Glaubenslehre: Der evangelische Glaube und sein Weltverständnis [3., neubearb. Aufl., Reprint 2022] 9783112683040


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German Pages 394 [400] Year 1942

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Table of contents :
Aus den Vorworten zur ersten und zweiten Auflage
Vorwort zur dritten Auflage
Inhalt
Sigla und Abkürzungen
Einleitung
1. Die systematische Theologie
2. Die Glaubenslehre
3. Die Quellen der Glaubenslehre
4. Dogmatische Grundlegungen und Lehrbücher
Erster Teil Der evangelische Glaube
5. Der Glaubensbegriff
6. Die Begründung des Glaubens auf Offenbarung
7. Die Lebendigkeit des Glaubens
8. Die Erkenntnis des Glaubens
Zweiter Teil Die evangelische Glaubenserkenntnie
9. Die Anordnung
A. Die Gotteserkenntnis des Glaubens
10. Methodisches
11. Die Urwirklichkeit Gottes
12. Die Heiligkeit Gottes
13. Die Nähe Gottes
14. Die Persönlichkeit Gottes
B. Die Heilserkenntnis des evangelischen Glaubens
15. Allgemeine Züge des christlichen Heilsglaubens
I. Das Heil unter dem Gesichtspunkt der Erlösung
16. Das Selbstverständnis des Menschen im Lichte des Glaubens
17. Der Heilsmittler. Grundsätzliches
18. Die Entwicklung der Lehre vom Heilsmittler im Protestantismus
19. Der evangelische Glaube an den Heilsmittler
20. Der übergeschichtliche Rahmen des geschichtlichen Mittlertums
II. Das Heil unter dem Gesichtspunkt der neuen Schöpfung
21. Das Walten des Heiligen Geistes
22. Die Gnadenmittel der Heilsgemeinde
23. Die christliche Hoffnung
C. Die innere Einheit der evangelischen Glaubenserkenntnis
24. Die Trinitätslehre
25. Die Rechtfertigungslehre
Dritter Teil Das Weltverständnis des evangelischen Glaubens
26. Die Aufgabe
A. Theologie der Religion
27. Das Problem der Fremdreligion
28. Die Stellung des Glaubens zu den Religionen
29. Einheit der Religionsgeschichte?
B. Theologie des allgemeinen Geisteslebens
30. Das Problem des außerreligiösen Geisteslebens
31. Die Stellung des Glaubens zu den Hauptgebieten des allgemeinen Geisteslebens
32. Der Glaube als Rückgrat und Richtmaß des Geistes
C. Theologie des Weltanschauungsstrebens
33. Das christliche Naturverständnis
34. Das christliche Geschichtsverständnis
35. Die Einheit der Welt im Lichte des Glaubens
Schluß
36. Die Wahrheit des Christentums
Personenverzeichnis
Schlagwortverzeichnis
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Glaubenslehre: Der evangelische Glaube und sein Weltverständnis [3., neubearb. Aufl., Reprint 2022]
 9783112683040

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HORST STEPHAN

Glaubens­ lehre Der evangelische Glaube

und sein Weltverständnis

Dritte

neubearbeitete Auflage

SAMMLUNG TÖPELMÄNN D i e Theologie im Abriß-Bands

HORST STEPHAN

Glaubenslehre

Die wissenschaftliche Leitung der Sammlung Töpelmann liegt in den Händen des ord. Professors der Theologie D. Dr. Heinrich Frick, Marburg

Glaubenslehre Der evangelische Glaube «nd sein WeltverstSndnis von

D. Horst Stephan o. Professor in Leipzig

Dritte/ neubearbeitete Auflage

1941

VERLAG VON ALFRED TÖPELMANN • BERLIN W 35

Printcd in Gcrmany Druck von Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35

Aus den Vorworten zur ersten und zweiten Auflage INit einer Monographie über Aufgabe und Methode der systematischen Theologie beschäftigt, erhielt ich die Aufforderung, den Abriß der Glaubens­ lehre für die Sammlung Töpelmann zu schreiben. Ich nahm sie an, weil die praktische Erprobung mir für die Bedürfnisse der schmerzlich veränderten Zeit notwendiger zu sein schien als die grundsätzliche Erörterung. Denn so viele gute Lehrbücher und Grundrisse wir auch besitzen, es bleibt nach bestimmter Richtung eine Lücke,- und sie kam angesichts der heimkehrenden Kämpfer be­

sonders deutlich zum Bewußtsein. Es fehlt ein Buch, das die geschichtliche Art unsers Glaubens und der dogmatischen Arbeit noch kräftiger als ältere mit dem religiösen Erleben und den Fragestellungen der Gegenwart ver­ webt, das dadurch zugleich mit der Eigenart die Weltweite und die Frucht­ barkeit des evangelischen Glaubens noch deutlicher zeigt. Ein solches Buch muß einerseits alle äußere Bindung durch die innere, die in dem stets erneuten Rückgang auf den lebendigen, obschon geschichtserfüllten Glauben liegt, ander­ seits die bloße theoretische Beschäftigung mit modernen Gedanken durch die innere Auseinandersetzung mit den Stoffen und Bedürfnissen der Gegenwart ersetzen, und muß durch eine bessere Gruppierung den organischen Zusammen­ hang der Stoffe schärfer hervortreten lassen. Erst so kann eine wirkliche Glaubenslehre entstehen ... Um dieses Ziel ringt das vorliegende Buch, indem es ohne Rücksicht auf das übliche Schema einfach Wesen, Erkenntnisund Weltanschauungsgehalt des evangelischen Glaubens herauszuarbeiten sucht... von Nitzschs Lehrbuch der Dogmatik, das ich in 3. Auflage 1911s. neu herausgegeben habe, unterscheidet sich die vorliegende Glaubenslehre so stark, daß sie neben ihm wie neben andern großen Lehrbüchern Raum hat. Sie ist mehr auf die Gegenwart eingestellt, ist im einzelnen knapper und umfaßt doch einen größeren Ureis von Problemen,- sie will nicht Nachschlage- und objektives Grientierungsbuch sein, sondern den Leser zur persönlichen Auseinandersetzung zwingen, ihm innerlich vertraut werden. Aus dieser Zielsetzung erklärt sich manches in der Einrichtung des Buches. Es möchte erstens lesbar sein, ohne in Oberflächlichkeit und geistreiches Schlagwort-Spiel zu verfallen,- daher verzichtet es auch auf die naheliegende Raum­ ersparnis durch Kürzungen (abgesehen von so leicht erklärlichen wie neutestl. und alttestl.). Es möchte zweitens die wichtigsten historischen Stoffe zum syste­ matischen Verständnis bringen, ohne mit Ballast zu überschütten; neben der Bibel und der altprotestantischen Üirchenlehre soll vor allem eine ungewöhn­ lich starke Heranziehung Luthers und Schleiermachers das für die theologische

Vorwort

VI

Bildung notwendige feste Gerüst gewinnen helfen. Weggelassen ist, was den Vorlesungen vorbehalten bleiben oder leicht aus den verbreiteten theologischen Lexicis und größeren Lehrbüchern beigebracht werden kann (z. B. die biblio­ graphischen Angaben, vor allem bei den landläufigen Gegenständen, sowie die objektiven Überblicke über die Geschichte und den heutigen Stand der Probleme).

Marburg, Herbst 1920.

... Die geistige Lage selbst hat sich seit dem Erscheinen der ersten Auflage zwar nicht wesentlich gewandelt, aber ihre Besonderheit in der systematischen Theologie weit deutlicher zum Ausdruck gebracht: die neuen Problemstellungen sind in den Mittelpunkt der wissenschaftl chen Erörterung getreten. So drängt heute vieles auf eine vollständige Neugestaltung der Glaubenslehre. Der Sinn dieses Buches kann es nun nicht sein, selbst eine solche zu versuchen. Dafür müßte der Stoff in viel höherem Maße bereits monographisch durchgearbeitet, d. h. das Neue auf seine Richtigkeit und Fruchtbarkeit geprüft sein. Die syste­ matische Theologie tastet in Krisis und Verheißung noch so unsicher, so gegen­ sätzlich vorwärts, daß eine zusammenfassende Glaubenslehre vielmehr gut tut, nicht das Neue, sondern die Kontinuität der Arbeit in den Vordergrund zu stellen. Darin bleibt die zweite Auflage der ersten treu. Immerhin bemüht sie sich auch hier um einen Fortschritt. Sie will noch stärker als die erste helfen, die Überlieferung durch Eintauchung in das Feuer des lebendigen Glaubens flüssig zu machen, ihre gegenwartsmächtigen Inhalte aufzuweisen und so eine umfassende, rein evangelische Neugestaltung der Glaubenslehre vorzube­ reiten. Im Dienste dieses Zieles weist sie überall, soweit es in der Kürze mög­ lich und mit dem Zweck des Buches verträglich ist, auf die gegenwärtige Er­ örterung und ihre neue Problematik hin,- sie gibt an solchen Punkten — nur da — auch dem oft geäußerten Wunsch vermehrter Literatur-Angaben nach. Eine veränderte Grundeinstellung bedeutet dieses Eingehen auf die laufende Erörterung nicht. Wohl aber bekenne ich, daß ich mich in der reinlichen Durch­ führung meiner Grundeinstellung vielfach durch sie, auch durch die „Rand­ bemerkung" der „dialektischen" Theologie, gefördert weiß. Unter den einzelnen Veränderungen fällt am stärksten die Einfügung von zwei neuen Paragraphen auf. Sie will Absichten, die schon in der ersten Auf­ lage lebendig waren, besser und kräftiger in die Tat umsehen, vor allem erhält die „Alleinwirklichkeit Gottes" als der zwar selbstverständliche, aber trotzdem einer besonderen Betonung bedürfende Grundinhalt der gesamten Glaubens­ erkenntnis einen eigenen Paragraphen (11). Ferner ist meine Darstellung der Eschatologie so falsch verstanden worden, daß ich diesmal vorziehe, die beiden Funktionen der überlieferten Eschatologie, d. h. die Beziehung einerseits auf das sachlich „Letzte" (§ 15), anderseits auf das zeitlich „Letzte" (§ 23), getrennt zu behandeln; nur so tritt deutlich zutage, daß der Sinn der „Hoffnung" durch­ aus nicht erschöpft wird, wenn man ihre Vorstellungen lediglich als Symbole des sachlich „Letzten" versteht.

