Weise, in dem er bewußt jede Auseinandersetzung mit der sexuellen Orientierung der Kläger vermieden habe, das gesamte Verfahren zu einem "sex issue" gemacht und nicht zu dem, was es eigentlich sei, ein "sexual orientation issue" 114. Denn unabhängig davon, daß im Baehr-Fall selbst die Kläger ausnahmslos lesbisch oder schwul gewesen seien, gehe es grundsätzlich an der Realität vorbei, anzunehmen, daß heterosexuelle Personen einen Partner desselben Geschlechts heiraten wollten 115. Ein anderer Kritikpunkt sind die Ausführungen des Supreme Court zur ,.due process clause". Es sei nicht überzeugend dargelegt worden, warum gleichgeschlechtliche Paare für sich nicht das Grundrecht auf Eheschließungsfreiheit in Anspruch nehmen könnten 116. Die hierfür vorgebrachten Gründe, insbesondere die fehlende Fortpflanzungsfahigkeit in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung, könnten die Auffassung des Gerichts nicht rechtfertigen II7. Ebensowenig komme es darauf an, ob Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren auf eine lange, tief verwurzelte Tradition zurückblicken 112 Courson, 24 Golden Gate U. L Rev. 41, 62 (1994); Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1033, 1052 (1994); Homer, 29 Harv. CR-C.L. L. Rev. 505,509-511 (1994); Kozuma, 30 Willamette L. Rev. 891,904 f. (1994). 113 SO Z. B. Courson, 24 Golden Gate U. L. Rev. 41, 62 (1994); Homer 29 Harv. CR-C.L. L. Rev. 505, 509-511 (1994); Kozuma, 30 Willamette L. Rev. 891, 905 (1994); 0 'Brian, 32 San Diego L. Rev. 163, 200 (1995). 114 Courson, 24 Golden Gate U. L. Rev. 41, 61 f. (1994); Homer 29 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 505,509-511 (1994); Kozuma, 30 Willamette L. Rev. 891,905 (1994); o 'Brian, 32 San Diego L. Rev. 163,200 (1995). 115 Courson, 24 Golden Gate U. L. Rev. 41, 62 (1994); Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1033, 1052 (1994); 0 'Brian, 32 San Diego L. Rev. 163, 200 (1995). 116 Burton, 3 Ind. J. Global Legal Stud. 177, 183 f. (1995); Courson, 24 Golden Gate U. L. Rev. 41, 62 (1994); Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1033,1053, 1055 (1994); Eskridge, 79 Virginia L. Rev. 1419, 1509 (1993 ID); Herman, 56 Ohio State L. J. 985, 986 (1995); Homer 29 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 505, 509 (1994); 0 'Bn'an, 32 San Diego L. Rev. 163,200 f. (1995);Strasser, 64 Fordham L. Rev. 921,922 (1995). 117 Ausführlich hierzu z. B. Burton, 3 Ind. J. Global Legal Stud. 177,183 f. (1995); Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1033, 1055 f. (1994); Homer 29 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 505, 511 f. (1994); Strasser, 64 Fordham L. Rev. 921, 955-962 (1995). Schon vor der Entscheidung in Baehr v. Lewin hat sich die rechtswissenschaftliche Literatur wiederholt gegen die Argumentation ausgesprochen, daß es ein Grundrecht auf Eheschließungsfreiheit für gleichgeschlechtliche Paare aus Gründen der Fortpflanzung und Kindererziehung nicht geben könne. Ausführlich dazu unten unter B. I.
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könnten, denn geprüft werde nicht ein Grundrecht auf ~leichgeschlechtliche Ehen, sondern das Grundrecht auf Eheschließungsfreiheit 18. Dieses beinhalte aber ebenso die Wahl eines gleichgeschlechtlichen Partners, wie in der Loving-Entscheidung die Wahl eines Partners einer anderen "Rasse" darunter gefaßt worden sei. ohne daß eine lange Tradition solcher Ehen oder die Fortpflanzung in der Ehe zur Voraussetzung gemacht worden wäre 1l9. Trotz dieser zum Teil harschen Kritik an der Baehr-Entscheidung hält die überwiegende Mehrheit der Befürworter der "same-sex marriage" die Entscheidung des Supreme Court von Hawaii für einen Meilenstein im Kampf um Gleichberechtigung für die lesbische und schwule Minderheit Amerikas 120. Dem ste~len nur vereinzelt geäußerte, weniger optimistische Einschätzungen gegenüber. die davon ausgehen, daß Baehr v. Lewin ein "roll back" in Gang setzen wird. das im schlimmsten Fall zu einzelstaatlichen oder sogar bundesweiten Verfassungsänderungen führen wird, mit denen gleichgeschlechtliche Ehen schließlich doch verhindert werden 121. Die Antwort auf die Frage, in welche Richtung Baehr v. Lewin die Debatte um die "same-sex marriage" letztendlich beeinflussen wird, bleibt bis zum endgültigen Abschluß des Verfahrens eine theoretische Angelegenheit. Gesetzgeberische Initiativen aus jüngerer Zeit. wie das auf Bundesebene erlassene "Gesetz zur Verteidigung der Ehe·.I 22 und vergleichbare Gesetzgebungsinitiativen verschiedener Einzelstaaten 123, deuten allerdings darauf hin, daß sich die pessimistische Einschät118 ('ox, 1994 Wis. L. Rev. 1033, 1053, 1056 (1994); Homer 29 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 505, 509, 511 f (1994): Strasser, 64 Fordham L. Rev. 921, 922, 952, 970 f(1995). \19 Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1033, 1053, 1056, 159 f (1994); Homer 29 Harv. C.R.C.L. L. Rev. 505, 509 511 f (1994); Strasser, 64 Fordham L. Rev. 921, 922, 952, 970 f(1995). 120 SO Z. B. Balian, 68 South. Ca!. L. Rev. 397, 399 (1995); Burton, 3 Ind. J. Global Legal Stud. 177, 197 (1995); Chase, 72 Denv. U. L. Rev. 359,401 (1995); CordelI, 26 Colwn. Hwn. Rts L. Rev. 247,271 (1994); Courson, 24 Golden Gate U. L. Rev. 41, 63, 65 (1994); Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1033, 1052 (1994); Herman, 56 Ohio State L. J. 985, 1018 (1995): Hovermill, 53 Md. L. Rev. 450,450 (1994); Koppe/man, 69 N.Y.U. L. Rev. 197 (1994): KlingemanlMay, 16 U. Haw. L. Rev. 447, 447 (1994); McConaghy, 28 Suffalk U. L. Rev. 164, 170 (1994). 121 Vg!. hierzu Kozuma, 30 Willamette L. Rev. 891,905 (1994). 122 Defense of Mamage Act, H.R. 3396, 104th Cong., 2d Sess. (1996) (amending Chapter 115 of Title 28 of the Uni ted States Code inc1ude § 1738( c) und Chapter 1 of Title 1 ofthe United States Code to inc1ude 7); ausführlich dazu sogleich unter A. n. 2. c. bb. (1 )(e); siehe aueh Winter FR v. 12.9.1996, S. 1 sowie FAZ v. 23.9.1996, S. 9. 123 Bislang haben 15 Einzelstaaten (Alaska, Arizona, Delaware, Georgia, Idaho, Illinois, Indiana, Kansas, Lousiana, Michigan, Oklahoma, South Carolina, South Dakota, TeIUlessee, Utah) ihre Ehegesetzgebung dahingehend ergänzt, daß Eheschließungen nur zwischen versehiedengesehleehtlichen Paaren möglich sind, wn damit zu verhindern, daß sie in Hawaii geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen anerkennen müssen.
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zung bewahrheiten wird und die Baehr-Entscheidung eine Einzelfallentscheidung bleibt, die weniger zur Verbreitung der "same-sex marriage" beiträgt als vielmehr zur Perpetuierung des Eheverbots der Gleichgeschlechtlichkeit. c) Exkurs: Mögliche Folgen und Auswirkungen einer Pro-Same-Sex-Marriage-Rechtsprechung in Hawaii Wegen des ungewissen Ausgangs des Verfahrens können auch weitergehende Fragen nach Folgen und Auswirkungen einer Rechtsprechung, die gleichgeschlechtliche Ehen zulassen würde, zur Zeit nur fiktiv behandelt und beantwortet werden. Vor allem zwei Fragestellungen wären in diesem Fall von besonderem Interesse 124 : 1. Kann die Einführung der "same-sex marriage" in Hawaii trotz einer sie bejahenden höchstrichterlichen Rechtsprechung verhindert werden? 2. Führt eine einzelstaatliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen in Hawaii dazu, daß dort geschlossenen Ehen zwischen zwei Personen desselben Geschlechts auch in den restlichen Staaten der USA als wirksame Ehen zu behandeln sind? aa) Die Möglichkeit des .. Overruling"
Der Gesetzgeber von Hawaii hat seine ablehnende Haltung gegenüber der .. same-sex marriage" bereits deutlich gemacht und im Anschluß an die BaehrEntscheidung eine entsprechende Klarstellung in den maßgeblichen Gesetzestext eingefügt. wonach eine wirksame Eheschließung nunmehr ausdrücklich die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner voraussetzt 125 . Begründet In fünf weiteren Staaten (California, Missouri, New York, North Carolina, Pennsylvania) sind solche GesetzgebWlgsinitiativen noch anhängig. Allerdings haben auch 16 Staaten (Alabama, Colorado, Florida, Hawaii, lowa, Kenntucky, Maine, Maryland, Mississippi, New Mexico, Rhode Island, Virginia, Washington, West Virginia, Wisconsin, Wyoming) derartige GesetzgebWlgsvorhaben zurückgewiesen oder von vornherein abgelehnt. Vgl. dazu Reed, 28 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 97, 109 f. (1996); Josli1l, 1996 32 Harv. CR-C.L. L. Rev. 225, 245 (1997); Jacobs, 1996 Wis. L. Rev. 893,933 (1996) sowie ausführlich Wlten A. 11. 2. c. bb. (1)(c). 12~ Um mögliche Antworten auf diese Fragen darstellen zu können, soll Ausgangspunkt der nachfolgenden UntersuchWlgen sein, daß die rechtskräftige EntscheidWlg in Baehr v. Lewin letztlich zugunsten der "same-sex rnarriage" ausfallen wird. m H.R. No. 2312 SDl, Leg., Reg. Sess. (1994) oder 1994 Haw. Sess. Laws 217; vgl. dazu auch Klingema1llA/ay, 16 U. Haw. L. Rev. 447,489 f. (1994) sowie Dupuis, 9 M. J. L. & Farn. 86, 99 f. (1995).
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
wurde diese Vorgehensweise unter anderem damit, daß die der BaehrEntscheidung zugrundeliegende Fragestellung politischen Charakter habe, deren Beantwortung deshalb von Anfang an besser der Legislative oder dem Volk von Hawaii überlassen worden wäre 126. Darüber hinaus appellierte der Gesetzgeber an den Supreme Court, seine Entscheidung zugunsten des Volkswillens, der die Ehe als Verbindung von Mann und Frau verstehe, zu revidie127 ren Ob die seitens des Gesetzgebers von Hawaii vorgenommene Präzisierung des Ehegesetzes ausreicht, um die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen in Hawaii auch im Falle einer gegenteiligen Rechtsprechung auszuschließen, erscheint allerdings fraglich. Wegen des verfassungsrechtlichen Bezugspunktes der Baehr-Entscheidung l28 ist anzunehmen, daß nur eine Änderung oder ein Zusatz auf der Ebene der Verfassung die Rechtsprechung des Supreme Court außer Kraft setzen kann l29 . In diesem Fall hätte zwar die textliche Umgestaltung des Ehegesetzes keinerlei Einfluß auf die Entscheidung des Supreme Court; der Gesetzgeber von Hawaii könnte seinen Willen, die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen auszuschließen, aber noch immer durch eine Verfassungsänderung durchsetzen 130. Die hierfür erforderliche Volksabstimmung ist bereits in Vorbereitung, wird allerdings frühestens im November 1998 stattfinden l3l . Sollte sich das Wahlvolk von Hawaii bei dieser Gelegenheit mehrheitlich dafür aussprechen, daß die Verfassung um ein Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit zu ergänzen sei, bleibt den ehewilligen gleichgeschlechtlichen Paaren nur noch die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit dieser Verfassungsänderung anzuzweifeln. Für dieses Verfahren wäre dann aber 12ti So die Begrundllllg der Gesetzesändefllllg, H.R. No. 2312 SDl, Leg., Reg. Sess. (1994), S. 2. 127 Vgl. H.R. No. 2312 SDl, Leg., Reg. Sess. (1994), S. 3. 128 Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530, 582, 852 P.2d 44, 68 (1993): ..... " any state's powers to regulate rnarriage are su~ject to the constraints irnposed by the constitutional right to the equal protection of the laws." (Loving v. Virginia, 388 US I, 7 (1967) zitierend). 129 So Leonard, 21 Fordharn Urb. L. J. 927, 941 (1994); KlingemanIMay, 16 U. Haw. L. Rev. 447, 489 (1994); CordelI, 26 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 247, 251 Fn, 27 (1994) rn.w.N.; Reed, 28 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 97, 111 (1996); ähnlich auch Dupuis, 9 Int. 1. L. & Farn. 86, 100 (1995). 130 Einzelheiten hierzu bei Leonard, 21 Fordharn Urb. L. 1. 927, 941 (1994); o 'Brian, 32 San Diego L. Rev. 163, 203 (1995); Hennan, 56 Ohio State L. 1. 985, 988 rn.w.N. (1995). Vgl. hierzu auch Dupuis, 9 Int. 1. L. & Farn. 86,98-100 (1995), der herausarbeitet, daß der sozio-kulturelle Hintergflllld in Hawaii im Vergleich zu allen anderen Einzelstaaten der USA der Liberalste ist. Nach neueren Meldungen aus der Tagespresse (Winter, FR v. 25.6.1997, S. 3) beläuft sich der Anteil der Gegner gleichgeschlechtlicher Ehen arn hawaiischen Wahlvolk allerdings auf70 %. 131 Winters, FR v. 25.6.1997, S. 3.
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nicht mehr der Supreme Court von Hawaii, sondern der US-Supreme Court zuständig J32 . Folglich müßte das Baehr-Verfahren, falls es bis dahin noch abgeschlossen sein sollte, bis zur Entscheidung des US-Supreme Court ausgesetzt werden. Entscheidet der Supreme Court von Hawaii jedoch, bevor die Volksabstimmung durchgeführt worden ist, daß das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen verfassungswidrig ist, muß gleichgeschlechtlichen Paaren in Hawaii, jedenfalls bis zu einer anders lautenden Volksabstimmung, die begehrte Ehelizenz erteilt werden 133 . Festgehalten werden kann an dieser Stelle nur, daß selbst im Falle eines zugunsten gleichgeschlechtlicher Ehen ergehenden Urteils in Baehr v. Lewin ungewiß bliebe, ob die "same-sex marriage" in Hawaii Wirklichkeit werden würde. Es besteht zumindest die Möglichkeit, die Einführung der "same-sex marriage" durch eine Verfassungänderung zu verhindern. bb)Müßten andere Staaten der USA eine in Hawaii geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe anerkennen?
Falls in Baehr v. Lewin entschieden wird, daß das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen unter der hawaiischen Verfassung keinen Bestand haben kann und diese Entscheidung auch im nachhinein nicht seitens des Gesetzgebers und des Wahlvolkes außer Kraft gesetzt wird, wäre Hawaii der einzige Staat der USA, in dem gleichgeschlechtliche Partner einander heiraten können 134. Beachtung hat deshalb im rechtswissenschaftlichen Schrifttum vor allem die Frage gefunden, ob und inwieweit die restlichen US-Staaten dazu verpflichtet sein können, in Hawaii geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehen anzuerkennen 135. Daß diese Problematik nicht nur Gegenstand abstrakt -theoretischer Überlegungen bleiben würde, liegt auf der Hand. Zahlreiche Fallkonstellationen sind denkbar, in denen Behörden und Gerichte explizit oder implizit dar-
Vgl. hierzu Winter, FR v. 25.6.1997, S. 3. So Winter, FR v. 25.6.1997, S. 3. 134 In keinem anderen Staat der USA ist es gleichgeschlechtlichen Paaren per Gesetz oder durch eine entsprechende Gerichtsentscheidung erlaubt (dazu oben unter A.I.), die Ehe miteinander einzugehen. Nur in Wisconsin gibt es Bestrebungen, ein "samegender marriage law" zu erlassen, vgl. dazu Reed, 28 Colum. Rum. Rts. L. Rev. 97, 109 (1996). 135 Diese Frage wird mit unterschiedlichen Schwerpunkten diskutiert von Balian, 68 South. Cal. L. Rev. 397 (1995); CordelI, 26 Colum. Hum. Rts L. Rev. 247 (1994); Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1033 (1994); DAmato, 1995 U. Ill. L. Rev. 911 (1995); Hovermill, 53 Md. L. Rev. 450 (1994); Sage, 28 Ind. L. Rev. 115 (1994); Swart, 43 Emory L. 1. 1577 (1994 II); Deitrieh, 78 Marquette L. Rev. 121, 146-152 (1994/95); Keane, 47 Stan. L. Rev. 499 (1995); Reed, 28 Colum. Rum. Rts. L. Rev. 97 (1996). 132
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über zu entscheiden hätten, ob außerhalb des Staatsgebietes eingegangene gleichgeschlechtliche Ehen im Forum-Staat 136 als gültige Ehen behandelt werden. Vorstellbar sind unter anderem folgende Situationen: Ein in Hawaii lebendes gleichgeschlechtliches Ehepaar reist aus beruflichen oder privaten Gründen in einen anderen Bundesstaat und verunglückt dort. Wird ihre Ehe bei Krankenhausbesuchen, Auskunftsbegehren, Versicherungs- und Schadensersatzfragen in diesem Staat berücksichtigt? Oder was geschieht, wenn ein gleichgeschlechtliches Ehepaar seinen Wohnsitz in Hawaii aufgibt und in einen anderen Bundesstaat übersiedelt? Wird es dort bei der Steuerveranlagung und anderen an die Eheschließung anknüpfenden Rechten und Pflichten als Ehepaar eingestuft oder werden die Partner als Einzelpersonen ohne rechtliche Bindung zueinander angesehen? Ferner wird es gleichgeschlechtliche Paare geben, denen die Eheschließung in dem Staat, in dem sie leben, verwehrt ist, und die, nur um zu heiraten, nach Hawaii kommen und sofort wieder in ihren Heimatstaat zurückkehren. Wird ihre Verbindung zu Hause als Ehe anerkannt werden? 137
(I) Die Eindämmung oder Verbreitung der "Same-Sex Marriage" durch die Regelungen des Conflict of Laws Die Frage, ob und inwieweit sogenannte "out-of-state marriages,,138 anzuerkennen sind, beschäftigt die Gerichte in den USA immer wieder. Da die Voraussetzungen des Eheschließungsrechts von Staat zu Staat variieren können, wiederholen sich Fälle, in denen eine Ehe, die in einem Staat wirksam eingegangen wurde, in einem anderen Staat nicht hätte geschlossen werden können und deshalb zu klären ist, ob sie gleichwohl im Forum anerkannt wird 139. Die dabei auftretenden Probleme zu bewältigen, ist Aufgabe des Conflict of Laws. Dieses versucht durch Bereitstellung verschiedener Grundsätze und Regelungen eine adäquate Lösung für zwischenstaatliche Kollisionsfälle zu finden und auf diese Weise zur Rechtsvereinheitlichung in den USA beizu136 Als Forum-Staat wird der Staat bezeichnet, in dem über den Kollisionsfall entschieden wird: als Forum-Gericht das zuständige Gericht, an dem der Fall anhängig ist. Vgl. hierzu Hay, S. 1. 137 Denkbar sind noch weitere Konstellationen, z. B. wenn die Partner ihren Wohnsitz in verschiedenen Staaten haben. Ausführlich dazu Herman, 56 0hio State L. J. 985, 1015 (1995). Schließlich eröffnen sich in sämtlichen Fällen zusätzliche Problemfeider, wenn die gleichgeschlechtlichen Eheleute gemeinsam Kinder aufziehen. 138 Hierbei handelt es sich um Ehen, die außerhalb des Forums geschlossen wurden. 139 Typische Konfliktbereiche bei der Anerkennung außerhalb des Forums geschlossener Ehen waren bisher vor allem inzestuöse, polygamische, "underage" sowie "common-law"-Ehen u. bis zur Aufhebung des Eheverbots von ,,Mischehen" "gemischtrassige Ehen". Vgl. hierzuScoles/Hay, 13.9-§13.12.
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tragen 140. Allerdings ist auch das Conflict of Laws selbst kein einheitliches Rechtsgebiet. Es handelt sich vielmehr um ein Geflecht von Kollisionsnonnen und theoretischen Lösungsansätzen,j deren Ausgangspunkte und Zielsetzungen nicht immer deckungsgleich sind 1 1. Hinzu kommt, daß die Gerichte unterschiedliche Theorien adaptiert haben, die sie zudem untereinander und soweit vorhanden mit gesetzlichen (Teil)Regelungen ihres einzel staatlichen Rechtssystems kombinieren. Allgemeingültige Voraussagen, wie ein Kollisionsfall letztlich entschieden wird, lassen sich deshalb kaum treffen, das Ergebnis kann von Staat zu Staat variieren. Um jedoch zumindest eine Tendenz aufzeigen zu können, welche Aussichten auf zwischenstaatliche Anerkennung eine in Hawaii geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe hätte, sollen im Folgenden die meistverbreiteten Conflict of Laws-Regeln in ihren Grundzügen skizziert und in bezug zur "same-sex marriage" gesetzt werden. (a) Grundregel: Eine einmal rechtsgültig geschlossene Ehe ist überall gültig In der Regel findet eine Ehe in jedem US-Staat vollständige Anerkennung, wenn sie von der Rechtsordnung des Staates, in dem sie geschlossen wurde, als gültig angesehen wird l42 . Hinter diesem Grundsatz steht zum einen der Gedanke, daß die Erwartungen der Eheleute im Hinblick auf die weitreichenden Rechtsfolgen einer Eheschließung schützenswert sind und zum anderen rechtsökonomische Überlegungen 143. Ohne eine grundsätzliche zwischenstaatliche Anerkennung der Ehe ergäben sich in einer modemen, mobilen Gesellschaft wie den Vereinigten Staaten unübersehbare Schwierigkeiten in allen rechtlichen und sozialen Bereichen, die Berührungspunkte zur Ehe als "Status" aufweisen 144.
140 Allgemein zum Anwendungsbereich des Conflict of Laws: Scoles/Hay, § 1 u. § 2 sowie Leflar u.a., § 8. 141 Eine inhaltliche Übersicht über verschiedene Conflict of Laws-Regeln bieten z. B. Hay, S. 161-182 u. Leflaru.a., § 86-109. 142 Statt vieler Scole/Hay, § 13.5 m.w.N. 143 SO Z. B. die Kommentierung b. zu § 283 des Restatement (Second) of Conflicts ofLaws (nachfolgend nur noch Second Restatement), das die grundsätzliche Anerkennung einmal gültig geschlossener Ehen festschreibt. Vgl außerdem Leflar u.a., § 220; Weintraub, § S.IC. 144 Vgl. Kommentierung b. zu § 283 des Second Restatement, das die grundsätzliche Anerkennung einmal gültig geschlossener Ehen festschreibt sowie Leflar u.a., § 220; Weintraub, § S.le.; Reed, 28 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 97, 113 (1996).
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Zahlreiche Staaten haben diesen Grundsatz, der sich im übrigen auch in Seetion 210 des Uniform Marriage and Divorce Act 145 findet, kodifiziert l46 . Andere kommen zu dem Ergebnis, daß eine einmal gültig geschlossene Ehe auch in ihrem Staatsgebiet anerkannt wird, indem sie KollisionsfaIle anhand des Restatement of the Conflict of Laws (1934) 147 lösen 148. Diese Conflict of Laws-Regel wendet auf Eheschließungen das "lex loci celebrationis" an, das heißt die Eheschließun~ wird an dem Recht gemessen, das an dem Ort des Vertragsschlusses gilt! . Mit anderen Worten: eine einmal rechtsgültig geschlossene Ehe ist überall in den USA gültig. Ebenfalls weit verbreitet ist das Second Restatement, das in § 283 (2) die grundsätzliche Anerkennung von Ehen festlegtl50. Die überragende Mehrheit der Gerichte geht jedenfalls zunächst davon aus, daß eine einmal rechtswirksam geschlossene Ehe überall gültig ist l5 ! 152. Demnach bestünde grundsätzlich auch für in Hawaii gültig geschlossene, gleichgeschlechtliche Ehen die Möglichkeit, in den restlichen Staaten der USA anerkannt zu werden. (b) Ausnahmen
Zu berücksichtigen ist allerdings, daß alle Staaten Ausnahmen zulassen, weshalb der Grundsatz der generellen Anerkennung in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.
145 Dort heißt es: "all marriages contracted ... outside this state, that were valid at the time of the contract or subsequently validated by the laws of the place in which they were contracted or by the domicile ofthe parties, are valid in this State." 140 Einen Überblick über diese Staaten und den jeweiligen Gesetzeswortlaut bei Cox, 1994 Wis.L. Rev. 1033,1066 f. (1994). I·n Nachfolgend nur noch First Restatement. 148 Wegen weitergehender Einzelheiten vgl. Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1033, 1084 ff. (1994). 149 First Restatement § 121, Kommentierung d. 150 Second Restatement § 283 (2): ,,A marriage which satisfies the requirements of the state where the marriage was contracted will everywhere be recognized as valid unless it violates the strong public policy of another state which has the most significant relationship to the spouses and the marriage at the time of the marriage." 151 Vgl. Scoles/Hay, § 13.5 m.w.N. zum Fallrecht. 152 Außer den im Text genannten Conflict of Law-Theorien, werden von den Gerichten zum Teil auch die "govemmental interest analysis" und die "choice-influencing consideration" und hierbei insbesondere die "better rule of law" vertreten.Vgl. hierzu Cox, (1994) Wis. L. Rev. 1033 (1994); Keane, 47 Stan. L. Rev. 499, 511-512 (1995).
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Dies geschieht zum einen durch gesetzlich geregelte Fälle. Hierzu gehören vor allem der Uniform Marriage Evasion Act und andere Evasion Statutes 153 . Danach werden grundsätzlich solche Ehen im Domizilstaat 154 als nichtig angesehen, die dort gesetzlich verboten sind und die deshalb von Bewohnern dieses Staates in einem Nachbarstaat geschlossen werden, wo das Eheverbot nicht existiert 155. Ebenfalls zu den kodifizierten Einschränkungen sind diejenigen gesetzlichen Regelungen zu zählen, die nicht nur den Grundsatz der überall gültigen Ehe, sondern gleichzeitig auch die Ausnahmen dazu normieren 156 . Diese Tatbestände schließen häufig solche "out-of-state-marriages" von der Anerkennung aus. die gegen die "strong public policy,,157 des Forums verstoßen i58 . Aber auch in den Staaten, in denen keine oder eine ergänzungsbedürftige gesetzliche Vorgabe zur Behandlung von Kollisionsfällen vorhanden ist, wird nicht jede Ehe anerkannt. Sowohl das First Restatement als auch das Second Restatement schließen diejenigen Ehen von der Anerkennung aus, die eine "strong public policy" des Forums verletzen und zwar unabhängig davon, ob sie von Einwohnern unter Umgehung staatlicher Eheverbote in einem anderen Staat geschlossen wurden oder ob es sich um einen anderen Fall einer
153 § 1 des Unifonn Marriage Evasion Act: ,,If a person residing and intending to continue to reside in this state is prohibited from contracting marriage under the laws of this state and such person goes into another state or country and there contracts a marriage prohibited and declared void by the laws of this state, such marriage shall be null and void for all purposes ofthis state." Der Unifonn Marriage Evasion Act wurde zwar nur von vier Staaten angenommen, zahlreiche andere Staaten haben jedoch ähnliche "Evasion Statutes" nonniert. Hierzu Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1033, 1074, 1078 (1994); Sage, 28 hld. L. Rev. 115,118 (1994). 154 Der Begriff ,.domicile" kann im Rahmen dieser Arbeit mit Wohnsitz (Domizil) übersetzt werden. Mit "Domizilstaaf' ist also detjenige Staat gemeint, in dem die Eheleute ihren (Haupt)Wohnsitz haben. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß sich der amerikanische Domizilbegriff erheblich von dem deutschen Domizil- oder Wohnsitzbegriff unterscheidet, weshalb "domicile" und Wohnsitz nicht immer identisch sind. Ausführlich dazu Scoles/Hay, § 4.1-§ 4.16. 155 Vgl. § 1 des Unifonn Marriage Evasion Act, der von vier Staaten angenommen wurde sowie die von vielen anderen Staaten in Kraft gesetzten ,,Evasion Statutes", die dem § 1 Unifonn Marriage Evasion Act nachgebildet sind. Vgl. hierzu Cox, 1994 Wis. L.Rev.lO.B, 1074, 1078(1994);Sage,28md.L.Rev.115, 118(1994). 150 So verfahren z. B. Illinois, Lousiana, Arizona, Georgia und Noth Dakota. Zusanunenfassung und Abdruck der jeweiligen Gesetztestexte bei Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1022, 1067 f. (1994). 157,,Strong public policy" kann gleichgesetzt werden mit überragendem Gemeinwohlinteresse oder überragendem öffentlichen mteresse. 158 SO Z. B. Illinois, Lousiana, Arizona, Georgia und Noth Dakota. Zusammenfassung und Abdruck der jeweiligen Gesetzestexte bei Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1022, 1067 f. (1994); siehe auch die erst in jüngerer Zeit erlassenen Gesetze, die sich ausdrücklich gegen die Anerkennung gleichgeschlechtlicher "out-of state marriages" richten. Ausführlich sogleich unter A. II. 2. c. bb. (l) (c).
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"out-of-state-marriage" handelt l59 . Zusammenfassend läßt sich sagen, daß Ehen im Domizil- beziehungsweise Forumstaat als Ausnahme zur Grundregel nicht anerkannt werden, wenn sie zwecks Umgehung eines heimatlichen Eheverbotes in einem anderen Staat geschlossen werden und dieses Verhalten durch ein entsprechendes Gesetz erfaßt wird sowie in all den Fällen, in denen die Anerkennung einer "out-of- state-marriage" zur Verletzung einer "strong public policy" des Forums beziehungsweise Domizilstaates fUhrt. (c) Gleichgeschlechtliche Ehen, Eheverbote und die "Strong Public Policy"-Ausnahme In den Fällen, in denen gleichgeschlechtliche Paare nur zwecks Eheschließung nach Hawaii reisen würden, käme es deshalb im Rahmen der Entscheidung über die Anerkennung beziehungsweise Nichtigkeit dieser Ehen im Domizilstaat darauf an, ob dieser ein gesetzliches Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen normiert, das durch die außerstaatliche Eheschließung umgangen werden würde und ob dieses Verhalten mit der Nichtigkeit der Ehe sanktioniert wird. Ein ausdrückliches Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen existiert nur in wenigen Staaten 160. Soweit diese Staaten den Uniform Marriage Evasion Act adaptiert oder eine inhaltlich vergleichbare Rechtslage geschaffen haben, würde den in Hawaii geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehen mit großer Wahrscheinlichkeit die Anerkennung versagt bleiben l61 . Weniger eindeutig fällt die Anwort in den Fällen aus, in denen zwar die Umgehung der heimatlichen Eheverbote grundsätzlich zur Nichtigkeit fUhrt, aber ein Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen nicht ausdrücklich normiert ist 162 . Im Hinblick auf die Rechtsprechung der siebziger Jahre 163 liegt jedoch die Vermutung nahe, daß die entsprechenden Ehegesetze in der Weise ausgelegt würden, daß eine Ehe
159 Während dies in § 283 (2) des Second Restatement (siehe Fn. 150) ausdrücklich geregelt ist, wird das First Restatement in dieser Weise ausgelegt, vgl. Kommentierung b zu § 132 des First Restatement. 160 Siehe hierzu oben unter A. I. 161 Vgl. hierzu Cox, 1994 Wis. L.Rev. 1033, 1078 f. Fn. 263 (1994) sowie Reed, 28 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 97, 117 f. (1996). 102 Fehlt es an einem ausdrücklichen Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit, läßt der Wortlaut der "Evasion Statutes" zunächst den Schluß zu, daß die gleichgeschlechtliche "out-of-state-marriage" im Domizilstaat gültig ist. In solchen Fällen greifen die Gerichte allerdings häufig auf die "public policy"-Ausnahme zurück, um dennoch die Nichtigkeit einer "unerwünschten" Ehe feststellen zu können. Ausführlich hierzu Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1033, 1078 f. (1994). 103 Dazu oben A. II. 1.
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nur zwischen einem Mann und einer Frau geschlossen werden kann 164. Auf diese Weise bestünde auch ohne ausdrückliche Normierung ein Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit, das durch die Eheschließung in Hawaii umgangen würde, was die Nichtigkeit der Ehe zur Folge hätte. Demnach sind für diejenigen gleichgeschlechtlichen Paare die Aussichten auf eine Anerkennung ihrer Ehe gering einzuschätzen, die in Hawaii heiraten würden, deren Wohnsitz jedoch in einem anderen Staat liegt, der den Uniform Marriage Evasion Act oder ein sonstiges Evasion Statute erlassen hat. 165. Aber auch in anderen Konstellationen sind die Chancen auf Anerkennung in Hawaii geschlossener gleichgeschlechtlicher Ehen nicht überzubewerten. Diese Einschätzung betrifft diejenigen Paare, die im Zeitpunkt der Eheschließung ihr Domizil in Hawaii hätten und erst danach in einen anderen Staat übersiedeln würden, ebenso wie die noch nicht berücksichtigten Eheschließungen zwischen Personen desselben Geschlechts, die ihren Wohnsitz nicht in Hawaii hatten und deren Heimatstaaten keine Evasion Statutes erlassen haben. In sämtlichen Fällen kann die Anerkennung der in Hawaii eingegangenen gleichgeschlechtlichen Ehe an der "public policy"-Ausnahme scheitem l66 . Hierbei handelt es sich um eine Generalklausel des Conflict of Laws-Systems, die sowohl in kodifizierten Regelungen als auch in theoretischen Lösungsansätzen Verwendung findet l67 . Aufgrund ihrer inhaltlichen Unbestimmtheit kann eine Präzisierung dessen, was sich hinter dem Begriff "public policy" verbirgt und unter welchen Voraussetzungen die Anerkennung einer Ehe an
104 So z. B. Leonard, 21 Fordham Urb. L. J. 927,942 (1994); Sage, 28 Ind. L. Rev. 115, 130 f. (1994); Hovennill, 53 Md. L. Rev. 450, 487 (1994), D 'Amato, 1995 U. Ill. L. Rev. 911,923 f. (1995). 105 Vg!. hierzu D 'Amato, 1995 U. Ill. L. Rev. 911, 942(1995), der dies am Beispiel des Staates Illinois darstellt, ebenso Hovennill, 53 Md. L. Rev. 450,456 (1994). 166 Diese beiden Kostellationen unterscheiden sich jedoch insofern, als daß das Interesse eines Staates, seine "public policy" über eine gesetzliche Regelung seines Nachbarstaates, hier Hawaii, zu stellen, am stärksten ist, wenn beide Partner im Forumstaat ihren Wohnsitz haben, und am schwächsten, wenn keine der Parteien dort lebt. Wegen weitergehender Einzelheiten Sage, 28 Ind. L. Rev. 115 (1994), der die "public policy"-Ausnahme unter diesem Gesichtspunkt prüft und zu dem Ergebnis kommt, daß Ehen zwischen Hawaii-Einwohnern anerkannt werden könnten, während in anderen Fällen eine Tendenz zur Nichtanerkennung bestünde. 167 Grundsätzlich zur "public policy"-Ausnahme PaulseniSovem, 56 Colum. L. Rev. 969 (1956); Sprague, 74 Ca!. L. Rev. 1447 (1986). Vg!. auch Leflar u.a., § 221; Scoles/Hay, §§ 3.15, 3.16 sowie die viel zitierten Ausführungen, die der Richter Cardozo zur "public policy"-Ausnahme in Loucks v. Standard Gil Company (224 N. Y. 99, 111, 120 N.E.198, 202 (1918) gemacht hat: "They do not elose their doors, unless (recognition) would violate some fundamental principle of justice, some prevalent conception of good mora1s, some deep-rooted tradition of the common wea!."
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
der .,public policy"-Ausnahme scheitert, nur durch einen Blick ins Fallrecht 168 erfolgen . Zur Anerkennung beziehungsweise Nichtanerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen unter dem Gesichtspunkt der "public policy"-Ausnahme finden sich zwar keine Entscheidungen, da es bislang in keinem Staat der USA möglich ist, einen Partner desselben Geschlechts zu heiraten, mithin ein Streit um eine zwischenstaatliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen nicht entstehen konnte. Grundsätze dazu, wann eine Ehe die öffentlichen Interessen des Forums in einer Weise tangiert, daß sie als nichtig angesehen wird, lassen sich aber aus der Rechtsprechung über die zwischenstaatliche Behandlung inzestuöser, poly garni scher, ,,~emischtrassiger" und Mindestaltersgrenzen unterschreitender Ehen ableiten 69. Danach zeigt sich die "public policy" eines Staates vor allem in der Gesamtheit seiner Rechtsordnung, also in seiner Verfassung, seinen Gesetzen und in den Entscheidungen seiner Gerichte 170 . Demnach könnte gegen eine zwischenstaatliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen nicht nur ein im Forum explizit geregeltes oder durch Ausle~nf zu ermittelndes Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit angeführt werden 17 , sondern auch andere gesetzliche Regelungen, die sich in einschränkender Weise an gleichgeschlechtlich orientierte Personen richten. Hierzu gehören insbesondere die "sodomy" -Gesetze, die ausschließlich homosexuelles Verhalten pönalisieren 172 und Adoptionsverbote für gleichgeloB Vgl. hierzu CordelI, 26 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 247, 267 (1994); D 'Amato, 1995 U. Ill. L. Rev. 911, 917 f. (1995); Hovermill, 53 Md. L. Rev. 450, 457 (1994); Sage, 21\ Ind. L. Rev. 115,120 (1994). ltiQ So Cordel/, 26 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 247, 267 (1994); Hovermill, 53 Md. L. Rev. 450, 475 f. (1994); Hel/son, 32 U. Louisville 1. Farn. L. 551, 561 f. (1994). Ebenso D'Amato, 1995 U. Ill. L. Rev. 911,918-921 (1995) u. Sage, 28 Ind. L. Rev. 115, 120-128 (1994), die zudem eine ausführliche Darstellung und Analyse dazugehöriger Entscheidwlgen bieten. Siehe auch Reed, 28 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 97, 123-127 (1996), die die ,Jederal public policy" im Rahmen der Conflict of Laws-Regeln prüft, um zu klären, ob der Bund zur Anerkennung gleichgeschlechtlicher Hawaii-Ehen bei Einwanderungsfragen verpflichtet sein könnte. 170 Vgl. hierzu D' Amato, 1995 U. Ill. L. Rev. 911,917 f. (1995); Hovermill, 53 Md. L. Rev. 450, 457 ff. (1994); Sage, 28 Ind. L. Rev. 115, 118-120 (1994) jeweils m.w.N.; Swart, 43 Emory L. 1. 1577, 1611 (1994); Keane, 47 Stan. L. Rev. 499, 516-526 ( 1995). 171 Siehe hierzu die Ausführungen oben unter A. II. I. sowie unter A. II. 2. c. bb. (I)
(b).
172 Zur Zeit stellen 21 Staaten der USA "sodomy" unter Strafe. Die Mehrheit unabhängig von der sexuellen Orientierung der Beteiligten; vier Staaten beschränken ihre Strafgesetzgebung dabei auf Personen desselben Geschlechts. Vgl. außerdem Bowers v. Hardwick, 47R US 11\6 (191\6). Gegen diese Argumentation wird zum Teil vorgebracht, daß im Baehr-Fall ausdrücklich festgestellt wurde, daß die sexuelle Orientierung der Parteien für die zu entscheidende Frage unerheblich sei, da auch heterosexuelle Perso-
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schlechtliehe Paare 173. Für eine Verletzung der "strong public policy" eines Staates könnten ferner zahlreiche Entscheidungen herangezogen werden, in denen homosexuelle Elternteile bei Sorge- und Umwngsrechtsregelungen als ungeeignete Betreuungspersonen eingestuft wurden 4. Außerdem könnte die Rechtsprechung der siebziger Jahre, sofern sie nicht schon im Rahmen der Auslegung der Ehegesetze herangezogen wurde, als Argument ~egen die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen verwendet werden 17. Schließlich könnten auch die zwischenzeitlich in Kraft gesetzten einzelstaatlichen Anti"same-sex marriage"-Gesetze sowie der Defense of Marriage Act gegen eine zwischenstaatliche Anerkennung in Hawaii geschlossener gleichgeschlechtlicher Ehen sprechen. Diese Gesetzgebungsinitiativen verfolgen das meist ausdrücklich formulierte Ziel, den in Zukunft möglicherweise in Hawaii zulässigen gleichgeschlechtlichen Ehen die Anerkennung versagen zu können 176 . Für die einzelstaatlichen Regelungen kann hier exemplarisch auf den in Michigan erlassenen Gesetzeszusatz verwiesen werden, wo es heißt l77 : "Marriage is inherently a unique re1ationship between a man and a woman. As a matter of public policy, this state has a special interest to promote, among other goals, the stability and we1fare of society and its children. A marriage contracted between individuals ofthe same sex is invalid in this state."
Andere Einzelstaaten haben ähnliche Gesetze in Kraft gesetzt 178 .
nen eine gleichgeschlechtliche Ehe eingehen können ( Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530, 543 Fn. 11, 852 P.2d 44, 51 Fn. 11 (1993». Homosexualität und deren strafrechtliche Beurteilung müßten deshalb auch im Rahmen von Anerkennungsfragen unberücksichtigt bleiben. So z. B. Sage, 28 Ind. L. Rev. 115, 130 (1994); vgl. hierzu auch D 'Amato, 1995 U. Ill. L. Rev. 911, 933 f. (1995); Hovermill, 53 Md. L. Rev. 450, 488 f. (1994); Keane, 47 Stan. L. Rev. 499, 523 f. (1995). 173 Folgende Staaten verbieten gleichgeschlechtlich orientierten Personen die Adoption von Kindern per Gesetz: Florida (Fla. Stat. Ann. § 63.042(3) (West 1985»; New Hampshire (N.H. Rev. Stat. Ann. § 170-B:4 (1990». 174 Zu dieser Rechtsprechung später unter C. I. 2. C. 175 D'Amato, 1995 U. Ill. L. Rev. 911,923 f. (1995); Courson, 24 Golden Gate L. Rev. 41, 65 (1994); Sage, 28 Ind. L. Rev. 115,130 (1994), Deitrich, 78 Marquette L. Rev. 121, 148 (1994/95). Siehe auch die Ausführungen oben unter A. n. 1. sowie unter A. n. 2. c. bb. (1) (b). 170 Vgl. hierzu Reed, 28 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 97, 109, 127-133 (1997); J6lslin 32 Harv. C.R.- C.L. L. Rev. 225, 245 (1997); Jacobs, 1996 Wis. L. Rev. 893, 932 f. (1996); Winter. FR v. 25.6.1997, S. 3. l77 Act of .Iune 25, 1996, eh. 83 §§ 2,3,4, 1996 Mich. Legis. Servo 324 (West) (to be eodified at Mich. Comp. Laws § 551.2-4.), zitiert nach Joslin 32 Harv. CR-C.L. L. Rev. 225, 245 Fn. 136 (1997). 178 Siehe Z. B. Ariz. Rev. Stat. Ann. § 25-101 (1996); DeI. Code Ann. Tit. 13 § 101 (1996); .!nd. Alm. Code § 31-7-1-2 (West 1996); Tenn. Code Ann. § 36-3-113, -306 ( 1996).
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
Ebenfalls in Erwartung der Hawaii-Entscheidung hat der Bund den Defense ofMarriage Act verabschiedet l79 . Dieser enthält zwei zentrale Aussagen. Dazu gehört zunächst Section 2, die es den Einzelstaaten erlauben soll, "out-of"d'le Anerkennung zu verweigern . 180 : . state same-sex mamages "No state .... shall be required to give effect to any public act, record, or judical proceeding of any other State .... respecting a relationship between persons of the same sex that is treated as a marriage under the laws of such other State ... or right or claim arsing from such a relationship. "
Außerdem definiert er in Section 3 die Begriffe "marriage" und "spouse" als ausschließlich heterosexuelle Einrichtungen, um die Ansprüche der verheirateten gleichgeschlechtlichen Paare auf an die Ehe geknüpften und seitens des Bundes gewährte Vergünstigungen beschränken zu können l81 . Auch wenn die Verfassungsmäßigkeit, vor allem des Defense of Marriage Acl, bereits in Frage gestellt wird, so sind diese Gesetze, solange sie Geltung beanspruchen, ein gewichtiges Argument dafür, daß in Hawaii geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen in anderen Einzelstaaten der USA nicht anerkannt werden müssen l82 . Umgekehrt könnte der Umstand, daß in den meisten Staaten ein Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit nicht ausdrücklich geregelt ist, zugunsten gleichgeschlechtlicher Ehen ausgelegt werden 183. Gleichermaßen könnte rur die Gültigkeit gleichgeschlechtlicher "out-of-state-marriages" der Teil des Fall179 Das Gesetz wurde am 12. Juli 1996 mit 342 zu 67 Stimmen im Abgeordnetenhaus und am 10. Sept. mit 85 zu 14 Stimmen im Senat angenommen. Vgl. dazu Reed, 28 Colurn. Hurn. Rts. L. Rev. 97, 127 Fn. 153 (1997) sowie Winter, FR v. 12.9.1996, S. I; FAZ v. 23.9.1996, S. 6. 180 S. 2 des Defense of Marriage Act (H.R 3396, 104th Cong., 2d Sess. (1996) (amending Chapter 115 of Title 28 of the United States Code to include § 1723( c). Vgl. dazu auch Reed, 28 Colurn. Hurn. Rts. L. Rev. 97, 128-133 (1997); Joslin, 32 Harv. C.R-C.L. L. Rev. 225,245 f. (1997). 181 s. 3 des Defense of Marriage Act (H.R. 3396, 104th Cong., 2d Sess. (1996) (amending Chapter I of Title I og the United States Code to include 7): ,,In determining the meaning of any Act of Congress, or of any ruling, regulation, or interpretation of administrative bureaus and agencies of the United States, the word ,,marriage" means only a legal union between one man and one woman as husband and wife, and the word "spouse" refers only to a person of the opposite sex who is a husband or wife." Vgl. auch Reed, 28 Colurn. Hurn. Rts. L. Rev. 97, 128-133 (1997); Joslin, 32 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 225,245 f. (1997). 182 Zur Diskussion über die Verfassungsgemäßheit der Gesetze vgl. Reed, 28 Colurn. Hum. Rts. L. Rev. 97, 128-133 (1997) m.w.N.; Joslin, 32 Harv. C.R-C.L. L. Rev. 225, 245 f. (1997); vgl. auch Wiegandt, Die Zeit v. 20.12.1996, S. 8. 183 So z. B. Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1033, 1080 u. 1100 ff. (1994); CordelI, 26 Colurn. Hurn. Rts. L. Rev. 247, 269 (1994); D'Amato, 1995 U. TIl. L. Rev. 911, 929 f. (1995); Hovermill, 53 Md. L. Rev. 450, 487 f. (1994).
A Gleichgeschlechtliche Ehe in Gesetzgebung und Rechtsprechung
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rechts und der Strafgesetzgebung angeführt werden, der sich gegenüber gleichgeschlechtlichem Verhalten neutral oder positiv verhält l84 . Das gilt im Besonderen für die Staaten, in denen die Diskriminierung Homosexueller gesetzlich verboten ist und dort, wo gleichgeschlechtlichen Partnerschaften durch eine "Domestic Partnership Legislation,,185 in Teilbereichen rechtliche Anerkennung zugebilligt wird 186. Wann eine "out-of-state-marriage" gegen die "public policy" eines Staates verstößt, ist letztlich eine Auslegungsfrage, deren Beantwortung den Gerichten überlassen wird 187. Im Hinblick auf die dem Thema Homosexualität, gleichgeschlechtliche Lebensweisen und "same-sex marrial1f" insgesamt eher zurückhaltend bis ablehnend gegenüberstehende Justiz 1 und den wohl noch als Ausnahmen zu betrachtenden Entscheidungen zugunsten gleichgeschlechtlich orientierter Menschen 189 sind die Chancen auf eine Anerkennung eher gering einzuschätzen 190 .
184 So Swart, 43 Emory L. J. 1577, 1611 (199411); D'Amato, 1995 U. Ill. L. Rev. 911, 939 f. (1995); Hovermill, 53 Md. L. Rev. 450,489 (1994). 185 Hierzu später unter C. 11. 180 Auf diese Weise argumentieren z. B. Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1033, 1080-1082 (1994); Swart, 43 Emory L. J. 1577,1611 (199411), CordelI, 26 Colum. Hum. Rts L. Rev. 247, 270 (1994); Hovermill, 53 Md. L. Rev. 450,489 f. (1994); Henson, 32 U. Louisville J. Farn L. 551, 578 f. (1994); Keane, 47 Stan. L. Rev. 499, 524 (1995). 187 Vg!. hierzu Cox, 194 Wis. L. Rev. 1033,1098 f. (1994); Swart, 43 Emory L. J. 1577,1611 (199411); Herman, 56 Ohio State L. J. 985,991 f., 1012-1017 (1995); Hovemlill, 53 Md .. L. Rev. 450,481-492 (1994); Keane, 47 Stan. L. Rev. 499, 528, 531 (1995). Eine besonders ausführliche Auseinandersetzung mit sämtlichen "publicpolicy"-Argumenten, die für und gegen eine zwischenstaatliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen vorgebracht werden könnten, findet sich bei D 'Amato, 1995 U. Ill. L. Rev. 911, 923-941 (1995). 188 SO Z. B. Balian, 68 South. Ca!. L. Rev. 397, 405 (1995); vg!. auch Rivera, 30 Hastings L. J. 799 (1979); dies., 30 Drake L. Rev. 311(1980/81); dies., 10 U. Dayton L. Rev. 459 (1984/85). Die drei zuletzt genannten Aufsätze liefern eine jeweils vervollständigte und aktualisierte Bestandsaufnahme nahezu aller veröffentlichten Entscheidungen, die das Thema Homosexualität in irgend einer Weise berühren. 189 Hierzu gehören vor allem Adoption o/Tammy, 619 N.E.2d 315 (Mass. 1993); Braschi v. Stahl Ass., 543 N.E.2d 49 (N.Y. 1989); In re Guardianship 0/ Kowalski, 475 US 1085 (1986); Baelzr v. Lewin, 72 Haw. 539, 852 P.2d 44 (1993). 190 So im Ergebnis Sage, 28 Ind. L. Rev. 115, 133 f. (1994); Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1033,1099 (1994); Courson, 24 Golden Gate L. Rev. 41,65 f. (1994); Hovermill, 53 Md. L. Rev. 450, 453 (1994); a. A: CordelI, 26 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 247,269 f. (1994), der aus den oben unter A 11. 2. c. bb. (I) (c) aufgefi1hrten Argumenten, die dagegen sprechen können, daß gleichgeschlechtliche Ehen gegen die "public policy" eines Staates verstoßen, den Schluß zieht, daß gleichgeschlechtliche Ehen im inneramerikanischen Rechtsverkehr eine große Chance haben, anerkannt zu werden; ihre Nichtanerkennung zudem einen Verstoß gegen den ,,Full Faith and Credit Clause" darstellen würde. Eine vermittelnde Meinung vertrittD'Amato, 1995 U. Ill. L Rev. 911,
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(2) Die zwischenstaatliche Anerkennung der "Same-Sex Marriage" unter der ..Full Faith and Credit Clause" Die Problematik, ob und inwieweit andere Staaten eine "same-sex marriage" anerkennen müßten, wird von einigen Autoren auch unter dem Gesichtspunkt der "Full Faith and Credit Clause" der US-Verfassung diskutiert l91 . Dieser Verfassungsgrundsatz gebietet die zwischenstaatliche Anerkennung von Urteilen, öffentlichen Urkunden und Gesetzen im inneramerikanischen Rechtsverkehr und setzt damit der im Rahmen des Conflict of Laws möglichen Rechtswahl verfassungsrechtliche Grenzen 192. Hieraus folgt allerdings nicht ohne weiteres, daß die Zulässigkeit der "same-sex marria~f in einem USStaat zu ihrer Anerkennung in den restlichen Staaten führtl . Denn unabhängig von der Frage, inwieweit die "Full Faith and Credit Clause" bei der zwischenstaatlichen Anerkennung von Eheschließungen überhaupt eine Rolle . It 194'1 ..t": d h E'msc hra"nkung 195 . spie , gl t auc h d'leser Veuassungsgrun satz ' mc htone Der US-Supreme Court hat die grundsätzliche Pflicht zur Anerkennung des rechtlichen Prozederes des Nachbarstaates dort begrenzt, wo dadurch ein (1995), wonach gleichgeschlechtliche Ehen zwischen "residents" von Hawaii in den restlichen Staaten anerkannt werden würden, während nicht in Hawaii ansässige gleichgeschlechtliche Eheleute damit rechnen müßten, daß ihre Ehe weder in ihrem Heimatstaat noch in anderen Staaten als gültig angesehen werden würde. 191 Vgl. hierzu Balian, 68 South. Cal. L.Rev. 397-426 (1995); CordelI, 26 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 247,264-271 (1994); Leonard, 21 Fordham Urb. L. J. 927,941 -944 (1994); Hovermill, 53 Md. L. Rev. 450, 466-469 (1994); Burton, 3 Ind. J. Global Legal Stud. 177,195 (1995); KlingemanIMay, 16 U. Haw. L. Rev. 447,483-485 (1994); Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447,477 f. (1992); Henson, 32. U. Louisville J. Fam. L. 551,584-591 (1994); Keane, 47 Stan. L. Rev. 499, 501-508 (1995); Reed, 28 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 97, 118-122 (1996). 192 US-Constitution Art. IV, § 1: ,,Full Faith and Credit shall be given in each State to the public Acts, Records, and Judical Proceedings of every other State. And the Congress may by general Laws prescribe the Manner in which Acts, Records, and Proceedings shall be proved, and the Effect thereof" Dieser Verfassungsgrundsatz wurde in einem Bundesgesetz umgesetzt. 28 U.S.C.§1738 (1988): "Such Acts, records, and judical proceedings or copies thereof ... shall have the same full faith and credit in every court within the United States (that they have in the state) from which they are taken." 193 So allerdings ohne nähere Begründung Verschraegen, S. 87. 194 Ram v. Ramharack, 571 N.Y.S 2d 190 (N.Y. Sup. Ct. 1991) ist die einzige höchstrichterliche Entscheidung, in der einer Ehe durch Anwendung des ,,Full Faith and Credit Clause" zur Gültigkeit verholfen wurde. Ausführlich dazu Balian, 68 South. Califomia L. Rev. 397 (1995); vgl. hierzu auch Deitrieh, 78 Marquette L. Rev. 121, 146 (1994/95); Reed, 28 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 97, 119 (1996) sowie Keane, Stan. L. Rev. 499, 506 f (1995). 195 Grundlegend zum Spannungsverhältnis zwischen ,,Full Faith and Credit Clause" und Föderalismus und dem im Einzelfall durch eine Abwägung der einzel staatlichen Interessen zu schaffenden Ausgleich, Scoles/Hay, §§ 3.20, 3.24, 3.25.
A. Gleichgeschlechtliche Ehe in Gesetzgebung und Rechtsprechung
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wichtiges staatliches Interesse ("state policy") des anerkennenden Staates verletzt werden würde l96 . Insofern käme es auch bei der Prüfung, ob die "Full Faith and Credit Clause" zur zwischenstaatlichen Anerkennung der in Hawaii geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehe führt, letztlich wiederum darauf an, wie das Gericht die Wirkun.t; ~leichgeschlechtlicher Ehen auf die "public policy" des Staates einschätzt l 98. 3. Zusammenfassung und Ausblick
Demnach stellt sich die Rechtslage in den USA bezüglich der Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen zur Zeit ebenso dar wie die in der Bundesrepublik. Eine ausdrückliche gesetzliche Erlaubnis existiert ebensowenig wie ein ausdrückliches Verbot. Gleichwohl ist sich die Rechtsprechung im Rahmen der Auslegung der einschlägigen Normen einig, daß unter Ehe nur eine Verbindung von Mann und Frau verstanden werden kann, eine Ehe zwischen zwei 190 Vgl. etwa Hughes v. Fetter, 341 US 609 (1951); Watson v. Employers Liability Assurance Corp., 346 US 66 (1954); Alaska Packers AsS. v. Industrial Accident Commission, 294 US 535, 547, 55 S. Ct. 518, 523, 79 L. Ed 1044 (1935); Pacific Employers Insurance Co. v. Industrial Accident Commission, 306 US 493, 59 S. Ct. 629, 83 L.Ed 940 (1939); Caroll v. Lanza, 349 US 408, 75 S. Ct.804, 89 L. Ed 1183(1955). 197 So Hovennill, 53 Md. L. Rev. 450, 468 f. (1994); Leonard, 21 Fordharn Urb. L. J. 927,941 -944 (1994); KlingemanlMay, 16 U. Haw. L. Rev. 447,484 f. (1994); Henson, 32 U. Louisville J. Farn. L. 551, 590 f. (1994); Deitrich, 78 Marquette L. Rev. 121, 146 (1994/95). Zur "public policy" siehe oben A. II. 2. c. bb. (I) (c). 198 Die Einschränkung der "Full Faith and Credit Clause" durch die "public policy" des anerkennenden Staates gilt allerdings nur soweit "public acts" betroffen sind (vgl. z. BHughes v. Fetter, 341 US 609 (1951); außerdem Leflar u.a., § 74 m.w.N). Gerichtsurteile genießen in jedem Fall die volle rechtliche Anerkennung des Nachbarstaates und zwar ohne Rücksicht auf dessen möglicherweise entgegenstehendes öffentliches Interesse (Fauntleroy v. Lum, 210 US 230 (1908». Inwieweit dieser Gesichtspunkt bei der Frage nach der zwischenstaatlichen Anerkennung von Ehen überhaupt eine Rolle spielen kann, ist indes fraglich, denn Eheschließungen sind anders als Ehescheidungen in der Regel nicht Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Es ist auch nur eine höchstrichterliche Entscheidung (Ram v. Ramharack (571 N.Y.S. 2d 190 (N.Y. Sup.Ct 1991» veröffentlicht, in der einer Ehe unter der ,,Full Faith and Credit Clause" zwischenstaatliche Anerkennung gewährt wurde. Dort ging es allerdings um die Anerkennung einer "common law marriage", deren rechtliche Existenz zuvor durch eine gerichtliche Entscheidung festgestellt wurde. Insofern war die Eheschließung Gegenstand eines Urteils. Ob aber auch solche Urteile, die nur implizit zur Gültigkeit einer Ehe Stellung nehmen, in den zur zwingenden Anerkennung führenden Anwendungsbereich der "Full Faith and Credit Clause" fallen können, ist zweifelhaft. Vgl. hierzu Henson, 32 U. Louisville J. Farn. L. 551,586 f. (1994); Reed, 28 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 97, 119-122 (1996); Keane, 47 Stan. L. Rev. 499, 506 f. (1996); besonders ausführlich Balian, 68 South Ca!. L. Rev. 397 (1995), der sich vor allem mit Frage auseinandersetzt, ob dadurch einer in Hawaii geschlossenen "sarne-sex marriage" zur Anerkennung verholfen werden könnte.
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
Personen desselben Geschlechts folglich nicht möglich ist. Allenfalls aus dem Gesichtspunkt einer verfassungswidrigen, "sex-based classification" könnte sich in Hawaii die Unzulässigkeit des Eheverbots der Gleichgeschlechtlichkeit ergeben. Doch selbst für den Fall, daß es dort aus diesem Grund gleichgeschlechtlichen Partnern möglich sein wird, die Ehe miteinander einzugehen, würde dies nicht automatisch zur bundesweiten Anerkennung solcher Ehen führen. Vielmehr ist wegen der aufgezeigten Möglichkeiten der Rechtsprechung im Bereich des Conflict of Laws zu erwarten, daß sich die "same-sex marriage" in den Vereinigten Staaten nicht durchsetzen wird. In diesem Zusammenhang ist nochmals darauf hinzuweisen, daß sowohl die Gesetzgebungsorgane einzelner Staaten als auch der US-Kongreß bereits mit der Normierung .expliziter Verbote gleichgeschlechtlicher Ehen reagiert haben, um auf diese Weise der grundsätzlich möglichen zwischenstaatlichen Anerkennung der "same-sex marriage" jede Grundlage zu entziehen. Sollten diese Gesetze, wie verschiedentlich angenommen, tatsächlich im Widerspruch zur USVerfassung stehen, so wird jedenfalls einige Zeit vergehen, bis der USSupreme Court die letztlich in seinen Zuständigkeitsbereich fallende Frage der zwischenstaatlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen abschließend geklärt hätte. Bis auf weiteres ist deshalb davon auszugehen, daß es in den USA eine Ehe zwischen zwei Personen desselben Geschlechts nicht geben wird 199 . Die an die Ehe anknüpfenden Privilegien werden deshalb auch in Zukunft verschiedengeschlechtlichen Paaren vorbehalten bleiben, sofern sie sich für die Ehe entscheiden2oo . Zu diesen Privilegien gehören zum einen geldwerte Vergünstigungen, wie Steuererleichterungen, am Familienbedarf orientierte Arbeitslosenunterstützung, die Möglichkeit einer Familienversicherung für den Krankheitsfall, automatisches, steuerlich begünstigtes Erbrecht sowie Unterhaltsleistungen und Rentenzahlungen von Dritten, wenn diese einen Ehegatten schuldhaft verletzt oder getötet haben. Darüber hinaus werden ähnlich wie in der Bundesrepublik bestimmte nicht monetäre Rechte an den durch 199 Für diese Einschätzung spricht auch die politische Stimmung, die sich nicht nur bei der republikanischen, sondern ebenso bei der demokratischen Partei abzeichnet. Im Wahlkampf 1996 kündigten die Demokraten an, den Stellenwert der Institution Familie unter anderem dadurch zu stärken, daß sie Homosexuellen gesetzliche Zugeständnisse verweigern wollten. Vgl.dazuMüller-Vogg, FAZ v. 29.8.1996, S. 6. 200 Die im Text folgende Aufzählung ist nicht vollständig. Für einen detaillierten und umfassenden Überblick vgl. Chambers, 95 Mich. L. Rev. 447 (1996); Leonard, 21 Fordham Urb. L. 1. 927, 929 (1994); Wilson, 17 William Mitchell L. Rev. 539, 546548 (199); Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447, 450-452 (1992); NN, 102 Harv. L. Rev. 1508,1611-1623 (1989), wo privatrechtliche Eheprivilegien besprochen werden; Maltz, 60 Geo. Wash. L. Rev. 949, 956-958 (1992), der neben wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Vergünstigungen auch Verantwortlichkeiten, die aus der Ehe resultieren, darstellt, sowie Chase, 72 Denv. U. L. Rev. 559 (1995), der ausschließlich steuerliche Aspekte der Ehe und der nichtehelichen gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft analysiert. .
B. Gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttum
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die Eheschließung zu erreichenden Angehörigenstatus geknüpft. Dazu zählen Besuchsrechte, Aufenthaltsrechte für ausländische Partner, DienstfreisteIlungen im Todesfall und schließlich die Berechtigung, medizinische Entscheidungen für den anderen Ehegatten zu treffen, wenn dieser dazu nicht in der Lage ist.
B. Die gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttum Seit mehr als zwanzig Jahren publizieren amerikanische Rechtszeitschriften Beiträge zur Debatte um die "same-sex marriage". Zu Beginn waren es nur vereinzelte Stellungnahmen, die vor allem die ersten Gerichtsentscheidungen über die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen kommentierten und analysierten201 . Seit etwa fünf bis sechs Jahren gehört die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen zu den meistdiskutierten Themen des gegenwärtigen amerikanischen Familienrechts202 . I. Pro "Same-Sex Marriage" Die Mehrheit der rechtswissenschaftlichen Autoren befiirwortet die "samesex marriage,,203. Ihr gemeinsamer Ausgangspunkt ist, daß die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten sei. Hierfür wird vor allem auf das Grundrecht der Eheschließungsfreiheit Bezug genommen, das auch die Freiheit4 einen Partner desselben Geschlechts zum Ehegatten zu wählen, beinhalte20 . Aber auch der Gleichbehandlungsgrundsatz der US-Verfassung wird zur Begründung herangezogen und die Auffassung vertreten, das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit diskriminiere wegen der sexuellen Orientierung beziehungsweise aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit 205 . In beiden Fällen sei der aus dem Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen resultierende Verfassungsverstoß, der einer "striet scrutiny"-Prüfung 201 Vgl. hierzu z. B. die Abhandlungen über gleichgeschlechtliche Ehen aus der Zeit von 1970 bis 1975, die bei Wardie, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. 1, Anhang A (S. 96) ( 1996) aufgelistet sind. 202 Der Umfang der zum Thema "same-sex marriage" veröffentlichten Aufsätze und Kommentare nimmt seit dieser Zeit ständig zu. Um einen Überblick zu gewinnen vgl. Anhang B zu Wardie, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. 1,97-101(1996), wo die rechtswissenschaftliche Literatur zur "same-sex marriage" 1990-1995 nachgewiesen wird. 203 Vgl. dazu WardIe, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. 1,96-101 (1996). 204 Dazu sogleich unter B. I. 1. 205 Siehe unter B. I. 2.
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
unterworfen werden müsse, nicht zu rechtfertigen, so daß das Verbot der "same-sex marriage" nicht aufrechterhalten werden könne206 . 1. Das Grundrecht aufEheschließungsfreiheit
Hierbei handelt es sich um ein nicht ausdrücklich in der Verfassung erwähntes, aber in einer Reihe von Entscheidungen des US-Supreme Court entwickeltes und in seinen Grundzügen skizziertes Grundrecht207 . Bedeutung und Aussagegehalt dieses Grundrechtes können deshalb nur durch Rückgriff auf die grundlegenden Aussagen des US-Supreme Court ermittelt werden. An diesem Punkt setzt die Argumentation der "same-sex marriage"-Berurworter ein. Sie sind der Auffassung, eine Zusammenschau der wichtigsten Entscheidungen ergebe, daß Ehe in erster Linie deshalb als förderungs- und schutzwürdig angesehen würde, weil sie günstige Voraussetzungen rur die Entwicklung stabiler, auf gegenseitiger Verantwortung beruhender Paarbeziehungen schaffe, an denen sowohl die Gesellschaft als auch der Einzelne ein besonderes Interesse habe 208 . Folglich müßten auch gleichgeschlechtliche Ehen von diesem verfassungsrechtlichen Schutz umfaßt werden, denn nicht nur verschiedengeschlechtliche, sondern auch ~leichgeschlechtliche Paare gingen solche schutzwürdige Partnerschaften ein 9. Dieser verfassungsrechtliche Schutz beinhaltet seit der Loving-Entscheidunl 10 , wo das Verbot sogenannter "Mischehen" wegen Verletzung des Eheschließungsgrundrechtes "gemischtrassiger" Paare und wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungs206
Dazu unter C. 1. 3.
Z. B. Moore v. City 0/ E. Cleveland, 431 US 494 (1977); Skinner v. Oklahoma, 316 US 535 (1942); Griswoldv. Conneticut, 381 US 479 (1965); Zablockiv. Redhail, 434 US 374 (1978); Loving v. Virginia, 388 US 1 (1967); Turnerv. Safley, 482 US 78 (1987); vgl. hierzu auch NowakiRotunda, § 14.28. 208 So NN, 102 Harv. L. Rev. 1508, 1605- 1608 (1989), wo unter anderem Moore v. City 0/ E. C/eveland, 431 US 494 (1977) zitiert wird; Cullen, 15 Tulsa L. J. 141, 150 (1979), Griswoldv. Conneticut, 381 US 479, 486 (1965) zitierend; vgl. auch Friedman, 35 Howard L. J. 173,221 f (1992) m.w.N. zur Rechtsprechung; Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447,449,457 f(1992); Heeb, 24 Seton Hall L. Rev. 347,380, 387 (1993); Hohengarten 103 Yale L. J. 1495,1505, 1523 (1994); Lewis, 97 Ya1e. L. Rev. 1783 (1987/88 II); Penas, 8 Law & Inequality 533, 552 f (1989/90); Strasser, 25 Suffolk U. L. Rev. 981,991-996 (1991); Zimmer, 12 Cardozo L. Rev. 68,704 (1990). 209 NN, 102 Harv. L. Rev. 1508,1607 f (1989); Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447,449 (1992); Cullen, 15 Tulsa L. Rev. 141, 150 f (1979); Friedman, 35 Howard L. J. 173, 220, 224 (1992); Heeb, 24 Seton Hall L. Rev. 347, 380, 387 (1993); Hohengarten, 103 Yale L. J. 1495, 1505, 1523 (1994); Lewis, 97 Ya1e. L. Rev. 1783 (1987/88 II); Penas, 8 Law & Inequality 533, 552 f (1989/90); Strasser, 25 Suffolk U. L. Rev. 981, 991-996 (1991); Zimmer, 12 Cardozo L. Rev. 681, 704 f (1990). 210 Loving v. Virginia, 388 US 1 (1967). 207
B. Gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttum
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anspruch der Afro-Amerikaner für verfassungswidrig erklärt wurde, ausdrücklich auch die Freiheit, den selbstgewählten Partner zu heiraten. Dies müsse in Analogie zu Lovinz v. Virginia auch für die Wahl eines Partners des211 selben Geschlechts gelten . Jedenfalls könnte gleichgeschlechtlichen Paaren das "fundamental right to marry" nicht allein mit der Begründung vorenthalten werden, Ehe sei seit jeher die Verbindung von Mann und Frau, weshalb zwei Personen desselben Geschlechts schon begrifflich keine Ehe miteinander eingehen könnten. Diese vornehmlich in Gerichtsentscheidungen der siebziger Jahre212 vertretene Argumentation wurde in rechtswissenschaftlichen Abhandlungen wiederholt als Zirkelschluß kritisiert213 , der von einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht entbinden könne. Vielmehr gelte eSi diese Ehedefinition selbst auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu untersuchen 14. In diesem Rahmen genüge es jedoch nicht darauf hinzuweisen, daß der Grundrechtsschutz auf Verbindungen zwischen Mann und Frau beschränkt sei, weil nur die verschiedenJieschlechtliche Ehe in den gesellschaftlichen Traditionen tief verwurzelt sei 5. Zunächst handele es sich dabei um eine Behauptung, die jeder Grundlage entbehre, denn die westliche Kultur kenne gleichgeschlechtliche Ehen und andere gesellschaftliche anerkannte Beziehungen zwischen gleichgeschlechtlichen Partner schon seit der Frühzeit 216 .
