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German Pages 390 Year 2007
Schriften zum Europäischen Recht Band 130
Gemischte Abkommen und gemischte Mitgliedschaften der EG und ihrer Mitgliedstaaten Unter besonderer Berücksichtigung der WTO
Von Sven Sattler
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
SVEN SATTLER
Gemischte Abkommen und gemischte Mitgliedschaften der EG und ihrer Mitgliedstaaten
Schriften zum Europäischen Recht Herausgegeben von
Siegfried Magiera · Detlef Merten Matthias Niedobitek · Karl-Peter Sommermann
Band 130
Gemischte Abkommen und gemischte Mitgliedschaften der EG und ihrer Mitgliedstaaten Unter besonderer Berücksichtigung der WTO
Von Sven Sattler
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT.
Der Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat diese Arbeit im Sommersemester 2006 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0937-6305 ISBN 978-3-428-12489-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2006 vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis April 2006 berücksichtigt werden. Meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Udo Fink, danke ich herzlich für die Betreuung der Arbeit sowie insbesondere dafür, dass er mir den entscheidenden Themenanstoß gegeben und die Arbeit zur Förderung bei der Studienstiftung des deutschen Volkes vorgeschlagen hat. Herrn Prof. Dr. Rolf Schwartmann danke ich für die zügige Erstellung der Zweitkorrektur. Weiteren Dank schulde ich der Studienstiftung des Deutschen Volkes für die großzügige Förderung der Arbeit im Rahmen eines Promotionsstipendiums. In diesem Zusammenhang möchte ich Herrn Prof. Dr. Peter O. Mülbert für seine Empfehlung sowie Herrn Prof. Dr. Christoph Degenhart für die wohlwollende Berücksichtigung meiner Bewerbung danken. Den Herrn Professoren Dr. Siegfried Magiera, Dr. Dr. Detlef Mertens, Dr. Matthias Niedobitek und Dr. Karl-Peter Sommermann danke ich für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe „Schriften zum Europäischen Recht“. Schließlich danke ich meiner Frau für die unzähligen, kleinen wie großen, Beiträge zur Entstehung der Arbeit. Diese Arbeit widme ich meinen Eltern, denen ich für ihre unermüdliche Unterstützung meiner schulischen wie beruflichen Ausbildung unendlich dankbar bin. Sven Sattler
Inhaltsübersicht 1. Teil Einleitung
23
A. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
B. Der Stand der nationalen wie internationalen Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
C. Ziel und Aufbau der nachfolgenden Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
2. Teil Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens“
32
A. Der Begriff des „gemischten Abkommens“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
B. Gemeinschaftsspezifische Ursachen gemischter Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . .
36
C. Der gemischte Abschluss als Konsequenz der Kompetenzteilung . . . . . . . . . . .
54
D. Die generelle Zulässigkeit gemischter Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
3. Teil Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft“
75
A. Annäherungsversuche an das Rechtskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
B. Die Voraussetzungen von „Organisationsmitgliedschaften“ . . . . . . . . . . . . . . . . .
94
C. Modifizierung der Mitgliedschaftsstruktur durch die gemischte Beteiligung – Der zwingende rechtliche Zusammenhang zwischen gemischten Abkommen und Mitgliedschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 D. Fazit – Die gemeinschafts- und völkerrechtlichen Voraussetzungen gemischter Mitgliedschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
8
Inhaltsübersicht 4. Teil Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse – Eine Darstellung unter besonderer Berücksichtigung der WTO
127
A. Die Pflicht zur Zusammenarbeit bei gemischten Abschlüssen . . . . . . . . . . . . . . 128 B. Der Anwendungsbereich gemischter Abschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 C. Die alternative Ausübung von Status- und Verfahrensrechten . . . . . . . . . . . . . . 195 D. Gemischte Abschlüsse und materielles Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . 222 F.
Gemischte Abschlüsse und Streitbeilegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
G. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
5. Teil Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften – Strukturierung, Ausblick und Bewertung
295
A. Das gemeinsame Rechtskonzept gemischter Abschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 B. Die Rechtsnatur der gemeinsamen Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 C. Gründe, Ursachen und Hindernisse gemischter Abschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . 305 D. Gemischte Abkommen, gemischte Mitgliedschaften und die Zukunft der Europäischen Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 E. Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften – eine Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . 338
6. Teil Ergebnisthesen
356
A. Die wichtigsten Ergebnisse des zweiten Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 B. Die wichtigsten Ergebnisse des dritten Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 C. Die wichtigsten Ergebnisse des vierten Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 D. Die wichtigsten Ergebnisse des fünften Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 Anlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386
Inhaltsverzeichnis 1. Teil Einleitung 23 A. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
B. Der Stand der nationalen wie internationalen Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Forschungsstand im Bereich der gemischten Abkommen . . . . . . . . . . II. „Gemischte Mitgliedschaft“ und deren Rezeption in der nationalen wie internationalen Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25 25 27
C. Ziel und Aufbau der nachfolgenden Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
2. Teil Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens“
32
A. Der Begriff des „gemischten Abkommens“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gemeinschafts-, gemischtes und völkerrechtliches Abkommen . . . . . . . .
32 32 34
B. Gemeinschaftsspezifische Ursachen gemischter Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die ausdrücklichen Außenkompetenzen der EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die impliziten Außenkompetenzen der EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Reaktionen im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der grundsätzlich nicht ausschließliche Charakter der EG-Außenkompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausschließliche Außenkompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausdrückliche ausschließliche Außenkompetenzen . . . . . . . . . . . . . b) Implizite ausschließliche Außenkompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Nach der AETR-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nach der Gutachten 1/76-Doktrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zwischen EG und Mitgliedstaaten geteilte Kompetenzen . . . . . . . . . . a) Konkurrierende Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Parallele Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36 37 38 39 39 41 43 44 44 45 46 48 50 51 52
10
Inhaltsverzeichnis III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Der gemischte Abschluss als Konsequenz der Kompetenzteilung . . . . . . . . . . . I. Die Handlungsalternativen der Gemeinschaftsgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Sicherstellung der außenpolitischen Handlungsfähigkeit der Gemeinschaftsgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Parallele Kompetenzkonstellationen als Ausnahmefall . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54 54
D. Die generelle Zulässigkeit gemischter Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die völkerrechtliche Zulässigkeit gemischter Abkommen . . . . . . . . . . . . . 1. Die völkerrechtliche Rechtsnatur der EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die EG als internationale Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Völkerrechtssubjektivität der EG als internationale Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Heilung des zwangsläufigen Kompetenzmangels . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Heilung durch die Einheitlichkeit des Gemeinschaftshandelns? . . b) Heilung durch die Existenz einer gegenseitigen Abschlussermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit gemischter Abkommen . . . . . . 1. Heilung durch den gemeinsamen Vertragsabschluss? . . . . . . . . . . . . . . 2. Eingeschränkte interne Wirkung der Abschlussermächtigung? . . . . . . 3. Die Erforderlichkeit des gemeinsamen Abschlusses . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57 59 60 60 61 61 61 63 66 66 67 68 69 70 71 73
3. Teil Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft“ A. Annäherungsversuche an das Rechtskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Begriffsverwendung im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff der „gemischten Mitgliedschaft“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Begriff der „parallelen Mitgliedschaft“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Historische und aktuelle Beispiele gemeinsamer Mitgliedschaften . . . . . III. Gemischte Mitgliedschaften und die Gemeinschaftsrechtsordnung . . . . . 1. EG-Recht und Gemeinschaftspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die EG und internationale Organisationen – ein Überblick über die Gemeinschaftspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Mitgliedschaften der EG in internationalen Organisationen . . . . . a) Die historische Entwicklung der Mitgliedschaften der EG . . . . . . b) Alleinige Mitgliedschaften der EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bestehende gemischte Mitgliedschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75 76 77 77 78 78 80 80 81 82 82 82 84 86
Inhaltsverzeichnis
11
aa) Die gemischte Mitgliedschaft in der FAO . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die gemischte Mitgliedschaft in der WTO . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sonstige Formen der Mitarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beobachterstatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der bloße Abschluss der Abkommen einer Organisation . . . . . . . . c) Die EG und internationale Konferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fazit – das doppelte „Gerüst“ gemischter Mitgliedschaften . . . . . . . . . . . .
89 89 91 91 92 93 93
B. Die Voraussetzungen von „Organisationsmitgliedschaften“ . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die völkerrechtlichen Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Rolle von Organisationen in der internationalen Gemeinschaft . . 2. Die Mitgliedschaftsfähigkeit internationaler Organisationen . . . . . . . . a) Gleichstellung von staatlichen und Organisationsmitgliedschaften aa) Rechtsinstrumente, die zu einer Organisationsmitgliedschaft führen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die völkerrechtliche Übung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die generelle Zulässigkeit von Organisationsmitgliedschaften . . . c) Die konkreten Voraussetzungen im Einzelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Weitere Anforderungen durch die Organisationssatzungen . . . . . . . . . a) Beschränkung der Mitgliedschaft auf Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Bestehen sog. „Subordinationsklauseln“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die gemeinschaftsrechtlichen Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Fehlen einer ausdrücklichen „Mitgliedschaftsermächtigung“ . . . . 2. Die Vertragsschlusskompetenzen als Mitgliedschaftsermächtigungen a) Die Entwicklung von der bloßen Mitarbeit hin zur Mitgliedschaft der EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertragsabschlusskompetenzen vs. Mitgliedschaftsermächtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Grenzen der gemeinschaftlichen Mitgliedschaftsermächtigungen 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94 94 94 96 96
V.
96 97 98 100 100 101 103 105 105 105 107 108 110 111 114 116 118
C. Modifizierung der Mitgliedschaftsstruktur durch die gemischte Beteiligung – Der zwingende rechtliche Zusammenhang zwischen gemischten Abkommen und Mitgliedschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 I. Der Gründungsvertrag als gemischtes Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 II. Der nachträgliche Beitritt als gemischtes Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 D. Fazit – Die gemeinschafts- und völkerrechtlichen Voraussetzungen gemischter Mitgliedschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 I. Die Voraussetzungen an „Organisationsmitgliedschaften“ . . . . . . . . . . . . . 122
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Inhaltsverzeichnis II. Die Folgen des gemischten Abschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Eine zweifache Begriffsdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff der „gemischten Mitgliedschaft“ im Sinne dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. „Parallele“ contra „gemischte“ Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
123 124 124 125
4. Teil Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse – Eine Darstellung unter besonderer Berücksichtigung der WTO A. Die Pflicht zur Zusammenarbeit bei gemischten Abschlüssen . . . . . . . . . . . . . . I. Das Rechtskonzept der „Pflicht zur Zusammenarbeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Pflicht zur Zusammenarbeit in der Rechtsprechung des EuGH . 2. Art. 10 EGV als Rechtsgrundlage der Pflicht zur Zusammenarbeit . . 3. Der Anwendungsbereich der Pflicht zur Zusammenarbeit . . . . . . . . . . a) Vertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abschluss und Ratifizierung gemischter Abkommen . . . . . . . . . . . c) Die Durchführung gemischter Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Inhalt der Pflicht zur Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Kompetenzordnung als „Lenkungsinstrument“ . . . . . . . . . . . . . b) Das Nichtbestehen einer Konsenspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Nichtbestehen einer Enthaltungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Besonderheiten bei gemischten Mitgliedschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Abschluss gemischter Mitgliedschaften nach Art. 300 EGV . . . . a) Die Mitgründung einer anderen internationalen Organisation . . . . b) Der Beitritt zu einer anderen internationalen Organisation . . . . . . aa) Die Anwendbarkeit von Art. 300 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Mitwirkung des EP gem. Art. 300 Abs. 3 UAbs. 2 EGV 2. Die Durchführung gemischter Mitgliedschaften mittels sog. „Kooperationsvereinbarungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Durchführung gemischter Mitgliedschaften im Allgemeinen b) Übersicht über bestehende Kooperationsvereinbarungen . . . . . . . . c) Die Rechtsnatur von Kooperationsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . aa) Die Rs. C-25/94 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine Handlungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der doppelte Ausnahmefall der WTO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der besondere Gehalt der Pflicht zur Zusammenarbeit . . . . . . . . . b) Die Kooperation innerhalb der Gemeinschaftsgruppe trotz Fehlens einer generellen WTO-Kooperationsvereinbarung . . . . . . . . . .
127 128 129 129 130 133 135 137 140 142 143 144 146 148 148 149 149 150 150 151 152 153 154 156 156 158 158 158 161
Inhaltsverzeichnis
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4. Fazit – Der fehlende Modellcharakter von Kooperationsvereinbarungen für die Ausgestaltung der Pflicht zur Zusammenarbeit . . . . . . . . . 164 B. Der Anwendungsbereich gemischter Abschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Erforderlichkeit eines gemischten Abschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Erforderlichkeit eines reinen Gemeinschaftsabschlusses . . . . . . . . . . . 1. Fälle umfassender ausschließlicher EG-Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . 2. Bloße marginale Berührung mitgliedstaatlicher Kompetenzen . . . . . . 3. Besonderheiten gemischter Mitgliedschaften – Zweifel an dem Bestehen einer Austrittspflicht der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die bloße Möglichkeit eines gemischten Abschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Keine ausdrücklichen Äußerungen von Rat und EuGH . . . . . . . . . . . . 2. Unterschiedliche Ansichten im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Problemaufriss in zwei Schritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Bestehen einer Wahlmöglichkeit des Rates . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die tatsächliche Bedeutung der Wahlmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Entgegenstehende Ratspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verstöße gegen die Kompetenzteilung und ihre Folgen . . . . . . . . . . . . . . . 1. Externe Ursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Handeln der Mitgliedstaaten „im Interesse der Gemeinschaft“ . . . b) Grenzen und Pflichten der Vertreterstellung der Mitgliedstaaten . . 2. Interne Ursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Gründe für den Abschluss „unechter gemischter Abkommen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Gemeinschaftskonformität unechter Abschlüsse . . . . . . . . . . . . V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
165 165 167 167 167
C. Die alternative Ausübung von Status- und Verfahrensrechten . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Praxis gemischter Mitgliedschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der „Grundsatz der Alternativität“ am Beispiel des Stimmrechts . . . a) Die vollständige Alternierung als Regelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Ausnahmefälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Weitere Anwendungsbereiche des Alternativitätsgrundsatzes am Beispiel von FAOV und FAOVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Haushaltsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Teilnahmerechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Zugang zu Wahlpositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die alternative Rechtsausübung als Ausfluss des Grundsatzes der Gleichheit der Mitglieder internationaler Organisationen . . . . . . . . . . . . . . 1. Der völkerrechtliche Grundsatz der Gleichheit der Mitglieder . . . . . . 2. Das Alternativitätsprinzip als Bestätigung des Gleichheitsgebots . . . .
195 195 196 196 197
169 172 172 174 176 176 179 184 184 185 185 187 188 190 190 192 194
200 200 201 203 203 204 206
14
Inhaltsverzeichnis 3. Das „Gleichgewicht von Rechten und Pflichten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Vorliegen eines externen Gleichgewichts . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Vorliegen eines internen Gleichgewichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit – Die generelle Gültigkeit des Alternativitätsprinzips . . . . . . . . . . . .
208 208 208 209 210
D. Gemischte Abschlüsse und materielles Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Eingeschränkte Geltung des materiellen Organisationsrechts im internen Verhältnis zwischen EG und Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Verhältnis zwischen EG und Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Verhältnis zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . II. Die Modifizierung des materiellen Organisationsrechts im externen Verhältnis am Beispiel des WTO-Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Art. I und Art. XXIV Abs. 1–10 GATT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der doppelte Anwendungsbereich des Art. XXIV GATT . . . . . . . b) Nichtanwendung von Art. I GATT im internen Verhältnis als Lösungsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Art. XXIV Abs. 12 GATT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
212
E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . I. Völkervertragsrechtliche Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gemischte Abschlüsse ohne Bindungs- bzw. Haftungsverteilung . . . . a) Das „Ob“ der gemeinsamen Haftung der Gemeinschaftsgruppe . aa) Der Ansatz einer generell beschränkten Bindungswirkung . . bb) Der Grundsatz der „gemeinsamen Verantwortlichkeit“ . . . . . . cc) Kritik am Konzept einer gemeinsamen Verantwortlichkeit . . dd) Die WTO-Streitbeilegungspraxis als Anwendungsfall des Grundsatzes der gemeinsamen Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . ee) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das „Wie“ der gemeinsamen Haftung der Gemeinschaftsgruppe aa) Keine kumulative Haftung der Gemeinschaftsgruppe . . . . . . . bb) Der Grundsatz der „gesamtschuldnerischen“ Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Das Gegenkonzept einer „Kollektivhaftung“ . . . . . . . . . . . . . . . dd) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fazit – Durchbrechung des Alternativitätsgrundsatzes . . . . . . . . . . 2. Die Abgabe von Kompetenzerklärungen als Instrument der Bindungsbeschränkung bei gemischten Mitgliedschaften . . . . . . . . . . . . . . a) Die verschiedenen Modelle der Bindungsverteilung . . . . . . . . . . . . aa) Einschränkungen im Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Trennungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
222 224 225 225 226 228 229
212 213 214 216 216 217 218 221 222
233 235 236 236 236 238 241 241 242 243 243 243
Inhaltsverzeichnis
II.
F.
cc) Trennungsklauseln i.V. m. der Abgabe einer Kompetenzerklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Das FAO-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtliche Probleme von Kompetenzerklärungen . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsnatur und Rechtsfolgen von Kompetenzerklärungen . . bb) Die Vermeidung von Vorteilen für nichtbeteiligte EG-Mitgliedstaaten bei unvollständigen gemischten Mitgliedschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die rechtliche Notwendigkeit der Abgabe von Kompetenzerklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Faktische Probleme der ständigen Erklärungspflicht . . . . . . . . . . . . aa) Stetiger Konfliktpunkt innerhalb der Gemeinschaftsgruppe . . bb) Unvermeidbare Unzulänglichkeiten in der Praxis . . . . . . . . . . d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das gemeinschaftsinterne Bindungs- und Haftungsverhältnis . . . . . . . . . . 1. Mitgliedstaatliche Inanspruchnahme im EG-Zuständigkeitsbereich . . a) Das besondere Problem der Nichtumsetzung von internationalen Verpflichtungen in Organisationsmitgliedschaften am Beispiel der WTO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das besondere Problem gemischter Mitgliedschaften am Beispiel der WTO – die fehlende interne Kompensationsmöglichkeit der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der grundsätzlich bestehende interne Erfüllungs- bzw. Ausgleichsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nichtvorliegen bei fehlender unmittelbarer Anwendbarkeit . . cc) Folgeprobleme bei gemischten Abschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inanspruchnahme der EG im mitgliedstaatlichen Kompetenzbereich a) Die fehlende gemeinschaftsrechtliche Bindungswirkung des mitgliedstaatlichen Teils gemischter Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Rechtsprechung des EuGH zu seiner Auslegungszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Dogmatische Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Pflicht zur Zusammenarbeit als Anspruchsgrundlage . . . . . . . c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Gemischte Abschlüsse und Streitbeilegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gemischte Abschlüsse im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das WTO-Streitbeilegungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Gemeinschaftsgruppe als Beschwerdeführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Widerspruch zwischen Kompetenzlage und Praxis der Streiteröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
244 245 246 246
251 252 253 253 255 257 258 260
260
261 262 263 265 269 270 271 271 275 281 281 282 282 283 283 284 285
16
Inhaltsverzeichnis b) Die Ursachen der bestehenden Gemeinschaftspraxis . . . . . . . . . . . aa) Generell bei gemischten Abschlüssen bestehende Gründe . . . bb) Die „cross-retaliation“ und andere WTO-spezifische Gründe c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Gemeinschaftsgruppe als Beschwerdegegner . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit – Die Übertragbarkeit der WTO-Praxis auf gemischte Abschlüsse im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
287 287 287 290 290 293
G. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
5. Teil Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften – Strukturierung, Ausblick und Bewertung A. Das I. II. III.
gemeinsame Rechtskonzept gemischter Abschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Notwendigkeit der Einzelfallbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die gemeinsame Grundstruktur des gemischten Abschlusses . . . . . . . . . . Gemischte Mitgliedschaften als besonderer „Anwendungsfall“ gemischter Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
B. Die Rechtsnatur der gemeinsamen Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtliche Modifikationen der Einzelmitgliedschaften . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die diesbezügliche Meinungsvielfalt im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Eigene Bewertung – Eigenständige, aber komplementäre Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Volle, lediglich rechtsausübungsbeschränkte Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Bestehen einer „komplementären“ Verbindung zwischen den Einzelmitgliedschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die generelle Gültigkeit der Modifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Gründe, Ursachen und Hindernisse gemischter Abschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Gründe für EG-Beteiligungen als solche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Interne Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Externe Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Gründe für gemischte Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Interne Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Kompetenzteilung als Ursprung gemischter Abkommen . . . . b) Das ablehnende Verhalten der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . .
295 295 295 296 297 297 298 298 299 300 300 301 303 305 305 305 305 307 308 308 308 309
Inhaltsverzeichnis
17
2. Externe Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der package deal-Charakter internationaler Abkommen . . . . . . . . b) Die Vorbehalte der Vertragspartner gegenüber alleinigen EG-Abschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Widersprüche zwischen Theorie und Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Rechtswirklichkeit gemischter Abschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Ursachen für die nicht kompetenzgerechte Rolle der EG . . . . . . . 3. Stärkere Hindernisse für Mitgliedschaften der EG als solche . . . . . . . a) Die oben genannten Ursachen gemischter Abschlüsse . . . . . . . . . . aa) Der weite Kompetenzumfang internationaler Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Vorbehalte der Vertragspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der besonders negative Einfluss der Haltung der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Ausnahmecharakter von Organisationsmitgliedschaften . . . . . c) Entgegenstehende Regelungen der Organisationssatzungen . . . . . . d) Die bestehenden politischen Zusammenhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
312 312 313 315 317 317 320 320 321 321 321 322 323 324 325 326
D. Gemischte Abkommen, gemischte Mitgliedschaften und die Zukunft der Europäischen Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gemischte Abschlüsse und die Folgen der Erweiterung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Höhere Verhandlungs- und Ratifizierungshürden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gemischte Abkommen vs. Qualifizierte Mehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gemischte Abschlüsse und der Verfassungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Abschaffung der Säulenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Keine Schließung der Regelungslücken für gemischte Abschlüsse . . 3. Änderungen der gemeinschaftlichen Kompetenzordnung . . . . . . . . . . . a) Die Neuordnung der Kompetenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Kodifizierung der Vertragsschlusskompetenz der Union . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
327 328 329 331 332 332 333 334 335 335 337 338
E. Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften – eine Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gemischte Abkommen als Erfolgsgeschichte der EG? . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Rezeption im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gemischte Mitgliedschaften als Erfolgsgeschichte der EG? . . . . . . . . . . . 1. Die Notwendigkeit gemischter Mitgliedschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eignung gemischter Mitgliedschaften – die Frage nach dem „Wie“ . . a) Die bestehenden Hindernisse für gemischte Mitgliedschaften . . . .
338 338 338 340 343 344 344 345
18
Inhaltsverzeichnis b) Die aa) bb) cc)
Effektivität gemischter Mitgliedschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Problemfall der FAO-Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keine Rückschlüsse hinsichtlich des Alternativitätsprinzips . . Beachtung der Grundsätze gemischter Abkommen als Lösungsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Externe Voraussetzungen effektiver gemischter Mitgliedschaften b) Interne Voraussetzungen effektiver gemischter Mitgliedschaften III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
346 347 348 350 351 352 353 353
6. Teil Ergebnisthesen
356
A. Die wichtigsten Ergebnisse des zweiten Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 B. Die wichtigsten Ergebnisse des dritten Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 C. Die wichtigsten Ergebnisse des vierten Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 D. Die wichtigsten Ergebnisse des fünften Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 Anlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386
Abkürzungsverzeichnis a. A. AB ABl.
Abs. AJIL AnwBl. Art. ASEAN AVR BerDGVR BGBl. BVerfG bzw. CML Rev. CVN ders. dies. DÖV DSB DSU DVBl. DZWir EAG EAGV EBWE EEA EFA Rev. EG EGKS EGV EIB EJIL ELJ ELR
anderer Ansicht Appellate Body Amtsblatt der Europäischen Union (bis 31.01.2003: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften; bis 1958: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl) Absatz American Journal of International Law Anwaltsblatt Artikel Association of Southeast Asian Nations Archiv des Völkerrechts Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht Bundesgesetzblatt Bundesverfassungsgericht beziehungsweise Common Market Law Review Charta der Vereinten Nationen derselbe dieselbe(n) Die Öffentliche Verwaltung Dispute Settlement Body Dispute Settlement Understanding Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Atomgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung Einheitliche Europäische Akte European Foreign Affairs Review Europäische Gemeinschaft Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Europäische Investitionsbank European Journal of International Law European Law Journal European Law Reporter
20 E.L. Rev. EMRK EP EPIL ESA ESVP EU EuConst EuG EuGH EuR EuZW EWG EWGV EWR EWS f. (ff.) FAO FAOV FAOVO Fn. FS FYIL GA GASP GATS GATT gem. GG GS GYIL IAEO ICLQ IGH ILC ILO IMO IOM ISBA ITLOS i.V. m. IWF
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Abkürzungsverzeichnis
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JuS Juristische Schulung JVI Joint Vienna Institute J.W.T. Journal of World Trade JZ Juristen Zeitung KEDO Korean Peninsula Energy Development Organization KSE Kölner Schriften zum Europarecht KSZE Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa LIEI Legal Issues of European Integration lit. littera (Buchstabe) MERCOSUR Mercado Común del Sur m.w. N. mit weiteren Nachweisen NAFO North-West Atlantic Fisheries Organization NJIL Nordic Journal of International Law NJW Neue Juristische Wochenschrift NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Nw. J. Int’l L. & Bus. Northwestern Journal of International Law & Business NYIL Netherlands Yearbook of International Law OAS Organization of American States OECD Organization for Economic Cooperation and Development OSZE Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa RDCE Revista de Derecho Comunitario Europeo RIW Recht der internationalen Wirtschaft RL Richtlinie Rn. Randnummer Rs. Rechtssache s. siehe S. Seite bzw. Satz Slg. Sammlung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes s. o. siehe oben sog. sogenannte(r, s) SRÜ VN-Seerechtsübereinkommen Syracuse J. Int’l L. & Com. Syracuse Journal of International Law and Commerce SZIER Schweizerische Zeitschrift für Internationales und Europäisches Recht TRIPs Agreement of Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights u. a. unter anderem UAbs. Unterabsatz ÜWTO Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation v. vom vgl. vergleiche
22 VN VO VV WHO WTO WVK WVKIO
WWU YEL ZaöRV ZEuS zit. ZLR
Abkürzungsverzeichnis Vereinte Nationen Verordnung Vertrag über eine Verfassung für Europa World Health Organization Word Trade Organization Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge zwischen Staaten und internationalen Organisationen oder zwischen internationalen Organisationen Wirtschafts- und Währungsunion Yearbook of European Law Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift für europarechtliche Studien zitiert Zeitschrift für das gesamte Lebensmittelrecht
1. Teil
Einleitung A. Problemaufriss Gemischte Abkommen1 sind ein Phänomen der Europäischen Gemeinschaften.2 Sie prägen die Außenbeziehungen von EG wie Mitgliedstaaten in erheblichem Maße.3 Insbesondere aufgrund der gemeinschaftsinternen Kompetenzverteilung wurde es zur Sicherstellung der außenpolitischen Handlungsfähigkeit der EG sowie ihrer Mitgliedstaaten notwendig, dass sie gemeinsam völkerrechtliche Verträge mit Drittstaaten abschlossen. Zu Beginn ihrer Entwicklung, Anfang der sechziger Jahre, waren gemischte Abkommen auf den Bereich der Assoziierungsabkommen beschränkt. Mit der wachsenden Integration der EG und den damit verbundenen neuen Gemeinschaftskompetenzen vergrößerte sich jedoch auch der Anwendungsbereich gemischter Abkommen ständig. Mittlerweile werden nicht nur die Mehrzahl der Kooperations- und Assoziierungsabkommen, sondern auch eine Vielzahl von, insbesondere multilateralen, Abkommen in an1 Im Englischen werden gemischte Abkommen als „mixed agreements“, im Spanischen als „acuerdos mixtos“ und im Französischen als „accords mixtes“ bezeichnet. 2 In der Folge wird aufgrund der Tatsache, dass die EG (und nicht die EAG) Vertragspartei der Mehrzahl der gemischten Abkommen sowie Mitglied sämtlicher bestehender gemischter Mitgliedschaften ist, vorrangig von der EG die Rede sein. Diese ist daher auch stets dann gemeint, wenn von der „Gemeinschaft“ gesprochen wird. Soweit ein Bezug auf beide Gemeinschaften bzw. die EAG notwendig sein sollte, ist von den „Gemeinschaften“ bzw. der „EAG“ die Rede. Soweit sich diese Arbeit mit dem VV beschäftigt, ist – entsprechend der Terminologie des VV – von der „Union“ die Rede. Allerdings haben sowohl EAG als auch EGKS (zumindest bis Ende der Geltungsdauer des EGKSV am 23.07.2002) ebenfalls gemischte Abkommen abgeschlossen. Zudem gibt es gemischte Abkommen, an denen mehrere der Gemeinschaften beteiligt sind bzw. waren, vor allem Assoziierungsverträge mit gleichzeitiger Beteiligung von EG und EGKS. Ein Beispiel für ein gemischtes Abkommen mit alleiniger Beteiligung der EAG ist das Abkommen zur Anwendung von Art. III Abs. 1 und 4 des Kernwaffensperrvertrages; ABl. Nr. L 51 v. 22.02.1978, S. 1 ff. Als Beispiel für ein gemischtes Abkommen mit Beteiligung der EGKS ist das zwischen der EGKS, den Mitgliedstaaten sowie Kanada abgeschlossene Kooperationsabkommen von 1976 zu nennen; ABl. Nr. L 260 v. 24.09.1976, S. 28 ff. 3 MacLeod/Hendry/Hyett bezeichnen die Rechtsfigur der gemischten Abkommen als „one of the most distinctive features of the external relations law of the Communities“; MacLeod/Hendry/Hyett, S. 142. McGoldrick zufolge sind gemischte Abkommen „of enormous legal significance for the international relations of the EC“; McGoldrick, S. 78.
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1. Teil: Einleitung
deren Politikbereichen, z. B. in der Umwelt- oder Entwicklungspolitik, durch die Gemeinschaftsgruppe4 abgeschlossen.5 Die Rechtsfigur des gemischten Abkommens hat sich mithin in einer inzwischen jahrzehntelangen Praxis bewährt. Dies ist umso bemerkenswerter, als dass durch die gleichzeitige Beteiligung von EG und Mitgliedstaaten in einem völkerrechtlichen Abkommen eine Vielzahl von völker- und gemeinschaftsrechtlichen Fragen aufgeworfen wird, die zu beträchtlichen Diskussionen im Schrifttum6 und erheblichen Unsicherheiten auf Seiten der Vertragspartner geführt haben. Mit Beginn der siebziger Jahre entstand durch die immer weiter voranschreitende Einbindung der EG in die völkerrechtlichen Beziehungen erneut eine Rechtsfigur, die im internationalen Recht ohne Vorgänger war: Der Beitritt der EG zu anderen internationalen Organisationen bzw. deren Mitgründung durch die EG erzeugte das Phänomen der gemeinsamen Mitgliedschaft der EG und ihrer Mitgliedstaaten in internationalen Organisationen, die sog. „gemischte Mitgliedschaft“7, als deren wichtigste Beispielsfälle der Beitritt der EG zur FAO und die Mitgründung der WTO zu nennen sind. Dabei besteht ein unmittelbarer rechtlicher wie politischer Zusammenhang zwischen gemischten Abkommen einerseits und der Mitgliedschaft der EG neben ihren Mitgliedstaaten in internationalen Organisationen andererseits. Rechtlich gesehen basiert eine gemischte Mitgliedschaft stets auf einem gemischten Abkommen, haben sich doch sowohl die EG als auch die Mitgliedstaaten an den jeweiligen Gründungsvertrag der Organisation gebunden. Dabei kann es sich um ein Abkommen im formellen Sinne handeln, was immer dann der Fall ist, wenn der Gründungsvertrag der Organisation neben den anderen Gründungsparteien auch von der EG und ihren Mitgliedstaaten unterzeichnet und ratifiziert wurde. Handelt es sich dagegen um den Beitritt der EG zu einer bestehenden internationalen Organisation, bei der die Mitgliedstaaten bereits Mitglieder sind, kann in dem Aufnahmeantrag der EG sowie der entsprechenden Annahmeerklärung durch die Mitglieder der Organisation zumindest ein Ab4 Der Begriff der „Gemeinschaftsgruppe“ wird in Rahmen dieser Arbeit als Bezeichnung für die Gesamtheit der EG und ihrer Mitgliedstaaten verwendet. 5 Siehe Editorial Comments, CML Rev. 2004, 631 (631) und Rosas, in: Dashwood/ Hillion, 200 (202 f.). 6 MacLeod/Hendry/Hyett ziehen daraus den folgenden Schluss: „The fact that these issues have been more discussed in learned writings than in the case law of the Court suggests that the problems are greater in theory than in practice“; MacLeod/Hendry/ Hyett, S. 144. Doch gibt es auch gegenteilige Stimmen. So schreibt Rosas: „Mixity has attracted scholary attention, too, although, perhaps, not to the extent one could have expected“; Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (200). 7 Der Begriff der „gemischten Mitgliedschaft“ geht zurück auf Schermers, der Anfang der achtziger Jahre das Phänomen der Mitgliedschaft der EG in anderen internationalen Organisationen in zwei Veröffentlichungen als „mixed membership“ bezeichnet; Schermers, in: O’Keeffe/Schermers, 23 (28 f.); ders., in: FS Mosler, 823 (836).
B. Der Stand der nationalen wie internationalen Forschung
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kommen im materiellen Sinne liegen. Zudem gibt es überhaupt nur noch wenige bedeutende internationale Abkommen, die keine ständigen Einrichtungen schaffen, um ihre Einhaltung und Durchführung zu sichern und gegebenenfalls Abkommensänderungen vorzubereiten. Auch diese sog. „Rumpforganisationen“8 unterliegen in der Völkerrechts- und Gemeinschaftspraxis grundsätzlich denselben Regeln wie klassische internationale Organisationen. Politisch gesehen handelt es sich mit den Worten von Sack bei den Staaten, der europäischen Integration und internationalen Organisationen um die „drei großen Stockwerke im Gefüge der Weltgesellschaft“.9 Die ständig weiter voranschreitende rechtliche, wirtschaftliche und politische Verflechtung der Staatengemeinschaft macht eine immer engere Zusammenarbeit zwischen den Staaten notwendig. Um diese weiterhin effektiv gestalten zu können, ist in der weit überwiegenden Zahl von Politikbereichen die stets verfügbare Mitarbeit und Koordinierung durch internationale Organisationen mittlerweile unentbehrlich.
B. Der Stand der nationalen wie internationalen Forschung Die Abkommensform der gemischten Abkommen wird seit ihrer erstmaligen Verwendung im Assoziierungsabkommen mit Griechenland Anfang der sechziger Jahre10 von einem stetigen wissenschaftlichen Diskurs begleitet. Die Rechtsfigur der gemischten Mitgliedschaft dagegen ist bisher kaum Gegenstand wissenschaftlicher Arbeiten gewesen.
I. Der Forschungsstand im Bereich der gemischten Abkommen In den ersten Publikationen, die sich mit dem neuen Phänomen der gemischten Abkommen beschäftigten11, stand zunächst die Frage der generellen Zulässigkeit dieser Abkommensform im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Diskussion. Dieser verlagerte sich jedoch im Laufe der Jahre u. a. auf die Fragen der Verteilung der Verantwortlichkeit, der politischen Bewertung gemischter Abkommen sowie zuletzt insbesondere auf die Auslegungszuständigkeit des 8 Sie bestehen zumeist aus einer Konferenz der Mitgliedstaaten und einem Sekretariat. Siehe etwa Art. 7 ff. des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, ABl. Nr. L 33 v. 07.02.1994, S. 11. Siehe hierzu auch Sack, ZEuS 2001, 267 (282); ders., CML Rev. 1995, 1227 (1240). 9 Sack, ZEuS 2001, 267 (269). 10 Abkommen zur Gründung einer Assoziation mit dem Königreich Griechenland v. 06.07.1961; ABl. 1963, S. 294 ff. 11 1961 wurde der Begriff des „gemischten Abkommens“ von Pescatore das erste Mal verwendet; siehe Pescatore, Hague Recueil 1961/II, 1 (104).
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1. Teil: Einleitung
EuGH.12 Sie dauert bis zum heutigen Tag (nahezu) unvermindert an.13 Die erste größere Publikation wurde 1983 von O’Keeffe und Schermers herausgegeben.14 1986 folgte mit der Dissertation von Stein die erste und bisher einzige deutschsprachige Monographie über gemischte Abkommen, die eine umfassende Zusammenfassung des damaligen Forschungsstandes bietet.15 Aufgrund des Gutachtens 1/94 des EuGH zum ÜWTO16 kam es 1997 zu einer weiteren größeren Veröffentlichung, die von Bourgeois, Dewost und Gaiffe herausgegeben wurde und primär auf den Einzelbeiträgen einer Fachtagung des Europakollegs Brügge, Belgien, basiert.17 Die jüngste – englischsprachige – Monographie zum Thema wurde im Jahr 2001 von Heliskoski veröffentlicht.18
12 Siehe als Beispiele für deutschsprachige Veröffentlichungen: Arnold, Der Abschluss gemischter Verträge durch die Europäischen Gemeinschaften, AVR 1980/81, S. 419 ff.; Bleckmann, Der gemischte Vertrag im Europarecht, EuR 1979, S. 301 ff. und Dauses, Die Beteiligung der Europäischen Gemeinschaften an multilateralen Völkerrechtsabkommen, EuR 1979, S. 138 ff.; Meessen, Das Abkommen von Lomé als gemischter Vertrag, EuR 1980, S. 36 ff. 13 Siehe z. B. Neuwahl, Shared Powers or combined incompetence? More on Mixity, CML Rev. 1996, S. 667 ff.; Leal-Arcas, The European Community and mixed agreements, EFA Rev. 2001, S. 483 ff.; Bungenberg, Mixed Agreements im Gemeinschaftsrecht und nationalen Recht, in: FS Folz, S. 13 ff.; Koutrakos, The Interpretation of Mixed Agreements under the Preliminary Reference Procedure, EFA Rev. 2002, S. 25 ff.; Editorial Comments, Where do we go with Community external relations after accession?, CML Rev. 2004, S. 631 ff. 14 O’Keeffe/Schermers (Hrsg.), Mixed Agreements, 1983. Die Veröffentlichung basiert hauptsächlich auf den Referaten und Ergebnissen einer Fachtagung des Europainstituts Leiden, Niederlande, zu gemischten Abkommen. In Einzelbeiträgen nehmen namhafte Autoren (u. a. Bleckmann und Tomuschat) zu verschiedenen Problemen des Rechts der gemischten Abkommen Stellung. 15 Stein, Der gemischte Vertrag im Recht der Außenbeziehungen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, 1986. 16 EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267 ff. 17 Bourgeois/Dewost/Gaiffe (Hrsg.), La Communauté européenne et les accords mixtes, 1997. Diese Publikation beschäftigt sich vor allem mit den gemeinschaftsrechtlichen und internationalen Entwicklungen der letzten Jahre und versucht, teilweise zu einer Neubewertung der gemischten Abkommen und ihrer innergemeinschaftlichen Bedeutung zu gelangen. 18 Heliskoski, Mixed agreements as a technique for organizing international relations of the European Community and its member states, 2001. Der Autor verfolgt einen eher praktischen Ansatz bei der Betrachtung von gemischten Abkommen und ergänzt damit die zuvor dogmatisch geprägte Diskussion. Vor allem den in der bisherigen deutschsprachigen Literatur vorzufindenden Forschungsansatz bezeichnet Heliskoski daher auch als „distinctively dogmatic approach“ (S. 5).
B. Der Stand der nationalen wie internationalen Forschung
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II. „Gemischte Mitgliedschaft“ und deren Rezeption in der nationalen wie internationalen Forschung Weit weniger intensiv hat sich das Schrifttum dagegen bisher mit der Rechtsfigur der gemischten Mitgliedschaft beschäftigt. Dennoch wird deutlich, dass es zwei Wege gibt, sich dieser Rechtsfigur zu nähern, nämlich einerseits über das Recht der internationalen Organisationen und andererseits über das Recht der gemischten Abkommen: So gibt es mehrere größere Arbeiten, die sich mit Mitgliedschaften der EG in internationalen Organisationen und deren rechtlichen Grundlagen im Allgemeinen19 bzw. anhand eines konkreten Beispielfalls, allen voran der WTO, beschäftigen.20 Der Aspekt der gemischten Mitgliedschaft und die daraus resultierenden Problemfelder werden in diesen indes – wenn überhaupt – nur am Rande gestreift.21 Eine intensivere Beschäftigung mit Teilaspekten der gleichzeitigen Mitgliedschaft der Gemeinschaftsgruppe in anderen Organisationen erfolgt allerdings in einigen Aufsätzen und Teilen der Kommentarliteratur. So befassen sich z. B. Sack22, Pernice23, Kokott24, Govaere/Capiau/Vermeersch25 sowie grundlegend bereits 1974 Grabitz26 mit Fragestellungen im Zusammenhang mit gemischten Mitgliedschaften. Dabei fehlt es aber zumeist an jeglicher Verbindung zum Recht der gemischten Abkommen sowie stets an einer umfassenden Darstellung der Rechtsfigur. Einige andere Beiträge, allen voran zwei Aufsätze von Schermers, beschäftigen sich dagegen primär mit der Rechtsfigur des gemischten Abkommens und setzen sich in diesem Zusammenhang – ansatzweise – mit den rechtlichen Grundlagen gemischter Mitgliedschaften auseinander.27 Dieser Ansatz wurde 19 So z. B. Frid, The Relations Between the EC and International Organizations, 1995 und Santos Vara, La participación de la Unión Europea en las Organicaciones Internacionales, 2002. 20 So z. B. Ott, GATT und WTO im Gemeinschaftsrecht, 1997; Hipold, Die EU im GATT/WTO-System, 2. Aufl., 2000; Hermes, TRIPS im Gemeinschaftsrecht, 2002; Kreibich (Das TRIPs-Abkommen in der Gemeinschaftsrechtsordnung, 2003) sowie Siebold, die Welthandelsorganisation und die EG, 2003. 21 Ausführlichere Diskussionsansätze finden sich allen voran bei Ott, Frid und Santos Vara. Hermes beschäftigt sich zumindest im Zusammenhang mit der Frage der Reichweite der innergemeinschaftlichen Geltung des TRIPs konkret mit dessen rechtlichen Status als gemischtes Abkommen. Dagegen geht z. B. die Arbeit von Siebold überhaupt nicht auf die aus der gemeinsamen Mitgliedschaft von EG und Mitgliedstaaten in der WTO resultierenden Probleme ein. 22 Sack, in: GS Grabitz, S. 631 ff.; ders., ZEuS 2001, S. 267 ff.; ders., CML Rev. 1995, S. 1227 ff. 23 Pernice, EuR 1991, S. 273 ff. 24 Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 31 ff. 25 Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, S. 155 ff. 26 Grabitz, in: KSE 25, S. 47 ff.
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1. Teil: Einleitung
2004 von Eeckhout verstärkt, der dem Aspekt ein eigenes Kapitel („mixity and membership“) seiner Monographie über die EG-Außenbeziehungen widmet.28 An einer umfassenden wissenschaftlichen Aufbereitung, insbesondere auch des rechtlichen wie praktischen (bzw. politischen) Zusammenhangs zwischen gemischten Abkommen und gemischter Mitgliedschaft, fehlt es in der bisherigen deutschen wie internationalen Literatur jedoch weitgehend. Einen ersten Schritt zur wissenschaftlichen Aufbereitung dieses Themenbereichs hat jüngst Herrmann durch den gut strukturierten Beitrag „Rechtsprobleme der parallelen Mitgliedschaft von Völkerrechtssubjekten in Internationalen Organisationen“ aus dem Jahre 2003 getan.29 Eine grundlegende wissenschaftliche Aufbereitung des Spannungsfeldes der „gemischten Abkommen“ einerseits und der „gemischten Mitgliedschaft“ andererseits sollte nun folgen.
C. Ziel und Aufbau der nachfolgenden Untersuchung Diesen Beitrag möchte die folgende Arbeit leisten. Eine solche Untersuchung erscheint aus mehreren Gründen sehr lohnswert: So soll einerseits die EG nach dem Willen ihrer Mitgliedstaaten immer stärker als außenpolitischer Akteur wahrgenommen werden. Dementsprechend werden die Außenbeziehungen zu einem immer wichtigeren Bestandteil der Aufgaben- und Zielstellungen der Gemeinschaft.30 Andererseits jedoch legen die Mitgliedstaaten gerade im Bereich 27 Schermers und Dolmans streifen das Thema in wenigen Seiten, belassen es aber bei einer oberflächlichen, deskriptiven Darstellung des Sachstandes; vgl. Schermers, in: O’Keeffe/Schermers, 23 (28), ders., in: FS Mosler, S. 823 ff. sowie Dolmans, S. 86 ff. Heliskoski beschäftigt sich mit Teilbereichen des Spannungsfeldes des Rechts der gemischten Abkommen im System der Welthandelsorganisation; Heliskoski, S. 174 ff. 28 Eeckhout, External Relations of the European Union, 2004, Kapitel 7, S. 190 ff. 29 Herrmann, in: Bauschke, Gabriele, u. a. (Hrsg.), Pluralität des Rechts – Regulierung im Spannungsfeld der Rechtsebenen, 2003, S. 139 ff. 30 So bezeichnet die Erklärung von Laeken zur Zukunft der EU (Europäischer Rat, 14./15.12.2001) „Europas neue Rolle in einer globalisierten Welt als eine der beiden Kernherausforderungen“, denen sich die EU stellen muss. Die gewachsene internationale Aufgabe der zukünftigen Union kommt zudem in Art. I-3 Abs. 4 VV zum Ausdruck, der besagt: „In ihren Beziehungen zur übrigen Welt schützt und fördert die Union ihre Werte und Interessen. Sie leistet einen Beitrag zu Frieden, Sicherheit, globaler nachhaltiger Entwicklung, Solidarität und gegenseitiger Achtung unter den Völkern, zu freiem und gerechten Handel, zur Beseitigung der Armut und zum Schutz der Menschenrechte, insbesondere der Rechte des Kindes sowie zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen“. Praktische Folgen dieser neuen außenpolitischen Zielbestimmungen sind erste autonome militärische Einsätze im Rahmen der ESVP, so z. B. im Sommer 2003 die Operation Artemis im Kongo oder der Ende 2004 begonnene Einsatz unter EG Verantwortung in Bosnien. Zurecht bezeichnet Snyder die Au-
C. Ziel und Aufbau der nachfolgenden Untersuchung
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der Außenbeziehungen enormen Wert darauf, auch weiterhin als eigenständige Völkerrechtssubjekte aufzutreten. Ein Mittel zur Lösung dieses Widerspruchs scheint der Abschluss gemischter Abkommen und die gemischte Mitgliedschaft in internationalen Organisationen zu sein. Dabei ist zu bedenken, dass man mittlerweile zumindest in Europa der gefestigten politischen Ansicht ist, dass sich die großen, globalen Herausforderungen der Zeit, wie beispielsweise die Friedenssicherung, der Schutz vor Terrorismus oder die Sicherung einer lebenswerten Umwelt nur noch im multilateralen Rahmen, also insbesondere auch in internationalen Organisationen lösen lassen.31 So ist es nur konsequent, dass die Zahl internationaler Organisationen und damit auch ihre Bedeutung innerhalb der internationalen Beziehungen stetig ansteigt.32 Das Spannungsfeld von gemischten Abkommen und gemischter Mitgliedschaft steht daher im Mittelpunkt dieser sechsteiligen Arbeit, die versucht, sämtliche rechtlich relevanten Aspekte des Themenbereichs zu erfassen und zu einer möglichst umfassenden Aufarbeitung der rechtlichen Grundlagen und Problemfelder gemischter Mitgliedschaften zu gelangen. Dabei sollen die verschiedenen Teilabschnitte der Arbeit, soweit als möglich, Ergebnissen zugeführt werden, die praktisch verwertbar sind, so z. B. durch die konkrete Befürwortung einer von mehreren Handlungsalternativen oder durch konkrete Verbesserungsvorschläge. Aufgrund der Tatsache, dass es sich in dem der Arbeit zugrundliegenden Rechtsgebiet größtenteils um Völkerrecht handelt und somit die Staatenpraxis von erheblicher Bedeutung ist, ist es jedoch nicht angebracht, die Untersuchung von vorne herein mit einer Theorie oder bestimmten Thesen zu belasten. Jedoch werden die erzielten Ergebnisse stets auf eventuell festzustellende Leitlinien bzw. Regel- und Ausnahmetatbestände untersucht, um gegebenenfalls ein Instrumentarium für zukünftig neu auftretende Rechtsprobleme im Spannungsfeld von gemischten Abkommen und gemischten Mitgliedschaften bieten zu können. Die bereits aufgezeigten rechtlichen wie politischen Zusammenhänge zwischen gemischten Abkommen und Mitgliedschaften machen deutlich, dass für eine umfassende Beschäftigung mit der Rechtsfigur der gemischten Mitgliedschaft (sowie den Einflüssen des Rechts der gemischten Abkommen auf diese) zunächst die gemeinschafts- wie völkerrechtlichen Grundlagen gemischter Abkommen herausgearbeitet werden müssen. Dieser Komplex bildet – nach dem einleitenden ersten Teil – den zweiten Abschnitt der Arbeit. Er enthält eine Anßenbeziehungen daher als eine von drei großen Herausforderungen vor denen sich das „Europa nach 2004“ befindet; vgl. Snyder, ELJ 2005, 1 (1). Siehe dazu ausführlich Cremona, CML Rev. 2004, S. 553 ff. 31 Sack, ZEuS 2001, 267 (269); Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (155). 32 Amerasinghe kommt 1996 auf eine Gesamtzahl von 500 bis 700 internationalen Organisationen; Amerasinghe, S. 6, Fn. 10. Vgl. auch Sack, ZEuS 2001, 267 (271).
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1. Teil: Einleitung
näherung an das Rechtskonzept sowie eine Darstellung der gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen und rechtlichen Konsequenzen derselben. Sodann folgt der dritte Teil, der sich mit dem Phänomen der gemischten Mitgliedschaft beschäftigt. Er beginnt ebenfalls mit einer generellen Annäherung an den Begriff, die Historie und das Grundkonzept der gemischten Mitgliedschaft. Einem Überblick über die bestehende Praxis gemischter Mitgliedschaften folgt eine ausführliche Untersuchung der völker- wie gemeinschaftsrechtlichen Voraussetzungen gemeinsamer Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten in internationalen Organisationen. Schon hier treten die unmittelbaren rechtlichen wie politischen Zusammenhänge zwischen gemischten Abkommen und Mitgliedschaften deutlich hervor. Diese Zusammenhänge sind auch bei der Bearbeitung der wichtigsten Anwendungsprobleme gemischter Mitgliedschaften im darauffolgenden vierten Teil der Arbeit klar erkennbar, beruhen doch sämtliche rechtliche Tücken gemischter Mitgliedschaften im Kern auf den Problemfeldern, die gemischten Abkommen im Allgemeinen innewohnen. Durch die gleichzeitige Mitgliedschaft in einer internationalen Organisation treten diese allerdings zum Teil stärker hervor bzw. werden durch den Einfluss des Rechts der internationalen Organisationen modifiziert. Die Problembehandlung bezieht daher, auf den im zweiten und dritten Teil der Arbeit geschaffenen Grundlagen aufbauend, sowohl das Recht der gemischten Abkommen als auch das Recht der internationalen Organisationen in den ihrer Bedeutung entsprechenden Anteilen mit ein. Dadurch werden die beiden im bisherigen Schrifttum lediglich alternativ gewählten Wege der Annäherung an gemischte Mitgliedschaften miteinander verbunden. Die Darstellung der verschiedenen Problemfelder erfolgt dabei primär anhand der gemeinsamen Mitgliedschaft in der WTO, dem wohl bekanntesten und wichtigsten Beispiel einer gemischten Mitgliedschaft. Allerdings ist gerade die WTO-Mitgliedschaft nicht in allen ihren Facetten repräsentativ, sondern stellt in vielfacher Hinsicht ein „Musterbeispiel“ für die Umsetzung des Rechtskonzepts dar. So statuiert das ÜWTO z. B. keine Pflicht zur Abgabe von Kompetenzerklärungen durch die EG, während dies in den übrigen Beispielen gemischter Mitgliedschaften die Regel ist. Dies hat zur Folge, dass einige der Anwendungsprobleme, mit denen gemischte Mitgliedschaften einher gehen können, im Rahmen der WTO-Mitgliedschaft kaum eine Rolle spielen. Daher ist es notwendig, auf weitere Beispiele gemischter Mitgliedschaften, allen voran derjenigen in der FAO, einzugehen, um sämtliche Problemaspekte der Rechtsfigur darstellen und bewerten zu können. Der fünfte Teil der Arbeit hat zum Ziel, die zuvor gefundenen Ergebnisse zu strukturieren und eine umfassende Bewertung vorzunehmen. Zunächst wird die Rechtsnatur gemischter Mitgliedschaften untersucht. Danach folgt eine Aufbereitung der rechtlichen wie ursächlichen Zusammenhänge sowohl zwischen
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gemischten Abkommen und gemischter Mitgliedschaft einerseits als auch zwischen EG-Abkommen und -Mitgliedschaften als solchen andererseits. Eine aktuelle Aufarbeitung des Rechts der gemischten Abkommen und Mitgliedschaften darf zudem nicht die beiden großen Zukunftsthemen der europäischen Integration außer Acht lassen: Es schließt sich daher eine Untersuchung der Auswirkungen der im Mai 2004 und Januar 2007 erfolgten sowie zukünftig noch anstehenden Erweiterungsrunden auf die zuvor erarbeitete Rechtslage an. Ferner wird auf den am 29.10.2004 unterzeichneten „Vertrag über eine Verfassung für Europa“ eingegangen. Ob seines mittlerweile aufgrund der ablehnenden Referenden in Frankreich und den Niederlanden zweifelhaften Inkrafttretens beschränkt sich der Ausblick jedoch primär auf einige wenige Aspekte des Verfassungsvertrages, von denen zu erwarten ist, dass sie auch bei einem Scheitern des Verfassungsprojekts auf andere Weise Eingang in die Gemeinschaftsrechtsordnung finden werden. Letztlich erfolgt eine Bewertung gemischter Abkommen und Mitgliedschaften. Der sechste und letzte Teil der Arbeit enthält schließlich eine thesenartige Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Teile zwei bis fünf.
2. Teil
Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens“ Gemischte Abkommen stellten mittlerweile einen bedeutenden Teil der Praxis der gemeinschaftlichen Außenbeziehungen dar. Obwohl die dem Rechtskonzept zugrundeliegende Rechtslage aufgrund des Zusammentreffens von Völker- und Gemeinschaftsrecht zu einer Vielzahl von Anwendungsproblemen in beiden Rechtskreisen führt1, sind die Grundstrukturen gemischter Abkommen vor allem den Besonderheiten der Gemeinschaftsrechtsordnung geschuldet und stellen eine Konsequenz derselben dar.
A. Der Begriff des „gemischten Abkommens“ I. Grundsätzliches Bei den sog. „gemischten Abkommen“2 handelt es sich um völkerrechtliche Verträge, „bei denen den Drittstaaten nicht die EG alleine, sondern neben ihr die Mitgliedstaaten gegenübertreten“.3 Eine ausdrückliche Regelung dieser Abkommensform findet sich in den Gründungsverträgen4 nicht. Allerdings gehen sowohl Art. 102 EAGV5 als auch Art. 133 Abs. 6 UAbs. 2 EGV6 von der Exis1 Siehe für eine Übersicht Ehlermann, in: O’Keeffe/Schermers, 3 (9 ff.) und Bleckmann, in: O’Keeffe/Schermers, 155 (155 ff.). 2 Der Begriff der gemischten Abkommen wurde in der französischensprachigen Aufsatzliteratur zum ersten Mal verwendet: 1961 sprach Pescatore von „accords mixtes, mi-gouvernementaux, mi-communautaires, conclus conjointement par les Etats membres et la Communauté“; Hague Recueil 1961/II, 1 (104). Auch in die Rechtsprechung des EuGH hat der Begriff des „gemischten Abkommens“ längst Eingang gefunden, siehe z. B. EuGH, Gutachten 1/78, Naturkautschukübereinkommen, Slg. 1979, 2871, Rn. 29; Rs. 12/86, Demirel, Slg. 1987, 3719, Rn. 9 sowie Rs. C-13/00, Kommission gegen Irland, Slg. 2002, I-2943, Rn. 14. 3 Siehe statt aller Bleckmann, EuR 1976, 301 (301). Vgl. Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (201); ders., in: Koskenniemi, 125 (127) – die beiden Abhandlungen sind jedoch nahezu identisch; Heliskoski, S. 1. 4 Dieser Arbeit liegen der EUV (v. 07.02.1992, BGBl. 1992 II S. 1253), der EGV (v. 25.03.1957, BGBl. 1957 II S. 766) sowie der EAGV (v. 25.03.1957, BGBl. 1957 II S. 1014) in der durch den Vertrag von Nizza vom 21.02.2001 geänderten Fassung zugrunde (BGBl. 2001 II S. 1667, 1671 und 1678, zuletzt geändert durch die Akte zum Beitrittsvertrag v. 16.04.2003, BGBl. 2003 II S. 1410). 5 Dieser lautet: „Falls außer der Gemeinschaft ein oder mehrere Mitgliedstaaten an den Abkommen und Vereinbarungen mit einem dritten Staat, einer zwischenstaatlichen
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tenz gemischter Abkommen aus. Zudem enthält Art. 6 Abs. 2 der Beitrittsakte 2003 eine Vorschrift bezüglich der Einbeziehung der zehn neuen Mitgliedstaaten in die bestehenden gemischten Abkommen.7 Die Rechtsfigur des gemischten Abkommens ist jedoch vor allem eine Schöpfung der Gemeinschaftspraxis. Bei den Verhandlungen über den Abschluss des Assoziierungsabkommens mit Griechenland stellte sich für den Rat Anfang der sechziger Jahre erstmals das Problem, dass der Entwurf für ein Gemeinschaftsabkommen die Vertragsschlusskompetenzen der EG überstieg.8 Der Rat entschied sich daraufhin für eine Beteiligung der Mitgliedstaaten, so dass das Assoziierungsabkommen mit Griechenland von 1961 das erste gemischte Abkommen darstellte.9 Bis in das Jahr 2000 wurden über 15010 und seitdem über 20 weitere11 gemischte AbkomEinrichtung [. . .] beteiligt sind, so können diese [. . .] erst in Kraft treten, wenn alle beteiligten Mitgliedstaaten der Kommission mitgeteilt haben, dass sie nach den Vorschriften ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung anwendbar geworden sind.“ 6 Der im Vertrag von Nizza eingefügte Art. 133 Abs. 6 UAbs. 2 EGV lautet: „Abweichend von Absatz 5 Unterabsatz 1 fallen in dieser Hinsicht Abkommen im Bereich des Handels mit kulturellen und audiovisuellen Dienstleistungen, Dienstleistungen im Bereich der Bildung sowie in den Bereichen Soziales und Gesundheitswesen in die gemischte Zuständigkeit der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten. Zur Aushandlung solcher Abkommen ist daher außer einem Beschluss der Gemeinschaft gemäß [. . .] Artikel 300 auch die einvernehmliche Zustimmung der Mitgliedstaaten erforderlich. Die so ausgehandelten Abkommen werden gemeinsam von der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten geschlossen.“ 7 Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge; ABl. Nr. L 236 v. 23.09.2003, S. 33 ff. Art. 6 Abs. 2 lautet wie folgt: „Die neuen Mitgliedstaaten verpflichten sich, [. . .] den von den derzeitigen Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft gemeinsam geschlossenen oder vorläufig angewendeten Abkommen [. . .] beizutreten (UAbs. 1). Der Beitritt [. . .] wird durch den Abschluss eines Protokolls zu diesen Abkommen bzw. Übereinkünften zwischen dem Rat, der im Namen der Mitgliedstaaten handelt und einstimmig beschließt, und dem betreffenden dritten Staat oder den betreffenden dritten Staaten bzw. der betreffenden internationalen Organisation geregelt“ (UAbs. 2 S. 1). Ein Beispiel für die Anwendung von Art. 6 Abs. 2 ist der Ratsbeschluss 2005/89/EG v. 24.12.2004, der die Kommission ermächtigt, gem. dieser Vorschrift Verhandlungen über die Anpassung des gemischten Europa-Mittelmeerabkommens zu führen. 8 Costonis, CML Rev. 1967–68, 421 (449); Pescatore, Hague Recueil 1961/II, 1 (106 ff.). Dazu auch Heliskoski, S. 12 f. 9 Als Modell bei den Beratungen diente u. a. Art. 102 EAGV; siehe dazu Granvik, in: Koskenniemi, 255 (256). 10 Siehe Heliskoski, dessen Monographie eine vollständige Liste der von 1961 bis 2000 geschlossenen gemischten Abkommen enthält, von denen allerdings einige nicht mehr in Kraft sind; siehe S. 252 ff. Eine Liste der in den sechziger und siebziger Jahren geschlossenen gemischten Abkommen enthält zudem Feenstra, in: O’Keeffe/ Schermers, S. 207 ff. Ausführlich zu einzelnen Abkommen Wuermeling, S. 215 f., Fn. 7–15. Nach Rosas gab es im Jahr 2000 etwa 700 und 2003 bereits ca. 1000 völkerrechtliche Verträge an denen eine der Gemeinschaften beteiligt war; vgl. Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (201, Fn. 9) sowie ders., GYIL 2003, 284 (287). Angesichts
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2. Teil: Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens‘‘
men geschlossen. Um gemischte Abkommen handelt es sich insbesondere bei Abkommen zur Gründung einer Assoziierung, Entwicklungsabkommen, bi- und multilateralen Handelsverträgen und Umweltschutzübereinkommen.12 Bereits ihre jahrzehntelange Verwendung zeigt die mittlerweile erreichte gemeinschaftsinterne wie internationale Anerkennung der Abkommensform. So geht der EuGH in ständiger Rechtsprechung von der Zulässigkeit gemischter Abkommen aus, allerdings ohne diese näher zu begründen.13 Auch in der Literatur ist die Zulässigkeit der Rechtsfigur, anders als die konkrete Begründung derselben, inzwischen unbestritten.14
II. Gemeinschafts-, gemischtes und völkerrechtliches Abkommen Anhand der unterschiedlichen Beteiligung auf Gemeinschaftsseite ist zwischen reinen Gemeinschaftsabkommen (ohne gleichzeitige Beteiligung der Mitgliedstaaten) einerseits und gemischten Abkommen andererseits zu differenzieder Zahl von 492 bis Juni 2005 geschlossenen bilateralen Abkommen der Gemeinschaften und der EU (vgl. Annoted Summary of Bilateral Agreements between nonmember States or International Organisations and the European Community, EURATOM or European Union, June 2005, S. 8) scheinen die von Rosas genannten Zahlen wohl auch Abkommen zu enthalten, die nicht mehr in Kraft sind. Sämtliche EG-Abkommen lassen sich im Übrigen unter http://europa.eu.int/eur-lex/lex/de/index.htm (Stand: 10.03.2007) mit folgenden Eingabeschritten aufrufen: „Sammlungen: Internationale Abkommen“, „Suche in den internationalen Übereinkünften“, „Rat der Europäischen Union: Datenbank für Abkommen“, „Suche in der Datenbank für Abkommen“, „Select a party from the list of parties“, „EC“. 11 Vor allem Kooperations- bzw. Assoziierungsabkommen, u. a. mit Südafrika (ABl. Nr. L 127 v. 29.04.2004, S. 109 ff.), Ägypten (ABl. Nr. L 304 v. 30.05.2004, S. 39 ff.), Kroatien (ABl. Nr. L 26 v. 28.01.2005, S. 1 ff.) und Chile (ABl. Nr. L 84 v. 02.04.2005, S. 19 ff.). Zudem wurden ca. 15 weitere Abkommen bereits unterzeichnet, jedoch noch nicht ratifiziert, so z. B. ein Abkommen über maritimen Transport mit China v. 06.12.2002 sowie ein Kooperationsabkommen mit dem Andenpakt und seinen Mitgliedstaaten vom 15.12.2003. 12 In der Gemeinschaftspraxis hat sich dabei eine Vielzahl verschiedener Typen gemischter Abkommen entwickelt, die im Schrifttum zu mehreren Versuchen einer Typologie gemischter Abschlüsse geführt haben; vgl. Schermers, in: FS Mosler, 823 (827 ff.); ders., in: O’Keeffe/Schermers, S. 23 ff.; Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (203 f.); Leal-Arcas, EFA Rev. 2001, 483 (488 ff.). Allesamt stehen sie jedoch unter dem Vorbehalt, dass sich gemischte Abkommen als ein Instrument der Praxis kaum vollständig mittels einer theoretischen Einteilung abbilden lassen; vgl. Eeckhout, S. 191. Auf die verschiedenen Typen gemischter Abschlüsse wird daher nur soweit notwendig anhand des konkreten Problems eingegangen. 13 Siehe u. a. EuGH, Gutachten 1/78, Naturkautschukübereinkommen, Slg. 1979, 2871; Rs. 12/86, Demirel, Slg. 1987, 3719; Rs. C-13/00, Kommission/Irland, Slg. 2002, I-2943 sowie Rs. C-281/01, Energy Star Abkommen, Slg. 2002, I-12049. 14 Siehe dazu statt aller Balekjian, in: O’Keeffe/Schermers, S. 141 ff.; Tomuschat, in: O’Keeffe/Schermers, S. 125 ff. Zu den kritischen Stimmen in der, vornehmlich älteren, Literatur siehe die umfassende Übersicht bei Wuermeling, S. 225, Fn. 1.
A. Der Begriff des „gemischten Abkommens‘‘
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ren.15 In beiden Fällen handelt es sich aber um ein Gemeinschaftsabkommen i. S. d. EGV. Dies folgt faktisch bereits daraus, dass die EG in beiden Fällen Vertragspartei des Abkommens ist. Doch auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht bestehen an dieser Schlussfolgerung keine Zweifel. So verwendet der EGV zwar nicht die Begriffe „(reines) Gemeinschaftsabkommen“ bzw. „gemischtes Abkommen“, sondern spricht stets nur von „Abkommen zwischen der Gemeinschaft und einem oder mehreren Staaten oder internationalen Organisationen“. Dem EuGH zufolge ist dieser Abkommensbegriff jedoch „in einem allgemeinen Sinne zu verstehen und soll jede von Völkerrechtssubjekten eingegangene bindende Verpflichtung ungeachtet ihrer Form erfassen“.16 Der Gemeinschaftsrechtsordnung liegt mithin ein einheitlicher Abkommensbegriff zugrunde, der sämtliche gemeinschaftsinterne Abkommensformen umfasst. Dieser einheitliche gemeinschaftsinterne Abkommensbegriff deckt sich zudem mit dem des völkerrechtlichen Vertrages, setzt doch auch letzterer – wie z. B. in Art. 2 Abs. 1 lit. a) WVKIO deutlich wird – das Entstehen einer Bindungswirkung innerhalb völkerrechtlicher Beziehungen als konstituierende Merkmale voraus.17 An gemischten Abkommen sind mit den Mitgliedstaaten, den Drittstaaten und der EG ausschließlich Völkerrechtssubjekte beteiligt. Da 15 Von gemischten Abkommen sind zudem einerseits die sog. „gemischten Rechtsakte“ sowie andererseits völkerrechtliche Abkommen ohne Beteiligung von Drittstaaten, die beide im Innenbereich der Gemeinschaft geschlossen werden, zu unterscheiden. Bei ersteren handelt es sich um gemeinsame Beschlüsse des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten nach der sog. „gemischten Formel“, nicht jedoch um völkerrechtliche Verträge mit Drittstaaten. Vielmehr kann ein solcher Rechtsakt, z. B. im Bereich der GASP, Grundlage eines mit Drittstaaten noch zu schließenden Abkommens sein. Siehe Wuermeling, S. 251 ff., 255; Streinz, Rn. 486. Bei den zweitgenannten Abkommen zwischen der EG und den Mitgliedstaaten bzw. den Mitgliedstaaten untereinander ist dagegen bereits zweifelhaft inwieweit diese aufgrund des erreichten Standes der europäischen Integration überhaupt noch zulässig sind. Einigkeit besteht dahingehend, dass sie insoweit unzulässig sind, als dass die Gemeinschaftsrechtsordnung bereits Möglichkeiten bzw. Instrumente zur Lösung der Frage zur Verfügung stellt. Dann darf das Gemeinschaftsrecht und dessen formelle wie materielle Voraussetzungen nicht mehr durch den Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages umgangen werden. Siehe als Beispiel für einen solchen innergemeinschaftlichen Vertrag die Vereinbarung über die Satzung der Europäischen Schulen zwischen den Mitgliedstaaten, der EG und der EGKS; ABl. Nr. L 212 v. 17.08.1994, S. 3 ff. Vgl. auch Schermers, in: Essays, 167 (172), der z. B. einen Gebietstransfer durch einen Mitgliedstaat zugunsten der EG zur Schaffung einer europäischen Hauptstadt nach dem Vorbild des District of Columbia in den USA als ein mögliches derartiges Abkommen ansieht. Ausführlich dazu Schwartz, in: FS Drobnig, 163 (164 ff.) sowie Vedder, S. 203 ff. 16 EuGH, Gutachten 1/75, Local Cost Standard, Slg. 1975, S. 1355 (1360); Gutachten 2/92, OECD, Slg. 1995, I-521, Rn. 8. 17 Vgl. Art. 2 lit. a) WVKIO, wonach völkerrechtliche Verträge i. S. d. WVKIO „eine in Schriftform geschlossene und vom Völkerrecht bestimmte internationale Übereinkunft (i) zwischen einem oder mehreren Staaten und einer oder mehreren internationalen Organisationen [sind]“. Nach Herdegen handelt es sich bei völkerrechtlichen Verträgen um „Vereinbarungen, mit denen Staaten und andere Völkerrechtssub-
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2. Teil: Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens‘‘
die Vertragsgegenstände zudem die völkerrechtlichen Beziehungen zwischen den eben genannten Völkerrechtssubjekten regeln, handelt es sich aus Sicht des internationalen Rechts bei gemischten Abkommen daher stets um völkerrechtliche Verträge. Konsequenterweise ist der Abschluss eines gemischten Abkommens im Sinne dieser Arbeit auch durch eine andere internationale Organisation und deren Mitgliedstaaten mit einer oder mehreren dritten Vertragsparteien grundsätzlich möglich.18
B. Gemeinschaftsspezifische Ursachen gemischter Abkommen Begreift man gemischte Abkommen als ein Phänomen der EG, müssen zunächst die für die Entstehung gemischter Abkommen ursächlichen Merkmale der Gemeinschaftsrechtsordnung herausgearbeitet werden. Nach Dashwood folgt die Notwendigkeit gemischter Abkommen aus einem „Paradoxon“, das durch die Gemeinschaftsverträge geschaffen worden sei: Einerseits hätten die Mitgliedstaaten durch den Transfer von Kompetenzen auf Teile ihrer Souveränität zugunsten der Gemeinschaften verzichtet, andererseits aber in den Augen sowohl ihrer internationalen Partner als auch ihrer eigenen Bevölkerung dadurch nichts in ihrer Staatlichkeit – und somit in ihrer Souveränität – eingebüßt.19 Zwei Aspekte seien dabei für die Notwendigkeit des Abschlusses gemischter Abkommen von besonderer Relevanz, nämlich der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung und die Tatsache, dass EG-Kompetenzen nur ausnahmsweise von ausschließlicher Natur sind. Dashwood nennt also die beiden Grundprinzipien der gemeinschaftlichen Kompetenzordnung – zum einen spricht im Zweifel die Kompetenzvermutung für die Mitgliedstaaten, zum anderen sind die EG-Kompetenzen grundsätzlich konkurrierender Natur20 – als entscheidende Ursachen gemischter Abschlüsse.
jekte ihre Beziehungen auf völkerrechtlicher Ebene regeln“; Herdegen, § 15, Rn. 1. Siehe auch Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 9. 18 Dafür lassen sich zwei Beispiele nennen: Zum einen das Kooperationsabkommen zwischen der EG und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Andenpakt und dessen Mitgliedstaaten (Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Peru und Venezuela) andererseits v. 15.12.2003; siehe dazu KOM(2003) 695 endg. v. 14.11.2003. Allerdings ist das Abkommen noch nicht in Kraft getreten, da es bisher erst wenige Vertragsparteien, u. a. Österreich und Dänemark, ratifiziert haben. Zum anderen das Rahmenabkommen zwischen der EG und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem MERCOSUR und dessen Mitgliedstaaten andererseits; ABl. Nr. L 112 v. 29.04.1999, S. 65 ff. 19 Dashwood, in: Bourgeois, 93 (93). 20 Vgl. z. B. Tridimas/Eeckhout, YEL 1994, 143 (154).
B. Gemeinschaftsspezifische Ursachen gemischter Abkommen
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Die Richtigkeit dieser These soll in diesem und dem folgenden Abschnitt der Arbeit untersucht werden.21
I. Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung Anders als die Legislativorgane eines Staates bedürfen die Rechtssetzungsorgane der EG einer Kompetenzzuweisung in den Gründungsverträgen, um Rechtsakte erlassen zu dürfen.22 Zwar handelt es sich beim Abschluss internationaler Abkommen nicht mehr um einen gemeinschaftsinternen Rechtsakt im eigentlichen Sinne. Das sog. „Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung“ findet aber sowohl auf „internes als auch [auf] völkerrechtliches Gemeinschaftshandeln“ Anwendung.23 Dies gilt nicht zuletzt deswegen, weil die Bestimmungen internationaler Abkommen mit dessen Inkrafttreten einen „integrierenden Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung bilden“.24 Zuständigkeiten, die nicht an die EG übertragen wurden, liegen also weiterhin bei den Mitgliedstaaten.25 Eine Übertragung an die EG kann dabei ausdrücklich oder aber auch stillschweigend erfolgen:
21 Dabei gilt es stets die grundsätzliche Struktur der EG-Außenkompetenzen zu beachten. Diese sind durch zwei Gegensatzpaare gekennzeichnet, die sich überlagern können: Einerseits den ausdrücklichen im Gegensatz zu den impliziten, andererseits den ausschließlichen im Gegensatz zu den zwischen Mitgliedstaaten und EG geteilten Kompetenzen. Während das erstgenannte Begriffspaar primär den (potentiellen) Umfang der EG-Kompetenzen erfasst, bezieht sich das zweitgenannte in erster Linie auf die rechtliche Qualität der jeweiligen Kompetenzen; Gilsdorf, EuR 1996, 145 (146). 22 Siehe vor allem Art. 249 Abs. 1 EGV, wonach die Gemeinschaftsorgane „nach Maßgabe dieses Vertrages“ handeln müssen sowie Art. 5 Abs. 1 EGV, wonach die EG „innerhalb der Grenzen der ihr in diesem Vertrag zugewiesenen Befugnisse und gesetzten Ziele tätig“ wird. Dazu u. a. Oppermann, § 6, Rn. 62; Streinz, Rn. 498; Nakanishi, S. 5 f. 23 EuGH, Gutachten 2/94, EMRK, Slg. 1996, I-1759, Rn. 24. 24 Vgl. Dashwood, in: Bourgeois, 93 (94) mit Verweis auf EuGH, Rs. 181/73, Haegeman, Slg. 1974, S. 449 ff., Rn. 2–6. 25 Tridimas/Eeckhout, YEL 1994, 143 (154); Arnull, in: Dashwood/Hillion, 61 (66). Auch die Auffangnorm des Art. 308 EGV ist aufgrund ihres subsidiären Charakters nicht dazu geeignet, „den Bereich der Gemeinschaftsbefugnisse über den allgemeinen Rahmen hinaus auszudehnen, der sich aus der Gesamtheit der Vertragsbestimmungen und insbesondere denjenigen ergibt, die die Aufgaben und Tätigkeiten der Gemeinschaft festlegen“; EuGH, Gutachten 2/94, EMRK, Slg. 1996, I-1759, Rn. 30. Art. 308 EGV soll vielmehr „einen Ausgleich in Fällen schaffen, in denen den Gemeinschaftsorganen durch spezifische Bestimmungen des Vertrages ausdrücklich oder implizit verliehene Befugnisse fehlen und gleichwohl Befugnisse erforderlich erscheinen, damit die Gemeinschaft ihre Aufgaben im Hinblick auf die Erreichung eines der vom Vertrag festgelegten Ziele wahrnehmen kann“ (Rn. 29). Ebenso Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 89.
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2. Teil: Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens‘‘
1. Die ausdrücklichen Außenkompetenzen der EG Der EGV weist mit Art. 300 zwar eine zentrale Vorschrift zur Regelung der mit den völkervertraglichen Aktivitäten der EG einhergehenden Verfahrensfragen auf.26 Eine generelle Ermächtigungsnorm für den Abschluss internationaler Abkommen enthält er aber nicht.27 Vielmehr nimmt Art. 300 Abs. 1 S. 1 EGV insofern Bezug auf die im EGV an anderer Stelle vorgesehenen Befugnisse der EG zum „Abschluss von Abkommen mit einem oder mehreren Staaten oder internationalen Organisationen“, also auf einzelne im EGV verteilte, ausdrückliche EG-Außenkompetenzen. Die Außenkompetenzen müssen also stets direkt aus den materiellen Einzelkompetenzen der Gemeinschaft abgeleitet werden.28 Ausdrückliche Außenkompetenzen sind z. B. in Art. 133, Art. 310 und Art. 111 EGV genannt29, ohne dass in den meisten Fällen Rückschlüsse darauf gezogen werden können, ob es sich bei den Kompetenzen um ausschließliche der Gemeinschaft oder geteilte handelt.30 Mit Art. 133 Abs. 6 UAbs. 2 EGV existiert mittlerweile 26 Art. 300 Abs. 1–5 EGV beschäftigen sich mit institutionellen und verfahrensrechtlichen Aspekten des Abschlusses internationaler Abkommen, Abs. 6 regelt die Zuständigkeit des EuGH und Abs. 7 betrifft deren innergemeinschaftliche Wirkung. 27 Vgl. u. a. Krück, in: Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 3. Siehe dagegen Art. 101 Abs. 1 EAGV. 28 Nakanishi, S. 24. 29 Siehe ferner Art. 170 Abs. 2, Art. 174 Abs. 4, Art. 181 und auch Art. 300–304 EGV. 30 Auch die Art. 111 Abs. 5, Art. 174 Abs. 4 S. 1 und Art. 181 UAbs. 1 S. 1 EGV betreffen die EG-Außenkompetenzen. Deren Formulierung ist jedoch oft kritisiert worden und ihre Bedeutung ist noch immer umstritten. So kommt Frenz, S. 95 ff., unter Berufung auf Art. 174 Abs. 4 EGV zu dem Schluss, dass im Anwendungsbereich des Art. 175 EGV immer eine sog. „kumulativ-konkurrierende Kompetenz“ bestehe, also eine ausschließliche Gemeinschaftskompetenz für diesen Politikbereich ausgeschlossen sein. Die überwiegende Ansicht sieht Art. 174 Abs. 4 EGV dagegen vorrangig als bloße Aufgabenzuweisung an, die auf das grundsätzlich in der Gemeinschaftsrechtsordnung bestehende Kompetenzgefüge keinen Einfluss haben kann; so Epiney/Gross, in: Marr/Beyer, S. 8. Vgl. dazu ferner Kahl, in: Streinz, EGV, Art. 174, Rn. 107 ff.; Krämer, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 174, Rn. 79; Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (205); Zimmermann, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 181, Rn. 11. Siehe ebenso die Schlussanträge des GA La Pergola, Rs. C-268/94, Portugal/Rat, Slg. 1996, I-6177, Rn. 18. Dafür spreche schon die in der Schlussakte von Maastricht enthaltene Erklärung Nr. 10, in der es heißt: „Die Konferenz vertritt die Auffassung, dass Artikel 111 Absatz 5, Artikel 174 Absatz 4 Unterabsatz 2 und Artikel 181 nicht die Grundsätze berühren, [d]ie sich aus dem Urteil des Gerichtshofes in der AETR-Rechtssache ergeben“. Fest steht, dass sich aus diesen Kompetenzvorschriften nur insoweit Außenkompetenzen ableiten lassen, als ein internationales Abkommen auf die Festlegung von Einzelheiten der Zusammenarbeit beschränkt ist. Betrifft das Abkommen darüber hinaus auch Sachfragen, muss auf andere Rechtsgrundlagen, im Bereich des Umweltschutzes z. B. Art. 175 EGV, zurückgegriffen werden; EuGH, Gutachten 2/00, Protokoll von Cartagena, Slg. 2001, I-9713, Rn. 43. Insoweit muss daher auch, Erklärung Nr. 10 entsprechend, die AETR-Rechtsprechung weiterhin uneingeschränkt Anwen-
B. Gemeinschaftsspezifische Ursachen gemischter Abkommen
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zudem eine Regelung, die explizit eine „gemeinsame“ Außenzuständigkeit von EG und Mitgliedstaaten festschreibt.31 2. Die impliziten Außenkompetenzen der EG Wie jedoch bereits die spärliche Anzahl ausdrücklicher EG-Außenkompetenzen aufzeigt, fehlt es in einer Vielzahl von Politikbereichen mit EG-Binnenkompetenzen (nahezu) völlig an einer expliziten Regelung der entsprechenden Außenzuständigkeiten. Die Gemeinschaften verfügen aber nicht nur dort über Vertragsabschlusskompetenzen, wo ihnen diese in den Gründungsverträgen ausdrücklich zugewiesen werden. Vielmehr können diese nach der Rechtsprechung des EuGH unter bestimmten Voraussetzungen auch stillschweigend als sog. „implied powers“ aus anderen Vertragsbestimmungen folgen.32 a) Die Rechtsprechung des EuGH Die grundlegenden Ausführungen des Gerichtshofes sind in dessen Entscheidung in der Rs. AETR sowie in Gutachten 1/76 enthalten. In ersterer nahm der EuGH zum ersten Mal Bezug auf stillschweigende EG-Außenkompetenzen. So heißt es in Rn. 16 f. der AETR-Entscheidung: „Eine solche Zuständigkeit ergibt sich nicht nur aus einer ausdrücklichen Erteilung durch den Vertrag [. . .], sondern sie kann auch aus anderen Vertragsbestimmungen und aus in ihrem Rahmen ergangenen Rechtsakten der Gemeinschaftsorgane fließen. Insbesondere sind in den Bereichen, in denen die Gemeinschaft [. . .] Vorschriften erlassen hat, die in irgendeiner Form gemeinsame Rechtsnormen vorsehen, die Mitglieddung finden; Zimmermann, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 181, Rn. 11; O’Keeffe, in: Dashwood/Hillion, 179 (193); Schlussanträge des GA La Pergola, Rs. C-268/94, Portugal/Rat, Slg. 1996, I-6177, Rn. 18. Dies gilt auch in Anbetracht der Tatsache, dass die Erklärung in der Schlussakte zum Amsterdamer Vertrag nicht mehr enthalten ist, da der Verzicht auf die Beifügung der Erklärung in erster Linie darauf zurückgeführt werden kann, dass die Beachtung der AETR-Rechtsprechung aufgrund der Praxis der Gemeinschaftsorgane als selbstverständlich erachtet wurde; Epiney/Gross, in: Marr/ Beyer, S. 8. Bei den genannten Vorschriften handelt es sich daher vorrangig um spezielle Ausprägungen des in Art. 10 EGV normierten Loyalitätsgebotes; Jahns-Böhm, in: Schwarze, EGV, Art. 174, Rn. 31; Zimmermann, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 181, Rn. 2. 31 Im Unterschied zu konkurrierenden Kompetenzen handelt es sich bei Art. 133 Abs. 6 UAbs. 2 EGV um einen Kompetenzbereich der gerade nicht durch Harmonisierungsmaßnahmen zu einer ausschließlichen Gemeinschaftskompetenz erstarken kann. Vielmehr bleibt es insoweit ständig bei der geteilten Zuständigkeit. 32 Ständige Rechtsprechung des EuGH. Siehe u. a. EuGH, Rs. 22/70, AETR, Slg. 1971, 263, Rn. 16; Rs. 3,4 und 6/76, Kramer, Slg. 1977, 1279, Rn. 30/33; Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1976, 741, Rn. 4; Gutachten 2/91, ILO, Slg. 1993, I1061, Rn. 7; Gutachten 2/94, EMRK, Slg. 1996, I-1759, Rn. 26. Siehe zu den dogmatischen Grundlagen der implied powers-Doktrin Dashwood, in: Koskenniemi, 113 (114 ff.) sowie Nakanishi, S. 25 ff.
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2. Teil: Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens‘‘
staaten [nicht mehr] berechtigt, mit dritten Staaten Verpflichtungen einzugehen, die diese Normen beeinträchtigen“.33 In Gutachten 1/76 ging der EuGH einen Schritt weiter und bestätigte das mögliche Bestehen impliziter Zuständigkeiten in Konstellationen, in denen die EG zuvor noch kein einschlägiges Binnenrecht gesetzt hat: „Wenn die internen Maßnahmen der Gemeinschaft erst anlässlich des Abschlusses und der Inkraftsetzung der völkerrechtlichen Vereinbarung ergriffen werden, [. . .], dann ergibt sich die Befugnis, die Gemeinschaft gegenüber Drittstaaten zu verpflichten, dennoch stillschweigend aus den die interne Zuständigkeit begründenden Bestimmungen des Vertrages, sofern die Beteiligung der Gemeinschaft an der völkerrechtlichen Vereinbarung [. . .] notwendig ist, um eines der Ziele der Gemeinschaft zu erreichen“.34 Neben der Beeinträchtigung von Binnenrecht im Sinne der AETR-Rechtsprechung ist also auch die „Notwendigkeit“ des Vertragsschlusses als grundsätzlich kompetenzschaffend anzusehen. In Gutachten 2/91 bestätigte der EuGH seine Ausführungen aus Gutachten 1/76, auf die er ausdrücklich Bezug nahm: „Der Gerichtshof hat insbesondere festgestellt, dass die Gemeinschaft immer dann, wenn das Gemeinschaftsrecht ihren Organen im Hinblick auf ein bestimmtes Ziel im Inneren eine Zuständigkeit verleiht, befugt ist, die zur Erreichung dieses Ziels erforderlichen völkerrechtlichen Verpflichtungen einzugehen, auch wenn eine ausdrückliche, diesbezügliche Bestimmung fehlt“.35 In Gutachten 1/94 kam der Gerichtshof allerdings zu einer signifikant restriktiveren Auslegung der „Gutachten 1/76-Doktrin“, für deren Anwendung er nunmehr verlangt, dass die interne Zuständigkeit „wirksam nur zugleich mit der externen Zuständigkeit ausgeübt werden“ kann. Dies sei nur dann der Fall, wenn ein „untrennbarer Zusammenhang“ zwischen den Regelungen im Binnen- und Außenbereich gegeben ist bzw. nur so die „praktische Wirksamkeit“ der Innenkompetenz hergestellt werden könne.36 33
EuGH, Rs. 22/70, AETR, Slg. 1971, 263, Rn. 16 f. EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1976, 741, Rn. 4. Der zeitlich erste gemeinschaftliche Rechtsakt in einem bestimmten Politikbereich kann also im Abschluss des Abkommens und nicht in der Setzung von Binnenrecht liegen. Vgl. auch Weissenberg, EuR 1980, 75 (80). Eine stillschweigende gemeinschaftliche Außenkompetenz kann also auch „unmittelbar“, d.h. ohne den Umweg über eine vorherige Binnenrechtsetzung ausgeübt werden. Torrent drückt dies wie folgt aus: „[. . .] cette compétence non exclusive peut s’exercer ,directement‘ sur le plan international même si elle n’a pas été exercée auparavant sur le plan interne“; Torrent, in: Bourgeois, 49 (59). 35 EuGH, Gutachten 2/91, ILO, Slg. 1993, I-1061, Rn. 7. Siehe auch Gutachten 2/ 94, EMRK, Slg. 1996, I-1759, Rn. 26. 36 EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 86, 89 und 100. Bestätigt in Gutachten 2/92, in deren Rn. 32 der Gerichtshof ausdrücklich auf Rn. 85 des Gutachtens 1/94 verweist; EuGH, Gutachten 2/92, OECD, Slg. 1995, I525, Rn. 32. Ebenso in der Rs. C-476/98, wo es in Rn. 83 heißt: „In seiner späteren Rechtsprechung hat der Gerichtshof klargestellt, dass das Gutachten 1/76 den Fall betrifft, dass die interne Zuständigkeit wirksam nur zugleich mit der Außenkompetenz 34
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b) Reaktionen im Schrifttum Auf den ersten Blick können implizite EG-Außenkompetenzen daher nur dann vorliegen, wenn entweder die Voraussetzungen der AETR-Rechtsprechung oder die der modifizierten „Gutachten 1/76-Doktrin“ erfüllt sind.37 Insbesondere die älteren Entscheidungen des Gerichtshofes führten jedoch zu anderslautenden Auslegungsversuchen im Schrifttum: So ging ein Teil des Schrifttums38 insbesondere im Anschluss an die Gutachten 1/76 und 2/91 von der Annahme einer umfassenden „Parallelität von Binnen- und Außenkompetenzen“ auch im Bereich des EGV aus.39 Die Voraussetzungen der AETR-Rechtsprechung sowie der Gutachten 1/76-Doktrin könnten im Umkehrschluss dann nur noch für die Frage der Ausschließlichkeit der Kompetenz von Bedeutung sein.40 Der oben zitierten Rechtsprechung des EuGH ist eine uneingeschränkte Parallelität jedoch nicht zu entnehmen. Vielmehr macht der Gerichtshof die stillschweigende Kompetenzentstehung stets abhängig von weiteren Bedingungen, sei es von der Beeinträchtigung von Binnenrecht oder von der Notwendigkeit des Vertragsschlusses. Diese Anforderungen sind es aber, welche die Ausweitung der Binnenkompetenz um ihre Außendimension im Sinne der implied powers-Lehre rechtfertigen, indem sie an ausdrücklich übertragene Kompetenzen oder Aufgaben anknüpfen.41 Würde es an ausgeübt werden kann (Gutachten 1/94, Randnr. 89), der Abschluss der völkerrechtlichen Vereinbarung somit erforderlich ist, um Ziele des Vertrages zu erreichen, die sich die Aufstellung autonomer Regeln nicht erreichen lassen“; EuGH, Rs. C-476/98, Open-skies, Slg. 2002, I-09855, Rn. 83. 37 Ebenso MacLeod/Hendry/Hyett, S. 47 ff.; Tomuschat, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 5 ff.; Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 31 f.; Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 300, Rn. 6 ff. 38 Hardy, CML Rev. 1977, 561 (588); Pescatore, CML Rev. 1979, 615 (621); Editorial Comments, CML Rev. 1995, 385 (386); Vedder, in: FS Ginther, 501 (507); ders., in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, Art. 228, Rn. 11. 39 Im Rahmen von EAG und EGKS ist bzw. war das Bestehen einer umfassenden Parallelität von Binnen- und Außenkompetenzen anerkannt; vgl. MacLeod/Hendry/ Hyett, S. 42 f.; ebenso Hartley, S. 177 ff. Während sich dies für die EAG bereits zweifelsfrei aus Art. 101 Abs. 1 EAGV, also aus dem Vertragstext selbst ergibt, folgt die Anerkennung im Rahmen der EGKS mangels einer Art. 101 EAGV entsprechenden Ermächtigungsnorm dabei primär aus der Vertragspraxis. 40 Allerdings ist zu beachten, dass auch die Ausübung dieser umfassenden konkurrierenden Zuständigkeiten an die Einhaltung des Subsidiaritätsgebots nach Art. 5 Abs. 2 EGV gebunden, also nicht uneingeschränkt möglich wäre. Jedoch ist davon auszugehen, dass bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, welche internationalen Abkommen zumeist zugrunde liegen, vieles dafür spricht, dass eine gemeinschaftsweite Regelung in den meisten Fällen ohnehin effektiver ist. 41 Das AETR-Prinzip zielt darauf ab, den Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts auch in den gemeinschaftlichen Außenbeziehungen sicherzustellen, soll es doch die Beeinträchtigung von Gemeinschaftsrecht durch mitgliedstaatliches Vorgehen verhindern, während die Grundsätze des Gutachtens 1/76 als Ausfluss des „effet utile“-Prinzips zu verstehen sind, indem durch die Anerkennung der Außendimension
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solchen Anknüpfungen fehlen, liefe die Anerkennung stillschweigender Kompetenzen im Ergebnis auf eine Kompetenz-Kompetenz der EG hinaus. Andere Autoren bezweifeln den kompetenzschaffenden Charakter der AETRGrundsätze.42 Vielmehr setze die Entstehung einer Außenkompetenz stets voraus, dass die Grundsätze der Gutachten 1/76-Doktrin als (der dann einzigen wahren) Quelle impliziter EG-Außenkompetenzen vorliegen. Es sei nämlich ansonsten nicht zu begründen, warum die Schaffung von Sekundärrecht stets einhergehen sollte mit der Entstehung der entsprechenden Außenkompetenzen.43 Auch aus der Rechtsprechung des EuGH lasse sich gerade nicht entnehmen, dass die Setzung von Binnenrecht immer mit der Entstehung entsprechender Außenkompetenzen einher geht.44 Doch auch diesem Auslegungsansatz ist mit der überwiegenden Ansicht im Schrifttum entgegenzutreten.45 So führt gerade einer Gemeinschaftskompetenz die Voraussetzung für die Verwirklichung der bestmöglichen Wirksamkeit dieser Vorschrift des Gemeinschaftsrechts gewährleistet werden soll; vgl. Dashwood, in: Koskenniemi, 113 (118 ff.). Dashwood begreift dieses in seinen Worten sog. „principle of complementarity“ daher zurecht als konkurrierend mit dem „principle of parallelism“; vgl. Dashwood, in: Dashwood/Hillion, 115 (127 f.). Daher stellt auch Vedder schließlich fest: „Die EG kann sie [die alternativ-konkurrierende EG-Außenkompetenz ] allerdings jederzeit in Anspruch nehmen, wenn eine gemeinschaftsweite Regelung auf völkerrechtlicher Ebene erreicht werden soll. [. . .] Dieses trifft sich möglicherweise mit der vielfach vorausgesetzten Erforderlichkeit von Abkommen [. . .]“; Vedder, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, Art. 228, Rn. 11. 42 Dashwood, in: Koskenniemi, 113 (122); Dörr, EuZW 1999, 39 (41 f.); Bourgeois, CML Rev. 1995, 763 (773); Barav, in: Timmermans/Völker, 29 (33 ff.); J. Nolte, S. 31; Dolmans, S. 17 f. 43 Dörr, EuZW 1999, 39 (42). 44 Dashwood, in: Koskenniemi, 113 (120). So bezögen sich die Verweise auf die AETR-Grundsätze, die sich z. B. in den Gutachten 1/94 und 2/91 finden, stets lediglich auf die Frage, ob durch ein bestimmtes internationales Handeln der Mitgliedstaaten EG-Recht beeinträchtigt werden könnte und somit dieses Handeln unzulässig sei; vgl. z. B. EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 102. Vor allem fänden sich aber im AETR-Urteil selbst Hinweise darauf, dass der Gerichtshof zwar bei der Formulierung der Grundsätze der Sperrwirkung in Rn. 17 der Entscheidung von einer bestehenden EG-Zuständigkeit ausgegangen sei. Diese leite der EuGH aber gerade nicht aus dem Umstand her, dass entsprechendes Binnenrecht gesetzt wurde, sondern daraus – wie die Rn. 23 ff. der Entscheidung zeigten –, dass die primärrechtliche Kompetenzgrundlage voraussetzt, „dass die Zuständigkeit der Gemeinschaft sich auf Beziehungen erstreckt, die dem internationalen Recht unterliegen, und schließt damit insoweit die Notwendigkeit ein, mit den beteiligten dritten Ländern Abkommen zu schließen“; EuGH, Rs. 22/70, AETR, Slg. 1971, 263, Rn. 27. Vgl. Dashwood/Heliskoski, in: Dashwood/Hillion, 3 (7 f.). 45 Pitschas, S. 162; Stadler, in: Schwarze, EGV, Art. 70, Rn. 17; Pescatore, CML Rev. 1979, 615 (619); Krück, in: Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 5; Tomuschat, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 300 Rn. 7; Streinz, Rn. 678; Schwarz, ZEuS 2003, 51 (59). Vgl. auch Abs. 4 der Einführung des Kommissionsdokuments SEK/2002/ 0381 endg. v. 04.09.2002, in dem die Kommission feststellt, „dass die Gemeinschaft mit der Entwicklung gemeinschaftsinterner Bestimmungen auch die Zuständigkeit für auswärtige Handlungen erwirbt, welche die Gemeinschaftsbestimmungen betreffen können“. Siehe ferner den mittels ausdrücklichem Rückgriff auf die AETR-Grundsätze
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nicht jedwede Schaffung von Binnenrecht zur Anwendung der AETR-Grundsätze. Vielmehr bedarf es dafür stets einer Gefährdung des Vorrangs gemeinschaftlicher gegenüber mitgliedstaatlicher Rechtsnormen. Ferner ist es nicht alleine die Schaffung von Sekundärrecht, welche die implizite Außenkompetenz begründet. Die primärrechtlichen Kompetenznormen erhalten durch die sekundärrechtliche Ausgestaltung lediglich eine Konkretisierung, welche die Bestimmung entsprechender Außenkompetenzen erst praktisch möglich macht46, so dass das Sekundärrecht stets die Anwendung der primärrechtlichen Kompetenz darstellt.47 Dementsprechend ist es möglich, dass eine ausschließliche EG-Außenkompetenz dadurch entsteht, dass sich die EG selbst mittels Sekundärrecht ausdrücklich zum Abschluss von Abkommen ermächtigt.48 Den AETR-Grundsätzen kommt daher kompetenzschaffender Charakter zu. Beide gegenläufigen Auslegungsansätze sind mithin abzulehnen.
