Geschichte der mittelalterlichen chinesischen Philosophie 9783110834314, 9783110000078


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Table of contents :
Vorwort
Buch I. Die Han-Zeit.
Die beiden Han-Dynastien
A. Ältere Han-Dynastie
1. Lu Tchia
2. Tchia I
3. Huai-nan tse
Das Lehrsystem des Huai-nan tse:
I. Tao
II. Die Schöpfung
III. Welt und Natur
IV. Schicksal
V. Der Heilige
VI. Lebensweisheit
VII. Der Herrscher
4. Tung Tschung-schu
Das Lehrsystem:
I. Metaphysik
II. Naturphilosophie
III. Natur und Bestimmung
IV. Ethik
V. Staatslehre
VI. Urteile über Tung Tschung-schu
5. Liu Hsiang
6. Yang Hsiung
I. Sein Leben
II. Werke des Yang Hsiung
III. Chinesische Urteile über Yang Hsiung
IV. Die Lehre des Yang Hsiung
A. Das T‘ai-hsüan tching
B. Das Fa-yen
1. Die menschliche Natur und die Persönlichkeit
2. Die Tugenden und Tao
3. Studium und Orthodoxie
4. Geister und Genien
5. Kritik anderer Philosophen
B. Spätere Han-Dynastie
α ) Skeptische Rationalisten:
1. Huan T‘an
2. Wang Tsch‘ung
I. Sein Leben und seine Persönlichkeit
II. Seine Werke
III. Urteile über Wang Tsch‘ung
IV. Das Lun-hêng
1. Metaphysisches:
a) Himmel und Erde
b) Das Schicksal
2. Naturlehre
3. Der Mensch in der Natur
3. Hsün Yüeh
β) Andere Richtungen:
4. Pan Ku
5. Ma Jung
6. Wang Fu
7. Mou-tse
8. Hsü Kan
9. Tschung-tsch‘ang T‘ung
Buch II. Die Zeit der Sechs Dynastien.
A. Die Epoche von Chinas Zerrissenheit
B. Der Taoismus in seiner Umbildung und Entartung
C. Die Philosophie des Buddhismus:
I. Der ältere Buddhismus
II. Der spätere Buddhismus
III. Die Schulen des chinesischen Buddhismus
IV. Die in China bekanntesten buddhistischen Werke
D. Verschiedene Richtungen:
1. Liu Schao
2. Fu Hsüan
3. Ko Hung
I. Sein Leben
II. Seine Werke
III. Seine Lehre
1. Konfuzianisches
2. Taoistisches
3. Geisterglaube
4. Unsterblichkeit durch Alchimie
5. Goldmachen
6. Dämonen und Magie
7. Pao Tching-yen
8. P‘ei Wei
E. Einigungsbestrebungen zwischen Konfuzianismus, Taoismus und Buddhismus:
1. Sun Tsch‘o
2. Tschang Jung
3. Tschou Yung
4. Ku Huan
5. Mêng Tching-i
6. Yen Tschi-t‘ui
I. Leben und Werke
II. Das Yen-schi tchia-hsün
A. Buddhistisches
B. Konfuzianisches
F. Eklektiker
1. Tchin-lou tse
2. Liu Tschou
I. Konfuzianisches
II. Taoistisches
III. Mehistisches
IV. Naturphilosophie
V. Dialektik
VI. Staatsphilosophie
G. Der Streit um die Unsterblichkeit:
1. Hui Yuan
2. Lo Tchün-tschang
3. Tschêng Tao-tschao
4. Fan Tschên
H. 1. Wang T‘ung
Buch III. Die T‘ang-Zeit.
Die T‘ang-Dynastie und die Fünf Dynastien
A. Konfuzianer
1. Han Yü
2. Li Ao
3. Lin Schên-sse
B. Skeptiker
1. Liu Tsung-yuan
2. Liu Yü-hsi
C. Taoisten
1. T‘ien-yin tse (Sse-ma Tsch‘êng-tschêng)
2. Kang-t‘sang tse (Wang Schi-yuan)
3. Hsüan-tschên tse (Tschang Tschi-ho)
4. Wu-nêng tse
5. Tschang Hu
6. Tsch‘en T‘uan
7. T‘an Tch‘iao
I. Metaphysik
1. Tao
2. Der Kreislauf des Lebens
3. Erkenntnistheoretisches
4. Magie
II. Ethik
1. Nichtwissen und Nichthandeln
2. Die Ableitung der Tugenden
3. Nahrung als Grundlage der Tugend
4. Mäßigkeit
5. Menschen und Tiere
8. Kuan Yin-tse
Die Metaphysik des Kuan Yin-tse
1. Tao
2. Die Welt als Vorstellung
3. Das fingierte Ich
4. Die Schöpfung
5. Die Elemente
6. Leben und Sterben
7. Magie und Mystik
D. Buddhisten
1. Lu Hui-nêng
2. Ho Tsung-mi
Sachregister
Namenregister
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Geschichte der mittelalterlichen chinesischen Philosophie
 9783110834314, 9783110000078

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UNIVERSITÄT HAMBURG Abhandlungen aus dem

Gebiet der Auslandskunde (Fortsetzung der Abhandlungen des Hamburgiechen Kolonialinstitute)

Band 41 Reihe B. Völkerkunde, Kulturgeschichte und Sprachen Band 21

Geschichte der mittelalterlichen chinesischen Philosophie

Alfred Forke

GRAM, DE GRUYTER & CO · HAMBURG 1964

Geschichte der mittelalterlichen chinesischen Philosophie Alfred Forke

2., unveränderte Auflage

GRAM, DE GRUYTER & CO · HAMBURG 1964

Die „Abhandlungen aus dem Gebiete der Auslandskunde" (Fortsetzung der Abbandlungen des Hamburgischen Kolonialinstituts) erscheinen in folgenden Reihen: A. Rechts- und Staatswissenschaften (auch politische Geschichte umfassend), B. Völkerkunde, Kulturgeschichte und Sprachen, C. Naturwissenschaften, D. Medizin und Veterinärmedizin. Sämtliche Zeitschriften und Sendungen, die den Druck und die Heraasgabe der Abhandlungen betreffen, insbesondere sämtliche druckreifen Manuskripte bittet man zu richten

An die Schriftleitung der Abhandlungen aus dem Gebiet der Auslandskunde

Hamburg 13 Universität

Copyright 1964 by Cram, de Gruyter & Co., Hamburg 13. Printed In Germany — Alle Rechte der Übersetzung, des Nachdruckes, der Anfertigung TOD Fotokopien und Mikrofilmen — auch auszugsweise — vorbehalten. Druck: Rotaprlntdruck W. HUdebrand, Berlin.

Vorwort. Man unterscheidet jetzt allgemein drei Epochen der chinesischen Philosophie, die ältere Zeit von den ersten Anfängen philosophischen Denkens bis zum Ende der TscAow-Dynastie, wozu meist noch die Übergangszeit der Tcfe'm-Dynastie gerechnet wird, die mittlere Zeit, die man als das Mittelalter der chinesischen Philosophie bezeichnen kann, vom Beginn der .ffem-Dynastie bis zur SungDynastie, und die neuere Zeit von der Sung-T)ynastie bis zur Gegenwart. Als ich im Jahre 1927 die Geschichte der alten chinesischen Philosophie schrieb1), beabsichtigte ich, die Geschichte der neueren Philosophie in einem Bande folgen zu lassen und darin die mittlere und die neuere Zeit zusammenzufassen. Der große Umfang des vorhandenen Materials veranlaßte mich aber, zunächst nur das Mittelalter zu behandeln, woran sich dann die Neuzeit schließen wird. Zwischen der alten und der mittelalterlichen Philosophie besteht ein großer Gegensatz. Die Tschou-Epoche ist die klassische und die erste Blütezeit der chinesischen Philosophie, die darauf folgende Periode die Zeit der Epigonen, womit aber keineswegs gesagt sein soll, daß es eine Verfallszeit war, der jede Originalität fehlte, nur kommt sie in ihren Leistungen der älteren Zeit nicht gleich. Am bedeutendsten sind noch die Philosophen der Han-Zeit, am schwächsten die der T'awgr-Epoche. Mit der /Simgr-Periode beginnt dann eine zweite Blütezeit. Die TscÄOM-Dynastie ist eine Zeit großer philosophischer Fruchtbarkeit; Tradition und Autorität übten noch nicht ihren verderblichen Einfluß. So entstanden die verschiedensten philosophischen Schulen mit sehr abweichenden Lehrmeinungen, von denen zunächst keine das "Übergewicht hatte. Mit der .fftm-Zeit hört die philosophische Produktivität mehr und mehr auf, an ihre Stelle tritt die Rezeptivität, man eignet sich die Lehren der Alten, die als Weise und Heilige gelten, an und bildet sie weiter, wagt aber nicht mehr, ganz neue und eigene Ansichten vorzubringen. Die meisten alten Schulen verschwinden, und es bleiben praktisch eigentlich nur zwei übrig, Konfuzianismus und Taoismus, wozu in beschränktem Maße auch noch der Buddhismus tritt, der von Indien nach China eingeführt wird. Als Religion gewinnt er festen Halt im Volke, aber die meisten Philosophen lehnen ihn ab. Es gibt sehr wenige reine Konfuzianer oder reine Taoisten, die meisten vermischen konfuzianische und taoistische Gedanken, indem sie bald die eine, bald die andere Seite bevorzugen. Wenn auch keine Mehisten, Dialektiker, Rechts- und Staatsphilosophen mehr auftreten, so findet man doch viele ihrer Gedanken mit in die konfuzianischen und taoistischen Systeme verwoben. *) Abhandlungen aus dem Gebiet der Auslandskunde. Band 25. Hamburg 1927.

VI

Vorwort

Es herrscht eben ein sehr weitherziger Eklektizismus. Nur eine neue Richtung kommt auf, die aber nicht aufbaut, sondern durch ihre Kritik das Bestehende zu vernichten trachtet, die der Skeptiker. Während die Mehrzahl der Denker das Alte ohne weiteres als wahr hinnimmt und zu bewahren sucht, schrecken die Skeptiker nicht davor zurück, die Irrtümer und Fiktionen der alten Weisen aufzudecken. Viel Erfolg hatten sie damit nicht, der konservative Geist der Gelehrten stand dem entgegen. Diese hielten an den ihnen liebgewordenen Anschauungen fest und nahmen von den Skeptikern keine Notiz, so daß sie bald der Vergessenheit anheimfielen. Die mittelalterliche Philosophie Chinas zeigt eine gewisse Ähnlichkeit mit der europäischen Philosophie des Mittelalters. Beide glaubten im Besitz der objektiven Wahrheit zu sein, auf der einen Seite die christliche Lehre, wissenschaftlich erklärt mit Hilfe der griechischen Philosophie, auf der ändern die Aussprüche der alten Weisen der Tschou-Dyn&stie, deren Wissen kein gewöhnliches menschliches war, sondern auf himmlischer Inspiration beruhte. Was für die Scholastiker Plato und Aristoteles, waren für die chinesischen Denker Konfuzius, Mencius und Lao-tse. Sie galten als Übermenschen, und gegen ihre Ansichten gab es keinen Widerspruch. Was zu ihren Äußerungen im Gegensatz stand, war falsch, auch wenn es sich logisch unanfechtbar beweisen ließ. Autorität stand höher als eigenes Denken. Dadurch war die philosophische Gestaltungskraft gelähmt, und Rezeptivität trat an Stelle der Produktivität. Deshalb verdienen die Skeptiker unsere besondere Achtung, da sie es wagten, die Autorität in Zweifel zu ziehen und die Vernunft an die Stelle des blinden Glaubens zu setzen. Natürlich ist die Übereinstimmung zwischen den mittelalterlichen Philosophen des Ostens und des Westens keine vollständige, sie unterscheiden sich auch wieder in manchem. In Europa versuchte man das Denken zweier Kulturkreise, des christlich-jüdischen und des griechischen, zu verschmelzen, die chinesischen Philosophen setzten einfach ihre eigene alte Philosophie fort. In der Scholastik ist die Religion die Hauptsache und die Philosophie eigentlich nur Beiwerk, in China spielt die Religion gar keine Rolle, und die Philosophen beschäftigen sich eigentlich nur mit der Ethik und Metaphysik. Dogmen gibt es kaum, und Kulthandlungen werden fast gar nicht berührt. Die mittelalterlichen Philosophen in China waren in ihrer Mehrzahl nicht Kleriker, sondern Literaten und Beamte. Man darf sich unter einem chinesischen Philosophen keinen Fachphilosophen vorstellen wie die unsrigen, \velche Philosophie zu ihrer Lebensaufgabe gewählt haben, und deren Werke dementsprechend fast alle rein philosophischen Inhalts sind. Die chinesischen Philosophen sind Gelehrte, welche die verschiedensten Studien und darunter auch philosophische treiben, aber keineswegs mit der Intensität und Ausschließlichkeit, wie wir das gewohnt sind. Wenn ihre Werke gesammelt herausgegeben sind, so pflegen meist nur wenige davon philosophisch zu sein, oder es werden in einem größeren Werke neben vielen anderen Fragen auch philosophische behandelt. Da sie im allgemeinen ihre philosophischen An-

Vorwort

VII

sichten nicht systematisch, sondern mehr aphoristisch darzustellen lieben, so ist es gar nicht leicht, sich ein einigermaßen vollständiges Bild davon zu machen. Hiermit hängt wohl auch zusammen, daß der Typus des Philosophen den Chinesen früher nicht bekannt war und sie kein Wort dafür besaßen. Man sprach nur von Gelehrten, Lehrmeistern, Weisen und Heiligen. In den Biographien oder biographischen Notizen über Philosophen wird ihr Philosophentum oft ganz übersehen. Sehr häufig hätte ich über die Persönlichkeit und den Charakter eines Philosophen gern etwas mehr gebracht, aber die chinesischen Quellen ließen mich im Stich. Sie betrachten den Betreffenden nur als Beamten oder als Gelehrten, berichten genau, welche Prüfungen er bestanden, welche Ämter er bekleidet, und was er als Beamter geleistet hat. Seine Berichte an den Kaiser und lange Gedichte werden wenigstens auszugsweise wiedergegeben, von seinen philosophischen Leistungen aber erfährt man sehr wenig. Nach unserer Ansicht sind diese Biographien recht mangelhaft; es wird eigentlich nur das Typische berichtet und sehr selten charakteristische Züge, die uns besonders interessieren würden. Wie in meiner Geschichte der alten chinesischen Philosophie habe ich bei der Darstellung der einzelnen Systeme die Philosophen meist selbst sprechen lassen. Von den meisten ist bis jetzt überhaupt fast noch nichts übersetzt worden. Es handelte sich also darum, etwas authentisches Material zur Beurteilung zu sammeln. Man kann sich meines Erachtens von einem Philosophen ein viel besseres Bild machen, wenn man hört, wie er selbst seine Hauptgedanken entwickelt, als wenn nur darüber berichtet wird. Die Diktion eines chinesischen Philosophen pflegt sehr gewählt zu sein, Parallelismus, Antithesen, Bilder, Vergleiche, Allegorien spielen dabei eine große Rolle. Die Gedanken verlieren oft sehr, wenn man sie dieses rhetorischen Schmuckes entkleidet. Dem Sprechenden genügt es nicht, verstanden zu werden, er will seine Gedanken auch in schöner Form zum Ausdruck bringen. Es sollte kein Mangel sein, daß meine Darstellung der mittelalterlichen chinesischen Philosophie zugleich als eine Art philosophisches Lesebuch erscheint, das eine intimere Bekanntschaft mit vielen chinesischen Denkern vermittelt, die hier zum ersten Male der europäischen Welt entgegentreten. Als Quellen haben mir in erster Linie die Werke der Philosophen1) selbst gedient, sodann die Biographien und literarischen Notizen in den Geschichtswerken und Enzyklopädien. Außerdem habe ich natürlich die neueren chinesischen japanischen und deutschen Geschichten der chinesischen Philosophie2) benutzt. a

) Sofern sie nicht unter den Zehn oder den Hundert Philosophen -f- ^f- J£· ^f und J- if ~g) Ijt, zu finden sind, wird das Sammelwerk, welches sie enthält, besonders angegeben. 2 ) Es kommen in Betracht: Hsieh Wu-liang, Geschichte der chinesischen Philosophie, 1917, Ut ^ ü* US 1? Öl > Tschung T'ai, Geschichte der chinesischen Philosophie, 1 929, M JÜ > iS ¥ ' Tukane, Takejiro, Geschichte der chinesischen Philosophie, iSiüÄ^ÖU, ® ^ & > übersetzt von Tschao Lan-p'ing ^ jj| £f, 1925, Watanabe, Abriß der Geschichte der chinesischen Philosophie, $S£ j& 3ff ^!f > H9 f? i?i Öl ißt nSf > übersetzt von Liu K'an-yuan IflJWlTC, 1926, Hackmann, Chinesische Philosophie, 1927, Zenker, Geschichte der chinesischen Philosophie, 2 Bde. 1926 — 27. Wilhelm, Chinesische Philosophie, 1929.

VIII

Vorwort

Die japanischen sind die besten, die deutschen gerade für das Mittelalter sehr unvollständig, da sie nicht auf die chinesischen Quellen zurückgehen. Aus den chinesischen und japanischen Werken ersieht man, welche Denker in China als Philosophen gelten. Im allgemeinen konnte ich mich diesem Urteil anschließen, nur in einigen Fällen war ich anderer Meinung und habe einige Personen, welche in diesen Geschichten der Philosophie erscheinen, ausgeschlossen. Um Philosoph zu sein, genügt es nicht, einige philosophische Gedanken geäußert zu haben. Es handelt sich dabei durchweg um berühmte Namen, deren Träger auf ändern Gebieten Großes geleistet haben und dort gewürdigt werden müssen1). J

) Ich betrachte Sse-ma Tch'ien nur als Geschichtsschreiber. Das Werk des Htton K'iMn über Salz und Eisen, ;jg ^J % |g Hf fjjjf, ist rein volkswirtschaftlich. K'ung T'swng-tse Q Hl J- hat nur angebliche Aussprüche des K'ung-tse überliefert. Wei Po-yang Jj|J -f£| pj ist nur Alchimist, nicht Philosoph, Han Ying und TscMng Hsüan f$ §§ > fD5 3f sind nur Kommentatoren. T'ao Yuan-ming ßtjj $$ > ist ein großer Dichter. Andererseits habe ich einige Philosophen hinzugefügt, die sich in den chinesischen und japanischen Werken nicht finden, z. B. den Geschichtsschreiber Pan Ku, den Lian^-Kaiser Yuan-ti = Tchmlou tse und einige taoistische und buddhistische Schriftsteller der T'ang-Zeit.

Inhaltsübersicht. Vorwort Buch L Die Han-Zeit. Die beiden Han-Dynastien A. Ältere Han-Dynastie 1. IM Tchia 2. Tchia I 3. Huai-nan tse Das Lehrsystem des Huai-nan tse: I. Tao II. Die Schöpfung III. Welt und Natur IV. Schicksal V. Der Heilige VI. Lebensweisheit VII. Der Herrscher 4. Tung Tschung-schu Das Lehrsystem: I. Metaphysik II. Naturphilosophie III. Natur und Bestimmung IV. Ethik V. Staatslehre VI. Urteile über Tung Tschung-schu 5. Liu Hsiang 6. Yang Hsiung I. Sein Leben II. Werke des Yang Hsiung III. Chinesische Urteile über Yang Hsiung IV. Die Lehre des Yang Hsiung A. Das T'ai-hsüan tching B. Das Fa-yen 1. Die menschliche Natur und die Persönlichkeit .... 2. Die Tugenden und Tao 3. Studium und Orthodoxie 4. Geister und Genien 5. Kritik anderer Philosophen

V l 5 5 11 21

25 27 30 32 33 38 42 46 49 53 57 60 61 63 64 74 74 76 78 84 84 90 90 91 93 96 97

X

Inhaltsübersicht . Spätere H a n - D y n a s t i e ) Skeptische Rationalisten: 1. Huan T'an 2. Wang Tsch'ung I. Sein Leben und seine Persönlichkeit II. Seine Werke III. Urteile über Wang Tsch'ung IV. Das Lun-heng 1. Metaphysisches: a) Himmel und Erde b) Das Schicksal 2. Naturlehre 3. Der Mensch in der Natur 3. Hsün Yüeh ß) Andere R i c h t u n g e n : 4. Pan Ku 5. Ma Jung 6. Wang Fu 7. Mou-tse 8. Hsü Kan 9. Tschung-tsMang T'ung Buch II. Die Zeit der Sechs Dynastien. A. Die Epoche von Chinas Zerrissenheit B. Der T a o i s m u s in seiner U m b i l d u n g und E n t a r t u n g C. Die Philosophie des B u d d h i s m u s : I. Der ältere Buddhismus II. Der spätere Buddhismus III. Die Schulen des chinesischen Buddhismus IV. Die in China bekanntesten buddhistischen \Verke D. V e r s c h i e d e n e R i c h t u n g e n : 1. Liu Schao 2. Fu Hsüan 3. Ko Hung I. Sein Leben II. Seine Werke III. Seine Lehre 1. Konfuzianisches 2. Taoistisches 3. Geisterglaube 4. Unsterblichkeit durch Alchimie 5. Goldmachen 6. Dämonen und Magie

100 100 110 110 111 112 115 115 120 123 124 130 137 144 148 157 167 172

176 181 186 188 191 194 196 199 204 204 206 208 208 213 216 219 222 223

Inhaltsübersicht

XI

4. Pao Tching-yen 224 5. P£»· ') j| .

4

Die beiden Han-Dynastien

schu und des Kung-aun Hung1) wurde der Konfuzianismus zum herrschenden System erhoben, das allein in den Schulen gelehrt werden durfte. Alle ändern wurden unterdrückt.2) Wu-ti gründete eine Hochschule mit Professoren zur Erklärung der fünf Klassiker.3) Jeder Professor erklärte nur einen Klassiker, für welchen er Spezialist war. Für jeden Klassiker gab es mehrere Schulen oder Richtungen, die in ihren Erklärungen etwas voneinander abwichen. In Verbindung mit den philosophischen Systemen waren in der How-Epoche Aberglaube und Mystizismus üppig emporgewuchert. Man interessierte sich daher lebhaft für die Yin-Yang-Theorie, für Magie, Zauberei und Wahrsagekunst. Die Zauberer aus Lu, Tck'i und Yen spielten auch am Kaiserhofe eine große Rolle, und viele Kaiser wie Wu-ti, Wang Mang und Kuang Wu-ti glaubten fest an ihre Künste. Die Wahrsagebücher, Wei-schu*), wurden fälschlich dem Konfuzius zugeschrieben. Sie sollten zur Erklärung der Klassiker dienen. Tung Tachungschu's Tschfun-tch(iu fan-lu, Yang Hsiung's5) T'ai-hsüan tching und Ho Hsiu'a*) Kung-yang Kommentar sind davon beeinflußt.7) Während der Han-Zeit begann auch die Philosophie auf die Dichter einzuwirken. Die sieben Dichter der Tchien-an-Periode8) (196—220 n. Chr.) und die sieben Weisen des Bambushaines9) (um 275 n. Chr.) standen dem Taoismus sehr nahe. Ihre Richtung wurde als Tch'ing-t'an10) „Reine Rede" bezeichnet. Ein tiefer Pessimismus und die Verachtung des Weltgetriebes waren ihre Grundstimmung. Sie hatten das Leiden des Lebens und seine Vergänglichkeit erkannt. Nur gelegentlich suchten sie sich durch wilde Trinkgelage für kurze Zeit zu betäuben. Diese Anschauung machte sie für den Buddhismus sehr empfänglich.11) Wenn man die letzten vier Jahrhunderte der TscTww-Dynastie als die erste Blütezeit der chinesischen Philosophie betrachtet, so kommen diesen die vier Jahrhunderte der l/ Mayers' Reader II Nr. 233. ") Kc ·

") Franke a. a. O. 8. 300. ·) " W -k Ä > Mayers Nr. 85. ") Wilhelm, Chin. Phil. S. 86.

1. Lu Tchia

5

Dogmatiker, sondern auch der Synkretismus liegt ihnen im Blut. Aus ihrem dogmatischen Schlummer wurde die Philosophie in der späteren ffan-Dynastie durch die skeptischen Rationalisten Huan T'an, Wang Tsch'ung und Hsün Yüeh geweckt. Diese nahmen die allgemein anerkannten Wahrheiten, an denen bis dahin niemand gezweifelt hatte, unter die kritische Lupe und verwarfen sie, wenn sie dieser Prüfung nicht standhielten, und statt sich auf die alten Weisen zu berufen, versuchten sie die Welt empirisch zu erklären. Durch das Eindringen des Buddhismus und der damit verbundenen indischen Kultur wurde zu gleicher Zeit der Gesichtskreis der Chinesen bedeutend erweitert.

A. Ältere Han-Dynastie. 1. Lu Tchia. Lu Tchia1) war einer der an den Fürstenhöfen sich aufhaltenden und als Berater auftretenden Politiker oder Diplomaten, welche namentlich zur Zeit der Streitenden Staaten im Lande umherzogen und ihre guten Dienste anboten. Er galt als sehr gewandter Redner, und wir finden ihn im Gefolge des San Kao-teu, als dieser die £Taw-Dynastie begründete. Sein Heimatstaat war Tach'u2). Schon im Jahre 207 v. Chr. hat ihn der spätere Kaiser zu Verhandlungen mit den Generälen von Tch'in benutzt.3) Seine Lebenszeit ist nicht genau bekannt, sie läßt sich annähernd auf die Jahre 250—175 v. Chr. fixieren. Berühmt geworden ist Lu Tchia besonders durch seine Gesandtschaft zu Techao T'o*), einem Chinesen, welcher sich im äußersten Süden, nämlich in Kuang-tung, Kuang-hsi und Tongking ein Königreich gegründet und sich zum Herrscher der Eingeborenen gemacht hatte. Zu diesem begab er sich im Jahre 196 v. Chr. Durch sein geschicktes Auftreten setzte er es durch, daß Tschao T'o als Vasall die ITan-Dynastie anerkannte. Nachdem der König mehrere Monate mit ihm gezecht hatte, jedenfalls sehr erfreut, einmal wieder einen gebildeten Landsmann in seiner Nähe zu haben, nahm er aus seinen Händen zum Zeichen seiner Belehnung ein Siegel des Kaisers entgegen und machte seinem Gast seinerseits kostbare Geschenke. Der Kaiser ernannte Lu Tchia bei seiner Rückkehr als Dank zum T'ai-techung to-/«8). In Erinnerung an diese Mission hat man in Canton einen Ehrentempel errichtet, den Lu ta-fu te'e'), welcher noch heute vorhanden sein soll.7) Unter der Regierung der Kaiserin Lü Hou, 187—179, welche er mißbilligte, zog sich Lu Tchia angeblich wegen Krankheit vom Hofe zurück. Nach der Thronbesteigung des Kaisers Wen-ti wurde er 179 noch einmal als Gesandter nach Yüeh geschickt8), und er erreichte, daß Techao Tfo auch diesen *) g? ^ . *) % . *) Chavannee, Mem. Hist. II, 351. )*Sf£. ')****. ein Hofamt. )|!*5£«·|. ') Mayers' Reader Kr. 437. ·) jjg.

4

6

A. Ältere Han-Dynastie

neuen Herrscher anerkannte. Einige Zeit darauf soll Lu Tchia in hohem Alter gestorben sein, wir können also wohl annehmen, daß er ungefähr von 250—175 v. Chr. gelebt hat. Liu Pang1), der erste Kaiser der Haw-Dynastie, war ein Mann aus dem Volke, ein Abenteurer, der durch Kriegsglück zur höchsten Würde gelangt war. Für die Wissenschaft und ihre Vertreter, die Konfuzianer, interessierte er sich sehr wenig und zeigte es ihnen offen. „Lu Tchia pflegte in Gegenwart des Kaisers oft das Schiking und Schuking zu preisen. Kao-ti fuhr ihn an und sagte: ,Ich habe zu Pferde das Reich erobert, was brauche ich mich um Schiking und Schuking zu kümmern ?' — Lu erwiderte: ,Sie haben es zu Pferde erobert, aber können Sie es auch zu Pferde regieren ?' "2) Er stellte ihm weiter vor, daß man ein Reich wohl mit Gewalt erobern, aber nur mit den Künsten des Friedens regieren könne. Der Kaiser forderte ihn auf, seine Regierungsgrundsätze niederzuschreiben. Lu Tchia verfaßte darauf ein Buch in 12 Abschnitten3), worin er über die Methoden sprach, wodurch ein Staat erhalten wird. Bei jedem Abschnitt, den er überreichte, drückte der Kaiser seine Zufriedenheit aus, und die Höflinge riefen: „Zehntausend Jahre." Das Werk wurde: Hsin-yü „Neue Worte" genannt. Durch dieses ebnete Lu Tchia den Konfuzianern den Weg zur Macht. Bis zum Tode von Han Kao-tsu kämpften noch die Legisten und die Konfuzianer um die Vorherrschaft. Kaiser Wu-ti entschied sich für die Konfuzianer. Wir besitzen das Hsin-yü in 12 Abschnitten4), aber die Echtheit ist von verschiedenen Seiten angefochten worden, namentlich imSse-kfu tch'üan-schu Kap. 91. Auch PellioP) scheint daran zu zweifeln. Die vorgebrachten Gründe dürften kaum ausreichen, um den Verdacht der Fälschung zu begründen6), und ich glaube, daß wir mit A. von Qabain7) und Hu Schi*) an der Echtheit des überlieferten Textes festhalten können. Wang Ying-lin9), 1223—1296, kannte nur sieben Abschnitte, die fehlenden fünf sind in der .Mw^-Dynastie aus verschiedenen be-

a] n ·

Schi-tchi Kap. 97, Biographie des Lu Tchia, S. 7a: H ^

m & ±> $ * n #, n £ B,

·) A.a.O. S. 7b.

5

*

) A. Pelliot in T'oung Pao Vol. 27, 1930, Bibliographie S. 429—434. ·) Sse-ma Tch'ien soll das Hsin-yü für das Schi-tchi benutzt haben, aber es findet sich im Schi-tchi keine Spur davon. Allein eine Benutzung kann auch ohne das Zitieren von Stellen vorliegen. — Das Lun-heng I, S. 388 und II, 243 zitiert den Lu Tchia. Auch diese Zitate finden sich nicht im Hsin-yü. Da wir dies nicht im ganz vollständigen Zustand haben, so können diese Stellen verloren sein, oder sie stammen aus Lu Tchia's ändern Werken. — IM Tchia zitiert den Ku-liang, der erst später unter Wu-ti zum Vorschein kam, aber warum sollte ihn IM Tchia nicht schon vor der Auffindung gekannt haben ? ') Annemarie von Oabain, Ein Fürstenspiegel: Das Sin-yü des Lu Kia, Berlin 1930 (Dissertation), eine vollständige Übersetzung des kleinen Traktats (Mittig. Sem. Orient. Sprachen XXXIII, 1930). ·) Bull, of the National Library of Peiping IV, l (1930), cfr. Pelliot loc. cit. S. 434.

1. Lu Tchia

7

schädigten alten Texten rekonstruiert. Die vielen verdorbenen Stellen lassen eine planmäßige Fälschung sehr unwahrscheinlich erscheinen. Außer dem Hsin-yü hat Lu Tchia noch das Tach'u Han tech'un-tch'iu1) in neun Abschnitten und drei Bücher Gedichte geschrieben. Das erste Werk ist in den Jahren 206—202 v. Chr. entstanden und beschreibt die Gründung der HanDynastie, von einem Augenzeugen dargestellt. Nach dem Historiker Pan Piao*) soll Sse-ma Tch'ien auch dieses Werk für das Schi-tchi benutzt haben.3) Es ist verloren gegangen. Wang Tach'ung berichtet uns, daß Lu Tchia zu den literarischen Genies der Han-Zeit gehöre4), und daß Tung Tschung-schu6) sein Hein-yü sehr hochgeschätzt habe.6)

Das Hsin-yü. Das Werk beginnt mit einer Kosmologie, woran sich eine Darstellung der Zivilisation in der Urzeit schließt. Der Anfang lautet: „Es ist überliefert: der Himmel erzeugte alle Dinge, durch die Erde ließ er sie wachsen, und der Heilige vollendete sie. Ihre Leistungen und Tugenden vereinigten sich, und Wege und Methoden entstanden."7) Die ältesten Weisen betrachteten den Himmel und die Erde und zeichneten danach die Kua. Dadurch wurden die Handlungen der Menschen bestimmt, sie erhielten die erste Belehrung und lernten die Beziehungen und Pflichten zwischen Vater und Sohn, Fürst und Untertan, Mann und Frau, Älteren und Jüngeren. Es wurden Beamte und ein König eingesetzt. Aber die Menschen aßen Fleisch, tranken Blut und kleideten sich in behaarte Felle. Schen-nung meinte, daß sich die Tiere nicht gut zur Nahrung eigneten, und suchte nach ändern Nahrungsmitteln, indem er die Früchte der Pflanzen kostete. Darauf lehrte er das Volk die fünf Getreidearten zu essen. Aber die Menschen lebten noch in der Wildnis in Höhlen und hatten noch keine Häuser. Sie waren von den Tieren noch nicht getrennt. Darauf fällte Huang-ti Bäume, fügte die Balken zusammen und baute daraus Häuser, worin sich die Menschen vor Wind und Regen schützen konnten. Aber die Menschen kannten die Bearbeitung der Felder noch nicht. Da teilte Hau Tchi die Felder ein, lehrte sie das Land urbar machen, Getreide pflanzen und Maulbeerbäume und Hanf bauen und dadurch Seide und Hanf gewinnen und ihre Leiber damit bedecken. Aber die Wasserlaufe waren noch nicht in Ordnung. Yü regulierte den Yangtse und den Ho, führte sie bis zum Meere und verband die Flüsse miteinander. .Die Provinzen waren noch weit voneinander getrennt und schwer zu erreichen, man hatte noch keine Wagen und Schiffe. Hsi Tachung6) machte aus gekrümmten Hölzern Räder und aus graden Deichseln und schirrte

a '»«A»*· )äEj^· ) Chavannee, Mem. Hist. Einleitung pp. 167, 239. 3

4

5 ) Lun-Mng II, 232. ) ^ /( fjj. ·) Lun-Mng I, 466. ') Hsin-yü I, la: « EK ^ £ $ ft, # ft % £, g A ±> & tt ^ &* W & *£ Ä. 8 ) ^ , Beamter des Kaisers Yü, Erfinder der Wagen und Schiffe.

8

A. Ältere Han-Dynastie

Pferde und Ochsen daran. Boote ließ er auf dem Wasser schwimmen und mit Rudern bewegen. Er schmolz Metalle und schnitzte Holz und verfertigte so Werkzeuge. Die Menschen liebten nur, was leicht war, vermieden alle Anstrengungen und suchten nur ihren Vorteil. Da errichtete Kao Yao1) Gefängnisse, bestimmte Strafen und Belohnungen, schied Recht und Unrecht und beseitigte dadurch Ausschweifungen und Rebellionen.2) Die Weisen des mittleren Altertums und der späteren Zeit legten den Grund für Sitten und Wissen3), deshalb ehrt man sie, man darf aber das Altertum und seine Autorität nicht überschätzen, denn auch die Gegenwart hat ihr Gutes. „Bücher", sagt unser Philosoph, „brauchen nicht alle aus Tschung-ni's*) Schule zu stammen und Medizinen nach Pien Tch'io'tf) Rezepten zu sein. Wenn sie sich bewähren, sind sie gut und können als geeignete Mittel gebraucht werden."6) Und weiter heißt es: „Die Heiligen brauchen nicht alle dieselben Prinzipien zu haben .... (Lücke). Das Schöne hat nicht immer dieselbe Farbe."7) Als guter Konfuzianer betrachtet Lu Tchia Wohlwollen und Gerechtigkeit als die Haupttugenden und bekämpft die Straftheorie der Rechtsphilosophen, deren Lehren in den Feudalstaaten gegen Ende der TecÄoM-Dynastie und namentlich im TeA'iw-Staate praktisch geübt wurden. In seiner bilderreichen Sprache sagt er: „Wenn ein Heiliger an einer hohen Stelle weilt, so macht er sich aus Wohlwollen und Gerechtigkeit ein Nest8), und wenn er an gefährlichen Orten steht und über einen Abhang schreitet, dann bedient er sich der Heiligen und Weisen als Stab. Dann kann er hoch stehen und fällt nicht herab, und an gefährlichen Orten weilen, ohne umzustürzen. Yao machte sich aus Wohlwollen und Gerechtigkeit ein Nest, und Schun benutzte Yü, Tchi9) und Heieh10) als Stab ....... Tch'in machte sich aus Strafen ein Nest, daher fiel dies um, und die Eier wurden zertrümmert.11) Es bediente sich des Tschao Kao1*) und Li See13) als Stab, daher brach ') J| pitf » Minister des Schun. s ) Hsin-yü I, Ib. Ähnliehe Schilderungen der Anfänge der chinesischen Kultur, aber in den Einzelheiten abweichend, finden sich auch bei Me S. 293 fg. und im Lü-schi tsch'untch'iu I, 8b. und XX, l a. a ) A. von Gabain hält den ganzen ersten Abschnitt J^ ^ ,,Die Grundlagen der Lehre" für interpoliert. Mir scheint der kosmologische Exkurs durchaus am Platze zu sein und auch die Schilderung der Urzeit im Stil der Sprache der ändern Kapitel zu entsprechen. 4 ) Konfuzius. 6 ) -ü Sl berühmtester Art des Altertums, vergl. Mayers Reader Nr. 653. \>: » * # Äfl>Jg ± W * « * # W S » ± #. >fr ± * *. ^f

') Hsin-yü II, 8a: g ^ & IP! Jt ..... £F it >& IP! fe · ·) Nach Tschuang-tse lebten die Menschen in der Urzeit zum Schutz gegen wilde Tiere oft in Nestern. *) Ackerbauminister unter Yao und Schun, später zum Gott der Feldfrüchte erhoben. 10 ) Unterrichtsminister von Schun. n ) Dieser Ausdruck ist zu einer Redensart geworden, die besagt, daß alles in Stücke geht. i: ) Ein Eunuch, welcher den Kaiser Brh-echi Huang-ti ermordete. 18 ) Minister von Tch'in.

1. Lu Tchia

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es zusammen und tat einen schweren Fall. Warum ? Weil die Stütze nichts taugte. Die sich auf Heilige Stützenden sind Kaiser, die auf Weise sich Stützenden Könige, die Gewaltherrscher stützen sich auf Wohlwollende, die Mächtigen auf Gerechte. Wer sich auf Schmeichler verläßt, geht zugrunde, wer auf Schurken baut, stirbt."1) Der Fürst muß gute Beamte haben, auf welche er sich verlassen kann, er handelt nicht selbst, denn: ,,es gibt kein wichtigeres Prinzip als das Wu-wei, und beim Handeln ist nichts wichtiger als Ernst und Sorgfalt. Wieso ? Im Altertum regierte Schun das Reich in der Art, daß er die fünfsaitige Zither spielte und die Lieder des Nan-feng2) sang. Er verhielt sich so ruhig, als wolle er gar nicht regieren, und so gleichgültig, als kümmere ihn das Volk gar nicht, aber das Reich war gut verwaltet. Der Herzog von Tschou ordnete die Riten und die Musik, opferte dem Himmel und der Erde und den Bergen und Flüssen, aber Heere wurden nicht aufgestellt, Strafen beschränkt und Gesetze aufgehoben. Die Leute innerhalb der vier Meere kamen mit ihren Gaben, und der Fürst der Yüeh-schang3) erschien mit doppelten Dolmetschern bei Hofe. Das war Wu-wei."*) Ein guter Herrscher muß ähnlich regieren: „der Fürst führt die Regierung in der Weise, daß er wie ein Klotz dasitzt, als habe er nichts zu tun, stumm, als könne er nicht reden. Auf den Ämtern ist es, als wenn keine Beamten vorhanden wären, und in den ländlichen Hütten und Häusern, als ob es kein Volk gäbe.5) In den Dörfern streitet man sich nicht auf den Gassen, und Alt und Jung beklagt sich nicht vor Gericht. In der Nähe wird nicht debattiert, und in der Ferne hört man nichts. Auf den Poststationen kommen des Nachts keine Beamten durch, und in den Dörfern werden die Leute nicht des Nachts zu Frondiensten ausgehoben.*) Die Hunde bellen des Nachts nicht, und die Raben schreien des Nachts nicht. Die Alten ruhen in den Hallen, und die Jungen und Kräftigen pflügen und jäten das Feld. Bei Hof sind die Beamten loyal gegen den Fürsten und in den Familien die Mitglieder pietätvoll gegen die Eltern. Durch Belohnung des Guten und Ahndung des Bösen wird der letzte Schliff verliehen und durch Errichtung von Schulen und Bildungsstätten Belehrung erteilt."7) *) Hsin-yü I, 5a: g A S ffi -t» JW

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) Die beiden Teile des Äuo-/£wfll-Abschnitts im Schiking: Tschou-nan und Schao-nan. ) Ein Volk in Annam. Seine Sprache war so wenig in China bekannt, daß sie zunächst in eine bekanntere und aus dieser ins Chinesische übersetzt werden mußte. «) Hsin-yü , ^^^^^ , ^ «.««^^ W 3

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) So still ist es überall. ·) Man braucht für die Verwaltung nicht die Nacht zu Hilfe zu nehmen.

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A. Ältere Han-Dynaetie

Um das Volk glücklich zu machen, braucht man keine Waffen und keine Soldaten, und es ist nicht nötig, von Morgen bis Abend schwere Strafen zu verhängen. Die Fürsten Li von Tchin1), Tschuang von TcA't2), Ling von Tsch'u3) und Heiang von Sung4) bauten auf ihre Kriegsmacht, vernichteten ihre Rivalen und glaubten dadurch ewigen Ruhm zu erlangen, aber sie erzeugten nur die Feindschaft der Nachbarstaaten und Unzufriedenheit im Innern. Heiang fiel in der Schlacht am Hung-Fluß und die drei ändern Fürsten durch Meuchelmord5). Ähnliche üble Folgen hatte die Vielregiererei in Tch'in. Die Kriegszüge, der Bau der Großen Mauer, die schweren Strafen führten nur zu immer größerer Verwirrung. Ein Fürst muß den Dingen ihren Lauf lassen, dadurch sichert er sich, und er muß die Eintracht pflegen, dann strömt ihm das Volk von weither zu. Durch Gesetze erfolgt nur die Bestrafung der Bösen, aber sie sind kein Anreiz zum Guten'). Nur wenn die Strafen leicht und die Belohnungen reichlich sind, kann man das Volk von nahe und fern für sich gewinnen. Leider werden von den Fürsten nicht immer die richtigen Beamten verwandt, Personen von hervorragenden Fähigkeiten wie die von Yao und Schun und mit Ideen, welche die ganze Welt umgestalten könnten, kommen nicht zur Geltung. Dagegen werden die Söhne von Ministern und die Freunde der Fürsten mit nur mittelmäßigen Fähigkeiten in die höchsten Ämter geschoben. Der berühmte Arzt Pien Tch'io7) in Wei machte eine ähnliche Erfahrung. Er wollte den todkranken Sohn eines Mannes heilen, aber der Vater zog ihm einen Zauberer vor, der betete und die Krankheit beschwor, worauf der Sohn starb. Der Fürst ist für das Wohlergehen des Staates verantwortlich, denn es hängt von seiner Regierung ab: „Wenn ein Zeitalter zugrunde geht und Too verloren wird, so wird das nicht vom Himmel bewirkt, sondern vom Herrscher des Reichs herbeigeführt."8) Zwischen der Regierung und außergewöhnlichen Naturvorgängen besteht die bekannte Wechselwirkung: „Schlechte Regierung entsteht aus dem üblen Geist9) und dieser aus Naturkatastrophen10). Durch den üblen Geist kommen giftige Nattern zum Vorschein, und entsprechend der Regierung zeigen

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) Herzog Li von Tchin 580—572. ) Herzog Tschuang von Tch'i 794 — 730. 3 ) König Ling von Tsch'u 540—528. 4 ) Herzog Heiang von Sung 650— 637 v. Chr. 5 ) Das Schi-tchi weiß nichts von einer Ermordung des Herzogs Tschuang. Herzog Heiang starb erst nach der Schlacht an seinen Wunden. ·) Hsin-yü II, 3 a und I, 6 a. ') Vergl. oben S. 8 Anm. 5. 8) Hsin-yuU, 6b: flt* £ t, # 35 ± W 4, 7J · S * *T 0 JR ± 4·) Der üble Geist in der Umgebung des Fürsten. 10 ) A. von Gabain will hier beide Male das „aus" Jjk als sinnwidrig streichen. Es ist wohl nicht nötig, denn nach dem alten Natursymbolismus wirkt nicht nur die Regierung auf die Natur, sondern auch diese auf die Regierung ein. a

2. Tchia I

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sich die Regenbogen-Insekten1). Wenn die Regierungsgrundsätze auf Erden verloren gehen, so verschieben sich die Sterne am Himmel droben, und wenn die schlechte Regierung sich über das Volk ausbreitet, so entsteht Insektenplage auf Erden."") Lu Tchia gilt allgemein als Konfuzianer. In seiner starken Betonung von Wohlwollen und Gerechtigkeit, seiner Ansicht vom Staate und seiner Ablehnung des Krieges steht er Meng-tse besonders nahe3), teilt auch seine Annahme, daß die Menschennatur von Haus aus gut ist.4) In derLehre vom Schicksal neigt er dagegen mehr zu Hsün-tse. Taoistisch aber ist die Wu-wei-Lehre, welche allerdings nur auf den Herrscher beschränkt bleibt. Tao ist für Lu Tchia nicht das transzendente Weltprinzip der Taoisten, sondern nur das Moralprinzip. Das Tao-te-king wird nur einmal zitiert, das Lun-yü und das Tsch'un-teh'iu öfter.

2. Tchia I. s

Tchia I ) aus Loyang war sehr frühreif und starb ganz jung im Alter von 32 Jahren. Er lebte von 198 bis 166 v. Chr.·) Schon mit siebzehn Jahren schrieb er Gedichte. Ein Gouverneur von Honan schätzte ihn so sehr, daß er ihn in sein Haus aufnahm und dem Kaiser Han Wen-ti bei seinem Regierungsantritt 179 v. Chr. besonders wegen seiner großen Belesenheit in der Philosophie empfahl. Der Kaiser ernannte ihn, obwohl er erst 19 Jahre alt war, zum Doktor der Akademie der Klassiker. Wenn er bei Audienzen vom Kaiser um Rat gefragt wurde, konnte er stets antworten, während die älteren Beamten nichts zu sagen wußten. Der Kaiser liebte ihn sehr und beförderte ihn schon nach einem Jahre zum T'aitschung ta-fu.1) Viele seiner Reformvorschläge gelangten zur Annahme. Da die Dynastie über zwanzig Jahre bestand und sich des Friedens erfreute, glaubte Tchia I, daß die Institutionen des Reiches neu geordnet werden müßten. Auf seinen Antrag wurde Erde als Schutzelement der Dynastie angenommen und damit verknüpf t die gelbe Farbe und die Zahl 5.8) Er schlug ferner vor, den Kalender und die Kleiderfarbe zu ändern, neue Bestimmungen für Riten und Musik und für *) Der Regenbogen soll aus Insekten bestehen. »n,eb:Ä|jr£jft3Sfc, &fc£jfc&J|,

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) Takejiro, Gesch. d. chin. Phil. II, S. 14. Hackmann, Chin. Phil. S. 209 meinen, daß Lu Tchia mehr zu Hsün-tse als zu Meng-tse neige. l ) Lun-heng I, 388. Hackmann a. a. O. und v.Qabain, loc. cit. S. 5 nehmen an, daß nach Lu Tchia's Ansicht gute und böse Anlagen in der menschlichen Natur gemischt seien. 5 ) ^J |g. Ich weiß nicht, auf Grund welcher Quelle Faber, Doctrines of Confucius, S. 10 behauptet, daß Tchia I auch ^ P^ -J- Tchin-men tee genannt sei. ') Nach Chavannes, Mom. Hist. Einl. S. CLVIH: 198— 165, aber 33 chinesische Lebensjahre entsprechen 32 bei uns. Wilhelme Angabe in seiner Chinesischen Literatur S. 111, daß Tchia I von 204 bis 168 gelebt habe, stimmt nicht zu den Daten in seiner Biographie, Schi-tchi Kap. 84. ') Vergl. oben S. 5 Anm. 6. ») Lun-heng II, 218.

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A. Ältere Han-Dynastie

die Titulatur der Beamten zu treffen. Durch seinen glänzenden Aufstieg und seine außerordentlichen Erfolge hatte Tchia I bei vielen höheren Beamten Anstoß erregt und sie sich zu Feinden gemacht. Als nun gar der Kaiser den jugendlichen Reformator zum Minister machen wollte, traten diese Beamten dem Plane entgegen, und es gelang ihnen, durch ihre Einflüsterungen Tchia Fs Einfluß zu brechen, so daß der Kaiser ihm seine Gunst entzog. Der Kaiser glaubte ihren Anschuldigungen, daß Tchia I trotz seiner Jugend bestrebt sei, alle Macht an sich zu reißen und alles umzukehren, und folgte seinen Vorschlägen nicht mehr. Tchia I wurde vom Hofe entfernt und zum Mentor des Königs von Tsch'angscha in Hunan, eines Sohnes des Kaisers Tching-ti1), ernannt. Er begab sich nur ungern in die Verbannung, wie er seine Ernenung zum Prinzenerzieher2) auffaßte, denn er fürchtete, daß er wegen des feucht-heißen Klimas und der niedrigen Lage von Tsch'ang-scha dort nicht lange würde leben können. Nachdem er über den Hsiang-Fluß gefahren war, schrieb er eine Elegie auf den Dichter Tch'ü Yuan, welcher in jener Gegend durch Ertrinken seinem Leben ein Ende gemacht hatte. In seinem Heim bei Tsch'ang-scha legte sich Tchia I einen Brunnen mit einem besonderen Sitz aus Stein an, auf welchem er oft gesessen haben soll. Nachdem er drei Jahre dort gelebt hatte, flog eines Abends eine Eule in sein Zimmer, was er als ein böses Omen und einen Vorboten des Todes auffaßte. Darauf schrieb er sein berühmtes Eulen-Gedicht.3) Tchia I überstand das ungünstige Klima und wurde später zum Lehrer des Königs Huai von Liang, eines Sohnes des Wen-ti, den dieser sehr liebte, und der ein großes Interesse für die Wissenschaft zeigte, ernannt. Nach einigen Jahren starb der König durch einen Sturz vom Pferde. Tchia I glaubte, daß ihn die Verantwortung dafür treffe. Er nahm sich die Sache so zu Herzen, daß er selbst erkrankte und starb, nachdem er, wie es heißt, über ein Jahr um den Prinzen geweint hatte.4) Tchia I besaß, wie Tschu Hsi und Su Tung-p'o hervorheben, außergewöhnliche Fähigkeiten, aber er war zu ungestüm, hatte keine praktischen Erfahrungen und zu wenig diplomatisches Talent, so daß er die sich ihm entgegenstellenden Widerstände nicht überwinden konnte. Durch seine außerordentlichen Erfolge verblendet, wollte er alles Alte über Bord werfen und alles auf einmal verbessern. Wegen dieses Mangels an Selbstbeherrschung vergleicht ihn Tschu Hsi mit einem wilden, nicht eingerittenen Füllen.5) Dazu kam eine tiefe Schwermut. Schon als junger Mann hatte er immer den Tod vor Augen: als er in die Verbannung ging, als die Eule sich in sein Zimmer setzte, und durch den Tod seines Schützlings wurde er vollends aus dem seelischen Gleichgewicht gebracht. Auch seine Dichtungen sind von tiefer Melancholie. ') JP; ff, 156—140 v. Chr. *) Mit dem Titel ^ flj . *) SS JA· Diese Elegie, die auf Tch'ü Yuan ^ Jg Jg und noch eine dritte sind in den Elegien von Tech'u $£ f££ erhalten, die beiden ersten außerdem in der Biographie im Schitchi und im Tch'ien Han-schu Kap. 48. «) Schi-tchi Kap. 84, S. 8 fg. ') T'u-schu tchi-tsch'tng XXI (fg m) Kap. 470.

2. Tchia I

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Tchia I hinterließ ein Werk, das Hain-schu1) in 10 Büchern. Nach dem Hanschu waren es 58 Kapitel (p'ien). Das Tsch'ung-wen tsung-mu?) sagt, daß es ursprünglich 72 Kapitel enthielt, welche von Hu Hsiang auf 58 vermindert wurden. Davon sind 55 erhalten, für das sechsundfünfzigste Kapitel ist wenigstens der Titel vorhanden.3) Die beiden ersten Kapitel, Betrachtungen über die Fehler von Tch'in*), sind von Sse-ma Tch'ien im Schi-tchi Kap. 6, allerdings in anderer Reihenfolge, abgedruckt.5) Einige Kapitel sind Thronberichte mit Vorschlägen für den Kaiser zur Festigung der Begierungsgewalt. Es finden sich auch Wiederholungen, und einige Kapitel sind doppelt in kürzerer und längerer Fassung vorhanden. Tchu Hsi hat nicht Unrecht, wenn er sagt, daß das Werk etwas zusammengewürfelt sei und den Eindruck mache, als ob die Aussprüche des Tchia I nicht recht geordnet wären. Das 8se-kfu tch'üan-schu ist auch der Ansicht, daß der Text verschiedentlich umgestellt und in Unordnung gebracht sei, und Wylie sagt, daß ein kleiner Teil des Originals verloren und von fremder Hand ergänzt sei.6) Su Tung-p'o meint, daß das Hsin-schu kaum von den Werken der Gelehrten der drei Dynastien übertroffen werde. Chavannes rühmt das Feuer, den Stil und die politische Einsicht des Verfassers. Demgegenüber behauptet T sehen Tsch'en-sun7), daß, was von dem Werk nicht in das Han-schu aufgenommen sei, seicht und nicht lesenswert und jedenfalls nicht das Originalwerk wäre. Dieses Urteil ist nicht begründet und wird mit Recht im Sse-k'u tch(üan-schu bekämpft. Das Hsin-schu entstand im Jahre 1768), als Tchia I erst 22 Jahre alt war. Tchia I wird gewöhnlich den Konfuzianern zugerechnet, aber, wie es in der Han-Zeit üblich war, verband er taoistisches und konfuzianisches Denken. Von Too gibt er folgende Definition: „Too ist körperlos, gleichmäßig, harmonisch und geistig."9) Also es ist nicht nur eine Norm, eine Regel oder Methode, sondern eine Substanz, ein geistiges Wesen. Aber diese beiden Begriffe werden nicht scharf auseinander gehalten, sondern fließen durcheinander, wie aus folgender Auseinandersetzung hervorgeht: „Jemand sagte: ,Ich habe öfter das Wort Too gehört, aber weiß nicht, was es eigentlich bedeutet. Darf ich nach der Bedeutung von Tao fragen?' — Darauf antwortete ich: , ist dasjenige, von wo aus auf die Dinge eingewirkt wird. Sein Ursprung wird die Leere genannt, und seine Entfaltung heißt Methode. Die Leere ist sein feinstes Wesen.10) So lange es in seinem natürlichen Zustand ver3

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2. Tchia I

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Too bewahrt, heißt ein Gelehrter, wer es liebt, ein Edler, wer es kennt, ist erleuchtet, wer es ausübt, ein Weiser, und wer erleuchtet und weise zugleich ist, heißt ein Heiliger."1) Sehr anschaulich wird im Eulengedicht der Unterschied zwischen dem Weisen und dem Toren geschildert: „Der Tor ist an die Gewohnheit gefesselt wie ein Sträfling in seinen Ketten; der echte Mensch2) gibt die Dinge preis und weilt bei Too. Die Massen sind von Zweifeln erfüllt, Liebe und Haß bestimmen ihr Herz; der wahre Mensch hat Ruhe und Frieden, und einsam ruht er bei Too. Indem er sein Wissen aufgibt und sich von seinem Körper befreit, steigt er empor und verliert sich selbst. Leer und gestaltlos fliegt er umher mit Too3) Sein Leben ist wie ein Dahinfließen, sein Tod wie ein Ausruhen. Er ist so still wie das klare Wasser einer tiefen Quelle, und er schwimmt dahin wie ein losgelöstes Schiff.4) Er hält sich nicht für etwas sehr Kostbares, weil er lebt, sondern pflegt die Leere und treibt umher. Der Tugendhafte kennt keine Fesseln, er versteht das Schicksal und ist ohne Sorge. Wie könnte irgend ein kleiner Zufall, ein Strohhalm Zweifel in ihm erregen?"5) Ebenso wie Tachuang-tse, von dem wie von Lieh-tse Tchia I stark beeinflußt ist, vergleicht er die Welt mit einem Schmelzofen, wobei die beständigen Umgestaltungen in der Natur durch das Gießen des Erzes versinnbildlicht werden6): „Himmel und Erde sind wie ein Schmelzofen, die Naturkraft ist der Meister, Yin und Yang sind die Kohlen, und die Geschöpfe sind das Erz. Bald fließt es zusammen, bald wieder auseinander, bald ist es in Bewegung, bald in Buhe. Es gibt dafür keine festen Gesetze, und für die tausend Veränderungen und Myriaden Wandlungen besteht keine feste Norm.7) Plötzlich entsteht ein Mensch, warum darüber frohlocken ? Er verwandelt sich wieder in ein anderes Wesen, weshalb sich darüber betrüben ? Wer nur geringe Klugheit hat, ist selbstsüchtig, verachtet anderes und schätzt nur sich. Der Wissende blickt auf das Ganze, und kein Ding dünkt ihm gering."8) ') Hsin-schu VIII, *b: «t

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) Der echte und der wahre Mensch ist nur der Taoiet. ) Das ist taoistische Mystik. Als reiner Geist steigt der Taoist zum Himmel empor und vereinigt sich dort mit Too. Wilhelm, Chin. Literatur, S. 111 übersetzt den Schluß: „Ganz tief und leer und immer frei und heiter — So atmet er den Flügelschlag der Welt". Im Text steht davon nichts. 4 ) Der Taoist läßt sich von den Ereignissen treiben und verzichtet auf eigenen Willen. ·) Tsch'u-fse VIII, 9b: & ± $| {£, ßg =g ßj #, 3g A Jt 4fr, P H 3t «. * A 3

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S. 318 Anm. 2. ') Naturgesetze kannte man in der Han-Zeit noch nicht. ·) Tsch'u-t'se VIII, 9a: J. ,fc ^ Jfc Ä » St fc Ä I, B » Ä Ä, Ä » «. £·

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A. Ältere Han-Dynastie

Die Kraftentfaltung von Too, seine Energie und Einwirkung auf die Welt bezeichnet Tchia I als Te wie Lao-tse. Dadurch bringt Too sowohl Yin wie Yang, Himmel und Erde, Menschen und Dinge hervor.1) Te erzeugt die Menschen und andere Wesen und zieht sie groß. Wenn sie sich in Ruhe entwickeln, so üben sie auch Wohlwollen und die ändern Tugenden, die aus der Energie Tao's hervorquellen.2) Diese Energie ist Geist. „Der Geist, in welchem Too seine Kraft entfaltet, bringt einen Odem hervor",3) welcher alle Dinge erfüllt. „In der Menschennatur kommen Geist und Odem zusammen. Sobald die Natur vollendet ist, werden Geist und Odem erleuchtet, und durch diese Erleuchtung treten sie in Verbindung mit der Außenwelt. Von dieser werden sie affiziert und reagieren darauf."4) Wenn Geist und Odem im Körper sind, so herrscht zunächst Dunkel, aber sie erhellen es. Dadurch dringt das Licht auch nach außen.5) Indem die Außenwelt so mit der Innenwelt in Verbindung tritt, erkennt man Recht und Unrecht. „Daher sagt man, das Licht nennt man die Erleuchtung. Diese Erleuchtung erzeugt Verstehen'), welches sich durch das Wissen ausbreitet."7) Das Wesen und die Eigenschaften von Te sind geheimnisvoll und für die Menschen ebenso schwer zu erkennen wie Too, obgleich seine Wirkungen in die Dinge einströmen und man sie wahrnimmt.8) Tchia I unternimmt es trotzdem, seine Eigenschaften zu beschreiben. Die Lehre von den sechs Vermögen, Liu-li, ist von ihm neu geschaffen und mit den taoistischen Anschauungen verknüpft worden. Te, die Manifestation Tao's, besitzt sechs Vermögen oder Eigenschaften, es sind: Moralprinzip, Tugend, Natur, Geist, Verstand und Leben9). Sie regeln das innere Leben von Yin und Yang, Himmel und Erde, Menschen und Dingen und werden insofern auch die sechs Normen, Liu-fa genannt. Nach außen entsprechen ihnen die sechs Methoden, Liu-schu und die sechs Handlungsweisen, Liu-hsing .10) Die Menschen können nicht allein und ohne Hilfe zur Kenntnis der sechs Normen gelangen, sie bedürfen dazu der Unterweisung der alten Könige: „Die früheren Könige haben für das Reich Lehren aufgestellt. In Anlehnung an die menschlichen Verhältnissen lehren sie damit Too, und die Gefühle der Menschen werden dadurch echt."11) Die sechs Methoden finden sich in den sechs Klassikern : Schuking, Schiking, Yiking, Tsch'un-tefciu, Liki und Yoking, die deswegen die ä !) Hsin-schu VIII,6b. ) Hsin-schu VIII, 7b. >) Hsin-schu VIII, ^: &fä £.& Jg-M & ~M. · «) Hsin-schu VIII, 7a: & ^ % £ ffi ^ .&, -ft ± JM j$ & K, Hl & WffilM 6

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Das Licht in der Welt ist nicht an sich, sondern stammt aus unserem Geiste. Wenn man die Dinge durch das Licht sieht, lernt man sie verstehen. Hsin-schu VIII, 7b : ft B· *» W £ W - W £*·» ± Ja *P· Hsin-schu VIII, 8b. Hsin-schu VIII, 6a: ^ g 0 jg ^ ^ yjl PJ -fr . Hsin-schu VIII, 4b: ^ &, ^fa ^ ft . Hsin-schu VIII, 4b: g % ft £ £ 5£ T Wt tt H A Bf & 2. Ä Hl it> A

2. Tchia I

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sechs Disziplinen*) heißen, entwickelt. Wenn der Mensch sich darin bildet, so erlangt er die sechs richtigen Handlungsweisen: Wohlwollen, Gerechtigkeit, Sitte, Wissen, Eintracht, Musik, andernfalls muß er auf die sechs Normen in seinem Innern zurückgehen. Die sechs Handlungsweisen sind die vier konfuzianischen Tugenden, denen noch Eintracht und Musik hinzugefügt sind.2) Ein Kapitel, der Anfang von Buch VI, ist speziell der Sitte gewidmet. Es werden viele Beispiele aus der Geschichte und aus den Klassikern beigebracht. Die meisten Lebensäußerungen stehen unter der Herrschaft der Sitte: Too, Te, Wohlwollen und Gerechtigkeit, Unterweisung und Veredelung, die Schlichtung von Streit, Hof- und Militärdienst, Rechtsprechung, Kultus und Opfer, Umgangs- und Höflichkeitsformen, alles dies ist ohne Sitte unmöglich: „Sitte ist das, wodurch die Regierung gefestigt und die Götter des Landes gesichert werden, so daß der Fürst sein Volk nicht verliert."3) Nach der Sitte liebt der Sohn des Himmels das Reich, die Fürsten ihr Gebiet, die Großwürdenträger ihre Untergebenen, die Leute aus dem Volke ihre Familie. Das Ansehen und die Macht der Einzelnen wird durch die Sitte bestimmt. Der Fürst ist entsprechend der Sitte wohlwollend, der Untertan treu, der Vater gütig, der Sohn pietätvoll, der ältere Bruder liebevoll, der jüngere respektvoll, der Gatte einträchtig, die Gattin sanft, die Schwiegermutter gütig, die Schwiegertochter folgsam4). Die Sitte ist auch bei Banketten und Empfängen zu beobachten. Nach diesen Ausführungen muß die Sitte als ein Regulativ für alle Tugenden betrachtet werden, eine Funktion, die man ihr schon in alter Zeit zugeschrieben hat.5) Auch den Tieren gegenüber richtet sich der Fürst nach der Sitte. Er kann sie nicht schlachten sehen und ihren Todesschrei nicht hören. Darum bleibt er der Küche und dem Schlachthaus fern.6) Selbst bei der Jagd übt er Milde, indem er den Tieren die Möglichkeit des Entkommens läßt. Beim Fischfang läßt er nicht 2 ) Das Tschou-li versteht unter ^Cff: ^, ;£, |gj% $), ££, {ft Pietät, Freundschaft, Eintracht, verwandtschaftliche Liebe, Ausdauer für Andere, Mildtätigkeit. Die Sechszahl, welche in der Zahlensymbolik sonst keine große Rolle spielt, ist für unseren Philosophen sehr wichtig. Sie kommt auch in den 6 Teilen der Welt: Yin, Yang, Himmel, Erde, Mensch, Dinge zur Anwendung. Die Fluida Yin und Yang herrschen jedes über 6 Monate des Jahrs. Es gibt 6 obere Pfeifen -^ ^ (Yang) und 6 untere -^ g (Yin), welche die halben, chromatischen Töne der Oktave hervorbringen. Es gibt 6 Verwandtschaftsgrade ^ §j| vom Ururgroßvater bis zum Enkel. Nach diesen Verwandtschaftsgraden richtet sich die Totenverehrung in drei verschiedenen Ahnentempeln und verschiedener Trauerkleidung. Man hat 6 Längenmaße für kleinste Größen: Härchen, Haar, Haarbüschel, Strich, Zoll, Fuß 2|£, §|( g t fr^ -rj\ /^ . Jedes ist der zehnte Teil des nachfolgenden. ») Hsin-schu VI, la: jj| ;£ Bf # S.· * Ä St Ä « S *6 * Ä R *.*. · *) Über das meist wenig gute Verhältnis zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter schweigen die chinesischen Moralisten meistens. 6 ) Der Sitte wird dieselbe Bedeutung beigemessen wie bei Hsün-tse. Vergl. G«sch. d. alt. chin. Phüos. S. 235. ·) Siehe Mencius, Legge S. 139.

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A. Altere Han-Dynastie

die Teiche trocken legen und rottet nicht alles aus. Ganz junge Tiere läßt er am Leben.1) Mit den menschlichen Taten hängt nach weitverbreiteter Meinung das Schicksal zusammen. Dieser Ansicht gibt auch Tchia I Ausdruck, huldigt aber zugleich auch dem mehr taoistischen Fatalismus. So heißt es in dem ganz taoistischen Eulengedicht: „Wir können nicht mit dem Himmel beratschlagen oder mit Too Pläne machen. Früh oder spät entscheidet das Schicksal, niemand kennt die Zeit."2) Glück und Unglück sind eng miteinander verknüpft: „Aus demselben Tor kommen Leid und Freude, und Jubel und Jammer wohnen dicht beieinander."3) „Glück und Unglück sind nichts anderes als zusammengezwirnte Fäden. Das Schicksal läßt sich nicht ergründen, wer vermöchte seine letzten Geheimnisse zu erkennen ?"4) Nach dem Satz der sich erzeugenden Gegensätze5) schlägt Glück oft in Unglück um, oder aus Unglück entsteht Glück: „Das Unglück ist es, worauf das Glück sich gründet, und das Glück, worin das Unglück verborgen liegt."") Diesen Aussprüchen gegenüber klingt ganz nach Hsün-tee die folgende Äußerung: „Ob Glück oder Unglück herabkommt, hängt nicht vom Himmel ab, sondern von den Beamten und Bürgern. Oh, habt Acht, habt Acht! dem Willen der Beamten und Bürger kann gar nicht zu große Bedeutung beigemessen werden. Oh, habt Acht, habt Acht! gute Taten in größerer Menge führen als Endresultat Glück herbei und schlechte Taten Unglück. Wenn man also vom Himmel Glück erlangt, so ist das nicht des Himmels Wohltat, und wenn man vom Himmel mit Unglück heimgesucht wird, so darf man sich deswegen nicht über den Himmel beklagen, denn man erhält alles durch eigene Tat."7) Weiter heißt es, Tao sei der Ursprung des Glücks, und ohne Too verliere man das Glück, das bedeutet, man gewinnt das Glück durch sittlichen Lebenswandel, indem man fest an dem sittlichen Prinzip hält.8) Allerdings können die Menschen auch so nicht immer Glück erlangen, deshalb opfern sie den Geistern und Dämonen, damit diese ihnen helfen und Glück verschaffen.9) Also hängt letzten Endes das Schicksal teils von höheren Mächten, teils von den Menschen selbst ab.10) Das Glück des Volkes beruht auf dem guten Beispiel des Fürsten, dessen Tugend Nachahmung findet, und auf der Belehrung des Volkes. Wenn der Fürst J ) Hsin-schu VI, 2b. «) Tsch'u-t'se VIII, 9a: ^ ^ pf & Jf , g * «T J| gg, ·) Eod. VIII, 8b: g ^ ^ p^ * |X)fiä]& . 5

) Vergl. Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 274. «) Tsch-u-t'se VIII, 8b: jfö ^ jjg gf ft, jjjg ^ jfö gf {£ . , Ib: ft ifc jfe Ä « -ft, # » ffi 5 #,, # ffi ± R A,

*) Hsin-schu IX, 2b. ·) Hein-schu VIII, 8a. ) Das ist auch die Ansicht des K'ung-tse. Siehe Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 123.

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2. Tchia I

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erleuchtet ist, so sind die Beamten tugendhaft, und das Volk läßt sich regieren.1) „Das Volk ist die Grundlage für den Fürsten, die Belehrung die Grundlage für die Regierung und Too die Grundlage für die Belehrung."2) Also zunächst muß Too vorhanden sein, dann folgt die Belehrung, diese führt zu einer guten Regierung, und aus dieser ergibt sich Glück und Gedeihen für das Volk. Die Regierung ist dem Familienleben nachgebildet: der Dienst des Fürsten entspricht der Verehrung des Vaters, der Dienst der Oberen dem Dienst des älteren Bruders, die Liebe zum Volke der Liebe zu den eigenen Kindern.3) Tchia I bringt eine Sammlung von Aussprüchen mythischer Könige der Urzeit über die Ausübung der Regierung4), wobei aber auch metaphysische und ethische Fragen berührt werden. So soll der Kaiser Huang-ti gesagt haben: „Too ist wie ein Wasser in einem Flußtal. Es strömt hervor ununterbrochen und fließt, ohne aufzuhören Too ist höher als der Himmel, Too ist leuchtender als die Sonne, Too ist fester ruhend als ein Berg."5) Der Kaiser Tschuan Hsü sagte: „Es gibt kein größeres Verdienst als Böses zu beseitigen und Gutes zu tun und keine größere Schuld als Gutes zu beseitigen und Schlechtes zu tun. Auch wenn ich etwas nicht für gut halte, so bleibt es darum doch gut, es ist gut, weil es gut ist, und wenn ich das Böse nicht hasse, so bleibt es doch böse, es ist böse, weil es böse ist. Ich prüfe mich täglich, das genügt."8) Der Kaiser K< u sprach: „Es gibt keine größere Tugend als die Menschen innig zu lieben, und keine bessere Regierung als die, welche der Menschheit die größten Vorteile verschafft. Nichts ist wichtiger in der Regierung als Treue und nichts wichtiger in der Verwaltung als Wohlwollen. Ich lenke nur darauf immer mein Augenmerk."7) Von Yao soll folgender schöner Spruch stammen: „Wenn ein einziger Bürger hungert, so sage ich mir: ich bin es, der hungert; wenn ein einziger Bürger friert, so denke ich, daß ich es bin, der friert, und wenn ein einziger Strafe leidet, so empfinde ich es, als ob ich in solches Unglück geraten wäre."8) Es ist nicht anzunehmen, daß Tchia I diese Aussprüche wirklich als von den Heroen der Vorzeit, die wahrscheinlich niemals gelebt haben, herrührend betrachtet sehen will. Er würde damit in seiner Zeit wenig Glauben gefunden haben. Es sind seine eigenen Gedanken, welche er jenen in den Mund legt, ent') Hsin-schu IX, 4 a.

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A. Ältere

-Dynastie

sprechend der Vorstellung, die er sich von ihnen gemacht hat. Ähnlich verfuhren ja auch die Taoisten, wenn sie durch den Mund des K'ung-tse und seiner Jünger ihre eigenen Lehren verkünden ließen.1) An den regierenden Kaiser, welchen er als Majestät2) anredet, wendet sich Tchia I mit seinen in Thronberichten entwickelten Reformvorschlägen im ersten Buch seines Werkes. Darin fordert er den Kaiser zum energischen Durchgreifen auf und ist durchaus nicht für eine laissez /atre-Politik, welcher er in seinen theoretischen Ausführungen über Too das Wort redet.3) Hier ist ein schwer lösbarer Widerspruch. Tchia /'s Empfehlungen betreffen namentlich Maßnahmen zur Schwächung der Macht der Fürsten, die Verbesserung der Währung4), Reserven für Notjahre5) und die Behandlung der äußeren Feinde, der Hsiung-nu (Hunnen). Bei den Fürsten handelt es sich nicht um Feudalfürsten, denn diese sind seit Errichtung des Kaiserreichs verschwunden, sondern um Verwandte des Kaiserhauses, welche mit Fürstentümern belehnt waren und diese häufig zu Konspirationen und Empörungen benutzten. Gegen die Hsiung-nu ist das Schlußkapitel von Buch III gerichtet mit dem Titel: „Die Macht wird nicht anerkannt".6) Es ist ein interessantes Kulturdokument, weshalb wir es in vollständiger Übersetzung wiedergeben7): „Nach dem Recht der alten Zeit mußten alle Menschen im Osten, Westen, Süden, Norden, soweit man mit Booten und Wagen gelangte und Menschenspuren führten, sich unterwerfen. Dann rühmte man die Tugend des Himmels3 ») Vergl. Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 303. 2 ) (^ "f. ) Siehe oben S. 14 Anm. 5· 4 ) Wen-ti hatte dem Volke die Prägung von Kupfermünzen gestattet. Tchia I wünschte' daß dies Privileg beseitigt und kein Kupfer mehr ausgegeben würde, da dadurch die Währung gefährdet wurde. Das Volk stellte nämlich minderwertiges Geld her, in welches Steine, Zinn und Eisen gemischt waren, worauf die Strafe der Brandmarkung stand. Die Landleute vernachlässigten den Ackerbau, indem sie nur Kupfer ansammelten, so daß ein Mangel an Lebensmitteln bevorstand. Wenn die Prägung angesehenen Beamten übertragen würde, könne die Regierung, meinte Tchia I, den Kurs regulieren, indem man das Geld einzöge, wenn es billig sei, und ausgäbe, wenn es teurer würde, und dadurch auch die Preise der Waren beeinflussen. Das Kupfer ließe sich auch sehr gut zur Anfertigung von Waffen verwenden, mit denen man die Hsiung-nu bekämpfen könne. Hsin-schu III, 5. 6 ) Nach der Methode der guten Könige sollte das Volk in 3 Jahren für l Jahr Lebensmittel übrig haben. Daß unter Yü 8 Jahre Wassersnot und unter T'ang 7 Jahre Dürre herrschte, sind Ausnahmefälle. Wenn ein wohl regierter Staat nicht für 9 Jahre Lebensmittel in Reserve hat, so reicht es nicht aus, wenn nicht für 6 Jahre vorhanden sind, spricht man von Not, und sind nicht einmal für 3 Jahre vorhanden, so kann der Staat nicht mehr bestehen. Alle fünf Jahr gibt es ein gutes Jahr, alle zehn Jahr ein schlechtes und alle dreißig e Jahr ein sehr gutes Jahr. Hsin-schu III, 8. ) Jjj£ ^> f|j . ') Hsin-schu III, 9b: £ £ j£ &> Ä B Ifi ft, $? Ä * ± Bf ü, äE ± W £,

3. Huai-nan tse

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sohnes und pries seine Güte, man nannte ihn Kaiser und fügte noch ein weiteres ehrendes Beiwort zu und bezeichnete ihn als Erlaucht (Augustus). Auch jetzt hat man die schönsten Titel, aber sie dringen in Wirklichkeit nicht über die „Große Mauer" hinaus, und jene Völker unterwerfen sich nicht und zeigen sich obendrein äußerst respektlos. Die Grenzen sind niemals sicher, und selbst im Inland hat man nie Ruhe, gerade so wie der Anblick eines liegenden Tigers Aufregung hervorruft, die niemals aufhört. Als der Kaiser Kao-ti als einfacher Bürger den Thron bestieg, unterwarf er sich die neun Provinzen. Jetzt herrschen auch Eure Majestät über die neun Provinzen, aber gelten nichts bei denHsiung-nu. Mir scheint, daß Eure Majestät nichts ausrichten, und daß sehr große Schwierigkeiten vorhanden sind. Die Sache ist von größter Bedeutung. Der Himmelssohn ist das Haupt des Reiches, was heißt das ? Er ist der Oberste. Die Barbaren sind die Füße des Reiches, inwiefern ? Sie sind die Untersten. Der Befehl über die Barbaren steht dem obersten Herrscher zu. Dem Himmelssohne Tribut darzubringen, ist heilige Pflicht der Untertanen. Wenn nun die Füße zuoberst und das Haupt zuunterst ist, so ist das eine Umkehrung der Machtverhältnisse. Die Macht des Himmelssohns wird nicht anerkannt. Kann man denn sagen, daß es im Reiche noch Menschen gibt, wenn darin kein Wandel geschaffen werden kann ? Unser Einfluß könnte weithin ausgeübt und unsere Macht weithin entfaltet werden. Soweit Schiffe und Wagen gelangen, könnte man seinen Willen durchsetzen. Bittere Tränen muß man weinen, daß man nur einige hundert Meilen weit energisch auftreten, aber darüber hinaus seine Macht nicht zur Anerkennung bringen kann." Weiter wird ausgeführt, daß die Hsiung-nu ungefähr 60000 Bogenschützen zu Pferde hätten, alle gepanzert. Da immer fünf Personen einen Mann stellen müßten, so beliefe sich die Zahl der Männer auf 300000. Tchia /'s Vorschlag geht dahin, von Schensi bis Liaotung Militärkolonien zum Grenzschutz einzurichten und außerdem einen besonderen Beamten als Residenten zu bestellen, um die Hsiung-nu zu regieren. Als Mittel, um die Hsiung-nu auf friedliche Weise zu gewinnen, werden empfohlen Bewirtung durch Banketts und Trinkgelage und Verleihung von Geschenken und Auszeichnungen.1)

3. Huai-nan tse. 2

Huai-nan ise ) ist ein Enkel des Gründers der Haw-Dynastie, Kao-tsu. Als Mitglied des kaiserlichen Hauses führte er den Familiennamen Liu; sein persönlicher Name war An, also sein eigentlicher Name Liu An.3) Huai-nan, ein Territorium in der Provinz Anhui, ist das Fürstentum, mit welchem er belehnt *) Die Kämpfe gegen die Hsiung-nu, welche zu Zeiten Teile der nordchinesischen Provinzen besetzt hielten, zogen sich über vierhundert Jahre bis gegen das Ende der zweiten Han -Dynastie hin.

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A. Ältere Han-Dynastie

wurde. Schon sein Vater, Prinz Tschang1) mit dem posthumen Ehrentitel Fürst oder König Liz), hatte es besessen. Seine Großmutter war vom früheren König von Tschao, Tschang Ao?), dem Kaiser Kao-tsu geschenkt. Es war eine sehr schöne Frau und, wie einige annehmen, eine Tochter des Königs.4) Nach der Geburt des Prinzen Tschang nahm sie sich wegen schlechter Behandlung das Leben. Der Kaiser wünschte, daß seine Gemahlin, die Kaiserin Lü-hou, dem Prinzen die Mutter ersetzen solle. Prinz Tschang war sehr hochfahrend und benahm sich, als wenn er selbst der Kaiser wäre, was der schwache Kaiser Hui-ti, welcher ihn wie einen Bruder behandelte, zunächst zuließ. Zum König von Huai-nan5) erhoben, plante er eine Empörung und stachelte die Hsiung-nu gegen China auf. Wegen Hochverrats wurde er nach Ssetschuan verbannt und starb unterwegs, indem er sich weigerte, Nahrung zu sich zu nehmen. Prinz Tschang hatte vier Söhne, der Philosoph war der älteste. Im Alter von sechs bis sieben Jahren wurden sie mit Grafschaften belehnt und einige Jahre später zu Königen oder Fürsten erhoben. Liu An wurde im Jahre 164 v. Chr. König von Huai-nan wie sein Vater.6) Danach muß er ungefähr um 175 v. Chr. geboren sein.7) Huai-nan tse hatte stark ausgeprägte literarische Neigungen. Er liebte, wie es heißt, Bücher und Zitherspiel, nicht Jagen und Wagenfahren. Aber obgleich er nicht kriegerisch war, so hatte er doch die Ränkesucht von seinem Vater geerbt. Er buhlte um die Gunst des Volkes, wollte für den Tod seines Vaters Rache nehmen und womöglich selbst den Kaiserthron besteigen. Schon im Jahre 154, als W u, Tsch'u und fünf andere Staaten sich empörten, war er bereit, sich Wu anzuschließen, und wurde nur durch seinen Minister zurückgehalten. Dabei war sein Verhältnis zum Kaiser Wu-ti das denkbar beste: „Kaiser Wu-ti liebte Künste und Wissenschaften und behandelte Huai-nan tse als seinen Onkel.8) Dieser war ein sehr gewandter Redner und schrieb einen vorzüglichen Stil, weshalb der Kaiser ihn sehr verehrte. Er teilte ihm neue Bücher mit und schenkte sie ihm. Immer ließ er Sse-ma Hsiang-ju9) und andere sein Konzept durchsehen, ehe er es ihm sandte. Als Hu. -nan tse zuerst bei Hofe erschien, überreichte er dem Kaiser die von hm verfaßten Inneren Kapitel10), welche grade zum Teil erschienen waren.11) Der 4

) Aus den Biographien im Schi-tchi Kap. 118 und Tchlien Han-schu Kap. 44 geht das nicht hervor. Sie gehörte allerdings zur Familie Tschao und war vielleicht eine Verwandte des Königs. Die eigene Tochter würde er wohl nicht verschenkt haben. 5 ) Huai-nan umfaßte vier Präfekturen |}[$. ·) Schi-tchi Kap. 118 S. 6 a. ') Zenker's Annahme, Gesch. d. chin. Phil. Bd. II, S. 173, daß Huai-nan tse ungefähr um 162 v. Chr. geboren sei, ist irrig. 8 ) Wu-ti wurde im Jahre 157 v. Chr. geboren und war ein Urenkel des Kao-tsu. ·) Berühmter Literat und Dichter. 10 ) p] 4j|j, das erhaltene Hauptwerk des üuai-nan tae. ") Also wohl bald nach Wu-ti's Regierungsaustritt im Jahre 140 v. Chr.

3. Huai-nan tse

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Kaiser schätzte sie sehr und bewahrte sie auf. Er ersuchte ihn, einen Kommentar zum Li-sao1) zu schreiben. Jeden Morgen erhielt er vom Kaiser Mitteilung über die Zeit des Diners. Der Kaiser schenkte ihm ein Gedicht über die Tugend und ein anderes zum Preise der Hauptstadt Tschang-an. Beim Diner unterhielt man sich auf das lebhafteste über Erfolge und Mißerfolge, auch über magische Künste und die verschiedenen Arten der Dichtung, und erst spät am Abend trennte man sich."2) Huai-nan tse führte eine glänzende Hofhaltung und hatte immer große Scharen von Gastfreunden, wohl Parteigänger, bei sich. Der Kommentar spricht von tausenden. Es waren meistens Gelehrte und Adepten der okkulten Wissenschaften, mit denen er, selber ein großer Gelehrter, philosophierte und in die Geheimlehren einzudringen suchte. Darunter werden besonders acht Vertreter der Geheimwissenschaften und zwei Konfuzianer3) erwähnt, die sein besonderes Vertrauen hatten und Werke über ihre magischen Künste veröffentlichten. Durch sein Auftreten und den Ruhm seiner Gelehrsamkeit suchte Huai-nan tae das Volk für sich zu gewinnen, um es für seine ehrgeizigen Pläne zu benutzen. Der Kaiser gab ihm wiederholt Beweise seiner ganz besonderen Huld, indem er ihn zum Beispiel von der Pflicht, als Vasall bei Hofe zu erscheinen, entband. Es machte keinen Eindruck, denn Huai-nan tse wollte selbst Kaiser werden, was ihm bei einem minder bedeutenden Gegenspieler als Wu-ti, dem hervorragendsten Herrscher der .ffaw-Dynastie, vielleicht gelungen wäre. Im Jahre 126 glaubte Huai-nan tse seine Zeit gekommen. Er maßte sich Regierungsgewalt an, nahm Leuten Land weg, ließ sie prügeln und verübte andere Ungesetzlichkeiten. Er wurde in den Anklagezustand versetzt, und seine Absetzung wurde beantragt. Aber der Kaiser ließ Gnade für Recht ergehen und ihn nur mit dem Verlust von zwei Distrikten bestrafen. Im Jahre 122 schritt er zur offenen Empörung. Er hatte Waffen und Gelder bereit gestellt, sich mit anderen unzufriedenen Fürsten verbündet und Truppen angeworben. Jetzt zerbrach er die kaiserlichen Siegel und gab seine eigenen heraus. Aber es fehlte ihm die nötige Entschlußfähigkeit, und durch sein Zaudern verpaßte er den richtigen Augenblick zum Losschlagen. Damit war sein Schicksal besiegelt. Es erging der Befehl, ihn zu verhaften. Huai-nan tse glaubte sich verloren und nahm sich, ehe der Haftbefehl ausgeführt werden konnte, das Leben, indem er sich die Kehle durchschnitt. Seine Gattin, die Königin von Huai-nan, und sein ältester *) Das bekannte Gedicht des Tch'ü-yuan. ») Tch'ien Han-schu Kap. 44, S. 8b: j£ # # # « £, # £ B £ f| £, $f If

3 ) Die Namen der acht als /V. fc bekannten waren: | | ^ ^ fft , fc ^ [JJ ^ , f» |jr, & IÄE> ^ SE» W ü · ^u P™ war ^er besondere Vertraute, welcher Huai-nan tse zur Empörung aufreizte. Die beiden Konfuzianer hießen ^ jjj Ta Schan und /J-, \^ Heiao Schan.

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A. Ältere Han-Dynastie

Sohn, der Kronprinz wurden wegen Beteiligung am Hochverrat hingerichtet, sein Lehen wurde eingezogen. Schon in der Han-Zeit hat sich die Legende der Person unseres Philosophen bemächtigt und daraus einen taoistischen Genius gemacht, welcher mit seinem ganzen Haushalt zum Himmel gefahren ist. Sogar die Hühner und Hunde, welche etwas von dem Unsterblichkeitstrank genossen hatten, flogen mit, so daß man das Gackern der Hühner und das Bellen der Hunde in den Wolken hören konnte.1) Im Literaturkatalog des Tch'ien Han-schu wird Huai-nan tse unter den Eklektikern, tsa-tchia, mit folgenden Werken aufgeführt: 21 Bücher Innere Kapitel, 30 Bücher Äußere Kapitel, 19 Bücher Astronomie2), 29 Bücher Beschreibende Gedichte3), 4 Bücher Lieder und Gedichte1), und außerdem werden noch 44 Bücher beschreibende Gedichte seiner Beamten6) erwähnt. In der Biographie des Han-schu werden noch 8 Bücher Mittlere Kapitel genannt, welche besonders von Genien und von Alchimie handeln sollen.6) Von allen diesen Werken sind nur die 21 Inneren Kapitel erhalten, welche auch als Hung-lieh tschuari1) „Bericht von dem gewaltigen Licht" bezeichnet werden. Dieses Licht ist natürlich Too. Bereits in der //aw-Epoche ist die Vermutung geäußert worden, daß Lü Pu-wei und Huai-nan tse ihre Werke nicht selbst verfaßten, sondern von ihren Hofgelehrten schreiben ließen.8) Das wäre möglich, aber erscheint recht unwahrscheinlich. Unsere beste Quelle für das Leben des Philosophen, seine Lebensbeschreibung in den beiden Geschichtswerken, äußert einen solchen Verdacht nicht. Sse-ma Tch'ien hatte keinen Grund, ein Mitglied des Kaiserhauses, der als Hochverräter gestorben und dessen Empörung er streng verurteilt, besonders zu schonen. Im Han-schu wird zwischen den Werken des Huai-nan tse und denen seiner Beamten geschieden. Der Verfasser des Hung-lieh tschuan spricht darin von seinem eigenen Werke als „Buch des Liu."g) Er hat es dem Kaiser persönlich als eigenes überreicht und war ein so großer Gelehrter und Literat, daß er sich nicht mit fremden Federn zu schmücken brauchte. Das Werk mag den philosophischen Gesprächen mit den Hofgelehrten seinen Ursprung verdanken, auch mögen diese dem Verfasser Material herbeigeschafft haben. ») Lun-heng Bd. I, S. 335.

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) Tch'ien Han-schu Kap. 44:

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) Lun-heng II, 236. Das Echo hiervon klingt uns auch aus Äußerungen einiger Sinologen. entgegen. E. H. Parker, Hwai-Nan Tsz, Philosopher and Prince (New China Review Vol. I, 1919 S. 517) behauptet, Huai-nan tse habe von seinen Gelehrten alle wiedergefundenen oder wiederhergestellten Werke exzerpieren lassen. Er selbst revidierte und polierte alles und strich alles, was Wu-ti hätte beleidigen können. Wilhelm, Chin. Phil. S. 81 erklärt, die 21 Kapitel des Huai-nan tse seien der Niederschlag der Unterhaltungen mit den Hofgelehrten und von den acht bedeutendsten niedergeschrieben. ·) Huai-nan tse B. XXI, 3* [j£ (Nachwort) S. 8b: f|] J

3. Huai-nan tse

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Das Lehrsystem des Huai-nan tse. I. Tao. Die Definitionen des Weltprinzips Tao klingen an die Aussprüche der älteren Taoisten, namentlich an Lao-tse und Wen-tse an: „Unfaßbar und unerkennbar ist es und kann keine Form annehmen, unerkennbar und unfaßbar ist es, und sein Wirken kann nicht erschöpft werden. Dunkel und düster ist es, und seine Rückwirkung ist ohne Körper, es folgt und durchdringt und bewegt sich nicht umsonst. Mit dem Harten und Weichen rollt es sich zusammen und dehnt sich aus, mit Yin und Yang beugt es sich nieder und richtet sich auf."1) Tao hat keine Gestalt, ist dunkel und düster und kann deshalb nicht wie irgend ein Gegenstand geschaut werden, es ist übersinnlich, aber es ist in Bewegung und bringt alle Dinge hervor, Hartes und Weiches, Yin und Yang, deren eigentümliche Bewegungen, Zusammenziehung und Ausdehnung, Niederbeugung und Aufrichtung es hervorruft und mitmacht: „Tao kann nicht gehört werden, wenn man es hört, ist es nicht das wahre. Tao ist nicht sichtbar, wenn man es sieht, ist es nicht echt. Tao kann nicht ausgesprochen werden, wenn man es nennt, ist es nicht das wahre. Wer kennt die Formlosigkeit der Form?" 2 ) Tao ist immateriell, aber der Ursprung alles Materiellen: „Das Körperlose ist der große Ahn der Dinge, und das Lautlose ist der große Ahn der Töne. Der Sohn des Körperlosen ist das Licht, sein Großsohn das Wasser. Beide gehen aus dem Körperlosen hervor."3) Auch das Licht wird von Tao erzeugt und deswegen als sein Sohn bezeichnet. Das Wasser soll aus dem Licht entstanden und somit der Großsohn sein. Gewöhnlich gilt Yang als Feuer und Licht und Yin als Wasser, und beide gehen gleichmäßig aus Tao hervor, aber sie erzeugen sich auch wechselseitig, Yang das Yin und Yin das Yang.*) „Das Tao, welches Kapitel und Abschnitte hat und einen abgegrenzten Körper, ist nicht das höchste. Schmeckt man es, so hat es keinen Geschmack, und schaut man danach, so hat es keine Gestalt. Man kann es den Menschen nicht mitteilen."5) Tao läßt sich nicht in Abhandlungen mit Kapiteln und Abschnitten beschreiben und ändern mitteilen, denn es hat keinen Körper und keine Eigenschaften, an welche man anknüpfen könnte. Wenn wir dergleichen wahrnehmen, so sind es vielleicht Phänomene von Tao, aber nicht dieses selbst. Von seinem inneren Wesen haben wir keine Anschauung, wir sehen nur seine Wirkungen. i) Huai-nan tse I, 3a: & ^fö^ ^ pT Jg ^flj^ fa ^ ft ^ Jg ^ Tao-t& king Kap. 21. *) Huoi-wn tse XII, lb: «g ^ pf R), Hfljj# ^ & ^ pf ^ % jfg # -&, jf * • S r t . W B f f ^ - f e , m * D ^ ± ^ ^ * ^ - Vergl. Tao-te king Kap. l und Kap. 14. 4

) Vergl. H. n. t. Ill, 1S&.

*) A. a. O. X, 1 5 a : & £ ^ % « ^ j£ ^ # M * -& , « ±flBIg Bfc , M ± M

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A. Ältere Han-Dynastie

Too ist einzig in seiner Art und wird daher auch das Eine genannt, welches nicht seinesgleichen hat, aber die ganze Welt umfaßt. Obgleich es eigentlich keine Eigenschaften hat, werden ihm doch einige zugeschrieben, nämlich Ruhe und Reinheit, Weichheit und Schwäche,1) und es gilt als Träger der Eigenschaften seiner Erscheinungsformen in der Welt. So wird von ihm gesagt: „Too ist unendlich hoch und hat nichts über sich, unendlich tief und hat nichts unter sich. Es ist ebener als eine Wasserwage, grader als ein Senkblei, runder als ein Zirkel und eckiger als ein Winkelmaß. Das ganze Universum schließt es ein, aber es hat kein Inneres und kein Äußeres. Überall überwölbt und trägt es und hat keinen Eckstein."2) Tao überdeckt den Himmel und trägt die Erde. ,,Es umschließt Himmel und Erde und verleiht Gestalt, ohne daß man es sieht."3) Sein Wirken ist unerschöpflich, seine Ausdehnung unendlich, aber es hat Platz in einer Hand: „Wenn man es zusammenrollt, so füllt es eine Hand nicht aus."4) „Als Geist hat es Platz in der Spitze eines Herbsthärchens5) und ist so groß wie das Weltall.') Seine Tätigkeit bildet Himmel und Erde und schafft den Einklang zwischen Yin und Yang, regelt die vier Jahreszeiten und ordnet die fünf Elemente, hegt und pflegt alle Wesen, so daß sie gedeihen. Es glänzt in Pflanzen und Bäumen und leuchtet in Metallen und Steinen. Tiere und Vögel werden groß und stark dadurch, ihr Fell wird glänzend, ihre Federn kräftig, und ihre Geweihe wachsen hervor."7) Huai-nan tse ist dem Beispiel des Tschuang-tse gefolgt, welcher mit Vorliebe abstrakte Begriffe sich über die schwierigsten metaphysischen Fragen unterhalten läßt. So läßt auch Huai-nan tse in Buch XII die „Große Reinheit" an die „Unendlichkeit" und den „Glanz" an das „Nichtsein" Fragen richten.8) In einem Dialog zwischen Seele und Geist9) wird auch das Wesen von Tao zu ergründen versucht: ,,Der Geist fragte die Seele: ,Worin besteht der Körper des Tao?' — Jene antwortete: ,Sein Körper besteht im Nichtsein.'10) — Der Geist sagte: ,Hat denn I, 12a in Anlehnung an W£n-tse I, 6a. X, la:££ ££ ± , ^ « , ¥ ¥*. £ ¥

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) Es ist bemerkenswert, daß Tao hier als Geist bezeichnet wird. — Ein Herbsthärchen ist ein Härchen einer Pflanze im Herbst. *) Wenn Tao unendlich groß und unendlich klein zugleich ist, so kann die Kategorie des Raumes überhaupt keine Anwendung darauf finden. -ffi» Ä Ä& ^ ·& · Vorbild hierfür war offenbar die prachtvolle Schilderung in Wen-tse I, l a. Vergl. Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 336. 8 ) Buch XII ^H Jgi ist übersetzt worden von Evan Morgan, The Operations and Manifestations of Tao exemplified in History (Journ. Ch. Br. B. Asiat. Soc. LII; Shanghai 1921, S. l — 39). Fünfzig Zitate des Lao-tse werden darin erklärt. ·) Die Seele, hun, umfaßt die höheren, der Geist, p'o, die niederen geistigen Fähigkeiten. 10 ) Das Nichtsein ist kein Nichts, aber nicht das phänomenale Sein.

3. Huai-nan tse

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das Nichtsein einen Körper?' — Die Seele erwiderte: ,Wie könnte man etwas vom Nichtsein wissen ?' Und die Seele fuhr fort: ,Ich habe nur etwas gefunden, aber wenn man hinsah, hatte es keinen Körper, und wenn man horchte, gab es keinen Ton. Man nennt ee deswegen das Dunkle und Verborgene. Dieser Ausdruck soll Too bezeichnen, aber er ist nicht Too.'1) Der Geist sagte: ,Ich habe es erfaßt. Ich sehe es in meinem Innern und muß zu mir selbst zurückkehren.' — Die Seele antwortete: ,Alle, die Too finden, können seinen Körper nicht sehen und seinen Namen nicht nennen. Du hast jetzt seinen Körper und Namen gefunden, wie ist das bei Too möglich ?' — Der Geist sagte: ,Wie könnten nur Worte bestehen ? Ich werde zu meinem Ursprung zurückkehren.'2) — Der Geist wandte sich nach der Seele um, und plötzlich war sie verschwunden. Er wandte sich wieder um und fand, daß er selbst noch da war, aber auch er zerfloß in Körperlosigkeit."3) II. Die Schöpfung. Tschuang-tse's Untersuchungen erstrecken sich nicht nur auf die Schöpfung, sondern auch auf die Zeit vor der Schöpfung, und nicht nur auf das Sein, sondern auch auf das Nichtsein. Dabei unterscheidet er drei Perioden, den Anfang, womit die Schöpfung unserer Welt beginnt, die Zeit, als dieser Anfang noch nicht angefangen hatte, und die Zeit, als diese Zeit, wo der Anfang noch nicht angefangen, noch nicht begonnen hatte. Ebenso kennt er eine Zeit vor dem Nichtsein und eine Zeit, welche dieser noch vorangeht.4) Diese Einteilung hat Huai-nan tse übernommen, und er versucht nun, nicht nur die Schöpfung, sondern auch die beiden angeblich vorangehenden Perioden des Nichtseins zu beschreiben, obwohl er an anderer Stelle selbst sagt, daß man über das Nichtsein nichts aussagen könne. Er beschreibt denn auch nur Anfangsstadien des Seins vor der Entstehung unserer Welt. Statt der schwerfälligen Terminologie des Tschutang-tse wollen wir unterscheiden den Anfang, die Zeit vor dem Anfang und die Zeit, welche der Zeit vor dem Anfang noch vorausging, und in gleicher Weise die Perioden des Nichtseins behandeln. *) Tao ist unerkennbar in seinem Wesen, daher als dunkel oder verborgen bezeichnet. Der Ausdrudk Tao steht für das Unbekannte. a ) Tao ist nicht nur ein Wort, sondern etwas Wirkliches, nämlich Geist wie der menschliche, aber wir kennen das Wesen unseres Geistes ebenso wenig wie etwa das Wesen der Materie.

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·) Tschuang-tee I, 20 a.

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A. Ältere Han-Dynastie

Huai-nan tse charakterisiert die verschiedenen Zeitabschnitte in folgender Weise: 1. Zeit, welche der Zeit vor dem Anfang voranging: „Der Himmel enthielt das Harmonische, ließ es aber noch nicht herabkommen. Die Erde umschloß das Fluidum, sandte es aber noch nicht empor.1) Es herrschte Leere, Nichtsein, Stille, Öde, Nacht. Das Nichtsein war nicht deutlich zu erkennen, nur das Fluidum machte Fortschritte, aber im All herrschte tiefe Dunkelheit."2) Man wird einwenden, daß es in diesem Stadium noch kein Fluidum und namentlich noch nicht Himmel und Erde gegeben haben kann, die ja erst das Werk der Schöpfung sind. 2. Zeit vor dem Anfang: „Das Himmelsfluidum kam herab, und das Erdfluidum stieg empor. Yin und Tang mischten und vereinigten sich und bewegten sich frei umher. Sie suchten sich auszubreiten im Weltraum, mit Kraft erfüllt und Harmonie in sich schließend. Die Massen wurden durcheinander gerührt und hatten die Neigung sich mit Dingen zu verknüpfen, brachten aber noch keine Gestaltungen hervor."3) 3. Der Anfang: „Die Energien der Massen kamen noch nicht zur Entfaltung. Die Keime und Sprossen hatten noch keinen begrenzten Körper mit Rändern. Überall im Nichtsein gärte es und wollte gebären, aber es brachte noch keine Dinge hervor."4) In ganz ähnlicher Weise werden nun auch das Nichtsein und die ihm vorangehenden Perioden geschildert. Man muß wohl annehmen, daß sie den drei Anfangsperioden noch vorangehen. So sehr auch Huai-nan tse sich abmüht, es gelingt ihm nicht, das Nichtsein und noch viel weniger seine Vorstufen zu beschreiben: 1. Zeit, welche der Zeit vor Beginn des Nichtseins voranging: „Himmel und Erde waren noch nicht getrennt, Yin und Yang noch nicht geschieden, die vier Jahreszeiten noch nicht abgegrenzt, die Dinge noch nicht erschaffen. Weit ausgebreitet war es in vollkommener Stille. Da es in seiner Ruhe ganz durchsichtig war, sah man seine Gestalt nicht, als wäre es im hellsten Glänze. Im Nichts wich es zurück und verlor sich."5) 2. Zeit vor Beginn des Nichtseins: „Es umschloß Himmel und Erde, formte und schuf alle Dinge. Das Weltall war trübe und dunkel. Auch die weiteste Entfernung und größte Ausdehnung J

) Das Harmonische des Himmels und das Fluidum der Erde sind die Ursubstanzen. ·) H. n. t. II, Ib: ^ & ft ffi % fr, J& ·) A.a.O.II,la: ^ ^ #; T, Ä * #5 ±, & »

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3. Huai-nan tse

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konnte nicht als sein Äußeres und ein zerspaltenes Härchen oder eine aufgeschlitzte Granne nicht als sein Inneres gelten. Es gab keinen mit einer Mauer umgebenen Baum, aber die Wurzel des Seins und des Nichtseins wuchs daraus hervor."1) 3. Zeit des Nichtseins: „Blickte man hin, so sah man nicht seine Gestalt, horchte man, so hörte man nicht seinen Laut, griff man danach, so erfaßte man es nicht2), und schaute man danach aus, so kam man nicht ans Ende. Es lag da, und weithin war es in Tätigkeit. Unendlich war seine Ausdehnung, aber mit den feinsten Instrumenten konnte man es nicht messen. Überall leuchtete sein Glanz."3) Die Erschaffung der Welt denkt sich H-wai-nan tse folgendermaßen: „Bevor Himmel und Erde geformt waren, war große Fülle und unendliche Tiefe. Das nennt man die große Helle.4) Too begann in der unendlichen Leere, diese brachte Baum und Zeit hervor. Baum und Zeit schufen das Fluidum5), und dieses hatte feste Grenzen. Das Beine und Helle stieg empor und wurde der Himmel, das Schwere und Trübe ballte sich zusammen und bildete die Erde. Da die Vereinigung des Beinen und Feinen leichter war als das Sichzusammenballen des Schweren und Trüben, so wurde zuerst der Himmel geschaffen und erst dann die Erde gefestigt. Die vereinigte Essenz von Himmel und Erde bildete Yin und Yang. Die besondere Essenz von Yin und Yang schuf die vier Jahreszeiten, und die zerstreute Essenz der vier Jahreszeiten wurde zu den zehntausend Dingen. Die Hitze des Yang konzentrierte sich und ward zum Feuer, und die feinsten Teile des Feuers bildeten die Sonne. Die Kälte des Yin zog sich zusammen und wurde zum Wasser, und die feinsten Teile des Wassers bildeten den Mond. Bei der geschlechtlichen Vereinigung von Sonne und Mond wurden aus ihrer Essenz die Sterne geboren. Der Himmel erhielt Sonne, Mond und Sterne, die Erde Wasser, Flüsse, Staub und Erdboden."6) Zuerst gab es nur ein Fluidum, welches sich erst später differenzierte. „Die allgemeine Gleichheit, als Himmel und Erde noch durcheinander eine rohe Masse bildeten, die Schöpfung noch nicht begonnen hatte und noch keine Dinge geschaffen waren, nennt man die große Einheit. 7 ) Alle Dinge entstanden aus

') n, ib: &m^m,mtä&M,*mn'M,mmm±^^®*\-,täm%\ £,** ,* «*±^ £; *±*. ) Vergl. Tao-te king Kap. 14. 2

·) H.n.i.n,ib:

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Rrs-fc,«n*?&,iSigtti».*Rrei*««,ffiiii*Ä;· ) Die große Fülle und Tiefe bedeutet die Leere, welche hell erscheint, da nichts darin ist. 4

6

) Die Weltsubstanz, welche als luftartig und fließend aufgefaßt wird. ·) Huai-nan tse III, la: ^ ft % fa ff gf ff J|, « ffi m V®> * B ± Bg » ü *g

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± ü n n m m . mm ± * M m m , m m ± m M $ n w > * » ± » ft £ ') Der Begriff findet sich auch im Liki und bei Lü Pu-wei. Siehe Gesch. d. alt. chin. Phü. S. 170 und 541.