211 Heeb, 24 Seton Hall L. Rev. 347,384 (1993); Hohengarten, 103 Yale L.J. 1495, 1526 (1994); Strasser, 64 Fonlham L. Rev. 921 (1995); ders., 25 Suffolk U L. Rev 981 (1991), der sich besonders ausfühlich mit dem Vergleich des Verbots von ,,Mischehen" und dem Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen auseinandersetzt; Trosino, 73 B.U L. Rev. 93, 115 f. (1993). 212 Bakerv. Nelson, 191 N.W.2d 185, 187 (Minn. 1971); Jonesv. Hallahan, 501 S.w.2d 588, 590 (Ky. 1973); Singerv. Hara, 522 P.2d 1187, 1192 (Wash. Ct. App. 1974). AA Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530,565 f., 852 P.2d 44,61,63 (1993). 213 Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447, 457 (1992); CordelI, 26 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 247,257 f. (1994); Gray, 23 New Eng. L. Rev. 515,542 (1988/89); Hohengarten, 103 Yale L. J. 1495, 1507 (1994); Homer, 29 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 505, 518 (1994); Strasser, 25 Suffolk U. L. Rev. 981, 986-991 (1991); ders. 64 Fordham L. Rev. 921,923-930 (1995); Trosino, 73 B.U L. Rev. 93, 115 f. (1993). 214 Vgl. z. B. CordelI, 26 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 247,257 f. (1994); Hohengartell, 103 Yale L. J. 1495,1511 (1994), der anmerkt, daß die Defmition von Ehe als Verbindung von Mann und Frau allenfalls das Ergebnis einer verfassungsrechtlichen Prüfung hätte sein können; Strasser, 25 Suffolk U. L. Rev. 981,986-991 (1991); ders., 64 Fordham L. Rev. 921,923-930 (1995); Trosino, 73 B.U. L. Rev. 93, 115 f. (1993). 215 So aber z. B. Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530, 555-557, 852 P.2d 44, 55 (1993); Dean v. Distriet ofColumbia, 653 A.2d 307,331-333 (1995); Jones v. Hallahan, 501 S.W.2d 588, 589 (Ky. 1973). 210 Vgl. Cordell, 26 Colum. Hunl. Rts. L. R. 247, 258-262 (1994); Friedman, 35 Howard L. J. 173, 217 (1992) jeweils m.w.N; Eskridge, 79 Virginia L. Rev. 1419
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
Aber selbst wenn die Ehe seit jeher dem Grundsatz der Verschiedengeschlechtlichkeit unterliegen würde, käme diesem Argument keinerlei Bedeutung zu, denn in der für das Grundrecht auf Eheschließungsfreiheit maßgeblichen Loving-Entscheidung erklärte der Supreme Court das Verbot von "Mischehen" für verfassungswidrig, ohne zu prüfen, ob Ehen zwischen Angehörigen verschiedener "Rassen" einem traditionellen Ehebild entsprächen, was infolge des langjährigen Verbots sicher mit Schwierigkeiten verbunden gewesen wäre 217 . Darüber hinaus ließe eine solche Sichtweise außer acht, daß gerade Ehe und Familie einem ständigen Wandel unterworfen seien, so daß allein der Blick in die Vergangenheit nur wenig Aussagekraft habe218 . Ebensowenig spiele in diesem Zusammenhang eine Rolle, daß Ehen in vielen Fällen deshalb geschlossen würden, um eine Familie zu gründen, denn dieser zweifellos bestehende Zusammenhang zwischen Ehe, Fortpflanzung und Kindererziehung sei nicht der Grund dafür, daß die Verfassung die Ehe unter ihren besonderen Schutz stelle219 . Gestützt werde diese Auffassung vor allem durch höchstrichterlichen Entscheidungen in Griswold v. ConneticuP20, Eisenstadt v. Baircr 21 und Roe v. Wadi 22 , woraus sich ohne weiteres ergebe, daß die Ehe unabhängig von Fortpflanzung gesehen werden könne 223 . Aber (1993 ill), der eine ausführliche Darstellung der Geschichte gleichgeschlechtlicher Ehen liefert. 217 Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1033, 1053, 1056 (1994); Homer, 29 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 505,509,511 f (1994); Strasser, 64 Fordham L. Rev. 921,922,952, 970f (1995); Trosino, 73 B.U. L. Rev. 93, 112 (1993); Zimmer, 12 Cardozo L. Rev. 681, 704 (1990). 218 SO Z. B. Cullen, 15 Tulsa L. 1. 141, 144 f, 152 (1979); Gray, 23 New Eng. L. Rev. 515,520 (1988/89); Heeb, 24 Seton Hall L. Rev. 347,387 (1993); Scocca, 2 Seton Hall Const. L. J. 719,762-765 (1992); Veitch, 5 Angl.-Am. L. Rev. 41,43,45 f (1976). 219 Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447,449,457 f (1992); Cullen, 15 Tulsa L. 1. 141, 148 (1979); NN., 102 Harv. L. Rev. 1508, 1608 (1989); Friedman, 35 Howard L. 1. 173, 221 f (1992); Heeb, 24 Seton Hall L. Rev. 347, 380, 382 f (1993); Hohengarten, 103 Yale. L. J. 149, 1505, 1518 (1994); Homer, 29 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 505, 522 f (1994); NN., 102 Harv. L. Rev. 1508, 1608 (1989); Veitch, 5 Ang.-Am. L. Rev. 41, 42 f, 45 (1976); Wilson, 17 William Mitchell L. Rev. 539,544 (1991); Zimmer, 12 Cardozo L. Rev. 681, 701 f (1990). 220 381 US 479 (1965), wonach das ,,fight ofprivacy" auch das Recht von Eheleuten, Verhütungsmittel zu benutzen, umfaßt. 221 405 US 438 (1972), wo festgestellt wurde, daß das Recht Verhütungsmittel zu verwenden, auch dann unter "right of privacy" subsumiert werden kann, wenn zwischen den Partnern keine Ehe besteht. 222 410 US 113 (1972). Dort wurde entschieden, daß das Recht der Frauen, darüber entscheiden, ob sie eine Abtreibung vornehmen wollen oder nicht, ebenfalls zu dem verfassungsrechtlich geschützen "right ofprivay" gehört. 223 So NN., 102 Harv. L. Rev. 1508,1608 (1989); Cullen, 15 Tulsa L. J. 141,148152 (1979); Friedman, 35 Howard L. 1. 173,205 (1992); Heeb, 24 Seton Hall L. Rev.
B. Gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttum
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selbst wenn Eheschließungen gerade deshalb geschützt würden, weil in der Ehe Kinder geboren und aufgezogen werden, könne daraus nicht die Schlußfolgerung gezogen werden, Lesben und Schwule könnten sich deshalb nicht unter dem verfassungsrechtlichen Schutz des "fundamental right to marry" vereinigen. Vor dem Hintergrund moderner Fortpflanzungstechnologien und der Tatsache, daß zahlreiche homosexuelle Eltern eigene Kinder aus früheren Beziehungen in ihren Haushalten betreuen224 , ginge die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen mit dem Gedanken, die Ehe sei wegen der dort geborenen Kinder und deren Erziehung schützenswert, durchaus konform225 . 2. Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz
Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz wird im Rahmen der Legalisierung ~eichgeschlechtlicher Ehen unter zwei Gesichtspunkten fiir relevant gehalten 26. Überwiegend wird im Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit eine Diskriminierunf, aufgrund der sexuellen Orientierung gleichgeschlechtlicher Partner gesehen 2 . Wenn aber Homosexualität zum Anknüpfungspunkt einer unterschiedlichen Behandlungsweise gemacht werde, müsse der insoweit betroffene Gleichbehandlungsgrundsatz anhand des strengen Maßstabes "strict scrutiny" überprüft werden, denn Homosexualität sei ebenso wie "race" eine "suspect classification", die unter dem besonderen Schutz der verfassungsmäßigen
347,384-386 (1993); Homer, 29 Harv. C.R.- C.L. L. Rev. 505,522 f. (1994); Zimmer, 12 Cardozo L. Rev. 681, 701 f. (1990); Deitrieh, 78 Marquette L. Rev. 121, 136 (1994/95). 224 Dazu unter C. I. 2. C. 225 Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447, 449 (1992); Cullen, 15 Tulsa L. J. 141, 148 f. (1979); Friedman. 35 Howard L. J. 173,205-207 (1992); Gray, 23 New Eng. L. Rev. 515,521 f. (1988/89); Heeb, 24 Seton Hall L. Rev. 347,387 (1993); Hohengarten, 103 Yale L. J. 1495, 1519 f. (1994); Homer, 29 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 505, 522 f. (1994); NN, 102 Harv. L. Rev. 1508, 1608 (1989); Penas, 8 Law & Inequality, 533,551 (1989/90); Scocca, 2 Seton Hall Const. L. J. 719, 765-767 (1994); Trosino, 73 B.U. L. Rev. 93, 108 f. (1993); Wilson, 17 William Mitchell L. Rev. 539,544 f. (1991); Zimmer, 12 Cardozo L. Rev. 681, 700, 705 (1990). 226 Allgemein zur Dogmatik der "equal proteetion c1ause" siehe unter A. II. 1. a. bb. (2) (a).
227 Boyle. 14 Hastings Const. L.Q. 111 (1986/87); Courson, 24 Golden Gate U. L. Rev. 41, (1994); Heeb, 24 Seton Hall L. Rev. 347,371-376 (1993); NN. 98 Harv. L. Rev. 1285, (1985); Kozuma, 30 Willamette L. Rev. 891 (1994); Link, 23 Loy. LA L. Rev. 1055 (1990); Strasser, 25 Suffolk U. L. Rev. 981 (1991); ders., 64 Fordham L. Rev. 921, 947, 937-941 (1995) m.w.N.; Wi[son, 17 William Mitchell L. Rev. 539 (1991 ).
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
Ordnung stehe228 . Für diese Auffassung könne auf höchstrichterliche Rechtsprechung zwar nicht zurückgegriffen werden. Dies sei indes unschädlich, da Homosexualität sämtliche Voraussetzungen einer "suspect classification,,229 erfülle23o . Problematisiert wird in diesem Zusammenhang lediglich, ob auch das Merkmal der "immutability" vorliege231. Vor dem Hintergrund neuerer wissenschaftlicher Ansätze, die in der sexuellen Orientierung eine genetisch bedingte Veranlagung sehen, die nicht freiwillig gewählt und deshalb nicht ohne weiteres rückgängig zu machen sei, wird diese Frage aber letztlich be. ht232 . Ja Einige Autoren sehen in dem Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen, ebenso wie der Supreme Court von Hawaii 233 , eine Diskriminierung wegen der Geschlechtszugehörigkeit und kommen auf diese Weise zur Anwendbarkeit des "strict scrutiny" _Maßstabes 234 . 228 Heeb, 24 Seton Hall L. Rev. 347,371-376 (1993); Boyle, 14 Hastings Const. L.Q. 111, 128 f. (1986/87); NN, 98 Harv. L. Rev. 1285, 1287 (1985); Kozuma, 30 Willamette L. Rev. 891,908 f. (\994); Link, 23 Loy. LA L. Rev. 1055, 1061-1064 (\990); Strasser, 25 Suffolk U. L. Rev. 981, 1016-1020 (1991); ders., 64 Fordham L. Rev. 921, 947, 937-941 (\995); Wilson, 17 William Mitchell L. Rev. 539, 556, 558 (1991 ). 229 Zu den Kriterien, die mit dem Status einer "suspect dass" in Verbindung gebracht werden, gehören: Geschichte der Diskriminierung, Vorurteile gegenüber den Angehörigen der Gruppe, die sich in Stereotypen ausdrücken, politische Machtlosigkeit und "immutability". Bei letzterem handelt es um eine nicht freiwillig gewählte und unveränderliche Eigenschaft, die allen Mitgliedern der Gruppe zu eigen ist, wie z. B. die Hautfarbe. Vgl hierzu auch Tribe, § 16-13, § 16-14, § 16-33; NowakiRotunda, §§ 14.3., 14.8.(d); 14.10, 14.12. 230 So z. B. Heeb, 24 Seton Hall L. Rev. 347, 373-376 (\ 993); Boyle, 14 Hastings Const. L.Q. 111, 128 f. (1986/87); vgl. auch NN, 98 Harv. L. Rev. 1285, 1299-1305 (1985); Kozuma, 30 Willamette L. Rev. 891,908 f. (1994); Link, 23 Loy. LA L. Rev. 1055,1063 (1990); Strasser, 64 Fordham L. Rev. 921,947,937-941 (1995); Wilson, 17 William Mitchell L. Rev. 539 551-559 (1991), Spitko, 18 U. Haw. L. Rev. 571 (1996). 231 Boyle, 14 Hastings Const. L.Q. 111, 127 (1986/87); Heeb, 24 Seton Hall L. Rev. 347,373 (1993); N.N, 98 Harv. L. Rev. 1285, 1303 (\985); Kozuma, 30 Willamette L. Rev. 891, 910 (\994); Link, 23 Loy. LA L. Rev. 1055, 1063 (1990); Wilson, 17 William Mitchell L. Rev. 539, 551-558 (1991), wo sämtliche Kriterien ausführlich geprüft werden. 232 So z. B. Boyle, 14 Hastings Const. L.Q. 111, 127 (\ 986/87); Heeb, 24 Seton Hall L. Rev. 347, 373 (1993); Kozuma, 30 Willamette L. Rev. 891,910 (1994); Wilson, 17 William Mitchell L. Rev. 539, 552-554 (1991). Ausführlich dazu auch Spitko, 18 U. Haw. L. Rev. 571, 576-597 (1996). Vgl. hierzu auch NN., 98 Harv. L. Rev. 1285, 1303-1305 (1985), wo das Merkmal "immutability" durch eine alternative Sichtweise letztlich bejaht wird. 233 Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530, 852 P.2d 44 (1993). 234 So etwa Koppelman, 98 Yale L. 1. 145 (1988); ders., 69 N.Y.U. L. Rev. 197 (l994)m.w.N.; vgl hierzu auch Lewis, 97 Yale L. 1. 173 (\988).
B. Gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttum
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3. Das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit unter dem "Strict-Scrutiny"-Test
Die rechtswissenschaftliehe Literatur kommt demnach insgesamt zu dem Ergebnis, das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit anhand des stren en "striet scrutiny"-Maßstabes auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen 35, unter dem es nach ihrer Auffassung jedoch keinen Bestand haben kann 236
2
Vor allem das Argument, wonach das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen die Fortpflanzung und Kindererziehung fördere, ist Gegenstand massiver Kritik. Diese wird zunächst auf die bereits im Rahmen des Grundrechts auf Eheschließungsfreiheit dargelegten Gründe gestützt237 . Außerdem greife das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen in zweierlei Hinsicht übermäßig in die Grundrechte der davon betroffenen Lesben und Schwulen ein. Zum einen, weil es "overinclusive" sei, da auch gleichgeschlechtliche Paare Kinder haben können und zum anderen, weil es gleichzeitig als "underinclusive" eingestuft werden müsse238 , denn es gebe auch verschiedengeschlechtliche Ehepaare, die keine Kinder haben wollen oder können und deren Ehen deshalb kinderlos blieben239 . Darüber hinaus sei auch nicht einzusehen, inwieweit das Verbot
Vgl. hierzu auch oben unter A. II. 1. a. bb. (2) (a). So z. B. CI/lien, 15 Tulsa L. 1. 141, 152 f. (1979); Eskridge, 79 Virginia L. Rev. 1419, 1507 (1993); Fn·edman, 35 Howard L. 1. 173,208 (1992); Gray, 23 New Eng. L. Rev. 515, 521 f. (1988/89); Heeb, 24 Seton Hall L. Rev. 347,371 (1993); Hohengarteh, 103 Yale L. 1., 1495,1525 f. (1994); Homer, 29 Harv. C.R.- C.L. L. Rev. 505, 522 f. (1994); NN, 102 Harv. L. Rev. 1508, 1609 f. (1989); Trosino, 73 B.U. L. Rev. 93,109 (1993); Wilson, 17 William Mitchell L. Rev. 539,556,558 f. (1991).Vgl. auch NN, 128, 1 U. Pa. L. Rev. 193,207-213 (1979/80), wo nur ein mittlerer Prüfungsmaßstab angewandt wird, unter dem das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit aber ebenfalls nicht haltbar sei. Von einigen Autoren wird die Auffassung vertreten, daß die bislang vorgebrachten staatlichen Interessen, wie Sicherstellung der Kinderzeugung und -erziehung sowie der Schutz traditioneller Werte, auch die niedrigste Stufe einer verfassungsrechtlichen Überprüfung ("rational basis test") nicht überstehen würden, vgl. z. B. Scocca, 2 Seton Hall Const. L. Rev. 719, 759 f. (1992). 237 Dazu eben unter B. 1. 1. m Grundsätzlich zur Bedeutung von "overinc1usiv" und "underinc1usiv" im Rahmen der amerikanischen Verfassungsrechtsdogmatik siehe bei Tribe, § 16-4 sowie bei NowakiRotl/nda, § 14.2. 239 CI/lien, 15 Tulsa L. 1. 141, 155-157 (1979); Friedman, 35 Howard L. 1. 173, 206 f. (1993); Gray, 23 New Eng. L. Rev. 515, 521 f. (1988/89); Heeb, 24 Seton Hall L. Rev. 347, 387 (1993); Hohengarten, 107 Yale L. 1. 1495, 1514-1519 (1994); Homer 29 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 505, 522 f. (1994); NN, 102 Harv. L. Rev. 1508, 1610 (1989); NN, 128,1 U. Pa. L. Rev. 193,210-213 (1979/80); Penas, 8 Law& Inequality 533, 551 (1989/90), Scocca, 2 Seton Hall. Const. L. 1. 719, 765 (1992). 235 236
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
gleichgeschlechtlicher Ehen überhaupt der Fortpflanzung förderlich sein kön240 ne Zu Moral oder dem Schutz traditionelle Werte als mögliche Rechtfertigungsgründe wurde, wenn überhaupt, nur kurz in der Weise Stellung genommen, daß damit ein Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Rechte keinesfalls zu rechtfertigen sei 241 . 11. Contra "Same-Sex Marriage" Nur wenige Vertreter des rechtswissenschaftlichen Schrifttums haben sich gegen die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen ausgesprochen242 . Deren Argumente werden, um Wiederholungen zu vermeiden, nur insoweit angesprochen, als sie über die bereits von den Gerichten gegen die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen vorgebrachten Erwägungen hinausgehen243. Hierzu gehört vor allem die Auffassung, daß einer Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen die Entscheidung in Bowers v. Hardwick244 entgegenstehe. Dort beurteilte der US-Supreme Court ein Strafgesetz aus Georgia, das verschiedene Arten sodomistischer Handlungen pönalisiert, für verfassungsgemäß, da es kein verfassungsrechtlich verbürgtes Recht auf homosexuelles Verhalten zwischen Erwachsen in deren Privatbereich gebe. Solange aber sexuelle Handlungen zwischen Partnern desselben Geschlechts verboten werden
240 Vgl. hierzu Friedman, 35 Howard L. 1. 173, 208 (1993), der die Auffassung äußert, daß die Geburtenzahlen z. B. durch fmanzielle Zuwendungen an Eltern in Fonn von Steuerleichterungen oder Prämien, gesteigert werden könnten, nicht aber durch das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen. 241 SO Z. B. Gray, 23 New Eng. L. Rev. 515,519 f. (1988/89); N.N., 102 Harv. L. Rev. 1508, 1610 f. (1989); Scocca, 2 Seton Hall Const. L. Rev. 719,760-762 (1992). 242 Z. B. Bucchanan, 10 U. Dayton L. Rev. 541 (1984/85); Hansen, 22 Drake L. Rev. 206 (1972); Posner, S. 311-313; Wardie, 1996, Brigham Y. U. L. Rev. 1 (1996), die zudem in den Anhängen A und B (S. 96-101) Aufsätze aus den Jahren 1970-1975 und 1990-1995 aufgelistet hat, die sich gegen die "same-sex marriage" ausgesprochen haben. Unberücksichtigt bleiben in diesem Ralunen Anhandlungen, die sich nicht aus rechtlichen, sondern aus grundsätzlichen z. B. feministischen Gründen gegen die Ehe an sich wenden wie z. B. PolikojJ, 79 Virginia L. Rev. 1535 (1993 ill). 243 Auch in diesem Ralunen ist keine Vollständigkeit zu erwarten. Es werden vielmehr nur die am häufigsten vertretenen Argumente aufgegriffen, es besteht jedoch anhand des Fußnotenapparates die Möglichkeit, den hiesigen Überblick um weitere Argumente zu ergänzen. 244 478 US 186 (1986).
B. Gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttum
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könntens sei ein Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen erst recht aufrecht zu halten24 . Ferner wird die Ansicht vertreten, eine Analogie zur Loving-Entscheidung, wie sie vom Supreme Court von Hawaii in Sachen Baehr v. Lewin 246 vorgenommen wurde, gehe in jeder Hinsicht fehl 247 . Das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen sei mit einem Verbot "gemischtrassiger" Ehen in keiner Weise vergleichbar. Zum einen sei Homosexualität anders als "Rasse" keine "supect classification", da zumindest das Merkmal der "immutability" nicht hinreichend bewiesen werden könnte248 . Zum anderen liege ein bedeutsamer funktionaler Unterschied in der Tatsache, daß sich Angehörige verschiedener "Rassen" in der Ehe fortpflanzen und damit zum Fortbestand der Gesellschaft beitragen könnten, während dies gleichgeschlechtlichen Paaren nicht möglich sei 249 . Auf einen Vergleich mit der Loving-Entscheidung könne deshalb weder eine Verletzung des Grundrechts auf Eheschließungsfreiheit noch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz gestützt werden25o . Zudem gebe es eine überwiegende Mehrheit in der amerikanischen Bevölkerung, die gegen eine Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen sei251 . Aus diesem Grund und wegen der nach wie vor herrschenden Rechtspraxis und Gesetzgebung, die beide die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen ablehnen, könne aus der Verfassung kein ungeschriebenes Recht auf Eingehung einer "same-sex marriage" abgeleitet werden, ohne gegen ~rundlegende Demokratiegrundsätze wie das Mehrheitsprinzip zu verstoßen2 . Jedenfalls gebe es keine verfassungsrechtliche Verpflichtung, gleichgeschlechtliche Ehen einzuführen, weshalb die Rechtspraxis die Debatte um die
245 So z. B. Hansen, 22 Drake L. Rev. 206,211 (1972/73); Wardie, 1996 Brigham y. U. L. Rev. 1,35 (1996); kritisch hierzu z. B. N.N., 128, I U. Pa. U. L Rev. 193, 211 f (1979(80); Cullen, 15 Tulsa L. J. 141, 157 f (1979), die der Meinung ist, daß
die "sodomy"-Gesetzgebungen im Rahmen einer Diskussion über das Grundrecht auf Eheschließungsfreiheit schon deshalb keine Rolle spielen könne, weil zahlreiche Staaten sowohl heterosexuelle als auch homosexuelle "sodomy" unter Strafe stellen. 246 Baehr v. Lewin, 74 Haw. 530, 581 f, 852 P.2d 44,68 (1993). 247 So Wardie, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. 1, 75 (1996). 248 Wardie, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. 1,82 (1996). 249 Wardie, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. 1, 80 f (1996). 250 Wardie, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. 1,75-82 (1996). 251 Hansen, 22 Drake L. Rev. 206, 211 (1972/73); Wardie, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. 1, 57 f (1996); Bucchanan, 10 U. Dayton L. Rev. 541,560 (1984/85). 252 Wardie, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. 1,57 f (1996); Bucchanan, 10 U. Dayton L. Rev. 541,553,556 f. (1984/85); im Ergebnis ebenso Hansen, 22 Drake L. Rev. 206, 211 (1972/73); kritisch hierzu Gray, 23 New Eng. L. Rev. 515, 523-526 (1988/89), die sich vor allem mit den Äußerungen Bucchanans auseinandersetzt.
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
"same-sex marriage" der Legislative und in diesem Rahmen dem politischen Prozeß überlassen sOllte253 . IH. Zusammenfassung Ein Überblick über die amerikanische Rechtsliteratur zur "same-sex marriage" ergibt ein Bild der Einstimmigkeit. Vor allem in neueren Veröffentlichungen wird die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen nahezu ausnahmslos befürwortetet und argumentativ unterlegt254. Dem steht fast ebenso geschlossen eine Rechtsprechung gegenüber, die ihre ablehnende Haltung gegenüber gleichgeschlechtlichen Ehen in ihren Urteilen deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Erst die Entscheidung des Supreme Court von Hawaii hat diese Fronten aufgeweicht. Daraus jedoch die Schlußfolgerung zu ziehen, die Rechtspraxis werde sich nach und nach die Literaturmeinung zu eigen machen, geht vor dem Hintergrund auch derzeit noch überwiegend gegen die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen sprechender Urteile 255 fehl. Es scheint vielmehr dabei zu bleiben, daß die Befürworter und die Gegner der "same-sex marriage" sich auch in Zukunft in zwei Lagern, bestehend aus den Vertretern der Literatur einerseits und den Gerichten auf der anderen Seite, gegenüberstehen werden. Es ist deshalb davon auszugehen, daß eine Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen zwar theoretisch für möglich gehalten wird,
253 Wardie, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. 1,95 (1996); Bucchanan, 10 U. Dayton L. Rev. 541,541 f. (1984/85). 254 Hieraus jedoch wie Wardie, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. 1, 20-23 (1996) die Schlußfolgerung zu ziehen, dies sei das Ergebnis eines Tabus, lesbische oder schwule Lebensweisen zu kritisieren, erscheint indes zweifelhaft. Unangemessen ist vor allem ihre Kritik, daß aus diesem Grund eine niveauvolle, wissenschaftliche Auseinandersetzung über dieses Thema nicht möglich sei. Vor dem Hintergrund der höchstrichterlichen, teilweise umfangreich begründeten Entscheidungen, die sich überwiegend gegen die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen ausgesprochen haben, existieren auch im Rahmen einer theoretischen Auseinandersetzung emstzunehmende Gegenstimmen, zu denen die Vertreter des rechtswissenschaftlichen Schrifttums Stellung nehmen können. Hierfür spricht vor allem auch, daß Gegner der "same-sex marriage" mit ihren Abhandlungen bisher nur wenige neue, über die Argumentation der Gerichte hinausgehende Aspekte in die Diskussion eingebracht haben. In diesem Zusammenhang bisher unerwähnt geblieben ist die Kritik Posner's, der einer Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen die damit verbundenen Einbußen an sozialen Werten und andere aus gesellschaftspolitischer Sicht nicht wünschenswerte Nebeneffekte entgegenhält (S. 311313). Kritisch hierzu Eskridge, 102 Yale L. J. 333, 352-359 (1992); ders., 79 Virginia L. Rev. 1419, 1432-1434 (1993 Ill), der als Befürworter gleichgeschlechtlicher Ehen seine Auffassung auf ein weiteres Argument, den sogenannten "social constructionism", stützt. 255 Siehe unter A. TI. 1., 2. a.
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
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in Realität aber das Verbot der "same-sex marriage" von der Rechtspraxis, das heißt von Gesetzgebung und Rechtsprechung, aufrecht erhalten wird.
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage" Dieser Rechtslage, wonach allein die Ehe als einzige, gesetzlich geregelte Form familiären Zusammenlebens umfangreiche Rechte und Vergünstigungen gewährt, stehen gesellschaftliche Veränderungen gegenüber, die dazu geführt haben, daß Beziehungen zwischen Erwachsenen mit und ohne Kinder immer häufiger außerhalb der Ehe organisiert werden256 . Während noch 1970 40 % der insgesamt 9U Millionen amerikanischen Haushalte als traditionelle Familien definiert werden konnten, waren es 1991 nur noch 22 % (= 24,6 Millionen)257. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl nichtehelicher, verschiedengeschlechtlicher Lebensgemeinschaften von etwa 523.000 auf schätzungsweise 2,6 Millionen an: die Anzahl gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften wurde 1988 mit 1,6 Millionen veranschlagt258. Die restlichen US-Bürger leben in anderen Formen nicht-traditioneller Familien259oder in Ein-PersonenHaushalten. Auf tatsächlicher Ebene hat die Ehe demnach ihre rechtlich unverändert fortbestehende MonopolsteIlung längst eingebüßt26o . Diese Diskrepanz zwischen gelebter Wirklichkeit und gesetzlicher Vorgabe, die sowohl die Beziehung der Lebenspartner untereinander als auch ihr Verhältnis zu Dritten
250 Teilweise wird deshalb die Schlußfolgerung gezogen, das Recht habe nicht Schritt gehalten mit den veränderten Verhaltensweisen einer modernen Gesellschaft bei der Ausgestaltung ihrer persönlichen Beziehungen. Viele Paare sähen sich von rechtlichen und anderen Vorteilen des ehelichen Status ausgeschlossen, obwohl sie Aufgaben erfüllen, die üblicherweise von traditionellen Familien wahrgenommen werden. Die Regierungen könnten nicht weiterhin die Bedürfnisse von Millionen von Menschen übersehen, die entweder nicht heiraten können oder nicht wollen. Die "domestic partnership"-Regelungen auf kommunaler Ebene, könnten wegen ihrer beschränkten Reichweite allenfalls ein Anfang sein. Vgl. hierzu Bowman/Comish, 92 Colum. L. Rev. 1164, 1211 (1992 II); Treuthart, 26 Gonzaga L. Rev. 91, 93 (1990/91); Stamps, 19 South. U. L. Rev. 441,442 (1992). 257 Stat. Abstract of the United States, tab!. 62, 108th Ed. 1988, zitiert nach Stamps, 19 South. U. L. Rev. 441, 441 f. (1992 ) u. Treuthart, 26 Gonzaga L. Rev. 91, 92 Fn. 1 (1990/91) sowie Post, 19 Fordham Urb. L. J. 747,748 (1992). 258 Vg!. hierzu Juel, 13 B. C. Third World L. Rev. 317, 318 (1993); Bowman/Comish, 92 Colum. L. Rev. 1164, 1165 Fn. 5 (1992 II). 25Q In diese Kategorie fallen z. B. sogenannte Re~tfamilien nach Ehescheidung oder Tod eines Partners sowie unvollständige Familien, in denen Kind(er) von vornherein nur von einem Elternteil aufgezogen werden. Dazu gehören nach Little, 47 Okla. L. Rev. 695, 695 (1994) schätzungsweise drei Millionen lesbische Frauen und schwule Männer und deren Kinder. 200 So auch Zimmer, 12 Cardozo L. Rev. 681, 684-686 (1991).
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
ungeregelt läßt, führt vor allem in Notsituationen und bei der Abwicklung gescheiterter Beziehungen zu Schwierigkeiten. Versuche, die Abwesenheit gesetzlicher Regelungen durch vertragliche und andere Absprachen zu überwinden, können nur als unzulänglich bezeichnet werden. Es entstehen insbesondere im Bereich des Sorge- und Umgangsrechtes sowie bei der Besitzverteilung Konfliktsituationen, deren Bewältigung die Parteien häufig überfordert. Werden diese Streitigkeiten dann vor Gericht ausgetragen, sind die Vertreter der Judikative infolge der Untätigkeit der Legislative dazu gezwungen, ihre Entscheidungen ohne gesetzlich vorgegebene Anhaltspunkte zu fällen. Widersprüchliches und unübersichtliches Fallrecht ist die Folge261. Aus diesem Grund plädieren Vertreter der infolge ihrer Zwangsehelosigkeit davon besonders betroffenen lesbischen und schwulen Minderheit rur eine gesetzgeberische Lösung für unverheiratete Paare, wozu auch die auf kommunaler Ebene bereits in Kraft gesetzten "domestic partnership legislations" zu zählen sind262 . Vereinzelte Erfolge gleichgeschlechtlicher Paare bei der gerichtlichen Durchsetzung ihrer Forderungen haben allerdings dazu geführt, daß trotz aller Unsicherheiten über den Ausgang der Verfahren auch die richterliche Rechtsfortbildung als eine Möglichkeit in Betracht gezogen wird, um gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften zumindest in Teilbereichen zu einem Mehr an rechtlicher Anerkennung ihrer Beziehung zu verhelfen263 . Demnach werden sowohl auf der Ebene der Legislative als auch auf dem Gebiet der Rechtsprechung Alternativen zur "same-sex marriage" diskutiert, zum Teil sind sie bereits umgesetzt264 . Ihrer Darstellung widmen sich die fol-
Dazu unten unter C. I. Der theoretische Hintergrund solcher Initiativen ist zwischen ihren Befürwortern allerdings umstritten. Die Meinungen gehen vor allem darüber auseinander, ob die "domestic partnership"-Gesetzgebung ein erster Schritt auf dem Weg zur "same-sex marriage" ist oder ob sie eine echte Alternative zur Ehe darstellt, die insofern nicht das eigentliche Ziel sein sollte. Vgl. dazu Eskrige, 79 Virginia L. Rev. 1419, 1486-1493 u. Colker, 3 Yale J. L. & Feminism 321 (1991), die die "same-sex marriage" als wichtiges Anliegen des "gay rights movement" bezeichnen. AA z. B. Polikoff, 79 Virginia L. Rev. 1535 (1993 Ill), die die Ehe grundsätzlich und deshalb auch fiir gleichgeschlechtliche Paare ablehnt. Einen Überblick über diese Debatte bieten Berger, 40 DePaul L. Rev. 417,448-450 (1991); Cox, 1994 Wis. L. Rev. 1033, 1035 Fn. 10-12 (1994), beide m.w.N. Vgl. dazu auch die Debatte der Homosexuellen-Gemeinde in Deutschland (Zweites Kapitel B. Ill.), die der amerikanischen weitgehend vergleichbar ist. 2()3 SO Z. B. Treuthart, 26 Gozaga L. Rev. 91, 123 f. (1990/91); Sorensen, 81 Georgetown L. J. 2105 (1993), die zudem eine judikative Lösung ("dynamic statutory interpretation") grundsätzlich einem legislativen Handeln vorzieht. 264 Ausführlich zu Möglichkeiten und Versuchen lesbischer und schwuler Paare, in den Genuß des Familienstatus zu kommen, bei Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447, 455-478 (1992). 261
262
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
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genden Ausführungen, wobei Aspekte der Praktikabilität und der Durchsetzbarkeit im Vordergrund der Betrachtungen stehen sollen. I. Überblick über das Fallrecht
In zunehmendem Maße versuchen nichteheliche Lebenspartner, ihre Interessen gerichtlich durchzusetzen. Im Streit stehen dabei sowohl die Beziehungen zwischen den Lebenspartnern als auch ihr Verhältnis zu Dritten, so daß die zugrundeliegenden Sachverhalte nicht auf klassische Trennungskonflikte wie die Verteilung von Besitz und Vermögen reduziert werden können. Das umfangreiche Fallrecht, in dem Homosexualität eine Rolle spielt, tangiert statt dessen die unterschiedlichsten Rechtsgebiete und selbst ein nur fragmentarischer Überblick über diese Rechtsprechung würde den hier gegebenen Rahmen sprengen 265 . Die nachfolgende Darstellung wird sich deshalb auf die für die vorliegende Arbeit relevanten Fälle beschränken, in denen es um die Anerkennung gleichgeschlechtlich orientierter Menschen als Paar geht266 . In diesen Konstellationen ist regelmäßig streitentscheidend, ob die persönliche Beziehung zwischen den Partnern zum Anknüpfungspunkt bestimmter Rechte und Pflichten gemacht wird oder ob sie mangels formaler Beurteilungskriterien, wie sie die Ehe bereithält, bei der Entscheidung über das Klagebegehren . . WIr . d267 . Ignonert Die Beantwortung dieser Frage hängt zunächst davon ab, in welchen Umfang die jeweils streitgegenständliche Beziehung eine rechtlich relevante Ausgestaltung erfahren hat. Neben Testamenten und Handlungsvollmachten ist hierbei vor allem an vertragliche oder andere in irgendeiner Form verbindliche Absprachen zwischen den Partnern zu denken. Dem stehen diejenige Fälle gegenüber, in denen es an konkreten rechtlichen Bezugspunkten fehlt, entweder weil die Partner es versäumt oder bewußt unterlassen haben, ihre Beziehung zu formalisieren, oder weil es ihnen nicht möglich war. Letzteres betrifft vor allem das Verhältnis der Lebenspartner zu Dritten und gesetzliche Privilegierungen wie das Zeugnisverweigerungs-
265 Einen ausführlichen Überblick bietet Rivera, die in drei aufeinanderfolgenden Aufsätzen den Versuch unternommen hat, sämtliche veröffentlichten Entscheidungen, in denen Homosexualität eine Rolle spielt, aufzugreifen und zu dokumentieren, vgl. 30 Hastings LJ. 799 (1979), 30 Drake L. Rev. 311 (1980/81), 10 U. Dayton L. Rev. 459 (1984/85). 266 Einen ausführlichen Überblick über diese Fallkonstellationen bietet auch Bamhardt, 40 Emory L. Rev, 571, 587-596 (1991 I). 267 So auch Link, 23 Loy. L.A. L. Rev. 1055, 1101 (1990).
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
recht 268 . In diesen Konstellationen stehen die Gerichte häufig vor der Frage, ob sie die unverheirateten Partnern durch eine erweiternde Auslegung gesetzlicher Begriffe wie Familie, Ehegatte, Eltern und Angehöriger in den Schutzbereich der im Einzelfall in Betracht kommenden Norm einbeziehen oder ob sie bei einer rein formalen Betrachtungsweise bleiben269 . Hier hat sich eine Rechtsprechung entwickelt, die unter dem Stichwort "Redefining the Family" zusammengefaßt und diskutiert wird. Eine gesondert zu betrachtende Möglichkeit, der Beziehung insgesamt einen rechtlichen Rahmen zu geben, ist die Adoption des Partners (Erwachse. )270 . nenadoptIon 1. Vertragliche und andere Absprachen zwischen zusammenlebenden Partnern und ihre gerichtliche Durchsetzung
Während eine Paarbeziehung durch die Eheschließung automatisch eine umfassende rechtliche Ausgestaltung erfährt, bleibt das Verhältnis unverheirateter Paare ungeregelt. Dies hat dazu geführt, daß nichteheliche gleich- und verschiedengeschlechtliche Paare nach Lösungsmöglichkeiten gesucht haben, ihrer Beziehung zumindest in Teilbereichen einen rechtlichen Rahmen zu geben. Hierzu gehören neben vertraglichen Absprachen über vermögensrechtliche Fragen, Testamente sowie gegenseitige Handlungsvollmachten für Notfälle 271. Solche privatrechtlichen Vereinbarungen können allerdings nicht jede Konstellation des Zusammenleben erfassen und häufig fehlt es in persönlichen Beziehungen ohnehin an hinreichend konkreten Abreden zwischen den Partnern. Konflikte sind vor allem im Trennungsfall vorprogrammiert. Schon früh mußte sich deshalb die amerikanische Rechtspraxis mit Streitigkeiten auseinandersetzen, die um außerhalb der Ehe stattfindende Beziehungen geführt wurden 272 . Die Gerichte entschieden diese Fälle in der Regel anhand formaler Kriterien; an die Ehe geknüpfte Rechtsfolgen wurden ausschließlich Eheleuten gewährt, während unverheirateten Paaren vergleichbare Lösungen versagt
Vgl. hierzu Brooke, 23 Golden Gate U. L. Rev. 899, 901 (1993). Hierzu sogleich unter C. 1. 2. 270 Dazu unter C. 1. 3. 271 Ausführlich hierzu Bowman/Comish, 92 Colurn. L. Rev. 1164, 1178 f. (1994 1I) sowie Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447,462-465 (1992). 272 Z. B. Bertelsen v. Bertelsen, 94 P. 80 (Ca!. App. 1907); Levin v. Levin, 300 N. Y.S. 1042 (N.Y. App. Div. 1937); Smith v. Smith, 38 N.w.2d 12 (Wis. 1949); Rehakv. Mathis, 238 S.E.2d 81 (Ga. 1977); Hewitt v. Hewitt, 394 N.E.2d 1204 (Ill. 1979). 268 269
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blieben273 . Andererseits brachten Billigkeitserwägungen rechtliche Konstruk. . d'le "common-Iaw mamage . :;274 und d'le "putative . mamage . ,,275 herhonen wie vor, mit deren Hilfe das Fehlen formeller Voraussetzungen einer Eheschließung überwunden wurde. Die streitgegenständliche Beziehung wurde in der Folge wie eine wirksam geschlossene Ehe behandelt, so daß die eherechtlichen Vorschriften insgesamt Anwendung finden konnten 276 . Für gleichgeschlechtliche Paare spielte diese Rechtsprechung allerdings keine Rolle, denn sowohl die "common-Iaw marriage" als auch die "putative marriage" werden als Ehen und damit als die Verbindung zwischen Mann und Frau definiert277 . Zwischenzeitlich hat die "common-Iaw marriage" allgemein an Bedeutung verloren. In vielen Staaten wird sie entweder per Gesetz oder durch die Rechtsprechung nicht mehr anerkannt 278 . Die bedeutet jedoch nicht, daß sich die Gerichte nunmehr auf formale Entscheidungsmechanismen beschränken. Es entwickelte sich vielmehr, und dies insbesondere seit den siebziger Jahren, eine Rechtsprechung zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die sich weniger an 273 Vgl. dazu Bertelsen v. Bertelsen, 94 P. 80 (Cal. App. 1907); Levin v. Levin, 300 N.Y.S. 1042 (N.Y. App. Div. 1937); Smith v. Smith, 38 N.w.2d 12 (Wis. 1949); Rehak v. Mathis, 238 S.E.2d 81 (Ga. 1977); Hewitt v. Hewitt, 394 N.E.2d 1204 (Ill. 1979) sowie Clark, § l.l, 2.; § 15.7. 274 Unter "common-Iaw marriage" ist das Verhältnis eines Mannes und einer Frau zu verstehen, die ohne verheiratet zu sein, zusammenleben als wären sie es und das auch wollen. Es fehlt quasi nur an der formellen Eheschließung. Vgl. dazu Black's Law Dictionary 277, 6th ed. 1990 sowie Clark, § 2.4 m.w.N. zum umfangreichen Fallrecht. 275 Eine "putative marriage" ist eine Ehe, die in gutem Glauben und in Unkenntnis einer oder beider Partei(en) davon geschlossen wurde, daß ein Ehehindernis vorliegt, das sie unwirksam macht, Black's Law Dictionary 1237 (6th ed. 1990). Vgl. hierzu auch Clark, § 2.4. 276 Dazu Clark, § 2.4 m.w.N. 277 Vgl. Fn. (274, 275) sowie De Santo v. Bamsley, 476 A.2d, 952 (Pa. Super Ct. 1984). Dort begehrte der Kläger die Ehescheidung von seinem gleichgeschlechtlichen Partner, mit dem er in einer "common-Iaw marriage" gelebt habe. Die erstinstanzliche Klageabweisung wurde in der Rechtsmittelinstanz aufrechterhalten, da auch nach Auffassung des Berufungsgerichts die "common law marriage" nach herkömmlichen Verständnis nur die Verbindung von Mann und Frau meine, weshalb zwei Personen desselben Geschlechts eine solche Ehe nicht wirksam miteinander eingehen könnten. Gegen eine erweiternde Auslegung auf gleichgeschlechtliche Paare spreche zunächst die zunehmende Zurückdrängung der "common law marriage", die in immer weniger Staaten der USA rechtlich anerkannt werde. Außerdem stehe der gesetzgeberische Wille einer derartigen Vorgehensweise entgegen, da in den gesetzlichen Eheregelungen von Pennsylvania eine gleichgeschlechtliche Ehe nicht vorgesehen sei. Verfassungsrechtliche Aspekte, die zur Zulässigkeit einer gleichgeschlechtlichen "commonlaw marriage" führen müßten, konnte das Gericht, entgegen der Ansicht des Klägers, nicht entdecken. Zur BegIiindung wurde unter anderem auf die Siebziger-Jahre-Fälle verwiesen. Dazu schon oben unter A. II. I. 278 In 37 Staaten wird die "common-Iaw marriage" nicht mehr anerkannt, vgl. hierzu Clark, § 2.4 m.w.N.
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der Ehe orientierte als an allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Zivilrechts279 . Dabei wuchs zunächst die Bereitschaft der Gerichte, ausdrücklichen, schriftlichen und mündlichen Absprachen zwischen den Lebensgefahrten zur Durchsetzung zu verhelfen, solange die Vereinbarung über Teilung des Einkommens und des Besitzes nicht auf sexuellen Aspekten der Beziehung beruhte 28o . Als abstrakter Grundsatz wurde diese Rechtsprechung dann erstmals in Marvin v. Marvin 281 formuliert 282 . Dort stellte der Supreme Court von Kalifornien ausdrücklich fest, zusammenlebende unverheiratete Paare könnten das Recht der Vertragsfreiheit ebenso in Anspruch nehmen wie jede andere nicht verheiratete Person283 . Allein die Tatsache, daß zwischen den Lebensgefahrten auch ein~ sexuelle Beziehung bestehe, mache die zwischen ihnen getroffene vertragliche Absprache jedenfalls nicht unwirksam284 . Diese Grenze sei viel279 So wurde z. B. eine angemessene Vergütung für während der Dauer der Lebensgemeinschaft erbrachte (Dienst-)Leistungen über die "imlied-in-fact contract doctrine" oder über die "quasi contract doctrine" ("unjust enrichment") gewährt. Letztere verzichtet nicht nur auf eine ausdrückliche Vereinbarung, sondern auf einen Vertragsschluß überhaupt und schafft einen Ausgleich allein nach Billigkeitsgesichtspunkten. Siehe hierzu Mason v. Rostad, 476 A.2d 662, 666 (D.C. 1984). Weitere von den Gerichten zur vermögensrechtlichen Abwicklung gescheiterter nichtehelicher Lebensgemeinschaften herangezogene Ausgleichsmechanismen sind: "irrevocable gift", ,,resulting trust", "constructive trust", "equitable lien" und "implied partnership". Vg!. hierzu Bowman/Comish, 92 Colum. L. Rev. 1164, 1174 Fn. 48-52 (1992 II) m.w.N. zum Fallrecht; Fo/berg/Buren, 12 Willamette L. 1. 453,466-479 (1975/76) sowie die Ausführungen in Marvin v.Marvin, 557 P.2d 106, 122 Fn. 24 (Ca!. 1976): "We do not seek to resurrect the doctrine of common law marriage, which was abolished in California by statute in 1865 ..... Thus we do not hold that plaintiff and defendant were ,,married", nor do we extend to plaintiff the rights which the Family Law Act grants valid or putative spouses; we hold only that she has the same rights to enforce contracts and to assert her equitable interest in property acquired through her effort as any other unmarried person." 280 SO Z. B. VaUera v. VaUera, 134 P.2d 761 (Ca!. 1943); Trutalli v. Meraviglia, 12 P.2d 430 (Cal 1932). Vg!. aber auch Levin v. Levin, 300 N.Y.S. 1042 (N.Y. App. Div. 1937); Smith v. Smith, 38 NW.2d 12 (Wis. 1949) u. Hewitt v. Hewitt, 394 N.E.2d 1204 (Ill. 1979), wo ausdrückliche vertragliche Absprachen zwischen nichtehelichen Lebenspartnern für ungültig erklärt wurden, weil die zwischen den Parteien bestehenden außerehelichen sexuellen Beziehungen gegen die "public policy" verstoßen würden. 281 557 P.2d 106 (Ca!. 1976). 282 ,,Although the past decisions hover over the issue in the somewhat wispy form of the figures of a Chagall painting, we can abstract from these decisions a c1ear and simple role. The fact that a man and a woman live together without marriage, and engage in a sexual relationship, does not in itself invalidate agreements between them about their earnings, property, or expenses," Marvin v. Marvin, 557 P.2d 106, 113 (Cal 1976). 283 Marvin v. Marvin, 557 P.2d 106,116 (Ca!. 1976). 284 Marvin v. Marvin, 557 P.2d 106, 116 (Ca!. 1976).
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mehr erst überschritten, wenn sexuelle Dienste untrennbar im Austausch- oder Gegenseitigkeitsverhältnis zu den vermögensrechtlichen Dispositionen der Lebens- und Vertragspartner stünden 285 . Aber nicht nur deshalb wird die Marvin-Entscheidung als richtungsweisend für die Entwicklung der vermögensrechtlichen Rechtsprechung zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften bezeichnet 286 . Der Supreme Court von Kalifornien traf vielmehr eine weitere grundlegende Aussage, indem es anmerkte, daß die rechtmäßigen Erwartungen der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft auch dann geschützt werden sollten, wenn keine ausdrücklichen Vereinbarungen zwischen ihnen getroffen worden seien287 . In diesen Fällen könnte zum Schutze des schwächeren Teils auf andere allgemeine Rechtsgrundsätze und Ausgleichsmechanismen zurückgegriffen werden, die ohne dieses Erfordernis auskämen, wie zum Beispiel die "implied-in-fact-doctrine,,288. Danach ist es möglich, dort einen Vertragsschluß anzunehmen, wo sich aus den Umständen eindeutig ergibt, daß eine Leistung in der Erwartung erbracht wurde, dafür entlohnt zu werden und der Leistun§sempfänger ebenfalls von der Entgeltlichkeit der geleisteten Dienste ausging 89. Solche rechtsdogmatischen Lösungsansätze waren zwar schon 290 zuvor von der Rechtsprechung herangezogen worden ,denn konkrete Absprachen liegen zwischen Lebens~fährten, deren Beziehung in erster Linie personaler Natur ist, nur selten vor 91. Eine angemessene Vergütung für während der Dauer der Lebensgemeinschaft im Haushalt geleistete Dienste wurde damit aber regelmäßig nicht gewährt, da die Gerichte von der Vermutung ausgingen, Hausarbeit werde grundsätzlich unentgeltlich geleistet292 . DemgegenMarvin v. Marvin, 557 P.2d 106, 116 (Cal. 1976). Statt vieler Bullock, 25 U. Cal. Davis L. Rev. 1029, 1031 (1992), " ... the landmark palimony case." 287 Man.'in v. Marvin, 557 P.2d 106, 122 f. (Cal 1976). 288 Siehe Marvin v. Marvin, 557 P.2d 106, 122 f. (Cal 1976), wo auf bereits ergangene Entscheidungen verwiesen wird, in denen die vermögensrechtliche Beziehung der Parteien mit Hilfe solcher allgemeiner Grundsätze abgewickelt worden waren, ohne daß ein ausdrücklicher Vertrag oder ähnliches vorgelegen hätte. 289 Vgl. hierzu Folberg/Buren, 12 Willamette L. 1. 453, 466-468 (1975/76); Clark. § 1.2. 290 Z. B. Vallera v. Vallera, 134 P2d 761, 763 (Cal. 1943); Keene v. Keene, 371 P.2d 329, 333 (Cal. 1962); Tyranski v. Piggins, 205 N.w.2d 595, 596 f. (Mich. ct. App. 1973); Tapley v. Tapley, 449 A.2d 1218, 1219 f. (N.H. 1982); Morone v. Morone, 413 N.E.2d 1154, 1157 (N.Y.1980); Franklin v. Northup, 215 P. 494, 499 (Or. 1923); vgl. auch Folberg/Buren, 12 Willamette L. 1. 453, 466-468 (1975/76) m.w.N. zur Rechtsprechung. 291 Vgl. hierzu Folberg/Buren, 12 Willamette L. 1. 453,462-466 (1975/76); Brooke, 23 Golden Gate L. Rev. 899, 903 (1993); Bowman/Comish, 92 Colum L. Rev. 1164, 1171 (1992 TI). 292 Vgl. hierzu Folberg/Buren, 12 Willamette L. 1. 453, 466-468 (1975/76); Clark. § 1.2. 285 286
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über traf der "MaIVin-Court" die Feststellung, daß auch im Haushalt geleistete Arbeit geldwert sei und es deshalb eine dahingehende Vermutung nicht geben könnte, daß solche Tätigkeiten grundsätzlich als Geschenk erbracht würden293 . Die MaIVin-Entscheidung markiert einen Wendepunkt im Fallrecht zur gerichtlichen Durchsetzung vertraglicher Absprachen zwischen zusammenlebenden unverheirateten Paaren, denn seitdem sind viele Gerichte inner- und außerhalb Kalifomiens dazu übergegangen, den vermögensrechtlichen Ausgleich zwischen nichtehelichen Lebenspartnern im Todes- oder Trennungsfall nach den dort aufgestellten Grundsätzen vorzunehmen294 . Dies gilt zudem unabhängig von der sexuellen Orientierung der Lebenspartner, denn obwohl Marvin v. Marvin ein verschiedengeschlechtliches Paar betraf, wurden die grundlegenden Aussagen der Entscheidung gleichermaßen auf gleichgeschlechtliche Paare übertragen 295. Damit steht fest, daß gleichgeschlechtliche ebenso wie verschiedengeschlechtliche unverheiratete Paare die Möglichkeit haben, den vermögensrechtlichen Bereich ihrer Beziehung in den Grenzen des allgemeinen Vertragsrechts nach ihren Wünschen und Bedürfnissen auszugestalten. Eine Gewähr dafür, daß die von ihnen getroffenen Vereinbarungen auch im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung Bestand haben werden, gibt es indes nicht296 ; auch dies trifft auf gleich- und verschiedengeschlechtliche nichteheliche Lebensgemeinschaften gleichermaßen zu. Die Durchsetzung vertraglicher Abreden zwischen nichtehelichen Lebenspartner bleibt deshalb im EinMarvill v. Marvill, 557 P.2d 106,121 (Cal. 1976). Vgl. hierzu Bowman/Cornish, 92 Colum. L. Rev. 1164, 1173 Fn. 43, 44 u. Bullock, 25 U. C. Davis L. Rev. 1029, 1043 f., beide m.w.N. zum Fallrecht. Anders z. B. Rehak v. Mathis, 238 S.E.2d 81, 82 (Ga. 1977); Hewitt v. Hewitt, 394 N.E.2d 1204, 1207-11 (Ill. 1979). 295 Vgl. z. B.: Whorton v. Dillingham, 248 Cal. Rptr. 405 (Ct. App. 1988); Small v. Harper, 638 S.w.2d 24 (Tex. Ct. App. 1982); Bramlett v. Seiman, 597 S.w.2d 80 (Ark. 1980); Weeks v. Gay, 256 S.E.2d 901 (Ga. 1979); Ireland v. Flanagan, 627 P.2d 496 (Or.Ct. App. 1981). Auch in lones v. Daly, 176 Cal. Rptr. 130 (Ct. App 1981) wurden die Marvin-Grundsätze angewandt, allerdings mit dem Ergebnis, daß der streitgegenständlichen Vereinbarung nicht zur Durchsetzung verholfen wurde, weil sie das Wort "lover" enthielt. Zur Auswirkung der Marvin-Entscheidung auf gleichgeschlechtliche Paare vgl. auch Brooke, 23 Golden Gate L. Rev. 899, 909-911 (1993); Bullock, 25 U. C. Davis L. Rev. 1029 (1992), Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447, 459 f. (1992); Anderson, 26 J. Farn. L. 357,364-367 (1987/88); kritisch noch Ritter, 12 Loy. LA L. Rev. 409,419-423 (1979). 296 Hierzu Berger, 40 DePaul L. Rev. 417, 422 (1991); Brooke, 23 Golden Gate L. Rev. 899, 916 (1993) sowie Bullok, 25 U. C. Davis L. Rev. 1029,1046-1049 (1992), die deshalb vorschlägt, die Marvin-Grundsätze zu kodifizieren, um auf diese Weise zumindest für gleichgeschlechtliche Paare eine gewisse Rechtssicherheit zu schaffen. 293
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zelfall den Gerichten überlassen. Hierin liegt jedoch nicht die einzige Schwäche solcher privatrechtlicher Vereinbarungen. Hinzu kommt, daß vertragliche Absprachen, selbst wenn ihre gerichtliche Durchsetzung von vornherein garantiert wäre, nur begrenzt einsetzbar sind, um eine der Ehe ähnliche Situation zu schaffen297 . Zum einen kann damit nur das vermögensrechtliche Verhältnis der Partner untereinander erfaßt werden; um in Notfällen für den anderen handeln zu können, sind zudem notarielle Vollmachten erforderlich298. Die Teilhabe an den Ansprüchen und Vergünstigungen, die das Gesetz oder tarifvertragliehe Vereinbarungen an den ehelichen Status knüpfen, kann mit Verträgen ohnehin nicht erreicht werden. Daß durch private Absprachen ein rechtlich anerkannter Status nicht geschaffen werden kann, ist deshalb der wohl am schwersten wiegende Nachteil dieser Alternative 299 . 2. Die "Non-Traditional Family,,300 in der Rechtsprechung a) "Redefining the Family" Unter dem Stichwort "Redefining the Family" wird eine Rechtsprechung zusammengefaßt, die dazu bereit ist, gesetzliche Begriffe wie Familie, Eltern oder Ehegatte weit auszulegen und auf diese Weise auch nicht traditionelle Familienmitglieder, das heißt nicht durch Abstammung, Ehe oder Adoption rechtlich verbundene Personen, in den Schutzbereich der im Einzelfall anzuwendenden Norm miteinzubeziehen301 . aa)Braschi v. Stahl Associates
Exemplarisch ist auf die viel besprochene Entscheidung des New York Court of Appeals in Sachen Braschi v. Stahl Associates302 zu verweisen, wo 297 Dazu Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447,461 f. (1992); Juel, 13 B.C. Third World L. J. 317, 327 (1993); Gardner, 35 Villanova L. Rev. 361, 366 (1990). 298 Vgl. hierzu Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447,461-265 (1992); Narbaitz, 44 Syracuse L. Rev. 803, 825-828 (1993). 299 So z. B. Juel, 13 B.C. Third World L. J. 317, 327 (1993); Heeb, 24 Seton Hall L. Rev. 347,361 (1993); Nussbaum, 27 Akron L. Rev. 253,273 f. (1993/94); Zimmer, 12 Cardozo L. Rev. 681, 697 (1990). 300 Zur begrifflichen Abgrenzung zwischen "traditiona1 fami1y" und der ,,nontraditional family" vgl. Bowman/Comish, 92 Colum. L. Rev. 1164, 1164 Fn. 1 (1994
II).
301 So z. B.: Esseks, 25 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 183 (1990); CordelI, 26 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 247,262 (1994). 302 74 N.Y.2d 201, 543 N.E.2d 49, 544 N.Y.S.2d 784 (1989).
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der überlebende Partner einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft als Familienangehöriger des verstorbenen Lebensgefährten angesehen und auf diese Weise davor bewahrt wurde, die von seinem verstorbenen Lebenspartner angemietete Wohnung mit kontrolliertem Mietzins303 zwangsweise räumen zu müssen. Schon vor der Braschi-Entscheidung hatten einige Untergerichte den vor einer Zwangsräumung geschützten Personenkreis über traditionelle Familienmitglieder hinaus erweitert und in diesem Zusammenhang nicht durch Adoption formalisierte Eltern-Kind Beziehungen sowie homo- und heterosexuelle nichteheliche Lebenspartner dazu gezähle 04 . Andere Gerichte hatten den Schutz vor Zwangsräumung dagegen auf die durch Abstammung, Ehe oder Adoption charakterisierte Familie beschränkt305 . Diese uneinheitliche Rechtsprechung der Untergerichte spiegelt sich auch in den unterschiedlichen instanzgerichtlichen Entscheidungen des Braschi-Falles wider. Bevor sich mit dem Court of Appeals das höchste Gericht des Staates New York mit dem Verfahren befaßte, waren bereits zwei gegenteilige Entscheidungen ergan306 gen
303 Der New Yorker Wohnungsmarkt wird durch zwei Regulationssysteme gesteuert, das "rent control"- und das "rent stabilization system" (City ofNew York, N.Y., Admin. Code tit. 26, eh. 3, §§ 26-401 bis 415 u. ch. 4, §§ 26-501 bis 520 (1986). Beide Systeme regeln unter anderem die Art und Weise der Mietpreisbindung sowie bestimmte KÜlldigungsschutztatbestände. Das "rent control system", dem auch die streitgegenständliche Wohnung in Braschi v. Stahl Associates unterlag, ist das strengere Modell. Nur wenn der Mieter einer solchen Wohnung stirbt oder auszieht, hat der Eigentümer die Möglichkeit, die Miete zu erhöhen und die Wohnung in das ,,rent stabilization system" einzugliedern, das weniger Anforderungen an die Mietzinsregulierung stellt. Vg!. hierzu auch Turner, 25 New Eng. L. Rev. 1295, 1296-1299 (1992). 304 Z. B. 2-4 Reality Assoe. v. Pittman, 137 Misc. 2d 898, 523 N.Y.S.2d 7 (Civ. Ct. 1987) (Vater-Sohn Beziehung); Zimmerman v. Burton, 107 Misc. 2d 401, 434 N.Y.S.2d 127 (Civ. Ct. 1980) (verschiedengeschlechtlicher nichtehelicher Lebenspartner); Gelman v. Castaneda, N.Y.L.1., Oct. 22, 1986, at 13, co!. 1 (Civ. Ct. Oct. 2, 1986) (gleichgeschlechtlicher Lebensgefahrte). Vg!. hierzu auch Baldacci, 21 Fordham Urb. L. 1. 973, 976-980 (1994) sowie Gardner, 35 Villanova L. Rev. 361, 373.377 (1990). 305 SO Z. B. Glantz v. lohn Doe, N.Y.L.1., Feb. 24, 1989, at 21, co!. 4 (App. Term); Lepow v. Grees, N.Y.L.1., July 2, 1984, at 14, co!. 1 (App. Term), in beiden Entscheidungen wurden Räumungsschutzklagen von heterosexuellen nichtehelichen Lebenspartnern zUlückgewiesen. In Koppelmann v. 0 'Keefe, 140 Misc. 2d 828, 535 N.Y.S.2d 871 (App.Term 1988) war ein gleichgeschlechtlicher Lebenspartner betroffen. 306 Zur unveröffentlichten Entscheidung des Eingangsgerichtes vgl. Braschi v. Stahl Ass., 74 N.Y. 2d 201,207,543 N.E.2d 49,51; 544 N.Y.S.2d 784, 786 f. (1989). Die Entscheidung des Supreme Court, Appellate Division, wurde abgedruckt in 143 AD.2d, 44, 531 N. Y.S.2d 562 (App. Div. 1989).
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Der Court of Appeals kehrte zur Sichtweise des Eingangsgerichtes zurück und subsumierte Braschi, den überlebenden Lebenspartner einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft, unter den Begriff "Familienangehöriger,,307. Begründet wurde diese Auffassung, die sich im wesentlichen als Auslegungsergebnis darstellt, mit dem Zweck der fiir den Fall maßgeblichen Vorschrift der New York Rent and Eviction Regulations, die in Section 2204.6(d) den überlebenden Ehegatten und andere Mitglieder der Familie des verstorbenen Mieters vor dem Räumungsbegehren des Eigentümers schützeo 8 . Hinter dieser Regelung stehe in erster Linie der Gedanke, einen bestimmten Personenkreis vor dem plötzlichen Verlust seines Zuhauses zu bewahren309. In diesem Zusammenhang sei der in den Vorschriften des "rent-control system" nicht näher definierte Begriff "family" nicht allein an der formellen Ausgestaltung eines personalen Verhältnisses zu orientieren, sondern auch an der tatsächlich gelebten und damit schutzwürdigen Familiensituation310 . Richter Titone führte hierzu aus 3ll : "The intended protection against sudden eviction should not rest on fictitious legal distinction or genetic history, but instead should find its foundation in the reality of family live. In the context of eviction, a more realistic, and certainly equally valid, view of a family includes two. adult lifetime partners whose relationship is long term characterized by an emotional and financial commitment and interdependence."
Wann eine Beziehung diesen Erfordernissen entspricht und deshalb als Familie zu qualifizieren ist, wurde in einer weiteren Kernaussage der Entscheidung formuliert, die seitdem häufig als "Braschi-Test,,312 bezeichnet wird. Danach sind vor allem folgende Faktoren entscheidend313 : 307 Braschi v. Stahl Ass., 74 N.Y. 2d 201, 543 N.E.2d 49, 544 N.Y.S.2d 784, (1989), wobei die Entscheidung nicht einstimmig erging, sondern durch eine Mehrheitsentscheidung. Daneben gab es noch eine lediglich in der Begründung abweichende Meinung und eine insgesamt abweichende Meinung, die von zwei Richtern vertreten wurde. Eine ausführliche Entscheidungsanalyse (aller drei Meinungen) bei Turner, 25 New Eng. L. Rev. 1295 (1991). 308 Braschi v. Stahl Ass., 74 N.Y. 2d 201, 208, 543 N.E.2d 49, 52, 544 N.Y.S.2d 784, 787 (1989). 309 Braschi v. Stahl Ass., 74 N.Y. 2d 201, 208, 543 N.E.2d 49, 52, 544 N.Y.S.2d 784, 787 (1989). 310 Braschi v. Stahl Ass., 74 N. Y. 2d 201, 211, 543 N.E.2d 49, 53 f., 544 N.Y.S.2d 784, 788 f. (1989). 311 Braschi v. Stahl Ass., 74 N.Y. 2d 201, 211, 543 N.E.2d 49,53 f., 544 N.Y.S.2d 784, 788 f. (1989). 312 Vgl. statt vieler Esseks, 25 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 183, 194 (1990). 313 Vgl. Braschi v. Stahl Ass., 74 N.Y. 2d 201, 212 f., 543 N.E,2d 49, 55, 544 N. Y.S.2d 784, 790 (1989).
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
"The exclusivity and longevity ofthe relationship, the level of emotional and fmancial commitment, the manner in which the parties have conducted their everyday lives and held themselves out to the public, and the reliance placed upon one another for daily family services."
Wenn die Entscheidung in Braschi v. Stahl Associates auch nur den mietzins-kontrollierten Wohnraum betrifft und insofern nur geringe präjudizielle Wirkung haben kann314 , so wird ihr dennoch große Bedeutung im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen im Fallrecht beigemessen315 . Dabei spielt vor allem die Überlegung eine Rolle, daß der verallgemeinerungsfahige "BraschiTest" auch in anderen Bereichen bei Auslegungsfragen in bezug auf den Begriff Familie den "non-traditional families" zu rechtlicher Akzeptanz verhelfen könnte316 . Dieser Wirkungskreis beschränke sich zudem nicht nur auf gleichgeschlechtliche Paare, da die Braschi-Entscheidung wegen ihrer neutralen Sprache, auf verschiedengeschlechtliche Lebensgemeinschaften übertragbar sei317 . Eine weiterer wichtiger Aspekt der Braschi-Entscheidung ist die Appellwirkung, die von ihr ausgehen kann, denn hinter der Ausweitung des geschützten Personenkreises im Rahmen von Räumungsklagen wurde die Auffassung des Gerichts deutlich, daß auch sogenannte "non-traditional families" bestimmte Werte und Funktionen wie Fürsorge und Verantwortung ebenso übernehmen können wie formalisierte Beziehungen; die auf diese Weise verbundenen Personen demnach im persönlichen Bereich in weitaus geringe-
314 Auf die Legislative hat sich die Entscheidung allerdings bereits ausgewirkt. Die in die New Yorks "rent stabilization system" enthaltene Definition von Familie wurde insoweit erweitert, daß nunmehr auch dazu zählen: zwei nicht formell verbundene Personen, die seit mindestens zwei Jahren zusammenleben und "emotional and financial interdependence and commitment" zeigen. Vgl. hierzu Esseks, 25 Harv. C.R- C.L. L. Rev. 183,200 Fn. 80 (1990); Baldacci, 21 Fordham Urb. L. 1. 973, 975 (1994). 315 CordelI, 26 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 247, 262-264 (1994); Esseks, 25 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 183, 197-200 (1990); Nussbaum, 27 Akron L. Rev. 253, 269 (1993/94); Sorensen, 81 Georgetown L. 1. 2105, 2124 (1993); Turner, 25 New Eng. L. Rev. 1295, 1324 (1991); nicht ganz so optimistisch Treuthardt, 26 Gonzaga L. Rev. 91, 116 (1990/91). Kritisch hierzu Gardner, 35 Villanova L. Rev. 361,381-384 (1990), der den Braschi-Test für zu ungenau hält, als daß er auf andere Fälle angewandt werden könnte. Vorzuziehen wäre seiner Meinung nach gewesen, wenn die Entscheidung auf verfassungsrechtliche Argumente gestützt worden wäre, denn dann wären die Kernaussagen wegweisend nicht nur für andere Jurisdiktionen, sondern auch für die Legislative. 316 So Esseks, 25 Harv. C.R.-c.L. L. Rev. 183, 194 (1990); CordelI, 26 Colum. Hum. Rts. L. Rev. 251, 264 (1994); Baldacci, 21 Fordham Urb. L. 1. 973, 994 f. (1994); Turner, 25 New Eng. L. Rev. 1295, 1324 (1990/91 II). 317 Esseks, 25 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 183,198 (1990).