II. Der grundsätzlich nicht ausschließliche Charakter der EG-Außenkompetenzen Die Gründungsverträge enthalten weder einen ausdrücklichen Kompetenzzuweisungskatalog noch eine Kategorisierung der Gemeinschaftskompetenzen. Die in der Definition des Subsidiaritätsprinzips nach Art. 5 Abs. 2 EGV enthaltene Differenzierung zwischen Bereichen, die in die „ausschließliche Zuständigkeit“ der EG fallen und anderen Bereichen, gibt jedoch zumindest einen vertraglichen Hinweis darauf, dass verschiedene Kompetenzkategorien existieren. Von besonderer Bedeutung für die Untersuchung der Rechtsfigur des gemischformulierten Ratsbeschluss über den Abschluss des Abkommens zwischen EG und USA über das öffentliche Beschaffungswesen (95/215/EG, ABl. Nr. L 134 v. 20.06.1995, S. 25). 46 Pitschas, S. 155. Die Außenkompetenzen sind daher mit den Worten von Schwarz bloße „Reflexe gemeinschaftsinterner Rechtsetzung“; Schwarz, ZEuS 2003, 51 (59). 47 In Gutachten 1/76 stellt der Gerichtshof ausdrücklich fest, „dass eine Zuständigkeit der Gemeinschaft zur Eingehung völkerrechtlicher Verpflichtungen sich nicht nur aus einer ausdrücklichen Verleihung durch den Vertrag ergeben, sondern auch stillschweigend aus seinen Bestimmungen fließen kann“; vgl. EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1976, 741, Rn 3. Vgl. Vedder, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, Art. 228, Rn. 5. 48 EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 95. Konsequenterweise geht auch der Hinweis der erstgenannten Ansicht auf die Rechtsprechung des EuGH fehl. So leitet der Gerichtshof in der Rs. AETR die Zuständigkeit der Gemeinschaft zwar aus Art. 75 (nun Art. 71) Abs. 1 lit. a) EGV her, weil diese Norm auch den Verkehr aus oder nach dritten Staaten betrifft. Jedoch hat erst „die Inkraftsetzung der Verordnung Nr. 543/69 des Rates [. . .] zwangsläufig die Zuständigkeit der Gemeinschaft für alle Abkommen mit dritten Staaten nach sich gezogen, welche das in der Verordnung geregelte Sachgebiet betreffen“; EuGH, Rs. 22/70, AETR, Slg. 1971, 263, Rn. 23/29; vgl. Pitschas, S. 154.
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ten Abkommens ist die Unterscheidung zwischen ausschließlichen Gemeinschaftskompetenzen und zwischen EG sowie Mitgliedstaaten geteilten Zuständigkeiten.49 1. Ausschließliche Außenkompetenzen Ausschließliche Gemeinschaftskompetenzen sind immer dann gegeben, wenn die mitgliedstaatliche Zuständigkeit vollständig und abschließend verdrängt worden ist, so dass die Mitgliedstaaten in diesem Bereich nicht mehr handlungsbefugt sind.50 Möchten die Mitgliedstaaten in Politikbereichen mit ausschließlicher EG-Kompetenz tätig werden, kann dies nur mit Zustimmung und unter Kontrolle der Gemeinschaftsorgane erfolgen.51 a) Ausdrückliche ausschließliche Außenkompetenzen Ausdrückliche ausschließliche EG-Außenkompetenzen sind in den Gründungsverträgen kaum zu finden: In ständiger Rechtsprechung weist der EuGH den Bereich der Gemeinsamen Handelspolitik gem. Art. 133 EGV der ausschließlichen EG-Kompetenz zu.52 Das gleiche gilt für den Bereich der Fischereierhaltungsmaßnahmen, wobei diese Kompetenz nicht aus dem EGV selbst, 49 Zudem gibt es noch die sog. Rahmenkompetenzen der EG in denjenigen Materien, in denen die Gründungsverträge selbst alleine Koordinations- und Kooperationsbefugnisse vorsehen, die sich in der Aufstellung von Rahmenbestimmungen und Programmen erschöpfen. Siehe Streinz, Rn. 154 mit Beispielen für Rahmenkompetenzen. 50 Oppermann, § 30, Rn. 21. Mit Ausnahme des Art. 5 Abs. 2 EGV wird der Begriff der „ausschließlichen Kompetenz“ in den verschiedenen Kompetenznormen selbst nicht verwandt. Daher ist zur Feststellung, ob eine bestimmte Norm tatsächlich eine ausschließliche Gemeinschaftskompetenz beinhaltet, in erster Linie auf die Rechtsprechung des EuGH abzustellen; O’Keeffe, EFA Rev. 1999, 7 (11 f.). Ein Hinweis auf die Politikbereiche, in denen die Gemeinschaft ausschließlich zuständig ist, findet sich zukünftig in Art. I-12 Abs. 1 VV, wonach neben den bereits durch den EuGH als exklusive Kompetenzbereiche der EG bestätigten Bereiche der Gemeinsamen Handelspolitik (2. und 3. Spiegelstrich, da die Zollunion ein Teil der Gemeinsamen Handelspolitik darstellt) und der Erhaltung der biologischen Schätze des Meeres (4. Spiegelstrich) noch die Währungspolitik für die Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe (1. Spiegelstrich) in die ausschließliche Kompetenz der EG fällt. 51 Der EuGH spricht von einer „besonderen Ermächtigung durch die Gemeinschaft“; vgl. EuGH, Rs. 174/84, Bulk Oil/Sun, Slg. 1986, 559, Rn. 31; ebenso Rs. 41/ 76, Donckerwolcke, Slg. 1976, 1921, Rn. 31/37. Vgl. Tomuschat, in: v. d. Groeben/ Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 9; Dashwood, CML Rev. 2004, 355 (370); Gilsdorf, EuR 1996, 145 (149); Streinz, Rn. 149; Nakanishi, S. 10. 52 EuGH, Gutachten 1/75, Local Cost Standard, Slg. 1975, S. 1355 (1363 f.). Siehe auch Temple Lang, YEL 1986, 183 (183 f.). Im Amsterdamer Vertrag wurde mit Art. 133 Abs. 5 EGV dem Rat zudem die Möglichkeit eröffnet, einstimmig Abkommen in denjenigen handelspolitischen Bereichen abzuschließen, die nach Gutachten 1/ 94 noch in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten verblieben waren. Siehe jedoch die Kritik an der konzeptionellen Schwäche von Abs. 5, der lediglich eine gesetzgeberi-
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sondern aus Art. 102 der Beitrittsakte 1972 resultiert.53 Ferner hat die EG ausschließliche Zuständigkeiten in den Bereichen des Gemeinsamen Zolltarifs (Art. 26 EGV), des internationalen Verkehrs in der EG (Art. 71 Abs. 1 lit. a EGV) sowie, zumindest für die Mitgliedstaaten der Euro-Zone54, im Bereich der Währungspolitik (Art. 105 ff. EGV). Dagegen liegt bei Assoziierungsabkommen nach Art. 310 EGV keine ausschließliche Gemeinschaftskompetenz im eigentlichen Sinne vor. Zwar kann nur die EG Abkommen im Sinne von Art. 310 EGV abschließen, jedoch beruht die Frage, welche Sachbereiche in einem Assoziierungsabkommen erfasst werden, auf einer rein politischen Entscheidung. Folglich hängt die Kompetenzfrage von der Rechtsnatur der einbezogenen Materien ab und kann entweder zu einer reinen Gemeinschaftszuständigkeit aber auch – wie in den meisten Fällen – zu einer geteilten Zuständigkeit führen.55 Zudem besitzt die EG eine ausdrückliche ausschließliche Zuständigkeit überall dort, wo sie sich selbst durch Sekundärrecht zum Abschluss von Abkommen ermächtigt hat.56 b) Implizite ausschließliche Außenkompetenzen In allen anderen Politikbereichen lassen sich ausschließliche EG-Außenzuständigkeiten nur aus den durch den EuGH geschaffenen Grundsätzen über implizite Gemeinschaftskompetenzen herleiten.57 In Betracht kommen also wiederum die AETR-Rechtsprechung sowie die Gutachten 1/76-Doktrin als Kompetenzquellen.58 sche Möglichkeit eröffnet, bei Dashwood, in: Dashwood/Hillion, 279 (280 f.) sowie Herrmann, CML Rev. 2002, 7 (14 ff.). 53 Art. 102 der Beitrittsakte 1972 zum Erlass von Maßnahmen zur Erhaltung der Meeresschätze im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik. Siehe EuGH, Rs. 3,4 und 6/76, Kramer, Slg. 1977, 1279, Rn. 29 ff.; Rs. C-25/94, FAO, Slg. 1996, I-1469, Rn. 41. 54 Siehe dazu umfassend Zilioli/Selmayr, CML Rev. 1999, 273 (274 ff.). 55 Vgl. Gilsdorf, EuR 1996, 145 (149 und 163), der die Praxis, Assoziierungsabkommen fast immer als gemischte Abkommen abzuschließen, mit Hinweis auf das Urteil des EuGH in der Rs. Demirel (Rs. 12/86, Slg. 1987, 3747) kritisiert. 56 EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 95. Diese Kompetenzzuweisung ist aber mangels einer hohen Verbreitung entsprechender Klauseln von nur geringer praktischer Relevanz; Gilsdorf, EuR 1996, 145 (155). 57 s. o. unter 2. Teil B. I. 2. 58 Die Kommission nennt in ihrer Stellungnahme an den Gerichtshof im Vorfeld von Gutachten 1/94 zwar noch „Art. 100a und 235 [nun Art. 95 und 308 EGV]“ als eine dritte „mögliche Quelle einer ausschließlichen externen Zuständigkeit der Gemeinschaft“; vgl. EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 73. Diesen Ansatz lehnte der EuGH jedoch eindeutig ab, indem er darauf hinwies, dass auch bei Art. 95 und 308 EGV stets die Grundsätze der AETR-Rechtsprechung und des Gutachtens 1/76 zu beachten sind: So kann zwar aus Art. 95 EGV eine ausschließliche Außenkompetenz der EG entstehen, dies jedoch nur soweit von „der Harmonisierungskompetenz einmal Gebrauch gemacht worden ist“ und „die so erlassenen Harmo-
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aa) Nach der AETR-Rechtsprechung Nach den Grundsätzen der AETR-Rechtsprechung entsteht eine ausschließliche implizite EG-Außenkompetenz, wenn eine vorhergehende gemeinschaftsinterne Rechtssetzung im Rahmen einer konkurrierenden Binnenzuständigkeit durch die Vorschriften eines internationalen Abkommens „beeinträchtigt“ werden kann.59 Insoweit tritt eine Sperrwirkung (sog. „pre-emption“ Effekt60) zu Lasten der mitgliedstaatlichen Außenkompetenzen dergestalt ein, dass „in dem Maße wie diese Gemeinschaftsrechtssetzung fortschreitet, [. . .] nur die Gemeinschaft mit Wirkung für den gesamten Geltungsbereich der Gemeinschaftsrechtsordnung vertragliche Verpflichtungen gegenüber dritten Staaten übernehmen und erfüllen“ kann.61 Die Sperrwirkung weitet sich also „nach Maßgabe der Vorrückens der Sekundärrechtsetzung aus“.62 nisierungsmaßnahmen die Freiheit der Mitgliedstaaten zu Verhandlungen mit Drittstaaten begrenzen oder sogar beseitigen können“; EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 88. Art. 308 EGV dagegen gestattet zwar, „auf dem Gebiet der Außenbeziehungen die geeigneten Vorschriften zu erlassen“; EuGH, Rs. 22/70, AETR, Slg. 1971, 263, Rn. 95. Die Norm „als solche [kann aber] keine ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft auf internationaler Ebene schaffen. Abgesehen von dem Fall, wo sie wirksam nur zugleich mit der externen Zuständigkeit ausgeübt werden kann (vgl. Gutachten 1/76, [. . .]), kann eine interne Zuständigkeit nur dann eine ausschließliche externe Zuständigkeit begründen, wenn sie ausgeübt wird; dies gilt erst recht für Artikel 235 [nun 308]“; EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 89. Art. 308 EGV ermöglicht der EG also immer dann international tätig zu werden, wenn der EGV zwar weder eine Kompetenznorm für ein internes noch für ein externes Handeln in einem bestimmten Bereich vorsieht, der Vertragsschluss jedoch – über die eigenen Anforderungen des Art. 308 EGV hinaus – für die Erreichung eines bestimmten Gemeinschaftsziels im Sinne des Gutachtens 1/ 76 „notwendig“ ist; vgl. Tridimas, in: Dashwood/Hillion, 48 (55). Dazu auch Eisermann, EuZW 1995, 331 (334 f.). 59 „Insbesondere sind in den Bereichen, in denen die Gemeinschaft zur Verwirklichung einer vom Vertrag vorgesehenen gemeinsamen Politik Vorschriften erlassen hat, die in irgendeiner Form gemeinsame Rechtsnormen vorsehen, die Mitgliedstaaten weder einzeln noch selbst gemeinsam handelnd berechtigt, mit dritten Staaten Verpflichtungen einzugehen, die diese Normen beeinträchtigen“; EuGH, Rs. 22/70, AETR, Slg. 1971, 263, Rn. 17. Die AETR-Grundsätze gelten dabei nicht nur, wenn die Mitgliedstaaten im Rahmen einer gemeinsamen Politik Recht setzen wollen, sondern auch immer dann, wenn Vorschriften des geplanten Abkommens Normen des EG-Rechts beeinträchtigen, oder in ihrer Tragweite ändern können“; vgl. EuGH, Gutachten 2/91, ILO, Slg. 1993, I-1061, Rn. 10 f. 60 Siehe umfassend zu den dogmatischen Grundlagen der Sperrwirkung Cross, CML Rev. 1992, 447 (449 ff.). 61 EuGH, Rs. 22/70, AETR, Slg. 1971, 263, Rn. 15/19. Bestes Beispiel in der jüngeren Vergangenheit ist das Luftverkehrsrecht. In seinen Open skies Entscheidungen (Rs. C-466/98, C-467 bis 469/98, C-471/98, C-472/98 C-475/98 sowie C-476/98) hat der EuGH unter Berufung auf die AETR-Grundsätze drei Bereiche genannt, die mittlerweile der ausschließlichen EG-Außenzuständigkeit unterliegen, nämlich computergesteuerte Buchungssysteme, innergemeinschaftliche Flugpreise und Zeitnischen; vgl. die Mitteilung der Kommission – Weiterentwicklung der Luftfahrtaußenpolitik der Gemeinschaft, KOM/2005/79 endg. v. 11.03.2005, siehe Gliederungspunkt II., Abs. 1. In
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Entscheidender Bedeutung kommt dabei der Frage zu, wann eine „Beeinträchtigung“ einer Norm des Gemeinschaftsrechts i. S. d. AETR-Rechtsprechung vorliegt, so dass ein mitgliedstaatliches Handeln ausgeschlossen ist.63 Unabhängig von der Frage, ob ein geplantes mitgliedstaatliches Abkommen inhaltlich der sekundärrechtlichen Vorschrift widerspricht, ist dies nach der Rechtsprechung des EuGH zumindest dann der Fall, wenn die EG die betroffene Materie bereits erschöpfend geregelt hat.64 Allerdings lässt der Gerichtshof insoweit eine Tendenz zu einem restriktiveren Verständnis einer „abschließenden Regelung“ erkennen: Während in Gutachten 2/91 ein Tätigkeitsbereich lediglich „bereits weitgehend“ von internen Regelungen erfasst sein musste65, ging er in Gutachten 1/94 einen Schritt weiter und verlangte, dass eine „vollständige Harmonisierung der Regelung“ gegeben sein muss.66 Durch die erhöhten Anforderungen an das Vorliegen einer erschöpfenden Binnenrechtsetzung wird aber eine ausschließliche EG-Zuständigkeit für einen gesamten Politikbereich kaum je zu erreichen sein. Da jedoch nach den AETR-Grundsätzen ein Sekundärrechtsakt in der Regel zumindest die mit diesem konkret korrespondierende ausschließliche Rs. C-476/98 leitet der EuGH dabei die Sperrwirkung aus Art. 10 EGV i.V. m. den bereits erlassenen sekundärrechtlichen Vorschriften her; vgl. EuGH, Rs. C-476/98, Open-skies, Slg. 2002, I-9855, Rn. 135 ff. Vgl. Gilsdorf, EuR 1996, 145 (147); Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 28 ff., der von einer „Parallelität von legislativ genutzter interner Normsetzungsbefugnis und ausschließlicher Außenkompetenz“ spricht (Rn. 31). 62 Tomuschat, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 13. Einer Ausübung der Vertragsabschlusskompetenz bedarf es dagegen nicht; allgemeine Meinung, siehe statt aller Dashwood, in: Koskenniemi, 113 (118). 63 In jedem Fall bedarf es einer „konkreten“ Beeinträchtigung einer Norm des EGRechts. Vgl. Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 88 sowie Gilsdorf, EuR 1996, 145 (156) m.w. N. 64 EuGH, Gutachten 2/91, ILO, Slg. 1993, I-1061, Rn. 25; Rs. C-476/98, Openskies, Slg. 2002, I-9855, Rn. 108; Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I5267, Rn. 96. Vgl. auch die Schlussanträge des GA Tizzano, Rs. C-466/98, Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 2002, I-09427, Rn. 66 ff.; Tomuschat, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 7. A. A. Dolmans, S. 37 f., wonach selbst bei einer erschöpfenden Regelung die Mitgliedstaaten noch immer international handlungsfähig sind, wenn sie das bestehende Gemeinschaftsrecht dabei nicht beeinträchtigen. Dagegen ist jedoch mit Tomuschat einzuwenden, dass bei einer erschöpfenden Regelung jede internationale Bindung durch die Mitgliedstaaten die EG zumindest insoweit beeinträchtigt, als dass sie zukünftige Änderungen des Gemeinschaftsrechts behindern könnte. Zum Streitstand auch Emiliou, in: Emiliou/O’Keeffe, 33 (43 ff.). 65 EuGH, Gutachten 2/91, ILO, Slg. 1993, I-1061, Rn. 25. Ebenso Rs. C-476/98, Open-skies, Slg. 2002, I-9855, Rn. 108. 66 EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 96. Siehe ebenso Rn. 77, wo der EuGH zur Verneinung einer ausschließlichen Gemeinschaftskompetenz darauf abstellt, dass „noch nicht alle den Verkehr betreffenden Fragen durch gemeinsame Vorschriften geregelt“ sind. Berücksichtigt man in diesem Zusammenhang den Subsidiaritätsgedanken, erscheint die Forderung des EuGH in den wenigsten Fällen als erreichbar oder wünschenswert; Gilsdorf, EuR 1996, 145 (155). Vgl. Herzog, Syracuse J. Int’l L. and Com. 2003, 205 (212).
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Außenzuständigkeit begründet, ist eine geteilte Kompetenzlage innerhalb des fraglichen Politikbereichs die Folge. bb) Nach der Gutachten 1/76-Doktrin Auch das Vorliegen der Voraussetzungen der Gutachten 1/76-Doktrin soll nach Ansicht der Kommission67 sowie eines Teils des Schrifttums zu einer ausschließlichen EG-Außenkompetenz führen.68 Nach der gegenteiligen Ansicht bedarf es für das Bestehen einer ausschließlichen EG-Außenkompetenz nach Gutachten 1/76 indes deren Ausübung, ansonsten handele es sich bei dieser um eine konkurrierende Kompetenz.69 Zuzugestehen ist der Ansicht der Kommission zwar, dass der Gerichtshof in seinen Entscheidungen, allen voran in Gutachten 1/94, die Gutachten 1/76-Doktrin alleine in Zusammenhang mit der Frage der Ausschließlichkeit der Gemeinschaftskompetenz geprüft hat.70 Richtigerweise ist dennoch der zweitgenannten, ablehnenden Ansicht zuzustimmen. Dies zeigt bereits der Vergleich zwischen 67 So hat die Kommission z. B. in Gutachten 1/94 in diese Richtung argumentiert, als sie die „Gutachten 1/76-Doktrin“ als eine von drei Quellen ausschließlicher EGAußenkompetenzen nannte; s. o. unter 2. Teil B. II. 1. b). Vgl. z. B. auch die Empfehlung der Kommission an den Rat zur Ermächtigung der Kommission, mit der IMO in Verhandlungen über die Bedingungen und Modalitäten des Beitritts der EG einzutreten (SEK/2002/0381 endg.), wo es in Abs. 3 der Einführung ausdrücklich heißt: „Später erklärte der Gerichtshof in seinem Gutachten 1/76, dass die Gemeinschaft, falls sie intern für die Erreichung eines bestimmten Zieles zuständig ist, implizit auch über die ausschließliche auswärtige Zuständigkeit für dieses Gebiet verfügt, sofern außenpolitisches Handeln zu diesem Zweck erforderlich ist.“ 68 Pescatore, CML Rev. 1979, 615 (622); ders., in: Timmermans/Völker, 69 (74 f.); Drexl, in: Beier/Schricker, 18 (30); Pitschas, S. 185; Frenz, S. 94; zweideutig Hardy, CML Rev. 1977, 561 (598). Wohl auch Hilf, EJIL 1995, 245 (254); ders., EuZW 1995, 7 (8). Dies ergebe sich – zumindest in impliziter Weise – aus dem Gutachten 1/ 76 selbst, da sich der EuGH auf die Suche nach einer Rechtfertigung für die Beteiligung der Mitgliedstaaten an dem geplanten EG-Abkommen mit der Schweiz begebe. Diese wäre nicht nötig gewesen, hätte es sich bei der aus der „Gutachten 1/76-Doktrin“ hergeleiteten EG-Außenkompetenz ohnehin um eine nicht-ausschließliche gehandelt; Pitschas, S. 185. Uneinig sind die Vertreter dieser Ansicht bei der Folgefrage, nämlich, ob – falls die Voraussetzungen der „Gutachten 1/76-Doktrin“ nicht vorliegen sollten – die EG ohne Kompetenz wäre oder ob es sich bei dieser um eine konkurrierende handelt. 69 Vgl. Emiliou, E.L. Rev. 1994, 76 (80); Dashwood, in: Koskenniemi, 113 (122); ders., E.L. Rev. 1996, 113 (125); McGoldrick, S. 61; Tomuschat, in: v. d. Groeben/ Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 11; Barav, in: Timmermans/Völker, 29 (41); Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 32; Gilsdorf, EuR 1996, 145 (148); Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (205); Bourgeois, in: Timmermans/Völker, 97 (104); Tridimas, in: Dashwood/Hillion, 48 (54 f.). 70 So bleibt fraglich, warum der EuGH z. B. in Gutachten 1/94 die Grundsätze des Gutachtens 1/76 diskutiert, obgleich sie für die Frage der Ausschließlichkeit der Kompetenzen mangels Ausübung durch die Mitgliedstaaten ohne Belang sind. Es ist jedoch zu bedenken, dass der EuGH in seinen bisherigen Entscheidungen noch nie
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den üblichen Formulierungen des EuGH im Zusammenhang mit den AETRGrundsätzen als Quelle ausschließlicher, impliziter EG-Außenkompetenzen einerseits und denjenigen im Hinblick auf die Gutachten 1/76-Doktrin andererseits: Während der Gerichtshof bei ersteren stets auf die Ausschließlichkeit der Kompetenzen in Gestalt der zu Lasten der Mitgliedstaaten bestehenden Sperrwirkung hinweist, ist dies im Zusammenhang mit der Gutachten 1/76-Doktrin gerade nicht der Fall. Dem entsprechen auch die Ausführungen des EuGH in den Gutachten 2/91 und 1/94: So differenziert er in ersterem zweimal zwischen der Feststellung des Bestehens einer impliziten EG-Außenkompetenz sowie der anschließenden Frage nach deren ausschließlichem Charakter.71 In Rn. 9 nennt er allerdings nur zwei mögliche Quellen ausschließlicher EG-Außenkompetenzen, nämlich einerseits ausdrückliche Normen des EGV und andererseits bereits gesetztes Binnenrecht.72 Auch in Gutachten 1/94 findet sich eine Formulierung
streng zwischen der Frage des Bestehens einer impliziten EG-Außenkompetenz und ihrer Ausschließlichkeit unterschieden hat. Mögele zufolge spreche dieser Umstand sogar gerade für die Annahme einer konkurrierenden Kompetenz; Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 32, obgleich dieser Ansatz ohne weiteres sachlich nicht nachvollziehbar ist. Ferner lässt sich das Vorgehen des Gerichtshofes womöglich mit der Überlegung erklären, dass die Kommission ein starker Befürworter der Ansicht ist, dass die Grundsätze des Gutachtens 1/76 bei deren Vorliegen zu einer ausschließlichen Kompetenz führen. Lehnt der EuGH bereits das Vorliegen der Voraussetzungen der Doktrin ab, muss er sich mit der Frage der Ausschließlichkeit nicht mehr beschäftigen. Zudem ist zu bedenken, dass, falls der Gerichtshof die Voraussetzungen der Gutachten 1/76Doktrin für gegeben ansehen würde, stets die Frage entstünde, ob bzw. inwieweit der gemischte Vertragsschluss auf Seiten der Mitgliedstaaten noch die Ausübung eigener Kompetenzen darstelle oder vielmehr bereits als Ausübung der Kompetenzen nach der Gutachten 1/76-Doktrin anzusehen sei. Lehnt der EuGH deren Voraussetzungen explizit ab, kann davon ausgegangen werden, dass die Mitgliedstaaten insoweit mit eigenen Kompetenzen beteiligt sind, also noch keine Harmonisierung stattgefunden hat. 71 So führt der Gerichtshof in Rn. 17 der Begründung zunächst aus, dass die EG gemäß Art. 118a (nun Art. 137 EGV) in dem von dem ILO-Abkommen Nr. 170 erfassten Gebiet über eine Rechtssetzungskompetenz verfüge, weshalb das fragliche Abkommen in ihren Zuständigkeitsbereich falle. Erst in Rn. 18 wirft der EuGH die Frage auf, ob diese Zuständigkeit ausschließlicher Natur sei; EuGH, Gutachten 2/91, ILO, Slg. 1993, I-1061, Rn. 17 f. Die gleiche Differenzierung erfolgt in Rn. 7 und 8. 72 „Ob die Zuständigkeit der Gemeinschaft ausschließlich ist, bestimmt sich nicht nur nach dem EWG-Vertrag, sondern auch danach, in welchem Umfang die Gemeinschaftsorgane zur Durchführung des EWG-Vertrags Maßnahmen getroffen haben [. . .]“; EuGH, Gutachten 2/91, ILO, Slg. 1993, I-1061, Rn. 9. Vgl. Dashwood/Heliskoski, in: Dashwood/Hillion, 3 (16 f.). Pitschas dagegen wertet die Aussagen des EuGH in Gutachten 2/91 als „Ausreißer“, wobei er dabei insbesondere darauf abstellt, dass der Gerichtshof im nachfolgenden Gutachten 1/94 nicht auf das Gutachten 2/91, sondern ausschließlich auf das Gutachten 1/76 abstelle; Pitschas, S. 159 ff. Auch Tomuschat ist ähnlicher Ansicht, wenn er schreibt, dass sich der EuGH mit dem Gutachten 1/94 „implizit“ von seinen Aussagen in Gutachten 2/91 „distanziert habe“; vgl. Tomuschat, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 10, Fn. 20. Die Qualifikation als „Ausreißer“ bezieht sich dabei aber primär auf die Formulierung der Voraussetzungen an das Vorliegen der „Notwendigkeit“, die der Gerichtshof in Gutachten 1/94 gerade im Vergleich zu seiner weiten Formulierung in Gutachten 2/91 erheblich ver-
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2. Teil: Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens‘‘
des Gerichtshofes, die das Bestehen nicht-ausschließlicher EG-Außenkompetenzen bei Vorliegen der Voraussetzungen der Gutachten 1/76-Doktrin bestätigt. So heißt es in Rn. 85: „Daher ist es verständlich, dass die externe Zuständigkeit ausgeübt werden kann, ohne dass zuvor ein interner Rechtsakt erlassen worden ist, und damit zu einer ausschließlichen Zuständigkeit werden kann“ (Hervorhebung durch den Verfasser).73 Die externe Zuständigkeit wird also erst durch den Akt der Ausübung zu einer ausschließlichen. Dafür spricht zudem, dass – anders als bei Vorliegen der Voraussetzungen der AETR-Rechtsprechung – keine Beeinträchtigung des Gemeinschaftsrechts zu befürchten ist, falls statt der EG die Mitgliedstaaten handeln, obwohl eigentlich eine gemeinschaftsweite Regelung „notwendig“ wäre. Den Mitgliedstaaten ist es also erst nach Ausübung der impliziten EG-Außenkompetenz i. S. v. Gutachten 1/76 nicht mehr gestattet, völkerrechtliche Verpflichtungen einzugehen, welche die Wirkungen des Gemeinschaftsabkommens beeinträchtigen würden.74 Solange dies nicht der Fall ist, behalten die Mitgliedstaaten ihre Vertragsabschlusskompetenz.75 2. Zwischen EG und Mitgliedstaaten geteilte Kompetenzen Handelt es sich um einen Vertragsgegenstand der weder in die ausschließliche Kompetenz der Mitgliedstaaten noch der EG fällt, belässt es der EuGH zumeist dabei, zwischen ausschließlichen und nicht-ausschließlichen Kompetenzen zu unterscheiden, ohne in einem weiteren Schritt zwischen konkurrierenden und parallelen Kompetenzen zu differenzieren. Für die nicht-ausschließlichen Kompetenzen verwendet der Gerichtshof dabei durchweg den Begriff der „geschärft hat. Dies ist jedoch – zumindest für die hier vertretene Ansicht – für die Frage der Ausschließlichkeit der Kompetenzen ohne Belang. 73 EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 85. Die gleiche Formulierung findet sich in Gutachten 2/92, OECD, Slg. 1995, I-525, Rn. 32. 74 Im Grunde handelt es sich also bei der „Gutachten 1/76-Doktrin“ nicht um eine eigenständige Quelle ausschließlicher EG-Außenkompetenzen. Vielmehr finden hinsichtlich der Frage der Ausschließlichkeit die AETR-Grundsätze Anwendung, während die Prinzipien des Gutachtens 1/76 alleine für die Frage des Bestehens erheblich sind. 75 Insofern ist zu bedenken, dass die Mitgliedstaaten insoweit – wie stets im Bereich konkurrierender Gemeinschaftskompetenzen vor deren Ausübung durch die Gemeinschaft – durch die Loyalitätspflicht gem. Art. 10 EGV gebunden sind und alle Maßnahmen, seien es solche der nationalen Rechtsetzung oder der Abschluss internationaler Abkommen, zu unterlassen haben, welche die Verwirklichung der Vertragsziele gefährden können. Vgl. Tomuschat, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 11, der daher der Ansicht ist, dass die Mitgliedstaaten durch entsprechende Kündigungsklauseln dafür vorzusorgen haben, „dass die Gemeinschaft zu einer aktiven Politikgestaltung voranschreitet“. Vgl. Elles, in: Emiliou/O’Keeffe, 19 (23); Nakanishi, S. 100. Siehe auch das entsprechende Vorbringen des Rates im Rahmen der Rs. C268/94; EuGH, C-268/94, Portugal/Rat, Slg. 1996, I-6177, Rn. 71. A. A. Epiney/ Gross, in: Marr/Beyer, S. 13 f.
B. Gemeinschaftsspezifische Ursachen gemischter Abkommen
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teilten“ Kompetenzen.76 Allerdings ist dieser nicht im Sinne einer eigenständigen Kompetenzkategorie zu verstehen, sondern vielmehr primär auf den Vertragsgegenstand bezogen. Umfasst dieser neben Bestimmungen, die in die EGZuständigkeit fallen auch Vorschriften, für welche die Mitgliedstaaten (noch) zuständig sind, handelt es sich um eine „geteilte“ Zuständigkeit der Gemeinschaftsgruppe.77 a) Konkurrierende Zuständigkeiten Ist die (ausdrückliche oder implizite) EG-Zuständigkeit keine ausschließliche, handelt es sich bei den Binnenkompetenzen der Gemeinschaft in aller Regel um konkurrierende (bzw. potentielle) Zuständigkeiten.78 Konkurrierende Kompetenzen sind in den Politikbereichen gegeben, in denen die Mitgliedstaaten insoweit und solange zuständig sind, als die EG keine Rechtsakte erlassen hat, welche die Materie (abschließend) regeln.79 Dabei unterliegen die Mitgliedstaaten auch vor der Ausübung einer konkurrierenden Kompetenz dem Loyalitätsgebot des
76 So spricht der EuGH z. B. in der Rs. C-316/91 von einer Zuständigkeit, „die sich die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten teilen; EuGH, Rs. C-316/91, 4. Lomé Abkommen, Slg. 1994, 625, Rn. 35, wobei mit der Entwicklungshilfe ein Bereich paralleler Kompetenzen der Entscheidung zugrunde liegt. In Rn. 105 des Gutachtens 1/94 geht der EuGH davon aus, dass im Falle bisher nicht genutzter Harmonisierungsvorschriften durch die EG „die Zuständigkeit für den Abschluss des TRIPs zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten geteilt ist“. Wie der EuGH feststellt, fällt der noch nicht harmonisierte Bereich des TRIPs auch nicht in die (ausschließliche) Kompetenz der Mitgliedstaaten, sondern es handelt sich dabei um eine konkurrierende Zuständigkeit. Das wird deutlich aus den Aussagen des EuGH in Rn. 104: „Sollte [das Argument, dass bestimmte Bereiche des TRIPs in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fielen] so zu verstehen sein, dass all diese Fragen in eine Art den Mitgliedstaaten vorbehaltenen Bereich gehören, so kann ihm nicht gefolgt werden. Die Gemeinschaft hat mit Sicherheit eine Zuständigkeit für die Harmonisierung der nationalen Vorschriften in diesen Bereichen [. . .]“; EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I5267, Rn. 104 f. Vgl. dazu Kreibich, S. 61. Siehe ebenso Gutachten 2/00, indem es dem EuGH zur Ablehnung einer ausschließlichen Zuständigkeit der EG zunächst genügte, in knappen Worten darauf hinzuweisen, dass die bisher durchgeführte Harmonisierung den Vertragsgegenstand „nur ganz partiell abdeckt“. Jedoch folgert der Gerichtshof daraus sogleich, „dass die Zuständigkeit für den Abschluss des Protokolls zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten geteilt ist“; EuGH, Gutachten 2/ 00, Protokoll von Cartagena, Slg. 2001, I-9756, Rn. 46 f. 77 Ebenso Drexl, in: Beier/Schricker, 18 (31 ff.); Tomuschat, in: v. d. Groeben/ Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 14. 78 Epiney/Gross, in: Marr/Beyer, S. 13. 79 Gilsdorf, EuR 1996, 145 (150); Nakanishi, S. 12 f.; siehe Streinz, Rn. 152 mit ausführlichen Beispielen für Politikbereiche mit konkurrierenden Kompetenzen. Das Vorliegens einer Gemeinschaftskompetenz, z. B. in Art. 175 EGV für den Bereich der Umwelt, hindert die Mitgliedstaaten mithin nicht daran, eigene nationale Maßnahmen zu beschließen, solange die EG ihre Kompetenz noch nicht ausgeübt hat; Dashwood, CML Rev. 2004, 355 (370).
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2. Teil: Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens‘‘
Art. 10 EGV bereits dergestalt, dass sie alle Maßnahmen zu unterlassen haben, welche die Verwirklichung der Vertragsziele gefährden könnten.80 Ausdrückliche konkurrierende EG-Außenzuständigkeiten enthält der EGV nur in wenigen Fällen.81 Implizit existieren sie nur insoweit als die Voraussetzungen der Gutachten 1/76-Doktrin erfüllt sind.82 Überträgt man dabei die in der Gemeinschaftsrechtsordnung bestehenden kompetenzrechtlichen Grundsätze auf die Außenkompetenzen bleiben die Mitgliedstaaten für den Vertragsschluss solange und insoweit zuständig, als die EG ihre konkurrierende Kompetenz noch nicht ausgeübt hat. b) Parallele Zuständigkeiten Statt einer konkurrierenden kann im Falle einer nicht-ausschließlichen EGKompetenz auch eine parallele Zuständigkeit vorliegen.83 Insoweit stehen die jeweiligen Kompetenzen von EG und Mitgliedstaaten nicht in einem gegenseitigen Ausschließlichkeitsverhältnis, sondern nebeneinander, da es sich um unterschiedliche Regelungsgegenstände handelt.84 Hauptsächlicher Unterschied zu 80 v. Bogdandy, in: Grabitz/Hilf, EGV, Art. 10, Rn. 67 ff., Art. 5, Rn. 32 ff.; Oppermann, § 30, Rn. 23; Geiger, EGV, Art. 10, Rn. 12; Calliess, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 5, Rn. 35; O’Keeffe, EFA Rev. 1999, 7 (35). 81 Insoweit sind die Art. 170 Abs. 2, 174 Abs. 4, 181 Abs. 1, 181a Abs. 3 EGV zu nennen. Vgl. Tomuschat, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 10. 82 Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 32; Close, ICLQ 1985, 382 (383); ders., YEL 1981, 45 (49); O’Keeffe, in: Dashwood/Hillion, 179 (189); Dashwood, in: Dashwood/Hillion, 115 (127 f.); Barav, in: Timmermans/Völker, 29 (41); Krück, in: Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 9; Frid, S. 130; Lenaerts/de Smijter, YEL 1999–2000, 95 (98). s. o. unter 2. Teil B. I. 2. a). 83 Parallele Kompetenzen finden sich z. B. im Marken- und Wettbewerbsrecht sowie in der Entwicklungszusammenarbeit. 84 Vgl. Zuleeg, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 5, Rn. 12; Epiney/Gross, in: Marr/Beyer, S. 13; Pitschas, in: Streinz, EGV, Art. 177, Rn. 28 f.; Schermers, in: O’Keeffe/Schermers, 23 (23 f.); Streinz, Rn. 156; McGoldrick, S. 79; Dolmans, S. 40 f.; Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (203); Leal-Arcas, EFA Rev. 2001, 483 (488 f.), der als ein tatsächliches Beispiel für ein solches Abkommen das der EBWE zugrundeliegende Abkommen nennt; siehe zum Rechtscharakter des Abkommens ausführlicher Leal-Arcas, EFA Rev. 2001, 483 (489) und MacLeod/Hendry/Hyett, S. 187 ff. Allerdings findet die Handlungsautonomie der Mitgliedstaaten wiederum ihre Grenze in Art. 10 EGV, so dass einerseits die Gemeinschaftspolitik nicht durch nationale Normen unterlaufen werden darf und andererseits der Vorrang des Gemeinschaftsrechts beachtet werden muss; Tomuschat, in: Bourgeois, 65 (69); Streinz, Rn. 156; Zimmermann, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 181, Rn. 13; Zuleeg, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 5, Rn. 12. Diese umfassende Geltung des EGRechts folgt daraus, dass sowohl dem Sekundärrecht als auch den Gemeinschaftsabkommen (vgl. Art. 300 Abs. 7 EGV) Vorrang gegenüber nationalen Maßnahmen zukommen muss, da die Mitgliedstaaten durch die Einführung paralleler Kompetenzen (im Vertrag von Maastricht) keine Ausnahme von Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts schaffen wollten (vgl. Tomuschat).
B. Gemeinschaftsspezifische Ursachen gemischter Abkommen
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den konkurrierenden Zuständigkeiten ist, dass die EG, wenn sie mittels einer parallelen Kompetenz rechtsetzend tätig wird, dadurch die Mitgliedstaaten nicht ipso facto von einem eigenen (nationalen oder internationalen) Handeln ausschließt. Schließlich kommt es insoweit durch die Kompetenzausübung gerade nicht zu einer Sperrwirkung i. S. d. AETR-Rechtsprechung.85 Ob die Gemeinschaftsgruppe in diesen Fällen gemeinsam handelt oder die EG und die einzelnen Mitgliedstaaten getrennt vorgehen, steht ihnen frei.86
III. Fazit Die gemeinschaftliche Kompetenzordnung wird bestimmt durch ein sehr komplexes Neben- und Miteinander von ausdrücklichen und impliziten bzw. ausschließlichen und geteilten EG-Zuständigkeiten. Dies gilt insbesondere für den Umfang sowie die rechtliche Qualität der impliziten EG-Außenkompetenzen: Ausschließliche implizite EG-Außenkompetenzen entstehen dabei alleine bei Vorliegen der Voraussetzungen der AETR-Rechtsprechung, während die Gutachten 1/76-Doktrin lediglich zu konkurrierenden stillschweigenden EG-Außenzuständigkeiten führt, die erst mit ihrer Ausübung zu ausschließlichen werden können. Diese Struktur macht deutlich, dass es im Zusammenhang mit dem Abschluss internationaler Abkommen nur allzu oft zu einer Kompetenzteilung innerhalb der Gemeinschaftsgruppe kommen kann.87 Insbesondere die AETRRechtsprechung führt mit der durch die Sekundärrechtsetzung verbundenen Entstehung entsprechender ausschließlicher EG-Außenkompetenzen zu eine Aufspaltung der Außenzuständigkeiten in nahezu allen vergemeinschafteten Politikbereichen. Gerade aber die durch die restriktive Tendenz des EuGH bei der Anwendung der Grundsätze der AETR-Rechtsprechung und des Gutachtens 1/76 geschaffene Rechtslage führt dazu, dass in einer Vielzahl von Politikbereichen bis zu deren erschöpfenden sekundärrechtlichen Regelung zwischen EG und Mitgliedstaaten lediglich geteilte Zuständigkeiten bestehen.88 85 Tomuschat, in: Bourgeois, 65 (69 f.); Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (241). 86 Siehe Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (203). Möchten sie gemeinsam handeln, muss zwingend ein gemischtes Abkommen abgeschlossen werden. Vgl. auch Spiliopoulou Åkermark, FYIL 1999, 351 (362). 87 Umso weitreichender der Aufgabenumfang eines Abkommens ist, je eher umfasst es mithin sowohl gemeinschaftliche als auch mitgliedstaatliche Außenkompetenzen. 88 Siehe die Schlussfolgerungen in EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 23 ff., 72 ff.; so auch in Gutachten 2/91, ILO, Slg. 1993, I-1061, Rn. 13 ff. Das Schrifttum zu Gutachten 1/94 kommt dabei geschlossen zu der Ansicht, dass der EuGH Zugeständnisse an die Souveränitätsvorbehalte der Mitgliedstaaten gemacht habe, ist jedoch hinsichtlich der Würdigung dieser restriktiven Auslegung sehr unterschiedlich. Teils wird der Schritt als Eingrenzung einer überzogenen Auslegung des AETR-Prinzips begrüßt; vgl. Eisermann, EuZW 1995, 331 (335); Hilf, EuZW 1995, 7 (8); Dörr, EuZW 1996, 39 (43). Teils wird er als integrationsgefähr-
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2. Teil: Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens‘‘
C. Der gemischte Abschluss als Konsequenz der Kompetenzteilung Aus der innergemeinschaftlichen Kompetenzteilung folgt, dass die Mitgliedstaaten, soweit sie ihre Rechtsetzungskompetenzen vollständig an die EG übertragen haben, selbst nicht mehr über Rechtssetzungsbefugnisse in den entsprechenden Politikbereichen verfügen. Mit den Worten des EuGH kann nämlich „nicht angenommen werden, dass in einer Materie [ausschließlicher Gemeinschaftskompetenz] auf Gemeinschafts- wie auf internationaler Ebene neben der Zuständigkeit der Gemeinschaft noch eine parallele Zuständigkeit der Mitgliedstaaten besteht“.89 Ansonsten würde „das institutionelle Zusammenspiel verfälscht [. . .] und die Gemeinschaft gehindert, ihre Aufgabe zum Schutz des gemeinsamen Interesses zu erfüllen“.90 Da die Mitgliedstaaten mit der Übertragung der Rechtsetzungsbefugnisse gleichzeitig ihre eigene Handlungskompetenz verlieren, wäre durch einen mitgliedstaatlichen Vertragsschluss die Handlungsautonomie der EG in den entsprechenden Politikbereichen betroffen.91 Ebenso wenig ist aber die EG befugt, in Politikbereichen, in denen noch kein Kompetenztransfer stattgefunden hat, im völkervertraglichen Verkehr tätig zu werden. Insoweit greift das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung.
I. Die Handlungsalternativen der Gemeinschaftsgruppe Der Gemeinschaftsgruppe bleiben daher im Grunde sechs Handlungsmöglichkeiten, wenn der Inhalt eines geplanten Abkommens sowohl mitgliedstaatliche als auch Gemeinschaftskompetenzen umfasst: Zum Ersten könnte sich die Gemeinschaftsgruppe gänzlich gegen den Abschluss des Abkommens entscheiden. dend kritisiert; siehe Geiger, JZ 1995, 973 (981), der in dem Gutachten zudem eine „stillschweigende Aufgabe“ der „Auffassung vom Gleichlauf von Innen- und AnnexAußenkompetenz“ sieht (S. 979). Siehe insgesamt dazu Gilsdorf, EuR 1996, 145 (154 f.), der darauf hinweist, dass auch eine zu weite Auslegung der AETR-Grundsätze im Ergebnis ebenfalls integrationsgefährdend sein kann, da dies die Mitgliedstaaten in ihrem Zögern bestärkt, durch den Erlass interner Gemeinschaftsregeln sich selbst automatisch auch jede Außenkompetenz zu nehmen (S. 156); siehe ferner Ott, S. 208 f. sowie Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 300, Rn. 18 m.w. N., die abschließend feststellt, dass „nach dem WTO-Gutachten die Gemeinschaft auf absehbare Zeit die Mitwirkung der Mitgliedstaaten benötigen [wird], um an komplexen internationalen Abkommen teilzunehmen“ (Rn. 19). 89 EuGH, Gutachten 1/75, Local Costs Standard, Slg. 1975, 1355 (1364). Ebenso EuGH, Gutachten 2/91, ILO, Slg. 1993, I-1061, Rn. 8. Grundlegend zum Vorrang des EG-Rechts: EuGH, Rs. 6/64, Costa/E.N.E.L., Slg. 1964, 1251 (1269 f.). 90 EuGH, Gutachten 1/75, Local Costs Standard, Slg. 1975, 1355 (1364); Gutachten 2/91, ILO, Slg. 1993, I-1061, Rn. 11. 91 Oder wie Weiler es formuliert: „It is a breach of the principle of preemptionexclusivity“; Weiler, in: O’Keeffe/Schermers, 35 (75); ders., Constitution, S. 177. Vgl. auch Pescatore, CML Rev. 1979, 615 (622); Groux/Manin, S. 44.
C. Der gemischte Abschluss als Konsequenz der Kompetenzteilung
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Damit würden jedoch EG wie Mitgliedstaaten ihre internationale Handlungsfähigkeit verlieren. Zum Zweiten könnten sich die Mitgliedstaaten entscheiden, ohne Beteiligung der EG das Abkommen abzuschließen. Diese Alternative scheint jedoch mittlerweile ob der ausdrücklich durch den EuGH in ständiger Rechtsprechung ausgesprochenen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit eines solchen Vorgehens nicht mehr denkbar.92 Zum Dritten könnten die Mitgliedstaaten, im Einvernehmen mit der EG, das Abkommen abschließen und nach außen hin als alleiniger Verantwortlicher auftreten.93 Doch würde auf diese Weise verhindert, dass das außenpolitische Auftreten der Gemeinschaftsgruppe der internen Kompetenzlage entsprechen würde, da die bestmögliche Wirksamkeit der Gemeinschaftskompetenzen nur dann gegeben ist, wenn die EG diese auch in eigenem Namen gegenüber Drittstaaten ausüben kann. Stattdessen würden weiter die Mitgliedstaaten aus Sicht der Drittstaaten fälschlicherweise als zuständig angesehen werden. Zu den negativen Implikationen einer solchen Praxis hat sich auch die Kommission unlängst in Bezug auf die internationale Verkehrspolitik geäußert, wo es bislang kaum eine eigenständige internationale Mitwirkung der EG gibt: So bestehe ohne eine ausreichende Außendimension des durch die gemeinsame Verkehrspolitik vereinheitlichten Luftverkehrsmarktes „das Risiko, nicht nur die Weiterentwicklung der internen Politik zu beeinträchtigen, sondern auch der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu schaden“.94 Die Beteiligung an internationalen Abkommen ist nämlich, wie die Kommission in anderem Zusammenhang ausführt, für die EG neben der Möglichkeit, ihre „Rechte voll ausschöpfen zu können“, auch deswegen von Bedeutung, „um als Mitglied einer internationalen Gemeinschaft anerkannt zu werden, die an die [in einem internationalen Abkommen] festgeschriebenen Verpflichtungen gebunden ist“.95 Diese Bemerkungen der Kommission lassen sich jedoch ohne weiteres auf alle anderen, zumindest zum Teil gemeinschaftsrechtlich erfassten Politikbereiche übertragen. Nur durch die eigenständige Beteiligung der EG am völkervertragsrechtlichen Verkehr wird der innergemeinschaftlichen Kompetenzlage bestwirksam entsprochen.96 Letztlich ist zu bedenken, dass eine derartige „Vertreterstellung“ der 92
s. o. unter 2. Teil C. Die umgekehrte Variante eines Handelns der EG anstelle der Mitgliedstaaten ist angesichts der diesbezüglich zu erwartenden Widerstände auf Seiten der Mitgliedstaaten nicht realistisch und kann daher vernachlässigt werden. 94 Mitteilung der Kommission – Weiterentwicklung der Luftfahrtaußenpolitik der Gemeinschaft, KOM/2005/79 endg. v. 11.03.2005, Gliederungspunkt I.3., Abs. 4. 95 Vorschlag der Kommission für einen Beschluss des Rates zur Genehmigung des Beitritts der EG zum Internationalen Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen in der am 19.03.1991 in Genf angenommenen Neufassung; KOM/2004/798 endg., Abs. 3 der Begründung. 96 Vgl. Frid, EJIL 1993, 239 (240 f.); Sack, in: GS Grabitz, 631 (635 f.). 93
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2. Teil: Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens‘‘
Mitgliedstaaten oftmals auch mit praktischen Problemen, z. B. im Konfliktfall97, verbunden ist. Zum Vierten könnte sich die Gemeinschaftsgruppe bemühen, das Abkommen entsprechend der Kompetenzbereiche in zwei eigenständige Verträge aufzutrennen. Diese Handlungsalternative ist jedoch kaum erfolgsversprechend, wird doch bei der Aushandlung völkerrechtlicher Verträge, insbesondere bei multilateralen Abkommen mit einer Vielzahl von Vertragsparteien und Interessenkonstellationen, nicht auf die innergemeinschaftliche Kompetenzverteilung Rücksicht genommen. Vielmehr bilden die meisten Abkommen eine regelungstechnische wie politische Einheit, sog. „package deals“.98 Die auf diese Weise erreichte Kompromissformel würde mit jeder Aufspaltung des Vertragstextes wieder zunichte gemacht.99 Eine Trennung würde daher zumeist nicht nur an den beteiligten Drittstaaten, sondern auch am Interesse der Gemeinschaftsgruppe an der Aufrechterhaltung des erreichten Verhandlungskompromisses scheitern. Zum Fünften könnten sich EG wie Mitgliedstaaten durch das Anbringen entsprechender Vorbehalte jeweils nur an den Teil des Abkommens binden, für den sie innergemeinschaftlich zuständig sind. Dies Alternative ist aber ebenso unrealistisch wie die zuvor genannte, sieht doch kaum ein internationales Abkommen die Möglichkeit vor, dass einige der Vertragsparteien lediglich zu bestimmten Teilen desselben beitreten bzw. umfassende Vorbehalte machen können.100 97 Als Beispiel kann der sog. „Hushkits dispute“ im Rahmen der ICAO genannt werden, in der nur die Mitgliedstaaten Mitglieder sind. Dem Streit lag jedoch VO EG/ 925/1999 zugrunde, die nach Auffassung dritter Mitglieder gegen ICAO-Normen verstoßen hat. Die EG passte in der Folge das Gemeinschaftsrecht mit der RL EG/30/ 2002 dem ICAO-Recht an. Belgien weigerte sich jedoch, die RL in nationales Recht umzusetzen. Folge dessen war die Fortführen des ICAO-Streitverfahrens gegen sämtliche Mitgliedstaaten, während innergemeinschaftlich die Kommission gegen Belgien ein Vertragsverletzungsverfahren anstrengte. Vgl. zum Vorstehenden Rosas, GYIL 2003, 284 (312 f.). 98 Siehe z. B. Ratsbeschluss 2002/971/EG v. 18.11.2002 zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten im Interesse der Gemeinschaft das Internationale Übereinkommen über Haftung und Entschädigung für Schäden bei der Beförderung schädlicher und gefährlicher Stoffe auf See von 1996. Dieses sog. HNS-Übereinkommen ist Staaten vorbehalten. Es besteht allerdings teilweise eine ausschließliche EG-Zuständigkeit. In Begründungserwägung Nr. 6 heißt es: „Angesichts des Gegenstandes und des Ziels des HNS-Übereinkommens kommt es nicht in Betracht, die Annahme der Bestimmungen des Übereinkommens, die unter die Zuständigkeit der Gemeinschaft fallen, und die Bestimmungen, die unter die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, von einander zu trennen“. Siehe zum Begriff des „package deals“ auch Heliskoski, S. 131. 99 Schermers, in: FS Mosler, 823 (828); ders., in: Essays, 167 (169 f.); Gaja, in: O’Keeffe/Schermers, 133 (138 f.); Okowa, YEL 1995, 169 (173); siehe auch Stein, S. 59 f. m.w. N.; Pescatore, CML Rev. 1979, 615 (622). 100 Vgl. Art. 19 ff. WVK sowie die gleichlautenden Art. 19 ff. (der mangels ausreichender Anzahl von Ratifikationen) noch nicht in Kraft getretenen WVKIO, die aufgrund der Beteiligung der EG als internationaler Organisation an dem völkerrechtli-
C. Der gemischte Abschluss als Konsequenz der Kompetenzteilung
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Dies ist aus Sicht der Drittstaaten nur konsequent, würde alles andere doch eine erhebliche Besserstellung der Gemeinschaftsgruppe bedeuten. Letztlich bleibt der Gemeinschaftsgruppe daher nur die Möglichkeit, gemeinsam vorzugehen und das Abkommen als ein gemischtes abzuschließen, um eine möglichst „kompetenzgerechte“ 101 und aktive Rolle im zwischenstaatlichen Rechtsverkehr spielen zu können.
II. Die Sicherstellung der außenpolitischen Handlungsfähigkeit der Gemeinschaftsgruppe Durch den gemeinsamen Abschluss internationaler Abkommen sichert sich die Gemeinschaftsgruppe mithin trotz der, durch den erreichten Stand der gemeinschaftlichen Integration herbeigeführten, internen Kompetenzteilung, ihre internationale Handlungsfähigkeit.102 So gelingt es durch die Rechtsfigur des gemischten Abschlusses, die eigentliche innergemeinschaftliche Kompetenzteilung unberührt zu lassen, also ein kompetenzgerechtes außenpolitisches Auftreten zu gewährleisten, ohne die mit einer Kompetenzspaltung verbundenen Abgrenzungsprobleme klären zu müssen.103 Denn bei dem Abschluss eines gechen Vertrag primär einschlägig wäre; vgl. Granvik, S. 114. Die (noch) fehlende Wirksamkeit der WVKIO spielt jedoch für die Beurteilung der von den Normen der WVK und WVKIO ausgehenden Bindungswirkung ebenso wenig eine Rolle wie die Tatsache, dass die EG nicht Vertragspartei eines der beiden Übereinkommen ist. Die in weiten Teilen identischen Vorschriften beider Abkommen stellen nämlich weitestgehend die Kodifizierung des lange Zeit nur völkergewohnheitsrechtlich geltenden Rechts der völkerrechtlichen Verträge dar. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Vorschriften generell auf die völkervertragliche Praxis anwendbar sind; vgl. u.a. Verdross/Simma, § 672; Heintschel von Heinegg, in: Ipsen, 3. Kapitel, Rn. 5; Wünschmann, S. 30; Herdegen, § 15, Rn. 4 f. Dementsprechend finden sich in der Rechtsprechung des EuGH sowohl Verweise auf die Vorschriften der WVK als auch auf die der WVKIO. So hat der Gerichtshof in der Rs. Racke festgestellt, dass es für die Bindungswirkung bestimmter Normen der WVK (im konkret zu entscheidenden Fall waren es Art. 26 und 62 WVK) unerheblich ist, dass die EG keine Vertragspartei ist, da diese lediglich die Kodifizierung bereits gewohnheitsrechtlich geltender völkervertragsrechtlicher Grundsätze darstellen und die EG als Völkerrechtssubjekt an eben diese Grundsätze gebunden ist, EuGH, Rs. C-162/96, Racke/Hauptzollamt Mainz, Slg. 1998, I-3655, Rn. 45 ff. In der Rs. Frankreich/Kommission dagegen griff der Gerichtshof auf die in Art. 2 Abs. 1 lit. a) i) WVKIO enthaltene Definition völkerrechtlicher Verträge zurück; EuGH, Rs. C-327/91, Frankreich/Kommission, Slg. 1994, I-3641, Rn. 25. 101 Schröder, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Vorbem. zu Art. 302–304, Rn. 6. 102 Vgl. u. a. Dashwood, in: Bourgeois, 93 (94); Granvik, S. 11; Vedder, S. 160; Eeckhout, S. 190. 103 Der gemischte Abschluss führt nämlich gerade nicht zu einer Modifizierung der Kompetenzlage, da der Abschluss weder eine konkurrierende Binnenkompetenz noch eine eventuell vorhandene konkurrierende Außenkompetenz aktualisiert. Dies geschieht – bis auf den Ausnahmefall des Gutachtens 1/76 – nur durch die Setzung von Binnenrecht. Nur auf diese Weise bleibt die notwendige „Kongruenz zwischen Außen-
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2. Teil: Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens‘‘
mischten Abkommens ist es für die EG und ihre Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht notwendig, gegenüber den beteiligten Drittstaaten eine genaue Kompetenzabgrenzung durchzuführen.104 Vielmehr schließen sowohl die EG als auch die Mitgliedstaaten das Abkommen in seiner Gesamtheit ab, ohne die jeweiligen Kompetenzen offen zu legen. Eine Kompetenzabgrenzung ist zudem praktisch nur schwerlich durchführbar, umfassen doch die meisten Abkommen eine Vielzahl von theoretisch möglichen rechtlichen Konstellationen, die im Falle einer notwendigen Kompetenzabgrenzung sämtlich vor Abschluss des Abkommens durchgespielt werden müssten. Der Abschluss von gemischten Abkommen eröffnet diesbezüglich des weiteren die Möglichkeit, Differenzen zwischen Rat und Mitgliedstaaten einerseits und Kommission andererseits über den Umfang der EG-Vertragsschließungskompetenzen zu überbrücken.105 Ferner ist zu bedenken, dass durch den gemeinsamen Abschluss erreicht wird, dass die Gemeinschaftsgruppe in ihrer Gesamtheit stets die vollständige Erfüllung des Abkommens sicherstellen kann, da Kompetenzlücken vermieden werden.106 Der Abschluss eines gemischten Abkommens vereinfacht mithin das internationale Handeln der Gemeinschaftsgruppe erheblich.107 Dies gilt auch im Hinblick auf die dynamische Entwicklung der EG-Zuständigkeiten: Der Gemeinschaftsrechtsordnung liegt nämlich keine starre Kompetenzabgrenzung, z. B. in Gestalt eines abschließenden Kompetenzkataloges, zu-
und Innenkompetenz“ gewahrt; Oppermann, 2. Aufl., Rn. 1712; ebenso Epiney, EuZW 1999, 5 (7); Tomuschat, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 88; Kreibich, S. 89, 92. A. A. zwar Geiger, JZ 1995, 973 (977) und Stein, S. 107. Soweit die EG jedoch nicht zuständig ist, greifen vollumfänglich die diesbezüglich – ausschließlich oder konkurrierend – bestehenden Kompetenzen der Mitgliedstaaten. Eine Aktualisierung kann dagegen nur entweder durch die vorherige oder anschließende Setzung von Binnenrecht bzw. durch den Abschluss eines reinen EG-Abkommens unter Ausübung bisher nur konkurrierender Außenkompetenzen erfolgen. Entsprechend führt auch der EuGH in Gutachten 1/00 aus, dass durch den gemischten Abschluss die „Zuständigkeiten der Gemeinschaft, [. . .] wie sie im Vertrag ausgestaltet sind, nicht verfälscht werden“ dürfen; EuGH, Gutachten 1/00, Entwurf eines Abkommens über die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums, Slg. 2002, I-3493, Rn. 12. 104 Bleckmann, EuR 1976, 301 (303 f.); Arnold, AVR 1980/81, 419 (424); Neuwahl, CML Rev. 1996, 667 (667). Es sei denn eine Offenlegung der Kompetenzen, z. B. durch die Abgabe von Kompetenzerklärungen, wird ausdrücklich vereinbart. 105 Vedder, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, Art. 228, Rn. 18; Bourgeois, CML Rev. 1982, 5 (29); Berrisch, S. 47. 106 Dieses Argument findet sich in einigen der Ratsbeschlüsse über den Abschluss gemischter Abkommen. So heißt es z. B. im Beschluss des Rates vom 15.12.1993 über den Abschluss des Rahmenübereinkommens der VN über Klimaänderungen (94/69/ EG, ABl. Nr. L 33 v. 07.02.1994, S. 11): „Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten sind für bestimmte Bereiche zuständig. Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten müssen Vertragsparteien werden, damit sämtliche Verpflichtungen des Übereinkommens ordnungsgemäß erfüllt werden können“. Siehe auch Neframi, in: Cannizzaro, 193 (201). 107 Neuwahl, CML Rev. 1991, 717 (726).
C. Der gemischte Abschluss als Konsequenz der Kompetenzteilung
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grunde. Die gemeinschaftsinterne Kompetenzabgrenzung ist vielmehr Ausfluss der dynamischen Entwicklung der gemeinschaftlichen Integration in den letzten Jahrzehnten, die durch etliche ausdrückliche sowie implizite Kompetenzverschiebungen zugunsten der EG geprägt ist.108 Der Abschluss gemischter Abkommen, die in den allermeisten Fällen gerade keine Vorschriften hinsichtlich der innergemeinschaftlichen Kompetenzverteilung enthalten109, fängt diese Dynamik auf und macht eine nachträgliche Vertragsänderung bzw. das Handeln der Mitgliedstaaten im Namen der mittlerweile zuständigen EG nicht notwendig.110
III. Parallele Kompetenzkonstellationen als Ausnahmefall Die eben gezogene Schlussfolgerung gilt jedoch nicht für die seltenere Konstellation, dass dem Abkommen gänzlich parallele Kompetenzen zugrunde liegen.111 In diesem Fall steht es der Gemeinschaftsgruppe nämlich frei, ob sie gemeinsam handelt oder die EG und die einzelnen Mitgliedstaaten getrennt vorgehen, ergänzen sich doch die jeweiligen Kompetenzen nicht, sondern stehen vielmehr nebeneinander.112 Kommt es mithin in einer solchen Situation zu ei108 Heliskoski spricht von der „evolutionary nature“ der gemeinschaftlichen Zuständigkeiten; Heliskoski, FYIL 1996, 59 (66). Siehe auch Azoulai, ELJ 2005, 196 (196 f.). 109 Dies gilt insbesondere für multilaterale Abkommen. Dagegen lassen sich bei Abkommen mit bilateralem Charakter, vor allem bei einem Teil der Assoziierungsabkommen, solche sog. „Bindungsverteilungsklauseln“ finden; dazu Stein, S. 38 ff. 110 Vgl. EuGH, Beschluss 1/78, Übereinkommen über den Objektschutz von Kernmaterial, Slg. 1978, 2151, Rn. 35, wonach es nicht erforderlich ist, „den anderen Parteien des Übereinkommens gegenüber die Verteilung der einschlägigen Zuständigkeiten zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten aufzuzeigen und festzulegen, zumal sich diese Zuständigkeitsverteilung im Laufe der Zeit weiterentwickeln könnte“. Siehe auch Schermers, in: FS Mosler, 823 (826); Vedder, S. 159; Dashwood, in: Bourgeois, 93 (94); Granvik, S. 110; Bourgeois, CML Rev. 1982, 5 (29); Stein, S. 60. Obgleich dieses Argument insoweit an Stärke verliert als berücksichtigt werden muss, dass der EuGH auch ohne Vertragsänderung bei einer gemeinschaftsinternen Kompetenzverschiebung zu Lasten der Mitgliedstaaten die interne Durchführungskompetenz der EG und seine eigene Auslegungskompetenz anerkannt hat; EuGH, Rs. 21–24/72, International Fruit Company, Slg. 1972, 1219, Rn. 14/18. Es ist jedoch fraglich, ob die auf die spezielle Situation des GATT bezogenen Ausführungen des Gerichtshofes auf sämtliche Vertragsverhältnisse anwendbar sind. Schließlich zeichnete sich das GATT-System gerade durch seine Anpassungsfähigkeit aus. Siehe dazu auch Stein, S. 189. 111 So der Fall beim Protokoll zum Madrider Übereinkommen betreffend die Internationale Registrierung von Marken v. 27.06.1989; ABl. Nr. L 296 v. 14.11.2003, S. 20 ff. 112 s. o. unter 2. Teil B. II. 2. b). Schermers bezeichnet daher Abkommen mit einer parallelen Kompetenzstruktur nicht mehr als gemischte Abkommen im eigentlichen Sinne („inherently [. . .] not of a mixed nature“); Schermers, in: O’Keeffe/Schermers, 23 (24). Dem ist – teilweise – zuzustimmen. Bei gemischten Abkommen kann näm-
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2. Teil: Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens‘‘
nem gemischten Vertragsabschluss, ist das gemeinsame Vorgehen der Gemeinschaftsgruppe nicht der Kompetenzteilung geschuldet.
IV. Fazit Es sind also tatsächlich – der These von Dashwood entsprechend113 – die beiden Grundprinzipien der gemeinschaftlichen Kompetenzordnung, namentlich das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung sowie der grundsätzlich nicht ausschließliche Charakter der EG-Zuständigkeiten, die angesichts der mit ihnen zwangsläufig verbundenen Kompetenzverteilung die eigentliche Ursache gemischter Abschlüsse darstellen.
D. Die generelle Zulässigkeit gemischter Abkommen Ist aber der gemischte Vertragsschluss zwangsläufig mit Kompetenzdefiziten von EG und Mitgliedstaaten verbunden, verursacht er zugleich erhebliche Bedenken an der generellen gemeinschafts- sowie völkerrechtlichen Zulässigkeit des Rechtsinstruments.114
lich zwischen einer „formellen“ und einer „materiellen“ Betrachtungsweise unterschieden werden; vgl. Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (201). Formell handelt es sich immer dann um ein gemischtes Abkommen, wenn EG und Mitgliedstaaten am Vertrag beteiligt sind. Bisher wurde der Begriff des gemischten Abkommens in dieser Arbeit in diesem weiten Begriffsverständnis verwendet. Ebenso u. a. Heliskoski, S. 1; Tomuschat, in: O’Keeffe/Schermers, 125 (125); Gaja, in: O’Keeffe/Schermers, 133 (133). Dabei soll es auch im weiteren Verlauf der Arbeit bleiben, da die meisten Aspekte gemischter Abschlüsse auf gemischte Abkommen im weiteren Sinne zutreffen. Soweit dies nicht der Fall ist, wird auf die notwendige Differenzierung hingewiesen. Bei der engeren materiellen Betrachtung handelt es sich aber nur dann um ein gemischtes Abkommen, wenn neben der gemischten Beteiligung zudem eine Kompetenzteilung innerhalb der Gemeinschaftsgruppe hinsichtlich des Vertragsgegenstandes gegeben ist. So werden gemischte Abkommen z. B. in der offiziellen Internetpräsenz der EG unter http://europa.eu.int/eur-lex/lex/de/accords/accords.htm (Stand: 10.03.2007) wie folgt definiert: „Die von den Mitgliedstaaten und den Europäischen Gemeinschaften gemeinsam in Bereichen geteilter Zuständigkeit geschlossenen Übereinkünfte“. Siehe im Schrifttum z. B. Rogers, S. 5; wohl auch Arnold, AVR 1980/81, 419 (420). Schließlich ist der gemischte Abschluss gerade eine Konsequenz des beidseitigen Kompetenzmangels. Mangels Kompetenzspaltung handelt es sich daher bei einer gänzlich parallelen Kompetenzgrundlage zwar um gemischte Abkommen im formellen, nicht jedoch um solche im materiellen Sinne. 113 s. o. unter 2. Teil B. 114 Diese Bedenken gelten lediglich für gemischte Abkommen im „materiellen Sinne“, nicht jedoch für die seltenen Fälle gemischter Abkommen mit einer gänzlich parallelen Kompetenzgrundlage. s. o. unter 2. Teil C. III.
D. Die generelle Zulässigkeit gemischter Abkommen
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I. Die völkerrechtliche Zulässigkeit gemischter Abkommen Aus Sicht der Völkerrechtsordnung erscheint die Rechtsfigur des gemischten Abkommens auf den ersten Blick als völkerrechtswidrige Konstruktion. Schließlich besteht aufgrund der zwingend zugrundeliegenden Kompetenzteilung stets ein zweifaches völkerrechtliches Defizit, einerseits in Bezug auf die Mitgliedstaaten und andererseits in Bezug auf die EG: Besitzen die Mitgliedstaaten nämlich nur noch für einen Teil des Abkommens die Rechtsetzungsbefugnis, können sie den anderen Teil des Abkommens von vorne herein immer dann nicht mehr erfüllen, wenn die Erfüllung mit der Umsetzung bestimmter Verpflichtungen in innerstaatliches Recht einhergeht. Der EG wiederum könnte es für den Teil des Abkommens, für den sie keine Außenkompetenzen besitzt, sogar bereits an der völkerrechtlichen Vertragsabschlussfähigkeit als solche fehlen. Schließlich ist die EG anders als ihre Mitgliedstaaten kein originäres Völkerrechtssubjekt. 1. Die völkerrechtliche Rechtsnatur der EG Die EG kann insoweit Adressatin völkervertragrechtlicher Rechte und Pflichten sein, als ihr eine eigene Völkerrechtssubjektivität zukommt.115 Aus der Völkerrechtspersönlichkeit folgt nämlich die völkerrechtliche Handlungsfähigkeit und damit die völkerrechtliche Vertragsabschlussfähigkeit.116 Die konkrete Qualifizierung der Völkerrechtspersönlichkeit der EG ist jedoch insbesondere aufgrund des in der Gemeinschaftsrechtsordnung mittlerweile erreichten Integrationstandes mit vielfältigen Fragestellungen verbunden. Entsprechend weist Herdegen darauf hin, dass „das System der EU [. . .] ein außerordentlich komplexes Gefüge [bildet], dass sich mit herkömmlichen Kategorien der Staatenverbindungen nicht recht erfassen lässt“.117 a) Die EG als internationale Organisation Zunächst ist daher zu klären, inwieweit die EG aus völkerrechtlicher Sicht überhaupt noch als eine internationale Organisation anzusehen ist. Eine allgemein anerkannte Definition der „internationalen Organisation“ hat sich in der Völkerrechtsordnung (noch) nicht durchgesetzt.118 Es besteht jedoch ein breiter 115 Vgl. Wünschmann, S. 28; Herdegen, § 7, Rn. 1; Klein, in: Vitzthum, 4. Abschn., Rn. 97; Vitzthum, in: Vitzthum, 1. Abschn., Rn. 1 f. 116 Doehring, Rn. 215. 117 Vgl. Herdegen, § 8, Rn. 32. 118 Entsprechend enthalten die Begriffsbestimmungen vieler internationaler Abkommen hinsichtlich des Begriffs der „internationalen Organisation“ lediglich Definitio-
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2. Teil: Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens‘‘
Konsens dahingehend, dass eine internationale Organisation über folgende Merkmale verfügen muss: Sie muss eine auf Dauer angelegte und auf einen völkerrechtlichen Vertrag oder ein sonstiges völkerrechtliches Rechtsinstrument zurückzuführende Vereinigung von zumindest zwei Völkerrechtssubjekten auf dem Gebiet des Völkerrechts sein, deren Gründung mit der Verleihung von Völkerrechtspersönlichkeit verbunden ist.119 Völkerrechtssubjektivität alleine bedeutet allerdings nur die Fähigkeit, Rechte und Pflichten im völkerrechtlichen Verkehr zu übernehmen, so dass es für deren tatsächliche Ausübung zudem noch der Übertragung der entsprechenden Kompetenzen bedarf.120 Die Organisation muss daher zudem mit der selbständigen Wahrnehmung eigener Aufgaben betraut und mit zumindest einem eigenen handlungsbefugten Organ ausgestattet sein.121 Zweifellos erfüllen die Gemeinschaften die genannten Voraussetzungen, sind sie doch aufgrund EGV bzw. EAGV auf unbestimmte Zeit von ihren Mitgliedstaaten geschaffen und ihre Organe im Laufe der Jahre mit einer Vielzahl von eigenen Zuständigkeiten ausgestattet worden. Mit den Gemeinschaften ist allerdings ein neuer Typus der internationalen Organisation entstanden, die sog. „supranationale Organisation“, die sich durch eine eigene Rechtssetzungskompetenz, eine eigene Gerichtsbarkeit, Finanzautonomie sowie das Mehrheitsprinzip auszeichnet und sich somit in vielen Bereichen einer Staatlichkeit annähert.122 Solange die Gemeinschaften aber eine Bundesstaatlichkeit noch nicht erreicht haben, ist nach allgemeiner Meinung im Schrifttum dennoch weiterhin davon auszugehen, dass diejenigen völkerrechtlichen Regeln, die sich für die Behandlung internationaler Organisationen herausnen, die kaum mehr als einen „kleinsten gemeinsamen Nenner“ wiedergeben. Exemplarisch ist dabei Art. 2 Abs. 1 lit. i) WVK, der den Begriff der internationalen Organisation schlicht als „zwischenstaatliche Organisation“ definiert. 119 Vgl. z. B. Art. 2 S. 1 der „draft articles on responsibility of international organizations“ der ILC. Dort heißt es: „For the purposes of the present draft articles, the term ,international organization‘ refers to an organization established by a treaty or other instrument governed by international law and possessing its own international legal personality“; Report of the ILC on the work of its 55th session, 5 May–6 June and 7 July–8 August 2003 (A/58/10), S. 38, veröffentlicht im Internet unter http:// untreaty.un.org/ilc/reports/2003/2003report.htm (Stand: 10.03.2007). 120 Schermers/Blokker, § 1570. 121 Epping, in: Ipsen, § 6, Rn. 2; ders., in: Hobe, 12 (12 f.); Herdegen, § 10, Rn. 3; Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rn. 106 ff.; Schermers/Blokker, § 1565, mit Hinweisen auf andere im Schrifttum vertretene Ansichten. 122 Rosas nennt die Gemeinschaften ein „hybrid conglomerate situated somewhere between a state and an intergovernmental organisation“; Rosas, in: Koskenniemi, 125 (125). Mit den Worten des BVerfG ist die EG ein „Staatenverbund“; BVerfGE 89, 155 (184 ff.). Charakteristisch ist insofern vor allem, dass sich die Rechtsakte solcher Organisationen nicht nur an die Mitgliedstaaten, sondern unmittelbar innerstaatlich an die betroffenen Personen richten können; Epping, in: Ipsen, § 6, Rn. 15. Siehe zum Begriff der „Supranationalität“ u. a. Schweitzer/Hummer, Rn. 872 ff.; Epping, in: Hobe, 12 (19 f.).
D. Die generelle Zulässigkeit gemischter Abkommen
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gebildet haben, durchweg auf die Gemeinschaften Anwendung finden.123 Dem ist zuzustimmen, sind doch die Vorschriften des allgemeinen Völkerrechts i.V. m. dem Recht der internationalen Organisationen am ehesten geeignet, deren Stellung im völkerrechtlichen Verkehr zu steuern und zu regulieren. Schließlich bestehen weiterhin erhebliche zwischenstaatliche Strukturen innerhalb der Gemeinschaften (so z. B. im Bereich der GASP). In den Mitgliedstaaten wird zudem noch immer von verfassungsrechtlichen Kontrollvorbehalten zugunsten der nationalen Verfassungsgerichte ausgegangen. Nicht zuletzt bedarf es eines völkerrechtlichen Vertrages zwischen den Mitgliedstaaten, um die Gemeinschaftskompetenzen ausweiten zu können.124 Die Beziehungen zwischen Mitgliedstaaten und EG sind daher zu einem großen Teil nicht staatsrechtlich, sondern völkerrechtlich bestimmt.125 Völkerrechtlich gesehen ist die EG mithin weiterhin als internationale Organisation zu behandeln. b) Die Völkerrechtssubjektivität der EG als internationale Organisation Die Völkerrechtssubjektivität der EG bestimmt sich daher nach den auf internationale Organisationen anwendbaren völkerrechtlichen Grundsätzen. Spätestens seit dem Gutachten „Reparation for injuries suffered in the service of the United Nations“ des IGH aus dem Jahr 1949 ist in der Völkerrechtsordnung anerkannt, dass auch internationale Organisationen grundsätzlich Völkerrechtssubjektivität besitzen können. So stellt der IGH hinsichtlich den VN fest: „It must be acknowledged that its Members, by entrusting certain functions to it, with the attendant duties and responsibilities, have clothed it with the competence required to enable those functions to be effectively discharged. Accordingly, the Court has come to the conclusion that the Organization is an international person“.126 Nur durch die Anerkennung als Völkerrechtssubjektivität kann nämlich die Funktionsfähigkeit der Organisationen gesichert werden, sind sie doch nur so in der Lage, ihren Zuständigkeiten im Völkerrechtsverkehr
123 Insoweit kommt es nicht auf die EG-interne Rechtsauffassung an, die insbesondere durch das Urteil des EuGH in der Rs. 6/64 geprägt ist (EuGH, Rs. 6/64, van Gend & Loos, Slg. 1964, S. 1253 ff.) und die Gemeinschaftsrechtsordnung als eigenständige Entwicklung zwischen Völkerrecht und innerstaatlichem Recht ansieht; vgl. u. a. Sack, ZEuS 2001, 267 (271); ders., in: GS Grabitz, 631 (632); Tomuschat, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 281, Rn. 4; Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rn. 113 und 117; Grabitz, in: KSE 25, 47 (51); Hobe/Müller-Sartori, JuS 2002, 8 (8 f.); Epping, in: Ipsen, § 6, Rn. 7. 124 Epping, in: Ipsen, § 6, Rn. 7. 125 Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rn. 113. 126 Sog. „Bernadotte-Fall“; IGH, Reparation for Injuries Suffered in the Service if the United Nations, Advisory Opinion of 11 April 1949, ICJ Reports 1949, 174 (179).
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2. Teil: Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens‘‘
nachzukommen.127 Bei der Anwendung ihrer Außenkompetenzen ist die EG damit grundsätzlich an alle Völkerrechtssätze gebunden, die im Rahmen ihrer völkervertraglichen Beziehungen einschlägig sind.128 Die Ausführungen des IGH machen aber zugleich deutlich, dass internationalen Organisationen – anders als Staaten – keine unbeschränkte Völkerrechtspersönlichkeit zukommt, sondern deren Umfang von der Kompetenzausstattung der jeweiligen Organisation abhängt.129 Mithin sind internationale Organisationen lediglich völkerrechtsfähig, soweit die Gründerstaaten ihnen diese Eigenschaft zuerkannt haben (sog. derivative Völkerrechtssubjektivität). Für die Gemeinschaften ist dies gem. Art. 281 EGV bzw. Art. 184 EAGV der Fall.130 Die Völkerrechtssubjektivität internationaler Organisationen besteht zudem nur gegenüber ihren Mitgliedstaaten und denjenigen Drittstaaten, welche die Organisation anerkannt haben (sog. partikulare Völkerrechtssubjektivität).131 Da mittlerweile 127 Herdegen, § 7, Rn. 4; Petersmann, in: O’Keeffe/Schermers, 167 (169 f.); Amerasinghe, S. 67 ff. 128 Wünschmann, S. 29. 129 Entsprechend stellte der IGH an anderer Stelle fest: „The Court need hardly point out that international organizations are subjects of international law which do not, unlike States, possess a general competence“; IGH, Legality of the Use by a State of Nuclear Weapons in Armed Conflict, Advisory Opinion, ICJ Reports, 1996, 66 (78, Rn. 25). 130 Trotz der generellen Aussage des Art. 281 EGV der von „Rechtspersönlichkeit“ spricht, folgt aus einer Zusammenschau mit Art. 282 EGV, der die Rechtsfähigkeit der EG nach dem internen Recht der Mitgliedstaaten regelt, dass in Art. 281 EGV nur die Völkerrechtssubjektivität gemeint sein kann. Vgl. EuGH, Rs. C-286/90, Poulsen und Diva Navigation, Slg. 1992, I-6019, Rn. 9; Rs. C-162/96, Racke/Hauptzollamt Mainz, Slg. 1998, I-3655, Rn. 45 ff. Allgemeine Meinung im Schrifttum; vgl. u. a. Oppermann, § 4, Rn. 1; Wünschmann, S. 29; Tomuschat, in: Liber Amicorum Tono Eitel, 799 (801); ders., in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 281, Rn. 4; Pescatore, CML Rev. 1979, 615 (641). 131 Ebenso Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rn. 700 ff.; T. Stein/von Buttlar, Rn. 383; Grabitz, in: KSE 25, 47 (51 f.). Diese Ansicht einer konstitutiven Wirkung der Anerkennung der Rechtspersönlichkeit internationaler Organisationen im Verhältnis zu Drittstaaten ist allerdings nicht unumstritten. A. A. Köck/Fischer, S. 566 ff., die sich zur Stützung ihrer Gegenansicht vor allem auf die Ausführungen des IGH im „Bernadotte-Fall“ berufen. In diesem hat der IGH nämlich nicht nur festgestellt, dass Organisationen Völkerrechtspersönlichkeit zukommen kann (s. o. im gleichen Abschnitt), sondern ferner, dass die VN eine „objektive“ Völkerrechtssubjektivität besitzen, die auch gegenüber Nichtmitgliedern Wirkung zeigen kann. Köck/Fischer halten aus Gründen der „internationalen Realität“ und des „internationalen Gemeinwohls“ (S. 567 f.) eine generelle Anwendung dieser Entscheidung für richtig. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die weiterführenden Ausführungen des IGH lediglich im Zusammenhang mit den VN und ihrer nahezu weltweiten Mitgliedschaft zu verstehen sind und damit nicht die Regel sondern vielmehr die Ausnahme statuieren; vgl. Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rn. 702, die ferner darauf hinweisen, dass eine bloße deklaratorische Wirkung der Anerkennung aufgrund des Umstands, dass die Völkerrechtspersönlichkeit internationaler Organisationen erst durch den Gründungsvertrag entsteht, letzterem den Charakter eines unzulässigen Vertrages zu Lasten Dritter (vgl. Art. 34 f. WVK) verleihen würde (Rn. 701). Vgl. zum Streitstand auch Okowa, YEL 1995, 169 (171 f.).
D. Die generelle Zulässigkeit gemischter Abkommen
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nahezu alle Staaten die EG anerkannt haben132, kommt der EG bereits eine „quasi universelle Völkerrechtspersönlichkeit“ zu.133 Vor allem aber handelt es sich bei internationalen Organisationen um eine an den jeweiligen Vertragsabschlusskompetenzen der Organisation orientierte Völkerrechtsubjektivität (sog. funktional beschränkte Völkerrechtssubjektivität).134 Da Art. 281 EGV selbst keine Kompetenzübertragung enthält, ergibt sich die nähere Ausgestaltung der Völkerrechtspersönlichkeit der EG aus den konkreten Vertragsschlusskompetenzen, die sich entweder ausdrücklich dem EGV entnehmen lassen oder als implizite Kompetenzen in diesem enthalten sind. Es handelt sich daher um eine sich „dynamisch entwickelnde Völkerrechtssubjektivität“ der EG.135 Der EG fehlt es daher für den Teil eines gemischten Abkommens, für den sie keine Außenkompetenzen besitzt, schon an der völkerrechtlichen Vertragsabschlussfähigkeit. Schließlich ist die EG als internationale Organisation kein originäres Völkerrechtssubjekt, sondern leitet ihre Rechtspersönlichkeit von der ihrer Mitgliedstaaten ab, so dass die Vertragsabschlussfähigkeit der EG nur insoweit besteht, als ihr von den Mitgliedstaaten eigene Außenkompetenzen ausdrücklich oder implizit übertragen wurden.136
132 So bestehen u. a. mittlerweile diplomatisch akkreditierte Vertretungen der EG bei über 120 Staaten. 133 Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 281, Rn. 8. Vgl. auch Epiney, EuZW 1999, 5 (5 und 6); Hillgruber, AVR 1996, 347 (348 f.). Der EU dagegen fehlt es nach der weit überwiegenden Ansicht mangels eigener Rechtspersönlichkeit auch an einer eigenen Vertragsschlusskompetenz; vgl. z. B. Epping, in: Ipsen, § 6, Rn. 18; Vedder, in: FS Ginther, 501 (502 f.); Nakanishi, S. 19 ff.; Wünschmann, S. 29 f.; Govaere/Capiau/ Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (158). A. A. z. B. v. Bogdandy, in: Blokker/Schermers, 177 (178 ff.), der die EU als eine „single organization, which emcompasses the Communities“ umschreibt (S. 178). Der erstgenannten Ansicht ist zuzustimmen, enthält der EUV doch gerade keine Art. 281 EGV entsprechende explizite Verleihung der Völkerrechtssubjektivität. Dies gilt, insbesondere aufgrund der weiterhin ablehnenden Haltung der Mehrzahl der Mitgliedstaaten gegenüber einer Rechtspersönlichkeit der EU, auch noch nach dem Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages, vgl. u. a. Neuwahl, EFA Rev. 1998, 177 (181 f.). 134 Vgl. EuGH, Rs. 22/70, AETR, Slg. 1971, 263, Rn. 13/14, wo es heißt: „Art. 210 [nun Art. 281] [. . .] bedeutet, dass die Gemeinschaft in den Außenbeziehungen die Fähigkeit, vertragliche Bindungen mit dritten Staaten einzugehen, im gesamten Bereich der im ersten Teil des Vertrages [. . .] umschriebenen Ziele besitzt“. Ebenso, Hillgruber, AVR 1996, 347 (349). 135 Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 281, Rn. 9. 136 Der gemeinschaftsinterne Kompetenzmangel ist jedoch nicht per se gleich bedeutend mit einer entsprechend fehlenden völkerrechtlichen Bindung, da die interne Wirksamkeit grundsätzlich unerheblich ist für die völkervertragsrechtliche Bindungswirkung; vgl. nur Art. 27 und 46 WVK.
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2. Teil: Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens‘‘
2. Heilung des zwangsläufigen Kompetenzmangels Zur Lösung dieses Problems wurden eine Vielzahl verschiedener Ansätze erarbeitet, die bereits umfassenden Niederschlag in der wissenschaftlichen Diskussion gefunden haben.137 Eine herrschende Meinung hat sich dabei jedoch nicht herausgebildet. Allerdings lassen sich zwei Lösungsansätze herausarbeiten, die – obgleich in verschiedenen Varianten vorgetragen – vorrangig im Schrifttum vertreten werden. a) Heilung durch die Einheitlichkeit des Gemeinschaftshandelns? Nach der ersten Ansicht stellt die Einheitlichkeit des Auftretens der Gemeinschaftsgruppe gegenüber den Drittstaaten das ausschlaggebende Kriterium für die völkerrechtliche Zulässigkeit gemischter Abkommen dar. Diese Einheitlichkeit führe dazu, dass das gesamten Abkommen sowohl der EG als auch den Mitgliedstaaten zuzurechnen sei, während die Drittstaaten ihrerseits mit dem Vertragsschluss stillschweigend anerkennen würden, dass die Durchführung des Abkommens durch den innergemeinschaftlich zuständigen Teil der Gemeinschaftsgruppe erfolgen werde.138 Diesem Ansatz ist jedoch einerseits entgegenzuhalten, dass die Staatenpraxis keinerlei Anzeichen für eine einschränkende Anerkennung der Erfüllungspflicht durch die Drittstaaten erkennen lässt. Auch den in einigen Abkommen geforderten Kompetenzerklärungen durch die Gemeinschaftsgruppe lässt sich eine solche Rechtsaussage nicht entnehmen. Vielmehr sind diese primär Folgen der Bedenken mancher Drittstaaten, dass eine unklare Kompetenzlage zu Schwierigkeiten bei der Vertragserfüllung durch die Gemeinschaftsgruppe führen würde. Sie bezwecken also gerade das Gegenteil einer Pflichteneinschränkung. Zudem erscheint das Kriterium der „Einheitlichkeit“ kaum konkret genug, um völkervertragliche Abschlusskompetenzen begründen zu können. Vor allem jedoch handelt es sich bei der „Einheitlichkeit“ primär um ein formelles Kriterium, das für sich genommen keine Auswirkungen auf die materielle Rechtslage haben kann. Dieser Lösungsansatz überzeugt daher nicht.
137 Siehe die umfassende Darstellung bei Stein, S. 108 ff. sowie die knappere Diskussion bei Streinz, Rn. 488. 138 Streinz, Rn. 488. Dieser Ansatz lässt sich wohl auf die bereits 1986 von Stein vorgetragene Ansicht zurückführen, wonach die „Gemeinschaftsgruppe [. . .] eine einzige, wenn auch zusammengesetzte Vertragspartei [bilde]. [. . .] Mit dem Abschluss des gemischten Vertrages geht diese einheitliche Gemeinschaftsgruppe aber keinerlei Verpflichtung ein, deren Erfüllung nicht in die Zuständigkeit eines ihrer Teile fallen würde. Die Abschlusskompetenzen der einzelnen Parteien der Gemeinschaftsgruppe ergänzen sich zu einer allumfassenden Abschlusskompetenz“; Stein, S. 130.
D. Die generelle Zulässigkeit gemischter Abkommen
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b) Heilung durch die Existenz einer gegenseitigen Abschlussermächtigung Der zweite Lösungsansatz sieht in der gemeinsamen Mitwirkung eine (stillschweigende) gegenseitige Abschlussermächtigung dergestalt, dass der jeweils gemeinschaftsintern zuständige Teil der Gemeinschaftsgruppe dem Vertragsschluss durch den unzuständigen Teil zustimmt. So stellt Bleckmann im Hinblick auf die drohende Völkerrechtswidrigkeit fest: „[it] may be solved by the construction of a mutual authorization of the EEC and its Member States to conclude the part of the agreement for which the EEC or the Member States are not competent in the view of the EEC Treaty, authorization which is explicitly provided for in the mixed agreement itself“.139 Auch Weiler140 und Neframi141 sind der Ansicht, dass der gemeinsamen Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe eine stillschweigende Übertragung der völkerrechtlichen Abschlussbefugnis zugunsten des jeweils nicht kompetenten Teils zugrunde liegt. Als weitere Variante dieses Ansatzes ist zudem Dauses’ Theorie einer actio pro communitate zu verstehen, wonach der gemischte Vertragsschluss ein „treuhänderisches Tätigwerden der Mitgliedstaaten für die Gemeinschaft“ darstellt.142 Doch auch das Konzept einer gegenseitigen Abschlussermächtigung wird im Schrifttum nicht einhellig befürwortet.143 Die Kritik konzentriert sich allerdings vor allem auf die Übertragung der bloßen Abschlussbefugnis, die der gegenseitigen Ermächtigung zugrunde liegen soll. Sie reiche nicht aus, um eine völkerrechtliche Handlungsbefugnis zu begründen. Dafür bedürfe es vielmehr der Übertragung der entsprechenden Kompetenz als solcher. Diese Argumentation verfehlt jedoch den eigentlichen Kernpunkt der Diskussion, indem sie nicht hinreichend zwischen der völker- und gemeinschaftsrechtlichen Ebene differenziert: So erkennt auch Bleckmann, als Vertreter der Ermächtigungstheorie, dass die „bloße Zustimmung für den Vertragsschluss“ nicht „für eine innergemeinschaftliche Komponente“ ausreiche, womit er die innergemeinschaftliche Kompetenzverteilung meint.144 Doch geht es gerade nicht um die gemeinschaftliche, sondern alleine um die völkerrechtliche Zulässigkeit gemischter Abkommen. Insoweit stellt Bleckmann daher auch fest: „[. . .] diese Zustimmung würde wohl nur den Zuständigkeitsmangel der EG im Verhältnis zu dem Drittstaat heilen 139
Bleckmann, in: O’Keeffe/Schermers, 155 (156). Weiler, in: O’Keeffe/Schermers, 35 (80). 141 Neframi, in: Cannizzaro, 193 (201). 142 Dauses, in: Ress, 171 (191 ff.). 143 Vgl. Arnold, AVR 1980/81, 419 (441); Stein, S. 120 f. 144 Bleckmann, EuR 1976, 301 (304 f.). Aufgrund dieses Mangels kommt Bleckmann auf der gemeinschaftsrechtlichen Ebene sodann zu der Ansicht, dass der gemischte Abschluss eine „punktuelle Vertragsänderung“ darstelle, welche die innergemeinschaftlichen Kompetenzdefizite ausgleichen könne (S. 305). 140
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2. Teil: Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens‘‘
[. . .]“.145 Schließlich ist der jeweils ermächtigende Teil der Gemeinschaftsgruppe der tatsächliche Inhaber der Außenkompetenz und kann über diese aus völkerrechtlicher Sicht zugunsten des anderen Teils verfügen. Zudem entspricht die Konstruktion einer gegenseitigen Abschlussermächtigung der ständigen Übung innerhalb der Gemeinschaftsgruppe, wonach – sollte eine EG- bzw. gemeinsame Beteiligung an einem Abkommen z. B. am politischen Widerstand der Drittstaaten scheitern – die EG die Mitgliedstaaten per Ratsbeschluss autorisiert, an dem Abkommen trotz fehlender Innenkompetenz „im Interesse der Gemeinschaft“ teilzunehmen.146 Letztlich ist zu bedenken, dass die gegenseitige Abschlussermächtigung exakt dem eigentlichen Sinn und Zweck eines gemischten Abkommens entspricht, nämlich die internationale Handlungsfähigkeit der Gemeinschaftsgruppe sicherzustellen, ohne aber die innergemeinschaftliche Kompetenzverteilung zu tangieren. Im Ergebnis ist daher dem zweitgenannten Lösungsansatz einer gegenseitigen Abschlussermächtigung zu folgen, so dass weder der EG noch den Mitgliedstaaten aus völkerrechtlicher Sicht ein Kompetenzmangel vorgehalten werden kann.
