Gesellschafter minderen Rechts im Recht der Personenhandelsgesellschaften [1 ed.] 9783428478941, 9783428078943


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German Pages 233 Year 1993

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Gesellschafter minderen Rechts im Recht der Personenhandelsgesellschaften [1 ed.]
 9783428478941, 9783428078943

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ANDREA M. PARTIKEL

Gesellschafter minderen Rechts im Recht der Personen handelsgesellschaften

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 76

Gesellschafter minderen Rechts im Recht der Personenhandelsgesellschaften

Von Andrea M. Partikel

DUßcker & Humblot . Berliß

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Partikel, Andrea M.: Gesellschafter minderen Rechts im Recht der Personenhandelsgesellschaften / von Andrea M. Partikel. Berlin : Duncker und Humblot, 1993 (Schriften zum Wirtschaftsrecht ; Bd. 76) Zugl.: Hamburg, Univ., Diss., 1992 ISBN 3-428-07894-2 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten

© 1993 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 3-428-07894-2

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist 1992 vom Fachbereich Rechtswissenschaft II der Universität Hamburg als Dissertation angenommen worden. Rechtsprechung und Literatur sind im wesentlichen bis Dezember 1992 berücksichtigt. Dank schulde ich meinen Eltern für die stetige Ermutigung. Für technische Hilfe danke ich Torsten Steinkopf. Besonderer Dank gebührt meinem verehrten Lehrer Prof. Dr. Claus DU für die Anregung zu diesem Thema und für wertvolle Ratschläge und verständnisvolle Unterstützung. Hamburg, Januar 1993

Andrea Partikel

Inhaltsverzeichnis A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Zielsetzung............................. 11. Typisierung des Gesellschafters minderen Rechts . . . . . . 111. Relevanz.............................. 1. Überblick über Ausschluß und Abfindung von Gesellschaftern nach den gesetzlichen Regelungen . . . . . . . 2. Praktische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung der Vereinbarung einer Ausschlußklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Relevanz der Ausschließung aus wichtigem oder sachlichem Grund . . . . . . . . . . . . . .. bb) Relevanz der Ausschließung nach freiem Ermessen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bedeutung der Vereinbarung einer Abfindungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Relevanz einzelner Bewertungsklauseln . . . .. bb) Relevanz von Auszahlungsmodalitätenklausein. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Relevanz der Nichtberücksichtigung schwebender Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bedeutung der Vereinbarung einer GesellschaftersteIlung minderen Rechts . . . . . . . . . 3. Theoretische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Institution des Gesellschafters minderen Rechts . . . . . . . 1. Fallgestaltungen in der Vertragspraxis . . . . . . . 1. Erbrechtliche Nachfolgeregelung . . . . . . . . 2. Altersbedingte Nachfolge. . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Nachfolge auf Probe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zeitlich begrenzte GesellschaftersteIlung des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 5. GesellschaftersteIlung durch Schenkung . . . . . . . . .. 6. Regelung zur Sicherung von Beteiligungsquoten . 7. Regelung zur Sicherung von Beteiligungsidentität . . ..

17 17 18 22 22 26 27 28 29 30 32 33 33 34 35 37 37 38 38 39 39 39 40 40

8

Inhaltsverzeichnis

II.

8. Regelung zur Sicherung der Einhaltung gesellschaftsvertraglicher Verpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . 9. Regelung zur Sicherung der Familienbeteiligung .... Darstellung des Meinungsstandes . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Meinungen in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätzliche Zulässigkeit eines Gesellschafters minderen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Differenzierte Betrachtung eines Gesellschafters minderen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wirksamkeit bei Vereinbarung für sämtliche Ausscheidungsfälle . . . . . . . . . . . . . bb) Wirksamkeit nach Art und Herkunft der GesellschaftersteIlung . . . . . . . . . . . . . . . (1) Geschäftsführer-Gesellschafter ohne Kapitalanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gesellschafter durch Schenkung . . . . . . (3) Gesellschafter infolge Erbganges . . . . .. (4) Position eines stillen Gesellschafters. . .. c) Ablehnung eines Gesellschafters minderen Rechts. aa) Grenzen der Vertragsfreiheit . . . . . . . . . . . (1) Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . .. (2) Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Minderheitenschutz . . . . . . . . . . . . .. (4) Weitere Grundprinzipien. . . . . . . . . .. bb) petitio principii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Stand in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . ..

C. Die Probleme der Zulässigkeit und Wirksamkeit von Ausschluß- und Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen der Personenhandel!,gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Gesellschaftsvertragliche Ausschlußklauseln . . 1. Die Ausschließung aus wichtigem Grund . . 2. Die Ausschließung ohne wichtigen Grund. . a) Die Entwicklung in der Rechtsprechung aa) Die Reichsgerichtsrechtsprechung vor 1938 bb) Die Reichsgerichtsrechtsprechung nach 1938. cc) Die Rechtsprechung des BGH bis 1977 . . . (1) Urteil des BGH vom 16.12.1960 . . (2) Urteil des BGH vom 29.01.1962 . . (3) Urteil des BGH vom 18.03.1968 . . (4) Urteil des BGH vom 23.10.1972 . . (5) Urteil des BGH vom 07.05.1973 . .

40 41 41 41 42 42 43 43 43 43 44 44 45 45 45 46 46 46 47 48

49 49 49 51 51 51 51 52 52 53 54 55 56

Inhaltsverzeichnis

11.

III.

dd) Die Rechtsprechung des BGH seit 1977 (1) Urteil des BGH vom 20.01.1977 . . . . .. (2) Urteil des BGH vom 13.07.1981 . . . . . , (3) Urteil des BGH vom 03.05.1982 . . . . .. (4) Urteil des BGH vom 25.03.1985 . . . . .. (5) Urteil des BGH vom 21.03.1988 . . . . . , (6) Urteil des BGH vom 19.09.1988 . . . . .. (7) Urteil des BGH vom 05.06.1989 . . . . . , ee) Zusammenfassung.................. b) Die Meinungen in der Literatur . . . . . . . . . . . . aa) Anzulegender Prüfungsmaßstab . . . . . . . . .. (1) Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts . (2) Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Angemessenheitskontrolle . . . . . . . . . , bb) Forderung nach sachlicher Berechtigung .... (1) Parallele zu den Grundgedanken des Kündigungsschutzgesetzes . . . . . . . . . , (2) Sachliche Berechtigung in Einzelfällen ., (3) Steuerrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . , cc) Anknüpfen an ein festes Tatbestandsmerkmal . dd) Geltungserhaltende Reduktion. . . . . . . . . .. Das Verhältnis zwischen Ausschließung und Abfindung .. 1. Der Stand der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Beurteilung der Wirksamkeit der Ausschlußklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Die Beurteilung der Wirksamkeit der Abfindungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Die Meinungen in der Literatur . . . . . . . . . . . . . .. a) Die generelle Trennung in der Beurteilung von Ausschluß- und Abfindungsklausel . . . . . . . . . . , b) Der Einfluß der Abfindung auf die Wirksamkeit des Ausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . , c) Der Einfluß des Ausschlusses auf die Wirksamkeit der Abfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Gesellschaftsvertragliche Abfindungsklauseln . . . . . . . .. 1. Vollwertige Abfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Eingeschränkte Abfindung . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Die Entwicklung in der Rechtsprechung . . . . . . . aa) Die höchstrichterliche Rechtsprechung bis 1972 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (1) Urteil des RG vom 17.01.1940 . . . (2) Urteil des BGH vom 29.01.1962 . . . . . ,

9

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10

Inhaltsverzeichnis

IV.

(3) Urteil des BGH vom 18.03.1968 . . . . .. 94 bb) Die Rechtsprechung des BGH ab 1972 . . . .. 94 (1) Urteil des BGH vom 23.10.1972 . . . . .. 95 (2) Urteil des BG H vom 07.05.1973 . . . . .. 95 95 cc) Die Rechtsprechung des BGH seit 1978 .... 95 (1) Urteil des BGH vom 29.05.1978 . . . . .. (2) Urteil des BGH vom 12.02.1979 . . . . .. 96 97 (3) Urteil des BGH vom 25.09.1980 . . . . .. (4) Urteil des BGH vom 24.09.1984 . . . . .. 97 98 (5) Urteil des BGH vom 16.12.1985 . . . . .. 98 (6) Urteil des BGH vom 13.07.1987 . . . . .. (7) Urteil des BGH vom 09.01.1989 . . . . .. 99 (8) Urteil des BGH vom 17.04.1989 . . . . .. 101 dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . .. 102 b) Der Stand der herrschenden Meinung in Rechtspre102 chung und Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 bb) Kündigungsbeschränkung 104 cc) Drittbeeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . .. 105 dd) Rechtsmißbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 c) Die kritischen Meinungen in der Literatur . . . . .. 107 aa) Bewertungsklauseln, insbesondere Buchwertklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 107 (1) Anzulegender Prüfungsmaßstab . . . . . .. 107 (2) Herkunft der GesellschaftersteIlung .... 109 (3) Rechtsfolgen unwirksamer Abfindungsklausein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 110 bb) Nichtberücksichtigung schwebender Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 cc) Auszahlungsmodalitätenklauseln . . . . . . . . . 112 3. Abfindungsausschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 a) Der Stand der herrschenden Meinung . . . . . . . .. 113 aa) Grundsätzliche Unzulässigkeit des Abfindungsausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . .. 113 114 bb) Zulässigkeit in Einzelflillen . . . . . . . . . b) Die Kritik der Mindermeinung . . . . . . . . . . . .. 115 Konsequenzen für eine Institution des Gesellschafters minderen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 1. Ausschlußvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 119 2. Abfindungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 3. Wirkungszusammenhang zwischen Ausschluß und Abfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 122

Inhaltsverzeichnis

D. Allgemeine Grenzen der Vertragsfreiheit im Gesellschaftsrecht und ihre Relevanz für die Probleme des Gesellschafters minderen Rechts 1. Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz? I. Rechtliche Grundlagen und Inhalt des Gleichbehandlungsgebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Reichweite des Gleichbehandlungsgebots . . . . . . . .. 3. Bedeutung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für Gesellschafter minderen Rechts . . . . . . . . . . . . . .. II. Schranke durch die gesellschafterliche Treuepflicht? .... 1. Rechtliche Grundlagen und Inhalt der Treuepflicht ... 2. Reichweite der Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Bedeutung der Treuepflicht für Gesellschafter minderen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Grenzen durch den Minderheitenschutz im Gesellschaftsrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtliche Grundlagen und Inhalt des Minderheitenschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Reichweite des Minderheitenschutzes . . . . . . . . . . 3. Bedeutung des Minderheitenschutzes für Gesellschafter minderen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. IV. Begrenzung durch weitere Grundprinzipien? . . . . . . . . . I. Berufsfreiheit des Gesellschafters . . . . . . . . . . . a) Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bedeutung für Gesellschafter minderen Rechts 2. Eigentumsschutz des Gesellschaftsanteils . . . . . . . . . a) Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bedeutung für Gesellschafter minderen Rechts 3. Sozialpflichtigkeit des Eigentums. . . . . . . . . . . . . a) Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bedeutung für Gesellschafter minderen Rechts ... 4. WeUbewerbsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bedeutung für Gesellschafter minderen Rechts ... V. Vereinbarkeit mit dem geltenden System des Gesellschaftsrechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Stellenwert der Vertragsfreiheit im Gesellschaftsrecht . 2. Normative Grenzen der Vertragsfreiheit . . . . . . . . .. a)Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot . . . . . . . . . b) Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Entschließungsfreiheit des Gesellschafters bb) Funktionsflihigkeit der Gesellschaft .... c) Zwang zur Einhaltung des dispositiven Rechts

11 125 125 125 126 128 130 130 132 134 138 139 141 144 146 146 146 147 149 149 ISO 151 152 153 155 155 158 162 162 164 164 166 167 167 168

12

Inhaltsverzeichnis

VI.

3. Bedeutung der Vertragsfreiheit für Gesellschafter minderen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Entschließungsfreiheit des Gesellschafters .. (1) Privatrechtliche Gestaltungsmacht und Motive für die Vertragsgestaltung . . . (2) Gefahr von Willkürentscheidungen ... (3) Sachliche Rechtfertigung . . . . . . . . . .. (4) Zu lässigkeit der Abfindungsausschlußklausel in Ausnahmefällen. . . . bb) Funktionsfähigkeit der Gesellschaft ... (1) Erbrechtliche Nachfolgeregelung . . . (2) Altersbedingte Nachfolge . . . . . . . (3) Nachfolge auf Probe . . . . . . . . . . (4) Zeitlich begrenzte GesellschaftersteIlung des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . (5) GesellschaftersteIlung durch Schenkung .. (6) Regelung zur Sicherung von Beteiligungsquoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Regelung zur Sicherung von Beteiligungsidentität . . . . . . . . . . . . . . . . (8) Regelung zur Sicherung der Einhaltung gesellschaftsvertraglicher Verpflichtungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (9) Regelung zur Sicherung der Familienbeteiligung ... b) Typenzwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gesetzesverstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Relevanz allgemeiner Grenzen der Vertragsfreiheit für eine Institution des Gesellschafters minderen Rechts . . . . . . .

E. Individualschutz für Gesellschafter minderen Rechts . . . . . . . . .. I. Parallelwertungen auf anderen Rechtsgebieten . . . . . . . . 1. Arbeitsrecht . . . 2. Schenkungsrecht 3. Erbrecht . . . . . 4. Kreditrecht ... 5. Kapitalgesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . 6. AGB-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Weitere Rechtsgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Besonderheiten aufgrund der Gesellschafterhaftung?

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Inhaltsverzeichnis

11.

III.

IV.

V.

9. Gesteigerte Schutzbedürftigkeit der Gesellschafter minderen Rechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angemessene Abfindung als ausreichender Schutz im Regelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bedeutung des Wirkungszusammenhangs zwischen Ausschluß und Abfindung für Gesellschafter minderen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abwägung der gesellschaftsrelevanten Interessen .... 3. Schutz des Gesellschafters minderen Rechts . . . . . . . Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben in Einzelfallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Rechtliche Grundlagen und Inhalt des Gebots von Treu und Glauben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Reichweite des Grundsatzes von Treu und Glauben a) Konkretisierung und Begründung von Pflichten . .. b) Wegfall der Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . c) Verbot unzulässiger Rechtsausübung . . . . . . . . . 3. Bedeutung des Grundsatzes von Treu und Glauben für Gesellschafter minderen Rechts . . . . . . Vertrauensschutz in Einzelfällen . . . . . . . 1. Voraussetzungen des Vertrauensschutzes . . . . . . . 2. Rechtsfolge bei Schutzwürdigkeit des Vertrauens .... 3. Vertrauensschutz für Gesellschafter minderen Rechts ., Ergebnis...............................

13 200 20 I 202 203 206 207 208 209 209 209 210 211 215 215 215 216 217

F. Schlußbemerkung

218

Literaturverzeichnis .

221

Abkürzungsverzeichnis a.A. abI. Abs. AcP ADHGB AGB AGBG AktG allg. AnfG Anm. Art. Aufl. BAG BB betr. BFH BGB BGBI. BGH BGHZ BMF BStBI. BVerfG BVerfGE bzw. DB ders. d.h. DNotZ DR DStR ebd. Einf. v. EStG

anderer Ansicht ablehnend Absatz Archiv für civilistische Praxis Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch Allgemeine Geschäftsbedingungen AGB-Gesetz Aktiengesetz allgemein Anfechtungsgesetz Anmerkung Artikel Auflage Bundesarbeitsgericht Betriebs-Berater betreffend Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof . Entscheidungen des BGH in Zivilsachen Bundesminister der Finanzen Bundessteuerblatt Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Der Betrieb derselbe das heißt Deutsche Notarzeitschrift Deutsches Recht Deutsches Steuerrecht ebenda Einführung vor Einkommenssteuergesetz

Abkürzungsverzeichnis

etc. EWiR f. FamRZ ff. Fußn. FS GG GmbH GmbHG GWB HGB h.M. Hrsg. i.E. insb. i.V.m. JA JR JuS JW JZ KG KG KO krit. KSchG Lit. MDR Müko m.w.N. Nachw. NJ NJW NJW-RR Nr. oHG OLG RdA Rn. RG RGZ

et cetera Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht folgende Zeitschrift rur das gesamte Familienrecht fortfolgende Fußnote F estschri ft rur Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH-Gesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Herausgeber im Ergebnis insbesondere in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Juristische Rundschau Juristische Schulung Juristische Wochenschri ft Juristenzeitung Kammergericht Kommanditgesellschaft Konkursordnung kritisch Kündigungsschutzgesetz Literatur Monatsschrift rur Deutsches Recht Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Recht mit weiteren Nachweisen Nachweise Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift NJW -Rechtsprechung-Report Nummer offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Recht der Arbeit Randnummer Reichsgericht Entscheidungen des RG in Zivilsachen

15

16 Rspr.

S.

s. s.o. sog. StbJb st. s.u. u.a. UmwG u.U. Überbl. v. vgl. Vorb. WM WRV WuB ZAkDR z.B. ZGR ZHR ZIP zust.

Abkürzungsverzeichnis

Rechtsprechung Seite siehe siehe oben sogenannte(n) Steuerberater-Jahrbuch ständige siehe unten unter anderem Umwandlungsgesetz unter Umständen Überblick vor vergleiche Vorbemerkung W ertpapier-M itteilungen Weimarer Reichsverfassung Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht zum Beispiel Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschafts recht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis zustimmend

A. Einführung I. Zielsetzung In der gesellschaftsrechtlichen Literatur taucht der Begriff des "Gesellschafters minderen Rechts'" auf. Nach dem Wortlaut handelt es sich um einen Gesellschafter, der im Verhältnis zu anderen Gesellschaftern nur eine verkürzte Rechtsstellung inne hat. Unterschiede in den GesellschaftersteIlungen, insbesondere die genannte Minderberechtigung, werfen gesellschaftsrechtliche Probleme grundsätzlicher Art auf, etwa die Frage der Gleichbehandlung oder des Minderheitenschutzes. Die vorliegende Arbeit untersucht, ob sich ein Gesellschaftertypus, dessen Stellung apriori minderberechtigt ist, mit dem geltenden System des Gesellschaftsrechts vereinbaren läßt und versucht, die Anerkennung einer Institution des Gesellschafters minderen Rechts zu überprüfen. Dabei beschränkt sich die Darstellung auf die Personenhandelsgesellschaften oHG und KG, wobei die sogenannten Publikumspersonengesellschaften vernachlässigt werden. Im Gang der Untersuchung wird zunächst der Begriff des Gesellschafters minderen Rechts herausgearbeitet (unter A. II). Anhand dieser Typisierung wird die Relevanz der Problematik sowohl für die Praxis der Personenhandelsgesellschaften als auch die gesellschaftsrechtliche Diskussion erläutert (unter A. III). Nach einem Überblick über die auftretenden Fallgestaltungen und einer Darstellung des Meinungsstandes in Literatur und Rechtsprechung (unter B. I und II), werden die den Gesellschafter minderen Rechts charakterisierenden Besonderheiten im einzelnen auf ihre Zulässigkeit und Wirksamkeit hin überprüft, sowie ihre Wechselwirkungen untersucht (unter c. I - lll). Dabei werden wiederum die relevanten Rechtsauffassungen dargelegt, insbesondere die höchstrichterlichen Entscheidungen eingehend analysiert. Dies führt zu einer Auseinandersetzung mit den Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts und ihrer Bedeutung für eine Institution des Gesellschafters minderen Rechts (unter D. I VI). Schließlich entwickelt die Verfasserin ihren eigenen Standpunkt (unter E.).

I Dieser Begriff geht zurück auf FlII/ne, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Erster Band, Erster Teil, Die Personengesellschaft, 1977. S. 137 f.

2 Partikel

18

A. Einfiihrung

Die Thesen der Arbeit werden als Ergebnis in der Schlußbemerkung zusammengefaßt (unter F.).