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A. Altere Han-Dynastie

der Einheit, und was entstand, war verschieden, es waren Vögel, Fische und Vierfüßler. Man nannte sie die verschiedenen Wesen."1) Aus dem Urfluidum sollen sich zunächst die Geister von Yin und Yang entwickelt und Himmel und Erde geschaffen haben : „Zwei Geister entstanden gleichzeitig, sie brachten den Himmel hervor und schufen die Erde."2) Yin und Yang als Fluida brachten dann alle Dinge hervor: „Das wirre Fluidum bildete die Tiere, das feinste die Menschen. Der Geist gehört deshalb dem Himmel an, das Gebein der Erde."3) III. Welt und Natur. Der Himmel gilt Huai-nan tse als rund und leuchtend, die Erde als viereckig und dunkel. Das ist die allgemeine alte Auffassung. Das Helle strömt Fluidum aus, das Feuer, welches man die äußere Erscheinung nennt, das Dunkel schließt Fluidum ein, das Wasser, welches als innere Erscheinung4) bezeichnet wird.8) Licht und Feuer ist Yang, Dunkelheit und Wasser ist Yin. Beide Fluida sind nicht ganz rein, sondern enthalten etwas vom entgegengesetzten, im Wasser ist Feuer und im Feuer Wasser enthalten, daher können sie sich auch gegenseitig hervorbringen.9) Yarig strömt aus, Yin gestaltet. Wenn der Himmel nicht das Yang hervorströmen läßt, erwachen die Dinge nicht zum Leben, und wenn die Erde nicht das Yin hervorkommen läßt, so werden die Dinge nicht vollendet.7) Das zornige Fluidum des Yang wird Wind, das harmonische der Erde Regen. Durch Reibung von Yin und Yang entsteht der Donner, das Hervorschießende ist der Blitz, das Wirre wird zu Dunst und Nebel. Wenn im Wettkampf der beiden Fluida das Yang siegt, zerstreut es sich und wird zu Regen und Tau, wenn Yin siegt, gefriert es zu Reif und Schnee.8) Der Tag gehört zum Yang, denn sein Gestirn, die Sonne, ist die Quelle des Yang. Die Nacht gehört zum Yin, denn der Mond ist der Hauptsitz des YinFluidums. Wenn das Fang-Fluidum herrscht, sind die Tage lang und die Nächte kurz, wenn Yin das Übergewicht hat, ist es umgekehrt.9) Die behaarten und gefiederten Geschöpfe, welche gehen und fliegen, gehören zum Yang, die geschuppten, welche Winterschlaf halten und sich verbergen, zum Yin.10) Der Himmel soll 5000 Millionen Li von der Erde entfernt sein und wird natürlich als massive Sphäre aufgefaßt. Huai-nan tse teilt ihn nach den acht Himmelsrichtungen und der Mitte in neun Regionen.11) Die Bewegungen ') H. n. t. XIV, la: ^ [P] ^ «j $ fä £ g, =fc Jgffjjjft ft, ffi ± ± — , p] ffi fö — , W A *J*,

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·) H. n. t. III, Ib.

«) 6b: E§ g, # ^ fe ft £ TjC . Ferner: III, 18a und XVII, 12b. ') III, lOb. Mir acheint im Text ein Druckfehler zu sein, indem Yin mit dem Himmel und Yang mit der Erde verknüpft ist. 10 ») III, Ib. ·) III, 12a. ) III, Ib. ") III, 2b und 3a. fr ff . Siehe: World Conception S. 134.

3. Huai-nan tee

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der Planeten werden astrologisch gedeutet. Die Beschreibung des Himmels ist ganz phantastisch, aber die der Erde nicht minder.1) Von den fünf Elementen weiß Huai-nan tse, daß sie sich gegenseitig erzeugen und andererseits bekämpfen und überwinden: Wasser erzeugt Holz, Holz erzeugt Feuer, Feuer Erde, Erde Metall und Metall Wasser.2) Feuer ist heiß, aber Wasser löscht es aus. Metall ist hart, aber Feuer schmilzt es. Holz ist stark, aber ein Beil fällt es. Wasser fließt, aber die Erde hemmt es.3) Bei dieser Überwindung muß aber das siegreiche Element dem überwundenen quantitativ einigermaßen gleichkommen, sonst ist die Überwindung nicht möglich. Metall überwindet Holz, aber man kann nicht mit einer Schneide einen ganzen Wald umhauen. Erde besiegt Wasser, aber man kann nicht mit einem Klumpen Erde einen Fluß abdämmen.4) Welche Stellung nimmt nun der Mensch in der Natur ein ? „In ältester Zeit, im Uranfang entstand der Mensch aus dem Nichtsein, er erhielt seinen Körper aus dem Sein. Indem er einen Körper hatte, kam er in Abhängigkeit von den Dingen. Derjenige, welcher zu seinem Ursprung zurückkehren kann, ist so, als wenn er keinen Körper hätte; man nennt ihn den wahren Menschen. Dieser ist von der großen Einheit noch nicht getrennt."6) Der Mensch betrachtet den Himmel als seinen Vater und die Erde als seine Mutter.*) Als ein Ding ist er wie alle ändern Dinge aus Tao hervorgegangen und nur ein Teil der Welt, als Persönlichkeit aber besitzt er nicht nur sich selbst, sondern hat auch noch Anteil an der Welt. Dadurch, daß er seine Persönlichkeit zu erhalten sucht, entfernt er sich nicht von Too, sondern bleibt damit vereint: „Alle Dinge sind ihrem Ursprung nach gleich, es gibt nichts Gutes und nichts Schlechtes. Die Veränderungen und das Werden entstehen aus dem ursprünglichen Glänze'), und das Leben ist wie der Tod.8) Ich besitze die Welt, und die Welt besitzt auch mich. Sollte zwischen der Welt und mir ein Unterschied bestehen ?"9) ,Wenn ich mich selbst besitze, dann besitzt mich auch die Welt, und wenn wir uns so gegenseitig besitzen, so wird unser gegenseitiger Besitz dauernd sein, denn weshalb sollten wir den Unterschied nicht ertragen können ? Was ich den Selbstbesitz nenne, ist die vollständige Erhaltung der Persönlichkeit. Wenn man seine Persönlichkeit erhält, ist man eins mit Tao."10) ») Die Erdbeschreibung B. IV, Jflj Jg. ist übersetzt von Erkes, Das Weltbüd des Huai-

2 nan tae (Ostas. Zeitschr. 1916—1917, p. 27—80). ) H. n. t. III, 17 b. 3 ) IX, 18a. *) XVII, 4a. Vergl. World Conception S. 285fg. ·) XIV, la: ff -£ ± fc, £ Jfc fc, jg #3 *3 fö M ffl ft ft, ffi R Ä W £,

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·) VII, Ib.

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) Der ursprüngliche Glanz ist Tao, von dem alle Dinge stammen, also gleichwertig sind. ) Leben und Tod sind nur verschiedene Phasen im Walten Tao'e.

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A. Ältere Han-Dynastie

„Der Körper ist der Wohnort des Lebens, der Atem erfüllt das Leben, und der Geist beherrscht es."1) „Leben ist himmlisches Wirken2), Sterben Wandlung der Dinge."3) Nach dem Gesetz der sich erzeugenden Gegensätze4) kann Körperliches nicht von Körperlichem, sondern nur von Geistigem hervorgebracht werden. Kälte kann nicht Kälte und Hitze nicht Hitze erzeugen, sondern Nicht-Kälte bringt Kälte und Nicht-Hitze Hitze hervor. Daher entsteht auch das Körperliche aus dem Nicht-Körperlichen, und die Welt ging aus dem vorweltlichen Zustand hervor, in dem es noch nicht Himmel und Erde gab.5) „Wenn Wesen entstehen, so sieht man das ernährende Element nicht, aber sie wachsen, und wenn sie sterben, so entdeckt man den Todbringer nicht, aber sie gehen zugrunde. Dieses Element nennt man den Geist. Der Heilige gleicht ihm."6) Yin und Yang, Regen und Sonnenschein allein genügen noch nicht, um Leben zu schaffen, noch um den Tod herbeizuführen, sondern dor Geist muß noch hinzukommen oder die in Yin und Yang lebenden Geister.7) Im Menschen werden wenigstens zwei geistige Kräfte, Seele und Lebensgeist unterschieden. „Das himmlische Fluidum bildet die Seele, das irdische den Lebensgeist"8). Das himmlische Fluidum ist Yang, das irdische Yin. Sinnesempfindungen entstehen, wenn die Lebenskraft in Auge, Ohr, Mund und Herz strömt.9) Außer von den Menschen wird die Welt noch von körperlosen Geistern und Dämonen bewohnt. Sie sind unsichtbar und unhörbar, aber man betet zu ihnen, da sie Glück verleihen und vor Unglück schützen können.10) IV. Schicksal. Das Geschick der Menschen wird nach der Ansicht unseres Philosophen teils durch die eigenen Taten, teils durch äußere Umstände bestimmt. Sowohl Glück wie Unglück kommen aus dem eigenen Selbst. Deshalb soll der Mensch nicht ändern Menschen grollen, noch dem Himmel zürnen.11) Sehr oft ist das Schicksal nichts anderes als die Strafe des Himmels für böse Taten, der niemand entfliehen kann, auch wenn er sich zu verbergen sucht.12) Sofern man das Geschick nicht durch eigene Taten herbeiführt, ist es das Ergebnis der Zeitumstände. Es ist vorgekommen, daß Fürsten, welche Wohlwollen und Gerechtigkeit übten und die konfuzianischen oder die mehistischen Lehren

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Das Wirken Tao'a. VII, 5a: Ä £ #, ^ *T · * JE *. * ft · Der Satz ist ebenso falsch wie der, daß Gleiches nur aus Gleichem entstehen könne. XVI, 1 1 a. XX, la: £

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XX, 2b. ·) IX, Ib: 3 e f t f t 3 k , VIII, 9b. Diese Auffassung stammt von W&n-tee IX, 24a. XX, 2b. ") X, 14b. VI, Ib. Die Phraseologie erinnert an Mb Ti S. 315 Anm. 2.

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3. Huai-nan tee

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befolgten, zugrunde gingen. Die Ursache ist nicht in irgend einer Schuld zu suchen, sondern in den unglücklichen Zeitverhältnissen, in politischen Umwälzungen, Unruhen und dergleichen. Gar mancher besitzt große Talente, aber er kann sie nicht ausnutzen, die Zeit ist ihm nicht günstig. Selbst ein Heiliger, der seine Absichten verwirklicht und Großes leistet, wird, wenn er in einer ungünstigen Zeit lebt, keine Anerkennung finden und keinen Ruhm erlangen, höchstens wird er sich am Leben erhalten.1) Huai-nan tse stellt sehr geringe Ansprüche an das Lebensglück, wenn er sagt: „Es gibt kein größeres Glück als das Freisein von Unglück und keinen schöneren Vorteil als nichts zu verlieren"2), und er meint, man könne stets frei von Unglück sein, aber nicht immer Glück haben, und man könne sich stets vor Bestrafung schützen, aber nicht immer Verdienste erwerben.3) Wie man sich Glück und Unglück gegenüber verhalten soll, zeigt uns der Heilige: „Der Heilige kann nicht durchsetzen, daß das Unglück ihn nicht erreicht, aber er vertraut darauf, daß er selbst ihm nicht entgegen geht. Ebenso wenig kann er das Kommen des Glücks herbeiführen, aber er stößt es sicherlich nicht zurück. Wenn das Unglück kommt, so hat er es nicht gesucht; sein Leben wird dadurch elend, aber es betrübt ihn nicht. Wenn das Glück kommt, so hat er es nicht herbeigeführt; sein Leben wird dadurch angenehm, aber er bildet sich nichts darauf ein. Er weiß, daß er dem Glück und Unglück nicht gebieten kann, deshalb lebt er in Stille und Zufriedenheit und wirkt, ohne tätig zu sein. Der Heilige bewahrt, was er hat, und erstrebt nichts, was er nicht erlangen kann, denn, wenn er nach dem strebt, was ihm fehlt, so geht ihm auch das, was er besitzt, verloren. Wenn er aber das pflegt, was er besitzt, so kommt auch das, was er sich wünscht."4) Das ist taoistische Resignation. Aber der Heilige hat ganz andere Möglichkeiten als diejenigen, welche das Schicksal ihm darbietet. Bevor wir darauf eingehen, wollen wir sehen, wie ein Heiliger handelt, und wodurch er sich von den gewöhnlichen Sterblichen unterscheidet. V. Der Heilige. Ein Heiliger steht mit Too in engster Verbindung und richtet danach sein Leben ein, indem er seine natürlichen Gefühle, seinen Willen und sein Denken abstumpft und sich in einen Zustand der Gleichgültigkeit gegen alle äußeren Dinge versetzt: „Wer sich mit Too identifiziert, fühlt nicht Kummer, nicht Freude, nicht Lust, nicht Zorn. Wenn er dasitzt, sinnt er nicht nach, und wenn er schläft, träumt X, Hb. und XVIII, 20 b.

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A. Ältere Han -Dynastie

er nicht. Wenn die Dinge an ihn herankommen, benennt er sie, und wenn Geschäfte sich darbieten, geht er darauf ein."1) Das ist die taoistische Passivität, das Nichthandeln. Huai-nan tse sagt darüber noch folgendes: „Der Heilige pflegt nur sein Inneres, welches allein von Bedeutung ist, und schmückt nicht das nebensächliche Äußere aus, er bewahrt seine Geisteskraft und gibt nichts auf das Wissen. Gleichgültig ist er und ohne Tätigkeit, aber erreicht alles, still ist er und regiert nicht, aber alles wird von ihm gelenkt." Zur Erklärung der negativen Begriffe wird noch hinzugefügt: ,,Was man Untätigkeit nennt, bedeutet, daß man der Tätigkeit der Dinge nicht zuvorkommt, und was man alles erreichen nennt, bedeutet, daß man der Tätigkeit der Dinge folgt. Das sogenannte Nichtregieren ist gleichbedeutend mit dem Nichtändern des natürlichen Hergangs, und das sogenannte Alles-Lenken heißt, dem natürlichen Lauf der Dinge sich anschließen."2) Der Heilige ist nicht ganz passiv, aber er läßt sich von der natürlichen Entwicklung der Dinge treiben und greift nicht Richtung gebend ein. Nie drängt er sich vor, sondern folgt nur nach und ist ohne alle Initiative.3) „Wer Too besitzt, hat schwachen Willen, aber ist stark im Handeln,4) sein Herz ist leer, aber er tut, was recht ist,"5) denn „Schwäche und Weichheit sind das Rückgrat des Lebens, Festigkeit und Stärke sind dem Tode verbunden."6) Vermöge seiner Verbindung mit Too besitzt der Heilige die Fähigkeit, durch eine Art Intuition Dinge wahrzunehmen, von denen die gewöhnlichen Menschen nichts wissen: „Der Weise läßt seinen Geist im Herzen und wendet sich dem Anfang der Dinge7) zu. Er sieht das Unsichtbare und hört das Lautlose. Nur im Unsichtbaren erkennt er die Klarheit, und nur in der Stille ist die Helle. Wenn er etwas gebrauchen will, so macht er keinen Gebrauch davon, dann kann er es später gebrauchen. Wenn er etwas wissen will, so nimmt er keine Notiz davon, und grade dadurch erkennt er es später."8) Wer das Gestaltlose sieht, sieht wirklich, wer das Tonlose hört, hört wirklich. Die vollkommenste Bede ist ohne Worte, die höchste Lust ohne Lachen, die vollkommensten Töne ohne Laut : „Wer einen tönenden Ton hört, ist taub, wer dagegen einen nichttönenden hört, ist hellhörig. Wer weder taub noch hellhörig ist, steht mit dem Geist in Verbin-

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) XIV, 14a. *) Das heißt im Nichthandeln, wodurch aber angeblich mehr zu erreichen ist als durch Handeln. ') Das ist Too.

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3. Huai-nan tse

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gung."1) Der Heilige ist eins mit dem Weltgeist, Too; er ist selbst reiner Geist, daher bedarf er, um wahrzunehmen, keiner Organe, nicht der Farben oder der Töne, sondern erfaßt alles unmittelbar mit dem Geiste. Der Heilige braucht für seine Bewegungen keinen Körper, für seinen Aufenthalt keinen Raum, sein Sein ist wie Nichtsein, er dringt in die Dinge ein ohne Öffnungen und verliert sich im Unerf or schlichen. Geister und Dämonen hat er in seinem Dienst.2) Um das zu erreichen, muß man die Lebenskraft pflegen und den Geist beherrschen. Dazu gibt es besondere Methoden des Ein- und Ausatmens, wie sie Wang Tch'iao3) und Tsch'i Sung-tse*) ausübten. Diese sollen ihren Körper und ihr .Wissen aufgegeben haben und zu ihrer wahren Natur zurückgekehrt sein. Sie vermochten im reinen Sein5) umherzuschweifen und auf den Wolken zum Himmel zu fliegen. Ähnlich machten es die alten weisen Herrscher: „Die fünf Kaiser und drei Herrscher6) achteten das Reich gering und machten sich nichts aus den Dingen. Sie setzten Leben und Tod gleich und bewerteten alle Wandlungen gleich. Mit dem Geiste großer Weisen erkannten sie die Gefühle aller Geschöpfe. So konnten sie im Himmel mit den Geistern freundschaftlich verkehren und zugleich auf der Erde natürliche Menschen sein."7) Durch den Besitz von Tao wird auch der Körper gegen äußere Schädigungen gefeit. Wer Too erlangt hat, verbrennt nicht im Feuer und wird im Wasser nicht naß.8) Wenn der Heilige in Not gerät, so verliert er doch seine Heiterkeit nicht, „denn im Innern steht er mit den geheimen Kräften des Himmels*) in Beziehung, und mag er angesehen oder mißachtet, reich oder arm sein, ein angenehmes oder geplagtes Dasein haben, er verliert doch nicht die Kraft seines Willens."10) Ein wirklicher Heiliger ist an keine Naturgesetze mehr gebunden, denn er ist selbst Too und kann tun, was ihm beliebt. Die Schilderungen, welche uns Huainan tse von den Leistungen dieser Heiligen gibt, sind nicht nur symbolisch als philosophische Dichtungen gemeint, sondern sollen Wirklichkeit sein. Wären 1) XVII, 2b: 2 ) VII, 7 a. 3 ) I Üa °der 3 -^ ^jj- , ein taoistischer Genius, angeblich ein Sohn des Königs Ling von Techou, 571-^544, Prinz Tchin { ^ §· Nach der Legende soll er dreißig Jahre auf dem Hou-sc/it-Berge gelebt haben und schließlich auf einem weißen Kranich reitend zum Himmel emporgestiegen sein, wobei er seinen Freunden zum Abschiede zuwinkte (Mayers' Reader Nr. 801). Der Wang Tch'üto des 1. Jahrh. n. Chr., welcher auf zwei Wildgänsen durch die Luft ritt (Giles, Biogr. Diet. Nr. 2147) kann hier nicht in Frage kommen. Er soll eine Reinkarnation von Wang Tee Tch'iao gewesen sein. *) IS» IB ~f" (^"r ffl meist fä geschrieben), ein Magier, Regenpriester des SMn-nung, welcher unversehrt durch Feuer gehen konnte. (Mayers Nr. 113, (Kies Nr. 377). 5

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) Die 5 mythischen Kaiser: T'ai Hao, Yen Ti, Huang Ti, Schao Hao und Tschuan Heu und die Gründer der Drei Dynastien Yü, T'ang und Wen-wang. ') H. n. t. XI, lOb: £ # @ 5£ T, i» Ä W» * JE £. N SHfc, JS * S £.

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) Wie schon Lieh-tee und Tschuang-tse lehren. ') ») I, 17b: JB ft^aa^F^Sl· ffi* Ja *»«*»»* A*«

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A. Ältere Han-Dynastie

diese Heiligen durch ihr Aufgehen in Too, dem Weltgeist, wirklich mit göttlicher Allmacht begabt, so brauchten wir uns über ihre Taten nicht weiter zu wundern. Wir lesen: „Der echte Taoist badet in der vollkommenen Leere und schweift umher in den Öden ohne Inhalt1); er reitet auf dem Fei-lien2) und folgt dem Tun-wu3). Bis über die fernsten Grenzen hinaus eilt er und ruht aus innerhalb des Kosmos.4) Er zündet die zehn Sonnen5) an, befiehlt dem Wind und dem Regen, macht sich den Donnergott Untertan und den Kua-fu") dienstbar. Mi-fei7) macht er zu seiner Konkubine und die „Weberin"8) zu seiner Frau. Was in der Welt könnte seinem Willen Schranken setzen?" „Die Leere und das Nichtsein ist Tad's Heim, Gleichmut und Einfachheit seine Natur. Wenn ein Mensch sich seines Geistes bedient, seine Lebenskraft anspannt, seine Klugheit benutzt und Von außen irgend etwas zu erlangen sucht, dann verliert er seine Vernunft und entfernt sich von seinem Heim."9) Zwei Persönlichkeiten des Altertums, welche durch Too zu den wunderbarsten Dingen befähigt sein sollen, werden noch besonders genannt: „Vor Alters fuhren Feng I und T'ai Fing auf den Wolken als Wagen und ritten auf dem Regenbogen. So eilten sie über den feinen Nebel dahin, und auf dem Unfaßbaren und Unerkennbaren schwebend drangen sie immer weiter vor und immer höher bis in die weitesten Fernen. Über Reif und Schnee schreitend ließen sie keine Spur, und von der Sonne beschienen gaben sie keinen Schatten. In Spiralen stiegen sie wie durch einen Wirbelwind empor. Über Berge und Flüsse gingen sie hinweg, erklommen den K'un-lun, öffneten das Himmelstor und drangen in dasselbe ein."10) Einem vollkommenen Taoisten bereitet derartiges keine Schwierigkeiten, wie wir aus der folgenden Darstellung ersehen: „Der große Mann ist ruhig und macht sich keine Gedanken, er ist still und hat keine Sorgen. Den Himmel benutzt er als Verdeck und die Erde als Wagen, die vier Jahreszeiten als seine *) Das Nichtsein das heißt das transzendente Sein. 2 ) Gewöhnlich fä Jf| geschrieben, ein Geistervogel, der auch als Windgott gilt. 3 ) Ein Fabeltier ähnlich einem Tiger. ·) Er geht noch über die Grenzen der Welt hinaus und kehrt dann in dieselbe zurück. 6 ) Zehn Sonnen sollen nach dem Schuking und dem Schan-hai king zu Yao's Zeit erschienen sein. (Lun-Mng I, 271.) ·) Ein Genius, welcher den Schatten der Sonne sehen wollte und ihr nacheilte und, als er sie erreichte, im „Sonnenschein-Tal" B^ Q. verdurstete. ') Die Tochter des Fu Hai, Göttin des Lo Flusses. 8 ) Das bekannte Sternbild.

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3. Huai-nan tse

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Pferde und Yin und Yang als Kutscher. Er reitet auf den Wolken, steigt zum Äther empor und vereinigt sich mit der schaffenden Natur. Seinen Neigungen folgend und frei von Hemmungen durchschweift er das All, bald Schritt für Schritt, bald in größter Eile. Er läßt den Regengott den Weg befeuchten und den Windgott den Staub wegfegen. Den Blitz benutzt er als Peitsche und den Donner als Wagenrad. Oben schweift er umher durch die öden Himmelsräume, und unten tritt er hervor aus dem Tor der Unendlichkeit" „Daher kann er eilen ohne Erschütterung und weithin gelangen ohne Ermüdung. Seine Glieder sind ohne Bewegung, und sein Intellekt wird nicht geschädigt.1) Er kennt die acht Himmelsrichtungen und die neun Himmelsfelder2), ihre Formen und Grenzen, wodurch ? Dadurch, daß er das Wesen von Too mit festem Griff erfaßt und im Lande der Grenzenlosigkeit umherschweift, denn die Dinge der Welt können nicht getan werden, aber man erreicht sie, indem man ihnen ihren natürlichen Lauf läßt, und die Wandlungen der Natur lassen sich nicht erforschen3), aber man erfaßt ihr Wesen und folgt ihrer Tendenz."4) Zu diesen Ausführungen scheint der Inhalt von Band XIX, welcher von der Ausübung der Tätigkeit5) handelt, sehr wenig zu passen. Er könnte von einem Konfuzianer verfaßt sein, während Huai-nan tse doch ganz und gar taoistisch eingestellt ist. Sollte ihm das Material vielleicht von seinen konfuzianischen Freunden geliefert sein? Darin heißt es zum Beispiel: ,,Das Herz des Heiligen wird Tag und Nacht den Gedanken, wie er den Menschen nützen könnte, nicht· los."") Ein taoistischer Heiliger soll seinen Geist nicht anstrengen. Er will der Menschheit nicht helfen, sondern denkt nur an sich. Und weiter wird gesagt, daß der Heilige sich unablässig für andere abmühe, seinen Körper mißachtet und Gefahren trotzt, stets voran ist und auch den Tod nicht fürchtet, wodurch er ewigen Ruhm erwirbt.7) Das alles widerspricht der Indolenz und Passivität des taoistischen Heiligen. Huai-nan tse gibt zu, daß die fünf heiligen Könige Schennung, Fu-hai, Yao, Schun und Yü keineswegs Wu-wei geübt und im Dienste des Volkes sehr tätig gewesen sind.8) Wir müssen annehmen, daß Huai-nan tse auch das konfuzianische und mehistische Menschheitsideal anerkennt und so auch die konfuzianischen Heiligen als Heilige betrachtet, wenn er ihnen auch nicht die 1

) Der Taoist macht seine Wanderungen und Fahrten durch das Weltall nicht mit seinem Körper, sondern nur im Geiste, der aber nicht angestrengt wird. 2

) Vergl. oben S. 30 Anm. 11.

4") Man soll nicht handeln und forschen, sondern Wu-wei üben und intuitiv schauen.

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A. Ältere Han-Dynastie

gleiche Bedeutung wie den taoistischen, die zu verherrlichen er nie müde wird, beimißt. VI. Lebensweisheit. Wir sahen, daß nach der Ansicht unseres Philosophen die Dinge von Natur gleichwertig sind, nicht einige gut und andere schlecht.1) Der Wert wird erst von den Menschen hineingelegt. An sich sind die Dinge nicht wertvoll oder wertlos, sondern wir nennen diejenigen wertvoll, welche eine Eigenschaft besitzen, welche wir besonders schätzen. Bei dem einen Dinge schätzen wir vielleicht eine bestimmte Qualität und bei einem anderen grade das Gegenteil. Wir schätzen Perlen zum Beispiel, wenn sie möglichst dick sind, dagegen spitze Hörner wegen ihrer Dünne, Lack wegen seiner Schwärze und Puder wegen seiner Weiße.2) Solche Werturteile sind also etwas ganz Relatives. Ganz ähnlich ist es bei der Beurteilung, ob etwas richtig oder falsch ist. Ohne sich an feste Normen zu halten, erklärt der Mensch für gewöhnlich das für richtig, was er dafür hält und das für falsch, was er dafür ansieht. Seine eigene Ansicht erscheint ihm immer richtig und die der ändern, die nicht damit übereinstimmt, falsch zu sein.3) Die Wahrheit ist danach etwas sehr Subjektives. Das gilt auch von den Sitten und Gewohnheiten der Völker und von den philosophischen Systemen. K'ung-tae tritt ein für Musik, Riten und Zeremonien, üppige Begräbnisse und lange Trauer. Me-tse verurteilt das und lehrt dafür die allgemeine Menschenliebe, Ehrung der Weisen und der Geister und leugnet das Schicksal. Yang Tschu wendet sich dagegen und verlangt die Erhaltung der ursprünglichen Natur und die Befreiung des Körpers von feindlichen Einflüssen. Meng-tse behandelt die beiden letzteren Philosophen als Irrlehrer. So weichen auch die Sitten und Anschauungen der verschiedenen Völker voneinander ab. Was die einen für gut halten, halten die ändern für schlecht.4) Auch Huai-nan tse hat von seinem taoistischen Standpunkt aus seine Ansicht von dem, was richtig und was falsch ist. Der Edle, sagt er, betätigt den richtigen Geist, der gewöhnliche Mensch den falschen. Der richtige Geist entspricht der Natur, harmoniert mit dem was recht ist, folgt der Vernunft und haftet nicht an den Dingen. Der falsche Geist wird beherrscht vom Geschmack, betört von Farben und Tönen. Er kommt in Lust und Zorn zum Ausbruch und kümmert sich nicht um spätere üble Folgen.5) Also man soll nur der angeborenen Natur folgen, die angeblich zum Guten führt, und sich von seinen Neigungen und Gefühlen, die zum Verderben führen, nicht verleiten lassen. Das Nichthandeln macht Huai-nan tee nicht nur den Heiligen, sondern ganz allgemein zur Pflicht, aber er hat diesen Begriff wohl unter konfuzianischem Einfluß so umgestaltet, daß er kaum etwas anderes als richtig handeln bedeutet: ;,Was ich als Wu-wei bezeichne" sagt er, „besteht darin, daß man nicht egoistische !) Vergl. oben S. 31 Anm 9. «) XIII, 8b.

2

) XI, 3a. «) XIV, 8a.

3

) XI, 12 b.

3. Huai-nan tse

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Ziele in die allgemeinen Interessen einfügen und nicht durch. Wünsche und Begierden die guten Methoden fälschen darf."1) Alles, was gegen den natürlichen Gang der Dinge ist, nennt er Handeln = Yu-wei2). Was sich dagegen den natürlichen Verhältnissen anpaßt, wie etwa die Benutzung von Schiffen auf Wasser oder von Schlitten auf Schlamm, ist Wu-wei?) Man kann also handeln, nur nicht egoistisch und soll seine Tätigkeit möglichst den Verhältnissen anpassen. Als durchaus lobenswert wird daher der Ackerbau hingestellt. Wenn die Saat im Frühling wächst, so müssen die Menschen ihre Arbeit darauf verwenden, um sie zur Reife zu bringen. Könnte man sie ganz und gar sich selbst überlassen, so wäre die Tätigkeit K'un's und Yü'a, welche die Fluten regulierten, und Hou Tchi's, welcher den Ackerbau einführte, ganz umsonst gewesen.4) Vom Fürsten bis zum gemeinen Mann muß jeder sich anstrengen.5) Von diesem Gesichtspunkt aus befürwortet Huaitse auch das Studium: „Das Studium wird dem Menschen als Schleifstein gegeben. Wenn jemand behauptet, daß das Studium nichts nütze, so ist sein Urteil verkehrt."*) Das widerspricht der Anschauung des Lao-tse und Tschuang-tse, welche die Beschäftigung mit Too an die Stelle des Studiums setzen. Die Unterdrückung der natürlichen Gefühle und Leidenschaften, auch der guten und erstrebenswerten wie Freude, Lust, Zuneigung, Liebe erscheint unserem Philosophen als große Weisheit und ein quietistischer Seelenzustand als höchstes Glück. Ein unerschütterlicher philosophischer Gleichmut schwebt ihm als Ideal vor. Freude und Zorn, heißt es, sind Abirrungen von Too, Schmerz und Kummer, Zuneigung und Abneigung ebenfalls. Sie führen zu allerlei Krankheiten, deshalb muß man sich frei davon halten. Dann erlangt man Klarheit des Geistes, Seelenruhe, einen starken Körper und scharfe Sinne.7) „Wer bis zur Freudlosigkeit gelangt, wird nie freudlos sein und dadurch den höchsten Grad der Freude erreichen."8) Das ist der Gleichmut, niemals himmelhoch jauchzend, niemals zum Tode betrübt, sondern immer eine stille Heiterkeit, wie sie nur ganz ausgereiften und harmonischen Charakteren eigen ist. Durch Buhe und Gleichmut pflegt man seine Natur, durch Harmonie, Leere und Nichtsein seine Tugend. Dann kommt man gut durchs Leben, widersteht allen äußeren Einflüssen, denn man verkörpert Too.9) „Wer sein Herz ergründet und zu seiner eigenen Natur zurückkehrt, ist edel, wer sich seinen Neigungen anpaßt und sich begnügen kann, ist reich, und wer den Unterschied zwischen Leben und Tod versteht, hat langes Leben."")

') xix, 4a

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") XIX, 4a.

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') I, 13b.

·) i,i5a: m ·) II, Ua.

")x, ».: s&Rttiim*, m®to&wi£&> wft£ Wer zu seiner Natur zurückkehrt, weiß, daß er selbst Too, also ewig ist.

·) XIX, lla.

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Die menschliche Natur betrachtet Hum-nan tse als feste, unverrückbare Norm, denn sie ist ja nichts anderes als Too: ,,Wenn jemand auf einem Schiffe fährt und sich verirrt, so weiß er nicht, wo Osten und Westen ist, aber sobald er den Polarstern sieht, orientiert er sich. Die eigene Natur ist für den Menschen der Polarstern."1) Die menschliche Natur hat ursprünglich keinerlei Schlechtigkeit, aber durch lange Gewöhnung wandelt sie sich und wird schlecht und vergißt ihren Ursprung. Daher muß der Mensch zu seiner ursprünglichen Natur zurückkehren, aber er ist nicht dazu im Stande, wenn er nichts von Tao gehört hat. Sitten und Gewohnheiten sind nicht in der menschlichen Natur begründet, sondern von außen entlehnt: „Die Sitte ist eine Ausschmückung der Wahrheit, Wohlwollen eine Betätigung der Güte."2) „Gerechtigkeit folgt der Vernunft und tut das Angemessene. Die Sitte schließt sich an die Gefühle an und ordnet die Form."3) Danach ist die Sitte ein Ausdruck des Gefühls; sie ordnet die äußeren Formen des menschlichen Verkehrs. Wie die Sitte, die zu den Tugenden gerechnet wird, so sollen auch die übrigen Tugenden etwas Äußerliches sein, das in der Urzeit, dem goldenen Zeitalter noch nicht vorhanden war. In ältester Zeit herrschte völlige Harmonie mit Too, daher war es ein glückliches Zeitalter. Als man anfing nach Schätzen zu suchen, zu fischen, zu jagen, wurden die Zeiten schlecht, das Klima verschlechterte sich, und es gab viele Katastrophen. Solange Tao und Te herrschen, sind Wohlwollen und Gerechtigkeit, Sitte und Musik nicht nötig, denn sie sollen nur gegen Übel helfen, die es unter der Herrschaft von Tao nicht gibt. Die wahre Tugend wird durch die Tugenden verfälscht. Je mehr Fähigkeiten die Menschen durch die Kultur gewinnen, um so geringer wird ihre Tugend4): „Eine Nacht kann nicht so lang sein wie ein Jahr, denn die Nacht ist im Jahr Inbegriffen. Wohlwollen und Gerechtigkeit können nicht größer als Tao und Te sein, denn sie sind in diesen enthalten."5) „Erst wenn man seine Natur verloren hat, schätzt man das Wohlwollen, und wenn Tao verloren ist, schätzt man die Gerechtigkeit, daher entweichen Tao und Tugend, sobald Wohlwollen und Gerechtigkeit begründet sind. Wenn man die Verfeinerung durch Sitte und Musik durchführt, gehen Einfachheit und Natürlichkeit verloren. Sobald Recht und Unrecht in die Erscheinung treten, wird das Volk verblendet."6) Alles das sind Zeichen der Degeneration. Durch die Sitte werden die Klassen und Stände geschieden und durch die Gerechtigkeit die Gegensätze zwischen ihnen ausgeglichen. Aber dabei kommen

2

) ,7 ·) xi,s 4

) VIII, l, 4, 5.

3. Huai-nan tse

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die Laster zum Vorschein, und Wohlwollen und Gerechtigkeit wird der Boden entzogen. Konfuzianer und Mehisten versuchen vergeblich diese Tugenden auszuüben. Es gelingt ihnen nicht, weil sie nicht zu ihrer Natur zurückkehren. Wenn sie das täten, so würden sich Wohlwollen und Gerechtigkeit von selbst einstellen.1) Deswegen fanden auch Konfuzius und Me Ti nur wenig Anhänger.2) Das mag für Huai-nan tee's Zeit, in welcher mehr der Taoismus vorherrschte, richtig sein. Dieser ganz taoistischen Auffassung von der Tugend widersprechen aber andere Aussprüche. Menschen mit guter Natur sollen Wohlwollen und Gerechtigkeit besitzen, aber sie müssen sie erst durch die Unterweisung der Heiligen erlernen.3) Wozu, wenn auf diese Tugenden so wenig ankommt ? Der Edle, heißt es, denkt an Gerechtigkeit und kümmert sich nicht um Vorteil.4) „Wenn die Welt gut regiert wird, dann schützt man den eigenen Körper mit Gerechtigkeit, wenn dagegen Verwirrung herrscht, dann verteidigt man die Gerechtigkeit mit dem eigenen Körper."5) Wir müssen diese Äußerungen als eine Konzession an den konfuzianischen Standpunkt betrachten. Wie sehr aber Huai-nan tse im Grunde von den Konfuzianern abweicht, geht aus seiner eigenartigen Definition von Gut und Böse hervor. Er nennt gut nicht solche Handlungen, welche dem Nächsten helfen und ihm Gutes erweisen, sondern Ruhe und Nichthandeln. In der Welt, meint er, sei nichts leichter als Gutes zu tun und nichts schwerer als Böses zu verüben. „Was man als Gutes tun bezeichnet, ist Ruhe und Nichthandeln, und was man Böses tun nennt, ist Aufgeregtheit und zuviel Wünsche haben."*) Was die Bewertung des Lebens im Allgemeinen und das Verhältnis von Leben und Tod anbetrifft, so folgt der Philosoph den Spuren des Tschuang-tse. Wie dieser steht er beiden Phänomenen mit philosophischem Gleichmut gegenüber und weiß nicht, ob der Tod dem Leben nicht vorzuziehen ist7), denn „vielleicht ist das Leben nur ein Frondienst und der Tod ein Ausruhen ? Die Welt ist ein großes Wirrsal, wer versteht es ? Doch, da ich das Leben erhalten habe, so darf ich nicht gewaltsam es zu beendigen streben, und wenn ich getötet werde, brauche ich nicht es gewaltsam zu verhindern suchen. Ich wünsche zu leben, aber bemühe mich nicht darum. Ich hasse den Tod, aber suche ihm nicht zu entfliehen. Wenn ich im Elend bin, erfüllt mich das nicht mit Groll, und Ehre und Ansehen machen mich nicht froh. Ich begnüge mich mit des Himmels Gaben und beruhige mich dabei. So lange ich lebe, habe ich einen sieben Fuß langen Körper, und wenn ich gestorben bin, werde ich ein Sarg voll Erde. Im Leben gleiche ich den Körperwesen, !) II, 13a. ') XIX, 6a und XX, öa.

2 ) IX, 19a. «) X, 9a.

·) x, 6b: ^ to, m m m Jh * > m & m *· ·) XIII, 22a: ^T^^ft®^

M £ * t* Ä * * *' » « # * * * «5

') Vergl. Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 319.

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A. Altere Han-Dynaetie

ebenso wie ich im Tode zur Körperlosigkeit zerfalle. Wird also, so lange ich lebe, die Zahl der Lebewesen nicht vermehrt, und nimmt, wenn ich sterbe, die Erde nicht an Dicke zu ? Wie weiß ich, ob, was ich dabei liebe oder hasse, von Nutzen oder von Schaden ist ?"1) Die Natur bildet die Dinge, wie der Töpfer den Ton knetet, den er von der Erde nimmt. Er bleibt Erde wie vorher, auch wenn ein Topf daraus geformt ist. Wenn dann später das Gefäß entzwei geht und wieder zerfällt, so kehrt es einfach zu seinem Ursprung zurück.2) Die moralisch höchststehenden Menschen sind für Hvai-nan tee die Heiligen und Edlen. In echt chinesischer Weise versucht er nun aber noch, die Weisheit quantitativ zu bemessen und danach vier Klassen von Weisen zu unterscheiden, die er Ying, Tchün, Hao und Tchieh3) benennt, alles Synonyma, welche sich etwa mit herrlich, ausgezeichnet, vorzüglich und hervorragend wiedergeben lassen. Der Weise der ersten Klasse weiß mehr als zehntausend Menschen, der der zweiten Klasse mehr als tausend, der der dritten mehr als hundert und der der vierten mehr als zehn andere. Die einzelnen Klassen werden noch nach der Art ihres Wissens und ihrer Tugend genauer charakterisiert. Solche willkürlichen Einteilungen haben natürlich sehr wenig Wert. VII. Der Herrscher. ,,Der Herrscher ist das Herz des Staates. Wenn das Herz regiert, so sind alle Glieder in Ruhe, wenn das Herz Schwierigkeiten macht, geraten alle Glieder in Verwirrung."4) Das Gedeihen und der Untergang eines Reiches hängen nicht von seiner Größe ab, sondern davon, ob es Too besitzt. Fürsten, welche nur auf Vergrößerung ihres Landes bedacht sind, aber Wohlwollen und Gerechtigkeit nicht üben, welche nur ihre Stellung erhöhen wollen und sich nicht um Too und Te kümmern, schaffen ihr eigenes Verderben.5) Mit einem historischen Rückblick behauptet Huai-nan tse wie Wen-tse, daß die Urkaiser die Große Einheit, die Könige Yin und Yang, die Gewaltherrscher die vier Jahreszeiten und die Fürsten die sechs Töne zum Regierungsprinzip erhoben hätten.6) Die Regierung der iTecÄOM-Dynastie soll vorzüglich, die der Yin gut, die der Hsia nur leidlich gewesen sein7), was insofern bemerkenswert ist, als hier die spätere Zeit für besser gehalten wird als die ältere, während sonst immer dem grauen Altertum der 1

) Es ist zweifelhaft, ob der Mensch als Lebewesen höheren Wert hat als der Erdkloß, aus dem er geformt ist. VII, 4a: «£ % £ 75 fä & ^flj}Tfc 7j flC & .&, ^ T fö £,

£ ± $, Ä^^-flL^S* B> *«?&·&, ^PS* Jh, '&£ flff^*, 1t , BS £ M ·$ 1t, * ±M & ^ H Ä 5*c W. M *) XX, 12a. ^ &, ^ &. «) X, la: ± ^ a ± ( C f , i & . j & J B W » « * . &«. «,. ») XIII, 12a. ·) Vin, 8. Vergl. W&n-tae IX, 28. ') X, lib.

3. Huai-nan tse

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Vorrang gegeben wird. Dieser Meinung ist unser Philosoph nicht; aber er kennt seine Landsleute und sagt von ihnen: „Die gewöhnlichen Leute schätzen das Altertum und achten die Gegenwart gering, daher müssen die Lehrer des Too sich auf Schen-nung und Huang-ti berufen, um ihren Worten Eingang zu verschaffen."1) Der Fürst herrscht in der Weise, daß er nicht handelt und ohne Worte belehrt. Die alten Kaiser hielten sich von allen abgeschlossen und gebrauchten ihre Organe, Augen und Ohren usw. nicht. „Der erleuchtete Herrscher braucht Augen und Ohren nicht anzustrengen und seinen Geist nicht zu ermüden. Wenn die Dinge herankommen, so erkennt er ihre Gestalt, und wenn Geschäfte notwendig werden, so entspricht er ihren Wandlungen. Das Nahe gerät nicht in Unordnung, und das Ferne wird geregelt."2) — „Nichthandeln bedeutet nicht eine Stockung oder Nichtbewegung, sondern nur, daß das Handeln nicht von der betreffenden Person ausgeht,"3) das heißt, daß sie nicht die Initiative ergreift. Das Volk kümmert sich nicht um die Worte des Fürsten, sondern ahmt seine Taten nach. Die Wirkung des Geistes, welche gleichsam vom Herrscher ausstrahlt, ist wie die Kraft des Frühlings, welche das Wachsen hervorbringt, oder die des Herbstes, wodurch die Pflanzen reifen und dann absterben. In ältester Zeit besserte man das Volk durch diese wunderbare Einwirkung, später verhinderte man das Böse, und schließlich wandte man Belohnungen und Strafen an.4) Das war auch das System der .ffaw-Dynastie. Der Fürst muß sich zurückhalten vom Handeln, dann werden seine Beamten tätig sein und Himmel und Erde werden ihm helfen. Wenn er erleuchtet, leeren Herzens und schwachen Willens ist, dann werden die Beamten in seinem Dienst ihre Fähigkeiten erschöpfen. Er benutzt ihre Kraft als Wagen und ihr Wissen als Pferde. Das Gesamtwissen des Volkes und seine Leistungen vermögen den Staat in Ordnung zu halten.5) Die eigentliche Tätigkeit wird also den Beamten und dem Volke zugewiesen, was eine starke Einschränkung des Wu-wei bedeutet. Ganz untaoistisch, aber im Einklang mit den Lehren der Staatsphilosophen und auch der Konfuzianer ist Huai-nan ise's Behauptung, daß der Herrscher das Volk durch Gesetze und Verordnungen regieren müsse. Wenn er keinen Gebrauch davon mache, so sei es grade so, als wolle er ohne Zügel und Gebiß ein Pferd lenken8): „Durch die richtigen Methoden beherrscht man die Menschen, ohne diese wird man von ihnen beherrscht."7) So spricht kein Taoist. Das ist reiner Aktivismus. Auch über das Recht äußert sich der Philosoph nicht wie ein Taoist, sondern

m &ts Ata.

*)ix, leb: £&$££;$ g ;p^jfäf|i^^4fc^ M» *&,»#, M U X ft. JE #7 ft, tt #« -KL. ·) IX, 4—5.

*) IX, 8b.

') A. a. o. & fa jjij $ij . m *, BIJ m M A.

·) IX, 17a.

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A. Ältere Han-Dynastie

wie ein Rechts- oder Staatsphilosoph: „Das Recht entsteht aus dem, was recht ist, dieses aus dem, was der Gesamtheit frommt, und das entspricht den menschlichen Wünschen. Das ist das Wichtigste bei der Regierung."1) — „Das Recht fällt nicht vom Himmel herab und wird nicht von der Erde hervorgebracht, sondern entsteht unter den Menschen."2) — Über die Anwendung des Rechts finden wir einige bemerkenswerte Sätze: „Was man selbst hat, darf man nicht bei anderen verurteilen, und was man selbst nicht hat, nicht von ändern verlangen."3) —· „Was man für die Unteren festgesetzt hat, darf man nicht für die Oberen beiseite schieben, und was man dem Volke verbietet, nicht selbst tun."4) Nicht ein Land ohne Fürst ist ein verlorenes, sondern ein solches ohne Gesetze. Wenn man Gesetze hat, aber sie nicht anwendet, so ist es gerade so, als wenn man sie nicht hätte.5) Wie die Sitten und Gebräuche, so sind auch die Gesetze nicht immer dieselben geblieben, sondern sie haben nach Zeiten und Umständen gewechselt. Die Methoden der Heiligen ändern sich mit den Zeiten, und die Sitten wechseln mit den Gewohnheiten. Kleider und Geräte müssen zweckentsprechend sein und Gesetze und Verordnungen den Umständen angemessen. „Die Veränderung des Alten ist nicht verdammenswert, und die Beachtung der Gewohnheiten ist oft kein Fortschritt."6) Manches, was im Altertum als recht galt, erscheint heute lächerlich, was rühmlich war, ist jetzt schimpflich, und das, womit man vor Alters regierte, stiftet jetzt vielleicht Verwirrung. Trotz seiner taoistischen Richtung ist Huai-nan tse doch durchaus fortschrittlich und nicht im Banne des Altertums. Huai-nan tse widmet ein ganzes Buch dem Kriege7) und äußert darin ähnliche Ansichten wie Lü Pu-wei, auch scheint er alte militärische Werke für seine Darstellung der Kriegskunst benutzt zu haben. Die Tiere, heißt es, leben friedlich nebeneinander oder bekämpfen sich, indem sie ihre Zähne, Hörner, Hufe, Giftstachel als Waffen benutzen. Die zusammen lebenden Menschen geraten in Streit wegen ungerechter Verteilung der Gerechtsame. Da sie keine natürlichen Waffen haben, machen sie sich künstliche aus Leder8) und Eisen, zur Verteidigung und zum Angriff. Ein Heer erfordert starke Panzer, scharfe Waffen, feste Kriegswagen, gute Pferde, genügend Proviant und zahlreiche gut ausgerüstete Soldaten.»)

i) ix, isb: !*

») A. a. O. & ^ # 5 3, # Jfc £, ^ jft fS > *&* *us ScMn-tse llv. Siehe Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 445. ·) Eod. £ & W ft B> * # ff , « ft B > ^ # II - Nach SM-tse I, 8v., Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 524. ·) Eod. J j f f Ä j f t *) IX, 1 6 a. ') Buch XV, 8 ) Die Panzer waren aus Leder. ·) XV, l a und XV, 5 a.

3. Huai-nan tee

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In alter Zeit sollen Kriege nur geführt sein, um Unruhen zu unterdrücken und um das Volk von Tyrannen zu befreien, nicht um Land zu erobern oder um Reichtümer zu erbeuten. Nur gerechte Kriege sind erlaubt. Dazu ist nicht einmal ein Kampf nötig, denn dem Heere des Befreiers fällt das Volk von selbst zu. Eroberungskriege führen zu keinem Erfolge.1) Ein kleinerer Staat besiegt einen größeren mit starker Kriegsmacht, wenn er Tugend übt. Ist die Tugend auf beiden Seiten gleich, so siegt die größere Zahl, ist diese gleich, so siegt die größere Klugheit, und ist die Macht gleich, die größere Kriegskunst.2) Ein vorzüglicher Feldherr benutzt das Too des Himmels, indem er seine Pläne geheim hält, und das Too der Erde, indem er Karten des Geländes hat, und er besitzt das Vertrauen seiner Truppen. Wenn er geschickt operiert und mit Macht vorstößt, erleidet er keine Niederlage. Ein mittelmäßiger macht von dem Too von Himmel und Erde keinen Gebrauch und verläßt sich nur auf seine Truppen. Ein schlechter Feldherr leidet an zu vielem Wissen, das ihn verwirrt und unsicher macht. Er ist ängstlich, wenn er feste Stellungen bezogen hat, und zaudernd beim Vorrücken und wird infolgedessen geschlagen.3) Ein Feldherr muß seine wahren Absichten verbergen, den Feind täuschen und plötzlich wie der Blitz dreinschlagen. Seine Soldaten muß er wie seine Kinder mit Güte behandeln, dann sind sie bereit, für ihn alles zu wagen und in den Tod zu gehen.4) In den chinesischen Bibliographien wird Huai-nan tse gewöhnlich zu den Eklektikern gerechnet. Das sagt noch nicht viel über seine philosophische Stellung, da die Chinesen zu den Tsa-tchia nicht nur Synkretisten, sondern auch ganz selbständige Denker wie Me Ti und andere rechnen, die man nicht gut den Konfuzianern und Taoisten zuzählen kann. Auch Takejiro betrachtet Huai-nan tse als Eklektiker. Sein Werk enthalte Taoistisches und Konfuzianisches und manches aus dem Gebiet der Astronomie, der Dialektik, Rechtsphilosophie und Kriegswissenschaft. Er vergleicht es mit dem Werke des Lü Pu-wei, der den Typus eines Synkretisten darstellt, aber letzterer sei einfach und gut verständlich, Huai-nan tse dagegen schreibe einen raffinierten und schwierigen Stil. Lü Pu-wei zeige eine Vorliebe für Konfuzianismus und Mehismus, Huai-nan tse dagegen für den Taoismus und das Übernatürliche. Daher sei der eine klar und vernünftig, der andere geheimnisvoll und dunkel.5) Watanabe nennt das Werk des Huai-nan tse eine Enzyklopädie. Die Gedanken gingen sehr durcheinander, es fänden sich auch Widersprüche, da so viele Personen daran mitgearbeitet hätten. Es fehle ein Grundgedanke, und die Philosophie gehe keinen Schritt über Lao-tse und Tschuang-tse hinaus8). !) 3 ) sein, *) ·)

2 XV, 1—2. ) XV, 7b und 8 a. XV, 12b. fg. Huai-nan tse selbst scheint ein solcher schlechter Feldherr gewesen zu der einem „Krieger-Kaiser" Wu-ti nicht gewachsen war. 6 XV, 14b und 15a. ) Takejiro, Gesch. d. chin. Phil. II, S. 53. Watanabe, Abriß d. Gesch. d. chin. Phil. II, S. 16.

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A. Ältere Han-Dynastie

Parker weist darauf hin, daß Huai-nan tse von der Nachwelt allgemein als Taoist betrachtet werde1). Wilhelm sieht im Hung-lieh tschuan die letzte Zusammenfassung des alten Taoisnrus. Darin seien Phantasiegebilde des magischen Denkens an die Stelle der Gleichnisreden des Tschuang-tse getreten.2) Mir scheint es, daß wir ein falsches Bild von Huai-nan tse erhalten, wenn wir ihn als Eklektiker bezeichnen. Sein Lehr system ist nicht aus lauter heterogenen Elementen zusammengesetzt, sondern in seiner Grundtendenz taoistisch. Huainan tse betrachtet die Welt vom taoistischen Standpunkt aus, der nur durch konfuzianische, rechts- und staatsphilosophische Anschauungen etwas modifiziert ist. Sein Taoismus ist nicht mehr ganz rein, sondern so, wie er zu seiner Zeit allgemein verstanden wurde, wir könnten ihn daher vielleicht einen unvollkommenen Taoisten nennen. Jedenfalls war er der bedeutendste und einzige Vertreter dieser Lehre unter den Philosophen der Hon-Zeit. Viel neue Gedanken hat er nicht gebracht, die taoistische Doktrin war zu seiner Zeit ebenso wie der Konfuzianismus bereits abgeschlossen, aber er behandelt alle Probleme sehr eingehend, oft mit poetischer Begeisterung und großer Sprachgewalt, oft mit scharfer Logik. Die Abweichungen vom älteren Taoismus, also seinen Eklektizismus, darf man ihm nicht zum Vorwurf machen, denn sie sind durchaus vernunftgemäß und waren notwendig, um den Taoismus, der eigentlich nur für Asketen und weitabgewandte Denker bestimmt ist, auch im Staatsleben verwenden zu können. Das führt allerdings hin und wieder zu schwer zu überbrückenden Widersprüchen mit der Grundlehre. In der Entwicklungsgeschichte des Taoismus nimmt Huainan tse eine wichtige Stellung ein und muß als einer der ersten Philosophen der Han-Zeit gelten. Ein besonderer Vorzug ist sein enzyklopädisches Wissen, daher kann niemand, der die Urgeschichte, alte Mythen und Sagen und die Anfänge der chinesischen Wissenschaften studieren will, an seinem Werke vorübergehen.3)

4. Tung Tschung-schu. Wang Tsch'ung nennt den Historiker Sse-ma Tch'ien, den Philosophen Yang Hsiung und Tung Tschung-schu die drei berühmtesten Männer des Nordens.4) Tung Tschung-schu'fP) Heimat ist Kuang-tsch'uan*) in Süd-Tschili, an der Grenze !) E. H. Parker, Hwai Nan Tsz (New China Review I, 1019 S. 514). ' 2 ) R. Wilhelm, Chin. Phil. S. 81. 3 ) Außer den bereits erwähnten haben sich noch folgende Forscher mit Huai-nan tse beschäftigt: H. Balfour, Taoist Texts, übersetzte Buch I des Hung-lieh tschuan. L. Laloy schrieb: Huai-nan tse et la musique (T'oung-pao 1914 S. 501—530). E. H. Parker veröffentlichte außer dem schon genannten Artikel noch: Some more of Huai-nan tse's ideas (New China Review II, 1920 pp. 551—562), und Evan Morgan hielt über den Philosophen einen Vortrag, den er unter dem Titel: An ancient philosopher's view of the perfect life, 1924 veröffentlichte. «) Dun Heng I, 466. ') £? . ') JH J M -

4. Tung Techung-schu

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von Schantung.1) Sein Beiname war Kuei-yen?); er soll eine Zeitlang auf dem Kuei-yen-Eerge gelebt und danach auch Kuei-yen tse3) genannt sein. Zuerst lebte er sehr zurückgezogen, nur mit seinen Studien beschäftigt, die vor allem dem Tsch'un-tch'iu galten. Drei Jahre lang soll er nicht einmal einen Blick in seinen Garten geworfen haben, und selbst seine Schüler bekamen ihn kaum zu sehen.4) Das Tsch'un-tch'iu wurde der Mittelpunkt seiner Weltanschauung und seiner Lehre. Es erschien ihm als eine himmlische Offenbarung: „Die Lehre des Tsch'un-tch'iu", sagt er „.stammt vom Himmel und nimmt das Altertum als Vorbild."5) „Es verhält sich zu den Dingen der Welt so, daß es das Zurückgehen auf das Altertum billigt, dagegen die Abänderung des Ewigen tadelt und deshalb bestrebt ist, die alten Herrscher zum Vorbild zu nehmen."*) Tung Tschung-schu ist der Ansicht, daß K'ung-tse es nicht wagen konnte, im Tsch'un-tch'iu den Fürsten und Großen seiner Zeit offen den Spiegel vorzuhalten, und daß er deshalb seine Urteile nur verschleiert ausgesprochen habe, aber auf Grund der nur mündlich von ihm gegebenen Erklärungen sei es möglich, aus der Ausdrucksweise seine Meinung zu verstehen.7) Der Kommentar des Kung-yang, welcher erst um die Mitte des zweiten Jahrhunderts vor Christus niedergeschrieben wurde und bis dahin nur mündlich überliefert war, soll den Schlüssel dazu geben. Während die meisten Konfuzianer als Hauptquelle für die Lehre des Meisters seine eigenen Worte im Lun-yü benutzen, stützt sich Tung Tschung-schu vor allem auf einen Kommentar, welcher erst über dreihundert Jahre nach dem Tode des Konfuzius entstanden ist. Wir wissen weder mit Sicherheit, ob er wirklich seine Ansichten getreu wieder gibt, noch bis zu welchem Grade sie durch die mündliche Überlieferung umgestaltet worden sind. Unter Kaiser Tching-ti, 156—140, wurde Tung Tschung-schu zum Studienrat für das Tschfun-tch'iu ernannt. Man hat angenommen, daß er ungefähr um 170 v. Chr. geboren sein muß und, da er ein hohes Alter erreichte, etwa um 90 v. Chr. gestorben ist.8) Als Kaiser Wu-ti im Jahre 140 den Thron bestiegen hatte, ließ er an über hundert Gelehrte von Ruf die Aufforderung ergehen, Vorschläge für die Regierung zu machen. Die von Tung Tschung-schu eingereichten drei Denkschriften, welche uns erhalten sind, trugen den Sieg davon. Es wurde darin die Errichtung von Lehranstalten, die Verwendung von nur tüchtigen Beamten statt der Söhne der Großen und die Annahme des Tsch'un-tch'iu als alleinige Richt') O. Franke, Studien zur Geschichte des konfuzianischen Dogmas und der chinesischen Staatsreligion. Das Problem des Tsch'un-t'siu und Tung Tschung-schu's Tsch'un-ts'iu fan-lu, 1920 S. 91. ") S Wt.' Güe8' Biogr- Diet. 3

) Faber, Doctrines of Confucius S. 10 und Takejiro, Gesch. d. chin. Phil. II, S. 16. Nach Franke a. a. O. S. 93 wird dieser Ausdruck in der Literatur nicht angewandt. 4 ) Franke S. 91.

') Tsch^n-ich'iu fan-lu B. I S. 4b: ^ ft ;£ Jf %. ^ fljj ·) Tsch'un-tch'iu fan-lu l, Sa: -&.

') Franke S. 171.

·) Franke S. 99.

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A. Ältere Han-Dynastie

schnür für den Konfuzianismus unter Ausschluß aller anderen Lehren empfohlen1). Diese Denkschriften trugen in hohem Maße dazu bei, daß der Konfuzianismus als Staatsphilosophie anerkannt wurde. Der Kaiser zog mehrere hundert Konfuzianer heran und brachte ihre Lehren statt der der Rechtsphilosophen, Dialektiker und Taoisten zur Anwendung. Durch Tung Tschung-schu wurde der Kultus des Himmels durch den Kaiser neu gefestigt und dadurch das kaiserliche Ansehen gestärkt. Die Schaffung des staatlichen Unterrichtswesens ging auf seine Vorschläge zurück. In den Jahren 140—135 war Tung Tschung-schu Batgeber beim König Yi in Tchiang-tu2), einem älteren Bruder des Kaisers. Während dieser Zeit schrieb er ein Werk über Omina und erklärte darin eine Feuersbrunst, durch welche ein kaiserlicher Ahnentempel in Liao-tung abbrannte, als ein böses Vorzeichen und eine Warnung des Himmels für die Dynastie. Diese Lehre ist vom orthodoxkonfuzianischen Standpunkte aus unanfechtbar, aber die Schrift wurde von einem Feinde dem Kaiser vorgelegt, der sich dadurch beleidigt fühlte. Die Folge war. daß der Verfasser seines Amtes entsetzt, eingekerkert und zum Tode verurteilt wurde. Nach einiger Zeit aber erfolgte die Begnadigung. Tung Tschuiig-schu sollte nun Berater des Königs von Tchiao-hsi3) in Schantung, eines ändern Bruders des Kaisers, werden. Dieser erwies ihm große Ehren, aber Tung Tschung-schu wußte, daß er schon mehrfach hohe Beamte zu Fall gebracht hatte, und ?;og sich deswegen unter dem Vorwand, krank zu sein, ins Privatleben zurück. Bis an sein Lebensende lebte er nur noch der Wissenschaft und dem Studium und war schriftstellerisch tätig.4) In seiner äußeren Laufbahn gleicht sein Leben etwas dem des Tchia I. Er wird als ein sittenreiner, aufrechter Charakter und als ernster, nüchterner Gelehrter geschildert, der sich durch äußeren Glanz nicht blenden ließ. Wie Wang Tsch(ung zu berichten weiß, hat Tung Techung-schu über hundert Kapitel (p*ien)5) geschrieben.*) Im Haw-Katalog7) werden sie auf 123 beziffert.8) In das Tsch'un-tch'iu fan-lu sind 82 davon aufgenommen. Außer diesem seinem Hauptwerk schrieb Tung Tschung-schu ein Werk über Kung-yang in 16 Kapiteln und eins über das Tsch'un-tch'iu in 10 Kapiteln. Beide sind verloren.9) Man hat ferner, zuerst im 6. Jahrhundert nach Christus, kürzere Schriften literarischen Inhalts: Abhandlungen, Lieder, Oden usw. in ein oder zwei Kapiteln zusammengestellt und unter dem Titel: Tung Tschung-schu tchi10) veröffentlicht. Einige dieser Schriften sind auch im Ku-wen yuan11) enthalten.12) 2 3 ») Franke S. 93. ) £[ %$ in Kiangsu, das Fürstentum des J^ ]£. ) JP ffi. 4 ) Die Lebensbeschreibung des Tung Tschung-schu ist im Schi-tchi Kap. 121 und im Tch'ien Han-schu Kap. 56, die fast wörtlich übereinstimmen, enthalten. ·) HF. o) Lun-heng I, S. 78. ') Im Tch'ien Han-schu Kap. 30. 8 ) Watanabe, Grundriß d. Gesch. d. chin. Phil. II, S. 21 irrt, wenn er von 123 Thron10 berichten spricht. ») Franke, S. 108. ) j| fli £J ^. «) ·£ -*£ jfa aus der T'ang-Zeit, Vergl. Wylie, Notes S. 193. M ) Franke, S. 109—110.

4. Tung Tschung-schu

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Nach den Wirren gegen Ende der ffaw-Dynastien und in den darauf folgenden Kriegsjahren ging ein großer Teil der chinesischen Bücherschätze zugrunde, und auch das Tschun-tch'iu fan-lu verschwindet und kommt erst in der Sui-Zeit1) in 17 Büchern wieder zum Vorschein. Später werden 82 Kapitel angegeben, die aber zum Teil verstümmelt und zusammenhanglos waren. Tsch'eng Ta-tsch'ang*), 1122—1195, erklärte das wieder aufgefundene Werk für eine Fälschung. Die Gedanken seien seicht und fade, den Schriften des Tung Techung-echu entnommen und durcheinander geworfen. Die Zitate aus dem echten Werk in den Enzyklopädien stimmten mit unserem Text nicht überein. Es müsse nach dem 10. Jahrhundert verloren gegangen sein. Lou Fo3) gab im Jahre 1211 den Text in zusammenhängender und verständlicher Form neu heraus. Er benutzte dabei sechs Handschriften, verbesserte Fehler und verderbte Stellen und wies die Echtheit überzeugend nach. Die Ausdrucksweise ist seines Dafürhaltens so eigenartig, daß sie nicht nachgeahmt sein kann. Dieser Ansicht schließt sich auch das Sse-k*u tch'üan-schu Kapitel 29 S. 43b an und erklärt, daß, wenn auch unser heutiger Text nicht in allen Einzelheiten mit dem Original übereinstimmen mag, doch von keiner Fälschung die Rede sein kann. Nach der jetzt wohl allgemeinen Annahme, zu welcher sich auch Franke bekennt, ist der Text in der Sung-Zeit stark verstümmelt, aber echt. Er vergleicht ihn mit einem Trümmerfeld, wo hier und da noch Reste alter Gebäude emporragen und vieles durcheinander geworfen ist. Man merke die bessernden Hände, welche Lücken ergänzt und einzelne Stücke wieder zusammengefügt hätten. Dabei seien öfter Teile eines Aufsatzes in einen anderen geraten.4) Der Titel Tsch'un-tcfciu fan-lu kommt erst in der Äwi-Dynastie auf und bedeutet: „Perlenschnüre des Tsch'un-tch'iu",5) wörtlich: die mit Perlen wie mit herabhängenden Tautropfen geschmückten Schnüre eines Diadems.8)

Das Lehrsystem. I. Metaphysik. In seiner Weltanschauung geht Tung Tschung-schu auf die vorkonfuzianische Zeit zurück. Das höchste Wesen ist für ihn der Himmel, den er fast wie eine Person auffaßt, ein Standpunkt, welchen Konfuzius bewußt verlassen hat, während Me Ti daran festhielt. Es ist die Auffassung, welche wir im Schiking und Schuking fanden. Wie in der späteren TecAow-Zeit treten Himmel und Erde oft verbunden auf und bilden eigentlich eine Einheit. So lesen wir: „Himmel und Erde sind die *) 689—618 n. Chr. Tg*: u *) &$. *) Franke, S. 148—149, 155—156. «) Franke, S. 167. #5f*3ßSt· ·) Das ist die Erklärung des T'se-yuan. Faber, Doctr. of Conf. S. 9 übersetzt: „The Beautiful Dew of the Spring and Autumn".

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A. Ältere Han-Dynastie

Grundlage für alle Dinge, und unsere Urahnen sind daraus hervorgegangen. Weit, groß und unendlich sind sie, und ihre Tugend leuchtet hell. Seit vielen Jahren sind zahllose Wesen erschaffen worden, und so geht es weiter ewig und ohne Ende. Vom Himmel strahlt das hellste Licht aus, und alle Wesen wissen, daß sie ihm ähnlich sind. Indem er sich herabneigt,1) strahlt er. Aus der Erde geht die größte Finsternis hervor2), aber die Sterne und die Sonne leuchten und wagen nicht, die Pflichten von Fürst und Untertan, Vater und Sohn, Mann und Frau zu verbergen."3) Himmel und Erde werden hier als rein stofflich und doch zugleich mit sittlichen Eigenschaften ausgestattete Wesen hingestellt und das Leuchten der Sonne und der Sterne als das Leuchten der Tugend aufgefaßt. „Der Himmel ist der Urahn des Menschen, deswegen ist der Mensch dem Himmel droben ähnlich."4) Das wäre nicht möglich, wenn der Himmel nur materiell wäre. Es wird des weiteren ausgeführt, wie der Mensch vom Himmel seine geistigen Eigenschaften erhält: die menschliche Lebenskraft wird durch den Willen des Himmels zur Menschlichkeit und seine Tugend wird durch die himmlische Vernunft zur Gerechtigkeit entwickelt. Der Mensch steht aber als Geschöpf des Himmels und der Erde nicht unter ihnen, sondern wird ihnen in der bekannten Dreiheit gleichgesetzt, denn: „Himmel, Erde und Mensch sind die Grundlagen für alle Wesen. Der Himmel erzeugt sie, die Erde zieht sie groß, und der Mensch vollendet sie. Der Himmel erzeugt sie mit kindlicher und brüderlicher Liebe, die Erde zieht sie groß mit Kleidung und Nahrung — und der Mensch vollendet sie mit Sitte und Musik.5) Diese drei Elemente wirken zusammen wie Hände und Füße und-bilden zusammen den Körper, und kein einziges darf fehlen."8) Nach dem Gesagten besitzt der Himmel nicht nur einen Willen und Vernunft, sondern auch menschliche Tugenden wie kindliche und brüderliche Liebe. Man fragt sich, warum er zur Erzeugung der Menschen gerade dieser bedarf — und wer sein Vater oder sein Bruder ist, auf welche diese Äußerungen der Zuneigung zunächst gerichtet sein müßten. Der Himmel muß auch eine Persönlichkeit besitzen, denn er gilt als der oberste Gott: „Der Himmel ist der Fürst der hundert Götter. Deswegen ehrt der Herrscher ihn ganz besonders, und aus diesem Grunde bringt er ihm beim Wechsel des Jahres und beim Anfang einer neuen Periode zuerst das Opfer in der Vorstadt *) Das Himmelsgewölbe neigt sich auf die Erde herab und strahlt das Licht der Sterne aus. 2 ) Die Erde besitzt an sich kein Licht. Sie stellt auch das dunkle Ym-Element dar. ") Tach'un-tch'iu fan-lu B. IX, S. 3b: ^ Jfc % $ Ifo £ , ft jfä ± ffi ft &, Jg ^

m m, * m Hg w, m * *%, ?* &*·, ^ tu s. w,* & m-Ö

') T. t. fan-lu XI, la: ^ # ± %. -ÖL, Jft ± ft &. 7j _b S 5£ ·&· 6 ) Alle Wesen, das heißt die Menschen, erhalten erst durch den Menschen die Vollendung, die höhere Kultur, wofür hier Sitte und Musik steht.

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dar."1) Am Neujahrstage pflegt der Kaiser das große Himmelsopfer darzubringen und außerdem noch bei Beginn jeder Jahreszeit dem Himmel im Ahnentempel zu opfern. Wenn der Kaiser seinen Vater, den Himmel, nicht verehrt, dann hilft ihm dieser nicht und erweist ihm nichts Gutes. In dem Falle nützt auch die Verehrung der anderen Götter nichts, sagt doch schon K'ung-tse: „Wer den Himmel beleidigt, hat niemand mehr, zu dem er beten kann."2) Der Himmel herrscht als Fürst über die anderen Götter und Geister, denn, wie Tung Tschung-schu lehrt: „Man weiß, daß der Himmel den Geistern und Dämonen Befehle gibt."3) Wir erkennen den Himmel nur in seiner äußeren Erscheinung als blaues Himmelsgewölbe, aber nicht in seiner Geistigkeit und Göttlichkeit, denn „der Himmel verbirgt seine Gestalt, daher gilt er als Geist4), aber er zeigt seinen Glanz, daher gilt er als erleuchtet5)."8) Der Himmel waltet ganz ähnlich wie der Heilige auf dem Thron, der sich mit weisen Beratern umgibt, denn in der Theorie ist der Sohn des Himmels immer ein Heiliger: „Der Himmel sammelt alle Substanz und ist hart dadurch7), der Heilige sammelt alle Weisen um sich und wird dadurch stark. Der Himmel ordnet Sonne, Mond und Sterne und erlangt dadurch Glanz, der Heilige ordnet Rang und Einnahmen8) und erlangt dadurch Erleuchtung. Die Härte des Himmels beruht nicht auf der Kraft einer einzigen Substanz und die Stärke des Heiligen nicht auf der Tugend eines einzigen Weisen. Deshalb ist der Himmel darauf bedacht, die größte Fülle der Substanz zu erlangen, und der Heilige ist bestrebt, alle Weisen zu vereinigen. Indem jener die Fülle der Substanz schafft, vereinigt er alles Yang, und indem dieser alle Weisen vereinigt, schafft er einmütigen Sinn.9) Durch die Einheit des Yang kann der Himmel seine geistigen Wirkungen ausüben10) und durch Einmütigkeit kann der Heilige seine Erfolge erzielen. Deshalb besteht die Methode einer guten Regierung in der Heranziehung von Weisen und in Einmütigkeit. Der Fürst muß ganz besonders auf das Geistige bedacht sein. Das Geistige kann man nicht sehen und auch nicht hören. Man sieht es wohl, aber nicht seine Gestalt, und man hört es wohl, aber nicht seine Stimme. Da man die Stimme nicht hört, so gibt es kein Echo, und da man die Gestalt nicht sieht, so bemerkt man auch keinen Schatten."11) i) T. t. fan-lu XV, la: ^ * M # ± S 4,

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Lun-yü III, IS: J§ p Jft 35, fc Jff * 4,· T. t. fan-lu XVI, 9a: £* ft fa ^ jfc jft. Die Unsichtbarkeit gilt als Kriterium des Geistes, denn die Geister verbergen sich. Der Glanz, die Erleuchtung wird hier wieder bildlich als Weisheit verstanden. T. t. fan-lu VI, 5b: & £ Jg, gf * ft* & * *, ft W ® W · Das Himmelsgewölbe gilt als massiv, als eine Sphäre aus festem Stoff. Bang und Einnahmen für die Beamten. Das ist ein mehistischer Gedanke. Vergl. Me Ti, S. 214 fg. Der Geist entsteht aus der yonjf-Substanz. T. t. fan-luVI, 8b: ^ « * «f, # M, 9 Ä f f * Jt £1 S 3l· ^. ff B U

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Die hervorstechendste Eigenschaft des Himmels ist Güte und Wohlwollen: „Wohlwollen ist die Gesinnung des Himmels."1) Diese Güte betätigt der Himmel besonders dadurch, daß er jahrein jahraus die Lebewesen hervorbringt, sie ernährt und erhält.2) Genau genommen fällt die Ernährung und Erhaltung der Erde zu, und der Himmel ist nur der Erzeuger, aber Himmel und Erde werden oft, wie wir sahen, wie eine Einheit behandelt.3) Vom Himmel hat auch der Mensch die Anlage zum Wohlwollen erhalten. Daß das Leben ein kostbares Gut ist, gilt den daseinsfreudigen Chinesen als selbstverständlich, während der Inder die Frage verneint. „Die fünf Feldfrüchte sind ihrer Natur nach zur Ernährung der Geschöpfe bestimmt, deshalb schenkt der Himmel sie den Menschen."4) Die Liebe des Himmels erstreckt sich sogar auf Vögel, Vierfüßler und Insekten, denn wie könnten sie von dieser Liebe ausgeschlossen sein ?5) Der Himmel sorgt für die Tiere ebenso wie für die Menschen, indem er sie Nahrung und Unterschlupf finden läßt. Ganz besonders wendet er natürlich sein Interesse seinem Vertreter auf Erden, dem Fürsten zu: „Daraus erkennt man, wie sehr das Herz des Himmels von Güte erfüllt ist. Er liebt den Fürsten und möchte seiner Verwirrung Einhalt tun. Wenn das Zeitalter nicht jeden sittlichen Halt verloren hat, so ist der Himmel durchaus bemüht, es zu stützen und ihm den vollen Frieden zu gewähren."*) Der Himmel spricht nicht selbst zu den Menschen, sondern läßt durch Heilige, die er inspiriert, seinen Willen verkündigen7), unter Umständen drückt er auch durch besondere Geschehnisse sein Mißfallen aus.8) Man unterscheidet dabei kleinere Katastrophen und außerordentliche Ereignisse oder Abnormitäten9). Durch Katastrophen drückt der Himmel seinen Tadel aus, durch Abnormitäten zeigt er seine Macht, um dadurch Schrecken zu verbreiten. Zuerst sendet er Katastrophen und Unglücksfälle wie den Brand des kaiserlichen Ahnentempels. Wenn trotzdem keine Besserung eintritt, dann zeigen sich seltsame und wunderbare Erscheinungen, Monstruositäten, die Entsetzen erregen sollen. Fürchten die Menschen sich auch dann nicht, so trifft sie das Verderben. „Daraus erkennt man den gütigen Sinn des Himmels, welcher die Menschen nicht zu Fall bringen will. Wenn man die Katastrophen und Abnormitäten prüft, so sieht man, was der Himmel im Sinne hat. Einiges wünscht er, anderes nicht. Um das zu er-

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fahren, muß der Mensch sich selbst im Innern prüfen und stets sein Herz zu Rate ziehen und in der Außenwelt die Geschehnisse beobachten und sehen, was im Staate vorgeht. Wenn er aus den Katastrophen den Sinn des Himmels erkennt, so fürchtet er ihn, aber haßt ihn nicht, denn er muß sich sagen, daß der Himmel ihn aufrütteln und von seinen Fehlern erretten will, und daß er deswegen ihm diese Warnungen zukommen läßt."1) Neben dem Himmel kommt Too bei Tung Tschung-schu nur geringe Bedeutung zu. Bei den Taoisten ist Too das Primäre und der Himmel das Sekundäre, das erst von Too geschaffen wird. Bei Tung Tschung-schu ist es umgekehrt, Too hängt vom Himmel ab: „Die große Quelle von Too entströmt dem Himmel. Wenn der Himmel sich nicht ändert, ändert sich auch Too nicht."2) Too wird nur im konfuzianischen Sinne des sittlichen Prinzips des Handelns gebraucht, welches für den Himmel und dann auch für die Menschen gilt. Das geht auch aus dem Zusammenhange der zitierten Stelle hervor. Es ist nicht der Urgrund alles Seins, das transzendente Prinzip der Taoisten. II. Naturphilosophie. Der noch im Pantheismus steckengebliebene Theismus unseres Philosophen erklärt sein großes Interesse für naturphilosophische Spekulationen, durch welche das Zusammenwirken von Geistigem und Materiellem in der Welt erklärt werden soll. Seine Ausführungen haben die Theorie von den Naturkräften nicht unwesentlich gefördert. Sie behandeln die Grundbegriffe Yin und Yang und die fünf Elemente. Tung Tschung-schu geht auf die ursprüngliche Bedeutung von Yin und Yang, feuriger Äther und Wasserdünste3), nicht ein, aber aus seinen Äußerungen geht hervor, daß er sie als kosmische Kräfte und Ursubstanzen betrachtet. Sie wirken bei der Erschaffung der Dinge mit, aber nicht einzeln, sondern nur, wenn sie sich mit Himmel und Erde vereinigen.4) Im Verlauf eines Jahres nimmt die Kraft jedes Fluidums zu und ab, und es wird danach zwischen starkem und schwachem Yang und zwischen starkem und schwachem Yin unterschieden. Der Frühling ist die Zeit des schwachen, der Sommer die des starken Yang, das heißt der geringen und der starken Hitze. Der Herbst wird beherrscht vom schwachen, der Winter vom starken Yin = Kälte. Im Frühling vereinigt sich das schwache Yang mit dem Element Holz, welches über diese Jahreszeit herrscht, und hilft beim Erzeugen von Pflanzen und Tieren. Das starke Yang im Sommer, in Verbindung mit dem Element Feuer, nährt die Lebewesen und zieht sie groß. Im ') T. t. fan-lu VIII, 13b: £ ^ jg £ ^flff^ '& fg

*) Denkechrift III, 7b: & £ * £ ft jft ^ ^ s ) Vergl. World Conception of the Chinese S. 172. «) T. t. fan-lu XV, 6 a.

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Herbst bringt sie das schwache Yin mit dem Element Metall zusammen zur Reife und Vollendung, und im Winter werden sie vom starken Yin, der großen Kälte, mit dem Element Wasser zusammen, nämlich Eis und Schnee, zugedeckt und verborgen.1) Im Laufe eines Jahres bewegen sich Yin und Yang um den Horizont herum, und zwar Yang nach rechts herum und Yin nach links, sie bewegen sich also aufeinander zu und stoßen zweimal zusammen. Im ersten Frühlingsmonat kommt das ronjr-Fluidum im Nordosten hervor, bewegt sich nach Süden, wo es im Sommer seinen Sitz nimmt, geht dann weiter nach Westen und verschwindet im Winter im Norden. Sein Hauptsitz ist der Süden. Im ersten Herbstmonat kommt das -Fluidum im Südosten hervor, bewegt sich nach Norden, wo es im Winter seinen Sitz nimmt, und geht dann weiter über Westen nach Süden, wo es im Sommer verschwindet. Sein Hauptsitz ist der Norden.2) Im Frühling und Sommer ist mehr Taw^-Fluidum (Wärme), im Herbst und Winter mehr Yin (Kälte) vorhanden.3) Im mittleren Wintermonat treffen Yin und Yang zusammen im Norden. Im mittleren Frühlingsmonat steht Yang genau im Osten und Yin im Westen. Dann halten sich beide die Wage, Tag und Nacht sind gleich lang, und wir haben eine mittlere Temperatur. In der Mitte des Hochsommers treffen Yin und Yang wieder zusammen im Süden. Im mittleren Herbstmonat halten sich Yang im Westen und Yin im Osten wieder das Gleichgewicht, Tag und Nacht sind von gleicher Länge, und wir haben eine mittlere Wärme.4) Yin und Yang sind auch im Menschen tätig; Tung Tschung-schu spricht daher vom himmlischen und vom menschlichen Yin und Yang. Beide wirken aufeinander ein und ziehen sich an, daher kann man sie durch symbolische Handlungen beeinflussen. Um z. B. Regen zu erlangen, der zum Fm-Fluidum gehört, muß man dieses in Bewegung setzen, etwa durch Verehrung des Wasserdrachen oder Aufstellung seines Bildes, und wenn man den Regen aufhören lassen will, muß man das rowjT-Fluidum erregen. Es ist wie das Erklingen von Tönen. Wenn der Ton kung auf einer Laute angeschlagen wird, so tönen alle ändern kung auch, ohne berührt worden zu sein.5) Der Begriff von Yin und Yang, welche ursprünglich nur kosmische Fluida oder Substanzen, eben die beiden Urelemente sind, aus denen alles entstanden ist, wird nun aber bedeutend erweitert, indem man ihnen moralische Eigenschaften beilegt und sie danach verschieden wertet, und schließlich entwickeln sie sich zu reinen Beziehungsbegriffen, die man zur Bezeichnung polarer Gegensätze benutzt. Alle diese verschiedenen Bedeutungen finden sich bei Tung Tachung-schu nebeneinander. Yang ist edel, sagt er, und Yin geringwertig: „Alles, was höher steht, ist für das Niedrigere Yang, und alles, was niedriger steht, ist für das Höhere !) T. t. fan-lu VII, 13b und XI, lOa. *) T. t. fan-lu XI, 12 a. 4 ) A. a. O. XII, 3b.

3 6

) A. a. O. XII, l a. ) Loc. cit. XIII, 4b.

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Fin.."1) „Alles, was zum Bösen gehört, ist Yin, und was zum Guten gehört, Yang."z) Yang ist warm, gebend, wohlwollend, großmütig, liebend, schaffend. Yin ist kalt, raubend, bösartig, mißgünstig, hassend, vernichtend.3) Alle diese guten und schlechten Eigenschaften lassen sich mit etwas Phantasie sehr leicht aus der Wärme und der Kälte der beiden Fluida ableiten. Yin gilt danach auch als das Fluidum der Strafen4) und Yang als das der Güte und der Belohnungen.6) Über den polaren Gegensatz zwischen Yin und Yang gibt uns die folgende Stelle Aufschluß: „Jedes Ding bildet mit einem anderen zusammen ein Paar. Solche Paare sind: oben und unten, rechts und links, vorn und hinten, Äußeres und Inneres ........ Das Yin ist das Gegenstück zum Yang, die Frau das Gegenstück zum Mann, der Sohn zum Vater, der Untertan zum Fürsten. Es gibt kein Ding, das kein Gegenstück hätte, und in allen diesen Vereinigungen gibt es ein Yin und ein Yang. Yang vereinigt sich mit Yin und Yin mit Yang, der Mann verbindet sich mit der Frau und die Frau mit dem Manne, der Vater mit dem Sohn und der Sohn mit dem Vater, der Fürst mit dem Untertan und der Untertan mit dem Fürsten. Fürst und Untertan, Vater und Sohn, Mann und Frau werden in ihrem Verhältnis zueinander durch das Gesetz von Yin und Yang bestimmt. Der Fürst ist Yang, der Untertan Yin, der Vater ist Yang, der Sohn Yin, der Mann Yang, die Frau Yin. Das Fin-Prinzip ist derart, daß es den Anfang nicht allein herbeiführen und nicht ganz unabhängig zum Ziel gelangen kann. Sein Erfolg läßt sich nicht trennen und muß mit dem verbunden bleiben, zu dem es gehört. So teilt der Untertan seinen Erfolg mit dem Fürsten, der Sohn mit dem Vater, die Frau mit dem Manne, Yin mit Yang und die Erde mit dem Himmel."«) Tung Tachung-echu'e Bestreben, geistige Vorgänge aus materiellen zu erklären, tritt besonders in seiner Lehre von den vier Hauchen zutage. Die vier Gefühle: Freude, Zorn, Kummer, Lust sollen den vier Jahreszeiten entsprechen und aus den verschiedenen Temperaturen entstehen7): „Der Hauch der Freude ist warm und entspricht dem Frühling. Der Hauch des Zornes ist rein und entspricht dem Herbste. Der Hauch der Lust ist starkes Yang und entspricht dem

i) Eod. xi, 4b: ^ e ± ^ - g Ä Ä T » ^ « E T * . * Ä Ä ± l ^ . ·) Eod. XI, 8a: 3g ± JB M Ä &, g ± Ä & Ä K*) Eod. *) Schwere Strafen wurden früher nur im Herbat, wenn das Ftn-Fluidum herrechte, vollstreckt. ·) T. t. fan-lu XI, 6 a. ·) A. a. . , 7a:

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') Man vergleiche den ähnlichen Gedankengang im Li-ki, welches die Tugenden im Weltraum lokalisiert: Gesch. d. alt. chin. Phü. S. 178— 177.

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Sommer. Der Hauch des Kummers ist starkes Yin und entspricht dem Winter. Diese vier Hauche haben der Himmel und der Mensch gemeinsam, der Mensch kann sie nicht von selbst hervorbringen. Sie können geregelt, aber nicht unterdrückt werden. Geregelt wirken sie harmonisch, unterdrückt bringen sie Verwirrung. Der Mensch wird vom Himmel erschaffen und erfährt Umwandlungen durch den Himmel. Der Hauch der Freude wird dem Frühling, derjenige der Lust dem Sommer, der des Zornes dem Herbst und der des Kummers dem Winter entnommen."1) „Die Frühlingsluft ist warm, daher liebt der Himmel damit und erzeugt die Wesen. Die Herbstluft ist rein, daher zeigt der Himmel damit seine Strenge und vollendet sein Werk. Die Sommerluft ist heiß, daher benutzt sie der Himmel zur Äußerung seiner Lust und ernährt damit die Wesen. Die Winterluft ist kalt, daher trauert der Himmel damit und verbirgt seine Erzeugnisse."2) Entsprechend den in den verschiedenen Jahreszeiten nach ganz bestimmtem Turnus in ihm erregten Gefühlen ist der Himmel im Frühling freundlich, im Sommer gütig, im Herbst gerecht und im Winter streng3). Dem soll sich der Herrscher in seinem Verhalten anschließen, indem er im Frühling und im Sommer seine Untertanen belobt und belohnt, im Herbst und im Winter dagegen leichte und schwere Strafen verhängt. Von dieser Zeit- und Reihenfolge darf, wenn nicht Unglück eintreten soll, nicht abgewichen werden.4) Die fünf Elemente, welche nicht als reine chemische Elemente, sondern vielmehr als metaphysische Substanzen aufzufassen sind, bringen sich nach Tung Tschungschu's Meinung gegenseitig hervor. Holz erzeugt Feuer, Feuer Erde, Erde Metall, Metall Wasser und Wasser Holz. Die Reihenfolge: Holz, Feuer, Erde, Metall, Wasser ist die vom Himmel gegebene, natürliche und an die fünf Jahreszeiten5) geknüpft. Da die Elemente sich wechselseitig erzeugen, so stehen sie zueinander im Verhältnis von Vater und Sohn. Das Holz bewirkt den Frühling, das Feuer den Sommer, die Erde den Spätsommer, das Metall den Herbst und das Wasser den Winter.6) Das Jahr wandert gleichsam um den Horizont herum, indem es im Frühling seine Wanderung im Osten beginnt und sie im Winter im Norden beendigt. Die Jahreszeiten und mit ihnen die ihnen zugeordneten Elemente haben ihren Sitz in bestimmten Himmelsrichtungen. Das Holz im Osten beherrscht die Frühlingsluft, das Feuer im Süden beherrscht die Sommerluft, das Metall im Westen die Herbstluft und das Wasser im Norden die Winterluf t. Erde

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4 ») A. a. O. XVII, 5a. ) Loc. cit. XIII, l a. ) Da man nur vier Jahreszeiten hatte, aber hier wegen der fünf Elemente noch einer weiteren bedurfte, so hat man eigens noch eine fünfte, den Spätsommer, erfunden. ·) T. t. fan-lu X, 9b und XI, 2 a. 5

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hat den Sitz in der Mitte, es ist das vornehmste Element, die ändern vier können nicht ohne dasselbe auskommen.1) Die Elemente bringen sich nicht nur gegenseitig hervor, sondern sie überwinden sich auch gegenseitig. Jedes herrscht 72 Tage im Jahr, beginnend mit der Wintersonnenwende. Ihnen sollen die fünf Grundfarben entsprechen: Holz = grün, Feuer = rot, Erde = gelb, Metall = weiß, Wasser = schwarz.2) Tung Tschungschu findet noch weitere Ähnlichkeiten der Elemente mit den wichtigsten Staatsämtern und nennt dementsprechend Holz den Ackerbauminister, Feuer den Kriegs-, Erde den Bauten-, Metall den Unterrichts- undWasser den Justizminister.3) Wenn zwei Elemente zusammenstoßen, so soll das außergewöhnliche Naturphänomene zur Folge haben. Wie das möglich ist, erfahren wir nicht. Beim Zusammenstoß von Metall und Holz gibt es Krieg, wenn Erde mit Feuer kollidiert, viel Gewitter, wenn Wasser mit Feuer zusammenprallt, hagelt es im Sommer, und wenn Holz und Feuer zusammenstoßen, erfolgt ein Erdbeben. Macht Feuer einen Vorstoß gegen das Wasser, so fällt ein Stern (Meteor) vom Himmel. Auch durch die anormale Veränderung irgend eines Elements wird der regelmäßige Naturlauf gestört. Wenn z. B. Feuer eine solche Veränderung erleidet, dann ist es warm im Winter und kalt im Sommer. Der letzte Grund dafür ist der Mangel an Einsicht auf Seiten des Herrschers, indem er nicht die Guten belohnt und die Schlechten zurückdrängt, so daß die Entarteten die höchsten Stellen innehaben und die Weisen sich verbergen. Die Folge sind unzeitgemäße Wärme und Kälte und Epidemien. Der Herrscher kann Abhilfe schaffen, wenn er die Weisen und Guten erhebt und verdienstvolle und tugendhafte Männer zu Beamten macht.4) III. Natur und Bestimmung. Der Mensch empfängt nach der Ansicht unseres Philosophen nicht nur sein Leben als Geschenk vom Himmel, sondern auch seme Gestaltung hängt in hohem Maße vom Himmel ab: „Der Mensch erhält seine Bestimmung vom Himmel. Er hat eine Natur, welche das Gute billigt und das Böse verabscheut, und kann sie pflegen, aber er kann sie nicht abändern. Er kann dafür sorgen, aber sie nicht beseitigen. Ebenso kann er seinen Körper dick oder dünn machen, aber er kann ihn nicht abschaffen. In gleicher Weise kann auch der weiseste Mann dem Fürsten und den Eltern gegenüber seine bösen Eigenschaften nur zurückhalten, aber er kann im Umgang mit jenen sich nicht selbst von allem Bösen befreien."6) ») Eod. XI, 3 a. ! ) Eod. XIII, lib. Der Lößboden der ältesten chinesischen Siedlungen war gelb. Schwarz als Farbe des Wassers ist schwer zu erklären. 3 ) A. a. O. XIII, 5b. «) A. a. O. XIV, la—Ib. ·) T. t. fan-lul, 9a: 3f fr fö ^ W ^ H S B ± Ö> ^ * HU * W Ä, *T

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Jedem Menschen wird sein Geschick vom Himmel bestimmt, und zwar hängt es besonders ab von seiner Natur oder seinem Charakter, welcher ihm auch vom Himmel verliehen wird. Dieser Charakter läßt sich weiter entwickeln, aber nicht von Grund auf umändern. Er hat einen natürlichen Hang zum Guten, was aber noch nicht besagt, daß er deswegen immer gut ist, denn andere Momente wirken in entgegengesetzter Richtung. Der Mensch kann zwischen Gut und Böse unterscheiden, aber auch diese Fähigkeit verdankt er dem Himmel: „Das Gute für gut halten und das Schlechte für schlecht, das Rühmliche lieben und das Schimpfliche hassen, das vermag der Mensch nicht von selbst, sondern der Himmel hat es dem Menschen eingepflanzt."1) Von dieser Fähigkeit soll der Mensch Gebrauch machen und das Gute tun: „Der Himmel hat den Menschen ihre Natur und ihre Bestimmung gegeben und heißt sie, Wohlwollen und Gerechtigkeit üben und sich schämen vor allem, was schamvoll ist. Es ist nicht mit ihnen wie mit den Tieren und Vögeln, welche in den Tag hinein leben und ohne Überlegung dem Vorteil nachjagen."2) „Den Befehl des Himmels nennt man Bestimmung. Nur der Heilige vermag sie durchzuführen. Die natürlichen Anlagen heißen Natur. Ohne Unterweisung und Erziehung gelangt die Natur nicht zur Ausbildung. Die menschlichen Begierden nennt man Gefühle. Ohne bestimmte Vorschriften und Normen lassen sie sich nicht zügeln."3) Obwohl der Mensch das Gute erkennt und sich durch eine gewisse Neigung dazu hingezogen fühlt, ist er doch im Allgemeinen nicht imstande, dem Befehle des Himmels, die Tugend zu üben, nachzukommen. Nur der Ausnahmemensch, der Heilige, vermag das ohne weiteres. Bei allen anderen müssen die guten Anlagen erst entwickelt und durch Erziehung ausgebildet werden, und außerdem müssen die Begierden und bösen Neigungen, welche neben den guten Anlagen bestehen und dem Guten entgegenwirken, zurückgedrängt werden. Über die menschliche Natur äußert sich Tung Techung-schu sehr eingehend, und seine Ansichten über diese Kernfrage der chinesischen Philosophie sind sehr beachtenswert: „Die Natur läßt sich mit der Saat und die Güte mit Reis vergleichen. Der Reis wächst aus den Saaten hervor, aber nicht alle Saaten werden Reis. Das Gute wächst aus der Natur hervor, aber sie ist nicht vollständig gut. Beim Guten und beim Reis setzt der Mensch das Werk des Himmels fort und vollendet es außerhalb; es ist nicht das vom Himmel verliehene Innerliche. Die Tätigkeit des Himmels reicht bis zu einer gewissen Grenze. Das, was innerhalb dieser Grenze bleibt, nennt man die himmlische Natur, und was außerhalb ist, die i) A. a. O. II, 7b: * «*££,# &flT«. #

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menschlichen Angelegenheiten. Diese sind außerhalb der Natur, aber sie muß die Tugend vollenden."1) Der Vergleich soll dartun, daß die Natur, der Charakter, welchen der Mensch vom Himmel erhalten hat, noch nicht voll entfaltet und noch nicht gut ist. Nur die Möglichkeit, die Anlage dazu ist vorhanden. Der Mensch muß das Werk des Himmels fortsetzen und die gute Anlage voll entwickeln, erst dann wird er gut. Das geschieht durch die nach außen gerichtete Tätigkeit, denn die Natur ist etwas Innerliches. Die menschliche Natur gleicht dem schlafenden Auge: „Die Natur des Volkes hat die Anlage (zum Sehen), aber sie kann noch nichts wahrnehmen, als hielte sie die Augen geschlossen. Erst nachdem sie geweckt und belehrt worden, ist sie gut. Bevor sie geweckt, kann man wohl von einer guten Anlage sprechen, aber sie nicht gut nennen."2) Weiter vergleicht der Philosoph die himmlische Natur, welche noch nicht ihr definitives Gepräge erhalten hat, mit einem Ei oder einem Kokon. Wie daraus ein Küken oder Seide wird, so wird die menschliche Natur erst durch Unterweisung gut: „Der Himmel schaff t die menschliche Natur so, daß sie gute Anlagen hat, aber sie kann nicht ohne weiteres gut sein. Deswegen hat er dafür den Herrscher eingesetzt, um sie gut ZH machen. Das ist die Absicht des Himmels. Das Volk erhält die noch nicht gute Natur vom Himmel und empfängt dann die Unterweisung des Herrschers, welche diese Natur zur Vollendung bringt. Der Herrscher führt den Willen des Himmels aus und übernimmt das Amt, die Natur des Volkes zu vollenden. Wenn man jetzt die wahren Anlagen prüft und behauptet, daß die Natur bereits gut sei, dann verfehlt man des Himmels Absicht und beseitigt das Amt des Herrschers. Wenn die Natur aller Menschen bereits gut wäre, wozu sollte dann der Herrscher bei seiner Einsetzung noch beauftragt werden ?"3) Der Herrscher also ist es, welcher im Auftrage des Himmels die seinem Volke angeborene Natur durch Belehrung weiter entwickelt, so daß sie gut wird. Die menschliche Natur ist nach Tung Tschung-schu'e Ansicht kein einfaches Gebilde, sondern sie besteht aus der Anlage, der eigentlichen Natur, und dem Gefühl: „Was Himmel und Erde hervorgebracht haben, nennt man Natur und > # iti * *> flff

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Gefühl. Beide bilden zusammen eine Einheit, welche noch die Augen geschlossen hält. Die Gefühle sind auch Natur. Wenn man sagt, die Natur sei bereits gut, was wird dann aus dem Gefühl ? Deswegen hat der Heilige nicht gesagt, daß die Natur gut sei, sondern zwei Namen gebraucht."1) Der Heilige ist Konfuzius, welcher noch nicht behauptet hat, daß die Menschennatur von Haus aus gut sei. Die beiden Namen sind Natur und Gefühl. Beide gehören zum Körper wie Yin und Yang zum Himmel. Wenn man dem Menschen nur Natur, aber kein Gefühl zuschreiben wolle, so wäre das nach Tung Tschung-schu's Meinung ebenso, wie wenn man dem Himmel das yw-Fluidum absprechen wollte2). Falls Wang Tsch'ung'a Mitteilung zuverlässig ist, so hat sich Tung Tschung-schu in einem Aufsatz über Natur und Gefühl noch deutlicher ausgesprochen. Darin leitet er die Natur aus dem Yang, das Gefühl aus dem Yin ab und demgemäß würde die Natur gut und das Gefühl schlecht sein entsprechend dem Charakter beider Fluida. Meng-tse soll nur das Yang, Hsün-tse nur das Yin der menschlichen Natur im Auge gehabt haben3). Diese Auffassung würde der des Yang Hsiung sehr nahe kommen4), während die Ausführungen im Tschfun-tchfiu fan-lu mehr mit der Theorie des Kao-tse übereinstimmen, wonach die menschliche Natur ursprünglich indifferent für gut und böse ist und erst durch äußere Einflüsse nach der einen oder der anderen Seite hin gedrängt wird.5) IV. Ethik. Der bürgerlichen Tüchtigkeit wird von Tung Tschung-schu der Vorrang vor der kriegerischen zuerkannt, denn,,Bildung und Tugend gelten als vornehm, kriegerisches Auftreten als minderwertig."6) Die Tugend soll auch Glück im Gefolge haben: „die recht Handelnden erlangen Glück, die nicht Gerechten nicht."7) Der Himmel läßt die Menschen Gerechtigkeit üben und sich Vorteil verschaffen. Vorteil nährt den Körper, Gerechtigkeit das Herz, den edelsten Teil des Körpers. Gerechtigkeit ist wertvoller als Vorteil: „Wenn die Menschen Gerechtigkeit besitzen, dann können sie trotz Armut glücklich sein, wenn sie aber sehr ungerecht sind, so werden sie trotz ihres Reichtums nicht erhalten bleiben."8) Die meisten Menschen freilich kehren das um und streben nur nach Gewinn, ohne sich um die Gerechtigkeit zu kümmern. Sehr reiche Leute werden oft übermütig und neigen zu Gewalttätigkeiten, sehr arme werden durch die Not zum Diebstahl getrieben. Der Weise regelt die Verteilung der Reichtümer; er veranlaßt die Reichen, sich ohne Übermut mit A. a. O. X, 5a: ^ jft £ ft ^ m ± & «, 14

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3 A. a. . X, ob. ) iMti-Mng I, S. 388. Vergl. S. 90. Vergl. Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 556. T. t. fan-lu VI, Ib: & % g % ^, jfff

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ihrem Ansehen zu begnügen, und sorgt dafür, daß die Armen genug zum Leben haben und nicht in Not geraten. Dann herrscht Ordnung1). Dieser soziale Ausgleich gehört zu den Pflichten des Staatsoberhauptes. V. Staatslehre. Staatsoberhaupt ist der Herrscher, in der Han-Zeit natürlich der Kaiser: „Der Lenker der Menschen ist das Oberhaupt des Staates, seine Worte, Bewegungen und Taten sind der Angelpunkt für die zehntausend Dinge."2) Tung Tschung-schu wiederholt den bekannten Grundsatz, daß der Fürst des Volkes wegen da ist, nicht dieses für ihn: „Der Himmel bringt das Volk nicht des Herrschers wegen hervor, sondern setzt den Herrscher ein um des Volkes willen. Wenn also seine Leistungen dem Volke den Frieden geben und es glücklich machen können, dann läßt der Himmel ihn gewähren, wenn dagegen seine Schlechtigkeit so arg ist, daß sie dem Volke Verderben bringt, dann nimmt der Himmel ihn fort."3) Der Herrscher soll in seiner Regierung sich den Himmel zum Muster nehmen, und da dieser das Nichttun übt, so muß auch sein Stellvertreter auf Erden ihm darin folgen. Diesen taoistiscben Satz hat sich Tung Tschung-schu, der sonst mit den Taoisten wenig gemein hat, zu eigen gemacht. Der Herrscher der Menschen, sagt er, verbirgt sich im Innern seines Palastes und gilt deswegen als Geist. Dagegen zeigt er sich in vollem Glänze nach außen und wird deswegen für erleuchtet gehalten. Er bedient sich zur Ausführung seiner Befehle der Weisen und müht sich nicht selbst ab, daher wird er geehrt. Er liebt alle Wesen und belohnt und bestraft nicht nach Laune, daher gilt er als gütig. Das Nichttun erhebt er zum Grundsatz, und Uneigennützigkeit ist sein Schmuck. Seine Beamten gehen, reden und denken für ihn, man bemerkt nichts von seinem Tun, aber der Erfolg wird ihm zugeschrieben.4) „Der Sinn des Fürsten ist wie ausgebrannte Asche,5) sein Körper wie weggeworfenes Zeug. Er beruhigt seine Lebenskraft und nährt seinen Geist. Schweigend übt er das Nichttun. Sein Körper in seiner Stille gibt keinen Schatten, er ertötet jeden Laut, und es folgt kein Echo. Mit leerem Herzen wendet er sich an die Beamten unter ihm."*) Und weiter heißt es: „Der Fürst weilt im Wu-wei, gibt Unterweisungen ohne Worte7), ist still und ohne Laut, ruhig und zeigt sich nicht, macht das Grundlose8) zur Quelle seines Reiches, betrachtet das Reich als seinen Körper, seine Minister als sein Herz, ») Eod. VIII, l a.