C. Alternativen zur "Sarne-Sex Maniage"
133
rem Maße als Einzelpersonen nebeneinander stehen, als es die rechtliche Bindungslosigkeit zunächst vermuten läßt318 . Hierin liegt jedoch gleichzeitig einer der Hauptkritikpunkte an der BraschiEntscheidung. Dem dort entwickelten "Braschi-Test" wird vor allem eine Idealisierung der Familie vorgeworfen, die dazu führe, daß "non-traditional families" mehr vorweisen und leisten müßten als andere, durch Abstammung, Ehe oder Adoption formalisierte Familien319 . Zudem müßten die betroffenen Parteien, die als "family" anerkannt werden wollten, ihr Privatleben offenIegen, um den "Braschi-Test" zu bestehen32o . Ein weiterer Schwachpunkt der Entscheidung wird in dem damit in Gang gesetzten Automatismus gesehen, wonach jede Beziehung ab einem bestimmten Punkt als rfamily" angesehen werden kann, auch wenn die Partner das nicht wünschen32 . bb) In Re Guardianship of Kowalski
Eine andere wichtige Entscheidung, die unter "Redefining the Family" gefaßt werden kann, ist die des Minnesota Court of Appeals In re Guardianship of Kowalski 322 . Dort wurde die gleichgeschlechtliche Beziehung einer Frau, die infolge eines Unfalls körperlich und geistig schwerbehindert war, in der Weise anerkannt, daß ihre Lebensgefährtin zu ihrem Vormund bestellt wurde. Dieser Entscheidung ging allerdiI1ß~ ein über sämtliche Instanzen geführter und Jahre dauernder Prozeß voraus . Die damals siebenundzwanzigjährige Sharon Kowalski erlitt am 13. November 1983 durch einen Autounfall schwerste mentale und physische Verlet-
318 Esseks, 25 Harv. C.R.- C.L. L. Rev. 183, 198 f. (1990); Corde/l, 26 Colwn. Hwn. Rts. L. Rev. 251, 264 (1994); Baldacci, 21 Fordharn Urb. L. J. 973, 994 f. (1994); Link, 23 Loy. LA L. Rev. 1055, 1145 (1990); Nussbaum, 27 Akron L. Rev. 253,269 (1992/94). 319 Esseks, 25 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 183, 195 f. (1990); Baldacci, 21 Fordharn Urb. L. J. 973, 995 (1994); Berger, 40 DePaul L. Rev. 417,422 (1991); Brooke, 23 Golden Gate U. L. Rev. 899, 907 (1993); Case, 79 Virginia L. Rev. 1643, 1664 (1993
11).
320 SO Z. B. Esseks, 25 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 183, 195 (1990); Baldacci, 21 Fordharn Urb. L. J. 973,991-993 (1994); Bamhardt, 40 Emory L. Rev. 571, 576 (1991 I); Berger, 40 DePaul L. Rev. 417, 421 (1991); Hohengarten, 103 Yale L. Rev. 1495, 1503 f. (1994). 321 DazuStrasser, 64 Fordharn Urb. L. Rev. 921,904 (1995). 322 478 NW.2d 790 (Minn. Ct. App. 1991), review denied, Feb. 10, 1992. 323 Ausführlich hierzu Leonard, 21 Fordharn Urb. L. J. 927, 946-948 (1994); CameLi, 68 Chicago Kent L. Rev. 447,452-455 (1992); Link, 23 Loy. LA L. Rev. 1055, 1134-1139 (1990).
134
3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
zungen, in deren Folge sie sich verbal nicht mehr artikulieren konnte und in jeder Hinsicht pflegebedürftig wurde 324 . Sie ist seitdem auf einen Rollstuhl angewiesen und befindet sich geistig auf dem Stand eines etwa vier bis sechsjährigen Kindes 325. Daraufhin beantragten ihr Vater und auch ihre Lebensgefährtin, Karen Thompson, mit der sie etwa vier Jahre in einer lesbischen Partnerschaft zusammengelebt hatte, jeder für sich allein die Vormundschaft für Kowalski326 . Die beiden Frauen hatten weder gegenseitige Handlungsvollmachten errichtet noch sonst irgendwelche Absprachen für Krankheitsund andere Notfälle getroffen; darüber hinaus war der Charakter ihrer Beziehung nicht allgemein und vor allem den Eltern Kowalski nicht bekannt327 . Die Gerichte entschieden zu Gunsten des Vaters 328 , der in der Folgezeit - als Vormund dazu berechtigt - Karen Thompson jeglichen Kontakt zu seiner Tochter untersagte 329 . Die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen Thompson und Kowalskis Vater um die Vormundschaft dauerte an und wurde teilweise auch in der Öffentlichkeit geführt33o . Vor diesem Hintergrund und im Zusammenhang mit einer neuen gerichtlichen Entscheidung über Kowalskis Fähigkeit, ihre Wünsche in bezug auf die Person des Vormundes zum Ausdruck zu bringen, verzichtete der Vateri der selbst gesundheitliche Probleme hatte, auf seine Stellung als Vormund33 . Obwohl der darauffolgende erneute Antrag Thompsons, als Vormund für Kowalski bestellt zu werden, unwidersprochen blieb, übertrug der in diesem Verfahren zuständige Richter die Vormundschaft einer Freundin der Familie Kowalski, die als neutrale Sachwalterin zwischen den Eltern und Thompson vermitteln sollte332 . Daraufhin legte Thompson Berufung zum Minnesota Court of Appeals ein, der schließlich ihr die Vormundschaft übertrug und zur Begründung lediglich ausführte, die zwi-
In re Guardianship 0/ Kowalski, 478 N.W.2d 790, 791 (Minn. ct. App. 1991). In re Guardianship o/Kowalski, 478 NW.2d 790, 791 (Minn. ct. App. 1991). 326 In re Guardianship 0/ Kowalski, 382 N.W.2d 861 (Minn. Ct. App.), cert. denied 1986; 478 NW.2d 790, 791 f. (Minn. Ct. App. 1991), rev. denied Feb. 10, 1992. 327 Vgl. hierzu Leonard, 21 Fordham Urb. L. J. 927, 946 (1994); Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447, 452 (1992); Brooke, 23 Golden Gate U. L. Rev. 899, 904, 906 ( 1993). 328 In re Guardianship 0/ Kowalski, 382 N.W.2d 861 (Minn Ct. App.), cert. denied, 475 US 1085 (1986); In re Guardianship 0/ Kowalski, 392 NW.2d 310 (Minn. Ct. App. 1986). 329 In re Guardianship 0/ Kowalski, 478 N.W.2d 790, 791 (Minn. ct. App. 1991), rev. denied Feb. 10, 1992. 330 Vgl. hierzu Leonard, 21 Fordham Urb. L. J. 927,947 (1994); Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447,448 Fn. 6 (1992). 331 In re Guardianship 0/ Kowalski, 478 NW.2d 790, 791 (Minn. Ct. App. 1991); vgl. auch Leonard, 21 Fordham Urb. L. J. 927,947 (1994). 332 In re Guardianship o/Kowalski, 478 N.W.2d 790,792 (Minn. Ct. App. 1991). 324 325
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
135
schen den beiden Frauen bestehende Beziehung sei als "family of affinity" anzuerkennen333 . Der Streit um die Vormundschaft dauerte vom Zeitpunkt des Unfalles bis zum Beschluß des Minnesota Supreme Court, nicht über die Vorlage der letztgenannten Entscheidung des Court of Appeals zu befinden, insgesamt acht Jahre. Aus diesem Grund ist das Verfahren In re Guardianship of Kowalski, obwohl es letztlich zur rechtlichen Anerkennung des gleichgeschlechtlichen Paares als ,,family" führte, nicht nur als Erfolg zu werten, sondern gleichzeitig ein Symbol für die Schwierigkeiten" die gleichgeschlechtliche Partner haben, als Familien anerkannt zu werden33 . ce) Adoption ofTammy und andere
Schließlich gehören zum "Redefining the Family-Case Law" noch drei höchstrichterliche Entscheidungen, in denen gleichgeschlechtliche Paare bei der Begründung gemeinsamer Elternrechte durch Adoption erfolgreich wa335 ren In allen Fällen handelt es sich um lesbische Paare, die sich den gemeinsamen Kinderwunsch durch künstliche Insemination einer der beiden Partnerinnen verwirklicht hatten336 . Nach der Geburt sollte die Lebenspartnerin, die das Kind nicht geboren hatte, das Kind adoptieren, um auf diese Weise auch auf formaler Ebene ein Familienverhältnis zu schaffen337 . Gleichzeitig sollte jedoch die rechtlich bereits bestehende Beziehung zwischen leiblicher Mutter und Kind nicht beendet werden, so daß das Kind im Ergebnis zwei Mütter haben würde338 . In re Guardianship ofKowalski, 478 N.W.2d 790,797 (Minn. Ct. App. 1991). Vgl. hierzu Leonard, 21 Fordham Urb. L. J. 927, 947 f. (1994); Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447, 455 (1992), sowie Narbaitz, 44 Syracuse L. Rev. 803 (1993), 333
334
der den Kowalski-Fall zum Anlaß nimmt, Pflegschafts- und Vormundschaftsfragen allgemein im Hinblick auf gleichgeschlechtliche Paare zu untersuchen. 335 Adoption of B.L. V.B. & E.L. V.B., 628 A.2d 1271 (Vt. 1993); Adoption of Tammy, 619 N.E.2d 315 (Mass. 1993); Adoption ofSusan, 619 N.E.2d 323 (Mass. 1993); vgl. auch NN, 107 Harv. L. Rev. 751 (1994). 336 Adoption of B.L. V.B. & EL.v.B., 628 A.2d 1271 (Vt. 1993); Adoption of Tammy, 619 N.E.2d 315 (Mass. 1993); Adoption ofSusan, 619 N.E.2d 323 (Mass. 1993). 337 Adoption of B.L.v.B. & E.L.v.B., 628 A.2d 1271 (Vt. 1993); Adoption of Tammy, 619 N.E.2d 315 (Mass. 1993); Adoption ofSusan, 619 N.E.2d 323 (Mass. 1993). 338 Wird ein Kind von einer Person adoptiert, die nicht mit dem leiblichen Elternteil verheiratet ist, so endet das verwandtschaftliche Verhältnis zwischen dem leiblichen Elternteil und dem Kind durch die Adoption. Vgl. hierzu z. B. 15 Vt. Sat. Ann. tit. 15, § 448 (1993).
136
3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
In den beiden in Massachusetts anhängigen Fällen, von denen die Entscheidung in Adoption of Tammy weit über die Grenzen des Staates Aufsehen erregte, hatten die gleichgeschlechtlichen Paare von vornherein die gemeinsame Adoption beantragt, denn bei einer Adoption allein durch die Lebensgeferisch tätig zu werden, handelt es sich um ein von staatlicher Seite abgeleitetes und dementsprechend stark eingeschränktes Recht. Damit erklärt sich auch die Zurückhaltung der Kommunen bei Erlaß der "domestic partnership"-Regelungen, die sich als lokale Gesetzgebung an diesen Vorgaben messen lassen müssen. Hierbei spielt vor allem eine Rolle, daß sämtliche Einzelstaaten von ihrer Kompetenz, den zivilrechtlichen Status einer Person zu definieren, Gebrauch gemacht und Ehe und Familie umfassend geregelt haben462 . In diesem Zusammenhang hat jedoch kein Staat die Zulässigkeit der gleichgeschlechtlichen Ehe oder eine Form von "domestic partnerships" ausdrücklich normiert 463. Ob hieraus jedoch die Schlußfolgerung gezogen werden kann, Kommunen sei jegliche Befugnis zur Regelung nichtehelicher Lebensgemeinschaften verwehrt, erscheint fraglich464. Solange nicht offensichtlich der staatlichen Gesetzgebung vorbehaltende Bereiche von der örtlichen Regelung betroffen sind, sollten diese als noch im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung li~gend und damit als zulässig angesehen werden465. Das wenige zu diesem Themenkomplex vorhandene Fallrecht weist allerdings die Tendenz auf, die Handlungsspielräume der Kommunen in bezug auf die "domestic partnership legislation" weitgehend einzuschränken, da die Bestim-
Antiau, § 5.35, at 5-154; N.N, 72 Harv. L. Rev. 737,744 (1959). Antiau, § 5.41; N.N., 72 Harv. L. Rev. 737, 744-747 (1959); vg!. auch People ex rel. Deukmejian v. County ofMendocino, 683 P.2d 1150, 1155 (Ca!. 1994). 461 Statt vieler Antiau, § 5.39 m.w.N. 462 Dazu BowmaniComish, 92 Colum. L. Rev. 1164, 1198 (1992 II). 459
460
Siehe oben unter A. I. Vg!. hierzu Berger, 40 DePaul L. Rev. 417, 437 f. (1991); Bowman/Comish, 92 Colum. L. Rev. 1164, 1202 f. (1992 II) sowie Atlanta v. McKinney, 454 E.E.2d 517 (Ga. 1995) u. Lillyv. City ofMinneapolis, No. MC 93- 21375,1994 WL 315620 (D. Minn. lune 3, 1994), zitiert nach Wardie, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. I, 56 Fn. 251 (1996). 465 So Bowman/Comish, 92 Colum. L. Rev. 1164, 1202 f. (1992 II). 463 464
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
159
mung dessen, was unter Familie, Familienangehöriger und ähnlichen Begriffen zu verstehen sei, dem Staat vorbehalten bleiben müsse 466 . Ein anderer Gesichtspunkt staatlich vorrangigen Rechts könnte sich aus der "sodomy"-Gesetzgebung zahlreicher Einzelstaaten ergeben467 . Davon ausgehend, daß "domestic partnership"-Regelungen homosexuelles Verhalten fördern und tolerieren, indem sie bestimmte Privilegien auf gleichgeschlechtliche Paare ausdehnen, könnte die "domestic partnership legislation" im Widerspruch zur einzelstaatlichen Gesetzgebung stehen, wonach homosexuelle Betätigung strafbar ist 468 . Es sind jedenfalls verschiedene Konstellationen denkbar, in denen es zu Überschneidungen mit staatlichem Recht, insbesondere dem Ehe- und Familienrecht, kommen könnte 469. Die zur Zeit in Kraft gesetzten "domestic partnership legislations" scheinen deshalb so konzipiert zu sein, daß mögliche Konflikte mit von staatlicher Seite vorgegebenen Regelungen von vornherein vermieden werden47o . Hieraus folgt gleichzeitig, daß der Wirkungskreis der derzeitigen "domestic partnership"-Legislaturen sehr eingeschränkt ist. Den registrierten Lebensgefahrten bleiben jedenfalls zahlreiche Privilegien vorenthalten, die Eheleute jederzeit fiir sich in Anspruch nehmen können. Hierzu gehören geldwerte Vorteile im Steuer- und Erbrecht ebenso wie nicht wirtschaftliche Rechte, zu denen vornehmlich das Adoptions- und Kindschaftsrecht zu zählen ist. 466 In Lilly v. City 0/ Minneapolis, No. MC 93- 21375, 1994 WL 315620 (D. Minn. June 3, 1994), zitiert nach Wardie, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. 1, 56 Fn. 251 (1996)), stellte das Gericht fest, daß die Neubestimmung von Ehe und Familie nicht zu den Angelegenheiten der konuriunalen Selbstverwaltung gehöre und damit nicht mehr in den Kompetenzbereich von Minneapolis falle. Vgl. auch City 0/ Atlanta v. McKinney, 454 S.E.2d 517 (Ga. 1995), wo zwar Atlantas Befugnis zum Erlaß einer "domestic partner registry" aufrechterhalten wurde. In der Ausdehnung bestimmter Angestelltenvergünstigungen auf "domestic partners" von städtischen Angestellten wurde indes eine Kompetenzüberschreitung gesehen, da die Definition dessen, was unter "dependent" zu verstehen sei, dem Staat obliege. Dieser habe mit dem Begriff jedoch nur traditionelle Familienmitglieder und nicht auch den "domestic partner" gemeint. 467 In 20 Staaten der USA existieren "sodomy"-Gesetze. Die meisten wenden sich gleichermaßen gegen hetrosexuelles und homosexuelles Verhalten. Einige Staaten stellen ausschließlich homosexuelle "sodomy" unter Strafe. Dazu gehören: Arkansas, Kansas, Maryland, Missouri, Montana, Nevada, Tennessee und Texas. Ausführlich hierzu Burton, 3 Ind. J. Global Legal Stud. 177, 191 (1995). 468 Vgl. hierzu Berger, 40 DePaul L. Rev. 417,438-440 (1991). 469 Zu den Grenzen kommunaler "domestic partnership"-Gesetzgebung im Hinblick auf vorrangiges Bundesrecht, insbesondere den Fedral Employee Retirement Income Security Act (ERlSA), vgl. Berger, 40 DePaul L. Rev. 417, 441-443 (1991); Bowman/Cornish, 92 Colum.L. Rev. 1164, 1203 (1992 ll); Leonard, 21 Fordham Urb. L. J. 927, 952-956 (1994). 470 SO Z. B. Berger, 40 DePaul L. Rev. 417,443 f. (1991).
160
3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
5. Widerstände gegen die "Domestic Partnership Legislations" und ihre tatsächlichen Auswirkungen
In ellllgen Städten ließen sich die jeweiligen "domestic partnership"Regelungen nur gegen erhebliche Widerstände seitens der Bürgerschaft und anderer vom Entscheidungsprozeß Betroffener einführen471. Das meistgenannte Argument der Gegner war, neben grundsätzlichen "moralischen" Bedenken, daß durch eine Erweiterung des Kreises derjenigen, die an den Versicherungsleistungen eines Beitragspflichtigen teilhaben können, die Kosten im Gesundheitswesen drastisch ansteigen würden, was letztlich zu Lasten aller ginge 472. Diese Einschätzung wurde vor allem mit dem erwarteten Anteil schwuler Männer an den registrierten "domestic partnersh?s" gerechtfertigt, der Hauptrisikogruppe im Bereich der Aidserkrankungen47 . Aber auch möglicher Mißbrauch durch zwar räumlich, nicht aber in persönlicher Hinsicht verbundene Personen, die Vergünstigungen unberechtirerweise auszuschöpfen versuchen würden, wurde als Argument angeführt47 . Zwischenzeitlich erhobenes Zahlenmaterial auf der Grundlage tatsächliche Entwicklungen zeigt jedoch, daß diese Befürchtungen unbegründet sind. Der Kostenanstieg infolge der Ausdehnung bestimmter Versicherungsleistungen auf die "domestic part-
471 Hierzu gehört z. B. San Francisco, Ca!. Dort konnte erst 1991 nach zahlreichen Auseinandersetzungen mit Gegnern einer "domestic partnership"-Rege1ung eine in ihrem Umfang allerdings wesentlich abgespeckte Version einer "domestic partnership ordinance"durchgesetzt werden. Vg!. hierzu statt vieler Stamps, 19 South. U. 1. Rev. 441,452 f. (1992) u. Eblin, 51 Ohio State 1. J. 1067, 1075 f. (1990 II). Auch in Seattle mußte sich die örtliche "ordinance" erst in einer von Gegnern initiierten Abstinunung behaupten, um dann jedoch unverändert fortzubestehen. Hierzu Treuthart, 26 Gozaga 1. Rev. 91, 104 (1990/91). Ein anderes Beispiel ist die Stadt West Hollywood, die keine Versicherung finden konnte, die zur Ausweitung des Kreises der Begünstigten bereit war. Die Stadt gIiindete letztlich ein eigenes Versorgungswerk, um die "domestic partnership"-Regelungen wie vorgesehehen einführen zu können. Hierzu Berger, 40 DePaul1. Rev. 417,430 (1991). 472 Dazu Berger, 40 DePaul 1. Rev. 417, 433 (1991) sowie Juel, 13 B.C. Third World 1. 1. 317, 320 f. (1993); Cameli, 68 Chicago Kent 1. Rev. 447,472 (1992); Eblin, 51 Ohio State 1. 1. 1067, 1082 (1990 II); O'Brian, 32 San Diego 1. Rev. 163, 179 (1995). 473 Vg!. dazu Berger, 40 DePaul 1. Rev. 417,433 f. (1991); Juel, 13 B.C. Third World 1. 1. 3 I 7, 33 I (1993); Cameli, 68 Chicago Kent 1. Rev. 447,472 (1992); Eblin, 51 Ohio State 1. 1. 1967, 1082 (1990 II); O'Brian, 32 San Diego L. Rev. 163, 179 (1995). Allgemein zur Thematik schwule Männer und Aids: N.N., 102 Harv. 1. Rev. 1508, 1663-1666 (1988/89 II). 474 Dazu Juel, I3 B.C. Third World 1. 1. 317, 339 (1993); 0 'Brian, 32 San Diego 1. Rev. 163, 179 (1995). Kritisch dazu Berger, 40 DePaul L. Rev. 417,431-433 (1991), die anmerkt, Eheleute müßten auch nicht beweisen, daß sie nicht nur wegen der an die Ehe gekoppelten Vergünstigungen heiraten wollten. Ähnlich auch Eblin, 51 Ohio State 1. 1. 1067,1067,1083 (1990 II).
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
161
ners" der Versicherungspflichtigen ist margina1475 . Einer der Gründe für diese Kostenentwicklung wird in der Beziehungsstruktur der "domestic partners" verortet. In der Regel seien beide Teile einer registrierten Partnerschaft berufstätig und deshalb sei keiner darauf an~ewiesen, die Versicherungsleistungen des anderen in Anspruch zu nehmen4 6. Außerdem haben sich insgesamt weit weniger Paare registrieren lassen als erwartet, was ebenfalls zur Niedrighaltung der Mehrkosten beigetragen hat 477 . Dies könnte zumindest bei gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften an dem erforderlichen offiziellen Registrierungsakt liege~ wenn das Bekanntwerden der sexuellen Orientierung nicht gewünscht wird 78. Obwohl der Kostenanstieg wesentlich geringer ist als erwartet, hatten Bestrebungen, die sich gegen die Einführung von "domestic partnership" Regelungen wenden, gerade in jüngerer Zeit wieder Erfolg. In Austin, Texas votierten im Mai 1994 62 % der wahlberechtigten Bürger gegen eine städtische Satzung, mit der Gesundheitsvorsorgeleistungen auf unverheiratete "domestic partners" ausgedehnt werden sollten und setzten sie auf diese Weise . partauß er K raft479 . In Al t anta480 und M'mneapo l'IS 481 konnten d'le" domestlc nership"-Initiativen nur in Teilbereichen gegenüber Vorwürfen der Kompetenzüberschreitung verteidigt werden482 . Ob diese Vorkommnisse bereits als "backlash" gegenüber den Bemühungen von aktiven Vertretern der amerikanischen "gay community" bezeichnet werden können, sei dahingestellt483 . Festzuhalten ist in jedem Fall, daß jedes Mehr an rechtlicher Anerkennung für gleichgeschlechtliche Paare von Widerständen begleitet wird und dahin gehende Bemühungen nicht selten zu Mißerfolgen führen.
475 Hierzu Juel, 13 B.C. Third World L. 1. 317, 330-336 (1993), der Zahlenmaterial zu einigen bereits seit längerer Zeit bestehenden "domestic partnership"- Regelungen ausgewertet hat. Danach liegt der Anstieg der Beiträge durchschnittlich bei etwa 1, 5 2 %. Ebenso Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447,473 (1992). 476 So Juel, 13 B.C. Third World L. 1. 317, 335 (1993). 477 Vgl. hierzu Juel, 13 B.C. Third World L. 1. 317, 334 (1993); Eblin, 51 Ohio State L. J. 1067, 1082 (1990 II). 478 So Juel, 13 B.C. Third World L. 1. 317, 335 (1993). 479 Vgl. hierzu WardIe, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. 1,55 f. (1996); O'Brian, 32 San Diego L. Rev. 163, 184 (1995). 480 City 0/Atlanta v. McKinney, 454 S.E.2d 517 (Ga. 1995). 481 In Lil~v v. City 0/ Minneapolis, No. MC 93-21375, 1994 WL 315620 (D. MiIUl. June 3,1994), zitiert nach WardIe, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. 1,56 Fn. 251 (1996). 482 Dazu schon oben unter C. II. 4. 483 So aber WardIe, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. 1,55 (1996).
11 Heun
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
6. Fazit und Ausblick
Die zur Zeit in Kraft gesetzten lokalen "domestic partnership" -Regelungen haben insgesamt einen sehr eingeschränkten Wirkungskreis, der zudem kaum ausgedehnt werden kann. Schnell stoßen die Kommunen an dem Einzelstaat oder dem Bund vorbehaltende Kompetenzen und damit an ihre gesetzgeberischen Grenzen484. Darin liegt letztlich auch der Hauptkritikpunkt derjenigen, die "domestic partnership"-Regelungen zwar grundsätzlich befürworten, aber ihre Einführung auf staatlicher Ebene fordern 485. Ein anderer Vorwurf, der mehr grundsätzlicher Natur ist, richtet sich dagegen, daß sich die Voraussetzungen einer R~istrierung als "domestic partner" inhaltlich zu sehr an der Ehe orientierten 6. Es würde daher der Eindruck erweckt, nur solche Beziehungen seien schützenswert, die der traditionellen Ehe ähneln, vorzuziehen seien jedoch solche "domestic partnership" -Regelungen, die vor allem alternative Familienstrukturen schützen487 . Denn nicht nur diejenigen, die nicht heiraten können, sich aber eheähnlich organisieren wollen, verdienten rechtlichen Schutz, sondern auch solche Paare, die aus persönlicheng möglicherweise grundsätzlichen Erwägungen heraus, nicht heiraten wollen4 8. Andere sehen in diesem Punkt insofern eine Ungerechtigkeit, als daß die "domestic partnerships" die Ehevoraussetzungen einerseits weitgehend imitieren, teilweise sogar darüber hinausgehenden Anforderungen an die Partner gestellt werden, anderseits die Rechtsfolgen längst nicht so umfassend seien, wie die Vergünstigungen, die eine Eheschließung geknüpft würden 489. Trotz aller Kritik wird die "domestic partnershiP" -Gesetzgebung aus verschiedenen Gründen insgesamt positiv bewertet49 . Einerseits stellt sie für 484 Bamhardt, 40 Emor)' L. Rev. 571, 577 (1991 I), nennt die in Folge politischer Kompromisse im Rahmen der Rechtssetzungsakte nicht durchgesetzten Forderungen "decision costs". 485 So Berger, 40 DePaul L. Rev. 417,427 (1991); Bowman/Comish, 92 Colum. L. Rev. 1164, 1211(1992 11); Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447, 474, 477 (1992); Scocca, 2 Seton Hall Const. L. J. 719, 768 f. (1992); Treuthart, 26 Gonzaga L. Rev. 91, 101, 123 f. (1990/91); Stamps, 19 South. U. L. Rev. 441,456-458 (1992 11), der einen Entwurf einer staatlichen Regelung für Louisiana entwickelt hat. Siehe hierzu auch Hensen, 7 Int. J. L. & Farn. 282 (1993), die die Rechtslage Schwedens, Dänemarks und der USA vergleicht und daraus ein Fazit für zukünftige Gesetzgebungsvorhaben in den USA zieht. 486 Berger, 40 DePaul L. Rev. 417,445 (1991). 487 Berger, 40 DePaul L. Rev. 417, 447 (1991). 488 Berger, 40 DePaul L. Rev. 417, 451 f. (1991). 489 SO Z. B. Zimmer 12 Cardozo L. Rev. 681, 693 f. (1990); Berger, DePaul L. Rev. 417,445 (1991). 490 Bowman/Comish, 92 Colum. L. Rev. 1164, 1195 (1992 11) u. Berger, 40 DePaul L. Rev. 417, 452 (1991) sprechen von einem ersten wichtigen Schritt auf dem Weg zur
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
163
gleichgeschlechtliche Paare zur Zeit die einzige Möglichkeit dar, ihrer Beziehung überhaupt eine rechtliche und damit auch gesellschaftliche Anerkennung zukommen zulassen491. Dies hat für lesbische und schwule Paare selbst dann einen hohen Stellenwert, wenn eine "domestic partnership"-Regelungen nichts weiter gewährt als die bloße Registrierungsmöglichkeit, also symbolische Anerkennung der Beziehung. Das zeigt sich vor allem daran, daß zahlreiche Paare eine solche Partnerschaft eingehen, obwohl sie nicht in der betreffenden Stadt leben und deshalb keinerlei Ver~stigungen erhalten, es ihnen also allein um die soziale Akzeptanz geht492 . Außerdem sind die kommunalen Rechtsetzungsakte trotz ihres eingeschränkten Wirkungskreises bislang die erfolgreichste Variante bei Gleichstellungsversuchen homosexueller Paare mit Eheleuten, denn sie erkennen an, daß der Begriff "family" eine dritte Kategorie von nicht verheirateten, aber gleichwohl nicht isoliert zu betrachtender Personen beinhalten kann, so daß ihre Existenz nicht vor Gericht sondern auch von Gesetz- und Arbeitgebern wahrgenommen werden kann493. Zudem werden damit die als nachteilig empfundenen Aspekte des "Braschi-Tests" vermieden, da infolge der Registrierung eine weitere Offenlegung der persönlichen Beziehungsstruktur nicht mehr notwendig ist494 . Nicht zuletzt bieten die normierten Rechtsfolgen der "domestic partnership"-Legislaturen ein Mehr an Rechtssicherheit gegenüber dem Fallrecht495 . Darüber hinaus sind sie das Ergebnis politischer Auseinandersetzung und als solches Ausdruck zunehmender Wahrnehmung und Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Lebenswei-
Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare; Stamps, 19 South. U. L. Rev. 441, 451 (1992 II) nennt die "domestic partnership legislation" eine adäquate legislative Reaktion, während Link, 23 Loy.L.A.L. Rev. 1055, 1140 (1990) sie wegen ihrer Durchsetzbarkeit gegenüber anderen Lösungen bevorzugt. 491 So Swart, 43 Emory L. J. 1577, 1599 (1994 II); Treuthart, 26 Gonzaga L. Rev. 91, 101 (1990/91); Bowman/Cornish, 92 Colum. L. Rev. 1164, 1166 (1992 II); Berger, DePaul L. Rev. 417, 452 (1991); Juel, 13 B.C. Third World L.J. 317, 344 (1993); Case, 79 Virginia L. Rev. 1143 (1993), die Erklärungsansätze dafür aufzeigt, warum vor allem Paarbeziehungen zwischen lesbischen Frauen und schwulen Männern in der Rechtspraxis quasi unsichtbar sind. 492 Vgl. hierzu Berger, 40 DePaul L. Rev. 417,428 (1991); Swart, 43 Emory L. J. 1577, 1600 (1994 II). 493 So Stamps, 19 South. U. L. Rev. 441, 451 (1992 II); Juel, 13 B.C. Third World L.J. 317, 344 (1993); Link, 23 Loy. LA L. Rev. 1055, 1140 (1990). 494 Dazu schon oben unter C. I. 2. a. aa. 495 Vgl. hierzu Berger, 40 DePaul L. Rev. 417,427 (1991); Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447,474 (1992).
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
sen496, wovon möglicherweise eine Appellwirkung an den staatlichen Gesetzgeber ausgeht, vergleichbare Regelungen zu schaffen497 III. Anti-Diskriminierungsgesetze (und ihre Gegner) Das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit wird in den USA auch im Zusammenhang mit der dort durchaus üblichen Anti-Diskriminierungsgesetzgebung diskutiert 498 . Klassische Anwendungsgebiete solcher Gesetze sind allerdings der Miet- und der Arbeitsrechtsbereich499. In der Debatte um die "same-sex marriage" nimmt diese Art von Gesetzgebung nur eine Nebenrolle ein50o . Aus diesem Grund und weil Anti-Diskriminierungsgesetze in der Bundesrepublik auf keine große Tradition zurückblicken können, soll diese Materie hier nur der Vollständigkeit halber angesprochen werden. Grundgedanke der Anti-Diskriminierungsgesetzgebung ist es, Benachteiligungen wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe für unzulässig zu erklären und ein Verfahren festzuschreiben, mit dem unerwünschte, diskriminierende Handlungen festgestellt und beseitigt werden können 501 . Angestrebt wird damit letztlich, eine Gleichbehandlung oder Gleichstellung mit denjenigen, die nicht der benachteiligten Gruppe zugehörig sind502 .
496 So Swart, 43 Emory L. 1. 1577, 1600 (1994 TI); Cameli, 68 Chicago Kent L. Rev. 447,474 (1992). 497 So Berger, 40 DePaul L. Rev. 417,452 (1991). Der Staat Kalifomien hat 1994 eine "domestic partnership bill" (CA A.B. 2810, 1994, enrolled August 25, 1994). Danach ist eine staatliche Registrierung von "domestic partners" möglich und daran anknüpfend werden bestimmte eheliche Rechte wie z. B. Krankenhausbesuchsrechte und Nachlaßregelungen auf die registrierten Partner ausgedehnt. Allerdings wird der Govemeur möglicherweise von seinem Veto-Recht Gebrauch machen Vgl. dazu Wardie, 1996 Brigham Y. U. L. Rev. 1,8 f. (1996). 498 Vgl. hierzuz. B. Beattie, 42 Hastings L. 1. 1415 (1990/91 TI); Cowan, 62 UMKC L. Rev. 347,351-376 (1994). 499 Vgl. dazu Case, 7 Law & Inequality 441, 446, 450 (1988/89); Cowan, 62 UMKC L. Rev. 347, 348 (1994); Landau, 4 Duke 1. Comp. & Int.'l L. 335 (1993/1994). 500 Vgl. hierzu Beattie, 42 Hastings L. 1. 1415 (1990/91 TI), der diese Thematik unter dem Stichwort ,,marital status discrimination" diskutiert sowie Cowan, 62 UMKC L. Rev. 347, 351-376 (1994), der sich zumindest kurz mit der Frage auseinandersetzt, ob das Bestehen einer Anti-Diskriminierungsgesetzgebung, die Benachteiligungen auf Grund der sexuellen Orientierung verbietet, für die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen sprechen kann. 501 Ausführlich hierzu am Beispiel des "Gay Civil Rights Bill": Cicchino/ Deming/Nicholson, 26 Harv. C.R-C.L. L. Rev. 549, 562 f. (1991). 502 Siehe hierzu Cicchino/Deming/Nicholson, 26 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 549, 562 f. (1991).
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
165
Auf Bundesebene wurden wiederholt Gesetzesinitiativen eingebracht, deren Anliegen es war, die Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung einer Person zu verbieten503 . Während diese Bestrebungen bis heute ohne Erfolg geblieben sind, existiert zur Zeit vor allem auf kommunaler Ebene derartiges Recht, das in der Regel die Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung am Arbeitsplatz, im Mietrecht und im Bereich des öffentlichen Leben (zum Beispiel Universität, öffentliche Verwaltung) verbietet504 . Staatliche AntiDiskriminierungsgesetze, die an die sexuelle Orientierung einer Person anknüpfen, sind bislang nur vereinzelt in Kraft gesetzt worden. Der erste Einzelstaat, der solches Recht eingeführte, war Wisconsin; die meiste Aufmerksamkeit konnte indes die Gay Civil Rights Bill von Massachusetts auf sich ziehen, wo das Gesetzgebungsverfahren insgesamt siebzehn Jahre gedauert hat 505 . Der Erlaß von "gay rights bills" wurde teilweise von massiven Widerständen begleitet 506 . Die Argumentation der Gegner solcher Anti-Diskriminierungsregelungen beruht in ihrem Kern darauf, daß durch Anti-Diskriminierungsgesetze in Wahrheit keine Gleichstellung erfolge, sondern eine nicht gerechtfertigte Sonderbehandlung von Lesben und Schwulen; aus diesem Grund spricht man in diesem Zusammenhang auch von "special rights"-Kampagnen 507 . Solche Initiativen haben nicht selten zum Erfolg geführt und bereits auf den Weg gebrachte Gesetzesvorhaben zum Scheitern gebracht508 . Gipfel des Erfolges war in diesem Zusammenhang die Einfügung eines Zusatzes zur staatlichen Verfassung von Colorado (2. Amendment), wodurch bereits bestehendes Recht, das die Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung verbietet, außer Kraft gesetzt wurde und jede weitere "gay-rights" -Gesetzgebung
503 Hierzu Case, 7 Law & lnequality 44, 449 f. (1988/89); CicchinolDeminglNicholson, 26 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 549, 552-555 (1991); Cowan, 62 UMKC L. Rev. 347,350 (1994). 504 Ausführlich dazu Case, 7 Law & lnequality 44, 447-449 (1988/89) sowie Cicchino/Deming/Nicholson, 26 Harv. C.R.-C.L. L. J. 549, 557 (1991). 505 Vgl. dazu nur Cicchino/Deming/Nicholson, 26 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 549 (1991 ). 506 Allgemein zu solchen Kampagnen gegen die Einflihrung von AntiDiskriminierungsgesetzen wegen der sexuellen Orientierung siehe bei Case, 7 Law & lnequality 44, 451-453 (1988/89); Goldberg, 55 Ohio State L. J. 665, 667- 669 (1994); zu "anti-gay-rights"-initiativen in Idaho und Oregon vgl. Burton, 3 lnd. J. Global Legal Stud. 177 (1995). Eine detaillierte Beschreibung des Gesetzgebungsverfahren in Massachusetts und den damit verbundenen Widerständen bei CicchinolDeminglNicholson, 26 Harv. C.R.-c.L. L. Rev. 549,562-617 (1991). 507 Dazu Cowan, 62 UMKC L. Rev. 347, 347 (1994) m.w.N.; Goldberg, 55 Ohio State L. J. 665, 670 f. (1994). 508 Hierzu Case, 7 Law & lnequality 44, 451 f. (1988/89); Cowan, 62 UMKC L. Rev. 347,347 f. (1994).
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
für die Zukunft untersagt wurde 509 . Diese Verfassungsänderung wurde zwar zwischenzeitlich sowohl durch den Supreme Court von Colorado als auch durch den US-Supreme Court für verfassungswidrig erklärt5lO . Es gibt aber nach wie vor zahlreiche Aktivisten, die sich dafür einsetzen, daß keine weiteren Anti-Diskriminierungsgesetze wegen der sexuellen Orientierung in Kraft gesetzt werden. Unabhängig davon, ob solche Gesetze wünschenswert sind oder nicht, ist ihre Bedeutung im Rahmen der Diskussion um die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen äußerst gering. Es werden kaum Versuche unternommen, bestehende Anti-Diskriminierungsgesetze als Argument für die Zulässigkeit der "same-sex marriage" fruchtbar zu machen. Das insoweit als Ausnahme zu betrachtende Verfahren Dean. v. Distriet of Co/umbia 511 endete mit einer Niederlage der gleichgeschlechtlichen Kläger, so daß Anti-Diskriminierungsgesetze bei der Durchsetzung der "same-sex marriage" und damit auch im Rahmen der vorliegenden Arbeit weitgehend unbeachtet bleiben können 512 .
D. Zusammenfassung Das umfangreiche Fallrecht und die zahlreichen Veröffentlichungen zum Thema "same-sex marriage" und zu gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften allgemein dokumentieren auf anschauliche Weise, mit welchen Schwierigkeiten gleichgeschlechtliche Paare zu kämpfen haben, wenn es um die rechtliche Anerkennung ihrer Beziehung geht. Mangels eines formellen Beurteilungskriteriums, wie es zur Zeit die Ehe für heterosexuelle Paare bereithält, werden gleichgeschlechtliche Partner regelmäßig als Einzelpersonen behandelt. Dies führt zu Einbußen und Nachteilen überall dort, wo Familie zur tatbestandlichen Voraussetzung gemacht wird. Zur Lösung dieses Problems bieten sich verschiedene Möglichkeiten an. Diskutiert wird vor allem die Legalisierung der "same-sex marriage". Aber 509 Ausführlich dazu Chase, 72 Denv. U. L. Rev. 355 (1995) sowie Cowan, 62 UMKC L. Rev. 347, 347 f. (1994). 510 Evans v. Romer I, 854 P.2d 1270 (Colo. 1993); Evans v. Romer 11, 882 P.2d 1335 (Colo. 1994); Evans v. Romer, 116 S. Ct. 1620 (1996); ausführliche Fallbesprechungen bei Dillhof, 60 Alb. L. Rev. 361 (1996); Jacobs, 1996 Wis. L. Rev. 893 (1996); Jos/in, 32 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 225 (1997). 5ll 653 A.2d 307,319 f. (D.C-.App. 1995), wonach das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit nicht gegen den im District of Columbia geltenden Human Rights Act, der unter anderem die Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung in verschiedenen Bereichen des öffentlichen Lebens verbietet,verstößt. Siehe auch unter Viertes Kapitel C. I. 2. 512 Kritisch auch Beattie, 42 Hastings L. 1. 1415 (1990/91 II).
D. Zusammenfassung
167
auch Alternativen wie vertragliche Abmachungen zwischen den Partnern, die Anerkennung von "de facto family relationships", die Erwachsenenadoption und die "domestic partnership legislation" werden als potentielle Lösungsansätze in Betracht gezogen. Die umfassendste und deshalb vielleicht befriedigendste Lösung ist die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen. Ein Eheschließungsrecht gäbe gleichgeschlechtlichen Paaren die Möglichkeit, ihre Beziehung jederzeit zu formalisieren und auf diese Weise insgesamt unter den Schutz der Rechtsordnung zu stellen. Sie wären in jeder Hinsicht und in vollem Umfang mit verschiedengeschlechtlichen Partnerschaften gleichgestellt. Zahlreiche rechtswissenschaftliche Autoren haben sich für die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen ausges~rochen und zur Begründung verfassungsrechtliche Argumente vorgetragen 13. Gleichzeitig stehen gerade der Forderung nach der "same-sex marriage" die größten Widerstände gegenüber514 . Dies zeigt sich vor allem daran, daß gleichgeschlechtliche Ehen zur Zeit in keinem Staat der USA erlaubt sind und auch nicht zu erwarten ist, daß sie demnächst eine legale Option für lesbische und schwule Paare werden. In diesem Zusammenhang spielen die Gerichtsentscheidungen eine Rolle, die sich implizit oder explizit mit der Frage nach der Verfassungswidrigkeit des Eheverbots der Gleichgeschlechtlichkeit auseinandersetzen mußten. In keinem Fall wurde zu Gunsten der Kläger entschieden. Das Verfahren vor dem Supreme Court von Hawaii, das die Legalisierung der "same-sex marriage" erstmals in den Bereich des Möglichen gerückt hat, ist noch immer nicht abgeschlossen. Doch selbst wenn dort eine Entscheidung ergehen sollte, die das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen als verfassungswidrig einstuft, ist nicht zu erwarten, daß sich diese Entscheidung auch auf andere Staaten der USA auswirken wird. Für diese Einschätzung sprechen sowohl die erst kürzlich verabschiedeten Anti-"same-sex marriage"Gesetze der Einzelstaaten als auch der Defense of Marriage Act des Bundes. Zweck dieser Gesetze ist es vor allem, die Einzelstaaten davor zu bewahren, auf Hawaii geschlossene Ehen zwischen zwei Personen desselben Geschlechts im inneramerikanischen Rechtsverkehr anerkennen zu müssen. Diese gesetzgeberische Entscheidung spiegelt zudem ein politisches Klima wider, das der lesbischen und schwulen Minderheit der Vereinigten Staaten insgesamt nicht sehr positiv gegenüber steht. Die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen über die Grenzen von Hawaii hinaus kann, zumindest für die nähere Zukunft, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden 515 .
m Dazu oben unter B. I.
514 Dazu unter A. II. Allgemein zur gesellschaftlichen Stimmung in bezug auf gleichgeschlechtliche Ehen Dupuis, 9 Int. J. L. & Farn. 86, 100-102 (1995). 515 Dazu oben unter A. II. 2. c.
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
Vor diesem Hintergrund und angesichts einer "gay community", die nur teilweise die Forderung nach der Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen unterstützt, gewinnen alternative Lösungsansätze zunehmend an Bedeutung. Hierzu gehören zunächst vertragliche Absprachen, Handlungsvollmachten und Testamente, mit denen unverheiratete gleichgeschlechtliche Paare Teilbereiche ihres Zusammenlebens verbindlich regeln können. Diese Maßnahmen haben den Vorteil, daß sie im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit weitestgehend zur Disposition der Parteien stehen. Innerhalb der gesetzlich festgelegten Grenzen können die Partner über ihren Besitz und ihr Vermögen verfügen sowie einen bestimmten Kreis an rechtsgeschäftlichen und tatsächlichen Befugnissen an den jeweils anderen delegieren. Die Relevanz solcher Absprachen beschränkt sich allerdings auf Trennungssituationen und Notlagen, wie Krankheit oder Tod eines Partners, sowie auf das Verhältnis der Partner untereinander. Rechtsbeziehungen zu Dritten können die Partner ohne deren Einverständnis oder Mitwirkung nicht nach ihren Vorstellungen ausgestalten. Deshalb kann durch vertragliche und andere Abreden nicht annähernd ein der Ehe vergleichbarer Status geschaffen werden. Ein weiterer Nachteil ist, daß nicht alle Gerichte dazu bereit sind, Vereinbarungen zwischen zusammenlebenden, unverheirateten Partnern durchzusetzen, so daß gleichgeschlechtliche Paare unter Umständen langwierige und kostspielige Prozesse mit ihrem Partner oder Dritten in Kauf nehmen müssen, ohne sicher sein zu können, wie das Verfahren letztlich ausgehen wird 5 !6. Aus dem gleichen Grund wird eine Anerkennung von "de facto family relationships" durch die Rechtsprechung kritisiert. Die theoretische Möglichkeit, gleichgeschlechtliche Paarbeziehungen durch eine erweiternde Auslegung des Familienbegriffes rechtlich anzuerkennen, ist nur dann eine Alternative zur "same-sex marriage", wenn die Rechtsprechung tatsächlich, wie im Fall Braschi v. Stahl Associates, dazu bereit ist, die gleichgeschlechtliche Partnerschaft im Wege des sogenannten "functional approach" oder einer Neudefinition von Familie ("redefining the family") in den Schutzbereich der Norm miteinzubeziehen. Auch diesem Lösungsansatz haftet deshalb der Faktor Rechtsunsicherheit an 5 !? Erwachsenenadoptionen, soweit sie durch Gesetz oder Rechtsprechung zugelassen werden, vermeiden solche Unwägbarkeiten. Der adoptierende und der adoptierte Partner werden durch den formellen Akt der Adoption zur "family" mit der Folge, daß ihrer Beziehung in den meisten Rechtsbereichen zum Anknüpfungspunkt von Rechten und Pflichten gemacht werden kann. Problematisch ist indes, daß durch die Adoption, die nicht ohne Grund als Annahme an 516 517
C. I .2. Vgl. dazu oben C. I. 2.
D. Zusanunenfassung
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Kindes statt bezeichnet wird, zumindest rechtlich gesehen, ein Eltem-KindVerhältnis begründet wird. Diese Beziehung bleibt in der Regel bestehen, bis einer der Partner verstirbt. Zu Lebzeiten ist eine Auflösung grundsätzlich nicht möglich. Vor allem aus diesem Grund erscheint die Erwachsenenadoption nicht als geeignetes Mittel, um gleichgeschlechtlichen Paaren zur rechtli518 ehen Anerkennung zu verhelfen Überwiegend;ositiv wird demgegenüber die "domestic partnership legislation" bewertet 51 . Sie macht die als "domestic partnership" registrierte Paarbeziehung zum Zuordnungsobjekt bestimmter Rechtsfolgen und erkennt auf diese Weise an, daß neben der Ehe und unverheirateten alleinstehenden Personen noch eine dritte Kategorie existiert, die ähnlich schutzwürdig ist wie der traditionelle Familienverband. Für gleichgeschlechtliche Paare hat dies besondere Bedeutung, denn für sie sind "domestic partnerships" zur Zeit die einzige Möglichkeit, ihrer Beziehung einen rechtlichen Rahmen zu geben. Gegenüber der Ehe kann die "domestic partnership legislation" deshalb insbesondere zwei Pluspunkte verzeichnen. Während die Forderung nach der "same-sex marriage" über das Stadium einer theoretischen Diskussion noch nicht hinausgekommen ist, existieren in vielen Städten bereits seit längerem "domestic partnership" -Regelungen, die gleichgeschlechtlichen Paaren je nach Umfang der gewährten Rechte das tägliche Leben erleichtern. Ihre Verfügbarkeit in der Realität macht gleichzeitig deutlich, daß "domestic partnership"-Gesetzgebungen - wenn auch zum Teil gegen Widerstände - letztlich durchgesetzt werden konnten. Im Vergleich zu Einzelfallentscheidungen der Gerichte bieten "domestic partnership"-Initiativen als kodifiziertes Recht vor allem ein Mehr an Rechtssicherheit. Anders als die Erwachsenenadoption richten sich "domestic partnership" -Regelungen inhaltlich explizit an erwachsene, nicht verheiratete Personen, weshalb sie auf deren Lebenssituationen zugeschnitten sind, wozu auch gehört, daß sie zu Lebzeiten aufgelöst werden können. Die zur Zeit auf kommunaler Ebene in Kraft gesetzten "domestic partnership"Regelungen haben allerdings den großen Nachteil, daß sie einen mehr oder weniger stark eingeschränkten Wirkungskreis haben. Wegen der nur begrenzten Rechtssetzungsbefugnis der Städte und Gemeinden können nur wenige Rechte und Befugnisse auf die registrierten Partner ausgedehnt werden oder nur städtische Arbeitnehmer von den "employee benefits" profitieren. Das Verhältnis der Partner untereinander wird ohnehin nicht berührt. Schon aus diesen Gründen können die zur Zeit üblichen "domestic partnership"Initiativen keineswegs als gleichwertiger Eheersatz angesehen werden. Wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung vor allem für gleichgeschlechtliche Paare wird jedoch vorgeschlagen, die derzeitige kommunale "domestic partnership 518 519
Dazu C. 1. 3.
Siehe oben unter C. II.
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3. Kapitel: Die Rechtslage in den USA
legislation" als Modell anzusehen und ähnliche, weitergehende Regelungen auf staatlicher Ebene ins Leben zu rufen, um auf diese Weise die praktischen Nachteile solcher Regelungen gegenüber der "same-sex marriage" weitgehend einzuebnen. Demnach kann keiner der angesprochenen Lösungsansätze insgesamt überzeugen. Die Durchsetzung vertraglicher Absprachen oder die Fortbildung des Familienbegriffes der Rechtsprechung zu überlassen, bedeutet für die betroffenen gleichgeschlechtlichen Paare vor allem Rechtsunsicherheit. Ist gesetzgeberisches Handeln erforderlich, stellt sich entweder das Problem der politischen Durchsetzbarkeit oder, soweit Regelungen bereits geschaffen wurden, halten diese nur ein Mindestmaß an Rechtsfolgen bereit.
Viertes Kapitel
Die Rechtslage in Kanada Nur wenige Nationen sind so eng miteinander verbunden wie die USA und Kanada. Neben der geographischen Nähe und den außerordentlich umfangreichen wirtschaftlichen Beziehungen spielen hierbei vor allem die zahlreichen Parallelen im politischen und gesellschaftlichen Leben der beiden Staaten eine Rolle. Weitgehende Übereinstimmungen finden sich deshalb auch im Hinblick auf die sozialen Strukturen von Ehe und Familie, deren heutiges Erscheinungsbild sowohl in den USA als auch in Kanada vornehmlich im Verlauf der letzten 25 Jahre geprägt wurde. Die sich wandelnde Stellung der Frau, die stetig steigende Zahl unverheiratet zusammenlebender verschieden-, aber auch gleichgeschlechtlicher Paare sowie eine sich auf hohem Niveau einpendelnde Scheidungsrate haben dazu geführt, daß das bis dahin vorherrschende Lebensmodell, wonach sexuell motivierte Beziehungen zwischen Erwachsenen ausschließlich in der Ehe stattfanden, zu Gunsten einer Vielfalt von ehelichen und außerehelichen Lebensweisen abgelöst wurde!. Diesen Veränderungen hat sich in gewissem Umfang auch das Familienrecht der beiden Staaten angepaßt 2 . Die dabei - trotz des ähnlichen soziokulturellen Hintergrundes- auftretenden Unterschiede sind es, die einen Vergleich der Entwicklungen im Familienrecht der Vereinigten Staaten und Kanadas gleichermaßen interessant und instruktiv machen 3 .
Dazu bereits im Dritten Kapitel unter C. sowie nachfolgend Wlter C. Einen vergleichenden Überblick bietet Bala, 1 Int. J. L. & Farn. 1 (1987). 3 Vgl. hierzu Bala, 1 Int. J. L. & Farn. 1 (1987). I
2
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4. Kapitel: Die Rechtslage in Kanada
A. Die gleichgeschlechtliche Ehe in der kanadischen Gesetzgebung und Rechtsprechung I. Das Recht der Eheschließung in der Gesetzgebung des Bundes und der Provinzen
Die kanadische Verfassung überträgt dem Bundesparlament die Gesetzgebungskompetenz über "Marriage and Divorce,,4 und den provinzialen Gesetzgebern die Rechtssetzungsbefugnis über "Solemnization of Marriage in the Province"S 6. Bis heute wurde jedoch weder in der Jurisdiktion des Bundes noch in der Zuständigkeit der Provinzen eine gesetzliche Definition dessen geschaffen; was unter Ehe zu verstehen ist, beziehungsweise was als Ehe registriert werden kann 7 . Ein ausdrückliches Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen existiert folglich ebensowenig wie deren ausdrückliche Erlaubnis. Da auch sonst jegliche gesetzliche Vorgabe zum Eheschließungsrecht fehlt, unterliegen gleichgeschlechtliche Ehen allein den Grundsätzen des Common Law8.
11. Die "Same-Sex Marriage" im kanadischen Common Law Kanadas Gerichte mußten sich bereits in zwei Fällen mit der Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen auseinandersetzen. Über die erste Klage urteilte 1974 der County Court von Manitoba. Die Entscheidung Re North and Mathe-
4 Constitutional Act 1982, being scheduled B to the Canada Act 1982 (U.K.), c. 11, s. 91(26). 5 Constitutional Act 1982, being scheduled B to the Canada Act 1982 (U.K.), c. 11, s.92(13). 6 Zum Verhältnis der beiden Zuständigkeiten vgl. Re the Marriage Law ofCanada, 7 D.1.R 629 (1912). 7 Der Bundesgesetzgeber hat die Erfordernisse einer gültigen Eheschließung bislang gänzlich unberücksichtigt gelassen, während die Provinzen zwar das Verfahren der Registrierung bzw. "Solemnization" nonnieren, in diesem Rahmen aber weder eine Ehedefinition vorgeben noch sonst die Ehe auf verschiedengeschlechtliche Paare beschränken. Siehe z. B. Ontarios Marriage Act, RS.O. 1990, c. M.3, s. 5(1), s. 8(4) sowie Manitobas Marriage Act, RS.M. 1987, c. M50, wonach die "Standesbeamten ,,may solemnize the ceremony of marriage between any two persons not under a legal disqualification to contract the marriage." Vgl. hierzu auch Re North and Matheson, 52 D.1.R (3d) 280, 281 f. (1974) (Man. Co. Ct.); La~landv. Ontario (A1inister ofConsumer and Commercial Relations), 104 D.1.R (4 ) 214, 217 f. (1993); Rusk, 52 U. Toronto 1. J. 170, 174 (1993) (Ont. Div. Ct.); Ryder, 9 Can. J. Fam. L. 39, 52-54 (1990). 8 Vgl. die vorgenannten Entscheidungen sowie Bala, I Int. J. 1. & Fam. 1, 11 (1987).
A. Gleichgeschlechtliche Ehe in der kanadischen Gesetzgebung
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son 9 kennzeichnet zudem den Beginn einer ganzen Reihe von Verfahren, mit denen gleichgeschlechtliche Paare seither versuchen, ihren Beziehungen rechtliche Anerkennung zu verschaffen 10. Die zweite Entscheidung erging 1993 in Layland v. Ontario (Jvfinister of Consumer and Commercial Relations/ I. In diesem Fall mußte die Frage nach der Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen erstmals auch an den verfassungsrechtlichen Vorgaben der Canadian Charter of Rights and Freedoms l2 , die 1982 in Kraft getreten war, gemessen werden. 1. Re North and Matheson In dem Verfahren Re North and Matheson stellte ein gleichgeschlechtliches Paar den Antrag, den für die Eintragung von Ehen zuständigen Registrar anzuweisen, ihre bereits vollzogene "Eheschließung" gemäß Section 12(3) Vital Statistic Act, R.S.M. 1970, c. V60 zu registrieren, was dieser unter Hinweis auf ihre entgegenstehende Gleichgeschlechtlichkeit bis dahin abgelehnt hatte 13 . Die Antragsteller waren der Ansicht, daß es für diese Weigerung keinen Grund gebe, da sie sämtliche Voraussetzungen der Registrierung wie die Beibringung der Gesundheitszeugnisse und die Vorlage der Bescheinigung über die Eheschließung erfüllt hätten 14. Ein darüber hinausgehendes Erfordernis der Verschiedengeschlechtlichkeit stelle der Marriage Act von Manitoba nicht auf, weshalb die Eintragung ihrer Eheschließung, über deren Gültigkeit der Registrar mangels Zuständigkeit ohnehin nicht befinden könne, zu erfolgen habeiS. Von diesem Vortrag nicht überzeugt, hielt der County Court von Manitoba die Entscheidung des Registrar aufrecht. Dieser habe zwar tatsächlich keinerlei Befugnis, über die Gültigkeit beziehungsweise Ungültigkeit der einzutragenden Ehe zu urteilen l6 . Es liege jedoch noch innerhalb seines Zuständig952 D.L.R. (3d) 280 (1974) (Man. Co. Ct.), 20 R.F.L. 112, W.W.D. 55 (1975), nachfolgend nur nach D.L.R zitiert. 10 Dazu später unter C. I. 2. 1114 O.R. (3d) 658,104 D.L.R. (4 th ) 214 (1993) (Ont. Div. Ct.), nachfolgend nach D.L.R. zitiert. 12 Canadian Charter of Rights and Freedoms, Part I of the Constitution Act 1982, being schedu1ed B to the Canada Act 1982 (U.K.), 1982, c. 11, nachfolgend auch nur Charter. 13 Re North and Matheson, 52 D.L.R. (3d) 280,281 (1974) (Man. Co. Ct.). 14 Re North and Matheson, 52 D.L.R. (3d) 280, 281 (1974) (Man. Co. Ct.), vgl. auch Marriage Act, R.S.M. 1970, c. M50, Ss. 8,9 u. 10. 15 Re North and Matheson, 52 D.L.R. (3d) 280, 281 f. (1974)(Man. Co. Ct.). 16 Re North and Matheson. 52 D.L.R. (3d) 280,283 f. (1974) (Man. Co. Ct.).
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4. Kapitel: Die Rechtslage in Kanada
keitsbereichs, darüber zu entscheiden, ob überhaupt eine registrierfahige Ehe vorliege oder nicht 17 . Folglich habe der Registrar im vorliegenden Fall zu Recht die Eintragung abgelehnt, denn die Verbindung zwischen den AntraßsteIlem, die beide dem männlichen Geschlecht angehören, sei keine Ehe . Diese sei vielmehr von Anfang an als nichtig, mithin als ein nullum, anzusehen, da es den Antragstellern an der für eine gültige Eheschließung erforderlichen Verschiedengeschlechtlichkeit fehle 19 . Auch wenn der Begriff der Ehe seitens der Legislative bislang nicht definiert worden sei, so habe ihn doch die Rechtsprechung dahingehend konkretisiert, daß nur "the voluntary union for life of one man and one woman, to the exclusion of all others" als Ehe bezeichnet werden könne2o . Hierfür wurde auf die aus dem Jahre 1866 stammende Common Law Entscheidung Hyde v. Hyde and Woodmansee 21 und auf die Entscheidung Corbett v. Corbett (orse. Ashley/2 zurückgegriffen, die beide innerhalb der englischen Jurisdiktion getroffen worden waren 23 . Ferner zitierte der County Court zur Unterstützung seiner Auffassung verschiedene Enzyklopädien und Wörterbücher, in denen Ehe ebenfalls als ausschließlich heterosexuelle Verbindung definiert wurde 24 . Eine weitere Überprüfung der im Cornmon Law gefundenen Definition von Ehe war weder verlangt worden noch erforderlich, da im Zeitpunkt der Entscheidung die kanadische Charter noch nicht in Kraft gesetzt worden war. Diese Fragestellung war erst in der nachfolgenden Entscheidung in Layland v. Ontario Verfahrensgegenstand. 2. Layland v. Ontario Wie schon Re North and Matheson, so begann auch das Verfahren Layland v. Ontario mit der Weigerung des zuständigen Beamten, den beiden männlichen Antragstellern die begehrte Ehelizenz zu erteilen, da gleichgeschlechtliche Ehen in Kanada nicht zulässig seien25 . Todd Layland und sein Partner Pierre Beaulne versuchten deshalb ihren Antrag auf Eintragung ihrer Re Norlh and Matheson, 52 D.L.R. (3d) 280, 284 (1974) (Man. Co. Ct.). Re Norlh and Matheson, 52 D.L.R. (3d) 280, 285 (1974) (Man. Co. Ct.). 19 Re Norlh and Matheson, 52 D.L.R. (3d) 280, 285 (1974) (Man. Co. Ct.). 20 Re Norlh and Matheson, 52 D.L.R. (3d) 280,284 f. (1974) (Man. Co. Ct.). 21 L.R. 1 P. & D. 130, 133 (1866). 22 P. 83, 105 f. (1971). 23 Re Norlh and Matheson, 52 D.L.R. (3d) 280, 284 (1974) (Man. Co. Ct.). Ausführlich zu den beiden zitierten Entscheidungen im Fünften Kapitel unter A. II., IIl. 2. 24 Re Norlh and Matheson, 52 D.L.R. (3d) 280, 285 (1974) (Man. Co. Ct.). 25 Vgl. Layland v. Ontario, 104 D.L.R. (4 th ) 214, 216, 225 (1993) (Ont. Div. Ct.). 17
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Ehe vor dem Divisional Court von Ontario durchzusetzen, wo sie sich zur Begründung darauf beriefen, daß die auf verschiedengeschlechtliche Paare beschränkte Ehedefinition des Common Law im Widerspruch zu ihren in Section 15(1)26 der Charter verbrieften Gleichheitsrechten stünde27 . a) Die Mehrheitsentscheidung Die Mehrheit des zur Entscheidung berufenen Divisional Court von Ontario lehnte die Argumentation der Antragsteller und damit auch den von ihnen geltend gemachten Anspruch auf Erteilung der Ehelizenz ab 28 . Der Prüfung des verfassungsrechtlichen Fragenkomplexes wurde zunächst die im wesentlichen auf der Entscheidung Re North and Matheson beruhende Feststellung vorausgeschickt, daß Eheschließungen, obwohl es eine gesetzliche Ehedefinition nicht gebe, auf Grund des auch in Ontario geltenden kanadischen Common Law nur zwischen verschiedengeschlechtlichen Partnern stattfinden könnten29 . Im Anschluß daran wurde diese aus dem Common Law gewonnene Ehedefinition auf ihre Verfassungskonformität hin überprüft. In diesem Zusammenhang stellte sich das Gericht die Frage, ob die Beschränkung der Ehe auf verschiedengeschlechtliche Paare und das daraus folgende Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit gegen den in Section 15(1) der Charter verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, weil darin eine Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung der gleichgeschlechtlichen Partner gesehen werden müsse30 . Um im Einzelfall eine Verletzung von Section 15(1) der Charter bejahen zu können, ist erforderlich, daß die angegriffene Maßnahme den oder die Betroffenen auf Grund einer der dort genannten oder analog in die Vorschrift hineinzulesenden Eigenschaft in diskriminierender Weise benachteiligt, wobei diese Prüfung nicht isoliert, sondern unter Berücksichtigung eines "larger social, political and legal context" stattzufinden hat31 . Davon ausgehend hatte 26 s. 15( 1) der Charter lautet: ,,Every individual is equal before and Wlder the law and has the right to the equal protection and equal benefit of the law without discrirnination and, in particular, without discrimination based on race, national or ethnic origin, colour, religion, sex, age or mental or physical disability. " 27 Laylandv. Ontario, 104 D.L.R. (4 th ) 214, 216, 225 (1993) (Ont. Div. Ct.). 28 Layland v. Ontan'o, 104 D.L.R. (4 th ) 214,221 (1993) (Ont. Div. Ct.). 29 Vgl. Laylandv. Ontario, 104 D.L.R. (4th ) 214,217-219 (1993) (Ont. Div. Ct.), wo zudem Auszüge aus Hyde v. Hyde and Woodmansee, L.R. 1 P. & D. 130, 133 (1866) u. Corbett v. Corbett (orse. Ashley), P. 83 (1971) zitiert wurden. 30 Laylandv. Olltario, 104 D.L.R. (4 th ) 214, 220 (1993) (Ont. Div. Ct.). 31 Layland v. Ontario, 104 D.L.R. (4 th ) 214, 220 (1993) (Ont. Div. Ct.), wo eine der hierfür maßgeblichen PräzidenzentscheidWlgen, R. v. Turpin, 1 S.C.R. 1296 (1989) zi-
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4. Kapitel: Die Rechtslage in Kanada
das Gericht zunächst keinerlei Schwierigkeiten festzustellen, daß die Ehedefinition des Common Law, die gleichgeschlechtliche Paare von dem Recht zu heiraten und den damit verbundenen Privilegien ausschließt, diese aufgrund ihrer sexuellen Orientierung benachteiligt. Daß es sich dabei um einen analog von Section 15(1) der Charter verbotenen Diskriminierungsgrund handelt, wurde ebenfalls ohne größere Ausführungen in Anlehnung an die Entscheidung des Ontario Court of Appeals in Haig v. Canada32 angenommen 33 . Die darüber hinaus für eine Verletzung von Section 15(1) der Charter erforderliche diskriminierende Wirkung 34 des Eheverbots der Gleichgeschlechtlichkeit konnte die Mehrheit des Divisional Court von Ontario indes nicht erkennen35 Wann eine Maßnahme als Diskriminierung im Sinne von Section 15~1) der Charter anzusehen ist, wurde in Andrews v. Law Society 0/ Columbia 6, der ersten, bis heute maßgeblichen und regelmäßig zitierten37 Entscheidung des kanadischen Supreme Courts zu Section 15(1) der Charter, ausführlich darge. unter D'ISk' . . Iegt38 . Danac h 1st nmlmerung zu verste hen39 : tiert wurde. Dort war ausgeführt worden: " In detennining whether there is discrimination on grounds relating to the personal characteristics of the individual or group, it is important to look not only at the impugned legislation which has created a distinction that violates the right to equality but also to the larger social, political and legal context." Vgl. noch die außerdem (Layland S. 222) zitierte Entscheidung in Andrews v. Law Society 0/ British Columbia, 56 D.L.R. 1, 23 f (1989): ,,A complaint under s. 15(l) must show not only that he or she is not receiving equal treatment before and under the law or that the law has a differential impact on him or her in the protection or benefit accorded by law but, in addition, must show that the legislative impact of the law is discriminatory." 32 9 O.R. (3d) 495,94 D.L.R. (4 th ) 1, 16 (1992) (Ont. ct. App.), nachfolgend nach D.L.R. zitiert. 33 Laylandv. Ontario, 104 D.L.R. (4 th ) 214, 220 f (1993) (Ont. Div. Ct.). 34 In dem für die Dogmatik von s. 15( 1) der Charter entscheidenden Präjudiz (Andrews v. Law Society 0/ British Columbia, 56 D.L.R. (4 th ) 1 (1989) (S.C.C.), 1 S.C.R. 143,25 C.C.E.L. 255, 10 C.H.R.R. D/5719, 2 W'w.R. 289,34 B.C.L.R. (2d) 273, 91 N.R. 255, 13 AC'w.S. (3d) 247, nachfolgend nur nach D.L.R. zitiert) wurden folgende Erfordernisse aufgestellt, die vorliegen müssen, um eine Diskriminierung bejahen zu können: die Unterscheidung muß ausschließlich auf einer der in s. 15(1) genannten oder analog davon erfaßten Gründe beruhen und nicht auf einer Fähigkeit oder Leistung (,,merit and capacity") der einen oder anderen Gruppe. Ferner muß die Ungleichbehandlung einen Nachteil für den Betroffenen haben. Ist die Zugehörigkeit zu einer Gruppe der Grund für die Differenzierung, so ist deren Stellung in der Gesellschaft zu berücksichtigen ("discrete and insular minority in a larger social context"). 35 Layland v. Ontario, 104 D.L.R. (4 th ) 214, 222 (1993) (Ont. Div. Ct.). 36 56 D.L.R. (4 th ) 1 (1989). 37 So auch in Layland v. Ontario, 104 D.L.R. (4 th ) 214,222 (1993) (Ont. Div. Ct.). 38 Andrews v. Law Society 0/ British Columbia, 56 D.L.R. 1, 16-19 (1989), allgemein zur Dogmatik von s. 15(1) der Charter GaU, S. 73 f; Beatty, 46 U. Toronto L. 1. 349, (1996).
A. Gleichgeschlechtliche Ehe in der kanadischen Gesetzgebung
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" ... a distinction, whether intentional or not but based on grounds relating to personal chracteristics of the individual or group, which has the effect of imposing burdens, obligations, or disadvantages on such individual or group not irnposed upon others, or which withholds or limits access to opportunities, benefits, and advantages available to other members ofthe society."
Diese Ausführungen wurden an anderer Stelle in der Entscheidung zur Kurzfomel 4o : " ..... whether the impugned provision arnounts to discrirnination in the sense in which my colleague has definied it, i.e., on the basis of "irrelevant personal differences" such as those listed in s. 15 and, traditionally, in human rights legislation."