Vorwort

VII

voll befriedigt bin ich durch all die vorgenommenen Verbesserungen nicht... Ich tröste mich (wenn es ein Trost ist) in diesen und ähnlichen Schwie­ rigkeiten einigermaßen damit, daß ein Luch wie das vorliegende nicht den Ehr­ geiz haben kann, das zu leisten, was die gesamte systematische Theologie der Gegenwart noch nicht leistet. (Es muß und will in aller Bescheidenheit das Ringen spiegeln, in dem diese sich befindet, und damit seinerseits bezeugen, daß auch die heutige Theologie nicht im wordensein, sondern im werden steht ... Leipzig, Oktober 1927.

Vorwort zur dritten Auflage Einst als Beitrag zum Kampf um die innere wiederaufrichtung unsers Volkes gedacht, darf das Buch seine dritte Fahrt zur Zeit der äußeren wiederaufrichtung des Reiches beginnen. Rber in dieser Wendung der Lage, die neue Möglichkeiten von unerhörter weite erschließt, bleibt die alte Rufgabe: evan­ gelischer Glaube weiß sich dem für die gerechtere Neuordnung Europas kämp­ fenden Volke ebenso gesandt wie dem, das alle Kraft an die eigene wiederauftichtung wandle. Könnte unser Volk die Sendung, an die es glaubt, er­ füllen, wenn es darüber das Beste verlöre, womit Gott es für seinen schicksals­ vollen weg gesegnet hat? So ringen wir aufs neue um das rechte Verständnis des christlichen Glaubens, das uns stark zu werden hilft „am inwendigen Men­ schen" für die kommenden Zeilen geschichtlichen Rufbaus. Zu einer Neubearbeitung wurde auch die dritte Ruflage. Sie führt auf den wegen der früheren ein gut Stück weiter, indem sie an vielen Stellen die Stollen tiefer zu treiben versucht und die lebhafte dogmatische Erörterung der Gegenwart sowohl ausdrücklicher wie umfassender berücksichtigt. Entspre­ chend wird noch häufiger als bisher versucht, Erkenntnisse Luthers fruchtbar zu machens. Ruch die Literaturangaben sind erheblich vermehrt — doch ohne Rnspruch auf Vollständigkeit und unter der Voraussetzung, daß jede weitere Durchdenkung der behandelten Fragen zunächst die großen Nachschlagewerke heranzieht,- besonders bemüht habe ich mich, auch solche Stimmen zur Geltung zu bringen, die in der üblichen dogmatischen Erörterung nicht beachtet werden. Da das Manuskript schon im herbst 1939 abgeschlossen wurde, konnten so manche, auch wichtige Schriften zwar nachträglich noch genannt, aber nicht mehr verarbeitet werden. Rm stärksten fallen gewisse Änderungen der Terminologie und der Para­ graphenzählung ins Rüge. Terminologisch ist z. B. „Weltanschauung" durch „Weltverständnis" (s. § 26, 4), „Rlleinwirklichkeit" durch „Urwirklichkeit" Gotx) Vie Lutherzitate' sind jetzt sämtlich auf die Weimarer Ausgabe umgestellt (einschl. Tischreden und Briefe); auf diese beziehen sich also die Stellenangaben, wo nicht ausdrücklich ein anderer Fundort genannt wird. Bei manchen Stellen ist die Echtheit des Wortlauts fraglich; die Gedanken aber sind überall echt lutherisch.

Vorwort

VIII

tes (§10,3) ersetzt. Die mit §25 beginnende Zahlenverschiebung folgte aus dem Entschluß, die Prädestinationslehre bereits unter den „allgemeinen Zügen des christlichen Heilsglaubens" (§15,- vgl. §9,2) zu erörtern. Im letzten Teil ist ein ganzer Paragraph (34, Das christliche Verständnis der Ge­ schichte) neu eingefüqt,- dafür wurde der Inhalt der früheren §§35.36 in dem neuen §35 einheitlich zusammengefaßt. Don kleineren Abschnitten ist völlig neu die kurze Heranziehung der polytheistischen, insbesondere der germa­ nischen Religion (§ 28, 3). Inhaltlich dienen die meisten Änderungen dem Wunsche, durch schärfere Fassung oder durch Ergänzungen Mißverständnisse zu überwinden und die alten Ziele des Ruches noch eindrücklicher zu verwirklichen. Im Kern geht es dabei nach drei Seiten hin um Klärung der Gffenbarungsbezogenheit des christlichen Glaubens: 1. um die endgiltige Befreiung von den Einflüssen des antik-biblischen Weltbilds,- 2. um die Einheit von Geschichtlichkeit und Gegen­ wärtigkeit,- 3. um das Verhältnis zur natürlichen Religion, die in Ehristus zu­ gleich ihr Gericht und ihre neugebärende Erfüllung findet (vgl. meine Ge­ schichte der evang. Theologie seit dem Deutschen Idealismus, 1938). Rn diesen Punkten muß es sich entscheiden, ob der Geist in unserm Glauben lebenschaffen­ de Macht ist (2 Kor 3 6 Zoh 6 63), und ob wir den notwendigen Kampf um die Bewahrung des Dätererbes als Kampf um die Wahrheit zu führen ver­ mögen. von ihnen ist auch die Möglichkeit verständnisvollen Dienstes an den uns Christen in der Welt gestellten Aufgaben und damit die Berechtigung christlicher Volkskirchen für die Zukunft bedingt. Denn nur der aus den letzten Tiefen der christlichen Botschaft entspringende, in der evangelischen Rechtfertigungslehre gemeinte Gottes- und Heilsglaube führt zu dem Welt­ verständnis, das die Röte der Gegenwart zu überwinden vermag. Das vor­ liegende Buch jedenfalls ist so sehr von dieser Gewißheit getragen, daß nur der es ganz verstehen kann, der sich die Mühe macht, nicht nur den ersten und zweiten, sondern auch den dritten Teil wirklich zu lesen. Die große stoffliche Bereicherung, die aus den Ergänzungen und Änderun­ gen erwuchs, machte anderseits eine durchgreifende formale Kürzung des Ganzen notwendig. Sie ist so radikal vollzogen worden, daß sie nicht nur Platz für die neuen Stoffe schaffte, sondern darüber hinaus eine beträchtliche Raum­ ersparnis erreichte. Allerdings muß ich fürchten, dadurch zuweilen das Verständnis erschwert zu haben. Sollte dies schon für die Schriftbenutzung gelten, so bitte ich hierzu den Aufsatz „Die historische Schriftbetrachtung als kirchliche Funktion" zu vergleichen, der Anfang 1941 in den Theologischen Blättern erscheinen soll. Für wertvolle Anregungen (teils in Rezensionen, teils brieflich und münd­ lich) habe ich vor allem den Herren Kollegen DD. Althaus, Baetke, h. Frick, E. Weber und wobbermin, sowie Herrn Pfarrer Dr. theol. Martin Schmidt (Kleinröhrsdorf) zu danken. Diesem jungen Freunde verdanken die Leser auch das Schlagwort-, meiner lieben Frau das Personenverzeichnis.

Leipzig, September 1940. horst Stephan.

Anhalt Seite

Einleitung...............................................................................................

1—30

§ 1: Die systematische Theologie...........................................................

1—11

1. Ihre enzyklopädische Stellung........................................... a) Innerhalb der Theologie 1 b) Das Verhältnis zur Philo­ sophie 2 2. Die beiden Wege der Religionssystematik........................... a) Die Religionsphilosophie 3 b) Die Glaubenslehre 3 3. Das Verhältnis der Glaubenslehre zur Religionsphilosophie a) Die Besonderheit der Religionsphilosophie 4 b) Die Be­ sonderheit der Glaubenslehre 6 c) Ergänzung und Selb­ ständigkeit beider Wege 6 4. Geschichtliches....................................................................... a) ältere Ansätze 8 b) Die Scheidung der Wege 9 c) Die Nachkriegstheologie 10

1—3

3—4 4—8

8—11

§2: Die Glaubenslehre................................................................................11—20

1. Ihre Aufgabe............................................................................ 11—13 a) Umfang und heutiger Sinn 11 b) Name 12 2. Ihr normativer Charakter................................................... 13—16 a) Die Notwendigkeit der Normbildung 13 b) Die Wittel und Schwierigkeiten der Normierung 14 c) Geschichtliches 15 3. Der Aufbau........................................................................... 16—18 4. Das Verhältnis zu den systematischen Nachbarwissenschaften (Symbolik, Apologetik, Ethik)...............................................18—20

§ 3: Die Quellen der Glaubenslehre........................................................20—27 1. Das objektivistische Verfahren (Bibel und Dogma) .... 20—22 2. Das subjektivistische Verfahren (Bewußtsein, Erfahrung, Er­ lebnis) ........................................................................................22—24 3. Ergebnis............................................................................... 24—27 a) Die Verbindung beider Wotive 24 b) Zur Benutzung der Quellen 26

8 4: Dogmatische Grundlegungen und Lehrbücher............................ 27—30 1. 2. 3. 4. 5.