II. Die gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit gemischter Abkommen Doch auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht sind Zweifel an der generellen Zulässigkeit gemischter Abschlüsse vorhanden, da angesichts der zwangsläufigen Kompetenzdefizite innerhalb der Gemeinschaftsgruppe weder die EG noch die Mitgliedstaaten ausreichend kompetent für den Abschluss des gesamten Abkommens sind und somit teilweise ohne Abschlusskompetenz handeln, wenn sie ein gemischtes Abkommen abschließen.147 Auch die Existenz einer stillschweigenden gegenseitigen Abschlussermächtigung, welche die Kompetenzdefizite auf völkerrechtlicher Ebene ausgleicht, hilft insofern nicht weiter, wirkt sich diese doch gerade nicht auf die innergemeinschaftliche Zuständigkeitsverteilung aus.148 145
Bleckmann, EuR 1976, 301 (305). Siehe z. B. Art. 1 Abs. 1 des Ratsbeschlusses 2002/971/EG v. 18.11.2002. Siehe ebenso Art. 1 Abs. 1 der Entscheidung des Rates 2004/294/EG v. 08.03.2004 zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien des Pariser Übereinkommens v. 29.07.1960 über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie sind, das Änderungsprotokoll zu diesem Übereinkommen im Interesse der Gemeinschaft zu ratifizieren oder diesem beizutreten. Ferner vgl. Begründungserwägung Nr. 4 des Kommissionsvorschlags KOM/2004/530 endg. für eine Entscheidung des Rates zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, das Übereinkommen der ILO über Ausweise für Seeleute im Interesse der EG zu ratifizieren. 147 Aus Art. 300 Abs. 5 Satz 2 EGV folgt, dass gemeinschaftsrechtswidrige Abkommen nur nach einer entsprechenden Änderung der Gründungsverträge abgeschlossen werden können. Dies ist jedoch vor dem Abschluss eines gemischten Abkommens bisher nie geschehen. 146
D. Die generelle Zulässigkeit gemischter Abkommen
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Zwar ließe sich dergestalt argumentieren, dass der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit die langjährige Praxis der Mitgliedstaaten sowie die Anerkennung der Rechtsfigur in der ständigen Rechtsprechung des EuGH entgegen steht.149 Problematisch ist insofern jedoch, dass sich aus den Ausführungen des EuGH kaum generelle Aussagen über die Gemeinschaftskonformität gemischter Abkommen entnehmen lassen. Ein anschauliches Beispiel bildet insofern der Beschluss 1/78 des EuGH.150 Nachdem der Gerichtshof festgestellt hat, dass die Beteiligung einiger Mitgliedstaaten an dem der Entscheidung zugrundeliegenden Übereinkommen über den Objektschutz von Kernmaterial „nicht geeignet [ist], in die Außenkompetenz der Gemeinschaft einzugreifen“, [. . .] besteht keine Veranlassung, festzustellen, dass das geplante Übereinkommen insoweit mit dem Vertrag nicht vereinbar wäre“ (Rn. 7). Mit keinem Wort geht der EuGH jedoch der Frage nach, ob bereits der gemeinsame Abschluss des Abkommens selbst gemeinschaftsrechtswidrig sein könnte. Alleine auf das Argument, dass eine entsprechende, gleichlautende Praxis von EG und Mitgliedstaaten besteht, kann jedoch – im Gegensatz zum Völkerrecht – aus Sicht des Gemeinschaftsrechts nicht abgestellt werden. Die EG ist nämlich eine Rechtsgemeinschaft, weshalb das Handeln der Gemeinschaftsorgane wie der Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich der Gemeinschaftsrechtsordnung an eben dieser gemessen werden muss.151 Die dogmatische Begründung der gemeinschaftsrechtlichen Zulässigkeit gemischter Abkommen ist allerdings umstritten. 1. Heilung durch den gemeinsamen Vertragsabschluss? Ein Lösungsweg könnte darin zu sehen sein, dass der Abschluss eines gemischten Abkommens gleichsam die Kompetenzdefizite innerhalb der Gemeinschaftsgruppe überwindet und dadurch überhaupt keine Diskrepanz zwischen Abschlussbefugnis und völkerrechtlicher Bindungswirkung entsteht. In der älteren Literatur finden sich vereinzelt entsprechende Begründungsansätze. So geht z. B. Bleckmann von einer „punktuellen Vertragsdurchbrechung“ aus, die den gemischten Abschluss rechtfertige.152 Auch die Anwendung von Dauses’ Konstruktion einer actio pro communitate153 auf das innergemeinschaftliche Rechts-
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s. o. unter 2. Teil D. I. 2. b). So Mögele, wonach „die rechtliche Anerkennung des Konzepts des gemischten Abkommens [. . .] in erster Linie auf der Rechtsprechung des EuGH“ beruhe; Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 37. 150 EuGH, Beschluss 1/78, Übereinkommen über den Objektschutz von Kernmaterial, Slg. 1978, 2151. 151 Lavranos, EuR 1999, 289 (298); Schmid, NJW 1998, 190 (192); Gündisch, AnwBl. 1998, 170 (170). 152 Bleckmann, EuR 1979, 301 (305). 153 s. o. unter 2. Teil D. I. 2. b). 149
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2. Teil: Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens‘‘
verhältnis wird diskutiert.154 Arnold wirft die Frage auf, ob dem Abschluss eines gemischten Abkommens nicht stets eine Vertragsänderung innewohnt.155 Diese Ansätze sind jedoch allesamt zurecht in der wissenschaftlichen Diskussion auf Widerstand gestoßen. Das EG-Recht bietet nämlich keine Ansatzpunkte für einen Kompetenzausgleich: Gegen die Theorie einer punktuellen Vertragsdurchbrechung spricht bereits die mit einer solchen einhergehenden Verletzung des Vertragsänderungsverfahrens nach Art. 48 EUV.156 Dauses’ Theorie ist entgegenzuhalten, dass dadurch keine Kompetenzen auf Seiten der Mitglieder geschaffen werden können, da diese zwar nach außen hin im Namen der EG handeln, aber im Innenverhältnis die Kompetenzen bei der EG verbleiben.157 Arnold schließlich lehnt seinen eigenen Ansatz einer Vertragsänderung bereits selbst mangels Einhaltung des Verfahrens nach Art. 48 EUV ab.158 2. Eingeschränkte interne Wirkung der Abschlussermächtigung? Neframi dagegen sieht die Lösung des Problems in der grundsätzlichen Trennung von völker- und gemeinschaftsrechtlicher Ebene: Unabhängig von der völkerrechtlichen Bindungswirkung eines gemischten Vertragsabschlusses sei dieser gemeinschaftsintern aufgrund der notwendigen Beachtung der Kompetenzordnung ohnehin nur insoweit rechtlich relevant als EG-Kompetenzen berührt werden.159 Zur Begründung verweist Neframi primär160 auf die einschränkende Formulierung des Ratsbeschlusses 94/800/EG vom 22.12.1994 über den Abschluss des ÜWTO, in dem es in Art. 1 Abs. 1 heißt: „Im Namen der Europäischen Gemeinschaft werden hinsichtlich des in ihre Zuständigkeit fallenden Teils die folgenden multilateralen Übereinkünfte sowie Rechtsakte genehmigt: [. . .]“ (Hervorhebung durch den Verfasser).161 Auch diesem Ansatz ist indes nicht zuzustimmen. Schließlich stellt der ein EG-Abkommen genehmigende 154
Vgl. Stein, S. 121. Arnold, AVR 1980/81, 419 (438 f.). 156 Vgl. Arnold, AVR 1980/81, 419 (439 f.) sowie Stein, S. 117, beide noch mit Verweis auf den früheren Art. 309 EGV. 157 Stein, S. 121; ausführlich Arnold, AVR 1980/81, 419 (448 f.). 158 Arnold, AVR 1980/81, 419 (438 f.), noch mit Verweis auf den früheren Art. 309 EGV. Ebenso Stein, S. 116. 159 „Seen from the perspective of Community law, the respect of the division of competences implies that the Community and the Member States sign, ratify and apply only those parts of the agreement which fall within the ambit of their competences“; Neframi, in: Cannizzaro, 193 (200). 160 Zudem nimmt sie Bezug auf Rn. 49 der Entscheidungsgründe des EuGH in der Rs. Dior (EuGH, Rs. C-300/98 und C-392/98, Dior, Slg. 2000, I-11307). Den dortigen Ausführungen des EuGH ist jedoch eine entsprechende Ansicht nicht zu entnehmen. Vielmehr beziehen sich diese lediglich auf die Auslegungsbefugnis des EuGH. 161 ABl. Nr. L 336 v. 23.12.1994, S. 1 ff. 155
D. Die generelle Zulässigkeit gemischter Abkommen
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Ratsbeschluss lediglich die „Grundlage für die externe Erklärung“ der Kommission dar, „mit der die Gemeinschaft völkerrechtlich gebunden wird“.162 Entsprechend hat er „die rechtliche Wirkung [. . .], dass die Kommission zum Abschluss [eines Abkommens] innerhalb des durch den Beschluss des Rates gesetzten Rahmens ermächtigt wird“.163 Dem Ratsbeschluss kommt also überhaupt nur hinsichtlich des Umfangs der Ermächtigungsbefugnis der Kommission rechtliche Bedeutung zu. Für den Umfang der Bindungswirkung eines Abkommens ist dagegen gemeinschaftsrechtlich nur die Kompetenzordnung des EGV sowie völkerrechtlich alleine der Inhalt des unterzeichneten Abkommens von Relevanz. Zudem ist der Ratsbeschluss 94/800/EG kein Beispiel für die übliche Praxis des Rates, sondern stellt vielmehr eine Ausnahme zur gängigen Formulierung der Genehmigungsbeschlüsse dar. In der Regel weist der Rat nämlich nicht auf die eingeschränkte Zuständigkeit der EG hin.164 3. Die Erforderlichkeit des gemeinsamen Abschlusses Neframi ist allerdings insoweit zu folgen, als dass der Beachtung der innergemeinschaftlichen Kompetenzsituation entscheidende Bedeutung zukommen 162 Schlussanträge des GA Jacobs, Rs. C-29/99, Übereinkommen über nukleare Sicherheit, Slg. 2002, I-11221, Rn. 110. 163 EuGH, Rs. C-29/99, Übereinkommen über nukleare Sicherheit, Slg. 2002, I11221, Rn. 67. 164 Bei dem von Neframi zitierten Ratsbeschluss handelt es sich sogar um das erste Mal, dass ein Genehmigungsbeschluss des Rates eine derartige Einschränkung enthält; vgl. Kuijper, EJIL 1995, 222 (235). Ähnliche Einschränkungen finden sich zwar noch in Art. I Abs. 1 des Ratsbeschlusses über die Annahme der Ergebnisse der Verhandlungen der WTO über Finanzdienstleistungen (ABl. Nr. L 20 v. 27.01.1999, 39) sowie im Kommissionsvorschlag KOM/2003/751 endg. v. 04.12.2003 für einen Beschluss des Rates zur Unterzeichnung des Übereinkommens der VN gegen Korruption im Namen der Europäischen Gemeinschaft, Punkt 2, letzter Absatz der Begründung. In der weit überwiegenden Anzahl der Fälle sind die Ratsbeschlüsse vor und auch nach dem von Neframi zitierten Beschluss unbeschränkt formuliert. Siehe z. B. den Beschluss 98/181/EG v. 23.07.1997 über den Abschluss des (gemischten) Energiecharta-Abkommens (ABl. Nr. L 69 v. 09.03.1998, S. 1 ff.), wo es in Art. 1 ohne jede Einschränkung heißt: „Der Vertrag über die Energiecharta [wird] im Namen der [drei Gemeinschaften] genehmigt“. Ebenso die Formulierung in Art. 1 des Ratsbeschlusses 2004/635/EG v. 21.04.2004 über den Abschluss des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Ägypten andererseits sowie in Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses von Rat und Kommission 2005/40/EG, Euratom v. 13.12.2004 über den Abschluss des Stabilisierungsund Assoziierungsabkommens zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten und der Republik Kroatien. Doch ist die von Neframi gefolgerte einschränkende Rechtsfolge selbst für den Fall des ÜWTO abzulehnen, da diese Formulierung des Ermächtigungsbeschlusses keinen Einfluss auf die völkerrechtliche Bindungswirkung haben kann, da dies wirksam nur z. B. in Gestalt eines Vorbehalts oder einer Bindungsverteilungsklausel geschehen kann, nicht aber innerhalb eines nur gemeinschaftsintern Wirkung entfaltenden Rechtsakts; ebenso Heliskoski, FYIL 1996, 59 (90 f.).
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2. Teil: Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens‘‘
muss. Der Rechtsfigur der gemischten Abkommen liegt nämlich eine Kernkontroverse zugrunde: Die gemeinschaftliche Kompetenzverteilung kann dazu führen, dass ein eigenständiges internationales Handeln der Gemeinschaft wie der Mitgliedstaaten nicht mehr möglich ist. Aufgrund der immer weiter voranschreitenden europäischen Integration umfassen viele Abkommen sowohl mitgliedstaatliche als auch EG-Kompetenzen, ohne dass es möglich wäre, die Abkommen in zwei separate aufzuspalten.165 Für die EG gilt jedoch das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung, so dass sie nur insoweit tätig werden darf, als ihr eine entsprechende Kompetenz durch die Gründungsverträge übertragen wurde. Andererseits verlieren auch die Mitgliedstaaten ihre Handlungsautonomie soweit sie Kompetenzen vollständig auf die EG übertragen haben. Würde mithin die EG nicht an dem Abkommen beteiligt, läge eine Verletzung des EGV in Gestalt eines unzulässigen Eingriffs in Gemeinschaftskompetenzen vor, da das Übereinkommen die ausschließlichen Außenkompetenzen der EG in einem bestimmten Politikbereich verletzen würde.166 Zudem bestünde die Gefahr „einer schrittweisen und – da es sich jeweils um Verpflichtungen gegenüber Drittstaaten handeln würde – unwiderruflichen Desintegration des Gemeinschaftswerkes“.167 Der gemeinsame Abschluss des Abkommens durch EG und Mitgliedstaaten ist daher erforderlich, um ein außenpolitisches Handeln der Gemeinschaftsgruppe gewährleisten zu können, das der innergemeinschaftlichen Kompetenzverteilung weitestgehend entspricht und die bestmögliche Wirksamkeit der Gemeinschaftskompetenz gewährleistet.168 Die Erforderlichkeit des gemeinsamen Tätigwerdens ist folglich richtigerweise als Grundlage der gemeinschaftsrechtlichen Zulässigkeit gemischter Abkommen anzusehen.169 165
Vgl. Granvik, S. 109. s. o. unter 2. Teil C. I. s. o. unter 2. Teil C. mit Verweisen auf die einschlägige EuGH-Rechtsprechung. 167 EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1976, 741, Rn. 14. 168 s. o. unter 2. Teil C. II. 169 Wuermeling, S. 225; Meessen, EuR 1980, 36 (40); Vedder, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, Art. 228, Rn. 18; Costonis, CML Rev. 1967–68, 421 (452); Ehlermann, in: O’Keeffe/Schermers, 3 (5); Stein, S. 150 f. Streinz vergleicht die zu lösende Problematik mit der – der Rs. 804/79 zugrundeliegenden – Streitfrage, ob die Mitgliedstaaten bei Handlungsunfähigkeit des Rates bei dringenden Regelungsbedarf trotz ausschließlicher EG-Zuständigkeit tätig werden dürfen; siehe Streinz, Rn. 489 und 150. Siehe zu diesem Themenbereich ausführlich Schwarze, EuR 1982, 133 (135 ff.) Der EuGH ließ in seiner Entscheidung bei Funktionsunfähigkeit des Rates ein Handeln der Mitgliedstaaten in ausschließlichen Kompetenzbereichen der EG als „Sachwalter des gemeinsamen Interesses“ nach entsprechender Zustimmung der Kommission ausnahmsweise zu, da die Situation ein Tätigwerden erforderlich mache; EuGH, Rs. 804/79, Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 1981, 1045, Rn. 28 ff. Auch bei gemischten Abkommen sei nach Streinz „ein gemeinsames Vorgehen – und damit eine Kompetenzüberschreitung – unabweisbar erforderlich, um den Vertrag überhaupt zustande zu bringen“. Die Heilung der jeweiligen Zuständigkeitsdefizite erfolge dabei durch das einverständliche Handeln von Rat, Mitgliedstaaten und Kommission. 166
D. Die generelle Zulässigkeit gemischter Abkommen
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Entsprechend hat auch der EuGH in Gutachten 1/76 die Mitwirkung einiger Mitgliedstaaten bei dem, dem Gutachten zugrundeliegenden, Übereinkommen über die Errichtung des Europäischen Stilllegungsfonds auf deren „Erforderlichkeit“ hin untersucht.170 Neben der EG und der Schweiz sollten auch sechs der EG-Mitgliedstaaten Mitglieder des Fonds werden. Zunächst wies der Gerichtshof daher auf diesen besonderen Aspekt hin: „Ein besonderes Problem wirft der Umstand auf, dass nach dem geplanten Übereinkommen als vertragsschließende Parteien nicht nur die Gemeinschaft und die Schweiz, sondern auch einige Mitgliedstaaten mitwirken sollen“.171 Diese waren gleichzeitig Vertragsparteien von zwei anderen Abkommen im Bereich der Binnenschifffahrt, die beide geändert werden mussten, um eine effektive Durchführung des Fonds zu gewährleisten, wozu sich die Mitgliedstaaten in Art. 3 des Statuts des Europäischen Stilllegungsfonds auch verpflichtet hatten. Ohne die Mitwirkung der sechs Mitgliedstaaten war eine entsprechende Änderung der anderen Abkommen mithin nicht rechtsverbindlich gewährleistet. Aufgrund dieses Umstands bejahte der Gerichtshof im Ergebnis die Zulässigkeit einer solchen „gemischten Organisation“: „Diese besondere Verpflichtung [. . .] erklärt und rechtfertigt es, dass die sechs genannten Staaten neben der Gemeinschaft an dem Übereinkommen beteiligt sind. [. . .] Es kann deshalb festgestellt werden, dass das Übereinkommen Rechtswirkungen für die Mitgliedstaaten – abgesehen von der obengenannten besonderen Verpflichtung – in Übereinstimmung mit Artikel 228 Absatz 2 EWG-Vertrag lediglich dadurch begründet, dass es von der Gemeinschaft abgeschlossen wird“.172 Zwar wendete der EuGH das Erfordernis der „Erforderlichkeit“ nicht unmittelbar auf die Frage der Gemeinschaftskonformität des gemeinsamen Abschlusses an, sondern bezog es primär auf die „effektive Durchführung des Europäischen Stilllegungsfonds“, für die eine mitgliedstaatliche Beteiligung erforderlich sei. Allerdings stellt die „Durchführung des Europäischen Stilllegungsfonds“ nichts anderes dar als die Ausübung der diesbezüglichen EG-Außenkompetenzen, deren bestmögliche Wirksamkeit durch die gemeinsame Beteiligung erst gesichert werden kann.
III. Fazit Während die völkerrechtliche Zulässigkeit gemischter Abkommen durch stillschweigende gegenseitige Ermächtigungen von EG und Mitgliedstaaten zum 170 EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1977, 741. In Rn. 7 stellt der EuGH, nachdem er die Mitwirkung einiger Mitgliedstaaten nur deswegen für zulässig erklärt hat, da diese gerechtfertigt sei, um eine einzige Vorschrift des Abkommens erfüllen zu können, fest: „[. . .]; in sonstiger Hinsicht ist sie für die Verwirklichung der Regelung nicht erforderlich“. 171 EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1977, 741, Rn. 6. 172 EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1977, 741, Rn. 7.
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2. Teil: Das Rechtskonzept des „gemischten Abkommens‘‘
Vertragsschluss gewährleistet wird, folgt die gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit gemischter Abkommen aus der Erforderlichkeit des Vertragsschlusses. Nur durch den gemischten Vertragsabschluss ist in Konstellationen einer Kompetenzteilung im Regelfall eine EG-Beteiligung überhaupt möglich, so dass eben dieser erforderlich ist, um dem Gemeinschaftsrecht in Gestalt der einschlägigen EG-Außenkompetenzen die bestmögliche Wirksamkeit zu verleihen. Die Rechtsfigur der gemischten Abkommen bildet mithin eine – völkerrechtlich wie gemeinschaftsrechtlich zulässige – Antwort auf die primär durch die innergemeinschaftliche Kompetenzverteilung aufgeworfenen Schwierigkeiten der Gemeinschaftsgruppe beim Handeln auf internationaler Ebene.
3. Teil
Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft“ Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist die Zahl internationaler Organisationen rasant angewachsen.1 Nach allgemeiner Ansicht ist dieses Phänomen Ausdruck des „zwingenden Bedürfnisses der Staatengemeinschaft nach Zusammenarbeit“, das sich vor allem aus den stets wachsenden globalen Verflechtungen internationaler Beziehungen, seien sie politischer, wirtschaftlicher oder sonstiger Art, speist.2 Seit der „Irak-Krise“ von 2003 wird wieder verstärkt in der Öffentlichkeit diskutiert, welche Rolle internationale Organisationen bei der internationalen Konfliktlösung spielen bzw. spielen sollten, da diese – zumindest in der Regel – effektive Foren der Koordination und Kooperation bieten.3 Gerade auch die außenpolitische Rolle der EG steht im Mittelpunkt dieser Debatte, wird ihr doch teilweise vorgeworfen, auf dem internationalen Parkett und insbesondere bei der Arbeit in anderen internationalen Organisationen eine nur schwache Rolle zu spielen.4 So stellt auch die Kommission in ihrem Weißbuch über die Zukunft der Europäischen Verkehrspolitik5 für diesen Politikbereich fest: „[. . .] die Europäische Union als weltweit an erster Stelle stehende 1 1909 existierten lediglich 37 internationale Organisationen; vgl. Blokker, in: Blokker/Schermers, 1 (3). Deren Zahl wuchs insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg rasant an. Amerasinghe kommt 1996 auf Grundlage der im Yearbook of International Organizations 1994/1995 enthaltenen Zahlen bereits zu einer Gesamtzahl von 500 bis 700; Amerasinghe, S. 6, Fn. 10. Allerdings stellen die klassischen zwischenstaatlichen Organisationen mit ca. 250 nur noch die Hälfte aller Organisationen, wobei ihre Zahl seit 1980 sogar fallend ist. Die weiterhin wachsende Anzahl beruht daher gerade in den letzten Jahren auf der Ausbreitung der sog. „abkommensbezogenen“ bzw. „Rumpforganisationen“; Blokker, in: Blokker/Schermers, 1 (3). 2 Epping, in: Ipsen, § 31, Rn. 1; Schermers/Blokker, § 8; Dominicé, in: Blokker/ Schermers, 65 (65); Herrmann, in: Bauschke, 139 (139); Vedder, in: FS Ginther, 501 (501). Blokker kritisiert dieser Begründung und nennt das Entstehen einer Vielzahl von neuen Staaten im Zeitalter der Dekolonialisierung und den Zusammenbruch der UdSSR als primäre Gründe für das signifikante Ansteigen von (insbesondere regionalen) Organisationen; Blokker, in: Blokker/Schermers, 1 (13). 3 Vgl. Klein, in: Vitzthum, 4. Abschn., Rn. 2; siehe auch schon Schreuer, AVR 1984, 363 (363 f.). 4 Siehe dazu auch Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (155). 5 Weißbuch: „Die Europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft“, KOM(2001) 370 v. 12.9.2001.
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
Handelsmacht, die einen Großteil ihres Handels mit Ländern außerhalb ihrer Grenzen abwickelt, hat bei der Verabschiedung internationaler Vorschriften, die wesentliche Aspekte des Verkehrs regeln, nur geringes Gewicht. Dies liegt daran, dass sie als Europäische Union von der Mehrzahl der zwischenstaatlichen Organisationen ausgeschlossen ist und dort nur einen Beobachterstatus hat“. Diese Schlussfolgerung der Kommission lässt sich auf eine Vielzahl anderer Politikbereiche übertragen. Ein sehr anschauliches Beispiel hierfür bietet der IWF, in dem alleine die Mitgliedstaaten Mitglieder sind, obgleich zumindest diejenigen Mitgliedstaaten, die zugleich der Euro-Zone angehören, jegliche Währungshoheit verloren haben.6 Trotz zweifelsohne vorhandener ausreichender Kompetenzausstattung gelingt es der EG also nicht, eine ihrem Kompetenzumfang entsprechende Rolle in den für ihre Aufgabenbereiche zuständigen Organisationen zu spielen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die EG selbst Mitglied in anderen internationalen Organisationen werden7, wobei der gemeinsamen Mitgliedschaft von EG und Mitgliedstaaten besondere Bedeutung zukommt. Immerhin liegt den beiden wichtigsten Mitgliedschaften der EG in der WTO und der FAO eine solche sog. „gemischte Mitgliedschaft“ zugrunde. Im folgenden Teil der Arbeit werden daher die generellen Voraussetzungen und Grundlagen von EG- und gemischten Mitgliedschaften untersucht.
A. Annäherungsversuche an das Rechtskonzept In den siebziger Jahren begann mit dem Beitritt der EG zu anderen internationalen Organisationen, vor allem zu internationalen Rohstoff- und regionalen Fischereiorganisationen, eine neue Entwicklungsstufe des völkerrechtlichen wie 6 Vgl. z. B. Art. 106 Abs. 1 EGV. Verschärft wird die Diskrepanz zwischen gemeinschaftlicher und völkerrechtlicher Rechtslage dadurch, dass weiterhin die Währungen von Frankreich und Deutschland – neben denen von Japan, den USA und dem Vereinigten Königreich – den sog. „Währungskorb“ des IWF bilden. Allerdings wurde die Situation zumindest insoweit der gemeinschaftlichen Rechtslage angepasst, als dass mit der Einführung des Euro am 01.01.1999 die Währungsbeträge der D-Mark und des französischen Franc durch den Euro ersetzt wurden; für weitere Informationen siehe http://www.imf.org/external/np/exr/facts/deu/sdrd.htm (Stand: 10.03.2007). Umfassend zu den mit der fehlenden Mitgliedschaft der EG im IWF verbundenen Problemfeldern bzw. deren Ursachen Horng, ELJ 2005, 802 (804 ff., insbesondere 819 ff.). 7 Ruffert dagegen betrachtet das Konzept der Mitgliedschaft einer internationalen Organisation in einer anderen weniger aus dem Blickwinkel einer möglichst kompetenzgerechten Außenvertretung der Organisation, sondern vielmehr als ein mögliches Mittel, Kompetenzkollisionen zwischen internationalen Organisationen zu vermeiden; Ruffert, AVR 2000, 129 (138 f.). Dabei übersieht er aber, dass die eintretende Organisation anstelle ihrer Staaten tätig wird und somit im Regelfall das Kompetenzverhältnis zwischen der eintretenden Organisation und ihren Mitgliedstaaten von weitaus größerer Bedeutung ist, als das Kompetenzverhältnis zwischen eintretender und aufnehmender Organisation.
A. Annäherungsversuche an das Rechtskonzept
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des gemeinschaftlichen Rechtsverkehrs. Noch nie zuvor wurde eine internationale Organisation Mitglied einer anderen internationalen Organisation mit den damit verbundenen vollen Rechten und Pflichten. Diese Entwicklung wurde in den folgenden Jahren um eine weitere Facette angereichert, nämlich der gemeinsamen Mitgliedschaft von EG und Mitgliedstaaten in einer anderen internationalen Organisation, der sog. „gemischten Mitgliedschaft“. Diese entstand auf zweifachem Wege: Zum einen blieben die Mitgliedstaaten im Falle des Beitritts der EG zu einer internationalen Organisation, in der sie bereits Mitglieder waren, in der Mehrzahl der Fälle selbst weiterhin Mitglieder dieser Organisation. Prominentestes Beispiel ist insoweit der Beitritt der EG zur FAO. Zum anderen gründeten EG und Mitgliedstaaten gemeinsam mit einem großen Teil der Staatengemeinschaft die WTO.
I. Die Begriffsverwendung im Schrifttum Im Schrifttum werden mit der „gemischten Mitgliedschaft“ und der „parallelen Mitgliedschaft“ zwei unterschiedliche Begriffe zur Beschreibung der gemeinsamen Mitgliedschaft von EG und ihren Mitgliedstaaten in internationalen Organisationen verwendet.8 1. Der Begriff der „gemischten Mitgliedschaft“ Der Begriff der „gemischten Mitgliedschaft“ findet sich mittlerweile in einer Reihe von Abhandlungen, um die gemeinsame Mitgliedschaft von EG und Mitgliedstaaten in einer internationalen Organisation zu beschreiben.9 Schermers 8 Dabei muss zwischen den beiden genannten Begriffen zur Beschreibung des Rechtskonzepts als solches und Begriffen wie z. B. „kumulative“, „Doppel“- oder „komplementäre“ Mitgliedschaft differenziert werden, welche einzig auf die Rechtsnatur der zugrundeliegenden Mitgliedschaften Bezug nehmen; vgl. z. B. Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 34, 36 und 61. 9 Schermers, in: O’Keeffe/Schermers, 23 (28 f.); ders., in: FS Mosler, 823 (836). Auch Frid verwendet mit ausdrücklichem Verweis auf Schermers den Begriff der „mixed membership“; Frid, S. 156; dies., EJIL 1993, 239 (248). Von einer „mixed membership“ spricht auch Eeckhout, S. 219. Sack verwendet in einer deutschsprachigen Veröffentlichung schließlich den Begriff der „gemischten Mitgliedschaft“; Sack, in: GS Grabitz, 631 (640 und 643). Ebenso Hobe/Müller-Sartori, JuS 2002, 8 (12). Lenaerts/de Smijter sprechen im Zusammenhang mit der Frage der Zusammensetzung der Gemeinschaftsdelegation bei internationalen Verhandlungen denen eine gemischte Zuständigkeit zugrunde liegt von einer „mixed European representation“; Lenaerts/de Smijter, YEL 1999–2000, 95 (128). Der Begriff der „mixed membership“ findet sich zudem in der Begründung zu Art. 2 S. 2 der „draft articles on responsibility of international organizations“ der ILC. Allerdings bezeichnen die Autoren mit dem Begriff der gemischten Mitgliedschaft dabei sämtliche Organisationen, bei denen neben Staaten noch andere „entities“ Mitglieder sind, so z. B. auch privatrechtlich organisierte Verbände wie in der Welttourismusorganisation oder der ILO; Report of the ILC on
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
gebrauchte Anfang der achtziger Jahre in zwei englischsprachigen Veröffentlichungen, die sich primär mit gemischten Abkommen beschäftigten, den Begriff der „mixed membership“, also der „gemischten Mitgliedschaft“, zum ersten Mal.10 Eine exakte Definition bietet Schermers zwar nicht. Jedoch wird deutlich, dass er von einer zwingenden Verbindung zwischen gemischten Abkommen einerseits und gemischter Mitgliedschaft andererseits ausgeht, wenn er schreibt: „Mixed membership creates more problems than mixed participation in normal treaties, as membership cannot easily be divided between different fields“.11 2. Der Begriff der „parallelen Mitgliedschaft“ Schon 1974 beschreibt dagegen Zieger die, damals noch theoretische, gleichzeitige Mitgliedschaft der EG und ihrer Mitgliedstaaten in einer internationalen Organisation als eine „Parallelmitgliedschaft“. 12 Mehrere Autoren verwendeten in den folgenden Jahren denselben Begriff.13 Jüngst tat dies Herrmann in einer Veröffentlichung aus 2003, wobei er darunter sämtliche „echten parallelen Mitgliedschaften der EG und ihrer Mitgliedstaaten in internationalen Organisationen im engeren Sinne“ versteht.14 „Parallel“ ist eine Mitgliedschaft dabei immer dann, wenn „die EG die Stellung eines Vollmitglieds einnimmt, und [. . .] zugleich auch die Mitgliedstaaten der EG Mitglieder sind“.15 Einen zwingenden Zusammenhang zwischen einer „parallelen Mitgliedschaft“ und gemischten Abkommen sieht Herrmann jedoch nicht. So stellt er fest: „Allerdings erforderte der Beitritt der EG zur FAO kein gemischtes Abkommen, da die Mitgliedstaaten bereits FAO-Mitglieder waren“.16
II. Historische und aktuelle Beispiele gemeinsamer Mitgliedschaften Die gemeinsame Mitgliedschaft einer internationalen Organisation und ihrer Mitgliedstaaten in einer anderen Organisation mag zwar für sich genommen the work of its 55th session, 5 May–6 June and 7 July–8 August 2003 (A/58/10), Commentary to Art. 2, S. 44, Rn. 13, veröffentlicht unter http://untreaty.un.org/ilc/ reports/2003/2003report.htm (Stand: 10.03.2007). 10 Schermers, in: O’Keeffe/Schermers, 23 (28 f.); ders., in: FS Mosler, 823 (836). 11 Schermers, in: O’Keeffe/Schermers, 23 (29). 12 Zieger, in: KSE 25, 103 (114). 13 Petersmann, ZaöRV 1975, 213 (232, Fn. 13); Pernice, EuR 1991, 273 (279); Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 36, 61; Dominicé, in: Blokker/Schermers, 65 (72). 14 Herrmann, in: Bauschke, 139 (140). 15 Herrmann, in: Bauschke, 139 (141). 16 Herrmann, in: Bauschke, 139 (146).
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ohne historischen Vorgänger sein. Jedoch lassen sich zumindest einige historische Beispiele für eine mehrfache Vertretung eines Völkerrechtssubjekts in einer internationalen Organisation nennen: So ist die gleichzeitige Beteiligung eines Völkerrechtssubjekts sowie einem oder mehrerer nicht selbständiger Teilgebiete desselben in einer internationalen Organisation kein neues Phänomen in der Völkerrechtsordnung. Bereits im Weltpostverein von 1875 und in der Internationalen Fernmeldeunion von 1865, also in zwei der ersten internationalen Organisationen überhaupt17, waren neben den jeweiligen Mutterländern auch verschiedene ihrer Kolonien als Mitglieder vertreten.18 So wurden 1876 zunächst „Britisch Indien“ sowie „die Französischen Kolonien“ neben ihren Mutterländern als Mitglieder des Weltpostvereins aufgenommen.19 Die Kolonien besaßen dabei ein volles Stimmrecht, konnten aber von Vertretern der Mutterländer repräsentiert werden.20 Auch im Völkerbund von 1919 wurden neben dem „British Empire“ sowohl Indien als auch vier der fünf „British Dominions“ als Mitglieder aufgenommen, allerdings besaß nur das Mutterland ein Stimmrecht.21 Gelegentlich gehörten auch die Gliedstaaten eines Bundesstaates neben diesem einer internationalen Organisationen als Vollmitglieder an. Das prominenteste Beispiel ist sicherlich die gleichzeitige Vollmitgliedschaft der UdSSR sowie der Weißrussischen und der Ukrainischen Sowjetrepublik in den VN sowie in mehreren ihrer Sonderorganisationen.22 17 Als erste zwischenstaatliche internationale Organisation ist freilich die internationale Schifffahrtskommission für den Rhein von 1831 zu nennen; vgl. Herdegen, § 10, Rn. 1. 18 Sohn, AJIL 1946, 71 (78 ff.); Schermers, in: O’Keeffe/Schermers, 23 (29); Weiler, Constitution, S. 131. 19 In den folgenden Jahren traten immer mehr Kolonien dem Weltpostverein bei, bis schließlich 1920 Art. 29 der Universal Postal Convention nicht weniger als 19 Kolonien bzw. Kolonienzusammenschlüsse als Mitglieder des Weltpostvereins aufzählte; vgl. Sohn, AJIL 1946, 71 (80 f.). 20 Sohn, AJIL 1946, 71 (78). 21 Art. 1 Abs. 2 der Satzung des Völkerbundes sah vor, dass „alle Staaten, Dominien der Kolonien mit voller Selbstverwaltung“ Mitglieder werden konnten, „vorausgesetzt, dass sie für ihre aufrichtige Absicht, ihre internationalen Verpflichtungen zu beobachten, wirksame Gewähr leisten“. Kanada, Australien, Südafrika sowie Neuseeland wurden so Mitglieder des Völkerbundes; vgl. Sohn, AJIL 1946, 71 (74); Zieger, in: KSE 25, 103 (113). 22 Obgleich von sowjetischer Seite anders dargestellt, ist nach allgemeiner Meinung davon auszugehen, dass sowohl Weißrussland als auch die Ukraine aufgrund ihrer Eingliederung in die UdSSR bis zu deren Auflösung 1991 mangels eigener Entscheidungsbefugnisse nicht als eigenständige Völkerrechtssubjekte, sondern als bloße Gliedstaaten zu betrachten waren. Vgl. Schermers, in: O’Keeffe/Schermers, 23 (29); Weiler, Constitution, S. 131, Fn. 3. Die zusätzliche Mitgliedschaft der Gliedstaaten lässt sich dabei mit dem politischen Bestreben der internationalen Gemeinschaft begründen, dem Wunsch der UdSSR nach weiteren Stimmen in den Gremien der VN zu entsprechen; vgl. Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rn. 514.
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Begrenzt man den Blick jedoch auf die Praxis internationaler Organisationen, so ist bereits die Mitgliedschaft einer internationalen Organisation in einer anderen noch immer die große Ausnahme. Insoweit lassen sich – abgesehen von den alleinigen Mitgliedschaften der EG – nur wenige Beispiele nennen23: So sind mehrere internationale Organisationen, u. a. der IWF, die WTO sowie die OECD, Mitglieder des JVI.24 Zudem ist neben der EG auch die EIB Mitglied der EBWE. Die Beispiele gleichzeitiger Mitgliedschaften einer Organisation und ihrer Mitgliedstaaten sind dagegen (noch) ausschließlich auf die EG und ihre Mitgliedstaaten begrenzt.25 Schließlich ist die gemischte Mitgliedschaft wie auch schon die Rechtsfigur der gemischten Abkommen in erster Linie ein Phänomen der rasanten integrativen Entwicklung der Gemeinschaften während der letzten Jahrzehnte.26
III. Gemischte Mitgliedschaften und die Gemeinschaftsrechtsordnung Zunächst ist zu klären, ob innerhalb der Gemeinschaftsrechtsordnung das Konzept der gleichzeitiger Mitgliedschaft von EG und Mitgliedstaaten in einer anderen Organisation durch Primär- bzw. Sekundärrecht oder in der Rechtsprechung des EuGH geregelt wird. 1. EG-Recht und Gemeinschaftspraxis Weder in den Gründungsverträgen noch im sonstigen EG-Recht findet sich eine explizite Erwähnung der Rechtsfigur der gemischten Mitgliedschaft. Im 23
Vgl. dazu auch Schermers/Blokker, § 81. Das JVI ist eine 1992 gegründete, in Wien ansässige Organisation, die dafür zuständig ist, Staatsbedienstete aus Schwellenländern fortzubilden. Neben den „Austrian Authorities“, damit sind Österreichische Nationalbank sowie Finanzministerium gemeint, und dem IWF als sog. „primary members“ sind die WTO, die OECD, die EBWE, die International Bank for Reconstruction and Development sowie die Bank for International Settlement sog. „contributing members“ des JVI. 25 So handelt es sich insbesondere beim JVI nicht um eine gleichzeitige Mitgliedschaft einer Organisation und deren Mitgliedstaaten. Zwar ist Österreich selbst Mitgliedstaat einiger der am JVI beteiligten Organisationen. Allerdings ist es nicht Mitglied des JVI. Dies sind vielmehr lediglich die „Austrian Authorities“. Es kann dahinstehen, wie diese Mitgliedschaft rechtlich einzuordnen ist. Jedenfalls handelt es sich nicht um eine gemeinsame Mitgliedschaft im hier verstandenen Sinne. 26 So hat die Aussage von Weiler, dass es sich bei gemischten Abkommen um eine beispiellose Entwicklung handelt, auch hinsichtlich gemischten Mitgliedschaften uneingeschränkt Gültigkeit: „The fact that mixed agreements have virtually no parallels or precedents in international practice should come as no surprise: the European Community itself has no direct parallels in the international legal order“; Weiler, Constitution, S. 131, der zudem nicht zwischen gemischten Abkommen und gemischter Mitgliedschaft differenziert, wie aus den Ausführungen in Fn. 3 auf S. 131 deutlich wird. 24
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Primärrecht existieren lediglich in Art. 300 Abs. 1 S. 1 EGV sowie in vereinzelten Kompetenznormen allgemeine Hinweise auf die Möglichkeit des Abschlusses von internationalen Abkommen zwischen der EG und dritten Staaten bzw. anderen internationalen Organisationen. Auch Art. 6 Abs. 2 der Beitrittsakte 2003 enthält eine ähnlich formulierte Vorschrift.27 Ebenso wenig findet sich eine ausdrückliche Erwähnung der Rechtsfigur in der Praxis der Gemeinschaftsorgane. Selbst in dem Kommissionsdokument, in dem die Kommission dem Rat einen Beitritt der EG zur IMO und ICAO, Organisationen in denen die EG-Mitgliedstaaten Mitglieder sind, empfiehlt, werden zwar ausführlich die Gründe für den Beitritt der EG und die spätere Strukturierung der Aufgabenverteilung dargelegt.28 Der Umstand der gemeinsamen Beteiligung jedoch wird überhaupt nicht problematisiert. Stattdessen verwendet die Kommission durchweg die Formulierung „nach dem Beitritt der EG“. 2. Die Rechtsprechung des EuGH Auch der Rechtsprechung des EuGH lassen sich kaum allgemeingültige Aussagen über die Rechtsfigur der gemischten Mitgliedschaft entnehmen. Der Gerichtshof beschränkt sich vielmehr in aller Regel, so z. B. in Gutachten 1/94 und der Rs. C-25/94, den die gemeinsamen Mitgliedschaften in WTO bzw. FAO zugrunde liegen29, auf die Lösung der jeweiligen Kompetenzkonflikte, ohne den Umstand der gemischten Mitgliedschaft zu erwähnen. Einzig in Gutachten 1/76 findet sich ein knapper Hinweis, wenn der Gerichtshof, nachdem er die Rechtmäßigkeit der Gründung des Europäischen Stilllegungsfonds als eine „internationale öffentlich-rechtliche Anstalt“ durch EG, Mitgliedstaaten und die Schweiz bejaht hat, den Fonds eine „gemischte Organisation“ nennt.30
27 Zunächst heißt es in Abs. 2 S. 1: „Die neuen Staaten verpflichten sich, nach Maßgabe dieser Akte den von den derzeitigen Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft gemeinsam geschlossenen [. . .] Abkommen [. . .] beizutreten“. Im darauffolgenden Satz werden sodann die verfahrensrechtlichen Aspekte dieser Beitritte angesprochen: „Der Beitritt [der neuen Mitgliedstaaten] wird durch den Abschluss eines Protokolls zu diesen Abkommen bzw. Übereinkünften zwischen dem Rat, der im Namen der Mitgliedstaaten handelt und einstimmig beschließt, und dem betreffenden dritten Staat oder den betreffenden dritten Staaten bzw. der betreffenden internationalen Organisation geregelt“; ABl. Nr. L 236 v. 23.09.2003, S. 33 (34). 28 Vgl. die Empfehlung der Kommission an den Rat zur Ermächtigung der Kommission, mit der IMO in Verhandlungen über die Bedingungen und Modalitäten des Beitritts der EG einzutreten (SEK/2002/0381 endg. v. 09.04.2002). 29 EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267 ff.; Rs. C-25/94, FAO, Slg. 1996, I-1469 ff. 30 EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1977, 741, Rn. 14.
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IV. Die EG und internationale Organisationen – ein Überblick über die Gemeinschaftspraxis Mangels konkreten Widerklangs der Rechtsfigur im Gemeinschaftsrecht bedarf die einschlägige Gemeinschaftspraxis besonderer Beachtung. Die Mitwirkung der EG in anderen internationalen Organisationen gestaltet sich in der Praxis als äußerst vielschichtig, allerdings wird sie in der Regel von anderen, schwächeren Beteiligungsformen als derjenigen der Mitgliedschaft geprägt, allen voran von der eines Beobachters. 1. Die Mitgliedschaften der EG in internationalen Organisationen Die EG31 ist mittlerweile zwar Mitglied einiger internationaler Organisationen.32 Die Anzahl der Mitgliedschaften in politisch bedeutenden Organisationen ist jedoch weiterhin sehr gering. Zumeist ist sie dabei – wie im Beispiel der FAO – bereits bestehenden Organisationen beigetreten. Wie das Beispiel der WTO zeigt, hat sich die EG aber auch schon an der Gründung einer internationalen Organisation beteiligt. a) Die historische Entwicklung der Mitgliedschaften der EG Die Historie der eigenständigen Mitarbeit der EG in internationalen Organisationen begann bereits in den sechziger Jahren mit der de facto Übernahme der Parteistellung ihrer Mitgliedstaaten im GATT’47.33 Das GATT war jedoch keine internationale Organisation, sondern ein Abkommen, dem die Vertragsparteien eine lockere organisatorische Struktur beigegeben hatten, nicht zuletzt um die insgesamt sieben Handelsrunden vorzubereiten, die bis zur Gründung der WTO 1994 stattfanden. Seit den sechziger Jahren hatte die EG aufgrund ihrer Kompetenzen im Bereich der Gemeinsamen Handelspolitik – zunächst „schrittweise“ im Laufe der durch die damaligen Art. 111 und 113 EWGV normierten Übergangszeit und sodann „in vollem Umfang“ am Ende derselben – „die mit der Zoll- und Handelspolitik verbundenen Aufgaben“ der Mitgliedstaaten im Rahmen des GATT übernommen, ohne jedoch selbst formell Vertragspartei des GATT zu werden.34 Die EG trat im Namen der gesamten Gemein31 Ebenso die EAG, die basierend auf Art. 101 Abs. 2 EAGV u. a. Mitglied der KEDO ist; ABl. Nr. L 70 v. 10.03.1998, S. 10. 32 Schermers/Blokker, § 81, nennen ausdrücklich 27 Mitgliedschaften und weisen zudem auf einige weitere Mitgliedschaften in Rumpforganisationen hin, die im Rahmen von durch Assoziations- und Kooperationsabkommen geschaffen wurden. Sack, in: GS Grabitz, 631 (641), geht unter Einbezug der Mitgliedschaften in Rumpforganisationen 1995 bereits von einer Gesamtzahl von ca. 60 Mitgliedschaften der EG aus. 33 Siehe zur Mitarbeit der EG im GATT Berrisch, S. 156 ff.; Petersmann, in: O’Keeffe/Schermers, 167 (172 ff.); Hipold, S. 51 ff.
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schaftsgruppe auf und war damit zugleich „de facto Vertragspartei“35 sowie „de facto Mitglied“ der existierenden organisatorischen Struktur, die eine formelle Mitgliedschaft gerade nicht kannte. In anderen internationalen Organisationen gab es solche Möglichkeiten der „de facto Mitgliedschaft“ nicht. Vielmehr bedurfte es – vor der Schaffung der AETR-Doktrin durch den EuGH – für die Mitgliedschaft der EG einer ausdrücklichen Zuweisung der betreffenden Außenzuständigkeiten in den Gründungsverträgen.36 Potentielle Mitgliedschaften der EG waren daher zunächst auf Organisationen in den Bereichen der Agrar- und Fischereipolitik beschränkt. Die erste volle Mitgliedschaft erlangte die EG 1971 im Internationalen Weizenrat37, der weitere Mitgliedschaften in Rohstoff- und Fischereiorganisationen folgten. Mit der ständiger Ausweitung der gemeinschaftlichen Außenkompetenzen im Laufe der achtziger und neunziger Jahre, die im Hinblick auf die AETR-Doktrin vor allem aus der entsprechenden Schaffung von sekundärem Gemeinschaftsrecht resultierte, aber auch auf die Übertragung neuer Politikfelder in die Gemeinschaftszuständigkeit zurückzuführen war, gelangten zwar die Aufgabenfelder von immer mehr internationalen Organisationen (zumindest zum Teil) in den Zuständigkeitsbereich der EG. Eine entsprechende Ausweitung der Mitgliedschaften der EG auf weitere Politikbereiche war (und ist) jedoch kaum festzustellen. Gegenwärtig bemüht sich die Kommission darum, weitere Mitgliedschaften der EG zumindest im Bereich der internationalen Verkehrspolitik zu etablieren. So hat sie dem Rat bereits im Jahr 2002 empfohlen, mit Verhandlungen über einen EG-Beitritt in die ICAO sowie die IMO zu beginnen, ohne dass es bisher zu weiteren Schritten des Rates gekommen wäre.38
34 EuGH, Rs. 21–24/72, International Fruit Company, Slg. 1972, 1219, Rn. 14/18. Die genaue rechtliche Qualifizierung der Stellung der EG im GATT war und ist sehr umstritten; siehe dazu z. B. Kempen, in: FS Hahn, 417 (419 ff.); Ruffert, AVR 2000, 129 (139); MacLeod/Hendry/Hyett, S. 179. 35 Grabitz, in: KSE 25, 47 (65); siehe ebenso Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 60; Schloh, in: KSE 25, 83 (90 f.); Sack, in: GS Grabitz, 631 (634 f.); Berrisch, S. 211 ff.; Ott, S. 112 ff. Bei der EG handelte es im Übrigen nur um eine von ca. 30 „de facto Vertragsparteien“ des GATT, die ansonsten freilich allesamt Staaten waren. Schließlich genügte dafür die Anwendung der GATT-Regeln im nationalen Recht; vgl. Petersmann, in: O’Keeffe/Schermers, 167 (169). Zur Beschreibung der Stellung der EWG im GATT finden sich im Schrifttum eine Vielzahl unterschiedlicher Begriffe und Positionen; vgl. Hipold, S. 52 ff., der selbst wohl dem Begriff einer „Mitgliedschaft sui generis“ am ehesten zugeneigt ist. Im Rahmen dieser Arbeit jedoch genügt es festzuhalten, dass die einzigartige Struktur des GATT der EG die Möglichkeit gegeben hat, in einer Weise gestaltend an der Arbeit einer bedeutenden Staatenverbindung teilzunehmen, die in einer klassischen internationalen Organisation nur mittels einer eigenen Mitgliedschaft möglich gewesen wäre. 36 Vgl. Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1237 f.). 37 Dieser wurde im Rahmen des Internationalen Weizenabkommens geschaffen; ABl. Nr. L 219 v. 09.08.1974, S. 25. Vgl. auch Denza, in: Emiliou/O’Keeffe, 3 (5).
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b) Alleinige Mitgliedschaften der EG Betrachtet man die bestehenden Mitgliedschaften der EG, so handelt es sich in der überwiegenden Anzahl der Fälle um gemeinsame Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten. Nur selten haben die Mitgliedstaaten aufgrund einer umfassenden ausschließlichen Zuständigkeit der EG eine internationale Organisation mit dem Beitritt der EG verlassen.39 Sie sind vor allem auf zwei Politikbereiche beschränkt geblieben: Zum einen sind insoweit verschiedene Regionalorganisationen im Fischereibereich, wie z. B. die NAFO oder der Ostseefischereirat40, zu nennen. Zum anderen ist die EG alleiniges Mitglied in denjenigen internationalen Rohstofforganisationen, für deren Rohstoff innerhalb der Gemeinschaft ein gemeinsamer Markt existiert, namentlich der Internationalen Zucker-Organisation41, dem Internationalen Olivenölrat42 sowie dem Internationalen Getreiderat.43 Auffällig ist, dass es sich bei diesen Organisationen allesamt um hoch spezialisierte, teilweise gar nur regional tätige internationale Organisationen ohne grundlegende politische Bedeutung handelt.44 Zudem sind sowohl die Fischerei38 Vgl. Kommissionsdokument SEK/2002/0381 endg. s. o. unter 3. Teil A. III. 1. Zum aktuellen Stand der Beitrittsbemühungen der Kommission siehe http://ec.europa. eu/transport/air_portal/international/icao_en.htm (Stand: 10.03.2007). 39 MacLeod/Hendry/Hyett, S. 170; Sack, ZEuS 2001, 267 (278). Es ist dabei zu beachten, dass die EG, wenn sie alleine Mitglied einer anderen internationalen Organisation ist, wie alle anderen Mitglieder nur über eine Stimme verfügt. Ist sie dagegen zusammen mit ihren Mitgliedstaaten Mitglied, verfügt sie über die geballte Stimmenanzahl, wenn sie im Rahmen ihrer Zuständigkeit abstimmt; Dies gilt zumindest für internationale Organisationen in denen das Prinzip „one state, one vote“ gilt, was bei der überwiegenden Mehrzahl von internationalen Organisationen der Fall ist. 40 ABl. Nr. L 378 v. 30.12.1978, S. 2 ff. (NAFO) bzw. ABl. Nr. L 237 v. 26.08.1983, S. 4 (Ostseefischereirat). Eine abschließende Aufzählung der Organisationen im Bereich der Fischereipolitik mit einer ausschließlichen Mitgliedschaft der EG ist zu finden bei Sack, ZEuS 2001, 267 (277, Fn. 10); Schermers/Blokker, § 81 sowie MacLeod/Hendry/Hyett, S. 186 f. 41 Errichtet aufgrund Art. 7 ff. des Internationalen Zucker-Übereinkommens von 1992, ABl. Nr. L 379 v. 23.12.1992, S. 15 ff. (verlängert bis 31.12.2007; vgl. ABl. Nr. C 322 v. 17.12.2005, S. 3). 42 Errichtet aufgrund Art. 3 ff. des Internationalen Übereinkommens von 1986 über Olivenöl und Tafeloliven in der Fassung von 1993; ABl. Nr. L 298 v. 03.12.1993, S. 36. Seit Anfang 2006 gilt das neu ausgehandelte Übereinkommen von 2005 über Olivenöl und Tafeloliven; KOM/2005/463 endg. v. 30.09.2005). 43 Errichtet aufgrund Art. 9 ff. des Internationalen Getreidehandel-Übereinkommens von 1995; ABl. Nr. L 21 v. 27.01.1996, S. 47 ff. (am 13./14. Juni 2005 während der 21. Tagung des Internationalen Getreiderates verlängert bis 30.06.2007, siehe unter http://www.admin.ch/ch/d/as/2005/2597.pdf, Stand: 10.03.2007). Dagegen besteht in dem aufgrund des Nahrungshilfe-Übereinkommens geschaffenen Nahrungshilfekomitee eine gemischte Mitgliedschaft. Getreidehandels-Übereinkommen und Nahrungshilfe-Übereinkommen zusammen bilden die sog. Internationale Getreide-Übereinkunft von 1995.
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als auch die Rohstofforganisationen bloße sog. „abkommensbezogene“ bzw. „Rumpforganisationen“: Eine Vielzahl internationaler Abkommen schafft mittlerweile mit dem Vertragsschluss zugleich eine gewisse organschaftliche Struktur zwischen den Vertragsparteien, um die Durchführung des Abkommens zu erleichtern bzw. zu überwachen und Änderungen vorzubereiten.45 Im Unterschied zu den internationalen Organisationen „im klassischen Sinne“ fehlt es Rumpforganisationen in der Regel einerseits an einer autonomen, d.h. unabhängig von der Rolle als Vertragspartei eines einzigen Abkommens ausgestalteten, Mitgliedschaft.46 So schafft z. B. Art. 3 Abs. 1 des Übereinkommens von 1986 über Olivenöl und Tafeloliven „zur Anwendung dieses Übereinkommens und zur Überwachung seiner Durchführung“ den „Internationalen Olivenölrat“. Gem. Art. 4 Abs. 1 ist dabei „jede Vertragspartei dieses Übereinkommens [. . .] Mitglied des Rates“.47 Andererseits ist die Existenz der Rumpforganisation zumeist an die Laufzeit des jeweiligen Abkommens gekoppelt. Dies zeigt sich deutlich an den verschiedenen Rohstoffabkommen, die allesamt nur eine Geltungsdauer von wenigen Jahren haben und sodann entweder in ihrer Laufzeit verlängert oder neu verhandelt werden.48 Die jeweiligen Durchführungsorgane der Rohstoffabkommen sind dabei von der beschränkten Geltungsdauer nicht ausgenommen. Gerade die kurze Laufzeit kann aber eine Mitgliedschaft der EG erleichtern, da das Abkommen ohnehin regelmäßig neu verhandelt werden muss. Während dieser Verhandlungsrunden kann sodann gleichsam auch die Frage einer EG Mitgliedschaft angesprochen und die notwendigen Änderungen in den zukünftigen Abkommen sogleich beschlossen werden können. Dennoch weisen Rumpforganisationen sämtliche Attribute auf, die aus völkerrechtlicher Sicht eine internationale Organisation ausmachen: Sie stellen auf gewisse Dauer angelegte und auf einen völkerrechtlichen Vertrag zurückzufüh44
Siehe auch Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1238). Im Schrifttum werden noch weitere Begriffe für die Beschreibung von Rumpforganisationen verwandt. So spricht Kokott im Zusammenhang mit den Fischereiorganisationen von „Implementierungsorganisationen“; Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 66. In dieser Arbeit jedoch wird durchgängig von „Rumpforganisationen“ gesprochen. 46 Vgl. Sack, in: GS Grabitz, 631 (640 f.). 47 Nahezu identische Bestimmungen finden sich im Internationalen Zucker-Übereinkommen von 1992, dessen Art. 3 Abs. 1 die Fortführung der Internationalen ZuckerOrganisation „zur Anwendung dieses Übereinkommens und zur Überwachung seiner Durchführung mit den in diesem Übereinkommen genannten Bestimmungen über Mitgliedschaft, Befugnisse und Aufgaben“ regelt. Nach Art. 4 ist zudem „jede Vertragspartei [. . .] Einzelmitglied der Organisation“. Auch nach Art. 2 Nr. 1 b) des Getreidehandel-Übereinkommens „bedeutet ,Mitglied‘ eine Vertragspartei des Übereinkommens“. 48 So finden sich entsprechende Klauseln über die Geltungsdauer der Rohstoffabkommen stets in den Schlussbestimmungen der Vertragstexte, z. B. in Art. 45 Abs. 1 des Internationalen Zucker-Übereinkommens von 1992 oder in Art. 60 Abs. 1 des Internationalen Übereinkommens von 1986 über Olivenöl und Tafeloliven. 45
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rende Vereinigungen von zumindest zwei Völkerrechtssubjekten dar, weisen eine Organstruktur auf und sind von ihren Mitgliedern mit der eigenständigen Ausübung bestimmter Aufgaben betraut worden.49 Es ist daher nur konsequent, die im Völkerrecht für internationale Organisationen geltenden Grundsätze auch auf Rumpforganisationen anzuwenden.50 Richtigerweise sollten daher auch die Mitgliedschaften der EG in Rumpforganisationen mit in die nachfolgende Untersuchung gemischter Mitgliedschaften einbezogen werden.51 Dies gilt umso mehr, als dass durch die Betrachtung der Regelwerke von Rumpforganisationen nicht zuletzt auch weitere Vergleichsmöglichkeiten zur Beurteilung der seltenen „klassischen“ gemischten Mitgliedschaften in WTO und FAO gegeben sind.52 c) Bestehende gemischte Mitgliedschaften Bei den restlichen Mitgliedschaften der EG sind die Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt des EG-Beitritts nicht aus den jeweiligen internationalen Organisationen ausgeschieden, selbst wenn ihnen wie z. B. bei einigen Rohstofforganisationen, kaum noch substantielle Kompetenzen verblieben sind.53 Teilweise wurden 49 Dies gilt im Übrigen auch für nahezu alle, auf Grundlage des Art. 310 EGV geschlossenen Assoziierungsabkommen. Auch Assoziierungsabkommen fallen schließlich unter den Abkommensbegriff des Art. 300 EGV und stellen somit völkerrechtliche Verträge mehrerer Völkerrechtssubjekte dar; vgl. Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 310, Rn. 21. Zudem besitzen sie mit dem jeweiligen Assoziationsrat zumindest ein eigenes Organ mit eigenen Entscheidungsbefugnissen und sind somit als eigenständige internationale Organisationen zu bewerten; vgl. Grabitz, in: KSE 25, 47 (59 f.); Schermers/Blokker, § 81. Soweit sie auf gemischter Grundlage abgeschlossen wurden, sind sie grundsätzlich in die Betrachtung gemischter Mitgliedschaften mit einzubeziehen. Allerdings ist zu bedenken, dass Assoziierungsabkommen die Besonderheit aufweisen, ihrem Charakter nach bilateraler Natur zu sein; vgl. Stein, S. 39. Die Stellung der Gemeinschaftsgruppe innerhalb solcher Abkommen ist daher kaum mit der in multilateralen Abkommen oder gar klassischen internationalen Organisationen zu vergleichen. Die Regelungen von Assoziierungsabkommen bieten mithin anders als multilaterale Rumpforganisationen keinen geeigneten Vergleichsmaßstab für eine Untersuchung gemischter Mitgliedschaften. 50 Vgl. Sack, ZEuS 2001, 267 (282). Zudem stellen Rumpforganisationen bereits die Mehrheit aller internationalen Organisationen dar. s. o. unter 3. Teil. 51 Vgl. Sack, in: GS Grabitz, 631 (641). 52 Nicht unter den Begriff der Rumpforganisationen fallen dagegen völkerrechtliche Abkommen, die zwar der internationalen Gemeinschaft ein Forum der Zusammenarbeit bieten, jedoch selbst keine oder nur rudimentäre organisatorische sowie finanzielle Strukturen vorsehen und daher insoweit stets von konkreten Beschlüssen der internationalen Gemeinschaft abhängig sind. Ein solcher Fall ist der Stabilitätspakt für Südosteuropa, dem neben den südosteuropäischen Staaten zwar u. a. die Mitgliedstaaten der EG sowie die Kommission als „Partner“ angehören. Die ihm zugrundeliegende sog. „Kölner Erklärung“ v. 10.06.1999 sieht zudem u. a. die Schaffung des Amtes eines Sonderkoordinators (in Abschnitt IV.13) sowie das regelmäßige Abhalten von sog. Arbeitstischen (IV.12 und 14) vor. Es wurde allerdings gerade keine eigenständige Organisation geschaffen, der etwa eigene Durchführungskompetenzen bzw. finanzielle Ressourcen zukommen.
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sogar innerhalb der Organisationen zusätzliche Aufgabenbereiche geschaffen, die in die mitgliedstaatliche Zuständigkeit fallen, um eine weitere Mitgliedschaft der Mitgliedstaaten in der Organisation zu rechtfertigen.54 Bei diesen Mitgliedschaften handelt es sich folglich um „gemischte“. Auch die Mehrzahl der gemischten Mitgliedschaften besteht in bloßen Rumpforganisationen, allen voran in einigen der internationalen Rohstofforganisationen für deren Rohstoffe innerhalb der EG kein gemeinsamer Markt besteht, namentlich in der Internationalen Kaffee-55, Tropenholz-56, Kakao-57 sowie Naturkautschukorganisation.58 Zu nennen sind ferner Mitgliedschaften in Rumpforganisationen im Marken-59 sowie im Umweltrecht60, allen voran die, auf dem SRÜ basierende, gemischte Mitgliedschaft in der ISBA.61 53 Der Verbleib in der Organisation geschieht dann oftmals gegen das Ansinnen der Kommission; vgl. Sack, ZEuS 2001, 267 (277). Die Mitgliedstaaten begründen ihren Nichtaustritt dabei u. a. mit dem Argument, dass dadurch das höhere Stimmengewicht der EG verloren ginge. Sack bezeichnet dieses Argument jedoch richtigerweise als bloßes „Scheinargument“, hängt doch der Einfluss von Staaten in internationalen Organisationen aufgrund des zumeist geltenden Grundsatzes „one state, one vote“ ohnehin nicht primär von der Stimmenanzahl ab, wie vor allem das Beispiel der USA zeigt. Ein starkes Auftreten kombiniert mit politischem und wirtschaftlichem Gewicht ist daher von weitaus größerer Bedeutung als die Anzahl der zur Verfügung stehenden Stimmen. Dies gilt umso mehr, als dass im Rahmen von internationalen Organisationen stets versucht wird, im Konsensverfahren zu entscheiden und wirkliche Abstimmungen nur selten erfolgen. Siehe Sack, ZEuS 2001, 267 (278); ders., CML Rev. 1995, 1227 (1237). 54 Ohne eine bestimmte internationale Organisation zu nennen, nennt Sack insoweit die Materien „Forschung“ und „Arbeit“ als oft vorgeschobene Gründe; Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1236). 55 Errichtet aufgrund Art. 4 ff. des Internationalen Kaffee-Übereinkommens von 2001; ABl. Nr. L 326 v. 11.12.2001, S. 22 ff. 56 Errichtet aufgrund Art. 3 ff. des Internationalen Tropenholz-Übereinkommens von 1994, ABl. Nr. L 208 v. 17.08.1996, S. 1 ff. (bisher verlängert bis 31.12.2006, ABl. C 376 v. 29.12.2000, S. 2. Über einen Nachfolgevertrag wird noch verhandelt). 57 Errichtet aufgrund Art. 3 ff. des Internationalen Kakao-Übereinkommens von 2001, ABl. Nr. L 342 v. 17.12.02, S. 1 ff. 58 Errichtet aufgrund Art. 3 ff. des Internationalen Naturkautschuk-Übereinkommens; ABl. Nr. L 324 v. 13.12.1996, S. 1 ff. Eine gemischte Mitgliedschaft bestand ferner – bis zu deren Liquidation am 12.04.2000 aufgrund des Auslaufens des zugrundeliegenden Internationalen Übereinkommens über Jute und Juteprodukte von 1989 (ABl. Nr. L 29 v. 04.02.1991, S. 4 ff.) tags zuvor – in der Internationalen Jute-Organisation. Zudem existieren gemischte Mitgliedschaften mehrerer Studiengruppen, die als Nachfolgeorganisationen von Rohstofforganisationen gegründet wurden, so z. B. in der Jute-Studiengruppe (ABl. Nr. L 112 v. 27.04.2002, S. 35 ff.) sowie der Zinn- (ABl. Nr. L 89 v. 10.04.1991, S. 33 ff.), Nickel- (ABl. Nr. L 293 v. 24.10.1991, S. 23 ff.) und Kupfer-Studiengruppe (ABl. Nr. L 89 v. 10.04.1991, S. 39 ff.). Die organisatorische Ausgestaltung der Studiengruppen geht aber ebenfalls nicht über bloße Rumpforganisationen hinaus. 59 Art. 10 ff. des Protokolls über die Vereinbarung von Madrid zur internationalen Registrierung der Marken v. 27.06.1989, das am 01.10.2004 für die EG in Kraft getreten ist (ABl. Nr. L 296 v. 14.11.2003, S. 20 ff.), greifen zur Durchführung des Proto-
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
Im Unterschied zu den alleinigen Mitgliedschaften der EG lassen sich aber auch einige wenige Beispiele gemischter Mitgliedschaften in wirtschaftlich und politisch bedeutenden internationalen Organisationen im klassischen Sinne nennen: So sind die EG und ihre Mitgliedstaaten gemeinsam Mitglieder in der EBWE62 und der Codex alimentarius-Kommission, einer gemeinsamen Tochterorganisation von FAO und WHO.63 In der OECD ist die EG zwar nicht Mitglied, doch hat sie eine innerorganisatorische Stellung, die der eines Mitglieds ohne Stimmrecht gleichkommt.64 Vor allem aber bestehen gemeinsame Mitgliedschaften in der FAO65 und der WTO.66
kolls auf die „Versammlung“ des Madrider Abkommens (Art. 10) zurück und schaffen zudem ein „Internationales Büro“ (Art. 11), das für die „internationale Registrierung sowie die anderen Verwaltungsaufgaben“ zuständig ist. 60 Gem. Art. VII ff. des Übereinkommens von Canberra v. 20.05.1980 über die Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis wurde eine „Kommission“ geschaffen, deren Aufgabe es ist, die „Ziele und Grundsätze“ des Übereinkommens zu verwirklichen; ABl. Nr. L 252 v. 05.09.1981, S. 26. Siehe ferner Art. 7–18 des VN-Rahmenabkommens über Klimaänderungen, ABl. Nr. L 33 v. 07.02.1994, S. 11. EG, EAG und Mitgliedstaaten sind zudem Mitglieder des Europäischen Energie Charta Vertrages, der eine Vertragsstaatenkonferenz und ein Sekretariat vorsieht; ABl. Nr. L 69 v. 09.03.1998, S. 1. 61 Die ISBA wurde durch Art. 156 ff. SRÜ in der Fassung des Änderungsabkommens v. 28.02.1994 zu Teil XI dieses Übereinkommens geschaffen. In Art. 156 Abs. 2 heißt es: „Alle Vertragsstaaten sind ipso facto Mitglieder der Behörde“. Vgl. zum Beitritt der EG zu beiden Abkommen den Beschluss des Rates v. 23.03.1998, ABl. Nr. 179 v. 23.06.1998, S. 1. Vgl. auch Tomuschat, in: Liber Amicorum Tono Eitel, 799 (801 f.). Angesichts ihrer organisatorischen Komplexität und verhältnismäßig großen Kompetenzausstattung wird die ISBA teilweise aber auch den klassischen internationalen Organisationen zugeordnet; so z. B. Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1250 f.). 62 Vgl. ABl. Nr. L 372 (S. 1) und L 377 (S. 3) v. 31.12.1990. Ausführlich zur Mitgliedschaft der EG in der EBWE Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1247 f.) sowie Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 68. 63 Die Mitgliedstaaten haben sich aber u. a. ein nationales Rederecht selbst bei ausschließlicher Gemeinschaftszuständigkeit vorbehalten; siehe Sack, ZEuS 2001, 267 (281). 64 Vgl. Art. 13 und das 1. Zusatzprotokoll des OECD-Vertrages v. 16.12.1960. Im Unterschied zu einem bloßen Beobachterstatus beruht die Beteiligung der EG mit Art. 13 des OECD-Vertrages zudem auf einer statutarischen und nicht nur vertraglichen Rechtsgrundlage. Siehe auch Sack, ZEuS 2001, 267 (281); Grabitz, in: KSE 25, 47 (65 f.). 65 Siehe den Vorschlag der Kommission für den Beitrittsbeschluss des Rates (KOM/ 91/387endg.), ABl. Nr. C 292 v. 09.11.1991, S. 8, der durch den Rat am 25.11. leicht abgeändert durch ein nicht veröffentlichtes Dokument angenommen wurde. 66 Vgl. Beschluss des Rates v. 22.12.1994, ABl. Nr. L 336 v. 23.12.1994, S. 1 ff.
A. Annäherungsversuche an das Rechtskonzept
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aa) Die gemischte Mitgliedschaft in der FAO Der Beitritt der EG zur FAO im Jahre 1991 hat politisch wie juristisch Aufsehen erregt, stellte die Mitgliedschaft der EG doch die erste ihrer Art in einer universell ausgerichteten, internationalen Organisation des VN-Systems dar.67 Bis 1991 hatte die EG in der FAO den Status eines Beobachters inne. Am 26.11.1991 erfolgte – nach mehr als vierjährigen informellen und zehnmonatigen formellen Verhandlungen – der Beitritt der EG als Mitglied.68 Die gemeinschaftsrechtliche Notwendigkeit einer Mitgliedschaft der EG stand dabei bereits seit Mitte der siebziger Jahre außer Frage, da die EG zweifellos für eine Vielzahl der Aufgaben der FAO völlig oder teilweise zuständig ist.69 Der Kommissionsvorschlag für den Beitritt der EG nimmt ausdrücklich Bezug auf die Gemeinsame Agrarpolitik (der jetzige Art. 37 EGV als eine implizite Außenkompetenz), die Gemeinsame Handelspolitik (der jetzige Art. 133 EGV) sowie Art. 308 EGV.70 Zu nennen sind aber auch die Bereiche Fischereipolitik (Art. 102 der Beitrittsakte 1972), Forschung und Entwicklung (Art. 163 ff. EGV) sowie Umweltschutz (Art. 174 ff. EGV).71 Die erste Euphorie über den gelungenen Beitritt der EG ist mittlerweile jedoch einer – teils erheblichen – Kritik an der konkreten Ausgestaltung der Mitgliedschaft gewichen. Die Mitgliedschaft der EG wird nämlich von substantiellen rechtlichen Einschränkungen geprägt, welche vor allem von den USA sowie Japan verlangt und von den Mitgliedstaaten akzeptiert wurden. Dabei steht primär das Erfordernis der Abgabe von Kompetenz- und Stimmrechtserklärungen für jeden Tagesordnungspunkt einer FAO-Sitzung nach Regel XLI Abs. 2 FAOVO im Mittelpunkt der Kritik.72 bb) Die gemischte Mitgliedschaft in der WTO Der gemischten Mitgliedschaft in der WTO liegt dagegen mit der jahrzehntelangen, effektiven Mitarbeit der EG an den Handelsrunden des GATT Systems anstelle und im Namen der Mitgliedstaaten eine einzigartige historische 67 Siehe dazu Frid, S. 229 ff.; dies., EJIL 1993, 239 (239 ff.); ebenso Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (165 ff.); Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1243 ff.); ders., in: GS Grabitz, 631 (648 ff.); MacLeod/Hendry/Hyett, S. 176 ff. 68 Vgl. ABl. Nr. C 326 v. 16.12.1991, S. 238. Hierfür wurde Art. II Abs. 4 FAOV dergestalt geändert, dass neben Staaten auch „regional economic integration organizations“ Mitglieder (sog. „member Organizations“) der FAO werden können. 69 Frid, EJIL 1993, 239 (239). 70 ABl. Nr. C 292 v. 09.11.1991, S. 8. 71 Vgl. zu den gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen umfassend Frid, S. 233 ff. 72 Vgl. Sack, in: GS Grabitz, 631 (650 f.); Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (165); Heliskoski, S. 134 ff.
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
Entwicklung zugrunde, die bei der Beurteilung der jetzigen Mitgliedschaft der EG in der WTO stets berücksichtigt werden muss.73 Aufgrund dessen war die EG auch von Beginn an in die Verhandlungen im Rahmen der Uruguay-Handelsrunde von 1986–1994 eingebunden, die schließlich 1995 zur Gründung der WTO durch die bisherigen Vertragsparteien des GATT führten. Die zukünftige Vollmitgliedschaft der EG in der WTO stand dabei für die Gründerstaaten außer Frage, zu effektiv hatte sie ihre Rolle während der verschiedenen Handelsrunden ausgeübt.74 Aufgrund dieser günstigen Verhandlungsposition gelang es der Gemeinschaftsgruppe, eine Vollmitgliedschaft der EG in der WTO zu erreichen, die alleine in Art. IX Abs. 1 ÜWTO einer Sonderregelung bei der Stimmrechtsausübung unterliegt.75 Die Mitgliedschaft beruht dabei gemeinschaftsintern insbesondere auf der ausschließlichen EG-Zuständigkeit für die Gemeinsame Handelspolitik gem. Art. 133 EGV. Der Ratsbeschluss über den Abschluss des ÜWTO nimmt jedoch Bezug auf weitere Kompetenzgrundlagen, die von der Agrar- bis hin zur Verkehrspolitik reichen.76 Der EuGH musste sich in Gutachten 1/94 mit der gemeinschaftsinternen Kompetenzaufteilung hinsichtlich der verschiedenen WTO-Handelsübereinkommen ausführlich auseinandersetzen, da die Kommission das Bestehen mitgliedstaatlicher Restkompetenzen anzweifelte. Der Gerichtshof bejahte das Vorliegen einer ausschließlichen EG-Zuständigkeit indes nur für das GATT, bestätigte aber zugleich die Ansicht der Mitgliedstaaten, die für das TRIPs und das GATS von einer zwischen EG und Mitgliedstaaten geteilten Zuständigkeit ausgingen, so dass er im Ergebnis eine gemeinsame Mitgliedschaft der Gemeinschaftsgruppe in der WTO für notwendig erachtete.77
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s. o. unter 3. Teil A. IV. 1. a). Die Mitarbeit der EG war auch vor allem dadurch möglich, dass die ehemalige Sowjetunion die EG als de facto Vertragspartei des GATT ausnahmsweise akzeptierten, während sie eine EG-Beteiligung an multilateralen Abkommen im Übrigen strikt ablehnte; vgl. Heliskoski, S. 124 f.; Vedder, S. 161. 74 Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1248 f.). 75 Die Mitgliedschaft der EG umfasst dabei aufgrund der Konstruktion des WTO Systems als sog. „single undertaking“ (vgl. Art. II Abs. 2 ÜWTO) u. a. sämtliche multilateralen Handelsübereinkünfte – allen voran das GATT –, das TRIPs, das GATS sowie insbesondere auch das Streitbeilegungssystem. 76 Beschluss des Rates v. 22.12.1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde; ABl. Nr. L 336 v. 23.12.1994, S. 1 ff. 77 EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 98, 105. Siehe zum Gutachten 1/94 Hermes, S. 47 ff.; Pescatore, CML Rev. 1999, 387 (387 ff.); Neuwahl, in: Dashwood/Hillion, 139 (139 ff.); Hipold, S. 103 ff.; Bourgeois, CML Rev. 1995, 763 (763 ff.); Appella, ICLQ 1996, 440 (440 ff.); Hilf, EJIL 1995, 245 (245 ff.); Heliskoski, FYIL 1996, 59 (73 ff.).
A. Annäherungsversuche an das Rechtskonzept
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2. Sonstige Formen der Mitarbeit In der überwiegenden Anzahl von internationalen Organisationen erfolgt die Mitarbeit der EG allerdings aufgrund eines unterhalb der Mitgliedschaftsschwelle angesiedelten Status. a) Beobachterstatus In der Mehrzahl der Organisationen kommt der EG ein Beobachterstatus zu. Nur einige wenige Organisationen sehen einen solchen in ihren Satzungen nicht vor, so dass die Teilnahme der EG in diesen Fällen auf eine bloße Zusammenarbeit auf Verwaltungsebene beschränkt ist.78 Zumeist werden die Grundlagen des jeweiligen Beobachterstatus auf vertraglicher Grundlage, den sog. Verwaltungsabkommen, zwischen der Kommission und dem Sekretariat der jeweiligen Organisation vereinbart.79 Eine einheitliche Praxis gibt es jedoch insoweit nicht. So beruht die Wahrnehmung des seit 1974 bestehenden Beobachterstatus in der VN-Generalversammlung auf der Resolution 3208 (XXIX) v. 11.10.1974, in der die Kommission eingeladen wird, als Beobachter an den Beratungen der Generalversammlung und ihrer Hauptausschüsse teilzunehmen.80 Ein genereller völkerrechtlicher Grundsatz über die Rechtsstellung eines Beobachters innerhalb einer internationalen Organisation existiert nicht. Daher variieren die der EG im Rahmen der Wahrnehmung des Beobachterstatus zuerkannten Rechte je nach Organisation.81 Zumeist jedoch ist der Beobachterstatus mit einem Teilnahmerecht ohne Stimm- und Antragsrecht verbunden.82 Dabei ist auch das Teilnahmerecht oftmals begrenzt, z. B. im Hinblick auf die Mitar-
78 Dies gilt z. B. für die ASEAN und den Weltpostverein; vgl. Osteneck, in: Schwarze, EGV, Art. 302, Rn. 1. 79 Diese regeln, völkerrechtlich verbindlich, die Zusammenarbeit zwischen dem administrativen Unterbau verschiedener internationaler Organisationen und werden in der Praxis zumeist in Form eines Briefwechsels zwischen der Kommission und dem Sekretariat der Organisation abgeschlossen. In diesem Sinne ist z. B. der Beobachterstatus in der ILO (Abkommen über die Zusammenarbeit zwischen der ILO und der EWG v. 07.07.58; ABl. Nr. 27 v. 27.04.1959, S. 521 ff. sowie zwischen der EAG und der ILO v. 26.01.1961; ABl. Nr. 18 v. 09.03.1961, S. 473 ff.) und dem Europarat (Briefwechsel zwischen dem Präsidenten der EWG-Kommission und dem Generalsekretär des Europarates; Bulletin der EWG 1959 Nr. 4, S. 30 f.) geregelt. Osteneck geht von bisher ca. 70 Verwaltungsabkommen aus; vgl. Osteneck, in: Schwarze, EGV, Art. 302, Rn. 9. 80 In Resolution 3208 (XXIX) heißt es: „The General Assembly, [. . .], requests the Secretary-General to invite the European Economic Community to participate in the sessions and work of the General Assembly in the capacity of observer“. 81 Siehe die ausführliche Darstellung der Einzelheiten des Beobachterstatus der EG bei Groux/Manin, S. 48 ff. 82 MacLeod/Hendry/Hyett, S. 170; Osteneck, in: Schwarze, EGV, Art. 302, Rn. 1 f.; Schröder, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 302, Rn. 4 f.; Groux/Manin, S. 46 ff.
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
beit in bestimmten Fachausschüssen. Beispielhaft ist insofern die Ausgestaltung des Beobachterstatus in der VN-Generalversammlung, welcher der Kommission zwar ein nicht auf bestimmte Sachfragen begrenztes Recht zur Teilnahme an den Beratungen der Generalversammlung und ihrer Hauptausschüsse gewährt. Ein Stimm- oder Antragsrecht steht der Kommission jedoch gar nicht, ein Rederecht nur in den Hauptausschüssen zu. Aus dem Beobachterstatus hat sich in einigen Fällen der sog. „full participant status“ entwickelt. Die EG ist dabei weiterhin kein formelles Mitglied der Organisation, ihr stehen aber – mit Ausnahme des Stimmrechts sowie des Rechts, Verfahrensanträge zu stellen – sämtliche mitgliedschaftlichen Rechte im Rahmen der Sitzungen zu.83 Als Beispiele sind insoweit das VN-Umweltprogramm sowie die OECD zu nennen. b) Der bloße Abschluss der Abkommen einer Organisation Oftmals sind es alleine die Mitglieder einer internationalen Organisation, welche die in dieser erarbeiteten Abkommen abschließen können.84 In einigen Fällen war es der EG aber auch ohne Mitgliedschaftsstatus möglich, derartige Abkommen zu zeichnen: So konnte die EG z. B. im Jahr 2000 zwei WIPO-Abkommen – dem WIPO-Urheberrechtsvertrag85 sowie dem WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger86 – beitreten, ohne selbst Mitglied der WIPO zu sein. Die Öffnung der beiden Abkommen für die EG ist aber nur allzu konsequent. Sie betreffen Bereiche des Rechts des geistigen Eigentums, die in großen Teilen in die Zuständigkeit der EG fallen und dementsprechend durch gemeinschaftliches Sekundärrecht geregelt sind. Die Mitgliedstaaten, die allesamt Mitglieder der WIPO sind, wären also ohne die EG kaum in der Lage, die Erfüllung der beiden WIPO Abkommen sicherzustellen.87 Allerdings erscheint zweifelhaft, ob diese Form der EG-Beteiligung im Hinblick auf ein möglichst kompetenzgerechtes Außenauftreten der EG eine echte Alternative zu einer eigenen Mitgliedschaft bietet. Schließlich ist die EG sowohl an den Ausgangsverhandlungen, aber auch an eventuellen Neuverhandlungen von Teilen der Abkommen, in der Regel nicht als vollwertige Verhandlungspartei beteiligt, da diese primär innerhalb des institutionellen Rahmens der WIPO bzw. der jeweili83 Z. B. das Vorschlagsrecht und das Recht, Änderungsanträge zu stellen; Osteneck, in: Schwarze, EGV, Art. 302, Rn. 1. 84 Dies lässt sich z. B. für die ILO aus Art. 19 Abs. 5 der ILO Constitution folgern, wonach ausgehandelte Abkommen ausschließlich den Mitgliedern der ILO zur Ratifizierung übermittelt werden. 85 WIPO Copyright Treaty; ABl. Nr. L 89 v. 11.04.2000, S. 8 ff. 86 WIPO Performances and Phonograms Treaty; ABl. Nr. L 89 v. 11.04.2000, S. 15 ff. 87 Ebenso z. B. im Fall des im Rahmen der IAEO erarbeiteten Übereinkommens über nukleare Sicherheit von 1994, dessen Vertragspartei die EAG 1999 wurde, ohne Mitglied der IAEO zu sein; vgl. ABl. Nr. L 318 v. 11.12.1999, S. 20 ff.
A. Annäherungsversuche an das Rechtskonzept
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gen Sponsororganisation stattfinden und die EG in diesen eben gerade kein Mitglied ist.88 c) Die EG und internationale Konferenzen Oftmals werden die Verhandlungen über multilaterale völkerrechtliche Abkommen nicht innerhalb des institutionellen Rahmens der zuständigen internationalen Organisation, sondern auf nur für diesen Zweck einberufenen internationalen Konferenzen geführt.89 Fällt der Themenbereich der Konferenz dabei innergemeinschaftlich zumindest zu Teilen in die Kompetenz der EG, sind die Mitgliedstaaten aufgrund Art. 10 EGV verpflichtet, so früh als möglich darauf hinzuwirken, dass der EG die aktive Teilnahme an der Konferenz ermöglicht wird.90 Schließlich kann die EG nur auf diese Weise effektiv Einfluss auf die Ergebnisse der Konferenz nehmen. In der Praxis wird der EG auf Konferenzen, die unter der Schirmherrschaft einer internationalen Organisation erfolgen, in der Regel derjenige rechtliche Status verliehen, den sie auch innerhalb der Organisation inne hat.91 In der Regel kommt der EG also auch auf internationalen Konferenzen nicht die Stellung eines Vollmitglieds zu, wenn sie nicht Mitglied der zuständigen Organisation bzw. wenigstens Vertragspartei eines eventuellen Vorgängerabkommens ist.92 Somit hat eine nicht kompetenzgerechte Vertretung in einer Organisation auch direkte negative Auswirkungen auf den rechtlichen Status der EG innerhalb der von dieser initiierten Konferenzen.
V. Fazit – das doppelte „Gerüst“ gemischter Mitgliedschaften Gemischten Mitgliedschaften liegt mithin ein doppeltes „Gerüst“ zugrunde: Zum einen besteht bei einer gemischten Mitgliedschaft stets eine „Organisationsmitgliedschaft“, also die Mitgliedschaft einer internationalen Organisation 88
Vgl. dazu auch Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (168, Fn. 46). Der Einberufung einer internationalen Konferenz kann eine Vielzahl von rechtlichen wie politischen Gründen zugrunde liegen. So mag es sein, dass es keine zuständige Organisation gibt, die ein mögliches Forum bilden könnte oder die Anzahl der möglichen Vertragsstaaten soll gerade nicht auf die Mitgliedstaaten einer Organisation beschränkt werden. Das abzuschließende Abkommen kann von solch großer grundlegender Bedeutung sein, dass die notwendigen Verhandlungen nur auf einer eigens dafür einberufenen Konferenz erfolgreich geführt werden können, mag dies an den dann fehlenden zeitlichen Beschränkungen oder der dadurch möglichen Konzentration alleine auf das abzuschließende Abkommen liegen. 90 Pernice, EuR 1991, 273 (277); Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 73. 91 MacLeod/Hendry/Hyett, S. 194 f.; Brinkhorst, in: Essays in Honour of Henry G. Schermers, 609 (611). Entsprechend kam der EG beim sog. „Umweltgipfel“ in Rio im Jahr 1992 ein „full participant status“ zu (S. 611 f.). s. o. unter 3. Teil A. IV. 2. a). 92 Vgl. Eberle, S. 156 f. 89
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
in einer anderen. Zum Zweiten stellt die gleichzeitige Mitgliedschaft einer Organisation und ihrer Mitgliedstaaten eine erhebliche Modifikation der normalen mitgliedschaftlichen Struktur internationaler Organisationen dar. Diese beiden Aspekte prägen das Rechtskonzept der gemischten Mitgliedschaft und sind daher in den folgenden Abschnitten zu erörtern.
B. Die Voraussetzungen von „Organisationsmitgliedschaften“ Die gemischte Mitgliedschaft besteht zum einen aus der Mitgliedschaft der eintretenden in der aufnehmenden internationalen Organisation und zum anderen aus der gleichzeitigen Mitgliedschaft der Mitgliedstaaten der eintretenden in der aufnehmenden Organisation. Letztere sind als solche mit keinerlei rechtliche Schwierigkeiten verbunden, handelt es sich bei staatlichen Mitgliedschaften doch um den völkerrechtlichen „Normalfall“. Anders dagegen bei der seltenen Mitgliedschaft einer internationalen Organisation in einer anderen. Die völkerwie gemeinschaftsrechtlichen Voraussetzungen solcher „Organisationsmitgliedschaften“ bedürfen daher der genaueren Betrachtung.
I. Die völkerrechtlichen Voraussetzungen Sack nennt noch 1995 Mitgliedschaften der EG in anderen internationalen Organisationen „im völkerrechtlichen Sinne einen revolutionären, zumindest aber höchst innovativen Akt“.93 Es stellt sich also die Frage nach der völkerrechtlichen Anerkennung dieses Rechtskonzepts. Völkerrechtlich gesehen ist die EG noch immer als eine internationale Organisationen zu behandeln, so dass insbesondere die für diese Völkerrechtssubjekte geltenden völkerrechtlichen Grundsätze Anwendung finden.94 Die völkerrechtlichen Voraussetzungen an eine Organisationsmitgliedschaft folgen dabei einerseits aus den Anforderungen, die das Völkerrecht generell an die Mitgliedschaft einer internationalen Organisation in einer anderen stellt und denjenigen, welche die jeweilige Satzung der aufnehmenden Organisation zusätzlich statuiert. 1. Die Rolle von Organisationen in der internationalen Gemeinschaft Die Völkerrechtssubjektivität internationaler Organisationen ist im Gegensatz zu derjenigen von Staaten keine originäre, sondern eine von der Rechtspersön-
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Sack, in: GS Grabitz, 631 (634). s. o. unter 2. Teil D. I. 1.
B. Die Voraussetzungen von „Organisationsmitgliedschaften‘‘
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lichkeit ihrer Mitglieder abgeleitete.95 Nur soweit eine Organisation von ihren Mitgliedern mit eigenen Kompetenzen ausgestattet ist, kommen ihr völkerrechtliche Rechte und Pflichten und damit letztlich auch eine eigene Völkerrechtssubjektivität zu.96 Es verwundert daher nicht, dass es sich bei den Mitgliedern internationaler Organisationen nahezu immer um Staaten handelt, die mit der, durch die Gründung einer solchen Organisation erreichten, Institutionalisierung eines Teiles ihrer Außenbeziehungen in der Regel eine effektivere Behandlung bestimmter außenpolitischer Themen erreichen wollten. Dementsprechend kam und kommt noch immer der Staatengemeinschaft die „Schlüsselrolle“97 bei der Entstehung internationaler Organisationen zu.98 Mittlerweile sind die Außenbeziehungen aufgrund der Anzahl und der Intensität der bestehenden völkervertraglichen Verpflichtungen in vielen Politikbereichen bereits so komplex geworden, dass sie nur mittels der Arbeit internationaler Organisationen überhaupt noch handhabbar sind. Aufgrund dieser Entwicklung wurden vor allem im Laufe der letzten Jahrzehnte die internationalen Organisationen selbst zu einem gewichtigen Faktor im internationalen Rechtsverkehr. Dies gilt vor allem für die EG, der im Laufe der gemeinschaftlichen Integration mittlerweile in vielen Politikbereichen substantielle Rechtssetzungsbefugnisse von ihren Mitgliedstaaten übertragen wurden, dies teilweise unter Aufgabe sämtlicher nationaler Befugnisse in diesen Gebieten. Um insoweit auch weiterhin eine effektive Gestaltung der Außenbeziehungen zu gewährleisten, war eine Einbeziehung der EG in die Arbeit derjenigen Organisationen notwendig, deren Aufgabengebiet in den gemeinschaftlichen Zuständigkeitsbereich fällt.99 Dieses Bedürfnis wurde durch den Umstand verstärkt, dass auf völkerrechtlicher Ebene zur gleichen Zeit immer mehr internationale Verpflichtungen im Rahmen von Entscheidungen internationaler Organisationen und nicht mehr durch klassische völkerrechtliche Verträge begründet wurden.100 Um dabei ihren internen, allen voran ausschließlichen Zuständigkeiten zu entsprechen, genügt jedoch eine begrenzte Teilnahme z. B. als Beobachter nicht. Vielmehr bedarf es einer eigenen Mitgliedschaft der EG in diesen Organisationen.