·>)) A. a. o. vi, to: A. a. O. VII, 14b: *) T. t. fan-lu VI, 5b. ') Ein Ausdruck des Tschuang-tse: Gesch. d. alt. chin. Phil. 8. 325 Anm. 5.

·) vi, 6b= j£1m ') Der Fürst wirkt schon allein durch sein Auftreten und seine Persönlichkeit. ·) Damit ist wohl Too gemeint.

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ihre Worte als seine Stimme, ihre Taten als seine Erscheinung."1) Das ist taoistische Mystik. Der Fürst benimmt sich so, als ob er kein Mensch mit einem Körper, sondern schon reiner Geist und in Tao aufgegangen wäre. Es kommt für Tung Tschung-schu im Staate vor allem darauf an, das Geistige zur Geltung zu bringen: „Die Verwirklichung des Staatsgedankens beruht auf der Verehrung des Geistigen. Man verehrt es, indem man seine Regierungsart2) übernimmt, und das Geistige ist das, wodurch ein Wechsel herbeigeführt wird. Ohne Ehrerbietung hat man keine Scheu, und ohne Geistiges ist keine Umgestaltung möglich. Wenn man Ehrerbietung erweisen will, muß man die Weisen heranziehen3), und wenn man das Geistige wirken lassen will, muß man eines Sinnes sein. Wenn die Weisen ihren Beistand leihen, steht der Fürst geehrt da, und der Staat hat Frieden, und wenn man einmütig ihre Lehren annimmt, dann erfolgt eine Wandlung wie durch Geisterkraft. Man sieht nicht, was sie tun, aber der Erfolg und die Wirkung sind da. Das nennt man die Verehrung des Geistigen."*) In allem seinen Tun folgt der Herrscher dem Vorbild des Himmels. Dieser ist wohlwollend, er zeigt seine Liebe zu allen Geschöpf en und fördert sie, indem er sie während der Jahreszeiten wachsen und gedeihen läßt. Dieselbe Gesinnung muß der Herrscher dem Reiche gegenüber haben und ihm Ruhe und Glück zu verschaffen suchen.6) Dazu braucht er aber nicht selbst tätig zu sein, denn: „die Tätigkeit geht vom Minister aus, aber der Ruhm dafür fällt dem Fürsten zu."') Die Minister und Beamten folgen dem Beispiel der Erde. Wie diese mühen sie sich im Dienste ihres Fürsten ab für dasWohl des Volkes und überlassen jenem die Ehre des Erfolges.7) Vom Staatsoberhaupt empfangen sie nur die Anregungen zu ihrem Tun ebenso wie die Erde den Samen des Himmels, den sie zur vollen Entwicklung bringt. Den Krieg als Regierungsmaßnahme lehnt Tung Tschung-schu im allgemeinen ab. Seine Autorität, das Tsch'un-teh'iu soll angeblich nicht einmal gerechte Kriege anerkennen, denn es liebt die Menschen, und man darf sie deswegen nicht im Kampfe töten.8) Einem maßvoll geführten Kriege und einem solchen zur Ausübung der Blutrache wird trotzdem eine gewisse Berechtigung zuerkannt.9) Wenn ») T. t. fan-luVl, lla: $ A % % Jg Ü ® ± fö> ff * W £ & 5gflffUS V* S?

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) Das ist das Wu-wei, welches in der ganzen Natur herrscht und nach des Philosophen Auffassung von geistigen Mächten, besonders vom Himmel geübt wird. 3 ) Die Weisen vertreten das Geistige in der Welt. ') T. t. fan-luVI,

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) XI, 6b. ') VI, 5b. ·) Franke a. a. O. S. 202.

«) VI, lib: & #; ft $· g > ) T. t. fan-lu II, 2b.

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4. Tung Tschung-schu

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der Staat vernichtet ist, so ist es gut, daß der Fürst stirbt, denn er ist dann kein Fürst mehr. Gefangennahme entehrt ihn.1) VI. Urteile über Tung Tschung-schu. Heute gilt Tung Tschung-schu als Konfuzianer. Liu Hsin und Pan Kuz) hielten ihn nicht dafür und ordneten ihn nicht der Klasse der Konfuzianer3) ein. Er schien ihnen nicht orthodox, weil er im Gegensatz zu der Mehrzahl der Konfuzianer seine Lehre hauptsächlich auf den ^MW^-j/ow) ^ f|. Franke S. 127. ") fljj§jj&. JÜW;®· ") Franke S. 131—135. Franke S. 112.

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A. Ältere Han-Dynastie

aner, aber er hat taoistische und mehistische Gedanken mit dem Konfuzianismus verschmolzen.1) Die konfuzianische Denkweise des Tung Tschung-achu steht wohl außer Zweifel, aber orthodox war er nicht, sofern man darunter die Übereinstimmung mit dem Lun-yü und Meng-tae versteht. Von den beiden Begründern des Konfuzianismus weicht er durch seine Weltanschauung entschieden ab, denn Tung Tschung-achu ist ausgesprochener Theist, sein höchstes Weltprinzip, der Himmel ist ein persönliches Wesen, während K'ung-tae sowohl wie Meng-tae ihn unpersönlich auffassen. Dadurch steht er dem Me Ti sehr nahe und geht wie dieser auf die vorkonfuzianische Auffassung des Schuking und Schiking zurück, worin Schang-ti wie ein persönlicher Gott auftritt. Das ist seine persönliche Note. Tung Tschung-schu ist wohl der einzige Konfuzianer aus älterer Zeit, welcher eine Verschmelzung von Konfuzianismus und Mehismus vollzogen hat. Vom Taoismus hat er wohl nur das Wu-wei des Fürsten übernommen, denn seine Naturphilosophie, welche mit seiner Metaphysik eng zusammenhängt, ist nicht ausgesprochen taoistisch. Derartige Naturbetrachtungen sind ebenso sehr konfuzianisch wie taoistisch und schon in der Theorie der Pa-kua, im Schuking, Tso-tschuan, Taeng-tse, Li-ki und in den Yiking-Konanent&ren enthalten. Als Philosoph ist Tung Tschung-schu scharfsinnig und besitzt viel größere spekulative Fähigkeiten als sein Meister Konfuzius. Seine Naturerklärungen sind oft phantastisch, aber kaum mehr als die der ändern Naturphilosophen. Das ganze symbolische Denken der Chinesen liegt uns, die wir durch die Schule der Naturwissenschaften gegangen sind, sehr fern.

5. Liu Hsiang. Liu Hsiang*) stammte wie Huai-nan tse von Liu Pang3), dem Gründer der HanDynastie ab, daher sein Familienname Liu. Sein persönlicher Name war ursprünglich: Keng-scheng*), den er später durch Hsiang ersetzte. Er führte die Beinamen Tae-tscheng und Moo-tchin&). Schon in jungen Jahren kam er an den Hof und war etwa dreißig Jahre lang Beamter. Unter Yuan-ti war er Großbeamter, wurde aber im Jahre 40 v. Chr. infolge von Intrigen entlassen. Beim Regierungsantritt des Kaisers Tach'eng-ti, 32 v. Chr., wurde er wieder in seine Würden eingesetzt. Er bekämpfte den Einfluß der Familie der Kaiserin-Mutter, besonders des Wang-Mang, welcher später die Iftm-Dynastie entthronte und sich selbst zum Kaiser machte. Tsch'eng-ti hatte großes Vertrauen zu ihm und hätte ihn gern zu seinem Minister gemacht, konnte es aber gegen den Willen des Wang Mang nicht durchsetzen.8)

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Hackmann, Chin. Phil. S. 207.

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·) Tch'ien Han-schu Kap. 36 S. 33b (Biographie des Liu Hsiang).

. Liu Hsiang

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Liu Hsiang war ein treuer und aufrichtiger Diener seines Fürsten, als Gelehrter und als Mensch gleich hervorragend, ein wahrhaft Edler.1) Im Wesen war er sehr einfach, still und bescheiden und gar nicht zeremoniell, aber er verkehrte nicht mit gewöhnlichen Leuten. Mit größtem Eifer studierte er die Klassiker und die Wissenschaften. Tagsüber las er Geschichtswerke und Chroniken, und des Nachts betrachtete er die Sterne, so daß er oft nicht zum Schlafen kam. Mit den Sternen und seltsamen Vorzeichen war nach seiner Meinung das Schicksal verknüpft und wurde dadurch verkündet.2) Obwohl Konfuzianer, so neigte er doch stark zur taoistischen Mystik. Es wird berichtet, daß ihm des Nachts ein Geist in gelber Tracht, welcher sich als die „Essenz der Großen Einheit"3) bezeichnete, erschienen sei und ihm das Geheimnis der Schöpfung enthüllte.4) Liu Hsiang beschäftigte sich in seiner Jugend eifrig mit Magie. Bei der Verhaftung des Huai-nan tse hatte sein Vater aus dessen Bibliothek ein Werk über Magie an sich genommen. Darin waren Methoden angegeben, wonach man aus wunderkräftigen Substanzen Gold machen und ebenso wie Tsou Yen5) das Leben verlängern könne. Liu Hsiang vertiefte sich in dieses Buch, reichte es später dem Kaiser ein und behauptete, selbst Gold machen zu können. Der Kaiser beauftragte ihn damit, aber trotz aller Anstrengung gelang ihm die Herstellung des Goldes nicht. Darauf wurde er dem Richter zur Bestrafung überwiesen. Dieser schlug wegen Falschmünzerei die Todesstrafe vor. Durch seinen altern Bruder, welcher ihn durch ein Lösegeld freikaufte, wurde er vom Tode gerettet.") Ein Grund der Begnadigung war auch, daß Kaiser Hsuan-tP) ihn mit der Herausgabe des Kommentars des Ku-liang beauftragen wollte.8) Liu Haiang starb im Alter von 71 Jahren. 13 Jahre später trat Wang Mang an die Stelle der Äaw-Dynastie9). Das geschah im Jahre 9 n. Chr. Liu Hsiang muß also im Jahre 6 v. Chr. gestorben und 77 v. Chr. geboren sein.10) Seine Bedeutung liegt mehr auf philologischem als auf philosophischem Gebiet. Von *) *) *) 6 )

Takejiro, Gesch. d. chin. Phü. II S. 32. Biographie S. 31a. ») ± £ fä. Mayers' Reader Nr. 404. Vergl. Gesch. d. alt. chin. Phil. 503.

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) Meine in der Gedankenwelt d. chin. Kulturkreises S. 76 geäußerte Ansicht, daß IÄU

5. Liu Hsiang

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Den Pfad der Tugend findet der Edle am leichtesten durch einen guten Lehrer und durch gutes Beispiel: „Wenn jemand einen weisen Lehrer und gute Freunde zur Seite hat, wenn Schiking, Schuking, Liking und Yoking vor ihm liegen, dann wird es nicht leicht vorkommen, daß er diese verschmäht und Nichtgutes tut."1) Für die Notwendigkeit, den Geist zu pflegen, beruft sich Liu Hsiang auf einen sonst nicht bekannten Ausspruch des Meng-tse: „Meng-tse sagte: Die Menschen verstehen es, ihren Acker zu düngen, aber nicht, ihren Geist zu düngen. Wenn man den Acker düngt, dann erzielt man nur bessere Saat und erntet Reis. Wenn man seinen Geist düngt, dann ändert man sein Handeln und erlangt seine Wünsche. Was versteht man unter dem Düngen des Geistes? umfassendes Studium und große Erfahrung, und was bedeutet, sein Handeln ändern ? seinen Charakter gleichmäßig gestalten und dem Bösen ein Ziel setzen."2) „Der Edle schämt sich nicht, zu lernen und zu fragen, denn Fragen und Forschen sind die Grundlagen des Wissens. Denken und Nachsinnen sind der Weg zum Wissen. Man nennt das wertvoll, wenn jemand um der Menschen willen etwas weiß und dies Wissen vermehrt, und nicht wertvoll, wenn er das Wissen nur für sich selbst benutzen will."3) „Die Fehler eines Edlen sind wie Sonnen- und Mondfinsternisse, sie schaden seiner Erleuchtung nicht."4) Es sind nur momentane Verdunkelungen, die aber seiner Weisheit keinen Eintrag tuen. Ein wirklicher Gelehrter hält an den als richtig erkannten sittlichen Grundsätzen fest, auch wenn er dadurch sein Leben verlieren sollte, und stellt niemals seinen eigenen Vorteil höher: „Der Gelehrte ändert sich nicht wegen seines Vorteils und wechselt sein Benehmen nicht wegen Unglücks. Wenn er sich zur Ehrerbietung und zur Treue fest entschlossen hat, so bereut er es nicht, auch wenn er sterben sollte. Ein Kluger, der eigennützig handelt, ist nicht so gut wie ein Tor, der gerecht ist. Daher heißt es : gewandt und falsch ist schlechter als dumm."5) Liu Hsiang unterscheidet drei verschiedene Arten der Regierung: die Regierung der Könige wirkt durch Veredelung, die der Gewaltherrscher durch Einschüchterung und die der Tyrannen durch Gewalt. Wenn mit Veredelung nichts zu erreichen ist, benutzt man die Einschüchterung, wenn sie ohne Wirkung ist, die Gewalt, und hilft auch die nicht, Leibesstrafen. Der weise König versucht es zuerst mit Belehrung und Unterweisung in der Tugend und nimmt nur im Notfall Hsiang nicht an Geister geglaubt habe, ist richtig zu stellen. Lau Hsiang glaubte nur, daß durch Anrufung der Geister, an deren Existenz er nicht zweifelt, kein Glück zu erlangen sei.

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A. Ältere Han-Dynaetie

zu Strafen seine Zuflucht.1) „Ein erleuchteter Fürst regiert in der Weise, daß er große Belohnungen gibt und leichte Strafen verhängt.2) Bei der Speisung des Volkes nimmt er die Starken als Maßstab und bei der Heranziehung des Volkes zu Arbeiten die alten Leute."3) Wie K'ung-tse hat sich Liu Hsiang über die mannigfachsten Fragen des täglichen Lebens geäußert. Beim Gebrauch der Zunge rät er mit folgenden Worten zur Vorsicht: „Der Mund ist ein Tor, die Zunge ein Mechanismus. Wenn die Worte, .welche, sie hervorbringt, ungehörig sind, so können vier Pferde sie nicht wiedereinholen. Der Mund ist ein Tor, die Zunge eine Waffe. Wenn die Worte, welche sie hervorbringt, ungehörig sind, so verletzt sie sich selbst. Sobald die Worte einem entflohen sind, kann man sie bei ändern nicht mehr anhalten. Taten kommen in der Nähe hervor, und man kann sie in der Ferne nicht anhalten. Worte und Taten sind bewegende Kräfte im Edlen. Nachdem sie in Bewegung gesetzt sind, werden sie der Grund von Ruhm und Schande. Muß man deswegen nicht acht darauf geben ? Ein Ausspruch des K'uai Tse-yü lautet: ,Worte sind wie abgeschossene Pfeile. Sobald die Kerbe die Sehne verlassen hat, vermag keine Reue den Pfeil einzuholen.' "4) ,,Gute Worte soll man nicht von sich selbst sagen und schlechte nicht von anderen."5) Den Satz, daß der Zweck die Mittel heilige, erkennt Liu Hsiang nicht an, denn er sagt: „Gutes läßt sich nicht durch Falschheit herbeiführen und Schlechtes nicht durch Worte beseitigen."6) Obwohl Konfuzianer, huldigt Liu Hsiang doch nicht dem Pazifismus des Mencius, vielmehr erklärt er: „Ohne Wohlwollen und Gerechtigkeit, Härte und Militär läßt sich das Reich nicht in Ordnung halten."7) Den taoistischen Satz der sich erzeugenden Gegensätze drückt er so aus: „Vornehmheit hat seine Grundlage im Geringen, und das Hohe ruht auf niedrigem Grunde. Wenn der Himmel schenken will, so schickt er zuerst Leid, und wenn er jemand verderben will, so verleiht er ihm reiche Schätze."8) Taoistisch klingt auch der folgende Ausspruch: „Ein Baum eine Spanne dick kann ein tausend tchün schweres Haus stützen und eine fünf Zoll lange Feder eine Tür öffnen und !) VII, la. 2

) Die Rechtsphilosophen lehren grade das Gegenteil. ·) XVI, 8a: jg· £ffl,g £ £,ffl£ g, * A « Ab £ ft, » A & % & &· «) XVI, 7a: D * B 4t, S * « 4t,ffiW * &. H # *flg£ 4» P ^ M -ÖL,

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5. Liu Hsiang

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schließen. Können diese Dinge das leisten ? Die Hauptsache ist die Stellung, die sie einnehmen."1) Die beiden Urf luida Yin und Yang betrachtet Liu Heiang nach ihrem Wert und ihrem Geschlecht. Danach steht Yang stets höher als Yin. Beide erscheinen bei Vögeln als Hahn und Henne, bei Tieren als Männchen und Weibchen und bei Menschen als Mann und Frau. In der Familie ist der Vater Yang als der Höherstehende und der Sohn Yin, im Staate der Fürst Yang und der Untertan Yin. „Yang ist vornehm, Yin gering, Yang ist edel, Yin niedrig, das ist das Too des Himmels."2) Dürre kommt vom Übermaß des Fawg'-Fluidums, denn Yang ist Feuer, Überschwemmungen und Sonnenfinsternisse sind die Folge zu starken -Fluidums, denn Yin ist Wasser und Dunkelheit.3) Zum Schluß möchte ich noch einen Aphorismus erwähnen, wodurch die bekannte Tatsache zum Ausdruck kommt, daß im Leben ein starkes Plus auf der einen Seite sehr oft durch ein starkes Minus auf der ändern auf gewogen wird: „Der Sinn kann nicht in allen gleich energisch und die Dinge können nicht nach zwei Seiten gleich vollkommen sein. Einem Aufblühen auf der einen Seite steht ein Verfall auf der ändern gegenüber; wenn etwas links im Überfluß vorhanden ist, so fehlt es rechts; wenn man gern des Nachts lange schläft, so kann man nicht früh aufstehen."4) Wir haben uns bis jetzt nur mit dem Schuo-yuan beschäftigt. In diesem werden wenigstens an einzelnen Stellen die philosophischen Gedanken dialektisch entwickelt. Im Hsin-hsü ist das nicht der Fall. Hier muß man selbst die Nutzanwendung aus den alten 'Geschichten ziehen. Als Beispiel mögen zwei Erzählungen, der „Fischfang" und die „Wildgansjagd" dienen: „Ein Mann aus Tech'u brachte dem König einen Fisch als Geschenk und sagte: .Meinen heutigen Fang kann ich nicht selbst ganz verspeisen. Wenn ich ihn verkaufen wollte, würde ich keinen Abnehmer finden, ihn wegzuwerfen, wäre schade, daher bringe ich ihn zum Geschenk'. Die Begleiter des Königs sagten, das sei eine häßliche Bede, aber der König von Tsch'u sprach: ,Ihr versteht nicht, daß der Fischer ein Mann von humaner Gesinnung ist. Er weiß, daß Scheuern und Speicher übervoll sind an Reis, und daß es im Reiche Leute gibt, die darben, daß im Harem viele Frauen in Abgeschiedenheit leben, während manche Männer im Volke ohne Frauen leben müssen. In den Schatzkammern häufen sich überflüssige Vorräte, und im Lande gibt es viele Arme und Elende. Das alles widerspricht den Grundsätzen eines edlen Fürsten. Die Küchen sind voll von fettem Fleisch und die Marställe von fetten Pferden, während das Volk verhungert aussieht. So sammelt der Herrscher eines untergehenden Reiches in seinen

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A. Ältere Han-Dynastie

Schatzkammern. Schon lange habe ich davon Kunde, aber ich konnte noch nicht entsprechend handeln. Der Fischer weiß darum und hat mich hierdurch aufklären wollen. Jetzt werde ich handeln.' Darauf schickte er Leute ab, um für Junggesellen und Witwer zu sorgen und Waisen und Verlassene aufzunehmen. Er ließ aus seinen Speichern Reis verabreichen, Seidenstoffe verteilen und die Bedürftigen unterstützen. Die Frauen im Harem, welche keinen Dienst hatten, wurden entlassen und mit Junggesellen verheiratet. Unter der Bevölkerung von Tech'u herrschte große Freude, und auch die Nachbarstaaten fielen dem König zu. Daß der TSCÄ'M-Staat von dem einen überflüssigen Fisch, welchen der Fischer als Geschenk brachte, einen solchen Gebrauch machte, muß als ein Zeichen von Edelmut und Weisheit gelten."1) Die Wildgansjagd fand in Liang statt: „Der Fürst von Liang ging zur Jagd und erblickte eine Schar weißer Wildgänse. Er stieg aus seinem Wagen, spannte seinen Bogen und wollte schießen. Auf dem Wege war ein Wanderer. Der Fürst von Liang rief ihm zu, er möge stehenbleiben, aber jener tat es nicht und scheuchte den Zug Wildgänse auf. Der Fürst geriet in Zorn und wollte auf den Wanderer schießen, aber sein Wagenlenker, Kung-sun Hsi, stieg aus dem Wagen, hielt den Pfeil fest und bat den Fürsten, nicht zu schießen. Dieser wurde wütend, nahm eine finstere Miene an und sagte zornig: ,Wie kommt es, daß du nicht zu deinem Fürsten hältst und die Partei eines Fremden ergreifst ?' Kung-sun Hsi entwertete: „Einst zur Zeit des Herzogs Tch'ing von Tch'i herrschte drei Jahre eine große Dürre. Der Wahrsager erklärte, daß, um Regen zu erlangen, ein Mensch geopfert werden müsse. Der Herzog schritt die Halle herab, berührte mit der Stirn den Boden und sprach: ,Der Grund, weswegen ich den Regen erflehe, ist mein Volk. Wenn ich jetzt dafür einen Menschen opfern soll, so will ich mich selbst als Opfer darbringen.' Kaum hatte er das Wort gesprochen, als der Himmel über tausend Meilen im Geviert einen gewaltigen Regen niedergehen ließ. Weshalb ? Weil der Herzog dem Himmel seine Tugend und dem Volke seine Güte gezeigt hatte. Jetzt will der Fürst wegen weißer Wildgänse einen Menschen erschießen. Ich muß dem Fürsten sagen, daß er sich von einem Tiger oder einem Wolfe nicht unterscheidet." Der Fürst von Liang ergriff seine Hand, stieg mit ihm auf den Wagen und kehrte nach Hause zurück. Er trat durch das Tor in den Tempel und rief: ,Heil! heute ist ein Glückstag für mich. Andere pflegen von der Jagd

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. Liu Hsiang

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mit Tieren und Vögeln zurückzukommen, ich bringe heute ein gutes Wort als Beute heim.' "*) Gelegentlich bedient sich Hu Haiang für seine Lehren auch der Fabd, eine Form, welche in der chinesischen Literatur ziemlich selten ist. Einmal läßt er die Eule und die Taube sprechen, ein anderes Mal den Tiger und den Fuchs auftreten. „Die Eule traf die Taube. Diese fragte sie: .Wohin willst du gehen ?' Die Eule sagte: ,Ich will nach dem Osten auswandern.' Die Taube fragte sie nach dem Grunde. Die Eule sagte: ,Die Dorfbewohner mögen alle meine Stimme nicht, deshalb wandere ich nach Osten aus.' Die Taube erwiderte: .Wenn du deine Stimme änderst, dann geht es. Wenn du aber deine Stimme nicht ändern kannst, dann werden sie deine Töne nicht mögen, auch wenn du nach Osten auswanderst.' "2) Der Fuchs spielt die Rolle des Schlauen, der die anderen Tiere überlistet, wie in unserer Tierfabel: „Der König von Tsch'u fragte seine Beamten: ,Ich habe gehört, daß man im Norden den Tschao Hsi-hsü besonders fürchtet. Wie kommt das eigentlich?' Tchiang I antwortete: ,Der Tiger stellte den Tieren nach, um eins zu fressen, und fing einen Fuchs. Dieser sagte: ,Wage nicht mich zu fressen, denn Gott hat mich zum Herrscher der Tiere bestellt. Wenn du mich jetzt frißt, so handelst du gegen Gottes Befehl. Wenn du mir nicht glaubst, so werde ich dir vorangehen, und du folgst mir nach. Dann wirst du sehen, wie die Tiere, sobald sie mich erblicken, davonlaufen.' Der Tiger war damit einverstanden und ging hinter ihm her, und als die Tiere es sahen, liefen sie alle davon. Der Tiger wußte nicht, daß die Tiere ihn fürchteten und flohen, und meinte, es wäre aus Furcht vor dem Fuchs. Nun beträgt das Gebiet des Königs fünftausend Quadrat-Li mit einer Million gepanzerter Krieger, welche speziell dem Tschao Hsi-hsü unterstellt sind. Im Norden fürchtet man nicht den Tschao Hsi-hsü, sondern in Wirklichkeit die gepanzerten Krieger des Königs, ebenso wie die Tiere den Tiger fürchteten. Wenn nämlich ein Beamter gefürchtet wird, so sieht man in ihm den Träger der Macht seines Fürsten, und wenn der Fürst sich nicht seiner bedient, ist seine Macht dahin."3) Hsin-hsüII, 5a: S W «*jfc,

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A. Ältere Han-Dynastie

6. Yang Hsiung. I. Sein Leben. Aus Pi'-hsien1) in der hauptstädtischen Präfektur von Tsch"eng-tu fu (See·· tachuan) stammt der Philosoph Yang Haiung*) mit dem Beinamen Tse-yün3). Er starb im Jahre 18 n. Chr., 70 Jahre alt4), muß also von 52 v. Chr. bis 18 n. Chr. gelebt haben. Einer seiner Vorfahren war in der TecÄow-Dynastie mit dem Distrikt Yang6) in Ho-tung der Provinz Schansi belehnt worden. Yang lag zwischen dem Huang-ho und dem Fin. Daher stammt der Familienname Yang. Die Familie wurde später in den Grafenstand erhoben, aber verlor nach und nach ihr Ansehen, so daß Yang Hsiung's direkte Vorfahren nur noch Bauern waren, die in sehr dürftigen Verhältnissen lebten. Diese Armut wirkte aber keineswegs niederdrückend auf ihn, denn ihn verlangte nicht n&,ch Reichtum und Ansehen, und er fand volle Befriedigung im Studium. In seiner Jugend las er alle Bücher, die ihm in die Hände fielen, und zwar kursorisch, ohne sich allzu lange bei der Erklärung schwieriger Stellen aufzuhalten. Da er 'etwas zum Stottern neigte, mochte er nicht gern reden und wurde sehr schweigsam. Dadurch entwickelte er sich immer mehr zum Grübler und Denker. Seine ersten literarischen Versuche waren Dichtungen in der Art seines Landsmannes, des großen Dichters Sse-ma Hsiang-ju. Später wandte er sich mehr den Elegien zu und nahm sich das Li-sao zum Vorbild, das er nie ohne Tränen lesen konnte. Allerdings war er der Meinung, daß ein Edler wie Tchlü Yuan, wenn er seine Grundsätze nicht durchführen könne, sich von der Welt zurückziehe, aber nicht Selbstmord zu verüben brauche. In Anlehnung an das Li-sao schrieb er selbst eine Elegie, das Fan Li-sacP) und warf sie als eine Huldigung für Tch'ü Yuan vom JfMi-Berg7) herab in den Jfm-Fluß (Ssetschuan). 39 Jahre alt kam Yang Hsiung nach der Hauptstadt Tschang-an, in der Hoffnung dort seine Fähigkeiten besser verwerten zu können, also im Jahre 13 v. Chr. Der Kriegsminister Wang Yin9) stellte ihn wegen seines glänzenden Stils als Privatsekretär an und empfahl ihn dem Kaiser, welcher ihn zum Beamten im Hanlin ernannte. Er erhielt auch ein Hofamt bei der Palastgarde9) und begleitete den Kaiser Tsch'eng-ti wohl in dieser Eigenschaft zum Kan-tch'üan-Y&last, wobei er ihm ein Gedicht über diesen Palast überreichte.10) Ein anderes Gedicht,

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) Nach der Biographie des Yang Haiung im Tch'ien

-achu Kap. 87 B S. 21 a.

·e > » · ) S Slfl SÜ > das in den Elegien von Tech'u erhalten ist.

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») Er wurde |||5 (Lun-Mng II, 233). ) Das "3"^|^. welches nicht erhalten ist.

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6. Yang Hsiung

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welches er bald darauf dem Kaiser einreichte1), hatte zur Folge, daß er zum Rat im Zensorat8) befördert wurde, wodurch er denselben Bang wie Wang Mang und Liu Hein3) erhielt. Von den alten Klassikern schätzte Yang Heiung besonders das Yiking und schrieb nach seinem Muster das T'ai-hsüan tching*), von den jüngeren Klassikern machte auf ihn das Lun-yü den größten Eindruck, und er verfaßte ein ähnliches Werk, das Fa-yen6). Der äußere Anlaß war, daß seine Schüler ihn häufig wegen der Unstimmigkeiten zwischen Äußerungen des K'ung-tse und des Sse-ma Tch'ien fragten. Die Antworten, welche er darauf erteilte, wurden die Grundlage für das Fa-yen. Das T'ai-hsüan tching entstand in den Jahren 6—l v. Chr., das Fa-yen wurde 4 n. Chr. vollendet. Gegen Ende dieses Werkes wird gesagt, daß die iTan-Dynastie 210 Jahre geblüht habe.') Yang Haiung beschäftigte sich viel mit Astronomie. Sein Zeitgenosse Huan T'an'), welcher auch Astronom war, fragte ihn, ob er die Himmelssphäre im Palaste bediente. Yang Haiung bejahte es, behauptete aber, daß er die Gradeinteilungen nicht genau verstehe. Beide disputierten über den Auf gang und Untergang der Sonne bei der Frühlings- und Herbst-Nachtgleiche. Yang Hsiung konnte angeblich über die Stellung der Weltacb.se keine genügende Antwort geben.8) Er verteidigte die Hun-fien-Theorie, wonach der Himmel eine vollständige Sphäre ist, und bekämpfte die -fiTai-t'iew-Theorie, welche den Himmel nur als eine Glocke oder Kuppel betrachtet, mit acht Gründen.9) Auch für Musik scheint sich Yang Hsiung interessiert zu haben, aber er hatte einen anderen Geschmack als Huan T'an. Beide werfen sich gegenseitig Mangel an Verständnis vor.10) Als Wang Mang im Jahre 9 n. Chr. die How-Dynastie stürzte und selber den Thron bestieg, wurden viele Beamte, welche ihm zu schmeicheln wußten, mit hohen Posten belohnt. Yang Hsiung gab sich nicht dazu her und wurde nicht befördert. Wie das Han-schu berichtet, lag ihm mehr daran, sich als Gelehrter durch seine Werke einen Namen zu machen, denn er liebte das Altertum und die Tugend und gab wenig auf äußern Glanz. Erst als er einige Jahre später wegen hohen Alters seinen Abschied nehmen wollte, wurde er zum Großbeamten befördert, nämlich zum Präsidenten des Zensorats. Bald nach dem Regierungsantritt des Wang Mang wurde Liu Fen, ein Sohn des J

) Das jfä ijj $j£ gegen die Jagd. Auch in anderen Dichtungen wie dem j5f j|£ jg£ und dem f^ ffi jj suchte Yang Haiung dem Kaiser Lehren zu erteilen. Sie sind alle verloren.

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) Lun-heng II, 274. ) Lun-Mng II, 89. ) l S? fr £ 36 ' Han ™* Ges- Werke B. XI, S. 15a.

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) Lun-heng II, 297. ^:^^®^ 2 ·***..

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) SEI· 1033—1107. «) T'u-schu tchi tech'i-ng loc. cit. ^ ^ II, S. la: ^| ^ @| ^ jjfc *f j|, =f- 1|·

. Yang Hsiung

83

die beiden Hauptwerke mit ausführlichem Kommentar herausgegeben hat und mit beredten Worten des Verfassers Ruhm verkündet: „Wahrlich Yang Tse-yün ist wirklich ein großer Konfuzianer. Wer hätte wohl nach dem Tode des K'ungtse die Lehre des Heiligen verstanden außer Yang Hsiung ? Meng-tse und Hsüntse lassen sich nicht mit ihm vergleichen, von den übrigen gar nicht zu reden. Lesen wir das T'ai-hsüan tching, so finden wir, daß die größte Klarheit über das „Geheimnisvolle" bei der Menschheit erreicht wird, und daß die größte Dunkelheit bei der Geisterwelt herrscht. Es umspannt die ganze Welt und ist so fein, daß es in ein Haar hineingeht. Die Lehre vom Himmel, Erde und Menschen ist in ihm vereint. Geht man den Dingen auf den Grund, so zeigt es den Ursprung der Menschen, läßt alle Dinge sich entwickeln und ist dafür wie eine Mutter. Wie auf der Erde kann man darin wandern, ohne je zu Ende zu kommen und wie aus einem Meere daraus schöpfen, ohne es je leer zu schöpfen. Das Too der Welt in aller seiner Herrlichkeit ist nur das T'ai-hsüan in anderer Form. Zu Beginn des Chaos war das „Geheimnisvolle" schon entstanden, heutzutage ist es ununterbrochen in Tätigkeit, und so lange es Himmel und Erde gibt, kann es nicht verschwinden. Aus den Gefühlen aller Wesen läßt es sich nicht ausscheiden, und zu den Gestaltungen der Geister steht es nicht im Gegensatz. Zu den Worten der sechs Klassiker ist es nie im Widerspruch. Sollte der Heilige1) Wiederaufleben und das „Geheimnisvolle" erblicken, so würde er es erkennen und es lächelnd für seinen eigenen Geist halten.2) Daraus ersehen wir, daß das „Geheimnisvolle" nur das Yiking ergänzt, und daß es nicht geschrieben ist, um es zu bekämpfen. Wie wenig wußten davon Liu Hain und Pan Ku, und wie vieles ist ihnen entgangen!"3) Schon Su Tung-pfo hat auf die Kürze und damit zusammenhängende Dunkelheit des Stils unseres Philosophen hingewiesen. Sse-ma Kuang sagt dazu folgendes: „Der Stil des Meng-tee ist gerade und klar, der des Hsün-tse reich und elegant, der des Yang-tse kurz und dunkel. Wegen dieser Kürze und Dunkelheit ist er schwer zu verstehen. Die Lernenden betrachten ihn meistens als einen Philosophen, aber sie kümmern sich nicht viel um ihn."4) 1

) Konfuzius. ) K*ung-tee würde das neue Weltprinzip anerkennen und seinem eigenen Geiste gleichsetzen. 3 ) Vorwort des Sse-ma Kuang zu seiner kommentierten Ausgabe des T'ai-hsüan tching: 2

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) Vorwort des See-ma Kuang zu seiner Ausgabe des Fa-yen:

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A. Ältere Han-Dynastie

IV. Die Lehre des Yang Hsiung. Seine Philosophie hat Yang Hsiung in seinen beiden Hauptwerken, dem T'aihsüan tching und dem Fa-yen entwickelt, im ersteren seine Metaphysik, im zweiten seine Ethik. A. Das T ' a i - h s ü a n tching. Das T'ai-hsüan tching ist ein Wahrsagebuch wie das Yiking und diesem nachgebildet, aber keine Erläuterung zu ihm und keine Weiterentwicklung, sondern ein ganz selbständiges Werk, eine Neuschöpfung, welche von vielen Seiten dem Verfasser verübelt wurde, da ein Konfuzianer nur die Gedanken der alten Weisen überliefern und erklären, aber nicht durch eigene ersetzen soll. Selbst Konfuzius wollte nur ein Überlieferer sein. Die Wahrheit ist durch Heilige, welche der Himmel erleuchtet hat, offenbart wurden. Es ist vermessen, ihrer Weisheit etwas hinzufügen und sich also mit ihnen auf gleiche Stufe stellen zu wollen. Diejenigen, welche nicht so streng urteilten, sahen im T'ai-hsüan tching ein Buch der tiefsten Weisheit wie das Yiking, welches wie dieses die Zukunft und das Schicksal enthüllte. Wenn man die Wahrsagerei als Pseudo-Wissenschaft betrachtet, so kann man das Yiking und das T^ai-hsüan tching nur als Verirrungen des menschlichen Geistes ansehen. Yang Hsiung's Ruhm beruht zum größten Teil auf dem T'aihsüan tching, das in seinen Hauptteilen wertlos ist. Wertvoll ist nur was Yang Hsiung in den auf den Hauptteil folgenden Kapiteln besonders im Kapitel VII über das Weltprinzip, welchem er den Namen T'ai-hsüan, das „große Geheimnisvolle" gibt, sagt. Auch darin gleicht sein Werk dem Yiking, dessen wertVollste Teile die Kommentare im Anhang sind. In den technischen Einzelheiten weicht das T'ai-hsüan tching vom Yiking ab. Die Kua1) werden Schau2) genannt, es sind .nicht Hexagramme, sondern Tetragramme, gebildet aus vier Strichreihen. Während für diese im Yiking nur ungebrochene und gebrochene Linien verwandt werden, benutzt Yang Hsiung außerdem noch doppelt gebrochene Linien: —, , . Ein solches Tetra3 gramm ist z. B. = = = fcÄioo ). Die oberste Linie soll immer einer Landschaft (Provinz), die zweite einem Kreise, die dritte einem Bezirke und die vierte einer Familie entsprechen4). Es gibt 81 Tetragramme; sie werden auf das Jahr verteilt, so daß auf 4x/2 Tag immer eins kommt. Jedem Zeichen sind neun Reihen Erklärungen5) hinzugefügt, das gibt im ganzen 729. Wenn man sie auf 365 Tage verteilt, so kommen auf jeden Tag zwei. Die Dreizahl und ihre Potenzen nehmen eine bevorzugte Stellung ein. Zum Wahrsagen mit dem T'ai-haüan tching benutzt man drei Stengel Schafgarbe.6) Die Strichelemente sind auch drei. Yang Hsiung nimmt eine Weltperiode von

·) Hsieh Wu-liang, Gesch. d. chin. Phil. III, 27.

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1539 Jahren an = 81.19, welche er t'ung1) nennt. Drei solche Perioden bilden eine große Periode = yuan.2) Um sich eine Vorstellung vom Ganzen zu machen, dürfte es genügen, die Erklärungen zum ersten Tetragramm zu lesen. Ich kann sie nur mit Vorbehalt geben, denn sie sind so mysteriös, daß man auch mit Hilfe der Kommentare nicht sicher ist, den Sinn richtig erfaßt zu haben. Sie sollen auch gar nicht klar sein, denn die Verfasser derartiger Schriften sind es meist selbst nicht, und sie wollen durch die Dunkelheit ihrer Worte den Schleier des Geheimnisvollen über ihre angeblichen Offenbarungen ausbreiten. Die Kommentatoren verstehen diese Art von Texten meist ebenso wenig, aber sie geben vor, es zu tun, und bilden es sich auch wohl ein. I. Schon: == tschung3). „Das Fflwwj-Fluidum verbirgt seine Triebe im gelben Palast. Vertrauen gebührt dem tschung." „1. Im Chaos und in der weiten Ausdehnung herrscht Stille. Erklärung: Chaos und weite Ausdehnung bezeichnen das reine Denken." „2. Der Geist kämpft im Geheimnisvollen und offenbart Y-in und Yang. Erklärung: Der Geist kämpft im Geheimnisvollen. Gutes und Böses sind gleichzeitig vorhanden." „3. Der Drache erscheint in tschung. Kopf und Schwanz sind gestreckt und können als Vorbild dienen. Erklärung: Der Drache erscheint in tschung, man erkennt seine Tätigkeit." „4. Wenn man das Leere gering achtet und sich nicht (der Entwicklung der Dinge) anschließt, dann ist es unmöglich ein volles Schicksal zu erhalten. Erklärung: Wenn man den Fehler begeht, die Leere gering zu achten, kann man nicht reichlich empfangen." „5. Wenn die Sonne richtig am Himmel steht, kann man diesen Zeitpunkt vorteilhaft benutzen und eine Entscheidung treffen. Erklärung: Wenn die Sonne richtig am Himmel steht, nimmt Vornehmheit ihren Platz ein." ,,6. Dem Mond fehlt etwas an seiner Rundheit, daher ist es das Beste, mit der Helligkeit im Westen zu beginnen. Erklärung: Dem Monde fehlt etwas an seiner Rundheit, das Minderwertige fängt an zurückzuweichen." „7. Nach Vollendung der Entwicklung erreicht Feuer den Höhepunkt. Das nährende Wasser umschließt die Reinheit. Erklärung: Das Umschließen der Vollendung bedeutet, daß man den Beamten die Anwendung der Gesetze überträgt." x ) 3

2 jR. ) 7C) f\>, was hier wohl das Innere, das Herz bedeutet im Gegensatz zum zweiten Tetragramm 1 tschou, das Äußere.

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. Ältere Han-Dynastie

„8. Wenn das Gelbe nicht gelb ist, so wird die Regel des Herbstes umgeworfen. Erklärung: Wenn gelb nicht gelb ist, dann verliert man die Wirkung von techung." „9. Wenn der Geist gestürzt ist, kehren Odem und Körper zum Ursprung zurück. Erklärung: Die Rückkehr des gestürzten Geistes bedeutet, daß die Zeit ungünstig ist."1) Lao-tse nennt Too das „Geheimnisvolle im Geheimnisvollen und das Tor alles Wunderbaren".2) Danach hat Yang Hsiung sein ontologisches Prinzip als das „große Geheimnisvolle" bezeichnet. Es ist eigentlich nichts anderes als Too, nur mit anderem Namen. Das Geheimnisvolle ist, wie schon der Name besagt, nicht sichtbar. Der Mensch kann sein wahres Sein auf keine Weise wahrnehmen. Seine Sphäre ist von derjenigen der Menschen ganz getrennt: „Es verbirgt seinen Aufenthalt und hüllt in Dunkel seine Grenze, vertieft seine Fülle, zeigt aber nicht seine Wurzel. Es hält fest an seinen Erfolgen, klärt aber nicht auf, wie es sie erreicht hat. Erhaben ist das Geheimnisvolle, aber es hält den Menschen sich fern, weit ausgedehnt ist es, aber es wahrt zum Menschen einen großen Zwischenraum. Ein Abgrund ist es und zieht den Menschen in die Tiefe, unendlich ist es und durch unabsehbare Strecken vom Menschen getrennt. Das Schweigende, welches alles zusammenfaßt, ist das Geheimnisvolle; der, welcher es in Bewegung setzt und es ausbreitet, ist der Mensch. Er stößt an sein Tor, öffnet seine Tür und rüttelt am Bolzen, erst dann erhört es ihn. Und wenn er das nicht tut?"3) Obwohl der Mensch also einer ganz anderen Sphäre angehört als das Weltprinzip, so kann er doch durch sein Tun darauf einwirken, allerdings nicht auf das Geheimnisvolle an sich, aber doch auf die Welt, seine äußere Erscheinung. Aber trotz der absoluten Wesensverschiedenheit, welche in der angeführten Stelle zum Ausdruck kommt, ist das Geheimnisvolle doch keineswegs dem Menschen abhold und nicht bestrebt, ihn sich fern zu halten, im Gegenteil, wenn der Mensch es sucht, kommt es ihm nahe: „Wenn jemand sich dem Geheimnisvollen nähert, so nähert sich dieses auch ihm, und wenn er sich davon entfernt, so ent') T'ai-htüan tcUng I, 2-4: =

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6. Yang Hsiung

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fernt es sich auch von ihm. Zum Beispiel der Himmel ist blau im Osten, Süden, Westen, Norden. Blickt man empor, so ist der Himmel überall, blickt man aber herab, so sieht man ihn nicht. Hat sich der Himmel vom Menschen entfernt ? Nein, dieser hat sich selbst entfernt."1) Der Mensch findet das Geheimnisvolle überall, wohin er sich auch wendet, denn es erfüllt die ganze Welt, und er kann sich gar nicht davon loslösen: „Schaut er auf, so erblickt er es über sich, senkt er den Blick, so sieht er es unter sich, erhebt er sich auf den Fußspitzen und schaut er in die Ferne, so ist es vor ihm, vergißt und vernachlässigt er es, so ist es hinter ihm. Das, was er nicht los wird, auch wenn er sich davon trennen will, und dessen Aufenthalt er in Stille findet, ist das Geheimnisvolle."2) Das soll natürlich nicht bedeuten, daß der Mensch das Weltprinzip in seinem reinen Sinn erschauen kann, denn das ist unmöglich, aber er sieht die Welt, in welche es sich objektiviert hat, und in der es enthalten ist. Es umschließt ihn von allen Seiten, und er ist mitten in ihm. Durch stilles Nachdenken findet er seinen Aufenthalt, das heißt, er kann sich wenigstens eine Vorstellung davon machen. Die schöpferische Tätigkeit dieses Weltprinzips wird in folgenden Worten geschildert: „Das Geheimnisvolle breitet in der Stille alle Dinge aus, aber man sieht seine Gestalt nicht. Es bildet und formt das Leere und das Nichts3) und lebt in den Gesetzen, wendet sich den Geistern zu und bestimmt alle Vorbilder. Altes und Neues setzt es in Einklang und bringt danach die verschiedenen Arten der Dinge hervor. Es breitet Yin und Yang aus und läßt das Fluidum hervorkommen.4) Bald erfolgt Trennung, bald Einigung, und Himmel und Erde entstehen. Der Himmel dreht sich täglich im Kreise. Hartes und Weiches folgen aufeinander.5) Alles kehrt wieder an seinen Ort zurück, und Anfang und Ende sind bestimmt. Bald ist Leben, bald Sterben, und die Natur und das Geschick werden deutlich."6) Die beiden Ursubstanzen, Yin und Yang, werden als Helligkeit und Dunkelheit, als Bewegung und als Buhe definiert: „Wenn der Himmel durch sein Wirken alle Dinge erleuchtet, nennt man das Yang. Was das Gestaltlose in Dunkel hüllt und das Unerforschliche mit noch tieferer Nacht bedeckt, nennt man das Yin. , 8a:fr$ ^ % ft J£ ^ & £ ^

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·) . h. t. ^«.« ) Das Geheimnisvolle schafft die Dinge gleichsam aus dem Leeren und dem Nichts, in 3

Wirklichkeit aus seinem eigenen transzendenten Sein, das im Nichts enthalten ist. 4

) Das materielle Fluidum teilt sich in Yin und Yang. ) Aus den luftartigen Stoffen entstehen die flüssigen und festen, die wieder in flüssige und luftartige übergehen. «) Ibid. VII, 6a: £ % fä Jtt ff £. ÜB * fi & % -ÖL> ff W Ä *, BB 6

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A. Ältere Han-Dynastie

Das Yang kennt das Yang, aber nicht das Yin, das Yin kennt das Yin, aber nicht das Yang. Das Yin sowohl als auch das Yang, Ruhe und Bewegung, Dunkel und Helligkeit kennt nur das Geheimnisvolle."1) Daß die beiden Fluida sich nicht gegenseitig kennen, soll wohl nur bedeuten, daß sie sich nicht umeinander kümmern, indem jedes unentwegt seine besondere Funktion, Bewegung und Verbreitung des Lichts, Buhe und Verbreitung der Finsternis ausüben. Sollte das Kennen wörtlich zu nehmen sein, so müßte man die beiden Fluida als geistige Kräfte auffassen, was möglich ist, denn viele betrachten sie als himmlische und irdische Geister. Aber warum sollten sie sich nicht kennen, da sie doch stets zusammen wirken ? Das Wirken des Geheimnisvollen im Verlauf eines Jahres folgt ganz festen Regeln: „Die Zeit nach dem Wintersolstiz und nach Mitternacht ist ein Bild des Näherkommens des Geheimnisvollen. Es ist ein Vorrücken, ohne das Ziel schon erreicht zu haben, und ein Herankommen, ohne anzulangen, Leere, die noch nicht ausgefüllt ist, weshalb man vom Herannahen des Geheimnisvollen spricht. Die Zeit nach dem Sommersolstiz und nach Mittag ist ein Bild des Sichentfernens des Geheimnisvollen. Das Vorrücken hat das Ziel erreicht und weicht zurück, das Herankommen ist beendigt und kehrt um. Alles ist aufgefüllt, und es folgt die Abnahme, daher spricht man vom Sichentfernen des Geheimnisvollen. Sobald die Sonne den südlichsten Punkt erreicht hat, sterben die tausend Dinge, und sobald sie beim nördlichsten angelangt, werden die tausend Dinge neu belebt.2) Sobald der „Scheffel" im Norden steht, sind die tausend Dinge leer, und sobald er im Süden ist, sind sie voll.3) Vom Süden her bewegt sich die Sonne nach rechts und kehrt von links zurück. Der „Scheffel" dagegen bewegt sich vom Süden nach links und kehrt rechts zurück.4) Ob links, ob rechts, ob Leben, ob Sterben, Geist und Seele wirken zusammen, und Himmel und Erde sind einig. Der Himmel ist Geist und die Erde Seele5)."6) Hierzu bemerkt der Kommentar: Alle Veränderungen hängen vom Hsüari1), ') Ibid. VII, 7a: ^ # Hfl ^ fe ^fflfig^ |g, ft fö gg ^ $] £ffi|g ^ £ £p

f%m^%>m, m&mm^%af%,%a&&m*&±&ft* Ä »*n H *. #m z*. ) Mit den tausend Dingen können hier nur die Pflanzen gemeint sein, die nach dem 2

Sommer absterben und nach dem Winter zu neuem Leben erwachen. 3 ) Im Sommer strotzen die Pflanzen von Saft und Lebenskraft, im Winter haben sie dieselben fast ganz verloren. 4 ) Das Sternbild des Scheffels oder des Wagens dreht sich während des Jahres in umgekehrter Richtung wie die Sonne und zeigt durch seine Stellung die Jahreszeiten an, gilt daher als Himmelsuhr. 5 ) Himmel und Erde sind nicht nur materiell, sondern zugleich geistige Wesen. A. a. O. VII, 8b: £ ^ # & f ; * D # $

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A. Ältere Han-Dynastie

Das klingt ganz nach Haün-tae. Als Lehrer haben zu dienen die alten Weisen, deren Lehren in den Klassikern enthalten sind, und K'-ung-tse. „Auf ein Seeschiff zu verzichten und nur über einen Fluß zu fahren, ist eine geringe Leistung. Ebenso ist, wer auf die fünf Klassiker verzichtet und auf irgend eine andere Lehre vertraut, nicht auf der Höhe. Wie kann man Vertrauen haben zu dem Geschmack desjenigen, der die allbekannten Leckerbissen verschmäht und statt dessen absonderliche Speisen liebt, und wie kann man den für einen Kenner der wahren Lehre halten, der die großen Weisen nicht achtet und dafür andere Philosophen liebt l"1) Es gibt nur eine wahre Lehre, denKonfuzianismus, und alle anderen Philosophien sind Verirrungen und von Übel. „Wenn jemand Bücher liebt und nichts von K'-ung-tse wissen will, so führen ihn seine Bücher nur irre. Wenn jemand Gespräche liebt und von K'ung-tse keine Notiz nimmt, so ist das ganze Gerede nur Wortgeklingel."2) Yang Heiung ist streng orthodoxer Konfuzianer. Darauf mag der große Einfluß beruhen, den er auf viele gewonnen hat. Seine Metaphysik widerspricht dem konfuzianischen System nicht, sondern ergänzt es nur, und sein taoistischer Charakter ist dadurch, daß Too durch Hsüan ersetzt worden ist, stark verwischt. Auf die Frage: „Wer kann die Menschen führen?" antwortet Yang Hsiung: „K'ung-tse, denn K'ung-tse ist das Tor." Man fragt weiter: „Benutzt du ihn auch als Tor?" Antwort: ,Als Tor, ja als Tor! Sollte ich allein das Tor nicht nötig haben?'"3) Konfuzius ist eine fest ausgeprägte Persönlichkeit, einzig in seiner Art. Es kann nicht irgend jemand an seine Stelle treten. Das scheint der Sinn des folgenden etwas eigenartigen Dialoges zu sein: „Jemand sagte: Da ist einer, der nennt sich K'ung-tse mit Namen und mit Beinamen Tschung-ni. Er tritt in sein Haus ein, steigt zu seiner Halle empor, beugt sich über seinen Tisch, trägt seine Kleider. Kann man ihn dann Tschung-ni nennen?" Ich erwiderte: „Der Name würde stimmen, aber das Wesen nicht." Frage: „Ich möchte fragen, was Wesen bedeutet ?" — Antwort: „.Wenn ein Schaf seinem Wesen nach, eine Tigerhaut trägt und Gras erblickt, so freut es sich, aber beim Anblick eines Wolfes bebt es, denn es vergißt, daß es eine Tigerhaut trägt."4) Gegen Lao-tse und seine Anhänger, welche die Kultur verdammen, richtet sich folgender Satz: „Der Heilige liebte die Zeit der Unkultur nicht. Daher begannen die Methoden mit Fu Hai und wurden vollendet von ."5) Daß die Kultur

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6. Yang Heiung

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schon von den mythischen Herrschern der Urzeit vollendet wurde, ist natürlich eine Utopie. Vor dem Wissen des Weisen hat Yang Heiung die allergrößte Hochachtung: „Die Worte der Weisen, sagt er, gleichen dem Wasser und dem Feuer, und auf die Frage nach dem Wasser und dem Feuer antwortete er: , Je mehr man das Wasser zu ergründen sucht, desto tiefer wird es, und je mehr man es auszuschöpfen sucht, desto weiter dehnt es sich aus. Je mehr man das Feuer benutzt, desto heller leuchtet es auf, und je mehr man es hegt, desto kräftiger wird es.' "*) Das soll auch vom Wissen der Weisen gelten. Yang Hsiung ahnt nicht, wie wenig auch die größten Weisen in Wirklichkeit wissen. Im übrigen ist die Definition, welche Yang Hsiung von der Weisheit gibt, nicht schlecht: „Jemand fragte nach der Weisheit. Antwort: Die Gedanken von allen Seiten beleuchten. Ein anderer fragte nach dem rechten Handeln. Antwort: Die Tugend nach allen Seiten hin ausbreiten."2) Noch größere Weisheit als Weise und Heilige besitzt der Himmel. Er vermag auch das Gestaltlose zu sehen und das Tonlose zu hören, also das Übersinnliche: „Jemand fragte nach dem höchsten Verstehen. Ich sagte: Das Verschwommene und Unbestimmte vermag nur der Himmel zu hören und nur der Himmel zu sehen. Nur der Himmel kann seine Augen erheben und seine Ohren senken."3) Dadurch sieht und hört er alles. Nach Yang Hsiung''s Auffassung hat der Himmel einen Geist, und dieser ist es, der wahrnimmt. Hier wird er fast vermenschlicht, indem ihm Augen und Ohren zugeschrieben werden, was aber nicht wörtlich genommen zu werden braucht. Es soll nur bedeuten, daß der Himmel Organe oder sonstige Mittel und Wege hat, um alles wahrzunehmen, auch was für die Menschen nicht faßbar ist. Der Himmel ist kein reines Sein wie das Geheimnisvolle, aber ein höherer Geist als der menschliche, dem der materielle Himmel als Körper dient. Es gibt zwei Arten von Wissen, wahres und verkehrtes: wahr ist nach der Meinung unseres Philosophen nur das konfuzianische: „Diejenigen, welche große Erfahrung haben und die wahre Lehre verstehen, besitzen das höchste Wissen. Diejenigen, welche große Erfahrung haben und nur die falsche Lehre kennen, besitzen nur verkehrtes Wissen."4) Der Weise kann auch in die Zukunft schauen und anderen ihr Schicksal weissagen. Gerade um ihn darin zu unterstützen, hat Yang Hsiung sein T'ai-hsüan tching geschrieben: „Jemand fragte: Kann ein Heiliger vom Himmel wahrsagen ? Antwort: Er weissagt von Himmel und Erde. Frage: Wenn dem so ist, wodurch unterscheidet er sich vom Astrologen ? — Antwort: Der Astrologe weissagt vom Himmel ausgehend auf den Menschen, der Heilige vom Menschen ausgehend über

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) Vgl. oben S. 81 Anm. 2.

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B. Spätere Han-Dynastie

Huan T'an antwortete, das Leben hänge von der Körperbeschaffenheit ab, die stärker oder schwächer sein könne und die Lebensdauer bestimme. Da sah er eine Hanfkerze stehen, welche einen Fuß lang herabgebrannt war, und benutzte sie als Beispiel: „Der Geist, sprach er, wohnt imKörper, wie dasPeuer in einer Kerze brennt. Wenn man sie in der richtigen Stellung hält, so daß sie sich dem Teuer anpaßt und es umgibt, dann erlischt sie nicht und bleibt brennen. Eine Kerze ohne Feuer kann nicht allein in der Luft fertig werden und kann nicht ihre ausgebrannte Asche noch einmal entzünden. Diese Asche ist wie das Alter der Menschen. Die Zähne fallen ihnen aus, ihr Haar wird weiß und ihre Haut vertrocknet. Der Geist kann sie nicht innen, außen und ringsherum wieder glänzend machen. Die Lebenskraft vergeht, und man stirbt, ebenso wie das Feuer und die Kerze zusammen aufgezehrt werden. Wenn einen Menschen ein Unglück trifft, er etwa erkrankt und keine Pflege oder keinen guten Arzt findet, so kann er vielleicht daran sterben. Dann verhalten sich sein Fleisch, seine Muskeln und Knochen wie ein Licht, das vom Winde umgeworfen ist. Wenn er keine Rettung findet, so sagt man auch, daß er erlischt."1) · Huan T'an meint, daß im Altertum, als allgemeiner Frieden herrschte, die Menschen von Natur aus kräftiger waren und bis zu hundert Jahren lebten. Der Tod kam plötzlich wie das Abfallen einer reifen Frucht. Als die Zeiten schlechter wurden, die Menschen nicht mehr zur richtigen Zeit heirateten und sich oft überanstrengten, brachten sie nur noch schwächliche Kinder hervor, die leicht erkrankten und früh starben.8) Die Untersuchung über die Lebenskerze hat Huan T'an später noch weiter geführt, indem er dafür die Lebenslampe einsetzte. Er berichtet darüber folgendes: „Später saß ich einmal mit Liu Po-schi im Gespräch des Nachts bei einem brennenden Fettlicht. Das Fett in der Lampe war aufgebraucht, der Docht ausgebrannt und nahe dabei auszulöschen. Deshalb benutzte ich ihn, um Liu Po-schi gegenüber meine Ideen zu erläutern, indem ich sagte: ,Wenn der Mensch alt und gebrechlich ist, so gleicht er jener erlöschenden Lampe,' und ich erzählte ihm auch die frühere Geschichte mit der brennenden Hanfkerze. Liu Po-schi sagte: ,Wenn die Lampe und die Kerze ausgebrannt sind, dann muß man Öl hinzutun und die Kerze auswechseln. Wenn Menschen alt und verbraucht sind, so ist es ebenso mit ihnen; sie müssen ihren Verlust ersetzen.'3) — Ich antwortete: ,Da die Menschen durch ihren Körper bestehen, den sie verliehen erhalten haben, ebenso wie die Lampe, die man richtig hält, wie kann diese, sobald sie vollkommen ausgebrannt ist, diesen Verlust selbst wieder ersetzen ? Das kann (bei Lampe und ') Fragm. XIV, 6b: ffi yj, g ft {£ % fr £ fä 0} £, ft fr tt ft, tt ffi

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*) XIV, 7 a. ) Liu Po-echi scheint die künstliche Verlängerung des Lebens für möglich zu halten.

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1. Huan T'an

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Kerze) wohl von Menschen geschehen, und wenn die Menschen selbst verbraucht sind, möglicherweise vom Himmel. Dieser könnte eventuell andere Menschen aus ihnen machen. Solange ihr Fleisch, ihre Knochen und die Lebenskraft im Blut kräftig sind, halten sich Körper und Geist aufrecht und leben weiter, wenn sie aber verdorben sind, hört das Leben auf, und es folgt die Zerstörung, grade so wie das Feuer vom Fett und von der Kerze abhängt. Das Quantum und die Länge bestimmen den Zeitpunkt des Aufhörens. Daß die Lampe und die Kerze, nachdem sie ausgebrannt sind, sich selbst wieder ergänzen, ist daher unmöglich. Höchstens kann man ander Seite das Fett noch etwas zusammenkratzen und damit die Spitze des Dochtes befeuchten oder den brennenden Hanfstengel zur Seite neigen, damit das Feuer darin Platz findet, worauf beide wieder hell leuchten.1) Sobald aber alles Brennmaterial bis auf den Grund aufgebraucht ist, läßt sich kein Licht mehr anzünden. Beim Pflegen der eigenen Natur kann auch ein Mensch vielleicht ausgefallene Zähne wieder wachsen, weiße Haare wieder schwarz werden und die Haut wieder glatt werden lassen, ebenso wie man den Rest des Fettes sammelt oder die Kerze zum Lichte neigt, aber sobald das Ende des Lebens erreicht ist, bleibt nichts als der Tod übrig."2) Huan T'an kommt dann zu folgendem Ergebnis : Die Weisen wissen, daß kein ewiges Leben zu erlangen ist, die Toren dagegen mühen sich vergebens damit ab. Bäume und Pflanzen entstehen aus dem Yin- und Fawg'-Fluidum in der Erde, wachsen empor, tragen Früchte, welche wieder in die Erde zurückkehren und dort neues Leben hervorbringen. Menschen und Tiere entstehen durch sexuelle Zeugung. Sie wachsen, werden alt und sterben. So folgt ein regelmäßiger Turnus wie bei den vier Jahreszeiten. Wer seine Natur ändern und einen ändern Verlauf erlangen möchte, ist im Irrtum und begreift nicht. Gegen Taoisten und Magier, welche annahmen, daß man durch Schonung der Lebenskraft und Unterdrückung aller Leidenschaften Unsterblichkeit erlangen könne, machte Huan T'an folgende Gegengründe geltend: ,,Liu Hain glaubte an das Gerede der Magier, welche behaupteten, man könne die Kunst, ein Geist zu werden, erlernen. Ich fragte ihn, ob, wenn die Menschen wirklich ihre Wünsche und Begierden unterdrücken und Augen und Ohren verschließen könnten, sie nicht vergehen würden. Ich sah, daß in seinem Hofe eine große Ulme stand, welche schon sehr lange ihre Binde verloren hatte und geborsten war. Darauf *) So pflegt man eine ausgehende Kerze oder Öllampe für eine kurze Zeit wieder zum Leuchten zu bringen.

*)xiv, b: *& Jt»ti0£&j|B*i»ig fi + jflf«, ffi&fll 3&&ÜÄ

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B. Spätere Han-Dynastie

zeigend sagte ich: .Dieser Baum hat keine Gefühle und Wünsche, die er unterdrücken, und keine Augen und Ohren, die er schließen müßte, trotzdem ist er vertrocknet und wurmzerfressen. Wie kann der Mensch bei aller Pflege erreichen, daß er nicht zugrunde geht?' "*) In diesen Untersuchungen benutzt Huan T'an eine andere wissenschaftliche Methode, als bis dahin allgemein üblich war. Er stützt sich auf eigene Erfahrung und eigene Beobachtungen einer Kerze, einer Lampe, einer Ulme, überhaupt der Pflanzen- und Tierwelt, und zieht daraus seine Schlüsse für das Menschenleben. Seine Zeitgenossen und fast alle seine Vorgänger achteten, wie er zu seinem Bedauern feststellt, die eigenen Wahrnehmungen gering und verließen sich ganz auf die Tradition, selbst wenn sie die merkwürdigsten und unglaublichsten Dinge behauptete. Er rüttelte damit an einem der Grundpfeiler der alten chinesischen Philosophie. Dieser kritische Sinn verleitete ihn aber nicht dazu, die Werke von Philosophen, welche viele Übertreibungen und Irrtümer enthielten, ganz und gar zu verdammen. Er macht besonders Tschuang-tse und Huai-nan tse namhaft, deren Schriften voll von Phantastereien seien, aber trotzdem großen Wert besäßen, denn neben manchem Verkehrten enthielten sie auch sehr viel Wertvolles, das man heraussuchen müsse.2) Trotz seiner skeptischen und kritischen Einstellung vermochte Huan T'an doch noch nicht, die Hohlheit der alten Naturphilosophie zu durchschauen und sich aus ihren Fesseln zu befreien. Seine Ausführungen über die fünf Elemente zeigen, daß er sie noch nicht als einen Aberglauben erkannt hat, sondern wie seine Zeitgenossen für wirkliche Wissenschaft hält: „Die Menschen, sagt er, haben den Körper von Himmel und Erde, und ihr Inneres ist erfüllt von der allerfeinsten Essenz. Sie sind die intelligentesten aller lebenden Wesen. Deshalb machen sie Gebärden in Holz, sie sprechen wahr in Metall, sehen klar im Feuer, hören deutlich im Wasser und denken tief in Erdea). Wenn so die fünf Elemente in Bewegung sind, so stehen die Menschen im Handeln und Buhen mit den Geistern in Verbindung. Sind ihre Gebärden höflich, so herrscht Ernst, und das Wetter ist regnerisch. Sind ihre Worte angemessen, so herrscht Ordnung, und das Wetter ist sonnig. Wenn sie klar sehen, herrscht Einsicht, und das Wetter ist heiß. Wenn sie deutlich hören, werden Pläne gemacht, und das Wetter ist kalt. Wenn ihr Geist streng ist, wird Heiligkeit erlangt, und es ist windig. Wie Metall, Holz, Wasser, Feuer alle in Erde enthalten sind, so gehen Regen, Sonnenschein, Hitze und XV, 7a: £|J =f. J% ff $ ± & ^, ffl ft fl| nf *, «f ffl , i

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) XIII, 2a. ) Der Symbolismus läßt sich etwa so erklären: 1. die Zweige der Bäume sind gebogen, geneigt, also: Verneigung, Verbeugung, höfliche Gebärde. 2. Metall leitet das gesprochene Wort. 3. Um zu sehen bedarf man des Feuers, des Lichts. 4. Töne hört man durch die Luft, aber auch durch Wasser. 5. Die Tiefe der Erde entspricht dem tiefen Denken. 3

1. Huan Tan

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Kälte aus dem Winde hervor, und Gebärden, Worte, Sehen und Hören nehmen vom Geist1) ihren Ausgang."2) Mit Bezug auf die Kommentare zum Tsch'un-tch'iu, über welche bei den chinesischen Gelehrten so heftiger Streit herrscht, macht Huan T*an interessante Mitteilungen, welche für die Beurteilung der Präge von Wert sind.3) Wang Tsch'ung spricht von Huan T'an stets mit der größten Hochachtung. Liu Hsiang, Liu Hsin, Yang Hsiung und Huan T'an, sagt er, erstrahlten zu gleicher Zeit ähnlich wie Wen-wang, Wu-iüang und Tschou-kung.*) Er selbst fühlt sich ihm geistesverwandt und vergleicht das Hsin-lun mit dem Lun-heng5). In seiner Kritik des täglichen Lebens und der gewöhnlichsten Irrtümer sei er unübertrefflich. Dem Tung Tschung-schu könne jemand gleichkommen, dem Huan T'an kaum.6) Im Hsin-lun handele er von den Dingen der Welt und unterscheide *) Die 5 Elemente, 5 Tätigkeiten, 5 Witterungen finden sich schon im Hung-fan des Schuking, aber die Tätigkeiten und Witterungen sind noch nicht wie hier mit den Elementen verknüpft.

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2. Wang Tsch'ung

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Hsun-tse, Yang Hsiung, Liu Hsiang und Sse-ma Tch'ien nicht zurückstände. Der Kaiser ließ ihn vorladen, aber Wang Tsch'ung konnte wegen Krankheit dieser Aufforderung nicht Folge leisten. Im Jahre 89 fühlte er sich so schwach, daß er glaubte, seinem Ende nahe zu sein, aber durch gute Pflege genas er wieder. Er nahm Medizin, trank auch Wein und schonte seine Lebenskraft. So lebte er noch eine Reihe von Jahren, während welcher er seine Makrobiotik schrieb. Ungefähr 70 Jahre alt starb er im Jahre 97 n. Chr. Genau ist sein Todesjahr nicht bekannt.1)

II. Seine Werke. Schon vor seinem Hauptwerke, dem Lun-heng2), schrieb Wang Tsch'ung eine „Kritik der Sitten", Tchi-su tchieh-i3) in 12 Kapiteln und ein Werk über Verwaltung, Techeng-ivu*), dessen Umfang nicht bekannt ist, und vor dem Tode die Makrobiotik, Yang-hsing schus) in 16 Kapiteln. Alle drei Werke sind verloren. Die Kritik der Sitten soll in einem sehr leichten Stile verfaßt sein, da Wang Tsch'ung dadurch auf das Volk einwirken wollte, was für jene Zeit etwas ganz Außergewöhnliches war, denn die Gelehrten wichen niemals von der strengen Schriftsprache ab. Erst in unserer Zeit ist der Bann der Schriftsprache gebrochen, um dem Volke die Teilnahme an den Kulturgütern zu erleichtern. Erhalten ist das Hauptwerk, das Lun-heng „Erörterungen und Erwägungen." Sein Zweck ist nicht eigentlich ein philosophischer, sondern ein rein kritischer, eine Kritik und Widerlegung der Irrtümer und Fiktionen, welche in der Literatur Wurzeln gefaßt hatten und das chinesische Volksleben beherrschten. Dabei entwickelt dann freilich Wang Tsch'ung seine eigenen philosophischen Ideen. Nach den im Lun-heng enthaltenen Daten muß es ungefähr in der Zeit zwischen 76 bis 84 n. Chr. verfaßt sein.6) Es besteht aus 30 Büchern mit 85 Kapiteln. Da Wang Tsch'ung sagt, daß er über 100 Kapitel geschrieben habe, so müssen einige Kapitel sehr bald verloren sein, oder man hat mehrere in eins zusammengezogen, denn schon das Hou Han-schu führt 85 Kapitel auf. Der Text ist sehr gut erhalten, wozu seine große Klarheit mit beigetragen haben mag. In den Zitaten des T'ai-p'ing yü-lan finden sich kaum Abweichungen.7) Das Werk war zu sehr verschieden von allen anderen, als daß es auf die Gelehrten jener Zeit, welche alle am Althergebrachten hingen, größeren Eindruck gemacht hätte. Es blieb ziemlich unbekannt. So war es möglich, daß der J

) Wu P'u Jjj ·$£ nimmt die Jahre 98 oder 99 als Todesjahre an. Er veröffentlichte in der Zeitung Schi-echi hein-pao ^f J|J jjpf ^g, November 1927, eine Serie von 8 Artikeln Wang Tsch'ung p'ing-tschuan 3 5 ff fll über Wang Tsch'ung.

·) Ich glaube, daß sich Wu PVs Ansicht, das Werk sei schon um 58 n. Chr. begonnen und dann viel umgearbeitet worden, schwer halten läßt. ') Einige Textverbesserungen gibt Liu P'an-sui im Bulletin of the National Library of Peping 1929, Vol. 3 Nr. 4, S. 475—478: f|J gjj jg, ^ % Q Tgi ffl . Liu P'an-aui, Lunheng tschu-yoo schon.

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B. Spätere Han-Dynastie

Literat und Staatsmann T'sai Yung*) der späteren .Hirn-Zeit es heimlich als eine Art Konversationslexikon benutzen konnte. Man fand, daß seine Kenntnisse und Fähigkeiten plötzlich so zugenommen hatten, daß man vermutete, er müsse einen außerordentlichen Menschen kennen gelernt oder ein besonderes Buch entdeckt haben. Später machte ein anderer Gelehrter, Wang Lang*), es ähnlich. Dadurch erlangte das Lun-heng doch noch eine gewisse Berühmtheit. Von den meisten Chinesen wird Wang Tsch'ung zu den Eklektikern gerechnet. Er selbst betrachtet sich als Konfuzianer, denn auch für ihn bleibt Konfuzius der große Heilige. Darin folgen ihm Tschang Tschi-tung und Faber, die ihn auch zu den Konfuzianern zählen. Wir müssen ihm einen besonderen Platz zuweisen als dem größten chinesischen Skeptiker. Dabei darf man freilich nicht an die griechischen Skeptiker denken, welche die Möglichkeit der Erkenntnis überhaupt bezweifelten. Zu einem solchen erkenntniskritischen Standpunkt ist kein chinesischer Philosoph gelangt. Wang Tsch'ung ist, was man im gewöhnlichen Leben einen Skeptiker nennt. Er zieht einen großen Teil der Grundlagen des chinesischen Wissens in Frage und sucht ihre Haltlosigkeit nachzuweisen.

III. Urteile über Wang Tsch'ung. In der späteren Han-Zeit wurde Wang Tsch'ung dem Wang Fu3) und dem Tschung Tsch'ang-t'ung*) ziemlich gleichgestellt. Sie galten zusammen als die drei Weisen der späteren Haw-Zeit. Ihre Hauptwerke, das Lun-heng, das Tch'ienfu lun&) und das Tsch'ang-yene) wurden zusammen herausgegeben; später aber gerieten die letzteren fast ganz in Vergessenheit, und man las nur noch das Lunheng. Viel Anklang fand es allerdings nicht. Nur Ko Hung, der bedeutendste Denker in der Zeit von der Han- bis zur Sung-Dynastie, welcher alle anderen Philosophen scharf kritisiert, spricht mit hoher Achtung von Wang Tsch'ung und nennt ihn einen großen Philosophen. In der Sung-Zeit schätzte man ihn wenig. Der Kritiker Tsch'ao Kung-uru?) behauptet, das Lun-heng stände hinter den eleganten Schriften der früheren Han-Zeit zurück. Das mag schon sein, da es Wang Tsch'ung mehr auf die Wahrheit als auf den Stil ankam, der sich übrigens, durch seine große Klarheit und Lebendigkeit sehr vorteilhaft auszeichnet und viel besser ist als die gekünstelte Schreibweise der meisten Literaten, bei denen nach Abzug des eleganten Stils meist nicht viel übrig bleibt. Noch ablehnender verhält sich Kao Sse-sun9), der das Lun-heng für einen Mischmasch in schlechtem Stil ohne inneren Wert erklärt, in dem die Moral zu wenig geachtet würde und der höchstens als eine „Hilfe für

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2. Wang Tsch'ung

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Konversation" dienen könne. Andere verurteilen Wang Tsch'ung wegen seiner gottlosen Äußerungen über die Ahnen und Konfuzius, den er zu kritisieren wagte. Das Sse-k'u tch'üan-schu, Tch'ien Lung's großer Katalog aus dem 18. Jahrhundert, kann nicht umhin, Wang Tsch^ung^s Bedeutung wenigstens teilweise anzuerkennen. Seine Äußerungen über K'ung-tse und Meng-tse seien abscheulich, aber durch die Aufdeckung von Irrtümern und Lügen habe er viel zur Förderung der Kultur beigetragen und auch meist das Richtige getroffen. In neuester Zeit, wo die Fesseln des Konfuzianismus gefallen sind, hat sich ein Umschwung in der Beurteilung des Wang Tsch'ung vollzogen, und es dämmert den modernen Chinesen auf, daß dieser so lange verkannte Philosoph zu ihren größten Denkern gehört, neben dem manche Berühmtheit von ehedem verblaßt. Daher wird ihm auch in den neueren Geschichten der Philosophie ein breiter Raum gegönnt. Auch die japanischen Sinologen haben seine Bedeutung erkannt. Watanabe1) faßt sein Urteil in folgenden Sätzen zusammen: Wang Tsch'ung vergrub sich nicht in alten Texten, die er wie seine Zeitgenossen erklärte, sondern sein Wissen war ein lebendiges, er kannte alle Philosophen und besaß ungewöhnliche Fähigkeiten. Die Art seiner Beweisführung ist ganz modern. Er gibt eine Geschichte der religiösen Ideen der Han-Zeit. Auch zur Bekämpfung irriger Lehren unserer Zeit ist das Lun-heng sehr geeignet. Wu P'u schreibt in seiner Artikelserie unter dem 11. November 1927: Wang Tsch'ung ist der kühnste Denker unter den chinesischen Philosophen. Er hat nicht nur die Fesseln der allgemein anerkannten Wahrheiten vor der flem-Zeit, sondern auch die der späteren Zeit gesprengt. Darin besteht sein unvergänglicher Ruhm, aber deswegen ist er auch verleumdet und totgeschwiegen worden. Als größter Philosoph der älteren Han-Zeit gilt Tung Tschung-schu, aber seine Theorien schweben in der Luft und sind an die Tradition gebunden. Wang Tsch'ung stand an Ansehen tief unter ihm. Er galt als Rebell gegen die allgemeine Weltanschauung und die althergebrachten Meinungen, wurde deswegen geächtet und seine Werke fanden keine Verbreitung. Heute kennen viele Chinesen ihn nicht einmal dem Namen nach. Wang Tsch'ung ist der erste Philosoph, der seine Ansichten durch Erfahrungstatsachen begründete. Die Philosophie der Han- und Äwwg-Philosophen ist geheimnisvoll und leer, reine Phantasie ohne irgendwelche Beweise.2) Tung Tschung-schu und Yang Hsiung kamen Wang Tsch'ung nicht gleich. Er sollte uns noch heute als Vorbild dienen, und wir sollten in unserer Zeit der geistigen Erstarrung seine Lehren annehmen.3) Als vier Besonderheiten des Wang Tsch'ung hebt Wu P'u hervor: 1. Wang Tsch'ung war es nur um die Wahrheit zu tun, nur deswegen und nicht aus Streitsucht greift er alle Irrtümer an. 2. Er bediente sich der Erfahrungstatsachen und ist Empirist. 3. Er hatte den Mut, an allen alten Autoritäten zu zweifeln. 4. Für alle seine Behauptungen suchte er strenge, logische Beweise beizubringen.4) x

) Watanabe, Abriß Gesch. chin. Phil. II, S. 35 und 40. 3 ) Artikel VII. ) Art. VIII.

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) Art. V.

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B. Spätere Han-Dynastie

Die Ansichten der europäischen Sinologen, welche sich mit Wang Tsch'ung beschäftigt haben, sind sehr verschieden und stark von ihrem philosophischen Standpunkt beeinflußt. Wohl der erste, der die Aufmerksamkeit auf unseren Philosophen gelenkt hat, ist Mayers. Wir lesen in seinem 1874 veröffentlichten Reader's Manual unter Nr. 795: „Wang Ch'ung, & philosopher, perhaps the most original and judicious among all the metaphysicians China has produced who in the writings derived from his pen, entitled Critical Disquisitions, ,,Lun Heng" handles mental and physical problems in a style and with a boldness unparallelled in Chinese literature. He exposes the "exaggerations" and "inventions" of Confucianists and Taoists with equal freedom, and evinces in the domain of natural philosophy a strange superiority to the fantastic beliefs of his countrymen." Zenker nennt Wang Tsch'ung einen Eingänger, dem Konfuzianismus entfremdet, den dritten der drei großen Philosophen der Han-Zeit, einen Mann ureigenster Art1). Er sei Essayist und Journalist, der immer gegen den Wind gehe, auch in der literarischen Form. Die Essays, heißt es, sind kritisch und polemisch, mit beißender Satire gegen alte und neue Vorurteile. Sie sollten nicht schöpferisch sein. Seine Zeitgenossen haben sich gegen den unwissenschaftlichen, ja saloppen Stil gewandt.2) Der populäre Ton ist beabsichtigt, er will von allen verstanden sein. Was er von der Berechtigung selbständiger, von jeder Überlieferung unabhängiger Meinung sagt, klingt überzeugend3). Wang Tsch'ung hat als Philosoph viele schwache Seiten, aber auch große Vorzüge. Er war kein Systematiker wie die Sung -Philosophen, nicht einmal ein ruhiger und gründlicher Denker, zu temperamentvoll, um ein Problem zu erschöpfen, oft auch sich widersprechend. Seine Aufsätze sind auch nach unserem Geschmack geistvoll und elegant, könnten auch in unseren Zeitschriften gute Feuilletons, aber auch nur Feuilletons sein. „Ein chinesischer Montaigne aus dem ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung, ist er für uns doch vielleicht gerade dadurch eine im höchsten Grade fesselnde Erscheinung, da wir nun einmal gewohnheitsmäßig in den Chinesen lauter trockene, verzopfte, pedantische Scholastiker sehen wollen." Seine Naturbeobachtungen sind für seine Zeit oft überraschend gut und richtig, dagegen sind seine a posteriori-Argumente meist schwächlich und nicht überzeugend. „Alles in allem ist er für seine Zeit ein Meteor, das durch sein grelles, unvermitteltes Aufleuchten überrascht, aber keinen nachhaltigen Eindruck auszuüben vermag."4) Als ein Mann mit klarem Blick und als ausgezeichneter Journalist kann Zenker nicht umhin, Wang Tsch'ung zu bewundern, andererseits kann er aber als Idealist ») Zenker, Gesch. d. Chin. Phil. II, 111. 2 ) Von unwissenschaftlichem, saloppem Stil kann gar keine Bede sein. Wang Tsch'ung schreibt einen sehr klaren und einfachen und dabei glänzenden, durchaus wissenschaftlichen Stil, etwa wie der moderne Schriftstil unter der Mandschu-Dynastie, den z. B. Liang Tch'itech'ao meisterhaft handhabte. 3 ) A. a. O. II, 113. «) Ibid. II, 125—127.

2. Wang Tsch'ung

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seine Ansichten nicht billigen. Daher entdeckt er Fehler, wo keine sind, und vermag die Richtigkeit seiner Beweisführung nicht zu erkennen. Sehr viel schlechter als bei Zenker kommt Wang Tsch'ung bei Wilhelm weg. Dieser sieht in ihm einen merkwürdig abseitigen Philosophen. Von angeborener Streitsucht habe er sich kritisch gegen Vorurteile, Glaubenssätze und philosophische Theorien seiner Zeit gewandt. Sein Denken entspringe nicht tiefer Besonnenheit, sondern mehr der Laune des Widerspruchs. Seine rationalistischen Gründe seien wenig überzeugend, andererseits stecke er noch tief im Aberglauben. Mehr das Grämliche seiner Grundstimmung als tiefe Abneigung gegen die Weltanschauung seiner Zeit sei bemerkenswert. Wilhelm tadelt die Abwesenheit jeder höheren Erkenntnisart, denn Wang Tsch'ung lehne alles ab, was über das rationelle Denken des gesunden Menschenverstandes hinausgehe1) (sie!). Wilhelm ist Mystiker und glaubt an die Möglichkeit intuitiver Erkenntnis und innerer Schau des Urgrundes alles Seins. Daher muß ihm ein Skeptiker und Empirist unsympathisch sein. Er macht es gerade so wie die Taoisten, welche das Wissen der Konfuzianer als Nichtwissen und nur ihre eigenen Phantasien als wahres Wissen betrachten.

IV. Das Lun-hgng.2) 1. Metaphysisches. Wang Tsch'ung baut seine Philosophie auf dem Taoismus auf und zeigt auch für Huang-ti und Lao-tse ganz besondere Hochachtung, aber er hat aus ihrer Lehre alles Überschwengliche, alles Transzendente und Mystische entfernt und gerade die Hauptsache, Too, verschwinden lassen. So wird bei ihm aus der in das Übersinnliche auslaufenden Philosophie des Lao-tse ein reiner Naturalismus, der sich nur auf das Diesseits beschränkt und von einem Jenseits nichts weiß. Sein höchstes Weltprinzip ist nicht Too, sondern Himmel und Erde, welche nur spontan handeln, nicht anthropomorph und auch nicht als Gottheiten aufgefaßt werden. Dadurch nähert er sich wieder Konfuzius und geht in seiner Ablehnung aller Vermenschlichungen des Himmels noch weiter als dieser. Die Theorie der Spontaneität stammt von den Taoisten, aber Wang Tsch'ung meint, daß sie dieselbe nicht genügend begründet und durchgeführt hätten, und macht selbst Ernst damit.3) a) Himmel und Erde. Himmel und Erde sind nicht menschenähnliche Wesen, sie haben weder einen ähnlichen Körper, noch einen ähnlichen Geist: „Der Himmel hat kernen Kopf und ') Wilhelm, Chin. Phil. S. 78—79. 2 ) Ich habe das Lun-heng übersetzt unter dem Titel: Lun Hing, Part I, Philosophical Essays of Wang Ch'ung, 1907, Part II, Miscellaneous Essays of Wang Ch'ung, 1911. Wo ich mich darauf beziehe, schreibe ich Lun-höng I oder II und Seitenzahl. Wenn ich den chinesischen Text zitiere, füge ich der Buch- und Seitenzahl ein T. hinzu. s ) Lun-Mng I, 97.

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B. Spätere Han-Dynastie

kein Gesicht, wie könnte er also umherblicken ? Der Mensch kann umherschauen. Man hat also für den Himmel den Menschen als Muster genommen. Das ist sehr leicht einzusehen."1) Wir haben hier den bekannten Satz, daß der Mensch seine Götter nach seinem eigenen Ebenbilde geschaffen habe. Die Aussprüche im Schuking und Schiking, welche den Himmel hören und sehen lassen, sind, wie Wang Tsch'ung meint, nur bildlich zu verstehen.2) Das dürfte kaum stimmen, denn die alten Chinesen faßten den Himmel wirklich anthropomorph auf. Nach Wang Tsch'ung's Annahme hat der Himmel keine Glieder und Organe wie Mund und Auge, daher auch keine Wünsche, welche vermittelst der Organe durch die Außenwelt erregt werden, und keine Veranlassung zur Tätigkeit.3) Himmel und Erde haben einen materiellen Körper und können sich bewegen und gleichen insofern den lebenden Wesen.4) „Der Himmel ist hoch und weit von uns entfernt, und seinFluidum ist der blaue unendliche Äther ohne Anfang und Ende."5) Auf die Frage, wie denn nun das himmlische Fluidum sei, welches spontan und nicht handelnd sein soll, lautet die Antwort: „Es ist ruhig, still, wunschlos, nicht handelnd und nicht geschäftig."*) Das sind alles Eigenschaften, welche die Taoisten Too zuschreiben, um dadurch zu zeigen, daß das Weltprinzip keine Geistigkeit wie die menschliche besitzt und nicht in ähnlicher Weise, aus ähnlichen Motiven und zu ähnlichen Zwecken handelt. Es handelt spontan, wenn man überhaupt noch von Handeln sprechen will, das heißt, es gehen solche Wirkungen davon aus, wie sie der natürliche Lauf der Dinge mit sich bringt. In den Klassikern sprechen die Weisen vom Himmel, als wenn er ein Herz wie die Menschen besäße und eine Person wäre. Sie tun es, meint Wang Tsch'ung, um ihren Worten mehr Gewicht zu verleihen, indem sie sie für die des Himmels ausgeben, also sie verüben einen frommen Betrug zum Besten der Menschheit. Der Himmel spricht nicht, aber sein Gesetz ist in den Herzen der Weisen. Ihre Tugend ist die des Himmels, und ihre Worte sind die des Himmels.7) „Das Herz des erhabenen Himmels ist in der Brust des Heiligen."8) Und weiter heißt es: „In allen Fällen erschließt man aus dem menschlichen Herzen die Gefühle des Himmels"9) und: „Aus dem Herzen Yao'e lernen wir die Gefühle des Himmels kennen."10) Das mag für einen Taoisten, dessen Urprinzip immerhin noch etwas Geistähnliches ist und im menschlichen Herzen wohnen kann, angehen, aber für Wang Tsch'ung hat es eigentlich keinen Sinn, denn wenn der Himmel keine Empfindungen, keine Gefühle und keinen Willen hat, so kann man nicht gut von

')2) T. m, 9b: ^ n g B. 3# Ä in W, W A A. # Ibid. ) Lwn-täng I, 92. ·) T. xv, 2b: ^iAÄSt.Ä*:**,*«**.

* 3t.«)* Ä ÄEod. I, 184.

«) T. XVIII, Ib: ^ g & * g # f f l * & > f t t t * % * £ * * ; g 4 L · ') LMn-hing I, 128. o) T. XIV, lla: J i ^ ^ f r ^ H A ^ l f ä l · ^^ ähnlich spricht schon Wtoi-tse, vergl. Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 334 Anm. 6. ·) A. a. .: ·£ ' ·&5 . '°)T. XIV, 1 0 b : § t £ , f r £ p 5 £ £ ; f .

2. Wang Tsch'ung

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seinen Gefühlen und seiner Tugend sprechen. Trotz seiner Skepsis kann sich Wang Tsch'ung doch noch nicht ganz von den hergebrachten Anschauungen frei machen, und er hält noch an den alten Formulierungen fest, obgleich sie schon für ihn jede Bedeutung verloren haben. Pflanzen und Tiere entstehen von selbst und werden nicht vom Himmel bewußt und mit Absicht hervorgebracht. Der Himmel hätte viel zu tun, wenn er alle selbst schaffen wollte. Er müßte tausend Hände haben:1) „Die Konfuzianer glauben, daß Himmel und Erde die Menschen mit Absicht geschaffen hätten. Das ist eine verkehrte Behauptung. Durch die Vereinigung der Fluida des Himmels und der Erde entstehen die Menschen zufällig und von selbst, ebenso wie, wenn Mann und Weib ihre Fluida vereinigen, von selbst Kinder geboren werden. Wenn Mann und Weib ihre Fluida vereinigen, so haben sie in dem Zeitpunkt nicht die Absicht, Kinder zu erzeugen, aber sobald ihre Leidenschaft erregt ist und sie sich vereinigen, so gehen aus dieser Vereinigung Kinder hervor. Da also Mann und Frau nicht mit Absicht Kinder hervorbringen, so erkennen wir daraus, daß die Hervorbringung von Menschen durch Himmel und Erde auch nicht beabsichtigt ist. Die Menschen werden von Himmel und Erde geschaffen ebenso wie die Fische in einem Teiche oder Läuse auf den Menschen. Sie entstehen durch eine besondere Kraft, indem jede Gattung sich fortpflanzt. Das gilt für alle Wesen, welche zwischen Himmel und Erde entstehen."2) Wang Tsch'ung lehnt auch den Vergleich des Himmels und der Erde mit einem Töpfer oder Gießer, welcher aus Ton oder Erz die Dinge schafft, ab, denn das würde involvieren, daß die Natur kraft ihre Schöpfungen bewußt und mit Absicht hervorbringt. Der Vergleich stammt von Tschuang-tse und wurde von Tchia I weiter ausgeführt.3) Ebenso wenig wie der Himmel die Menschen bewußt hervorbringt, schafft er für sie die Dinge, welche sie für ihr Leben nötig haben: „Einige meinen, daß der Himmel die fünf Feldfrüchte hervorbrächte, um die Menschen damit zu ernähren, und daß er Seide und Hanf hervorkommen lasse, um die Menschen damit zu kleiden. Das würde darauf hinauslaufen, daß der Himmel für die Menschen die Stelle eines Bauers oder einer Seidenzüchterin einnähme. Es würde mit der Spontaneität nicht übereinstimmen. Daher ist diese Ansicht sehr bedenklich und unannehmbar."4) Das himmlische Fluidum strömt aus und bringt die Wesen hervor, aber ohne Absicht.5) Es ist der natürliche Lauf der Dinge, wir würden ') Lun-heng I, 96. ') T. III, 13a: fö % &

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118

B. Spätere Han-Dynastie

sagen ein Naturgesetz, aber dieser Begriff war den Chinesen der Han-Zeit noch nicht geläufig. Die großen Schwierigkeiten, zu welchen die Annahme, daß der Himmel die Geschöpfe nach einem weisen Plane geschaffen habe, führt, zeigt uns Wang Tsch'ung durch die folgende Betrachtung: „Wenn der Himmel alle Geschöpfe mit Absicht erschüfe, dann müßte er darauf hinwirken, daß sie sich untereinander innig liebten, und er dürfte nicht zulassen, daß sie sich gegenseitig schädigen und vernichten. Darauf könnte jemand erwidern: ,Der Himmel bringt die Wesen alle durch die Fluida der fünf Elemente hervor. Daher haben sie die Fluida der fünf Elemente in sich, es ist nun aber das Wesen dieser Elemente, daß sie sich gegenseitig bekämpfen und vernichten.' Ich antworte: ,Dann müßte der Himmel die Geschöpfe mit dem Fluidum eines einzigen Elements schaffen und ihnen die gegenseitige Zuneigung einpflanzen und nicht den Fluida der fünf Elemente gestatten, daß sie sich bekämpfen und zerstören.' " — „Vielleicht sagt jemand, wenn man Dinge benutzen wolle, dann müsse man sie veranlassen, sich anzugreifen und zu vernichten, denn erst dann erhielten sie die Form, welche sie haben sollten. Daher benutze der Himmel die Kräfte der fünf Elemente, um die Dinge hervorzubringen, und der Mensch verwende diese für seine zahlreichen Zwecke. Wenn die Dinge sich nicht gegenseitig unterjochen, lassen sie sich nicht verwenden, und ohne gegenseitigen Vernichtungskampf sind sie nicht zu formen. Wenn Metall das Holz nicht verletzt, läßt sich das Holz nicht formen, und wenn das Feuer das Metall nicht schmilzt, läßt sich kein Gefäß daraus gießen. So erweist sich der Schaden, welchen sich die Dinge zufügen, schließlich als ein gegenseitiger Vorteil. Wenn die Geschöpfe, welche Blut in ihren Adern haben, sich gegenseitig überwältigen, totbeißen und verschlingen, so sind es die Fluida der fünf Elemente, welche sie dazu treiben."1) „Also, wenn der Himmel die Geschöpfe geschaffen hat und wünscht, daß sie füreinander von Nutzen sind, so ist das ohne gegenseitige Schädigung und Vernichtung nicht möglich. Aber der Himmel hat auch Tiger, Wölfe, Vipern, Schlangen, Wespen und Skorpione hervorgebracht, die alle den Menschen angreifen und verletzen, war es also seine Absicht, daß der Mensch ihren Zwecken dienen sollte?"2) Wer eine gute und weise Weltregierung annimmt, verstrickt sich in ähnliche Widersprüche: „In der Welt gibt es wenig gute und sehr viele schlechte Menschen. ') T. III, 14a:

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·) T. I, 4b: ft 0, £, # g #, ft fff £ Ä1 £ ^ & Ä1 ftr ft £ jg.

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B. Spätere Han-Dynastie

Wang Tsch'ung eifert gegen das Vorurteil, daß das Glück eine Belohnung für Tugend und das Unglück eine Strafe für Verschuldung sei, und bringt zahlreiche Beispiele von edlen und tugendhaften Männern, die ihr ganzes Leben vom Unglück verfolgt waren, während lasterhafte triumphierten und glücklich waren. Ja, er geht noch einen Schritt weiter, indem er sogar allen Fortschritt und allen Verfall nur für einen Ausfluß des Schicksals erklärt: „Fortschritt und Gedeihen, sagt er, werden nicht durch Tüchtigkeit bewirkt, und ebenso wenig lassen sich Rückschritt und Verfall als Mißerfolg der Tüchtigkeit erklären. Portschritt und Gedeihen, Rückschritt und Verfall hängen nur ab vom Himmel und von der Zeit."1) „Die gute Regierung während eines Zeitalters ist nicht das Werk von Weisen und Heiligen, und Verfall und Unruhen sind nicht die Folge von besonderer Sittenlosigkeit. Wenn ein Reich zum Untergang bestimmt ist, dann können Weise und Heilige es nicht zur Blüte bringen, und wenn eine Epoche Ruhe und Ordnung haben soll, dann können schlechte Elemente sie nicht in Verwirrung bringen. Ordnung und Verwirrung hängen von der Zeit, nicht von der Regierung ab, und der Friede und die Unruhen in einem Staate werden vom Schicksal und nicht von seiner Kultur bestimmt. Weder ein weiser, noch ein nicht weiser Fürst, weder eine erleuchtete noch eine nicht erleuchtete Regierung können hier helfen oder schaden."2) Unruhen werden hervorgerufen, wenn das Räuberwesen überhand nimmt und es zu Empörungen und Metzeleien kommt. Diese sind auf schlechte Ernten, Unglücksfälle und Nahrungsmangel zurückzuführen, die von der Zeit abhängen. „Altruismus kommt vom Überfluß und Streit vom Mangel."3) „Von diesem Gesichtspunkt aus hängt der moralische Wandel vom Getreidevorrat ab, und ob dieser ausreicht oder nicht, wird vom Erntejahr bestimmt. Wenn in einem Jahre Wassernot oder Dürre herrschen, wachsen die fünf Getreidearten nicht. Die Regierung ist dafür nicht verantwortlich, sondern Zeit und Schicksal."4) Es ist richtig, daß die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf die Gestaltung der individuellen und politischen Moral einen großen Einfluß ausüben, aber daneben sind doch auch noch andere Kräfte am Werke. Wang Tsch'ung verkennt die Bedeutung der menschlichen Tätigkeit. Ohne eine tüchtige Regierung und ohne die im Volke tätigen sittlichen Kräfte läßt sich kein Staat zur Blüte bringen. Wenn man die günstigen Zeitverhältnisse nicht benutzt, kommt nichts zustande. Schicksal und menschliche Tüchtigkeit müssen zusammenT. XVII, lOa: # g # £ ft ffi J«, $ jM £ Jg # £ gf ffi ft «,. I » * Jff *,.

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2. Wang Tsch'ung

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wirken. Daher ist auch kein Grund zur Resignation, zu welcher Wang Tsch'ung rät1), da man das Schicksal und die Zeit doch nicht meistern könne. In gewissen Grenzen kann sich jeder sein Schicksal schaffen.

2. Naturlehre. Wang Tsch'ung kennt keinen transzendenten, sondern nur einen materiellen Himmel. Dieser hat einen festen Körper, wie die Erde, das Firmament, welches von der Erde 60000 Li entfernt ist.2) Der Raum zwischen Himmel und Erde ist hauptsächlich mit dem F fl'H* ÜC H Jfc> , 81 «> ft Üt ffi) Ä,

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«.,)—Wenn & zdie Naturwals«Trägerin «t * %,m au & üt ± M Ä; s *„ m * ± * · der Tugenden immer gut ist, so kann das Schlechte nur 3

durch die Gefühle kommen. Diese müssen also bisweilen schlecht sein. 4 ) Sie sind gut, wenn die Tugenden hinzutreten, ohne diese oft schlecht.

·) v, 3a= i£ 0, t ig i* &> # & unk» ^m^mmufm^^^tk^ * M ·&> B> * m, n M * ± & ö $ *· 2 ) Der Nordstern, Sonne und Mond leuchten außergewöhnlich hell. 3 ) Eine besondere Art Tau, die zur Zeit des allgemeinen Friedens fallen soll. 4 ) Eine Wunderpflanze, an welcher man das Monatsdatum erkennt. Bis zum fünfzehnten wächst täglich ein neues Blatt, vom sechzehnten Tage ab fällt täglich ein Blatt ab. 5 ) In Unglückszeiten sind die Bahnen der Planeten unregelmäßig. Vergl. dazu Wen-tse in Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 351. ") Das merkwürdige Zusammenwachsen und Sichverschlingen von zwei Bäumen gilt als Glückszeichen. ') Ein Wundervogel ähnlich dem Phönix. 8 ) Eine seltsame Pflanze mit großen Blättern, die zu Yao'e Zeit hervorkam. e ) Diese Dinge scheinen in den Bergen und Teichen plötzlich entstanden zu sein.