Allgemeine geschichtliche Überblicke................................... 27 Aus Reformation und Altprotestantismus....................... 27—28 von Kant und Schleiermacher bis etwa 1870 ................... 28—29 von A. Ritschl bis zum Weltkrieg....................................... 29 Seit dem Weltkrieg............................................................... 30

X

Inhalt

Erster Teil: Der evangelische Glaube.......................... si-ss § 5: Der Glaubensbegriff...................................................................... 31—44 1. Luthers Glaube........................................................................ 31—37 a) Sein biblisches Gepräge 31 b) Zeugnisse Luthers 32 2. ctus der weiteren Geschichte des Begriffs............................ 34—39 a) Reformationszeit 34 b) Orthodoxe Dogmatik 35 c) Um­ formung und Rückwendung zu Luther 37 3. Vas evangelische Verständnis............................................... 39—44 a) Die seelische strt des Glaubens 39 b) Vie Sachbestimmtheit des Glaubens 41

§ 6: Die Begründung des Glaubens auf Offenbarung....................... 44—65 1. Die Rrt der Glaubens-Begründung.................................... 44—48 a) Die Aufgabe 44 b) Die Rolle der Philosophie 46 2. Falsche Begründungen auf Offenbarung............................48—51 a) Subjektivistische Verzerrungen 48 b) Objektivistische Ver­ zerrungen 49 c) Dos innere Wunder 50 3. Die Begründung auf das Offenbarungszeugnis der Gemeinde 52—53 a) Das Zeugnis der Gegenwartsgemeinde 52 b) Die bibli­ schen Zeugen 53 4. Die Begründung des Glaubens auf Gottes Offenbarung in Jesus....................................................................................... 53—56 5. Der christliche Gffenbarungsbegriff................................... 56—65 a) Die biblischen Ausgangspunkte 57 b) Rus der Geschichte des Begriffs 58 c) Das evangelische Verständnis 62 c) Christusoffenbarung und natürliche Offenbarung 63

§ 7: Die Lebendigkeit des Glaubens.................................................... 65—75 1. Der Wesensgrund der Lebendigkeit ................................ 65—68 2. Die Ruswirkung im natürlichen Leben................................68—71 a) Das Spannungsverhältnis des Glaubens zur Natur 68 b) Die gegensätzlichen Mißverständnisse 69 3. Die Ruswirkung im geistigen Leben................................ 71—73 4. Die Mannigfaltigkeit des Glaubens.................................... 73—75

§ 8: Die Erkenntnis des Glaubens........................................................75—83 1. Der Anspruch des Glaubens auf Erkenntnis.................... 75—78 a) Der ursprüngliche Anspruch und seine Preisgabe 75 b) Die Neuentdeckung der Glaubenserkenntnis 76 2. Die persönliche (existenzielle) Rrt der Glaubenserkenntnis 78—80 3. Die bildhafte Rrt der Glaubenserkenntnis........................ 80—83

Zweiter Teil: Die evangelische Glaubenserkenntnis . . . 84—250 §9: Die Anordnung..............................................................................84—88 1. historischer Überblick............................................................84—86 a) Die ältesten Ansätze 84 b) Straffere Sgstembildungen 85 c) Auflösung des Sgstemtriebs 86 2. Die sachgemäße Anordnung................................................ 86—88

Inhalt

A. Die ©ottesertenntnis des Glaubens

XI 88—134

§ 10: Methodisches.................................................................................88—98 1. Sinn und Un-Sinn des Kampfes gegen die natürliche Theo­ logie ................................................................................. a) Die Ausrichtung der Gotteserkenntnis an Jesus Christus 88 b) Das Verhältnis der christlichen zur „natürlichen" Gottes­ erkenntnis 89 c) Ergebnis 91 2. Die dogmatischen Hauptsitze der natürlichen Theologie . . a) Der Begriff der articuli mixti 92 b) Die Lehre von den tres viae 92 c) Die Gottesbeweise 92 d) Wesen und Eigen­ schaften Gottes 95 3. Art und Ordnung der Aussagen a) Grundsätzliches 96 b) Die positive Gestaltung 97

§11: Die Urrvirklichteit Gottes

88—92

92—96

96—98 98—106

1. Der Sinn der Aussage 98—101 2. Die dogmatischen Bezeichnungen 101—106 a) Wesens-Aussagen 101 b) Die Schöpfung 103 c) Erhal­ tung und Schöpfung 105

§ 12: Die Heiligkeit Gottes 1. Der Begriff der Heiligkeit 2. Gottes Allmacht 3. Gottes Allgegenwart in Raum und Zeit a) Allgegenwart im Raum 111 b) Die Ewigkeit 112 4. Gottes Urgeistigkeit a) Auf dem Gebiete der Erkenntnis 114 b) Des Ästheti­ schen 115 c) Des Sittlichen 115

§ 13: Die Nähe Gottes 1. Der Begriff der Nähe Gottes 2. Gott als Liebe a) Die Paradoxie 119 b) Der Inhalt 119 c) Die Bilder für die Liebe Gottes 120 3. Güte, Vorsehung, Weltregierung Gottes a) Die Güte 122 b) Die Vorsehung 122 c) Weltregierung: Theodizee 124 4. Die Engel

§14: Die Persönlichkeit Gottes 1. Personalismus und Impersonalismus 2. Der christliche Sinn der Aussage

107—116 107—109 109—110 110—113

114—116

116—127

116—118 118—121

121—126

126—127

127—134 127—131 131—134

B. Die Heilserkenntnis des evangelischen Glaubens . 134—236 § 15: Allgemeine Züge des christlichen Heilsglaubens

134—151

1. Die Bedeutung des Heils im Christentum 134—139 a) Der Gedanke der Erlösung 134 b) Der Gedanke der neuen Schöpfung 136 c) Die geschichtliche Art des Heils (Gesetz und Evangelium) 157

Inhalt

XII

2. Urstand und Eschaton 139—145 a) Der überlieferte Rahmen der Heilsgeschichte 139 b) Die Aussage des Glaubens 141 3. Die Gnadenwahl („Prädestination") 145—151 a) Der Sinn des Gedankens 145 b) Augustin und die Refor­ matoren 146 c) Reue Umbildungen 149 I. Das heil unter dem Gesichtspunkt der Erlösung

151—201

§ 16: Das Selbstverständnis des Menschen im Lichte des Glaubens 151—166

1. Die altprotestantische Uirchentehre a) Der Urstand als Maßstab 151 b) Die eigentliche Sünden­ lehre 153 c) Krisis der altprotestantischen Lehre 153 2. Die natürliche Not des Menschen 3. Die religiös-sittliche Not des Menschen a) Unsere Not als Sünde 157 b) Das Mesen der Sünde 158 c) Die überindividuelle und überempirische Macht der Sünde 159 d) Sünde und Schuld 161 4. Die natürliche im Lichte der religiös-sittlichen Not .... a) Die evangelisch-christliche Auffassung 162 b) vergleich mit anderen Religionen und Konfessionen 163 5. Das Dämonische

1. Die geschichtlich-persönliche heilrvermittluna 2. Die historischen Schwierigkeiten 3. Person und Werk Jesu

der

Lehre vom

154—157 157—162

162—164

164—166 166—172

§17: Der heilsmittler. Grundsätzliches

§ 18: Die Entwicklung testantismus

151—154

166—168 168—171 171—172

heilsmittler im Pro­

1. Die allprotestantische Rachenlehre a) De persona Christi 173 b) De munere tripiici 176 2. Neue Ansätze a) Christologie 179 b) Das Werk Jesu 182

§ 19: Der evangelische Glaube an den heilsmittler

172—185 172—179

179—185

185—196

1. Das Mittlertum Jesu 185—192 a) Die Bedeutung der Amterlehre 185 b) Das prophetische Amt 186 c) Das priesterliche Amt 187 d) Das königliche Amt 190 e) Ergebnis 191 2. Die Person Jesu 192—196 a) Die persönliche Einheit seines wirkens 192 b) Gott in Jesus 193 c) Dogmatische Zormulierungsversuche 195

§20: Der übergeschichtliche Rahmen des geschichtlichen Mittler­ tums

196—201

1. Der Ursprung Jesu 197—198 a) Die Präexistenz 197 b) Die vaterlose Geburt 198 2. Der Ausgang Jesu 199—201 a) Höllen- und Himmelschrt 199 b) Die Auferweckung 199 c) Die Erhöhung zur Rechnen Gotter 201

Inhalt

XIII

II. Das heil unter dem Gesichtspunkt der neuen Schöpfung. . . 202—236

§ 21: Das walten des heiligen Geistes

202—214

1. Der Begriff des heiligen Geistes 202—206 a) Die Überlieferung 202 b) Die neutstl. Aussagen 203 c) Der Sinn des Begriffs 204 d) Geist und Mgstik 206 2. Der heilige Geist in der Gemeinde (Kirche) 206—210 a) Geist und Gemeinde 206 b) Gemeinde und Kirche 208 3. Die individuelle Auswirkung des Geistes 210—214 a) Allgemeines 210 b) Der ordo salutis (Heilsordnung) 211 c) Die Heiligung 212

§ 22: Die Gnadenmittel der Heilsgemeinde

215—227

1. Der Sinn der Gnadenmittel 2. Das Wort Gottes a) Aus der Geschichte der Lehre 216 b) Gotteswort und Bibel 217 3. Die Sakramente ......................................... a) Die vorprotestantische Entwicklung 220 b) Die protestan­ tische Überlieferung 221 c) Die evangelische Deutung 222 4. Die Taufe 5. Das Abendmahl § 23: Die christliche Hoffnung 1. 2. 3. a)

215—216 216—220 220—224

224—225 225—227

227—236

Sinn und Methode evangelischer Hoffnungslehre 227—229 Die protestantische Überlieferung (de novissimis) .... 229—231 Die Hoffnungsgedanken des evangelischen Glaubens . . . 231—236 Das Reich Gottes 231 b) Das ewige Leben 232

C. Die innere Einheit der evangelischen Glaubens­ erkenntnis 236—250 § 24: Die Trinitatslehre

1. Die Kirchenlehre 2. Kritische Würdigung 3. Heuere Umbildungsversuche §25: Die Rechtfertigungslehre 1. Der Sinn der Rechtfertigungslehre 2. Schwierigkeit, Derengung und Zersetzung 3. Ansätze zur Heubegründung

236—242

236—238 238—240 240—242 243—250

. 243—245 245—248 248—250

Dritter Teil: Das Weltverständnis des evangelischen Glaubens 251-361 § 26: Die Aufgabe

1. Ihre Hotwendigkeit 2. Der Begriff der Welt

251—261 250—251 252—254

XIV

Inhalt 3. Das wissenschaftliche Weltbild 254—258 a) Seine Unentbehrlichkeit und Selbständigkeit 254 b) Die Schranken des Weltbilds 256 4. Weltanschauung und Weltverständnis 258—261

A. Theologie der Religion

261—292

§ 27: Das Problem der Zremdreligion

261—267

1. Der Eindruck der Tatsachen 261—262 2. frühere Auffassungen der Zremdreligion im Christentum 262—265 3. Zur Einstellung der Glaubenslehre 265—267 a) Methodische Grundsätze 265 b) Die Hilfe der Religions­ wissenschaft 265

§ 28: Die Stellung des Glaubens zu den Religionen 1. Die Prophetie 2. Die höhen der natürlichen Religion a) Die philosophische Vildungsreligion 271 b) Die Mgstik 272 c) Die Offenbarung in der natürlichen Hochreligion 276 3. Die polytheistische Dolksreligion 4. Die Religion der primitiven

§ 29: Einheit der Religionsgeschichte?