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Vgl. Epping, in: Ipsen, § 31, Rn. 1; Sack, in: GS Grabitz, 631 (632). Epping, in: Ipsen, § 6, Rn. 5. Ausführlich s. o. unter 2. Teil D. I. 1. b). 97 Report of the ILC on the work of its 55th session, 5 May–6 June and 7 July–8 August 2003 (A/58/10), Commentary to Art. 2, S. 44, Rn. 11, veröffentlicht im Internet unter http://untreaty.un.org/ilc/reports/2003/2003report.htm (Stand: 10.03.2007). 98 So stellt z. B. der IGH noch 1996 fest: „International Organizations [. . .] are invested by the States which create them with powers, the limits of which are a function of the common interests whose promotion those States entrust to them“; IGH, Legality of the Use by a State of Nuclear Weapons in Armed Conflict, Advisory Opinion, ICJ Reports, 1996, 66 (78, Rn. 25). 99 Petersmann, in: O’Keeffe/Schermers, 167 (167 f.). s. o. unter 3. Teil. 100 Pescatore, CML Rev. 1979, 615 (629). 96
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
2. Die Mitgliedschaftsfähigkeit internationaler Organisationen Daher stellt sich zuerst die grundsätzliche Frage, ob die Mitgliedschaft einer internationalen Organisation in einer anderen völkerrechtlich überhaupt zulässig ist. Die Staaten besitzen als originäre Völkerrechtssubjekte mit unbeschränkter Rechtspersönlichkeit ohne weiteres eine generelle Mitgliedschaftsfähigkeit. Ob internationalen Organisationen dieselbe Fähigkeit zukommt, ist dagegen – zumindest auf den ersten Blick – fraglich, besitzen sie doch lediglich eine beschränkte Völkerrechtspersönlichkeit. a) Gleichstellung von staatlichen und Organisationsmitgliedschaften Betrachtet man allerdings die rechtlichen Instrumente, die zu einer Organisationsmitgliedschaft führen sowie die entsprechende völkervertragliche Übung, wird deutlich, dass das Völkerrecht von einer grundsätzlichen Gleichstellung der staatlichen und der Organisationsmitgliedschaften ausgeht: aa) Rechtsinstrumente, die zu einer Organisationsmitgliedschaft führen Internationale Organisationen beruhen per definitionem auf einem völkerrechtlichen Gründungsvertrag bzw. auf einem anderen völkerrechtlichen Rechtsinstrument.101 Die Mitgliedschaft in der Organisation wird durch die Teilnahme an diesem erworben.102 Der Abschluss eines Vertrages ist dabei die Regel.103 Ist die Entstehung der aufnehmenden Organisation auf einen völkerrechtlichen Vertrag zurückzuführen, gibt es nur zwei Rechtsinstrumente, die zu einer Mitgliedschaft in einer internationalen Organisation führen können: Zum einen ist das Völkerrechtssubjekt ein Gründungsmitglied der internationalen Organisation, hat also den völkerrechtlichen Gründungsvertrag unterzeichnet und ratifiziert, wobei die Existenz der Organisation mit dem Inkrafttreten dieses Abkommens 101
s. o. unter 2. Teil D. I. 1. a). Klein, in: Vitzthum, 4. Abschn., Rn. 32 und 61; Epping, in: Ipsen, § 31, Rn. 11; Epping, in: Hobe, 12 (21); T. Stein/von Buttlar, Rn. 368; Köck/Fischer, S. 536; Schermers, in: EPIL II, 1320 (1322). 103 Einige wenige Organisationen wurden anders als durch Ratifikation eines völkerrechtlichen Gründungsvertrages geschaffen, so z. B. der Nordische Rat durch übereinstimmende Beschlüsse der mitgliedstaatlichen Parlamente (obgleich ein entsprechender Vertrag nachträglich geschlossen wurde) oder die OSZE, die sich sukzessive aus der KSZE entwickelte; vgl. Report of the ILC on the work of its 55th session, 5 May–6 June and 7 July–8 August 2003 (A/58/10), Commentary to Art. 2, S. 33, Rn. 4, veröffentlicht im Internet unter http://untreaty.un.org/ilc/reports/2003/2003report.htm (Stand: 10.03.2007). Siehe auch Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rn. 402. Doch stellen auch diese anderen Formen der Willenseinigung völkerrechtliche Verträge im materiellen Sinne dar, binden sich die beteiligten Staaten doch dadurch auf zwischenstaatlicher Ebene. 102
B. Die Voraussetzungen von „Organisationsmitgliedschaften‘‘
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beginnt.104 Zum anderen kann die Völkerrechtsperson aber auch einer bereits bestehenden internationalen Organisation nachträglich beitreten. Im Beitrittsfall wird in der Praxis selten ein neuer multilateraler völkerrechtlicher Vertrag zwischen den bisherigen Mitgliedern und dem eintretenden Mitglied abgeschlossen. Vielmehr vollzieht sich der Beitritt in der Regel durch zwei einseitige, aufeinander bezogene Willensbekundungen, ist also im Grunde ein bilateraler Akt: Nach Festlegung der Beitrittsmodalitäten stellt die eintretende internationale Organisation einen Aufnahmeantrag und das für die Aufnahme neuer Mitglieder zuständige Organ der aufnehmenden Organisation entscheidet über diesen gemäß der organisationsinternen Regeln.105 Im Regelfall ist für die Aufnahmeentscheidung Einstimmigkeit bzw. eine qualifizierte Mehrheit der Stimmen der bisherigen Mitglieder in der Vollversammlung der Organisation bzw. in einer Sitzung ihres Leitungsorgans notwendig.106 Es ist also hinsichtlich der zur Verfügung stehenden rechtlichen Instrumente irrelevant, ob es sich um eine staatliche oder eine Organisationsmitgliedschaft handelt. In beiden Fällen bedarf es in der Regel der Mitgründung bzw. des nachträglichen Beitritts zum völkerrechtlichen Gründungsvertrag der Organisation.107 bb) Die völkerrechtliche Übung Auch die völkerrechtliche Übung macht deutlich, dass sich eine Organisationsmitgliedschaft im Grundsatz nicht von einer „normalen“ staatlichen Mitgliedschaft unterscheidet: So zeigt das Beispiel der Fischereiorganisationen, in denen die EG alleiniges Mitglied ist, dass der EG in diesen ein identischer Status wie jedem anderen Mitglied zukommt: Die EG hat dieselben Rechte, eine 104
Epping, in: Ipsen, § 31, Rn. 11 f.; Seidl-Hohenveldern/Loibl, Rn. 401. Vgl. Schermers/Blokker, § 100; Sack, in: GS Grabitz, 631 (654); Govaere/ Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (157); Klein, in: Vitzthum, 4. Abschn., Rn. 63 f. Der genaue Ablauf des Beitrittsverfahrens ist jedoch von Organisation zu Organisation unterschiedlich. Der Beitritt zur WTO z. B. setzt als ersten Schritt einen Beitrittsantrag voraus, der sodann zur Einsetzung einer Beitritts-Arbeitsgruppe führt, in der die genauen Beitrittsbedingungen ausgehandelt werden; vgl. zum WTO-Beitrittsverfahren umfassend Rieck, ZEuS 2003, 153 (158 ff.). 106 So fasst beispielsweise im Falle eines Beitritts zur WTO gem. Art. XII Abs. 2 ÜWTO die Ministerkonferenz als höchstes WTO-Organ durch Annahme des zuvor ausgehandelten Beitrittsprotokolls den Aufnahmebeschluss. Kommt der Beschluss zustande, kann der Antragsteller das Beitrittsprotokoll zeichnen und der WTO beitreten. Gem. Art. XIV Abs. 1 S. 4 ÜWTO wird der Beitritt dreißig Tage nach Hinterlegung der Ratifikationsurkunde beim WTO-Generaldirektor wirksam. 107 So beruht die Gründung des dem Gutachten 1/76 zugrundeliegenden Europäischen Stillegungsfonds für die Binnenschifffahrt auf einer „völkerrechtlichen Vereinbarung“, die der EuGH an den Voraussetzungen von Art. 300 EGV misst; EuGH, Gutachten 1/76, Stillegungsfonds, Slg. 1977, 741, Rn. 5 und 7. Vgl. auch Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 11. 105
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
Stimme und ihre finanziellen Lasten werden anhand derselben Grundsätze bestimmt, wie die der übrigen Mitglieder.108 Entsprechend wird in der Praxis internationaler Organisationen – soweit diese die Mitgliedschaft anderer Organisationen vorsehen – die Organisationsmitgliedschaft den staatlichen Mitgliedschaften grundsätzlich gleichgestellt. Die Satzungen der aufnehmenden Organisationen erreichen dieses Ergebnis mittels zweier unterschiedlicher Regelungstechniken: Die grundsätzliche Gleichstellung kann ausdrücklich aus der Satzung der Organisation folgen. So statuiert Art. II Abs. 3 S. 2 FAOV: „[. . .] references to Member Nations under this Constitution shall include Member Organizations except as otherwise expressly provided“. Das ÜWTO dagegen enthält keine derartige Vorschrift. Eine solche ist aber auch nicht notwendig. Vielmehr beziehen sich dort sämtliche Vorschriften von vorne herein auf die „member“ der WTO, ohne dass etwa zwischen staatlichen Mitgliedern und Organisationen unterschieden würde, während Art. XI Abs. 1 ÜWTO die Mitgliedschaft der EG explizit statuiert. Der im ÜWTO verwirklichte Regelungsweg ist dabei der technisch weitaus saubere, führt er doch zu einer der gesamten Satzung innewohnenden Gleichstellung aller Mitglieder, während eben diese bei der erstgenannten Regelungstechnik durch eine ausdrückliche Norm gewährleistet werden muss.109 b) Die generelle Zulässigkeit von Organisationsmitgliedschaften Der Gleichklang von staatlichen und Organisationsmitgliedschaften muss aber dort seine Grenze finden, wo die Völkerrechtspersönlichkeit internationaler Organisationen beschränkt ist. Beruht die Stellung als Mitglied einer internationalen Organisation gänzlich auf dem jeweiligen Gründungsvertrag, muss die eintretende Organisation, um ein Vollmitglied einer anderen Organisation werden zu können, in der Lage sein, sich in vollem Umfang dem durch die jeweilige Satzung der aufnehmenden Organisation geschaffenen Rechtsregime unterwerfen zu können. Nicht mehr aber auch nicht weniger.110
108 Schermers/Blokker, § 84. Umfassend zu den einzelnen Mitgliedschaften der EG Koers, LIEI 1984/1, 113 (115). 109 Allerdings ist davon auszugehen, dass die Regelungstechnik des ÜWTO kaum als Modell für zukünftige gemischte Mitgliedschaften dienen wird. Durch die Mitgründung der WTO durch die EG bot sich die Gelegenheit das ÜWTO von Anfang an dergestalt zu formulieren, dass die Mitgliedschaft der EG entsprechend anerkannt wird. Tritt die EG dagegen einer bereits bestehenden Organisation bei, ist es weitaus unkomplizierter, lediglich eine Norm i. S. d. Art. II Abs. 3 S. 2 FAOV einzufügen, als nahezu jeden Satzungsartikel zu ändern. 110 Vgl. Klein, in: Vitzthum, 4. Abschn., Rn. 69. Vgl. Frid, S. 167 und 120; Herrmann, in: Bauschke, 139 (142); Schermers/Blokker, § 82; Epping, in: Hobe, 12 (21); Köck/Fischer, S. 537; T. Stein/von Buttlar, Rn. 369.
B. Die Voraussetzungen von „Organisationsmitgliedschaften‘‘
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Setzt man also die Mitgliedschaftsfähigkeit internationaler Organisationen richtigerweise mit einer „Bindungsfähigkeit“ gleich, sind an eine Organisationsmitgliedschaft die folgenden beiden Anforderungen zu stellen111: Zum einen muss die eintretende Organisation Völkerrechtssubjektivität und die damit verbundene Vertragsschlussfähigkeit besitzen, stellen doch internationale Organisationen auf einen völkerrechtlichen Gründungsvertrag zurückführbare Vereinigungen von mindestens zwei Völkerrechtssubjekten dar.112 Zum anderen müssen die Mitglieder einer Organisation, also auch die eintretende Organisation, in Ausübung eigener Zuständigkeiten handeln, ist dies doch Voraussetzung dafür, dass sie die Organisation mit der Wahrnehmung eigener Aufgaben betrauen können. Dies bedeutet, dass die eintretende Organisation hinreichende eigene Zuständigkeiten im Aufgabenbereich der aufnehmenden Organisation besitzen muss, um sämtlichen mit der Mitgliedschaft einhergehenden Rechten und Pflichten nachkommen zu können.113 Da einer internationalen Organisation Völkerrechtssubjektivität gerade insoweit zukommt, als ihr durch den Gründungsvertrag Kompetenzen zur eigenständigen Wahrnehmung im völkerrechtlichen Verkehr von ihren Mitgliedstaaten übertragen wurden, sind internationale Organisationen zumindest potentiell fähig, Mitglied jeder anderen internationalen Organisation zu werden.114 Entsprechend sieht Art. 2 S. 2 der „Draft Articles on Responsibility of International Organizations“ der ILC neben Staaten auch „other entities“ als mögliche Mitglieder internationaler Organisationen vor, wobei in der Begründung zu Art. 2 ausdrücklich auf andere internationale Organisationen als derartige „entities“ verwiesen und die Mitgliedschaft der EG in der FAO als (wenn auch einziges) Beispiel genannt wird.115
111 Vgl. Frid, S. 167 und 120; Herrmann, in: Bauschke, 139 (142); Schermers/Blokker, § 82. 112 s. o. unter 2. Teil D. I. 1. b). 113 Ausdrücklich spricht dies Art. II Abs. 4 FAOV aus: „[. . .] and to which the Member States have transferred competence over a range of matters within the purview of the Organization, including the authority to make decisions binding on its Member States in respect of those matters“. Ebenso Art. XXIX des Übereinkommens von Canberra v. 20.05.1980 über die Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis. Dort heißt es u. a., dass „Organisationen eines regionalen wirtschaftlichen Zusammenschlusses“ nur dann mitgliedschaftsberechtigt ist, wenn „die Mitgliedstaaten der Organisation in den Bereichen, auf denen sich das Abkommen bezieht, ganz oder zum Teil Zuständigkeiten übertragen haben“. 114 s. o. unter 2. Teil D. I. 1. b). 115 Report of the ILC on the work of its 55th session, 5 May–6 June and 7 July–8 August 2003 (A/58/10), Commentary to Art. 2, S. 44, Rn. 13, veröffentlicht im Internet unter http://untreaty.un.org/ilc/reports/2003/2003report.htm (Stand: 10.03.2007).
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c) Die konkreten Voraussetzungen im Einzelfall Im konkreten Anwendungsfall bedarf es für das Vorliegen der Mitgliedschaftsfähigkeit der eintretenden Organisation damit zweierlei: Zunächst muss der eintretenden Organisation gerade auch für den konkreten Aufgabenbereich der aufnehmenden Organisation Zuständigkeiten übertragen worden sein.116 Ist dies der Fall, steht einer Organisation die Mitwirkung an den in ihren Zuständigkeitsbereichen fallenden internationalen Abkommen und Organisationen grundsätzlich offen. Die Mitgliedschaft in einer anderen Organisation ist insofern als logische Konsequenz der zuvor erfolgten Übertragung der entsprechenden Außenkompetenzen an die eintretende Organisation zu sehen.117 In deren Umfang kann eine internationale Organisation mithin auch Mitglied einer anderen Organisation werden. Ferner setzt die konkrete Mitgliedschaftsfähigkeit voraus, dass die aufnehmende Organisation die eintretende Organisation, die als solche lediglich eine partikulare Völkerrechtspersönlichkeit besitzt, überhaupt als Völkerrechtssubjekt anerkennt.118 Sind beide Voraussetzungen erfüllt, ist die eintretende Organisation aus völkerrechtlicher Sicht fähig, Mitglied der aufnehmenden Organisation zu werden. Ob sie aber tatsächlich in das Mitgliedschaftsverhältnis eintreten kann, hängt von weiteren, in der Regel der Satzung der aufnehmenden Organisation zu entnehmenden, Faktoren ab. 3. Weitere Anforderungen durch die Organisationssatzungen Neben den generellen völkerrechtlichen Anforderungen muss die eintretende Organisation zudem sämtliche in der Satzung der aufnehmenden Organisation statuierten weiteren Voraussetzungen an eine Mitgliedschaft erfüllen.119 Bei 116 A. A. wohl Ruffert, AVR 2000, 129 (139), der als zusätzliche Voraussetzung „einer Mitgliedschaft der regionalen in der globalen Organisation“ (bezogen auf einem bestimmten Kompetenzbereich wie z. B. Wirtschaft) verlangt, dass „die Überordnung der globalen über die regionale Ebene eine gewisse sachliche Rechtfertigung aufweist, wie dies [im Verhältnis WTO – EG] für die Herstellung der Bedingungen für den freien Welthandel der Fall ist [. . .]“. Es ist jedoch höchst zweifelhaft, ob die „sachliche Rechtfertigung“ tatsächlich ein taugliches und notwendiges Differenzierungsmerkmal darstellt. Schließlich bedarf es für die Mitgliedschaftsfähigkeit einer ausreichenden und einschlägigen Kompetenzausstattung. Aus dieser folgt dann zwangsläufig die sachliche Rechtfertigung für die Mitarbeit in einer anderen Organisation in dem betreffenden Bereich. 117 Schermers/Blokker, § 82. 118 s. o. unter 2. Teil D. I. 1. b). Eine Anerkennung ist bereits immer dann anzunehmen, wenn die Drittstaaten die grundsätzliche Aufnahme der Organisation befürworten; vgl. Schermers/Blokker, § 82.
B. Die Voraussetzungen von „Organisationsmitgliedschaften‘‘
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(gemischten) Organisationsmitgliedschaften kommt dabei insbesondere die Pflicht zur Abgabe von Kompetenzerklärungen in Betracht.120 a) Beschränkung der Mitgliedschaft auf Staaten Die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen ist, insbesondere in älteren, oftmals auf Staaten beschränkt.121 Diese Beschränkung ist zwar nicht im Sinne eines bewussten, generellen Ausschlusses anderer Völkerrechtssubjekte als Staaten zu verstehen, „sondern eher als eine Selbstverständlichkeit, solange internationale Organisationen gegenüber den Staaten kein eigenes Gewicht erkennen ließen“.122 Dennoch stellt sie im Regelfall ein schwerwiegendes Hindernis für eine Organisationsmitgliedschaft dar: So kann zwar im Fall der Mitgründung der aufnehmenden durch die eintretende Organisation – wie bei der Mitgründung der WTO durch die EG geschehen – der notwendigen Öffnung der Mitgliedschaft auch für andere Organisationen bereits im Laufe der Verhandlungen bei der Formulierung der entsprechenden Vorschriften des Gründungsvertrages entsprochen und ein späteres Mitgliedschaftshindernis damit vermieden werden. Der nachträgliche Beitritt einer Organisation bedarf dagegen in den allermeisten Fällen zunächst der Öffnung der jeweiligen Organisationssatzung für andere Organisationen bzw. nichtstaatliche Völkerrechtssubjekte. In einer solchen „Öffnungsklausel“ kann die EG namentlich genannt werden, d.h. die Satzung sieht – wie z. B. das ÜWTO – vor, dass neben Staaten ausschließlich den Gemeinschaften der Beitritt möglich ist.123 Um jedoch zu vermeiden, dass dies als Privilegierung der europäischen Staaten angesehen wird, wird oft119 Die Aufnahme eines neuen Mitglieds, sei es ein Staat oder eine andere Organisation, ist jedoch in aller Regel eine rein politische Entscheidung der bisherigen Mitglieder. Ein Anspruch auf Aufnahme besteht also selbst dann nicht, wenn die eintretende Organisation sämtlichen völker- sowie die satzungsrechtlichen Anforderungen genügt. 120 So verpflichtet z. B. Art. II Abs. 5 FAOV die EG, bei ihrem Beitritt eine grundsätzliche Erklärung über die Verteilung der Kompetenzen innerhalb der Gemeinschaftsgruppe hinsichtlich der Aufgabenbereiche der FAO abzugeben. Es existieren aber noch eine Vielzahl weiterer Anforderungen an die Mitgliedschaft in einer internationalen Organisation. Vgl. z. B. Art. 4 Abs. 1 CVN: „Mitglied der Vereinten Nationen können alle sonstigen friedliebenden Staaten werden, welche die Verpflichtungen aus dieser Charta übernehmen [. . .]. Oder Art. 49 Abs. 1 S. 1 EUV: „Jeder europäische Staat, der die in Artikel 6 Absatz 1 genannten Grundsätze achtet, kann beantragen, Mitglied der Union zu werden.“ 121 Eine Beschränkungen der Mitgliedschaft auf Staaten finden sich in den meisten Gründungsverträgen internationaler Organisationen, so z. B. in Art. 4 Abs. 1 CVN, Art. 49 Abs. 1 S. 1 EUV, Art. 1 Abs. 2 der ILO Constitution, Art. II der Satzung des IWF, Art. 92 lit. a) Chicago Convention, Art. 4 der Satzung des Europarates sowie Art. 10 des Nordatlantikvertrages. 122 Zieger, in: KSE 25, 103 (109). Die Aufnahmeklauseln der Gründungsverträge tragen also lediglich dem Umstand Rechnung, dass historisch gesehen nur Staaten als potentielle Mitglieder einer internationalen Organisation in Betracht kamen.
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
mals versucht, die rechtlichen Besonderheiten, welche die EG kennzeichnen, objektiv zu umschreiben, so dass theoretisch noch weiteren Organisationen die Möglichkeit der Mitgliedschaft offen steht.124 In den meisten Fällen wird dafür der Begriff der „regional economic integration organisation“ bzw. „Organisation regionaler Wirtschaftsintegration“ verwendet.125 Eine derartige nachträgliche Änderung des Gründungsvertrages stößt allerdings zumeist auf ein doppeltes Problem: Zunächst einmal müssen die bisherigen Mitglieder der aufnehmenden internationalen Organisation einer Öffnungsklausel zustimmen, so dass – abhängig von den jeweiligen Verfahrensvorschriften der Organisation – bereits der politische Widerstand einer kleinen Gruppe von Mitgliedern eine ausreichende Sperrminorität gegen die Öffnung darstellen kann.126 Zudem muss oftmals erst ein Forum für Beitrittsverhandlungen geschaffen werden, da in der Regel die Mitglieder der aufnehmenden Organisation nur in ihrer Gesamtheit über einen Neubeitritt entscheiden können und eine gleichzeitige Verhandlung mit allen Mitgliedern praktisch unmöglich ist.127 Die Beitrittsverhandlungen werden zudem dadurch erschwert, dass es sich bei der Aufnahme einer internationalen Organisation um eine Entscheidung mit Präzedenzcharakter handelt, die weiteren Organisationen mit Hilfe der dann geänderten Satzung Zugang zu der Organisation verschaffen könnte.128 Zwar stellen ausschließlich auf die EG gemünzte Beitrittsklauseln einen Ausweg dar. Diese wiederum führen aber, wie bereits festgestellt, zugleich zu einer ausdrücklichen Sonderstellung der EG, die auf Widerstand aus den Reihen der Staatengemeinschaft stößt. Ist der politische Widerstand überwunden, stellt sich ein zweites, zeitliches Problem: Die jeweils für eine Öffnung erforderliche Mehrheit der bisherigen Mitglieder muss die entsprechende Abänderung des Gründungsvertrages noch ratifizieren, was sich über mehrere Jahre erstrecken kann.129 123 So z. B. Art. XI Abs. 1 ÜWTO sowie Art. 3 Abs. 1 (ii) des Establishing agreement der EBWE. 124 Sack, ZEuS 2001, 274 (276). Dazu auch Herrmann, in: Bauschke, 139 (143). Siehe ausführlich zu den Möglichkeiten der Formulierung von Öffnungsklauseln Groux/Manin, S. 76 ff. 125 In einem internationalen Abkommen wurde der Begriff erstmals mit Art. 14 Abs. 1 des Genfer Übereinkommens über weiträumige Luftverunreinigung vom 13.11. 1979 verwendet; ABl. L 171 v. 27.06.1981, S. 11 ff. Ebenso z. B. Art. 23 des KyotoProtokolls (ABl. Nr. L 130 v. 15.05.2002, S. 4) sowie Art. II Abs. 3 FAOV als Beispiel für eine Organisationssatzung. 126 So bedarf z. B. die Änderung der Chicago Convention gem. Art. 94 lit. a) S. 1 einer Zweidrittelmehrheit. Diese tritt jedoch nach S. 2 i.V. m. S. 3 erst in Kraft, wenn zwei Drittel aller der Vertragsstaaten diese auch ratifiziert haben. Gem. Art. 48 UAbs. 3 EUV bedarf es für eine Änderung der Gemeinschaftsverträge der Ratifizierung aller Mitgliedstaaten. 127 Im Falle des Beitritts der EG zur FAO wurde ein gewählter Ausschuss von Mitgliedstaaten der FAO mit den Beitrittsverhandlungen beauftragt; vgl. Sack, ZEuS 2001, 267 (274). 128 Sack, in: GS Grabitz, 631 (638); Frid, EJIL 1993, 239 (242).
B. Die Voraussetzungen von „Organisationsmitgliedschaften‘‘
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b) Das Bestehen sog. „Subordinationsklauseln“ Eine weitere übliche Beschränkung von Organisationsmitgliedschaften wird durch Satzungsklauseln geschaffen, welche die Mitgliedschaft der eintretenden Organisation zwingend an die gleichzeitige Mitgliedschaft einer bestimmten Anzahl von Mitgliedstaaten der eintretenden Organisationen koppeln (sog. „Subordinationsklauseln“), also eine Mitgliedschaft der EG überhaupt nur in Form einer gemischten Mitgliedschaft zulassen. So verlangt z. B. Art. II Abs. 4 FAOV, dass die Mehrheit der Mitgliedstaaten der eintretenden Organisation ebenfalls Mitglieder der FAO sind.130 Das ÜWTO kennt eine solche Voraussetzung dagegen nicht. Derartige Klauseln beschränken also bereits das „Ob“ und nicht nur das „Wie“ einer Mitgliedschaft der EG.131 Soweit möglich sollte die EG allerdings derartige Klauseln vermeiden, behindern sie doch eine zukünftige alleinige Mitgliedschaft der EG (z. B. aufgrund einer Kompetenzverschiebung zugunsten der EG) insoweit, als dass der Austritt der Mitgliedstaaten sodann nicht nur mit der Notwendigkeit einer Satzungsänderung verbunden ist, sondern gar gegen die bestehende Satzung verstoßen würde. Sie sind daher unzweckmäßig.132 Zudem sind sie weder aus völker129 So stellt die Kommission in ihrer Empfehlung an den Rat, mit der IMO und der ICAO in Verhandlungen über einen EG-Beitritt einzutreten (SEK/2002/0381 endg., s. o. unter 3. Teil A. III. 1.), in Abschnitt 3.3.2 fest: „In jedem Fall werden bis zum Beitritt der Gemeinschaft angesichts der schwerfälligen Verhandlungs- und Ratifizierungsverfahren mehrere Jahre vergehen“. Die (informellen plus formellen) Verhandlungen über den EG-Beitritt zur FAO zogen sich über mehr als vier Jahre hin; vgl. Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1237). 130 Eine zwingende gleichzeitige Mitgliedschaft der Mehrzahl der EG-Mitgliedstaaten verlangt u. a. auch Art. 2 der Anlage IX des SRÜ: „Eine internationale Organisation kann dieses Übereinkommen unterzeichnen, wenn die Mehrheit ihrer Mitgliedstaaten Unterzeichner des Übereinkommens ist“. Nach Art. XXIX des Übereinkommens von Canberra v. 20.05.1980 über die Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis genügt es dagegen bereits, wenn neben der eintretenden Organisation ein weiterer Mitgliedstaat ebenfalls das Abkommen zeichnet. Siehe mit weiteren Beispielen Granvik, S. 112 ff. Ausführlich zu der Rechtmäßigkeit solcher Klauseln, auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht Close, ICLQ 1985, 382 (384 ff.). 131 Frid ist zudem der Ansicht, dass bei Bestehen einer Klausel wie in Art. II Abs. 4 FAOV kaum noch von einer gemischten Mitgliedschaft gesprochen werden könne, bestünde doch ob der zwingenden Bindung der EG Mitgliedschaft an die der Mitgliedstaaten vielmehr eine „dependent membership“, also „abhängige Mitgliedschaft“ der EG; Frid, EJIL 1993, 239 (248). Das Ungleichgewicht würde zudem dadurch verstärkt, dass die Abhängigkeit keine gegenseitige sei, sondern alleine die EG durch derartige Klauseln gebunden werde. In Konstellationen geteilter Kompetenzen sollten solche Klauseln daher nicht nur eine Bindung der EG, sondern eine ebensolche der Mitgliedstaaten anordnen (S. 249). Diesem Gedanke ist im Hinblick auf eine weitestgehend kompetenzgerechte Vertretung der Gemeinschaftsgruppe grundsätzlich zuzustimmen. 132 Auch Frid zweifelt ob der dynamischen Entwicklung des Gemeinschaftsrechts an der Zweckmäßigkeit solcher Klauseln; Frid, EJIL 1993, 239 (249 f.). Wegen der eingeschränkten Kompetenzausstattung der EG bei gemischter Kompetenzgrundlage
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
noch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht erforderlich: Aus völkerrechtlicher Sicht setzt die alleinige Mitgliedschaft der EG nämlich schlicht voraus, dass die eintretende Organisation alleine in der Lage sein muss, sämtliche mitgliedschaftlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Ist dies wie in Konstellation einer umfassenden ausschließlichen EG-Zuständigkeit der Fall, besteht keine rechtliche Notwendigkeit für eine parallele Beteiligung der Mitgliedstaaten. Ist eine umfassende EG-Zuständigkeit dagegen (noch) nicht gegeben, wird die völkerrechtliche Zulässigkeit der Mitgliedschaft der EG alleine durch eine entsprechende Ermächtigung der Mitgliedstaaten geschaffen.133 Eine Subordinationsklausel macht diese Ermächtigung zudem keineswegs obsolet, wird durch sie die eigentliche, beschränkte Kompetenzausstattung der EG nicht geändert. Ebenso wenig bedarf es Subordinationsklauseln aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht: Fiele der gesamte Aufgabenbereich der aufnehmenden Organisation in ausschließliche EG-Zuständigkeiten wäre eine derartige Klausel gar gemeinschaftsrechtswidrig, da in einer solchen Kompetenzkonstellation die Mitgliedstaaten nach außen hin überhaupt nicht mehr neben der EG auftreten dürften.134 Doch selbst in Bereichen mit geteilten Kompetenzen widerspricht eine derartige Klausel dem Gemeinschaftsrecht insoweit, als der EuGH explizit festgestellt hat, dass die innergemeinschaftliche Kompetenzverteilung per se alleine Sache der Gemeinschaftsgruppe und nicht von dritten Organisationen oder Staaten ist.135 Es ist indes zu erwarten, dass die EG bei dem Versuch, derartige Klauseln zu vermeiden, in vielen Fällen noch nicht einmal bei ihren eigenen Mitgliedstaaten votiert sie indes nicht für die gänzliche Vermeidung derartiger Klauseln, sondern für eine analoge Anwendung von Art. 13 Abs. 2 S. 1 des Wiener Übereinkommens zum Schutz der Ozonschicht; ABl. Nr. L 297 v. 31.10.1988, S. 8 ff. Dieser lautet: „Jede [. . .] Organisation, die Vertragspartei des Übereinkommens [ist], ohne dass einer ihrer Mitgliedstaaten Vertragspartei ist, ist durch alle Verpflichtungen aus dem Übereinkommen [gebunden]“. Diesem Lösungsweg ist jedoch nicht zuzustimmen. Ist die EG alleiniges Mitglied einer Organisation, ist sie aufgrund der Bindung an den jeweiligen Gründungsvertrag ohnehin an sämtliche Vorschriften gebunden, so dass Art. 13 Abs. 2 S. 1 rein deklaratorischer Natur ist. Ist sie gemeinschaftsrechtswidriger Weise alleiniges Mitglied, kann auch eine Vorschrift wie Art. 13 Abs. 2 S. 1 an der fehlenden Kompetenzausstattung der EG nichts ändern. 133 s. o. unter 2. Teil D. I. 2. b). 134 Vgl. EuGH, Gutachten 1/75, Local Costs Standard, Slg. 1975, 1355 (1364). s. o. unter 2. Teil C. 135 Dem EuGH zufolge ist es nicht erforderlich, „den anderen Parteien des Übereinkommens gegenüber die Verteilung der einschlägigen Zuständigkeiten zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten aufzuzeigen und festzulegen, zumal sich diese Zuständigkeitsverteilung im Laufe der Zeit weiterentwickeln könnte. Es genügt, den anderen Vertragsparteien gegenüber festzustellen, dass in der Materie die Zuständigkeiten innerhalb der Gemeinschaft verteilt sind, wobei die genaue Beschaffenheit dieser Verteilung eine interne Frage ist, in die sich die dritten Länder nicht einzumischen haben. Worauf es hier ankommt, ist, dass das Übereinkommen lückenlos durchgeführt wird“; EuGH, Beschluss 1/78, Übereinkommen über den Objektschutz von Kernmaterial, Slg. 1978, 2151, Rn. 35.
B. Die Voraussetzungen von „Organisationsmitgliedschaften‘‘
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hinreichende Unterstützung finden wird. Immerhin werden diese von Subordinationsklauseln in keiner Weise gebunden, sondern erhalten dadurch ein weiteres Argument für ihre übliche Forderung nach einer weitest gehenden Aufrechterhaltung der mitgliedstaatlichen Mitgliedschaften neben der Mitgliedschaft der EG. 4. Fazit Internationale Organisationen können, wenn sie mit den Kompetenzen ausgestattet sind, sämtliche mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten zu erfüllen, grundsätzlich Mitglieder anderer Organisationen werden. Einer Organisationsmitgliedschaft stehen jedoch im Vergleich zu staatlichen Mitgliedschaften in der Regel höhere politische wie rechtliche Hürden entgegen. So muss die eintretende Organisation zunächst überhaupt von der eintretenden und deren Mitgliedstaaten als eigenständige Völkerrechtsperson anerkannt sein. Vor allem aber muss die Satzung der aufnehmenden Organisation die Mitgliedschaft anderer Völkerrechtssubjekte als Staaten vorsehen, was weiterhin nur selten der Fall ist.
II. Die gemeinschaftsrechtlichen Voraussetzungen Die Frage der völkerrechtlichen Voraussetzungen ist unmittelbar verknüpft mit den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an gemischte Mitgliedschaften. Schließlich kann sowohl aus völker- wie aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht die EG nur dann und nur insoweit Mitglied einer internationalen Organisation werden, als ihr die entsprechenden Kompetenzen zustehen. 1. Das Fehlen einer ausdrücklichen „Mitgliedschaftsermächtigung“ Der EGV enthält keine zentrale Ermächtigungsnorm, welche die Gründung von bzw. den Beitritt zu anderen internationalen Organisationen regelt. Zwar existieren mit den Art. 302–304 drei Vorschriften, die spezielle Ermächtigungen für die Zusammenarbeit zwischen EG und internationalen Organisationen vorsehen. Gerade Art. 302 UAbs. 2 EGV, wonach die Kommission, „soweit zweckdienlich, Beziehungen zu allen internationalen Organisationen“ unterhalten soll, könnte seinem Wortlaut nach geeignet sein, eine ausdrückliche gemeinschaftsrechtliche Rechtsgrundlage für die Mitgliedschaft der EG in anderen internationalen Organisationen darzustellen. Eine solch weite Interpretation der Vorschrift ist aber im Einklang mit der allgemeinen Meinung abzulehnen.136 136 Vgl. u. a. Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 2, 8 f.; Osteneck, in: Schwarze, EGV, Art. 302, Rn. 3; Tietje, in: Grabitz/Hilf, EGV, Vor Art. 302–304, Rn. 5;
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
Dies folgt aus der notwendigen Abgrenzung der Anwendungsbereiche von Art. 302 UAbs. 2 EGV einerseits und Art. 300 Abs. 1 UAbs. 2 EGV andererseits: Im erstgenannten Fall ist es die Kommission, welche die Beziehungen mit der anderen Organisation bestimmt. Völkerrechtliche Abkommen, wie z. B. die Gründungsverträge internationaler Organisationen, werden dagegen gem. Art. 300 Abs. 1 UAbs. 2 EGV vom Rat abgeschlossen. Um einen möglichen Zuständigkeitswiderspruch zwischen den beiden Organen aufzulösen, kann Art. 302 UAbs. 2 EGV nur dergestalt interpretiert werden, dass die Kommission lediglich solche Beziehungen unterhalten darf, die gerade keine völkerrechtlichen Abkommen i. S. d. Art. 300 EGV darstellen. Unter den Begriff der „Beziehungen“ i. S. d. Art. 302 UAbs. 2 EGV fallen vielmehr jegliche Formen administrativer Zusammenarbeit zwischen EG und internationalen Organisationen unterhalb der Schwelle völkervertraglicher Beziehungen.137 Der Kommission kommt bei der konkreten Ausgestaltung dieser „Beziehungen“ ein gewisser Spielraum zu, so dass diese in der Praxis vom bloßen Informationsaustausch bis hin zu einem mittels sog. „Verwaltungsabkommen“ geregelten Beobachterstatus mit oder ohne Rederecht reichen können.138 Für den Abschluss internationaler Frid, S. 129; Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 302, Rn. 1 ff.; Santos Vara, S. 62; Schloh, in: KSE 25, 83 (85); MacLeod/Hendry/Hyett, S. 167. 137 Kokott spricht insoweit von „informellem Organisationshandeln“; Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 8; vgl. auch Schloh, in: KSE 25, 83 (85); Tietje, in: Grabitz/Hilf, EGV, Vor Art. 302–304, Rn. 5; Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 302, Rn. 3; Frid, S. 129; Santos Vara, S. 62. Siehe als jüngere Beispiele den Briefwechsel zwischen der WHO und der Kommission über die Konsolidierung und Intensivierung der Zusammenarbeit, ABl. Nr. C 1 v. 04.01.2001, S. 7 ff. sowie den Briefwechsel zwischen dem Büro der Vereinten Nationen zur Koordinierung der humanitären Hilfe und der Kommission über ihre Zusammenarbeit im Rahmen der Intervention im Katastrophenfall, ABl. Nr. L 52 v. 25.02.2005, S. 42 ff. Obgleich die Kommission in dem von Art. 302 UAbs. 2 EGV gesetzten Rahmen vollkommen alleinverantwortlich handeln könnte, konsultiert sie in der Praxis den Rat regelmäßig vor der Eingehung neuer administrativer Beziehungen; vgl. Frid, S. 127. 138 Vgl. Tietje, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, vor Art. 229, Rn. 5; Epping, in: Hobe, 12 (23); Osteneck, in: Schwarze, EGV, Art. 302, Rn. 1. Zu den Verwaltungsabkommen s. o. unter 3. Teil A. IV. 2. a). Zweifel daran, dass auch die Regelung des Beobachterstatus unter Art. 302 EGV fällt, wie sie teilweise im Schrifttum geäußert werden (vgl. Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 12), sind indes unbegründet. Zwar ist dieser oftmals lediglich Durchgangsstadium für eine spätere Mitgliedschaft und kann je nach konkreter Ausgestaltung der Teilnahmerechte eine derart intensive Beteiligung an der Arbeit einer Organisation beinhalten, dass diese über bloße administrative bzw. informative Beziehungen weit hinausgeht. Allerdings ermöglicht es der Beobachterstatus gerade nicht, die Gemeinschaften in irgendeiner Weise völkerrechtlich zu binden, so dass in Abgrenzung zu Art. 300 EGV schon aus systematischer Hinsicht Art. 302 EGV einschlägig ist. Vgl. Schröder, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Vorbem. zu Art. 302–304, Rn. 11 f.; Tietje, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, vor Art. 229, Rn. 5; Osteneck, in: Schwarze, EGV, Art. 302, Rn. 3. Allerdings dürfen die in Art. 300 EGV statuierten Teilhaberechte anderer Gemeinschaftsorgane, insbesondere des Rates, nicht gänzlich missachtet werden, wenn die Ausgestaltung des Beobachterstatus im konkreten Fall dem einer Mitgliedschaft nahe kommt. Die in diesen
B. Die Voraussetzungen von „Organisationsmitgliedschaften‘‘
107
Abkommen bildet Art. 302 EGV dagegen keine hinreichende rechtliche Grundlage. Dieses Ergebnis bestätigen zudem die Ausführungen des EuGH in der Rs. C-327/91, wonach der Kommission im Bereich des EGV keine mit Art. 101 Abs. 3 EAGV vergleichbare Vertragsabschlusszuständigkeit zukommt und daher der Kommissionsbeschluss, selbst ein Abkommen mit den USA im Bereich des Wettbewerbsrechts abzuschließen, nichtig ist.139 Die Art. 302–304 EGV stellen mithin keine geeignete Grundlage für eine „Mitgliedschaftsermächtigung“ der EG dar.140 Die Art. 302 ff. EGV machen jedoch deutlich, dass das Gemeinschaftswerk von Anfang an darauf angelegt war, mit anderen Organisationen zu kooperieren.141 Mit der dynamischen Entwicklung der Gemeinschaftsintegration in den folgenden Jahrzehnten entstand sodann sukzessive die Notwendigkeit einer eigenständigen Beteiligung der EG an den ihre Zuständigkeit betreffenden Außenbeziehungen. Konsequenterweise wird die Kompetenz der EG, Mitglied einer anderen internationalen Organisation zu werden, mittlerweile auch in Art. 300 Abs. 3 UAbs. 2 EGV vorausgesetzt, der die Zustimmung des EP für den Abschluss von internationalen Abkommen durch die EG vorschreibt, „die durch Einführung von Zusammenarbeitsverfahren einen besonderen institutionellen Rahmen schaffen“.142 2. Die Vertragsschlusskompetenzen als Mitgliedschaftsermächtigungen Es ist also im EGV nach geeigneten Rechtsgrundlagen zu suchen, die als Mitgliedschaftsermächtigungen die kompetenzrechtliche Grundlage von MitFällen notwendige Einschränkung der Zuständigkeiten der Kommission wird dadurch erreicht, dass ihr keine ausschließliche Vertretungszuständigkeit zugesprochen wird. So stellt die EG z. B. in der VN-Generalversammlung eine bizephale Delegation, wird also durch Kommission und die jeweilige Ratspräsidentschaft gemeinsam vertreten; vgl. Schröder, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Vorbem. zu Art. 302–304, Rn. 11; Osteneck, in: Schwarze, EGV, Art. 302, Rn. 5. 139 EuGH, Rs. C-327/91, Frankreich/Kommission, Slg. 1994, I-3641, Rn. 37. Die Kompetenzaufteilung zwischen den EG-Organen beim Abschluss völkerrechtlicher Abkommen werde vielmehr alleine durch Art. 300 EGV geregelt (Rn. 41). 140 Dies gilt im Übrigen auch für eventuelle zukünftige Mitgliedschaften der EG im Europarat und der OECD. Auch wenn die Beziehungen zu diesen beiden Organisation in Art. 303 bzw. 304 EGV ausdrücklich angesprochen werden, ändert dies nichts daran, dass die Beziehungspflege den Abschluss völkerrechtlicher Abkommen zwischen den Organisationen selbst nicht umfasst; vgl. Schröder, in: v. d. Groeben/ Schwarze, EGV, Vorbem. zu Art. 302–304, Rn. 4. 141 Vedder, in: GS Grabitz, 795 (795). Die Möglichkeit einer eigenen vollwertigen Mitgliedschaft der EG in anderen internationalen Organisationen wurde von den Gründungsvätern der EG schlicht noch nicht bedacht. 142 Siehe zum Anwendungsbereich von Art. 300 Abs. 3 UAbs. 2 EGV Neuwahl, CML Rev. 1996, 52 (56 ff.).
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
gliedschaften der EG bilden können. Als solche kommen alleine die verschiedenen ausdrücklichen bzw. impliziten Vertragsabschlusskompetenzen der EG in Betracht. Zwar wird die Möglichkeit einer Mitgliedschaft in diesen – im Gegensatz zum bloßen Abschluss internationaler Abkommen – nicht ausdrücklich angesprochen.143 Sie schließen diese aber andererseits auch nicht aus.144 Aufgrund des festgestellten rechtlichen Zusammenhangs zwischen der Mitgliedschaft in internationalen Organisationen und deren völkervertraglichen Grundlage jedenfalls wäre die Anwendung der Vertragsschlusskompetenzen nur allzu konsequent. a) Die Entwicklung von der bloßen Mitarbeit hin zur Mitgliedschaft der EG Grabitz beschäftigte sich bereits 1974 mit der Frage nach der Rechtsgrundlage für die Mitarbeit der EG in anderen internationalen Organisationen. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass die ausdrücklichen und impliziten Außenkompetenzen „nicht nur als ,treaty making power’, sondern schlechthin als ,policy making power‘“ bestehen, die neben dem Abschluss völkerrechtlicher Verträge auch „die Beziehungen der Gemeinschaft zu internationalen Organisationen“ umfasse.145 Grabitz’ Schlussfolgerungen waren allerdings vom damaligen Entwicklungsstand der Arbeit internationaler Organisationen im Allgemeinen und der gemeinschaftlichen Mitwirkung in diesen im Speziellen bestimmt. Danach bestand „die Tätigkeit internationaler Organisationen weithin darin [. . .], in ihrem Rahmen Abkommen auszuhandeln“146, während eine aktive Rolle der EG in anderen Organisationen Anfang der siebziger Jahre allenfalls kursorisch vorhanden war und kaum über eine beratende Teilnahme bzw. einem Beobachterstatus hinaus ging.147 Die „policy making power“ bezog sich daher für Grabitz lediglich „auf die Mitwirkung im Vorfeld rechtsverbindlicher Akte, für die, gedacht vor allem in Form von im Rahmen internationaler Organisationen ausgearbeiteter völkerrechtlicher Abkommen, dann die Vertragsschließungskompeten143 So sehen lediglich einige Kompetenznormen Abkommen zwischen der EG einerseits und „dritten Ländern und den zuständigen internationalen Organisationen“ andererseits vor, keine jedoch ausdrücklich eine Ermächtigung zur Mitgründung oder dem Beitritt zu einer solchen. Siehe u. a. Art. 181 UAbs. 1 S. 1 i.V. m. S. 2 EGV sowie Art. 174 Abs. 4 UAbs. 1 S. 1 i.V. m. S. 2 EGV. Vgl. Frid, S. 121 ff. Eine Aufzählung der Normen ist zu finden bei MacLeod/Hendry/Hyett, S. 166, Fn. 7. 144 „In principle, nothing in Community law forbids the Community to become a member in other international organizations, but at the same time nothing in the Treaty authorizes it expressly to do so“; Frid, S. 157. 145 Grabitz, in: KSE 25, 47 (75 ff.). 146 Grabitz, in: KSE 25, 47 (76). 147 Siehe diesbezüglich die Darstellung der damaligen „Stellung der Gemeinschaft und ihrer Organe in der Praxis internationaler Organisationen“ in Grabitz, in: KSE 25, 47 (58 ff.).
B. Die Voraussetzungen von „Organisationsmitgliedschaften‘‘
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zen der EG zur Verfügung stehen“.148 Es ist daher nur konsequent, dass Grabitz die „policy making power“ – wie Vedder es treffend beschreibt – lediglich als „kleine Schwester der Vertragsschließungskompetenzen“ begreift.149 Im weiteren Verlauf der Gemeinschaftsintegration jedoch wurde die Mitarbeit der EG in internationalen Organisationen immer intensiver und beschränkte sich nicht mehr nur auf die bloße Ausübung ihrer Außenkompetenzen. Vielmehr übertrug die EG in einigen Bereichen einen Teil derselben auf verschiedene Organisationen dergestalt, dass letztere nunmehr in Ausübung der übertragenen Kompetenzen für die EG verbindliche Beschlüsse fassen können.150 Solche Beschlüsse werden alleine mit ihrer völkerrechtlich wirksamen Beschlussfassung „integrierender Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung“.151 Dies hat zur Folge, dass es sich bei der Mitwirkung der EG in internationalen Organisationen insoweit „um eine Form auf internationale Einrichtungen verlagerte Rechtsetzung“ handelt.152 Die für eine Mitgliedschaft der EG in internationalen Organisationen erforderliche Mitgliedschaftsermächtigung beschränkt sich daher in der Regel gerade nicht auf den bloßen Vertragsabschluss, sondern hat im Vergleich zu diesem weiterreichende Konsequenzen für die Gemeinschaftsrechtsordnung, allen voran im Falle der Übertragung von EG-Zuständigkeiten an internationale Organisationen.
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Vedder, in: GS Grabitz, 795 (800). Vedder, in: GS Grabitz, 795 (797). 150 Beispiele hierfür sind die Beschlüsse der verschiedenen durch Assoziierungsabkommen errichteten Assoziationsräte sowie diejenigen der politischen Entscheidungsorgane internationaler Organisationen in denen die EG Vollmitglied ist. 151 Z. B. EuGH, Rs. 30/88, Griechenland/Kommission, Slg. 1989, 3711, Rn. 13. Der EuGH stellt bzgl. der Rechtswirkung eines Beschlusses des durch das Assoziierungsabkommen mit Griechenland geschaffenen Assoziationsrats fest, dass dieser „aufgrund seines unmittelbaren Zusammenhangs mit dem Assoziierungsabkommen [. . .] seit seinem Inkrafttreten integrierender Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung“ ist. Ebenso EuGH, Rs. C-188/91, Deutsche Shell, I-363, Rn. 17 bzgl. der Handlungen des Gemischten Ausschusses des Übereinkommens über ein gemeinsames Versandverfahren mit den EFTA-Staaten. Bei der Rangfrage ist wiederum zu differenzieren: Da völkerrechtlichen Verträgen Vorrang vor dem Sekundärrecht zukommt, gilt dieser Vorrang auch für die Satzungen internationaler Organisationen sowie dem in Einklang mit diesen Satzungen erlassenen sekundären Recht derselben, während das EG-Primärrecht sowohl primärem wie sekundärem Organisationsrecht vorgeht; vgl. Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 30. 152 Vedder, in: GS Grabitz, 795 (799); Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 16 f.; Frid, EJIL 1993, 239 (243). Da es die Organisationsorgane sind, die anstelle der EG, aber in Ausübung von EG-Kompetenzen verbindliche Beschlüsse fassen, liegt zudem eine Abweichung vom Vertragsabschlussverfahren des Art. 300 Abs. 1 EGV vor. Allerdings sieht seit dem Vertrag von Nizza Art. 300 Abs. 2 UAbs. 2 EGV vor, dass für die „Festlegung von Standpunkten, die im Namen der Gemeinschaft in einem durch ein Abkommen eingesetzten Gremium zu vertreten sind“ das Verfahren des Abs. 1 Anwendung findet (zuvor war diese Regelung auf Assoziationsratsbeschlüsse begrenzt); vgl. Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 61. 149
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
b) Vertragsabschlusskompetenzen vs. Mitgliedschaftsermächtigungen Im jüngeren Schrifttum bestehen daher mehrere Ansätze einer Herleitung der EG-„Mitgliedschaftsermächtigung(en)“: Nach Vedder bedarf es für die Mitwirkung der EG in internationalen Organisationen „einer besonderen KompetenzAusstattung, die über schlichte Vertragsschließungskompetenzen hinausgeht“, einer sog. „Integrationskompetenz“.153 Diese definiert er als „[. . .] Kompetenz, sich an völkerrechtlichen Einrichtungen zu beteiligen, die zu verbindlicher Beschlussfassung fähig sind, dem so erzeugten Recht ohne weiteres in der Gemeinschaftsrechtsordnung Wirksamkeit einzuräumen und dabei in Grenzen von der strikten Bindung an das primäre Gemeinschaftsrecht befreit zu sein [. . .].154 Letztlich kommt er aber nach ausführlicher Analyse der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH zu folgenden Ergebnis: „Die Vertragsschließungskompetenzen der EG schließen demnach auch die Errichtung internationaler Organe mit Entscheidungsbefugnissen und die Unterwerfung unter deren Entscheidung [. . .] mit ein [. . .]“.155 Frid unterscheidet zunächst zwischen sog. „contractual agreements“ und „constitutive agreements“.156 Die Kompetenz zum Abschluss von Abkommen, die zu einer Mitgliedschaft der EG führen, habe die EG – im Gegensatz zu bloßen Vertragsabschlusskompetenzen – im EGV nicht ausdrücklich zugewiesen bekommen. Daher sei diese stets durch eine zusätzliche Auslegung aus den EGVertragsschlusskompetenzen zu ermitteln.157 Wie Vedder geht also auch Frid von zwei unterschiedlichen Kompetenzen aus. Sie definiert aber die Mitgliedschaftsermächtigung nicht als eine besonders qualifizierte Vertragsabschlusskompetenz, sondern vielmehr als eine von dieser unabhängige, da rechtlich andersartige Kompetenz. Doch auch Frid kommt im Ergebnis zu folgender Schlussfolgerung: „However, where the Community has enough competence in the field of an IO’s activity so that the need arises for the Community to accede and actively participate in the decision-making of this other international organization the distinction in treaty-making powers for concluding contractual or
153 Vedder, in: FS Ginther, 501 (511 f.). Beachtlich ist, dass Vedder in einer älteren Veröffentlichung noch feststellte: „Die treaty making powers der Gemeinschaften beinhalten zugleich entsprechende policy making powers“; siehe Vedder, S. 158. 154 Vedder, in: GS Grabitz, 795 (800 f.). 155 Vedder, in: GS Grabitz, 795 (811). Im Ergebnis kehrt er also doch zu seiner ältesten Aussage zurück. 156 „A distinction should be made between the power to conclude contractual agreements the main purpose of which is to achieve compliance with certain obligations set out in the agreement itself and the power to join constitutive agreements in which the emphasis is on participation in a decision-making, or norm-setting, forum“; Frid, S. 158 f. 157 „[. . .] it is not evident that the Community’s treaty-making powers suffice for concluding constitutive agreements without additional interpretation“; Frid, S. 159.
B. Die Voraussetzungen von „Organisationsmitgliedschaften‘‘
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constitutive agreements becomes somewhat artificial and from a practical stand point unworkable“.158 Dagegen ist der überwiegende Teil des Schrifttums – an Grabitz’ Ansatz anschließend – der Ansicht, dass es keiner Unterscheidung zwischen den Vertragsabschlusskompetenzen und der Kompetenz, Mitglied einer internationalen Organisation zu werden, bedürfe.159 Vielmehr sei auch die Notwendigkeit als Mitglied anderer Organisationen am völkerrechtlichen Verkehr teilzunehmen, bloße Konsequenz der Übertragung von entsprechenden Außenkompetenzen durch die Mitgliedstaaten und somit in diesen ohnehin enthalten.160 Die konkrete Ausgestaltung der Mitarbeit der EG in der jeweiligen Organisation habe nämlich keinerlei Einfluss auf die gemeinschaftliche Kompetenzgrundlage.161 In den Vertragsabschlusskompetenzen sei daher auch stets eine entsprechende Mitgliedschaftsermächtigung enthalten.162 Auch wenn die verschiedenen Ansichten also im Ansatz Unterschiede aufweisen, kommen sie im Ergebnis doch allesamt zu einer Lokalisierung der Mitgliedschaftsermächtigungen in den verschiedenen Vertragsabschlusskompetenzen der Gemeinschaft. c) Die Rechtsprechung des EuGH Die Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH zeigt, dass dem zuzustimmen ist: In der Rs. Meroni aus dem Jahr 1958 musste sich der Gerichtshof erstmals mit der Frage der Zulässigkeit einer Kompetenzübertragung durch eine Gemeinschaft an andere, allerdings privatrechtlich organisierte, Institutionen befassen.163 Diese beurteilte der EuGH im konkreten Fall aufgrund der dadurch 158
Frid, S. 160. Petersmann, ZaöRV 1975, 213 (231 f.); Santos Vara, S. 64 f.; Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1229); Tietje, in: Grabitz/Hilf, EGV, Vor Art. 302–304, Rn. 4, 9; Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 302, Rn. 4. 160 „En mi opinión, no es preciso diferenciar entre la capacidad contractual y la competencia para adherirse a una organización internacional, ya que la necesidad de que la Comunidad se incorpore a un determinado foro internacional surge precisamente como consecuencia de la atribución de competencias por parte de los Estados miembros a la Comunidad; Santos Vara, S. 64. 161 Santos Vara, S. 65. 162 „Thus it was assumed that the Communities’ powers to enter into international agreements include a power to enter into agreements establishing international organizations“; Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1229). Ebenso Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 302, Rn. 4. So auch die Auffassung der Kommission, die diese z. B. in ihrer Stellungnahme im Rahmen des Gutachtens 1/76 vorgetragen hat; vgl. EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1977, 741 (748). 163 EuGH, Rs. 9/56, Meroni, Slg. 1958, S. 11 ff. 1956 hatte die Hohe Behörde der EGKS zwei privatrechtlich organisierte Institutionen, das Gemeinsame Büro der Schrottverbraucher und die Ausgleichskasse für eingeführten Schrott, beauftragt, die 159
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
erfolgenden Einschnitte in die Gemeinschaftsrechtsordnung als zu weitreichend und damit gemeinschaftsrechtswidrig, so dass in der Folge der Entscheidung eine Kompetenzübertragung an eine privatrechtlich organisierte Institution zwar theoretisch gemeinschaftsrechtskonform möglich blieb, diese faktisch jedoch aufgrund der vom EuGH statuierten Beschränkungen kaum mehr effektiv durchführbar war.164 Allerdings ist zu bedenken, dass es sich in der Rs. Meroni lediglich um privatrechtliche und nicht um zwischenstaatliche internationale Organisationen handelte. Es blieb daher offen, ob und inwieweit auch die Kompetenzübertragung an internationale Organisationen den in der Rs. Meroni statuierten Beschränkungen unterworfen ist.165 Ein die EG nicht nur privat-, sondern völkerrechtlich bindender Beschluss einer internationalen Einrichtung war erstmals 1976 in der Rs. Kramer Gegenstand eines Verfahrens. Konkret ging es um „die Zuständigkeit der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten [. . .], für den Bereich der Festsetzung von Fangquoten bei der Ausarbeitung von Entscheidungen eines [internationalen] Organs mitzuwirken und in diesem Rahmen völkerrechtliche Verpflichtungen einzuge-
EGKS-Kompetenzen zur Sicherstellung einer gleichmäßigen gemeinschaftsweiten Schrottversorgung auszuüben. 164 Die Gemeinschaftswidrigkeit folge dabei einerseits daraus, dass die beauftragten Institutionen – im Gegensatz zu der EGKS – bei der Ausübung der Kompetenzen ihre Entscheidungen nicht mit Gründen zu versehen hätten, keinen alljährlichen Gesamtbericht verfassen müssten, keine Angaben veröffentlichen müssten, die für die Regierungen oder alle anderen Beteiligten von Nutzen sein könnten sowie letztlich nicht der Nachprüfung durch den Gerichtshof unterworfen wären. Zudem stellt der EuGH fest, dass in jedem Fall zu beachten sei, „dass keine weiterreichenden Befugnisse übertragen werden können, als sie der übertragenden Behörde nach dem Vertrag selbst zustehen“; EuGH, Rs. 9/56, Meroni, Slg. 1958, 11 (40). Doch selbst diese dürfen nicht in vollem Umfang übertragen werden: „Es dürfen daher nur Ausführungsbefugnisse übertragen werden, die genau umgrenzt sind und deren Ausübung von der Hohen Behörde in vollem Umfang beaufsichtigt wird“ (S. 44). Dies ergebe sich, wie der EuGH wenige Sätze später ausführt, aus dem „den organisatorischen Aufbau der Gemeinschaft kennzeichnende[n] Gleichgewicht der Gewalten“. Eine „Übertragung von Befugnissen mit Ermessensspielraum auf andere Einrichtungen als solche, die im Vertrag mit zur Ausübung und Kontrolle dieser Befugnisse im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten vorgesehen sind“, stünde dem Gleichgewicht jedoch entgegen. 165 Schermers wirft insofern die Frage auf, ob die Entscheidung in der Rs. Meroni zum allergrößten Teil – nämlich insoweit sie auf öffentliche internationale Institutionen übertragbar ist – nicht bereits durch die Formulierung des Art. 228 des am 01.01.1958 in Kraft getretenen EWGV [nun Art. 300 EGV] obsolet geworden sei; Schermers, in: Essays, 167 (171). Dies setzt jedoch voraus, dass man Art. 300 EGV so auslegen könne, als dass er zu jedweder Kompetenzübertragung durch die EG zugunsten einer anderen Organisation berechtigt, wenn nur das in der Norm statuierte Verfahren eingehalten wird. Dieser Ansatz ist jedoch abzulehnen. Art. 300 EGV greift lediglich bei den „institutionellen und verfahrensrechtlichen Aspekte[n]“ des Abschlusses internationaler Abkommen; Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 1. Eine Kompetenzübertragung muss aber auf die einzelnen Kompetenznormen des EGV zurück geführt werden.
B. Die Voraussetzungen von „Organisationsmitgliedschaften‘‘
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hen“.166 Diese Zuständigkeit der EG hat der EuGH in wenigen Worten mittels Rückgriffs auf die gemeinschaftlichen Vertragsabschlusskompetenzen bestätigt: „Aus den Pflichten und Befugnissen, die das Gemeinschaftsrecht im Innenverhältnis den Gemeinschaftsorganen zugewiesen hat, ergibt sich daher die Zuständigkeit der Gemeinschaft, völkerrechtliche Verpflichtungen zur Erhaltung der Meeresschätze einzugehen“.167 Das darauffolgende Gutachten 1/76 enthält schließlich die grundlegenden Ausführungen hinsichtlich der Zulässigkeit der Mitgliedschaft der EG in internationalen Organisationen: Der Gerichtshof hatte über die Zulässigkeit der Errichtung eines Europäischen Stilllegungsfonds für die Binnenschifffahrt (einer öffentlich-rechtlichen, internationalen Einrichtung, der Gemeinschaftskompetenzen übertragen werden sollten) zu entscheiden.168 Zunächst stellt der EuGH die allgemeine Vertragsabschlussfähigkeit der EG fest, die sich durch ausdrückliche Verleihung oder stillschweigend aus dem EGV ergeben kann.169 Sodann findet er mit dem damaligen Art. 75 Abs. 1 lit. c) die einschlägige Kompetenznorm, wonach die EG „nicht nur die Fähigkeit [besitzt,] insoweit zu einem Drittstaat in vertragliche Beziehungen zu treten, sondern auch die Befugnis unter Beachtung des Vertrages gemeinsam mit diesem Staat eine geeignete Einrichtung zu schaffen, wie die internationale öffentlich-rechtliche Anstalt, deren Gründung unter der Bezeichnung ,Europäischer Stillegungsfond für die Binnenschifffahrt‘ geplant ist. Die Gemeinschaft kann unter diesem Gesichtspunkt auch mit einem Drittstaat zusammenwirken, um die Organe einer solchen Anstalt mit angemessenen Entscheidungsbefugnissen auszustatten und in einer den verfolgten Zielen gemäßen Weise Art, Ausarbeitung, Inkraftsetzung und Wirkungen der Vorschriften zu regeln, die in diesem Rahmen zu erlassen sind“.170 Die der EG übertragenen Außenkompetenzen ermöglichen dieser also neben dem Vertragsabschluss zudem die durch einen solchen bewirkte Gründung einer internationalen Einrichtung mit Entscheidungsbefugnissen. Allerdings waren noch immer nicht sämtliche offenen Fragen im Zusammenhang mit der Lokalisierung der Mitgliedschaftsermächtigungen geklärt. So vermied der Gerichtshof wiederum eine Antwort auf die Frage, „ob die Verleihung von Zuständigkeiten [zur Fassung von in allen ihren Teilen für die EG verbindlichen Beschlüssen] an eine von der Gemeinschaft getrennte internationale öffentlich-rechtliche Anstalt innerhalb der Befugnisse der Organe liegt“, mit dem Hinweis darauf, dass es sich im Fall des Europäischen Stilllegungsfonds nur um 166
EuGH, Rs. 3,4 und 6/76, Kramer, Slg. 1977, 1279, Rn. 12/14. EuGH, Rs. 3,4 und 6/76, Kramer, Slg. 1977, 1279, Rn. 30/33. 168 Der Fonds sollte eine Verringerung der Binnenschiffstonnage erreichen und war für diesen Zweck mit Organen und entsprechenden Kompetenzen ausgestattet worden; vgl. EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1977, 741 ff. 169 EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1977, 741, Rn. 3. 170 EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1977, 741, Rn. 5. 167
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
die Übertragung von „bloßen Durchführungsbefugnissen“ handelt.171 Die Antwort erfolgte schließlich – zumindest indirekt – in Gutachten 1/78 über die Zulässigkeit des Naturkautschuk-Abkommens, durch das eine „Internationale Naturkautschuk-Organisation“ geschaffen werden sollte, deren höchstes Organ wiederum der „Internationale Naturkautschukrat“ war.172 Dieser konnte mit einfachen oder qualifizierten Mehrheiten Beschlüsse fassen, welche die EG völkerrechtlich verpflichteten.173 Der EuGH qualifizierte das Abkommen in seiner Gesamtheit als gemeinschaftsgemäß und ordnete es den EG-Kompetenzen im Bereich der Gemeinsamen Handelspolitik gem. Art. 133 EGV zu.174 Ausdrücklich bestätigte er die Zulässigkeit von Kompetenzübertragungen durch die EG schließlich in Gutachten 1/91, dem sog. Ersten EWR-Gutachten175, in dem über die Gemeinschaftsrechtskonformität des durch das EWR-Abkommen zu errichtenden Gerichtssystems zu entscheiden war: „Die Zuständigkeit der Gemeinschaft im Bereich internationaler Beziehungen und ihre Fähigkeit zum Abschluss internationaler Abkommen umfasst nämlich notwendig die Fähigkeit, sich den Entscheidungen eines durch solche Abkommen geschaffenen oder bestimmten Gerichts zu unterwerfen [. . .]“.176 Die grundsätzliche Vereinbarkeit eines Abkommens, das zur Mitgliedschaft in einer anderen internationalen Organisation führt, mit der Gemeinschaftsrechtsordnung gilt zudem nicht nur für die (Mit-)Gründung einer solchen, sondern auch für den Beitritt. Dies folgt aus den Ausführungen des EuGH in der Rs. C25/94, in dem die Frage der generellen Zulässigkeit des EG-Beitritts zur FAO gar keine Rolle spielt, sondern diese als gegeben vorausgesetzt wird. So heißt es in Rn. 43: „In der Zuständigkeitserklärung, die die Gemeinschaft der FAO zum Zeitpunkt ihres Beitritts übermittelt hat, [. . .]“.177 d) Schlussfolgerungen Der Rechtssprechung des EuGH folgend, ist davon auszugehen, dass die Übertragung der Vertragsschlusskompetenz an die EG in einem bestimmten Politikbereich auch die Kompetenz umfasst, nicht nur mit den in diesem Bereich zuständigen internationalen Organisationen Abkommen abzuschließen, sondern diesen auch beizutreten bzw. solche zu gründen. Allen voran zeigt sich dies in 171
EuGH, EuGH, Rn. 23 f. 173 EuGH, Rn. 25 f. 174 EuGH, 175 EuGH, 176 EuGH, 177 EuGH, 172
Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1977, 741, Rn. 15 f. Gutachten 1/78, Naturkautschukübereinkommen, Slg. 1979, 2871, Gutachten 1/78, Naturkautschukübereinkommen, Slg. 1979, 2871, Gutachten 1/78, Naturkautschukübereinkommen, Slg. 1979, 2871, Rn. 63. Gutachten 1/91, Erstes EWR-Gutachten, Slg. 1991, I-6079 ff. Gutachten 1/91, Erstes EWR-Gutachten, Slg. 1991, I-6079, Rn. 40. Rs. C-25/94, FAO, Slg. 1996, I-1469, Rn. 43.
B. Die Voraussetzungen von „Organisationsmitgliedschaften‘‘
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den Ausführungen des Gerichtshofes in Gutachten 1/76, in dem er aus einer konkreten Kompetenznorm, in diesem Fall dem ehemaligen Art. 75 Abs. 1 lit. c), nicht nur die implizite Befugnis „zu einem Drittstaat in vertragliche Beziehungen zu treten“ – also eine implizite Vertragsabschlusskompetenz – ableitet, sondern zugleich die Befugnis, mit diesem Staat eine andere internationale Organisation zu gründen – also eine implizite Mitgliedschaftsermächtigung – feststellt.178 Sowohl der Vertragsschluss als auch die daraus eventuell resultierende Mitgliedschaft in einer anderen internationalen Organisation stellen mithin Formen der konkreten Ausübung einer von den Mitgliedstaaten auf die EG ausdrücklich oder stillschweigend übertragenen Außenkompetenz dar. Ob und wie die EG die ihr übertragenen Außenkompetenzen ausübt, ist primär eine politische Frage. Einfluss auf die eigentliche Kompetenzgrundlage hat die Art und Weise der Ausübung dagegen nicht. Frid ist zwar zuzugestehen, dass eine Bindung nur insoweit möglich ist, als der EG die entsprechende Kompetenz überhaupt zusteht. Zur Beachtung dieser generellen Regel der Gemeinschaftsrechtsordnung bedarf es jedoch keiner künstlichen, qualifizierenden Kategorien innerhalb der Außenkompetenzen. Vielmehr ist alleine danach zu fragen, ob ein bestimmter Politikbereich in den Zuständigkeitsbereich der EG fällt. Ist dies der Fall, ist sie – im gleichen Umfang wie vormals die Mitgliedstaaten – kompetent, im internationalen Rechtsverkehr eigenständig tätig zu werden, sei es durch den Abschluss internationaler Abkommen, der Mitgliedschaft in den betreffenden internationalen Organisationen oder auch nur durch die Aufnahme administrativer Beziehungen. Der größte Teil der innerhalb der verschiedenen Literaturansichten bestehenden Unstimmigkeiten lässt sich ohnehin dadurch auflösen, dass man statt missverständlich von bloßen „Vertragsabschlusskompetenzen“ der EG konsequent von deren Außenkompetenzen spricht. Diese schließen dabei sowohl die konkrete Kompetenz zum Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen als auch die Kompetenz zur Mitarbeit in internationalen Organisationen mit ein. Schröder stellt in diesem Zusammenhang richtigerweise, Grabitz’ Ansatz der „policymaking-power“ aufgreifend, fest, dass die Außenbeziehungen der EG nicht nur als „Vertragsschließungsgewalt, sondern umfassend als ,policy-making-power‘ zu verstehen sind, zu der auch die herkömmlich den Staaten vorbehaltene Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen gehören soll“.179 Die ausdrücklich oder implizit von den Mitgliedstaaten übertragene Außenkompetenz der EG besteht mithin unabhängig von der konkreten Form ihrer 178
EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1977, 741, Rn. 5. Schröder, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Vorbem. zu Art. 302–304, Rn. 2, was er u. a. mit der bloßen Existenz der Art. 302 ff. EGV begründet. Zustimmend Osteneck, in: Schwarze, EGV, Art. 302, Rn. 2. 179
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
Ausübung bzw. – im Falle der Mitgliedschaft in einer internationalen Organisation – teilweisen Übertragung und muss somit auch unabhängig von dieser vorab festgestellt werden. Ein „Mehr“ an Kompetenz ist für die Übertragung anstelle der bloßen Ausübung jedoch nicht erforderlich. 3. Die Grenzen der gemeinschaftlichen Mitgliedschaftsermächtigungen Die EG kann ihre Außenkompetenzen jedoch nicht grenzenlos ausüben. Vielmehr lassen sich aus der Rechtsprechung des EuGH Beschränkungen für die Ausübung einer Außenkompetenz im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft in einer internationalen Organisation ableiten. So begründet der Gerichtshof in Gutachten 1/76 die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Statuts des Europäischen Stilllegungsfonds in einigen Punkten, u. a. die einigen Mitgliedstaaten in Art. 27 Abs. 1 UAbs. 3 des Statuts „vorbehaltene Möglichkeit, in einem Bereich, der zur Gemeinsamen Politik gehört, auf ihre Beteiligung zu verzichten“, mit der daraus resultierenden Veränderung der „wesentlichen Strukturelemente der Gemeinschaft“.180 Diese dürfen also durch die Mitgliedschaft in einer internationalen Organisation nicht beeinträchtigt bzw. modifiziert werden.181 In Gutachten 1/00 weist der Gerichtshof zudem auf die Notwendigkeit der „Wahrung der Autonomie der Gemeinschaftsrechtsordnung“ hin, was u. a. voraussetzt, dass durch den Abschluss die „Zuständigkeiten der Gemeinschaft, [. . .] wie sie im Vertrag ausgestaltet sind, nicht verfälscht werden“.182 Die Bedeutung dieser vom EuGH formulierten Grenzen für die „Mitgliedschaftsfähigkeit“ der EG bedarf jedoch einer doppelten Relativierung: Zum einen sind die besonderen Umstände des dem Gutachten 1/76 zugrundeliegenden Einzelfalls zu berücksichtigen. Beim Europäischen Stilllegungsfonds handelte es sich um eine gemischte Mitgliedschaft mit nur einem Drittstaat, der Schweiz. In den Organen des Fonds kam daher den Mitgliedstaaten das Schwergewicht zu.183 Deren geplante Struktur widersprach aber aufgrund der normierten Ausnahmerechte einiger Mitgliedstaaten der „[. . .] bereits im zweiten Absatz der Präambel des Vertrages aufgestellten Forderung, wonach die Ziele der Gemeinschaft durch ,gemeinsames Handeln‘ erreicht werden sollen [. . .]“.184 Zudem stellt der EuGH fest, dass „[. . .] die Struktur des Aufsichtsrats und die Ausge180
EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1977, 741, Rn. 11 f. Schermers, in: Essays, 167 (172); Frid, S. 154; Vedder, in: GS Grabitz, 795 (807 f.); Barav, in: Timmermans/Völker, 29 (43). Dazu auch Azoulai, ELJ 2005, 196 (214 ff.). 182 EuGH, Gutachten 1/00, Entwurf eines Abkommens über die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums, Slg. 2002, I-3493, Rn. 11 ff. Siehe dazu auch (eher kritisch) Castillo de la Torre, CML Rev. 2002, 1373 (1383 ff.). 183 Vgl. EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1977, 741, Rn. 14. 184 EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1977, 741, Rn. 11. 181
B. Die Voraussetzungen von „Organisationsmitgliedschaften‘‘
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staltung des Beschlussfassungsverfahrens innerhalb dieses Organs nicht der [gemeinschaftsrechtlichen] Forderung nach Einheitlichkeit und Solidarität entspricht [. . .]“.185 Die Gemeinschaftswidrigkeit des Europäischen Stilllegungsfonds folgt also primär aus der Tatsache des unsolidarischen Handelns einiger Mitgliedstaaten, die sich in einem bereits vergemeinschafteten Politikbereich per Umweg Sonderrechte sichern wollten, die ihnen nach dem damaligen Stand der gemeinschaftlichen Integration nicht mehr zustanden. Zum anderen ist zu bedenken, dass auch die „Mitgliedschaftsfähigkeit“ der Mitgliedstaaten aufgrund regelmäßig bestehender entsprechender nationaler Verfassungsvorbehalte nicht unbegrenzt ist. Zwar ist Schermers – ohne nähere Begründung – der Ansicht, dass die von Gutachten 1/76 ausgehende Beschränkung der EG schwerer wiegt als entsprechende nationale Beschränkungen.186 Dem kann jedoch zumindest nicht in pauschaler Weise gefolgt werden. So ermöglicht z. B. auch das GG die Mitgliedschaft Deutschlands in internationalen Organisationen nicht grenzenlos. Für den speziellen Fall der Mitgliedschaft in der EU konstituiert Art. 23 Abs. 1 S. 1 und 3 GG i.V. m. Art. 79 Abs. 3 GG mit der sog. „Struktursicherungsklausel“ konkrete verfassungsrechtliche Anforderungen.187 So muss die EU nach Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG u. a. „demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen [. . .] verpflichtet sein“. Trotz des anderslautenden Wortlauts ist zudem Art. 24 Abs. 1 GG als „generelle Ermächtigungsgrundlage“188 für die Mitgliedschaft Deutschlands in internationalen Organisationen nicht schrankenlos gewährleistet. Das konkrete Ausmaß der Grenzen des Art. 24 Abs. 1 GG ist im Einzelnen sehr umstritten. Als kleinster gemeinsamer Nenner der verschiedenen, in Rechtsprechung und Literatur vorzufindenden, Ansichten ist jedoch die Beachtung der sog. „Ewigkeitsgarantie“ des Art. 79 Abs. 3 GG zu erkennen.189 Auch das GG lässt mithin keinen Kompetenztransfer zu, welcher den Grundprinzipien des deutschen Verfassungsrechts widerspricht. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die „Mitgliedschaftsfähigkeit“ der EG zwar nicht grenzenlos ist, aber in ihrem Kern z. B. nicht hinter der von Deutschland zurücksteht, soweit dadurch der Schutz der wesentlichen Strukturelemente der EG gewährleistet wird. 185
EuGH, Gutachten 1/76, Stilllegungsfonds, Slg. 1977, 741, Rn. 12. „In this respect the internal competence of the Community to enter into international engagements is more restrictive than the competence of States“; Schermers, in: Essays, 167 (172). 187 Siehe dazu auch Gemeinsame Verfassungskommission, BT-Drucks. 12/6000, S. 20 f. 188 So die überwiegende Ansicht, zum Meinungsstand vgl. umfassend Randelzhofer, in: Maunz-Dürig, GG, Art. 24, Rn. 5 ff. 189 Siehe die ausführliche Darstellungen des Meinungsstandes z. B. bei Randelzhofer, in: Maunz-Dürig, GG, Art. 24, Rn. 68 ff. und bei Classen, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG, Art. 24, Rn. 24 ff., insbesondere Rn. 28. 186
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
4. Fazit Die Mitgliedschaften der EG in anderen Organisationen beruhen auf den im EGV ausdrücklich oder stillschweigend enthaltenen Außenkompetenzen. Dabei stellen sowohl der Vertragsabschluss ohne als auch derjenige mit zugleich entstehender Mitgliedschaft in einer Organisation lediglich zwei mögliche Alternativen der Kompetenzausübung dar. Unterschiedliche kompetenzrechtliche Anforderungen gibt es mithin keine. Dies ist angesichts der Tatsache, dass auch die Organisationsmitgliedschaft zunächst des Abschlusses des jeweiligen völkerrechtlichen Gründungsvertrages bedarf, nur konsequent.
C. Modifizierung der Mitgliedschaftsstruktur durch die gemischte Beteiligung – Der zwingende rechtliche Zusammenhang zwischen gemischten Abkommen und Mitgliedschaften Der zweite Aspekt des doppelten „Gerüsts“ gemischter Mitgliedschaften, also die Modifizierung der Mitgliedschaftsstruktur durch die gemeinsame Beteiligung von EG und Mitgliedstaaten190, bildet die direkte Verbindung zum Rechtskonzept des gemischten Abkommens. Deutlich wird dies durch den zwingenden rechtlichen Zusammenhang zwischen gemischten Abkommen und Mitgliedschaften: Als rechtliche Instrumente, die zu gemischten Mitgliedschaften führen können, kommen ausschließlich gemischte Abkommen in Betracht. Der Aspekt der gleichzeitigen Mitgliedschaft von EG und Mitgliedstaaten hat nämlich keinen Einfluss auf die zur Begründung der Mitgliedschaftsverhältnisse zur Verfügung stehenden völkerrechtlichen Instrumente. Da die aufnehmende Organisation in der Regel auf einem völkerrechtlichen Gründungsvertrag beruht, bleibt jedem potentiellen Mitglied, sei es ein Staat oder eine Organisation, lediglich die Alternative zwischen dem Abschluss des Gründungsvertrages als solchem, also der Mitgründung der aufnehmenden Organisation, und dem nachträglichen Beitritt.191
I. Der Gründungsvertrag als gemischtes Abkommen Im Fall der Gründung der aufnehmenden Organisation unterzeichnen und ratifizieren sämtliche Gründungsmitglieder den jeweiligen Gründungsvertrag, so dass alle Gründungsmitglieder Vertragspartei desselben sind. Sind nun die EG und ihre Mitgliedstaaten unter den Gründern, handelt es sich beim Gründungs190 191
s. o. unter 3. Teil A. V. s. o. unter 3. Teil B. I. 2. a) aa).
C. Modifizierung der Mitgliedschaftsstruktur
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vertrag zwangsläufig um ein gemischtes Abkommen. Dabei ist die Gründung einer internationalen Organisation als der zukünftig seltenere Fall anzusehen, haben sich doch internationale Organisationen seit dem Zweiten Weltkrieg bereits in nahezu sämtlichen Politikbereichen etabliert.192
II. Der nachträgliche Beitritt als gemischtes Abkommen Ob jedoch auch im Fall des nachträglichen Beitritts der EG zu einer Organisation, bei der die EG-Mitgliedstaaten bereits Mitglieder sind, der gemischten Mitgliedschaft ein gemischtes Abkommen zugrunde liegt, scheint – zumindest auf den ersten Blick – fraglich. So stellt Herrmann fest: „Allerdings erforderte der Beitritt der EG zur FAO kein gemischtes Abkommen, da die Mitgliedstaaten bereits FAO-Mitglieder waren“.193 In der Konsequenz würde dies bedeuten, dass nur im Falle der Neugründung einer internationalen Organisation durch EG, Mitgliedstaaten und Drittstaaten der gemischten Mitgliedschaft tatsächlich ein gemischtes Abkommen zugrunde liegen würde. Herrmann ist zwar zuzugestehen, dass zwischen der Gründung und einem bloßen Beitritt insoweit zu differenzieren ist, als dass im Fall der gemeinsamen Gründung einer anderen internationalen Organisation tatsächlich ein völkerrechtlicher Gründungsvertrag zur gleichen Zeit von EG, Mitgliedstaaten und den beteiligten Drittstaaten geschlossen wird. In diesem Fall handelt es sich also stets um ein gemischtes Abkommen im formellen Sinne. Dagegen wird bei einem nachträglichen Beitritt der EG zu einer Organisation im Regelfall kein neuer internationaler Vertrag zwischen der EG und den bisherigen Mitgliedern der Organisation unterzeichnet. Vielmehr erfolgt der Beitritt durch zwei einseitige, jedoch aufeinander bezogene Willensbekundungen, dem Aufnahmeantrag des eintretenden Mitglieds und der Aufnahmeentscheidung durch das jeweils zuständige Organ der aufnehmenden Organisation.194 Diesem Prozedere entsprach z. B. der EG-Beitritt zur FAO: Der Rat beschloss nach Abschluss der Beitrittsverhandlungen am 25.11.1991, förmlich den Beitritt zur FAO zu beantragen.195 Neben einem Beitrittsgesuch bedarf es hierzu gem. Art. II Abs. 3 S. 1 FAOV einer förmlichen Erklärung, die sich aus dem geltenden organisationsinternen Recht ergebenden Verpflichtungen zu akzeptieren.196 Die entsprechenden 192 Die Gründung der WTO stellt insoweit eine Ausnahme dar, als dass es sich dabei um die Weiterentwicklung des zuvor auf Grundlage des GATT’47 bestehenden Welthandelssystems handelt. 193 Herrmann, in: Bauschke, 139 (146). 194 s. o. unter 3. Teil B. I. 2. a) aa). 195 Vgl. Sack, in: GS Grabitz, 631 (654); Frid, S. 242. 196 Die „Erklärung zu den Zuständigkeiten der EG“ ist in Anhang II des Kommissionsvorschlags für den Beitrittsbeschluss des Rates enthalten; KOM/91/387 endg., ABl. Nr. C 292 v. 09.11.1991, S. 10 ff.
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
Unterlagen wurden noch während der 26. Generalkonferenz der FAO, die vom 09. bis 27.11.1991 stattfand, dem Sekretariat der FAO übermittelt. Schließlich votierten die in der Generalkonferenz versammelten Mitglieder der FAO, nachdem sie mittels entsprechender Änderung der Gründungsverträge die Mitgliedschaft anderer Organisationen in der FAO überhaupt erst möglich gemacht hatten, in geheimer Abstimmung mit der notwendigen 2/3 Mehrheit für den Beitritt der EG, der damit vollzogen war.197 Der auf den ersten Blick vornehmlich bilaterale Charakter des nachträglichen Beitritts ändert jedoch nichts an dessen gemischter vertraglicher Grundlage. Es muss nämlich zwischen völkerrechtlichen Verträgen im formellen und solchen im materiellen Sinne differenziert werden.198 Ersterer ist mangels eines eigenen Abschlusses durch das beitretende Mitglied nicht gegeben. Im Aufnahmeantrag des eintretenden Mitglieds und der anschließenden Aufnahmeentscheidung durch das jeweils zuständige Organ der internationalen Organisation ist aber zumindest aus materieller Sicht der Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages zwischen dem beitretenden Mitglied und den anderen Mitgliedstaaten der internationalen Organisation zu sehen.199 So kommt es für die Feststellung der völkerrechtlichen Vertragseigenschaft bzw. von dessen Bindungswirkung weder auf die äußere Form oder Gestalt noch auf die konkrete Bezeichnung an.200 So heißt es in der in Art. 2 Abs. 1 lit. a) WVKIO statuierten Definition, dass ein völkerrechtlich Vertrag „eine vom Völkerrecht bestimmte und in Schriftform geschlossene Übereinkunft, (i) zwischen einem oder mehreren Staaten und einer oder mehreren internationalen Organisationen oder (ii) zwischen internationalen Organisationen [ist], gleichviel ob diese Übereinkunft in einer oder mehreren zusammengehörigen Urkunden enthalten ist und welche Bezeichnung sie hat“. Der Gründungsvertrag sowie die nachträglichen Aufnahmeanträge, jeweils samt der dazugehörigen Ratifizierungsinstrumente, können also durchaus als ein einziges, miteinander verknüpftes Bindungsgeflecht angesehen werden. Entsprechend ist dem EuGH zufolge der Abkommensbegriff des EGV, der dem des völkerrechtlichen Vertrages entspricht, „in einem allgemeinen Sinn zu verstehen und soll jede von Völkerrechtssubjekten eingegangene Verpflichtung ungeachtet ihrer Form erfassen“201, so dass es für die Bejahung des Abkommenscharakters eines Beitritts 197 Report of Twenty-sixth session of the Conference of FAO, Rome 9–27 November 1991, C91/REP, Punkt 302 sowie 376 ff. Von 104 Mitgliedern stimmten 98 für und 6 gegen den Beitritt der EG. 3 Mitglieder enthielten sich. 198 Tomuschat bezeichnet daher den Beitritt folgerichtig als eine „Modalität des Abschlusses völkerrechtlicher Abkommen“, Tomuschat, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 281, Rn. 8. 199 Sack, ZEuS 2001, 267 (280); Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 11. 200 Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 300, Rn. 29. 201 s. o. unter 2. Teil A. II.
C. Modifizierung der Mitgliedschaftsstruktur
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nach Art. 300 EGV auch unerheblich ist, dass dieser auf zwei ihrer Natur nach lediglich einseitigen Rechtshandlungen beruht. Aus materiellrechtlicher Sicht ist konstituierendes Merkmal der Vertragseigenschaft vor allem, dass eine rechtsverbindliche Verpflichtung eingegangen wird.202 Im Falle des Beitritts hat die Aufnahmeentscheidung zur Folge, dass der völkerrechtliche Gründungsvertrag das neue Mitglied in vollem Umfang gegenüber den bisherigen Mitgliedern der aufnehmenden Organisation verpflichtet. Dies gilt gerade auch für den Fall des Beitritts der EG zu einer anderen internationalen Organisation. So stellt der EuGH in Gutachten 2/92 fest, dass der dem Gutachtenantrag zugrundeliegende Beschluss des Rates der OECD gegenüber der EG nach deren (eventuellen, zukünftigen) Beitritt „verbindlichen Charakter“ erlangen wird.203 Schließlich stellt ein Beitritt nichts anderes dar als den nachträglichen Abschluss des Gründungsabkommens durch die EG.204 Der Beitritt ist daher richtigerweise als „Eintritt der Gemeinschaft in die Rechtsbeziehungen“ der internationalen Organisation anzusehen, auf denen eben diese beruht.205 Die EG wird also neben den bisherigen Mitgliedern Vertragspartei des Gründungsabkommens.206 Aus materiellrechtlicher Sicht bindet der Gründungsvertrag daher die bisherigen Mitglieder wie das neue Mitglied gleichermaßen und schafft unter sämtlichen Mitgliedern eine grundsätzlich gleichrangige, wechselseitige Rechts- und Pflichtenbeziehung. Herrmann ist daher lediglich zuzugestehen, dass es sich bei einem Beitritt nicht um ein gemischtes Abkommen im formellen Sinne handelt, da der nachträgliche Beitritt auf bloß einseitigen Rechtshandlungen beruht. Dies hat jedoch keinerlei Einfluss auf den durch den Beitritt ausgelösten Eintritt der EG in die volle Rechts- und Pflichtenstellung eines Mitglieds der FAO. Insoweit besteht keinerlei Unterschied zwischen Gründungsmitgliedern und solchen die nachträglich beigetreten sind.207 Aus materieller Sicht löst ein Beitritt daher dieselben Rechtsfolgen wie die Mitgründung aus. In beiden Fällen liegt der gemischten Mitgliedschaft ein gemischtes Abkommen dergestalt zugrunde, dass die Aufgaben der internationalen Organisation teils in den Kompetenzbereich der EG und teils in den der Mitgliedstaaten fallen, sowohl EG wie Mitgliedstaaten aber in vollem Umfang Mitglieder der internationalen Organisation sind.208 202
Herdegen, § 15, Rn. 1 f. EuGH, Gutachten 2/92, OECD, Slg. 1995, I-521, Rn. 8. 204 Vgl. auch EuGH, Rs. C-29/99, Übereinkommen über nukleare Sicherheit, Slg. 2002, I-11221, Rn. 67, wo es – allerdings lediglich bzgl. des nachträglichen Beitritts zu einem bereits in Kraft getretenen völkerrechtlichen Vertrag – heißt: „Die Genehmigung des Beitritts zu einem internationalen Übereinkommen durch den Rat [. . .] hat die rechtliche Wirkung, dass die Kommission zum Abschluss dieses Übereinkommens [. . .] ermächtigt wird.“ 205 Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 11. 206 Sack, ZEuS 2001, 267 (280); Frid, S. 120. 207 Vgl. Schermers/Blokker, § 85. 203
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
D. Fazit – Die gemeinschaftsund völkerrechtlichen Voraussetzungen gemischter Mitgliedschaften Das erarbeitete „Gerüst“ gemischter Mitgliedschaften macht deutlich, dass es sich bei den gemeinschafts- und völkerrechtlichen Anforderungen an gemischte Mitgliedschaften um eine Kumulation aus den Voraussetzungen für Organisationsmitgliedschaften einerseits und denjenigen von gemischten Abschlüssen andererseits handeln muss:
I. Die Voraussetzungen an „Organisationsmitgliedschaften“ An eine gemischte Mitgliedschaft sind zunächst stets dieselben gemeinschafts- wie völkerrechtlichen Voraussetzungen zu stellen, wie an eine „Organisationsmitgliedschaft“. Schließlich setzt sich die gemischte Mitgliedschaft rein formell aus den Einzelmitgliedschaften der EG und ihrer Mitgliedstaaten zusammen: Es ist nicht die Gemeinschaftsgruppe als solche bzw. ein sonstiger Zusammenschluss von EG und Mitgliedstaaten, die als ein einziges Mitglied der aufnehmenden Organisation in Erscheinung tritt. Vielmehr tritt die EG und jeder einzelne Mitgliedstaat der aufnehmenden Organisation als eigenständiges Völkerrechtssubjekt bei. So heißt es z. B. in Art. 1 Abs. 3 des Ratsbeschlusses über den Abschluss des ÜWTO: „Der Präsident des Rates wird ermächtigt, die Person zu bestellen, die befugt ist, in der in Artikel XIV des [ÜWTO] vorgesehenen Form für die Europäische Gemeinschaft [. . .] rechtsverbindlich zu handeln“ (Hervorhebung durch den Verfasser).209 Dementsprechend ist die EG „im eigenen Namen und in Ausübung eigener Befugnisse Mitglied der WTO“ geworden.210 Somit stellt die Gemeinschaftsgruppe, die Mitgliedschaft sämtlicher EG-Mitgliedstaaten vorausgesetzt, in einer aufnehmenden Organisation mittlerweile 28 formell eigenständige Mitglieder, die EG und ihre 27 Mitgliedstaaten. Dennoch kommt den meisten der bestehenden gemischten Mitgliedschaften ein individueller rechtlicher Charakter schon alleine dadurch zu, dass neben den generellen gemeinschafts- wie völkerrechtlichen Voraussetzungen an Organisationsmitgliedschaften auch die jeweiligen besonderen satzungsrechtlichen Anforderungen erfüllt werden müssen.211 208 Entsprechend kommt Schermers zu folgendem Ergebnis: „Since virtually all public international organizations are established by treaties, this close relationship is quite natural“; Schermers, in: FS Mosler, 823 (832). 209 Ratsbeschluss Nr. 94/800/EG; ABl. Nr. L 336 v. 23.12.1994, S. 1 ff. s. o. unter 2. Teil D. II. 2. 210 Oeter, in: Hilf/Oeter, § 1, Rn. 26. 211 s. o. unter 3. Teil B. I. 3.
D. Fazit
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II. Die Folgen des gemischten Abschlusses Zum Zweiten bestimmt der zwingende gemischte Charakter des der Mitgliedschaft zugrundeliegenden Abkommens die Beschaffenheit gemischter Mitgliedschaften. So liegt einer gemischten Mitgliedschaft innergemeinschaftlich grundsätzlich eine Kompetenzteilung zwischen EG und Mitgliedstaaten zugrunde. Schließlich beruht die gemeinsame Beteiligung auf einem gemischten Abkommen, dem wiederum die Kompetenzteilung wesensimmanent ist, wurde die Rechtsfigur doch gerade entwickelt, um trotz der Kompetenzspaltung die völkerrechtliche Handlungsfähigkeit der Gemeinschaftsgruppe zu gewährleisten. Eben diesen Zweck verfolgen mithin auch gemischte Mitgliedschaften. Schließlich greifen die EG wie die Mitgliedstaaten in beiden Fällen auf die gleiche, unzureichende Kompetenzausstattung zurück. Statt der Sicherstellung der kompetenzgerechten Teilhabe an einem einzelnen Abkommen trotz vorhandener Kompetenzdefizite, zielt die gemischte Mitgliedschaft allerdings darauf ab, eine möglichst kompetenzgerechte Mitwirkung der Gemeinschaftsgruppe an der Arbeit internationaler Organisationen zu gewährleisten.212 Folglich stellt sich – wie auch bei gemischten Abkommen – bei gemischten Mitgliedschaften die Frage nach der generellen völker- wie gemeinschaftsrechtlichen Zulässigkeit der Rechtsfigur. Doch kann insofern – wie auch bei gemischten Abkommen – auf völkerrechtlicher Ebene auf die Konstruktion stillschweigender gegenseitiger Ermächtigungen von EG und Mitgliedstaaten zum Vertragsschluss sowie auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene auf die Erforderlichkeit des gemischten Vorgehens zurückgegriffen werden.213 Wie bei gemischten Abkommen ist letztlich die Gründung einer internationalen Organisation durch die EG und ihre Mitgliedstaaten ohne Beteilung eines Drittstaates insoweit gemeinschaftsrechtswidrig, als dass die Gemeinschaftsrechtsordnung die Möglichkeit bietet, die fraglichen Rechtsbeziehungen mit
212 s. o. unter 2. Teil C. und 2. Teil C. I. Vgl. Schröder, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Vorbem. zu Art. 302–304, Rn. 6 f. Zwar nennt Schröder zu Beginn seiner Untersuchung die Forderung nach einem generellen „kompetenzgerechten Status“ der EG in internationalen Organisationen für „überzogen“ und differenziert zunächst zwischen Organisationen, in denen „für die Gemeinschaft bindende Beschlüsse“ gefasst werden und solchen, in denen dies nicht der Fall ist. Nur in ersteren sollen danach die Mitgliedstaaten grundsätzlich verpflichtet sein, sich für die Schaffung eines kompetenzgerechten Status der EG einzusetzen. Jedoch kommt er, ohne nähere Begründung, letztlich zu folgendem Ergebnis: „Aber auch wenn keine bindenden Beschlüsse gefasst werden, ist auf eine kompetenzgerechte Beteiligung der Gemeinschaften hinzuwirken“. Siehe auch Schermers, in: GS Sasse, 137 (145); Hobe/Müller-Sartori, JuS 2002, 8 (11). 213 s. o. unter 2. Teil D.
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
Mitteln des EG-Rechts zu lösen.214 Eine gemischte Mitgliedschaft bedarf also stets der Beteiligung mindestens eines Drittstaates.