4. Pan Ku

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Lo das Schildkrötenbuch1), der Yangtse große Edelsteine und das Meer leuchtende Perlen. Wenn die Tugend in die acht Himmelsgegenden vordringt, dann wehen glückliche Winde, linde Lüfte erfreuen, Glocken und Flöten tönen zusammen."2) Die Tugend wird hier zu einer Art Kraft oder Fluidum substantialisiert. Sobald es den Himmel, die Erde oder einzelne Dinge berührt, wirkt es so darauf ein, daß die Omina daraus hervorkommen. Mit der Lehre von den fünf Elementen hat sich Pan Ku eingehend beschäftigt. Er versucht, die Symbolismen zu erklären, aber mit wenig Erfolg, denn seine Wortetymologien sind unhaltbar und seine Analogien falsch. Die Elemente werden auf die beiden Ursubstanzen Yin und Yang zurückgeführt, von denen sie nur Modifikationen sein sollen. Feuer wäre danach reichliches Yang und Wasser reichliches Yin,3) Holz geringes Yang und Metall geringes Yin. Erde gilt als das wichtigste und vornehmste Element, das alle anderen in sich schließt; es wird nicht auf Yin und Yang bezogen.4) Die Elemente entsprechen den Jahreszeiten und bringen sich gegenseitig in der Reihenfolge der Jahreszeiten hervor: Holz = Frühling, Feuer = Sommer, Metall = Herbst, Wasser = Winter. Für die Erde ist keine Jahreszeit vorhanden.5) Das Holz erzeugt Feuer, Feuer Erde, Erde Metall, Metall Wasser und Wasser Holz.8) Andererseits bekämpfen sich die Elemente und vernichten sich gegenseitig7): „Nach der Natur von Himmel und Erde überwindet das Viel das Wenig, daher besiegt das Wasser das Feuer. Das Feinere überwindet das Harte, daher besiegt das Feuer das Metall. Das Harte besiegt das Weiche, daher das Metall das Holz. Das Konzentrierte besiegt das Zerstreute, daher das Holz die Erde. Das Volle besiegt das Leere, daher besiegt die Erde das Wasser."8) Die Elemente sollen weiter an bestimmte Himmelsrichtungen gebunden sein und von da aus auf die Jahreszeiten einwirken: Wasser hat seinen Sitz im Norden *) Aufzeichnungen, welche von einem Drachen und einer Schildkröte auf dem Rücken getragen wurden und als göttliche Offenbarungen galten. Siehe Mayers' Reader's Manual S. 177. ·) Po-'hu t'uru, III, Ib: ^ T * ¥, «F S 0 » # S *. Ja «

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3

) t'ung II, 4b. ) P. h. t. II, Ib. 5 ) II, l a. Später hat man den Spätsommer für die Erde angenommen. ·) II, 3b. *) Wasser löscht das Feuer aus, Feuer schmilzt das Metall, Metall schneidet das Holz, Holz durchbohrt die Erde, und die Erde dämmt das Wasser ein. °) II, 3b: ^ t t 4

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B. Spätere Han-Dynastie

(Winter), ist Yin-F\uidum und nährt alle Organismen. Holz wohnt im Osten. Das Yin- und Taw^-Fluidum beginnen sich im Frühling zu regen, und alle Dinge entstehen. Feuer ist im Süden (Sommer). Yang hat das Übergewicht und alle Dinge werden umgestaltet. Metall wohnt im Westen (Herbst). Dort beginnt das Yin sich zu regen. Alle Dinge werden dadurch gehemmt. Die Erde im Zentrum hegt alle Dinge und bringt sie hervor.1) Die Fluida und die Elemente wirken nach Pan Ku's Ansicht auch im Menschen. Die menschliche Natur, der Charakter ist die Wirkung des Yang, die Gefühle sind die Wirkung des Fiw-Fluidums. Das yaw^-Fluidum ist wohlwollend, das Yin habgierig, daher ist auch die menschliche Natur wohlwollend, aber der Mensch strebt auch nach Vorteil2): „Der Mensch wird geboren, indem er das Yinund Yawg-Fluidum in sich aufnimmt. Deshalb hat er in seinem Innern die fünf Naturen3) und die sechs Gefühle."4) Bei seiner Geburt empfängt der Mensch das Fluidum der fünf Elemente und der sechs Töne. Daraus entstehen im Körper die fünf inneren Teile und die sechs Gedärme, woraus die fünf Tugenden und die sechs Gefühle hervorwachsen. Jedes der fünf inneren Organe hat seine besondere Tugend: die Leber ist wohlwollend, die Lunge gerecht, das Herz sittsam, die Nieren wissend, die Milz treu. Die hierfür angeführten Gründe muten uns sehr seltsam an: die Leber ist wohlwollend, weil sie die Essenz des Holzes ist. Holz ist wohlwollend, denn es liebt im Frühling Leben zu geben, und das Wesen des Wohlwollens ist das Lebenspenden. Die Lunge ist gerecht als Essenz des Metalls, welches die Gerechtigkeit darstellt. Ihr Symbol ist das Richtschwert, welches im Herbst, wenn das Metall herrscht, gebraucht wird.5) Pan Ku's Denken ist hier rein formalistisch und schematisierend. Ganz willkürliche, lose Gedankenverbindungen gelten ihm als Beweise. 1

) II, l a. — Der Kaiser hatte schon in ältester Zeit zwei besondere Gebäude, um mit den Naturkräften in Verbindung zu treten, das Ling-t'ai, eine Art Sternwarte und Observatorium, und das Ming-t'ang, eine Art Tempel. Pan Ku sagt darüber folgendes: „Weswegen hatte der Sohn des Himmels das Ling-t'ai ? Um das Herz des Himmels und der Menschen zu prüfen, um die Vereinigung von Yin und Yang zu beobachten, um das Zeugnis der Sterne und des Tierkreises zu erforschen, und um die an keinen Ort gebundene Urkraft, wodurch den Wesen Glück zuteil wird, festzustellen." Po-hu t'ung II, 16a: 5 -f ßff J£i ^f U lüf ^ „Der Sohn des Himmels errichtet das Ming-t'ang, um mit dem Geist in Verbindung zu treten, um auf Himmel und Erde einzuwirken, um die vier Jahreszeiten zu regulieren, und um Belehrungen und Reformen durchzuführen." Loc. cit. ^ ^f- ^\£ & *?j!i :%£ ffi ]$.$&, TJft ffii M 5 $6» JE E3 B^h tfj Wt. -ffc · Über die Bauart des Ming-t'ang weiß Pan Ku folgendes zu berichten. Es war unten viereckig und oben rund, um Himmel und Erde nachzubilden, hatte 8 Fenster entsprechend den 8 Winden und 4 innere Tore = 4 Jahreszeiten, 9 Zimmer = 9 Provinzen, 12 Throne = 12 Monate, 36 Torflügel = 36 Arten Regen, 72 unbewegliche Fenster = 72 Winde. Nach dem T'se-yuan wurde im Ming-t'ang ursprünglich Schang-ti verehrt. Dafür spricht Pan Ku vom Geist, worunter jedenfalls der Weltgeist zu verstehen 2 ist. ) P. h. t. III, 18b— 19a. 3 ) Gleichbedeutend mit den fünf Tugenden.

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) III, 19a— 19b.

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4. Pan Ku

143

Wie den Elementen werden auch den sechs Gefühlen bestimmte Himmelsrichtungen zugewiesen. Sie nehmen ihre Sitze im Baume wie folgt ein: Lust im Westen, weil dort alle Dinge vollendet werden, Zorn im Osten, weil dort alle Dinge erzeugt werden,1) Liebe im Norden, weil dort das Yang-Fluidam beginnt, Haß im Süden, weil dort das Fw-Fluidum beginnt, Freude oben, denn Freude erhebt. Kummer unten, denn Kummer drückt nieder. Beim menschlichen Geist unterscheidet Pan Ku vier Teile: die Seele, den Lebensgeist, die Lebenskraft und den Geist.2) Die Seele herrscht über die Gefühle, der Lebensgeist über die natürlichen Anlagen. Die Lebenskraft ist dem Feuer ähnlich, Leben gebend, das schaffende große Fm-Fluidum. Der Geist ist nicht direkt wahrnehmbar, der Grund für die Umgestaltung des Körpers; er braucht, um ein- und auszugehen, keine Öffnung.3) Von den konfuzianischen Tugenden kommen im Po-hu t'ung besonders Sitte und Musik zur Geltung. Zwischen beiden besteht ein enger Zusammenhang: „Musik gleicht dem Yang, und die Sitte ahmt dem Yin nach."4) Der Sitte gemäß ehrt man Himmel und Erde, ladet die Geister und Dämonen zu Gaste und ordnet die menschlichen Verhältnisse.5) „Wenn man froh im Herzen ist, dann will der Mund es singen, die Arme wollen es durch Bewegungen ausdrücken und die Füße es tanzen."6) Weiter heißt es: „Durch Musik ahmt man dem Himmel nach und durch die Sitte folgt man der Erde. Der Mensch hat stets das Fluidum des Himmels und der Erde7) in sich und besitzt die Natur der fünf Tugenden. Daher reinigt er sein Inneres durch Musik und drängt seine Verderbtheit und Schlechtigkeit zurück. Durch die Sitte wehrt er denAusschweifungen und mäßigt seine Extravaganzen."8) Die Musik soll sittlich veredelnd wirken: Der Herrscher regiert mit der Sitte und ändert die Gewohnheiten des Volkes durch Musik. Wenn Fürst und Beamte die Musik im Ahnentempel hören, dann ehren sie die Familienältesten, wenn die Älteren und Jüngeren in den Dörfern sie hören, dann werden sie einträchtig, und wenn Väter und Söhne in der Familie sie hören, dann wächst die Familienanhänglichkeit." *) Man versteht nicht recht, warum das Erzeugen der Dinge Veranlassung zum Zorn, ihre Vollendung dagegen zur Lust geben soll. Der ganze Symbolismus ist gekünstelt. Auch das Erheben und Niederdrücken ist doch nur bildlich, nicht wörtlich zu verstehen. 2

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') Das Himmelsfluidum ist Yang, also der Musik verwandt, das Erdfluidum Yin, also der Sitte ähnlich.

144

B. Spätere Han-Dynastie

Sehr bemerkenswert ist die Behauptung, daß bestimmte Noten ganz bestimmte Gefühle hervorrufen. Wir können nicht annehmen, daß dem irgend eine Beobachtung zu gründe liegt, denn die meisten alten Philosophen beobachteten überhaupt nicht, sondern deduzierten ihre Sätze aus Prämissen, an deren Wahrheit sie glaubten. Die fünf Grundtöne müssen nach dem Schema der Elemententheorie fünf Gefühlen entsprechen, und diese rufen sie auch hervor1): „Wenn man die Note tchio (e)2) hört, dann fühlt man Mitleid und ist gütig, bei der Note tschi (g) freut man sich, zu pflegen und zu spenden, bei der Note schang (d) wird man hart und schroff und tatkräftig, bei yü (a) verfällt man in tiefes Sinnen, und die Gedanken schweifen in die Ferne, bei kung (c) wird man nachgiebig und freundlich."3)

5. Ma Jung. Ma Jung*) berühmt als Literat und Philologe, stammt aus Mao-ling in Fufeng5), Provinz Schenai. Er führte den Beinamen Tchi-tschang*). Geboren im Jahre 79 n. Chr., starb er im Jahre 166, wurde also 87 Jahre alt. Sein erstes Amt erhielt er im Jahre 110. Als Beamter nahm er auch an einem Feldzug gegen die Tanguten in Kansu teil. Die Denunzierung von Intrigen anderer Beamter kostete ihn seinen Posten, und er blieb zehn Jahre suspendiert, wurde dann aber wieder angestellt und schließlich Gouverneur von Hupei. MaJung war sehr lebenslustig und hielt sich nicht streng an die konfuzianischen Vorschriften. Er liebte die Eleganz und zeigte seinen feinen Geschmack in seiner Tracht und in der Einrichtung seiner Wohnung. In seiner Vorliebe für Musik ging er sehr weit: nicht nur spielte er selbst gern die Zither und die Flöte, sondern er hielt sich seine eigenen Sängerinnen. Wenn er vorn in seiner hohen Halle seinen Schülern Unterricht erteilte, so ließ er einen rotseidenen Vorhang herab, hinter dem im Hintergrunde die Sängerinnen saßen. Er erklärte besonders das Tsch'untch'iu auf Grund des Tso-tschuan und kannte den Kommentar des Tchia K'uei7), der über das Tso-tschuan schrieb und es wie Ma Jung verteidigte. Die Zahl seiner Schüler soll immer über tausend gewesen sein. Der berühmteste darunter war der große Kommentator der Klassiker TscMng Hsüan9). Ma Jung galt seiner J

) Man beachte, wie weit die Skeptiker Huan T'an und Wang Tech'ung über diese Art des Philosophierens bereits hinaus sind. 2 ) In der Übertragung der fünf Töne in unsere Noten bin ich Wilhelm, Frühling und Herbst des Lai Bu We, 1925, S. 462 gefolgt. ·) Po-hu t'ung I, 12b: H ft ^ g ^ fü R M & %> W tt«. £ * W * »

%, H «*,£* MW M ±**, W m «. £* «B. ffi ') W äL 30— 101 n. Chr.. ein Schüler des Liu Hain, von dem er das Noten dazu erhielt. 8 ) M ~£' 127—200 n. Chr. '

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-tachuan und seine

5. Ma Jung

145

Zeit wie Tchia Kluei als Universalgelehrter1), und die Namen Ma und TacMng*) waren Synonyma für große Gelehrsamkeit. Mit Bezug auf die Kommentare des Tchia K'uei und des Tscheng Hsüan soll Ma Jung gesagt haben: „Tchia Kluei ist scharfsinnig, aber nicht sehr gelehrt, Tscheng Hsüan sehr gelehrt, aber nicht scharfsinnig. Da also Scharfsinn und Gelehrsamkeit vorhanden sind, was soll ich noch hinzutun ?"3) Trotzdem schrieb er selbst noch ein kritisches Werk über die drei Kommentare zum Tsch'untch'iu, das San-tschuan i-t'ung schuö*). Ferner veröffentlichte er Kommentare zum Hsiao-king, Lun-yü, Schiking, Yiking, San Li (die drei Ritenwerke), Schuking, Lieh-nü tschuan, Lao-tse, Huai-nan tse und Li-sao.5) Er soll zuerst die Sitte, den Kommentar in kleinerer Schrift und in Doppelreihen unter den Text zu setzen, eingeführt haben.*) Außerdem schrieb er Gedichte in regelmäßiger und in freierer Form, Inschriften, Grabreden, Berichte, Throneingaben, Zitherlieder usw., zusammen 21 Kapitel. Diese eigenen Schriften wurden später in ein Sammelwerk, das Ma Tchi-tschang tchi1), aufgenommen. Daß Ma Jung zu den Philosophen gerechnet wird8), verdankt er einem kleinen Traktat, dem Tschung-tching9) oder „Klassiker der Loyalität". Er umfaßt mit dem Kommentar des Tscheng Hsüan nur wenige Seiten, hat ein Vorwort des Ma Jung und ist in der Form dem „Klassiker der kindlichen Liebe", der unter den Kommentaren an erster Stelle aufgeführt wird, nachgebildet. Das Tschungtching ist in den Gesammelten Werken enthalten, in das Han Wei ts'ung-schu10) und das Tse-schu po-tchia11) aufgenommen. Seine Echtheit ist in Zweifel gezogen worden und nicht ganz ohne Grund. Der Verdacht der Fälschung stützt sich darauf, daß das Tschung-tching in der Biographie nicht erwähnt wird. Auch die Bücherkataloge in den Geschichtswerken der Sui- und 7"awg-Dynastie schweigen davon, und erst in einem Sung-K&ta\og, dem Tsch'ung-tschi tsung-mu12) erscheint es. Das Yü-haia) (12. Jahrhundert) zitiert das Sung liang-tschao tschi1*), wonach das Werk von einem gewissen HaiPfengK) verfaßt und dem Ma Jung fälschlich zugeschrieben sei16). Allein könnte die kleine Abhandlung nicht schon ursprünglich in den 21 Kapiteln der Gesammelten Werke enthalten gewesen sein, ohne besonders erwähnt zu werden ? Erst später erregte sie die Aufmerksamkeit und

") Him Han-schu Kap. 90 A, S. 15a (Biographie des Ma Jung): ^ g f|fljj^ fl| ,

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*)5) Hou =&mmm· Han-schu a. a. O.: ^ ff, jfr f£, ^ $,, g, fö #, M £ fS> ig ^mm· *) 7 Für gewöhnlich steht der Kommentar in kleinerer Schrift zwischen dem Text. )) Als %;$&&. solchen behandeln ihn Takejiro und Watanabe. 8

13

> 3E».

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") Notiz des T'se-yuan.

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146

B. Spätere Heu-Dynastie

man druckte sie auch gesondert, ähnlich wie man es mit dem Ta-hsio und Tschungyung gemacht hat, die auch ursprünglich nur Kapitel des Li-ki waren. Es wäre auch nicht ausgeschlossen, daß Hai P'eng ein anderes Tschung-tching geschrieben hätte, das mit demjenigen des Ma Jung nichts gemein hat. Aber eine andere Lösung erscheint mir wahrscheinlicher. Die beiden biographischen Werke Schang-yu Z«1) und Li-tai ming-hsien lieh-nü schi-hsing p'«2) enthalten über Hai P'eng denselben Satz, daß er in der T'ang-Zeit lebte und einen „Klassiker der Pflanzen" Ts'ao-tching3) in einem Buche schrieb. Von einem Klassiker der Loyalität wissen sie nichts. Sollte nicht einfach eine Verwechslung von Tschung und Ts'ao vorliegen, so daß Ma Jung der Klassiker der Loyalität bliebe und Hai P'eng nur der Verfasser des Pflanzen-Klassikers wäre? Das kleine Werk ist gut geschrieben und würde des Ma Jung durchaus nicht unwürdig sein. Bis zum Beweise des Gegenteils möchten wir noch an seiner Autorschaft festhalten. In seinem Vorwort führt Ma Jung aus, daß seine Schrift aus dem „Klassiker der kindlichen Liebe" hervorgewachsen sei. Die kindliche Liebe werde erst durch Treue vollendet. Diese sei im Staate so unerläßlich wie die Pietät in der Familie. Da die Pietät behandelt war, so mußte auch die Treue einen Klassiker haben. Deswegen schrieb Ma Jung seine Abhandlung in 18 Abschnitten, wie sie auch das Hsiao-king hat. Treue ist die Grundlage für die Regierung und zeigt, wie man dem Fürsten dienen muß. Im ersten Abschnitt wird der Begriff der Loyalität oder Treue erklärt und theoretisch begründet4): „Das Altertum war von der höchsten Vernunft beherrscht, Obere und Untere übten eine und dieselbe Tugend und erlangten dadurch den Segen des Himmels. Das war das Prinzip der Treue. Im Tun des Himmels, welcher bedeckt, der Erde, welche trägt, und des Menschen, welcher darauf wandelt, gibt es nichts Wichtigeres als die Treue. Treue bedeutet Innerlichkeit5), die höchste Stufe des Gemeinsinns ohne jeden Eigennutz. Der Himmel ist ohne Eigennutz, daher bewegen sich die vier Jahreszeiten.8) Die Erde ist ohne Eigennutz, daher entstehen alle Wesen, und wenn der Mensch ohne Eigennutz ist, dann wird ihm Segen zuteil. Treue zu üben ist gleichbedeutend mit einheitlicher Geisteshaltung.7) Die Grundlage des Staates ruht auf der Treue. Die Treue befestigt das Verhältnis zwischen Fürst und Untertan, sichert die Tempel der Götter des Landes, bewegt Himmel und Erde und übt einen Einfluß auf die

4

) Um das Folgende zu verstehen, bedenke man, daß der Begriff tschung — Treue im Chinesischen weiter ist als im Deutschen. Es bedeutet: loyal, treu, patriotisch, ergeben, selbstlos, uneigennützig, aufrichtig. 6 ) Das ist nur eine Erklärung des Schriftzeichens «{«, welches aus Herz und Mitte gebildet ist. ·) Die Jahreszeiten entstehen durch die Bewegung des Himmels, welche er ganz regelmäßig ohne selbstsüchtiges Interesse vollführt. ') Die Treue geht nur in einer Richtung, auf das Interesse des Fürsten und des Staates, nicht auf das persönliche Interesse des Einzelnen.

5. Ma Jung

147

Geister aus, wieviel mehr noch auf die Menschen. Die Treue entsteht im Individuum1), entwickelt sich in der Familie und kommt zur Vollendung im Staate. Die Handlung ist dieselbe. Die Einheitlichkeit in der Haltung der Persönlichkeit ist der Anfang der Treue, die Einheitlichkeit in der Familie die Mitte der Treue und die Einheitlichkeit im Staate das Endresultat der Treue. Ist die Persönlichkeit einheitlich, so fallen ihr die hundert Glücksgüter zu2), ist die Familie einheitlich, so herrscht Eintracht zwischen den sechs Familiengraden3), und ist Einheitlichkeit im Staate, so werden alle seine Bürger richtig geleitet."4) Den Schluß dieses und aller anderen Abschnitte bildet ein Zitat aus dem Schuking oder Schiking. Ma Jung wäre kein Mann der Han-Zeit, wenn er nicht einen Schuß Taoismus in seinen konfuzianischen Wein gösse. Er hält sich auch nicht streng an sein Thema, sondern verbreitet sich über die Regierungstätigkeit des Fürsten überhaupt. Dieser soll in taoistischem Geiste tätig sein: „Wenn Wu-wei gilt, dann ist die Welt von selbst makellos, wenn man selbst nicht zweifelt, glaubt die Welt von selbst, wenn man selbst nicht eigennützig ist, ist die Welt von selbst gemeinnützig. Mißachtet man die Kostbarkeiten, so werden die Menschen frei von Habsucht, beseitigt man die Üppigkeit, so werden die Leute sparsam, hält man sich stets an die Wahrheit, dann sind auch die Menschen nicht falsch. Schätzt man das freundliche Entgegenkommen, dann werden die Leute nicht streiten. So erreicht man, daß die Herzen der Menschen einträchtig sind und daß die Welt nur edle Gesinnung zeigt. Man erfreut sich am Leben und schützt seine Dauer. Wenn man so frei auf dem Pfade der Weisheit und Tugend wandelt, so ist das der höchste Grad der Spontaneität."5) Ma Jung unterscheidet zwischen dem Inneren und dem Äußeren des Staates, wofür verschiedene Normen gelten: „Im Innern herscht Eintracht durch Bildung, nach außen zeigt man seine Macht durch das Heer. Sitte und Musik dienen als Schmuck, Regierungsmaßnahmen und Strafen dienen als Bollwerk."8) „Der Herrscher richtet das Militär ein, um den vier Himmelsrichtungen seine *) Als ein Gefühl der Hingebung. 2 ) Daß Tugend durch Glück belohnt wird, ist stets der Refrain. 3 ) Es gibt dafür vier verschiedene Erklärungen. In der Han-Zeit nannte man Vater, Mutter, älteren und jüngeren Bruder, Frau und Kind die sechs Verwandten. (T'se Yuan.) ·) Tachung-tching Kap. 1: ^ Ä £ g, ^ _ £, & fr ^ #, £ £ ^^ ^

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*,»*M ·) Kap. 11:

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148

B. Spätere Han-Dynastie

Macht zu zeigen und dem Volke Frieden zu schaffen,"1) denn „wenn man ein Heer hat, kann man seinen Willen durchsetzen, seine Macht entfalten und seinen Befehlen Nachdruck verschaffen."2) Der Untertan bezeigt dem Fürsten seine Treue dadurch, daß er ihm dient. Aber damit erschöpft sich die Treue noch nicht, sie muß seitens der höheren Beamten, welche direkt im Dienste des Fürsten stehen, unter Umständen bis zur Selbstaufopferung gesteigert werden: „Treue besteht nicht nur im Dienst des Fürsten. Man vergißt seine eigene Person und stirbt für den Staat. Man vergißt seine Familie, zeigt heitere Miene, spricht gerade heraus, trotzt der Gefahr und stirbt für seine Prinzipien."3) „Wenn man den Göttern des Landes nützen kann, so kümmert man sich nicht um seine eigene Person."4) Das ist echter Patriotismus, wie er namentlich von den Ministern und Beratern des Fürsten, auch von den Zensoren geübt wird. Zu den Hauptpflichten des treuen Beamten gehört es, dem Fürsten Vorstellungen zu machen, wenn sein Verhalten zu beanstanden ist, am besten ehe etwas Schlimmes geschehen ist. Zuerst sucht der Beamte mit sanften Worten auf den Herrscher einzuwirken, wenn das nichts hilft, mit energischer Rede, und schließlich nimmt sich der Beamte, der nicht gehört wird, als Protest gegen diese Mißachtung, das Leben8). Das ist das letzte Mittel, um den Fürsten aufzurütteln, und zugleich der Höhepunkt der Fürstentreue, wie sie in China verstanden wird. Wie im Hsiao-king die Pietät als die Haupttugend betrachtet wird, welche alle anderen mit umfassen soll"), so ist auch Ma Jung der Meinung, daß die anderen Tugenden nicht ohne die Treue bestehen können, daß diese also eine Grundtugend darstelle.7)

6. Wang Fu. Wang Fu*) mit dem Beinamen Tchieh-hsin9) ist aus Lin-tching in An-ting10) (Provinz Kansu) gebürtig. Er war mit dem Astronomen Tschang Heng11) und dem großen Literaten Ma Jung*3) befreundet, woraus hervorgeht, daß er während der ersten Hälfte des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts gelebt haben muß. Seine Lebenszeit wird in seiner Biographie im Hou Han-schu13) nicht angegeben. >) ·) ·) «) 5 ) e

Kap. 8: ^ £ g£ % fäm ^, £ U ^ Eod.: or ft fjf, ^ Ä , , & Ä *· Kap. 3: ffcjfc *£ «3* S, S* *J B, Ä* JE ft, E *« Ik JE« B Kap. 4: ft flj f± g,fl.J* #%· Kap. 15.

) Vergl. Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 154 Anm. 1.

7

) Tschung-tching Kap. 14.

12

) JRf Ufe, siehe oben. ) Hou Han-schu Kap. 79.

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6. Wang Fu

149

Sie muß ungefähr die Jahre 85—165 n. Chr. umfassen.1) Er wird als sehr sanft, aber doch lebhaft geschildert. Nur in seiner Jugend bis etwa zu seinem vierzigsten Jahre war er Beamter. Darauf nahm er keine Berufung mehr an und zog sich in die Einsamkeit zurück, wo er sein Werk, das Tch'ien-fulun2), die „Betrachtungen eines Einsiedlers", schrieb. Diesen Titel wählte er, weil er nicht bekannt werden wollte. Nach dem Sse-k'u tch'üan-schu würde es erst während seiner letzten Lebensjahre entstanden sein.3) Von den 36 Kapiteln des Buches sind fünf im Auszug in die Biographie aufgenommen4), ein gutes Zeichen für die Echtheit des Werkes. Ha/n Yü schrieb einen Aufsatz Hou Han san-hsien tsan&) „Lob der drei Weisen der Späteren Han." Das sind, wie wir sahen6), Wang Tsch'ung, Wang Fu und Tschung Tsch'ang-t'ung. Han Yü schreibt über jeden der drei nur einige Sätze, ohne irgend welches Lob auszusprechen. Vielleicht ist der Artikel unvollständig überliefert worden. Tsch'aoKung-wu sagt vom Tch'ien-fu tun, daß es hauptsächlich vom Regieren handele, sehr klar geschrieben und gediegener als das Lun-heng sei. Das zeugt nicht gerade von philosophischem Verständnis. Wang Fu bringt nicht viel Neues, sehr viele Selbstverständlichkeiten, und seine Behauptungen werden selten bewiesen. Man rechnet ihn gewöhnlich zu den Konfuzianern. In der Einleitung, welche aber in Buch X den Schluß des Buches bildet, sagt Wang Fu selbst, daß er die alten Lehren fortsetzen wolle. Tso Tcfciu-ming und die fünf Klassiker seien die kostbare Hinterlassenschaft der alten Weisen. Die Hervorhebung des Verfassers des Tso-tschuan ist bemerkenswert, da um dieses Werk heftige Kämpfe stattgefunden haben, indem die Anhänger des Kung-yang Kommentars das Tso-tschuan herabzusetzen suchten und sowohl seine Echtheit wie seine Zuverlässigkeit anfochten. Vielleicht ist es kein Zufall, daß auch Wang Fu's Freund Ma Jung für das Tso-tschuan eintrat. Ganz rein ist auch der Konfuzianismus des Wang Fu nicht, was sich namentlich bei seiner Weltanschauung zeigt, auf welche taoistischer Einfluß eingewirkt hat. Er geht wie die Taoisten von Too aus, das dann aber verschwindet und in seinem System keine große Rolle spielt. Dafür treten Himmel und Erde, Geister und Dämonen ein, denen er fast dieselbe Wichtigkeit beimißt wie Me Ti. *) Nach dem Sse-k'u tch'üan-schu Kap. 91 ist Wang Fu im Jahre 111 nach fc SO SP Pei-ti tchün im Norden von An-ting ausgewandert. Damals muß er doch wohl wenigstens 20 Jahre alt gewesen sein, was ein Geburtsjahr um 90 n. Chr. ergäbe. Ferner wird ebendaselbst berichtet, daß er nach der Begierungszeit von Ho-ti, 89—106 und An-ti, 107—126, kein Amt mehr annahm, also muß er spätestens schon 106 Beamter gewesen sein. War er damals etwa 20 Jahre alt, so müßte er um 85 n. Chr. geboren sein. Im Jahre 162 soll er noch gelebt und einem General einen Besuch gemacht haben. Wenn er bald darauf gestorben ist, fiele sein Tod ungefähr in das Jahr 165. Faber's Angabe, Doctrines of Confucius S. 11, daß Wang Fu 89—126 A. D. gelebt habe, kann nicht stimmen. Das Sse-k'u tchfüan-schu erwähnt aus seinem Leben noch die Daten 129 n. Chr., wo er in seine alte Heimat zurückkehrte, und 141, wo er wiedei*um den Wohnsitz wechselte. *) Üf Pfeife· ') Unter Huan-ti, 158—167. ·) Nämlich die Kapitel: B. III: jfe ^ & ft, ^ M B- IV '= ü *, ^ H · 6 ) & 3t . R ®. ") Siehe oben s- 112 An™· 3-

150

B. Spätere Han-Dynaetie

Too, heißt es, ist die Wurzel, aus welcher das Fluidum hervorwächst, worin sich Too auswirkt. ,, ist in seinem Wesen etwas sehr Geistiges, was seine wunderbaren Leistungen erklärt. Es ist sehr stark in seinen Wirkungen und dadurch groß. Der Himmel wird davon bewegt, die Erde ist dadurch in Ruhe, die Sonne leuchtet dadurch, der Mond glänzt, die vier Jahreszeiten, die fünf Elemente, Geister und Dämonen, Menschen und die endlosen Klassen der Wesen ändern sich und werden dadurch umgestaltet zum Glück oder Unglück."1) Too wird hier nicht in konfuzianischer Weise als Bewegung des Himmels oder Lauf der Welt aufgefaßt, sondern als ein geistiges Wesen, aus dem das materielle Fluidum, die Materie hervorkommt, mit deren Hilfe es alles Große und Schöne in der Welt hervorbringt. Die Schöpfung hat wohl ihren letzten Ursprung in Tao, aber ihren unmittelbaren im Urfluidum, der Emanation Tao's: „In der allerältesten Zeit, als die große Einheitlichkeit herrschte, war das Urfluidum dunkel und verborgen. Es gab noch keine Formen und Gestalten, die zahllosen Urstoffe waren noch vereint und bildeten eine chaotische Einheit. Es gab keine Herrschaft und keine Leitung, und das dauerte eine unendliche Zeit. Dann kam ein Umschwung und eine spontane Wandlung. Das Beine und das Trübe trennten sich und verwandelten sich in Yin und Yang. Diese beiden waren stofflich und schufen die beiden Potenzen2). Aus den schöpferischen Kräften von Himmel und Erde entwickelten sich die zehntausend Dinge. Das harmonische Fluidum3) brachte den Menschen hervor, damit er die obere Leitung übernehme. So hat der Himmel seinen Ursprung im Yang, die Erde im Yin und der Mensch in der Harmonie. Diese drei Mächte haben verschiedene Sphären und entwickeln sich unter gegenseitiger Beeinflussung, indem jede ihren eigenen Gesetzen folgt."4) Nicht nur Too, sondern auch seine Materialisation, das Urfluidum haben immer existiert. In der Urzeit herrscht das Chaos; zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgte von selbst ein Umschwung und aus dem Chaos entwickelte sich der Kosmos. Es ist ein großer Unterschied zwischen Wang Tsch'ung, welcher die Menschen mit Flöhen und Läusen vergleicht, und Wang Fu, welcher die Menschheit als dritte Potenz Himmel und Erde gleichwertig an die Seite stellt. Tao wirkt nicht direkt, sondern immer nur durch das Fluidum. Alle Veränderungen ruft es hervor, nicht nur Pflanzen und Tiere, sondern auch die Menschen und die Geister werden davon affiziert. Sie genießen es als Luft und

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) Himmel und Erde. ) Die harmonische Vereinigung von Yin und Yang. 4 ) Tch'ien-fu lun VIII, 5b: ±-£ ;£ {£, ;& ^ ± B$, TG il 25 ^» * W ?£ ;HS> ?l 3

. Wang Fu

161

Speise, es dringt als Schall in ihr Ohr und wirkt auch auf ihr Herz. Bei der Zeugung spielt es die Hauptrolle. Der Körper entsteht daraus und wird nach der Geburt dadurch ernährt und erhalten. Es breitet sich in den Gliedern aus und hat namentlich in den Adern und Blutgefäßen seinen Sitz. Alle geistigen Vorgänge hängen davon ab. Die Regierung der weisen Fürsten, alle Tugenden und Reformen gehen auf dieses reine Pluidum1) zurück.2) Das Fluidum bewirkt Glück und Unglück, es kann die große Erde auseinanderbersten, die schweren Berge beben lassen, den Lauf der Fluten verändern. Wenn der Sturm Bäume ausreißt, der Blitz Eis erzeugt, warme Quellen kochen, wenn das Einhorn, der Drache, der Phönix, Würmer und Heuschrecken erscheinen, so ist das der Einfluß des Fluidums. „Daraus ersieht man, daß die Wirkung des Fluidums, sobald es in Bewegung gerät, in der Tat außerordentlich ist."3) Seitdem Himmel und Erde bewohnbar sind, gibt es Menschen und Geister. Sie leben in verschiedenen Sphären, aber durch ihr Lebensfluidum stehen sie in Beziehung zueinander. Von den Geistern hängt das Schicksal ab. Man befragt sie danach durch Schildkröten- und Schafgarben-Orakel.4) Es gibt auch böse Geister, vor denen man sich hüten muß, und es gibt vornehme und geringe Geister. Zu den ersteren gehören Himmel und Erde, Berge und Flüsse und die Götter des Landes.5) Für das Schicksal sind die menschlichen Taten entscheidend, der Himmel und die Geister sprechen nur das Urteil: „Wenn Menschen Glück und Unglück haben, dann gibt der Mensch den Ausschlag, und das Schicksal entscheidet nur. Die Tat ist dem eigenen Charakter entsprechend, und das Schicksal ist die Entscheidung des Himmels. Was an einem selbst liegt, das kann man tun, aber was vom Himmel abhängt, das weiß man nicht. Wenn die Zauberer beten, können sie vielleicht helfen. Indes ohne Tugend kann man Zauberer und Astrologen*) nicht für sich beten lassen, denn durch die Gebete setzt man sich mit den Geistern und Dämonen in Verbindung und kann nur um geringe Dinge bitten. Dagegen ist es unbestimmt, wie das große Schicksal sich gestaltet. Wenn Leute den Beamten einen Besuch machen und sie bitten, so können sie wohl von einem kleinen Vergehen frei kommen, aber große Schuld werden sie dadurch nicht los."7) Mit dem Beten muß die Besserung Hand in Hand gehen. „Wenn die Moral nicht mißachtet wird, dann genießen die Geister das Opfer, und wenn Geister und Dämonen das Opfer annehmen, dann wird dem Betenden reiches Glück

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T. f. l. VIII, 6b. VIII, 7a: # jfc Ü ±> M g JlE Ü! # tÄ * £ · VI, l a. ') VI, 3b. Zauberer und Astrologen haben hier ganz die Funktionen der Priester. VI, 3a: ^ I*J> # A Ä ±, Jö * Ä Ä. ft * B 2. * *.

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B. Spätere Han-Dynastie

zuteil."1) „Nur wenn die Tugend und die Gerechtigkeit der Menschen blühen, dann riechen die Geister das Opfer, laben sich an Speise und Trank und zum Dank spenden sie Glück."2) Ebenso macht es der Himmel, der höchste Geist: „Wenn der Staat gut verwaltet ist, so ist das Volk zufrieden, und wenn das Volk froh und zufrieden ist, dann freut sich auch der Himmel und vermehrt sein Glück."3) Das Schicksal läßt sich demnach durch Gebete und Opfer nur wenig beeinflussen, denn die Geister erhören nur die Guten und genießen ihre Opfer. Das geschieht auch nur bei geringfügigen Bitten. Man erlangt vielleicht kleine Vergünstigungen von den Geistern, aber in der Hauptsache ist das Schicksal unabänderlich und ergibt sich aus den menschlichen Handlungen. Das Geschick, welches dem Menschen beschieden ist und oft durch gute oder schlechte Vorzeichen angedeutet wird, kann nur durch gute oder schlechte Taten abgeändert werden und ist insofern nicht unabänderlich: „Wenn Menschen glückliche Zeichen sehen und die Tugend üben, kommt Glück zustande, wenn sie aber glückliche Zeichen gesehen haben und ihren bösen Trieben folgen, dann verwandelt sich das Glück in Unglück. Wenn sie schlechte Zeichen erblicken und anmaßend und boshaft bleiben, dann kommt ihr Unglück sicher zustande, wenn sie dagegen Angst empfinden und sich in acht nehmen, dann schlägt das Unglück in Glück um."4) Wang Fu teilt die Ansicht K'ung-tse's, daß es gut ist, sich so wenig wie möglich mit Geistern und übernatürlichen Dingen abzugeben: „Die Heiligen," sagt er, „legen großes Gewicht auf das Befragen der Orakel, aber sie fragen nicht bei Dingen, die nicht zweifelhaft sind, sie opfern ehrerbietig, aber sie beten nicht um unschickliche Dinge. Daher heißt es: die Heiligen quälen sich" nicht mit Orakeln ab, sie ehren die Geister und Dämonen, aber halten sich fern von ihnen. Die Geister sind aus anderem Stoff und aus anderer Sphäre, und was können sie für uns bedeuten, wenn wir keine Beziehungen zu ihnen haben?"5) Das Schicksal soll auch an äußeren Körperzeichen, besonders an der Physiognomie zu erkennen sein. Bote Hautfarbe zum Beispiel bedeute frühen Tod, denn Feuer erlösche leicht. Wichtig für die Physiognomik sind Gesicht, Hände und Füße, die Gangart, die Sprechweise. Wang Fu sucht diese Übereinstimmung von Körperformen mit Schicksalsbestimmungen durch die fünf Elemente zu erklären, welche der menschliehe Körper bei der Geburt erhält. Diese gestalten den Körper und enthalten zugleich das Schicksal, welches dem Menschen vom Himmel verliehen wird. Aus den fünf Elementen entsteht auch der Charakter

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6. Wang Fu

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des Menschen, welcher sein Geschick bestimmt. So herrscht Übereinstimmung zwischen der äußeren Körpererscheinung, dem Charakter und dem Schicksal. Die Physiognomik allein entscheidet nicht, es muß noch die Tätigkeit des Betreffenden hinzukommen. Sie zeigt nur seine Eignung an, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Ohne seine Mitwirkung können auch Himmel und Erde einen Menschen nicht vornehm oder elend und Geister und Dämonen ihn nicht reich oder arm machen.1) Da Wang Fu an Orakel, Omina und Physignomik glaubt, so dürfen wir uns nicht wundern, daß er auch die Traumdeutung als eine Wissenschaft anerkennt. Er unterscheidet zehn verschiedene Arten von Träumen: direkte, symbolische, Erinnerungsträume, umgekehrte Träume, Krankheitsträume usw. Zu jeder Art führt er Beispiele an und bemerkt, welche Dinge in den Träumen Glück, welche Unglück, Freude oder Schmerz bedeuten. Die Traumdeuter sollen imstande sein, die Träume richtig zu erklären.2) In der praktischen Philosophie geht Wang Fu wieder von Too aus. Es läßt sich nicht ohne weiteres erkennen, aber man findet es in den klassischen Schriften der Konfuzianer: „Das Too von Himmel und Erde und das Walten des Geistes sind nicht sichtbar, aber wenn man die Satzungen der Heiligen studiert, und wenn der Geist über die Prinzipien und Lehren nachsinnt, so erschaut man sie. Das ist das Wesen Tao's, nicht die Erleuchtung des Herzens, aber die Menschen können sich der Lehre bedienen und halten sie dann für ihr eigenes Wissen. Wenn man bei Nacht Dinge in einem Zimmer sucht, ist ein Licht das Beste, und wenn man im Leben Too sucht, sind die Satzungen das Beste. Das sind die klassischen Schriften. Sie sind von den früheren Heiligen verfaßt. Diese erlangten Tao's Kern und richteten danach ihren Wandel ein. Da sie wünschten, daß auch die späteren Weisen sich bemühten, zu Too zu gelangen, deshalb verfaßten sie die klassischen Schriften, um sie den späteren Weisen zu hinterlassen."3) „Daher verhält sich die Lehre zum Geiste wie das Licht zum menschlichen Auge. In einem Brunnen oder einem tiefen Raum ist es dunkel, und man sieht nichts, aber sobald ein helles Licht hingestellt wird, werden alle Gegenstände beleuchtet. Das ist der Glanz des Lichtes, nicht der des Auges, aber das Auge kann ihn entlehnen und dadurch erhellt werden."4) Das Studium der Klassiker mit Hilfe eines Lehrers ist unerläßlich. Wer auf das Studium verzichtet und sich nur auf seine Anlagen verläßt, erreicht nichts. Dieses Studium denkt sich Wang Fu so: „Der Edle legt Gewicht auf reinen

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B. Spätere Han-Dynastie

Charakter und prüft seine geistigen Fähigkeiten. Diese werden unterstützt durch gute Freunde, geweckt durch kluge Lehrer, veredelt durch Li-ki und Yoking1), gelenkt durch Schiking und Schuking, gehoben durch das Yiking und erleuchtet durch das Tsch'un-tch'iu. Muß man dann nicht das Ziel erreichen ?"2) Irgend welche taoistische Schriften werden nicht empfohlen. Anlagen und Fähigkeiten sind bei den Menschen sehr verschieden. Der eine übertrifft den ändern oft um das Hundertfache, im Wissen sogar um das Zehntausendfache.3) Über dem Edlen stehen noch die Weisen und Heiligen: „Der Heilige ist der Mund des Himmels und der Weise der Dolmetsch des Heiligen, denn die Worte des Heiligen geben den Sinn des Himmels wieder, und der Weise erklärt die Meinung des Heiligen."4) Aber „auch die größten Weisen hatten nicht angeborenes Wissen und auch die größten Talente kein angeborenesKönnen."5) Sie mußten alle ihre geistigen Fähigkeiten mit Hilfe eines Lehrers erst entwickeln. Daher hatten die großen Weisen der ältesten Zeit alle ihre Lehrer, welche Wang Fu einzeln aufführt. K'ung-tse's Lehrer soll Lao-tse gewesen sein, was nicht stimmt, denn die Berichte über die Zusammenkunft der beiden Weisen sind unglaubwürdig.') Einen breiten Raum nimmt in Wang Fu's Philosophie die Lehre vom Staate ein, welche sich auf seiner Metaphysik aufbaut. Ausgehend von dem Satze: ,,der Himmel ist die Grundlage des Staates"') gelangt er zu der Erkenntnis: „was die Kaiser und Könige wert und in Ehren halten und der Himmel besonders liebt, ist das Volk."8) „In der Urzeit, sagt Wang Fu, als das Volk zuerst erschien, gab es noch keine Oberen und Unteren, und alles wickelte sich reibungslos ab. Der Himmel hatte nichts zu tun, und ein Fürst war noch nicht eingesetzt.9) Später aber begann man, sich gegenseitig zu betrügen und zu unterdrücken. Einige vergewaltigten die anderen und'beuteten sie unaufhörlich aus. Das gab den Keim zu großen Schäden. Da erteilte der Himmel dem Heiligen den Befehl, die Leitung und Führung über alle zu übernehmen, ohne die angeborene Natur zu verletzen. Alle im Reiche hatten den Vorteil und wurden der Segnungen der Tugend des Herrschers teilhaftig. Deshalb verehrten sie ihn alle und nannten ihn den Sohn des Himmels. Als der Himmel den Fürsten einsetzte, geschah es nicht in seinem Interessej um sich das Volk dienstbar zu machen, sondern um die Bösen zu bestrafen, Unheil Der verlorene Klassiker der Musik. 3

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6. Wang Fu

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zu beseitigen und dem Volke zu nützen. Darauf ging das Sinnen der Geister und Dämonen, und der Fähige wurde damit beauftragt.1) Der Himmel hat ein warmes Herz für das Volk, er freut sich, wenn es ihm gut geht und wird gerührt durch seine Klagen im Unglück. Auch Geister und Dämonen werden betrübt durch sein Jammern.2) Eine Regierung ist nur glücklich, wenn der Himmel damit zufrieden ist: „Bei der Regierung des Fürsten," heißt es, „ist nichts wichtiger, als Yin und Yang im Einklang zu halten. Yin und Yang haben den Himmel als ihre Grundlage. Wenn das Herz des Himmels zustimmt, dann sind Yin und Yang im Einklang, wenn das Herz des Himmels widerstrebt, dann sind Yin und Yang im Zwiespalt. Der Himmel sieht das Volk als sein Herz an.3) Wenn das Volk zufrieden und glücklich ist, dann stimmt das Herz des Himmels zu, wenn dagegen das Volk bekümmert und traurig ist, dann ist das Herz des Himmels ungehalten. Das Volk betrachtet den Fürsten als seinen Lenker. Wenn seine Regierung gut ist, dann ist das Volk mit dieser Regierung in Übereinstimmung, wenn indessen die Regierung schlecht ist, so ist das Volk unzufrieden und im Aufruhr"4) „Wenn das Volk zufrieden und glücklich ist, dann frohlockt das Herz des Himmels, wenn das Herz des Himmels frohlockt, dann stehen Yin und Yang im Einklang, wenn Yin und Yang im Einklang stehen, dann gedeihen die fünf Feldfrüchte, wenn sie gedeihen, dann erfreut sich das Volk langen Lebens. Erfreut es sich langen Lebens, dann nimmt es zu an Gerechtigkeit, es werden keine schlechten Taten verübt, und ohne diese herrscht Frieden in der Welt. Der Staat hat Ruhe, die Götter des Landes Sicherheit, und der Fürst genießt das höchste Ansehen."5) Als das Wichtigste in der Verwaltung gelten Wang Fu die Förderung der Volkswohlfahrt und die Regelung des Studiums. Nur ein wohlhabendes Volk ist für Belehrungen zugänglich und wendet sich der Tugend zu. Ein verarmtes Volk widerstrebt dem Guten. Reichtum und Studium sind die Grundlagen für den allgemeinen Frieden. Die Bauern müssen Ackerbau und Seidenzucht ') IV, la: ± £ £ ft, $ %> ft ^ ^ ^ J- -ji.fljjg g fa ^ =fc ^gi % ^

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7. Mou-tse

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Wesenlose nicht erfassen, und in das unendlich Kleine konnte man nicht eindringen. Buddha aber umspannte das unendlich Große und legte das Innerste des Stillen und Geheimnisvollen bloß. Alles beschrieb er, daher zählen die Kapitel seiner Schriften nach zehntausenden und die Worte nach hundert Millionen. Je mehr, desto vollkommener, je zahlreicher, desto umfassender. Wie kann man sie zurückweisen ? Wenn man sagt, daß ein Einzelner das nicht bewältigen könne, so ist es, wie wenn jemand an einen Fluß tritt und daraus trinkt. Wenn er sich satt getrunken, ist er befriedigt, und denkt nicht daran, daß viel mehr Wasser im Fluß ist."1) Alle Hauptwerke des buddhistischen Kanons werden Buddha zugeschrieben, und auch Mou-tse ist dieser Ansicht, aber sie stammen nicht von ihm. Nur sehr weniges geht auf den historischen Buddha zurück und enthält seine Lehre. Selbst geschrieben hat Buddha nichts. Fast alle Werke sind von buddhistischen Theologen späterer Zeit verfaßt, welche die Lehre des Meisters weiter entwickelt und ausgesponnen haben, ebenso wie die Konfuzianer die Lehre des K'ung-tse weiter ausbauten, allerdings ohne diesem ihre Werke zuzuschreiben. Weiter wendet sich der Opponent gegen Mou-tse persönlich, indem er auf die Möglichkeit hinweist, daß dieser nicht durch die Richtigkeit seiner Beweisführung, sondern durch seine Dialektik die Gegner überwindet. Seine Worte sind: ,,,Mit Hilfe der Klassiker und Kommentare bringst du die Worte Buddhas in Ordnung. Deine Diktion ist reich und der Sinn klar, die Worte leuchten und deine Ausführungen gefallen, aber ist das in Wirklichkeit nicht nur deine Redegewandtheit?' — Mou-tse antwortete: ,Es ist nicht meine Redegewandtheit. Meine große Erfahrung bewahrt mich vor dem Irrtum.' — Der andere fragte: ,Gibt es eine Methode, um solche Erfahrung zu erwerben ?' — Mou-tse erwiderte: .Durch die buddhistischen Sutren. Bevor ich die buddhistischen Sutren verstand, war ich noch mehr dem Irrtum ausgesetzt als du, denn obgleich ich die fünf Klassiker las, waren sie für mich doch nur wie Blumen, und sie hatten noch keine Früchte angesetzt. Nachdem ich die Erklärungen der buddhistischen Sutren gelesen und die Hauptlehren des Lao-tse kennen gelernt hatte, bewahrte ich meinen Gleichmut und erfuhr die Bedeutung des Nichttuns.2) Ferner betrachtete ich die Dinge der Welt, wie wenn ich vom T'ien-tching-Yaß in ein enges Flußtal blickte, oder wie wenn ich den Sung- und den T'ai-Berg erstiege und auf Hügel und Ameisenhaufen herabschaute.3) Die fünf Klassiker sind die fünf

2

) Hier wird die taoistische Metaphysik mit dem Buddhismus verquickt. ) Durch den Taoismus und den Buddhismus erhebt sich Mou-tse zu solchen Höhen, daß ihm die Dinge der Welt klein und unwichtig erscheinen. Mit ihnen befaßt sich der Konfuzianismus fast ausschließlich. 3

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B. Spätere Han-Dynast ie

Geschmäcke, und die buddhistische Lehre sind die fünf Feldfrüchte.1) Seitdem ich diese Lehre vernommen habe, ist es mir, als öffneten sich die Wolken und ich sähe die leuchtende Sonne, oder wie wenn ich mit einer Fackel in ein dunkles Zimmer eindränge.' "2) Sehr viel ernster als die bisher vorgebrachten Einwände ist vom konfuzianischen Standpunkt der Vorwurf der mangelnden Orthodoxie. Die konfuzianische Lehre schließt die volle Wahrheit in sich. Daneben ist für den Buddhismus kein Raum mehr: „Frage: Wenn die buddhistische Lehre so edel und so erhaben ist, warum haben denn Yao und Schun, Tschou-kung und Klung-tse sie nicht gepflegt, und weshalb steht nichts davon in den sieben Klassikern ? Da du für Schiking und Schuking begeistert bist und dich an den Riten und der Musik erfreust, warum liebst du außerdem noch den Buddhismus und schwärmst für Ketzereien ? Übertreffen sie die Klassiker und die Kommentare, und sind sie besser als die heilige Lehre ? Ich würde an deiner Stelle mich nicht damit abgeben." ,,Mou-tse antwortete: ,Es ist nicht nötig, daß jedes Buch die Worte des K'ungtse wiedergibt, und daß jedes Heilmittel von Pien Tch'io stammt. Dem Sinnvollen folgt man, und jedes Mittel, das eine Krankheit heilt, ist gut. Der Edle nimmt alles Gute, wo er es findet, um damit seinem Körper zu helfen.'3) ,Tse Kung sagte: ,Warum sollte der Meister dauernd einen Lehrer haben ?' — Yao diente dem Yin-schou, Schun dem Wu-tsch'eng, Tan lernte von Lü Wang und K'ung-tse von Lao Tan. Aber alle diese Lehrer werden in den sieben Klassikern nicht erwähnt. Wenn auch diese vier Lehrer Heilige waren, so lassen sie sich doch nicht mit Buddha vergleichen, ebensowenig wie ein weißer Hirsch mit einem Einhorn oder eine Schwalbe mit einem Phönix.4) Yao, Schun, Tschoukung und K'ung-tse haben jene zu Lehrern genommen, wieviel mehr noch muß man sich Buddha anschließen, dessen Zeichen5) und wunderbare Verwandlungsfähigkeit ohnegleichen sind. Darf man auf ihn verzichten und muß man nicht von ihm lernen ? In den fünf Klassikern sind doch auch wohl manche Dinge ausgelassen, und man darf sich daher nicht wundern, daß Buddha nicht erwähnt wird.' "«) *) Konfuzianismus und Buddhismus gehören zusammen wie die Geschmäcke und die Hauptnahrungsmittel. ·) Mou-tse H b : R) B, W Jö « « S « £ R. Ä » S, M * Ä> Ä # »,

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) Die Antwort ist sehr vernünftig, aber nicht konfuzianisch. ) Buddha ist göttlich wie die heiligen Tiere Einhorn und Phönix und steht hoch über 6 Lao-tse und K'ung-tse. ) Lakfana. ·) Als die fünf Klassiker entstanden, lebte der historische Buddha noch gar nicht. Mou-tee 4a: ffi > ft g M Q M *, ^ » ffi ?L 3 * fä 2. * -t M Z. * 4

7. Mou-tse

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Mou-tse ist der Ansicht, daß sich der Buddhismus sehr gut mit dem Konfuzianismus vereinigen lasse: „Ich habe später den Buddhismus hochgeschätzt und studiert," sagt er, „weshalb sollte ich deswegen Yao, Schun, Tschou-kung und K'nug-tse's Lehre preisgeben ? Gold und Edelsteine bekämpfen sich nicht gegenseitig, Bergkristall1) und Bernstein stehen einander nicht im Wege."2) Was nun die praktische Betätigung des Buddhismus betrifft, so war für Konfuzianer vor allem das Leben der Mönche ein Stein des Anstoßes, denn es ließ sich mit ihren Anschauungen von den Pflichten der Kinder ihren Eltern gegenüber nicht gut vereinigen. Mou-tse verteidigt die buddhistischen Mönche gegen den Vorwurf der Unkindlichkeit wegen der Tonsur, die als eine Art Körperverletzung angesehen wurde.3) Er gibt vier Beispiele von Fällen, bei denen auch von Konfuzius eine Körperentstellung für einen besonders guten Zweck gebilligt worden ist. Den Verzicht auf Familiengut, auf Ehe, Kinder und alle weltlichen Vergnügungen erklärt er für die höchste Entsagung, die als solche sehr lobenswert und nicht als Pietätlosigkeit aufzufassen sei. Bei seiner Verteidigung der Mönche gegen den Vorwurf, daß sie keine Nachkommenschaft hätten, beruft er sich auf Lao-tse, nach dem Reinheit und Wu-wei den höchsten Grad von Tao darstellten. Die Tugenden der Konfuzianer und Mehisten würden nur von den Gelehrten mittleren Ranges gepflegt. Die Mönche, meint er, ragten weit darüber hinaus, sie vertauschten die Freuden dieser Welt mit Too und Te und verzichteten auf das Glück des Familienlebens, um Reinheit und Weisheit zu erlangen.4) Auf den Vorwurf, daß die Mönche nicht die übliche Tracht hätten und nicht die allgemeinen Grußformen beachteten, erwiderte Mou-tse: „Yao, Schun, Tschou-kung und Kcung-tse haben die Dinge der Welt geregelt, Buddha und Lao-tse denken nur an das Wu-wei."*) Über die wichtige Frage der Unsterblichkeit äußert sich Mou-tse wie folgt: „Frage: Der Buddhismus lehrt, daß, wenn ein Mensch gestorben ist, er wieder zum Leben gelangen muß. Ich glaube nicht, daß diese Behauptung stimmt." „Mou-tse sagte: ,Wenn jemand dem Tode nahe ist, steigt man in seinem Hause auf das Dach und ruft ihn. Wen ruft man, wenn er gestorben ist ?' — Der

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fö?L.a®±Ä> Ä f t Ä * » » « f t » * i i * » nföftm*®^ s« ** =&0 ,«* « «· ) Im Text steht Jjijjf, das keinen Sinn gibt, wofür ich ^, lese. Die Stelle ist sehr zweifelx

haft. Vergl. Pelliot (Meou-tseu) S. 374 Anm. 228.

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) Vergl. Gesch. d. alt. chin. Philosophie S. 155. *) Mou-tse 5a— 5b. · ) Mou-tse e a : .

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B. Spätere Han-Dynastie

Betreffende erwiderte: ,Man ruft die Seele.' — Mou-tse sagte: ,Wenn der Geist zurückkehrt, dann lebt er, und wenn er nicht zurückkehrt, wohin ist er gegangen V — Die Antwort lautete: ,Er ist zum Dämon geworden.' — Mou-tee sprach: ,So ist es. Die Seele ist sicherlich nicht zugrunde gegangen, nur der Körper vergeht. Der Körper ist wie der Halm und die Blätter des Getreides und die Seele wie das dazugehörige Saatkorn. Halm und Blätter werden und müssen deshalb vergehen, aber wie könnte das Saatkorn sterben ? Wenn jemand Tao besitzt, so geht nur sein Körper zugrunde. Lao-tse sagte: ,Der Grund, weswegen ich großes Leid habe, ist, daß ich einen Körper habe. Welches Unglück könnte mich treffen, wenn ich keinen Körper hätte V1) Auch wenn jemand, der Too besitzt, stirbt, so kehrt doch sein Geist in „Buddhas Halle"2) zurück. Wenn ein Übeltäter stirbt, so hat sein Geist das Unglück zu tragen.' "3) Mit der Frage der Unsterblichkeit hängt die nach den Geistern und ihrer Verehrung zusammen. Der fingierte Gegner vertritt den Standpunkt, daß Konfuzius nicht an Geister geglaubt habe, indem er sich auf seine Antwort an Tse Lu beruft, er könne nicht einmal den Menschen dienen, wieviel weniger den Geistern, und er kenne nicht einmal das Leben und wieviel weniger den Tod. Mou-tse, machte dagegen geltend, daß die Geister auch im Konfuzianismus Verehrt würden, und bezog sich dabei auf das Hsiao-king, in welchem von Geistern die Rede ist. Der Gegner möchte die buddhistischen Schriften mit den taoistischen Werken über Geister und Genien wie etwa die Aufzeichnungen über die Unsterblichen Wang Tch'iao, Tsch'i Sung und die acht Genien4) und das Geisterbuch in 170 Kapiteln5) auf eine Stufe stellen. Dagegen wendet sich Mou-tse mit den Worten: „Es gibt 96 verschiedene Lehren, aber, was ihren Rang anbetrifft, so geht keine über den Buddhismus hinaus. Die Erzählungen der Bücher von den Genien klingen außerordentlich und erfüllen die Ohren, aber, wenn man nach Beweisen verlangt, so ist es, wie wenn man nach Wind greift oder einen Schatten erhäschen will. Die große Lehre6) gibt sich nicht damit ab, und das Nichttun7) schätzt sie nicht, sie können also dem Buddhismus nicht gleichgestellt werden."8) Auf die Frage, wie es komme, daß die Taoisten es vermeiden, Getreide zu essen, 1

) ) Text 8 ) 2

Tao-te king Kap. 13. Ein seltener Ausdruck, der wohl mit ^ ^ „Paradies" gleichbedeutend ist. Pelliofs hat dafür jjjg ^ „Halle des Glücks". Der Böse hat den Tod zu erdulden, der Tugendhafte geht in das Paradies ein. —

Mou-tse 6b: H s, ft m w, JE 9 « s £. * * m st m z m -A» * -?· B, m * * % _h m * ±> n B, m w m, A B, i* * ä ei, * > *? a. JM £, * a» » M ± ¥> , )».-*^ B . f i - , 3»# ^*^ ifci-El· ^ W ö l # : f c A , « W * A 4 , *5*f *»4 5 # ra a # m m n, m m m s» A M R JE, M * * R. )

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·) Der Buddhismus. e 13a:

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') Der echte ältere Taoismus.

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7. Mou-tse

165

aber Wein trinken und Fleisch essen, um unsterblich zu werden, die Buddhisten umgekehrt sich des Fleisch- und Weingenusses enthielten, gibt Mou-tse die Antwort, es sei ein Irrtum, daß Lao-tse das Essen von Feldfrüchten verboten habe, und auch in den konfuzianischen Klassikern fände sich kein solches Verbot: ,,Der Heilige1) hat gesagt: die Getreideesser sind klug, die Krautesser dumm, die Fleischesser gewalttätig, und die Luftesser2) leben lange."3) Mou-tse glaubt nicht an die Möglichkeit, durch Verzicht auf den Genuß von Getreide Unsterblichkeit erlangen zu können. Er hat selbst den praktischen Versuch gemacht und bei drei Lehrern gelernt, welche behaupteten, 700, 500 und 300 Jahre alt zu sein. Sie aßen nur Früchte, doppelte Portionen Fleisch, tranken Wein in Mengen, und glaubten dadurch nach Lao-tse's Vorschrift immer dünner zu werden und beim Wu-wei anzulangen. Stattdessen wurden sie immer stärker und schädigten ihren Organismus. Vor Ablauf von drei Jahren waren sie tot. Die alten Weisen brachten es nicht einmal auf hundert Jahre, wie könnten also, fragt Mou-tse, die heutigen Toren durch besondere Diät ewiges Leben erlangen ? 4 ) Die Taoisten behaupten, daß Yao, Schun, Tschou-kung, K'ung-tse und seine 72 Schüler nicht gestorben, sondern Genien geworden seien. Mou-tse weist aus den Quellen den Tod aller dieser alten Weisen nach.5) Um dauernd am Leben zu bleiben, muß man sich vor allem der Krankheiten erwehren können. Mou-tse legt sich folgende Frage vor: „Die Taoisten sagen, sie könnten Anfälle abwehren und würden nicht krank und blieben gesund ohne die Anwendung von Akupunktur und Medizinen. Ist das wirklich so ? Weshalb sind die Buddhisten krank und müssen zur Nadel und zu Heilmitteln ihre Zuflucht nehmen?" Darauf antwortete er: ,, ,Lao-tse hat gesagt: , Wenn Menschen kräftig werden, altern sie.' Das bedeutet, daß Menschen ohne Too bald sterben.6) Nur diejenigen, welche Too erlangt haben, leben nicht und werden nicht kräftig.7) Da sie nicht kräftig werden, so altern sie auch nicht und, da sie nicht altern, erkranken sie nicht, und ohne Krankheiten können sie nicht vergehen. Deshalb hält Lao-tse den Körper für ein großes Unheil. Wu-wang wurde von Krankheit ergriffen, Tschou-kung bat um die Befehle des Himmels. K'ung-tse war erkrankt, und Tse Lu wollte für ihn beten. Ich sehe, daß die Heiligen alle von Krankheit heimgesucht wurden, und habe nicht bemerkt, daß sie frei von Krankheit waren. Schen-nung probierte die Krauter, und viele von ihnen hätten ihn fast getötet. Huang-ti verneigte sich und nahm von Tch'i Po8) die Nadel hin. Waren diese drei Heiligen etwa den heutigen J

) ) *) 4 ) 5 ) ·) ') 8 ) 2

K'ung-tae, vergl. Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 182 Anm. 2. Diejenigen, welche Atemgymnastik üben und dabei nur Luft genießen. Mou-tse 13a-b: QA^ Ä IS * «» Ä ^ % ft, * 03 * t?> Ä M. % * · Mou-tse 13b. Mou-tse 15a. -te king Kap. 30 und 55. Sie leben nur noch im Geiste. Der ärztliche Berater des Huang-ti.

166

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Taoisten nicht gleich ? Wenn man jene Behauptung1) prüft, so muß man sie für falsch erklären."2) Trotz seiner buddhistischen Grundrichtung hält Mou-tse doch an Too als dem höchsten Weltprinzip fest. Der Opponent fragte: ,,K'ung-tse hat die fünf Klassiker zur Unterweisung in Too bestimmt. Man kann sie vornehmen und lesen und nach ihren Vorschriften handeln. Nun behauptest du, daß Too leer und nichtseiend sei und unerkennbar, so daß man seine Absicht nicht sieht und seine Äußerungen nicht zeigen kann. Wie kommt es, daß dies mit den Worten des Heiligen nicht übereinstimmt ?" „Mou-tse erwiderte: ,Man darf nicht das, woran man sich gewöhnt hat, hochschätzen3) und das, was einem nur selten vorgekommen ist4), gering achten, sich nicht durch äußerliche Analogie betören lassen und dabei den inneren Sinn verlieren. Wenn man die Dinge bestimmt und dabei nicht Too und Te verliert, so ist das, wie wenn man beim Harfenspielen die Töne kung und schang nicht ausläßt. Das Tao des Himmels hat als Regel die vier Jahreszeiten und das Tao der Menschen die fünf Tugenden5). Lao-tse sagt: „Es gibt ein Wesen, gebildet aus dem Unfaßbaren, welches vor Himmel und Erde bestand. Man kann es als die Mutter der Welt ansehen. Ich kenne seinen Namen nicht. Ihm notgedrungen einen Namen gebend, nenne ich es Tao."6) Tao ist in seinem Wesen derart, daß man in der Familie den Eltern damit dienen, in der Staatsverwaltung das Volk damit regieren, und wenn man allein steht, sein Selbst damit lenken kann. Wenn man danach handelt, erfüllt es Himmel und Erde, wenn man es aber vernachlässigt und nicht benutzt, dann nimmt es ab, aber es entfernt sich doch nicht völlig. Verstehst du das nicht ? Inwiefern sollte es nicht mit der heiligen Lehre übereinstimmen ?"7) !) Die Behauptung der Taoisten, daß sie nicht krank würden. ·) Mou-tse 13b: fflH , £ % £ A Sl £ $p £ ^ fa ft fä fä %flfifafä^ £

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4 ) Die Lehre des K'ung-tse. ) Die Lehre des Lao-tse. ) T"ao als Weltprinzip wird aus dem regelmäßigen Wechsel der Jahreszeiten, die es hervorruft, erkannt. Ale Moralprinzip zeigt es sich in den menschlichen Tugenden. — Das Iß! in Hj| ^ des Textes ist ein Irrtum und durch JL zu ersetzen. Vergl. Pelliot S. 349 Anm. 84. ·) Tao-te king Kap. 25. 7 ) Der Unterschied besteht darin, daß im Konfuzianismus Tao nur Moralprinzip ist, im Taoismus dagegen auch ontologisch als ein übersinnliches Wesen aufgefaßt wird. Mou-tse 3a: ffi 0, ^ % ft @ ^ jg », ^T ÄflBS, Ä M . ^ =l· &, 6

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8. Hsü Kan

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Mou-tse ist wahrscheinlich der erste Denker, welcher die drei Systeme: Konfuzianismus, Taoismus und Buddhismus zu vereinigen versucht hat. Nach seinen Worten muß man annehmen, daß er den Buddhismus am höchsten schätzte, dann den Taoismus und schließlich den Konfuzianismus folgen ließ. Der Spiritualismus des Buddhismus und des Taoismus scheint ihn besonders angezogen zu haben. Anscheinend kannte er nur den volkstümlichen Buddhismus, aber noch nicht die buddhistische Philosophie, welche zu seiner Zeit wohl überhaupt in China noch nicht bekannt war.

8. Hsü Kan. 1

Hsü Kan's ) Heimat war Tchi in Pei-haf) (Schantung). Er führte den Beinamen Wei-tschang3). Obgleich er die JFei*)-Dynastie nicht mehr erlebt hat, wird er doch in der Geschichte der Wefi) aufgeführt, weil er zu den Begründern dieser Dynastie in Beziehung stand. Danach ist er im Jahre 217 n. Chr. gestorben, und da er 47 Jahre alt wurde, muß er 170 n. Chr. geboren sein.6) Man rechnet ihn zu den sieben Gelehrten der Tchien-an-Peiioae') (196—220), er war ein guter Literat und auch Dichter. T'sao T'sao*), welcher sich schon seit 215 König von Wei nannte, verlieh ihm eine hohe Auszeichnung, aber Hsü Kan zog sich wegen Krankheit vom öffentlichen Leben zurück. Der Kaiser Wei Wen-ti, 220—227, schrieb einen Nachruf für ihn, worin er ihn als einen gediegenen Charakter hinstellt, der nur nach Wahrheit, nicht nach Ehren strebte, einfach und ohne Begierden war und nur die Literatur liebte. Hsü Kan hat ein kleineres philosophisches Werk, das Tschung-lung), zwei Bücher mit 20 Kapiteln, hinterlassen. Ursprünglich scheinen es einige Kapitel mehr gewesen zu sein. Im Sui- und T'ang-schu ist von sechs Büchern die Rede, von der Sung-Zeit ab werden nur noch zwei Bücher erwähnt. Wahrscheinlich sind die sechs zu zwei zusammengezogen10). Die Kapitelzahl ist ungefähr dieselbe geblieben.

') ifi iu?' Kap. 21, Biographie des Wang Tsan 3E £fe · wrin auch Hau Kan erwähnt wird. ·) Nach einer alten Vorrede zum Tschung-hin starb Hsü Kan im 2. Monat des Jahres 218. Danach haben Takejiro II, S. 48 und Watanabe II, S. 45 die Lebensdauer auf 171—218 n. Chr. berechnet. ') ft 3c· Wegen der 7 Gelehrten vergl. Giles, Bibl. Diet. Nr. 777.

') Vfft.

*) ffil· e»fe* glaubt, daß dies die Übersetzung des Pränyamula-sästra-tlkä des Nägärjuna sei, mit dem es aber nur den chinesischen Namen Tschung-lun gemein hat. Es ist ein von Hau Kan selbst verfaßtes konfuzianisches, kein buddhistisches Werk. Faber, Doctr. of Conf. S. 12 schreibt falsch jjpf jfjj, aber transkribiert richtig chung-lun. 10 ) Sse-k'u tch'üan-schu Kap. 91.

168

B. Spätere Han-Dynastie

Hau Kan wird zu den Konfuzianern gerechnet. Er legt das Hauptgewicht auf das Studium unter besonderer Hervorhebung der sechs freien Künste, welche von K'ung-tse und Meng-tse sehr nebensächlich behandelt werden. Nach seinem Dafürhalten ist das Studium für den Weisen das Wichtigste. Es führt zur Tugend, verleiht unvergänglichen Ruhm, weckt das Verständnis, regelt die Gefühle und pflegt die Natur. Studium ist wie das helle Sonnenlicht, welches ins Herz fällt und alles erleuchtet.1) „Jemand fragte: ,Von den Gelehrten erreichen einige den höchsten Grad des Wissens, andere haben ihre Stärke im Wollen und Handeln. Wenn sich beide Fähigkeiten nicht vereinigen lassen, für welche würde sich der Heilige entscheiden?' — HsüKan antwortete: ,Für das Wissen, denn durch Anwendung des Wissens kann man die Volkszahl vermehren, dem Volk die größten Vorteile verschaffen und die Erzeugung der Dinge bis zum Äußersten steigern. Was der Heilige zu erreichen vermag, und was nicht nur im leeren Handeln besteht, ist das Wissen.' "2) Die Erziehungsbeamten der alten Könige unterwiesen die Söhne der Vornehmen in den sechs Tugenden, den sechs Handlungsweisen und den sechs Künsten. Die sechs Tugenden waren: Wissen, Wohlwollen, Heiligkeit, Gerechtigkeit, Gleichmäßigkeit und Eintracht3), die sechs Handlungsweisen: Pietät, Freundschaft, Entgegenkommen, Güte, Zuverlässigkeit und Mitleiden4), die sechs Künste: Riten, Musik, Bogenschießen, Wagenlenken, Schreiben und Mathematik.5) Die sechs Künste stammen aus ältester Zeit und sollen die Unterrichtsgegenstände umfassen, welche in den Hof schulen der TscAoM-Dynastie gelehrt wurden. Die Gruppierungen werden alle im Tschou-li, wohl in einem Kommentar, erwähnt. Es ist zu beachten, daß die erste Tugend das Wissen ist. In den klassischen fünf Tugenden, wie sie Meng-tse lehrt, kommt es erst an vierter Stelle. Hsu Kan ist, wie schon aus den angeführten Zitaten zu ersehen, ausgesprochener Intellektualist. Die sechs freien Künste sollen sich zur Tugend wie die Zweige und Blätter eines Baumes zum Stamm und zur Wurzel verhalten. Ein Edler muß beide, die sechs Künste und die sechs Tugenden besitzen: „Durch die Riten prüft man die Höflichkeit, durch Musik wird die Liebe gestärkt, durch Bogenschießen der Wille gleichmäßig gemacht, durch Wagenlenken die Eintracht hergestellt, durch Schrift werden die Dinge verknüpft, durch Mathematik beseitigt man die Schwierigkeiten."') *) Tschung-lun I, 1. ») Tschung-lun I, 15a:

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170

B. Spätere Han-Dynaetie

allgemeinen Gesichtspunkte verstehen lernen, ehe man sich mit den einzelnen Dingen und ihren Bezeichnungen abgibt. Die schlechten Konfuzianer sind voll von Wissen, in allen Einzelheiten erfahren, groß in der Texterklärung und wissen die Abschnitte und Sätze richtig abzuteilen, aber haben kein Verständnis für die großen Ideen.1) Aber der Konfuzianismus, die allein wahre Lehre, ist nicht nur entartet, sondern in den vielen hundert Jahren seit dem Tode des K'ung-tse auch in Vergessenheit geraten. Es sind Leute aufgetreten, welche falsche Lehren verbreitet haben wie Yang Tschu, Me Ti, Sehen Pu-hai, Han Fei-tse, T'ien P'ien und Kung-sun Lung. Sie haben viele Anhänger gefunden, die sie bewundern und rühmen. Das hat zur Entartung der Moral geführt. Die Alten werden uns als Vorbilder hingestellt. Sie lebten nicht ihrem Vergnügen und dem Verkehr mit Freunden, sondern waren stets vom Morgen bis in die Nacht beschäftigt. Nur, wenn sie einmal Muße hatten, pflegten sie Verkehr, besuchten sich, gaben Essen usw.2) Eine andere Frage, welche Hsu Kan besonders zu interessieren scheint, ist die von den chinesischen Philosophen viel behandelte, ob das Glück den Taten der Menschen entspricht. In normalen Zeiten, sagt er, erlangt derjenige Glück, der Gutes tut, und Unglück, wer böse handelt. Aber in Zeiten der Verwirrung gilt diese Regel nicht, dann kann auch der Gute Not leiden müssen und der Schlechte gedeihen. Allein trotz dieser Abweichungen darf man an dem Grundprinzip nicht zweifehl. Zeit und Umstände hängen nicht von mir ab. Wenn dem, der Gutes tut, mit Unglück gelohnt wird, so ist das Schicksal, und wenn der Missetäter belohnt wird, so spricht man von glücklichem Zufall. Das darf uns nicht hindern, an unsern Grundsätzen festzuhalten. Es kommt seltener vor, daß ein Übeltäter dem Unglück entgeht, als daß die Guten nicht Glück finden. Tsengtse sagt: „Wenn auch einem Menschen, der das Gute liebt, kein Glück zuteil wird, so bleibt doch das Unglück von ihm fern, und wenn jemand das Gute nicht liebt, so mag ihn kein Unglück treffen, aber auch das Glück bleibt ihm fern."3) Hau Kan zieht hieraus folgendes Fazit: „Wenn auch in einem Jahre die Ernte mißrät, so wird doch kein guter Landmann deswegen die Äcker brach liegen lassen, und kein guter Kaufmann wird seine Waren wegwerfen, weil er zu wenig damit verdient hat.4) Ebenso wird kein guter Gelehrter seine guten Lehren ändern wegen des Glücks oder Unglücks, das auf seine Taten folgt."5) Der Weise erstrebt Glück in sittlicher Weise, aber ob er es erlangt, hängt vom Schicksal ab. Schun, Yü und K'ung-tse zeigten das gleiche tugendhafte Streben, aber nur Schun und Yü erreichten ihr Ziel, K'ung-tse nicht. Ein guter Landmann i) I, 2b.

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*^>fIÄit£. *) Das ist leider heute, wo die Gewinnsucht alle anderen immer der Fall.

Gefühle zurückdrängt, nicht

8. Hsü Kan

171

braucht sich nicht vorzuwerfen, daß er sein Land nicht gut bestellt hat ; wenn Wind und Regen nicht zur richtigen Zeit kommen, so ist das sein Unglück. Der Edle pflegt die Sittlichkeit und die Tugend, und es ist sein Unglück, wenn er in einer ungünstigen Zeit lebt. Hsü Kan bekämpft die Ansichten des Hsün Schuang1) und des Sun Ao aus Pei-hai2), wahrscheinlich eines Zeitgenossen. Hsün Schuang erwidert auf den Einwand, daß K'ung-tse's Ausspruch vom langen Leben der Tugendhaften nicht stimme, indem Yen Hui, Pi Kan3) und Wu Tse-hsü4·) als Gegenbeispiele angeführt werden, daß Tugendhafte tausendjährigen Ruhm erwürben. Das sei das lange Leben. Sun Ao dagegen behauptete, daß Leben und Tod nur vom Schicksal, nicht von den Menschen abhingen. Man dürfe es aber dem Volke nicht sagen, daß die Tugend oft unbelohnt bliebe, denn sonst könnte es sich leicht dem Bösen zuwenden. Hsü Kan unterscheidet drei Arten des langen Lebens : l . das lange Leben der königlichen Gnade, welches den weisen Herrschern für ihre Güte zuteil wird; 2. das lange Leben des Ruhmes, das heißt der Nachruhm, [der in Wirklichkeit kein langes Leben ist, aber bildlich als solches gilt] ; 3. das lange Leben des tugendhaften Wandels5), der Lohn für die Tugend. Er sucht nachzuweisen, daß die guten Kaiser der Fiw-Dynastie sehr lange, die schlechten nur sehr kurze Zeit geherrscht haben. Dasselbe soll auch für die ganze Zeit bis Wu-wang gelten. Den anderen siebzig Schülern des Konfuzius ist es nicht schlecht gegangen, der eine Yen Hui kann nicht die Regel umstoßen. Den Grund seines vorzeitigen Todes kennen wir nicht, denn „die Wege des Himmels sind verschlungen und dunkel und schwer zu erkennen. Der Weise erfaßt sie nur in den großen Zügen und nimmt sie sich zum Muster; wie könnte er sie in allen Krümmungen verfolgen, ohne das Geringste zu verlieren oder zu verfehlen ?"6) Pi Kan und Wu Tse-hsü kannten ihr Schicksal und gingen ihm freudig entgegen: „Welche Schuld hat der Himmel ? Wenn er auch das Glück der Tugendhaften wünscht, so kann er sie doch nicht mit der Hand oder dem Arm zurückziehen, und wenn sie ins Verderben stürzen, so ist das nicht, was man einen Mangel an Glück nennt."7) In den Abschnitten des Tschung-lun, welche vom Staate handeln, werden viele Zitate aus der Geschichte beigebracht — auch sonst werden K'ung-tse, das Schuking, Schiking und Yiking oft zitiert — und es werden sehr viele einzelne Vorschläge für eine weise Regierung gemacht. Bei Belohnungen und Strafen heißt *) 2 ^ ?J"C> siehe oben S. 137 Anm. 7.

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$& Ä -4L · D* Beweisführung ist recht wenig überzeugend. Es scheint, daß, um den Himmel zu entlasten, den beiden Unglücklichen eine gewisse Schuld zugeschrieben werden soll.

172

B. Spätere Han-Dynastie

es, daß es dabei nicht so sehr auf die Größe und Schwere ankomme, als darauf, daß die Bestimmungen stets durchgeführt werden. Sonst verliert das Volk das Vertrauen, und die Schlechten haben keine Furcht mehr. Der Weise darf auch nicht aus Verwandtschaftsrücksichten die Bestrafung aussetzen. Belohnungen und Bestrafungen müssen sofort und nicht zu spät erfolgen.1) Als etwas sehr wichtiges betrachtet Hsu Kan die Volkszählung, welche nach dem Tschou-li zu Anfang des Winters stattfand und durch den Justizminister dem König mitgeteilt wurde. Nur so lassen sich Steuern, Fronen und Dienste gerecht verteilen, so daß keine Unzufriedenheit im Volke entsteht.2)

9. Tschung-tsch'ang T'ung. Tschung-tsch'ang T'ung3), mit dem Beinamen Kung-li*), stammte aus Kao-p'ing in Schan-yanf) der Provinz Schensi. Er starb in dem Jahre, in welchem der letzte Kaiser der f/aw-Dynastie entthront wurde, 220 n. Chr., und wurde nur 40 Jahre alt, lebte also von 180—220 n. Chr. Im Alter von 20 Jahren machte er große Reisen in Nordchina, in den Provinzen Tschili, Schansi, Honan, Schantung und Anhui.") Dabei knüpfte er Beziehungen zu vielen Gelehrten an und sammelte Erfahrungen. Er wird als sehr leidenschaftlich, offen und gerade heraus geschildert und erregte bei manchen Anstoß, die ihn für überspannt erklärten. Auf die Empfehlung des Hsün Yu7) wurde er zum Schang-schu lang8) befördert und unterstützte den T'sao T'sao in seinen kriegerischen Unternehmungen. Als er starb, sagte ein Freund von ihm, daß er an glänzendem Talent dem Tung Tschung-schu, Tchia I, Liu Hsiang und Yang Hsiung gleichgekommen sei. Mit Wang Tsch'ung und PTon.gr Fu zusammen galt er als einer der drei großen Gelehrten der späteren //ow-Zeit. Tschung-tsch'ang T'ung schrieb das Lo-tschi lun9) und Gedichte, aus denen wir seine Weltanschauung am besten kennen lernen. Sein Hauptwerk aber ist das Tsch'ang-yen10) in 34 Kapiteln und über 100000 Worten. Alle seine Werke sind verloren. Ma Kuo-han11) hat ein Bruchstück des Hauptwerkes in zwei Kapiteln dem Sammelwerk Yü-han schan-fang tchi i-schu12) unter den konfuzianischen Schriften eingefügt. Es ist dem Inhalt nach Staats- oder rechtsphilosophisch. In der Biographie des Tschung-tsch'ang T'ung, im Kap. 79 des Hou Han-schu werden drei Kapitel des Tsch'ang-yen im Auszug mitgeteilt. In seinen staatsphilosophischen Erörterungen lesen wir: „Wenn ein Edler Gesetze und Verordnungen anwendet, so führt er damit Reformen durch, wenn ')

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194

Die Zeit der Sechs Dynastien

von dem 28. Patriarchen Bodhidharma, der nach China kam. Dieser wollte vom Studium der heiligen Schriften nichts wissen. Die Erkenntnis der eigenen Natur, des eigenen Herzens, genügte ihm. Dadurch erlangte man Wissen und wurde zum Buddha. Das erforderte bestimmte Meditationen, welche zur Weisheit, Prajnä, führten. Die Theorie der Meditation wurde den Schülern mündlich mitgeteilt, aber es gibt Sammlungen von Aussprüchen berühmter DAyäwa-Lehrer. Diese Theorie war für höhere Geister, was die -ämwZa-Religion für das Volk war. Sie ist für das Geistesleben in China und Japan von großer Bedeutung gewesen und hat besonders auf die Malerei eingewirkt, die während der T'ang- und Sung-Zeit stark unter ihrem Einfluß stand. Die Vernachlässigung des Studiums zugunsten der Meditation hat oft zum Verfall des Wissens und zur Verachtung der Brüder in den Klöstern geführt. Andererseits hatte diese Haltung auch eine gute Wirkung, sie führte zur Verinnerlichung und bewahrte vor Bilder- und Reliquiendienst, vor Dogmen und trockener Gelehrsamkeit. Heute ist fast jeder Dhyäna-Mönch zugleich Anhänger des Amitäbha. Da es bei dieser Schule vor allem auf das eigene Herz ankommt, so bezeichnete man sie auch als die ,Schule des Buddha-Herzens' Fo-hsin tsung1). Ein dritter Name: Nien-hua tsung2), die Lehre der gepflückten Blume, bezieht sich darauf, daß Buddha, indem er schweigend eine Blume in der Hand hielt, dadurch die Meditation angedeutet haben soll. Diese Schule teilte sich im 7. Jahrhundert in eine Nord- und eine Südschule. Die erstere unter Schen-hsiu3) übte mehr praktische, die andere unter Hui-neng*) mehr philosophische Spekulation.

IV. Die in China bekanntesten buddhistischen Werke. Die meisten Chinesen wissen vom Buddhismus sehr wenig. Da seine Kenntnis bei den Staatsprüfungen nicht verlangt wurde, so las man keine buddhistischen Bücher. Daher wurde von der großen buddhistischen Übersetzungsliteratur unter den Gelehrten nur wenig bekannt. Die buddhistische Terminologie und die vielen Sanskrit-Ausdrucke erschwerten das Verständnis sehr und konnten den Schülern von ihren Lehrern nicht erklärt werden. Man hätte sich deswegen schon an buddhistische Priester wenden müssen, von denen auch nur die geistig höher stehenden die Texte lesen konnten. Ein solches Studium hätte den Betreffenden leicht in den Verdacht mangelnder Orthodoxie gebracht. Die chinesischen Philosophen kannten den Buddhismus in den ersten Jahrhunderten nach seinem Erscheinen nur in seiner populären Eorm, und erst sehr viel später lernte man auch seine Philosophie kennen. Sehr gründlich war diese Kenntnis nicht; die meisten Denker waren viel zu sehr vom Kulturdünkel erfüllt, als daß sie sich in die Ge") | 3|.

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S. 360 fg.

C. Die Philosophie des Buddhismus

195

dankenwelt der „Barbaren" hineingearbeitet hätten. In den Polemiken für und gegen den Buddhismus werden einige Werke öfter erwähnt. Zu den bekanntesten gehören die folgenden: a) Sse-schi-erh tschang tching1), das Sütra der 42 Abschnitte, das erste buddhistische Werk, welches von den beiden ersten indischen Missionaren, die im 1. Jahrhundert n. Chr. nach China kamen, übersetzt wurde. Ein Original im Sanskrit ist nicht vorhanden, denn das Material wurde aus den verschiedensten Schriften zur ersten allgemeinen Orientierung zusammengestellt. Der Inhalt sind hauptsächlich moralische Vorschriften, aber es finden sich auch schon philosophische Betrachtungen im Geist der Mädhyamika- Schule von der Illusion der Welt und des Ichs, der Leerheit und der vollkommenen Gleichheit aller Dinge. b) Mo-ho pan-jo po-lo-mi tching2), das große Sütra der Vollkommenheit der Weisheit ( -sahasrikä Prajnä-päramitä), im 2. und 3. Jahrhundert und auch später noch öfter übersetzt. Besonders der Satz von der Leerheit alles Seins wird darin behandelt, aber nicht bewiesen. Den Beweis hat erst Nägärjuna erbracht. c) Tchin-kang pan-jo po-lo-mi tching3), ,die Diamantspaltende Vollkommenheit der Weisheit' (Vajra-cchedikä Prajnä-päramitä), die populärste MädhyamikaSchrift, welche sechsmal ins Chinesische übersetzt wurde, ein kurzer Auszug aus dem Riesenwerke Prajnä-päramitä. Dieselben Behauptungen werden beständig wiederholt, aber die Beweise fehlen. d) Miao-fa lien-hua tching*), das Sütra der Lotusblume der wunderbaren Lehre (Saddharma-pundanka-sütra), das Textbuch der TNew-i'ow-Schule. Es ist reich an Bildern und Phantastik und mehr religiös als philosophisch. Buddha wird darin als der Urgrund der Welt hingestellt. e) Fo hua-yen tching*), das Sütra des Buddha-Diadems ( Buddhävatamsakasütra), eins der in China am meisten verehrten Bücher von großem Umfang, das Hauptwerk der Avatamsaka-Schule. Es wird zu Unrecht dem Nägärjuna zugeschrieben, der wegen vieler Anachronismen nicht der Verfasser sein kann. Das Werk enthält viele Wundergesehiehten. f) Schou-leng-yen tching*), das Sütra des Heldenleibes (Sürängama-sütra) wird von chinesischen Gelehrten besonders geschätzt, weil darin metaphysische und erkenntnistheoretische Fragen in gewähltem Stil behandelt werden. Chu Hsi soll gerade diesem Werke manches verdanken. Die Existenz eines individuellen Geistes wird durch sehr minutiöse Ausführungen widerlegt. Der wahre Geist soll der geistige Leib Buddhas, Dharma-käya, sein. g) Ju leng-tchia tching''), das Sütra von der Erscheinung auf Lanka (Ceylon), (Lankävatära-sütra). Dort soll Buddha den König Bävana besucht und ihm auf einem Berge die Lehre erklärt haben. Das Werk, ein Textbuch der Yogäcäras,

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(Mahä-prajna-päramtiä-eütra).

196

Die Zeit der Sechs Dynastien

handelt von der „Soheit" (Tathätä), dem reinen Geiste, dem überphänomenalen Grunde alles Seins, welches in den individuellen Formen der Dinge, die keine objektive Existenz haben, in die Erscheinung tritt. h) Ta-tsch'-eng tch'i-hsin tun1), die / -Abhandlung über die Weckung des Glaubens (Mafiäyäna-oraddhötpäda-dästra). Verfasser soll ein Aavaghosa sein, aber nicht der bekannte Dichter des 2. oder 3. Jahrhunderts n. Chr. Dem Inhalt nach kommt das Werk g) nahe: Alle Dinge sind ihrem inneren Wesen nach ohne Eigenschaften und von völliger Gleichheit (Samatä). Die Roheit", das Absolute, geht durch den Leib Buddhas, Tathägata-garbha, hindurch, wenn es sich in der Welt des Scheins manifestiert. i) Po-lun?), die Abhandlung in hundert Strophen (&ata-&ästra), eine der „drei Abhandlungen" von Äryadeva, in welcher sich die Mädhyamika- und die Yogäcära-Lehie berühren. k) A-pi-ta-mo tchü-sche lun*}, die Abhandlung über eine Sammlung des Abhidharma (Abhidharma-kooa-aästra) von Vasubandhu, das Textbuch der Schule, ein

D. Verschiedene Richtungen, 1. Liu Schao. LiuSchacP), mit dem Beinamen K'ung-t'sai*), stammte aus Han-tan1) und lebte zur Zeit der Drei Reiche unter der TFei-Dynastie (220—264 n. Chr.).8) In der Huang-tech'u-Peiiode (220—227) wurde er zum Schang-schu lang9) ernannt und vom Kaiser mit der Herausgabe der fünf Klassiker beauftragt. Nach dem Regierungsantritt von Wei Ming-ti im Jahre 227 wurde er Präfekt von Tsch'enliu10). Mit ändern zusammen gab er die neuen kaiserlichen Verordnungen HsinIti11) heraus und schrieb Erklärungen dazu, das Lü lüeh-lun1*). In der Tching ein türkischer Stamm, welcher später die Liao -Dynastie gründete. Tchin-schu, Kap. 47, S. 6b.

200

Die Zeit der Sechs Dynastien

sich eine Erkältung zugezogen haben, an deren Folgen er im Alter von 61 Jahren starb. Es wurde ihm der posthume Ehrentitel Kang1) verliehen. Fu Hsüan hat ein großes philosophisches Werk in 140 Abschnitten2) mit mehreren hunderttausend Worten verfaßt. In den Annalen der Sui- und T'angDynastie wird Fu-tee3) noch mit 120 Büchern aufgeführt. Damals war das Werk noch vollständig. Die Kataloge der Sung-Zeit erwähnen nur noch 23 Kapitel und das Sung-schu nur noch fünf Bücher. In der Yuan- und Ming-Zeit wird es nicht mehr erwähnt und muß schon verloren gegangen sein. Nur in den Enzyklopädien werden noch Bruchstücke daraus zitiert. Nach dem Yung- ta-tien sind diese Fragmente zu einem Buch zusammengestellt und 1774 herausgegeben. In dieser Form ist Fu-tse unter die „Hundert Philosophen" aufgenommen. Fu Heüan's gesammelte Werke4) sollen über 100 Bücher gewesen sein. Sie sind auch nicht erhalten. Fu Hsüan ist einer der besten Dichter der Tchin-Zeit. Manche seiner schönen Dichtungen sind in das „Liederbuch"' Yüeh-fus) aufgenommen. Für metaphysische Fragen scheint sich Fu Hsüan nicht besonders interessiert zu haben, denn er sagt: „Weswegen die Ente an ihren Füßen eine Haut hat und der Hahn Sporen, weiß ich nicht. Wie kann ich da nach Himmel und Erde fragen ?"e) Er betrachtet Himmel und Erde als höhere Mächte, ohne nach ihrem Wesen zu fragen: „Der Weg des Heiligen," heißt es, „ist wie der des Himmels und der Erde, derjenige der Philosophen verschieden wie die vier Jahreszeiten. Diese stehen zueinander im Gegensatz, Himmel und Erde sind vereint und wirken zusammen."7) Über das menschliche Herz geht Fu Hsüan in seinen Betrachtungen kaum hinaus. Das Herz bezeichnet er als das Fundament des Geistes und den Regulator der zehntausend Prinzipien: „Wenn es bewegt wird und seine Oradheit nicht verliert, kann das ganze Reich davon affiziert werden, wieviel mehr noch der einzelne Mensch und die zehntausend Dinge. Wenn das Herz grade ist, dann besitzt man die richtige Tugend, und wenn man mit der richtigen Tugend an das Volk herantritt, so ist das wie wenn man eine Sonnenuhr aufstellt und nach dem Schatten sieht. Er kommt ohne weiteres."8) „Wenn das Herz krumm ist, so sind auch die Handlungen schief, und wenn man mit solchen schiefen Handlungen an das Volk herantritt, dann ist das, wie

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') ibid.: H A ± 3 t * D ^ ^ i & ^ £ J t * i H P*, H Bi # R, ^

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D. Verschiedene Richtungen: 2. Fu Hsüan

201

wenn man einen krummen Zeiger aufstellt und trotzdem erwartet, daß der Schatten grade sein werde."1) Noch mehr als von der Gradheit des Herzens spricht Fu Hsüan von der Zuverlässigkeit*), der konfuzianischen Tugend, welche man gewöhnlich mit Treue übersetzt. Überall in der Natur findet er sie wieder, indem er die Regelmäßigkeit im Naturgeschehen als Zuverlässigkeit, also ethisch auffaßt, als wären die Himmelskörper lebende Wesen: „Himmel und Erde halten an der Zuverlässigkeit fest, und die Jahreszeiten kommen nicht in Unordnung. Sonne und Mond halten daran fest, und Helligkeit und Dunkelheit folgen regelmäßig aufeinander. Der Kaiser erhebt die Zuverlässigkeit zum Prinzip, und alle Reiche genießen Frieden. Die Feudalfürsten üben sie aus, und in ihren Gebieten herrscht Eintracht. Der Edle richtet seinen Wandel danach ein, und seine Persönlichkeit hat eine feste Basis. Wenn in alter Zeit der heilige Fürst und seine weisen Gehilfen das Volk veredeln und die Sitten verbessern wollten und nur einen Augenblick die Zuverlässigkeit außer Acht ließen, so war es unmöglich, dem Herrscher den Frieden zu sichern und das Volk zu regieren."3) „Wenn die Zuverlässigkeit geübt und die Gerechtigkeit gepflegt wird, so ist der Weg für die Menschen gesichert."4) Fehlt dagegen die Zuverlässigkeit, dann mißtraut der eine dem ändern, und es kann kein erträgliches Verhältnis zwischen ihnen zustande kommen. Alle Pflichten müssen mit Zuverlässigkeit ausgeübt werden. Die Handlungsweise muß regelmäßig und von Dauer sein. Als Haupttugenden erscheinen Gerechtigkeit und Sitte. Die früheren Herrscher haben vom Guten ausgehend Gerechtigkeit gelehrt und die Sitte auf der Gerechtigkeit aufgebaut. Das Gute ist also die Grundlage von Gerechtigkeit und Sitte. Es läßt sich lehren: „Der Tiger ist sehr wild, aber er läßt sich einschüchtern und zähmen. Der Hirsch ist sehr plump, aber er läßt sich erziehen und verwenden. Das Holz ist sehr fest, aber es läßt sich erweichen und biegen. Der Stein ist sehr hart, aber er kann erweicht und dann verwandt werden. Wieviel mehr ist das der Fall beim Menschen, dessen Natur die fünf Tugenden in sich schließt, der dem Guten folgen und das Böse bekämpfen kann ?"5) China hat die wilden Völkerschaften immer nur durch Belehrung in Recht und Sitte beherrscht. Ohne diese Belehrung bleibt man den Wilden und den wilden Tieren gleich.6) „Die wilden Tiere handeln einfach nach ihrer Natur, die Menschen dagegen meistern die Kraft durch das Wissen. Wenn sie das tun und keine Pflichten 2

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202

Die Zeit der Sechs Dynastien

lehren, dann machen sie nur immer von ihrem Wissen und ihrer Schlauheit Gebrauch und geraten dadurch in tiefen Verfall."1) „Die alten Herrscher wußten sehr wohl, daß die Menschen vermöge ihrer Natur das Gute liebten und die Tugend hochschätzten, zugleich aber auch nach Ehre und Vorteil strebten. Daher ehrten sie, was jene hochschätzten, und unterdrückten ihre Begierden. Dadurch, daß sie ehrten, was sie hochhielten, entstanden Sitte und Selbstlosigkeit, und bei der Unterdrückung der Begierden blieben nur Uneigennützigkeit und Schamgefühl übrig. Das Streben nach Ehre und Vorteil ließ sich wohl niederhalten, aber nicht ganz ausrotten."2) „Die menschliche Natur flieht den Schaden und sucht den Gewinn, wenn daher aus Sitte und Selbstlosigkeit Gewinn zu erzielen ist, dann wendet man sich der Sitte und Selbstlosigkeit zu, und wenn Gewinn mit Kraft und Kampf verbunden ist, dann verläßt man sich auf seine Kraft und den Kampf. Herrschen Sitte und Uneigennützigkeit, so hat der Herrscher Frieden, und die Untertanen gehorchen ohne Übergriffe und Gewalttätigkeiten. Sind Gewalt und Streit an der Tagesordnung, so geraten Vater und Sohn in Gefahr und die Fernerstehenden noch mehr."3) Je weniger Begierden die Menschen haben, desto besser geht es ihnen, denn „es gibt kein größeres Glück in der Welt als Wunschlosigkeit und kein größeres Unglück als Ungenügsamkeit."*) Deshalb tritt Fu Hsüan auch für Einfachheit und Mäßigkeit ein. Im Altertum, meint er, herrschte Einfachheit und Sittsamkeit; die Fürsten waren ohne Begierden und das Volk ohne Falsch. Die Kleidung reichte zur Erwärmung, die Speisen zur Sättigung aus, die Wohnungen schützten vor Wind und Regen. Die Fürsten verlangten nicht nach Kostbarkeiten, und das Volk kaufte keine unnützen Waren. Mit der Tch'in-Dyu&stie riß das Verderben ein. Auch die Kaufleute übten ihre Betrügereien auf den Märkten. In allen Städten wuchs ihre Zahl und sie erwarben große Reichtümer. Die Bauern gingen zugrunde. Die Märkte waren voll von unnützen Waren, und an Getreide und Stoffen herrschte Mangel. Die Fürsten verlangten nach den seltenen Waren der Kaufleute, wodurch die Waren der Bauern an Wert verloren. Der wichtigste Stand ging zurück, der geringste gedieh. So war kein Wohlstand des Volkes möglich5): „Nichts," heißt es, ,,ist für das Reich verderblicher als Frauenschmuck. Die Hochstehenden können die Begierden ihrer Ohren und Augen nicht mäßigen, sie nützen die Geschicklichkeit der Menschen bis zum Äußersten aus und führen A. a. O- & K fä ;£ g: fä % ^



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D. Verschiedene Richtungen: 2. Fu Hsiian

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dadurch den Umsturz des Reiches herbei. Ein Kopfputz kostet viele Tausende, und für die Kleider von Nebenfrauen und Dienerinnen werden die Kostbarkeiten der vier Meere verwandt. Die Begierden sind unersättlich."1) Han Ling-ti (168—190) verlor durch diese Zügellosigkeit sein Volk. Zu Ende der Han-Zeit gab es Pinsel-Etuis, die geschnitzt und vergoldet und mit Schmucksteinen, Perlen und Königsfischerfedern verziert waren. Die Pinsel selbst waren nicht aus Büffelhorn, sondern aus Elfenbein und Herbst-Hasenhaar. Weil sie durch ihre Waren die Begierden erregen, und wegen ihrer Gewinnsucht verdammt Fu H'süan die Handeltreibenden und betrachtet sie als den am wenigsten achtbaren' Stand, eine Ansicht, welcher wir schon häufig begegnet sind: „Kaufleute," sagt er, „sind diejenigen, welche das Volle und das Leere ausgleichen, die Erzeugnisse des Himmels und der Erde abwägen, das Vorhandene und das Nichtvorhandene in Beziehung bringen2) und die Schätze der vier Meere gleichmäßig verteilen. Diese Menschen verdienen nur sehr geringe Achtung, aber ihr Gewerbe kann nicht ausgeschaltet werden. Alle Vorteile gehen dabei verloren, und alle Falschheiten treten dabei zutage. Daher muß man sich sehr genau damit vertraut machen."3) Die Regierungskunst beruht nach der Ansicht unseres Philosophen hauptsächlich in der richtigen Anwendung von Belohnungen und Strafen: „Beim Regieren hat man zwei Handhaben, Belohnungen und Strafen. In den Belohnungen zeigt sich die große Güte und in der Bestrafung die große Macht der Regierung. Die Menschen fürchten Himmel und Erde deswegen, weil sie Leben verleihen, aber auch töten können. Wenn die Richter die beiden Handhaben so gebrauchen, daß sie nicht in ungerechter Weise Leben oder Tod verleihen, dann ist ihre Macht und Güte der von Himmel und Erde gleich."4) Fu Hsüan tadelt die Rechtsphilosophen Schang Yang und Han Fei-tse, weil sie glaubten, nur mit Gesetzen und Belohnungen die Menschen leiten zu können, indem sie nur auf ihre Gewinnsucht spekulierten und daneben die Pflege der Anlagen zum Guten vernachlässigten, also die Moral durch Strafgesetze vernichteten.5) — Fu Hsüan äußert sich auch über die beiden Literaten Liu Hsin und Liu Hsiang. Auf die Frage, wer von beiden der weisere sei, antwortet er, Liu Hsin habe großes literarisches Talent besessen, aber schlecht gehandelt6).