267—281 267—270 270—277

277—279 279—281 281—292

1. Der Allgemeinbegriff der Religion 281—284 2. Mannigfaltigkeit und Einheit der Religionen 284—288 a) Individualisierungs- und Entwicklungstheorien 284 b) Maßstab und Ziel 286 3. Das Christentum als die Wettreligion 288—292 a) Der Absolutheitsanspruch 288 b) Der christliche Glaube als Gericht und Erfüllung der Religionen 289

L. Theologie des allgemeinen Geisteslebens

293—320

§ 30: Das Problem des außerreligiösen Geisteslebens

293—299

1. Die Aufgabe 293—294 2. Die Schwierigkeiten 294—299 a) Doraussetzungen 294 b) Assimilierbare und nicht assi­ milierbare Theorien 295

§ 31: Die Stellung des Glaubens zu den hauptgebieten des all­ gemeinen Geisteslebens 299—310 1. Das Gebiet des Logischen 2. Das Gebiet des Ästhetischen

299—303 303—306

3. Das Gebiet des Sittlichen 4. Zremdgeistige Zehldeutungen der Religion

306—308 308—310

§ 32: Der Glaube als Rückgrat und Richtmaß des Geistes .... 311—320 1. Geist und heiliger Geist 311—313 2. Die Stellung der Religion im Geistesleben 313—317 a) Die verschiedene Einstellung der Religionen 313 b) Die evangelisch-christliche Deutung 314

Inhalt

XV

3. Das Wesen der Religion 317—320 a) Der Normbegriff 317 b) Das Problem des Apriori 320

C. Theologie des weltanschauungsstrebens

321—361

§ 33: Das christliche Verständnis der Natur

321—327

1. Zur Problematik des Naturbegriffs 321—322 2. Das christliche Naturverständnis in der Vergangenheit . . . 323—325 3. Die evangelische Wertung der Natur 325—327 § 34: Das christliche Verständnis der Geschichte

327—339

1. Zur Problematik des Geschichtsbegriffs 327—329 2. Das christliche Geschichtsverständnis in der Vergangenheit . 329—332 3. Das evangelische Verständnis der Geschichte 332—339 a) Die Geschichtlichkeit des Menschen 333 b) Der Sinn der Geschichte 337 § 35: Die Einheit der Welt im Lichte des Glaubens

339—361

1. Der christliche Gedanke der Welteinheit 339—345 a) Die Einheit des woher 339 b) Die Einheit des wohin 341 c) Ansätze innerhalb der dogmatischen Überlieferung 345

2. Der Entwicklungsgedanke 346—354 a) Seine Faktoren 346 b) Die evangelische Deutung 348 c) Das Wunder 351 3. Andere philosophische Einheitsversuche 354—361 a) Immanenz und Transzendenz 354 b) „Christlicher Idea­ lismus" und „gläubiger Realismus" 355 c) Der letzte Sinn des Weltanschauungsringens 359

Schluh §36: Die Wahrheit des Christentums

361—369

1. Der Sinn der Wahrheitsfrage 361—365 a) Der allgemeine Begriff der Wahrheit 361 b) Der Wahr­ heitsbegriff im christlichen Glauben 363 2. Die Anwendung auf die Wahrheit des Christentums . . . 365—369 a) Grundsätzliches 365 b) Die Bewährung 367 Personenverzeichnis

370—374

Schlagwortverzeichnis

374—379

Sigla und Abkürzungen AT = Altes Testament, NT = Neues Testament. RGG = Die Religion in Geschichte und Gegenwart (H909—13; 21927—32).

RE = Realenzgklopädie für prot. Theologie und Rirche. TR = Tischreden Luthers (in der Weimarer Ausgabe).

ZTHR = Zeitschrift für Theologie und Nirche. ZsgstTH = Zeitschrift für systematische Theologie.

Zw.d.Z. = Zwischen den Zeiten.

Einleitung

§ 1. Die systematische Theologiex) 1. Ihre enzyklopädische Stellung. Die Glaubenslehre ist systematische Theologie, wissenschaftliche Selbstbesinnung des evangelischen Glaubens auf sein Wesen, seinen Grund und Inhalt. Sie zeigt nicht den empirisch-geschicht­ lichen Zusammenhang, der die Welt des Christentums unter den Gesichts­ punkten der Zeitfolge und der genetischen Entwicklung verbindet, sondern den sachlichen Zusammenhang, der alle Einzelformen und Einzelinhalte als Glieder eines einheitlichen Ganzen verstehen lehrt. Damit ist die enzgklopädischeStellung der systematischen Theologie gegeben, a) Innerhalb der Theologie. Sie setzt den Überblick über die Tat­ sachenwelt des Christentums voraus, den die geschichtliche Wissenschaft, ein­ schließlich ihrer psychologischen Arbeit, bietet. Sie erbaut sich also auf dem Grunde der historischen Theologie, d. h. der geschichtlichen Selbst­ besinnung des Glaubens, und würde ohne diese Gründung im Bodenlosen schweben. Za sie wird von der historischen Theologie als Fortsetzung ihrer Krbeit gefordert. Denn sie sucht die Fragen zu beantworten, die von dieser aufgeworfen, aber nicht gelost werden, untersucht ihre Begriffe, prüft ihre Methoden, sichtet ihre Stoffe, klärt ihre Ergebnisse unter grundsätzlichen Ge­ sichtspunkten. So hilft sie am besten dem evangelischen Christentum zum einheitlichen Verständnis des ihm geschenkten Inhalts. Oer Zusammenhang der systematischen und der historischen Theologie ist so eng, daß es der beide verbindenden Sgmbolik (§ 2, 4a) überlassen bleiben muß, das „Wesen" des Christentums und des Protestantismus aufzuweisen2). Eine Zwischenstellung nimmt die Religionspsgchologie ein. Doch hat sie noch kein scharf umrissenes, festes Gepräge. Sofern sie dazu neigt, eine besondere Disziplin zu werden, die durch Fremd- und Selbstbeobachtung, durch statistische und experimentelle Untersuchungen unsere Kenntnis der Tatsachen bereichert?), tritt sie neben die historische Theologie, gehört also *) vorausgesetzt ist die Auffassung der Theologie als selbständiger Funktion der christlichen Gemeinde. So hat schon Schleiermacher den Begriff neu verstanden, und die gegenwärtige Erörterung bewegt sich, im Gegensatz zur religionswissen­ schaftlichen Auffassung, auf derselben Bahn. 2) Die Glaubenslehre leistet ihren Beitrag dazu vor allem bei der Erörterung des evangelischen Glaubens, des Christentums als der Weltreligion und der Wahrheit des Christentums (§§5f. 15. 29, 1 u. 3. 36). vgl. RGG 4; Wobbermin, Methoden der rel.-psgch. Arbeit, 1921 (in Abder­ haldens Handbuch d. biolog. Arbeitsmethoden); Gruehn, Religionspsgchologie, 1926; Üeligionspsgchologie, Veröffentlichungen des wiener rel.-psgch. Forschungsinstituts, Hrsg, von K. Veth, seit 1926. — vgl. §5, 3a. Stephan, Glaubenslehre. 3. stufl.

2

Einleitung

mit zur Grundlage der systematischen. Sofern sie aus der Sülle der tatsächlichen Erscheinungen bestimmte Tgpen herausarbeitet und vergleicht, beginnt sie bereits die systematische Ourchdenkung des Stoffes, bedeutet also eine Hit Übergang von der historischen zur systematischen Theologie. Ihre umfassendste Bedeutung aber hat sie als Einschlag der Methode, sofern sie überall von den $oimen, auch den Vorstellungen und Gedanken, auf das innere Leben einerseits der Religion und des christlichen Glaubens selbst, anderseits der empirischen religiösen Individuen und Gemeinschaften zurückführt, also die organischen Zusammenhänge des religiösen Lebens aufgräbt. 3n diesem Sinn gehört die Religionspsgchologie zwar nicht entscheidend, aber mithelfend zum Rüstzeug der systematischen Theologie. b) Vas Verhältnis zur Philosophie. Es ist sehr viel schwieriger zu bestimmen. Natürlich laufen, wie zwischen allen Gebieten der Wissenschaft x), so zwischen systematischer Theologie und Philosophie zahlreiche Verbindungs­ fäden. Insofern ist auch die systematische Theologie abhängig von der Philo­ sophie- ihr Betrieb seht philosophische Bildung voraus. Hber das gilt nur in dem allgemeinen Sinn der gegenseitigen Verflechtung aller Wissenschaften, dazu in dem besonderen formalen, daß die Logik gewisse Voraussetzungen aller Systematik bearbeitet, und in dem besonderen inhaltlichen, daß die Philosophie als Sammelbecken aller weltanschaulichen Hnsätze zahlreiche Stoffe und Hnregungen gibt- nicht in dem anderen Sinn, der vielfach die systematische Bearbeitung des religiösen Gebiets verdorben hat, nämlich in dem einer Übernahme philosophischer Methoden oder gar eines inhaltlichen Hufbaus auf philosophische Sätze. Cs gilt hier dieselbe Regel wie überall: soll die Be­ ziehung eines Gebiets zur Philosophie sachlich ftuchtbar werden, so wird die Philosophie zunächst ihrerseits von seiner fachwissenschaftlichen Bearbeitung zu lernen suchen, wie sie, um über das Sittliche sprechen zu können, selbst­ verständlich seine Phänomene studiert, so muß sie vor der Ourchdenkung der religiösen Gebiets sich zunächst mit dessen wissenschaftlicher, auch systematischer Sachbearbeitung ernsthaft auseinandersetzen. Entweder die Philosophie ver­ zichtet ihrerseits auf die Behandlung der Religion, dann schränken sich die Beziehungen der systematischen Theologie zu ihr auf formale Linien ein; es entsteht eine Scheidung, die zwar den Vorzug der Klarheit zu haben scheint, aber die Behandlung der gemeinsamen Jragen (vor allem in Hnthropologie, Ethik, Metaphysik) schädigt. Oder die Philosophie zieht mit dem ganzen Bestand des menschlichen Daseins auch die Religion in ihr Bereich, dann muß Ob und inwiefern Philosophie als eigentliche „Wissenschaft" im strengen Sinn 6es Wortes gelten darf, kann hier nicht erörtert werden, wir brauchen diesen Begriff in dem weiteren Sinne, der neben der eigentlichen Tatsachenforschung auch alle normativ-sgstematische Verarbeitung der Tatsachen und ihrer Erforschung nut einschließt. Ze mehr Philosophie der Normen und Maßstäbe bedarf, desto mehr gibt sie der persönlichen Entscheidung, dem vorwissenschaftlichen „Standpunkt" und der Gesinnungstat Raum, desto stärker ist sie aber auch genötigt, wissenschaftliche Selbst­ besinnung des Menschen zu werden („ein Denken, das im wissen zugleich mich erinnert, wach macht, zu mir selbst bringt, mich verwandelt", Jaspers, Existenz­ philosophie, S. 2), verliert sie die Hllgemeingültigkeit im gewöhnlichen Sinne des Wortes und rückt in die Nähe der Religion. — vgl. §§ 26. 30ff. 35.

