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German Pages 388 [392] Year 1975
J. Kühn · Gescheiterte Sprachkritik
Joachim Kühn
GESCHEITERTE SPRACHKRITIK Fritz Mauthners Leben und Werk
W DE
G 1975 Walter de Gruyter · Berlin · New York
Mit einer Fritz-Mauthner-Biblio graphic
CIP-Kurztitelaufnähme
der Deutschen Bibliothek
Kühn, Joachim Gescheiterte Sprachkritik: Fritz Mauthners Leben u. Werk; mit e. Fritz-Mauthner-Bibliographie. ISBN 3-11-005833-2
© 1975 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung · J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer · Karl J. Trübner · Veit & Comp., Berlin 30 · Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. Printed in Germany Satz und Druck: F. Spiller, l Berlin 36 Einband: Wübben & Co, Berlin
Vorwort Meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Alfred Liede f verdanke ich die Anregung und die Möglichkeit zur Abfassung dieser Arbeit. Ohne seine kritische Aufmerksamkeit, sein Interesse und die vielen wertvollen Hinweise wäre sie nicht entstanden. Ihm gilt mein besonderer Dank. Danken möchte ich aber auch den zahlreichen Bibliotheken und Instituten, die mir unveröffentlichtes Material zur Verfügung stellten oder Auskünfte erteilten, ganz besonders dem Leo Baeck Institute (New York), wo ich den Nachlaß Fritz Mauthners durchsehen konnte, der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz (Berlin), der Deutschen Staatsbibliothek (Berlin), der Jewish National and University Library (Jerusalem), dem Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis (Amsterdam), dem Bundesarchiv (Koblenz), der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt, dem Freien Deutschen Hochstift Frankfurter Goethemuseum, der Universitätsbibliothek Münster und der Stadtbibliothek Wien.
Köln, Juli 1975 Joachim Kühn
Inhaltsverzeichnis Einleitung
l
Erster Teil: Sprachskepsis und Dichtung seit 1900
3
I. Die Gegenwart — Oswald Wiener
4
II. Zwei Schlüsselgestalten der modernen Dichtung: James Joyce und Samuel Beckett
14
III. Sprachskepsis und Sprachzerstörung am Anfang des 20. Jahrhunderts 1. Sprachskeptische Dichtung
19 20
a) Hugo von Hofmannsthal: Ein Brief 20; b) Gustav Sack: Ein verbummelter Student 29; c) Christian Morgenstern 38.
2. Sprachskepsis und Sprachzerstörung: Hugo Balls Sprachphilosophie in der Flucht aus der Zeit 3. Modische Kritik der Sprache IV. Zusammenfassung Zweiter Teil: Fritz Mauthners Beiträge zu einer Kritik der Sprache . . . . L Die Sprache als Spiel II. Die Begrenzung der Sprachkritik
42 47 50 51 53 54
III. Die Sprache und die Dichter
58
IV. Die Sprache als Werkzeug der Erkenntnis 1. Utopische Sprachkritik 2. Denken und Sprechen 3. Die Philosophie
64 64 66 69
V. Das Gefängnis der Sprache VI. Praktische Sprachkritik 1. Wortkritik
73 79 80
a) Das Bewußtsein 81; b) Das Ich 82; c) Die Wahrheit 82; d) Wissen und Glauben 83; e) Genie und Wahnsinn 83.
2. Wissenschaftskritik a) Die Sprachwissenschaft 84; b) Die Logik 86; c) Die Psychologie 87.
84
VIII
Inhaltsverzeichnis
3. Die Kritik an öffentlichen Institutionen
88
a) Die Schule 88; b) Das Recht 89.
4. Zusammenfassung VII. Fritz Mauthner und die Philosophiegesdiichte 1. Vorläufer 2. Zeitgenossen 3. Fritz Mauthner und Ludwig Wittgenstein VIII. Sdilußbetrachtung Dritter Teil: Fritz Mauthners Weg zur Kritik der Sprache I. Die Vorbereitung (1849—1876) 1. Quellen 2. Frühe Kindheit und Familie 3. Prager Jugendjahre (1855—1876)
89 90 90 90 95 98 103 103 103 105 108
a) Die Stadt 108; b) Die Schule 109; c) Das Studium 111; d) Die Entscheidung 115; e) Die frühe Dichtung 118; f) Journalistische Arbeiten 125; g) Der Sprachschreck 127.
II. Fritz Mauthners Glanz und Ruhm (1876—1900) 1. Berlin 2. Probleme der Darstellung 3. Die Parodien (1876—1880) 4. Die Dichtung
128 128 129 130 142
a) Grundzüge. Vom Armen Franischko zum Neuen Ahasver 143; b) Die zeitkritischen Romane 150; c) Die historischen Romane 152; d) Die patriotischen Romane 156; e) Drama und Lyrik 157; f) Neue Wege 163; g) Mauthners Stellung zur eigenen Dichtung (Die Künstlerromane) 167; h) Zusammenfassung 173.
5. Der Journalist (1880—1895)
174
a) Mauthners gesellschaftliche Stellung und seine persönlichen Beziehungen in Berlin 174; b) Übersicht über die wichtigsten Presseorgane Fritz Mauthners 178; c) Die Formen von Mauthners journalistischer Arbeit 181; d) Mauthner im Kampf um den Naturalismus 189; e) Zusammenfassung 195; f) Mauthners Stellung zum Journalismus 197.
III. Der Durdibruch zur Sprachkritik (1891—1900)
199
IV. Die Rezeption der Kritik der Sprache
211
1. Die Enttäuschung
211
2. Die Diskussion der Grundgedanken
213
Inhaltsverzeichnis
Vierter Teil: Der Buddha vom Bodensee
IX
227
I. Der Kampf mit der Kritik der Sprache 227 1. Mauthners Flucht aus Berlin 227 2. Freiburg (1905—1909) 230 3. Praktische Sprachkritik und Mystik (Das Wörterbuch der Philosophie) 247 a) Praktische Sprachkritik 247; b) Mystik 250.
4. Der letzte Tod des Gautama Buddha II. Die Zerstörung der Welt des Buddha vom Bodensee III. Die letzten Kämpfe (1918—1923) 1. Fritz Mauthner und Gustav Landauer 2. Der Meersburger Kirchenkampf 3. Die Geschichte des Atheismus 4. Die Drei Bilder der Welt 5. Der Tod
252 257 263 263 266 269 274 276
Schluß: Fritz Mauthner und das neunzehnte Jahrhundert
279
Abkürzungsverzeichnis
295
Literaturverzeichnis
297
A. Fritz-Mauthner-Bibliographie
299
B. Sonstige Literatur
349
Anhang: Übersicht über das handschriftliche Material
363
Zeittafel
366
Register
369
Einleitung Diese Arbeit gilt dem Lebenswerk Fritz Mauthners, der „aller Sprachkritik Anfang war"1. Sprachkritik bezeichnet als Schlagwort nicht nur einen erheblichen Teil des philosophischen Denkens, sondern auch der Dichtung der letzten siebzig Jahre. Danach richtet sich der Aufbau meiner Darstellung. Im ersten Teil soll die Anziehungskraft, die der sprachkritische Gedanke auf die Dichter etwa seit 1900 ausübte, deutlich werden. Ich versuche dabei, chronologisch von der Gegenwart zu den Anfängen zurückzugehen und stelle die gemeinsamen Grundzüge gegenüber der Vielfalt der Formen sprachkritischer Dichtung und der sehr unterschiedlichen Beweggründe, die einen Dichter zum Sprachkritiker werden ließen, zurück. Die gewählten Beispiele scheinen mir dennoch repräsentativ für die wichtigsten Ansätze und ihre Konsequenzen zu sein. Der zweite Teil dient der Erläuterung der Kerngedanken Fritz Mauthners und der Art ihres Ausdrucks. Ich bin mir bewußt, daß die Darstellung hier keineswegs erschöpfend ist; es gibt aber einige Arbeiten, in denen die Diskussion seiner Philosophie im Vordergrund steht und die als Ergänzung dienen mögen2. Im Mittelpunkt meiner Untersuchung steht Fritz Mauthners Weg zur Sprachkritik und die Auseinandersetzung mit der eigenen Position; dem gelten der dritte und der vierte Teil. Weniger die philosophische Leistung als der Anlaß zu dieser Leistung und ihre Folgen sollen dargestellt werden. Deshalb sind diese Teile weitgehend biographisch und beziehen Mauthners gesamtes Schaffen mit ein. Orientierungspunkt sind die Beiträge zu einer Kritik der Sprache (1901/1902) als Ziel- und zugleich Wendepunkt seines Lebens und Wirkens.
1
Amory: Unmeisterliche Wanderjahre, S. 39. Weiler: Fritz Mauthner's critique of language. — Müller: Fritz Mauthner's Stellung in der Gesdiichte der Philosophie. (Diese Greifswalder Dissertation war mir trotz intensiver Bemühungen nicht zugänglich.) 2
Erster Teil: Spradiskepsis und Dichtung seit 1900 Mit dem Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts wächst unter den Dichtern immer schneller die Furcht, die Dichtung greife ins Leere. Den Grund dafür sucht man in der Sprache. Sie habe abgewirtschaftet, sei verdorben, unbrauchbar für die Dichtung geworden und unbrauchbar für eine Erkenntnis des Menschen, der Wirklichkeit, der Wahrheit. Die Sprache wird wie nie zuvor zu einem Angelpunkt der dichtungstheoretischen Diskussion, und sie ist es bis heute geblieben. „The real metaphysical problem today is the word", heißt es 1929 in einem Aufsatz über James Joyce1. Parallel zu dieser Diskussion entsteht eine Dichtung, in der sich der Dichter der Sprache nicht mehr selbstverständlich und unbefangen bedient; in der verschiedensten Weise spiegelt sich hier das schwindende Sprachvertrauen bis hin zu einer Neuschöpfung oder zur Zerstörung der Sprache. In ihren epigonalen Ausläufern reicht diese Dichtung bis in die Gegenwart. Das Unbehagen gegenüber der Sprache hat mannigfaltige Ursachen, die hier im einzelnen weder vorgeführt noch diskutiert werden sollen2. Sicher spielt dabei das Scheitern des Naturalismus als literarische Revolution und sein Versagen im Kampf um eine Veränderung der Gesellschaft eine wichtige Rolle. Literarische Konventionen und Traditionen hatten sich als so stark erwiesen, daß man Neues nur noch durch eine Revolutionierung der Sprache oder durch einen revolutionären Gebrauch der Sprache schaffen zu können glaubte. Fritz Mauthner ist der erste Autor, bei dem die Überzeugung von der Nichtigkeit der Sprache so beherrschend wird, daß sie sein Werk — wenigstens seit 1900 — entscheidend prägt. Eine Integration von Sprachskepsis und Dichtung ist ihm zwar nicht gelungen, und er weicht deshalb auf eine philosophische Argumentation aus; dennoch scheint es mir gerechtfertigt, in ihm den Beginn sprachskeptischer Dichtung zu sehen, zum einen, weil ihm seine Kritik der Sprache zum Dichtungsersatz wird, zum anderen, weil mit ihm die Diskussion über die Sprache beginnt und eine unmittelbare Einwirkung seiner Sprachkritik auf einige Dichter festzustellen ist. Um das zu verdeutlichen, beschränke ich mich hier weitgehend auf solche Dichter, bei denen eine Beschäftigung mit den Gedanken Mauthners nachzuweisen oder zumindest wahrscheinlich ist. Ich nehme dafür in Kauf, daß unbedeutendere Gestalten über Gebühr behandelt und andere, etwa Ernst Barlach, gar nicht erwähnt werden. Denn wenn 1
Jolas: The revolution of language, S. 79. Vgl. Muschg: Der Zauber der Abstraktion. — In: Musdig: Studien, S. 9—30, dort S. 20—21. 2
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Die Gegenwart — Oswald Wiener
auch Fritz Mauthner am Anfang steht und am klarsten das neue Verhältnis zur Sprache widerspiegelt, so geriet er doch schnell in Vergessenheit und gerade in dem Maße, in dem seine ganz durch persönliches Erleben geprägte Sprachskepsis eine die Zeit prägende Grundstimmung und gerade bei den Größten ein existenzielles Problem geworden war.
/. Die Gegenwart — Oswald Wiener Mit der Wiederentdeckung der experimentellen Dichtung der ersten drei Jahrzehnte des zwanzigsten Jahrhunderts, der Popularisierung der Philosophie Ludwig Wittgensteins und der modernen linguistischen Forschung erlebte die Dichtung, die sich die Sprache selbst zum Thema setzt, eine neue Blüte, die in den Jahren zwischen 1960 und 1970 ganz aufbrach und dann langsam wieder dahinwelkte. „Es läßt sich nicht mehr selbstverständlich reden, es läßt sich nur noch reden unter der Voraussetzung der Reflektierbarkeit dieses Redens. [...] Das aber würde bedeuten, daß Literatur im 20. Jahrhundert bereits dadurch entsteht, daß ein Autor versucht, Entdeckungen in der Sprache zu machen", charakterisiert Helmut Heißenbüttel das Selbstverständnis dieser Literatur1. Allerdings verschiebt sich gegenüber den Anfängen zu Beginn des Jahrhunderts der Schwerpunkt; nicht mehr das erkenntnistheoretische oder ästhetische Problem steht im Vordergrund, sondern die Sprache wird im Zusammenhang mit der Wiederbelebung marxistischer Theorien vor allem als Mittel zur politischen Herrschaft kritisiert2. Das ist gedanklich zwar schon früh vorbereitet worden — Hugo Ball erinnerte an Proudhon8, Fritz Mauthner verfocht diese These in seinem Büchlein Die Sprache (1907)4 — aber jetzt fühlten sich die Dichter berufen, diese Funktion der Sprache in ihren Texten aufzudecken. Sprachkritik in den verschiedensten Formen wurde schnell zu einem werbewirksamen Kennzeichen; die Verlagsannoncen sprechen eine deutliche Sprache. So heißt es etwa zu Uwe Brandners Drei Uhr Angst: „Drei Uhr Angst ist ein Buch über das Schreiben; die Sprache und ihre Verwendung in unserer Gesellschaft sein Inhalt."5 Rolf Wondratschek zeige, „daß nämlich eine durch falsche sprachliche Benennung buchstäblich verbaute Welt nur durch neue Konstellationen wieder durchlässig gemacht werden kann"8, Arnfried Astel bewähre sich mit seiner Kläranlage als eine „Kläranlage schlechter Sprach- und Denk1
Heißenbüttel/Vormweg: Briefwechsel über Literatur, S. 135. Vgl. Heißenbüttel: Einleitung zu: Eugen Gomringer: worte sind schatten, S. 9— 20, dort bes. S. 19. 8 Vgl. unten S. 46. 4 Vgl. unten S. 235—237. 5 Hanserkatalog Herbst 1969 zu: Brandner: Drei Uhr Angst. 6 Hanserkatalog Herbst 1970 zu: Wondratschek: Ein Bauer zeugt mit einer Bäurin einen Bauernjungen, der unbedingt Knecht werden will. 2
Die Gegenwart — Oswald Wiener
5
gewohnheiten"7, anderen gelinge es, »die Stereotypen der öffentlichen Sprache" aufzudecken8 oder „Sprachklischees und Imaginationsklischees" zu parodieren*. Die Liste ließe sich beliebig erweitern. Ebenso unübersehbar wie diese Klischeezertrümmerer sind Dichter, die eigene „Sprachwelten" aufbauen und deren „literarische Wirklichkeit" nicht das ist, „was es außerhalb der Sprache gibt, sondern das, was der Sprache möglich ist und was durch sie möglich wird"10. Die Sprache ist zu einem Fetisch geworden, und die Dichtung über sie hat sich wohl etabliert, dabei aber jede Kraft zur Provokation verloren: Der sogenannte Avantgardismus steht heute ja vor einem ganz anderen Zeithintergrund als vor fünfzig Jahren. Damals hatte er sich gegen den brutalen Widerstand einer im Positivismus erstarrten Gesellschaft durchzusetzen. Der unbegrenzte Spielraum, den er heute besitzt, ist dagegen nur ein kleiner Ausschnitt aus der allgemeinen Anarchie und Unnatur, die den Lebensstil unserer Zeit von den täglichen Unfallziffern bis zu den Atompilzen charakterisieren. Nachdem ein besessener Scharlatan Europa mit sidi in die Luft gesprengt hat, ist die Schwerelosigkeit, von der Kleist träumte, kein unerreichbares Ideal mehr, sondern der allgemeine Weltzustand. Die entfesselte Literatur spiegelt genau die Geistesverfassung einer überlebenden Menschheit, die in Unglauben, Fiktionen und technischen Spielen wie im Traum dahintreibt, unfähig, die Gefahr zu erkennen, in der sie schwebt. Das künstlerische Experiment ist kein Wagnis mehr, sondern die einzig noch interessierende Sensation. [...] Während die Mitläufer des Spätexpressionismus mittels der Sprache die Wirklichkeit zertrümmern, wächst diese Wirklichkeit wie in einem Angsttraum riesig über uns hinaus und ist im Begriff, uns endgültig zu zerschmettern11. Unterdessen steht die linguistische Dichtung im Mittelpunkt der literarischen Diskussionlla; man denke nur an Rolf Wondratschek12, Peter Handke mit seinem Kaspar™ und vor allem an den berühmtesten Vertreter des Sprachfetischismus, Helmut Heißenbüttel. Besonders seiner haben sich Kritik und Wissenschaft mit wahrer Hingabe angenommen14. Dabei hat Heißenbüttel als Theoretiker nichts Neues zu bieten. Das wird besonders in dem Briefwechsel mit Heinrich Vormweg deutlich, wo Heißenbüttel den Denker in Aktion spielt und etwa schüchtern formuliert: „Darf ich den Grundsatz wagen, daß wir Sachen nur 7
Hanserkatalog Herbst 1970 zu: Astel: Kläranlage. Suhrkampkatalog 2. Halbjahr 1970 zu: Aue: Blaiberg oh Blaiberg. 9 Klappentext zu: Brandner: Am elften Tag. 10 Zitat aus einer Sendung des Hessischen Rundfunks von Wolfgang Werth, zitiert im Suhrkampkatalog 1971 zu: Wolf: Danke schön. Nichts zu danken. 11 Muschg: Der Zauber der Abstraktion. — In: Muschg: Studien, S. 9—30, dort S. 28/29. iia Vgl. Weiss: Thematisierung der Sprache. 12 Vgl. dazu: Donner: Sätze über Sätze. 13 Vgl. dazu: Buddecke und Hienger: Jemand lernt sprechen. 14 Vgl. etwa: Bense: Die Realität der Literatur, S. 111—118. Härtung: Synthetische Authentizität. Deri.: Antigrammatische Poetik und Poesie. Oskar: Stilstatistik und Textanalyse. Rumold: Verfremdung und Experiment. Vietta: Sprache und Sprachreflexion in der modernen Lyrik, S. 132—195. Waldrop: Heißenbüttel, poet of contexts. 8
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Die Gegenwart — Oswald Wiener
insoweit haben, als wir sie spradilich haben?"15 oder als neue Erkenntnis festhält, Spradie sei „ihrem Wesen nach konventionell"18, „wir [können] nichts sagen [...], was wir meinen, sondern etwas, das die Sprache uns vorschreibt"17. Ein Dichter muß kein großer Theoretiker sein, aber für Heißenbüttel wird verhängnisvoll, daß er zu einer auf sehr schwachen Füßen stehenden, letztlich auf Benjamin Lee Whorf beruhenden Sprachtheorie18 Texte schreibt, die seine, auf dieser Theorie beruhende Sprachauffassung stützen sollen19. Die Erkenntnis über den desolaten Zustand der Sprache und das gebrochene Verhältnis des Dichters zu ihr wird nicht mehr als Herausforderung zu einer künstlerischen Überwindung verstanden, sondern unter dem Vorwand, Sprach- und Herrschaftsstrukturen aufdecken zu wollen, akzeptiert. So entsteht eine öde und sterile Literatur. Man muß Peter Demetz zustimmen, wenn er schreibt: [Ich] bin [...] fast versucht zu glauben, daß unsere Moderne mit Futurismus und Dada begann und daß wir heute in einer zweiten Etappe der Moderne leben, die wenige Jahre nach Kriegsende (solange es uns allen an den Kragen ging, wollten wir den sinnstiftenden Inhalten der Literatur durchaus nicht entsagen) mit den neuen technologischen Möglichkeiten des Tonbands und der Medien, in der konkreten Musik, der Erneuerung der phonetischen Poesie und dem neuen Hörspiel ihren Anfang nahm. Ist unsere Moderne also Phase II jener Entwicklungen, die ihre substantiellen Voraussetzungen in Nietzsches Sprachskepsis (die allerdings weder bei Heißenbüttel noch bei Vormweg eine Rolle spielt) und in De Saussures Vorlesungen über die Linguistik, der Kehrseite der Sprachskepsis, zuallererst konstituierte80?
Skepsis gegenüber der Sprache ist zu einer Mode geworden, die angesichts einer immer erfolgreicheren linguistischen Forschung langsam kindisch wird. Nur ein Autor fällt deutlich aus diesem Rahmen: Oswald Wiener. Thema seines Romans Die Verbesserung von Mitteleuropa ist zwar ebenfalls die Sprache, aber er begnügt sich nicht mit der Aufdeckung irgendwelcher Sprachstrukturen oder dem Spiel mit einer angeblich sinnentleerten Sprache. Sein Roman ist ein Dokument des Aufstandes gegen die als existenzbedrohend empfundene Sprache. Wiener scheint das Sprachproblem durch die Schriften Fritz Mauthners bewußt geworden zu sein. Unter ihrem Eindruck jedenfalls vernichtet er 1959 seine bisherigen Arbeiten21 und verzichtet nach der Verbesserung von Mitteleuropa auf weitere literarische Betätigung22. Mit ähnlicher 15
Heißenbüttel/Vormweg: Briefwechsel über Literatur, S. 134. Ebd. S. 136. 17 Ebd. S. 137; vgl. auch: Heißenbüttel: Über Literatur. 18 Vgl. zur Unzulänglichkeit der theoretischen Position der gegenwärtigen „sprachkritischen Dichtung": Weinrich: Linguistische Bemerkungen^ S. 46. 19 Vgl. Heißenbüttel: Das Textbuch. 20 Demetz: Moderne Zeiten und die Kritik, S. 20. 21 G[amper]: Oswald Wiener. Vgl. die Besprechung der „Verbesserung" in: Der Spiegel, 1969, Nr. 28, S. 118—120. Dort auch die weiteren biographischen Angaben. 22 Er trat bisher nur noch einmal als Herausgeber auf (Inhaltsanalyse) und kommentierte die Frühen Schriften und typische Scheiße seines Freundes Dieter Roth. 16
Die Gegenwart — Oswald Wiener
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Konsequenz verläßt der 1935 geborene, vielseitig interessierte Kybernetiker — er studierte Jura, Musikwissenschaften, afrikanische Sprachen und Mathematik, war von 1952 bis 1959 Jazztrompeter — seine leitende Stellung in einem großen Industrieunternehmen, zieht vorübergehend in eine Waschküche und läßt sich schließlich als Kneipenwirt in Berlin nieder. Die Verbesserung von Mitteleuropa gewinnt so den Charakter eines letzten Bekenntnisses, des Bekenntnisses eines Menschen, der seiner Umwelt sprach- und verständnislos gegenübersteht und einfach nicht mehr mitmachen will und kann. Sprachskepsis ist hier nicht ein Problem gerade des Dichters, sie stellt den Anspruch auf totalen Verzicht. Der Roman — die Gattungsbezeichnung ist natürlich ironisch zu verstehen — enthält die verschiedenartigsten Texte, vom Essay bis zur realistischen Schilderung im Zeitlupenstil. Allen gemeinsam ist das Kreisen um das Problem Sprache und Bewußtsein, der Ekel vor einer normierten Gesellschaft und die Empfindung der eigenen Fremdheit, „ich bekomme das gefühl", schreibt er einmal, „dass mein verstand gar nicht für die weit da ist"28. Wiener reagiert mit totaler Ablehnung: idi nehme mir die freiheit: abzulehnen, die ablehnung allein ist unbeschränkt: laß dich leben, es geht ohne motiv". ich bin kein nihilist wer das behauptet ist ein trottel, ich sage nur, dass alles ein dreck ist25,
Diese Ablehnung gilt in besonderer Weise der Philosophie, „die philosophic ist die Wissenschaft schlechthin: die taugt zu gar nichts."26 Der Positivismus wird ebensowenig verschont27 wie Whorfs Sprachtheorie28, Wittgensteins Denkstil2* oder Max Benses melancholisches Pathos: „ich verlange den nachweis, dass sich bense's art von zu blasenschlammweiser fekundität vergorenen katzenjammer des deutschtums unterscheidet."30 Auch das eigene Werk wird in die Skepsis gegenüber jeder sprachlichen Äußerung einbezogen: [...] und so sitze ich jetzt da und schreibe, wundere midi was für sonderbare änderungen mit mir passiert sind in den letzten paar jähren seit den ersten zeilen, von denen ich kein wort mehr verstehe, damals waren sie mir arg verständlich glaube ich, weil ich ja auch noch die begriffe ordentlich im griff hatte wie mans soll und zu glauben schien ich wüsste was sie wären — seien und dass sie was wären und überhaupt war die weit noch grundsolid, wenn sie auch schon kleinere breschen hatte und ich dachte die 23
Wiener: Verbesserung, S. XI. Ebd. S. XXIV. 25 Ebd. S. XXVIII. * Ebd. S. XXXIX. " Ebd. S. XXIV, S. XLI, S. XIII (Anm.). M Ebd. S. LI. 29 Ebd. S. XVII (Anm.). 30 Ebd. S. L; Wiener bezieht sich wohl vor allem auf Benses Ungehorsam der Ideen und den Entwurf einer Rheinlandschaft. 24
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Die Gegenwart — Oswald Wiener wären von mir! und mit den gesprädien damals gings um ganz wichtige Dinge".
Sicherlich versucht Wiener hier das Dilemma des Sprachskeptikers, der sich doch der Sprache bedienen muß, zu lösen. Aber er rettet sich durch keinerlei Konstruktionen darüber hinweg: die eigene Aussage wird ebenso fremd wie jede andere. Wiener macht mit der Skepsis ernst. Seine Sätze sind nicht die Sprossen einer Leiter, mit der man über die Sprache hinausgelangt82, ihr Sinn zerfällt einfach. Dieser Verfall greift auch auf den Autor selbst über, kein mystischer Bereich der Verwirklichung, kein Paradies der Sprachlosigkeit wird konstruiert: wäre es denn glaubhaft, daß ich nicht mit Lust die Regeln eitern sehe muß ich selbst zugrunde gehen damit das gesetz krepiert? es ist also nicht nur anmassung: ich selber bin es wirklich, die weit nämlich, was ich verfaule, das verwest an mir83.
Nicht zuletzt wird von der Ablehnung der betroffen, der die Verbesserung liest oder gar über sie schreibt, „ich schreibe für die kommenden klugscheisser; um das milieu dieser ära komplett zu machen"34, heißt es einmal, und Wiener ist sich sicher, „auch aus mir werden die fans was gutes machen, sie können gar nicht anders"85. Und dennoch — Wiener glaubt an eine Mission seines Buches: wenn der leser einen gewinn aus der lektüre meines Buches ziehen kann, so wird das, hoffe ich, ein gefühl davon sein, dass er sich mit aller kraft gegen den beweis, gegen die kontinuität und die kontingenz, gegen die formulierung, gegen alles richtige, unabwendbare, natürliche und evidente richten muß, wenn er eine entfaltung seines selbst — und sei es auch nur für kurze zeit — erleben will, möge er bedenken, welcher kraft, welchen formats es bedarf, gegen eine im grossen ganzen abgerundete, stimmige, einhellige weit aufzustehen, wie sie uns in jedem augenblick an den köpf geworfen wird: er wird mir verzeihen, wenn ich die richtigen ansatzpunkte selten gefunden und in vielem über das ziel hinausgeschossen habe*6.
Wiener sieht die Rettung im Verzicht auf die Sprache. Es geht ihm deshalb gar nicht darum, Wahrheiten zu verkünden, die die Macht der Sprache ja nur beweisen würden, „die historische bedeutung wieners besteht darin", schreibt er, „dass er sich nicht der falschheit seiner Sätze schämte, ganz im gegenteil. er schämte sich nicht der falschheit seiner sätze. zweitens mochte er die spräche nicht leiden, schon zu lebzeiten war er stolz darauf, sehr sehr stolz."87 Wiener verwirft die Klassifizierung der Sätze in wahre und falsche. Sprache ist immer falsch, und es läßt sich mit ihr nur ihre Falschheit dokumentieren zum Zwecke der Befreiung: S1 32 33 34
35 39 37
Ebd. S. CXVII. Vgl. unten S. 52. Wiener: Verbesserung, S. LIII/LIV. Ebd. S. XXX. Ebd. S. LXXI. Ebd. S. CXCI. Ebd. S. XXXIX.
Die Gegenwart — Oswald Wiener
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ich halte mich dennoch für den pionier einer gigantischen aphasie, oh morgenrot, tatbestandsloser berserker! gebt mir ein wort, ein einziges wort nur, ihr lausejungen, und ich schlage es euch um die ohren, ihr rotzlöffel, damit eure weit zu klingen beginnt38.
Eichendorffs „Zauberwort" gibt es nicht mehr. In dem Essay notizen zum konzept eines bioadapters30, der vom Autor selbst zur Interpretation des Romans empfohlen wird40, werden die Gründe für Wieners Ablehnung der Sprache deutlich. Hinter seiner Polemik gegen die Zweige der Wissenschaft, die an der Normierung des Denkens arbeiten, steht die Vorstellung von der bewußtseinsprägenden, den Menschen beherrschenden Kraft der Sprache. Gerade die modischen philosophischen Richtungen wichen dieser Erkenntnis aus: tatsächlich hat es der marxismus genauso eilig wie der behaviorismus, von der Sprachbetrachtung wegzukommen, beide drängt es gewaltig sich an der Wirklichkeit zu erproben, beide frönen aufs ausgiebigste dieser bäurischen Voraussetzung, achten knurrend darauf, daß sie ihnen unberedet bleibt, eine eingehendere beschäftigung mit den denkvorschriften der spräche, ja sogar schon das provisorische setzen der spräche als instanz (die spräche als form der Wirklichkeit, gewissermassen) müssten beide diese höhensonnen der wahrheit auspusten, diese begriffsgebäude zum einsturz bringen, die doch, als tintenburgen, nur aus endlosen korridoren bestehen41.
Die Linguistik dagegen verschaffe sich künstlich eine wissenschaftliche Legitimation, indem sie einen Wesensunterschied zwischen „der spräche und jener, mit welcher man über sie spricht"42 aufrechterhalte, dabei aber alle Zusammenhänge von Sprache und Bewußtsein in die Medizin, in Psychologie und Philosophie verweise43. So bleibe unbeachtet, daß die Sprache zu einem bestimmten Verhalten und zu einer bestimmten Erfahrung zwinge44. Die Gesellschaft habe diesen Zwang akzeptiert und ächte den, der sich damit nicht abfinden könne: „wer mit der von der spräche umrissenen Wirklichkeit nicht auskommt stellt sich dadurch gegen die gesellschaft und wird konfiniert."45 Denn die Sprache, „das konservative prinzip schlechthin"46, ist die Grundlage des modernen demokratischen Staates, der eben dadurch zum totalen, totalitären Staat werde47. In diesem Staat werde die Sprache zu einem Mittel der Unterdrückung : und wenn da einer sagt, die bedeutung eines wortes sei sein gebrauch in der spräche48, so ist das lieb von ihm, und sicherlich auch gut gemeint! wir an38
39 40
41 42 4J 44 45 46 47 48
Ebd. S. LXX. Ebd. S. CXXXIV—CLXXIV. Ebd. S. CXXXIV.
Ebd. S. CXXXVIII. Ebd. S. CXXXIV. Ebd. S. CXXXIV. Ebd. S. CXXXVIII. Ebd. S. CXXXIX; vgl. ebd. S. CXLII. Ebd. S. CXXXIX. Ebd. S. CXLI. Bezieht sich auf: Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen 43.
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Die Gegenwart — Oswald Wiener deren aber ergänzen schallend: die worte mitsamt ihrem gebrauch sind untrennbar mit politischer und sozialer organisation verbunden, sind diese Organisation, sind jenes a priori über dessen existenz die blödmänner ihre nerven verbraucht haben, sind eigentlich nur dazu da, damit die dümmeren leute an die Wirklichkeit glauben wie früher an das jenseits damit die dümmeren leute ordentlich arbeiten, damit sie einander ähnlicher werden und braver, [..-] 49 ·"
Mit der Kybernetik habe der Staat über die Sprache hinaus das Mittel zu einer unumschränkten Normierung und Steuerung gewonnen. Was die Sprache noch an Freiheit besessen habe, die Möglichkeit der Veränderung und individueller Ausprägung, vernichte die Kybernetik. Mit der Möglichkeit gleichmäßiger Steuerung normierter Information sterbe „die spräche den wärmetod"50, der Mensch werde in eine Welt ohne Probleme gestellt: die probleme schwinden; nicht weil man sie überwältigt, sondern weil man sie überbrückt, die kybernetischen gerate, Verwirklichungsmaschinen, verleihen den formulierungen, was die noch nie besessen haben: endgültigkeit, in diesem Jahrhundert werden die letzten worte gesprochen51.
Aus der vergleichsweise harmlosen Klage über die vom Journalismus verdorbene Sprache, wie wir sie etwa bei Hugo Ball52 und vor allem bei Karl Kraus erleben, ist die Angst vor der Beherrschung einer immer stärker der Normierung unterworfenen Sprache getreten. Dem einzelnen bleibt nur noch der totale Rückzug auf sich selbst, die Flucht aus der Gesellschaft und ihrer Wirklichkeit: man nennt flucht den exodus aus einer zugrunde gerichteten weit, in der einzig die krebszellen eine trügerische prolongation ihrer existenz erleben, es ist nicht der reißaus vor den „prüfungen einer unerbittlichen Wirklichkeit", sondern ungenügen an der infantilen haltung des , welche einem, weil sie ihr entwurf ist, diese Wirklichkeit unmöglich macht, ich bin abscondit . .. abtrünnig; dieses rcnegatentum ist die flucht aus dem arbeitslager Staat, desertation der Wirklichkeit, ein abhauen aus der spräche53.
Wiener kämpft um die Bewahrung seiner selbst. Sein Roman ist daher nicht nur ein Versuch, die Nichtigkeit der Sprache philosophisch zu beweisen, sondern Dokument eines an der Sprache leidenden, um Befreiung bemühten und doch in der Sprache verstrickten Bewußtseins. Das wird besonders in den zwei Studien über das sitzen54 deutlich. Das Thema ist harmlos genug: Gespräche mit Freunden im Cafe Zwerina. Der Autor — er nennt sich mitunter Oswald und wir dürfen ihn ohne Zweifel mit Wiener identifizieren — merkt dabei, daß ihm die Fähigkeit zum Begreifen dessen, was da geredet wird, abhanden gekommen ist: « Wiener: Verbesserung, S. CXXIX; vgl. ebd. S. XVIII/XIX. Ebd. S. CXLI. " Ebd. S. CXLIV. 52 Vgl. unten S. 44. 53 Wiener: Verbesserung, S. CXLVII. 54 Ebd. S. CXV—CXXXIII; vgl. Jappe: Die Sprache stirbt den Wärmetod. 50
Die Gegenwart — Oswald Wiener
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ich kam prächtig mit und verstand alles gut nur begreifen konnte ich es nicht, und ich wendete die sache hin und her und sie lag da wie ein klotz, ich stellte mir wieder einmal alles vor und alles passte ins bild — bis mir aufstiess, wieder einmal, dass ich mir wieder einmal alles vorgestellt hatte na und da musste doch wohl alles stimmen, und ich wunderte mich über die eigenbewegung und stoppte sie und es wurde mir gleich wohler, die worte wurden klar und deutlich, verloren jeden sinn und klapperten wie zimmcrkugelblitze im zwerina herum bis sie ganz harmlos puff machten und man konnte wieder einen genehmigen55.
Die Worte haben sich verselbständigt, sie können verstanden werden, aber das Verstehen hat keinen Sinn mehr. Die Sprache hat ihre Macht verloren. An die Schwelle zu dieser Freiheit setzt Wiener ein Erlebnis, das dem des Lord Chandos zu vergleichen ist5*; er akzeptierte die Sprache, bis dann der knacks passiert ist mit mir und sozusagen war es einmal ein sätzchen auf das ich gestossen war und das nun wirklich nicht zum stimmen zu bringen war. [.. .] es war ein ziemlich arger schlag gewesen weil ich mit einemmal alles eingebüßt hatte im sinne des wortes. aber ich fing wieder zu lernen an, diesmal aber lernte ich reden wie man schwimmen lernt, zu einem bestimmten zweck sozusagen und es war ja tatsächlich jeder satz wie wenn du ins wasser springst beim baden und tempi machst, ein bäum wurde langsam wieder ein bäum, aber es war eine andere sorte bäum als früher und nicht eigentlich ein bäum sondern ein „bäum", aber die anführungszeichen konnten sie ja nicht sehen beim reden und das half mir, denn für sie wars dasselbe, das reden war gerade so als ob ich in zitaten redete, [.. .]57.
Nicht nur der schnoddrige, umgangssprachliche Ton, der das Erlebnis des Sprachverfalls zu einem ganz gewöhnlichen Zwischenfall herabspielt und ihm die Aura mystischer Begnadung nimmt, die ihm seit dem Sprachschreck des Lord Chandos anhaftet, sondern vor allem in dem Erlebnis selbst unterscheidet sich Wiener von dem literarischen Vorgänger. Auch er sieht die Dinge neu, aber das Gefühl einer mystischen Einheit mit allem Sein fehlt. Die Wirklichkeit hat sich im Gegenteil zu Sprache verflüchtigt, der Baum ist „bäum" geworden. Der Mensch ist verdammt, diese Scheinwirklichkeit ständig zu reproduzieren: ich hab damals nachgedacht und hab gefunden, dass sich die worte zu nichts besser gebrauchen lassen als zur wiedergäbe von dem, was einer mal gesagt hat [...] glaub jetzt beinah, dass uns gott zu diesem zweck das wort in den mund geschoben hat, wie einen knebel oder gschnastrompete48.
Mit der Erkenntnis endloser Reproduktion fällt auch die Funktion der Sprache als Mittel der Verständigung, „zwanzigtausend jähr dient sie nun schon der Verständigung, es muss endlich schluss sein damit, oswald ist gekommen du arme magd, oswald sitzt da, sieht sich an wie ein gelehriger pudel und ... versteht kein wort, er versteht nicht."59 Es bleibt nur noch die Möglichkeit, das leere Spiel der Sprache um des Lebens willen mitzuspielen und Befreiung zu 55
Ebd. S. CXVIII. « Vgl. unten S. 28—29. 57 Wiener: Verbesserung, S. CXX.
5
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Ebd. S. CXXVIII. » Ebd. S. CXXVI.
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Die Gegenwart — Oswald Wiener
suchen im Bewußtsein dieser Leere. Der Autor trennt sich in Oswald und Metaoswald: Oswald ist groß genug für mitteleuropa, von angenehmem und gewinnendem äusseren, und sehr glücklich mit seiner mnestisdien aphasie. [...] metaoswald aber, ein Sammelbegriff für die sprachlosigkeit von Oswalds verstand, dreht sich nach oben links hin aus der Bedeutung raus und die botschaft greift ins leere: der regen verliert sein publikum80.
Oswald Wieners Roman steht zwischen Dichtung und Philosophie, zwischen Utopie und Dokumentation. Das Ganze: ein Aufstand gegen die Herrschaft der Sprache und Bekenntnis zu einem Leben außerhalb der Sprache; mit einer Dichtung gegen die Sprache kann sich Wiener deshalb nicht mehr zufrieden °
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und jetzt halten wir vielleicht gott sei dank das maul, doch das maul. und reden wie beckett über das maul halten, endlos, um schleim scheissend der weltberühmteste maulhalter zu werden und jedermann den rang abzulaufen weil mindestens einer von uns sein maul so wunderschön halten kann61.
Wiener ist ebenso wie Mauthner, dessen Gedanken er, wie wir sehen werden, weitgehend wiederaufnimmt, nicht Dichter genug, um vor der radikalen Forderung nach Verstummen zurückzuschrecken, ja, ihr auch selbst zu folgen. Mauthners Beiträge zu einer Kritik der Sprache (1901/1902) erleben eine Wiedergeburt in neuem Gewand, neu im Verzicht auf die Grammatik der Schriftsprache, in der Aktualisierung der philosophischen und literarischen Diskussion, neu auch durch den Bezug auf eine veränderte Welt, eine Welt der Computer und der Kybernetik. Mauthners Gedanken konnten noch einmal lebendig werden, weil Wiener sie als persönliche Problematik erlebt hat und auch so darstellt. Der vergessene Philosoph hat einen skeptischen Schüler gefunden; und soweit es dessen Skepsis zuläßt, huldigt er dem Meister: ich aber blickte auf und sah in den wölken eine unnatürlich große sprechblase, in welcher mit flammenden lettern stand FMAUTHNER BEITRÄGE 3AUFLAGE P176FF BIS SEITE 232 ERSTER BAND82! da hab ich natürlich gleich gemerkt woher der wind wehte, und da fuhr es mir zu, wenn sich der hl. geist, jetzt, auf den mauthner schmeisst, wo der doch soo riesig gut wieder auch nicht ist dann hast du eine menge chancen [.. .]es.
Oswald Wieners Buch scheint der Dichtung über die Sprache ein Ende zu setzen. Und dennoch zeigt es sich, daß auch aus seinem alle Grenzen sprengenden Protest ein schönes Büchlein destilliert werden kann. Ich meine Heiner Bastians die bilder sind vor allem nur wie du das rot empfindest64. Schon in früheren Gedichten65 umkreiste Bastian das Problem Sprache und Wirklichkeit, 60 81 82 8S 84 65
Ebd. S. CXXXIII. Ebd. S.LXII. Es handelt sich um das Kapitel Denken und Sprechen; vgl. unten S. 68—69. Wiener: Die Verbesserung, S. CXXIII. Vgl. auch: Bastian: ich sage auch nicht. Bastian: beobachtungen im luftmeer.
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allerdings ohne daß die Gedichte dadurch wesentlich geprägt wurden. Sie werden vielmehr vom Stimmungsgehalt und Bildmaterial der Lyrik Hugo von Hofmannsthals und Rainer Maria Rilkes getragen66. Jetzt steht die Sprachreflexion im Mittelpunkt; in die Sprache Wittgensteins parodierenden, elegischresignierenden Gedankenfragmenten sollen dem Leser am einfachsten Beispiel Anregungen gegeben werden, den „kommunikativen Zwang"67 der Sprache und die Unmöglichkeit, mit ihrer Hilfe Wirklichkeit zu erkennen, zu durchschauen. Die Literatur müsse sich deshalb einer Sprache bedienen, die ihre eigene Hinfälligkeit deutlich werden läßt — Literatur als Metasprache: wenn es der literatur ernsthaft um erkenntnis geht, wird sie sich ihrer spräche als Inventar zu entledigen haben, in der jeder beweis aufgehoben ist, weil der verdacht auf zweifei nicht vorkommt, aber auf diese zweifei, auf das zeigen auf sie, kommt es mir an. (auch wenn die spräche dabei im wege steht.) das vorliegende buch habe ich so verstanden*8.
Gedanklich bezieht sich der Dichter hauptsächlich auf Fritz Mauthner, der ihm wohl durch Wiener vermittelt worden ist69. In nahezu jedem der sieben Kapitel können direkte Übernahmen aus der Kritik der Sprache nachgewiesen werden, das sechste Kapitel steht gar unter einem Motto daraus, worauf Bastian allerdings selbst hinweist70; oft ist ein Verständnis nur bei einer Kenntnis Mauthners möglich. Wenn Bastian etwa meint, „daß der tisch deine müdigkeit ist"71, so bezieht er sich damit auf die Feststellung Mauthners, jedes Denken komme einmal an einen Punkt, wo es aus Müdigkeit Ruhe in einem Wort suche72. Dieselben Gedanken, die bei Wiener zu einem ungezügelten Aufbäumen geführt hatten, erstarren bei Bastian in einem schönen, gemessenen Stil. Bastian ist — und das zeigte sich schon in seinem ersten Gedichtband — ein sprachlicher Feinschmecker. Als solcher findet er dann doch wieder zu einem mystischen Verhältnis zur Sprache: nur manchmal, in winzigen augenblicken, wenn das gefühl für das, was du sagen willst, viel stärker ist als das, was du sagen kannst, treten die bilder nur wie die bilder auf, und ihre bedeutung verschwindet in dem, was sie dir bedeuten73.
Wieners Protest wird durch eine Ästhetisierung aufgefangen, der Absage an die Sprache folgt der Triumph der schönen Sprache. Das ist nicht ohne Bedeutung: hier wiederholt sich ein Vorgang, den wir auch zu Beginn der dichterischen 66
Vgl. etwa das Gedicht diese geschickte (Bastian: beobachtungen, S. 43). Bastian: bilder, S. 11. 88 Ebd. S. 11. 89 Bastian verweist nicht auf Wiener, aber es finden sich mitunter wörtliche Entsprechungen, vgl. etwa Wiener: Verbesserung, S. LXXVIII und Bastian: bilder, S. 14, Anm.**. 70 Bastian: bilder, S. 50—55. 71 Ebd. S. 18. 72 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 713. 73 Bastian: bilder, S. 59. 67
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James Joyce und Samuel Beckett
Auseinandersetzung mit der Sprachkritik Fritz Mauthners finden; auf seine Beiträge zu einer Kritik der Sprache folgt Hugo von Hofmannsthals Ein Brief". II. Zwei Schlüsselgestalten der modernen Dichtung: James Joyce und Samuel Beckett Samuel Becketts Schaffen reicht bis in die Gegenwart, James Joyce beendete sein letztes Werk vor über dreißig Jahren. Wenn beide in einem Kapitel behandelt und der sprachskeptischen Dichtung der Gegenwart gegenübergestellt werden, so bedarf das einer Erklärung. Die beiden Dichter verwirklichen in ihrem Werk zwei extreme, gegensätzliche Möglichkeiten, der Herausforderung der Sprachskepsis zu begegnen. Zudem stellen sie einen für unser Thema seltenen Glücksfall dar. Müssen wir nämlich gerade bei den bedeutenderen Dichtern immer wieder feststellen, daß sie theoretischen Erörterungen des Sprachproblems fremd gegenüberstanden und sich deshalb dem Versuch, sie in unmittelbare Beziehung zur Kritik der Sprache zu setzen, entziehen, so treffen sich James Joyce und Samuel Beckett in der Beschäftigung mit Fritz Mauthner. Und so oberflächlich diese Berührung auch gewesen sein mag — man ist versucht, darin symbolisch den Beginn der modernen Dichtung zu sehen. Um 1930 läßt sich in Paris der nahezu erblindete James Joyce, eben zu dieser Zeit mit dem monumentalsten Sprachexperiment der Literaturgeschichte beschäftigt, von Samuel Beckett Abschnitte aus Fritz Mauthners Beiträgen zu einer Kritik der Sprache vorlesen1. James Joyce war damals schon ein weltberühmter Dichter. An umfangreicheren Werken hatte er die Gedichte Chambermusic (1907), Dubliners (1914), A portrait of the artist as a young man (1916) und den Ulysses (1922) veröffentlicht. Die Sprache wird in allen diesen Werken nicht angetastet, nur im Ulysses finden sich erste Ansätze zu einer Umformung. Doch schon für dieses Werk stellt Richard M. Kain fest: The result is that the book is about a city and a civilisation and is itself an artifact of that city and civilisation. No other fiction, excepting Finnegans Wake and Tristram Shandy, calls attention so insistently to the fact that it is a work of verbal artifice, of contrived structure and style2.
In dem seit 1924 fortlaufend veröffentlichten, 1939 abgeschlossenen und unter dem Titel Finnegans Wake veröffentlichten work in progress tritt Sprach74
Vgl. unten S. 20—29. Ellmann: James Joyce, S. 661/662 (deutsche Fassung S. 620). Es ist nicht mehr festzustellen, wann Joyce die Kritik der Sprache kennengelernt hat, vielleicht schon während des ersten Aufenthaltes in Zürich (1915—1919). Der Bericht Richard Ellmanns läßt vermuten, daß der Dichter mit der Kritik der Sprache um 1930 schon vertraut war. 2 Kain: The position of Ulysses today, S. 88. 1
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gestaltung und Umgestaltung ganz in den Vordergrund. Hier schafft James Joyce auf der Basis des Englischen mit Hilfe zahlloser anderer Sprachen vom Schwedischen bis zum Japanischen eine neue Sprache, deren Wesen und die Hintergründe ihrer Entstehung bis heute nicht geklärt sind*. Unumstritten ist nur, was offen zutage liegt: Joyce genügte die empirische Einzelsprache nicht mehr. Vielleicht hatte er ihre Grenzen erfahren, als er im Ulysses versuchte, die menschliche Wirklichkeit in ihrer Totalität zu erfassen4. Die Überwindung dieser Grenzen verspricht er sich offenbar durch eine Neuschöpfung, allerdings nicht durch eine von jeder empirischen Sprache unabhängigen Eigenschöpfung, sondern durch die Kombination bestehender Sprachen. Joyce dachte nicht daran, sich auf eine Privatsprache zurückzuziehen und damit auf Mitteilung zu verzichten. Im Gegenteil, er versuchte, ihr durch Kontamination neue Kraft zu verleihen5. Dahinter steht der Glaube, die bestehenden Sprachen hätten sich zwar vom ehemals gemeinsamen, ausdrucksmächtigen Urgrund entfernt, aber doch in Relikten die alte Kraft bewahrt*. Durch Kombination der besten Teile jeder Sprache soll Form und Inhalt wieder vereint werden. So versteht Samuel Beckett das work in progress als „direct expression"7, deren Verständnis nur der dekadenten Zeit verschlossen sei: And if you don't understand it, Ladies and gentlemen, it is because you are too decadent to receive it. You are not satisfied unless form is so strictly divorced from content that you can comprehend the one almost without bothering to read the other8.
Form und Inhalt seien in diesem Werk eins: „here form is content, content is form. His writing is not about something; it is that something itself."* Ein anderer Freund des Dichters, Eugene Jolas, betont die Verbindung zur zeitgenössischen Philosophie, der die Sprache selbst zum Problem geworden sei, und der Dichtung, welche die Sprache aus ihrer dienenden Funktion erlöst The new artist of the word has recognized the autonomy of language and, aware of the twentieth century current towards universality, attempts to hammer out a verbal vision that destroys time and space10. 3
Vgl. Purdy: Mind your genderous, S. 47—57. Die neueste Untersuchung, Jahns Sprachspielerische Wortbildungstechniken, konnte ich nicht mehr berücksichtigen. 4 Noch während der Arbeit am Ulysses sucht Joyce nach einer Sprache über den Sprachen. Vgl. Purdy: Mind your genderous, S. 49; Ellmann: Joyce, S. 410. 5 Vgl. auch Cambon: Nochmals Joyce (in: Cambon: Der Kampf mit Proteus, S. 41—74, bes. S. 68—74), der die Bemühung um eine neue, aber nicht solipsistische Sprache als gescheitert ansieht. So zieht etwa Beckett das deutsche Wort ,2weifel' dem englischen ,doubt' vor, weil in ihm die Bedeutung sinnfälliger bewahrt sei. Vgl. Beckett: Dante... Bruno. Vico... Joyce, S. 15. Joyce billigte diesen Aufsatz, ja beeinflußte ihn vielleicht sogar inhaltlich (vgl. Ellmann: Joyce, S. 588/589, deutsche Fassung S. 626). 7 Beckett: Dante ... Bruno. Vico . . . Joyce, S. 13. 8 Ebd. S. 4. • Ebd. S. 14. 10 Jolas: The revolution of language, S. 79.
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Die Sprachschöpfung im work in progress vergleicht er mit den Versuchen der Expressionisten, Futuristen und Dadaisten in Deutschland, Frankreich und Italien11 und weist besonders ausführlich auf August Stramm12 und Hans Arp13 hin. Wichtiger als diese Verteidigung mittels Kronzeugen, die außer acht läßt, daß Joyces Sprachexperiment sich nicht in der Kleinform der Lyrik mit ihren schon traditionellen Freiheiten, sondern in der Monumentalform des Prosaromans verwirklicht und damit eine ganz andere Bedeutung gewinnt, ist Jolas' Hinweis, Joyce beschleunige nur die in der Sprachentwicklung selbst angelegten Gesetze des Sprachwandels und der wechselseitigen Beeinflussung der Sprachen14. Der Dichter spricht gleichsam in einer Sprache der Zukunft, in der die dekadente Auszehrung überwunden ist. Seine Absicht, wie sie in diesen Aufsätzen deutlich wird, ist es, eine Sprache zu schaffen, die sich unmittelbar an die Wirklichkeit anschmiegt, diese Wirklichkeit selbst ist. James Joyce hat seine Verteidigung in der Hauptsache den Freunden überlassen. Seine eigenen Äußerungen sind spärlich, aber sie unterstreichen deren Behauptungen. So betont er, daß Scheitern oder Gelingen seines Experiments von der Richtigkeit der eigenen Sprachauffassung abhänge: „Either the end of the Part I [Anna Livia Plurabelle] is something or I am an imbecile in my judgement of language", schreibt er 1927 an seine Gönnerin Harriet Weaver15. Die normale Sprache genüge nicht zur Erfassung der gesamten menschlichen Wirklichkeit, denn „ein großer Teil im Dasein eines jeden menschlichen Wesens wird in einem Stadium zugebracht, das mit Hilfe einer hellwachen Sprache, fixundfertigen Grammatik und Immervorwärtshandlung nicht sinnvoll wiedergegeben werden kann"16. Das work in progress sei ein Experiment „in interpreting the ,dark night of the soul'"17. Ellmann faßt seine Argumentation folgendermaßen zusammen: Finally he defended his language both in terms of linguistic theory, as a largely emotional medium built up by sifting and agglutination and in terms of the appropriateness of linguistic distortion to a book which traced the distortion of dreams and suggested that history was also paronomastic, a jollying duplication of events with slight variations18. 11
Ebd. S. 83—84. Ebd. S. 84—86. 13 Ebd. S. 86. 14 Ebd. S. 89. 15 An Harriet Weaver, 1. 2.1927 (Ellmann: Joyce, S. 602, deutsche Fassung S. 568). 16 „One great part of every human existence is passed in a state which cannot be rendered sensible by use of wideawake language, cuttandry grammar and goahead plot." (An Harriet Weaver, 21.12.1926, bei: Ellmann: Joyce, S. 597, deutsche Fassung S. 563). 17 An Harriet Weaver, 14. 8.1927 (Ellmann: Joyce, S. 606, deutsche Fassung S. 572). 19 Ellmann: Joyce, S. 716, deutsche Fassung S. 670. 12
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Das Ungenügcn der Selbstinterpretation seiner Sprache als Traumsprache hat Strother B. Purdy nachgewiesen19. Sie erklärt vor allem nicht die besondere Praxis der Sprachschöpfung, die einen hellwachen Verstand voraussetzt. James Joyce hatte sich gegen heftige Angriffe von verschiedenen Seiten — von Marcel Proust bis zu Harriet Weaver — zu wehren und sollte sich über etwas Rechenschaft ablegen, was sich rational kaum fassen ließ. Seine Verteidigung besteht aus Ausflüchten, die Argumente bezieht er aus der surrealistischen Literaturtheorie und der Psychologie des Unbewußten. Er verfügte offenbar nicht über eine rational erfaßbare Sprachtheorie, sondern dichtete in dem Glauben an die magische Kraft der Sprache20 und aus dem Unbehagen an den empirischen Sprachen, die diese magische Kraft offenbar nicht besaßen. So mag er auch in Mauthners Schriften vor allem Argumente zu seiner Verteidigung gesucht haben21, und die bot ihm der Philosoph sowohl mit seiner Klage über die Beziehungslosigkeit von Sprache und Wirklichkeit22 als auch über die Verderbnis der Sprache der Zeit23. Auch seine — und Becketts — Neigung zum Schweigen — beider „Unterhaltungen" spielten sich meist ohne Worte ab24 — und sein Skeptizismus25 mögen ihm Mauthner nahegebracht haben. Doch seine Konsequenzen sind andere: kein „Selbstmord der Sprache"26, sondern Wiedererwekkung der Sprache durch Neuschöpfung. Finnegans Wake ist der monumentale Beleg dafür. Samuel Beckett war zur Zeit der Mauthnerlektüre als Dichter noch kaum an die Öffentlichkeit getreten. Unbelastet von einer literarischen Vergangenheit schlägt er einen Weg ein, der dem seines berühmten Freundes entgegengesetzt ist. „J'emploie les mots, que tu m'as appris. S'ils ne veulent plus rien dire, apprends m'en d'autres. Ou laisse-moi me taire"27, antwortet in dem Theaterstück Fin de partie (1957) Clov auf die Frage Harns: „Hier! Qu'est-ce 9a veut dire? Hier!"28 Diese Sätze lassen blitzartig Samuel Becketts Verhältnis zur Sprache aufleuchten, den Zweifel am Sinn des Worts, aber auch die Möglichkeiten einer Lösung: die Erfindung neuer Worte oder das Schweigen. Beckett selbst hat beides verworfen. Zwar hat er noch 1929 Joyces Versuch, durch Neuschöpfung der Sprache dieser ihre ursprüngliche Kraft zurückzugeben, befürwortet, selbst aber nie etwas Ähnliches versucht. Verstummen konnte er nicht und wird so zum Dichter des Leerlaufs der Sprache, der, wie Oswald Wiener es respektlos formuliert, „über das maulhalten [redet], endlos, um 19
Purdy: Mind your genderous, S. 50. Vgl. Hart: Finnegans Wake in perspective, S. 144. 21 Vgl. ebd. S. 145; Hart stellt allgemein fest, Joyce habe sich aus theoretischen Schriften immer das angeeignet, was seinen eigenen Vorstellungen entgegenkam. 22 Vgl. unten S. 64—66. 23 Vgl. unten S. 77—78. 24 Ellmann: Joyce, S. 661, deutsche Fassung S. 620. 25 Ebd. 28 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 713. 27 Beckett: Fin de partie. (zit. nach: Beckett: Theatre I, S. 180). 28 Ebd. 20
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schleim scheissend der weltberühmteste maulhalter zu werden und jedermann den rang abzulaufen, weil mindestens einer von uns sein maul so wunderschön halten kann"29. Samuel Beckett stellt in seiner Dichtung die Leere der Sprache in ein grelles Licht. Nikiaus Gessner hat nachgewiesen, wie diese Absicht immer stärker durchschlägt. Beckett sei zu der Überzeugung gekommen, „daß das Wort ein unzulängliches Werkzeug sei, unzulänglich sowohl für die Beschreibung, als auch für die Mitteilung, also für Ausdruck überhaupt"30. Der Dichter versuche, die Unzulänglichkeit der Worte dem Leser einzuhämmern31, so etwa mit der Rede Luckys aus En attendant Godot (1952). „Die Rede soll als Karikatur der wissenschaftlichen Abhandlung den völligen Untergang des sprachlichen Ausdrucks und damit des begrifflichen Denkens überhaupt illustrieren."82 Gessner faßt die Sprachauffassung Beckens und die Form ihres Ausdrucks in zehn Punkten zusammen: 1. Die Sprache kann nicht mehr der Verständigung dienen. Das Wort ist Träger von Mißverständnis. 2. Es findet keine Begegnung im Gespräch statt. Die Sprache ist zum Monolog geworden. 3. Die Sprache ist nicht mehr lebendiger Ausdruck. Sie besteht aus toten, erstarrten Formeln. 4. Da die Sprache ihre lebendige Ausdruckskraft verloren hat, muß sie, zur Mitteilung von Gedanken, im Ausstoßen primitivster Sprachfragmente Zuflucht suchen. 5. Die Sprache hat die Beziehung zur Wirklichkeit verloren. Das Wort, mit dem die Wirklichkeit adäquat ausgedrückt werden könnte, muß mühsam gesucht werden. 6. Die Unmöglichkeit, das richtige Wort zu finden, führt zu einer quantitativen Häufung der Wörter und 7. zur Aneinanderreihung von Synonymen, die keine Bereicherung des Stils, sondern einen sprachlichen Leerlauf darstellen. 8. Bloßstellung des als Träger einer Bedeutung unzulänglichen Worts durch Uberbe tonung. 9. Untergang des begrifflichen Denkens und letzte Ruinen wissenschaftlicher Ausdrucksweise im Wortchaos. 10. Der Zerfall der gliedernden und ausdrucksvollen Interpunktion vervollständigt die emotionale Entwertung des Worts und das Verwischen der rationalen Elemente83.
Becketts Sprachzweifel führe zu einer radikalen Skepsis und zur Unfähigkeit, die Welt gegliedert aufzufassen. „In der Welt von Beckett wird [...] an allem gezweifelt und weil auch an der Sprache gezweifelt wird, bleibt die Welt amorph, ungestaltet und dämmrig."34 Der Dichter spiegele die umfassende 29 30 31 32
38 34
Wiener: Verbesserung, S. LXII. Gessner: Die Unzulänglichkeit der Sprache, S. 44. Ebd. Ebd. S. 68. Ebd. S. 71—72. Ebd. S. 76.
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Unsicherheit der Gegenwart, die „aus dem Zweifel an der Bedeutung der Wörter und an der Gültigkeit der Sprache"85 herrühre. Seine Bedeutung liege darin, daß es ihm gelungen sei, „den Untergang des sprachlichen Ausdrucks sprachlich auszudrücken und in einem Werk der Literatur nicht bloß anzukündigen, sondern zu gestalten"86. In Samuel Becketts Sprachzweifel finden wir die Grundzüge der Gedanken Fritz Mauthners wieder, in den Punkten l, 2, 3, 5, 9, die sich auf Becketts Sprachauffassung beziehen, könnte man sogar eine Wiedergabe der Kritik der Sprache sehen37. Das soll nicht heißen, daß der Dichter, weil er Joyce aus Mauthners Werk vorgelesen hat, so und nicht anders gedichtet hat; aber es scheint doch, als habe er von dort eine wichtige Anregung erhalten. Jedenfalls: aus dem Verehrer der magischen Sprache James Joyces wird der Dichter des Leerlaufs der Sprache. Samuel Beckett hat allerdings — anders als es Gessner vermutete, der seine Arbeit noch vor dem Erscheinen von Fin de partie beendet hatte, — endlos weitergeschrieben, wenn auch in Richtung auf eine totale Sprachlosigkeit hin. In Acte sans parole I (1957), Acte sans parole II (1971) und ähnlichen szenischen Anweisungen wie etwa Le depeupleur (1970) wird auf der Bühne überhaupt nicht mehr gesprochen. Und doch scheint der Dichter damit wieder zur Sprache zurückzukehren, denn diese Stücke kommen zwar ohne Worte aus, müssen aber präzise beschrieben werden. Auch seine frühere Dichtung ist weit davon entfernt, sich mit dem Aufweis der Leere der Sprache zu begnügen. Das hätte den Dichter bald zum Schweigen gezwungen. Beckett läßt ahnen, daß hinter der sprachlichen Leere, die er vorführt, die großen metaphysischen Fragen der Menschheit stehen. Mit dem Verzicht auf eine sprachliche Umschreibung treten diese zwar nicht mehr in gedanklicher Klarheit, die sie als erfaßbar und lösbar erscheinen ließe, auf, sondern von sprachlicher Maskierung befreit als unmittelbar bedrohliche Wirklichkeit. Die Sprache hat — so Mauthner und Beckett — den Zugang zur Wirklichkeit verstellt. Aber während der Sprachphilosoph sich aus dem Verzicht auf die Sprache eine beglückende Einheit mit allem Sein erträumte38, läßt Beckett die Sprache in der Destruktion als gnädigen Schleier über einer furchtbaren Wirklichkeit erscheinen.
///. Sprachskepsis und Sprachzerstörung am Anfang des 20. Jahrhunderts James Joyce und Samuel Beckett sind Gipfelpunkte sprachskeptischer Dichtung. In ihnen trifft eine schon Gemeingut gewordene Vorstellung von der 35 38 37
Ebd. Ebd. S. 74.
Das ist deshalb von besonderem Gewicht, weil Gessner die Kritik der Sprache nicht zu kennen scheint, jedenfalls nicht auf sie verweist, und zur Zeit der Entstehung seiner Arbeit — 1956 — die Sprachdiskussion noch nicht zur Mode geworden war. se Vgl. unten S. 75.
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Sprachskepsis und Sprachzerstörung am Anfang des 20. Jahrhunderts
Nichtigkeit der Sprache auf ein eigenes, kongruentes Erleben und läßt so eine neue Dichtung entstehen. Das und nicht die Originalität ihrer Sprachskepsis macht die Einzigartigkeit des Werkes aus. Denn schon früher zeigten sich Dichter der verschiedensten Art von dem Gedanken der Hinfälligkeit der Sprache fasziniert und haben versucht, ihm dichterischen Ausdruck zu verleihen.
1. Sprachskeptische Dichtung a) Hugo von Hofmannsthal: Ein Brief Der Brief, „den Philipp Lord Chandos, jüngerer Sohn des Earl of Bath, an Francis Bacon, später Lord Verulam und Viscount St. Albans, schrieb, um sich bei diesem Freunde wegen des gänzlichen Verzichts auf literarische Betätigung zu entschuldigen"1, hat die Literaturwissenschaftler außerordentlich fasziniert, sah man in ihm doch „eines der denkwürdigsten Dokumente der modernen Dichtung"2, den „entscheidenden Umbruch zur Moderne"3 und den Schlüsseltext zum Verständnis der gesamten Dichtung Hugo von Hofmannsthals. Für Erwin Kobel, der Hofmannsthals Dichtung unter Berufung auf die Philosophie Martin Heideggers in der Antinomie von Sein und Werden zu fassen sucht, ist der Brief das Dokument dieser Spannung wie deren Lösung. Hofmannsthal habe durch die dichterische Form der Absage an die Dichtung die Absage selbst überwunden. „Indem Hofmannsthal den Chandos-Brief dichtet, hat er dem Dichtertum entsagt und es zugleich wieder, in einem neuen Sinn, ergriffen."4 In einem neuen Verhältnis zur Sprache habe er diese als eine zwar in sich geschlossene, aber doch das Leben bildhaft wiedergebende Eigenwelt akzeptiert: Die so verstandene Sprache braucht nicht verschmäht zu werden. Im Durchgang durch die Krise der Sprachbezweiflung ist der Dichter zur wahren Sprachliebe gelangt. [. ..] Die wahre Sprachliebe weiß, daß das Wort die Wahrheit nicht sagen kann, daß aber gerade diese Beschränkung die Größe des Worts ist: könnte nämlich die Wahrheit in der Sprache vorliegen, so wäre das Höchste, die Wahrheit zu wissen; es geht aber um etwas Größeres: „Nicht die Wahrheit zu wissen, sondern die Wahrheit zu sein."5 Die Sprache ist die Ermöglichung dazu8.
Als großen Wendepunkt und als Dokument einer tiefgreifenden Krise deuten den Brief auch Hermann Broch und Karl Pestalozzi. Hofmannsthal schildere, so meint Broch, „den Extremfall der völligen Vernichtung, da hier der Mensch, unfähig zur Identifikation, unfähig zur Überwindung der Spannung zwischen 1 2 3 4 5 6
Hofmannsthal: Ein Brief. — In: Hofmannsthal: Prosa II, S. 7. Goldschmidt: Hugo von Hofmannsthal, S. 21. Brinkmann: Hofmannsthal und die Sprache, S. 80. Kobel: Hugo von Hofmannsthal, S. 141. Hof mannsthal: Prosa III, S. 351. Kobel: Hugo von Hof mannsthal, S. 364.