III. Eine zweifache Begriffsdefinition Anhand des Vorstehenden ist letztlich eine Begriffsdefinition in zweifacher Hinsicht möglich, nämlich einerseits hinsichtlich des eigentlichen Inhalts des Begriffs der „gemischten Mitgliedschaft“ sowie andererseits – angesichts der im Schrifttum nebeneinander verwendeten Begriffe der „gemischten“ und „parallelen“ Mitgliedschaft – hinsichtlich der richtigen Bezeichnung der Rechtsfigur als solche. 1. Der Begriff der „gemischten Mitgliedschaft“ im Sinne dieser Arbeit Die festgestellte zwingende Koppelung von gemischten Abkommen und Mitgliedschaften wird zwangsläufig auch in der Definition des Begriffs der „gemischten Mitgliedschaft“ deutlich. Unter einer gemischten Mitgliedschaft im Sinne dieser Untersuchung ist daher die gleichzeitige Mitgliedschaft der EG, einem oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten sowie zumindest einem Drittstaat in einer anderen internationalen Organisation zu verstehen.215 Der Begrifflichkeit bei gemischten Abkommen entsprechend handelt es sich insofern jedoch lediglich um die Definition gemischter Mitgliedschaften „im formellen Sinne“, die alleine die gemeinsame Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe voraussetzt.216 Anhand der einschlägigen innergemeinschaftlichen Kompetenzteilung kann jedoch noch weiter differenziert werden. So liegt eine gemischte Mitgliedschaft im engeren „materiellen Sinne“ nur dann vor, wenn die gemeinsame Beteiligung der EG und ihrer Mitgliedstaaten in einer internationalen Organisation innergemeinschaftlich auf einer Kompetenzteilung beruht.
214
s. o. unter 2. Teil A. II. Wie auch bzgl. gemischter Abkommen (s. o. unter 2. Teil A. II.) wäre es auch bei gemischten Mitgliedschaften grundsätzlich möglich, die Begriffdefinition vom konkreten Beispielsfall der EG loszulösen und stattdessen von „internationalen Organisationen und deren Mitgliedstaaten“ im Allgemeinen zu sprechen. Da jedoch davon auszugehen ist, dass es auf absehbare Zeit kaum eine andere internationale Organisation neben der EG geben wird, die in der Lage wäre, Zuständigkeiten in einem Maße zu kumulieren, dass deren Mitgliedstaaten eine gemeinsame Mitgliedschaft in anderen internationalen Organisationen unterstützen würden, bleibt die Definition im Rahmen dieser Arbeit auf die EG konkretisiert. Schließlich ist die EG nicht nur der alleinige Beispielsfall für gemischte Mitgliedschaften, sondern durch die integrative Entwicklung von gemischten Abkommen hin zu gemischten Mitgliedschaften insoweit auch „rechtsbegründend“. 216 s. o. unter 2. Teil C. III. 215
D. Fazit
125
2. „Parallele“ contra „gemischte“ Mitgliedschaft Zum Zweiten handelt es sich bei dem bisher verwendeten Begriff der „gemischten Mitgliedschaft“ tatsächlich um die am besten geeignete Beschreibung des Rechtskonzepts. Zwar entspricht die u. a. von Herrmann umschriebene „parallele Mitgliedschaft“ inhaltlich voll dem hier verwendeten Verständnis des Begriffs der „gemischten Mitgliedschaft“. In beiden Fällen sind damit gemeinsame Mitgliedschaften der EG und ihrer Mitgliedstaaten in internationalen Organisationen gemeint.217 Der Begriff der „gemischten Mitgliedschaft“ ist dem der „parallelen Mitgliedschaft“ jedoch vorzuziehen. Das Adjektiv „parallel“ beschreibt nämlich die tatsächlich möglichen Konstellationen gemischter Mitgliedschaften nur hinsichtlich eines – zudem untergeordneten – Teilaspektes des Rechtskonzepts und ist daher für die Bezeichnung der Rechtsfigur als solche nur unzureichend geeignet: Unter der Überschrift „Typologie paralleler Mitgliedschaften der EG und ihrer Mitgliedstaaten“ unterscheidet Herrmann zwar richtigerweise zwischen gemischten Mitgliedschaften, denen eine „Kompetenzteilung“ und denjenigen, denen eine „Kompetenzverdoppelung“ zugrunde liegen.218 In den erstgenannten Konstellationen sind die gemeinschaftsinternen Zuständigkeiten für den Aufgabenbereich der jeweiligen internationalen Organisation zwischen der EG und ihren Mitgliedstaaten geteilt. In den zweitgenannten Fällen besteht hinsichtlich des Aufgabenbereichs der internationalen Organisation eine „eigenständige Kompetenz der EG, welche die Kompetenz der Mitgliedstaaten für eine bestimmte Sachmaterie unberührt lässt und unabhängig von dieser ausgeübt werden kann“.219 Derartigen gemischten Mitgliedschaften liegt also ein paralleler Kompetenzbereich zugrunde, während es sich in den erstgenannten Fällen um teils ausschließliche bzw. konkurrierende Kompetenzen von EG und Mitgliedstaaten handelt. „Parallel“, also per definitionem „ohne jeden Berührungspunkt“220 ist die Mitgliedschaft der Gemeinschaftsgruppe bei genauer Betrachtung indes nur in den Fällen der „Kompetenzverdoppelung“, also wenn innergemeinschaftlich parallele Zuständigkeiten hinsichtlich des Aufgabenbereichs der internationalen Organisation bestehen. Anders jedoch im Fall konkurrierender bzw. (teilweise) 217
s. o. unter 3. Teil A. I. 2. Herrmann, in: Bauschke, 139 (144 f.). 219 Dem größten Teil der bestehenden gemischten Mitgliedschaften liegt eine „Kompetenzteilung“ in diesem Sinne zugrunde, so z. B. bei der WTO und der FAO. Eine „Kompetenzverdoppelung“ ist dagegen momentan lediglich bei der EBWE vorhanden. Herrmann weist insofern darauf hin, dass ein möglicher zukünftiger Beitritt der EG zur EMRK einen weiteren Fall der Kompetenzverdoppelung darstellen würde; Herrmann, in: Bauschke, 139 (144). 220 Der Duden (Band 5, Fremdwörterbuch, 6. Aufl., 1997) definiert „parallel“ als „in gleichem Abstand ohne gemeinsamen Schnittpunkt nebeneinander verlaufend“. 218
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3. Teil: Das Rechtskonzept der „gemischten Mitgliedschaft‘‘
ausschließlicher Kompetenzen, in welchem sehr wohl Berührungspunkte, nämlich schon alleine in Gestalt von Abgrenzungsnotwendigkeiten, zwischen den gemeinschaftlichen und mitgliedstaatlichen Zuständigkeiten gegeben sind. Der Begriff der „parallelen Mitgliedschaft“ erscheint daher richtigerweise nur auf die zweitgenannte Kompetenzkonstellation anwendbar. Konsequenterweise darf dann aber auch nur bei diesen Fällen von einer „parallelen Mitgliedschaft“ gesprochen werden. Bei einer zusätzlichen Verwendung für alle Fälle gemischter Mitgliedschaften wäre dieser Begriff dagegen missverständlich. Dieses Ergebnis steht zudem in Einklang mit der zur Beschreibung der verschiedenen gemeinschaftlichen Kompetenzkategorien verwendeten Begrifflichkeit. Eine gemeinsame Mitgliedschaft der Gemeinschaftsgruppe in einer internationalen Organisation, der gänzlich parallele Kompetenzen zugrunde liegen, mag als „parallele Mitgliedschaft“ tituliert werden. Fälle echter Kompetenzteilung sollte dieser Begriff aber zur Vermeidung von Missverständnissen nicht umfassen. Letztlich ist zu bedenken, dass zwischen gemischten Abkommen und gemischten Mitgliedschaften ein unmittelbarer und zwingender rechtlicher Zusammenhang besteht. Hat daher ein gemischtes Abkommen eine gemeinsame Mitgliedschaft der Gemeinschaftsgruppe in einer internationalen Organisation zur Folge, sollte diese Mitgliedschaft folgerichtig als eine „gemischte“ bezeichnet werden.
4. Teil
Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse – Eine Darstellung unter besonderer Berücksichtigung der WTO Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften werfen in ihrer Anwendung eine Vielzahl von rechtlichen Schwierigkeiten auf. Diese umfassen formell- wie materiellrechtliche Problempunkte, sind teils gemeinschaftsinterner teils völkerrechtlicher Natur und sollen im folgenden Teil der Arbeit aufgezeigt, behandelt und bewertet werden.1 Im Mittelpunkt der Betrachtung der einzelnen Problemfelder steht die gemischte Mitgliedschaft in der WTO. Sie ist die politisch bedeutendste der wenigen bestehenden gemischten Mitgliedschaften und spiegelt angesichts der Komplexität ihrer Organisationsstruktur nahezu sämtliche zu behandelnde Problembereiche wider.2 Zentrale Bedeutung kommt bei der Problembetrachtung und -behandlung dem Zusammenspiel des Rechts der gemischten Abkommen einerseits und des Rechts der internationalen Organisationen andererseits zu.3 So stellte schon Schermers fest: „To some extent, the problems of international organisations 1 Die Problemdarstellung erfolgt allerdings nicht unter Verwendung weiterer Differenzierungen, um eine inhaltliche Verkürzung der Problembehandlung zu vermeiden. Zwar unterscheidet z. B. Herrmann zwischen „formellen und materiellen Mitwirkungsproblemen“; Herrmann, in: Bauschke, 139 (142 f., 147 ff.). Alternativ könnte auch zwischen gemeinschaftsinternen (z. B. der Anwendungsbereich sowie die Pflicht zur Zusammenarbeit) und -externen (z. B. der Grundsatz der alternativen Rechtsausübung) Problemfeldern differenziert werden. Jedoch ist dies wenig hilfreich, da sich einige der zu betrachtenden Problemfelder nicht schlechthin nur einer Kategorie zuordnen lassen, so z. B. die Haftungsproblematik. Diese ist teils gemeinschaftsinterner Natur (nämlich insoweit die Frage einer eventuellen Innenhaftung behandelt wird), hat teils aber auch externen Charakter (nämlich in Bezug auf mögliche Ansprüche von und gegen die Drittstaaten und deren Durchsetzung mit Hilfe des jeweiligen Organisationsrechts). Gleichzeitig enthält die Haftungsproblematik sowohl formell- (so z. B. im Hinblick auf die verpflichtende Abgabe von Kompetenzerklärungen) wie materiellrechtliche (insbesondere den Inhalt des jeweiligen Haftungsanspruchs betreffend) Aspekte. 2 Da sie jedoch in vielfacher Hinsicht zugleich ein „Musterbeispiel“ für die Umsetzung des Rechtskonzepts darstellt, wodurch einige der Anwendungsprobleme im Rahmen der WTO-Mitgliedschaft keine nennenswerte Rolle spielen, bedarf es der zusätzlichen Beschäftigung mit den übrigen Beispielen gemischter Mitgliedschaften, allen voran mit derjenigen in der FAO, um sämtliche Problemfelder erschöpfend behandeln zu können. s. o. unter 1. Teil C. 3 s. o. unter 3. Teil D. I.
128
4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
becoming members of other international organisations run parallel to the problems of international organisations becoming parties to treaties. Since virtually all public international organisations are established by treaties, this close relationship is quite natural“.4 Es scheint also ob des rechtlichen Zusammenhangs zwischen gemischten Abkommen und Mitgliedschaften auf der Hand zu liegen, dass der gemeinsamen Mitgliedschaft von EG und Mitgliedstaaten in einer internationalen Organisation in weiten Teilen die gleichen rechtlichen wie politischen Probleme zugrunde liegen wie der gemeinsamen Parteistellung der Gemeinschaftsgruppe in einem internationalen Abkommen. Ob und inwieweit dies tatsächlich der Fall ist, soll Gegenstand des folgenden Teils der Untersuchung zu sein. Denn so eindeutig die rechtliche Verbindung zu sein scheint, sind doch auch die substantiellen Unterschiede zwischen einem „normalen“ internationalen Abkommen und dem Gründungsvertrag einer Organisation zu beachten.5 Schermers jedenfalls hat diesbezüglich eine eindeutige Meinung: „The Community’s membership in international organisations would create more problems than the Community’s participation in normal treaties“.6 Die nachfolgenden Ausführungen indes betreffen, soweit nicht ausdrücklich auf Besonderheiten gemischter Mitgliedschaften hingewiesen wird, gemischte Abschlüsse im Allgemeinen.
A. Die Pflicht zur Zusammenarbeit bei gemischten Abschlüssen Wirft die gemeinsame Beteiligung von EG und Mitgliedstaaten bei gemischten Abkommen vor wie auch nach dem erfolgten Vertragsabschluss eine Vielzahl von praktischen wie rechtlichen Problemen auf, stellt deren Lösung (soweit es sich um im Gemeinschaftsrecht basierende Schwierigkeit handelt) bzw. Begegnung (soweit es Probleme auf internationaler Ebene sind) hohe Anforderungen an den Zusammenhalt und die Zusammenarbeit innerhalb der Gemeinschaftsgruppe. Diesen kann alleine durch eine ständige Koordinierungsarbeit zwischen EG und Mitgliedstaaten entsprochen werden, die das Bestehen eines gemischten Abkommens von der erstmaligen Festlegung der Verhandlungsziele bis hin zu Fragen der alltäglichen Durchführung der Vertragsbestimmungen begleiten muss.7 Der EuGH hat daher die sog. „Pflicht zur Zusammenarbeit“ ent4
Schermers, in: FS Mosler, 823 (832). „In the case of international organizations, however, an extra dimension is added to the treaty relationship. Members of international organizations not only obtain rights and undertake obligations; they also form part of the organization itself and are elements of it“; Schermers, in: FS Mosler, 823 (832 f.). 6 Schermers, in: O’Keeffe/Schermers, 23 (28). 7 Dies gilt umso mehr als es sich bei völkerrechtlichen Verträgen oftmals um „package deals“ handelt, bei denen die notwendigen Verhandlungskompromisse nicht 5
A. Die Pflicht zur Zusammenarbeit bei gemischten Abschlüssen
129
wickelt, die Gemeinschaftsorgane wie Mitgliedstaaten gleichermaßen trifft und Anwendung auf die Verhandlungen, den Abschluss sowie die Durchführung von Abkommen findet, denen innergemeinschaftlich eine Kompetenzteilung zugrunde liegt. Bei gemischten Abkommen, die zusätzlich zu einer gemischten Mitgliedschaft führen, kommt der Frage der effektiven Durchführung der gemeinsamen Mitgliedschaft besondere Bedeutung zu. Aufgrund der oftmals sehr komplexen und arbeitsintensiven innerorganisatorischen Struktur der aufnehmenden Organisationen sieht sich die Gemeinschaftsgruppe der stetigen Notwendigkeit einer gegenseitigen internen Abstimmung gegenüber. Um dennoch eine effektive Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte zu gewährleisten, kommt es in der Praxis daher teilweise zu einer Institutionalisierung der Pflicht zur Zusammenarbeit durch sog. „Kooperationsvereinbarungen“.
I. Das Rechtskonzept der „Pflicht zur Zusammenarbeit“ 1. Die Pflicht zur Zusammenarbeit in der Rechtsprechung des EuGH Ihre erste Erwähnung fand die Pflicht zur Zusammenarbeit in Gutachten 1/ 78 für den Regelungsbereich des EAGV.8 Der Gerichtshof stellte, nachdem er die Notwendigkeit eines gemischten Vertragsabschlusses bejaht hatte (Rn. 32 f.), fest: „[. . .], dass das von der IAEO geplante Übereinkommen hinsichtlich der Gemeinschaft nur aufgrund einer engen Zusammenarbeit zwischen den Gemeinschaftsorganen und den Mitgliedstaaten bei der Aushandlung und dem Abschluss wie auch bei der Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen in Kraft gesetzt werden kann“ (Rn. 34). In Gutachten 2/91 wandte der Gerichtshof die in Gutachten 1/78 aufgestellten Grundsätze auf ein Abkommen im Regelungsbereich des EGV an und stellte fest: „[. . .], dass eine enge Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen sowohl bei der Aushandlung und dem Abschluss eines Übereinkommens wie bei dessen Durchführung erforderlich ist, wenn sein Gegenstand teils in die Zuständigkeit der Gemeinschaft, teils in diejenige der Mitgliedstaaten fällt“. Dies folge aus der „Notwendigkeit einer geschlossenen Vertretung der Gemeinschaft“.9 Es kommt dem EuGH also lediglich darauf an, dass innergemeinschaftlich eine Kompetenzverteilung bzgl. des Vertragsgegenstandes gegeben ist. Unerheblich ist dagegen, wenn die EG das Abkommen wie auch im Falle der Gutachten 2/91 zugrundean den Grenzen der gemeinschaftlichen Kompetenzverteilung halt machen können; vgl. auch Pescatore, CML Rev. 1979, 615 (622); Eberle, S. 147. s. o. unter 2. Teil C. I. 8 EuGH, Gutachten 1/78, Naturkautschukübereinkommen, Slg. 1979, 2871. 9 EuGH, Gutachten 2/91, ILO, Slg. 1993, I-1061, Rn. 36.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
liegenden Konvention Nr. 170 der ILO nicht selbst abschließen kann und somit gar kein gemischtes Abkommen zustande kommen kann.10 In Gutachten 1/94 wiederholte er seine in Gutachten 2/91 formulierten Grundsätze.11 In der Rs. C-25/94 konkretisierte der EuGH die Pflicht zumindest insoweit als „die Gemeinschaftsorgane und die Mitgliedstaaten [. . .] alle erforderlichen Maßnahmen treffen [müssen], um eine solche Zusammenarbeit in bestmöglicher Weise zu gewährleisten“.12 Zuletzt fand die Kooperationspflicht in der Rs. Dior eine kurze Erwähnung.13 2. Art. 10 EGV als Rechtsgrundlage der Pflicht zur Zusammenarbeit Unklar ist, auf welcher gemeinschaftsrechtlichen Grundlage der EuGH die Pflicht zur Zusammenarbeit entwickelt hat, fehlt es doch im EGV an einer ausdrücklichen Formulierung derselben.14 Geäußert hat sich der Gerichtshof lediglich dahingehend, dass sich die „Pflicht zur Zusammenarbeit aus der Notwendigkeit einer einheitlichen völkerrechtlichen Vertretung der Gemeinschaft“ ergebe.15 Die Kooperationspflicht kann also als ein Instrument zur Umsetzung dieses übergeordneten Rechtsgedankens aufgefasst werden.16
10 Vielmehr stellt er fest: „Die Zusammenarbeit zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten ist im vorliegenden Fall unumgänglich, weil die Gemeinschaft beim derzeitigen Stand des Völkerrechts ein IAO-Übereinkommen nicht selbst, sondern nur durch die Mitgliedstaaten abschließen kann“; EuGH, Gutachten 2/91, ILO, Slg. 1993, I-1061, Rn. 37. Die Gemeinschaftsorgane und die Mitgliedstaaten müssen also alle Maßnahmen treffen, um „eine solche Zusammenarbeit sowohl bei der Vorlage an die zuständige Stelle und der Ratifizierung des Übereinkommens Nr. 170 als auch bei der Durchführung dieses Übereinkommens sicherzustellen“ (Rn. 38). 11 EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 108. 12 EuGH, Rs. C-25/94, FAO, Slg. 1996, I-1469, Rn. 48. 13 EuGH, Rs. C-300/98 und C-392/98, Dior, Slg. 2000, I-11307, Rn. 36: „Insoweit sind die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaftsorgane bei der Erfüllung der Verpflichtungen, die sie aufgrund einer geteilten Zuständigkeit für den Abschluss des WTOÜbereinkommens – einschließlich des TRIPs – übernommen haben, zu enger Zusammenarbeit verpflichtet“. 14 Deren Notwendigkeit folgt bereits daraus, dass es sich bei der EG um eine Rechtsgemeinschaft handelt und der Gerichtshof gem. Art. 220 EGV die „Wahrung des Rechts“ sichert; s. o. unter 2. Teil D. II. A. A. Heliskoski, FYIL 1996, 59 (115 f.), der die einschlägige Rechtsprechung des EuGH als hinreichende rechtliche Grundlage für die Pflicht zur Zusammenarbeit ansieht. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der EuGH stets, selbst wenn er auf allgemeine über den Wortlaut der Gründungsverträge hinausgehende Rechtsprinzipien abstellt, dem Recht unterworfen ist und daher jede durch den Gerichtshof vorangetriebene Weiterentwicklung des Gemeinschaftsrechts eine rechtliche Grundlage haben muss. 15 EuGH, Gutachten 2/91, ILO, Slg. 1993, I-1061, Rn. 36; Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 108; Rs. C-25/94, FAO, Slg. 1996, I-1469, Rn. 48. 16 Azoulai, ELJ 2005, 196 (217). Vgl. auch MacLeod/Hendry/Hyett, S. 145.
A. Die Pflicht zur Zusammenarbeit bei gemischten Abschlüssen
131
Kaum verwunderlich ist es daher, dass sich im Schrifttum eine große Anzahl verschiedener Lösungsansätze finden lassen, die jedoch bis auf die überwiegende Ansicht, die sich auf Art. 10 EGV beruft, allesamt abzulehnen sind17: So sehen Teile der Praxis und des Schrifttums das in Art. 3 EUV statuierte Kohärenzprinzip als rechtliche Grundlage für die Pflicht zur Zusammenarbeit.18 Dieser Ansatz ist jedoch abzulehnen, denn zum einen ist das Kohärenzprinzip primär auf den Gleichklang der Maßnahmen zwischen den drei Säulen der EU ausgerichtet und nicht zwischen den Gemeinschaftsorganen einerseits und den Mitgliedstaaten andererseits.19 Zum anderen geht es dabei, wie schon der Wortlaut der Vorschrift zeigt, vor allem um – primär politische – Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten, was auch dadurch deutlich wird, dass die von Art. 3 EUV aufgestellten Grundsätze nach Art. 46 EUV nicht unter die Jurisdiktion des EuGH fallen.20 Nach einer anderen Ansicht enthielt der EGV bis zum Vertrag von Maastricht v. 07.02.1992 mit dem damaligen Art. 116 EWGV21 zumindest im Teilbereich des Außenhandels eine geeignete Grundlage für die Pflicht zur Zusammenarbeit.22 Auch diesem Ansatz ist indes zu widersprechen: Zunächst muss insofern auf den begrenzten Anwendungsbereich des Art. 116 EWGV verwiesen werden, der einerseits nicht gemischte Abkommen im Allgemeinen, sondern lediglich Mitgliedschaften in internationalen Organisationen umfasst und andererseits – wie der EuGH richtigerweise hervorhebt – gerade im Hinblick auf ein „gemeinsames Vorgehen der Mitgliedstaaten in den internationalen Organisationen geschaffen worden [ist], in denen die Gemeinschaft
17 Isolierte Einzelmeinungen finden sich z. B. noch in den Editorial Comments, CML Rev. 1995, 385 (389) sowie bei Osteneck, in: Schwarze, EGV, Art. 302, Rn. 2. 18 Siehe z. B. die entsprechende Stellungnahme des Rates im Verfahren zu Gutachten 1/94; EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267 (5347). Ebenso Granvik, S. 117. Siehe auch Chatháin, ELJ 1999, 461 (467 f.). 19 Vgl. Frid, S. 149, Fn. 92. 20 Heliskoski, FYIL 1996, 59 (106 f.). Der EuGH sieht sich aber – wie nicht zuletzt seine Ausführungen in der Rs. C 25/94, in der er über einen Streit zwischen Kommission und Mitgliedstaaten über die konkrete Ausgestaltung der Kooperationspflicht entscheiden musste – als zuständig für die Überwachung der Pflicht zur Zusammenarbeit an; vgl. EuGH, Rs. C-25/94, FAO, Slg. 1996, I-1469, Rn. 40 ff. Vgl. auch EuGH, Rs. 3,4 und 6/76, Kramer, Slg. 1977, 1279, Rn. 44/45; ebenso Rs. 44/84, Hurd/Jones, Slg. 1986, 29, Rn. 38 f.; siehe Temple Lang, CML Rev. 1990, 645 (677); Stein, S. 144 ff. 21 Art. 116 EWGV lautete wie folgt: „Nach Ablauf der Übergangsfrist gehen die Mitgliedstaaten in den internationalen Organisationen mit wirtschaftlichem Charakter bei allen Fragen, die für den Gemeinsamen Markt von besonderem Interesse sind, nur noch gemeinsam vor. Zu diesem Zweck unterbreitet die Kommission dem Rat Vorschläge über das Ausmaß und die Durchführung des gemeinsamen Vorgehens; dieser beschließt darüber mit qualifizierter Mehrheit. Während der Übergangszeit setzen sich die Mitgliedstaaten miteinander ins Benehmen, um ihr Vorgehen aufeinander abzustimmen und soweit wie möglich eine einheitliche Haltung einzunehmen“. 22 Vgl. Sack, CML Rev. 1995, 1127 (1253); Editorial Comments, CML Rev. 1995, 385 (387).
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
nicht Mitglied ist“.23 Gemeinsame Beteiligungen werden also nicht per se erfasst. Zudem kommt der Pflicht zur Zusammenarbeit auch im materiell-rechtlichen Sinne eine andere Zweckbestimmung zu: Während die Kooperationspflicht gerade auf kompetenzrechtliche Konstellationen abzielt, in denen die gesamte Gemeinschaftsgruppe an einem Abkommen beteiligt ist oder zumindest trotz alleiniger Parteistellung der Mitgliedstaaten gemeinschaftsintern eine Kompetenzteilung gegeben ist, bleiben bei Art. 116 EWG gerade „gemischte [kompetenzrechtliche] Verhältnisse ausgeschlossen“.24 Letztlich ist zu beachten, dass aus Art. 116 EWGV lediglich eine Kooperationspflicht der Mitgliedstaaten folgt, während die Pflicht zur Zusammenarbeit die gesamte Gemeinschaftsgruppe verpflichtet und damit Gemeinschaftsorganen wie Mitgliedstaaten gegenseitige Pflichten aufgeben.25 Richtigerweise ist stattdessen mit der überwiegenden Ansicht das Loyalitätsgebot nach Art. 10 EGV als die einschlägige rechtliche Grundlage für die Pflicht zur Zusammenarbeit anzusehen.26 Diese folgt aus dem Erfordernis des einheitlichen Auftretens der EG im völkerrechtlichen Verkehr, wobei die Pflicht zur Zusammenarbeit das Koordinierungsinstrument zur Sicherstellung des einheitlichen Auftretens darstellt.27 Der EGV besitzt mit Art. 10 EGV eine für eine solche Abstimmung einschlägige Vorschrift, hat der EuGH doch bereits eine 23 EuGH, Gutachten 1/78, Naturkautschukübereinkommen, Slg. 1979, 2871, Rn. 50. Vgl. auch Frid, S. 141 ff. 24 Schloh, in: KSE 25, 83 (89). 25 Vgl. Heliskoski, FYIL 1996, 59 (98 f.), mit Hinweis auf die Aussage des EuGH in Gutachten 1/94, der von einer „engen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen“ spricht; EuGH Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 108. Heliskoski weist schließlich auch noch auf den Umstand hin, dass Art. 116 EWGV zum Zeitpunkt der Erstellung von Gutachten 2/91 noch in Kraft war, ohne dass der EuGH die Vorschrift in irgendeiner Weise in Betracht gezogen hätte, um die rechtliche Grundlage der Pflicht zur Zusammenarbeit herzuleiten. 26 v. Bogdandy, in: Grabitz/Hilf, EGV, Art. 10, Rn. 70; Frid, S. 149; Tomuschat, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 34; Geiger, EGV, Art. 300, Rn. 35; MacLeod/Hendry/Hyett, S. 145; Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (241); Appella, ICLQ 1996, 440 (461, Fn. 82); Breier, EuZW 1999, 11 (14); Gilsdorf, EuR 1996, 145 (159); Gaja, in: O’Keeffe/Schermers, 133 (140); Ehlermann, in: O’Keeffe/ Schermers, 3 (17); Chatháin, ELJ 1999, 461 (467). Eingeschränkt auch Heliskoski, der jedoch der Ansicht ist, dass Art. 10 EGV für sich genommen nicht als Rechtsgrundlage genügt, da das Loyalitätsgebot alleine weder Mitgliedstaaten noch Gemeinschaftsorganen konkrete Handlungspflichten aufgeben könne; Heliskoski, FYIL 1996, 59 (102 ff.). Es bedürfe daher zusätzlich einer Kompetenznorm (S. 115). Im Ergebnis auch Gilsdorf, EuR 1996, 145 (158). Diesem Ansatz ist jedoch entgegenzuhalten, dass ein gemeinschaftsrechtlicher Anknüpfungspunkt nicht nur aus einer Kompetenzvorschrift bestehen, sondern sich auch „aus den der Gesamtsystematik des EGV ableitbaren Regeln“ ergeben kann; vgl. EuGH, Rs. 2/73, Geddo/Ente Nazional Risi, Slg. 1973, 865, Rn. 4. Der Gerichtshof hat mit dem Prinzip der Notwendigkeit eines einheitlichen völkerrechtlichen Auftretens der Gemeinschaftsgruppe gerade eine solche, aus der Gesamtsystematik des EGV ableitbare Regel entwickelt. 27 Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 300, Rn. 16.
A. Die Pflicht zur Zusammenarbeit bei gemischten Abschlüssen
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Vielzahl unterschiedlicher Koordinations- und Kooperationspflichten aus eben dieser hergeleitet.28 Art. 10 EGV bietet dabei auch eine hinreichende rechtliche Grundlage für eine gegenseitige und bindende Kooperationspflicht: Die aus Art. 10 EGV hergeleiteten Pflichten können nämlich trotz des auf den ersten Blick entgegenstehenden Wortlauts der Vorschrift gegenseitiger Natur sein. So spricht der EuGH in der Rs. 230/81 von „dem Grundsatz, dass den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen gegenseitige Pflichten zur loyalen Zusammenarbeit obliegen, wie er namentlich dem Artikel 5 EWG-Vertrag [nun Art. 10 EGV] zugrunde liegt [. . .]“ (Hervorhebung durch den Verfasser).29 Ferner kann Art. 10 EGV Pflichten enthalten, die ihre Adressaten rechtlich binden und nicht bloß politischer Art sind. In der Rs. 804/79 stellt der Gerichtshof in Bezug auf Art. 10 EVG fest: „[. . .] erlegt diese Bestimmung den Mitgliedstaaten besondere Handlungs- und Unterlassungspflichten auf“.30 Die aus Art. 10 EGV fließenden Pflichten binden ihre jeweiligen Adressaten dabei dergestalt, dass die Durchsetzung der Pflichten vor dem EuGH über Art. 226 EGV bzw. Art. 230 EGV möglich ist, da bei einer Pflichtverletzung ein Verstoß gegen „eine Verpflichtung aus diesem Vertrag“ im Sinne der Vertragsverletzungs- und Nichtigkeitsklage vorliegen kann.31 Die Pflicht zur Zusammenarbeit ist mithin als Konkretisierung der in Art. 10 EGV normierten generellen Loyalitätspflicht zu verstehen, die durch die Verbindung mit dem Prinzip der Notwendigkeit eines einheitlichen völkerrechtlichen Auftretens der Gemeinschaftsgruppe ihr eigenständiges Gepräge für den Bereich der Außenbeziehungen erhält. 3. Der Anwendungsbereich der Pflicht zur Zusammenarbeit Aus der Rechtsprechung des EuGH lässt sich der Anwendungsbereich der Pflicht zur Zusammenarbeit wie folgt umreißen: Die Pflicht zur Zusammenarbeit umfasst mit der Aushandlung, dem Abschluss sowie dem anschließenden Vollzug eines Abkommens dessen gesamten Entstehungs- und Bestehenszeitraum.32 Dabei kommt es nicht darauf an, dass es sich um ein gemischtes Ab28 Siehe ausführlich Zuleeg, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 10, Rn. 4 ff. (Handlungspflichten) sowie Rn. 10 ff. (Unterlassungspflichten); v. Bogdandy, in: Grabitz/Hilf, Art. 10, Rn. 67 ff.; Temple Lang, CML Rev. 1990, 645 (647 ff.). 29 EuGH, Rs. 230/81, Luxemburg/Parlament, Slg. 1983, 255, Rn. 37. Vgl. Hyett, in: Dashwood/Hillion, 248 (250 f.). Heliskoski zweifelt zwar daran, dass sich aus Art. 10 EGV aufgrund des entgegenstehenden Wortlauts gegenseitige Pflichten herleiten lassen; Heliskoski, in: Dashwood/Hillion, 79 (96). Allerdings schreibt er bei anderer Gelegenheit: „[. . .] Article 5 EC [nun Art. 10 EGV] is, in spite of its wording, capable of creating reciprocal obligations of cooperation between the Community institutions and the Member States“; Heliskoski, in: Koskenniemi, 273 (278). 30 EuGH Rs. 804/79, Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 1981, 1045, Rn. 28. 31 Siehe EuGH, Rs. 2/73, Geddo/Ente Nazional Risi, Slg. 1973, 865, Rn. 4. Ebenso EuGH Rs. 68/88, Kommission/Griechenland, Slg. 1989, 2979, Rn. 22. Das spätere Verfahren wurde nach Art. 226 EGV eröffnet. Dazu Eberle, S. 150 f.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
kommen handelt, sondern alleine darauf, dass die Kompetenzen hinsichtlich des Vertragsgegenstandes bzw. – im Rahmen der späteren Durchführung des Abkommens – hinsichtlich des konkreten Anwendungs- oder Konfliktfalls zwischen EG und Mitgliedstaaten geteilt sind.33 In den Bereichen gemischter Abkommen mit ausschließlichen Gemeinschafts- oder mitgliedstaatlichen Kompetenzen sind es also trotz des gemischten Vertragsschlusses entweder alleine die EG oder die Mitgliedstaaten, die alleinverantwortlich entscheiden.34 Verfahrensrechtlich findet grundsätzlich das in Art. 300 EGV statuierte Verfahren zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge mit dritten Staaten oder internationalen Organisationen Anwendung. Nach Art. 300 Abs. 1 UAbs. 1 EGV ist die Kommission für die Vorverhandlungen zuständig. Die eigentlichen Vertragsverhandlungen führt sie sodann nach entsprechender Ermächtigung durch den Rat.35 Der Vertragsabschluss steht gem. Art. 300 Abs. 2 EGV dem Rat zu.36 Die Beteiligungsrechte des EP sind in Art. 300 Abs. 3 EGV geregelt.37 Nach seinem Wortlaut erfasst Art. 300 EGV zwar nicht ausdrücklich Konstellationen, in denen neben der EG auch die Mitgliedstaaten Vertragspartei des Abkommens 32 Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (242), spricht insoweit von den „three relevant stages of external action“. 33 Timmermans scheint die Pflicht zur Zusammenarbeit dagegen nicht auf gemischte Abkommen anwenden zu wollen, deren Vertragsgegenstand theoretisch teilbar ist, also teils in die ausschließliche Kompetenz der Mitgliedstaaten und teils in ausschließliche EG-Kompetenzen fällt; Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (241). Allerdings ist zu bedenken, dass auch solche Abkommen, da sie in der Praxis zumeist sog. „package deals“ darstellen, nur theoretisch trennbar sind. 34 In der Konsequenz besteht die Pflicht zur Zusammenarbeit dann nicht mehr, wenn der gesamten Vertragsgegenstand in die ausschließliche Kompetenz der EG fällt, unabhängig davon, ob die Gemeinschaft auch alleinige Partei des jeweiligen Abkommens ist. Vgl. Pitschas, EuZW 2002, 117 (118). 35 Dies beschließt der Rat gem. Art. 300 Abs. 1 UAbs. 2, 205 Abs. 2 EGV grundsätzlich mit qualifizierter Mehrheit, im Falle von Abs. 2 S. 2 jedoch einstimmig, was insbesondere bei Assoziierungsabkommen nach Art. 310 EGV der Fall ist. Vgl. zur Mandatserteilung auch Warden, Nw. J. Int’l L. & Bus. 2003–2004, 227 (243). Der EGV enthält zudem mehrere, von Art. 300 abweichende, speziellere Regelungen: So liegt z. B. gem. Art. 111 Abs. 3–5 EGV im Bereich der Außenbeziehungen der WWU die Verhandlungsführung bei der Präsidentschaft der „Euro-Gruppe“, was teilweise auf erhebliche Kritik stößt; vgl. Sack, ZEuS 2001, 267 (279). Siehe dazu ausführlich Zilioli/Selmayr, CML Rev. 1999, 273 (335 ff.). 36 Art. 300 Abs. 2 EGV beschreibt dabei das gemeinschaftsinterne Verfahren vor dem völkerrechtlich verbindlichen Abschlussakt, das mit dem, in der Regel mit qualifizierter Mehrheit (Abs. 2 UAbs. 1 S. 1) getroffenen, Beschluss des Rates beendet wird, welcher den Inhalt des Vertragswerks genehmigt. Eine bestimmte Form ist für diesen Genehmigungsakt im Gemeinschaftsrecht nicht vorgesehen. Die Praxis des Rates schwankt zwischen Beschlüssen, Entscheidungen und (seltener) VO; vgl. Breier, EuZW 1999, 11 (14). Auf völkerrechtlicher Ebene wird der Präsident des Rates oder ein Vertreter der Kommission vom Rat zur Unterzeichnung des Abkommens ermächtigt. Siehe zum Vertragsabschlussverfahren Vedder, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, Art. 228, Rn. 31 ff.; Biscaro, S. 23 ff., sowie zu den im Amsterdamer Vertrag vorgenommenen Änderungen, Dashwood, in: Dashwood/Hillion, 279 (282 f.).
A. Die Pflicht zur Zusammenarbeit bei gemischten Abschlüssen
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werden sollen. Allerdings schließt Art. 300 EGV gemischte Abkommen auch nicht ausdrücklich von seinem Anwendungsbereich aus.38 Es ist aufgrund der Einheitlichkeit des Abkommensbegriffs des EGV39 vielmehr davon auszugehen, dass mit Art. 300 EGV eine zentrale Vorschrift existiert, die auf sämtliche völkerrechtliche Verträge der EG Anwendung findet. Auch der im Vertrag von Nizza eingefügte Art. 133 Abs. 6 UAbs. 2 EGV weist auf die Anwendung des Verfahrens des Art. 300 EGV auf gemischte Abschlüsse hin.40 Zu klären bleibt jedoch, inwieweit das Abschlussverfahren im Zusammenhang mit gemischten Abschlüssen Modifikationen unterworfen ist. a) Vertragsverhandlungen Der erste Schritt hin zu einer Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe, sei es an einem Abkommen oder in einer Organisation, sind die Vertrags- bzw. Beitrittsverhandlungen. Im Unterschied zu Vertragsverhandlungen zu reinen Gemeinschaftsabkommen41 bedarf es bei gemischten Abkommen von Anfang an der engen Abstimmung der Verhandlungspositionen von EG und Mitgliedstaaten.42 Die Zusammensetzung der Verhandlungsdelegation sollte daher primär eine Frage der Zweckmäßigkeit sein.43 In der Praxis haben sich drei Modelle heraus37 Grundsätzlich hat vor dem Ratsbeschluss eine Anhörung des EP zu erfolgen (Abs. 3 UAbs. 1). In bestimmten, in Abs. 3 UAbs. 2 aufgezählten, Fällen ist aber die Zustimmung des EP erforderlich. 38 Vgl. Breier, EuZW 1999, 11 (13). 39 s. o. unter 2. Teil A. II. Ebenso die allgemeine Meinung im Schrifttum. Siehe zur Anwendung von Art. 300 EGV auf gemischte Abkommen u. a. Stein, S. 164 ff., Heliskoski, S. 73 ff. 40 So heißt es in Art. 133 Abs. 6 UAbs. 2 EGV u. a.: „[. . .] fallen in dieser Hinsicht Abkommen im Bereich [. . .] in die gemischte Zuständigkeit der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten. Zur Aushandlung solcher Abkommen ist daher außer einem Beschluss der Gemeinschaft gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Artikel 300 [. . .].“ 41 Nicht unterschätzt werden darf jedoch die Bedeutung der Entscheidung, ob die Verhandlungen überhaupt von einer gemeinsamen Delegation durchgeführt werden sollen oder ob nicht die EG alleine zuständig für den voraussichtlichen Vertragsgegenstand ist. Groux zufolge mündet eine gemeinsame Verhandlungsführung in den allermeisten Fällen in ein gemischtes Abkommen; Groux, in: O’Keeffe/Schermers, 87 (90). 42 Zwar könnten EG und Mitgliedstaaten jeweils als eigenständige Völkerrechtsubjekte in die Verhandlungen gehen. Dies ist jedoch schon alleine aufgrund des Umstandes, dass es sich bei den abzuschließenden Abkommen zumeist um Gesamtpakete handelt, denen eine Vielzahl von Kompromissen zugrunde liegt, die inhaltlich nicht an den innergemeinschaftlichen Zuständigkeitsgrenzen halt machen, unzweckmäßig; vgl. MacLeod/Hendry/Hyett, S. 152; Frenz, S. 148. s. o. unter 2. Teil C. I. 43 Tomuschat, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 35. Faktisch sind es die Mitgliedstaaten, welche die endgültige Entscheidung über die Zusammensetzung der Delegation treffen, da es der Rat ist, welcher der Kommission ihr Verhandlungsmandat ausstellt, vgl. Groux, in: O’Keeffe/Schermers, 87 (89).
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
gebildet.44 Von diesen entspricht die sog. „Rom-Formel“45 am ehesten dem Bild eines einheitlichen völkerrechtlichen Auftretens der Gemeinschaftsgruppe, da danach eine gemeinsame Delegation von Kommission, Rat und Mitgliedstaaten gebildet wird, deren Sprecher entweder die Kommission oder die jeweilige Ratspräsidentschaft ist. Letzteres war u. a. der Fall bei den Verhandlungen über das sog. Kyoto-Protokoll.46 Im Vorfeld des EG-Beitritts zur FAO dagegen führte alleine die Kommission die Beitrittsverhandlungen mit dem Sekretariat der FAO, dies allerdings in enger Zusammenarbeit mit der Ratspräsidentschaft.47 Doch auch innerhalb der EG-Delegation bedarf es der steten Koordinierung. Ein anschauliches Beispiel für den Ablauf einer solchen Verhandlungskoordinierung bieten die Verhandlungen über das Kyoto-Protokoll: Zunächst wurde auf zwei Sitzungen des Rates durch die Umweltminister der Mitgliedstaaten die Verhandlungsposition der Gemeinschaftsgruppe für die anstehenden Verhandlungen in Kyoto festgelegt. Als sich die Gemeinschaftsgruppe in den Verhandlungen mit diesen Forderungen nicht durchsetzen konnte, wurden die Kompromisspositionen der EG-Delegation für den weiteren Verhandlungsverlauf auf Grundlage von – mehrmals täglich stattfindenden – Koordinierungen zwischen der für den Umweltschutz zuständigen EU-Kommissarin sowie den Umweltministern der Mitgliedstaaten durchgeführt.48
44 Erstens separate Delegationen von EG und Mitgliedstaaten, wie z. B. bei der VNSeerechtskonferenz; vgl. Groux/Manin, S. 39. Innerhalb dieser Gruppe lässt sich noch weiter differenzieren zwischen der sog. „bizephalen“ und der „multizephalen“ Zusammensetzung. In der erstgenannten Konstellation umfasst die EG-Delegation neben Kommissionsvertretern lediglich Vertreter der jeweiligen Ratspräsidentschaft, in der zweiten zusätzlich noch Vertreter der Mitgliedstaaten. Vgl. Vedder, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, Art. 228, Rn. 29; Frenz, S. 150. Zweitens eine reine Kommissionsdelegation, die auch von den Mitgliedstaaten ermächtigt wurde, wie dies z. B. bei den Verhandlungen zum ÜWTO der Fall war und bei den Verhandlungen mit den USA über ein globales Luftverkehrsabkommen seit 2003 der Fall ist (vgl. Mitteilung der Kommission – Weiterentwicklung der Luftfahrtaußenpolitik der Gemeinschaft, KOM/ 2005/79 endg. v. 11.03.2005, Gliederungspunkt II.2). Drittens die sog. „Rom-Formel“. Zu verschiedenen Mischformen siehe Groux, in: O’Keeffe/Schermers, 87 (92 f.). Diese treten vor allem bei multilateralen Abkommen auf, wo die Zusammensetzung stark von den politischen und historischen Gegebenheiten abhängig ist, während sich bei bilateralen Verhandlungen die Rom-Formel weitgehend durchgesetzt hat; vgl. Biscaro, S. 64. 45 Dieses Modell wurde erstmalig während der Verhandlungen zum Getreideabkommen innerhalb der sog. Kennedy-Runde 1967 in Rom verwendet. Daher hat dieses Modell auch seinen Namen, vgl. Groux, in: O’Keeffe/Schermers, 87 (93); Vedder, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, Art. 228, Rn. 29. 46 Kyoto-Protokoll zum Rahmenübereinkommen der VN über Klimaänderungen (ABl. Nr. L 130 v. 15.05.2002, S. 4 ff.), vereinbart auf der 3. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention in Kyoto. Dabei sprach die sog. Troika für die EG, d.h. die aktuelle, die vorangegangene sowie die folgende Ratspräsidentschaft; Breier, EuZW 1999, 11 (13). 47 Vgl. Frid, EJIL 1993, 239 (246).
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Zumeist ist also nicht alleine die Kommission für Inhalt und Ablauf der Vertragsverhandlungen verantwortlich, sondern auch Rat wie Mitgliedstaaten kommen substantielle Rollen bei den Verhandlungen zu. Dies steht im Widerspruch mit dem Wortlaut von Art. 300 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 EGV, wonach grundsätzlich die Kommission die Verhandlungen ausführt. Es ist jedoch zweifelhaft, ob diese Vorschrift in einem derart strengen Sinne zu verstehen ist, dass die Kommission die Verhandlungen stets alleinverantwortlich durchzuführen hat. Richtiger erscheint es, solange nicht von einer Verletzung von Art. 300 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 EGV auszugehen, wie „das Recht der Kommission zur Verhandlungsführung nicht ausgehöhlt wird“.49 Schließlich ist bei Verhandlungen zu gemischten Abkommen die Pflicht zur Zusammenarbeit zu beachten, so dass die komplette Gemeinschaftsgruppe auch an allen Stufen der Entstehung eines gemischten Abkommens (mehr oder weniger intensiv) zu beteiligen ist.50 b) Abschluss und Ratifizierung gemischter Abkommen Auf Abschluss und Inkraftsetzung eines gemischten Abkommens finden aufgrund der gemeinsamen Beteiligung von EG und Mitgliedstaaten sowohl das Abschlussverfahren nach Art. 300 EGV als auch die jeweiligen Vorschriften des nationalen Verfassungsrechts Anwendung.51 Vor allem sind die Abkommen von jedem Mitgliedstaat separat zu ratifizieren, da die Mitgliedstaaten nicht nur indirekt über die EG, sondern auch unmittelbar in ihrer Eigenschaft als Völkerrechtssubjekte Vertragsparteien des gemischten Abkommens werden. Dieses Nebeneinander wirkt sich vor allem auf den zeitlichen Ablauf des gemeinschaftsinternen Abschlussprozesses aus: Für völkerrechtliche Abkommen der EAG 48 Vgl. zum Ablauf der Verhandlungen über das Kyoto-Protokoll umfassend Breier, EuZW 1999, 11 (12 f.). 49 Tomuschat, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 35. Vgl. auch Ehlermann, in: O’Keeffe/Schermers, 3 (10); Breier, EuZW 1999, 11 (13 f.), wonach es noch zulässig sei, „wenn die Kommission an den Koordinierungen teilnimmt und dabei die Verhandlungsposition der Gemeinschaft mitbestimmen kann“. Ebenso Frenz, S. 155, der als unzulässig ansieht, wenn sich der Rat derart mit den mitgliedstaatlichen Delegationen abstimmen würde, dass „letztlich über dieses Medium und nicht über die Kommission die inhaltlichen Vorgaben des Rates in die Verhandlungen einflössen“. 50 Eine alleinige Verhandlungsführung der Kommission kommt damit nicht bzw. nur dann in Betracht, wenn diese in enger Abstimmung mit dem Rat erfolgt. Dogmatisch ergibt sich dieses Ergebnis richtigerweise aus einer Auslegung von Art. 300 Abs. 1 EGV „im Lichte von“ Art. 10 EGV; so Breier, EuZW 1999, 11 (14). Tomuschat, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 35, begründet dasselbe Ergebnis mit der Gemeinschaftspraxis. Ob aber eine anderslautende Praxis ausreicht, um eine Norm des EG-Rechts zu ändern, ist angesichts des Charakters der EG als Rechtsgemeinschaft zweifelhaft. 51 Siehe dazu auch Heliskoski, S. 78; Wuermeling, S. 242; Dauses, in: Ress, 171 (187); Biscaro, S. 65.
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statuiert Art. 102 EAGV, dass die völkerrechtliche Ratifikation durch die EAG erst dann vorgenommen werden kann, wenn die nationalen Genehmigungsverfahren beendet sind und somit sicher von einer Ratifikation durch die Mitgliedstaaten ausgegangen werden kann. In Anlehnung an diese Vorschrift, von der es keine Entsprechung im EGV gibt, wird vertreten, dass gemischte Abkommen in der EG und den Mitgliedstaaten möglichst zum gleichen Zeitpunkt in Kraft treten, also EG und Mitgliedstaaten ihre Ratifikationsurkunden gleichzeitig hinterlegen sollten.52 Dafür spreche ferner das Prinzip einer möglichst einheitlichen völkerrechtlichen Vertretung der Gemeinschaftsgruppe.53 In der Praxis wurde das Prinzip der gleichzeitigen Hinterlegung der Ratifizierungsinstrumente in einer Vielzahl von gemischten Abkommen befolgt.54 Diese Praxis kann jedoch aufgrund des teilweise erheblichen Widerstandes der Mitgliedstaaten eine entsprechende rechtliche Verpflichtung anzuerkennen, nicht als allgemein angesehen werden.55 Da die EG jedoch in der Regel nicht ratifizieren wird, bevor nicht alle Mitgliedstaaten ebenfalls ihre nationalen Ratifizierungsmaßnahmen erfolgreich abgeschlossen haben56, hat dies einerseits zur Folge, dass der Ab52 Wuermeling, S. 242; Geiger, EGV, Art. 300, Rn. 33. Dafür spricht vor allen Dingen, dass dadurch die Gefahr einer nur partiellen Wirkung des jeweiligen Abkommens innerhalb der Gemeinschaftsgruppe verhindert wird; vgl. Eeckhout, S. 218 f. 53 Breier, EuZW 1999, 11 (15). 54 So z. B. im Fall des Kyoto-Protokolls, siehe Breier, EuZW 1999, 11 (15). Im Ratsbeschluss über den Abschluss des Internationalen Kakao-Übereinkommens von 1993 heißt es in der letzten Begründungserwägung: „Die Ratifikations-, Annahmeoder Genehmigungsverfahren in den Mitgliedstaaten sind inzwischen so weit fortgeschritten, dass die gemeinsame Hinterlegung der Ratifikations-[. . .]urkunden vorgenommen werden kann“; ABl. Nr. L 220 v. 07.08.1998, S. 1. Oftmals wurde zudem in den Genehmigungsbeschlüssen die Ratifizierung davon abhängig gemacht, dass sämtliche Mitgliedstaaten bis zu einem bestimmten Datum rechtlich in der Lage sind, ebenfalls die Ratifizierungsurkunden zu hinterlegen. So heißt es z. B. im Ratsbeschluss über den Abschluss des Wiener Übereinkommens und Montrealer Protokolls zum Schutz der Ozonschicht am Ende der Begründungserwägungen: „Alle Mitgliedstaaten sollen ihre [Ratifizierungsverfahren] möglichst rasch abschließen, damit die [Ratifikations]instrumente von der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten soweit möglich gleichzeitig hinterlegt werden können“; vgl. ABl. Nr. L 297 v. 31.10.1988, S. 9. 55 Vgl. dazu MacLeod/Hendry/Hyett, S. 155; Tomuschat, in: v. d. Groeben/ Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 36; Heliskoski, S. 134. So heißt es am Ende der Begründungserwägungen des Ratsbeschlusses über den Abschluss des Rahmenübereinkommens der VN über Klimaänderungen lediglich vielsagend: „Der Rat nimmt zur Kenntnis, dass die Mitgliedstaaten so rasch wie möglich und nach Möglichkeit gleichzeitig die für die Hinterlegung der Ratifikationsurkunden [. . .] der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft erforderlichen Maßnahmen ergreifen werden“; ABl. Nr. L 33 v. 07.02.1994, S. 11 f. 56 Geiger, EGV, Art. 300, Rn. 32; Groux/Manin, S. 80; Vedder, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, Art. 228, Rn. 29; Schweitzer/Hummer, Rn. 670; Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (207 f.). Dies ist jedoch nicht ausnahmslose Praxis. So hat die EG z. B. das Europäische Übereinkommen zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere (ABl. Nr. L 222 v. 24.08.1999, S. 29 ff.) am 30.04.1998 ratifiziert bevor einige Mitgliedstaaten ratifiziert bzw. sogar
A. Die Pflicht zur Zusammenarbeit bei gemischten Abschlüssen
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schluss eines gemischten Abkommens die Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten voraussetzt, unabhängig davon, ob die Genehmigungsentscheidung im Rat mit qualifizierter Mehrheit beschlossen wurde oder nicht: Dies gilt de iure für diejenigen gemischten Abkommen, deren Inkrafttreten entweder ohnehin die Ratifizierung durch sämtliche Vertragsparteien oder aufgrund einer entsprechenden Subordinationsklausel zumindest die Beteiligung der gesamten Gemeinschaftsgruppe voraussetzt.57 De facto jedoch gilt es auch in den übrigen Fällen, wäre es doch ein außenpolitisch fatales Signal, würde ein Mitgliedstaat die Mitarbeit an einem Abkommen verweigern, das sowohl die EG als auch die übrigen Mitgliedstaaten bereits ratifiziert haben.58 Andererseits kann dies zu jahrelangen Verzögerungen führen, bis es zum endgültigen Inkrafttreten eines Abkommens kommt.59 In der Regel bietet aus Sicht der EG eine vorläufige Anwendung von Teilen des Abkommens eine effektive Möglichkeit, die negativen Folgen solcher Verzögerungen zu umgehen.60 Im Zusammenhang mit dem Handels- und Kooperationsabkommen mit Südafrika wurde jedoch deutlich, dass eine vorläufige Anwendung keinesfalls das eigentliche Inkrafttreten des Abkommens ersetzen kann.61 unterzeichnet hatten (bereits 1986 hat die EG, die zum damaligen Zeitpunkt bereits unterzeichnet hatte, die Mitgliedstaaten zur Unterzeichnung aufgefordert, ABl. Nr. C 331 v. 23.12.1986, S. 1); vgl. Spiliopoulou Åkermark, FYIL 1999, 351 (369). Lassen sich die Zuständigkeitsbereiche von EG und Mitgliedstaaten nämlich wie im Fall des oben genannten Abkommens noch trennen, führt eine „häppchenweise“ Ratifizierung und Anwendung auch kaum zu Rechtsunsicherheiten. Allerdings ist dies nur in den seltensten kompetenzrechtlichen Konstellationen der Fall. 57 Vgl. Heliskoski, S. 134. Zu „Subordinationsklauseln“ s. o. unter 3. Teil B. I. 3. b). 58 So z. B. im Fall des Abkommens über die Beteiligung der 10 neuen Mitgliedstaaten am EWR. Italien weigert sich, das Abkommen zu ratifizieren, mit der Folge, dass auch die EG das Abkommen nicht ratifiziert, sondern lediglich vorläufig anwendet, ABl. Nr. L 130 v. 29.04.2004, S. 1 ff. Vgl. auch Müller-Ibold, in: Lenz/Borchardt, EGV, Art. 300, Rn. 12; Senti, Integration 2000, 208 (210); Eeckhout, S. 199; Bourgeois, in: Bourgeois, 83 (85). 59 Schweitzer/Hummer, Rn. 671. Vgl. auch Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (208), der als ein Beispiel für eine langjährige Verzögerung das Kooperationsabkommen mit San Marino nennt, das im Dezember 1991 unterzeichnet, jahrelang aber nur als „Interimsabkommen“ wirksam war, bis es 2002 endlich in Kraft trat; vgl. ABl. Nr. L 84 v. 28.03.2002, S. 41 ff. Es lassen sich jedoch auch positive Ausnahmen nennen, allen voran das ÜWTO: Dies wurde von EG und sämtlichen Mitgliedstaaten zwischen dem 15.11.1994 (nachdem der Gerichtshof sein Gutachten 1/94 erlassen hatte) und dem 01.05.1995 ratifiziert. 60 Siehe z. B. die vorläufige Anwendung des Abkommens über die Beteiligung der neuen Mitgliedstaaten am EWR, ABl. Nr. L 130 v. 29.04.2004, S. 1 ff. In der 5. Begründungserwägung des Ratsbeschlusses wird diese damit begründet, dass sie erforderlich sei, „um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts im EWR aufrechtzuerhalten“. Vgl. ebenso die vorläufige Anwendung des Handels- und Kooperationsabkommens mit Südafrika; Ratsbeschluss 1999/753/EG v. 29.07.1999 (ABl. Nr. L 311 v. 04.12.1999, S. 1). 61 Italien hatte als Reaktion auf die vorläufige Anwendung des Abkommens durch die EG mitgeteilt, dass es beabsichtige, nicht mehr Vertragspartei des Abkommens zu
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Es stellt sich daher die Frage, ob ein Mitgliedstaat, der ein Abkommen zwar unterzeichnet hat, sich aber später weigert, es zu ratifizieren, einen Verstoß gegen die Pflicht zur Zusammenarbeit begeht. Schließlich hat er mit der Unterzeichnung des Abkommens bereits seine Bereitschaft zur Mitarbeit gezeigt. Dem ist zwar entgegenzuhalten, dass die Entscheidung über die Ratifizierung des Abkommens eine grundsätzlich souveräne Handlung des jeweiligen Mitgliedstaates ist, schließlich bestehen weiterhin teilweise originäre mitgliedstaatliche Zuständigkeiten. Andererseits aber ist es wohl kaum mit der generellen Loyalitätspflicht der Mitgliedstaaten – und damit erst recht nicht mit der Pflicht zur Zusammenarbeit – zu vereinbaren, wenn ein Mitgliedstaat – wie z. B. Italien im Fall des Kooperationsabkommens mit Südafrika – seine Weigerung schlicht zur „Erpressung“ weiterer wirtschaftlicher Vorbehalte zugunsten seiner nationalen Wirtschaft ausnutzt.62 Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass aus der Beachtung des Prinzips der einheitlichen völkerrechtlichen Vertretung der Gemeinschaft auch die Verpflichtung der Gemeinschaftsgruppe folgt, ein gemischtes Abkommen möglichst gleichzeitig zu ratifizieren. Allerdings zeigt nicht zuletzt das Beispiel des südafrikanischen Kooperationsabkommens, dass eine gleichzeitige Ratifizierung nur dann realistisch ist, wenn sämtliche Mitgliedstaaten die Ratifizierung als solche befürworten. c) Die Durchführung gemischter Abkommen Gemischte Abkommen sind als völkerrechtliche Verträge gem. Art. 26 WVK „nach Treu und Glauben zu erfüllen“. EG und Mitgliedstaaten sind in vollem Umfang Vertragsparteien gemischter Abkommen. Sie haben daher gegenüber Drittstaaten die volle und prompte Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen zu gewährleisten.63 Aus Gemeinschaftssicht ist für die Durchführung des gemischten Abkommens die innergemeinschaftliche Kompetenzverteilung maßgebend.64 Es sind also grundsätzlich EG bzw. Mitgliedstaaten für die Erfüllung und Umsetzung derjenigen Bestimmungen eines gemischten Abkommens verantwortlich, die in ihren jeweiligen Kompetenzbereich fallen.65 Die Pflicht zur werden. In der Folge war gem. Art. 25 Abs. 2 WVK auch die vorläufige Anwendbarkeit des Kooperationsabkommens nicht mehr möglich. Die Situation entschärfte sich letztlich, nachdem auf gewisse inhaltliche Vorbehalte Italiens eingegangen wurde. Vgl. dazu Dashwood, CML Rev. 2000, 1007 (1009 f.). Mittlerweile (am 01.05.2004) ist auch das Abkommen als solches in Kraft getreten; ABl. Nr. L 127 v. 29.04.2004, S. 109 ff. 62 Siehe zum Vorstehenden Eeckhout, S. 219. 63 Vgl. MacLeod/Hendry/Hyett, S. 155. 64 EuGH, Beschluss 1/78, Übereinkommen über den Objektschutz von Kernmaterial, Slg. 1978, 2151, Rn. 36; Stein, S. 174; Gaja, in: O’Keeffe/Schermers, 133 (137); Geiger, EGV, Art. 300, Rn. 35; Neubauer, S. 35.
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Zusammenarbeit ändert an der internen Kompetenzverteilung als solcher nichts, kommt sie doch erst zwecks Koordinierung der Kompetenzausübung zum Zuge.66 Aus völkervertraglicher Sicht finden auf gemischte Abkommen grundsätzlich die in der WVK und der WVKIO niedergelegten Grundsätze über das Anbringen von Vorbehalten, die Änderung, die Suspendierung sowie die Beendigung völkerrechtlicher Verträge Anwendung.67 Allerdings führt die gemeinsame Beteiligung zu nicht unerheblichen Komplikationen: Dies wird besonders deutlich am Beispiel des Anbringens von Vorbehalten.68 Mittlerweile lassen sich mehrere Beispiele von durch die EG als auch durch die Mitgliedstaaten im Rahmen gemischter Abkommen angebrachten Vorbehalte bzw. Einsprüche gegen Vorbehalte nennen.69 Die Kompetenzteilung auf Seiten der Gemeinschaftsgruppe kann in diesen Fällen – gerade wenn es sich um Vertragsbestimmungen handelt, die nicht eindeutig der gemeinschaftlichen oder mitgliedstaatlichen Zuständigkeit zugeordnet werden können – jedoch dazu führen, dass gegenüber dritten Staaten nicht nur der Eindruck der Widersprüchlichkeit innerhalb der Gemeinschaftsgruppe, sondern auch eine gewisse Rechtsunsicherheit entsteht, da für einen Teil der Gemeinschaftsgruppe keine Bindung an diese Vertragsbestimmung mehr bestehen würde.70 Um in diesen Fällen das Prinzip des einheitlichen Auftretens der Gemeinschaftsgruppe im völkerrechtlichen Verkehr zu wahren, bedarf es der ständigen Beachtung des Prinzips der Zusammenarbeit. Bevor das Anbringen eines isolierten Vorbehalts daher zulässig ist, muss sich die Gemeinschaftsgruppe zumindest redlich mühen, sich auf ein einheitliches Vorgehen zu einigen.71 65
MacLeod/Hendry/Hyett, S. 158; Stein, S. 160. Vgl. EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 107. 67 Vgl. MacLeod/Hendry/Hyett, S. 162; Wuermeling, S. 243; Spiliopoulou Åkermark, FYIL 1999, 351 (351 f.). 68 Vgl. Art. 19 ff. WVK. Der Europäische Rat hat eine Arbeitsgemeinschaft Völkerrecht (COJUR) eingesetzt, die sich u. a. mit der Frage des Spannungsfeldes von Vorbehalten und EG-Abkommen beschäftigt. Allerdings gibt es keine öffentlich zugänglichen Informationen über den Inhalt der Arbeiten von COJUR; Spiliopoulou Åkermark, FYIL 1999, 351 (387). 69 Siehe zu diesen umfassend bei Spiliopoulou Åkermark, FYIL 1999, 351 (365 ff.). Allerdings ist das Anbringen von Vorbehalten in der Mehrzahl internationaler Abkommen grundsätzlich ausgeschlossen. Vgl. z. B. Art. 18 des Wiener Übereinkommens zum Schutz der Ozonschicht; ABl. Nr. L 297 v. 31.10.1988, S. 8 ff. Vgl. Temple Lang, CML Rev. 1986, 157 (175). 70 Dashwood, CML Rev. 2000, 1007 (1009); Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (211); Spiliopoulou Åkermark, FYIL 1999, 351 (384). 71 Dabei ist die Pflicht zur Zusammenarbeit umso geringer desto leichter sich die fragliche Bestimmung des Abkommens den Kompetenzen von EG bzw. Mitgliedstaaten zuordnen lässt; vgl. Spiliopoulou Åkermark, FYIL 1999, 351 (384); Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (210 f.), der allerdings in Bereichen geteilter Kompetenzen von einer Konsenspflicht ausgeht. 66
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Auch bei der Anwendung sonstiger völkervertragsrechtlicher Grundsätze, wie z. B. der Änderung bzw. der Beendigung von Abkommen, stellt sich aufgrund der zwangsläufigen Kompetenzteilung stets eine vergleichbare Problematik für die Gemeinschaftsgruppe: EG und Mitgliedstaaten sind zwar formell eigenständige Vertragsparteien, nicht jedoch aus materieller Sicht, da sie nur im Zusammenspiel eine vollständige Umfassung der Vertragsbestimmungen garantieren können. Daher bedarf es bei jedweder Modifizierung von vertraglichen Verpflichtungen der Beachtung der Pflicht zur Zusammenarbeit dergestalt, dass die Gemeinschaftsgruppe möglichst gemeinsam vorgeht, also z. B. ein gemischtes Abkommen gemeinsam beendet.72 Eine Verletzung der Kooperationspflicht ist aber dann kaum anzunehmen, wenn sich die restlichen Mitglieder der Gemeinschaftsgruppe mit dem unilateralen Handeln eines Mitgliedstaates einverstanden erklären.73 4. Der Inhalt der Pflicht zur Zusammenarbeit Über den Inhalt der Pflicht zur Zusammenarbeit finden sich in den Entscheidungen des EuGH lediglich generelle Aussagen, ohne bestimmte Handlungsoder Unterlassungsanforderungen konkret zu benennen. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Pflicht zur Zusammenarbeit ihre konkrete Ausgestaltung erst im Einzelfall erfährt, handelt es sich bei dieser doch um ein „flexible concept, which allows the Community and the Member States to reach a practical solution tailored to the particular case“.74 Über einen konkreten Anwendungsfall hatte der Gerichtshof bisher lediglich in der Rs. C-25/94 zu entscheiden, wo er die in Nummer 2.3 der FAO-Kooperationsvereinbarung75 statuierte eingeschränkte Konsensfindungspflicht im Bereichen geteilter Zuständigkeit als eine konkrete und bindende Ausgestaltung der Pflicht zur Zusammenarbeit angesehen hat.76 Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass die Pflicht zur Zusam72 MacLeod/Hendry/Hyett, S. 163; Wuermeling, S. 243. Zu der Problematik der Änderung eines gemischten Abkommens, siehe Stein, S. 182 f. sowie MacLeod/Hendry/ Hyett, S. 162 f. 73 MacLeod/Hendry/Hyett, S. 164. Dies ist zu trennen von der Problematik, welche rechtlichen, insbesondere haftungsrechtlichen Folgen ein solcher unilateraler Schritt nach sich zieht. Grundsätzlich ist wohl anzunehmen, dass das gemischte Abkommen dann so zu behandeln ist, als wäre es von vorne herein ein unvollständiges gemischtes Abkommen gewesen. A. A. Stein, S. 183, wonach die Gemeinschaftsgruppe „die gemeinsam eingegangenen Verpflichtungen auch nur gemeinsam beenden kann“; zweideutig Balekjian, in: O’Keeffe/Schermers, 141 (150). 74 Hyett, in: Dashwood/Hillion, 248 (251). 75 Siehe die Vereinbarung zwischen dem Rat und der Kommission v. 19.12.1991 mit dem Titel: Arrangement Between the Council and the Commission Regarding Preparation for FAO Meetings and Statements and Voting“. Ein Abdruck des Texts der Vereinbarung ist bei Frid, Anlage VI zu finden. Siehe dazu auch Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1253 f.) sowie EuGH, Rs. C-25/94, FAO, Slg. 1996, I-1469, Rn. 6 f.
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menarbeit sowohl Mitgliedstaaten als auch Gemeinschaftsorganen gegenseitige und bindende Handlungspflichten mit dem Ziel aufgibt, eine bestmögliche Zusammenarbeit zu gewährleisten. Die genaue Ausgestaltung dieser Einzelpflichten ist freilich eine Frage des Einzelfalls.77 a) Die Kompetenzordnung als „Lenkungsinstrument“ Bei der konkreten Ausgestaltung dient die gemeinschaftsinterne Kompetenzordnung als „Lenkungsinstrument“, an der sich die Zusammenarbeit ausrichten kann und soll. So heißt es in Gutachten 1/78: „Diese Frage [nach dem Vollzug des Abkommens] wird anhand der gleichen Grundsätze gelöst werden müssen, nach denen sich die Kompetenzverteilung in Bezug auf die Aushandlung und den Abschluss des Übereinkommens richtet“.78 Es ist also im ersten Schritt von der eigentlichen gemeinschaftlichen Kompetenzverteilung auszugehen.79 Danach erst greift in einem zweiten Schritt die Pflicht zur Zusammenarbeit. Insofern stellt sich die Frage, ob bzw. inwieweit die Gemeinschaftsgruppe bei der konkreten praktischen Ausgestaltung der Kooperationspflicht an die Vorgaben der Kompetenzordnung gebunden ist oder ob ihr bei dieser ein gewisser Gestaltungsspielraum zuzugestehen ist.80 Betrachtet man die einschlägige Gemeinschaftspraxis fällt sogleich ins Auge, dass im Rahmen der gemischten Mit76
EuGH, Rs. C-25/94, FAO, Slg. 1996, I-1469, Rn. 49. Als aus der Pflicht zur Zusammenarbeit fließende, generelle Minimalanforderungen an die Gemeinschaftsgruppe nennen MacLeod/Hendry/Hyett die gegenseitige Information sowie den Willen, gemeinsame Standpunkte zu erreichen und in internationalen Gremien gemeinsam zu handeln; MacLeod/Hendry/Hyett, S. 148. 78 EuGH, Gutachten 1/78, Naturkautschukübereinkommen, Slg. 1979, 2871, Rn. 36. 79 Auf Gemeinschaftsseite muss daher schon vor dem Zusammentreffen mit den Drittstaaten innerhalb der politischen Leitungsorgane der Organisation eine Entscheidungsfindung zu Erarbeitung der gemeinsamen Positionen stattfinden. Das dabei anzuwendende Verfahren muss gewährleisten, dass die gemeinschaftsinterne Zuständigkeitsverteilung gewahrt bleibt. Liegt der betreffende Bereich in Gemeinschaftszuständigkeit, richtet sich z. B. die Abstimmung im Rat nach dem Verfahren, das in der Befugnis zugrundeliegenden Ermächtigungsnorm des EGV enthalten ist. In der Regel ist dies mittlerweile eine Mehrheitsentscheidung. Dagegen unterliegen die Bereiche, die der mitgliedstaatlichen Zuständigkeit unterfallen, nicht der Vergemeinschaftung. Eine Abstimmung muss daher grundsätzlich nach dem völkerrechtlichen Konsensprinzip erfolgen, so dass nur einstimmige Entscheidungen möglich sind. Die Abstimmungsarbeit erfolgt dabei im Rahmen von Ratssitzungen, Sitzungen des Ausschusses der ständigen Vertreter, Arbeitsgruppen, etc.; vgl. MacLeod/Hendry/Hyett, S. 148; Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (245); Neubauer, S. 35 f. 80 Die Ausführungen des EuGH in der Rs. C-25/94 helfen insofern nicht weiter, nimmt er doch lediglich Bezug auf die FAO-Kooperationsvereinbarung und stellt die Unvereinbarkeit des Ratsbeschlusses mit eben dieser fest. Die in Nummer 2.3 der FAO-Vereinbarung enthaltene Konsenspflicht in Bereichen geteilter Zuständigkeit bot indes auch keinen Anlass, auf die Frage der Beachtung der Kompetenzverteilung bei der Ausgestaltung der Kooperationspflicht einzugehen. 77
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gliedschaft in der WTO die einvernehmliche Praxis besteht, dass die Außenvertretung der Gemeinschaftsgruppe alleine durch die Kommission erfolgt. Das gilt für den gesamten Bereich der WTO, also selbst und gerade auch für diejenigen Politikbereiche, die der EuGH in Gutachten 1/94 als (noch) nicht in ausschließlicher EG-Zuständigkeit liegend ansah. Zu begründen ist dies hauptsächlich damit, dass angesichts der „harten Bandagen, mit denen in der WTO gefochten wird, nur eine wirklich geschlossene Verhandlungsführung erfolgreich sein kann“.81 Die Abweichung von der Kompetenzordnung folgt also aus den konkreten Anforderungen, welche die gemischte Mitgliedschaft in der WTO an die gemeinschaftsinterne Kooperation stellt. Inwieweit im konkreten Anwendungsfall der Pflicht zur Zusammenarbeit derartige besondere Anforderungen vorliegen, steht dabei grundsätzlich im Ermessen der Beteiligten. Soweit diese einvernehmlich handeln, ist bei einer Abweichung von der Kompetenzordnung grundsätzlich nicht per se von einer Gemeinschaftsrechtsverletzung auszugehen. Zu bedenken ist zudem, dass der EuGH selbst die „Notwendigkeit einer geschlossenen völkerrechtlichen Vertretung der Gemeinschaft“ als Grundlage der Pflicht zur Zusammenarbeit betont.82 Soweit also die Kooperation trotz der (oder vielmehr gerade durch die) Abweichung zu einer Stärkung des einheitlichen Auftretens der Gemeinschaftsgruppe führt, kann die Abweichung im Regelfall kaum gemeinschaftsrechtswidrig sein. Ob diese Schlussfolgerungen indes im Falle einer offenkundigen Kompetenzverschiebung auf Zusammenarbeitsebene aufrechtzuerhalten wären, kann bei realistischer Betrachtungsweise dahinstehen, ist doch davon auszugehen, dass weder Kommission noch Mitgliedstaaten einer solchen zustimmen würden.83 Ein gewisser Gestaltungsspielraum ist den Beteiligten allerdings zuzugestehen. b) Das Nichtbestehen einer Konsenspflicht Von besonderer Wichtigkeit ist die Frage, ob der Pflicht zur Zusammenarbeit eine Konsenspflicht dergestalt innewohnt, dass die Gemeinschaftsgruppe stets zu einem gemeinsamen Standpunkt gelangen muss.84
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Sack, ZEuS 2001, 267 (278); Raith, in: Kronenberger, 239 (246). s. o. unter 4. Teil A. I. 2. 83 Dementsprechend zeigt die übrige Praxis, dass sich die Zusammenarbeit hauptsächlich an der Zuständigkeitsfrage ausrichtet. So stellen insbesondere die zwischen EG und Mitgliedstaaten geschlossenen sog. „Kooperationsvereinbarungen“, allen voran die FAO-Vereinbarung, auf die Kompetenzverteilung als Grundlage für die Zuweisung der verschiedenen zu verteilenden Aufgaben ab. Vgl. auch Heliskoski, S. 103 f. 84 Aus dem Prinzip der Zusammenarbeit folgt, dass zumindest der Versuch einer Koordinierung der Positionen stets am Anfang jeder Entscheidungsbildung stehen muss. 82
A. Die Pflicht zur Zusammenarbeit bei gemischten Abschlüssen
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Der soeben dargestellten Zweischrittprüfung folgend ist im ersten Schritt die Kompetenzverteilung zu beachten: Geht es um Entscheidungen hinsichtlich von Vertragsbestimmungen, die im ausschließlichen Kompetenzbereich von EG bzw. Mitgliedstaaten liegen, sind jeweils auch diese dazu berufen, die letztgültige Entscheidung zu treffen. Dies hat zugleich zur Folge, dass der unzuständige Teil der Gemeinschaftsgruppe sich dieser Entscheidung fügen muss und ihm ein eigenständiges Vorgehen – soweit es zu einem unterschiedlichen Ergebnis führen würde – verwehrt ist.85 Dies gilt für die Mitgliedstaaten auch in dem Fall, dass der Rat nicht in der Lage ist, eine Entscheidung zu treffen.86 Im zweiten Schritt steht damit die Frage der Entscheidungshoheit gar nicht mehr zur Debatte.87 In Bereichen geteilter Kompetenzen jedoch ist das Ergebnis weniger eindeutig. So ließe sich vertreten, dass die Pflicht zur Zusammenarbeit dazu führt, dass die Gemeinschaftsgruppe stets zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen muss.88 Für eine solche Beschränkung der Entscheidungsfreiheit der Gemeinschaftsgruppe spricht das vom EuGH postulierte Prinzip des einheitlichen Auftretens im völkerrechtlichen Verkehr. Würde EG und Mitgliedstaaten stets der Rückgriff auf ein eigenständiges Vorgehen möglich sein, bestünde die Gefahr einer Durchlöcherung dieses Prinzips. Andererseits ist bereits zweifelhaft, ob der Gerichtshof die Pflicht zur Zusammenarbeit selbst in einer solch imperativen Art und Weise versteht. So heißt es in Rn. 109 des Gutachtens 1/94: „Diese Pflicht ist im Fall von Abkommen, wie sie dem WTO-Abkommen als Anhänge beigefügt sind, um so zwingender wegen des zwischen diesen bestehenden unauflöslichen Zusammenhangs und angesichts des Mechanismus wechselseitiger Retorsion, [. . .]“ (Hervorhebung durch den Verfasser).89 Implizierte die Pflicht aber stets die Verpflichtung, zu einem gemeinsamen Stand-
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MacLeod/Hendry/Hyett, S. 148 f.; Heliskoski, S. 102 f.; Ehlermann, in: O’Keeffe/Schermers, 3 (19); Mauderer, S. 84. Dies bedeutet, dass im Falle der Zuständigkeit der Gemeinschaft die Entscheidung nach dem für den jeweiligen Kompetenzbereich anwendbaren Grundsätzen der Willensbildung zu erfolgen hat, während die Mitgliedstaaten – da es sich um eine zwischenstaatliche Abstimmung handelt – einen Konsens untereinander finden müssen. 86 Ansonsten hätten es die Mitgliedstaaten in der Hand, die Mehrheitsbestimmungen des EGV stets zu umgehen. Ausnahmsweise können die Mitgliedstaaten jedoch als „Sachwalter des gemeinsamen Interesses“ tätig werden; MacLeod/Hendry/Hyett, S. 148 f. Zu dieser Rechtsfigur s. o. unter 2. Teil D. II. 3. 87 Das Gestaltungsermessen der Gemeinschaftsgruppe im Rahmen des zweiten Schritts beschränkt sich also nur noch auf die Frage der externen Vertretung des Standpunktes. 88 So zumindest hinsichtlich der Entscheidung über die Beendigung gemischter Abkommen Stein, S. 183. Hinsichtlich der Anbringung von Vorbehalten in Bereichen geteilter Kompetenzen Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (211). 89 EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 109.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
punkt zu gelangen, wäre sie immer gleich zwingend.90 Dem kann zwar entgegengehalten werden, dass sich die Relativität der zwingenden Wirkung z. B. auf die Bereiche ausschließlicher Zuständigkeiten bezogen haben könnte. Doch wird auch in der Gemeinschaftspraxis bisher nicht von einem absoluten Gehalt der Pflicht zur Zusammenarbeit ausgegangen. So heißt es z. B. unter Punkt 2.4. der FAO-Kooperationsvereinbarung, der auf Bereiche geteilter Kompetenz Anwendung findet: „Should it prove impossible to reach a common position, Member States shall speak and vote. In accordance with the FAO rules of procedure, the Commission would be able to participate in the discussion“. Ähnliches ist auch Erklärung Nr. 25 der Schlussakte von Maastricht zu entnehmen: „Die Konferenz kommt in Anbetracht der Tatsache, dass unter außergewöhnlichen Umständen die Interessen der Union und die Interessen der Länder und Hoheitsgebiete [. . .] divergieren können, überein, dass der Rat sich um eine Lösung bemühen wird, die mit dem Standpunkt der Union in Einklang steht“ (Hervorhebung durch den Verfasser). Die Auslegung der Pflicht zur Zusammenarbeit als eine Konsenspflicht ist daher abzulehnen.91 c) Das Nichtbestehen einer Enthaltungspflicht Ein Teil des Schrifttums geht allerdings davon aus, dass die vom EuGH stipulierte „Notwendigkeit einer geschlossenen völkerrechtlichen Vertretung der Gemeinschaft“92 auch dann noch besteht, wenn sich die Gemeinschaftsgruppe trotz aller Bemühungen nicht auf einen Konsens einigen konnte. Ohne erzielten gemeinsamen Standpunkt kann dem jedoch nur durch eine Stimmenthaltung entsprochen werden, würde ein getrenntes Vorgehen der einzelnen Mitglieder der Gemeinschaftsgruppe doch die gegenteiligen Ansichten offenbaren. Konsequenterweise geht die Ansicht in diesen Fällen von einer Pflicht zur Stimmenthaltung aus.93 Die Möglichkeit eines getrennten Vorgehens würde zudem die Gemeinschaftsgruppe zu einem „ineffektiven und unberechenbaren Verhandlungspartner“ machen.94 MacLeod/Hendry/Hyett lehnen dagegen eine derartige Enthaltungspflicht ab und gestehen den Mitgliedstaaten im Falle einer misslun90
MacLeod/Hendry/Hyett, S. 149. Mit den Worten von MacLeod/Hendry/Hyett, S. 149: „[. . .] the duty of close cooperation does not amount to an obligation to reach a common position, but only to an obligation to use best endeavours to do so“. Ebenso Heliskoski, S. 102 ff.; Frenz, S. 161, der feststellt, dass eine Pflicht zur Konsensfindung deswegen nicht bestehe, „da die Mitgliedstaaten bei gemischten Abkommen aus eigenem Recht mitwirken“. Zumindest hinsichtlich der Anbringung von Vorbehalten ebenso Spiliopoulou Åkermark, FYIL 1999, 351 (384). 92 s. o. unter 4. Teil A. I. 2. 93 Krenzler/da Fonseca-Wollheim, EuR 1998, 223 (231); zustimmend Mauderer, S. 84 f. 94 Krenzler/da Fonseca-Wollheim, EuR 1998, 223 (231). 91
A. Die Pflicht zur Zusammenarbeit bei gemischten Abschlüssen
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genen Konsensfindung vielmehr das Recht zu, ihre eigenen Positionen nach außen zu vertreten, da ihnen in letzter Konsequenz die Ausübung nationaler Kompetenzen gestattet bleiben müsse.95 Es stehen sich also die Notwendigkeit der geschlossenen Außenvertretung der Gemeinschafsgruppe zugunsten der Enthaltungspflicht und die Achtung der mitgliedstaatlichen Souveränität zugunsten einer bestehenden Handlungsmöglichkeit der Beteiligten konträr gegenüber. Fraglich ist, welcher Gesichtspunkt im Falle des Scheiterns der Einigungsversuche überwiegt. Dem erstgenannten Ansatz ist zweifelsohne zuzugestehen, dass die Pflicht zur Zusammenarbeit gerade auch Bereiche ausschließlicher Gemeinschafts- und mitgliedstaatlicher Zuständigkeiten umfasst – und diese damit stets einer gewissen Einschränkung unterwirft – sobald sie dieselben Vertragsvorschriften betreffen. Der Hinweis auf bestehende nationale Restkompetenzen als solche genügt daher nicht, um eine Enthaltungspflicht ausschließen zu können. Es ist jedoch sehr zweifelhaft, ob die durch die Kooperationspflicht bestehende Einschränkung der nationalen Zuständigkeiten letztlich zu einer Enthaltungspflicht führen kann. Dagegen ist einzuwenden, dass sich – wie im vorhergehenden Abschnitt festgestellt – die Kooperationspflicht selbst gerade an der gemeinschaftlichen Kompetenzordnung orientiert. Dementsprechend muss auch hier eine primär an der Kompetenzverteilung ausgerichtete Lösung gefunden werden.96 Folgt man diesem Grundsatz, ist die Möglichkeit einer parallelen Kompetenzausübung von EG und Mitgliedstaaten am kompetenzgerechtesten, sind doch beide (teilweise) zuständig. Die Kooperationspflicht kann der Gemeinschaftsgruppe dann allenfalls im zweiten Schritt die Pflicht aufgeben, bestmöglich auf eine Einigung hinzuarbeiten, bevor das Recht auf eigenes Handeln wieder auflebt. Die Ablehnung einer Enthaltungspflicht entspricht ferner auch der einschlägigen Gemeinschaftspraxis: So statuiert der bereits zitierte Punkt 2.4 der FAO-Kooperationsvereinbarung ausdrücklich, dass die Mitgliedstaaten im Falle einer misslungenen Konsensfindung in Bereichen geteilter Kompetenzen das Recht behalten, ihre eigenen Positionen nach außen zu vertreten.97 Letztlich ist zu bedenken, dass eine Enthaltungspflicht jegliche aktive Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe an den
95 MacLeod/Hendry/Hyett, S. 149; nicht eindeutig Heliskoski, S. 103 ff. Eingeschränkt auch Hilf, der für den Bereich der WTO ein „isoliertes Vorgehen“ nur dann für zulässig hält, wenn es „ohne Auswirkungen auf die Gesamtinteressen der EG und der übrigen Mitgliedstaaten erforderlich werden sollte“; Hilf, EuZW 1995, 7 (8). 96 Heliskoski, S. 103. 97 Zwar ist hinsichtlich des FAO-Beispiels zu bedenken, dass der EG im Rahmen der dortigen gemischten Mitgliedschaft aufgrund der großen Zugeständnisse, die z. B. durch die Akzeptanz der Pflicht zur Abgabe regelmäßiger Kompetenzerklärungen von Gemeinschaftsseite gemacht wurden, ohnehin eine generell eher schwache Rolle zukommt. s. o. unter 3. Teil A. IV. 1. c) aa). Die FAO-Vereinbarung selbst ist jedoch eine rein innergemeinschaftliche Absprache, die nicht zwangsläufig die schwache Stellung der EG in der FAO widerspiegelt.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
multilateralen Verhandlungen, etc. verhindern würde. Dies würde aber zum einen dem eigentlichen Zweck des gemischten Abschlusses, die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaftsgruppe zu gewährleisten, zuwiderlaufen. Zum anderen würde die Gemeinschaftsgruppe dadurch den Vertragspartnern gegenüber mindestens ebenso unberechenbar erscheinen, wie im Falle eines getrennten Vorgehens. Es ist also richtigerweise davon auszugehen, dass die Zusammenarbeitspflicht und damit auch die Pflicht zu einem einheitlichen Außenauftreten in diesen Fällen grundsätzlich hinter der eigentlichen Kompetenzordnung zurückstehen müssen. Die Pflicht zur Zusammenarbeit ist daher dahingehend auszulegen, dass sie eine Verpflichtung an die Gemeinschaftsgruppe enthält, sich so gut als möglich um einen gemeinsamen Standpunkt zu bemühen. Diese Verpflichtung ist dabei – wie die Ausführungen des EuGH in Gutachten 1/94 aufzeigen – als umso imperativer anzusehen umso stärker der gemeinschaftlichen Anteil an den Zuständigkeiten bzgl. der fraglichen Vertragsbestimmung ist.98 Kommt es jedoch in Bereichen geteilter Kompetenzen zu keiner Einigung, ist es EG wie Mitgliedstaaten (vorbehaltlich spezieller Vereinbarungen im Einzelfall) möglich, die eigene Ansicht nach außen zu vertreten. 5. Fazit Die Pflicht zur Zusammenarbeit prägt die gesamte Vertragspraxis gemischter Abschlüsse. Als „Antwort“ des EuGH auf die durch den Rat entwickelte Abkommensform der gemischten Abkommen ist sie dabei – mangels entsprechender primär- oder sekundärrechtlicher Regelungen – als unerlässliches Instrument für das Funktionieren der gemeinsamen Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe an völkerrechtlichen Verträgen anzusehen.99
II. Besonderheiten bei gemischten Mitgliedschaften Zwar gilt das bisher Gesagte für sämtliche gemischte Abkommen und mithin auch für gemischte Mitgliedschaften, ist das gemeinschaftliche Verfahrensrecht sowie die Pflicht zur Zusammenarbeit doch angesichts des rechtlichen Zusammenhangs zwischen gemischten Abkommen und Mitgliedschaften ohne weiteres auch auf die Entstehung sowie die Durchführung gemeinsamer Mitgliedschaften der Gemeinschaftsgruppe anwendbar. Allerdings existieren beim Abschluss gemischter Mitgliedschaften verfahrensrechtliche sowie im Zusam98
MacLeod/Hendry/Hyett, S. 150. Zurecht stellt Garzón Clariana daher fest: „Cette obligation de coopération relevée par la Cour peut être vue comme un corollaire inévitable de la ,mixité‘ [. . .]“; vgl. Garzón Clariana, in: Bourgeois, 15 (19). 99
A. Die Pflicht zur Zusammenarbeit bei gemischten Abschlüssen
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menhang mit deren Durchführung konzeptionelle Besonderheiten. Schließlich entfaltet die vom EuGH entwickelte Kooperationspflicht erst bei der alltäglichen Arbeit innerhalb einer internationalen Organisation ihre volle Bedeutung. 1. Der Abschluss gemischter Mitgliedschaften nach Art. 300 EGV Der EGV regelt in Art. 300 Abs. 1 Satz 1 lediglich die Verfahrensfragen im Zusammenhang mit dem Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen mit Drittstaaten bzw. mit anderen internationalen Organisationen. Eine spezifische verfahrensrechtliche Regelung, die sich mit der Gründung einer internationalen Organisation durch die EG bzw. deren Beitritt in eine bereits existierende Organisation befasst, enthält der EGV dagegen nicht. Diese Regelungslücke stößt wegen der wachsenden Bedeutung von Mitgliedschaften der EG in internationalen Organisationen auf nicht unerhebliche Kritik aus dem Schrifttum.100 Mangels einer spezifischen Regelung wird daher im Schrifttum sowohl bei der Gründung als auch im Falle des Beitritts zu einer Organisation auf Art. 300 EGV zurückgegriffen bzw. derselbe analog angewandt.101 Dem ist zuzustimmen, ist die Anwendung von Art. 300 Abs. 1 EGV doch aufgrund seiner Sachnähe konsequent. Einer Analogie bedarf es dabei nicht, da sowohl der Gründungsvertrag als auch der Beitritt völkerrechtliche Abkommen i. S. d. Art. 300 EGV darstellen.102 Die Gründerväter der EG konnten sich die Möglichkeit zukünftiger eigenständiger Mitgliedschaften schlicht nicht vorstellen. Eine bewusste Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Abkommen, die gerade nicht zu einer Mitgliedschaft führen, ist in der Formulierung des Art. 300 Abs. 1 EGV mithin nicht zu sehen. Vielmehr handelt es sich um die zentrale (formelle) Vertragsabschlussnorm, die auch auf solche Abkommen Anwendung findet, die zugleich die Mitgliedschaft der EG in einer internationalen Organisation begründen. a) Die Mitgründung einer anderen internationalen Organisation Bei der Mitgründung einer internationalen Organisation bereitet der notwendige Rückgriff auf Art. 300 EGV keinerlei Schwierigkeiten. Das in Art. 300 EGV vorgesehene Verfahren kann vollständig durchgeführt werden, wobei gem. Art. 300 Abs. 3 UAbs. 2 EGV stets die Zustimmung des EP erforderlich ist, weil die Mitgliedschaft der EG in einer internationalen Organisation durch Ein100 Vgl. Frid, S. 164; Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1231 f.); ders., ZEuS 2001, 267 (279); Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (157). 101 Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 11; Sack, ZEuS 2001, 267 (279); Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (157). 102 s. o. unter 3. Teil C.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
führung von Verfahren der Zusammenarbeit mit Drittstaaten einen besonderen institutionellen Rahmen für die Tätigkeit der EG im Sinne der Norm schafft.103 b) Der Beitritt zu einer anderen internationalen Organisation Aufgrund ihrer größeren praktischen Relevanz – eine gemischte Mitgliedschaft ist bisher nur im Fall der WTO durch eine Neugründung entstanden – ist freilich die verfahrensrechtliche Regelung eines EG-Beitritts zu einer bereits bestehenden Organisation von besonderer Bedeutung. Sie wirft aber bei der Anwendung des Verfahrens nach Art. 300 EGV auch die größeren Probleme auf. aa) Die Anwendbarkeit von Art. 300 EGV Auf der Verhandlungsebene ergeben sich dabei zumeist noch keine Probleme. Die Kommission führt – wie im Falle des Beitritts zur FAO geschehen – auf Seiten der EG die Verhandlungen, zumeist mit dem Sekretariat der aufnehmenden Organisation sowie den Vertretern ausgewählter Mitglieder.104 Nach Festlegung der Beitrittsmodalitäten kommt es aber in der Regel nicht zum Abschluss eines formellen völkerrechtlichen Vertrages, sondern der Beitritt erfolgt durch einen Antrag der EG und der darauffolgenden Aufnahmeentscheidung gemäß den satzungsrechtlichen Vorgaben der aufnehmenden Organisation.105 Dies wirft die Frage auf, ob das Verfahrens nach Art. 300 EGV im Beitrittsfall überhaupt Anwendung findet, schließlich beschränkt sich dessen Anwendungsbereich gem. Art. 300 Abs. 1 S. 1 EGV ausdrücklich auf „den Abschluss von Abkommen“.106 Stattdessen könnte jeweils das in der, dem Beitritt zugrundeliegenden, Kompetenznorm vorgesehene Verfahren durchgeführt werden. Der wesentliche Unterschied liegt dabei in der Beteiligung des EP. Nur durch die Anwendung des Verfahrens gem. Art. 300 EGV ist aufgrund Abs. 3 UAbs. 2 im Beitrittsfall stets die Zustimmung des EP erforderlich.107 Bei einem bloßen 103
Sack, ZEuS 2001, 267 (280). Vgl. Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1230). 105 s. o. unter 3. Teil B. I. 2. a) aa). 106 So im Ergebnis Frid, die daher den Abschluss eines separaten „accession agreement“ zwischen der EG und der aufnehmenden Organisation fordert; Frid, EJIL 1993, 239 (247). 107 Danach unterliegen solche Abkommen der Zustimmungspflicht, „die durch Einführung von Zusammenarbeitsverfahren einen besonderen institutionellen Rahmen schaffen“. Dem EP soll also immer dann eine mitentscheidende Rolle zustehen, wenn die EG „durch Einbindung in eine internationale Entscheidungsstruktur die Befugnis zur eigenständigen Interpretation der von ihr übernommenen völkerrechtlichen Verpflichtungen verliert“; Tomuschat, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 41. Dies ist gerade auch dann der Fall, wenn durch das Abkommen eine internationale Organisation samt Organen mit der Fähigkeit zur eigenen Willensbildung geschaffen wird. 104
A. Die Pflicht zur Zusammenarbeit bei gemischten Abschlüssen
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Rückgriff auf die Kompetenznorm könnte dagegen teilweise auch die bloße Konsultation des EP genügen.108 Diesem Ansatz ist jedoch zu widersprechen. Der Beitritt zu einer internationalen Organisation stellt nämlich zumindest in materieller Hinsicht den Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages zwischen der EG und den anderen Mitglieder der internationalen Organisation dar, hat der Beitritt doch den Eintritt der EG in die aufgrund des jeweiligen Gründungsvertrages zwischen den Mitgliedern bestehenden Rechtsbeziehungen zur Folge.109 Mithin findet Art. 300 EGV auch auf den Beitrittsfall Anwendung, so dass ein Rückgriff auf das Verfahren der einschlägigen Kompetenzgrundlage aufgrund der Zustimmungspflicht des EP nach Art. 300 Abs. 3 UAbs. 2 EGV eine Verletzung des institutionellen Gleichgewichts bedeuten würde.110 bb) Die Mitwirkung des EP gem. Art. 300 Abs. 3 UAbs. 2 EGV Doch ist das institutionelle Gleichgewicht selbst bei Anwendung des Verfahrens nach Art. 300 EGV aus einem weiteren Gesichtspunkt im Zusammenhang gemischter Mitgliedschaften gefährdet: Zur Sicherstellung einer dem generellen Zustimmungsvorbehalt des Art. 300 Abs. 3 UAbs. 2 EGV genügenden Beteiligung des EP, benötigt das EP nach Übermittlung der endgültigen Beitrittsmodalitäten ausreichend Zeit für eine substantiierte Meinungsbildung. Es ist jedoch zweifelhaft, ob dem EP in der völkerrechtlichen Praxis eine genügend lange Zeitspanne zur Verfügung steht, um sein Mitwirkungsrecht ordnungsgemäß ausüben zu können. So wird die Kommission dem Rat ihren endgültigen Vorschlag für die Stellung eines Mitgliedschaftsantrags in der aufnehmenden Organisation erst dann übermitteln, wenn sie sicher davon ausgehen kann, dass das erreichte Verhandlungsergebnis auch tatsächlich von den übrigen Mitglieder der Organisation akzeptiert wird.111 Erst zu diesem Zeitpunkt kann aber der Rat den entsprechenden, verbindlichen Beschluss über die Stellung eines Aufnahmeantrags fassen, der sodann dem EP zugeleitet wird. Hinreichende Sicherheit über das Verhandlungsergebnis lässt sich aber oftmals erst kurz vor dem festgelegten Termin für die eigentliche Aufnahmeentscheidung durch die bisherigen Mitglieder der aufnehmenden Organisation erreichen.112 So konnte im Fall des Beitritts der EG zur FAO die Kommission dem Rat erst am 21.10.1991 das endgültige 108 Frid dagegen nennt – freilich vor der Schaffung der Zustimmungspflicht des EP – die mangels Anwendung des Art. 300 EGV nicht mögliche Einholung eines Gutachtens nach Art. 300 Abs. 6 EGV über die Gemeinschaftskonformität des geplanten Abkommens als negative Konsequenz der Nichtanwendbarkeit; Frid, EJIL 1993, 239 (247). 109 s. o. unter 3. Teil C. II. 110 Sack, ZEuS 2001, 267 (280); Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 11. 111 Zum Ablauf des Verfahrens auch Frid, EJIL 1996, 239 (246). 112 Vgl. Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1231); Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (157).