§1

Die systematische Theologie

3

sie, um nicht in einen mehr oder weniger geistvollen Dilettantismus zu fallen, mit allem Ernst von deren systematischer Selbftflärung lernen; nur so wird sie dieser auch ihrerseits gute Gaben schenken sönnenx). wenn die Philosophie diese Regel sehr unzureichend befolgt hat, so ist das mit in den Schwierigkeiten begründet, die der systematischen Selbstbe­ sinnung der Religion und des christlichen Glaubens noch immer anhaften. Denn diese leidet erstens unter der Spannung, die sich aus dem Gegensatz zwischen dem Streben der Wissenschaft nach Allgemeingültigkeit und der ge­ schichtlichen, darum auch partikularen Art aller lebendigen Religion ergibt; sie ist zweitens in besonderem Maße durch die Nachwirkung veralteter wissen­ schaftlicher Methoden belastet. 2. Vie beiden Wege der Religionssystematik. Um vorläufig nach einer wichtigen Seite die Lage zu entwirren, unterscheiden wir zwei Arbeits­ weisen in der systematischen Durchdenkung des religiösen Gebiets, die der Religionsphilosophie und die der Glaubenslehre. Bei dem Verständnis ihrer gegenseitigen Abgrenzung kommt alles auf den Ausgangspunkt an. a) Die Religionsphilosophie. Sie verwertet, seit sie sich gegenüber der philosophischen Metaphysik und der positivistischen Anthropologie ver­ selbständigt, d. h. grundsätzlich von natürlicher Religion und Religionsfeind­ schaft gelost hat?), die ganze Sülle der religionsgeschichtlich-psychologisch beschafften und in umfassender Phänomenologie gesichteten Stoffe als ihre Grundlage. Sie weiß sich daher als Glied der allgemeinen Religionswissen­ schaft, die alle Religionen gleichmäßig bearbeiten und würdigen mochte, über der Systematik der einzelnen Religionen zeigt sie bestimmte Typen auf, stellt Gemeinsames und Gegensätzliches heraus und strebt zu einem Religions­ begriff empor, der nun Verbindung mit dem allgemeinen System des Geistes sucht. Der bunte Reichtum und die Schwierigkeit der Religionswissenschaft schreien nach solch universaler Religionsphilosophie. Darum waren und sind bedeutende Vertreter der systematischen Theologie (Troeltsch) bestrebt, ihre Wissenschaft nach dieser Richtung auszuweiten. Das systematische Verständnis des Christentums als solchen, die eigentliche Hauptaufgabe der systematischen Theologie, sinkt dann zu einer bloßen Teilaufgabe herab, wenn man ihr dennoch eine Vorzugsstellung widmet, so kann das in diesem Zusammenhang nur praktisch begründet werden: das Christentum zählt die meisten Interessen­ ten einer solchen Wissenschaft und hat sowohl die reichste Eigenentwicklung wie die engste Verbindung mit dem allgemeinen Geistesleben. Die Universali­ tät und die neutrale Haltung gegenüber den verschiedenen Religionen soll dadurch grundsätzlich in keiner weise beeinträchtigt werden. b) Die Glaubenslehre. Allein die ursprüngliche Absicht der syste­ matischen Theologie ist eine andere. Sie entspringt nicht einem vorbedachten, rational-konstruktiven, gegenüber den einzelnen Lebensinteressen neutralen

T) wer die Notwendigkeit positiver Wechselbeziehung nickt aus den Schäden erkennt, die ihr versagen im 19. Jahrh, verursacht hat, den sollte die Tatsache der modernen „Existenz"-Philosophie darüber belehren. 2) Doch versuchen neue Wellen natürlicher Religion stets auch wieder die Reli­ gionsphilosophie in ihren Dienst zu stellen; vgl. heute z. B. Hauer und Kried. 1*

4

Einleitung

Wissenschaftsgedanken, sondern dem Druck und Reiz bestimmter Rufgaben, die das Leben selbst emporwirbelt. Der christliche Glaube verlangt für den Vollzug seines Auftrags zusammenhängendes Verständnis, daher systematische Ourchdenkung seines Inhalts, d. h. Glaubenslehre. Ruch für die fremden Religionen und Geistesfunktionen interessiert er sich dabei, aber nur insofern, als sie seinen weg kreuzen, durch Vergleichsstoff sein Selbstverständnis erleich­ tern, und wie jedes Stück der Wirklichkeit von seinem universal ausgespann­ ten Gottesglauben Deutung fordern. Rnsähe solcher Glaubenslehre finden sich schon bei Paulus. Oie Tat­ sachen der erlebten Offenbarung und eigenen Geschichte sowie die der alttstl. und heidnischen Welt reizen ihn zur Durchdenkung im Dienste der Verkündi­ gung,- je weiter sein Gesichtskreis im Verhältnis zu dem der Urapostel ist, desto kräftiger wirkt der Zwang dazu. Er mutz den ihm verliehenen Glauben, mutz seine Sendung vor sich selber klären und andern er-klären, mutz an allem, was in sein religiöses Blickfeld tritt, die Gedanken seines Glaubens erproben und weiten (s. § 27, 2). Predigt und Mission fordern eine Entschei­ dung über die Zrage nach dem wesentlichen des Christentums und nach der Möglichkeit einer Übersetzung vom jüdischen auf den heidnischen Boden. So wird ihm das Denken zum Rüge des Glaubens und der Glaube zur Seele des Denkens. was aber bei Paulus hervortritt, das bleibt auch weiter bezeichnend für die Rufgabe der Glaubenslehre. Zwar entwickelt sie sich mächtig. Die systematischen Gedanken, die anfangs einzeln hervorgetrieben wurden, ver­ binden sich zu einem Ganzen,- sie erzeugen bestimmte Methoden und eine zusammenhängende Wissenschaft. Rllein diese Wissenschaft will nach wie vor dem Glauben durch wissenschaftliche Selbstbesinnung dienen und dehnt ihr Gesichtsfeld immer nur so weit aus, als dieser Dienst es fordert. Ruch wo er die ganze Welt der Religion und Bildung ergreift, ist doch die Rbzweckung und Stimmung der Rrbeit eine andere als bei der Religionsphilosophie: sie ist nicht neutral, sondern christlich,- sie will nicht den christlichen Glauben von der allgemeinen Religionsgeschichte, sondern diese vom christlichen Glauben her verstehen, sie will dem Christen zeigen, worin die „Wahrheit" seines Glaubens besteht und welchen Sinn von da aus alle Wirklichkeit, alle Bildung, alle Religion empfängt. Da die Religionsphilosophie dem Glauben diesen Dienst nicht leistet, ist Glaubenslehre ihm lebensnotwendig. 5. Das Verhältnis der Glaubenslehre zur Religionsphilosophie. Zunächst sahen wir, daß beide mit innerer Notwendigkeit aus bestimmten Tatsachen und Bedürfnissen erwachsen, die eine aus denen der allgemeinen Religionswissenschaft, die andere aus denen des christlichen Glaubens und Gemeindelebens. Daher besitzt jede von beiden eine unverwischbare Beson­ derheit. a) Oie Besonderheit der Religionsphilosophie ist die universale weite. Sie verspricht, aus der Durcharbeitung ihres Stoffes ein Bild der Religion und ihrer wichtigsten Tgpen zu schaffen, das ein kritisches Licht über alle Einzelerscheinungen sowie über das Verhältnis der Religionen zu­ einander und der Religion zum allgemeinen Geistesleben wirft. Eine Be-

§1

Oie systematische Theologie

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arbeitung des Christentums in diesem Nahmen kann sicherlich fruchtbar werden. Nicht nur, daß der durchgeführte vergleich mit den übrigen Reli­ gionen jede Einzelheit neu beleuchtet, die in dem besonderen Ausgangspunkt der Glaubenslehre liegenden Fehlerquellen stopfen hilft und als heuristisches Prinzip vernachlässigte Züge herausfinden lehrt — auch im ganzen macht er die Besonderheit und damit das Wesen des Christentums noch deutlicher. Insofern lebt die Glaubenslehre inhaltlich mit von der Arbeit der Religions­ philosophie und mutz diese als Bundesgenossin begrüßen.