Sprachskeptisdie Dichtung
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dem Erkennen und dem Erkannten, restlos dem unerkennbaren Sein, den Dingen, ihrer unangreifbaren Feindlichkeit, ihrer Unbegreiflichkeit, ihrer Ironie ausgesetzt ist"7. Die Niederschrift des Briefes habe gleichsam therapeutische Funktion gehabt. Hofmannsthal habe in ihm die eigenen Spannungen beseitigt, Selbstbeobachtung zu einer Quelle der Dichtung gemacht8 und aus dem Erlebnis die Konsequenz echter Demut und volkshafter Dichtung gezogen9. Karl Pestalozzi sieht Hofmannsthals Dichtung unter dem Gesichtspunkt des Kampfes um die Rückgewinnung ursprünglicher Lebenseinheit. Seine Sprachskepsis führe Hofmannsthal zunächst den Weg magischen Sprechens, das jedoch zu einer Lösung des Ichs von der Wirklichkeit führe10. Der Dichter habe das magische Sprechen überwunden in der Erkenntnis, „daß man sich der Wahrheit nur handelnd, nicht erkennend nähern kann"11, und sein Dichten danach als soziale Aufgabe, als Amt aufgefaßt. „Dieser Glaube, daß er im Dienste des ,Lebens' stehe und im Auftrag des Sozialen dichte, ist ihm die Legitimation für seinen Umgang mit der Sprache."12 Den Wendepunkt markiere der Brief: Damit steht der Chandosbrief auf der Schwelle zwischen den beiden Schaffensepochen des Dichters. Rückblickend faßt er den Versuch zusammen, auf magischem Wege das Ich aus seiner Vereinzelung zu lösen. Vorausdeutend eröffnet er in seinem Grundanliegen die kulturpolitische Tätigkeit der späteren Zeit, die in der Münchener Rede über „Das Schrifttum als geistiger Raum der Nation" und in der Begründung der Salzburger Festspiele ihren Höhepunkt erreicht. [...] Der „Brief ist die erste Amtshandlung des Dichters. Mit ihm finden die verschwisterten Gegenpole Sprachskepsis und Sprachmagie ihre „Aufhebung"1*.
Auch Paul Requadt versteht den Brief als Dokument einer Krise und deren Überwindung14. Anzeichen einer Sprachkrise seien schon vor und auch noch nach dem Brief spürbar. Hofmannsthals Werk sei gekennzeichnet durch ein „lebenslanges Durchdringen der Sprachproblematik"15, die historisch auf Lichtenberg und Nietzsche zurückzuführen sei18. Der Verweis auf Hofmannsthals Sprachskepsis vor dem Brief ist nicht überzeugend. Gewiß, ein Mißtrauen gegenüber der Sprache ist in einigen Gedichten und Aufsätzen greifbar, wird aber erdrückt von einem tiefen Sprachglauben, dem romantischen Glauben an eine Idealsprache, der sich die dichterische Sprache anzunähern vermöge17. Requadt stellt daher auch fest, Hof7
Broch: Hugo von Hofmannsthals Prosaschriften, S. 7. Ebd. S. 8—9. 9 Ebd. S. 9—11. 10 Pestalozzi: Sprachskepsis und Sprachmagie, S. 60—85. 11 Ebd. S. 111. 12 Ebd. S. 115. 18 Ebd. S. 126. 14 Requadt: Sprachverleugnung und Mantelsymbolik. 15 Ebd. S. 256. 18 Ebd. S. 258. 17 Vgl. Hofmannsthal: Poesie und Leben (1896). — In: Hofmannsthal: Prosa I, S. 303—312. 8
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mannsthal habe seine Zweifel an der Sprache durch „magische Intuition"18 besiegt und sich bis zum Chandos-Brief „auf dem Boden des magischen Wortes behauptet"19. Dann jedoch habe eine übermächtig gewordene Sprachskepsis zu der Krise geführt, von welcher der Brief zeuge, sie aber auch überwinde, da sich das Erlebte schon in ein „essayistisches Kunstwerk verwandelt" habe20. Die Konsequenz aus der Krise sei die Hinwendung des Dichters zum „genus humile" der Komödie und des Märchenspiels. Weniger einen Wendepunkt in Hofmannsthals Schaffen als einen in der deutschen Dichtung überhaupt glaubt Richard Brinkmann feststellen zu können: j-j;er rjn ^em ^ßrief] ist mehr als nur Zweifel und Überdruß an der überkommenen Sprache. Dieses Dokument ist epochemachend nicht bloß, wie man immer wieder liest, weil hier zum ersten Male der Skepsis gegenüber der Sprache Ausdruck gegeben ist, Skepsis, die dann bei anderen zum Affront gegen diese Sprache und ihre Zerschlagung und Umbildung, etwa im Expressionismus, geführt hat. Vielmehr geschieht hier in diesem vom Problem der Sprache her gesehen paradoxen Dokument, das selbst im Prinzip noch in den Grenzen der überlieferten Sprache bleibt, ein entscheidender Umbruch zur Moderne; denn indem hier, um mit Hermann Broch in Analogie zur modernen Naturwissenschaft zu reden, der „Beobachter mit ins Beobachtungsfeld introduziert wird", d. h. der Beobachtungsakt selbst zum Objekt der Beobachtung gehört, oder auf unseren Gegenstand bezogen: eine so grundsätzliche Problematik der Sprache des Dichtersubjektes selbst zum Gegenstand der Erörterung, der poetischen Gestaltung des gleichen dichterischen Subjektes wird, muß es mit einer Dichtung objektiver Aussage subjektiver Empfindungen, Stimmungen, d. h. vor allem mit der Lyrik in herkömmlichen Sinne vorbei sein21.
Brinkmanns Darstellung ist der Höhepunkt einer Interpretationsmethode, die das Paradox, daß ein Dichter in einer intakten Sprache über Sprachverfall berichtet, in wissenschaftlicher und naturwissenschaftlicher Ausdrucksweise in die Interpretation selbst übernimmt. Es erscheint dann auf den Dichter angewendet als Krise und Lösung, was wiederum die Konstruktion einer Konsequenz erfordert, sei sie nun die neue Auffassung des Dichterberufes als „Amt", die Hinwendung zu „volkshafter Dichtung", zum „genus humile" oder das Ende herkömmlicher Lyrik. Die besonderen historischen Bedingungen, unter denen der Brief entstand, vor allem aber des Dichters eigene Bemerkungen dazu werden kaum berücksichtigt. Andere Interpreten bemühen sich um eine historische Einordnung und eine Würdigung von Hofmannsthals Kommentaren, und das führte schließlich zu einer völligen Neubewertung. Gotthart Wunberg etwa stellt die Beziehungen zur Philosophie Ernst Machs dar, rückt von dort her allerdings den Sprachverfall in den Hintergrund; er erscheint ihm nur als eine Funktion des zerfallenden Ich-Gefühls. Hofmannsthals Sprachkrise erwachse aus einer Bewußt18 19 20
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Requadt: Sprach Verleugnung und Mantclsymbolik, S. 262. Ebd. Ebd. S. 263. Brinkmann: Hofmannsthal und die Sprache, S. 80/81.
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seinskrise22. Das ist allerdings nur eine Umkehrung von Ursache und Wirkung, wobei Wunberg übersieht, daß auch Machs Kritik am Ich-Begriff nur ein Teil seiner allgemeinen Begriffs- und Sprachkritik ist. Einer der ersten, der Hofmannsthals eigene Stellungnahme23 zur Grundlage der Interpretation machte, ist H. Stefan Schultz. Er vergleicht den Brief mit den Schriften Bacons und versteht ihn als eigenständige Synthese von Sprache und Gedanken der Vergangenheit: Hofmannsthal, in his imaginary letter, went hand in hand with the English sixteenth century, yet not enclosed within the narrow warrant of its gifts. He ranged freely within the zodiac of his own wit and created the rich tapestry of a post life which never was, but easily might have been*4.
Diesen Gedanken führt Manfred Hoppe weiter. Artistische Parodie sei überhaupt der Grundzug der Dichtung Hofmannsthals. „Was Hofmannsthal zur Dichtung verlockt, ist jeweils die ,Lust, etwas in diesem Sprechton zu machen', wie er sich anläßlich der Entstehung des Chandosbriefes ausgedrückt hat, d. h. es drängt ihn jeweils zur Nachahmung eines ganz bestimmten Stils."25 Mit der Legende von Sprachkrise und Wendepunkt räumt endgültig Donald Davian auf, indem er feststellt: 1. That Hofmannsthal's work is an integral, progressive unity from beginning to end. 2. That the Chandos-crisis, particularly as a language-crisis, has been misunderstood and greatly exaggerated in it's application to Hofmannsthal».
Eine Änderung in der literarischen Produktion nach dem Brief sei nicht nachzuweisen. Gedichte seien schon nach 1896 nur noch selten entstanden, aufgegeben habe der Dichter die Lyrik nie, sondern sie in seine Dramen überführt27. Vor allem sei von einer Sprachkrise nichts zu spüren. „Hofmannsthal's crisis, if we use that term, was rooted in his personal problems and character rather than in his concern over the insufficiences of language."28 Davian kommt zu dem Schluß, daß der Brief „is not an attack on language nor an indication of scepticism about language but [. ..] a warning by Hofmannsthal to his contemporaries of the dangers of aestheticism"29. Davians Entmystifizierung des Briefes ist überzeugend. Nur bleibt zu fragen, ob ein Text von solch sprachlicher Virtuosität wirklich als Warnung vor dem Ästhetizismus gemeint ist. Zudem läßt sich nicht leugnen, daß der 22
Wunberg: Der frühe Hofmannsthal. Vgl. etwa Hofmannsthal an Leopold von Andrian, 16. 1. 1903 (Briefwechsel Hofmannsthal/Andrian, S. 160—161). 24 Schultz: Hofmannsthal and Bacon, S. 15. 25 Hoppe: Literatentum, Magie und Mystik, S. 62. 29 Davian: Hofmannsthal and the Chandos Letter, S. 29. 27 Ebd. S. 31. 28 Ebd. S. 35. 29 Ebd. S. 38. 23
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Dichter von einem totalen Sprachverfall spricht. Unter dem Gesichtspunkt sprachlicher Virtuosität und sprachskeptischer Thematik soll der Brief noch einmal kurz betrachtet werden. Hofmannsthal greift mit der Entschuldigung für „den Verzicht auf literarische Betätigung" auf ein antikes Vorbild zurück, den Brief des Horaz an seinen Dichterfreund Florus30. Darin begründet der Römer den Verzicht auf die Lyrik mit der Absicht, sich als gereifter Mann endlich dem wahren Leben zuwenden zu wollen31. Hofmannsthal tut mit diesem Rückgriff genau das, was seinem Helden, Lord Chandos, einmal vorschwebte, ihm aber nach dem Verfall der Sprache nicht mehr möglich ist: Einfühlung in die Dichtung der Alten und deren Verlebendigung. Schon von dieser Konzeption her ist der Brief paradox, schon hier distanziert sich der Dichter von seinem Helden und dessen Erleben. Im Gegensatz zu Horaz spricht Hofmannsthal nicht selbst. Er führt als Schreiber einen Dichter aus einer vergangenen Zeit ein. Das ermöglicht es ihm, das Spiel mit dem Paradox auf einer zweiten Ebene fortzuführen. Nur so ist eine sprachlich virtuose Darstellung von Sprachverfall denkbar. Der Crux aller Sprachskeptiker, ihre Skepsis mittels der Sprache ausdrücken zu müssen, gewinnt Hofmannsthal einen ästhetischen Reiz ab, ja, er steigert das Paradox ins Extreme, indem er sich nicht nur einer intakten Sprache bedient, sondern die hochstilisierte Kunstsprache des 17. Jahrhunderts parodiert. Das Spiel mit dem Paradox macht den Verfall der Sprache zu einem beschreibbaren Sachverhalt, ohne daß der Dichter selbst betroffen wäre. Die Vorstellung davon, daß jemandem das Vertrauen in die Sprache verloren gehen könnte, wird die Grundlage zu einem reizvollen Spiel. In der Auseinandersetzung mit Leopold von Andrian deutet Hofmannsthal selbst an, daß ein solches Spiel das eigentliche Motiv des Briefes ist. Auf die scharfe Kritik des Freundes, den der „historische Flitter" peinlich berührte und der eher einen „schlichten Bericht" für angemessen hielt32, antwortet der Dichter: Von dem was Du tadelnd bemerkst will ich nur eines mit einem Einwand aufnehmen. Nämlich daß Du sagst, ich hätte mich zu diesen Geständnissen oder Reflexionen nicht einer historischen Maske bedienen, sondern sie direct vorbringen sollen. Ich ging aber wirklich vom entgegengesetzten Punkt aus. Ich blätterte im August öfters in den Essays von Bacon, fand die Intimität dieser Epoche reizvoll, träumte mich in die Art und Weise hinein wie diese Leute des XVIten Jahrhunderts die Antike empfanden, bekam Lust, etwas in diesem Sprechton zu machen und der Gehalt, den ich um nicht kalt zu wirken, einem eigenen innern Erlebnis, einer lebendigen Erfahrung entleihen mußte, kam dazu. Ich dachte und denke an eine Kette ähnlicher Kleinigkeiten. Das Buch würde heißen „erfundene Gespräche und Briefe". Ich denke darin an kein einziges bloß formales, costümiertes Totengespräch33 zu geben 30
Horaz: Episteln II, 2. Ebd. v. 141—144. 32 An Hofmannsthal, 18.11. 1902 (Briefwechsel Hofmannsthal/Andrian, S. 158). 33 Wohl eine Anspielung auf Mauthner, der um diese Zeit mit Totengesprächen hervorgetreten ist. 31
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— der Gehalt soll überall für mich und mir nahestehende actuell sein — aber wenn Du midi wieder heißen wolltest, diesen Gehalt direct zu geben, so ginge für mich aller Anreiz zu dieser Arbeit verloren — der starke Reiz für mich ist, vergangene Zeiten nicht ganz tot sein zu lassen, oder fernes Fremdes als nah verwandt spüren zu machen34.
Hofmannsthal selbst hat zu Andrians Mißverständnis beigetragen. Denn noch stärker als hier hatte er in dem Begleitschreiben zum Brief auf das eigene Erlebnis und den persönlichen Gehalt angespielt: Ich schicke Dir diese Arbeit von mir, nicht weil ich ihr irgendwelche Bedeutung beilege, sondern aus zwei anderen Gründen: einmal weil sie, bei ihrer Kleinheit, wirklich fertig ist, [.·.]; dann aber auch weil gerade dieser Arbeit, die keine dichterische ist, das Persönliche stark anhaftet und Du sie zum Teil wirst lesen können, wie einen von mir geschriebenen Brief, den Du auf dem Schreibtisch einer dritten Person gefunden hättest35.
Das Persönliche, auf das Hofmannsthal anspielt, ist nun aber keineswegs eine Sprachkrise. Dahinter steht zum einen die Auseinandersetzung mit Stefan George, zum anderen die Krise eines Dichters ohne Stoff. 1897 wird Hofmannsthal von George bedrängt, eine Sammlung seiner Gedichte erscheinen zu lassen. Hofmannsthal wehrt ab, was vorliege sei zu schlecht, neue Gedichte könne er im Augenblick nicht schreiben. „Daß Sie seit Monaten keinen neuen Vers von mir gesehen haben, ist die Folge einer mir selbst sehr merkwürdigen inneren Erstarrung und Unordnung, deren Ende ich sehr wünsche."38 Stefan George geht darauf gar nicht ein und fordert erneut eine Sammlung37. Wieder weicht Hofmannsthal aus38. Diese Auseinandersetzung spiegelt sich im Chandos-Brief, Bacon ist eine Maske für George89. Die andere Seite des persönlichen Gehaltes ist die dichterische Krise, die Hofmannsthal — wie auch Chandos die seine — mit „Erstarrung" umschreibt. Solche Krisen wiederholten sich bei dem Dichter periodisch40, 1902 in verstärktem Maße. In einem Brief an Stefan George lesen wir: Ihr Brief trifft mich heute in einer der schlimmen tiefen Verstimmungen in der mir nicht nur jeder Glanz der inneren Anschauung sondern sogar die Klarheit des Denkens qualvoll verlorengeht. Lassen Sie mich Ihnen nicht viel klagen: eine ins Krankhafte gesteigerte Sorglichkeit und Bangigkeit meines Gemüthes läßt mich zu Zeiten, und diese Zeiten verbreiterten sich in den letzten Jahren über viele Monate, aus allem und jedem, was mich umgiebt, aus dem Dasein meiner Eltern und anderer naher Menschen, aus dem Anblick der Landschaft, aus dem Gefühl des eigenen Wesens, aus jedem Buch, das ich berühre, nichts als den Stoff der Verdüsterung und Beklommenheit 34 35 38 37 38 39 40
An Andrian, 16. 1.1903 (Briefwechsel Hofmannsthal/Andrian, S. 160—161). An Andrian, 9. 9. [1902] (Briefwechsel Hofmannsthal/Andrian, S. 157). An George, 3. 6. 1897 (Briefwechsel George/Hofmannsthal, S. 119). An Hofmannsthal, 16. 7. 1897 (Ebd. S. 124). An George, 30. 7. 1897 (Ebd. S. 126). Vgl. Kobel: Hugo von Hofmannsthal, S. 143. Davian: Hofmannsthal and the Chandos Letter, S. 34.
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Sprachskepsis und Sprachzerstörung am Anfang des 20. Jahrhunderts ziehen. Trüglich haucht das Bessere vorbei, Gedanke, inneres Bild, Freude der Erinnerung, und ist wieder im Augenblick dahin. [.. .] Die einmal erfaßten Gestalten fühle ich wie unter dem Spiegel eines stockenden Wassers in mir liegen, und ich wundere mich, daß sie nicht verwesen41.
Der Brief unterstreicht Davians These, daß es sich bei den Krisen Hofmannsthals in erster Linie um Nervenkrisen gehandelt habe42. Allerdings werden auch diese Krisen mit in das Spiel des Chandosbriefes einbezogen und in Verbindung mit den dort gestalteten Motiven zum Gebrauch des Dichterfürsten aufgewertet. Zwei Monate nach der Veröffentlichung des Briefes berichtet ihm Hofmannsthal noch einmal von seiner Not und auch von deren Überwindung, wobei der Chandosbrief überdeutlich nachklingt, wenn auch mit entscheidenden Unterschieden: Ich kann es nicht mehr versuchen, mein monatclanges Stillschweigen im einzelnen zu rechtfertigen, obwohl mir jede Woche seit dem Ende des September deutlich genug im Gedächtnis ist und ich in jeder einzelnen mir den Augenblick wieder hervorrufen könnte, in welchem das Bedürfnis und der Wille, ja der fertige Entschluß, an Sie zu schreiben, von den widersprechendsten Erregungen jedesmal verschlungen wurde wie von aufschäumenden Wellen. Es waren darunter Wochen der unglaublichsten inneren Erstarrung, in welchen ich, auf den Trümmern des Palatins sitzend, nicht einmal in ihrem Buch die Kraft fand, mich über die brütende bange Verdrossenheit hinwegzuschwingcn — in Ihrem Buch, von dem sonst ein einzelner Vers mich stundenlang beschäftigen und so mich erfreuen konnte, daß ich darüber — ich glaube es fest, so sonderbar es klingt — die Fähigkeit, selbst kurze Gedichte zu machen, verloren habe. [...] Aber der Hauptinhalt dieser Zeit waren — jählings, unvermittelt hereingebrochen — Tage der inneren Fülle, nicht Tage, sondern Wochen, nun beinahe Monate der anhaltenden Arbeitsfähigkeit, des gesteigerten schönen inneren Lebens. Wie freue ich mich, nun wieder zu Ihnen zu sprechen, wie froh denke ich nun daran, Ihnen wieder unter die Augen zu treten, nicht als ein Leichnam vor den Lebendigen mich hinzuschieben. Lassen Sie mich das Vielfache, das mich in diesem Augenblick bewegt, in eine Bitte zusammenfassen: wollen Sie mir erlauben, Ihnen, sobald es beendet ist, das Trauerspiel zu widmen, das mich seit dem 14. Oktober bei Tag und zuweilen bei Nacht beschäftigt und das ich in einigen Wochen zu vollenden hoffe? Es wird ein sehr unvollkommenes Werk sein; auch beruht es auf Fundamenten, die nicht mein Werk sind, auf denen eines alten englischen Trauerspiels. Trotzdem — ich fühle, daß ich mit dieser Arbeit in eine neue Epoche trete: [...]« Wie Lord Chandos schwankt der Dichter zwischen Erstarrung und Tagen der inneren Fülle. Anders ist die Motivierung. Chandos überwindet den Sprachverfall in mystischem Erleben. Hofmannsthal die dichterisch unproduktive Zeit und das bedrückende Vorbild Stefan George in einer neuen Dichtung. Seine 41 42 43
An George, 24. 7. 1902 (Briefwechsel Georgc/Hofmannsthal, Davian: Hofinannsthal and the Chandos Letter, S. 34. An George, 14. 12.1902 (Briefwechsel George/Hofmannsthal,
S. 162—163). S. 173—174).
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Krise war die Not eines Dichters ohne Stoff, deshalb kann er auch durch einen neuen Stoff daraus erlöst werden, wie er Arthur Schnitzler berichtet: Ich bin in den ersten vierzehn Tagen hier [in Rom] in einer sinnlosen Depression und Hülflosigkeit herumgelaufen. Plötzlich am Morgen des 15ten [Oktober] hab ich gefühlt, daß etwas in mir da ist. Und war nicht „Leben ein Traum", nicht Elektra, sondern ein anderer Stoff [...]".
Der Sprachverfall des Lord Chandos spielt für das eigene Erleben keine Rolle. Er ist nur ein wesentlicher Bestandteil des komplizierten Spiels mit dem Paradox. Die Sprachkepsis kam Hofmannsthal von außen, wie mir scheint durch Fritz Mauthners Beiträge zu einer Kritik der Sprache. Der Brief ist gut anderthalb Jahre nach deren erstem und kurz nach dem dritten Band Herbst 1902 in einer Berliner Zeitung erschienen45. Schon Gustav Landauer sah ihn in gedanklicher Abhängigkeit von der Kritik der Sprache**, ähnlich Hans Lindau47. Mauthner selbst, der sonst von Beziehungen der modernen Dichtung zu seiner Sprachkritik nicht zu überzeugen war48, schrieb unmittelbar nach der Veröffentlichung des Briefes an den Dichter: Ich habe soeben Ihren „Brief" gelesen. Ich habe ihn so gelesen, als wäre er das erste dichterische Echo nach meiner „Kritik der Sprache". In diesem Glauben genoß ich eine ernste Freude, wie sie mir noch keine, noch so starke Lobpreisung meines Buches bereitet. Ich glaubte, das Beste zu erleben, was ich geträumt hatte: Wirkung auf die Besten4".
Mauthner bittet im weiteren um Aufklärung darüber, ob der Dichter wirklich die Kritik der Sprache gekannt oder ob sich die Übereinstimmung aus einer gemeinsamen Grundhaltung heraus ergeben habe. Die natürlich wichtige Antwort Hofmannsthals war mit trotz vieler mühsamer Versuche nicht zugänglich1·0. Allerdings läßt sie sich aus der Erwiderung Mauthners erschließen. Dort heißt es: Von den erwähnten Dichtungen kenne ich nur „Der Tor und der Tod". Ich erinnere mich damals schon von solchen Tönen berührt worden zu sein. Meine Auszüge aus Novalis sind sehr zahlreich. Sie gehören zum Material zu einem vierten Band, der wohl niemals erscheinen wird. Am merkwürdigsten ist mir aber Ihre gütige Mitteilung über Ihr SemeleFragment. Ich kannte es nicht, und Sie kannten ebensowenig mein kleines Buch „Aus dem Märchenbuch der Wahrheit". Und doch findet sich da (ich muß aus dem Gedächtnis zitieren, weil ich meine Bücher niemals besitze) 44 45
An Schnitzler, 23.10. 1902 (Briefwechsel Hofmannsthal/Schnitzler, S. 162). Hofmannsthal: Ein Brief. — In: Der Tag, Nr. 489 und 491 vom 18. und 19. 10.
1902.
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Landauer: Mauthners Werk, S. 462; ebenso: Landauer: Skepsis und Mystik (1923), S. 71. 47 Lindau: Mauthners Wörterbuch der Philosophie, S. 499. 48 Vgl. unten S. 60—62 und S. 218—219. 49 An Hofmannsthal, 20.10.1902 (Freies Deutsches Hochstift Frankfurter Goethemuseum). 50 Der Brief befindet sich in Privatbesitz.
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Sprachskepsis und Sprachzerstörung am Anfang des 20. Jahrhunderts unter dem Titel „Wachen im Herbstwald"51 die gleiche Phantasie, tödliche Feindschaft wegen des Gebrauchs von Ich und Du52.
Hofmannsthal hat wohl eine Kenntnis der Kritik der Sprache bestritten, auf sprachskeptische Züge in seiner früheren Dichtung hingewiesen und einen Vortrag über Anreger, insbesondere Novalis, gehalten. Die thematischen Berührungen erklärte er anscheinend aus einer ihnen beiden gemeinsamen Bewußtseinslage, die Mauthner mit dem Hinweis auf das Märchenbuch der Wahrheit zu bestätigen scheint. Dennoch bleiben Zweifel an der Aufrichtigkeit Hofmannsthals bestehen. Er hat die Kritik der Sprache gekannt und anscheinend aufmerksam gelesen, wie die Anstreichungen in seinem Handexemplar zeigen53. Das könnte er natürlich auch nach dem Brief getan haben. Schwerer wiegt, daß Gustav Landauer, der den Dichter außerordentlich schätzte54 und bei seinem Interesse für Mauthners Werk mit Sicherheit von dem Briefwechsel Kenntnis hatte, noch 1903 die Vermutung eines Einflusses aufrecht erhält. Vor allem aber sind die gedanklichen Übereinstimmungen zu deutlich, um sie mit einer gemeinsamen Bewußtseinslage hinreichend erklären zu können. Lord Chandos, der erfolgreiche Dichter, begründet den Verzicht auf literarische Betätigung mit der Schilderung des Erlebnisses, das ihm das frühere Vertrauen zur Dichtung geraubt habe und ihn verstummen ließ. Seine Vergangenheit ist gekennzeichnet durch ein ungestörtes Verhältnis zur Sprache und des Gefühls der Einheit mit allem Sein55. Das erscheint ihm plötzlich als „geschwollene Anmaßung"56, er verliert das Verständnis der religiösen Begriffswelt57, schließlich aller Abstrakta58 und auch der moralischen Urteile69. Es wird 51
Mauthner: Wachen im Herbstwald. — In: Mauthner: Lügenohr, S. 69. Lügenohr (1892) kam 1896 mit dem Titel Aus dem Märchenbuch der Wahrheit in den Buchhandel. 52 An Hofmannsthal, 3.11.1902 (Freies Deutsches Hochstift Frankfurter Goethemuseum). 53 Hofmannsthal besaß den ersten und den dritten Band der „Kritik der Sprache" in der ersten Auflage. Im ersten Band finden sich Anstreichungen S. 96, Z. 13—14; S. 122, Z. 6—8; S. 134, Z. 1—11; S. 135, Z. 21—26; S. 136, Z. 31—33; S. 137, Z. 7—10; S. 252, Z. 14—16. Beide Handexemplare befinden sich jetzt im Freien Deutschen Hochstift Frankfurter Goethemuseum. Hofmannsthal scheint auch später Interesse an Mauthners Gedanken geäußert zu haben. Mit einem Brief vom 14. 5.1907 (Jüdische National- und Universitätsbibliothek Jerusalem) schickt Mauthner Martin Buber eine Liste von Personen, „die sich für meine sprachkritischen Arbeiten interessieren". Hofmannsthal ist unter sieben Journalisten und dreizehn Professoren der einzige Dichter. 54 Vgl. unten S. 218—219. 55 Hofmannsthal: Ein Brief. — In: Hofmannsthal: Prosa II, S. 10. 5e Ebd. S. 11. 57 Ebd. 58 Ebd. S. 11/12. 59 Ebd. S. 12.
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ihm unmöglich, die einzelnen Erscheinungen begrifflich als Einheiten zu fassen60, das System der Begriffe entlarvt sich ihm als eine eigene Welt schöner Ordnung, aber ohne Beziehung zur Wirklichkeit61. Lord Chandos erkennt, daß die Sprache zur Erkenntnis der Wirklichkeit nicht taugt, wohl aber als Mittel des täglichen Umgangs, etwa mit den Bauern und den Architekten. Der Sprachverfall führt zu einer inneren Leere und Erstarrung62, eröffnet aber in besonderen Momenten einen neuen, nicht mehr von Worten verstellten Zugang zur Wirklichkeit63, eine nahezu mystische Vereinigung64, und die Ahnung einer neuen Sprache, einer Sprache des Herzens, die in unmittelbarer Beziehung zur Wirklichkeit steht65. Hier finden wir im Erleben und Denken eines einzelnen Menschen die Grundzüge der Kritik der Sprache. In ihr wird dem Sprachvertrauen vergangener Epochen der Zweifel an der Sprache gegenübergestellt. Von den religiösen Begriffen ausgehend, greift er immer weiter um sich, nur die Funktion der Sprache im täglichen Umgang bleibt unangetastet. Was Lord Chandos erreicht hat, fordert Mauthner: Befreiung von der Sprache, um einen neuen Zugang zur Wirklichkeit zu gewinnen. Nur sprachlos könne der Mensch die Welt verstehen und die verloren gegangene Einheit mit allem Sein zurückgewinnen60. Einzig die Ahnung einer neuen Sprache, die romantische Vorstellung einer idealen Sprache, kommt Mauthner erst am Ende seines Lebens67. Bei Ernst Mach, der, wie Gotthart Wunberg zeigt, zweifellos auf Hofmannsthal gewirkt hat, findet sich gerade die utopische Forderung nach einer Überwindung der Sprache nicht. Sie ist kennzeichnend für die Sprachkritik Fritz Mauthners. Ich glaube daher, daß Hugo von Hofmannsthal dessen radikale Sprachskepsis dankbar aufgegriffen hat, da sie ihm, dem artistischen Parodisten, ein äußerst virtuoses Spiel mit dem Paradox und zugleich die gedankliche Überhöhung seiner dichterischen Krise ermöglichte. Nicht die Sprachskepsis, sondern dieses Spiel ist kennzeichnend für den Chandosbrief. Erst viel später wurde die Verzweiflung über die Sprache zu einem primären Problem der Dichter.
h) Gustav Sack: Ein verbummelter Student Da der literarische Außenseiter Gustav Sack kaum bekannt ist, sei zuerst ein kurzer Blick auf sein Leben geworfen68. Der 1885 in Schermbeck bei Wesel geborene Oberlehrerssohn gehört dem Alter nach in die Generation der Expressionisten, doch hat er zu ihnen wie 00 61
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Ebd. S. 13. Ebd.
Ebd. S. 17. Ebd. S. 14—16. M Ebd. S. 15. 65 Ebd. S. 19—20. 68 Vgl. unten S. 76. 97 Vgl. unten S. 274—276. 68 Ich folge der Kurzbiographie von Hans W. Fischer in: Sack: Ges. Werke, Bd. l, S. 11—89. 63
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Sprachskepsis und Sprachzerstörung am Anfang des 20. Jahrhunderts
überhaupt zur Literatur der Zeit kaum Beziehungen (sieht man von einer episodischen Auseinandersetzung mit Hugo Ball und seinem Kreis in München ab69), er liest sie nicht und kennt sie nicht einmal. 1903, nach Bestehen der „Mittleren Reife", beginnt Sack eine Apothekerlehre, 1906 holt er das Abitur nach und studiert Germanistik in Greifswald, von 1907 an Biologie in Münster. Ohne Abschlußexamen kehrt er 1910 nach Schermbeck zurück und wird dort bald bekannt und verachtet als der „verbummelte Student". Gustav Sack hat schon früh zu dichten begonnen. 1904 veröffentlichte er auf eigene Kosten unter dem Pseudonym Ernst Schahr ein Versepos O/o/, in Münster entstand 1908 das Märchen Musarion und 1909 Das Märchen vom fehlenden Reim. Beide Texte werden in den 1910 begonnenen und im gleichen Jahre abgeschlossenen Roman Ein verbummelter Student aufgenommen. Mit ihm hebt Gustav Sacks lebenslange vergebliche Suche nach einem Verleger an. 1911 wird er zum Militärdienst einberufen, gleich danach entsteht der Roman Ein Namenloser, der ursprüngliche Titel lautete Mein Sommer 1912. Der gescheiterte Student entschließt sich endgültig zum Schriftstellerberuf und fährt auf Anraten von Freunden nach München, wo er sich bessere Wirkungsmöglichkeiten verspricht. Dort arbeitet er an Erzählungen, die meist seine Romanthemen variieren, verfaßt auch literaturkritische Aufsätze, die er jedoch ebenfalls nicht veröffentlichen kann. Einige Gedichte fallen in diese Zeit, ebenfalls der dritte, unvollendete Roman Paralyse. 1914 heiratet der erfolglose Dichter Paula Harbeck, die er in München kennengelernt hat, kurz vor Kriegsausbruch fährt er nach Zürich. Den Stellungsbefehl ignoriert er, muß sich dann aber auf Drängen der Familie seiner Frau und vor allem aus wirtschaftlicher Not im Herbst 1914 zum Kriegsdienst melden. Der innere Kampf um diese Entscheidung ist in dem Drama Der Refraktär dargestellt, dessen erste beide Akte noch in der Schweiz entstehen. Im Oktober 1914 fährt Gustav Sack an die Westfront und wird trotz zahlreicher Verstöße gegen die militärische Disziplin und der Prügelei mit einem Vorgesetzten schnell zum Leutnant befördert. Der Stellungskrieg im Westen läßt ihm Zeit zum Abfassen zahlreicher Erzählungen, Kitsch nach eigenem Eingeständnis, meist mit aufdringlich erotischen, seltener auch mit Motiven aus dem Kriegsgeschehen. Der Dichter hofft, auf diese Weise endlich ein Publikum zu gewinnen. Im Herbst 1916 wird seine Einheit nach Rumänien verlegt. Zum Dichten bleibt ihm keine Zeit mehr, aber er macht sich Tagebuchnotizen70, die ihn in einem ganz neuen Licht erscheinen lassen. Sie umfassen nur wenige Seiten, denn Gustav Sack fällt am 5. 12. 1916. Während des Aufenthaltes in der Schweiz entsteht die kleine Skizze Aus dem Tagebuch eines Refraktärs, offenbar eine Vorstudie zu dem Drama Der 69
Vgl. dazu: Sack: Der Zynismus unserer Jüngsten. — In: Sack: Ges. Werke, Bd. 2, S. 286—290. 70 Veröffentlicht unter dem Titel In Ketten durch Rumänien. In: Sack: Ges. Werke, Bd. 2, S. 317—328.
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Refraktär. Darin wird die Entscheidung, den Kriegsdienst zu verweigern, folgendermaßen begründet: Ich bin weder Sozialdemokrat noch Sozialist, auch nicht Anarchist, ich bin, wenn ich mich einmal zur Behauptung politischer Richtungen und Überzeugungen herablasse, konservativ, aber wohlgemerkt, wenn ich mich zu derartigen Niederungen herablasse. Ich kenne keine rechtliche Gewalt über mich, dennoch bin ich konservativ. Schütteln Sie nicht den Kopf, denn ich bitte Sie zu verstehen, daß ich unterscheide zwischen mir und meinen Ansichten, sodaß ich über ihnen stehe und mich nicht von ihnen treiben lasse. Ich bin in philosophischer Hinsicht Materialist, Realist oder wie Sie es nennen; das heißt, wenn ich gezwungen bin, eine bestimmte Weltdeutung zu wählen, so wähle ich die des Materialisten, obwohl ich weiß, daß ich, wollte ich ihr bis zum Ende folgen, in die Sackgasse gerate, in die alle -ismen münden; sie ist eine verhältnismäßig kurze, klare und wegen ihrer Klarheit dumme Auslegung der Welt, aber sie ist die einzig brauchbare und fördernde im Gebiet der Wissenschaft und meiner — stoischen — Moral. Steige ich also, aus seelischer Not oder um über ein Problem ein unverfängliches wissenschaftliches Bild zu gewinnen, in philosophische Niederungen, das heißt in die Quer- und Sackgassen der Systeme herab, so bin ich Materialist, wie ich konservativ bin, wenn ich gezwungen werde politisch zu sein; [...] ich verschreibe mich meinen Ansichten nicht mit Haut und Haar, sondern ich benutze sie nur, um mir über eine Frage — Welt, Staat — die mir bestdünkende Lösung zu geben. Denn, nun gebe ich meinen zweiten, persönlicheren Punkt, es riecht mir — schon in den philosophischen Systemen — in dem Frage-Antwortspiel Staat zu sehr nach Massen und Massengefühlen; ich aber will einsam sein und unbedingt frei von Gefühlen, ich verlöre mich sofort halt- und rettungslos, wenn ich mich gar von dem Trubel und üblen Geruch der blutdürstenden Massensuggestionen mitreißen ließe: ich kenne keine Herren über mich71. In dem Tagebuch eines Refraktärs werden zwei Grundzüge der Dichtung Gustav Sacks deulich: sie bezieht ihren Stoff einmal aus dem eigenen Schicksal und Erleben, zum anderen aus der Philosophie, wie sich zeigen wird, der Philosophie Fritz Mauthners. Auch die Problematik seiner Dichtung liegt schon hier offen: die philosophische Argumentation überwuchert das eigene Erleben, dieses wird zerschwatzt, Gustav Sack erstarrt in philosophischer Pose. Erst in dem Tagebuch aus Rumänien gelingt es ihm, sich aus der Zwangsjacke der Philosophie zu befreien. Die Grundlage für Gustav Sacks Denken bietet die Sprachkritik Fritz Mauthners. Es verwundert daher nicht, wenn er der einzige junge Autor ist, mit dem sich der Sprachphilosoph noch in hohem Alter beschäftigt72. Den Einfluß Mauthners bestätigt Hans W. Fischer: „Unter allen heute lebenden Autoren", schreibt er in seiner Dichterbiographie, „gibt es nur noch einen, der wirklich eine Rolle in Sacks Schaffen gespielt hat: das ist Mauthner" 73 . Gustav Sack 71 72 73
Sack: Ges. Werke, Bd. 2, S. 210/211. Vgl. Mauthner: Atheismus, Bd. 4, S. 366—367. Sack: Ges. Werke, Bd. l, S. 33. Der andere Autor ist Hans W. Fischer selbst.
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Spradiskepsis und Sprachzerstörung am Anfang des 20. Jahrhunderts
selbst hat seinem Meister zwei Aufsätze gewidmet74, das Romanfragment Paralyse sollte folgende, später gestrichene Einleitung haben: Der Leser dieses Vermächtnisses [Sack trat als Herausgeber nachgelassener Papiere auf] wird auf einige, nicht nur sachliche, Entlehnungen aus Fritz Mauthners „Wörterbuch der Philosophie" stoßen. Um die Einheitlichkeit des mir vorliegenden Textes zu bewahren und um die notwendige Illusion nicht zu stören, verzichte ich darauf, in jedesmaligen Fußnoten den Nachweis dieser Entlehnungen — [...] — zu führen, [.. .]75.
Die Kritik der Sprache erwähnt Gustav Sack nie, doch ist eine Bekanntschaft spätestens seit 1908, dem Entstehungsjahr von Musanon, anzusetzen76. Darin hält der Kapitän des Schiffes Musarion — Sinnbild ungebundener Phantasie und totaler Freiheit —, bevor er sich den Tod gibt, seiner Mannschaft eine Rede, die Mauthners Sprachskepsis zusammenfaßt: Saufen wir! Reden wir nicht! Denn das Reden ist aller Trübsal Vater von Anfang an. Wären wir verbummelte Studenten, wenn wir nicht reden könnten? Buschklepper wären wir und stellten den Dienstbolzen und den Schnapsausschänken nach und wären höchstens zuweilen etwas mürrische Tagediebe — in den Momenten, in denen jetzt unser Lamentieren am pathetischsten sich gibt, höchstens etwas mürrische, querkäuzige Tagediebe. In der Sonne lägen wir und brieten uns die Haut braun und schwarz, und unsere ganze Sprache wäre ein Nüstern-Blähen und eine Art stiermäßigen Gebrülls beim Anblick zweier Brüste oder eines runden Hinterteils, oder wäre ein Durchdie-Nase-Schnauben und ein inniges Grunzen wie das einer sielenden Sau. Oh, ihr Füchse und verbummelten Studenten, wir trügen in diesem Grunzen und Brüllen die Lösung der Welt, wir wären das Ding an sich, und die Welt bestände nicht aus ich und du, wir würden nicht merken und uns nicht einbilden, die Welt sei noch etwas anderes als Schnapsgläser und Weiberschenkel, der Katzenjammer bliebe uns fern, und wir trügen nicht den Buckel der schweifenden Sehnsucht, wir merkten nichts von dem Chaos von tausenderlei Meinung und Lüge, in das wir uns hineingeredet, hineingeschwätzt; da wäre kein Wortfadengewirr, da hätten wir nichts zu entknäueln, keinen Anfang, kein Ende des Wortlügenfadens aufzufinden, da tobten wir uns nicht in metaphysischen Paroxysmen, in abschließenden Formen und Systemen, da brauchten wir nicht wie heute dazustehen und unseren letzten feinschmäckrischen Spaß zu haben an uns, die wir die Orientierung verloren, da unser Ich sich an Grammatik und unsere Philosophie sich an atavistisches Geschwätz verflüchtigt hat, da brauchten wir nicht außerhalb und jenseits zu stehen, da lägen wir da und grunzten und brummten uns mit seligen und 74
Moderne Mystik und Ein Traum nach Mauthner und K. E. von Baer. In: Sack: Ges. Werke, Bd. 2, S. 290—294 und S. 3C8—315. 75 Sack: Ges. Werke, Bd. l, S. 38/39. 7e In diesem Märchen tritt ein Mann namens Howald auf, dessen Gedanken deutlich von Mauthners Sprachkritik geprägt sind. Nach einem phantastischen Duell wirft der Ich-Erzähler Howald vor, er habe ihn „nach berühmten Mustern ausgewischt". (Sack: Ges. Schriften, Bd. l, S. 165/166.) Die Wendung läßt sich aus dem Textzusammenhang nicht erklären, kann nur als Hinweis auf Mauthners Parodien Nach Berühmten Mustern (1879) verstanden werden und soll offenbar die Beziehung Howald/ Mauthner unterstreichen.
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kuhäugig dummen Augen zu Grab — oh, ihr Füchse und verbummelte Studenten, saufen wir! Reden wir nicht77.
Die Sprache hat den Menschen aus der reinen Natürlichkeit verbannt, aus einer Natürlichkeit, die sich dem damals dreiundzwanzigjährigen Studenten Gustav Sack als zügellos-tierisches Kraftgefühl, als grunzende Sinnlichkeit darstellt. Die Gegenleistung der Sprache, die Welt des Denkens, hat sich als Trug erwiesen. Sprache kann nur Lüge und Wortfadengewirr hervorbringen, Bewußtsein und Philosophie sind nur Täuschungen der Grammatik. Die Klage darüber gewinnt ihre emotionale Kraft aus der Sprache Zarathustras, in die sie gekleidet ist, und bereitet so den Selbstmord Howalds, der nach Verlust der Natürlichkeit und des Glaubens vor dem Nichts steht, vor. Im Selbstmord als der unerbittlichen Konsequenz aus der Verzweiflung an der Sprache sieht Karl Eibl die besondere geistige Leistung des Dichters im Gegensatz zur Sprachskepsis seiner Zeit; Gustav Sack allein habe erkannt, daß die Freiheit von Sprache und Vernunft und Geschichte, die Freiheit also von jenen Zwängen, die den Daseinsraum des Menschen determinieren, begrenzen, also auch definieren, einzig im endgültigen Verlassen dieses Raumes, im realiter vollzogenen Tod zu finden ist78,
und das an seinen Helden demonstriert. Er selbst habe die — angeblich existentielle — Sprachskepsis dadurch überwunden, daß er die Sprache in ihrer Schwäche als „Totum der menschlichen Denkmöglichkeit"79 akzeptiert und an Stelle der „Kategorie der Wirklichkeit" die „Kategorie der Möglichkeit" gesetzt habe80. Abgesehen davon, daß diese Lösung nicht Gustav Sacks Leistung ist — dahinter stehen Ernst Mach und Hans Vaihingers Fiktionalismus —, so ist vor allem fragwürdig, ob das poetische Programm, das Eibl auf dieser Grundlage für den Dichter konstruiert, den Kern seiner Dichtung trifft. Die Sprache werde für Gustav Sack zum Medium der Dokumentation, dokumentiert werde das, was sich einzig im Raum der Sprache konstituiere, der Mensch; Sprache und Mensch würden reines Objekt81. Das poetische Programm, das mit diesen beiden Texten [Musarlon und Ein Traum nach Mauthner und K. E. von Baer] umrissen ist, lautet formelhaft: keine Poesie der dargestellten — naiv gesehenen — Wirklichkeit, sondern eine Poesie der Denkmöglichkeit, die in ihrer Totalität zur äußersten menschlichen Approximation an die — nicht naiv gesehene, nicht anthropomorphe, 77
Sack: Ges. Werke, Bd. l, S. 197—198. Eibl: Die Sprachskepsis im Werk Gustav Sacks, S. 93. Eibls Interpretation beruht auf der Annahme, der Dichter habe Mauthner nicht vor 1914 gekannt und seine philosophische Position eigenständig gewonnen. Die Leistung Mauthners wird daher möglichst abgewertet, offenbar hat sie Eibl auch nicht recht zur Kenntnis genommen. In seiner Neuausgabe (1971) des Refraktärs und der Paralyse bezieht Eibl allerdings eine zu Mauthners Gunsten veränderte Position. (Vgl. Sack: Paralyse. Der Refraktär, S. 147—148.) 79 Ebd. S. 98. 89 Ebd. 81 Ebd. S. 123. 78
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Sprachskepsis und Sprachzerstörung am Anfang des 20. Jahrhunderts nicht von Hunger und Liebe konstituierte, sondern, wie der Paralytiker sagt, „wirkliche Wirklichkeit" werden kann88.
Es wird wohl Eibls Geheimnis bleiben, was das bedeuten soll und wie sich der Nachweis der Verwirklichung des Programms führen ließe. Bezeichnend für seine Wertung der Dichtung Gustav Sacks ist es, daß er das Tagebuch aus Rumänien nie in seine Überlegungen mit einbezieht. In diesem — letzten — Text jedenfalls akzeptiert Gustav Sack die Sprache als Mittel zur exakten Erfassung der — naiv gesehenen — Wirklichkeit. Es scheint mir daher geraten, die Rolle der Sprachskepsis in Gustav Sacks Werk noch einmal zu überdenken. Das Thema des Märchens vom Schiff Musarion, das Scheitern aus Verzweiflung an der Sprache, überträgt der Dichter auf seine Romane, mit einer wesentlichen Änderung: dort war der scheiternde Held ein Fremder, der IchErzähler spielte nur eine Rolle am Rande; in den Romanen spiegelt sich der Dichter selbst in seinen Helden, deutet also das eigene Schicksal als das eines an der Sprache Verzweifelnden. Wie in den Jahren 1909/1910 durch das gescheiterte Studium die eigene Existenz problematisch wird, Gustav Sack sich als Versager sieht und seine Dichtung zu einer Auseinandersetzung mit sich selbst wird, gerät auch die Sprachskepsis in den Angelpunkt der Selbstdarstellung. Das erste Ergebnis ist der Roman Ein verbummelter Student. Der Student Erich ist — wie der Dichter selbst — als Biologe an der Universität gescheitert. Verachtet von seinen Mitbürgern, verbummelt er in seinem Heimatort, dessen Umgebung — etwa das „Bruch" — derjenigen von Schermbeck entspricht. Der oft unvermittelte Wechsel von Ich- und Er-Erzählung betont überdies die Verbindung zwischen dem Helden Erich und dem Verfasser. Abgesehen von den Details der Handlung (Erich sucht Erlösung in der Liebe zu Loo, der Verkörperung der reinen Sinnlichkeit, später in Bergwerksarbeit, erbt schließlich das Schloß von Loos Vater und stürzt sich dort in die Tiefe) besteht aber ein grundlegender Unterschied zwischen dem Romanhelden und seinem Vorbild. Der reale Gustav Sack leidet unter seinem Versagen, unter dem ständigen Belügen der Eltern, die auf einen Abschluß des Studiums drängen83, stilisiert das aber in der Dichtung zum Leiden des einsamen Denkers. Schon in seinem Tagebuch schreibt er: Von eins bis vier Uhr war ich im Wald, Sonnenschein abwechselnd mit Regengüssen. Die glatten, grüngrauen Stämme der Buchen, der Boden goldbraun von dem herbstlichen Laub, in den kahlen Wipfeln ein leises Rauschen, ein Reh, das scheu und flüchtig graziös vorüberstreift, und ich zwischen dem allen zwischen drin, die Gedanken fingen an zu kreisen, was ist das? Was bin ich? Was tue ich hier? Ich hatte Furcht, wahnsinnig zu werden. Das kommt aber auch davon, daß ich mit keinem Menschenkind spreche, daß ich 82
Ebd. S. 128. Vgl. Tagebucheintrag vom 3.11.1910: „Da habe ich meinem Vater wieder die tollsten Lügen aufgebunden wegen meines Examens." (Sack: Prosa, Briefe, Verse, S. 412). 83
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so mutterseelenallein dasteh. Dann trat ich in einen Kiefernbestand, ein Wind tat sich auf und ab und zu, anschwellend und fallend wogten die Wellen des wehmütigen Rauscheliedes über mich dahin. [...] Und wie ich da hineintrat, schwand der gräßliche Zustand von vorhinnen, die herbe Verlassenheit und das schreckende Staunen. Ich verlor mich, zeitlos, raumlos wogte das Gefühl des Nichts durch mich84. Gustav Sacks Bemühungen scheitern an der Übermacht des literarischen Klischees, allzuweit klaffen Sprache und vorgegebene Empfindung auseinander. Noch deutlicher wird diese Spannung, wenn der Dichter in seinem Roman solche Selbstdarstellung zu einem großen Entwurf ausarbeitet. Aus seiner Examensangst wird das Leiden Erichs an seiner Skepsis und seine Sehnsucht nach Wahrheit. Wenn es von Erich einmal heißt, „wo vorher die Sehnsucht gehangen, hing nun das Examensgespenst, wurde größer und größer und hüllte sich in die absonderlichsten Masken"85, so wirkt das wie ein Spiegelbild der Selbststilisierung. Gustav Sack sucht in der Dichtung sein Scheitern zu erklären und zu rechtfertigen. Zur Erklärung dient ihm Mauthners radikale Skepsis, die alles Wissen und jede Erkenntnis als Illusion abwertet, zur Rechtfertigung deren dichterische Gestaltung. Nur so ist verständlich, daß er sich von der Anerkennung seines Werkes die Lösung aller Probleme verspricht, andernfalls aber sterben zu müssen glaubt. In das Tagebuch notiert er: In den kommenden acht Tagen muß es [die Annahme des Buches] sich nun entscheiden. Muß ich mich aus der Welt tun, so werde ich zu den Abschiedsbriefen an meine Eltern noch einen anderen, wirren, konfusen, wahnsinnsatmenden legen, er soll ein Meisterstück in seiner Art werden — ah, ich freue mich schon darauf! — den mögen sie als Zeichen meiner „Verrücktheit" dem Pfaffen und Bürgermeister vorlegen, dann erhalte ich ein „ehrliches Begräbnis", und Gottes Gnade wird für den in jener bösen Stunde amenten Toten erbeten. Dann surren die Taue hoch, die Erdschollen poltern auf den Deckel, die Glocken läuten, und der lange Schlaf beginnt. Darf ich aber in der Welt bleiben, und ich hoffe ja noch immer, nun, dann werde ich einen Tag lang wirklich amens sein, toll, verrückt vor Freude, werde lachen, flöten, singen, essen, Klavier spielen, trinken, rauchen, werde beichten und frei sein, mich freuen, wie ein Junge, ein kleines Kind, mit Armen und Beinen vor Vergnügen strampeln86! Nur am Rande sei vermerkt, wie leicht Gustav Sack in Pose fällt. Er kostet geradezu genüßlich die letzte Konsequenz seines Versagens aus, freut sich sogar über das neue Motiv, das ihm der eigene Tod bietet. Keine Pose aber ist die 84
Tagebucheintrag vom 4.11.1910. (Ebd. S. 413.) Sack: Ges. Werke, Bd. l, S. 107. 86 Tagebucheintrag vom 4.11.1910 (Sack: Prosa, Briefe, Verse, S. 414); vgl. Tagebucheintrag vom 5.11.1910 (Ebd. S. 414): „Da schlägt's neun Uhr. Nun kann ich wieder die Zeit nicht erwarten, bis ich morgen zur Post laufe. Für einen ändern ein zum Lachen köstlicher Zustand; für mich nicht minder, aber leider mit einer gehörigen Tracht Tragik verbunden. Und das alles um ein lächerlich dummes Semester, eine Handvoll Geld, einen dummen Roman, den ich heute zehnmal besser schreiben würde." 85
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vorgestellte Freude über einen möglichen Erfolg. Der grenzenlose Jubel macht deutlich, wie sehr ihn der gescheiterte Student ersehnte und brauchte. Seine Dichtung ist erwachsen aus einem verzweifelten Kampf um Anerkennung, nicht aber, wie Karl Eibl meint, aus dem Widerstreit von Sehnsucht und Skepsis87. So kann auch trotz Absage des Verlegers die Einberufung zum Militär den Dichter wenigstens vorübergehend aus seiner Verzweiflung erlösen. Gustav Sack gibt selbst einen gültigen Kommentar zu seinem Roman, wenn er von den „erkenntnistheoretischen Hilflosigkeiten Erichs", welche „die eigentliche Tragik in seinem Leben bilden"88, spricht und der Braut Paula Harbeck erklärt * Beiden [dem Verbummelten Studenten und dem Namenlosen] zugrunde liegt das Suchen nach einer definitiven Wahrheit; der Student verbummelt darin, weil er von der falschen Voraussetzung ausgeht, eine adäquate Erkenntnis — was schon ein contradictum in adiecto ist — sei möglich, und wie er am Ende diesen verfehlten Ausgangspunkt einsieht und erkennt, daß alles nur relative Wahrheit ist, daß sein Suchen nach der bestimmten Substanz, dem Ding an sich, dem Urgrund etc. nur der verkappte Glaube an den alten „Gott" ist, geht er mit einem Fluche zugrunde. Er hat eben nicht die erforderliche Kraft, sich mit der relativen Wahrheit, mit der „Welt für uns", die nur aus Sinnesqualitäten und den für sich — auch ohne uns — bestehenden Beziehungen zwischen ihnen sich aufbauen soll, zu begnügen. Es ist ein psychologisches Bedürfnis für ihn, einen Ruhepunkt, ein unerschütterlich Festes zu haben89. Der Verbummelte Student ist die Geschichte eines Sprachskeptikers mit Sehnsucht nach Wahrheit90. Doch ist es Gustav Sack nicht gelungen, diese Problematik dichterisch zu gestalten. Er findet kein Symbol für Erichs Kampf, sondern läßt seinen Helden, wenn der nicht von Loo oder der Arbeit abgelenkt wird, die Kritik der Sprache rekapitulieren. Wissen ist ihm nur ein Zu-wissenglauben91, ihm zerfällt die Welt, da die sprachlichen Einheiten zerfallen92, er flucht der ihrer ursprünglichen Aufgabe der Bewältigung des täglichen Lebens entfremdeten Sprache, „umgeschwätzt zu einem Organ der Erkenntnis"93. Die Die Worte ständen zwischen dem Menschen und der Wirklichkeit94, selbst der reine Sinneseindruck verfälsche diese, denn die Sinne hätten sich nach dem Interesse der Menschen gebildet95, nach seinen Zwecken ordne der Menschengeist mittels der Sprache die Welt96. Über das Wort gelange der Mensch nicht 87
Sack: Paralyse. Der Refraktär, S. 147. An Paula Harbeck, 12.11.1912 (Sack: Prosa, Briefe, Verse, S. 421). 89 An Paula Harbeck, 2.3.1913 (Sack: Prosa, Briefe, Verse, S. 427—432, dort S. 428/429). 90 Vgl. Eibl in: Sack: Paralyse. Der Refraktär, S. 147. 91 Sack: Ges. Werke, Bd. l, S. 99. 92 Ebd. 93 Ebd. S. 247. 94 Ebd. S. 140/141. 95 Ebd. S. 233—235. 98 Ebd. S. 126, S. 133, S. 174 88
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hinaus97. Diese Sprachskepsis kollidiert mit dem Glauben an eine doch irgendwie greifbare Wahrheit. „Und doch sagt mir eine drängende Stimme, daß es irgendwie und irgendwo ein abschließendes Wissen, eine adäquate Erkenntnis gibt."98 Aus diesem Zwiespalt wird der Held nur in seltenen Momenten der Entrückung erlöst. Wie Lord Chandos erscheinen ihm da die Dinge in einer unerhörten Weise, er schaut Neues, Unsagbares: Ich liege auf dem besonnten Abhang eines Hügels und in der Ferne glänzt ein Strom — da fällt mein Blick von den Wolken und den Sdiwalben fort auf die vanilleduftenden Strahlenblüten einer Fetthenne. — Und plötzlich schiebt es sich wie eine Wand zwischen mich und die geschauten Dinge, daß ich sie nun als etwas Nie-Gesehenes, Unüberbrückbar-Fremdes, nie zu deuten Wunderbares ansehen muß. Die Namen, die wir über sie geworfen haben, verfliegen, und ich stehe nun den Namenlosen gegenüber — einsam, unausdenkbar verlassen, in einer unerhörten Welt, von einem rätselhaften Grauen gepackt: Was ist das"?
Die Dinge gewinnen von der Sprache befreit plötzlich eine neue Qualität, aber auch so bleiben sie Erich fremd. Die mystische Einheit mit der neu geschauten Welt, wie sie Lord Chandos fand, bleibt ihm versagt. Auch einer von der Sprache befreiten Welt steht der Mensch ausgeschlossen gegenüber. Die Flucht in die Mystik erweist sich als Illusion. Ebensowenig kann die Hingabe an die animalischen Triebe Erich erlösen. Loo stirbt, und er hat nicht die Kraft, ihr zu folgen, selbst in die grob-sinnliche Arbeitswelt der Ruhrkumpel bricht die Suche nach der Wahrheit ein100. Zur Erkenntnis, „die Welt schaffst du"101, kann sich Erich nicht durchringen, der Selbstaufforderung, „streiche doch erst die Sprache aus deinem Kopf!"102, nicht folgen. In völliger Einsamkeit auf dem ererbten Schloß seiner Verzweiflung überlassen, zerbricht er an der Unerkennbarkeit der Welt und der Nichtigkeit der Sprache. „Kein Wissen, kein Sinn, kein Zweck, kein Grund, kein Ziel, kein Entfliehen — verflucht."103 Die gleiche Thematik bestimmt auch die beiden folgenden Romane in einem Maße, daß sie trotz völlig verschiedener Handlung wie Doubletten wirken. Ein Namenloser schildert die Liebe eines Mannes zu einer Dirne. Als sie ihn verläßt, tötet er sich. Bis auf dieses Ende liegen dem Geschehen Gustav Sacks eigene Erlebnisse während seiner Militärzeit zugrunde. Wie Erich kämpft der skeptische Held um einen festen Halt in der Welt, den er bei dem Mädchen gefunden zu haben glaubte. Selbst die Paralyse, in der das Schicksal eines „Dichterphilosophen ä la Nietzsche" gestaltet werden sollte1033·, geht über die 97
Ebd. S. 127, S. 143, S. 173. Ebd. S. 100. 99 Ebd. S. 172. 100 Ebd. S. 220, S. 225, S. 236—237. 101 Ebd. S. 135. 102 Ebd. S. 248. »« Ebd. S. 255. 103 a Sack an Paula Harbeck, 13.2.1913 (Sack: Ges. Werke, Bd. l, S. 35—36, dort S. 35). 98
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Ansätze der beiden ersten Romane nicht hinaus. Nicht umsonst ist sie Fragment geblieben. Aus dem erfolglosen Kampf um eine philosophische Dichtung, welche die eigene Existenz rechtfertigen soll, wird Gustav Sack durch den Krieg und seine Anforderungen erlöst. Das schlägt sich auch in der Dichtung nieder: er verzichtet auf Philosophie und übernimmt vor allem die erotische Komponente seiner früheren Werke. Was jetzt entsteht, ist schlichtweg Gefühlskitsch. Doch kurz vor seinem Tod gelingt dem Dichter ein künstlerischer Durchbruch. Während des Vormarsches in Rumänien macht er sich Notizen104, in denen er völlig auf erotischen Kitsch und philosophische Maskerade verzichtet. Die eilig hingeworfenen Sätze lassen knapp und ohne Pathos, blitzartig Details aufleuchten, geben Stimmung und Situation überzeugend wieder. Das scharfe Erfassen der Wirklichkeit wäre offenbar die Gustav Sack angemessene Art zu dichten gewesen. Vor diesem letzten kurzen Text erscheinen seine philosophischen Romane als ein grandioses Mißverständnis des eigenen Wesens. Oskar Loerke hat den Verbummelten Studenten ein „erschütterndes Zeugnis des Menschenringens um Licht" genannt105, insofern mit Recht, als hinter dieser Dichtung wirklich ein ringender Mensch steht, wenn auch nicht um Erkenntnis, so doch um einen Platz in der Welt. Was bei Hugo von Hofmannsthal zum virtuosen Spiel taugte, die Sprachskepsis Fritz Mauthners, gewann für Gustav Sack so an Gewicht, daß er darauf seine Existenz und seine Dichtung gründen zu können glaubte. Es war ein Weg in die Irre.
c) Christian Morgenstern Alfred Liede kennzeichnet den Dichter der Galgenlieder als virtuosen Sprachspieler: Unter dem Deckmantel der Galgensphäre wagt er ein Äußerstes an forrnvirtuosem Spiel. Er wagt mehr als in den ernsten Sammlungen, weil er sich durch das Spiel mit der Bildung und allen anderen von uns beschriebenen Elementen vor der Kritik geschützt weiß. Unter der Maske des Scherzes kann er seine geheimsten Wünsche befriedigen, aber er ist doch betroffen, wenn man seine Virtuosenstücke einfach als höhern Blödsinn abtut. Seine Haltung ist zwiespältig und gerade deshalb faszinierend. Nicht der Galgenberg und das Spiel mit der Bildung sind neu an diesen Gedichten, neu ist die Verbindung ihres Unsinns mit einem spielerischen Formvirtuosentum, das hinter der Maske der Unsinnspoesie die unbefriedigte Sehnsucht nach der hohen Dichtung verbirgt. Aus einem schwachen Dichter wird ein starker Unsinnspoet10·.
Zum virtuosen Spiel kommt die Gedankenwelt Zarathustras, die Morgenstern in Phantas Schloß für sich erobert zu haben glaubte. Nietzsches Sprach- und 104
Sack: In Ketten durch Rumänien. Loerke: Ein verbummelter Student, S. 1236 (Der Aufsatz fehlt in der GustavSack-Bibliographie Eibls in: Sack: Paralyse. Der Refraktär, S. 162). 108 Liede: Dichtung als Spiel, Bd. l, S. 305. 109
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Bildwelt wird übernommen, doch ohne den verbindenden Glauben107. Der Dichter führt in seinen Galgenliedern „in den Motiven und in der geistigen Haltung" die Trümmer der Zarathustrawelt vor108. Hinter der Verbindung von ästhetischem Genuß am schönen Klang und am schönen Wort109 und dem Spiel mit Trümmern steht als Lebensgefühl der „Genuß einer in Einzelteile und Einzelformen aufgelösten Welt als Triumph des freien Geistes über die Erdenschwere"110. Im Spiel mit diesen Trümmern, mit dem aus ihrem Zusammenhang gerissenen Dingen und Worten, glaubte schon Leo Spitzer Einflüsse der Sprachskepsis Fritz Mauthners feststellen zu können111. Er sah hier einen Dichter am Werk, der mit der Vorstellung von der Beziehungslosigkeit von Sprache und Wirklichkeit Ernst machte und eine eigene Sprachwelt aufbaute112. Dem hat gleich darauf Hugo Schuchardt mit dem Hinweis auf literarische Vorbilder widersprochen113. Tatsächlich sind Morgensterns Sprachspiele, wie Alfred Liede gezeigt hat, von Nietzsche angeregt. Und dennoch hat sich Morgenstern, was Leo Spitzer nur erschließen konnte, in den Jahren 1906 bis 1908, in denen die meisten Galgenlieder entstanden, als ein Schüler Mauthners gefühlt. Auch der Sprachphilosoph wird auf seine Wirkung erst durch Leo Spitzer aufmerksam114. „Ich hatte", schreibt er in einem Aufsatz aus dem letzten Lebensjahr, „den übermütigen Tiefsinn dieses mystischen Kobolds [Morgenstern] immer sehr geliebt, ohne zu ahnen, daß er sich je um mich bekümmert hatte"11*. Nach dem Hinweis Leo Spitzers läßt er sich jedoch schnell überzeugen und gesteht in einem Brief: Die einzige ernste Freude, die ich seit Jahren empfand, war beim Lesen des Nachlaßbandes116 von Morgenstern. Da ergriff mich das Gefühl von Wirkung sehr stark117.
In der Selhstdarstellung von 1922 spricht er dann sogar von einer „Weiterführung meiner Leitgedanken durch Christian Morgenstern"118. 107 108 10I>
Ebd. S. 313. Ebd. S. 311.
Ebd. S. 296/297. Ebd. S. 324. 111 Spitzer: Die groteske Gestaltungs- und Sprachkunst Christian Morgensterns. Vgl. Spitzer: Kritik der Sprache. 112 Spitzer: Die groteske Gestaltungs- und Sprachkunst Christian Morgensterns, S. 96. 113 Schuchardt: Christian Morgensterns groteske Gedichte. 114 Vgl. die Briefe Spitzers an Mauthner vom 24. 10. 1918 und 9.2. 1921 (LEI). 115 Mauthner: Skeptiker (Typoskript im LBI). Vgl. Bauer: Christian Morgensterns Leben und Werk, S. 196. Bauer zitiert aus diesem Aufsatz, der im Februar 1924 in der amerikanischen Zeitschrift Menorah erschien. Bauers Rückübersetzung aus dem Englischen weicht natürlich etwas vom Original ab. 114 Morgenstern: Stufen (1918). Die zeitlich näher liegenden Epigramme und Sprüche (1920) enthalten wenig „Sprachkritisches" (vgl. etwa S. 110 und S. 154). 117 An Auguste Hauschner, 9.1.1921 (Briefe Hauschner, S. 224—225, dort S. 225). 118 In: Die Philosophie der Gegenwart in Selbstdarstellungen, Bd. 3, S. 138. 110
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Bei der Feststellung seines Einflusses bezieht sich Mauthner offensichtlidi mehr auf Morgensterns Aphorismen als auf seine Gedichte. Hier und in den Briefen tritt die Beschäftigung des Dichters mit dem Sprachphilosophen am deutlichsten zutage. Die erste Bekanntschaft läßt sich mit einiger Sicherheit auf "Weihnachten 1906 datieren. Der Berliner Schauspieler Friedrich Kayssler hatte Morgenstern offensichtlich die Kritik der Sprache geschickt und dieser bedankt sich mit folgenden Worten: Meine Aufmerksamkeit für sein [Mauthners] Thema geht bis in die Tage Wernickes, ja Münsters119 oder noch besser bis in meine erste Bekanntschaft mit Nietzsche zurück und hat mich immer abgehalten, ein Wortgläubiger zu werden. Du kannst Dir demnach denken, mit welchem Interesse ich den Ausführungen Mauthners folge, die sich als Ausführungen eines verteufelt gebildeten und scharfsinnigen Mannes dokumentieren und sich letzten Endes mit keinem geringeren Problem herumzuschlagen haben als dem: kann uns Sprache überhaupt zu irgendeiner wirklichen Erkenntnis verhelfen120.