Davon ausgehend stufte die Mehrheit des Layland-Court das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit nicht als Diskriminierung im Sinne von Section 15(1) der Charter ein41 . Begründet wurde diese Auffassung in erster Linie damit, daß die Eigenschaft "Homosexualität" beziehungsweise "sexuelle Orientierung", die im vorliegenden Fall das Motiv für die Differenzierung bilde, in direktem Zusammenhang mit dem Sinn und Zweck der angegriffenen Maßnahme stehe, weshalb die Benachteiligung nicht willkürlich erfolge42. Der entscheidende Grund, warum die Ehe unter den besonderen Schutz der Rechtsordnung gestellt würde, sei der Umstand, daß dort in der Regel Kinder geboren und aufgezogen würden, was für den Erhalt der Menschheit unabdingbar sei 43 . Diesen wichtigen Aspekt der Institution Ehe könnten homosexuelle Lebensgemeinschaften aufgrund ihrer biologischen Beschränktheit im allgemeinen nicht erfüllen44. Demgegenüber stelle es bei verschiedenge-
Andrews v. Law Society 01 British Columbia, 56 D.L.R. 1, 18 (1989). Andrews v. Law Society 01 British Columbia, 56 D.L.R. 1, 37 (1989). 41 Laylandv. Ontario, 104 D.L.R. (4 th ) 214, 222 (1993) (Ont. Div. Ct.). 42 Laylandv. Ontario, 104 D.L.R. (4 th ) 214,222 (1993) (Ont. Div. Ct.): "The personal difference involved in the case at bar is homosexuality, which is a matter of capacity. The characteristic is not irrelevant to the restriction of marriage at cornrnon law to unions of persons of the opposite sex. One of the principal purposes of the institution of marriage is the founding and maintaining of families in which children will be produced and cared for, a procedure which is necesssary for the continuance ofthe species ..... That principle purpose of marriage cannot, as a general rule, be achieved in a homosexual union because of the biological limitation of such a union. It is the reality that is recognized in the limitation of marriage to persons of opposite sex." 43 Laylandv. Ontario, 104 D.L.R. (4 th ) 214, 222 (1993) (Ont. Div. Ct.), wegen der Kritik an dieser, im Rahmen der "gay rights litigation" ständig wiederkehrenden, Argumentation der Gerichte siehe unter Zweites Kapitel B. II., Drittes Kapitel B. 1., Viertes Kapitel B. 44 Laylandv. Ontario, 104 D.L.R. (4 th ) 214, 222 f. (1993) (Ont. Div. Ct.). 39 40
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4. Kapitel: Die Rechtslage in Kanada
schlechtlichen Paaren eine nicht maßgeblich ins Gewicht fallende Ausnahme dar, wenn ihre Ehe gewollt oder ungewollt kinderlos bliebe45. An einer Diskriminierung fehle es ferner, weil es homo- und bisexuellen Personen frei stehe, eine Person des anderen Geschlechts zu heiraten 46. Die Tatsache, daß sie das nicht tun, sei jedoch keine von der Gesetzes- oder Rechtslage angeordnete Folge, sondern das Ergebnis ihrer eigenen Entschei47 dung. Schließlich seien Lebensgemeinschaften zwischen Personen desselben Geschlechts auch deshalb keine Ehen, weil sie schon begrifflich nicht unter Ehe als ausschließlich heterosexuelle Verbindung gefaßt werden könnten48. Die Charter könnte jedoch nicht dazu benutzt werden, um eine Änderung der Ehedefinition zu erreichen49. b) Das Minderheitenvotum Insgesamt anderer Meinung war demgegenüber die Richterin Greer, die deshalb ein ausführliches Minderheitenvotum verfaßte 50 . Vor dem Hintergrund einer sich wandelnden Gesellschaft und einem sich an diesen Veränderungen ausrichtenden, anpassungsfahigen Common Law vermochte sie demselben schon kein Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit zu entnehmen 51. Sie vertrat darüber hinaus die Ansicht, daß selbst wenn sich im Common Law eine derartige Beschränkung des Eheschließungsrechts auf verschiedengeschlechtliche Paare fande, die dafür maßgebliche Common Law Definition des Ehebegriffs einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhalten könnLayland v. Ontario, 104 D.LR. (4 th ) 214, 223 (1993)(Ont. Div. Ct.). Laylandv. Ontario, 104 D.LR. (4 th ) 214,223 (1993) (Ont. Div. Ct.), vgl. aber das Minderheitenvotum S. 229 f 47 Laylandv. Ontario, 104 D.LR. (4 th ) 214, 223 (1993) (Ont. Div. Ct.); hiergegen Wintennute, 39 McGill L J. 429,453 (1994). 48 Laylandv. Ontario, 104 D.LR. (4 th ) 214, 223 (1993) (Ont. Div. Ct.). 49 Layland v. Ontario, 104 D.LR. (4 th ) 214, 223 (1993) (Ont. Div. Ct.). AA Richterin Greer, S. 234 f., die das Common Law an den Maßstäben der Verfassung mißt und die aus dem Common Law abgeleitete Ehedefmition nicht als ein quasi über der Verfassung stehendes Prinzip ansieht; Wintennute, 39 McGill L J. 429,453 (1994) sowie Bailey, 7 Supreme Court L Rev. 327, 344 (1996), die diese Auffassung allerdings im Zusammenhang mit der Egan-Entscheidung äußert. 50 Layland v. Ontario, 104 D.LR. (4 th ) 214, 223-238 (1993) (Ont Div. Ct.). 51 Vgl. Laylandv. Ontario, 104 D.LR. (4 th ) 214,223 f, 234 f (1993) (Ont. Div. Ct.). 45
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A. Gleichgeschlechtliche Ehe in der kanadischen GesetzgebWlg
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te 52 . In Anlehnung an die us-amerikanische Entscheidung in Loving v. Virginia bewertete sie ein Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit als Eingriff in das Recht der Antragsteller, die Ehe mit dem selbstgewählten Partner einzugehen53 . Dieses Recht sei jedoch ein "fundamental right", das zu schützen eines der wichtigsten Anliegen der Charter sei 54 . Werde den Antragstellern dieses Recht aufgrund ihrer sexuellen Orientierung vorenthalten, liege darin eine prima facie-Verletzung von Section 15(1), die nur dann verfassungsrechtlich zu rechtfertigen sei, wenn es dafür vernünftige und nachvollziehbare Gründe im Sinne von Section 1 der Charter gebe55. In diesem Rahmen genüge jedenfalls nicht allein der Hinweis darauf, daß damit die traditionelle Familie geschützt werden solle 56 . Schon die Annahme, daß der Staat traditionelle, heterosexuelle Familien besonders schützen und fördern müsse, stelle für sich genommen eine den Grundsätzen der Charter widersprechende Diskriminierung dar57 . Darüber hinaus sei nicht einzusehen, in welcher Weise ein Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit die Gründung von traditionellen Familien und die Geburt von Kindern in diesem Familienverband fördere 58 . Zumindest sei eine Beschränkung der Eheschließungen auf verschiedengeschlechtliche Paare unter dem vorzunehmenden Oakes-Test unverhältnismäßil 9 . Aufgrund dieser Erwägungen kam die Richterin Greer zu dem Schluß, daß eine verfassungswidrige Diskriminierung der Antragsteller nur vermieden werden könnte, in dem ihnen die erforderliche Ehelizenz erteilt wird60 .
Layland v. Onfan'o, 104 D.L.R. (4 th ) 214, 234-237 (1993) (Ont. Div. Ct.). Layland v. Onfario, 104 D.L.R. (4 th ) 214, 229 f. (1993)(Ont. Div. Ct.). 54 Laylandv. Ontario, 104 D.L.R. (4 th ) 214, 228 (1993) (Ont. Div. Ct.). 55 Laylandv. Onfario, 104 D.L.R. (4 th ) 214,231 f. (1993) (Ont. Div. Ct.). Allgemein zu s. 1 der Charter siehe bei Gall, S. 68 f. 56 Laylandv. Onfario, 104 D.L.R. (4 th ) 214, 233 (1993) (Ont. Div. Ct.). 57 Laylandv. Onfario, 104 D.L.R. (4 th ) 214, 233 (1993) (Ont. Div. Ct.). Ähnlich auch Bailey, 7 Supreme Court L. Rev. 327, 344 (1996), die im Zusammenhang mit der Egan-EntscheidWlg die MeinWlg äußert, es müßten sich auch traditionelle Werte an der VerfassWlg messen lassen. 58 Layland v. Onfario, 104 D.L.R. (4 th ) 214, 233 (1993) (Ont. Div. Ct.). 59 Layland v. Onfario, 104 D.L.R. (4 th ) 214, 233 f. (1993) (On~ Div. Ct.), vgl. hierzu auch R. v. Oakes, 1 S.C.R. 103,50 C.R. (3d), 1,26 D.L.R. (4 ) 200 (1986), nachfolgend nur nach D.L.R. zitiert, wo der sogenannte Oakes-Test endgültig entwickelt Wld ausdrücklich angewandt wurde sowie Gall, S. 68. 60 Layland v. Onfario, 104 D.L.R. (4 tl1 ) 214, 237 f. (1993) (Ont. Div. Ct.). 52 53
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4. Kapitel: Die Rechtslage in Kanada
111. Zusammenfassung Obwohl der kanadische Bundesgesetzgeber von seiner Kompetenz, das Recht der Eheschließung gesetzlich auszugestalten, bislang keinen Gebrauch gemacht hat und auch keine der Provinzen im Rahmen der ihnen übertragenen Befugnis zur Regelung der "Solemnization of the Marriage in the Province" zum Erfordernis der Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehegatten Stellung genommen hat, ist sich die Rechtsprechung insoweit einig: Das Common Law beschränkt Eheschließungen auf Verbindungen zwischen Mann und Frau61 . Nachdem diese Auffassung nunmehr auch unter der Canadian Charter of Rights and Freedoms Bestand hatte, ist nicht davon auszugehen, daß sich die gegenteilige Auffassung. wie sie im Minderheitenvotum von Layland v. Ontario zum Ausdruck gekommen ist, durchsetzen wird und es demnächst die "same-sex marriage" in Kanada geben wird62 .
B. Die gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttum Anders als in den USA, wo die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen zu einem der derzeit am häufigsten publizierten familienrechtlichen Themen gehört, finden sich in Kanada nur wenige Veröffentlichungen, die sich ausdrücklich mit rechtlichen Aspekten der "same-sex marriage" beziehungsweise mit der dazu bereits ergangenen Rechtsprechung beschäftigen63. Der aus jüngerer Zeit stammende Aufsatz von Wintermute 64 , der sich zwar nicht ausschließlich, aber doch ausführlich mit der Entscheidung Layland v. Ontario auseinandersetzt, ist deshalb fast als Ausnahmeerscheinung zu bezeichnen.
c.
61
Vgl. hierzu außer Re North and Matheson und Layland v. Ontario noch C. (L.) v.
(C.), 10 O.R. (3d) 254 (1992). Dort wurde zwar nicht um die Erteilung der Ehe1i-
zens gestritten, sondern um die Gültigkeit einer bereits geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehe. Das in diesem Fall zur Entscheidung berufene Gericht ging jedoch ebenso wie die in den beiden vorherigen Verfahren tätig gewordenen Spruchkörper davon aus, daß das Common Law die Ehe dem Grundsatz der Verschiedengeschlechtlichkeit unterstelle, weshalb die streitgegenständliche Verbindung von Anfang an als nichtig anzusehen sei. 62 Zur nicht einheitlichen Haltung der kanadischen "gay community" zum Thema "same-sex marriage" siehe Ontario Law Reform Commission, S. 46 f. m.w.N. 63 SO Z. B. Wintennute, 39 McGill L. J. 429 (1994); Wooley, 45 U. Toronto L. 1. 471 (1995) sowie Veitch, 5 Angl.-Am. L. Rev. 41 (1976), wobei letzterer sich allgemein mit den im anglo-amerikanischen Rechtskreis ergangenen Gerichtsentscheidungen zur "same-sex marriage" beschäftigt. 64 Sexual Discrimination as Sex Discrimination: Same-Sex Couples and the Charter in Mossop, Egan and Layland, 39 McGill L. 1. 429-478 (1994).
B. Gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttwn
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Der Autor teilt im wesentlichen die Arsumentation der in der LaylandEntscheidung vertretenen Mindermeinung und kommt dementsprechend zu dem Ergebnis, daß das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit gegen Section 15(1) der Charter verstößt und deshalb als verfassungswidrig anzusehen ist66 . Dabei wendet er sich vor allem gegen die von der Mehrheit des Spruchkörpers geäußerte Auffassung, wonach die Ehe im Hinblick auf die dort stattfindende Fortpflanzung schutz- und förderungswürdig sei, weshalb die dazu nicht fähigen gleichgeschlechtlichen Paare von der Ehe ausgeschlossen werden könnten, ohne daß darin eine Diskriminierung auf Grund ihrer sexuellen Orientierung zu sehen sei ("matter of capacity", "not irrelevant,,)67. Dieses Argument, das ohnehin nicht im Rahmen von Section 15(1), sondern unter Section 1 der Charter hätte geprüft werden müssen68 , sei in keiner Weise nachvollziehbar, denn die Geburt von Kindern stehe in keinem notwendigen Verhältnis zur Eheschließung69 . Nicht nur, daß zahlreiche Ehen kinderlos blieben, während unverheiratete Paare für Nachwuchs sorgten, hinzu käme, daß die neuen, künstlichen Fortpflanzungstechniken auch gleichgeschlechtlichen Paaren die Möglichkeit gäben, Kinder zu haben und aufzuziehen7o . Folglich stehe das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit in keinerlei Verhältnis zur Förderung der Fortpflanzung, weshalb das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit eine Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung der gleichgeschlechtlichen Paare darstelle, die auch unter Section 1 der Charter nicht aufrecht erhalten werden könne71 . Soweit sich in anderen Aufsätzen Anmerkungen zur Layland-Entscheidung finden, beinhalten sie regelmäßig den Vorwurf, daß die Mehrheitsentscheidung auf einem Zirkelschluß beruhe, denn es sei "conclusionary und circular", Siehe dazu oben unter A. n. 2. b. Wintermute, 39 McGill L. J. 429, 451-455 (1994). 67 Dazu unter A. n. 2. a. 68 Wintermute, 39 McGill L. J. 429, 453, 455-458 (1994), der dort ausführlich zur Dogmatik und dem Verhältnis der beiden Verfassungsvorschriften Stellung ninunt. Einzelheiten dazu auch unter C. I. 2. b. bb (3). ö9 Wintermute, 39 McGill L. J. 429, 452 f. (1994); so auch Wooley, 45 U. Toronto L. J. 471,480 (1995). 70 Vgl. Wintermute, 39 McGill L. J. 429,452 f. (1994); Wooley, 45 U. Toronto L. J. 471,480 (1995). 71 Wintermute, 39 McGill L. 1. 429,452 f.(l994) Vgl. dazu auch Veitch, 5 Angl.Am. L. Rev. 41,43 (1976) sowie Rusk, 52 U. Toronto Fac. L. Rev. 170, 193 f. (1993); Ryder, 9 Can. 1. Farn. L. 39, 83-89 (1990), die sich zwar nicht im Hinblick auf die Layland-Entscheidung kritisch dazu geäußert haben, sondern im Zusanunenhang mit der unter C. n. 2. dargestellten Rechtsprechung. Dort kehrt das Argument, die Ehe sei im Hinblick auf die dort stattfindende Fortpflanzung förderungsWÜfdig, im Rahmen der Prüfung von s. 15( 1) der Charter wieder und führt dazu, daß gleichgeschlechtliche Partner nicht als "spouse" anerkannt werden. "S 6"
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4. Kapitel: Die Rechtslage in Kanada
wenn Ehe zunächst so definiert werde, daß gleichgeschlechtliche Paare nicht darunter subsumiert werden können und ihnen dann das Eheschließungsrecht verweigert werde:i weil sie schon begrifflich nicht unter den Ehebegriff gefaßt werden könnten7 .
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage" Gleichgeschlechtliche Paare können infolge der ihnen verordneten Zwangsehelosigkeit an zahlreichen Privilegien, die die Rechtsordnung auch in Kanada für Ehegatten bereithält, nicht teilhaben. Dies betrifft die unterschiedlichsten Lebensbereiche, denn die Ehewirkungen gehen weit über das eigentliche Zusammenleben der Partner hinaus 73. Vor allem auf dem Gebiet der öffentlichen Daseinsfürsorge und im Arbeitsleben wird der Ehegattenstatus ("spouse") zum Anknüpfungspunkt für Geldleistungen und andere Vergünstigungen gemacht74. Dieser Rechtslage, wonach nur die Ehe eine detaillierte Regelung der Beziehung der Partner zueinander und in bezug zur Umwelt verspricht, steht eine gesellschaftliche Entwicklung gegenüber, die dazu geführt hat, daß immer mehr vor allem auch verschiedengeschlechtliche Paare ihr Zusammenleben außerhalb der Ehe arrangieren 75 . Derzeit leben etwa 1/10 der kanadischen Paare ohne Trauschein zusammen; 42 % davon mit Kindern 76. In welcher Größenordnung sich die Anzahl der gleichgeschlechtlichen nichte helichen Lebensgemeinschaften bewefl, kann mangels statistischer Erhebung nicht mit Sicherheit gesagt werden . Fest steht jedenfalls, daß immer mehr lesbische und schwule Paare offen zu ihrer sexuellen Orientierung stehen. Im Zuge dessen fordern sie vermehrt auch die rechtliche Anerkennung ihrer Beziehung. Dies geschieht häufig im Rahmen von Gerichtsverfahren, denn an72 So z. B. Bala, 32 Can. 1. Farn L. 269,277 (1993/94); Wooley, 45 U. Toronto L. 1. 471,478 (1995). 73 Eine Übersicht über die an die Ehe oder den Begriff des "spouse" anknüpfenden Rechte findet sich bei Rusk, 52 U. Toronto Fac. L. Rev. 170, 174-182 (1993); Allard, 26 Cahiers de Droit de l'Universite Lava1451, 455-462 (1985) u. bei Ryder, 9 Can. 1. Farn. L. 39,48-65 (1990), der die provinzielle Gesetzgebung arn Beispiel Ontarios aufzeigt. 74Vgl. hierzu Rusk, 52 U. Toronto L. Rev. 170,174-179 (1993); Ryder, 9 Can. 1. Farn. L. 39,48-52 (1990). 75 Vgl. hierzu Bala, 8 Int. 1. L. & Farn. 293, 293 f. (1994); ders., 32 Can 1. Farn. L. 269,269,273 f. (1993/94). 76 Statistics Canada, Age, Sex, Marital Status and Common-Law Status (1993), zitiert nach Bala, 32 Can. 1. Farn. L. 269,273 Fn. 17 (1993/94). 77 Neue arnerikanische Studien gehen davon aus, daß 60 % der lesbischen Frauen und 40 % der schwulen Männer in festen Beziehungen leben; hierzu Ontario Law Reform Commission, S. 7 rn.w.N.
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ders als bei verschiedengeschlechtlichen Paaren, die durch eine gesetzliche Ausweitung des Begriffes "spouse" in vielen Bereichen Eheleuten gleichgestellt werden 78 , reagieren die Gesetzgeber auf die Bedürfnisse gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften nicht oder nur zögerlich79 . Eine nennenswerte Ausnahme bildet deshalb die 1992 in Ontario erlassene Regelung, die den gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten in den Fällen, in denen die Zustimmung des anderen Partners zu einem medizinischen Eingriff ersetzt werden muß, wie ein "spousal equivalent" behandelt8o . Zunehmende Berücksichtigung finden lesbische und schwule Personen vor allem im Rahmen der Anti-Diskriminierungsgesetzgebung des Bundes und der Provinzen, die in Kanada in der Regel als Human Rights Legislation bezeichnet wird 81 . Quebec war 1977 die erste Provinz, die Diskriminierungen auf der Basis von sexueller Orientierung einem gesetzlichen Verbot unterwarf 2 . Heute untersagen acht der insgesamt 13 lurisdiktionen Diskriminierungen auf Grund der sexuellen OrientierunJ.t. Seit der Entscheidung des Supreme Court von Kanada in Egan v. Canada ist zudem höchstrichterlich geklärt, was zuvor schon verschiedentlich angenommen wurde85, daß sexuelle Orientierung ein von Section 15( 1) der Charter erfaßtes Merkmal ist, aufgrund dessen eine 78 So z. B. Family Law Act, RSO 1990, cF3; 01d Age Security Act, RSC 1970, cO-6, as amended by SC 1985, c30, s. 2; Canada Pension Plan Act, RSC 1970, c c-5, as amended by SC 1970-71-72, c63, as amended by SC 1980-81-82-83, c48, s. 73(1)(d); Income Tax Act, RCS 1952, c 148, s. 252(4), as amended by SC 1992, c 24, s 140(3) 1992. Weitere Beispiele bei Bala, 1 Int. 1. L. & Fam. 1,27 f. (1987); ders., 8 Int. 1. L. & Fam. 293, 304 (1994) sowie bei Müller-Freienfels, FS f. Gemhuber, S.737 (768), der zudem die Unterschiede zwischen den provinzialen Regelungen bezüglich der Unterhaltsansprüche nichtehelicher Lebenspartner darstellt. Einen Überblick über die gegenwärtige Rechtslage verschiedengeschlechtlicher nichtehelicher Lebenspartner in Ontario bietet der Report der Ontario Law Reform Commission, S. 8 f. 79 Dazu unter C. 11. 80 Consent to Treatment Act, S.O. 1992, c.31, ss. 1(2) u. 17(1 )(4): "Two persons are partners for the purpose of this Act if they have lived together for at least one year and have a elose personal relationship that is ofprimary importance in both persons' lives." 81 Dazu unter C. ill. 82 R.S.Q. 1977, c. C-12, s. 10, amended Bill 86 (C-61). 83 Dazu gehören Ontario, Nova Scotia, Yukon Territory, Quebec, New Brunswick, Manitoba, Saskatchewan, British Columbia. Daß diese Rechtslage nicht immer ohne Widerstände im Parlament herbeigeführt werden konnte, zeigt die äußerst emotional geführte Parlamentsdebatte in Ontario, die Ryder, 9 Can. J. Fam. L. 39, 67-72 (1990), in Auszügen dokumentiert. 84 124 D.L.R. (4 th ) 609 (1995). 85 SO Z. B. Haig v. Canada, 94 D.L.R. (4 th ) 1, 16 (1992) (Ont. Ct. App.); Layland v. Ontario. 104 D.L.R. 214, 221 (1993) (Ont. Div. Ct.). Vgl. auch Bruner, in: Equality Rights, hrsg. v. BayefskylEberts, S.457 ff.; Rusk, 52 U. Toronto Fac. L. Rev. 170, 187 f. (1993), Ryder, 9 Can. J. Fam. L. 39,76 f. (1990).
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Diskriminierung nicht stattfinden darf. Vor allem letzteres ist der Grund, warum verschiedentlich die Teilhabe gleichgeschlechtlicher Paare an den sogenannten "spousal benefits", das heißt an denjenigen Vergünstigungen, die entweder an den Ehestatus oder an das Bestehen einer verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaft geknüpft sind, aus einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Gründe für geboten gehalten wird86 . Jenseits der Forderung nach der "same-sex marriage" werden demnach vor allem zwei Möglichkeiten in Betracht gezogen und tatsächlich verfolgt, um eine Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare mit Eheleuten beziehungsweise mit verschiedengeschlechtlichen nichtehelichen Lebensgemeinschaften zu erreichen: Die Führung von Prozessen, die es den Gerichten ennöglicht, Begriffe wie "spouse" und "family" durch Auslegung auch auf gleichgeschlechtliche Partner zu erweitern 87 und gesetzgeberische Aktivitäten des Bundes und der Provinzen, durch die gleichgeschlechtlichen Paaren insgesamt oder in zumindest Teilbereichen zur rechtlichen Anerkennung verholfen wird 88 . I. Die Behandlung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften in der Rechtsprechung 1. Vermögensrechtliche Streitigkeiten der (gleichgeschlechtlichen) Partner bei Beendigung der Beziehung
Gegenüber dem nachfolgend unter "Are we family" darzustellenden Fallrecht spielen vermögensrechtliche Streitigkeiten gleichgeschlechtlicher Lebenspartner in Kanadas Rechtsprechung nur eine untergeordnete Rolle. Sie werden nach den Regeln des allgemeinen Rechts, das heißt des Common Law oder des in Quebec geltenden Civil Law beurteilt, denn eigentums- und besitzrechtliche Aspekte einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft können mangels Eheschließungsrecht der "same-sex"-Partner nicht nach den Grundsätzen des in der Zuständigkeit der Provinzen liegenden ehelichen Güterrechts abgewickelt werden 89. Es gibt deshalb weder eine gemeinsame Berechtigung der Partner an dem im Laufe der Beziehung angeschafften Eigentum, wie es das "community property"-System von Quebec vorsieht noch erfolgt die VerDazu sogleich unter C. I. 2. Dazu unter C. I. 2. 88 Dazu unter C. II. Siehe auch Allard, 26 Cahiers de Droit de I'Universite Laval 451 (1985), der sich vor allem mit vertraglichen Gestaltungsmäglichkeiten beschäftigt. 89 Vgl. hierzu Bala, 1 Int. J L. & Farn. I, 15-19 (1987); Ryder, 9 Can. J Farn. L. 39, 54 f. (1990); Rusk, 52 U. Toronto Fac. L. Rev. 170, 181 (1993). 86
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teilung des Besitzes nach den Regeln des in den Common Law Provinzen vorherrschenden Prinzips, wonach entweder die hälftige Berechtigung vermutet wird oder das Verhältnis der tatsächlich geleisteten finanziellen und nicht finanziellen Beiträge maßgeblich ist9o . Das Eingeständnis der Gerichte, daß grundsätzlich auch zwischen unverheirateten Lebenspartnern Rechte und Pflichten entstehen können, das heißt ihre Beziehung zumindest in gewissem Umfang rechtlich anzuerkennen ist, begann erst Ende der siebziger bis Anfang der achtziger Jahre 91 . Wegbereitend war in diesem Zusammenhang die Entscheidung in Pettkus v. Becker92 . Dort sprach der Supreme Court von Kanada der Partnerin einer langjährigen nichtehelichen Lebensgemeinschaft die Hälfte des Eigentums zu, das die beiden Partner im Laufe ihrer Beziehung durch gemeinsame Anstrengun~en angeschafft hatten, dessen formaler Eigentümer aber nur der Mann war 3. Zur Begründung wurden die Grundsätze des "constructive trust" herangezogen, die in ihrem Kern auf die Vermeidung ungerechtfertigter Bereicherungen ("unjust enrichment") abzielen 94 . Bei dieser Gelegenheit wies der die Entscheidung formulierende Richter Dickson ausdrücklich darauf hin, daß die Prinzipien des "constructive trust" ohne Modifikationen auf vermögensrechtliche Streitigkeiten zwischen nichtehelichen Lebenspartnern angewendet werden könnten95 und führte in diesem Zusammenhang aus 96 : " ... where one person in a relationship tantamount to spousal prejustices herself in the reasonable expectation of receiving an interest in propertyand the other person in the relationship freely accepts benefits conferred .... in circwnstances where he knows or ought to have known of that reasonable expectation, it would be unjust to allow the recipient to the benefit to retain it. ..... I see no basis for any distinction, in dividing property assets, between marital relationships and those more informal relationships which subsist for a lengthy period."
90 Vgl. hierzu Bala, I, Int. J. L. & Fam. 1, 15-19 (1987) m.w.N.; Ryder, 9 Can J. Farn. L. 39,54 f. (1990); Rusk, 52 U. Toronto Fac. L. Rev. 170,181 (1993) am Beispiel Ontarios. 91 Vgl. hierzu Bala, 8 Int. J. L. & Farn. 293, 302 (1994) m.w.N. zwn Fallrecht. 92 2 S.C.R. 834 (1980) (S.C.C.). Für die Civil Law Jurisdiktion Quebec ist der in Quebec anhängig gewordene und letztinstanzlich vom Supreme Court von Kanada entschiedene Fall Beaudoin-Daugneault v. Richard (I S.C.R. 2 (1984» maßgeblich. Dort wurde der Ausgleich zwischen den Partnern nach den Grundsätzen der stillschweigend zustande gekommenen Innengesellschaft ("tacit partnership") vorgenommen. 93 Pettkus v. Becker, 2 S.C.R. 834, 849, 834, 864 (1980). 94 Pettkus v. Becker, 2 S.C.R. 834, 849, 847-850 (1980). 95 Pettkus v. Becker, 2 S.C.R. 834,849, 850 f. (1980). 9" Pettkus v. Becker, 2 S.C.R. 834, 849, 850 (1980).
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Ausgehend von den allgemeinen Regeln des "trust law" seien bei der Bemessung des Umfangs der Berechtigungen der Partner an Eigentum und Besitz allein ihre tatsächlich geleisteten Beiträge ausschlaggebend97 . Eine Vermutung zur grundsätzlich hälftigen Berechtigung, wie sie zum Beispiel der Family Law Act von Ontario im Rahmen von Ehescheidungen festlege, gebe es bei der vermögens rechtlichen Abwicklung nichtehelicher Lebensgemeinschaften indes nicht 98 Dies hatte zur Folge, daß in nachfolgenden Entscheidungen die Tendenz vorherrschte, nur finanzielle Beiträge zur Lebensführung und Arbeitsleistungen, die einem von den Partnern geführten Gewerbebetrieb zugute kamen, bei der Vermögensaufteilung zu berucksichtigen99 . Demgegenüber wurden im Haushalt erbrachte Leistungen häufig unterbewertet oder blieben gänzlich außer acht 100 . Erst 1993 hatte der Supreme Court die Gelegenheit festzustellen, daß die Kindererziehung und andere häusliche Tätigkeiten in vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen nichtehelicher Lebensgemeinschaften nicht als minderwertige Leistungen anzusehen seien l01 . In Peter v. Beblow bestätigte er ein untergerichtliches Urteil, mit dem der Partnerin einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die zur gemeinsamen Lebensführung ausschließlich durch Tätigkeiten im Haushalt und durch die Kindererziehung beil1~lJagen hatte, etwa die Hälfte des Vermögens zugesprochen worden war Das Fallrecht zu vermögensrechtlichen Streitigkeiten nichtehelicher Lebensgemeinschaften hat sich demnach dahin gehend entwickelt, daß bei der Klärung der Eigentums- und Besitzverhältnisse der unverheirateten Partner nicht nur die Beziehung als solche rechtliche Berucksichtigung findet, sondern auch deren tatsächliche Struktur, die häufig dadurch gekennzeichnet ist, daß ein Partner den Haushalt führt. Dies gilt für verschiedengeschlechtliche Paare ebenso wie für gleichgeschlechtliche, denn in den wenigen Entscheidungen, die bisher zu vermögensrechtlichen Streitigkeiten gleichgeschlechtlicher nichtehelicher Lebensgemeinschaften ergangen sind, wurden diese genauso
97 Pettkus v. Becker, 2 S.C.R 834, 849, 852 f. (1980). Ausführlich zu den allgemeinen Grundsätzes des "trust law" siehe im Fünften Kapitel unter C. I. 98 Pettkus v. Becker, 2 S.C.R 834,849,851,853 (1980). 99 Vgl hiezu Bala, 8 Int. J. L. & Farn, 293, 303 (1994). 100 So z. B. Stanish v. Parasz, 23 RF.L. (3d) 207 (1989) (Man. QB); Kshywieski v. Kunka, 50 RF.L. (2d) 421 (1986) (Man CA). 101 Peterv. Beblow, 44 RF.L. (3d) 329 (1993) (S.C.C.), wo ausgeflihrt wurde: "The notion that the household and childcare services are not worthy of recognition .... fails to recognize that these services are of great value, not only to the farnily, but to the spouse." 102 Pelerv. Beblow, 44 RF.L. (3d) 329 (1993) (S.C.C.).
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
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behandelt werden wie ihr verschiedengeschlechtliches Gegenstück 103 . Besonders deutlich zeigt sich die Bereitschaft der Gerichte, "same-sex"Partnerschaften gegenüber heterosexuellen Verbindungen zumindest unter vermögensrechtlichen Aspekten als gleichwertige Varianten anzusehen, in Forrest v. Price, wo die Beziehung der gleichgeschlechtlichen Parteien beschrieben wurde als 104 : "committed, caring and 10ving relationship, tantamowlt in all respects to traditional heterosexual marriage".
2. "Are we Family,,?105 "Same-Sex Spousal Benefits" im Fallrecht
Solche Ausführungen finden sich indes nur selten in dem Teil der Rechtsprechung, der von der "gay community" als "We are Family"-Kampagne bezeichnet und in den rechtswissenschaftlichen Abhandlungen der USA meist unter "Redefining the Family" diskutiert wird. Die doppelte Benachteiligung gleichgeschlechtlicher Paare gegenüber Ehegatten und den Partnern verschiedengeschlechtlicher außerehelicher Verbindungen, die in Teilbereichen den Eheleuten gleichgestellt werden, hat dazu geführt, daß vor allem solche Vorschriften zum Gegenstand eines Rechtsstreits gemacht werden, deren Tatbestand an den Begriff des "spouse" anknüpft 106. Gleichgeschlechtliche Partner fordern die Gerichte auf, ihre Beziehung ebenfalls unter dieses Tatbestands103 Siehe z. B. Anderson v. Luoma, 50 R.F.L. (2d) 127 (1986) (B.C.S.C.); BeaudoinDaigneault v. Richard, 37 R.F.L. (3d) 225 (1984). Vgl. hierzu auch Ontario Law Refonn Commission, S. 33 m.w.N. 104 Forrest v. Price, B.C.J. 2299 (1992) (B.C.S.C.), zitiert nach Bala, 32 J. Fam. L. 269,276 (1993/94). 105 Vgl. hierzu den gleichnamigen Aufsatz von Didi Hennan, 28 Osgoode Hall L. J. 789, 797 (1990), die sich kritisch mit der im Rahmen der "gay rights litigation" vorgebrachten "we are family"-Argumentation auseinandersetzt und selbst der Meinung ist: " Our re1ationships simply cannot be family, because family necessitates the productive, reproductive, and sexual exploitation of women by men. Our ceremonies of commitment cannot be marriages because marriage is the legal tie binding women to family. And the word "spouse" cannot include us because its meaning must be derived from legal re1ationship that historically defined women's subordination within family, which is marriage .... By appropriating familial ideology, lebians and gay men may be supporting the very institutional structures that create and perpetuate women's oppression." Einen Überblick über die in diesem Punkt gespaltene "gay community" enthält der Bericht der Ontario Law Refonn Commission, S. 46 f. m.w.N. 106 Kritisch zur sogenannten "gay rights litigation", d.h. ob die rechtliche Anerkennung für gleichgeschlechtliche Paare überhaupt zum Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten gemacht werden sollte oder ob es nicht siIUlVoller ist, diese politisch durchzusetzten, Hennan, 28 Osgoode Hall L. J. 789, 804-809 (1990) m.w.N. Dagegen Freeman, 44 U. Toronto L. J. 41 (1994), die die "test-case-litigation" befürwortet.
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4. Kapitel: Die Rechtslage in Kanada
merkmal zu subsumieren, da andernfalls ein Verstoß gegen den in der Human Rights Legislation ebenso wie in der Verfassung verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz vorläge. In vereinzelten Fällen führte diese Argumentation zum Erfolg l07 . Insgesamt neigt jedoch vor allem die höchstrichterliche Rechtsprechung dazu, die Klagen gleichgeschlechtlicher Partner abzuweisen 108 a) "Redefining the Family" aa) Knodel v. British Columbia
Ein Fall, in dem die Klage eines "same-sex couple" Erfolg hatte, ist Knodel v. British Columbia (Medical Services Commission)I09. Dort entschied der British Columbia Supreme Court, daß gleichgeschlechtliche Partner unter das Tatbestandsmerkmal "spouse" der angegriffenen Vorschrift des Medical Service Act zu fassen seien, da die dort vorgenommene definitorische Beschränkung auf heterosexuelle Paare einen nicht zu rechtfertigenden Verstoß gegen Section 15(1) der Charter darstelle llO . (1) Sachverhalt und Prozeßgeschichte
Der Antragsteller lebte mit seinem gleichgeschlechtlichen Partner von 1984 bis zu dessen Tod 1989 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft 111. Beide waren als ausgebildete Krankenpfleger in einem Krankenhaus in Vancouver angestellt 112. Dieses versicherte seine Angestellten aufgrund einer Vereinbarung mit der zuständigen Arbeitnehmervertretung gemäß den Vorgaben des 107 Siehe z. B. Knodel v.British Columbia (Medical Services Commission), 6 WW.R. 728 (1991) (B.C.S.C.), nachfolgend als Knodel v. British Columbia zitiert; Leschner v. Ontario, 16 C.H.R.R. D/184 (1992) (Ont. H.C.), Versey v. Correctional Service ofCanda, 1 F.C. 321 (1990) (Besuchsrecht des gleichgeschlechtlichen Partners im Gefängnis). 108 SO Z. B. Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609 (1995) (S.C.C.); Canda v. Mossop, 100 D.L.R. (4 th ) 658 (1993) (S.C.C.); Andrews v. Onfario (Minister ofHelath), 64 O.R. (2d) 258, 49 D.L.R. (4 th ) 584 (1988) (Ont. HC.); Vogel v. Manitoba, 4 C.HR.R. D/1654 (1983) (Man. Bd. Aj.); Re Carleton University and CUPE, 35 L.AC. (3d) 96 (1988) (Can. Arb. Bd.). Kritisch zu dieser Rechtsprechung Ryder, 9 Can. J. Farn. L. 39,73-89 (1990); Rusk, 52 U. Tor. Fac. L. Rev. 170, (1993); Wintennute, 39 McGill L. J. 429 (1994). 109 6 WW.R. 728 (1991)(B.C.S.C.). 110 Knodel v. British Columbia, 6 W.W.R. 728, 763 (1991) (B.C.S.C.). 111 Knodel v. Bn·tish Columbia, 6 W.W.R. 728, 732 f. (1991) (B.C.S.C.). 112 Knodel v. British Columbia, 6 WW.R. 728,732 (1991) (B.C.S.C.).
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
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Medical Service Act l13 für eine medizinische Grundversorgung, die sowohl zahn- als auch andere ärztliche Behandlungen umfaßt l14 . Als der Partner des Antragstellers infolge einer ernsthaften Erkrankung ab Juni 1988 dauerhaft arbeitsunfahig wurde, verlor er nicht nur seine Anstellung im Krankenhaus, sondern auch seinen Krankenversicherungsschutz, der an ein bestehendes Arbeitsverhältnis geknüpft ist 1l5 . Da er jedoch weiterhin medizinisch versorgt werden mußte, begehrte der Antragsteller von der Antragsgegnerin, der zur Durchführung der Krankenversicherung berufenen Medical Services Commissi on, seinen Lebensgefahrten als "spouse" mit in sein Versicherungspaket aufzunehmen I 16. Die Kommission reagierte auf diesen Antrag mit einer Ablehnung, da mit dem in Section 2.01 der maßgeblichen Regulations als "a man and woman who, not being married to each, live together as husband an wife" definierten Begriff "spouse" nur der verschiedengeschlechtliche Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemeint sein könne ll7 . Gegen diese Bescheid legte der Antragsteller Beschwerde zunächst beim Trial Court und dann beim Supreme Court von British Columbia ein, wo er zur Begründung vortrug, unter den Begriff des "spouse" in Section 2.01 der Regulations könnten auch die Partner einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft gefaßt werden; ein anderes Auslegungsergebnis verstoße jedenfalls geyen den in Section 15(1) der Charter verbrieften Gleichbehandlungsgrundsatz 18. (2) Entscheidungsgründe Der Supreme Court von British Columbia folgte im wesentlichen den Ausführungen des Antragstellers und kam zu dem Schluß, daß eine Verletzung von Section 15( 1) der Charter nur vermieden werden könne, wenn auch der gleichgeschlechtliche Partner unter die von Section 2.01 der Medical Service Act Regulations gegebene Definition von "spouse" subsumiert werden würde119 .
Im Rahmen der zunächst vorzunehmenden Auslegung des Begriffes "spouse" sah das Gericht keinen Grund dafür, warum gleichgeschlechtliche Partner nicht auch unter "spouse" im Sinne von Section 2.01 der Regulations gefaßt werden könnten. Die Formulierung "living together as man and wife" Medical Service Act, R.S.C. Knodel v. British Columbia, 115 Knodel v. British Columbia, 116 Wie vorherige Fn. 117 Knodel v. British Columbia, 118 Knodel v. British Columbia, 119 Knodel v. British Columbia, 113
114
1979, c. 255 (M.S.A.). 6 w.w.R. 728,732 (1991) (B.C.S.C.). 6 WW.R. 728, 733 (1991) (B.C.S.C). 6 WW.R. 728, 734 (1991 )(B.C.S.C.). 6 WW.R. 728, 731 (1991) (B.C.S.C.) 6 w.w.R. 728,759-763 (1991) (B.C.S.C.).
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4. Kapitel: Die Rechtslage in Kanada
diene lediglich der Abgrenzung sogenannter nichtehelicher Lebensgemeinschaften von anderen, rein freundschaftlichen oder verwandtschaftlichen Verbindungen l20 . Erforderlich sei deshalb nur, daß die Partner ähnlich wie Eheleute durch emotionale und sexuelle Zuneigung miteinander verbunden sind, nicht aber, daß sie tatsächlich Ehemann und Ehefrau seien l2l . Folglich könnten auch gleichgeschlechtliche Partner, deren Beziehung als eheähnliche charakterisiert werden könne, unter "spouse" subsumiert werden. Daß grundsätzlich auch gleichgeschlechtliche Paare solche Partnerschaften eingehen könnten, stand nach Anhörung eines Sachverständigen zur Überzeugung des Supreme Court fest l22 . Er räumte allerdings ein, daß die Auslegung des Begriffes "spouse", wie er in Section 2.01 definiert sei, nicht zwingend zu dem Ergebnis kommen' müsse, daß damit auch gleichgeschlechtliche Partner gemeint seien, denn der Wortlaut von "spouse" sei, diese zeige auch seine unterschiedliche Verwendung in anderen Zusammenhängen, nicht eindeutig l23 . Die Beschränkung von "spouse" auf verschiedengeschlechtliche Partner sei jedoch nur solange möglich, wie sich der Normgeber damit noch innerhalb der von der Verfassung gesteckten Grenzen bewege 124. Diese Grenzen sah der Supreme Court in diesem Fall jedoch als überschritten an, da der per Definition erfolgende Ausschluß gleichgeschlechtlicher Partner vom den im Medical Service Act gewährten Vergünstigungen als Verstoß gegen Section 15(1) der Charter gewertet werden müsse. Die Ausführungen zum verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz begannen wie schon in Layland v. Ontario unter Bezugnahme auf die für die Prüfungsabfolge maßgebliche Entscheidung des SU:;8reme Court von Kanada in Andrews v. Law Society of British Columbia 1 . Die danach im Einzelfall zunächst festzustellende Ungleichbehandlung erkannte der Supreme Court von British Columbia darin, daß heterosexuelle Krankenhausangestellte ihre verschiedengeschlechtlichen Lebenspartner in ihren Versicherungsschutz mitaufnehmen können, während dies den in einer homosexuellen Beziehung lebenden Arbeitnehmern wegen der in Section 2.01 der Regulations enthaltenen Definition von "spouse" im Sinne des nur verschiedengeschlechtlichen Partners verwehrt bleibe l26 . Die darüber hinaus erforderliche diskriminierende Knodel v. British Columbia, 6 W.w.R. 728,745 (1991) (B.C.S.C.). Knodel v. British Columbia, 6 W.W.R. 728, 745 (1991) (B.C.S.C.). 122 Knodel v. British Columbia, 6 W.w.R. 728, 745, 735 f. (1991) (B.C.S.C.). 123 Knodel v. British Columbia, 6 W.w.R. 728,748 (1991) (B.C.S.C.). 124 Knodelv. British Columbia, 6 W.w.R. 728,748 f. (1991)(B.C.S.C.). 125 Vgl. Knodel v. British Columbia, 6 W.w.R. 728,749-751 (1991) (B.C.S.C.), wo auf Andrews v. Law Society 01 British Columbia (56 D.L.R. (4 th ) 1, 23 f. (1989» verwiesen wurde. Siehe hierzu auch Fn. 31. 126 Knodel v. Bn·tish Columbia, 6 W.w.R. 728, 754 (1991) (B.C.S.C.). 120
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C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
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Wirkung dieser Unterscheidung zwischen gleich- und verschiedengeschlechtlichen Paaren lag nach Auffassung des Gerichts ebenfalls vor. Indem Section 2.01 allein auf Grund der von Section 15f.P der Charter als "analogous ground" geschützten sexuellen Orientierung l2 differenziere und dies der einzige Unterschied zwischen einer gleichgeschlechtlichen nichteheliche Lebensgemeinschaften und einer verschiedengeschlechtliche nichtehelichen Lebensgemeinschaften sei, würden homosexuelle Paare über Gebühr benachteiligtl28. In diesem Zusammenhang relevant seien nicht nur die finanziellen Einbußen, die durch den Zwang zur doppelten Prämienzahlung entstünden, sondern vor allem auch die in der Unterscheidung liegende Perpetuierung einer latent vorhandenen gesellschaftlichen Stigmatisierung der homosexuellen Minderheit l29 . Da die Antragsgegnerin keinerlei Argumente vorgebracht hätte, die den Verstoß gegen Section 15(1) nach der Maßgabe von Section 1 der Charter rechtfertigen könnten, sei die für die Verletzung verantwortliche Vorschrift · verf:assungsWl'd' der Regu IatlOns ng 130 . Um den durch Section 2.01 hervorgerufenen verfassungswidrigen Zustand zu beenden, entschied sich der Supreme Court zwischen den von der Verfassung bereitgehaltenen Möglichkeiten des "striking down" gemäß Section 52(1) und des "reading in" nach Section 24(1) für letztere, weil andernfalls auch verschiedengeschlechtliche nichteheliche Partner die durch den Medical Service Act gewährten Vergünstigungen verloren hätten 13 I . bb) Leschner v. Ontario
Eine ähnliche Entscheidung erging in Leschner v. Ontario 132 . In diesem Fall entschied der Ontario Human Rights Board of Inquiry, daß eine seitens des provinzialen Gesetzgebers erlassene Vorschrift, die dem "spouse" des verstorbenen Arbeitnehmers unter bestimmten Voraussetzungen eine Hinterbliebenenrente zubilligte, auch gleichgeschlechtliche Partner zu ihrem Adressa-
127 Vgl. hierzu Knodel v. British Columbia, 6 W.W.R. 728, 756-758 (1991) (B.C.S.C.). 128 Knodel v. British Columbia, 6 W.w.R. 728, 755 (1991 )(B.C.S.C.). 129 Knodel v. British Columbia, 6 W.w.R. 728, 755-757 (1991 )(B.C.S.C.). 130 Knodel v. British Columbia, 6 w.w.R. 728, 758 f. (1991) (B.C.S.C.). 131 Knodel v. British Columbia, 6 w.w.R. 728, 759-763 (1991) (BC.S.C.). Allgemein zu den beiden möglichen Maßnahmen des "strike down" und des "read in" Rusk, 52 U Toronto Fac. L Rev. 170, 191 f. (1993). 132 16 C.H.R.R. DI184 (1992).
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4. Kapitel: Die Rechtslage in Kanada
tenkreis zählen müsse 133. Die anderslautende gesetzliche Definition, die nur den verschiedengeschlechtlichen Partner eines "conjugal relationship out of marriage" als potentiellen Anspruchsteller nannte, könnte wegen Verletzung des in der Charter of Rights normierten Verbotes von Diskriminierungen auf Grund der sexuellen Orientierung jedenfalls nicht aufrechterhalten werden 134 . b) Niederlagen vor dem Supreme Court von Kanada Das höchste Gericht des Staates, der Supreme Court von Kanada, folgte in seinen jüngsten Entscheidungen indes nicht der in Knodel v. British Columbia und in Leschner v. Ontario vertretenen Argumentation. Weder in Canada v. Mossop noch in Egan v. Canada bewertete er den Ausschluß gleichgeschlechtlicher Lebenspartner aus dem "marital" oder "marriage-like status" und den damit verbundenen Vergünstigungen als eine rechtlich relevante Diskriminierung auf Grund des Familienstandes oder der sexuellen Orientierung. Ein Verstoß gegen die Human Rights Legislation des Bundes beziehungsweise gegen die Charter wurde deshalb in keinem der beiden Fälle bejaht. aa) Canada v. Mossop
Obwohl homosexuelle Betätigungen zwischen Männern bereits 1969 straffrei gestellt worden waren, war Canada (Attorney-General) v. Mossop135 erst der zweite Fall von sexueller Orientierung, der am Supreme Court von Kanada anhängig gemacht wurde 136. Der in diesem Verfahren anzulegende Prüfungsmaßstab war allerdings nicht wie im ersten Fall die Charter, sondern der Canadian Human Rights Act (CHRA), die Anti-Diskriminierungsgesetzgebung Leschnerv. antario, 16 C.H.R.R D/184, D/223 (1992). Leschnerv. antario, 16 C.H.RR D/184, D/198 f. (1992). In diesem Rahmen wurde der Ontario Human Rights Code selbst als diskriminierend in bezug auf sexuelle Orientierung eingestuft, da dessen Definition von ,,marital status" eine Diskriminierung gleichgeschlechtlich orientierter Personen auf Grund ihres ,,marital status" von vornherein ausschließe. Diese Auffassung bestätigte der Ontario Board of Inquiry später in Clinton v. antario Blue Cross, 18 C.H.RR. DI377 (1993) (Ont. HRC.). 135 1 S.C.R 554 (1993); 100 D.L.R (4 th ) 658 (1993), nachfolgend nur noch Canada v. Mossop, zitiert nach D.L.R 136 An Act to Amend the Criminal Code, S.C. 1968-69, c. 38, s.7. Der erste Fall war Gay Alliance Towards Equality v. Vancouver Sun, (2 S.C.R. 435, 10 B.C.L.R. 257 (1979», wo um die Weigerung eines Zeitungsverlages, Werbung für eine von Homosexuellen für Homosexuelle herausgegebene Zeitschrift zu drucken, gestritten wurde. Der Supreme Court erachtete das Verhalten des Verlages für rechtmäßig. Vgl. hierzu Richstone/Russell, 27 McGill L. Rev. 92 (1981/82). 133
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C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
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des Bundes. Verfassungsrechtliche Fragestellungen hatte der Vortrag des Beschwerdeführers, der den Umfang der Prüfungspflicht bestimmt, nicht aufgeworfen 137 . (I) Sachverhalt und Prozeßgeschichte Der Beschwerdeführer begehrte von seinem Arbeitgeber bezahlten Urlaub, um an der Beerdigung des Vaters seines Lebensgefährten, mit dem er seit neun Jahren in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammenlebte, teilnehmen zu können 138 . Dies wurde ihm mit der Begründung verweigert, der Vater seines gleichgeschlechtlichen Partners sei nicht Mitglied der in Section 19.02 der tarifvertraglichen Vereinbarung genannten "immediate family", bei deren Tod der Arbeitnehmer einen Anspruch auf bis zu vier Tage "bereavement leave" geltend machen könne 139. Dies ergebe sich aus Article 2.01(s) der oben genannten Vereinbarung, wo nichteheliche Lebensgemeinschaft wie folgt definiert wird l40 : " ... a ,common-Iaw spouse' relationship is said to exist when, for a continuous period of at least one year, an employee has lived with a person of the opposite sex, publiciy represented that person to be hislher spouse, and lives and intends to continue to live with that person as ifthat person were hislher spouse."
Die daraufhin zunächst angerufene Canadian Human Rights Commission entschied, daß die für die Ablehnung des bezahlten Urlaubs verantwortliche Vorschrift den Beschwerdeführer auf Grund seines Familienstandes ("family status") diskriminiere und deshalb gegen Section 3(1)141 und 1O(b) des CHRA verstoße l42 . Aus diesem Grund wurde der Arbeitgeber angewiesen, dem Be137 Dazu Wintermute, 39 McGill L. 1. 429,440 f. (1994), der hierfür unter anderem den Kostenfaktor verantwortlich macht, denn solange nur der CHRA PTÜfungsmaßstab ist, trägt die Canadian Human Rights Commission die fmanziellen Lasten des Verfahrens. Werden auch verfassungsrechtliche Fragen angeschnitten, ist hingegen der Antragsteller kostentragungspflichtig. 138 Canada v. Mossop, 100 D.L.R. (4 th ) 658, 662 f. (1993). 139 Canada v. Mossop, 100 D.L.R. (4 th ) 658, 663 (1993). Zu den in s. 19.02 aufgeführten "immediate family"-Mitgliedern gehören: "father, mother, brother, si ster, spouse (inciuding common-Iaw spouse resident with the employee), child (inciuding child of common-Iaw spouse), or ward of the employee, father-in-Iaw, mother-in-Iaw, and in addition a relative who permanently resides in the employee's household or with whom the employee permanently resides." 140 Canada v. Mossop, 100 D.L.R. (4 th ) 658, 663 (1993). 141 s. 3(1) des CHRA lautet: " For all purposes of this Act, race, national or ethnic origin, colour, religion, age, sex, marital status, family status, disability and conviction for which a pardon has been granted are prohibited grounds of discrimination." 142 Canada v. Mossop, 100 D.L.R. (4 th ) 658, 665-667, 679 f. (1993).
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schwerdeführer nachträglich einen Tag bezahlten Urlaub zu gewähren und in Zukunft die Articles 19.02 und 2.01(s) der tarifvertraglichen Vereinbarung so anzuwenden, daß auch gleichgeschlechtliche Paare unter "common law spouse" subsumiert werden können 143. Der Federal Court hob die Entscheidung der Kommission auf, da er der Ansicht war, daß gleichgeschlechtliche nichteheliche Lebenspartner nicht als Familie im Sinne des CHRA angesehen werden könnten l44 . Dagegen legte der Beschwerderführer Berufung eins' die der Supreme Court von Kanada in einer vier:drei-Entscheidung verwarr'4 . (2) Die Mehrheitsentscheidung Ihre ablehnende Haltung begründete die Mehrheit des Supreme Court 146 im wesentlichen mit der bereits in der untergerichtlichen Entscheidung vertretenen Argumentation, daß eine Verletzung von Section 3(1) des CHRA ausscheiden müsse, weil gleich/feschlechtliche Paare nicht als "family" im Sinne des Gesetzes gelten könnten 47. Dies ergebe sich aus dem im Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommen Willen des Normgebers, dessen Eindeutigkeit eine andere Auslegung und Anwendung des Gesetzes nicht zuließe l48 . Als das Bundesparlament 1983 den Tatbestand der Section 3(1) um "family status" ergänzte, fügte es den dort aufgelisteten Diskriminierungsverboten nicht auch "sexual orientation" hinzu, obwohl die Human Rights Commission dazu geraten hatte l49 . Folglich habe der Gesetzgeber durch die Aufnahme des Diskriminierungsverbotes "family status" nicht auch homosexuelle Paare schützen wollen, die deshalb zumindest im Rahmen des CHRA nicht als Familie angesehen werden könnten 150. In diesem Zusammenhang wies der Supreme Court nochmals ausdrücklich darauf hin, daß der Beschwerdeführer keinerlei verfassungsrechtliche Aspekte in das vorliegende Verfahren eingebracht habe. Insbesondere habe er nicht ge143 Siehe bei Canada v. Mossop. 100 D.L.R. (4 th ) 658, 680 (1993), wo sich eine Zusammenfassung der Entscheidung der Kommission fmdet. 144 Canada v. Mossop. 100 D.L.R. (4 th ) 658, 667-669, 690-682 (1993). 145 Canada v. Mossop, 100 D.L.R. (4 th ) 658 (1993). Fallbesprechung bei Donais, 57 U. Saskatchewan L. Rev. 363 (1993). 146 Canada v. Mossop, 100 D.L.R. (4 th ) 658 (1993), 671-674 (Chief Justice Lamer), 676 f. (Judge La Forest), 722 (Justice Sopinka), 723 (Justice Iacobucci). Für die Mehrheit Chief Justice Lamer, der deshalb auch im folgenden zitiert wird. 147 Canada v. Mossop. 100 D.L.R. (4 th ) 658, 672 f. (1993), kritisch hierzu Donais, 57 U. Saskatchewan L. Rev. 363, 371-373 (1993). 148 Canada v. Mossop, 100 D.L.R. (4 th ) 658, 673 (1993). 149 Canada v. Mossop. 100 D.L.R. (4 th ) 658, 672 (1993). 150 Canada v. Mossop. 100 D.L.R. (4 th ) 658, 672 f. (1993).
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rügt, daß das Fehlen eines Diskriminierungsverbotes auf Grund von sexueller Orientierung in Section 3(1) des CHRA gegen Seetion 15(1) der Charter verstoßen würde 151. Hierzu sei ihm jedoch noch im Laufe des Verfahrens Gelegenheit /3egeben worden. nachdem der Ontario Court of Appeals in Haig v. Canada 2 rechtskräftig entschieden hatte, daß sexuelle Orientierung als "anlogous ground" in Seetion 15(1) der Charter hineinzulesen sei und deshalb auch Seetion 3(1) des CHRA um dieses Merkmal ergänzt werden müsse l53 . (3) Die Minderheitenvoten Eine Minderheit von drei Richtern wich von den letztlich die Entscheidung des Supreme Court tragenden Darlegungen des Chief Justice Lamer ab und bestätigte das Ergebnis der Human Rights Cornrnission, die in der Weigerung des Arbeitgebers, dem Beschwerdeführer "bereavement leave" zu gewähren, eine Section 3(1) des CHRA verletzende Diskriminierung auf Grund des "faffil'1Y status" gesehen hatte 154 . Der ausführlichen Begründung vorangestellt wurde zunächst die Feststellung, daß es der auch in diesem Fall - unabhängig von dem angeblich 1983 zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willen - fortzuführenden Tradition des Gerichts entspreche, der Human Rights Legislation eine "Iarge, . and I'b . "ISS zu geben 156 . F"ur d'le A nnah me, daß purposlVe 1 era I'mterpretatlon die Auslegung des Begriffes "family status" den Gerichten und anderen zur Rechtsanwendung berufenen Gremien überlassen worden sei, spreche zudem, daß der Bedeutungsgehalt der französischen Version von "family status" "la situation de la familie" von vornherein nicht auf Familien im Sinne eines for-
151 Canada v. Mossop, 100 D.LR (4 th ) 658,671 (1993), vgl. hierzu aber Donais, 57 U. Saskatchewan L. Rev. 363, 377 f. (1993). 152 94 D.L.R. (4 th ) I (1992), 16 C.H.R.R. D/226, 9 O.R. (3d) 495, nachfolgend zitiert nach D.L.R. I53 Canada v. Mossop, 100 D.L.R. (4 th ) 658, 671 (1993) sowie Haig v. Canda, 94 D.L.R. (4 th ) I (1992). 154 Canada v. Mossop, 100 D.L.R. (4 th ) 658 (1993), 677-722 (Justice L'HereuxDube), 722 (Justice Cory), 723 (Justice McLachlin). Für die Minderheit im wesentlichen Justice L'Heureux-Dube, auf deren Ausführungen nachfolgend Bezug genommen wird. Zustimmend Donais, 57 U. Saskatchewan L. Rev. 363 (1993); kritisch demgegenüber Wintermute, 39 McGill L. 1. 429,436-438 (1994). 155 Canada v. Mossop, 100 D.L.R. (4 th ) 658, 695 (1993) m.w.N. zum Fallrecht des Candian Supreme Court. So auch Donais, 57 U. Saskatchewan L. Rev. 363, 369 f. (1993) sowie Wintermute, 39 McGill L. 1. 429, 433 f. (1994). 156 Canada v. Mossop, 100 D.L.R. (4 th ) 658, 695, 702 f. (1993).
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mal-juristischen Gebildes beschränkt gewesen sei 157 und es der Gesetzgeber abgelehnt habe, "family status" zu definieren 158 Im Anschluß daran wurde eine ganze Variationsbreite möglicher Interpretationen von Familie dargestellt und untersucht, bevor die Ansicht vertreten wurde, daß ein allgemein verbindlicher Familienberiff, der gleichgeschlechtliche Paare per se ausschließe, nicht existiere 159. Folglich sei es nicht zu beanstanden, wenn bei der Beantwortung der Frage, ob zur Bestimmung des Begriffes "family status" auf ein traditionelles oder ein funktionales Verständnis von Familie zurückgegriffen werden sollte, letzterem der Vorzug gegeben werde 160. Da jedoch grundsätzlich auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften die in der Familie verkörperten Werte und Aufgaben erfüllen könnten ("functional approach") sei die Human Rights Commission nicht rechtsfehlerhaft vorgegangen, als sie den Beschwerdeführer und seinen langjährigen Lebensgefahrten als Familie klassifizierte und sie daraufhin dem Schutzbereich des Seetion 3(1) i.Y.m. Section 1O(b) des CHRA unterstellte, denn der Sachverständigenzeuge habe zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, daß deren Beziehung sämtliche Kriterien einer sogenannten funktionalen Familie erfülle 161.
(4) Zusammenfassung Wenn die Entscheidung in Canada v. Mossop auch denkbar knapp ausgefallen war, so stand danach durch höchstrichterlichen Ausspruch fest, daß der definitorische Ausschluß des gleichgeschlechtlichen Partners aus dem Begriff der "immediate family" keine Diskriminierung auf der Grundlage seines Familienstatus darstellt 162. Offen geblieben war demgegenüber die verfassungsCanada v. Mossop, 100 D.L.R. (4 th ) 658,695,698-700 (1993). Canada v. Mossop, 100 D.L.R. (4 th ) 658, 695, 701-703 (1993). 159 Canada v. Mossop, 100 D.L.R. (4 th ) 658,695,703-706,713 (1993). 160 Canada v. Mossop, 100 D.L.R. (4 th ) 658, 695, 706-713 (1993); zustimmend Donai, 57 U. Saskatchewan L. Rev. 363, 375 f. (1993), die ihre Argumentation zum funktionalen Familienberiff ebenso wie die Richterin L'Heureux-Dube an der "living tree doctrine" festmacht. Kritisch zum funktionalen Farnilienberiff im Zusammenhang mit gleichgeschlechtlichen Paaren, Herman, 28 Osgoode Hall L. J. 789, 791-804 (1990). 161 Canada v. Mossop, 100 D.L.R. (4 th ) 658, 695, 713-716 (1993). 162 Vgl. aber Miron v. Trodel, 2 S.C.R. 418, 13 R.F.L. (4 th ) 1 (1995), wo der Supreme Court in einer 5:4-Entscheidung die Auffassung vertrat, daß der Ausschluß verschiedengeschlechtlicher Paare von Vergünstigungen, die Eheleuten im Rahmen von Autoversicherungen regelmäßig erhalten, eine gegen s. 15( 1) der Charter verstoßende Diskriminierung aufgrund des "marital status" sei und deshalb nicht aufrecht erhalten werden könne. 157 158
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rechtliche Fragestellung, ob darin eine von der Charter analog zu Section 15(1) verbotene Diskriminierung des Antragstellers auf Grund seiner sexuellen Orientierung liegen kann, nachdem der Antragsteller trotz einer dahingehenden Aufforderung des Supreme Court auf ein Nachschieben von Gründen verzichtet hatte. Dies war in der Folgezeit immer wieder Anlaß fiir Spekulationen, denn vielerorts wurde die in Canada v. Mossop angegriffene Klausel des Tarifvertrages als Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung eingeordnet und deshalb Vermutun~en darüber angestellt, wie der Supreme Court diese Frage beantwortet hätte 1 3.
bb) Egan v. Canada Diese Phase dauerte jedoch nicht sehr lange, da Kanadas Supreme Court schon bald über die verfassungsrechtliche Bedeutung der sexuellen Orientierung gleichgeschlechtlicher Paare entscheiden mußte. In Egan v. Canada 164 war der Supreme Court erstmals dazu aufgerufen, zu der von Untergerichten bereits verschiedentlich positiv beantworteten Frage Stellung zu nehmen, ob die sexuelle Orientierung als "analogous ground" zu den von Section 15(1) der Charter verbotenen Diskriminierungsgründen zu zählen ist und wenn ja, welche Schlußfolgerung sich daraus im Hinblick auf die Auslegung des einfachen Rechts ergibt.
103 Z. B. Donais, 57 Saskatchewan L. Rev. 363, 375-377 (1993); Freeman, 44 U. Toronto L. J 41, 74-80 (1994); lyer, 19 Queens's L. J, 179, 196-199 (1993/94), die in dem definitorischen Ausschluß der gleichgeschlechtlichen Paare aus dem Begriff "immediate family" sowohl eine Diskriminierung auf Grund des "family status" als auch eine Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung des Antragstellers sieht. AA Wintermute, 39 McGill L. J 429, 436-438 (1994), der die Auffassung vertritt, daß die in Mossop angegriffene Klausel des Tarifvertrages streng genommen nur auf Grund der sexuellen Orientierung diskriminiere, denn die dort vorgenommene Unterscheidung zwischen gleich- und verschiedengeschlechtlichen Paaren knüpfe nicht an die von ihnen gelebte Familienbeziehung an, sondern an ihre Homo- beziehungsweise Heterosexualität und damit an ihre sexuelle Orientierung. Der entscheidende Punkt sei deshalb auch nicht, ob gleichgeschlechtliche Paare als Familie anzusehen sind oder nicht, denn dies sei allein eine Frage der Begriffsbestimmung. Es komme vielmehr darauf an, ob die in der streitgegenständlichen Klausel verwandte Definition den Antragsteller direkt oder indirekt auf Grund seiner sexuellen Orientierung diskriminiere. Die Minderheitenentscheidung in Mossop sei insoweit als Billigkeitserwägung einzustufen. 104 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609 (1995).
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(1) Sachverhalt und Prozeßgeschichte
Die Kläger und Berufungskläger lebten seit 1948 in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft. Als der ältere von ihnen im Alter von 65 Jahren auf der Grundlage des Old Age Security Act 165 zum Bezug von Rente berechtigt wurde, beantragte der andere Partner eine sogenannte "spouse's allowance,,166. Hierbei handelt es sich um eine zusätzlich zur eigentlichen Rentenzahlung zu gewährende Beihilfe, die das Gesetz in den Fällen vorsieht, in denen der "spouse" des Rentenbeziehers zwischen 60 und 65 Jahren alt ist und das gemeinsame Einkommen des Paares unter eine bestimmte Grenze fallt 167 . Der Antrag der beiden Kläger wurde nachfolgend von der zuständigen Behörde abgelehnt, was damit begrundet wurde, daß ihre Beziehung nicht unter "spouse" im Sinne des Gesetzes subsumiert werden könne, denn Section 2 des Old Age Security Act fasse darunter nur verschiedengeschlechtliche Paare, die seit mindestens einem Jahr zusammenleben und sich nach außen als Ehegatten darstellen l68 . Diesen Bescheid griffen die Kläger dann zunächst vor der Trial Division des Federal Court und nach deren abschlägiger Entscheidung vor dem Federal Court of Appeals an 169 . Zur Begrundung trugen sie jeweils vor, die in Section 2 des Old Security Act enthaltene Definition von "spouse" stelle eine Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung dar, weshalb die Vorschrift gegen Section 15 der Charter verstoße 170. Nachdem auch der Federal Court of Appeals die Klage als unbegrundet abgewiesen hatte 171, machten die beiden Kläger ihr Begehren vor dem Supreme Court von Kanada anhängig. In einer fiinfvier-Entscheidung bestätigte dieser die Urteile der Vorinstanzen, so daß die Kläger mit ihrem Anspruch auf die "spouse's allowance" · h'Insgesamt unterIagen 172 . IetztIJC
RS.C. 1985, c. 0-9. Egan v. Canada, 124 D.L.R (4 th ) 609, 609 (1995). 107 Vgl. hierzu s. 19( 1) des Old Security Act. 108 Egan v. Canada. 124 D.L.R. (4 th ) 609, 609 (1995). Vgl. auch den Wortlaut von s. 2 des Old Age Security Act, wo "spouse" wie folgt definiert ist: "in relation to any person, inc1udes a person of the opposite sex who is living with that person, having lived with that person for at least one year, if the two persons have public1y represented themselves as husband and wife." loQ Die Entscheidung der Trial Division Court ist kurz referiert in Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 658 f. (1995). 170 Siehe hierzu Egan v. Canada. 124 D.L.R. (4 th ) 609, 609 (1995). 171 Für eine Zusammenfassung der Entscheidungsgründe siehe Egan v. Canada. 124 D.L.R (4 tl1 ) 609, 659 f. (1995). 172 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609 (1995). Die Mehrheitsentscheidung und die Minderheitenvoten zerfallen in insgesamt fünf verschiedene Begrülldungsansätze. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit sämtlichen Meinungen findet sich bei Bai165
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(2) Die Mehrheitsentscheidung 173 Vier der die Mehrheit darstellenden Richter waren der Auffassung, daß die von den Klägern angegriffene Regelung des Old Secuity Act schon deshalb nicht gegen Section 15(1) der Charter verstoße, weil von Section 2 des Gesetzes beziehungsweise der dort nonnierten Definition des Begriffes "spouse" keine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung ausgehe 74. In diesem Zusammenhang wurde zwar erstmals auch höchstrichterlich festgestellt, daß die sexuelle Orientierung zu den anal09. von Section 15(1) der Charter verbotenen Diskriminierungsgrtinden gehöre 75, so daß eine Benachteiligung nicht allein auf der sexuellen Orientierung einer Person oder einer Personengruppe beruhen darf, wenn dies in keinerlei Zusammenhang zu dem Gesetzeszweck steht 176 . Im vorliegenden Fall sei die sexuelle Orientierung jedoch ein relevanter Faktor im Rahmen der angegriffenen gesetzlichen Regelung, weshalb die darin liegende Benachteiligung gleichgeschlechtlicher Paare gegenüber verschiedenreschlechtlichen Paaren nicht diskriminierend und damit hinzunehmen sei 17 . Der Grund für die durch Section 2 i.Y.m. 19(1) des Old Age Security Act vorgenommene Differenzierung zwischen Eheleuten beziehungsweise verschiedengeschlechtlichen nichtehelichen Lebensgemeinschaften und anderen zusammenlebenden Paaren liege darin, daß erstere in der Regel die Geburt
ley, 7 Supreme Court L. Rev. 327, 330 f, 340-349 (1996) sowie bei Wintennute, 74 Can. Bar. L. Rev. 682 (1995). 173 Die Mehrheitsentscheidung, die von den Richtern La Forest, Lamer, Gonthier und Major in vollem Umfang getragen wurde, formulierte der Richter La Forest (S. 618-628); eine in der Begründung abweichende Mehrheitsentscheidung formulierte Richter Sopinka (S. 653-656). 174 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 627 f(1995); ausführlich dazu auch Bailey, 7 Supreme Court L. Rev. 327. 340-349. 1751n diesem Zusammenhang wurde ausgeführt (Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 619 (1995): " ... whether or not sexual orientation is based on biological or physiological factors, which may be a matter of some controversy, it is a deeply personal characteristic that is either unchangeable or changeable only at unacceptable personal costs, and so falls within the ambit of s. 15 protection as being analogous to the enumerated grounds." Vgl. hierzu auch Canada (A.G.) v. Ward, 2 S.C R. 689, 744 (1993), wo im Rahmen eines Asylfalles anerkannt wurde, daß Homosexualität ein unveränderliches persönliches Merkmal sei. Vgl. dazu auch La Violette, 55 U. Toronto Fac. L. Rev. 1 (1997). 176 Vgl. hierzu Egan v. Canada. 124 D.L.R. (4 th ) 609, 620-622 (1995), wo im Hinblick auf die Priifungsabfolge von s. 15( 1) der Charter auf die Entscheidung Andrews v. Law Society 0/ British Columbia, 56 D.L.R. (4 th ) 1 (1989) Bezug genommen wird. 177 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 626 f (1995).