Anders steht es pnt dem Anspruch auf wissenschaftliche Objektivität und Neutralität, den die Religionsphilosophie so gern erhebt, hier ist die größte Vorsicht geboten. Venn jede genauere Betrachtung entdeckt auch in ihr den subjektiven Einschlag. Za dieser Einschlag ist notwendig, ver Re­ ligionsphilosoph vermag die vor seinem Auge liegende religiöse Welt nur dann zu verstehen, wenn er aus eigenem Erleben weiß, was Religion ist; sonst verwechselt er beständig Kern und Schale, wesenhaftes und Zufälliges, Ursprüngliches und Abgeleitetes. Besitzt er aber eigenes religiöses Leben, dann trägt er es unwillkürlich auch in seine Forschung hinein, und zwar gerade an den wichtigsten Punkten. Trotz seinem Streben nach Objektivität wirkt in seiner Religionsphilosophie, unentrinnbar bei den bestimmenden Fragen, entweder christliche oder buddhistische oder jüdische Religion oder eine Spielart moderner natürlicher Religion — oder widerreligiöse Entscheidung. Streng methodisch denkende und klar sehende Religionsphilosophen, die theologisch geschult sind, erkennen heute diesen subjektiven Einschlag durchaus an1). So bleibt denn unter dem Gesichtspunkt der Subjektivität nur ein gradueller Unterschied von der Glaubenslehre übrig. Erstrebt die Religionsphilosophie dennoch neutrale, insofern „objektive" Haltung, macht aber nicht da halt, wo die persönliche Stellung unbewußt eingreift, dann gerät sie in schwere Ge­ fahren. Sie verliert die Aufmerksamkeit auf ihren subjektiven Einschlag und die in ihm liegende Fehlerquelle, fällt ihr daher desto sicherer zum Opfer. Es entsteht eine scheinbare Objektivität, die trügerischer und unwissenschaftlicher ist als die bewußte und darum selbstkritische „Subjektivität" der Glaubens­ lehre^). So hat die Religionsphilosophie alle Ursache, ihre notwendige und verdienstvolle Arbeit in strenger Zurückhaltung zu tun. Sie darf beständige Berücksichtigung fordern, sofern sie der Glaubenslehre das Blickfeld erweitert, Stoffe und Gesichtspunkte schenkt, darf aber weder die Alleinherrschaft in !) So vor allem Troeltsch. Scholz läßt sich durch diese Einsicht verführen, sogar die historische Grundlegung seiner Religionsphilosophie (2 1922) auf einen „hoch­ wertigen" Ausschnitt der Religionsgeschichte, die „ponderable" Religion, zu beschrän­ ken — d. h. die Religionsphilosophie von vornherein zu verengen. 2) Gesteigert wird diese Gefahr durch den Zustand der Religionswissenschaft. Sie steht der unendlichen Fülle ihres Stoffes und seinen sachlichen Schwierigkeiten außerhalb des christlichen Gebietes zumeist noch als Anfängerin gegenüber; es fehlt ihr vielfach nicht nur die genügende Kenntnis, sondern auch die methodische Sicher­ heit. Darum wird sie noch weithin von Dilettantismus, Willkür und abenteuernder Phantastik beeinflußt, vor allem da, wo sie die Herrschaft erstrebt. Zum Begriff des Objektiven f. § 3, 1. 3 a.

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(Einleitung

der systematischen Vurchdenkung des religiösen Gebietes überhaupt, noch im besondern die Herrschaft über die Methode der Glaubenslehre beanspruchen. b) Die Besonderheit der Glaubenslehre. Ihr Vorzug besteht zunächst in der größeren Sicherheit ihrer historisch-psgchologischen Grund­ lagen, die durch die Arbeit von Jahrhunderten und die gegenseitige Ergän­ zung ebenso verschiedener wie zahlreicher Forscher allmählich gewonnen worden ist; ferner in der engen Verbundenheit mit dem konkreten Leben der Glaubensgemeinschaft, in der Möglichkeit einer strengeren Methodik auf dem beschränkten, übersichtlichen und verhältnismäßig sicheren Gebiet, in der bewußt kritischen Achtung auf die eigene „Subjektivität" und die in ihr liegenden Fehlerquellen; in der kritisch-normativen Kraft, die aus dem unbedingten Geltungsanspruch ihres Inhalts fließt. Alleinherrschaft in der vurchdenkung des religiösen Gebietes beansprucht die Glaubenslehre dennoch nicht. Sie hat weder Zeit noch Raum, alles religiöse Leben der Menschheit oder gar die gesamte Religionswissenschaft systematisch zu durchleuchten, muß also diese Aufgabe der Religionsphilosophie überlassen. Sogar auf ihrem eigenen Gebiet bedarf sie eines Marners. Dieselbe wissen­ schaftliche Überlieferung nämlich, die ihr eine gewisse Sicherheit des Bodens und der Methode verleiht, kann ihr zum Fallstrick werden und ihre beständig notwendige Erneuerung hindern; derselbe Geltungsanspruch der Offenbarung, der ihr kritisch-normative Kraft gibt, kann sich auf die Ausdrucksformen des Glaubens werfen und damit üblen Dogmatismus erzeugen. In Verbindung mit der stofflichen Beschränkung machen solche Entgleisungen dann die Glau­ benslehre nur allzuleicht zu einer Winkelwissenschaft, die weder die Forde­ rungen des wissenschaftlichen noch die des religiösen Lebens befriedigt. c) Ergänzung und Selbständigkeit beider Wege. Bei dieser Sachlage wäre es falsch, Religionsphilosophie und Glaubenslehre wider­ einander auszuspielen, wie jede wissenschaftliche Entwicklung verschiedene Wege zugleich beschreitet, so auch die Religionssgstematik. will nämlich die Religionsphilosophie ihre Aufgabe erfüllen, so muß sie an die Glaubenslehre der verschiedenen Religionen, vor allem an die der wichtigsten anknüpfen, also auch christliche Glaubenslehre fordern und müßte, sofern sie nicht vorhanden wäre, selbst Ersah dafür schaffen. Umgekehrt bedarf die Glaubenslehre, wenn sie das christliche Urteil über die fremden Religionen und die Gesamterschei­ nung der Religion darstellen will, der vorbereitenden systematischen Durchdenkung dieses gewaltigen Gebietes; sie müßte sie behelfsweise selbst zu leisten versuchen, wenn sie ihr nicht von anderer Seite geschenkt würde. Dem­ nach ist in gewissem Sinn jede der beiden Wissenschaften die Voraussetzung der anderen. Auch ihr Verfahren greift ineinander; was in der einen Wissen­ schaft Grundzug ist, wirkt in der anderen doch zum mindesten als Einschlag notwendig mit: hier die persönliche Stellungnahme, dort die einfühlend verstehende, möglichst „objektive" Vergleichung der Religionen. Rechte Religionsphilosophie ist dabei überzeugt, daß ihr Streben nach „Objektivität" auch dem Ehristentum gerecht werden wird; und die Glaubenslehre hegt die ebenso feste Zuversicht, daß ihre „Subjektivität", weil vom Glauben getragen, nicht endgültig in Widerspruch geraten kann zu einer aufrichtig suchenden Er-

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Die systematische Theologie

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forschung der Religion. Die beiden Wissenschaften ergänzen sich so stark, daß man vom Religionsphilosophen eine vorbereitende Schulung in der Glaubenslehre und vom Glaubenslehrer eine solche in der Religionsphilo­ sophie verlangen muß. Dieser Tatbestand hat zu dem Dersuche geführt, in der systematischen Theologie beide Wege zu verbinden. Man beginnt dann die Glaubens­ lehre mit einem grundsätzlichen Teil über das Wesen der Religion und des Thristentums sowie über ihr Derhältnis zum allgemeinen Geistesleben. Er soll eine wissenschaftliche Anknüpfung und Rechtfertigung geben für die eigent­ liche Aufgabe, die Darstellung des christlichen Glaubens selbst aus seinem eigenen Bestand heraus. Allein man erreicht damit nur eine gegenseitige Schädigung der beiden Teile. Der vorgebaute Auszug aus der Religions­ philosophie — um mehr kann es sich nicht handeln — ist entweder von natür­ licher Religion geleitet und stellt daher seinen Stoff in nicht-christliches Sicht, oder er prägt ihn von vornherein christlich-dogmatisch und wird daher niemals religionsphilosophische Anerkennung finden. Anderseits sind der eigentlichen Glaubenslehre durch diesen Dorbau peinliche Schranken gesetzt: wertvolle Stoffe, wie das Derhältnis zu anderen Religionen, zum allgemeinen Geistes­ leben und zur Naturwelt sind vorweggenommen und können an ihrer falschen Stelle noch nicht in ihrer wirklichen Bedeutung für den christlichen Glauben verstanden werden,- die „spezielle" Glaubenslehre aber erscheint dann leicht als bloßer Anhang des ersten Teils, der die großen Probleme behandelt; sie dreht sich im engsten Kreise, ohne die Möglichkeit, ihre Fruchtbarkeit an den wichtigsten Stoffen der Religionsphilosophie zu erproben. Dgl. §§ 1, 4d (Schleiermacher) und 2, 4b (Apologetik).

Es bleibt nichts anderes übrig, als jeden der beiden Wege folgerecht für sich auszubauen. Der Systematiker muß sich entscheiden, auf welchem er mithelfen will, und bei allem Bemühen, auch dem anderen gerecht zu werden, doch seinen weg bewußt und kräftig wandern. Auch auf religions­ philosophischer Seite müssen Theologen mitarbeiten, wenn dies Gebiet sach­ gemäß bearbeitet und nicht zur Waffenkammer der natürlichen Religion gegen das Lhristentum verzerrt werden soll1). Da aber die christliche Gemeinde 1) Die Unentbehrlichkeit solcher Mitarbeit zeigen neuerdings wobbermin (Syst. Theologie S. 2), Titius (Religionsphilosophie, 1937) und vor allem R. Otto (Das heilige, 1917, 25 1936; Aufsätze: 1. V. Das Gefühl des Überweltlichen, 5 1932, 2. B. Sünde und Urschuld, 5 32; West-Ostliche Mystik, 26, 2 29; Indiens Gnaden­ religion und das Lhristentum, 1930; Gottheit und Gottheiten der Arier, 1932; Reich Gottes und Menschensohn, 1934). Eigentliche Religionsphilosophien haben geschrie­ ben: Ioh. Wendland (Skizze; 1920), L. Stange (2 1922; sehr knapp), hch. Scholz (2 1922), 8ch. Srunstäd (1922), P. Tillich (1925), R. 3eite (1927). Die Schwierig­ keit des Derhältnisses der Religionsphilosophie zur Glaub enslekne sieht Tillich am deutlichsten. Lr glaubt es so entwirren zu könnnen, daß er die Religionsphilosophie als formale Sehre von der religiösen Funktion und ihren Kategorien, die „Theologie" (Glaubenslehre) als normative und inhaltliche „Darstellung der konkreten Er­ füllung des Religionsbegriffs" versteht, also beide in der Einheit eines wissenschaft­ lichen Systems schaut. Das scheint in einem konstruktiven System der Wissenschaften möglich, versagt aber gegenüber der wirklichen wissenschaftlichen Bearbeitung des religiösen Gebiets, will man dieser und ihrer inneren Notwendigkeit gerecht werden,