11. Typisierung des Gesellschafters minderen Rechts Der in der Literatur benutzte Begriff des Gesellschafters minderen Rechts ist unbestimmt. Die Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft haben häufig nicht dieselben Rechte. Das Gesellschaftsrecht normiert selbst verschiedene Typen von Gesellschaftern mit unterschiedlich ausgestalteten Rechten. Bereits aufgrund der gesetzlichen Regelungen existieren Gesellschafter, die im Verhältnis zu anderen Gesellschaftern eine verkürzte Rechtsstellung inne haben. So sind die Gesellschafterstellungen in der KG bereits gesetzlich unterschiedlich ausgestaltet: im Gegensatz zum Komplementär ist der nur beschränkt haftende Kommanditist nach § 164 HGB von der Geschäftsführung ausgeschlossen; er hat gemäß §§ 166 11, 118 HGB nur eingeschränkte Überwachungsrechte, die sogar im Verhältnis zu den Kontrollrechten eines von der Geschäftsführung ausgeschlossenen, persönlich haftenden Gesellschafters weniger umfassend sind; ihm steht im Gegensatz zum persönlich haftenden Gesellschafter ein Entnahmerecht nach § 122 HGB nicht zu; er hat nach § 170 HGB keine Vertretungsmacht. Diese vom Gesetz vorgesehenen Formen der Minderberechtigung werden von der Literatur nicht unter dem Begriff des Gesellschafters minderen Rechts diskutiert. Mit ihnen befaßt sich die vorliegende Arbeit daher nicht weiter. Unter den Begriff des Gesellschafters minderen Rechts fallen demnach nur minderberechtigte GesellschaftersteIlungen, die sich in der Vertragspraxis in Abweichung von der gesetzlichen Typenordnung entwickelt haben. Da die gesetzlichen Regelungen weitgehend dispositiv sind, können im Gesellschaftsvertrag sowohl weitergehende als auch eingeschränkte Mitgliedschaftsrechte vereinbart werden. Der Gesellschaftsvertrag kann daher in abweichender Gestaltung von der gesetzestypischen Position eines Gesellschafters eine Beschränkung seiner Rechte vorsehen, so daß sich auch innerhalb eines Gesellschaftertyps minder- und höherberechtigte Gesellschafter gegenüberstehen können. Die

Z Ebd.; ders., NJW 1979,902 f.f; ders., OB 1986,629,633 ff.; EiselI, in: Festgabe fiir U1rich von Lübtow, 1980, S. 643 ff.; Esch, NJW 1979. 1390; Huber, ZGR 1980, 177, 193 ff.; Karsten Schmidl, Gesellschafisrecht, 1991, S. 1213 f.; WeberiHikel, NJW 1986,2752,2754; von Feldmann, WuB 1989, 1040, 1041; Krämer. NJW 1981. 2553, 2556; Fischer, ZGR 1979,251. 263 f.; Schilling, ZGR 1979,419,423,426; Hirtz. BB 1981.761,763; WemerlJung. OB 1982. 1503, 1506; Bllllle, ZIP 1983, 8, 13; U.a.

11. Typisierung des Gesellschafters minderen Rechts

19

Minderberechtigung kann zum Beispiel darin liegen, daß die Geschäftsführungsbefugnis der persönlich haftenden Gesellschafter nach § 114 11 HGB (in Verbindung mit § 161 11 HGB für die Komplementäre) durch den Gesellschaftsvertrag auf einen oder mehrere Gesellschafter übertragen wird, womit die übrigen von der Geschäftsführung ausgeschlossen, also in ihren originären Rechten beschränkt sind; das ihnen in diesem Falle nach § 118 HGB zustehende Kontrollrecht kann gesellschaftsvertraglieh beschränkt oder ganz ausgeschlossen werden; der Gesellschaftsvertrag kann einzelne persönlich haftende Gesellschafter von der Vertretung ausschließen, § 125 ff. HGB; das Stimmrecht des Kommanditisten kann durch eine gesellschaftsvertragliehe Regelung ausgeschlossen werden etc .. 3 Weiter kommt eine Minderberechtigung aufgrund einer gesellschaftsvertraglieh vereinbarten Ausschließbarkeit des Gesellschafters in Betracht. Das Gesetz sieht in § 140 HGB die Ausschließung eines Gesellschafters - das ist "das zwangsweise Ausscheiden eines Gesellschafters auf Betreiben der anderen "4 nur im Wege der Klage vor. Die Vorschrift des § 140 HGB ist jedoch nicht zwingend, so daß im Gesellschaftsvertrag ein abweichendes Ausschlußvcrfahren vereinbart werden kann, etwa die Ausschließung durch Mehrheitsbeschluß oder Erklärung eines einzelnen Gesellschafters. Durch eine gesellschaftsvertragliehe Regelung, nach der auf den Prozeßweg verzichtet wird, kann die Ausschließung technisch erleichtert werden. Dies stellt für sich allein betrachtet noch keine Minderberechtigung eines Gesellschafters dar. Diese ist aber bereits dann gegeben, wenn das Ausschließungsrecht die gesetzlichen Voraussetzungen des Vorliegens eines wichtigen Grundes in der Person des Auszuschließenden gemäß §§ 140, 133 HGB abbedingt, so daß die inhaltlichen Anforderungen an den Ausschluß eines Gesellschafters erleichtert werden, etwa wenn dieser bereits bei Vorliegen eines sachlichen Grundes erfolgen kann. Eine Minderberechtigung kann insbesondere dann vorliegen, wenn der Gesellschaftsvertrag die freie Ausschließbarkeit eines oder einzelner Gesellschafter aufgrund des Ausschließungsrechts eines oder mehrerer anderer Gesellschafter vorsieht. Durch eine derartige Regelung kann dem Betroffenen die GesellschaftersteIlung als solche ohne wichtigen oder sachlichen Grund entzogen werden, und insoweit ohne Überpriifung der Rechtmäßigkeit seines Ausschlusses. Sein Status ist im Verhältnis zu den höher berechtigten Gesellschaftern - auf die diese Regelung keine Anwendung findet - nicht gesichert, er ist also minderberechtigt. Der ungesicherte Status kann faktisch auch die dem Gesellschafter eingeräumten Mitwirkungsrechte entwerten. Dies ist der Fall, wenn der Gesellschafter minderen Rechts unter dem Damokles-Schwert der freien Ausschließbarkeit nicht wagt, von

2*

l

BGH Z 20, 363: vgl. hi~rzu Schlleider. ZGR 1978. 1 ff.

4

Schmidt, S. 1202.

20

A. Einführung

seinen Rechten Gebrauch zu machen, um für die Mitgesellschafter nicht unbequem zu werden und dadurch seinen Ausschluß selbst heraufzubeschwören. Auch hierin spiegelt sich seine Minderberechtigung wider. Schließlich kann eine Minderberechtigung darin liegen, daß ein ausscheidender Gesellschafter im Unterschied zu den verbleibenden nicht die gesetzlich in den §§ 738 ff. BGB, 105 Il HGB vorgesehene vollwertige Abfindung, sondern nach dem Gesellschaftsvertrag nur eine beschränkte Abfindung erhält oder diese sogar vollständig ausgeschlossen ist. Darüber hinaus können gesellschaftsvertraglich vereinbarte Regelungen über die Auszahlungsmodalitäten die gesetzlichen Rechte des ausscheidenden Gesellschafters einschränken, indem sie nicht die vollständige Auszahlung bei Fälligkeit vorsehen. Die an den Ausscheidenden zu entrichtende Abfindungssumme bleibt dem Gesellschaftsunternehmen vollständig, teilweise bzw. länger erhalten und steht zur Disposition der Verbleibenden, der Ausgeschiedene kann sie nicht andernorts einsetzen oder auf andere Weise darüber verfügen. Gilt die Abfindungsregelung nicht für alle Gesellschafter, ist der Ausscheidende demnach minderberechtigt. Während eine vollwertige, am Stichtag des Ausscheidens auszahl bare Abfindung den status quo des Gesellschafters in gewissem Maße absichert, weil der Ausschluß wegen des finanziellen Aufwands bei rational egoistischem Verhalten der Gesellschaft bzw. der hinter ihr stehenden Gesellschafter nur erfolgt, wenn der Gesellschaft dennoch ein Nutzen verbleibt oder sie ihn sich zumindest erhofft, ist die Statussicherung bei den genannten Abtindungsklauseln geringer bzw. beim Abfindungsausschluß nicht vorhanden. Darüberhinaus kann eine für den Gesellschafter ungünstige Abfindungsregelung zur Entwertung der ihm eingeräumten Mitwirkungsrechte führen, wenn er seinen Ausschluß nicht riskieren will, um keine finanzielle Einbuße zu erleiden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Ausschluß des Gesellschafters nicht an die gesetzliche Regelung des § 140 I HGB gebunden, sondern nach freiem Ermessen des/r Mitgesellschafter möglich ist. Dagegen ist eine Beeinträchtigung seiner Entschließungsfreiheit bei der Mitwirkung in der Gesellschaft kaum anzunehmen, wenn der Gesellschafter nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes aus der Gesellschaft und/oder nur zu vollwertiger Abfindung ausgeschlossen werden kann. Die vorstehenden Ausführungen verdeutlichen einen Zusammenhang zwischen Ausschluß und Abfindung eines Gesellschafters. Je geringer die gesellschaftsvertraglichen Anforderungen an den Ausschluß eines Gesellschafters sind, und je geringer die im Falle seines Ausschlusses an ihn zu zahlende Abfindung der Höhe nach ist, desto weniger ist der Status des betreffenden Gesellschafters gesichert, umso größer ist also seine Minderberechtigung. Abgesehen von den beiden letztgenannten Beschränkungen der Rechtsstellung eines Gesellschafters durch Ausschluß- und Abfindungsklauseln, einschließlich

11. Typisierung des Gesellschafters minderen Rechts

21

deren Auswirkungen auf die Mitwirkungs- und Kontrollrechte des Gesellschafters, stellen die Einschränkungen der Gesellschafterrechte kein markantes Problem des Gesellschaftsrechts dar. Sie beziehen sich durchweg auf Rechte, die nicht die Kernelemente einer GesellschaftersteIlung ausmachen, also die Mitgliedschaft als solche und den Wert der Beteiligung nicht berühren. Diese Aspekte werden nicht unter der Problematik des Gesellschafters minderen Rechts diskutiert und daher hier nicht weiter vertieft. Der Kern der zu untersuchenden Problematik liegt in den gesellschaftsvertraglichen Regelungen betreffend Ausschluß und Abfindung, die die gesetzestypische Position eines Gesellschafters in gravierender Form beschneiden können. Die Regelungen zum Gesellschafterwechsel berühren den Wesensgehalt der GesellschaftersteIlung. Der status quo eines Gesellschafters erfährt bei kumulativer Vereinbarung der freien Ausschlußklausel mit einer Abfindungsklausel, die keine oder nicht die vollwertige Abfindung gewährt, die geringste Absicherung. Faktisch werden die Mitwirkungsrechte des Gesellschafters bei dieser Konstellation am stärksten beeinträchtigt. Die Vereinbarung bei der Klauseln als Ausdruck einer Minderberechtigung ist für den Gesellschafter minderen Rechts kennzeichnend. Dies gilt auch im Verständnis des in der Literatur benutzten Begriffes. s Dieser ist namentlich von Flume6 für Ge~ellschafter eingeführt worden, deren Rechtsstellung apriori verkürzt ist und die daher ohne vollwertige Abfindung frei ausschließbar sein sollen. Seitdem wird unter diesem Begriff in der Literatur eine derartige GesellschaftersteIlung diskutiert. Die vorliegende Arbeit versteht unter einem Gesellschafter minderen Rechts daher einen Gesellschafter, der einer Personenhandelsgesellschaft bei freier Entziehbarkeit der Mitgliedschaft unter Beschränkung oder Ausschluß seines Abtindungsguthabens beigetreten ist. 7 Ihm steht mindestens ein Gesellschafter höheren Rechts mit gesichertem Status gegenüber, dessen GesellschaftersteIlung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes aufgehoben werden kann, während seine GesellschaftersteIlung vom Willen dieses Gesellschafters höheren Rechts oder der Mehrheit der anderen Gesellschafter einschließlich des ersteren abhängig ist.

5

s. Nachw. in Fußn. 2.

6

s. Fußn. I.

7

So auch Eiselt, S. 644.

22

A. Einführung

III. Relevanz Um die Relevanz der Problematik zu verdeutlichen, bedarf es zunächst einer kurzen Darstellung der gesetzlichen Regelungen des Ausschlusses und der Abfindung.

1. Überblick über Ausschluß und Abfindung von Gesellschaftern nach den gesetzlichen Regelungen Gesetzestypiseht: Personengt:sellschaften beruht:n wt:itgeht:nd auf der vt:rtrauensvollen Zusammenarbeit ihrer Teilhaber. Ist die Vertrauensgrundlagt: dauerhaft gestört, so wird regelmäßig eine Veränderung des Gesellschaftsverhältnisses für unvermeidbar gehalten. Dabei ist das Ausscheiden eines Gesellschafters im Verhältnis zur Auflösung der Gesellschaft unter dem Gesichtspunkt der Perpetuierung des Unternehmens der geringere Eingriff. Es hat zur Folge, daß der betroffene Gesellschafter die Gesellschaft verläßt. Hierdurch verliert er seine Mitgliedschaft, also auch seine vermögensmäßige Beteiligung. Davon bleibt die Identität der Gesellschaft unberührt. Nach §§ 105 11 HGB, 738 I 1 BGB kommt es zugunsten der Mitgesellschafter zur Anwachsung. Handelt es sich um eine zweigliedrige Gesellschaft, so erlischt diese nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters, wobei der verbleibende als ihr Gesamtrechtsnachfolger zum Einzelkaufmann wird. Die Ausschließung eines Gesellschafters erfolgt bei den Personenhandelsgesellschaften nicht durch Kündigung (vgl. § 737 BGB), sondern durch Ausschließungsklage nach § 140 HGB. Ein Spezial fall der Ausschließungsklage des § 140 HGB ist die in § 142 I HGB geregelte Übernahmeklage, die die Ausschließung eines Gesellschafters in der Zwei-Mann-Gesellschaft normiert. § 142 I HGB ist entsprechend anwendbar auf den gesetzlich nicht geregelten Fall, daß ein Gesellschafter alle übrigen aus einer Mehrpersonengesellschaft hinausklagen will. 8 Tritt in der Person eines Gesellschafters ein Umstand ein, der nach § 133 HGB den übrigen Gesellschaftern ein Auflösungsrecht geben würde, so kann vom Gericht anstelle der Auflösung der Gesellschaft gemäß § 140 I HGB dit: Ausschließung des Gesellschafters ausgesprochen wt:rden, wenn die übrigen dies beantragen. Der Ausschließungsgrund muß gemäß §§ 140, 133 HGB ein wichtiger Grund sein, der das Verbleiben des Gesellschafters in der Gesellschaft für die Mitgesellschafter unzumutbar macht. Ein Verschulden des Störers ist dabei

• OLG Stuttgart, DB 1961, 1644; Schmidl, S. 1082; Kullw, Die gleichzeitige Ausschließung mehrerer Gesellschafter aus Personengesellschaft und GmbH, 1983, S. 20.

IIl. Relevanz

23

nicht erforderlich', so bei unheilbarer Krankheit oder Scheidung der Ehe, welche Grundlage der GesellschaftersteIlung war. IO An das Vorliegen eines wichtigen Grundes sind strenge Anforderungen zu stellen, weil der Ausschluß aus der Gesellschafter mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen verbunden sein kann." Maßgeblich ist eine Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles, bei der auch das Verhalten der Mitgesellschafter zu berücksichtigen ist. 12 Die Rechtsprechung hat das Vorliegen eines wichtigen Grundes unter anderem in folgenden Fällen angenommen: Übervorteilung bei gemeinsamer Steuerhinterziehung13 , Aushöhlung der Gesellschaft und Aufbau eines eigenen Unternehmens in Erwartung der Trennung l4 , Verurteilung zu einer Zuchthausstrafe wegen Devisenvergehens 's , Veruntreuungen l6 , Verletzung der Ptlicht zur ordentlichen Buchführung17 , Unmöglichkeit des Zusammenwirkens wegen Zerwürfnisses (Todschlagsversuch)'8, Zerstörung des familiären Vertrauensverhältnisses" . Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet, daß die Ausschliessung das letzte Mittel zur Erhaltung der Gesellschaft ist. Denn die Ausschließung soll grundsätzlich keinen pönalen Charakter haben und nicht zur Bereicherung der verbleibenden Gesellschafter dienen, sondern nur Schaden von der Gesellschaft abwenden. 20 Jedes mildere, zur Beseitigung der Störung geeignete, zumutbare andere Mittel hat Vorrang. 21 Zu denken wäre zum Beispiel an die Entziehung oder Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis oder der Vertretungsmacht

• G Z 24, 136; Miiko-Ulmer, Kommentar zum BGB, § 737, Rn. 7; Soergel-Hadding, BGB, Kommentar, § 737, Rn. 4; Hueck, Gesellschaftsrecht, S. 438; Kulka, S. 101 ff.; Srau!, Der wichtige Grund bei der personengesellschaftlichenAuflösungs- und Ausschließungsklage, S. 34 ff. 10 BaumbachlDudenlHopr, HGB-Kommentar, § 140, Anm. 2) B.; vgl.lindacher, NJW 1973, 1169 ff. 11

KraftlKrelllZ, Gesellschaftsrecht, S. 150.

Müko-Ulmer, ebd .. BGH Z 31. 295. 306; BGH Z 46. 392 betr. Übernahmeklage; BGH Z 51. 204,205. Il

t>

GHZ31,S.304.

14 Bal/lllbachlDl/denlHopr. ebd. 15 BGH Z 18.350. 16GHZ6.113. 17

LG Stuttgart, OB 1961, 1644.

11 RG Z 162,388 . .. BGH NIW 1973,92. 10

BaumbachlDudenlHopr, § 140, Anm. I) A.; Hueck, S. 440.

11 BaumbachlDudenlHopr, ebd.; Schmidr, S. 1075; RG Z 146, 169, 180; RG IW 33, 98; RG IW 1938,2212,2213; BGH Z 4, 108; BGH Z 6, 113, 117; BGH Z 18, 350, 362; BGH BB 1955, 1038; krit. Wesrermann, NIW 1977,2185,2187; krit. auch Schelfeie, BB 1989,792,794 f.

24

A. Einfiihrung

nach §§ 117, 127 HGB22, die Umwandlung der GesellschaftersteIlung eines persönlich haftenden Gesellschafters in die eines Kommanditisten23 oder die Ausübung der Gesellschafterrechte nur durch einen Treuhänder-' etc .. Nur sofern den Beeinträchtigungen des Vertrauensverhältnisses nicht bereits durch Veränderungen der gesellschaftlichen Organisationsstruktur Abhilfe zu schaffen ist, kommt nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ein Gesellschafterausschluß in Betracht. Die Rechtsfolge des Auscheidens eines Gesellschafters unter Fortsetzung der Gesellschaft ist gemäß §§ 105 II HGB, 738 ff. BGB die Auseinandersetzung zwischen diesem und der Gesellschaft. Dies gilt entsprechend bei der Zwei-Personen-Gesellschaft zwischen dem ausgeschiedenen Gesellschafter und dem Übernehmer des Geschäfts. 2S Dabei soll die Stellung des Ausgeschiedenen trotz Verzichts auf die Gesellschaftsliquidation derjenigen bei erfolgter Abwicklung so weit wie möglich angenähert werden. 26 Das Abfindungsguthaben des Ausgeschiedenen entsteht aus einer Summe einzelner Rechnungsposten und wird im Wege der Gesamtabrechnung ermittelt. Der gesetzliche Abfindungsanspruch gewährt dem Ausgeschiedenen grundsätzlich ein vollwertiges Äquivalent für den Verlust der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung.27 Der Ausgeschiedene ist gemäß §§ 105 II HGB, 738 I 2 BGB von den Gesellschaftsschulden zu befreien (Schuldbefreiungsanspruch für Altverbindlichkeiten), für die er im Außenverhältnis weiterhaftet. Sind Gesellschaftsschulden noch nicht fällig, so kann nach §§ 105 II HGB, 738 I 3 BGB statt der Befreiung eine Sicherheitsleistung erfolgen. Ist der Wert des Gesellschaftsvermögens für die Rückerstattung der Einlagen und zur Deckung der Gesellschaftsschulden nicht ausreichend, so hat der Ausscheidende, wie im Liquidationsfall (§ 735 BGB) hierfür nach Maßgabe seines Verlustanteils aufzukommen (§§ 105 II HGB, 739 BGB).28 Dies kann nicht nur zu einer Schmälerung seines Abfindungsguthabens, sondern selbst zu einer Nachschußpflicht führen. Sofern nicht das Gesellschaftsvermögen durch Verlust verbraucht ist, hat der Ausscheidende einen Anspruch auf Abfindung. Die Abfindungshöhe bemißt sich gemäß § 738 I 2 BGB danach, was er im Falle der Liquidation der Gesellschaft

11

Ballmbach/Duden/Hopl, ebd.

13BGHZ6,113. 1-1

Baumbach/Duden/Hopl, ebd.

15

Vgl. BGH OB 1956, 1009; BGH Z 50,307.

16

Mako-Ulme/', § 738, Rn. I.

17 Mako-Ulme/', § 738. Rn. 5. 11

Schmidl, ebd.; Mako-Ulme/', § 738, Rn. 1.

III. Relevanz

25

erhalten würde. Der Abfindungsanspruch entsteht durch Umwandlung des bis dahin als künftiges Recht bestehenden Anspruchs auf das Auseinandersetzungsguthaben (§ 717 2 BGB?', und zwar im Zeitpunkt des Ausscheidens. 30 Von dem grundsätzlichen Stichtag des Ausscheidens gibt es im Falle der Ausschließungsklage gemäß § 140 I HGB eine Ausnahme, denn § 140 II HGB bestimmt insofern den Zeitpunkt der Klagerhebung als maßgeblich. 31 Der Ausscheidende kann von den übrigen Gesellschaftern die Aufstellung einer Abfindungsbilanzauf den Stichtag des Ausscheidens verlangen, welche der Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens auf Basis der Werte der fortgesetzten Gesellschaft dient. 32 Es handelt sich um eine Vermögensbilanz, ist also nicht wie die lahresbilanz eine Erfolgsbilanz. 33 Der Wert der Beteiligung ist anhand einer einheitlichen Bewertung des gesamten Unternehmens zu errechnen und muß in der Regel durch Sachverständigengutachten ermittelt werdenJ4 ; gemäß §§ 105 II HGB, 738 II BGB ist, soweit erforderlich, der Wert des Gesellschaftsvermögens durch Schätzung festzustellen. Schätzungsgrundlage ist nach herrschender Meinung nicht der Liquidationswert, sondern der Vermögenswert der als werbend fortgesetzten Gesellschaft; das ist der wirkliche Wert des lebenden Unternehmens einschließlich der stillen Reserven und des good will des Unternehmens. 3s Der Wert des Abtindungsguthabens kann anhand unterschiedlicher Bewertungsmaßstäbe (Ertragswert, Substanzwert u.a.) ermittelt werden. Auf eine Darstellung der einzelnen Bewertungsmethoden wird hier verzichtet, da dies den Rahmen der Arbeit sprengen würde. 36

l'

Müko-Ulmer, § 738, Rn. 11, 14.