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4. Kapitel: Die Rechtslage in Kanada
und Erziehung von Kindern übernähmen 178. Auf diese Weise würden die für ein Überleben und Funktionieren der Gesellschaft unabdingbaren Voraussetzungen geschaffen, weshalb die Ehe und die eheähnliche verschiedengeschlechtliche Lebensgemeinschaft in höchstem Maße förderungswürdig seien 179. In diesem Rahmen sei es auch heute noch üblich, daß einer der beiden Partner seine Berufstätigkeit zumindest für einige Zeit aufgebe, um sich dem Haushalt und dem Nachwuchs zu widmen l80 . Dies führe dazu, daß dieser Partner keine oder reduzierte Rentenansprüche erwerbe, weshalb die beiden Partner im Alter von nur einer oder einer insgesamt geringeren Rente leben müßten 181. Auf diese Situation sei die "spouse' s allowance" des Old Age Security Act zugeschnitten, denn damit solle nachträglich ein Ausgleich geschaffen werden für die durch die Kindererziehung verlorene Rente beziehungsweise für die zur Kinderbetreuung aufgebrachten finanziellen Aufwendungen, wenn beide Partner berufstätig geblieben waren l82 . Sie sei damit ein Teil deIjenigen Gesetzgebung, die die Ehe und eheähnliche Lebensgemeinschaften fördern und schützen wolle, da diese mit der Geburt und Erziehung der Kinder eine wichtige Aufgabe übernähmen 183. Da gleichgeschlechtliche Paare der Gesellschaft nicht im gleichen Umfang dienten, sei ihre Beziehung auch nicht gleichermaßen förderungswürdig 184 . Dies sei letztlich auch der Grund, warum in dem durch die Definition von "spouse" folgenden Ausschluß gleichgeschlechtlicher Paare aus den Vergünstigungen der "spouse's allowance" keine Diskriminierung zu sehen sei, sondern eine mit Sinn und Zweck der GesetzgebuPJ3 direkt verbundene und damit verfassungsgemäße Ungleichbehandlung . Der fünfte - nur das Ergebnis - der Mehrheitsentscheidung tragende Richter hatte diese in bezug auf die Diskriminierung vorgebrachten Argumente erst im Rahmen der Rechtfertigungsprüfung unter Section I der Charter für relevant
178 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609,625 f. (1995); kritisch hierzu Wintermute, 74 Can. Bar L. Rev. 682,696-700 (1995). 17Q Egan v. Canada, 124 D.L.R (4 th ) 609, 626 f. (1995). 180 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 626 (1995). 181 Egan v. Canada, 124 D.L.R (4 tl1 ) 609, 626 f. (1995). 182 Egan v. Canada, 124 D.L.R (4 tl1 ) 609, 626 f. (1995). 183 Egan v. Canada, 124 D.L.R (4 th ) 609, 624, 626 f. (1995). 184 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 627 (1995). Dagegen und vor allem gegen den Vergleich der gleichgeschlechtlichen Paare mit "non-couple relationships" WinfermI/te, 39 McGill L. J. 429, 444 (1994). 185 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 627 f. (1995). Dagegen z. B. Beatty, 46 Toronto L. J. 349, 372 (1996) m.w.N., der in diesem Zusammenhang die Frage stellt, inwieweit die Ausweitung der "spouse allowance" auf alle bedürftigen Paare, die Stabilität der Institution Familie beeinträchtigen würde.
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
201
gehalten, da er ebenso wie seine "dissenting" Kollegen eine Verletzung von Section 15(1) der Charter bejaht hatte 186 (3) Die Minderheitenvoten Im Gegensatz zu dem die Mehrheitsentscheidung tragenden Teil des Spruchkörpers stuften die vier abweichenden Richter die in Seetion 2 des Old Age Security Act enthaltene Definition von "spouse" als Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung und damit als Verstoß gegen Section 15(1) der Charter ein, der zudem unter verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht zu .187 · rechtfiertlgen sei . Begründet wurde dieses Ergebnis durch eine weitgehend übereinstimmende Argumentation zur Dogmatik des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes, in deren Rahmen die von dem Großteil der Mehrheit berurwortete Prüfungsabfolge kritisiert wurde l88 . Es sei zwar richtig, daß nicht jede Ungleichbehandlung zu einer Verletzung von Section 15(1) ruhren könne, sondern nur solche, die sich zudem als Diskriminierung darstellten 189. In diesem Rahmen käme es aber nur darauf an, ob die im Einzelfall angegriffene Maßnahme den oder die Betroffenen allein wegen eines in Seetion 15(1) genannten oder analog dazu gehörenden Diskriminierungsverbotes benachteilige oder nicht l90 . Müsse diese Frage mit ja beantwortet werden, sei die Diskriminierung und damit die Verletzung von Section 15(1) zunächst zu vennuten l91 . Ob und inwieweit die Ungleichbehandlung im Zusammenhang mit dem Sinn und Zweck der Gesetzgebung gesehen werden müssen, sei demgegenüber auf der Ebene der
186 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 653-656 (1995). Dazu Bailey, 7 Supreme Court L. Rev. 327,347 f. (1996) sowie Wintermute, 74 Can. Bar L. Rev. 682, 700-704 (2995). Vgl. auch noch Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 628 (1995), wo der die Mehrheitsentscheidung ausformulierende Richter diesen Aspekt als Zudem-Argument kurz ansprach. 187 Auch die Mindermeinung zerfallt in verschiedene Begründungen. Vgl. im einzelnen die Ausführungen der Richterin L'Heureux-Dube (S. 628-659), des Richters Cory (S. 656-677), des Richters Iabucci (S. 677-692) und des Richters McLachlin ( S. 693). 188 Vgl. hierzu Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 611-615 (1995), wo sich eine Zusammenfassung der Voten findet. Ebenso Beatty, 46 U. Tor. L. J. 349 (1996), der zudem eine sehr grundSätzliche Auseinandersetzung mit der Dogmatik der s. 15(1) der Charter und dem im Rahmen der s. 1 der Charter zu prüfenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bietet. Dazu auch Wintermute, 39 McGill L. J. 429,455-458 (1994). 189 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 629 f., 662 (1995). 190 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 638-642, 662 f. (1995). 191 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 642, 662 f. (1995).
4. Kapitel: Die Rechtslage in Kanada
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Rechtfertigung und dort nach den Maßgabe von Section 1 zu klären 192 . In diesem Rahmen spiele jedoch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine Rolle, das heißt nicht jedes nachvollziehbare gesetzgeberische Motiv könne einen Eingriff in Section 15(1) rechtfertigen, sondern nur diejenigen, die den betroffenen Individuen oder Gruppen keine übermäßigen Nachteile aufbürden 193 . Von diesen Feststellungen ausgehend wurde die in Section 2 des Old Age Security Act normierte Definition von "spouse" als Verletzung von Section 15(1) der Charter klassifiziert 194 . Die verwandte Formulierung "opposite sex" schließe gleichgeschlechtliche Paare von vornherein aus den Vergünstigungen des Gesetzes, wie zum Beispiel der "spouse's allowance", aus und mache auf diese Weise die sexuelle Orientierung, die analog zu Section 15(1) geschützt sei 195 , zum Anknüpfungspunkt der Ungleichbehandlung 196 . Dadurch erlitten gleichgeschlechtliche Paare nicht nur finanzielle Nachteile. Gleichzeitig würden sie mit dem noch immer verbreiteten Vorurteil gegenüber Homosexualität konfrontiert,. wonach sie keine stabilen,. eheähnlichen Beziehungen führen würden . l~
Einigkeit herrschte auch insofern unter den die Mindermeinung darstellenden Richtern, daß die Verletzung von Section 15(1) der Charter nicht gemäß Section 1 der Verfassung gerechtfertigt werden könne. Die Begründungen gehen allerdings auseinander. Während die Richterin L'Heureux-Dube eine Rechtfertigung ablehnte, weil die Benachteiligung gleichgeschlechtlicher Paare in keinerlei Zusammenhang mit der Begünstigung von Ehen und verschiedengeschlechtlichen eheähnlichen Paaren stehe, diese Unterscheidung vielmehr selbst auf dem bereits im Rahmen der Prüfung von Section 15(1) angesprochenen Vorurteil beruhe 198 , wählten die drei anderen Richter einen anderen Ansatz. Zweck der "spouse's allowance" sei es, Armut im Alter möglichst zu verhindern. Der Ausschluß gleichgeschlechtlicher Paare stehe mit diesem gesetzgeberischen Anliegen jedoch in keinerlei nachvollziehbarem Zusam-
Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609,634,663 (1995). Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 642-647, 677 f (1995), allgemein zu s. 1 der Charter GaU, S. 68 f 194 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 647-651, 664-667 (1995). 195 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 636 f, 648, 673-676 (1995). 196 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 648 f, 676 f(l995). 197 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 648 f., 664-670 (1995). 198 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 650 (1995); so schon Ryder, 9 Can. 1. Farn. L. 39, 83-89 (1990); Rusk, 52 U. Toronto Fac. L. Rev. 170, 193 f (1993); Wintermute, 39 McGill L. 1. 429, 456 f (1994). 192
193
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
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menhang, so daß eine Rechtfertigung bereits an der ersten Stufe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes scheitern müsse 199 . (4) Zusammenfassung Wie schon Canada v. Mossop, so ist auch Egan v. Canada eine knappe Mehrheitsentscheidung. Gleichwohl steht danach bis auf weiteres fest, daß der gesetzliche Ausschluß gleichgeschlechtlicher Paare aus den Vergünstigungen der "spouse's allowance" des Old Age Security Act verfassungsgemäß ist. c) Sorge- und Umgangsrechte homosexueller Elternteile Scheidungsverfahren gehören zu den ersten Fällen, in denen sich die Justiz mit der sexuellen Orientierung eines Verfahrensbeteiligten auseinandersetzen mußte. In der Regel ging es dabei um Mütter, die nach der Trennung von ihrem Ehepartner in einer lesbischen Beziehun!b lebten und das Sorgerecht fiir ihre in der Ehe geborenen Kinder begehrten o. Obwohl die Homosexualität eines Elternteils von Anfang an nicht als per se gegen die Übernahme des Sorgerechts sprechender Grund angesehen wurde, zeigen die ersten Entscheidungen zu diesem Thema eine deutliche Abneigtl!lJi der Richter, lesbischen Müttern die Sorge fiir ihre Kinder zu übertragen2 . Heute werden weitaus weniger Vorbehalte gegenüber lesbischen Müttern und schwulen Vätern geäußert und sowohl Sorge- als auch Umgangsrechtsentscheidungen zu ihren Gunsten getroffen202 . Dort finden sich allerdings Formulierungen, mit denen gleichgeschlechtliche Beziehun§en als "discrete", "not militancy" oder" not flaunting" beschrieben werden 2 3, was zum Ausdruck bringt, daß die Bereitschaft der Gerichte, homosexuellen Elternteilen das Sorge- oder Umgangsrecht einzuräumen, wesentlich davon abhängt, daß ihre sexuelle Orientierung 199 Egan v. Canada, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 680 f. (1995); so auch Beatty, 46 U. Toronto L. J. 349,357 (1996). 200 Dazu Bala, 8 Int. J. L.& Fam. 293, 305 f. (1994). 201 So z.B Case v. Case, 18 R.F.L. 132, 138 (1974) (Sask. QB): " ... I greatly fear that if these children are raised by the mother they will be too much in contact with people of abnormal tastes and proclivities." Siehe auch Bemhardt v. Bemhardt, 10 R.F.L. (2d) 32, 41 (1979) (Man. Q.B.). 202 Z. B.: Kv. K. 2 w.w.R. 462, 23 R.F.L. 58 (1976) (Alta. Provo Ct.), nachfolgend nach R.F.L. zitiert. 203 SO Z. B. Barkley V. Barkley, 28 C.R. (2d) 136 (1980) (Prov. Ct.); K v. K, 23 R.F.L. 58, 64 (1976) (Alta. Provo Ct.), D V. D, 20 O.R. (2d) 722 (1978) (Co. Ct.); Bemhardt V. Bemhardt, 10 R.F.L. (2d) 32 (1979) (Man. Q.B.); Bezaire V. Bezaire, 20 R.F.L. (2d) 358 (1980) (Ont. C. A).
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4. Kapitel: Die Rechtslage in Kanada
weitgehend unsichtbar bleibt204 . Kritiker bezeichnen deshalb die in Entscheidungsgründen häufig vorkommende Wendung, wonach Homosexualität für sich genommen noch nicht gegen die Erteilung des Sorge- beziehungsweise des Umgangsrechts spreche, auch als bloßes Lippenbekenntnis205 . Homosexualität und Elternschaft können ferner auch außerhalb von Scheidungsverfahren eine Rolle spielen. Hierbei handelt es sich um eine zunehmende Zahl von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern, die sich gemeinsam um die in ihrem Hauhalt aufwachsenden Kinder kümmern, die entweder aus einer vorangegangene Ehe stammen oder die eine Partnerin infolge künstlicher Insemination in die Beziehung hineingeboren hat206 . Kanadas Gerichte mußten sich bislang erst in einem Fall mit einer solchen Situation befassen. In Anderson v. Luomi07 lehnte es der British Columbia Supreme Court ab, die Partnerin einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft zu Unterhaltszahlungen für zwei Kinder zu verpflichten, die von der anderen Partnerin während der Beziehung durch künstliche Insemination geboren worden waren. Die in diesem Zusammenhang gehend gemachte vertragliche Anspruchsgrundlage wurde dort ebenso zurückgewiesen wie eine Verpflichtung auf Grund einer Stiefelternschaft208 . Letzteres wurde deshalb abgelehnt, weil die Partnerin einer gleichgeschlechtlichen Beziehung nicht unter den Begriff ,.ste~-mother" der maßgeblichen Vorschrift der Provinz subsumiert werden könne 09. 3. Zusammenfassung
Obwohl durch die Entscheidung in Egan v. Canada höchstrichterlich bestätigt wurde, daß "sexual orientation" zu den verfassungsrechtlich verbotenen Diskriminierungsgründen gehört, ist nicht zu erwarten, daß die Rechtsprechung gesetzliche Ungleichbehandlungen gleichgeschlechtlicher Paare künftig in diese Kategorie einordnen und die jeweils streitgegenständliche Regelung
204 Vgl. hierzu auch Bala, 8 Int. J. 1. & Farn. 293, 306 (1994); Rusk, 52 U. Toronto 1. Rev. 170, 180 (1993). 205 So Rusk, 52 U. Toronto 1. Rev. 170, 180 (1993) m.w.N. zum Fallrecht, ähnlich auch Ryder, 9 Can. 1. Farn. 1. 39, 57-59 (1990). 206 Siehe dazu Bala, 8 Int. J. 1. & Farn. 293, 306 (1994). 207 50 RF.1. (2d) 127 (l986)(B.C.S.C.). 208 Anderson v. Luoma, 50 R.F.1. (2d) 127 (1986) (B.C.S.C.). 209 Anderson v. Luoma, 50 RF.1. (2d) 127 (1986) (B.C.S.C.).
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
205
für verfassunsgwidrig erklären wird210 . Hierfür spricht vor allem, daß der Supreme Court selbst in Egan v. Canada diese Schlußfolgerung nicht gezogen und damit ein wichtiges Präjudiz geschaffen hat. Hinzu kommt, daß die Untergerichte auch vor dieser Entscheidung bereits die Auffassung vertreten haben, daß die sexuelle Orientierung als "analogous ground" im Sinne von Secti on 15(1) der Charter einzustufen ist, dann aber überwiegend - ebenso wie der Supreme Court in Egan v. Canada- zu dem Ergebnis gekommen sind, daß die in der jeweils angegriffenen Regelung enthaltene Differenzierung zwischen gleich- und verschiedengeschlechtlichen Paaren keinen Verstoß gegen die Charter darstellt und somit beibehalten werden kann. Die gegenwärtige Rechtslage, wonach die an den Begriff des "spouse" oder "family" anknüpfenden Vergünstigungen regelmäßig nur Eheleuten oder unverheirateten verschiedengeschlechtlichen Paaren zugebilligt werden, wurde demnach sowohl durch die höchstrichterliche als auch durch die Mehrheit der untergerichtlichen Rechtsprechung bestätigt. Die Chancen gleichgeschlechtlicher Paare, im Wege der richterliche Rechtsfortbildung insgesamt oder teilweise mit verschiedengeschlechtlichen Paaren gleichgestellt zu werden, muß deshalb, zumindest in den Fällen, in denen es nicht nur um vermögensrechtliche Aspekte bei Beendigung der Beziehung geht, als gering eingeschätzt werden. Dementsprechend gewinnen gesetzgeberische Aktivitäten an Bedeutung, wenn gleichgeschlechtliche Paare die rechtliche Anerkennung ihrer Paarbeziehung fordern211 . 11. Die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften durch die Gesetzgeber 1. Die Gesetzgebungsinitiativen Ontarios und des Bundes
Ein erster Schritt hin zur gesetzlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare war die 1992 in Ontario in Kraft getretene Regelung, mit der "samesex"-Partner als nächste Verwandte definiert und auf diese Weise dazu berechtigt werden, die Zustimmung zu medizinischen Eingriffen zu geben, wenn der betroffene Partner dazu nicht in der Lage ist212 . Eine 1994 von der sozialdemokratischen Regierung Ontarios auf den Weg gebrachte, wesentlich weitergehende Gesetzgebungsinitiative, die, um eine umfassende Gleichstellung
210 Vgl. hierzu auch Ontario Law Refonn Commission, S. 37 f; Bala, 32 Can. J. Fam. L. 269, 277 (1993/94) sowie Wintermute, 74 Can. Bar L. Rev. 682, 709 f (1995), der sich nicht ganz so pessimistisch äußert. 211 Dazu Bala, 8 Int. J. L. & Farn. 293,295,305 (1994). 212 Consent to Treatment Act, S.O. 1992, c.31, §§ 1(2) u. 17(1 )(4).
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4. Kapitel: Die Rechtslage in Kanada
gleichgeschlechtlicher Paare mit Eheleuten beziehungsweise verschiedengeschlechtlichen Paaren zu erreichen, die Definition von "spouse" generell auf nichteheliche gleichgeschlechtliche Partnerschaften ausdehnen wollte, scheiterte demgegenüber am Widerstand der Opposition213 . Ebenfalls über ein Entwurfsstadium nicht hinausgekommen ist der von der Ontario Law Reform Commission erarbeitete Vorschlag zum Erlaß einer Regelung über "Registered Domestic Partnerships,,214. Danach wären gleichgeschlechtliche Paare durch einen förmlichen Registrierungsakt in den Genuß sämtlicher Rechte und Pflichten des Famili Law Act gekommen, die in ihrer Gesamtheit sonst nur Eheleuten zustehen 15. Das neu zu schaffende Rechtsinstitut der "Registered Domestic Partnerships" sollte allerdings nicht auf sexuell motivierte Geschlechtsgemeinschaften beschränkt sein, sondern allen Zweierbeziehungen, wie es sie auch zwischen Geschwistern oder Freunden geben kann, zugänglich sein216 Begründet wurde diese Vorgehensweise damit, daß die registrierungswilligen Paare nicht dazu gezwungen werden sollten, Details aus ihrem IntimIeben offenzulegen217. Einen ähnlichen Ansatz verfolgte ein im selben Jahr im Bundesparlament diskutierter Gesetzgebungsvorschlag, der über den großzügig auszulegenden Begriff "dependency relationship" unter anderem die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare anstrebte 218 . Letztlich scheiterte auch dieser Vorstoß der Regierung bei der Abstimmung im Sept. 1995 219 , so daß es in Kanada bislang lediglich auf kommunaler Ebene und bei privaten Arbeitgebern zu ei-
213 Dazu Bala, 8 Int. J. L. & Farn. 293, 311 (1994) sowie Kallen, 19 Human Rights Quaterly 206, 218 (1996). 214 Zu den in diesem Zusammenhang vorgeschlagenen Gesetzesänderungen bzw. ergänzungen vgl. Ontario Law Reform Commission, S. 54 f, 60-74. Ebenfalls Gegenstand der Überlegungen war, ob zusätzlich zu der ,,Registered Domestic Partnership" für diejenigen gleichgeschlechtlichen Paare, die sich nicht registrieren lassen würden, ein erweiterter "spouse"-Begriff normiert werden müsse, um ähnlich wie bei heterosexuellen Paaren eine echte Wahlmöglichkeit zu schaffen, Ontario Law Reform Commission, S. 56-58. 215 Ontario Law Reform Commission, S. 53. 216 Ontario Law Reform Commission, S. 53. 217 Ontario Law Reform Commission, S. 53; kritisch dazu Bala, 8 Int. J. L. & Farn. 293, 311 (1994), der die Auffassung vertritt, daß sich der Vorschlag der Kommission, ohne dies ausdrücklich zu formulieren, ausschließlich an gleichgeschlechtliche Paare richten will und die Ausweitung des Adressatenkreises allein deshalb erfolge, um mögliche Widerstände in Gesellschaft und Politik gegen eine Regelung, die nur Homosexuelle anspricht, zu überwinden. 218 Vgl. Bala, 8 Int. J. L. & Farn. 293, 311 (1994). 219 Dazu Kallen, 18 Human Rights Quaterly 206, 217 (1996).
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
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ner umfassenderen rechtlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare gekommen ist220 . 2. Kommunale und private Regelungen über gleichgeschlechtliche Partnerschaften
Die derzeit in den Städten City of Toronto, Metro Toronto, Ottawa und The Regional Municipality of Waterloo und der City of Vancouver in Kraft gesetzten Regelungen haben allerdings einen ebenso eingeschränkten Wirkungskreis wie die kommunale "domestic partnership legislation" in den USA. Auch sie betreffen ausschließlich die an das Arbeitsverhältnis geknüpften Sozialleistungen, die sogenannten "employee benefits", die unter bestimmten Voraussetzungen nicht nur den Ehegatten, sondern auch den gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten des Arbeitnehmers beziehungsweise der Arbeitnehmerin gewährt werden221 . Von den ersten privaten Arbeitgebern, die auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften bei der Vergabe der "employee spousal benefits" berücksichtigen, sind zum Beispiel Bell Canada und IBM Toronto zu nennen 222 . ßI. Die "Human Rights Legislation" des Bundes und der Provinzen
Obwohl die überwiegende Mehrheit der derzeit in Kraft gesetzten Human Rights Le~islation Diskriminierungen auf Grund der sexuellen Orientierung verbietet2 ,hat sie gleichgeschlechtlichen Paaren, die um die rechtliche Anerkennung ihrer Beziehung gekämpft haben, nur in Ausnahmefällen zum Erfolg verholfen 224 . Die in diesem Zusammenhang relevante untergerichtliche
Dazu unter sogleich unter C. II. 2. Siehe hierzu Kallen, 18 Human Rights Quateriy 206, 218 (1996). 222 Dazu Kallen, 18 Human Rights Quaterly 206, 218 (1996) m.w.N. 223 Ontario: Human Rights Code, RS.O. 1990, c. H-19, ss. 1-6; Nova Scotia: Human Rights Act, R.S.N.S. 1989, c. 214, s. 5(1 )(n); Yukon Territory: Human Rights Act S Y. 1987, c. 3, s.6; Quebec: Charter of Human Rights and Freedoms, R.S.O., c. C-12, s. 10; New Brunswick: Human Rights Act, RS.N.B. 1973, c. H-11, ss. 1, 3-8, as amended by S.N.B. 1992, c. 30; Manitoba: Human Rights Code, S.M. 1987-88, c. 45, s. 9(2)(h): Saskatchewan: Human Rights Code, S.S. 1979, c. S-24.1, ss. 9-19; British Columbia: Human Rights Act, S.B.C. 1984, c. 22, ss. 3-6, 8-9, as amended by S.B.C. 1992, c. 42. 224 Dazu unter oben unter C. 1. 2. Eine grundsätzliche Kritik an der Auslegung der bestehenden Anti-Diskriminierungsgesetzgebung und des Gleichheitssatzes der Charter übt deshalb Iyer, 19 Queen's L. J. 189 (1993/94). 220
221
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4. Kapitel: Die Rechtslage in Kanada
und höchst richterliche Rechtsprechung zeigt zwar, anders als in den USA, die Bereitschaft sexuelle Orientierung auch dort, wo sie nicht ausdrücklich als Diskriminierungsverbot genannt ist als "analogous fround" in den Schutzbereich der maßgeblichen Vorschrift hineinzulesen22 . Hieraus wird aber nur selten die Schlußfolgerung gezogen, daß gleichgeschlechtlichen Partnern deshalb auch der von ihnen begehrte ,,family" oder "spousal status" zugestanden werden müsse. In diesem Zusammenhang ist nochmals auf die Entscheidungen des Supreme Court von Kanada in Egan v. Canada hinzuweisen, wo erstmals höchstrichterlich ausgesprochen wurde, daß die Verfassung in Section 15(1) analog auch vor Diskriminierungen wegen der sexuellen Orientierung schütze, dann aber in der von den Klägern angegriffenen Rechtslage, wonach nur verschiedengeschlechtliche Paare als "spouse" im Sinne des Old Age Security Act behandelt werden, kein Verstoß gegen das verfassungrechtli· k· . . bot gesehen wurde226 . Che D IS nmmlerungsver Vor dem Hintergrund dieser aus jüngster Zeit stammenden Rechtsprechung des Supreme Court von Kanada in Egan v. Canada und in Canada v. Mossop und versprechen weder die derzeit in Kraft gesetzten Human Rights Codes, die Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung verbieten, noch eine in dieser Weise ausgelegte Section 15(1) der Canadian Charter of Rights and Freedoms dafür, daß gleichgeschlechtliche Partner in Zukunft als "spouse" oder ,Jamily members" angesehen werden 227 . D. Zusammenfassung und Ausblick Kanadas Gesetzgeber haben sich bis heute nicht dazu geäußert, was unter Ehe zu verstehen ist. Das insoweit maßgebliche Common Law ist allerdings eindeutig. Sowohl vor als auch nach Inkrafitreten der Canadian Charter of Rights and Freedoms haben sich die Gerichte dafür austFesprochen, die Ehe als ausschließlich heterosexuelle Verbindung anzusehen22 . Gleichgeschlechtliche Paare sind deshalb zur Ehelosigkeit gezwungen. Verschiedengeschlechtliche Paare sind demgegenüber gleich in zweierlei Hinsicht privilegiert. Ihnen steht 225 Z. B. Haig v. Canda, 94 D.L.R. (4 th ) I, 16 (1992) (Ont. Ct. App.); Egan v. Canda, 124 D.L.R. (4 th ) 609, 619 (I 995)(SCC). 226 Egan v. Canda, 124 D.L.R. (4 th ) 609, (1995) (SCC). 227 Dazu Ryder, 9 Can 1. Farn. L. 39. 89 (1990): " It seems unlikely, to say at least, that the complete absence of positive images of lesbians and gays in canadian legislation and judical decisions will suddenly be replaced by a new equality-based approach." Vgl. auch Henson, 7 Int. 1. L. & Farn. 282, 290 f. (1993), die die Auffassung äußert, daß die Anti-Diskriminierungsgesetzgebung in Kanada zwar das homosexuelle Individuum, nicht aber lesbische und schwule Paare schützt. 228 Dazu oben A. II.
D. Zusammenfassung und Ausblick
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das Institut der Ehe und dessen umfangliche Rechtsfolgen ebenso offen wie die Eingehung einer "common law relationship", die zumindest in Teilbereichen sowohl durch die Rechtsprechung als auch durch die Gesetzgeber rechtliche Anerkennung genießt. Letzteres wird in der Regel über die Erweiterung des Begriffes "spouse" erreicht, wozu dort, wo es der Gesetzgeber anordnet, nicht mehr nur die Eheleute, sondern auch die verschiedengeschlechtlichen nichtehelichen Lebenspartner zu zählen sind. Einer der gesetzlichen Bereiche, wo die persönliche Beziehung der Common Law Partner regelmäßig Berücksichtigung findet, ist das Unterhaltsrecht. Danach sind sich die Partner einer solchen Beziehung unter bestimmten, von Provinz zu Provinz variierenden Voraussetzungen, zum Trennungsunterhalt verpflichtet. Da solche Regelungen vor allem die staatlichen Haushalte entlasten, die ansonsten für die bedürftigen Parteien einer gescheiterten nichtehelichen Lebensgemeinschaft zuständig wären, wird es teilweise für möglich gehalten, daß vergleichbare Re~elungen in Zukunft auch für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt werden 9. Bislang sind jedoch die meisten gesetzgeberischen Initiativen über ein mehr oder weniger konkretes Entwurfsstadium nicht hinausgekommen. Die gesetzliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare in Ontarios Consent of Treatment Act230 stellt insoweit die Ausnahme dar, ob mit Vorreiterfunktion bleibt indes abzuwarten 231 . Allein auf kommunaler Ebene existieren heute Regelungen, mit denen die Partner einer gleichgeschlechtlichen nichtehelichen Lebensgemeinschaft, allerdings beschränkt auf die "employee benefits", als Paarbeziehung anerkannt und auf diese Weise verschiedengeschlechtlichen Paaren gleichgestellt werden 232 . Die derzeitige kanadische Rechtslage schließt gleichgeschlechtliche Paare folglich von vielen Vergünstigungen aus, die in ihrer Gesamtheit allein über eine Eheschließung zu erreichen wären. Gleichwohl steht nicht die Forderung nach der "same-sex marriage" im Vordergrund, sondern eine "gay rights litigation", die einzelne Rechte, wie zum Beispiel die "spouse's allowance" in Egan v. Canada. zum Gegenstand eines Rechtsstreits macht 233 . Dabei wird die begehrte Gleichstellung mit verschiedengeschlechtlichen Paaren vor allem mit dem Gleichheitssatz der kanadische Verfassung, aber auch mit der AntiDiskriminierungsgesetzgebung des Bundes und der Provinzen begründet. DieSo z. B. Ryder, 9 Can 1. Farn L. 39, 95 (1990). Consent to Treatment Act, S.O. 1992, c.31, ss. 1(2) und 17(1)(4), vgl. dazu auch unter C. II. 1. 231 Vgl. hierzu Bala, 8 Int. 1. L. & Farn. 293,294 (1994), der diesen gesetzgeberischen Akt als "imtial political step towards the statutory recognition of this important type of familia1 re1ationships" bezeichnet. 232 Dazu oben unter C. II. 2. 133 Siehe hierzu oben unter C. I. 2. 229
230
14 Heun
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4. Kapitel: Die Rechtslage in Kanada
se Argumentation hat allerdings nur in wenigen Fällen zum Erfolg geführt. In der Regel endeten die Verfahren in einer Niederlage für die gleichgeschlechtlichen Paare. Inwieweit sich daran in Folge der Egan-Entscheidung, wo der Supreme Court von Kanada bestätigt hat, daß die sexuelle Orientierung zu den von Section 15( 1) der Charter verbotenen Diskriminierungsgründen gehört, etwas ändern wird, ist offen, erscheint jedoch vor dem Hintergrund der höchstrichterlichen Entscheidung selbst eher fraglich.
Fünftes Kapitel
Die Rechtslage in Australien Australien hat trotz seiner geographisch isolierten Lage und seiner nur 16 Millionen Einwohner seit jeher eine führende Stellung im modernen Familienrecht. Dabei haben sich die australischen Gesetzgebungsorgane nicht nur den klassischen Belangen des Familienrechts, wie dem Ehe-, Scheidungs- und Kindschaftsrecht in fortschrittlicher Weise angenommen, sondern ebenso dem Recht der nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Die statistische Zunahme unverheiratet zusammenlebender Paare wurde schon früh zum Gegenstand rechtlicher Überlegungen gemachtl. Eigens zu diesem Zweck ein;esetzte Law Reform Commissions erarbeiteten die theoretischen Grundlagen. Die praktische Umsetzung durch die Gesetzgeber folgte bald nach. Heute haben die meisten Einzelstaaten Australiens eine mehr oder weniger umfangreiche gesetzliche Regelung für nichteheliche Lebensgemeinschaften3 . Eine ähnlich unvoreingenommene und zeitgemäße Vorgehensweise scheint sich nunmehr in bezug auf gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften anzudeuten. Weitgehend unkommentiert4 ist im Australien Capital Territory bereits 1994 der Domestic Relationships Act 1994 in Kraft getreten, dessen Regelunfsbereich sich auch auf gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften erstreckt . Kaum mehr Aufmerksamkeit im rechtswissenschaftlichen Schrifttum hat das von der Queensland Law Reform Commission veröffentlichte Arbeitspapier über "de facto relationships" erregt, aus dem ebenfalls hervorgeht, daß eine entsprechende Regelung homo- und heterosexuelle Lebensgemeinschaften gleichermaßen erfassen sOllte6 . Werden vermögensrechtliche Auseinandersetzungen nichtehelicher Lebenspartner vor Gericht ausgetragen, differenziert die Rechtsprechung ohSiehe z. B. Bailey, 52 ALJ 174, 180-182 (1978); Wade, S. 33 ff. jeweils m.w.N. Vgl. statt vieler nur die Veröffentlichungen der jeweils eingesetzten Law Commissions wie z. B. New South Wales Law Reform Commission,Report on De Facto Relationships New South Wales; Queensland Law Reform Commission, Report No. 44. 3 Z. B. South Australia Act No. 115 (1975); NSW De Facto Relationship Act 1984; Victoria Property Law Amendment Act (1987); Northem Territory De Facto Relationships Act 1991; Domestic Relationships Act ACT (1994). 4 N.N., 9 AJFL 10 (1995): "with a minimum of fanfare". 5 s. 3( 1) Domestic Partnerships Act ACT 1994. Ausführlich dazu unter C. II. 6. 6 Siehe Queensland Law Reform Commision, Working Paper No. 40, S. 10-12, in Auszügen abgedruckt bei ParkeriParkinsonlBehrens, S. 351 f I
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5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
nehin nicht zwischen gleich- und verschiedengeschlechtliche Paaren, sondern behandelt sie nach denselben Grundsätzen des Common Law und des "equity"-Rechts 7 . Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, daß ein Rechtsstreit um die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen bislang nicht geführt wurde, überrascht es nicht, daß auch die rechtswissenschaftliehe Diskussion um die "same-sex marriage" nur andeutungsweise stattfinde{ Soweit gleichgeschlechtliche Paarbeziehungen überhaupt zum Gegenstand rechtlicher Überlegungen gemacht werden, erf01P dies in bezug auf Regelungen über nichtehelichen Lebensgemeinschaften .
A. Die gleichgeschlechtliche Ehe in der australischen Gesetzgebung und Rechtsprechung I. Die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen über das Familienrecht nach der Australischen Verfassung Unter der australischen Verfassung haben weder der Bund (Commonwealth of Australia) noch die Einzelstaaten die alleinige Rechtssetzungsbefugnis über das gesamte Familienrecht 10 ; nur in bezug auf die Territorien kann das australische Commonwealth sämtliche familienrechtliche Fragestellungen regeln 11. Verantwortlich für diese Aufteilung der Zuständigkeiten, die nicht selten zu Überschneidungen und in der Folge zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen den einzelstaatlichen Gesetzgebern und dem Bundesparlament führt 12 , ist Section 51 (xxi) und (xxii) der Verfassung. Diese Vorschrift überträgt dem Commonwealth im Wege der Enumeration die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz nur über einen - wenn auch bedeutsamen - Teilbereich des Familienrechts. Dazu gehören das Recht der Eheschließung und das Recht der Ehescheidung sowie in Verbindung mit der Ehescheidung stehende Fragen, die in erster Linie das $orge- und Umgangsrecht, den Unterhalt und die Güterverteilung betreffen b. Darüber hinausgehende Aspekte von Ehe und Fami-
Dazu unter C. 1. 1. Dazu unter B. 9 Siehe unter C. n. 10 s. 51 (xxi) u. (xxii) Commonwealth of Australia Constitution Act 1901. 11 s. 122 des Commonwealth of Australia Constitution Act 190 I sowie In the Marriage 0/ Cormiek; Salomon, Respondent, 156 CLR 170, 182 (1984); Gazzo v. Comptroller o/Stamps (Vie.), 149 CLR 227,266 (1981). 12 Exemplarisch Russell v. RusselI; Farrelly v. Farrelly, 134 FLR 495 (1976). Ausführlich dazu Diekev, S. 16-41 m.w.N. 13 VgL s. 51 (xxi) u. (xxii) Commonwealth of Australia Constitution Act 1901. 7
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A. Gleichgeschlechtliche Ehe in der australischen Gesetzgebung
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lie, wie zum Beispiel das Adoptions- und Nichtehelichenrecht 14 sowie Regelungen über nichteheliche Lebensgemeinschaften liegen demgegenüber nicht mehr in der Zuständigkeit des Bundes und bleiben deshalb den einzelstaatlichen Gesetzgebern überlassen. Ferner können die Einzelstaaten auch an sich dem Bund vorbehaltene familienrechtliche Themen gesetzlich ausgestalten, wenn dieser dort noch nicht tätig geworden ist. Sobald jedoch das Bundesparlament eine Rechtsfrage zum Gegenstand eigener Regelungen gemacht hat, wird entsprechendes einzelstaatliches Recht wirkungslos 15.
11. Die Ehegesetzgebung des Australischen Commonwealth Seit der Föderation 1901 unter dem Namen Commonwealth of Australia hat der Bund von seinen in der Verfassung verankerten Rechtsetzungskompetenzen auf dem Gebiet des Familienrechts bereits mehrfach Gebrauch gemacht und auf diese Weise das bis dahin geltende einzelstaatliche Recht verdrängtl6. Es war jedoch erst 1959, daß das Parlament des Commonwealth mit dem Matrimonial Causes Act 1959 Australiens erstes gemeinsames Scheidungsrecht schuf. Darauf folgte der Marriage Act 1961, der das Eheschließungsrecht vereinheitlichte. Schließlich wurde der Matrimonial Causes Act 1959 durch den Family Law Act 1975 ersetzt, wodurch nicht nur das Scheidungsrecht grundlegend novelliert wurde, sondern auch das damit in Verbindung stehende Sorge- und Unterhaltsrecht sowie die Eigentumsverhältnisse der Ehegatten. Die Eherechtsgesetzgebung der Einzelstaaten ist demnach zugunsten der für ganz Australien geltenden Bundesgesetze, dem Marriage Act 1961 und dem Family Law Act 1975 (zuvor Matrimonial Causes Act 1959) abgelöst worden. Bundeseinheitlich geregelt sind deshalb auch die heute vornehmlich im Marriage Act 1961 17 normierten, gesetzlichen Erfordernisse einer gültigen Eheschlie14 Zwischen 1986 und 1990 wurde die Rechtssetzungskompetenz des Commonwealth in bezug auf das Kindschaftsrecht erheblich erweitert. Alle Einzelstaaten mit Ausnahme Westaustraliens delegierten ihre Regelungsbefugnisse in diesem Bereich, wozu vor allem das Sorge- und Umgangsrecht, das Vormundschaftsrecht und der Kindesunterhalt zu zählen sind, an den Bund. Davon ausgenommen ist in sämtlichen diesbezüglichen Gesetzen, außer im Family Law -Children Act von Victoria, das Adoptionsrecht, das deshalb weiterhin von den Einzelstaaten wahrgenommen wird. Hierzu Dickey, S. 15. 15 Dies ergibt sich aus s. 109 Commonwealth of Australia Costitution Act 1901. 16 Dazu Dickey, S. 16 m.w.N. 17 Früher waren bestimmte Ehevoraussetzungen und damit zusammenhängende Rechtsfolgentatbestände im Family Law Act 1975 geregelt. Seit dem Erlaß des Marriage Amendment Act 1985 sind nunmehr sämtliche Erfordernisse einer Eheschließung sowie sämtliche Nichtigkeitstatbestände im Marriage Act 1961 enthalten. Ausführlich hierzu Dickey, S. 107-124.
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5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
ßung sowie die korrespondierenden Nichtigkeitsgründe. Eine ausdrückliche Erlaubnis gleichgeschlechtlicher Ehen befindet sich dort ebensowenig wie eine entsprechendes Verbot. Insbesondere Section 23B(l) des Marriage Act, der eine abschließende Aufzählung der Nichtigkeitsgründe enthält, nonniert - anders als etwa die englische Ehegesetzgebung 18 - keinen Nichtigkeitstatbestand für gleichgeschlechtliche Ehen. An anderer Stelle gibt der Marriage Act 1961 allerdings eine Definition des Ehebegriffs, aus der die Unzulässigkeit der "same-sex marriage" geschlossen werden könnte. In Section 46, der den zur Vornahme der Trauung Ennächtigten ("authorized celebrant") dazu verpflichtete, das Brautpaar im Rahmen der Zeremonie darüber aufzuklären, was unter Ehe zu verstehen ist, heißt es: "Marriage, according to law in Australia, is the union of a man and a woman to the exclusion of all others, voluntarily entered into for life".
Eine gleichlautende gesetzliche Begriffsbestimmung, die wie schon die vorgenannte auf die Entscheidung Hyde v. Hyde & Woodmansee 19 zurückzuführen ist20 , findet sich noch im Family Law Act 1975, Section 43 21 . Dort steht sie im Zusammenhang mit der Aufgabe des Family Court und anderer im Geltungsbereich des Family Law Act zuständiger Gerichte, die Institution Ehe im Sinne der eben genannten Definition zu erhalten und zu schützen.
III. Die "Same-Sex Marriage" in der Rechtsprechung Inwieweit dieses in den Ehegesetzen des Commonwealth zum Ausdruck kommende Eheverständnis als ausschließlich heterosexuelle Verbindung dafür verantwortlich ist, kann hier nur vennutet werden - in Australien wurde jedenfalls ein Rechtsstreit um die Zulässigkeit der "same-sex marriage" bislang nicht geführt. Allerdings hat sich die australische Gerichtsbarkeit in einem anderen Zusammenhang zumindest indirekt dazu geäußert, ob eine rechtsgültige Ehe nur zwischen verschiedengeschlechtlichen Partnern geschlossen werden kann oder ob auch andere Kombinationen denkbar sind. Matrimonial Causes Act 1973, s. II (c). LR I P & D 130, 133 (1866): "Marriage as understood in Christendom may for this purpose be defined as the voluntary union for life of one man and one woman to the exclusion of all others." 20 Dazu Dickey, S. 107; Finlay/Bailey-Harris, S. 131; FinlaylBradbrookiBaileyHarris, S. 96 L ParkeriParkinsonlBehrens, S. 304. 21 "The Family Court shall, in the exercise of its jurisdiction under this Act, ..... have regard to the need to preserve and protect the Institution of marriage as the union of a man and a woman to exclusion of all others, voluntarily entered into for life:' 18 19
A Gleichgeschlechtliche Ehe in der australischen Gesetzgebung
215
J. In the Marriage ofC and D. (falsely called C)
Hierbei handelt es sich um die Entscheidung In the Marriage of C and D. (falsely called C)22. Die Antragstellerin dieses Verfahrens begehrte die Nichtigkeitserklärung ihrer Ehe mit einem Hermaphroditen23 . Zur Begründung trug sie vor, sie habe sich über die Geschlechtsidentität ihres Ehegatten feirrt, da sie im Zeitpunkt der Eheschließung geglaubt habe, er sei ein Mann2 . Der Antragsgegner hatte bereits vor der Heirat durch mehrere Operationen sämtliche weibliche Geschlechtsorgane entfernen lassen, so daß seine äußere Erscheinung der eines Mannes entsprach, während sein Chromosomenbild nach wie vor weibliche Eigenschaften beinhaltete25 . Vor diesem Hintergrund sah der Family Court of Australia Section 18 (l)(d)(ii) des einschlägigen Matrimonial Causes Act 1959 erfüllt, wonach eine aufgrund eines Irrtums über die Person des Partners zustande gekommene Ehe von Anfang an als nichtig anzusehen ist26 . Obwohl der Antrag damit in vollem Umfang begründet war und folglich zu weiteren Ausführungen kein Anlaß bestand, stützte der Family Court seine Nichtigkeitserklärung noch auf ein zusätzliches Argument. Die Ehe der Antragstellerin sei auch deshalb nichtig, weil ihr Ehegatte weder Mann noch Frau sei 27 . Damit fehle es an der Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehepartner, was jedoch ein wesentliches Merkmal einer rechtsgültigen Ehe sei, denn unter Ehe, wie sie unter anderem auch in Section 46 des Marriage Act 1961 definiert werde, sei ausschließlich die Verbindung von Mann und Frau zu ver. stehen28 . Diese Ausführungen machen deutlich, daß die australische Rechtsprechung, die sich bislang nur in In the Marriage of C and D. (falsely called C.) ausdrücklich mit der für eine wirksame Eheschließung erforderlichen Ge22 35 FLR 340 (1979). Ausführlich zu Sachverhalt und Entscheidungsgründen Finlay, 54ALJ 115 (1980). 23 Der Antrag war zunächst auf die Feststellung gerichtet, ob die Ehe wirksam ist. Er wurde später umgestellt auf Feststellung der Nichtigkeit der Ehe. Vgl. hierzu In the Marriage ofC and D. (falsely called C), 35 FLR 340, 340 f. (1979). 24 In the Marriage ofC and D. (falsely called C.), 35 FLR. 340,342 f. (1979). 25 In the Marriage ofC and D. (falsely called C), 35 FLR 340, 342 (1979). 26 In the Marriage ofC and D. (falsely called C), 35 FLR 340, 343 f. (1979). AA Finlay, 54 ALJ 115, 118 f. (1980). 27 In the Marriage ofC and D. (falsely called C), 35 FLR 340, 344 f. (1979), wo in diesem Zusammenhang auf den in der Entscheidung Corbett v. Corbett, (orse. Ashley), P. 83,100,106 (1971) zur Geschlechtsbestimmung angewandten Test verwiesen wurde. Dazu sogleich unter A III 2. (Fn. 37). Kritisch dazu Finlay, 54 ALJ 115, 125 f. (1980) m.w.N. 28 In the Marriage ofC and D. (falsely called C), 35 FLR 340,345 (1979).
216
5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
schlechtszugehörigkeit der Ehegatten auseinandersetzte, deren Geschlechtsverschiedenheit voraussetzt. Verfahrensgegenstand dieser Entscheidung war zwar nicht die Zulässigkeit einer gleichgeschlechtlichen Ehe. Es liegt jedoch nahe, daß auch in diesem Zusammenhang Ehe als Verbindung von Mann und Frau definiert werden würde. Gegen die Zulässigkeit .,gleichgeschlechtlicher Ehen sprechen ferner zwei englische Entscheidungen2 , die für Australien zwar nicht mehr bindend, aber dennoch von großer Bedeutung sind und auf die in der Entscheidung In (he Marriage ofC and D. (falsely called C) Bezug genommen wurde3o . 2. Corbett v. Corbett (orse. Ashley) In Corbett v. Corbett (orse. Ashleyll wurde ebenfalls um die Rechtswirksamkeit einer Ehe gestritten. Antragsgegner dieses Verfahrens war ein bei Geburt männlicher, postoperativer Transsexueller, dessen Geschlechtsanpassung vor der Eheschließung stattgefunden hatte32 . Dem Antragsteller waren diese Umstände von Anfang an bekannt33 . Sein Begehren, die Ehe mit dem Antragsgegner für nichtig zu erklären, begründete er vor allem damit, daß dieser bei Vornahme der Trauung ein Mann gewesen sei 34 . Ausgangspunkt dieser Argumentation, der das Gericht in seinen Entscheidungsgründen im wesentlichen fOlgte 35 , war demnach, daß eine rechtswirksame Ehe nur zwischen einem Mann und einer Frau geschlossen werden kann. Die Ehe der Beteiligten müßte folglich als nichtige behandelt werden, wenn der Antragsgegner im Zeitpunkt der Heirat ein Mann war, denn in diesem Fall wäre eine gleichgeschlechtliche Ehe geschlossen worden. Streitentscheidend war damit letztlich die Frage, ob sich die Geschlechtszugehörigkeit eines postoperativen Transsexuellen nach dem bei seiner Geburt festgestellten und registrierten Geschlecht richtet oder nach seinem seelisch empfundenen und nach den operativen Eingriffen äußerlich erkennbaren 36 . Das Gericht in Corbett v. Corbett entschied sich für erste-
29 Corbett v. Corbett (orse. Ashley), P 83 (1971); Talbot (orse. Poyntz) v. Talbot (orse. Talbot, Mabel) , 111 Sol. Jo 213 (1967). 30 In the Marriage ofe. and D. (falsely called e.), 35 FLR 340, 344 f. (1979).
P 83 (1971). Vgl. Corbett v. Corbett (orse. Ashley), P 83, 83 (1971). 33 Wie vorherige Fn. 34 Corbett v. Corbett (orse. Ashley), P 83, 84 (1971). 35 Corbett v. Corbett (orse. Ashley), P 83, 106 (1971). 30 Vgl. hierzu Corbett v. Corbett (orse. Ashley), P 83, 106 (1971). 31
32
A. Gleichgeschlechtliche Ehe in der australischen Gesetzgebung
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res 37 und wurde dafür vor allem seitens des rechtswissenschaftlichen Schrifttums massiv kritisiert38 . Für die Frage nach der Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen ist jedoch nicht dieser Teil der Entscheidung von Bedeutung, sondern die gedanklich davor liegende Überlegung, wonach die Geschlechtsverschiedenheit der Partner zur Voraussetzung einer wirksamen Eheschließung erklärt wurde39 . Hieraus ergibt sich nämlich nicht nur, daß das Geschlecht eines p'ostoperativen Transsexuellen zu Ehezwecken eindeutig bestimmt werden muß 40 , sondern gleichzeitig auch, daß die Verbindung zwischen zwei Personen desselben Geschlechts keine rechtsgültige Ehe sein kann41. 3. Talbot (orse. Poyntz) v. Talbot (orse. Talbot, Mabel) In der außerdem noch in In the Marriage of C. and D. (falsely called D.l zitierten Entscheidung Talbot (orse. Poyntz) v. Talbot (orse. Talbot, Mabel/ 2 wurde um die Wirksamkeit einer bereits geschlossenen gleichgeschlechtlichen 37 Corbett v. Corbett (orse. Ashley), P 83, 106 (1971): ,,Having regard to the essentially heterosexual character of the relationship which is called marriage, the criteria must, in my judgement, be biological, for even the most extreme degree of transsexualism in a male or the most severe hormonal imbalance which can exist in a person with male chromosomes, male gonads and male genitialia cannot reproduce a person who is naturally capable of performing the essential role of a woman in marriage. In other words, the law should adopt in the first place, the first three ofthe doctors criteria, i.e., the chomosomal, gonadal and genital tests, and if all three are congruent, determine the sex for the purpose ofmarriage accordingly, and ignore any operative intervention." 38 Statt vieler Finlay, 54 ALJ 115 (1980); Otlowski 64 ALJ 67 (1990). Vgl. auch die Urteile zweier australischer Strafgerichte: In NSW wurde im Fall R. v. McGuiness, 35 A.Crim.R. 146 (1988) entschieden, daß im Rahmen des Strafrechts das äußerlich erkennbare Geschlecht eines postoperativen Transsexuellen maßgeblich sein soll. Dort (S. 149) wurde zudem die Auffassung geäußert, daß diese Vorgehensweise auch im Ehechließungsrecht gelten solle. Kritisch zu letzterem Dickey, 63 ALJ 485, 486 (1989). Ebenso wurde in Victoria entschieden, wo in R. v. Cogley, VR 799 (1989) ein postoperativer Transsexueller, dessen Erscheinungsbild das einer Frau war, als taugliches Opfer einer Verwaltigung angesehen wurde. Siehe auch noch die Transsexuellengesetzgebung Süd-Australiens (Sexual Reassignment Act 1988, s. 8(1 wonach das nach der Operation sichtbare Geschlecht des Transsexuellen verbindlich ist. Dieses einzel staatliche Gesetz gilt allerdings nicht für Eheschließungen, die nach der Ehegesetzgebung des Commonwealth beurteilt werden. In diesem Zusammenhang siehe auch Bates, 7 AJFL 274 (1993) u. Mountbatten, 8 AJFL 166 (1994), wo es um Transsexuelle und ihre Geschlechtszugehörigkeit auf dem Gebiet des Renten-, Sozialhilfe- und Arbeitslosenrechts geht. 39 Vgl. Corbett v. Corbett (orse. Ashley), P 83, 105 f. (1971). 40 So Corbett v. Corbett (orse. Ashley), P 83, 106 (1971). 41 Vgl. dazu Corbett v. Corbett (orse. Ashley), P 83, 106 (1971). 42 111 Sol. Jo 213 (1967). Vgl. auch die gleichgelagerte, amerikanische Entscheidung in Anonymous v. Anonymous, 325 N.Y.S. 2d 499 (1971).
»,
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5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
Ehe gestritten, die dadurch zustande gekommen war, daß die Antragsgegnerin sowohl die Behörden als auch die Antragstellerin über ihre wahre ~hlechts identität getäuscht hatte 43. Auch in diesem Fall erklärte das Gericht die streitgegenständliehe Verbindung für nichtig, weil eine Ehe notwendigerweise die Geschlechtsverschiedenheit der Partner voraussetze44. 4. Fazit
Damit steht fest, daß der Family Court of Australia, soweit er sich in In the Marriage of C. and D. (falsely called c.) zur Struktur der Ehe geäußert hat, ihr das Prinzip der Verschiedengeschlechtlichkeit zu Grunde legt. Die dort zur Unterstützung seiner Auffassung angeführten englischen Verfahren haben diese These ebenfalls zum Ausgangspunkt ihrer Argumentation gemacht. Vor dem Hintergrund dieser Entscheidungen, die, solange eine gegenteilige Auffassung seitens der australischen Gerichtsbarkeit nicht geäußert wird, im Zusammenhang mit gleichgeschlechtlichen Ehen als Präjudizien relevant bleiben, liegt die Schlußfolgerung nahe, daß es in Australien die "same-sex marriage" als zulässige Ehevariante nicht geben wird45 . IV. Zusammenfassung Der Wortlaut der gegenwärtigen Ehegesetzgebung Australiens beschränkt Eheschließungen auf verschiedengeschlechtliche Paare. Initiativen, diese Rechtslage zu ändern, sind zur Zeit nicht in Sicht, so daß die Einführung einer gleichgeschlechtlichen Ehe durch den Bundesgesetzgeber demnächst wohl nicht zu erwarten ist. Fraglich ist zudem, ob ein derartiges Gesetzgebungsvorhaben nicht ohnehin an der verfassungsrechtlich begrenzten Rechtssetzungsbefugnis des Commonwealth für den Bereich des Familienrechts scheitern würde 46 . Seetion 51 (xxi) verleiht dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz in bezug auf "marriage". Wenn dies auch die Zuständigkeit urnfaßt, "Ehe" selbst neu zu definieren, stünde der Regelung gleichgeschlechtlicher Ehen nichts im Wege47 . Ist hingegen unter "marriage" nur die
Talbot (orse. Poyntz) v. Talbot (orse. Talbot Mabel), 111 Sol. Jo 213 (1967). Talbot (orse. Poyntz) v. Talbot (orse. Talbot Mabel), 111 Sol. Jo 213 (1967). 45 So auch Winters, 1 Australian Gay and Lesbian L. 1. 73, 83 (1992). 46 Vgl. hierzu Dickey, S. 36-38. 47 Dazu Dickey, S. 37. Vgl. auch Finlay/Bailey-Harris, S. 11 f, wo eine ähnliche Problematik im Hinblick auf die Abgrenzung "void marriages" und "de facto marriages" diskutiert wird. 43
44
B. Gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttum
219
Ehe zu verstehen, wie sie in der heutigen Ehegesetzgebung ihre grundsätzliche Ausprägung im Sinne einer monogamen, heterosexuellen Verbindung erfahren hat, ergäben sich aus der verfassungsrechtlichen Bestimmung der Section 51 (xxi) selbst massive Einschränkungen der Rechtssetzungskompetenzen des Bundes für den Bereich des Eherechts; gleichgeschlechtliche oder polygamische Ehen könnte er jedenfalls nicht einführen48. Solange jedoch die Ehegesetzgebung "Ehe" als Verbindung von Mann und Frau definiert, sind anderslautende richterliche Entscheidungen unwahrscheinlich, weshalb gleichgeschlechtlichen Paaren die Eheschließungsmöglichkeit bis auf weiteres sowohl seitens der australischen Gesetzgeber als auch seitens der Rechtsprechung vorenthalten bleiben wird.
B. Die gleichgeschlechtliche Ehe im rechtswissenschaftlichen Schrifttum Eine Diskussion der "same-sex marriage" findet in der rechtswissenschaftlichen Literatur nicht statt. Die wenigen Äußerungen, die zu diesem Thema zu finden sind, erschöpfen sich in der Regel in einer Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Situation in Australien49. Der Wortlaut der Ehegesetze50 und die überkommene Ehedefinition der Entscheidung in Hyde v. Hyde and Woodmansee 51 werden in diesem Zusammenhang ebenso genannt wie die eben besprochenen Entscheidungen52 . Soweit daraus überhaupt eine Schlußfolgerung gezogen wird, wird die Zulässigkeit einer gleichgeschlechtlichen Ehe überwiegend verneint 53 . Darüber hinausgehende Argumente, die für oder gegen das Eheschließungsrecht §leichgeschlechtlicher Partner sprechen könnten, werden nicht vorgebracht 5 . Vergeblich verläuft auch die Suche nach Veröf-
48 So Dickey,S. 39. Die abschließende Klärung dieser Frage wäre dem High Court von Australien vorbehalten. 49 Z. B. Dickey, S. 118 f.; FinlayIBradbrookiBailey-Harris, S. 105; Guidebook to Australian Family Law § 348. 50 So Dickey, S. 119; FinlayIBradbrookiBailey-Ham·s, S.105; Guidebook to Australian Family Law § 348; FinlayIBailey-Harris, S. 131, 133. 51 Vgl. Dickey, S. 119; FinlayIBailey-Harris, S. 131, 133. 52 Siehe z. B. bei Dickey, S. 118-123; Guidebook to Australian Family Law § 348; Winters, 1 Austalian Gay and Lesbian L.J. 73, 74 f. (1992). 53 So z. B. Dickey, S. 118 f.; ders., 68 ALJ 68 (1994); FinlaylBradbrookiBaileyHarris, S. 105, Finlay, 54 ALJ 115, 119-121 (1980); Otlowski, 64 ALJ 67, 67 (1980); Guidebook to Australian Family Law § 348. 54 Siehe hierzu auch Millbank, 10 AJFL 112,123 f. (1996), die zur Diskussion um die "same-sex marriage" auf die amerikanische Literatur verweist sowie Winters, 1 Australian Gay and Lesbian L.J. 73, 74 f. (1992), die sich intensiv mit den Folgen des
220
5. Kapitel: Dle Rechtslage in Australien
fentlichungen, in denen der Autor einen eigenen Standpunkt bezieht. Dementsprechend mehr als Denkanstoß denn als Meinungsbekundung zu verstehen, ist deshalb auch der Verweis 55 auf einen Aufsatz der amerikanischen Familienrechtlerin Herma Hili Ka/ 6 , die sich ausdrücklich für gleichgeschlechtliche Ehen ausspricht und ihre Auffassung ausführlich begründet. Da ihre Argumentation, abgesehen von einigen Verweisen auf die australische Rechtslage, von der rechtlichen und tatsächlichen Situation gleichgeschlechtlicher Paare in den USA ausgeht, kann insoweit auf die Ausführungen im Dritten Kapitel unter B. 1. verwiesen werden.
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage" Mangels Eheschließungsrecht sind gleichgeschlechtliche Paare dazu gezwungen, ihre Zweierbeziehung außerhalb der Ehe und den damit zusammenhän~enden rechtlichen Privilegien und Ordnungsmechanismen zu organisieren . Die Suche nach Alternativen ist deshalb von vornherein auf das Gebiet der nichtehelichen Lebensgemeinschaften beschränkt. In dem insoweit vorgegebenen Rahmen haben sich in Australien verschiedene Lösungsansätze herausgebildet, die sich im wesentlichen in zwei Gruppen einteilen lassen, in richterliche Rechtsfortbildung und in gesetzgeberische Initiativen auf der Ebene der Einzelstaaten und Territorien.
Eheverbots der Gleichgeschlechtlichkeit auseinandersetzt, nicht aber mit seiner Berechtigung. 55 ParkerlParkinsonlBehrens, S. 318-321, wo der Aufsatz in Teilen abgedruckt u. arn Ende die Frage gestellt wird: "Do You think that styling the issue as one ofhuman rights rather than one of policy regarding homosexuals would affect the debate in Australia?" FinlayIBradbrookiBailey-Harris, S. 105 f., die ebenfalls im Anschluß an einen abgedruckten Auszug aus dem Aufsatz die Frage stellen: " Do You agree with Professor Kays analogy? Ferner wird hier noch auf folgende rechtswissenschaftliehe Abhandlungen verwiesen: GhandilMacnamee, 5 Int. J. L. & Farn. 104 (1991); Melton, 29 J. Farn. L. 497 (1991); Nielsen, 4 Int. J. L. & Farn. 297 (1990). 56 5 AJFL 69 (1991). 57 Dies führt zu zahlreichen Benachteiligungen gegenüber verheirateten Paaren, deren eheliches Zusammenleben durch umfangliehe gesetzliche Regelungen gegenüber anderen Lebensfonnen privilegiert wird und inhaltliche Ausgestaltung erfahrt. Relevant wird letzteres vor allem in Krisensituationen wie dem Tod oder einer schweren Krankheit eines Partners sowie im Trennungsfall und der in diesem Rahmen vorzunehmenden Verteilung des gemeinsarnen Besitzes und, soweit Kinder vorhanden sind, der Regelung des Sorgerechts. Vgl. hierzu Winters, 1 Australian Gay and Lesbian L. J. 73, 74 ff. (1992), die die Benachteiligungen gleichgeschlechtlicher Paare in den verschiedenen Rechtsbereichen kurz skizziert, wobei sie in den Fällen, in denen einzelstaatliches Recht zur Anwendung kommt, nur auf die Situation in NSW Bezug nimmt.
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
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I. Die Behandlung (gleichgeschlechtlicher) nichtehelicher Lebensgemeinschaften in der Rechtsprechung
Die Rechtsprechung konzentriert sich auf typische Konfliktsituationen bei Beendigung der Beziehung, die sie durch eine stetige Weiterentwicklung der allgemeinen Regeln des Common Law58 und des "equity"-Rechts59 soweit wie möglich zu entschärfen versucht. Hier ist seit den siebziger Jahren umfangreiches Fallrecht entstanden, das - allerdings nur in vermögensrechtlichen Fragen - versucht, mit dem gesellschaftlichen Wandel und den damit einher~e henden veränderten Bedürfnissen unverheirateter Paare Schritt zu halten o. Vor allem die Flexibilität des Case Law61 , aber auch die Tatsache, daß die Prinzipien des "equity"-Rechts auf homosexuelle Lebensgemeinschaften ebenso anwendbar sind wie auf heterosexuelle62, hat dazu geführt, im Richterrecht eine Möglichkeit zu sehen, die Benachteiligung (gleichgeschlechtlicher) nichtehelicher Lebenspartner gegenüber Eheleuten, zumindest im vermögensrechtlichen Bereich, weitgehend einzuebnen. 1. Vermögensrechtliche Streitigkeiten nichtehelicher Lebenspartner bei Beendigung ihrer Beziehung
Die überwiegende Anzahl der Entscheidungen, in denen nichteheliche Lebensgemeinschaften eine Rolle spielen, haben vermögensrechtliche Auseinandersetzungen der Partner bei Beendigung ihrer Beziehung zum Gegenstand. Gestritten wird dort in der Regel um das Eigentum am Eigenheim oder anderen Immobilien, die zuvor gemeinsam genutzt wurden, ohne daß es den Partnem darauf ankam, wer formal Berechtigter ist. Erst anläßlich der Trennung wird diese Frage relevant. Die nachträgliche Beurteilung der Eigentums- und 58 In diesem Zusammenhang ist mit Common Law das allgemeine Zivilrecht gemeint. 59 Ursprünglich ein selbständiger Zweig des englischen Rechtssystems, ist unter "equity"-Recht heute ein übergeordnetes Rechtsprinzip zu verstehen, ähnlich dem des Treu und Glaubens (§ 242 BGB), aus dem verschiedene Rechtsbehelfe, wie z. B. das "trust law" abgeleitet werden. Wegen weitergehender Einzelheiten siehe bei ZweigertlKötz, § 14lII. m.w.N. sowie HanburrylMaudsley, S. 1-44. 60 Dazu sogleich unter C. 1. I. 61 SO Z. B. Evans, 2 AJFL 234, 247 f. (1987/88). 62 Exemplarisch Allen v. Snyder, 2 NSWLR 685, 689 (1977): principles of general law (in particular, equitable doctrines) "ought to apply indifferently to all property relationships arising out of cohabitation .... whether that cohabitation be heterosexual, homosexual, dual or multiple in nature." Siehe auch Parker/Parkinson/Behrens, S. 548; Bailey-Harris, 5 AJFL 221, 228 (1991); Henson, 7 Int. J. L. & Farn. 282, 294 (1990).
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5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
Vermögensverhältnisse gestaltet sich meist schwierig, weil nichteheliche Lebenspartner ähnlich wie Eheleute im Laufe ihres Zusammenlebens die zunächst noch individualisierbaren Vermögensmassen durch das gemeinsame Wirtschaften und das alltägliche Miteinander nach und nach vermischen63 . Hinzu kommt, daß sich die tatsächliche finanzielle Beteiligung an der gemeinsamen Lebensführung nur in seltenen Fällen in rechtlich relevanten Kategorien wie dem Eigentum an einer Sache widerspiegelt64 . Ungleichheiten zwischen den Partnern, gemessen an ihrer jeweiligen vermögens rechtlichen Stellung, entstehen jedoch vor allem, wenn Kinder geboren werden und deshalb einer der Partner seine Erwerbstätigkeit und in der Folge seine finanzielle Unabhängigkeit aufgibt 65 . Trennen sich verheiratete Paare, greifen in diesen Fällen die eherechtlichen Regelungen ein, die auf derartig arbeitsteilig organisierte personale Beziehungen zugeschnitten sind. In diesem Zusammenhang ist vor allem Section 79 des Family Law Act 1975 relevant. Er überwindet etwaige Unbilligkeiten, die sich aus der grundsätzlich auch für Ehegatten geltenden strikten Gütertrennung ergeben können, indem er die Neuordnung der Eigentums- und Vermögensverhältnisse im Scheidungsverfahren in das Ermessen der Gerichte stellt66 . Um einen möglichst gerechten Interessenausgleich zu gewährleisten, normiert Section 79(4) Family Law Act 1975 dabei zu beachtende Faktoren. Hierzu gehören unter anderem die in der Vergangenheit zur gemeinsamen Lebensführung beigetragenen finanziellen und nicht finanziellen Beiträge sowie zukünftige Bedürfnisse und Verpflichtungen der Partner67 .
Dazu Finlay/Bailey-Harris, S. 376 f. Dies kann daraus resultieren, daß der eine mit seinen Einkünften alltägliche Bedüfnisse befriedigt, während der andere mit dem ihm insoweit insgesamt zur Verfügung stehenden Einkommen z. B. Grundbesitz anschafft und dieser nur auf seinen Namen eingetragen wird. Exemplarisch Baumgartner v. Baumgartner, 164 CLR 137 (1987). 65 Vgl. hierzu FinlayIBailey-Harris, S. 376 f. 66 Ausführlich zu Vermögensauseinandersetzungen zwischen Ehegatten im Scheidungsverfahren unter dem Family Law Act 1975 FinlayIBailey-Harris, S. 343-350; ParkeriParkinsonlBehrens, S. 549. 67 s. 79 des Family Law Act 1975 ist häufig Gegenstand von Kritik. In diesem Zusammenhang geäußerte Änderungsvorschläge gehen meist dahin, im Tatbestand die hälftige Teilung des Vermögens zwischen den Ehegatten im Trennungsfall festzuschreiben. Einen Überblick über diese Diskussion bieten FinlayIBailey-Harris, S. 351354. Siehe aber auch Mallet v. Mallet, 52 ALR 193 (1984), wo sich der High Court ausdrücklich gegen die Annahme einer Teilung zu je 50 % ausspricht und statt dessen die Einzelfallentscheidung vorzieht. 63
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C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
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Ver1leichbare Regelungen bestehen für unverheiratete Paare in der Regel nicht6 . Sie müssen sich auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Common Law und des "equity" -Rechts verweisen lassen. Aber auch in diesem Rahmen besteht die, allerdings durch dogmatische Vorgaben begrenzte, Möglichkeit, eine Umverteilung von Eigentum und anderen Vermögenswerten nach anderen Gesichtspunkten als der formalen Eigentümerstellun~ vorzunehmen. Hierbei ist vor allem das "trust law,,69 ("resulting trust" 0 und "constructive trust,,7!) von Bedeutung, nach dessen Prinzipien in Australien die meisten vermögensrechtlichen Streitigkeiten zwischen nichtehelichen Lebenspartnern abgewickelt werden. Vertragliche Lösungsansätze und der Rechtsbehelf des "proprietary estoppel" 72 spielen demgenüber nur eine untergeordnete Rolle.