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Einleitung

zunächst der Besinnung auf Grund und Inhalt ihres Glaubens selbst bedarf, so bleibt die Glaubenslehre der normale weg der systematischen Theologie. 4. Geschichtliches, a) Altere Ansätze. Schon RIelanchthon machte einen Anfang mit der Herausarbeitung einer Glaubenslehre. Nachdem die Scholastik die Behandlung der christlichen Lehre auf dem breiten Boden einer kirchlich zugestutzten Philosophie durchgeführt hatte, suchte er in der 1. Auflage der Loci (1521) die Glaubenserkenntnis, die für ihn mit der biblischen Heilsoffenbarung zusammenfiel, selbständig darzustellen,- und Calvins Institutio religionis christianae folgte ihm. freilich, die Schwungkraft dazu erlahmte bald,- nur wo der Biblizismus herrschte, blieb vom Pietismus bis in unsere Zeit hinein der Zug zu einer reineren Glaubenslehre. Im übrigen kehrte man zur scholastischen Be­ handlung des Glaubens zurück,- besonders der Ausbau der „prolegomena zur Dogmatik", der seit Johann Gerhard kräftig einsetzte, bot dabei auch Raum für die Aufnahme von religionsphilosophischen Gedanken. Und die Aufklärung nutzte ihn für die Ausbildung ihrer „natürlichen Theologie" gründlich aus. Um wirkliche Religionsphilosophie handelt es sich dabei so wenig, wie im Biblizismus um eine eigentliche Glaubenslehre. Beide konn­ ten erst in der freien Luft der modernen Wissenschaft zur Verwirklichung kommen. Denn erst in ihr verflog der Zauber der dogmatistischen Grund­ legung, die man auf biblizistischer und orthodoxer Seite aus der inspirierten Bibel oder dem Dogma, auf rationalistischer aus der menschlichen Vernunft gewinnen zu können meinte; und die Tatsachenwelt hier der ganzen Re­ ligionsgeschichte, dort der christlichen Glaubensgeschichte wurde zur Ausgangs­ fläche der systematischen Arbeit. Demnach sind beide systematische Wissen­ schaften in ihrem reineren Sinn Rinder der Neuzeit, sind noch im werden be­ griffen und entbehren vorläufig der klassischen Kormung. Zuerst wird das Neue bei Schleiermacher deutlich. Nachdem die Aufklärung und Herder die historische Theologie auf den Boden der mo­ dernen Wissenschaft gestellt hatten, leistete er der systematischen Theologie denselben Dienst. Aber in seinem Bemühen, alle wissenschaftlichen wie re­ ligiösen Errungenschaften und Ansätze ftuchtbar zu verwerten, kommt er nicht zur klaren Scheidung zwischen den wegen der Religionsphilosophie und der Glaubenslehre. Er möchte wirklich eine christliche Glaubenslehre geben, aber er versucht, sie in enge Verbindung mit seinem aus anderen Interessen erwachsenen philosophisch-wissenschaftlichen Gesamtsystem zu setzen, und verquickt sie daher mit religionsphilosophischen Zügen. Auf der einen Seite will seine Glaubenslehre inhaltlich „die richtige Aussage des christlichen Selbstbewußtseins" werden; ihre Darstellung soll schon ihre Begründung sein, also keiner religionsphilosophischen Begründung bedürfen (2. Sendschreiben an Lücke, Werke I 2, S. 638). Anderseits aber schickt er der Darstellung in §§ 3—14 die berühmten „Lehnsätze" aus der Ethik, Religionsphilosophie, so kommt man über die oben gegebene Verhältnisbestimmung nicht hinaus. — E. Brunners Religionsphilosophie evangelischer Theologie, 1926, gehört inhaltlich vielmehr zur Glaubenslehre (dazu R. Paulus, Theologie u. Religionsphilosophie, ZEHR 1933). — vgl. meine Geschichte d. evang. Theol., S. 325f.

Die systematische Theologie

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Hpologetif voraus, die der Glaubenslehre durch den Anschluß an das all­ gemeine System der Wissenschaft formale Wissenschaftlichkeit geben sollen. Allein der wert solchen Anschlusses an ein allgemeines System, der dem spe­ kulativen Idealismus jener Jahre selbstverständlich war, ist heute ebenso fragwürdig geworden wie die verschiedene Ableitung von Form und Inhalt, auf die Schleiermacher sein Verfahren gründet, wir sehen gerade bei ihm die Gefahr der Verbindung: die vorlaufenden, rein formal gemeinten „Lohn­ sätze" über Religion und Christentum enthalten einen fremden, philosophisch bedingten Zug und tragen diesen, da sie kraft ihrer Voranstellung die Glaubens­ lehre beherrschen, unwillkürlich in deren Inhalt hinein, vgl. § 2, 4b. Erreichte Schleiermacher trotz all seinen Verdiensten sowohl um die Religionsphilosophie wie um die Glaubenslehre keine methodische Klarheit, so blieb diese erst recht seinen Nachfolgern versagt, wieder stützte man mit Vorliebe die systematische Theologie entweder auf philosophische oder auf kirchliche Dogmen oder auf ein Gemisch von beiden, statt auf den leben­ digen Glauben. Die Reaktion des biblischen Christentums dagegen führte erst dann zu einer wirklichen Fortbildung, als einerseits Hofmann die Theo­ logie auf den Loden der christlichen Erfahrung zurückrief (§ 3, 2) und A. Ritschl im Anschluß an Luther den Gott-bezogenen, biblisch normierten Glauben als tragenden Grund der Glaubenslehre neu entdeckte, anderseits aber die verstärkte geschichtliche Forschung eindrücklich den Blick von vorgefaßten philosophischen und kirchlichen Konstruktionen auf die Welt der religiösen Tatsachen lenkte. b) Die Scheidung der Wege. Unter den neuen Ansätzen zu einer methodisch klaren systematischen Theologie gewannen vor allem drei all­ gemeinere Bedeutung. Die von Luther, Ritschl und Schleiermacher befruchtete Lebensarbeit Herrmanns ist der kräftigste versuch, die Darstellung des christlichen Glaubens von allem dogmatischen Ballast zu befreien und auf den evangelischen Glauben zu gründen. Die prophetische Strenge seiner Gedanken wirkte auf alle Lager der evangelischen Theologie, zumal die Ent­ wicklung der Lehre von der Gewißheit (Frank, Ihmels, heim) und die Ent­ stehung einer neuen Bibel-Theologie (Kähler) ihr an wichtigen Punkten ent­ gegenkam. Freilich erkaufte Herrmann die innere Erneuerung um einen hohen Preis: er schränkte den Umfang der systematisch-theologischen Inte­ ressen auf die Offenbarung Gottes in Jesus und die direkt durch sie bestimmten innerlichsten Fragen ein und reizte dadurch andersgeartete, auf die weite der religiösen Problematik gerichtete Forscher erst recht zu religionsphilo­ sophischen versuchen, hier war es vor allem Troeltsch, der die Geister anzog und sammelte. Seine Religionsphilosophie ist von dem neuen Wissen­ schaftsbegriff getragen, der überall aus die Tatsachen statt auf irgendwelche Metaphysik zurückzugreifen fordert, d. h. mehr auf Induktion als auf De­ duktion aufbaut. Daher vermag sie dem Christentum besser gerecht zu werden als die meist deduktive ältere Religionsphilosophie,- ja sie trägt selbst bewußt und unbewußt evangelisch-christliche Züge. Die Glaubenslehre aber schwindet ihm, da er alle Strahlen der Wissenschaft auf die Religionsphilosophie sammelt, zu einer wesentlich praktischen Arbeit zusammen, zu einer Anwendung der

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Einleitung

religionsphilosophischen Ergebnisse auf die überlieferten Stoffe, die mehr der praktischen Theologie als der eigentlichen Wissenschaft angehört. So traten in Herrmann und Troeltsch die beiden Wege der systematischen Theologie erstmals rein auseinander, wenn dabei dort die Religionsphilo­ sophie, hier die Glaubenslehre entwertet wurde, so erwies sich das bald als individuell und zeitgeschichtlich bedingte Verengung. Über sie hinaus führte schon Julius Kaftan. Zwar sein versuch, der Dogmatil durch reli­ gionsgeschichtliche und religionsphilosophische Vorbauten wiederum wissen­ schaftliche Anknüpfung und universale Beziehung zu geben, ist nicht fruchtbarer als jeder ähnliche versuch. Wegweisend aber wurde seine Forderung, die überlieferten Stoffe der Dogmatik durch eine christliche Natur- und Ge­ schichtsphilosophie zu bereichern, und so die „Einheit des geistigen Lebens von der Religion aus", d. h. vom Glauben aus, neu zu begründen,' seine „Philosophie des Protestantismus" (1917) gab nach einer bestimmten Richtung das Beispiel, hier liegt — trotz der angreifbaren Auffassung und Durchführung — ein Verdienst Kaftans, das hohe Bedeutung für die Fortbildung der syste­ matischen Theologie gewinnen konnte, denn es brachte eine zwiefache Not­ wendigkeit besonders deutlich zum Ausdruck: auf religionsphilosophischer Seite Neubefruchtung durch echte Theologie, auf Seite der Glaubenslehre Über­ windung der überlieferten Problembeschränkung, um die in der Selbstbe­ sinnung gesammelte Kraft an der ganzen weite des wirklichen zu erproben, c) Die Nachkriegstheologie. Der mit dem Weltkrieg einsehende theologische Umbruch ließ diese An­ sätze nicht zur Ausreifung kommen, vor allem trat der von Troeltsch völlig zurück. Die Sammlung um die entscheidenden Fragen, die jetzt durch die veränderte seelische Lage und durch die notwendigen kirchlichen Auseinander­ setzungen herbeigeführt wurde, ließ die religionsphilosophischen Stoffe trotz des starken Eindrucks z. B. der Ottoschen Monographie über das „heilige" als theologisch bedeutungslos erscheinen. Die versuche, die Dogmatik religions­ philosophisch zu befruchten, die immerhin gemacht wurden (wobbermin, Bornhausen), fanden geringen Widerhall, vor allem die Gedanken der dia­ lektischen Theologie wurden weithin dazu benutzt, unter scharfen Anklagen gegen die Theologie der vorhergehenden Jahrhunderte wie einst im 2. Drittel des 19. Iahrh.s das heil der Dogmatik auf repristinatorischem Wege zu suchen. Eine neue Gesamtauffassung der Theologie konnte dabei freilich zunächst nicht entstehen. Erst allmählich, im Zusammenhang mit der um 1927 be­ ginnenden Auflösung des dialektischen Stoßtrupps, wagte die Nachkriegs­ theologie Ansätze eines Neubaus. Sie ließ sich weder von wobbermin noch von heim bestimmen, die wiederum die Auseinandersetzung mit der Philo­ sophie an den Anfang stellten, sondern setzte sofort — wie schon die erste Auflage des vorliegenden Buches (1920) — mit Entschiedenheit im Mittel­ punkt der Theologie selbst ein; die prolegomena wurden aus einem „Vorhof der Heiden" (so hatte schon Ritschl sie gebrandmarkt) zur ausschlaggebenden Herausarbeitung der eigenen Grundlagen der systematischen Theologie. Darin sind Althaus, Koepp, K. Barth, Hirsch mit w. Herrmann einig. Dennoch unterscheiden sie sich aufs stärkste voneinander. Und zwar einerseits in ihrem