Müko-Ulmer, § 738, Rn. 14; Schmidt, ~bd.; a.A. Heckelmann, Abfindungsklausdnin G~sl!llschaftsverträgen, 1973, S. 25 f.: Entstehung bereits bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages. 30

31

Vgl. dazu Schmidt, S. 1215 f.; RG Z 101,242 betr. Üb~rnahmeklage.

31

Müko-Ulmer, § 738, Rn. 17; Soergel-Hadding, § 738, Rn. 10; Hueck, S. 452.

33

Müko-Ulmer, ebd.

:w BGH NJW 1985, 192 = WM 1984, 1506 m.w.N.; vgl. hil!rzu Michalski, ZIP 1991, 914 ff. 3S Müko-Ulmer, § 738, Rn. 24 m.w.N.; Schulze-Osterloh, ZGR 1986,545,564; BGH Z 17, 131,136 mit Anmerkung Ganssmüller, NJW 1956,299 ff., 908 upd Anmerkung Buchwald, NJW 1956,907 f.; BGH WM 1984, ebd. 36 Vgl. hierzu: Sudhoff, ZGR 1972, 157 ff.; WagnerlNonnenmacher, ZGR 1981, 674 ff.; Zehner, OB 1981,2109 ff.; Grossfeld, JZ 1981,641 ff.; ders., ZGR 1982, 141 ff.: ders., AG 1988, 217 ff.; RoolflVahl, OB 1983, 1964, 1966 f.: Reinicke-lTiedtke, OB 1984,703 ff.: Schulze-Osterloh, S. 547 ff.: van Randenborgh, OB 1986,75 ff.: Sanfleber, Abfindungsklauselnin G~sdlschafts­ verträgen, S. 65 ff.; Spliedt, Die Kiindigungs- und Abfindungsrecht~ d~s P~rson~ng~s~llschaft~rs ... , S. 130 ff.; Wiedemann, WM 1992, Sond~rb~ilage Nr. 7, S. 37 ff., 39; Ulmer. FS Quack, 1991. S. 477 ff., 481 ff.

26

A. Einführung

"Der Abfindungsanspruch setzt sich zusammen aus dem Anspruch auf Rückzahlung der Einlage oder ihres Wertes, dem Anspruch auf den in der Abtindungsbilanz ausgewiesenen, nach dem beim Ausscheiden geltenden Gewinnverteilungsschlüssel zwischen dem Ausgeschiedenen und den übrigen Gesellschaftern aufzuteilenden fiktiven Liquidationsüberschuß sowie aus den in die Abfindungsbilanzals Rechnungsposten einzubeziehenden gegenseitigen Ansprüchen aus dem Gesellschaftsverhältnis. "37 Der Ausgeschiedene nimmt dabei gemäß §§ 105 II HGB, 740 BGB noch an den schwebenden Geschäften teil. Darunter sind Geschäfte zu verstehen, "aus denen die Gesellschaft am Abfindungsstichtag schon berechtigt und verpflichtet war, die aber noch nicht erfüllt waren. "38 Dabei muß es sich nach herrschender Meinung um unmittelbar auf Erwerb gerichtete, das heißt unternehmensbezogene schwebende Geschäfte handeln. 39 Nach herrschender Meinung ist der Abfindungsanspruch nicht schon mit der Entstehung im Zeitpunkt des Ausscheidens, sondern erst mit der Feststellung der Auseinandersetzungs-I Abschichtungsbilanz fällig. 40 Demgegenüber vertritt eine Mindermeinunt1 unter Hinweis auf § 271 I BGB die Ansicht, daß die Fälligkeit bereits im Augenblick des Ausscheidens eintritt. Dies hat den Vorzug, daß der Ausgeschiedene sofort Leistungsklage erheben kann, und nicht erst auf Feststellung der Abschichtungsbilanz klagen muß bzw. eine solche selbst aufstellen muß und dann auf Zahlung klagen kann. 42 Auf eine nähere Darstellung der weiteren Auffassungen in der Literatu~ und Erörterung dieser Problematik wird im Rahmen dieser Arbeit verzichtet.

2. Praktische Relevanz Die Gesetzesvorschriften des HGB und BGB werden den Interessen der Gesellschaft und der Gesellschafter nicht stets gerecht. In der Vertragspraxis haben sich daher von den gesetzlichen Regelungen abweichende Gestaltungen

37 31

39

Müko-Ulmer, § 738, Rn. 26. Schmidl, S. 1218 f. m.w.N.; ähnlich RoolflVahl, OB 1983, 1964 ff. Schmidl, S. 1219 m.w.N., auch der a.A.; ders., OB 1983,2401,2404 f.; Hl4eck, S. 461 f.

40 Statt vieler: Soergel-Hadding, § 738, Rn. 8; Slaru:linger-Keßler, BGB-Kommentar, § 738, Rn. 15; jeweils m. W.N.

4.

Müko-Ulmer, § 738, Rn. 14 f.; Palandl-Thomas, BGB, Kommentar, § 738, Anm. 2) c).

41

Emmelich, WuB 1987, 1531, 1532.

43

Etwa Heckelmann,

S.O.,

Fußn. 30.

III. Relevanz

27

entwickelt. 44 Diese betreffen nicht nur die Umgestaltung der gesetzestypischen Organisationsstrukturen einer Personenhandelsgesellschaft, etwa durch Übernahme körperschaftlicher Elemente4S , sondern insbesondere den im Rahmen der vorliegenden Arbeit interessierenden Gesellschafterwechsel, also Ausschließung und Abfindung eines Gesellschafters. 46 Die von der Vertragspraxis entwickelten Ausschluß- und Abfindungsklauseln - und entsprechend die Beweggründe für ihre Vereinbarung - sind vielfaltig.47 Sie lassen sich jedoch in vier wesentliche Kategorien unterteilen: Ausschließung bei Vorliegen eines wichtigen oder sachlichen Grundes durch Gesellschafterbeschluß oder Ausschließungserklärung, Ausschließung nach freiem Ermessen durch Beschluß oder Erklärung, Abfindungsausschluß, Gewährung einer Abfindung in Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften. a) Bedeutung der Vereinbarung einer Ausschlußklausel Durch die Vereinbarung einer Ausschlußklausel sind die Gesellschafter in der Lage, das Gesellschaftsverhältnis zu ändern, ohne den gesetzlich vorgegebenen Weg der Auflösung der Gesellschaft zu gehen, § 133 HGB. Dadurch werden einerseits Liquidationsverluste vermieden, andererseits wird der Gesellschaft in der Regel durch die an den Ausscheidenden zu zahlende Abfindung Kapital entzogen. Die verbleibenden Gesellschafter können die Gesellschaft ohne den Ausgeschlossenen fortsetzen, ihr status quo bleibt erhalten. In Abweichung von der gesetzlichen Regelung können Ausschlußklauseln die Personengesellschaften daher für die übrigen Gesellschafter bestandsfest machen. 48 Auf jeden Fall

44 Vgl. Gesellschaftsvertragsmusterin: Münchner Vertragshandbuch, Band I, Gesellschaftsrecht, II und III: Beck'sches Formularbuch zum Bürgerlichen, Handels- und Wirtschaftsrecht, VIII B. und C.

os Vgl. hierzu: C. Olt, Typenzwang und Typenfreiheit im Recht der Personengesellschaft, 1966: H.P. Weslemzann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, 1970: Teichmann, Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen, 1970; Nilschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, 1970; Reuler, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, 1973; FllIIlle, Die Personengesellschaft, S. 189 ff. .. Vgl. Baumanll, Abfindungsregelungen für ausscheidende Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften, 1987; Harlmann, DNotZ 1989, Sonderheft, S. 63, 75 ff. 47 Vgl. Münchner Vertragshandbuch, ebd., II 3. §§ 16 f., II 4. § 18, III I. § 13, III 3. § 15, § 18, III 4. §§ 14, 17; Beck'sches Formularbuch, ebd., VIII B.2. § 12, C.l. § 15, C.2. § 15, § 20, C.13. § 13, § 15, C. 14. § 18, § 20.

41 Bestandsschutz des Unternehmens - nicht der Gesellschaft - könnte auch durch Unternehmensverkaufund Fortführung in fremder Hand erfolgen. Daraufweist zutreffend hin: Sandrock, IR 1969. 323 f.; Kübler, Gesellschaftsrecht, § 7 VI 3. 8).

28

A. Einfiihrung

ersparen die an der Fortsetzung der Gesellschaft interessierten Gesellschafter bei Vereinbarung einer Ausschlußklausel die Kosten des erneuten Abschlusses des Gesellschaftsvertrags. 49 DaTÜberhinaus wird die mit der Liquidation verbundene Auflösung der durch Abschreibung gebildeten stillen Reserven und "damit eine zusätzliche steuerliche Belastung von u. U. erheblichem Umfang" vermieden. 50 Der Bestandsschutz für das Unternehmen kann verschiedenen Interessen dienen. Ohne nähere Durchleuchtung der in der Literatur insoweit angeführten Interessen51 sind an dieser Stelle zu nennen: das gesellschafterliche Interesse der verbleibenden Gesellschafter an der Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage52 , das sozialpolitische Interesse des Schutzes von Arbeitsplätzen sowie der betroffenen Arbeitnehmerschaff3 und das wirtschaftspolitische Interesse an der Erhaltung kleinerer und mittlerer Unternehmen als Gegengewicht zur Konzentration wirtschaftlicher Macht. 54 Eine gesellschaftsvertragliche Regelung, die anstelle des gesetzlichen Klageverfahrens zur Ausschließung eines Gesellschafters einen Gesellschafterbeschluß oder die Ausschliessungserklärung eines einzelnen Gesellschafters vorsieht, dient der technischen Erleichterung des Ausschließungsverfahrens, verringert das Prozeßrisiko - welches nur bei einem Folgeprozeß des ausgeschlossenen Gesellschafters entsteht -, wirkt sich gegebenenfalls auf die Auferlegung von Kosten aus und führt ebenfalls zur Verfahrensbeschleunigung. aa) Relevanz der Ausschließung aus wichtigem oder sachlichem Grund Materiellrechtlich knüpft eine Klausel, die das Vorliegen eines wichtigen Grundes verlangt, an die gesetzlichen Voraussetzungen an. Dabei werden im Gesellschaftsvertrag die Tatbestände aufgenonunen, die zur - oder umgekehrt nicht zur -Ausschließung eines Gesellschafters führen können. Die Gesellschaf-

.. Kübler ebd., § 7 VI 3. b). 54

Kübler ebd., § 7 VI 3. c).

SI

Vgl. hierzu kril. Kübler, ebd., § 7 VI 3.

Sl

Eiselt, S. 650 f.

EiselI, ebd.; Reuter, S. 285 ff.; Harry Westermann, FS Bartholomeyczik, 1973, S. 395, 399 ff.; Harm Peter Westermann, AcP 175 (1975),375 ff., 392; ders., NJW 1977, ebd., S. 2186; Bernen, Die Abfindung des kündigenden oder ausgeschlossenen Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft, S. 24 f.; vgl. Sandrock, S. 327. 53

~ Eiselt, ebd.; Harnl Peter Westernrann, AcP 175, S. 413 f.; vgl. BGH Z 38, 306 = NJW 1963, 646, 648 zur Anwendung des § 1 GWB auf Gesellschaftsverträge mit dem Hinweis auf die Erhaltung der volkswirtschaftlich wünschenswerten Unternehmensform der Personenhandelsgesellschaft.

1II. Relevanz

29

terstellung kann nicht grundlos entzogen werden und dem Betroffenen bleibt die Möglichkeit der richterlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit seines Ausschlusses. Vorstehendes gilt entsprechend für Ausschlußklauseln, die auf das Vorliegen eines sachlichen Grundes abstellen. Zwar erleichtern derartige Klauseln die Voraussetzungen für die Ausschließung eines Gesellschafters im Verhältnis zur gesetzlichen Regelung. Jedoch kann dem Gesellschafter auch bei derartigen Klauseln seine Stellung nicht grundlos entzogen werden, und ihm steht die Rechtmäßigkeitskontrolle offen. Nach einer empirischen Untersuchung im Wirtschaftsraum OstwürttembertS , deren Ergebnisse mit gewissen Einschränkungen für die gesellschaftsvertragliche Praxis als repräsentativ bezeichnet werden können56 , enthalten 52,8 % der Gesellschaftsverträge von Personenhandelsgesellschaften eine derartige Ausschlußklausel. 57 bb) Relevanz der Ausschließung nach freiem Ermessen Nach der genannten Untersuchung eröffnen 3,9 % der Gesellschaftsverträge die freie AusschIießbarkeit eines Gesellschafters. 58 Solche Ausschlußklauseln erleichtern die Voraussetzungen für Eingriffe in die personelle Zusammensetzung der Gesellschaft. Dem Betroffenen kann die GesellschaftersteIlung grundlos entzogen werden. Durch dieses an wichtige Gründe nicht gebundene Ausschließungsrecht ist eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Gesellschafterausschlusses nicht gegeben. Der Ausschließende ist der Willkür seiner Mitgesellschafter ausgesetzt. Die Beweggründe für einen Ausschluß müssen daher nicht stets der Funktions- und Bestandsfähigkeit der Gesellschaft, sondern können auch den persönlichen Interessen der verbleibenden Gesellschafter dienen. So kann etwa bei Familiengesellschaften ein Interesse an der Erhaltung des Unternehmens und Fortführung durch die Familienmitglieder bestehen. 59 Oder ein freier Ausschluß kann im Interesse der verbleibenden Gesellschafter nach Vergrößerung ihrer Anteile durch Anwachsung liegen.

55

Ballmann, ebd.

50

BalImanII, S. 7 ff., 21 ff. und 337.

57 Baumann, S. 196 ff., Tabdie 28. 51

Ballmalln, S. 209, Tabelle 28.

59

Ähnlich EiselI, S. 651.

30

A. Einfiihrung

Verallgemeinert man die nach der empirischen Untersuchung im Raum Ostwürttemberg erzielten Ergebnisse, so haben in der Vertragspraxis über die Hälfte der Personenhandelsgesellschaften eine Regelung zum Gesellschafterausschluß vereinbart. Anhand dieser Größenordnung wird die praktische Relevanz der Zulässigkeit und Wirksamkeit derartiger Ausschlußklauseln deutlich. b) Bedeutung der Vereinbarung einer Abfindungsklausel Von den Personengesellschaften, deren Gesellschaftsverträge eine Ausschlußregelung enthalten, gewähren 87,9 % dem Ausgeschlossenen eine Abfindung, wobei dies in 67,2 % ausdrücklich geregelt ist, während 20,7 % keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung getroffen haben, so daß die gesetzlichen Regelungen Anwendung finden. ~ In 11,5 % der Gesellschaftsverträge, in denen ein Gesellschafterausschluß möglich ist, ist gleichzeitig ein Abfindungsausschluß vereinbart. 61 Demzufolge ist die praktische Bedeutung von Abtindungsklauseln in der hier zu untersuchenden Konstellation mit insgesamt 78,7 % bzw. generell 79,1 %62 noch höher als die der Ausschlußklauseln. Durch gesellschaftsvertragliche Abfindungsklauseln werden häufig andere als die gesetzlich normierten Berechnungsgrundlagen für das Abfindungsguthaben vereinbart. Die Klauseln können einen vollwertigen Ausgleich entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gewähren, zu einer Beschränkung oder zum Ausschluß des Abfindungsanspruches des Ausgeschiedenen führen. Darüberhinaus können sie vom Gesetz abweichende Auszahlungsmodalitäten bestimmen. Tragender Gedanke ist auch hier der oben dargelegte Bestandsschutz der Gesellschaft. 6J Im Interesse der Kapitalsicherung soll ein betriebswirtschaftlich nachteiliger Liquidationsabfluß durch die Auszahlung des Abfindungsguthabens vermieden werden. Mit derartigen Klauseln kann bezweckt werden, die Abfindung zu verzögern oder zu strecken (Stundungsklausel, Ratenzahlungsklausel, Sicherheitsleistungsklausel bei weiterer Belassung der Einlage des Ausgeschiedenen und/oder der übrigen Abfindungsbeträge in der Gesellschaft), zu beschränken (zum Beispiel wenn die schwebenden Geschäfte, die stillen Reserven oder

60

Baumann. S. 220, Tabelle 31.

6\

Baumann , ebd.

61

Baumann, S. 285, Tabelle 34.

63 Vgl. Nachw. in Fußn. 52-54; hierzu auch Sarifleber, S. 49 f.; Weber, Buchwertabfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen von Personengesellschaften, S. 2 f.; Ulme,,, FS Quack, ebd.,

S.478.

111. Relevanz

31

der good will nicht berücksichtigt werden) oder vollständig auszuschließen. 64 Damit werden die Vermögensinteressen der Gesellschaft bzw. verbleibenden Gesellschafter vor diejenigen des von der Ausschließung betroffenen Gesellschafters nach möglichst vollwertiger Abfindung gestellt. Dies gilt für den Fall des Ausscheidens durch Tod eines Gesellschafters entsprechend im Verhältnis zu den Erben. 6S Hinter dem Bestandsschutzinteresse kann sich wiederum das Anliegen der verbleibenden Gesellschafter nach ihrer eigenen Bereicherung verbergen, daß heißt ohne Verkleinerung des Gesellschaftsvermögens nach Vergrößerung ihrer Anteile durch Anwachsung. Dem kommt besondere Bedeutung zu, wenn der Abfmdungsanspruch eines ausscheidenden Gesellschafters im Verhältnis zu den übrigen Gesellschaftern eingeschränkt ist. Dabei ist nicht nur eine Differenzierung zwischen verschiedenen Gesellschaftern möglich, sondern auch zwischen den unterschiedlichen Fällen des Ausscheidens eines Gesellschafters (eigene Kündigung, Tod, Ausschluß aus wichtigem oder ohne solchen Grund).66 Der Sinn einer AbtindungsklauseI kann aber auch lediglich darin liegen. die bei der gesetzlich vorgesehenen Aufstellung einer besonderen Abfindungsbilanz auftretenden Bewertungsprobleme zu vermeiden, indem ein praktikabler Maßstab für die Bemessung des Abfindungsanspruchs vereinbart wird (zum Beispiel Buchwertklausel , Ertragswertklausel , Substanzwertklausel, Vermögenssteuerwertklausel oder kombinierte Bewertungsklauseln). 67 So wird beim Ausschluß des good will die äußerst schwierige Feststellung des Geschäftswerts vermieden, und so verhindert die Nichtberücksichtigung der in § 740 BGB vorgesehenen Teilnahme des Ausgeschiedenen am Ergebnis schwebender Geschäfte, daß dem Betroffenen noch Jahre nach seinem Ausscheiden Rechnung über den Stand der Geschäfte und die erzielten Erträge oder Verluste zu legen ist. 68 Einer derartigen Klausel kommt einerseits Friedensfunktion zu, indem sie Streitigkeiten anläßlich des Ausscheidens eines Gesellschafters soweit wie möglich ausschließt, andererseits KlarsteIlungsfunktion, da von vornherein feststeht, mit welchem Betrag jeder Gesellschafter im Falle seines Ausscheidens rechnen kann. Abfindungen sollen insoweit Verhandlungen, Transaktionen erleichtern oder ersetzen und damit Transaktionskosten sparen .

.. Vgl. Ulmer, NJW 1979. 81; Huber, Vermögensanteil. Kapitalanteil.. .• S. 325; HellllerkeslBinz, OB 1983,2669; Rasner. NJW 1983.2905; Reuler, S. 288. 65

Schmidl, FamRZ 1974.518 .

.. Vgl. Esch. NJW 1986.345.346 ff. 67 Ulmer, NJW 1979.81; ders .• FS Qua~k. ebd.; HIlber, S. 324; HennerkeslBillZ. ebd.; Reurer. ebd.; Salljleber. S. 47 f .• 53 f.; Bemerr. S. 25 f.; Weber. S. 3; Eise/I. S. 649 f.

" Ulmer, NJW 1979, S. 85.