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Verhandlungsergebnis vorlegen, so dass bis zum Ende der FAO-Generalversammlung am 27.11.1991 nur noch etwas mehr als vier Wochen für die Mitwirkung des EP sowie die Ratsentscheidung verblieben.113 Dies veranschaulicht den in der Regel kurzen Zeitraum, in dem die gemeinschaftsintern notwendige Zustimmung des EP einzuholen ist. Im Falle des Beitritts zur FAO genügte die kurze vorhandene Zeitspanne zwar, um den Anforderungen des Art. 300 EGV zu entsprechen.114 Allerdings musste das EP 1991 lediglich konsultiert werden. Es ist indes fraglich, ob eine solch kurze Zeitspanne aufgrund des mittlerweile qualitativ stärkeren Zustimmungsrechts sowie der erreichten Größe des EP noch genügen würde, um eine ausreichende parlamentsinterne Diskussion zu ermöglichen. Das EP seinerseits wird sich berechtigterweise darauf berufen, hinreichend Zeit für eine substantiierte Meinungsbildung zu benötigen. Schließlich darf das Zustimmungsrecht des EP aus Zeitmangel nicht faktisch leer laufen. Da aber einerseits die aufnehmende Organisation in dem ohnehin zumeist übervollen Zeitplan einer jährlichen Vollversammlung kaum Rücksicht auf gemeinschaftsinterne Verfahrensfragen nehmen wird und andererseits dem EP unmittelbar vor der Aufnahmeentscheidung kaum Möglichkeiten verbleiben, substantielle Änderungen an dem Verhandlungsergebnis zu verlangen, kann die möglichst weitgehende Beachtung des Zustimmungsrechts des EP nur auf eine Weise erreicht werden: Wie auch der Rat sollte das EP bzw. dessen zuständige Fachausschüsse während der Verhandlungen regelmäßig über deren Inhalt und Fortschritte informiert oder sogar formell eingebunden werden.115 2. Die Durchführung gemischter Mitgliedschaften mittels sog. „Kooperationsvereinbarungen“ Die Durchführung gemischter Mitgliedschaften wird neben der Erfüllung bestimmter Leistungspflichten vor allem durch die alltägliche Mitarbeit in den Organen der aufnehmenden Organisation geprägt. Diese Mitarbeit muss mittels des Kooperationsgrundsatzes derart strukturiert werden, dass eine effektive Ausfüllung der Mitgliedschaften gewährleistet ist. 113 Vgl. den Kommissionsvorschlag für den EG-Beitritt zur FAO, KOM/91/387 endg.; ABl. Nr. C 292 v. 09.11.1991, S. 8. 114 Am 25.11.1991 nahm der Rat in einem unveröffentlichten Dokument den Kommissionsvorschlag an, nachdem bereits am 22.11. das EP in seiner Entschließung das Verhandlungsergebnis ohne Änderungsvorschläge bestätigt hatte; ABl. Nr. C 326 v. 16.12.1991, S. 238. Dabei wurde das sog. „dringliche Verfahren“ verwendet, so dass die Zustimmung des EP bereits unter Vorlage des Kommissionsentwurfs eingeholt wurde und nicht noch die endgültige Ratsentscheidung abgewartet werden musste. Vgl. dazu auch Frid, S. 240. 115 Vgl. Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1231), der jedoch darauf hinweist, dass die Forderung des EP nach mehr Mitwirkungsmöglichkeiten während der Verhandlungsphase von Kommission und Rat bisher stets zurückgewiesen wurde. Schließlich sieht der EGV eine vorzeitige Einbindung des EP gerade nicht vor.
A. Die Pflicht zur Zusammenarbeit bei gemischten Abschlüssen
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a) Die Durchführung gemischter Mitgliedschaften im Allgemeinen In erster Linie ist die konkrete Ausgestaltung der Ausübung der gemischten Mitgliedschaft von den jeweils bestehenden satzungsrechtlichen Vorgaben abhängig.116 Sieht z. B. die Satzung der aufnehmenden Organisation ein bestimmtes Stimmverhalten der Gemeinschaftsgruppe oder die vorheriger Abgabe von Zuständigkeitserklärungen vor117 bzw. schränkt die Mitgliedschaftsrechte einer internationalen Organisation gegenüber denen von Mitgliedstaaten ein118, so sind diese vorrangig zu beachten. Eine gemeinschaftsinterne Abstimmung ist jedoch unabhängig von den satzungsrechtlichen Vorgaben stets erforderlich, gibt die jeweilige Satzung doch lediglich den organisatorischen Rahmen vor, innerhalb dessen die Gemeinschaftsgruppe ihr Auftreten koordinieren muss. Umso weniger konkrete Vorgaben und Einschränkungen die jeweilige Satzung mithin vornimmt, desto mehr Spielraum kommt der Gemeinschaftsgruppe zu, desto wichtiger wird aber auch die konstruktive Wahrnehmung desselben für eine effektive Nutzung der gemeinsamen Mitgliedschaft.119 Im Rahmen gemischter Abkommen findet die notwendige Koordinierung zwischen Rat, Mitgliedstaaten und Kommission in der Regel ohne die vorherige Festlegung allgemeiner Regeln für die Zusammenarbeit statt. Zumeist genügt bereits die einmalige grundsätzliche Aufteilung der Aufgabenbereiche während der Vertragsverhandlungen, um eine effektive Durchführung des betreffenden gemischten Abkommens zu gewährleisten. Die gemeinsame Mitarbeit in internationalen Organisationen führt jedoch zu einem vielfach höherem Maß an Kooperations- und Koordinierungsnotwendigkeiten innerhalb der Gemeinschaftsgruppe. Dies wird bereits deutlich an der Vielzahl der regelmäßig im Rahmen der Organisation stattfindenden Sitzungen von Organen, Komitees und Subkomitees, die regelmäßig aufs neue eine gemeinschaftsinterne Abstimmung erforderlich machen, will man innerhalb der Sitzungen dem Grundsatz des geschlossenen internationalen Auftretens entsprechen. Kommen, wie z. B. innerhalb der FAO mit der stets notwendigen Abgabe von Kompetenzerklärungen, noch weitere potentielle interne Spannungsfelder hinzu, wird deutlich, dass innerhalb gemischter Mitgliedschaften die Umsetzung der Pflicht zur Zusammenarbeit al116
Vgl. Petersmann, in: O’Keeffe/Schermers, 167 (170). So verlangt z. B. Art. 2 Abs. 5 FAOV: „Each regional economic integration organization applying for membership in the Organization shall, at the time of such application, submit a declaration of competence specifying the matters in respect of which competence has been transferred to it by its Member States.“ 118 In Art. 2 Abs. 9 FAOV wird den sog. „regional economic integration organizations“ u. a. das passive Wahlrecht für bestimmte Organe der FAO genommen. So heißt es in Art. 2 Abs. 9 S. 2: „A Member Organization shall not be eligible for election to any such body, [. . .].“ 119 Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1248). 117
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
leine durch eine feste Kooperationsstruktur möglich ist. Da weder die Gründungsverträge noch die einschlägige Rechtsprechung des EuGH Vorgaben hinsichtlich der Umsetzung der Kooperationspflicht enthalten, findet sich in der Praxis kein durchgängiges Modell zur Realisierung der notwendigen Kooperationsstruktur. Obgleich es in der Regel zum Abschluss sog. „Kooperationsvereinbarungen“ zwischen Rat und Kommission kommt, macht das Beispiel der WTO deutlich, dass dies nicht durchgehend der Fall ist. b) Übersicht über bestehende Kooperationsvereinbarungen Die sog. „Kooperationsvereinbarungen“ sind unveröffentlichte, nicht förmliche, schriftliche Absprachen zwischen der Kommission und dem Rat über die Ausübung der Vertrags- bzw. Mitgliedschaftsrechte.120 Sie finden sich in der Regel, aber nicht ausschließlich121, in Zusammenhang mit gemischten Mitgliedschaften, allen voran den Rohstoffabkommen, der FAO und der WTO: Der Zusammenarbeit zwischen Kommission und Mitgliedstaaten in den Rohstoffabkommen liegt seit 1981 das sog. „PROBA 20“ zugrunde.122 Es wurde zwischen Rat und Kommission abgeschlossen, aber weder in Form einer Ratsentscheidung gekleidet noch veröffentlicht. Danach treten EG und Mitgliedstaaten stets als einheitliche Delegation auf, wobei die Verhandlungs- und Sprecherrolle grundsätzlich der Kommission zugewiesen ist.123 120 Vgl. Sack, in: GS Grabitz, 631 (656); Heliskoski, FYIL 1996, 59 (117). Im Schrifttum wird zur Bezeichnung von Kooperationsvereinbarungen eine Vielzahl von Begriffen benutzt, so spricht u. a. Sack von „Absprachen“ bzw. „Vereinbarungen“; Heliskoski von „Code of Conducts“ bzw. von „inter-institutional agreements“, Heliskoski, S. 103; Tietje, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, vor Art. 229, Rn. 11 von „informellen Vertretungsabreden“; Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (243) von „informal arrangements“; sowie MacLeod/Hendry/Hyett, S. 149 von „informal co-ordination arrangements“. 121 Informelle Kooperationsabsprachen sind nicht auf gemischte Mitgliedschaften beschränkt. So ist z. B. auch in Zusammenhang mit dem gemischten Assoziierungsabkommen mit der Türkei v. 12.09.1963 ein „Internal Agreement“ abgeschlossen worden, um die gemeinschaftsinterne Meinungsbildung im Assoziationsrat zu regeln; vgl. ABl. v. 29.12.1964, S. 3703 f. Allerdings ist das „Internal Agreement“ lediglich zwischen den im Rat versammelten Vertretern der Mitgliedstaaten ohne Beteiligung der Kommission getroffen worden; vgl. Neuwahl, CML Rev. 1996, 51 (53). 122 Benannt nach dem Arbeitsdokument des Rates v. 30.03.1981, dass die Kooperationsvereinbarung enthielt. Ein Abdruck des „PROBA 20“ ist bei Völker/Steenbergen, S. 48 ff., zu finden. Siehe dazu auch Barents, LIEI 1984, 77 (85 ff.); Groux, in: O’Keeffe/Schermers, 87 (96); Heliskoski, FYIL 1996, 59 (117 f.). 123 Sack, in: GS Grabitz, 631 (657). Diese auf den ersten Blick für die EG durchaus positive Gestaltung des PROBA 20 wird jedoch mittlerweile stark kritisiert. Grund hierfür ist, dass das PROBA 20 den Mitgliedstaaten u. a. ein eigenes vollumfängliches Rederecht zugesteht, obwohl ihre Kompetenzen hinsichtlich der Rohstoffabkommen allenfalls unterstützender Natur im Rahmen der Finanzierung der Abkommen sind; vgl. Sack, S. 657 sowie Heliskoski, FYIL 1996, 59 (118).
A. Die Pflicht zur Zusammenarbeit bei gemischten Abschlüssen
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Fernerhin wird die Zusammenarbeit zwischen EG und Mitgliedstaaten innerhalb der FAO durch eine Kooperationsvereinbarung bestimmt, die am 19.12.1991, also weniger als einen Monat nach dem EG-Beitritt zur FAO, zwischen Rat und Kommission abgeschlossen wurde.124 Wie das PROBA 20 blieb auch die FAO-Vereinbarung unveröffentlicht und informell. Die FAO-Vereinbarung enthält fünf Abschnitte, wobei dem ersten, der das eigentliche interne Zusammenarbeitsverfahren regelt, sowie dem zweiten, der sich mit der Aufteilung der Rede- und Stimmrechte in den Sitzungen der FAO-Organe beschäftigt, besondere Bedeutung zukommen.125 Im Rahmen der gemischten Mitgliedschaft in der WTO existiert dagegen lediglich eine, ebenfalls unveröffentlichte und informelle, Kooperationsvereinbarung für einen Teilbereich des Aufgabenfeldes der WTO. Der „Code of Conduct on the post-Uruguay Round Negotiations on Service“ aus dem Jahr 1994 findet alleine auf den Dienstleistungssektor, also auf den Bereich des GATS, Anwendung, so dass es an einer allgemeingültigen Absprache fehlt.126 Die GATS-Vereinbarung weist u. a. der Kommission die alleinige Außenvertretung der Gemeinschaftsgruppe zu (Punkt 1.a.). Diese umfasst auch die Wiedergabe der gemeinsamen Standpunkte, welche wiederum anhand der jeweils einschlägigen Entscheidungsverfahren getroffen werden (Punkt 1.c.). Die Mitgliedstaaten haben ein umfassendes Teilnahmerecht an allen GATS bezogenen Verhandlungen (Punkt 1.d.). Die bestehenden Kooperationsvereinbarungen sind mithin durchweg unveröffentlicht geblieben und wurden nicht in der Form einer Ratsentscheidung getroffen. Inhaltlich beschäftigen sie sich in erster Linie mit verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Ausfüllung der jeweiligen mitgliedschaftlichen Rechte, allen voran der Rede- und Stimmrechte.127 Auffällig ist dabei, dass es in sämtlichen Kooperationsvereinbarungen an Regelungen bzgl. der für das Gelingen einer effektiven Zusammenarbeit so entscheidenden Frage der Ermittlung des im konkreten Fall zuständigen Teils der Gemeinschaftsgruppe fehlt.128 Stattdessen gehen die Absprachen, so z. B. die GATS-Vereinbarung in Punkt 1.c., schlicht davon aus, dass die Zuständigkeitsfrage bereits geklärt ist und nur noch die entsprechenden innergemeinschaftlichen Entscheidungsverfahren beachtet werden müssen. 124
Zur sog. „FAO-Vereinbarung“ s. o. unter 4. Teil A. I. 4. b). Die eigentliche Koordinierungsarbeit erfolgt vor den Sitzungen der FAO-Organen im Rahmen der EU-Ratsarbeitsgruppe „FAO-AGRI“ in Brüssel und bei Bedarf auch direkt vor Ort in Rom; vgl. Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Die FAO und die Mitwirkung der BRD, S. 47. 126 Siehe den Text der Vereinbarung in der Anlage. Text entnommen Heliskoski, FYIL 1996, 59 (132 f.). 127 Heliskoski, FYIL 1996, 59 (117). 128 Heliskoski, FYIL 1996, 59 (117 f. und 120). 125
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
c) Die Rechtsnatur von Kooperationsvereinbarungen Angesichts des informellen Abschlusses der Kooperationsvereinbarungen zwischen Rat und Kommission sowie ihres zum Teil augenscheinlich primär politischen Charakters129 ging man im Schrifttum bis Mitte der neunziger Jahre davon aus, dass es sich bei diesen um bloße „gentlemen’s agreements“ ohne rechtliche Bindungswirkung handelt.130 aa) Die Rs. C-25/94 Seit der Entscheidung des EuGH in der Rs. C-25/94 wird diese pauschale Beurteilung der Rechtsnatur von Kooperationsvereinbarungen jedoch zurecht in Zweifel gezogen.131 Schließlich hat der EuGH in der Rs. C-25/94 einen Ratsbeschluss für nichtig erklärt, da dieser gegen Nummer 2.3 der FAO-Vereinbarung, die der Gerichtshof als „Erfüllung [der] Pflicht zur Zusammenarbeit“ ansieht, verstoße.132 Der EuGH misst mithin der FAO-Vereinbarung rechtliche Bindungswirkung zu und begründet dies in Rn. 49 der Entscheidung wie folgt: „Aus dem Wortlaut der Vereinbarung geht im Übrigen hervor, dass sich die beiden Organe gegenseitig binden wollten. Der Rat [hat] auch während des Verfahrens niemals deren Tragweite in Frage gestellt“. Bereits diese auf den konkreten Einzelfall abstellende Begründung des EuGH macht aber zugleich deutlich, dass die Rechtsnatur von Kooperationsvereinbarungen keineswegs in pauschaler Weise beurteilt werden kann.133 Sie sind weder generell als bloße „gentlemen’s agreements“ noch stets als rechtlich bindende Absprachen anzusehen.134 Vielmehr kommt es auf ihre konkrete Ausge129 So wird im PROBA 20 darauf verwiesen, dass es unabhängig von rechtlichen und institutionellen Erwägungen zu der Abrede gekommen sei; vgl. Sack, in: GS Grabitz, 631 (657). 130 Sack, in: GS Grabitz, 631 (656 f.); Groux, in: O’Keeffe/Schermers, 87 (96). Noch GA Jacobs bezeichnet die FAO-Vereinbarung als „notwendigerweise pragmatisch“; Schlussanträge des GA, Rs. C-25/94 FAO, Slg. 1996, I-1469, Rn. 61. 131 So ist z. B. Timmermans der Ansicht: „The legal status of these arrangements is insecure“; Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (243). Siehe auch Heliskoski, S. 65; ders., FYIL 1996, 59 (118). 132 EuGH, Rs. C-25/94, FAO, Slg. 1996, I-1469, Rn. 49 f. 133 Das Urteil selbst hat rechtliche Wirkung alleine hinsichtlich der angefochtenen Handlung und damit auch lediglich hinsichtlich der FAO-Vereinbarung, auf der der Ratsbeschluss beruhte; vgl. Art. 231 UAbs. 1 EGV. 134 Dies zeigt auch die Gemeinschaftspraxis hinsichtlich der sog. „interinstitutionellen Vereinbarungen“: So hat der EuGH in der Rs. C-58/94 dem „Verhaltenskodex für den Zugang der Öffentlichkeit zu Rats- und Kommissionsdokumenten“, der auf informelle Weise zwischen Rat und Kommission abgeschlossen wurde, keine bindende Wirkung zugemessen; EuGH, Rs. C-58/94, Niederlande/Rat, Slg. 1996, I-2169, Rn. 25 ff. Dagegen ist jedoch die bindende Wirkung der Vereinbarung über den Gemeinschaftshaushalt anerkannt; vgl. Eeckhout, S. 214. Es ist jedoch zu beachten, dass
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staltung an, wobei – dem Ansatz des Gerichtshofes folgend – zwei Aspekte von entscheidender Bedeutung sind: Zum einen ist der Wortlaut der jeweiligen Vereinbarung ausschlaggebend. Ist dieser, wie im Fall der FAO-Vereinbarung, konkret und erschöpfend, also so gefasst, dass sich die Handlungspflichten vollumfänglich aus der Vereinbarung selbst ergeben, ohne dass es weitere Absprachen bedarf, spricht dies für einen bindenden Charakter der jeweiligen Vereinbarung.135 Zum Zweiten kommt es darauf an, ob die beteiligten Organe einer Vereinbarung ausdrücklich bindenden bzw. nicht-bindenden Charakter zusprechen. Demzufolge wäre trotz eines konkreten Wortlauts die bindende Wirkung einer Vereinbarung höchst fraglich, wenn in dieser eine Vorschrift enthalten wäre, welche die politische Natur der Absprache unterstreicht.136 Eine Differenzierung anhand des Einzelfalls entspricht zudem dem Charakter der Pflicht zur Zusammenarbeit als der gemeinschaftsrechtlichen Grundlage der FAO-Vereinbarung.137 Auch diese erhält schließlich ihre eigentliche Ausgestaltung erst im konkreten Anwendungsfall und kann nicht pauschal bewertet werden. Unerheblich für das Bestehen einer gegenseitigen Bindungswirkung ist dagegen aus Sicht des EuGH, dass nicht die Mitgliedstaaten selbst, sondern alleine der Rat mit der Kommission die FAO-Vereinbarung abgeschlossen hat. Es ist daher davon auszugehen, dass der Rat beim Abschluss als Vertreter der Mitgliedstaaten gehandelt hat und diese entsprechend verpflichtet wurden.138
diese Vereinbarungen keine echten Präzedenzfälle darstellen, da sie anders als die Kooperationsvereinbarungen nicht die Zusammenarbeit zwischen der EG und ihren Mitgliedstaaten, sondern lediglich die Zusammenarbeit zwischen Gemeinschaftsorganen regeln. 135 Ist die Vereinbarung dagegen so gefasst, dass konkrete Rechtsfolgen nicht zu entnehmen sind, ist von einem reinen gentlemen’s agreement auszugehen. So hat der Gerichtshof die bindende Wirkung des „Verhaltenskodex für den Zugang der Öffentlichkeit zu Rats- und Kommissionsdokumenten“ u. a. deswegen abgelehnt, da durch diesen sowohl Rat wie Kommission „aufgefordert werden, diese Grundsätze [des Kodex] durch spezifische Vorschriften zu verwirklichen“; EuGH, Rs. C-58/94, Niederlande/Rat, Slg. 1996, I-2169, Rn. 25. Vgl. auch Heliskoski, in: Dashwood/Hillion, 79 (95). 136 Wie dies z. B. beim PROBA 20 der Fall ist; s. o. unter 4. Teil A. II. 2. b). Siehe auch Heliskoski, in: Dashwood/Hillion, 79 (95). 137 Vgl. Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (243 f.). Siehe auch Eeckhout, S. 214. 138 Eeckhout, S. 214. Da sich die Kooperationsvereinbarungen u. a. mit der Ausübung mitgliedstaatlicher Kompetenzen beschäftigen, die Mitgliedstaaten selbst aber nicht an deren Abschluss beteiligt sind, stellt sich zudem die grundsätzliche Frage, ob der Rat überhaupt berechtigt ist, derartige Absprachen mit der Kommission zu treffen; vgl. Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (244), der dies im Hinblick auf die Rechtsnatur der Pflicht zur Zusammenarbeit als gemeinschaftsrechtliche Pflicht bejaht. Diese schaffe einen hinreichenden Anknüpfungspunkt für das Tätigwerden des Rates. Dem ist zuzustimmen, handelt es sich bei Kooperationsvereinbarungen mit den Worten des EuGH doch gerade um die „Erfüllung [der] Pflicht zur Zusammenarbeit“; vgl. EuGH, Rs. C-25/94, FAO, Slg. 1996, I-1469, Rn. 49.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Folglich kann Kooperationsvereinbarungen zwischen Kommission und Rat im Einzelfall rechtliche Bindungswirkung für EG und Mitgliedstaaten zukommen. Ist diese ähnlich konkret formuliert wie die FAO-Vereinbarung ist der bindende Charakter sehr wahrscheinlich. bb) Keine Handlungsverpflichtung Diesem Ergebnis entsprechend muss auch die Frage von Eeckhout, ob nicht aufgrund der in der Rs. C-25/94 festgestellten verpflichtenden Wirkung der FAO-Vereinbarung eine EG wie Mitgliedstaaten obliegende und mittels Art. 232 EGV durchsetzbare Pflicht zur Aufstellung von Kooperationsvereinbarungen zumindest innerhalb komplexer gemischter Mitgliedschaften bestünde139, negativ beantwortet werden. Hängt nämlich das Bestehen einer Bindungswirkung von Kooperationsvereinbarungen von deren Ausgestaltung im Einzelfall ab, so können Verpflichtungen im Zusammenhang mit Kooperationsvereinbarungen auch erst frühestens mit deren Abschluss entstehen. Ob es jedoch zu einem Abschluss mit rechtlicher Bindungswirkung, zum Abschluss eines bloßen „gentlemen’s agreement“ oder zu gar keiner Vereinbarung kommt, steht im politischen Ermessen der Beteiligten. 3. Der doppelte Ausnahmefall der WTO Die Pflicht zur Zusammenarbeit findet im Rahmen der WTO in zweifacher Hinsicht eine besondere Ausgestaltung. Zum einen kommt ihr angesichts der Besonderheiten des WTO-Systems selbst ein besonderer, von den generellen Grundsätzen abweichender, Charakter zu. Zum anderen aber fehlt es, obwohl die WTO den wichtigsten und aufgrund der Komplexität der organisationsinternen Rechtsordnung schwierigsten Anwendungsfall einer gemischten Mitgliedschaft darstellt, für die WTO an einer umfassenden Kooperationsvereinbarung zwischen Rat und Kommission. a) Der besondere Gehalt der Pflicht zur Zusammenarbeit Die Komplexität der gemischten Mitgliedschaft in der WTO findet ihren Widerklang in dem besonderen Gehalt, den der EuGH der Pflicht zur Zusammenarbeit im Rahmen der WTO zumisst. So verweist er in Gutachten 1/94 zunächst wie üblich bei Abkommen, deren „Gegenstand teils in die Zuständigkeit der Gemeinschaft, teils in diejenige der Mitgliedstaaten fällt“ auf die Geltung der Pflicht zur Zusammenarbeit.140 Sodann jedoch stellt er fest: „Diese Pflicht zur 139 140
Eeckhout, S. 214. EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 108.
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Zusammenarbeit ist im Fall von Abkommen, wie sie dem WTO-Abkommen als Anhänge beigefügt sind, um so zwingender wegen des zwischen diesen bestehenden unauflöslichen Zusammenhangs und angesichts des Mechanismus wechselseitiger Retorsion [. . .]“.141 Der besondere Charakter der Pflicht zur Zusammenarbeit im Rahmen der WTO begründet sich mithin primär auf zwei Gesichtspunkten, dem „bestehenden unauflöslichen Zusammenhang“ sowie dem „Mechanismus wechselseitiger Retorsion“, wobei der zweitgenannte der eigentlich entscheidende ist: So sind die EG- und mitgliedstaatlichen Kompetenzen im Bereich des TRIPs und des GATS zwar derart miteinander verknüpft, dass es nicht möglich ist, die Abkommen in getrennte Kompetenzbereiche aufzuteilen. Dies gilt jedoch für eine Vielzahl gemischter Abschlüsse, da bei der Ausgestaltung von Abkommen und Satzungen in aller Regel keine Rücksicht auf die gemeinschaftsinterne Kompetenzverteilung genommen wird. Der besondere Charakter der Pflicht zur Zusammenarbeit speist sich vielmehr vor allem aus dem Umstand, den der Gerichtshof mit den Worten „Mechanismus wechselseitiger Retorsion“ beschreibt. Damit spricht er einen Teilaspekt der grundlegenden Gestaltung des WTO-Systems an: Bei der WTO handelt es sich trotz der Vielzahl der zugehörigen Handelsübereinkünfte um ein sog. „single undertaking“, so dass die verschiedenen Abkommen, allen voran GATT, GATS sowie TRIPs stets als eine Einheit betrachtet werden müssen.142 Dies folgt aus Art. II Abs. 2 ÜWTO, wonach einerseits sämtliche multilaterale Handelsübereinkommen für alle Mitglieder der WTO verbindlich sind. Vor allem aber findet andererseits aufgrund Art. II Abs. 2 ÜWTO das in Anlage II zum ÜWTO enthaltene DSU, also das WTOStreitbeilegungssystem, ebenso breite Anwendung. Aufgrund Art. 22 Abs. 3 lit. b) und c) DSU wiederum besteht die Möglichkeit der vom EuGH angesprochenen „cross-retaliation“ bzw. „wechselseitigen Retorsion“. Danach ist es einem WTO-Mitglied möglich, auf einen Vertragsverstoß eines anderen Mitglieds mit der Aussetzung von Zugeständnissen aus einem anderen als dem eigentlich verletzten Handelsübereinkommen zu reagieren. Fraglich ist jedoch, ob sich der besondere Charakter der Pflicht zur Zusammenarbeit zugleich in einer Modifikation der rechtlichen Qualität der Kooperationspflicht widerspiegelt. Generell ist nämlich davon auszugehen, dass diese die Gemeinschaftsgruppe lediglich dahingehend verpflichtet, sich „um einen gemeinsamen Standpunkt zu bemühen“.143 Gilt im Rahmen der WTO die Pflicht jedoch „um so zwingender“ könnte dies bedeuten, dass insoweit die Pflicht besteht, zu einem gemeinsamen Standpunkt zu gelangen. Doch ist eine solche 141
EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 109. Vgl. Bourgeois, CML Rev. 1995, 763 (785); Pescatore, CML Rev. 1999, 387 (389); Heliskoski, FYIL 1996, 59 (123). 143 s. o. unter 4. Teil A. I. 4. b). 142
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Auslegung aus dem Wortlaut nicht zwangsläufig vorgegeben. Vielmehr könnten die Worte des EuGH auch lediglich darauf hinweisen, dass die generellen Grundsätze der Kooperationspflicht im Rahmen der WTO „um so zwingender“ eingehalten werden müssen, z. B. dergestalt, dass stets versucht werden muss, einen gemeinsamen Standpunkt mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu erreichen. Festzuhalten ist, dass die Wortwahl des EuGH eine Verschärfung der Pflicht zur Zusammenarbeit bedeutet. Zweifelhaft ist jedoch, ob der EuGH der Gemeinschaftsgruppe damit zugleich eine Einigungspflicht auferlegen wollte. Schließlich begründet der EuGH die besondere Ausgestaltung der Kooperationspflicht im Bereich der WTO ausschließlich und bewusst mit den beiden grundlegenden Besonderheiten des WTO-Systems. Die Besonderheiten des WTOSystems müssen sich also auch in der Modifikation der Verpflichtung widerspiegeln. Dies bedeutet jedoch zugleich, dass die Pflicht zur Zusammenarbeit im Rahmen der WTO nur insoweit von den generellen Grundsätzen abweichen kann, wie dies die beiden Besonderheiten des WTO-Systems auch erforderlich machen. Ansonsten wäre eine weitergehende Begründung der Modifikation notwendig gewesen. Die Beachtung der Besonderheiten des WTO-Systems verlangt jedoch gerade nicht die Auslegung der Pflicht zur Zusammenarbeit als Konsenspflicht. Vielmehr haben sie lediglich zur Folge, dass deren Anwendungsbereich erweitert wird, wie es sich aus den folgenden Überlegungen ergibt: So bilden die verschiedenen WTO-Übereinkommen insbesondere angesichts der Möglichkeit der „cross-retaliation“ eine „einzige gemischte Einheit“, in deren Rahmen weder die EG noch die Mitgliedstaaten im klassischen Verständnis ausschließlich zuständig sein können.144 Die Pflicht zur Zusammenarbeit ist also ausnahmsweise auch auf diejenigen Abkommen innerhalb des WTO-Systems anwendbar, die wie z. B. das GATT, in die ausschließliche Zuständigkeit eines Teils der Gemeinschaftsgruppe fallen.145 Diese Ausweitung ist jedoch nur insoweit notwendig, als bereits die Verhängung von Gegenmaßnahmen im Raum steht. Entsprechend hat sie der Gerichtshof, wie sich aus seinen Ausführungen am Ende von Rn. 109 in Gutachten 1/94 ergibt, ausdrücklich auf den Bereich der Retorsion beschränkt: „Umgekehrt wäre es ohne diese enge Zusammenarbeit der Gemeinschaft, wenn sie die Retorsionsbefugnis im Bereich des Warenverkehrs erhielte, sich zur Ausübung dieser Befugnis aber nicht der Lage sähe, rechtlich unmöglich, Retorsionsmaßnahmen in den vom GATS und vom TRIPs erfassten Bereichen zu ergreifen, die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fielen“.146 144
Heliskoski, FYIL 1996, 59 (123). Zudem macht der Gerichtshof damit deutlich, dass innerhalb der WTO der Schwerpunkt der Kooperationspflicht weniger auf der Festlegung der einzelnen Kompetenzbereiche als auf der Sicherstellung einer effektiven Umsetzung der Pflicht zur Zusammenarbeit liegt. Vgl. O’Neill, LIEI 2005, 65 (80). 146 EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 109. 145
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Mithin realisiert sich der besondere Charakter der Pflicht zur Zusammenarbeit im Rahmen der WTO lediglich in einer Ausweitung ihres Anwendungsbereichs dergestalt, dass sie auch auf die Bereiche ausschließlicher EG- bzw. mitgliedstaatlicher Zuständigkeiten innerhalb der verschiedenen WTO-Abkommen Anwendung findet, sobald im Rahmen eines Streitbeilegungsverfahrens die Verhängung von Gegenmaßnahmen durch einen Teil der Gemeinschaftsgruppe im Raum steht. b) Die Kooperation innerhalb der Gemeinschaftsgruppe trotz Fehlens einer generellen WTO-Kooperationsvereinbarung Zum Abschluss einer generellen Kooperationsvereinbarung ist es im Rahmen der gemischten Mitgliedschaft in der WTO bisher nicht gekommen. So umfasst der existierende „Code of Conduct on the ,post-Uruguay Round‘ Negotiations on Service“ alleine den im GATS erfassten Dienstleistungssektor.147 Dabei scheint eine generelle Kooperationsvereinbarung gerade für das WTO-System erforderlich zu sein, enthält das ÜWTO doch kaum Vorgaben für die Ausgestaltung der gemeinsamen Mitgliedschaft. Dementsprechend wurden zwischen 1994 und 1996 gemeinschaftsintern auch verschiedene Entwürfe für eine generelle WTO-Kooperationsvereinbarung diskutiert. Zu einem Abschluss kam es indes nicht.148 Kaum überraschend ist, dass sich das Ende der Verhandlungen zeitlich mit der Veröffentlichung der Entscheidung des EuGH in der Rs. C-25/94 deckt, in welcher der EuGH entgegen der Stellungnahmen der Mitgliedstaaten die rechtlich bindende Wirkung der FAO-Vereinbarung anerkannt hat.149 Die Mitgliedstaaten sind grundsätzlich bemüht, ihre eigene Rechtsposition innerhalb ge147 Zur GATS-Vereinbarung s. o. unter 4. Teil A. II. 2. b). sowie die Anlage. Die WTO ist jedoch nicht das einzige Beispiel einer gemischten Mitgliedschaft ohne generelle Kooperationsvereinbarung. Ein weiteres Beispiel ist die gemeinsame Mitgliedschaft in der aufgrund des Europäischen Energie Charta Vertrages errichteten Rumpforganisation. 148 So stellte bereits im Juli 1994 die damalige deutsche Ratspräsidentschaft den Entwurf einer generellen WTO-Kooperationsvereinbarung vor, der u. a. mit Hinweis auf das zum damaligen Zeitpunkt noch zu erfolgende Gutachten 1/94 des EuGH abgelehnt wurde. Im Mai 1995 folgte ein eigener Entwurf der Kommission, der ebenso abgelehnt wurde, wie mindestens ein weiterer Kompromissvorschlag einer späteren Ratspräsidentschaft. Sämtliche Entwürfe blieben unveröffentlicht. Siehe zum Vorstehenden ausführlich Heliskoski, FYIL 1996, 59 (120 f.); Chatháin, ELJ 1999, 461 (468 f.). Ebenso Tietje, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, vor Art. 229, Rn. 11 sowie Kuijper, EJIL 1995, 222 (243, Fn. 80), beide mit Verweis auf einen entsprechenden Bericht in Inside U.S. Trade v. 23.09.1994, S. 14. Mitte 1996 wurden die Verhandlungen schließlich endgültig abgebrochen; Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (244). Vgl. auch Krenzler/da Fonseca-Wollheim, EuR 1998, 223 (230). Zuletzt ist im Jahr 2000 der während der Verhandlungen, die zum Vertrag von Nizza führten, vorgebrachter Vorschlag, ein „Protocol on arrangements for EU participation in WTO proceedings“ abzuschließen, gescheitert. Vgl. Heliskoski, S. 117, Fn. 186; Rosas, GYIL 2003, 284 (298, Fn. 64).
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mischter Mitgliedschaften soweit als irgend möglich zu bewahren. Kommt jedoch einer Kooperationsvereinbarung möglicherweise Bindungswirkung zu, würden sich die Mitgliedstaaten mit dem Abschluss der Vereinbarung jedweden Handlungsspielraum nehmen. Dementsprechend haben sie auch vor dem Hintergrund der Rs. C-25/94 von der weiteren Ausarbeitung einer generellen WTOVereinbarung Abstand genommen.150 Dennoch wird die gemeinschaftsinterne Zusammenarbeit im Rahmen der WTO-Mitgliedschaft als konstruktiv und erfolgreich angesehen.151 Doch gilt dies eher trotz als aufgrund des Fehlens einer schriftlichen, umfassenden Absprache zwischen Rat und Kommission.152 So erfolgt die eigentliche Koordinationsarbeit vornehmlich im gem. Art. 133 Abs. 3 UAbs. 2 EGV geschaffenen sog. „Art. 133 Komitee“, das aus Vertretern der Kommission und der 27 Mitgliedstaaten zusammengesetzt ist und in der Regel einmal wöchentlich in Brüssel oder in vergleichbarer Zusammensetzung direkt in Genf tagt.153. Das Komitee ist allerdings nicht in der Lage, bindende Beschlüsse zu treffen.154 Je nach Dringlichkeit und Wichtigkeit der Angelegenheit bedarf es zudem noch der zusätzlichen Abstimmung im Ausschuss der Ständigen Vertreter bzw. auf Ratsebene.155 Mangels Bestehens einer generellen Kooperationsvereinbarung hat sich in der Praxis eine „stillschweigende Vereinbarung“156 entwickelt, die noch auf die für die Gründungsverhandlungen der WTO zwischen Kommission und Rat getroffene Abmachung zurückgeht. Ihr Kernpunkt besteht darin, dass die Außenvertretung der Gemeinschaftsgruppe für den gesamten Bereich der WTO, der nicht durch die bestehende Teilvereinbarung gedeckt ist, alleine durch die Kommis149 Tietje, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, vor Art. 229, Rn. 11; Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (244). 150 Dabei ist die auf die Rs. C-25/94 zurückzuführende Zurückhaltung der Mitgliedstaaten nicht auf die WTO beschränkt. So scheiterte auf ähnliche Weise z. B. der Versuch einer Absprache für die gemeinsame Mitgliedschaft in der aufgrund des Europäischen Energie Charta Vertrages errichteten Rumpforganisation; vgl. Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (244). 151 Vgl. Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (211, Fn. 68); ders., GYIL 2003, 284 (299); Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (245); Raith, in: Kronenberger, 239 (244). 152 Kuijper, EJIL 1995, 222 (243). 153 Vgl. die von der Kommission veröffentlichten Informationen über das „Art. 133 Komitee“ unter http://ec.europa.eu./trade/issues/newround/index_en.htm (Stand: 10.03. 2007). Diesem arbeiten wiederum verschiedene Expertenrunden, z. B. für den Bereich des geistigen Eigentums, zu; vgl. Raith, in: Kronenberger, 239 (245). 154 Es hat ausschließlich beratende Funktion; EuGH, Rs. C-61/94, Kommission/ Deutschland, Slg. 1996, I-3989, Rn. 14. 155 MacLeod/Hendry/Hyett, S. 180; Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (245); Raith, in: Kronenberger, 239 (243). 156 Raith, in: Kronenberger, 239 (245).
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sion erfolgt. Dies gilt also gerade auch für die Bereiche geteilter Zuständigkeiten, allen voran im Rahmen des TRIPs.157 Diese angesichts von Mitgliedstaaten, die normalerweise nur äußerst widerwillig eigene Rechtspositionen zugunsten der EG aufgeben, erstaunlich kooperative und konstruktive Grundhaltung innerhalb der Gemeinschaftsgruppe ist aber vor allem dem Aufgabenbereich der WTO geschuldet und mithin nicht ohne weiteres auf andere gemischte Mitgliedschaften übertragbar. Nur ein wirklich geschlossenes Auftreten kann nämlich der Gemeinschaftsgruppe bei den hart umkämpften Welthandelsrunden und sonstigen Verhandlungen zu einer Erfolgschance verhelfen.158 Zudem ist die Kommission seit Jahrzehnten intern wie extern als Vertreter der Gemeinschaftsgruppe in Handelsfragen anerkannt.159 Die EG ist ferner für den weit überwiegenden Teil des Aufgabenbereichs der WTO ohnehin ausschließlich zuständig.160 Der innergemeinschaftlichen Einstellung entspricht aber nicht zuletzt auch eine kooperative Grundhaltung der Drittstaaten, allen voran der beiden wichtigsten Handelsmächte USA und Japan. So haben die Drittstaaten im Gegensatz z. B. zur gemischten Mitgliedschaft in der FAO, kaum besondere bzw. die Rechte der EG einschränkende Anforderungen an die Ausübung der gemeinsamen Mitarbeit in der WTO gestellt.161 Andererseits ist gerade diese ungewöhnlich starke Stellung der Kommission zugleich auch dafür ursächlich, dass es noch nicht zum Abschluss einer generellen Kooperationsvereinbarung für die WTO gekommen ist, würde den Mitgliedstaaten dann doch jegliche Möglichkeit genommen, eigenständig nach außen aufzutreten.162 Die Kooperationspraxis innerhalb der WTO stellt daher in mehrfacher Hinsicht einen Sonderfall dar, der kaum auf andere Fälle gemischter Mitgliedschaften übertragbar ist. So existiert eine konstruktive Zusammenarbeit innerhalb der Gemeinschaftsgruppe trotz des Fehlens einer generellen Kooperationsvereinbarung. Dies ist aber vornehmlich der langen historischen Bedeutung der EG innerhalb der GATT-Handelsrunden sowie der starken Stellung der Gemeinschaft im Bereich des internationalen Handels geschuldet.
157 Insoweit entspricht die generelle Praxis also dem Inhalt der GATS-Vereinbarung. s. o. unter 4. Teil A. II. 2. b) und die Anlage. 158 Sack, ZEuS 2001, 267 (278); Raith, in: Kronenberger, 239 (246). s. o. unter 4. Teil A. I. 4. a). 159 Heliskoski, FYIL 1996, 59 (95 f.). 160 Kritisch gegenüber der Rolle der Mitgliedstaaten Krenzler/da Fonseca-Wollheim, EuR 1998, 223 (230 f.), die darauf verweisen, dass das Scheitern einer generellen Kooperationsvereinbarung auch darauf zurückzuführen sei, dass manche Mitgliedstaaten die Festschreibung dieser für die EG günstigen Vertretungspraxis um jeden Preis verhindern wollen, um sich die Möglichkeit, selbst im Rahmen der WTO-Verhandlungen zu intervenieren, offen zu halten. 161 Kuijper, EJIL 1995, 222 (243). 162 Chatháin, ELJ 1999, 461 (469, Fn. 46).
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4. Fazit – Der fehlende Modellcharakter von Kooperationsvereinbarungen für die Ausgestaltung der Pflicht zur Zusammenarbeit Die vorgefundene Theorie und Praxis der vom EuGH entwickelten Pflicht zur Zusammenarbeit macht deutlich, dass das Konzept der Kooperationspflicht als solches essentiell für das Funktionieren gemischter Abschlüsse ist. Dies gilt umso mehr desto komplexer und umfangreicher die mit dem gemischten Abschluss verbundenen Rechtsfragen sind, so dass die konstruktive und effektive Mitarbeit in gemischten Mitgliedschaften ohne das Bestehen der Pflicht zur Zusammenarbeit kaum vorstellbar wäre. Allerdings belässt es der Gerichtshof bei der bloßen Darlegung ihrer Grundprinzipien, ohne z. B. konkrete Leitlinien für ihre Ausübung zu formulieren. Dementsprechend ist es mangels primärrechtlicher Vorgaben an der Gemeinschaftsgruppe selbst, die Pflicht zur Zusammenarbeit im konkreten Fall auszugestalten. Die vor allem im Rahmen gemischter Mitgliedschaften geschaffenen Kooperationsvereinbarungen stellen dabei zwar durchaus einen geeigneten Weg zur konkreten Ausgestaltungen der grundsätzlichen Kooperationspflicht dar. Es ist jedoch zweifelhaft, ob den Vereinbarungen in ihrer gegenwärtigen Form Modellcharakter für die Ausgestaltung der Pflicht zur Zusammenarbeit zukommen kann. So zeigt zwar das Beispiel der FAO-Vereinbarung die Vorteile solcher Absprachen auf, die in konkreter Weise die Zusammenarbeit der Gemeinschaftsgruppe innerhalb der FAO regelt und dadurch trotz der erheblichen Belastungen, die u. a. aufgrund der regelmäßigen Pflicht zur Abgabe von Kompetenzerklärungen auf der Gemeinschaftsgruppe lasten, eine Mitarbeit in der FAO überhaupt erst möglich macht. Eine konkrete und damit auch effektive Kooperationspflicht ist aber seit der Entscheidung des EuGH in der Rs. C-25/94 zugleich mit einer entsprechenden rechtlichen Bindungswirkung verbunden. Dies ist für sich genommen nur zu begrüßen, erhöht es doch die Rechtssicherheit bei der Ausübung gemischter Mitgliedschaften. Allerdings widerspricht der EuGH damit der grundsätzlichen Intention der Mitgliedstaaten, wonach die Kooperationsvereinbarungen rechtlich gerade nicht bindend sein, sondern lediglich ein pragmatisches Handlungsinstrument darstellen sollen. In der Konsequenz werden die Mitgliedstaaten kaum noch bereit sein, eigene Rechtspositionen im Rahmen von Absprachen aufzugeben, bzw. verlangen, dass die Vereinbarungen entsprechend vage gehalten werden, damit aus ihnen kein Rechtsbindungswille zu entnehmen ist. Damit würden die Kooperationsvereinbarungen aber zugleich ihren Zweck, eine effektive Ausgestaltung der Pflicht zur Zusammenarbeit darzustellen, einbüßen. Statt einer Vielzahl von Kooperationsvereinbarungen, denen womöglich auch noch eine unterschiedliche Rechtsqualität zukommt, sollte sich die Gemeinschaftsgruppe daher um eine primärrechtliche Ausgestaltung der Pflicht zur Zu-
B. Der Anwendungsbereich gemischter Abschlüsse
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sammenarbeit bemühen. In dieser könnten die grundlegenden Prinzipien der Ausübung der Kooperationspflicht statuiert und damit die Zusammenarbeit der Gemeinschaftsgruppe vor allem in Fällen gemischter Mitgliedschaften auf eine allgemeingültige Grundlage gestellt werden.163
B. Der Anwendungsbereich gemischter Abschlüsse Bevor auf die einzelnen Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse eingegangen werden kann, bedarf es noch der Feststellung des potentiellen, gemeinschaftsrechtlichen Anwendungsbereichs eben dieser. Grundsätzlich lässt sich zwischen Vertragsgegenständen, die zwingend ein reines Gemeinschaftsabkommen zur Folge haben sowie solchen die zu einem notwendigen bzw. bloß möglichen Abschluss eines gemischten Abkommens führen, unterscheiden.164 Wie stets ist zu bedenken, dass die gemeinschaftsrechtliche Notwendigkeit eines Vertragsschlusses durch die EG bzw. durch die Gemeinschaftsgruppe nicht gleichbedeutend ist mit der Verpflichtung, das jeweilige Abkommen überhaupt abzuschließen. Letzteres ist zunächst eine rein politische Entscheidung des Rates als das für den Abschluss des Gründungsvertrages zuständige Gemeinschaftsorgan.165 Erst, wenn der Vertragabschluss als solcher als politisch opportun angesehen wird, stellt sich überhaupt die Frage, wer innerhalb der Gemeinschaftsgruppe zuständig ist.166 Ebenso liegt die Aufnahme einer neuen Vertragspartei im Ermessen der bisherigen Mitglieder.167
I. Die Erforderlichkeit eines gemischten Abschlusses Der Abschluss eines gemischten Abkommens ist angesichts der gemeinschaftsinternen Kompetenzordnung immer dann erforderlich, wenn sämtliche von dem Abkommen erfassten Regelungsbereiche entweder in die ausschließlichen (ausdrücklichen oder impliziten) Zuständigkeiten der EG oder in die der Mitgliedstaaten fallen, so dass es zumindest theoretisch möglich wäre, das Ab163 Vgl. zur Forderung nach einer allgemeingültigen, primärrechtlichen Ausgestaltung der Pflicht zur Zusammenarbeit Heliskoski, FYIL 1996, 59 (126 f.). Wohl a. A. Kuijper, EJIL 1995, 222 (243 f.), der – jedoch noch vor der Entscheidung des EuGH in der Rs. C-25/94 – informelle Absprachen vorzieht. 164 Da hinsichtlich gemischter Abkommen und Mitgliedschaften von derselben gemeinschaftlichen Kompetenzausstattung auszugehen ist, ergeben sich hinsichtlich der Weite des Anwendungsbereichs im Grundsatz keinerlei Unterschiede. 165 Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (172); Grabitz, in: KSE 25, 47 (77). 166 Diese Frage stellt sich natürlich nicht mehr, wenn die Mitgliedstaaten bereits Vertragsparteien eines internationalen Abkommens sind, denn in dem Fall habe sie diese bereits durch ihre Zeichnung des Abkommens positiv beantwortet. 167 Groux/Manin, S. 43. s. o. unter 3. Teil B. I. 3.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
kommen in einen rein mitgliedstaatlichen und in einen Gemeinschaftsteil aufzuspalten.168 Eine solche Aufspaltung ist allerdings zumeist aus politischen Gründen nicht möglich, denn die überwiegende Anzahl internationaler Abkommen ist Ergebnis einer Vielzahl von Kompromissen beider Seiten, die nur im Zusammenspiel die gewünschte Wirkung entfalten.169 Dabei kann es sowohl zu einer horizontalen Kompetenzspaltung als auch zu einer vertikalen Aufteilung von Gemeinschafts- und mitgliedstaatlichem Teil des Abkommens kommen: Als Beispiel für eine horizontale Aufteilung der Zuständigkeiten kann das Internationale Naturkautschuk-Übereinkommen genannt werden, das eine unmittelbare Übernahme substantieller finanzieller Verpflichtungen durch die Mitgliedstaaten vorsieht, die über den normalen Verwaltungshaushalt hinausgehen.170 Eine vertikale Ausrichtung liegt z. B. im Rahmen des Übereinkommens über den Objektschutz von Kernmaterial vor, in dem die mitgliedstaatlichen Kompetenzen vor allem in den Durchführungs- und Sanktionsbestimmungen des Abkommens zu finden sind.171 Ferner ist der Abschluss eines gemischten Abkommens immer dann erforderlich, wenn jeweils ein Teil des Vertragsgegenstandes in die ausschließlichen Zuständigkeiten von EG oder Mitgliedstaaten fällt, im Übrigen aber von konkurrierenden oder geteilten Kompetenzen erfasst wird.172 Art. 133 Abs. 6 UAbs. 2 168 Nach Dolmans wird für solche Abkommen der Begriff „mixed agreements with coexistent competence“ verwendet, wohingegen es sich um sog. gemischte Abkommen mit „concurrent competence“ immer dann handelt, wenn der Vertragsgegenstand aus konkurrierenden Zuständigkeiten besteht und es aufgrund einer teilweise bereits erfolgten Harmonisierung nicht mehr möglich ist, die einzelnen Vertragsbestimmungen eindeutig dem mitgliedstaatlichen bzw. gemeinschaftlichen Zuständigkeitsbereich zuzuordnen; siehe Dolmans, S. 25, 39 ff. Siehe dazu auch Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (203 f.); MacLeod/Hendry/Hyett, S. 143. Torrent bezeichnet den Bereich ausschließlicher mitgliedstaatlicher Kompetenzen, die durch ihre Einbeziehung in ein gemischtes Abkommen Gemeinschaftsbezug erhalten, als sog. „vierte Säule“; Torrent, in: Bourgeois, 49 (55 f.). Allerdings sind solche „klaren“ kompetenzrechtlichen Konstellationen eher selten, da der Vertragsgegenstand zumeist zumindest zum Teil aus geteilten Zuständigkeiten bestehen wird; vgl. Close, ICLQ 1985, 382 (383). 169 s. o. unter 2. Teil C. I. In dieser Konstellation kann sich als Folgeproblem die Frage stellen, ob die Mitgliedstaaten zu dem Abschluss eines gemischten Abkommens verpflichtet werden können. In diesem Sinne Stein, S. 149, der über den aus Art. 10 EGV entwickelten Grundsatz der Gemeinschaftstreue eine Pflicht aller Mitgliedstaaten herleitet, an einem gemischten Abkommen teilzunehmen und den entsprechenden Eingriff in die nationalen Kompetenzen zu dulden, falls die EG das Abkommen alleine nicht abschließen kann. Ob das Prinzip der Gemeinschaftstreue bzw. im Rahmen geteilter Kompetenzen die speziellere Pflicht zur Zusammenarbeit aber einen derart weitreichenden Eingriff in nationale Kompetenzen, wie es der erzwungene Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages darstellt, zu rechtfertigen vermag, ist äußerst zweifelhaft. 170 EuGH, Gutachten 1/78, Naturkautschuk-Übereinkommen, Slg. 1978, 2151, Rn. 52 ff.; siehe auch Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (204). 171 EuGH, Beschluss 1/78, Übereinkommen über den Objektschutz von Kernmaterial, Slg. 1978, 2151, Rn. 36.
B. Der Anwendungsbereich gemischter Abschlüsse
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EGV normiert zudem eine kompetenzrechtliche Konstellation, die zwingend zum Abschluss gemischter Abkommen führt.173
II. Die Erforderlichkeit eines reinen Gemeinschaftsabschlusses 1. Fälle umfassender ausschließlicher EG-Zuständigkeit Die Beteiligung der Mitgliedstaaten an internationalen Abkommen ist gemeinschaftsrechtlich nur insoweit zulässig, als das Abkommen Vorschriften enthält, für die der EG (noch) keine ausschließliche Außenkompetenz zusteht und deshalb die Beteiligung der Mitgliedstaaten notwendig ist. Der Abschluss eines reinen Gemeinschaftsabkommens ist also im Umkehrschluss immer dann erforderlich, wenn es sich um einen Vertragsgegenstand handelt, der vollumfänglich in der ausschließlichen Zuständigkeit der EG liegt.174 2. Bloße marginale Berührung mitgliedstaatlicher Kompetenzen Ein reines EG-Abkommen ist zudem immer dann erforderlich, wenn es sich bei den mitgliedstaatlichen Kompetenzen – im Vergleich zu den ausschließlichen Gemeinschaftszuständigkeiten – nur noch um untergeordnete Randzuständigkeiten (sog. „akzessorische Verpflichtungen“) handelt.175 Als generelle Regel ist der Rechtsprechung des EuGH insofern zu entnehmen, dass bloße akzessorische Verpflichtungen in einem bestimmten Abkommen der Hauptkompetenz nachfolgen und daher alleine der Charakter derselben für die kompetenzrechtliche Einordnung erheblich ist.176 172 Vgl. Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 35; Gilsdorf, EuR 1996, 145 (160); Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 300, Rn. 16; Granvik, S. 110 f., die das SRÜ als Beispiel für eine derartige kompetenzrechtliche Konstellation nennt. 173 Vgl. Leal-Arcas, LIEI 2003, 3 (6). 174 Ebenso Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (204); Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 36; Leal-Arcas, EFA Rev. 2001, 483 (505); Dauses, EuR 1979, 138 (150); Schwarze, EuR 1982, 133 (144). 175 Bislang gibt es in der Rechtsprechung des EuGH keine einheitliche Bezeichnung für Konstellationen, in denen weit überwiegend Gemeinschaftskompetenzen und nur am Rande solche der Mitgliedstaaten tangiert werden. In ihrem Gutachtenantrag zum Gutachten 2/00 (Protokoll von Cartagena EuGH, Slg. 2001, I-9713) des EuGH hat die Kommission durchgehend den Begriff „der Restzuständigkeit“ zur Bezeichnung der mitgliedstaatlichen Kompetenzen gewählt und argumentiert, eine solche stünde einer ausschließlichen Gemeinschaftskompetenz nicht im Wege. Der EuGH hat den Begriff nicht übernommen, was aber auch daran gelegen haben kann, dass es sich in dem zugrundeliegenden Sachverhalt gerade nicht nur um marginale Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten gehandelt hat. Siehe dazu Pitschas, EuZW 2002, 117 (118 f.). 176 EuGH, Gutachten 1/78, Naturkautschukübereinkommen, Slg. 1979, 2871, Rn. 56; Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 66 ff. (betrifft den umge-
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Modellcharakter haben die Feststellungen des EuGH in Gutachten 1/78, in dem der Gerichtshof über die innergemeinschaftliche Zuständigkeit für den Abschluss des Internationalen Naturkautschukübereinkommens zu entscheiden hatte: Der Rat vertrat den Standpunkt, dass nicht alleine die EG abschlusskompetent sei, da sich das Abkommen zwar überwiegend mit der Handelspolitik beschäftigte, die unstreitig in die ausschließliche EG-Zuständigkeit fiele, zudem aber weitere Politikbereiche in mitgliedstaatlicher Zuständigkeit tangiere wie z. B. die Entwicklungs- und Verteidigungspolitik und somit letztlich auch die Mitgliedstaaten an dem Übereinkommen beteiligt werden müssten.177 Der EuGH weist das Vorbringen des Rates jedoch zurück: Die ausschließliche Abschlusszuständigkeit der EG könne trotz der Aufnahme von Vertragsklauseln, die mitgliedstaatliche Zuständigkeiten berühren, angenommen werden, da die kompetenzrechtliche Einordnung eines Abkommens „in Ansehung [seines] wesentlichen Gegenstandes zu erfolgen [habe] und nicht anhand einzelner Bestimmungen, die alles in allem den Charakter von Neben- und Hilfsbestimmungen haben“.178 Folglich kann nicht jede auch noch so marginale Berührung mitgliedstaatlicher Kompetenzen den Abschluss eines gemischten statt eines reinen Gemeinschaftsabkommens erzwingen.179 Dieses Grundsätze hat der Gerichtshof in ständiger (Einzelfall-)Rechtsprechung bestätigt: So lässt sich eine mitgliedstaatliche Beteiligung nicht aufgrund etwaiger vertraglicher Vorschriften über die Verhängung strafrechtlicher Normen durch die Mitgliedstaaten rechtfertigen.180 Auch durch die Finanzierungsmechanismen von Abkommen lässt sich die Mitwirkung der Mitgliedstaaten nur in Ausnahmefällen begründen: Weder das Tragen der Verwaltungskosten für ein Abkommen durch die Mitgliedstaaten181 noch der Umstand, dass die „mit der Ausführung des beabsichtigten Abkommens verbundenen Pflichten und finanziellen Lasten unmittelbar den Mitgliedstaaten obliegen“182, führen dem EuGH zufolge zu einem Mitwirkungsrecht auf Seiten der Mitgliedstaaten. Ein solches besteht lediglich, wenn das Abkommen unmittelbare finanzielle Verpflichtungen der Mitgliedstaaten generiert, die über bloße Verwaltungsausgaben hinausgehen.183 kehrten Fall, dass aus einer bloß akzessorischen Zuständigkeit keine generelle erwachsen kann); Rs. C-25/94, FAO, Slg. 1996, I-1469, Rn. 47. 177 EuGH, Gutachten 1/78, Naturkautschukübereinkommen, Slg. 1979, 2871, Rn. 39 f. 178 EuGH, Gutachten 1/78, Naturkautschukübereinkommen, Slg. 1979, 2871, Rn. 56. 179 Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (204 f.); Gilsdorf, EuR 1996, 145 (155); Neuwahl, CML Rev. 1991, 717 (732 f.); dies., CML Rev. 1996, 667 (675). 180 EuGH, Rs. C-25/94, FAO, Slg. 1996, I-1469, Rn. 47. Dies gilt zumindest dann, wenn diese Vorschriften „keine vorrangige Stelle“ in dem Abkommen einnehmen. 181 EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 21. Vgl. Krück, in: Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 13. 182 EuGH, Gutachten 1/75, Local Costs Standard, Slg. 1975, 1355 (1364).
B. Der Anwendungsbereich gemischter Abschlüsse
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3. Besonderheiten gemischter Mitgliedschaften – Zweifel an dem Bestehen einer Austrittspflicht der Mitgliedstaaten Der potentielle Anwendungsbereich gemischter Mitgliedschaften entspricht im Grundsatz demjenigen gemischter Abschlüsse. Soweit der Zuständigkeitsbereich der EG eröffnet ist, kommt ihr auch hinreichende Kompetenz zur Mitgliedschaft in den betreffenden internationalen Organisationen zu, während die Mitgliedstaaten mangels eigener Außenkompetenz insoweit nicht mehr handlungsbefugt sind.184 Fällt folglich der Aufgabenbereich einer internationalen Organisation vollumfänglich in die ausschließliche Zuständigkeit der EG, kommt mangels entsprechender mitgliedstaatlicher Außenkompetenz aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht grundsätzlich nur eine alleinige Mitgliedschaft der EG in der betreffenden Organisation in Betracht.185 Schließlich würde eine gleichzeitige Mitgliedschaft der Mitgliedstaaten der umfassenden Gemeinschaftskompetenz zumindest ihre volle Wirksamkeit rauben und wäre damit gemeinschaftsrechtswidrig.186 Dies zeigen auch die Ausführungen des EuGH in Gutachten 1/78 über die Zulässigkeit des Naturkautschuk-Abkommens, dessen genaue Finanzierungsmodalitäten zum Zeitpunkt des Gutachtens jedoch noch nicht feststanden.187 In Betracht kamen eine Finanzierung entweder durch unmittelbare Belastung der Haushalte der Mitgliedstaaten oder direkt durch die EG. Der Gerichtshof stellte fest, dass eine Beteiligung der Mitgliedstaaten – aufgrund der in materieller Hinsicht ausschließlichen EG-Kompetenz – nur in der erstgenannten Finanzierungsalternative gemeinschaftsrechtmäßig wäre, da „dieser Umstand die Beteiligung dieser Staaten an diesen Entscheidungsprozessen oder zumindest ihre Zustimmung zu den beabsichtigten Modalitäten der Finanzierung und demzufolge ihre Beteiligung an dem Übereinkommen zusammen mit der Gemeinschaft [bedingt]“.188 Gemeinschaftsrechtlich ist daher in vergleichbaren kompetenzrechtlichen Konstellationen alleine die EG berufen, Mitglied der betreffenden Organisation zu werden.189
183 EuGH, Gutachten 1/78, Naturkautschukübereinkommen, Slg. 1979, 2871, Rn. 57 ff. 184 Santos Vara, S. 79; Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 3, 31; Grabitz, in: KSE 25, 47 (77); Vedder, in: FS Ginther, 501 (510); Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (172); Frid, S. 160. s. o. unter 3. Teil D. II. 185 Grabitz, in: KSE 25, 47 (77); Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 6; Frid, S. 160; Santos Vara, S. 79; Vedder, in: FS Ginther, 501 (510). 186 Santos Vara, S. 79; Schermers, in: GS Sasse, 137 (145); Hobe/Müller-Sartori, JuS 2002, 8 (11). 187 EuGH, Gutachten 1/78, Naturkautschukübereinkommen, Slg. 1979, 2871, Rn. 58 ff. 188 EuGH, Gutachten 1/78, Naturkautschukübereinkommen, Slg. 1979, 2871, Rn. 60. 189 Vgl. Pernice, EuR 1991, 273 (277); Frid, S. 324 f.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Mit dem alleinigen Teilhaberecht der EG geht – wie bei gemischten Abkommen im Allgemeinen – der Verlust des entsprechenden Rechts auf Seiten der Mitgliedstaaten einher, so dass diese grundsätzlich einer Rechtspflicht zum Austritt aus der betreffenden Organisation unterliegen: Die Mitgliedstaaten besitzen keinerlei eigenständige Kompetenzen mehr für den Arbeitsbereich der betreffenden Organisation, haben sie doch durch die Kompetenzübertragung zugunsten der EG jegliche Handlungskompetenz in den Politikbereichen mit ausschließlicher Gemeinschaftskompetenz verloren.190 Dies ist aber unvereinbar mit der Stellung eines Mitglieds, da dieser Status gerade mit der Übertragung bestimmter Rechte und Pflichten verbunden ist. Eine ausschließliche, vollumfängliche EG-Zuständigkeit bedeutet daher grundsätzlich zugleich eine Mitgliedschaftsberechtigung der EG sowie eine Austrittspflicht der Mitgliedstaaten.191 Dennoch finden sich im einschlägigen Schrifttum Einschränkungen dieses Grundsatzes. So ist Frid der Ansicht, dass angesichts der politischen Schwierigkeiten auf die eine Austrittspflicht in der Praxis stoßen würde, lediglich das Verbot der Ausübung der Mitgliedschaftsrechte für die Mitgliedstaaten unmittelbare Rechtsfolge des EG-Beitritts sei. Der Austritt der Mitgliedstaaten sei dagegen allenfalls dessen „logische Konsequenz“.192 Pernice ist sogar der Ansicht, dass „eine Austrittspflicht der Mitgliedstaaten [. . .] allenfalls bei evidenter exklusiver Zuständigkeit der Gemeinschaft für den Gesamtbereich der Tätigkeiten der Organisation in Betracht“ komme.193 Schließlich könne eine gleichzeitige Mitgliedschaft der Mitgliedstaaten trotz gänzlich fehlender gemeinschaftsinterner Zuständigkeit in materieller Hinsicht keinen substantiellen negativen Einfluss auf die Gemeinschaftskompetenzen haben, da die Mitgliedstaaten nur noch nach der gemeinschaftlichen Vorgabe handeln dürften. Zudem sei die gemeinsame Mitgliedschaft mit einer „Multiplikation“ des Sachverstandes auf Seiten der Gemeinschaftsgruppe und mit der Sicherung des Gesamtgewichts eben dieser innerhalb der Organisation verbunden.194 Zuzugestehen ist Frid und Pernice zwar, dass die politischen Widerstände gegenüber einer zwingenden Austrittspflicht sowohl auf Seiten der EG-Mitgliedstaaten als auch auf Seiten der beteiligten Drittstaaten nicht zu unterschätzen sind. Das Motiv der Mitgliedstaaten ist insofern mehr als eindeutig, wollen sie doch ihre eigenständige Stellung innerhalb der Organisation nicht verlieren und auf dem internationalen Parkett soweit als irgend möglich selbst präsent bleiben. Aus Sicht der Drittstaaten hat der Austritt der Mitgliedstaaten den Verlust der gewohnten Vertragspartner zur 190 Sie sind nicht mehr „befugt, auf den betreffenden Gebieten Maßnahmen zu ergreifen und Entscheidungen zu treffen, wozu [. . .] auch solche im Rahmen internationaler Organisationen gehören“; Sack, in: GS Grabitz, 631 (633). s. o. unter 2. Teil C. 191 Vgl. Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 6; Grabitz, in: KSE 25, 47 (77). 192 Frid, S. 323. 193 Pernice, EuR 1991, 273 (280). 194 Vgl. Pernice, EuR 1991, 273 (280).
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Folge, an deren Stelle ein so komplexes und rechtlich wie politisch weitaus schwieriger durchschaubares Gebilde wie die EG tritt. Den Autoren ist allerdings nicht hinsichtlich der daraus gefolgerten Relativierung der Austrittspflicht zuzustimmen. Das bloße Verbot der Ausübung der Mitgliedschaftsrechte stellt weder aus gemeinschaftsrechtlicher noch aus politischer Sicht eine ausreichende Alternative zum gemeinschaftsrechtlich notwendigen Austritt dar. Selbst, wenn sich die Mitgliedstaaten jeglicher eigener Rechtsausübung enthalten, existiert durch die weiterhin bestehende Mitgliedschaft nicht nur die ständige Gefahr einer Beeinträchtigung der ausschließlichen EG-Kompetenz, sondern es kommt dadurch tatsächlich zu einer Kompetenzverletzung: So ist zu bedenken, dass bereits die durch eine gemischte Mitgliedschaft notwendigen internen Beratungen eine Kompetenzbeschränkung darstellen, wäre doch angesichts der alleinigen EG-Zuständigkeit gar nicht mehr erforderlich, dass die Mitgliedstaaten selbst noch formell stimmberechtigt in den Organen der Organisation sitzen. Zudem kann kaum verhindert werden, dass sich die Drittstaaten mit einer Initiative oder im Rahmen von Verhandlungen direkt an die Mitgliedstaaten wenden. Die gleichzeitige Mitgliedschaft der Mitgliedstaaten schwächt ferner die politische Stellung der EG, da auf diese Weise verhindert wird, dass ihr die Staatengemeinschaft den ihr gebührenden Platz im Völkerrechtsverkehr zuerkennt. Die Mitgliedstaaten sind nämlich als gewohnte Ansprechpartner weiterhin präsent, während die wirkliche Kompetenzverteilung im Verborgenen bleibt. Letztlich dürfen eventuelle politische Widerstände nicht zu einer Modifikation der gemeinschaftsinternen Rechtslage führen. Vielmehr muss auch trotz bestehender politischer Widerstände von einer generellen Austrittspflicht ausgegangen werden, wenn nur durch diese der Gemeinschaftsrechtsordnung in vollem Umfang entsprochen werden kann. Sind es die Drittstaaten, die Widerstand gegen den Austritt der Mitgliedstaaten leisten und einen Beitritt der EG nur neben den Mitgliedstaaten akzeptieren, muss die EG, um ihre eigene Mitgliedschaft und damit ein zumindest teilweise kompetenzgerechtes Außenauftreten der Gemeinschaftsgruppe sicherzustellen, diese „Kröte schlucken“.195 Handelt es sich aber um Widerstände aus den Reihen der eigenen Mitgliedstaaten, muss die Gemeinschaftsrechtsordnung und damit der Austritt der Mitgliedstaaten durchgesetzt werden. Inwieweit dies indes in der Praxis angesichts der gewichtigen Rolle des Rates im Rahmen des Vertragsschlussverfahrens nach Art. 300 EGV gelingt, ist eine andere Frage. Es ist also vom grundsätzlichen Bestehen einer Austrittspflicht auszugehen, wenn die EG selbst vollumfänglich ausschließlich zuständig ist.196 195 Innergemeinschaftlich besteht aber weiterhin eine Austrittspflicht, so dass gesamte Gemeinschaftsgruppe innerhalb der jeweiligen Organisation auch weiter genüber den Drittstaaten auf einen Austritt der Mitgliedstaaten drängen muss. 196 Dementsprechend sieht Art. XIV Abs. 6 S. 1 der Internationalen Konvention Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik, aufgrund deren die Kommission zur
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III. Die bloße Möglichkeit eines gemischten Abschlusses Fällt der Gegenstand eines Abkommens allerdings zum überwiegenden Teil in den Bereich konkurrierender Zuständigkeiten (wobei die EG für den restlichen Teil des Abkommens aufgrund bereits erlassenen Sekundärrechts ausschließlich zuständig ist)197, ist der Abschluss einer bestimmten Abkommensart nicht ebenso zwingend wie in den beiden vorgenannten Konstellationen. Fraglich ist vielmehr, inwieweit es für den Rat möglich ist, zwischen dem Abschluss eines reinen Gemeinschafts- und eines gemischten Abkommens zu wählen. Die EG ist nämlich teilweise konkurrierend für den Vertragsgegenstand zuständig, hat ihre konkurrierende Binnenkompetenz bisher aber noch nicht ausgeübt, so dass nach den Grundsätzen der AETR-Rechtsprechung auch noch kein umfassender Bereich ausschließlicher impliziter Außenzuständigkeiten entstehen konnte. Um eine Wahlmöglichkeit zu besitzen, müsste die Abschlusskompetenz in einer solchen Konstellation jedoch alternativ entweder der EG oder den Mitgliedstaaten zustehen können. 1. Keine ausdrücklichen Äußerungen von Rat und EuGH Ein Blick auf die Praxis des Rates ist wenig hilfreich. Soweit ersichtlich hat der Rat bisher in keinem Genehmigungsbeschluss die Möglichkeit einer Wahl zwischen gemischtem und reinem Gemeinschaftsabkommen ausdrücklich angesprochen.198 haltung der Thunfischbestände im Atlantik geschaffen wurde (Art. III), beim nachträglichen Beitritt einer internationalen Organisation eine gleichzeitige Austrittspflicht von deren Mitgliedstaaten vor: „Sobald eine in Absatz 4 genannte Organisation Vertragschließende Partei dieser Konvention wird, hört die Mitgliedschaft der Mitgliedstaaten dieser Organisation und deren eventueller künftiger Mitglieder auf; ABl. Nr. L 162 v. 18.06.1986, S. 41. 197 Diese kompetenzrechtliche Konstellation macht in der Vertragspraxis der Gemeinschaft mittlerweile einen Großteil gemischter Abkommen aus; Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (239). 198 Das gleiche gilt für die Beschlussentwürfe der Kommission. Timmermanns nennt jedoch den Ratsbeschluss 95/215/EG v. 29.05.1995 über den Abschluss des Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der EG und den USA über das öffentliche Beschaffungswesen als ein seltenes Beispiel dafür, dass der Rat sich – aus Gründen der Dringlichkeit – für ein reines Gemeinschaftsabkommen statt eines gemischten Abkommens entschieden habe; Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (240). Diese Wahlmöglichkeit wird aber in den Begründungserwägungen des Ratsbeschlusses kaum deutlich. Nachdem der Rat auf die ausschließliche EG-Zuständigkeit für einen Teil des Vertragsgegenstandes hingewiesen hat (Abs. 1–3 der Begründungserwägungen), stellt er in Abs. 4 fest: „Einige andere dieser Verpflichtungen berühren Gemeinschaftsvorschriften, die auf der Grundlage des Artikels 57 Absatz 2 sowie der Artikel 66 und 100a des Vertrages erlassen wurden“. Der Rat spricht also insofern implizite Vertragsabschlusskompetenzen der EG aufgrund bereits erlassenen Binnenrechts an. In einem Umkehrschluss lässt sich aus der Formulierung „einige andere“
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Die Rechtsprechung des EuGH hilft ebenso wenig weiter, hat der Gerichtshof doch in seinen Entscheidungen die Frage, ob ein bestimmtes Abkommen statt als gemischtes auch als reines Gemeinschaftsabkommen hätte abgeschlossen werden können bisher strikt vermieden und stets lediglich geprüft, ob ein bestimmtes Abkommen aufgrund einer ausschließlichen Gemeinschaftskompetenz als ein reines Gemeinschaftsabkommen hätte abgeschlossen werden müssen.199 Dabei ist daran zu erinnern, dass die erste Frage, welche die Kommission dem Gerichtshof in ihrem Gutachtenantrag, der letztlich zum Gutachten 1/94 führte, lautete, ob die EG überhaupt zuständig für den Abschluss aller Teile des ÜWTO ist und sie erst im zweiten Schritt nach der „alleinigen Zuständigkeit“ der Gemeinschaft fragte.200 Der Rat „beanstandete“ diese Formulierung der Fragen durch die Kommission: „Da das Verfahren ein Abkommen betreffe, das von der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten gemäß ihrer jeweiligen Zuständigkeiten unterzeichnet worden sei, gehe es nicht um die (hypothetische) Frage, ob die Gemeinschaft dieses Abkommen hätte alleine schließen können [. . .]“.201 Der Gerichtshof hätte also Gelegenheit gehabt, sich zu der Frage der bloßen Möglichkeit eines reinen Gemeinschaftsabkommens zu äußern. Stattdessen stellt er lapidar fest: „Unabhängig davon, ob die Fragen in der vom Rat vorgeschlagenen oder in der von der Kommission gewählten Formulierung gestellt werden, geht es um die grundlegende Frage, ob die Zuständigkeit der Gemeinschaft für den Abschluss des WTO-Abkommens und seiner Anhänge eine ausschließliche ist oder nicht“.202
schließen, dass die restlichen Bestimmungen des Abkommens eben gerade kein Binnenrecht berühren und daher (noch) in die Abschlusskompetenz der Mitgliedstaaten fallen. Ansonsten hätte es „alle anderen“ heißen müssen. 199 Siehe als ein jüngeres Beispiel EuGH, Rs. C-476/98, Open skies, Slg. 2002, I09855, Rn. 70, 107, 129: Der Gerichtshof prüft unter der Überschrift „Vertragsverletzung durch Verletzung der Außenkompetenz der Gemeinschaft“ inhaltlich lediglich die Frage der Ausschließlichkeit der Gemeinschaftskompetenz. Dies ist aus der Sicht des Gerichtshofes – wie auch in den Gutachten 1/94, 1/76, 2/91 – folgerichtig, da nur in diesem Fall die Beteiligung der Mitgliedstaaten an dem jeweils in Streit stehenden Abkommen gemeinschaftsrechtswidrig wäre. Die Feststellung, dass eine konkurrierende Kompetenz der Gemeinschaft bestünde, ist dagegen für die Entscheidungsfindung ohne Belang, da die Kompetenz durch den Rat nicht ausgeübt wurde und somit nicht Gegenstand der Entscheidung des Gerichtshofes sein kann; vgl. Tridimas/Eeckhout, YEL 1994, 143 (175); Heliskoski, S. 35 f. Siehe dazu auch umfassend Neuwahl, in: Dashwood/Hillion, 139 (139 ff.). 200 EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 6. 201 EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 13. 202 EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 14. Timmermans wirft der Kommission vor, diese Entscheidung dadurch begünstigt zu haben, dass sie sich in ihren schriftlichen Stellungnahmen primär auf die Frage der Ausschließlichkeit der Gemeinschaftskompetenz konzentriert habe; Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (240).
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Betrachtet man dagegen die Entscheidungen des EuGH in den Rs. Bangladesh und 4. Lomé Abkommen so scheint man den Ausführungen des Gerichtshofes sogar entnehmen zu können, dass ein reines Gemeinschaftsabkommen in den beiden kompetenzrechtlichen Konstellationen nicht möglich ist. So stellt der Gerichtshof in der Rs. 4. Lomé Abkommen fest: „Die Zuständigkeit der Gemeinschaft auf diesem Gebiet ist keine ausschließliche. Die Mitgliedstaaten sind deshalb berechtigt, selbst Verpflichtungen gegenüber den Drittländern, kollektiv oder individuell und sogar zusammen mit der Gemeinschaft einzugehen“.203 Dagegen erwähnt er die Möglichkeit eines alleinigen Vorgehens der EG nicht. Aus den beiden Entscheidungen darf aber bei einem Blick auf die zugrundeliegenden Kompetenzgrundlagen keine allgemeine Aussage gezogen werden.204 Vielmehr lagen beiden Entscheidungen Abkommen aus dem Bereich der Entwicklungshilfe mit parallelen Kompetenzen zugrunde, so dass im Falle einer Kompetenzteilung – im Gegensatz zu einem konkurrierenden Vertragsgegenstand – stets ein Teil des Vertrages nicht der EG-Zuständigkeit unterliegt.205 Die Rs. Bangladesh und 4. Lomé Abkommen stehen also reinen Gemeinschaftsabkommen in Politikbereichen mit konkurrierenden Kompetenzen nicht entgegen. Zurecht stellt Neuwahl daher fest: „[The ECJ] has never clearly ruled that the Community has non-exclusive treaty making powers“.206 2. Unterschiedliche Ansichten im Schrifttum Doch auch ein Blick auf das einschlägige Schrifttum führt zu keinem klareren Ergebnis. Zwar hat sich die Mehrzahl der Autoren zu der Frage einer Wahlmöglichkeit des Rates zwischen gemischten Abkommen und reinen Gemeinschaftsabkommen zustimmend geäußert.207 Einige kommen dabei zu dem Er203 EuGH, Rs. C-316/91, 4. Lomé Abkommen, Slg. 1994, 625, Rn. 26. Vgl. auch die verbundenen Rechtsachen C-181/91 und C-248/91, Bangladesh, Slg. 1993, I-3685, Rn. 16, wo es heißt: „Da es auf dem Gebiet der humanitären Hilfe keine ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft gibt, sind die Mitgliedstaaten nicht daran gehindert, ihre Zuständigkeiten in dieser Hinsicht im Rat oder außerhalb des Rates gemeinsam auszuüben.“ 204 Vgl. Tridimas/Eeckhout, YEL 1994, 143 (175). 205 s. o. unter 2. Teil B. II. 2. b). 206 Neuwahl, in: Dashwood/Hillion, 139 (139). 207 Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 35; Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (205); Vedder, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, Art. 228, Rn. 11; Close, ICLQ 1985, 382 (383); Gilsdorf, EuR 1996, 145 (160); Neubauer, S. 32; Editorial Comments, CML Rev. 1995, 385 (386); Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (240 f.). Groux/ Manin schreiben, allerdings ohne nähere Begründung: „Die Fälle, in denen man zwischen einem reinen Gemeinschaftsabkommen und einem gemischten Abkommen wählen kann, sind sogar die häufigeren“; Groux/Manin, S. 61. Ebenso wohl auch Herrmann, in: Bauschke, 139 (145), in Bezug auf potentielle Mitgliedschaften der EG in internationalen Organisationen: „Besitzt die EG zwar die vollumfängliche, hingegen keine ausschließliche Kompetenz für den Sachbereich der aufnehmenden [internatio-
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gebnis, dass diese Wahlmöglichkeit eine rein politische Entscheidung sei.208 Unübersichtlich wird die Meinungslage jedoch dadurch, dass mehrere Autoren ihre Ansicht nicht näher begründen209, während andere unklare210 und sogar widersprüchliche211 Meinungen veröffentlicht haben. Leider belassen es auch die übrigen Befürworter einer Wahlmöglichkeit bei einer knappen Begründung ihrer Ansichten. So schreibt Rosas: „Where the competence of the Community is non-exclusive, but there are no competences reserved for Member States either, mixity becomes facultative“.212 Welchen konkreten Gehalt diese Wahlmöglichkeit aber hat, führt Rosas nicht aus. Ebenso knapp stellt Mögele, nachdem er auf zwei kompetenzrechtliche Konstellationen hingewiesen hat, in denen der Abschluss eines gemischten Abkommens zwingend geboten sei, fest: „In allen übrigen Fällen ist es Sache des Rates und damit letztlich der Mitgliedstaaten, darüber zu befinden, ob das Abkommen insoweit von der EG alleine im Rahmen ihrer Zuständigkeiten abgeschlossenen werden soll, oder ob die Mitgliedstaaten in Ausübung ihrer parallelen oder konkurrierenden Zuständigkeiten neben der EG als Vertragsparteien auftreten sollen“.213 Zudem gibt es aber auch Ansichten, die eine Wahlmöglichkeit des Rates ablehnen: Tridimas und Eeckhout sind der Meinung, dass in diesen kompetenzrechtlichen Konstellationen der Rat aufgrund Art. 10 EGV verpflichtet sei, ein reines Gemeinschaftsabkommen abzuschließen.214 Epiney und Gross lehnen dagegen bei Vorliegen einer konkurrierenden Außenkompetenz ein alleiniges Gemeinschaftshandeln gerade ab und befürworten stattdessen den verpflichtenden Abschluss eines gemischten Abkommens.215 nalen Organisation], können die Mitgliedstaaten in der [internationalen Organisation] verbleiben oder parallel selbst beitreten.“ 208 Die Editorial Comments, CML Rev. 1995, 385 (386), sprechen von einer „question of political appreciation and expediency, not a legal one“. Dashwood nennt sie eine „political choice“; Dashwood, in: Bourgeois, 93 (96); ders., in: liber amicorum Lord Slynn of Hadley, 167 (168); ebenso Neuwahl, CML Rev. 1991, 717 (717). 209 Groux/Manin schreiben ohne nähere Begründung: „Die Fälle, in denen man zwischen einem reinen Gemeinschaftsabkommen und einem gemischten Abkommen wählen kann, sind sogar die häufigeren“; Groux/Manin, S. 61. Ebenso Gilsdorf, EuR 1996, 145 (160); Neubauer, S. 32. 210 Siehe z. B. McGoldrick, S. 61. 211 So schreibt z. B. Heliskoski: „If the exclusive competence of the Community does not cover the entire subjectmatter of a particular agreement, the Member States have to participate alongside the Community“; Heliskoski, FYIL 1996, 59 (66). Allerdings spricht er in einem späteren Aufsatz von einer Wahlmöglichkeit des Rates: „[. . .] the choice, ultimately made by the Council, not to exercise the non-exclusive Community competence and to conclude the relevant commitments under Member State powers“; Heliskoski, NJIL 2000, 395 (409). 212 Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (205). 213 Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 35. 214 Tridimas/Eeckhout, YEL 1994, 143 (174); ebenso Eeckhout, CML Rev. 1997, 11 (18).
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
3. Problemaufriss in zwei Schritten Die Frage des Bestehens und Inhalts einer Wahlmöglichkeit lässt sich jedoch trotz der verworrenen Meinungslage im Schrifttum innerhalb der folgenden zwei Schritte untersuchen: In den zuvor zitierten vorhandenen Begründungsansätzen wird deutlich, dass sich eine Wahlmöglichkeit zwischen einem reinen Gemeinschafts- und einem gemischten Abkommen nur aus dem Zusammenspiel von ausschließlichen und konkurrierenden EG-Kompetenzen ergeben kann. Daher ist zunächst zu untersuchen, inwieweit sich aus EG-Zuständigkeiten eine Wahlmöglichkeit des Rates ergeben kann. Danach ist die Reichweite dieser Wahlmöglichkeit zu klären. a) Das Bestehen einer Wahlmöglichkeit des Rates Entscheidend für das Bestehen einer Wahlmöglichkeit ist der von konkurrierenden EG-Zuständigkeiten umfasste Teil des Abkommens. Diese können zwar mangels uneingeschränkter Parallelität von Binnen- und Außenkompetenzen nur insoweit zu konkurrierenden EG-Außenkompetenzen „heranwachsen“, als die Voraussetzungen der Gutachten 1/76-Doktrin vorliegen.216 Soweit danach eine konkurrierende EG-Außenkompetenz vorliegt, kann die EG diese ausüben, muss es aber nicht. Entscheidet sich der nach Art. 300 Abs. 1 EGV für den Abschluss von Gemeinschaftsabkommen zuständige Rat gegen ein Gebrauchmachen dieser Kompetenzen, verbleibt es weiterhin bei der Vertragsschlusskompetenz der Mitgliedstaaten und aufgrund der teilweise bestehenden ausschließlichen EG-Zuständigkeit ist der gemischte Vertragsabschluss die zwingende Folge. Entscheidet sich der Rat jedoch für das Gebrauchmachen der konkurrierenden Kompetenzen, werden diese dadurch zu ausschließlichen und der Abschluss eines reines Gemeinschaftsabkommens wird erforderlich. Mit dem Bestehen einer konkurrierenden EG-Außenkompetenz – aber auch nur insoweit – geht also das Bestehen einer Wahlmöglichkeit der EG einher, ob sie von dieser Kompetenz Gebrauch macht und damit für den gesamten Vertragsgegenstand zuständig wird.217 Eben diese Wahlmöglichkeit wird allerdings von zwei gegensätzlichen Meinungen im Schrifttum abgelehnt. So sind Epiney und Gross der Ansicht, dass auch in solchen Konstellationen der Abschluss eines gemischten Abkommens zwingend sei. Zur Begründung führen sie an: „Hintergrund hierfür dürfte der Umstand sein, dass es sich um eine implizite, aus der Innenkompetenz abgelei215
Epiney/Gross, in: Marr/Beyer, S. 13 f. s. o. unter 2. Teil B. II. 2. a). 217 Vgl. dazu auch Hardy, CML Rev. 1977, 561 (594), der betont, dass mit dieser Wahlmöglichkeit auch die Freiheit verbunden ist, trotz Zuständigkeit einem Abkommen fernzubleiben. 216
B. Der Anwendungsbereich gemischter Abschlüsse
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tete Außenkompetenz handelt und die Mitgliedstaaten bei nicht erschöpfender Gemeinschaftsregelung im Innenverhältnis eben noch tätig werden können, so dass sie im Falle des Abschlusses völkerrechtlicher Verträge zu beteiligen sind“.218 Zuzugestehen ist dieser Ansicht, dass sie gänzlich vermeiden würde, dass die EG im Außenverhältnis schneller voranschreitet als im Innenverhältnis, denn mit dem alleinigen Vertragsabschluss wird die konkurrierende EG-Kompetenz soweit zu einer ausschließlichen als ein mitgliedstaatliches Vorgehen das Gemeinschaftsabkommen beeinträchtigen würde.219 Zudem existiert in diesem Politikbereich gerade noch kein Binnenrecht, so dass die mitgliedstaatlichen Regelungen noch in Kraft sind.220 Der gemeinsame Abschluss hätte dagegen zur Folge, dass sich an der Kompetenzabgrenzung durch den Vertragsschluss selbst nichts ändern würde, d.h. die Mitgliedstaaten wären weiterhin soweit zuständig als noch kein Binnenrecht gesetzt wurde. Gegen den Ansatz ist jedoch einzuwenden, dass ein zwingendes gemeinsames Vorgehen dem gemeinschaftlichen Kompetenzprinzip, wonach eine konkurrierende Kompetenz den Mitgliedstaaten nur solange zusteht, bis sie von der EG ausgeübt wird, widersprechen würde, könnte die EG doch gerade nicht alleine vorgehen. Zudem mag ein unterschiedlich schnelles Voranschreiten von gemeinschaftlichen Binnen- und Außenrecht zwar aus Gründen der Rechtssicherheit nicht erwünschenswert sein, zu einer Unzulässigkeit reiner Gemeinschaftsabkommen vermag dies jedoch nicht zu führen. Es ist nämlich zu bedenken, dass die Bestimmungen des Gemeinschaftsabkommens entweder unmittelbar anwendbar werden oder – wie in den meisten Fällen – durch entsprechende nachfolgende Binnenrechtsakte der EG umgesetzt werden221, wobei ihnen in beiden Fällen gegenüber den mitgliedstaatlichen Vorschriften Vorrang zukommt. Letztlich muss es dem Rat als rechtsetzendes Gemeinschaftsorgan überlassen bleiben, auf welche Weise er die ihm zustehenden Kompetenzen ausübt oder nicht. Die Ansicht von Epiney und Gross ist daher abzulehnen.222 218
Epiney/Gross, in: Marr/Beyer, S. 13 f. Es würde also der sog. „umgekehrte AETR-Effekt“ vermieden. Vgl. Dashwood, in: Bourgeois, 93 (96). 220 Vgl. Editorial Comments, CML Rev. 2004, 631 (632); Dashwood, in: Bourgeois, 93 (96); Torrent, in: Bourgeois, 49 (59 f.). Für Dashwood, in: Bourgeois, 93 (96), liegt daran auch eine der Ursachen für die restriktive Haltung der Mitgliedstaaten gegenüber reinen Gemeinschaftsabkommen. Es wäre für die Mitgliedstaaten oftmals unklar, inwieweit ein reines Gemeinschaftsabkommen die noch bestehenden nationalen Rechtsnormen tatsächlich einschränkt bzw. außer Kraft setzt. 221 Schließlich bestand eine politische Mehrheit im Rat für den Abschluss des Abkommens, so dass eine entsprechende Mehrheit grundsätzlich auch für dessen innergemeinschaftliche Umsetzung sorgen sollte. 222 Dies gilt im Übrigen auch für den argumentativen Ansatz, dass ein gemischter Abschluss immer dann angezeigt sei, wenn es sich um eine „geteilte Kompetenz“ handelt. Dieser Ansatz beruht primär auf der ungenauen Begrifflichkeit des Gerichtshofes. Mit seinem z. B. in Gutachten 1/94 verwendeten Hinweis auf die geteilte Kompetenz bzgl. GATS und TRIPs hat der EuGH aber keine neuartige Kompetenzkategorie gebil219
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Tridimas und Eeckhout lehnen eine Wahlmöglichkeit des Rates ebenfalls ab. Sie sind allerdings der Ansicht, dass in Konstellationen konkurrierender Kompetenzen der Rat aufgrund Art. 10 EGV verpflichtet sei, ein reines Gemeinschaftsabkommen abzuschließen.223 Es ist jedoch zweifelhaft, ob eine solche Verpflichtung der Mitgliedstaaten hergeleitet werden kann. Die bisherigen Entscheidungen des EuGH lassen eine solche jedenfalls nicht erkennen.224 Vielmehr entspricht das Bestehen einer Wahlmöglichkeit dem Unterschied zwischen ausschließlichen und geteilten Gemeinschaftskompetenzen, der ansonsten verwischt werden würde.225 In sämtlichen einschlägigen Entscheidungen des Gerichtshofes prüft er die Ausschließlichkeit der Gemeinschaftskompetenz, um festzustellen, ob ein Mitwirken der Mitgliedstaaten gemeinschaftsrechtlich ausgeschlossen ist. Liegt keine ausschließliche Norm vor, geht der Gerichtshof von einem möglichen gemeinsamen Abschluss aus.226 Eine derartige Verpflichtung ist daher abzulehnen. Es ist also in den Fällen, in denen eine konkurrierende EG-Außenkompetenz nach den Grundsätzen der Gutachten 1/76-Doktrin vorliegt, von einer Wahlmöglichkeit der EG auszugehen. Die eigentliche Wahl obliegt dabei dem Rat und somit letztlich den Mitgliedstaaten.227 Entscheidet sich der Rat gegen einen Rückgriff auf die Grundsätze des Gutachtens 1/76 verbleibt es insoweit bei der Vertragsschlusskompetenz der Mitgliedstaaten solange bis entsprechendes Binnenrecht gesetzt wurde und die AETR-Grundsätze greifen. In beiden Fällen hat es indes der Rat in der Hand, die Vertragsschlusskompetenz zu aktualisieren bzw. zu begründen.
det, die zwingend zum Abschluss gemischter Abkommen führen würde. Vielmehr verwendet der Gerichtshof den Begriff der geteilten Kompetenz bezogen auf den Vertragsgegenstand; s. o. unter 2. Teil B. II. 2. Stattdessen ist die gemeinschaftliche Kompetenzordnung so strukturiert, dass für einen bestimmten Regelungsgegenstand immer nur entweder die Mitgliedstaaten oder die EG zuständig sind. Dies gilt selbst im Fall paralleler Kompetenzen, wo es sich um unterschiedliche Regelungsgegenstände handelt. 223 Tridimas/Eeckhout, YEL 1994, 143 (174); ebenso Eeckhout, CML Rev. 1997, 11 (18). 224 Vgl. Dashwood/Heliskoski, in: Dashwood/Hillion, 3 (14, Fn. 32), die feststellen: „[. . .], Opinion 1/76 provides no authority for the view of Tridimas and Eeckhout [. . .].“ 225 Dashwood/Heliskoski, in: Dashwood/Hillion, 3 (14, Fn. 32). 226 Vgl. statt aller EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 13. 227 Vgl. Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 35; Gilsdorf, EuR 1996, 145 (157); Dashwood/Heliskoski, in: Dashwood/Hillion, 3 (17).