An diesem Brief ist zweierlei bedeutsam: für Morgenstern ist das Sprachproblem vor allem ein erkenntnistheoretisches und kein ästhetisches Problem wie für die Expressionisten und Dadaisten121, und es ist ein Problem, das ihn selbst schon bewegt hat. Ein auf das Jahr 1896 datierter Eintrag in den Stufen belegt das:
Q£t üb er fallt dich eine heftige Verwunderung über ein Wort: Blitzartig erhellt sich dir die völlige Willkür der Sprache, in welcher unsere Welt begriffen liegt und somit die Willkür dieses unseres Weltbegriffes überhaupt122.
Allerdings kann auf Grund dieses einen Eintrags noch nicht von einer Sprachskepsis Morgensterns gesprochen werden. Seit Humboldt galt der Satz, daß die Sprache unser Weltbild bestimme, und selbst die Behauptung der Willkürlichkeit dieses Weltbildes schließt nicht aus, daß nicht wenigstens teilweise die „wirkliche Wirklichkeit" erfaßt werde. Der Aphorismus bleibt zu vereinzelt, um eindeutig interpretiert werden zu können. Erst nach 1906 tauchen dann wieder vergleichbare Bemerkungen auf128. Jetzt scheint das Denken des Dichters entscheidend von der Skepsis gegenüber der Sprache bestimmt zu sein, und das geschieht zweifelsfrei unter dem Einfluß Fritz Mauthners. Im Januar und Februar 1907 arbeitet sich Morgenstern durch das „Gestrüpp"124 der Kritik der Sprache und berichtet über diese Zeit: Mir ist im letzten Januar oder Februar in Birkenwerder ein ungeheuerer Gedanke aufgetaucht, nicht als etwas Plötzliches, sondern als Krone gewissermaßen, meiner ganzen bisherigen Entwicklung, und diesen Gedanken tiefer 119
Freunde Morgensterns. An Friedrich und Helene Kayssler, 29. 12. 1906 (Christian Morgenstern: Ein Leben in Briefen, S. 235—236, dort S. 235/236; Morgenstern: Alles um des Menschen willen, S. 180—181, dort S. 181). 121 Vgl. unten S. 44. 122 Morgenstern: Stufen (1918), S. 89. 123 Ebd. S. 90. 124 An Kayssler, 21.1. 1907 (Morgenstern: Ein Leben in Briefen, S. 240—242, dort S. 241; Morgenstern: Alles um des Menschen willen, S. 186—187, dort S. 186). 120
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zu denken wird wohl meine ganze fernere Lebenszeit und künstlerische Arbeit dienen müssen. Es ist vielleicht nichts Geringeres als die Grundlage einer neuen Weltanschauung und Religion. Für mich jedenfalls scheint es das zu bedeuten: den endlichen Durchbruch zur Freiheit. [...] Es geht wieder einmal ein souveräner Zug durch die Welt125.
Michael Bauer spricht in Zusammenhang mit diesem Bekenntnis von einer neuen religiösen Erfahrung, die Morgenstern bei der Lektüre des Johannesevangeliums gemacht habe126. Wenn seine Datierung auf September 1907 richtig ist, so scheint sich dieser Brief eher auf die Lektüre der Kritik der Sprache zu beziehen. Dafür sprechen Wendungen wie „Durchbruch zur Freiheit" und vor allem „es geht wieder einmal ein souveräner Zug durch die Welt". In Mauthners Gedanken findet Morgenstern die Klärung seiner eigenen Anschauung vom Wesen der Sprache, insofern spricht er mit Recht von der ,Krone einer inneren Entwicklung'. Auch für seine Dichtung gewinnt die Sprachskepsis Bedeutung. Sie bewirkt zwar keinen radikalen Wandel, aber eine Verstärkung schon angelegter Tendenzen. Mauthners Sprachskepsis wird für Morgenstern zu einer Rechtfertigung für das Spiel mit der Sprache: Mauthners radikale Sprachskepsis verschafft Morgenstern die letzte Freiheit. Die Sprache gibt keine Erkenntnis mehr; als Traumbuch der Menschheit jedoch, aus dem sich beliebig schöpfen läßt, ist sie das beste Instrument der Dichtung. Morgenstern läßt als Sprachkobold die absolute Freiheit der Sprache in Erscheinung treten. Nach dem Zusammenbruch seines Nietzsche-Glaubens — wohl nicht zuletzt unter dem Einfluß Mauthners — findet seine Sehnsucht nach Freiheit in Mauthner ein neues Ziel: heitere Skepsis in grenzenloser Hingabe an den Augenblick127.
Bis 1908 bleibt der Dichter ein treuer Anhänger seines Meisters. Mauthner sei „heute unser ehrlichster, mutigster und fleißigster Vorposten"128, schreibt er 1907, und noch Herbst 1908 bekennt er sich zu einer radikalen Sprachskepsis, zu einem Leben „jenseits der Begriffe"129. Aus dieser Zeit stammt die Vorankündigung eines Fritz-Mauthner-Tags: Aus dem Anzeigenteil einer Tageszeitung des Jahres 2407 Vorankündigung 22. November Fritzmauthnertag 22. November Spectaculum grande Großes Wörterschießen! Preise bis zu 1000 M! 125
An Kayssler, Sept. 1907 (Bauer: Morgenstern, S. 238); Die Briefsammlungen (Ein Leben in Briefen, S. 223—225; Alles um des Menschen willen, S. 170—172) datieren den Brief auf den 14. 9.1906. Da Bauer zuverlässiger als die späteren Bearbeiter ist (vgl. Liede, Dichtung als Spiel, Bd. l, S. 273) habe ich mich für seine Datierung entschieden. 126 Bauer: Christian Morgenstern, S. 238. 127 Liede: Dichtung als Spiel, Bd. l, S. 333. 128 An Fega Frisch, 28.9.1907 (Morgenstern: Ein Leben in Briefen, S. 257; Morgenstern: Alles um des Menschen willen, S. 200). 129 An Margarete Morgenstern, 8. 10. 1908 (Morgenstern: Ein Leben in Briefen, S. 336; Morgenstern: Alles um des Menschen willen, S. 270—271, dort S. 270).
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Sprachskepsis und Sprachzerstörung am Anfang des 20. Jahrhunderts Mittelpunkt der Veranstaltung: Zehnmaliges Erschießen des Wortes „Weltgeschichte" durch je zehn Scharfschützen zehn deutscher Stämme. Erinnerungszeichen! Kaltes Büffet! Schießplatz Neu-Kaputt. Vis a Vis dem Luftschiffhafen Das Festkomite der Vereinigung zur ordnungsmäßigen Erschießung verurteilter Wörter130.
Morgenstern rechnet mit einer langen Wirkung Mauthners, wenn er das Fest um fünfhundert Jahre in die Zukunft verlegt. Er selbst aber wird bald abtrünnig. Über die Leere, die Mauthners radikale Skepsis hinterließ, half ihm seine Dichtung nicht hinweg, sondern bestätigte sie. Und diese Leere zu ertragen, war Morgenstern — ebensowenig wie Mauthner selbst — nicht in der Lage131. Der Dichter findet mit der Anthroposophie Rudolf Steiners zum Wort zurück.
2. Sprachskepsis und Sprachzerstörung: Hugo Balls Sprachphilosophie in der Flucht aus der "Zeit Hugo von Hofmannsthal, Gustav Sack und Christian Morgenstern setzen ihrer Sprachskepsis eine klare Grenze: die Sprache selbst wird nicht angetastet. Keiner von ihnen denkt daran, sie zu zerstören oder sich eine Privatsprache zu schaffen132. Auch hinter den expressionistischen Sprachumformungen und Neuschöpfungen steht keine erkenntnistheoretische Sprachskepsis, sondern das Bemühen, mit Mitteln, die in der Regel sogar in der Sprache angelegt waren, ein Maximum an Aussagekraft zu erreichen. Die Sprache sollte für die Dichtung gerettet werden. Offen wurde dieser Kampf in Marinettis Futuristischem Manifest von 1909. Es entfachte einen Sturm gegen Konvention, Tradition und Sprache, und dabei hätte Mauthners Sprachskepsis in neuer Weise fruchtbar werden können. In der Grundstimmung dem Futuristischen Manifest eng verwandt, wäre in ihr die Vergeblichkeit jeder Sprachzerstörung und die unerbittliche Konsequenz des Aufstands gegen die Sprache, das Schweigen, deutlich geworden. Doch die Kritik der Sprache bleibt unbeachtet, wie andererseits auch Mauthner keine Notiz von der neuen Dichtung nimmt: 130
Bauer: Morgenstern, S. 196. (In der fünften, neubearbeiteten Ausgabe von 1954 fehlen bezeichnenderweise diese und alle anderen sich auf Mauthner beziehenden Stellen.) Die Vorankündigung entstand wohl 1907 zu Mauthners 57. Geburtstag am 22. November. 131 Vgl. Liede: Dichtung als Spiel, Bd. l, S. 339. 132 Zu Morgensterns Großem Lalulä und Pisches Nachtgesang vgl.: Liede: Dichtung als Spiel, Bd. l, S. 287—288, bzw. S. 291—292.
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Der Zweifel an der Sprache schlechthin wurde durch Fritz Mauthners philosophische Sprachkritik, eine der vergessenen großen Leistungen an der Schwelle des Expressionismus, begründet. Die wirksamsten Anstöße aber kamen nicht von seiner absoluten Sprachskepsis, sondern von der außereuropäischen Dichtung, von Rimbaud und einigen anderen Symbolisten und besonders vom Futurismus183. Die Kritik der Sprache wurde selbst ein Opfer des großen Sturms. Diese Dichter wollten nicht mehr theoretisieren, ihnen stak das Unbehagen selbst zu tief in den Knochen, als daß sie noch einen Philosophen ertragen hätten; Mauthner war zu früh gekommen. Vor allem aber: die Dichtung sollte ja gerettet und nicht zerstört werden: Der Selbstmord der Sprache [das Postulat Mauthners] zog den der Dichtung nach sich, nicht für Mauthner, aber für die Dichter, die ihn lasen und sich nicht mehr mit einer Poesie des schönen Scheins zufrieden geben konnten. Und doch trennten sich die echten Dichter unter den Avantgardisten hier vom Denker Mauthner. Dieser wertete um seiner Sprachkritik willen die Dichtung ab, indem er sie auf den schönen Schein einengt, jene verzichten auf die letzten Konsequenzen der Sprachskepsis um ihrer Dichtung willen134. Auswegslos schien die Situation, als auch die expressionistischen Versuche als gescheitert angesehen wurden. Erst jetzt dachte man an eine Zerstörung der Sprache, der Syntax, des Worts, der Bedeutung. Solche Gedanken manifestieren sich im Dadaismus: Die Dadaisten waren die ersten, die das Ausmaß der Katastrophe erkannten. Sie sahen auch das Versagen der aufgewühlten Dichtung und die Gegenstandslosigkeit der messianischen Sprache. Utopien, Ideale, jede Verpflichtung der Kunst auf einen Glauben, die Literatur insgesamt gehörten für sie zum Gerumpel einer absurd gewordenen Epoche. Sie taten den letzten Schritt zur Befreiung der Sprache von der Tradition. Sie befreiten sie auch von der Aufgabe, die Menschen feierlich zu erschüttern oder satirisch zu verletzen, und führten ihren nützlichen Gebrauch überhaupt ad absurdum. Nach ihrer Poetik konnte sich die absolute Freiheit der Kunst nur noch als Ausbruch aus jeder inhaltlichen Fixierung beweisen. Nach Auflösung der Syntax unternahmen sie die Zertrümmerung des Worts in seine Splitter von Laut und Sinn, den Vorstoß in das sprachliche Nichts136. In Hugo Ball, dem „Denker des Dadaismus"13e, zeigt sich am deutlichsten die Problematik dieses Experiments. Er hat nicht nur versucht, sich theoretisch darüber Rechenschaft abzulegen, sondern selbst erfahren, daß die Zerstörung der Sprache eine Illusion ist. Sein Weg führt über die Abkehr von ihr und dem Versuch, im Laut einen „heiligen Bezirk"137 für die Dichtung zu retten, zu einem neuen Bekenntnis zu der wieder ernst genommenen Sprache. In diesem 133
Muschg: Von Trakel zu Brecht, S. 58. Liede: Dichtung als Spiel, Bd. l, S. 269. 135 Muschg: Von Trakl zu Brecht. — In: Muschg: Von Trakl zu Brecht, S. 11—93, dort S. 76/77. 13e Liede: Dichtung als Spiel, Bd. l, S. 365. 137 Ball: Die Flucht aus der Zeit, S. 100. 134
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Bekenntnis, nicht in seiner aus ganz anderen Quellen gespeisten Sprachverzweiflung, berührt sich der Dadaist mit den Gedanken Fritz Mauthners, allerdings in der von Gustav Landauer weiterentwickelten Form138. Hugo Balls Flucht aus der Zeit entstand zwischen 1923 und 1926 als „Rechenschaftsbericht seines Lebens nach seinen Tagebuchaufzeichnungen"139. Deutlich spürbar ist die Überarbeitung des Tagebuchs durch den zum Katholizismus zurückgekehrten Dichter. Zeugnisse für Sprachglauben und Sprachskepsis stehen nebeneinander, und eine gedankliche Entwicklung läßt sich oft nur konstruieren. Andererseits dürfte sich Hugo Ball gehütet haben, seine Lebensbeichte mit groben Verfälschungen zu belasten. Hugo Balls Ausgangspunkt ist wesentlich verschieden von den bisher besprochenen Dichtern und von Fritz Mauthner selbst. Sein Leiden an der Sprache ist weniger erkenntnistheoretischer Art, vielmehr das Leiden des Dichters an der verkommenen Sprache seiner Zeit, der „öden, lahmen, leeren Sprache des Menschen der Gesellschaft"140, der „durch den Journalismus verdorbenen und unmöglich gewordenen Sprache"141. Hugo Ball fürchtet wie letztlich alle Dichter die Verrottung seines Ausdrucksmittels, doch diese Verrottung wird jetzt als existenzbedrohend aufgefaßt, weil sie als Symptom für die Verderbnis der Zeit überhaupt gilt: Daß das Bild des Menschen in der Malerei dieser Zeit mehr und mehr verschwindet und alle Dinge nur noch in der Zersetzung vorhanden sind, das ist ein Beweis mehr, wie häßlich und abgegriffen das menschliche Antlitz und wie verabscheuungswert jeder einzelne Gegenstand unserer Umgebung geworden ist. Der Entschluß der Poesie, aus ähnlichen Gründen die Sprache fallen zu lassen, steht nahe bevor. Das sind Dinge, die es vielleicht noch niemals gegeben hat142.
Notwendigkeit und Sinn der Dichtung werden nicht in Zweifel gezogen. Nur stellt sich dem Dichter jetzt die Aufgabe, sie irgendwie zu bewahren und sie vor den verderblichen Einflüssen der Zeit zu schützen. Hugo Ball versucht dies, indem er der Sprache auch einen vom normalen Gebrauch unabhängigen Daseinsraum zuspricht: Die Sprache als soziales Organ kann zerstört sein, ohne daß der Gestaltungsprozeß zu leiden braucht. Ja, es scheint, daß die schöpferischen Kräfte sogar gewinnen143.
Die Zerstörung der Sprache als soziales Organ gibt dem Dichter die Freiheit, sich ihrer ohne Rücksicht auf diese soziale Funktion zu bedienen. Unverkennbar scheint hier wieder der romantische Ansatz einer idealen Sprache durch, 138
In der Flucht aus der Zeit und in den Briefen wird Mauthner nie erwähnt, doch kennt Hugo Ball Landauer (Ball: Die Flucht aus der Zeit, S. 16, S. 20, S. 22). 13e Emmy Ball-Hennings im Vorwort zu: Ball: Die Flucht aus der Zeit, S. XXI. 140 Ball: Flucht, S. 107 (16. 8.1916). 141 Ebd. S. 100 (24. 6.1916). 142 Ebd. S. 76 (5. 3. 1916). 143 Ebd. S. 35 (9. 7.1915).
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die sich in der Dichtung am ehesten verwirkliche. Allerdings fühlt sich Hugo Ball der normalen Sprache überhaupt nicht mehr verpflichtet. Das führt über die Bewahrung einzelner Sprachelemente, die mehr oder weniger stillschweigend doch auf das bestehende Sprachsystem bezogen werden und von dort ihre Bedeutung und ihr Leben erhalten, zur Ausbildung einer Privatsprache, die sich zwar der alten Worte und Laute bedient, ihnen aber eine neue Bedeutung unterzulegen sucht. Der Dichter leidet an der Sprache der anderen und möchte sich auf eine eigene, reine Sprache zurückziehen. Um dabei den Einfluß der normalen Sprache so gering wie möglich zu halten, soll nur die isolierte Vokabel und der Laut übernommen werden: Vor den Versen hatte ich einige programmatische Worte verlesen. Man verzichte mit dieser Art Klanggedichte in Bausch und Bogen auf die durch den Journalismus verdorbene und unmöglich gewordene Sprache. Man ziehe sich in die innerste Alchemic des Wortes zurück, man gebe auch das Wort noch preis und bewahre so der Dichtung ihren letzten heiligsten Bezirk. Man verzichte darauf, aus zweiter Hand zu dichten: nämlich Worte zu übernehmen (von Sätzen ganz zu schweigen), die man nicht funkelnagelneu für den eigenen Gebrauch erfunden habe144.
Hugo Balls Poetik geht von Marinetti aus: Mit der Preisgabe des Satzes dem Wort zuliebe begann resolut der Kreis um Marinetti mit den „parole in libertä". Sie nahmen das Wort aus dem gedankenlos und automatisch ihm zuerteilten Satzrahmen (dem Weltbilde) heraus, nährten die ausgezehrte Großstadtvokabel mit Licht und Luft, gaben ihr Wärme, Bewegung und ihre ursprünglich unbekümmerte Freiheit wieder1«.
Solche Sätze könnten ähnlich — vielleicht ist das sogar ironische Absicht — im Programm eines karitativen Vereins für Ferien auf dem Lande stehen. Dieser Vorstellung von der Sprache liegt ein sehr einfaches Bild zugrunde: Die Sprache ist gleichsam ein verkommener Garten, dessen Pflanzen, durch Wildwuchs bedrängt, verkümmert sind. Der Dichter tritt als Gärtner auf, der einzelnen schönen Blumen Raum zum Gedeihen schafft, aber den Garten als Ganzes zerstört. Dabei wird deutlich, wie weit Futuristen und Dadaisten von einer erkenntnistheoretischen Sprachskepsis entfernt waren. So konnten sie glauben, mit der Isolierung des Einzelwortes zum magischen Ursprung der Sprache vorgedrungen zu sein: Wir anderen gingen noch einen Schritt weiter [als Marinetti]. Wir suchten der isolierten Vokabel die Fülle einer Beschwörung, die Glut eines Gestirns zu verleihen. Und seltsam: die magisch erfüllte Vokabel beschwor und gebar einen neuen Satz, der von keinerlei konventionellem Sinn bedingt und gebunden war. An hundert Gedanken zugleich anstreifend, ohne sie namhaft zu machen, ließ dieser Satz das urtümlich spielende, aber versunkene, irrationale Wesen des Hörers erklingen; weckte und bestärkte er die untersten Schichten der Erinnerung. Unsere Versuche streiften Gebiete der Philosophie 144 145
Ebd. S. 100 (24. 6.1916). Ebd. S. 95 (18.6.1916).
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Sprachskepsis und Sprachzerstörung am Anfang des 20. Jahrhunderts und des Lebens, von denen sich unsere ach so vernünftige, altkluge Umgebung kaum etwas träumen ließ148.
Hugo Balls magische Vokabel ist eine Täuschung; sie muß doch wieder mit „Philosophie" und „hundert Gedanken" gerechtfertigt werden. Selbst wo der Dichter auf das Wort verzichtet, bricht die Sprache durch. Von den sechs in den Gesammelten Gedichten wiedergegebenen Lautgedichten tragen fünf normalsprachliche Titel: Wolken147, Katzen und Pfauen1*6, Totenklage1*9, Karawane™ und Seepferdchen und Flugfische161 und lenken so die Assoziationen des Lesers. Nur ein Gedicht bleibt ohne Titel152. Und hier erreicht Hugo Ball durch Einsprengsel wie „rhinozerossola", „Zanzibar", „elifantolim", daß man bei seinen Lautkombinationen an die Sprache des dunklen Afrika denkt. Die Rettung der Dichtung durch den Rückzug auf den Laut ist nicht gelungen. Konsequent denkt Hugo Ball an eine Aufgabe der Dichtung überhaupt: Es muß bei solcher Ausdehnung des legalen Apparats zu absurden Gebilden kommen, wenn sich die Kunst erst im Kampf um ihre Freiheit der Situation bewußt wird. Sie wird dann Gebilde aufstellen und befürworten, die in ihrem Widerspruche unbezähmbar sind und jeglicher Annäherung und Begreiflichkeit spotten. Der kürzeste Weg der Selbsthilfe: auf Werke verzichten und das eigene Dasein zum Gegenstande energischer Wiederbelebungsversuche zu machen153.
Dieser Weg führt den Dichter zurück zum Glauben und zum Verzicht auf das sprachliche Experiment. Er ist eng verbunden mit einer zweiten, mehr erkenntnistheoretisch bestimmten Linie in seiner Sprachphilosophie. Bei der Beschäftigung mit dem Anarchismus stößt er auf Pierre Joseph Proudhon und notiert Sien:
Proudhon, der Vater des Anarchismus, scheint auch der erste gewesen zu sein, der um die stilistischen Konsequenzen wußte. [...] Hat man nämlich einmal erkannt, daß das Wort die erste Regierung war, so führt dies zu einem fluktuierenden Stil, der das Dingwort vermeidet und der Konzentration ausweicht134.
Hugo Ball denkt hier zwar zunächst nur an Konsequenzen für die Dichtung und schließt den Gedanken an Marinetti an, allerdings mit dem einschränkenden Zusatz: „Vielleicht ist es der Sprache einmal beschieden, die Absurdität dieser Doktrin ad oculos zu demonstrieren"155, baut ihn dann aber im Sinne einer radikalen Sprachskepsis, die Raum für einen neuen Glauben schaffen soll, aus: 149 147 148 149 150 151 152
1SS 1M 1W
Ebd. S. 95/96 (18. 6. 1916). Ball: Gesammelte Gedichte, S. 24. Ebd. S. 25. Ebd. S. 26. Ebd. S. 27. Ebd. S. 33. Ebd. S. 27. Ball: Flucht, S. 64 (10. 11. 1915). Ebd. S. 31 (1. 7.1915). Ebd. S. 31 (1. 7.1915).
Modische Kritik der Sprache
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Die vollendete Skepsis ermöglicht auch die vollendete Freiheit. Wenn über den inneren Umriß eines Gegenstandes nichts bestimmtes mehr geglaubt werden kann, muß oder darf, — dann ist er seinem Gegenüber ausgeliefert und es kommt nur darauf an, ob die Neuordnung der Elemente, die der Künstler, der Gelehrte oder Theologe damit vornimmt, sich die Anerkennung zu erringen vermag. Diese Anerkennung ist gleichbedeutend mit der Tatsache, daß es dem Interpreten gelungen ist, die Welt um ein neues Phänomen zu bereichern. Man kann fast sagen, daß, wenn der Glaube an ein Ding oder eine Sache fällt, dieses Ding oder diese Sache ins Chaos zurückkehren, Freigut werden. Vielleicht aber ist das resolut und mit allen Kräften erwirkte Chaos und also die vollendete Entziehung des Glaubens notwendig, ehe ein gründlicher Neuaufbau auf veränderter Glaubensbasis erfolgen kann. Das Elementare, Dämonische springt dann zunächst hervor; die alten Namen und Worte fallen. Denn der Glaube ist das Maß der Dinge, vermittels des Wortes und der Benennung1*".
Hugo Ball bezieht sich hier deutlich, teilweise sogar in der Formulierung, auf Gustav Landauer, der in seinem Buch Skepsis und Mystik (1903) und dann in der Revolution (1907) Mauthners Skepsis als Durchbruch zu totaler Freiheit und damit zur Neugestaltung der Wirklichkeit dargestellt hatte157. Hugo Ball kann so den Sprung vom Chaos in die Sicherheit des Glaubens tun. Von dort aus versteht er den Kampf zwischen Sprachglauben und Sprachskepsis als Kampf zwischen dem Dämon und Gott. Der sprachabtrünnige Mensch ist dem Dämon verfallen, die Sprachkrise eine Krise des Verhältnisses von Mensch und Gott. Sie kann .nur überwunden werden, wenn der Mensch sich selbst und die Wirklichkeit der gottgegebenen Sprache annähert. „Wie kann man dem Worte seine Macht wiedergeben? Indem man sich immer tiefer mit dem Worte identifiziert."158 Erkenntnistheoretische Sprachskepsis, beeinflußt von der Sprachphilosophie Fritz Mauthners in der Vermittlung durch Gustav Landauer, führte Hugo Ball weg von der Zerstörung der Sprache. Er fand zu den Worten zurück in dem Glauben, sie bergen die Wahrheit Gottes. Eine neue Dichtung konnte er auf dieser Grundlage nicht schaffen159. Er, der auszog, die Sprache der Dichtung zu opfern, hat schließlich die Dichtung der Sprache geopfert.
3. Modische Kritik der Sprache Daß der Dichter sich Rechenschaft über sein Verhältnis zur Sprache abzulegen habe, ist seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts eine weitverbreitete Vorstellung. Auch solche Autoren, die keinerlei Konsequenzen in ihrer Dichtung erkennen ließen, fühlten sich gedrängt oder berufen, zum Sprachproblem Stellung zu nehmen. Die Herausforderung durch die Sprachexperimente der Zeit 159 157 158 159
Ebd. S. 83 (8.4.1916). Vgl. unten S. 219—221. Ball: Flucht, S. 132 (3.12.1916); vgl. ebd. S. 67 (15.11.1915). Vgl. Liede: Dichtung als Spiel, Bd. l, S. 272.
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darf dabei nicht unterschätzt werden, dennoch scheint es mir, als habe Fritz Mauthner diese Diskussion wesentlich gefördert160. Bei einer großen Anzahl sehr unterschiedlicher Dichter läßt sich die Kenntnis seiner Schriften nachweisen, bei anderen ist sie wenigstens wahrscheinlich161. Abgesehen von den oben genannten wären etwa zu erwähnen Hermann Bahr162, Franz Blei163, Otto Julius Bierbaum, von dem Georg Müller in einem Brief an Fritz Mauthner ncn t. Bierbaum hielt immer außerordentlich große Stücke auf Sie, und als ich ihm seinerzeit mitteilte, daß ich mich zum Verlag Ihres philosophischen Wörterbuches164 entschlossen hätte, da schrieb er mir einen sehr begeisterten Glückwunschbrief zu dieser Erwerbung185.
Alfred Döhlin166, Gerhart Hauptmann167, Hermann Hesse166, Börries Freiherr von Münchhausen, der sich in einem Brief sehr verständnisvoll über die Sprachkritik äußert: Ich bin so entzückt von Ihrem Sprachbuche — eigentlich ist es ja eine Philosophie über alle Philosophie —, daß ich Ihnen im Geiste herzlich dankend die Hand drücken muß! Was Schopenhauer von Kant sagt, daß die Lektüre seiner Kritik der Wirkung der Staroperation auf den Blinden vergleichbar sei, das kann ich von Ihrem Buch sagen169.
Rainer Maria Rilke, der sich allerdings vor allem an den als Kritiker berühmten Landsmann wandte170, und schließlich Kurt Tucholsky, der an Hans Erich Blaich, den gemeinsamen Freund und Redakteur des Simplizissimus, schreibt: Was Mauthnern angeht, so weiß ich nicht, was die junge Generation über ihn denkt. Sie können das einfach: den Feuilletonisten abstreichen. Mich hat 160
Allerdings machen sich schon um 1900 — vor allem in Frankreich — die Dichter ausführlichere Gedanken zur Sprache (vgl. Weinrich: Linguistische Bemerkungen, S. 33 bis 36). 161 Abgesehen von James Joyce und Samuel Beckett bin ich Mauthners Wirkung im außerdeutschen Sprachbereich nicht nachgegangen. Sie kann nicht ganz ohne Bedeutung gewesen sein, wie die Übersetzungen zeigen. Das Wörterbuch der Philosophie (1910/ 1911) gehörte jedenfalls zur Lieblingslektüre des argentinischen Dichters Jorge Luis Borges (vgl. Berveiller: Le cosmopolitisme de Borges, S. 328—329). 12 Vgl. unten S. 273. 163 Blei nimmt in seiner Kleinen Grammatik für Anfänger einige Kerngedanken Mauthners auf, so die Bestimmung der Grammatik als „Sanktion eines schönen Brauchs" (S. 277; vgl. Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 24 und Bd. 2, S. 154 bis 156), die Gleichsetzung von Denken und Sprechen (S. 277; vgl. Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 31, 67, 170, 179 u. ö.), die Vorstellung von der Macht der Sprache über den Menschen (S. 277; vgl. Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 221, 610 u. ö.) und der Tyrannei der toten Worte (S. 279/280; vgl. Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 51; Mauthner: Tote Symbole (1892)). 164 Mauthner: Wörterbuch der Philosophie (1910/11). 185 An Mauthner, 17.11.1910 (LBI). 1 Vgl. unten S. 272—273. 167 Vgl. unten S. 243—244. 168 Vgl. unten S. 249. 189 Undatierter Brief an Mauthner aus Dresden (LBI). 170 Vgl. Runge: Vier frühe Rilke-Briefe.
Modische Kritik der Spradie
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immer ein bißchen geärgert, was der Verfasser der Kritik der Sprache, die ich sehr gut kenne, alles so in Tageszeitungen unter sich läßt. Is er denn e Ozean, daß er kann sein zegleich tief und flach171?
Fritz Mauthner wurde gelesen172, und schnell wurde es Mode, Sprachkritik zu üben. Der Urheber selbst geriet darüber in Vergessenheit. Stereotype Vergleiche beherrschen die Diskussion, so etwa der Vergleich des Worts mit der Münze. So schreibt Ivan Goll 1919: Die Sprache des 19. Jahrhunderts ist schlaff und durch allzu großen Gebrauch wertlos geworden. [...] Die einzelnen Worte haben ihren intimsten Gehalt verloren, wie die Münzen, die auf dem Markt herumgereicht wurden 173
Ähnlich spricht Peter Dörfler von dem Wort, das „bloße Scheidemünze" geworden sei174, und Isolde Kurz meint: Unsere Kultursprachen sind alle keine vollwertige Münze mehr. Kein Wort hat für unser Ohr den ursprünglichen Klang, der gleich das frische Bild vor die Augen zaubert175.
Noch 1958 schreibt Of
Heusaele:
Die Wörter büßen ihre eigentümliche Kraft ein, sie gleichen leeren Masken oder sie verlieren, wie viel gebrauchte Münzen, ihre Prägung176.
Das Festklammern an einem sehr beschränkten Bildervorrat, in dem das von der Münze eine hervorragende Rolle spielt, läßt kaum tiefere Einsichten in das Wesen der Sprache aufkommen. Allerdings wäre jeweils zu untersuchen, in welchem Verhältnis die konventionelle Klage über die Sprache zum Werk des Dichters steht. Wenn etwa Ernst Barlach vom „Bettlerkleid des dürftigen Wortes", dem „elenden Notbehelf", schäbigem Werkzeug" und „Kleingeld" spricht177, so gewinnt die wohlbekannte Klage vor dem Hintergrund seines Werkes ein völlig neues Gewicht. Sehr viel häufiger als der Verachtung wird freilich der Zufriedenheit mit der Sprache Ausdruck verliehen. Nüchtern meint Alfred Döblin: „Ich bin mit der Sprache zufrieden. Sie leistet mir außerordentlich nützliche Dienste."178 Hymnischer tönt es bei anderen. Rndolf Alexander Schröder sieht in der 171
An Blaich, 4. 3. 1916 (Tucholsky: Briefe, S. 30). Vgl. dazu auch unten S. 211—225. 173 Goll: Die drei guten Geister Frankreichs, S. 65—66 (zitiert in: Über die Sprache, S. 249/250). 174 Dörfler: Der Sprachverderber, S. 23 (zit. in: Über die Sprache, S. 537). 175 Kurz: Von der Sprache. — In: Kurz: Ges. Werke, Bd. 4, S. 439—443, dort S. 442 (zit. in: Über die Sprache, S. 527). 176 Heuschele: Die Gefährdung unserer Sprache. — In: Heuschele: Weg und Ziel, S. 62—73, dort S. 66 (zit. in: Über die Sprache, S. 539). 177 An Johannes Schwartzkopff, 3.12.1932 (Barlach: Die Briefe, Bd. 2, Nr. 1007, S. 335—333). 178 Döblin: Der Bau des epischen Werks. — In: Döblin: Aufsätze zur Literatur, S. 103—132, dort S. 128 (zit. in: Über die Sprache, S. 328). 172
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Sprache ein „Geschenk Gottes", sie mache den Menschen zum „Sucher und Finder wahrhaftiger Erkenntnisse", sie sei die „Schatzkammer aller Erkenntnis", der „kostbarste Besitz der Volker"179. Für Theodor Haecker reicht sie in „das Reich der Wahrheit" und ist das geistig-sinnliche Organ für deren Vermittlung in der Erkenntnis180. Bei beiden läßt die Verteidigung der Sprache als Mittel zum Gewinn einer Erkenntnis eine unmittelbare Wendung gegen Mauthner vermuten181. Aber wie die Klage, so wird auch das Lob bald zu einem Topos, der in den Preis der Muttersprache einmündet. Heinrich Federer begnügt sich dabei noch mit einem schönen Bild: „Die große deutsche Orgel — so nenne ich unsere schöne, tiefe, heilige Muttersprache."182 Georg Binding wird geradezu albern: Wir wollen nicht aufhören, ein Wort wie Axt, wie Baum, [...] als ein schönes Wunder der Kraft und der Vollkommenheit anzusehen — fähig, das auszudrücken, was sie meinen. Kein Wort würde Axt besser aussagen als das Wort Axt; kein Bild, selbst nicht die Wirklichkeit einer Axt. [...] Ist es nicht wunderbar, daß die Kraft der deutschen Sprache so weit reicht, die Seele eines ganzen Volkes in seinem Wort für Wahrheit auszudrücken183?
Irgendwelche Erkenntnisse über die Sprache hat die dichterische Sprachreflexion nicht gebracht, zumal sich meist unbedeutendere Dichter gedrängt fühlten, ihre Gedanken zu veröffentlichen. Sie folgten einer Mode, ohne daß ihnen die Sprache wirklich zum Problem geworden wäre.
IV. Zusammenfassung Es wird kaum möglich sein, die Dichtungen, die ich hier besprochen habe, unter einen gemeinsamen Nenner zu fassen, wenn man sich nicht auf die Feststellung beschränken will, sie hätten irgendwie mit dem Zweifel an der Sprache zu tun. Selbst das Schlagwort „sprachskeptische Dichtung" ist noch zu eng, wenn man bedenkt, daß selbst ein so sprachverliebter Dichter wie Hugo von Hofmannsthal den sprachkmischen Gedanken für sich verwerten konnte. Deutlich aber ist die Macht und die Zähigkeit dieses Gedankens, der in so verschiedener Weise über siebzig Jahre lang, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität — Höhepunkte liegen in den ersten zwanzig und in den letzten zehn Jahren dieses Zeitraumes — Dichter fesseln konnte. Fritz Mauthner hat diesen Stein ins Rollen gebracht.
179
Schröder: Dichten und Trachten. — In: Schröder: Ges. Werke, Bd. 3, S. 381— 408, dort S. 397 (zit. in: Über die Sprache, S. 31). 180 Haecker: Der katholische Schriftsteller und die Sprache. — In: Haecker: Opuscula, S. 345—366, dort S. 348 (zit. in: Über die Sprache, S. 43). 181 Haecker hat Mauthner persönlich scharf angegriffen. Vgl. unten S. 262—263. 182 Federer: Aus jungen Tagen, S. 188 (zit. in: Über die Sprache, S. 106). 188 Binding: Von der Kraft deutschen Worts, S. 8 (zit. in: Über die Sprache, S. 144).
Zweiter Teil: Fritz Mauthners Beiträge zu einer Kritik der Sprache Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts, im Frühjahr 1901, erschien im Cotta-Verlag ein umfangreiches Buch von über 700 Seiten, der erste Band von Fritz Mauthners Beiträgen zu einer Kritik der Sprache*. Der damals einundfünfzigjährige Autor, Theaterkritiker am Berliner Tageblatt, hatte sich mit seinen Parodien Nach berühmten Mustern (1879) einen Namen gemacht, Romane, Erzählungen und Gedichte veröffentlicht und war geliebt und gefürchtet als scharfzüngiger Journalist. Die Kritik der Sprache ist seine erste philosophische Arbeit. Schon der Titel zeigt, welch hohen Anspruch er zu erfüllen sucht: das Werk wird neben Kants Vernunftkritik gestellt, wenn auch nicht als geschlossenes System, so doch als erste Beiträge zu einer neuen Richtung philosophischer Forschung. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist mit Bedacht gewählt und unterstreicht diesen Anspruch. Von der Jahrhundertwende erwartete man den großen Umbruch, die neue Zeit2. Eine revolutionäre Erkenntnis, die alles menschliche Denken und alles Gedachte umstürzt, verkündet auch Fritz Mauthner: alles Denken ist eitel, alles Denken ist nur Sprache, nicht nur ohne Beziehung zur Wirklichkeit, vielmehr eine undurchdringliche Mauer zwischen Mensch und Wirklichkeit, auch keine Brücke des Verständnisses der Menschen untereinander, sondern die Ursache alles Mißverstehens und aller Einsamkeit. Sprache und Denken erscheinen als eine ungeheuere Fehlentwicklung des Organismus Mensch, als ein Fluch, von dem er sich erlösen muß. Friedrich Nietzsches Zerstörung der moralischen Begriffe und der Kultur des modernen Europa wird übersteigert zu einer Verneinung des menschlichen Denkens gleichwelcher Kultur und Zeit. „Das Buch ist ein unerhörter Protest gegen Welt, Mensch und Gott", heißt es in einer Rezension8. 1
Der zweite Band folgte im Herbst 1901, der dritte 1902. Vgl. z. B. Hart: Der neue Gott. Ein Ausblick auf das kommende Jahrhundert. Landauer: Der Todesprediger. Im Nachwort von 1903 (S. 126) spricht Landauer von diesem Buch als einem „Vorboten jener großen Revolution [...], die zu machen man am Ende des 19. Jahrhunderts vergessen hat". Mauthner selbst spricht einmal von der „gärenden Jahrhundertwende, einer langsam weiterbrennenden Götterdämmerung". (Mauthner: Götterdämmerung (1898), Sp. 227). s Maync: Eine Kritik der Sprache, S. 326. 2
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Beiträge zu einer Kritik der Sprache
Nach der Kritik der Sprache bleibt nichts mehr zu sagen übrig. Doch niemand, kein Dichter und kein Philosoph, fühlte sich verpflichtet, wirklich zu schweigen. Mauthner selbst schreibt weiter, allerdings in der Absicht, den Weg zu einer neuen Mystik auf zu tun; noch in seinen letzten Lebensjahren entsteht das vierbändige Monumentalwerk Der Atheismus und seine Geschichte im Abendlande. Nur ein armer Student zog aus Mauthners Lehre wirklich die letzte Konsequenz und beging Selbstmord4. Jeder, der schreibt, muß sich darüber im Klaren sein, daß er diese radikale Sprachskepsis nicht teilt, oder, wenn er sie teilt, seine eigenen Gedanken nicht ernst nimmt. Mauthner war sich dieser Aporie bewußt und versucht sich mit einem Gleichnis darüber hinwegzuhelfen: Will idi emporklimmen in der Sprachkritik, die das wichigste Geschäft der denkenden Menschheit ist, so muß ich die Sprache hinter mir und vor mir und in mir vernichten von Schritt zu Schritt, so muß ich jede Sprosse der Leiter zertrümmern, indem ich sie betrete. Wer folgen will, der zimmere die Sprossen wieder, um sie abermals zu zertrümmern5. In dieser Einsicht liegt der Verzicht auf die Selbsttäuschung, ein Buch zu schreiben gegen die Sprache in einer starren Sprache. [...] So mußte der Entschluß reifen, diese Bruchstücke entweder als Bruchstücke zu veröffentlichen, oder das Ganze dem radikalsten Erlöser zu überantworten, dem Feuer. Das Feuer hätte die Ruhe gebracht. Der Mensch jedoch, so lange er lebt, ist wie die lebendige Sprache und glaubt, er habe etwas zu sagen, wenn er spricht".
Doch nicht einmal die unterste Sprosse einer Leiter kann die Sprache dem radikalen Sprachskeptiker sein, es kann keine Hierarchie der Gedanken und der Sprachverwendung geben, es gibt überhaupt nur zwei Ebenen, die des Verzichts auf die Sprache und die des Sprechens. So kann es gar nicht in erster Linie darum gehen, den Irrtümern des Philosophen auf die Spur zu kommen, um ihn zu widerlegen, sondern darum, festzustellen, was hinter seiner Sprachskepsis steht. Vor diesem Schritt aber ist eine Darstellung der Grundzüge der Kritik der Sprache nötig. 4
Vgl. Mauthner an seine Cousine, die Schriftstellerin Auguste Hauschner (1850— 1924) in einem Brief vom 12.12.1904 (Briefe Hauschner, S. 78). Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um den Dichter Walter Cale" (gest. 3.11.1904), zu dessen 1907 posthum erschienenen Schriften Mauthner ein Vorwort schrieb. 5 Einen ganz ähnlichen Rückzug tritt auch Ludwig Wittgenstein gegen Ende des Tractatus logico-philosophicus (1922) an: „Meine Sätze erläutern dadurch, daß sie der, welcher mich versteht, am Ende als Unsinn erkennt, wenn er durch sie — auf ihnen — über sie hinaus gestiegen ist. (Er muß sozusagen die Leiter wegwerfen, nachdem er auf ihr hinaufgestiegen ist.) Er muß diese Sätze überwinden, dann sieht er die Welt richtig." (Tractatus 6. 54). Bei Wittgenstein ist die Anweisung allerdings nachvollziehbar, weil sie sich auf den Inhalt der Sätze im Tractatus, nicht auf die Sprache überhaupt bezieht. 8 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 2.
Die Sprache als Spiel
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L Die Sprache als Spiel Mauthner beginnt mit einer verblüffenden Feststellung: die Sprache gibt es gar nicht, dem Wort entspricht nichts „Wirkliches"1. Die Sprache ist ein Abstraktum und wie alle Abstrakta nur menschliche Denkgewohnheit und Denkeinheit. „Wo ist [...] das Abstraktum Sprache' Wirklichkeit? In der Luft. Im Volke, zwischen den Menschen."2 „Wirklich" wird sie nur im jeweiligen Sprechakt3. Sprache ist eine „soziale Wirklichkeit"4; sie ist kein Gegenstand, kein Geschenk, geschweige denn ein göttliches, sie ist Handlung wie Essen und Trinken. Deshalb ist jede Grammatik, die die Sprache wie ein isoliertes und klar umgrenztes Objekt zu beschreiben sucht, statt ihre Funktionsweisen zu untersuchen, ein unsinniges Unterfangen. Die „soziale Wirklichkeit" Sprache wird zu einer „sozialen Illusion"5, wo ihr eine Aufgabe zugemutet wird, die über die der alltäglichen Mitteilung zur praktischen Bewältigung des Lebens hinausgeht. Ihr Wesen liegt in der aktuellen Verwirklichung, die Art der Verwirklichung bestimmt ihren Wert. „Die Sprache ist ein Gebrauchsgegenstand, der durch die Ausbreitung des Gebrauchs an Wert gewinnt."6 Mauthner weist die weit verbreitete Klage über die Abnutzung der Sprache zurück. Zur Verdeutlichung verwendet er ein Bild, das paradox erscheint: ein Gegenstand wird eben durch Gebrauch abgenutzt. Das Paradox ist aber auch sprachlich bedingt. Die Existenz eines Substantivs „die Sprache" verführt dazu, von ihr als einem Quasi-Gegenstand zu sprechen. Wenn man das erkannt hat, kann die Aussage neu formuliert werden. „Die Sprache ist aber kein Gegenstand, sie ist gar nichts anderes als ihr Gebrauch, Sprache ist Sprachgebrauch."7 „Sprachgebrauch" umschreibt Mauthner durch den Vergleich der Sprache mit einer Spielregel, ein Gedanke, der sehr fruchtbar geworden ist8. Die Sprache ist ein Spiel und als solches ohne Beziehung zur Wirklichkeit, ein geordnetes Regelsystem, das nur im Gebrauch Bedeutung gewinnt. j-jje Sprache ist nur ein Scheinwert wie eine Spielregel, die auch umso zwingender wird, je mehr Mitspieler sich ihr unterwerfen, die aber die 'Wirklichkeitswelt weder ändern noch begreifen will*.
Vom Spiel im üblichen Sinne unterscheidet sich die Sprache nur durch die Zahl der Spieler, die sich ihm unterworfen haben, sie ist ein „weltumspannen1
Vgl. dazu: Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 3—23. Ebd. S. 19. 3 Ebd. S. 18—19. 4 Ebd. S. 18. 5 Ebd. S. 34. 9 Ebd. S. 24. 7 Ebd. Bd. l, S. 24. 8 Vgl. Weiler: Mauthner's critique of language, S. 105—116. Ludwig Wittgenstein führt den Gedanken der Spielregel zu dem für seine späte Sprachphilosophie zentralen Begriff des Sprachspiels aus. • Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 25. 2
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des und fast majestätisches Gesellschaftsspiel"10. Mit dieser Definition entzieht Mauthner jeder auf Erkenntnis der Wirklichkeit gerichteten Philosophie den Boden und liefert der Linguistik den Gegenstand ihrer Forschung: eben diese Spielregel. Das Spiel „Sprache" bietet keine Hilfe zur Erkenntnis der Wirklichkeit11. Andererseits ist aber auch eine eindeutige Verständigung unter den Menschen nicht möglich. Denn allen Mitspielern gemeinsam ist zwar die Spielregel, die Spielmarken jedoch, d. h. die Wortinhalte12, sind es nicht. „Gemeinsam ist die Muttersprache etwa, wie der Horizont gemeinsam ist, jeder ist der Mittelpunkt seines eigenen."18 Die Wortinhalte schwanken, weil die Worte nichts sind als der Erinnerungsschatz der Menschheit, der jedem Individuum in persönlicher Ausgestaltung zu eigen ist. Die Menschen reden deshalb an einander vorbei1*. Mauthner sieht nicht, daß die Wortinhalte eben den Grad an Präzision erreichen, der zu einer Verständigung notwendig ist. Die Sprache wird durch den Gebrauch zu einem Präzisionsinstrument herangeschliffen. Je mehr allerdings die Inhalte, die vermittelt werden sollen, aus dem gewohnten Rahmen fallen, mit desto geringerer Präzision können sie übermittelt werden. Nur ist es schwer, die Grenze zu bestimmen, von der an eine Verständigung unmöglich ist. Und Mauthner fordert Leistungen von der Sprache gerade da, wo diese Grenze überschritten wird.
77. Die Begrenzung der Sprachkritik Zwei Tatsachen scheinen eine radikale Skepsis ad absurdum zu führen: die Unmöglichkeit, sie anders als sprachlich zu vermitteln und das gute Funktionieren der Sprache in der Praxis. Der Skeptiker selbst gebraucht sie ja täglich und in der Regel mit Erfolg. Mauthner wundert sich darüber und sieht nicht, daß die Sprache nicht existieren würde, wenn sie nicht nützliche Dienste leistete: · j;e Sprache als Verständigungsmittel zwischen den Menschen trotzdem funktioniert, so geht es mit ihr wie mit manchen Maschinen der neuesten Elektrotechnik. Ein Skeptiker, der an der Berechnung der Maschine mitgearbeitet hat, schüttelt den Kopf, weist auf Unzuträglichkeiten hin und 10
Ebd. Mauthner widerspricht sich gelegentlich, so wenn er meint: „Freilich wäre Sprachkenntnis [Kenntnis aller existierenden Sprachen], wenn sie möglich wäre, auch Welterkenntnis." (Kritik der Sprache, Bd. l, S. 22). Er vertritt hier eine Theorie, die von Humboldt herrührend von Benjamin Lee Whorf ausgebaut wurde. 12 Die Teilung in Worte und Regeln ist sehr primitiv und anfechtbar, sie läßt z. B. beider Wechselbeziehungen völlig außer acht. Mauthner konnte sich nicht auf die modernen linguistischen Forschungen stützen. Seine Grundvorstellung ist deshalb nicht widerlegt. 13 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 19; vgl. ebd. S. 31, S. 35, S. 48, S. 212, S. 601. 14 Ebd. S. 50. 11
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sagt: „Es stimmt nicht, da verstehe ich ein notwendiges Zwischenglied nicht; die Maschine kann gar nicht taugen." Sie taugt aber doch. Mit dieser Tatsache geben sich die Aktionäre und Benutzer zufrieden1.
Nun könnte das auf einen Fehler des Skeptikers weisen, aber diese Möglichkeit wird nicht erwogen. Mauthner findet einen Ausweg, indem er eine Hierarchie von Spradifunktionen aufstellt: 1. Sprache als Werkzeug der Mitteilung im täglichen Leben. 2. Sprache als Werkzeug des Dichters. 3. Sprache als Werkzeug der Erkenntnis. Auf niedrigster Ebene liegt die Verwendung der Sprache als Mittel der Verständigung im täglichen Leben. Diese Ebene klammert Mauthner ausdrücklich aus seiner Sprachbetrachtung aus8. Damit begibt er sich nicht nur der Möglichkeit, die Sprache da verstehen zu lernen, wo sie auch nach eigenem Eingeständnis funktioniert, der radikale Anspruch seiner Sprachskepsis erhält einen schweren Stoß. Die einzige Begründung, die er für eine solche Begrenzung seiner Kritik bietet, ist die Gemeinheit und Niedrigkeit des alltäglichen Gebrauchs. „Die Herdensprache ist so wenig Gegenstand der Kritik wie das Zwitschern der Vögel. Sie steht unter der Kritik."3 Daß die Sprache ein „Werkzeug des Menschenverkehrs"4 ist, wird ausdrücklich anerkannt, und daß sie dieser Aufgabe genügt, ebenfalls: Den unreinen, den gemeinen Nutzen der Sprache wird niemand leugnen5. Für das irdische Wirtshaus natürlich, für das Mitteilungsbedürfnis ist sie ja brauchbar, für das Schwatzvergnügen der Wirtshausgäste und für die Zurufe an den Speiseträger. Da kommt man mit der Sprache recht weit*.
Diese Einschränkung ist für eine Untersuchung der Sprache verhängnisvoll. Nicht nur, daß die einzige Funktion, welche die Sprache zweifelsfrei erfüllen kann, mit dem irrationalen Argument der Unreinheit und Gemeinheit aus der Untersuchung ausgeklammert ist; sondern Mauthner lenkt so seine Überlegungen auf rein negative Bahnen, die ihm nur den Weg zur Mystik offen lassen. Denn der als Gegenpol zur Mitteilung dargestellten reinen und erhabenen Funktion der Erkenntnisgewinnung ist die Sprache wiederum nicht gewachsen. Ganz hat sich Mauthner allerdings nicht an diese Beschränkung gehalten. Besonders im zweiten Band der Kritik der Sprache finden sich Untersuchungen zur Umgangssprache, z. B. der Bedeutung der Sprachsituation für die Form der gesprochenen Sprache. Unter Sprachsituation sind sowohl die aktuellen Umstände, unter denen gesprochen wird, wie auch Bildung, Erziehung und Anlagen des Sprechers und des Angesprochenen zu verstehen. Die Situation 1
Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 241. Vgl. ebd. S. 27, S. 40, S. 50, S. 70, S. 80, S. 499, S. 523, S. 610, S. 654. « Ebd. S. 40. 4 Mauthner: Die Sprache (1907), S. 118. 5 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 70. " Ebd. S. 523. 8
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liefere einen Großteil der semantischen Information und erlaube eine schwach strukturierte Form der Sprache und damit eine größere Freiheit des Sprechers. Erst der Versuch einer schriftlichen Fixierung habe zu der starren und komplizierten Struktur und der totalen Beherrschung des Menschen geführt7. Mauthner tritt deshalb gegen eine von Erstarrung bedrohte Schriftsprache für die Umgangssprache ein: Innerhalb der Poesie allein ist seit einigen Jahren eine Bewegung [der Naturalismus] vorhanden, die die lebendige Sprache wieder zu Ehren bringen will, eine Bewegung, welche für revolutionär gilt, welche aber im Grunde nichts ist als eine Reaktion gegen die Herrschaft der schriftlichen Sprache. Eine solche revolutionäre Reaktion will neben ihren erkenntnistheoretischen Zielen auch diese Kritik der Sprache sein8. Am zukunftsträchtigsten sind Ansätze, in denen die Betrachtung der Umgangssprache zur Lösung eines philosophischen Problems herangezogen wird9: Ich habe die Umgangssprache [einer gelehrten Definition] vorgezogen, um deutlich zu machen, wie wenig die Definition erklärt10. Wie immer in solchen Fällen wollen wir versuchen, das Wort dadurch besser zu verstehen, daß wir fragen, nicht wie es in Lehrbüchern der Philosophie definiert werde, sondern was wirklich redende Menschen damit bezeichnen wollen11. Solche Ansätze bleiben aber vereinzelt. Mauthner versucht nicht, sie methodisch auszuarbeiten. Der Grund dafür liegt in seinem irrationalen Sprachhaß und einer Sprachverzweiflung, die ihn für jeden positiven Aspekt blind machte. Gerade die Verachtung der Umgangssprache steht nicht nur im Widerspruch zu eigenen Vorstellungen, sie ist philosophiegeschichtlich ein Anachronismus. Spätestens die romantische Sprachphilosophie hatte diesen Standpunkt überwunden, allerdings unter der Voraussetzung, daß in der Sprache sich auf geheimnisvolle Weise die „Weltseele" verberge. Novalis schreibt: Es ist eigentlich um das Sprechen und Schreiben eine närrische Sache; das rechte Gespräch ist ein bloßes Wortspiel. Der lächerliche Irrtum ist nur zu bewundern, daß die Leute meinen, sie sprächen um der Dinge willen. Gerade das Eigentümliche der Sprache, daß sie sich bloß um sich selbst bekümmert, weiß keiner. Darum ist sie ein so wunderbares und fruchtbares Geheimnis, indem, wenn einer bloß spricht, um zu sprechen, er gerade die herrlichsten, originellsten Wahrheiten ausspricht. Will er aber von etwas Bestimmtem sprechen, so läßt ihn die launige Sprache das lächerlichste und verkehrteste Zeug sagen. Daraus entsteht auch der Haß, den so manche ernsthafte Leute gegen die Sprache haben. Sie merken ihren Mutwillen, merken aber nicht, daß das verächtliche Schwatzen die unendlich ernsthafte Seite der Sprache ist. Wenn man den Leuten nur begreiflich machen könnte, daß es mit der Spra7
Ebd. Bd. 2, S. 143—146; vgl. ebd. Bd. 3, S. 224—258. Ebd. Bd. 2, S. 577. 9 Vgl. z.B. Kutschera: Sprachphilosophie, S. 11: „Wo man früher z.B. nach der ,Natur der Kausalität' fragte, [...], empfindet man es heute als adäquater, das Problem als eine Frage nach dem Wortgebrauch zu formulieren [...]." 10 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 610. 11 Ebd. S. 654. 8
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ehe wie mit den mathematischen Formeln sei! Sie machen eine Welt für sich aus — sie spielen nur mit sich selbst, drücken nichts als ihre wunderbare Natur aus, und eben darum sind sie so ausdrucksvoll — eben darum spiegelt sich in ihnen das seltsame Verhältnisspiel der Dinge. Nur durch ihre Freiheit sind sie Glieder der Natur, und nur in ihren freien Bewegungen äußert sich die Weltseele und macht sie zu einem zarten Maßstab und Grundriß der Dinge. So ist es auch mit der Sprache.12.
Mauthner hat den Glauben an die Sprache als Ausdruck der Weltseele verloren. Das, was Novalis begeistert und ihm als das reinste Wesen der Sprache erscheint, der Spielcharakter der Sprache, wird Mauthner zur Qual. Das trennt ihn nicht nur von der Romantik, sondern auch von der Sprachphilosophie der Gegenwart, die entscheidend von der „Philosophie der normalen Sprache" geprägt ist13. Der Sprachkritiker war nicht nur von der Philosophie des deutschen Idealismus zu stark vorbelastet, er war auch zu sprachbegeistert und erwartete zu viel von der Sprache und vom Denken, um kühl zu resignieren und sich mit dem zu begnügen, was die Sprache bietet, mag es auch noch so ärmlich sein. Die Resignation und nüchterne Selbstbescheidung der modernen Sprachphilosophie14 hätte er nicht verstanden. Wie die Romantik geht diese von der Vorstellung aus, daß die normale Sprache nicht übertroffen werden könne, etwa durch eine Kunstsprache auf logischer Basis, daß sie als Quelle der Erkenntnis wie auch als Medium der Darstellung tauge, wenn man sie nur richtig verwendet. Aber von einer „Weltseele" ist nicht mehr die Rede, auch nicht mehr von großen Wahrheiten und Botschaften. Gershon Weilers Versuch, Mauthner in die Nähe der englischen Philosophen der „normalen Sprache" zu rücken15, kann sich nur auf Nebenbemerkungen stützen. Mauthner wendet sich vielmehr ausdrücklich gegen eine Philosophie, die sich methodisch der Umgangssprache bedient. Seinem Erzgegner Aristoteles wirft er vor, er schwöre „wortabergläubisch auf die Gemeinsprache"16 und gehe sogar „bei der Untersuchung schwierigster Fragen am liebsten von der Volksmeinung aus, vom Sprachgebrauch"17. 12
Novalis: Über die Sprache. — In: Novalis: Schriften, Bd. 2, S. 672—673, dort S. 672. Wie eng übrigens auch Wittgensteins erste Ansätze mit dieser Sprachphilosophie zusammenhängen, zeigt eine Brief stelle: „Wenn man sich nicht bemüht, das Unaussprechliche auszusprechen, so geht nichts verloren. Sondern das Unaussprechliche ist, — unaussprechlich — in dem Ausgesprochenen enthalten!" (An Paul Engelmann, 9.4. 1917, in: Engelmann: Letters from Ludwig Wittgenstein, Nr. 6, S. 6). 13 Vgl. Savigny: Die Philosophie der normalen Sprache. 14 John L. Austin leitet eine Vorlesung so ein: „Ich habe nichts Schwieriges und schon gar nichts Anspruchsvolles zu sagen; als einziges Verdienst möchte ich dafür in Anspruch nehmen, daß es stimmt — wenigstens teilweise." (Austin: Zur Theorie der Sprechakte, S. 23). 15 Weiler: Mauthner's critique of language, S. 4 und S. 271. Vgl. auch: Weiler: Fritz Mauthner as an Historian, S. 58; Weiler: Fritz Mauthner, S. 221—223; Weiler: On Fritz Mauthner's critique of language, S. 80—87. 16 Mauthner: Aristoteles (1904), S. 58. 17 Ebd. S. 67.
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Der Anspruch an die Spradie trennt Mauthner von der Sprachphilosophie der Gegenwart. „Für die Praxis genügt auch die menschliche Sprache, [...]. Nur die Narren, die verstehen und verstanden werden wollen, empfinden die Unzulänglichkeit der Sprache."18 Von „Verstehen" und „Verstandenwerden" erwartet der Sprachkritiker mehr, als die Sprache zu bieten vermag, ohne klar bestimmen zu können, was er eigentlich will. Denn dieses „Verstehen" kann ja nur ein „Wirklich-Verstehen", ein „tieferes" Verstehen bedeuten, als es die Sprache, die nur „für die kleinen Bedürfnisse aller" gemacht ist19, zuläßt, und entzieht sich damit einer sprachlichen Beschreibung. Mauthner ist von der Sprache enttäuscht und verfällt damit in den Fehler der Metaphysik, der Spradie Leistungen abzuverlangen, die sie nicht erfüllen kann20. Dabei sieht er selbst, daß gerade dieser Mißbrauch die Sprache verdirbt: Irre wird auch die Spradie erst, wenn sie sich nicht mehr damit begnügen will, zwisdien den Menschen zu sein, ihre Notdurft stöhnend zu begleiten, wenn sie über den Menschen, von Mcnschennotdurft gelöst, überreizten geistigen Bedürfnissen dienen will21.
Die Formulierung ist irreführend. Sie verschleiert, daß nidit die Spradie die Schuldige ist, sondern die Mensdien, die sidi ihrer falsdi bedienen.
///. Die Sprache und die Dichter Nur der Dichter zaubert die ergreifenden Idealgestalten ohne Hilfe der Natur hervor, mit dem mangelhaften Werkzeuge der Sprache, die für den Alltagsdienst des Verkehrs erfunden, im Munde des Dichters neu geschaffen wird1.
Dies schrieb Fritz Mauthner zu einer Zeit, als er noch hoffte, ein Dichter zu sein. Doch auch in seinem philosophischen Werk entzieht er die Sprache der Dichter dem Geltungsbereich seiner Kritik 2 . Denn einmal sei der Dichter nicht in der Weise dem Zwang der Sprache3 unterworfen wie der Durchschnittssprecner. u n( j d ar über wird wohl kein Streit mehr herrschen, daß die Phantasie des Dichters nicht etwa ein besonderes Seelenvermögen ist, sondern daß diese Phantasie nur die Erinnerung in freier Weise verbindet, also eigentlich dieselbe Gedankenassoziation ist, die wir aus unseren Traumzuständen kennen 4 . 18
Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 50. " Ebd. S. 27. 20 Darauf hat besonders Eisen: Mauthners Kritik der Sprache, hingewiesen (vgl. unten S. 98—99). 21 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 40. 1 Mauthner: Der Streit der Künste. — In: Mauthner: Credo (1886), S. 22—29, dort S. 23. 2 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 91—150. 3 Vgl. unten S. 73—76. 4 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 491.
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Zum anderen käme ihm gerade die Schwäche der Sprache zunutze. Die Worte als mit individuellem Gehalt erfüllte, nicht scharf umrissene Erinnerungszeichen erlauben zwar keine eindeutige Verständigung und auch nicht den Gewinn einer Erkenntnis, dafür aber umso besser die Erzeugung von Stimmung: Der Unterschied zwischen der Sprache als einem Kunstmittel und der Sprache als einem Erkenntniswerkzeug ist also darin zu suchen, daß der Dichter Stimmungszeichen braucht und besitzt, der Denker Wertzeichen haben müßte und sie in den Worten nicht findet5.
Mauthner rettet die Sprache für die Dichtung, indem er ihren Wirkungsbereich begrenzt. Dichter als Verkünder der Wahrheit gibt es nicht mehr. Die Wirklichkeit ist ihnen ebensowenig zugänglich wie den Philosophen. Die „Anschaulichkeit" der dichterischen Sprache ist nur relativ: Die Sprache kann nichts weiter als Vorstellungen wecken. Eine vernünftige Sprache will auch nichts weiter, und vollends für die Wortkunst oder Poesie ist eine andere als durchaus anschauliche Sprache ebenso unmöglich, wie für die Malerei, eine Farbe, die sich auf der Leinwand verändert*.
Aber „eine wirkliche Anschauung liegt gar nicht zugrunde"7, denn die Sprache kann kein Bild der Wirklichkeit geben, sondern nur „Bilder von Bildern von Bildern"8. Deshalb bewegt sich die Dichtung auch nur innerhalb der Sprache. „Poesie ist Sinnenreiz durch Worte."8 Was darüber hinausgeht, ist unpoetisch: Das Stoffliche ist unpoetisch, [...]. Das Poetische an der Poesie ist aber immer gewesen und wird immer sein: die Stimmung, das Gefühl, die Beleuchtung, die subjektive Anschauung, welche der Dichter mit dem Stofflichen verbindet10.
Die Scheidung zwischen dem Stofflichen und dem Poetischen in der Dichtung weist den Weg zu einer von Stoffen befreiten reinen Sprachkunst. Aber so weit überblickt Mauthner seinen Gedanken nicht, die Gestalt des Kunstwerks in der traditionellen Form ist ihm noch etwas zu Selbstverständliches, als daß er an Gebilde, wie sie etwa die „konkrete Poesie" liefert, denken könnte. Denn trotz der Ausscheidung des Stofflichen als unpoetisch (dahinter steht natürlich das alte Denkmodell von Materie und Geist) fordert Mauthner ganz im Sinne der Naturalisten eine Erneuerung der Poesie durch neue Stoffe11 und lehnt alle Versuche, die Dichtung durch Form- und Sprachexperimente zu beleben, ab: Das Seltsame und in der Tat Komische dabei ist nur, daß die Poesie Wortkunst und nichts als Wortkunst1* ist und dennoch auf die geläufige Sprache 5
Ebd. S. 95/96, vgl. ebd. S. 93. • Ebd. S. 104. 7 Ebd. S. 128. 8 Ebd. S. 115, vgl. ebd. S. 129. • Ebd. S. 98. 10 Ebd. S. 122. 11 Vgl. Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 110: „Die Poesie kann nur durch neue Stoffe, nicht durch neue Techniken umgewandelt werden." 12 „Wortkunst" ist hier — anders als sonst — als „Sprachkunst" zu verstehen, d. h. auch das syntaktische Gefüge muß unangetastet bleiben.
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Die Sprache und die Dichter erwachsener Menschen verzichten will13. [. ..] Bei seinen [Maeterlincks] armen Nachahmern, welche ein Gefühl über die Sprache hinaus nur heucheln, wird dieses kindische Lallen zu einer lächerlichen Verirrung der Mode14.
Dabei gesteht er dem Dichter theoretisch durchaus Freiheit gegenüber der Syntax zu.
£s w ä re (jas nicht möglich [ein Gedicht mit Genuß rückwärts zu lesen], wenn die Wortkunst des Dichters nicht unabhängig wäre von der Syntax, wenn sie nicht allen jüngeren syntaktischen und grammatischen Hilfen15 gern aus dem Wege ginge. Es wäre aber auch nicht möglich, wäre die Syntax nicht bedeutungslos für die Assoziation der Worte oder Begriffe beim Sprecher, nicht bedeutungslos für die Verknüpfung der Worte oder Begriffe beim Hörer16.
Mauthner erkennt auch eine Beziehung zwischen seiner Sprachkritik und der naturalistischen Poetik. So beginne das Drama auf Handlung zu verzichten zugunsten der Erzeugung von Stimmung17. Doch über den Naturalismus hinaus sieht er nicht. Dieser ist das künstlerische Ereignis seines Lebens18. Die Dichtung daneben und danach — abgesehen von Gottfried Keller und Theodor Fontäne — lehnt er ab oder beachtet sie gar nicht. Das fiel schon den Zeitgenossen auf. Gustav Landauer, sein glühendster Verehrer, spricht in einem Brief von den „unverständigen Urteilen" Mauthners über die moderne Kunst. Er merke nicht, wie eng sie „gerade mit seiner großen, äußersten Skepsis verwachsen sei", er sei „seinen eigenen Gedanken nicht gewachsen"19. Paul Mongr£ schreibt in seiner Rezension der Kritik der Sprache: Übrigens möchte ich hervorheben, daß die dichterische Aphasie, das romantische und neuromantische Verstummen an den Grenzen des Unaussprechlichen in Mauthner keinen Verteidiger findet. [...] Und Landauer hat ganz recht, wenn er die Sprachkritik mit der modernsten Lyrik in leitenden Zusammenhang bringen will: denn Hofmannsthal und George, Dehmel und Mombert lokalisieren ja auch in der assoziativen Dunsthülle, nicht in dem deskriptiven Kern des Wortes den Sitz poetischer Wirkung20.