68 Dem Commonwealth kommt in diesem Bereich keinerlei Rechtssetzungsbefugnis zu, so daß es die Regelungen des Family Law Act 1975 nicht auf nichteheliche Lebenspartner ausdehnen kann. Die einzelstaatlichen Gesetzgeber, soweit sie überhaupt tätig geworden sind, stellen nichteheliche Lebenspartner in vermögensrechtlicher Hinsicht nur teilweise mit Ehegatten gleich. So z. B. NSW, Victoria u. das Northern Territory. Dazu unter C. 11. . 69 Das "trust law" ist eine Besonderheit des englischen Rechtssytems, das häufig mit dem Recht der Treuhand verglichen und übersetzt wird. Das "trust law", das in verschiedene Untergruppen wie z. B. "resulting trusts" u. "constructive trusts" unterteilt werden kann, ist Ausfluß des "equity"-Grundsatzes u. dementsprechend an Billigkeitsgesichtspunkten orientiert. Zu den Mindestvoraussetzungen eines "trust" werden in der Regel der Wille, einen "trust" zu gründen, die Bestimmtheit des Treuhandobjekts u. die Gewißheit über den beteiligten Personenkreis gezählt. Ausführlich dazu ZweigertlKötz, § 14 ill.; HanburrylMaudsley, S. 42-44. 70 Allgemein ist unter ,,resulting trust" ein durch konkludentes Verhalten zustandegekommener "trust" zu verstehen. Ein typischer Fall des ,,resulting trust" ist es, wenn sich mehrere Personen am Kaufpreis für eine Sache beteiligen. Es gilt dann die (widerlegbare) Vermutung, daß jeder gemäß der Höhe des von ihm gezahlten Kaufpreises an der Sache berechtigt ist, auch wenn nur einer als Eigentümer eingetragen ist. Dieser hält das Eigentum, soweit es nicht ihm selbst zusteht, als Treuhänder für die anderen. Dazu Ox/ord Dictionary 0/ Law unter ,,resulting trust" sowie HanburrylMaudsley, S.69. 71 "Constructive trust" wird auch mit fingiertem Treuhandverhältnis übersetzt. Häufig handelt es sich um Fälle einer ungerechtfertigten Bereicherung, in denen aus Billigkeitsgründen unter Rückgriff auf einen "common sense" ein "trust" konstruiert wird. Einzelheiten bei HanburrylMaudsley, S. 69 sowie 201-332. 72 Hiebei handelt es sich um eine Beweisregel, die ebenfalls dem "equity"-Recht zuzuordnen ist. Läßt der Eigentümer einer Sache einen anderen wider besseres Wissen in dem Glauben, er werde an einer Sache ein Recht erwerben, und macht dieser dann im Hinblick auf diese Erwartung Aufwendungen, dann kann das Gericht nach seinem Ermessen Wiedergutmachung anordnen, z. B. durch die zeitlich begrenzte Überlassung der Sache. Dazu Ox/ord Dictionary 0/ Law, unter estoppel.
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5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
a) Entwicklungen im "Trust Law" aa) Die Grundsätze des "Resulting Trust"
Eine Möglichkeit, einem Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die Teilhabe an Vermögenswerten zu sichern, obwohl er eine formale RechtssteIlung nicht erlangt hat, ist der .,resulting trust". Ein solcher wird zum Beispiel angenommen. wenn sich zwei oder mehr Personen finanziell am Kaufpreis einer beweglichen oder unbeweglichen Sache73 beteiligen, denn es wird vermutet, daß sie im Verhältnis ihrer jeweils geleisteten Beiträge Eigentum daran erwerben wollen 74 . Dies gilt unabhängig davon, wer tatsächlich als Eigentümer eingetragen wird, denn es wird gleichfalls vermutet, daß dieser die Eigentumsanteile der Nichteingetragenen lediglich als Treuhänder hält75. Nach den Grundsätzen des "resulting trust" können demnach zwar andere Aspekte als die formale EigentümersteIlung berücksichtigt werden, aber nur unter der Voraussetzung, daß finanzielle Beiträge im direktem Zusammenhang mit dem Eigentumserwerb stehen. Finanzielle Leistungen, die erst später im Laufe der bestehenden Lebensgemeinschaft erbracht werden und deshalb nicht unmittelbar mit dem Eigentumserwerb verknüpft sind, können demzufolge ebensowenig berücksichtigt werden wie nicht finanzielle Beiträge im Haushalt und bei der Kindererziehung 76 . Aus diesem Grund wurde die Abwicklung gescheiterter Beziehungen zwischen unverheirateten Paare unter dem "resulting trust" häufig kritisiert77 .
73 Zwar ist auch in den einzelstaatlichen immobiliarsachenrechtlichen Regelungen die Schriftfonn Voraussetzung des Erwerbstatbestandes, gleichzeitig ist aber nonniert, daß die Annahme eines "resulting", "implied" oder "constructive trust" davon nicht berührt wird. Vgl. z. B. s. 29(1) und (2) des South Australian Law of Property Act 1936. 74 Siehe bei Finlay-Bailey-Harris, S. 378; ParkerlParkinsonlBehrens, S. 557 f 75 Vgl. hierzu Finlay-Bailey-Harris, S. 378 f; ParkerlParkinsonlBehrens, S. 558. 76 Die Auswirkungen eines ,,resulting trust" im Zusammenhang mit nichtehelichen Lebensgemeinschaften zeigen sich z. B. in Calverley v. Green. 155 CLR 242, 252 f; 257-263 (1984). Dort hatten die Partner ein Haus in beider Namen zum Preis von 27.250 A$ gekauft. Der Mann zahlte 9.250 A$ aus seinem Vennögen, die restlichen 18.000 A$ wurden durch eine Hypothek, die ebenfalls in beider Namen aufgenommen wurde, finanziert. Zurückgezahlt wurde sie allerdings von dem Mann alleine. Die Frau bestritt statt dessen die Kosten der Haushaltsführung. Unter dem Grundsatz des ,,resulting trust" entschied der High Court, daß der Frau ein Anteil von 9.000/27.250 am Eigentum des Hauses zustand. Demnach wurden weder die tatsächlichen Zahlungen auf die Hypothek noch die Haushaltskosten berücksichtigt. Allein die Tatsache, daß sich die Parteien im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs in diesem Verhältnis am Kaufpreis beteiligt hatten, war maßgeblich. Vgl. hierzu auch Bates, 60 AL! 31 (1986). 77 So z. B. Bailey, 52 AL! 174, 179, 182 (1978); Neave, 5 AJFL 185, 187 f (1991).
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bb) Der" Constructive Trust"
Wesentlich flexibler in seinem Anwendungsbereich ist der "constructive trust". Er verzichtet auf das Erfordernis einer konkreten finanziellen Beteiligung am Eigentumserwerb. Gemeinschaftliches Eigentum kann deshalb auch dann entstehen, wenn ein dahingehender Wille im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs auf andere Weise als durch die Beteiligun; am Kaufpreis ausdtiicklich oder konkludent zum Ausdruck gebracht wird 8. Dies erlaubt den Gerichten, jeweils die Gesamtsituation des Einzelfalles zu berücksichtigen. Ihr Umgang mit den in diesem Rahmen zu treffenden Tatsachenfeststellungen kann allerdings nur als großzügig bezeichnet werden. So wurde der Wille, gemeinschaftliches Eigentum zu begründen, selbst in Fällen angenommen, in denen ein Partner eine ihm bereits gehörende Sache mit in die Beziehung einbrachte; im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs folglich eine Übereinkunft der Partner gar nicht vorliegen konnte79 . Dem stehen Verfahren gegenüber, in denen die Gerichte trotz ähnlich gelagerter Sachverhalte keinerlei Anhaltspunkte finden konnten, die zur Annahme eines "constructive trust" berechtigt hätten 80. Die Entscheidungen über vermögensrechtliche Auseinandersetzungen unverheirateter Paare hatten demnach an Vorhersehbarkeit verloren81 . Kritiker bezeichneten die Rechtsprechung auch als willkürlich, da häufig eine Absicht in die Parteien hineininterpretiert werden würde, statt sie aus ihrem Verhalten abzuleiten82. Zwischenzeitlich ist die Rechtsprechung zu den Grundsätzen des "constructive trust", wie sie sich im Zusammenhang mit vermögensrechtlichen Streitigkeiten nichtehelichen Lebenspartnern darstellen, weiterentwickelt und
78 Allgemein zu den Voraussetzungen eines "constructive trust" im Rahmen der Rechtsprechung zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften FinlaylBailey-Harris, S. 379 f.; Hohol v. Hohol, VR 221, 225 (1981); ForemanlO'Ryan, S. 8 m.w.N. 79 SO Z. B. in Butler v. Crane, VR 275 (1986); Ogilvie v. Ryan, 2 NSWLR 504 1976). Siehe auch Hohol v. Hohol, VR 221 (1981), wo das Eigentum zwar während der Beziehung der Partner erworben wurde, die Absicht daran gemeinschaftlich berechtigt zu sein, allerdings aus einem Gespräch der Partner abgeleitet wurde, das lange vor den Erwerbstatbeständen stattgefunden hatte. 80 Z. B. Thwaites v. Ryan, VR 65 (1984); Allen v. Snyder, 2 NSWLR 685 (1977); Kardynal v. Dodek, FLC 90-823 (1980). 81 Eine Übersicht über die (jeweils kurz zusammengefaßten) Fälle, die vor Muschinski v. Dodds u. Baumgartner v. Baumgartner unter der Doktrin des "constructive trust" entscheiden wurden, bietet Fowler, in: De Facto and Second Marriage Partners, hrsg. v. Cooper, S. 120, 121-126. 82 Bailey, 52 ALJ 174, 181 (1978); FinlayIBailey-Harn's, S. 380; Neave, 5 AJFL 185, 190 (1991) sowie Evans, 2 AJFL 234, 245 (1987/88), der diese Vorgehensweise "artificial analysis" nennt.
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5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
dabei auf eine völlig neue Grundlage gestellt worden83 . Die Absicht der Partner im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs ist für die nachträgliche Beurteilung ihrer Ansprüche auf die Sache nicht mehr maßgeblich. Entscheidend ist vielmehr, wie sich die Gesamtsituation der Partner unter dem Prinzip der "Ullconscionability" beziehungsweise eines "unconscionable conduct" darstellt84 . Die Annahme eines "constructive trust" dient demnach dem Ausgleich unverhältnismäßiger Vermögenspositionen, die mit dem Prinzip einer gleichberechtigten Partnerschaft nicht in Übereinstimmung gebracht werden können85. Haben die Parteien einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ihre Einkommen und Fähigkeiten im Hinblick auf ein gemeinsames Ziel, wie zum Beispiel den Erwerb eines Hauses, zusammengelegt und genutzt und spiegelt die formale Eigentümerstellung diese gemeinsamen Anstrengungen nicht wieder, handelt der davon begünstigte Partner unrechtmäßig, wenn er dem anderen die Teilhabe am Erworbenen vorenthält 86 . (1) Muschinski v. Dodds
Eingeleitet wurde diese Rechtsprechung mit Muschinski v. Dodds87 . In diesem Fall hatten die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein bebautes Grundstück zu gemeinschaftlichem Eigentum erworben88 . Die Klägerin, die dort ein Kunsthandwerk betreiben wollte, hatte mit 10/11 fast den gesamten Kaufpreis bezahlt; der Beklagte sollte im Gegenzug die Kosten für ein dort zu erstellendes Fertighaus und verschiedene andere Verpflichtungen übernehmen89 . Wäre alles nach den Vorstellungen der Parteien verlaufen, hätten jeder von ihnen etwa die Hälfte der Gesamtkosten getragen90 . Die Unternehmung scheiterte jedoch daran, daß die Baugenehmigung für das Wohnhaus versagt wurde91 . Nachdem die Parteien ihre Beziehung zweieinhalb Jahre später beendet hatten, begehrte die Klägerin die Feststellung, allein an dem
Ausführlich dazu Finlay/Bailey-Harris, 382-385; Dickey, S. 517-521. Dazu Finlay/Bailey-Harris, S. 382; Parker/Parkinson/Behrens, S. 551; Muschinski v. Dodds, 160 CLR 583, 621 f(1985); Baumgartner v. Baumgartner, 164 CLR 137, 149 (1987). 85 Wie vorherige Fn. 86Vgl. Muschinskiv. Dodds, 160 CLR 583, 621 f(1985); Baumgartnerv. Baumgartner, 164 CLR 137, 149 (1987). 87 160 CLR 583 (1985). 88 Muschinski v. Dodds, 160 CLR 583,584 (1985). 89 Muschinski v. Dodds, 160 CLR 583, 584 f (1985). 90 Muschinski v. Dodds, 160 CLR 583,586,591 (1985). 91 Muschinski v. Dodds, 160 CLR 583, 585 (1985). 83 84
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Grundstück berechtigt zu sein92 . Letztinstanzlich Z)Jständig, lehnte auch der High Court, wie schon die zuvor tätig gewordenen Untergerichte die Annahme eines "resulting trust" ab 93 . Dessen Vennutung sei aufgrund der Tatsache widerlegt, daß die Klägerin den Beklagten als gleichberechtigten Eigentümer eintragen lassen wollte; ihr Beitrag sei in diesem Zusammenhang als Vorschuß auf seine zukünftigen Verpflichtungen anzusehen94 . Die Mehrheit des High Court ging jedoch im Folgenden über diese Überlegungen hinaus und kam dabei zu dem Ergebnis, daß der Erlös aus dem Verkauf des streitgegenständlichen Grundstückes nach Abzug aller Schulden im Verhältnis der ursprünglich geleisteten Anteile am Kaufpreis, also zu 10/11, der Klägerin zustehen müsse 95 . Der für die nachfolgende Entwicklung der Rechtsprechung maßgebliche Begründungsansatz stützte den Anspruch der Klägerin auf einen "constructive trust", der auf einer Analogie zu ohne Verschulden der Beteiligten fehlgeschlagenen ,joint ventures" basierte96 . Deren Abwicklung erfolge ebenfalls unter Berücksichtigung der Höhe der bereits im Hinblick auf das gemeinsame Vorhaben geleisteten Beiträge und nicht allein nach der formalen Rechtsstellung der Beteiligten, denn sonst würde der Partner ungerechtfertigt bevorteilt, der eine geringere Einlage;etätigt habe, als durch seine fonnalen Berechtigung nach ausgewiesen wird 9 . (2) Baumgartner v. Baumgartner Der Kern dieser Aussage wurde in der nachfolgenden Entscheidung des High Court in Baumgartner v. Baumgartne/8 erneut aufgegriffen und wesentlich fortentwickelt. Die Parteien dieses Rechtsstreits legten ihre aus unselbständiger Arbeit erzielten Einkünfte zwecks gemeinsamer Lebensführung zusammen und wirtschafteten auf diese Weise während der gesamten Dauer ihrer Beziehung aus einem Topr9 . Ihre Anteile errechnete der High Court v. Dodds, 160 CLR 583,583 (1985). Muschinski v. Dodds, 160 CLR 583, 583 (1985). Zu den Entscheidungen der Untergerichte Fowler, in: De Facto and Second Marriage Partners, hrsg. v. Cooper, S. 127 f. 94 Muschinski v. Dodds, 160 CLR 583, 591-593, 598, 611 f. (1985). 95 Muschinski v. Dodds, 160 CLR 583, 596, 599, 512-623.(1985). AA Justices Brennan, S. 699-609 u. Dawson, 624 f. 96 Muschinski v. Dodds, 160 CLR 583, 622 f (1985). Die "concurring opinion" stützt das Ergebnis auf die Annahme einer "quasi vertraglichen Abmachung", S. 596598. 97 Muschinski v. Dodds. 160 CLR 583, 619-623 (1985). 98 164 CLR 137 (1987). 99 Baumgartnerv. Baumgartner, 164 CLR 137,141 f. (1987). 92 Muschinski 93
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5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
später mit etwa 60.000 A$ (55 %) für den Kläger und etwas über 38.000 A$ (45 %) für die Beklagte, wobei in letzterem ein "Kredit" enthalten war fiir einen "Verdienstausfall" von drei Monaten, in denen sie wegen der Geburt des gemeinsamen Kindes nicht gearbeitet hatte loo . Als Eigentümer des remeinsam bewohnten Eigenheims war jedoch allein der Kläger eingetragen 10 . Auch die zur Finanzierung aufgenommen Hypothek sowie ihre Tilgung wurde nur unter seinem Namen geführt 102. Dieser formellen Rechtslage entsprechend, stellte der Kläger nach der Trennunlj den Antrag auf Feststellung, daß er allein am Hauseigentum berechtigt sei lo . Der auch in diesem Fallletztinstanzlich zuständige High Court nahm statt dessen einen "constructive trust" an. der beide Parteien als Eigentümer an dem streitgegenständlichen Haus berechtigte l04 . Die Begründung fiel ähnlich wie in Muschinski v. Dodds aus, obwohl es an jedem wirtschaftlichen Element, wie der Errichtung einer Kunsthandwerkstätte, fehlt. Die Einkommen der Parteien seien im Hinblick auf ihre gemeinsame Beziehung (,joint relationship") und ihre gemeinsame Lebensführung zusammengelegt worden 105. Zu diesem Zweck sei auch das Eigenheim angeschafft worden, das letztlich aus den Beiträgen beider Partner finanziert worden sei l06 . Ginge das gemeinsame Lebenskonzept durch die Trennung fehl, sei es nicht gerechtfertigt, wenn der formell begünstigte dem anderen Partner seinen Anteil vorenthielte 107. In diesem Zusammenhang wurde noch ausgeführt, daß im Rahmen von ,joint relationships" der Ausffiangspunkt der Eigentumsverteilung Gleichheit sei ("equity favours equality" 8), wobei die Besonderheiten des Einzelfalles die Quote in jede Richtung beeinflussen könnten l09 cc) Zusammenfassung und Ausblick
Durch die Entscheidungen Muschinski v. Dodds und Baumgartner v. Baumgartner sind die Grundsätz des "constructive trust" insgesamt neu konzipiert worden. Zuvor noch abhängig vom Willen der Parteien, findet ein AusBaumgartner v. Baumgartnerv. 102 Baumgartner v. 103 Baumgartner v. 104 Baumgartner v. 105 Baumgartnerv. 106 Baumgartner v. 107 Baumgartner v. 108 Baumgartner v. 109 Baumgartnerv. 100 101
Baumgartner, Baumgartner, Baumgartner, Baumgartner, Baumgartner, Baumgartner, Baumgartner, Baumgartner, Baumgartner, Baumgartner,
164 CLR 164 CLR 164 CLR 164 CLR 164 CLR 164 CLR 164 CLR 164 CLR 164 CLR 164 CLR
137, 142 (1987). 137,140 (1987). 137, 140 f. (1987). 137, 137 (1987). 137, 137, 148-150 (1987). 137, 148 f. (1987). 137, 149 (1987). 137, 149 f. (1987). 137, 149 (1987). 137, 149 f. (1987).
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gleich nach Beendigung der Beziehung nunmehr unter Berücksichtigung der Gesamtsituation der nichtehelichen Lebenspartner statt. Inwieweit dabei auch die im Hinblick auf die Beziehung geleisteten Beiträge zur Kindererziehung und zur Haushaltsführung mit einfließen können, ist zur Zeit noch offen Jl o. In Baumgartner v. Baumgartner wurden die Ausfallzeiten der Frau wegen der Geburt eines gemeinsamen Kindes jedenfalls in Ansatz gebracht 111 . In der nachfolgenden Rechtsprechung der Untergerichte wurden die Kindererziehung und die Haushaltsführung bislang nicht oder nicht im gleichen Maße anerkannt wie die finanzielle Beteiligung an der gemeinsamen Lebensgestaltung Jl2 . Exemplarisch kann auf die Entscheidung in Harmer v. Pearson l13 verwiesen werden. Dort hatte ein gleichgeschlechtliches Paar, das vier Jahre lang zusammengelebt hatte, in beider Namen Grundbesitz erworben. Der Kaufpreis wurde von einem Partner zu 88, 18 % und von dem anderen, der zudem den größten Teil der Arbeiten im Haus und im Garten erledigte, zu 11, 82 % übernommen Jl4 . Ohne auf die Baumgartner-Entscheidung des High Court einzugehen, wurden die Grundsätze des "resulting trust" angelegt, so daß allein die finanzielle Beteiligung am Kaufpreis für den Umfang der Berechtigung am Eigentum maßgeblich war l15 . Die mangelnde oder unzureichende Berücksichtigung nicht finanzieller Beiträge zur gemeinsamen Lebensführung ist auch nach Baumgartner v. Baumgartner der Hauptkritikpunkt an der Rechtsprechung zu vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen nichtehelicher Lebenspartner bei Beendigung ihrer Beziehung, denn darin liege eine ungerechtfertigte Benachteiligung des nicht erwerbstät~en Partners, der sich um die Kindererziehung und den Haushalt kümmert 11 .
llO So FinlayIBailey-Harn's, S. 384; Neave, 5 AJFL 185, 193 (1991); Wade, 2 AJFL 75, 78 (1987/88); Bailey-Harris, 5 AJFL 221, 225 f, 235 f (1991) m.w.N. zwn Fallrecht, das nach der Entscheidung in Baumgartner v. Baumgartner erging. 111 Baumgartner v. Baumgartner, 164 CLR 137, 150 (1989). 112 SO Z. B. Green v. Green, 17 NSWLR 343 (1989); Bryson v. Bryant, 16 Fam LR 112 (1992); Harmer v. Pearson, 16 Fam LR 569 (1993). II3 16 Fam LR 596 (1993). 114 Harmer v. Pearson, 16 Fam LR 596,598 (1993). 115 Harmerv. Pearson, 16 Fam LR 596, 600 (1993). 116 SO Z. B. Bailey, 52 ALl 174, 182 (1979); dies., 8 UNSWLl 1,11 (1985); dies., 5 AJFL 221, 238 f (1985); Neave, 5 AJFL 185, 187,202 f (1991); Wade, 2 AJFL 75, 77 f, 82 (1987/88).
5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
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b) "Proprietary Estoppel" Ein weiterer Grundsatz des allgemeinen Rechts, der im Rahmen von vermögensrechtlichen Streitigkeiten nichtehelicher Lebenspartner zu Anwendung kommen kann, ist die "equity"-Regel der "proprietary estoppel". Danach kann das Gericht demjenigen eine in seinem Ermessen liegende Entschädigung zusprechen, der in einer durch den Eigentümer wider besseres Wissen hervorgerufenen Erwartunff er werde ein Recht an einer Sache erwerben, Aufwendungen erbracht hat 1 . Eine der wenigen veröffentlichten Entscheidungen, in denen eine Auseinandersetzung zwischen nichtehelichen Partnern unter dem Grundsatz der "proprietary estoppel" ausgeurteilt wurde, ist Pascoe v. Turner 118 . In diesem Fall lebte eine Frau mehrere Jahre mit ihrem "de facto partner" in dessen Haus. Bei Beendigung ihrer Beziehung zo~ er aus und versicherte ihr, das Haus und alles, was darin war, gehöre ihr 19. Die Frau blieb dort wohnen und bezahlte in der Folgezeit für Reparaturarbeiten etwa A$ 230 12 Als der Mann das Haus später von ihr zurückverlangte, wurde er unter der "proprietary estoppel doctrine" dazu verurteilt, der Frau für eine bestimmte Zeit unbeschränkten Eigenbesitz ("fee simple") an dem Haus zu gewährenm.
°.
c) "Cohabitation Contracts" Nur wenige Staaten haben Gesetze, die sich ausdrücklich mit "cohabtitation agreements" beziehungsweise "domestic relationships agreements" oder "termination agreements" unverheirateter Paare beschäftigen 122. In den meisten Einzelstaaten existieren solche Regelungen nicht und vertragliche Vereinbarungen zwischen nichtehelichen Lebenspartner werden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Common Law und des "equity"-Rechts beurteilt. Um sich im Einzelfall erfolgreich auf einen Vertrag berufen zu können, müssen die Partner einer "de facto relationship" einige Hürden überwinden, die sich aus den dogmatischen Erfordernissen des allgemeinen Vertragsrechts ergeben 123. Liegt ein ausdrücklicher schriftlicher Vertrag nicht vor, entstehen Siehe hierzu oben unter C. I. 1. (Fn. 72). 1 WLR 431 (1979). 119 Pascoe v. Turner, 1 WLR 431,434 (1979). 120 Pascoe v. Turner, 1 WLR 431, 434 (1979). 121 Pascoe v. Turner, 1 WLR 431,436-439 (1979). l22 So z. B. De Facto Relationhips Act 1984 (NSW), Part IV; De Facto Relationships Act 1991 (NT), Part 111; Domestic Relationships Act 1994 (ACT), Part 111. Zu den Voraussetzungen und Wirkungen solcher Vereinbarungen Bailey-Harris, 9 Int. J. L. & Farn. 233, 249 (1995); ForemanlO Ryan, S. 56-61. 123 Dazu ParkerlParkinsonlBehrens, S.570. 117
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C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
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häufig schon erhebliche Beweisschwierigkeiten in bezu~ auf die Behauptung, es gebe überhaupt eine Abrede zwischen den Partnern 4. Die zweite Frage, die Australiens Gerichte nur sehr zurückhaltend bejahen, ist, ob die getroffene Vereinbarung überhaupt einen rechtlich durchsetzbaren Inhalt hat oder ob die Partner nicht vielmehr nur eine interne, unverbindliche Abmachung treffen wollen 125 . Unstreitig ist demgegenüber schon seit längerem, daß auch unverheiratet zusammenlebende Partner untereinander Verträge schließen können, sie damit jedenfalls nicht ohne weiteres gegen moralische Mindestvoraussetzungen verstoßen, die zur Nichtigkeit führen würden l26 . Insgesamt tendiert die Rechtsprechung jedoch dazu, nur wenige Fälle anhand vertraglicher Kriterien zu entscheiden. 2. "Redefining the Family"?
In Australien werden nur selten Verfahren anhängig gemacht, in denen es um die Anerkennung unverheirateter Paare als "family" oder "Angehörige" und die damit verbundenen Rechtsfolgen geht. Dies liegt vor allem daran, daß verschiedengeschlechtliche nichteheliche Lebenspartner als "de facto partners" ohnehin in vielen Bereichen Eheleuten gleichgestellt werden 127. Außen vor bleiben deshalb nur gleichgeschlechtliche Paare, denn ihnen wird nicht nur das Eheschließungsrecht und damit der Ehegattenstatus vorenthalten, sondern auch die Möglichkeit, als "de facto relationship" zu gelten, da letztere ebenfalls die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner erfordert 128. Die wenigen veröffentlichten Entscheidungen beschränken sich folglich auf gleichgeschlechtliche Paare. In zwei dieser Fälle ging es um die Frage, ob dem überlebenden Partner einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft ein (Pflichtteils-)Anspruch am Nachlaß seines verstorbenen Lebensgefährten zustehen kann 129 Der in beiden Verfahren für die Berufung zuständige Supreme Court von New South Wales erwähnte in seinen Entscheidungsgründen mit keinem Wort die Vorschriften des Family Provision Act 1982, aus denen sich ergibt, daß Familienmitglieder,
Wie vorherige Fn. Vgl. Z. B. Woodwardv. Jonston, 14 Fam LR 828 (1991); vgl. aber auch Pearce v. Pearce, 1 NSWLR 170 (1977). 126 Vgl. Z. B. Seid/er v. Schallhofer, 2 NSWLR 80, (1982); Siehe hierzu auch Zweites Kapitel C. 1. 1.; Drittes Kapitel C. 1. 1.; Viertes Kapitel C. 1. 1. 127 Siehe unter C. 11. 128 Dazu unter sogleich unter C. 1. 2. und C. 11. 129 Ball v. Newey, 3 NSWLR 489 (1988); Benmy v. Jones, 23 NSWLR 559 (1991). 124 125
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5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
wie der Ehegatte oder auch der" de facto partner" am Erbe berechtigt sind 13 0, sondern prüfte ausschließlich Section 6(1)(d) des Gesetzes l31 . Danach können auch andere Personen als "eligible person" am Nachlaß beteiligt werden, wenn sie im Haushalt des Verstorbenen gelebt haben und zumindest teilweise von ihm abhängig waren. Schwierigkeiten können sich im Einzelfall vor allem deshalb ergeben, weil mit "dependent" sowohl eine finanzielle als auch eine emotionale Abhängigkeit gemeint ist, das heißt allein die Tatsache, daß eine homosexuelle Beziehung zwischen dem Antragsteller und dem Verstorbenen bestanden hat, nicht ausreicht, um als "dependent" im Sinne Section 6(1)(d) zu gelten 132 . Indem die Partner einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft von vornherein aus dem Kreis der Familienangehörigen ausgeschlossen werden, hängt ihre Beteiligung am Erbe davon ab, ob die Gerichte ihre finanzielle und emotionale Beziehung unter Section 6(1)(d) zu subsumieren bereit sind oder nicht 133 Ein anderes Verfahren fand vor dem Administrative Appeals Tribunal statt, das eine lesbische Beziehung zwischen zwei Frauen nicht als "a marriage type relationship" ansehen wollte, weshalb der Antragstellerin ein davon abhängiger Anspruch auf Sozialleistungen unter dem Social Security Act 1947 nicht 134 zugesprochen wurde . 3. Sorge- und Umgangsrechte homosexueller Elternteile
Die sexuelle Orientierung eines Elternteils spielte in Australien bisher vor allem in Scheidungsverfahren eine Rolle, wenn dort über das Sorge- und Umgangsrecht entschieden werden mußte 135 . Anders als die amerikanische Rechtsprechung 136 haben Australiens Gerichte in keinem dazu veröffentlichten Fall die .,per se rule" angewandt, um auf diese Weise den homosexuellen Elternteil von vornherein von der Sorgeberechtigung auszuschließen 137. Vers. 6(1 )(a)-(c) Family Provision Act 1982 (NSW). Wie vorherige Fn. 132 Vgl. hierzu Ball v. Newey, 3 NSWLR 489, 493 (1988); Benney v. Jones, 23 NSWLR 559,560,565 f. (1991). I33 Kritisch hierzu Millbank, 10 AJFL 112, 123 (1996). 134 Vgl. Hand Secretary to the Department ofSocial Security, 50 SSR 653 (1989). 135 Dazu FinlayIBradbrookiBailey-Harris, S. 906-911; ParkerlParkinsonlBehrens, S. 806-813; Nygh, 8 UNSWLJ 62, 69 (1985); Goodman, 5 Monash U. L. Rev. 305 (1979). 136 Vgl. Drittes Kapitel C. 1. 2. c. 137 Exemplarisch Doyle v. Doyle, 15 Farn LR 274, 275 (1992): "in determining the issue of custody it is the function of the Court to address the specific circumstances of the case to the particular welfare ofthe child who is subject ofthe application. The mo130 131
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
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breitet ist vielmehr ein in den USA als "nexus test,,138 bezeichneter Ansatz, wonach die homosexuelle Identität eines Elternteils nur als einer von vielen Faktoren auf die Gesamtsituation Einfluß nimmt, die letztlich die Grundlage der kindeswohlorientierten 139 Entscheidung bildet l40 . Eine Sorgerechtsentscheidung zugunsten des heterosexuellen Elternteils vermag die Homosexualität des anderen folglich erst zu begründen, wenn feststeht, daß diese sich negativ auf die Entwicklung des betroffenen Kindes auswirkt und deshalb die Kindesinteressen beeinträchtigt sein würden 141. Obwohl auch diese Herangehensweise noch genügend Raum läßt für Vorurteile l42 , wurde lesbischen Müttern und schwulen Vätern in der überwiegenden Mehrheit der fälle das Sorge- beziehungsweise Umgangsrecht zugesprochen 143 . Die Konstellation "Homosexualität und Elternschaft" kann ferner in den Fällen relevant werden, in denen ein gleichgeschlechtliches Paar Kinder betreut, die einer der Partner mit in die Beziehung gebracht hat oder die zum Beispiel durch künstliche Insemination in die Beziehung hineingeboren wurden. Trennen sich die Partner oder stirbt einer von ihnen, stellt sich die Frage, ob in dem Verhältnis der Kinder zu dem nicht leiblichen Elternteil Ansprüche
rality and the sexual orientation of the parents are but two of the important factors to be considered but they are limited in their effect to what relevancy they have, directly or indirectly on the welfare of the child. The parent' s lifestyle is relevant only if it affects the parenting abilities or the welfare of the child, and for that reason the fact of that homosexuality does require that the Court, even taking the most liberal view, scrutinise the parents' s way of life." 138 Siehe dazu Drittes Kapitel C. 1. 2, c. 139 In Australien gilt im Rahmen des Kindschaftsrechts ebenso wie in der Bundesrepublik und in den USA das übergeordnete Prinzip des "welfare of the child" oder "interest ofthe child", wobei die Unterscheidung lediglich sprachlicher und nicht auch inhaltlicher Natur ist. Dazu Dickey, S. 340-348. 140 So z. B,: In the Marriage o/N., FLC 90-208, 76, 079 (1977); In the Marriage 0/ Spry, FLC 90-271, 76, 445 (1977); In the Marriage 0/0 Reilly, FLC 90-300, 76, 588 (1977); In the Marriage 0/ Cartwright, FLC 90-302, 76, 599 (1977); In the Marraige 0/ Brooke, FLC 90-325, 76, 710 (1977); In the Marriage 0/ Schmidt, FLC 90-685 (1979); In the Marriage 0/ Shepherd, FLC 90-729 (1979); Jarman v. Lloyd, Fam L R 878,889-891 (1982); In the Marriage 0/ L., FLC 91-353, 78, 363, 78, 366 (1983); Doyle v, Doyle, 15 Fam LR 274 (1992). 141 Wie vorherige Fn. 142 Kritisch hierzu Goodman, 5 Monash U. L. Rev. 305, 311-315 (1979). 143 Zugunsten der homosexuellen Elternteile wurde z, B. entschieden in: In the Marriage 0/0 Reilly, FLC 90-300, 76, 588 (1977); In the Marriage 0/ Cartwright, FLC 90-302, 76, 599 (1977); In the Marraige 0/ Brooke, FLC 90-325, 76, 710 (1977); In the Marriage 0/ Schmidt, F.L.C. 90-685 (1979); In the Marriage 0/ Shepherd, FLC 90-729 (1979); Jarman v. Lloyd, Fam LR 878, 889-891 (1982); In the Marriage o/L., FLC 91-353, 78, 363, 78, 366 (1983); Doylev. Doyle, 15 Fam LR 274 (1992), VgL hierzu auch Otlowski, 11 U. Tasmania L. Rev, 261 (1992).
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5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
etwa auf Unterhalt oder Umgang entstehen 144. Hierbei ist in der Regel streitentscheidend, inwieweit die tatsächliche Beziehung zwischen den gleichgeschlechtlichen Lebenspartner und den im gemeinsamen Haushalt aufwachsenden Kindern rechtlich als "family" anerkannt wird oder ob sie mangels formaler Beurteilungskriterien unberucksichtigt bleibt 145 . Australiens Gerichte wurden mit diesem Themenkomplex nur in einem veröffentlichten Fal1 146 , der selbst in der bundesdeutschen Medienlandschaft Aufmerksamkeit erregte 147 konfrontiert. Dort wurde erstmals eine Frau dazu verurteilt, ihrer fruheren Lebensgefährtin Unterhalt für zwei Kinder zu zahlen, die im Verlauf ihrer lesbischen Beziehung durch künstliche Befruchtung gezeugt worden waren l48 . Zu diesem Ergebnis kam der Supreme Court von New South Wales allerdings nicht durch eine weite Auslegung des Begriffes "family", sondern durch die Anwendung der "promissol)' estoppel"-RegeI 149, ein weiterer dem "equity"Recht zugehöriger Rechtsbehelr 5o . In Anbetracht der wenigen Fälle, die bisher zu diesem Rechtsbereich entschieden wurden, kann eine allgemeine Tendenz für die Zukunft nicht festgestellt werden. Fest steht indes, daß gleichgeschlechtliche Paare und ihre Familien sich der hieraus folgenden Rechtsunsicherheit nur deshalb aussetzen müssen, weil ihnen ein Eheschließungsrecht ebensowenig zusteht wie die Möglichkeit, ihre Beziehung zueinander und zu ihren Kindern zum Zwecke der rechtlichen Anerkennung zu fonnalisieren.
Dazu schon i..'ll Dritten Kapitel unter C. I. 2. C. In der australischen Presse wurde über dieses Thema verstärkt im ,,Internationalen Jahr der Familie" berichtet. Auszüge aus den insoweit veröffentlichten Stellungnahmen und Berichten, die insgesamt eine negative Haltung zu dieser Fragestellung vermitteln, bei Decent, Sydney Star Observer vom 25.1.1995, S. 14; Vgl. hierzu auch Drittes Kapitel C. I. 2. C. 146 W v. G, 20 Fam LR 49 (1996). 147 Siehe hierzu FAZ vom 3.2.1996, S. 7. 148 Wv. G, 20 Fam LR 49 (1996). 149 Hierbei handelt es sich um eine Art Beweisregel, wonach sich eine Partei auf einen Vertrag nicht berufen kann, wenn sie der anderen Partei zuvor durch ihr Verhalten oder ausdrücklich zu verstehen gegeben hat, sie werde sie aus dem Vertrag nicht in Anspruch nehmen. Seit der Entscheidung in Waltons Stores (lnterstate) Ltd v. Maher, 164 CLR 387 (1988) (HC) gilt dies auch umgekehrt, wenn zum Ausdruck gekommen ist, man werde etwas leisten oder tun, obwohl eine Rechtspflicht nicht besteht. Vgl. hierzuMillbank, 10 AJFL 112, 115 f. (1996). 150 W v. G, 20 Fam LR 49 (1996). Kritisch hierzu Millbank, 10 AJFL 112, 120-126 (1996), die vor allem bemängelt, daß damit nur eine Verpflichtung begründet wird, ein korrespondierendes Umgangsrecht bislang jedenfalls nicht mit Hilfe der "equity"Grundsätze zugesprochen wurde. 144 145
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
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4. Zusammenfassung
Es existieren nur wenige Entscheidungen zu dem in den USA und in Kanada unter "Redefining the Family" diskutierten Themenkomplex. Im Vordergrund der australischen Rechtsprechung und auch der dortigen Rechtsliteratur stehen vermögensrechtliche Aspekte gescheiterter nichtehelicher Lebensgemeinschaften. Diese werden überwiegend nach den Grundsätzen des "trust law" behandelt, dessen Stärke in seinem flexiblen Anwendungsbereich liegt. Ohne das Erfordernis, vorab definitorisch festzulegen, was unter "de facto partner" zu verstehen ist, können zum Beispiel auch gleichgeschlechtliche Paare um einen Ausgleich ihrer Vermögensinteressen unter den "equity"Prinzipien nachsuchen. Eine der Schwächen des "equity" -Rechts wird darin gesehen, daß die aus der traditionellen Rollverteilung folgenden Ungleichheiten auch nach Baumgartner v. Baumgartner nur unzureichend berücksichtigt werden. Schließlich ist der für die Anpassungsfahigkeit des "trust law" zu zahlende Preis die Unsicherheit über den Ausgang des Verfahrens im Einzelfall. Vor allem letzeres hat dazu geführt, legislativen Lösungsansätzen den 151 Vorzug zu geben . 11. Die "De Facto Relationship"-Gesetzgebung der Einzelstaaten Die Ursprünge der "de facto relationships legislation" gehen auf eine Vorschrift der tasmanischen Gesetzgebung zurück. Nach dem auch heute noch gültigen Paragraph 16 des Maintenance Act 1967 steht einer unverheirateten Frau unter bestimmten Voraussetzungen ein Unterhaltsanspruch gegenüber dem Mann zu, mit dem sie die letzten zwölf Monate zusammengelebt hat l52 . Es folgte South Australia, wo den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch den Family Relationships Act 1975 unter dem Begriff "flutative spouse" in Teilbereichen rechtliche Anerkennung zugebilligt wird 53. Der erste umfassendere Normenkomplex in bezug auf unverheiratete Paare 151 So z. B. Cho, 5 AJFL 19, 33, 35 (1991); Chrisholm, 1 AJFL 87, 88 f. (1987/88); Bailey-Harris, 9 Int. J. L. & Fam. 233, 239 f. (1995). 152 Einen solchen Unterhaltsanspruch gewährte bereits s. 4 des tasmanischen Maintenance Act 1837. Es ist jedoch nicht sicher, ob diese Vorschrift sich ausdrücklich an unverheiratete Paare richtete oder ob damit lediglich die zu dieser Zeit häufig existierende Beweisschwierigkeiten in bezug auf einen Eheschluß ausgeräumt werden sollten. Dazu Dickey, S. 199 f.; Craig/Scott, 1 U. Tas. L. Rev. 685, 685 (1958-1963). 153 s. 11(1) des Family Re1ationships Act 1975 liefert die Defmition dessen, was unter einern "putative spouse" zu verstehen ist. Daran anknüpfende Rechtsfolgen finden sich dann über die gesamte Gesetzgebung Süd-Australiens verstreut. Bei dem "putative-spouse" handelt es sich insoweit um einen von der Rechtsordnung allgemein anerkannten Status. Siehe hierzu auch Dickey, S. 200 f. sowie unter C. ll. 2.
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5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
wurde einige Zeit später in New South Wales mit dem De Facto Relationships Act 1984 geschaffen l54 . Bis heute haben die meisten Einzelstaaten l55 , denen wegen Section 51 (xxi) und (xxii) der Verfassun~ für diesen Bereich des Familienrechts die Gesetzgebungskompetenz obliegt 56, eine mehr oder weniger detaillierte Regelung über nichteheliche Lebensgemeinschaften erlassen, so daß die "de facto relationships legislation" als fester Bestandteil der australischen Gesetzgebung bezeichnet werden kann. Soweit in diesem Rahmen auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften zum Normadressaten gemacht werden, ist dies allerdings eine erst in jüngster Zeit einsetzende Entwicklung l57 . 1. Zur Terminologie
Obwohl der Zusatz "de facto" in Verbindung mit "relationship" oder anderen in diesem Zusammenhang relevanten Begriftlichkeiten ~"spouse", "widow", "partner") in nicht wenigen australischen Gesetzen 15 benutzt wird, handelt es sich dabei keineswegs um einen feststehenden Rechtsbegriff. Üblicherweise wird damit eine intime Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau bezeichnet, die nicht miteinander verheiratet sind, aber dennoch zusammenleben, als wären sie es 159 . Auf den ersten Blick erscheint diese Umschreibung griffig und unmißverständlich. Schwierigkeiten entstehen jedoch im Einzelfall, wenn zu klären ist, wie das Zusammenleben der Partner beschaffen sein muß, um es als "de facto relationship" einordnen zu können 160. In diesem Rahmen spielen vor allem die Dauer und die Art des Zusammenlebens sowie die Qualität der Beziehung, wie sie die Partner selbst und ihre Umwelt erlebt haben, eine Rolle l61 . Allgemein anerkannte Kriterien, bei deren Vorliegen ohne weiteres auf die Existenz einer "de facto partnership" geschlossen werden kann, gibt es nicht. Darüber hinaus erscheint es seit kurzem problemaDazu sogleich unter C. II. 3. Hierzu gehören South Australia (Family Relationship Act 1975); NSW (De Facto Relationships Act 1984); Victoria (Property Law Amendment Act 1987); Northern Territory (De Facto Relationships Act 1991); ACT (Domestic Relationships Act 1994). 156 Dazu schon unter A. I. 157 Die erste und bislang einzige Jurisdiktion Australiens, die sowohl gleich- als auch verschiedengeschlechtliche nichteheliche Lebensgemeinschaften zum Regelungsgegenstand macht, ist das Australian Capital Territory, wo 1994 der ,,Domestic Relationships Act 1994" erlassen wurde. Eine ähnliche Regelung plante auch Queensland. Dazu unter C. II. 5.,6. 158 Ein Überblick über diese Gesetze findet sich bei Dickey S. 196. 159 Vgl. hierzu Finlay/Bailey-Harris, S. 388 f. sowie Dickey, S. 197-199 m.w.N. 160 Vgl. hierzu z. B. In the Marriage 0/ L.. FLC 91 (1984); AA. Tegel Pty. Ltd. v. Madden. Kirby P., 2 NSWLR 591 (1985). 161 Vgl. Dickey S. 197 sowie die in den vorherigen Fn. genannten Fälle. 154 155
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
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tisch, eine "de facto relationship" von vornherein als ausschließlich heterosexuelle Beziehung zu beschreiben. Denn seit dem Erlaß des Domestic Relationships Act 1994 im Australian Capital Territory können sowohl gleich- als auch verschiedengeschlechtliche Paare unter "domestic relationship" subsumiert werden l62 . Ähnliches wurde in Queensland unter dem Begriff "de facto relationships" diskutiert l63 . Die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner, bis dahin regelmäßig vorausgesetzt l64 , verliert damit für die Beschreibung einer "de facto relationship" zunehmend an Aussagekraft. Der KlarsteIlung dient deshalb die in den "de facto relationship" -Gesetzen regelmäßig vorhandene Legaldefinition der Begriffe "de facto relationship" beziehungsweise "domestic relationship". Der Gesetzgeber von Süd-Australien hat sich in Section 11(1) des Family Relations Act 1975 für den Begriff "putative spouse" entschieden, um die Partner einer "de facto relationship" zu bezeichnen und damit einen weiteren Unsicherheitsfaktor geschaffen. Denn außerhalb des Family Relationships Act 1975 ist mit "putative spouse" eine Person gemeint, die glaubt, verheiratet zu sein, es aber tatsächlich nicht ist, weil die Ehe ungültig ist l65 . Ähnliches gilt für Begriffe wie "de facto marriage", "de facto spouse" und "de facto husband,,166. Hierbei geht es in der Regel ebenfalls um nichtige oder annullierbare Ehen und nicht um nichteheliche Lebensgemeinschaften.
2. South Australias Family Relationship Act 1975 Süd-Australien hat im Family Relationships Act 1975 167 den formalen Status des "putative spouse" geschaffen, um unverheiratet zusammenlebende Paare zum Anknüpfungspunkt bestimmter Rechte und Pflichten machen zu können. Regelungen über nichteheliche Lebensgemeinschaften finden sich deshalb nicht im Rahmen eines eigens dafür geschaffenen Normenkomplexes,
162 s. 3(1) des Domestic Partnerships Act (ACT) defmiert "domestic partnership" als """a personal relationship (other than a legal mamage) between 2 adults in which 1 provides personal or financial commitment and support of a domestic nature for the material benefit ofthe other, and includes a de facto mamage." 163 Dazu unter C. n. 6. 164 So z. B. Dickey, S. 198: "There would seem little doubt that in respect of de facto relationships, any statutory requirement that parties live together as spouses though not legally mamed to one another excludes lesbian and homosexual relationships. This is so even if there is no additional requirement that the parties be members ofthe opposite sex." 165 Vgl. hierzu Dickey, S. 205 f. m.w.N. 166 Hierzu Dickey, S. 203 f. m.w.N; zu den Begriffen "de facto mamage", "de facto relationship" und "void mamage" auch Wade, 9 Sydney L. Rev. 356 (1984). 167 s. 11(1).
5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
238
sondern sie sind über die einzel staatliche Gesetz~ebung verstreut, die den Status des "putative spouse" allgemein anerkennt 16 . Um als solcher zu gelten, müssen die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zwei Voraussetzungen erfüllen. Zunächst muß ihre Beziehung unter die Legaldefinition des Paragraphen 11(1) des "Family Relationships Act 1975" subsumiert werden können. Dieser lautet in seiner jetzigen Fassung: ,,A person is, on an certain date, the putative spouse of another ifhe is, on that date,
cohabiting with that person as the husband or wife de facto ofthat other person and(a)~e
-
(i) has so cohabited with that other person continuously for that period of five years irnrnediately preceding that date; or (ii)has during the period of six years irnrnediately preceding that date so cohabited with that other person for periods aggregating not less than five years; or (b)a child, of which he and that other person are the parents, has been born (weather or not the child is stillliving at the date referred to above)."
Außerdem ist erforderlich, daß der Supreme Court oder ein anderes mit voller Zuständigkeit ausgerüstetes Gericht den nichtehelichen Lebenspartner förmlich in den Status eines "putative spouse" erhebt 169. Hierbei handelt es sich um die gerichtliche Erklärung, daß die betreffende Person ab einem bestimmten Zeitpunkt ("on a certain date") als "putative spouse" anzusehen ist 170 . Erst nachdem dieser formelle Ausspruch des Gerichts vorliegt, können die Rechtsfolgen geltend gemacht werden, die einzelne Vorschriften der südaustralischen Gesetzgebung an den Status des "putative spouse" knüpfen. Hierbei handelt es sich ausschließlich um Rechtswirkungen, die nach dem Tod 168 An den Status des "putative spouse" anknüpfende Rechtsfolgen fmden sich vor allem in folgenden Gesetzen Süd-Australiens: Administration and Probate Act 1919, Criminal Injuries Compensation Act 1978, Inheritance (Farnily Provision Act) 1974, Succession Duties Act 1929, Superannuation Act 1974, Wrongs Act 1936. Diese Gesetze erreichen eine Gleichstellung des überlebenden Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit dem überlebenden Ehegatten im Todesfall des jeweils anderen Partners. Hierzu auch Bailey, 52 ALl 174, 174-176 (1978). Regelungen, die den nichtehelichen Lebenspartnern Ansprüche gegeneinander einräumen, wie z. B. auf Unterhalt oder auf Besitz, enthält die Süd-Australische Gesetzgebung hingegen nicht. 169 s. 11(2) Family Relationships Act 1975 (SA). 170 Vgl. s. 11(1), (3) i.Y.m. s. 5 des Family Relationships Act 1975 (SA).
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
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eines Partners eintreten 171. Zum Beispiel erhält der überlebende Partner ebenso wie der überlebende Ehegatte ein gesetzliches Erbrecht; hinterläßt der Verstorbene einen Ehegatten und einen "putative spouse", dann stehen beide als gleichrangige Erben nebeneinander und müssen sich den Ehegattenanteil am Nachlaß teilen 172. Auch im Falle der schuldhaften Tötung eines Partners durch einen Dritten kann der "putative spouse" dieselben Schadensersatzansprüche wie ein überlebender Ehegatte geltend machen, also auch Unterhaltsund Pensionsansprüche 173. Darüber hinausgehende Rechte oder Pflichten entstehen durch die Statusbildung nicht. Vor allem können sich die nichtehelichen Lebenspartner im Trennungsfall nicht gegenseitig auf Unterhalt oder Vermögensausgleich in Anspruch nehmen 174 . In diesem Bereich müssen sie sich auf die allgemeinen Grundsätze des Common Law und des "equity" -Rechts verweisen lassen 175. Auf gleichgeschlechtliche Paare findet der Rechtsfolgenkatalog des Family Relationships Act 1975 ohnehin keine Anwendung, denn ihre Beziehung kann nicht unter die Legaldefinition des "putative spouse" subsumiert werden. 3. New South Wales' De Facto Relationships Act J984
Die "de facto relationships"-Gesetzgebung von New South Wales richtet sich ebenfalls ausschließlich an verschiedengeschlechtliche Partnerschaften 176. Ansonsten wird dort die Beschränktheit der süd-australischen Gesetzgebung aufgegeben. Durch den Erlaß einer ganze Reihe von Gesetzen wurden nichteheliche Lebensgemeinschaften in vielen Bereichen mit ähnliche Rechten ausgestattet wie verheiratete Paare 177. Die in diesem Zusammenhang wichtigste 171 Siehe hierzu Inheritance (Family Provision Act) Amendment Act 1975 (SA), s. 3; Succession Duties Act Amendment Act 1975 (SA), s. 2; Administration and Probate Act Amendment Act (No. 2) 1975 (SA), ss. 4, 10; Wrongs Act 1936-1974 (SA), s. 4. 172 Dies regeln der Inheritance Act (SA) 1974 ss. 4,6,7 und der Administration and Probate Act 1919 (SA), s. 4. 173 Vgl. hierzu insbesondere die Regelungen des Wrongs Act 1936-1974 (SA); Wrongs Act Amendment Act 1975 (SA), ss. 4, 9. 174 Vor allem deshalb wird der Family Relationships Act 1975 (SA) als nicht weitgenug gehend kritisiert. Dazu Bailey, 52 AU 174, 175 (1978). 175 Hierzu schon oben unter C. I. 1. 176 Vgl. s. 3( 1) sowie Finlay/Bailey-Harris, S. 389. m Z. B. in folgenden Gesetzen von NSW: De Facto Relationships Act 1984; De Facto Adoption ofChildren (De Facto Relationships) Amendment Act, 1984, No. 148; Compensation to Relatives (De Facto Relationships) Amendment Act, 1984, No. 149; Law Refonn (Miscellaneous Provisions) (De Facto Relationships) Amendment Act, 1984, No. 150; Mental Health (De Facto Relationships) Amendment Act, 1984, No. 151.
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5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
und umfassendste Gesetzesinitiative war der De Facto Relationships Act 1984. In dessen Section 3(1) werden "de facto relationships" wie folgt definiert: " ... the relationship between de facto partners, being the relationship of living or having lived together as husband and wife on a bona fide domestic basis although not married to each other."
Erfüllt ein unverheiratet zusammenlebendes Paar diese Voraussetzun~en, dann wird es als "de facto relationship" im Sinne des Gesetzes behandelt 78. Ein darüber hinausgehendes formelles Kriterium, wie es in Süd-Australien in Form der gerichtlichen Erklärung gefordert wird, normiert der De Facto Relationships Act von New South Wales nicht 179 . Ein weiterer Unterschied zum Family Relationships Act 1975 besteht darin, daß in New South Wales keine starre zeitliche Grenze gilt 180 . Einen Antrag auf Hinterbliebenenrente können zum Beispiel nur diejenigen Partner stellen, die mit dem Verstorbenen mindestens drei Jahre zusammengelebt haben 181 . Um einen Unterhaltsanspruch oder eine Maßnahme nach Section 20 durchsetzen zu können, soll die Partnerschaft dagegen nicht kürzer als zwei Jahre gedauert haben, es sei denn, der Partner sorgt für ein gemeinsames oder ein Kind des Antragsgegners 182 . In anderen Bereichen werden keinerlei zeitliche Anforderungen an die Beziehung gestellt. Von den direkt im De Facto Relationship Act 1984 normierten Rechtsfolgen sind vor allem die Regelungen über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung der Partner bei Beendigung ihrer Beziehung sowie die Kodifikation von Unterhaltstatbeständen hervorzuheben. Die vermögensrechtliche Abwicklung einer gescheiterten nichtehelichen Lebensgemeinschaft erfolgt nach dem Vorbild der entsprechenden eherechtlichen Regelung in Section 79 des Family Law Act 1975. Gemäß Section 20 De Facto Relationship Act 1984 kann jeder "de facto"-Partner, unabhängig davon, auf wessen Namen eine Sache oder ein Recht lautet, Eigentumsanprüche stel-
Einzelheiten zu den Anforderungen bei Foreman/O Ryan, S. 15-18. Es besteht jedoch für Dritte die Möglichkeit beim Supreme Court von NSW die Feststellung zu beantragen, daß es sich bei einem unverheiratet zusammenlebenden Paar um eine "de facto relationship" handelt (s. 56 De Facto Relationships Act 1984 (NSW». 180 Auch deshalb wird der Family Relationships Act 1975 (SA) kritisiert, denn die Fünfjahresgrenze für kinderlose Paare wird als zu lang empfunden. Dazu Bailey, 52 ALJ 174, 175 (1978). 181 So der Superannuation Act 1976 (NSW), s. 3. 182 Dies ergibt sich aus s. 17(1) des De Facto Relationships Act 1984 (NSW), wo den Gerichten vorgegeben wird, eine Anordnung auf Grund dieses Gesetzes in der Regel erst dann zu treffen, wenn eine "de facto relationship" bereits zwei Jahre gedauert hat. Die Ausnahmetatbestände befinden sich in Subsection 2 dieser Vorschrift. 178
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len l83 . Das Gericht entscheidet dann im Einzelfall ,just and equitable" unter Berücksichtigung der in der Vergangenheit erbrachten finanziellen Leistungen sowie anderer Beiträge zur gemeinsamen Lebensführung, wobei die Kindererziehung und die Haushaltsführung ausdrücklich im Gesetz erwähnt werden 184. Die Schwierigkeiten der Rechtsprechung, Beiträge dieser Art im Rahmen der allgemeinen Grundsätze des Common Law und des "equity"-Rechts in Ansatz zu bringen, werden folglich vermieden 185. Anders als die eherechtliche Regelung ist bei der Bewertung der Gesamtsituation der Partner allerdings keine Zukunftsprognose erforderlich, das heißt zukünftige Bedürfnisse und Verpflichtungen werden nicht berücksichtigt 186 . New South Wales ist nach Tasmanien 187 der erste Einzelstaat Australiens gewesen, der eine - wenn auch eingeschränkte - Unterhaltsverpflichtung für nichteheliche Lebenspartner einfiihrte l88 . Damit hat der De Facto RelationVgl. s. 20 (I) u. (2) des De Facto Relationships Act 1984 (NSW). Vgl. s. 20(1) des De Facto Relationships Act 1984 (NSW). 185 Einen Überblick über das Fallrecht zu s. 20 De Facto Relationships Act 1984 (NSW) bieten Broun, in: De Facto and Second Maniage Partners, hrsg. v. Cooper, S. 98, 99-101 m.w.N. sowie Evans, 2 AJFL 234 (1987/88). Kritisch zu dieser Rechtsprechung, die finanzielle Beiteiligungen gegenüber den im Haushalt und bei der Kindererziehung geleisteten Beiträgen höher bewertet ChrisholmlJesseplO 'Ryan, 5 AJFL 241,263 (1991); Bailey-Harris, 5 AJFL 221, 234 (1991) m.w.N. u. Wade, 2 AJFL 75 (1978/88). 186 Aus diesem Grund ist s. 20 des De Facto Relationships Act 1984 (NSW) ebenso wie die ihm zwischenzeitlich nachgebildeten Regelungen des Property Law Act 1958 (Vic.) u. des De Facto Relationships Act 1991 (NT) Gegenstand massiver Kritik. Indem zukünftige Belange der Partner nach der Trennung außen vor blieben, würde der nichterwerbstätige Partner, der sich um Haushalt und Kinder gekümmert habe, spürbar benachteiligt. Denn infolge der möglicherweise langjähigen Berufspause würde sich zunächst der Wiedereinstieg in den Beruf erschweren. Sei er geschaffi, fielen die Einkünfte im Vergleich zu durchgängig Beschäftigten wesentlich niedriger aus. Beides würde noch zusätzlich verstärkt, wenn der Partner auch nach der Trennung sorgeberechtigt bleibe. Derartige Einbußen könnten jedenfalls nicht mit dem Hinweis darauf gerechtfertigt werden, daß sich die "de facto partner" freiwillig gegen die Ehe und damit auch gegen deren Schutz entschieden hätten. Eine funktionelle Analyse der Situation verheirateter und unverheirateter Paare bei Beendigung ihrer Beziehung müsse vielmehr zu dem Ergebnis kommen, daß eine unterschiedliche Behandlung im Vermögens- u. Unterhaltsrecht allein auf Grund des formalen Status nicht gerechtfertigt werden könne. Erforderlich sei vielmehr die Gleichbehandlung bei der Lebensformen, denn Aufgabe des Familienrechts sei neben der Beilegung von Konflikten auch der Schutz der schwächeren Partei. Vgl. hierzu Bailey-Harris, 8 UNSWLJ I, 14-16 (1985); dies., 5 AJFL 221, 230 f (1991); FinlayIBailey-Harris, S.388, 392 f; Chrisholml JesseplO 'Ryan, 5 AJFL 241, 264 f. (1991); Cho, 5 AJFL 19, 34 f. (1991). 187 Vgl. s. 16 des Maintenance Act 1967 von Tasmanien. 188 In allen anderen Einzelstaaten und Territorien sind sich die Partner einer "de facto relationship" nur in dem Maße zum Unterhalt verpflichtet, wie es jeder Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gegenüber der Mutter seines nichtehelichen 183 184
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5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
ships Act 1984 ein Prinzip des Common Law durchbrochen, wonach zwischen nichtverheirateten Partnern grundsätzlich keinerlei Unterhaltsverpflichtungen bestehen 189 . Dem Abschnitt über den Unterhalt vorangestellt ist deshalb zunächst die KlarsteIlung, daß zwischen unverheirateten Partnern keine generelle Unterhaltsverpflichtung existiert, die nachfolgenden Vorschriften folglich als Ausnahmetatbestände anzusehen sind 190. Deren Ausgangspunkt ist, daß ein Unterhaltsanspruch nur entsteht, wenn der Grund für die Unfähigkeit, sich selbst zu unterhalten, in der Beziehung wurzelt 191 . Dies wird zunächst vermutet, wenn einer der Partner deshalb nicht für sich sorgen kann, weil er für ein gemeinsames Kind oder ein Kind des Antragsgegners sorgen muß, das unter zwölf Jahre alt ist oder das jünger ist als 16 und eine geist~e und/oder körperliche Behinderung vorliegt ("child-care maintenance,,/9 . Unterhalt kann ferner in den Fällen verlangt werden, in denen die Bedürftigkeit gerade auf die "de [acto relationship" zurückzuführen ist und sichergestellt ist, daß der Anspruchsberechtigte auf Grund der Unterhaltszahlungen an Fortbildungsmaßnahmen oder Ähnlichem teilnehmen kann, was ihn wieder in der Lage versetzen wird, sich selbst zu unterhalten ("reestablish oder rehabilitative maintenance,,)193. Die Tatbestände, die zum Entstehen eines Unterhaltsanspruches führen, sind demnach zwar enger formuliert als die des Ehegattenunterhalts im Rahmen des "Family Law Act,,194; gemeinsam ist aber beiden Kindes ist. Hierbei handelt es sich um eine kurze Zeit vor und nach der Geburt, in der der Vater des nichtehelichen Kindes dessen Mutter unterstützten muß. Bevor die Einzelstaaten ihre Kompetenz für diesen Bereich der Gesetzgebung an den Bund abgaben, hatten sie diese Unterhaltsverpflichtung unter dem Begriff "preliminary expenses" normiert. Seit das Commonwealth über diesen Teil des Farnilienrechts die Gesetzgebungskompetenz ausübt, wird die Unterhaltsverpflichtung im Farnily Law Act 1975 unter "child bearing expenses" geregelt (Farnily Law Act 1975, Pt. vrr, Div. 9). Danach kann die "de facto"-Partnerin von dem Vater ihres nichtehelichen Kindes fur zwei Monate vor und drei Monate nach der Geburt Unterhalt verlangen sowie die anteilige Übernahme der Kosten der medizinischen Versorgung, die im Zusammenhang mit der Geburt entstanden sind. Darüber hinausgehende Unterhaltsverpflichtungen gegenüber der Mutter bestehen nicht. Dazu Dickey, S. 464 f. Anders z. B. in England, wo der Unterhalt für die Mutter zu einem Posten des Kindesunterhalts gemacht wird und dadurch zumindest indirekt eine über die Zeit kurz vor und kurz nach der Geburt hinausgehende Unterhaltsverpflichtung des nichtehelichen Vaters gegenüber der Mutter des nichtehelichen Kindes besteht. So z. B. Haroutunian v. Jennings, I Farn LR (Eng.) 62 (1977). 189 Vgl. hierzu Foreman/O 'Ryan, S. 29 sowie Richards v. Doe, 1 All. E.R. 888, 904 (1974); Tannerv. Tanner, I WLR 1346,1350 (1974). 190 s. 26 De Facto Re1ationships Act 1984 (NSW); vgl. hierzu auch Dickey, S. 461. 191 Hierzu Foreman/O 'Ryan, S. 31. 192 De Facto Re1ationships Act 1984, s. 27( I )(a) (NSW). 193 Vgl. s. 27( 1)(b) des De Facto Relationships Act 1984 (NSW). 194 Kritisch hierzu Bailey-Harris, 8 UNSWLJ I, 14-16 (1985); Finlay/BaileyHarris, S. 390; Chrisholm, 1 AJFL 87, 90, 93 (1978/88).
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Regelungen, daß ein etwaiges Verschulden an der Trennung für unterhaltsrechtliche Fragen keine Rolle spielt l95 . Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach der finanziellen Gesamtsituation der Partner, die anband verschiedener, gesetzlich festgelegter Kriterien zu ermitteln und zu bewerten ist l96 . Das Gesetz bestimmt außerdem, daß zeitliche Grenzen gesetzt werden können 197 und legt bestimmte automatische BeendigungsgIiinde, wie zum Beispiel die Heirat 198 des Partners, fest . Ferner kann der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft Anspruche auf die Erbschaft des verstorbenen "de facto"-Partners erheben l99 . Die nichtehelichen Lebenspartner nehmen daruber hinaus an der gesetzlichen Erbfolge teil 2oo . Liegen die Voraussetzungen eines Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruches vor, zum Beispiel wegen der schuldhaften Verletzung oder Tötung eines "de facto" -Partners, dann kann der andere Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft wie ein Ehegatte einen Anspruch auf Unterhaltszahlungen gegenüber dem Schädiger geltend machen201 . 4. Victorias Property Law (Amendment) Act 1987
Dem Vorbild New South Wales folgte zunächst nur Victoria, allerdings beschränkt auf die Vermögensauseinandersetzung. Mit dem 1987 geschaffenen Gesetl0 2 wurden den Partnern einer "de facto relationship" die gleichen Rechte in bezug auf Eigentum und Besitz eingeräumt, wie sie in New South Wales unter dem De Facto Relationships Act 1984 bestehen. Hierzu wurde der Property Law Act 1958 um den Abschnitt IX erweitert, der die Überschrift "Real Property of De Facto Partners" trägt203. Über die Vermögensauseinan195 Anders noch heute s. 16 Maintenance Act 1967 von Tasmanien. Danach entsteht ein Unterhaltsanspruch zum Beispiel dann, wenn der Mann die Frau ohne jede fmanzieHe Unterstützung verläßt oder wenn zwar sie sich von ihm trennt, ihr aber eine weiteres Zusammenleben mit ihrem Partner wegen seines Verhaltens nicht mehr zumutbar ist (s. 16(1)). Hinzu kommt, daß dem männlichen Teil einer "de facto relationships" ein vergleichbarer Anspruch von vornherein nicht zusteht. 196 s. 27(2) De Facto Relationships Act 1984 (NSW). 197 s. 30 De Facto Relationship Act 1984 (NSW). 198 Vgl. De Facto Relationships Act 1984, ss. 32, 33 (NSW). 199 De Facto Relationships Act 1984 (NSW), s. 25. 200 WiHs, Probate and Administration Act 1898 (NSW), s. 61. 201 Vgl. NSW Compensation to Relatives (De Facto Relationships) Amendment Act, 1984, No. 149. 202 Property Law (Amendment) Act 1987 (Vic.). 203 Vgl. Property Law (Amendment) Act 1987 (Vic.) unter ,,Purpose".
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5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
dersetzung hinausgehende Rechtsfolgen, wie zum Beispiel die gegenseitige Verpflichtung zum Unterhalt, werden dort nicht normiert. Die Reichweite der "de facto relationship"-Gesetzgebung von Victoria bleibt deshalb wesentlich hinter der des De Facto Relationships Act 1984 von New South Wales zurück. Gleichgeschlechtliche Paare können allerdings auch an den eingeschränkten Rechtswirkungen des Property Law (Amendment) Act 1987 nicht teilhaben, denn dort wird "de facto relationship" ebenfalls als ausschließlich heterosexuelle Verbindung definiert204 . 5. Northern Territory De Facto Relationships Act 1991
Der Gesetzgeber des Northern Territorty traf mit dem Erlaß des De Facto Relationships Act 1991 die Entscheidung, sich insgesamt dem in New South Wales konzipierten Modell anzuschließen und kopierte im wesentlichen, von einigen sprachlichen Abweichungen abgesehen, die Regelungen des De Facto Relationships Act 1984 205 . Dementsprechend wendet sich das Gesetz ausschließlich an verschiedengeschlechtliche Paare206. 6. Queenslands Entwurf einer "De Facto Relationship "-Gesetzgebung von 1993
Queensland war der erste Einzelstaat Australiens, wo durch eine definitorische Erweiterung des Begriffs "de facto relationship" auch homosexuelle Paare in den Schutzbereich einer Regelung über nichteheliche Lebensgemeinschaften aufgenommen werden sollten. Eine dahin gehende Empfehlung hatte jedenfalls die Law Reform Commission ausgesprochen, die seinerzeit eingesetzt worden war, um ein "de facto relationship"-Gesetz für Queensland zu entwerfen 207 . Zwei sogenannte "discussion papers" dokumentieren den Verlauf der Kommissionsarbeit, die unterschiedliche Konzepte hervorbrachte 208.
204 s. 275 des Property Law Act 1958 (Vic.): " .. the relationship between de facto partners of living or having lived together as if they were husband and wife although not married to each other." 205 Vgl. deshalb die Ausführungen oben unter C. II. 3. 206 Siehe s. 3 De Facto Relationships Act 1991 (NT). 207 Bis dahin waren nichteheliche Lebensgemeinschaften nur in einzelnen Vorschriften rechtlich anerkannt, z. B. im Succession Act (1981), s. 40; Workers's CompensationAct 1916 (Qu.), s. 3(1). 208 Queensland Law Reform Commission, Discussion Papers No. 36, 40, in Auszügen abgedruckt bei Parker/Parkinson/Behrens, S. 350-352.