B. Der Anwendungsbereich gemischter Abschlüsse
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b) Die tatsächliche Bedeutung der Wahlmöglichkeit Die tatsächliche Bedeutung der Wahlmöglichkeit des Rates hängt jedoch in erster Linie von der Strenge der in Gutachten 1/76 und den darauffolgenden Entscheidungen des Gerichtshofes für das Bestehen einer konkurrierenden EGAußenkompetenz nach den Grundsätzen der Gutachten 1/76-Doktrin aufgestellten Voraussetzungen ab.228 Denn schließlich muss differenziert werden zwischen der politischen Entscheidung an sich und dem Vorliegen der kompetenzrechtlichen Anforderungen für das Bestehen einer Entscheidungslage. Die Ent228 Stets muss jedoch eine konkurrierende Binnenkompetenz gegeben sein, aus der die entsprechende implizite Außenkompetenz „erwachsen“ kann. So lehnte der EuGH in Gutachten 1/94 die ausschließliche EG-Zuständigkeit für das GATS u. a. deswegen ab, da es der EG bereits an der Binnenzuständigkeit für die Regelung des Niederlassungsrechts und des Dienstleistungsverkehrs zwischen der Gemeinschaft und dritten Staaten fehle; EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 81. Siehe auch Geiger, EGV, Art. 300, Rn. 5; Tridimas/Eeckhout, YEL 1994, 143 (153 f.); Dashwood, in: Bourgeois, 93 (95); Nakanishi, S. 124; Timmermans, in: Timmermans/ Völker, 15 (21); Krajewski, CML Rev. 2005, 91 (117). Fraglich ist in einer solchen Situation jedoch, ob die entsprechende Kompetenzlücke nicht durch Rückgriff auf Art. 308 EGV geschlossen werden kann. Zwar ist der ergänzende Rückgriff auf Art. 308 EGV dann ausgeschlossen, wenn es bereits eine Kompetenzgrundlage gibt, die lediglich gewisse Teilbereiche eines Politikbereichs nicht umfasst, denn Art. 308 EGV darf nicht dafür verwendet werden, beabsichtigte Einschränkungen der Gemeinschaftskompetenzen zu umgehen; EuGH, Rs. 45/86, Kommission/Rat, Slg. 1987, 1493, Rn. 13. Vgl. Dashwood, in: Bourgeois, 93 (95); Tridimas/Eeckhout, YEL 1994, 143 (153); Eisermann, EuZW 1995, 331 (335). Doch muss den im Rat vertretenen Mitgliedstaaten als „Herren der Verträge“ ein erheblicher Entscheidungsspielraum bei der Wahl der Mittel zur Erreichung der Gemeinschaftsziele zugestanden werden; vgl. Pechstein, in: Streinz, EGV, Art. 2 EUV, Rn. 14. Dementsprechend griff der Rat in der Praxis mehrfach auf Art. 308 EGV zurück, wohingegen die AETR-Grundsätze oder gar die „Gutachten 1/76-Doktrin“ kaum Verwendung fanden; vgl. Emiliou, E.L. Rev. 1994, 76 (80); ders., in: Emiliou/O’Keeffe, 31 (40); Tridimas, in: Dashwood/Hillion, 48 (55). So wurde das Abkommen zwischen der EG und den USA über das öffentliche Beschaffungswesen mittels ausdrücklichem Rückgriff auf die AETR-Grundsätze geschlossen (vgl. Ratsbeschluss 95/215/EG, ABl. Nr. L 134 v. 20.06.1995, S. 25). Nach Stadler, in: Schwarze, EGV, Art. 70, Rn. 14, handelt es sich beim Abschluss des Abkommens zwischen der EG und der Schweiz über den Güterverkehr auf Straße und Schiene (ABl. Nr. L 373 v. 21.02.1992, S. 26) um einen Anwendungsfall der „Gutachten 1/76-Doktrin“. Dagegen finden sich eine Vielzahl von Anwendungsfällen von Art. 308 EGV, hat dies doch für die Mitgliedstaaten den Vorteil, dass für den Vertragsschluss Einstimmigkeit notwendig ist und diese Vetomöglichkeit ihnen eine höhere politische Sicherheit bietet; vgl. E. Stein, in: Collected Courses of the Academy of European Law, 115 (160); Tridimas/Eeckhout, YEL 1994, 143 (153); van Houtte, Nw. J. Int’L & Bus. 1981, 621 (630). So stützte der Rat das Rahmenabkommen über handelspolitische und wirtschaftliche Maßnahmen mit Kanada auf Art. 133 und 308 EGV (ABl. Nr. L 260 v. 24.09.1976, S. 1). Diese Kombination von Rechtsgrundlagen wurde zwischen 1976 und 1991 bei einer Vielzahl von sog. „second-generation cooperation agreements“ vor allem mit Entwicklungsstaaten verwendet; vgl. Peers, in: Dashwood/ Hillion, 160 (163). Mittlerweile jedoch ist der Anwendungsbereich des Art. 308 EGV aufgrund der Schaffung immer neuer Kompetenztitel der EG in vielen Politikbereichen erheblich geringer geworden; vgl. Frenz, S. 44 f.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
scheidung selbst ist stets eine rein politische. Diese setzt indes voraus, dass überhaupt eine kompetenzrechtliche Situation gegeben ist, welche eine Wahlmöglichkeit eröffnet. Allerdings sind auch diesbezüglich die Einflussmöglichkeiten des Rates nicht zu unterschätzen, da ihm ein substantieller Ermessensspielraum zusteht: Betrachtet man den Wortlaut des Gutachtens 1/94 erscheint der Anwendungsbereich der Gutachten 1/76-Doktrin als äußerst gering, bedarf es dafür doch, dass die interne Zuständigkeit „wirksam nur zugleich mit der externen Zuständigkeit ausgeübt werden kann“.229 Dementsprechend sieht die überwiegende Ansicht im Schrifttum230 die Ausführungen des EuGH in Gutachten 1/94 auch als eine erhebliche Einschränkung des in Gutachten 1/76 formulierten Erfordernisses der „Notwendigkeit“ des Vertragsabschlusses mit der Folge eines substantiell geringeren Anwendungsbereichs der Gutachten 1/76-Doktrin an.231 Mittlerweile hat der Gerichtshof seine restriktive Einstellung in Gutachten 2/92 und der Entscheidung in Rs. C-476/98 bestätigt.232 Es ist daher davon auszugehen, dass sich der Anwendungsbereich der Gutachten 1/76-Doktrin und somit auch die Fälle einer Wahlmöglichkeit des Rates stets an den in den Gutachten 1/94, 2/92 sowie in der Rs. C-476/98 formulierten Anforderungen messen lassen müssen. Zu klären ist daher nun, inwieweit die Wahlmöglichkeit des Rates durch die Gutachten 1/76-Doktrin – in Gestalt der in Gutachten 1/94 formulierten Voraussetzungen – eingeschränkt wird. Von der im Schrifttum geäußerten Annahme einer rein politischen Entscheidung ist bereits auf den ersten Blick Abstand zu nehmen, muss der Rat doch stets positiv beschließen, dass die Voraussetzungen der Gutachten 1/76-Doktrin gegeben sind. Da es sich bei dem in Gutachten 1/94 postulierten „Wirksamkeitszusammenhang“ aber um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, ist zu hinterfragen, ob dem Rat aufgrund ei229
EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 89. Nach einer anderen im Schrifttum vertretenen Ansicht bezieht sich die in Gutachten 1/94 formulierte Verschärfung alleine auf die Frage der Ausschließlichkeit der Gemeinschaftskompetenz nicht aber auf ihr Bestehen, so dass zwischen der Prüfung der Notwendigkeit und der Untrennbarkeit zu differenzieren sei; Dashwood, in: Dashwood/Hillion, 115 (132 ff.). Ebenso Epiney/Gross, in: Marr/Beyer, 5 (11 f., Fn. 56). Dieser Ansatz setzt freilich voraus, dass aus der Gutachten 1/76-Doktrin überhaupt ausschließliche EG-Kompetenzen entstehen können, was bereits abgelehnt wurde; s. o. unter 2. Teil B. II. 1. b) bb). 231 Bourgeois, CML Rev. 1995, 763 (780); Dörr, EuZW 1999, 39 (42 f.); Gilsdorf, EuR 1996, 145 (157); Geiger, EGV, Art. 300, Rn. 4; Nakanishi, S. 113 f.; Appella, ICLQ 1996, 440 (459); Pitschas, S. 158, für den „Notwendigkeit“ nunmehr gleichbedeutend sei mit „Unerlässlichkeit“. Ferner Tridimas, in: Dashwood/Hillion, 48 (58), der verlangt, dass das internationale Handeln ein sine qua non für die Erfüllung eines Gemeinschaftsziels sein muss. 232 EuGH, Gutachten 2/92, OECD, Slg. 1995, I-525, Rn. 32; Rs. C-476/98, Open skies, Slg. 2002, I-09855, Rn. 82 f. 230
B. Der Anwendungsbereich gemischter Abschlüsse
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nes ihm zukommenden Entscheidungsspielraums im Ergebnis nicht doch eine primär politisch geprägte Wahlmöglichkeit bleibt. Bejaht wird dies ausdrücklich – allerdings jeweils ohne nähere Begründung – von Gilsdorf 233, der schreibt: „[. . .]; im Regelfall wird die Beurteilung dieser Notwendigkeit dem politischen Ermessen des Rates, das heißt den Mitgliedstaaten überlassen“, und Bourgeois.234 Dem ist zuzustimmen. Zwar kann mangels entsprechender Praxis des Rates bei der Anwendung der Voraussetzungen der Gutachten 1/76-Doktrin bzw. gar einschlägiger Ausführungen des Gerichtshofes, zur Annährung an diese Fragestellung lediglich auf die entsprechende Praxis zu Art. 308 EGV zurückgegriffen werden. Diese Vorgehensweise ist aber nur allzu konsequent235: Schließlich bedarf es für die Anwendung des Art. 308 EGV ebenfalls der positiven Feststellung des Vorliegens eines unbestimmten Rechtsbegriffs, nämlich der „Erforderlichkeit“ des Tätigwerdens der EG, „um im Rahmen des Gemeinsamen Marktes eines ihrer Ziele zu verwirklichen“. Auch dieses Erfordernis soll zudem – wie auch die Gutachten 1/76-Doktrin – die bestmögliche Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts gewährleisten. Der Rat nimmt in seiner ständigen Praxis bei diesem unbestimmten Rechtsbegriff einen Ermessensspielraum des Rates als politisches Leitungsorgan an. Diese Praxis wurde zwar bisher noch nicht ausdrücklich vom EuGH bestätigt236, jedoch wird sie auch im Schrifttum entsprechend vertreten, da aufgrund der inhaltlichen Weite der Gemeinschaftsaufgaben dem Rat als politischem Leitungsorgan ein weiter Gestaltungsspielraum zustehen muss.237 Schließlich sind es im Rat letztlich die Mitgliedstaaten als „Herren der Verträge“, die tätig werden.238 Zudem ist zu bedenken, dass aufgrund des Grundsatzes der Subsidiarität des Gemeinschaftsrechts nach Art. 5 Abs. 2 EGV ohnehin stets danach gefragt werden muss, ob es eines Gemeinschaftshandelns im Einzelfall bedarf.239 Für einen generellen und substantiellen 233 Gilsdorf, EuR 1996, 145 (157). Dabei geht auch Gilsdorf davon aus, dass der Begriff der Notwendigkeit im Sinne des strengeren Gutachtens 1/94 verstanden werden müsse. Dazu auch bereits Hardy, CML Rev. 1977, 561 (598): „[. . .] the Council has a margin of appreciation in determining whether or not an agreement should be concluded by the Community.“ 234 Ob dieser unbegrenzt ist bzw. inwieweit er eingeschränkt ist, wird dagegen aus den Ausführungen von Bourgeois nicht deutlich; Bourgeois, in: Timmermans/Völker, 97 (103). 235 A. A. Bourgeois, in: Timmermans/Völker, 97 (102 f.), der den Rückgriff auf die Praxis zu Art. 308 EGV ablehnt, da Sinn und Zweck von Art. 308 EGV einerseits und der Gutachten 1/76-Doktrin andererseits zu unterschiedlich seien. 236 Vgl. Dashwood, E.L. Rev. 1996, 113 (123, Fn. 39). 237 Dashwood, E.L. Rev. 1996, 113 (123); ferner Schreiber, in: Schwarze, EGV, Art. 308, Rn. 16, wonach der Entscheidungsspielraum allerdings zumindest insoweit gebunden sei, als dass das Tätigwerden tatsächlich der Verwirklichung eines Vertragsziels diene und nicht das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes beeinträchtige. 238 Vgl. Pechstein, in: Streinz, EGV, Art. 2 EUV, Rn. 14. 239 Die Subsidiaritätsregel stellt eine zusätzliche Beschränkung für die Ausübung einer bereits vorhandenen Kompetenz dar; Zuleeg, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 5,
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Entscheidungsspielraum des Rates im Zusammenhang mit den Gemeinschaftszielen und -aufgaben spricht letztlich, dass die in Art. 2 EGV postulierten „Aufgaben der Gemeinschaft“ sehr weit gefasst, teilweise sogar zweideutig bzw. widersprüchlich formuliert sind.240 Diese Formulierung entspricht dem primär bzw. zumindest substantiell politischen Charakter der Mehrzahl der Gemeinschaftsaufgaben. Mit diesem politischen Charakter der Aufgaben muss aber auch ein entsprechender politischer Entscheidungsspielraum des Rates bei der Verwirklichung der Aufgaben einhergehen. Die Annahme eines weiten Entscheidungsspielraums des Rates scheint allerdings der in Gutachten 1/94 formulierten signifikanten Verschärfung der Voraussetzungen der Gutachten 1/76-Doktrin zu widersprechen: Stünde dem Rat ein derartiger Spielraum zu Verfügung, würde diese Verschärfung doch größtenteils unterlaufen.241 Es ist indes zweifelhaft, ob die Ausführungen des Gerichtshofes in Gutachten 1/94 tatsächlich so streng zu verstehen sind, wie sie teilweise im Schrifttum242 verstanden werden.243 In den nachfolgenden Gutachten 2/92 und Rs. C-476/98 hat der EuGH nämlich lediglich das Erfordernis eines Wirksamkeitszusammenhangs genannt, nicht aber an der „Untrennbarkeit“ der internen und externen Regelungen festgehalten. Die „Untrennbarkeit“ scheint daher in erster Linie eine spezifische Formulierung des Gutachtens 1/94 darzustellen, ohne jedoch in abstrakter Weise auf jeden Anwendungsfall der Gutachten 1/76-Doktrin Anwendung zu finden. Entsprechend formuliert auch O’Keeffe Rn. 35. Diese ist hier die konkurrierende Außenkompetenz. Insoweit ist stets danach zu fragen, ob die Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können, wobei ein weiter politischer Ermessenspielraum des Rates besteht, der einer gerichtlichen Überprüfung nur hinsichtlich der Verletzung seiner offenkundigen Grenzen unterliegt; EuGH, verbundene Rs. 267/88 bis 285/88, Wuidart, Slg. 1990, I435, Rn. 35. Ähnlich bereits vor Schaffung des Subsidiaritätsgrundsatzes Vedder, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, Art. 228, Rn. 11, wonach ein Abkommen erforderlich sein müsse, was dem Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung als Voraussetzung der konkurrierenden Bundesgesetzgebung nach Art. 72 Abs. 2 GG ähnele. Zu beachten ist aber, dass die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 EGV bei der Ausübung von EG-Außenkompetenzen in der Regel erfüllt sein werden. Schließlich handelt es sich zumeist um Problemstellungen, die grenzüberschreitenden Charakter haben und daher auf Gemeinschaftsebene effektiver behandelt werden können als von den Mitgliedstaaten alleine; Epiney/Gross, in: Marr/Beyer, S. 10. 240 Tridimas/Eeckhout, YEL 1994, 143 (154). 241 Pitschas sieht die Verschärfung daher als ein Mittel an, um die „Rechtssicherheit als Kriterium für die Begründung impliziter Außenkompetenzen nicht völlig auf[zu]geben und die Ableitung solcher Kompetenzen nicht gänzlich dem Beurteilungsspielraum der zur Rechtsetzung befugten Gemeinschaftsorgane [zu] überantworten, [. . .]; Pitschas, S. 158. 242 Vgl. nur Tridimas, in: Dashwood/Hillion, 48 (58), der eine sine qua non Beziehung zwischen Binnen- und Außenhandeln für erforderlich hält. s. o. im gleichen Abschnitt. 243 Wie Tridimas selbst zurecht ausführt, dürfen die Ausführungen des EuGH niemals nur abstrakt, sondern stets in dem konkreten Zusammenhang des jeweils zu untersuchenden Falls gesehen werden; Tridimas, in: Dashwood/Hillion, 48 (55).
B. Der Anwendungsbereich gemischter Abschlüsse
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die Voraussetzungen an das Vorliegen der „Gutachten 1/76-Doktrin“ wie folgt: „[. . .] the Community may acquire exclusive external competence on the basis of Opinion 1/76 where the participation of a non-member country or countries is ,necessary‘ to enable the Community to fulfil one of its objectives and where specific Treaty objectives cannot be achieved by internal Community legislation as they would not be binding on the non-member country or countries“.244 Geht man demnach davon aus, dass der Gerichtshof den postulierten Wirksamkeitszusammenhang nicht in einem rein rechtlichen Sinne, sondern primär vielmehr in einem wirtschaftlichen bzw. einem auf die jeweils einschlägigen Ziele des EGV bezogenen Sinne versteht, erscheint auch ein grundsätzlicher Entscheidungsspielraum des Rates als nicht mehr widersprüchlich. Schließlich ist es gerade seine Funktion, die Gemeinschaftsaufgaben in konkrete Maßnahmen umzusetzen. Zu bedenken ist ferner, dass der EuGH in den genannten Entscheidungen, insbesondere in Gutachten 1/94, auf den Ansatz der Kommission reagieren muss, die von einer ausschließlichen EG-Außenkompetenz bei Vorliegen der Voraussetzungen der Gutachten 1/76-Doktrin ausgeht.245 Der Gerichtshof will daher primär diesem Ansatz entgegentreten, woraus jedoch keine Rückschlüsse auf die Frage des Entscheidungsspielraums des Rates gezogen werden sollten. Schließlich würde in diesem Fall der Rat einem reinem EG-Abkommen positiv gegenüberstehen, während er es in der Gutachten 1/94 zugrunde liegenden Konstellation gerade vehement abgelehnt hat. Zu beachten ist allerdings, dass dieser Spielraum nicht vollkommen unbegrenzt sein kann. Als Mindestgrenze ist das Willkürverbot anzunehmen, dem auch und insbesondere der Rat als rechtsetzendes Organ einer Rechtsgemeinschaft unterworfen sein muss: Der Vertragsschluss muss daher zumindest der Erreichung eines Gemeinschaftsziels dienlich sein und den vom EuGH geforderten Wirksamkeitszusammenhang in Ansätzen aufzeigen. Dennoch ist fraglich, inwieweit die Möglichkeit der Kommission, beim Gerichtshof gem. Art. 300 Abs. 6 EGV ein Gutachten über die Vereinbarkeit eines geplanten Abkommens mit dem Gemeinschaftsrecht einzuholen, insoweit überhaupt von Bedeutung ist.246 Schließlich bedarf es der Ausübung der konkurrierenden Kompetenz durch den Rat. Diese kann die Kommission auch vor dem EuGH nicht erzwingen.247 244
O’Keeffe, EFA Rev. 1999, 7 (22). s. o. unter 2. Teil B. II. 1. b) bb). 246 Geht es um die Feststellung ausschließlicher EG-Zuständigkeiten hat die Vergangenheit gezeigt, dass die Einholung eines Gutachtens für die Feststellung der Gemeinschaftskompetenzen von großer Wichtigkeit sein kann. Vgl. nur die Gutachten 1/ 76, 2/91, 1/94 und 2/92. Siehe zu der Möglichkeit, den EuGH anzurufen auch Hardy, CML Rev. 1977, 561 (596). 247 Daher scheint der von der Kommission zumeist gegangene Weg, ein gemischtes Abkommen zu akzeptieren, als eine effektive Lösung, um überhaupt den Abschluss eines Abkommens mit Gemeinschaftsbeteiligung zu erreichen. 245
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
c) Fazit Die Frage nach dem Vorliegen der Voraussetzungen der Gutachten 1/76-Doktrin und damit nach der Notwendigkeit des Gemeinschaftshandelns muss zwar stets positiv beantwortet werden. Dies steht jedoch in der Praxis angesichts des Ermessensspielraums des Rates der Annahme einer primär politisch motivierten Wahlmöglichkeit nicht entgegen.248 4. Entgegenstehende Ratspraxis In der Praxis nutzt der Rat diese Wahlmöglichkeit jedoch kaum bzw. gar nicht.249 Stattdessen schließt er vom Fehlen einer umfassenden ausschließlichen Gemeinschaftskompetenz sogleich auf die Notwendigkeit der Beteiligung der Mitgliedstaaten und damit auf den erforderlichen Abschluss eines gemischten Abkommens.250 Dies ist aus der – weiterhin primär durch nationale Interessen geprägten – Sicht der Mitgliedstaaten auch kaum verwunderlich, würde die Wahl eines reinen Gemeinschaftsabkommens doch zum gänzlichen Verlust ihrer unmittelbaren völkerrechtlichen Rechtsposition führen. Der Rat nutzt also bereits seinen Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen der Gutachten 1/76-Doktrin dazu, eine Wahlmöglichkeit gar nicht erst entstehen zu lassen. Schließlich muss für das Vorliegen einer Wahlmöglichkeit zunächst einmal eine entsprechende konkurrierende EG-Außenkompetenz bestehen. In der näheren Zukunft ist kaum anzunehmen, dass sich diese Praxis ändern wird, sichert sie doch die internationale Präsenz der Mitgliedstaaten.251 248 Die faktischen Grenzen dieser Wahlmöglichkeit sind in der Praxis umso geringer, als kaum anzunehmen ist, dass sich die Kommission dem Abschluss eines reinen Gemeinschaftsabkommens mit dem Hinweis auf eine fehlende EG-Kompetenz widersetzen würde. Schließlich ist die Kommission ohnehin der Ansicht, dass es sich bei der „Gutachten 1/76-Doktrin“ um ausschließliche EG-Kompetenzen handelt. s. o. unter 2. Teil B. II. 1. b) bb). 249 Für eines der seltenen Beispiele s. o. unter 4. Teil B. III. 1. 250 Torrent stellt zu Recht fest: „Mais l’existence d’une possibilité juridique ne comporte pas l’obligation de l’utiliser“; Torrent, in: Bourgeois, 49 (59). Rosas bezeichnet diese Praxis als „mixity at all costs“; Rosas, in: Koskenniemi, 125 (145); ders., in: Dashwood/Hillion, 200 (206, Fn. 37); vgl. Koutrakos, EFA Rev. 2002, 25 (29); Neubauer, S. 32. Timmermans nennt die Ratspraxis eine „anomaly“; Timmermanns, in: Dashwood/Hillion, 239 (240); O’Keeffe, in: Dashwood/Hillion, 179 (190, Fn. 63); Mögele weist daraufhin, dass der EuGH, insbesondere in den Gutachten 2/91, 1/94 und 2/94, die Ratspraxis dadurch gefördert habe, dass er stets nur die Ausschließlichkeit der EG-Zuständigkeit geprüft habe, aber nicht, ob überhaupt eine EG-Kompetenz vorgelegen habe, die dem Rat eine Wahl gegeben hätte; Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 32 und 36. 251 Hinzu kommt das praktische Problem, dass – sollten die Mitgliedstaaten tatsächlich ihre Wahlmöglichkeit zugunsten eines reines EG-Abkommens nutzen – es mangels bisher bestehendem Sekundärrecht schwierig sein wird, Einigkeit über den Ver-
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Die Kommission ihrerseits akzeptiert zumeist die Haltung der Mitgliedstaaten, um zumindest den Abschluss eines gemischten Abkommens nicht zu gefährden. Außerhalb des Bereichs der Gemeinsamen Handelspolitik bestand sie gar selbst mehrfach darauf, Bestimmungen in den Text eines Abkommens einzufügen, die eindeutig in die mitgliedstaatliche Zuständigkeit fielen und somit dessen gemischten Abschluss erforderlich machten, wohl um dadurch von vorne herein einen Kompetenzkonflikt mit dem Rat zu vermeiden.252 Schließlich ist zu bedenken, dass es auch für ein gemischtes Abkommen eines Ratsbeschlusses bedarf bzw. die Mitgliedstaaten bei einem Vertragsgegenstand, der noch nicht von Binnenrecht umfasst ist, sogar (noch) befugt wären, alleine zu handeln. Gerade die äußerst restriktive Auslegung seiner eigenen, in der Rs. AETR und Gutachten 1/76 aufgestellten Grundsätze zum Vorliegen ausschließlicher EG-Außenkompetenzen durch den EuGH gibt dem Rat eine derart schwerwiegende Einflussmöglichkeit.253 Unter Zugrundlegung der Aussagen des Gerichtshofes ist es nämlich kaum möglich, dass ein Politikbereich vollständig von ausschließlichen Gemeinschaftskompetenzen umfasst wird. Vielmehr bestehen neben partiellen ausschließlichen EG-Zuständigkeiten weiterhin konkurrierende Binnen- und – bei Vorliegen der Voraussetzungen der Gutachten 1/76-Doktrin – Außenkompetenzen. Der Rat kann sich dann ohne weiteres gegen eine Nutzung ebendieser und für den Gebrauch der noch bestehenden mitgliedstaatlichen Kompetenzen entscheiden. Gemischte Abkommen sind die Folge.
IV. Verstöße gegen die Kompetenzteilung und ihre Folgen In der gemeinschaftlichen Vertragspraxis kommt es oftmals zu Konstellationen, in denen die Beteiligung an einem Abkommen nicht den eben dargestellten kompetenzrechtlichen Grundsätzen entspricht. Zu einem solchen Verstoß kann es einerseits aus externen, d.h. durch die Gemeinschaftsgruppe nicht oder nur kaum zu beeinflussenden Gründen, aber andererseits auch aufgrund interner Ursachen kommen. 1. Externe Ursachen In vielen Fällen ist eine kompetenzgerechte Teilhabe der Gemeinschaftsgruppe an einem bestimmten Abkommen aufgrund von Umständen nicht mögtragsgegenstand zu erzielen. Torrent geht sogar soweit, dass er diese praktische Schwierigkeit als Hauptgrund für die fehlende Ausnutzung der Wahlmöglichkeit durch den Rat ansieht; Torrent, in: Bourgeois, 49 (60). 252 Vgl. Eeckhout, S. 198; Close, YEL 1981, 45 (49). 253 Vgl. Editorial Comments, CML Rev. 2004, 631 (633). s. o. unter 2. Teil B. III.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
lich, die durch die Gemeinschaftsgruppe nicht oder nur kaum zu beeinflussen sind: So ist es denkbar, dass ein bestehendes internationales Abkommen lediglich den Beitritt von Staaten erlaubt, obgleich die Zuständigkeit innergemeinschaftlich teilweise oder gar vollständig bei der EG liegt. Dies ist insbesondere bei Satzungen internationaler Organisationen der Fall.254 Womöglich sperren sich aber auch die jeweiligen Vertragspartner gegen eine kompetenzgerechte Beteiligung der EG, z. B. wenn diese zu einer alleinigen Mitgliedschaft der EG führen würde. Zwar müssten auch dritte Staaten grundsätzlich daran interessiert sein, mit dem eigentlich zuständigen Rechtssubjekt, also der EG, zu kontrahieren, da die Mitgliedstaaten mangels Kompetenz oftmals rechtlich gar nicht mehr in der Lage sind, Vertragsverpflichtungen, z. B. durch deren Umsetzung in innerstaatliches Recht, nachzukommen. Doch dürfen die Vertragspartner einerseits zurecht annehmen, dass die Mitgliedstaaten über ihre Stellung im Rat auf die EG-Rechtsetzung so einzuwirken vermögen, dass sie den Vorgaben der mitgliedstaatlichen Abkommen entspricht. Andererseits mag gerade die umgekehrte Konstellation aus Sicht der Vertragspartner ein Erfüllungsrisiko darstellen: Kontrahieren sie alleine mit der EG, besteht die Gefahr, dass sich die Mitgliedstaaten im Rat gegen die Umsetzung einer bestimmten vertraglichen Pflicht sperren, ohne dass die Vertragspartner eine vertragliche Möglichkeit hätten, gegen die EG-Mitglieder vorzugehen.255 Da die Vertragspartner aber aufgrund des politischen Charakters der Aufnahmeentscheidung keinerlei Rechtfertigung für eine Ablehnung der EG benötigen, müssen deren Gründe keineswegs rechtlich oder wirtschaftlich stichhaltig sein. Schließlich kann es aufgrund der voranschreitenden Integration zu einer nachträglichen Kompetenzverschiebung zugunsten der EG kommen, die z. B. statt einer bestehenden gemischten eine alleinige EG-Beteiligung erforderlich macht.256
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s. o. unter 3. Teil B. I. 3. a). Ein Beispiel für derartige Sperrminoritäten bildet der WTO-Bananenmarktrechtstreit; vgl. dazu Oeter, in: Hilf/Oeter, § 1, Rn. 26 sowie Ott, DZWir 1998, 84 (85). Allerdings liegt der WTO eine gemischte Mitgliedschaft zugrunde, so dass die betroffenen Handelspartner gerade auch gegen diejenigen Mitgliedstaaten handelspolitische Gegenmaßnahmen erlassen konnten, die sich zuvor im Rat gegen eine WTOrechtskonforme Änderung der Bananenmarkt VO ausgesprochen hatten. 256 Zwar handelt es sich dabei per se nicht um eine „externe“ Ursache. Die Umstellung der Beteiligung anhand der modifizierten innergemeinschaftlichen Rechtslage ist jedoch wiederum von externen Faktoren abhängig, die sich z. B. aus der Organisationsatzung ergeben können. Als Beispiel sei hier die Entwicklung des GATT oder das Rs. C-25/94 zugrundliegende FAO-Übereinkommen zur Förderung der Einhaltung internationaler Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen durch Fischereifahrzeuge auf Hoher See (Slg. 1996, I-1469) genannt. Bei letzterem kam es sogar schon während der Verhandlungen zu Kompetenzverschiebungen zugunsten der EG; vgl. Leal-Arcas, EFA Rev. 2001, 483 (487). 255
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a) Handeln der Mitgliedstaaten „im Interesse der Gemeinschaft“ Scheitert eine kompetenzgerechte Außenvertretung der Gemeinschaftsgruppe an externen Faktoren, bleibt dem Rat nur eine Möglichkeit, deren außenpolitische Handlungsfähigkeit zu gewährleisten: Er ermächtigt die Mitgliedstaaten „unbeschadet der Zuständigkeiten der Gemeinschaft“, das jeweilige Abkommen „im Interesse der Gemeinschaft zu ratifizieren oder diesem beizutreten“257, also nach außen hin die Position der EG wahrzunehmen. Diese Ermächtigung bezieht sich dabei auf diejenigen Teile eines Abkommens, die in die EG-Zuständigkeit fallen, da die Mitgliedstaaten gemeinschaftsintern ihre Handlungsautonomie insoweit verloren haben.258 Die gemeinschaftsrechtliche Rechtslage wird also schlicht der völkerrechtlich vorgegebenen Situation „angepasst“, um eine möglichst weitreichende Ausübung der Gemeinschaftskompetenzen durch die EG sicherzustellen.259 Die gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit einer solchen Anpassung der internen Zuständigkeitsverteilung an die völkerrechtlichen Vorgaben hat der EuGH in Gutachten 2/91, wenn auch nur mittelbar, grundsätzlich anerkannt. Die EG kann mangels entsprechender Öffnungsklausel nicht selbst Mitglied der ILO 257
Für Beispiele aus der Praxis s. o. unter 2. Teil D. I. 2. b). Ein Folgeproblem stellt sich in Fällen, in denen sich Mitgliedstaaten weigern, nach der entsprechenden Ermächtigung durch den Rat ein Abkommen zu unterzeichnen. In der Praxis hat sich der Rat bisher damit begnügt, in derartigen Konstellationen eine „Empfehlung“ an die Mitgliedstaaten auszusprechen, das in Frage stehende Abkommen zu ratifizieren (so z. B. die Empfehlung des Rates 78/584/EWG v. 26.06.1978, ABl. Nr. L 194 v. 19.07.1978, S. 17 (18), wo es heißt: „Der Rat der Europäischen Gemeinschaften [. . .] empfiehlt: [. . .] Soweit die Mitgliedstaaten dies noch nicht getan haben, unterzeichnen sie folgende internationale Übereinkommen und ratifizieren sie bzw. treten ihnen bei: [. . .]“. Close weist zudem richtigerweise darauf hin, dass der Rat auch berechtigt wäre, die Mitgliedstaaten zu einer Ratifizierung zu verpflichten, da mangels mitgliedstaatlicher Zuständigkeit in einer derartigen kompetenzrechtlichen Situation durch die Verpflichtung weder ein Eingriff in die mitgliedstaatliche Souveränität vorliegt, noch dadurch indirekt die Wirkung der AETR-Rechtsprechung ausgelöst wird (die Gemeinschaft ist ja bereits zuständig); Close, YEL 1981, 45 (54 ff.). 259 Insoweit vertritt der EuGH den Ansatz, dass es für die Verwirklichung der Ziele des EGV vorteilhafter ist, dass die Mitgliedstaaten trotz EG-Zuständigkeit im Interesse der EG handeln, als wenn es zu gar keinem Vertragsabschluss kommt. Vgl. die der Rs. AETR zugrundeliegende Situation, in welcher der EuGH ein Weiterverhandeln der Mitgliedstaaten trotz zwischenzeitlichem Kompetenztransfer auf die EG als erforderlich ansah, um den Verhandlungserfolg nicht zu gefährden; EuGH, Rs. 22/70, AETR, Slg. 1971, 263; vgl. van Houtte, Nw. J. Int’L & Bus. 1981, 621 (637); McGoldrick, S. 82 f. mit weiteren Beispielen. Nach McGoldrick kommt dem Abkommen dennoch zumindest „gemischter Charakter“ zu („It is, however, mixed in the sense of EC and member states sharing competence“), wenn es sich dabei innergemeinschaftlich um eine gemischte Zuständigkeit von Mitgliedstaaten und EG handelt. Siehe auch Close, YEL 1981, 45 (49). 258
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werden, obwohl weite Teile des Aufgabengebiets der ILO in ihren Zuständigkeitsbereich fallen.260 Dies hat zur Folge, dass die EG auch die im Rahmen der ILO verabschiedeten Abkommen, im konkreten Fall das ILO-Übereinkommen Nr. 170, nicht selbst abschließen kann. In diesem Fall ist der Vertragsabschluss alleine durch die Mitgliedstaaten nicht gemeinschaftsrechtswidrig. So stellt der Gerichtshof fest: „Die Zusammenarbeit zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten ist im vorliegenden Fall unumgänglich, weil die Gemeinschaft beim derzeitigen Stand des Völkerrechts ein ILO-Übereinkommen nicht selbst, sondern nur durch die Mitgliedstaaten abschließen kann“.261 b) Grenzen und Pflichten der Vertreterstellung der Mitgliedstaaten Das Außenauftreten der Mitgliedstaaten „im Interesse“ der EG unterliegt jedoch gewissen Beschränkungen, schließlich dient es in erster Linie dazu, der EG eine – wenn auch mittelbare – Wahrnehmung ihrer Kompetenzen zu ermöglichen. Dies bedeutet, dass die Mitgliedschaft der Mitgliedstaaten in der Organisation zwar völkerrechtlich noch voll und unabhängig ist, nicht mehr jedoch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht.262 Vielmehr sind die Mitgliedstaaten, wie aus der einschlägigen Einzelfallrechtsprechung des EuGH deutlich wird, in ihrer Vertreterrolle in zweifacher Weise verpflichtet: So kommt der EG einerseits gemeinschaftsintern stets insoweit die Durchführungskompetenz hinsichtlich des Vertragsgegenstandes zu, als sie dafür intern zuständig ist.263 Dadurch wird, zumindest innergemeinschaftlich, die Einhaltung der Kompetenzordnung sichergestellt. Auf internationaler Ebene, im Rahmen des Abkommens, wird die Gemeinschaftskompetenz „durch die gemeinsam im Gemeinschaftsinteresse handelnden Mitgliedstaaten ausgeübt“.264 Zudem sind die Mitgliedstaaten als Vertragsparteien des Abkommens gehalten, in dessen Rahmen keine Verpflichtungen einzugehen, welche die EG bei der Ausführung
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EuGH, Gutachten 2/91, ILO, Slg. 1993, I-1061, Rn. 13 ff. EuGH, Gutachten 2/91, ILO, Slg. 1993, I-1061, Rn. 37. 262 Pernice, EuR 1991, 273 (276 f.). 263 Schließlich haben die Mitgliedstaaten durch den Kompetenztransfer an die EG jegliche Zuständigkeit in dem fraglichen Bereich verloren. So heißt es z. B. in Art. 2 des Ratsbeschlusses 2002/971/EG v. 18.11.2002, dass die Mitgliedstaaten bei ihrem Beitritt zum HNS-Übereinkommen eine Erklärung abgeben müssen, wonach bestimmte Entscheidungen „gemäß den einschlägigen internen Gemeinschaftsvorschriften anerkannt und vollstreckt“ werden. Siehe auch Art. 6 Abs. 9 UAbs. 1 der Beitrittsakte 2003, der wie folgt lautet: „Ab dem Tag des Beitritts werden die von den neuen Mitgliedstaaten mit Drittstaaten geschlossenen Fischereiabkommen von der Gemeinschaft verwaltet“. Vgl. van Houtte, Nw. J. Int’L & Bus. 1981, 621 (636 f.); Sack, in: GS Grabitz, 631 (636). 264 EuGH, Gutachten 2/91, ILO, Slg. 1993, I-1061, Rn. 5. 261
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der ihr gemeinschaftsintern zustehenden Aufgaben behindern könnten.265 Dies bedeutet nichts anderes, als dass sich die Mitgliedstaaten in solchen Abkommen nur insoweit binden dürfen, als sie innerhalb der Gemeinschaftsrechtsordnung ohnehin bereits gebunden sind, so dass der Vertragsabschluss keinerlei Einfluss auf die Geltung des Gemeinschaftsrechts zwischen EG und Mitgliedstaaten hat.266 Andererseits sind die Mitgliedstaaten fortwährend verpflichtet, „alle zu ihrer Verfügung stehenden rechtlichen und politischen Mittel einzusetzen, um die Teilnahme der Gemeinschaft“ an dem Abkommen sicherzustellen. Eine entsprechende Handlungspflicht der Mitgliedstaaten hat der EuGH bereits in der Rs. Kramer im Hinblick auf das Gründungsabkommen der Nordostatlantik-Fischereikommission ausdrücklich formuliert.267 Es soll also so weit und so schnell als möglich eine außenvertragliche Beteiligung der EG erreicht werden, die ihr innergemeinschaftliches Kompetenzgewicht widerspiegelt.268 Solange also eine kompetenzgerechte Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe aufgrund externer Ursachen (noch) nicht realisierbar ist, sind die erreichbaren alternativen Formen der Beteiligung, sei es eine gemischte Mitgliedschaft, ein minderer Status der EG oder aber auch der Vertragsschluss alleine durch die 265 EuGH, Gutachten 1/75, Local Costs Standard, Slg. 1975, 1355 (1364). Insoweit handelt es sich um das bei konkurrierenden Kompetenzen vor Ausübung der Gemeinschaftskompetenz geltende „Behinderungsverbot“; s. o. unter 2. Teil B. II. 2. b). 266 Vgl. Dolmans, S. 38. 267 EuGH, Rs. 3,4 und 6/76, Kramer, Slg. 1977, 1279, Rn. 40 und 44 f. Siehe auch Art. 5 des Ratsbeschlusses 2002/971/EG v. 18.11.2002. Vgl. Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 6; Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (173). Die Mitgliedstaaten sind dabei gem. Art. 10 EGV vor allem verpflichtet, die Erreichung der nach der Gemeinschaftsrechtsordnung eigentlich rechtmäßigen Stellung der EG in der Organisation, also letztlich deren Vollmitgliedschaft, aktiv zu verfolgen oder zumindest Kompromisslösungen zu finden, welche dieser Stellung möglichst nahe kommen; Grabitz, in: KSE 25, 47 (77); Pernice, EuR 1991, 273 (277). Soweit es sich dabei gemeinschaftsintern um geteilte Zuständigkeiten handelt, ist diese Pflicht nichts anderes als eine konkrete Ausgestaltung der für EG und Mitgliedstaaten insoweit geltenden Pflicht zur Zusammenarbeit. Diese Grundsätze gelten im Übrigen auch immer dann, wenn aufgrund von gemeinschaftsinternen Übergangsfristen eine vollständige Harmonisierung erst nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums möglich ist und daher nach den Grundsätzen der AETR-Rechtsprechung solange lediglich eine konkurrierende Rechtssetzungsbefugnis besteht. Siehe dazu auch EuGH Rs. 804/79, Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 1981, 1045, Rn. 30. 268 Die Handlungs- und Unterlassungspflichten der Mitgliedstaaten sind nach v. Bogdandy allesamt auf das in Art. 10 EGV normierte Loyalitätsgebot zurückzuführen; v. Bogdandy, in: Grabitz/Hilf, EGV, Art. 10, Rn. 69 f.; ebenso Temple Lang, CML Rev. 1990, 645 (670). Dieser Ansicht ist aber in zweifacher Hinsicht zu widersprechen: Zum einen greift, soweit innergemeinschaftlich eine Kompetenzteilung gegeben ist, die Pflicht zur Zusammenarbeit als das speziellere Rechtskonzept; s. o. unter 4. Teil A. I. 2. Zum Zweiten ist bereits fraglich, ob es des Rückgriffs auf die Kooperationspflicht überhaupt bedarf, schließlich entspricht die skizzierte Pflichtenstellung der Mitgliedstaaten schlicht der einschlägigen Kompetenzlage.
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Mitgliedstaaten269, trotz einer bestehenden ausschließlichen EG-Zuständigkeit gemeinschaftsrechtskonform. 2. Interne Ursachen Problematischer ist die Rechtslage, wenn interne, also von der Gemeinschaftsgruppe beeinflussbare, Faktoren ursächlich für den nicht kompetenzgerechten Abschluss sind. a) Die Gründe für den Abschluss „unechter gemischter Abkommen“ Die praktisch wohl bedeutendsten Fälle bilden insoweit die Situationen „unechter gemischter Abkommen“: Der Rat genehmigt in einer kompetenzrechtlichen Konstellation, die eigentlich ein reines Gemeinschaftsabkommen erforderlich macht, lediglich den Abschluss eines gemischten Abkommens zum Zwecke der Sicherung der nationalstaatlichen Interessen der Mitgliedstaaten.270 Im Gegensatz zur EG sind letztere nämlich nicht zwangsläufig an einer kompetenzgerechten Vertretung der Gemeinschaftsgruppe interessiert. Schließlich sind es die Mitgliedstaaten, die zuvor die entsprechende internationale Position besetzten und bei kompetenzgerechter Verteilung zumindest teilweise von der EG abgelöst würden. Die Mitgliedstaaten würden also an direktem Einfluss verlieren. Der Abschluss eines gemischten Abkommens stellt in vielen Fällen daher lediglich einen Kompromiss zwischen dem rechtlich eigentlich zwingendem ausschließlichen Handeln der Gemeinschaft und überhaupt keinem Handeln dar, da die Mitgliedstaaten eher einen Ratsbeschluss zugunsten eines reinen Gemeinschaftsabkommens ganz verweigern würden als auf ihre Teilnahme an dem Abkommen zu verzichten.271 269 Hinsichtlich der Rechtsnatur der innerhalb von EG-Zuständigkeiten berechtigterweise geschlossenen mitgliedstaatlichen Abkommen sind Govaere/Capiau/Vermeersch der Ansicht, dass sie gemeinschaftsintern als Abkommen i. S. v. Art. 300 EGV angesehen werden könnten, da die Mitgliedstaaten lediglich nach außen hin anstelle der EG handelten und der EuGH auch im Rahmen des GATT’47 von einer faktischen Pflichtenübernahme durch die EG ausgegangen sei (auch wenn die Mitgliedstaaten an den GATT’47 bereits vor Gründung bzw. Beitritt zur EG gebunden waren und die Pflichtenübernahme insoweit im Sinne einer Rechtsnachfolge konstruiert werden kann); Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (175). 270 Ein „echtes“ gemischtes Abkommen liegt dagegen vor, wenn es sich um einen Vertragsgegenstand handelt, der weder vollständig in der ausschließlichen Kompetenz der Mitgliedstaaten noch in derjenigen der EG liegt. Vgl. Schermers, in: O’Keeffe/ Schermers, 23 (25), der bei einer ausschließlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten oder der EG von einem „false mixed agreement“ spricht. So auch Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (204 f.). Wuermeling überträgt den Begriff ins Deutsche und spricht bei ausschließlicher Zuständigkeit von einem „unechten gemischten Abkommen“, S. 215, Fn. 5.
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Es können aber ebenso Konstellationen gegeben sein, in denen es im Interesse der gesamten Gemeinschaftsgruppe liegt, ein gemischtes statt eines reinen Gemeinschaftsabkommens abzuschließen. So wurde für die Beteiligung der Mitgliedstaaten an dem Internationalen Kaffee-Übereinkommen von 2001 trotz umfassender ausschließlicher EG-Zuständigkeit vom Rat vorgebracht, dass diese Beteiligung „zur Vermeidung verschiedener zeitlich begrenzter operativer Schwierigkeiten“ notwendig sei.272 Ferner mag der Abschluss eines unechten Abkommens für die Gemeinschaftsgruppe von politischem Vorteil sein, da mit der Teilhabe von EG und Mitgliedstaaten eine größere Stimmenanzahl in einem multilateralen Gremium verbunden ist.273 Womöglich existieren historische Gründe, die für eine gemeinsame Beteiligung sprechen.274 Nicht zuletzt gibt es rechtliche Konstellationen, in denen trotz einer ausschließlichen EG-Kompetenz ein berechtigtes Interesse der Drittstaaten besteht, neben der EG auch die Mitgliedstaaten als Vertragsparteien zu verpflichten. Eine solche lag z. B. dem Fischereistreit zwischen Spanien und Kanada aus dem Jahr 1995 zugrunde.275 271 Weiler, in: O’Keeffe/Schermers, 35 (75); Stein, S. 152. Siehe als Beispiel das Handels- und Kooperationsabkommen mit Südafrika, das die Mitgliedstaaten nicht als Gemeinschaftsabkommen abschließen wollten, obwohl keine mitgliedstaatliche Kompetenz durch den Vertragsgegenstand berührt wird; vgl. den entsprechenden Kommissionsentwurf für ein reines Gemeinschaftsabkommen, KOM (1999) 245 endg. v. 11.05.1999; siehe dazu Leal-Arcas, EFA Rev. 2001, 483 (513); van Houtte, Nw. J. Int’L & Bus. 1981, 621 (635). s. o. unter 4. Teil B. III. 4. 272 Siehe Begründungserwägung Nr. 5 des Ratsbeschlusses 2001/877/EG v. 24.9. 2001 über die Unterzeichnung und den Abschluss des Internationalen Kaffee-Übereinkommens 2001 im Namen der Gemeinschaft. 273 MacLeod/Hendry/Hyett, S. 142 f.; Weiler, in: O’Keeffe/Schermers, 35 (75); McGoldrick, S. 83 f. Obgleich dieses Argument angesichts der üblichen Konsenspraxis in internationalen Organisationen kaum Gewicht hat. s. o. unter 3. Teil A. IV. 1. c). 274 Vgl. Schermers, in: O’Keeffe/Schermers, 23 (26). 275 Der Fischereistreit zwischen Spanien und Kanada wurde durch die Festsetzung eines spanisches Fangschiffes in einem kanadischen Hafen wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die im Rahmen der NAFO (ABl. L 378 v. 30.12.1978, S. 2 ff.) vereinbarten Fangquoten ausgelöst (zu den Hintergründen des Konflikts ausführlich Davies, ICLQ 1995, 926 ff.). Alleine die EG ist indes aufgrund ihrer ausschließlichen Zuständigkeit für das Fischereiwesen (vgl. van Rijn, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, nach Art. 38, Rn. 45) Mitglied der NAFO. Die Fangflotten stehen aber weiterhin unter der Flaggenhoheit der Mitgliedstaaten. Das spanische Fischereifahrzeug hat gegen NAFO-Vorschriften verstoßen. Fraglich ist jedoch, ob Spanien dieses Handeln auch völkerrechtlich zurechenbar ist. Das Verhalten der Fischer selbst ist es nicht, da es sich dabei um eine private Handlung handelt. Haftungsbegründend ist in solchen Fällen daher grundsätzlich die Verletzung einer dem Staat obliegenden Pflicht. Spanien könnte hier alleine dadurch, dass es unterlassen hat, die Fischer an einer Übertretung der NAFO-Vorschriften zu hindern, eine völkerrechtliche Pflicht verletzt haben. Die Kontrolle der Einhaltung der durch die EG festgelegten Erhaltungsmaßnahmen durch EG-Fischereifahrzeuge obliegt gem. Art. 2 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2371/2002 (ABl. Nr. L 358 v. 31.12.2002, S. 59 ff.) und Art. 2 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 2847/93 (ABl. Nr. L 261 v. 20.10.1993, S. 1 ff.) dabei dem Mitgliedstaat der zugleich Flaggenstaat des Fischereifahrzeugs ist. Die EG kontrolliert dagegen – dem Grundsatz des „indirekten Vollzugs“ des Gemeinschaftsrechts folgend – lediglich die Behörden der
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b) Die Gemeinschaftskonformität unechter Abschlüsse Problematisch ist jedoch die Gemeinschaftsrechtskonformität unechter gemischter Abkommen, schließlich kann das Argument der kompetenzrechtlichen Erforderlichkeit des gemischten Abschlusses gerade nicht herangezogen werden, da die Kompetenzlage eigentlich ein reines Gemeinschaftsabkommen notwendig macht. Dennoch besteht überwiegend Einigkeit dahingehend, dass der Abschluss eines unechten gemischten Abkommens bereits immer dann gemeinschaftsgemäß ist, wenn der Rat die Mitgliedstaaten dazu ermächtigt, sich ebenfalls an dem Abkommen zu beteiligen.276 Dagegen wird zwar im Schrifttum vorgebracht, Mitgliedstaaten. Die völkerrechtliche Verantwortlichkeit setzt voraus, dass Spanien gegenüber den NAFO Vertragsparteien zu einem solchen Verhalten verpflichtet ist. Eine solche Verpflichtung kann aber nur durch den Vertragsbeitritt entstehen, der in diesem Fall gerade nicht gegeben ist. Umstritten ist zwar, ob sich eine indirekte Verantwortlichkeit eines Mitgliedstaates anstelle der Organisation auch mittels einer sog. „Durchgriffshaftung“ konstruieren lässt; vgl. J. Nolte, S. 57 ff. (speziell zum NAFOFischereistreit) und Herdegen, § 10, Rn. 19 f. (im Allgemeinen). So hat die ILC während der Verhandlungen über die WVKIO einen Art. 36 bis vorgeschlagen, wonach auch Mitgliedstaaten von internationalen Abkommen unter bestimmten Bedingungen völkerrechtlich von einem nur durch die internationale Organisation unterzeichneten Abkommen gebunden werden; vgl. Yearbook of the ILC 1982, vol. II, part two, S. 43.). Dieser wurde jedoch gerade nicht Bestandteil des WVKIO, so dass auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine entsprechende völkergewohnheitsrechtliche Bindung besteht. Vielmehr bedarf es ihrer ausdrücklichen Regelung, wie z. B. in Art. VI letzter Satz des Treaty on Principles Governing the Activities of States in the Exploration and Use of Outer Space, including the Moon and Other Celestial Bodies: „When activities are carried out [. . .] by an international organization, responsibility for compliance with this Treaty shall be borne both by the international organization and by the State Parties to the Treaty participating in such organization“. 276 Dies entspricht der Praxis des Rates. Vgl. Begründungserwägung Nr. 5 des Ratsbeschlusses 2001/877/EG v. 24.9.2001 über die Unterzeichnung und den Abschluss des Internationalen Kaffee-Übereinkommens 2001 im Namen der Gemeinschaft, wo es ausdrücklich heißt, dass die Mitgliedstaaten zur Beteiligung an dem Abkommen „ermächtigt werden“. Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (204) sowie Neuwahl, CML Rev. 1991, 717 (733); dies., CML Rev. 1996, 667 (671); Schermers, in: O’Keeffe/ Schermers, 23 (26); wobei allerdings nicht eindeutig erkennbar ist, ob es sich bei dieser Zustimmung um eine ausdrückliche handeln muss oder ob in der Abschlussermächtigung durch den Rat – bei stets zu unterstellender Kenntnis des Rates von der Beteiligung der Mitgliedstaaten an dem Abkommen – eine solche stillschweigend enthalten sein kann. Rosas spricht lediglich von einer „Community authorisation for Member States to participate“. Neuwahl dagegen verlangt eine ausdrückliche Genehmigung, die sich allerdings auch aus dem Sinnzusammenhang ergeben kann: „[. . .] one must stress that the Member States must obtain the explicit authorization of the Community, since in matters of exclusive Community power, no autonomous treatymaking power of the Member States exists. Such an authorization can be given at any moment through a Council Decision, for instance referring in general terms to the requirement that in respect to the agreement the Member States shall act in the interest of the Community [. . .]“. Dem ist zuzustimmen. Nur eine nach außen erkennbare Genehmigung durch den Rat kann den auch im Gemeinschaftsrecht geltenden Rechts-
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dass die im Rat vertretenen Mitgliedstaaten eine solche Ermächtigung mangels entsprechender Dispositionsbefugnis hinsichtlich der gemeinschaftlichen Kompetenzverteilung nicht erteilen dürften. Die Ermächtigung führe nämlich zu einer Verletzung der EG-Kompetenzordnung, die nur bei Einhaltung des Vertragsänderungsverfahrens nach Art. 48 EUV gemeinschaftskonform sei.277 Dem ist aber wiederum entgegenzuhalten, dass es sich bei der Ermächtigung nicht um eine dauerhafte Änderung der Kompetenzverteilung, sondern um eine bloße Erlaubnis zur Kompetenzausübung anstelle der EG in einem konkreten Einzelfall handelt. Zudem kommt auch im Falle einer nicht kompetenzrechtlich motivierten Beteiligung der Mitgliedstaaten, die durch den Rat genehmigt wurde, gemeinschaftsintern die alleinige Durchführungsbefugnis der EG zu, da eine Änderung der innergemeinschaftlichen Kompetenzverteilung durch den Abschluss eines unechten gemischten Abkommens weder bezweckt wird noch erreicht werden kann.278 Letztlich geht mit dem gemeinsamen Abschluss eines solchen Abkommens keinerlei Beeinträchtigung der innergemeinschaftlichen Geltung des Gemeinschaftsrechts einher, kann doch der Vertragsgegenstand wegen der Beteiligung der EG zulässigerweise nur Regelungen enthalten, die im Einklang mit der Gemeinschaftsrechtsordnung stehen.279 So wird z. B. im Falle des Kaffee-Übereinkommens ausdrücklich klargestellt, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen sollen, „dass die Beteiligung der Gemeinschaft an dem Übereinkommen nach den anwendbaren Vertragsbestimmungen geregelt wird“.280 Die innergemeinschaftliche Kompetenzordnung wird also durch den gemeinsamen Abschluss nicht tangiert, da es bei der ausschließlichen EG-Kompetenz bleibt.281 Heikel ist jedoch, dass die Annahme einer unbeschränkten Ermächtigungsmöglichkeit die Zulässigkeit gemischter Abkommen von der Voraussetzung ihgrundsätzen der Rechtsklarheit (vgl. EuGH, Rs. 32/79, Kommission/Großbritannien, Slg. 1980, 2403, Rn. 46) und der Rechtssicherheit (vgl. EuGH, Rs. 265/78, Ferwerda, Slg. 1980, 617, Rn. 17) genügen. Allerdings dürfen die Anforderungen an eine solche Ermächtigung nicht zu hoch gesteckt sein, so dass es ausreicht, dass die Genehmigung dem Gesamtzusammenhang zu entnehmen ist. 277 Vgl. Balekjian, Autorität und internationale Ordnung, 155 (163 f.); Meessen, EuR 1980, 36 (41); Dauses, in: Ress, 171 (187); Stein, S. 153. Sämtliche Autoren verweisen dabei noch auf den früheren Art. 309 EGV. 278 s. o. unter 2. Teil C. I. 279 Vgl. Dolmans, S. 40. 280 Siehe Begründungserwägung Nr. 6 des Ratsbeschlusses 2001/877/EG v. 24.09. 2001 über die Unterzeichnung und den Abschluss des Internationalen Kaffee-Übereinkommens 2001 im Namen der Gemeinschaft. 281 So auch Neuwahl, die aus der Gemeinschaftspraxis folgert, dass die ausschließliche Außenzuständigkeit der Gemeinschaft nicht gleichzusetzen ist mit einer ausschließlicher Außenvertretung, sondern vielmehr mit dem Umstand, dass es sich um eine ausschließliche Entscheidungszuständigkeit der EG handelt; vgl. Neuwahl, CML Rev. 1996, 667 (671). Siehe dies. auch ausführlich zu der Frage der gemeinschaftsrechtlichen Konsequenzen, wenn die ausschließliche Entscheidungszuständigkeit der EG durch die Mitgliedstaaten verletzt wird (S. 672 ff.).
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
rer Erforderlichkeit gänzlich abkoppeln würde. Zwar darf nicht verlangt werden, dass eine kompetenzrechtliche Notwendigkeit vorliegen muss, würde dies doch von vorne herein zur Unzulässigkeit unechter gemischter Abkommen führen. Der gemischte Abschluss muss jedoch aus anderen, im Interesse der EG liegenden Gründen erforderlich sein. Dafür spricht, dass es sich bei der EG um eine Rechtsgemeinschaft handelt, deren Organe also bei ihren Handlungen die Gemeinschaftsrechtsordnung beachten müssen. Gemeinschaftsrechtlich haben die Mitgliedstaaten jede Handlungsautonomie verloren und diese kann auch nicht durch den Ratsbeschluss wieder hergestellt werden. Bei gemischten Abkommen bzw. bei externen Gründen für eine Abweichung von der Kompetenzordnung greift das Argument der Erforderlichkeit. Eine derartige Rechtfertigung kommt entsprechend auch bei unechten gemischten Abkommen immer dann in Betracht, wenn die Beteiligung der Mitgliedstaaten ausnahmsweise im Interesse der EG liegt. Problematisch ist allerdings die objektive Überprüfbarkeit dieser Differenzierung. Zudem ist den im Rat entscheidenden Mitgliedstaaten als Herren der Verträge ein gewisser politischer Entscheidungsspielraum zuzustehen. Dieser darf jedoch nicht soweit führen, dass die Rechtsfigur der gemischten Abkommen für rein nationalstaatliche Zwecke missbraucht wird. Eine willkürliche, d.h. nicht auf gemeinschaftspolitischen Erwägungen beruhende Entscheidung zugunsten eines unechten gemischten Abkommens ist daher trotz Ermächtigung des Rates als nicht mehr gemeinschaftskonform anzusehen.
V. Fazit Die Abkommensform der gemischten Abkommen macht es den Mitgliedstaaten möglich, überall dort tätig zu werden, wo die EG keine umfassende ausschließliche Kompetenz hinsichtlich des Vertragsgegenstandes hat. Dies gilt insbesondere auch, weil die Mitgliedstaaten im Falle des Bestehens von konkurrierenden EG-Außenkompetenzen kaum freiwillig auf eine Beteiligung verzichten, obwohl ihnen dies aufgrund eines großen Entscheidungsspielraums in den allermeisten Fällen möglich wäre. Dabei vermag die gegenwärtige Rechtslage nur selten, die Mitgliedstaaten an der Beteiligung an einem (dann gemischten) Abkommen zu hindern: So führt sie, angesichts der restriktiven Auslegung der AETR- und Gutachten 1/76Grundsätze durch den EuGH, in der Regel zu geteilten Zuständigkeiten.282 Doch selbst wenn ein Abkommen vollständig in die ausschließliche Zuständigkeit der EG fällt, bleiben den Mitgliedstaaten Beteiligungsspielräume: Wie die Gutachten 1/75 und 1/78 zeigen, haben die Mitgliedstaaten durch das Einfügen von Klauseln mit mitgliedstaatlicher Zuständigkeit oder durch die Übernahme substantieller, unmittelbarer finanzieller Pflichten die Möglichkeit, ihre Beteili282
s. o. unter 2. Teil B. III.
C. Die alternative Ausübung von Status- und Verfahrensrechten
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gung an dem Abkommen zu rechtfertigen. Nimmt man den, reinen Gemeinschaftsabkommen in den meisten Fällen entgegenstehenden, politischen Willen innerhalb des Rates hinzu, kann davon ausgegangen werden, dass die Kommission sich auch zukünftig in Bereichen, die auch nur am Rande mitgliedstaatliche Zuständigkeiten berühren, jedes reine Gemeinschaftsabkommen hart erkämpfen muss. Doch auch die Kommission akzeptierte vielfach die Mitwirkung der Mitgliedstaaten, um zumindest den Abschluss eines gemischten Abkommens nicht zu gefährden. Dieser für die Entstehung der Voraussetzungen gemischter Abkommen notwendige Gleichklang zwischen der Rechtsprechung des EuGH sowie der Praxis von Rat und (eingeschränkt auch) Kommission führt im Ergebnis dazu, dass die Anzahl gemischter Abkommen in den letzten Jahren stetig angestiegen ist.283
C. Die alternative Ausübung von Status- und Verfahrensrechten Theorie wie Praxis gemischter Mitgliedschaften wird von Diskussionen über die Ausübung der mit der Mitgliedschaft verbundenen Status- und Verfahrensrechte, allen voran des Stimmrechts, durch die Gemeinschaftsgruppe geprägt.284 Dies ist wenig erstaunlich, sind es doch gerade die innerorganisatorischen Teilhabe- und Entscheidungsbefugnisse, die nach außen hin den Status des Mitglieds auszeichnen.285
I. Die Praxis gemischter Mitgliedschaften Sämtlichen Beispielen gemischter Mitgliedschaften liegt insofern ein identischer Rechtsgedanke zugrunde, nämlich der sog. „Grundsatz der Alternativität“ der Mitgliedschaftsrechte. Allerdings enthält alleine die FAOV in Art. II Abs. 8 eine ausdrückliche und generelle Normierung dieses Grundsatzes: „A Member Organization shall exercise membership rights on an alternative basis with its Member States that are Member Nations of the Organization [. . .]“. Ähnlich deutlich lautet nur noch Art. 4 Abs. 3 Anlage IX SRÜ, wonach eine Organisation in ihrem Zuständigkeitsbereich „die Rechte aus[übt], die sonst ihren Mit283 Neuwahl kommt sogar zu dem Schluss: „At present, however, there is virtually no restriction on the Member States to claim mixity [. . .]“; Neuwahl, CML Rev. 1991, 717 (732). 284 Das Problem der Ausübung von mit einer Parteistellung verbundenen Rechtspositionen kann sich jedoch grundsätzlich bei jedem gemischten Abschluss stellen, sobald der Vertrag nicht nur materiellrechtliche Vorschriften enthält, sondern zudem noch eine – wenn auch minimale – Organisationsstruktur statuiert. Dafür genügt z. B. bereits die vertragliche Vereinbarung, nach einem bestimmten Zeitraum eine Vertragsstaatenkonferenz abzuhalten. 285 Vgl. u. a. Frid, EJIL 1993, 239 (252).
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
gliedstaaten, die Vertragsstaaten sind, zukommen würden“. Stets vorhanden sind dagegen lediglich besondere Vorschriften betreffend die Stimmrechtsausübung durch die Gemeinschaftsgruppe: 1. Der „Grundsatz der Alternativität“ am Beispiel des Stimmrechts Die Stimmrechtsausübung der Gemeinschaftsgruppe folgt durchweg dem Grundsatz der alternativen Rechtsausübung.286 Zwar lassen sich hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Rechtsausübung mehrere Modelle identifizieren, im Ergebnis jedoch führen sie allesamt zu einer Alternativität in dem Sinne, dass die EG nicht neben, sondern nur anstelle ihrer bzw. einiger Mitgliedstaaten bestimmte Mitgliedschaftsrechte ausüben darf. a) Die vollständige Alternierung als Regelfall Die vollständige Alternierung der Stimmrechte, d.h. entweder sind alleine die Mitgliedstaaten oder ausschließlich die EG rechtsausübungsbefugt, bildet dabei den Regelfall. So statuiert Art. II Abs. 10 S. 2 FAOV: „Whenever a Member Organization exercises its right to vote, its Member States shall not exercise theirs, and conversely“. Dabei entspricht die Stimmkraft der EG nach S. 1 der Anzahl der Stimmen ihrer Mitgliedstaaten. In Art. IX Abs. 1 S. 3 und 4 ÜWTO heißt es: „At meetings of the Ministerial Conference and the General Council, each Member of the WTO shall have one vote. Where the European Communities exercise their right to vote, they shall have a number of votes equal to the number of their member States which are Members of the WTO“.287 In einer Fußnote (Nr. 2) wird zudem darauf hingewiesen, dass die Anzahl der Stimmen der EG und ihrer Mitgliedstaaten in keinem Fall die Anzahl der EG-Mitgliedstaaten übersteigen darf. In den Rohstofforganisationen dagegen wird der „zwischenstaatlichen Organisation“ zwar selbst kein Stimmrecht zuerkannt, sie kann jedoch stets anstelle ihrer Mitgliedstaaten deren gebündelte Stimmrechte ausüben.288 286 Vgl. u. a. Heliskoski, S. 134 ff. Groux/Manin sprechen insoweit von einem „Kumulierungsverbot“; Groux/Manin, S. 90. 287 Diese Regelung gilt im Übrigen für sämtliche Organe und Kommissionen des WTO-Systems, deren Verfahrensordnungen generell – d.h. auch hinsichtlich der Abstimmung – zumeist auf die Verfahrensordnung des General Council verweisen. Diese verweist ihrerseits auf Art. IX des ÜWTO und enthält auch ansonsten keinerlei Besonderheiten hinsichtlich des Status der EG. So lautet Chapter VII Rule 33 of the Rules of Procedure of the General Council: „The Ministerial Conference shall take decisions in accordance with the decision-making provisions of the WTO Agreement, in particular Article IX thereof entitled ,Decision-Making‘.“
C. Die alternative Ausübung von Status- und Verfahrensrechten
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b) Die Ausnahmefälle Die vollständige Alternierung ist aber nicht das einzige existierende Modell für die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte im Rahmen gemischter Abschlüsse. So ist in Art. XII Abs. 4 des Übereinkommens von Canberra v. 20.05.1980 über die Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis vorgesehen, dass die EG, wenn sie in der durch das Abkommen geschaffenen Kommission abstimmt, nicht über die Gesamtheit der Stimmen der Mitgliedstaaten, sondern lediglich über eine Stimme verfügt.289 Nach Art. XII Abs. 3 S. 1 ist es der EG gestattet, neben ihren Mitgliedstaaten abzustimmen.290 S. 2 beschränkt die parallele Stimmenabgabe aber dahingehend, dass „die Anzahl der an der Beschlussfassung teilnehmenden Vertragsparteien [. . .] die Anzahl der Mitgliedstaaten der Organisation [. . .] nicht überschreiten“ darf. Mit anderen Worten können der Gemeinschaftsgruppe auch bei einer Abstimmungsbeteiligung der EG bis zu 27 Stimmen zustehen, keinesfalls aber mehr.291 Es handelt sich also um eine eingeschränkte Form der Alternierung. Praktisch läuft diese Regelung freilich vor allem darauf hinaus, dass die EG in ihren Zuständigkeitsbereichen nie alleine abstimmen kann, würde sie in diesem Fall doch nach Art. XII Abs. 4 nur über eine einzige Stimme verfügen. Das Stimmrecht der EG läuft mithin de facto leer, da dadurch den Gemeinschaftskompetenzen nur dann eine kompetenzgerechte Geltung verschafft werden kann, wenn die EG alleine mit ihrer einzelnen Stimme abstimmt.292
288 So heißt es in Art. 4 Abs. 4 des Kaffee-Übereinkommens ausdrücklich: „Eine solche zwischenstaatliche Organisation hat selbst keine Stimmen, kann jedoch bei einer Abstimmung über unter ihre Zuständigkeit fallende Fragen die Stimmen der Mitgliedstaaten zusammen abgeben. In diesem Fall sind die Mitgliedstaaten der zwischenstaatlichen Organisation nicht berechtigt, ihr Einzelstimmrecht auszuüben“. Die identischen Art. 4 Abs. 2 des Kakao- sowie Art. 5 Abs. 2 des Tropenholzabkommens lauten: „Bei der Abstimmungen über Angelegenheiten, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, geben diese zwischenstaatlichen Organisationen die Anzahl von Stimmen ab, die der Gesamtzahl der ihren Mitgliedstaaten nach Artikel 10 zuerkannten Stimmen gleich ist. In solchen Fällen üben die Mitgliedstaaten der zwischenstaatlichen Organisationen ihr Einzelstimmrecht nicht aus“. Weitere Beispiele für ähnliche Stimmrechtsklauseln bei Okowa, YEL 1995, 169 (174, Fn. 19). 289 Art. XII Abs. 4 lautet: „Bei der Beschlussfassung [. . .] hat eine Organisation eines regionalen wirtschaftlichen Zusammenschlusses nur eine Stimme“. 290 Art. XII Abs. 3 S. 1 lautet: „Bei Beratungen der Kommission über Fragen, die einen Beschluss erfordern, ist zu klären, ob eine Organisation eines regionalen wirtschaftlichen Zusammenschlusses an der Beschlussfassung teilnehmen soll, und wenn ja, ob ihre Mitgliedstaaten ebenfalls teilnehmen.“ 291 Es muss sich schlicht einer der Mitgliedstaaten der Stimme enthalten. Vgl. dazu auch Groux/Manin, S. 91. 292 Sack, in: GS Grabitz, 631 (645). A. A. Groux/Manin, S. 91: „[. . .] stellt dieses Übereinkommen keinen der Neutralitätsregel jener Übereinkommen entgegenstehenden Präzedenzfall dar.“
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Im Bereich des Markenrechts findet sich ein weiterer Ausnahmefall: Art. 10 Abs. 3 lit. a) i.V. m. Art. 14 Abs. 1 lit. b) des Protokolls zum Madrider Übereinkommen betreffend die Internationale Registrierung von Marken v. 27.06. 1989 gewährt der EG in der „Versammlung“ ein eigenständiges, zusätzliches Stimmrecht neben denjenigen der Mitgliedstaaten.293 Der Grundsatz der Alternativität wird also durchbrochen. Allerdings ist dieser Ausnahmefall aufgrund der dem Abkommen zugrundeliegenden innergemeinschaftlichen Kompetenzteilung gerechtfertigt. So gibt es zwischen gemeinschaftlichem und nationalem Markenrecht gerade kein Über- und Unterordnungsverhältnis, sondern es handelt sich um zwei unterschiedliche Rechtsbereiche, also um parallele Kompetenzen. Die eigenständigen Stimmrechte sind daher lediglich folgerichtiger Ausfluss der Kompetenzlage, wonach es eben für den Rechtsbereich des Markenrechts innerhalb der Gemeinschaftsgruppe zwei zuständige Einheiten gibt, die EG selbst und die Mitgliedstaaten. Die Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten überschneiden sich also gerade nicht, sondern beide sind wie jedes andere Mitglied hinsichtlich des gesamten Aufgabenbereichs des Protokolls kompetent. Bei ausschließlichen bzw. konkurrierenden Kompetenzen ist dies nicht der Fall. Vielmehr sind entweder die EG oder die Mitgliedstaaten zuständig. Einen dritten Ausnahmefall bietet die gemischte Mitgliedschaft in der EBWE, die gleichfalls auf parallelen Kompetenzen von EG, EIB und Mitgliedstaaten beruht. Anstelle einer Anwendung des Prinzips „one state one vote“ kommen den einzelnen EBWE Mitgliedern unterschiedlich gewichtete Stimmrechte zu: Nach Art. 29 Abs. 1 Establishing Agreement der EBWE entspricht der Stimmrechtsanteil eines Mitglieds dessen Anteil an der Kapitaldeckung der Bank. Zwar wird auch durch die Stimmengewichtung dem Grundsatz der Alternativität entsprochen, da die einzelnen Anteile der Gemeinschaftsgruppe nur jeweils einem Teil derselben zugerechnet werden können. Die Stimmengewichtung hat gegenüber der Stimmengleichheit zudem den Vorteil, dass ein Teil der Gemeinschaftsgruppe nicht zwangsläufig von der Stimmabgabe ausgeschlossen werden muss. Dennoch stellt die Stimmengewichtung kein der vollständigen Alternierung vorzuziehendes Lösungsmodell für die Stimmenverteilung innerhalb gemischter Mitgliedschaften dar: Die EG ist freilich noch an weiteren Organisationen beteiligt, in denen sich die Stimmrechte nach unterschiedlichen sachlichen Kriterien zwischen den Mitgliedern verteilen. Bei diesen Mitgliedschaften handelt es sich allerdings entweder um alleinige Mitgliedschaften der EG294 oder um gemischte Mitgliedschaften, bei denen der EG ohnehin keine
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ABl. Nr. L 296 v. 14.11.2003, S. 20 ff. So der Fall im Internationalen Getreiderat sowie in der Internationalen Zuckerorganisation. Vgl. Art. 12 Abs. 2 des Internationalen Getreide-Übereinkommens sowie Art. 11 Abs. 1 i.V. m. Art. 25 des Internationalen Zuckerabkommens. 294
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eigene Stimme zusteht.295 Dies ist nur konsequent, hat die Stimmengewichtung im Falle alleiniger Mitgliedschaften der EG einen entscheidenden Vorteil gegenüber der Stimmrechtsgleichheit: Ist alleine die EG Mitglied einer Organisation, aus der die Mitgliedstaaten z. B. zum gleichen Zeitpunkt ausgetreten sind, stellt sich bei Stimmengleichheit stets das Problem, ob der Gemeinschaft nur eine einzige Stimme oder die Anzahl der Stimmen, die ansonsten ihren Mitgliedstaaten zugestanden hätten, zukommen soll. Kann sich die EG mit ihrer Forderung nach der zweitgenannten Alternative nicht durchsetzen, besteht die Gefahr eines Bedeutungsverlustes der Gemeinschaftsgruppe, da sie nur noch mit einer einzigen Stimme statt mit 27 in Abstimmungen präsent ist.296 Gewichtet sich das Stimmrecht jedoch nach bestimmten sachlichen Maßstäben, tritt diese Gefahr erst gar nicht auf. Vielmehr bliebe das Stimmengewicht der Gemeinschaftsgruppe, nun lediglich gebündelt in der EG, unverändert bestehen. Daher kam Schermers schon 1981 zu der Schlussfolgerung, dass die Abschaffung des Prinzips „one State one vote“ die volle Mitgliedschaft der EG in internationalen Organisationen vereinfachen würde.297 Für gemischte Mitgliedschaften dagegen ist die Stimmengewichtung anstelle der Stimmengleichheit kaum von Vorteil, kommt der Gemeinschaftsgruppe doch – dem Grundsatz der Alternativität folgend – in der Regel die Stimmenanzahl der Mitgliedstaaten zu, die Mitglieder der Organisation sind. Stattdessen hat die Stimmengewichtung einen erheblichen praktischen Nachteil hinsichtlich der Berechnung der Stimmenanteile. Die innergemeinschaftlichen Kompetenzanteile der EG sowie der einzelnen Mitgliedstaaten müssten – stets auf dem aktuellen Stand – transferiert werden in entsprechende Stimmenanteile. Dies mag bei klar abgrenzbaren Kompetenzfeldern noch möglich sein, muss aber scheitern, wenn es sich um tatsächlich gemischte Kompetenzen handelt.
295 Beispiele sind die Internationale Kaffeeorganisation sowie der Internationale Tropenholzrat. So besagt Art. 4 Abs. 4 S. 1 des Kaffeeabkommens ausdrücklich: „Eine solche zwischenstaatliche Organisation hat selbst keine Stimmen, kann jedoch bei einer Abstimmung [. . .] die Stimmen ihrer Mitgliedstaaten zusammen abgeben.“ Die Stimmengewichtung erfolgt dabei nach Art. 13, wonach 2000 Stimmen zwischen Ausfuhr- und Einfuhrmitgliedern aufgeteilt werden. Art. 5 Abs. 2 des Tropenholzabkommens lautet: „Bei einer Abstimmung [geben] zwischenstaatliche Organisationen die Anzahl von Stimmen ab, die der Gesamtzahl der ihren Mitgliedstaaten nach Artikel 10 zuerkannten Stimmen gleich ist [. . .].“ Art. 10 wiederum regelt die Verteilung von 2000 Stimmen zwischen den Erzeuger- und den Verbrauchermitgliedern. 296 Wegen des in der Regel geltenden Konsensprinzips in internationalen Organisationen ist die materielle Bedeutung dieser Beschränkung zwar gering, ein formeller Bedeutungsverlust kann aber nicht verneint werden. s. o. unter 4. Teil B. IV. 2. a). 297 „Participation of the Communities as a full member in other international organizations can be facilitated by abandoning the principle ,one State one vote‘“; Schermers, in: GS Sasse, 137 (148).
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
2. Weitere Anwendungsbereiche des Alternativitätsgrundsatzes am Beispiel von FAOV und FAOVO Die FAOV enthält neben Stimmrechtsregelungen noch eine Vielzahl weiterer Vorschriften, die eine besondere Rechtsausübung durch „Member Organizations“ statuieren, allen voran in den Bereichen des Haushaltsrechts, der Teilnahme an Sitzungen sowie des Zugangs zu Wahlpositionen. Diese gehen jedoch zum Teil, insbesondere in den beiden letztgenannten Bereichen, über die Anforderungen des Alternativitätsgrundsatzes hinaus. a) Haushaltsregelungen So folgt aus Art. XVIII Abs. 6 S. 1 FAOV, dass die EG als sog. „Member Organization“ im Gegensatz zu „Member Nations“ keinen finanziellen Beitrag zum Haushalt der FAO leisten muss, ausgenommen der Kosten, die unmittelbar durch die Mitgliedschaft der EG entstehen.298 Dies ist nur konsequent, da die Mitgliedstaaten die üblichen Beiträge bereits in voller Höhe leisten.299 Ebenso konsequent ist es, dass es der EG aufgrund Art. XVIII Abs. 6 S. 2 FAOV nicht gestattet ist, über den jährlichen Haushalt der FAO abzustimmen. Diese Satzungsklauseln zeigen mithin, dass die Anwendung des Alternativitätsgrundsatzes nicht immer nur negative Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Gemeinschaftsgruppe haben muss, sondern durchaus auch zu positiven Folgen, hier in Form eingeschränkter finanzieller Verpflichtungen, führen kann. Dennoch findet sich im Schrifttum erhebliche Kritik an den Haushaltsvorschriften der FAOV300 und das zurecht: Zahlen alleine die Mitgliedstaaten die finanziellen Beiträge der Gemeinschaftsgruppe, tritt insoweit die Mitgliedschaft der EG vollkommen in den Hintergrund. Die Satzungsklauseln werden der kompetenzrechtlichen Stellung der EG in keiner Weise gerecht, ist die EG doch ob der finanziellen Eigenmittel, die ihr gem. Art. 268 ff. EGV zustehen, durchaus in der Lage, ihren eigenen finanziellen Beitrag bei der aufnehmenden Orga298 Art. XVIII Abs. 6 S. 1 FAOV lautet: „A Member Organization shall not be required to contribute to the budget as specified in paragraph 2 of this Article, but shall pay to the Organization a sum to be determined by the Conference to cover administrative and other expenses arising out of its membership in the Organization.“ 299 Ähnliche Modelle bieten das Kaffee- sowie das Tropenholzabkommen. In diesen verfügt die EG über keine eigenen Stimmen. Der Haushaltsbeitrag der Mitglieder bestimmt sich gem. Art. 24 Abs. 2 jedoch gerade „nach dem Verhältnis seiner Stimmenanzahl zum Zeitpunkt der Genehmigung des Verwaltungshaushaltes für das betreffende Rechnungsjahr zur Gesamtstimmenanzahl aller Mitglieder“. Mangels eigener Stimmen hat die Gemeinschaft demzufolge keinerlei eigenen Haushaltsbeitrag zu leisten. Der erforderliche finanzielle Ausgleich hat dann im innergemeinschaftlichen Verhältnis zwischen EG und Mitgliedstaaten zu erfolgen, stehen der EG doch gerade eigene Finanzmittel zur Verfügung. 300 Vgl. Frid, EJIL 1993, 239 (252 f.).
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nisation zu leisten. Stattdessen schaffen derartige Vorschriften wie Art. XVIII Abs. 6 FAOV den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, ihren Verbleib in Organisationen auch dann zu rechtfertigen, wenn es ihnen bereits an jeder materieller Kompetenz im Aufgabenbereich der Organisation fehlt.301 Die EG sollte also durchaus an den finanziellen Lasten der Mitgliedschaft beteiligt werden, wobei die Aufteilung innerhalb der Gemeinschaftsgruppe so weit als möglich dieser selbst überlassen werden sollte. Schließlich richtet sich der Anteil an den finanziellen Lasten innerhalb der Gemeinschaftsgruppe in der Regel nach den jeweiligen Kompetenzbereichen. Würde die Entscheidung über die Anteile also einem Gremium der Organisation überlassen, würde im Grunde über die Kompetenzausstattung der Gemeinschaftsgruppe entschieden, die doch nach dem EuGH gerade nicht Sache Dritter, sondern eine gemeinschaftsinterne Angelegenheit ist.302 Die entsprechenden Vorschriften sollten aber gleichsam so formuliert werden, dass es bei einer eventuellen zukünftigen alleinigen Mitgliedschaft der EG keiner Satzungsänderung bedarf. Dies könnte z. B. durch eine undifferenzierte Haushaltsvorschrift geschehen, welchen die eigentliche Verteilung der Beiträge einem Ausschuss überträgt, so dass beim Austritt der EG-Mitgliedstaaten alleine ein neuer Ausschussbeschluss ergehen müsste.303 b) Teilnahmerechte Die FAOV enthält zudem detaillierte Regelungen der gemeinschaftlichen Teilnahmerechte an Sitzungen. Gem. Art. II Abs. 9 S. 1 FAOV kommt der EG ein grundsätzliches Teilnahmerecht an sämtlichen Sitzungen der FAO-Organe zu und zwar neben ihren Mitgliedstaaten. Der Alternativitätsgrundsatz greift insoweit nicht. Dies ist konsequent, soll doch die alternative Ausübung der Mitgliedschaftsrechte durch die Gemeinschaftsgruppe verhindern, dass aufgrund ihrer „Doppelrepräsentanz“ eine Besserstellung der Gemeinschaftsgruppe gegenüber den Drittstaaten entsteht. Eine Besserstellung ist aber mit der bloßen gemeinsamen Teilnahme noch nicht verbunden. Eine solche setzt nämlich im Umkehrschluss eine Schlechterstellung, also eine Rechtsminderung, auf Seiten der Drittmitglieder voraus. Bei der bloßen Teilnahme an Sitzungen ist dies grundsätzlich nicht der Fall solange die Teilnahme sämtlichen Mitgliedern offen steht. 301 Auch wenn dem EuGH zufolge das Tragen der Verwaltungskosten alleine keine Mitwirkung der Mitgliedstaaten zu rechtfertigen vermag (s. o. unter 4. Teil B. II. 2.), bedeutet das bloße Bestehen besonderer Haushaltsregelungen aufgrund der dann notwendigen Satzungsänderung ein substantielles Hindernis für eine zukünftige alleinige Mitgliedschaft der EG. 302 EuGH, Beschluss 1/78, Übereinkommen über den Objektschutz von Kernmaterial, Slg. 1978, 2151, Rn. 35. s. o. unter 3. Teil B. I. 3. b). 303 Modellcharakter kommt insofern Art. VII Abs. 2 ÜWTO zu, wonach der Ausschuss für Haushalt, Finanzen und Verwaltung den Beitragsschlüssel vorschlägt, der die Ausgaben der WTO zwischen ihren Mitgliedern aufteilt.
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Allerdings ist dieses grundsätzliche Teilnahmerecht der EG in Art. II Abs. 9 S. 1 FAOV in zweifacher Hinsicht eingeschränkt. Zum einen gilt es nicht für „bodies of restricted membership“, d.h. für solche Ausschüsse, die nur einem bestimmten Teil der Mitglieder offen stehen. Art. II Abs. 9 S. 3 FAOV i.V. m. Regel XLV FAOVO nennt die drei betroffenen Ausschüsse: „Member Organizations shall not participate in the Programme Committee, the Finance Committee and the Committee on Constitutional and Legal Matters.304 Auch das Internationale Kaffee-Übereinkommen von 2001 kennt eine entsprechende Einschränkung der Mitgliedschaftsrechte von Organisationen. Gem. Art. 4 Abs. 5 kann eine „zwischenstaatliche Organisation [. . .] nicht in das Exekutivdirektorium der Internationalen Kaffeeorganisation gewählt werden“, dem gem. Art. 17 Abs. 1 lediglich 16 der Mitglieder angehören können. Das ÜWTO dagegen sieht keinerlei Beschränkung der Teilnahmerechte der EG an WTO Organen und Ausschüssen vor, was jedoch im Gegensatz zur FAO auch daran liegen mag, dass die verschiedenen WTO Organe ohnehin allen Mitgliedstaaten offen stehen und sich somit vergleichbare Probleme erst gar nicht stellen.305 Doch selbst wenn man die in Art. II Abs. 9 S. 1 FAOV enthaltene Beschränkung der gemeinschaftlichen Mitgliedschaftsrechte damit begründet, dass alleine die potentiell möglich gleichzeitige Teilnahme der EG und eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten in einem der Ausschüsse die Chancen der Drittstaaten an der Teilhabe in demselben mindert und somit eine Schlechterstellung bedeuten würde306, geht der gänzliche Ausschluss der EG einen Schritt zu weit. Auch hier sollte nämlich der Alternativitätsgrundsatz Anwendung finden, d.h. je nach Kompetenzbereich entweder die Mitgliedstaaten oder aber die EG wählbar sein, wobei die Auswahl der Gemeinschaftsgruppe überlassen bleiben sollte.
304 Dies hat zur Folge, dass die EG u. a. ausgeschlossen ist, in Fragen mitzustimmen, welche die eigene Rechtsposition der EG innerhalb der FAO betreffen; Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1245). Dem Programme Committee sowie dem Finance Committee gehören nach Regel XXVI Abs. 1 bzw. Regel XXVII Abs. 1 FAOVO lediglich elf Mitgliedstaaten der FAO an, dem Committee on Constitutional and Legal Matters gem. Regel XXXIV Abs. 1 FAOVO gar nur sieben Mitglieder. 305 Vgl. z. B. Rule 7 der Verfahrensordnung der Ministerkonferenz, Rule 8 der Verfahrensordnung des Rates sowie Nr. 2 (i) der Verfahrensordnung des Committee on Balance-of-payments restricitions. Dies gilt auch für die restlichen WTO-Organe, vgl. die Sammlung „Rules of Procedures for Meetings of WTO Bodies“. 306 Schon die Schlechterstellung der Drittstaaten ist in Zweifel zu ziehen. Schließlich ist die Gemeinschaftsgruppe bereits durch die Begrenzung ihres Stimmrechts beschränkt. Das bloße passive Wahlrecht erscheint kaum eine Rechtsminderung der Drittstaaten auszulösen, steht doch allen Mitgliedern frei, wen sie in die Ausschüsse wählen. Man könnte sogar argumentieren, dass die Chancen der Gemeinschaftsgruppe durch eine kumulative Wählbarkeit sinken, da sich die ihr zufallenden Stimmen derart verteilen könnten, dass weder die EG noch einer der Mitgliedstaaten eine ausreichende Stimmenanzahl enthält. Zudem wird die Besetzung ohnehin zumeist im Konsensverfahren entschieden.
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Weitaus problematischer ist jedoch die zweite in Art. II Abs. 9 S. 1 FAOV enthaltene Einschränkung der gemeinschaftlichen Teilnahmerechte. So heißt es: „[. . .] a Member Organization shall have the right to participate in matters within its competence in any meeting [. . .]“ (Hervorhebung durch den Autor). Regel XLI Abs. 3 FAOVO relativiert diese Vorschrift zwar dahingehend, dass die gesamte Gemeinschaftsgruppe an Sitzungen soweit teilnehmen darf, als einzelne Tagesordnungspunkte sowohl Kompetenzen der EG als auch solche der Mitgliedstaaten betreffen. Die Beschränkung der EG-Teilhabe auf ihren eigenen Kompetenzbereich ist dennoch sehr bedenklich, führt sie doch zu einer schwächeren Rechtsstellung der EG innerhalb der FAO als sie die EG als bloßer Beobachter innehatte. Als solcher konnte die EG ohne Beschränkung durch ihre Kompetenzausstattung grundsätzlich an den Sitzungen der FAO Organe teilnehmen. Eine derartige Einschränkung der Mitgliedschaftsrechte muss daher in zukünftigen gemischten Mitgliedschaften vermieden werden, da sie mangels Schlechterstellung der Drittstaaten nicht durch den Grundsatz der Alternativität zu rechtfertigen ist. c) Der Zugang zu Wahlpositionen Auch beim Zugang zu Wahlpositionen sind die Vorschriften der FAOV besonders restriktiv. So schließt Art. II Abs. 9 S. 2 FAOV i.V. m. den Regeln XLIII und XLIV Abs. 2 FAOVO die EG vom Zugang zu sämtlichen Wahlpositionen, wie z. B. dem Vorsitz in einem Organ der FAO, aus. Diese Einschränkungen sind ebenso kritisch zu beurteilen wie zuvor die – gleichfalls über die Anforderungen des Alternativitätsgrundsatzes hinausgehenden – Beschränkungen der Teilnahmerechte in Ausschüssen mit begrenzter Mitgliedschaft. Einen geeigneten Lösungsweg bietet wiederum die WTO-Rechtsordnung, die den Zugang zu Wahlpositionen für die EG nicht per se einschränkt. Wie in S. 1 der Regel 12 der Verfahrensordnung der Ministerkonferenz heißt es in den einschlägigen Passagen der Verfahrensordnungen stattdessen stets generell: „[. . .] a Chairperson [. . .] shall be elected from among the Members“. Das Alternativitätsprinzip wird dabei durch die in Art. IX Abs. 1 S. 3 und 4 ÜWTO statuierte Stimmrechtsbeschränkung bereits ausreichend gewahrt.