Der Grund für die Ablehnung neuromantischer Sprachexperimente liegt aber nicht so sehr in Mauthners Kurzsichtigkeit und Befangenheit in traditionellen Kunstvorstellungen. Es fehlte vielmehr an einer überzeugenden Dichtung. Was er sah, erschien ihm nur als Pose ohne das „Gefühl über die Sprache hinaus"21. In diesem Sinne rechnet er mit der Lyrik Stefan Georges schonungslos ab: 13
Schon 1890 hatte Mauthner Nietzsches esoterische Sprache gerügt. Vgl. Mauthner: Ola Hanssons Schriften (1890), S. 753. 14 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 118. 15 Mauthner leitet die komplizierten syntaktischen Strukturen aus der schriftlichen Fixierung der Sprache her. Vgl. oben S. 56. 18 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. 3, S. 256/257. 17 Ebd. S. 61—62. 18 Vgl. unten S. 189—197. 19 An Hedwig Lachmann, 28. 9.1900 (Briefe Landauer, Bd. l, Nr. 52, S. 78—81, dort S. 80). Vgl. unten S. 218—219. 20 Paul Mongre [= Felix Hausdorff]: Sprachkritik, S. 1241/1242. 21 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 118.
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Ein Franzose, der verstiegene Mallarme, hat den Preis der unfreiwilligen Komik davongetragen; die Deutschen, die nur zu ihrem eigenen Schaden das äußerliche Wesen dieser Pariser Clique nachzuahmen versucht haben, zählen unter sich einige zuverlässige Herren, die das weite Feld der unfreiwilligen Komik bebauen und dabei trotzdem von Zeit zu Zeit ein verblüffend feines Wort für ihre dichterische Stimmung finden, aber eine Persönlichkeit von der Kraft Verlaines besitzen sie nicht. Ihr gegenwärtig anerkanntes Haupt, Stefan George, ist ein Dichter, ein wirklicher; es ist ihm gegeben, in der Geheimsprache seiner Schule zu sagen, was er leidet; in unserer deutschen Muttersprache, mit der doch Goethe gar nicht so übel ausgekommen ist, seine Geheimnisse zu verraten, ist ihm leider nicht gegeben. Es hängt das aufs Engste damit zusammen, daß diese ganze Dichterei vorerst nur für die Eingeweihten dasein, daß sie als Artistenlyrik leben oder sterben will22. Wie stark Mauthners Abneigung gegen die Lyrik Stefan Georges ist, zeigt sich darin, daß er, um den Widerwillen des Lesers zu erregen, alle antifranzösischen Gefühle mobilisiert und diese Lyrik als ausländische Überfremdung brandmarkt. Seine sachliche Kritik trifft dennoch zu. Sie läßt sich in drei Punkte zusammenfassen: 1. Stefan George und noch stärker seine Jünger spielen eine Pose dichterischer Erhabenheit und dichterischen Aristokratentums, ohne daß ein entsprechender Charakter dahintersteht23. 2, Die Gedichte verbergen ihre Inhaltslosigkeit hinter einer formalen Vollendung. Unverständlichkeit und esoterische Pose sollen dichterische Armut und gedankliche Schwäche verbergen: Weil sie in sich nicht die Kraft fühlten, gemeinverständlich wie Homer und Shakespeare und Goethe dem ganzen Volke zu suggerieren, was sie neues mitzuteilen hatten, darum erfanden sie, durch Armut stolz gemacht, die traurige Weisheit, es schreibe so ein neumodischer Künstler nicht für sein Volk, sondern nur für seine Gemeinde24. Verpackung und Inhalt stehen dabei in keinem Verhältnis: Nach einiger Anstrengung ist es doch selbst meinem plebeischen Verstande gelungen, den wahrscheinlichen Sinn mancher Verse zu entziffern, die mich zuerst nur verblüfft hatten; es scheint mir da einzig und allein auf das Verhältnis anzukommen zwischen der aufgewandten Mühe und dem gewonnenen Genüsse. Ich fürchte das Verhältnis liegt ungünstig für George [...]. Sollten diese Zeilen ein bißchen Ärgernis erregen [·..], so will ich dagegen das Wort des alten herrlichen Lichtenberg umkehren und fragen: Wenn die Köpfe eines Dichters und eines Lesers zusammenstoßen, und es klingt hohl, muß es immer der Leser gewesen sein25? 22
Mauthner: Die Allerjüngsten und ihre Artistenlyrik (1899), Sp. 494. Vgl. Mauthner: Die Allerjüngsten und ihre Artistenlyrik (1899), Sp. 561: „Die Herren wollen ihre Gemeinde bilden ohne das genügende Kapital von Schaffenskraft." 24 Ebd. Sp. 494. 25 Ebd. Sp. 564; vgl. Mauthner: Wörterbuch der Philosophie, Bd. 2 (1911), S. 266: „Die Wortkünstler [...], die nichts zu sagen haben und dennoch gedankenlos neu sein möchten, sind zu Virtuosen der Sprachform geworden." 23
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3. Stefan George und seine Jünger führen auch äußerlich eine abstoßende aristokratische Maskerade auf2'. Mit dieser Dichtung wollte Mauthner seine Sprachkritik nicht in Verbindung bringen. Später, als Dichter auftraten, denen es ernst war mit einer Befreiung der Sprache und die unter den Zwängen der Sprache wirklich litten, hatte er sich zu sehr in seine Sprachphilosophie verbohrt und sich vom Literaturbetrieb angeekelt in die Einsamkeit Meersburgs zurückgezogen, um noch Interesse an ihrer neuen Dichtung zu haben. Die Ablehnung von Sprachexperimenten hat aber noch tiefere Gründe. Mauthner sieht eine existentielle Beziehung zwischen Dichtung und Dichter, die nur eine intakte Sprache gewährleisten kann. Dichter ist der, welcher in der Sprache eine Existenzform neben, über oder anstatt des wirklichen Lebens So gewinnt schon hier die Sprache ihren Zauber als Kunstmittel, oder vielmehr die Kunst steigert sich zum Äußersten, sie wird ein Zauber, der den höchsten Menschen in der bittersten Stunde sich selbst als Kunstwerk sehen läßt — der gräßlichste Schmerz wird nicht gefühlt, weil er gedacht wird. Das ist die ruhige Heiterkeit der wenigen ganz Großen; die Sprache schuf ihnen diese Heiterkeit. Vor der bitteren Stunde war ihnen die Sprache ein böseres Lachen87.
Das höchste Kunstwerk ist das in Sprache umgesetzte Leid des Dichters28. Er transponiert sein Leid in die andere Welt der Sprache und befreit sich dadurch von seinem Schmerz: Einsicht ist nämlich immer heiter, weil Einsicht, Kenntnis, Philosophie, Denken, [·..], immer nur in Sprache besteht, Sprache aber nichts ist als Erinnerung, die Summe der Erinnerungen des Menschengeschlechts, weil Erinnerung heiter ist, selbst die Erinnerung an Trübstes, f . . . ] Die Einsicht selbst in dieses Weh muß aber die Form der Sprache annehmen, und so ist die Sprache die Befreiung vom Schmerz durch die Erinnerung 29 .
Der Schmerz wird aufgehoben, da er aus der Wirklichkeit in die Unwirklichkeit der Sprache versetzt wird. Voraussetzung dafür ist die Beziehungslosigkeit von Sprache und Wirklichkeit. Daß solche Transponierung dennoch möglich ist, ist das Geheimnis des Dichterischen. Damit knüpft der Dichter an die Erinnerung der Allgemeinheit an, und das gelingt da nicht, wo er die Sprache der Allgemeinheit willkürlich verletzt oder verläßt. Das „bösere Lachen" des Dichters ist seine Verzweiflung an der Sprache, die ihm die Erkenntnis der Wahrheit versagt und ihn zwingt, sich den allgemeinen Empfindungen anzuschließen, solange er nicht erkannt hat, daß er nur dadurch sich vom Schmerz befreien kann. Denn auch er ist an die Sprache gebunden und von ihr in seinen Empfindungen30 und in deren Ausdruck abhän24
Mauthner: Die Allerjüngsten und ihre Artistenlyrik (1899), Sp. 561. Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 90. M Vgl. Muschg: Tragische Literaturgeschichte (1953), S. 427—462. *» Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 89. »° Vgl unten S. 74—75. 87
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gig. Er sieht sich zum Schweigen gezwungen, wenn er aus dem Bereich der Sprache ausbrechen und mehr geben will als „Sinnenreiz durch Worte". Und selbst das wollte Mauthner ursprünglich dem Dichter nicht zugestehen. 1892, als er begann, die Kritik der Sprache niederzuschreiben31, spricht er in einem Brief der Sprache auch die Fähigkeit ab, Stimmungen wiederzugeben: Wer aber wie ich seit mehr als 20 Jahren von der Unfähigkeit überzeugt ist, mit Worten Stimmungen auszudrücken, der schweigt gern da, wo andere Menschen zu sprechen anfangen8*.
Aber die Dichtung läßt sich nicht so leicht wie die Philosophie als nichtig erklären, und so zieht sich der Sprachkritiker auf neu-romantische, anti-naturalistische Vorstellungen zurück. Die Erzeugung von Stimmung soll die Dichtung rechtfertigen. Doch letztlich scheint ihm auch diese Lösung zu dürftig, um der Dichtung gerecht zu werden. Er gesteht deshalb der Sprache der „wirklichen" Dichter ganz gegen seine Theorie33 eine besondere Beziehung zur Wirklichkeit zu: Ein lyrischer Dichter ist, wer die geheimnisvollen Beziehungen zwischen Dingen und Namen durch die Umformungen von Jahrhunderten noch hindurch tönen hört und wer gar außerdem die Harmonie empfinden und festhalten kann, die die Töne der menschlichen Sprachworte neben ihrer gemeinen Absicht der Kellnermitteilung haben*4.
Die Sprache der Dichtung wird in einen Bereich gehoben, der als Gegenpol zum Bereich der Gemeinsprache erscheint. Das hat sie gemeinsam mit der Sprache der Philosophie. Aber im Gegensatz zu dieser ist sie nicht leer35. In der Dichtung findet die Sprache ihre eigentliche Erfüllung. Die „geheimnisvolle Beziehung von Namen und Dingen" wird in ihr spürbar, die Trennung von Sprache und Wirklichkeit überwunden. Die „Harmonie" der Sprachtöne ruft zudem mehr wach als einfachen Wohlklang. Hier ist die Harmonie der Sphären angesprochen, die sich in der Sprache wiederfindet, der Einklang der Welt, die Weltseele. Der Dichtung gegenüber verwickelt sich die Sprachskepsis Mauthners in unlösbare Widersprüche und letztlich macht sie vor ihr halt. Auch seine oft provozierenden und zukunftsträchtigen Gedanken zu einer reinen Sprachkunst, einer „konkreten Poesie" scheitern an der Übermacht der dichterischen Wirk31
Vgl. unten S. 200. An Auguste Hauschner, 13. 8. 1892 (Briefe Hauschner, S. 30/31). 33 Einmal allerdings vermutet Mauthner auch in der Gemeinsprache Strukturen, die die Wirklichkeit spiegeln könnten: „Es muß doch hinter dem Raum unserer Sprache etwas Raumverwandtes in der Wirklichkeitswelt stecken, [...]. Und so mag auch hinter dem Drang zu so kühnen Metaphern [wie die Übertragung von Raumvorstellungen auf die Zeit] ein Zwang stecken, der in den unentschleierten Verhältnissen der Wirklichkeitswelt liegt. Sprache ist Metapher; aber die Metapher deckt irgendwie die Welt." (Kritik der Sprache, Bd. 2, S. 453). 34 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 106. 35 Vgl. unten S. 69—71. 3
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Die Sprache als Werkzeug der Erkenntnis
lichkeit. Die Umgangssprache war zu niedrig und zu gemein für den Sprachkritiker, die Dichtung ist ihm, der ihr nicht zuletzt als gescheiterter Dichter gegenüber steht, zu heilig.
IV. Die Sprache als Werkzeug der Erkenntnis Fritz Mauthners Sprachskepsis richtet sich vor allem gegen den Glauben, mit Hilfe der Sprache „Erkenntnis" gewinnen zu können (utopische Sprachkritik). Freilich definiert er nicht eindeutig, was unter „Erkenntnis" zu verstehen sei1. Eine solche Definition muß ihm aber auch prinzipiell ausgeschlossen erscheinen, da sprachliche Definitionen nur Tautologien sind und „Definition" zudem dem Wesen der Sprache, das durch Unbestimmtheit gekennzeichnet ist, widerspricht. Ein Scheinbegriff ist Erkenntnis jedoch nicht. Mauthner umkreist mit diesem Wort einmal die Sehnsucht des Menschen, über die Sprache hinauszukommen, zum anderen die Illusion der Metaphysiker, in ihren Aussagen über die Sprache hinausgekommen zu sein. Solche philosophischen Aussagen versucht er durch Nachweis einer mißbräuchlichen Verwendung der Sprache, besonders leerer Begriffe, zu erledigen (praktische Sprachkritik). In der Kritik der Sprache mischen sich noch utopische und praktische Sprachkritik. Aber schon dort wendet sich Mauthner immer stärker der praktischen Sprachkritik zu. Im Wörterbuch der Philosophie ist sie ganz in den Vordergrund getreten.
l. Utopische Sprachkritik Die Festlegung der „Erkenntnis" auf etwas Übersprachliches und eben deswegen mittels der Sprache nicht Erreichbares, d. h. die Entfernung der Erkenntnis aus der Sprache, entspricht auf der anderen Seite die Verschiebung des Sprachbegriffs auch auf nichtsprachliche Funktionen des Organismus. Die Sprache ist eine dem Spiel mit seinen Regeln vergleichbare geordnete Summe von Erinnerungspartikeln. „Die Sprache ist nichts anderes als Gedächtnis, weil sie gar nichts anderes sein kann."2 Über den Mittelbegriff „Gedächtnis", in dem Mauthner das Wesen der Sprache zu fassen glaubt, dehnt er die Sprache auf andere Funktionsweisen des Organismus aus: Kurz, unser ganzes Seelenleben, das vegetative sowohl wie das tierische und begriffliche, ist nichts als Gedächtnis, und insbesondere das begriffliche Seelenleben oder die Vernunft erkennen wir als nichts mehr und nichts weniger denn das Gedächtnis unserer Sinneseindrücke oder die — Sprache3. 1
Weiler erklärt Mauthners unbestimmten Erkenntnisbegriff aus einem Mißverständnis Kants. (Mauthners critique of language, S. 167/168). 2 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 455; vgl. ebd. S. 31 und S. 405. 3 Ebd. S. 326.
Utopische Sprachkritik
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Diese Ausweitung der Definition hat ihren guten Sinn in dem Bemühen, die Sprache in die natürlichen Lebensfunktionen als eine unter vielen einzuordnen und ihr ihre ausgezeichnete Position zu nehmen. Sie ist aber für den Sprachphilosophen verhängnisvoll, weil sie sich über die spontan empfundene und mit dieser Argumentation nicht erledigte Sonderstellung der Sprache hinwegsetzt und dazu verführt, die Untersuchung des Besonderen zugunsten der Herstellung eines allzuweiten und allzuhohen Überblicks zu vernachlässigen. Dieser Verführung, die eben durch die sprachlich bedingte Brücke „Gedächtnis" möglich wird, erliegt auch Mauthner4. Denn die Sprache wird jetzt nicht nur dem Menschen, sondern auch dem Tier und der Pflanze zugesprochen: Die Sprache wird zum Gedächtnis des Organismus, welcher Mensch heißt und dieser Organismus selbst ist auch nur das Gedächtnis seiner eigenen Entwicklung. [...] Der Organismus ist das Gedächtnis aller lebenden Natur, die Sprache ist dasselbe Gedächtnis noch einmal, seit der Erinnerungsmöglichkeit, — mit der Erinnerungsmöglichkeit5.
Sprache ist das, was wir schon wissen, „Sprache ist immer Erinnerung"6. Alle sprachliche Erkenntnis verbleibt im Rahmen des schon Gewußten. Wie aus einer Landkarte keine neuen Erkenntnisse über die Beschaffenheit der Erde zu gewinnen sind, so ist es auch nicht möglich, durch irgendwelche „Behandlung, Bearbeitung oder Tyrannisierung der Worte irgendeine neue Kenntnis aus ihnen herauszuziehen"7. Auch die naturwissenschaftliche Erkenntnis ist nur Sprache8, ein Spiel mit Erinnerungspartikeln: Die Gesetze der Natur- und Geisteswissenschaften werden dann zu einer sozialen Erscheinung, zu den natürlichen Regeln des Gesellschaftsspiels der menschlichen Welterkenntnis, sie sind die Poetik der fable convenue oder des Wissens9.
Mit der Definition der Sprache als Summe des Schon-Gewußten oder SchönGesehenen tut sich ein Widerspruch zu der Behauptung der Zusammenhangslosigkeit von Wirklichkeit und Sprache auf. Denn irgendein Zusammenhang muß doch bestehen, wenn die Sprache Schon-Gewußtes sammelt. Mauthner löst den Widerspruch dadurch auf, daß er Wissen und Erkennen in Gegensatz bringt. Das Wissen, das in der Sprache niedergelegt ist, ist nur ein scheinbares Erkennen der Wirklichkeit. Wirkliche Erkenntnis kann die Sprache nicht geben, 4
Vgl. Paul Mongre [d.i. Felix Hausdorff]: Sprachkritik, S. 1256: „Die Sprache rächt sich an ihrem Kritiker, und er, der die vorläufigen Stützpunkte und Orientierungen verschmäht, wird mitgerissen von der Komplikation der Erscheinungen und weiß die verwickeisten Beziehungen der Wirklichkeit nur mit einer hülflosen Kopula auszudrücken: Denken ist Sprechen, Sprache ist Gedächtnis, Gedächtnis ist Bewußtsein. Wozu diese Konfusion, diese nächtliche Auftrennung des Gewebes, das die arme Menschheit mühsam an Tagen gesteigerter Besonnenheit spinnt und weiterspinnt?" 5 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 81, vgl. ebd. S. 90. 9 Ebd. S. 212; vgl. ebd. S. 48 und S. 601. 7 Ebd. S. 47; vgl. ebd. S. 243. 8 Ebd. S. 31. • Ebd. S. 35.
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da sie sich als menschliche Handlung nach menschlichen Zwecken und Bedürfnissen richtet und nicht nach einer objektiven Erkenntnis der Wirklichkeit: Die Sprache kann niemals zur Photographic der Welt werden, weil das Gehirn des Menschen keine ehrliche camera obscura ist, weil im Gehirn des Menschen Zwecke wohnen und die Sprache nach Nützlichkeitsgründen geformt haben10.
Der Mensch sieht die Welt durch die Brille seiner Interessen, eine objektive Anschauung ist ihm verwehrt. Zwecke haben die Sprache geformt, aber auch unsere Sinne, deren Informationen die Grundlage der Sprache bilden. Sie geben nur ein zufälliges Bild der Welt, eine winzige, nach Menschenzwecken geordnete Menge von Daten aus dem ungeheueren Chaos der Wirklichkeit. Unser Weltbild ist das den Menschen nützliche Weltbild11. Dazu kommt die schon erwähnte Unbestimmtheit der Wortinhalte, die den eindeutigen Gebrauch eines Wortes selbst in ein und demselben Werk unmöglich macht und jedes philosophische System als Illusion erweist. Aber nicht nur die Worte sind ungenau, auch unsere Sinne sind es und unser Gedächtnis. Diese Ungenauigkeit ist geradezu die Voraussetzung für Entstehung und Funktionieren der Sprache. Worte beruhen nämlich auf der Täuschung der Sinne, die Ähnlichkeiten für Gleichheiten nehmen12, und so die Klassifizierung, die Erkenntnis genannt wird18, erst ermöglichen.
2. Denken und Sprechen Der Streit um die Möglichkeit einer metaphysischen Erkenntnis, d. h. einer Erkenntnis, die mittels der Sprache die Sprache übersteigt, gipfelt seit John Locke in der Frage nach dem Verhältnis von Denken und Sprechen14. Auch Mauthner kann sich der Anziehungskraft dieser Fragestellung nicht entziehen. Er durchhaut den gordischen Knoten, indem er, wie Ludwig Wittgenstein in seiner späten Philosophie15, „Denken" und „Sprechen" gleichsetzt. Aber ganz wohl ist ihm nicht dabei, bis in seine letzten Lebensjahre umkreist er dieses Problem16. Der Grund dafür liegt darin, daß Mauthner sich einerseits um das Verständnis der psychologischen Vorgänge „Denken" und „Sprechen" bemüht, andererseits aber vom Sprachgebrauch, der nun einmal die Verben „denken" 1U 11
Ebd. S. 48.
Ebd. S. 327—331 und S. 353—415. » Ebd. S. 436. 13 Ebd. S. 434. 14 Vgl. Schmidt: Sprache und Denken. Einen Überblick über die gegenwärtige Diskussion gibt: Spoerri: Sprache und Denken, S. 25—34. 15 Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. Vgl. Weiler: Mauthner's critique of language, S. 21. 16 Vgl. Mauthner: Selbstdarstellung (1922), S. 135.
Denken und Sprechen
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und „sprechen" kennt, nicht absehen will17. Deutlich wird die Identität nur dem, der hinter den beiden Worten das sieht, was sie bedeuten. Aber hinter die Worte darf Mauthner nicht zurückgehen, wenn er die Gleichung inhaltlich aufrechterhalten will. Erst im Laufe seiner Arbeit wird er sich des doppelten Ansatzes, der ihn in Widersprüche verwickelt, bewußt und erkennt, daß es sich letztlich um eine falsch gestellte Frage, um ein rein sprachliches Problem handelt: Wir erklären Denken und Sprechen immer aufs neue für identisch und müssen doch auf Schritt und Tritt zugeben, daß der Sprachgebrauch immer wieder einen Unterschied mache zwischen Denken und Sprechen, daß also die Identität nur auf Grund einer besonderen Definition beider Begriffe zurecht bestehe18. Die ganze Frage ist ein Definitionsproblem. Und per definitionem nimmt Mauthner dem Denken all das, was außerhalb der Sprache liegt, wobei er diese ungewollt aufwertet und zum Kennzeichen dessen macht, der mehr will als „vegetieren": Daß das Kind und der einfache Mensch solche Urteile [wie „das ist ein Apfel"] sprachlos vollziehen kann [...], das beweist nicht, daß wir ohne Sprache denken, sondern nur, daß das Denken eine spätere Luxusfunktion ist und daß zum Vegetieren das Denken oder Sprechen nicht notwendig ist1*. Alle Gehirnvorgänge, bei denen die Sprache keine Rolle spielt, werden nicht mehr als Denken bezeichnet. „Ein sogenanntes Denken ohne Sprechen [ist] weniger übermenschlich und göttlich als vormenschlich und tierisch."20 So wird die Frage nach dem Verhältnis von Denken und Sprechen „weitgehend ein Wortstreit"21. Für die große Linie der Sprachkritik jedoch bleibt die Formel „Denken oder Sprechen" bestimmend22. Mauthner sieht darin geradezu das Markenzeichen seiner Philosophie, in deutlicher Anlehnung an das „deus sive natura" Spinozas23. Diese Gleichung weist zwei Aspekte auf. Zum einen soll ein im Verbum „denken" enthaltener Anspruch als unhaltbar entlarvt werden: Es ist einer der Ausgangspunkte dieser Schrift, daß es kein Denken gebe außer dem Sprechen [d.h. außerhalb der Sprache], daß das Denken ein totes Symbol24 sei für eine angebliche, falsch gesehene Eigenschaft der Sprache: ihre eingebildete [...] Fähigkeit, die Erkenntnis zu fördern25. 17
Mauthner spricht einmal von der Warnung des „Sprachgewissens vor dieser Gleichung". (Kritik der Sprache, Bd. l, S. 177). 18 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. 3, S. 261/262. >· Ebd. S. 310. 20 Ebd. Bd. l, S. 213, vgl. ebd. S. 227. 21 Ebd. S. 191. 22 Vgl. ebd. S. 170, S. 375, S. 497, S. 517 u. ö. 23 wie schon im Titel Kant, so stellt sich Mauthner damit Spinoza an die Seite. Das ist nicht nur ein Zeichen seiner hohen Selbstschätzung, sondern rührt auch aus der Sehnsucht des Autodidakten nach Sicherheit und Einordnung in die Tradition her. 24 „Totes Symbol" im Sinne von „Scheinbegriff. 25 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 507.
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„Denken" faßt Mauthner als die Bezeichnung eines Anspruchs an die Sprache, den sie nicht erfüllen kann. Dem Denken entspricht kein psychisch realer Vorgang, nur das Vorhandensein des Wortes suggeriert einen solchen. „Denken" ist ein so leerer Begriff wie „ich" und „sein"26. Die Gleichsetzung meint hier, daß Denken nur Sprechen sei und richtet sich polemisch gegen den Trug der Sprache. Daneben steht aber auch eine Gleichsetzung, in der nicht die eine Seite als leer entlarvt wird. Denken ist dabei ein inwendiges Sprechen, ein „inwendiges Vergleichen [. ..] [der] Erinnerungszeichen"27. Unter diesem Aspekt zeigt sich die Differenz zwischen Denken und Sprechen in den logischen Verknüpfungen, welche die Sprache zum Zwecke der Mitteilung ausgebildet hat: Ich glaube nicht, daß die Kopula im Denken überhaupt vorhanden ist. Und der Unterschied zwischen Sprechen und Denken, auf dessen Vorhandensein ich ja immer hinweise, trotzdem ich die Identität der beiden Funktionen stärker als irgendwer behauptet habe, läßt sich wieder an der Kopula aufzeigen28.
Mit Recht existieren also zwei Verben „denken" und „sprechen" und zwar deshalb, weil das Denken auf syntaktische Verknüpfungen verzichten kann. „Die Situation im Kopfe des Redenden wie des Zuhörers besteht aus Erinnerungsbildern, die sich ohne Konjunktionen assoziieren."29 Die syntaktischen und logischen Strukturen der Sprache umkleiden das Denken zum Zwecke der Mitteilung, sie sind sekundär. Das Gedachte wird durch einen Filter, der eine noch höhere und künstlichere Ordnung herstellt, übertragen. Weshalb die Notwendigkeit einer solchen Ordnung besteht, erklärt Mauthner nicht. Die Syntax als eine rationale Ordnung ist ihm einfach suspekt, sie läßt sich mit seinem sensualistischen Ansatz nicht in Einklang bringen. Er dreht sich letztlich im Kreise. Die radikale Gleichsetzung vermag er nicht durchzuhalten, weil er zu viele verschiedene Gesichtspunkte unter einen Hut zu bringen sucht und wertvolle Neuansätze neben längst überholten Vorstellungen stehen. So resigniert er: Nicht nutzlos erscheinen mir alle diese Betrachtungen über das Verhältnis von Denken und Sprechen. Aber denkhaft sind sie und sprachhaft, vor der letzten sprachkritischen Arbeit angestellt. Darum klingen sie aus in der tragischen Verzweiflung, die fast wieder Wortknechtsdiaft ist, anstatt in dem resignierten lachenden Zweifel sprachkritischer Befreiung30.
Sein Hauptanliegen wird aber von den unzulänglichen philosophischen Betrachtungen nicht berührt. Mauthner wollte zeigen, daß der Mensch im Denken keinen Schlüssel zur Wirklichkeit besitzt, daß das Denken sich in einem unabhängigen, eigengesetzlichen Bereich abspielt. Diesen Grundgedanken um26
Mauthner: Wörterbuch der Philosophie, Bd. l (1923), S. 274. Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 199; vgl. ebd. S. 200, S. 202, S. 352, S. 375, S. 683. 28 Ebd. Bd. 3, S. 75. 29 Ebd. S. 238. 30 Ebd. Bd. l, S. 230, vgl. ebd. Bd. 2, S. 661. 27
Die Philosophie
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kreist er in immer neuen Wendungen. „Denken [ist] nur ein Worterinnern"31, nur „ein unbewußter Luftsprung von Wort zu Wort"32, „das Denken ist das Illusionsinstrument des Menschen"38, „was wir jedoch über die Notdurft des Lebens hinaus unser Denken nennen, das ist wie der Regenbogen ein Spiel des Lichts, ein anderes für jeden Menschen, das ist wie der bunte Teppich des Lebens ein Spiel"34. Mauthner befreit sich aus dem Irrgarten, in den ihn eine falsche Fragestellung geführt hat, nicht durch eine Korrektur der Fragestellung oder eine Darlegung ihrer Voraussetzungen — das wäre eine philosophische Lösung —, sondern durch ein Bild. Denn er, der als Dichter selber gescheitert ist, ist doch überzeugt, daß die Sprache der Dichter die einzige ist, welche die Wahrheit wenigstens ahnen läßt.
3. Die Philosophie Jede auf Erkenntnis der Wirklichkeit und Wahrheit ausgerichtete Philosophie muß an der Sprache zunichte werden. Daß überhaupt Versuche dazu unternommen werden konnten, liegt daran, daß die Worte, besonders aber Abstrakta wie Gott, Ewigkeit, Sein, Seele, Schöpfung, Kraft u. ä. einem Verfallsprozeß ausgesetzt sind: Als Metaphern bedeuten sie etwas55. [...] In der zweiten Periode wird das große Wort zum Philister. Es wird etwas Hergebrachtes. Niemand zweifelt daran, weil eigentlich niemand daran glaubt. In der dritten Periode ist das Wort vom Philisterium so ausgelaugt, daß es jetzt Philosophie heißt. Das einstige Symbol war zum Spiele gut, jetzt wird das Wort wörtlich genommen86. Mit diesen verblaßten Schemen spielt die Philosophie und entzieht sich, da die Worte nichts mehr bedeuten, jeglicher Kontrolle. „Abstrakte Worte spotten der Kontrolle; sie sind die großen Papiernoten eines bankerotten Staates."37 Als Musterbeispiel wird Eduard von Hartmann angeführt: 31
Ebd. Bd. l, S. 352. Ebd. S. 497. 33 Ebd. Bd. 3, S. 12. 34 Ebd. Bd. l, S. 498. 35 „bedeuten" etwa im Sinne von „haben einen Bezug zu einer tatsächlichen oder geglaubten Realität". 38 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 51. Ähnliche Gedanken finden sich schon sehr früh. Vgl. Mauthner: Über die Bedeutung des Applauses im Theater. — In: Mauthner: Kleiner Krieg (1879), S. 39—46, dort S. 43. Der Applaus, „ursprünglich ein Zeichen größten Enthusiasmusses", habe seine Bedeutung völlig verloren und sei völlig abgenutzt wie „alle Symbole, Zeichen, Worte, Redensarten und Idealgestalten". Zugrunde liegt Herders Vorstellung von den Lebensaltern der Sprache (Herder: Sämtl. Werke, Bd. l, S. 151—155). 37 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 514. Über die Art einer möglichen Kontrolle macht sich Mauthner keine Gedanken, man könnte sie im umgangssprachlichen Gebrauch suchen. Diese Kontrolle ist ein Problem, das auch die moderne Sprachphilo32
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Die Sprache als Werkzeug der Erkenntnis Der Fall ist typisch für das Hervorgehen von religiös-metaphysisdien Begriffen aus dem Mißbrauch der Sprache. [...] Aber mit ihrer unheimlichen, metaphorischen, mythenbildenden Kraft suggeriert die Sprache dem Leser des Wortes „das Unbewußte" sofort einen positiven Sinn, das Unerkennbare hat ein neues Mäntelchen erhalten, und der Fetisch eines neuen Kults ist fertig88.
Philosophie wird möglich durch den Mißbrauch einer völlig entleerten Sprache, deren Worte den Schein eines Inhalts nur deshalb vortäuschen können, weil sie in das grammatische System passen wie sinnvolle Worte und analog dazu hinter ihnen Bilder vermutet werden, die gar nicht existieren39. Die Sprache der Philosophie ist im Gegensatz zur Sprache der Dichter eine Sprache äußerster Verarmung. Ausgelöst wird das philosophische Denken durch eine Täuschung der Sprache40, die kein klares Kriterium für sinnvolle und sinnlose Fragen bieten kann. Die Kämpfe um die großen Fragen der Menschheit sind bloße „Wortstreitigkeiten"41, die Fragen selbst sind falsch gestellt. „Alle diese uralten Streitigkeiten über das, was etwas ist, werden natürlich sinnlos, wenn man richtig fragt, wie etwas heiße. Und die tiefsten philosophischen Fragen würden herabsinken zu Fragen des Sprachgebrauchs."42 Die Sprache kann nur benennen, nicht erklären; es gibt keine Real-, sondern nur Nominalsdefinitionen43. Jede Worterklärung aber ist tautologisch44. Philosophie, die mehr will, als Aufschluß über den Sprachgebrauch geben, ist Geschwätz: Die redende Philosophie ist der Schwatzdiener der Menschheit, je nach Umständen ihr Hurraschreier, ihr Krankheitsbesprecher, ihr Klageweib. Im Wappen führt diese Philosophie den Wahlspruch: „Ich dien, [.. .]."45
Inhaltslos, wie sie ist, läßt sich die Philosophie zu jedem Zwecke mißbrauchen, und der Philosoph dreht sich in behaglicher Eitelkeit im Kreise: Der Philosoph, der auf dem in sich selbst zurückkehrenden Wege der Sprache zu neuen Einsichten kommen will, gleicht auch gar nicht dem gewöhnsophie noch nicht gelöst hat. Rudolf Carnaps Versuch etwa scheitert an der Unklarheit von „denkbar": „Der Sinn einer Aussage besteht darin, daß sie einen (denkbaren, nicht notwendig auch bestehenden) Sachverhalt zum Ausdruck bringt. Bringt eine (vermeintliche) Aussage keinen (denkbaren) Sachverhalt zum Ausdruck, so hat sie keinen Sinn, ist nur eine scheinbare Aussage." (Carnap: Scheinprobleme, S. 47). 38 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. 3, S. 622, vgl. Mauthners Hartmann-Parodie unten S. 137. 39 Vgl. Carnap: Scheinprobleme, S. 49: „[...], so wird dieser Irrtum verursacht durch eine Mangelhaftigkeit unserer gewöhnlichen Sprachen, die darin besteht, daß ein Satz grammatisch einwandfrei und trotzdem sinnlos sein kann." 40 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 249. Beispiele ebd. S. 260, S. 300, S. 302, vgl. Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen 111. 41 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 248. 42 Ebd. Bd. 3, S. 278, vgl. Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen 122. « Ebd. Bd. l, S. 573. 44 Ebd. 45 Ebd. S. 700, vgl. ebd. S. 238: „Ideen sind gefällig, weil sie Worte sind."
Die Philosophie
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liehen Esel in der Tretmühle, welcher ja doch nur von Futter gelockt und von der Peitsche getrieben ein Bein vors andere setzt; er würde nur dem gelehrten Zirkusesel gleichen, der es bis zur menschlichen Freiheit gebracht hätte, sich das Feld seiner Tätigkeit selbst auszusuchen, der dann das Tretrad zum Schauplatz seiner Kunst gewählt hätte und in diesem Rade eitel und elegant wie ein Seiltänzer arbeitete, scheinbar immer aufwärts, wirklich immer auf derselben Stelle und ergebnisloser als der gewöhnliche Esel; denn das Tretrad der Sprache hat keine Mahlsteine4*.
Geschwätz wird die Philosophie aber auch, wenn sie streng logisch verfährt, denn auch die Logik beruht auf der Sprache. Mauthner zeigt das am Beispiel des Solipsismus. Dieser Solipsismus ist einerseits logisch unwiderlegbar, andererseits verrückt, „denn nicht einmal zur Prüfung alles Verrückten taugt die Logik"47. Im Kampf zwischen der naiv als richtig empfundenen Vorstellung von einer Wirklichkeit außer uns und der Logik, die das als zweifelhaft erweisen kann, steht auch der Sprachkritiker auf der Seite des gesunden Menschenverstandes. Denn die Hypothese einer Wirklichkeitswelt ist nicht nur allgemein akzeptiert, sie hat sich auch als sehr brauchbar erwiesen: Der Frechheit dieser Hypothese, die allen logischen Anforderungen widerspricht, [...], steht freilich eine ganz merkwürdige Anwendbarkeit dieser Hypothese gegenüber48. Wir werden eine so bequeme Hypothese nicht ablehnen, weil sie unerwiesen ist4».
Ohnehin erweisen sich angesichts des täglichen Lebens die philosophischen Konstruktionen als lächerlich und verstiegen: Was soll uns eine Erkenntnistheorie, [...] wenn in allen praktischen Dingen heute wie vor hunderttausenden von Jahren der unsinnlichste Künstler und der übersinnlichste Philosoph so denken und handeln, wie der hahnebüchene Realismus des Wilden oder des Tieres [.. ,]50?
Fritz Mauthner reiht sich in die Linie der Verächter der Metaphysik ein51. Wie John Locke und alle späteren übt er vor allem Kritik an ihrer Sprache. Aber er kann — und darin unterscheidet er sich von seinen Mitstreitern — die Demontage der Metaphysik nicht mit kühler Sachlichkeit und spöttischer Überlegenheit vornehmen. Er triumphiert nicht, sondern ist trotz allem Hohn von ihrem Bankrott betroffen. Betroffen nicht nur, weil er eine große Epoche menschlichen Denkens zu verabschieden glaubt, sondern weil er damit auch gegen sich selbst wütet. Hier liegt der tiefere Grund für den Wust von Widersprüchen und Unklarheiten in seinem Werk. Mauthner kann sich nicht auf den Standpunkt des unbeteiligten Beobachters stellen, er steht mitten im Kampfe um zwei entgegengesetzte Denkmethoden. Denn auch seine Sprachskepsis ist 48
Ebd. S. 88. " Ebd. S. 669. 48 Ebd. S. 677. 4 » Ebd. S. 678. 50 Ebd. S. 686. 51 Vgl. Schmidt: Sprache und Denken, S. 11—35.
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erwachsen aus der Sehnsucht nach einer metaphysischen Erkenntnis. Deshalb sieht er in der Philosophie, die er vernichten will, nicht nur eine unbegreifliche Verirrung. In ihren größten Vertretern ist sie auch für ihn nicht leeres Gerede, sondern verzweifelter Ausdruck einer Sehnsucht. „Die Schattenjagd, welche man in Deutschland Philosophie nennt, beruht auf einer viel tieferen Sehnsucht [als die englische Philosophie]."52 Es ist die Sehnsucht nach einer absoluten Wahrheit, nach einem Zugang zur Wirklichkeit: Der schöne Irrtum unserer Ideologen von Kant bis Schopenhauer bestand darin, daß sie ihre titanenhafte Sehnsucht nach einer Vollendung der Welterkenntnis wirklich für eine Vermehrung der Erkenntnis hielten; es waren gewaltige Dichter, die im Lande ihrer Sehnsucht zu Hause waren, sich ihr Gefühl nicht verwirren ließen und irgendein leuchtendes Bild, unter welchem sie sich die Wirklichkeitswelt symbolisierten, schließlich für wahre Wirklichkeit nahmen53.
Die Philosophie ist eine Täuschung, aber die Täuschung aus einer wahren Sehnsucht. Diese ist dem Menschen eingeboren und nicht aus seinem Leben fortzudenken, auch wenn ihre Äußerungen sich als leer erweisen. Philosophie, das ist die große Frage der Menschheit, die sich nicht formulieren läßt und auf die es keine Antwort gibt. „Und vielleicht ist das, was wir Philosophie nennen, eben nur der fragende Blick der Menschheit, die Frage an sich, eine Frage ohne Inhalt."54 Lessing, der die Wahrheitssuche dem Gewinn der Wahrheit vorzog, klingt hier an. Aber während dessen Entscheidung heiter und optimistisch ist, liegt bei Mauthner neben der stummen Frage die Verzweiflung. Er kennt kein Suchen mit der Hoffnung auf ein Finden mehr, eher ein verzweifeltes Verharren angesichts des Unbegreifbaren. Philosophisches Denken ist ein Fluch, von dem auch die „Kritik der Sprache" nicht erlösen kann: Wie ein Spießrutenlaufen ist das Denken des Philosophen. [. ..] Der zum philosophischen Denken verurteilte stürzt in die Gasse hinein, die ersten Wunden stacheln nur seine Kraft auf, in Sehnsucht und Verzweiflung keucht er weiter bei immer neuen Warums vorüber, bis er endlich zusammenbricht und die optische Täuschung der Todessehnsucht ihm die Phantasie eingibt, der Schmerz höre auf, das letzte Warum sei erreicht55.
Jede philosophische Lösung ist nur ein Trug, dem der Müde und Verzweifelte zum Opfer fällt, die Erschöpfung, die dem Denken eine Grenze setzt: Auch das Denken kennt die tägliche Erschlaffung, auch das Denken kennt am letzten Ende seines lebenslangen Erkenntnisdranges die Müdigkeit, die Todessehnsucht. [...] So wird unsere letzte Frage ewig hin und her geworfen zwischen Erkenntnis und Welt, und erst die Todessehnsucht, die wollüstige Müdigkeit des Verstandes spiegelt ihm die Täuschung vor, er könne einmal innehalten und am Ende seines Denkens sei wieder einmal Philoso52
Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. 3, S. 460. Ebd. S. 524. 5 * Ebd. Bd. l, S. 703. 55 Ebd. S. 712. 53
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phie. Und weil das Denken Sprache ist, ist diese neue Philosophie aus der Todessehnsucht des Denkens ein Selbstmord der Sprache58.
Auch die Kritik der Sprache, der „Selbstmord der Sprache", ist nur eine Stufe des Denkens, die dem Müden als die letzte erscheint. In dieser Erkenntnis erhebt sich Mauthner zu einem Pathos, aus dem wir die innere Betroffenheit über die Vergeblichkeit auch der äußersten Skepsis spüren. Müdigkeit hatte auch ihn selbst ergriffen. Anfang 1902 schreibt er in einem Brief: „Für mich ist die Frage nur, ob ich den dritten Band noch werde zu Druck bringen können. Was darüber ist, ist von Übel."57 Frei gekommen ist er vom Denken nie, und er hat versucht, neue Wege über die Kritik der Sprache hinaus zu finden. Eine Aufgabe, die er der Philosophie gestellt hat, ist bis heute die Aufgabe der Sprachphilosophie geblieben: „Ich möchte fragen lehren und lernen."58 Eine Philosophie also, der es auf eine Neuformulierung der Fragen ankommt, deren Aufmerksamkeit auf die Sprache gerichtet ist59 und die auf „Erkenntnis" verzichtet60. Denn die Philosophie muß sich resignierend den Grenzen fügen, welche die Sprache setzt: Was wirklich gewußt wird, ist sprachlichen Ausdrucks fähig. An den Grenzen der Wissenschaft stehen stumme Fragen; mit Worten zu antworten, ist Pfaffengeschwätz61.
V. Das Gefängnis der Sprache Die Frage nach der Determination durch die Sprache hat auch für die moderne Erkenntnistheorie nicht an Bedeutung verloren: Für die Erkenntnistheorie ist besonders die Frage nach der Leistung der Sprache für die Formung und Organisation der Erfahrung von eminentem Interesse. Besteht Sprechen nur im Ausdrücken sprachunabhängiger Dcnkoder Wahrnehmungsinhalte, an denen sich durch ihren Ausdruck nichts ändert, oder sind diese Inhalte immer schon sprachlich bestimmt, so daß die Formen unserer Sprache Formen unserer Erfahrung sind1?
Schon die Romantiker glaubten sich im Ausdruck ihrer Gefühle durch die Sprache beengt und sehnten sich nach einer idealen Sprache2. Aber ihnen blieb doch die Freiheit des Gefühls und des Denkens. Das ging Mauthner verloren. s
« Ebd. S. 712/713. An Auguste Hauschner, 3.1.1902 (Briefe Hauschner, S. 55—56, dort S. 56). 58 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 620. 58 Vgl. ebd. S. 705: „So kann die Philosophie, [...], nichts weiter sein wollen, als kritische Aufmerksamkeit auf die Sprache." 60 Diese Aufgabe versuchte Ludwig Wittgenstein zu erfüllen. 61 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 667, vgl. Wittgenstein: Tractatus 7: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen." 1 Kutschera: Sprachphilosophie, S. 15. 2 Vgl. Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. 3, S. 629—632; vgl. Fiesel: Die Sprachphilosophie der deutschen Romantik. 57
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Er erkennt, daß die Unmöglichkeit einer Metaphysik auch das völlige Ausgeliefertsein an die Sprache bedeutet. Ausgeliefert ist nicht nur der einzelne, die Sprache übt auch gesellschaftlichen und politischen Zwang aus. Eine politische Revolution müßte mit einer Revolution der Sprache beginnen, die Zerstörung der Sprache ist die Voraussetzung für eine neue Welt3. Diese Seite der Sprachkritik faszinierte den Anarchisten Gustav Landauer, und er feierte den Sprachskeptiker als den großen Befreier 4 . Die Sprache schreibt uns vor, wie und was wir zu denken haben. „Was in uns denkt, das ist die Sprache."5 Sie ist eine Macht, der sich niemand entziehen kann. „So hängt auch der einsamste Mensch, sobald er spricht, eben von der Sprache ab, die zwischen den Menschen entstanden ist."8 Erlösung könnte nur eine Privatsprache bringen, die mit völliger Vereinsamung erkauft werden müßte und letztlich nichts wäre als ein Verzicht auf die Sprache7. Mit dem Denken wird auch das Verhalten der Menschen bestimmt. „Die meisten guten Menschen sind nur gut, weil der Begriff der Güte nun einmal besteht, und weil in ihnen eine Neigung wirkt, sich die Bezeichnung ,gut' wie einen Orden zu erwerben."8 Die ganze Ethik ist nur Sprache9, die Wissenschaft ist der jeweilige Sprachgebrauch10, die Sprache ist das elende Korsett der Menschheit. „Die Sprache zwingt uns alle."11 Unser Denken läuft nach einem vorgegebenen, in jeder Sprache anderen Schema ab, ein Wort löst es aus und das „Spiel der Assoziationen [wird] nun im Rahmen dieser individuellen Sprache zu Ende geführt" 12 . Die „Hauptquelle unserer Assoziationen" liegt „in den Worten unserer Sprache"13: Der Sprachgebraudi ist ein Tyrann, er beherrscht aber nicht nur die Laute, die unsere Sprechwerkzeuge von sich geben, er beherrscht ebenso das, was wir unser Denken zu nennen pflegen 14 .
Die Sprache zwingt uns nicht nur zu denken, wie sie will, wir sehen auch, wie sie will. Sie gibt der Wirklichkeit die Ordnung, die wir in ihr finden. Unser Weltbild ist von der jeweiligen Sprache bestimmt, jede gliedert die Welt anders, 3
Mauthnec: Die Sprache (1907), S. 101—107, vgl. Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. 2, S. 66: „Die Sprache ist die konservativste Macht, f . . . ] Jede neue Wahrheit ändert die Sprache und die Sprache will sich nicht ändern lassen." 4 Vgl. unten S. 217—222. 5 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 42, vgl. ebd. S. 319/320 und ebd. Bd. 2, S. 533. • Ebd. Bd. l, S. 29. 7 Vgl. ebd. S. 420: „Und so läßt uns die Sprache immer im Stich, wenn wir nicht durch die Bildung einer eigenen Sprache auf jede Verständigung verzichten wollen." 8 Ebd. S. 46. • Ebd. S. 47. 10 Ebd. Bd. 3, S. 458. 11 Ebd. Bd. l, S. 610. 12 Ebd. S. 429. 13 Ebd. S. 485, vgl. ebd. S. 487, S. 595, S. 496. 14 Ebd. Bd. 3, S. 459.
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jede sieht andere Wirklichkeiten oder die Wirklichkeiten anders15. Die Sprache bietet ein Netz zur Ordnung der Daten, die die Sinnesorgane aufnehmen. „So braucht das Gehirn die Sprachworte als Taschentuchknoten für das Wirrwarr seiner Vorstellungen."16 Die Worte sind selbst nichts Reales, nicht einmal Namen, sie repräsentieren nur ein Ordnungsschema, dem sich niemand entziehen kann. „Wir halten uns verzweifelt an die Worte, weil das Gedächtnis der Menschheit in ihnen wenigstens eine provisorische Ordnung des alten Chaos niedergelegt hat."17 Dabei kann nicht einmal die Frage nach dem Verhältnis der sprachlichen Ordnung und der natürlichen Ordnung gestellt werden, denn „Ordnung" ist ein sprachlicher Begriff, und es ist fraglich, ob es dazu eine Entsprechung in der Wirklichkeit gibt18. Unsere Wirklichkeit ist nur Sprache, die uns den Zugang zur „wirklichen Wirklichkeit" verstellt19. Der „wirklichen Wirklichkeit" nähern könnte sich der Mensch nur durch eine Befreiung von der Sprache; aber das bleibt eine Illusion. „Eine Befreiung aus dieser Unfreiheit gibt es nicht."20 Denn die „sogenannte Weltanschauung haftet [...] unlösbar an der Sprache"21, auch die Sprachkritik ist nur eine Folge dieser Weltanschauung. Sein letztes Ziel — „die Kritik der Sprache muß Befreiung von der Sprache als höchstes Ziel der Selbstbefreiung lehren"22— ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Das Bewußtsein davon sucht Mauthner im Pathos zu überwinden: So ist es die Sprache allein, die für uns dichtet und denkt, die uns auf einiger Höhe die Fata Morgana der Wahrheit oder der Welterkenntnis vorspiegelt, die uns auf der steilsten Höhe losläßt und uns zuruft: „Ich war dir ein falscher Führer! Befreie dich von mir23!
Totale Befreiung von der Sprache, das würde dem Menschen die verlorene Einheit mit der Natur wiederbringen. „Und die Natur vollends ist sprachlos. Sprachlos würde auch, wer sie verstünde."24 15
Vgl. ebd. S. 445, wo Mauthner davon spricht, „daß die Individualsprachen der Völker von Freiheiten und Feinheiten und Eigentümlichkeiten wimmeln, d. h. daß die verschiedene Aufmerksamkeit verschiedener Völker den Weltkatalog nach verschiedenen Gesichtspunkten geordnet hat und nicht nur den Wcltkatalog oder die Klassifikation der Dinge, sondern auch den Satzbau oder die Auffassung von den Beziehungen der Dinge". 19 Ebd. Bd. l, S. 454, vgl. ebd. Bd. 3, S. 293. 17 Ebd. Bd. l, S. 523, vgl. S. 421 und S. 671. 18 Ebd. Bd. 3, S. 6. 19 Ich habe schon darauf hingewiesen, daß Mauthner das Verhältnis von Sprache und Wirklichkeit nicht widerspruchsfrei darstellt. So schreibt er einmal sogar: „Die Worte berühren die Dinge nie, aber sie umschweben sie, wenn sie gute Worte sind." (Kritik der Sprache, Bd. 3, S. 86). 20 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 500. 21 Ebd. S. 538. » Ebd. S. 713. 23 Ebd. 84 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 49, vgl. ebd. Bd. 3, S. 302 und S. 318.
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Wenn der Mensch sich schon nicht von der Sprache befreien kann, so kann er doch im Bewußtsein von seiner Gefangenschaft seine Fesseln lockern. „Wir müssen in unserem Denken den Bann der Sprache brechen, in welcher wir denken."25 Dem Sprachphilosophen stellt sich dabei die Aufgabe, die Sprache durch Wortkritik von den Gespenstern zu reinigen, die Erkenntnisse vorgaukeln und die Stellung der Sprache festigen26. Er soll die Menschheit vom „Logismus" befreien, der Krankheit, „Worte in Massen zu sich zu nehmen und von sich zu geben"27. Ein „Verwundern oder Entsetzen über alltägliche Begriffe" 28 soll über die Sprache hereinbrechen und den Menschen bewußt machen, wer sie gefangen hält. Ein Aufbäumen ist in ihren besten Stellen auch die Kritik der Sprache. Die Verzweiflung und der Haß machen Mauthner zu einem Pathos fähig, wie er es nie vorher in seiner Dichtung erreichte. Da verflucht er die Sprache und verzichtet auf jede rationale Kritik: Die Sprache ist die Peitsche, mit der die Menschen sich gegenseitig zur Arbeit peitschen. Jeder ist Fronvogt und jeder Fronknecht. Wer die Peitsche nicht führen und unter ihren Hieben nicht schreien will, der heißt ein stummer Hund und Verbrecher und wird beiseite geschafft. Die Sprache ist der Ziehhund, der die große Trommel in der Musikbande des Menschenheeres zieht. Die Sprache ist der Hundsaffe, der Prostituierte, der mißbraucht wird für die drei großen Begierden des Menschen, der sich brüllend vor den Pflug spannt als Arbeiter für den Hunger, der sich und seine Familie verkauft als Kuppler für die Liebe, und der sich in all seiner Scheußlichkeit verhöhnen läßt als Folie für die Eitelkeit, und der schließlich noch der Luxusbegierde dient und als Zirkusaffe seine Sprünge macht, damit der Affe einen Apfel kriege und eine Kußhand und damit er selbst Künstler heiße. Die Sprache ist die große Lehrmeisterin zum Laster. Die Sprache hat die Menschheit emporgeführt bis zu der Galgenhöhe von Babylon, Paris, London und Berlin, die Sprache ist die Teufelin, die der Menschheit das Herz genommen hat und Früchte vom Baum der Erkenntnis dafür versprochen. Das Herz hat die Sprache gefressen wie eine Krebskrankheit, aber statt der Erkenntnis hat sie dem Menschen nichts geschenkt als Worte zu den Dingen, Etiketten zu leeren Flaschen, schallende Backpfeifen als Antwort auf die ewige Klage, wie andere Lehrer andere Kinder durch Schlagen zum Schweigen bringen. Erkenntnis haben die Gespenster aus dem Paradies der Menschheit versprochen, als sie die Sprache lehrten. Die Sprache hat die Menschheit aus dem Paradies vertrieben. Hätte die Menschheit aber die Sprache lieber den Affen oder den Läusen geschenkt, so hätten die Affen oder die Läuse daran zu tragen, und wir wären nicht allein krank, vergiftet, in der ungeheueren, sprachlosen, heilen Natur. Wir wären dann Tiere, wie wir es hochmütig nennen in unserer protzigen Menschensprache oder wir wären Götter, wie wir es empfinden, wenn ein Blitz uns verstummen macht oder sonst ein Wunder der sprachlosen Natur29. 25
Ebd. Bd. l, S. 186. Vgl. ebd. S. 317. 27 Ebd. S. 44. 28 Ebd. Bd. 3, S. 252. 29 Ebd. Bd. l, S. 86/87, vgl. dazu die Klage Howalds aus Gustav Sacks Märchen Mttsarion (s. oben S. 32). 28
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Die Vergleiche überstürzen sich, eine rationale Realisierung ist kaum noch möglich. Die Sprache erscheint als ein böser Proteus, der in immer neuen Verwandlungen das Glück der Menschheit zu vernichten sucht und nie wirklich erfaßt werden kann. An anderer Stelle beschreibt er in ähnlich grellen Farben das Wirken der Sprache zwischen den Menschen: Ist die Sprache aber kein Kunstwerk, so ist sie dafür bis heute die einzige Einrichtung der Gesellschaft, die wirklich schon auf sozialistischer Grundlage beruht. Zwar hat auch die Stadt wie die Sprache ihre Gasröhren, die ein vergiftetes Licht in alle Kammern treiben, die Bleiröhren, die ein verseuchtes Wasser in alle Küchen liefern, die Kanäle, die den Unrat der Million in schöner Symmetrie zu dem oberirdischen Leben munter unter der Erde weiterplätschern lassen nach neuen Gebieten der kommenden Menschheit, den Rieselfeldern. Aber Kohlendunst, Sumpfwasser und Dünger sind noch nicht überall Gemeingut. Der Steuerexekutor steht am Hahn und verlangt Geld. Da ist die Sprache eine weit lustigere Sache. Um es grell auszudrücken: In ihren verrosteten Röhren fließt durcheinander Licht und Gift, Wasser und Seuche spritzt umsonst überall aus den Fugen, mitten unter den Menschen; die ganze Gesellschaft ist nichts als eine ungeheuere Gratiswasserkunst für dieses Gemengsei, jeder einzelne ist ein Wasserspeier, und von Mund zu Mund speit sich der trübe Quell entgegen und vermischt sich trächtig und ansteckend, aber unfruchtbar und niederträchtig, und da gibt es kein Eigentum und kein Recht und keine Macht. Die Sprache ist Gemeineigentum. Alles gehört allen, alle baden darin, alle saufen es, und alle geben es von sich30. Dieses Bild des Ekels ist kaum noch zu überbieten. Der Ausbruch von Haß und Abscheu, dieses Wüten gegen die Sprache ist das Wüten eines Enttäuschten, wie ich glaube eines enttäuschten Dichters31. Ironie liegt darin, daß Mauthner nie so sehr Dichter und der Sprache mächtig war, wie in den Ausbrüchen der Verzweiflung darüber, daß er an der Sprache gescheitert ist. Denn solche Bilder und ein solch kraftvolles Pathos gelingen ihm nur dann, wenn er die Sprache verflucht oder resignierend die Vergeblichkeit seiner Bemühungen einsieht. Andernfalls wird er unerträglich schwülstig, wie etwa bei der Schilderung der körperlichen Vereinigung, die er der sprachlichen entgegenstellt: Was die tote Sprache nicht vermag, wenn sie, gehoben von der Hitze der Lust, flüsternd und lispelnd die Seele des anderen sucht, das gelingt dem lebenden Wirklichen, dem allzu lange so verachteten Körper. Glänzend in der Hitze der Lust, sieht das Auge das glänzende andere Auge, langsam gattet sich Lippe zu Lippe, und in der letzten Vereinigung geschieht das Wunder, daß die beiden Leidenschaften sich fortpflanzen in ein neues Wesen, an dessen Deichsel kein ekelhaftes Tier gespannt ist, dessen Trank keinen giftigen Satz hat und das im Traume fliegt mit seinen Kinderphantasien32. In den Haß auf die Sprache mischt sich der Haß auf die Sprache der Gegenwart: 30
Ebd. S. 27. Vgl. Liede: Dichtung als Spiel, Bd. l, S. 254: „Mauthners philologische und philosophische Sprachkritik beruht auf einem eindeutig dichterischen Erleben der Sprache, er leidet an ihr wie ein Dichter." 32 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 41/42. 31
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Das Gefängnis der Sprache In bunten Farben schimmern unsere Sprachen und scheinen reich geworden. Es ist der falsche Metallglanz der Fäulnis. Die Kultursprachen sind heruntergekommen wie Knochen von Märtyrern, aus denen man Würfel gefertigt hat zum Spielen. Kinder und Dichter, Salondamen und Philosophieprofessoren spielen mit den Sprachen, die wie alte Dirnen unfähig geworden sind zur Lust wie zum Widerstand. Alt und kindisch sind unsere Kultursprachen geworden, ihre Worte ein Murmelspiel83.
Das ist Fin-de-siecle-Stimmung, allerdings ohne ästhetische Aufwertung des Verfalls. Mauthner möchte Abschied nehmen von der Sprache und von der Gegenwart, in der er selbst so tief steckt, aber er findet nicht die Kraft zum Schweigen. Die Anklage richtet sich gegen ihn selbst: „Wer modern ist, sehnt sich nach dem Ende, und wer modern erscheinen will, spricht vom Ende."34 Das Leiden an der Macht und an der Verdorbenheit der Sprache unterscheidet Mauthner von anderen Sprachphilosophen der Zeit. Dagegen treten Widersprüche und Sophistereien, aber auch die klarsichtigsten Aperfus über das Wesen der Sprache zurück. Hinter der Kritik der Sprache steht kein kühler Denker; Mauthner ist sich bewußt, „daß der Kern unseres Wesens mit der Sprache und dem Denken nichts zu tun [hat]"35. Sein großes Werk ist eine Flucht in die Philosophie, die ihn letztlich nicht befriedigen konnte, „eben weil unsere Gefühle das Leben selbst sind, unsere Natur selbst, und weil die Natur der Sprache unzugänglich bleibt"36. Nur scheinbar hat er mit seiner Philosophie das große Lachen gelernt: Reine Kritik ist im Grunde nur ein artikuliertes Lachen. Jedes Lachen ist Kritik, die beste Kritik. [...] und die Gefahr dieser Schrift, das Gewagte des Versuchs besteht nur darin, dem Lachen einen artikulierten Text unterlegt zu haben, so daß es für die Masse herauskommen konnte wie ein Lachen in der Oper".
Das Lachen, das „große, heilige Lachen"38, ist der Explosivstoff, der den Bau der Sprache zerstören könnte39. Im Lachen und Schweigen soll die Sprache überwunden werden. So schreibt er schon 1894 in dem Roman Kraft: Der letzte Philosoph, der letzte Menschenerlöser wird lachen und das Maul halten, ansteckend lachen, und die Mitmenschen lehren, gleich ihm das Maul zu halten, und es nur zum Lachen und zum Essen aufzureißen 40 .
Aber ebensowenig wie Nietzsche, dessen Preis des Lachens er wieder aufnimmt41, gelingt ihm das. Sein Lachen ist gequält, weil zu viel Verzweiflung 33 S1 35 M
37 38 39 49 41
Ebd. S. 230. Ebd. S. 229. Ebd. S. 421. Ebd. S. 422. Ebd. Bd. 3, S. 632. Ebd. Bd. 3, S. 633. Ebd. Mauthner: Kraft (1894), Bd. l, S. 266. Nietzsche: Zarathustra IV (Vom höheren Menschen 18), S. 326—327.
Praktische Sprachkritik
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und Zorn dahintersteckt. Und schnell wird aus dem „resignierten Lachen sprachkritischer Befreiung"42 stille Entsagung: Die niederste Erkenntnisform ist in der Sprache; die höhere ist im Lachen; die letzte ist in der Kritik der Sprache, in der himmelsstillen, himmelsheiteren Resignation oder Entsagung43.
Das Lachen ist keinem gelungen44, und für viele gilt ein Wort Hugo Balls, der im Tenderenda noch einmal das große, zerstörerische, befreiende Lachen preist: „Der Ritter aus Glanzpapier ist seiner Fröhlichkeit müde."45 Selbst die Einsamkeit Meersburgs, wohin er sich 1909 zurückzieht, brachte Mauthner weder Ruhe noch Fröhlichkeit, und ein erbitterter „Frosch-MäuseKrieg"46 mit dem dortigen Pfarrer vergällte ihm die letzten Jahre seines Lebens. VI. Praktische Sprachkritik Mauthner verfolgt in der Kritik der Sprache mehrere Absichten. Er will das Wesen der Sprache erklären1; sie ist ein eigengesetzliches System neben der Wirklichkeit und kann deshalb zu deren Erkenntnis nichts beitragen. Auch die Menschen bringt die Sprache nur so weit einander näher, wie eine Spielregel die Mitspieler verbindet. Wirkliches gegenseitiges Verstehen ist ausgeschlossen. Wer sein Gegenüber, die Wirklichkeit und den Menschen, verstehen will, muß sich von der Sprache befreien. Aber diese totale Befreiung bleibt eine Illusion. Befreiung kann nur Verzicht auf philosophische Systeme im Bewußtsein vom Unwert der Sprache bedeuten. Das ist die „neue kleine Spielregel", die Mauthner dem Gesellschaftsspiel der Sprache hinzufügen will 2 . In diesem Sinne ist Befreiung von der Sprache eine Befreiung von den Teilen, die den Menschen die Möglichkeit einer Erkenntnisgewinnung vortäuschen und das wahre Wesen der Sprache verschleiern. Das sind in erster Linie die Scheinbegriffe. Auf die utopische Sprachkritik folgt die praktische, Sprachkritik wird zur „Wort1
*
KritiK
42
**3
. jj nsere Untersuchung fist] zuletzt auf den Wert der Begriffe oder Worte angelegt [...] und auf die Realität dessen, was die Begriffe oder Worte uns vorstellen lassen [.. .]4.
Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 230. Ebd. S. 634. 44 Vgl. etwa das Lachen Morgensterns (Liede: Dichtung als Spiel, Bd. l, S. 318) und Scheerbarts (ebd. S. 77—78 und 84—85). 45 Ball: Tenderenda, S. 114. 48 An Auguste Hauschner, 7. 2.1920 (Briefe Hauschner, S. 215). 1 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 12: „Am Ende wird aber auch diese Kritik nur wollen, was alle Sprachwissenschaft von jeher wollte: die Erscheinung der Sprache erklären." 2 Ebd. S. 39: „Eine neue kleine Veränderung will auch diese Sprachkritik dem Gesellschaftsspiel des Wissens hinzufügen, eine neue, kleine Spielregel." s Ebd. S. 643. 4 Ebd. S. 477. 43
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Praktische Sprachkritik
Den Kampf gegen Sprachgespenster versteht Mauthner als einen Kampf für den Fortschritt; er soll die Sprachfesseln lockern und durch genaue Beobachtung der Wirklichkeit neue Wahrnehmung, die den alten Denk- und Sprachgewohnheiten einen Stoß versetzt, ermöglichen: Der Fortschritt des menschlichen Denkens, d. h. die Entwicklung des menschlichen Sprachschatzes, ist [...] nichts als: das durch Entgleisungsstöße veranlaßte Bemerken von Unterschieden zwischen ähnlichen Dingen [. ..], das Erkennen der Begriffsmängel und endlich die resignierte Anwendung zusammenfassender Begriffe, trotz dieser erkannten Mängel5.
Jeder Fortschritt im Denken findet seinen Anstoß außerhalb der Sprache und schlägt sich als Erweiterung der Sprache nieder6. Voraussetzung dafür ist die Lösung von alten Denkmodellen durch Beobachtung der Wirklichkeit. „Die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts besteht in der Verbesserung ihrer natürlichen und künstlichen Sinnesorgane."7 Fortschritt — das ist ein Kampf gegen die konservative Macht der Sprache und die immer neue Zerstörung von Denkzwängen, welche die Beobachtung der Wirklichkeit verhindern8. Mauthners praktische Sprachkritik umfaßt Wortkritik, Wissenschaftskritik und Kritik an öffentlichen Institutionen. Der Wortkritik dienen große Teile der Kritik der Sprache, später dann vor allem das Wörterbuch der Philosophie und — wenigstens im Ansatz — der Atheismus und seine Geschichte im Abendlande. Wissenschaftskritik bieten vor allem der zweite (Kritik der Sprachwissenschaft) und dritte Band (Kritik der Grammatik und Logik) der Kritik der Sprache. Kritik an öffentlichen Institutionen findet sich zerstreut sowohl in den philosophischen Werken als auch in Aufsätzen.
1. Wortkritik Wortkritik und allgemeine Sprachkritik sind nie streng geschieden, und es fehlt an einer klaren methodischen Zielsetzung. Mauthner geht es anfangs noch vor allem um den Beweis, daß den Begriffen nichts Wirkliches entspricht; Wortkritik soll die Erkenntniskritik stützen. Der historische Aspekt, der in dem Wörterbuch der Philosophie in den Vordergrund tritt9, nämlich daß die Geschichte die wahre Kritik jedes Wortes sei10, spielt zunächst nur eine untergeordnete Rolle. Doch schon in der Kritik der Sprache sollen die Scheinbegriffe entlarvt werden. Voraussetzung ist dabei, daß die Erinnerungszeichen der 5
Ebd. S. 538, vgl. ebd. S. 644. Vgl. ebd. S. 72 und ebd. Bd. 3, S. 80—81. 7 Ebd. Bd. l, S. 680. 8 Den Kampf zwischen Wirklichkeitsbeobachtung und Sprachgläubigkeit stellt ganz im Sinne Mauthners Berthold Brecht im „Leben des Galilei" (4. Sc.) dar (Brecht: Ges. Werke, Bd. 3, S. 1261—1272). 9 Vgl. unten S. 247—250. 10 Vgl. Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. 3, S. 637: „[...] ebenso sind die Worte der menschlichen Sprache nicht zu verstehen ohne ihre Geschichte." 8
Wortkritik
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Sprachwelt nicht gleichwertig sind. Neben Zeichen, die wirklich an etwas erinnern, die eine echte Funktion in der Welt der Sprache haben, die „denkökonomische Einheiten" im Sinne Ernst Machs sind, treten Zeichen auf, die diese Funktion im Laufe der Entwicklung der Sprache und des Denkens, etwa durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse, eine Verlagerung der Aufmerksamkeit und ähnliches verloren oder die wirkliches Leben überhaupt nie besessen haben. Sie täuschen nur durch Analogie zu brauchbaren, grammatisch in gleicher Weise verwendeten Zeichen den Schein des Sinnvollen vor11. Da die Grammatik einer Sprache sinnvolle wie sinnlose Wörter zuläßt, können Scheinbegriffe von den Philosophen leicht in ihre Systeme eingebaut werden. Mauthners wortkritische Untersuchungen bergen eine Fülle von Anregungen und Entdeckungen. Sie zu untersuchen, ist Aufgabe der Sprachphilosophen. Da sie aber einen nicht geringen Teil der Kritik der Sprache ausmachen, möchte ich wenigstens einige Beispiele vorführen.
a) Das Bewußtsein Nicht was das Bewußtsein ist, sondern welche psychologischen Vorgänge man darunter zusammenzufassen versucht, will Mauthner aufschlüsseln. „Bewußtsein" wird als Name aufgefaßt, der nichts erklärt, sondern nur auf etwas hinweist. Das Bewußtsein ist der Ausdruck für die „Dauer der Eindrücke, nicht selbst etwas Dauerndes"12. Dem Wort „Bewußtsein" entspricht nicht irgendein psychologisches „Ding", sondern es bezeichnet nur eine komplizierte Menge psychologischer Vorgänge, deren Folge die Dauer der Eindrücke ist. Mit dem Wort als einem klar umrissenen Äquivalent zu einem „Ding" zu arbeiten, heißt einen Wortfetisch schaffen, der den Blick auf die psychologische Wirklichkeit versperrt. Doch unter der Hand wird diese Wortkritik zu einer Sachkritik. Bewußtsein hängt eng mit Sprache zusammen, Sprache ist eine Voraussetzung für Bewußtsein. Wie diese muß es, „eine Hemmung im Uhrwerk des menschlichen Organismus"13, zugunsten eines reibungslosen Funktionierens überwunden werden. Die Tendenz dazu ist im Sprechen selbst angelegt, denn es geht in der Regel ohne Bewußtsein vom Bildgehalt des Wortes vor sich: Hört der Mensch ein ihm wohlbekanntes Wort, so steigt nur in Ausnahmefällen ein Bild vor ihm auf, was dann fast pathologisch als Sinnestäuschung aufgefaßt werden kann; in normalen Verhältnissen wird nur eine Kette oder ein Gewebe, ein Netz oder noch richtiger eine kleine Welt, fast ohne Beteiligung der Sinnesorgane, fast ganz ohne Bewußtsein [angeregt]14. 11 12 18 14
Ebd. Bd. l, S. 496—497. Ebd. S. 615. Ebd. S. 603. Ebd. Bd. 3, S. 263.