32

A. Einführung

Abfindungsklauseln können weiter der Gläubigerbenachteiligung dienen oder diese bewirken, indem sie den Gesellschaftsanteil zugunsten der Gesellschaft und der Mitgesellschafter vor dem Zugriff der Gläubiger wirtschaftlich sicherstellen (so zum Beispiel, wenn sie auf den Fall der Anteilspfändung oder des Konkurses des Ausgeschiedenen bezogen sind).69 Auch dies ist in erster Linie Ausdruck des Bestandsschutzgedankens. Mit derartigen Abfindungsklauseln kann - gewollt oder unge-wollt - der Effekt einer Kündigungserschwernis verbunden sein, abhängig davon, ob sie den Gesellschaftern einen äquivalenten Ausgleich für den Verlust ihrer Beteiligung bieten. Ist dies nicht der Fall, so kann den Gesellschaftern von vornherein der Anreiz genommen werden, von ihrem gesetzlich gemäß § 723 III BGB nicht ausschließbarem Kündigungsrecht überhaupt Gebrauch zu machen. 70 Darüberhinaus können Vertragsklauseln, die die Abfindung beschränken oder ausschließen, bei Konfliktsituationen innerhalb der Gesellschaft als "Instrument der Disziplinierung" eingesetzt werden. 71 Die praktische Relevanz der unterschiedlichen Formen der Abtindungsregelungen ist uneinheitlich. aa) Relevanz einzelner Bewertungsklauseln Für die Berechnung der Abfindung wird am häufigsten die Buchwertklausel vereinbart (56,5 %: in 30,3 % der Fälle auf Basis des Kapitalkontos im Zeitpunkt des Ausscheidens durch Aufstellung einer Zwischenbilanz, meist durch Fortschreibung der letzten Bilanzwerte, bei den restlichen 26,2 % auf Basis des Kapitalkontos der letzten Bilanz), gefolgt von der Abfindung auf Basis des Substanzwertes (14,8 %), zum Nennwert der Einlage (10,7 %), auf Basis eines kombinierten Substanz- und Ertragswertes (5,7 %), auf Basis des Ertragswertes (3,3 %) und sonstigen Regelungen (9 %).72 Bei der Buchwertabfindung wird zu 73,9 % die Steuerbilanz und nur zu 20,3 % die Handelsbilanz zugrundegelegt. 73 Die Berücksichtigung stiller Reserven bei der Buchwertabfindung ist bei 82,6 % der Gesellschaften ausgeschlossen, und zwar bei 46,4 % ausdrücklich, bei den restlichen 36,2 % mangels Vereinbarung automatisch durch die Ab-

•• Ulmer, ebd.; HennerkeslBillZ, ebd.; Sanjleber, S. 55 f. 70

Henne,*esIBinz. ebd.; Relller. ebd.

71

Kübler, § 7 VIII 2 c); vgl. zur Verhaltenssteuerung auch Sanjleber, S. 50 ff.

n Baumann, S. 291, Tabelle 37. 73

Baumann, S. 294, Tabelle 38.

111. Relevanz

33

findung zum Buchwert. 74 Eine Beteiligung an den stillen Reserven findet trotz Vereinbarung der Buchwertklause1 zu 11,6 % statt, bei 8,7 % in beschränkter. bei 2,9 % in voller Höhe. 75 Bei der Berechnung des Abfindungsguthabens ist die Berücksichtigung des Firmenwertes gesellschaftsvertraglich von 54,9 % der Gesellschaften ausgeschlossen, von 10,7 % ausdrücklich vorgesehen. 76 bb) Relevanz von Auszahlungsmodalitätenklauseln 84,5 % der Gesellschaften sehen eine Auszahlung der Abfindung in Raten vor77 , wobei der Fälligkeitszeitraum bei 20,4 % unter 4 Jahre, bei 52,5 % 4 - 8 Jahre und bei 25,2 % über 8 Jahre beträgt. 78 Dabei ist mit 92,3 % überwiegend eine Verzinsung vorgesehen, nur bei 5,8 % ist keine Verzinsung berücksichtigt. 79 Lediglich bei 12,6 % der Gesellschaften beinhaltet der Gesellschaftsvertrag hinsichtlich der noch ausstehenden Raten eine Absicherung durch Bürgschaft, Grundpfandrechte u.a., 42,7 % haben die Absicherung ausdrücklich ausgeschlossen, die restlichen 44,7 % haben insoweit keine Regelung getroffen. so cc) Relevanz der Nichtberücksichtigung schwebender Geschäfte Nach der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung wird der Abzufindende in 41,8 % der Fälle ausdrücklich nicht an den schwebenden Geschäften beteiligt. 81 Die Beteiligung ist in 8,2 % der Gesellschaftsverträge vorgesehen. 48,4 % der Gesellschaftsverträge enthalten keine Regelung, wovon 77 % der ausscheidenden Gesellschafter aufgrund der vereinbarten Berechnungsmethode nicht gesondert an den schwebenden Geschäften beteiligt werden.

74

Ballmann, S. 296, Tabelle 39.

75

Ballmann, ebd.

76

Baumann, S. 310, Tabelle 43.

77

Ballmann , S. 321, Tabelle 48.

,. Ballmann, S. 323, Tabelle 49. 79

Ballmann, S. 325, Tabelle 50.

10

Ballmann, S. 327, Tabelle 51.

1\

Baumann, S. 329, Tabelle 52.

3 Partikel

34

A. Einfiihrung

c) Bedeutung der Vereinbarung einer GesellschaftersteIlung minderen Rechts Anband der Häufigkeit von Abfindungsfällen in der Praxis soll nochmals die Relevanz von Ausschluß- und Abfindungsklauseln verdeutlicht werden. In dem Zeitraum der letzten 5 Jahre seit Erhebung der genannten Untersuchung (1980 1985) sind im Wirtschaftsraum Ostwürttemberg aus 76,2 % der PersonenhandeIsgesellschaften keine Gesellschafter ausgeschieden. 82 Bei 23 %, also knapp einem Viertel der Personengesellschaften, gab es Ausscheidende, von denen 16,4 % zu den vertraglichen, die restlichen 6,6 % zu individuell vereinbarten Bedingungen abgefunden wurden. Die praktische Relevanz des Gesellschafters minderen Rechts läßt sich soweit ersichtlich - nicht anband von Zahlen belegen. Als Anhaltspunkt kommt jedoch die Häufigkeit der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung des freien Auschlusses in Betracht, das sind 3,9 %. Insbesondere beim Gesellschafter minderen Rechts wird der in der Praxis des Gesellschafterwechsels auftretende Interessenkonflikt deutlich. 1D Die freie Ausschlußklausel dient überwiegend den Interessen der Gesellschaft und der in ihr verbleibenden Gesellschafter bzw. des/der zur Ausübung des Ausschließungsrechts Berechtigten, läßt jedoch die Interessen des Ausscheidenden weitestgehend unberücksichtigt. Dieser dürfte regelmäßig ein Interesse am Verbleib in der Gesellschaft haben, welches resultieren kann aus existentiellen, kapitalanlagemäßigen oder ideellen Gründen (Verlust der Beziehung, des Wirkungskreises, der Ideenverwirklichung, unter Umständen des Namens, der Lebensaufgabe, der Chance des Eintritts der Abkömmlinge, des für ihn von anderen aufgebauten Unternehmens, des Berufes etc.).84 Beispielsweise kann der Ausschluß für den Gesellschafter trotz Abfindung ungünstig sein, weil er keine neue Investitionsmöglichkeit mit einem seiner Erfahrung angemessenen Betätigungsfeld findet. 8S Selbst wenn dem Betroffenen der Erhalt seiner GesellschaftersteIlung gleichgültig sein sollte, so wird er reine Willkürentscheidungen in der Regel nicht hinnehmen. Das Interesse der Gesellschaft am Bestandsschutz des Unternehmens bzw. der verbleibenden Gesellschafter an Statussicherung und Kapitalerhaltung ist verbunden mit einer möglichst niedrigen Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters. Dem steht das Interessen des Ausscheidenden an einer vollwertigen, möglichst hohen Abfindung seines Anteils gegenüber. Auch dieser Interessen-

11

BaI/mann, S. 333, Tabelle 54.

13

Vgl. hierzu auch BaI/mann, S. 2.

14

Sandrock, S. 325.

15 Behr, ZGR 1985,475,477; Manke, Das Recht zur Ausschließung aus der Personengesellschaft kraft Vertrages, 1978, S. 125.

III. Relevanz

35

konflikt wird beim Gesellschafter minderen Rechts zugunsten der Gesellschaft bzw. der verbleibenden Gesellschafter gelöst. Dies verdeutlicht wiederum den Zusammenhang zwischen Ausschluß und Abfindung eines Gesellschafters. Wenn eine Ausschließung ohne wichtigen Grund zur vollen Abfindung führen würde, dann würde der ausgeschlossene Gesellschafter keinen materiellen Verlust erleiden und die ausschließungsberechtigten Gesellschafter würden eine Hinauskündigung nur vornehmen, wenn sie dennoch einen Nutzen hierdurch erwarten. Dies sichert den Status des betroffenen Gesellschafters im gewissen Umfang ab, nicht so beim Gesellschafter minderen Rechts, der ohne eine vollwertige Abfindung zu erhalten frei ausschließbar ist. Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Frage der Zulässigkeit und Wirksamkeit der kumulativen Vereinbarung von Ausschluß- und Abfindungsklausein in Gesellschaftsverträgen der Personenhandelsgesellschaften als Ausdruck der Anerkennung einer Institution des Gesellschafters minderen Rechts für die Gesellschaftspraxis demnach erheblich.

3. Theoretische Relevanz Das Gesellschaftsrecht normiert zwar bestimmte Typen gesellschafterlicher Zusammenschlüsse sowie Rechte und Pflichten einzelner GesellschaftersteIlungen, deren nähere Ausgestaltung steht aber im Verhältnis der Gesellschafter zueinander zur Disposition der Vertragsparteien. Gemäß §§ 109, 163 HGB finden die Gesetzesvorschriften nur dann Anwendung, wenn durch den Gesellschaftsvertrag nicht ein anderes bestimmt ist. Die gesetzlichen Bestimmungen dienen demnach überwiegend dazu, subsidiäre Regelungen für den Fall bereitzuhalten, daß der Gesellschaftsvertrag keine anderen Vereinbarungen enthältB6 , oder solche nicht durch ergänzende Vertragsauslegung ermittelt werden können. 87 Damit ist die Vertragsfreiheit im Personengesellschaftsrecht vorherrschend. Es wurde bereits ausführlich erörtert, daß sich aufgrund der Privatautonomie in der Vertragspraxis Regelungen zum Gesellschafterausschluß und zur Abfindung des Ausscheidenden in Abweichung von den gesetzlichen Bestimmungen entwickelt haben. Diese bedingen beim Gesellschafter minderen Rechts eine Gesellschafterstellung, die nicht mehr mit der gesetzlichen Typenordnung in Einklang steht. Damit tritt die Frage in den Vordergrund, ob eine derartige Konstellation noch von der Vertragsfreiheit gedeckt ist, also rechtswirksam vereinbart werden kann.

16

BaI/mann, S. I.

17

s. nur BGH NJW 1979, 1705, 1706.

36

A. Einführung

Die Grenzen der gesellschaftsrechtlichen Privatautonomie sind umstritten.88 Sie können sich aus den allgemeinen Grundsätzen des Rechts (§§ 134, 138 BGB) einschließlich der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) sowie dem Gesellschaftsrecht selbst ergeben. Insoweit wird in Rechtsprechung und Lehre nicht nur auf zwingendes Gesellschaftsrecht (zum Beispiel § 723 III BGB) abgestellt, sondern es werden auch immanente Grenzen des Gesellschaftsrecht angeführt, insbesondere der Gleichbehandlungsgrundsatz89, die gesellschaftliche Treuepflicht" und der Minderheitenschutz.'· Die Grenzen der Vertragfreiheit, die zu einer Vielzahl dogmatischer Fragen führen, werden von Rechtsprechung und Lehre bei der Problematik der Zulässigkeit und Wirksamkeit von Ausschluß- und Abfindungsklauseln seit einigen Jahren wieder höchst kontrovers diskutiert. Die Rechtsprechung 92 tendiert zunehmend zur Einschränkung der Vertragfreiheit und stößt damit in der Literatur auf heftige Kritik ihrer Befürworter93 , aber auch auf Zustimmung. 94 Die Diskussion betrifft vor allem die freie Ausschließbarkeit eines Gesellschafters und die nicht vollwertige Abfindung des Ausscheidenden, also die Vertragsklausein, die für den Gesellschafter minderen Rechts kennzeichnend sind. Demzufolge kommt der Anerkennung einer Institution des Gesellschafters minderen Rechts nicht unerhebliche theoretische Relevanz zu.

• BGH Z 64, 238 ff.; vgl. Nachw. der Li!. in Fußn. 241 ff., 274 ff. 19

Vgl. Nachw. in Fußn. 140-143 .

.. Vgl. Nachw. in Fußn. 145 f. 9.

Vgl. Nachw. in Fußn. 147.

91

S!. Rspr. seit BGH Z 68,212; vgl. Nachw. in Fußn. 185 ff.

93

Vgl. Nachw. in Fußn. 239.

'M

Vgl. Nachw. in Fußn. 238 f.

B. Institution des Gesellschafters minderen Rechts I. Fallgestaltungen in der Vertragspraxis Die Ausführungen zur praktischen Relevanz haben die Motive für die Aufnahme eines Gesellschafters minderen Rechts in die Gesellschaft verdeutlicht. Die freie Entziehbarkeit der Mitgliedschaft unter Beschränkung oder AusschluU des Abfindungsanspruches läuft im Regel fall jedoch den Interessen eines Gesellschafters zuwider. Für ihn existiert keine Statussicherung. Verliert er seine Mitgliedschaft, so verliert er auch seine vermögenswerte Beteiligung ohne einen adäquaten Ausgleich hierfür zu erhalten. Das Gesellschaftsvermögen bleibt Vermögen der Gesellschaft und wächst den übrigen Gesellschaftern an, §§ 105 II HGB, 738 I 1 BGB. Damit ist der Gesellschafter minderen Rechts der Gefahr sachfremder Willkürentscheidungen der Mitgesellschafter ausgesetzt, die durch sein Ausscheiden einen finanziellen Vorteil erhalten, während der Gesellschafter minderen Rechts einen Verlust erleidet. Daher wird sich ein Gesellschafter, der einer Gesellschaft mit Kapitalbeteiligung beitritt, kaum mit der Position eines Gesellschafters minderen Rechts zufrieden geben. Dementsprechend konzentriert sich die Problematik des Gesellschafters minderen Rechts in der Vertragspraxis auf andere Konstellationen. In den typischen Fällen handelt es sich um Gesellschafter, die selbst kein Kapital einbringen, sondern ihre Kapitalbeteiligung im Wege der SchenkuntS oder Erbschaft 96 erhalten oder um Gesellschafter, die ohne oder mit einem geringen Kapitalanteil in die Gesellschaft aufgenommen werden. 97 Sie sind keine Kapitalgeber und lassen sich daher eher auf eine Rechtsstellung als Gesellschafter minderen Rechts ein. Die zugrundeliegenden Motive sollen anband des folgenden Überblicks über die in der gesellschaftsvertraglichen Praxis auftretenden Fälle verdeutlicht werden. 98

95 BGH Z 34,80: BGH NJW 1973,1606 = BB 1973.957: BGH Z 107.351 ff. 1989,1093 = WuB 1989, 1189 = BB 1989. 1499 .

.. BGH BB 1962,465: BGH DB 1968,885: BGH Z 81. 263 65; BGH Z 105,213 ff. = BGH WM 1989, 133. '17

737 .

= NJW

1981. 2565

=

BGH WM

= JuS

1982.

BGH NJW 1985, 2421 = WM 1985,772 = WuB 1985,233 = JZ 1985,1105 = ZIP 1985.

.. In Anlehnung an Hennerkes/Binz, NJW 1983, S. 73 f.

38

B. Institution des Gesellschafters minderen Rechts

1. Erbrechtliche Nachfolgeregelung Nach § 139 I HGB kann die Fortsetzung der Gesellschaft mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters durch erbrechtliche Nachfolgeregelung vereinbart werden. Die Unternehmensnachfolge ist insbesondere bei Familiengesellschaften durch ein Einrücken sämtlicher pflichtteilsberechtigter Erben in die GesellschaftersteIlung des Verstorbenen unter Ausschließungsrecht des eigentlichen "Unternehmenserben " geregelt.!19 Diesem wird gesellschaftsvertraglich die Möglichkeit eingeräumt, die Miterben zu einem von ihm zu bestimmenden Zeitpunkt unter Buchwertabfindung hinauszukündigen. Damit wird erreicht, daß erbrechtliche Ausgleichszahlungen oder gesellschaftsvertragliche Abfindungen - und die damit verbundene Entnahme flüssiger Mittel des Unternehmens - erst dann zu gewähren sind, wenn dies die Liquiditätsverhältnisse der Gesellschaft zulassen. Durch die freie Ausschließbarkeit bei nicht vollwertiger Abfindung bzw. Ausgleichszahlung sind die pflichtteilsberechtigten Erben nur Gesellschafter minderen Rechts. Diese Fallgruppe dürfte in der Praxis von besonderer Relevanz sein, denn die höchstrichterliche Rechtsprechung hat sich bereits mehrfach mit der Wirksamkeit des freien Ausschlusses von Gesellschaftern befaßt, die ihre Stellung im Wege der Erbschaft erlangt bzw. die ihre Stellung durch erbrechtliche Nachfolgeregelung verloren haben. loo Auch in der gesellschaftsrechtlichen Literatur wird diese Fallgruppe häufig unter der Problematik des Gesellschafters minderen Rechts diskutiert. 101

2. Altersbedingte Nachfolge In Gesellschaftsverträgen werden Ausschlußklauseln vereinbart, die auf das Alter des Gesellschafters abstellen. 102 Nach Erreichen einer bestimmten Altersgrenze sieht der Gesellschaftsvertrag die Möglichkeit des Ausschlusses eines in der Gesellschaft tätigen Gesellschafters vor, um so Platz für einen jüngeren Nachfolger zu schaffen. 103 Die Mitgliedschaft des Betroffenen ist von vornherein auf eine bestimmte Dauer begrenzt.

.. HennerkeslBinz, S. 73. 100

Rspr.-Nachw. s. Fußn. 96.

101

Schmidl, Gesellschaftsrecht, S. 1214; Flume, Die Personengesellschaft, § 12 III, IV; ders.,

DB 1986,632 f.; Ulmer, NJW 1979.83 f.; Bllnle, ZIP 1983,13. 10'

Bllnle, S. 8.

103

HennerkeslBinz, S. 73.

I. Fallgl!staltungl!n in dl!r VI!rtragspraxis

39

3. Nachfolge auf Probe Durch gesellschaftsvertragliche Regelung wird einem Vater, der seine Kinder zunächst nur auf Probe in die Gesellschaft aufnimmt, die Möglichkeit eingeräumt, sie wieder auszuschließen. Die zeitlich von vornherein auf einige Jahre befristete Gesellschafterstellung seiner Kinder erlaubt dem Vater, die Entwicklung der Kinder abzuwarten, bevor er seine endgültige Entscheidung über den Unternehmensnachfolger trifft. 104

4. Zeitlich begrenzte GesellschaftersteIlung des Geschäftsführers Ein angestellter Geschäftsführer wird nur für die Dauer seiner Tätigkeit in die Position eines Gesellschafters mit Gewinnbeteiligung erhoben. Nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses soll er seine Beteiligung auf seinen Nachfolger übertragen. lOS Mit einer derartigen Fallgestaltung hat sich auch der BGH bereits beschäftigt. 106 Die Möglichkeit der Aufnahme eines Managers als Gesellschafter minderen Rechts wird in der Literatur vielfach erörtert. I07 Demnach ist auch diese Fallgruppe in der Praxis besonders relevant.

5. GesellschaftersteIlung durch Schenkung Die nur schenkweise erlangte Gesellschafterstellung soll nur für die Zeit bis zum Eintritt einer bestimmten Bedingung andauern.1(1Ii Hier ist der Fall einer Ehefrau zu nennen, die von ihrem Mann durch Schenkung für die Dauer der Ehe bzw. der gemeinsamen Lebensführung in die Gesellschaft aufgenommen worden war. 109 Daruberhinaus hat die höchstrichterliche Rechtsprechung weitere Sachverhalte beurteilt, in denen der ausgeschlossene

104

Hennerkes/Binz, S. 74; so auch Koller, ebd.; Schmidt, S. 1077 f.

10.5

Hennerkes/Binz, S. 73; so auch Koller, I!bd.; Priester, DNotZ 1989, Sonderheft, 97, 102.

106

BGH NJW 1985,2421.

107 Flume, DB 1986,633; dl!rs., NJW 1979,902 ff.; BUnie. S. 13; Huber, ZGR 1980, S. 194 ff.; Weber/Hickel, NJW 1986,2752,2754; EiselI. ebd.; vgl. May/Jeschke/Kirchdörfer. BB 1989. 1829 ff., insb. S. 1835.

I" Hennerkes/Binz, S. 74; vgl. auch Priester. S. 102. 109

BGH Z 34, 80.

40

B. Institution des Gesellscha fters minderen Rechts

Gesellschafter seine Stellung durch Schenkung erhalten hatte. lIo Daher kommt auch dieser Fallgruppe, die ebenfalls in der Lehrelll unter der Problematik des Gesellschafters minderen Rechts diskutiert wird, erhebliche Bedeutung zu.