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Die Zeit der Sechs Dynastien

Liu Heiang sei als Schriftsteller unbedeutend, aber loyal im Handeln. Wir ersehen hieraus, daß schon zu Fu Hsilan's Zeit Liu Hsin in Verruf gekommen war. Interessant ist ein Hinweis auf den berühmten Mechaniker Ma Tchüri1), der im dritten Jahrhundert am Hofe von Wei lebte und verschiedene Erfindungen gemacht haben soll. Fu Hsüan spricht von einem Kompaß wagen, einem Wasserrad zum Berieseln, musizierenden Automaten und einem fliegenden Wagen, welcher angeblich mehrere hundert Schritt fliegen konnte. Die Beschreibung ist leider unverständlich.2)

3. Ko Hung. I. Sein Leben. Ko Hung3), mit dem Beinamen Tschi-tsch'uan*), berühmt als taoistischer Philosoph und Alchimist, stammte aus Tchü-yung in Tan-yang5) der Provinz Kiangsu. Er war der dritte Sohn seines Vaters, welchen er schon im Alter von 12 Jahren verlor. Dadurch geriet die Familie in große Not. Das Land war vom Krieg heimgesucht. Ko Hung hungerte und fror und mußte sich selbst durch körperliche Arbeit seinen Lebensunterhalt verdienen. Er half beim Bestellen des Ackers und fegte das Haus, nachdem er zuvor die Tür verschlossen hatte. Zum Studium blieb ihm wenig Zeit und fehlten ihm Bücher und Papier. Er verschaffte sie sich dadurch, daß er Brennholz sammelte und verkaufte. Nur des Nachts konnte er schreiben und studieren. Dabei war er fast ganz auf sich selbst angewiesen, denn er war zu arm, um sich einen Lehrer zu halten. Er verstand nicht alles, was er las, und unternahm deshalb später öfter größere Reisen, um sich von fremden Gelehrten schwierige Texte erklären zu lassen. Im Alter von 15 Jahren las er das Hsiao-king, das Lun-yü, Schiking und Yiking, später studierte er die Klassiker, Historiker, Philosophen und Schriften zweiten Ranges. Vom Konfuzianismus ausgehend, wandte er sich später dem Taoismus zu. Namentlich zogen ihn Werke über Geister und Genien, Körperpflege und Hygiene an. In die Magie wurde er von Tscheng Yine), dem Schüler seines Großonkels Ko Hsüari3), eines berühmten Magiers, welcher den Beinamen Hsien-kung oder Hsien-weng6) „der Unsterbliche" führte, eingeweiht. Dieser soll eine Zeitlang auf dem Berge T'ien-tfaia) gelebt und dort Visionen gehabt haben. Abgesandte des Himmelsgottes erschienen und führten ihn in die Geheimlehre ein. Von seinem Lehrer erhielt Ko Hung ein Werk über Alchimie, das Huang-po tschungtching fünf Bücher10), drei Werke über das Lebenselixir, das T'ai-tch'ing tantching drei Bücher, das Tchiu-ting tan-tching ein Buch und das Tchin-yeh tan2 3 ') m%). ) 17b. ) ;ggfc.

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D. Verschiedene Richtungen: 3. Ko Hung

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tching ein Buch1) und Zauberformeln, welche dieser seinerseits von Ko Hsüan erhalten hatte. Diese Studien setzte er später bei dem Präfekten von Nan-hai, Pao Hsüan2), fort, welcher so großen Gefallen an ihm fand, daß er ihm seine Tochter zur Frau gab. Zugleich studierte er gründlich Medizin. Die Schriften, welche er später darüber veröffentlichte, sollen sehr kritisch sein und von großem Talent zeugen. In seiner Jugend war Ko Hung sehr schwach und kränklich. Das hielt-ihn aber nicht ab, sich in den ritterlichen Künsten auszubilden, was ihm später in seiner militärischen Laufbahn sehr zustatten kam. Er lernte das Säbelfechten, Bogenschießen und den Kriegswagen lenken. In einem Treffen soll er zwei Feinde und ein Pferd getötet und dadurch sein Leben gerettet haben. Auch im Schachspiel war er erfahren.3) Im Sprechen war er nicht sehr gewandt, nach Giles hätte er sogar gestottert. Dieser Mangel und die Not, welche ihn bedrückte, machten ihn sehr ernst und schweigsam. Zum Scherzen war er selten aufgelegt, und es kam vor, daß er den ganzen Tag kein Wort sprach. Seine Bekannten nannten ihn deswegen „den Gelehrten, der am Einfachen und Gediegenen festhält."4) Diesen Ausdruck nahm er selbst, als er zu schreiben begann, als Schriftstellername an und nannte sich •Pao-p'u M * 21 £ * &

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D. Verschiedene Richtungen: 3. Ko Hung

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dem Schacht (des Geistes) poliert und schnitzt, seine stumpfe Schneide schleift und glüht. Dadurch werden Augen und Ohren für Too geschärft und die natürlichen Anlagen geschmückt und gefärbt. Man erforscht die Vergangenheit und lernt die Zukunft kennen. Man verbreitet sich über weite Gebiete und drängt zur Vollendung. Das Aufschauen zum Himmel und Herabblicken auf die Erde gehört dazu. Das Too des Herrschers ist einbegriffen. Vordringend ist man für den Staat tätig, und zurückweichend schützt man sich selbst. In dieser Weise sind Heilige und Weise unermüdlich beschäftigt, Tag und Nacht an der Arbeit. Auch wenn die Wasseruhr abgelaufen ist und die Sonne am Mittag steht, lassen sie nicht davon ab. Hunger, Kälte und Gefahren halten sie nicht zurück. Sie verlangen nichts von ihrer Zeit und haben wahre Freude, die von selbst kommt. Schon die geringen Künste des Schnitzens, Schabens, Gravierens, Malens und das leicht zu erlernende Bogenschießen, Wagenfahren, Reiten erfordern Übung, ehe man es zu etwas bringt, wieviel mehr noch die ausgedehnte Lehre vom Menschen, die langwierigen Untersuchungen über Too und Te, den Wechsel von Yin und Yang, die Verhältnisse der Geister und Dämonen und die dunkeln und geheimnisvollen Mächte ? Die zu erkennen ist für einen Lebenden besonders schwer."1) Ohne Wisenschaft kann man Wahrheit und Falschheit der Lehre nicht erkennen und die Ereignisse der Vergangenheit und Gegenwart nicht verstehen.2) Huang-ti und Lao-tae haben wenig geschrieben, erst später entstand eine berghohe Literatur. Wen-tse, Tschuang-tse und Kuan Yin-tse haben die Grundideen des Huang-ti und Lao-tse weiter ausgeführt, aber nach Ko Hung'e Ansicht keine eigenen Gedanken von Bedeutung gehabt . Sie setzten Tod und Leben gleich, hielten das Leben für Zwangsarbeit und den Tod für ein Ausruhen und waren von der Lehre der Unsterblichkeit, welche Ko Hung so sehr am Herzen lag, viele tausend Meilen entfernt. Daher wohl auch sein absprechendes Urteil, daß ihre Werke nicht sehr lesenswert seien, daß man aber viele ihrer Allegorien zum Schmuck der Rede verwerten könne3) . Sonst ist sein Urteil über andere Denker durchaus gerecht und maßvoll : „Pao-p'u tse sagte: ,Die echten Klassiker sind das tiefe Meer für die Bedeutung von Too, die Werke der Philosophen sind Flüsse und Ströme, welche ihm noch größere Tiefe verleihen. Blickt man nach oben, so kann man sie mit den Glückssternen vergleichen, welche Sonne, Mond und Sterne unterstützen. Schaut man nach unten, so lassen sie sich dem Bergwald gleichsetzen, welcher den SungBerg4) bedeckt."5) i) Wai-p « tß «, 31 ¥

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Die Zeit der Seche Dynastien

„Die Aussprüche der hundert Philosophen haben denselben Sinn wie die Klassiker.1) Sie sind wie Feuerwehrleute, ihre Apparate sind verschieden, aber alle in gleicher Weise zum Löschen des Feuers bestimmt, oder wie die Methoden der Akupunktur und des Brennens2), die auch verschieden, aber gleichmäßig die Krankheiten bekämpfen."3) Nicht nur läßt Ko Hung den nicht orthodoxen Philosophen Gerechtigkeit widerfahren, sondern er hält sich auch von der maßlosen Überschätzung des Altertums frei und verspottet die Konfuzianer, welche nur das Alte gelten ließen. Es wird behauptet, sagt er, daß in alter Zeit die Schriftsteller talentvoller gewesen seien. Der Sinn ihrer Werke sei tiefer und schwerer verständlich als die Bücher heutzutage. Er meint, daß die Gelehrten der alten Zeiten nicht Dämonen und nicht Geister gewesen seien.4) Sie wollten sich nicht besonders dunkel ausdrücken, sondern die Dunkelheit komme daher, daß sich die Verhältnisse und die Sprache verändert hätten. Die alten Bücher sind nach dem Bücherverbot und während politischer Umwälzungen lange versteckt gewesen und haben dadurch gelitten, so daß sie unvollständig und lückenhaft geworden sind, was natürlich das Verständnis sehr erschwert. Die spätere Literatur sei noch besser als die alte.5) Auch nach der Han- und Wei-Zeit sei sehr viel Vorzügliches geschrieben worden, aber es fehle an einem Heiligen, um ihm die nötige Geltung zu verschaffen.6) „Die gewöhnlichen Leute, heißt es weiter, verhimmeln alles Alte und setzen alles, was in ihrer Zeit geschieht, herab. Wenn ein Roß vorhanden ist, das den Wind einholt, so sagen sie doch, daß es den von Tsao-fu1) gelenkten Pferden nicht gleich käme8) Die gewöhnlichen Gelehrten behaupten, daß die heutigen Berge nicht so hoch wie die alten, die jetzigen Meere nicht so groß wie die alten, die heutige Sonne nicht so warm wie die alte und der jetzige Mond nicht so hell wie der alte sei. Wie könnten sie zugeben, daß die großen Geister unserer Zeit nicht hinter den vertrockneten Knochen des Altertums zurückbleiben ? Nur was sie gehört haben, das achten sie hoch, aber was sie mit ihren eigenen Augen sehen, das schätzen sie gering ein. Dies ist nicht nur der Fehler eines Zeitalters9)."10) „Obgleich die alten Schriften sehr einfach und natürlich sind, betrachten die gewöhnlichen Konfuzianer sie so, als wären sie vom Himmel gefallen, und wenn *) Das stimmt durchaus nicht, ist aber der typische Synkretismus. ) Das Stechen mit Nadeln und Brennen mit Moxa. 3 ) Wai-p'ienlll, lOb: ^ $ £ ^ & & — £, lg & * ^ g g J|, ffi) 2

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·) m, i2b. «t & #*-&#, M «KID i& n w & E ± «s, ® «t ± ^ SfiÄ^sf»*,· ") Es war zu allen Zeiten so, daß man das Altertum überschätzte. 10

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D. Verschiedene Richtungen: 3. Ko Hung

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auch die jetzigen Schriften Gold und Edelsteinen an Wert gleichkommen, schätzen gewöhnliche Leute sie nicht mehr als Steine und Ziegel. Obwohl es viele alte Werke gibt, so sind sie doch nicht alle gut."1) Ko Hung glaubt, daß die Literatur feiner sei als die bloße Ausübung der Tugend, daß man ohne Wissen die Tugend nicht ausüben kann, da man sie erst durch die Literatur erkennt. Daher ist die Literatur ebenso wertvoll wie die Tugend: „Man kann auf eine Fischfalle verzichten, aber dann auch keine Fische fangen; daher kann man ohne Fischfallen nicht fertig werden. Man mag sich von der Literatur abwenden, aber dann läßt sich auch Tao nicht ausüben. Daher können wir nicht ohne sie auskommen."2) „Die Werke der Literatur verhalten sich zur Ausübung der Tugend wie zehn Fuß zu einem tschang3)."*) „Wenn man auch sagt, daß die Werke der Literatur die jüngeren Brüder der Tugend seien5), so darf man sie doch nicht überflüssig nennen."') Ko Hung berichtet, daß der Thronfolger mit den Söhnen der Vornehmen zusammen die Hochschule besuchte. Er hatte seinen besondern Lehrer, den er befragen konnte. Zuerst mußte er lernen, als Untertan zu gehorchen, bevor er selbst Souverän wurde. Ein besonderes Kapitel behandelt die Lehre vom Fürsten1), ein anderes die Pflichten der Beamten9). Der Fürst sollte sich selbst veredeln, seine Selbstsucht unterdrücken, Gerechtigkeit üben, das Volk lieben und für sein Wohl und seine Bildung sorgen, also nicht das Nichttun üben. Er muß die Schuld des Volkes auf sich nehmen, das Glück als von den Geistern gesandt betrachten und, wenn er den Zorn des Himmels erregt hat, sich bessern.9) „Der Fürst ist der Himmel, der Vater. Wenn der Fürst beseitigt werden kann, dann läßt sich auch der Himmel ändern und der Vater vertauschen."10) Also ist die Absetzung eines Fürsten unmöglich und würde gegen die Natur sein. Als die wichtigsten Tugenden, welche von den Einzelnen und im Staate gepflegt werden müssen, werden Wohlwollen, Gerechtigkeit und Sitte genannt. Die Menschen sollen sich der Sitte gegenüber wie die Fische mit Bezug auf das Wasser verhalten: „Wenn auch die Fische außerhalb des Wassers noch eine Zeitlang atmen können, so muß man doch darauf gefaßt sein, daß sie vertrocknen. Wenn die Menschen die Sitte über Bord werfen, so mögen sie noch so selbstWai-p& X & B E > ffi

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Die Zeit der Seche Dynastien

bewußt dreinschauen, sie sind auf dem Wege zum Unglück und Verderben."1) Die Riten und Zeremonien, welche durch die Sitte geschaffen werden, dürfen aber nicht übertrieben werden, wie es die Konfuzianer oft tun, und Me-tae'a Einwände gegen die pompösen Begräbnisse sind zu beherzigen.2) Auch Himmel und Erde zeigen Wohlwollen: „Der Himmel hat Wohlwollen und zugleich Erleuchtung3), die Erde hat Wohlwollen, aber kerne Erleuchtung Der Heilige kommt dem Himmel an Tugend gleich."4) Aber „das Tao von Himmel und Erde kann nicht lauter Wohlwollen sein"5), denn es gibt auch schlechte Menschen, die ohne Strafen nicht zu regieren sind: „Wenn es in einem Hause keine Peitsche gibt, dann werden die Diener faul und nachlässig."8) Die Strafen dürfen aber nicht grausam sein. Dadurch daß einer Strafe erleidet, wird tausenden ein Dienst erwiesen, ein kleiner Schaden schafft großen Vorteil: „Brennen und Stechen ist sehr schmerzhaft, aber man kann nicht darauf verzichten, wenn man Krankheiten heilen will. Strafen sind schlimme Übel, aber man kann sie nicht aufgeben, wenn man Mißstände beseitigen will."') Ebenso wie der Himmel kann auch die Regierung nicht ohne Strafen auskommen, wenn sie das Volk im Zaum halten und begangenes Unrecht sühnen will8). Der Mensch verdankt sein Leben ebenso sehr Himmel und Erde wie seinen Eltern, denn: „bei der Geburt erhält der Mensch zunächst den Lebensgeist von Himmel und Erde und darauf das Fluidum und das Blut von Vater und Mutter."9) Danach würden die Eltern nur die Körpersubstanz, Himmel und Erde dagegen die physischen und psychischen Kräfte liefern. Um glücklich zu leben; muß man seine Natur beherrschen und seine Begierden unterdrücken, denn es führt zu Unglück, wenn man sich der Sinnenlust hingibt: ,,Wer streng seine Natur zu zügeln weiß, erlaubt seinem Geist nicht, hinter den Dingen herzujagen. Er mäßigt ihn durch Buhe und Gleichmut und vermehrt ihn durch beständiges Überlegen. Um die Gefühle niederzuhalten, ist er eifrig auf Abwehrmaßnahmen bedacht und läßt sie nicht seine Natur regieren."10) Als etwas sehr Verderbliches erscheint Ko Hung das Weintrinken: „Der Wein und Most, sagt er, mögen sehr wohlschmeckend sein, aber sie sind ein Krankheit erzeugendes Gift, das nicht den geringsten Nutzen und nur berghohen Schaden ') Wai-p'ien I, la: 2

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D. Verschiedene Richtungen: 3. Ko Hung

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bringt. Der Edle verliert dadurch seine Tugend, und der gemeine Mann wird schnell zu Vergehen geführt. Nur wenige von denen, welche sich ihm hingeben und von ihm betört werden, geraten nicht ins Unglück."1) 2. Taoistisches. Trotz seines Verständnisses für den Konfuzianismus und einer gewissen Hinneigung zu demselben ist Ko Hung doch im Herzen Taoist, und die Taoisten können ihn mit Recht als einen der Ihrigen betrachten. Seine Weltanschauung ist im Grunde taoistisch und nicht konfuzianisch trotz mancher konfuzianischen Zutaten, sie ist magisch, nicht rationalistisch. Wie Lao-tse erkennt er ein übersinnliches Too als höchstes Weltprinzip an. Wie er kann nur ein Taoist davon sprechen. „Pao-p'u tse sagte: ,Das Geheimnisvolle ist der Urahn der Natur und der Ursprung der tausend Verschiedenheiten. Fein und dunkel ist es in seiner Tiefe, daher nennt man es unkörperlich. Ausgedehnt ist es bis in weite Ferne, daher nennt man es wunderbar. Es ist so groß, daß es die neun Himmel2) überragt, und so ausgedehnt, daß es die acht Himmelsgegenden3) 'einschließt. Es leuchtet wie Sonne und Mond und ist so schnell wie der Blitz.' "*) Das Geheimnisvolle ist ein anderer Ausdruck für Too, welchen schon Lao-tse gebraucht und Yang Hsiung mit Vorliebe verwendet. Unter den tausend Verschiedenheiten sind die verschiedenen Dinge zu verstehen. Too ist unkörperlich und transzendent, überall gegenwärtig und daher unendlich groß und zugleich unendlich klein. In Sonne und Mond und in allen meteorologischen Vorgängen kommt es zur Erscheinung. Weiter sagt Pao-p'u tse von Too: „Tao umschließt den Himmel und umfaßt die Erde. Sein Ursprung ist namenlos. Wenn man von seinem Nichtsein spricht, so muß man seinen Schatten und sein Echo doch für seiend halten, und wenn man von seinem Sein spricht, so müssen die zehntausend Dinge doch als nichtseiend gelten. Li Schon5) kann seine Zahl nicht berechnen und Li Tschu*) seine Ähnlichkeit nicht erkennen. Auch wenn Wu Tscha und Tchin Yeh ihr Gehör anspannen, können sie seinen Laut in der geheimnisvollen Stille nicht finden, und trotz ihres schnellen Laufes können Tschou Hsi und Pu Tschu7) seine Spur außerWai.p'ienU,26*: £ « £ 2 £ !* & A 2 * 4fc. ft g » 2 *·£, W £ Ü! 2

) Es werden neun Himmel übereinander angenommen. ) Die vier Himmelsrichtungen und die vier dazwischen liegenden, z. B. NO, SW. «) Nei-p'ien I, la: &fl.J- 0, £ % g fä ^ J£ ffi, jffi £ £ * g4, 3

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) Li Schon, der Gehilfe des Huang-ti, Erfinder der Zahlen und der neun Teile der Mathematik. ·) Li Techu, auch aus der Zeit des Huamg-ti, konnte auf hundert Schritt Entfernung die Spitze eines Härchens sehen. ') Wu Tscha und Tchin Yeh sind wegen ihres Gehörs berühmt, Tschou Hsi und Pu Techu

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Die Zeit der Sechs Dynastien

halb des Universums nicht entdecken. Spricht man von seiner Nähe, so hat es mehr als genug Raum, um in einem Härchen zu zirkulieren, und spricht man von seiner Ferne, so füllt es die große Leere aus und reicht darüber hinaus. Es ist der Ton der Töne, das Echo des Echos, die Form der Formen und der Schatten des Schattens."1) TOO'B Transzendenz läßt sich nicht benennen und dadurch beschreiben, daher ist es namenlos. Sein Nichtsein ist sein übersinnliches Sein, wovon Schatten und Echo nur Erscheinungen sind, die man aber für wirklich seiend hält. Das Sein ist dasselbe wie das Nichtsein, nämlich das wahre Sein, demgegenüber die Welt nur als nicht seiend betrachtet werden kann. Auch mit den feinsten Sinnesorganen läßt sich das wahre Sein Tao'a nicht wahrnehmen. Too ist der Ton der Töne, die Form der Formen bedeutet, daß Too das innere Wesen der Töne, Formen, Gestalten, überhaupt aller Dinge ausmacht, in denen es enthalten ist, und deren äußeres Sein es hervorruft. Wie Lü Pu-wei nennt Ko Hung Too auch das Eine und sagt davon: „Wenn der Mensch das Eine weiß, so sind alle Dinge vollendet. Wenn man das Eine kennt, so gibt es nichts, das man nicht wüßte, und wenn man das Eine nicht kennt, so gibt es nichts, das man verstände."2) Tao schließt alle Dinge in sich. Kennt man Tao, so kennt man auch die Dinge. Man erkennt Too nur im Zustande vollkommener Ruhe, Reinheit und Begierdelosigkeit. Dann kommt auch das Glück ungerufen, und das Unglück bleibt fern, denn das Schicksal ist in Tao?) Tao erfüllt alle Dinge, auch den Menschen. Etwas befremdend klingt die Behauptung, daß Tao beim Manne neun, bei der Frau sechs Strich lang sei. Es kann an verschiedenen Stellen im Körper seinen Sitz haben, entweder 2,4 Zoll unterhalb des Nabels im Unterleib, oder unter dem Herzen im Mittelleib, oder zwischen den Augenbrauen, l, 2 oder 3 Zoll entfernt im Innern des Kopfes.4) Man sollte meinen, daß das Transzendente keine bestimmte Größe haben könne, aber es ist zu bedenken, daß, wenn es irgend ein Ding erfüllt, es auch einen ganz bestimmten Raum einnehmen muß, natürlich nicht sein wahres Sein, sondern nur seine Materialisation. Freilich sollte man erwarten, daß Tao in jedem Atome des Körpers zugegen wäre, aber möglich ist auch die Auffassung, daß es ebenso wie das Herz oder das Gehirn eine ganz bestimmte Stelle im Körper einnimmt und ihn von da aus lenkt. Die Welt oder Himmel und Erde läßt Ko Hung wie üblich aus Tao hervorgehen. als Schnelläufer. Es sind legendäre Personen, von denen nichts weiter bekannt ist. Die Wörterbücher erklären nicht einmal die Schriftzeichen der Namen der letzteren. i)tfei-pVenn,12a:Jftfl.?. 0, £;£ g j ß f ä i t , Ä US *, » * IM. JW $ V

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) Nei-p'ien II, 12a.

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D. Verschiedene Richtungen: 3. Ko Hung

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Sie entstanden durch die Trennung der feineren und trüben Substanzen, aber nicht nach einem bestimmten Plane und absichtlich von Too geschaffen, sondern ebenso wie später die Einzeldinge von selbst, und ebenso wenig wie die Einzeldinge wußten sie, warum ? x ) Damit verbindet sich die Lehre von den Grundlagen, welche Ko Hung selbst ersonnen zu haben scheint: „Pao-p'u tse sagte: .Dunkelheit, Stille, Leere und Ruhe sind die Grundlagen der Geister, Yin und Yang, Härte und Weichheit die Grundlagen der beiden Potenzen2), Höhen und Abgründe die Grundlagen der Berge, Tugendwandel, Bildung und Wissen die Grundlagen des Edlen. Es gibt wohl nichts, was ohne Grundlage bestehen könnte.' "3) Der Himmel wird sowohl materiell als auch als geistiges Wesen aufgefaßt. Ko Hung knüpft an alte Anschauungen an, wenn er von ihm sagt: „Der Himmel ist in der Höhe, aber er schaut herab auf das Niedrige. Wenn sein Netz auch weitmaschig ist, so entrinnt ihm doch keiner.4) Die Geister sind klug und gerecht, daher befolgen sie das Prinzip, die Echten zu belohnen und die Falschen zu strafen."5) Aber das Schicksal ist nicht himmlische Fügung, der Himmel hat es nicht bewußt gewollt, sondern es kommt von selbst als natürliche Entwicklung: „Das Too des Himmels ist Nichttun, es läßt die Dinge sich spontan entwickeln. Dabei herrscht keine Vorliebe und keine Abneigung, kein Egoismus und kein Altruismus."6) „Wenngleich Himmel und Erde alle Dinge in sich schließen, so sind diese doch nicht von Himmel und Erde hervorgebracht, ebenso wie Bäume und Pflanzen auf Bergen und in Wäldern wachsen und blühen, ohne daß Berge und Wälder dies herbeiführen. Fische und Schildkröten entwickeln sich im Wasser und in Teichen, aber Wasser und Teiche entfalten keine darauf gerichtete Tätigkeit. Wenn gewöhnliche Menschen die Größe von Himmel und Erde sehen und daneben die Kleinheit aller Wesen, so sagen sie, daß Himmel und Erde Vater und Mutter aller Wesen seien, und betrachten diese als ihre Kinder und Nachkommen. Es kann eine Laus auf mir leben, aber habe ich sie hervorgebracht ? Ohne mich würde sie nicht leben, trot/dem bin ich nicht ihr Vater oder ihre Mutter, und die Laus ist nicht mein Sohn oder Enkel."7) !) Nei-p'ien II, Ib. 2 ) Darunter werden die Ursubstanzen, Yin und Yang, und ihre Symbole, eine gebrochene und eine ungebrochene Linie verstanden. *) Wai-p'ien IV, 12b: £ # ? Q. £ &ftflj»;*j# H £ * 4t. ft M £ M # M &flH16 Ä ^ · *) Vergl. Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 43 Anm. 8. ·) Wai-p'ien IV, lOa: ^ g ft ffi £ , tt £ ü * ft ffi 7 «> » tt (gffiJE

& #t Ä St *Ä flnlföfS· ·) Nei-p'ienTI, la: ^ g £ J$, ft & g &, « Ü Ü *, * ft* ft 4b· ') Nei-p'ien II, Ib: ^ t t K & g | t f e , i | J i t t < | f e £ 3 ; t t ; £ 0 r J t - f t . > * « $

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Die Zeit der Sechs Dynastien

„Wenn die Menschen alle von Himmel und Erde geschaffen wären, so müßten sie alle gut und nicht schlecht sein, alle vollkommen und nicht mangelhaft, alle leben und nicht dahinschwinden, sie müßten aufrecht dastehen und nicht schon im Frühling dahinwelken. Der Himmel vermochte nicht, K'ung-tse und Meng-tse eine glückliche Lebenszeit zu verleihen. Daraus ersehen wir um so mehr noch, daß das Los der Menschen etwas Natürliches ist und nicht von Himmel und Erde verteilt wird."1) Würde das Schicksal wirklich mit Vorbedacht vom Himmel bestimmt, so müßte es anders sein, als es sich gewöhnlich zeigt. Wir würden erwarten, daß es den Guten gut und den Schlechten schlecht ginge. Aber : „die Weisen leben nicht immer lange, und die Toren sterben nicht früh. Die Guten sind nicht dem Glück und die Bösen nicht dem Unglück nahe."2) Daraus ersieht man, daß der Himmel nicht handelt, sondern im Nichtstun verharrt. Sein Handeln müßte zu ändern Resultaten führen. Man erlangt Glück und langes Leben entweder durch geheime Tugenden, oder die Lebensspanne ist ursprünglich lang bemessen, oder durch Zufall, wie etwa Tiere bei einer Jagd entkommen oder Bäume und Sträucher nicht von einem Brande ergriffen werden. Man kann auch seinen Körper durch vernünftiges Leben vor Gefahren schützen oder durch Amulette. Opfern und Beten nützen nichts.3) Das Schicksal hängt auch ab vom Sternenfluidum*), welches der Mensch als Embryo in sich aufnimmt. Es bestimmt seine spätere Lebensstellung. Danach wird er ein Heiliger oder ein Weiser, Beamter oder Offizier, vornehm oder gering, reich oder arm, lang- oder kurzlebig.6) Zusammenfassend können wir sagen, daß das Schicksal sich aus vielen Faktoren zusammensetzt. Oft wird es durch die eigene Tüchtigkeit des Menschen herbeigeführt, bisweilen ist es reiner Zufall, oder es ist die Folge des dem Menschen ursprünglich verliehenen Sternenfluidums, welches schon in den Embryo einströmt. Ähnliche Ansichten hat schon Wang Tsch'ung geäußert.*) 3. Geisterglaube. Das magische Weltbild Ko Hung'B setzt die Existenz von Geistern voraus. Von Konfuzianern ist sie häufig bestritten, die Mehisten glaubten fest daran, und Ko Hung sucht sie gegen alle Einwände zu verteidigen. Freilich muten manche seiner Argumente sehr seltsam an. Sie konnten nur in einer Zeit, als es noch keine Naturwissenschaften gab, vorgebracht werden: „Jemand fragte: ,Geister und Genien sterben nicht. Ist das wirklich zu er) Eod. II, 2a: % fy -g ^ J& ft ^ JJIJ £ g #, flfi fä J[, & jft, flfi $£ jft, ·) Eod. II, 2b: ^^ £g, **#?£, « tt & Ü> jgÜ 4 ") , 17b. )?lja±3Ü. *) Nei-p'ien III, 2b. ·) Vergl. Lun-Mng I, 137

D. Verschiedene Richtungen: 3. Ko Hung

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langen?'" — Pao-p'u tse antwortete: ,Obgleich es sehr gescheite Menschen gibt, so können sie doch nicht alles Leibliche, das es gibt, sehen, und wenn sie auch mit dem schärfsten Gehör begabt sind, doch nicht alle Töne hören. Auch wenn sie die vereinte Klugheit von Yü und Yi1) besitzen, so ist doch das, was sie wissen, viel weniger als das, was sie nicht wissen. Unendlich groß ist die Zahl der Dinge, und was gibt es nicht alles ? Von den Unsterblichen ist in allen Büchern aus Bambus und Seide die Rede. Weshalb sollte es keine Unsterblichkeit geben?"2) Der Pragende lachte laut auf und sagte: „Alles was einen Anfang hat, muß ein Ende haben und alles, was besteht, muß zugrunde gehen."3) Dieses Prinzip erkannte Ko Hung nicht an. Die in der Welt herrschenden festen Regeln hätten nicht unbedingte Gültigkeit, sondern ließen auch Ausnahmen zu, und eine solche Ausnahme seien gerade die Unsterblichen: Im Winter verdorrt alles, aber Bambus und Tannen grünen. Im Sommer ist es heiß, aber es gibt auch kalte Tage, der Winter ist kalt, hat aber bisweilen auch warmes Wetter. Die Erde ist unbeweglich, aber es gibt auch Erdbeben. Die Flüsse fließen nach Osten, aber einige auch nach Norden.4) Die Quellen sind meist kalt, aber es gibt auch heiße. Was einen Anfang hat, muß ein Ende haben, aber Himmel und Erde sind ohne Ende. Was lebt, muß sterben, aber Schildkröte und Kranich bleiben am Leben.5) Zwischen Menschen bestehen die größten Unterschiede im Äußeren sowohl als auch in ihren geistigen Fähigkeiten und Neigungen. Warum sollten sich nicht auch Unsterbliche von den gewöhnlichen, sterblichen Menschen unterscheiden ? Die Behauptung, daß für alle Lebewesen eine feste Regel gilt, glaubt Ko Hung durch den Hinweis widerlegen zu können, daß Fasanen sich in Muscheln, Sperlinge in Frösche, Maulwürfe in Wachteln'), Rieseneidechsen in Tiger und Schlangen in Drachen verwandelten. Niu Ai verwandelte sich in einen Tiger,7) ein Mädchen in Tsch'u in eine Riesenschildkröte und eine Frau in Tchlin in einen Stein. Nach dem Tode könnten Menschen wieder aufleben und auch das Geschlecht wechseln.8) Nur Menschen von geringer Erfahrung könnten behaupten, daß man in der Welt keine Unsterblichen sähe, und daß es deswegen keine geben könne. Die Menschen kennen nicht einmal ihren eigenen Körper genau, „und noch viel weniger verstehen sie von den fernliegenden Gesetzen für Geister und Genien und dem dunklen Mysterium von Tao und Te. Mit Hilfe ihrer schwachen Der legendäre Kaiser Yü und sein Berater. Nei-p'ienl, 3a: £ B B, » ff * JE, « lif » ¥. « fl.

3)) ibid. ifc;fr*ii;f i&w^ irifiti&ir tDie meisten chinesischen Flüsse fließen nach Osten. 4

5

) Gewöhnlich nimmt man an, daß Schildkröte und Kranich mehrere hundert Jahre alt werden. ·) Das ist seit Lieh-tee die allgemeine Ansicht. ') Der Herzog Niu Ai von Lu. Vergl. Lun-Mng I, S. 326 Anm. 2. 8 ) Nei-p'ien I, 4a.

218

Die Zeit der Sechs Dynastien

Augen und Ohren wollen sie über Sein und Nichtsein der tiefsten Geheimnisse entscheiden. Ist das nicht beklagenswert ?"1) „Wenn man, was man sieht, für wirklich und, was man nicht sieht, für nicht existierend hält, so würde das meiste in der Welt nicht existieren."2) Ko Hung findet einen weiteren Beweis für die Existenz von Geistern darin, daß die offiziellen Geschichtswerke Schi-tchi und Han-schu von Geistererscheinungen berichteten.3) Allerdings müsse man, um Geister zu sehen, die richtigen Methoden kennen. Wer keine sähe, dürfe deswegen noch nicht behaupten, daß es keine gäbe. Auch sonst seien in der Literatur zahlreiche Geistergeschichten überliefert worden, trotzdem behaupteten beschränkte Leute, daß es keine Geister gäbe. Vom ewigen Leben höre man nur selten, daher fänden die Geschichten noch weniger Glauben. Die gewöhnlichen Menschen haben auch keine Drachen, Einhorne und Phönixe gesehen und halten sie deshalb für tendenziöse Erfindungen der Alten.4) Schon in der Tch'in- und .ffem-Dynastie gibt es Werke über Genien, denn der Taoismus hat sich seit alter Zeit damit beschäftigt, aber die meisten sind nicht überliefert worden, oder sie sind sehr schwer verständlich wie das T'san-t'ung tchcis). Yuan T'sang*) aus der TcAS'w-Zeit schrieb über mehrere hundert Unsterbliche7), Liu Hsiang in seinem Lieh-hsien tschuan beschreibt das Leben von 70. Diese Beschreibungen tragen nach Ko Hung den Stempel der Wahrheit und können nicht erfunden sein. Er bedauert, daß die Konfuzianer daran zweifehl, da sie nichts glaubten, was nicht aus der Schule des Tschou-kung und des K'ungtse stamme. Danach müßten auch die Berichte in den Geschichtswerken falsch sein. Die meisten glaubten auch nicht an die Möglichkeit, die Unsterblichkeit erlernen zu können, weil Tchfin Schi Huang-U und Han Wu-ti es nicht zustande gebracht hätten. Auch andere Dinge lassen sich nicht immer erreichen, trotzdem zweifelt niemand an der Möglichkeit.8) Nach demHsien-tching9), dem Klassiker der Genien, soll es drei Arten derselben geben: 1. T'ien-hsien, himmlische Genien, welche zum Himmel emporsteigen; 2. Ti-hsien, irdische Genien, welche auf berühmten Bergen sich aufhalten; 3. Schi-tchieh hsien, deren Körper vergeht, und deren Geist sich beim Tode vom Körper loslöst und entschwebt10). Es sind Gelehrte ersten, mittleren und unteren Grades. Ko Hung selbst gehört zu der dritten Klasse, denn, als er starb, soll sich sein Körper aufgelöst und der Geist davon getrennt haben. Im Altertum erhielten Genien öfter Flügel und konnten ihre Gestalt wechseln.11)

1) i, 4b: ^ ¥ ft M ± Jt ä, m ig ± m ·£, it * *a m £ s a> a .3*^ 2 )) i.Nien-p'ien 5a=g^ssmm'&xm%®G,m*%®m,i«^ £»**## I, 8a. ·) I, 8b. 3

5

) *) ") i«)

^ IB! ^ · Vergl. Hsieh Wu-liang IV, 16. It M · ') Sse-k'u tch'üan-schu Kap. 146. Nei-p'ien I, 6a. ·) fl| @. ll I, 7e: 55 flf, Jfc ». F » · ) Nei-p'ien I, 13a.

D. Verschiedene Richtungen: 3. Ko Hung

219

Alle wichtigeren Teile der Natur sind geistbegabte Wesen, also auch Himmel und Erde: „Berge und Flüsse, Pflanzen und Bäume, Brunnen und Herde, Teiche und Seen, alle besitzen ein geistiges Fluidum, um so mehr müssen Himmel und Erde, die größten Dinge, vernünftigerweise einen Geist haben, und wenn ein Geist da ist, so muß er die Guten belohnen und die Bösen bestrafen."1) Allen voran steht der Geist des Himmels: „Der Himmelsgeist ist geheimnisvoll, rein und erhaben, von ganz besonderer Art und von allerhöchstem Rang."2) Von besonderer Art, grade und wahr sind auch die Geister und Dämonen. Sie lassen sich nicht durch schlaue Worte oder Bitten bewegen, Glück zu verleihen.3) Es gibt auch böse Geister, Dämonen, welche besonders auf Bergen wohnen. Von diesen drohen den Menschen mancherlei Gefahren, und sie müssen sich namentlich beim Besteigen von Bergen vor ihnen hüten.4) 4. Unsterblichkeit durch Alchimie. Das Leben zu verlängern und womöglich unsterblich und zum Genius zu werden, ist von jeher das Bestreben der Taoisten gewesen. Dafür gibt es verschiedene Methoden. Man genießt gewisse Substanzen, welche besonders viel Lebenskraft enthalten sollen, vermeidet gewisse Speisen, die als schädlich gelten, wie Zerealien, regelt die Atmung und trinkt das durch Alchimie hergestellte Lebenselixir, welches Unsterblichkeit verleihen soll. Ko Hung hält nicht viel von den Lebenskraft erzeugenden Substanzen, sondern glaubt an die Wirksamkeit des künstlich hergestellten Elixirs und hält auch die Atmung für wichtig. Freilich genügt richtiges Atmen zur Erlangung der Unsterblichkeit noch nicht, aber man kann es doch auf mehrere hundert Jahre dadurch bringen.5) Man soll tief einatmen und langsam ausatmen, ohne daß sich eine Gänsefeder bewegt, welche man vor Mund und Nase aufhängt. Auch das Anhalten des Atems ist zu empfehlen. Man soll durch die Nase atmen, sie dann zuhalten und 120 Herzschläge zählen, ehe man die Luft wieder aushaucht. Durch lange Übung gelangt man dahin, daß man 1000 Herzschläge zählt. Durch diese Methode soll ein alter Mann wieder jung werden können.6) Während dieser Übung muß man vollkommen ruhig sein und darf sich nicht ärgern, denn dadurch wird der Atem verwirrt und es entsteht Hustenreiz. Man soll auch nicht zuviel Salate und fette Speisen essen, denn der Atem wird dadurch zu kräftig und läßt sich dann nicht zurückhalten.7) Die wichtigsten Mittel zur Erlangung der Unsterblichkeit sind das Lebenselixir8) und der Goldsaft9). Das Hsien-tching10) soll gesagt haben: „Wer das Elixir genießt und das Eine wahrt, der bleibt so lange wie der Himmel erhalten. I, 35b: *) 3 ) 6 ) ')

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Nei-pHen II, 13a: ^ j f t Ü Ü & i f i4^ Ä f ä i ^ * Loc. cit. .) Nei-p'ien IV, 1. Nei-p'ien I, 31a. ') Wai-p'ien II, 7a. Wai-p'ien II, 7h. «) -fj.

220

Die Zeit der Sechs Dynastien

Wer zum Lebensfluidum zurückkehrt und das Gebären aufhören läßt1), der kann sein Leben unendlich ausdehnen."2) Lao-tse werden die Worte zugeschrieben „Wenn du nicht das Lebenselixir und den Goldsaft erlangt hast, mühst du dich vergebens ab."3) Das einmal verwandelte Elixir muß man drei Jahre lang genießen, um unsterblich zu werden, das zweimal verwandelte zwei Jahre und das neunmal verwandelte, die stärkste Essenz, nur drei Tage4). Wenn man einem Toten eine Messerspitze voll in den Mund tut, so kommt er sofort zum Leben zurück5). Der Goldsaft soll von Lao-tse stammen und auch Unsterblichkeit verleihen. Wenn man Goldsaft trinkt, wird der Körper goldfarben. Die halbe Dosis gewährt schon Unsterblichkeit auf der Erde, die ganze ermöglicht, als Genius zum Himmel emporzusteigen6). Die wichtigste Substanz für das Elixir ist Zinnober, aber es läßt sich auch aus vielen ändern herstellen: „Zinnober verwandelt sich im Feuer in Quecksilber, und nach vielen Verwandlungen kehrt es wieder zum Zinnober zurück."7) Ko Hung erklärt die neun Elixire aus Zinnober für die besten Mittel. Goldsaft sei leichter herzustellen, aber man gebraucht Gold dazu, das sehr teuer ist. In jener Zeit kostete ein Pfund Gold 300000 Käsch.8) Die ändern Ingredienzen sind leicht zu beschaffen. Je länger das Goldelixir im Feuer gebrannt wird, desto wunderbarere Verwandlungen macht es durch.9) Die Elixire allein wirken nach Ko Hung's Ansicht nicht, es müssen noch ein tugendhafter Wandel und gewisse Vorbereitungen hinzukommen: „Wer ewiges Leben erstrebt, der muß gute Taten aufhäufen und sich Verdienste erwerben. Er muß gütig sein gegen alle Wesen, andere ebenso behandeln wie sich selbst, barmherzig sogar gegen Insekten sein, sich freuen über das Glück anderer und sich über ihr Leid betrüben, ändern ihre Not lindern und sie aus ihrem Elend erretten. Seine Hand darf kein Leben verletzen und sein Mund nicht zum Unheil auffordern. Den Gewinn der ändern muß er wie den eigenen betrachten und ihren Verlust ebenfalls wie den eigenen. Er darf sich nicht selbst hochschätzen und rühmen und keine Mißgunst zeigen. Wenn andere ihn übertreffen, darf er nicht neidisch sein, er darf nicht öffentlich10) schmeicheln und im Geheimen schaden. Auf diese Weise erwirbt er Tugend und erlangt Glück vom Himmel. Seine Unternehmungen gelingen, und wenn er ein Genius werden will, hat er die beste Aussicht."11) *) ·) ») 4 )

Man soll mit der Lebenskraft sparsam umgehen und auch die Fortpflanzung vermeiden. Nei-p'ien I, lOa: JJR # ^ _, & ^ ft ( jf ft Jfc ft, g * & fa . Nei-v'ien I, 17a: j g ^ ^ H f e H S , ^ if Ü fl" &fö>Jt ä ^ If6 I, 21 a. ) I, 22a. ·) I, 25a.

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") I, 25 b.

») I, 17 a.

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) Hier fehlt im Text ein jg^ das ergänzt worden ist. ») Nei-p'ien I, 36a: « j f c g ^ i ^ j f c i f c i e t S S A : » ,

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D. Verschiedene Richtungen: 3. Ko Hung

221

„Wenn ein Mensch ein irdischer Genius werden will, dann muß er 300 gute Taten vollbracht haben, und wenn er ein himmlischer Genius werden möchte, so muß er 1200 auf weisen können. Wenn er 1199 vollbracht hat und dann plötzlich da/wischen eine böse Tat tut, dann verliert er dadurch alle seine früheren guten Taten und muß mit seinen guten Taten wieder von vorn anfangen. Die guten werden nicht als etwas Besonderes angesehen und die schlechten nicht als geringfügig. Wenn jemand nichts Böses tut, aber von seiner Tat spricht und für eine Spende Belohnung erwartet, dann verliert er die eine gute Tat, aber nicht alle anderen zugleich." Weiter sprach er: „Wenn einer noch nicht die Zahl seiner guten Taten voll hat, so nützt es ihm nichts, wenn er das Elixir der Unsterblichkeit genießt. Wenn er dagegen dieses Elixir nicht zu sich genommen hat, aber beständig Gutes tut, so trifft ihn nicht das Unglück eines plötzlichen Todes, wenn er auch nicht die Unsterblichkeit als Genius erlangt."1) Wer das Elixir nehmen will, muß zuvor auf einem berühmten Berge, der menschenleer ist, höchstens in Gemeinschaft mit drei Menschen hundert Tage fasten, sich in fünf Wohlgerüchen baden und von allem Schmutz fern halten. Ungläubige dürfen nichts davon erfahren, denn, wenn das Elixir verleumdet wird, wirkt es nicht. Die ganze Familie kann zugleich dadurch unsterblich werden. Andere Krauter und Pflanzen, an welche viele glauben, wirken nicht. Sie verfaulen in der Erde und verbrennen. Nicht so die beiden Elixire. Auch das Opfern für die Geister und Körpergymnastik, wie das Strecken und Zusammenziehen, sollen zur Verlängerung des Lebens nichts nützen.2) Außer aus Zinnober und Gold lassen sich Elixire noch herstellen aus Silber, dem Agaricus-Pilz, Jade, Perlmutter, Perlen, Schwefel und vielen ändern Substanzen.3) Wenn auch für Genien ein tugendhafter Wandel erforderlich ist, so sind doch Heilige und Genien nicht dasselbe. Die Heiligen brauchen nicht Genien und diese nicht Heilige zu sein.4) Die von Pao-p'u tse für die Erlangung der Unsterblichkeit aufgestellten Forderungen sind so schwer, daß sie kaum jemand erfüllen konnte. Er wollte damit wohl die vielen Mißerfolge der Alchimisten erklären, denn es war sehr einfach, sie auf die Nichtbeachtung von irgend einer Vorschrift zurückzuführen.

m e ^ m* m m m m, tu j* n ® w «, * n ^ ^ m & Ä, * «r · Nei-p'ien l, 15b: « . * ± H W * . $C 3 1§> ± =f H W *. * -BA + A*. m&m*ft~m> JM * * «*, #&«HS*$ * ^ a ±, m * « * -A» m * us & *, M n R m ft z *, A * * z. is , m « * * — * £ * . m ±> £ m E ± m. m n, * ±. & £ ± sfäjM. & m & m« * ¥

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226

Die Zeit der Seche Dynastien

Seitdem es Fürsten und Beamte gibt, wird das Volk bedrückt und ausgesogen. Die Fürsten sammeln Schätze, bauen herrliche Paläste, leben in Üppigkeit, haben zahllose Frauen in ihrem Harem, so daß viele Männer unverheiratet bleiben müssen: „Die Kostbarkeiten, welche die Fürsten sich zu verschaffen suchen, sind schwer zu erlangen. Sie sammeln seltene Dinge, lassen sich prunkvolle, aber nutzlose Gegenstände anfertigen und quälen sich mit nie endenden Wünschen."1) Man verschwendet das Geld des Volkes für nutzlose Dinge. Das Volk muß hungern und frieren, hat weder Lebensmittel noch Kleider und muß für Fürsten und Beamte harte Dienste leisten. Die Fürsten fühlen sich nicht sicher und nicht glücklich, denn es kommt oft zu Empörungen. Daher verteidigen sie sich in Festungen mit Wassergräben. Gesetze und Verordnungen sind nutzlos, denn sie werden umgangen, die Waffen zur Verteidigung ebenfalls, denn die Aufständischen eignen sie sich an.2) „Kann es der Wille des Himmels sein," fragt Pao Tching-yen, „daß die Fürsten dreitausend Palastfrauen haben ? Weil sie Lebensmittel und Stoffe anhäufen, muß das Volk hungern und frieren."3) Die Schilderungen der Urzeit sind reine Utopien, und die Darstellung der Fürsten und Beamten als Volksbedrücker und Blutsauger ist eine tendenziöse Verzerrung der Wirklichkeit. Trotz mancher Erpressungen der Beamten haben die chinesischen Kaiser doch meist für das Wohl ihres Volkes gesorgt, und das patriarchalisch-monarchische System hat die Entwicklung des Staates sehr wesentlich gefördert. Ob ohne Kultur und ohne Regierung mehr erreicht worden wäre, scheint mehr als fraglich.

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E. Einigungsbestrebungen: 1. Sun Tsch'o

229

der taoistische. Nach den taoistischen Quellen ist darunter keineswegs das absolute Nichts zu verstehen, sondern nur nicht das sinnliche Sein. Es ist das übersinnliche, transzendente Sein.1) P'ei Wei hat diese Vorstellung, welche nur durch richtige Interpretation der taoistischen Schriften gewonnen werden kann, nicht erfaßt und kämpft daher gegen Windmühlen. Seine Einwände gegen das Nichthandeln und Nichtwissen sind wohlbegründet.

E. Einigungsbestrebungen zwischen Konfuzianismus, Taoismus und Buddhismus. Die Aufnahme des Buddhismus in China vollzog sich nicht reibungslos. Das Volk war leicht zu gewinnen, aber die Gelehrten setzten dem Eindringen der fremden Lehre zum Teil heftigen Widerstand entgegen. Die Konfuzianer sahen darin einen Angriff auf die heilige Lehre ihres Meisters, und auch die Taoisten setzten sich zur Wehr. Nachdem in der -Dynastie der Konfuzianismus zur Staatsphilosophie erhoben war, begannen von der Wei- und Tchin-Zeit an zunächst Kämpfe zwischen Konfuzianern und Taoisten, wovon uns P'ei Wei ein Beispiel gibt.2) Dann wandten sich die Taoisten gegen die Buddhisten, und schließlich kämpften Konfuzianer und Taoisten vereint gegen den Buddhismus. Wenn sich zwei Chinesen streiten, so pflegen die Zuschauer sie nicht zum Kampfe anzufeuern wie bei uns, sondern es sind sofort einige Friedensvermittler, die bekannten ,peace-makers',zur Stelle, denn Friedfertigkeit ist ein Hauptcharakterzug dieses Volkes. So machten sich denn auch sofort Bestrebungen bemerkbar, die drei Systeme in Einklang zu bringen. Einige behaupteten, Konfuzianismus und Buddhismus hätten dasselbe Ziel, oder Taoismus und Buddhismus ließen sich vereinigen, oder alle drei Lehren kämen auf dasselbe hinaus3). Die bekannte Vorliebe für Synkretismus kam diesen Bestrebungen besonders entgegen.

1. Sun Tsch'o. Sun Tsch'o*) mit dem Beinamen Hsing-kung5) ist als Dichter und bedeutender Literat bekannt. Da in seiner Biographie6) die Yung-tchia!)-Epoc}ie, 307—313, erwähnt wird, muß er zu Anfang des vierten Jahrhunderts n. Chr. unter der TcAiw-Dynastie gelebt haben. Er starb im Alter von 58 Jahren8). Die genaue *) Siehe Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 263. 2 a ) Siehe oben S. 227. ) Hsieh Wu-liang IV, 27. «) fö$$. ') ft 35·· ') Tchin-schu Kap. 56. ') ^. ") Giles, Bibl. Diet. Nr. 1801.

230

Die Zeit der Sechs Dynastien

Lebenszeit ist nicht bekannt. Sun Tach'o bekleidete mehrere Ämter und soll zehn Jahre in den Bergen bei Kui-tchi umhergereist sein1). Seine Werke unter dem Titel Sun Tsch'o-tse umfaßten 10 Bücher2), die als konfuzianisch gelten. Außerdem schrieb er ein Werk über Genien, das Lieh-haien tachuan taan3), taoistischen Inhalts. Uns interessiert vor allem sein kurzer Aufsatz Yu-tao lun*), worin er den Versuch macht, den Buddhismus mit dem Konfuzianismus zu vereinigen. Dieser ist in das buddhistische Sammelwerk Hung-ming tchi aufgenommen.5) Es ist eine Disputation in Frage und Antwort mit einem Konfuzianer, dessen Einwände gegen den Buddhismus Sun Tach'o zu widerlegen sucht. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist: „K'ung-tse der Tschou-Zeit ist Buddha, und Buddha ist K'ung-tse der Tschou-Zeit."') Also die Lehren beider Philosophen sind gleichwertig. Auf die Frage seines fingierten Gegners, wie Buddha die Todesstrafe entbehren könne, die K'ung-tse zur Bestrafung der Schuldigen und Ausrottung des Unrechts für nötig hielt, antwortet Sun Tsch'o, daß K'ung-tse das böse Ende, Buddha den Anfang im Auge habe. Bei Buddha genüge die Vergeltung (Karman), welche die Todesstrafe überflüssig mache. Einen sehr schwerwiegenden Einwand bietet dem Gegner die Vernachlässigung der kindlichen Liebe, der höchsten konfuzianischen Tugend, durch die buddhistischen Mönche, welche ihre Eltern verlassen, ihren Körper durch Scheren des Haupthaars und die Tonsur entstellen und keine Nachkommen haben. Sun Tsch'o erwidert, daß das Glück, welches Buddha nach seiner Erleuchtung allen Menschen, auch den Eltern der Mönche, gebracht habe, die kindliche Liebe im konfuzianischen Sinne voll aufwiege. Vier Klassen von buddhistischen Werken handelten speziell von kindlicher Liebe, die auch im Buddhismus eine große Rolle spielten. Sun Tsch'o's Untersuchungen sind nicht gerade sehr tiefgründig.

2. Tschang Jung. 11

Tschang Jung ) war aus Wu-chüns) in Tschekiang gebürtig und führte den Beinamen Sse-kuang9). Er lebte unter der Sung- (420—479) und der Südlichen TWi-Dynastie (479—502) von 444—497. Im Hung-ming tchi wird er von seinem Gegner Tschou Yung auch T'ung-yuan10) genannt. In der Sung-Zeit wurde er von Räubern gefangen, die ihn töten wollten, aber durch sein Auftreten !) Takejiro II, 83. ") T'u-schu tchi-tsch'eng XXI Kap. 448: |ß $$ J- -f3

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E. Einigungsbestrebungen: 2. Techang Jung

231

und ein Gedicht imponierte er ihnen BÖ, daß sie ihn frei ließen. Der Gründer der IWi-Dynastie, Kaiser Kao-ti, schätzte ihn sehr wegen seiner Einfachheit und Echtheit und verkehrte mit ihm, ehe er den Thron bestieg, schenkte ihm auch eines seiner eigenen Gewänder. Tachang Jung muß eine bedeutende Persönlichkeit gewesen sein; er war klein und häßlich, aber sehr lebhaft und interessant. Der Taoist Lu Heiu-tching schenkte ihm eine weiße Reiherfeder und einen Fächer aus einem Yakschwanz mit den Worten: „Dies sind außergewöhnliche Dinge, daher überreiche ich sie einem außergewöhnlichen Manne."1) In einem Brief an den Minister Wang Seng-tch'ien schrieb Tschang Jung: „Ich lebe in Zurückgezogenheit zwischen Himmel und Erde. In der Beförderung sehe ich keine Ehre und in der Zurücksetzung nichts Ehrenrühriges. Der Wechsel, welcher mit mir vorgeht, bewegt mich nicht, ich bin so gleichgültig dagegen wie eine Pflanze oder ein Baum."2) In seinem Testamente bestimmte er, man solle ihm, wenn er sterbe, in die Linke das Haiao-king und Lao-tse und in die Rechte eine kleine Ausgabe des Saddharma-Pundanka geben. Seine Frau möge nicht zuviel weinen, und seine beiden Konkubinen sollten nach der Trauer in ihre Familien zurückgeschickt werden. Tachang Jung hatte keinen Lehrer, aber besaß mehr angeborene Intelligenz als die meisten Menschen, und im Disputieren waren ihm wenige gewachsen. Er hat nicht sehr viel geschrieben, seine gesammelten Schriften, einige zehn Bücher (tch'üan), nannte er selbst Yü-hai?). Sein philosophisches Hauptwerk ist das Men-lü*), auch Men-lun6) genannt. Erhalten sind nur Bruchstücke aus der Disputation mit Tschou Yung und den Briefen, welche er mit ihm gewechselt hat, im Hung-ming tchi9). Der Stil ist sehr eigenartig und schwer verständlich. Nach Tachang Jung's Ansicht führen die drei Systeme: Konfuzianismus, Taoismus und Buddhismus zu demselben Ziel. Die Alten haben seinen Standpunkt kritisiert, indem sie sagten: „Nach Tachang Jung's Lehre läuft bei den hundert Weisen alles auf dasselbe hinaus, und Wurzel und Zweige sind nicht verschieden."7) Die Diskussionen mit Tschou Yung behandeln vor allem das Verhältnis von Taoismus und Buddhismus. Sein Grundgedanke ist folgender: „Das Grundprinzip des Taoismus und des Buddhismus ist nicht verschieden. Es ist Stille und Unbewegtheit. Geht man auf den Grund, so ist dieser der gleiche. Durch Erregung erfolgt Entwicklung, und die Erscheinungsformen, welche man dann findet, werden verschieden."8) Die Wurzel der beiden Systeme ist dieselbe, ') Nan Tch'i schu Kap. 41 S. la: $f ± |pj ft £ ft f$ % Q & £ g fc g jf & H, ft 6EJI*, Ja* ) MmZV*H-«AuKap.4lS. 6b: 3 t | | £ J ß f t * £ f t f t * E l , H ? C J a ; £ a

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232

Die Zeit der Sechs Dynastien

nur was daraus hervorwächst, ist verschieden. Das gemeinsame Urprinzip ist Stille und Unbewegtheit, Leere und Nichtsein, erst durch die Bewegung kommen Unterschiede. Es herrscht Gleichheit im Transzendenten und Verschiedenheit nur in der Welt der Erscheinung. Das Transzendente zeigt sich nach Ort und Zeit verschieden1), also in Indien anders als in China. Das sucht Tschang Jung durch ein Gleichnis zu verdeutlichen: „In alter Zeit flog eine Wildgans am Himmel. Wegen der großen Entfernung war sie schwer zu erkennen. Die Leute von Yüeh hielten sie für eine Ente, die von Tsch'u für eine Schwalbe. Die Menschen waren aus Tsch'u und Yüeh, aber die Wildgans blieb immer ein und dieselbe."2) Die Wildgans bleibt sich stets gleich, aber sie erscheint den Menschen an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten verschieden. So ist auch das Urprinzip, das Ding an sich, nur eins, scheint aber in den verschiedenen Systemen verschieden. Daher erklärt Tschang Jung die Leere und das Nichtsein der Taoisten und den geistigen Leib im Buddhismus für identisch.3)

3. Tschou Yung. Tsckou Yung*) war ein Zeitgenosse des Tschang Jung und lebte wie dieser unter der Sung- und der Sudlichen TcA'i-Dynaetie. Seine Lebenszeit ist nicht genau bekannt. Im Hung-ming tchi wird er auch Tschou Yen oder Tschou Yen Schant'se6) genannt. Yen scheint sein Beiname und Schan-fse sein literarischer Name wohl mit Bezug auf seine Bergklause zu sein. Er selbst nannte sich auch Schaotse*). Seine Heimat war An-tsch(eng in Ju-nan1) (Honan). Tschou Yung war Vertrauter des ÄMWgr-Kaisers Ming-ti, 465—473, auch der JWi-Kaiser Kao-ti, 479—483, zog ihn heran, und unter Ming-ti, 494—498, hatte er ein hohes Amt und eine Vertrauensstellung inne, so daß er dem Kaiser Vorstellungen machen durfte. Auf dem TscA«n#-Berge8) baute er sich eine Einsiedelei, wo er ausruhte und badete. Seine Lebensführung war sehr einfach und vegetarisch. Obgleich er verheiratet war, hielt er sich sehr viel in seiner Bergklause auf.9) Seine Schriften sind ein phonetisches Werk, das Sse-scheng tcVieh-yün10), das Schao-tse wu-tchüari11), welches schon zur Liang-Zeit verloren war, und das San*) Takejiro II, 85. ·) Nan Tch'i sehn Kap. 54 S. lla: ^ ^ f ö ^ ^ ^ , flt & H & 0 « & Jo £ £M A g *> $ f? — 5· Der Text im Hung-ming tchi a. a. O. ist im ersten Teil fehlerhaft, der des Takejiro noch fehlerhafter 3

4 ) Takejiro II, 86. ) fä jfä. ) M $J IÜ ?%.·. Takejiro gibt als Beinamen ^ -jjjjj. e 7

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) Vergl. seine Biographie im Nan Tch'i schu Kap. 41 und Giles, Bibl. Diet.

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E. Einigungsbestrebungen: 3. Tschou Yung 4. Ku Huan

233

tsung lun1), worin er mit Tschang Jung über die buddhistische Lehre diskutierte. Im Auszug ist es in das Hung-ming tchi aufgenommen.2) Im Buddhismus, den er ganz besonders liebte, war Tschou Yung sehr bewandert, aber er schätzte auch den Konfuzianismus und Taoismus. Nach Art der Dialektiker disputierte er mit Tschang Jung über den Sinn des Buddhismus und sein Verhältnis zum Taoismus. Er stimmte mit ihm darin überein, daß sich die drei philosophischen Systeme vereinigen ließen, fand aber seine Beweisführung nicht ganz richtig und disputierte deshalb, mit ihm.3) Ein Hauptstreitpunkt war die Frage, ob das Nichtsein und die Leere der Taoisten dasselbe sei wie der geistige Leib4) der Buddhisten. Tschou Yung erkannte die Identität beider nicht an, behauptete vielmehr, daß das Nichtsein reine Form, der geistige Leib dagegen etwas Reales sei.5)

4. Ku Huan. Ku Huan6) mit dem Beinamen Tching-i7) stammt aus Yen-kuan in Wu-tchün*) (Tschekiang) und lebte zur Zeit der Sung- und TcÄ't-Dynastien, von 430—-493 n. Chr.9) Da er sehr arm war, so konnte er das Geld für die öffentliche Schule nicht bezahlen. Er setzte sich hinter die Wand des Schulhauses und lauschte auf die Worte des Lehrers ohne ein Wort zu verlieren. Mit sieben Jahren soll er schon das Hsiao-king, Schiking und Lun-yü gelesen haben. Tagsüber hatte er auf dem Felde zu arbeiten, und des Nachts studierte er bei einem Feuer aus Reisspreu. Ein reicher Mann entdeckte ihn und ließ ihn mit seinen eigenen Söhnen unterrichten. Im Alter von zwanzig Jahren eröffnete er selbst eine Schule auf dem Tcien-tfai-Beigew). Gewöhnlich hatte er bis zu hundert Schüler. Der Kaiser Kao-ti der TcA'i-Dynastie berief ihn nach seiner Thronbesteigung im Jahre 480 an den Hof und verlieh ihm ein Amt. Im Jahre 483 ernannte er ihn zum Akademiker11). Einen Teil seines Lebens verbrachte er als Einsiedler, sehr einfach in Speise und Kleidung und fast ohne Verkehr mit den Menschen. Wenn er aus seinem Hause trat, setzten sich die Bergvögel auf seine Hand und fraßen, was er ihnen gab. Ku Huan studierte besonders taoistische und naturphilosophische Werke und verstand sich auch auf die magischen Künste.12) Er schrieb meist kürzere Werke: das Hsien-tschi kang, ein Buch13), über Regierung, das Lao-tse i-su14), ein Buch, *) ^ ffr. Takejiro schreibt H ^ jjfr. 3 4 ) Hsieh Wu-liang IV, 27. ) j£ -g.

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') Hung-ming tchi VI, 15a—17b. ) Takejiro II, 86.

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») Pelliot, T'ming Poo 1912, S. 401 gibt als Lebenszeit 390—453 n. Chr. an, widerruft aber diese Daten in T'oung Pao 1920, S. 431 Anm. l, ohne das genaue Datum anzugeben. 10

) ^ o- . . ") **f*±. 13) Biographie des Ku Huan im Nan Tch'i schu Kap. 54. ia

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Die Zeit der Sechs Dynastien

ein Kommentar zu Lao-tae, das Tschou Yi hsi-t'ae tachu1), ein Buch, ein Kommentar zum Yiking, das Lun-yü tachu,2) ein Buch, Bemerkungen zum Lun-yu und das San-ming lun3). Auf Befehl des Kaisers gaben seine Söhne die Schriften ihres Vaters, wohl die amtlichen, Wen-i*), 30 Bücher, heraus. Ku Huan's bekanntestes Werk ist das I-hsia lun5), worin er den Taoismus und Buddhismus vereinigen will. Die Biographie enthält davon eine Inhaltsangabe. Der Minister Yuan Ta'an*) der ÄMwgr-Dynastie ließ Taoisten öffentlich gegen das I-hsia lun disputieren. Nach dem Hung-ming tchi traten gegen Ku Huan auf die Taoisten Hsieh Tachen-tschi, Tschu Tschao-tschi und Tschu Kuang-tschi1) und der Buddhist Hui-t'ungB). Ihre Angriffe sind im Hung-ming tchi enthalten. Sie sind auch im Yung-ming tchi9) in mehreren Kapiteln vereinigt. Ku Huan liebte mündliche Disputationen nicht sehr, aber war sehr gewandt im Schreiben. In den magischen Künsten erfahren glaubte, Ku Huan natürlich an das Übersinnliche und Übernatürliche. Es gibt nach seiner Darstellung 27 Arten von Genien im Taoismus. Diese verwandeln sich in echte Männer10), und diese in Geister11), die auch Heilige12) genannt werden, von denen es neun Arten gibt. Wenn sie diese neun Stufen durchlaufen haben, dann gehen sie in die Leere, das Nichtsein und das Namenlose (Too) ein. Durch das Genießen des Pilzes Agaricus kann man das Leben auf 10—100000 Jahre verlängern und stirbt dann am Ende dieser Zeit. Weise, die so ihr Leben verlängern können, gehören aber nicht zu den Genien und Geistern.13) Ebenso wenig wie an der Existenz der taoistischen Geister und Genien zweifelte Ku Huan an den Buddha-Legenden, von denen er eine interessante Variante gibt. Nach einem taoistischen Werk, so berichtet er, schlief Lao-tse, nachdem er durch den Grenzpaß gegangen und nach Indien gelangt war, am Tage und drang vermittelst der Sonnensubstanz in den Mund der indischen Fürstin Mäyä ein. Am achten Tage des vierten Monats des nächsten Jahres um Mitternacht kam aus der linken Seite der Fürstin Buddha hervor und machte sofort sieben Schritte.14) Also war Buddha eine Inkarnation von Lao-tae und mit diesem identisch. Dasselbe Verhältnis besteht zwischen den beiden Lehrsystemen: „Taoismus ist Buddhismus und Buddhismus Taoismus. Ihre Heiligen stimmen überein, nur ihre Spuren sind verschieden."15) Ku Huan meint, daß Taoismus und Buddhismus im Wesen dasselbe sind, und daß nur ihre Erscheinungsformen voneinander abweichen. Die Lehre ist im Grunde die gleiche, nur die Ausdrucksweise unterscheidet sich nach dem Charakter der beiden Völker, Inder 2 ') JHB3Ü m S£ · ) » i$ t£ (Takejiro II, 87). £ Ift (Biographie S. Hr.). «) £ f& ) ^ JJ jj^ „Abhandlung über Barbaren und Chinesen". Der Titel ist für die Inder, die als Barbaren bezeichnet werden, wenig schmeichelhaft. Das T'ung-techi jj jg, hat das 5| in ^ „Grenzvölker" verwandelt (T'u-schu tchi tsch'eng Kap. XXI, 448). 3 ) 6

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. Einigungsbestrebungen: 4. Ku Huan

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und Chinesen. Ihre Sitten, Kleidung, Zeremonien weichen voneinander ab und lassen sich nicht einfach übertragen, wie man mit einem Wagen nicht auf einem Flusse und mit einem Boote nicht auf dem Lande fahren kann.1) Die Gegner Ku Huan's gaben darauf die treffende Antwort, daß die Lehre der drei Systeme sich wohl bisweilen decke, aber im Grunde doch sehr verschieden sei: „Für K'ung-tse und Lao-tse ist die Regelung der Dinge dieser Welt die Hauptsache, für Buddha die Entweltlichung das Wichtigste."2) Obgleich Ku Huan den Buddhismus mit dem Taoismus gleichstellt, so hat er doch eine entschiedene Vorliebe für letzteren und lehnt den Buddhismus für China ab. Mit dem Taoismus besitzen die Chinesen bereits den Buddhismus und brauchen ihn nicht von den westlichen Barbaren zu entlehnen. Der Taoismus paßt für die Chinesen, der Buddhismus für die Inder, eine Vertauschung ist nicht wünschenswert. Indem er die Inder als Barbaren bezeichnet, zeigt Ku Huan seinen ganzen chinesischen Kulturdünkel, der bei der Ablehnung der fremden Lehre durch die Literaten die Hauptrolle spielt. „Um die Chinesen zu belehren, heißt es, bedient man sich des Chinesischen und zur Bildung der Barbaren der Barbarensprache. Wenn man auch mit einem Boot und mit einem Wagen in gleicher Weise in die Ferne gelangen kann, so ist doch die Beförderung entweder auf dem Wasser oder auf dem Lande. Obgleich man mit dem Buddhismus in der Bildung ebenso weit kommt, wie mit dem Taoismus, so bleibt doch der Unterschied zwischen Barbarei und Chinesentum bestehen."3) „Der Buddhismus ist nicht das System der Chinesen im Osten und der Taoismus nicht die Lehre der Barbaren im Westen, ebenso wie Fische und Vögel verschiedene Teiche und Sümpfe haben und sich nie berühren. Wie könnten die Lehren Laotse'a und Säkyamuni'e sich nach allen Himmelsrichtungen hin vermischen? Während der Buddhismus nach Osten vordringt, ergießt sich der Taoismus nach Westen*)."5) „Der Buddhismus, meint Ku Huan, ist ein Mittel, um das Böse zu vernichten, der Taoismus eine Methode, um das Gute zu entfalten. Mit der Natur der Chinesen läßt sich die Methode der westlichen Barbaren nicht nachahmen."6) Ku Huan's Vorliebe für den Taoismus zeigt sich auch, wo er die Unterschiede der buddhistischen und taoistischen Literatur hervorhebt: „Der Buddhismus, sagt er, ist schön in der Form und von großer Fülle, der Taoismus gediegen und J

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Die Zeit der Sechs Dynastien

tiefsinnig, deshalb ist er für Ungebildete nicht sehr glaubwürdig, während die große Fülle des Buddhismus für Scharfsinnige nicht recht paßt."1) ,, Buddhas Worte sind blumenreich und anziehend, die derTaoisten gehaltvoll und fein gegliedert, deshalb werden nur die Intelligenten davon erfaßt, während Beschränkte dem Buddhismus zuströmen."2) „Die buddhistischen Sutren sind umfangreich und klar, die taoistischen Klassiker kurz und dunkel. Wegen dieser Dunkelheit ist der versteckte Weg zum Taoismus schwer zu finden, dagegen der Hauptzugang zum Buddhismus sehr leicht gangbar."3) Wie manche andere setzt auch Ku Huan das Nirvana und die Unsterblichkeit der Genien gleich. Es seien zwei verschiedene Methoden, die eine bezwecke ewig zu leben, die andere nicht zu sterben. Seine eigenen Worte sind: „Buddha ist Lao-tse, und Lao-tse ist Buddha. Die Verwandlung in einen Genius ist dem Nirvana zu vergleichen und das dauernde Leben dem Nichtsterben gleichzustellen."4) Und weiter sagt er: „Das Nirvana und die Verwandlung in Genien ist jedes eine besondere Theorie. Die Buddhisten preisen das Echte und Wahre, die Taoisten die wahre Einheit. Diese Einheit kehrt zurück zum Nichtsterben, und das Wahre vereinigt sich mit dem Nichtleben5). In den Namen herrscht Verschiedenheit, im Wesen Einheit."6) Dagegen wandten sich die Opponenten mit folgenden Gegengründen : „Bei der Verwandlung in einen Genius ist die Verwandlung des Körpers die Hauptsache, während es beim Nirvana auf die Umformung des Geistes ankommt. Wenn der Körper verwandelt wird, werden die weißen Haare wieder schwarz, aber man kann trotzdem keine Unsterblichkeit erreichen, wird dagegen der Geist geläutert, dann schwinden die Irrtümer der Erdenwelt von Tage zu Tage mehr und der Geist wird rein und bleibt ewig erhalten. Da das Nirvana und die Unsterblichkeit so verschieden sind, wie können sie für gleich erachtet werden ?"7) Von Fu 78), dem Historiographen des ersten Kaisers der T'awgr-Dynastie, welcher selbst ein großer Feind des Buddhismus war und für seine Abschaffung eintrat, wurde in den Jahren 618— 627 die Biographie des Ku Huan in das Kaotschi tschuan9) als die eines Feindes des Buddhismus aufgenommen. Dem trat i) Hung-ming tchi VI, 20 b. A und Nan Tch'i schu loc. cit.: f$ ^ ^ jfjj ^, Hi $. Ä

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) Das Nichtleben ist das transzendente Leben im Nirvana. ) Nan Tch'i schu S. 7a: JB Jfl fll 4fc * Ä — «. ft'gt JE Ä> Jt SI IE -> - §f

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E. Einigungsbestrebungen: 5. Meng Tsching-i

237

mit Recht das erweiterte Hung-ming tchi, das Kuang Hung-ming tchi entgegen. Ku Huan war kein Feind des Buddhismus, wenn auch grade kein begeisterter Freund, und er wurde auch von den Buddhisten nicht als Feind betrachtet.1)

5. Meng Tching-i. Der Taoist Meng Tching-i2) aus Wu-hsing3) (Tchekiang) war ein Zeitgenosse des Ku Huan, in dessen Biographie er erwähnt wird, muß also gegen Ende des fünften Jahrhunderts gelebt haben. Die Lebensumstände und die genauere Lebenszeit sind nicht bekannt. In der Biographie des Ku Huan wird berichtet4), daß der Kronprinz Wen-huis) und Tse Liang, Prinz von Tching-ling*), beide den Buddhismus sehr liebten. Der Kronprinz lud Meng Tching-i zu einer großen Versammlung buddhistischer Priester im Parke Hsüan-p'u yuan1) ein. Tse Liang forderte ihn dort auf, Buddha zu verehren, aber er weigerte sich. Darauf schenkte ihm der Prinz das Sutra von den zehn Stationen, Dada-bhümika-sütras). Dies scheint auf den Taoisten eine gewisse Wirkung gehabt zu haben, denn er verfaßte später das Tscheng-i lun9), worin er ebenfalls eine weitgehende Übereinstimmung von Buddhismus und Taoismus nachweisen will: „Lao-tse und ßäkyamuni," sagt er, „sind zu Anfang noch nicht getrennt, erst diejenigen, welche irre gingen, haben die Trennung herbeigeführt und sie nicht wieder vereinigt."10) „Das Ratnaküta-sütra11) sagt: Buddha hat aus dem Begriff der Einheit die ganze Lehre abgeleitet. Lao-tse lehrt: der Heilige umfaßt die Einheit und hat sie zum Gesetz für die ganze Welt gemacht12). Die Einheit ist das Geheimnisvolle, Leere und Dunkle, das sich von allem, das Gestalt hat, unterscheidet. Seine durch geistige Kraft erfolgenden Umgestaltungen gehen fort ohne Aufhören und bringen die unzähligen Dinge hervor, ohne tätig zu sein. Es ruht in der Zahl eins, kann aber nicht gezählt werden, auch kann es nicht genannt werden. Will man ihm trotzdem einen Namen geben, so nennt man es die Einheit. Im Buddhismus spricht man von der „wirklichen Gestalt", beim Taoismus vom „mysteriös Weiblichen". Die „große Form" der Taoisten ist der „geistige Leib" (Dharmakäya) !) 2 Vergl. Pelliot, T'oung Pao 1912 3S. 402 und Giles Bibl. Diet. Nr. 590. 4

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) Nan Tch'i schu Kap. 54, S. 10. ) 3£ lg ^ ^-^ der älteste Sohn des Tch'i Wu-ti, 483—493, welcher schon vor 493 starb und nicht Kaiser wurde. T 6

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") Nan Tch'i schu, loc. cit. S. lOb: ig iff ;£ #! }£ H #> & * # £ffif* -S"· u ) Buddhistisches philosophisches Werk. ia ) Tao-te king Kap. 22.

238

Die Zeit der Sechs Dynastien

der Buddhisten. Durch Nicht-Bewahren bewahrt man den geistigen Leib und durch Nicht-Festhalten hält man an der großen Form fest1)."2)

6. Yen Tschi-t'ui. I. Leben und Werke. Yen Tschi-t'ui?) führt den Beinamen Tchieh*) und stammt aus Lin-i in Langyeh&) (Schantung). Nach seinem eigenen Zeugnis war er 18 Jahre alt, als die -£4em ttft^fäfli H # fö tt, H !& * * ?£· Z. B. das & H fö ^ Pfc, % ± I %, und ft & £ PJJ (Tchm-lou-tse VI, 15a). v. Fries, Geschichte Chinas, 1884, S. 136. Liang-schu Kap. 5, S.'23b. Nan-schi (Biographie) Kap. 8, S. 14b. |Jj |^, die Präfekturstadt von Schao-hsing ( Tschekiang), bekannt durch ihren Wein. Wohl nicht wörtlich zu nehmen. ·) Tchin-lou tse VI, 14a.

F. Eklektiker: 1. Tohin-lou tse

245

nicht, an Gelagen teilzunehmen und sie lange auszudehnen, sondern lasse jedes Bankett bald aufhören und ergötze mich nicht weiter am Trinken."1) Aber ein fanatischer Abstinenzler war er nicht und wollte nicht andere bekehren, im Gegenteil: „Ich trinke keinen Wein," sagt er, „aber ich mißgönne den ändern nicht das Trinken. Wenn ich Betrunkene treffe, so freue ich mich nur."2) Mit den ersten Literaten seiner Zeit stand er in freundschaftlichem Verkehr und er liebte es, mit ihnen zu disputieren. An vielseitiger Begabung übertraf er sie alle. Er trat auch als Lehrer auf. Yen Tsch'ih-tui hat bei ihm gehört.3) Im Jahre 555 erklärte er den Lao-tse in der L/ung-kuang-ilalle.*) Durch sein vieles Lesen wurde er zu wissenschaftlicher Tätigkeit angeregt; er hat sehr viel geschrieben, und seine Schriften wurden viel gelesen. Aber er war nicht nur Gelehrter, sondern auch ein hervorragender Dichter und ist als Maler bekannt.5) Wie sein Vater Wu-ti und sein älterer Bruder Tchien Wen-ti gehört er zu den ersten Lyrikern seiner Zeit. Regiert hat Tchin-lou tse als Kaiser Yium-ti nur drei Jahre, von 552 bis 555. Die Liemg-Dynastie befand sich damals bereits in der Auflösung. Seine Regierungszeit wurde hauptsächlich durch Kämpfe mit dem nördlichen Staat der Westlichen JFei-Dynastie ausgefüllt, der in sein Land eingefallen war. Man belagerte ihn in seiner Hauptstadt Tchiang-ling = Tching-tschou in Hupei*). Er mußte sich ergeben und wurde zusammen mit einem Sohne und verschiedenen treuen Beamten von den Feinden hingerichtet. Auch sein Vater und sein älterer Bruder waren keines natürlichen Todes gestorben. Ein Verzeichnis seiner Schriften, die zum Teil sehr umfangreich sind, findet sich im Tchin-lou tse, im Liang-schu und im Nan-schi7). Es sind ungefähr 25 verschiedene Werke. Sie verteilen sich auf das Gebiet der Philosophie, des Okkultismus, der Biographie, Geschichte, Geographie, Medizin und Dichtung.8) Zu manchen anderen Werken hat er nur die Anregung gegeben und bisweilen die i) Eod. IV, 6b: ^ ^

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) Siehe oben S. 238. «) Liang-schu a. a. O. S. f{| -fä Jg. ) Er malte fremde Tributgesandte und stellte in einem Album über dreißig fremde Völkerschaften dar. Vergl. Bushell, Chinese Art Vol. II, S. 127 und Jäger, Ostasiat. Zeitschr. IX, S· 217. «) u g, M #. ') Tchin-lou tse V, l fg., Liang-shu Kap..5, S. 24a, Nan-schi Kap. 8, S. 17a. ") Vom Yiking handeln: jg jjj 30B., J8[ %, 0| igt 30B., von Genien: scheint von Riten (Li-ki) zu handeln. Philosophisch sind wohl: ^ ^ ^ l B., l8t3iüSJ!&$oJI^Jlfc-&· Die Beispiele stimmen nicht. Teng Hsi war nicht ein echter Taoist und er hat auch nicht wegen seiner taoistischen Ideen sein Leben verloren. Vergl. Gesch. d. alt. chin. Phil. Daß die vom Taoismus gelehrte Indolenz viel Unglück über China gebracht hat, ist allerdings richtig.

F. Eklektiker: 1. Tchin-lou tse

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zahlreiche Sammlungen von Schriften. Haus bei Haus war man schriftstellerisch tätig, und fast jeder veranstaltete Sammlungen. Die besten Schriftsteller konnten über Gefühle und Charakter sprechen und die Sitten veredeln, die schlechten dagegen verschrieben nur die Bambustäfelchen und quälten die später Geborenen."1) Tchin-lou tse betrachtet sich selbst als einen Nachfolger des Konfuzius, der sein Werk fortsetzt: ,,K(ung-tse ist der Mann, und ich komme nach ihm. Es gibt Schönredner, die sich vordrängen, und Ehrenwerte, die zurückbleiben. Ist es besser, zurückzubleiben?"2) Noch deutlicher drückt er diesen Gedanken in folgenden Worten aus: „Fünfhundert Jahre nach dem Tode des Tschou-kung lebte K'ung-tse und fünfhundert Jahre nach dem Tode des K'ung-tse der Großhistoriograph3). Fünfhundert Jahre weiter gelangt man zu mir. Wie könnte ich es wagen zurückzustehen ?"*) Selbst auf die Gefahr hin, für überheblich zu gelten, will Tchin-lou tse nicht hinter dem Nationalheiligen zurückstehen. Das Sse-k'u tch'üan-schu Kap. 117 findet diesen Vergleich sehr unpassend, aber man sollte dabei bedenken, daß Tchin-lou tse ein Kaiser war, der die meisten ändern Kaiser an geistiger Bedeutung weit überragte, und daß nach der Theorie wenigstens der Herrscher, welchen der Himmel dem Volke bestimmt hat, ein Heiliger sein soll. Trotz seiner scharfen Kritik des Taoismus will Tchin-lou tse doch auch ein Nachfolger des Tschuang-tse sein, denn er sagt: „Tschuang-tse ist vergangen, und seine Nachfolger sind lange verstorben , aber ich weiß, daß es in der Welt noch einen Menschen gibt."5) Er hofft, daß der Himmel ihm wie Konfuzius als sichtbares Zeichen seiner Mission,das Einhorn schicken wird. „Ich werde meine Natur und meinen Geist pflegen," sagt er, „und hoffe, durch meine Schriften das Einhorn in der ,Goldhalle' zu finden."8) Beim Taoismus nimmt unser Philosoph namentlich am Wu-wei und an der Gleichgültigkeit gegen Gut und Böse Anstoß und meint, daß durch Anwendung dieser taoistischen Prinzipien niemand ein Heiliger werden könne: „Das Volk ist so geartet, daß es sich freut, wenn es Gutes sieht, und sich betrübt, wenn es Schlechtes hört. Wenn jemand weder Freude noch Kummer empfindet, ist er dann ein Heiliger ? Wenn jemand sich nicht freut, weil kein Grund zur Freude, und sich nicht betrübt, weil kein Grund zur Trauer ist, wie kann er deswegen T. l. t. IV, 9a: £ ^ *ft« g, £ £ g ft - £, £ # # # §|,

eine Qual für die Späteren, auch die schlechten Werke lesen zu müssen.

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Tch'ien, der vielfach mit zu den Philosophen gerechnet wird. «) IV, 4b: JQ £. & ig "g" if % ft ^ ft J. & £ -g" if % ± £ £., 5 -g if

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Die Zeit der sechs Dynastien

gepriesen werden ?'11) Tchin-lou tee ist der Ansicht, daß das Wu-wei und die Leere gar nicht die Hauptsache in dem System des Lao-tse waren, daß dieser vielmehr die alte konfuzianische Ethik habe erneuern wollen. Man habe den eigentlichen Sinn Zoo-tee's mißverstanden, denn nach der Vorrede des Ho-schang kung2) habe er das Tao-te king geschrieben, weil das Too der Tschou verloren war und die Könige nicht mehr die Herrschaft ausübten. Man halte jetzt das Wu-wei für die Hauptsache seiner Lehre, verachte die Sitte und das Studium und zerstöre die alten Gewohnheiten.3) Gestützt auf den Satz vom Talgeist redeten die Leute nur noch von Genien. K'ung-tse verehrte die Lehre des Lao-tse,4·) die heutigen Gelehrten aber verschmähten das Studium der Sitte und wollten nichts von Wohlwollen und Gerechtigkeit wissen. Nur durch Reinheit und Leere wollten sie zu einer guten Regierung kommen und handelten damit gegen Lao-tse's eigene Worte.5) — Die ganze Beweisführung stimmt nicht und ist ein Versuch, den Taoismus umzudeuten und dem Konfuzianismus anzugleichen. Wenn Tchin-lou tse glaubt, daß ein Mensch nach Läuterung seines Geistes frei von aller Erdenschwere in höhere Regionen emporschweben könne, so ist das ganz taoistisch gedacht. Sein Ausspruch lautet: „Daß die große Leere hoch emporsteigt, kommt daher, daß sie leicht und ohne Masse ist. Wenn ein Mensch von Natur rein und wunschlos ist, so ist er wie ein nach oben schwebender Lufthauch."6) Auf taoistische Einflüsse ist auch sein Wunderglaube zurückzuführen, den er mit fast denselben Argumenten stützt wie Ko Hung1). Wunder sind Ausnahmen von der Regel, aber fast alle Regeln erleiden Ausnahmen: Wasser ist kalt, aber es gibt auch heiße Quellen. Schweres sinkt unter, aber es gibt einen Berg, wo Steine schwimmen. Leichtes schwimmt oben, aber es gibt einen Fluß, worin eine Feder untersinkt. Im Winter sterben die Pflanzen, aber Bambus und Zypressen gedeihen. Es heißt, daß, was geboren ist, sterben müsse, aber Schildkröten und Schlangen bleiben dauernd erhalten.8) Von den Mehisten hat Tchin-lou tse die beiden Grundprinzipien Maßhalten und allgemeine Menschenliebe übernommen. Dazu schreibt er: „Als die ,Prunkhalle' abbrannte, fragte der Kaiser den Kao-tfang Lung, was diese Feuersbrunst bedeute. Kao-t'ang Lung antwortete: ,Im Namen der Halle wird auf äußern Glanz besonderes Gewicht gelegt, deshalb wurde sie durch himmlisches Feuer vernichtet. Der Himmel wünscht zur Einfachheit und Sparsamkeit anzuhalten und möchte nicht, daß der alte Prunk und Glanz erneuert würde."9) Zur allgemeinen Liebe ') IV, 7a: £ *

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8 ) Siehe Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 259. ) Das tat Lao-tse ebenfalls. ) Eine unglaubwürdige Tradition, Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 251. 6 ) IV, 18bfg. 4

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F. Eklektiker: 1. Tchin-lou tse

249

äußert er sich in folgender Weise: „Der König von Tsch'u lebt von Tschau, daher liebt er das Volk im Gebiet VOR Tsch'u. Der König von Yüeh lebt von Yüeh, daher liebt er das Volk im Gebiet von Yüeh. Der Kaiser lebt vom ganzen Reiche, daher weiß ich das Volk des ganzen Reiches gleichmäßig zu lieben."1) Die Begründung ist sehr platt, aber durchaus im mehistischen Sinn. Eine eigene pessimistische Note schlägt Tchin-lou tse im Vorwort zu seinem Werk an. Als echter Lyriker neigt er zur Schwermut: „Wie schnell verweht das menschliche Leben ! ," ruft er aus. , ,Es gleicht dem Funken, welchen man aus einem Stein schlägt, dem Blitz, welchen man durch einen Spalt schaut. Das Glühwürmchen erlischt, nachdem es den Morgen erblickt, und der Tau vergeht, nachdem er die Sonne geschaut hat. Sollte ich daher nicht selbst eine Vorrede schreiben ?"2) Die meisten Aussprüche des Philosophen sind Aphorismen zur Lebensweisheit und handeln vom Wesen des Menschen. Vielleicht waren sie im Originaltext, den wir ja nur in Bruchstücken besitzen, noch weiter begründet. Über das Erkennen der Menschen wird folgendes gesagt: „Ein alter Ausspruch besagt: , Schau nicht in den Spiegel, sondern schau die Menschen an'. Wenn man in den Spiegel schaut, kann man die Gestalt unterscheiden, wenn man aber die Menschen anschaut, so erkennt man ihre Verschiedenheit. Man erkennt, ob sie gut oder böse sind. Die Menschen anzuschauen ist besser als in den Spiegel zu schauen."3) Die Verschiedenheit der Menschen sucht Tchin-lou tse durch einen Vergleich anschaulich zu machen: „In einer klaren Mondnacht kann man weit sehen, aber man kann nicht in der Nähe schreiben. An einem nebligen und taureichen Morgen kann man in der Nähe schreiben, aber nicht in die Ferne sehen. Die Talente und Eigenschaften der Menschen sind ebenso, alle verschieden."4) Die Verschiedenheit der Fähigkeiten wirkt sich auch in den Handlungen aus. Sie scheinen gleich, haben aber ganz verschiedene Resultate: „Der eine bläst ein Feuer an, und es brennt ; der andere bläst es an, und es erlischt. Das kommt daher, daß das Blasen verschieden ist."5) Von den Klugen hat Tchin-lou tse eine sehr hohe und von den Toren eine sehr geringe Meinung, denn er sagt: „Wenn ein Vogel mit einem Vogel zusammentrifft, zerzausen sie sich mit ihren Krallen, wenn zwei Tiere zusammentreffen, bekämpfen sie einander, wenn zwei Pferde zusammenstoßen, schlagen sie sich mit den Hufen, und wenn ein Tor einen ändern trifft, dann verletzen sie einander. Der Himmel

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250

Die Zeit der Sechs Dynastien

hat diesen Geschöpfen bei der Erzeugung viel Kraft, aber wenig Verstand verliehen. Ein Kluger tut bei seinen Unternehmungen in tausend Fällen höchstens einen Fehlgriff, und ein Faselant trifft in seinen Reden höchstens einmal unter tausend Fällen das Richtige. Daher nimmt sich der Edle die Reden des Schwätzers vor und verbessert den einen Fehler, der ihm unter tausend Fällen passiert.'1) Über die Bedeutung des gesprochenen Wortes haben chinesische Denker häufig Betrachtungen angestellt. Tchin-lou tse läßt sich dazu wie folgt vernehmen: „Gute Worte, welche man den Menschen gibt, sind wärmer als Wollen- oder Seidenstoffe. Wenn man sie durch Worte verletzt, so dringen diese tiefer ein als Lanzen und Hellebarden, und wenn man sie mit Worten beschenkt, so sind diese wertvoller als Gold, Edelsteine, Perlen und Jade. Was man den Menschen durch Worte zeigt, ist schöner als die feinsten Stickereien, und was man sie durch Worte hören läßt, klingt schöner als Glocken, Pauken, Harfen und Zithern."2) Unter den historischen Aufzeichnungen, welche den Hauptteil des Tchin-lou tse bilden, findet sich manches Interessante.3) Dazu ist auch die Mitteilung zu rechnen, daß ein gewisser Kao Ts'ang Wu-schu einen „Windwagen" konstruiert habe, welcher dreißig Mann tragen und täglich mehrere hundert Li fahren konnte.4) Wir wissen natürlich nicht, ob die Nachricht glaubwürdig ist, und ebensowenig, was für ein Beförderungsmittel das Beschriebene gewesen sein kann.

2. Liu Tschou. 5

Liu Tschou ) gilt als der Eklektiker par excellence, der die neun philosophischen Richtungen zu vereinigen suchte. Er hat sie eigentlich nicht vereinigt, sondern ähnlich wie Lu Pu-wei aus jedem System das, was ihm richtig schien, übernommen. Von ihm soll das Werk Liu-tse,*) welches in den taoistischen Kanon aufgenommen ist und auch unter den hundert Philosophen erscheint, stammen. Allein die Autorschaft ist zweifelhaft. Das T'ang-tschi3) schreibt das Werk dem Liu Hsiehs) aus der Liang-DynaiBÜe zu, das Sung-tschi9) und die Kritiker Tsch'en Techen-sun10) und Tach'ao Kung-wu11) nennen Liu Tschou aus der Nördlichen Tch(iDynastie als Verfasser ebenso wie der Kommentator Yuan Hsiao-tschengw) aus i) IV, 4a: fe * & & JM tt V. K H tt & M tt £>

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F. Eklektiker: 2. Liu Techou

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der T'ang-Zeit. Einige haben auch Liu Hsin1) und Hu Hsiao-piacP) genannt. Hu Hsieh, der überzeugter Buddhist war, kann nicht in Frage kommen, ebenso wenig Liu Hain aus der -Zeit, und von Liu Hsiao-piao weiß man gar nichts. Befremdend ist, daß das Werk Liu-tse in den Biographien des Liu Tschou im Pei Tch'i schu und im Pei-schP) nicht erwähnt wird. Könnte nicht der Kommentator einen ändern Liu Tschou im Sinne gehabt haben ? Man hat den Verdacht ausgesprochen, daß der Kommentator Yuan vielleicht das ganze Werk aus Äußerungen älterer Philosophen zusammengestellt und selbst kommentiert hat. Das Kapitel über die neun philosophischen Systeme, der letzte Abschnitt des Liu-tse, ist vom Sui-tschi ohne Quellenangabe abgedruckt. Sollte Liu-tse es umgekehrt aus dem Sui-tschi entlehnt haben, so könnte es nicht Liu Tschou aus dem 6. Jahrhundert sein, sondern er müßte viel später gelebt haben. Die Frage ist sehr verwickelt, und die Autorschaft des Liu Tschou hat nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit für' sich .*) Liu Tschou, mit dem Beinamen K'ung-tachacP) stammte aus Fu-tsch'eng in Po-hai*) (Tschüi). Da er nach dem Pei Tch'i schu in der Periode 565—570 im Alter von 51 Jahren starb, muß er ungefähr von 519—570 gelebt haben. Seine Jugend verbrachte er in sehr ärmlichen Verhältnissen. Obgleich er Tag und Nacht studierte, gelang es ihm doch nicht, das .ffaiw-i'ecM-Examen zu machen. Zehn Jahre lang versuchte er es vergebens, schließlich gab er verärgert das Studium auf und wurde Schriftsteller, indem er allerlei in einem plumpen, altertümlichen Stile schrieb. Nach seinem letzten Mißerfolg verfaßte er ein längeres Gedicht, das er die „Sechs Himmelsrichtungen" nannte und für etwas ganz Außergewöhnliches hielt. Er summte es unaufhörlich vor sich hin und sagte seufzend: „Die Gelehrten quälen sich ab und bringen wenig zustande, das sieht man hier. Ich habe über zwanzig Jahre die konfuzianischen Schriften studiert und trotzdem beim Examen keinen Erfolg gehabt. Darauf habe ich mich auf die Schriftstellerei geworfen und dies zustande gebracht!"7) Er überreichte das Gedicht dem Geschichtsschreiber der We»-Dynastie, Wei Schou*) (502—572). Dieser sagte zu ändern: ,Der Titel des Gedichts, die .Sechs Himmelsrichtungen', ist sehr dumm, aber das Gedicht selbst noch viel dummer als der Titel.'9) Nicht besser erging es ihm bei Hsing Schao,10) der mit Wei Schau zu den „Drei Talenten der nördlichen Dynastien"11) gerechnet wurde. Als er diesem sein Gedicht zeigte,

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Die Zeit der Sechs Dynastien

den Leidenschaften entgegentreten, so lange sie noch in den kleinsten Anfängen sind, dann lassen sie sich leicht ausrotten. Später ist das nicht mehr möglich. Die Gefühle sind nicht alle zu beseitigen, sondern nur solche, welche den Menschen vollständig beherrschen und ihm dadurch verderblich werden. Aus dem Gefühl erwächst sogar die Musik, welcher für die Ethik eine BÖ große Bedeutung zukommt. Wenn der Mensch fröhlich ist, dann lacht er, und wenn er lacht, dann musiziert er, das heißt, sein Mund singt, die Hände schlagen den Takt dazu und die Füße tanzen.1) Musik, Pantomime und Tanz, welche die Chinesen mit dem Gesamtnamen Musik bezeichnen, verdanken ihre Entstehung nur dem Gefühl. Das Studium betrachtet Liu-tse sogar für den Taoismus als notwendig, während die Taoisten darauf verzichten zu können glauben. Er hat darüber verschiedene nicht mißzuverstehende Aussprüche getan: „Ohne Studium verkommen die Anlagen und das Wissen im Herzen und in der Brust."2) „Ohne Ausbildung der Gefühle und des Charakters kommt der Geist nicht zur Erscheinung."3) „Die Schwerter von Yüeh schneiden von Natur, aber wenn sie nicht geschliffen werden, werden sie nicht scharf. Die menschliche Natur ist von Haus aus einsichtsvoll und freundlich, aber ohne andauerndes Studium kommt sie nicht zur Vollendung."4) „Es ist nicht möglich, ohne Studium Too zu schauen."5) „Wenn jemand eine gute Natur hat und Tao nicht wahrnimmt, dann hat er nicht studiert."6) „Das höchste Too ist unaussprechlich, aber ohne Anwendung von Worten kann man sein Wesen nicht deutlich machen. Die unendliche Form hat keine Gestalt, aber ohne die Verwendung von Formen kann man ihr Geheimnis nicht ergründen."7) Liu-Ue tritt auch für die konfuzianische Staatstheorie ein und schildert mit beredten Worten die väterliche Regierung des Fürsten, den er mit dem Himmel vergleicht: „Der Himmel, heißt es, hat die zahllosen Menschen erschaffen und einen Fürsten für sie eingesetzt. Der Fürst ist der Himmel des Volkes. Der Himmel nährt die Geschöpfe namentlich mit Yin und Yang: der Fürst bildet das Volk hauptsächlich durch Regieren und Belehren. Wenn Hitze und Kälte nicht zur richtigen Zeit eintreten, gibt es Epidemien und Krankheiten, und wenn Wind und Regen unregelmäßig sind, kommt ein Hungerjahr. Strafen und Bußen sind L. t. I, 6b. L. t. I, 4b:

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F. Eklektiker: 2. Liu Tschou

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für das Volk wie Hitze und Kälte, Unterweisungen und Verordnungen wie Wind und Regen. Wenn Strafen und Bußen nicht rechtzeitig sind, leidet das Volk, und wer den Unterweisungen und Verordnungen nicht geregelt, verderben die Sitten."1) Wohlwollen und Liebe zum Volk müssen die Grundlage einer guten Verwaltung bilden, nicht Härte und Grausamkeit, wie die Rechtsphilosophen lehrten. Das Strafrecht muß mit Barmherzigkeit geübt werden, um das Leben der Menschen zu schonen. Fronen und Steuern müssen mäßig sein, um die Kraft des Volkes zu erhalten, und man darf dem Landmann nicht die Zeit für den Ackerbau verkümmern. Dann wird der Einzelne und das ganze Volk wohlhabend sein, und es wird allgemeiner Friede herrschen.2) „Gräser und Bäume leben, aber haben keinen Verstand. Vögel und Tiere haben Verstand, aber kein Wissen, trotzdem erstrecken sich Wohlwollen und Liebe auch auf sie, wieviel mehr also auf Menschen, und sollte man sie nicht lieben ?"3) Das innige Verhältnis zwischen Volk und Herrscher, dem es sich vollkommen anpaßt, so daß es mit ihm eine Einheit bildet, findet in folgenden Worten Ausdruck: „Der Fürst betrachtet das Volk wie seinen Körper und das Volk den Fürsten wie sein Herz. In dem, was das Herz liebt, fühlt der Körper sich wohl. Was der Fürst liebt, dem schließt das Volk sich an. Man sieht nicht, daß der Körper den Wünschen des Herzens nicht folgt, und daß das Volk dem Verlangen des Fürsten nicht nachkommt. Die Menschen folgen ihrem Fürsten wie das Gras dem Winde4) oder das Wasser dem Gefäße. Daher ist die Tugend des Fürsten wie der Wind und das Gefäß, und die Gefühle der Menschen sind wie das Gras und das Wasser. Wenn das Gras den Wind trägt, und er bläst nach Osten, so zerteilt es sich nach Osten, und wenn er nach Westen bläst, so geht es nach Westen auseinander. Es folgt der Windrichtung nach Osten und Westen. Wenn Wasser in einem Gefäß ist, und dieses ist eckig, so ist das Wasser auch eckig, und wenn das Gefäß rund ist, so hat auch das Wasser diese Form. Es schließt sich der runden und eckigen Form des Gefäßes an."5) Zum Beweise für diese Tatsache bringt Liu-tse Beispiele aus der Geschichte bei. 1) Liu-tse I, lib: ^ £ * R, M *t* ± Jßl S, ^ * K £ 5* 4, 5*C ± * 4fc Jö

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Die Zeit der Sechs Dynastien

König Ling von Tsch'u1) liebte schlanke Taillen. Die Frauen seiner Beamten beschränkten ihre Diät so sehr, daß viele vor Hunger starben. Die Untertanen des Yao und Schun waren alle human und gerecht, die des Tchieh und Tschou alle Bösewichter.2) Ausnahmen bestätigen die Regel. Liu-tse ist kein blinder Verehrer des Alten wie so viele Konfuzianer, denn er erkennt an, daß die Regierungsmethoden sich nach den Verhältnissen richten und mit der Zeit umgestaltet werden müssen. Man darf nicht starr am Alten festhalten, das haben die großen Könige auch nicht getan. Auch die Sitten ändern sich mit der Zeit.3) Dem Schicksal räumt Liu-tse einen bedeutenden Einfluß auf das menschliche Leben ein, und er weiß, daß es den Leistungen nicht immer entspricht. Weisheit und Tugend, sagt er, hängen von der menschlichen Natur ab, Erfolg und Mißerfolg vom Schicksal. Die Natur läßt sich erkennen, das Schicksal dagegen, welches vom Himmel abhängt, läßt sich schwer vorausbestimmen: „Wer über seine mäßigen Leistungen betrübt ist, kennt die Natur nicht, und wer seinen Mißerfolg schwer empfindet, kennt das Schicksal nicht."4) Menschliche Tätigkeit kann unter Umständen das Schicksal ändern; Glück kann sich in Unglück verwandeln und umgekehrt. Wenn man ein glückliches Vorzeichen sieht und Böses tut, so verwandelt sich das Vorzeichen in ein schlechtes. Wenn jemand Unglück hat, dann fürchtet er sich und wird ehrerbietig, und das bringt Glück. Hat er Glück, so freut er sich und wird übermütig, und das führt zum Unglück. Der Weise richtet danach sein Handeln ein. „Wenn daher ein glückliches Vorzeichen kommt, so freut sich ein Edler nicht sonderlich, sondern er wird um so ehrerbietiger und sorgsamer und nimmt sich in acht. Erscheint ein schlechtes Vorzeichen, dann betrübt er sich nicht, sondern läßt sich die Pflege seiner Tugend um so mehr angelegen sein. Dadurch ruft er das Glück von den himmlischen und irdischen Geistern herbei. Das Unheil vergeht, und Glück kommt herab."5)

II. Taoistisches. Die taoistischen Elemente sind bei Liu-tse sehr viel weniger zahlreich als die konfuzianischen. Er spricht vom Tao und vom Nichthandeln des Heiligen, dessen Streben nur auf Vereinigung mit Tao gerichtet ist und der sich von allem Weltlichen abwendet. „Das Tao des Himmels, sagt er, ist nicht deutlich und ohne Gestalt, still und ohne Laut. Blickt man hin, so sieht man nichts, horcht man, *) 2 ) 3 ) «) ·)

Ling von Tsch'u, 540—528 v. Chr. Eine unrichtige Verallgemeinerung und große Übertreibung. L. t. I, 14. I, 24a: « * W * * Ä 4, « * * * $ * Liu-tse , 22b: J i a S i S , ^ « , * ,

F. Eklektiker: 2. Liu Tschou

257

so hört man nichts; man kann es nicht aus Schatten und Echo erkennen1)."2) Mit den Sinnen kann man es nicht wahrnehmen, daher macht der Taoist keinen Gebrauch von diesen: „Der Heilige hat die Augen hell und klar, und er sieht nichts, die Ohren still und hört nichts, den Mund geschlossen und sagt nichts. Er verschmäht das Herz und denkt nicht, schätzt seinen Körper und vergißt das Elend, daher bewegen ihn Ansehen und Macht nicht. Er erfreut sich an Tao und vergißt die Armut, daher kann ihn großer Gewinn nicht zu Fall bringen Sein Leib bedarf keiner Pflege, und seine Natur bleibt von selbst unversehrt, sein Herz bemüht sich nicht, und Tao kommt von selbst."3) „Der Heilige verschmäht das Wissen und bewahrt nur was wahr und echt ist, und in seinem Umgang mit den Dingen macht er sich von Gefühlen frei."4) So handelt wohl verstanden nur der taoistische Einsiedler. Für den Mann der Welt, den Konfuzianer, ist, wie wir sahen, Studium und Wissen unerläßlich. Von Zauberei und ändern geheimen Künsten findet sich bei Liu-tse nicht viel, nur der Musik schreibt er magische Kraft zu. Wenn man auf einem runden Hügel musiziert, kommen die himmlischen Geister herab, und geschieht dies an einem viereckigen Teiche, so steigen die Geister der Finsternis empor.5) Durch Klangsteine kann man die Tiere zum Tanzen bringen und durch gewisse Melodien die Vögel guter Vorbedeutung heranfliegen lassen.6) III. Mehistisches. Von Me Ti hat Liu-tse die Hochschätzung der Einfachheit und Sparsamkeit und die Verdammung alles Luxus übernommen. Er glaubt, daß das Essen weiter keinen Zweck habe, als die Leere des Magens auszufüllen und Luft einzunehmen, und daß man sich nur mit Kleidung bedecke, um sich vor Kälte zu schützen. Auf Luxus und Üppigkeit müsse man dabei verzichten.7) Nahrung und Kleidung, meint Liu-tse, sind das Notwendigste für den Lebensunterhalt des Volkes, Geschicklichkeit und Kunstfertigkeit aber entbehrlich. Durch Luxus und Kunstgewerbe werden der Ackerbau und die Handarbeit der Frauen geschädigt. Die Folge soll Hunger und Mangel an Kleidung sein. So lange Nahrung und Kleidung ausreichen, kennt man Ehre und Schande, und solange die Speicher gefüllt sind, Sitten und Vorschriften.8) Deswegen ist das Hauptgewicht auf Ackerbau und Seidenzucht zu legen und sind Schmuck und *) Da Tao nichts Materielles ist, so wirft es keinen Schatten und gibt keinen Laut von sich. ·) L. t. II, la: ^ » 1« * » , « « *{*»)

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) I, 7 a. ') I, 2a. ) Der bekannte Satz des Kuan Tschung. Vergl. Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 76, Anm. 4.