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Praktische Sprachkritik
Sprachkritik wird zu einer Kritik des Menschen. Ideal ist das bewußtlose Funktionieren des tierischen Organismus. Denken und Sprechen sind nur Hemmung und Qual, und der Gewinn an Erkenntnis ist nur eine grandiose Täuschung.
h) Das Ich Eine denkökonomische Einheit ist auch das Ich16. Sonst ein Wortfetisch, eine substantivische Analogiebildung, verhängnisvoll nicht nur für die Philosophie — als Beispiel dient Fichte, der mit diesem Wort jongliere18 — sondern auch für die Psychologie, die z. B. wortabergläubisch vom Gebrauch des Wörtchens „ich" bei Kleinkindern auf die Entwicklung ihres Selbstbewußtseins schließe. In Wirklichkeit lerne das Kind nur eine bequemere grammatikalische Form17. Das Ich-Gefühl ist eine Täuschung der Sprache18, die in besonderem Maße deren Macht beweist. Mit der Aufdeckung dieses Trugs ist nichts erreicht, weil sie dem Bedürfnis des Menschen nicht gerecht wird: Solange wir leben, ist der schöne Schein des Ich-Gefühls, der Lebenseinheit und gar der schönere Schein einer Einheit zwischen dem Ich und der Wirklichkeit eine Freude, die stachelnde Freude am Schein einer Erkenntnis. Auch diese Freude ist eine Tatsache19.
Die Kritik des Begriffs scheitert letztlich doch an der Wirklichkeit: Wenn ich esse, liebe, denke, kämpfe, so handle ich als Individuum, kümmere mich den Teufel um meine Erkenntnistheorie und halte den Schein der Individualität für Wirklichkeit20.
c) Die Wahrheit Die Wahrheit gibt es nicht, das Wort hat nur eine Funktion innerhalb der Sprache. „Selbst der hohe Begriff der Wahrheit [ist] menschliches Gerede."21 Die Wahrheit richtet sich nach dem „gemeinen Sprachgebrauch"22. Wahrheit ist abhängig von der Sprache, jede Sprache hat ihre eigene Wahrheit. Doch wie bei der Dichtung schreckt Mauthner vor der eigenen Radikalität zurück. Die schöne Vorstellung von einer absoluten Wahrheit zieht auch den großen Skeptiker in ihren Bann, ja, die ganze Kritik der Sprache ist Sehnsucht nach ihr. 15
Ebd. Bd. l, S. 661; Mauthner beruft sich hier auf: Mach: Beiträge zur Analyse der Empfindungen, bes. S. l—5 und S. 17/18. 19 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 655: „Die Philosophie des prachtvollen, tapferen Fichte, [···]> trägt zur Welterkenntnis nur eine monströse Banalität bei." » Ebd. S. 658—659. 18 Ebd. Bd. 3, S. 609. 19 Ebd. Bd. l, S. 655. 20 Ebd. Bd. 3, S. 609. 21 Ebd. S. 354; eine ausführliche Darstellung von Mauthners Wahrheitsbegriff: Weiler: Mauthner's critique of language, S. 206—224. M Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 695, vgl. ebd. Bd. 3, S. 315: „Die Wahrheit ist die Gesundheit des Gedächtnisses."
Wortkritik
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Wahrheit — das ist auch Übereinstimmung mit der wirklichen Wirklichkeit, mit dem Unfaßbaren23. Diese Wahrheit ist ein „Heiligtum"24, sie ist die „letzte Sehnsucht der Sprache, ihre Metaphysik"25. Mauthner möchte die Sprache entrümpeln und hängt doch an einer Vergangenheit, die naiv an Wortfetische glauben durfte, weil er Angst hat vor dem Nichts, zu dem ihm die Sprache geworden ist.
d) Wissen und Glauben Der alte Streit um den Unterschied zwischen Wissen und Glauben löst sich bei Mauthners Sprachauffassung sehr leicht. Da auch das Wissen nur ein Glaube und eine Tradition ist — die Tradition der Sprache und der Glaube an eine Wirklichkeitswelt28 — gibt es gar keinen Unterschied zwischen beiden. Aber das heißt nur, daß wir nichts „wirklich" wissen können, daß immer eine Unsicherheit bleibt. Hier zeigt sich, wie ungenügend der methodische Ansatz noch ist. Solche Wortkritik bewegt sich meist außerhalb der Sprache. Daß der Unterschied zwischen Worten von einem beliebig gewählten absoluten Standpunkt aus schwindet, ist geradezu gleichgültig. Innerhalb der Sprache haben die beiden Wörter offenbar eine verschiedene Funktion; nur deren Untersuchung ist sinnvoll.
e) Genie und Wahnsinn Als letztes Beispiel sei noch Mauthners Diskussion von Genie und Wahnsinn dargestellt, weil sie in Beziehung zu seiner Vorstellung von der Dichtung steht. Die Diskussion um das Verhältnis von Genie und Wahnsinn war von Cesare Lombroso angeregt worden27. Er hatte die Gemeinsamkeiten zwischen Genie, Wahnsinn und Verbrechen hervorgehoben, andererseits aber auch vor einer groben Gleichsetzung gewarnt28. Mauthners Stellungsnahme gegen Lombroso29 ist bemerkenswert, weil er auf dem Boden seiner Sprachkritik zu einer klareren Unterscheidung von Genie und Wahnsinn gekommen ist als viele zeitgenössische Fachleute80. Das Genie eines Menschen ist nichts weiter „als die seltene Gehirneigenschaft, durch welche Erinnerungen selbständig wuchern, gewissermaßen Neubildungen erzeugen"31. Ähnliche Gehirnvorgänge sind auch beim Wahnsinnigen anzunehmen. Auch bei ihm formen sich die Erinnerungen um, werden kombi28
Ebd. Bd. 3, S. 312. Ebd. S. 315. 25 Ebd. 29 Ebd. Bd. l ,5.36. 27 Die deutsche Übersetzung seines Hauptwerks Genio e Follia erschien zuerst 1887 unter dem Titel Genie und Irrsinn. 28 Vgl. Lange-Eichbaum/Kurth: Genie, Irrsinn und Ruhm (1967), S. 171—180. *· Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 583—592. 30 Vgl. Lange-Eidibaum/Kurth: Genie, Irrsinn und Ruhm. 31 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 587. 24
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niert oder gespalten. Nur überwuchert beim Wahnsinnigen die Neubildung das normale Gedächtnis. Es kommt dazu, „daß [...] die veränderte Erinnerung die wirkliche für immer verdrängt"32. Beim Genie dagegen wird „die Neubildung vom übrigen Gedächtnis beherrscht"83. Beide leiden, das Genie „an den Wucherungen seines Reichtums, seiner Überfülle", der Wahnsinnige „an den krankhaften Neubildungen seines Gedächtnisses"34. Der Schritt vom Genie zum Wahnsinn ist nur klein, denn nur die große Persönlichkeit kann den eigenen Reichtum ertragen: Der Wahnsinnige schüttelt das Instrument [ein Kaleidoskop] heftiger, hält die Ungestalt für lebendig und fürchtet sie oder freut sich an ihnen; das Genie sieht ebenfalls lebende Gestalten, fühlt Schauer der Freude, aber es kann das Kaleidoskop lächelnd fortlegen und die neuen Gebilde ohne Täuschung festhalten. So gleicht die willenlose Phantasie des Wahnsinnigen einem steuerlosen Schiff; die Phantasie des Genies aber dem Fliegenden Holländer; kein Steuermann ist zu sehen, aber durch Nacht und Sturm fährt das Gespensterschiff dennoch seinem schrecklichen Ziele zu, denn das Steuer ist fest — die unsichtbare, große Persönlichkeit35.
Nicht umsonst rettet sich auch Mauthner letztlich wieder in ein Bild. Er weiß, daß auch er sprachlich noch zu sehr im Herkömmlichen befangen ist, um eine Lösung finden zu können. „Es wird also nichts übrig bleiben, als vor einer neuen Untersuchung die Begriffe Genie und Wahnsinn erst noch zu definieren, was mir eben doch nicht gelungen ist."86 Ähnliches gilt für die meisten Wortuntersuchungen in der Kritik der Sprache. Erst im Wörterbuch der Philosophie ist es ihm gelungen, seine Arbeit auf eine neue theoretische Grundlage zu stellen37. 2. Wissensdiaftskritik
a) Die
Sprachwissenschaft
Mauthners Kritik an der Sprachwissenschaft erschöpft sich letztlich in dem Angriff auf die Indogermanistik und deren Theorie einer Ursprache und Sprachverwandtschaft. Diese Hilfskonstruktionen nimmt er für Wirklichkeiten und ist einfach nicht auf dem Stand der Forschung seiner Zeit. Aber in diese oft unangebrachte Kritik fließen wichtige Anregungen ein, die man nicht übergehen sollte. 32 33
Ebd.
Ebd. S. 587. Ebd. S. 588. 35 Ebd. S. 592. 36 Ebd. S. 592; das versucht Lange-Eichbaum in seinem oben zitierten Buch Genie, Irrsinn und Ruhm. 37 Vgl. unten S. 247—250. 34
Wissenschaftskritik
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Die allgemeine Bedeutung der Kritik der Sprache für die moderne Linguistik hat Elisabeth Leinfellner dargelegt. Danadi trägt eine nominalistische Sprachauffassung „wesentlich zur Begründung der Linguistik als selbständiger Wissenschaft bei", indem sie von Ontologie und Metaphysik, besonders auf dem Gebiete der Bedeutungslehre, befreit. Auf der Basis der Mauthnerschen Definition von Bedeutung als Sprachgebrauch, habe Ludwig Wittgenstein seinen „operativen Nominalismus" entwickelt, worunter die „Zurückführung der Funktionen von sprachlichen Ausdrücken, Termen, Sätzen, Phonemen auf Handlungsweisen, wie diese Ausdrücke zu gebrauchen seien" zu verstehen ist38. Ich möchte wie bei der Wortkritik nur einige Beispiele anführen, besonders solche, bei denen mir Mauthner auch noch heute gültige Auffassungen zu vertreten scheint. So deckt sich etwa seine Theorie der Spracherlernung mit der Noam Chomskys39. Spracherlernung geschieht nicht nur auf Grund von Erfahrung, sondern wird entscheidend durch angeborene Prinzipien gesteuert: Kein Mensdi hätte für sich allein genügende Erfahrungen gesammelt, um aus ihnen heraus das ungeheuere Gerüst seiner Muttersprache [...] aufbauen zu können; den weitaus größten Teil seiner Sprache, den er für erworbenes Gedächtnis hält, hat er ererbt40. Ganz ähnlich, nur in wissenschaftlicher Terminologie, heißt es bei Noam Chomsky: Es ist schwierig, sich vorzustellen, wie derjenige, der eine Sprache erlernt, dieses Prinzip [die zyklische Anwendung von Regeln] durch "Induktion" aus den Daten ableiten soll, die ihm vorgelegt werden41. Chomsky schließt daraus: „Wir müssen eine angeborene Struktur postulieren, die reich genug ist, die Divergenz zwischen Erfahrung und Wissen zu erklären."42 Der weitere Weg der Untersuchung, nicht der Ausgangspunkt, trennt dann Mauthner und Chomsky. Denn das, was da ererbt oder angeboren ist, interessiert den Sprachskeptiker nicht. Dafür verachtet er die Sprache und insbesondere die Umgangssprache zu sehr. Ihm genügt das Faktum der Vererbung als weiterer Beweis für die Undurchlässigkeit des Gefängnisses Sprache. Der moderne Linguist dagegen möchte versuchen, die angeborenen Strukturen zu erhellen. Auch der Begriff der Sprachkompetenz scheint in der Kritik der Sprache schon in Ansätzen vorhanden: „Das Gedächtnis behält nur das mathematische 38
Leinfellner: Zur nominalistischen Begründung von Linguistik und Sprachphilosophie, S. 211. 39 Vgl. Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 179 und S. 476 mit: Chomsky: Sprache und Geist, bes. S. 77—78. 40 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 179. 41 Chomsky: Sprache und Geist, S. 78. 42 Ebd. S. 131, vgl. ebd. S. 149.
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Praktische Sprachkritik
Schema; es behält dieses Schema für die Momentsprache bereit."43 Daß Mauthner solche Gedanken nicht weitergedacht hat, liegt daran, daß er das Einzelwort als Erinnerungszeichen überbewertet und die Syntax als sekundär betrachtet: Das formale Gedächtnis für die grammatischen Kategorien ist beim Sprechen eine besondere Bequemlichkeit; aber erst das Sachgedächtnis, d. h. das Gedächtnis für die Sinneseindrücke zusammenfassenden Worte, bildet das eigentliche Fundament der Sprache44.
Ebenso könnte man De Saussures „parole" und „langue"45 in Mauthners Unterscheidung von „Sprachschatz" und „Momentsprache"46 wiederfinden, die für seine Beurteilung sprachlicher Ellipsen von Bedeutung ist47. Die Fülle solcher Anregungen ist damit lange nicht erschöpft, aber sie stehen jeweils ganz isoliert und werden nicht in einen systematischen Zusammenhang gebracht. Ein Vorläufer moderner Linguistik ist Mauthner aber vor allem deshalb nicht, weil seine Bemerkungen nicht einem besseren Verständnis der Sprache dienen sollen, sondern dem Nachweis ihrer Nichtigkeit.
b) Die Logik Die Kritik der Logik steht unter derselben Frage wie die der Sprache: Können logische Operationen zu neuen Wahrheiten führen, kann man mit logischen Schlüssen über die Sprache hinausgelangen? Die Verneinung dieser Frage erledigt die Diskussion48. Auch die Logik beruhigt sich beim Wort49. Begriffsdefinition — das ist nur eine besondere Form des Gesellschaftsspiels Sprache50. Die Logik ist nur die abstrakte Struktur der Sprache, die ihr zu Grunde liegt51. Logische Beziehungen sind keine Abbilder von in der Wirklichkeit bestehenden Beziehungen. „Jawohl, die Kategorien oder Formen aller Erkenntnis sind nicht in der Wirklichkeit, sie sind im Denken, d. h. in der Sprache, dort allein."52 Wie die Ethik dem Handeln, so will die Logik dem Denken Anweisungen geben und ist doch nur aus der Sprache abgeleitet, der ohnehin niemand entrinnen kann. „In der Logik ist das Wort frech geworden wie in der Ästhetik und in der Ethik."53 43
Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 207. Ebd. S. 208. 4e De Saussure: Cours de linguistique generale, bes. S. 25—30. 48 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 207. 47 Ebd. Bd. 3, S. 62. 48 Eine ausführliche Kritik von Mauthners Logikbegriff findet sich bei: Weiler: Mauthner's critique of language, S. 146—150. 49 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. 3, S. 448—449. 50 Ebd. S. 295. 51 Ebd. S. 3—4; hier wird besonders deutlich, daß Mauthner ausschließlich an eine Logik in aristotelischem Sinne denkt. 5 » Ebd. S. 7, vgl. ebd. S. 269 und ebd. Bd. 2, S. 48. 53 Ebd. Bd. 3, S. 299. 44
Wissenschaftskritik
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Jede Sprache hat ihre eigene Logik. Das relativiert sie, gibt aber auch der Wissenschaft von der Logik eine Berechtigung. Der Blick auf die Logik fremder Sprachen zeigt uns die Relativität unseres eigenen Denkens, macht bescheidener und erlöst mitunter von starr gewordenen Denkschemata54.
c) Die Psychologie Die Psychologie sucht einen besonderen Bereich der Wirklichkeit zu erschließen, den unserer Innenwelt55. Dabei erweist sich der Zwang, sich der Sprache als Werkzeug der Untersuchung und der Mitteilung bedienen zu müssen, als doppeltes Hindernis. Die Psychologie scheitert nicht nur daran, daß mittels der Sprache keine Erkenntnis gewonnen werden kann, sondern auch, weil unsere Sprache auf eine Klassifikation der Außenwelt hin angelegt und von ihr angeregt ist. Sprache ist ein „Werkzeug zum Verstehen der Außenwelt, ungeeignet zu Urteilen über die Innenwelt"56. Hier rächt es sich, daß Mauthner so völlig von der Umgangssprache absieht, die sich mit Erfolg psychologischer Termini wie Freude, Schmerz, Trauer, Angst u. ä. bedient. Statt dessen klammert er sich an seine Theorie von der „materialistischen Sprache", die nur das von den Sinnen aufgenommene zu ordnen und zu speichern wisse. Da Sinne für die Seele fehlen, müssen auch die Worte fehlen, sie zu beschreiben. Und wenn sie dennoch existieren, sind sie eben leer. Mauthner versucht, etwas als prinzipiell unmöglich zu erweisen, wo er im Grunde nur den Sprachmißbrauch einer Wissenschaft treffen will. Sein Angriff richtet sich eigentlich nur gegen den Anspruch der wissenschaftlichen Psychologie und ihre Termini. „Eine dieser Grenzen, wo die Worte mit ihrer Stirne gegen das harte Nichts stoßen, ist die Psychologie."57 Die Sprache der Psychologie wird „verrückt"58. Sie glaubt Rätsel dadurch zu lösen, daß sie ihnen Namen gibt. Wie die Metaphysik fängt sie da an, wo unser Wissen aufhören muß. „Psychologie ist die Metaphysik der Physiologie, [.. .]" . 54
Ebd. S. 261; diesen Gedanken hat Benjamin Lee Whorf bei seiner Untersuchung der Indianerspradien ausgeführt (vgl. Whorf: Sprache, Denken, Wirklichkeit, bes. S. 12—18). Fraglich ist, ob nicht auch die Logik der fremden Sprache durch die Brille der eigenen Denkschemata gesehen wird und der Durchbruch nur eine Illusion ist. Kutschera (Sprachphilosophie, S. 310—311) versucht den Einwand dadurch zu entkräften, daß er den Zwang einer bestimmten Weltauffassung abschwächt zu dem „Nahelegen" einer solchen Auffassung. 55 Mauthner kannte die Psychologie noch nicht als Wissenschaft vom menschlichen Verhalten. 58 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 235, vgl. ebd. S. 287. 57 Ebd. S. 240. s " Ebd. S. 321. 59 Ebd. Bd. 3, S. 273.
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3. Die Kritik an öffentlichen Institutionen a) Die Schule Fritz Mauthner litt — wie viele Zeitgenossen60 — unter einem Schultrauma. Er fühlte sich von ihr betrogen, zurückgesetzt, unverstanden und um die besten Jahre seines Lebens gebracht61. Hier liegt der Grund für die Vehemenz seines schulreformerischen Eifers. Immer wieder setzt er sich für eine neue Schule ein62, selbst in den Wirren der Revolutionsjahre 1918/1919 gilt seine Sorge neben der Erhaltung der Einheit des Reiches nur der Schulreform, mit einer Ausschließlichkeit, die sogar seinen Freunden auf die Nerven fällt68. Den Haß auf die Schule verbindet er mit seinen sprachkritischen Ideen. Die Schule ist ein Zwangsinstitut des Staates zur Konservierung toter Begriffe: Ich leugne nicht die Nützlichkeit, in Anbetracht der armseligen Menschennatur nicht die Notwendigkeit des Staates. [...] Unerträglich ist es aber, wenn der Staat auf dem Gebiete des Denkens, das ihn nichts angeht, konservieren will, wenn er alternde Begriffe künstlich am Leben erhalten will. Da sollte man wirklich stoßen, was fällt. Und die Bildung, die in unseren staatlichen Gelehrtenschulen, in unseren „Konservatorien" mitgeteilt wird, ist ein ewiges Bemühen, alternde Begriffe zu retten64. Zweck solcher Konservierung ist die Unterdrückung des Volkes. Die Schule dient der Aufrechterhaltung der Klassenunterschiede65, den Unterdrückten soll durch Gebrauch der künstlichen Sprache der höheren Stände ein erfolgreicher Schulbesuch unmöglich gemacht werden66. Mit Begeisterung begrüßt Mauthner deshalb die Volkshochschulpläne Martin Andersen-Nexös: Volkshochschule, mein alter Traum. Ich stimme darin mit Ihnen und mit Richard Benz überein, daß die Volkshochschule der Zukunft nidit ein Ableger der Universität sein darf, nicht ein Almosen für das Volk, sondern eine Gegenuniversität, eine Revision der Grundlagen aller Wissenschaften, ein ganz Neues, wo die Studenten und die Professoren der alten Universität noch etwas lernen können67. Die Lehrinhalte der offiziellen Schulen sind dümmer als der Unsinn der einfachen Leute, aus deren Wetterregeln und Märchen werden Wissenschaft und 60
Vgl. etwa: Theodor Lessing: Einmal und nie wieder, S. 109: „Nichts, nichts, nichts könnte je gut machen, was diese 15 Lebensjahre [in der Schule] in mir zerstört haben." fll Vgl. unten S. 109—111. 62 Vgl. etwa: Mauthner: Rezension von Otto Kuntzemüller: Die Überfüllung der gelehrten Fächer (1889); Mauthner: Wörterbuch der Philosophie, Bd. 2 (1911), S. 388— 398; Mauthner: Erinnerungen (1918). 93 Vgl. Landauer an Mauthner, 28.11.1918 (Briefe Landauer, Bd. 2, Nr. 506, S. 321—324, dort S. 323). 64 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 64. «5 Mauthner: Die Sprache (1907), S. 104. «· Ebd. S. 105. 87
Mauthner an Andersen-Nexö, ca. 1919 (abgedr. als Vorwort zu: Mauthner: Spinoza, 1921).
Zusammenfassung
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Katechismus. „Der Staat [...] hat es in seinem Wesen, daß er geistig herunterbringt, was er anfaßt. Er nimmt den Wetterregeln den Reiz des Reims und den Legenden ihren Märchenzauber."68 Unbegreiflich ist das interesselose Verhalten der Massen. „Wir haben kein Mitleid mit unseren Kindern, sonst hätte ihre geistige Not uns längst alle zu einer Schulrevolution treiben müssen."69 Als praktische Konsequenzen aus der Kritik der Sprache ergeben sich für die Schulreform: Abbau der alten Sprachen, Bevorzugung des Realunterrichts, philosophische Unterrichtung im Sinne der Sprachkritik.
b) Das Reat Voraussetzung für eine erfolgreiche Reform des Strafrechts ist eine sprachkritische Untersuchung seiner Begriffe; Mauthner versuchte das für einen Teilbereich, die Rolle religiöser Vorstellungen im Strafrecht70. Er wendet sich dabei gegen die Einflüsse des christlichen Sündenbegriffs, gegen die Absicherung von Zeugenaussagen mittels des Eides und gegen die Bestrafung von Taten wie Gotteslästerung. Solche Reformen seien längst überfällig, andere, vor allem die Reform des Eigentumsrechts drängten, wenn auch die Zeit dafür noch nicht reif sei.
4. Zusammenfassung Die wortkritischen und vor allem die wissenschaftskritischen Untersuchungen, von denen hier nur ein kleiner Teil wiedergegeben ist, stören oft den einheitlichen Fluß des Gedankengangs, sie überfrachten das Werk mit einer oft mißgeleiteten und veralteten Gelehrsamkeit und machen es schwer lesbar. Doch ganz abgesehen von ihrem sicherlich unterschiedlichen, in einigen Fällen aber bedeutenden Wert, wird in ihnen der ungeheuere Impetus deutlich, der hinter Mauthners Sprachskepsis steckt. Er treibt ihn auf die entlegensten Gebiete und läßt ihn geradezu monomanisch die ganze Welt und ihre Probleme von einem einzigen Punkt aus betrachten: der Sprache. Gewiß spielt dabei die Auflehnung des Autodidakten gegen die ihm verschlossenen Wissenschaften und der Wunsch, selbst dazuzugehören, auch die journalistische Vergangenheit des Autors eine nicht unbedeutende Rolle. Entscheidender ist, daß auch hier Mauthners Überzeugung von der Allmacht der Sprache zum Durchbruch kommt, vor der jede wissenschaftliche Leistung zunichte wird. 68
Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. l, S. 65. Ebd. 70 Mauthner: Die Trennung von Kirche und Straf recht. — In: Die Zukunft des Strafrechts (1920), S. 72—75. Der Sammelband enthält Beiträge namhafter Juristen, daneben einen Beitrag Walter Rathenaus und des Zürcher Psychiaters August Forel. Daß Fritz Mauthner zur Mitarbeit herangezogen wurde, zeigt, wie er auf dem Gebiete der Begriffskritik als Autorität galt. 69
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Fritz Mauthner und die Philosophiegeschichte
VIL Fritz Mauthner und die Pb'ilosophie%esas jst ja ^er Schwindel aller Mystifikation a la Blavatsky13, daß sie einem Gewortetes als volle Realität aufbindet! Wo die volle Realität anfängt, da ist das theoretische Wortsystem längst in die Brüche gegangen. [...] Nur ein Mensch in der Welt hatte je das Recht, in undichterischer, in begrifflicher Sprache von diesem innersten Geheimnis zu reden: Spinoza14. An Landauers Unbedingtheit zerbricht nicht nur eine alte Freundschaft. Er wendet sich auch enttäuscht von der Münchener Revolution ab, weil sie nicht zu dem neuen Geist führte, für den er kämpfte: Der ganze Geist der Erneuerung, der zu Selbstbestimmung, Selbstverwaltung neuer Körperschaften und Genossenschaften hätte führen müssen, ist verflogen! Aus all dieser bitteren Verzweiflung ist nur die Konsequenz zu ziehen: daß wir langsam und im Kleinen beginnen müssen. Die Revolution wird immerhin eine größere Schar von Menschen zur Verwirklichung und zum Neubeginn reif gemacht haben; das wird fast ihr einziges Resultat sein1*. Resigniert muß er erkennen: „Schon bin ich fast so einsam, wie vor der Revolution; am Werk sehe ich nur hilflose Verkehrtheit und Gemeinheit."16 Die Ausrufung der Münchener Räterepublik am 7.4. 1919 weckt noch einmal neue Hoffnung17. Landauer wird „Volksbeauftragter für Volksaufklärung". Doch sie bricht wenige Tage später in einem Gegenputsch zusammen und wird nach dem Eingreifen der „Roten Armee" von einer neuen Räterepublik abgelöst. In deren „Aktionsausschuß" ist für ihn kein Platz mehr18. 10
An Auguste Hauschner, 20.12.1918 (Briefe Hauschner, S. 176—177). Landauer an Constantin Brunner, 12. 7.1907 (Briefe Landauer, Bd. l, Nr. 119, S. 180—184, dort S. 181). 12 An Mauthner, 11.3. 1919 (Briefe Landauer, Bd. 2, Nr. 563, S. 390). 1S Helena Petrowna Blavatsky (1831—1891) gründete 1875 die Theosophische Gesellschaft. 14 An Margarete Susmann, 31.1.1919 (Briefe Landauer, Bd. 2, Nr. 544, S. 371 bis 373, dort S. 371/372). 15 An Hugo Landauer, 29.1.1919 (Briefe Landauer, Bd. 2, Nr. 542, S. 368—370, dort S. 370). 16 An Georg Springer, 25.1.1919 (ebd. Nr. 541, S. 366—368, dort S. 367). 17 Vgl. an die Töchter [Telegramm], 7.4. 1919 (ebd. Nr. 584, S. 412). 18 Vgl. Landauer an den Aktionsausschuß der Münchener Räterepublik, 16.4. 1919 (Briefe Landauer, Bd. 2, S. 420—421). 11
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Die letzten Kämpfe (1918—1923)
Am 1.5. 1919 beseitigt die Reichswehr die inzwischen errichtete „Diktatur der Roten Armee". Landauer wird verhaftet, noch einmal verhört und am 2. 5. 1919 erschlagen19. Gustav Landauer hat die Kritik der Sprache von ihren Anfängen an gefördert und sie sich in einzigartiger Weise zu eigen gemacht. Er war der einzige wahre Schüler Mauthners und wurde deshalb sein Antipode; ihm ging es wirklich nicht mehr ums Reden, sondern ums Handeln, um die Verwirklichung. Er machte Ernst mit der Befreiung, von der so viele, nicht zuletzt der Schöpfer der Sprachkritik selbst, nur gesprochen hatten. An ihm gemessen hat Mauthner versagt. Selbst noch nach Landauers Ermordung scheute er vor einer öffentlichen Würdigung des Freundes aus Angst, er könne Deutschland damit schaden, zurück20. Nur widerwillig erklärt er sich schließlich zu einem Beitrag für die Masken bereit, dann allerdings mit einem rückhaltlosen Bekenntnis zu dem Freund: Totgeschlagen wahrscheinlich wie ein Hund, eingescharrt wie ein Hund, in einem Massengrab, von deutschnationalen und von katholischen Zeitungen behandelt wie ein Hund. Der Grimm über den Weltlauf ist mir beinahe noch bohrender als der Schmerz über den Verlust des Freundes. Es scheint mir nur Pflicht, mich zu ihm zu bekennen81.
2. Der Meersburger Kirchenkampf Fritz Mauthner gerät nach dem ersten Weltkrieg langsam in Vergessenheit, es sind nur noch einzelne, die auf ihn aufmerksam werden oder ihn in Erinnerung behalten. Er selbst ist ein gebrochener Mann. „Ich habe geistig und körperlich einen Knax weg; [...]. Ist aber alles so gleichgültig wie — diesem Frieden gegenüber — Alles und wir Alle."22 Die Feier des siebzigsten Geburtstags im Jahre 1919 bringt ihm zwar noch einmal einige Anerkennung. Eine Auswahl seiner poetischen und kritischen Schriften erscheint23, die Stadt Meersburg verleiht ihm die Ehrenbürgerwürde 24 , im Stadttheater Konstanz findet eine Ehrenvorstellung statt25 und die Gesellschaft der Zwanglosen sorgt für eine Ehrengabe26. Zahllose Geburtstagsartikel feiern den Jubilar27, aber zu lff
Zu den Vorgängen in München vgl.: Handbuch der Deutschen Geschichte, neu hrsg. von Leo Just, Bd. 4, l, Teil I, S. 42—44. 20 An Auguste Hauschner, 15.5.1919 (Briefe Hauschner, S. 195). 21 Mauthner: Zum Gedächtnis (1919), S. 301. 22 An Auguste Hauschner, 22. 5. 1919 (Briefe Hauschner, S. 197—198, dort S. 198). 23 Mauthner: Ausgew. Schriften (1919). 24 Vgl. Nachricht im Berliner Tageblatt vom 2.12.1919 und im Literarischen , 22. Jg. 1919, Sp. 504. Mauthner bedankt sich in einem Schreiben an den Meersburger Gemeinderat vom 24. 1.1920 (LBI). Die Urkunde ist verschollen. 25 Birner: Die Konstanzer Mauthnerfeier. 2 « An Auguste Hauschner, 20.1. 1920 (Briefe Hauschner, S. 214). 27 Vgl. die Übersicht in: Das Litterarische Echo, 22. Jg. 1919, Sp. 417—419.
Der Meersburger Kirdienkampf
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einer öffentlichen Feier in Berlin kommt niemand28. Die Selbstdarstellung von 1922 erscheint geradezu als Anachronismus, und eine „Ehrengabe" der preußischen Regierung zur Unterstützung seiner „wissenschaftlichen Tätigkeit"29 hat er dem nimmermüden Rezitator Friedrich Erhard und dessen guten Beziehungen zu einem Ministerialbeamten zu verdanken30. Mauthners philosophische Laufbahn nimmt ein bemerkenswertes Ende: er leitet philosophische Arbeitsgemeinschaften der 1921 gegründeten Meersburger Ortsgruppe der Kantgesellschaft*. Im Mittelpunkt der Jahre 1919 und 1920 steht der Kampf mit dem Meersburger katholischen Stadtpfarrer. Ausgelöst wurde er durch einen Geburtstagsartikel von Mauthners Meersburger Freund Otto Ehinger32. Darin würdigt dieser die Güte und weise Nachsicht des Philosophen mit den Gebrechen und Schwächen der Menschen und der Welt. Der Stadtpfarrer wird spöttisch angegriffen als der Oberpriester der Sekte, welche dort gewaltig das Land beherrscht und der ihn [Mauthner] hin und wieder besuchte, weil er ihn nicht verbrennen lassen konnte als Ketzer, und es ihn doch zuweilen kitzelte, ein wenig in die schauerlich einsamen Abgründc des Ahnens der letzten Dinge hinabzublinzeln, anstatt immer nur im Kindergarten der Phantasie mit seinem Himmel und Hölle herumzuspazicren33.
Zum Beleg für Mauthners Güte erzählt Ehinger drei Anekdoten: die Bekleidung armer Kinder zu Weihnachten, die Unterstützung einer Töpferin von etwas liederlichem Lebenswandel und die Nottaufe eines unehelichen Kindes84. Die Mutter, ein Dienstmädchen Mauthners, Mitglied des tugendhaften Meersburger Jungfernkranzes, brachte völlig überraschend und mitten in der Nacht ein Kind zur Welt; es droht zu sterben und ist nach dem Glauben der Mutter als ungetauftes Kind der Hölle verfallen. Da bringt er [Mauthner] für einen Augenblick sein eigenes lächelndes Wissen zum Schweigen, taucht in tiefem Ernst seine Finger in das Wasser und erteilt dem sterbenden Wurm die heilige Taufe. Und wenn er dies Kind auch vielleicht nicht vor der ewigen Hölle bewahrt hat, weil es möglicherweise eine gibt, so doch gewiß die Mutter von der Gewissensqual um die Kindesseelc bis an ihren Tod3*. 2S
Kappstcin: Fritz Mauthner, S. 19. An Auguste Hauschner, 8. 2. 1922 (Briefe Hauschner, S. 237). 30 Vgl. Monty Jacobs an Fritz Mauthner, 22. 1. 1922 (LBI). 31 Vgl. Nachricht in: Kantstudien 26, 1921, S. 510—511. 32 Ehinger: Der Weise und die Welt. 33 Ebd. 34 Von dieser Affäre berichtet auch Martin Andersen-Nexö. Der Pfarrer habe von der Kanzel herab erklärt, die Mutter sei trotz dieser Geburt rein geblieben, da der Teufel sie in Gestalt Fritz Mauthners geschwängert habe. (Andersen-Nexö: Die verlorene Generation, S. 184—185). 35 Ehinger: Der Weise und die Welt. 29
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Die letzten Kämpfe (1918—1923)
Besonders diese Erzählung wird den Zorn des Geistlichen erregt haben, der sich allerdings zunächst nur gegen den Verfasser wendet. Mauthner betrachtet diesen Kampf mit ironischer Distanz: Hast Du übrigens den zweiten Aufsatz über mich im B[erliner] T[ageblatt] gelesen, den aus Meersburg? Um ihn beginnt hier ein blutiger Froschmäusekrieg zwischen dem Stadtpfarrer und dem Verfasser, resp. zwischen dem Zentrum und der Demokratischen Partei. Ich stelle mich und stehe außerhalb des wütenden Streites, aber es könnte kommen, daß ich hahnebüdien werden müßte36,
schreibt er Januar 1920 an Auguste Hauschner. Der Streit nimmt schärfere Formen an, als 1920 der erste Band des Atheismus erscheint. Auf Betreiben des Pfarrers versucht der Stadtrat, die Verleihung der Ehrenbürgerwürde zurückzunehmen, doch kann diese Absicht aus juristischen Gründen nicht verwirklicht werden37. Doch der Pfarrer gibt keine Ruhe. Im April 1920 klagt Mauthner Hans Vaihinger sein Leid: Heute erst ist er [ein verschollener Geburtstagsglückwunsch Vaihingers] wiederentdeckt worden und hat mir in diesen Tagen (da eine Pfaffenhetze wegen Gottlosigkeit mich langsam um alles Behagen zu bringen droht) ernstlich wohlgetan*8.
Die Meersburger Arbeiterdemonstration zum 1. Mai 1920 wird zu einer Sympathiekundgebung für Mauthner, die Arbeiter versammeln sich vor dem „Glaserhäusle"39. Dagegen gelingt es dem Pfarrer, Mauthners Dienstmädchen zur Kündigung zu bewegen, worauf Hedwig Mauthner aus der Kirche austritt40. Schließlich greift der Philosoph zur Feder und veröffentlicht eine Fabel im Stile der Gedichte in Prosa, worin er sich als moderner Ketzer vorstellt. Er erzählt, wie er den „Funkensonntag" am „Waldkirchel" mitfeiern wollte, aber von dem Gespenst des Johannes Hus mit der Begründung zurückgewiesen wurde, er habe nicht mit Blut für seine Ketzerei gezeugt. Der Streit wurde vor den „Allvater", das „namenlose Oberhaupt der Sonnenanbeter" gebracht, und der entschied für Mauthner. Blutzeugenschaft sei nicht mehr zeitgemäß, nicht mehr möglich und nötig. Dafür habe der moderne Ketzer gegenüber dem mittelalterlichen den Vorzug, frei von Haß und offen für eine „namenlose Mystik" zu sein. „So kam der Friede über mich"41. Mauthner merkt nicht oder will sich nicht eingestehen, daß er gegen einen Popanz kämpft und daß Blutzeugenschaft durchaus möglich ist, wenn auch in einem anderen Kampf, wie Gustav Landauer gezeigt hat. Er braucht diesen Popanz, um seiner Arbeit eine Berechtigung zu geben. Nur so ist es zu ver36
An Auguste Hauschner, 20.1.1920 (Briefe Hauschner, S. 215). Vgl. an Auguste Hauschner, 7.2.1920 (Briefe Hauschner S. 216) und F.: Fritz Mauthner. — In: Die Rote Fahne, 1. 7.1923. 38 An Vaihinger, 16.4. 1920 (Staats- und Universitätsbibliothek Bremen). 39 Vgl. Monty Jacobs an Mauthner, 15. 5.1920 (LBI). 40 An Hauptmann, 5. 5.1920 (SPK). 41 Mauthner: Ketzer und Funken (1920), S. 42. 37
Die Geschichte des Atheismus
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stehen, daß er diese lokalen Querelen mit ihrem ganz nichtigen Anlaß nicht unterbindet, sondern in alle Welt zu tragen versucht42. So schafft er sich einen aktuellen Hintergrund für das Werk über die Geschichte des Atheismus, seiner Zuflucht nach dem Zusammenbruch der Mystik vor den Anforderungen der Wirklichkeit und des sprachskeptischen Denkens. Er glaubte damals wohl, sich so einen reinen, ganz privaten Bezirk auch während des Krieges bewahren zu können, ganz ähnlich hatte er sich in den Jahren zwischen 1890 und 1900 durch die Kritik der Sprache geschützt. Der Meersburger Kirchenkampf aber bietet nun die Gelegenheit, das Werk auch in der Wirklichkeit zu verankern.
3. Die Geschichte des Atheismus Das vierbändige Werk Der Atheismus und seine Geschichte im Abendlande erschien zwischen 1920 und 1923. Der Plan dazu reicht in die Vorkriegsjahre zurück43 und hängt wohl mit der Absicht zusammen, die Geschichte des sprachkritischen Gedankens darzustellen44. Da sich die Sprachkritik bis ins 19. Jahrhundert vornehmlich mit dem Gottesbegriff auseinanderzusetzen hatte, steht die thematische Einengung nicht in Widerspruch zu dem ursprünglichen Plan. Ein großer Teil der Arbeit fällt in die Kriegsjahre, im Frühjahr 1918 ist zumindest der erste Band weitgehend abgeschlossen45, erscheint aber wegen der Nachkriegswirren und der immer stärker werdenden geistigen Erschöpfung des Verfassers46 erst Anfang 1920. „Ich sehne mich danach, Schluß machen zu können. Und ich bin müde, sehr müde"47, stöhnt Mauthner nach dem dritten Band, führt aber verbissen noch auf dem Krankenbett sein Werk zu Ende. Mauthner schwebt als Kern seiner Gesdiichte des Atheismus eine sprachkritische Untersuchung religiöser Begriffe vor, wie er sie schon in der Kritik der Sprache angedeutet hat: Ist nun die Religion ein Glaube an überlieferte Worte, so scheint es mir gewiß, daß einzig und allein eine Kritik der Sprache, also eine Untersuchung der Worte, den Begriff der Religion ernstlich und für immer aus der wissenschaftlichen Weltanschauung zu entfernen vermag48. 42
Offensichtlich auf Mauthners Bitte hin erklärt sich Ernst Heilborn, der Herausgeber des Literarischen Echo, in einem Brief vom 16. 2.1920 (LBI) dazu bereit, seine Zeitschrift für eine Verteidigung zur Verfügung zu stellen. Ein solcher Artikel ist allerdings nicht erschienen. 43 Vgl. an Harden, 7.12.1913 (Bundesarchiv Koblenz): „Ich hatte mir in grundlosem Optimismus für die nächsten Jahre die Erstellung (wie man hier sagt) eines neuen Wälzers, eines religionsphilosophischen vorgenommen. [...] Der Wälzer wird ungewälzt bleiben." 44 Vgl. Paul Mongri [= Felix Hausdorff]: Sprachkritik, S. 1235. 45 An Auguste Hauschner, 24.2.1918 und 27.4.1918 (Briefe Hauschner, S. 153 und S. 160). 4 « Vgl. an Auguste Hauschner, 7. 2. 1920 (ebd. S. 216). 47 An Auguste Hauschner, 8. 2.1922 (ebd. S. 237). 48 Mauthner: Kritik der Sprache, Bd. 3, S. 618.
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Die letzten Kämpfe (1918—1923)
Im Zentrum steht dabei die Untersuchung des Wortes „Gott", wie sie schon in bescheidenerem Rahmen im Wörterbuch der Philosophie vorliegt49. Mauthner selbst betont den sprachkritischen Ansatz seines Werkes, wenn er schreibt: Seltsam ist mir, daß Du in einem Atem meine Sprachkritik über Gebühr lobst und doch das Atheismusbuch ablehnst. Es ist aber dieses nur ein Kapitel aus dem Ganzen, das sich durch eigene Kraft zu vier Bänden ausgewachsen hat. Religion ist eben auch ein Wort und ein sehr starkes5".
Mit dem Versuch, alle Sätze über Gott als sinnlos zu erweisen, auch die Sätze, welche die Existenz Gottes leugnen, erfaßt Mauthner genau die einzig mögliche, aufgeklärte Form des Atheismus, die durchaus noch aktuell zu sein scheint51. Problematisch aber wird sein Unternehmen dadurch, daß er zugleich die Geschichte der Auseinandersetzung mit dem Gottesbegriff darstellen will. So wird der sprachkritische Ansatz verwischt, denn der Sprachkritiker muß sich in der Regel mit einer völlig anders gearteten atheistischen Argumentation auseinandersetzen, und Mauthner wird zu einem Historiker wie andere. Die Sprachkritik geht in der Geschichte unter, in der Darstellung des Kampfes und der Kämpfer gegen die Kirche. An die Stelle einer rationalen Begriffskritik treten Emotionen, der Haß auf die Kirche, und der geschichtliche Stoff52. Trotz dieser prinzipiellen Mängel ist die Geschichte des Atheismus ein reizvolles Werk, weil hier Philosophiegeschichte unter einer neuen Fragestellung geschrieben wird. Mauthner untersucht den Beitrag, den ein Denker zur Befreiung von der Macht der Kirche geleistet und mit welchem persönlichen Einsatz er gegen diese gekämpft hat. Das führt zu einer Wiederentdeckung vergessener und einer Neubewertung anerkannter Philosophen. Vor allem die Berücksichtigung des moralischen Aspektes verschiebt die Gewichte und läßt auch unselbständigere Geister hervortreten. Nicht gering ist auch der stoffliche Reiz. Der Leser wird mit weitgehend unbekannten Texten und Dokumenten konfrontiert, die immer wieder vergegenwärtigen, wie verzweifelt und wie blutig gegen die auf Worten beruhende Macht der Kirche gekämpft wurde. Die Geschichte des Atheismus ist eine Sammlung von Essays unterschiedlichen Umfangs, die in der Regel einer einzelnen Persönlichkeit, mitunter auch kürzeren Zeitabschnitten als Brennpunkten religiöser Diskussion gewidmet sind. Zusammengehalten werden die Teile durch den chronologischen Aufbau, die Fragestellung und die Grundstimmung des Hasses und des Kampfes gegen die Kirche. Mauthner beginnt mit der An411
Mauthner: Wörterbuch der Philosophie, Bd. l (1910), S. 448—458. An Auguste Hausdiner, 21. 3.1922 (Briefe Hauschner, S. 238). 51 Vgl. Bense: Ungehorsam der Ideen, S. 85—93. 5 * Vgl. auch: Weiler: Fritz Mauthner as an historian, S. 63—66. Weiler sieht eine Inkonsequenz des Werkes darin, daß es einerseits deutlich in der Tradition der geistesgeschichtlichen Werke des 19. Jahrhunderts stehe, Mauthner andererseits aber immer eine historische Gesetzmäßigkeit geleugnet habe. Die Kritik trifft nicht zu, weil Mauthner die Befreiung nicht als gesetzmäßige Entwicklung, sondern als Leistung der Einzelpersönlichkeit darstellt. 40
Die Gesdiidite des Atheismus
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tike und ihrer undogmatischen Religiosität58. Ihr sei das Dogma fremd gewesen, weil sie sich nicht den Worten unterworfen habe: Die antike Weltdeutung stellte sidi in Religion, in Philosophie und in Poesie ahnungsvoll oder bewußt auf die bildliche Anwendung der Sprachwörter, auf die Einsicht, daß das Wort anders aufgefaßt werden müsse als wortwörtlich, auf die Allegorie, wie man das nannte; die jüdisch-christliche Weltdeutung dagegen unterwarf sich den überlieferten Wörtern und glaubte sie immer buchstäblich verstehen zu müssen".
Nach Vernichtung des christlichen Wortsystems sei der Weg offen für eine „gottlose Mystik", die den „Tod des gewaltigsten Gedankenwesens, das in der Menschheit gewirkt hat"65, den Tod Gottes, besiegelt56. Doch kündigten sich schon wieder neue Götter in Form unchristlicher Dogmen wie derjenigen der materialistischen Weltanschauung an. Wie bei der Kritik der Sprache fühlt sich Mauthner auf verlorenem Posten und Angriffen von allen Seiten ausgesetzt: Die Hetze gegen mich geht weiter. Es tut mir leid, daß auch Du [.. .] auf dem Standpunkt zu stehen scheinst: Dem Volke die Religion erhalten. Sozis und Demokraten lehnen es ab, meine Sache zu der ihren zu machen. Na, bis zum Lebendig-verbrannt-werden wirds nicht kommen57. Mauthner übertreibt, von einer Hetze kann, außer in Meersburg, keine Rede sein. Natürlich wurde das Werk von kirchlicher Seite angegriffen, aber eher hilflos. Die Veröffentlichung sei eben ein Zeichen der Zeit, schreibt ein Jesuit, „wo die edelsten Verteidiger echter Kulturgüter kaum einen Verleger finden können"58. Er schließt seine Rezension mit einem unbeholfenen Rechtfertigungsversuch. [Mauthner] hat sich redlich Mühe gegeben, die Führer der Aufklärung in möglichst günstiges Licht zu rücken, aber wir finden keinen einzigen sittlichen Helden, keinen einzigen Heiligen, während die katholische Kirche eine schier unübersehbare Reihe großer Männer und Frauen, ja bewundernswürdiger Jünglinge und zartester Jungfrauen aufweist5*.
Von sozialdemokratischer Seite dagegen kam der Vorwurf, das Buch vertrete einen liberalen Fortschrittsphilosophismus, vermöge aber, da es die sozialwirtschaftliche Basis unbeachtet lasse, keinen Einblick in die Gesamtstruktur der Geschichte zu geben80. 53
Mauthner: Atheismus, Bd. l (1920), S. 1—170. " Ebd. S. 170. 55 Ebd. S. 3. 56 Ebd. Bd. IV (1923), S. 425—447. 57 An Auguste Hauschner, 7. 8.1920 (Briefe Hauschner, S. 220). 58 Klimke: Im Banne des Atheismus, S. 358. 59 Ebd. S. 370/371. 80 Koch: Rez. von: Mauthner: Atheismus. 01 Vgl. zur religiös-sozialen Bewegung in der Schweiz: Jakob Weidenmann in: Mauthner: Atheismus, Bd. 4, S. 378—383, Anm. Neben Weidenmann ist als Verehrer Mauthners namentlich faßbar der Pfarrer von Gadimang bei Frauenfeld, Walter Huber, der auch mit einigen Aufsätzen über die
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Breitere Anerkennung fand Mauthner nur bei den religiös-sozialen Pfarrern der Schweiz61. Mit leichter Ironie berichtet er: Sein bestes Publikum hat es [das Werk über den Atheismus] bisher toller Weise bei den religiös-sozialen Pfarrern der Schweiz. Vielleicht werde ich noch zum Pfarrer gewählt62.
Er erfreute sich dort einer Popularität, als er in Deutschland schon nahezu vergessen war. Otto Wirz schildert in seinem autobiographisch-visionären Roman Gewalten eines Toren einen Maskenzug zum Weibertag, in dem auch der Meersburger Philosoph in illustrer Gesellschaft vertreten war: Danach erschien die Wissenschaft: Newton, unterm Arm die principia philosophiae naturalis mathematica in Schweinsleder gebunden, der muntere Einstein zur Rechten, der Walliser Ris zur Linken schreitend, Mauthner aus Meersburg hinterher, eine seltsame Vereinigung und ein merkwürdiges Vorgespann für manchen anderen bedeutenden Doktor aus vielerlei Fakultäten und Abteilungen83.
Zu seinem 72. Geburtstag las Mauthner sogar im Lesezirkel Hottingen, einem Treffpunkt nahezu aller anerkannter Dichtergrößen der Zeit64, allerdings mit schlechtem Gewissen und nur der „Frankenvaluta" wegen65. In Deutschland blieb eine echte Auseinandersetzung auf einen sehr kleinen Kreis beschränkt, aus dem Alfred Dublin und Hermann Bahr herausragen. Döhlin hatte dem Sprachkritiker schon 1903 seinen Roman Worte und Zufälle69 zur Begutachtung zugeschickt67. Mauthner reagierte gar nicht oder ablehnend, jedenfalls brach der Kontakt danach ab, obwohl sich der Dichter weiterhin für das Werk des Philosophen interessierte68. Begeistert begrüßte er die Geschichte des Atheismus, ein Buch, „das sich in leidenschaftlich nüchterner Weise, männlich entschieden mit dem Geist und seinen — wesentlichen geistlichen — Widerständen im Abendlande beschäftigt"69. Besonders die BedeuKritik der Sprache und den Atheismus hervortrat (vgl. Huber an Mauthner, 20. 8. 1915 und 23. 2.1919, LBI). 62 An Auguste Hauschner, 21. 3.1922 (Briefe Hauschner, S. 238). «3 Wirz: Gewalten eines Toren (1923), S. 217. Neuausgabe (1969), S. 194. Vgl. dort auch Nachwort von Wolf Wirz, S. 723. e4 Vgl. Faesi: Erlebnisse, Ergebnisse, S. 225. 65 An Auguste Hauschner, 30. 10. 1921 (Briefe Hauschner, S. 236). Der Roman wurde erst 1912 im Sturm in Fortsetzungen veröffentlicht. Als Buch erschien er 1919 mit dem Titel Der schwarze Vorhang. Roman von den Worten und Zufällen. 67 Vgl. an Mauthner, 24.10.1903 (Döblin: Briefe, S. 21): „Vielleicht, daß den Sprachkritiker eine Arbeit interessiert, die den Widerspruch zwischen dem durchschauten Blendwerk eines Wortes — „Liebe" — und der verführenden Kräfte zum Gegenstand hat, welche es auf den metaphysisch versessenen Helden übt." 68 Döblin besaß die Kritik der Sprache, die Geschichte des Atheismus und einige Romane Mauthners (vgl. an Mauthner, 5. 7.1922, Döblin: Briefe, S. 121). c9 Linke Poot [= Alfred Döblin]: Der deutsche Maskenball, S. 125—127, dort S. 125.
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tung, die Mauthner dem persönlichen Engagement zumißt, findet seinen Beifall: „Hier wird der prometheische Funke anerkannt. Hier gibt es Skepsis im Dienste menschlicher Erkenntnis, Mut, Märtyrertum und durchschlagenden Willen."70 Mauthner habe in seinem Leben und Schaffen in der Einsamkeit ein Ideal verwirklicht, das Trost zu verleihen vermöge. „Gorki erzählt einmal, wie ihn der Anblick Tolstois, den er im Freien sitzend traf, gerührt und getröstet habe. So steht es um dies Buch und seinen Verfasser."71 Hermann Bahr, den Mauthner früher als Dichter72 und dann auch als Denker heftig angegriffen hat73, steht der Geschichte des Atheismus „mit Verständnis — und Mitleid" gegenüber74. Der überzeugte Katholik versucht, den Sprachskeptiker als Gegenpol zu sich selbst zu deuten75 und gelangt damit — freilich religiös verhüllt — zu einem echten Verständnis der geistigen Existenz Mauthners. Dieser ringe mit dem Problem der Ungläubigen, die eigene Schlechtigkeit zu verstehen und zu ertragen, denn ihnen könne die biblische Lehre von der Erbsünde keine Tröstung bringen. So hätten sie das Bedürfnis, sich zu verstecken. „Diesen Entschluß hat der Einsiedler von Meersburg, der liebe, alte Fritz Mauthner, in seiner leuchtenden Klarheit auch gezogen."76 Ihn, Bahr, habe nur die Gnade des Glaubens vor dem Nichts bewahrt: Aber ohne die Gnade, mir preisgegeben, hätte ich kein Ende, keine Ruhe finden können, als in der männlichen Fassung radikaler Skepsis, mit der Mauthner das Nichts erträgt77. Im Letzten Tod des Gautama Buddha sei Mauthner ganz in der Nähe von Gottes Gnade, die ihm aber als „entwurzeltem Juden" letztlich verwehrt sei78. Doch auf dem gemeinsamen Grunde gegenseitigen Verständnisses und Verzeihens „ist uns eine wunderschöne, leis im Abendwind zitternde Blüte später Freundschaft aufgegangen, die mich beglückt"79. Hermann Bahr findet in seiner religiösen Bild- und Gedankenwelt einen Zugang zu Mauthners Lebensproblematik. Er sieht völlig richtig, daß der Freund an seiner Skepsis leidet, daß er sie unablässig zu überwinden sucht, freilich vergebens. Die Geschichte des Atheismus ist unter diesem Gesichtspunkt nur der letzte, monumentale Fluchtversuch vor der Unerbittlichkeit der Kritik der Sprache. 70 71
72 73 74 75 76 77 78 79
Ebd. S. 126. Ebd. S. 127. Vgl. Mauthner: Eine Ausstellung von Theaterpublikum (1892). Vgl. Mauthner: Vernunft und Wissenschaft (1917). Vgl. Mauthner an Auguste Hauschner, 21.11.1920 (Briefe Hauschner, S. 224). Bahr an Mauthner, 31. 8.1917 (LBI). Bahr: Tagebücher II (1918), S. 58. Ebd. S. 258. Ebd. S. 260. Ebd. S. 258.
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4. Die drei Bilder der Welt Am Ende seines Lebens wendet sidi Mauthner noch einmal der utopisdien Sprachkritik zu, nachdem er ihr über fünfzehn Jahre lang in Politik, Geschichte, religiösen Kampf und Mystik ausgewichen ist. Das neue Buch Die drei Bilder der Welt wird nicht mehr vollendet und nach dem Tod von Monty Jacobs herausgegeben. Gedankliche Ansätze dazu gibt es schon im Wörterbuch der Philosophie60 und in der Gesdnichte des Atheismus81. Der Plan zur Darstellung in einem gesonderten Buch fällt wohl in das letzte Lebensjahr82. Diese Arbeit soll „ein neuer Anfang" werden83. Tatsächlich findet Mauthner hier, ohne die Grundgedanken der Kritik der Sprache zu widerrufen, einen neuen Ansatzpunkt. Er will nicht mehr die Sprache als untaugliches Werkzeug zur Erkenntnis entlarven, sondern vielmehr unter Hinnahme der Gegebenheiten der Sprache zeigen, daß das, was wir mit dem Wort „Sprache" bzw. „Wort" als gleichwertig und gleichartig fassen, ganz verschiedenen Ebenen angehört und verschiedenen Sichten der Welt entstammt. Die Täuschungen der Sprache und ihr Mißbrauch entstehen und werden möglich, weil die Sprache keine Regeln entwickelt hat, die eine unzulässige Mischung der sich verschiedener Klassen von Sprache bedienenden Aussagen verhindern könnten. Seine drei Kategorien der Aussagemöglichkeit84 entnimmt Mauthner der Begriffssprache der traditionellen Grammatik, er spricht von einem adjektivischen, substantivischen und verbalen Weltbild, bzw. einer adjektivischen, substantivischen und verbalen Sprache. In der Deutung und Wertung dieser drei Weltbilder und Sprachklassen zeigt sich der Wandel der Anschauung, die aus Mauthners mystischer Periode erwachsen ist. In der Kritik der Sprache galt der heftigste Angriff der Welt der Abstrakta, die zu einem wesentlichen Teil der substantivischen Welt, der Welt der Erscheinungen, der Dinge, angehöre86. Diese Sprache wurde als die wirklichkeitsfernste, als bloße Gedankenkonstruktion und Illusion verurteilt. Jetzt dagegen glaubt Mauthner darin das spezifisch menschliche Weltbild, die höchste und eigenste Leistung des menschlichen Geistes zu erkennen. „Der Mensch allein besitzt das substantivische Weltbild, das schönste und falscheste Weltbild, das dingliche Weltbild der Mystik."8e Mit dieser Auffassung nähert er sich den Theorien Ernst Machs und Hans Vaihingers, im Gegensatz zu ihnen leugnet er jedoch die „Nütz80
Mauthner: Wörterbuch der Philosophie, Bd. l (1910), S. 12—14, Bd. 2 (1911), S. 464—468 und S. 526—531. 81 Mauthner: Atheismus, Bd. 4 (1923), S. 435—442. 82 Vgl. an Auguste Hauschner, 21. 3.1922 (Briefe Hauschner, S. 238). 8i Mauthner: Atheismus, Bd. 4 (1923), S. 434/435. 84 Mauthner: Die drei Bilder der Welt (1925), S. 3. 85 Ebd. S. 27. 88 Ebd. S. 41.
Die drei Bilder der Welt
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lichkeit" dieser Begriffswelt und spricht dafür von ihrer Schönheit. Mauthner bleibt Skeptiker, wenn es sich um die Möglichkeit einer Erkenntnis handelt. Er überwindet die Skepsis aber in der Anerkennung eines ästhetischen Wertes, in dem sich der menschliche Geist am ehesten verwirkliche. Die adjektivische Sprache und das adjektivische Weltbild, das Weltbild der Sensualisten und Materialisten87, das am ehesten der „wirklichen Wirklichkeit" entspreche, d. h. am wenigsten gedankliche Konstruktion aufweise, und am stärksten in der Umgangssprache zur Geltung komme, erfährt dagegen eine Abwertung. Denn dieses Weltbild und diese Sprache seien statisch und deshalb nicht geeignet, dem Menschen neue Impulse zu geben: Und die adjektivische Sprache, die Sprache unserer Sinne versteht alle diese Begriffe [der substantivischen Sprache] nicht, versteht weder den Glaubensfrieden noch den Gedankenfrieden, ja, — und das ist das Seltsamste — diese eigentlich wissenschaftliche Sprache, als die Herrin und zugleich Sklavin der adjektivischen Welt, hat weder ein Verständnis für den Frieden noch eine Sehnsucht nach dem Frieden und hockt zufrieden wie eine Amöbe auf der Stecknadelspitze des Moments, raumlos, zeitlos und schmerzlos. Erst die beiden anderen Sprachen haben die Menschen den Schmerz und die Sehnsucht gelehrt88.
Zwischen dem substantivischen und dem adjektivischen steht das verbale Weltbild, die verbale Sprache. Im Gegensatz zu ersterer beziehe sie sich zwar auf die Wirklichkeit, sei also keine rein gedankliche Konstruktion, beschränke sich aber nicht wie die adjektivische Sprache auf eine bloße Wiedergabe, soweit das überhaupt möglich sei, sondern deute die Erscheinungen, bringe sie also nach menschlichen Fähigkeiten und menschlichen Interessen in einen Sinnzusammenhang. In der empirischen Sprache seien diese drei Bilder in einer heillosen, verwirrenden Mischung enthalten. Ihre Vereinigung in gegenseitiger Ergänzung, die man sich etwa im Sinne einer dreidimensionalen Perspektive vorstellen könnte, wäre der Schlüssel zu einer Erkenntnis der Welt, bleibe aber eine unerfüllbare Sehnsucht89. Nur in der Kunst finde die Sehnsucht nach Erfassung der Welt ihre Erfüllung. Allein die Kunst vermöge das Unsagbare auf geheimnisvolle Weise erfassen: Wo echte Kunst waltet, begreift ein Genie die Welt ohne Sprache. Vielleicht auch der Philosoph. Nur gehen, nur zeigen kann er den geschauten Pfad nicht, sofort bricht das Dunkel herein*0.
Diese Sätze bedeuten die Einsicht in die Vergeblichkeit des eigenen Schaffens. Zwar klingt dabei die alte Rede von den Mystikern an, die was zu sagen haben, es aber nicht sagen können, doch diese Worte werden am Ende eines Lebens und vor dem Hintergrund eines riesenhaften Werkes gesprochen, das nicht 87
Ebd. S. 10. Ebd. S. 64. 89 Ebd. S. 23. »o Ebd. S. 167. 88
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hätte entstehen können, wenn den Verfasser nicht ein verzweifelter Drang nach Erkenntnis und Ausdruck dieser Erkenntnis beseelt hätte. Das verleiht ihnen trotz der konventionellen Form ein besonderes Gewicht. Mauthner wollte ein Dichter werden, zu Beginn wohl, weil ihm das ganz traditionell als die höchste Form menschlichen Daseins galt; mit dem Aufbrechen der Sprachund Erkenntnisproblematik aber, weil ihm der Künstler als der einzige erschien, der Welterkenntnis zu gewinnen und zu geben vermöchte. In der Kritik der Sprache sollte — unter anderem — aus dem Bewußtsein des eigenen Versagens heraus die Vorstellung von dem Dichter als dem Überwinder der Unzulänglichkeit der Sprache widerlegt werden. Doch schon dort blieben Vorbehalte bestehen, wenn auch in Widerspruch zur eigenen Theorie oder wenigstens zu deren Grundlinie91. Jetzt bekennt er sich eindeutig zu ihr. Zugleich kehrt er zu dem romantischen Glauben an eine Idealsprache zurück, die in chaotischer Form in der empirischen Sprache verborgen liege (und das bedeutet auch die utopische Forderung nach einer Befreiung aus diesen Fesseln). Die Dichtung hat sich in doppelter Weise als Siegerin erwiesen: sie sperrte Mauthner aus ihrem Bereich aus und sie konnte den Angriff einer radikalen Sprachskepsis zurückweisen. Fritz Mauthners Sprachkritik blieb wie seine Dichtung vergeblich. Die Drei Bilder der Welt, die letzte Arbeit vor dem Tod, zeigen aber auch, mit welchem Ernst und mit welcher Energie er sich bis zuletzt um eine Klärung seiner Gedanken bemühte, auch dann noch, als die Krankheit seine körperlichen Kräfte immer schneller zerstörte. Die Geschichte des Atheismus ist nicht sein „letztes Credo"92 geblieben. Nach den Fluchtversuchen der Jahre 1903 bis 1921, denen nur ein kurzer Scheinerfolg in der Selbststilisierung als Buddha oder Mystiker beschieden war, nimmt er noch einmal die „Qual des Denkens" auf sich. Das ist bei allen Schwächen ein Zeichen der geistigen und seelischen Größe Fritz Mauthners.
5. Der Tod Im November 1920 unternimmt Mauthner die letzte größere Reise. Er feiert den Geburtstag bei seinen Verwandten in Wien93 und besucht das erste Mal seit Kriegsbeginn wieder Prag. Auf dieser Reise wird er sich deutlich seines Alters bewußt: Ich bin ganz alt geworden, besonders durch die Reise nach Wien und Prag (wo ich Bruder und Schwester greisenhaft fand und in deren Kindern das pflanzenhafte Fortleben der Generationen wahrnahm, ohne das Bewußtsein des Vorlebens in Vater und Mutter) und weil seitdem mein Häuschen « Vgl. oben S. 58—64. 92 Mauthner: Atheismus, Bd. 4, S. 425. 93 An Auguste Hauschner, 21.11.1920 (Briefe Hauschner, S. 224).