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
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Mit ihrem ersten Vorschlag, der unter dem Titel "Shared Property" erschien, wählte die Kommission einen - im Vergleich zu den bis dahin in Kraft getretenen "de facto relationship"-Gesetzen - wesentlich weitergehenden Ansatl09 . Die geplante Regelung sollte nicht auf eheähnliche verschiedengeschlechtliche Lebensgemeinschaften beschränkt sein, sondern die verschiedensten Formen außerehelichen Zusammenlebens erfassen, in denen Abhängigkeitsverhältnisse entstehen können und deshalb einer der Beteiligten schutzwürdig ist210 . Dementsprechend groß war der in Betracht kommende Adressatenkreis, denn solche Strukturen können nicht nur in sexuell motivierten Zweierbeziehungen zwischen Erwachsenen vorliegen, sondern ebenso in anderen personalen Lebensgemeinschaften, wie sie auch von Verwandten oder Freunden eingegangen werden können211 . Das darauffolgend publizierte Arbeitspapier der Kommission trug demgegenüber die Überschrift "De Facto Relationships,,212. Was der Titel bereits andeutete, vollzog der dort vorgestellte Entwurf dann auch inhaltlich und beschränkte den Kreis der Normadressaten wieder auf die Partner nichtehelicher 213 Lebensgemeinschaften . Im Vordergrund der Uberlegungen stand nunmehr, ob eine entsprechende Regelung nur heterosexuelle oder auch homosexuelle Paare erfassen so1l214. Die Mehrheit der Queensland Law Reform Commission beantwortete diese Frage zugUlIsten gleichgeschlechtlicher Lebenspartner und begründete diesen Schritt vor allem damit, daß gleich- und verschiedengeschlechtliche Paare dieselben intimen, personalen Beziehungen führen würden, weshalb die Lebensgemeinschaften weitgehend vergleichbar seien21S . Folglich gebe es keinen Grund, homosexuelle Paare von einer Regelung über
209 Vgl. Queensland Law Refonn Commission, Discussion Paper No. 36, zitiert nach ParkerlParkinsonlBehrens, S. 351. 210 Queensland Law Refonn Commission, Discussion Paper No. 36, zitiert nach ParkerlParkinsonlBehrens, S. 351. 21l Vgl. hierzu auch Parker ParkinsonlBehrens, S. 351. 212 Queensland Law Refonn Commission, Discussion Paper No. 40, in Auszügen abgedruckt bei ParkerlParkinsonlBehrens, S. 351 f. 213 Vgl. hierzuParkerlParkinsonlBehrens, S. 351 f. 214 Vgl. Queensland Law Refonn Commission, Discussion Paper No. 40, 10-12, in Auszügen abgedruckt bei ParkerlParkinsonlBehrens, S. 351 f. 215 So Queensland Law Refonn Commission, Discussion Paper No. 40, 10-12, in Auszügen abgedruckt bei ParkerlParkinsoniBehrens, S. 351 f. AA. Winters, I Austrahan Gay and Lesbian L. J. 73, 84 (1992), die die Auffassung vertritt, daß in gleichgeschlechtlichen Beziehungen keine traditionelle Rollenverteilung gelebt werden WÜrden, weshalb der im Vordergrund der bisherigen "de facto"-Gesetzte stehende Schutz der davon in der Regel betroffenen Frauen nicht in vollem Umfang auf homosexuelle Beziehungen übertragbar sei. Ähnlich auch ParkeriParkinsoniBehrens, S. 352.
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"de facto relationships" auszunehmen216 . Entgegenstehende Gesetzgebung, die homosexuelles Verhalten unter Strafe stellt, sei zudem nicht mehr in Kraft beziehungsweise habe es, soweit sexuelle Handlungen zwischen Frauen betroffen sind, noch nie gegeben 217 . Gleichzeitig verbiete die in Queensland und in anderen lurisdiktionen Australiens existierende Anti-Diskriminierungsgesetzgebung die Benachteiligungen einer Person auf Grund ihrer sexuellen Orientierung218 . Vor diesem Hintergrund und in einem Klima, das insgesamt von der zunehmenden Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Lebensweisen geprägt sei, könne es nicht gerechtfertigt werden, gleichgeschlechtlichen "de facto coupIes" die Vergünstigungen der geplanten Regelung vorzuenthalten219 . Davon ausgehend wurde vorgeschlagen, "de facto partner" wie folgt zu definieren 22o : "".de facto partner means a person who(a)is living or has lived with another person whether or not of the same gender on an bona fide domestic basis but is not legally married to the other person; or (b )has entered into a relationship that is recognised as a traditional marriage by the Aboriginal or Torres Strait Islander community or group to which either person in the relationship belongs."
Obwohl mit dieser Definition das Merkmal der Verschiedengeschlechtlichkeit aufgegeben wurde, hatte die dort beschriebene nichteheliche Lebensgemeinschaft nach wie vor eindeutig eheähnlicher Charakter. An die eherechtlichen Regelungen angelehnt waren auch die geplanten Vorschriften, mit denen die nichtehelichen Lebenspartner bei Beendigung ihrer Beziehung zu Vornahme eines Vermögensausgleichs und zu beschränkten UnterhaltsanspIiichen berechtigt werden sollten221 . 216 Vgl. hierzu Queensland Law Reform Commission, Discussion Paper No. 40, 1012, in Auszügen abgedruckt bei ParkeriParkinsoniBehrens, S. 351 f. 217 Wie vorherige Fn. 218 Queensland Law Reform Commission, Discussion Paper No. 40, 10-12, in Auszügen abgedruckt bei Parker/Parkinson/Behrens, S. 351 f. 219 So Queensland Law Reform Commission, Discussion Paper No. 40, 10-12, in Auszügen abgedruckt bei Parker/ParkinsoniBehrens, S. 351 f. 220 Queensland Law Reform Commission, Discussion Paper No. 40, 10-12, in Auszügen abgedruckt bei Parker/Parkinson/Behrens, S. 351 f. 221 Vgl. Queensland Law Reform Commission, Report No. 44, S. 59, 64. Im Rahmen des zwischen den Partnern vorzunehmenden vermögensrechtlichen Ausgleichs ging die von der Kommission empfohlene Regelung sogar noch über die entsprechenden Regelungen im De Facto Relationship Act 1984 von NSW und im Northern Territory De Facto Relationship Act 1991 hinaus, denn sie schlug vor, wie bei s. 79 des Fa-
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Die in dieser Konstellation liegende Verknüpfung einer eng an die Ehe angelehnten Definition von "de facto relationship" , die gleichzeitig auch homosexuelle Paarbeziehungen umfassen sollte, wurde in der Folgezeit verschiedentlich als Ursache angesehen, warum der Gesetzesentwurf der Law Reform Commission auf keine breite Akzeptanz gestoßen ist222 . Queenslands Parlament hat sich einer Auseinandersetzung mit diesem Punkt des Entwurfs letztlich entzogen, in dem es seine Rechtssetzungskompetenz über nichteheliche Lebensgemeinschaften 1994 an das Commonwealth delegierte 223.
7. Der Domestic Relationships Act 1994 des Australian Capital Territory Das Australian Capital Territory ist deshalb die derzeit einzige Jurisdiktion Australiens, die sowohl homosexuelle als auch heterosexuelle Paare zum Normadressaten ihrer Gesetzgebung über "domestic relationships" macht. Die dem Entwurf der Queensland Law Reform Commission innewohnende Problematik ist dabei von Anfang an vermieden worden, indem mit dem 1994 in Kraft getretenen Domestic Relationships Act 1994 ein grundsätzlich anderer Ansatzpunkt gewählt wurde224 . Maßgeblich hierfiir ist Section 3(1) des Gesetzes. Danach ist unter "domestic relationship" zu verstehen: " ... a personal relationship (other than a legal marriage) between 2 adults in which 1 provides personal or financial commitment and support of a domestic nature for the material benefit ofthe other, and includes a de facto marriage."
Die Definition von "domestic relationship" umfaßt demnach zwar auch eheähnliche Lebensgemeinschaften, ist aber nicht darauf beschränkt, da eine
mily Law Act auch zukünftige Bedürfnisse der Partner zu berücksichtigen. Vgl. auch Fleetwood, in: De Facto and Second Marriage Partners, hrsg. v. Cooper, S. 115, 115117. 222 So z. B. Bailey-Harris, 9 Int. 1. L. & Fam. 233, 252 (1995). Vgl. auch Millbank, 10 AJFL 112, 122 Fn. 41; 123 (1996), die in einem anderen Zusammenhang die Auffassung vertritt, daß homosexuelle Paare nur dann rechtlich anerkannt würden, wenn damit keine echte Gleichsetzung von homosexuellen und heterosexuellen Paarbeziehungen erfolgt. Als Beispiele nennt sie den Domestic Relationships Act 1994 des Australian Capital Territory und class 814 Migration Regulation 1992 (Cth.), wo homosexuelle Paare im Rahmen einer sogenannten "non-spousal" Kategorie berücksichtigt werden. 223 Dies ist nach s. 51 xxxvii der Australischen Verfassung möglich. Vgl. hierzu auch Bailey-Harris, 9 Int. 1. L. & Farn. 233, 252 (1995); Millbank, 10 AJFL 112, 122 f (1996). 224 Dazu Bailey-Harris, 9 Int. J. L. & Fam. 233,242 f, 252 (1995); Millbank, 10 AJFL 112, 122 (1996).
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5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
sexuelle Komponente in der Beziehung nicht erforderlich ist225 . Es genügt vielmehr, wenn sie personalen Charakter hat und einer der Partner für den anderen finanziell oder auf andere Art verantwortlich ist226 . Damit ist der Anwendungsbereich des Domestic Partnerships Act 1994 ebenso weit wie der des allgemeinen Rechts, jedenfalls werden auch gleichgeschlechtliche Beziehungen davon erfaßt. Dies allerdings, ohne daß der Wortlaut eine Vergleichbarkeit homosexueller Paarbeziehungen mit der in der Ehe gelebten Verbindung von Mann und Frau indiziert 227 . Gleichzeitig erspart sich der Gesetzgeber des Australian Capital Territory damit den häufig grundsätzlich gegen die "de facto partnerships legislation" vorgebrachten Vorwurf, daß dadurch die Institution Ehe untergraben werden würde 228 . Der Rechtsfolgenkatalog des Domestic Partnerships Act 1994 ist ähnlich breit gefächert wie der des New South Wales De Facto Relationships Act 1984 und des Northern Territory De Facto Relationships Act 1991 229 . Mit Seetion 15(1) des Domestic Partnerships Act 1994 hat das Australian Capital Territory allerdings die bislang am weitestgehende Regelung über den vermögensrechtlichen Ausgleich zwischen den Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften geschaffen. Danach sind nicht nur zukünftige Bedürfnisse der Partner nach ihrer Trennung zu berücksichtigen, sondern auch andere schützenswerte, durch das Scheitern der Gemeinschaft aber enttäuschte Erwartungen sowie ungerechtfertigte Bereicherungen. Das Australian Capital Territory ist demnach die erste Jurisdiktion Australiens, in der nichteheliche Lebensgemeinschaften im vermögensrechtlichen Bereich in vollem Umfang mit Eheleuten gleichgestellt sind. Somit ist die im Australian Capital Territory getroffenen Regelung über nichteheliche Lebensgemeinschaften sowohl in bezug auf den geschützten Personenkreis als auch im Hinblick auf die gewährten Rechtsfolgen die derzeit weitreichendste Kodifikation Australiens.
225 Vgl. hierzu Millbank, 10 AJFL 112, 122 Fn. 41 (1996), die solche Konstellationen ,,non-spousal" Kategorie nennt. 226 s. 3(2) hat insofern eine KlarsteIlungsfunktion, als sie die Nonnadressaten von bloßen Wohngemeinschaften und anderen Zweckgemeinschaften abgrenzt. 227 Bailey-Harris, 9 Int. 1. L. & Farn. 233, 242 f, 252 (1995) sieht hierin den Grund dafür, warum der Domestic Relationships Act 1994 (ACT) gleichgeschlechtliche Paare in seinen Schutzbereich aufnehmen konnte und gleichzeitig politisch durchsetzbar war. Vgl. auch Millbank, 10 AJFL 112, 122 Fn. 41 (1996), die feststellt, daß immer, wenn auch homosexuelle Partnerschaften für rechtliche Zweck anerkannt werden, sie in eine ,,non-spousal categorie" fallen. 228 So Bailey-Harris, 9 Int. 1. L. & Farn. 233,242 f (1995). 229 Vgl. hierzu auch N.N., 9 AJFL 10, 10 (1995).
C. Alternativen zur "Same-Sex Marriage"
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8. Zusammenfassung
Bis zum Erlaß des Domestic Relationships Act 1994 im Australian Capital Territory handelte es sich bei sämtlichen in Kraft gesetzten "de facto relationships"-Gesetzen der Einzelstaaten und Territorien um mehr oder weniger weitreichende Teilregelungen für eheähnliche verschiedengeschlechtliche Lebensgemeinschaften, die im Ansatz den eherechtlichen Prinzipien des Family Law Act 1975 folgen, dann aber insgesamt wesentlich weniger Rechte auf Unterhalt und Vermögensbeteiligung gewähren23o . Dieses Konzept hat nunmehr seinen Alleingeltungsanspruch verloren, denn mit dem Domestic Relationships Act 1994 (ACT) ist eine gesetzliche Konstruktion an seine Seite getreten, die sich von der nichtehelichen Lebensgemeinschaft als Anknüpfungspunkt gelöst und statt dessen ein wesentliches weiteres, übergreifendes Kriterium als Richtlinie gewählt hat. Maßgeblich sind gegenseitige Verantwortlichkeiten und Abhängigkeiten, wie sie auch in anderen als eheähnlichen Beziehungen entstehen können. In diesem Rahmen werden nunmehr auch gleichgeschlechtliche Paare geschützt. Der Versuch, Paarbeziehungen zwischen Personen desselben Geschlechts in die an der Ehe orientierte Definition der "de facto relationships" einzubeziehen, ist zumindest derzeit als gescheitert zu betrachten. Es bleibt deshalb abzuwarten, ob das Australian Capital Territory mit seinem Vorstoß ähnlich wie New South Wales 1984 mit dem Erlaß des De Facto Relationships Act 1984 eine Entwicklung einleiten kann oder ob es mit seinem Regelungskonzept alleine bleiben wird. Gegenwärtig ist der Domestic Relationships Act 1994 jedenfalls das einzige Gesetz, das auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften in seinen Schutzbereich aufnimmt und auf diese Weise den "de facto relationships" in vollem Umfang und der Ehe zumindest in Teilbereichen gleichstellt. III. Die Anti-Diskriminierungsgesetzgebung des Commonwealth und der Einzelstaaten Sowohl das Commonwealth als auch die Einzelstaaten haben im Rahmen ihrer Jurisdiktion Anti-Diskriminierungs- und "equal opportunity"-Gesetze erlassen231. Zum Kernbereich der dort geschützten Gruppen und Minderheiten gehören Frauen, körperlich oder geistig Behinderte und Aboriginals232 .. Ein
Hierzu schon Müller-Freienfels, FS f. Gernhuber, S. 737 (757-760, 767). Ein Übersicht über die Anti-Diskrirninierungsgesetzgebung des Bundes und der Einzelstaaten bei Mathews, 11 UNSWLJ 1 (1988). Für NSW vgl. auch MosslNewton, 60 ALJ 162 (1986). 232 Siehe hierzu Mathews, 11 UNSWLJ 1, 3 f. (1988). 230 231
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5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
anderer Aspekt der meisten Anti-Diskriminierungsgesetze ist das Diskriminierungsverbot auf Grund des Familienstatus, was regelmäßig im Bereich des Miet - und Arbeitsrechts bedeutsam wird 233 . Weniger verbreitet und erst in jüngerer Zeit in die Tatbestände der Originalgesetze aufgenommen worden ist das Verbot von Ungleichbehandlungen wegen der sexuellen Orientierung einer Person 234 . In New South Wales gehört Homosexualität seit 1982 zu den ausdrücklich normierten Gründen, auf Grund derer eine Ungleichbehandlung nicht stattfinden dariB5 . In Süd-Australien statuiert der Equal Oppurtunity Act 1984 ein Diskriminierungsverbot auf Grund von "sexuality" und definiert diesen Begriff in Section 5 als Hetero-, Homo-, Bi- und Transsexualität. In Queensland wurde 1991 mit dem Anti-Discrimination Act 1991 erstmals eine eigene Anti-Diskriminierungsgesetzgebung geschaffen. Dort ist ebenfalls ein Diskriminierungsverbot wegen der sexuellen Orientierung einer Person verankert236 Bislang wurde in keiner der genannten lurisdiktionen ein Fall unter dem Aspekt einer DiskriminieruntJ auf Grund von "sexuality" beziehungsweise Homosexualität entschieden2 . Die Anti-Diskriminierungsgesetzgebung spielte jedoch in einem anderen Zusammenhang bereits eine Rolle. Die in Queensland zur Erarbeitung einer "de facto relationships legislation" eingesetzte Law Reform Commission begründete ihre Empfehlung, auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften in den Schutzbereich eines solchen Regelungskomplexes miteinzubeziehen, unter anderem mit dem in Queensland und in anderen Einzelstaaten existierenden Verbot von Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung einer Person 238 . Insofern könnte sich die in einigen Staaten Australiens in Kraft gesetzte Anti-Diskriminierungsgesetzgebung, die auch Diskriminierungsverbote auf Grund von Homosexualität
233 Vgl. z. B. Boehringer Ingelheim Pty. Ltd. v. Reddrop, 2 NSWLR 13 (1984); Lamberti v. T.R. W. Carr Pty Ltd.. EOC 92-114 (1984) sowie Mathews, 11 UNSWLJ 1, 16-18 (1988). 234 Ein Diskriminierungsverbot wegen der sexuellen Orientierung einer Person existiert nur in NSW und in Süd-Australien. In NSW wurde dem Anti-Discrimination Act 1977 das Diskriminierungsverbot auf Grund von Homosexualität durch den AntiDiscrimination (Amendment) Act 1982 beigefügt. In Süd-Australien ersetzte der Equal Opportunity Act 1984, der auch "sexuality" erfaßt, die bis dahin bestehende Gesetzgebung. Dazu Mathews, 11 UNSWLJ 1,4 (1988). m Anti-Diskrimination (Amendment) Act 1984 (NSW), Part IV, ss. 49ZF-49ZR. 236 s. 7(1 )(a)(m) des Anti-Discrimination Act 1991 (Qu.). 237 Vgl. hierzu Mathews, 11 UNSWLJ I, 18 f. (1988). 238 Queensland Law Commission, Report No. 44, S. 12. Ein anderes an dieser Stelle vorgebrachtes Argument betriffi das strafrechtliche Verbot homosexueller Aktivitäten zwischen Erwachsenen, das zwischenzeitlich im gesamten Gebiet von Australien abgeschaffi ist. Nur in Tasmanien existiert noch ein solcher Straftatbestand, was jedoch im Toonen-Case seitens des Human Rights Commitee als Verstoß gegen Art. 17 der ICCPR gerügt wurde. Hierzu Shearer, 69 ALJ 600 (1995).
D. Zusammenfassung und Ausblick
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oder Sexualität umfaßt, im Rahmen zukünftiger (Neu)Regelungen von "de facto relationships" zugunsten gleichgeschlechtlicher Paare auswirken239 .
D. Zusammenfassung und Ausblick Soweit die rechtliche Absicherung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften in Australiens Rechtswissenschaft und Rechtspraxis überhaupt thematisiert wird, ist die Diskussion weniger von ideologischen als von pragmatischen Gesichtspunkten geprägt24o. Selbst als Vertreter der schwulen und lesbischen Minderheit ausgewiesene Autoren stellen die Durchsetzbarkeit und die Praktikabilität einer rechtlichen Regelung für gleichgeschlechtliche Paare in den Vordergrund ihrer Überlegungen241 . Ausgehend von einer Eherechtsregelung, die Ehen definitorisch auf heterosexuelle Paarbeziehungen festlegt, und einer Justiz, die sich in anderen Zusammenhängen gegen die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen ausgesprochen hat, wird deshalb die Einführung der "same-sex marriage" weder vor Gericht noch anderswo gefordert242 .
239 Vgl. auch Bryson v. Bryant. 16 Farn LR 112, 117 (1992): ,,A resu1t of various factors, human relationships in society have changed in recent decades. Attitudes to marriage have changed ... , de facto relationships, akin to marriage, are no longer uncommon nor (in most circles nowadays) a source of opprobium. Anti-discrimination legislation and other reforms have also reflected achanging social experience in relationships between people of the sarne sex. Sometimes these too evince features akin to marriage." Kritisch dagegen Winters, 1 Australian Gay and Lesbian L. J. 73, 85 f. (1992), die die Aufassung äußert, daß die Anti-Diskriminierungsgesetze lediglich das Individuum schützen, nicht aber Paarbeziehungen, weshalb sich aus dem Verbot von Diskriminierungen wegen der sexuellen Orientierung einer Person kein Grund herleiten ließe, der für den gesetzlichen Schutz von gleichgeschlechtlichen Paaren sprechen könnte. Vgl auch die ähnliche Situation in Kanada (Viertes Kapitel C. I. 2., C. m.). 240 Äußerungen zu gleichgeschlechtlichen Ehen und anderen gleichgeschlechtlichen Lebensformen finden sich eher beiläufig und in anderen Zusammenhängen wieder, als sie zum Focus eines Aufsatzes oder einer Gerichtsentscheidung gemacht werden. Z. B. Bailey-Harris, 52 ALJ 174, 174 (1978); dies., 5 AJFL 221, 228 (1991); dies., 9 Int. J. L. & Farn. 233, 235 (1995), die wiederholt in Veröffentlichungen zu vermögensrechtlichen Aspekten nichtehelicher Lebensgemeinschaften geäußert hat, eine grundsätzliche SchlechtersteIlung unverheirateter Paare könne nicht damit gerechtfertigt werden, daß diese sich freiwillig gegen die Ehe und damit gegen deren Schutz entschieden hätten, da z. B. gleichgeschlechtlichen Paaren kein Wahlrecht zustünde. Siehe auch bei Dickey, S. 37 sowie bei Allen v. Snyder, 2 NSWLR 685, 689 (1977); Bryson v. Bryant, 16 Farn LR 112, 117 (1992). 241 Vgl. hierzu Winters, I Australian Gay and Lesbian L. J., 73, 82 f. (1992), die ihre Überlegungen für eine Reform in diesem Bereich des Rechts ausdrücklich unter die Prämisse der rechtlichen Durchsetzbarkeit stellt und andere Aspekte zugunsten dieses Ansatzes bewußt ausklammert. 242 Siehe hierzu schon unter B.
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5. Kapitel: Die Rechtslage in Australien
Lösungen werden statt dessen auf anderen Ebenen gesucht243 . Weitgehend zu vernachlässigen ist in diesem Rahmen die Rechtsprechung. Die Suche nach bahnbrechenden Entscheidungen, wie sie in den USA etwa mit Braschi v. Stahl Associates getroffen wurden, verläuft ergebnislos 244 . Bei vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen nach Beendigung ihrer Beziehung unterliegen gleichgeschlechtliche Paare denselben sich aus den allgemeinen Regeln des Common Law und des "equity"-Rechts ergebenden Beschränkungen wie verschiedengeschlechtliche unverheiratete Paare245. Entwicklungen im Bereich des Rechts über außerhalb der Ehe organisierte Lebensgemeinschaften werden in Australien in erster Linie durch die einzelstaatlichen Gesetzgebungsorgane vorangetrieben, denen für diesen Teil des Familienrechts die Rechtssetzungskompetenz obliegt246. Auch in diesem Zusammenhang wird weitgehend frei von weltanschaulichen Wertungen vor allem nach praktisch umsetzbaren Konzepten gesucht, mit denen die konkreten Bedürfnisse nichtehelicher Partner befriedigt werden können247 . Der Schwerpunkt der gesetzlichen Reformen liegt dabei auf der Schaffung von vermögens- und unterhaltsrechtlichen Regelungen für verschiedengeschlechtliche nichteheliche Paare. Queenslands Law Reform Commission war die erste, als sie 1993 vorschlug, eine solche Regelung insgesamt auch auf gleichgeschlechtliche Paare auszudehnen248 . Der in diesem Rahmen erarbeitete Entwurf eines Gesetzes
über nichteheliche Lebensgemeinschaften scheiterte jedoch daran, daß Queensland seine Gesetzgebungkompetenz für diesen Teil des Familienrechts an das Commonwealth abgab2 . Ob der Grund hierfür tatsächlich in der von der Law Reform Commission empfohlenen Definition des Adressatenkreises zu suchen ist, wonach unter "de facto relationship" auch eheähnliche gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften zu subsumieren gewesen wären, bleibt fraglich 25o . Fest steht jedenfalls, daß im Australian Capital Territory wenig
243 Siehe z. B. bei Winters, I Australian Gay and Lesbian L. J. 73, 82-85; Queensland Law Refonn Commission, Discussion Papers No. 40, in Auszügen abgedruckt bei ParkerlParkinsonlBehrens, S. 351 f; den Domestic Relationships Act 1994 (ACT). 244 Hierzu Cho, 5 AJFL 19, 35 (1991); Wade, 2 AJFL 75, 77 (1978/88). 245 Dazu oben unter C. I. I. 246 Hierzu Cho, 5 AJFL 19,35 (1991); Wade, 2 AJFL 75, 77 (1978/88), die den Grund hierfür in der traditionellen Zurückhaltung der australischen Gerichte sehen, die Neuerungen meist der Legislative überlassen. Vgl. auch Müller-FreienJels, FS f Gernhuber, S. 737 ( 739 f, 762 f). 247 Siehe hierzu Müller-FreienJels, FS f Gernhuber, S. 737 (739 f, 762 f). 248 Dazu eben unter C. II. 6. 249 Wie vorherige Fn. 250 So Bailey-Harris, 9 Int. J. L. & Farn. 233, 252 (1995).
D. Zusammenfassung und Ausblick
253
später ein weitreichendes Gesetz über außerhalb der Ehe organisierte Beziehungen erlassen werden konnte, dessen Schutzbereich zwar auch homosexuelle Paare erfaßt, das aber im Gegensatz zu Queenslands Kommissionsentwurf darauf verzichtet, eheähnliche Paarbeziehungen zu seinem Bezugspunkt zu machen und statt dessen an ein übergreifendes Kriterium anknüpft251 . Der Domestic Relationship Act 1994 (ACT) bringt deshalb gleich zwei Neuerungen mit sich. Erstmals werden auch andere als eheähnliche verschiedengeschlechtliche Lebensgemeinschaften in den Regelungsbereich einer "de facto"Gesetzgebung mit aufgenommen und gleichzeitig werden die bis dahin regelmäßig normierten Beschränkungen des Rechtsfolgenkatalogs im vermögensrechtlichen Bereich aufgegeben; es erfolgt damit eine umfängliche Gleichstellung mit der Ehe. Inwieweit mit dem Erlaß des Domestic Relationships Act 1994 im Australian Capital Territory eine Entwicklung in Gang gesetzt wurde, in deren Folge auch andere Einzelstaaten und Territorien ihre inhaltlich auf heterosexuelle nichteheliche Paarbeziehungen begrenzte "de facto relationship"-Gesetzgebung aufgeben und auch andere Lebensgemeinschaften zu Normadressaten machen werden, ist noch offen. Vor dem Hintergrund einer liberalen Gesetzgebungstradition, die sich schon den nichtehelichen Lebensgemeinschaften unverkrampft und ohne größere ideologische Kämpfe angenommen hat 252, ist jedoch zu erwarten, daß das Australian Capital Territory die anderen Staaten Australiens richtungsweisend beeinflussen wird. Für gleichgeschlechtliche Lebenspartner besteht deshalb die Chance, in Zukunft auch außerhalb des Australian Capital Territory in Genuß der gleichen Rechte zu kommen wie ihr verschiedengeschlechtliches Gegenstück.
251 252
Dazu oben unter C. II. 6. u. 7. Hierzu Müller-FreienJels, FS f. Gemhuber, S. 737 (739).
Sechstes Kapitel
Rechtsvergleichende Gesamtbetrachtung Nachdem in den vorangegangenen Abschnitten die gegenwärtige Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern in der Bundesrepublik und in ausgewählten, ausländischen Rechtsordnungen näher beleuchtet wurde, sollen im folgenden - ausgehend von einem zusammenfassenden Überblick über die Entwicklungstendenzen in diesem Bereich - Handlungsmöglichkeiten für den bundesdeutschen Gesetzgeber aufgezeigt und an den bestehenden verfassungsrechtlichen Vorgaben gemessen werden.
A. Die Summe der Entwicklungen in der Bundesrepublik, den USA, Kanada und Australien I. Die gleichgeschlechtliche Ehe in Gesetzgebung und Rechtsprechung der Staaten
Ein Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare existiert zur Zeit weder in der Bundesrepublik noch in den USA, in Kanada oder Australien. Obwohl nicht unerhebliche nationale Besonderheiten auf dem Gebiet des Eheund Familienrechts der Staaten zu verzeichnen sind, ist die Rechtslage insoweit eindeutig. Keiner der mit entsprechender Kompetenz ausgestatteten Gesetzgeber hat eindeutig Stellung bezogen und gleichgeschlechtliche Ehen ausdrücklich verboten oder sonst erkennbar für unzulässig erklärt!. Gleichwohl ist sich die Rechtsprechung, sofern sie sich mit der Frage nach der Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen auseinandersetzen mußte2 , einig. Unter Ehe ist danach ausschließlich die Verbindung eines Mannes und einer Frau zu verstehen, woraus allgemein gefolgert wird, daß gleichgeschlechtliche Paare keinesfalls eine Ehe miteinander eingehen können. Bemerkenswert ist ferner, daß
I Nur einige Einzelstaaten der USA verfahren anders. Dazu Drittes Kapitel A. I. sowie A. II. 2. c. bb. (l) (c). 2 In Australien sind bislang keine Verfahren anhängig gemacht worden, in denen um die Zulässigkeit gleichgeschlechtlicher Ehen gestritten wurde, so daß die australische Rechtsprechung an dieser Stelle nicht gemeint ist.
A. Die Summe der Entwicklungen
255
die Gerichte dieses einhellige Ergebnis auch weitgehend deckungsgleich begründen 3 . Das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit, das in allen Staaten unter - wenn auch unterschiedlichen - verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen war, wird regelmäßig damit gerechtfertigt, daß gleichgeschlechtliche Paare anders als verschiedengeschlechtliche Paare grundsätzlich nicht zur Fortpflanzung in Lage seien. Die Geburt und Erziehung von Kindern sei jedoch der eigentliche Grund dafür, daß die Ehe unter den besonderen Schutz der jeweiligen Rechtsordnung gestellt würde. Nur Hawaiis Rechtsprechung hat sich in diesem Punkt anders entschieden und die Argumentation zur fehlenden Fortpflanzungsfahigkeit homosexueller Paare für das auf der Rechtfertigungsebene darzulegende "compelling state interest" nicht genügen lassen4. Die Bedeutung dieser einzelstaatlichen Entscheidung sowohl für den inneramerikanischen als auch für den internationalen Rechtsverkehr ist allerdings nicht überzubewerten. Denn selbst wenn der Supreme Court von Hawaii, wo das Verfahren derzeit noch anhängig ist, die Auffassung des Untergerichtes erwartungsgemäß bestätigen und ein "Overruling" durch eine Verfassungsänderung nicht stattfinden wird, folgt daraus nicht die bundesweite Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen. Vor dem Hintergrund des Defense of Marriage Act des Bundes sowie der zwischenzeitlich in den Einzelstaaten erlassenen "Anti-same-sex marriage-bills" und den Regeln des Conflict of Laws wird sich die Entscheidung wohl nicht über die Staatsgrenzen Hawaiis hinaus auswirken und damit eine Einzelerscheinung bleiben5. Gleichgeschlechtliche Ehen werden deshalb auch in Zukunft weder in den USA - mit Ausnahme von Hawaii noch in den anderen bislang dargestellten Rechtsordnungen eine legale Option für gleichgeschlechtliche Paare sein. 11. Alternativen außerhalb des Eherechts 1. Das Fä//recht
Zahlreiche Parallelen finden sich auch im Fallrecht der vier Staaten. Dies trifft zunächst auf die Rechtsprechung zu vermögensrechtlichen Streitigkeiten zwischen nichtehelichen (gleichgeschlechtlichen) Lebenspartnern bei Beendigung ihrer Beziehung zu. Dort verliefen die Entwicklungen, abgesehen 3 Vgl. dazu Zweites Kapitel A. II., Drittes Kapitel A. II. l. u. 2. a., Viertes Kapitel A. II., Fünftes Kapitel IIl. Die Argumente der Vertreter des rechtswissenschaftlichen Schrifttums sind ebenso deckungsgleich, vgl. dazu Zweites Kapitel B. II.,II., Drittes
Kapitel B., Viertes Kapitel B., Fünftes Kapitel B. 4 Siehe unter Drittes Kapitel A. II. 2. b. 5 Dazu unter Drittes Kapitel A. II. 2. c.
256
6. Kapitel: Rechtsvergleichende Gesarntbetrachtung
von den meist systembedingten Unterschieden bei der Auswahl der Anspruchsgrundlagen, geradezu gleichförmig6 . In den siebziger Jahren begannen die Gerichte aller Staaten damit, anzuerkennen, daß grundsätzlich auch unverheiratete verschiedengeschlechtliche Paare, die sexuelle Beziehungen zueinander unterhalten, rechtsgeschäftliche Absprachen untereinander treffen können. Diese wurden jedenfalls nicht mehr wie zuvor allein wegen der sexuellen Komponente als sittenwidrig und deshalb unwirksam angesehen. Eingeleitet wurde diese Rechtsprechung in der Regel durch eine herausragende höchstrichterliche Entscheidung, wie etwa Marvin v. Marvin 7 in den USA 8. In der Bundesre~ublik nimmt das Urteil des Bundesgerichtshofes zum "Geliebtentestament" einen ähnlichen Stellenwert ein. Die Grundsätze zur Abwicklung der vermögensrechtlichen Beziehungen nichtehelicher Lebenspartner, dort zunächst nur ansatzweise formuliert, wurden dann im Laufe der siebziger und achtziger Jahre stetig weiterentwickelt und dabei in allen Staaten ohne weiteres vollumfanglich auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften übertragen. Sobald jedoch der vermögensrechtliche Bereich der Beziehung verlassen wird und andere Fragestellungen, wie etwa die Subsumtion gleichgeschlechtlicher Partnerschaften unter Begriffe wie "Familie", "Angehöriger", "spouse" oder ähnliches Gegenstand des Verfahrens sind, verhalten sich die Gerichte sämtlicher Staaten äußerst zurückhaltend. Nur in Ausnahmefallen zeigen sie die Bereitschaft, die gleichgeschlechtlichen Paarbeziehungen, denen im Rahmen vermögensrechtlicher Auseinandersetzungen häufig noch eheähnlicher Charakter zugesprochen wird, mit Eheleuten oder verschiedengeschlechtlichen Partnerschaften gleichzusetzen. Einzelne "bahnbrechende" Entscheidungen finden sich überall. Stellvertretend sei hier nur auf die us-amerikanische Entscheidung in Braschi v. Stahl Associates 10 verwiesen. In der Regel erleiden die gleichgeschlechtlichen Paare jedoch Niederlagen. Vor allem wenn es um die Teilhabe an staatlichen oder anderen an das Arbeitsverhältnis geknüpfte Fürsorgeleistungen geht, lehnen die Gerichte es ab, die maßgeblichen Vorschriften weit auszulegen oder entsprechend anzuwenden, um auf diese Weise auch gleichgeschlechtliche Partner unter die Tatbestände fassen zu können 11. 6 Vgl. dazu Zweites Kapitel C. I. I., Drittes Kapitel C. I. I., Viertes Kapitel C. I. 1., Fünftes Kapitel C. 1. I. Vgl. auch Bruch, 29 Am. 1. Comp. L. 217 (1981), die das Fallrecht zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften in den Common-Law Countries darstellt. 7557 P.2d, 106, 116 (Ca!. 1976). 8 Dazu Drittes Kapitel C. I. 1., für Kanada siehe unter Viertes Kapitel C. I. 1.; flir Australien unter Fünftes Kapitel C. I. 1. 9 BGHZ 53, 369 ff.; dazu im Zweiten Kapitel unter C. I. 1. 10 74 N.Y. 2d 201,543 N.E.2d 49, 544 N.Y.S.2d 784 (1989). 11 Siehe hierzu Zweites Kapitel C. I. 2. (BRD), Drittes Kapitel C. I. 2. (USA), Viertes Kapitel C. I. 1. (Kanada), Fünftes Kapitel C. I. 2. (Australien).
A. Die Summe der Entwicklungen
257
Soweit in diesen Fällen ein verfassungsrechtlicher Bezug vorhanden ist, werden die aus der restriktiven Rechtsanwendung folgenden Ungleichbehandlungen von gleichgeschlechtlichen Paaren einerseits und Eheleuten beziehungsweise zum Teil auch verschiedengeschlechtlichen nichtehelichen Lebenspartnern andererseits erneut mit der fehlenden Fortpflanzungsfahigkeit gleichgeschlechtlicher Paare gerechtfertigt. Die Vergünstigungen würden den Eheleuten und auch den Partnern einer verschiedengeschlechtlichen Partnerschaft in erster Linie deshalb gewährt, weil der Staat diese Beziehungen berechtigterweise für besonders förderungswürdig erachte, da dort regelmäßig die Geburt und die Erziehung von Kindern stattfanden 12 . Bei der Beurteilung anderer als vermögensrechtlicher Streitigkeiten nehmen die Gerichte demnach eine konservierende Haltung ein. Eine Tendenz, die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare auf dem Wege der richterlichen Rechtsfortbildung voranzutreiben, ist deshalb in keinem der vier Staaten festzustellen. 2. Normative Reaktionen
Auch auf diesem Gebiet herrscht insoweit Übereinstimmung, als in allen ausländischen Rechtsordnungen, die bisher in die Betrachtung mit einbezogen wurden, eine gesetzliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften bereits stattgefunden hat. Die derzeit in Kraft gesetzten Regelungsmodelle reichen von der in den USA und in Kanada auf kommunaler Ebene ins Leben gerufenen "domestic partnerships legislation" bis hin zu staatlichen Gesetzgebungsakten wie dem Domestic Relationships Act 1994 im Australian Capital Territory und dem in Ontario geltenden Consent of Treatment Act. Gemeinsam ist diesen sowohl inhaltlich als auch von der Regelungsreichweite her höchst unterschiedlichen Kodifikationen, daß dahinter das gesetzgeberische Bemühen steht, auch anderen - immer häufiger vorkommenden - Lebensformen als dem traditionellen Familienverband gerecht zu werden und damit den gesellschaftlichen Realitäten Rechnung zu tragen. Gänzlich aus dem Rahmen fallt hier lediglich die Bundesrepublik, wo es weder eine gesetzliche Regelungen für gleichgeschlechtliche nichteheliche Lebensgemeinschaften noch sonst für andere außerhalb der Ehe organisierte Lebensformen gibt. In diesem Zusammenhang sind ferner die Anti-Diskriminierungsgesetze zu erwähnen, die ebenfalls nur in ausländischer Jurisdiktion erlassen worden sind und deren Tatbestände Diskriminierungen auf Grund der sexueller Orientie-
12
Wie vorherige Fn.
17 Heun
258
6. Kapitel: Rechtsvergleichende Gesamtbetrachtung
rung verbieten 13 . Unabhängig von der Praxis, die meist anders aussieht, zeigt sich auch hier der gesetzgeberische Wille, Benachteiligungen homosexueller Menschen insgesamt zu vermeiden und auf diese Weise zu signalisieren, daß eine Person auf Grund ihrer Homosexualität in ihrem Ansehen nicht abzuwerten ist. Die Tauglichkeit der Anti-Diskriminierungsgesetze im Hinblick auf die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paarbeziehungen hat sich allerdings nicht erwiesen 14, weshalb sie in den weiteren Betrachtungen unberücksichtigt bleiben. IH. Fazit
Sämtliche Staaten weisen eine weitgehend identische Entwicklungslinie in bezug auf die rechtliche Behandlung gleichgeschlechtlicher Paare auf. Überall stellt sich das Problem, daß gleichgeschlechtliche Partner zunehmend selbstbewußt dieselben Rechte und auch Pflichten für sich in Anspruch nehmen, wie sie Eheleuten oder nichtehelichen verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften zugebilligt beziehungsweise zugewiesen werden. Die Reaktionen der nationalen Gesetzgebungs- und Rechtsprechungsorgane darauf sind zunächst überall gleich. Soweit Abweichungen festzustellen sind, liegen diese jedenfalls weitaus häufiger im Detail als in grundsätzlichen Erwägungen. Bestrebungen, die Ehe im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung oder durch gesetzgeberischen Akt für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen, sind die Ausnahme. Ersteres erscheint nur in Hawaii wahrscheinlich. Eine gesetzgeberische Initiative zur Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe, die angesichts der derzeitigen Mehrheitsverhältnisse allerdings wenig Aussicht auf Erfolg hat, gibt es bislang nur in der Bundesrepublik. Die Suche nach Lösungsansätzen findet vielmehr vornehmlich außerhalb des Eherechts statt. Hierbei spielt die Judikative auf Grund ihrer insgesamt eher konservierenden Haltung nur bedingt eine Rolle. Weitaus größere Bedeutung kommt den gesetzgeberischen Initiativen zu. Dies ist allerdings auch der Punkt, an dem die Bundesrepublik die bis dahin einheitlich verlaufende Entwicklung verläßt. Während es in den USA, in Kanada und in Australien bereits zum Erlaß gesetzlicher Regelungen gekommen ist, mit denen gleichgeschlechtliche Paarbeziehungen zumindest in Teilbereichen ähnlich wie Eheleute oder nichteheliche verschiedengeschlechtliche Lebensgemeinschaften behandelt werden, bleibt gleichgeschlechtlichen Paaren in Deutschland derartiges vorenthalten. Obwohl es an Vorschlägen und Entwürfen nicht mangelt, wurde bis heute keine gesetzliche Regelung über gleichgeDazu unter Drittes Kapitel C. rn., Viertes Kapitel C. rn., Fünftes Kapitel C. ill. Exemplarisch kann hier auf die kanadische Situation (Viertes Kapitel C. I. 2., ill.) verwiesen werden. 13
14
B. Handlungsmäglichkeiten für den bundesrepublikanischen Gesetzgeber
259
schlechtliche Lebensgemeinschaften in Kraft gesetzt. In diesem Zusammenhang ist ferner auf die Entschließung des Europäischen Parlaments zur "Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen in der EG" hinzuweisen l5 . Dort wurden die Mitgliedstaaten, also auch die Bundesrepublik, dazu aufgefordert, gleichgeschlechtlichen Paaren die Eheschließung zu ermöglichen oder eine entsprechende Regelung zu schaffen, die ihnen die vollen Rechte und Vorteile einer Heirat gewährt 16. Zwar entfalten solche Empfehlungen des Parlaments keine rechtliche Bindungswirkung (Art. 189 Abs. 5 EGV), sie haben aber eine nicht zu unterschätzende politische Bedeutung und werden nicht selten von den Mitgliedstaaten freiwillig befolgt 17. Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage geradezu auf, ob nicht auch hierzulande gesetzgeberische Handlungsmöglichkeiten bestehen, um gleichgeschlechtlichen Paaren in irgendeiner Form gesetzliche Anerkennung zuteil werden zu lassen.
B. Handlungsmöglichkeiten für den bundesrepublikanischen Gesetzgeber Um das Zusammenleben gleichgeschlechtlicher Paare gesetzlich auszugestalten, bieten sich grundsätzlich die unterschiedlichsten Regelungsmodelle anIS. Hierzu gehört zunächst die Öffnung des Rechtsinstituts der Ehe durch legislativen Akt, was das weitreichendste aller in Betracht kommenden gesetzgeberischen Mittel ist. Als Alternative dazu wäre die Schaffung eines der Ehe vergleichbaren Ersatzinstituts etwa in Form einer "eingetragenen Partnerschaft" nach skandinavischen Vorbild zu sehen l9 . Weniger an der Ehe orientiert wäre die Kodifizierung eines Gesetzes über nichteheliche Lebensgemeinschaften oder andere Lebensformen, welches sich ausdrücklich auch oder ausschließlich auf gleichgeschlechtliche Paare erstrecken müßte. Keine umfassende, aber zumindest eine punktuelle Gleichstellung wäre zum Beispiel durch die gesetzliche Erweiterung der Tatbestände einzelner ehe- und familienrechtlicher Vorschriften auf gleichgeschlechtliche Paare zu erreichen. Welchem 15 A 3-0028/94, PE 179.620 (AbI. Nr. C 61/26 - 28.2.1994; AbI. Nr. C 61153, 54 28.2.1994); vgl. auch BT-Drs. 12/7069, S. 4, wo die Entschließung abgedruckt ist. 16 Außerdem gefordert wurde z. B. noch, die Beschneidung des Rechts von Schwulen und Lesben auf Elternschaft, Adoption und Erziehung von Kindern, zu beseitigen. Siehe dazu BT-Drs. 12/7069 S.4. Allgemein zur rechtlichen und gesellschaftlichen Situation Homosexueller in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft vgl. Waaldijk/Clapham (Hrsg.), Homosexuality. A European Issue, 1993. 17 Dazu Herdegen, Rn. 186: Amdt, S. 54. 18 Vgl. hierzu z. B. Schimmel, S. 47; Schuhmacher, FamRZ 1994, 857 ff; Verschraegen, StAZ 1995,225 ff.; Trimbach/El Ami, NJ 1996, 57 ff. 19 Dazu sogleich unter B. I. I.u. 2.
17*
260
6. Kapitel: Rechtsvergleichende Gesarntbetrachtung
dieser Regelungsmodelle der Vorzug zu geben ist, hängt von den verschiedensten Komponenten ab. Neben zahlreichen Einzelfragen, die etwa den Adressatenkreis und das Erfordernis eines Publizitätsakts betreffen, spielen häufig auch grundsätzliche Überlegungen, wie zum Beispiel die politische Durchsetzbarkeit eine Rolle 20 . Zu alldem kann hier nicht abschließend, sondern nur punktuell Stellung genommen werden. Gänzlich unbehandelt wird die nach wie vor umstrittenen Frage bleiben, ob auch für verschiedengeschlechtliche nichteheliche Lebensgemeinschaften ein gesetzlicher Rahmen geschaffen werden S01l21. Die nachfolgende Darstellung beschränkt auf gleichgeschlechtlicheLebensgemeinschaften, wobei es in erster Linie darum gehen wird, ob der Umsetzung des einen oder anderen Lösungsansatzes für eine gesetzliche Regelung über gleichgeschlechtliche Partnerschaften tatsächlich - wie verschiedentlich vorgebracht - grundsätzliche verfassungsrechtliche Wertungen von vornherein entgegenstehen. I. Regelungsmodelle
Als Ausgangspunkt dieser Beurteilung dient der sich anschließende Überblick über die wichtigsten Aspekte der im Ausland bereits umgesetzten Regelungsmodelle sowie der inländischen Gesetzesentwürfe. In diesem Rahmen erfolgt nunmehr auch die Einbeziehung des Rechtsinstituts der "eingetragenen Partnerschaft", das in den skandinavischen Ländern geschaffen wurde. Erst in einem zweiten Schritt werden dann die zentralen Aussagen von Art. 6 Abs. I GG dargestellt, an dessen Vorgaben sich die verschiedenen Konzepte messen lassen müssen. J. Die gesetzliche Normierung einer gleichgeschlechtlichen Ehe
Eine Möglichkeit, gleichgeschlechtlichen Paaren einen umfassenden Rechtsrahmen zur Verfügung zu stellen, ist die Normierung einer gleichgeschlechtlichen Ehe, wie es der Gesetzesentwurf der Bundestagsfraktion Bünd20 Hierzu Schumacher, FamRZ 1994, 858 ff., der sich mit einer Vielzahl dieser Einzelfragen auseinandersetzt und seinen Beitrag mit der Skizzierung einer gesetzlichen Regelung enden läßt, sowie Trimbach/El Alami, NJ 1996, 57 ff.. Kurze Anmerkungen dazu finden sich auch bei Bruns, Stellungnahme, S. 12 (14); Reiß, KJ 1994, 98 (100102); Nordhues, DRiZ 1991, 136 (137); vgl. auch Henson, 7lnt. J. L. & Farn. 282, 299-304 (1993), die die Vorteile und Nachteile des schwedischen "sarnbor-Gesetzes" und der dänischen "registrierten Partnerschaft" miteinander vergleicht. 21 Ein Überblick über den Stand dieser Diskussion findet sich bei Staudinger-Strätz, Anhang zu §§ 1297 ff. Rn. 7-9 mit zahlreichen Literaturnachweisen.
B. Handlungsmöglichkeiten für den bundesrepublikanischen Gesetzgeber
261
nis 90/Die Grünen 22 vorsieht. Damit wäre die völlige Gleichstellung gleichund verschiedengeschlechtlicher Paare mit geringem gesetzestechnischen Aufwand zu erreichen. Aus rechtsvergleichender Sicht ist allerdings anzumerken, daß kein anderer Staat diesen Weg gewählt hat. Selbst die skandinavischen Länder, deren gesetzgeberische Bemühungen um eine Gleichstellung homo- und heterosexueller Partnerschaften im internationalen Vergleich am weitesten fortgeschritten sind, behalten Eheschließungen nach wie vor nur verschiedengeschlechtlichen Paaren vor. Zur rechtlichen Absicherung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften wurde statt dessen ein eheähnliches Ersatzinstitut unter dem Namen "eingetragene Partnerschaft" geschaffen, auf das die eherechtlichen Regelungen in ihrer Gesamtheit Anwendung finden 23 . Wegen dieser weitreichenden Rechtsfolgen und weil der Gesetzesentwurf zur Einfiihrung der gleichgeschlechtlichen Ehe das skandinavische Modell einer "eingetragenen Partnerschaft" als Alternative nennt, sollen die wichtigsten Aspekte der "eingetragen Partnerschaft" im folgenden kurz skizziert werden.
2. Schaffung eines eheähnlichen Ersatzinstituts durch globale Erstreckung des Eherechts aufgleichgeschlechtliche Partnerschaften nach skandinavischem Vorbild
Dänemark war das erste Land, das den Bestrebungen gleichgeschlechtlicher Paare, ihre Beziehung dem auch dort vom Grundsatz der Verschiedengeschlechtlichkeit geprägten Eherecht zu unterstellen, weitgehend Rechnung trug. Am 1. Oktober 1989 wurde dort das Gesetz über "ein~etragene Partnerschaften" - Lov om registreret partnerskab - in Kraft gesetzt ~. Danach können sich zwei Personen desselben Geschlechts standesamtlich registrieren lassen und auf diese Weise die ~lobale Erstreckung fast des gesamten Eherechts auf ihre Beziehung erreichen 5. Der dänische Normgeber übernahm damit bewußt BT-Drs. 13/7228. Dazu gleich unter B. I. 2. 24 Lov ur. 373 om registreret partnerskap. Zur Vorgeschichte der Gestzesinitiative und zum Gesetzgebungsverfahren Müller-Freien/eis, FS f. Gernhuber, S.727 (752) m.w.N.; Wübbecke, S. 37 f. sowie Dupuis, 9 Int. J. L. & Farn. 86, 104, 106 (1995), der ferner einen Überblick über die Widerstände gegen das Gesetz innerhalb der "gay community" gibt. Abdruck des Gesetzestextes im Original und als Übersetzung bei Grib, Anhang I, II (S. 313 f.). 25 Ohne Registrierung werden die gleichgeschlechtlichen Paare wie andere nichteheliche Lebensgemeinschaften behandelt, d.h. nach bestimmten seitens der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze. Eine gesetzliche Regelung über nichteheliche Lebensgemeinschaften existiert in Dänemark nicht. Dazu Nielsen, 4 Int. J. L. & Farn. 297, 22 23
262
6. Kapitel: Rechtsvergleichende Gesarntbetrachtung
eine Vorreiterrolle, um die mit dem Gesetz bezweckte umfassende Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare auch in anderen Ländern voranzutreiben26 . Zumindest im skandinavischen Rechtskreis erfüllten sich diese Erwartungen. Norwegen erließ 1993 eine entsprechende Regelung, Schweden folgte 1995 nach27 . a) Das dänische Gesetz über "eingetragene Partnerschaften" Das dänische Gesetz über "eingetragene Partnerschaften" besteht aus nur sieben Paragraphen, die generalklauselartig auf das Eherecht verweisen28 . Infolge der dort an Stelle einer Eheschließung vorgesehenen Registrierung, die nach § I nur gleichgeschlechtlichen Paaren möglich ist, treten abgesehen von wenigen normierten Ausnahmen, dieselben Rechtswirkungen ein wie bei einer Heirat29 . Der in diesem Zusammenhang maßgebliche § 3 des Partnerschaftsgesetzes ordnet deshalb an, daß grundsätzlich all die Bestimmungen der dänischen Gesetzgebung entsprechend auf eingetragene Partner anzuwenden sind, die eine Ehe oder Ehegatten betreffen. Hierzu gehören folglich nicht nur Vorschriften des Eherechts wie Unterhalts- und Güterrechtsregelungen30 , sondern auch die an die Ehe anknüpfenden Bestimmungen anderer Rechtsgebiete wie etwa der Nachzug ausländischer Familienangehöriger und vieles mehr31 . Ausgeschlossen sind dagegen diejenigen eherechtlichen Regelungen, die geschlechtsspezifisch gefaßt sind32 sowie die Ausübung der gemeinsamen Per306 f (1990), die sich zudem mit der Frage auseinandersetzt, ob an dieser Rechtslage in Zukunft festgehalten werden kann. 26 So Nielsen, 4 Int. J. L. & Farn. 297,298,307 (1990); Dupuis, 9 Int. J. L. & Farn. 86, 106 (1995); Martin, 27 Cornell Int. L. J. 419,436 f. (1994); Wübbecke, S. 38. Ähnlich auch Wacke, FamRZ 1990, 347 (350), wo die Gesetzesmotive (Lovforslag nr. L 117 og 118 til Lov om registreret partnerskap vom 22.11.1988) in diesem Sinne zitiert werden. 27 Ausführlich zum Ganzen Grib, Die gleichgeschlechtliche Partnerschaft im nordischen und deutschen Recht, 1996. 28 Eine Übersetzung des Gesetzestextes und eine kurze Kommentierung findet sich bei Grib in: Lesben. Schwule. Partnerschaften., S. 91 fT.; Wübbecke, S. 34-37 sowie bei Wacke, FamRZ 1990, 347 ff. Ausführlich dazu Grib, S. 16-237. 29 Für die Registrierung ist deshalb wie bei der Eheschließung weder ein Zusarnmenleben der Partner noch die tatsächliche Unterhaltung einer sexuellen Beziehung Voraussetzung. Vgl. dazu auch Nielsen, 4 Int. J. L. & Farn. 297, 300 (1990). 30 Ausführlich dazu Grib, S. 35-237. 31 Dazu Müller-Freienfels, FS f Gernhuber, S. 737 (753); Wacke, FamRZ 1990, 347 (348); Pedersen, 30 H.L. 289 ff. (1990); Nielsen, 4 Int. J. L. & Farn. 297, 300304 (1990). 32 § 4 Abs. 3 Partnerschaftsgesetz, vgl. dazu auch Grib in: Lesben. Schwule. Partnerschaften., S. 91 (95 f.).
B. Handlungsmöglichkeiten für den bundesrepublikanischen Gesetzgeber
263
sonensorge33 und die gemeinsame Adoption (§ 4 Abs. 1). Durch die Ausklammerung des Kindschaftsrechts wollte der Gesetzgeber seiner Vorstellung Nachdruck verleihen, wonach im Idealfall jedes Kind mit Vater und Mutter aufwächst. Das Verbot der gemeinsamen Adoption sei hingegen von dem Gedanken getragen worden, daß ansonsten Kinder aus dem Ausland in Dänemark nicht mehr zur Adoption freigegeben würden 34. Ausdrucklich ausgenommen sind ferner die sonst im Eherecht vorgesehene Beteiligungen der Kirchen bei der Eheschließung und Ehescheidung, da sich die Kirchen generell §egen die Einführung der "eingetragenen Partnerschaft" ausgesprochen hatten 5. Eine weitere Besonderheit gegenüber Eheschließungen, die lediglich einen kurzen Aufenthalt in Dänemark voraussetzen, besteht darin, daß einer der Partner nicht nur seinen Wohnsitz in Dänemark, sondern auch die dänische Staatsangehörigkeit haben muß 36 . Die Nonnierung dieser Zusatzerfordernisse begrundet der Gesetzgeber damit, daß die registrierten Partnerschaften im Ausland wohl nicht anerkannt werden dürften; sie deshalb schon im Vorfeld auf das Inland zu beschränken seien37 . In diesen Zusammenhang gehört ferner § 5 Abs. 2 des Partnerschaftsgesetzes, wonach eine eingetragene Partnerschaft stets in Dänemark aufgelöst werden kann, also auch dann, wenn keiner der Partner zu diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz dort hat. Mit dieser Bestimmung wird dem Umstand Rechnung getragen, daß bei Erlaß des Gesetzes über "eingetragene Partnerschaften" ein vergleichbares Institut in keinem anderen Land existierte, anderswo folglich eine Auflösung der Partnerschaft nicht vorgenommen werden konnte38 .
33 § 4 Abs.2 des Partnerschaftsgesetzes in Verbindung mit § 13 S.3 und § 15 Abs. 3 MÜlldigkeitsgesetz. 34 Hierzu Nielsen, 4 Int. 1. L. & Farn. 297, 304 f. (1990). 35 Dazu Grib in: Lesben. Schwule. Partnerschaften., S. 91 (93). 36 Vgl. dazu Pedersen, 30 1. Farn. L. 289, 290 (1990); Müller-Freienfels, FS f. Gernhuber, S. 737 (754). 37 Zu Fragen des internationalen Privatrechts Jayme, IPRax, 1990, 197; Wacke, FamRZ 1990, 347 (349) sowie Grib, S. 305-312. Hierzu auch Martin, 27 Cornell Int. L. J. 419 (1994), der sich damit auseinandersetzt, ob England in Dänemark registrierte Partnerschaften nach den Regeln des Conflict of Laws anerkennen müßte. Siehe auch bei Verschraegen, S. 112-114, wo eine Entscheidung des höchsten dänischen Gerichts wiedergegeben wird. Dieses vertrat die Ansicht, daß eine entgegen der gesetzlichen Anordnung erfolgte Registrierung einer Partnerschaft zwischen zwei Ausländern in Dänemark gültig ist, denn der Ausnahmetatbestand des Gesetzes über "eingetragene Partnerschaften" beziehe sich lediglich auf ausländische Rechtsordnungen, auf die insoweit Rücksicht zu nehmen sei, weil diese solche Partnerschaften in der Regel nicht anerkennen. 38 Dazu Grib, in Lesben. Schwule. Partnerschaften, S. 91 (98).
264
6. Kapitel: Rechtsvergleichende Gesamtbetrachtung
b) Das norwegische Gesetz über "eingetragene Partnerschaften" Das am 1. August 1993 in Norwegen wirksam gewordene Gesetz über "eingetragene Partnerschaften - Lov om registrert partnerskap39 - kopiert weitgehend das Regelungswerk des dänischen Gesetzgebers 40. So besteht auch das norwegische Partnerschaftsgesetz im wesentlichen aus Verweisungen auf das nationale Eherecht und auf andere die Ehe beziehungsweise die Eheratten betreffenden Vorschriften (§ 3); die Ausnahmen sind in § 4 nonniert4 . Hieraus ergeben sich nur geringfügige Abweichungen gegenüber den Rechtswirkungen des dänischen Partnerschaftsgesetzes, da die Rechtsordnungen beider Länder sowohl in §rundsätzlichen als auch speziellen Fragen äußerst homogen ausgestaltet sind 2. c) Das schwedische Gesetz über "eingetragene Partnerschaften" Zuletzt folgte der schwedische Gesetzgeber dem Beispiel Dänemarks und setzte am 1. Januar 1995 ein Gesetz über "eingetragene Partnerschaften" in Kraft43 . Dieses normiert im Unterschied zu den dänischen und norwegischen Partnerschafts gesetzen sowohl die Voraussetzungen der Registrierung als auch die wesentlichen Verfahrensvorschriften selbst, eine pauschale Verweisung auf das Eheschließungsrecht findet insoweit nicht statt. Ansonsten verfahrt das schwedische Gesetz über "eingetragene Partnerschaften" wie seine Vorgänger. Die Rechtswirkungen der Ehe werden hergestellt, in dem die Vorschriften, die an die Ehe und an den Ehegattenstatus anknüpfen, für entsprechend anwendbar erklärt werden44. Die Ausnahmen werden ausdrücklich normiert (§ 4). 39 Lov ill. 40 av 30. April 1993; Originaltext und Übersetzung abgedruckt bei Grib, Anhang ill, IV (S. 315 f). 40 Auch das norwegische Gesetz wurde mit dem Ziel erlassen, Homosexuelle sozial zu integrieren und um ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Beziehungen rechtlich absichern zu können; hierzu Verschraegen, S. 119 f 41 Dort wird anders als in Dänemark ausdrücklich nur die gemeinsame Adoption aus dem Anwendungsbereich ausgenommen. Daraus folgt indes nicht, daß norwegische registrierte Partner die gemeinsame elterliche Sorge ausüben können, denn das norwegische Kindschaftsrecht selbst macht die Geschlechtsverschiedenheit zu Voraussetzung der gemeinsamen Personensorge; einer erneuten Normierung im Partnerschaftsgesetz bedurfte es deshalb nicht. Hierzu Grib, S. 244. 42 Eine ausführliche Darstellung der relevanten Abweichungen bei Grib, S. 239258. 43 Gesetzesbeschluß vom 23.6.1994, Originaltext und Übersetzung abgedruckt bei Grib, Anhang V, VI; (S. 317-321). 44 Ausführlich zu den eintretenden Rechtswirkungen unter besonderer Berücksichtigung der in Schweden gegenüber Dänemark und Norwegen geltenden Besonderheiten Grib, S 259-280.
B. Handlungsmöglichkeiten für den bundesrepublikanischen Gesetzgeber
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Dazu gehören auch in Schweden die gemeinsame Adoption, die gemeinsame Ausübung des Sorgerechts sowie diejenigen Bestimmungen, die geschlechtsspezifische Regelungen enthalten. Ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich des Partnerschaftsgesetzes ausgeschlossen werden ferner die Gesetze über die künstliche Befruchtung innerhalb und außerhalb des Körpers45. Diese Besonderheit erklärt sich daraus, daß weder Dänemark noch Norwegen eine solche Regelung geschaffen haben, deren Anwendbarkeit deshalb auch nicht zur Diskussion stand46 . d) Zusammenfassung Alle drei Partnerschaftsgesetze erreichen eine weitgehende Gleichstellung hetero- und homosexueller Partnerschaften, indem sie die Vorschriften der nationalen Eherechte von wenigen Ausnahmen abgesehen auf eingetragene gleichgeschlechtliche Paare erstrecken. Reformbemühungen Betroffener, auch die letzten Ungleichbehandlungen im Bereich des Sorge- und Adoptionsrechtes zu beseitigen, sind bereits im Gange 47 . Das Ausmaß der durch eine Partnerschaftsregistrierung zu erreichenden Gleichstellung ist im internationalen Vergleich aber auch jetzt schon - ohne Adoptions- und Sorgerecht - einzigartig, denn kein anderes Land bietet gleichgeschlechtlichen Paaren einen selbständigen, der Ehe nahezu gleichwertigen Familienstatus an, wie ihn die Registrierung darstellt. Allenfalls im Rahmen von Regelungen über nichteheliche Lebensgemeinschaften wird ihnen anderswo rechtliche Anerkennung zuteil 48 . Es bleibt deshalb abzuwarten, ob sich die Gesetze über "eingetragene Partnerschaften" in Zukunft auch über den skandinavischen Rechtskreis hinaus auswirken werden 49 . In der Bundesrepublik haben sie sich zumindest einen festen Platz im Rahmen der Diskussion über gleichgeschlechtliche Ehen erobert5o . 45 Vgl. dazu Grib, S. 266 f m.w.N. zu dem insoweit relevanten Inseminationsgesetz (Lag (1984: 1140) om insemination) und dem Lag (1988: 711) om befiuktning utanför kroppen. 46 Dazu Grib, S. 266 f sowie Nielsen, 4 Int. J. L. & Farn. 297, 305 (1990). 47 Vgl. hierzu Müller-Freien/eis, FS f Gernhuber, S. 737 (756); Wübbecke, S. 39 f; Henson, 7 Int. J. L. & Farn. 282,285 (1993). 48 Dazu nachfolgend unter B. 1. 3.,4. 49 Hierzu Dupuis, 9 Int. J. L. & Farn. 86 ff. (1995); Henson, 7 Int. J. L. & Farn. 282 ff (1993), die beide einen Vergleich zwischen der dänischen und der usarnerkanischen Rechtslage im Hinblick auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften vornehmen. 50 Siehe hierzu die Veröffentlichungen zu "eingetragenen Partnerschaften" in deutscher Sprache, wie etwa Gn'b, Die gleichgeschlechtliche Partnerschaft im nordischen und deutschen Recht, 1996; dies. in: Lesben. Schwule. Partnerschaften., hrsg. v. Senatsverwaltung für Jugend und Farnilie, S. 91 ff.; Wacke, FamRZ 1990, 347; Müller-
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6. Kapitel: Rechtsvergleichende Gesamtbetrachtung
3. Teilbereichsregelungen über nichteheliche (gleichgeschlechtliche) Lebensgemeinschaften
Regelungsmodelle, wie die eben betrachteten "eingetragenen Partnerschaften", die das Eherecht in seiner Gesamtheit für außerhalb der Ehe organisierte Paarbeziehungen gelten lassen, sind im internationalen Vergleich die Ausnahme. Weitaus häufiger finden sich Teilbereichsregelungen über nichteheliche (gleichgeschlechtliche) Lebensgemeinschaften. Damit sind solche gesetzgeberische Initiativen gemeint, die entweder nur einzelne Vorschriften oder ganze Teile des Eherechts beziehungsweise der an den Ehestatus geknüpften Regelungen für unverheiratete Paare anwendbar erklären51 . Die Folge ist ein gesetzlicher Mindestschutz der nichtehelichen Partner in ausgewählten Bereichen; nicht aber eine umfängliche Gleichstellung mit Eheleuten, wie sie etwa durch die statusbildende Eingehung einer "eingetragenen Partnerschaft" erreicht wird. Im folgenden werden einige Beispiele für eine solche Regelung vorgestellt beziehungsweise nochmals kurz zusammengefaßt, denn ein einheitliches Konzept einer Teilbereichsregelung für nichteheliche gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften hat sich bislang nicht herausgebildet52 . a) Schwedens Sambor-Gesetzgebung für Homosexuelle Noch bevor in Dänemark das Gesetz über "eingetragene Partnerschaften" verabschiedet wurde, hatte Schweden ein "Gesetz über zusammenlebende Homosexuelle" geschaffen 53 . Dieses bezweckt, anders als die zwischenzeitlich auch von Schweden zusätzlich übernommene Partnerschaftsgesetzgebung nicht eine Gleichstellung homosexueller Paarbeziehungen mit der Ehe, sondern mit nichtehelichen verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften
Freienfels, FS f. Gernhuber, 737 (749-756); Wübbecke, S. 34-40; Verschraegen, StAZ 1995,225 ff.; dies, S. 107-139; Jayme, IPRax, 1990, 197. 51 Grundsätzlich dazu Müller-Freienfels, FS f. Gemhuber, S. 737 (757-760). 52 Die Darstellung beschränkt sich auf solche Gesetze, die entweder ausschließlich oder auch homosexuelle Lebensgemeinschaften erfassen, wobei außer den in der Bundesrepublik diskutierten Vorschlägen noch die im Rahmen der vorliegenden Arbeit bereits vorgestellten Rechtsordnungen (USA, Kanada, Australien) sowie Schweden berücksichtigt werden. 53 Zur Vorgeschichte dieses Gesetzes vgl. Rindar in: Lesben. Schwule. Standesamt., hrsg. v.Laabs, S. 201 ff.; Bradley, 18 Angl.-Am. L. Rev. 322 (1989); ders., 4 Int. 1. L. & Fam. 154 (1990), der vor allem zahlreiche Nachweise zum sozio-kulturellen Hintergrund der liberalen Haltung Schwedens gibt, sowie Grib, S. 259; dort befindet sich in den Anhängen vrr, vm (S. 322 f.) ein Abdruck des Gesetzes im Original und in deutscher Übersetzung.