6. Regelung zur Sicherung von Beteiligungsquoten Durch die Ausschlußklausel soll die Entstehung von Zwerganteilen unterhalb einer bestimmten Beteiligungsquoteinfolge Erbganges oder Veräußerung wrhindert werden. 112

7. Regelung zur Sicherung von Beteiligungsidentität Infolge Erbganges oder Veräußerung können sich die Beteiligungsverhältnisse der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co KG ändern. Durch die Möglichkeit der Hinauskündigung soll die Beteiligungsidentität zwischen KG und GmbH sichergestellt werden. 113, 114

8. Regelung zur Sicherung der Einhaltung gesellschaftsvertraglicher Verpflichtungen Lebt der Gesellschafter im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft und stellt der Gesellschaftsanteil das ganze oder fast ganze Vermögen des Gesellschafters dar, so kann er nach § 1365 BGB nicht ohne Zustimmung des Ehegatten über den Gesellschaftsanteil verfügen. Darüber hinaus droht im Falle der Ehescheidung die Verpflichtung auf Zugewinnausgleich. In der Praxis wird daher oft eine sogenannte gesellschaftsvertragliche Güterstandsklausel vereinbart. llS Ein Gesellschafter, der gegen diese Klausel verstößt, indem er anläßlich seiner Eheschließung weder Gütertrennung noch modifizierte Zugewinn-

110

BGH NJW 1973, 1606; BGH Z 107,351 ff.

F/ume, Die Personengesellschaft, § 1211; ders., in: Festschrift für Kurt Ballel'sledl, 1975, S. 197,210 f.; U/mer, S. 84; BUnle, S. 13; Hecke/mann, S. 114; von Feldmann, WuB 1989, 1041; Schmidl, BB 1990, 1992, 1995 f.; Eise/I, ebd.; Koller, ebd. 111

111

Hennerkes/Binz, S. 73.

m Hennerkes/Binz, S. 74. 114

Beck'sches Formularhandbuch, VIII C.13, § 13 mit Anmerkungen 61 f. von Hengeler.

115

Münchner Vertragshandbuch, III 4. § II mit Anmerkung 13 von Riegger.

11. Darstellung des Meinungsstandes

41

gemeinschaft, d.h. den Ausschluß des Zugewinns bezüglich seiner Beteiligung vereinbart. soll durch die Kündigungsmöglichkeit zur Einhaltung seiner gesellschaftsvertraglichen Verpflichtung veranlaßt werden. Diese ist mangels Klagbarkeit nicht durchsetzbar, so daß die Ausschlußklausel als Druckmittel dient. 116

9. Regelung zur Sicherung der Familienbeteiligung Durch die sogenannte Wiederverheiratungsklausel soll gesellschaftsvertraglich sichergestellt werden, daß das Gesellschaftsvermögen der Familie erhalten bleibt und dem Ehegatten eines Familienmitglieds eine Beteiligung an diesem Vermögen nur für die Dauer seiner Familienzugehörigkeit eingeräumt ist. Der BGH hat die Wirksamkeit einer Wiederverheiratungsklausel in dem Fall bejahtll7 • daß der Alleininhaber eines Unternehmens dieses in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt und seinen zwei Kindern Gesellschaftsanteile geschenkt hatte. Nach der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung sollte die Gesellschaft beim Tod eines der Kinder mit dessen Ehegatten, später bei dessen Tod oder seiner Wiederverheiratung mit den Kindern aus der betreffenden Ehe oder bei Kinderlosigkeit mit den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt werden.

11. Darstellung des Meinungsstandes 1. Die Meinungen in der Literatur In der Literatur ist umstritten, ob und gegebenenfalls in welchen Grenzen im Gesellschaftsvertrag eine Stellung als Gesellschafter minderen Rechts vereinbart werden kann.

116

Hennel'kesIBinz, S. 73; vgl. hierzu Schmidt. FamRZ 1974.522.

117

BGH BB 1965, 1167.

42

B. Institution des Gesellschafters minderen Rechts

a) Grundsätzliche Zulässigkeit eines Gesellschafters minderen Rechts Eine Auffassung im Schrifttum geht von der grundsätzlichen Zulässigkeit einer GesellschaftersteIlung minderen Rechts aus. 118 Danach ist eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung der freien Ausschlußklausel in Verbindung mit der Buchwertklausel zulässig und wirksam. Die Rechtsstellung des Gesellschafters durch den Gesellschaftsvertrag könne hinsichtlich der vermögensmäßigen Bezüge apriori unterschiedlich gestaltet werden. 119 Der Gesellschafter minderen Rechts müsse von vornherein mit seinem Ausschluß aus der Gesellschaft ohne vollwertige Abfindung rechnen. Die Privatautonomie erlaube die Vereinbarung einer GesellschaftersteIlung minderen Rechts, die auf einer entsprechenden Wertung aller Gesellschafter beruht: "denn niemand würde mit klarem Kopf und freiwillig eine geminderte Rechtsstellung grundlos übernehmen. "120 Durch die von vornherein verkürzte Rechtsstellung erleide der Gesellschafter im Falle seiner Hinauskündigung zum Buchwert keinen Verlust einer Vermögensposition. Im Einzelfall könne allerdings bei Hinzutreten besonderer Umstände Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit oder unzulässige Rechtsausübung gegeben sein. 121 Zum Teil wird in der Literatur hier als weitere Grenze Wegfall der Geschäftsgrundlage angeführt. 122

b) Differenzierte Betrachtung eines Gesellschafters minderen Rechts Eine weitere Meinung in der Literatur 2J geht im Ausgangspunkt unter Berufung auf die Vertragsfreiheit zwar ebenfalls von der Zulässigkeit einer freien Hinauskündigung unter Buchwertabfindung aus, differenziert dabei aber nach Fallgruppen des Gesellschafters minderen Rechts.

111 Flume, Die Personengesellschaft,ebd.; EiselI, S. 647 ff.; generell wohl auchPriesler, S. 102, mit Ausführungen zum Manager-Gesellschafter und geschenkten Anteilen. 119

Flume, NIW 1979,903; ders. DB 1986.633.

11&

EiselI, S. 656; ähnlich Priester, S. 103.

m Flume, Die Personengesellschaft, ebd.; EiselI, S. 656, 662, 666.

mEisell, S. 656, 666. Nilschke, S. 341 ff.; Heckelmann, S. 113 f.; Esch, S. 1391; Huber, ZGR 1980, 193 ff.; SChlllidl, Gesellschaftsrecht, S. 1214. ll3

11. Darstellung des Meinungsstandes

43

aa) Wirksamkeit bei Vereinbarung für sämtliche Ausscheidungsfälle Zum Teil wird die Auffassung vertreten, die Buchwertabfindung müsse für sämtliche Ausscheidungsfälle vereinbart sein}24 Dies gebiete der im Gesellschaftsrecht geltende Grundsatz der Gleichbehandlung. Ist die Buchwertabfindung nur für den Fall der Ausschließungskündigung vorgesehen, so ist nach dieser Ansicht der Tatbestand der Sittenwidrigkeit erfüllt. bb) Wirksamkeit nach Art und Herkunft der GesellschaftersteIlung Der überwiegende Teil dieser Auffassung differenziert nach Art und Herkunft der Gesellschafterstellung. l1S (1) Geschäftsführer-Gesellschafter ohne Kapitalanteil

Bei Geschäftsführer-Gesellschaftern ohne Kapitalbeteiligung sei ein freier Ausschluß unter Buchwertabtindung zulässig, da der Gesellschaftsvertrag bei diesen Gesellschaftern den Inhalt eines Arbeitsvertrages habe l16 und "juristische Beschützerinstinkte" nicht geweckt werden sollten. 127 Der familienfremde Geschäftsführer-Gesellschafter müsse ebenso wie ein angestellter Geschäftsführer mit der fristgemäßen Kündigung rechnen. Er habe ein Äquivalent für seine Leistungen auszuhandeln. l28 (2) Gesellschafter durch Schenkung

Bei einer Gesellschaftsbeteiligung durch Schenkung hat der Gesellschafter die Mitgliedschaft ohne eigene Leistungen erworben, weshalb er nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht auch in stärkerem Maße den späteren Verlust der

114

Esch. S. 1393.

Schmidt • .:bd.; Hilber. S. 198; Nitschke . .:bd.: Hecke/mallll . .:bd.; vgl. Westemul/IlIIPöllath. Abberufung und Ausschließung von G.:s.:lIschaft.:rn/Geschäftsführ.:rn in Person.:ng.:sellschaftenund GmbH, 1986, S. 139; Miiller-LallbelBiisching. JA 1989. I. 8 ff.; di.: folgenden Fallgestaltungen werden auch von F/lll11e, NJW 1979, S. 903 f., beispielhaft angeführt. ll5

U6

Hilber, S. 194; vgl. Nitschke. S. 357 f.

U7

Hilber, S. 196; WeberIHicke/, NJW 1986,2754.

u, Eise/I, S. 657.

44

B. Institution des Gesellschafters minderen Rechts

Beteiligung hinzunehmen habe. 129 Wirtschaftlich erhalte er nur "die Gewinnbeteiligung während der Mitgliedschaft, die Chance auf den vollen Wert der Beteiligung für den Liquidationsfall und den Buchwert für den Ausschlußfall. "130 Das Interesse des Beschenkten habe hinter das seines Rechtsvorgängers zurückzutreten, "daß die Kapitalbeteiligung nach dem Ermessen der Mitgesellschafter letztlich dem Unternehmen verbleiben solle".131 Darüberhinaus wird vorgebracht, daß die Schenkung auch nach den rechtlichen Regelungen seit ältester Zeit mit einem gewissen Mißtrauen angesehen worden ist, was eine GesellschaftersteIlung minderen Rechts rechtfertige. 132 (3) Gesellschafter infolge Erbganges

Hier gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, der Gesellschafter erhalte einen von Anfang an begrenzten Vermögensvorteil, welcher in erster Linie das mit dem Kapitalanteil verbundene Gewinnrecht umfasse. 1J3 Gesellschafter minderen Rechts solle es bei Beteiligungen geben dürfen, welche ohne Zustimmung aller Mitgesellschafter nicht vererblieh und übertragbar seien. l34 (4) Position eines stillen Gesellschafters

In der Literatur wird die Ansicht vertreten, daß die Stellung als Gesellschafter minderen Rechts bei Gesellschaftern, die im Innenverhältnis den typischen stillen Gesellschaftern vollkommen gleichgestellt seien, zulässig sein solle. 135 Dies sei in Hinblick auf § 163 HGB für Kommanditbeteiligungen möglich, bei denen der Gesellschaftsvertrag die Gewinnbeteiligung auf den Bilanzgewinn beschränke und die Berücksichtigung der stillen Reserven und des Firmenwertes ausschließe. Diese Gestaltungsform dürfte in der Praxis allerdings nicht häufig vorkom-

119

Vgl. Nilschke, S. 344; Schmidl, ebd.; Hecke/mann, S. 114; von Feldmann, WuB 1989. \041.

130

Eise/I, S. 657.

13l

Hecke/mann, ebd.

131 VOll

Fe/dmann, ebd.

133

Hecke/mann, ebd.; EiseIr, S. 657; vgl. Westennann/Pöllath, S. 147.

134

Schmidl. ebd.

135 SchmielI, ebd.; Huber. S. 196 ff.; Krämer, S. 2556; vgl. WeslemlannlPöllalh, ebd.; a.A. Grunewa/d, Der Ausschluß aus Gesellschaft und Verein, 1987, S. 227 f.

11. Oarsldlung des Meinungsslandes

45

men, da den Kommanditisten in der Regel alle gesetzlichen Rechte zustehen. 136 c) Ablehnung eines Gesellschafters minderen Rechts Eine Institution des Gesellschafters minderen Rechts ist in der Literatur überwiegend auf Ablehnung gestoßen. 137 Dies wird unterschiedlich begründet. aa) Grenzen der Vertragsfreiheit Die Mehrzahl der Vertreter dieser Ansicht betont, daß im Personengesellschaftsrecht übergreifende Prinzipien zu berücksichtigen seien, die der Vertragsfreiheit engere Grenzen setzen, als dies im Rechtsverkehr sonst der Fall sei.t38 Die Figur des Gesellschafters minderen Rechts würde zu einer "Überspannung" des Gedankens der Privatautonomie führen. lJ9 Dabei werden folgende Grundsätze angeführt: (1) Gleichbehandlungsgrundsatz

Die Stellung eines Gesellschafters minderen Rechts gebe Anreize zu einer unsachgemäß unterschiedlichen Behandlung von Gesellschaftern. 14o Allein die Art der Erlangung der GesellschaftersteIlung biete keinen sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung. 141 Selbst wenn man den gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz wie die herrschende Meinuni 42 für dispositiv halte, könne hieraus nach dieser Auffassung nichts hergeleitet werden, da die

136

Huber. S. 198.

m Manke. S. 57 ff.; Fischer. ZGR 1979, 263 f.; Schilling. ZGR 1979. 423. 426; Ulmer. S. 83 f.; Hirtz. S. 763; Wel7lerlJrlllg. OB 1982. 1506; BI/nte. ZIP 1983. 13; HennerkeslBinz. NJW 1983, 76; Behr, S. 492 f.; Sanjleber. S. 145 ff.; G/'IlIlewald. S. 226 f. 131 Fischer. ebd.; Schilling. ebd.; Henne,*esIBinz. ebd.; Wel7lerlJllng. ebd.: Behr. ebd.; vgl. auch Wiedemann, Festschrift rur Rober! Fischer, 1979, S. 883, 898. 139

Fischer, S. 264.

I~

Fischer, ebd.; Wel7lerlJllng, ebd.

141

Wiedemann, ebd.

Ulmer, ebd., m.w.N. in Fußn. 36; a.A. Fillme, Die Personengesellschaft, S. 137 f.: der G1eichbehandlungsgrundsatzgehöre zum ius cogens des Gesellschaftsrechls. 14l

46

B. Institution des Gesellschafters minderen Rechts

Gesellschafter ja nicht im Hinblick auf d~n Erwerbsgrund auf Gleichbehandlung verzichtet hätten. 1c Weiter wird argumentiert, daß der gesetzliche Anspruch auf Abfindung auch bei den Gesellschaftern bestehe, die der Gesellschaft ohne Kapitaleinlage beigetreten sind. "Gemäß Art. 14 GG spielt die Art des Eigentumserwerbs (soweit legal) keine Rolle, es gibt kein "Eigentum zweiter Klasse". "144

(2) Treuepflicht

Ein Teil der einen Gesellschafter minderen Rechts ablehnenden Auffassung in der Literatur beruft sich auf die gesellschafterliche Treuepflicht. Diese gebiete es, willkürliche Schädigungen eines Gesellschafters zu unterlassen und eine Interessenabwägung vorzunehmen, um materielle Vertragsgerechtigkeit zu erreichen. l45 Die Figur des Gesellschafters minderen Rechts sei daher mit dem Gebot der Treuepflicht nicht vereinbar. t46 (3) Minderheitenschutz

In der Literatur wird die Ansicht vertreten, daß der Gedanke des Minderheitenschutzes der Vertragfreiheit eine weitere Grenze setze. 147 Der von vornherein Minderberechtigte würde "ständig unter dem Damoklesschwert der Hinauskündigung zum Buchwert schweben", und von seinen Rechten keinen Gebrauch machen, "um nicht "unbequem" zu werden. "148.149

. (4) Weitere Grundprinzipien

Neben den vorstehend genannten Grundsätzen werden in der Literatur in Bezug auf die eine GesellschaftersteIlung minderen Rechts kennzeichnenden

I"

BUn/e, S. 13.

Sanjleber, S. 146; vgl. Slückemann, Generalklausel und Vertragsbindung ...• 1986, S. 24 ff., 26. 144

145

Manke, S. 57 ff.; Ulme,.. S. 83 f.; WemerlJung, S. 1504 f.

146

Manke, ebd.; wohl auch WeslemlOnnlPöllarh. ebd.

147

Wiedemann, ZGR 1980. 147. ISO ff.: HennerkeslBinz. S.76; Schilling, S. 426.

I" Schilling, ebd. 149 Von BGH Z 81,263,268 übernonunene Formulierung: "Damoklesschwert der Hinauskündigung".

11. Darstellung des Meinungsstandes

47

gesellschaftsvertraglichen Klauseln weitere Grundprinzipien erörtert, die der Vereinbarung dieser Klauseln eine Grenze setzen würden: Eine Auffassung in der Literatur hält die Vereinbarung der freien Ausschlußklausel bei Gesellschaftern, die im Gesellschaftsunternehmen tätig sind, wegen Verstoßes gegen die in Art. 12 GG enthaltenen Wertungen über die Berufsfreiheit für unwirksam. ISO Wie bereits erwähnt lSI , lehnt eine Ansicht in der Literatur eine Gesdlschafterstellung minderen Rechts unter Hinweis auf den Eigentumsschutz des Art. 14 GG ab, weil auch Gesellschafter ohne Kapitaleinlage den gesetzlichen Anspruch auf Abfindung haben. ls2 Desweiteren wird in der Literatur von einer Meinung die Frage diskutiert, ob die Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 II GG) der Vereinbarung der in Rede stehenden Ausschluß- und Abfindungsklauseln eine Grenze setzt. 1S3 Schließlich erörtert eine Meinung in der Literatur die Frage, ob die Vereinbarung derartiger gesellschaftsvertraglicher Klauseln in Einklang mit der Wettbewerbsordnung steht. 154 bb) petitio principii Daneben wird die Ansicht vertreten, daß der Begriff des Gesellschafters minderen Rechts nur eine petitio principii darstell el55 , und daher zu Recht auf Ablehnung gestoßen sei. Zur Klärung der Rechtsfragen über die Zulässigkeit und Wirksamkeit einer Buchwertabfindung nach Ausschließung ohne wichtigen Grund sei mit der Figur des Gesellschafters minderen Rechts wenig beigetragen. 156 Entsprechend den vorstehenden Ausführungen diskutiert die überwiegende Literatur die Problematik des Gesellschafters minderen Rechts nicht unter

.50

Insb. Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 387 .

•" s.O., B. 11. I. c) aa) (I). 151

Vgl. Nachw. in Fußn. 149.

,$3

Vgl. Nachw. in Fußn. 699 ff.

• 54

Vgl. Nachw. in Fußn. 723 f.

Hennerkes/Binz, S. 76; Behr. S. 492 mit scheinbar unterschiedlichen Begründungen; s. auch Splierh, S. 248 . ,5$

• 56

Hinz, S. 763.

48

B. Institution des Gesellschafters minderen Rechts

diesem Begriff, sondern nimmt jeweils zu den einzelnen gesellschaftsvertraglichen Ausschluß- und Abfindungsklauseln Stellung. 157

2. Der Stand in der Rechtsprechung Die Rechtsprechung hat sich zwar bisher nicht mit dem Gesellschafter minderen Rechts als solchem befaßt. Sie hat sich jedoch ausführlich mit den Kernpunkten einer derartigen Rechtsstellung auseinandergesetzt, also der freien Ausschließbarkeit eines Gesellschafters und der nicht vollwertigen Abfindung des Ausgeschiedenen. Dabei hat sie verschiedene Entwicklungsstadien durchlaufen. Derzeit ist eine die Vertragsfreiheit einschränkende Tendenz der Rechtsprechung festzustellen. Im Ergebnis geht aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Wirksamkeit der einzelnen Ausschluß- und Abfindungsklauselneindeutig hervor, daß ein Gesellschafter minderen Rechts als Institution abgelehnt wird. Diese Haltung bestätigt ein ausdrücklicher Hinweis in einer jüngeren Entscheidung des BGH, wonach ihn die im Schrifttum vertretene Auffassung von einem Gesellschafter minderen Rechts nicht zu überzeugen vermöge. 158 Nach den vorstehenden Ausführungen befaßt sich weder die Rechtsprechung noch der überwiegende Teil der Literatur mit einer Institution des Gesellschafters minderen Rechts, dafür allerdings mit den gesellschaftsvertraglichen Klauseln, die die minderberechtigte GesellschaftersteIlung im Verständnis der vorliegenden Arbeit kennzeichnen. Daher ist im Gang der Untersuchung zunächst eine differenzierte Darstellung des Meinungsstands in Rechtsprechung und Lehre zur Zulässigkeit und Wirksamkeit von Ausschluß- und Abfindungsklauseln erforderlich.

lS7

Der jeweilige Meinungsstand wird im Teil C. I. 2. bzw. 111. 2. und 3. erörtert, siehe dort.

ISS

BGH WM 1989,783, 785 = WuB 1989, 1321; Darstellung s.u., C. 111. 2. a) cc) (7).

c. Die Probleme der Zu lässigkeit und Wirksamkeit von Ausschluß- und Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen der Personenhandelsgesellschaften I. Gesellschaftsvertragliehe Ausschlußklauseln 1. Die Ausschließung aus wichtigem Grund Nach ganz herrschender Meinung 1S9 bestehen gegen die Zulässigkeit und Wirksamkeit von Klauseln, die den Ausschluß durch Beschluß vorsehen, keine Bedenken, da sie an die gesetzlichen Voraussetzungen anknüpfen, d.h. das Vorliegen eines wichtigen Grundes verlangen. Die ältere Rechtsprechung des Reichsgerichts hielt eine solche Regelung noch für unwirksam. l60 Art. 128 ADHGB (§ 140 HGB) wurde für zwingendes Recht gehalten, so daß ein Gesellschafter nur im Wege der Klage, nicht auch durch Beschluß aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden konnte. Später betrachtete das Reichsgericht das Verfahren nach § 140 HGB nicht als zwingend161 , und die derzeitige Rechtsprechung läßt den vertraglich vorgesehenen Ausschließungsbeschluß zu. 16~ Das Gesetz selbst regelt in § 141 HGB für die besonderen Fälle der Gläubigerkündigung und des Gesellschafterkonkurses die Möglichkeit einer Beschlußfassung: die Gesellschafter können darin erklären, daß die Gesellschaft unter ihnen fortbestehen solle, dann scheidet der betreffende Gesellschafter mit dem Ende des Geschäftsjahres aus der Gesellschaft aus. Sind im Gesellschaftsvertrag auch für andere Fälle Ausschliessungsbeschlüsse vereinbart, so ist darin eine Ausweitung und Verallgemeinerung der gesetzlich

159 Statt vieler: Ballmbach/Dlldell/Hopt. § 140. Anm. 3: SchramIlI. MDR 1963. 174. 175 m.w.N.; Bemen, S. 98 ff., 102; a.A. noch Merkei, MDR 1961. 729 ff.; a.A. auch Behr. ZGR 1985,475, 479 mit eingehender Auseinandersetzung der Argumente der h.M.