Der Tod
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ein Spital geworden ist94. So wird das Leben zu bloßer Illusion und Erinnerung, nachdem es in der Jugend Illusion und Erwartung gewesen war95. Sein Gesundheitszustand wird immer bedrohlicher96, ein längerer Kuraufenthalt in Badenweiler97 und schließlich immer wieder Krankenhausaufenthalte werden nötig. Die ersten Monate des Jahres 1923 muß Mauthner ganz im Krankenhaus Konstanz verbringen, am 29. 6. 1923, wohl bald nach seiner Entlassung, stirbt er im „Glaserhäusle". Die Trauerfeier findet unter Beteiligung des Bezirksvorstandes und des Bürgermeisters von Meersburg in der protestantischen Schloßkapelle statt98. Rudolf Frank verdanken wir eine Schilderung der Beerdigung: Ich sehe mich zusammen mit Heilborn in jenem Juli 1923 zu Schiff von Konstanz nach Meersburg fahren. Das Bodenseeboot bringt schwarz gekleidete Menschen zum schlichten Holzsarg des eben dahingegangenen freien Denkers und Sprachkritikers Fritz Mauthner. An jeder Station steigen trauernde Frauen und Männer hinzu. Alle haben ihn gekannt, fast alle kennen einander. [...] Wir betreten die sonnendurchflutete Rokokokirche. Ein völlig unkirchlicher Dienst beginnt. Der freireligiöse Pfarrer von Keßwyl, ein Freund des Verstorbenen, beginnt mit dem Buddhawort: „Das Nichtsein hat er gepriesen, jetzt ist er das Nichtsein und weiß es nicht." Als einen Befreier von den Dogmen der Wissenschaft und der Kirche, als einen Einsamen, der einengende Mauern niederriß, damit sich die natürliche Blüte des Geistes entfalte, schildert der durchgeistigte Geistliche seinen toten Freund99. Kein Amen erklingt. Im lichten Raum verklingt eine Melodie R. Schumanns. Durch Rebenland bringt das Trauergeleit Fritz Mauthners sterblichen Teil zum hochgelegenen Gottesacker, auf dem die Dichterin Droste-Hülshoff neben dem Seelenarzt Mesmer, S. Freuds frühem, einst so heftig befehdeten Vorläufer, ruht. Und während mein Blick sinnend entzückt über die schimmernden Seeufer schweift, singt eine Mädchenstimme über den Gräbern: „Du bist Orplid mein Land, das ferne leuchtet.. .10°. Am Grab legt Wilhelm von Scholz im Namen des Kiinstlerbttndes Bodensee einen Kranz nieder. Der Stein, ein unbehauener Findling, trägt die Inschrift: Vom Menschsein erlöst. Zu Mauthners Tod erschien noch einmal eine Flut von Zeitungsartikeln101. Der überwiegende Teil stimmt in den jetzt schon rituellen Preis des geistigen 94
Frau Mauthner war auf der Reise schwer erkrankt. An Auguste Hauschner, 10. 2.1921 (Briefe Hauschner, S. 229). 96 Vgl. den Bericht Hedwig Mauthners in einem Brief Mauthners an Auguste Hauschner, 27. 8. 1922 (SPK). Danach litt er vor allem unter Herzschwäche und Arteriosklerose. Die unentwegte Arbeit hatte zudem zu einem Nervenzusammenbruch im März 1922 geführt. 97 An Auguste Hauschner, 5. 3.1921 (Briefe Hauschner, S. 230). 98 Vgl. J. J. St.: An der Bahre Fritz Mauthners. 99 Weidenmann: Fritz Mauthner. 100 Frank: Spielzeit meines Lebens, S. 278. Mauthner scheint dieses Gedicht seit langem geliebt zu haben. In einem Brief an Harry Maync, 4. 11. 1903 (Schiller-National-Museum Marbach) bittet er um interpretatorische Auskünfte. 101 Eine Übersicht bietet das Literarische Echo, 25. Jg. 1922/1923, Sp. 1095—1097. 95
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Befreiers ein, nur selten findet sich eine Würdigung, die um Verständnis bemüht ist102. Dann wird er unheimlich schnell vergessen. Die 1925 geplante Gründung einer Fritz-Mauthner-Akademie erweist sich als ein groß angelegtes SchwindelUnternehmen, der Gründer, ein Dr. Hoffmann, flieht mit 25 000 im Namen der Stiftung aufgenommenen Reichsmark nach Amerika und bringt Hedwig Mauthner in größte finanzielle Bedrängnis103. Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, die auch die Existenz Hedwig Mauthners bedroht104, macht jegliche offizielle Beschäftigung mit dem Sprachphilosophen unmöglich. Nur wenige Getreue, allen voran der Kemptener Oberlehrer Josef Kobl, dessen kleine Mauthnersammlung heute in der Universitätsbibliothek Münster liegt, und Theodor Kappstein, machen es sich zur Aufgabe, Mauthners Andenken weiter zu pflegen. Zum 100. Geburtstag findet in Meersburg noch einmal eine Mauthnerfeier statt, und ein Weg oberhalb der Stadt trägt seinen Namen. Aber in den Wirren der Nachkriegszeit gelingt es nicht mehr, das Werk wieder in Erinnerung zu rufen. Fritz Mauthner ist jetzt wirklich vergessen.
102
Vor allem: Sarnetzki: Der Weise von Meersburg. Sarnetzki betont den Zwiespalt von Dichter und Denker: „Dichter und Denker in ihm, das war der große Zwiespalt. Das eine wollte er sein, und es blieb eine unerfüllte Sehnsucht, und das andere wurde er schließlich aus Naturanlage, aus Wesensart, und es wurde nur zu einem Teil Erfüllung. [.. .] Nie war er sich über diesen tragischen Zwiespalt im unklaren, und er litt darunter." (zit. nach: Das Litterarische Echo, 25. Jg. 1922/1923, Sp. 1096). 103 [Hedwig Mauthner]: Fritz Mauthners Erbe. Vgl. Hedwig Mauthner an Josef Kobl, 1. 7. 1928 und 26. 11. 1929 (Mauthnersammlung der Univ.-Bibl. Münster). 1M Hedwig Mauthner verliert als Frau eines Juden ihre Rente, und es wird ihr verboten, weiter für die Vossiscbe Zeitung zu arbeiten. Das anscheinend mit Hypotheken belastete „Glaserhäusle" soll ihr genommen werden. Durch finanzielle Hilfe Gerhart Hauptmanns können die Schulden getilgt und das Haus in sichere Hände gegeben werden. Hedwig Mauthner dankt in einem Brief vom 9.4.1933 (SPK): „Mein Antworttelegramm klang aus lokalen Gründen sehr nüchtern. Aber Sie kennen ja unser kleines Märchenhaus, nicht daß ich es verlassen sollte, war das Schwerste, ich werde es ja doch bald verlassen, wenn ich endlich zur Ruhe gehen darf, daß es aber unter Spott und Verachtung als Judenhaus in Banausenhände kommen sollte, das machte mich elend. Nun glückt es mir dank Ihrer Hilfe und noch einiger Freunde F. Ms. es definitiv frei zu machen und es nun in sichere Hut zu geben. Auch wenn ich nicht mehr da bin, wird es jetzt bleiben als das, was es ist, ein Heim für Menschen, die in der Stille arbeiten wollen. [...] Nur jetzt lassen Sie mich nicht daran [an die Tilgung der Schuld] denken, sondern nur mich freuen, daß das liebe Häusle gerettet ist, und daß ich auch das letzten Endes wieder F. M. verdanke, wie alles Schöne, was das Leben mir gebracht hat. Und nochmals Dank für die Treue, die Sie gehalten. Wie schön, daß Sie sind, das Leben wäre jetzt schwer, wenn man nicht immer denken könnte, es gibt doch noch Menschen." Gerhart Hauptmann antwortete darauf am 18.6.1933 (SPK): „Lassen Sie sich wegen der Sicherung des übermittelten Geldes bitte kein graues Haar wachsen. Ich freue mich, Ihnen und F. M. einen winzigen Teil des Dankes abtragen zu können, den ich gern schulde, und Sie unbehelligt im doppelt historischen Glaserhäusle zu wissen. Das ist mir Lohn genug."
Schluß: Fritz Mauthner und das neunzehnte Jahrhundert In dem Jahr, in dem Fritz Mauthner in einem kleinen Landstädtchen Böhmens geboren wird, scheitert in Deutschland und Österreich die Revolution. Damit beginnt der Rückzug des liberalen Bürgertums aus der Politik und der Weg Preußens zur deutschen Hegemonialmacht. 1862 wird Bismarck Ministerpräsident und vier Jahre später erlebt der siebzehnjährige Prager Gymnasiast den Einzug Wilhelms I. in seine Heimatstadt. Drei Jahre nach der Gründung des deutschen Reiches deutet Mauthner den preußischen Sieg in seinem Schauspiel Anna schon national-liberal: als Vollendung der demokratischen Einigungsbewegung, als Befreiung Deutschlands von seinen zahllosen Tyrannen und Legitimierung von Preußens Führungsanspruch. Seitdem fehlt in keiner selbstbiographischen Notiz der Hinweis auf die Nähe seines Geburtsortes Hofice zum Schlachtfeld von Königgrätz. Mauthner folgt einem verschreckten, entmutigten Bürgertum, das es nach 1849 zuließ, daß die traditionell demokratische Einigungspolitik zu einem Propagandainstrument für die Machtinteressen Preußens wurde. Es waren Dichter, die ihm darin vorangingen. Der lyrische Abgott der Zeit, Emanuel Geibel, feierte schon 1866 die Schlacht von Königgrätz als ersten Schritt zu einem deutschen Friedensreich1. Man beugt sich einer Realpolitik, die alte demokratische Ziele im Auge zu haben und schließlich im Jahre 1871 auch zu erreichen scheint und nimmt den Verlust politischer Selbstbestimmung für wirtschaftliche Freiheit in Kauf. Wie die demokratische politische Tradition wird auch das literarische Erbe den neuen Verhältnissen angepaßt aufgefaßt. Der Aufstand der Jungen gegen Goethe, die politische Dichtung der 1840er Jahre erlöschen mit der Niederlage der Revolutionäre, die Einordnung des Dichters in die Gemeinschaft unter Verzicht auf die Weihen des Genies ist gescheitert. Die Klassiker und Romantiker werden nun als Monumente nationaler Größe, als Musterbeispiele formaler Vollendung und guten Geschmackes unter Ausschaltung alles Anstößigen vom politisch entmachteten Bürgertum verwaltet und in den Jahren zwischen 1860 und 1900 nahezu kultisch verehrt. Deutlichstes Zeichen dafür ist eine noch nie dagewesene Denkmalsflut2. „Die Bürger, die ihren politischen Tatendrang in Denkmalsvereinen und Festcomit^s abreagierten, setzten den Dichtern zu ihrer eigenen Erbauung Statuen."8 Die Schillerfeier im Jahre 1859 wird 1 2 3
Geibel: Am Jahresschlüsse 1866. — In: Geibels Werke, Bd. 2, S. 226—228. Paul Raabe: Diditerverehrung, S. 79—80. Ebd. S. 87.
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Fritz Mauthner und das neunzehnte Jahrhundert
zwar noch vor allem nationalpolitisch aufgefaßt4, doch wehrt sich schon jetzt Jakob Grimm ausdrücklich gegen eine Förderung junger Künstler5 und tritt statt dessen für eine kultische Verehrung des Dichterheroen ein: ein volk soll doch nur grosze dichter anerkennen und zurückweichen lassen alles was ihre majestätischen bahnen zu erspähen hindert, desto mehr wollen wir sie selbst zur anschau und zu bleibendem andenken vervielfachen, wie der alten götter bilde im ganzen lande aufgestellt waren, schon stehen beide [Goethe und Schiller] zu Weimar unter demselben kränz, mögen auch hier in weiszem marmor oder in glühendem erz vollendet ihre säulen auf platzen und straszen erglänzen und deren barbarische namen tilgen*. Der nale dem dem
Dichterkult des Bürgertums ermöglicht eine bewußt konservative, epigoModedichtung und läßt Dichter wie Emanuel Geibel und Paul Heyse in Glauben, sie erfüllten eine nationale Aufgabe. Ersterer kann noch 1877, Jahr der ersten Berliner Ibsenaufführung, folgendermaßen reimen: Durchs Gewölk die Sterne lausdien, und der Lilie Duft erwacht; willst du mich, wie sonst, berauschen dunkelschwüle Sommernacht7?
Die Dichtung ist erstarrt. Im Jahre 1891 (Fritz Mauthner ist jetzt Mitherausgeber einer der bedeutendsten deutschen Literaturzeitschriften) schreibt ein Kritiker: Die Le ktüre des Volkes war und ist noch heute Dahn, Ebers, Wolff u.s.w. Und warum werden diese Herren gelesen? Sie stehen auf dem Boden derjenigen Anschauungen und Ideale, an denen das Volk hängt, und diese Anschauungen und Ideale sind diejenigen, welche die Goethe-Schiller-Zeit und die Romantik errungen und erschaffen haben. Diese Dichter stehen also, im gewohnten Gleise einer hohen Tradition wandelnd, auf einer gewissen Höhe, auf der obersten, letzten Stufe einer Kulturperiode, in die sich das ganze Volk eingelebt hat8. Im gleichen Jahre beklagt Alfred Kerr bitter das Desinteresse der Zeitschriften an moderner Literatur und die Bevorzugung der Epigonen9, Ludwig Goldstein ein Jahr zuvor die Gleichgültigkeit des deutschen Publikums gegenüber allen Bemühungen, eingefahrene Vorstellungen zu durchbrechen10. Aber nicht nur das Bürgertum, auch die junge, sich nach Neuem und Großem sehnende Dichtergeneration, die sich im Laufe der 1880er Jahre immer deutlicher artikuliert, kommt von der Vergangenheit nicht los. Nicht nur, daß ihnen Autoren wie 4
Vgl. Spitzemberg: Tagebuch (10.11.1859), S. 45: „Diese dreitägige Schillerjubiläumsfeier ist eigentlich eine deutsche Nationalfeier und politische Demonstration; in ganz Deutschland, ja in allen Städten Europas und Amerikas begehen sie alle Deutschen. Schiller dient eigentlich bloß als Aushängeschild und deshalb ist es eigentlich eine recht schöne Feier." 6 Grimm: Rede über Schiller, S. 19—20. o Ebd. S. 23. 7 Geibel: Mittsommernacht, v. 1—4. — In: Geibels Werke, Bd. 2, S. 277. 8 Grottewitz: Dichter als Hohepriester, S. 215. 9 Kerr: Die Zeitschriften und die Litteratur. 10 Goldstein: Litteratur und Publikum.
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Leopold von Sacher-Masoch und Ernst von Wildenbruch wenn nicht als die neuen Dichtergrößen selbst, so doch als deren Vorboten erscheinen11, nein, der ersehnte Dichter muß die Reinkarnation eines Großen der Vergangenheit sein: Ernsthaft hielten wir in unseren Reihen Umschau, ob nicht bereits der neue Goethe, der neue Shakespeare, der neue Dante durch untrügliche Zeichen sich verkünde12.
So berichtet Heinrich Hart aus dem Jahre 1877. Empört über das träge Verharren seiner Landsleute bricht Carl Bleibtreu in die Worte aus: Ich will dir sagen, Volk der Dichter und Denker, was dir gesund wäre: eine gewaltige Zuchtrute, die Gott der Herr über dich schwingt und dich aufpeitscht aus deiner Trägheit, Roheit, Sinnenlust und servilen Hundegesinnung. Und er wird sie schwingen, verlaß dich darauf 13 !
Als dem „Buddha vom Bodensee" in der Schloßkapelle von Meersburg die Totenrede gehalten wird, ist das deutsche Kaiserreich zerstört und ein demokratisches Deutschland entstanden, freilich bedroht von politischem Chaos und wirtschaftlichem Elend. Der bürgerliche geistig-kulturelle Führungsanspruch ist erschüttert und flüchtet sich in elitäre Zirkel. Goethe, in dessen hundertstem Geburtsjahr Mauthner geboren wurde, ist ferne, die Dichtung insgesamt suspekt, steril verhärtet oder immer neuen Experimenten ausgesetzt. Niemand wartet mehr auf den neuen Dante, den neuen Shakespeare, aber Dichter wie George, Rilke, Hauptmann und Hofmansthal müssen damit fertig werden, daß sie sich zu Propheten des Krieges gemacht haben. Fritz Mauthners Welt ist untergegangen, und zehn Jahre nach seinem Tode liefert sich Deutschland der Barbarei aus. Schon dieser Hintergrund von Mauthners Leben weckt Interesse an einer Persönlichkeit, die durch ihren Beruf die geistig-kulturellen Vorstellungen des Bürgertums repräsentiert und deren Scheitern miterleben muß. In der Tat sind bereits äußerlich Mauthner und seine Familie nicht nur „ein Stück des alten Österreich", wie Remus Fighter schreibt, sie sind geradezu ein Abbild der bürgerlichen Gesellschaft der Zeit: der Bruder Gustav Ritter von Mauthner spielt eine hervorragende Rolle im Finanzwesen, der Bruder Ernst in der Industrie, der jüngste, Fritz, dient, von den beiden anderen etwas mißtrauisch und herablassend beäugt, aber doch lebenslang kräftig unterstützt, der Kultur. Hinzukommt, daß er im Zentrum des deutschen Literaturbetriebes, Berlin, an hervorragender Stelle wirkt, mit großem Einfluß auf sein Publikum, ruhmund glanzvoll, wenn auch unter permanentem, meist aber latentem Widerspruch. So strahlt ein Licht von seiner Gestalt auch auf die Gesellschaft zurück, deren Produkt er ist. Das Besondere, Außerordentliche aber an Mauthner ist, daß er geradezu als Symbolgestalt für die geistige Problematik seiner Zeit dienen kann. Markante Lebensdaten und eine exponierte Stellung reichen freilich dazu nicht aus, es muß eine ganz bestimmte Weise, sich mit der Zeit aus11 12
13
Heinrich Hart: Literarische Erinnerungen, S. 30—31 und S. 36—43. Ebd. S. 33. Bleibtreu: Der Kampf um's Dasein der Literatur, S. 110.
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einanderzusetzen, hinzukommen. Theodor Lessing nannte Mauthner einen „in Konkretionen festsitzenden Denker"14, und das gilt ganz besonders für sein Verhältnis zu den Kulturidealen des Bürgertums. Er geht in diesen völlig auf und nimmt sie viel ernster und wirklicher, als es die Gesellschaft tut, die sie hervorgebracht hat. Er treibt sie auf die Spitze und steht dann unvermittelt ihrer Leere gegenüber, die ihm jeden Ausweg in Kompromisse versperrt. So wird die Vernichtung eines Ideals für ihn im wahrsten Sinne des Wortes zu einem bestürzenden Ereignis. Dieses sein ganzes Leben umfassende Widerspiel von Hingabe und Protest verleiht seiner Gestalt exemplarischen Charakter. So findet man nicht nur das ohnehin schon Erkannte wieder und bestätigt, es wird kontrastiv verdeutlicht und in seiner Selbstverständlichkeit erschüttert. Mit seinem Leben und seinem Werk repräsentiert Mauthner den Typ des kaiserzeitlichen Bildungsbürgers, aber er geht nicht in ihm auf. Er ist wie wenige anfällig für modische Strömungen, aber er widerruft auch, stellt sein Wirken total in Frage und beginnt von neuem auf anderen Wegen und mit anderen Mitteln. Das hebt ihn über seine Zeit und die literarischen Kollegen hinaus, und seine private Problematik, deren Dokument die Kritik der Sprache ist, wird gegen Ende seines Lebens die Problematik einer ganzen Generation, ja, ist in Relikten auch noch diejenige der Gegenwart. Am deutlichsten und scheinbar ohne inneren Widerspruch folgt Mauthner den politischen Vorstellungen des überwiegenden Teils des deutschen Bürgertums, schon deshalb, weil er wie dieses eine strenge Trennung von Kultur und Politik vollzieht und nur in der Kultur eine würdige Aufgabe erblickt. Mauthner hält sich stolz für unpolitisch, für einen Mann zwischen den Parteien. Das bestätigt er sich hin und wieder durch wohlwollende Äußerungen zum sozialdemokratischen Theater oder durch Seitenhiebe auf die kaiserliche Kulturpolitik. Im Grunde aber ist er dem Deutschen Reich und seinem Architekten Bismarck bedingungslos ergeben. Das Reich ist ihm der Boden, auf dem eine neue Dichtung entstehen kann, der .neue Boden, den Gervinus gefordert hatte18: Der Grund ist umgerodet. Was auch die Parteien vermissen mögen, der Luther der Regierungen hat seine Arbeit vollbracht, Bismarck hat genau wie Friedrich der Große ein geistiges Leben möglich gemacht, als er nur politisch einzureißen und zu bauen vermeinte. [...] Noch haben wir keine neue nationale Blüte [in der Literatur], aber wir haben seit mehr als zwanzig Jahren einen nationalen Boden18.
Mauthner rechtfertigt Bismarcks Reichsgründung letztlich damit, daß sie eine neue Kultur ermögliche, ganz ähnlich wie sich die jungen Dichter um das soziale Problem eher deshalb zu kümmern scheinen, weil sie eine neue Dichtung schaffen, als weil sie in die gesellschaftlichen Verhältnisse aktiv eingreifen wollen. 14 15 19
Theodor Lcssing: Kritik der Sprache, S. 413. Gervinus: Geschichte der deutschen Literatur, Bd. 5, S. 662—667. Mauthner: 1832—1892. Ein Rückblick und ein Ausblick (1892), S. 70.
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Der „Mann ohne Uniform" ignoriert konkrete Probleme nahezu völlig oder verwertet sie — wie das Treiben der Berliner Antisemiten — in seiner Dichtung. Mauthners Reichsenthusiasmus ist noch nicht allzu auffällig, und nur wenige stehen dem neuen Reich so skeptisch gegenüber wie Wilhelm Raabe, Theodor Fontäne oder Friedrich Nietzsche. Auch die meisten naturalistischen Dichter (so etwa Heinrich und Julius Hart, Michael Georg Conrad und Ferdinand Avenarius) fühlen sich in diesem Staate wohl oder trauen ihm zumindest eine positive Entwicklung zu. Albert Soergel stellt von den Naturalisten ganz allgemein fest, sie „waren deutsch gesinnt und national begeistert"17. Aber bei den meisten wird die national-konservative Grundhaltung doch durch ein Engagement für die Arbeiterschaft oder wenigstens für die Armen durchbrochen, und das bringt sie in Konflikt mit den Vorstellungen des Bürgertums18. Mauthner jedoch vertritt diese rein, denn auf Grund seiner böhmischen Herkunft sieht er vor aller Sozialpolitik als erste realpolitische Aufgabe nach der Einigung die Unterstützung der Deutschen in seiner Heimat, eine Aufgabe, die er ganz im Sinne des Bildungsbürgertums weniger national-machtpolitisch als vielmehr kulturell begründet. Sein in der Auseinandersetzung mit den Tschechen gewachsenes Nationalbewußtsein bewahrt der Prager auch in Berlin. Dort fehlt zwar der aktuelle Hintergrund, aber der nun ganz irrationale Reichspatriotismus kann lebendig bleiben, weil er in völligem Einklang mit dem Nationalgefühl des entpolitisierten Bürgertums steht. So ist es Mauthner möglich, den Anforderungen einer „modernen" Dichtung zu folgen, der Carl Bleibtreu zwei große Themen stellt, die „sociale Frage" und den „Gegensatz der Nationalitäten"19, ohne an dem Reich und an Bismarck jemals zu zweifeln. „Sancte Bismarck, magister germaniae, ora pro nobis", schließt noch das Nachwort zu den 1918 erschienenen Erinnerungen20. Gesellschaftskritik erschließt nur der Dichtung neue Stoffbereiche. So kann er im Villenhof das Elend der Armen und die moralische Verworfenheit der führenden Schichten darstellen, diese Kritik aber wieder ohne jede Ironie durch die Liebe eines edlen Paares aus verschiedenen Schichten neutralisieren und durch eine am Ende alles regelnde, königliche Prinzessin überspielen. Auch wie er nach der Entlassung Bismarcks als vehementer, wenn auch in der Praxis meist verhinderter Kritiker des Kaisers auftritt, kann von echter politischer Opposition nicht die Rede sein. Mauthner findet sich in Gesellschaft vieler Anhänger des Eisernen Kanzlers, die Wilhelm II. wegen der Beleidigung ihres Idols böse sind. Bekannter Exponent dieser Richtung ist lange Zeit Maximilian Harden. Die Beschränkung auf die Person des Kaisers, der dem Reich nicht zur Ehre 17
Soergel: Dichtung und Dichter der Zeit, Bd. l, S. 3. Vgl. Hcrmand: Der verdrängte Naturalismus. — In: Hermand: Der Schein, S. 26—38. 18 Bleibtreu: Revolution, S. XXIII. 50 Mauthner: Erinnerungen, S. 349. 18
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gereiche, steht einer ernsthaften Opposition geradezu im Wege, sie verkörpert nur eine besondere Form der Loyalität gegenüber dem Staat. Geradezu exemplarisch wird Mauthners Verhalten in den Kriegsjahren; es ist sicher kein Zufall, daß er im Mittelpunkt der erbitterten Angriffe Theodor Haeckers auf die Kriegsbegeisterung und Kriegspropaganda der deutschen Intellektuellen steht. Das Berliner Tageblatt, wohl die verbreitetste Zeitung Deutschlands, verleiht seiner Stimme ein außerordentliches Gewicht, so daß man in ihm eine Art Chorführer sehen kann, sei es in ganz konkreten Fällen wie der Beschimpfung Carl Spittelers oder allgemein im Preis des Krieges als einem Mittel, die Einheit der Deutschen nach dem Kraftakt Bismarcks mystisch zu vertiefen. Deutliches Zeichen seiner Hilflosigkeit gegenüber dem Krieg ist der mühsame Versuch, Kriegspropaganda und Sprachphilosophie zu verbinden21. In ganz ähnlicher Weise sucht Rilke seine Kriegsdichtung durch den parodistischen Bezug zu Hölderlin zu rechtfertigen. Die Fünf Gesänge vom August 191422 lösen sich aber in Konfrontation mit der Zeitungspropaganda in eine poetisch aufbereitete Sammlung von Schlagworten auf. Die von den Vorstellungen des deutschen Bürgertums geprägten Dichter und Denker versagen gegenüber dem Krieg, weil sie einem Dichtermythos verfallen sind, der ihnen jeden Zugang zur Wirklichkeit versperrte. So bleiben ihnen nur die Trümmer einer zusammengebrochenen Kultur zur Garnierung des Banalen. Aber nicht nur mit seiner Wehrlosigkeit gegenüber der offiziellen Propaganda und der Bereitwilligkeit, sich in ihren Dienst zu stellen, darf Mauthner als Musterbeispiel gelten. Der „Buddha vom Bodensee" ist seiner Einsamkeit müde geworden und hofft, von einem immer problematischer empfundenen und durch den Krieg ad absurdum geführten Dichter- und Denkertum loszukommen, endlich im Volke aufzugehen und ihm zu dienen, und sei es auch nur als Sänger und Prophet seiner Größe. Zugleich ist der Krieg für viele aber auch Befreiung aus einer ganz persönlichen geistigen Not. Rilke klagt ein knappes Jahr vor Kriegsbeginn in dem Gedicht Tränen, Tränen, die aus mir brechen23 über sein dichterisches Verstummen, Mauthner hat sich selbst zum Schweigen verurteilt und konnte seinem Urteil nicht standhalten. Der Krieg dient den bürgerlichen Intellektuellen ganz allgemein als ein Mittel zur Klärung der eigenen Position, als Fluchthilfe vor den Widersprüchen ihrer Existenz24. Das gilt ebenso für einen Mauthner wie für Rilke oder George. Für Mauthner spricht nur, daß er 1918 an dem Zusammenbruch beinahe selbst zerbricht. Nur scheinbar kompliziert sich Mauthners Situation durch seine jüdische Herkunft25. Er löst für sich das Problem, einer lange Zeit unterdrückten und 11 22 23 24 25
Vgl. etwa Mauthner: Der Sinn des Lebens (1917). Rilke: Sämtl. Werke, Bd. 2, S. 86—92. Rilke: Sämtl. Werke, Bd. 2, S. 406. Vgl. Mosse: Krise, S. 7. Vgl. zu Mauthners Verhältnis zum Judentum: Weiler: Fritz Mauthner, a study.
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verachteten, kaum erst gesetzlich gleichberechtigten Volksgruppe anzugehören, von der man plötzlich erwartete, daß sie sich mit den bisherigen Unterdrückern völlig identifizierte, ganz einfach: er will Deutscher sein und nichts als Deutscher. Zwar scheint ihn sein Herkommen zu allem anderen eher zu prädestinieren als zum kulturellen und politischen Repräsentanten des deutschen Bürgertums in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, und es fällt tatsächlich schwer, sich den Sohn eines jüdischen Webereibesitzers aus einem kleinen böhmischen Städtchen als den gutsituierten Berliner Familienvater vorzustellen, der nach bester bürgerlicher Norm seiner Tochter die Ehe mit einem armen Künstler verbietet26. Und doch verläuft diese Entwicklung gradlinig. Die assimilationsbereiten Juden vergessen wie das politisch weitgehend entmachtete, auf die „Kultur" zurückgeworfene deutsche Bürgertum eine Tradition. Beide bemühen sich deshalb um Bewahrung und Eroberung des „deutschen Geistes" in den überlieferten Kulturgütern, die immer stärker absolut gesetzt werden. Bismarcks Reich bietet dazu einen Freiraum und vermittelt auch den jüdischen Bürgern ein Gefühl der Geborgenheit; die jüdische Oberschicht bindet sich eng und dauerhaft an die Nationalliberalen27 und folgt im Verlauf der 1880er Jahre dem nationalen Flügel der Partei, um ihre gerade gewonnene Position innerhalb des Bürgertums nicht zu gefährden und erneut einer Isolierung anheim zu fallen2e. Wenn Jacob Toury von einem Linkstrend der jüdischen Intellektuellen nach 1880 spricht, so gilt das nur mit Einschränkung. Nicht nur die jüdische Oberschicht nämlich, bei der ökonomische Interessen eine wichtige Rolle gespielt haben mögen, trat für eine totale Assimilation ein. Conrad Alberti etwa, einer der führenden Vertreter des Münchener Naturalismus, verficht noch 1889/90 in zwei Aufsätzen in der G«e//jcfed/i29 die These von den inneren Fäulnis des Judentums, das — wie auch das Christentum — seine geschichtliche Mission erfüllt habe80 und untergehen müsse31. Juden und Antisemiten fordert er auf, „sich zu vereinigen unter dem Banner freien und reinen Menschentums, in dem Feuer glühender Vaterlandsliebe. Denn im Deutschtum sehe ich mit Fichte den einzigen unangreifbaren und ewig idealen Besitz unseres Volkes [.. .]"s2. Diese Aufsätze bleiben nicht unwidersprochen83, aber Alberti steht sicher auch nicht allein, jedenfalls trifft er genau Mauthners Anliegen. Noch in einem 26
Vgl. Mauthner an Auguste Hausdiner, 7. 4.1897 (SPK). Toury: Die politisdien Orientierungen, S. 124—139. 28 Messe: Krise, S. 12—13. 29 Alberti: Judentum und Antisemitismus. Ders.: Nodi einmal: Judentum und Antisemitismus. 30 Alberti: Noch einmal: Judentum, S. 365. 31 Ebd. S. 361. 82 Ebd. S. 349. 33 Vgl. etwa Franz Held: Die Mission des Judentums. Held widerspricht Alberti mit seiner These von der weltgeschichtlichen Mission des modernen Judentums, das auf 27
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Brief aus dem Jahre 1905 scheint Albertis Aufruf an die Juden: „Fühlt euch ganz als Deutsche!"34 widerzuklingen: Gäbe es aber einen ernsthaften und unlösbaren Widerspruch zwischen Judentum und deutschem Volkstum, dann wäre ich Antisemit. So sehr und so ganz bin ich Deutscher35.
Judentum wird auch für den Sprachphilosophen zu einem geistesgeschichtlichen Phänomen, zu einer bestimmten Form des Denkens, das sich an Worte klammert und von Worten tyrannisieren läßt86. Deshalb wendet er sich gegen das verbreitete Klischee von dem jüdischen Intellektuellen37, wie ihn etwa Theodor Lessing in seiner Besprechung der Kritik der Sprache heraufbeschwört: Zerfahrene Vielgeschäftigkeit, betriebsamer Wissenshochmut bei innerer Traditionslosigkeit; maßloser Ehrgeiz und die immer atemlose Eitelkeit sprunghafter Geistesführung; fernerhin das unschöpferische Überwuchern alles kritischen, rezeptiven und ornamentalen Beiwerks bei dürftiger Schwäche der positiven Grundlagen38.
Denn eben diese Typisierung schien eine wirkliche Assimilation in Frage zu stellen. Nur scheinbar in Widerspruch dazu steht Mauthners mit dem Alter wachsende antijüdische Einstellung. Er gefällt sich immer mehr in abfälligen Äußerungen über jüdische Bekannte89. Anscheinend will er sich so der gelungenen Assimilation versichern und seinem Deutschtum das letzte Opfer bringen. In eigenartigem Gegensatz dazu steht aber Mauthners enge Freundschaft mit dem jüdischen Anarchisten und Sozialisten Gustav Landauer. Zwar betont der Sprachphilosoph immer wieder, daß er mit dessen politischen Bestrebungen nichts zu tun habe, aber er unterstützt ihn, wo er kann, und versucht, letztlich freilich vergebens, über alle Meinungsverschiedenheiten hinweg die Freundschaft zu erhalten. Offenbar empfindet Mauthner ein geheimes Unbehagen und will seine Entscheidung (und auch das ist eine typisch bürgerliche Lösung) auf privater Ebene zurechtrücken. Wirklich bewegt aber hat Mauthner weder seine jüdische Herkunft, noch seine Entscheidung für Bismarck und das deutsche Reich, bewegt hat ihn vor allem die Frage nach seinem Dichtertum. Und diese Frage konnte nur deshalb Grund des ihm eingeborenen Kosmopolitismus den Weltstaat der Zukunft vorzubereiten berufen sei. 34 Alberti: Noch einmal: Judentum, S. 366. 35 Mauthner an Clara Levysohn, 29.11.1905 (Weiler: Fritz Mauthner, a study, S. 146). 38 Mauthner: Atheismus, Bd. l (1920), S. 170 u. ö. 37 Mauthner: Scepticism and the Jews (1924). Ms. der deutschen Originalfassung im LBI. 38 Theodor Lessing: Kritik der Sprache, S. 410. Vgl. auch die Bemerkung Rathenaus, er traue den Juden keine philosophische Kraft zu (Rathenau an Mauthner, 18. 7. 1902, LBI). Zu diesem Komplex: Toury: Die politischen Orientierungen, S. 267—272. 3 » Vgl. die Briefzitate bei Weiler: Fritz Mauthner, a study, S. 146—148.
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ein solches Gewicht für ihn gewinnen, weil er der Dichtermythisierung des neunzehnten Jahrhunderts gänzlich verfallen ist. Bezeichnenderweise taucht schon in seinen ersten Arbeiten das Thema des verfehlten und angemaßten Künstlertums auf. Die deutliche Anlehnung der Erzählung vom Goldenen Fiedelbogen an Grillparzers Armen Spielmann weist zwar auf eine literarische Herkunft des Zweifels an sich selbst, ist aber doch bedeutungsvoll, denn Mauthner sieht in der Erzählung des verbitterten Dichters nicht nur eine der schönsten deutschen Novellen40, er wertet sie vor allem als persönliches Bekenntnis eines Mannes, „der seinen Dichterehrgeiz für einen stillen Wahnsinn hielt und in solcher müden Stimmung der Welt verzieh"41. Das klingt — 1891, ein Jahr vor Beginn der Niederschrift der Kritik der Sprache geschrieben — wie ein Selbstbekenntnis. Mauthner erscheint seine Berufung von Anfang an zweifelhaft und deshalb verschleiert er seine Entscheidung mit einer Erweckungslegende angesichts des drohenden Todes42. Doch die Zweifel bleiben. Zeichen dafür ist die lebenslange Suche nach Masken und die Orientierung an Vorbildern. Zweifel an der eigenen Dichtung und an dem Sinn der Dichtung überhaupt und die Übermacht der Tradition verführen oder zwingen manchen Dichter des neunzehnten Jahrhunderts, sich hinter Masken zu verstecken oder sein Leben nach großen Vorbildern auszurichten. Friedrich Nietzsche versucht es als Dionysos, Detlev von Liliencron als naiver preußischer Landjunker, Stefan George gibt sich als Dante, Thomas Mann als Goethe. Der Journalist Heinrich Landsberger schreibt unter dem Pseudonym Heinrich Lee und möchte schon in jungen Jahren wie der alte Goethe wirken 48 , auch Paul Heyse ahmt im Leben den vergötterten Dichter nach44. Es ist ein Zeichen für Mauthners andauernde Unsicherheit, aber auch für seine permanente Selbstkritik, daß er sich nicht mit einer einzigen, konsequent durchgehaltenen Maske zufrieden geben kann, sondern immer neue Masken auf ihre Brauchbarkeit hin prüft und wieder verwirft. Zwar stehen sie immer in einer Zeitmode (so sieht er sich etwa auf dem Höhepunkt des weitverbreiteten Buddhafiebers vor 1914 eben als Buddha), doch drückt sich in der Wahl stets ein Programm aus oder, wenn sich Mauthner auf ein Dichterschicksal beruft, die Deutung des eigenen Lebens und Wirkens. Noch ganz schülerhaft-literarisch erscheint er in Prag als Mephisto, aber reizt (sicher nicht ohne sein Zutun) auch noch in den späten Berliner Jahren zu einem Vergleich mit dem großen Verneiner. Das dichterische Pendant dazu ist der Spötter Lukian. Diese Maske macht ihn unangreifbar und erlaubt es ihm, unter ihrem Schutz andere, ernsthaftere Stilisierungen zu versuchen. 40
Mauthner: Grillparzer (1891), S. 45. Ebd. S. 46. « Vgl. oben S. 115—116. 43 Gumppenberg: Lebenserinnerungen, S. 252. 41 Soergel: Dichtung und Dichter, Bd. l, S. 28. 41
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Zunächst spielt der glühend verehrte Gottfried Keller eine entscheidende Rolle. Mauthners erster Roman will ja die eigene Jugendgeschichte dichterisch gestalten. Sicher nicht zufällig heißt dabei der Held Heinrich. Krass aber wird die Anlehnung an den Grünen Heinrich, wenn Mauthner später als den Angelpunkt seiner Entwicklung ein tragisches Verhängnis seiner Jugend, das sein ganzes Leben geformt haben soll, sieht und dieses Verhängnis ausgerechnet ein Schulerlebnis ist, in dem großes, nicht wieder gut zu machendes Unrecht geschehen sei, und das er in den Erinnerungen (wie Keller im Grünen Heinrich) pathetisch beklagt. Nur — und darin zeigt sich das Gewaltsame des Anlehnungsversuches — Keller mußte mit fünfzehn Jahren für immer die Schule verlassen, der achtjährige Mauthner dagegen darf seiner Meinung nach nicht rechtzeitig aufs Gymnasium! Der Drang nach Anlehnung (und das heißt: das Gefühl der Unsicherheit) ist so stark, daß er die relative Geringfügigkeit des ihm angetanen Unrechts gar nicht bemerkt oder bewußt ignoriert. Mit dem Wechsel vom Dichter zum Philosophen ändert sich auch der Anspruch an die Maske, die Prägung durch sie wird schärfer, ein deutliches Zeichen, daß die eigene Existenz noch stärker bedroht ist. Mauthner wird zum Buddha und versucht so, sich von seinen Worten zu lösen, ohne sie aufzuheben; den Rückzug in die Idylle von Meersburg sieht er gespiegelt im Schicksal Shakespeares. Vor Kriegs- und Nachkriegszeit wird das alles hinfällig und zuletzt bleibt nur noch der abgetragene Mantel des religiösen Aufklärers. Daß er die modische Maske des Propheten verschmäht, hängt wohl weniger mit seinen Absichten (auch Mauthner verkündet weltbewegende Botschaften) zusammen als mit dem mangelnden Echo, dem Fehlen einer Gemeinde. Davor hat ihn die Härte und Unerbittlichkeit seiner Erkenntnis bewahrt und mit ihr wächst er über seine Zeit und die eigenen Masken hinaus. Die Botschaft der Kritik der Sprache kommt aus dem Mund des Berliner Theaterkritikers Mauthner völlig überraschend und hat wohl bei vielen seiner Kollegen das grenzenlose Erstaunen ausgelöst, das Alexander Moszkowski in seinen Erinnerungen für sich bezeugt. Mit Recht, denn äußerlich gleicht Mauthners Lebensweg und seine Schriftstellerei verblüffend dem vieler kaiserzeitlicher Literaten: Wie etwa Alexander Moszkowski, Maximilian Harden und die Brüder Heinrich und Julius Hart kommt er aus der Provinz und macht sein Heil in der aufblühenden Reichshauptstadt Berlin. Der Typ solch journalistischer Aufsteiger ist schon um 1890 ein Gegenstand der Satire45. In der Hauptstadt bietet das außerordentliche Interesse des Publikums am literarischen und kulturellen Betrieb, soweit er sich öffentlich abspielt, dem begabten Kritiker eine weit beachtete Starrolle und einen sicheren Platz in der Gesellschaft. Mauthner wird zum umworbenen „ästhetischen Orakel", ganz ähnlich wie Paul Lindau und genau wie dieser schreibt er mit unterschiedlichem 45
Mit antisemitischem Vorzeichen etwa bei Erwin Bauer (s. oben S. 181).
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Erfolg, aber im ganzen doch weit beachtete „moderne" Romane46. Einigen Rezensenten gilt er gar als naturalistischer Avangardist, erhebt allerdings selbst auf diesen Titel nie Anspruch. Mit seinen Gesellschaftsromanen wirkt er wie ein Zwillingsbruder Lindaus. Nicht nur äußerlich (beide schreiben eine Reihe „Berliner Romane", deren erster Band jeweils 1886 erscheint), auch in den dargestellten Konflikten und dem Personalapparat gleichen sich die beiden verblüffend47. Von daher fällt es schwer, einen Mauthner von einem Lindau zu unterscheiden. Was sie zunächst trennt, ist der Ernst, mit dem Mauthner sein Handwerk betreibt. Bereits der junge Dichter und Journalist verzichtet aus Entrüstung darüber, daß seine Parodien dem Amüsement dienen und ihn zum Witzbold zu stempeln drohen, daß das Publikum seine kritische Absicht nicht begreift (wobei es keine Rolle spielt, ob das Mißverständnis nicht selbstverschuldet ist) auf diese sichere Einnahmequelle und den gebahnten Weg zum Ruhm. Auch mit seiner Rolle als bewunderter Literaturkritiker kann er sich nie zufrieden geben. Denn wirklich Ernst ist es ihm nur mit einer einzigen Sache: er will ein Dichter sein. Dabei beweist sich die Macht eines Dichterbildes, dessen Beständigkeit mit dazu beigetragen hat, eine deutsche naturalistische Dichtung zu verhindern oder doch im Keim zu ersticken. Dieses Bild verträgt sich nicht mit großstädtischem Glanz und nicht mit einer Paraderolle im Kulturbetrieb: Mauthner erscheint sein Dasein als Widerspruch zum echten Künstler. Denn dieser ist „scheu, schweigsam und zaghaft"48, und „die Muse ist das Kind der Einsamkeit", wie Carl Bleibtreu einmal feststellt49. Dieses Dichterideal ist keineswegs nur das des Bürgertums, das sich mit dessen Interesse, der Dichtung einen geheiligten Bezirk jenseits der Wirklichkeit zuzuweisen und den Dichter zu entpolitisieren, erklären ließe. Wenn Heinrich Hart berichtet, ein Freund habe ihn 1877 in einem Sonett gefeiert, „das mit den volltönenden Worten ausklang: ,Prophet und Dichter jeder Zoll'"50, so mag man dies noch mit jugendlichem Überschwang entschuldigen. Aber noch Mitte der 1880er Jahre, als die ausländischen Realisten und ihre Programme schon bekannt waren, gibt sich der Kreis um die Brüder Hart als ein Verein romantischer Genies: Wer sich am tollsten gebärdete, galt für das überragendste Genie. Mehrfach stritten sich die Leutchen darum, wer für den Verrücktesten zu gelten habe; es galt für eine besondere Ehre, Irrsinnsanwandlungen zu haben. Trumpf war es, wenn einer nachweisen konnte, daß er bereits einmal, vielleicht mehr4
In den 1890er Jahren zählt Mauthner zu den Lieblingsautoren der österreichischen Volksbibliotheken (vgl. Schenda: Volk ohne Buch, S. 467). 47 So finden wir etwa in Lindaus Der Zug nach dem Westen die intrigante, um gesellschaftlichen Aufstieg bemühte Schönheit, ihre Gegenspielerin, das reine, natürliche Mädchen, und zwischen beiden den aufrechten, naiven Künstler. 48 Bleibtreu: Rez. Goncourt: Henriette Marechal, S. 297. 49 Ders.: Der Dichter an sich. — In: Bleibtreu: Revolution, S. 80—95, dort S. 89. 50 Heinrich Hart: Literarische Erinnerungen, S. 33.
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Gewiß verzerrt hier die antibürgerliche Haltung das zugrunde liegende Dichterbild, aber schon 1890 wird Hermann Conradi bei seinem Tode als Künstlerprophet gefeiert82 und Carl Bleibtreu hält die Dichter für „Gefäße der göttlichen Gnade, des heiligen Geistes, der über den Dingen schwebenden Zentralkraft''53. „Der Dichter hält sein Auge auf das Ewige und Unsichtbare gerichtet"54 und „die Sehnsucht nach dem Unendlichen ist das innerste Mysterium der Poesie"56. Der Dichter gilt mehr als der Mensch der Tat56 und wird als ein höheres Wesen der Gesellschaft und den dort herrschenden Gesetzen entrückt57. Der letzte Grund der Dichtung ist nicht die Darstellung der „objektiven" Wirklichkeit, nicht eine Analyse der Zeit und nicht der Kampf um die Befreiung des Menschen, überhaupt nicht eine wie immer geartete überindividuelle Wirklichkeit58, sondern der Schmerz der eigenen Seele. „Nur wem der Schmerz die Brust zerissen, [. . .] nur dem wird ein weihevoller Sang entquellen."59 Bürgertum und schriftstellerische Avantgarde, Dichter wie Emanuel Geibel und Hermann Conradi sind sich letztlich einig in der Anerkennung desselben Dichterideals, und es hat nur symbolische Bedeutung, daß Mauthner als vierjähriger an der 1853 gegründeten Gartenlaube, der immer wieder zitierten Kronzeugin bürgerlichen Geistes, lesen lernte und 1871 recht eigentlich zum Dichter erwacht. Der Mythisierung des Dichters steht die Forderung nach einer neuen, zeitgemäßen Dichtung gegenüber. Deshalb verzichtet auch Mauthner schnell und leicht auf eine romantisch gefärbte Stimmungsdichtung, nachdem sich die ironisch-sentimentale Brechung im Stile Heines als nicht mehr aktuell erwiesen hat. Für die fruchtbare Aufnahme neuer Stoffe aber, für eine Dichtung im Kampf gegen eine ungerechte gesellschaftliche Ordnung fehlt ihm aber sowohl 51 52
Ebd. S. 51.
Soergel: Dichter und Dichtung, Bd. l, S. 93. Bleibtreu: Der deutsche Dichter und sein Publikum. — In: Bleibtreu: Revolution, S. 73—79, dort S. 76. 54 Bleibtreu: Revolution, S. XXIX. 55 Bleibtreu: Der Dichter an sich. — In: Bleibtreu: Revolution, S. 80—95, dort S. 89. 56 Vgl. ebd. S. 89: „Wenn der Dichter auf den Trümmern individueller Emotionen, von denen sonst jeder beherrscht wird, seine unsterblichen Gebäude errichtet, da liegen Großtaten des menschlichen Willens in den geheimnisvollen Tiefen des Unbewußten verborgen, mit denen sich keine Großtat der Realität vergleichen läßt." " Vgl. Bleibtreu: Revolution, S. XXIX. 58 Nur selten wird in den Literaturzeitschriften eine gesellschaftsgebundene Dichtungstheorie vertreten. Vgl. etwa Julius Hillebrand: Naturalismus schlechtweg, S. 233: „Sie [die Gegner des Naturalismus] verkennen nämlich ganz den untrennbaren Grund und Zusammenhang der Poesie mit dem sozialen Leben und der Wissenschaft. Die Kunst ist ebenso ein Produkt der jeweiligen Gesellschaftszustände wie etwa Ethik oder Politik." s " Bleibtreu: Revolution, S. XXVIII. ss
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die politische Einsicht wie die gerechte Empörung. Vor allem aber: engagierte Dichtung gilt ihm nicht als die reine, wahre Dichtung. Der wahre Dichter gehört dem Bereich der „blauen Maria" an, darf weder „Tendenz treiben" noch die Wirklichkeit abschildern. Dem engagierten Dichter bleibt nur die Aufgabe der Zerstörung des Abgelebten, in ihren größten Vertretern, etwa Ibsen, sieht Mauthner deshalb tragische Gestalten. Ganz ähnlich urteilt Carl Bleibtreu: Und woran gehen Björnson und in kleinerem Maße Turgenieff, Ibsen und ähnliche Geister zu Grunde? Sie haben mitgeholfen, falsche Götzen zu zertrümmern, aber sie fühlen den Gott des Ideals, den Geist des Schönen in ihrer Brust — und müssen sich sagen, daß auch dieser Gott sein Reich verlor [.. .] .
Die Naturalisten gelten weder dem Bürgertum noch der kritischen und dichterischen Avangarde als wahre Dichter und kaum hat sich um 1890 die neue literarische Bewegung herauskristallisiert, da kann man schon im Magazin für Litteratur lesen: „Wir sehnen uns wieder nach Schönheit."61 Der Dichtermythos bricht in dem Glauben an den Dichter der Zukunft, den „Führer" zu „neuen Zielen", den „Fürsten" und „Hohepriester", den „Seher" und Propheten"82 Denn derjenige Dichter, der mit neuen, positiven Werten hervortritt, der aus den Entwicklungsanschauungen Darwins die poetische Naturkraft zu ziehen und dem Volke zu geben vermag, der wird von diesem gepriesen, erhoben, angebetet werden. Mit trunkenem Entzücken wird die Menschheit seinen Worten lauschen, erschüttert und zermalmt wird es vor ihm niederfallen und begeistert und hingebungsvoll wird es ihm folgen — ihm, dem Hohepriester.. ,M.
In diesen Sätzen offenbart sich der Widerspruch der naturalistischen Bewegung in Deutschland, an dem sie zugrunde gegangen ist: eine materialistische, naturwissenschaftliche Weltauffassung soll mit einem romantischen Dichter- und Dichtungsideal versöhnt werden, das allerdings in einer typisch kaiserzeitlichen Verzerrung erscheint: der Dichter als weltlicher Führer. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, auf welch verlorenem Posten Arno Holz mit seiner Ablehnung von Intuition und Inspiration als Grundlage der Dichtung und mit ihrer naturwissenschaftlichen Erklärung steht, und nur dieser Hintergrund macht verständlich, daß ein Dichter wie Stefan George wenige Jahre später beherrschenden Einfluß gewinnen konnte. Dieser Mythos vom Dichter ist für Fritz Mauthner verbindlich. Im Jahre 1892, als er schon an der Kritik der Sprache arbeitet, schreibt er: „Die neue Weltanschauung kann nur von der Kunst der Zukunft geformt werden, in Sprache geformt werden nur von dem kommenden Dichter."84 Doch anders M
Bleibtreu: Revolution, S. XXI. Pfütze-Grottewitz: Neuer Stil und neue Schönheit, S. 87. Grottewitz: Dichter als Hohepriester, S. 215/216. ea Ebd. S. 215. " Mauthner: 1832—1892. Ein Rückblick und ein Ausblick, S. 70. 61
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als die meisten Zeitgenossen mißt er daran auch das eigene Schaffen. Das Dichterbild des bürgerlichen neunzehnten Jahrhunderts, abgeleitet aus den Größen der Vergangenheit in dem Bemühen, den Dichter der profanen Wirklichkeit zu entreißen und zu einem Gegenstand nationaler Andacht zu erheben, wird für Mauthner zu einer verpflichtenden Realität. Er spricht nicht nur von dem Gott in seiner Brust, er möchte ihn dort auch wirklich finden. Denn anders als etwa seinen „Zwillingsbruder" Paul Lindau kann ihn der Glanz des Erfolgs über seine Schwäche nicht hinwegtäuschen. Das Gefühl, seine Seele nicht geben zu können, kein Künder der Wahrheit zu sein vermag er nicht zu verdrängen. Konsequent verzichtet er deshalb auf die Dichtung. Dabei spielt die allgemeine literarische Entwicklung sicher eine wichtige Rolle, denn um die Zeit der letzten dichterischen Versuche Mauthners, um 1895, ist der Umschlag von der naturalistischen zu einer restaurativ-romantischen Dichtung in vollem Gange. Selbst Gerhart Hauptmann wendet sich, wenn auch nicht ausschließlich, der Märchenund Mythendichtung zu; Arno Holz widerruft 1899 die naturalistische These von der erneuernden Kraft neuer Stoffe und rehabilitiert die Lyrik; mit Nietzsche wird der rauschhafte Abstieg in die eigene Seele, der letzte Bezirk, der dem Dichternarren nach dem Ausschluß von der Wahrheit (und das heißt auch von der Wahrheit, wie sie die Naturalisten von der Dichtung gefordert hatten) wieder zum Zentrum der Dichtung, und die Kunst des schönen Scheins, die sprachliche Virtuosität triumphiert in dem Dreigestirn George, Rilke, Hofmannsthal. Selbst der Prophet Zolas in Deutschland, Michael Georg Conrad, schreibt 1902 den reaktionär-romantischen Königsroman Majestät und verherrlicht darin Ludwig II. als „Titanen der Schönheit"65, dessen „Geist, Verheißung und Siegel der triumphierenden Schönheit [immerdar wiederkehren wird]"68. Mauthner hätte jetzt versuchen können, an die Dichtung seiner Jugend anzuknüpfen. Doch die Sprachvirtuosität der neuen Meister läßt jäh eine alte Wunde aufbrechen: die Unfähigkeit zu sprachlicher Gestaltung. Mauthner geht der Grund für sein dichterisches Versagen auf: er glaubt, seine Sprache sei tot und er sei nur an der Sprache gescheitert. Gewiß klingt hier wieder das alte Lied mit, es sei nicht möglich, mittels des elenden Werkzeugs der Sprache Gefühle und Gedanken adäquat auszudrücken. Doch Mauthner geht nicht von der mangelhaften Sprache aus, sondern von der Mangelhaftigkeit der eigenen Sprache und steigert diese Einsicht zu einer monumentalen Klage. Hinter der Tiefe seines Leidens steht die Bedeutung, die er dem Dichter als dem Künder der Wahrheit zumißt und die Erkenntnis, daß der Mensch nichts ist als seine Sprache. Eine ganz persönliche Not hüllt sich in das Gewand eines erkenntnistheoretischen Problems. Das wird leicht übersehen, weil Mauthners einsames Leid bald zu einem sehr viele Dichter beherrschenden Grundgefühl und seine sprachphilosophische Fragestellung zu einem Grundproblem es OT
Conrad: Majestät, S. 185. Ebd. S. 2.
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moderner Philosophie wird67. Die für die zweite Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts bezeichnende Spannung zwischen einer vergangenheitsgeprägten Dichtermythisierung und der als dürftig und vorläufig empfundenen Dichtung der Zeit erlebt Mauthner in sich selbst und führt sie zu einer radikalen Lösung, der Kritik der Sprache. Er möchte die Welt der Sprache zerbrechen, weil sie sich ihm versagt hat, und hat ein Werk geschaffen, das wie das Wetterleuchten jenes Gewitters wirkt, das zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts über Mauthners Welt und ihre Dichtung hereinbricht. Er konnte das, weil er nichts leicht genommen hat und nichts leicht genommen wissen wollte. Schon sein Entschluß, Dichter zu werden, ist — nach eigener Darstellung — angesichts des drohenden Todes getroffen, und über der Lektüre unzähliger Bücher (auch eine Bildungsvorstellung der Zeit) ist er nahezu erblindet. Die letzten dreißig Jahre seines Lebens sind von heftigen Depressionen begleitet. Mauthner hat sich bis zum letzten Atemzug gequält, noch auf dem Sterbebett schreibt er an einem Buch, indem Sprachkritik und wahre Dichtung wieder versöhnt werden sollen. Man könnte ihn als Philosophen der bürgerlichen Klasse ansehen, die am Ende ist. Darin freilich steht er über seiner Klasse, daß er sich selbst absolut nichts vormacht, sondern unbekümmert jede Konsequenz zieht68.
Diese Sätze aus einem Nachruf der Roten Fahne verraten zwar deutlich das marxistische Würdigungsschema für „große" Bürgerliche, treffen aber doch Existenz und Schaffen Fritz Mauthners. Nur, unbekümmert sind seine Entscheidungen nie gewesen, und bevor er über seiner Klasse stehen konnte, mußte er deren Vorstellungen bis zur Neige auskosten, ja, das wird geradezu zur Voraussetzung ihrer Überwindung. Er muß mit einer inneren Spannung fertig werden, die die nachfolgende Dichtergeneration zwischen sich und der Gesellschaft empfindet und deshalb einer die eigene Existenz nicht mehr unmittelbar berührenden Lösung zuführen kann: Die Zerstörung von Sprache und Dichtung oder gar der Gesellschaft, der man nicht mehr angehören will, soll die Reinheit der eigenen Person bewahren. Daß auch dies eine Illusion ist, zeigt das Schicksal Gustav Landauers und Hugo Balls: der eine kehrt reumütig zu Sprache und Glauben zurück, der andere wendet sich enttäuscht von der letzten Konsequenz politischen Handelns ab, als er seine Ideale verraten glaubt. Doch die Lösung der eigenen Person aus dem Bereich der Kritik
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Janik und Toulmin übersehen Mauthners politische Einstellung und seine Abhängigkeit von den kulturellen Vorstellungen des Bürgertums, wenn sie schreiben·. „The immediate stimulus to Mauthner's nominalist ,critique of language' was his reaction against the political witchcraft he saw beeing exercised all around him by use of such grandiose abstract terms as Volk and Geist. Like Bertrand Russell [...] Mauthner came to epistemologie and the theory of language through marrying a liberal, antiauthoritarian position in politics to a Machian empiricism in Philosophy." (JanikToulmin: Wittgenstein's Vienna, S. 121—122). 68
F.: Fritz Mauthner.
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hat nachhaltige Konsequenzen. Seitdem sind Sprachskepsis und Sprachzerstörung mit dem Gefühl der eigenen Überlegenheit und dem Bewußtsein, selbst nicht betroffen zu sein, verbunden geblieben, und nur dieser Vorbehalt hat es erlaubt, daß sie zu einem literarischen Modethema wurden. Fritz Mauthner mußte dagegen einsehen, daß er im Begriffe war, mit seiner Sprachkritik auch sich selbst zu zerstören.
Abkürzungsverzeichnis Alle Bücher und Aufsätze werden mit Verfasser und Kurztitel zitiert soweit sich nicht zur Vermeidung von Verwechslungen ausführlichere Angaben empfehlen. Die Kritik der Sprache wird nach der dritten Auflage von 1923 zitiert, da diese Auflage in einem reprographischen Nachdruck am leichtesten zugänglich ist. Bei den übrigen Schriften Mauthners wird, wenn möglich, auf die Ausgewählten Schriften (1919) verwiesen. Jedem Titel ist das Erscheinungsjahr beigegeben, das zur Orientierung in der Bibliographie dient. Aufsätze werden nach dem am leichtesten zugänglichen Ort zitiert, der Ort der Erstveröffentlichung kann der Bibliographie entnommen werden. Bei ungedrucktem Material ist der Aufbewahrungsort in Klammern beigefügt. Dabei gelten folgende Siglen: LEI = Leo-Baeck-Institute, New York. SPK = Staatsbibliothek Preussischer Kulturbesitz, Berlin.
Literaturverzeichnis Vorbemerkung Das Literaturverzeichnis besteht aus einer Fritz-Mauthner-Bibliographie (A) und einem Verzeichnis der sonstigen benutzten Literatur (B). A gliedert sich in ein Verzeichnis der Schriften Fritz Mauthners (A I), der Ausgaben und Übersetzungen (A II), der gedruckten Briefe von ihm (A 111,1) und an ihn (A 111,2) und der Literatur über Fritz Mauthner (A IV). A I ist eine Auswahlbibliographie. Aufgenommen sind alle selbständigen Veröffentlichungen und alle in meiner Arbeit erwähnten Schriften. Darüber hinaus soll eine breite Übersicht über Mauthners Schaffen gegeben werden. Dabei sind frühe Aufsätze bevorzugt aufgenommen, weil sie im Allgemeinen schwerer auffindbar sind, im weiteren solche, die für den Autor typisch sind und deren Thematik noch von Interesse ist. Die mit * gekennzeichneten Nummern konnte ich nicht selbst überprüfen. In einigen Fällen beruhen die — dann meist unvollständigen — bibliographischen Angaben auf den im Leo-Baeck-Institute (LBI), bzw. in der Mauthnersammlung der Universitätsbibliothek Münster aufbewahrten Zeitungsausschnitten; in solchen Fällen ist der Aufbewahrungsort angegeben. Die Bibliographie ist chronologisch nach Jahren geordnet. Innerhalb jeden Jahres wird diese Anordnung von einer zweiten überlagert: 1. Selbständige Veröffentlichungen. 2. Veröffentlichungen in Sammelwerken. 3. Veröffentlichungen in Zeitschriften. 4. Veröffentlichungen in Zeitungen. 5. Sonstige Formen. Sind mehrere Aufsätze in einer Zeitschrift bzw. Zeitung erschienen, so werden sie unter dem Titel der Zeitschrift bzw. Zeitung gesammelt aufgeführt. A IV soll sowohl eine Quellensammlung als auch eine Übersicht über die wichtigste Sekundärliteratur bieten. Die aufgenommenen Titel sind deshalb von sehr unterschiedlichem Wert. Aufgenommen sind alle in meiner Arbeit erwähnten Schriften sowie alle sonstigen umfangreicheren Aufsätze. Rezensionen, Erwähnungen Mauthners in Briefen und Erinnerungen Dritter sind aufgenommen, wenn sie inhaltlich in irgendeiner Weise von Bedeutung sind. Titel, die mir wichtig erscheinen, die ich aber selbst nicht mehr einsehen konnte, sind mit * gekennzeichnet.
Gliederung A.
Fritz-Mauthner-Bibliographie I. Bücher und Aufsätze, Nr. l—546 II. Übersetzungen und Ausgaben, Nr. 547—554 III. Briefwechsel 1. Briefe von Fritz Mauthner, Nr. 555—562 2. Briefe an Fritz Mauthner, Nr. 563—575 IV. Literatur über Mauthner, Nr. 576—772
B. Sonstige benutzte Literatur, Nr. l—236
A. Fritz-Mauthner-Bibliographie /. Bücher und Aufsätze
1872 1. Die Große Revolution. Epigramme. — Leipzig: Oskar Leiner [1872]. Teil weiser Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. l, S. 171—179). Rezensionen: 'Samuel Keller: [Rez.]. — In: Bohemia (Prag), 13. 11. 1872.
1875 2. Ein österreichischer Dialektdichter. Ludwig Anzcngruber. — In: Die Gegenwart, Wochenschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben, Bd. 7, 1875, Nr. 7 (13. 2.), S. 102—104 und Nr. 8 (20. 2.), S. 122—124. Eingearbeitet in Nr. 40, S. 65—106 u. d. T. „Ein österreichischer Volksdichter". 3. Jesus Christus von Gabriel Max. — In: Die Gegenwart, Wochenschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben, 7. Bd., 1875, Nr. 19 (8. 5.), S. 298—299.
1876 4. Die leidige Geldfrage. Proverbe in einem Aufzug. — Prag: Weil 1876. Vgl. Nr. 7. 5. August Wilhelm Ambros. — In: Die Gegenwart, Wochenschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben, 10. Bd., 1876, Nr. 29 (15.7.), S. 46—47. Wiederabdruck in Nr. 509, Anhang VIII, S. 335—348. 6. *[8] Berliner Briefe. — In: Bohemia (Prag), 1876 (LBI). Erschienen zwischen August und Dezember 1876.
1877 7. Kein Gut, kein Mut. Proverbe in einem Aufzug. — Berlin: Verlag der Theaterbuchhandlung von A. Kühling [1877]. ( = Theatermappe. 33.). Berliner Ausgabe von Nr. 4. 8. [Rubrik] Theaterwoche. — In: Deutsches Montagsblatt, 1. Jg. 1877, Nr. l (2. 7.) bis Nr. 27 (31. 12.), jeweils S. 2. 9. Briefe an Veronika. — In: Der Bazar. Illustrierte Damenzeitung, 23. Jg. 1877, Nr. 8 (21. 2.), S. 64, Nr. 10 (6. 3.), S. 80—81, Nr. 14 (3. 4.), S. 115—116, Nr. 18 (7.5.), S. 146—147, Nr. 24 (18.6.), S. 194—195, Nr. 42 (5.11.), S. 342—343. Plaudereien über Literatur in Form fiktiver Briefe.
10. 11. 12. 13.
Aufsätze in: Die Gegenwart, Wochenschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben, 11. und 12. Bd. 1877. [Rubrik] Vermischtes. Ein Austriacismus. — 11. Bd., Nr. 5 (3.2.), S. 74—75. Stellungnahme gegen den geistigen Partikularismus Österreichs. [Rubrik] Vermischtes. Particularistisches. — 11. Bd., Nr. 11 (17.3.), S. 171. Stellungnahme gegen den geistigen Partikularismus Preußens. Ein Roman von Anzengruber [Der Schandfleck]. — 11. Bd., Nr. 13 (31.3.), S. 204—206. P. K. Rosegger. — 12. Bd., Nr. 30 (28. 7.), S. 56—57. Wiederabdruck in Nr. 40, S. 47—56.
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Büdier und Aufsätze
13a. [Rubrik] Aus der Hauptstadt. Dramatische Aufführungen. — In: 12. Bd., Nr. 31 (4. 8.), S. 77—78. 14. [Rez. von] Die neuen Serapionsbrüder von Karl Gutzkow. — 12. Bd., Nr. 38 (22.9.), S. 185—186. 15. *[2] Berliner Briefe. — In: Bohemia (Prag), 31. 3.1877 und 13. 4.1877 (LBI).
1878 16. Bei Fräulein Doctoressa. Plauderei. — In: Der Bazar. Illustrierte Damenzeitung, 24. Jg. 1878, Nr. 2 (1.1.), S. 13—16. Wiederabdruck in Nr. 39, S. 99—114. Übersetzung: De eerste patient [Bei Fräulein Doctoressa, niederländisch]. Blijspel in bedrijf. Geheel vrij naar het Duitsch door A.C. — Amsterdam: G. Theod. Born 1881. 17. Calderons „Das Leben ein Traum". — In: Das Wochenblatt, 1. Jg. 1878, Nr. l (5. 10.), S. 14—15. 18. Vom Don zur Donau. — In: Die Gesellschaft. Wochenschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben, 13. Bd., 1878, Nr. 6 (9.2.), S. 86—88. Rez. von: Karl Emil Franzos: Vom Don zur Donau, Berlin 1878. Aufsätze in: Deutsches Montagsblatt, 2. Jg. 1878: 19. [Rubrik] Theaterwoche. — In: Nr. l (7.1.) bis Nr. 52 (30.12.), jeweils S. 2. Fehlt: Nr. 11 (18. 3.), Nr. 30 (29. 7.), Nr. 31 (5. 8.), Nr. 49 (9. 12.), Nr. 52 (30.12.). 20. [Rubrik] Theaterwoche. Henrik Ibsen: Die Stützen der Gesellschaft [u.a.]. — In: Nr. 4 (28.1.), S. 2. 21. [Rubrik] Theaterwoche. Hugo Söderstrom: Manuela [u. a.]. — In: Nr. 8 (25. 2.), S. 2. Wiederabdruck in Nr. 40, S. 107—122 u. d.T. „Zwei Exempel". 22. Guido Rogge [d.i. Fritz Mauthner]: Zur Ästhetik der Zivilehe. — In: Nr. 15 (15.4.), S. 4. Wiederabdruck in Nr. 40, S. 15—24. 23. Guido Rogge [d. i. Fritz Mauthner]: Aus dem Reiche der Wurstigkeit. „Flammenschrift", eine Tragödie. — In: Nr. 21 (27. 5.), S. 5—6. Wiederabdruck in Nr. 40, S. 107—122 u. d.T. „Zwei Exempel". 24. [Rubrik] Theaterwoche. Das Couplet im Volksstück. — In: Nr. 25 (24. 6.), S. 2. 25. [Anonym] Nach berühmten Mustern. Die Vorfahren. I. Wlf (a. 569 vor der Sintflut) nach Gustav Freytag, dem Dichter der Ahnen, dem nachgeborenen Klassiker, in aufrichtiger Verehrung gewidmet. — In: Nr. 26 (1.7.), S. 3. Wiederabdruck in Nr. 38, S. 32—38 und in Nr. 56, S. 211—217. Vgl. auch die späteren Wiederabdrucke von Nr. 38. 26. Guido Rogge [d. i. Fritz Mauthner]: Das evangelisch-musikalische Kirchenblatt. — In: Nr. 27 (8. 7.), S. 5. Zu Richard Wagners Hetze gegen die Juden. 27. [Rubrik] Theaterwoche. Über die Bedeutung des Applauses im Theater. — In: Nr. 29 (22. 7.), S. 2. Wiederabdruck in Nr. 40, S. 39—46. 28. [Anonym] Nach berühmten Mustern. Berthold Auerbach: Walpurga mit dem gebissenen Herzen. — In: Nr. 36 (9. 9.), S. 4. Wiederabdruck in Nr. 38, S. 9—17 und Nr. 56, S. 205—211 u. d. T. „Walpurga, die taufrische Amme". Vgl. auch die späteren Wiederabdrucke von Nr. 38.