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Die Zeit der Sechs Dynastien

Prunk zu verachten: „Man betrachtet Feldfrüchte und Seidenstoffe1) als Kostbarkeiten und sieht Perlen und Edelsteine wie Mist und Dreck an, denn letztere sind nur eine eitle Spielerei, während Feldfrüchte und Stoffe realen Wert haben."2) IV. Naturphilosophie. In das Gebiet der Naturphilosophie gehören Liu-tse's Ausführungen über den Wechsel von Yin und Yang, woran eine moralische Nutzanwendung für das menschliche Leben geknüpft wird: „Wenn Yang seinen Höhepunkt erreicht hat, kommt Yin herab, und wenn Yin seine höchste Vollendung erlangt hat, steigt Yang empor. Sobald die Sonne im Zenit angekommen ist, sinkt sie herab, und auf jeden Vollmond folgt der abnehmende Mond. Das ist der ewige Weg des Himmels. Nachdem die Kräfte konzentriert sind, nehmen sie wieder ab, und nachdem die Erzeugnisse gesammelt sind, werden sie wieder zerstreut. Auf die Blütezeit folgt der Verfall, und die höchste Freude verwandelt sich wieder in Trauer. Das ist das ewige Gesetz der Menschheit."3) Daß Yin und Yang nach Erreichung des Höhepunktes wieder abnehmen und ebenso Sonne und Mond, faßt Liu-tse als Zeichen der Bescheidenheit auf, ohne deswegen die Naturkräfte als geistige Wesen zu betrachten. Das chinesische Denken wurzelt so in der Ethik, daß es auch Naturvorgänge ethisch zu deuten versucht. Der Edle soll sich diese Bescheidenheit von Yin und Yang, Himmel und Erde, Sonne und Mond zum Muster nehmen. Er erniedrigt sich selbst und rühmt sich seiner Taten nicht, und deswegen wird er den Ruhm nie los.4) V. Dialektik. Liu-tse sucht immer Analogien zwischen menschlicher Tätigkeit und Naturvorgängen zu entdecken und zeigt dies Bestreben sogar in der Dialektik, welche die Beziehungen z wischen Namen und Wirklichkeit behandelt:,,Sonne undMond," sagt er, , ,sind die Zeichen des Himmels, Berge und Flüsse die Zeichen der Erde und Worte die Zeichen der Menschen. Wenn bei den himmlischen Zeichen etwas nicht in Ordnung ist, dann gibt es Warnungen, Finsternisse5) und andere Veränderungen; wenn bei den Zeichen der Erde etwas verfehlt ist, dann stürzen Berge ein, oder Seen trocknen aus, und wenn bei den Zeichen der Menschen etwas verkehrt ist, dann kommen Menschen dadurch ins Unglück. Der Mund ist das Tor der Worte, und die Zunge ist der Riegel und das Schloß des Tores. Wenn Riegel und Schloß bewegt werden, dann öffnet sich das Tor, 1

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) Seidenstoffe galten im alten China nicht als Luxus.

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F. Eklektiker: 2. Liu Tschou

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und wenn das geschieht, strömen die Worte aus."1) Die Worte im Munde sind wie scharfe Schneiden, welche große Verwundungen beibringen können. „Wenn die Bezeichnungen nichts Falsches enthalten und bei der Wirklichkeit nichts die Wahrheit verhüllt, spricht man von der Richtigstellung der Bezeichnungen."2) „Mit Worten erklärt man Prinzipien. Diese sind die Grundlage für Worte. Durch Bezeichnungen bestimmt man die Wirklichkeit. Diese ist die Quelle der Bezeichnungen."3) Nur durch die Bezeichnungen läßt sich die Wirklichkeit unterscheiden. Die Menschen sind oft sehr ungenau in ihren Berichten und neigen zu Übertreibungen, aus Kleinem machen sie Großes, aus weiß schwarz. Dadurch werden alle Prinzipien und die Wirklichkeit verfälscht. Nicht selten schenken sie kritiklos unwahren Berichten Glauben und bilden sich ein, die Wahrheit erkannt zu haben.4) VI. Staatsphilosophie. Von den Staatsphilosophen der älteren Zeit hat Liu-tse die Lehre vom Kriege übernommen, den diese für notwendig hielten, während ihn Konfuzianer, Taoisten und Mehisten verdammen. Liu-tse ist der Ansicht, daß es in ältester Zeit, als die Menschen noch begierdelos waren, keine Kämpfe gegeben habe. Sie entstanden erst, als die Zeiten schlecht wurden. Die legendären Herrscher erfanden die Waffen.5) Beim Kampfe kommt es mehr auf den Kampfplan als auf die Anwendung der Waffen an. Wer sie gut zu gebrauchen weiß, siegt ohne zu kämpfen: „Die Waffe der Könige ist die Ausübung der wahren Lehre, wodurch sie die Menschen sich Untertan machen, die Waffe der Gewalthaber sind listige Anschläge, wodurch sie den Sieg erlangen."6) Von einem guten Feldherrn entwirft Liu-tse folgendes Bild: „Wenn es in die Schlacht geht, dann vergißt er seine Angehörigen, und wenn die Trommeln wirbeln, denkt er nicht mehr an die eigene Person. Sobald er in Tätigkeit tritt, gibt es für ihn keinen Himmel mehr über ihm und keine Erde unter ihm, keine Feinde vor ihm, und er kümmert sich nicht um das, was hinter ihm liegt. Die Erhaltung des Reiches ist sein einziger Gedanke, und der Schlachtplan beschäftigt ihn."7) Ein tüchtiger Feldherr soll die ganze Natur in Betracht ziehen und für seine Pläne ausnutzen. Er muß die Erscheinungen des Himmels beobachten, die Ge')

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260

Die Zeit der Sechs Dynastien

staltungen der Erde in Rechnung ziehen und die Eigenschaften der Menschen kennen. Er prüft die Bewegungen der Sonne, des Mondes und der Planeten, das Verhalten der fünf Elemente, horcht auf das Wehen der acht Winde, beobachtet die fünf Wolkenbildungen, kennt die sieben Etappen1) und die neun Erdformationen2) und benutzt die fünf Tugenden der Soldaten und die zwei Handhaben. Die fünf Tugenden sind: Wissen, Zuverlässigkeit, Wohlwollen, Mut, Strenge. Durch Wissen gelangt er zum Kriegsplan, Zuverlässigkeit ermöglicht die Disziplin, gegen die Soldaten zeigt er Wohlwollen, aber auch Strenge. Durch Mut schlagen sie die Feinde zurück. Die zwei Handhaben sind Belohnungen und Strafen.3) ,,Sse-ma Fa*) soll gesagt haben: Auch wenn ein Staat sehr groß ist, so geht er doch zugrunde, wenn er den Krieg liebt, und wenn das Reich den Krieg vergißt, so kommt es sicher in Gefahr, obgleich es Frieden hat."5) Durch zuviel Kampf nämlich wird ein Volk aufgerieben, und ohne Kriegsübung wird es träge. Beides taugt nicht, um den Staat zu erhalten und gegen Angriffe zu schützen: „Die Waffen dürfen nicht leichtfertig geführt, aber die Kriegskunst muß unaufhörlich geübt werden, so wird das Leben des Volkes erhalten und alle Vorbereitungen für den Krieg sind getroffen."6) ,,K'ung-tse sagte: Wer das Volk nicht den Kampf lehrt, von dem sagt man, daß er es preisgibt."7) „Das Yiking sagt: Der Edle hält die Kriegsgeräte bereit, um für unvorhergesehene Fälle gerüstet zu sein."8) Jagden können als Vorübungen für den Krieg dienen.9)

G. Der Streit um die Unsterblichkeit. Das Problem der Unsterblichkeit hat schon die alte chinesische Philosophie beschäftigt. Die Konfuzianer standen der Frage mit einer gewissen Skepsis gegenüber. Konfuzius äußerte sich nicht klar darüber, er scheint gewisse Zweifel an der Existenz der Geister gehabt zu haben. Unter seinen Nachfolgern leugneten manche die Unsterblichkeit, andere glaubten nur an ein unpersönliches Fortleben nach dem Tode. Die Mehisten dagegen glaubten wie das Volk fest an eine per2

) ^L iÖJ· Davon handelt ein Kapitel der Kriegskunst des Sun-tse: Jß ^f- fa jfy Jjjg. ) Liu-tse II, 1 5 a. 4 ) Ein militärischer Schriftsteller, dessen angeblich gefälschte Schrift im Tse-schu po-tchia enthalten ist. 3

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G. Der Streit um die Unsterblichkeit: 1. Hui Yuan

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sönliche Fortdauer der Geister der Verstorbenen, und Me Ti versuchte aus alten Chroniken und Geschichtswerken das Vorhandensein von Geistern zu beweisen. Auch die Taoisten glaubten an eine Unsterblichkeit, aber nur an eine unpersönliche in Too. Geleugnet wurde die Unsterblichkeit von Yang Tschu. In der HanZeit scheint Huan T'an sie bezweifelt zu haben. Mit voller Sicherheit läßt sich seine Ansicht aus den vorhandenen Fragmenten nicht erkennen. Mit vielen Gründen wurde der Unsterblichkeitsglaube von Wang Tech'ung bekämpft. Neue Nahrung erhielt dieser Glaube durch den Buddhismus. Die Wiedergeburten waren eine Art Unsterblichkeit. Diese kamen mit dem Nirvana zum Abschluß, das aber sehr verschieden aufgefaßt wurde. Die einen sahen darin eine vollkommene Vernichtung der Seele, andere ein unpersönliches Fortleben, wieder andere, besonders die Lotus-Schule, eine persönliche Fortdauer der Seele im westlichen Paradies. In der Zeit der kleineren Dynastien nach der //aw-Periode trat insofern ein Wechsel ein, als man das Problem der Unsterblichkeit als Streitfrage zum Gegenstand öffentlicher Disputationen machte, ebenso wie man sich über den Wert des Buddhismus stritt, indem die einen für ihn eintraten, die ändern nachzuweisen suchten, daß er ein Verderben für China sei. Es sind uns verschiedene Diskussionen über die Unsterblichkeit in Dialogform überliefert worden, wobei der eine sie zu beweisen sucht, der andere Gegengründe vorbringt. Die Verfechter des Unsterblichkeitsglaubens sind vielfach Buddhisten, daher sind die Debatten in das buddhistische Werk Hung-ming tchi aufgenommen und uns so erhalten. Ihren Höhepunkt erreichten diese Wortgefechte unter der Lräw £r m m ® , s jy & & s m *·

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Tsch&n glaubt an Dämonen, weiß aber nicht, welche Beziehungen zwischen Menschen und Dämonen bestehen.

G. Der Streit um die Unsterblichkeit: 4. Fan Tschen

271

Es folgt nun die Frage des Hsiao Tsch'en, welchen Vorteil man denn davon habe, zu wissen, daß die Seele zugrunde gehe. Hierauf antwortet Fan Tschen ganz unvermittelt mit einem heftigen Angriff auf den Buddhismus. Vermutlich stand im Original vorher noch die Erklärung, daß durch den Nachweis des Untergangs der Seele der Buddhismus widerlegt werden sollte. Das wurde auch als Zweck des Werkes allgemein angenommen. Fan Tschen sagte dann: Der Buddhismus schädigt den Staat, und die ßramanas verderben die Sitten. Die Menschen brauchen ihr Vermögen auf und werden Taoisten, oder sie verschleudern es und nehmen zu Buddha ihre Zuflucht, aber sie erbarmen sich nicht ihrer Verwandten und haben kein Mitleid mit den Armen und Elenden. Sie denken nur an ihr eigenes Heil und kümmern sich wenig um die ändern. Die Leute lassen sich durch eitle Reden betören, fürchten die Höllen, wollen die Wonnen des JVMta-Himmels erlangen, geben die guten Sitten auf, verzichten auf Nachkommenschaft und führen ein unproduktives Leben als Mönche. Für die wichtigsten Funktionen der Beamten, Soldaten, Bauern und Kaufleuten finden sich keine Vertreter mehr, wenn die Bürger als Mönche in Klöstern leben. Sie müssen wieder eine vernünftige Lebensauffassung gewinnen, der menschlichen Natur entsprechend leben, zu den einzelnen Berufen zurückkehren und ihre Pflichten als Familienmitglieder und Staatsbürger erfüllen, nur dann kann der Staat gedeihen, und alle werden glücklich und zufrieden sein. Darauf entgegnete Hsiao Tsch'en: Die Existenz Buddhas hängt davon ab, ob die Vernunft erhalten bleibt oder zugrunde geht. Die aufgezeigten Fehler sind sehr übertrieben und bestehen nicht in dem Umfange. Der Buddhismus lehrt die Liebe zu allem Lebendigen und verurteilt alles Töten, er predigt die Übung der Tugend und das Spenden an alle Bedürftigen. Wenn die Mönche nicht alle Bürgerpflichten erfüllen können, so leisten sie dafür durch Verbreitung der Lehre und Errichtung von Pagoden ebenso wichtige Dinge. Es kommt vor, daß Mönche, um Tugendverdienste zu erwerben, nur auf die Errichtung von Buddha-Statuen bedacht sind und dabei ihre moralischen Pflichten vernachlässigen, den Notleidenden nicht helfen, nicht für ihre Verwandten sorgen und keine Opfer darbringen. Sie haben die wahre Lehre nicht erfaßt. Aber die philosophischen Schulen haben auch ihre Fehler: die Konfuzianer haben ihre Vorurteile, die Mehisten sind oft sehr beschränkt, die Legisten zu hart, die Dialektiker rabulistisch. Fan Tschen hebt nur die Fehler der Buddhisten hervor.1) Die Einwände, welche Ts'ao Sse-wen gegen das Schen-mieh lun erhebt, sind im wesentlichen die folgenden: „Der Körper ist nicht Geist, und der Geist ist nicht Körper. Sie sind vereint und benutzen einander, aber sie sind bei der Vereinigung nicht dasselbe. Im Leben sind sie vereint und benutzen einander, beim Tode bleibt der Körper zurück, und der Geist entfernt sich."2) J

) IX, 31 a und b.

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272

Die Zeit der Sechs Dynastien

Als der Körper des Fürsten Tchien von Tschao und des Herzogs Mu von Tch'in während einer Krankheit mehrere Tage bewußtlos war, stieg ihre Seele zum Himmel empor, wo sie Gott sahen und von ihm beschenkt wurden. Im Schlaf bleibt die Seele mit dem Körper verknüpft, aber Geist und Körper trennen sich, und der Geist schwebt in einem Schmetterling umher. Beim Erwachen vereinigen sie sich wieder. Pien-tse aus Yen-ling1) sagte, als er seinen Sohn begrub: „Fleisch und Knochen kehren zur Erde zurück, aber Seele und Geist können überall hin gelangen."2) Die Klassiker und Historiker liefern zahlreiche klare Zeugnisse für die Fortexistenz des Geistes. (Es werden verschiedene Stellen angeführt, wo von den Geistern der Verstorbenen, denen man opfert, die Rede ist.) Fan Tschen'a Antwort auf diese Einwendungen lautet: Wenn Körper und Geist nur, insofern sie vereint sind, voneinander Gebrauch machen können, so ist es klar, daß dies nach der Trennung nicht möglich ist. Das ist ein Beweis für den Untergang des Geistes, nicht für sein Fortbestehen. — Falls Tchien-tse und Herzog Mu als Geister sich im Himmel aufhielten, dort die Worte Gottes hörten, alle Herrlichkeiten sahen, allerlei Genüsse hatten und sich in Seide kleideten3), so müssen sie so etwas wie einen Körper besessen haben. Wozu gebrauchten sie da noch den irdischen ? — „Wenn Sie behaupten, daß der Geist als Schmetterling davonfliegt, glauben Sie, daß er wirklich ein fliegendes Insekt wird ? Wenn dem so ist, so träumt jemand vielleicht, er sei ein Ochse und müsse für jemand zwischen zwei Stangen einen Wagen ziehen, oder er sei ein Pferd und werde von jemand geritten. Am nächsten Morgen müßte dann ein toter Ochse oder ein totes Pferd vorhanden sein. Wie kommt es, daß nichts dergleichen da ist ?"4) .... „Traumgebilde sind eitel und leer, ohne wirkliche Existenz und spontan. Wenn man bei Tagesanbruch nach ihrer Wahrheit forscht, so erweisen sie sich als seltsame Erscheinungen."5) Der Schmetterlingstraum Tschuang-tse's und der Traum von der Himmelfahrt des Fürsten Tchien sind nichts Wirkliches. — „Wenn der Mensch geboren wird, so erhält er seinen Geist vom Himmel und seinen Körper von der Erde.6) Daher sinkt der Leib, wenn er vergeht, zur Erde herab, und der Geist geht, wenn er sich auflöst, nach oben. Da er sich nach oben

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) Der Traum dieser beiden Fürsten wird erzählt in Lun-h&ng I, 223—224.

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·) Fan Tschen referiert hier die allgemeine Ansicht über die Entstehung von Leib und Seele, welche sich mit seiner monistischen Theorie eigentlich nicht vereinigen läßt. Sein Gegner hat daher leichtes Spiel. Selbst die radikalsten Denker sind nicht imstande, sich vollständig von der Tradition zu befreien.

G. Der Streit um die Unsterblichkeit: 4. Fan Tschen

273

auflöst, so sagt man, er könne überall hin gelangen. Das ist ein Ausdruck der Unbestimmbarkeit, und er bedeutet nicht, daß im Geist Bewußtsein lebt."1 — Die Äußerungen der Klassiker über Geister sollen nur die Gedankenlosen) anfeuern und die Stimmung der Pietätvollen wiedergeben. Die Heiligen haben von den Geistern der Verstorbenen gesprochen, damit die Angehörigen sie nicht vernachlässigten und ihr Andenken hochhielten, was sie nicht tun würden, wenn sie wüßten, daß die Geister nicht mehr existierten. Aus den ausweichenden Antworten des Konfuzius auf die Fragen des Tse Kung nach den Geistern geht hervor, daß er nicht an ihre Existenz glaubt. Man darf deswegen nicht von einem Betrug reden, denn Konfuzius hat mit seinen Vorschriften die besten Erfolge erzielt.2) Duplik des Ta'ao Sse-wen: Geist und Körper sollen dasselbe sein. Danach müßte, wenn der Körper stirbt, der Geist in ihm und mit ihm zugleich sterben, und er könnte nicht zum Himmel, woher er angeblich stammt, zurückkehren. Das ist ein Beweis für seine Unsterblichkeit.3) — In seiner Aufforderung an die Beamten und Priester, sich zu Fan Tschen's Schrift zu äußern, sagt der Kaiser Liang Wu-ti selbst: Wenn es keine Unsterblichkeit gibt, kann die buddhistische Lehre nicht bestehen. Nach Mencius ist das, was die Menschen nicht wissen, mehr als das, was sie wissen. Alle drei Heiligen4) haben die Unsterblichkeit gelehrt. Sie liegt allen Lehren zugrunde, und das Li-ki spricht ausdrücklich von dem Nahen der Geister.5) Die um ihre Ansicht befragten Prinzen, Beamten und Priester antworten nur mit leeren Redensarten, natürlich dem Kaiser, dessen buddhistische Neigungen bekannt waren, zustimmend und außerstande, selbst triftige Gründe vorzubringen. Manche Antworten umfassen nur einige Zeilen, einige sind etwas länger, aber keine ist recht ausführlich. Wir greifen einige heraus, damit man sich von dem Inhalt eine Vorstellung machen kann: Ackerbauminister M a Yuan-ho"): Die Lehre von der Vernichtung des Geistes hat für die Regierung des Landes viele Nachteile. Von den Heiligen stammen die allerdings nur spärlichen Andeutungen über die Geister. Gibt es keine, so gelten die Vorschriften der Heiligen über ihre Verehrung nicht, und die kindliche Liebe wird nach dem Tode nicht mehr geübt. Zensor ( ? ) Wang Tching7): Gibt es keine Geister, so gibt es auch keine Heiligen. Wenn man zugesteht, daß es solche gibt, so muß es auch Geister geben. Die Vernunft der Geister leuchtet hell, man kann nicht annehmen, daß sie spurlos verschwindet.8) Professor der fünf Klassiker MingSchan-pin9): Die Lehre, daß der Körper und >) IX, 32bl= g 0, A ± Ä & > Ä t t i £ ^ m ^ ^ a s . 1: « Jg IS ** T,

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Die Zeit der Sechs Dynastien

der Lebensgeist1) zugrunde gehen und daß Geist und Seele2) sich zerstreuen, ist gegen die Grundsätze des Buddhismus und des Konfuzianismus. Riten und Musik werden offen geübt, aber im Geheimen wirken Geister und Dämonen. Schiking und Schuking sprechen davon. — Der Geist ist nicht von etwas abhängig und auch keine Funktion, daher geht er nicht zugrunde, sondern nur in einen ändern Zustand über.3) In der Darstellung des Streites im buddhistischen Hung-ming tchi kommen die Buddhisten und sonstigen Gegner des Fan Tschen, der ganz allein stand, viel mehr zur Geltung als dieser, denn der Buddhismus sollte siegen. Aber auch so steht Fan Tschen als ein Geistesritter ohne Furcht und Tadel da, dem seine Gegner nicht viel anhaben konnten. Fan Tschen ist einer der scharfsinnigsten chinesischen Denker, der seine Schlußfolgeringen so klar und scharf wie ein Mathematiker zieht. Hsieh Wu-liang findet seine Beweisführung elegant wie die der Dialektiker4). Man wird seiner Bedeutung nicht gerecht, wenn man ihn, wie es im Liang-schu geschieht, einfach zu den Konfuzianern rechnet. Er gehört zu den skeptischen Rationalisten und ist ein würdiger Nachfolger des Wang Tsch'ung.5)

H. 1. Wang Tung. Wang T'ung*) mit dem Beinamen Tschung-yen7) stammt aus Lung-men*) in Schansi und lebte von 583—617 unter der $w-Dynastie. Er war ein Bruder des Wang Tchi9), der sich als Dichter und Trinker einen Namen gemacht hat. In seiner Jugend soll er sechs Jahre lang so eifrig studiert haben, daß er sich nie entkleidete10) ( ? ) Zwanzig Jahre alt reiste er nach der Hauptstadt Tsch'ang-an und wurde dem Kaiser Sui Wen-ti vorgestellt, dem er zwölf Vorschläge zur Herbeiführung des allgemeinen Friedens11) überreichte. Dem Kaiser gefielen diese Vorschläge sehr, aber seine Minister wollten nichts davon wissen, und so gelangten sie nicht zur Ausführung. Im Jahre 605 wurde er vom neuen Kaiser Yang-ti zur Audienz befohlen, aber er erschien nicht und entschuldigte sich mit Krankheit. Seine Familie wohnte in Ho-fen12). Dort eröffnete er eine Schule, nachdem er neun Jahre lang die Klassiker studiert hatte. Von allen Seiten strömten ihm Schüler zu, so daß ihre Zahl bald tausend überschritt. Gegen Ende der Sui-

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) X, 38b2fg. i) Hsieh Wu-liang IV, 33. ) Eine vortreffliche Spezialstudie über Fan TscMn mit Übersetzung des Traktats schrieb Stefan Baiais, Der Philosoph Fan Dschen und sein Traktat gegen den Buddhismus, in Sinica VII, 1932 S. 220—234. 6

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H. 1. Wang T'ung

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Dynastie fand seine Lehre in Ho-jen große Verbreitung. 614 wurde ihm ein Amt in Schu (Ssetschuan) angeboten, aber er lehnte ab, da er nicht Beamter werden wollte. Im darauffolgenden Jahre wurde ihm die Stelle eines Akademikers und eines Archivrats1) verliehen, aber er trat diese Posten nicht an. Im Jahre 617 erkrankte Wang T'ung und sprach: „Mir träumte, daß Yen Hui mir einen Befehl des K'ung-tse überbrachte, ich möchte zurückkommen und ausruhen. Jedenfalls ruft mich der Meister. Weshalb sollte ich immer in diesem Leben bleiben. Ich werde wohl nicht wieder aufstehen."2) Nach siebentägigem Krankenlager starb er, nur 34 Jahre alt. Seine Schüler, mehrere hundert, kamen zusammen und beratschlagten. Sie waren der Überzeugung, daß ihr Meister ein vollkommener Mensch3) gewesen sei, wie es seit K'ung-tse keinen mehr gegeben habe. Da er die Worte des K'ung-tse weiterverbreitet und erklärt habe, so gaben sie ihm den posthumen Ehrennamen Wen-tschung tee4) und geleiteten ihn wehklagend zur letzten Ruhestätte. Seine Werke gaben sie an seine Witwe zurück. Es waren: Li-lun über die Riten, 25 Kapitel in 10 Büchern, Yo-lun über Musik, 20 Kapitel in 10 Büchern, Hau Schu, Fortsetzung des Schuking, 150 Kapitel in 25 Büchern, Hsu Schi, Fortsetzung des Schiking, 360 Kapitel in 10 Büchern, Yuan-tching, Chronik in der Art des Tsch'un-tch'iu bis zum Beginn der Äa-Dynastie, 50 Kapitel in 15 Büchern, Tsan i, Erläuterungen zum Yiking, 70 Kapitel in 10 Büchern5). Die Witwe tat die Bücher in Kisten, welche sie in den 618 n. Chr. ausbrechenden Wirren überall mit sich führte. Erst 621 kehrte sie in die Heimat zurück und übergab die Bücher ihrem Schwager, dem jüngeren Bruder ihres Mannes, Wang Ning, und ihren beiden Söhnen Wang Fu-tchiao und Wang Fu-tschi.e) Diese Werke wurden aber von den Konfuzianern nicht als echte Lehre anerkannt und nicht weiter verbreitet, so daß sie verloren gingen. Dagegen blieben erhalten die Gespräche des Wang T'ung mit seinen Schülern unter dem Titel Wen-tschung tse tschung-schuo1), ,,Wen-tschung tse's Gespräche von der rechten Mitte", wodurch uns seine Philosophie überliefert worden ist. Dies Werk soll erst nach seinem Tode von seinem Bruder Wang Ning und von seinen beiden Söhnen nach seinen Aussprüchen zusammengestellt und herausgegeben sein.8)

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^ H. S. 128 macht die überraschende Mitteilung, daß Wang T'ung und Wen-tschung tse posthume Ehrennamen des /Stil-Kaisers Wen-ti (589—603) seien, und daß dieser die Schrift „Gespräche über die Mitte" (tschung-yü) — muß heißen tschungschuo — verfaßt habe. Aber Wen-ti ist doch sein posthumer Titel! Wie mag Zenker auf diesen Einfall gekommen sein, denn seine Quelle, Plath, sagt nichts davon ? ·) Vorwort 3b: £ jfr, £g »> ft *> ft ft. TG , ft %· Diese sechs Werke gelten als die sechs Klassiker des Wang T'ung.7

°)) Das i &ist die üAnsicht A, idesmSse-ma B*. Kuang ) £und des * Sse-k'u m- tch'üan-schu Kap. 91.

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Vergl. Watanabe II, 67. Nach Yuan /'s Vorrede ist das Werk von Schülern zusammengestellt.

276

Die Zeit der Sechs Dynastien

Im Jahre 1530 wurde das Tablett des Wang T'ung in den Konfuzius-Tempel aufgenommen, er also als guter Konfuzianer anerkannt. Da in den Annalen der Sui- Dynastie keine Biographie des Wang T'ung enthalten war und auch seine Werke nicht aufgeführt sind, so nahmen in der Sung-Zeit viele wie Sung Hsieri1) an, daß es nie einen Wang T'ung gegeben habe. Manche, 2 wie Hung ) (1124—1203), hielten das Tschung-schuo für eine Fälschung des Yuan P), von dem eine Vorrede zu dem Werk existierte. Andere betrachteten die Schüler als die Fälscher und wiesen auf Anachronismen, Übertreibungen und offenbare Unrichtigkeiten im Texte hin. So galt Wang T'ung vielen als ein Wu-yu toe4), eine Person, die es nie gegeben hat. Gegen eine solche Annahme spricht, daß auch das Sui-schu von einem Besuch des Wang T'ung bei Too Hing5) in Tsch'ang-an im Jahre 604 berichtet.6) In beiden T'ang-achu finden sich unter Wang P'o7) kurze biographische Notizen über Wang T'ung, und es sind Grabschriften für ihn von Liu Yü-hsi und von P'i Jih7m'«8) vorhanden. Beide sind Dichter aus der T'ang-Zeit, welche vor dem angeblichen Fälscher Yuan I aus der Sung-Zeit lebten. Sse-ma Kuang schrieb eine Biographie des Wang T'ung. Tsch'eng I hält ihn für einen Edlen von verborgener Tugend. Seine Gespräche seien erst von Späteren zusammengestellt.9) Auch Tschu Hsi glaubt an seine Existenz und meint, daß sein Werk nicht habe künstlich hergestellt werden können: „Wenn im Tschung-schuo seine Schüler seine Worte und Taten aufgezeichnet haben", sagt er, „muß er außerordentliche Vorzüge besessen haben. Selbst wenn man behauptet, das Buch sei von Späteren gefälscht, so läßt sich doch nicht in einem solchen Maße fälschen. Es muß doch eine ähnliche Persönlichkeit als Vorbild vorhanden gewesen sein, die man weiter ausgeschmückt hat. Sollte ohne irgend einen Hintergrund das Bild eines solchen Mannes geschaffen sein, so müßten die Verfasser selbst große Erfahrung besessen haben und könnten nicht Durchschnittsmenschen gewesen sein."10) Das Sse-k'u tch'üan-schu und das T'u-schu tchi-tsch'eng haben keinen Zweifel an der Echtheit, und ihnen schließen sich die Geschichten der Philosophie an. Die ganze Frage ist in neuer Zeit eingehend untersucht worden von Tschu I-hsin in seinem Wu-hsieh fang ta-wen11) Kap. 1. Dieser erklärt, daß das Tschung-schuo nicht gefälscht sei. Auch bei den Philosophen der Tschou- und Tch'in Zeit

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H. 1. Wang T'ung

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finden sich Anachronismen und innere Widersprüche, welche durch spätere Interpolationen in die Texte gekommen seien. Vor der T'ang Zeit habe man die Nachahmung der Klassiker noch nicht für eine Anmaßung und ein Unrecht gehalten. Das Fa-yen des Yang-Hsiung sei ein Beispiel dafür. Die Schüler des Wang T'ung hätten ihren Meister als Heiligen ehren wollen, aber durch die übermäßige Verehrung seinem Werke sehr geschadet1). Nach dem Tchiu T'ang-schu2) wurde in der T'ang-Zeit das Tschung-schuo von den Konfuzianern sehr geschätzt. Li Ao3) schrieb über das Lesen des Wentschung tee*), Sse-k'ung T'u5) erklärte ihn für einen Heiligen, Tsch'en Lungtsch'uan") sagte, daß nach Meng-tse nur Wang T'ung besondere Hochschätzung verdiene.7) In der Sung-Zeit war Tsch'eng I der Ansicht, daß Yang Hsiung und Hstin YüehP) ihm nicht gleich kämen. Tschu Hsi vergleicht ihn mit Tung Tschungschu, Yang Hsiung und Han Yü und findet in seinem Werk manche Schönheiten und Vorzüge, welche Hsün-tse, Yang Hsiung und Han Yü nicht aufweisen könnten. Allerdings sei sein Standpunkt kein sehr hoher, aber er ziehe alles in den Kreis seiner Betrachtungen und sei ein Mann der Tat, der stets nach den Regeln und gerecht handle. Wenn er es K'ung-tse gleich tun und ein Heiliger sein wolle, so sei das freilich eine Vermessenheit, und es sei Überhebung, wenn er glaube, Schuking und Schiking fortsetzen zu können. Er habe nicht genug gelesen, sonst hätte er wissen müssen, daß die Lehre des K'ung-tse unerschöpflich ist und nicht erneuert oder fortgesetzt zu werden braucht. K'ung-tse schrieb seine Hauptwerke mit siebzig Jahren, Wang T'ung wollte schon vor dreißig Jahren die Werke eines J ) Ganz wild gebärden sich die modernen Kritiker, ££ -g- jjg Yao Schou-yuan in seinem -j£j -^> -(g ^ ^ Ku-tchin wei-schu k'ao und Liang Tch'i-tsch'ao in seinem, [jg JR it W ^u ft Tschung-kuo li-schi yen-tchiu fa. Yao Schou-yuan greift Wang T'ung heftig an, weil er sich dem Konfuzius gleichgestellt habe, als ob er ein Verbrechen damit begangen hätte. Er weiß nicht, ob Wang, seine beiden Söhne oder Yuan I das Buch verfaßt haben. Auf keinen Fall sei Wang T'ung frei von Schuld, und es sei das Beste, das Buch zu verbrennen. Liang Tch'i-tsch'ao schreibt: „Gegen Ende der Sui Dynastie gab es einen nichtsnutzigen Menschen, der hieß Wang T'ung. Er verglich sich mit K'ung-tse und bezeichnete die höchsten Beamten jener Zeit wie ....... als seine Schüler. Dann schrieb er selbst oder ließ durch seine Schüler ein Werk mit dem Titel Wen-tschung tse schreiben. Darin werden seine Gespräche mit allerlei Leuten aufgeführt, grade so, als ob sie wirklich stattgefunden hätten. Einen solchen überspannten Menschen und ein so wahnwitziges Buch findet man wirklich selten 'in der Welt, aber seit tausend Jahren gilt er als der Vertreter der Lehre von Ho-fen, hat unzähligen gewöhnlichen Konfuzianern den Kopf verdreht, und alles sollen wahre historische Begebenheiten sein:" ßj|| JJJ ^f ^ J^

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ist der Ansicht, daß Wang T'ung gelebt habe. Sein Werk sei unter seiner Leitung von seinen Schülern verfaßt und nicht gefälscht, aber verfälscht. Vgl. Huang Yün-mei, Ku-tchin wei-schu k'ao pu-tsctieng 1931 S. 165 — 177. 2 3 ) Tchiu T'ang-schu Kap. 190 I. ) ^ ||.

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") Vergl. S. 74 und 130.

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Die Zeit der Sechs Dynastien

Heiligen vollendet haben. Diese Hast und dieser Ehrgeiz lagen in seinem ungestümen Charakter, und auch wenn er älter geworden wäre, würden seine Schriften wahrscheinlich nicht anders ausgefallen sein.1) Wang Yang-ming stellt Wang T'ung als Gelehrten über Han Yü. Er habe fast alle charakteristischen Eigenschaften eines Weisen, aber nur in verhältnismäßig kleinen Proportionen besessen. Leider sei er ganz jung gestorben. Daß er etwas zu den Klassikern hinzufügte, sei nicht ein so großes Unglück.2) In neuerer Zeit rechnet das T'u-echu tchi-tach'eng Wang T'ung zu den großen Konfuzianern.3) Derselben Meinung ist Hsieh Wu-liang. Von der Wei- und Tchin-Zeit ab würde er von keinem erreicht, und seine Aussprüche seien sehr gediegen.4) Watanabe sieht in ihm keinen außergewöhnlichen Mann und keinen großen Denker, wie sein Werk ihn schildert, sondern einen einfachen, zurückgezogenen Konfuzianer. Er war ein Reformator und wollte ganz reinen Konfuzianismus geben, um damit die Wirren der Zeit zu überwinden. Seine kurzen kritischen Sätze enthalten manche gute Gedanken, aber sie sind nicht sehr tief, zu abgebrochen und meist nicht zu Ende geführt. Er war ein zu früh gestorbenes Talent.5) Tschung T'ai vertritt den Standpunkt, daß Wang T'ung an Bedeutung dem Yang Hsiung und Hsün Yüeh gleich komme und zwischen der Han- und Sung-Epoche den reinsten Konfuzianismus lehre8). Das Tschung-schuo macht den Eindruck, daß es von Schülern zusammengestellt ist, denn die Wendungen:,, Wen-tschung tee sagte" oder „der Meister sagte" kehren immer wieder. In der Form ist es ganz dem Lun-yu ähnlich, denn es besteht aus kurzen Fragen der Schüler und kurzen Antworten des Meisters. Einige Aussprüche scheinen direkt denen des K'ung-tse nachgebildet zu sein. Es ist viel von den Schülern die Rede, die mit Namen genannt werden und deren Wesen und Eigenheiten beschrieben werden. Das Buch ist ebenso wie das Lun-yü etwas zusammengewürfelt, denn die Themata werden nur berührt, aber nicht erschöpfend behandelt. Die Kapitel sind nach dem ersten Ausspruch betitelt, was dem buntscheckigen Inhalt keineswegs entspricht. Die meisten Aussprüche sind kurz und prägnant, ohne rhetorischen Schmuck und meist nicht sehr tief. Die Grundlage von Wang T'ung's Weltanschauung sind die drei Potenzen1), Himmel, Erde, Mensch: „Der Himmel lenkt das Urfluidum, er ist nicht nur das unendliche Blau. Die Erde lenkt den Urkörper, sie ist nicht nur eine Bezeichnung für Berge, Flüsse und Hügel. Der Mensch lenkt den Urverstand, er ist nicht nur das Wesen mit rundem Kopf und eckigen Füßen."8) Himmel, Erde und Mensch 1

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Hsing-li ta-tch'üan Kap. 58, S. 23b fg. Henke, The Philosophy of Wang Yang-ming S. 62 und 92. T'u-schu tchi-t'scheng XXI, Kap. 340. 6 Hsieh Wu-liang IV, 45. ) Watanabe II, 67 und 70. Tschung T'ai I, 170. ) ^· Waschung tse S. 34b: * ^ * « Ä * S , #±»«1·*;£

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sind also nicht nur als luftartiges Gebilde, feste Substanz und Körperwesen aufzufassen, sondern auch als Geister, denn wie könnten sie sonst ihren Körper lenken und regieren ? Daher heißt es weiter: „Der Meister sagte: ,Das Fluidum ist oben, das Körperliche unten, und der Verstand wohnt in der Mitte. Damit sind die drei Potenzen fertig. Das Fluidum wird zum Dämon. Das ist der Himmel. Der Verstand wird zum Geist. Das ist der Mensch. Dadurch, daß ich seiner teilhaftig werde, kann ich meine Natur regem'."1) Diese drei Wesenheiten können nicht getrennt werden, und keine davon hat den Vorrang. Auf die Frage nach der Verehrung der Geister antwortete der Meister, man müsse den himmlischen, den irdischen Geistern und den Geistern der Verstorbenen opfern2). Den Himmelsgeistern opfere man auf runden Hügeln, den Erdgeistern an viereckigen Teichen.3) Wang T'ung bestellte selbst das Feld, erntete aber nur soviel Zentner Hirse, wie zur Herstellung des für die Opfer, Familienfeste und Bewirtung der Gäste nötigen Weins ausreichten.4) Unter Too versteht Wen-tschung tee die Lehre von den drei Potenzen, die Ontologie, und von den fünf Tugenden, die Ethik. Damit muß man sich das ganze Leben hindurch beschäftigen, aber erst nach dem Tode wird man diese Lehre klar erkennen. Der Mensch geht also durch den Tod nicht zugrunde. „Tchia Tch'iung sprach: ,Der Meister kommt mit Tao doch wohl nie zu Ende ?' — Der Meister antwortete: ,Wenn man sich mit den drei Potenzen und den fünf Tugenden beschäftigt, ohne zu Ende zu kommen, so ist das deswegen, weil der Geist stirbt, oder man läßt davon ab, wenn die Kraft nicht ausreicht.' " 5 )— „Jemand sagte: ,Wie steht es mit dem Leben und dem Tode ?' — Der Meister sprach:, Solange man lebt, kann man seiner Zeit helfen. Nach dem Tode erkennt man die Lehre (Too).' "') Über den Tod als Ausfluß des Schicksals äußert sich Wang T'ung wie folgt: „Tchia Tch'iwng trat ein und sagte: ,Dürfte ich fragen, was der Ausspruch: „Leben und Tod sind Schicksal, Reichtum und Ehre hängen vom Himmel ab"7) bedeutet?' — Der Meister antwortete: ,Das Herbeirufen geht voran, das Schicksal kommt hinterdrein. Man verschafft es sich selbst, aber ist es nicht Schicksal ? Ach, was vermag ich dagegen ?' — Tchia Tch'iung verneigte sich, ging hinaus und sprach zu Tach'eng Yuan: ,Ich weiß von jetzt ab, daß sich das ursprüngliche Schicksal machen und daß sich viel Glück erlangen läßt.' "8) Nach 1) Wtn-tochung toe S. 34 :

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Die Zeit der Sechs Dynastien

diesem Ausspruch gestaltet sich der Mensch sein Schicksal selbst durch seine Taten, es folgt ihnen nach, aber nicht immer. Die Lebensdauer hängt nur vom Schicksal, nicht von den Taten ab. Den Schüler interessiert nur die Möglichkeit, daß man sich selbst sein Glück schaffen kann. Als das Grundprinzip aller Sittlichkeit und als die Kardinaltugend erscheint Wen-tschungtse das Wohlwollen: „Hsüeh Schon fragte nach dem Wohlwollen. Der Meister sagte: ,Es ist der Anfang der fünf Tugenden.'1) Darauf fragte jener nach der menschlichen Natur. Der Meister antwortete: ,Es ist die Grundlage für die fünf Tugenden.' Er fragte nach Tao, und die Antwort lautete: ,Die Einheit der fünf Tugenden.' "2) Weiter sagte der Meister: ,Das Leben zu lieben und Wohlwollen zugrunde zu richten, ist die Handlungsweise der gewöhnlichen und törichten Menschen. Seinen Leib zu opfern, um dem Wohlwollen zum Siege zu verhelfen, ist die Handlungsweise der Menschen mittlerer Güte. Wer sich zu der Schule des K'ung-tse bekennt, kann diese mittlere Stufe stets erreichen.' "3) Ob jemand ein Edler ist, glaubt Wang T'ung aus seinem Verhältnis zum Prinzip der Gegenseitigkeit1) erkennen zu können: „Tchia Tch'iung fragte nach den für den Edlen geltenden Grundsätzen. Der Meister sagte: ,Er muß das Hauptgewicht auf Gegenseitigkeit legen.' Jener fuhr fort, ob er nach der Bedeutung von Gegenseitigkeit fragen dürfe. Der Meister sprach: ,Der Menschensohn muß das Herz des Vaters für sein Herz und der Menschenbruder das Herz des älteren Bruders für sein Herz halten. Wenn dies Prinzip auf das ganze Reich ausgedehnt wird, ist es richtig.' "5) Die Schüler des Wang T'ung hatten ein großes Interesse, zu erfahren, welchen Rang ihr Meister als Mensch einnahm. Sie fragten ihn direkt und äußerten ihre eigene Meinung: „Kuang T'ui sagte zu Tung Hsüeh: ,Dein Lehrer ist doch wohl ein vollkommener Mensch. Leben und Tod sind für ihn dasselbe. Man kann nichts an ihm ändern.' "6) — „Tsch'eng Yuan sagte: ,Ein schöpferischer Geist heißt ein Heiliger, und einen Überlieferer nennt man erleuchtet. Welche Stellung nimmt der Meister ein ?' — Dieser erwiderte: ,Ich verbreite die Lehre und vollende ihre Schönheit. Ich freue mich der Mühe und werde nie ihrer überdrüssig. Wie könnte ich wagen, mich als Heiligen oder Weisen hinzustellen ?' "') Das klingt durchaus nicht überheblich und als ob Wen-tschung tse sich selbst J

) Die fünf konfuzianischen Tugenden beginnen mit Wohlwollen als der wichtigsten.

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) Der Grundsatz, andere Menschen ebenso zu behandeln wie sich selbst. «) Wen-tschung tse S. 5b: ff ^ ffj ^ ± St, H, i# ^fe Sg , B, ft P»1 M

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für einen Heiligen gehalten und Konfuzius gleichgestellt hätte. Das taten wahrscheinlich erst seine bewundernden Anhänger. Einer derselben, Tung Tsch'ang, sagte: „Der Meister hat das Hau Schi und das Hau Schu für die Regierung geschrieben, das Li-lun und Yo-lun für Verwaltung und Volksbildung, das Tsan Yi für Bestimmung des Schicksals und das Yuan-lching für Belohnungen und Strafen. Dadurch wird der Meister leben."1) Das ist nicht der Fall gewesen, denn grade diese Werke, welche wohl bis auf das letzte nur Kommentare zu den Klassikern waren, sind sehr bald verloren gegangen, und Wang T'ung lebt nur durch seine von den Schülern aufgezeichneten Gespräche. Als Konfuzianer schätzt Wang T'ung natürlich das Wissen und das Studium sehr hoch, aber er zeigt auch dabei eine große Bescheidenheit. Vielleicht sein bester Ausspruch ist der, welcher sich auf das Wissen bezieht: „Yen Po fragte nach dem Wissen. Der Meister sagte: ,Es ist Nichtwissen.1 Jener fragte nach dem Verstehen. Der Meister sagte: ,Es ist Nichtverstehen.' Yen Po sprach: ,Wie ist das aufzufassen?' — Der Meister erwiderte: ,Grade deswegen forscht und deswegen überlegt man, und es ist wirklich, wie ich sagte.' — Yen Po zog sich zurück und erzählte es Tung Tsch'ang. Dieser sprach: ,Fürwahr ein tiefer Gedanke. Auf diese Weise schloß sich Wen-wang den Vorschriften der alten Kaiser an.' "2) Die Menschen bilden sich sehr oft ein, etwas zu wissen, was sie in Wirklichkeit nicht wissen. Ihr Wissen ist also ein Nichtwissen. Erst wenn sie das erkannt haben, erfolgt ein Umschwung. Sie beginnen zu forschen und zu überlegen, und dadurch erlangen sie wirkliches Wissen. Das unbefriedigende Gefühl des Nichtwissens, welches die Toren und die Eingebildeten nie haben, ist der Sauerteig im Erkenntnisprozeß, welcher das Wissen hervorruft. Sakrales rühmte sich dieses Nichtwissens, wodurch er weiser sei als viele andere Menschen.3) Man darf die Weisen und ihre Lehren nicht für alle Übel der Welt verantwortlich machen, wie das häufig geschieht. Die Ursachen sind meist so verwickelt, daß sie nicht klar zutage treten und sofort erkannt werden können. Daher sagt Wang T'ung: „Trotzdem Schuking und Schiking in hohem Ansehen standen, ging die TcÄ'm-Dynastie zugrunde. Das war nicht die Schuld des K'ung-tse. Obwohl Spiritualismus und Mystik sich weit verbreiteten, verfiel das Haus Tchin. Daran waren nicht Lao-tse und Tschuang-tse schuld. Obgleich Disziplin und Fasten geübt wurden, brach die Z/iawjr-Dynastie zusammen. Das war nicht &äkyamuni'e Schuld."*) *) S. 28a: 1^ B, £? £i ff f* fll * ft 48 & £ tt $ tt ft R tt, * A ft

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mus, die TWiin-Dynastie als Zeit des Taoismus und die .Z/ion^-Dynastie als die Epoche des Buddhismus.

282

Die Zeit der Sechs Dynastien

Aus einigen Äußerungen scheint eine gewisse Vorliebe für das Altertum hervorzugehen: „Der Meister sagte: ,Der Stil der Alten ist kurz und dadurch klar, der Stil der Modernen ist schwülstig und unverständlich'.ll1) Als von jemand gesprochen wurde, der alte Bronzen, Glocken, Dreifüße, Siegel und Münzen sammelte, sagte der Philosoph: „Diejenigen, welche früher das Altertum liebten, sammelten gute Lehren, die es heutzutage lieben, Bammeln Kostbarkeiten."2) Die alten Sitten und Zeremonien erschienen ihm für die Aufrechterhaltung der Kultur unerläßlich. Ohne die Bekappungszeremonien, meinte er, könne niemand volljährig werden, ohne die Hochzeitsgebräuche die Familie nicht begründet werden, ohne die Begräbniszeremonien würden die nächsten Angehörigen nicht geehrt und ohne die Opferzeremonien die Ahnen vergessen werden.3) Waffengewalt und Krieg waren Wen-tschung tse unsympathisch: „Li Mi sah den Meister und sprach von Waffen. Der Meister sagte: ,Von Sitte, Treue, Wohlwollen und Gerechtigkeit rede ich. Mit Einsamkeit, Leere4), Betrug und Gewalt gebe ich mich nicht ab.' "6) Ein mächtiger Staat kämpft, meint er, mit Waffen, das Reich eines Gewaltherrschers mit Klugheit, das Reich eines wahren Königs mit Gerechtigkeit, das Reich eines Kaisers mit Tugend und das eines Universalherrschers mit Nichttun.*) Im allgemeinen ist die Lehre des Wang T'ung frei von taoistischen Gedanken und ein viel reinerer Konfuzianismus als derjenige der großen Konfuzianer der Han-Epodhe, Tung Tschung-schu und Yang Hsiung. Auch den Buddhismus lehnt er als nicht für China passend ab: „Jemand fragte nach Buddha. Der Meister sagte: ,Er ist ein Heiliger.' Jener fragte weiter: ,Und wie steht es mit seiner Lehre?' — Wen-tschung tse antwortete: ,Es ist die Lehre des Westens. China hält an seiner Lehre fest. Mit einem eleganten Wagen kann man nicht nach Yüeh fahren und mit einem offiziellem Barett sich nicht zu den Tartaren begeben. Das ist die alte Lehre.'"') Buddha mag ein Heiliger sein, aber seine Lehre ist doch die der westlichen Barbaren, und die alte chinesische Lehre übertrifft sie an Feinheit ebenso wie etwa ein eleganter Wagen das Gefährt der Ureinwohner in Yüeh oder ein chinesischer Amtshut die Kopfbedeckung der Tartaren. Wang T'ung's Urteil ist meist klug, verständig und maßvoll; mag er auch an Denkenergie Tung Tschung schu und Yang Hsiung nicht gleichkommen, so bleibt er doch hinter den ändern bekannten Konfuzianern der Nach-Haw-Zeit nicht zurück. i) ·) 3 ) 4 )

S. 10a: =£ 0, £ £ £ .&, fä % Ü, ^ £ £ S. 15a: J. M £ B , -£ £ # -£ ^ & g, ^ S. 21 b. Das Leben der taoistischen oder buddhistischen Einsiedler.

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Buch III. Die Tang-Zeit. Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien. 618—907, 907—960 n. Chr. Schon durch die kurzlebige /Swi-Dynastie (589—618) war das in Norden und Süden zerrissene Reich wieder geeinigt, aber die Konsolidierung erfolgte erst durch die r'ang-Dynastie, welche eine neue Glanzzeit herbeiführte, wie sie China seit dem Ende der ifem-Epoche, also siebenhundert Jahre lang, nicht mehr gekannt hatte. Allerdings war der Höhepunkt bald überschritten, und es ging wieder abwärts, aber während der Regierung des ausgezeichneten Herrschers T'ai-tsung (627—650} und seines Nachfolgers Kao-tsung (650—684) konnte China als das bestregierte Reich und die erste Weltmacht Asiens gelten. T'ai-tsung hatte vorzügliche Minister, welche mustergültige Staatseinrichtungen schufen. Sie wurden von den Japanern und Koreanern nachgeahmt und auch für ihre Länder eingeführt. Der Grund und Boden, welcher infolge der beständigen Kriege zum Teil brach gelegen hatte, wurde neu verteilt. Alle Bürger erhielten Land zugewiesen, das meiste nur für Lebenszeit, aber einiges auch als erbliches Eigentum. Davon hatten sie Grundsteuer zu zahlen, von den Erzeugnissen wurde der Zehnte erhoben, und außerdem hatte jeder gewisse Frondienste für den Staat zu leisten. Der Kaiser förderte Kunst und Wissenschaft durch Heranziehung von Gelehrten und Künstlern und durch Gründung einer Bibliothek, Hung-wen kuan1) genannt, mit über 200000 Bänden. Für Studenten waren 1200 Wohnräume vorhanden. Für Beamte wurde ein festes PrüfungBsystem eingeführt. Die Themata waren den klassischen Texten entnommen, aber es mußten auch politische Tagesfragen in den Aufsätzen behandelt werden. Die dreizehn Klassiker waren, nachdem der Text durch Yen Schi-ku kritisch festgestellt worden war, in 182 Granittafeln eingemeißelt und im ,Inschriftenwald' in Hsi-an fu aufgestellt. Auch aus Japan, Korea und Turfan kamen Studenten, um an den chinesischen Hochschulen zu studieren. China breitete zu Beginn der T'ang-Oyn&stie seine Herrschaft über OstZentral- und Südäsien aus. Korea wurde erobert und durch einen Gouverneur

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

regiert, wurde dann aber wieder selbständig. Seit der Äwi-Dynastie stand China in diplomatischem Verkehr mit Japan. Seine hohe Kultur wurde dort sehr bewundert und nachgeahmt. Man übernahm die chinesische Schrift und Literatur, Konfuzianismus und Buddhismus fanden auf diese Weise in Japan Eingang. Viele japanische Priester, Studenten und Reisende begaben sich zum Studium nach China, und chinesische Gelehrte und Künstler gingen als Lehrer nach Japan. Im Norden wurde das Reich der Osttürken vernichtet und die ganze Mongolei unterworfen. Zu gleicher Zeit hatten die Nachfolger Muhameds ihren Siegeszug angetreten und Persien erobert. Der Sohn des letzten Königs, Feroz, suchte Hilfe bei den Tlang, welche diese ihm auch gewährten, indem sie ihn in seine Heimat zurückführten und als Statthalter in dem noch nicht eroberten Khorasan einsetzten. Die Araber bemächtigten sich aber auch dieses Landes. Tibet erkannte die Oberhoheit Chinas an. Zur Bekräftigung der Freundschaft wurde eine chinesische Prinzessin an den König von Tibet verheiratet. Dieser hatte eine so hohe Achtung vor der chinesischen Kultur, daß er seine Söhne und Brüder zum Studium in die chinesische Hauptstadt schickte. Im Jahre 641 hatte der nordindische König Slläditya II., welcher in Kanyäkubja (Kanauj) residierte, und dessen Hof ein Sammelplatz für Dichter, Gelehrte und Priester war, eine Gesandtschaft an den Kaiser T'ai-tsung geschickt. Als nach seinem Tode einer seiner Minister den rechtmäßigen Erben verdrängt und selbst den Thron bestiegen hatte, ließ der Kaiser den Usurpator durch tibetische und nepalesische Truppen stürzen und gefangen nehmen. 651 trafen auch Gesandte des Khalifen Osman am Hofe der T'ang ein, um Beziehungen anzuknüpfen. Die kleineren Staaten im Süden, Cochinchina, Kambodja, Siam, Java und Sumatra stellten sich freiwillig unter chinesischen Schutz und sandten Tributmissionen. Als Weltmacht unterhielt China einen sehr lebhaften Verkehr mit dem Ausland und schloß sich durchaus nicht ab wie in späterer Zeit. Chinesische Kaufleute reisten nach Persien und nach Indien. Nach letzterem Lande sandte T'aitsung den buddhistischen Mönch Hsüan-tsang, der mit reichem Material zurückkehrte und sein berühmtes Reisewerk schrieb, auf welchem unsere Kenntnis Indiens zu jener Zeit hauptsächlich beruht. Vom Auslande kamen zu Handelszwecken die Perser und später die Araber, welche bald Chinas ganzen Außenhandel monopolisierten. Um 690 waren schon Tausende von ihnen in südchinesischen Häfen, besonders Canton und Hang-tschou angesiedelt. Die Chinesen setzten eigene Beamte ein, um diesen Handel zu kontrollieren. Das dauerte ungefähr 250 Jahre bis zum Verfall des arabischen Reiches, und bis innere Wirren in China ausbrachen, die seiner Weltmachtstellung eine Ende machten. Mit dem Handel fanden auch fremde Religionen Eingang in China. Die Chinesen lernten so die Feuerreligion des Zoroaster, den Manichäismus, den Nestorianismus und den Islam kennen. Die Feueranbeter flohen vor den fanatischen Arabern, die Religion des Mani wurde besonders von den türkischen Uiguren angenommen, und es wurden an vielen Orten /arii-Tempel erbaut. Von

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der altchristlichen Sekte der Nestorianer zeugt die 781 in Hsi-an fu syrisch und chinesisch verfaßte Inschrift. Der Islam drang in Turkestan ein, und die arabischen Kaufleute erhielten auch im Süden Erlaubnis, Moscheen zu errichten. Die Chinesen zeigten sich den fremden Religionen gegenüber außerordentlich tolerant. Sie übten auf die Chinesen sehr wenig Anziehungskraft aus und haben merkwürdigerweise ihre Kultur fast gar nicht beeinflußt. Selbst der Islam, der später zur herrschenden Religion in Turkestan wurde und von vielen Millionen Chinesen angenommen ist, hat auf den chinesischen Geist fast gar keinen Einfluß gehabt. Kaufleute sind schlechte Kulturträger; sie interessieren sich meist nur für ihren Handel und kümmern sich um das Geistesleben des fremden Volkes, in dessen Lande sie zeitweilig leben, fast gar nicht. Die europäischen Kaufleute hätten noch Hunderte von Jahren in China Handel treiben können, ohne daß die Chinesen durch sie mit der europäischen Kultur bekannt geworden wären. Kulturträger für den Westen waren nur die katholischen und protestantischen Missionare. Die Chinesen sind allerdings sehr spröde und fremden Einflüssen schwer zugänglich. Man sollte daher vorsichtig sein und nicht, wenn sich zwischen chinesischen und fremden Kulturgütern kleine Ähnlichkeiten zeigen, sofort eine Entlehnung annehmen. Die ' ^-Dynastie gilt als das goldene Zeitalter der chinesischen Kunst. Poesie und Malerei standen auf einer seitdem nicht wieder erreichten Höhe. An plastischen Werken wurden, wie in den vorangegangenen Dynastien unter dem Einfluß des Buddhismus, Kolossalstatuen und Felsenreliefs geschaffen, die sich durch größere Naturtreue auszeichnen. Zwischen Malerei und Dichtung bestand ein enger Zusammenhang, und manche Maler waren zugleich Dichter. Wang Wei ist ebenso berühmt als Maler wie als Lyriker. Er gilt als Gründer der Südschüle der Malerei, welche die Tuschmalerei bevorzugt. An der Spitze der mehr farbenfreudigen Nordschule, welche mit Konturen malt, steht Li Sse-hsun. Im achten Jahrhundert lebten Chinas größter Maler Wu Tao-tse und seine beiden größten Dichter Li T'ai-po und Tu Fu. Neben der Verskunst wurde auch der Prosastil gepflegt, namentlich in Essays. Die glänzendsten Vertreter dieser Literaturgattung waren H an , und Liu Tsung-yuan, die auch zu den bedeutendsten Lyrikern zählen. Als Prosadichtung waren kurze Erzählungen beliebt, aus denen sich später Novellen und Romane entwickelten. In der Wissenschaft finden wir schon literarische und Kunstkritik. Leben und Werke von Malern und Dichtern werden besprochen und Kunsttheorien daraus abgeleitet. Anthologien und Enzyklopädien kommen auf, in denen Fragmente vieler bedeutender Schriftsteller enthalten sind, deren Werke längst verloren gegangen. Von größter Bedeutung für Kunst und Wissenschaft war der Beginn des Buchdrucks, welcher schon 090 erfunden war. Man kannte noch keine beweglichen Typen, sondern bediente sich der Holzplatten, in welche die Schriftze'ichen graviert wurden, ein Verfahren, das man bis in unsere Zeit beibehalten hat. Die Religion der Gebildeten blieb auch in der T'aw^-Epoche der Konfuzianis-

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mus, aber nachdem die klassischen Texte alle kritisch herausgegeben und immer wieder kommentiert waren, war der Konfuzianismus in einen Zustand der Erstarrung geraten. Der Taoismus erfreute sich der ganz besonderen Pflege der Regierenden und war fast zur Staatsreligion geworden. Einem Taoisten erschien Lao-tse im Traum und teilte ihm mit, daß die Kaiser der T'cm^-Dynastie, da sie auch der Familie Li1) angehörten, seine Nachkommen seien. Diese Tatsache, welche natürlich bei Hofe gemeldet wurde, trug sehr wesentlich zurHochschätzung des Taoismus durch das Herrscherhaus bei. Kao-tsung verlieh im Jahre 666 dem Lao-tse den Ehrentitel: T'ai-schang hstian-yuan huang-ti2), der hocherhabene Herrscher des mysteriösen Uranfangs. Hsüan-tsung (713—756), an dessen kunstsinnigem Hofe die schönste Frau Chinas Yang Kuei-fei und auch Li T'ai-po eine Zeitlang lebten, verordnete, daß in jedem Hause ein Tao-te king liegen solle. Aus diesem Werke konnte sogar ein Thema für die Staatsprüfung gewählt werden. Auch der Buddhismus erreichte unter der T'tiÄ*eÄ*, a*«ÄÄfö, * ft W m 3- A- A, m m 121 -% tf, M =*"&. * t *, # Ä ± *.. Ä Ä **

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') Tao ist die alte Ritualordnung, wodurch namentlich die Verehrung von Geistern und Dämonen geregelt ist. Das große Gewicht, welches Han Yü darauf legt, ist ganz mehistisch. ') Tsch'a^-li XI, 6b: & ^ ||J # £fflf,JE. JM * Ä tt» i» B, M 35 # f i , *

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A. Konfuzianer: 1. Han Yü

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Noch leidenschaftlicher ah seine Angriffe gegen Lao-tee sind diejenigen, welche Han Yü gegen Buddha richtet. Die Anhänger Buddhas, sagt er in der Denkschrift über den Buddha -Knochen, sind nur eine von vielen Sekten der Barbarenvölker. Die ältesten Herrscher wurden meistens über hundert Jahre alt und regierten ihr Reich in Glück und Frieden. Das war ohne Buddha möglich. Erst unter Ming-ti (58—75 n. Chr.) wurde der Buddhismus in China eingeführt, aber er brachte kein Glück, denn der Kaiser starb schon nach achtzehnjähriger Regierung, und nach ihm herrschte Verwirrung im Reich. Der Kaiser Liang Wu-ti (502—549) war ganz Buddha ergeben, aber er wurde schließlich von einem Gegner vernichtet und starb den Hungertod, und sein Reich ging zugrunde. Buddha half ihm nicht, also ist er nicht wert, daß man ihm dient. T'ang Kao-tsu (618 bis 626) wollte den Buddhismus ausrotten, konnte es aber wegen der Unzuverlässigkeit seiner Beamten nicht durchführen. Kaiser Haien-tsung (806—820) hatte auch zu Anfang seiner Regierung den Übertritt zum Mönch- und Nonnentum des Buddhismus und Taoismus und die Gründung buddhistischer Klöster verboten. Im Jahre 819 aber ließ er einen Buddha-Knochen in feierlicher Prozession aus Feng-hsiang (Schensi) abholen und im Beisein des Hofes im Palaste aufstellen. „Wie wäre es möglich," fragt Hart, Yü, „daß ein so weiser und erleuchteter Herrscher an dergleichen Dinge glauben könnte ? Aber das Volk ist einfältig und läßt sich in seiner Unwissenheit leicht betören und nur schwer aufklären. Wenn es Euere Majestät so erblickt, so wird es meinen, daß Euere Majestät mit aufrichtigem Herzen Buddha dienen, und alle werden sagen, daß der Sohn des Himmels, der größte Heilige, ihn mit ganzem Herzen verehrt und an ihn glaubt. Was ist das Volk dagegen ? Darf es noch seinen Körper und sein Leben schonen ? Es wird sich Brandwunden auf dem Schädel beibringen und die Finger ins Feuer halten.1) In Scharen von zehn bis hundert werden sie sich ihrer Kleider entledigen und ihr Geld wegwerfen. Von früh bis spät wird einer dem ändern nachahmen und keiner der letzte sein wollen. Jung und Alt werden sich in Massen fortwälzen und ihre Habe verschleudern. Wenn nicht sofort strenge Gebote dagegen erlassen werden, daß sie von einem Kloster zum ändern pilgern, dann werden sie sich die Arme abhacken und den Leib verstümmeln, um damit ein Opfer darzubringen. Durch diese Verletzung der Sitte und Preisgabe der Gewohnheiten würden wir uns allseitigen Spott zuziehen, was nicht zu gering angeschlagen werden darf."2) „Buddha gehörte zu den Barbaren, kannte nicht die chinesische Sprache und

Prüfungen, welche den Novizen bei der Ablegung der Mönchsgelübde auferlegt wurden. XXXIX, 7b: £ >ff fi HJ ig jfc, fig IT M Jfc ^ * t$>£S W *£ «

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

trug seine Kleider anders zugeschnitten. Er führte nicht die musterhaften Worte unserer alten Herrscher1) im Munde und kleidete sich nicht nach ihrer mustergültigen Tracht. Er kannte nicht die Beziehungen zwischen Fürsten und Untertan und das Verhältnis zwischen Vater und Sohn. Angenommen, er sei jetzt noch am Leben, und er hätte von seinem Staate die Weisung erhalten, nach unserer Residenz zur Audienz zu kommen, dann würde Euere Majestät ihn wohl freundlich empfangen, aber ihm nur eine Audienz in der Hsüan-tacheng-Halle gewähren, ihm als Gast ein Bankett geben, ihm als Geschenk einen Anzug überreichen und ihn dann mit sicherem Geleit wieder über die Grenze lassen, aber nicht zugeben, daß er die Menge betörte. Nun ist er schon lange tot, wie kann man da seinem vermoderten Gebein und seinen Unheil bringenden, unreinen Überresten die Aufnahme in die heiligen Hallen des Palastes gewähren ?"2) Han Yü schlug vor, den Buddha-Knochen ins Feuer oder ins Wasser werfen zu lassen, um ihn aus der Welt zu schaffen. Wenn Buddha wirklich übernatürliche Kräfte besäße und Verderben senden könne, so sei er bereit, alles Unglück auf sich zu nehmen. Der erhabene Himmel blicke auf ihn herab und sei sein Zeuge, daß er es nicht bereuen werde. Die von Han Yü gebrauchten Argumente sind nur ad hominem und nicht philosophisch. Sie zeugen von einem außerordentlichen Kulturdünkel. Es muß Han Yu zugute gehalten werden, daß er von der indischen Kultur nichts wußte, sonst würde er die Inder nicht für Barbaren gehalten haben. Während Han Yü Taoismus und Buddhismus schroff ablehnt, zeigt er eine große Sympathie für die Lehre des Me Ti, die er mit dem Konfuzianismus vereinigen möchte, indem er es so darstellt, als ob beide Systeme in allen wesentlichen Punkten übereinstimmten. In einem Artikel über Me Ti?) sagt er: „Die Konfuzianer kritisieren den Me-tse wegen der „Geltendmachung der Gleichmäßigkeit", der „Einigenden Liebe", der „Bevorzugung der Tüchtigen" und der „Klarheit über Geister"4), aber Konfuzius hatte Respekt vor einem großen Manne, und wenn er sich in einem Staate aufhielt, so tadelte er die dortigen Großbeamten nicht. Im Tsch'un-tch'iu verurteilte er die Überhebung der Minister, ist das nicht Geltendmachung der Gleichmäßigkeit ? Konfuzius war voll Liebe, schloß sich den Tugendhaften an und erachtete denjenigen, welcher reichliche Spenden an alle machte, für einen Weisen, ist das nicht einigende Liebe 1 'Konfuzius schätzte die Tüchtigen und bildete vier Klassen für seine Schüler zur Anfeuerung und Auszeichnung. Er war besorgt, daß nach seinem Tode sein *) Für das sinnlose ^ ^J£ schreibe ich ») Ibid. 8a: 5*C ffi H & ± >

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) Mit dem Titel: ^ J| f . ) Die Titel von vier Kapiteln in Me -tee's Werken.

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A. Konfuzianer: 1. Han Yü

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Name vielleicht nicht mehr genannt werden würde, ist das nicht Bevorzugung der Tüchtigen ? Konfuzius opferte, wie wenn die Geister zugegen wären, und tadelte diejenigen, welche opfern, als wenn sie nicht zugegen wären.1) Auch sagte er: ,Wenn ich opfere, wird mir Glück zuteil,' ist das nicht Klarheit über Geister ? Konfuzianer und Mehisten schätzen beide Yao und Schun, und beide verurteilen sie Tchieh und Tschau. In gleicher Weise pflegen sie die Persönlichkeit und läutern das Herz und schaffen dadurch geordnete Zustände im Reich, in den Staaten und in den Familien. Wie kommt es, daß sie solche Abneigung gegeneinander haben ? Ich meine, daß der Streit erst bei den späteren Schülern begonnen hat, die alle die Worte ihrer Meister in marktschreierischer Weise anpriesen, und daß die Systeme der beiden Philosophen ursprünglich nicht so einander gegenüberstanden. Konfuzius würde sicherlich von Me-tse und dieser von Konfuzius Gebrauch gemacht haben, denn hätten sie das nicht getan, so wären sie eben nicht Konfuzius und Me-tse."*) Natürlich stimmen Konfuzianismus und Mehismus in vielem überein, aber Han Yü übersieht die großen Unterschiede, welche gerade zu dem Konflikt zwischen den Anhängern beider Systeme geführt haben. Han Yü steht dem Mehismus besonders nahe durch das Gewicht, welches er auf die allgemeine Liebe und auf die Verehrung von Geistern und Dämonen legt. An ihre Existenz glaubt er ebenso fest wie Me Ti, viel mehr als K'ung-tse, der sich mit einem „als ob" begnügt. „Es gibt Wesen ohne Laut und ohne Körper," sagt er, ,,das sind die Geister und Dämonen."3) Wenn ein Mensch sich gegen den Himmel auflehnt, mit ändern in Streit liegt und die Gebote übertritt, so kommt er dadurch in Konflikt mit dem Weltfluidum4). Dann können Dämonen Gestalt und Stimme annehmen und dem Betreffenden Unheil bringen. Aber darauf kehren sie in ihren natürlichen Zustand der Körper- und Lautlosigkeit zurück.6) Die gleichmäßige Liebe zu allen Geschöpfen wird in merkwürdiger Weise, wie folgt, begründet: „Der Himmel ist der Herr von Sonne, Mond und Sternen. Die Erde ist die Herrin über Pflanzen, Bäume, Berge und Flüsse. Der Mensch ist der Herr der /, der Ti"), der Tiere und Vögel. Er ist der Herr, und wenn er jene schlecht behandelt, dann fehlt ihm die richtige Herrschermethode. Deshalb sieht der Heilige ») Für £D ^ £t lese ich: fa ^ ;£. ·) Tsch'ang-li XI, 27a: ff $ g # _fcfiä],£ jf , _h g, 0J &, jffi ft i R * A>

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) XI, 16b. ·) Die Barbaren im Osten und Norden, hier allgemein die nichtchinesische Urbevölkerung.

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

alle als gleich an und ist gegen alle gütig. Er zeigt sich den Nahen gegenüber großherzig und fördert auch die Fernwohnenden."1) Obgleich man Han Tu durch Aufnahme in den Konfuzius-Tempel seine Orthodoxie amtlich bescheinigt hat, so klingen doch seine Äußerungen über das Verhältnis des Menschen zum Himmel sehr wenig konfuzianisch und recht ketzerisch. Es lohnt sich, sein Gespräch mit Liu Tsung-yuan über diesen Gegenstand in extenso wiederzugeben, zumal es der Anlaß zu den Untersuchungen des Liu Tsung-yuan und des Liu Yu-hsi über dieselbe Frage geworden ist: „Han Yü sprach zu Liu-tse: .Weißt du, was man über den Himmel sagt ? Ich werde es dir mitteilen. Wenn jetzt die Menschen Schmerzen durch Krankheiten haben, erschöpft oder mißhandelt sind, hungern oder sehr frieren, dann blicken sie empor und rufen den Himmel an, indem sie sagen : „Die das Volk schinden, singen, und diejenigen, welche ihm helfen, sind im Elend." Oder sie schauen zum Himmel auf und rufen ihm zu, warum er es zu dieser furchtbaren Not kommen lasse.2) Alle, die so sprechen, kennen den Himmel nicht. Wenn Früchte, Getränke und Speisen verderben, so entstehen Würmer darin. Wenn das Blutfluidum des Menschen sich zersetzt und verstopft, so führt das zu Geschwüren, Geschwülsten und Hämorrhoiden, und es entstehen ebenfalls Würmer darin. Aus faulendem Holz kommen Holzwürmer hervor, und von verrottenden Pflanzen fliegen Leuchtfliegen auf. Verdanken sie ihre Entstehung nicht dem Zerfall ? Wenn irgend etwas verdirbt, so entstehen Würmer daraus. Wenn das Urfluidum und Yin und Yang verderben, so wird der Mensch daraus geboren."3) Nach konfuzianischer Anschauung entsteht der Mensch aus der feinsten Substanz und ist das intelligenteste Geschöpf und die Krone der Schöpfung. Han Yü betrachtet ihn als eine Verfallserscheinung und läßt ihn in ähnlicher Weise aus dem verdorbenen Urfluidum entstehen wie die Würmer, welche aus der Fäulnis hervorkommen. Das ist nicht viel besser als der Vergleich des Wang Tsch'ung, welcher die Menschen den Läusen und dem Ungeziefer gleichsetzt.4) Sollte Han Yü diese Äußerung nicht vielleicht aus Ironie getan haben, um diejenigen Konfuzianer zu ärgern, welche aus dem Menschen einen Gott machten? i) Tsch'ang-li XI, 15a: ^%ün&fc2.3L&,i&%3L*\Ü)\\2.±&> 2

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) Die Chinesen sprechen zu ihren Göttern, wie -wir es nicht gewohnt sind, und scheuen sich nicht, ihnen wegen ihres Verhaltens Vorwürfe zu machen. 3 ) Das Gespräch scheint nicht in Han Yü's Werke aufgenommen zu sein, findet sich aber in den Werken des Liu Tsung-yuan und Liu Yü-hsi. Liu hsien-scMng tchi B. XVI, l fg. und Liu Mtng-te wen-tchi B. XII, 15: $| & | |$ , ig & ^ £ tfc ¥> ^ Ä =l· B

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A. Konfuzianer: 1. Han Yü

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Es heißt dann weiter: „Sobald die Würmer hervorgekommen sind, zerfällt der Gegenstand nur umso schneller. Dadurch, daß sie ihn zerfressen und durchlöchern, verderben sie ihn vollends. Wenn das Verderben so weit vorgeschritten ist, macht sich der um den Gegenstand verdient, der imstande ist, die Würmer zu vertreiben. Wer ihre Zahl noch vermehrt, ist ein Feind des Gegenstands.1) Der Mensch bringt dem Urflujdum und Yin und Yang ebenfalls im höchsten Grade Verderben, denn er zergräbt den Acker in der Ebene und fällt die Bäume auf den Bergen, er bohrt Quellen, um aus Brunnen zu trinken, und macht Gräber, um die Toteii zu bestatten. Außerdem durchbohrt er den Erdboden, baut Deiche an Wasserlaufen, errichtet Mauern, Stadtwälle, Pavillons, Kioske, Aussichtstürme, leitet Flüsse, Gräben, Kanäle und künstliche Teiche ab , zündet Holz an und verbrennt es, schmilzt und gießt Metalle, brennt Ziegel und schleift Steine. Er quält sich ab und läßt die Dinge der Welt nicht leben, wie es ihnen gefällt. Ohne Recht dringt er gewaltsam vor, zerstört und vernichtet ohne Aufhören. Ist das Verderben, welches er dem Urfluidum, Yin und Yang bereitet, nicht schlimmer als das, welches die Würmer anrichten?"2) Der Gedanke, daß es ein Unrecht ist, die Erde aufzureißen und die Natur zu vergewaltigen, ist alt. Darauf geht auch die frühere Abneigung der Chinesen gegen den Bergbau zurück; sie betrachteten das Gewinnen von Metallen wie das Durchwühlen der Eingeweide der Erde, die ihnen als göttliches Wesen galt. Der Mensch ist in der Tat der größte Schädling der Natur, der so handelt, als ob die ganze Welt nur für ihn geschaffen wäre, alles vernichtet, umgestaltet oder sich aneignet, obwohl jedes Wesen und jedes Ding dasselbe Eecht auf Leben oder Existenz hat wie er selber. Seine Gewalttätigkeit ist schlimmer als die der wildesten Raubtiere. „Ich bin der Ansicht," sagt Han Yil, „daß, wer diesem Menschen schaden kann, so daß seine Tage verkürzt und seine Jahre verringert werden und das dem Urfluidum und Yin und Yang zugefügte Unglück abnimmt, sich um Himmel und Erde verdient macht, wer aber das Unglück noch vermehrt, ein Feind von Himmel und Erde ist. Jetzt kennen die Menschen alle den Himmel nicht, daher rufen sie ihn an und beklagen sich. Ich meine, daß, wenn der Himmel ihre Rufe und ihre Klagen hört, er die Verdienstvollen in hohem Maße belohnt und die, welche das Unglück schaffen, streng bestrafen wird. Was meinst du zu meinen Worten ?"3) i) Liu hsien-schen, tchi loc. cit.: & 2 £fln!^ ^ Ä, Ä S £, $L

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A. Konfuzianer: 2. Li Ao

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Bei der zweiten Stufe wird die erste Tugend leicht in ihr Gegenteil verkehrt, und die vier ändern sind nicht gut geordnet. Bei der dritten Stufe ist die erste Tugend in ihr Gegenteil umgeschlagen, und die vier ändern werden oft mißachtet. Gefühle gibt es sieben: Lust, Zorn, Kummer, Furcht, Liebe, Haß und Verlangen1). Man unterscheidet dabei ebenfalls drei Stufen. Bei der oberen sind alle sieben Gefühle normal, bei der mittleren einige Gefühle zu stark, andere zu schwach, aber es herrscht doch das Bestreben vor, jedem seinen richtigen Platz zu geben. Bei der unteren Stufe herrscht ein Gefühl übermäßig vor. Alle Gefühle sind oft zu stark, oft zu schwach. Der Einfluß der Natur auf die Gefühle hängt von ihrer Stufe ab, bei der oberen Stufe ist er stark, bei der untern nur gering. Die oberste und die unterste Stufe der Natur sind, wie schon K'ung-tse lehrt, in ihrem Wesen unveränderlich, aber die oberste kann durch Studium noch verfeinert und die unterste durch Unterweisung vor den schlimmsten Auswüchsen bewahrt bleiben.2) Obgleich man nicht umhin kann, diese Theorie des Han Yü für sehr gekünstelt und für reine Gedankenkonstruktion zu erklären, welche der Wirklichkeit nicht entspricht, so muß man doch zugeben, daß sie der Frage nach der menschlichen Natur, welche in der chinesischen Philosophie eine so große Rolle spielt, einen neuen Impuls gegeben hat.

2. Li Ao. Li Ac?) war der Neffe des Han Yü, der Mann seiner Nichte, und sein bedeutendster Schüler. Seine Heimat war Tsch'eng-tchi*) in Lung-hai (Kansu). Er war ein Nachkomme des Fürsten Li Sung, mit dem posthumen Namen Wu-tschao, welcher über den kleinen Staat von Hsi Liang5) in Kansu im 4. Jahrhundert n. Chr. herrschte. Sein Beiname war Hsi-tschi*). Im Jahre 798 bestand er das Doktorexamen, 806 wurde er zum Akademiker des Kuo-tse tchien und Mitglied des Historischen Amts ernannt. Li Ao war sehr energisch und unerschrocken in seinen Eingaben. Man schätzte sein Wissen, aber wegen seines Ungestüms wurde er lange Zeit nicht befördert. Im Jahre 827 wurde er zum Zensor ernannt, 834 zum Vizepräsidenten des Justizministeriums und 835 zum Präsidenten des Finanzministeriums. Sein Tod fällt in die Jahre 841—847.7) Nach diesen Daten können wir seine Lebenszeit schätzungsweise auf die Zeit von 775—845 ansetzen. Nach dem Tode wurde ihm der Ehrentitel Wen*) verliehen. Seine gesammelten

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2 3) Vergl. die Übersetzung dieses Kapitels in Legge'a Mencius, Prolegomena S. 89.

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

Werke umfassen 18 Bücher1), von denen drei seine philosophischen Ansichten enthalten. Wie seinen Meister interessierte ihn am meisten die Frage nach der menschlichen Natur, aber er kommt zu ändern Ergebnissen.2) Seine Hauptquellen, die er beständig zitiert, sind das Yiking, Ta-hsio, Tschung-yung und Meng-tse. Danach entwickelt er folgende Grundanschauung: „Das, wodurch man zum Heiligen wird, ist die Natur, und das, wodurch die menschliche Natur irregeführt wird, sind die Gefühle: Lust, Zorn, Kummer, Furcht, Liebe, Haß, Verlangen. Diese sieben Regungen werden durch das Gefühl hervorgerufen. Wenn die Gefühle sie verwirren, dann verbirgt sich die Natur, was nicht die Schuld der Natur ist. Die sieben Gefühle stehen zueinander in engster Beziehung und wechseln miteinander ab. Daher kann die Natur sich nicht voll auswirken. Wenn das Wasser aufgewühlt ist, so fließt sein Strom nicht klar, und wenn das Feuer raucht, so leuchtet sein Glanz nicht hell. Das ist nicht der Fehler der Klarheit oder der Helligkeit von Wasser und Feuer, denn wenn der Sand nicht aufgewirbelt wird, so fließt der Strom klar, und wenn der Rauch sich nicht zusammenballt, dann ist der Glanz hell. So lange die Gefühle nicht dazwischen kommen, kann die Natur sich voll entfalten."3) Die Unterscheidung von Natur und Gefühlen hat IÄ Ao von seinem Meister übernommen, aber in der weiteren Auswertung weicht er von ihm ab. Mit Mengtse hält er an der Güte der menschlichen Natur fest; auf die Frage: „Ist das Nichtgute nicht das Werk der Natur?" antwortete er: „Nein, sondern es ist den Gefühlen zuzuschreiben, Gefühle gibt es gute und nicht gute, dagegen ist die Natur immer gut."4) Die Natur der gewöhnlichen Menschen und der Heiligen ist dieselbe, aber sie kann durch Begierden und Gefühle verdunkelt werden. Die Gefühle wachsen aus der Natur hervor und sind nichts Selbständiges. Die Natur ist das vom Himmel verliehene Schicksal. Die Gefühle sind die Regungen der Natur. Das Volk versinkt darin und kann nicht zum Anfang zurückfinden. Die Heiligen dagegen lassen sich dadurch nicht irreführen. Auch sie haben Gefühle, aber sie lassen sich nicht davon beherrschen, leben in Ruhe und wirken wie Himmel und Erde oder wie Yin und Yang, als wenn sie gar keine Leidenschaften hätten. Die Natur des Volkes ist nicht anders als die der Heiligen, aber sie wird von den Gefühlen verdunkelt und bekämpft.5) Gefühle lassen sich nicht durch Gefühle unterdrücken: „Gefühle sind das Verderbliche in der menschlichen Natur. Wenn man ihre Verderblichkeit erkannt & 3C & m + m, abgedruckt im pg £ß | | f|J ^ flj. Im ;{g ^ ^:% Buch II der Werke, mit 3 Kapiteln _£, , "p. Li Wen-kung II, 5a: ±WB ®^ ^ 14 -ÖL> £ W & £ Ä 'ft

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A. Konfuzianer: 2. Li Ao

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hat, so verschwindet der Keim zu diesem Verderben. Wenn das Herz ruhig und ohne Regungen ist, so hören die schlechten Gedanken von selbst auf. Die Natur ist dann klar und hell, und woher sollte das Verderben kommen ?"1) In vollkommener Weise kann diesen Zustand nur der Seilige herbeiführen, denn „ Vollkommenheit ist die Natur des Heiligen."2) Still und unbewegt erfüllt er alles mit seinem Glänze. Diesen Gedanken hat Li Ao wohl aus dem Tschwng-yung entlehnt.3) Der Weise hat schon etwas von seiner Natur eingebüßt, aber er ist dauernd bemüht, zu ihr zurückzukehren.4) Nur wer selbst vollkommen ist, kann seine Natur voll entfalten und ändern dazu verhelfen. Er zügelt sie durch die Sitte und macht sie willfährig durch die Musik. Die Vollkommenheit führt zur vollkommenen Leere und diese zur Erleuchtung. Dadurch wird die Natur und das Schicksal restlos erfüllt.5) Das ist ganz taoistisch gedacht. Wenn man sich keine Sorgen und keine Gedanken macht, meint Li Ao, dann hat man den richtigen Sinn, und die Begierden entstehen nicht. Man muß das Herz von schlechten Gedanken rein halten. Die Freiheit von Gedanken und vollkommene Ruhe führen zur höchsten Vollkommenheit.6) Man kann sich der Einwirkung der Außenwelt nicht ganz entziehen, man muß vieles sehen und hören, aber man braucht sich dem nicht hinzugeben und es nicht zu suchen: „Man kann nicht umhin, manches zu wissen, und man kann nicht umhin, zu handeln, aber wenn das Herz dabei ruhig bleibt, so verbreitet sich von einem ein Licht über die ganze Welt. Das ist die Erleuchtung der Vollkommenheit."7) Die Vollkommenheit erscheint hier wie im Tschung-yung als etwas Übernatürliches, Mystisches und berührt sich mit ähnlichen taoistischen Vorstellungen. Diese Vollkommenheit nennt Li Ao auch Too: „Too ist die höchste Vollkommenheit. Die höchste Vollkommenheit ist das Tao des Himmels. Vollkommenheit bedeutet, was fest bestimmt und unbewegt ist."8) Auch die menschliche Vollkommenheit ist Tao, wenn sie auch nicht die höchste ist: „Vollkommenheit ist das Tao der Menschen; sie besteht im Auswählen des Guten und daran Festhalten."9) Von Fragen des praktischen Lebens behandelt Li Ao unter ändern die nach der Erwerbung von Reichtum. Die einen, sagt er, behaupten, daß man durch Klugheit Reichtum erwerben könne, die ändern, daß er einem durch das Schicksal zufiele. „Wenn jemand fragen sollte, welche von diesen beiden Ansichten die richtige sei, so würde ich antworten, daß durch beide Behauptungen die Menschen zum Bösen verführt würden. Wer durch Klugheit Reichtum erlangen will, wird,

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

dem Landmann seinen Acker stehlen, und wer alles für Bestimmung hält, wird, ohne das Feld zu bestellen, zu ernten hoffen. Ich würde mich für keine dieser Ansichten entscheiden. Wenn jemand ehrenhaft ist und den richtigen Weg geht, dann mag man ihm tausendfachen Lohn bieten und ihm eine höhere Stellung als das Amt eines Ministers oder Großbeamten verleihen, er kann es annehmen und braucht es nicht zurückzuweisen, ohne deswegen als habgierig zu gelten. Der Vorteil, welchen er selbst für sich daraus zieht, ist sehr viel geringer als der, welchen er dem Reiche erweist, deswegen lehnt er nicht ab. Wie käme dabei noch das Schicksal in Frage ? Wenn er aber annimmt, ohne sich an das Recht zu halten, und sich bereit findet, ohne den richtigen Weg zu gehen, dann dürfte er sich eigentlich nicht einmal eine Kleinigkeit wie eine Mahlzeit schenken lassen, und wieviel weniger kann er Reichtümer und Ehren annehmen."1) Man soll also den Reichtum nicht suchen und ihn auch nicht vom Schicksal erwarten, sondern nur recht handeln. Falls einem dann Reichtümer oder Ehren zuteil werden, kann man sie ohne Bedenken annehmen, sonst nicht. In seiner schroffen Ablehnung des Taoismus und namentlich des Buddhismus stimmt Li Ao mit Han Yü überein. Er spricht von der verderblichen buddhistischen Lehre, welche schon vor mehr als sechshundert Jahren in China eingedrungen sei und die chinesischen Sitten gefährde.2) Sie sei schon von Lieh-tse und Tschuang-tse dargestellt3) und was sie außerdem noch enthalte, seien Ansichten der Barbaren. Wenn Buddha in China gelebt hätte, so würden seine Neuerungen anders ausgefallen sein. Die sittlichen Gebote der fünf Beziehungen haben von Fu Hsi bis Kcung-tse gegolten und dürfen nicht geändert werden. Sie können für die ganze Welt gelten.4) Von den Buddhisten entwirft Li Ao folgendes Bild: Sie essen, ohne das Land zu bestellen, kleiden sich, ohne Seidenbau zu treiben, und wohnen, ohne Häuser zu bauen. Wenn viele Millionen so leben, dann müssen große Mengen Hungers sterben. Für ihre kostbaren Tempelbauten brauchen sie die Mittel des Volkes auf und lassen geschorene Männer und Frauen darin wohnen.5) Die Einfachheit des großen Yü stand dazu im großen Gegensatz. Es kann kein größeres Unheil geben, heißt es weiter, als wenn die Sitten Chinas durch die Barbaren verdorben werden. Schlimm ist es schon, wenn die heilige Lehre durch die des Tschuang-tse

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A. Konfuzianer: 3. Lin Schen-sse

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verdrängt wird, aber wieviel größere Verwirrung müssen noch die indischen Ideen anrichten!1) Bei diesem Standpunkt müßte es wundernehmen, wenn Li Ao, wie Watanabe und Tschung T'ai2) behaupten, buddhistische und taoistische Gedanken aufgenommen und dadurch dem erstarrten Konfuzianismus etwas neues Leben gegeben hätte.3) Es ist richtig, daß sich bei Li Ao einige Anklänge an taoistische Ideen finden, aber dieselben kommen schon bei Tse Sse, vor, von dem Li Ao sie wahrscheinlich übernommen hat, dagegen lassen sich buddhistische Einflüsse nicht nachweisen. Einige Gelehrte halten Li Ao für einen größeren Philosophen als Han Yü. Seine Theorie von der menschlichen Natur kommt jedenfalls der Wahrheit näher als die künstlichen Deduktionen Han Yft's.

3. Lin Schen-sse. Lin Schen-sse*) führte den Beinamen Tch'ien-tschung5) und stammte aus Tsch'ang-lo*) in Fukien. Nach Befragung des Schafgarben-Orakels nahm er den literarischen Namen Schen-meng tse7) an. Im Jahre 869 n. Chr. bestand er die Doktorprüfung und wurde später zum Magistrat von Wan-niens) in Kiangsi ernannt. Diese Stadt hatte er gegen den Rebellen Huang Tsch'ao9) zu verteidigen (879—884), konnte sie aber nicht halten und fiel im Kampf.10) Wir können wohl annehmen, daß er um 880 den Tod gefunden hat und zwischen 840 und 845 geboren ist. Danach muß er sehr jung gestorben sein und kann nur ein Alter von 35 bis 40 Jahren erreicht haben. Lin Schen-sse hat zwei kleinere philosophische Werke hinterlassen, den Hsti Meng-tse,11) eine Fortsetzung des Meng-tse, enthaltend 14 kürzere Gespräche in der Art des Mencius und den Schen-meng tse12) in drei Büchern, nach seinem Schriftstellernamen genannt. In dem ersten Werke wollte er die Ansichten des Mengtse weiter entwickeln, was heutzutage als eine große Vermessenheit angesehen werden würde, aber in der T'ang-Zeit galt Meng-tse noch nicht als Klassiker. Es ist in seiner Art ähnlich wie das T'ai-hsüan tching des Yang Hsiung, welches das Yiking nachahmt, oder das Tschung-schuo des Wang T'ung, welches sich das !) IV, 23 a. 2

) Tschung T'ai I, 182. Die Natur wird dem buddhistischen jjt $Q tathätä und die Gefühle dem |m flJEj avidyä gleichgesetzt, allein Natur und Gefühle gehören der Willens- und Gefühlssphäre, die „wahre Natur" und „Nichtwissen" dagegen der Verstandessphäre an. Li Ao fand seine Begriffe schon in der chinesischen Philosophie vor und brauchte nicht bei dem ihm verhaßten Buddhismus eine Anleihe zu machen. Viele moderne Chinesen und Japaner haben eine gewisse Vorliebe für den Buddhismus, von dem alles Gute stammen soll. 3 ) Watanabe II, 81.

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) Sse-k'u tch'iian-schu Kap. 91.