Vie Glaubenslehre

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Verhältnis zu der angedeuteten repristinatorischen Neigung — Barth kommt ihr trotz andersartiger Voraussetzungen am weitesten entgegen, Hirsch lehnt sie radikal ab —, anderseits in ihrem Verhältnis zu den fragen des allge­ meinen Geisteslebens. Hm weitesten öffnen sich ihnen Hlthaus und Hirsch, während Barth nur den ethischen Kragenkreis stärker heranzieht. Hlthaus, Koepp und Barth ordnen die Erörterung darüber sei es den Prolegomena sei es der „speziellen" Dogmatik ein,- Hirsch dagegen sammelt wenigstens vieles davon in einem Schlußabschnitt des Leitfadens („Vie Wirklichkeits­ gestalt des christlichen Lebens als eines wahrhaft menschlichen Lebens") mit der Ethik zusammen zu einem besonders eindrucksvollen Ganzen, sucht also insoweit den dritten der aufgezeigten Tgpen zu verwirklichen. Damit setzt die Husweitung der Glaubenslehre ein, die der evangelische Glaube braucht, um auf seinem Boden den Selbstbeweis des Geistes und der Kraft zu führen, den einst auf ihrem Boden, mit ihren Mitteln, die allchristliche und die mittelalterliche Theologie geführt haben.

§ 2. Die Glaubenslehre 1. Ihre Aufgabe, a) Umfang und heutiger Sinn. Da es sich bisher um das Gesamtoerständnis der systematischen Theologie handelte, war der Begriff der Glaubenslehre zunächst in größter weite gemeint: als systematische Selbstbesinnung des Glaubens auf seinen gesamten Inhalt und seine Bedeutung für alle Seiten des Lebens, von nun ab aber folgen wir dem üblichen Sprachgebrauch, verstehen also die Glaubenslehre trotz der aus dieser Einschränkung entspringenden Gefahren wesentlich als Besinnung des Glaubens auf seinen Erkenntnisgehalt. Damit ist bereits eine wichtige Krage entschieden. Die ältere Dogmatik meinte, eine wissenschaftlich gesicherte und insofern „objektiv" richtige Lehre über Gott und Welt, Sünde und heil geben zu können, indem sie all ihre Sähe auf Erkenntnisquellen von — damals — unbezweifelter Autorität gründete, und faßte dafür als Erkenntnisquellen zusammen: biblische Offenbarung, Vernunft (natürliche Offenbarung), kirchliches Dogma. Sie gab sich als Wissenschaft von Gott und den göttlichen Dingen, begrenzt durch die Schranken des menschlichen Bewußtseins, aber innerhalb dieser Grenzen ein für allemal fertig — entsprechend dem mittelalterlichen und auch noch altprotestantischen Begriff der Wissenschaft. Ob man dabei mehr die Bibel oder das Dogma oder die Vernunft in den Vordergrund stellte, das bedeutete keinen grundsätzlichen Unterschied.

Diese Auffassung der Dogmatik ist durch die neuzeitliche Entwicklung, vor allem durch Kant und Schleiermacher entwurzelt (§§ 8, 1; 10, 1). wie Kant gezeigt hat, ist eine Wissenschaft von Gott aus erkenntnistheoretischen Gründen unmöglich- und wie Schleiermacher gezeigt hat, widerspricht sie dem christlichen Glauben. Der Glaube der Bibel und Luthers beansprucht selbst, Erkenntnis Gottes und des Göttlichen zu sein. Damit aber verändert sich die Aufgabe der Dogmatik: sie wird Glaubenslehre in dem Sinn, daß sie

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Einleitung

nicht den Inhalt des Glaubens durch wissenschaftliche Mittel zum wissen erhebt, sondern dem Glauben zeigt, was ihm selbst durch Gottes Offenbarung an Erkenntnisfülle geschenkt wird. Sie verfügt über keine neuen Erkenntnis­ quellen neben dem Glauben,- sie will nur dem Glauben zur allseitigen Klar­ heit über seinen Erkenntnisgehalt verhelfen. Der Mittelweg, die Dogmatik auch weiterhin als Wissenschaft von Gott und den göttlichen Dingen zu verstehen, aber nur auf Bibel und Dogma, nicht mehr auf die Dernunft zu begründen, ist inkonsequente Zesthaltung eines überwundenen Begriffs der Wissenschaft, zugleich Mißbrauch von Bibel und Dogma. Dgl. §§ 6,1; 7,3; 8,3. b) Name. Der Name Dogmatik wird meist auch von solchen bei­ behalten, die dem Wandel des Inhalts grundsätzlich zustimmen. Sie folgen Schleiermacher, der Glaubenslehre und Dogmatik als Wechselbegriffe brauchte, wer den Namen Dogmatik geradezu bekämpft, legt eine bestimmte Be­ deutung von „Dogma" zugrunde. Dogma sei autoritative Lehrsahung, gestützt auf unfehlbare Buch-Offenbarung oder kirchliche Beschlüsse, also auf äußere Autorität, es sei demnach grundsätzlich katholisch (vgl. Lk 2 i Akt 16 4 Eol 2 14). Daher sei auch der von Dogma abgeleitete Name Dogmatik aus der evangelischen Theologie zu entfernen. Allein dieser seit Alexander Schwei­ zer häufig vorgetragene Gedankengang ist angreifbar. Zunächst vom alten Sprachgebrauch aus: das Adjektiv „dogmatikos", das doch zunächst der „Dog­ matik" zugrunde liegt, hat den autoritativen Sinn des Hauptworts nicht über­ nommen; es bedeutet einfach Lehrsätze aufstellend, Normen erstrebend (nicht: auf Normen beruhend), und schließt weder äußere Autorität noch gar Un­ fehlbarkeit ein. Der heutige Sprachgebrauch aber versucht sogar dem Substantivum „Dogma" einen für uns fruchtbaren Sinn zu geben; die meisten Historiker verstehen darunter (im Gegensatz zu harnack) die Erkenntnis und Lehrbildung überhaupt, sofern sie zu breiterer kirchlicher Geltung gelangt ist. Dann könnte man den Namen Dogmatik beibehalten: er würde die wissenschaftliche Darstellung dessen bedeuten, was sich als Glaubenserkenntnis in der evangelischen Ehristenheit durchgesetzt hat und weiterhin durchsetzen wird. Doch liegt nichts an diesem Namen. Er hat nicht einmal die würde hohen Alters. Denn er entstammt erst dem 17. Zhd. und wurde erst durch Buddeus (t 1729) und Pfaff (t 1760) allgemein. Melanchthon und seine Nachfolger hatten vielmehr von Loci der Theologie oder schlechthin von Theologie ge­ sprochen. Als man aber infolge der genaueren Ausbildung des Lehrsgstems nach Sondernamen für die einzelnen Gebiete zu suchen begann, gab man unserem Gebiet zunächst die Bestimmung theologia positiva (gegenüber der Exegese) oder thetica (gegenüber der damals so wichtigen antithetischen Polemik). Als dann die Ethik sich abzweigte, die als theologia practica erschien, unterschied man die Dogmatik von ihr als theologia theoretica. Erst nach und neben diesen Ausdrücken setzte der Name Dogmatik sich durch. Mag man ihn beibehalten und evangelisch deuten, die Sache selbst wird durch den deutschen Namen „Glaubenslehre" besser gekennzeichnet, der schon in der altkirchlichen doctrina fidei seinen Dorläufer hat, dann im protestantis-

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Die Glaubenslehre

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mus mit Spener (Evang. Glaubenslehre, 1688) einsetzt und durch Schleier­ machers Hauptwerk trotz aller Einseitigkeit meisterhaft vertreten witb1).

2. Ihr normativer Charakter, a) Die Notwendigkeit der Norm­ bildung. hat alles, was sich im Christentum als Erkenntnis gibt, gleiches Recht innerhalb der Glaubenslehre? wäre das der Kall, so müßte diese all die behaupteten Erkenntnisse scharf formuliert und geordnet nebeneinander stellen, um durch ihre Vergleichung allerhand wichtige Einblicke zu gewinnen, wir kämen dabei zu einer religionspsychologischen Typenlehre (§ 1, la), die im Relativismus stecken bliebe?). Alle systematische Arbeit aber drängt zur Normenbildung3), zur Herausarbeitung des wesentlichen und damit eines Maßstabes für die Beurteilung der einzelnen „Erkenntnisse", wenn die theologische Selbstbesinnung diese Aufgabe vernachlässigt, gibt sie die Einheit und Wahrheit des christlichen Glaubens hemmungslos der Vermenschlichung preis. Als Glaubenslehre beginnt die systematische Theologie ihre normierende Tätigkeit innerhalb des Christentums. Sie begegnet hier zunächst der kon­ fessionellen Mannigfaltigkeit, vor allem dem Anspruch des Katholizismus auf den Vollbesitz der Wahrheit. Allein die fremden Konfessionen stehen uns innerlich zu fern, als daß eine umfassende Auseinandersetzung mit ihnen in der Glaubenslehre fruchtbar sein könnte. Die Auseinandersetzung muß sich auf den Hauptpunkt beschränken, welcher das ist, zeigt gerade der Blick auf das scheinbare Gemeingut. Denn Aussagen wie die des Apostolikums scheinen allgemeinchristlich zu sein. Allein tatsächlich erhalten sie erst durch das vorangestellte „ich glaube" ihre wahre Bedeutung. Da nun das ka­ tholische „Glauben" vom evangelischen sehr verschieden ist, so haben sie jeweils ein anderes Vorzeichen oder einen anderen Nenner, sind also in Wirklichkeit nicht Gemeingut. Darnach gehört es zur Aufgabe der Glaubenslehre, das Wesen des christlichen Glaubens herauszuarbeiten und als Norm gegenüber jedem anderen, zunächst dem katholischen, geltend zu machen, wenn irgend­ wo, so ergibt sich hier der kritische Maßstab für alle systematischen Einzel­ fragen, für die der Glaubenslehre, wie für die der Nachbarwissenschasten