Bücher und Aufsätze
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29. [Anonym] Nach berühmten Mustern. Richard Wagner: Der unbewußte Ahasverus oder „Das Ding an sich als Wille und Vorstellung". Bühnen-Weh-Festspiel in drei Handlungen. — In: Nr. 38 (23. 9.), S. 4. Wiederabdruck in Nr. 38, S. 85—93. Vgl. auch die späteren Wiederabdrucke von Nr. 38. 30. [Anonym] Nach berühmten Mustern. Friedrich Spielhagen: Faßt das Gewehr an! — In: Nr. 40 (7.10.), S. 4. Wiederabdruck in Nr. 38, S. 75—84. Vgl. auch die späteren Wiederabdrucke von Nr. 38. 31. [Anonym] Nach berühmten Mustern. Eduard von Hartmann: Die Philosophie des unbewußten Hühnerauges. Destruktive Resultate auf konstruktiven Wegen. — In: Nr. 42 (21.10.), S. 4—5. Wiederabdruck in Nr. 38, S. 39—48. Vgl. auch die späteren Wiederabdrucke von Nr. 38. 32. [Anonym] Nach berühmten Mustern. Gregor Samarow: Europäische Züge und Gegenzüge oder Eine Schale Melange. — In: Nr. 44 (4.11.), S. 4—5. Wiederabdruck in Nr. 38, S. 55—65. Vgl. auch die späteren Wiederabdrucke von Nr. 38. 33. [Anonym] Nach berühmten Mustern. Josef Viktor Scheffel: Der Peter von Säkkingen. — In: Nr. 46 (18.11.), S. 4. Wiederabdruck in Nr. 38, S. 66—74. Vgl. auch die späteren Wiederabdrucke von Nr. 38. 34. [Anonym] Nach berühmten Mustern. Leopold von Sacher-Masoch: Ein Vorwort. — In: Nr. 47 (25.11.), S. 4. Wiederabdruck in Nr. 38, S. 49—54. Vgl. auch die späteren Wiederabdrucke von Nr. 38. 35. [Anonym] Nach berühmten Mustern. Karl Emil Franzos: Der blonde Jainkef. — In: Nr. 48 (2.12.), S. 4. Wiederabdruck in Nr. 38, S. 25—31. 36. [Rubrik] Theaterwoche. Dem Gedächtnis Karl Gutzkows. — In: Nr. 51 (23.12.), S. 2. 37. *[1] Berliner Brief. — In: Bohemia (Prag), 31.11.1878 (LBI).
1879 38. Nach berühmten Mustern. Parodistische Studien. — Stuttgart: W. Spemann [1879]. Enthält: (Berthold Auerbach): Walpurga, die taufrische Amme, S. 9—17. [zuerst: Nr. 28]. (Georg Ebers): Blaubeeren-Isis, S. 18—24. (Karl Emil Franzos): Der blonde Jainkef, S. 25—31. [zuerst: Nr. 35]. (Gustav Freytag): Die Vorfahren. I.Wlf, S. 32—38. [zuerst: Nr. 25]. (Eduard von Hartmann): Die Philosophie des unbewußten Hühnerauges, S. 39—48. [zuerst: Nr. 31]. (Leopold von Sacher-Masoch): Ein Vorwort, S. 49—54. [zuerst: Nr. 34]. (Gregor Samarow): Europäische Züge und Gegenzüge oder Eine Schale Melange, S. 55—65. [zuerst: Nr. 32]. (Josef Viktor Scheffel): Der Peter von Säkkingen, S. 66—74. [zuerst: Nr. 33]. (Friedrich Spielhagen): Faßt das Gewehr an!, S. 75—84. [zuerst: Nr. 30]. (Richard Wagner): Der unbewußte Ahasverus oder Das Ding an sich als Wille und Vorstellung, S. 85—93. [zuerst: Nr. 29]. Wiederabdruck in Nr. 330. Teilweiser Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. l, S. 3 bis 8 (Auerbach), S. 18—24 (Hartmann), S. 30 (Scheffel), S. 31—36 (Wagner).
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Bücher und Aufsätze
Zahlreiche Neuauflagen bis zur 28. Auflage. — Stuttgart: Union Deutsche Verlagsgesellschaft 1895. 39. Einsame Fahrten. Plaudereien und Skizzen. — Leipzig: Edwin Schloemp 1879. Enthält: Der Herr der Schmuggler. Eine Alltagsgeschichte aus dem Böhmerwalde, S. 3—34. Auch ein Künstler, S. 35—50. Eine Floßfahrt auf der Donau, S. 51—66. Unter Barbaren, S. 67—78. Die Wendeltreppe, S. 79—98. Bei Fräulein Doctoressa, S. 99—114. [zuerst: Nr. 16]. Rahelchen, S. 115—125. Erschien in dritter Auflage Leipzig: F. Reinboth [1891]. 40. Kleiner Krieg. Kritische Aufsätze. — Leipzig: Edwin Schloemp 1879. Enthält: Die Unbestechlichkeit der Kritiker, S. l—14. Zur Ästhetik der Zivilehe, S. 15—24. [zuerst: Nr. 22]. Ist das Ballett eine Kunstform?, S. 25—38. Über die Bedeutung des Applauses, S. 39—46. [zuerst: Nr. 27]. P. K. Rosegger, S. 47—56. [zuerst: Nr. 13]. Unser Couplet, S. 57—64. [zuerst: Nr. 24]. Ein österreichischer Volksdichter. Ludwig Anzengruber, S. 65—106. [vgl. Nr. 2]. Zwei Exempel, S. 107—122. [zuerst Nr. 21 und Nr. 23]. Das Verbrechertum in der Tagespresse, S. 123—132. Gladiatoren in Berlin, S. 133—144. 41. *G[uido] Rfogge] [d.i. Fritz Mauthner]: Madame Fourchambault oder Eine nette Familie. — In: Der Schalk. Blätter für deutschen Humor, 12. 1. 1879 (LBI). Aufsätze in: Deutsches Montagsblatt, 3. Jg. 1879: 42. * [Rubrik] Theaterwoche. — In: Nr. l bis Nr. 52, jeweils S. 2. 43. [Anonym] Nach berühmten Mustern. E. Marlitt: Das Geheimnis der ledernen Hose. — In: Nr. 20 (19. 5.), S. 4. Wiederabdruck in Nr. 52, S. 66—75. Vgl. auch spätere Wiederabdrucke von Nr. 52. 44. [Anonym] Nach berühmten Mustern. Adolf Wilbrandt: Ein gedritteltes Dasein oder Toga und Schulsack. Römisches Schlachtendrama in drei Stücken, jedes in drei Aufzügen. — In: Nr. 22 (2. 6.), S. 4. Wiederabdruck in Nr. 52, S. 85—95. Vgl. auch spätere Wiederabdrucke von Nr. 52. 45. [Anonym] Nach berühmten Mustern. Ein verwickeltes Gelübde. Moralische Novelle. — In: Nr. 34 (25. 8.), S. 4. Paul-Heyse-Parodie. Wiederabdruck in Nr. 52, S. 40—47. Vgl. auch spätere Wiederabdrucke von Nr. 52. 46. [Anonym] Nach berühmten Mustern. Friedrich Bodenstedt: Mirza Schaffy. — In: Nr. 35 (1. 9.), S. 4. Wiederabdruck in Nr. 52, S. 12—16. Vgl. auch Wiederabdrucke von Nr. 52. 47. [Anonym] Nach berühmten Mustern. Paul Lindau: Herrn Friedrich von Schillers Gedichte erster Periode. — In: Nr. 38 (22.9.), S. 4. Wiederabdruck in Nr. 52, S. 57—65. Vgl. auch spätere Wiederabdrucke von Nr. 52.
Bücher und Aufsätze
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48. [Anonym] Nach berühmten Mustern. Johannes Scherr: Die deutsche Sprachverhunzung durch die heiligen drei Literaturkönige. — In: Nr. 39 (29. 9.), S. 4. Wiederabdruck in Nr. 52, S. 76—84. Vgl. auch spätere Wiederabdrucke von Nr. 52. 49. [Anonym] Nach berühmten Mustern. Robert Hamerling: Don Juan und die Venus. — In: Nr. 40 (6. 10.), S. 4. Wiederabdruck in Nr. 52, S. 33—39. Vgl. auch spätere Wiederabdrucke von Nr. 52. 50. [Anonym] Nach berühmten Mustern. Hans Hopfen: Sdiuhu. Ein Roman mit doppeltem Boden. — In: Nr. 41 (13. 10.), S. 4. Wiederabdruck in Nr. 52, S. 48—56 u. d. T. „Das Löcherl im Schädel". Vgl. auch spätere Wiederabdrucke von Nr. 52.
1880 51. Vom armen Franischko. Kleine Abenteuer eines Kesselflickers. 1.—3. Auflage. — Bern: Frobeen 1880. 4.—6. Aufl. — Leipzig: K. F. Köhler (Glaser und Garte) 1881 — 1883. 7.—8. Aufl. — Dresden und Leipzig: Heinrich Minden 1886. Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. 6, S. 1—84.). Teilweiser Wiederabdruck Nr. 54. Neudruck: Konstanz und Leipzig: Hesse und Becker [1915] ( = Zeitbücher. 18.). Übersetzung: Franz [!] Mauthner: Histoire du pauvre petit Franischko, suivi de l'Archet d'or. Traduit par M™ A. Wolff. — Paris: Firmin-Didot 1885. (= Bibliotheque des mires de famille, 2e se*rie). 52. Nach berühmten Mustern, Parodistische Studien. Neue Folge. — Bern und Leipzig: Georg Frobeen 1880. Enthält: (Friedrich Bodenstedt): Mirza Schaffy, S. 12—16. [zuerst: Nr. 46]. (Emile du Bois-Reymond): Friedrich der Große und der gymnotus electricus, S. 17—24. (Felix Dahn): Adamrich und Evchen, S. 25—32. (Robert Hamerling): Don Juan und Venus, S. 33—39. [zuerst: Nr. 49]. (Paul Heyse): Ein verwickeltes Gelübde, S. 40—47. [zuerst: Nr. 45]. (Hans Hopfen): Das Löcherl im Schädel, S. 48—56. [zuerst: Nr. 50]. (Paul Lindau): Herrn von Schillers Gedichte erster Periode, S. 57—65. [zuerst: Nr. 47]. (E. Marlitt): Das Geheimnis der ledernen Hose, S. 66—75. [zuerst: Nr. 43]. (Johannes Scherr): Die deutsche Sprachverhunzung durch die heiligen drei Literaturkönige, S. 76—84. [zuerst: Nr. 48]. (Adolf Wilbrandt): Ein gedritteltes Dasein oder Toga und Schulsack, S. 85 bis 95. [zuerst: Nr. 44]. Neunte Auflage. — Bern und Leipzig: Georg Frobeen 1880. Erschien seit 1882 in Leipzig bei Glaser und Garte in mehreren Auflagen. Wiederabdruck in Nr. 330 und teilweiser Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. l, S. 9—12 (Bodenstedt), S. 13—17 (Du Bois-Reymond). 53. *[Rubrik] Theater. — In: Deutsches Montagsblatt, 4. Jg. 1880. 54. *Wie der Franischko einen Juden bekehren wollte. — In: Deutsche Lesehalle des Berliner Tageblaues, 28. 3.1880 (LBI).
1881 55. Die Sonntage der Baronin. Novellen. — Zürich: Caesar Schmidt 1881.
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Bücher und Aufsätze
Enthält: Die Insel der Ruhelosen, S. 17—26. Um die schwarze Eiche, S. 49—114. [Wiederabdruck in Nr. 498]. Zwei Sommer in Reinerz, S. 129—189. Der Verteidiger, S. 205—244. Der goldene Fiedelbogen, S. 257—324. [Wiederabdruck in Nr. 498 und in Nr. 514 (Bd. 6, S. 85—140. Französische Übersetzung: Histoire du pauvre petit Franischko, suivi de l'Archet d'or. — Paris: Firmin Didot 1885 (= Bibliotheque des meres de famille, 2e seVie).]. Versmonolog, S. 342—344. [Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. l, S. 198—200) u. d. T. „Der Stern, der stirbt". Gedichte [eingestreut]. Dritte Auflage. — Dresden und Leipzig: Heinrich Minden 1884. Rezensionen: Otto Brahm: österreichische Erzähler (Marie von Ebner-Eschenbach, Otto Janke, Peter Rosegger, Leopold von Sacher Masoch, Fritz Mauthner). — In: Deutsche Rundschau, 7. Jg. 1881, S. 311—316, dort S. 315—316. A[lois] K[lar]: [Rubrik] Literatur. — In: Bohemia, 1881, Nr. 126 (7.5.), S. 3. (Anonym): Rez. — In: Die Gegenwart, 20. Bd., 1881, Nr. 34 (20. 8.), S. 127. 56. Nach berühmten Mustern. I. Berthold Auerbadi: Walpurga, die taufrische Amme. II. Gustav Freytag: Die Vorfahren. I. Wlf. (a. 569 vor der Sintflut), [zuerst: Nr. 25 und Nr. 28]. — In: Humoristischer Hausschatz für's deutsche Volk. Hrsg. von Ernst Eckstein. Neue Folge, Bd. 5. — Berlin: Eckstein 1881, S. 115—120. 57. *[Rubrik] Theater. — In: Deutsches Montagsblatt, 5. Jg. 1881.
1882 58. Der neue Ahasver. Roman aus Jung-Berlin. — Dresden und Leipzig: Heinrich Minden (1882). "'Erstveröffentlichung im Feuilleton des „Berliner Tageblattes", 1881. Übersetzung: Eeen nieuwe Ahasverus [Der neue Ahasver, niederländisch]. Uit het Duitsch door A. W. G. Assen. — Amsterdam: Willinge Gratama (Gebr. Born) 1882. Rezensionen: 'Otto Brahm: Rez. — In: Frankfurter Zeitung, 1882, Nr. 87. Eduard Engel: Rez. — In: Das Magazin für Litteratur, 51. Jg. 1882, Nr. 18, S. 237—240. Friedrich Spielhagen: Ein „Tendenzroman". — In: Westermanns illustrierte deutsche Monatshefte, 26. Jg. 1882, S. 407—410. Aufsätze in: Deutsches Montagsblatt, 6. Jg. 1882: 59. [Rubrik] Theater. — In: Nr. l (2.1.) bis Nr. 52 (25.12.), jeweils S. 2. Fehlt: Nr. 13 (27. 3.), Nr. 14 (3. 4.), Nr. 15 (10. 4.), Nr. 16 (17. 4.), Nr. 32 (7. 8.), Nr. 33 (14. 8.), Nr. 34 (21. 8.), Nr. 35 (28. 8.), Nr. 36 (4.9.), Nr. 37 (11.9.), Nr. 51 (18.12.), Nr. 52 (25.12.). 60. [Rubrik] Theater. „Kritik des Erfolgs". — In: Nr. 5 (30.1.), S. 2. Zur Stellung des Kritikers. 61. Zum Gedächtnis Berthold Auerbach. — In: Nr. 7 (3.2.), S. 3—4. 62. Ein Satyrspiel zur Goethefeier. — In: Nr. 16 (17. 4.), S. 2. 63. [Rubrik] Theater. „Vor den Kulissen". Aus dem Brief eines Unberühmten. — In: Nr. 21 (22. 5.), S. 2. Zur Stellung des Schauspielers. 64. [Rubrik] Theater. Etwas über Prüderie. — In: Nr. 30 (24. 7.), S. 2. 65. Westerland auf Sylt. Ein Strandbild. — In: Nr. 37 (11.9.), S. 4.
Bücher und Aufsätze
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66. Drama oder Roman. — In: Nr. 51 (18.12.), S. 2. Rez. von: Friedrich Spielhagen: Beiträge zur Theorie und Technik des Romans, Leipzig 1883. 67. Dichter, Publikum und Kritiker. — In: Nr. 52 (25. 12.), S. 4.
1883 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76.
77. 78. 79. 80.
Aufsätze in: Schorer's Familienblatt. Eine illustrierte Zeitschrift. 4. Bd. 1883. Der Tod an der Riviera. — In: Nr. 31, S. 498. Wendet sich gegen die Verschickung Todkranker an die Riviera. Der Streber. Ein Charakterbild. — In: Nr. 32, S. 514. Wiederabdruck in Nr. 112 u. d. Sammeltitel „Modelle", S. 224—292. Das Jubiläumsfieber. — In: Nr. 33, S. 530. Menschenausstellungen. — In: Nr. 34, S. 546. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 153—163. Die Welt auf Reisen. — In: Nr. 35, S. 562. Schillers Schädel. Betrachtung. — In: Nr. 36, S. 578. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 182—187 und Nr. 115. Hinter den Kulissen. — In: Nr. 37, S. 594. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 132—136. Gehetzte Menschen. — In: Nr. 38, S. 610. Aturenbriefe. Mitgeteilt von Fritz Mauthner. I—X. — In: Nr. 40, S. 642; Nr. 41, S. 655—656; Nr. 42, S. 674; Nr. 43, S. 690; Nr. 44, S. 706; Nr. 45, S. 722; Nr. 46, S. 738; Nr. 47, S. 754; Nr. 48, S. 770; Nr. 50, S. 802. Buchveröffentlichung Nr. 102. Ein klassischer Humorist (Gottfried Keller). — In: Nr. 49, S. 785—786. Dichters Schicksal. — In: Nr. 51, S. 818. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 56—61 und in Nr. 514 (Bd. 5, S. 313—318) u. d. T. „Heinz Dichter". Kunstblüte und Kunstzüchtung. — In: Nr. 52, S. 834. Zum Verhältnis von Kunstwissenschaft und künstlerischer Produktion. *[Rubrik] Theater. — In: Deutsches Montagsblatt, Januar bis Juni 1883.
1884 81. Dilettantenspiegel. Travestie nach Horaz. — Dresden und Leipzig: Heinrich Minden 1884. Der ersten Auflage ist die Übersetzung Gottscheds der Ars poetica beigegeben (S. 69—102). Sie fehlt in den folgenden Auflagen und in dem Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. 2, S. 259—300). Rezension: T-n.: Rez. — In: Die Gegenwart, 25. Bd., 1884, Nr. 31 (2. 8.), S. 78. 82. Xantippe. — Dresden und Leipzig: Heinrich Minden 1884. Neu durchgesehener Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. 2, S. 1—177). Dänische Übersetzung: *Sokrates og Xantippe. Hist. Roman. Oversat af A. Kierulf. — Kopenhagen: J. L. Lybecker 1901. Englische Übersetzung: *Mrs. Sokrates. Transl. by Jacob W. Hartmann. — New York: International Publishers 1926. Rezensionen: Cardanus: Rez. — In: Die Bücherwelt, 17. Jg. 1920, S. 23. Fritz Garsten: Rez. — In: Das Litterarische Echo, 22. Jg. 1919/1920, Sp. 561 bis 562.
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Bücher und Aufsätze
G. Schmeer: Rez. — In: Bildungspflege, 1. Jg. 1920, S. 236. Valeska Bari: Mrs. Sokrates. — In: The New Republik. A journal of opinion, 49. vol. 1926, S. 145. (Anonym): Rez. — In: Die Gegenwart, 25. Bd., 1884, Nr. 14 (5.4.), S. 223. 83. "'Gräfin Salamanca. Eine Oberkärntner Sage. Nacherzählt von Fritz Mauthner. — Klagenfurt: Leon 1884. ( = Kärntner Volksbüdier. 3.). Aufsätze in: Schorer's Familienblatt. Eine illustrierte Zeitschrift, 5. Bd., 1884: 84. Neue Charaktere. I. Der Dilettant. — In: Nr. l (6. 1.), S. 14. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 230—234 und Nr. 443. 85. Aturischer Briefwechsel. Mitgeteilt von Fritz Mauthner. I — V. — In: Nr. 2 (30. 1.), S. 30 und Nr. 6 (27. 2.), S. 94. Fortsetzung von Nr. 76. Buchveröffentlichung Nr. 102. 86. Neue Charaktere. II. Der Halbgebildete. — In: Nr. 3 (6. 2.), S. 46. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 224—229 und Nr. 444. 87. Unsere Hausbibliothek. — In: Nr. 4, S. 62. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 68—86. 88. Neue Charaktere. III. Der Nassauer. — In: Nr. 5 (20. 2.), S. 78. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 224—292 u. d. Sammeltitel „Modelle". 89. Neue Charaktere. IV. Der -aner. — In: Nr. 7 (6. 3.), S. 110. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 224—292 u. d. Sammeltitel „Modelle". 90. Die Mode des historischen Romans. — In: Nr. 9 (20. 3.), S. 141. 91. Neue Charaktere. V. Der Damenmann. — In: Nr. 10 (27. 3.), S. 156—157. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 224—292 u. d. Sammeltitel „Modelle". 92. Die Klassiker der Hausbibliothek. — In: Nr. 11 (3. 4.), S. 172—173. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 68—86. 93. Neue Charaktere. VI. Der Autographensammler. — In: Nr. 16 (8. 5.), S. 252 bis 253. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 224—292 u. d. Sammeltitel „Modelle". 94. Prüderie und Bücher. — In: Nr. 18 (22. 5.), S. 284—285. 95. Die Spielhölle Monaco. — In: Nr. 21 (12. 6.), S. 324. 96. Nach berühmten Mustern. Parodistische Studien. I. Victor Hugo „1815". — In: Nr. 22 (19. 6.), S. 347—348. Wiederabdruck in Nr. 330, S. 109—117. 97. Nach berühmten Mustern. Parodistische Studien. II. Der Blutsauger von Brandy Bar. Von Bret Harte. — In: Nr. 24 (2. 7.), S. 372—373. "'Erschien zugleich in: Belletristisches Journal (New York), 2. 7. 1884. Wiederabdruck in Nr. 117, S. 80—85 und in Nr. 330, S. 75—81. 98. Neue Charaktere. VII. Der fröhliche Leidtragende. — In: Nr. 31 (20. 8.), S. 491 bis 492. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 224—292 u. d. Sammeltitel „Modelle". 99. Socialismus der Kinder. — In: Nr. 35 (17. 9.), S. 551. Vision einer Verbrüderung der Klassen durch die Freundschaften der Kinder. 100. Was wirkt die Bühne? — In: Nr. 42 (5. 11.), S. 663—664 und Nr. 45 (26. 11.), S. 714. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 108—117. 101. Die musikalische Überschwemmung. — In: Nr. 50 (30. 12.), S. 796. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 30—35 u. d. T. „Zu viel Musik". 102. Aturenbriefe. Mitgeteilt von Fritz Mauthner. — Dresden und Leipzig: Heinrich Minden [1885]. Erstveröffentlichung Nr. 76 und Nr. 85.
Bücher und Aufsätze
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Niederländische Übersetzung: " Aturier op de bowenwereld. Vert, door W. G. van Nouhuys. — Amsterdam: A. Rössing (L. J. Vem) 1886. 103. *Die Tartarenbraut und die Entstehung von St. Veit. Eine Kärntner Geschichtsnovelle. — Klagenfurt: Leon 1885. (= Kärntner Volksbücher. 13.). Aufsätze in: Schorer's Familienblatt. Eine illustrierte Zeitschrift, 6. Bd., 1885: 104. Das Virtuosentum in unserer Literatur. — In: Nr. 4, S. 54—55. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 176—181. 105. Aus dem Atelier des Schriftstellers. — In: Nr. 8, S. 119. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 62—67. 106. Der landläufige Idealismus. — In: Nr. 15, S. 228. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 170—175. 107. Zur Frühlingspoesie. — In: Nr. 20, S. 308—309. 108. Über Wohltätigkeit und Dankbarkeit. — In: Nr. 30, S. 474—475. 109. Das Weihnachtsfest der Weihnachtsmänner. — In: Nr. 49, S. 775. 110. Zum Bismarcktag [Gedicht]. — [Flugblatt vom 30. 3. 1885]. Wiederabgedruckt in Nr. 514 (Bd. l, S. 210—211).
1886 111. Das Quartett. — Dresden und Leipzig: Heinrich Minden 1886. (= Berlin W. Bd. 1). Dänische Übersetzung: *En Kvartet. Roman. Oversat af Johs. Magnussen. — In: Tillaegtil „Damernes Blad«, 1902. Nachricht von einer französischen Übersetzung in: Das Echo: 9. Bd., 23.12. 1886, Sp. 851. Rezensionen: Josef Viktor Widmann: Rez. — In: Das Echo, Bd. 9, 1886, Sp. 116. Vgl. auch: Theodor Fontäne: Rez. von: Paul Lindau: Der Zug nach dem Westen, 1886. —In: Theodor Fontäne: Sämtliche Werke, hrsg. von Walter Keitel, Abt. 3, Bd. l, hrsg. von Jürgen Kolbe. — München: Hanser (1969), S. 561—567, dort S. 566—567. 112. Credo. Gesammelte Aufsätze. — Berlin: J. J. Heine 1886. Enthält: Der Zeitungsteufel, S. l—11. Das Publikum der Kunst, S. 12—16. Lebensgeschichte eines Ölgemäldes, S. 17—21. Der Streit der Künste, S. 22—29. Zu viel Musik, S. 30—35. [zuerst: Nr. 101]. Illustrationen, S. 36—43. Klopstock und Wagner, S. 44—49. Offenbach in der Unterwelt, S. 50—55. Dichters Schicksal, S. 56—61. [zuerst: Nr. 78]. Aus der Werkstatt des Schriftstellers, S. 62—67. [zuerst: Nr. 105]. Unsere Hausbibliothek, S. 68—86. [zuerst: Nr. 87 und Nr. 92]. Litterarische Moden, S. 87—107. [zuerst: Nr. 113], Was wirkt die Bühne?, S. 108—117. [zuerst: Nr. 100]. Der Schillerpreis, S. 118—124. Ein anderer Vorschlag, S. 125—131. Hinter den Kulissen, S. 132—136 [zuerst: Nr. 74]. Luise, S. 137—141.
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Büdier und Aufsätze
Helle geworden in Berlin, S. 142—152. Mensdienausstellungen, S. 153—163. [zuerst: Nr. 71]. Die Kunst, in 24 Stunden ein schlechter Dichter zu werden, S. 164—169. Der landläufige Idealismus, S. 170—175. [zuerst: Nr. 106], Das Virtuosentum in der Litteratur, S. 176—181. [zuerst: Nr. 104]. Schillers Schädel, S. 182—187. [zuerst: Nr. 73]. Um Lessing, S. 188—199. Lessing der Kleine, S. 200—205. Goethe auf Besuch, S. 206—210. Wagner über Faust, S. 211—223. Modelle, S. 224—292. [zuerst: Nr. 69, 84, 86, 88, 89, 91, 93, 98.]. Der Teufel als Ehemann, S. 293—304. 113. Litterarische Moden. — In: Schorer's Familienblatt, 7. Bd., 1886, S. 470—471. Wiederabdruck in Nr. 112, S. 87—107. 114. *Ludwig Borne. — In: Deutsche Wochenschrift (Wien), 9. 5.1886. (LEI). 115. Schillers Schädel. — In: Das Echo. Wochenschrift für Politik, Litteratur, Kunst und Wissenschaft, Bd. 9, 1886, (21.10.), Sp. 525—526. Erstveröffentlichung: Nr. 73.
1887 116. Der letzte Deutsche von Blatna. Erzählung aus Böhmen. — Dresden und Leipzig: Heinrich Minden 1887. Erschien 1890 in der fünften Auflage. Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. 4, S. 1—186). Neudruck: Berlin: Ullstein [1913], 117. Von Keller zu Zola. Kritische Aufsätze. — Berlin: J. J. Heine 1887. Enthält: Gottfried Keller, S. 1—40. Friedrich Theodor Vischer, S. 41—69. Josef Viktor Scheffel, S. 70—79. (Bret Harte): Der Blutsauger von Brandy Bar, S. 80—85. [zuerst: Nr. 97]. Paul Lindau, S. 86—110. Daudet und Zola, S. 111—143. Ein Urbild des Stilkünstlers Wippchen [Julius Rodenberg], S. 144—153. ^Erstveröffentlichungen im »Berliner Tageblatt" (vgl. Mauthner: Erinnerungen. — In: Der Bund, Nr. 449, 25. 9.1917, S. 2.).
1888 118. Die Fanfare. Roman. — Dresden und Leipzig: Heinrich Minden [1888]. (= Berlin W. Bd. 2). Rezensionen: *Otto Brahm: Rez. — In: Frankfurter Zeitung, 14. 7. 1888. Maximilian Harden: Rez. — In: Die Nation, Nr. 44, 1887, S. 623—624. *Josef Viktor Widmann: Rez. — In: Der Bund, 29. 7. 1888. 119. Schmock oder Die litterarische Karriere der Gegenwart. Satire. — Berlin: F. und P. Lehmann 1888. Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. 2, S. 301—337). Rezension: C. A-i. [d.i. Conrad Alberti]: Rez. — In: Die Gesellschaft, 5. Jg. 1889,8.277—278. 120. Etwas über die Parodie. — In: Schorer's Familienblatt. Eine illustrierte Zeitschrift, 9. Bd., 1888, S. 139—140. 121. *[11] Berliner Briefe. — In: Allgemeine Zeitung (München), 11.3.1888, 18.3. 1888, 30.3.1888, 15.4.1888, 1.6.1888, 18.6.1888, 21.6.1888 („Die Beisetzung des Kaisers Friedrich"), 1. 7.1888, 18. 7.1888, 16. 9.1888, 20. 9.1888. (LBI).
Bücher und Aufsätze
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1889 122. Der Pegasus. Eine tragikomische Geschichte. — Dresden und Leipzig: Heinrich Minden 1889. 123. Die erste Bank. Kleine Schul- und Feriengeschichten. — Glogau: Carl Flemming [1889]. Neudruck: Berlin: Verlag Jugendhort (1908). Aufsätze in: Deutsaland. Wochenschrift für Kunst, Litteratur, Wissenschaft und soziales Leben, 1. Jg. 1889: 124. [Beiträge zur Rubrik] Kleine Kritik. — Nr. 1—13. Gezeichnet mit: -r., fm., F. M. 125. Der Realismus des Regisseurs. Zur Eröffnung der Theatersaison. — In: Nr. l (5. 10.), S. 16—18. Wendet sich gegen die Versuche, abgelebte Dramen durch realistische Inszenierungen für die Bühne zu retten. 126. (Anonym) Nach berühmten Mustern. Emile Zola: Das geschundene Fell. Parodie. — In: Nr. 2 (12.10.), S. 34—35. 127. Die Freie Bühne. — In: Nr. 2 (12.10.), S. 36—37. 128. Gegen die Prüderie. — In: Nr. 3 (17.10.), S. 57—58. 129. [Rubrik] Kleine Kritik. Rez. von: Lucian der Jüngere: Moderne Totengespräche, Berlin 1889. — In: Nr. 3 (17.10.), S. 58. 130. Drei Dramen [Adolf Wilbrandt: Markgraf Waldemar. Paul Lindau: Der Schatten. Gerhart Hauptmann: Vor Sonnenaufgang]. — In: Nr. 4 (24. 10.), S. 76—78. 131. D. Paulus Cassel als Dichter. — In: Nr. 6 (7.11.), S. 110—111. Rez. von: Paulus Cassel: Vom König. Drama, 1888. 132. Die beiden Goncourt. — In: Nr. 7 (18.11.), S. 124—126. 133. Der Fall Meißner. — In: Nr. 8 (25.11.), S. 141—142. zu: Alfred Meißner — Franz Hedrich. Geschichte ihres litterarischen Verhältnisses auf Grundlage der Briefe. — Berlin, 1889. 134. [Rubrik] Kleine Kritik. Rez. von: Ludwig Anzengruber. Der Fleck auf der Ehr'. Volksstück in drei Akten. — In: Nr. 8 (25.11.), S. 142. 135. [Rubrik] Kleine Kritik. Rezension von: Otto Kuntzemüller: Die Überfüllung der gelehrten Fächer, Berlin 1889. — In: Nr. 8 (25.11.), S. 144. 136. Der verbotene Generalfeldoberst. — In: Nr. 10 (9.12.), S. 173—174. Zum Verbot von: Ernst von Wildenbruch: Der Generalfeldoberst. Trauerspiel, 1889. 137. [Rubrik] Kleine Kritik. Hermann Sudermann: Die Ehre. — In: Nr. 10 (9.12.), S. 174—175. 138. Frau Rat Goethe. — In: Nr. 11 (15.12.), S. 189—191. Rez. von: Briefe von Goethes Mutter an ihren Sohn, Christiane und August Goethe, 1889. 139. Ludwig Anzengruber. Ein neues Totengespräch. — In: Nr. 12 (22.12.), S. 210 bis 211. Wiederabdruck in Nr. 430, S. 64—73 und in Nr. 514 (Bd. l, S. 137—143). 140. Der Weihnachtsdichter Lehmann. Eine Skizze. — In: Nr. 13 (29.12.), S. 230 bis 231. 141. Zur Fremdwörterfrage. — In: Allgemeine Zeitung (München), Nr. 83 (24.3. 1889), Beilage, S. 1—2.
1890 142. Der Villenhof. Roman. — Dresden und Leipzig: Heinrich Minden [1890]. (= Berlin W. Bd. 3).
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Bücher und Aufsätze Rezensionen: Maximilian Harden: Stine und Leontine. — In: Die Nation, Nr. 45, 9.8. 1890, S. 678—680. Hch. L-r.: Rez. — In: Die Gesellschaft, 5. Jg. 1890, 4. Quartal, S. 1533 bis 1534. Aufsätze in: Deutschland. Wochensdirift für Kunst, Litteratur, Wissenschaft und sociales Leben, 1. und 2. Jg. 1890:
143. [Beiträge zur Rubrik] Kleine Kritik. — In: 1. Jg. Nr. 14—52; 2. Jg., Nr. 1 — 13. 144. (Anonym) Einige Briefe Anzengrubers. — In: 1. Jg., Nr. 14 (4.1.), S. 250—252. Darunter [an Fritz Mauthner], 14.11. 1878. 145. Der Naturalismus und kein Ende. — In: 1. Jg., Nr. 15 (11.1.), S. 266—267. Rez. von: Bjarne P. Holmsen [d. i. Arno Holz und Johannes Schlaf]: Papa Hamlet, Berlin 1890. 146. Der Katzensteg. — In: 1. Jg., Nr. 17 (25.1.), S. 297—298. Rez. von: Hermann Sudermann: Der Katzensteg, 1890. 147. Aus der cynischen Schule. — In: 1. Jg., Nr. 18 (1. 2.), S. 315—316. Zur Aufführung von Leo Tolstois „Macht der Finsternis" an der „Freien Bühne". 148. Eine berechtigte Forderung der Geschichtswissenschaft. — In: 1. Jg., Nr. 19 (8. 2.), S. 327—328. Satire gegen die Konservierungswut der Kunsthistoriker. Wiederabdruck in Nr. 226, S. 37—41. 149. Hildegard Nilson: Geheimnisse der Spiritisten. — In: 1. Jg., Nr. 20 (15.2.), S. 340—342; Nr. 21, S. 356—359; Nr. 23, S. 393—395; Nr. 26, S. 441—442; Nr. 27, S. 455—457; Nr. 34, S. 572—575; Nr. 37, S. 616—618; Nr. 39 (28. 6.), S. 648—650. Mauthner tritt als Herausgeber dieser fiktiven Bekenntnisse auf. Buchausgabe Nr. 189. 150. Der letzte Dahn [Weltuntergang. Geschichtliche Erzählung aus dem Jahre 1000 n. Chr., Leipzig 1890]. — In: 1. Jg., Nr. 20 (15. 2.), S. 345—346. 151. Ibsens „Nordische Heerfahrt". — In: 1. Jg., Nr. 21 (22. 2.), S. 362—363. 152. Aischylos und Sophokles auf dem „Berliner Theater". — In: 1. Jg., Nr. 22 (1. 3.), S. 377—379. Eingearbeitet in Nr. 226, S. 22—30 u. d. T. „Die griechischen Tragiker auf der modernen Bühne". 153. Carl Frenzel als Dichter. — In: 1. Jg., Nr. 23 (8. 3.), S. 395—396. 154. [Rubrik] Kleine Kritik. Ludwig Anzengruber: Das vierte Gebot. — In: 1. Jg., Nr. 23 (8. 3.), S. 396. 155. Moser, Hopfen und Euripides. — In: 1. Jg., Nr. 24 (15. 3.), S. 411—412. Zu: Hopfen: Hexenfang. Ein phantastisches Lustspiel. Euripides: Die Phönizierinnen. Moser: Kandels Gardinenpredigt. 156. [Rubrik] Kleine Kritik. Gerhart Hauptmann: Das Friedensfest. — In: 1. Jg., Nr. 24 (15. 3.), S. 412. 157. Zolas neuester Roman [La Bete Humaine]. — In: 1. Jg., Nr. 25, (22. 3.), S. 427 bis 428. 158. Was wir nicht wollen. — In: 1. Jg., Nr. 26 (29. 3.), S. 443—444. Wendet sich gegen idealistisches Pathos und gegen naturalistischen Realismus. 159. König Midas. — In: 1. Jg., Nr. 27 (5. 4.), S. 460—461. Rez. von: Gunnar Heiberg: König Midas. 160. Eine Fabrik für Fortsetzungsromane. — In: l.Jg., Nr. 28 (12.4.), S. 479—480. Zu Herstellung und Vertrieb der Fortsetzungsromane.
Bücher und Aufsätze
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161. [Rubrik] Kleine Kritik. Arno Holz und Johannes Schlaf: Die Familie Selicke. — In: 1. Jg. Nr. 29 (19. 4.), S. 495. 162. Die Kreuzersonate. — In: 1. Jg., Nr. 29 (19. 4.), S. 494—495. Rez. von: Leo Tolstoi: Die Kreuzersonate, dt. 1890. 163. Fräulein Julie. — In: 1. Jg., Nr. 31 (3. 5.), S. 526—527. Rez. von: August Strindberg: Fräulein Julie. Naturalistisches Trauerspiel. 164. [Rubrik] Kleine Kritik. Gerhart Hauptmann: Das Friedensfest. — In: 1. Jg., Nr. 34 (24. 5.), S. 575—576. 165. Cynismus und Sittlichkeit. — In: 1. Jg., Nr. 35 (31. 5.), S. 590—591. Zum Moralismus des naturalistischen Theaters. 166. Die Campagne der „Freien Bühne". — In: 1. Jg., Nr. 36 (7. 6.), S. 607—609. 167. Fin de siecle. — In: 1. Jg., Nr. 37 (14. 6.), S. 623—624. Zur modischen Endzeitstimmung. 168. Ketzergedanken im Thorwaldsenmuseum. — In: 1. Jg., Nr. 39 (28. 6.), S. 653 bis 654 und Nr. 40 (5. 7.), S. 671—672. Wiederabdruck in Nr. 226, S. 16—22. 169. Das Obscöne vor Gericht. — In: 1. Jg., Nr. 41 (12. 7.), S. 683—684. 170. Gottfried Keller. Ein Totengespräch. — In: 1. Jg., Nr. 43 (26. 7.), S. 710—711. Wiederabdruck in Nr. 430, S. 74—82 und in Nr. 514 (Bd. l, S. 144—149). 171. Das Oberammergau der Hillern. — In: 1. Jg., Nr. 44 (2. 8.), S. 726—727. Rez. von: Wilhelminc von Hillern: Am Kreuz. Ein Passionsroman aus Oberammergau, 1890. 172. Freie Bühne und Volksbühne. — In: 1. Jg., Nr. 45 (9. 8.), S. 738—739. 173. Ola Hanssons Schriften. — In: 1. Jg., Nr. 46 (16.8.), S. 753—755 und Nr. 47 (23. 8.), S. 766—768. 174. Was ist Wahrheit?. — In: 2. Jg., Nr. l (4. 10.), S. 15—16. Zur naturalistischen Forderung nach Wahrheit. 175. Bühnenexperimentc. — In: 2. Jg., Nr. 2 (11.10.), S. 26—28. Zur Aufführung des „Urgötz" am Königlichen Schauspielhaus Berlin. 176. Lubliners Spiegel des Naturalismus. — In: 2. Jg., Nr. 3 (18. 10.), S. 42—43. 177. [Rubrik] Kleine Kritik. August Strindberg: Vater. — In: 2. Jg., Nr. 3 (18. 10.), S. 43—44. 178. [Rubrik] Kleine Kritik. Ludwig Anzengruber: Gesammelte Werke, Stuttgart 1890. — In: 2. Jg., Nr. 3 (18.10.), S. 44. 179. Frcmdworte in der Kunstsprache. Eine Betrachtung vor dem Lessingdenkmal. — In: 2. Jg., Nr. 4 (25. 10.), S. 55—56. Wiederabdruck in: Der Bund (Bern), 30.11.1890. und in Nr. 226, S. 41—47. 180. [Rubrik] Kleine Kritik. Karl Frenzels Gesammelte Werke. — In: 2. Jg., Nr. 4 (25.10.), S. 56. 181. Wieder ein Zensurverbot. — In: 2. Jg., Nr. 5 (1.11.), S. 71. Zum Verbot von Hermann Sudermann: Sodoms Ende. 182. Sodoms Ende. — In: 2. Jg., Nr. 7 (15. 11.), S. 95—96. Rez. von: Hermann Sudcrmann: Sodoms Ende, 1890. 183. [Rubrik] Kleine Kritik. Theodor Fontäne: Stine, 1890. — In: 2. Jg., Nr. 7 (15. 11.), S. 96. 184. Du Bois-Reymond und die bildende Kunst. — In: 2. Jg., Nr. 8 (22.11.), S. 106 bis 108. Wiederabdruck in Nr. 226, S. 30—37. 185. Die Krisis im berliner Schauspielhause. — In: 2. Jg., Nr. 12 (20.12.), S. 182 bis 183. 186. Hedda Gabler, das neue Drama von Henrik Ibsen. — In: 2. Jg., Nr. 13 (27.12.), S. 196—197.
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Bücher und Aufsätze
187. Zum 7. 6.1890. — Flugblatt. Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. l, S. 215—216). Gedicht zum Gründungstage der „Gesellschaft der Zwanglosen".
1891 187a. Zehn Geschichten. — Berlin: Paul List [1891]. Enthält: Peter der Grobe (1888), S. 3—23. Die Nihilistin (1889), S. 27—65. Der Boletusorden (1889), S. 69—90. Ein letzter Wille (1886), S. 93—103. Die Stradivarigeige (1889), S. 107—121. Der Papierdrache (1890), S. 125—1146. Zur steinernen Jungfrau (1890), S. 149—190. Die heilige Magdalena (1890), S. 193—218. Der Weihnachtsengel der Naturalisten (1890), S. 221—241. Der Totendoktor (1889), S. 245—331. 188. Glück im Spiel. Eine Selbstmordgeschichte. — Dresden und Leipzig: Heinrich Minden 1891. Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. 6, S. 281—352). 189. Bekenntnisse einer Spiritistin (Hildegard Nilson). Hrsg. von Fritz Mauthner. — Berlin: H. Conitzer [1891]. (= Schönthan's Mark-Bibliothek. 2.). Erstveröffentlichung Nr. 149 und Nr. 193. 190. [Beitrag]. — In: Über den Einfluß des Zeitungswesens auf Litteratur und Leben. — Kiel und Leipzig: Lipsius und Tischer 1891, S. 11—13. (= Deutsche Schriften für Litteratur und Kunst, 1. Reihe, H. 3). Aufsätze in: Das Magazin für Litteratur, 60. Jg. 1891: 191. [Rubrik] Theater. — In: Nr. 1—52. 192. Fin de siecle und kein Ende. — In: Nr. l (3.1.), S. 13—15. Wiederabdruck in: Literarische Manifeste der Jahrhundertwende 1890—1910. Hrsg. von Erich Ruprecht und Dieter Bänsch. — Stuttgart: Metzler 1970. (= Materialienband. [2].), Nr. 65, S. 298—300. Der Kommentar zu Mauthners Aufsatz ist verfehlt. Es ist da von einem „frühen sozialistischen Drama ,Annaca die Rede und von dem „schroff antibürgerlichen Denken des jungen Mauthner" (S. 300), das sich in diesem Aufsatz offenbare. 193. Eine spiritistische Sitzung im Irrenhause von Hildegard Nilson. (Aus den demnächst erscheinenden „Bekenntnissen einer Spiritistin). — In: Nr. 2 (10.1.), S. 22—25. Buchausgabe Nr. 189. 194. Franz Grillparzer. Rede, gehalten zur Grillparzerfeier der Litterarischen Gesellschaft zu Berlin im Saale des Königlichen Schauspielhauses am 15.1.1891. — In: Nr. 3 (17.1.), S. 41—47. 195. [Rubrik] Theater und Musik. Einsame Menschen. Drama von Gerhart Hauptmann. — In: Nr. 3 (17.1.), S. 47—48. 196. [Rubrik] Literarische Neuigkeiten. Das Grillparzerjahrbuch. — In: Nr. 5 (31. 1.), S. 78—79. 197. [Rubrik] Theater. (Residenztheater: „Die Früchte der Bildung", Lustspiel in vier Akten von Leo Tolstoi. Königliches Schauspielhaus: „Der neue Herr", Schauspiel in sieben Vorgängen von Ernst von Wildenbruch). — In: Nr. 7 (14.2.), S. 109 bis 111. 198. [Rubrik] Theater. Henri Becque: Die Raben. — In: Nr. 8 (21. 2.), S. 126—127.
Bücher und Aufsätze
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199. [Rubrik] Theater. Freie Volksbühne: „Der Leibeigene". Schauspiel in vier Aufzügen aus dem Russischen des Pissemskij. [u.a.]. — In: Nr. 10 (7.3.), S. 154 bis 155. 200. (Anonym) Nach jüngsten Mustern. 24 Stunden auf dem Lande. Nach Johannes Schlaf. — In: Nr. 12 (21. 3.), S. 189. 201. [Rubrik] Theater. Josef Viktor Widmann: Oenone. Trauerspiel in fünf Akten. — In: Nr. 12 (21. 3.), S. 190—191. 202. (Anonym) Nach jüngsten Mustern. Der Höhere Zustand. Drama. Nach Gerhart Hauptmann gedichtet und in die Hände aller derjenigen gelegt, die es schaudernd miterlebt haben. — In: Nr. 13 (28. 3.), S. 204—205. 203. Allerlei Parodien. — In: Nr. 14 (4. 4.), S. 218—220. Rez. von: Münchener Flugschriften III. Deutsche Lyrik von Gestern. Von Hanns von Gumppenberg, München 1891. 204. (Anonym) Nach jüngsten Mustern. Der Unsinn. Sein Anfang und sein Ende, seine Quintessenz, Entwicklung, Weiterentwicklung, Ich und andere schöne Sachen. Von Arno a. d. Holzweg. — In: Nr. 15 (11. 4.), S. 235—236. 205. Alte und neue Schauspielkunst. — In: Nr. 15 (11. 4.), S. 236—237. 206. Das Theater der Socialdemokraten. — In: Nr. 16 (18. 4.), S. 249—251. 207. Bemerkungen zum Schillerpreis. — In: Nr. 18 (2. 5.), S. 283—285. Zur Verleihung des Preises an Theodor Fontäne. 208. Das Dreierdenkmal für Haydn, Mozart und Beethoven. — In: Nr. 21 (23. 5.), S. 331—333. 209. Freie Volksbühne: Kein Hüsung. — In: Nr. 22 (30. 5.), S. 348—350. Zum Publikum der Freien Volksbühne. 210. [Rubrik] Theater. Henrik Ibsen: Die Kronprätendenden. [u. a.]. — In: Nr. 23 (6. 6.), S. 363—366. 211. Ferdinand Raimund. — In: Nr. 24 (13. 6.), S. 381—382. Rez. von: Ferdinand Raimund: Dramatische Werke. Hrsg. von Carl Glossy und August Sauer, Berlin 1891. 212. Paul Heyses „Schlimme Brüder". — In: Nr. 25 (20. 6.), S. 394—396. 213. Tote Symbole. — In: Nr. 27 (4. 7.), S. 427—429 und Nr. 28 (11. 7.), S. 443 bis 445. Wiederabdruck in Nr. 226, S- l—16. 214. Und wieder einmal das Wilhelmdenkmal. — In: Nr. 35 (29. 8.), S. 546—548. 215. Ein Kunstbüchlein. — In: Nr. 38 (19.9.), S. 595—598. Rez. von: Richard Kralik: Kunstbüchlein, 1891. Vgl. dazu: Anton Bettelheim: Offener Brief an Fritz Mauthner. — In: Das Magazin für Litteratur, 60. Jg. 1891, Nr. 41 (10.10.), S. 647. 216. [Rubrik] Theater. Karl Emil Franzos: Der Präsident. Paul Lindau: Die Sonne. — In: Nr. 40 (3.10.), S. 634—636. 217. Lindaus Sonne und ihre Schatten. — In: Nr. 41 (10.10.), S. 645—647. 218. [Rubrik] Theater. Henrik Ibsen: Der Bund der Jugend, [u.a.]. — In: Nr. 42 (17.10.), S. 668—670. 219. Aus dem Nachlaß von Friedrich Theodor Vischer. — In: Nr. 46 (14.11.), S. 725 bis 727. Rez. von: Friedrich Theodor Vischer: Allotria, Stuttgart 1892. Eigene Erinnerungen an Vischer. 220. Ein Meister und sein Schüler (Fontäne und Wolzogen). — In: Nr. 49 (5.12.), S. 779—781. Rez. von: Th. Fontäne: Unwiederbringlich, Berlin 1891. Ernst von Wolzogen: Die kühle Blonde, Stuttgart 1891. 221. Die Freien Bühnen und die Theaterzensur. — In: Nr. 51 (19.12.), S. 801—803.
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Büdier und Aufsätze
222. (Anonym) Nach jüngsten Mustern. Sonntagsfrauen. Noch ein Stückchen moderner Liebesphysiologie von Hanna Olsson [d. i. Ola Hansson]. — In: Nr. 52 (26. 12.), S. 827.
1892 223. Hypatia. Roman aus dem Altertum. — Stuttgart: Cotta 1892. "Erstveröffentlichung im Feuilleton der „Kölnischen Zeitung" 1891 (gekürzt). Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. 3). Rezensionen: Otto Brahm, Ein historischer Roman. — In: Die Nation, 9. Jg. 1892, Nr. 40 (2. 7.), S. 607—608. Ludwig Ewers: Mauthner als Romancier. — In: Das Magazin für Litteratur, 63. Jg. 1894, Nr. 47, Sp. 1473—1480. 224. Lügenohr. Fabeln und Gedichte in Prosa. — Stuttgart: Cotta 1892. Erstveröffentlichungen: Nr. 246, 251, 253, 256, 257, 260, 262, 264. Vermehrte Titelauflage Nr. 289. Wiederabdruck der verm. Titelauflage mit weiteren Ergänzungen Nr. 514 (Bd. 5, S. 121—318). Rezension: Ludwig Ewers: Moderne Fabeln. — In: Das Magazin für Litteratur, 62. Jg. 1893, Nr. 22, S. 349—351. 225. Der steinerne Riese. Novelle. In: Illustriertes Sonntagsblatt. Gratisbeilage der Volkszeitung, Nr. 40 (2.10.), S. 469—472; Nr. 41 (9.10.), S. 481—484; Nr. 42 (16.10.), S. 493—495; Nr. 43 (23.10.), S. 505—507; Nr. 44 (30.10.), S. 517 bis 522. Buchausgabe Nr. 328. 226. Tote Symbole. — Kiel und Leipzig: Lipsius und Tischer 1892. (= Deutsche Schriften für Litteratur und Kunst, 2. Reihe, H. 1). Enthält: Tote Symbole, S. 1—16. [zuerst: Nr. 213]. Ketzergedanken im Thorwaldsenmuseum, S. 16—22. [zuerst: Nr. 168]. Die griechischen Tragiker auf der Bühne, S. 22—30. [zuerst: Nr. 152]. Du Bois-Reymond und die bildende Kunst, S. 30—37. [zuerst: Nr. 184]. Eine berechtigte Forderung der Geschichtswissenschaft, S. 37—41. [zuerst: Nr. 148]. Fremdwörter in der Kunstsprache, S. 41—47. [zuerst: Nr. 179]. Rezension: *Alfred Biese: Rez. — In: Kieler Zeitung, 29.2. 1892. Aufsätze in: Das Magazin für Litteratur, 61. Jg. 1892: 227. [Gelegentlich Kurzrezensionen in der Rubrik] Litterarische Neuigkeiten. — In: Nr. 1—52. 228. Spiritisten auf der Bühne. — In: Nr. l (2.1.), S. 6—8. Zu: Arthur Jones: Hungerturm. 229. Sylvesterstücke. — In: Nr. 2 (9.1.), S. 23—24. Zu: Ludwig Anzengruber: Der Meineidbauer. Alfred Klaar: Der Obolus, u. a. 230. Guy de Maupassant. — In: Nr. 3 (16. 1), S. 33—35. 231. [Rubrik] Theater. Gerhart Hauptmann: Kollege Crampton. [u.a.] — In: Nr. 4 (23.1.), S. 55—58. 232. 1832—1892. Ein Rückblick und ein Ausblick. — In: Nr. 5 (30.1.), S. 68—70. 233. [Rubrik] Theater. Allerlei Volksstücke. — In: Nr. 8 (20. 2.), S. 124—127. Darunter: Max Halbe: Eisgang. Gerhart Hauptmann: De Waber.
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234. Zwei Ausstattungsstücke [Emerich Madach: Die Tragödie des Menschen. Ernst von Wildenbruch: Das heilige Lachen]. — In: Nr.9 (27.2.), S. 140—143. 235. Erich Schmidts „Lessing". — In: Nr. 10 (5. 3.), S. 158—160. 236. [Rubrik] Theater. [Adalbert von Hanstein: Die Königsbrüder. Konrad Alberti: Ein Vorurteil]. — In: Nr. 11 (12. 3.), S. 175—176. 237. Alphonse Daudets neuester Roman. Rose et Ninette. Moeurs du jour. — In: Nr. 12 (19. 3.), S. 191—192. 238. [Rubrik] Theater. [Paul Heyse: Wahrheit?. Friedrich Hebbel: Gyges und sein Ring]. — In: Nr. 13 (26. 3.), S. 203—206. 239. [Rubrik] Theater. Tempelteys Cromwell. — In: Nr. 14 (2.4.), S. 222—224. 239a. Freie Bühne. — In: Nr. 15 (9. 4.), S. 237—239. Zu: August Strindberg: Komtesse Julia. 240. Die Botschaft von Creisau. — In: Nr. 16 (16.4.), S. 249—251. Rez. von: Hellmuth Graf von Moltke: Trostgedanken, 1892. 241. Vornehmtuerei der Schauspieler. — In: Nr. 17 (23.4.), S. 272—274. 242. Das Theater der Lebenden. I. Die Stoffe der Lebenden. — In: Nr. 19 (7.5.), S. 304—306. Rez. von: Jean Jullien: Le theatre vivant. Essai theorique et pratique, Paris 1892. 243. Das Theater der Lebenden. II. Die Theorie der Lebenden. — In: Nr. 20 (14. 5.), S. 316—318. Fortsetzung der Rez. von Nr. 242. 244. Die Goethegemeinde. — In: Nr. 21 (21. 5.), S. 332—334. 245. [Antwort auf die Umfrage nach der »Zukunft der deutschen Litteratur im Urteil unsrer Dichter und Denker"]. — In: Nr. 21 (21. 5.), S. 341. 246. Gedichte in Prosa. I. Der Mensch ohne Uniform. II. Der arme Dichter. III. Das Spielzeug des Herrgotts. IV. Die Einsamkeit. V. Rosenrote Fenster. — In: Nr. 22 (28. 5.), S. 347—348. Wiederabdruck in Nr. 224 und in Nr. 514 (Bd. 5, S. 121—318). 247. Heyses Merlin [Roman in drei Bänden, Berlin 1892]. — In: Nr. 23 (4.6.), S. 363—365. 248. Eine Ausstellung von Theaterpublikum. — In: Nr. 25 (18.6.), S. 395—397. Zu: Hermann Bahr: Die häusliche Frau. 249. Etwas vom historischen Stil. — In: Nr. 26 (25.6.), S. 411—413. Rez. von: C. F. Meyer: Angela Borgia. 250. Das neueste Werk Zolas [La Debacle, Paris 1892]. — In: Nr. 27 (2.7.), S. 433 bis 436. 251. Gedichte in Prosa. VI. Die Wahrheit und die Schönheit. VII. Die Hoffnung. VIII. Die Natur. — In: Nr. 28 (9. 7.), S. 453—454. Wiederabdruck in Nr. 224 und in Nr. 514 (Bd. 5, S. 121—318). 252. Litterarische Gleichnisse. — In: Nr. 29 (16.7.), S. 460—462. Rez. von: Carl Spittelcr: Litterarische Gleichnisse, Zürich 1892. 253. Gedichte in Prosa. IX. Von ewiger Liebe. X. Das Glücksrad. XI. Die Sonne als Malerin. XII. Die heilige Mehrheit. XIII. Draht und Peitsche. — In: Nr. 30 (23. 7.), S. 482—483. Wiederabdruck in Nr. 224 und in Nr. 514 (Bd. 5, S. 121—318). 254. In eigener Sache. — In: Nr. 30 (23. 7.), S. 487. Offener Brief an Otto Brahm zu dessen Rezension der „Hypatia". 255. Fürst Bismarck und die deutsche Presse. — In: Nr. 31 (30.7.), S. 497—499. 256. Gedichte in Prosa. XIV. Staatsprüfungen. XV. Der Sammler und die Sammlerin. — In: Nr. 34 (20. 8.), S. 545—546. Wiederabdruck in Nr. 224 und in Nr. 514 (Bd. 5, S. 121—318).
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257. Gedichte in Prosa. XVI. Das grosse Kaussell. XVII. Don Juans wahres Ende. XVIII. Die Pantoffel des Propheten. XIX. Sieben. XX. Die Warte der Liebe. — In: Nr. 35 (27. 8.), S. 557—560. Wiederabdruck in Nr. 224 und in Nr. 514 (Bd. 5, S. 121—318). 258. Das junge Deutschland. — In: Nr. 36 (3. 9.), S. 577—579. Rez. von: Johannes Proelss: Das junge Deutschland, 1892. 259. Neue Moltkebriefe. — In: Nr. 39 (24. 9.), S. 620—622. Rez. von: Gesammelte Schriften und Denkwürdigkeiten des Generalfeldmarschalls Grafen Hellmuth von Moltke, Bd. 5, Berlin 1892. 260. Märchen und Bilder. I. Die Palme und die Menschensprache. [II.] Der Blitz und die Regenwürmer. [III.] Die Kritik. — In: Nr. 42 (15.10.), S. 681—683. Wiederabdruck in Nr. 224 und in Nr. 514 (Bd. 5, S. 121—318). 261. Renans philosophische Dramen. — In: Nr. 44 (29.10.), S. 708—711. 262. Märchen und Bilder. Havana. — In: Nr. 45 (5.11.), S. 728—729. Wiederabdruck in Nr. 224 und in Nr. 514 (Bd. 5, S. 121—318). 263. Wildenbruchs Meister Balzer. — In: Nr. 46 (12. 11.), S. 743—745. 264. Märchen und Bilder. Die Spielerin. — In: Nr. 47 (19.11.), S. 760—761. Wiederabdruck in Nr. 224 und in Nr. 514 (Bd. 5, S. 121—318). 265. Eleonora Düse. — In: Nr. 49 (3.12.), S. 792—794. 266. Gottfried Kellers Nachlasschriften. — In: Nr. 50 (10. 12.), S. 805—807. Rez. von: Gottfried Kellers nachgelassene Schriften. Hrsg. von Jakob Bächtold, Berlin 1893. 267. Ibsens „Baumeister Solness". — In: Nr. 51 (17.12.), S. 821—823. 268. Nachlese zur Düse. — In: Nr. 52 (24.12.), S. 842—843. 269. Der Schwimmer. Eine Skizze. — In: Nr. 52 (24.12.), S. 848—851. Wiederabdruck in Nr. 329, S. 79—96 und in Nr. 514 (Bd. 6, S. 141—152).
1893 270. Zum Streit um die Bühne. Ein Berliner Tagebuch. — Kiel und Leipzig: Lipsius und Tischer 1893 (= Deutsche Schriften für Litteratur und Kunst, 2. Reihe, H. 5). Dem „Tagebuch" liegen die Theaterkritiken aus dem Magazin für Litteratur, 61. Jg. 1892 zugrunde. 271. Eine Unterschrift. [Offener Brief an Maximilian Harden vom 30. 5.1893]. — In: Die Zukunft, 1. Jg. 1893, 3. Bd., S. 448—451. Mauthner rechtfertigt seine Unterstützung der Militärvorlage der Regierung. Harden antwortet ebd. S. 451. Aufsätze in: Das Magazin für Litteratur, 62. Jg. 1893: 272. Neue Fabeln und Gedichte in Prosa. 1. Die Gattin des Weisen. 2. Der schlechte Musikant. 3. Der Adler. — In: Nr. l (7.1.), S. 15. Wiederabdruck in Nr. 289 und in Nr. 514 (Bd. 5, S. 121—318). 273. [Rez. von] Karl Stauffer-Bern. Sein Leben, seine Briefe, seine Gedichte. Dargestellt von Otto Brahm. — Stuttgart: Göschen 1892. — In: Nr. 5 (4.2.), S. 79. 274. Neue Fabeln und Gedichte in Prosa. 4. Der Nebel. — In: Nr. 10 (11. 3.), S. 160. Wiederabdruck in Nr. 289 und in Nr. 514 (Bd. 5, S. 121—318). 275. Neue Fabeln und Gedichte in Prosa. 5. Der Grosstädter. — In: Nr. 12 (25. 3.), S. 186—187. Wiederabdruck in Nr. 289 und in Nr. 514 (Bd. 5, S. 121—318). 276. Neue Fabeln und Gedichte in Prosa. 6. Die Jury. — In: Nr. 26 (1.7.), S. 420. Wiederabdruck in Nr. 289 und in Nr. 514 (Bd. 5, S. 121—318). 277. *[5] Berliner Briefe. — In: Kölnische Zeitung vom 11.6., 17.9., 18.2., 1.4., 10.6. (LEI).
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1894 278. Kraft. Roman. Bd. 1. 2. — Dresden und Leipzig: Heinrich Minden 1894. Dritte, neu durchgesehene Auflage 1899. Neudruck: Berlin: Ullstein [1920]. (= Ullstein-Bücher. Eine Sammlung zeitgenössischer Romane. 124). "-"Wiederabdruck in: Münchener Post, 9.8.1910 — 17.9.1910. Uraufführung der Dramatisierung durch Julius Turk am 7. 2.1899 am „Neuen Theater" (vgl. die Besprechung von F[ritz] E[ngel] in: Berliner Tageblatt, 28. Jg. 1899, Nr. 71 (8.2.), S. 2). Rezensionen: C.E. Jensen: Rez. — In: Ringeren (Kristiania), 1899, Nr. 31 (5.8.). (Zit. nach: Das Litterarische Echo, 2. Jg. 1899, Sp. 420). Übersetzungen: Kraft [Kraft, dänisch]. Aut Overs, af J. Magnussen. — Kopenhagen: A. Christiansen 1899. Kracht [Kraft, niederländisch]. — Amsterdam: Jacob van Campen 1921. (= Zie Feuilleton-bibliothek. 17.). 279. Der Geisterseher. Humoristischer Roman. — Berlin: Verlag des Vereins der Bücherfreunde 1894. ( = Veröffentlichungen des Vereins der Bücherfreunde, 3. Jg., Nr. 6). Rezensionen: *Ernst Heilborn: Rez. — In: Die Nation, 18. 8.1894. 280. Das Dogma vom klassischen Altertum. — In: Die Zukunft, 3. Jg. 1894, 10. Bd., S. 78.
1895 281. Bismarck und sein Denkmal. — In: Die Zukunft, 3. Jg. 1895, 12. Bd., S. 314 bis 318. 282. Neue Gedichte in Prosa. — In: Die Zukunft, 3. Jg. 1895, 12. Bd., S. 367—368. Aufsätze in: Berliner Tageblatt, 24. Jg. 1895: 283. [Vorberichte zu den Berliner Theateraufführungen in den Morgenausgaben ab Mitte Oktober 1895.] Gezeichnet: fm. 284. Die Gedichte von Goethe und Hartleben. — In: Nr. 539 (23.10.), 1. Beiblatt, [S. 1-2]. Rez. von: Otto Erich Hartleben: Meine Verse, Berlin 1895. 285. Theodor Fontanes „Effi Briest". — In: Nr. 578 (13.11.), 1. Beiblatt, [S. l—2]. 286. Neuere deutsche Lyrik. — In: Nr. 595 (23.11.), I.Beiblatt, [S. l—2]. Rez. von: Carl Busse: Neuere deutsche Lyrik, Halle 1895. 287. Ein Roman von Paul Heyse "Über allen Gipfeln". — In: Nr. 612 (2.12.), [S. 1-2].
1896 288. Die bunte Reihe. Berliner Roman. — Paris, Leipzig, München: Albert Langen 1896. Neudruck: Berlin: Kronenverlag [1917], (= Kronenbücher. Romane erster Schriftsteller. 32.). Norwegische Übersetzung: *A. G. Kra: Broget liv. Efter Fritz Mauthners roman Die bunte Reihe. — Alb. Commermeyers forl. Trykthos Alb. Commermeyers forl. og Centraltrykkeriet 1899.
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Rezensionen: Jfacob] J[ulius] David: Rez. — In: Die Nation, 14. Jg. 1896, Nr. 4, S. 63. Vgl. auch: Paul Wiegler: Fritz Mauthner. — In: Das Litterarische Echo, 2. Jg. 1899, Sp. 1181—1186, dort Sp. 1184. 289. Aus dem Märchenbuche der Wahrheit. Fabeln und Gedichte in Prosa. — Stuttgart: Cotta 1896. Verm. Titelaufl. von Nr. 224. Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. 5, S. 121—318). Aufsätze in: Berliner Tageblatt, 2f. Jg. 1896: 290. [Vorberichte zu den Berliner Theateraufführungen in den Morgenausgaben.] Gezeichnet: fm. 291. Über unsere Kraft [von Björnstjerne Björnson]. — In: Nr. l (1.1.), [S. 2—3]. 292. Lebenswende. Tragikomödie in fünf Akten von Max Halbe (Deutsches Theater). — In: Nr. 38 (22.1.), [S. 3]. 293. Deutsches Theater. [Arthur Schnitzler.· Liebelei. Kleist: Der zerbrochene Krug]. — In: Nr. 64 (5.2.), [S. 2]. 294. Marcel Privost [Cousine Laura]. — In: Nr. 67 (6. 2.), [S. 1], 295. Der Streik der Berühmtheiten. — In: Nr. 118 (5. 3.), [S. 2—3]. Satire gegen die permanenten Umfragen. 296. Gabriel d'Annunzio [Der Unschuldige, Berlin 1896]. — In: Nr. 152 (23.3.), [S. 1-2]. 297. Hanns von Gumppenberg: Fabeln. — In: Nr. 153 (24.3.), [S. 2]. 298. „Meineidbauer" im Berliner Theater. — In: Nr. 157 (26.3.), [S. 3]. 299. Descartes. Ein Gespräch über sein Jubiläum. — In: Nr. 165 (30.3.), [S. l—3]. 300. Das Glück im Winkel. Schauspiel in drei Aufzügen von Hermann Sudermann (Lessing-Theater). — In: Nr. 174 (5. 4.), [S. 2]. 301. Angelus Silesius. — In: Nr. 179 (9. 4.), [S. 2]. 302. Ibsens „Catilina". — In: Nr. 217 (29. 4.), [. 1—2]. 303. Theater Alt-Berlin. [Carl Bleibtreu: Die Wendentaufe. Conrad Alberti: Die Büsserin]. — In: Nr. 248 (17. 5.), [S. 3]. 304. Zolas „Zauberer von Rom". — In: Nr. 272 (31. 5.), 2. Beiblatt, [S. 1—2]. 305. Eine Geschichte der deutschen Literatur der Gegenwart von Eugen Wolff. — In: Nr. 301 (16.6.), [S. 2—3]. 306. Zum Schluss der Theatersaison. — In: Nr. 329 (1. 7.), [S. 2—3]. Übersicht über die Tendenzen der Berliner Theater. 307. Ein neuer Roman von Spielhagen [Selbstgerecht, 1896]. — In: Nr. 349 (11.7.), [S. 1-2]. 308. Die Brüder Goncourt und die Freie Bühne. — In: Nr. 360 (17.7.), [S. 2]. 309. Eine Erinnerung an Heines Mouche. — In: Nr. 413 (15.8.), S. 2—3. Wiederabdruck in Nr. 474, S. 59—91. 310. Die Stücke der kommenden Saison. I. Die verrostete Hutnadel. — In: Nr. 429a (24.8.), [S.l]. Gezeichnet: m. Parodien auf das Schicksalsdrama und das naturalistische Drama. 311. Grabbes Barbarossa. — In: Nr.442a (31. 8.), [S. 1]. 312. Les Demi-Vierges. Schauspiel in drei Aufzügen von Marcel PreVost. — In: Nr. 462 (10.9.), [S.l]. 313. Ein Hauptmann-Abend [Hanneles Himmelfahrt]. — In: Nr. 480 (20.9.), [S. 3]. 314. Ibsen: Ein Volksfeind im Königlichen Schauspielhause. — In: Nr. 491 (26.9.), [S. 2]. 315. Hermann Sudermanns „Morituri". — In: Nr. 507 (5.10.), [S.l].