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

Lun-yti zum Vorbild nimmt. Im Schen-meng tse werden in kurzen Dialogen mit fingierten Fragestellern, die als Lehrer, Kenner der Lehre, Selbstforscher oder mit allegorischen Namen bezeichnet sind, praktische Lebensfragen erörtert. Sie enthalten wenig rein Philosophisches, gelten aber als gut konfuzianisch. Die seltsame Schreibung der Namen der allegorischen Personen stammt wohl von den Kommentatoren, welche Zeichen hinzufügten, um größeren Eindruck zu machen.1) Das Werk ist im Jahre 865 geschrieben worden2), also schon vor dem Doktorexamen. Im I-lin wird Lin Schen-sse ändern Philosophen gleichgestellt. Von Bedeutung ist er nicht. Im Hau Meng-tse sagt der Verfasser zu Anfang, daß Meng-tse lange Zeit gelehrt und seine Schüler nicht alle seine Worte aufgezeichnet hätten. Deshalb habe er ihre Aufzeichnungen ergänzen wollen. Die Gespräche reichen an ihre Vorbilder nicht heran, und die Vorstellung, welche wir von Mencius haben, wird dadurch nicht geändert. Aus dem im folgenden wiedergegebenen Gespräch II mit dem König Hsiang von Liang wird sich der Leser ein Bild von dem kleinen Werk machen können: „Der König Hsiang von Liang ließ durch einen Boten Meng-tse zu sich bitten. Dieser begab sich zu ihm, aber der König empfing ihn, ohne vorher das entsprechende Besuchsgewand angelegt zu haben. Meng-tse sagte: ,Im Schiking heißt es: .Höflichkeit und Würde sind ein Vorbild für das Volk.' Wenn der König mich immer in dieser Weise empfängt, wie kann das für das Volk ein Vorbild sein ?' — Der König antwortete: ,Da das Reich noch nicht in geordnetem Zustande und mein Staat noch nicht im Frieden ist, bin ich erregt und hege Kummer im Herzen. Daher habe ich keine Zeit, mich mit Etikettenfragen abzugeben.'3) Meng-tse erwiderte: ,Wenn der König seinem Volke mit Güte und Treue gegenüber tritt, so muß er zunächst die üblichen Formen beachten. Die Schicklichkeit bleibt bestehen und wird nicht etwa von Hitze oder Kälte beeinflußt. Man mag die Hitze fürchten, aber ist es höflich, deswegen den Körper zu entblößen ? Man mag sich vor der Kälte scheuen, aber darf man deswegen die Arme einziehen ? Wenn der König sagt, daß er keine Zeit hat, sich mit Etikettenfragen abzugeben aus Kummer, daß der Staat noch keinen Frieden hat, so ist es nicht anders, als wenn jemand wegen der Hitze den Körper entblößt oder wegen der Kälte die Arme einzieht. Wenn der König aus Kummer wegen des Staates so handelt, so könnte ein Großbeamter aus Familienkummer und ein Beamter oder Bürger aus persönlichem Kummer dasselbe tun. Wenn alle sagten, sie hätten keine Zeit, sich um die Regeln des Anstände zu kümmern, so würde es bei den Obern und a

) Sse-k'u tch'üan-schu loc. cit. *) Nachwort des Liu Hsi-j6n flj ^ £ (1265—1275) und Wylie, Notes S. 67. 3) HsüMing-tse I, lb: » £ £ -. % g £ « * & *, 3 »ft. «

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A. Konfuzianer: 3. Lin Schen-sse

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Untern keine Schicklichkeit mehr geben. Woran sollten sich dann Füret und Untertan, Vater und Sohn noch ein Beispiel nehmen ?' Der König Hsiang von Liang sprach betroffen: ,Ich werde, was die, Höflichkeit betrifft, den Weisungen des Meisters folgen.' ' ll ) Der Dialog ist fingiert, um Meng-tse's Ansicht über die Sitte und die Schicklichkeit zum Ausdruck zu bringen. Die Sitte darf niemals außer acht gelassen werden, auch dann nicht, wenn der Geist durch allerlei Sorgen ganz in Anspruch genommen ist. Ein Fürst würde sich wohl schwerlich eine Zurechtweisung in dieser Form gefallen lassen haben. Man hat auch bei den echten Dialogen des Mencius den Eindruck, daß sie so nicht stattgefunden haben, sondern von Mencius selbst oder seinen Schülern stark ausgeschmückt sind. Meng-tse hatte vielleicht so sprechen wollen, aber in Wirklichkeit werden seine Worte sehr viel konzilianter gewesen sein. Man hat daher diese Gespräche sehr zutreffend mit den allegorischen Gesprächen im Lieh-tse und im Tschuang-tse verglichen, welche auch nie wirklich gehalten sind — dazu rechne ich auch die Unterredungen des K'ung-tse mit Lao-tse —, sondern nur den Standpunkt der Redenden klar darstellen sollen. Im Schen-meng tse finden wir ein großes Loblied auf Konfuzius, der als der größte Weltweise hingestellt wird, eine Auffassung, welche wenige Europäer teilen werden, und die auch in China immer mehr an Boden verliert. Darin heißt es: „Der Lehrer „Kenner der Lehre"2) fragte: ,K'ung-tse ist nicht in Tsch'u belehnt worden.3) Mußte er es nicht schmerzlich empfinden, daß er kein Land hatte ?'4) — Schen-meng tse antwortete: ,Hätte K'ung-tse in Tsch'u -Land erhalten, so hätte er nicht als jemand mit Land gelten können, und da er keins erhalten hat, so war er doch nicht ohne Land. Wieso ? In einem Wasser, in welchem Aale leben, findet ein Leviathan nicht Platz, und in einem Gehölz, in welchem Oriolen ihr Nest bauen, kann der Vogel Rukh nicht nisten. So besaß K'ung-tse kein Land während einer bestimmten Zeitperiode, aber er besitzt es während der Dauer von zehntausend Generationen.5) Während seines Lebens fand er eine sittenlose Zeit vor, das Reich war zu klein und hatte für einen K'ung-tse nicht

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) Im überlieferten Text stehen die Phantasie-Zeichen: f£p ^Jg ;$fc.5i· ) Der König von Tech'u wollte K'ung-tse in seinen Dienst nehmen und ihm dafür ein größeres Gebiet als Lehen geben, ließ sich aber durch die Einwendungen seines Ministers davon abbringen. Legge, Analects, Prolegomena S. 82. 4 ) Die Konfuzianer konnten es nicht fassen, daß der Himmel den größten Weisen nicht zum Herrscher gemacht und ihm ganz China als sein Gebiet verliehen hat. Sie betrachteten ihn als König ohne Land. 6 ) Insofern er ganz China durch seine Lehre beherrscht, hat er mehr Macht über das Land als irgend ein Kaiser. 3

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

Raum1). Wie hätte ihm der eine Tsch'u-Staat helfen sollen ? Hätte er in einer sittenreinen Zeit gelebt, so wäre eine häßliche Gasse nicht zu eng für ihn gewesen, und er hätte dort belehnt werden können. Auch hundert Tsch'u- Staaten hätten nicht herangereicht. Die Lehre des K'ung-tse ist von so unendlicher Größe und Erhabenheit, daß man noch zehntausend Generationen daran festhält und eine einzige Periode gar nicht im stände war, sie in sich aufzunehmen. Wenn K'ung-tse zu einer bestimmten Zeit in Tsch'u belehnt wäre, so wäre es geradeso gewesen, als wenn der Leviathan sich in dem Gewässer eines Aales aufhielte oder der Vogel Rukh im Walde der Oriolen nistete. Da er keinen Platz darin hätte finden können, wie hätte er darin Land erwerben sollen ? 2 ) Daher hat er in zehntausend Generationen Aufnahme gefunden, und in der Tat, wie könnte er als ohne Land gelten, wenn er auf eine sittenreine Zeit getroffen hätte und belehnt wäre ? Da der Konfuzianismus sich ausbreitet, so sagt man, daß er vorhanden ist, aber nicht nach Grund und Boden verlangt. Sitte und Recht gelten als sein Grund und Boden. So sehen wir klar, daß, wenn K'ung-tse in Tsch'u nicht belehnt wurde, es kein Unglück für ihn war, kein Land zu haben."3) Lin Schen-sse betrachtet den Konfuzianismus als die vom Himmel den alten weisen Herrschern offenbarte Wahrheit, welche K'ung-tse nur weiter verkündet hat. Sie ist unabänderlich und gilt für alle Zeiten: „Der Himmel," sagt er, „hat Fu Hsi, Schen-nung, Huang-ti, Yao und Schun als die Urheber der wahren Lehre geschaffen und Yii, T'ang, Wen-wang, Wu-wang, Tschou-kung und K'ung-tse als die Hauptverkünder derselben. Ihre Worte sind für die zehntausend Generationen ein Vorbild, und ihr Regierungssystem ist für alle Herrscher ein Muster. Sie lassen sich ebenso wenig verdecken wie Sonne und Mond und ebenso wenig verrücken wie Berge und Flüsse."4) In seiner Auffassung des Schicksals stimmt aber Schen-meng tse doch wohl nicht ganz mit K'ung-tse überein. Auf die Frage, ob das Gedeihen und Vergehen der Staaten vom Schicksal des Himmels abhänge, antwortet er, daß dies vom Menschen abhänge, während der Himmel nur die entsprechenden guten und schlechten Vorzeichen sende.6) Andererseits bekennt er sich aber doch zu der Ansicht, *) China war damals zu klein, um K'ung-tse's Geist zu fassen. a ) Nur bildlich gemeint von seiner geistigen Größe. In Wirklichkeit hätte er natürlich Land erwerben können. ») ScMn-meng tse I, 2b: ft $f ft £ IQ, W f& * '& f* *, * A US ±

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

man kann sich darauf verlassen, er handelt nicht, bringt aber alles zustande. Das Prinzip des Nichthandelns ist der Weg, um den Staat zu regieren."1) — Der Kaiser Jui-tsung sagte seufzend: ,Die Worte des Kuang-tsch'eng tsez) sind so wie diese.' "3) Sse-ma bat, in seine Berge zurückkehren zu dürfen. Der Kaiser schenkte ihm eine kostbare Zither und ein Gewand aus roter Seide. Über hundert Hofpoeten schrieben Gedichte über diesen Vorfall. Im Jahre 721 lud auch Kaiser Hsüan-tsung Sse-ma Tsch'eng-tscheng ein, an den Hof zu kommen, empfing Amulette von ihm und beschenkte ihn reichlich. Im Jahre 727 berief der Kaiser ihn zum zweiten Male an den Hof. Auf seinen Vorschlag ließ der Kaiser auf den fünf heiligen Bergen neue Opfertempel errichten. Sse-ma behauptete, daß zur Zeit dort nur Berg- und Waldgeister hausten, während die wahren Götter in Höhlen wohnen müßten. Dies seien taoistische Heilige, denen das Amt der Berggötter übertragen sei, und welche Berge und Flüsse, Wind Regen, Yin und Yang beherrschten. In ihrem Gefolge befänden sich viele Genien, deren Namen bekannt seien. Sse-ma wurde aufgefordert, anzugeben, wie nach den taoistischen Klassikern die Tempel zu erbauen seien. Sse-ma Tsch'eng-tscheng war berühmt als Kalligraph und schrieb besonders gut Siegel- und Kurialschrift. Der Kaiser ließ ihn das Tao-te king in drei verschiedenen Schriftarten schreiben. Das in neuer Schrift, 5380 Zeichen, wurde gedruckt und sollte als der korrekte Text gelten. Sse-ma selbst sollte auf Wunsch des Kaisers auf einem kaiserlichen Berge wohnen, wo ein Haus für ihn gebaut wurde, und sich den Platz für das Haus und für einen Altar selbst auswählen. Der Kaiser schickte ihm eine Aufschrift für sein Haus, welche er selbst verfaßt hatte und außerdem dreihundert Bollen Seide zum Geschenk. Aber in demselben Jahre (727) starb Sse-ma Tsch'eng-tscheng in dem neuen Hause, 88 Jahre alt, er muß also von 639—727 gelebt haben. Ein Schüler berichtete, daß am Todestage zwei Kraniche4) um den Altar geflogen seien und eine weiße Wolke vom Altar hochstieg, die sich im Himmel verlor. Der Kaiser beklagte den Tod des Heiligen sehr, schrieb selbst für ihn eine Grabschrift und verlieh ihm den Ehrentitel Tchen-i hsien-scheng^) „Meister der wahren Einheit." In seinem Nachwort zu T'ien-yin tse gibt Sse-ma T) ibid. s. i2b: # B, a % m A, au » & £, a m m n & n, m B, m m & &, % *B, m if M », ^ %. ** m. m® & $, m m % 3* m ^ a. & B, S A * J * ^ « s £ - Ä « . S Ä ^ ^ ^ i l B i i ,fcÄffiJ«>*«;£ If·» 2

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Vergl. Oilee, Chuang-tse S. 125. Tchm T'ang-schu loc. cit. igt g Jfc & 0, gf $, 2. W Ifl $T Ji ·&· Die Kraniche sind die Geistervögel, auf denen die Götter reiten. *-*£.

C. Taoisten: 1. T'ien-yin tse

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muß man zu seinem Ursprung zurückkehren. Alle Lebensfunktionen müssen geregelt werden, um das Leben zu verlängern: der Blutlauf, das Atmen, der Speichelfluß, das Denken. Von Mitternacht bis Mittag ruht man erst flach mit entspannten Gliedern, dann erhebt man sich und macht Atemübungen, klopft gegen die Vorderzähne, daß sie leise, und gegen die Backenzähne, daß sie laut klingen1), massiert das Gesicht und die Augen mit beiden Händen und fühlt dann, wie der Körper erwärmt ist. Dann setzt man sich aufrecht und mit untergeschlagenen Beinen und erregt mit der Zunge Speichelfluß, spült dreihundertmal den Mund aus und schluckt den Speichel herunter. Durch das Atmen und den Speichelfluß wirkt man auf den Unterleib.2) Beim Festhalten der Gedanken gehen diese vom Kopf bis in die Füße und von dort über den Unterleib und das Rückgrat wieder ins Gehirn. Außerdem werden noch verschiedene gymnastische Übungen empfohlen. Das sind die Hauptsätze für die Lebensförderung. Um ein Genius zu werden, gibt es eine vorzügliche Methode, die darin besteht, daß man seinen Geist mit dem echten Geist von Himmel und Erde vereinigt. Wenn man weiß, wann er kommt und geht, und seinen eigenen damit vereinigt, kann man ebensolange leben wie Himmel und Erde. Ungefähr um Mitternacht am Wintersolstiz trifft das erste Farz^-Fluidum ein.3) Auch am folgenden Tage muß man es abwarten und ein- und ausatmen. Tut man es auch nur zwei oder drei Male im Jahre, so fühlt man schon die Veränderung im Körper. Je mehr, desto besser4). T'ien-yin tse handelt nur von der Methode, durch welche man ein Unsterblicher werden kann. Danach gibt es fünf Tore, durch die man allmählich bis zur Stufe eines Genius vordringt. Diese Tore sind Fasten, Ruhe, Sammlung der Gedanken, Sichvergessen und Lösung durch den Geist: „Man muß sich also in diesen fünf Stufen des allmählichen Fortschreitens üben. Sobald man eine fertig hat, kommt man danach allmählich zur zweiten, wenn man die vollendet hat, zur dritten und so weiter zur vierten und fünften. Dann hat man den Grad eines Unsterblichen erreicht."5) Fasten bedeutet den Körper baden und das Herz leer machen. Es handelt sich nicht nur um vegetarische Diät und um Reinigung des Körpers durch Baden, *) Man vergleiche die Methode des Ko Hung, S. 208fg. 2 ) Für weitere Einzelheiten über Körpergymnastik vergl. J. Dudgeon, Kung-fu or Medical Gymnastics (Journ. Peking Orient. Soc. Vol. Ill, 1895, S. 341—565). 3 ) Mit der Wintersonnenwende beginnt nach chinesischer Theorie die Herrschaft des yft w £ a ± .

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

gut erscheint, scheint dem ändern schlecht, was der eine als einen Vorzug betrachtet, sieht ein anderer als einen Mangel an: „Wer weiße Stoffe liebt, hält schwarz für schmutzig, wer dagegen für schwarze Stoffe ist, betrachtet weiß als schmutzig. Wie kann ich daher wissen, was wirklich in der Welt rein oder schmutzig ist ? Daher läßt sich so die Reinheit und Unreinheit eines Gegenstandes nicht bestimmen. Wer schlecht sieht, hält gelblich für rötlich und blau für schwarz. Wie weiß ich daher, ob, was ich jetzt schwarz oder weiß nenne, die Kenner nicht für rot oder gelb halten ? Und wie kann ich die richtige Farbe in der Welt erkennen ? Auf diese Weise kann man mit den Farben der Gegenstände nicht fertig werden.1) Wer sich sehr für Waren interessiert, sieht die Schönheit anderer Gegenstände nicht, wer ein Pferdeliebhaber ist, bemerkt nicht, wie schön andere Dinge sind, und wer Bücher sehr liebt, hat für die Schönheit anderer Gegenstände kein Verständnis. Wie kann ich da erkennen, was wirklich in der Welt schätzenswert und hassenswert ist ? Auf diese Art läßt sich nicht erkennen, ob ein Gegenstand besondere Wertschätzung verdient, und ich darf nicht arglistig behaupten, daß ich die Wahrheit kenne."2) Auch die feste Überzeugung von der Richtigkeit einer Ansicht ist kein Kriterium der Wahrheit: „Die Wissenden sind von der Richtigkeit ihrer Ansichten überzeugt, aber die Unwissenden auch. Diejenigen, welche Too besitzen, sind still und schweigsam, aber die Stumpfsinnigen gleichfalls. Oft scheinen die Dinge richtig und sind doch falsch, oft scheinen sie falsch und sind richtig."3) Kang-ts'ang tee's Ethik ist zum größten Teil konfuzianisch, nicht taoistisch. Auf die Frage, wie sich Too und kindliche Liebe unterscheiden, läßt er Konfuzius antworten: ,, ist die wunderbare Anwendung des Natürlichen, die kindliche Liebe ist die höchste Tugend im menschlichen Too,"4) und auf die Frage nach der Gerechtigkeit erwidert K'ung-tse, daß man Sitte und Musik pflegen müsse. Erstere veredele das Innere, letztere das Äußere.5) Der Satz: wenn Sehnen und Knochen geübt werden, bleibt der Körper intakt, wenn Wünsche und Begierden beschränkt werden, der Geist6), klingt allerdings taoistisch. Auch die Titel der Kapitel, welche besonders vom Staate handeln: „Das Too der Regierung," „das Too des Fürsten" und „das Too der Beamten,"7) klingen

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ibid.:

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C. Taoisten: 3. Hsüan-tschen tse

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ganz taoistisch, aber ihr Inhalt ist konfuzianisch oder in Übereinstimmung mit den Ansichten der Rechts- und Staatsphilosophen. Der heilige Fürst, meint Kang-ts'-ang tse, schätzt loyale Beamte und rechtschaffene Gelehrte, die offen zu reden wagen. Er überwindet sich selbst und kehrt zur Sitte zurück. Wenn der Fürst pflügt und die Fürstin Seidenraupen züchtet, läßt das Volk sich beeinflussen: „Die erste Sorge der weisen Herrscher im Altertum bei der Leitung der Bürger war der Ackerbau. Es handelte sich dabei nicht nur um die Bodenkultur, sondern um die Gesinnung der Bauern. Diese ist einfach und natürlich. Infolgedessen sind sie leicht zu lenken, dann herrscht Ruhe an den Grenzen, und die Stellung des Fürsten ist geehrt."1) Es kommt bei der Regierung auf tüchtige Beamte an. Man prüft sie in der Literatur und in der Redegewandtheit, im ruhigen Handeln und Benehmen und nach ihrer äußeren Erscheinung. Von den Beamten hängen das Schicksal, Ruhe und Frieden des Kaisers ab.2) „Wenn der Himmelssohn still, die Großbeamten einsichtig sind, die Strafen nicht vor den Vornehmen Halt machen und die Güte auch den Untern zuteil wird, dann erscheint auch ein Weiser und bietet seine Dienste an."3) Er läßt sich nicht suchen und erscheint nur, wenn die Verhältnisse gut sind.4) „Wenn das Reich Too hat, dann kommen die Weisen ungerufen, wenn es kein Too besitzt, dann erscheinen nur die Nichtweisen ungerufen."5) Die Weisen werden also durch Too, das heißt die wohl geordneten Zustände herbeigezogen. Ein Staat kann nicht ohne Belohnungen und Strafen und ohne eine Kriegsmacht auskommen. Es ist schwer, die Menschen zum Guten zu bewegen, wenn die Sittenreinen und Gerechten nicht belohnt, vielmehr geschädigt und die Sittenlosen und Ungerechten begnadigt werden.6) Da Belohnungen und Strafen Yin und Yang entsprechen, so kann man dadurch sogar Katastrophen wie Überschwemmungen und Dürren abwehren. Kang-täang tse verteidigt gerechte Kriege, wobei er sich auf das Lü-schi tech'un-tch'iu stützt.7)

3. Hsüan-tschen tse (Tschang Tschi-ho). Hslian-techen tse9) ist der Schriftstellername, welchen sich Tschang Tschi-ho9) selbst zulegte. Er bedeutet „Meister der geheimnisvollen Wahrheit"10) und ist für

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

diesen Mystiker durchaus bezeichnend. Sein persönlicher Name war ursprünglich Kuei-ling1), der erst später durch Tschi-ho ersetzt wurde, sein Beiname war Tse-t'ung2). Er stammte aus Tchin-hua in Wu-tschous) (Tschekiang). Wegen seiner großen literarischen Fähigkeiten ernannte der T'awgr-Kaiser Su-tsung (756—763) ihn schon im Alter von 16 Jahren zum Hanlin, aber er entschied sich nicht für die Beamtenlaufbahn, sondern lebte in einer von seinem Bruder gebauten Hütte als Einsiedler. Sein Benehmen war oft merkwürdig, er angelte zum Beispiel, aber ohne Köder, da es ihm nicht auf das Fangen von Fischen ankam. Auch bei Hitze trug er schweres Zeug. In der Trunkenheit schlug er bisweilen die Pauke und blies die Flöte. Er konnte nicht nur dichten, sondern auch Landschaften malen. Da er verheiratet war, hatte ihm der Kaiser Diener und Dienerinnen geschenkt. Der Kaiser Hsien-tsung (806—821) hatte selbst ein Bild von ihm gemalt und wollte ein Gedicht von ihm haben, konnte ihn aber nicht finden. Nach diesen Daten läßt sich seine Lebensdauer schätzungsweise ungefähr auf die Jahre 745—810 n. Chr. festsetzen. Tschang Tschi-ho schrieb ein Werk unter seinem literarischen Namen Hsüantschen tee*) in 12 Büchern, wozu Wei Is) Erklärungen veröffentlichte. Später waren es nur noch drei Bücher. Das sind vielleicht die drei Abschnitte, welche auf uns gekommen sind, jedenfalls nur ein Bruchstück des Originalwerks. Ferner schrieb Tschang Tschi-ho ein Werk über das Yiking, das T'ai-yi*} in 15 Abschnitten, welches 365 Diagramme enthielt.7) Sein Stil wird mit dem des Ko Hung verglichen, aber er war weniger elegant. In der Form ahmt der Hsuan-tschen tse etwas den Tschuang-tse nach. Allegorische Personen treten auf und halten Zwiesprache über die abstrusesten Fragen an der äußersten Grenze der Erkenntnis. Wie bei Tschuang-tse werden Untersuchungen über die Unendlichkeit, die Schöpfung, Sein und Nichtsein angestellt, bei denen man sich oft nicht viel denken kann. So lesen wir: „Wenn etwas ist, so heißt das nicht, das es noch nicht nicht existiert hat, und wenn etwas nicht ist, daß es noch nicht existiert hat. Ferner, wenn etwas noch nicht nicht ist, so ist es und es ist zugleich nicht, und wenn etwas noch nicht ist, so ist es nicht und zugleich nicht nicht. Das ist das Ende des Seins und des Nichtseins. Wenn daher etwas, das jetzt ist, plötzlich nicht ist, so ist nicht etwa früher das Nichtsein noch nicht vorhanden gewesen, und wenn etwas, das jetzt nicht ist, plötzlich ist, so ist nicht etwa früher das Sein noch nicht nicht vorhanden gewesen. Der Unterschied liegt in der Zeit."8) «) Wieger, Bibliogr. Nr. 1017 schreibt ^ Ä ^ ^ ^.

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'J Biographie im Hain T'ang-schu Kap. 196 und Sse-k'u tch'üan-schu Kap. 146. ·) H*üan-t*chen tse S. 12b: ^ £, £ jfc fä fa & %_, ft * # ·&, B. * US £,

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*#,-** ± & #, * ^*r ±** * ¥ m ·&· Die Stelle ist sehr schwierig, und ich kann die Übersetzung nur unter Vorbehalt geben.

C. Taoisten: 3. Heüan-tschen tse

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Haftan-tscken tse scheint hier das Werden und Vergehen als Übergang vom Nichts in das Sein darzustellen und dabei auch das Nichtsein als eine besondere Art von Sein, nämlich als ein Anderssein aufzufassen. Beide Zustände folgen zeitlich aufeinander und wechseln miteinander ab. Die Übergänge sind nicht abrupt, sondern im Sein liegt schon der Keim des Nichtseins, noch ehe es in die Erscheinung tritt, und umgekehrt. Zum Nichtsein gehört auch Too, die wahre Einheit, allerdings eine ganz besondere Art des Nichtseins, das kein phänomenales Sein und insofern ein Nichtsein, aber zugleich ein übersinnliches Sein ist: „Wer im Reiche des wahren Nichtseins umherschweifen kann, gelangt später zu der Gestalt der wahren Einheit. Wenn er im Reiche des wahren Nichtseins umherstreift und die Gestalt der wahren Einheit erschaut, dann erkennt er die verschiedenen Arten des Nichtseins1) Den verschiedenen Arten des Nichtseins vermögen Menschen keinen Namen zu geben. Ich will ihnen, so gut es geht, einen Namen geben und nenne sie die Sphäre des großen Nichtseins."2) Sein und Nichtsein sind schon vorhanden, bevor die Weltschöpfung anhebt. Sie beginnt im Nichtsein: „Das Nichtvorhandensein des Seins ist der Anfang des Vorhandenseins des Nichtseins, und das Vorhandensein des Nichtseins ist der Anfang des Nichtvorhandenseins des Seins. Wenn das Nichtvorhandensein des Seins am Werke und das Vorhandensein des Nichtseins begründet ist, dann beginnt darin die Schöpfung. Wenn die Schöpfung anhebt, breitet sie sich aus durch die Leere, sie wird bewegt durch den Wind und konzentriert durch das Wasser, erregt durch das Wissen und dringt überall hin durch das Pluidum, und alle Dinge entstehen auf diese Weise."3) Die weiteren Ausführungen, welche sich an diese Worte anschließen, sind recht vage und nichtssagend. Als erste Substanz, welche erscheint, wird der Wind, das luftförmige Element, genannt. Darauf entsteht durch Kondensation das flüssige Element, das Wasser, und den Schluß bildet die feste Substanz, hier Fluidum genannt, ein Ausdruck, der bei den SungPhilosophen allgemein die Substanz bezeichnet. Bei Beginn der Schöpfung kämpften nach Hsüan-techen tee's Darstellung die neun Großen4), worunter neun verschiedene Winde verstanden werden, miteinander. Dafür hat er besondere Schriftzeichen erfunden, die aber alle nur Wehen, Blasen und dergleichen bedeuten. Es wird der Versuch gemacht, das Chaos zu schildern, den Kampf der Winde, der Wolken, des Feuers, des Wassers und der *) Darunter kann man verstehen das partielle und das vollständige Nichtsein der Erscheinungswelt und das transmundane Nichtsein Tao'e. « #, & & H ? « - 2 g # ») Hsüan-Ucten tse S. 2b: £ & % & % fi & £ %} .&, # Ü & % $£ # ± **/

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

Elemente. Zuletzt beruhigen sie sich und wenden sich dem Wu-wei zu. Alles ist sehr phantastisch und wirr. Schließlich treten Lao-tse, Tschuang-tee, Lieh-tse und Yen Hui als Vertreter der Tugend auf.1) Auch die Betrachtung der Schöpfung führt wieder zu der Frage nach ihrem Sein und Nichtsein. Dabei bedient sich Hsüan-tschen tse wie Tachuang-tse einer allegorischen Darstellung. Die „Rote Wolke"2) sucht die „Schöpfung"3) auf. Nach vielen vergeblichen Fahrten, die alle allegorisch zu verstehen- sind, trifft sie endlich mit ihr zusammen und sagt von ihr: „Ich traf sie: meine Augen schauten das Gesicht der Schöpfung, mein Geist verstand ihren Sinn, und mein Ohr vernahm ihre Worte. Ich weiß, daß das höchste Too keine Existenz hat, wie hätte ich im Weltall sein Sein oder Nichtsein erkennen können ? Wenn man wegen des Ursprungs der Schöpfung auf ihr Sein zurückgeht, dann erblickt man ihr Nichtsein, und geht man auf ihr Nichtsein zurück, so bemerkt man ihr Sein4). Wie hätte ich aus ihrer Gestalt ihr Wesen erkennen können ?"5) Es ist ein guter Gedanke, die Schöpfung durch Vergleichung mit dem genialen Schaffen eines Künstlers unserem Verständnis näher zu bringen. Hsüan-tschen tse vergleicht sie nämlich mit dem Schaffen des größten chinesischen Malers, Wu Tao-tse*), welcher besonders Dämonen meisterhaft malte. Von ihm nach seiner Methode gefragt sagte Wu Tao-tse: „Ich habe eine Methode. Ich pflege bei Tee und Wein um Mitternacht nicht zu schlafen, sondern mit reinem Geist und klarem Sinn das Bewußtsein von der Existenz der tausend Dinge zu verlieren und jeden Gedanken, den ich gehabt habe, zu vergessen. So sitze ich lange Zeit still da. Ganz plötzlich wird es klar in mir und weitet sich, es ist nicht wie sonst und hört nicht auf. Wunderbare Geister erscheinen mir. Tausend geniale und tausend törichte Einfalle entstehen und vergehen wieder. Ich kann ihrem Kommen nicht wehren, und ihre Fülle ist unerschöpflich. Ich benutze jedesmal diese wunderbare Methode und diese wichtige Anregung und male Dämonen. Ändern habe ich diese Methode nicht immer mitgeteilt."7) Die geniale Schöpfung ebenso wie die Weltschöpfung erfolgt nicht nach sorgfältiger Überlegung und ist nicht planmäßig durchdacht, sondern geschieht un1 ) S. 6b fg. — Ähnlich phantastisch ist die Schilderung eines Pelikans fi|,von dem ein Japaner ffi- ;£ J^ erzählt. Es ist ein Riesenvogel ähnlich dem Vogel Rukh im Tschuangtse. Er wird erlegt und gekocht. S. 9a.

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) Man erkennt Sein und Nichtsein nur durch den Gegensatz. Geht man vom Sein aus, so versteht man das Nichtsein, und geht man vom Nichtsein aus, so begreift man das Sein. 5

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scheinlich, daß er ihn je gesehen hat, und die Zusammenkunft beider ist jedenfalls nur fingiert. ') Hsüan-tschtn tse S. lib: ^ ft & %-* & % tit Z F$ * &* &* & ft ft,

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C. Taoisten: 3. Hsiian-tschen tee

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bewußt; die schöpferischen Ideen kommen von selbst. Die „Rote Wolke" fragte den „Blauen Äther" nach dieser Spontaneität im Schöpfungsakt. Der Blaue Äther sprach singend: „Wenn es von nirgends kommt1) und doch da ist, so ist das der Ursprung der Spontaneität, und wenn nichts getan2) wird und trotzdem die Wandlung erfolgt, so ist das der Beginn der Schöpfung. Es dehnt sich aus, steht da, und seine Gestalt ist vollendet. Verschließe deine Augen und gib dein Denken auf, dann kannst du es sehen3)."4) Im Anschluß an die Frage nach dem Sein und dem Nichtsein wird auch das Problem der Unendlichkeit erörtert: „Die „Große Öde" fragte „Grenzenlos": ,Die erschaffenen Dinge haben die mannigfachsten Gestalten. Wenn ich nach dem Allerkleinsten und dem Allergrößten, dem höchsten Sein und dem höchsten Nichtsein frage, würdest du mir Auskunft geben können ?' — Grenzenlos antwortete : ,Nach meiner Ansicht ist das Allerkleinste groß und das Allergrößte klein, das höchste Nichtsein Sein und das höchste Sein Nichtsein. Weißt du das ?' — Die Große Öde erwiderte : , Soweit ich erfahren habe, kann das Allerkleinste nicht groß, das Allergrößte nicht klein, das höchste Nichtsein nicht Sein und das höchste Sein nicht Nichtsein sein. Was meinst du mit deinen Worten?'5) Grenzenlos antwortete : ,Ich will es dir gern sagen : Das Allerkleinste und das Allergrößte übertreffen nicht die Leere, und das höchste Nichtsein und das höchste Sein gehen nicht über Too hinaus. Wie kommt das ? Dasjenige, was Himmel und Erde umschließt und nach außen über das Sein noch hinausgeht, ist die Leere. Ist diese also nicht das Allergrößte ? Wenn man noch das feinste Stäubchen zerteilt und bis in das Innerste vordringt, so trifft man auf die Leere. Ist also die Leere nicht das Allerkleinste ? Dasjenige, was man nirgends entdecken kann, auch wenn man die sechs Himmelsrichtungen durchwandert, ist das nicht das höchste Nichtsein Tao's ? Und dasjenige, von dem man bei den erschaffenen Dingen nicht loskommt, auch wenn man sich davon loszulösen sucht, ist das nicht das höchste Sein Tao's ? Daher sage ich : ,das Allerkleinste ist groß und das Allergrößte klein. Das höchste Nichtsein ist Sein und das höchste Sein Nichtsein. Ist das nicht so ?"·) *) 2 ) 3 ) 4 )

Es kommt nicht von anderswo, sondern aus sich selbst, ist spontan (sua sponte). Es wird nichts planmäßig und mit Absicht getan, sondern wird von selbst. Nur durch innere Anschauung sieht man es. S- 2a: g £ J. B , f c gfljj$, g flc Z Ä , £ g jffi ft, £ fc £ Jjg, j

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

Das Allerkleinste ist immer noch groß, verglichen mit der Leere, dem unendlich Kleinen, dem mathematischen Punkte, und das Allergrößte ist klein verglichen mit der Leere als unendlichem Baum. Das höchste Nichtsein ist das transzendente Sein Tao's, man kann die ganze Welt durchwandern und wird es nirgends finden. Aber dieses höchste Sein steckt doch in allen Dingen, die nur dadurch existieren. Auch wenn man alle Dinge fort denkt, so daß nur das Nichtsein übrig bleibt, ist doch immer dieses höchste Sein Tao's noch vorhanden. Auch den Tod sieht Hsüan-tschen tse als etwas Leeres an, das dem vollkommenen Menschen nicht schaden kann und versucht diesen Satz durch einen Vergleich mit Sonnen- und Mondfinsternissen zu beweisen: „Wenn der Mond die Sonne verdeckt, wird ihr Licht verdunkelt, sobald aber der Mond vorüber ist, leuchtet die Sonne wieder. Wenn die Sonne dem Monde gegenüber steht, raubt sie ihm seinen Glanz, aber sobald sie diese Stellung aufgibt, leuchtet der Mond wieder. Ebenso tritt der Tod an die Stelle des Lebens, und die Seele verwandelt sich, aber sobald der Tod vorüber ist, kommt das Leben wieder.1) Wenn das Leben den Tod vergißt, dann weiß es, daß er etwas Leeres ist, wenn es ihn aber nicht vergißt, erst dann zeigt sich der Tod2) Die Vereinigung bei einer Finsternis kann dem Sonnen- und Mondkörper nicht schaden, und das Zusammentreffen von Leben und Tod kann den Geist des vollkommenen Menschen nicht verwandeln. Da ihr Körper nicht geschädigt wird, so sind Sonne und Mond nicht wegen einer Finsternis in Not, und da der Geist sich nicht verwandelt, so braucht sich der vollkommene Mensch wegen Leben und Tod nicht zu ängstigen."3) Tschang Tschi-ho behandelt mit Vorliebe die schwierigsten Probleme, aber daß seine Lösungen sehr befriedigten, läßt sich nicht behaupten.

4. Wu-neng tse. Der Verfasser eines kleinen Traktats mit dem Pseudonym Wu-neng tse*) ist unbekannt. Der ebenfalls ungenannte Herausgeber sagt in seinem Vorwort, daß das Werk von einem Freunde stamme, dessen Namen er nicht nennen wolle, weil er selbst seinen Namen verborgen habe. Während des Aufstandes des Huang Tsch'acP), 87 —884, habe Wu-neng tse Haus und Hof verlassen und sei in große *) Ist das wohl richtig? 2 ) Läßt sich der Tod wohl durch bloßes Vergessen überwinden ? ·) Heüan-ischen tse S. 12a: £ #r 0 % ft £ £ 0 , fljj ft -f:, ft $?, jjjj 0 g, 0

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C. Taoisten: 4. Wu-neng tse

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Not geraten. Im Jahre 887 habe er in sehr ärmlichen Verhältnissen gelebt. Danach fällt sein Leben in das Ende des 9. Jahrhunderts und der T'ongr-Dynastie. Die kleine Schrift soll ursprünglich 42 Abschnitte enthalten haben1). Der anonyme Herausgeber spricht von 34 Abschnitten und drei Büchern. Der moderne Text besteht aus drei Büchern mit 32 Abschnitten. Von sieben der letzteren sind nur noch die Titel erhalten, also haben wir nur noch 24 Abschnitte. Das Sse-k'u tch'üan-schu urteilt sehr ungünstig über Wu-neng tse. Das Werk erläutere den Begriff der Spontaneität nach Lao-tse und Tschuang-tse. Vieles sei aus Tschuang-tse und Lieh-tse gestohlen und Buddhistisches hinzugefügt. Der Stil sei sehr mäßig, und das Werk werde nur erwähnt, weil es so wenige philosophische Schriften aus der T'ang-Zeit gäbe2). Wieger nennt das Werk einen klaren Grundriß der taoistischen Prinzipien.3) Abgesehen von dieser Klarheit hat Wu-neng tse auch noch andere Vorzüge. Über manche Frage wie über Leben und Tod und das Verhältnis zwischen Menschen und Tieren hat er eigene, neue Ansichten geäußert, die wohl der Beachtung wert sind. Über Körper und Geist, Leben und Tod spricht unser Philosoph folgendermaßen: „Die menschliche Natur ist Geist und das Leben ein Fluidum. Sie hängen zusammen im Leeren und im Nichtsein und entstehen zusammen aus der Spontaneität, ebenso wie die Okarina und die Flöte aufeinander einwirken und Yin und Tang zusammen harmonieren. Der Leib ist das Werkzeug der Natur und des Lebens, ebenso wie das Feuer im Brennholz ist. Das Holz kann ohne das Feuer nicht brennen und das Feuer ohne das Holz nicht leuchten. Ebenso kann der Leib ohne die Natur und das Leben nicht bestehen. Natur und Leben leihen sich den Körper, um in die Erscheinung zu treten, also sind sie ihrer Natur nach harmonisch und lebendig, während der Leib von Natur nur ein Hemmschuh und unbelebt ist. Das von Natur Lebendige lebt immer, auch wenn es still ist, und das von Natur Tote rührt sich nicht und ist immer tot. Die Menschen nun lieben alle das Leben und hassen den Tod, aber sie verstehen die Lehre vom natürlichen Leben und natürlichen Tode nicht. Wenn sie den regungslosen Körper daliegen sehen, sind sie betrübt, und sie möchten das von Natur Lebendige verwenden, um das von Natur Tote zu erhalten. Aber je mehr sie sich darum bemühen, desto mehr fällt er auseinander, und desto mehr entfernt sich das Leben. Das ist, wie wenn man eine Feder untersinken und einen Stein schwimmen lassen will. Welche Verblendung!"4) !) 2 ) 3 ) ·)

Sae-k'u tch'üan-achu Kap. 146. Ibid. Wieger Bibl. Nr. 1016. Wu-rungtsel,^: ^ & % ft 4, fr % ^ £,, fc ^ fö & ^ ft £ fö g «,

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

„Was den Menschen ganz besonders mißfällt, ist der Tod, der Leib, welcher daliegt und sich nicht aufrütteln läßt. Der Leib besteht aus Fleisch und Blut. Augen und Ohren können nicht in der Leere ihre Tätigkeit entfalten und sind daher nicht Werkzeuge des Lebens. Man braucht nicht erst zu warten, bis der Körper regungslos daliegt, um ihn als tot zu bezeichnen, auch wenn er sich regt und geht, ist er in Wirklichkeit doch tot. Um sich regen und gehen zu können, muß er sich auf das seinem Wesen nach nicht Tote stützen, denn von selbst geht und bewegt er sich nicht. Der Leib ist von Natur tot, daher stirbt er jetzt nicht, und wenn er jetzt nicht stirbt, so gibt es kein Sterben. Der Tod ist den Menschen im höchsten Grade zuwider, aber es gibt keinen Tod, den man fürchten müßte, was könnte daher außerhalb des Körpers meinen vollkommenen Frieden stören ?"1) Wu-neng tse betrachtet den Körper als etwas seinem Wesen nach Totes, das nur durch den Geist und die Lebenskraft belebt wird. Daher kann er auch nicht sterben, denn er ist schon tot. Beim Tode trennen sich der Geist und die Lebenskraft vom Körper. Sie sind dem Tode nicht unterworfen, denn sie sind ja die Lebenspender, die den an sich leblosen Leib erst beleben. Diese Auffassung des Körpers kommt der Ansicht älterer europäischer Philosophen nahe, welche in der Materie nur eine tote Masse sahen, die lediglich vom Geist Leben erhalten konnte. Über die Schöpfung und die Urzeit äußert sich Wu-neng tse ähnlich wie andere Taoisten. Zur Zeit des Chaos, sagt er, als Himmel und Erde noch nicht getrennt waren, bestand nur ein Fluidum. Dieses spaltete sich in die beiden Modi Yin und Tang. Durch Vereinigung ihrer Fluida wurden alle Lebewesen hervorgebracht, die nackten, beschuppten, behaarten, befiederten und gepanzerten.2) In ältester Zeit lebten die Menschen mit den Tieren zusammen. Man kannte den Unterschied der Geschlechter noch nicht, es gab noch keine Ehe, keine Eltern und Kinder und keine Brüder. Im Sommer wohnte man in Nestern auf Bäumen, im Winter in Höhlen. Man hatte keine Häuser, keine Feldfrüchte, sondern aß die Tiere mit Haut und Haar und trank ihr Blut. Man raubte und zerstörte nicht und häufte keine Schätze auf, sondern lebte ganz im Einklang mit der Natur. Durch stärkere Entwicklung der geistigen Fähigkeiten entstand die menschliche Kultur. Man erfand die Tugenden3), und da sie nicht befolgt wurden, führte man Strafen ein und nahm zu den Waffen seine Zuflucht. So kam Unglück über die Menschen, denn sie vergaßen ihre ursprüngliche Natürlichkeit. Es ist das alte Lied von dem glücklichen Urzustand und dem Verderben, das die Kultur gebracht hat.*)

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& 3 §- 2. 3S 3t ") Wu-neng tse I, la. ) Die Tugenden sind künstlich, nicht im Einklang mit der menschlichen Natur, daher 4 wertlos. ) I, l big.

C. Taoisten; 4. Wu-neng tse

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Zwischen Menschen und Tieren sieht Wu-neng tse keinen wesentlichen Unterschied. Seine Worte sind: „Der Mensch ist ein nacktes Geschöpf und den mit Schuppen, Haaren, Federn und Panzern bedeckten gleichartig und in gleicher Weise erschaffen, indem Himmel und Erde ihr Fluidum vereinigen, und es besteht kein Unterschied. Einige allerdings behaupten, daß ein Unterschied bestände, insofern als der Mensch selbst sich als verschieden von diesen Tieren fühle, und indem ihm Wissen und Denken und auch die Sprache zur Verfügung stände. Ist das so ?111) „Von den Tieren und Vögeln bis zu den Würmern lieben alle das Leben und fliehen den Tod. Sie bauen sich Nester und Höhlen, sinnen, wie sie sich Essen und Trinken verschaffen, bringen Nachkommen hervor, säugen und nähren ihre Brut und beschützen sie. Ebenso machen es die Menschen : sie lieben das Leben und fliehen den Tod, bauen sich Häuser und Wohnungen, sorgen für Kleidung und Nahrung, erzeugen Nachkommen, säugen und ernähren Knaben und Mädchen und lieben sie. Darin ist kein Unterschied. Wie kann man daher sagen, daß die Tiere kein Wissen und Denken besäßen ? Von Tieren und Vögeln bis zu den Insekten schreien, rufen, zwitschern und summen alle und haben ihre eigenen Laute. Woher wissen wir, daß jede einzelne Klasse nicht ihre besondere Sprache hat ? Da die Menschen ihre Laute nicht verstehen, so meinen sie, daß sie nicht sprechen könnten. Wie können wir wissen, ob Tiere und Vögel, weil sie die menschliche Sprache nicht verstehen, sich nicht auch einbilden, daß die Menschen nicht sprechen können ? Die schreienden, rufenden, zwitschernden und summenden Laute sind sicherlich eine Sprache, wie kann man daher behaupten, daß ihnen die Sprache fehle ? Im Wissen, Denken und in der Sprache stimmen die Menschen mit den ändern Geschöpfen überein, was sie unterscheidet, ist nur die Gestalt und der Körper."2) Aber auch die Geschöpfe unterscheiden sich durch die Gestalt voneinander ebenso wie die Menschen. Während nun Wu-neng tse die Unterschiede zwischen Mensch und Tier zu überbrücken sucht, möchte er auf der ändern Seite die Beziehungen zwischen Blutsverwandten lockern. Er nähert sich damit dem kommunistischen Standpunkt der späteren Mehisten, wonach alle Menschen uns ebenso nahe stehen sollen wie unsere Blutsverwandten. Die Menschen, sagt er, hängen an ihren Blutsverwandten und betrachten das als ein natürliches Gefühl: „Aber die Menschen der Welt stehen mir auch nahe. An Händen, Füßen, Leib, Rücken, Ohren, Augen, Mund,

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

Nase, Kopf, Nacken, Augenbrauen, Haar sind sie mjr gleich, warum soll ich zwischen jenen und mir einen Unterschied machen ? Das Trennende zwischen jenen und mir ist nur ein Name, und daß mir die Menschen der Welt ferner stehen, kommt daher, daß ich sie nicht kenne. Der Grund, weswegen mir meine Verwandten besonders nahe stehen, ist, daß ich sie gut kenne1)."2) Wie das Sse-k'u tch'üan schu hervorhebt, hat Wu-neng tse auch den Begriff der Spontaneität behandelt. Zwischen allem Spontanen soll eine Wechselwirkung bestehen, denn es heißt: „Wohin das Wasser fließt, wird es feucht, und wohin das Feuer kommt, wird es trocken, die Wolken folgen dem Drachen und der Wind dem Tiger. Das ist das Prinzip der natürlichen Wechselwirkung. Danach ruft auch der Geist das Fluidum hervor, und dieses folgt dem Geiste. Wenn man weiß, daß zwischen allem Spontanen eineWechselwirkung besteht, und daß das mysteriös Weibliche zu seinem Ursprung zurückkehrt3), dann lassen sich alle Zweifel lösen."4) Für die Spontaneität als Lebensregel argumentiert Wu-neng tse in ähnlicher Weise wie Schen-tse?). Für Sehen, Hören, Hand- und Fußbewegungen sei nicht die Erlernung bestimmter Methoden erforderlich, man könne es von selbst. Dasselbe müsse vom gesamten geistigen Gebiet gelten, aber das sähen die meisten Menschen nicht ein: „Weit ausgedehnt und leer ist die Spontaneität des Herzens. Bei Händen, Füßen, Augen, Ohren verläßt sich heute der Mensch auf seine Spontaneität und läuft, greift, hört und sieht, aber beim Herzen ist es anders, dabei verläßt er sich nicht auf die Spontaneität und macht sich viel zu schaffen. Daher ist es ihm schwer, zur vollkommenen Kühe und zum Verständnis der Leere zu gelangen."6) — „Wenn die Menschen sich gegenseitig vergessen in der Spontaneität, so treffen sie das Rechte. Deshalb tun die Einsichtigen nicht das, wozu sie das Gefühl treibt."7) Die Menschen sollen sich also nicht um einander kümmern. Dieser reine Egoismus wird nur gemildert durch die taoistische Passivität. Man hilft seinem Nächsten nicht, wenn er in Not ist, aber man fügt ihm andererseits auch kein Unrecht zu. Jeder sorgt nur für sich selbst, die ändern existieren für ihn nicht. Die Spontaneität führt somit zum Nichthandeln. Merkwürdig ist, daß Wuneng tse das Gefühl, welches den normalen Menschen treibt, ändern zu helfen und x

) Daß es Blutsbande gibt, scheint dem Philosophen nicht bewußt zu sein.

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) Die Manifestation von Too wird von seiner Transzendenz wieder zurückgenommen.

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) Siehe Gesch. d. alt. chin. Phil. S. 445.

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C. Taoisten: 4. Wu-neng tse

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ihnen Gutes zu tun, nicht als eine spontane Regung zu betrachten scheint, was es doch ist. Wu-neng tse preist das Nichttun mit folgenden Worten: „Ach, das Nichttun hängt von mir ab und die Begierden ebenfalls. Das Nichttun gibt Frieden, die Begierden verursachen Tätigkeit. Frieden bringt Freude, Arbeit Kummer. Die gewöhnlichen Menschen sind verblendet, und man kann ihnen das Verständnis dieser Dinge nicht beibringen. Ihre Gewohnheiten sind zu sehr eingewurzelt. Die Klugen wenden sich von diesen Gewohnheiten ab."1) Man muß das Nichttun zum Prinzip erheben, dann gedeiht der Körper und kommt nicht in Not. Die Weisen handeln nur, wenn sich günstige Gelegenheit bietet, und folgen den Dingen, und sie haben keine Begierden. Die Toren mühen sich den ganzen Tag ab und werden von ihren Leidenschaften getrieben. Die große Erleuchtung und die Harmonie der Natürlichkeit kennen sie nicht.2) Als Grund für das Nichthandeln wird auch angegeben, daß man auch durch gute Taten kein Glück erlangen könne, denn dieses werde nur durch das Geschick bestimmt.3) Wenn Wu-wei herrscht, ist alles vollkommen und die himmlischen Prinzipien gelangen zur Geltung. Auf die Beziehungen zwischen Vater und Sohn, Fürst und Untertan kommt dann nichts an. Wenn dagegen Tätigkeit herrscht, so werden Begierden und Leidenschaften wach, und die menschliche Natur gerät in Verwirrung. Durch kindliche Liebe und Loyalität ist dann nichts mehr zu bessern.4) Durch Ausüben des Wu-wei kann man unter Umständen sogar magische Wirkungen erzielen. Wu-neng tse sah einen Zauberer, welcher Hände und Füße in siedendes Öl stecken konnte, ohne sie zu verbrennen und etwas dabei zu fühlen, denn er lachte dabei. Gefragt, wie er das mache, sagte er, die Methode bestehe darin, daß sein Geist den Körper vergesse, so daß Hände und Füße wie abgestorbene Baumstümpfe wären. Die Sache mißlinge, wenn man aufgeregt sei. Wu-neng tse sagte zu seinen Schülern: „Dadurch, daß er auf seinen Körper nicht achtete, konnte der Zauberer den heißen Kessel kalt machen. Wieviel mehr noch läßt sich durch die höchste Tugend erreichen !"5) Wu-neng tse schätzt die Güter, welche die Natur nicht darbietet und erst die Menschen sich geschaffen haben, gar nicht, deshalb erscheinen ihm auch Reichtum, Ehre und Ruhm nicht erstrebenswert. Man soll überhaupt nichts leidenschaftlich erstreben, denn alles Streben setzt Begierden voraus, die nur auf Abwege führen. Die Menschen haben keinen Grund, auf Euhm und Ehre stolz zu sein und ihr Fehlen zu bedauern. Ruhm erlangt man für edles Handeln: kindliche Liebe, Loyalität gegen Fürsten, Treue gegen Freunde, Uneigennützigkeit, Talente und Kunstfertigkeiten. Die Heiligen schätzen diese Eigenschaften und suchen die 1) Wu-ntn, tse III, 6b: & ^ £ % fc $ ^ Bf ft £ ^ £,, £ £ ||J j£, If ft

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

Toren damit zu gewinnen: „Was ist der Träger des berühmten Namens? Der menschliche Körper. Das Körperlose breitet sich aus in der großen Leere, daher ist es für Ruhm und Tadel nicht empfänglich.1) Der Körper ist ein mit Blut angefüllter Schlauch, der viel Unreines mit sich führt. Des Morgens hält er zusammen, des Abends zerfällt er, wie kann er Träger eines großen Namens sein? Aber die Menschen geben ihr natürliches Wesen auf und eilen dem Ruhme nach und gelangen dadurch zu Betrug und Täuschung. Woher die Erregung ? Durch die sogenannten Heiligen2) sind sie zu diesem Irrtum verführt."3) Wu-neng tse liebt es, berühmte Persönlichkeiten auftreten und zu wichtigen Problemen Stellung nehmen zu lassen. Diese Dialoge sind nicht als Tatsachen aufzufassen, sondern als Allegorien, wie die Taoisten seit Lieh-tse und Tschuangtse sie lieben. So muß auch K'ung-tse erscheinen, um von Lao-tse belehrt zu werden, daß seine Bemühungen um die Herausgabe der Klassiker der Menschheit nur zum Verderben gereicht hätten. Beschämt geht er von dannen.4) Fan Li5), der Minister des Kou Tchien von Yüeh im 5. Jahrhundert v. Chr., muß die Spontaneität verteidigen und behaupten, daß die Welt nicht von Himmel und Erde regiert wird, und daß alles in der Natur von selbst geschieht: „Himmel und Erde," sagt er," haben kein Herz und regieren sich selbst nicht, noch viel weniger die Dinge. Himmel und Erde sind von Natur Himmel und Erde, und die Dinge sind die Dinge. Im Frühling wächst es durch die milde Witterung von selbst, und im Winter stirbt es durch die Kälte von selbst. Himmel und Erde veranlassen es nicht."«) Sung Yu1), der Neffe des Tch'ü Yuan, macht diesem wegen seines Verhaltens Vorwürfe. Man könne sein eigenes Äußeres und seinen Körper nicht ändern, noch viel weniger einen Staat. Der Edle lebe mit seinem Körper in der Welt, halte aber sein Herz leer, um den Dingen zu entsprechen. Für ihn gäbe es nichts Richtiges und nichts Falsches, nichts Gutes und nichts Böses, kein Verdienst und keine Schuld. Tchieh und Tschou betrachte er nicht als Verbrecher und Yao und Schun nicht als tugendhaft8). Wu-neng tse stellt den Taoismus in sehr reiner Form dar, ohne konfuzianische Beimischungen. J

) Too ist gegen Lob und Tadel gleichgültig. Das sollten die Menschen auch sein. ) Die Heiligen der Konfuzianer, welche von den Taoisten nicht anerkannt werden. ·) Wu-neng tse I, 4b: ^ fpj # & £ ^ £ ^ ± ^ Ä M, * T£ Ä ffi ¥ 2

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C. Taoisten: 5. Tschang Hu

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5. Tschang Hu. Wir wissen über Tschang Hu1) sehr wenig. Er lebte gegen Ende der T'angDynastie und war Revisionsgerichtsrat2). Sein Geburtsort ist nicht bekannt. Unter dem Namen Su-li tee3) hat er eine kleine Schrift veröffentlicht, die als konfuzianisch gilt. In den Katalogen der T'ang-Zeit wird sie nicht erwähnt, sondern erst in der Sung-Zeit. Auch seine Biographie ist im T'ang-schu nicht enthalten. Von einigen wird er zu den Taoisten gerechnet.4) Sein Werk ist auch im taoistischen Kanon enthalten. In der Metaphysik neigt er zum Taoismus, aber er faßt auch die taoistischen Grundbegriffe konfuzianisch auf und hält sich von allem Übersinnlichen und Mystischen frei. Seine Ethik ist ganz konfuzianisch. In den (S«»^-Katalogen wird der Su-li tse nur als ein Werk in einem Buch aufgeführt, jetzt sind es drei. Wahrscheinlich hat man das eine Buch später geteilt. Das Sse-k'u tch'üan-schu findet die Aussprüche des Su-li tee recht gewöhnlich und denen der Philosophen aus der Han- und Wei-Zeit nicht vergleichbar. Es berichtet außerdem, daß nach einer Angabe Tschang Hu das TseHsia I-techuans) gefälscht haben solle.6) Wieger charakterisiert die Schrift als ,,jolie morale, simple et claire."7) Wenn Su-li tse's Aussprüche auch nicht gerade sehr tief sind, so besitzen sie doch die von Wieger erwähnten Vorzüge. Jeder Abschnitt des Su-li tse beginnt mit den Worten: „Su-li tse sprach."8) Der erste gibt folgende Erklärung von Too: ,,Su-li tse sagte: , hat ursprünglich keinen Namen, namenlos ist es vorhanden beim Anfang von Himmel und Erde.9) Der Anfang von Himmel und Erde wird genannt das ursprüngliche Chaos. Bei Beginn des ursprünglichen Chaos gab es keine Formen und keine Gestalten. Nachdem eine Teilung in die beiden Modi erfolgt war, konnten die unendlichen Formen geschaffen werden. Daher nannte man es Tao. Zuerst war es wirr und unklar.10) Die drei Herrscher stützten sich darauf für ihre Unterweisungen, und die fünf Kaiser11) bauten darauf ihre Regierungsmethode. Mit einer Wandlung wurde der Anfang gemacht12). Echt, einfach und natürlich13) war es. Es bestimmte die Zeitdauer der Hitze und Kälte und die Aufeinanderfolge von Yin und Yang. Die Weisen der ältesten Zeit wandelten in Too, ohne zu reden, ohne zu lehren und ohne ihr Herz an die Dinge zu hängen, aber diese kamen und fielen ihnen zu. Sie unter')2 3B9K.

) fc ig j^ 5||. Vergl. Mayers, Government Nr. 199 und T'se-ywn unter =$. '.

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T'u-schu tchi-tsch'eng XXI, Kap. 273 und 448. 6 M Ä · ) Sse-k'u tch'üan-schu Kap. 91. Wieger, Bibliogr. Nr. 1015. Der Titel jedes Abschnittes beginnt mit IÄ = schreiten z. B. Li-tao jjj $jj[, Li-te Zur Zeit des Chaos, als Himmel und Erde anfingen, sich zu bilden. Im Zustand des Chaos. Die legendären Herrscher der Urzeit. Die erste Wandlung vom Chaos zum Kosmos. Soviel wie spontan.

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

wiesen das Volk nicht, aber dieses blickte zu ihnen empor.1) Das heißt, das echte, wahre Too der Herscher beschreiten."2) Too ist das Chaos, der Anfang der Dinge, aus welchem sich die Welt entwickelt. Su-li tse geht nicht wie die Taoisten bis auf das Nichtsein oder die Transzendenz zurück, die sich erst im Chaos objektiviert. Als Chaos hat Too noch nicht diesen Namen, es erhält ihn erst, sobald Ordnung in das Chaos kommt und es sich von selbst in den Kosmos umgestaltet, indem Himmel und Erde und die unendliche Zahl der Dinge mit ihren mannigfachen Formen entstehen. Too bedeutet also nichts anderes als die geordnete Welt und die Weltordnung, was ja in dem Worte Kosmos zum Ausdruck kommt. Diese Ordnung zeigt sich in dem regelmäßigen Wechsel in der Natur, in der Aufeinanderfolge der Jahreszeiten, welche durch die Veränderungen von Yin und Yang entstehen. Sie ist auch eine moralische, so daß die alten Herrscher sie für ihre Regierung und die Belehrung des Volkes zum Vorbild nehmen konnten. Da Tao echt und einfach ist, so wandten auch die alten Weisen und Könige sich nur dem Echten und Einfachen zu und verschmähten allen Schmuck, alle Zierate und Ausschmückungen. Da schwer zu erlangende Güter keinen Anklang fanden, so verlangte auch das Volk nicht danach und wurde nicht zum Stehlen verleitet. Su-li tse beruft sich auf Lao-tse, welcher Güte, Mäßigkeit und Demut die drei Kostbarkeiten nennt, welche es ermöglichen, im Too zu wandeln3), und den Körper als einen Hemmschuh betrachtet, ohne den man frei von aller Not wäre4). Daraus zieht er den Schluß: „das höchste Too ist die Befreiung vom Körper, indem man den Weg außerhalb aller Formen wandelt."5) Durch Tautrinken und Luftessen möchte er diese Loslösung vom Irdischen erreichen. Das sind ganz taoistische Vorstellungen: „Ein Mensch," meint Su-li tse, „verhält sich zu Too wie ein Fisch zum Wasser. Wenn ein Fisch das Wasser verliert, stirbt er, und wenn ein Mensch Too verliert, geht er zugrunde."*) Ein Edler, der Tao versteht, muß auch wissen, wie er sich dem Schicksal gegenüber zu verhalten hat: „Wer das Schicksal nicht kennt, kann nicht als ein Edler gelten. Schicksal ist der Unterschied von Not und Wohlergehen. In jedem Fall freut sich der Edle des Himmels und weiß, was Schicksal bedeutet."') Der Edle ist stets zufrieden mit dem, was der Himmel ihm sendet, „und sieht seinen Sie wirkten nur durch Beispiel. Su-li tse I, la: 0,

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Tao-te king Kap. 67. Tao-te king Kap. 13. Su-litoeI, lb: Jfc JB £ Ä * t *, Ä fl· ± « *.· Su-li tse I, 2a: £ M 9t *I & £ ffi #, ft 3fc * t, III, 3a: ^ **!««^^·**»*^:«·. «

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0. Taoisten: 5. Tschang Hu

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Schickungen mit Ruhe entgegen: „Wenn das Glück kommt, so freut sich der Edle nicht, und wenn das Unglück naht, ist er nicht voll Furcht."1) Auf die Tugend soll sich nach Su-li tse's Ansicht alles Glück konzentrieren, und alle Guten wenden sich ihr zu. Über die Tugenden philosophiert Su-li tse in ganz konfuzianischer Weise und versucht sogar sie allegorisch auf Himmel und Erde zu übertragen: „Wenn der Himmel die Tugend verliert," heißt es, ,,so kommen Hitze und Kälte nicht zur richtigen Zeit. Wenn die Erde die Tugend verliert, so werden die zehntausend Dinge nicht hervorgebracht, und wenn der Mensch die Tugend verliert, so geht seine Person unter."2) Falls der Himmel die Treue verlöre, würden die Gestirne nicht mehr leuchten, wenn die Erde sie verlöre, die Jahreszeiten nicht mehr zustande kommen, und sofern die Menschen es täten, könnten die Tugenden nicht mehr geübt werden.3) Weiter sagt Su-li tae: „Die Sitte ist der richtige Hauch von Himmel und Erde und den vier Jahreszeiten und die Grundlage für die menschlichen Beziehungen und die drei Pflichten4)."5) Stets werden die dreiPotenzen, Himmel, Erde, Mensch nebeneinander gestellt. Mit der Sitte ist nach konfuzianischer Anschauung immer die Musik verbunden, daher heißt es: „Musik ist die Harmonie von Himmel und Erde und den vier Jahreszeiten. Wenn daher die musikalischen Töne zusammenklingen, dann harmonieren Yin und Tang, und wenn die fünf Noten") zusammentönen, dann folgen die vier Jahreszeiten in regelmäßiger Folge aufeinander. Daher haben im Altertum die weisen Herrscher die Sitten bestimmt und Musik gespielt, um dadurch das Volk zu veredeln."7) Die Musik übt auf Menschen und Geister eine gleich starke Wirkung aus: „Opfert man mit Musik dem Himmel und der Erde, dann kommen die Geister des Himmels herab, und die Geister der Erde steigen empor, und opfert man damit den Bergen und Flüssen, dann gewinnen Geister und Dämonen die Opfergaben, und falls man damit die Menschen bekehrt, herrscht Eintracht im Volk."8) „Wenn man sich an die Grundsätze hält, dann wirkt die Musik, und die menschlichen Beziehungen sind rein, Augen und Ohren sehen und hören klar, und die III, 4a:

») II, 2b. 4 ) Die Verpflichtungen zwischen Fürst und Untertan, Vater und Sohn und Mann und Frau. ·) Su-li tse II, 3b: |g % ^ Jflj 0 & £ JE *, $ ± «g If . ·) Die fünf Grundtöne. ') III, la: ^ ^ % ^ ft 0 |$ £ jRHfc, & # g ff, Jffl ft ^ Jfp, 5 ^ M. JB

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

Lebenskraft ist im Gleichgewicht. Die Gewohnheiten werden geändert, die Sitten gebessert, und das ganze Reich hat Frieden."1)

6. Tsch'gn T'uan. Tsch'en ' 2) stammt aus Tschen-yiutn inPo-tschou3) (Arihui). Er führte den Beinamen T'u-nari1) und außerdem verschiedene Phantasienamen, ein Zeichen seiner großen Berühmtheit. Von ihm selbst stammt der Name Fu-yao tse5), „Meister Wirbelwind", andere Namen sind Tch'ing-hsil tschu-schi*), der „Einsiedler der reinen Leere", Mu-yen tao-jen7), „derTaoist von der baumbestandenen Bergklippe"8), Ma-i tao-jen9), „der Taoist im Hanfrock". Der Sung-Kaiser T'ai-tsung (976—998) verlieh ihm den EhrennamenHsi-yi hsien-scheng,10) „Meister der lautlosen Gleichförmigkeit." Daher wird er häufig als Tsch'en Hsi-yi11) bezeichnet. Tsch'en T'uan starb im Jahre 98912), fast hundert Jahre alt13), müßte also ungefähr von 895—989 gelebt haben. Geboren gegen Ende der T'angDynastie, würde er die Zeit der Fünf Dynastien und noch den Anfang der SungDynastie erlebt haben. Von seiner Jugend werden Wunderdinge erzählt. Als er im Alter von drei bis vier Jahren am Ufer des Xo14) spielte, soll eine Frau in dunkler Tracht erschienen sein und ihn gesäugt haben. Von da ab nahm seine Klugheit von Tag zu Tag zu. Er las die Klassiker und die Philosophen. Was er einmal gelesen hatte, konnte er sofort hersagen und er vergaß nichts. Trotzdem fiel er 932 durch das Doktorexamen. Infolgedessen gab er die Beamtenlaufbahn auf und wurde Einsiedler auf dem W«- »ft*. igftjE, %«4t£*, Ämft«ft,*f m it Ä *, ft m it Ä «r, it it *RB> & m ± m n. * m * m £> * n i* -ÖL, ÄlPl^ft. ÄH;t^, &tf(.m*m, r f n ^ g , i§ ^ S> flff^

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342

Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

3. Erkenntnistheoretisches. Durch verschiedene aus dem Leben genommene Beispiele sucht T'an Tch'iao darzutun, daß unsere Wahrnehmungen nur subjektiv sind, und daß ihnen nichts Wirkliches in der Welt entspricht. Er glaubt dies durch Spiegelbilder beweisen zu können und zwar auf folgende Weise: „Gestalt und Spiegelbild." „Wenn man in einem Spiegel eine Gestalt spiegelt und in einem ändern Spiegel das Spiegelbild, dann werden die beiden Spiegel sich gegenseitig spiegeln und· ein Spiegelbild wird das andere hervorbringen. Die Form eines Banditenschwerts wird dabei nicht geändert und die Farbe einer Schwarz-weiß-Stickerei wird dabei nicht verwischt werden.1) Die Gestalt unterscheidet sich dabei nicht von dem Spiegelbild und das Spiegelbild nicht von der Gestalt2). Daher wissen wir, daß die Gestalt nicht voll und das Spiegelbild nicht leer ist, was aber nicht voll noch leer ist, kommt Tao gleich."3) Irgend ein Gegenstand wird in einem Spiegel reflektiert, und das Spiegelbild wird in einen zweiten Spiegel geworfen. Dann sieht das Spiegelbild des Gegenstands genau so aus wie das Spiegelbild des Spiegelbilds. Da der Gegenstand und das Bild dasselbe Spiegelbild hervorrufen, so schließt T'an Tch'iao, daß das Ding und sein Bild gleich sein müssen. Deshalb können sie nicht real sein, denn das Bild ist nur Schein und nicht real, aber auch nicht nicht-real, denn das Ding ist nicht bloßer Schein, sondern wirklich, sie sind also weder real noch nicht-real, sondern gehören zu der Kategorie von Tao, das über Sein und Nichtsein erhaben ist. Wir wollen nicht untersuchen, ob der Beweis richtig ist, jedenfalls ist er sehr ingeniös und zeugt von großer Verstandesschärfe. Um zu zeigen, daß unsere Wahrnehmungen rein subjektiv sind, nimmt T'an Tch'iao Bezug auf die Eule und das Huhn, indem die Eule nur bei Nacht, das Huhn nur am Tage sehen kann. „Eule und Huhn." „Für die Eule ist die Nacht hell und der Tag dunkel, und für das Huhn ist der Tag hell und die Nacht dunkel. Ihre Verschiedenheit ist gleichartig. Wenn nun jemand sagt, die Eule sei anormal, dann muß er sagen, das Huhn sei normal, und wenn er das Huhn für anormal erklärt, dann muß er die Eule für normal halten. Liegt nun das anormale Verhalten der Eule und des Huhns bei Tag und Nacht, oder ist die Anormalität von Tag und Nacht auf die Eule und das Huhn zurückzuführen ? Oder kommt das normale Verhalten von Tag und Nacht von der Eule und dem Huhne oder die Normalität der Eule und des Huhnes von Tag und Nacht ? *) Form und Farbe werden in der Spiegelung genau wiedergegeben. a ) Das Spiegelbild sieht genau aus wie das gespiegelte Ding. 3) Hva-schu I, 3a: £ o # _ g Jffi Jg, 0 ft £ Jjg & & g ft flg, g g fe

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C. Taoisten: 7. T«an Tch'iao

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Wenn mein Ohr vom Klangstein affiziert wird, dann höre ich, und wenn mein Auge eine Blume trifft, dann sehe ich. Mein Tag und meine Nacht sind Tag und Nacht jener Organe, deshalb kann man vom Tage nicht sagen, er sei hell, und von der Nacht nicht, sie sei dunkel. Nur der große Mann kann Helle und Dunkelheit ausgleichen1)."2) Man könnte von Anormalität des Huhnes oder der Eule reden, wenn die Norm durch Tag und Nacht bestimmt würde und diese hell und dunkel wären. Die Abweichung von dieser Norm wäre dann anormal. Aber der Tag ist nicht hell und die Nacht ist nicht dunkel, Helligkeit und Dunkelheit sind nur Empfindungen des Auges, und was der Eule hell erscheint, erscheint dem Huhn dunkel. Farben und Töne, die ich wahrnehme, sind nicht wirklich vorhanden, sondern sie werden von meinem Auge und meinem Ohr hervorgebracht. Aus der Subjektivität der Sinnesempfindungen schließt nun T'an Tch'iao weiter auf die Nichtexistenz der Dinge. Zu diesem Resultat gelangt er auch durch die Sinnestäuschungen, worüber er das Folgende zu sagen weiß: „Auf den Tiger schießen." „Wenn jemand auf etwas schießt, das wie ein Tiger aussieht, dann sieht er einen Tiger, aber nicht den Stein, und wenn jemand einen grünen Wasserdrachen zerhauen will, dann erblickt er nur einen Drachen, aber nicht das Wasser.3) Daraus ersehe ich, daß es möglich ist, daß alle Dinge unwirklich (leer) sind und auch mein Körper nicht existierend sein kann. Wenn ich meine Nichtexistenz mit jener Unwirklichkeit vereinige, dann kann etwas verschwinden oder erscheinen, es kann leben oder sterben, und es gibt nichts, woran man sich halten könnte."4) Leben und Sterben, Sein und Nichtsein sind nicht wirklich, sondern nur Vorstellungen. Es gibt nur ein wahres Sein, an das man sich halten kann, Too. Wie unsere Sinne uns unsere falschen Vorstellungen suggerieren, zeigt T'an Tch'iao durch das Gleichnis von den vier Spiegeln. Es ist, als ob unsere Organe verschieden gestaltete Spiegel wären, durch welche die Dinge uns verschieden erscheinen müssen.

J ) Der große Mann weiß, daß Helligkeit und Dunkelheit nicht wirklich existieren, daher kann er sie für identisch erklären.

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

„Die vier Spiegel." „Ein gewöhnlicher Mensch hat immer vier Spiegel. Der eine heißt JadeSzepter, der zweite Perle, der dritte Reibstein, der vierte Schüssel.1) Was durch das Szepter gesehen wird, erscheint groß, was durch die Perle erblickt wird, klein, was durch den Reibstein, normal, und was durch die Schüssel, verkehrt. Betrachtet man aber jene Geräte genau und prüft man seinen eigenen Körper, so lassen sich daraus die Begriffe groß und klein, kurz und lang, lieblich und häßlich, schön und schlecht nicht ableiten. Daher weiß ich, daß Gestalt und Fluidum mir nur schmeicheln und Lebenskraft und Geist mich betrügen."2) Unsere Organe und unser Geist geben uns keine richtigen Bilder von der Außenwelt. Die Richtigkeit unserer Begriffe groß und klein, schön und häßlich, gut und schlecht läßt sich nicht daraus ableiten, es fehlt in unserem Körper und in unseren Geist an einer sichern Norm. Schon Heraklit hat die Sinne schlechte Zeugen genannt, sie schmeicheln uns oft und führen uns irre. 4. Magie. Das Hua-schu enthält vieles über magische Kräfte und Zauberei, auf welche seine Lehre schließlich hinausläuft. Nur wer sich ganz von Plänen und Absichten frei macht und auf das gewöhnliche Denken verzichtet, kann übernatürliche Kräfte erlangen. Er muß sein ganzes Denken auf das Leere und Nichtseiende, also auf Too richten, dann kann er Leben und Sterben vergessen, ebenso wie, wer sich ganz der Freude hingibt, den Hunger vergißt. Ein solcher kann die Geister abwehren, Schlangen beißen ihn nicht, Waffen verwunden ihn nicht, im Feuer verbrennt, im Wasser ertrinkt er nicht, das Schicksal kann ihn nicht sterben lassen.3) Dem Drachen und dem Tiger sind von jeher ähnliche Fähigkeiten zugeschrieben worden, denn sie können sich verwandeln und umgestalten. Das ermöglicht es ihnen, durch den leeren Raum zu schreiten, also durch die Luft, und in Metall und Stein einzudringen, denn, heißt es zur Begründung, „Metall und Stein sind nicht seiend. Sein und Nichtsein stehen zueinander in Beziehung und die Dinge und ich sind gleich."4) Schon zu IÄeh-tse's Zeit spazierten die taoistischen Magier durch Metall und Stein, warum auch nicht, wenn diese harten Substanzen gar nicht existieren und nur ein Blendwerk unserer Sinne sind. *) Das Szepter ist im Vergleich zur Perle groß, der gewölbte Reibstein gilt als normal, die ausgehöhlte Schüssel als verkehrt. Was man durch diese Instrumente sieht, muß groß oder klein, richtig oder verkehrt, das heißt gut oder böse, schön oder häßlich erscheinen.

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) Gegen Nahrung werden die Tugenden eingetauscht, die der Hunger nicht aufkommen läßt.

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

4. Mäßigkeit. Als eine weitere Grundlage der Tugenden sieht T'an Tch'iao die Mäßigkeit an.1) Seine Argumente für diese sind sehr ähnlich wie die des Me Ti?) Mäßigkeit ermöglicht die Tugenden. Wenn sie allgemein herrscht, dann gibt es keine Gier nach Reichtümern, nach Ruhm und Ehre, keinen Streit, Hochmut, Betrug, Hinterlist, und stattdessen herrschen die Tugenden.3) Sparsamkeit ist das Mittel, um allen im Staat die nötige Nahrung zu schaffen. Zu dem Zweck müssen Ackerbau und Seidenzucht gepflegt werden.4) Man kann sogar die Sparsamkeit als eine Handhabe für allerhand Verwandlungen verwenden : durch Mäßigkeit im Hören pflegt man die Leere, durch Mäßigkeit im Sehen den Geist, durch Mäßigkeit im Reden das Fluidum, aus dem alles Körperliche gebildet ist, das heißt, man soll sich möglichst des Hörens, Sehens und Redens enthalten. Die Mäßigkeit kommt also schließlich auf das Nichthandeln hinaus. Wenn man wenig selbstsüchtig ist, kann man reich werden5), wenn man sich wenig in der Öffentlichkeit zeigt, vornehm. Wenn man nicht viele Tore hat, vermeidet man Raubüberfälle, und wenn man sich nicht mit Leibwachen umgibt, Empörungen. ,,Wenn man mit seinem Geiste spart, kann man von Leben und Sterben frei sein."6) Schont man seinen Geist, indem man nicht viel sinnt und grübelt und sich stattdessen in Too versenkt, dann erkennt man die Wesenlosigkeit von Leben und Tod, denn nur Too hat wahres Sein, und wird frei von diesen Vorstellungen. 5. Menschen und Tiere. Wie manche anderen Philosophen ist auch Tlan Tch'iao der Meinung, daß die Menschen von den Tieren nicht sehr verschieden sind, daß die Tiere sogar moralische Eigenschaften besitzen, und daß die Art, wie die Menschen die Tiere behandeln, ein schweres Unrecht ist. Nur ethische Gesichtspunkte, nicht die buddhistische Lehre von der Seelenwanderung sind für T'an TchHao maßgebend. Die Tiere, heißt es, leben in Höhlen und Nestern gepaart als Mann und Frau, kennen das Verhältnis von Vater und Sohn, leben und sterben wie die Menschen. Sie besitzen die fünf Tugenden: die Vögel füttern ihre Jungen, das ist Wohlwollen; der Falke schont schwangere Vögel7), das ist Gerechtigkeit; die Bienen ehren ihre Königin, das ist Sitte; das Schaf kniet nieder, um sein Junges zu säugen, das ist Wissen, und der Easan paart sich nicht zum zweiten Male, das ist Treue. „Aber man hat die Menschen gelehrt, Netze und Schlingen zu verfertigen und der Jagd und dem Fischfang zu frönen. Man verbrennt Nester und Höhlen, das ist nicht wohlwollend; reißt Eltern und Kinder auseinander, das ist nicht gerecht; verwendet sie zu Opferzwecken, das ist gegen die Sitte, und lehrt das Volk sie zu !) VI, 7 a.

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) VI, 6a.

4 VI, 5 a. ) VI, 3 a. Eine Annahme, welche mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt. Hua-schu VI, 4b: j£ ,fr, p]" # ft £ ft . Wohl eine der vielen naturwissenschaftlichen Fiktionen der Chinesen.

0. Taoisten: 8. Kuan Yin-tse

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vernichten und zu vergewaltigen, das ist nicht weise. Man erweckt Mißtrauen bei allen Geschöpfen, das ist nicht treu. Die Gier nach übelriechendem Fleisch1) hört nicht auf, und das Verlangen zu schlachten und zu morden findet nie ein Ende. Wenn Vögel und Vierfüßler auch nicht sprechen können, so vergleichen sie mich doch einem gierigen Wolf und einem wilden Eber, und obgleich die Fische kein Wissen haben, so nennen sie mich doch einen Walfisch und eine Riesenschlange. Wie kann ich mich damit zufrieden geben, ohne Scham zu empfinden ? Ich bezweifle wirklich, daß es seit alter Zeit schon einen Edlen gegeben hat2)."3) T'an Tch'iao nimmt unter den späteren Taoisten einen hohen Bang ein. Seine Sprache ist einfach, seine Beweisführung meist sehr anschaulich und an das praktische Leben anknüpfend. Neben vielem Phantastischem und Paradoxem hat er doch viele gute Gedanken.

8. Kuan Yin-tse. Als Verfasser des Kuan Yin-tse*) wird Yin H si5), der Kommandant des Grenz tors im Han-ku*)-P&ß, im heutigen Ling-pao heieri1), genannt, auf dessen Veranlassung Lao-tse das Tao-te king geschrieben haben soll. Kuan Yin-tse war der Beiname dieses Mannes. Danach müßte das Werk aus der TscAow-Dynastie stammen und mit dem Tao-te, king gleich alt sein. Im Literaturverzeichnis des Tchfien Han-schu wird ein Kuan Yin-tse mit neun Büchern aufgeführt. Ein solches Werk existierte zur Han-Zeit. In den Katalogen der Sui- und iT'ang'-Dynastie aber erscheint es nicht mehr und muß verloren gegangen sein, erst unter der Südlichen Sung-Dynastie (1127—1280) taucht es wieder auf. Sung Lien*) (1310—1381) und andere glauben nicht, daß unser Werk mit dem in der Han-Zeit erwähnten identisch sei, und halten es für eine Fälschung, weil es über tausend Jahre verschwunden war und nicht im Stile der Tschou-Zeit geschrieben ist. Dazu kommt, daß darin Dinge erwähnt werden, die wohl den Buddhisten und den taoistischen Magiern, aber noch nicht zu Lao-tse's Zeit bekannt waren. Möglicherweise ist das verlorene Werk der Han-Zeit schon eine Fälschung gewesen, wie Lu Te-ming9) (Yuan-lang), 550—625, und andere annehmen. Es ist *) Alles Fleisch toter Tiere ist übelriechend. 2 ) Die ganze Menschheit wird wegen der Behandlung der Tiere der Unmoralität angeklagt. IV, 2a:ffijffc £ £ #j g, # H - & > Ja #r tt $> # &> tfe S ^ *> # ^ -ÖL, ft ·& —> « —. a-> **£·«-, *«-**-, *#?-«-· ) Himmel, Erde und Menschen würden nicht existieren, denn sie können sich nicht selbst 6

erschaffen.

«) K. Y.t. , 4b: # g ^, £· g ^ ^, jfc # g sb% % & au ^ >g *„ m

und Oiles haben in ihren Wörterbüchern unter ^ die Stelle mißverstanden.

C. Taoisten: 8. Kuan Yin-tse

353

Alle Menschen sind Too, daher können sie Too nicht besitzen: ,,Da man Too nicht hat, so kann es niemals fehlen, und da man es nicht erlangt, so kann man es auch nicht verlieren."1) Der Weise strebt auch nicht danach, aber es ist in ihm: „Der Hang des gemeinen Mannes führt zum Bösen, der des Edlen zum Guten, der des Heiligen dazu, daß er nichts erlangt. Nur wenn man nichts erlangt, dann ist Too vorhanden."2) Anders ausgedrückt heißt es, man kann Too erlangen, wenn man es vergißt.3) Das heißt, in Wirklichkeit kann man es nicht erlangen, denn man hat es schon, was man erlangt, i st die Tugend; man kann es auch nicht ausführen, was man ausführt, sind Taten4). Der Umgang mit Too erfordert große Sorgfalt, man kann große Erfolge damit erzielen, aber auch sich selbst sehr schädigen: „Mein Too ist wie ein Schwert. Wenn man mit seiner Schneide irgend etwas schneidet, so ist es scharf, wenn man aber mit der Hand die Schneide erfaßt, so verletzt man sich."6) Too als transmundanes Sein gibt sich nicht mit den Menschen ab, es steht ihnen nicht Rede und Antwort, denn in seiner Transzendenz bewegt es sich nicht. Nur sobald es als Schicksal erscheint, greift es in das menschliche Leben ein: „Ein Bambusgefäß fragt kein Holzgefäß, und dieses antwortet ihm nicht. Ein Ziegel fragt keinen Stein, und dieser antwortet ihm nicht. Auch Too verliert sich nicht in einem solchen Frage- und Antwortspiel. Wo würde Too sein, wenn es sich mit einem Fluidum hin und her bewegte ?"e) 2. Die Welt als Vorstellung. Wirklichkeit, wahres Sein hat nur Tao, alles andere ist nur Schein oder Erscheinung. Woher kommt nun die Welt, die uns als wirklich erscheint ? Auf diese Frage hat schon Tschuang-tse geantwortet, daß das Leben nur eine Illusion, nur ein Traum sei. Diesen Gedanken hat Kuan Yin-tse weitergesponnen. Die Träume der Menschen, sagt er, werden aus Gedanken gebildet. Der Himmel, die Erde, die Menschen und die Dinge, von denen sie träumen, sind nicht aus Erde: „Wie können wir wissen, ob unser Himmel und unsere Erde nicht auch nur Gedanken sind ?"7) Also die Welt ist nicht real, sondern nur von uns gedacht und vorgestellt, unsere Vorstellung. Diese Fähigkeit des menschlichen Denkens zu schöpferischer Tätigkeit sucht Kuan Tin-tee durch den Hinweis auf Visionen glaubhaft zu machen, bei denen wir Dinge leibhaftig vor uns sehen, obwohl nichts da ist.8) Ferner nimmt er an, daß der menschliche Geist Fluida wie Hitze und Kälte erzeugen könne, und

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

schließt dann weiter, daß er auch noch zu größeren Leistungen fähig sein müsse. Meteorologische Vorgänge wie Wind, Regen, Blitz und Donner, meint er, hängen vom Fluidum ab, und dieses kann durch den Geist erzeugt werden. Wenn man lange an ein großes Teuer denkt, so fühlt man Hitze, und wenn man lange an ein großes Wasser denkt, so fühlt man Kälte. So kann der Mensch die Funktionen des Himmels ausüben und Hitze und Kälte schaffen.1) Die Welt ist nach Kuan Yin-tee'e Ansicht nichts Wirkliches, sondern nur ein wesenloser Schein wie ein Traum oder ein Spiegelbild: „Im Traume, im Spiegel und im Wasser sieht man Himmel und Erde. Will man den geträumten Himmel und diegeträumteErde beseitigen, so darf man sich nicht zum Schlafen niederlegen. Will man Himmel und Erde im Spiegel beseitigen, so dürfen sie darin nicht reflektiert werden, und will man sie im Wasser beseitigen, so darf man das Becken nicht mit Wasser anfüllen. Ihr Sein und Nichtsein entscheidet sich hier, nicht dort2), deshalb beseitigt der Weise nicht Himmel und Erde, sondern sein Wissen3)."4) Wenn der Mensch wirklich Tao ist, dann muß er natürlich auch die Fähigkeiten Tao's besitzen und imstande sein, durch sein bloßes Denken die Welt entstehen zu lassen. 3. Das fingierte Ich. Ebenso wie die Dinge nicht wirklich, sondern nur Erscheinungsformen von Too sind, so sind auch die Menschen als solche nicht real. Auch ihre Ichs existieren nicht, sondern sind nur Fiktionen. Das alles folgt ohne weiteres aus dem Begriff von Too. Man braucht diese Leugnung des Ich nicht als eine Entlehnung aus dem Buddhismus aufzufassen, denn sie ergibt sich aus der Definition von Too, welche auf den ältesten Taoismus zurückgeht. Die Inder stützen ihre Theorie auf psychologische Untersuchungen über das Wesen der Seele und ihrer Kräfte, nicht auf den Weltgeist. Kwm Yin-tse gibt folgenden Beweis für seine These: „Mein Denken wechselt täglich, nicht ich bin es, der dies bewirkt, sondern das Schicksal. Wenn man weiß, daß es nur das Schicksal ist, so wird man äußerlich nicht mein Ich und innerlich nicht meinen Geist sehen."5) Der Kommentar sagt richtig, daß Schicksal nur ein anderer Name für Too sei. Es ist eine Objektivation Tao'a, denn direkt verkehrt Tao mit den Menschen nicht. Der Mensch denkt nicht selbst, sondern das Schicksal, und letzten Endes denkt Tao durch ihn. Das Ich ist also J

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C. Taoisten: 8. Kuan Yin-tse

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nichts Selbständiges, nichts durch sich selbst Existierendes, sondern nur ein Phänomen Tao'e. Weiter versucht Kuan Yin-tse die Nichtexistenz des Ichs daraus zu erweisen, daß die Eigenschaften, welche auf das Vorhandensein eines Ichs zu deuten scheinen, auch einzeln vorkommen, ohne daß ein Ich vorhanden ist. Er schließt also, daß auch die Verkuppelung dieser Eigenschaften kein Ich hervorbringen kann: „Eine vertrocknete Schildkröte hat kein Ich, aber man entdeckt bei ihr großes Wissen1), ein Magnetstein hat kein Ich, aber er zeigt große Kraft, Glocke und Pauke haben kein Ich, geben aber große Töne, Schiffe und Wagen haben kein Ich, haben aber die Fähigkeit zu weiten Fahrten. Obgleich meine Persönlichkeit Wissen, Kraft, Bewegung und Laute besitzt, habe ich doch nie ein Ich besessen."2) Aber wenn auch mein Geist oder mein Ich nur eine Fiktion ist, so kann er trotzdem als Too die Welt erschaffen und umgestalten: „Mein fingierter Geist ergießt sich und erschafft die Dinge Millionen Jahre ohne Aufhören Die Dinge kommen zu mir, und ich helfe ihnen allen eine Zeitlang. Ich bin es, der die Dinge umgestaltet. Es gibt kein Ding, das ohne mich wäre. Wer sonst vermöchte wohl die sogenannten fünf Elemente umzugestalten ?"3) Und weiter heißt es: „Nur der Weise weiß, daß ich kein Ich besitze, und daß die Dinge keine Dinge sind. Alle verdanken ihr Dasein dem Sinnen des Denkens Da die ganze Welt und alle Dinge als Seele gelten können, so kann man sie auch als Lebensgeist betrachten. Alle wunderbaren Schöpfungen der Dinge sind meine Seele, und alles so Geschaffene ist mein Lebensgeist. Daher gibt es kein einziges Ding, das mich verschmähen könnte."4) Die Dinge und das Ich sind nichts Materielles, sondern Gedankengebilde des Weltgeistes oder Tao's. Die Welt kann als meine Seele oder mein Lebensgeist aufgefaßt werden, denn meine Seele bringt sie in Tao mit hervor. Mein Ich wird von Too aus seinem eigenen Geist geformt, und mein Körper ist für Too nur w;.e ein Traumbild, das durch seine Gedanken und Empfindungen hervorgerufen wird. Die Menschen sind also nichts anderes als Gedanken, Vorstellungen oder Traumgestalten Tao's: „Es weiß, daß dieser mein Körper wie ein Körper im Traum ist, dessen Anblick durch die Empfindungen hervorgerufen wird. Aus dem umherfliegenden Geist kann es mein Ich formen, und dann schweift es umher in der Die Schildkröte gilt als weise, weil man aus ihrer Schale die Zukunft erkennt.

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

großen Reinheit. Es weiß, daß dieses Wesen1) wie ein Traumwesen ist, dessen Anblick durch Affekt hervorgerufen wird. Aus konzentriertem Samen kann es dieses Wesen formen, und dann durcheilt es die acht Himmelsgegenden. Das ist Tao."*) Über den menschlichen Geist spricht sich Kuan Yin-tse wie folgt aus: „Das was denkt, ist der Geist, aber das, womit er denkt, sind die Gedanken, nicht der Geist. Man weiß nicht weshalb es so ist, aber es ist so. Es gibt keinen Ort, woher sie kommen und wohin sie gehen. Deshalb hat der Geist denselben Urgrund wie Himmel undErde, und es gibt für ihn keine Vergangenheit und keineGegenwart."3) Der Geist ist ewig. Er soll imstande sein, ein Fluidum und einen Körper hervorzubringen, obgleich er selbst kein Fluidum und auch kein Körper ist.4) 4. Die Schöpfung. Für eine idealistische Auffassung, wonach die Welt nur ein Traum oder ein Gedankengebilde ist, bedarf es eigentlich keiner Schöpfungstheorie, welche die Realität und Substantialität der Welt voraussetzt, indem sich ein Zustand aus dem ändern entwickelt. Trotzdem hält Kuan Yin-tse, an der taoistischen Schöpfungstheorie fest, die sich mit seiner Theorie schwer vereinigen läßt. Die chinesischen Denker stehen so stark unter dem Einfluß der Autorität und der Tradition, daß, auch wenn sie neue Gedanken haben, sie trotzdem die alten, die sich nicht damit vereinigen lassen, mitschleppen. So lehrt denn Kuan Yin-tse: „Die große Leere macht im absoluten Nichts eine Wandlung durch und bringt ein Fluidum hervor. In diesem einen Fluidum findet wieder eine Wandlung statt, und daraus werden die zehntausend Dinge."5) Also ist die Welt entstanden aus einem Fluidum, das plötzlich aus dem Nichts in der absoluten Leere hervorgekommen ist. An einer anderen Stelle läßt Kuan Yin-tse das Urfluidum aus dem Denken des Weltgeistes hervorgehen: „Zuerst wurde ein Urfluidum erdacht und ein Etwas hervorgebracht So war eine Gestalt vorhanden. Diese eine bewegte Gestalt drehte sich in der großen Leere im Kreise. Von der Mitte aus stieg es empor und wurde zum Himmel, und von der Mitte sank es herab und wurde zur Erde."6) x

) Ein Lebewesen oder Ding verschieden vom Menschen.

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C. Taoieten: 8. Kuan Yin-tee

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5. Die Elemente. Die Elementenlehre hat Kuan Yin-tse durch einige neue Definitionen und Gleichsetzungen bereichert. Schon das Schuking hatte gelehrt, daß das Wasser herabfließe und das Feuer nach oben steige1). Diesen Gedanken hat Kuan Yin-tse weiter entwickelt. Das, was nach oben steigt, sagt er, ist das Feuer, was herabsinkt, das Wasser. Was emporsteigen möchte, aber nicht kann, ist das Holz, und was herabsinken möchte, aber nicht kann, ist das Metall.2) Das Holz hat ebenso wie das Feuer das Verlangen, nach oben zu steigen, kann es aber wegen seiner Schwere nicht vollständig durchführen wie das ganz leichte, luftförmige Element. Das Metall hat wie das Wasser eine Tendenz nach unten, aber während das Wasser vermöge seiner größeren Beweglichkeit sein Ziel auch erreicht, kann das schwere Metall für gewöhnlich die ihm entgegenstehenden Hindernisse anderer Substanzen nicht überwinden. Weiter heißt es: wenn man das Holz bohrt, gibt es Feuer, wenn man es preßt, Wasser. Das ist der Saft des Holzes. Wenn man das Metall schlägt, gibt es Feuer, wenn man es schmilzt, Wasser3). Das ist das flüssige Metall. Vom fünften Element, der Erde, weiß der Philosoph nichts zu sagen. — Zwischen den Elementen, der Natur und dem Mensehen werden folgende Äquivalenzen aufgestellt: Wasser ist der Samen und der Himmel, Feuer wird zum Geist und zur Erde. Holz wird zur Seele und zum Menschen, Metall zum Lebensgeist und zu den Dingen4). Die Gleichsetzung von Wasser und Samen ist zu verstehen. Der Himmel gilt als Erzeuger aller Lebewesen. Auch zwischen Feuer und Geist mag eine gewisse Ähnlichkeit bestehen, aber der Grund für die ändern Beziehungen ist nicht ersichtlich. In den drei Sphären: Himmel, Erde, Menschheit kommt Kuan Yin-tee zu folgendem Parallelismus6): Himmel: Erde: Mensch: Kälte Wasser Samen Hitze Feuer Geist Trockenheit Metall Lebenshauch Wind Holz Seele. Das bedeutet, daß was im Himmel Kälte ist, auf der Erde als Wasser erscheint und beim Menschen als Samen, und was in der Atmosphäre Wind ist, auf der Erde zu Holz wird und im Menschen zur Seele. Die Auffassung der Seele als ein Hauch könnte man gelten lassen, aber Wind = Holz oder gar Metall = Lebenshauch ? Das Wachsen eines Baumes wird mit der Entstehung eines menschlichen Körpers verglichen. Damit ein Baum wächst, sind Wasser, Feuer und Erde erforder'} 2 ) 3 ) 4 )

Legge, Classics Vol. III, S. 325. Kuan Yin-tse II, 4a. Vergl. World. Conception S. 264. A. a. O. Vergl. World Conception S. 288. A. a. O. ') Kuan Yin-tee IV, 9a.

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

lieh, die sich auf einen Kern konzentrieren.1) Beim Menschen entspricht der Samen dem Wasser, der Geist dem Teuer und das Denken der Erde. Ursprünglich sind diese Elemente nicht vereinigt, aber wenn sie wie in einem Kern zusammentreffen, dann entsteht darin Leben, ebenso wie man bei Magie und Zauberei plötzlich bemerkt, daß in einem ganz leeren Räume viele Dinge erscheinen.2) 6. Leben und Sterben. Mein Same, sagt K-uan Yin-tse, mein Geist, mein Lebenshauch und meine Seele können mit dem Samen, dem Geist, dem Lebenshauch und der Seele des Himmels, der Erde und aller Dinge zusammenfließen, so wie tausend Gewässer, Flammen, Metalle und Hölzer sich zu einem Wasser, einer Flamme, einem Metall und einem Holze vereinigen: „Also sind Himmel und Erde und alle Dinge alle mein Same, mein Geist, meine Seele und mein Lebenshauch. Was kann davon sterben und was leben?"3) Der Mikrokosmos ist mit dem Makrokosmos identisch, alles ist Tao, und in Tao gibt es kein Leben und kein Sterben. Leben und Sterben sind nach Kuan Yin-tse's Meinung nur verschiedene Zustände desselben Fluidums, aber dieses bleibt: „Ein Koch hat einen Krebs gekocht und ein Bein auf dem Tisch zurückgelassen. Der Krebs ist bereits zu Suppe gekocht, aber das zurückgelassene Bein bewegt sich noch. Das Lebendige und das Tote ist dasselbe Fluidum, vereint oder zerstreut, es lebt weder, noch ist es tot, aber die Menschen in ihrer verkehrten Beurteilung sprechen von Leben und Tod."4) Kuan Yin-tse gibt uns eine gute Zusammenstellung der verschiedenen Ansichten vom Tode: „Bei der Betrachtung des Todes sagen einige, daß nach dem Tode das Ich noch existiert, andere, daß es nicht mehr vorhanden ist, wieder andere behaupten, daß es teils ist, teils nicht ist. Einige meinen, der Tod sei ein Glück, andere, er sei zu fürchten, einige sagen, man müsse ihn ertragen, andere sagen, man müsse ihm entrinnen. Je mehr die Ansichten und Gefühle sich ändern, um so größer wird die dadurch erzeugte Unruhe. Man erkennt nicht, daß das eigene Leben und der eigene Tod wie die Hände eines Pferdes oder die Flügel eines Ochsen5) sind."6) 7. Magie und Mystik. Da für Kuan Yin-tse die Welt nur Schein ist, so sieht er auch alle Gegebenheiten als nicht vorhanden an und glaubt, sich über die Naturgesetze hinweg*) Alle Pflanzen erfordern zum Wachstum einen Kern, Erde, Bewässerung und Wärme. 2 ) IV, l Ob. ·) IV,.9a: JJIJ ^ Jfc fä %, % S. f* E | =. ft :§. £, ^ % ^ ft ^ £.

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C. Taoisten: 8. Kuan Yin-tse

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setzen zu können. Wenn der menschliche Geist Too ist, so gibt es für ihn keine Hemmnisse mehr, er kann tun, was er will, wenn auch alle Erfahrungen dagegen sprechen. Dadurch sind der Magie und der Mystik Tür und Tor geöffnet, und Kuan Yin-tse schwelgt geradezu in den phantastischen Vorstellungen von den übernatürlichen Fähigkeiten, die der Mensch durch Too besitzen soll. K« an Yin-tse glaubt nicht an die Realität der Welt, aber an der Existenz der Dämonen hat er nicht den geringsten Zweifel. Dämonen sollen auf den menschlichen Geist einwirken und ihn zum Guten oder zum Bösen leiten. Ihre Substanz ist ganz verschieden: das yin-Fluidum, das Dunkel, der Wind, die Luft, Tonfiguren, gemalte Bilder, zerbrochene Gefäße, Tiere. Die Menschen in ihrem Stolz geben freilich nicht zu, daß ein Dämon in ihnen haust, sondern nennen es Too. Der Heilige kann alle Geister beherrschen und wird nicht von ihnen beherrscht, er kann sie zusammenrufen, entlassen und abwehren. Sein Geist ist dabei vollständig ruhig.1) Durch Zauberformehi, kabbalistische Schriftzeichen, bestimmte Fingerbewegungen und durch Verehrung kann man sich die Geister dienstbar machen, böse Einflüsse abwehren und die Dinge verwandeln, aber die meisten Menschen sind nicht dazu imstande, weil sie kein Zutrauen zu sich selbst haben.2) Indes ein echter Taoist kann viel größere Wunderdinge vollbringen : „Wer weiß, daß Too nicht an die Zeit gebunden ist, der kann aus einem Tage hundert Jahre und aus hundert Jahren einen Tag machen. Wer weiß, daß Too nicht durch den Baum gehemmt wird, der kann aus einer Meile hundert machen und aus hundert eine. Wenn man weiß, daß Too ohne Fluidum ist, aber Fluida bewegen kann, dann kann man auch Wind und Regen herbeirufen. Wenn man weiß, daß Too keinen Körper hat, aber Körperliches verändern kann, dann kann man Vögel und Säugetiere verwandeln."3) „Wer die Reinheit des Too besitzt, den können die Dinge nicht beschweren, denn sein Körper ist leicht, und er kann auf dem Phönix und dem Kranich reiten. Wer die Unbestimmtheit des Too besitzt, den können die Wasser nicht ertränken, denn sein Körper -ist unsichtbar, und er kann auf Wasserdrachen und Walfischen wie auf einer Matte ruhen."4) „Sein ist Nichtsein und Nichtsein Sein. Wer diese Art des Too begriffen hat, kann Dämonen und Geister beherrschen. Masse ist Leere und Leere Masse. Wer diese Art des Tao kennt, kann in Metalle und Steine eindringen. Oben ist unten, und unten ist oben. Wer diese Art des Tao versteht, kann mit den Sternen verkehren. Vergangenheit ist Gegenwart und Gegenwart Vergangenheit. Wer diese Art des Tao begreift, vermag wie die Schildkröte und Schafgarbe zu weissagen. Andere sind ich, und ich bin andere Menschen. Wer diese Art von Tao l

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

kennt, kann seiner Nebenmenschen Herz und Nieren prüfen. Die Geschöpfe sind ich, und ich bin die Geschöpfe. Wer diese Art des Too versteht, kann zu einem noch ungeborenen Tiger oder Drachen im Mutterleibe werden" „Werden auf diese Weise die Geschöpfe überwunden, so lassen sich auch Tiger und Leoparden unterwerfen, und stellt man sich den Dingen gleich, so kann man sich auch in Wasser und Feuer hineinwagen. Nur der Gelehrte, der im Besitz von Too ist, vermag das auszuführen, aber auch wenn er es vermag, braucht er es nicht zu tun."1) „Durch Menschenkraft kann man in den regelmäßigen Naturlauf eingreifen, indem man es etwa im Winter donnern läßt oder im Sommer Eis hervorbringt, die Leichname umherwandeln und vertrocknetes Holz wieder grünen läßt, die Dämonen aus Erbsen festnimmt2) und in einem Becher Fische angelt. Eine gemalte Tür kann sich auftun3), und Dämonen aus Ton beginnen zu reden."4)

D. Buddhisten. 1. Lu Hui-neng. Lu Hui-neng5), der sechste und letzte Patriarch der .DAi/äna-Buddhisten in China, lebte von 638 bis 713 während der T'ang-Dynastie. Er ist am bekanntesten unter seinem persönlichen Namen Hui-neng. Sein Vater hieß Lu Hsing-tao*) und stammte aus Fan-yang7) bei Peking. Als Beamter war er degradiert und nach Hsin-tschous) (Kuang-tung) verbannt. Dort wurde Hui-neng im Jahre 638 geboren. Seine Geburt ist ähnlich wie die Buddhas mit Wundergeschichten ausgeschmückt. Seine Mutter soll eine sechsjährige Schwangerschaft durchgemacht haben, und das Kind wurde nicht von ihr gesäugt, sondern des Nachts von Engeln mit süßem Tau, dem Nektar der Götter, genährt.

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soll der bekannte Taoist Kuo PO, §|J Jjj|, (276 — 324) kleine Erbsen über eine Mauer geworfen haben. Aus jeder entstand ein Dämon in roter Tracht. Sie wurden mit Talismanen gebannt, gefesselt und in einen Brunnen geworfen. 3 ) Von dem Maler Wu Tao-tse wird erzählt, daß er in eine von ihm gemalte Tür eingetreten und dann verschwunden sei.

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D. Buddhisten: 1. Lu Hui-neng

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Da der Vater bald starb, kam die Familie in Not, und der Knabe mußte frühzeitig für seine Mutter sorgen. Angeblich erhielt er keinen Unterricht und lernte weder Lesen noch Schreiben.1) Im Jahre 661, als er dreiundzwanzig Jahr alt geworden war, verkaufte er eines Tages Holz in einem Gasthaus. Dort erwachte sein Interesse für den Buddhismus, denn er hörte einen Fremden das DiamantSütra2) rezitieren. Er wurde näher mit ihm bekannt und von ihm veranlaßt, sich in die Provinz Hupei nach Huang-mei hsien in Tchi-tschou3) zum fünften Patriarchen des östlichen DAyäwa-Tempels, Hung-jen*) zu begeben und sein Schüler zu werden. Hung-jen ließ ihn mehrere Monate in einer Scheune arbeiten und erteilte ihm keinen Unterricht. Das war auch nicht nötig, denn Hui-neng wußte alles von selbst. Aus einer Gäthä, welche Hui-neng von jemand anders an die Wand schreiben ließ, da er ja selbst nicht schreiben konnte, erkannte derPatriarch, daß er erleuchtet war, und beschloß, ihn zu seinem Nachfolger zu machen. Er erklärte ihm des Nachts noch das Diamant-Sütra und erteilte ihm dann die Investitur zum Patriarchen durch Überreichung des Gewandes und der Armenschale des Bodhidharma. Um ihn vor Nachstellungen seiner Mitschüler, die ihm die Patriarchenwürde mißgönnten, zu schützen, schickte er ihn nach dem Süden.5) Von nun an wanderte Hui-neng viele Jahre als Asket im Lande umher und verbreitete seine Lehre. Er hielt sich eine Zeitlang in T'sao-tch'i9), in gebirgiger Gegend zwischen Kuang-tung und Kuang-hsi auf und verweilte auch einige Jahre in Canton. Dort disputierte er im Jahre 676 mit dem Dharmalehrer Yin-tsuny7) und wurde von diesem und einer großen Gemeinde als Patriarch anerkannt.8) Im Jahre 705 lud ihn der Kaiser an seinen Hof, aber Hui-neng nahm die Einladung nicht an, sondern entschuldigte sich mit schlechter Gesundheit.9) Ein Jahr vor seinem Tode hieß Hui-neng seine Schüler für ihn in seiner Heimat Hsin-tsckou, im Tempel Kuo-en ssew) einen Stupa bauen, da er im achten Monat des nächsten Jahres sterben werde. Im siebenten Monat versammelte er seine Schüler und forderte sie auf, Fragen, die sie noch beantwortet haben wollten, an ihn zu richten. Als fast alle in Tränen ausbrachen, sagte er: „Ihr weint und klagt, weil ihr nicht wißt, wohin ich gehe. Wenn ihr das wüßtet, dürftet ihr nicht weinen. Die geistige Natur11) kennt weder Leben noch Tod, weder Kommen noch Gehen."1*) ') Das ist nicht sehr glaubwürdig. Beamtensöhne sind kaum je Analphabeten. Später machte Hui-neng Gedichte und zitierte aus den Sutren, was ohne eine Kenntnis der Schriftsprache nicht möglich ist. Die Angabe scheint tendenziös. Die Dhyäna-Schule gab nichts auf das Studium der heiligen Schriften und erwartete alles von der inneren Erleuchtung. 2 4 ) & »l m = Vajracchedikä. °) ffi ^, % fä . ) & S. 6 ) E. Rousselle, Das Leben des Patriarchen Hui Neng (Sinica V. Jahrg. 1930 S. 174—191).