I60RGZ38,119.123. 161

RG ZAkDR 38,818; RG DR 43,808.

BGH Z 31,295,300; BGH Z 47,293,302; BGH NJW 1973, 1606; BGH Z 68. 212. 214: BGH Z 81, 263, 265; vgl. Nachw. bei Mallke, S. 143 ff. 161

4 Partikel

c.

50

Zulässigkeil von Ausschlull- und Abtindungsklausdn

anerkannten Sonderfälle zu sehen. l63 Der Gesellschafter verliert seine Stellung als solcher jeweils aufgrund eines Beschlusses der anderen Gesellschafter. Rechtsgrundlage für die Beschlußfassung ist bei seinem eigenen Vermögensverfall die gesetzliche Regelung, ansonsten die vertragliche Vereinbarung. Der Gesellschafter verzichtet also bei Vereinbarung einer gesellschaftsvertraglichen Klausel, die den Ausschluß durch Beschluß vorsieht, auf die Ausschließung nur durch Klage, nicht aber auf das gesetzliche Erfordernis des Vorliegens eines wichtigen Grundes in seiner Person als Voraussetzung für seine Ausschließung. Allerdings ist die vertragliche Festlegung der Kriterien für das Vorliegen des wichtigen Grundes möglich. Zwar wird der wichtige Grund in diesem Falle durch den Gesellschaftsvertrag festgelegt, jedoch ist er damit von vornherein konkretisiert und die Gesellschafter können sich bei der Aufnahme der "wichtigen Gründe" in das Vertragswerk an den Entscheidungen der Rechtsprechung orientieren. Allein wenn der Gesellschaftsvertrag ohne nähere Konkretisierung die Möglichkeit der Ausschließung aus wichtigem Grund beinhaltet, also keine abschließende Festlegung der wichtigen Gründe enthält, lassen sich Bedenken insoweit anmelden, als der wichtige Grund zunächst einmal durch die Mehrheit definiert wird. Aufgrund dieser Definitionsmacht kann ein Gesellschafter ausgeschlossen werden, obwohl ein wichtiger Grund im Sinne des § 140 I HGB nicht vorliegt. Dennoch ist der betreffende Gesellschafter nicht frei ausschließbar, denn ein Verzicht auf die Festlegung der wichtigen Gründe im Gesellschaftsvertrag Ist nicht identisch mit der Vereinbarung der Ausschließbarkeit nach freiem Ermessen. Die Ausschließung eines Gesellschafters muß bei der in Rede stehenden Gestaltung der gesellschaftsvertraglichen Ausschlußregelung zumindest sachlich begründet sein, wobei der sachliche Grund für die Ausschließung im Verständnis der Mehrheit ein wichtiger Grund ist. Damit sind die oben angemeldeten Bedenken zwar nicht vollständig ausgeräumt, jedoch bleibt dem betreffenden Gesellschafter die Möglichkeit der richterlichen Überprüfung des Gesellschafterbeschlusses über seine Ausschließung, womit er nicht rechtlos gestellt ist. Die Gefahr von Willkürentscheidungen ist somit weitgehend gebannt. Bei der Beschlußfassung wirkt der auszuschließende Gesellschafter wegen Stimmverbots aufgrund von Befangenheit nicht mit. 1M Vorstehendes gilt entsprechend in Bezug auf eine "Übernahmeerklärung" , wenn also nur ein Gesellschafter verbleibt, und daher kein Beschluß erforderlich ist. 165

163

Schlllidt, S. 1210.

164

Schmidt, S. 499 ff. und 1210; Kllrt Mayer, BB 1992, 1497.

165

Schmidt, S. 1210 f.

I. Gesellschaftsvertraglieh.: Ausschlußklausdn

51

Eine Ausschlußklausel kann deshalb als "Übernahmeerklärung" ausgelegt werden, mit der Folge, daß das Unternehmen dem übernehmenden GeseIlschafter automatisch zufiiIlt. l66

2. Die Ausschließung ohne wichtigen Grund Die Zulässigkeit und Wirksamkeit der freien Ausschlußklausel. die zu einer Verminderung der Ausschließungsvoraussetzungen führt und die Ausschließung in das freie Ermessen des/der ausübungsberechtigten Gesellschafter/s (höheren Rechts) oder der Mehrheit legt, sind umstritten.

a) Die Entwicklung in der Rechtsprechung aa) Die Reichsgerichtsrechtsprechung vor 1938 Die ältere Rechtsprechung des Reichsgerichts 167 lehnte die freie Ausschlußmöglichkeit ab und betonte in den Entscheidungen zur verfahrensrechtlichen Unabdingbarkeit des Art. 128 ADHGB (§ 140 HGB) ganz allgemein den zwingenden Charakter dieser Vorschrift. Voraussetzung für die Ausschließung war unabdingbar das Vorliegen eines wichtigen Grundes in der Person des Auszuschließenden. In den Entscheidungsgründen wurde angeführt, daß der Ausschluß eines Gesellschafters nicht der Willkür der anderen Gesellschafter unterliege, sondern allein der Entscheidung des Richters. Darüberhinaus findet sich der Hinweis auf die erheblichen Nachteile, die die Regelung für den ausgeschlossenen Gesellschafter hatte. 168 bb) Die Reichsgerichtsrechtsprechung nach 1938 Mit Urteil vom 23.03.1938169 wandte sich das Reichsgericht von seiner bisherigeR Rechtsprechung ab und erkannte an, daß der Gesellschaftsvertrag die Ausschließung in das Belieben der Mitgesellschafter stellen kann. Diese Anerkennung bezog sich sowohl verfahrensmäßig auf die Zulässigkeit der Aus-

166

Schmidt. ebd.

167

RG Z 38, 119; RG Z 109, 80.

161

RG, ebd.

16'

RG ZAkDR 1938, 818, Urt.:il vom 23.3.1938.

52

C. Zulässigkeit von Ausschluß- und Abfindungsklauseln

schließung durch Beschluß - § 140 HGB lasse sich nicht entnehmen, daß die Ausschließungsklage der einzige zulässige Weg zur Ausschließung eines Gesellschafters sei - als auch materiellrechtlich auf die Voraussetzungen für einen Gesellschafterausschluß. Aus § 140 HGB folge nicht - so das Reichsgericht -, daß ein wichtiger Grund der einzige sei, der die Ausschließung eines Gesellschafters rechtfertigen könne. Das Reichsgericht begründet seine Entscheidung unter Berufung auf die Vertragsfreiheit im Gesellschaftsrecht. Ein Verstoß gegen unverzichtbare Erfordernisse der allgemeinen Rechtsordnung bilde die Grenze. Diese Entscheidung bestätigte das Reichsgericht in seiner weiteren Rechtsprechung. 17o cc) Die Rechtsprechung des BGH bis 1977 Der BGH setzte die Rechtsprechung des Reichsgerichts zunächst uneingeschränkt fort. 171 Er erachtete das Ausschließungsrecht nach freiem Ermessen ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes für zulässig. Die höchstrichterliche Rechtsprechung gewährte dem betreffenden Gesellschafter nach §§ 138, 242 BGB Schutz. Im Einzelfall konnte eine Ausschlußklausel oder die damit zusammenhängende Abfindungsklausel wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig, oder die Ausübung des Ausschließungsrechts wegen Verstoßes gegen die gesellschafterliche Treuepflicht unzulässig sein. In (1) Urteil des BGH vom 16.12.1960

Der BGH hatte 1960 einen Fall zu entscheiden, der eine schenkweise in die Gesellschaft aufgenommene Ehefrau betraf und bei dem sich der Ehemann im Gesellschaftsvertrag das Vorkaufsrecht vorbehalten hatte, die Kommanditanteile auf sein Verlangen gegen Zahlung des Wertes nach der Steuerbilanz zurückzunehmen. 173 Der Ehemann machte von diesem Recht Gebrauch, die Ehefrau verweigerte die Überlassung ihres Gesellschaftsanteils, da das Vorgehen ihres Gatten, des Klägers, gegen Treu und Glauben und gegen die guten Sitten verstoßen würde.

170

RG DR 1943,808.

171

BGH Z 31, 295.

m BGH Z 34,80; BGH BB 1962,465; BGH DB 1968,885; BGH NJW 1973,651; BGH NJW 73, 1606. 173

BGH Z 34,80. Urteil vom 16.12.1960,11 ZR 162/59.

I. Gesellschaftsvertragliehe Ausschlußklauseln

53

Die Vorinstanzen wiesen die Klage auf Verurteilung zur Abtretung des Gesellschaftsanteils ab, weil sie das Klagebegehren aus folgenden Gründen als rechtsmißbräuchlich erachteten: Die Beklagte war fast 40 Jahre im Geschäft des Klägers tätig gewesen, den sie später geheiratet hatte. Auch nach der Geburt der vier Töchter hatte sie weiter im Geschäft gearbeitet, welches die materielle Grundlage der Ehe bildete und zum äußeren Bereich der Ehe gehörte. Erst nachdem der Kläger ein Verhältnis mit einer Angestellten des Geschäfts begonnen und sich von seiner Frau getrennt hatte, hatte er die Kommanditeinlage zurückgefordert, um seine Geliebte ungestört in dem Geschäft beschäftigen zu können. Der BGH hielt die Klage im Prinzip nicht für unbegründet. Bei "der Ausübung eines gesellschaftlichen Rechts, das einem Gesellschafter lediglich in seinem eigenen persönlichen Interesse im Gesellschaftsvertrag eingeräumt ist, [kann] im allgemeinen nicht [von einem Verstoß gegen die gesellschaftliche Treueptlicht] gesprochen werden." Dies gelte "jedenfalls dann, wenn dem betreffenden Gesellschafter das Recht zur Übernahme des Gesellschaftsanteils eines Mitgesellschafters gegen Zahlung eines vorgesehenen Entgelts gerade deshalb eingeräumt ist, weil er diesem die Beteiligung an dem Geschäftsunternehmen unentgeltlich überlassen hat. "174 Für rechtswidrig hielt der BGH das gleichzeitig gegenüber der Beklagten ausgesprochene Verbot, die Geschäftsräume zu betreten, da dies im konkreten Fall einen Eingriff in den "räumlich-gegenständlich geschützten Bereich der Ehe" darstelle. Nach den Ausführungen des BGH sei die Übernahmeerklärung solange unwirksam, bis der Kläger seiner Frau auch in Zukunft das Betreten des Geschäfts gestatten werde. (2) Urteil des BGH vom 29.01.1962

1962 urteilte der BGH erstmals über eine Ausschlußklausel. die in Verbindung mit einer Buchwertklausel vereinbart worden war. 175 Der BGH hielt die Ausschlußklausel unter den besonderen Umständen des zu entscheidenden Falls wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB für nichtig, wobei sich dies nicht auf die Ausschließungsbefugnis als solche bezog, sondern nur soweit es um die damit verbundenen Abfindungsregelungen ging. Bei dem zugrundeliegenden Sachverhalt spielten erbrechtliche Gesichtspunkte eine Rolle. Eine oHG bestand aus einem Vater und zwei Söhnen. Für den Fall des Todes des Seniors sollte die oHG in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt werden, bei der die beiden bereits beteiligten Söhne Komplementäre und

.,. BGH Z 34, 83. 175

BGH BB 1962,465, Urteil vom 29.1.1962, 11 ZR 172/60.

C. Zulässigkeit von Ausschluß- und Abfindungsklauseln

54

zwei weitere Söhne Kommanditisten werden. Den Komplementären war das Recht zur Hinauskündigung der Kommanditisten eingeräumt, wobei diese zum Buchwert abzufinden waren. Nach dem Tode des Vaters machten die Komplementäre von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch. Hier hat der BGH zwar die Ausschlußklausel als solche auch in Verbindung mit der Buchwertklausel für wirksam erachtet, obwohl er erkannt hat, "daß bei einer solchen gesellschaftsvertraglichen Bestimmung die Stellung der Kommanditisten außerordentlich schwach ist und daß sie in der Freiheit ihrer Entschließungen überaus eingeschränkt sind. "176 Dabei sei es "für die Frage nach einer Anwendung des § 138 I BGB ohne Bedeutung, ob eine solche gesellschaftsvertragliche Bestimmung zu einem Teil eine Enterbung pflichtteilsberechtigter Abkömmlinge zur Folge hat." Der BGH sprach sich dennoch gegen die Wirksamkeit der gesellschaftsvertraglichen Regelung aus, weil der Vater seine vier Söhne nach seinem Tode im wesentlichen gleichmäßig an seinem Gesellschaftsanteil beteiligen wollte und sich diese Absicht nicht durch die getroffene Regelung realisieren ließ. Die Diskrepanz zwischen Buchwert und tatsächlichem Wert des väterlichen Anteils, die schon bei Vertragsabschluß vorhanden war, hatte sich infolge von Investitionen, Abschreibungen etc. weiter verstärkt. Die vertragliche Regelung führe - so der BGH - zu einer erheblichen SchlechtersteIlung der auszuschließenden Kommanditisten, was die Komplementäre bereits beim Abschluß des Vertrags wußten. Die Regelung ist daher nach Ansicht des BGH gemäß §§ 138, 139 BGB teilnichtig, so daß die Komplementäre die Kommanditisten nach der Hinauskündigung zum wirklichen Geschäftswert abfinden müßten. (3) Urteil des BGH vom 18.03.1968

1968 bestätigte der BGH seine bisherige Rechtsprechung über die grundsätzliche Zulässigkeit der freien Ausschlußklausel. 177 Die §§ 140, 142 HGB seien nicht zwingend, so daß die Gesellschafter grundsätzlich freie Hand haben, insoweit auch hiervon abweichend ihre Rechtsbeziehungen nach ihrem Ermessen auszugestalten. Es stehe daher nur in Frage, ob sich aus den allgemeinen Schranken, die jeder Vertragsfreiheit gesetzt seien, Bedenken - insbesondere aus den Gründen des § 138 BGB - gegen das Ausschließungsrecht ergeben. Solche verneinte der BGH bei dem zu beurteilenden Sachverhalt:

176

BGH, ebd.

177

BGH DB 1968,885, Urteil vom 18.3.1968, II ZR 26/66.

I. Gesellschaftsvertragliehe Ausschlußklauseln

55

Die ursprünglich in der Rechtsform der oHG geführte Gesellschaft zweier Brüder wurde nach dem Tode des einen mit dessen Kindern in der Form einer KG fortgeführt. Der Vertrag über die Gründung der KG enthielt für die Komplementäre das Recht zur Hinauskündigung der Kommanditisten zum Buchwert. Der persönlich haftende Gesellschafter übte dieses Recht aus und kündigte den Kommanditisten. Davon war auch seine Schwester betroffen, die die Kündigung für unwirksam hielt, zumindest für rechtsmißbräuchlich. Der BGH führte in den Entscheidungsgründen aus, daß diese ungünstige Gestaltung der Kommanditistenrechte und die damit verbundene einseitige Bevorzugung der persönlich haftenden Gesellschafter unter den besonderen Umständen des konkreten Falls rechtswirksam sei. Die gesellschaftsvertragliche Regelung entspreche dem Willen des ursprünglichen Inhabers und Erblassers, sein Vermögen dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Im Fall der Schenkung oder Erbschaft habe der Begünstigte die daran vom Zuwender geknüpften Benachteiligungen hinzunehmen; "er erhält nur einen von vornherein begrenzten Vermögensvorteil. " Nach der gesellschaftsvertraglichen Gestaltung - so der BGH - habe das Interesse der betroffenen Kommanditisten völlig hinter das Unternehmensinteresse zurückzutreten. (4) Urteil des BGH vom 23.10.1972

1972 bestätigte der BGH seine Rechtsprechung mit einer weiteren Entscheidung. 178 Die Gesellschaftermehrheit hatte entsprechend der gesellschaftsvertrag lichen Regelung, verzichtbare Gesellschafterrechte ohne wichtigen Grund nach freiem Ermessen zu entziehen, einem persönlich haftenden Gesellschafter die Geschäftsführung entzogen und ihn zu einem Kommanditisten herabgestuft. Hieraus ergab sich für den betreffenden Gesellschafter ein wichtiger Grund zum Ausscheiden aus der Gesellschaft, da er weder eine Tätigkeitsvergütung erhielt, noch Gewinn bezog, noch Einfluß auf die Geschäftsführung ausüben konnte und schließlich durch ein Wettbewerbsverbot an der außergesellschaftlichen Verwertung seiner Arbeitskraft erheblich behindert war. Nach seiner Auffassung war ihm ein Ausscheiden aus der Gesellschaft jedoch aufgrund der unangemessenen Abtindung zum Buchwert nicht zumutbar. Der BGH hielt den Entzug der Geschäftsführertätigkeit und die Zurückstufung der GesellschaftersteIlung für wirksam, weil diese weder gesetz- noch sittenwidrig seien. Der BGH wirft in dieser Entscheidung die Frage auf, ob die Zulässig-

'71

BGH NJW 1973,651, Urteil vom 23.10.1972,11 ZR 31170.

56

C. Zu lässigkeit von Ausschluß- und Abfindungsklauseln

keit abfindungsbeschränkender Bestimmungen bei der Möglichkeit des freien Ausschlusses eines Gesellschafters oder - dem nahekommend - derartiger Beeinträchtigung der Mitgliedschaftsrechte, daß dem betroffenen Gesellschafter nicht mehr zuzumuten ist, gegen seinen Willen in der Gesellschaft zu bleiben, nicht an strengere Maßstäbe zu legen sei. "Denn der einzelne Gesellschafter ist unter solchen Umständen der Gefahr, daß die Mehrheit aus sachfremden Gründen mit dem Ergebnis ihrer unbilligen Bereicherung zu seinem Nachteil von ihren Rechten Gebrauch macht, umso stärker ausgeliefert, je günstiger die Abfindungsregelung für die fortbestehende Gesellschaft ist. "179 Daneben könne eine zu geringwertige Abfindung die Entschließungsfreiheit des Gesellschafters, vom unabdingbaren Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 723 III BGB Gebrauch zu machen, erheblich beeinträchtigen, weshalb er einen Anspruch auf angemessene Abfindung habe. Über die Abfindungsregelung hatte der BGH nicht abschließend zu urteilen, so daß er die Frage ihrer Nichtigkeit oder Anpassungsbedürftigkeit offen ließ. In den Entscheidungsgründen heißt es: "Zwar hat ein Minderheitsgesellschafter, der sich zum Ausscheiden aus der Gesellschaft veranlaßt sieht, ein erhebliches Interesse daran, daß der Entzug der Gesellschafterrechte ohne wichtigen Grund nach freiem Ermessen der Gesellschaftermehrheit nur gültig ist, wenn ihm für den Fall des Ausscheidens eine angemessene Abfindung zur Verfügung steht. Dennoch muß das Interesse der Gesellschaftermehrheit an der Ausübung dieser Rechte höher bewertet werden, ohne daß dies an die Voraussetzungen einer angemessenen Abfindung gebunden sein kann. Dies gebietet insbesondere das Interesse nach Rechtssicherheit, um klare Verhältnisse in der Gesellschaft zu schaffen. Der betreffende Gesellschafter kann auf einen besonderen Abfindungsrechtsstreit verwiesen werden." (5) Urteil des BGH vom 07.05.1973

Der BGH verfolgte seine bisherige Linie weiter in seiner Entscheidung in

1973. 180

Im Gesellschaftsvertrag einer KG war bestimmt, daß ein Kommanditist durch Beschluß der Gesellschaftermehrheit ohne Nachweis eines wichtigen oder sachlichen Grundes aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden kann. Demgegenüber war die Kündigung eines persönlich haftenden Gesellschafters vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig.

179

BGH NJW 1973,652.

110

BGH NJW 1973, 1606, Urteil vom 7.5.1973, II ZR 140171.