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316. August Graf von Platen. — In: Nr. 542 (23. 10.), [S. 1—2]. 317. Vom Theater der Ehre. — In: Nr. 555 (30.10.), [S. 1—2]. 318. [Rubrik] Feuilleton. [Arthur SAnitzler: Freiwild]. — In: Nr. 563 (4.11.), [S. 2-3]. 319. Der Kaiser und der Schillerpreis. — In: Nr. 594 (21.11.), [S. 1—2]. 320. „Zum Zeitvertreib" von Friedrich Spielhagen, 1897. — In: Nr. 601 (25.11.), [S. 1]. 321. „Die Fahnenweihe" (Komödie in drei Akten von Josef Ruederer). — In: Nr. 609 (30.11.), [S. 1]. 322. Die versunkene Glocke. Ein deutsches Märdiendrama von Gerhart Hauptmann. — In: Nr. 616 (3.12.), [S. 1—2]. Vgl. auch den Vorbericht in Nr. 615 (3.12.), [S. 2]. 323. Ibsens „Kaiser und Galiläer". — In: Nr. 622 (7. 12.), [S. 1]. 324. Gottfried Kellers Briefe. — In: Nr. 646 (19.12.), [S. 1—2]. Rez. von: Gottfried Kellers Leben. Seine Briefe und Tagebücher, Bd. l—3. Hrsg. von Jakob Baechthold. — Berlin 1897. 325. Björnstjerne Björnsons „König". — In: Nr. 663 (31.12.), [S. 2—3]. 326. -Zwei Brüder [Gedicht]. — In: Simplizissimus, 27.6.1896. (LBI). Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. l, S. 201) und in Nr. 514».
1897 327. Die böhmische Handschrift. Roman. — Paris, Leipzig, München: Albert Langen 1897. Vorabdruck in der „Kölnischen Zeitung" 1895/1896 (letzte Folge 26.2. 1896) u. d. T. „Die Handschrift von Opretal". Neudruck: Konstanz: Reuss und Itta [1916]. ( = Rheinborn-Bücher. 4.). Rezensionen: '•N.J. S-s.: Satira na Cehe. — In: Vienac 29, 1897, Nr. 44, S. 712. 328. Der steinerne Riese. Eine fast wahre Geschichte. — Dresden und Leipzig: Heinrich Minden [1897]. Vorabdruck Nr. 225. Neudruck: Konstanz und Leipzig: Hesse und Becker [1906], (= Zeitbücher. 36.). Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. 6, S. 203—280). 329. Der wilde Jockey und anderes. — Paris, Leipzig, München: Albert Langen 1897 (= Kleine Bibliothek Langen. 12.). Enthält: Der wilde Jokey (1890), S. 9—60. [Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. 6, S. 153 bis 184)]. Schriftstellerei (1896), S. 61—78. Der Schwimmer (1891), S. 79—96. [zuerst: Nr. 269. Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. 6, S. 141—152)]. Das Budget des Ruhms (1893), S. 97—118. Ein Abend im Irrenhaus (1894), S. 119—147. [Wiederabdruck Nr. 393 und in Nr. 514 (Bd. 6, S. 185—202)]. 330. Nach berühmten Mustern. Parodistische Studien. Gesamtausgabe. — Stuttgart, Berlin, Leipzig: Union deutsche Verlagsanstalt [1897]. Gesamtausgabe von Nr. 38, 52, 96, 97. Erschien 1902 in der 30. Auflage. Aufsätze in: Berliner Tageblatt, 26. Jg. 1897: 331. [Vorberichte zu den Berliner Theateraufführungen in den Morgenausgaben],
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332. Eine Maikäferkomödie. — In: Nr. 15 (9.1.), [S. 1]. Rez. von: Josef Viktor Widmann: Maikäferkomödie, Frauenfeld 1897. 333. John Gabriel Borkmann. Schauspiel in vier Aufzügen von Henrik Ibsen. — In: Nr. 54 (30.1.), [S. l—2]. 334. Studentenlyrik. — In: Nr. 103 (26. 2.), [S. 2]. Rez. von: Musenalmanach Berliner Studenten, Berlin 1896. 335. Philhellenismus und Renaissance. Unpolitische Betrachtungen. — In: Nr. 112 (3.3.), [S. 2-3]. Wiederabdruck in Nr. 509, Anhang II, S. 273—294. 336. Noch einmal der ästhetische Philhellenismus. — In: Nr. 152 (24.3.), [S. 1]. 337. Tragikomödien [von Josef Ruederer, Berlin 1897], — In: Nr. 183 (10. 4.), [S. 2]. 338. Die Poggenpuhls. Roman von Theodor Fontäne. — In: Nr. 215 (29.4.), [S. 1]. 339. Die Kunst, in vierundzwanzig Stunden ein beliebter Dramatiker zu werden. — In: Nr. 266 (27. 5.), [S. 2—3]. 340. Zum Schluss der Theatersaison. — In: Nr. 283 (6.6.), [S. 2—3]. 341. Sudermanns „Johannes". — In: Nr. 419 (19. 8.), [S. 1—2]. Zum Verbot des Stückes. 342. Illusionen und Ideale. Ein Vorwort zur Theatersaison. — In: Nr. 452 (6.9.), [S. 1-2]. 343. Mutter Erde. Drama in fünf Aufzügen von Max Halbe. — In: Nr. 478 (20.9.), [S. 2-3]. 344. Lessing-Theater. Das Tschaperl. Komödie in vier Aufzügen von Hermann Bahr. — In: Nr. 487 (25. 9.), [S. 2—3]. 345. Aus Anzengrubers Leben. — In: Nr. 497 (30. 9.), [S. 1—2]. Rez. von: Geisteshelden. Hrsg. von Anton Bettelheim. Bd. 4: Ludwig Anzengruber, Berlin 1897. 346. Das französische Drama in Deutschland. — In: Nr. 510 (7.10.), [S. l—2]. 347. Der Schauspieler und der Dichter. — In: Nr. 562 (4.11.), [S. l—2]. 348. Paul Heyses „Neue Gedichte". — In: Nr. 575 (11.11.), [S. l—2]. Rez. von: Paul Heyse: Neue Gedichte und Jugendlieder, Berlin 1897. 349. Königliches Schauspielhaus. Ludwig Anzengruber: Der G'wissenswurm. — In: Nr. 593 (22.11.), [S. 1]. 350. August Strindberg und die Geheimlehre. — In: Nr. 599 (25.11.), [S. l—2]. Rez. von: August Strindberg: Inferno, Berlin 1898. 351. Hauptmann-Literatur. — In: Nr. 612 (2.12.), [S. 1—2]. Rez. von: Fr. Spielhagen: Neue Beiträge zur Theorie und Technik der Epik und Dramatik, Leipzig 1898. U. E. Woener: Gerhart Hauptmann, München 1897. Adolf Bartels: Gerhart Hauptmann, Weimar 1897. Paul Schlenther: Gerhart Hauptmann. Sein Lebensgang und seine Dichtung, Berlin 1898. 352. Heinrich Heine. — In: Nr. 625 (9. 12.), [S. 1—2] und Nr. 633 (14. 12.), [S. 2-3]. Wiederabdruck in Nr. 474, S. 59—91. 353. Alphonse Daudet f. — In: Nr. 640 (17.12.), [S. 2].
1898 354. Götterdämmerung. — In: Das litterarische Echo. l.Jg. 1898, H. 4 (15.11.), Sp. 225—228. Rez. von: Max Nordau: Dr. Kohn. Bürgerliches Trauerspiel aus der Gegenwart, 1898. [zuerst: Nr. 371].
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Aufsätze in: Berliner Tageblatt, 27. Jg. 1898: 355. [Vorberichte zu den Berliner Theateraufführungen in den Monaten Januar, Februar und September bis Dezember]. 356. Literarische Neujahrswünsche. — In: Nr. l (1.1.), [S. 2—3]. 357. Johannes. Tragödie in fünf Akten und einem Vorspiel von Hermann Sudermann. — In: Nr. 29 (17.1.), [S. l—2]. 358. Maurice Maeterlinck. — In: Nr. 35 (20. 1.), [S. 1—2]. 359. Erinnerungen an die deutsche Universität Prag. — In: Nr. 61 (3.2.), [S. l—2]. 360. Tendenzstücke. — In: Nr. 74 (10. 2.), [S. 1—2]. Rez. Theodor Herzl: Das neue Ghetto, 1898. 361. Einige Outsiders. — In: Nr. 87 (17. 2.), [S. 1—2]. Rez. von: Bruno Wille: Einsiedelkunst aus der Kiefernheide, Berlin 1897. Carl Spitteler: Lachende Wahrheiten, Florenz und Leipzig 1898. Julius Hart: Stimmen in der Nacht, Florenz und Leipzig 1898. 362. Henrik Ibsen. Zur Feier seines 70. Geburtstages. — In: Nr. 139 (17. 3.), [S. 1—2]. 363. Georg Ebers f. — In: Nr. 398 (8. 8.), [S. 1—2]. 364. Theodor Fontäne von zwanzig bis dreissig. — In: Nr. 430 (25.8.), [S. 2]. Rez. von: Theodor Fontäne: Von zwanzig bis dreissig, Berlin 1898. 365. Johanna. Schauspiel in drei Akten von Björn Björnson. — In: Nr. 443 (1.9.), [S. 1-2]. 366. Leo Tolstoi zum 9. 9. 1898. — In: Nr. 457 (9. 9.), [S. 2—3]. 367. Cyrano de Bergerac. Romantische Komödie in fünf Aufzügen von Edmond Rostand. Deutsch von Ludwig Fulda. I. Der historische Cyrano. — In: Nr. 468 (15.9.), [S. 2—3]. II. Rostands „Cyrano de Bergerac". — In: Nr. 469 (15.9.), [S. 1-2]. 368. Theodor Fontäne f. — In: Nr. 480 (21. 9.), [S. 2]. 369. Theodor Fontäne. Ein neues Totengespräch. — In: Nr. 488 (26.9.), [S. l—2]. Wiederabdruck in Nr. 430, S. 82—93. 370. Neues von Otto Erich Hartleben. — In: Nr. 496 (30.9.), [S. 2]. Rez. von: Otto Erich Hartleben: Der römische Maler, Berlin 1898. 371. Götterdämmerung. — In: Nr. 534 (20.10.), [S. 1—2]. Rez. von: Max Nordau: Dr. Kohn. Bürgerliches Trauerspiel aus der Gegenwart, 1898. Wiederabdruck Nr. 354. 372. Das Buch und das Stück. Ein Gespräch zwischen berühmten Kollegen. Mitgeteilt von Fritz Mauthner. — In: Nr. 560 (3. 11.), [S. 1—2]. Zur unterschiedlichen gesellschaftlichen Stellung des Dramatikers und des Erzählers. 373. Fuhrmann Henschel. Schauspiel ... von Gerhart Hauptmann. — In: Nr. 567 (7.11.), [S. 1-2]. 374. Die böse Kritik. Einige neue Fabeln. 1. Die Klique und die Klaque. 2. Die Löwin und das Kaninchen. 3. Die Kritik. — In: Nr. 573 (10.11.), [S. l—2]. 375. Fontanes letzter Roman. — In: Nr. 585 (18.11.), [S. 2]. Rez. von: Theodor Fontäne: Der Stechlin, Berlin 1899. 376. Altes und Neues über Kleist. — In: Nr. 598 (25.11.), [S. 2—3]. 377. Vier Einakter von Otto Erich Hartleben [1. Lore. 2. Der Fremde. 3. Abschied vom Regiment.]. — In: Nr. 608 (30.11.), [S. 1—2]. 378. Hebbels Julia (Neue Freie Volksbühne). — In: Nr. 629 (12.12.), [S. 1—2]. 379. Die Allerjüngsten und ihre Artistenlyrik. I. (Die graue Theorie). — In: Nr. 623 (8.12.), S. l—2. II. (Stefan George). — In: Nr. 636 (15.12.), [S. l—2]. Wiederabdruck Nr. 381. 380. Der Schriftsteller Otto von Bismarck. — In: Nr. 660 (29.12.), [S. 1—2].
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Bücher und Aufsätze
1899 381. Die Allerjüngsten und ihre Artistenlyrik. I. Die graue Theorie. — In: Das litterarische Echo, l.Jg. 1899, H. 8 (15.1.), Sp. 493—496. II. Stefan George. — In: Das litterarische Echo, l.Jg. 1899, H. 9 (1.2.), Sp. 560—564. Erstdruck Nr. 379. 382. [Beitrag Mauthners zu: Goethe in unserer Zeit. Stimmen und Bekenntnisse], — In: Das litterarische Echo, l.Jg. 1899, H. 22 (15.8.), Sp. 1381—1403, dort Sp. 1398—1399. Ausätze in: Berliner Tageblatt, 28. Jg. 1899: 383. [Vorberichte zu den Berliner Theateraufführungen in den Morgenausgaben]. 384. Ein Gespräch in der Siegesallee. — In: Nr. 35 (19.1.), [S. 1—2]. Zur unterschiedlichen gesellschaftlichen Stellung des Schriftstellers und des Malers, anlässlich der Adelung Menzels. 385. Wallfahrer-, Maler- und Mördergeschichten [von Josef Ruederer, Berlin 1899]. — In: Nr. 48 (26.1.), [S. l—2]. 386. Friedrichshagen. — In: Nr. 79 (12. 2.), 3. Beiblatt. Litterarische Rundschau, [S. 1]. Betrachtungen über die Bedeutung Friedrichshagens anlässlich des Erscheinens von: Wilhelm Bölsche: Das Liebesleben in der Natur, 1898. Julius Hart: Der neue Gott, 1899. 387. Historisch-moderne Festspiele. Die letzten Menschen. Ein Zukunftstraum von Wolf gang Kirchbach. — In: Nr. 93 (20. 2.), [S. 1—2]. 388. Friedrich Spielhagen. Zum 70. Geburtstag. — In: Nr. 100 (23.2.), [S. 1—2]. 389. Maeterlincks „Pellas und Melisande". — In: Nr. 80 (13.2.), [S. l—2].
1900 390. Noch einmal Haeckels Welträtsel. — In: Psychische Studien. Zeitschrift für Parapsychologie, 28. Jg. 1900, H. 3 (März), S. 172—175. Erstdruck Nr. 394. 391. Friedrich Nietzsche. Aus den neuen Totengesprächen. — In: Der Volkserzieher. Blatt für Familie, Schule und öffentliches Leben, 4. Jg. 1900, Nr. 36 (9.9.), S. 282—283. Erstdruck Nr. 396». Wiederabdruck in Nr. 430, S. 94—102. 392. Wortkunst. — In: Das litterarische Echo, 3. Jg. 1900, H. l (Oktober), Sp. l—8. Vorabdruck aus Nr. 399 (Bd. l, S. 97—101, 104—107, 107—110). 393. Ein Abend im Irrenhaus. — In: Das litterarische Echo, 2. Jg. 1900, Sp. 1187 bis 1194. Vgl. Nr. 329. Aufsätze in: Berliner Tageblatt, 29. Jg. 1900: 394. Noch einmal Haeckels Welträtsel. — In: Nr. 34 (19.1.), Literarische Rundschau des Berliner Tageblattes, S. 1. Wiederabdruck Nr. 390. 395. Der Übermensch bei Goethe, Nietzsche und einigen anderen. — In: Zeitgeist Nr. 23. Beilage zum Berliner Tageblatt, 4. 6.1900. 396. Auf der Suche nach einer neuen Religion. — In: Nr. 288 (9.6.), S. l—2. Rez. von: Julius Hart: Das Reich der Erfüllung, 1900. 396a. Friedrich Nietzsche. Aus den neuen Totengesprächen. — In: Nr. 436 (28.8.), S. 1—2. Wiederabdruck Nr. 391 und in Nr. 430, S. 94—102. 397. Nietzsches Krankheit. — In: Nr. 453 (6.9.), S. 1—2.
Bücher und Aufsatze
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398. Der Tod des Tintageles von Maeterlinck. — In: Nr. 578 (13.11.), S. l—2 und Nr. 580 (14.11.), S. 2.
1901 399. Beiträge zu einer Kritik der Sprache. Bd. l—3. (Bd. 1: Sprache und Psychologie, 1901. Bd. 2: Zur Sprachwissenschaft, 1901. Bd. 3: Zur Grammatik und Logik, 1902). — Stuttgart (Bd. 3: und Berlin): Cotta 1901—1902. Zweite [überarbeitete] Auflage des ersten Bandes: Stuttgart und Berlin: Cotta 1906 (vgl. Nr. 429). Zweite [überarbeitete] Auflage des zweiten Bandes: Stuttgart und Berlin: Cotta 1912 (vgl. Nr. 458). Zweite [überarbeitete] Auflage des dritten Bandes: Stuttgart und Berlin: Cotta 1913 (vgl. Nr. 464). Dritte, um Zusätze vermehrte Auflage des ersten bis dritten Bandes: Leipzig: Felix Meiner 1923. Reprografischer Nachdruck der dritten Auflage: Hildesheim: Georg Olms 1967—1969 (Lizenz des Verlags Meiner, Hamburg). Übersetzungen: Frederico Mauthner: Contribuciones a una critica de lenguaje. Traduccion del aleman por Josi Moreno Villa. — Madrid: Daniel Jorro 1911. (= Biblioteca Cientifico-Filosofica). Tschechische Ausgabe: «Prag: Otto 1906 ( = Weltbücherei. 532—536). (Vgl. Mauthner an Landauer, 3. 9. 1906, Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis Amsterdam). Rezensionen: ^Thomas Achelis: Sprachwissenschaft und Philosophie. — In: Norddeutsche Allgemeine Zeitung, 1902, Nr. 28 und Nr. 30. Atlanticus: Das letzte Wort. — In: Der Schwabenspiegel. Wochenschrift für das geistige Leben des Schwabenlandes, l.Jg. 1901, Nr. 34 (27.4.), S. l—2. R, B.: Rez. — In: Wissenschaftliche Beilage zur Leipziger Zeitung, 1901, S. 467 und 1903, S. 242—243. W. Bang: Rez. — In: Literarisches Zentralblatt für Deutschland, 53. Jg. 1902, Sp. 485—486. *Paul Earth: Rez. — In: Die Zeit (Wien), 1901, Nr. 362, S. 151 bis 153 und 1902, Nr. 407, S. 37—38. Paul Barth: Rez. — In: Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Philosophie und Soziologie, 28. Jg. 1904, Neue Folge 3, S. 433—438. Otto Braun: Rez. — In: Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik, 159. Bd. 1915, S. 248—249. *//. Brömse: Sprachkritik und Weltanschauung. — In: Die Umschau, 4. Jg. 1901, Nr. 36. Ric von Carlowitz-Hartitzscb: Zur Sprachkritik. — In: Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik, Literatur und Kunst, 72. Jg. 1913, Bd. 4, Nr. 27, S. 27—35. Paul Nikolaus Cossmann: Ein Skeptiker. — In: Berliner Tageblatt, 30. Jg. 1901, Nr. 429 (24.8.), 1. Beiblatt. Paul N. Cossmann: Fritz Mauthner als Philosoph. — In: Das litterarische Echo, 5. Jg. 1902, H. 8, Sp. 513—520. *M. D.: Rez. — In: Westermanns illustrierte Monatshefte, 1904 (Februar), S. 749. Friedrich Dernburg: Rez. — In: Berliner Tageblatt, 32. Jg. 1903, Nr. 4 (4.1.), S. l—2. Alexfander] Ehrenfeld: Wortkunst und Wortaberglaube. — In: Der Bund (Bern), 1901, Sonntagsblatt Nr. 40, S. 315—318, Nr. 41, S. 323—325, Nr. 42, S. 332—335. *Rudolf Eisler: Rez. — In: Die Wage. Wiener Wochenschrift, 4. Jg. 1901, Nr. 36, S. 569—571. E[duard] E/ngelJ: Rez. — In: Literatur und Unterhaltung. Beilage des Hamburger Fremdenblattes. 1903, Nr. 56, S. 1. *Walter Ernst: Mauthners Sprachkritik. — In: Der Deutsche, 1. Jg. 1905, Nr. 23. Trautgott Friedemann: Rez. — In: Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik, Literatur und Kunst, 73. Jg. 1914, Bd. 2, Nr. 23, S. 479—480. Michael Gloszner: Fritz Mauthners sensualistisch-positivistische „Kritik der Sprache". — In: Jahrbuch für philosophische und spekulative Theologie, 18. Jg. 1904, S. 188—218. R. H. Goldschmidt: Rez. — In: Archiv für die gesamte Psychologie, 33. Bd. 1915, S. 109. Grimm: Rez. — In: Wissenschaftliche Beilage zur Leipziger Zeitung, 1907, Nr. 38 (21.9.), S. 165. H. Häfker: Rez. —
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Büdier und Aufsätze
In: Die Gesellschaft. Halbmonatsschrift für Literatur, Kunst und Sozialpolitik, 3. Bd. 1902, S. 408—410. Eduard Hermann: Rez. — In: Literaturblatt für germanische und romanische Philologie, 1904, S. 313—319. L. Hirscblajj: Rez. — In: Zeitschrift für pädagogische Psychologie, 4. Jg. 1902, S. 183—191. Eugen Holzner: Sprache und Psychologie. — In: Beilage zur Allgemeinen Zeitung (München), Jg. 1901, Nr. 119 (25. 5), S. 1—4. Monty Jacobs: Kritik der Sprache. — In: Neue deutsche Rundschau, 1901, Bd. l, S. 663—664. Hermann Jacobson: Rez. — In: Nord und Süd, 107. Bd., Nov. 1903, S. 194—204. *O. Jespersen: Rez. — In: Geisteswissenschaften, 1. Jg. 1914, S. 915. C.J.: Zwei Werke über die Sprache [Fritz Mauthner: Kritik der Sprache. Wilhelm Wundt: Die Sprache, 1900]. — In: Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik, Literatur und Kunst, 63. Jg. 1904, Bd. 3, S. 263—274 und S. 312—321 und Bd. 4, S. 547—557 und S. 681—690. /. Keller: Rez. — In: Neue Philologische Rundschau, 1901, S. 522—527, 1902, S. 329—335, 1903, S. 559—565. Erwin Kirchner: Rez. — In: Zeitschrift für deutsche Wortforschung, 4. Jg. 1903, S. 332—342. Gustav Landauer: Kritik der Sprache. — In: Die Zukunft, 9. Jg. 1901, Bd. 35, Nr. 32, S. 220—224. Gustav Landauer: Mauthners Sprachwissenschaft. — In: Die Zukunft, 10. Jg. 1902, Bd. 37, S. 312—323. Gustav Landauer: Mauthners Werk. — In: Die Zukunft, 11. Jg. 1903, Bd. 42, S. 455 bis 464. Theodor Lessing: Rez. — In: Die Gesellschaft. Halbmonatsschrift für Literatur, Kunst und Sozialpolitik, 18. Jg. 1902, 3. Bd., S. 410—419. Hans Lindau: Der Genuss der Sprache. — In: Nord und Süd, 109. Bd. 1904, H. 326, S. 218—234. Hans Lindau: Zur Kritik der Sprache. — In: Nord und Süd, 98. Bd. 1901, H. 292, S. 110—119. W. Martens: Rez. — In: Südwestdeutsche Schulblätter, 18. Jg. 1901, S. 288—289. Harry Maync: Eine Kritik der Sprache. — In: Tägliche Rundschau. 7. 4. 1903, Unterhaltungsblatt 82, S. 326—327. *Rudolf Meringer: Neue Freie Presse (Wien), 23. 8. 1903. Richard M[oritz] Meyer: Die Sprache und ihr Richter. — In: Die Nation, 19. Jg. 1901, Nr. 6, S. 90—93. Paul Mongre [d.i. Felix HausdorffJ: Sprachkritik. — In: Neue deutsche Rundschau, 14. Jg. 1903, S. 1233—1258. Othmar Mussil: Rez. — In: Allgemeines Literaturblatt (Wien), 10. Jg. 1901, Nr. 22, Sp. 678—679. R.E. Ottmann: Rez. — In: Zeitschrift für den deutschen Unterricht, 17. Jg. 1903, H. l, S. 1—19. Willy Pastor: Eine Kritik der Sprache. — In: Tägliche Rundschau, 25.3.1901. Unterhaltungsbeilage Nr. 71, S. 281—282. r—n.: Rez. — In: Allgemeines Literaturblatt (Wien), 12. Jg. 1903, Nr. 211, Sp. 652. r—r.: Rez. — In: Wissenschaftliche Beilage zur Leipziger Zeitung, 1902, S. 339 bis 340. E. A. Regener: Rez. — In: Revue franco-allemande, 1901, S. 764 bis 766. E. v. Reventhofer: Rez. — In: Heimat. Deutsche Blätter für Litteratur und Volkskunde, 1904, Nr. 18, S. 545—549. *C[onrad S[chmidt]: Rez. — In: Vorwärts, 23. 6.1901. *C. Schneider: Rez. — In: Das 20. Jahrhundert (früher: Deutsche Blätter), 1902, S. 356—358. Leo Spitzer: Rez. — In: Literaturblatt für germanische und romanische Philologie, 40. Jg. 1919, Sp. 201 bis 212. Fritz Tychow: Rez. — In: Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik, Literatur und Kunst, 72. Jg. 1913, 1. Bd., Nr. 8, S. 389. W. Uhl: Rez. — In: Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik, 127. Bd. 1906, S. 102 bis 104. P. Laurentius Zeller: Rez. — In: Jahrbuch für Philosophie und spekulative Theologie, 18. Jg. 1903, H. l, S. 112—114. (Anonym): Rez. — In: Gäa. Natur und Leben, 37. Jg. 1901, S. 577—584 und S. 681—690. (Anonym): Rez. — In: Literarisches Centralblatt für Deutschland, 52. Jg. 1901, Nr. 20 (18.5.), Sp. 817—818. 400. Phantasie eines Realisten. Ein verbotenes Buch. — In: Berliner Tageblatt, 30. Jg. 1901, Nr. 173 (4. 4.), S. 1. Rez. von: Lynkeus: Phantasie eines Realisten, 1900.
Bücher und Aufsätze
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401. Eine Kindertragödie. — In: Berliner Tageblatt, 30. Jg. 1901, Nr. 196 (19.4.), S. 2. Zur religiösen Erziehung in der Schule. 402. Das Urheberrecht. Aus den neuen Totengesprächen. — In: Berliner Tageblatt, 30. Jg. 1901, Nr. 221 (2. 5.), S. 1—2. Wiederabdruck in Nr. 430, S. 3—10.
1902 403. Beiträge zu einer Kritik der Sprache. Bd. 3: Zur Grammatik und Logik. — Stuttgart und Berlin: Cotta 1902. Vgl. Nr. 399. 404. Situation und Sprache. — In: Die Zukunft, 10. Jg. 1902, 40. Bd., Nr. 46 (16. 8.), S. 265—276. Abgeänderter Auszug aus Nr. 403. 405. Erfahrung und Sprache. — In: Die Zukunft, 11. Jg. 1902, 41. Bd., Nr. 3 (18. 10.), S. 100—104. Aus dem in Nr. 403 nicht aufgenommenen Material. 406. Zur Kritik der Sprache. — In: Die Zeit (Berlin), 2. Jg. 1902, Nr. 3, S. 81—84. Vorabdruck aus Nr. 403, S. 633—636.
1903 407. Schopenhauers vierfache Wurzel. — In: Die Zukunft, 11. Jg. 1903, Bd. 42, S. 260—269. Wiederabdruck in Nr. 449 (Bd. 2, S. 344—388) und Nr. 454. 408. Schopenhauers Wille. — In: Die Zukunft, 11. Jg. 1903, Bd. 42, S. 294—305. Wiederabdruck in Nr. 449 (Bd. 2, S. 344—388), und Nr. 454. Rezension: A.: Herr Fritz Mauthner über Schopenhauer. — In: Die Gnosis (Wien, Leipzig, Berlin), l.Jg. 1903, Nr. 4 (5.3.), S. 96—97. 408a. „Rose Bernd". Schauspiel ... von Gerhart Hauptmann. — In: Berliner Tageblatt, 32. Jg. 1903, Nr. 557 (2.11.), S. 2—3. 408b. Henrik Ibsens „Peer Gynt". Zum ersten Male aufgeführt... — In: Berliner Tageblatt, 32. Jg. 1903, Nr. 590 (20.11.), S. 1—2. 409. „So ist das Leben". Schauspiel ... von Frank Wedekind. — In: Berliner Tageblatt, 32. Jg. 1903, Nr. 605 (28.11.), S. 1—2. 410. Das Dichterische in der Kindersprache. — In: Vossische Zeitung (Berlin), Nr. 603 (25. 12.). Auszug aus Nr. 399.
1904 411. Aristoteles. Ein unhistorischer Essay. — Berlin: [Bard und Marquardt] 1904. (= Die Literatur. 2.). Englische Übersetzung: * Aristotle. Translated by Charles D. Gordon. — New York: McClure, Philipps 1907. Rezensionen: Karl /entsch: Rez. — In: Die Zukunft, 13. Jg. 1904, Bd. 49, S. 292—297. Hans Lindau: Aristoteles. — In: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt, 49. Jg. 1904, Nr. 298 (26. 10.), S. l—2. B. Steiner: Rez. — In: Deutschland. Monatsschrift für die gesamte Kultur, 3. Jg. 1905, S. 101—106. 411a. Mein erstes Buch. — In: Albert Langens Verlagskatalog 1894—1904. — München: Langen 1904, S. 101—105. 412. Die Herkunft des sprachkritischen Gedankens. — In: Die Zukunft, 12. Jg. 1904, Bd. 47, S. 10—23. Wiederabdruck in Nr. 509, S. 210—234.
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Bücher und Aufsätze
413. Aphorismen aus Fritz Mauthners Kritiken [Berliner Tageblatt, 29. Jg. 1900, Nr. 123 und Nr. 418 und 32. Jg. 1903, Nr. 76 und Nr. 239]. — In: Neue Erwinia. Vereinsblatt des Alsabundes (Strassburg), 11. Jg. 1904, Nr. 9, S. 200 bis 202. 414. Zweck und Organismus. Ein Beitrag zur Sprachkritik. — In: Nord und Süd. Eine deutsche Monatsschrift, 109. Bd. 1904, H. 326 (Mai), S. 206—217. 415. Wie eine Theaterkritik entsteht. — In: Das litterarische Echo, 7. Jg. 1904, H. l (1.10.), Sp.47—51. Erstdruck Nr. 423. Aufsätze in: Berliner Tageblatt, 33. Jg. 1904: 416. Dichtung und Unglaube. Maeterlincks „Schwester Beatrix" und Shaws „Schlachtenlenker". — In: Nr. 76 (11. 2.), S. 1—2. 417. „Candida". Komödie ... von B. Shaw. — In: Nr. 117 (4. 3.), S. 1—2. 418. Nach der Kantfeier. Aus den neuen Totengesprächen. — In: Nr. 160 (28. 3.), S. 1—2. Wiederabdruck in Nr. 430, S. 45—54. 419. Das Theater und der Dalai Lama. Eine Sommerphantasie. — In: Nr. 367 (21. 7.), S. 1—2. 420. Aus den neuen Totengesprächen (Ein Philosophenkongress). — In: Nr. 476 (18. 9.), I.Beiblatt. 421. Das neueste Volapük. — In: Nr. 198 (19. 4.), S. 1—2. 422. B. Shaws Schauspiel „Frau Warrens Gewerbe". — In: Nr. 171 (5.4.), S. 2—3. 423. Wie eine Theaterkritik entsteht. — In: Nr. 443 (31. 8.), S. 1—2. Wiederabdruck Nr. 415.
1905 424. Theodor Fontäne posthumus. — In: Das litterarische Echo, 8. Jg. 1905, H. 3 (1. 11.), Sp. 157—161. Rez. von: Theodor Fontäne: Causerien über Theater, Berlin 1905. Theodor Fontäne: Briefe an seine Familie, Berlin 1905. 425. [Aphorismus über Schiller]. — In: Simplizissimus, 10. Jg. 1905, Nr. 6 (9.5.), S. 63. Aufsätze in: Berliner Tageblatt, 34.. Jg. 1905: 426. Das gerettete Venedig [von Hugo von Hofmannsthal]. — In: Nr. ? (22. und 23.1.). (LBI). 427. Die weiss-gelbe Fahne. Ein Aprilscherz O.E. Hartlebens. — In: Nr. 171 (?). (LBI). 428. Der Ehrentag des Cervantes. Aus den neuen Totengesprächen. — In: Nr. 184 (10.4.), [S. 1-2]. Wiederabdruck in Nr. 430, S. 22—29 und in Nr. 514 (Bd. l, S. 68—74).
1906 429. Beiträge zu einer Kritik der Sprache. Bd. 1: Sprache und Psychologie. 2., [überarbeitete] Auflage. — Stuttgart und Berlin: Cotta 1906. Vgl. Nr. 399. 430. Totengespräche. — Berlin: Karl Schnabel 1906. Enthält: Das Urheberrecht (Juli 1904), S. 3—10. [zuerst: Nr. 402]. Theater und Dalai Lama (Mai 1901), S. 11—21. [zuerst: Nr. 419]. Cervantes (April 1905), S. 22—29. [zuerst: Nr. 428]. Descartes (März 1896), S. 30—44. [zuerst: Nr. 299].
Büdier und Aufsätze
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432. 433. 434.
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Die Kantfeier (März 1904), S. 45—54. [zuerst: Nr. 418]. Goethes Apotheose (August 1899), S. 55—63. Ludwig Anzengruber (Dezember 1889), S. 64—73. [zuerst: Nr. 139]. Gottfried Keller (Juli 1890), S. 74—82. [zuerst: Nr. 170]. Theodor Fontäne (September 1898), S. 82—93. [zuerst: Nr. 369]. Friedrich Nietzsche (August 1900), S. 94—102. [zuerst: Nr. 396a] Bismarck (Oktober 1905), S. 103—116. [vorher: Nr. 432]. Ein Philosophenkongress (September 1904), S. 117—127. [zuerst: Nr. 420]. Teilweiser Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. l, S. 37—168). Rezensionen: Julius Bab: Mauthners Dialoge. — In: Die Schaubühne, 2. Jg. 1906, Nr. 4, S. 106—108. Rudolf Fürst: Mauthners Totengespräche. — In: Vossische Zeitung, 29.11.1911. Alexander von Gleichen-Russwurm: Neue Essays. — In: Das litterarische Echo, 6. Jg. 1904, Sp. 1693—1695, dort S. 1694—1695. Karl Cruber: Dialog der Unsterblichen. Fritz Mauthners Totengespräche. — In: Neue Erwinia. Vereinsblatt des Alsabundes, 13. Jg. 1906, Nr. 7, S. 139—149. M. K.: Rez. — In: Die schöne Literatur. Beilage zum Literarischen Zentralblatt für Deutschland, 7. Jg. 1906, Nr. 12 (2.6.), Sp. 251. Monty Jacobs: Rez. — In: Das litterarische Echo, 8. Jg. 1906, H. 18, Sp. 1331—1333. G. Sob.; Rez. — In: österreichische Rundschau, 8. Bd. 1906, H. 104/105, S. 497—498. *Paul Wertheimer: Totengespräche. — In: Neue Freie Preisse (Wien), 15.7. 1906. Spinoza. — Berlin und Leipzig: Schuster und Löffler [1906]. (= Die Dichtung. Eine Sammlung von Monographien. 43.). Stark erweiterte Neuauflage Nr. 529. Bismarck. — In: Das Blaubuch, 1906, Nr. l, S. 1—36. Wiederabdruck in Nr. 430, S. 103—116 und in Nr. 514 (Bd. l, S. 150—159). Kritik der Sprache. — In: Die Zukunft, 14. Jg. 1906, Bd. 56 (22.9.), S. 433—439. Vorabdruck des Vorwortes zu Nr. 429. Spinoza. — In: Beilage zur Allgemeinen Zeitung (München), Jg. 1906, Nr. 272 (23.11.), S. 361—363. Vorabdruck des Schlusses von Nr. 431.
1907 435. Die Sprache. — Frankfurt: Rütten und Loening (1907). (= Die Gesellschaft. Sammlung sozialpsychologischer Monographien. 9.). Neudruck: Frankfurt: Keip [1974]. Rezensionen: O. Flügel: Rez. — In: Zeitschrift für Philosophie und Pädagogik, 17. Jg. 1910, S. 213. /. Keller: Rez. — In: Neue philosophische Rundschau, 1908, S. 590—592. /. Kirste: Rez. — In: Allgemeines Literaturblatt (Wien), 20. Jg. 1911, Nr. 8 (30.4.), S. 239. A. Kurella: Rez. — In: Freideutsche Jugend, 4. Jg. 1918, S. 303. K. Matthai: Rez. — In: Die neueren Sprachen, 16. Bd. 1908, S. 121. P. Menzeratb: Rez. — In: Archiv für die gesamte Psychologie, 1910, S. 200—202. K. Morgenroth: Rez. — In: Bulletin de dialectologie romane, 6. Bd. 1914, S. 3—4. (Anonym): Rez. — In: Neuphilologische Blätter, 25. Jg. 1918, S. 311. 436. [Vorwort zu] Walter Cale": Nachgelassene Schriften. Mit einem Vorwort von Fritz Mauthner. Hrsg. und eingeleitet von Arthur Brückmann. — Berlin: S. Fischer 1907. 437. Aphorismen zum Urheberrecht. — In: Das literarische Echo, 9. Jg. 1907, H. 9 (1.2.), Sp. 676—677. Erstdruck: Die Umschau (Frankfurt), 1907.
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Bücher und Aufsätze
438. Henrik Ibsen. Ein Totengesprädi. Mit einer Zeichnung von Olaf Gulbransson. — In: März. Halbmonatsschrift für deutsche Kultur, 1. Jg. 1907, Bd. l, S. 11—21. Wiederabdruck in Nr. 474, S. 1—22 und in Nr. 514 (Bd. l, S. 75—90). 439. Don Juan d'Austria. Fragmente. — In: März. Halbmonatsschrift für deutsche Kultur, 1. Jg. 1907, Bd. 4, S. 33—42 und S. 133—137. Fortsetzung Nr. 442. Teilweiser Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. 2, S. 179— 258). 440. Künstliche Weltsprachen. — In: Beilage zur Allgemeinen Zeitung (München), 1907, Nr. 19, S. 33—41.
1908 441. Aus dem zweiten Teil meiner Lebenserinnerungen. — In: Freundesgrüsse an Alfred Klaar zum 60. Geburtstage 7.11.1908. — Stuttgart und Berlin: Cotta 1908, S. 19—24. Beschreibt Mauthners Zusammenarbeit mit Alfred Klaar bei der Veröffentlichung seines Erstlingsaufsatzes. Vgl. Nr. 509. 442. Don Juan d'Austria. Fragmente. — In: März. Halbmonatsschrift für deutsche Kultur, 2. Jg. 1908, Bd. 4, S. 136—145, S. 218—225, S. 296—307. Fortsetzung von Nr. 439. Teilweiser Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. 2, S. 179— 258). 443. Der Dilettant. — In: Masken, 4. Jg. 1908, S. 94. Erstdruck Nr. 84. 444. Der Halbgebildete. — In: Masken, 4. Jg. 1908, S. 162. Erstdruck Nr. 86.
1909 445. Eine neue Legende von der hl. Jadwiga. — In: Simplizissimus, 13. Jg. 1909, Nr. 50 (15. 3.), S. 844. Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. 5, S. 309—312). 446. *Wie der Gabrielsbub des Teufels wurde. — In: Simplizissimus, 27.9.1909. (LBI). Wiederabdruck in Nr. 474, S. 23—31. 447. Friedrich Spielhagen. — In: Das litterarische Echo,.11. Jg. 1909, Sp. 852—855. Erstdruck Nr. 448. 448. ^Friedrich Spielhagen. — In: Berliner Tageblatt, 38. Jg. 1909, Nr. ? (23.2.). (LBI).
1910 449. Wörterbuch der Philosophie. Neue Beiträge zu einer Kritik der Sprache. — Bd. 1.2. — München: Georg Müller 1910—1911. Erschien in 21 Lieferungen seit 1909. Rezensionen: ^Hermann Bahr: Rez. — In: Neue Freie Presse (Wien), 21.1. 1912. *Otto Braun: Rez. — In: Allgemeine Zeitung (Königsberg), 26. 4.1913. Paul Barth: Rez. — In: Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Philosophie und Soziologie, 37. Jg. 1913, S. 139—140. *Friedrich Dernburg: Rez. — In: Berliner Tageblatt, 40; Jg. 1911, Nr. ? (10.9.). *Eduard Engel: Rez. — In: Kölnische Zeitung, 11.11.1911. Hermann Herrigel: Fritz Mauthner. — In: Die Hilfe, 18. Jg. 1912, Nr. 38 (19. 9.), S. 607—609. Hermann Hesse: [Rubrik] Bücherschau. — In: März. Halbmonatsschrift für deutsche Kultur, 5. Jg. 1911, Nr. 3, S. 160. Hans Lindau: Mauthners Wörterbuch der Philosophie. — In: Kantstudien, 18. Bd. 1913, S. 497—500. —/—..· Rez. — In: Literarischer Handweiser zunächst für alle Katholiken deutscher Zunge, 49. Jg. 1911, Sp. 633—634. Richard M[oritz] Meyer: Das Wörterbuch der Philosophie. — In: Zeitschrift für deutsche Wortforschung, 13. Bd. 1911/1912, H. l,
Bücher und Aufsätze
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S. 77. *Georg Runze: Theologische Literaturzeitung, 1911, Nr. 4, S. 117—119. Robert Saudeck: Fritz Mauthners neues Werk. — In: Das Blaubuch, Jg. 1909, S. 1244—1245. Wilhelm von Saolz: Rez. — In: Der Tag, 24.1.1913. Rudolf Unger: Rez. — In: Das litterarische Echo, 14. Jg. 1913, H. 4, Sp. 239—242. Oskar Wälzet: Rez. — In: Deutsche Literaturzeitung, 7. 1. 1911. P. Zillmann: Rez. — In: Neue metaphysische Rundschau, 18. Bd. 1910, S. 26. 450. Energie. — In: Die Zukunft, 17. Jg. 1910, 71. Bd., S. 49—60. Auszug aus Nr. 449 (Bd. l, S. 270—283). ' 451. *Studentenjahre in Prag. — In: Bohemia, 1. 2.1910. (LBI). 452. Marie von Ebner-Eschenbach. — In: Der Zeitgeist, Nr. 37, Beilage zum Berliner Tageblatt, 12. 9.1910, S. 1—2.
1911 453. Wörterbuch der Philosophie. Neue Beiträge zu einer Kritik der Sprache. Bd. 2. — München: Georg Müller 1911. Vgl. Nr. 449. 454. Schopenhauer. — München und Leipzig. — Georg Müller 1911. Auszug aus Nr. 453, S. 344—388. Erstdruck: Nr. 407 und 408. 455. In eigener Sache. — In: Die Zukunft, 19. Jg. 1911, Bd. 74, S. 386—387. Wendet sich gegen den Vorwurf Wilhelm Ostwalds (Berliner Tageblatt, 8. 2. 1911), Mauthner verachte die deutsche Sprache. 456. Humor. — In: Die Schaubühne, 7. Jg. 1911, Nr. 11 (16.3.), S. 281—286 und Nr. 12 (23. 3.), S. 309—312. Auszug aus Nr. 449 (Bd. l, S. 514—522). 457. Schulerinnerungen. — In: Hamburger Fremdenblatt 1911, Nr. 269 (15. 11.), Titelseite. Vorabdruck aus Nr. 509.
1912 458. Beiträge zu einer Kritik der Sprache. Bd. 2. 2., [überarbeitete] Auflage. — Stuttgart und Berlin: Cotta 1912. 459. [Beitrag in] Judentaufen von Werner Sombart [u. a.]. [Mit einem Vorwort von A[rthur] Landsberger]. — München: Georg Müller 1912, S. 74—77. Mauthner tritt für eine Sperrung der Grenzen gegen die Einwanderung der Juden aus dem Osten ein, um die Assimilation der deutschen Juden nicht zu stören. 460. Schulerinnerungen. — In: Süddeutsche Monatshefte, 9. Jg., Bd. l (Oktober 1911 bis März 1912), S. 7—36, S. 169—178, S. 461—471, S. 569—583. Vorabdruck aus Nr. 509, S. 1—182. 461. Berthold Auerbach. — In: Berliner Tageblatt, 41. Jg. 1912, Nr. 102 (28. 2.). Wiederabdruck in Nr. 509, Anhang VIII, S. 326—334. 462. Die Wiedergeburt des Buddhismus. — In: Berliner Tageblatt, 41. Jg. 1912, Nr. ? (4. 8.). Wiederabdruck in Nr. 474, S. 191—203. 463. Polizei und Religion. — In: Berliner Tageblatt, 41. Jg. 1912, Nr. 638 (15.12.). Wiederabdruck in Nr. 474, S. 231—243.
1913 464. Beiträge zu einer Kritik der Sprache. Bd. 3. 2., [überarbeitete] Auflage. — Stuttgart und Berlin: Cotta 1913. 465. Der letzte Tod des Gautama Buddha. — München: Georg Müller 1913. Zweite Auflage 1921. Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. 5, S. 1—119).
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466.
467.
468. 469. 470.
471. 472. 473.
Bücher und Aufsätze Rezensionen: Julius Bab: Die Weihnachtsbucher. — In: Die Gegenwart, 41. Jg. 1912, Nr. 5l, S. 809—813, dort S. 811—812. Monty Jacobs: Mauthners Buddha. — In: März. Halbmonatsschrift für deutsche Kultur, 7. Jg. 1913, H. l, S. 114—115. Gustav Landauer: Fritz Mauthners Buddhadichtung. — In: Berliner Tageblatt, 41. Jg. 1912, Nr. 635 (13.12.), S. l—2. Ernst Lorenz: Rez. — In: Buddhistische Welt, 6. Jg. 1913, Nr. 9/10, S. 414—416. Friedrich Stein: Buddha. — In: Nord und Süd, 37. Jg. 1913, Bd. 145, S. 123—126. Bardengesang [Balladenparodie]. — In: Richard Mforitz] Meyer: Deutsche Parodien. Deutsches Lied im Spottlied von Gottsched bis auf unsere Zeit. — München: Georg Müller und Eugen Rentsch 1913. (= Pandora. 12.), S. 182. [Beitrag] in: Schriftsteller, Verleger, Publikum. Eine Rundfrage. Zehnjahreskatalog des Verlags Georg Müller, München. — München: Georg Müller [1913], S. 94—95. Zum Begriff „geistiges Eigentum". O[tto] F[ricdrich] Gruppe. — In: Die Zukunft, 22. Jg. 1913, Bd. 85, (6.12.), S. 314—325. Vorabdruck des Vorwortes zu Nr. 554, S. V—XV. Der Kreuzzug von 1912. Aus den neuen Totengesprächen. — In: Berliner Tageblatt, 42. Jg. 1913, Nr. ? (5.1.). Wiederabdruck in Nr. 474, S. 33—45 und in Nr. 514 (Bd. l, S. 91—99). Antwort auf einen Anwurf. — In: Berliner Tageblatt, 42. Jg. 1913, Nr. ? (26. 1.). Zur Kritik Guiseppe de Lorenzos am „Letzten Tod des Gautama Buddha". Vgl. auch den offenen Brief de Lorenzos und Mauthners Antwort im Berliner Tageblatt vom 21. 2.1913. Als—Ob. — In: Berliner Tageblatt, 42. Jg. 1913, Nr. ? (10.3., 17.3., 25.3.), Beilage „Der Zeitgeist". Um ein Vorwort erweiterter Wiederabdruck Nr. 523. Betrachtungen über den Mut. — In: Berliner Tageblatt, 42. Jg. 1913, Nr. 415 (17. 8.). *Das Schriftstellerelend. — In: Berliner Tageblatt, 42. Jg. 1913, Nr. ? (5.10.). (LBI).
1914 474. Gespräche im Himmel und andere Ketzereien. — München und Leipzig: Georg Müller 1914. Enthält: Henrik Ibsen (1906) S. 1—22. [zuerst: Nr. 438]. Wie der Gabrielbub des Teufels wurde (1909), S. 23—31. [zuerst: Nr. 446]. Der Kreuzzug von 1912 (1913), S. 33—45. [zuerst: Nr. 469]. Die Mehrer des Schatzes (1912), S. 47—58. Heinrich Heine (1897), S. 59—91. [zuerst: Nr. 309 und Nr. 352]. Das Denkmal der Marlitt (1912), S. 93—104. Im Zeitalter des Examens (1913), S. 105—115. Volapük (1904), S. 117—134. Die grosse Neugier (1913), S. 135—144. Über Todesstrafe und Todesrecht (1913), S. 145—166. Uniform (1912), S. 167—177. Die beste Religion (1912), S. 179—190. Die Wiedergeburt des Buddhismus (1912), S. 191—203. [zuerst: Nr. 462]. Die Theosophen (1913), S. 205—218. Das gottlose Kloster (1913), S. 219—230. Polizei und Religion (1912), S. 231—243. [zuerst: Nr. 463].
Bücher und Aufsätze
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Philosophie in Preussen (1895—1905), S. 245—286. Herzog Goethe (1903), S. 288—297. Rezensionen: Kurt Martens: Neue Essays. — In: Das litterarische Echo, 17. Jg. 1915, H. 18, Sp. 1115—1121, dort Sp. 1117—1118. Aufsätze in: Berliner Tageblatt, 43. Jg. 1914: „Prost Neujahr!" Ein Gespräch mit den Marsbewohnern. — In: Nr. 5 (4. 1.), 1. Beiblatt, S. 1—2. Der Verein gegen die Nacktheit. Eine himmlische Geschichte. — In: Nr. 122 (8.3.), I.Beiblatt, S. 1—2. Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. l, S. 51—59). Der Himmel. — In: Nr. 174 (5. 4.), 1. Beiblatt, S. 1—2. Wer ist Henri Bergson? — In: Nr. ? (13. 9.). Wiederabdruck in Nr. 538 (Bd. l, S. 162—170). Die Philosophie und der Krieg. — In: Nr. ? (11. 10.), 2. Beiblatt, S. 1—2. Die Moral im Kriegszustand. — In: Nr. 556 (1. 11.), 2. Beiblatt, S. 1. Kleine Erinnerungen an August Weismann. — In: Nr. ? (6. 12.), 2. Beiblatt, S. 1—2. Schutzpatron Bismarck. Ein Gespräch im Himmel. — In: Aus deutschem Süden. Kriegsflugblätter III. 1914. (Mauthnersammlung ÜB Münster).
475. 476.
477. 478. 479. 480. 481. 482.
483. 484. 485. 486. 487 488. 489. 490.
491.
Aufsätze in: Berliner Tageblatt, 44. Jg. 1915: Etwas über Kriege und Erdbeben. — In: Nr. ? (31. 1.). Unsere Dichter. — In: Nr. ? (14. 3.), 2. Beiblatt, S. 1—2. Angriff auf Carl Spitteler. Der Krieg gegen die Fremdwörter. — In: Nr. 222 (2. 5.), 2. Beiblatt. Das italienische Volk. — In: Nr. ? (6. 6.). Der Friede. Eine gänzlich unpolitische Betrachtung. — In: Nr. ? (4. 7.), 2. Beiblatt, S. 1—2. Friedrich der Grosse und La litterature allemande. — In: Nr. 388 (1. 8.), 2. Beiblatt, S. 1—2. Wissenschaftliche Weltkongresse. — In: Nr. ? (12. 9.). Die Zukunft der Schule. — In: Nr. 513 (7. 10.). Vgl. die Antwort Franz Werfels im Berliner Tageblatt, 27. 10. 1915 und die Stellungnahme Mauthners. An Herrn Anatole France. — In: Nr. 557 (31. 10.). Umfangreiches Zitat daraus in: Das litterarische Echo, 18. Jg. 1915, Sp. 297.
1916 492. Was sie vom Bodensee wissen. — In: Kriegszeitung der 7. Armee, 23. 2. 1916 und 26. 2. 1916. (Mauthnersammlung der Universitätsbibliothek Münster).
493. 494. 495. 496. 497.
Aufsätze in: Berliner Tageblatt, 4 f . J g . 1916: Die Kriegsnovelle. — In: Nr. ? (6. 2.). Marie von Ebner-Eschenbach. — In: Nr. ? (2. 4.). Ein Grab in Mecrsburg. Zum 101. Todestag von F. A. Messmer. — In: Nr. 132 (12. 4.). Friedrich Nietzsche und Asmus Semper. — In: Nr. 347 (9.7.), 2. Beiblatt und Nr. ? (12. 7.). Gespräche mit Werner von Siemens — In: Nr. ? (19. 12.), S. 2—3.
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Bücher und Aufsätze
1917 498. Der goldene Fiedelbogen. Zwei Novellen aus Böhmen. — Konstanz: Reuss und Itta (1917), (= Rheinborn-Bücher. 8.). Enthält: Der goldene Fiedelbogen, [vorher: Nr. 55, S. 257—324. Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. 6, S. 85—140)]. Um die schwarze Eiche, [vorher: Nr. 55, S. 49—114]. 499. Briefe aus der Heimat. — In: Der Champagne-Kamerad. Feldzeitung der 3. Armee, 10. 6.1917. (Mauthnersammlung der Universitätsbibliothek Münster). Über die Bedeutung der Muttersprache. 500. Aus meinen Lebenserinnerungen (Gottfried Keller, J. V. Widmann, Karl StaufferBern u.a.). — In: Der Bund (Bern), 1917, Nr. 447 (24.9.), Nr. 449 (25.9.), Nr. 451 (26.9.), Nr. 453 (27.9.), Nr. 455 (28.9.), Nr. 457 (29.9.), jeweils S. 2—3. 501. [Grusswort für Alfred Kerr]. — In: Berliner Börsencourier, 1917, Nr. 603 (25.12). Aufsätze in: Berliner Tageblatt, 46, Jg. 1917: 502. Der Sinn des Lebens. — In: Nr. ? (14.1.), S. 1—2. 503. Und wieder einmal Volapük. — In: Nr. 102 (25. 2.), S. 1—2. 504. Fanatiker? Ein Briefwechsel zwischen Heinrich Nienkamp und Fritz Mauthner. — In: Nr. 147 (21. 3.), S. 2—3. Auseinandersetzung um die Bedeutung der künstlichen Sprachen. 505. Allerlei Kriegsmythologie. — In: Nr. 176 (6. 4.), 2. Beiblatt, S. 1. 506. Religiöser Kriegsgewinn. — In: Nr. 278 (3. 6.), 2. Beiblatt, S. 1. 507. Vernunft und Wissenschaft. Offener Brief an Hermann Bahr. — In: Nr. 447 (2. 9.), S. 1—2. Zu Hermann Bahrs pseudowissenschaftlicher Begründung seiner Konversion. 508. Die Wortwaffe. — In: Nr. 551 (28.10), 2. Beiblatt, S. 1—2.
1918 509. Erinnerungen. I. Prager Jugendjahre. — München: Georg Müller 1918. Mehr nicht erschienen. Vorabdrucke Nr. 441, 451, 457, 460. Neudruck: Prager Jugendjahre. Erinnerungen. (Mit einem Nachwort von Peter Härtung). — (Frankfurt): S. Fischer (1969). (= Im Fischernetz). Rezensionen: *Hermann Bahr: Rez. — In: Neues Wiener Journal, 8.9.1918. Paul Blöde: Der junge Fritz Mauthner. — In: Berliner Tageblatt, 47. Jg. 1918, Nr. 463 (10.9.). Kurt Karl Eberlein: Fritz Mauthner. — In: Die Tat. Monatsschrift für die deutsche Kultur, 11. Jg. 1919, H. 7, S. 554—555. Hans Feigl: Rez. — In: Jahrbuch deutscher Bibliophilen, 7. Jg. 1920, S. 107. Josef Frank: Rez. — In: Literarisches Zentralblatt für Deutschland, 69. Jg. 1918, Nr. 46/47 (23. 11), Sp. 912—913. *A. Trick: Rez. — In: Der Tag, 14.8.1918. Rudolf Fürst: Rez. — In: Frankfurter Zeitung, 1919, Nr. 15 (7.1.). Moritz Goldstein: Sprachkritikers Lehrjahre. — In: Die Weltbühne, 14. Jg. 1918. Nr. 33 (15. 8.), S. 151—152. Peter Härtling: Vergessene Bücher. Hinweise und Beispiele. — Stuttgart: Henry Goverts (1966), S. 77—86. J[osef] H [of miller]: Lebensläufe. — In: Süddeutsche Monatshefte, 16. Jg. 1918/1919, S. 370—372, dort S. 370—371. Alfred Klaar: Rez. — In: Vossische Zeitung, 1918, Nr. 414 (15. 8.). *Alfred Klaar: Rez. — In: Neue Freie Presse (Wien), 1918, Nr. 19395 (24.8.). —m.: Rez. — In: österreichische Rundschau, 56. Bd. 1918, H. 5, S. 238—239. *R. Lothar: Rez. — In: Pester Lloyd, 6. 8.1918. Richard MtillerFreienfels: Rez. — In: Das litterarische Echo, 20. Jg. 1918, H. 24, Sp. 1463—
Bücher und Aufsätze
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1466. M. Steinitzer: Rez. — In: Leipziger Neueste Nachrichten, 31.8.1918. K. Strecker: Rez. — In: Velhagen und Klasings Monatshefte, Nov. 1918, S. 328—329. y.: Rez. — In: Deutsche Revue, 44. Jg. 1919, Bd. l, S. 188—189. 510. 511. 512. 513.
Aufsätze in: Berliner Tageblatt, 47. Jg. 1918: Shakespeares Flucht aus der Welt. Übersetzt oder auch erfunden. — In: Nr. l (1. 1.), 2. Beiblatt, S. l. Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. l, S. 100—106). Goethes Horoskop. — In: Nr. ? (28. 3.). Georg Simmel. — In: Nr. ? (18.10.). Der deutsche Professor. — In: Nr. 658 (25.12), 2. Beiblatt, S. 1.
1919 514. Ausgewählte Schriften. Bd. l—6. — Stuttgart und Berlin: Deutsche Verlagsanstalt (1919). Enthält: Bd. 1: Aus: Nach berühmten Mustern, S. l—36. [vgl. Nr. 38], Totengespräche, S. 37—168. [vgl. Nr. 430]. Eigene Verse, S. 169—209. [vgl. Nr. l und Nr. 55]. Gelegenheitsgedichte, S. 210—218. Narr und König. Ein west-östliches Märchen, S. 219—358. Nachwort, S. 359—373. Bd. 2: Xantippe, S. 1—177. [vgl. Nr. 82]. Don Juan d'Austria, Drei Bruchstücke aus einem Roman, S. 179—258. [vgl. Nr. 439 und Nr. 442]. Dilettantenspiegel, S. 259—300. [vgl. Nr. 81]. Schmock, S. 301—337. [vgl. Nr. 119]. Nachwort, S. 338—346. Bd. 3: Hypatia, S. 1—326. [vgl. Nr. 223]. Nachwort, S. 326—327. Bd. 4: Der letzte Deutsche von Blatna, S. 1—186. [vgl. Nr. 116]. Die böhmische Handschrift, S. 187—366. [vgl. Nr. 327]. Nachwort, S. 367—369. Bd. 5: Der letzte Tod des Gautama Buddha, S. 1—120. [vgl. Nr. 465]. Aus dem Märchenbuch der Wahrheit, S. 121—318. [vgl. Nr. 289]. Nachwort, S. 319—321. Bd. 6: Vom armen Franischko. Kleine Abenteuer eines Kesselflickers, S. l—83 [vgl. Nr. 51]. Der goldene Fiedelbogen, S. 85—140. [vgl. Nr. 55]. Der Schwimmer, S. 141—152. [vgl. Nr. 269]. Der wilde Jockei, S. 153—202. [vgl. Nr. 329]. Der steinerne Riese, S. 203—280. [vgl. Nr. 225]. Glück im Spiel. Eine Geschichte aus Monaco, S. 281—352. [vgl. Nr. 188]. Nachwort, S. 353—354. Rezensionen: Hugo Bieber: Fritz Mauthners „Ausgewählte Schriften". — In: Der Tag, 1921, Nr. 166 (19. 7.), S. 3. Rudolf Fürst: Rez. — In: Frankfurter Zeitung, 12.2.
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Bücher und Aufsätze
1920. y.: Rez. — In: Deutsche Revue, 44. Jg. 1919, Bd. 4, S. 283. H. Zimmer: Rez. — In: Litterarischer Handweiser, 56. Jg. 1920, S. 133. (Anonym): Rez. — In: Zeitschrift für Bücherfreunde, 12. Jg. 1920, Neue Folge, Beiblatt, S. 119. (Anonym): Rez. — In: Literarisches Zentralblatt für Deutschland, 71. Jg. 1920, Nr. 23 (5. 6.), S. 439. 514a. Die Schule des Gebens und die Schule des Nehmens. Aus dem Märchenbuch der Wahrheit fs. Nr. 289], Zwei Brüder [zuerst Nr. 326]. — In: Deutsche Dichter aus Prag. Ein Sammelbuch. Hrsg. und eingeleitet von Oskar Wiener. — Wien und Leipzig: Eduard Strache 1919, S. 215—218. 515. Bismarcks Trauer. Ein Totengespräch. — In: Simplizissimus, 8. 7. 1919. Wiederabdruck in Nr. 514 (Bd. l, S. 160—167). 516. Zum Gedächtnis. Nachruf auf Gustav Landauer. — In: Masken, 16. Jg. 1919, S. 300—304. 517. Gottlose Mystik. Ein vorletztes Wort. — In: Blätter für Kunst, 1. Jg. 1919, H. 14, S. 66—67. 518. Die Auslieferung des Kaisers. — In: Berliner Tageblatt, 48. Jg. 1919, Nr. 55 (6. 2.), S. 2-3. 519. Spartakus am 1.5.1776. — In: Frankfurter Zeitung, 63. Jg. 1919, Nr. 325, Abendblatt, S. 1.
1920 520. Der Atheismus und seine Geschichte im Abendlande. Bd. l—4. — Stuttgart und Berlin: Deutsche Verlagsanstalt 1920—1923. Reprografischer Nachdruck: Hildesheim: Georg Olms 1963. Rezensionen: ^Hermann Bahr: Rez. — In: Neues Wiener Journal, 17.10.1920. A. Bäumler: Rez. — In: Münchener Neueste Nachrichten, 17. 8.1923. H. Bauke: Rez. — In: Theologische Blätter, 32. Jg. 1922, S. 115. Ernst Bergmann: Rez. — In: Literarisches Zentralblatt für Deutschland, 71. Jg. 1920, Nr. 31 (31. 7.), S. 586 und 72. Jg. 1921, Nr. 39 (24. 9.), S. 737—738. Dr. Owlglass [d. i. Hans Erich BlaichJ: Rez. — In: Das Tagebuch, 4.9.1920, S. 1226—1228. G. Conrad: Rez. — In: Die christliche Welt, 37. Jg. 1923, S. 551. D.: Rez. — In: Deutsche Revue, 45. Jg. 1920, Bd. 3, S. 281 und 46. Jg. 1921, Bd. 2, S. 91—92. Linke Pool Id. i. Alfred Döblin]: Oberfliessend vor Ekel. — In: Neue Rundschau, 31. Jg. 1920, 2. Halbbd., S. 1324—1326. Hans Feigl: Rez. — In: Jahrbuch deutscher Bibliophilen, 8./9. Jg. 1922, S. 171. Fey: Im Kampf um die Weltanschauung. Von der Geschichte des Gottesglaubens. — In: Die Volkskirche, 4. Jg. 1922, Sp. 106—109, dort Sp. 107—109. Egon Friedell: Rez. — In: Neues Wiener Journal, 1.8.1920, Freie Deutsche Bühnen, 17.10.1920, Leipziger Tageblatt, 12. 12. 1920. M. Herning: Rez. — In: Monistische Monatshefte, 6. Jg. 1921, S. 58—61. E. Hertlein: Mauthner und die Religionswissenschaft. — In: Monistische Monatshefte, 10. Jg. 1926, S. 305—310. Hermann Hesse: Neue Bücher [Sammelrezension]. — In: Vivos Voco. Eine deutsche Monatsschrift, 2. Jg. 1921, S. 348—349. *W alter Huber: Rez. — In: Thurgauer Zeitung, 21.8.1920, Der Landbote (Winterthur), 18.11.1920. Monty Jacobs: Rez. — In: Vossische Zeitung, 1. 8. 1920. Friedrich Klimke S. ].: Im Banne des Atheismus. Ein kritischer Gang durch die Werkstätte des Unglaubens. — In: Stimmen der Zeit. Monatsschrift für das Geistesleben der Gegenwart, 53. Jg. 1923, Bd. 104, H. 5, S. 358—371. Walter Koch: Rez. — In: Sozialistische Monatshefte, 26. Jg. 1920, S. 1033—1034. Wolfgang Kraemer: Rez. — In: Allgemeine Zeitung (München), 1921, Nr. 63 (13.3.), S. 88. Emil Ludwig: Fritz Mauthners dritter Streich. — In: Neue Zürcher Zeitung, 1920, Nr. 1195 (18.7.), [S. l—2]. Willy Lüttge: Rez. — In: Kantstudien, 30. Bd.
Bücher und Aufsätze
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1925, S. 201—202. Ludwig Marcuse: Gottlose Mystik. — In: ? (Zeitungsausschnitt in der Mauthnersammlung der Universitätsbibliothek Münster). Richard Müller-Freienfels: Rez. — In: Das literarische Echo, 23. Jg. 1920, Sp. 765 und 26. Jg. 1923/1924, Sp. 80—81. Max Lohan: Rez. — In: Tägliche Rundschau (Berlin), 2.10. 1920. Samuel Meiseis: Rez. — In: Berliner Börsencourier, 1921, Nr. 399 (27.8.). F. Neubert: Rez. — In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Litteraturen, 143. Bd. 1922, S. 162. E. Pfennigsdorf: Eine Geschichte des Atheismus. — In: Geisteskampf der Gegenwart, 56. Jg. 1920, S. 177—179 und 58. Jg. 1922, S. 23—24. P. Flaut: Rez. — In: Zeitschrift für angewandte Psychologie, 18. Bd. 1921, S. 358. Carl Ludwig S