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) Mayers' Header Nr. 428 und Lebensbeschreibung des Hui-neng von Fa-hai J£ jfj£ und ändern Schülern im Fa-pao t'an tching, Nachtrag S. 15b 2. 10 ») Giles Bibl. Diet. Nr. 1417. ) g Jf, ^ . >·) Fa-pao t'an tching B. X, S. 14a«: « f ! $ | & a ,

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

Auf die Frage seines Schülers Fa-hai, ob er nicht durch Übergabe seines Gewandes einen Nachfolger ernennen wolle, antwortete er, es sei nicht nötig, da alle genügend stark im Glauben wären und keine Zweifel mehr hätten. In der Reihe aller Patriarchen seit Buddhas Tode war Hui-neng der dreiunddreißjgste, von den chinesischen Patriarchen der sechste. Als er sein Ende herannahen fühlte, ließ er sich von seinen Schülern im Schiff nach seiner Heimat Hsin-tschou rudern, wo er starb. Sein Tod ist wie seine Geburt mit Legenden ausgeschmückt. Die drei Präfekturen Kuang-tschou, Schao-tschou und Hein-tschou1) der Provinz Kuang-tung, wo der Verstorbene sich zumeist aufgehalten hatte, stritten sich darum, wo die Leiche zu bestatten sei. Man kam überein, im Gebet ein Orakel zu erbitten. Der Weihrauch sollte den Ort anzeigen. Dieser zog gerade auf T'sao-tch'i zu, wo im nächsten Jahre die Beisetzung stattfand. Wie es Huineng vorher bestimmt hatte, wurde im folgenden Jahr sein Schädel von einem Schüler abgeholt und in den Stupa mHsin-tschou getan, wo er drei Tage lang einen hellen Glanz verbreitete. Der bekannte Literat und Dichter Liu Tsung-yuan*) (773—819), welcher eine starke Vorliebe für den Buddhismus hatte, schrieb eine Grabschrift für Hui-neng. Der T'awjr-Kaiser Hsien-tsung (806—821) verlieh ihm den posthumen Ehrentitel Ta-tchien tsch'an-schi3) „der weitschauende DÄi/äwa-Lehrer", wozu mehrere Kaiser der Sung-Dynastie noch weitere Namen hinzufügten. Leben und Lehre des Patriarchen sind in einem von seinen Schülern verfaßten Werke, dem Liu-tsu ta-schi farpao fan tching*), „Sutra des sechsten Patriarchen, des großen Lehrers, auf dem Hochsitz des Dharmaratna (Kleinod der Lehre) gesprochen"5), enthalten. Es liegt uns in einer jüngeren Redaktion vor. Der Mönch Tsung-pao*) hat drei alte Texte kritisch verglichen. 1290 ist der Text von dem Mönch Te-i7) bearbeitet. Die modernen Ausgaben weichen nur unwesentlich voneinander ab. Es gibt auch eine kommentierte Ausgabe von Ting Fu Pao (Schanghai 1922) mit Zusätzen und Umgestaltungen, die auf eine kommentierte japanische des Yamada Daiyö zurückgeht.8) Die Dhyäna-Sekte oder Meditationsschule ist eine chinesische, nicht eine indische buddhistische Schule, die vom Patriarchen Bodhidharma, der 520 n. Chr. nach China kam, gegründet wurde. Er hinterließ keinerlei Schriften, die in dieser Schule nur von untergeordneter Bedeutung sind, da man alles Heil von der inneren Schau erwartete. Die Meditationsregeln pflegten mündlich überliefert zu werden. Auch im Fa-pao t'an tching treten sie hinter den Weltanschauungsfragen zurück. Der Zentralbegriff in der Lehre des Hui-neng ist die eigene oder die ursprüngliche Natur9), welche mit der Buddha-Natur wesensgleich sein soll.

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D. Buddhisten: 1. Lu Hui-neng

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Eousselle ist der Ansicht, daß dies eine grundlegende Neuerung sei, die wohl aus dem taoistischen Pantheismus stamme, denn der Begriff war in der indischen Philosophie noch nicht ausgebildet. Das erscheint sehr wohl möglich, da Huineng'e eigentümliche Verbindung von Pantheismus und Idealismus die ganze neuere chinesische Philosophie, die taoistische sowohl wie die konfuzianische durchzieht. Wir wollen die Lehre des Hui-neng von diesen beiden Gesichtspunkten aus betrachten. Die Menschennatur, ihr innerstes, wahres Wesen ist Buddha, der Weltgeist, wenn sie sich selbst als Buddha erkennt und sittlich rein ist. Das vollkommene Wissen, Bodhi, oder die Weisheit, Prajnä, ist der Zauberstab, der das bewirkt. Alle Menschen besitzen von Natur diese Einsicht, aber sie merken es nicht, da ihr Geist irre geht. Zwischen Weisen, Toren und Buddha ist im Grunde kein Unterschied, erst das Wissen und sein Fehlen schafft ihn.1) Die Weisheit kommt aus der eigenen Natur und nicht von außen. Sie kann nicht erlernt werden durch Aneignung von Wissensstoff, sondern pflegt durch eine plötzliche Erleuchtung erlangt zu werden. Die Meditationsübungen sollen zu dieser Innenschau führen. Samädhi und mystische Versenkung spielen dabei eine Rolle. Solange der Mensch irrt, sich nur für einen Menschen hält und an der Erde haftet, bleibt er ein gewöhnlicher Mensch, sobald er aber erwacht und sich vom Irdischen loslöst, wird er Buddha. Wenn man die eigene Natur als etwas Göttliches erkennt, gelangt man durch dieses Erwachen sofort ins Buddha-Land.2) Die Natur ist das Wesen unseres Geistes, sie wohnt in ihm ebenso wie Buddha. „Der Geist," heißt es, „ist der Ort, die Natur ist der Herrscher. Der Herrscher wohnt im Gebiet des Geistes. Solange die Natur vorhanden, ist der Herrscher gegenwärtig, sobald die Natur fort ist, ist der Herrscher verschwunden. Solange die Natur im Körper weilt, ist der Geist intakt, sobald sie den Körper verläßt, geht der Geist zugrunde. Buddha wirkt in der Menschennatur, man darf ihn nicht außerhalb des Körpers suchen. Wenn die eigene Natur verirrt ist, haben wir ein Geschöpf, aber sobald die eigene Natur erwacht, ist Buddha da."3) Aber wie ist es, wenn die Menschen sich nicht als Buddha· erkennen oder einen unsittlichen Lebenswandel führen ? Auch dann wohnt Buddha im Herzen der Menschen, denn er ist ja ihre wahre Natur, aber er bleibt verborgen, verdeckt durch den individuellen Geist und den Körper. Er erscheint in Menschengestalt, aber das ist nur Blendwerk, welches bei richtiger Erkenntnis und bei tugendhaftem Wandel sofort verschwindet, worauf Buddha wieder sichtbar wird. Unter den Abschiedsworten, welche der Patriarch vor seinem Tode an seine Schüler richtete, befinden sich die folgenden: „Wenn die eigene Natur erwacht ist, dann ') Fa-pao t'an tching, B. II, S. Sa1. 2 ) Ibid. S. Sb1 und 6a«. . 3 ) Fa-pao t'an tching B. III, S. Va»: & Ä *> S: H. g ,fr & -b> 4 ffi. tt * I *l· tt ffi £. «6 #> tt * Ih «fr *. ft fä tt ft. lib fä A

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

sind alle Menschen Buddha, wenn die eigene Natur aber im Irrtum befangen ist, dann ist Buddha die Menschheit. Wenn die eigene Natur ebenmäßig und gleichmütig ist, dann sind alle Menschen Buddha, ist diese Natur aber verderbt und auf Abwege geraten, dann ist Buddha, die Menschheit." „Wenn euer Geist krumm und schief ist, dann ist Buddha in allen Menschen, wenn dagegen alle eure Gedanken recht und gerade sind, dann werden alle Menschen zu Buddha." „Mein Geist enthält Buddha, und mein eigener Buddha ist der wahre Buddha. Wenn ich keinen Buddha-Geist besäße, wo sollte ich den wahren Buddha suchen ? Euer eigener Geist ist Buddha, daran braucht ihr nicht zu zweifeln."1) Mit diesem Pantheismus verbindet sich nun ein extremer Idealismus in sehr einfacher Weise: Die Welt ist nicht real, sondern nur Schein, hervorgebracht von Buddha, dem Universalgeist, und auch vom Menschengeist, der ja mit Buddha wesenseins ist. Als Hung-jen einen Nachfolger im Patriarchat ernennen und den Fähigsten seiner Schüler auswählen wollte, dichtete der Primus Schen-hsiu2) folgende Gäthä: „Der Körper ist der .BodAi-Baum, — Der Geist wie ein klarer Spiegel auf seinem Gestell3), — Man muß ihn beständig sorgfältig abwischen, — Damit er nicht von Staub bedeckt wird."4) Das ist ganz realistisch gedacht. Der Körper wird einem Baume, der Geist einem Spiegel verglichen, beides sehr reale Dinge. Dieser Gäthä setzte Hui-neng eine andere entgegen: „Die Bodhi hat ursprünglich keinen Baum, — Und der helle Spiegel ist nicht auf einem Gestell, — Ursprünglich ist kein Ding vorhanden, — Wie könnte es also mit Staub bedeckt werden ?"5) Das ist Idealismus. Es ist überhaupt nichts vorhanden, weder Körper, symbolisiert durch den .BorfAi-Baum, noch Geist, der mit dem Spiegel auf seinem Gestell gemeint ist. Sie sind nur Erscheinungen, Illusionen geschaffen vom Weltgeist. Das geht aus einem Gespräche hervor, welches Hui-neng mit zwei Mönchen hatte. Diese stritten darüber, ob der Wind eine Flagge bewege, oder ob diese sich von selbst bewege. Hui-neng sprach: „Nicht der Wind bewegt und auch nicht die Flagge, sondern der Geist von Euch Ehrbaren schafft die Bewegung."*) Die Bewegung ist also nur ein geistiger, kein mechanisch materieller Vorgang. Daß dies die Überzeugung des Patriarchen ist, beweisen ganz klar die folgenden Worte: „In der Außenwelt gibt es kein einziges Ding, das man aufstellen könnte7), denn i) F. p. t. t. B. X S. 15a': g ^ ^ ^ & £ £ fj$, g & % m, ffi 1; * £, S

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·)') B. i s. w: ^ & a u, ^ £ m m, -t * & m· Das man als Ding hinstellen, ansehen könnte.

D. Buddhisten: 1. Lu Hui-neng

365

alles ist der eigene Geist, welcher tausend verschiedene Arten von Erscheinungen erzeugt. Daher heißt es in einem Sütra: ,Solange der Geist besteht, leben alle Arten von Erscheinungen, sobald aber der Geist erlischt, verschwinden auch alle Erscheinungen.' 4yn&stie von 779 bis 841 n. Chr. Er stammt aus Kuo-tschou in Schun-tch'ing fu3) (Saetschuan) und gehörte zu einer sehr angesehenen Familie. In seiner Jugend studierte er die konfuzianischen Schriften und bestand im Jahre 807 das Lizentiatenexamen. Von dem .DAyäna-Lehrer Tao-yuan*) wurde er zum Buddhismus bekehrt und in die Mönchsgemeinde aufgenommen. Durch das Lesen des „Sütra von der vollkommenen Erkenntnis" Yüan-tchüo tcMng5) erlangte er die vollkommene Erleuchtung. Das zweite Werk, welches einen so tiefen Eindruck auf ihn machte, war ein Kommentar zum Avatamsaka^-Sütra, welches bestimmend für seine Richtung wurde, denn er wurde später mit der Würde des fünften Patriarchen der Hua-yeri*) oder Avatamsaka-Schule belehnt. Kaiser Wen-tsung berief ihn 828 an den Hof, um ihn über wichtige Punkte der Lehre zu befragen, und schenkte ihm ein rotes Gewand. Nachdem er im Jahre 841 gestorben, verlieh ihm der Kaiser Hsuan-tsung (847 — 860) den posthumen Ehrennamen Ting-huis). Zu Lebzeiten führte er den Ehrentitel Kuei-feng taschi9), der große Lehrer des Kuei-feng-Berges.10) Im buddhistischen Kanon sind sechs Werke des Tsung-mi enthalten, fast alle Kommentare und Erklärungen zu Sutren. Von philosophischem Interesse ist seine Abhandlung über den Ursprung des Menschen, Yuan-jen lun11). H an Yü hatte in einem Aufsatz mit diesem Titel den Buddhismus bekämpft. Diese Schrift ist eine Erwiderung, aber es ist daraus ein Kompendium der Dogmatik des ganzen Buddhismus geworden. Haas rühmt den meisterhaften Aufbau, die gewandte Dialektik und das apologetische Geschick des Verfassers. Er hält sich dabei ganz an die Theorie der Avatamsaka-Schule, welche annimmt, daß Buddha in fünf Perioden seines Lebens die heilige Lehre in fünf verschiedenen Fassungen je nach der Aufnahmefähigkeit der Hörer vorgetragen habe. Jede Lehre soll eine

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) Biographie des Tsung-mi Sung Kao-s&ng techuan B. VI, 290a —291 b. u ) Jjji ^ jj^, Nanjio Nr. 1594, übersetzt von Hans Haas, Tsungmi's Yuen-zan-lun, eine Abhandlung über den Ursprung des Menschen aus dem Kanon des chinesischen Buddhismus (Archiv für Keligionswissenschaft Bd. XII, 1909 S. 491—532).

D. Buddhisten: 2. Ho Tsung-mi

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Vorstufe der darauf folgenden sein und einen Schritt weiter in der Erkenntnis führen. Die volle Erkenntnis wird erst auf der letzten Stufe erreicht. Tsung-mi kritisiert die einzelnen Stufen und hebt ihre Mängel hervor. Den Konfuzianismus und Taoismus betrachtet er nur als Vorstufen des Buddhismus und setzt sich mit ihnen im Vorwort und im ersten Kapitel auseinander. Wir lesen im Vorwort: ,,K'ung-tse, Lao-tse und Säkya sind die größten Weisen, aber sie haben sich den Zeiten angepaßt und die Persönlichkeiten in Betracht gezogen und sind so bei Aufstellung ihrer Lehren verschiedene Wege gegangen."1) Und weiter heißt es: „Die beiden Lehren sind nur provisorische, der Buddhismus dagegen umfaßt sowohl die provisorische als auch die Wahrheitslehre."2) Über die gemeinsame Weltanschauung der Konfuzianer und Taoisten äußert sich Tsung-mi folgendermaßen: „Der Konfuzianismus und der Taoismus lehren, daß Menschen und Tiere durch das große Too der Leere und des Nichtseins hervorgebracht wurden und großgezogen werden.3) Man sagt, daß die Wandlung des Tao von selbst im Urfluidum entstand.4) Das Urfluidum brachte Himmel und Erde hervor, und Himmel und Erde erzeugten alle Wesen. Daher werden Weisheit und Einfalt, Rang und niedere Stellung, Reichtum und Armut, Lust und Leid vom Himmel verliehen und hängen von der Zeit und vom Schicksal ab. Und deshalb kehrt man nach dem Tode zu Himmel und Erde zurück und geht wieder in die Leere und das Nichtsein ein."5) Dagegen wird von Tsung-mi geltend gemacht: Wenn Glück und Unglück von Tao vorherbestimmt würden, so wäre daran nichts mehr zu ändern, und die Belehrungen eines Lao-tse und Tschuang-tse wären unnütz. Tao wäre dann auch für alles Schlechte und für alle Ungerechtigkeiten in der Welt verantwortlich. Außerdem wirft er die Frage auf, woraus denn die Geister beständen, wenn beim Tode das Fluidum sich wieder zerstreute und verschwände ? „Ferner," fährt Tsung-mi fort, „gibt es Menschen in der Welt, welche auf ihr früheres Dasein schauen und sich ihrer Erlebnisse in der Vergangenheit erinnern können. Daraus erkennt man, daß das jetzige Leben die Fortsetzung eines früheren ist, und daß es nicht plötzlich durch den Empfang des Fluidums entsteht. Außerdem ist erwiesen worden, daß das Bewußtsein der Seelen der Verstorbenen nicht abgeschnitten wird, woraus hervorgeht, daß das Fluidum nach dem Tode nicht vergeht und plötzlich verschwindet. Deshalb hat man Texte für Opferdarbringungen und Gebete an Verstorbene. Ferner sind bisweilen Tote wieder !) Kioto Reprint XXXIV, lOd. Yuan-jen lun S. 878b2:

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) Diese Ansicht ist nicht konfuzianisch, aber von manchen späteren Konfuzianern von den Taoisten übernommen worden. 4 ) Haas: , brachte spontan aus sich dasUr-Khi hervor' entspricht nicht dem Texte. ·) Y^n-jen lun S. 879a°: « » - « » , A W & £ « Ä & M * ät £ Ä *

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

aufgelebt und haben erzählt von den Dingen im Schattenreich, oder Verstorbene haben auf ihre Frau oder ihre Kinder eingewirkt oder sich an ihren Feinden gerächt oder ihren Wohltätern Dank erwiesen."1) Dem Einwände, daß, wenn alle Toten Geister würden, alle Straßen und Gassen damit vollgestopft sein müßten, und daß doch noch niemand jemals den Geist eines Abgeschiedenen zu Gesicht bekommen hätte2), sucht Tsung-mi dadurch zu begegnen, daß er ihm die Lehre von der Seelenwanderung entgegenstellt. Danach würden die Verstorbenen gar nicht zu Geistern, sondern sie würden je nach ihrem Karman als Tier, Gespenst (Preta), Teufel, Dämon (Asura), Gott oder Mensch wiedergeboren. „Ferner," heißt es, ,,ist das Fluidum von Himmel und Erde ursprünglich bewußtlos. Wenn nun der Mensch von diesem bewußtlosen Fluidum erfüllt wird, wie kann er da plötzlich Bewußtsein erlangen ? Auch Bäume und Pflanzen sind im Besitz dieses Fluidums. Weshalb haben sie nicht auch Bewußtsein ?"3) Nachdem Tsung-mi so den Konfuzianismus und Taoismus widerlegt zu haben glaubt, wendet er sich den fünf Stufen des Buddhismus zu, welche er annimmt. Als primitivste erscheint ihm die Lehre von Karman und der Vergeltung der ältesten Quellen, wie sie der historische Buddha vorgetragen hat, die ursprüngliche buddhistische Religion. Er nennt sie: 1. Menschen- und Deva-Weltlehre. Wenn jemand eine der zehn Sünden4) begeht, so kommt er in den schwersten Fällen in die Hölle.5} Wenn der Grad seiner Schuld gering ist, wird er als Preta wiedergeboren, in den leichtesten Fällen als Tier. Durch Erfüllung der fünf Gebote6) kann er von den drei niedrigsten Existenzen befreit und als Mensch wiedergeboren werden. Durch Beobachtung der zehn Gebote7), Almosengeben, Dhyäna (Meditation) und Samädhi (Versenkungs) -Übungen gelangt er als Deva (Gott) in die verschiedenen Regionen des Himmels. Einwand: Es ist schwer zu sagen, ob der Körper, der Geist oder beide zusammen das Karman schaffen, und wer dafür die Vergeltung erhält. Nachdem Körper und

*2 ÄJEffi»*ift*iSfe*, Ä J E « « » * ^ ft ) Siehe oben S. 126 Anm. 1. ·) Yuan-jen lun S. 879b': 5 . ^ ^ ^ ^ *

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4ffi W *P ¥. £ * «fr £ * *, M * £n ¥· ) Die zehn Sünden sind : Mord, Diebstahl, Unzucht, Lüge, Spott, Verleumdung, Doppel-

züngigkeit, Neid, Zorn, Verblendung. 6 ) Als Höllenwesen oder Teufel. ·) Die fünf wichtigsten Gebote : nicht töten, nicht stehlen, nicht unkeusch leben, nicht lügen, nicht berauschende Getränke trinken. Diese müssen auch die Laien halten. ') Zu den fünf Hauptgeboten treten noch fünf weitere Gebote hinzu: nur zu gewissen Zeiten essen, nicht an Gesang und Tanz teilnehmen, sich nicht schmücken, kein bequemes Lager haben, kein Geld und keine Kostbarkeiten besitzen. Ihre Beobachtung ist nur für die Mönche obligatorisch.

D. Buddhisten: 2. Ho Tsung-mi

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Geist gestorben sind, können diese nicht mehr die Folgen ihrer Taten zu tragen haben. Sagt man, daß nach dem Tode ein neuer Körper und Geist entständen, so können diese doch nicht für die Sünden eines ändern bestraft werden oder den Lohn seiner Tugenden empfangen. Taung-mi lehnt also die Lehre vom Samsära, der Wiedergeburt, ab, was für einen Buddhisten schon einen gewissen Mut erfordert. 2. Hinayäna-Lehre. Die „Lehre vom kleineren Fahrzeug" gilt als die zweite, etwas höhere Stufe. Tsung-mi gibt davon die folgende Darstellung: „Körper und Geist vereinigen sich scheinbar eine Zeitlang und scheinen ein einheitliches und beharrliches Wesen zu sein. Die gewöhnlichen einfältigen Menschen erfassen diesen Sachverhalt nicht, und halten an dem Wesen wie an einem Ich fest."1) Körper und Geist befinden sich in einem beständigen Prozeß des Werdens und Vergehens. Der Körper ist kein Ich. Er entsteht aus der Vereinigung von Materie und Geist. Die Materie wieder setzt sich zusammen aus den vier Elementen2) und der Geist aus den vier Skandhas3). Demgemäß müßte es acht Ichs geben. Zerlegt man den Körper noch genauer in seine einzelnen Teile: 360 Knochen, Haut, Haare, Muskeln, Fleisch, Leber, Herz usw. und die Empfindungen, Vorstellungen und ändern Bestandteile des Geistes ebenfalls in ihre Teile, so kommt man auf viele tausend Ichs, und man findet kein einheitliches Ich. Der Körper ist nur eine scheinbare Zusammensetzung aus zahlreichen Faktoren, die nur eine Zeitlang dauert. Wenn man von der Nichtexistenz des Ich überzeugt ist, dann hängt man nicht mehr an seinem Körper, gibt sich nicht mehr den Begierden hin, die zur Seelenwanderung führen. Der Körper verzehrt sich zu Asche, das Bewußtsein erlischt, alles Leiden hört auf, und man wird zum Arhat. Gegen diese Auffassung von Körper und Geist macht Tsung-mi folgende Bedenken geltend: Weder das Körperliche, noch das Geistige ist ewig, sondern hört auf. Wie kommt es, daß sie immer wieder neu entstehen ? Es muß ein Etwas geben, das nie aufhört und das Leben immer wieder von neuem hervorruft. Diese Schwierigkeiten sucht die „Lehre vom großen Fahrzeug" zu lösen, die in zwei Formen auftritt. Die eine leugnet die Realität der Außenwelt und erkennt nur das Vorhandensein des Bewußtseins an, die andere gibt auch das Bewußtsein preis. Taung-mi behandelt beide als die dritte und die vierte Entwicklungsstufe. ') Ywn-jen lun S. 880a': # ,& IS £-, — fö S, S * *> fft ± Ä Ä · ) Die vier indischen Elemente: Erde, Wasser, Feuer und Wind.

2

') Das sind: Empfindungen, Vorstellungen, Gestaltungen und Erkennen, wozu gewöhnlich noch die Form gerechnet wird, denn es gibt im Buddhismus fünf Skandhas.

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Die T'ang-Dynastie und die Fünf Dynastien

3. Mahäyäna-Lehre von den Phänomenen und ihren Eigenschaften. 1 ) „Durch den Einfluß eines Traumes erscheinen der Phantasie die Gestalten aller möglichen äußeren Objekte. Solange man träumt, ist man überzeugt, daß diese äußeren Dinge wirklich vorhanden sind, sobald man aber erwacht, erkennt man sie als Traumgebilde. Mit meinem Körper ist es ebenso, er ist nichts anderes als ein Gebilde meines Bewußtseins. Durch einen Irrtum nehme ich die Existenz meines Ichs und der Außenwelt an. Daraus entsteht die Verblendung, man schafft das Karman, und Leben und Sterben folgen daraus ohne Ende. Wenn man diese Theorie begreift, dann erkennt man, daß mein Körper nur ein Erzeugnis meines Bewußtseins und daß das Bewußtsein auch der Ursprung des Körpers ist."2) 4. Mahäyäna-Lehre, welche auch die Realität des Bewußtseins negiert. Das Träumen und die geträumten Dinge scheinen verschieden zu sein, aber in Wirklichkeit sind beide Illusionen ohne Existenz. Ebenso ist es mit dem Bewußtsein, welches nur infolge von gewissen Ursachen auftritt, aber an sich wesenlos ist. Gegen beide Formen der IfaAäyäwa-Lehre richtet Tsung-mi seine Kritik: „Wenn der Geist und die Welt nicht existieren, wer ist es," fragt er, „der um dieses Nichtsein weiß ? Und wenn alles nicht wirklich ist, was ermöglicht es dann, alle diese nicht realen und trügerischen Dinge in die Erscheinung treten zu lassen ? Ferner ist es nicht möglich, daß alle diese nicht realen und trügerischen Phänomene in der Welt ohne ein wirkliches Sein als Basis zu haben, entstehen könnten."3) Wenn wirklich das Träumen sowohl wie die geträumten Dinge keine Realität besitzen, so muß doch für diese wesenlosen Träume ein Schlafender vorhanden sein. Angenommen, daß der Geist ebenso wesenlos ist wie die Welt, so ist doch nicht klar, wodurch diese Illusionen hervorgerufen werden. Tsung-mi erklärt sich selbst für die Ekäyana-Lehre*), welche allein zur Wahrheit führt und alle Zweifel überwinden soll. Ihr Inhalt ist nach seiner Darstellung der folgende: 5. Ekäyana-Lehre vom wahren Sein. „Alle empfindenden Wesen besitzen den mit ursprünglichem Wahrnehmungsvermögen begabten wahren Geist. Seit urewiger, anfangloser Zeit besteht er rein ') Dharma-laksaya.

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·) ibid.: ^

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·) Chin.: —

D. Buddhisten: 2. Ho Teung-mi

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und klar, hell erleuchtet und niemals verdunkelt, mit vollkommener und ewiger Erkenntnis. Man nennt ihn auch die -BwddAa-Natur1) und TatJiägata-garbha?). Aber seit unvordenklichen Zeiten ist er durch Illusionen verfinstert und kennt sein eigenes Wesen nicht mehr, sondern sieht nur noch den gewöhnlichen Stoff. Daher hängt er mit seinen Begierden an den Dingen, entwickelt ein Karman und erleidet die Qual des Lebens und Sterbens. Indem sieh der große Erleuchtete3) der Menschen erbarmte, erklärte er ihnen, daß alles leer und wesenlos sei, und wies sie darauf hin, daß sie eine wunderbare Erleuchtung, den wahren Geist und vollkommene Reinheit besäßen und mit Buddha eins seien."4) In ihrem innersten Wesen sind alle Menschen Buddha. Deshalb müssen sie ihm in allem nacheifern, zu ihrem Ursprung zurückkehren und alle bösen Angewohnheiten ablegen, bis sie zum Wu-wei und zur Spontaneität gelangen. Dieses Endresultat von der Buddhaschaft aller Menschen kommt der Theorie der Meditationsschule sehr nahe. Die Gedankenwelt, in welche wir geführt werden, ist ganz indisch, eine Entwicklung der Philosophie des Buddhismus, wie sie sich in Indien vollzogen hat. Chinesisches Denken kommt dabei nicht zum Ausdruck. Die Zutat des Verfassers ist die dialektische Form und die Kritik der einzelnen Systeme, und gerade in dieser Kritik liegt der Hauptwert des Traktats. ') 2 ) 3 ) ')

Buddhatva. Der verborgene Schatz Buddhas. Buddha. YWn-jen lun, S. 880b°: -®3

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Sachregister Abnormitäten, durch sie zeigt der Himmel seine Macht 52. Absolutes 188, 191, 196. A b s t i n e n z vom Wein 212, 244—245. Acht Genien, des Taoismus 164. Acht Himmelsrichtungen 30, 37, 141, 213, 356. Achtteiliger Heilsweg, des Buddhismus 187. Agnostisch 157. Ahnen 113, 282; Ahnentempel 143. Aktivismus, Methode, die Menschen zu beherrschen 43. Alchimie (Alchimist, alchimistisch) 24, 105, 135, 178, 181—185, 204, 206, 207, 219—221, 222, 224, 337—38. A l t e r t u m , Verehrung 256, 282. Altruismus, kommt vom Überfluß 122. Amulett 178, 314; in Form des Siebengestirns 104; zur Beschwörung von Geistern und Dämonen 183; schützt das Leben 216; in himmlischer Schrift 223. Anarchie (Anarchist) 180, 224; Schwärmen für Anarchie 225. Anima, = animus 124. Anthropologie, erster Versuch einer 197. Anthropomorph, Himmel nicht anthropomorph aufgefaßt 115; Himmel anthropomorph aufgefaßt 116. A n t i q u i t ä t e n , Sammler 282. Apathie, als Mittel um zu Tao zu kommen 182. Arterien, bringen Lebenskraft hervor 125. Asket 46, 187. Astrologe (astrologisch), astrologische Deutung der Planetenbewegung 31; alte astrologische Vorstellungen 121; Astrologe weissagt vom Himmel ausgehend 95; für sich beten lassen 151. Astronomie (Astronom, astronomisch) 45, 75, 78, 101, 311. Atem (Atmung, atmen) 173, 193; Methode der 35, 178, 182; Regeln der 187; als Mittel zur Lebensverlängerung 134, 183, 315; Mittel zur Erhaltung der

Gesundheit 134, 135; bei Gleichmut aufgehoben 188; Charakter und Wirkung der 32, 219, 188, 224, 243. Äther, feuriger = ursprüngliche Bedeutung von Yang 53; als Fluidum des Himmels 116. Atomtheorie 189. Autobiographie, des Wang Tsch'ung 110. Automat, musizierender 204. B a u c h a t m e n 135, 183. Begierden, sind zurückzudrängen 58. Belohnung, die Erwartung von Belohnung läßt die gute Tat verlieren 221. Belohnungen und Strafen 215; als Begierungsmaßnahmen 136, 203, 321; als Handhabe des Feldherrn 260; nicht die Folge von Tugend 122; Hoffnung auf Belohnung und Strafen ein Irrtum 307; entsprechen Yang und Yin 321; müssen sofort erfolgen 172; bei Belohnungen und Strafen kommt es nicht auf die Schwere an 171; Anwendung von 43; große Belohnungen und kleine Strafen 70. Beobachtung, eigene Beobachtung als neue Methode 108; Beobachtungsmethode 199. Bestimmung, nennt man den Befehl des Himmels 58; 57—60. Beten (Gebet), zu Geistern und Dämonen 32; Heilige beten nicht und opfern nicht 68; nicht anerkannt 100; Stoßgebet der chinesischen Buddhisten 113; Wiedergeburt durch Beten 193; nützt nichts 216; Gebete des Menschen vom Himmel erhört 307; für Verstorbene 367. Bewußtsein, vernichtet 126, 191; 187, 369; Wirkung des Objekts auf das Bewußtsein 189; es gibt kein Bewußtsein 191; der Pflanzen und Tiere 265, 368; hat der Geist, nicht der Körper 268; nach Traum verwirrt 269; des Verstorbenen nicht abgeschnitten 367; ist Ursprung des Körpers 370.

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Sachregister Blutrache, Ausübung anerkannt 62, abgelehnt 136. B l u t s v e r w a n d t s c h a f t 329—330. Buchdruck, Beginn 285. causa sui 90. Charakter (Wesen), läßt sich nicht von Grund auf ändern 58; vom Himmel empfangen 59; gleichmäßig gestalten 69; was bedeutet Wesen 94; Klassen von 198. Charakterologe (Charakterologie) 12, 180, 198; erster Versuch einer Charakterologie 197. Chaos, zu Beginn des Chaos war das Geheimnisvolle 83; Stille im 85; ist Ursprung aller Dinge und Urprinzip 227; herrschte in Urzeit 150; Schilderung des Chaos 323, 328; ist Anfang von Himmel und Erde 333; Tao ist Chaos 334. Dämonen (vgl. Geister und Dämonen) 32; Tote werden keine Dämonen 125; werden 164; und Magie 223—24; Fluidum wird zu Dämonen 279; als existent betrachtet 359—60; finden Opfer 290; von W u T a o - t s e gemalt 324. Denken (Gedanke, Denker) 46, 88, 113, 3 5; es gibt kein Denken 190, 191; mit Tao intuitiv 319; aufs Leere richten 344; Festhalten der Gedanken 315; aufgeben und zu Tao gelangen 345; durch Denken Welt entstehen lassen 354; entspricht der Erde 358; Verstehen des Urgedankens 198; Gedankenlesen 337. Dialekte, Sammlung 78. Dialektik (Dialektiker, dialektisch) 3, 48, 224, 233, 271, 274; 45, 161, 258—259, 366; 71, 191, 208. Diät, Mittel zur Lebensverlängerung 183; durch Diät Ablösung von Welt 243; durch übertriebene Diät sterben 256. Dinge 14, 31, 34, 37, 38, 55, 96, 97, 109, 118, 189, 192, 196, 239, 264, 295, 307, 311, 317, 320, 325, 332, 334, 339, 340, 342, 343, 346, 351, 355, 356,—58, 370. Dogmatiker 5, 100. Donner, entsteht durch Reibung von Yin und Yang 30; Gewitter durch Kollision von Erde und Feuer 57; ist die Stimme des Himmele 119; hängt vom Fluidum ab 354.

Donnergott 36. Drache 54, 85, 140, 151, 174, 183, 218, 224, 344, 360; Tondrachen, um Regen herbeizuholen 102. Drei Dynastien 13. Drei Gifte 365. Drei Herrscher und Dynastiengründer 35, 333. Drei Inseln der Seligen 181. Drei Kostbarkeiten: Güte, Mäßigkeit und Demut 334. Drei Pflichten 335. Drei Potenzen: Himmel, Erde und Mensch 50, 83, 278, 279, 335, 357. Drei Reiche 176, 196. Drei Sphären = Drei Potenzen. Drei Stufen, der Natur 296; der Ausbildung der Persönlichkeit 338. Drei Talente, der nördlichen Dynastien 251. Drei Weise, der späteren Han-Zeit 112. Edler = Idealmensch, der Edle und das Tao 15, 92, 289; und die Tugenden 41, 69, 93, 153—54, 162, 168—69, 171, 201, 213, 215, 258, 353; und sein Verhalten 38, 69, 70, 131, 134, 172, 332, 335; harmoniert mit dem Geheimnisvollen 90, nimmt sich die Reden der Schwätzer vor 250; freut sich über glückliche Vorzeichen wenig 256; hält die Kriegsgeräte bereit 260; wird erkannt am Verhältnis zum Prinzip der Gegenseitigkeit 280. Ehrerbietung 62, 69. Eine, das (die Einheit) 20, 26, 29, 30, 31, 42, 208, 214, 2 9, 236, 237, 323, 340, 352. Einhorn, erscheint als Zeichen des Himmels 140, 151, 162, 218, 247. Einmütigkeit (Eintracht, Harmonie) 17, 20, 28, 51, 168, 225. Einsicht, durch Einsicht Schicksal meistern 67. Eintracht (Harmonie) 28, 225. Eklektiker (Eklektizismus) 45, 46, 112, 239, 243—260. Elegien, von Tsch'u 12, 66, 74. Elemente siehe Fünf Elemente. Elixir siehe Lebenselixir, aus 8 Stoffen

184. Empirisch (Empirist) 100, 113; empirische Erklärung der Welt 5. Entsagung, buddhistischer Mönche 163.

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Sachregister

Erdbeben, ist Folge von Zusammenstoß von Elementen 57. Erde, ist Seele 88; das Prinzip der Erde 131; ist ohne Eigennutz 146; auf die Erde kann man sich nicht verlassen 319; Treue und Tugend 335; hat Ursprung im Yin 100; entstand aus Urfluidum 356; lenkt Urkörper 278. Erde (physisch), ist Scheibe in Rechtecksfonn 123; dreht sich von West nach Ost 139; ist zusammengeballter Erdklumpen 239; schwimmt auf Wasser 240; man darf Erde nicht aufreißen 295; Erdgestalt in Rechnung ziehen 260; ist nicht von selbst Erde 352. Erdfluidum, stieg empor 28. Erfahrung, eigne Erfahrung als neue Methode 108; Erfahrungstatsachen 113; Denken ohne Erfahrung genügt nicht 128; Methode zur Erlangung von Erfahrung 161. Erkenntnis, in ihr bis zum letzten vordringen 96; intuitive 182; Verschiedenheit von Erkenntnis und Erkanntem 190; höchste 190; Grenze der 322; richtige 363; der eigenen Natur 365; volle 367; ewige 371; Erkenntnistheoretisches 342—344. Erkenntniskritik (Erkenntnistheorie), erkenntniskritischer Standpunkt 112; erkenntnistheoretische Fragen 195, 342— 344; Erörterungen 339. Erleuchtung, durch sie tritt Geist in Verbindung mit Außenwelt 16; des Heiligen 51; Fehler schaden ihr nicht 69; himmlische 96; innere 182; entspringt aus Leere 299; kennen Toren nicht 331; des Geistes 338; Weisheit durch sie erlangt 363; vollkommene 366. Erlösung, setzt moralisches Leben voraus 187; durch Glauben 189; es gibt keine 191. Essenz, der großen Einheit = ein Geist 65. Ethik, (ethisch), vgl.Moral, Sitte;taoistische 3, 128; bei Tung Tschung-schu 60—61; des Yang Hsiung 84, 91; des Huan T'an 102; bei Liu Schao 197; Naturgeschehen ethisch aufgefaßt 201, 258; konfuzianische und mehistische 248, 320, 333, 345—49; große Rolle für Ethik spielt die Musik 254; ethische Gesichtspunkte 348. Etymologie 131. Eugenik 241.

Existenz, vgl. Sein; von früherer Existenz sind keine Spuren da 264. Fabel 73. Familie (Verwandte) 9, 17; Familienzusammengehörigkeit 241, 242, 329, 330. Fasten, durch Fasten Unglück nicht abzuwehren 68, vor Opfer 103, 104; verfeinert Körper 183; vor Gebrauch des Elixirs 221; 222; üben 281; um Genius zu werden 315. Fatalismus (Fatalist), taoistischer Fatalismus 18; 120. Fetischismus 193. Feuerwehr 210. Fichte, Harz, Blätter, Wurzeln als lebe'nverlängernde Substanz 184. Fiktionen 110. Firmament, ist Scheibe 123. Fixsterne (vgl. Sterne, Planeten) 123. Fliegender Wagen, eine Erfindung des 3. Jahrhunderts n. Chr. 204. Fluidum (Fluida, Urfluidum), vgl. Yin und Yang, 28, 30, 53, 55, 60, 71, 88, 117—18, 126, 128, 133, 135, 140, 150— 51, 212, 219, 262, 279, 293—95, 306, 311, 323, 328—30, 337—41, 344, 348, 353—54, 356—58, 367—68. Fortleben (vgl. Unsterblichkeit) nach dem Tode 127. Frühling, als Zeit des schwachen Yang 53—54. Fuchs, in der Rolle des Schlauen 73. Fünf Beziehungen, wu-lun, 300. Fünf Dynastien (907—960 n. Chr.), 283. Fünf Elemente: Metall, Holz, Wasser, Feuer, Erde, 11, 26, 31, 53, 57, 66, 108, 118, 123, 124, 128, 129, 138, 141, 142, 144, 150, 152, 189, 197, 198, 260, 310, 324, 338, 355, 356—358. Fünf Ermahnungen, des Han Yü 296. Fünf Feldfrüchte 117, 155, 162, 183. Fünf Fluida 338. Fünf Gebote, des Buddhismus 368. Fünf Geschmäcke 161—62. Fünf Getreidearten 7. Fünf Grundfarben 57. Fünf Grundtöne (Noten) 144, 335. Fünf Haupttugenden, der Konfuzianer, siehe Fünf Tugenden. Fünf heilige Berge 314. Fünf heilige Könige = Fünf mythische Kaiser. Fünf innere Organe 126, 142.

Sachregister Fünf Klassiker 3—4, 66, 81, 94, 105, 149, 159, 161, 162, 166, 174, 178, 196. Fünf Maßnahmen, dee Hsün Yüeh 136. Fünf mythische Kaiser 35, 37, 333. Fünf Naturen, des Menschen 142. Fünf Philosophen, der älteren Han-Zeit: Hsün-tse, Tung Tschung-schu, Yang Hsiung, Wang T'ung und Han Yü, 289; der Sung-Zeit: Tschou Tun-i, Tschang Tsai, Tsch'eng Hao, Tsch'eng I, Chu Hei 289. Fünf Planeten 123, 140. Fünf Riten 169. Fünf Tore, um Genius zu werden 315. Fünf Tugenden, der Konfuzianer; Wohlwollen, Gerechtigkeit, Schicklichkeit, Wissen, Wahrhaftigkeit: 92—93, 126, 129, 142—43, 166, 168, 198, 201, 260, 279—80, 287, 296, 345—48. Fürst (Herrscher), und Untertan (Volk) 7, 18—19, 50, 55, 61, 71—72, 98, 146, 201—02, 226, 246, 254—55, 292, 303, 331, 337; und Beamter 9, 73, 321, 337; Vertreter des Himmele 52; vom Himmel eingesetzt 59, 154; Regierung des Fürsten 70, 135; gab es im Altertum nicht 154, 225; und Naturlauf 10, 57; soll Heiliger sein 247; Tao des 320; Beispiel des 18; ehrt Himmel 50; bestimmt Sitten 335; hat Gesicht nach Süden 14; muß auf Geistiges bedacht sein 51; benimmt sich wie reiner Geist 62; Ordnung und Friede nicht von Fürst abhängig; und Gerechtigkeit 201; geht zugrunde 32; Lehre vom Fürsten 211; Absetzung unmöglich 211; 17; 42—46, 63, 71—72, 104, 202, 259, 309, 311, 321, 334, 347, 365. G e b u r t , der Menschen 212. Gefühle, gute, ihnen folgen 60, 133, 298, 330; schlechte, sich von ihnen befreien 38, 39, 58, 298, 316; begleitet von Gut und Böse 134; des Menschen 264—55; des Himmele 140; sind Wirkung des Yin; durch Studium geregelt 168; durch die Noten hervorgerufen 144; von 5 Elementen erzeugt 138; die drei Stufen der Gefühle 297; es gibt sieben 297. Gegensätze, Satz der sich erzeugenden, 18, 70. Geheimnisvolles (Verborgenes) 83, — 90, 92, 95, 159, 161, 213, 312, 340. Geheimwissenschaf ten, Vertreter der 23.

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Geist (vgl. Körper und Geist und Seele) 26—27, 88, 89, 274; und Körper 134, 242, 253, 264, 266, 268, 269, 271—72, 274, 341; und Tao 16, 317—18, 359; des Himmels 30, 51, 96, 119, 219, 311; Existenz und Bestandteile des Geistes 143, 189, 190, 196, 267—68, 340, 341, 369—70; Pflege des Geistes 39, 61, 69, 188, 212, 238, 247, 264, 313, 316, 316, 317, 340; 348; Geist und Leben 32, 265, 328; Geist als Weltprinzip 67; als höchste und einzige Wirklichkeit 190; Geist und Gefühle 133,139; Entstehung, Ursprung, Zugangspunkt des Geistes 109, 138, 139, 197, 199, 356; Geist und Erkenntnis 270; Ewigkeit, Unsterblichkeit des Geistes 236, 262, 265, 312, 317, 356; Eigenschaften und Wirkungen 43, 85, 198, 315, 328, 330, 354, 366, 370; Selbstzucht des Geistes 182, 317; Bückkehr des Geistes 164; ist kein Ding 228;. was ist Geist? 262, 366; Selbstaufgabe des Geistes 317; Geist und Leere 331, 345; ist Fiktion 344, 365, 363, 370; entspricht dem Feuer 368; enthält Buddha 364; eines der sechs Vermögen 16; reiner Geist 62, 196. Geister 127, 156, 216—219, 341, 346, 359; Ehrungen und Opfer für Geister 38, 93, 103, 162, 164, 279; der Verstorbenen 126, 129, 261, 273, 368; Glaube an Geister 36, 130, 181, 218, 223, 260; herbeirufen und abwehren 35, 108, 224, 266, 344; himmlische und irdische 88, 279, 290, 314; die Kunst, Geist zu werden 107; Eigenschaften und Wirkungen 104, 129, 161, 211, 216, 223, 240, 257, 335, 347. Geister und Dämonen 32, 51, 209, 223, 270, Ehrungen und Opfer 18, 68, 104, 151, 152, 293, 308, 335; Eigenschaften und Wirkungen 163, 155, 167, 216, 219, 234, 242, 274, 319, 351; Verkehr mit 143, 183; Werke über 207; Lehre von 134; im Dienst der Heiligen 36. Geister und Genien 96—97, 164, 204, 206, 217, 273. Geisterbuch 164. Geisterlehre 341. Geistervogel 182. Geisterwelt 83. Geistigkeit (Geistiges, geistig), des Himmels 61; geistige Vorgänge aus materiellen zu erklären 55; im Staate 62;

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in Himmel und Erde 96; geht vom Menschen aus 310. Gelehrter 3, 15, 23, 47, 69, 111, 144—145, 159, 168, 170, 172, 174, 194—195, 210, 218, 222, 229, 242, 248, 253, 262, 288, 347, 360. Geniales Schaffen 324. Genius (Genien), Mittel und Methoden, Genius zu werden 165, 183, 184, 206, 219, 220, 221, 222, 312, 314, 315, 336, 338; Werke über Genien 66, 164, 182, 204, 206, 218, 230; Existenz von Genien geleugnet 97, 134; die acht Genien 164; himmlische Genien 221; Arten von Genien 234; Unsterblichkeit der Genien 236; Erörterung über Genien 243; 248. Geoment 129. Gesang siehe Lieder. Geschichtsschreibung l, 136. Geschick siehe Schicksal. Gesetze, und Verordnungen 10, 43, 172— 173, 226; haben gewechselt 44; natürliches Gesetz 97; wozu Gesetze ? 132; unterdrücken das Schlechte 133; Einheit ist Gesetz für die ganze Welt; ewiges Gesetz der Menschheit 258; durch Gesetze übertrifft der Mensch den Himmel 310. Gestaltloses 34, 87, 95. Gestirne siehe Sterne. Gewaltherrscher 42, 69, 103, 225. Glaube, genügt zur Erlangung der Seligkeit 193. Gleichmut (Gleichgültigkeit), als stille Heiterkeit 39; gegen äußere Dinge 33. Gleichwertigkeit, der Dinge 38. Glück, von Geistern und Dämonen verliehen 32; glückliches Zeitalter 40, 328; der Mensch zwingt das Glück 67; Glückstag 72; und Frieden vom Buddhismus erhofft 179; durch Besitz von Tao 183; in der Wunschlosigkeit 202; von Geistern gesandt 211; ist den Guten nicht nahe 216; vom Himmel erlangen 220; wiegt kindliche Liebe auf 230; der große Gelehrte genießt das Glück 242; glückliches Vorzeichen 256; kein Glück durch gute Taten zu erlangen 331. Glück und Unglück, schlagen ineinander um 18, 152, 256; Geister und Dämonen verleihen Glück und beschützen vor Unglück 32; Glück ist Freisein von Unglück 33; der recht Handelnde erlangt Glück 60; sind vorauszusehen 67; sind

mit dem Geheimnisvollen verbunden 90; Definition 121; sind Zufall 129; vom Fluidum bewirkt 151; im Traum angedeutet 153; von guten und bösen Taten abhängig 170, 240, 309, 310; durch Zaubersprüche herbeigeführt und gebannt 183; Ungenügsamkeit ist größtes Unglück 202; kommen ungeraten 214; Bedeutung für den Edlen 335; von Tao bestimmt 367; Unglück durch Fasten und Opfer nicht abzuwehren 68. Glückbringende Zeiten und Tage 103. G l ü c k sg ü t e r, von Sternenf luidum abhängig 121. Gold, machen 65, 337; als Lebenselixir 184, 221; Mittel zur Erlangung der Unsterblichkeit 219; Goldsaft 219—220. Grabbeigaben 1. GrenzenlosigkeitsieheUnendlichkeit. Große Mauer, ihr Bau 10, 20. Gutes und Böses, tun und ablehnen 19, 57, 89, 201, 202, 242; Definition 41; Beziehung zu Yin und Yang 55; sind gleichzeitig vorhanden 85, 90; Geister tun weder Gutes noch Böses 129; bekämpfen einander 133; Kritik der Gleichgültigkeit gegen Gutes und Böses 247; Buddhismus vernichtet Böses, Taoismus entfaltet Gutes 23S; die Guten sind nicht dem Glück nahe 216; nicht gekannt vom Naturgesetz 310; Güte der menschlichen Natur 298; Gutes und Böses gibt es für den Edlen nicht 332; Gute sind gut ohne Belohnung 305; von Dämonen verursacht 359. Gerechtigkeit 17, 40, 60, 91, 92, 96—98, 156, 198, 201, 211, 241, 320, 321, 345, 346, als eine der konfuzianischen Haupttugenden 8; durch Metall dargestellt 142; ohne Nahrung keine Gerechtigkeit 347; Tieren gegenüber 348. Gymnastik, verlängert das Leben 183, 221, 315. Heiliger 9, 93, 165, 210, 221, 234, 247, 273, 314, 339, 345; Wesen des Heiligen 15, 32, 33, 51, 52, 58, 83, 94, 98, 116, 198, 212, 237, 257, 285, 293, 298, 299, 313, 319; Worte, Methoden, Lehre des Heiligen 8, 41, 44, 80, 97, 154, 159, 162, 189, 242; Taten und Strebungen 7, 33, 37, 91, 95, 152, 200, 209, 256, 340, 353, 359; Heilige und Weise 15, 68, 93, 128, 221; Heiliger werden 216, 298; einen

Sachregister Heiligen gibt es alle 1000 Jahre 241; sieht Chinesen und Barbaren als gleich an 289; der Himmelssohn ist der größte Heilige 291; führen irre 332, 351. Herbst als Zeit des schwachen Yin 53—54. Heroen, der Vorzeit 19. Herz, des Heiligen 37; ergründen 39; des Himmele 52; ist Fundament des Geistes 200; Gradheit des Herzens 201; ist Herrscher des Leibes 253; der Heilige verschmäht das Herz 257; wenn das Herz krank ist, ist das Denken verkehrt 270; das Herz läutern 293; von schlechten Gedanken reinhalten 299; zur Ruhe bringen 313; Konzentration des Herzens führt zur Sammlung der Gedanken 316; auf das Herz kann man sich nicht verlassen 319; Spontaneität des Herzens 330; das Herz leer halten 332; an die Dinge hängen 333. Hexagramme, ersetzt durch Tetragramme 84. Himmel (himmlisch) 18, 53, 79, 104, 131, 135, 185, 211, 249, 259, 264, 294, 295, 296, 304, 305, 308, 309, 311; Wesen und Eigenschaften des Himmels 52, 56, 62, 88, 95, 146, 156, 156, 165, 171, 215, 216, 219, 223, 226, 247, 258, 293, 306, 309, 311, 319, 351—352; Ursprung des Himmels aus Yin und Yang, 150; aus dem Urfluidum 356; als geistiges Wesen, Weltlenker 49, 50, 51, 64, 67; schuf alle Dinge 7, 97, 138, 225; Verehrung des Himmels 9, 136; Wirken, Taten, Wünsche des Himmels 18, 57, 58, 60, 61, 70, 165, 247—248, 254, 258, 278, 307, 310, 345, 354, 357; als physisches Wesen 87, 101, 139, 239, 307, 309, 368; ist Grundlage des Staates 154; himmlisches Yin und Yang 54; himmlische Natur 59; himmlisches Fluidum 117; himmlische Prinzipien 331. Himmel und Erde 15, 51, 91, 92,115—120, 149, 216, 311, 315, 358; rund und viereckig 30, sind stoffliche Wesen 50; bringen Natur hervor; ihr Entstehen 87, 334; materiell aufgefaßt 139; als Naturkräfte 223; sind ohne Ende 264; waren z. Z. des Chaos ungetrennt 328, 333; ihr Ursprung und Werden 16, 28—30, 160, 214, 329; Wirken, Taten, Wünsche von Himmel und Erde 43, 59, 108, 136, 153, 367; Wesen und Eigenschaften 50, 68, 93, 139, 201, 212, 219, 268, 264, 296,

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332; von Tao umschlossen 26; von Leere umschlossen 325; als Einheit 49; als höchstes Weltprinzip 115; Verehrung von Himmel und Erde 143; vor Himmel und Erde war das Unfaßbare 166; von Menschen gefürchtet 203; sind Vater und Mutter aller Wesen 31, 59, 216, 367; Geist als Himmel und Erde ist ewig 316; sind Geister von Yin und Yang 341; sind nur Gedanken ? 353. Himmelsgewölbe 239. Himmelsopfer 51, 239. Himmelsrichtungen als Sitz der Jahreszeiten 56; vgl. Acht Himmelsrichtungen und Vier Himmelsrichtungen. Himmelssohn 20—21, 51, 321. Huhn, Genuß von Huhn verlängert das Leben 184. Hundert Philosophen 200, 210, 250, 312. Hypnose 187, im Lamaismus 193. Ich 182; hat kein festes Substrat 186; Bealität des Ich geleugnet 190, 195, 354—356, 358, 370; das Ich ist real 192, 369; es gibt acht Ichs 369. Idealismus (idealistisch) 190, 192, 286, 339, 356, 363, 364; der MahäyönaRichtung 189; idealistische Richtung der Sauträntikas 192; subjektiver Idealismus 192. Illusion 187, 195, 370, 371. Initiative 34, 43. Instrumente (Apparate und Erfindungen) siehe Wasser- und Sonnenuhr, Magnet, Tondrachen, Kompaßwagen. Intelligenz (Intellektuellst) 168, 187. Intuition (intuitiv), des Heiligen 34, intuitive Erkenntnis 89, 182; intuitives Denken 319; sich auf die Intuition verlassen 345. Irrationales, im Schicksal 68. Irrsinn, = Störung der Lebenskraft 124. Jade, ist Yin-haltiges Mittel 184; Elixir aus Jade 221. Jenseits, buddhistische Jenseitslehre 179. Kaiser, nimmt, den Himmel als Richtschnur 156; erhebt die Zuverlässigkeit zum Prinzip 201; sorgt für das Wohl des Volkes 226; die alten Kaiser hielten sich abgeschlossen 43; bringt das Himmelsopfer dar 51, 249, 282. Kalender, Änderung 11.

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Kalligraphie (Kalligraphen) 177, 305, 314. Kanon, konfuzianischer 63; taoistischer 179, 207; Sanskritkanon 188. Kataloge, des Tch'ien Han-schu 24; des Liu Hsiang 66; Literaturverzeichnis des Liu Hsin 77—78; der Sui-, T'ang-, Sung-Zeit 146, der Sung-Zeit 200. Katastrophen, als Tadel des Himmels 52, 119; in Verfallszeiten 104; als Warnung 140; Katastrophen abwehren 321. K a u f l e u t e , gering geachtet 203. Kausalnexus, zwölfteiliger, verursacht Leiden 187. Keramik 1. Kinderpflichten, unvereinbar mit Mönchsleben 163. Kindliche Liebe, = Pietät, ist höchste Tugend 92, 148, 230, 320; ist Sorge für die Eltern 93; Klassiker der Kindlichen Liebe 146; Entsagung buddhistischer Mönche ist nicht Fietätlosigkeit 163; nach dem Tod nicht mehr geübt 273; Kindliche Liebe und Loyalität können an der Verwirrung der menschlichen Natur nichts ändern 331; Himmel besitzt kindliche Liebe 60. Klassenhaß 224. Klugheit, ist Essenz von Yin und Yang 198. Kompaß wagen, im 3. Jahrhundert n.Chr. 204. Könige, Methoden der alten Könige 103; Lehren der alten weisen Könige 290. K o p f p u t z , für Frauen 203. Körper 31, 32, 38, 57, 262, 293, 340, 344, 364, 369; Befreiung vom Körper 16, 57, 334; Pflege des Körpers zur Erlangung der Unsterblichkeit 184, 312, 317; zur Ausbildung der Persönlichkeit 338; den Körper zu Geist machen 183—184; ist Substanz des Geistes 268; ist nicht Geist 271; ist kondensierter Geist 341; ist nur Gebilde des Bewußtseins 370; ist für Tao ein Traumbild 333; durch Wuwei pflegen 313; ist Werkzeug der Natur 381; ist seinem Wesen nach tot 328; gedeiht durch Nichttun 331; führt Unreines mit sich 332; existiert nicht 343; von Heiligen mißachtet 37; neuer Körper entsteht nach dem Tod 369; das Körperlose 26, 311, 332; Körper und Geist 183—184, 197, 236, 241, 253, 262—265, 269—270. Körperpflege, = Hygiene 204.

Kosmische Kräfte, Yin und Yang als 63. Kosmologie, im Hsin-yü des Lu Tchia 7. Kosmos (All) 28, 36, 37; aus Chaos entstanden 334. Kranich, weißer Kranich als Geistervogel 182, 314; vollkommener Taoist reitet auf Kranich 183, 359; Kranich genießen verlängert das Leben 184; bleibt ewig am Leben 217. Krieg (kriegerisch), Werk über Krieg 44; gerechte Kriege 45; ist Folge von Zusammenstoß zwischen Holz und Metall 57; kriegerische Tüchtigkeit 60; Ablehnung des Kriegs 11, 62, 282; Staat braucht Kriegsmacht 321; kriegerisches Auftreten ist minderwertig 60. Kriegswissenschaft 46. Kritischer Sinn 108, 129. Küchengott 223. Kultur, Fortschritt 1; Nachahmung der Kultur 284; Kulturmissionare 285; wird verdammt 94, 224, 225, 328; Kulturdünkel der Chinesen 194, 235, 292; Entstehung der Kultur 306, 328. Kultus (Kulthandlungen), steht unter der Herrschaft der Sitte 17; Kult des Himmels 48; Ablehnung der Kulthandlungen 68; bei Huan T'an 103. Kunst l, des Schnitzens, Schabens, Gravierens, Malens 209; 287, 339; kirchliche 177; goldene Zeit der chinesischen Kunst 285; Kunstkritik und -theorien 285. Lamaismus 193. Landwirtschaft, und Miütär als Hauptstützen des Staates 157. Leben ist Wirken des Himmels 32, 57, 212; ist ein kostbares Gut 62; ist kein kostbares Gut 100; ist Unglück und Leiden 187; hängt von der Körperbeschaffenheit ab 106; Lebensfluidum 120—121; ist ein Fluidum 327; Leben der Bösen und Guten 119; Lebensweisheit 38—42, 249; Lebensphilosophie 253; ist Körper und Geist zusammen 265; Weg des Lebens 266; aus Yin und Yang entstanden 262; wird geschaffen 138; ist wie der Tod 31; kommt nach dem Tode wieder 326; Leben des Menschen ist wie ein Baum 267; der Atem erfüllt das Leben, der Geist beherrscht es 32; Pflege des Lebens zur Ausbildung der Persönlichkeit 338; Spontaneität als

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Lebensregel 330; Kreislauf des Lebens Tsch'en T'uan 337; betrügt 344; Le340—341; ist nur ein Traum 363; bensgeist ist aus Metall entstanden 357. Methode, Kunst zur Verlängerung des Lebensprinzip, der Atem als 187. Lebens 65, 135, 314, 338, um einige Leere, Ursprung, Wesen und Eigenschaften 100 Jahre 105, um einige 1000 Jahre der Leere 13—14, 28—29, 36, 87, 184, 234; durch Pflege der Natur 134; 190—91, 232—33, 299, 311, 318—19, langes Leben des Tugendhaften 171, 323, 325—26, 339, 340—41, 351, 356; 216; als Ziel der Taoisten 183, 219; Ausübung und Verständnis der Leere durch Atemgymnastik und Diät 183; 36, 192, 227—28, 233, 253, 282, 328, durch Opfer und Gymnastik 221; durch 330, 338, 340, 344—45, 348, 365, 367; Regelung der Lebensfunktionen 315; Leerheit und Gleichheit der Dinge 195; lebenverlängernde Substanzen: Pfirsich, und Ruhe sind Grundlage der Geister Fichte, Kranich usw. 184; Mittel zur 215; und Nichttun Grundlage des Verlängerung des Lebens 337; Beispiel Lebens 246. dafür 243. Legist en, = Rechtsphilosophen, ihre Leben und Sterben (Tod), 340—341, VerKämpfe mit den Konfuzianern 6; sind hältnis von Leben und Tod 39, 41, 87; zu hart 271. Fragen über 279, 327; hängen vom Lehrer (Lehren) 93, 94, 230; 96 verschiedene Lehren 164. Schicksal ab 90, 171, als irdische Fesseln 317; sind Zwangsarbeit und Leid, und Freude gleichen Ursprungs 18; Ausruhen 209; werden geliebt und geErlösung vom Leid 186; entsteht durch flohen 329; Qual des Lebens und SterLeidenschaften 187; Lust und Leid bens 371; von Leben und Tod freidurch Gleichmut geschwunden 188; kommen 348; vergessen 344; geistige vom Himmel verliehen 367. Natur kennt Leben und Sterben 361; Lieder (Gesang) 174, 308; 101; Festlieder Leben ist gleich Tod 264; in Tao gibt 101—102; Lieder von Tsch'eng 102; es kein Leben und Sterben 358; folgen Liederbuch 200; Volkslieder über die aus Karman ohne Ende 370; LebensGerechtigkeit eines Beamten 265; Opfergesang 102. und Todesodem 224; der vollkommene Mensch ängstigt sich nicht davor 326. Literatur 63, 84, 179, 211. Lebensdauer, hängt vom Schicksal ab 280. Logik (logisch) 113, indische 191. Lebensdurst, = trsnä 187. Loyalität und Treue 19, 77, 147, 148, Lebenselixir 182, 220, 317, 338; wird auf 198, 306; Klassiker der Loyalität, 145; den Inseln der Seligen bereitet 181; Definition 146. aus Mineralien 184; Werke über das Luft, Luftesser (= Atemgymnastiker) leben Lebenselixir 204, 205; durch Alchimie lange 165, 334; die Luft anhalten 183; hergestellt 219,220; seine Zauberwirkung von Luft leben 184, 336; durch die Luft 223, 224; im Tschi-hsüan des Tsch'en schreiten 344. T'uan 337. Lyrik (Lyriker) l, 177, 178, 245, 249. Lebenskraft (Lebensgeist), Pflege der Lebenskraft 35, 107; wird zur Mensch- Magie (Magier, magisch) siehe Z a u b e r (Zauberer). lichkeit 50; Lebenskraft des Fürsten 61; Lebenskraft = Lebensgeist 124; der Magnet 102, 355. Mensch lebt durch Lebenskraft 125; Makrobiotik 111. Störung der Lebenskraft 127, 316; der Makrokosmos 358. Edlen 134; ist ein Teil des Geistes 143; Malerei 177, 194, 285. Lebenskraft enthaltende Speisen 183; Malregeln, die sechs des Hsieh Ho 177. die mit Lebenskraft Begabten sind er- Mann und Frau 7, 50, 55, 71, 241, 242,246, füllt vom Urfluidum 197; von Himmel 348. und Erde dem Menschen verliehen 212; M a t h e m a t i k 168—169. Substanzen, die Lebenskraft enthalten Meditation (Versenkung) 181—182, 187— 188, 192—194, 340, 362—363, 365, 368, 219; ist im Traum wie kalte Asche 269; belebt den an sich toten Leib 328; ist im 371; Meditationsschule siehe D hy an a. Gleichgewicht 336; im Tschi-hsüan des Medizin 165, Werke über 207.

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Sachregister

Melodien 257, von Tsch'eng 102. Mensch (menschlich) Stellung des Menschen in der Natur 31, 60, 56, 724—130, 197, 295, 310; Wesen, Charakter und Eigenschaften des Menschen 54, 57—60, 81, 86, 90—91, 104, 127, 134, 197, 202, 253, 260, 264, 278, 294, 310, 319, 330—32, 334—35, 341, 345, 351, 353— 55, 363, 368, 371; Aufgaben, Wirken und Pflichten 53, 89, 310, 331; Wissen, Können, Glauben und Erkenntnis des Menschen 7, 86, 93, 214, 217, 240; der vollkommene, wahre Mensch 15, 173— 74, 186, 214, 326; der Mensch und der Himmel 58, 293—94, 307, 312, 354; und das Schicksal 67, 256, 280; Ursprung des Menschen 56, 108, 117, 212, 216, 314, 366; Verschiedenheit der Menschen und Stufen des Menschenseins 91, 93, 217, 249, 306; der Mensch und der Tod 279, 326—28; der Mensch und das Tier 327, 329, 348—49; Beziehungen der Menschen untereinander 255, 260, 330; die Lehre vom Menschen 209; Erlösung des Menschen 248; Gesundheit des Menschen 225; Werke über den Menschen 197, 227; allgemeine Menschenliebe 248. Metaphysik (Metaphysiker, metaphysisch) 3, 19, 26, 49—53, 56, 64, 84, 91, 94, 96—97, 114, 115—123, 154, 178, 190, 195, 200, 333, 337, 339—44, 350—60. Meteore 123. Meteorologische Vorgänge und Messungen 40, 101, 354. Methode, philologische 3; Einwirkung der Methode auf die Dinge 14; einer guten Regierung 51; der alten Könige 103; Erfahrung als neue wissenschaftliche Methode 108; zur Erwerbung von Erfahrung 161. Mikrokosmos 358. Militärkolonien 21. Mitleid, mit dem Volke haben 136. Mönch, Leben der Mönche ist anstößig 163, 240; führen unproduktives Leben 271; Mönchskloster 179; große Zahl buddhistischer Mönche 180; Philosophieren buddhistischer Mönche 186; nur Mönche werden durch Hinayäna erlöst 189; Dhyänamönche Anhänger des Amida 194; Mönchs- und Nonnentum 291. Mond, entstand aus feinsten Wasserteilen

29; ist Hauptsitz des Yin 30; dem Mond fehlt etwas an seiner Blindheit 85; besteht aus Wasser 123; hat Ursprung in der Harmonie 150. Moral (moralisch) (vgl. Sitte, Ethik), 63, 89, 151; Moralprinzipien, -lehren, -Vorschriften 67, 68, 92, 96, 103, 139, 194; individuelle und politische Moral 122; moralischer Wandel abhängig von Getreide 122; Moralphilosophie 130; Entartung der Moral 170; moralisches Leben führt zur Erlösung 187; -lehren 193; durch Strafgesetze vernichtet 203; bringt Unheil 225; moralische Ordnung der Natur 334; Grundlage der Moral ist das Wu-wei 346. Mühlsteintheorie: der Himmel dreht sich horizontal 101. Musik (Musiker), F ü n f G r u n d t ö n e vgl. N o t e n ; als eine der 6 richtigen Handlungsweisen 17; Musikdirektor 101; durch Musik ahmt man den Himmel nach 143; als konfuzianische Tugend 143; stärkt die Liebe 168; erwächst aus dem Gefühl 254; der Begriff umfaßt in China Musik, Pantomime und Tanz 254; hat magische Kraft 257; macht Natur willfährig 299; veredelt das Äußere 320; ist Harmonie vom Himmel, Erde ... 335; und Sitte 335, 346; 9, 38, 76, 78, 101, 197, 274. Mysterium 351. Mystik (Mystisches, mystisch), 62—63, 89, 115, 137, 175, 178, 180—182, 193, 207, 299, 312—13, 322, 330, 333, 340, 358—60, 363. Mystizismus 4. Mythen (mythisch) 19, 46, 181, 224. Nachtgleiche, Frühlings- und Herbstnachtgleiche 75. Name (Bezeichnung, vgl. W o r t e ) , Beziehung zwischen Name und Wirklichkeit 242, 258; die Nominalisten und die Namen 246; Name und Wesen 269; durch die Bezeichnungen bestimmt der Mensch die Wirklichkeit 259. Natur (kosmische: physisch und geistig), Wesen, Prinzipien und Ablauf der Natur 30—32, 90, 219, 310, 332, 334; und Bestimmung 57-—60; der Mensch in der Natur 30, 124—730, 357; Definitionen und Deutungen der Natur 131, 239, 357; Erkenntnis und Bewertung der

Sachregister Natur 87, 256, 336; Behandlung der Natur 295. Natur (menschliche), Wesen der Natur 11, 40, 107, 121, 132, 254, 280, 296, 298, 316, 327, 361—63, 365; Natur und Bestimmung, Schicksal 57—60, 298; Pflege und Zielsetzungen der menschlichen Natur 39, 93, 133, 182, 212, 247, 271, 299; und Persönlichkeit 90—91, 362; Ansichten und Theorien über die Natur 104, 239, 296—98; erforschen, erkennen 132, 194, 256, 365; in Verwirrung bringen 298, 331, 364; menschliche Natur abhängig von der kosmischen 30—32, 142; Naturzustand 224. Naturalismus 115. Naturbeobachtungen 114. Naturgesetze, Nichtgebundenheit an die Naturgesetze 35, 138; Hinwegsetzen über die Naturgesetze 358. N a t u r k r a f t , Theorie von den Naturkräften 53; die Naturkraft schafft nicht bewußt 117. N a t u r l a u f , (-geschehen, -Vorgänge, -Wandlungen), Störungen des Naturlaufs 57; Kegelmäßigkeit des Naturgeschehens 201; Naturvorgänge ethisch zu deuten 258; der Mensch kann in den Naturlauf eingreifen 360; Naturwandlungen unerforschbar 37. Naturlehre 120, 123—24. Natürlichkeit 328, 331. Naturphilosophen 64—65, 98. Naturphilosophie 53—57, 64, 108, 130, 137, 181, 233, 258, 311. Naturwissenschaften 101, 216. Negativisten 190. Neigungen, seinen Neigungen zu folgen ist kein Unrecht 174. Neun Arten der Mathematik 169. Nteun Große = 9 verschiedene Winde, 323. Neun Himmelsfelder 30, 37. Neun Kegionen, siehe Neun Himmelsfelder. Neun Sonnen 174. Nichts 28, 229, 323, 356. Nichtsein, Perioden des Nichtseins 27; der Mensch entstand aus dem Nichtsein 31; Wesen des Nichtseins 28, 36, 233, 262, 323, 325, 326, 334, 338, 341, 342—43, der Mensch und das Nichtsein 26, 31, 234, 339, 344—45, 367, 370; Begriff des Nichtseins 227—28; Nichtexistenz des Ichs 355, 369.

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Nichthandeln, Nichttun siehe Wu-wei. Nichtregieren, istNichtänderndes natürlichen Hergangs 34. Nichtwissen, Aufhebung des Nichtwissens 187, 228; Einwände gegen 229. Nihilismus (Nihilisten) 190, 192. Nominalisten, verlieren die Wahrheit 246. Norm, des Weltgeschehens 186. Noten, rufen bestimmte Gefühle hervor, Namen 144. Objekt, und Subjekt 190. Offenbarungen 85. Okkultismus, Tendenz zu Okkultismus im Taoismus, 181. Omina (Vorbedeutungen, Vorzeichen, Warnungen), Warnungen des Himmels 48, 53, 304; glückliche Omina 104, 140; gute und schlechte 66, 152; schlechte 12; Glaube an Omina 104, 130; 153; durch menschliche Tätigkeit zunichte gemacht 67; Ursprung 127, 141; mit Schicksal verknüpft 65; Werke über 48, 66. ontologisch, ontologisches Prinzip 86, 92; Ontologie als Lehre von den Drei Potenzen 279. Opfer (opfern), Bewertung der Opfer 17, 100, 216; Wirkungen des Opfers 221, 282; Opfer darbringen 9, 103, 104, 271, 279, 290, 293, 367; Einschränkung der Opfer 308; Geister genießen Opfer 151; Menschenopfer 72. Opferbeamte 104. Opfergaben 335; Opferspeisen 104; Opfertiere 68, 104, 179. Opfergesänge 102. Opfertempel 314. Opferzwecke 348. Orakel, vgl. Schildkröte und Schafgarbe, befragen 152; Glaube anCrakel 153; Schafgarbenorakel 301; Orakel erbitten 362. Orthodoxie 93, 96, 162, 194, 294. östlicher Brunnen, ein Sternbild, 89. Paläographisch, paläographisches Werk 77. Pantheismus, 53, 192, 363—64. Papier, Erfindung 1. Paradies, des Amitäbha Buddha 193; Fortleben im westlichen Paradies 261. Passivität, vgl. W u - w e i , 34, 37, 330. Patriarch, als Oberhaupt der taoistischen

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Sachregister

Kirche 179, der buddhistischen Kirche 194, 360—62, 366. patriarchalisch, das patriarchalisch monarchistische System 226. Patriotismus 148. Pazifismus, des Meng-tse, 70. P e l i k a n 324. Persönlichkeit, die menschliche Natur und die Persönlichkeit 90—91; Pflege der Persönlichkeit 93, 136, 242, 293, 338; Haltung der Persönlichkeit 147. Pessimismus 4, 175. Pfirsisch, als lebenverlängernde Substanz 184. P f l a n z e n - u n d T i e r w e l t 108, 117,146,150. Pflicht 19, 201, 211, 271, 310. Phänomene (Phänomenalisten) 25, 190, 370. Philologe (Philologie, philologisch) 65, 77—78, 144. Philosophen 2, 4, 97, 112, 113—14, 200, 209, 328; politische 98, skeptische 110, die 100 Philosophen dem Feuer überantworten 174; chinesische Buddhisten keine hervorragenden Philosophen; Rechtsphilosophen 203; die 9 Philosophen-Schulen 240. Philosophie 39, 180, 286—87, 363; des Buddhismus 186—96, 371; ein indisches Geisteserzeugnis 186, wird Religion 178; von der Lü-tsung-Schule abgelehnt 193; Konfuzianismus als Staats-Philosophie 229; alle Philosophie führt zum gleichen Ziel 246; die 9 Richtungen der Philosophie 250; philosophia militans 261; Schulen 271; theoretische und praktische 346. phonetisch, phonetisches Werk 232; Wörterbuch 238. Phönix 151, 162, 218, 359. Physiognomik 130, 152, 153, 197, 339. P i n e e l b eh ä l t e r , aus Elfenbein 203. Planeten, vgl. Fünf Planeten, 31, 123. Polarstern 40, 123. Politiker (politisch) 5, 98. Prädestination, Schicksal hat nicht Charakter der, 67.

Priester 103, 179, 194. Prinzip, transzendentes 53; ontologisches 86; ordnendes 98; der Gegenseitigkeit 280; der natürlichen Wechselwirkung 330; 116, 148, 259, 352. Pseudo-Wissenschaft, Wahrsagerei als, 84.

Quietistisch, quietistischer Seelenzustand 39. Rationalisten (rationalistisch), 5, 700— 736, 227. Raum und Zeit 29. Realität (real, Realist, realistisch), der Außenwelt 186, 356; im HlnayänaBuddhismus 189; geleugnet 190, 193, 359, 369, 370; realistische buddhistische Schule 191; realistischer Pantheismus 192; Texte 192; Ding und sein Spiegelbild nicht real 342. Recht 43, Entstehung 44, Definition 246, 300, 304, 310. Rechtsphilosophie (Rechtsphilosophen) 3, 8, 45, 48, 92, 208, 246, 255, 321. Regen herbeirufen und aufhören lassen 30, 36, 54, 102, 359; Regenopfer 72, Regenaltäre 173; Regengott 37. Regierung (regieren), Regierungsführung des Fürsten 9, 135, 147, 151, 254; Grundlage, Methoden, Prinzip, Mittel der Regierung 6, 11, 19, 42, 44, 51, 131, 203, 212, 256, 304, 315, 321, 333, 345; Bewertung der Regierung 69, 104, 122, 155; beeinflußt das Wetter 120; empfängt Vorschläge von den Gelehrten 47. Reine Rede, = Tch'in-t'an der Sieben Weisen des Bambushains (275 n. Chr.) 4. Reinheit, große Reinheit 26; von Wasser umschlossen 85; ist höchster Grad von Tao 163; über die große Reinheit dahinfliegen 174; große Reinheit enthält alles 340; Reinheit und Tao 356; vollkommene Reinheit 371. Relativität (relativ) der Erkenntnis 38, 319; philosophische Relativismen der buddhistischen Lotos-Schule 193. Religion 181, 285, 286, 288. Reliquiendienst 194. Resignation, taoistische 33. Rezept-Sammlung 207, für Lebenselixir 185, zur Goldherstellung 222. Richtig und falsch, Beurteilung von richtig und falsch ist relativ 38; für den Edlen nicht vorhanden 332; Richtigkeit unserer Begriffe 344. Riten geordnet 9; Eintreten für Riten 38; erfreuen 162; durch Riten prüft man die Höflichkeit 168; konfuzianischer Ritualismus 179; nicht übertreiben 212; üben 274.

Sachregister Ritual, die drei Ritual-Werke: Li-ki, I-li, Tschou-li 266. R u h m 242, 332. Sagen 46. Schafgarbe (vgl. S c h i l d k r ö t e ) 84, 301. Schauspieler 101. Scheffel, ein Sternbild = Wagen, 88, 89. Schicklichkeit (vgl, Sitte) 92, 228, 302, 303. Schicksal (Geschick) ergründen, begreifen 15, 18, 67, 84, 87, 197, 256; kommt vom Himmel 32—33, 58, 67, 139, 309; ist nicht himmlische Fügung 215; Leugnung des Schicksals 38; weissagen 65, 95; von Natur und Geistern abhängig 68, 131, 151, 152, 170, 321; Wirken, Äußerungen des Schicksals 279, 331, 367; Schicksal und Leere 85; Definition, Wesen 139, 214, 216, 334, 351, 353, 354; 104, 120—123, 135, 299, 300, 304, 307, 310, 344. Schicksalsgott 223. Schildkröte, und Schafgarbe, zu Weissagungen benutzt 68, 103, 151, 301, 359; Schildkrötenbuch 141; ihr Genuß verlängert das Leben 184, 185; bleibt am Leben 217, 248; hat großes Wissen 355. Scholastiker 114. Schöpfung 27—30, 65, 125, 150, 324, 325, 356; Weltschöpfungstheorie 138, 323. Schrift, Vereinfachung der Schrift 1; vierzehn Arten 77; sechs Arten 169; himmlische 223; Werke über Schrift und Phonetik 238; Übernahme der chinesischen Schrift in Japan 284; kabbalistische Schriftzeichen 359; alte Siegelschrift = Ku-wen 2, 314; moderne Siegelschrift = Tchin-wen 2. Schüler, 72 Schüler des K'ung-tse 165; 70 Schüler des K'ung-tse 171; vier Klassen von Schülern 292; 1000 Schüler haben 305. Schwäche und Weichheit sind Rückgrat des Lebens 34. Sechs Arten der Musik 169. Sechs Arten der Schrift 169. Sechs Disziplinen 17. Sechs Dynastien (220—587 n. Chr.) 158, 159, 176—182. Sechs Familiengrade 147. Sechs freie Künste 168.

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Sechs Gedärme 142. Sechs Gefühle 142, 143. SechsHandlungsweisen: Pietät, Freundschaft, Entgegenkommen, Güte, Zuverlässigkeit, Mitleiden 168; = Liu-hsing: Wohlwollen, Gerechtigkeit, Sitte, Wissen, Eintracht, Musik 16, 17. Sechs Himmelsrichtungen 174, 325. Sechs Klassiker 82, 83. Sechs Künste: Riten, Musik, Bogenschießen, Wagenlenken, Schreiben, Mathematik 168. Sechs Methoden = Liu-schu 16. Sechs Normen = Liu-fa 16—17. Sechs Regierungsmethoden des Hsün Yüeh 136. Sechs Teile der Welt 17. Sechs Töne 42, 142. Sechs Tugenden: Wissen, Wohlwollen, Heiligkeit, Gerechtigkeit, Gleichmäßigkeit, Eintracht 168. Sechs Vermögen = Liu-li: Moralprinzip, Tugend, Natur, Geist, Verstand, Leben 16. Sechszahl in der Zahlensymbolik 17. Sechs Zeremonien 169. Seele, Wesen, Eigenschaften, Ursprung 96, 143, 190, 191, 272, 316, 326, 354, 357; Unsterblichkeit und Vernichtung 96, 125, 184, 186, 261, 263, 271, 348, 368, 369; von Himmel, Erde und Mensch 96, 358; die Seele rufen 163—164; von der Gemeinschaft mit der Welt befreien 187; Seelenruhe erlangen 39; seine Seele braucht und bewahrt nur der Heilige 96; Vereinigung der Seele mit Ätman 187; heilige Indifferenzstimmung der Seele 188; der Himmel ist eine Hauchseele 311; Glaube an die Seele 190, 191; Seele und Lebensgeist als die zwei geistigen Kräfte des Menschen 32; Dialog zwischen Seele und Geist 26—27. Sein und Nichtsein 27, 29, 36, 191, 214, 218, 227—229, 322—326, 338, 342, 344; Reines Sein 35, 95. Selbstlosigkeit (Selbstauf Opferung, Uneigennützigkeit) 61, 103, 148. Seligkeit durch Glauben und Anruf des Amitäbha 193. Sensualismus 175. Sieben Gelehrte der Tchien-an-Periode 167. Sieben konfuzianische Klassiker 160, 162.

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Sachregister

Sieben Weise des Bambushaines (um 212, 242, 254—255, 305; verwirren und machen böse 10, 92, 225; Beschränkung 275 n. Chr.) 4. der Strafen 230, 255; Einführung 8, Siebengestirn 104. 156, 328; Fluidum der Strafen ist Yin Siegelschrift siehe Schrift. Silber, ist Yin-haltiges Mittel 184; als 55; Straftheorie 8. Studium 103, 128, 351; das Studium pfleLebenselixir 221. S i n n e s e m p f i n d u n g e n 342—343. gen 39, 69, 153, 155, 168, 169, 192, 208, 253, 254, 257, 2811 verdammen 81, 194; Sitte (sittlich, Sittlichkeit), vgl. SchickStudium und Orthodoxie 93—96; Wesen lichkeit, Moral, Ethik; Definition, und Wirkung 241, 297, 312. Wesen 17, 50, 310, 335, 345; Pflege, Wertung, Wirkung 14, 17, 18, 90, 103, Subjektivität (subjektiv) 38, 192, 193, 342, 343. 136, 202, 211, 236, 241, 246, 247, 282, 303, 304, 310, 319, 320, 336; Ablehnung Sublimation der Stoffe für das Lebenselixir durch Glühen 185. der Sitte 81, 228, 248, 252; Verderbnis der Sitte255,271, 291, 300; Verschieden- Substanz 51. heit der Sitten 38, 235, 256; Urheber, Sütra 159, 160, 161, 179, 189, 193—196, 236, 237, 240, 361, 365. Basis, Prinzip 90, 202, 280, 310, 346, 347; Sitte und Musik 50, 143, 147, 320, Symbolisch (Symbolismus) 54, 64, 108. Sitte und Gewohnheit 40; Sitte und Sympathetische Fernwirkung 102. Gerechtigkeit 91, Sitte und Wissen 91; Synkretismus 229. Synonima, Wörterbuch für 77. ist Schmuck der Tugend 198; schuf Riten 212; gegenüber Tieren 17, 348; 92, 96. Skeptiker (skeptisch) 5, 100—136, 227, Talismane zur Abwehr böser Geister 223. Tau, Yin-haltiges Mittel 184. 274, 305—312. Sklaven 288. Tempel 179, 180. Sommer als Zeit des starken Yang 53, 54. Temperament, bedingt das sittliche Handeln 90. Sommersolstiz (Sonnenwende) 88, 89. Sonne 85; besteht aus Feuer 29; ist Quelle Temperaturen und Feuchtigkeit, Messen der 101. des Yang 30; Sonne, Mond und Planeten Tetragramme 84. 123, 201, 258; ist Yang-Essenz 239. Teufel, austreiben 182. Sonnen- und Mondfinsternis 69, 71. Theismus (Theist) 63, 64, 193. Sonnenuhr 101. Tiere, haben moralische Eigenschaften Spekulation, philosophische 194. 348—349; haben Wissen, Denken, Spiritismus, ist törichtes Gerede 134. Sprache 329. Spiritualismus des Buddhismus und Taoismua 167. Tod, ist Wandlung der Dinge 32; als Protest 79; ist Korrelat der Geburt 125; gleicht Spontaneität (Zweckfreiheit) 115, 117, der Ohnmacht und dem Schlafe 126; 147, 306, 309, 325, 327, 330, 332, 371. durch den Genuß von Lebenselixir 185; Staatsmoral (vgl. Moral) 103, 179. ist Ausfluß des Schicksals 279; tritt an Staatsphilosophen (Staatsphilosophie, die Stelle des Lebens 326; mißfällt 328; staatsphilosophisch) 43, 46, 48, 68, 100, ist nicht zu fürchten 328; und Sterben 103, 157, 172, 259—260, 321. Sterben siehe Tod, Leben. 340—341; ist nicht vermeidbar 341; verschiedene Ansichten über den Tod 358; Sterne (Gestirne) 11, 29, 88, 89, 104, 140; mit den Sternen ist das Schicksal vernach dem Tode 367, 369; vom Heiligen knüpft 65, 121, 216; sind aus gleichem nicht gefürchtet 37. Stoff wie Sonne und Mond 123; sind Tradition 100, 108, 110. Essenz der 10000 Dinge 239; Schicksal Transzendenz (transzendent) 53, 115, 123, der Gestirne 120; Sternfall 57; Sternen187, 190, 191, 214, 232, 290, 317, 334, fluidum 121; bewegen sich von selbst 353. 345; mit Sternen verkehren 359. Träume 190, 269; auf Lebenskraft zurückStrafen (vgl. B e l o h n u n g e n u n d geführt 127; Traumarten 153; Traum des Han Ming-ti 159—160; TraumS t r a f e n), Notwendigkeit und Wert 147,

Sachregister Aufzeichnungen 252; im Traum trennen sich Körper und Geist 268; Traumgebilde sind eitel und leer 272; sind geistiger als Wachen 341; aus Gedanken gebildet 353; Menschen sind Traumgestalten 355—356; durch Traum erscheinen die Phantasiegestalten 370. Traumdeutung (Traumdeuter) 127, 153. Treue (vgl. Loyalität) 19, 148, 198,201. Tugend 8, 14, 40, 45, 63, 96, 97, 140, 147, 148, 151, 155, 156, 198, 297, 306, 324, 328, 345—348, 353; des Fürsten, Weisen 18, 116, 255, 313; des Himmelssohnes 20; des Himmels 50, 319, 335; Pflege, Übung der Tugend 39, 69, 152, 170, 211, 220, 256, 271; Wirkung der Tugend 89, 91—93, 216, 331, 369; 171, 220, 292; Krone der Tugend ist kindliche Liebe 92, 230; abgelehnt 100, 252; Wesen der Tugend 104, 200, 256, 313; ist zum Fluidum substanzialisiert 141; der inneren Organe 142; der Konfuzianer und Mehisten 163; konfuzianische Tugend der Treue 201; die Menschen schätzen die Tugend von Natur 202; ist erst durch Literatur erkannt 211; erste Tugend ist Wohlwollen 296; Kapitel über die Tugend 339; für die Tugend kommt es nur auf die Gesinnungen an 366; Regulativ für Tugenden 17; Tugend und Bildung ist vornehm 60; Werk über tugendhafte Frauen 66; die drei Tugendhaften der Yin-Zeit. Tyrann 69, 282. Überlieferung, in der Literatur 3, mündliche 63. Übernatürliches (Übersinnliches) 45, 95, 115, 182, 206, 234, 292, 299, 333, 344, 359. Überschwemmung, als Folge zu starken Yins 71. Übersetzungsbureau, für buddhistische Texte 179. Übersinnliches siehe Übernatürliches. Unendlichkeit (Grenzenlosigkeit) 26, Tao schweift in Grenzenlosigkeit 37; Idee der Unendlichkeit des Raumes 188; Problem der Unendlichkeit 322, 325. Unerforschliches 87. Unergründliches 96. Universität,Kuo-tse t'ai hsüeh = Reichsuniversität 178.

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Universum, wird von Tao eingeschlossen 26. Unsterblichkeit (Unsterbliche) 105, 164, 181—185, 182, 217, 317, 341; ist nicht zu erlangen 97, 134; Mittel, Methoden, sie zu erlangen 107, 165, 178, 183, 184, 219—221, 312, 315; Unsterblichkeitsglaube bekämpft 129; Unsterblichkeitsglaube im Buddhismus 163; Unsterblichkeit der Geister 159, 236; Streit über Unsterblichkeit 180,217, 280—274; Lehre von der Unsterblichkeit 209, 218, 243; Werk über viele Unsterbliche 218; Unsterblichkeitstrank 24; -pulen 181— 182. Untätigkeit siehe Wu-wei. Urgeschichte 46. Urgrund alles Seins 53. Vater und Sohn 7, 17, 50, 55, 71, 202, 241, 242, 246, 292, 303, 331, 347; bei Tieren 348. Vegetarisch leben, 232. Verbrechen (Verbrecher), die vier Verbrecher 132; ist Folge von Not 157. Vergeltung, buddhistische Lehre von der 179. V e r n u n f t , verlieren 36; ihr folgen 38; ist höherer Grad der Wahrnehmung 270; ist Grundprinzip des Tao 318. Versenkung siehe M e d i t a t i o n . V e r s t a n d , bei Pflanzen und Tieren 255. Verzückung, führt zu Visionen 182. Vier Elemente, bei Tsung-mi 369. Vier Gefühle, bei Tung Tschung-schu 55. Vier Hauche, Lehre des Tung Tschungschu 55. Vier Himmelsrichtungen 96, 147. Vier Jahreszeiten 26, 28, 29, 36, 42, 55, 90, 146, 150, 166, 200, 201, 306, 334, 335. Vier Klassen von Weisen bei Huai-nan tse 42. Vier konfuzianische Tugenden 17. Vier Meere 9. Visionen 182, 187. V o l k s z ä h l u n g 172. Vorstellung, jede ist Ergebnis einer früheren 190. Wahres (wahr) 31, 89, 236, Wahres und Falsches geht aus der einen Natur hervor 317, 365. Wahrhaftigkeit 92, 345—347. Wahrheit 4, 5, 100, 167, 246, 259, 288; ist

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etwas Subjektives 38; es gibt keine ewigen Wahrheiten 103; bei Wang Tech'ung 112; Kritik an allgemein anerkannten Wahrheiten 129; die konfuzianische Lehre schließt volle Wahrheit in sich 162, 252, 304; das Urprinzip ist höchste Wahrheit 188; Wahrheiten zweiten Banges 190; konventionelle und transzendentale 191; Lehrbuch von der Verwirklichung der Wahrheit 192; ohne Wissenschaft nicht zu erkennen 209; Zweifel an den konfuzianischen Wahrheiten 239; mit Sinnesorganen nicht zu erkennen 240; volle Wahrheit von den alten Weisen enthüllt 286; Überzeugung ist kein Kriterium der Wahrheit 320; Wahrheitslehre des Buddhismus 367. Wahrsagen (weissagen, vorhersagen) 68, 95, 100, 102, 103, 104, 128, 173; Wahrsager 72; Wahrsagekunst 4, 105; Wahrsagebücher = Wei-schu 4, 84, 105; Wahrsagerei 103, als Pseudowissenschaft 84. Wasserrad, zum Berieseln 204. Wasseruhr 101. Wasserweihe, tibetanische Kultform, 193. Weberin, Sternbild, 36. W e c h s e l w i r k u n g 320. Weiser (weise) 62, 69, 92, 93, 94, 95, 116, 132, 246, 351, 352; Wirken, Tätigkeit, Leben, Lehre 7, 15, 34, 57, 60, 84, 91, 93, 107, 134, 153, 154, 156, 159, 168, 170, 171, 172, 209, 240, 253, 262, 286, 290, 299, 321, 331, 333, 334, 353, 354, 355; vier Klassen von Weisen 42; Verhältnis zum Fürsten 9, 61, 136; Ehrung des Weisen 38, 103; geringschätzig behandelt 103; Weise und Toren 263, 363; leben nicht lange 165, 216, 234; Weise des mittleren Altertums 8; es hängt vom Sternenfluidum ab, ob man ein Weiser wird 216; die 100 Weisen 231; Seltenheit der Weisen 241; die größten Weisen sind K'ungtse, Laotse, Oäkya; siehe auch Heilige und Weise. Weisheit 91, Definition 95, 100, 147, 163, 194, 256, 312, 363, 367. Welt (Kosmos) 166, 217, 232, 235, 246, 344; Ursprung, Erschaffung der Welt 27, 29, 151, 214, 323, 325, 334, 346, 352; Welt und Natur 30—32; 340; Welt ist Wirreal 41, 100; ist wirklich 189; ist imaginär, nur Schein 189, 191, 192,

195, 196, 354, 356, 358, 364, 369; im Buddhismus 190, 235; magisuaes Weltbild 216; Weltflucht 253; Weltfluidum 293; wird nicht vom Himmel und Erde regiert 332; Welt als Vorstellung 353— 354; kann als Seele gelten 355; Weltanschauung der Konfuzianer und Taoisten 367; Weltlehre von Deva und Mensch 368—369. Weltachse, Stellung 75. Weltall 28. Weltgeschehen, Norm 186. Weltperiode 84—85. Weltprinzip 11, 67, 84, 86, 87, 89, 115, 116, 213. Weltregierung 118. Weltseele, Buddha als Manifestation der 188. Weltsubstanz 29. Wetter (vgl. M e t e o r o l o g i s c h e V o r gänge) abhängig von Worten 108, durch Regierung beeinflußt 120. Wiedergeburt (Wiederaufleben, Reinkarnation) 134, 186, 193, 217, 241, 261; durch Aufhebung des Nichtwissens zu vermeiden 187; Aufsatz über die Wiedergeburt 264; Lehre von der Wiedergeburt 341; abgelehnt 369. Wille, durch Bogenschießen gleichmäßig gemacht 168; den Willen aufgeben 187. Windgott 37. Windwagen 250. Winter, als Zeit des starken Yin 53—54; Wintersonnenwende 57, 315. Wissen 17, 45, 95, 154, 170, 281, 323, 329, 363; das Wissen aufgeben 15, 34, 187, 257, 345, 354; am Wissen festhalten 89, 257, 346; ist Tugend, Leuchte 92, 93, 168, 198, 215, 260; ist Nichtwissen 115, 281; übernatürliches, transzendentes Wissen 128, 182, 190; Verbreitung von Wissen 186, 241; Schule des Wissens und der Meditation 192; Verfall des Wissens 194; ohne Wissen ist Tugend nicht auszuüben 211; bei Tieren 255, 348; Wissen der Schildkröte ist groß 355; ist Tao 318, 319. Wissenschaft l, 2, 3, 6, okkulte 23, ist nötig zur Erkenntnis der Wahrheit 209, Alchimie und Magie als Wissenschaften 224. Wohlfahrt des Volkes, ist wichtigste IOrderung an die Verwaltung 155.

Sachregister Wohlwollen l, 16, 17, 19, 32, 40, 52, 96, 135, 212, 241, 255, 339, 345, 346, 347; als eine der konfuzianischen Haupttugenden 8, 290; ist Tugend, Grundlage der Tugend 198, 260, 280, 296; Wohlwollen und Gerechtigkeit 11, 40, 41, 42, 58, 68, 70, 76, 81, 92, 91, 93, 96, 103, 131, 133, 208, 211, 248, 282, 289, 290, 306; Güte und Wohlwollen 52, 93. Worte (Bezeichnungen, vgl. Name) und Taten sind bewegende Kräfte 70; Worte der Weisen 95; bedingen Ordnung, das Wetter 108; Wort für Welt, Kosmos fehlt 139; Wortetymologien 141; sind die Zeichen der Menschen 268; erklären die Prinzipien 259; bestimmen die Wirklichkeit 259; sind nicht geisterhaft 341; Zeichenwörterbuch 78. Wunder 183, 193, 293, 240; Wunderglaube 181, 248; Wundergeschichten 195. Z a h n p f l e g e 243, 315. Zauber (Zauberei, Zauberer, Magie, Magier)

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4, 10, 23, 46, 65, 103, 107, 140, 151, 181—183, 204, 213, 223—224, 233, 234, 240, 257, 312, 313, 331, 338, 344, 349, 358—360; Erwerben von Zauberkräften 187; Schule der Zauberformeln 193; Schriften über Magie 23, 207. Zehn Sonnen, leuchten zur Zeit des Yao 36. Zehn Sünden 368. Zehn Verbote 187. Zinnober, ist Ausgangepunkt der Alchimisten 184, 185, 220, 223. Zugochse, Sternbild 89. Zuverlässigkeit, Ausübung der 201. Zweck, heiligt die Mittel 70. Zwei Haupttugenden des Konfuzianismus: Gerechtigkeit und Sitte 201. Zwei Potenzen 215. Zwölfteiliger Kausalnexus des Buddhismus 187. Zyklische Zeichen, ihre Verknüpfung mit den Elementen 124.

Namenregister Abhidharma-Texte 180, -kosa-sästra, buddhistisches Werk des Vasubandhu 191, 196. A-heng, persönlicher Name des Ministers I Yin 80. Älayavijnäna, Vorratskammer der Denkmöglichkeiten im Geiste 190. Amida -Religion, Form des Buddhismus 194. Amidismus, Lehre der "Schule des reinen Landes" 193. Amitäbha Buddha 193, zusammen mit Vairocana und Oakyamuni ein Buddha 193—194. Amitäbha-vyüha, buddhistisches Werk 193. Amitäyur-dhyäna-sütra, buddhistisches Werk 193. An, persönlicher Name des Huai-nan tse 21. Analekten = Lun-yü 110. Anhui, Provinz 21, 101, 105, 110, 172, 336. An-ling, Ort in Schensi 137. Annam 9. An-ti, Kaiser (107 — 126 n. Chr.) 149. An-ting, Präfektur in Kansu 148, 149. An-tsch'eng, Ort in Ju-nan (Honan) 232. A-pi-ta-mo tchü-sche lun, buddhistisches Werk des Vasubandhu 196. Araber (arabisch) 184, 185. Arhat, Heiliger 369. Äryadeva, buddhistischer Philosoph 192, 196. Asanga, Hauptvertreter der Yogäcäras 190. Asura = Dämon 368. Asvaghosa, buddhistischer Philosoph 192, 196. Ätman = Weltgeist, oberstes Weltprinzip 187. Aurousseau, L., Sinologe 289. Avatamsa = Girlande, Diadem 192. Avatamaaka-Schule, buddhistisch 192, 195, 366. Avatamsaka-sütra, buddhistisches Werk des Nägärjuna 192, 366. Avidyä, wird dem Wu-wei gleichgesetzt 301.

Balazs, St., Sinologe 268, 274. Balfour, H., Sinologe 46. Bhüta-tathätä = Urprinzip 188. Bodhi = die höchste Erkenntnis 100, 363; Bodhi-Baum 364. Bodhidharma, buddhistischer Patriarch 179, 194, 361, 362, 365. Brahman = Weltseele 188. Brahmanismus 188, 189. Buddha 159—163, 177, 186, 188—196, 230, 234—237, 267—268, 271, 273, 282, 288, 291—292, 300, 317, 360—366, 371. Buddhismus (buddhistisch) 3—5, 157— 164, 167, 178—180; Philosophie des Buddhismus 186—196; Entartung 193—195; Aufnahme in China 229237; 239—241, 244, 261, 267, 271, 274, 282, 284, 286, 289, 291; Ablehnung 292, 300, 301, 306, 317, 341, 365—368, 371. Buddhisten 165, 180, 187, 236, 244, 264, 274, 286, 289, 290, 300, 349, 360—371. Canton, Stadt 5, 205, 284, 361. Ceylon 176, 177, 188, 195. Chavannes, E., Sinologe 5, 7, 11, 13. Chu Hsi, Philosoph 195, 289. Cochinchina 205, 284. Conrady, A., Sinologe 239. Dasa-bhümika-sütra, buddhistisches Werk 237. Daäa-sahasrikä Prajnä-päramitä, ein Sütra 195. Davis, Tenney L., Chemiker 181. Des R o t o u r s , R., Sinologe 197. Deussen, P., Philosoph 190, 191, 196. Deva-Lehre 368. Dharma = Gegebenheit der Innen- und Außenwelt 186, 189; Dharma-Lehrer 361. Dharma-dhätu, Welt der Erscheinungen 365. Dharmagupta, Avatamsaka-Lehrer 192. Dharmagupta-vinaya-sütra, buddhistisches Werk 193. Dharmäkara = geistige Natur 361.

Namenregister Dharma-käya = geistiger Leib Buddhas 195, 237. Dharnra-laksana Lehre von den Phänomenen und ihren Eigenschaften 370. Dharmaratna = Kleinod der Lehre 362. Dhyäna = Meditation 187, 188, 360, 361, 362; Dhyäna-Schule 193; DhyänaLehrer 194, 366, 368; Dhyäni-Buddha 193; Dhyäni-Bodhisattva 193. Dudgeon, J., Mediziner und Sinologe 315. Dvädasa-nikäya-sästra, Werk des Nägärjuna 192. Eitel, E. J., Sinologe 190, 196. Ekäyana-Lehre vom wahren Sein 370— 371. Epikur 130. Erh-ya, Wörterbuch 92. Erkes, E., Sinologe 31, 239. Faber, E., Sinologe 11, 47, 49, 112, 149, 167, 317, 318. Fa-hai, Schüler des Hui-neng 361, 362. Fa-hsiang tsung, buddhistisch-idealistische „Schule der Eigenschaften der Dinge" 192. Fa-hua tching, buddhistisches Werk 193. Fa-hua tsung, buddhistische Schule 193. Fa-lun, verloren gegangenes Werk des Liu Schao über die Verwaltung 197. Fa-lun, Werk aus dem 5. Jahrhundert n. Chr. 158. Fa-paot'an tching = Liu-tsu ta-schi f a - p a o t'an tching, Werk der Schüler des Lu Hui-neng 361, 362, 363, 364, 365. Fa-yen, Werk des Yang Hsiung 76, 76, 77, 79—81, 83, 84, 90, 99, 277. Fan Li, Minister von Yüeh 332. Fan Li-sao, Elegie des Yang Hsiung 74. Fan Tschen, Skeptiker der Tch'i- und Liang-Zeit 180, 266—274, 312. Fan-yang, Ort bei Peking 360. Fang-tschang, eine der drei Inseln der Seligen 181. Fang-yen, Wörterbuch des Yang Hsiung 77, 78. Fei-lien, Geistervogel, auch Windgott 36. Fen, Lehre vom Ho und Fen 277. Fen, Nebenfluß des Huang-ho 74. Feng-hsiang, Ort in Schensi 291. Feng I, Persönlichkeit des Altertums mit übernatürlichen Fähigkeiten 36. Feng-su t'ung-i, Werk des Ying Schao 78.

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ITeng-tchienlun, Kapitel aus dem Werk des Liu Tsung-yuan 306. Ferghana, zentralasiatische Landschaft 177. F e r o z , Sultan 284 Fo-hsin tsung = „Schule des Buddhaherzens" 194. Fo-hsio ta ts'e-tien, buddhistisches Wörterbuch 366. Fo hua-yen tching, Sütra des BuddhaDiadems 195. Franke, O., Sinologe 3, 4, 47, 48, 49, 62, 63, 137. Fries, von, S., Sinologe 244. Fu-feng, Präfektur in Schensi 137, 144. Fu Hsi, legendärer Kaiser 36, 37, 94, 97, 300, 304. Fu Hsüan, Philosoph 199—204. Fu I, Historiograph 236. Fukien, Provinz 301, 338. Fu Tsch'ai, König von Wu 171. Fu-tsch