I. Gesellschaftsvertragliehe Ausschlußklauseln

57

Der BGH hielt diese Regelung auch für lediglich kapitalmäßig beteiligte Kommanditisten für zulässig, da sie weder gesetz- noch sittenwidrig sei. In den Gründen führt der BGH aus, daß der II. Senat zwar in seinen bisherigen Entscheidungen ein Ausschliessungsrecht nach freiem Ermessen nur in solchen Fällen anerkannt hat, in denen zu Lasten der betreffenden Kommanditisten - die ihre Beteiligung im Erbwege oder durch Schenkung erlangt hatten - von vornherein ein einseitiges Ausschließungsrecht vereinbart war, "die ausgeschlossenen Gesellschafter also bereits nach dem Gesellschaftsvertrag nur eine minderberechtigte Stellung innehatten." Dies sei aber nicht als Einschränkung zu verstehen. "Vielmehr ist der Gesellschafterausschluß ohne wichtigen Grund auch dann möglich, wenn es sich um grundsätzlich gleichberechtigte Gesellschafter handelt, bei denen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch ungewiß ist, wen von ihnen eine spätere Ausschließung trifft. "181 Auch in dieser Entscheidung äußert der BGH Bedenken gegen die Abtindungsklausel. Die Wirksamkeit der Ausschlußklausel beurteilt der BGH jedoch unabhängig hiervon. Er begründet dies im wesentlichen wie in seiner vorgenannten Entscheidung. l82 Darüberhinaus zieht der BGH eine Parallele zu den aktienrechtlichen Vorschriften und denen des Umwandlungsgesetzes. Auch diese sehen ein besonderes gerichtliches Verfahren für die Bemessung der Abtindungshöhe vor (vgl. §§ 306 AktG, 13 UmwG). Davon bliebt die Wirksamkeit der Gesellschafterbeschlüsse unberührt, auch wenn diese keine angemessene Abfindung gewähren. dd) Die Rechtsprechung des BGH seit 1977 Nachdem die höchstrichterliche Rechtsprechung den Ausschluß eines Gesellschafters nach freiem Ermessen jahrzehntelang für zulässig erachtet hattel81 , gab der BGH Mitte der 70iger Jahre seine bisherige Rechtsprechung auf und verschärfte die Anforderungen an die Zulässigkeit der freien Ausschlußklausel wieder. l84 Er erklärte eine solche Regelung nur dann für zulässig, wenn für sie wegen außergewöhnlicher Umstände sachlich gerechtfertigte Gründe bestehen. Dabei änderte der BGH auch den Maßstab zur Beurteilung des freien Aussschlusses.

11. BGH. ebd. lOl

BGH NJW 1973.651.

'13

Vgl. nur Fußn. 173 - 182.

'14

SI. Rspr. seit BGH Z 68.212.

58

C. Zu lässigkeit von Ausschluß- und Abfindungsklauseln

(1) Urteil des BGH vom 20.01.1977

1977 hatte der BGH über einen Fall zu entscheiden, in dem der Gesellschaftsvertrag einer KG die Ausschließung von Gesellschaftern und Auflösung der Gesellschaft in die Entscheidungskompetenz der Gesellschafterversamrn1ung mit Dreiviertelmehrheit stellte. ISS Von diesem Recht hatten die Gesellschafter Gebrauch gemacht und einen Kommanditisten ohne wichtigen Grund ausgeschlossen. Der BGH stellt zunächst fest, eine derartige gesellschaftsvertragliche Vereinbarung "berechtigt allenfalls dann zur Ausschließung ohne wichtigen Grund, wenn sich dies unzweideutig aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt" (Leitsatz a». "Denn für eine solch außergewöhnliche Regelung mit ihrer weittragenden, in die Rechtsstellung des einzelnen Gesellschafters eingreifenden Bedeutung muß ein dahingehender Vertragswille eindeutig feststell bar sein. "186 Sodann führt der BGH aus - ohne daß dies für die Urteilsbegründung erforderlich war -: "Ein an wichtige Gründe nicht gebundenes Ausschließungsrecht [ist] für den Regelt"all als rechtlich bedenklich anzusehen. Ein derart von der gesetzlichen Regelung abweichendes und erweitertes, in so schwerwiegender Weise in die GesellschaftersteIlung eingreifendes und die wirtschaftliche und persönliche Freiheit einschränkendes Gestaltungsrecht könnte nur dann als zulässig angesehen werden, wenn wegen ganz besonderer Umstände Gründe bestünden, die für eine solch ungewöhnliche Regelung eine sachliche Rechtfertigung bilden könnten. "187 Diese sachliche Rechtfertigung konnte nach Ansicht des BGH in den bisher zu entscheidenden Fällen hergeleitet werden, wäre im zu beurteilenden Sachverhalt jedoch nicht gegeben. Im Leitsatz b) wird dieser Teil der Entscheidung als Ergänzung zum Senatsurteil vom 07.05.1973 bezeichnet, obwohl dies tatsächlich eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung darstellt. (2) Urteil des BGH vom 13.07.1981

Der BGH setzte diese Rechtsprechung fort. 1981 urteilte er über einen Fall, in dem die persönlich haftenden Gesellschafter einer KG entsprechend der gesellschaftsvertraglichen Regelung einem Kommanditisten, der diese Stellung durch Erbschaft erhalten hatte, ohne Angabe von Gründen kündigten. 1118

IIS

BGH Z 68.212. Urteil vom 20.1.1977. 11 ZR 217175.

116

BGH Z 68. 218.

117

BGH Z 68. 215.

111

BGH Z 81. 263, Urteil vom 13.7.1981.11 ZR 56/80.

I. Gesellschaftswrtragliche Ausschlußklausdn

59

Der BGH hielt im Leitsatz der Entscheidung fest: "Bei einer Kommanditgesellschaft, die im wesentlichen dem gesetzlichen Regeltyp entspricht, ist eine gesellschaftsvertragliche Bestinunung, die den persönlich haftenden Gesellschaftern das Recht einräumt, die Mitgesellschafter nach freiem Ermessen aus der Gesellschaft auszuschließen, nichtig, es sei denn, daß eine solche Regelung wegen außergewöhnlicher Umstände sachlich gerechtfertigt ist." Offen bleibt, wann dies der Fall ist. Für die Festlegung im einzelnen beruft sich der BGH auf die inunanenten Grenzen der Vertragsfreiheit: "Danach müssen nicht nur die allgemeinen Grundsätze der Rechtsordnung (§ 138 BGB), sondern auch Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts beachtet werden. "189 Letzteren konunt eigenständige Bedeutung zu, wie sich aus den folgenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen über die Besonderheiten des Gesellschaftsverhältnisses ergibt: "Der Gesellschaftsvertrag ist [ ... ] auf ein gedeihliches Zusanunenwirken der Gesellschafter angelegt. Die persönlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern beruhen im besonderen Maße auf gegenseitigem Vertrauen und begründen eine besondere Treuepflicht. "BIO Daher dürfen Vertragsklauseln nicht so gestaltet sein, "daß sie die nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Zusanunenarbeit der Gesellschafter im Kern treffen, die Erfüllung der dem einzelnen Gesellschafter obliegenden Aufgabe gefabrden und die im Rahmen des gemeinsamen Unternehmens gebotene gesellschaftstreue Mitarbeit in Frage steilen. "191 Der BGH sieht die genannten Forderungen bei der freien Ausschlußklausel als verletzt an: "Sie begründet nicht nur die Gefahr, daß die Gesellschafter aus sachfremden Gründen ausgeschlossen werden, sondern könnte auch einer Willkürherrschaft der persönlich haftenden Gesellschafter insgesamt Vorschub leisten. "192 Die Macht, Mitgesellschafter nach freiem Ermessen aus der Gesellschaft auszuschließen begründe die Gefahr, "daß diese von den ihnen eingeräumten Rechten nicht mehr Gebrauch machen und die ihnen obliegenden Pflichten nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen, sich vielmehr den Wünschen der persönlich haftenden Gesellschafter selbst dann beugen, wenn sie nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung konunen, das Vorgehen der persönlich haftenden Gesellschafter sei sachlich nicht zu rechtfertigen. "193 Dieses Machtmittel setze die betreffenden Gesellschafter in ihrer persönlichen Entscheidungsfreiheit unter Druck, weshalb nicht ausgeschlossen werden könne, "daß sie unter dem Eindruck, der Willkür der ausschließungsberechtigten Gesellschafter ausgeliefert zu sein, von ihren gesellschaftsvertraglichen Rechten keinen Gebrauch machen

119

BGH Z 81, 266.

190

BGH, ebd.

191

BGH, ebd.

J91

BGH, ebd .

• 93

BGH Z 81, 267.

60

C. Zulässigkeit von Ausschlull- und Abfindungsklauseln

und ihren Gesellschafterpflichten nicht nachkommen. "194 Damit wird von der Rechtsprechung erstmals auf die Funktionstahigkeit der Gesellschaft abgestellt. Diese sei bereits durch die Existenz der freien Ausschlußklausel in Frage gestellt. l95 Aus diesem Grunde reicht es dem BGH nicht aus, erst den Ausschließungsbeschluß unter dem Gesichtspunkt des Machtmißbrauches zu überprüfen, denn das "" Damoklesschwert der Hinauskündigung " [ ... ] schwebt über den vom Ausschluß bedrohten Gesellschaftern auch dann, wenn hiervon letztlich kein Gebrauch gemacht wird. "196 Daran ändere auch eine angemessene Abfindung nichts, die den von der in Rede stehenden Klausel ausgehenden Druck im allgemeinen nicht ausschließen, sondern nur mindern könne. 197 Die Zwangslage werde nur beseitigt, wenn der freien Ausschlußklausel die Wirksamkeit versagt werde. Der BGH räumt ein, daß unter Umständen eine sachliche Rechtfertigung geben könne. Die insoweit vorgebrachten Argumente, insbesondere Vermeidung einer übermäßigen Ausweitung des Gesellschafterkreises und erbrechtlicher Erwerb der GesellschaftersteIlung, sieht der BGHjedoch nicht als ausreichend an. l98 In dieser Entscheidung argumentiert der BGH erstmals mit dem Gesichtspunkt der "Funktionsfahigkeit der Gesellschaft". (3) Urteil des BGH vom 03.05.1982

1982 entschied der BGH über eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung einer Publikums-KG, die der Komplementär-GmbH einseitig das Recht einräumte, die Kommanditbeteiligungen nach freiem Ermessen zu übernehmen, und hielt diese für unwirksam. 199 Der BGH wählt in dieser Entscheidung einen anderen Ansatz als in seiner bisherigen Rechtsprechung, weil die zugrundeliegende Konstellation einer Publikumsgesellschaft eine andere war, als bei den bisher zu beurteilenden GesellschaftersteIlungen auf-grund Individualvertrags. Der BGH führt zunächst aus, daß der Gesellschaftsvertrag im konkreten Fall der Inhaltskontrolle gemäß § 242 BGB unterliege, da die in Frage stehende KG wesentlich vom gesetzlichen

194

BGH Z 81,268.

195

Ebd.

I" Ebd. 191

BGH Z 81,268 f.

1\11

BGH Z 81,269 f.

199

BGH WM 1982.760, Urteil vom 3.5.1982,

n ZR 78/81.

I. Gesellscha ftsvertragliche Ausschlußklauseln

61

Leitbild abweiche. 2OO Die Mitgesellschafter hatten keinen Einfluß auf die personelle Zusammensetzung der Gesellschaft. Zwischen den Kapitalaniegern untereinander und zwischen den Gründungsgesellschaftern bestanden keine Beziehungen. Die Anleger müssen den vorformulierten Gesellschaftsvertrag ohne ihre Interessen wahrenden Einfluß hinnehmen. Sodann begründet der BGH die Unwirksamkeit der Optionsklausel damit, daß diese ohne ausreichenden sachlichen Grund einseitig die Belange der Komplementär-GmbH verfolge und die berechtigten Interessen der Anlagegesellschafter unangemessen und unbillig beeinträchtige. "Denn nach der Lebenserfahrung ist damit zu rechnen, daß die [Komplementär-GmbH] das Optionsrecht nur dann ausübt, wenn sich das Gesellschaftsunternehmen als wirtschaftlich erfolgreich erweist und zu erwarten ist, daß die Gesellschaftsbeteiligung auch in Zukunft Erträge abwirft, und davon Abstand nimmt, wenn es unrentabel arbeitet und auch in Zukunft mit Verlusten zu rechnen ist. "201 Dadurch sei ein angemessener Interessenausgleich nicht gesichert und der gebotene Schutz der Anleger nicht gewährleistet. Nach der Auffassung des BGH sind keine Gründe ersichtlich, die dem Optionsrecht eine sachliche Rechtfertigung geben könnten. Dies gelte unabhängig von der Frage einer angemessenen Abfindung. Zur Angemessenheit der Abfindung verweist der BGH auf sein Urteil vom 29.05.1978 zur dem gesetzlichen Leitbild entsprechenden KG. 202 Mit einer angemessenen Abfindung "würde die mit der Optionsklausel verbundene, dem Vertragstyp widersprechende einseitige Benachteiligung der Anlagegesellschafter [ ... ] nicht beseitigt. "203 Offen läßt der BGH, ob die Unwirksamkeit der Optionsklausel mit den Rechtssätzen begründet werded kann, die der erkennende Senat in seinem Urteil vom 13.07.1981204 angewandt hat. (4) Urteil des BGH vom 25.03.1985

Die nächste ergänzende Entscheidung des BGH stammt aus dem Jahre 1985. 205 Der BGH bestätigt die neuere Rechtsprechung mit folgendem Leitsatz: "Bei einer Kommanditgesellschaft ist eine gesellschaftsvertragliche Klausel nichtig, die einem Gesellschafter das Recht einräumt, die Gesellschaft nach freiem Ermessen mit der Wirkung zu kündigen, daß die das gemeinsame Unter-

>00

s. auch bereits BGH NJW 1975, 1318, 1319.

JOI

BGH WM 1982, 761.

= BB

1978, 1333

= NJW

JOI

BGH WM 1978, 1044

J03

BGH WM 1982, 762.

1979, 104.

104

BGH Z 81, 263.

lU

BGH NJW 1985,2421, Urteil vom 25.3.1985,11 ZR 240/84.

62

C. Zulässigkeit von Ausschluß- und Abfindungsklauseln

nehmen mittragenden Gesellschafter ausscheiden und das Geschäft ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven auf ihn übergeht. " Der Fall betraf eine Familien-KG, in der einem familienfremden leitenden Angestellten die Position eines persönlich haftenden Gesellschafters eingeräumt worden war und seine Ehefrau eine Kommanditbeteiligung erhielt, während die übrigen Gesellschafter der Familie entstammten. Der Gründer-Gesellschafter kündigte sämtlichen Mitgesellschaftern, um das Geschäft ohne Liquidation selbst fortzusetzen, wie es die gesellschaftsvertragliche Regelung vorsah. Ebenso machte er von seiner weitergehenden Befugnis zur Aufnahme von Gesellschaftern in der Weise Gebrauch, daß er das Gesellschaftsverhältnis mit allen alten Gesellschaftern - ausgenommen den Familienfremden - fortsetzte. Die Entscheidungsgründe stimmen weitgehend mit denen der vorangegangenen Entscheidung überein. Der BGH meint, eine solche Klausel "ist bei den hier gegebenen Verhältnissen nicht nur mit den Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts nicht vereinbar, sondern auch unter dem Blickpunkt des § 138 I BGB als unzulässig und damit nichtig zu erachten." Auch in dieser Entscheidung sieht der BGH die Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts als selbständige Grenze der Vertragsfreiheit neben der Sittenwidrigkeit, führt letztere jedoch als tragenden Grund für die Unwirksamkeit der freien Ausschlußklausel an. Den Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts wird im Rahmen der Beurteilung nach § 138 I BGB Gewicht beigemessen. 206 Zur Begründung der Sittenwidrigkeit wird allerdings nicht allein der Verstoß gegen sie, sondern zusätzlich der unzulässige Eingriff in die berufliche Tätigkeit und die Lebensgrundlage des Gesellschafters angeführt. Die Sittenwidrigkeit begründet der BGH damit, daß der vom Ausschluß betroffene Gesellschafter seit seinem Eintritt als kaufmännischer Angestellter als Familienfremder die Gesellschaft mitgetragen und seine volle Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat, weshalb die Ausschlußklausel einen unzulässigen Eingriff in diese Lebensgrundlage darstelle. (5) Urteil des SGH vom 21.03.1988

1988 hatte der BGH über eine gesellschaftsvertragliche Klausel einer Publikurns-KG zu entscheiden, die den persönlich haftenden Gesellschaftern das Recht gewährte, die treuhänderisch gehaltenen Kommanditbeteiligungen nach freiem Ermessen zu übernehmen. 207

106

BGH NJW 1985,2422.

107

BGH WM 1988.939, Urteil vom 21.3.1988, 11 ZR 135/87.

I. Gesellschaftsvertragliehe Ausschlußklauseln

63

In Fortsetzung seiner Entscheidung vom 03.05 . 198:COll führte der BG H zunächst aus, daß der Gesellschaftsvertrag und die Treuhandabrede einer Publikums-KG, an der die Kapitalanleger nur mittelbar über einen Treuhänder beteiligt sind, ebenso wie bei einer direkten Beteiligung der Anleger einer Publikums-KG der Inhaltskontrolle nach § 242 BGB unterliegen. Sodann erklärt der BGH die zu beurteilende Klausel für unwirksam. Der BGH sieht eine unangemessene und unbillige Benachteiligung der berechtigten Interessen der KapitalanIeger darin, daß das Übernahmerecht der Kommanditbeteiligungen den persönlich haftenden Gesellschaftern oder Dritten die Möglichkeit eröffne, zu Lasten der Anleger zu spekulieren. Da es bereits keinen sachlichen Grund für diese Benachteiligung gebe, ließ der BGH auch hier wieder die Frage offen, ob die Unwirksamkeit der zu beurteilenden Klausel auch mit den Rechtsgrundsätzen begründet werden kann, die der Senat zur freien Ausschließung eines Gesellschafters bei dem gesetzlichen Leitbild entsprechenden Kommanditgesellschaften angewandt hat. Hier nennt der BGH die Urteile des 11. Senats vom 13.07.1981 209 und 25.03.1985 210 • (6) Urteil des BGH vom 19.09.1988

In einer weiteren Entscheidung in 1988 urteilte der BGH über einen Fall einer Familien-GmbH & Co KG. 2I1 Sowohl in der GmbHSatzung als auch in dem Kommanditvertrag war festgelegt, daß der Sohn, der zusammen mit seinem Vater die Anteile der GmbH hielt, nach dem Ausscheiden des Vaters zur Hinauskündigung der Kommanditisten - seiner beiden Schwestern - berechtigt ist. Nach dem Tode des Vaters kündigte der Sohn die Kommanditbeteiligungen seiner Schwestern. Der BGH hielt die Kündigung für wirksam. In den Entscheidungsgründen bezeichnet der BGH zunächst den in der neueren Rechtsprechung entwickelten Standpunkt als gefestigte Rechtsprechung. Eine gesellschaftsvertragliche Klausel, "nach der ein Mitgesellschafter ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes aus der Personengesellschaft ausgeschlossen werden kann, geht grundsätzlich über den Rahmen des rechtlich und sittlich Erlaubten (§ 138 Abs. 1 BGB) hinaus." 211 Nach dem Wortlaut dieser Formulierung erklärt der BGH einen Ausschluß nicht nur aus wichtigem Grund, sondern auch aus nur sachlichem Grund für aus-

101

BGH WM 1982.760.

109

BGH Z 81, 263.

110

BGH NJW 1985,2421.

111

BGH Z 105,213, Urteil vom 19.9.1988, II ZR 329/87.

JII

BGH Z 105,217.

64

C. Zulässigkeil von Ausschluß- und Abfindungsklauseln

reichend, und schafft damit eine weitere Differenzierung zum Ausschluß nach freiem Ermessen. Der BGH befaßt sich in den Entscheidungsgründen mit diesem Ansatz nicht weiter. 213 Der Begriff der Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts wird in dieser Entscheidung nicht erwähnt, vielmehr wird die Ausschlußklausel allein anhand des Maßstabs der Sittenwidrigkeit beurteilt. Die Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts sind folglich als eigenständiger Prüfungsmaßstab obsolet geworden214 , aber gleichwohl nicht bedeutungslos, denn der BGH bejaht nunmehr bei einem Eingriff in die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft die Sittenwidrigkeit.21s Damit sind die Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts vollständig in § 138 I BGB aufgegangen. 216 Hingegen verlangt der BGH für das Vorliegen der Sittenwidrigkeit nicht mehr - wie noch in der vorangegangenen EntscheidungZ I7 - zusätzliche besondere Umstände. Umgekehrt können "nur außergewöhnliche Umstände eine andere Beurteilung der Sittenwidrigkeit rechtfertigen. ,,218 Hierauf komme es - so der BGH - im konkreten Fall nicht an, denn er hält entsprechend § 139 BGB die Vertragsklausel nur modifizierten Inhalts aufrecht219 und grenzt in dieser Entscheidung zwischen einem grundsätzlich sittenwidrigen Ausschliessungsrecht nach freiem Ermessen und einem wirksamen, an ein festes Tatbestandsmerkmal - den Tod eines Mitgesellschafters anknüpfendes Kündigungsrecht ab. Damit bezieht sich der BGH erstmals auf eine weitere Kategorie von Ausschlußklauseln, die allerdings nur bei begrenzter Ausübung des Ausschließungsrechts rechtlich unbedenklich sind. llo Nach Ansicht des BGH besteht im zu entscheidenden Fall kein Kündigungsrecht nach freiem Ermessen, da dieses an den Tod des Vaters anknüpfe. Die Unterscheidung hängt von der weiteren Vertragsgestaltung ab: "Sieht die gesellschaftsvertragliche Bestimmung ausdrücklich vor, oder ist ihr im Wege der Vertragsauslegung (§ 157 BGB) zu entnehmen, daß die Hinauskündigung des Erben binnen kurzer Zeit nach seinem Eintritt in die Gesellschaft durchgeführt werden muß, so knüpft das Ausschließungsrecht an ein festes Tatbestandsmerkmal an. "lll Durch das zeitlich begrenzte Ausschließungsrecht müssen sich die

l13

Vgl. dazu Behr, ZGR 1990, S. 370 ff., S. 380 ff.