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im vennögensrechtlichen Bereich54 . Für letztere war bereits 1986 das "Gesetz über das gemeinsame Heim Zusammenlebender,,55 ins Leben gerufen worden, das in erster Linie die vennögensrechtlichen Folgen bei Auflösung der Gemeinschaft ("sambor") im Falle der Trennung oder des Todes eines Partners regelt 56 . Der danach vorzunehmende finanzielle Ausgleich bei Beendigung der Beziehung unter Lebenden orientiert sich am ehelichen Güterrecht Schwedens, allerdings beschränkt auf den gemeinsam angeschafften Hausrat und die gemeinsame Wohnung, deren Verkehrswert grundsätzlich57 ohne Rücksicht darauf, wer Eigentümer ist, hälftig geteilt wird 58 Weitere Rechtsfolgen betreffen vor allem Erbschaftsangelegenheiten und gewisse Steuererleichterungen59 . Die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare mit den verschiedengeschlechtlichen nichtehelichen Lebensgemeinschaften erfolgte dann durch das am 1. Januar 1988 in Kraft getretene "Lag om homosexuella sambor,,6o, dessen einziger Paragraph auf das "Gesetz über das gemeinsame Heim Zusammeniebender,,61, das Erbgesetzbuch, das Grundstücksgesetzbuch sowie auf bestimmte Steuergesetze und Verfahrensgesetze verweist62 . Die Bezugnahme auf das für verschiedengeschlechtliche Paare geltende Gesetz urnfaßt auch dessen § 1 Abs. 2, wo nichteheliche Lebensgemeinschaft generalklauselartig als das eheähnliche Zusammenleben einer unverheirateten Frau mit einem unverheirateten Mann umschrieben ist63. Der Adressatenkreis des Gesetzes über homo54 So Müller-Freienfels, FS f. Gemhuber, S. 737 (756, 761) m.w.N. zu den Gesetzesmotiven sowie Grib, S. 281; Henson, 7 Int. J. L. & Farn. 282,295 (1993). 55 Lag om sambors gemensamma hem, SFS 1987,232. 56 Dazu Agell, FamRZ 1990, 817 (819f.); Müller-Freien/eis, FSf. Gemhuber, S. 737 (760-762). 57 Eine Ausnahme von der hälftigen Teilung macht § 9, wenn mit Rücksicht auf die Dauer der Lebensgemeinschaft und im Hinblick auf die sonstigen wirtschaftlichen Verhältnisse und Umstände der Zusammenlebenden eine solche Vorgehensweise unbillig erschiene. 58 Zu den bestehenden Ähnlichkeiten mit dem ehelichen Güterrecht Agell; FamRZ 1990, 817 (820); Grib, S. 282 f. 59 Ausführlich dazu Agell, FamRZ 1990, 817 (820); Grib, S. 280-289; MüllerFreien/eis, FS f. Gemhuber, S. 737 (761 f.). 60 SFS 1987,813. 61 Lag om sambors gemensamma hem, SFS 1987,232. 62 Ausführlich zu den hieraus folgenden Rechtswirkungen für gleichgeschlechtliche nichteheliche Lebensgemeinschaften Grib, S.280-289, die herausarbeitet, daß die Unterschiede zwischen nichtehelichen verschiedengeschlechtlichen und nichtehelichen gleichgeschlechtlichen Partnerschaften überall dort gemacht werden, wo es um den die Kinder betreffenden Rechts- und Pflichtenkreis geht (S. 289). 63 Agell, FamRZ 1990, 817 (820 f.) stellt hierzu ausdrücklich fest, daß, obwohl das Gesetz über homosexuelles Zusammenleben selbst nicht von eheähnlichem Verhältnis spricht, die gleichen Kriterien gelten sollen wie bei heterosexuellen Paaren. In seiner jetzigen Form verlangt das Gesetz über homosexuelles Zusammenleben freilich auch,
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6. Kapitel: Rechtsvergleichende Gesamtbetrachtung
sexuelles Zusammenleben bestimmt sich deshalb nach den gleichen Kriterien wie bei seinem heterosexuellen Gegenstück, wonach vor allem die Dauer der Beziehung von mindestens einem halben Jahr, aber auch andere subjektive und objektive Kriterien wie etwa die Gestaltung der gemeinsamen Lebensführung eine Rolle spielen64 . b) Der Entwurf der Fraktion Bündnis 90IDie Grünen zur Regelung nichtehelicher Lebensgemeinschaften Der Entwurf der Bundestagsfraktion Bündnis 90IDie Grünen zur Regelung nichtehelicher Lebensgemeinschaften65 geht in wesentlichen Punkten über die Rechtswirkungen der schwedischen Sambor-Gesetzgebung hinaus. Denn dort wird nicht nur zur vermögensrechtlichen Seite nichtehelicher Lebensgemeinschaften Stellung bezogen, sondern es werden auch andere Aspekte des Zusammenlebens einer Regelung zugefiihrt. Eine der wichtigsten Rechtsfolgen des geplanten Gesetzes ist, daß die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft in weiten Teilen der Rechtsordnung als Angehörige behandelt werden. Ansonsten ist der Anknüpfungspunkt der Regelung derjenigen der Sambor-Gesetzgebung sehr ähnlich. Um als nichteheliche Lebenspartner zu gelten, ist allerdings unabhängig von der sexuellen Orientierung und einer zeitlichen Mindestdauer der Beziehung vor allem das tatsächliche, eheähnliche Zusammenleben erforderlich, wobei der deutsche Vorschlag insofern eine Besonderheit mit sich bringt, als eine gemeinsame Wohnung nicht zur Voraussetzung gemacht wird66 . Woran im Einzelfall das eheähnliche Miteinander festgemacht werden soll, wenn noch nicht einmal eine gemeinsame Wohnstätte erforderlich ist, läßt der Entwurf allerdings ebenso unbeantwortet wie die Frage, ob in diesen Fällen eine gesetzliche Regelung überhaupt von Nöten ist 67.
daß die Partner nicht in einer registrierten Partnerschaft leben dürfen, vgl. dazu Grib, S. 280 f. 64 So Agell, FamRZ 1990, 817 (820) m.w.N. zu Gesetzesmotiven; Verschraegen, StAZ 1995,225 (226). Ausführlich zu den Indizien, die auf das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne von § 1 Abs. 2 hindeuten, Müller-Freien/eis, FS f. Gernhuber, S. 737 (762); Grib, S. 281. 65 BT-Drs. 13/7228; dazu schon im Zweiten Kapitel unter C. II. 3. 66 § 1302 a Abs. 2 NeLgG (= BGB-E). 67 Vgl. dazu Trimbach/EI Alami, NJ 1996, 57 (Fn. 8), die eine gesetzliche Regelung für nicht zusammenlebende Paare für überflüssig erachten.
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c) Die Domestic Partnership Legislation der USA und Kanadas Zu den Teilbereichsregelungen über nichteheliche Lebensgemeinschaften gehört auch die auf kommunaler Ebene in Kraft gesetzte "domestic partnership legislation" der USA und Kanadas. Diese richtet sich wie die vorgenannten Regelungsmodelle an unverheiratete, in einem engen Verhältnis zusammenlebende Partner des gleichen oder verschiedenen Geschlechts, die vorbehaltlich regionaler Besonderheiten - vor allem im Hinblick auf die mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen Sozial- und Versicherungsleistungen wie Ehegatten behandelt werden 68 . Die vermögensrechtliche Beziehung der Partner untereinander bleibt hingegen ungeregelt. Der wesentlichste Unterschied zu den vorgenannten Regelungen über nichteheliche Lebensgemeinschaften besteht jedoch darin, daß die Anerkennung als "domestic partners" nicht nur an tatsächliche Gegebenheiten, wie etwa die Zeitdauer der Beziehung, anknüpft, sondern zusätzlich ein Publizitätsakt in Form einer Registrierung gefordert wird. Dies setzten sonst nur noch die Partnerschaftsgesetze der skandinavischen Länder voraus, die aber im Gegensatz zur "domestic partnership legislation" statusbildend und durch die globale Erstreckung des Eherechts auf die registrierten Partner mit einer weitgehenden Gleichstellung mit der Ehe aufwarten können. Die "domestic partnership legislation" hat demnach eine Art Zwitterstellung: die Notwendigkeit einer Registrierung rückt sie in die Nähe der Partnerschaftsgesetze, ihr beschränkter Rechtsfolgenkreis macht sie jedoch zu einer Teilbereichsregelung für nichteheliche Lebensgefährten. d) Ontarios Consent of Treatment Act und Entwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu § 569 a BGB Ebenfalls zu den Teilbereichsregelungen gehören der Ontario Consent of Treatment Act69 und der Entwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu § 569 a BGB 70. Eine Gleichstellung gleichgeschlechtlicher nichtehelicher Lebenspartner mit Ehegatten beziehungsweise verschiedengeschlechtlichen nichtehelichen Lebenspartnern erfolgt danach zwar nur punktuell, im Rahmen einer Vorschrift, aber auch dadurch wird eine teilweise, wenn auch stark eingegrenzte Gleichstellung erreicht. Werden weitere gesetzliche Tatbestände in dieser Weise ausgeweitet, kann eine Gleichbehandlung gleichgeschlechtlicher unverheirateter Paare auf ganze Rechtsgebiete ausgedehnt werden, so daß im
Dazu im Dritten Kapitel unter C. II. Und im Vierten Kapitel unter C. II. 2. Siehe dazu unter Viertes Kapitel C. II. 1. 70 BT-Drs. 13/847. 68
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6. Kapitel: Rechtsvergleichende Gesamtbetrachtung
Ergebnis eine ähnliche Rechtslage wie bei partiellen Teilbereichsregelungen erreicht wird. 4. Teilbereichsregelungen für verschiedene außerhalb der Ehe organisierte Lebensformen - Domestic Relationships Act 1994 des Australian Capital Territory
Diese in Australien in Kraft gesetzte Teilbereichsregelung unterscheidet sich deshalb von den anderen bislang darunter gefaßten Modellen, weil sie ihre Rechtsfolgen nicht vom Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaften abhängig macht, mithin auf das Erfordernis einer Geschlechtsgemeinschaft verzichtet. Zum Anknüpfungspunkt wird statt dessen ein wesentlich weiteres, übergreifendes Kriterium gewählt, wonach Verantwortlichkeiten und Abhängigkeiten, wie sie auch in anderen Beziehungen entstehen können, entscheidend sind71 . Darunter können auch nichteheliche gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften subsumiert werden. Der Rechtsfolgenkatalog des Domestic Relationship Act ist vergleichsweise umfassend und am ehesten mit der in der Bundesrepublik vorgeschlagenen Regelung über nichteheliche Lebensgemeinschaften zu vergleichen. Auch das australische Gesetz normiert über den verrnögensrechtlichen Rahmen hinausgehende Aspekte einer Beziehung, wie zum Beispiel ein gesetzliches Erbrecht. Letztlich bleibt auch der Domestic Relationship Act als Teilbereichsregelung über nichteheliche Lebensgemeinschaften mit seinen Rechtsfolgen hinter den Ehewirkungen zurück.
71 Dazu im Fünften Kapitel unter C. ll. 7. Ähnliches ist auch in den Niederlanden geplant, wo dem Parlament zur Zeit der Entwurf für ein Gesetz über die ,,Registrierung des Zusammenlebens" vorliegt. Auch danach ist fiir die Registrierung der Partnerschaft eine Geschlechtsgemeinschaft nicht erforderlich. Es können sich vielmehr auch solche Partner anerkennen lassen, die z. B. wegen zu naher Blutsverwandtschaft nicht heiraten dürfen. Gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, die auch in den Niederlanden eine Ehe nicht miteinander eingehen können (siehe auch die Entscheidung des Hoge Raad v. 19.10.1990, Nederlandse Jurisprudentie 1992, Nr. 129), steht die Registrierung ebenfalls offen. Insofern ist der niederländische Vorschlag dem Domestic Relationships Act 1994 des ACT vergleichbar. Das Publizitätserfordernis und der geplante Umfang der daran anknüpfenden Rechtsfolgen rücken ihn indes in die Nähe der "eingetragenen Partnerschaften" nach skandinavischem Vorbild. Vgl. hierzu Verschraegen, StAZ 1995,225 (228) sowie dies., S. 139-151, wo sich zudem auf den Seiten 255-264 ein Abdruck des Gesetzesentwurfs findet.
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5. Zusammenfassung
Die Zusammenschau der im Ausland bereits in Kraft gesetzten und der in der Bundesrepublik vorgeschlagenen Regelungsmodelle bietet eine ganze Palette gesetzgeberischer Handlungsmöglichkeiten dar, wie gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften gesetzlich ausgestaltet werden können. Dabei hat sich aber auch gezeigt, daß selbst die Teilbereichsregelungen, die den Partner einer nichtehelichen oder auch andersartigen außerhalb der Ehe organisierten Lebensgemeinschaft ein ganzes Bündel an Rechtsfolgen zur Verfügung stellen, letztlich nur einen Minimalschutz dieser Beziehungen erreichen können 72. Dies ist häufig auch das eigentliche Anliegen der Teilbereichsregelungen, die sich in der Regel nicht nur an homosexuelle, sondern auch an heterosexuelle Paarbeziehungen richten. Davon ausgehend, daß diejenigen, die einen umfassenden Rechtsrahmen wünschen, die Ehe miteinander eingehen, orientieren sie sich explizit an der Lebenssituation unverheiratet zusammenlebender Paare73. Den Bedürfnissen gleichgeschlechtlicher und damit per se von einer Eheschließung ausgeschlossener Paare, die sich eine umfanglich Absicherung ihrer Lebensgemeinschaft wünschen, werden diese Regelungen deshalb nicht gerecht. Nur die Normierung eines Eheschließungsrechts für gleichgeschlechtliche Paare oder die Schaffung eines weitgehend an die Ehe angelehnten Rechtsinstitutes' wie der "eingetragenen Partnerschaft", bieten den Partnern einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft einen der Ehe entsprechenden Rechtsrahmen. Bei der Auswahl eines Regelungsmodells, das vor allem gleichgeschlechtlichen Paaren die rechtliche Absicherung ihrer Beziehung
72 Die Teilbereichsregelungen, die auf einen Publizitätsakt verzichten, haben zudem Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Adressatenkreise, denn ohne formellen Orientierungspunkt sind allein tatsächliche Momente wie die Dauer der Beziehung, eine gemeinsame Wohnung, gemeinsame Konten und ähnliches ausschlaggebend. Diese tatbestandlichen Indizien machen es nicht immer leicht, festzustellen, ob es sich um eine nichteheliche Partnerschaft handelt oder etwa um eine reine Zweck- oder Wohngemeinschaft. Darüber hinaus können strenge zeitliche Zäsuren im Einzelfall Unbilligkeiten mit sich bringen. Solange ein Publizitätsakt fehlt, scheinen die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls, vor allem das Zusammenleben und die Dauer der Lebensgemeinschaft, jedoch an Bedeutung zu gewinnen, denn nahezu ausnahmslos machen die Teilbereichsregelungen sie zum tatbestandlichen Anknüpfungspunkt; nur der bundesdeutsche Vorschlag verzichtet darauf. Dazu Schuhmacher, FamRZ 1994, 858 ff. sowie die Begründung des Entwurfs der Fraktion Bündnis 90IDie Grünen, BT-Drs. 13/7228. 73 So z. B. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse nichtehelicher Lebensgemeinschaften, BT-Drs. 13/7228, S. 6. Vgl. auch die Situation in Schweden, wo gleichgeschlechtliche Paare ebenso wie heterosexuelle Partner die Wahl haben zwischen der Eingehung der Ehe beziehungsweise einer ,,registrierten Partnerschaft" oder dem Minimalsschutz der "Sambo"-Gesetzgebung.
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ennöglichen soll, wird dies einer der entscheidenden Punkte sein müssen, die es zu berücksichtigen gilt. 11. Verfassungsrechtliche Vorgaben - Vereinbarkeit mit Art. 6 Abs. 1 GG Darüber hinaus muß der bundesdeutsche Gesetzgeber die von Art. 6 Abs. 1 GG vorgegebene Vorrangstellung der Ehe beachten. Im Gegensatz zu den hier betrachteten ausländischen Staaten, deren Verfassungen sich der Ehe und anderen Lebensfonnen gegenüber weitgehend neutral verhalten74, ist er an diese grundgesetzliche Wertung gebunden, wenn gesetzliche Regelungen fur außerhalb der Ehe organisierte Paarbeziehungen geschaffen werden sollen. Deshalb ist im folgenden zu klären, ob sich der in Art. 6 Abs. 1 GG verankerte besondere Schutz der Ehe gegen die Umsetzung eines oder mehrerer der oben genannten Regelungsmodelle sperrt. I. Inhalt und Umfang der verfassungsrechtlichen Garantie des Art. 6 Abs. I GG
Aus der Fonnulierung "Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung" hat das Bundesverfassungsgericht in seiner weitgehend anerkannten Rechtsprechung zu Art. 6 Abs. 1 GG drei verschiedene Funktionen abgeleitees. Danach enthält Art. 6 Abs. 1 GG eine Grundsatznonn, eine Institutsgarantie und ein Freiheitsrecht im Sinne der "klassischen" Grundrechte. a) Grundsatznonn Als Grundsatznonn trifft Art. 6 Abs.l GG eine verbindliche Wertentscheidung fur den gesamten Bereich des privaten und des öffentlichen Rechts 76 . In dieser Funktion beinhaltet Art. 6 Abs. 1 GG ein allgemeines Schädigungsverbot77 und ein Differenzierungsverbot78 sowie ein in seinen Konturen unbe74 Vgl. hierzu Müller-Freien/eis, FS f Gernhuber, S. 737 (740); Henrich, Stellungnalune, S. 22 (26 f). 75 BVerfGE 6,55 (72); 22,93 (98); 24, 119 (135); 76, 1 (49); 80, 81 (92 ff.); zustimmend etwa Beitzke/Lüderitz, § 1 IV.!., GemhuberICoester-Waltjen, § 5 I-rn.; Schwab, Rn. 11-14; AK-GG-Richter, Art. 6 Rn. 11; Maunz/Dürig-Maunz, Art. 6 Rn. 6; Schmidt-BleibtreuIKlein. Art. 6 Rn. 1; Hesse, Rn. 458. 76 Grundlegend BVerfGE 6,55 (71 f). 77 Maunz/Dürig-Maunz, Art. 6 Rn. 17; Schmidt-BleibtreuiKlein, Art. 6 Rn. 5.
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stimmtes positives Förderungsgeboe 9 . Der Gesetzgeber darf deshalb keine Gesetzeslage schaffen, die Ehegatten im Vergleich mit unverheirateten Einzelpersonen oder Paaren benachteiligt80. Da keines der oben genannten Regelungsmodelle eine Begünstigung gleichgeschlechtlicher Paare gegenüber Eheleuten nach sich ziehen würde selbst die Einführung des Eheschließungsrechts fiir gleichgeschlechtliche Partner hätte lediglich eine Gleichstellung zur Folge - steht Art. 6 Abs. I GG in seiner Funktion als Grundsatznorm auch einer umfänglichen, gesetzlichen Ausgestaltung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften bis hin zur Normierung eines Eheschließungsrechts, nicht entgegen81 .
b) Institutsgarantie
Art. 6 Abs. I GG enthält nach allgemeiner Meinung auch eine Institutsgarantie82 , das heißt die Ehe muß als Einrichtung des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens in ihren wesentlichen Grundzügen gewährleistet werden83 . Tendenzen, die auf eine Abschaffung der Institution Ehe durch den Gesetzgeber abzielen, laufen deshalb dem Grundgesetz zuwider84 .Hieraus folgt indes nicht, daß dem Gesetzgeber jegliche Neugestaltung oder Änderung des Ehe- und Familienrechts verwehrt ist, denn in diesem Fall würden ganze Normfelder quasi konserviert85 . Verfassungsrechtlich geschützt ist vielmehr 78 Hierzu BVerfGE 6, 55 (71 f); 9, 237 (248 f); 12, 180 (194); 14, 34 (42); BVerfG, JZ 1964,321 (322) . . 79 BVerfGE 21, 1 (6). Zu den Grenzen des Förderungsgebots BVerfGE 40, 121 (l32). 80 So z. B. BVerfGE 9, 237 (242); BVerfGE 67, 186 (1950; GemhuberlCoesterWaltjen, § 5 II m.w.N.; Giesen, Rn. 4; MaunzlDürig-Maunz, Art. 6 Rn. 17 c; v. MÜ11chIKunig-v. Münch, Art. 6 Rn. 19. 81 Ähnlich auch Bruns, ZRP 1996,6 (8); ders., Stellungnahme, S. 12 (13); Augstein, Stellungnahme, S. 2 (7 f).; Schimmel, Stellungnahme, S. 3. 82 Es wird hier weder zu der in der Literatur geführten Kontroverse über institutionelle Ehelehren noch zur sonstigen Kritik am institutionellen Denken Stellung genommen. Ein Überblick über die wichtigsten Punkte zu diesem Thema findet sich bei Schimmel, S. l34-136 m.w.N. 83 Grundlegend BVerfGE 6, 55 (72). Zustimmend z. B.: BeitzkelLüderitz, § 1 IV. 1., GemhuberICoester-Waltjen, § 5 L; Schwab, Rn. 13; AK-GG-Richter, Art. 6 Rn. 11; MaunzlDürig-Maunz, Art. 6 Rn. 6; Schmidt-BleibtreuIKlein. Art. 6 Rn. 1; v. MÜ11chlKunig-v. Münch, Art. 6 Rn. 9; Hesse, Rn. 458; Giesen, Rn. 4. 84 v. MÜllchlKunig-v. Münch, Art. 6 Rn. 9; MaunzlDürig-Maunz. Art. 6 Rn. 6; Schmidt-BleibtreuIKlein, Art.6 Rn. 2; AK-GG-Richter, Art.6 Rn. 11; GemhuberiCoester-Waltjen § 5 12.; Schwab, Rn. l3; Giesen, Rn. 4. 85 Statt vieler GemhuberICoester-Waltjen, § 5 1.2.; MaunzlDürig-Maunz, Art. 6 Rn. 17 b; v. MÜllchlKunig-v.Münch, Art. 6 Rn. 9 f; Giesen, Rn. 4 m.w.N. 18 Heun
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nur eine Fundamentalstruktur der Ehe; erst wenn diese tangiert wird, hat der Gesetzgeber die ihm von der Verfassung vorgegebene Grenze des Eheschutzes überschritten86 . Zu dieser der Verfügungsgewalt des einfachen Gesetzgebers entzogenen Fundamentalstruktur der Ehe gehört nach herrschender Meinung "selbstverständlich" auch die Geschlechtsverschiedenheit der Partner87 , weshalb Art. 6 Abs. 1 GG sich in seiner Funktion als Institutsgarantie gegen die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe jedenfalls durch den einfachen Gesetzgeber sperre88 . Die Normierung eines Eheschließungsrechts für gleichgeschlechtliche Paare bedürfte demnach einer verfassungsändernden Mehrheit89 . Nach anderer Ansicht ist die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare auch durch eine Änderung der einfachgesetzlichen Vorschriften, wie es etwa der Entwurf der Fraktion Bündnis 90IDie Grünen vorsieht90 , möglich, da darin weniger die Abschaffung der geschlechtsverschiedenen Ehe zu sehen sei als vielmehr die zusätzliche Zulassung der gleichgeschlechtlichen Ehe neben ihr91 . Denn abgeschafft wäre nur die notwendig, nicht aber die regelmäßig geschlechtsverschiedene Ehe, was nur dann unter verfassungsrechtlichen Ge-
86 BVerfGE 6, 55 (72); MaunzIDürig-Maunz, Art. 6 Rn. 17 b; BK-Pirson, Art. 6 Rn. 11; v. MÜI1chlKunig-v.Münch, Art. 6 Rn. 9 f; GemhuberICoester-Waltjen, § 5 1.2.; Giesen, Rn. 4; Schwab, Rn. 20; BeilzkelLüderilz. § 5 1. 87 Maunz/Dürig-Maunz. Art. 6 Rn. 15, 17 b; BK-Pirson, Art. 6 Rn. 11; Gemhuber/Coester-Walljen, § 5 I 2.; Schwab, Rn. 20; MülKo-Wacke, § 1353 Rn. 3; Beitzke/Lüderitz, § 5 I. 2.; Giesen, Rn. 4, v. C'ampenhausen, VVDStRL 45, 8 (26); Henrich, Stellungnahme, S. 22 (23); ders. FS f Lerche, S. 239 (245); Pauly, Stellungnahme, S. 30 (30); ders., NJW 1997, 1955 (1955); Böhmer, StAZ 1991, 125 (127); Lecheier, FamRZ 19979, 1 (4); Otto StAZ 1993, 149 (149 f.); Louven, ZRP 1993, 12 (13). 88 So z. B. Henrich, Stellungnahme, S. 22 (25 f.); ders., FS f Lerche, S. 239 (245); Pauly, Stellungnahme, S. 30 (30); ders., NJW 1997, 1955 (1955); GemhuberiCoesterWalljen, § 5 I 1.; v. Campenhausen, VVDStRL 45, 8 (26); Lecheier. FamRZ 1979, 1 (4); BeilzkelLüderilz § 5 I. 2.; Giesen, Rn. 4 (Fn. 25,28); Wacke, FamRZ 1990,347 (350); Otto, StAZ 1993, 149 (150); Louven, ZRP 1993, 12 (13); Böhmer, StAZ 1991, 125 (127, 130). 89 Art. 6 Abs. 1 GG hat keinen Anteil an der Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG, weshalb eine Verfassungsänderung auch in diesem Punkt, der Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehegatten, gemäß Art. 79 Abs. 2 GG mit einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat grundsätzlich möglich wäre. Hierzu MaunzJDürigMaunz, Art. 6 Rn. 2 sowie Giesen, Rn. 4 (Fn. 28). 90 So im Ergebnis: Schimmel, S. 193; ders., Stellungnahme, S. 34 ff.; Augstein, Stellungnahme, S. 2 (2); Bruns, Stellungnahme, S. 12 (12-14); ders., ZRP 1996,6 (8, 10). 91 Schimmel, S. 137; ders., Stellungnahme, S. 34 (36); ähnlich auch Grüll, ZRP 1994, 40 sowie Bruns, ZRP 1996, 6 (8).
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sichtspunkten bedenklich sei, wenn die Institutsgarantie über den Bestandsschutz hinaus auch gegen eine "Verwässerung" des Begriffs schütze92 •
aa) Konkurrenzschutz?
Dafür ließe sich allenfalls der Konkurrenzschutzgedanke ins Feld führen, wenn Art. 6 Abs. 1 GG in seiner Funktion als Institutsgarantie nicht nur den Bestand der Lebensordnung "Ehe" gewährleisten müßte, sondern darüber hinaus auch einen Schutz dieser Ehe vor konkurrierenden Lebensmodellen. Diese Fragestellung, die ursprünglich im Zusammenhang mit nichtehelichen verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften aufgeworfen wurde, ist zwischenzeitlich überwiegend dahingehend beantwortet worden, daß der Gesetzgeber im Hinblick Art. 6 Abs. 1 GG zwar nicht verpflichtet ist, anderen Lebensformen als der durch die Verfassung geschützten Ehe jedwede rechtliche Anerkennung zu versagen93 ; er aber auch nicht dazu berechtigt ist, eine vollständige Gleichbehandlung vor allem der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit der Ehe herzustellen94 . In seiner Ausprägung als Konkurrenzschutzgebot könnte Art. 6 Abs. I GG demnach vor allem gegen die gesetzliche Einführung eines Eheschließungsrechts für gleichgeschlechtliche Paare sprechen, weil die gleichgeschlechtliche Ehe damit - anders als es etwa durch den Erlaß einer Teilbereichsregelungen erreicht werden könnte - vollkommen gleichberechtigt neben die verschiedengeschlechtliche Ehe treten würde 95 . Konkurrenzschutz setzt allerdings voraus, daß überhaupt eine Wettbewerbssituation zwischen zwei alternierenden Lebensformen vorliegt. Hieran fehlt es jedoch im Fall gleich- und verschiedengeschlechtlicher Ehen, die jeweils einen anderen Adressatenkreis ansprechen, denn es ist höchst unwahrscheinlich, daß heterosexuell orientierte Partner eine gleichgeschlechtliche Ehe eingehen WÜf92 Schimmel, S. 137; für den Schutz nichtehelicher Lebensgemeinschaften verneint dies Rux, NJ 1992, 147 (148); ders. ZParl. 1992,291 (297); kritisch dazu Dietlein, DtZ 1993, 136 (138). 93 BVerfG, FamRZ 1990, 729; BVerfGE 9, 20 (34 f); BVerfGE 82, 6 (15); v. MÜllchfKunig-v. Münch, Art. 6 Rn. 5. 94 So v. MÜllchfKunig-v. Münch, Art. 6 Rn. 5; dies., Handbuch zum Verfassungsrecht, 1994, § 9 Rn. 11; vgl. hierzu auch Ingo v. Münch, in Landwehr (Hrsg.), Die nichteheliche Lebensgemeinschaft, S. 137 (150); Heyde in: Familie ohne Ehe, hrsg. v. Limbach/Schwenzer, S. 19 (22 fT.); Krmigk, S. 31 f; Zu leeg, NVwZ 1986,800 (803); Zeidler, S. 555 (580); LecheIer, § 133 Rn. 92.; AK-GG-Richter, Art. 6 Rn. 15, 15a, 44, 42m.w.N. 95 So Pauly, Stellungnahme, S. 30 (32 f); ders., NJW 1997, 1955 (1956); Henrich, Stellungnahme, S. 22 (25 f.). 18*
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6. Kapitel: Rechtsvergleichende Gesamtbetrachtung
den oder umgekehrt, daß sich homosexuell veranlagte Lebensgefährten zur Eheschließung mit einem verschiedengeschlechtlichen Partner entscheiden würden96 . Da die Partnenvahl in erster Linie von der sexuellen Orientierung bestimmt wird und nicht von der Tatsache, daß in der einen Konstellation die Ehe möglich ist und der anderen nicht, würde die Einführung der Heiratsmöglichkeit für gleichgeschlechtliche Paare Eheschließungen zwischen verschiedengeschlechtlichen und damit regelmäßig heterosexuellen Paaren in keiner Weise negativ beeinflussen oder sonst beeinträchtigen97 . Außen vor sollen hier die Fälle bleiben, in denen gleichgeschlechtlich orientierte Menschen durch äußere Zwänge in heterosexuelle Ehen getrieben werden98 . Durch die Einführung eines Eheschließungsrechts für gleichgeschlechtliche Paare werden heiratswillige Paare demnach nicht vor die Wahl gestellt, ob sie eine gleich- oder verschiedengeschlechtliche Ehe eingehen werden, eine Verletzung von Art. 6 Abs. I GG unter dem Gesichtspunkt des Konkurrenzschutzes scheidet demnach aus 99 . Verschiedentlich wird der aus Art. 6 Abs. I GG abzuleitende Konkurrenzschutz auch der Schaffung eines eheähnlichen Ersatzinstitutes nach skandinavischen Vorbild entgegengehalten, da die "eingetragene Partnerschaft" die Ehe weitgehend abbilde und sich deshalb nicht hinreichend deutlich von der verfassungsrechtlich geschützten Ehe unterscheide 100. Unabhängig davon, ob der Konkurrenzschutzgedanke überhaupt so weit geht, daß er auch nicht vollkommen mit der Ehe gleichgestellte Modelle verbietet, stehen diesem Einwand jedenfalls die gleichen Überlegungen entgegen, die ihn schon in bezug auf die Einführung der Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare entkräftet haben 10 1. Auch in diesem Fall entstünde keine Wettbewerbssituation, 96 Vgl. hierzu Bruns, ZRP 1996, 6 (8); ders., Stellungnalune, S. 12 (12 f.); Schimmel, S.133; ders., Stellungnalune, S. 34 (36). 97 Wie vorherige Fn. 98 Dazu Bruns, ZRP 1996, 6 (8); ders., Stellungnalune, S. 12 (12 f); Bruns/Beck, MDR 1991, 832 (835). 99 Ebenso Brum, ZRP 1996, 6 (8); den, Stellungnalune, S. 12 (12 f); Schimmel, S. 133, 137; ähnlich auch Kleinsehmidt, ZRP 1993,271 (272). AA Pauly, NJW 1997, 1955 (1956). 100 So Pauly, Stellungnalune, S. 30 (32 f.); ders., NJW 1997, 1955 (1956); Henrich, FS f Lerche, S. 239 (245); ders., Stellungnalune, S. 22 (27); Hohloeh, JuS 1994, 245 (245, Fn. 3); Verschraegen, S. 171; Wacke, FamRZ 190, 347 (350) sowie Beitzke/Lüderitz, § 5 I. 2.; wobei die vier letztgenannten Autoren eine Begründung für ihre Einschätzung nicht liefern. 101 Vgl. hierzu auch die Anzahl der "registrierten Partnerschaften" in Dänemark laut Angaben des Statistischen Jahrbuchs von Dänemark, zitiert nach Müller-Freien/eis, FS f Gernhuber, S. 737 (755). Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1.10.1989 bis zum Juli 1992 haben sich insgesamt 1.152 Partnerschaften registrieren lassen(= 0, 44 % der Bevölkerung Dänemarks). Es spricht insofern viel dafür, daß sich lediglich ho-
B. Handlungsmöglichkeiten für den bundesrepublikanischen Gesetzgeber
277
denn heterosexuelle Paare, denen die Eheschließung mit dem selbst gewählten, verschiedengeschlechtlichen Partner möglich ist, werden sich erst recht nicht für eine gleichgeschlechtliche Beziehung entscheiden, wenn diese zudem nur durch ein Rechtsinstitut abgesichert werden kann, das in wesentlichen Punkten hinter den mit einer Ehe verbundenen Rechtsfolgen zurückbleibt. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seiner für die verfassungsrechtliche Beurteilung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften maßgeblichen Entscheidung vom 4. Oktober 1993 102 nicht zum Ausdruck gebracht, daß die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe oder eines anderen Rechtsinstitutes gegen den in Art. 6 Abs. 1 GG festgeschriebenen besonderen Schutz der Ehe verstoßen würde. Es ist zwar richtig, daß dort ein Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht abgeleitet wurde. Aus der in diesem Zusammenhang geäußerten Ansicht, wonach ein grundlegender Wandel des Eheverständnisses in bezug auf das Geschlechtsverschiedenheitserfordernis derzeit nicht ersichtlich sei, hat das Gericht aber keineswegs die Schlußfolgerung gezogen, daß es dem Gesetzgeber im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG verboten sei, ein Eheschließungsrecht oder ein anderes Rechtsinstitut für gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu normieren 103. Die maßgebliche Stelle lautet 104: "Das Vorbringen in der Verfassungsbeschwerde kann auch offensichtlich nicht den Schluß stützen, daß der Gesetzgeber verpflichtet sei, dem Persönlichkeitsrecht gleichgeschlechtlicher Partner oder ihrem Recht auf Gleichbehandlung dadurch Rechnung zu tragen, daß er ihnen den Zugang zum einfachrechtlichen Institut der Ehe eröffnet. Insofern ist nicht ersichtlich, daß der Gesetzgeber den genannten Grundrechten auch auf andere Weise als dadurch Rechnung tragen könnte, daß er die Rechtsform der Ehe für gleichgeschlechtliche Partner eröffnet. hn übrigen daif (Hervorhebung durch Verfasserin) der Gesetzgeber, der sich bei der einfachrechtlichen Ausgestaltung der Ehe an Art. 6 I GG orientiert, den Zugang zu dieser Rechtsform denjenigen Lebensgemeinschaften vorbehalten, auf die sich der verfassungsrechtliche Schutzaufirag bezieht."
Diese Ausführungen sind unmißverständlich, denn hätte das Gericht zum Ausdruck bringen wollen, daß Art. 6 Abs. 1 GG die Normierung der gleichgeschlechtlichen Ehe verbietet, hätte es dies durch die Verwendung des Wortes mosexuell orientierte Personen und nicht auch heterosexuelle Paare zu einer "eingetragenen Partnerschaft" entschließen, denn sonst läge die Anzahl der Registrierungen sicherlich wesentlich höher. 102 BVerfG NJW 1993, 3058 f. 103 Vgl. hierzu auch Bnms, ZRP, 1996, 6 (8); Augstein, Stellungnahme, S. 2 (2); Schimmel, Stellungnahme, S. 34 (37); Trimbach/El Alami, NJ 1996, 57 (61). 104 BVerfG NJW 1993, 3058 (3058).
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6. Kapitel: Rechtsvergleichende Gesamtbetrachtung
"muß" gekonnt 105 . Wenn demnach die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet werden kann, ohne daß ein Widerspruch zu Art. 6 Abs. 1 GG hervorgerufen wird, stehen der Schaffung eines Rechtsinstituts auf niedrigerem Niveau, sei in Form einer "eingetragenen Partnerschaft" oder einer Teilbereichsregelung, erst recht keine veIfassungsrechtlichen Bedenken entge106 gen In diesem Zusammenhan~ sind auch die sich anschließenden Ausführungen des Gerichts von Bedeutung 07: "Soweit die Bf. auf vielfaltige Behinderungen ihrer privaten Lebensgestaltung und Benachteiligungen gegenüber Ehepartnern hinweisen, kann den damit aufgeworfenen Fragen nach der Vereinbarkeit des geltenden Rechts mit Art. 2 I i.V. mit Art. 1 I und mit Art. 3 I GG grundsätzliche Bedeutung zukommen, insbesondere den Fragen, ob der Gesetzgeber verpflichtet ist, gleichgeschlechtlichen Paaren eine rechtliche Absicherung ihrer privaten Lebensgestaltung zu ermöglichen, oder ob zumindest Regelungen in verschiedenen Rechtsbereichen der Änderung bedürfen. Diese Fragen können jedoch eine grundSätzliche Bedeutung der Verfassungsbeschwerde nicht begründen, weil sie im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen sind. Sie waren nicht Gegenstand der angegriffenen Entscheidung. Diese betrafen allein die Frage, ob der Standesbeamte verpflichtet war, das Aufgebot anzuordnen und die Eheschließung vorzunehmen." Damit hat das BundesveIfassungsgericht nicht nur aufgezeigt, daß der Gesetzgeber frei ist bei der Entscheidung, welchen Rechtsrahmen er gleichgeschlechtlichen Paaren zur Absicherung ihrer Lebensgemeinschaft zur Verfügung stellen will. Die Spannbreite der dort angedeuteten Möglichkeiten reicht von der Normierung eines umfassenden Rechtsinstituts etwa nach Vorbild der in den skandinavischen Ländern in Kraft gesetzten "eingetragenen Partnerschaft" bis hin zu Änderung lediglich einzelner Normen in verschiedenen Rechtsbereichen. Das Gericht hat darüber hinaus mit seinem Hinweis auf Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG deutlich gemacht, daß der Gesetzgeber möglicherweise sogar verpflichtet ist, das aus der allgemeinen Handlungsfreiheit abgeleitete Recht, eine nichteheliche Lebensgemeinschaft
105 So auch Brnns, ZRP 1996, 6 (8); Augstein, Stellungnahme, S.2 (2); Schimmel, Stellungnahme, S. 34 (37). AA aber offensichtlich Verschraegen, S. 179, die der Meinung ist, das Bundesverfassungsgericht habe damit keinesfalls eine gleichgeschlechtliche Ehe gemeint. Im Ergebnis ebenso Pauly, NJW 1997, 1955 (1956), der die Meinung äußert, das Bundesverfassungsgericht habe sich durch die Verwendung des Wortes "darf' mißverständlich ausgedrückt. 106 So ausdrücklich Augstein, Stellungahme, S. 2 (2); a.A. aber offensichtlich Verschraegen, S. 179. 107 BVerfG NJW 1993, 3058 (3058 f.).
B. Handlungsmöglichkeiten für den bundesrepublikanischen Gesetzgeber
279
zu begründen und aufrechtzuerhalten, zumindest für gleichgeschlechtliche Paare, gesetzlich abzusichern 108. Demnach steht der Konkurrenzschutzgedanke der Normierung der gleichgeschlechtlichen Ehe ebensowenig entgegen wie der Schaffung eines Ersatzinstitutes nach skandinavischem Vorbild oder gar eines anderen weit hinter den Ehewirkungen zurückbleibenden Regelungsmodells in Form einer der oben dargestellten Teilbereichsregelungen. bb) Zweck der Institutsgarantie?
Die im Hinblick auf die Institutsgarantie geäußerten Bedenken gegen die gesetzliche Einführung gleichgeschlechtlicher Ehen werden verschiedentlich auch durch den Hinweis auf den Zweck des verfassungsrechtlichen Eheschutzes zu untermauern versucht. Die verfassungsrechtliche Privilegierung der Ehe beruhe darauf, daß sie die "Grundlage der Familie" bilde. Daß diese Formulierung in Art. 6 des Bonner Grundgesetzes im Gegensatz zu Art. 119 Abs. 1 Satz 1 WRV nicht mehr zu finden sei, habe lediglich redaktionelle Gründe l09 . Dies ändere jedoch nichts daran, daß auch der gegenwärtige verfassungsrechtliche Schutz vor allem deshalb gewährt würde, weil die Geburt und Erziehung der Nachkommenschaft regelmäßig in der Ehe stattfanden llO ; dies sei im übrigen auch durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über gleichgeschlechtliche Ehen bestätigt worden 111. Die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe oder eines Ersatzinstitutes, das gleichgeschlechtlichen Paaren den Rechtsrahmen der Ehe im wesentlichen zur VerfügI,lIlg stellen würde, stünde folglich im Widerspruch zu der Tatsache, daß der Grund für die verfassungsrechtliche Privilegierung darin liege, daß die Ehe in der Regel die Vorstufe zur Familiengründung bilde ll2 .
Hierzu Bnms, ZRP 1996,6 (8-10); TrimbachiEIAlami, NJ 1996, 57 (58, 61). So Pauly, Stellungnahme, S. 30 (31); ders., NJW 1997, 1955 (1955); Willutzki, MDR 1993, 117 (118). 110 So Pauly, Stellungnahme, S. 30 (31); ders., NJW 1997, 1955 (1955); Willutzki, MDR 1993, 117 (118); Schuhmacher, FamRZ, 1994, 857 (858); Louven, ZRP 1993, 12 (12); Otto, StAZ 1993, 149 (149); Wacke, FamRZ 1990, 347 (350); Verschraegen, S.167. 111 Pauly, Stellungnahme, S. 30 (31); ders., NJW 1997, 1955 (1955); Schumacher, FamRZ 1994, 857 (858), die sich alle auf BVerfG NJW 1993, 3058 (3058) berufen. 112 Pauly, Stellungnahme, S. 30 (3 ders., NJW 1997, 1955 (1955); Schumacher, FamRZ 1994, 857 (858); Willutzki, MDR 1993, 117 (118); Wacke, FamRZ 1990, 347 (350). 108 109
n
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6. Kapitel: Rechtsvergleichende Gesarntbetrachtung
Dieser Argumentation wird entgegengehalten, daß Art. 6 Abs. 1 GG Ehe und Familie gleichberechtigt nebeneinander stelle und schütze 1l3. Der gegenwärtige verfassungsrechtliche Schutz der Ehe erschöpfe sich deshalb nicht in ihrer Funktion als potentielle Familie, sondern gehe weit darüber hinaus, weshalb auch gleichgeschlechtliche Paare ohne weiteres in den verfassungsrecht lichen Schutzbereich aufgenommen werden könnten 114. Außerdem ergebe der Rückgriff auf historische Quellen nicht den gewünschten Aufschluß über das Motiv des Verfassungsgebers im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Schutz der Ehe, der deshalb nicht ohne weiteres in der Gründung einer Familie vermutet werden könne 115. Auf eine erneute Darstellung weiterer in diesem Zusammenhang vorgetragenen Argumente, die gegen eine finale Verknüpfung von Eheschutz und Fortpflanzung angeführt werden könnten; wird an dieser Stelle verzichtet I 16, denn es ist bereits fraglich, ob es für die verfassungsrechtliche Bewertung eines Gesetzgebungsvorhabens, das gleichgeschlechtlichen Paaren ein Eheschließungsrecht oder ein der Ehe weitgehend gleichgestelltes Ersatzinstitut zur Verfügung stellen will, überhaupt auf die Zweckrichtung des grundgesetzliches Eheschutzes ankommt. So hat auch das Bundesverfassungsfiericht, das in dem maßgeblichen Kammerbeschluß vom 4. Oktober 1993 7 die Auffassung vertrat, die Ehe werde vor allem im Hinblick auf die dort stattfindende Familiengründung verfassungsrechtlich geschützt. daraus lediglich den Schluß gezogen, daß es deshalb keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen grundlegenden Wandel des Eheverständnisses erkennen könne, der die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe gebiete. Damit hat das Verfassungsgerichts aber nicht gesagt, daß dem Gesetzgeber die einfachgesetzliche Normierung eines Eheschließungsrechts oder eines eheähnlichen Ersatzsinstituts fiir yleichgeschlechtliehe Paare aus verfassungsrechtlichen Gründen verwehrt sei I 8.
113 Ausführlich zu dem Ganzen Schimmel, S. 143-152; ders., Stellungnahme, S. 34 (35); Coester, StAZ 1988, 122 (l24)~ Bnms, ZRP 1996,6 (6 f); v. MÜllch, Handbuch des Verfassungsrechts, 1994, § 9 Rn. 8, 14. 114 Brnns, ZRP 1996,6 (60; Schimmel, S. 144-151; ders., Stellungnahme, S. 34 (35); Augstein, Stellungnahme, S. 2 (8); einschränkend Coester, StAZ 1988, 122 (124) u. v. Münch, Handbuch des Verfassungsrechts, 1994, § 9 Rn. 8, 14, die beide der Meinung sind, daß der Wandel wohl noch weiter fortschreiten muß, um gleichgeschlechtliche Ehen möglich zu machen. 115 So Schimmel, S. 143 f 116 Dazu schon im Zweiten Kapitel unter B. n. 117 BVerfG, NJW 1993, 3058 f 118 Dazu eben unter B. n. 1. b. aa.
B. Handlungsmöglichkeiten für den bundesrepublikanischen Gesetzgeber
281
ce) Verfassungswandel.?
Damit ist auch schon der nächste in diesem Zusammenhang relevante Punkt angesprochen. Selbst die von der Institutsgarantie umfaßte Fundamentalstruktur der Ehe, zu der von der herrschenden Meinung auch die Verschiedengeschlechtlichkeit gezählt wird, ist nicht unveränderlichi sondern muß sich einem etwaigen grundlegenden Verfassungswandel beugen 19. Kulturelle und gesellschaftliche Entwicklungen können demnach nicht nur die tatsächlichen Strukturen und Funktionen der Ehe verändern, sondern auch diejenigen Regeln, die die Ehe ordnen. Mit dem sozialen Wandel des Erscheinungsbildes von Ehe und Familie wandelt sich folglich auch das sie betreffende Recht. Zeidler l20 hat deshalb die viel zitierte Formel von der "Relativität des Rechts in der Zeit" geprägt. Neuere Veröffentlichungen zum Themeokreis Grundrechtsdynamik und verfassungsrechtlicher Schutz von Ehe und Familie setzen sich deshalb auch ausdrücklich mit der Frage auseinander, ob der Wandel gesellschaftlicher Anschauungen eine Ehe zwischen zwei Personen desselben Geschlechts bereits derzeit vorstellbar werden läßt l21 . Während einige Vertreter der rechtswissenschaftlichen Literatur schon jetzt genügend Hinweise zu erkennen glauben, die auf einen Wandel des Eheverständnisses hindeuten l22, beurteilen andere die Lage zurückhaltender l23 . Soweit ein Verfassungswandel unter Hinweis auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Kammerbeschluß vom 4. Oktober 1993 abgelehnt wird 124 , überzeugt dies jedoch nicht. Denn daraus ergibt sich - wie eben schon angemerkt - nur, daß der Ge119 So schon BVerfGE 2, 380 (40 I); vgl. auch BVerfG NJW 1993, 3058 (3058); BKPirson, Art. 6 Rn. 1 f.; v. MünchlKunig-v. Münch, Art. 6 Rn. 1; AK-GG-Richter. Art. 6 Rn. 11 f.; GernhuberICoester-Waltjen, § 3 6.; 7.; Schwab, Rn. 11; Giesen, Rn. 6; Zeidler, S. 555 (556-558) sowie Pauly, Stellungnahme, S. 30 (31). 120 S. 555 (556). 121 Z. B. v. Münch in: Brühler Schriften zum Familienrecht Bd. 6, 1989, S. 11 (18); dies. in: Handbuch des Verfassungsrechts, 1994, § 9 Rn. 8; Lecheier; § 133 Rn. 19; Pauly, NJW 1997, 1955 (1956). 122 Dazu schon im Zweiten Kapitel unter B. ll. 123 Siehe z. B. v. Münch in: Handbuch des Verfassungsrechts, 1994, § 9 Rn. 8, die vorsichtig formuliert: ,,Auch trägt das Ehe- und Rechtsbewußtsein in der Bundesrepublik dies derzeit (wohl?) noch nicht." Lecheier, § 133 Rn. 19: "Gleichgeschlechtliche Verbindungen sind damit aus dem EhebegrifT ausgeschlossen. Das fmdet sowohl in der naturrechtlichen Tradition wie im Rechtsbewußtsein der Bürger eine tragfähige Grundlage." Siehe aber die Ergebnisse einer Emnid-Umfrage für Spiegel special, Nr. 8 1996, S. 21, wonach 49 % der befragten Deutschen sich für eine staatliche Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Ehen aussprachen und eine, wenn auch knappe Minderheit von 48 % dagegen. 124 So PauZv, Stellungnahme, S. JO (31); ders., NJW 1997, 1955 (1956). Vgl. auch Verschraegen, StAZ 1995, 225 (227, ), die einen Verfassungswandel allerdings ohne nähere Begründung ablehnt.
282
6. Kapitel: Rechtsvergleichende GesamtbetrachtWlg
setzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht dazu verpflichtet ist, gleichgeschlechtliche Ehen zuzulassen, nicht aber, daß es ihm verboten ist. dd) Fazit
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine gesetzliche Ausgestaltung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften selbst in Form eines Eheschließungsrechts können demnach auch aus der Institutsgarantie des Art. 6 Abs. 1 GG nicht hergeleitet werden. Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts sind insoweit eindeutig. c) Art. 6 Abs. 1 GG im Sinne eines "klassischen" Grundrechtes
Art. 6 Abs. I GG bildet außerdem eine Bestimmung im Sinne der "klassischen" Grundrechte 125 . In dieser Funktion schützt er zunächst die spezifische Privatsphäre von Ehe und Familie vor störenden Eingriffen der staatlichen Gewalten 126 . Ferner gewährt Art. 6 Abs. I GG als Abwehrrecht den freien vom Staat nicht gehemmten - Zugang zur Ehe, also die Eheschließungsfreiheit 127 . Dieses Recht ist weder durch einen Gesetzesvorbehalt noch auf andere Weise beschränkt, weshalb Art. 6 Abs. 1 GG in seiner Funktion als Freiheitsrecht grundsätzlich auch für ein Eheschließungsrecht mit dem selbstgewählten homosexuellen Partner sprechen könnte 128 ; das Freiheitsrecht steht der Normierung der gleichgeschlechtlichen Ehe jedenfalls nicht entgegen. Gegenüber anderen Lebensformen verhält sich der als Grundrecht aufgefaßte Art. 6 Abs. 1 GG neutral, da damit kein Zugang zur Ehe gefordert wird.
125 GfWldlegend BVerfGE 6, 55 (71, 81) sowie 6, 369 (388); 29, 166 (175); 31, 58 ff. Diese RechtsprechWlg ist in der Literatur nahezu ausnahmslos auf ZustimmWlg gestoßen. Vgl. hierzu statt vieler BK-Pirson, Art. 6 Rn. 89 ff. sowie v. MünchIKWligv. Münch, Art. 6 Rn. 12. 126 Statt vieler BK-Pirson, Art. 6 Rn. 92,93. 127 Ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, gfWldlegend BVerfGE 6,55 (71, 81) sowie 29, 166 (175); 31, 58 (67); 36, 146 (161); 76, 1 (42); vgl. auch BVerwGE 14,21 (27); BVerwG NJW 1962,1532 (1534); BGHl 41,136 (150 f.); BKPirson. Art. 6 Rn. 94; v. Münch/Kunig- v. Münch, Art. 6 Rn. 17; AK-GG-Richter, Art. 6 Rn. 14, 16; Beitzke/Lüderitz § I IV 1 c.; Staudinger-Dietz, EinleitWlg zum EheG, Rn. 102. 128 So hat z. B. das AG FrankfurtJMain (StAZ 1993, 48 f.) argumentiert Wld die EheschließWlg zwischen zwei Personen desselben Geschlechts für zulässig erklärt. Ausführlich hierzu auch Schimmel, S. 138-158; Bnms/Beck, MDR 1991, 832 (834).
B. Handlungsmöglichkeiten für den bundesrepublikanischen Gesetzgeber
283
2. Ergebnis
Entgegen der häufig geäußerten Ansicht hat sich gezeigt, daß Art. 6 Abs. I GG selbst der einfachgesetzlichen Normierung eines Eheschließungsrechts für gleichgeschlechtliche Paare beziehungsweise eines eheähnlichen Ersatzinstituts nach skandinavischen Vorbild nicht entgegensteht. Dabei war zunächst festzustellen, daß die Aussagen der Grundrechtsnorm vor allem in bezug auf die Institutsgarantie weitaus weniger eindeutig sind, als es die Ausführungen der Gegner gleichgeschlechtlicher Ehen auf den ersten Blick glauben machen. Nur solange der Schutzbereich des Art. 6 Abs. I GG unter Betonung des bewahrenden Charakters seiner Institutsgarantie bestimmt wird und in der Normierung gleichgeschlechtlicher Ehen die Abschaffung der verschiedengeschlechtlichen Ehe gesehen wird, entstehen keine Zweifel daran, daß die Normierung eines Eheschließungsrechts für gleichgeschlechtliche Paare als eine der Institutsgarantie widersprechende GreßZÜberschreitung einzuordnen ist 129 . Dieses Grundrechtsverständnis ist aber keineswegs zwingend. In den immer zahlreicher werdenden Veröffentlichungen zu diesem Thema finden sich die unterschiedlichsten Argumente gegen die wohl noch immer als herrschend zu bezeichnende Auffassung, wonach Art. 6 Abs. I GG in erster Linie als Institutsgarantie zu begreifen ist, die Althergebrachtes bewahren soll. Statt dessen wird dort die Grundrechtsqualität von Art. 6 Abs. I GG betont und durch eine zeitgemäße Auslegung des Eheschutzes erscheint es schließlich möglich, auch gleichgeschlechtlichen Paaren den besonderen Schutz der Grundrechtsnorm zuteil werden zu lassen; Regelungsmodelle, deren Rechtsfolgenkataloge hinter den Ehewirkungen zurückbleiben, werden ohnehin nicht als verfassungsrechtlich bedenklich eingestuft 130 . Wer sich davon nicht überzeugen läßt, muß sich auf die Bundesverfassungsgerichtsentscheidung vom 4. Oktober 1993 131 hinweisen lassen. Dort wurde aus Art. 6 Abs. I GG zwar nicht abgeleitet, daß es aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Eheschließungsrecht für gleichgeschlechtliche Paare geben muß; es wurde aber ebenfalls nicht zum Ausdruck gebracht, daß der Gesetzgeber daran gehindert ist, 129 So im Ergebnis GemhuberICoester-Waltjen, § 5 I. 2.; BeitzkelLüderitz, § 5 I. 2.; Louven, ZRP 1993, 12 f.; Willutzki, MDR 1993, 116-118 (118); Giesen, Rn. 4; Böhmer, StAZ 1991, 125 (130); Otto, StAZ 1993, 149 (150); Nordhues, DRiZ 1991, 136 (137);'-'echeler, FamRZ 1979, 1 (4); Pauly, Stellungnahme, S.30-33; ders., NJW 1997, 1955 ff.; Henrich, Stellungnahme, S. 22-26 sowie die im Zweiten Kapitel unter B. I. aufgeführten Vertreter der rechtswissenschaftlichen Literatur, soweit sie hier noch
nicht genannt sind. 130 So z. B. Augstein, Stellungnahme, S. 2 (2); Bruns, ZRP 1996, 6 (l0); Groll, ZRP 1994,40; Coester, StAZ 1988, 122 (124); Schimmel, S. 47-55,162, 193; Begründung des Gesetzesentwurfs zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts der Fraktion Bündnis 90IDie Grünen, BT-Drs. 13/2728, S. 5. 131 BVerfG, NJW 1993, 3058 f.
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6. Kapitel: Rechtsvergleichende Gesamtbetrachtung
ein solches zu normieren. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinen Äußerungen vielmehr deutlich zu erkennen gegeben, daß es dem Gesetzgeber überlassen bleiben soll, wie er dem Verlangen gleichgeschlechtlicher Partner nach rechtlicher Absicherung nachkommen will und dabei selbst die Normierung eines Eheschließungsrechts nicht ausgeschlossen.
c. Resümee Die Entwicklungstendenzen in den betrachteten ausländischen Rechtsordnungen zeigen, daß dem in der Eheforderung manifest gewordenen Bedürfnis gleichgeschlechtlicher Paare nach rechtlicher Absicherung ihrer Lebensgemeinschaften am ehesten durch gesetzgeberisches Handeln Rechnung getragen werden kann. Überall wurden. wenn auch inhaltlich höchst unterschiedlich ausgestaltete. gesetzliche Regelungen erlassen. Mehrheitlich handelt es sich um Teilbereichsregelungen über nichteheliche Lebensgemeinschaften, die unverheiratet zusammenlebenden Paaren unabhängig von ihrer Geschlechterzusammensetzung einen Minimalschutz für ihre Beziehung zur Verfügung stellen wollen. Ausschließlich an gleichgeschlechtliche Paare und an deren besondere Lage richten sich nur die in den skandinavischen Ländern geschaffenen Regelungskomplexe. Dort wurde unter dem Namen "eingetragene Partnerschaft" ein Rechtsinstitut ins Leben gerufen, das registrierten gleichgeschlechtlichen Partnern eine weitgehend der Ehe entsprechende Situation bietet. An diesen von den skandinavischen Regelungsmodellen gesetzten Standards sollte sich deshalb auch der bundesdeutsche Gesetzgeber orientieren, wenn er eine allein auf gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften zugeschnittene gesetzliche Regelung erlassen will. Denn davon ausgehend, daß gleichgeschlechtlichen Paaren eine Eheschließung derzeit nicht möglich ist, sollte zunächst ihr Bedürfnis nach einer umfassenden rechtlichen Absicherung befriedigt werden 132. Die hiergegen vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken haben sich als gegenstandslos erwiesen. Äußerungen, wonach sowohl die einfachgesetzliche Normierung eines Eheschließungsrechts für gleichgeschlechtliche Paare als auch die Schaffung eines eheähnlichen Ersatzinstituts
I32 Ebenso Augstein, Stellungnahme, S.2 (9); Bnms, Stellungnahme, S. 12 (14); Bruns/Beck, MDR 1991, 832 (835); Beck, DuR 1991,446 (458 f.); Reiß, K.J 1994, 98 (99, 102). AA.: ohne nähere Begründung: Verschraegen, S. 209; BeitzkelLüderitz, § 5 I. 2.; § 511. 6.: " .. eine Regelung wie in Dänemark wäre sozialpolitisch unangemessen"; Nordhues, DRiZ 1991, 136 (137): "Daß der deutsche Rechtskreis von den Auswirkungen (des dänischen Modells) verschont bleibt, mag ein frommer Wunsch sein, dessen Erfüllung nicht sicher ist." Böhmer, StAZ 1991, 125 (127, 130): ,,wir können nur hoffen, daß diese Entgleisung (Dänemarks "eingetragene Partnerschaft") nicht international Schule machen wird."
C. Resümee
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nach skandinavischem Vorbild der grundgesetzlichen Privilegierung der Ehe zuwiderlaufen würde, werden jedenfalls durch die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in dem maßgeblichen Kammerbeschluß vom 4. Oktober 1993 133 widerlegt. Die durch Art. 6 Abs. 1 GG garantierte verfassungsrechtliche Vorrangstellung der Ehe zwingt den Gesetzgeber nicht dazu, gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften außerhalb des Eherechts anzuerkennen. Ebensogut kann er die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare öffnen. Er muß dies aber auch nicht. Eine Verpflichtung zu gesetzgeberischem Handeln kann allenfalls aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG erwachsen, also in bezug auf die Ausgestaltung gleichgeschlechtlicher Paarbeziehung im Sinne einer von der allgemeinen Handlungsfreiheit geschützten nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Damit hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber alle denkbaren Möglichkeiten offengehalten und ihm eindeutig zu verstehen gegeben, daß er aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten. insbesondere im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG, nicht auf eine bestimmte Vorgehensweise beschränkt ist. Diese Spiel räume sollte der Gesetzgeber künftig nutzen und nicht darauf warten, daß er aus verfassungsrechtlichen Grunden - im Hinblick auf Art. 2 Abs. I in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG - nach und nach dazu gezwungen wird, gleichgeschlechtlichen Paaren ein Mindestmaß an rechtlichen Regelungen bereitzustellen 134. Der im politischen Bereich vielfach an9,etretene Rückzug auf rechtliche Argumente kann jedenfalls nicht überzeugen 35
BVerfG, NJW 1993, 3058. So auch Augstein, Stellungnahmen, S. 2 (2); TrimbachiEI Alami, NJ 1996, 57 (63); vgl. hierzu auch Radloff, FamRZ 1994, 21 sowie Simitis, in Rechtswissenschaft in der Bonner Republik, S. 390, 416-418; 446 f. 135 So schon Schimmel, S. 57; Augstein, Stellungnahme, S. 2 (2). 133
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Sachwortverzeichnis Adams v. Howerton 140 ff. Adoption gleichgeschlechtlicher Paare 136 ff., 147,264,266 Erwachsenenadoption 125, 149 ff. 168, 170 adoption 106, 136 ff., 148, 161 Adoption ofTammy 109, 136 ff. AIDS 26, 55, 84 Aktion Standesamt 27 ff., 33, 37, 71 allgemeines Persönlichkeitsrecht 34, 36, 47,51,89 f., 278, 279 f., 286 Anderson v. Luoma 188, 205 Andrews v. Law Society of Columbia 177 f., 191,200 Angehöriger 47,52 ff., 125, 131 ff., 160 Anonymous v. Anonymous 76, 83 f., 140 Anti-same-sex marriage Gesetze 96, 106 ff., 256 Arbeitnehmersozialleistungen (siehe auch spouse) 60 f., 143 ff., 157 f. Auslegung 69, 72, 75, 77 ff., 86, 89 ff., 108, 111, 125, 132 ff., 152, 170, 185,190 f., 195 f., 198,235,284 verfassungskonforme 33 ff., 38, 79 ff., 87 f., 143, 176 Wille des Gesetzgebers 38 f., 78, 195 ff., 203, 259 Wortlaut 33, 38 f., 89, 141 f., 191 - Wandel 35, 38 f., 54, 59, 115, 179, 222, 278, 282 ff. Baehr v. Lewin 26, 74 f., 89 ff., 120 Baehr v. Miike 74, 92 f.
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Baker v. Nelson 76 ff. Baumgartner v. Baumgartner 223 f., 226, 228 ff., 236 berechtigtes Interesse 49 ff. Bowers v. Hardwick 106, 120 Braschi v. Stahl Associates 58, 75, 109, 131 ff., 140, 143, 170,253,257 Canada v. Mossop 193 ff., 204, 209 common law marriage 126 f. conflict oflaws 100 ff., 256 Corbett v. Corbett (orse. Ashley) 175, 217f,241 Dean v. District of Columbia 81, 85 ff., 115 de facto partner 231 ff., 236, 247 de facto relationships 236 ff. act 240 ff., 245 - Eigentum 231, 236, 241 f., 244 - Erbe 233, 244 gleichgeschlechtlicher Partner 232, 238,245 f., 248, 251 ff. - Terminologie 237 f., 241, 247 f. - Unterhalt 236,241 ff., 245, 247 Vermögen 236, 241 f., 247, 249 Defense of Marriage Act 106 ff., 169, 256 Die Schwulen Juristen 33, 43 f., 46, 60 discrirnination siehe Diskriminierung Diskriminierung 42 f., 64, 79 f., 94 f., 176 ff., 193 ff. 208 f., 247, 251 - Anti-Diskrirninierungsgesetze 69 ff., 184,194,247,250 ff., 258 f. Geschlecht 61,81,89,90 ff., 118
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Sachwortverzeichnis
Hmnan Rights Legislation 178, 184, 189, 193 ff., 208 f. sexuelle Orientierung 61, 85 ff., 90, 108,117 f., 145, 166 ff., 176, 178, 180, 192 ff., 208 f., 247, 251 f.,258 domestic partner 154 ff., 270 domestic partnerships 153 ff., 207 f., 248 ff. Domestic Partnership Legislation 75, 108, 123, 153 ff., 168 ff., 208, 258, 270 domestic telationships 231, 238, 248 ff. Domestic Relationship Act 212, 238, 248 ff., 254, 258
Egan v. Canada 177, 193, 198 ff., 205 f., 209 Ehe Begriff 32, 78 ff., 86 ff., 89ff., 113 ff., 141 f., 175, 179 f., 183,215, 276 Definition 32 ff., 38 f., 78 ff., 86 ff., 89 ff., 113 ff., 173, 175 f., 179,215, 220,247 Fortpflanzung 36, 38, 40 f., 81 f., 95 f., 116 f., 119, 141, 146, 180, 182,256,258,281 gleichgeschlechtliche, siehe gleichgeschlechtliche Ehe eheähnliche Lebensgemeinschaft, siehe nichteheliche Lebensgemein-schaft Ehegesetz 32, 40, 76, 86 f., 91 f., 98, 104,106,214 ff., 219 f. Ehehindernis Gleichgeschlechtlichkeit 33 ff. Eheschließungsfreiheit 33, 36, 79 f., 283 Eheschließungsrecht 32, 34, 36 ff., 64 f., 71 ff., 82, 87, 89 f., 95 f., 113 ff., 119,121,172,179,183,214,220 f., 232,256,265,274 ff., 281 ff.
Eheverbote Gleichgeschlechtlichkeit 74 f., 77, 79,81 ff., 94, 97 f., 102 f, 11, 113, 117 ff., 142, 165 ff., 176 ff., 256 strong public policy 103 ff. strict scrutiny 118 f eingetragene Partnerschaft 30, 65 f, 260,262 fT., 272, 277, 279, 285 Eltern - homosexuelle/gleichgeschlechtliche 61 fT., 106, 116, 136 ff., 146 fT., 204 f, 233 fT. - nichteheliche 68 equal protection clause, siehe Gleichbehandlungsgrundsatz Erbrecht 46, 58 f, 68, 112, 142 f, 240, 271 Familie 36, 40 f, 75, 115 f, 122 f., 125, 131 fT., 144 f., 149, 152, 160, 180, 195, 197, 233, 253 f, 257, 273, 280 f Familien(Angehöriger) 52 fT., 67, 131 fT., 160,233,257,263,269 family 132,144 f, 151 f, 165, 185, 188, 194 fT., 209, 232, 235 non-traditional131 fT., 144 redefining the family 131 fT., 170, 188 fT., 232, 236 Forrest v. Price 188 FortpflaIlZ1U1gsflihigkeit 35 f, 38 f, 41, 81 f., 95,116,119,141 f., 146,256, 258,281 full faith and credit clause 109 fT. fundamental right to marry, siehe Eheschließungsfreiheit gay rights 30,94, 113, 161 fT., 167,208 gesellschaftliche Veränderungen, siehe Auslegung Gleichbehandlungsgrundsatz 33, 79, 87, 90 fT., 117 fT., 141, 176, 189 fT.
Sachwortverzeichnis sexuelle Orientierung 176 f., 180, 192, 196, 198 ff., 204 Geliebtentestament 48, 59,257 gleichgeschlechtlich 25 gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft, siehe nichteheliche Lebensgemeinschaft Gleichheitssatz 36, 47, 61, 69 f., 94, 117f., 121, 142, 191,202,210 Haig v. Canada 177, 196, 209 Hanner v. Pearson 230 Homoehe 26 fT. homosexuell, siehe gleichgeschlechtlich Human Rights Legislation, (siehe auch Diskrimierung) 85 fT., 178, 184, 208 f. Hyde v. Hyde & Woodmansee 175,215, 220 Institutsgarantie 284 f. Konkurrenzschutz 276 fT. Verfassungswande1282 Zweckrichtung 280 f. In re Adoption of Robert Paul 150 In the Marriage of C. and D. (false1y called C) 216 fT., 234 In re Cooper 142 f. In re Guardianship of Kowalski 135 ff, 152 Jones v. Hallahan 76,77 fT., 88, 114 Knodel v. British Columbia 189 ff. Kollisionsrecht, siehe conflict of laws Layland v. Ontario 175 ff., 184, 191 Lebensgefahrte 48,127 f., 156 fT. gleichgeschlechtlicher 49 fT., 150, 184,190,194,197,208,277 nichtehelicher 270
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überlebender 52 fT., 131 fT., 142 f., 232 verschiedengeschlechtlicher 49 lesbisch, siehe homosexuell Leschner v. Ontario 189, 192 f. Loving v. Virginia 90 f., 114 f., 180 Marvin v. Marvin 128 fT., 257 Mietvertrag, siehe berechtigtes Interesse Mietwohnung, siehe berechtigtes Interesse Muschinski v. Dodds 227 fT. Nichteheliche Lebensgemeinschaft 34, 36, 46 fT., 52 fT., 55 fT., 60 f., 64, 67 fT., 130, 153 fT., 183, 185 fT., 190 f., 194,201,205,212,222,231, 236 fT., 258, 260 f., 267 fT., 276, 280 Nichteheliche-LebensgemeinschaftGesetz (NeLGG) 67 fT. Overruling 97 fT., 256 Pascoe v. Turner 231 Peter v. Beblow 187 rational basis test 79 f., 82 fT. registrierte Partnerschaft, siehe eingetragene Partnerschaft Registrierung 154 fT., 162 fT., 207, 263, 265 f., 270 Re North and Matheson 173 fT., 181 same-sex-marriage Eheschließungsfreiheit 79 f., 82 fT., 89 f., 95, 113 fT. equal protection c1ause 79, 81, 88 Gleichbehandlungsgrundsatz 79, 87, 90f., 117f., 141, 176 Scheidungsrecht 46 schwul, siehe homosexuell Schwulenbewegung 43 fT., 64
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Sachwortverzeichnis
Schwulenverband in Deutschland (SVD) 33 Singerv. Hara 76 ff, 87, 90,114 Sittengesetz 51 sittenwidrig 40, 46,59,257 Sorgerecht 61 f,68, 106, 146 ff., 204 f, 234 f, 266 spouse, (siehe auch de facto partner) 107,183 f, 188, 194,237,257 Auslegung 185, 190 f, 195, 199, 203,206 gleichgeschlechtlicher Lebenspartner 185, 190 f, 195, 199,201,203, 207,209,237 f putative 236, 238 ff. status 183,209,238 f strict scrutiny test 80, 82, 88, 113, 117, 118 f strong public policy, siehe Eheverbote suspect classification 80 ff, 88, 90 f, 117
Talbot (orse. Poyntz) v. Talbot (orse. Talbot, Mabel) 218 f Testament 59, 125, 142 f transsexuell Eherecht 217 f Sorgerecht 62 trust law 187,225 ff constructive trust 186, 226 ff resulting trust 225 f Umgangsrecht, siehe Sorgerecht Unterhalt 57, 67 f., 112, 205, 210, 235 f, 240 ff., 247, 263 Verfassungsrechtlicher Schutz 36, 38 ff., 51, 82, 91, 113 ff., 178,209, 273, 276 ff, 280 ff, 284 f Verfassungsargument 79 ff., 85, 89 Wandel, siehe Auslegung Wortlautargument 78,85 f, 89