114

So auch Behr, S. 376; Heillemallll. ZHR 155 (1991),447,454.

115

BGH Z 105,216 f.

116

Behr, ebd.

117

BGH NJW 1985,2421.

111

BGH Z 105, S. 217.

119

BGH, ebd.

110

BGH Z 105,218.

m BGH, ebd.

I. Gesellschaftsvertragliehe Ausschlullklauseln

65

ausschließungsberechtigten Gesellschafter zügig Klarheit verschaffen über den Verbleib des betreffenden Gesellschafters. Daher sei eine willkürliche und mißbräuchliche Handhabung des Kündigungsrechts ausgeschlossen. Eine andere Beurteilung ergebe sich, wenn das Kündigungsrecht zeitlich unbefristet ist, da es sich dann um eine Ausschließung nach freiem Ermessen handele. m Im konkreten Fall war zwar weiter zu berücksichtigen, daß die betreffenden Gesellschafter bei der Vereinbarung des Ausschließungsrechts bereits Mitgesellschafter waren. Gleichwohl sieht der BGH durch den Anknüpfungspunkt Tod des Vaters kein Machtmittel in dem Ausschließungsrecht und somit keine psychologische Zwangslage in Bezug auf die freie Entschlußmöglichkeitder hiervon betroffenen Gesellschafter. Der Senat wiederholt beiläufig, daß sich die Wirksamkeit der Ausschlußklausel unabhängig von der Frage einer angemessenen Abfindungsregelung beurteilt, über die "notfalls in einem getrennten Verfahren entschieden werden muß."~

(7) Urteil des BGH vom 05.06.1989

Im Ergebnis kündigte die vorstehende Endscheidung keine sachliche Änderung an, denn 1989 festigte der BGH seine bisherige Rechtsprechung und urteilte, daß freie Ausschlußklauseln "gegen § 138 BGB [verstoßen], wenn sie nicht ausnahmsweise wegen außergewöhnlicher Umstände sachlich gerechtfertigt sind. ,,2;!4 Auch der Prüfungsmaßstab ist derselbe. Der BGH räumte aber ein, daß eine grundsätzlich nichtige freie Ausschlußklausel insoweit wirksam sein könne, als sie die Ausschließung aus wichtigem Grund zulasse. Der BGH hatte über eine Klausel im Gesellschaftsvertrag einer Familien-KG zu entscheiden, die dem persönlich haftenden Gesellschafter das Recht zur freien Hinauskündigung eines oder mehrerer Gesellschafter einräumte. Dementsprechend kündigte der Vater seinem schenkweise als Kommanditisten in die Gesellschaft aufgenommenen Sohn unter Hinweis auf angebliche Treuepflichtverletzungen. Der BGH führt in den Entscheidungsgründen aus, daß die zu beurteilende Vertragsklausel zwei Abweichungen von § 140 HGB enthält. Soweit sie das Erfordernis eines wichtigen Grundes beseitigt, ist die Ausschließungsbefugnis unzulässig. Soweit sie anstelle einer Ausschlußklage die Gestaltungserklärung

m BGH, ebd. m BGH Z 105.220. 114

BGH Z 107,351. 353. U'1eil vom5.6.1989.11 ZR 227/88 = WM 1989. 1093.

5 Partikel

66

C. Zulässigkeit von Ausschluß- und Abfindungsklauseln

des Ausschließungsberechtigten setzt, ist sie wirksam. Damit liegt eine Teilbarkeit der vertraglichen Bestimmung vor, die die Anwendung des § 139 BGB ermöglicht. In der weiteren Begründung heißt es: "In dem Recht, einen Gesellschafter nach freiem Ermessen auszuschließen, ist die Befugnis, den Ausschluß bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zu erklären, in der Weise enthalten, daß dieses letztere Recht ohne weiteren Eingriff bestehen bleiben kann, wenn der darüber hinausgehende Inhalt der Bestimmung beseitigt wird. "225 Da die Beteiligten dies auch selbst vereinbart hätten, bleibe der rechtlich unbedenkliche Teil der Vertragsbestimmung aufrechterhalten. Dies bedeute auch keinen Widerspruch zu dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion von als solchen nichtigen Rechtsnormen. Dieses wird über den Bereich der AGB hinaus "für sittenwidrige Vereinbarungen mit der Begründung angenommen, das Geschäft dürfe für denjenigen, der seinen Vertragspartner übervorteile, nicht das Risiko verlieren, mit dem es durch die gesetzlich angeordnete Nichtigkeitsfolge behaftet sei [ ... ]. ,,226 Derartige Überlegungen würden bei individuell ausgehandelten Gesellschaftsverträgen keine Rolle spielen. Die Berechtigung der Einwände gegen eine geltungserhaltende Reduktion sei zweifelhaft, soweit sie auf Sanktionserwägungen beruhe, weil diese im Zivilrecht grundsätzlich unangebracht seien. "In Wirklichkeit steht hinter ihnen ein anderer Gedanke: Es ist nicht Aufgabe des Richters, für die Parteien anstelle des sittenwidrigen Rechtsgeschäfts eine Vertragsgestaltung zu finden, die den beiderseitigen Interessen gerecht wird und die Folge der Sittenwidrigkeit vermeidet. [ ... ] Bei dem im Sinne des § 139 BGB teilbaren Rechtsgeschäft [ ... ] ist für eine richterliche Vertragsgestaltung kein Raum, weil der sittenwidrige Teil [ ... ] genau bestimmt und damit einwandfrei ausgesondert werden kann [ ... ]. "227 Der BGH mißt der Trennbarkeit auch im Recht der AGB Bedeutung bei und hat auch sonst die geltungserhaltende Reduktion zulassen. In diesem Zusammenhang verweist der BGH auf seine Entscheidung vom 19.09.1988.228 Desweiteren betont der BGH auch in dieser Entscheidung die voneinander unabhängige Beurteilung der Wirksamkeit von Ausschluß- und Abtindungsklausel. 229

n.s BGH Z 107.356. 116

BGH Z 107.357.

m BGH Z \07.358. 111

BGH Z lOS, S. 220 f.

'" BGH Z 107, S. 354.

I. Gesellschaftsvertragliehe Ausschlußklauseln

67

ee) Zusammenfassung Zusammenfassend läßt sich zum Prüfungsmaßstab festhalten 230 , daß der BGH in seinen früheren Entscheidungen lediglich auf den Grundsatz der Sittenwidrigkeit gemäß § 138 I BGB als Grenze der Vertagsfreiheit auch im Gesellschaftsrecht abgestellt hatte. Nach der Abkehr von dieser Rechtsprechung und Heraufsetzung der Zulässigkeitsschwelle legte der BGH seinen Entscheidungen als Grenze der Vertragsfreiheit nicht nur die allgemeinen Grundsätze der Rechtsordnung (§ 138 BGB), sondern auch die Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts zugrunde. Letztere definiert der BGH nicht. Den Entscheidungsgründen läßt sich aber entnehmen, daß er darunter die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft versteht, also das gedeihliche Zusammenwirken der Gesellschafter zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks. Diese Funktionsfähigkeit ist nach Ansicht des BGH nur gegeben, wenn sichergestellt ist, daß die Gesellschafter die ihnen zustehenden Rechte und ihnen obliegenden Pflichten uneingeschränkt ausüben können. Die persönliche und wirtschaftliche Entschliessungsfreiheit der Gesellschafter muß daher gewährleistet sein. Die Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts betrachtete der BGH zunächst als selbständige, höhere Schranke neben der Sittenwidrigkeit. Dann wurden sie im Rahmen der Beurteilung nach § 138 I BGB gesondert berücksichtigt und sind schließlich vollständig in § 138 BGB aufgegangen und als solche obsolet geworden. Damit ist der vom BGH angelegte Prüfungsmaßstab zwar allein die Sittenwidrigkeit, wie schon in der früheren Rechtsprechung. Jedoch ist darin keine Rückkehr zu dieser zu sehen, denn inhaltlich hält der BGH in seinen Entscheidungen an der Heraufsetzung der Zulässigkeitsschwelle fest. Er stellt insbesondere auf die Beeinträchtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit des von der Ausschließung betroffenen Gesellschafters ab, die nach der Ansicht des BGH zur Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft führt. Trotz der dargelegten methodischen Schwankungen ist die neuere Rechtsprechung des BGH im Ergebnis sachlich konstant. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die freie Ausschlußklausel nur ausnahmsweise bei Vorliegen sachlich rechtfertigender Gründe wirksam. Wann dies der Fall sein soll, bleibt offen. Eine erbrechtlieh oder schenkweise erlangte GesellschaftersteIlung genügt dem BGH ebensowenig wie das Erheben eines Angestellten in die Position eines Gesellschafters. 231

130 Vgl. hierzu ausfiihrlieh Behr, ZGR 1990,370 ff.; s. auch Messer, WuB 1985. 234. 235; Heinemann, S. 453 ff.; Wiedemann, WM 1990, Sonderbeilage Nr. 8. S. 21.

131

S'

BGH Z 81, 263, 269; BGH NJW 1985,2421.

68

C. Zu lässigkeit von Ausschluß- und Abfindungsklauseln

Dennoch muß nach dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung der Ausschluß eines Gesellschafters aus sachlichen Gründen zulässig sein. Der BGH kann somit einer Ausschlußklausel, die auf das Vorliegen eines sachlichen Grundes abstellt, die Wirksamkeit nicht versagen, es sei denn, es ist keine sachliche Rechtfertigung für die gesellschaftsvertragliche Regelung ersichtlich. Welche Anforderungen hieran zu stellen sind, läßt sich den Entscheidungen des BGH allerdings nicht entnehmen. Sachliche Gründe liegen jedenfalls unterhalb der Schwelle des wichtigen Grundes, und aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt sich nicht, daß sie in der Person des von der Ausschließung betroffenen Gesellschafters liegen müssen. Andererseits liegen die Anforderungen an die Ausschließung eines Gesellschafters aus sachlichem Grund höher als bei der Ausschließung nach freiem Ermessen. Insgesamt betrachtet ist die Abgrenzung problematisch, weil die Übergänge zwischen wichtigem Grund, sachlichem Grund und freiem Ermessen fließend sind. Damit stellt sich die Frage, wie Ausschlußklauseln, die auf das Vorliegen eines sachlichen Grundes abstellen, rechtlich zu behandeln sind. Bei der Vereinbarung einer derartigen Ausschlußklausel eröffnet sich dem betroffenen Gesellschafter die Möglichkeit der richterlichen Kontrolle seiner Ausschließung. Dies spricht für die gleiche rechtliche Behandlung wie die Ausschlußklausel, die das Vorliegen eines wichtigen Grundes verlangt, also für die grundsätzliche Zulässigkeit einer derartigen Klausel. Ob der BGH darin jedoch einen ausreichenden Schutz des von der Ausschließung betroffenen Gesellschafters sieht, läßt sich der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht entnehmen. Dagegen spricht, daß der BGH die sachliche Rechtfertigung als Voraussetzung für die Wirksamkeit der freien Ausschlußklausel im Ausnahmefall verlangt. Dies könnte dahin interpretiert werden, daß auch die Ausschließung aus sachlichem Grund nur ausnahmsweise zulässig sein soll.232 Der BGH begegnet dem "Machtmittel" der freien Ausschlußklausel zudem präventiv. Eine nachträgliche Kontrolle der Rechtsausübung hält er nicht für ausreichend, weil dadurch die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft nicht sichergestellt ist. Eine angemessene Abfindung reicht dem BGH als Schutz des betroffenen Gesellschafters ebenfalls nicht aus233 , wobei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Ausschluß- und AbfindungskJausel ohnehin getrennt voneinander zu beurteilen sind. 234 Bei Publikumsgesellschaften wählte der BGH einen anderen Ansatz und nimmt eine Inhaltskontrolle der Gesellschaftsverträge analog § 9 AGBG vor, weil bei

13)

Zum Vorstehenden vgl. Behr, ZGR 1990, 380 ff.

133

Vgl. nur BGH JZ 1985, 1105.

~\4

Zuletzt BGH Z 107,351,354.

I. Gesellschaftsvertragliehe Ausschlußklauseln

69

ihnen aufgrund der einseitigen Vorformulierung der Verträge die Richtigkeitsgewähr beim Vertragsabschluß fehlt und die Ordnungsfunktion der Privatautonomie somit nicht gewährleistet ist. Prüfungsmaßstab ist hier die wesentlich engere Vorschri ft des § 242 BG B. 13S b) Die Meinungen in der Literatur Die herrschende Meinung in der Literatur6 war der früheren Rechtsprechung des BGH zur Zulässigkeit und Wirksamkeit der freien Ausschlußklausel in Gesellschaftsverträgen gefolgt. Die Vertragspraxis hat sich diese früher ganz herrschende Meinung zunutze gemacht. 137 Der Wandel in der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch die Entscheidungen des BGH seit 1977 hat in der Lehre heftige Diskussionen hervorgerufen. Ein Teil der Literatur stimmt der neueren Rechtsprechung des BG H uneingeschränkt zu. 138 Überwiegend ist die höchstrichterlichen Rechtsprechung in der Literatur jedoch auf Ablehnung gestoßen, wenn auch größtenteils unter Billigung des Ergebnisses der Entscheidungen. 239 In der Begründung ist die Rechtsprechung des BGH zum Teil sogar heftig kritisiert worden. aa) Anzulegender Prüfungsmaßstab (1) Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts

Ein Teil der Literatur befürwortet die grundsätzliche Unzulässigkeit der freien Ausschlußklausel. 240 Dies wird überwiegend unter Berufung auf den Maßstab

>3.

BGH WM 1982.760; BGH WM 1988.939.

1.16 Vgl. nur HI/eck, S. 437: WeSlel7llllllll. Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit .... S. 245 ff.: Schlegelberger-Ge!3ler, HGB. Kommentar, 4. Autl. 1965. § 140. Anm. 19: Mako-Ulmer. § 737. Rn.16.

>37

Hirtz, S. 762.

131 Wiedemalln, FS Fischer, S. 897; ders., ZGR 1980, 152 ff.; ders., Gesellschaftsrecht, Band I, S. 385 ff.; Manke, S. 159 ff.; Schilling, S. 422; Fischer, ZGR 1979,263; Mako-Ulmer, § 737, Rn. 15; Kraft/KreI//Z, S. ISO; vgl. auch Slackemann, S. I. >39 Behr, ZGR 1990,370,389; BI/nte, ZIP 1985,918; Schilling, S. 422; Krewz, ZGR 1983,120 u.a.; uneingeschränkt abI.: Esch, S. 1391; Hinz, S. 763; Koller, S. 548 u.a.

~ Behr, ZGR 1990,370,389; Rewer, JZ 1986, 16,23; Hommelhoff, DNotZ 1989, Sonderheft. \04, 109.

70

C. Zulässigkeit von Ausschluß- und Abfindungsklauseln

der Sittenwidrigkeit begründet. 141 Daneben stützt sich die Begründung auf die der Vertragsfreiheit immanenten Grenzen, Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts, Maßstäbe im Gesellschaftsrecht, "die höher liegen als die Sittenwidrigkeitsschranke aus § 138 Abs. 1 BGB in deren klassischem Sinn"142 und die der Vertragsfreiheit engere Grenzen setzen. 143 Die Vertragsfreit dürfe nicht "nur auf die Grenzen der Willkürlichkeit oder Sittenwidrigkeit stoßen. ,,244 Weiter wird in der Literatur vorgebracht, daß rechtsethische Prinzipien die verbandsrechtliche Gestaltungsfreiheit einschränken würden. 2AS Diese dürfe nicht zu einer Gefährdung der Interessen der Minderheit der Gesellschafter und des redlichen Rechtsverkehrs führen. 246 Soweit notwendig, müsse der "Handlungsspielraum der Wirtschaftssubjekte zugunsten vorrangiger Werte" korrigiert werden. 147 Die Vertragsfreiheit dürfe als Bestandteil der Privatrechtsordnung "nicht so übersteigert werden, daß sie andere Bestandteile [... ] wie z.B. den personengesellschaftsrechtlichen Individual- und Minderheitenschutz ihrer Wirksamkeit praktisch beraubt. ,,248 Dem Stellenwert des Individualschutzes des betroffenen Gesellschafters wird von den Vertretern dieser Auffassung unterschiedliche Bedeutung beigemessen. Nach einer Ansicht geht es weniger um den minimalen Schutz des einzelnen Gesellschafters, für den § 138 18GB in dessen herkömmlichen Sinn genügen würde, sondern auch darum, "daß in der Person jedes einzelnen Gesellschafters dessen gesellschaftsrechtliche Funktionsfähigkeit um der Gesellschaft willen gesichert bleiben muß. ,,149 Damit die gesellschaftstreue Mitarbeit und die vertrauensvolle Zusammenarbeit gewährleistet seien, die durch die bloße Möglichkeit des freien Ausschlusses bedroht würden, stimmen Vertreter dieser Auffassung dem BGH auch darin zu, daß er seine Prüfung bei der freien Ausschlußklausel selbst, nicht erst an der konkreten Ausübung des Ausschließungsrechts ansetzt. 2SO Auch kann die "Ausübungskontrolle [ ... ] aus einem freien Ausschließungsrecht kein an sachliche und anerkennenswerte Gründe gebunde-

1-11 KrajtlKreulZ, S. 150; KrculZ, ZGR 1983, 109.120; LorilZ. JZ 1986, 1073, 1075; vgl. auch Gnmewa/d. S. 131; Behr, S. 379 f.; WeSICI7IIG/I/I, AcP 175 (1975), S. 423. 1-1,

Behr. S. 377; ders .• ZGR 1985,491. 493; wohl auch Faslrich. ZGR 1991. 306. 311.

...3

So schon Wie/and. Handelsrecht, Band I. 1921. 5. 717 .

.... Wiedemann, Festschrift für Fischer, 5.896 f . ...5

Wiedemann, ebd .

.... Fischer, S. 262 f. 1-17

Wiedemann. ZGR 1980, 149.

m Relller. JZ 1-19

1986, 16,23.

Behr, ZGR 1990, 377; ähnlich bereits in ZGR 1985.

~ Behr, ZGR 1990,377 f.; Fasllich, S. 312; Heinemann, S. 457 f.; a.A.: BUnle. ZIP 1985, 915,917; Koller, S. 547 f.; LO/iIZ, JZ 1986,1073,1077 ff.

I. Gesellschaftsv.:rtraglich.: Ausschlußklauseln

71

nes machen. "251 Um die damit verbundene Gefahr der Willkürherrschaft zu unterbinden, habe die Prüfung konsequenterweise bereits bei der Ausschlußklausel anzusetzen. 252 Zum seI ben Ansatzpunkt gelangt auch die Ansicht, die den Individualschutz stärker betont: Die Mitgliedschaft bestimme die Stellung des Gesellschafters und lege seine Befugnisse und Verpflichtungen in der Gesellschaft fest. Zur Wahrung dieser Rechte bestehe ein Erhaltungsinteresse der Gesellschafter an ihrer Stellung als solcher. Der Entzug der Mitgliedschaft sei nach der Rechtsordnung nur als ultima ratio zur Lösung innergesellschaftlicher Konflikte vorgesehen. 253 Er sei stets bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig, wobei das Verhältnismäßigkeitsprinzip maßgeblich sei. 2S4 Liege kein wichtiger Grund vor, so komme es entscheidend auf die Gesellschaftsstruktur und die Beteiligungsart an. 25S Es sei unzulässig, die GesellschaftersteIlung aufgrund einer freien Ausschlußklausel zu entziehen, wenn es sich um einen im Unternehmen mittätigen Gesellschafter handelt. Wenn die Berufsausübung betroffen ist, liege ein Verstoß gegen die in Art. 12 GG enthaltene Wertung vor. 256 Der Begriff "Beruf" umfasse jede sinnvolle, erlaubte Tätigkeit, somit auch das wenn auch nicht herkömmliche - Berufsbild des mitarbeitenden Gesellschafters. Die Berufswahlfreiheit umfasse die Entscheidungsfreiheit über die Beendigung des Berufs. "Die Vertragsfreiheit findet nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ihre Grenze im Recht des Mitgesellschafters auf Freiheit der Berufsausübung. "257 Nach dieser Ansicht setzt der Individualschutz bereits bei der InhaItskontrolle des Gesellschaftsvertrags auf die Zulässigkei t der Ausschlußklausel ein. 2S8 Die existentielle Betroffenheit verdeutliche eine Parallele zum Arbeitsrecht, in dem die Ausstrahlung des Art. 12 GG beachtet wird. 259 Anders zu beurteilen sei die Situation eines reinen Anlagegesellschafters. Zwar dürfe es auch bei ihm die Entziehung der Gesellschafterstellung nach freiem Ermessen, also willkürlich, nicht geben. "Sie läßt sich weder durch unentgeltliche Zuwendung (Schenkung oder Erbgang) noch durch den Vorausverzicht, also

15.

Fasrrich.

151

Zur Ang~m.:ss~nh~itskontroll.:".u .. C. I. 2. b) aal (3).

1.