II. Die alternative Rechtsausübung als Ausfluss des Grundsatzes der Gleichheit der Mitglieder internationaler Organisationen Die Mitgliedschaftsrechte der Gemeinschaftsgruppe werden mithin durch den Alternativitätsgrundsatz substantiell beschränkt. Dieser bedarf jedoch selbst einer rechtlichen Grundlage. Zieger hat diesbezüglich bereits 1974 die Ansicht geäußert, dass sich „aus dem Gleichheitssatz eine Grenze für die Entwicklungs-
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möglichkeiten einer mitgliedschaftlichen Beteiligung der Gemeinschaften“ ergibt, wenn die „Gemeinschaftsstaaten ihrerseits die ordentliche Mitgliedschaft innehaben“. Diese Begrenzung werde dadurch geschaffen, dass der „Rechtszuwachs der Gemeinschaften [. . .] halbwegs durch korrespondierende Abstriche vom Rechtsbestand der Gemeinschaftsstaaten ausgeglichen werden“ muss.307 1. Der völkerrechtliche Grundsatz der Gleichheit der Mitglieder Die Regelungen der VN-Charta veranschaulichen beispielhaft die völkerrechtlichen Grundsätze für die Geltung des Gleichheitssatzes innerhalb internationaler Organisationen. So lautet Art. 2 Nr. 1 CVN: „Die Organisation beruht auf dem Grundsatz der souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder“. Art. 27 Abs. 3 S. 1 CVN besagt dagegen, dass „Beschlüsse des Sicherheitsrates über alle sonstigen Fragen [. . .] der Zustimmung von neun Mitgliedern einschließlich sämtlicher ständigen Mitglieder“ bedürfen. Das damit geschaffene Vetorecht für fünf der VN-Mitglieder schränkt mithin den generellen Gleichheitsgrundsatz wieder in nicht unerheblichem Maße ein. Zunächst betont die VN-Charta also die „souveräne Gleichheit aller Mitglieder“. Diese Regelung ist in zweifacher Hinsicht bedeutsam: Zum einen bezieht sie sich – da gem. Art. 4 Abs. 1 CVN nur Staaten Mitglieder der VN werden können – konkret auf staatliche Beziehungen und gibt damit eines der grundlegenden Prinzipien des Völkerrechts, den Grundsatz der Gleichheit der Staaten, wieder.308 Dieser besagt, dass die Staaten innerhalb ihrer völkerrechtlicher Beziehungen grundsätzlich „auf der Ebene normativer Gleichordnung [miteinander verkehren]. Ungeachtet aller faktischen Unterschiede sind sie gleichberechtigt“.309 Seine tatsächliche Bedeutung entfaltet der Gleichheitssatz im Zusammenspiel mit dem Konzept der staatlichen Souveränität: Kein Staat besitzt über den anderen Hoheitsgewalt, so dass Staaten in internationalen Foren grundsätzlich die gleiche Stimme haben und kein Staat gegen seinen ausdrücklichen Willen überstimmt werden kann.310 Insoweit ist das Gleichheitsgebot für die Völkerrechtsordnung in ihrer gegenwärtigen Gestalt „wesensbestimmend“311, wird auf diese Weise doch – zumindest im Grundsatz – jegliche Fremdbestimmung eines Staates durch einen anderen verhindert und gleichzeitig die Teilhabe aller 307
Zieger, in: KSE 25, 103 (113 f.). Vgl. zum Grundsatz der Gleichheit der Staaten Vitzthum, in: Vitzthum, 1. Abschn., Rn. 45; Verdross/Simma, § 454 f.; Bleckmann, S. 296 ff.; ders., Völkerrecht, Rn. 169, 174 f.; Doehring, Rn. 189. 309 Vitzthum, in: Vitzthum, 1. Abschn., Rn. 45. 310 Bleckmann, S. 296; T. Stein/von Buttlar, Rn. 522 f. 311 Vitzthum, in: Vitzthum, 1. Abschn., Rn. 45. Für Bleckmann stellt der Gleichheitssatz „nur die andere Seite des Souveränitätsprinzips“ dar; Bleckmann, S. 296. 308
C. Die alternative Ausübung von Status- und Verfahrensrechten
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Staaten am politischen Willensbildungsprozess gesichert.312 Dagegen reicht der normative Gehalt des Gleichheitssatzes nicht soweit, als dass er die Staaten verpflichten würde, sich untereinander stets gleich zu behandeln. Ein solche grundsätzliche Gleichbehandlung auch in materieller Hinsicht ist vielmehr in Gestalt des Meistbegünstigungsgrundsatzes gem. Art. I GATT313 eine der besonderen Charakteristika des WTO-Systems. Der Völkerrechtsordnung als solcher ist sie jedoch fremd. Zum Zweiten enthält Art. 2 Nr. 1 CVN den Grundsatz der Gleichheit der Mitglieder einer internationalen Organisation. Gilt nämlich der Grundsatz der Gleichheit aller Staaten in der Völkerrechtsordnung, muss dies auch für das zwischenstaatliche Verhältnis innerhalb von den Staaten geschaffenen Staatenverbindungen, allen voran den internationalen Organisationen, gelten. Im Grundsatz sind daher die Mitglieder internationaler Organisationen innerorganisationsrechtlich gleich zu behandeln.314 Zurecht werden internationale Organisationen daher auch den „Staatenverbindungen auf der Basis der Gleichheit“ zugeordnet.315 Wie im völkerrechtlichen Verkehr die Beziehungen zwischen den Staaten, sind innerorganisatorisch die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten am Gleichheitssatz zu messen. Eben dies bestätigt Art. 2 Nr. 1 CVN ausdrücklich für den Fall der VN, indem die Vorschrift den völkerrechtlichen Gleichheitssatz explizit auf die mitgliedschaftlichen Beziehungen innerhalb der Organisation anwendet. Nichts anderes kann gelten, wenn neben Staaten eine oder mehrere internationale Organisationen als Mitglieder in einer Organisation auftreten, übernimmt die eintretende Organisation doch in vollem Maße die Rechte und Pflichten eines Mitglieds und fügt sich damit in die bereits vorhandenen mitgliedschaftlichen Strukturen ein. In gleichem Maße, wie das Konzept der Souveränität eine Selbstbeschränkungsmöglichkeit vorsieht316, muss es den Staaten als Berechtigte und Verpflichtete des Gleichheitssatzes letztlich gestattet sein, diesen selbstbestimmt einzuschränken.317 Es ist also schlicht Teil der Vertragsfreiheit, wenn die Gründungsmitglieder beim Abfassen der Satzung einer Organisation vom Grundsatz der Gleichheit abweichen.318 Eben dies haben die Mitglieder der VN mit Art. 27 312
Bleckmann, Völkerrecht, Rn. 175. GATT-Vorschriften liegt, soweit nicht anderweitig ausgewiesen, das GATT’94 zugrunde, dessen Bestandteil u. a. das GATT’47 ist. 314 Bleckmann, S. 297; Klein, in: Vitzthum, 4. Abschn., Rn. 75; Oppermann, BerDGVR 17, 53 (76). 315 Verdross/Simma, § 947 f. 316 Vgl. Vitzthum, in: Vitzthum, 1. Abschn., Rn. 46. 317 Klein, in: Vitzthum, 4. Abschn., Rn. 75. 318 T. Stein/von Buttlar, Rn. 369. Die Organisationssatzung wird damit zur lex specialis gegenüber den allgemeingültigen Prinzipien, welche die Verteilung der Mitgliedschaftsrechte bestimmen; Oppermann, BerDGVR 17, 53 (75). 313
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Abs. 3 S. 1 CVN getan, indem sie einer kleinen Gruppe von Mitgliedstaaten mehr Rechte einräumten als den übrigen Mitgliedern.319 Im Grundsatz ist also von der Gleichheit der Mitglieder einer Organisation auszugehen, wobei dies aber durch die Mitglieder einvernehmlich eingeschränkt werden kann. 2. Das Alternativitätsprinzip als Bestätigung des Gleichheitsgebots Entsprechend muss auch bei einer gemeinsamen Mitgliedschaft von EG und Mitgliedstaaten grundsätzlich die Gleichbehandlung aller Mitglieder der Organisation gewährleistet werden.320 Der Alternativitätsgrundsatz stellt insofern keine Einschränkung des Gleichheitssatzes dar, sondern dient gerade der Sicherstellung der Einhaltung desselben: Zwar ließe sich argumentieren, dass es sich bei der Verpflichtung zur alternativen Rechtsausübung um eine Schlechterstellung gegenüber den sonstigen Mitglieder der Organisation handelt, die letztlich zu einer Ungleichbehandlung von EG und Mitgliedstaaten gegenüber den übrigen Mitgliedern führt. Dafür spricht der formelle Gehalt der Satzungsregelungen, der eine Einschränkung der mitgliedschaftlichen Rechtsstellung der Gemeinschaftsgruppe zur Folge hat. Schließlich ist die EG im Rahmen einer Organisationsmitgliedschaft wie jedes andere Mitglied in vollem Umfang an die Satzung gebunden.321 Andererseits ist die Gemeinschaftsgruppe – bis auf den Ausnahmefall einer Mitgliedschaft auf Grundlage von parallelen Kompetenzen – nie in ihrer Gesamtheit für eine konkrete Sachaufgabe der Organisation kompetent, sondern 319 Fraglich ist insoweit, ob das Selbstbeschränkungsrecht der Staaten hinsichtlich des Gleichheitssatzes an bestimmte Grenzen gebunden ist. So interpretiert Bleckmann den Gleichheitssatz als Willkürverbot. Er verlangt also für jede Ungleichbehandlung, wie z. B. die Einführung des Mehrheitsprinzips, einen „vernünftigen, sachlichen Grund“; Bleckmann, S. 297 f. Dabei erweist sich gerade die institutionalisierte Zusammenarbeit im Rahmen von internationalen Organisationen „als das größte und wichtigste Anwendungsfeld für Ausnahmen und Modifikationen des Grundsatzes der formellen Gleichheit der Staaten“; T. Stein/von Buttlar, Rn. 528 f., die in diesem Zusammenhang vor allem auf Mehrheitsentscheidungen statt Einstimmigkeit und Stimmenwägung statt Stimmengleichheit als Ausnahmen vom Gleichheitsgebot hinweisen. 320 Schröder, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Vorbem. zu Art. 302 bis 304, Rn. 8; Zieger, in: KSE 25, 103 (113 f.). Auch Kokott ist der Ansicht, dass es „schwierige Fragen aufwirft, etwa im Hinblick auf das Prinzip der Gleichheit der Mitgliedschaft, wenn neben der EG auch ihre Mitgliedstaaten Mitglieder der internationalen Organisation bleiben“; Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 33. Die gleiche Problematik sieht wohl auch Voss, wenn er schreibt: „Da die Mitgliedstaaten der EG weiterhin Mitglieder der FAO bleiben, war es notwendig, eine alternative Ausübung der jeweiligen Mitgliedschaftsrechte vorzusehen“; Voss, SZIER 1996, 161 (169). 321 s. o. unter 3. Teil D. I.
C. Die alternative Ausübung von Status- und Verfahrensrechten
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entweder nur die Mitgliedstaaten oder nur die EG. Die gemischte Mitgliedschaft ist daher ihrem Charakter nach „keine kumulative, sondern eine von den behandelten Sachfragen abhängige alternative Mitgliedschaft“.322 Eine Kumulation der Mitgliedschaftsrechte würde daher einerseits zu einer ungerechtfertigten „überproportionalen Vertretung“ der Gemeinschaftsgruppe führen.323 Andererseits würde eine Verdopplung der Rechte auf Gemeinschaftsseite oftmals einhergehen mit einer entsprechenden Erhöhung der (Erfüllungs-)Pflichten auf Seiten der Drittstaaten. Diese doppelte Besserstellung wird dabei zurecht von den Drittstaaten nicht akzeptiert, entbehrt sie doch jeder kompetenzrechtlichen oder sonstigen Grundlage.324 Eine kumulierte Rechtsausübung würde mithin eine tatsächliche Besserstellung der Gemeinschaftsgruppe bedeuten, während die alternative Rechtsausübung lediglich sicherstellt, dass alleine dem aus materieller Sicht kompetenten Teil der Gemeinschaftsgruppe auch das entsprechende Mitgliedschaftsrecht zukommt. Dementsprechend liegt bei Anwendung des Alternativitätsgrundsatzes gerade keine Abweichung vom Gleichheitssatz vor, da dieser primär eine gleichrangige Ausübung der Mitgliedschaft gewährleisten soll. Dies ist aber in der speziellen kompetenzrechtlichen Situation gemischter Mitgliedschaften insoweit überhaupt nicht möglich, als es sich um den nicht zuständigen Teil der Gemeinschaftsgruppe handelt. Richtigerweise stellt daher die Gemeinschaftsgruppe in ihrer Gesamtheit – und gerade nicht die EG bzw. die Mitgliedstaaten als solche – neben der Gruppe der übrigen Mitglieder die für die Anwendung des Gleichheitssatzes notwendige Vergleichsgruppe dar. Bei Anwendung des Alternativitätsprinzips kommt beiden Gruppen die gleiche Rechts- und Pflichtenstellung zu. Zudem ist zu bedenken, dass eine kumulierte Stimmrechtsausübung auch gemeinschaftsrechtlich kaum zulässig wäre, da eine konkrete Kompetenz entweder der EG oder den Mitgliedstaaten, nicht jedoch beiden, zustehen kann.325 Mithin bedeutet das Alternativitätsprinzip keineswegs eine Einschränkung, sondern vielmehr eine Bestätigung bzw. Betätigung des Gleichheitsgrundsatzes, entspricht es doch dem berechtigten Anspruch der übrigen Mitglieder, dass auch im Falle einer gemeinsamen Mitgliedschaft der Gemeinschaftsgruppe das Prinzip der Gleichheit aller Mitglieder weiterhin bestmöglich gewahrt werden muss.
322
Vedder, S. 160. Mauderer, S. 68. 324 Vgl. Sack, ZEuS 2001, 267 (277); ders., CML Rev. 1995, 1227 (1236 f.); ebenso Okowa, YEL 1995, 169 (174); Stein, S. 178; Dauses, EuR 1979, 138 (158); Ehlermann, in: O’Keeffe/Schermers, 3 (13 f.); Schermers, in: FS Mosler, 823 (834); zweifelnd dagegen wohl Heliskoski, S. 126 f. 325 So zu Recht Frid, EJIL 1993, 239 (251) mit Verweis auf EuGH, Gutachten 1/75, Local Costs Standard, Slg. 1975, 1355 (1364). Zu diesem s. o. unter 2. Teil C. Siehe auch Vedder, S. 160. 323
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
3. Das „Gleichgewicht von Rechten und Pflichten“ Dem Gleichheitssatz folgend bedarf es allerdings nicht nur einer Alternativität der Mitgliedschaftsrechte der Gemeinschaftsgruppe, sondern zudem eines „Gleichgewichts von Rechten und Pflichten“.326 Dieses Gleichgewicht muss dabei in zweifacher Hinsicht, nämlich extern im Verhältnis zwischen der Gemeinschaftsgruppe und den übrigen Mitgliedern sowie intern, also innerhalb der Gemeinschaftsgruppe, Beachtung finden: a) Das Vorliegen eines externen Gleichgewichts Das Verhältnis der Gemeinschaftsgruppe zu den dritten Mitgliedern einer Organisation wird nicht nur durch die Mitgliedschaftsrechte, sondern auch durch die mit einer Mitgliedschaft verbundenen Pflichten, die sich z. B. aus den Haushaltsregelungen internationaler Organisationen ergeben können, geprägt.327 Die Gleichheit der Mitglieder umfasst dabei sowohl die Rechts- als auch die Pflichtenstellung: Wird durch Anwendung des Alternativitätsgrundsatzes eine Besserstellung der Gemeinschaftsgruppe hinsichtlich der Mitgliedschaftsrechte verhindert, ist im Gegenzug aber auch eine Kumulation der Pflichten ausgeschlossen, soll die Gleichheit der Mitglieder bestmöglich gewahrt bleiben. Entsprechend leistet die EG gem. Art. XVIII Abs. 6 S. 1 FAOV keine finanziellen Beiträge zum regulären Haushalt der FAO, da bereits die Mitgliedstaaten Beiträge in voller Höhe erbringen. Es bedarf also des „Gleichgewichts zwischen [den] Rechten und Pflichten“ der Gemeinschaftsgruppe einerseits und der übrigen Mitglieder andererseits328, so dass letztlich durch den EG-Beitritt der Rechts- und Pflichtenumfang der Gemeinschaftsgruppe gegenüber alleinigen mitgliedstaatlichen Mitgliedschaften grundsätzlich unverändert bleibt. b) Das Vorliegen eines internen Gleichgewichts Ein Gleichgewicht sollte aber auch bei der Rechtsausübung im innergemeinschaftlichen Verhältnis herrschen, d.h. EG und Mitgliedstaaten sollten so weit als möglich dieselben Rechte zustehen. Zwei negative Beispiele machen dies deutlich: Zum einen führt die für die FAO-Mitgliedschaft statuierte zweifache Einschränkung der Teilnahmerechte der EG zu einer Schlechterstellung der EG nicht nur gegenüber den dritten Vertragsparteien, sondern auch gegenüber ihren eigenen Mitgliedstaaten, ohne dass dies mit sachlichen, z. B. innerorganisatorischen Besonderheiten gerechtfertigt ist.329 326 327 328 329
Heliskoski, S. 126 f. s. o. unter 4. Teil C. I. 2. a). Heliskoski, S. 127. s. o. unter 4. Teil C. I. 2. b) und c).
C. Die alternative Ausübung von Status- und Verfahrensrechten
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Als zweites Beispiel kann das Canberra-Übereinkommen genannt werden, das die Stimmenanzahl der Gemeinschaftsgruppe bei einer Stimmrechtsausübung durch die EG anstelle der Mitgliedstaaten auf eine einzige Stimme reduziert330: Nach Sack stellt dies eine ungerechtfertigte „Diskriminierung“ der Gemeinschaftsgruppe dar, welche die EG nicht hätte akzeptieren sollen.331 Auf den ersten Blick ist dem ohne weiteres zuzustimmen, schließlich vertritt die EG die in ihr gebündelten Kompetenzen der Mitgliedstaaten, die gleichsam Mitglieder des Übereinkommens sind, so dass ihr daher eine entsprechende Anzahl von Stimmen zustehen sollte.332 Gegen das Vorliegen einer Schlechterstellung ist einzuwenden, dass mit der Übertragung auf die EG die mitgliedstaatlichen Kompetenzen eben gerade in einem einzigen Völkerrechtssubjekt vereinigt wurden. Der Grundsatz der Gleichheit der Mitglieder führt hinsichtlich einer Vielzahl von Staaten, allen voran den USA, dazu, dass ein einziges Stimmrecht ihrem tatsächlichen politischen wie wirtschaftlichen Gewicht in keiner Weise entspricht. Das Argument einer „Untergewichtung“ kann also kaum die Übernahme der mitgliedstaatlichen Stimmen rechtfertigen. Zu bedenken ist aber zudem, dass der gemischten Mitgliedschaft als solcher die gebündelten Mitgliedschaften der EG und der Mitgliedstaaten zugrunde liegen. Im Gegensatz zu den Einzelmitgliedschaften bedeutender Mitglieder wie den USA bedarf es insofern der Beachtung eines äußeren, organisationsrechtlichen Gleichgewichts zwischen den beiden Teilen der Gemeinschaftsgruppe, um eine effektive Gestaltung der gemischten Mitgliedschaft zu ermöglichen.333 Die Mitgliedschaften der Gemeinschaftsgruppe sind eben – aufgrund der gemischten Kompetenzgrundlage – gerade keine vollständig autonomen Einzelmitgliedschaften, sondern ineinander verflochten. Dem entspricht es, dass den beiden Teilen der Gemeinschaftsgruppe, der EG und den Mitgliedstaaten, bei innerorganisatorischem Tätigwerden gleichrangige Mitgliedschaftsrechte zukommen.334 4. Schlussfolgerungen Die Gemeinschaftsgruppe sollte in Zukunft stets auf eine möglichst weitgehende – externe wie interne – Gleichstellung von EG und Mitgliedstaaten hinwirken. Die in der FAOV enthaltenen Beschränkungen der Rechtsstellung der EG, vor allem bei der Teilnahme an Sitzungen und dem Zugang zu Wahlposi330
s. o. unter 4. Teil C. I. 2. b). Sack, in: GS Grabitz, 631 (645). 332 Vgl. Frid, EJIL 1993, 239 (252). 333 Dies darf nicht verwechselt werden mit der Frage nach den Rechtsbeziehungen zwischen den verschiedenen Teilen einer gemischten Mitgliedschaft untereinander. 334 Ähnlich Frid, EJIL 1993, 239 (252): „From the Community point of view [an arrangement that the Community should be able to cast only one vote] should be rejected because it would create an imbalance between votes cast by the Community and by its Member States [. . .].“ 331
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
tionen, ist insoweit ein überaus negatives Beispiel für die Ausgestaltung einer gemischten Mitgliedschaft. Wird die Gleichstellung mittels des Alternativitätsgrundsatzes jedoch gewährleistet, entspricht es dem grundsätzlich geltenden innerorganisatorischen Gleichheitssatz, dass auch die Gemeinschaftsgruppe – bis auf die eher seltenen Fälle paralleler Kompetenzen – keine über eine alternative Rechtsausübung hinausgehende Forderung an die übrigen Mitglieder stellt. Schließlich hätte die gemeinsame Mitgliedschaft tatsächlich eine Besserstellung der Gemeinschaftsgruppe zur Folge, wenn sowohl EG als auch Mitgliedstaaten in Zuständigkeitsbereichen abstimmen dürften, die per definitionem nur einem der beiden Teile der Gemeinschaftsgruppe zustehen können.
III. Fazit – Die generelle Gültigkeit des Alternativitätsprinzips Da einzig die FAOV und das SRÜ eine generelle Anwendbarkeit des Alternativitätsgrundsatzes auf die jeweilige gemischte Mitgliedschaft statuieren335, stellt sich die Frage, inwieweit die übrigen Beispiele gemischter Mitgliedschaften dem Prinzip unterliegen. Zwei Möglichkeiten sind denkbar: Einerseits könnte man von einer generellen Gültigkeit des Alternativitätsprinzips bei gemischten Mitgliedschaften ausgehen. In der Folge handelt es sich bei in der Satzung enthaltenen besonderen Vorschriften hinsichtlich der Gemeinschaftsgruppe entweder um bloße Konkretisierungen des Alternativitätsgrundsatzes, die als lex specialis dem generellen Prinzip vorgehen, oder um ausdrückliche Abweichungen vom Alternativitätsgedanken, die wegen ihrer expliziten Regelung durch die Vertragsparteien dann zulässig sind. Im Falle der WTO-Mitgliedschaft würde dies bedeuten, dass die in Art. IX Abs. 1 ÜWTO enthaltene Stimmrechtsbeschränkung eine Konkretisierung des Alternativitätsgrundsatzes darstellt, das Alternativitätsprinzip aber dennoch auf die gesamte Mitgliedschaft Anwendung findet. Andererseits könnte man eine generelle Gültigkeit des Grundsatzes ablehnen, so dass dieser immer nur dann greift, wenn er ausdrücklich normiert ist. Die Stimmrechtsregelung des Art. IX Abs. 1 ÜWTO wäre in der Folge der einzige Anwendungsfall des Alternativitätsgrundsatzes in der WTO. Im Übrigen stünden EG wie Mitgliedstaaten dieselben Rechte zu wie allen anderen WTO-Mitgliedern. Beide Lösungswege lassen sich, zumindest in Ansätzen, im Schrifttum finden.336 Allerdings erscheint nur der erstgenannte Lösungsweg den bisher erar335 Dieser läuft allerdings im Rahmen der FAO-Mitgliedschaft aufgrund der Vielzahl von weiteren, einseitigen Beschränkungen der Mitgliedschaftsrechte der EG zu großen Teilen leer. 336 So weist Heliskoski in zustimmender Weise darauf hin, dass während der Verhandlungen über den EG-Beitritt zur FAO der Alternativitätsgrundsatz wie folgt beschrieben wurde: „[. . .] a fundamental principle underlying the whole scheme of a
C. Die alternative Ausübung von Status- und Verfahrensrechten
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beiteten Ergebnissen zu entsprechen: Dabei kommt der rechtlichen Grundlage des Alternativitätsgrundsatzes entscheidende Bedeutung zu, stellt dieser doch eine Bestätigung und Betätigung des Grundsatzes der Gleichheit der Mitglieder internationaler Organisationen dar, indem er die Rechts- und Pflichtenstellung der Gemeinschaftsgruppe derjenigen der übrigen Mitglieder angleicht, wodurch erst gar kein Eingriff in das Gleichheitsgebot festgestellt werden kann. Das Gleichheitsgebot findet also auf gemischte Mitgliedschaften von vorne herein eine durch das Alternativitätsprinzip modifizierte Anwendung, ohne dass es einer ausdrücklichen Regelung bedarf. Zu demselben Ergebnis kommt auch eine praktische Betrachtungsweise: Eine Organisationssatzung ist zunächst kaum in der Lage, sämtliche potentiellen Situationen zu erfassen, in denen im Laufe einer Mitgliedschaft eine Rechtsausübung durch einen Teil der Gemeinschaftsgruppe anstehen könnte. Besäße der Alternativitätsgrundsatz keine generelle Gültigkeit, würde das Gleichheitsgebot in jedem ungeregelten Fall verletzt, da entweder die Gemeinschaftsgruppe besser als die restlichen Mitglieder behandelt würde (soweit es sich um Mitgliedschaftsrechte handelt) oder die Gemeinschaftsgruppe umgekehrt schlechter als die übrigen Mitglieder stünde (soweit die Pflichtenstellung betroffen ist). Dies ist insoweit nicht zu beanstanden, als die fehlende Regelung auf einer bewussten Entscheidung der Mitglieder beruhen würde. Schließlich haben es diese aufgrund der Vertragsfreiheit selbst in der Hand über die Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes in „ihrer“ Organisation zu bestimmen. Probleme würden allerdings immer dann entstehen, wenn die Nichtregelung unbewusst, also aus Versehen erfolgt ist, bzw. eine Konstellation betrifft, die in der Satzung nicht angesprochen wurde, da sie nicht absehbar war. Zusammenfassend ist mithin aufgrund des Gleichheitsgebots von einer generellen Gültigkeit des Alternativitätsprinzips bei gemischten Mitgliedschaften auszugehen. Einzig gemischte Mitgliedschaften mit einer parallelen Kompetenzstruktur sind ausgenommen, da es dort von vorne herein an der Rechtfertigung für eine bloß alternative Anwendung der Mitgliedschaftsrechte fehlt.
form of membership for regional economic integration organizations“; Heliskoski, S. 136 mit Verweis auf FAO-Dokumente. Wenig später stellt er zudem fest: „[. . .] the principle would appear capable of preserving the essential parameters identified for Community and Member State participation in mixed agreements“ (S. 138). Kokott stellt hinsichtlich der WTO-Mitgliedschaft fest: „Die Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte in der WTO erfolgt wie auch sonst bei paralleler Mitgliedschaft der EG und ihrer Mitgliedstaaten in internationalen Organisationen alternativ durch die EG oder die Mitgliedstaaten, je nach betroffenem Kompetenzbereich“; Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 61. Anders dagegen Sack, der die in Art. IX Abs. 1 ÜWTO enthaltene Stimmrechtsbeschränkung der EG als deren „einzige Einschränkung“ in den Mitgliedschaftsrechten ansieht; Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1249).
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
D. Gemischte Abschlüsse und materielles Recht Die Organisationssatzung bzw. das Rechtssystem der aufnehmenden Organisation besteht aber nicht nur aus Verfahrens- und Statusregeln, also der sog. „Verfassung“ der Organisation, sondern – wie jedes gemischte Abkommen – primär aus materiellem Recht, dem „vertraglichen-rechtsgeschäftlichen“ Teil der Mitgliedschaft.337 Im Hinblick auf das materielle Organisationsrecht sind angesichts der gemeinsamen Beteiligung von EG und Mitgliedstaaten zwei Aspekte von besonderer Relevanz: Zum einen stellt sich die Frage, inwieweit das materielle Recht auf die Rechtsbeziehungen innerhalb der Gemeinschaftsgruppe, also zwischen EG und Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten untereinander, überhaupt Anwendung findet. Zum anderen ist prüfen, ob es im externen Verhältnis, also zwischen der Gemeinschaftsgruppe und den übrigen Vertragspartnern, zu Modifikationen des materiellen Rechtsbestands kommt. Grundsätzlich, also soweit keine besonderen Vereinbarungen getroffen sind, tritt ein Mitglied mit dem Wirksamwerden der Parteistellung bzw. der Mitgliedschaft, in vollem Umfang in den von dem Vertrag bzw. der Satzung der aufnehmenden Organisationen geschaffenen Rechts- und Pflichtenkreis ein.338 In keiner der bestehenden gemischten Mitgliedschaften lässt sich eine besondere Vereinbarung hinsichtlich der Geltung des materielles Rechts für und innerhalb der Gemeinschaftsgruppe finden, so dass eigentlich davon auszugehen ist, dass hinsichtlich beider eben genannter Aspekte das materielle Recht unverändert Anwendung findet. Es dürfen jedoch, wie zu zeigen sein wird, die dem gemischten Abschluss per se innewohnenden Auswirkungen für den materiellen Rechts- und Pflichtenkreis nicht übersehen werden.
I. Eingeschränkte Geltung des materiellen Organisationsrechts im internen Verhältnis zwischen EG und Mitgliedstaaten Bei jedem gemischten Abschluss stellt sich zwangsläufig das Problem, inwieweit das materielle Vertrags- bzw. Organisationsrecht auch im internen Verhältnis zwischen den Mitgliedern der Gemeinschaftsgruppe Anwendung findet. Einerseits haben nämlich sowohl EG und Mitgliedstaaten das jeweilige Abkommen abgeschlossen, andererseits aber liegt ihrer Beteiligung eine geteilte Kompetenzstruktur zugrunde, so dass sich die verschiedenen Mitgliedstaaten zwingend gegenseitig ergänzen. Zu unterscheiden ist insofern zwischen dem 337
Klein, in: Vitzthum, 4. Abschn., Rn. 37. Klein, in: Vitzthum, 4. Abschn., Rn. 74. Dies folgt bereits aus dem Grundsatz pacta sunt servanda; vgl. Art. Art. 26 WVK und WVKIO. 338
D. Gemischte Abschlüsse und materielles Recht
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Verhältnis zwischen EG und Mitgliedstaaten einerseits und dem Verhältnis zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten untereinander andererseits. 1. Das Verhältnis zwischen EG und Mitgliedstaaten Im Verhältnis zwischen EG und Mitgliedstaaten besteht – aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht – hinsichtlich der eingegangenen Verpflichtungen ein Ausschließlichkeitsverhältnis, d.h. entweder sind (noch) die Mitgliedstaaten zuständig oder aber sie haben ihre Kompetenzen bereits teilweise an die EG übertragen. Die EG tritt also im Umfang der erfolgten Kompetenzübertragung nicht neben, sondern an die Stelle der Mitgliedstaaten. Völkerrechtlich haben jedoch die EG wie die Mitgliedstaaten zunächst wie jede andere Vertragspartei die Rechte und Pflichten aus dem jeweiligen Abkommen zu beachten. Bleckmann scheint daher der Ansicht zu sein, dass eine vertragliche Pflichtenbeziehung der Gemeinschaftsgruppe nicht nur hinsichtlich der beteiligten Drittstaaten entsteht, sondern auch innerhalb derselben: „Der Vertrag begründet parallele Ansprüche der Drittstaaten gegen EG und Mitgliedstaaten [. . .] sowie innergemeinschaftliche Ansprüche der EG gegen die Mitgliedstaaten und der Mitgliedstaaten gegen die EG“.339 Gegen diesen Ansatz muss jedoch die – wenn auch nur innergemeinschaftlich – bestehende „parallele Verpflichtungsstruktur“340 von EG und Mitgliedstaaten hinsichtlich des gemischten Abschlusses eingewandt werden, die es zugleich auf völkerrechtlicher Ebene ausschließt, dass zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedern durch den Vertragsschluss völkerrechtliche Verpflichtungen entstehen können. Denn selbst wenn diese Struktur im Kern lediglich interne Wirkung hat, wird sie doch durch den gemischten Vertragsschluss Bestandteil des Abkommens und damit auch der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien bzw. Mitgliedern. Schließlich wird die gemeinsame Mitgliedschaft von EG und Mitgliedstaaten in aller Regel von den Drittstaaten nur deswegen akzeptiert, um die geteilte Kompetenzausstattung der Gemeinschaftsgruppe auszugleichen und eine ordnungsgemäße Erfüllung des Abkommens dadurch sicherzustellen, dass ihnen stets die gesamte Gemeinschaftsgruppe als potentieller Anspruchsgegner zur Verfügung steht. Eine auch im internen Verhältnis der Gemeinschaftsgruppe entstehende völkerrechtliche Pflichtenbeziehung ist dagegen durch den Vertragsschluss von den Parteien nicht bezweckt. Sie würde stattdessen dem eigentlichen Charakter des gemisch339 Bleckmann, EuR 1976, 301 (311). Die vorsichtige Formulierung („scheint“) folgt aus dem Umstand, dass Bleckmann lediglich von „innergemeinschaftlichen Ansprüchen“, nicht aber von völkerrechtlichen spricht. Es wäre also durchaus möglich, dass er, auf äußerst missverständliche Art und Weise, schlicht auf die sich aus dem Vertragsschluss ergebenen Gemeinschaftspflichten, allen voran die, erst später vom EuGH so bezeichnete, Pflicht zur Zusammenarbeit hinweisen wollte. 340 Herrmann, in: Bauschke, 139 (159).
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
ten Abschlusses widersprechen. Das Bestehen einer internen Pflichtenbeziehung zwischen EG und Mitgliedstaaten ist daher richtigerweise abzulehnen. 2. Das Verhältnis zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten Im Verhältnis zwischen den einzelnen EG-Mitgliedstaaten dagegen erscheint eine weitergehende Differenzierung notwendig: Soweit es um die Abkommensteile geht, die sich in EG-Zuständigkeit befinden, ist davon auszugehen, dass ein gemischter Abschluss zwischen den Mitgliedstaaten zu keinen völkerrechtlichen Verpflichtungen führt.341 Dies folgt wiederum aus der „parallelen Verpflichtungsstruktur“ gemischter Abkommen. Soweit jedoch die Mitgliedstaaten mit dem Vertragsschluss eigene Kompetenzen ausgeübt haben, ist die Rechtslage weniger eindeutig. Dementsprechend lassen sich zwei unterschiedliche Meinungen im Schrifttum aufzeigen: So ist Rosas der Ansicht, dass das Abkommen zwar Verpflichtungen der Mitgliedstaaten untereinander begründet soweit diesem innergemeinschaftlich parallele Kompetenzen zugrunde liegen. Bei einer geteilten Kompetenzgrundlage jedoch zweifelt er – allerdings ohne nähere Begründung – die Entstehung einer völkerrechtlichen Pflichtenbeziehung an.342 Herrmann dagegen geht von einer umfassenden Entstehung einer völkervertraglichen Verpflichtung aufgrund des Vertragsschlusses aus. Die Mitgliedstaaten seien insoweit weiterhin souverän, so dass ihre Teilnahme an einem multilateralen Abkommen auch untereinander „völkerrechtliche Rechtsbeziehungen“ begründe.343 Der zweitgenannten Ansicht ist zuzustimmen: Die impliziten Auswirkungen des gemischten Charakters des Vertrages auf die Rechtsbeziehungen innerhalb der Gemeinschaftsgruppe finden ihre Grenze dort, wo eine Mitgliedschaft auch ohne EG-Beteiligung ohne weiteres möglich wäre. Dies ist der Fall hinsichtlich des mitgliedstaatlichen Teils eines gemischten Abkommens, unabhängig davon, ob es sich um parallele oder konkurrierende Kompetenzen handelt. Würden die Mitgliedstaaten nämlich lediglich insoweit dem Abkommen – dann konsequenterweise ohne EG-Beteiligung – beitreten, bestünde untereinander, wie gegenüber jeder anderen Partei auch, zweifelsohne die völkervertragliche Rechtsbeziehung. Schließlich treten die jeweiligen Kompetenzen der Mitgliedstaaten schlicht nebeneinander ohne 341
Ebenso Herrmann, in: Bauschke, 139 (159). Rosas, in: Koskenniemi, 125 (142). 343 Herrmann, in: Bauschke, 139 (159 f.). Zwar kommt auch er im Ergebnis dazu, „eine Anwendung gemischter Verträge auf das Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten“ abzulehnen. Diese generelle Aussage begründet er aber alleine mit dem Verweis auf das WTO-Beispiel, dessen Liberalisierungspflichten innerhalb der EG-Mitgliedstaaten deswegen nicht zur Anwendung kämen, da die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben ohnehin strenger seien. Warum er von diesem Einzelfall zur oben zitierten Schlussfolgerung für sämtliche gemischten Verträge kommt, bleibt im Unklaren. 342
D. Gemischte Abschlüsse und materielles Recht
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sich aber, wie es bei einer gemischten Beteiligung der Fall ist, zu ergänzen. Der gleiche Gedanke greift hinsichtlich des mitgliedstaatlichen Teils gemischter Abkommen. Zwar liegt hinsichtlich der EG eine Ergänzung vor, innerhalb der einzelnen EG-Mitglieder ist dies dagegen nicht der Fall. Zudem entspricht auch die einschlägige Praxis der zweitgenannten Ansicht: So kam es 2003 zwischen dem Vereinigten Königreich und Irland zum Streit über die Verbringung von radioaktiven Abfällen aus der Wiederaufbereitungsanlage in Sellafield in die Irische See. Irland initiierte daraufhin u. a. das Streitschlichtungsverfahren nach dem SRÜ gegen das Vereinigte Königreich344, wobei die Beschwerde auf den Verstoß von umweltrechtlichen Vorschriften beruhte, die innergemeinschaftlich in die geteilte Zuständigkeit von EG und Mitgliedstaaten fallen.345 Mangels Eindeutigkeit der Kompetenzaufteilung und der daraus folgenden Unsicherheit, ob der Streitgegenstand gänzlich von mitgliedstaatlichen Kompetenzen umfasst wird, wies die zuständige Kammer des Permanent Court of Arbitration in ihrer Order Nr. 3 v. 24.06.2003 darauf hin, dass der „Streitfall zum Teil gemeinschaftsrechtliche Fragestellungen“ (Rn. 20), u. a. die „Kompetenzaufteilung zwischen der EG und ihren Mitgliedstaaten“ (Rn. 20 iii), berühren könnte, die Kammer aber im Falle einer ausschließlichen Gemeinschaftskompetenz nicht mehr zuständig wäre (Rn. 22). Daher bestünden „Zweifel hinsichtlich der Zuständigkeit“ (Rn. 25), so dass die Kammer das Verfahren bis zur Klärung der Zuständigkeitsfrage ausgesetzt hat.346 Der Permanent Court of Arbitration zweifelte also alleine deswegen an seiner Zuständigkeit, die grundsätzlich auf der völkerrechtlichen Bindung der Beschwerdeparteien an das SRÜ beruht, weil die EG möglicherweise teils für den Vertragsgegenstand zuständig ist und die EG-Mitgliedstaaten insoweit aufgrund Art. 4 Abs. 2 Annex IX SRÜ dann gar nicht an das SRÜ gebunden sind.347 Im Umkehrschluss kann mithin davon ausgegangen werden, dass, soweit eine mitgliedstaatliche Zuständigkeit besteht, der gemischte Charakter des SRÜ als solcher dem Entstehen einer völkerrechtlichen Bindungswirkung zwischen den EG-Mitgliedstaaten Irland und Vereinigtes Königreich gerade nicht entgegen steht.
344 Permanent Court of Arbitration, Ireland v. United Kingdom („MOX Plant Case“), veröffentlicht unter http://www.pca-cpa.org (Stand: 10.03.2007). Siehe auch die mittlerweile entschiedene Rs. C-459/03, Kommission/Irland, ABl. Nr. C 165 v. 15.07.2006, S. 2 f. 345 Vgl. Ziffer 2, 2. Spiegelstrich der Zuständigkeitserklärung der EG nach Art. 5 Annex IX SRÜ; ABl. Nr. L 179 v. 23.06.1998, S. 3 (129). 346 Das Verfahren wurde bis zur Entscheidung des EuGH in der Rs. C-459/03 ausgesetzt (vgl. Order Nr. 4 v. 14.12.2003, „MOX Plant Case“), bis Ende 2006 aber – trotz des zwischenzeitlichen EuGH-Urteils – noch nicht wieder aufgenommen. 347 Insofern ist zu bedenken, dass die Parteistellung von EG und Mitgliedstaaten im und damit auch die Bindungswirkung des SRÜ gem. Art. 4 Abs. 2 Annex IX nur soweit reicht, als sie jeweils in der nach Art. 5 abzugebenden Kompetenzerklärung als zuständig genannt sind.
216
4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Ein weiterer Hinweis für die Richtigkeit der zweitgenannten Ansicht lässt sich dem neuen Übereinkommen zum Schutz des Rheins entnehmen: In dessen Anhang „Schiedsverfahren“ heißt es in Ziffer 8: „Im Fall von Streitigkeiten zwischen zwei Vertragsparteien, von denen nur eine ein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist [. . .]“. Im Umkehrschluss müssen also auch Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten der EG möglich sein. Folglich ist davon auszugehen, dass für den mitgliedstaatlichen Teil gemischter Abkommen eine völkervertragliche Bindung auch zwischen den EG-Mitgliedstaaten besteht.
II. Die Modifizierung des materiellen Organisationsrechts im externen Verhältnis am Beispiel des WTO-Rechts Der gemischte Abschluss kann zudem zu Modifizierungen des Vertrags- bzw. Organisationsrechts im externen Verhältnis, also zwischen der Gemeinschaftsgruppe einerseits und den dritten Vertragspartnern andererseits führen. Generelle Aussagen ähnlich derer hinsichtlich des internen Verhältnisses lassen sich kaum treffen, ist doch jede externe Modifikation zunächst abhängig vom grundsätzlichen Rechtsbestand, der wiederum von Organisation zu Organisation höchst unterschiedlich ist. Umso komplexer allerdings die rechtliche Struktur des Rechtsinstruments ist, desto wahrscheinlicher ist das Vorliegen einer Modifikation. Im Folgenden soll daher der Frage nach eventuellen Modifikationen des materiellen Organisationsrechts anhand zweier Beispiele aus dem WTORecht, der wohl komplexesten gemischten Mitgliedschaft, nachgegangen werden. 1. Art. I und Art. XXIV Abs. 1–10 GATT So könnte die gemischte Mitgliedschaft Einfluss auf das Zusammenspiel von Art. I und Art. XXIV Abs. 1–10 GATT348 besitzen. Art. I Abs. 1 GATT statuiert den allgemeinen Meistbegünstigungsgrundsatz, der besagt, dass jedem WTO-Mitglied die gleichen Handelsvorteile gewährt werden müssen, die bereits einem anderen Handelspartner gewährt wurden. Präferenzielles Verhalten gegenüber bestimmten Handelspartnern ist dagegen nur noch mit einer besonderen Rechtfertigung gestattet. Einen solchen Rechtfertigungsgrund stellt Art. XXIV Abs. 1–10 GATT dar, wonach das GATT u. a. die Schaffung von Zollunionen grundsätzlich nicht ausschließt.
348 Eine Art. XXIV GATT vergleichbare Ausnahmevorschrift findet sich mit Art. V auch im GATS. Siehe dazu Ott, S. 43 f.
D. Gemischte Abschlüsse und materielles Recht
217
a) Der doppelte Anwendungsbereich des Art. XXIV GATT Im Hinblick auf die EG hat Art. XXIV GATT einen doppelten Anwendungsbereich: Einerseits erfasst die Vorschrift viele der von der EG mit Drittstaaten geschlossenen Assoziierungs- und Kooperationsabkommen, soweit diese Handelspräferenzen vorsehen.349 Andererseits findet die Vorschrift Anwendung auf die EG selbst, die wie jede andere Zollunion grundsätzlich der Rechtfertigung nach Art. XXIV GATT bedarf.350 Entsprechend hat die Kommission zuletzt den Beitritt der zehn neuen EG-Mitglieder gem. Art. XXIV Abs. 5 GATT gegenüber der WTO notifiziert.351 In der Folge würde jedoch auch jede EG-Maßnahme, die zur Verwirklichung des Binnenmarktes z. B. durch den Abbau technischer Handelshemmnisse beiträgt, ein präferenzielles Verhalten der EG-Mitgliedstaaten untereinander darstellen, das einer Zulässigkeitsprüfung nach Art. XXIV bedarf. Anders als die übrigen nach Art. XXIV Abs. 7 GATT notifizierten Zollunionen ist die EG jedoch selbst neben ihren Mitgliedstaaten WTO-Mitglied. Es ließe sich daher argumentieren, dass das EG-Sekundärrecht, soweit es ausschließlich binnenmarktbezogene Wirkung hat, kein präferenzielles Verhalten im Sinne des WTORechts mehr darstellt, sondern vielmehr als bloße „innere Rechtsvorschriften des WTO-Mitglieds EG“ anzusehen ist.352 Derartige Überlegungen wären zwar irrelevant, wenn die Anwendung des Art. XXIV GATT auf gemeinschaftsinterne Rechtsakte ohnehin unproblematisch zu einer Rechtfertigung des EG-Sekundärrechts führen würde. Gerade dies ist jedoch nicht der Fall: Um einen Verstoß gegen sonstiges WTO-Recht rechtfertigen zu können, setzt Art. XXIV GATT nämlich voraus, dass die Bildung einer Zollunion i. S. d. Norm ohne diese „verhindert“ würde.353 Positiv formu349 So z. B. Art. 12 Abs. 2 des am 06.03.1995 vom EG-Türkei Assoziierungsrat verkündeten Beschlusses 1/95, wonach die Türkei auf dem Textilsektor im Wesentlichen die gleiche Handelspolitik wie die EG betreibt; vgl. ABl. Nr. L 35 v. 13.02.1996, S. 1 ff. sowie WTO doc. WT/DS34/AB/R v. 22.10.1999 (Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products). Eine Liste sämtlicher notifizierter Abkommen ist unter http://trade.ec.europa.eu/doclib/cfm/doclib_search.cfm?action=search (Stand: 10.03.2007) zu finden. Diese im Kern bilaterale Handelspolitik der EG stößt u. a. aufgrund der durch sie verursachten Durchlöcherung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des WTO-Rechts auf Kritik aus dem Schrifttum; vgl. Cremona, in: de Búrca/Scott, 151 (153 ff.); dies., CML Rev. 2001, 359 (360 ff.). Dazu auch v. Bog-dandy/Makatsch, in: de Búrca/Scott, 131 (136 ff.); dies., EuZW 2000, S. 261 ff., wobei beide Veröffentlichungen inhaltlich nahezu identisch sind (der erstgenannte Aufsatz enthält einige zusätzliche Anmerkungen, so dass dieser in der Folge auch durchgängig zitiert wird); Ott, S. 38 ff. 350 Ott, S. 25. 351 Art. XXIV: 5 (GATT) Notification by the European Communities to the WTO and its Members v. 21.04.2004; siehe http://trade.ec.europa.eu/doclib/cfm/doclib_ search.cfm?action=search (Stand: 10.03.2007). 352 Herrmann, in: Bauschke, 139 (152).
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
liert, muss die Maßnahme also „notwendig“ für die Bildung einer Zollunion sein.354 Der innerhalb der Gemeinschaftsrechtsordnung mittlerweile erreichte Integrationsstand, der auf die Herstellung eines Binnenmarktes abzielt, geht jedoch weit über das Konzept einer Zollunion hinaus.355 Folgerichtig ist daher EG-Sekundärrecht, das auf die Vervollkommnung des EG-Binnenmarktes abzielt, nicht mehr nur „notwendig“ für die Herstellung einer Zollunion.356 Es erscheint daher zweifelhaft, ob die in binnenmarktbezogenem EG-Sekundärrecht enthaltene Verletzung des Meistbegünstigungsgrundsatzes noch über Art. XXIV GATT zu rechtfertigen ist. b) Nichtanwendung von Art. I GATT im internen Verhältnis als Lösungsweg Herrmann sieht es als „möglichen Ausweg aus dem Dilemma“ an, die WTORechtskonformität des EG-Binnenmarktes nicht mehr am Meistbegünstigungsgrundsatz des Art. I GATT zu messen.357 Dies begründet er einerseits mit der im Bereich des GATT bestehenden innergemeinschaftlichen Kompetenzlage. Da die EG dort ohnehin ausschließlich zuständig sei, entspräche es lediglich der Kompetenzordnung, wenn EG-Sekundärrecht, das ausschließlich binnenmarktbezogen ist, im Rahmen des GATT nicht mehr als Maßnahmen der EG-Mitgliedstaaten, sondern vielmehr als solche des WTO-Mitglieds EG selbst angesehen würde. Im Rahmen des GATT’47 sei eine derartige Substitution der Mitgliedstaaten durch die EG zudem bereits anerkannt worden. Zum Zweiten stützt Herrmann seinen Ansatz auf die Entscheidung des EuGH und die Schlussanträge des GA Mischo in der Rs. C-352/96: In dieser verlangte Italien die Überprüfung eines gem. Art. XXIV Abs. 6 GATT abgeschlossenen Kompensationsabkommens u. a. deswegen, weil die Voraussetzungen des Abs. 6 i.V. m. § 5 S. 1 des „Understanding on the Interpretation of Art. XXIV“ („ein allseitig zufriedenstellender Ausgleich“) nicht eingehalten worden seien. Der EuGH wie GA Mischo lehnten im Ergebnis allerdings eine Überprüfung der WTO-Konformität des Abkommens u. a. mit dem Hinweis darauf ab, dass eine Überprüfung ohne353 So heißt es im AB-Bericht hinsichtlich des bereits angesprochenen Beschlusses 1/95 des EG-Türkei Assoziierungsrates: „[The chapeau of paragraph 5 of Art. XXIV] indicates that Article XXIV can justify the adoption of a measure which is inconsistent with certain other GATT provisions only if the measure is introduced upon the formation of a customs union, and only to the extent that the formation of the customs union would be prevented if the introduction of the measure were not allowed“; WTO doc. WT/DS34/AB/R, Rn. 46. 354 Cremona, in: de Búrca/Scott, 151 (181); Herrmann, in: Bauschke, 139 (152). 355 Vgl. Ott, S. 41, allerdings nur in Zusammenhang mit Frage der Zulässigkeit von EG-Präferenzabkommen mit Drittstaaten. 356 Herrmann, in: Bauschke, 139 (152). 357 Herrmann, in: Bauschke, 139 (153).
D. Gemischte Abschlüsse und materielles Recht
219
hin den „anderen Vertragsparteien“ des GATT im Rahmen des DSU möglich sei.358 Italien selbst sei daher stillschweigend nicht als eine „andere Vertragspartei“ des GATT angesehen, sondern auf seine Funktion als Bestandteil des Rates beschränkt worden.359 Dieser eingeschränkten Funktion Italiens entspräche gerade die Nichtanwendung von Art. I GATT auf die Gemeinschaftsgruppe. Die Ansicht von Herrmann bedarf jedoch der kritischen Überprüfung: So ist bereits die Bedeutung der Rs. C-352/96 für die Frage der Nichtanwendung von Art. I GATT zweifelhaft. Schließlich lässt sich die Ansicht des EuGH hinsichtlich der eingeschränkten Stellung Italiens schlicht mit Hinweis auf die vom Gerichtshof gerade im Rahmen des ÜWTO besonders stark postulierte Pflicht zur Zusammenarbeit begründen, würde doch die Einheitlichkeit der Außendarstellung der Gemeinschaftsgruppe verletzt, wenn auch Italien in der Lage wäre, sich im Rahmen des DSU gegen das EG-Abkommen zu wenden.360 Doch auch der Hinweis auf die gemeinschaftliche Kompetenzordnung ist nicht unproblematisch. So ist zunächst zu beachten, dass eine umfassende ausschließliche EGZuständigkeit nur im Rahmen des GATT, nicht aber bzgl. GATS und TRIPs besteht. Im Hinblick auf den Charakter der WTO-Übereinkünfte als „single undertaking“361 ist eine differenzierte Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes je nach Handelsübereinkommen (vgl. Art. II GATS sowie Art. 4 TRIPs) fragwürdig. Allerdings weist Herrmann insoweit zurecht darauf hin, dass nach den AETR-Grundsätzen mit dem Erlass von Sekundärrecht ohnehin eine ausschließliche EG-Außenkompetenz entstünde und daher eine unterschiedliche Anwendung auf EG-Sekundärrecht vermieden werden könnte.362 Der von Herrmann geforderte Rückgriff auf die interne Kompetenzordnung würde zwar stets den Rückgriff auf den EGV notwendig machen, der grundsätzlich für die an einem EG-Abkommen beteiligten Drittstaaten als sog. res inter alios acta ohne Relevanz ist.363 Gerade im Hinblick auf den Meistbegünstigungsgrundsatz erscheint diese Charakterisierung der Gemeinschaftsrechtsordnung jedoch fehl am 358 Vgl. EuGH, Rs. C-352/96, Italien/Rat, Slg. 1998, I-6937, Rn. 22 sowie die Schlussanträge von GA Mischo, Rn. 24. 359 Herrmann, in: Bauschke, 139 (153). Siehe auch Cremona, CML Rev. 2001, 359 (370). 360 In diesem Sinne auch Cremona, CML Rev. 2001, 359 (370). 361 s. o. unter 4. Teil A. II. 3. a). 362 Herrmann, in: Bauschke, 139 (154). 363 Für Staaten wie internationale Organisationen gilt, dass die interne Rechtslage grundsätzlich keinen Einfluss auf die völkerrechtliche Wirksamkeit internationaler Abkommen hat. Vgl. Art. 27 Abs. 2 WVKIO: „Eine internationale Organisation, die Vertragspartei eines Vertrages ist, kann sich nicht auf die Vorschriften der Organisation berufen, um die Nichterfüllung des Vertrages zu rechtfertigen“. Vgl. Gaja, in: O’Keeffe/Schermers, 133 (137); Stein, in: Collected Courses of the Academy of European Law, 115 (162 ff.); Herrmann, in: Bauschke, 139 (156); Tomuschat, in: O’Keeffe/Schermers, 125 (129); Bleckmann, in: O’Keeffe/Schermers, 155 (160); Racˇ ic´, O me3unarodnom i narodnom, 2003, 189 (193); Epping, in: Hobe, 12 (20).
220
4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Platz. Schließlich muss bei der Frage der Gleichbehandlung bzw. bei Verstößen gegen diese oftmals auch das nationale Recht eines WTO-Mitglieds untersucht werden. Vor allem aber ist zu bedenken, dass die von Herrmann geforderte Nichtanwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes auf EG-Binnenmarktregelungen eine erhebliche Abweichung von einem der Kernaspekte des Welthandelsrechts darstellen würde, ohne dass diese Abweichung in irgendeiner Weise ausdrücklich formuliert wurde, obwohl mit dem „Understanding on the Interpretation of Art. XXIV“ gerade eine ausführliche Auslegungsvereinbarung für die strittige Vorschrift besteht. Zudem hinkt der Vergleich mit der Situation im GATT’47, schließlich hat die EG dort tatsächlich anstelle der Mitgliedstaaten agiert. In der WTO jedoch sind EG und Mitgliedstaaten gemeinsam Mitglieder. Die von Herrmann vorgetragene Argumentation reicht mithin nicht für eine stichhaltige Begründung seines eigenen Ansatzes aus. Dennoch ist von der grundsätzlichen Richtigkeit des Ansatzes auszugehen: Gerade die gemeinsame Mitgliedschaft von EG und Mitgliedstaaten schafft nämlich zugleich den Ausnahmetatbestand, der auch eine stillschweigende Abweichung von einem der Kernmerkmale des WTO-Rechts zu rechtfertigen vermag: Wendet man nämlich den im Rahmen von gemischten Abschlüssen geltenden Grundsatz, wonach im internen Verhältnis zwischen EG und Mitgliedstaaten bzw. den Mitgliedstaaten untereinander das Organisationsrecht keine Anwendung findet364, auf das WTO-Beispiel an, ist die Nichtanwendung von Art. I GATT lediglich konkreter Ausdruck dieses Prinzips. Eine Binnenmarktregelung ist damit kein präferenzielles Verhalten innerhalb der Gemeinschaftsgruppe, sondern eine Regelung, die nicht mehr am Maßstab des WTO-Rechts gemessen werden kann. Damit entfällt zugleich das Rechtfertigungserfordernis des Art. XXIV GATT für derartiges EG-Sekundärrecht. Letztlich bleibt daher nur zu prüfen, ob im Rahmen der WTO-Mitgliedschaft eine Abweichung vom Grundsatz der Nichtanwendung festzustellen ist. Zweifelhaft ist indes, wie diese zu begründen wäre. Schließlich zeigt die EG-Beteiligung, dass die übrigen Handelspartner die eigenständige handelspolitische Rolle der EG akzeptieren. Eine Charakterisierung des binnenmarktbezogenen EG-Sekundärrechts nicht als eigenständige Maßnahme des WTO-Mitglieds EG, sondern als bloße Maßnahme ihrer Mitgliedstaaten im Rahmen einer Zollunion würde dieser Rolle widersprechen. Folglich kann, obgleich mit differenzierter Begründung, im Ergebnis Herrmann zugestimmt und eine Nichtanwendung von Art. I GATT auf binnenmarktbezogenes EG-Sekundärrecht befürwortet werden.
364
s. o. unter 4. Teil D. I.
D. Gemischte Abschlüsse und materielles Recht
221
2. Art. XXIV Abs. 12 GATT Doch auch die Anwendbarkeit des Abs. 12 von Art. XXIV GATT365 auf die gemeinsame Mitgliedschaft von EG und Mitgliedstaaten ist nicht unproblematisch. Dieser lautet: „Each contracting party shall take such reasonable measures as may be available to it to ensure observance of the provisions of this Agreement by the regional and local governments and authorities within its territories.“ Dem Wortlaut nach ist davon auszugehen, dass die EG-Mitgliedstaaten selbst, allen voran die bundesstaatlich organisierten, an die Vorschrift gebunden sind.366 Zweifelhaft ist jedoch die Anwendung der Norm auf die EG, schließlich fehlt es der EG ob ihrer fehlenden staatlichen bzw. bundesstaatlichen Rechtsnatur an „regionalen und örtlichen Regierungs- und Verwaltungsstellen“. Deren Aufgabe bei der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht übernehmen vielmehr die Mitgliedstaaten, die wiederum über die entsprechenden Regierungsund Verwaltungsstellen verfügen. Allerdings ist die EG im Bereich des GATT ausschließlich zuständig, so dass zumindest die Frage aufgeworfen werden kann, ob nicht Art. XXIV Abs. 12 GATT umgekehrt gerade auf die EG – unter gleichzeitigem Ausschluss ihrer Mitgliedstaaten von einer Bindung an die Norm – Anwendung finden sollte.367 Dann müssten jedoch die EG-Mitglieder lediglich als „regionale und örtliche Regierungs- und Verwaltungsstellen“ im Sinne der Norm anzusehen sein. Dafür spricht zwar, dass es ihnen im Bereich des GATT an einer eigenen Rechtsetzungskompetenz mangelt, sie also insoweit ohnehin schlichte Umsetzungsinstrumente der EG sind. Andererseits jedoch muss wiederum der Charakter des ÜWTO und der zugehörigen Handelsübereinkünfte als „single undertaking“ beachtet werden, so dass die verschiedenen Abkommen, also auch das GATT, stets als Einheit zu betrachten sind.368 Ein wechselnder rechtlicher Status der EG-Mitglieder zwischen den einzelnen Abkommen würde dem widersprechen. Vor allem aber sind die Mitgliedstaaten selbst formelle Mitglieder der WTO und damit Vertragsparteien des GATT. Es ist daher schwerlich vertretbar, sie im Rahmen von Art. XXIV Abs. 12 GATT nur noch als schlichte „Regierungsstellen“ anzusehen. Richtigerweise ist eine Anwendung von Art. XXIV Abs. 12 GATT auf die EG mithin abzulehnen.369 Da die Vorschrift jedoch gegenüber den EG-Mitglied365 Siehe dazu auch Abs. 13-15 des „Understanding on the Interpretation of Art. XXIV of the GATT 1994“. 366 Siehe auch Kuijper, J.W.T. 1995, Heft 6, 49 (68). 367 Kuijper, J.W.T. 1995, Heft 6, 49 (68, Fn. 66), der dies mit Hinweis auf den entgegenstehenden Willen der restlichen Vertragspartner ablehnt. 368 s. o. unter 4. Teil A. II. 3. a). 369 Ebenso Cottier, CML Rev. 1998, 325 (357); auf diesen verweisend Chatháin, ELJ 1999, 461 (463).
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
staaten uneingeschränkt Anwendung findet, diese aber in aller Regel innergemeinschaftlich auch in Bereichen ausschließlicher EG-Kompetenz für die Umsetzung des Gemeinschaftsrechts und damit auch des WTO-Rechts als „integrierender Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung“ zuständig sind, ist die EG zumindest mittelbar auch an Art. XXIV Abs. 12 GATT gebunden.
III. Fazit Festzuhalten ist, dass das materielle Organisationsrecht im Verhältnis der Gemeinschaftsgruppe untereinander stets substantiellen Modifikationen unterworfen ist, findet es doch zwischen EG und Mitgliedstaaten in weiten Teilen keine Anwendung. Einzig aus dem mitgliedstaatlichen Teil gemischter Abkommen resultiert im Verhältnis der EG-Mitgliedstaaten untereinander eine völkervertragliche Pflichtenbeziehungen. Hinsichtlich der Modifizierung des materiellen Rechts im Verhältnis zu den dritten Vertragspartnern lassen sich dagegen kaum generelle Aussagen treffen. Grundsätzlich ist, mangels besonderer Regelungen, von einer unveränderten Geltung des Organisationsrechts auch gegenüber der Gemeinschaftsgruppe auszugehen. Gerade die eingeschränkte Binnenwirkung des Organisationsrechts kann jedoch – wie das Beispiel des Art. XXIV GATT aufzeigt – zugleich Ursache für eine Modifikation im externen Verhältnis sein.
E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen Die Mitglieder der Gemeinschaftsgruppe schulden den Vertragspartnern die Erfüllung der (modifizierten) Vertragspflichten indes nur soweit die externe370 Bindungswirkung des gemischten Abschlusses reicht. Angesichts der gemeinsamen Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe stellt sich daher die Frage nach dem „Ob“ und dem „Wie“ einer besonderen Bindungs- und Haftungsverteilung innerhalb derselben. Werden die Vertragspflichten durch alle Beteiligten ordnungsgemäß umgesetzt, ist die konkrete Bindungs- und Haftungsverteilung innerhalb der Gemeinschaftsgruppe in aller Regel ohne Belang, kommt es doch den Vertragspartnern nur auf die ordnungsgemäße Erfüllung des Abkommens an. Anders dagegen, wenn es zwischen Mitgliedern der Gemeinschaftsgruppe und einem oder mehreren Vertragspartnern zu einem Streit über die Erfüllung bestimmter Verpflich370 s. o. unter 4. Teil D. I. bereits zu der intern, also im Verhältnis der Mitglieder der Gemeinschaftsgruppe untereinander, erheblich eingeschränkten Bindungswirkung gemischter Abkommen.
E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen
223
tungen kommt.371 Dabei sind die Bindungswirkung einer Vorschrift sowie die Haftung für die Erfüllung derselben stets gemeinsam zu betrachten, da mit einer vertraglichen Verpflichtung immer auch die Verantwortlichkeit für deren Erfüllung verbunden ist, wie aus den Arbeiten der ILC zur Staatenverantwortlichkeit deutlich wird: Danach setzen sowohl die Staatenverantwortlichkeit372 als auch die Verantwortlichkeit internationaler Organisationen373 eine „international unerlaubte Handlung“ voraus. Eine solche ist u. a. dann gegeben, wenn „eine Verletzung einer internationalen Verpflichtung“ vorliegt.374 Eine vertragliche Verpflichtung geht also stets einher mit einer entsprechenden Verantwortlichkeit, diese Verpflichtung auch zu erfüllen375, so dass „Bindung“ und „Haftung“ zwei Seiten derselben Medaille sind, kann es doch nur eine haftungsauslösende Pflichtverletzung geben, wenn das Völkerrechtsubjekt an eine Pflicht gebunden ist und diese gar nicht oder schlecht erfüllt hat.376 Die Frage der Haftung ist demnach zwangsläufig verbunden mit der Frage der Bindungswirkung des internationalen Abkommens und wird daher im folgenden Abschnitt gemeinsam untersucht. Dabei ist zwischen der völkerrechtli-
371 Festzuhalten ist zunächst, dass die EG aufgrund ihrer Völkerrechtsubjektivität sowohl Ansprüche aus völkerrechtlicher Haftung gegen ein anderes Völkerrechtssubjekt geltend machen als auch Gegner eines solchen Anspruchs sein kann; vgl. Groux/ Manin, S. 142; Heliskoski, FYIL 1996, 59 (86 und 92 f.); Stein, S. 177; Frid, S. 53. 372 Art. 1 der „Draft Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts“ der ILC (beschlossen am 09.08.2001) besagt: „Every internationally wrongful act of a State entails the international responsibility of that State“; siehe den Text der „Draft Articles“ bei Crawford, S. 61 ff. 373 Art. 3 Abs. 1 der „Draft Articles on Responsibility of International Organizations“ der ILC lautet: „Every internationally wrongful act of an international organization entails the international responsibility of the international organization“; Report of the ILC on the work of its 55th session, 5 May–6 June and 7 July–8 August 2003 (A/58/10), S. 33, veröffentlicht im Internet unter http://untreaty.un.org/ilc/reports/ 2003/2003report.htm (Stand: 10.03.2007). 374 Art. 3 Abs. 2 lit. b) der „Draft Articles on Responsibility of International Organizations“ der ILC besagt: „There is an internationally wrongful act of an international organization when conduct consisting of an action or omission: [. . .] (b) constitutes a breach of an international obligation of that international organization.“ Art. 2 der „Draft Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts“ lautet wie folgt: „There is an internationally wrongful act of a State when conduct consisting of an action or omission: (a) is attributable to the State under international law; and (b) constitutes a breach of an international obligation of the State.“ 375 Entsprechend differenziert z. B. Art. 6 Abs. 1 Anlage IX SRÜ nicht zwischen der Bindungswirkung einerseits und der Verantwortlichkeit andererseits, sondern folgert aus der Zuständigkeit einer Vertragspartei für eine bestimmte Vertragsvorschrift sogleich die Verantwortlichkeit im Falle der Nichterfüllung: „Vertragsparteien, die nach Artikel 5 dieser Anlage Zuständigkeit besitzen, sind für die Nichterfüllung von Verpflichtungen und für alle sonstigen Verstöße gegen dieses Übereinkommen verantwortlich.“ 376 Vgl. auch Heliskoski, FYIL 1996, 59 (86 f.); Tomuschat, in: O’Keeffe/Schermers, 125 (126 f.); Stein, S. 159.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
chen Bindungswirkung einerseits und der gemeinschaftsrechtlichen andererseits zu unterscheiden, da aufgrund der grundsätzlichen Unabhängigkeit von Völkerund Gemeinschaftsrechtsordnung377 aus der völkerrechtlichen Verpflichtung nicht zwingend auch eine gemeinschaftsinterne folgt.378
I. Völkervertragsrechtliche Grundsätze Da es sich bei gemischten Abschlüssen stets um völkerrechtliche Verträge handelt, finden die einschlägigen völkervertragsrechtlichen Grundsätze Anwendung. Danach sind, wenn nichts anderes vereinbart ist, alle Parteien eines völkerrechtlichen Vertrages an den gesamten Vertragsinhalt gebunden.379 Ein spezieller völkerrechtlicher Grundsatz hinsichtlich der Verteilung der Bindungswirkung und damit der Verantwortlichkeit bei einer gemeinsamen Beteiligung einer internationalen Organisation und ihrer Mitgliedstaaten an einem internationalen Abkommen existiert dagegen (noch) nicht.380 Im Folgenden ist daher zu untersuchen, ob, und falls ja, inwieweit der allgemeingültige Bindungsgrundsatz im Rahmen gemischter Abschlüsse modifiziert werden muss.381 Im Zusammenhang mit gemischten Abschlüssen lassen sich zwei bindungsund haftungsrechtliche Grundmodelle unterscheiden. In einigen gemischten Mitgliedschaften, allen voran der FAO und der ISBA, ist die Gemeinschaftsgruppe verpflichtet, sog. Kompetenzerklärungen gegenüber der aufnehmenden Organisation abzugeben, die teilweise (ISBA) sogar unmittelbaren Einfluss auf die Bindungswirkung haben. Das gegenteilige Modell findet sich in der WTO, in der es diesbezüglich keinerlei besondere Anforderungen an die gemeinsame Mitgliedschaft der Gemeinschaftsgruppe gibt. 377
Siehe dazu u. a. Hartley, S. 87; Heliskoski, FYIL 1996, 59 (80). Epiney, EuZW 1999, 5 (7). 379 Entsprechend dem in Art. 26 WVK und WVKIO formulierten Grundsatz pacta sunt servanda: „Ist ein Vertrag in Kraft, so bindet er die Vertragsparteien und ist von ihnen nach Treu und Glauben zu erfüllen. Siehe auch Arnold, AVR 1980/81, 419 (421); Vedder, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, Art. 228, Rn. 18; Herdegen, § 15, Rn. 16. 380 Was aufgrund der Besonderheit der Rechtsfigur der gemischten Abkommen im internationalen Rechtsverkehr auch nicht weiter verwunderlich ist. Vgl. Heliskoski, FYIL 1996, 59 (87). 381 Die Frage des „Ob“ scheint mit einem Blick auf die Arbeiten der ILC im Bereich der Staatenverantwortlichkeit während ihrer 52. Sitzung ohne weiteres mit ja beantwortet werden zu können. Schließlich wird bei der Diskussion der Frage einer gleichzeitigen völkerrechtlichen Verantwortlichkeit mehrerer Völkerrechtssubjekte die Modelltauglichkeit des „Beispiels der gemischten Abkommen der EU“ für eine entsprechende allgemeine völkerrechtliche Regelung wegen der „Besonderheiten“ der Rechtsfigur angezweifelt: „Doubts were expressed regarding the usefulness of the example of European Union mixed agreements, which again were subject to a very specific regime“; Report of the ILC on the work of its 52nd session, 1 May to 9 June and 10 July to 18 August 2000 (A/55/10), Rn. 274. 378
E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen
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1. Gemischte Abschlüsse ohne Bindungs- bzw. Haftungsverteilung Enthält ein gemischtes Abkommen keine ausdrückliche Festlegung der Bindungs- bzw. Haftungsverteilung, ist zunächst zu klären, ob der Grundsatz der umfassenden Bindungswirkung von völkerrechtlichen Verträgen überhaupt Anwendung findet. Wird die Frage nach dem „Ob“ einer gemeinsamen anstelle einer aufgeteilten Haftung bejaht, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, „wie“ diese gemeinsame Haftung ausgestaltet ist. a) Das „Ob“ der gemeinsamen Haftung der Gemeinschaftsgruppe Zuerst ist das „Ob“ der gemeinsamen Haftung der Gemeinschaftsgruppe zu untersuchen, also zu klären, ob bei gemischten Abschlüssen der Grundsatz der umfassenden völkerrechtlichen Verantwortlichkeit tatsächlich Anwendung findet oder angesichts der geteilten internen Zuständigkeiten doch von einer zwischen EG und Mitgliedstaaten aufgeteilten Bindung und Haftung auszugehen ist.382 Bei konsequenter Anwendung führt der genannte völkervertragsrechtliche Grundsatz zu einer umfassenden völkerrechtlichen Bindungswirkung gemischter Abkommen für EG wie Mitgliedstaaten: Legt nämlich ein gemischtes Abkommen nicht ausdrücklich fest, dass die EG und die Mitgliedstaaten gegenüber den dritten Vertragsparteien jeweils nur an die in ihre Zuständigkeit fallenden Regelungen gebunden sind, verpflichtet das gemischte Abkommen in seinem ganzen Umfang völkerrechtlich sowohl die EG als auch ihre Mitgliedstaaten als Vertragsparteien des jeweiligen Abkommens. Tatsächlich zeigt die ganz überwiegende Praxis gemischter Abschlüsse383, dass der Vertragstext keinerlei Hinweise auf eine eingeschränkte Geltung der jeweiligen Verpflichtungen auf die bzw. Teile der Gemeinschaftsgruppe enthält.384 EG und Mitgliedstaaten wären 382 Von der Frage nach der gemeinsamen oder getrennten Haftung im Rahmen gemischter Abschlüsse ist das höchst kontrovers diskutierte Rechtsproblem der sog. „Durchgriffshaftung“ der Mitgliedstaaten von internationalen Organisationen für Handlungen (s. o. unter 4. Teil B. IV. 2.) von eben diesen abzugrenzen. Angesichts des gemeinsamen Abschlusses stehen hier nämlich die Mitgliedstaaten selbst als Mitglieder bzw. Vertragsparteien als Anspruchsgegner zur Verfügung, ohne das auf eine eventuelle Durchgriffshaftung zurückgegriffen werden müsste; vgl. Kempen, in: FS Hahn, 417 (423 f. m.w. N.). 383 Eine der wenigen gegenteiligen Ausnahmen besteht im Rahmen des SRÜ, in welchem es in Art. 4 Abs. 2 der Anlage IX zur SRÜ ausdrücklich heißt, dass „eine internationale Organisation nur in dem Umfang Vertragspartei dieses Übereinkommens ist“, in dem sie sich mittels einer Kompetenzerklärung für zuständig erklärt hat. 384 So enthält z. B. im Rahmen der gemischten Mitgliedschaft in der WTO weder das ÜWTO noch die Schlussakte zu diesem oder irgendein anderes Rechtsinstrument Hinweise auf eine eingeschränkte Geltung der Abkommen für EG und Mitgliedstaaten. Vielmehr werden sie in Art. XI ÜWTO gleichrangig als Mitglieder genannt.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
in diesen Fällen also stets umfassend und gemeinsam verpflichtet und verantwortlich. aa) Der Ansatz einer generell beschränkten Bindungswirkung Angesichts der zwingenden innergemeinschaftlichen Kompetenzteilung bei gemischten Abschlüssen ist das Konzept der gemeinsamen Haftung nicht ohne Kritik geblieben. Insbesondere in der älteren Literatur lässt sich die Ansicht finden, dass die Kompetenzteilung aufgrund der ihr innewohnenden Beschränkung des gemeinschaftlichen Kompetenzbereichs stets zu einer entsprechenden Beschränkung der völkerrechtlichen Bindung der EG im Außenverhältnis, also letztlich auch zu einer getrennten Haftung, führen müsse.385 Diese auf dem Gedanken, dass ein ultra vires Handeln internationaler Organisationen generell unzulässig sei, beruhende Argumentation muss aber entgegen getreten werden: So widerspricht eine durch die Kompetenzteilung verursachte, eingeschränkte völkerrechtliche Verantwortlichkeit der grundlegenden und auch für internationale Organisationen geltenden Regel, dass eine interne Kompetenzüberschreitung für die völkerrechtliche Gültigkeit eines Abkommens grundsätzlich unerheblich sind.386 Zwar besagt Art. 6 WVKIO, dass sich die Vertragsschlussfähigkeit einer Organisation „nach den Vorschriften dieser Organisation“ bestimmt. Allerdings spricht die Vorschrift gerade nicht die generelle Unwirksamkeit von Verträgen aus, die unter Verstoß gegen die internen Vorschriften der Organisation zustande gekommen sind. Vielmehr zeigt Art. 46 WVKIO387, dass die Unwirksamkeit nur bei einer offenkundigen Verletzung einer grundlegenden internen Vorschrift in Betracht kommt.388 Ist das Abkom385 So z. B. vertreten von Geiger, ZaöRV 1977, 640 (650) sowie Balekjian, in: O’Keeffe/Schermers, 141 (143 ff.). Siehe eine ausführliche rechtsdogmatische Auseinandersetzung mit dieser Argumentation bei Wuermeling, S. 232 ff. 386 Vgl. Neframi, in: Cannizzaro, 193 (199). 387 Art. 46 Abs. 1 WVKIO lautet: „Ein Staat kann sich nicht darauf berufen, dass seine Zustimmung, durch einen Vertrag gebunden zu sein, [. . .] ungültig sei, sofern nicht die Verletzung offenkundig war und eine innerstaatliche Rechtsvorschrift von grundlegender Bedeutung betraf“. Offenkundig ist eine Verletzung nach Abs. 3, „wenn sie für jeden Staat oder jede internationale Organisation [. . .] objektiv erkennbar ist“. Nach Abs. 2 findet Abs. 1 auch auf internationale Organisationen Anwendung. Zwar wurde hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung von Art. 46 WVKIO teilweise die Meinung vertreten, es handele sich dabei nicht lediglich um die Kodifikation von bereits bestehendem völkervertragsrechtlichem Gewohnheitsrecht; siehe z. B. Schröder, AVR 1985, 385 (401 f.). Allerdings bezog sich diese Kritik primär auf eine frühe Fassung des Abs. 3, die in die endgültige Fassung nicht übernommen wurde. Die endgültige Fassung entspricht vielmehr der entsprechenden Regelung in Art. 46 Abs. 3 WVK, so dass auch Art. 46 WVKIO als Kodifikation von Völkergewohnheitsrecht angesehen werden kann; vgl. Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 281, Rn. 10, Fn. 30. 388 Gaja, in: O’Keeffe/Schermers, 133 (137 f.); Leal-Arcas, EFA Rev. 2001, 483 (499 f.). Ebenso Krück, S. 147 f.; Meessen, EuR 1980, 36 (36 f.); van Houtte, Nw. J.
E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen
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men aber nicht unwirksam, muss auch die internationale Organisation als Vertragspartei grundsätzlich an das gesamte Abkommen gebunden sein. In Anwendung dieser Grundsätze auf die EG hat auch der EuGH in der Rs. C-327/91 festgestellt, dass ein (Gemeinschafts-)Abkommen trotz Verstoßes gegen eine gemeinschaftsrechtliche Norm die EG sehr wohl völkerrechtlich bindet.389 Dieser Grundsatz muss auch für gemischte Abschlüsse gelten, sind diese doch gerade dafür geschaffen worden, Kompetenzlücken auf der Gemeinschaftsseite zu vermeiden und durch das gemeinsame Vorgehen international handlungsfähig zu bleiben. Die jeweiligen Vertragspartner wiederum erkennen die zwangsläufigen internen Kompetenzlücken von EG bzw. Mitgliedstaaten an, da nur durch den gemeinsamen Abschluss die vollständige Erfüllbarkeit des Abkommens gewährleistet wird. Dieses Einverständnis führt aber nicht zugleich dazu, dass die Vertragspartner auch gewillt sind, die mit den Kompetenzlücken verbundenen Risiken zu tragen. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall, soll doch der gemischte Abschluss die vollständige Erfüllbarkeit des Abkommens sichern, also zu einem Mehr an Rechtssicherheit führen. Ginge man aber von einer geteilten Bindungswirkung eines gemischten Abkommens aus, käme man geradewegs zum entgegengesetzten Ergebnis, da mangels Festlegung der gemeinschaftlichen Kompetenzverteilung nie Klarheit darüber herrschen würde, inwieweit die EG an die vertraglichen Verpflichtungen gebunden ist und als Anspruchsgegner in Betracht kommt.390 Ohne ausdrückliche Regelung kann somit kaum angenommen werden, dass die Drittstaaten eine derartige haftungsrechtliche Schlechterstellung implizit mit dem Vertragsabschluss akzeptieren wollten. Aus Sicht der Drittstaaten verletzt der Ansatz einer getrennten Bindungswirkung damit letztlich auch die Grundsätze der Rechtsklarheit und -sicherheit. Dem Konzept einer generellen Beschränkung der Bindungswirkung gemischter Abschlüsse lassen sich also zwei Kernargumente entgegenhalten: Zum einen zeigt die Kodifizierung der einschlägigen völkerrechtlichen Grundsätze, dass die Bindungswirkung eines Abkommens nur ausnahmsweise wegen Verstoßes gegen internes Recht eingeschränkt ist. Zum anderen stünde eine Bindungsverteilung in Widerspruch zu dem Interesse der Vertragspartner an ausreichender Rechtssicherheit auch in Fällen gemischter Beteiligung. Int’L & Bus. 1981, 621 (631 f.). Ebenso wenig wie die „absolute“ Nichtigkeit liegt eine „relative“ Nichtigkeit vor, da die von einem ultra vires-Handeln in ihren Rechten betroffenen Völkerrechtssubjekte dieses Handeln überhaupt nur dann anfechten können, wenn sie die rechtsverletzende Handlung nicht gebilligt haben (vgl. Art. 45 WVKIO). Eine solche generelle Billigung eines partiellen Kompetenzdefizits innerhalb der Gemeinschaftsgruppe ist jedoch im Abschluss eines gemischten Abkommens zu sehen, da dieses ja gerade zum Zwecke des Ausgleichs von Kompetenzlücken geschlossen wird (s. o. unter 2. Teil C.). Vgl. Stein, S. 121 f. 389 EuGH, Rs. C-327/91, Frankreich/Kommission, Slg. 1994, I-3641, Rn. 25. 390 Tomuschat, in: O’Keeffe/Schermers, 125 (130); Neframi, in: Cannizzaro, 193 (199); Heliskoski, FYIL 1996, 59 (88); Neubauer, S. 34; Berrisch, S. 48.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
bb) Der Grundsatz der „gemeinsamen Verantwortlichkeit“ Beide Kernargumente sprechen im Umkehrschluss zugleich für die Annahme einer gemeinsamen Verantwortlichkeit der Gemeinschaftsgruppe, würde doch auf diese Weise das jeweilige Abkommen in seiner Gesamtheit EG wie Mitgliedstaaten binden sowie den Drittstaaten stets das Vorgehen gegen die Gemeinschaftsgruppe ohne Rücksicht auf die gemeinschaftsinterne Kompetenzverteilung erlauben. Daher geht die überwiegende Ansicht im Schrifttum391 von einer „joint liability“ bzw. „gemeinsamen Verantwortlichkeit“ der Gemeinschaftsgruppe aus. U. a. auf dieses Meinungsbild verweisend, kommt auch GA Jacobs in seinen Schlussanträgen in der Rs. C-316/91 zu dem Schluss: „Aus einer gemischten Übereinkunft sind die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten gemeinsam verpflichtet, sofern in der Übereinkunft nichts Gegenteiliges bestimmt ist.392 Der EuGH hat den Grundsatz der gemeinsamen Verantwortlichkeit in seinem anschließenden Urteil übernommen.393
391 E. Stein, in: Collected Courses of the Academy of European Law, 115 (162 ff.); Groux/Manin, S. 150; Tomuschat, in: O’Keeffe/Schermers, 125 (130 f.); ders., in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 300, Rn. 64; Gaja, in: O’Keeffe/Schermers, 133 (137); Rosas, in: Koskenniemi, 125 (142); Streinz, Rn. 488; Herrmann, in: Bauschke, 139 (156); Royla, EuR 2001, 495 (513 f.); Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 300, Rn. 31; Kempen, in: FS Hahn, 417 (423), noch für den Fall des GATT’47; MacLeod/Hendry/Hyett, S. 159; Geiger, EGV, Art. 300, Rn. 34; Bleckmann, EuR 1976, 301 (303); ders., in: O’Keeffe/Schermers, 155 (160); de Búrca/Scott, Harvard Jean Monnet Working Paper 6/00, S. 5; T. Stein, EuZW 1998, 261 (263); Simmonds, in: Essays, 179 (189). Ebenso noch Heliskoski, FYIL 1996, 59 (87 f.). In seiner jüngsten Veröffentlichung spricht sich Heliskoski aber gegen eine gemeinsame Haftung aus; Heliskoski, S. 157 f., 177 f. Rechtssicherheit könne auch dadurch gewährleistet werden, dass u. a. über verfahrensrechtliche Regelungen sichergestellt werde, dass sich der betroffene Drittstaat im Konfliktfall stets an den zuständigen Teil der Gemeinschaftsgruppe wenden könne. Vielmehr müsse von einer zwischen EG und Mitgliedstaaten getrennten Bindungswirkung ausgegangen werden, um die Autonomie der Gemeinschaftsrechtsordnung bestmöglich zu schützen. Dieser Ansatz bedeutet aber im Grunde nichts anders, als dass das gemeinsame Einstehen der Gemeinschaftsgruppe von der materiellen Ebene auf die verfahrensrechtliche verschoben wird, obgleich es sich bei der Haftung primär um ein materiellrechtliches Problem handelt. Ein verbesserter Schutz der Autonomie der Gemeinschaftsrechtsordnung scheint damit kaum gewährleistet. Zudem ist bereits zweifelhaft, ob der Grundsatz der gemeinsamen Verantwortlichkeit tatsächlich zu einer Gefährdung der Autonomie führt. Schließlich greift bei geteilten Zuständigkeiten stets die Pflicht zur Zusammenarbeit, so dass die eigentliche gemeinschaftsinterne Kompetenzverteilung zwecks Sicherstellung einer einheitlichen Außendarstellung der Gemeinschaftsgruppe ohnehin in gewissen Maße zurückstehen muss. Der Ansatz von Heliskoski ist daher nicht überzeugend. 392 Schlussanträge des GA Jacobs, Rs. C-316/91, 4. Lomé Abkommen, Slg. 1994, 625, Rn. 69. GA Jacobs stützt sich dabei vor allem auf die Ausführungen von E. Stein. Siehe ebenso die Schlussanträge des GA Tesauro, Rs. C-53/96, Hermès, Slg. 1998, I-3603, Rn. 14, der von „gleicher“ Verantwortlichkeit der Gemeinschaftsgruppe spricht.
E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen
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cc) Kritik am Konzept einer gemeinsamen Verantwortlichkeit Doch auch das Konzept der gemeinsamen Verantwortlichkeit bzw. die beiden zugrundeliegenden Kernargumente zugunsten desselben sind keineswegs unumstritten: So scheint gerade Art. 46 WVKIO, obgleich zuvor gegen den Ansatz einer generell beschränkten Bindungswirkung herangezogen, die Richtigkeit der gezogenen Schlussfolgerung hin zu einer gemeinsamen Haftung in Frage zu stellen. Immerhin erlaubt er eine Haftungsfreistellung mittels Berufung auf eine offenkundige Verletzung bedeutender interner Rechtsregeln. Der gemischte Abschluss setzt aber zwingend weder auf Gemeinschafts- noch auf mitgliedstaatlicher Seite eine ausreichende Kompetenzgrundlage voraus. Könnten nun EG bzw. Mitgliedstaaten, soweit sie gemeinschaftsintern nicht zuständig sind, durch Bezugnahme auf die in Art. 46 WVKIO kodifizierte Ausnahmevorschrift eine Bindungsbefreiung gegenüber dem jeweils anspruchstellenden Drittstaat erreichen, käme de facto kaum eine gemeinsame Haftungssituation zustande.394 Gegen eine derartige weitreichende Anwendung der Vorschrift ist jedoch einzuwenden, dass aus gemeinschafts- wie völkerrechtlicher Sicht der Abschluss gemischter Abkommen als solcher trotz der zwingend fehlenden Abschlussbe393 Siehe EuGH, Rs. C-316/91, 4. Lomé Abkommen, Slg. 1994, I-624, Rn. 29, wonach „vorbehaltlich der im Abkommen ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen, die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten [. . .] gemeinsam gegenüber [den AKP-Staaten] für die Erfüllung aller eingegangenen Verpflichtungen [. . .] verantwortlich“ sind. 394 Aufgrund dessen bezweifelt ein Teil des Schrifttums bereits die Anwendbarkeit der Ausnahmeregel auf gemischte Abschlüsse, da die Gemeinschaftsgruppe durch den gemeinsamen Abschluss gerade eine vollständige Erfüllbarkeit des jeweiligen Abkommens sicherstellen wolle. Vgl. Stein, S. 128 f. und Neframi, in: Cannizzaro, 193 (201). Neframi lehnt eine Anwendung von Art. 46 insgesamt ab, da dieser seinem Normzwecke nach darauf abziele, Verpflichtungen dann als nicht bindend anzusehen, wenn die betroffene Vertragspartei insbesondere rechtlich nicht in der Lage sei, diese zu erfüllen. Dies sei aber innerhalb der Gemeinschaftsgruppe nie der Fall, da die EG die Mitgliedstaaten zur Erfüllung der Verpflichtungen aus einem gemischten Abkommen zwingen könnten und dies auch im umgekehrten Verhältnis grundsätzlich gelte. Stein kommt mit einer ähnlichen Begründung zu demselben Ergebnis: Art. 46 WVKIO versuche insbesondere, die Rechtssicherheit des völkerrechtlichen Vertragsverkehrs zu erhalten. Eine Rechtsunsicherheit könne aber gerade bei gemischten Abkommen nicht eintreten, da die Gemeinschaftsgruppe in ihrer Gesamtheit in jedem Fall zuständig sei und stets eine allumfassende Abschlusskompetenz bestünde. Hinsichtlich beider Argumentationsstränge ist jedoch einzuwenden, dass insoweit kein substantieller Unterschied zur Situation des Art. 46 WVK besteht, bei dem, da es sich um einen Staat handelt, auch von einer umfassenden Abschlusskompetenz auszugehen ist. Dennoch gibt es Art. 46 WVK, um unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes in bestimmten Fällen eine Haftungsfreistellung zu ermöglichen. Dies muss auch im Falle von gemischten Abkommen möglich sein. Die Auswirkungen des gemischten Abschlusses werden vielmehr im Zusammenhang mit dem erheblich eingeschränkten Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift deutlich.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
fugnis grundsätzlich zulässig ist.395 Die für Art. 46 WVKIO erforderliche Rechtsverletzung kann daher lediglich im konkreten Anwendungsfall der einzelnen Abkommensvorschriften eintreten. Kommt es dabei zu einer Zuständigkeitsverletzung, müsste diese für die beteiligten Drittstaaten u. a. „offenkundig“ i. S. d. Art. 46 Abs. 3 WVKIO gewesen sein. Angesichts der Komplexität der, primär durch die Rechtsprechung des EuGH geprägten, gemeinschaftsinternen Kompetenzordnung ist jedoch kaum anzunehmen, dass ein Kompetenzverstoß je das von Art. 46 Abs. 3 WVKIO geforderte Maß an „Offenkundigkeit“ erreichen wird, damit sich EG bzw. Mitgliedstaaten auf diesen zum Zwecke der Bindungsfreistellung berufen könnten.396 Im Ergebnis ist der mögliche Anwendungsbereich von Art. 46 WVKIO folglich als äußerst gering einzustufen, so dass die Vorschrift als solche dem Konzept einer gemeinsamen Verantwortlichkeit nicht entgegengehalten werden kann. Weitaus schwerwiegender sind dagegen die Einwände gegen das zweite Kernargument, wonach das Konzept der gemeinsamen Verantwortlichkeit zur Gewährleistung einer ausreichenden Rechtssicherheit auf Seiten der beteiligten Drittstaaten erforderlich ist. Schließlich sind sich alle Vertragsparteien der Kompetenzteilung auf Gemeinschaftsseite sehr wohl bewusst, würden sie ansonsten doch nicht die gemeinsame Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe akzeptieren.397 Aufgrund dessen ist Björklund der Ansicht, dass sich die anspruchstellenden Drittstaaten in der Regel nicht auf eine gemeinsame Verantwortlichkeit der Gemeinschaftsgruppe berufen könnten, die de facto nichts anders bedeuten würde, als eine freie Wahl des Anspruchsgegners. Vielmehr führe der gemischte Abschluss lediglich dazu, dass dem Drittstaat im Haftungsfall ein gewisser Beurteilungsspielraum zugestanden werde müsse.398 Dies begründet Björklund damit, dass Art. 46 Abs. 3 WVKIO, der u. a. auf den Grundsatz von Treu und Glauben verweist, auch eine Pflicht der Drittstaaten entnommen werden könne, sich im Haftungsfall vor der Geltendmachung des Anspruchs über die konkrete gemeinschaftliche Kompetenzverteilung zu erkundigen. Wisse der Drittstaat nämlich, dass der von ihm in Anspruch genommene Teil der Gemeinschaftsgruppe gerade nicht zuständig für die Erfüllung der in Streit stehenden Vertragsverpflichtung ist, dürfe er sich nach Treu und Glauben nicht an diesen wenden. 395
s. o. unter 2. Teil D. Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 300, Rn. 31; Björklund, NJIL 2001, 373 (394); Flemisch, S. 33. Ebenso Gaja, in: O’Keeffe/Schermers, 133 (137 f.); Neframi, in: Cannizzaro, 193 (200); Stein, S. 126. 397 Vgl. Krück, S. 142. 398 „We would have to conclude that that joint liability is not the correct term to describe the liability of the EC and its member states in mixed agreements. A non-EC state party to a mixed agreement does not have a free choice of counterpart but rather a margin for mistakes made in good faith“; Björklund, NJIL 2001, 373 (401). Ebenso Neframi, in: Cannizzaro, 193 (200) sowie noch mit Bezug auf die Vorarbeiten der ILC zur WVKIO van Houtte, Nw. J. Int’L & Bus. 1981, 621 (632). 396
E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen
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Diesen Einwänden ist aber aus mehreren Gründen zu widersprechen: Zunächst ist äußerst zweifelhaft, ob das Wissen der Drittstaaten um die Kompetenzteilung auf Gemeinschaftsseite tatsächlich zu Lasten der Drittstaaten ausgelegt werden kann. Zwar ist insoweit zu bedenken, dass bei internationalen Organisationen anders als bei Staaten nicht von einer unbegrenzten Vertragsabschlussfähigkeit ausgegangen werden kann.399 Zudem muss jeder Vertragspartei eines gemischten Abkommens klar sein, dass Kompetenzdefizite auf Seiten der Mitgliedstaaten wie auch der EG bei gemischten Abkommen zwangsläufig gegeben sind. Schließlich ist dies zumeist der Grund für die gemeinsame Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe. Für Staaten wie internationale Organisationen gleichermaßen gilt aber, dass die Einhaltung bzw. Verletzung interner Vorschriften grundsätzlich keinen Einfluss auf die völkerrechtliche Wirksamkeit internationaler Abkommen hat. Der EGV ist für die Vertragspartner vielmehr eine bloße res inter alios acta, die für diese grundsätzlich ohne Interesse sein kann, da sie auf den eigentlichen Vertrag keinen Einfluss hat.400 Dies gilt in besonderem Maße auch bei gemischten Abkommen, soll doch durch die gemeinsame Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe gerade sichergestellt werden, dass keine Kompetenzlücken auftreten. Müsste jede Vertragspartei nun, um keine spätere Rechtsbeschränkung befürchten zu müssen, vor Abschluss des Abkommens die Gemeinschaftsgruppe zur Klärung der Kompetenzfrage auffordern, würde der Grundsatz faktisch auf den Kopf gestellt, da stets der Rückgriff auf den EGV zur Feststellung der völkerrechtlichen Rechtslage notwendig wäre. Ebenso starke Bedenken ergeben sich aus Sicht des Gemeinschaftsrechts, da sich der EuGH in Beschluss 1/78 gerade dahingehend ausgesprochen hat, dass „die genaue Beschaffenheit [der Kompetenz-]Verteilung eine interne Frage ist, in die sich die dritten Länder nicht einzumischen haben“.401 Eine solche Festlegung stünde nämlich dem Zweck gemischter Abkommen, eine Festlegung der innergemeinschaftlichen Kompetenzteilung zu vermeiden, konträr gegenüber.402 Nach außen hin soll die Gemeinschaftsgruppe vielmehr geschlossen auftreten. Eine getrennte Bindungswirkung gemischter Abschlüsse würde jedoch genau das Gegenteil bewirken. 399
Vgl. nur die unterschiedliche Fassung von Art. 6 WVK und Art. 6 WVKIO. s. o. unter 4. Teil D. II. 1. b). 401 EuGH, Beschluss 1/78, Übereinkommen über den Objektschutz von Kernmaterial, Slg. 1978, 2151, Rn. 35. Dazu s. o. unter 3. Teil B. I. 3. b). 402 s. o. unter 2. Teil C. II. A. A. wohl Koutrakos, CML Rev. 2004, 191 (200): „[. . .] it is also in the interest of the Community to have its competences declared accurately in the international conventions to which it accedes.“ Sollte sich Koutrakos lediglich auf Fälle beziehen, in denen ohnehin eine Kompetenzerklärung abzugeben ist, ist ihm zuzustimmen. Schließlich würde eine falsche Erklärung die Zusammenarbeit nur erschweren. Sollte er jedoch der Ansicht sein, eine Offenlegung der Kompetenzverteilung sei stets von Vorteil für die EG, ist dies nur schwerlich nachzuvollziehen. Schließlich wird durch die gemeinsame Beteiligung gerade erreicht, dass die genaue Kompetenzverteilung nur im Konfliktfall überhaupt eine Rolle spielt. 400
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Ferner ist bedenklich, dass Björklund den Grundsatz von Treu und Glauben zu Lasten der Vertragspartner anwendet. Geht man nämlich von einer getrennten Bindungswirkung aus, besteht aus Sicht der Drittstaaten eine äußerst unsichere Rechtslage. Da diese oftmals nicht wissen, ob im konkreten Fall nun die EG oder die Mitgliedstaaten zuständig sind, würden sie ihren eigentlichen Vertragspartner nicht kennen. Björklund verwehrt in dieser Situation den Drittstaaten eine Wahlmöglichkeit zwischen EG und Mitgliedstaaten und legt ihnen stattdessen eine Erkundigungspflicht auf, die er mit Hilfe des allgemeinen Vertrauensgrundsatzes begründet. Dem kann nicht gefolgt werden. In aller Regel drängt nämlich die Gemeinschaftsgruppe gegenüber den Drittstaaten darauf, ihr die Regelung der Kompetenzteilung als Gemeinschaftsinterna zu überlassen. Dann ist es aber nur konsequent, dass die Gemeinschaftsgruppe auch die daraus resultierenden rechtlichen Unsicherheiten auszugleichen hat. Dies kann auf Haftungsebene nur durch eine gemeinsame Haftung in hinreichender Weise geschehen, würde die Gemeinschaftsgruppe doch widersprüchlich handeln, wenn sie einerseits von den Drittstaaten fordern würde, die Kompetenzteilung als Interna behandeln zu können, sich andererseits aber im Haftungsfall auf eben diese Kompetenzteilung beriefe.403 Es geht also letztlich um eine Abwägung zwischen dem Vertrauen der Vertragspartner in die Erfüllung der von der Gemeinschaftsgruppe eingegangenen Verpflichtungen einerseits sowie dem Interesse der EG bzw. der Mitgliedstaaten, nicht für ein Fehlverhalten des anderen Teils der Gemeinschaftsgruppe in Anspruch genommen zu werden, andererseits.404 Ist es aber die Gemeinschaftsgruppe, die angesichts der Komplexität der EGKompetenzordnung die rechtlichen Unsicherheiten erst verursacht, muss das berechtigte Vertrauen der Drittstaaten in die Sicherstellung der Abkommenserfüllung auch bei gemischten Abschlüssen überwiegen. Es entspricht daher dem allgemeinen Vertrauensgrundsatz, wenn sowohl EG und Mitgliedstaaten umfassend gegenüber ihren Vertragspartner als Anspruchsgegner zur Verfügung stehen.405 Letztlich wäre die Bejahung einer Erkundigungspflicht mit erheblichen praktischen Problemen verbunden: So würde die Pflicht immer dann, wenn wegen der Komplexität der gemeinschaftsrechtlichen Kompetenzordnung ohnehin keine eindeutige Stellungnahme möglich ist, ins Leere laufen. Zudem bleibt of403 Sie würde also gegen den Grundsatz des venire contra factum proprium verstoßen; vgl. Tomuschat, in: O’Keeffe/Schermers, 125 (130); Groux/Manin, S. 150; Flemisch, S. 33. Streinz kommt zum selben Ergebnis, begründet aber die umfassende Bindungswirkung nicht mit Hinweis auf eine Abwägung der berechtigten Interessen der beteiligen Völkerrechtssubjekte, sondern anhand des einheitliches Auftretens von EG und Mitgliedstaaten bei den Vertragsverhandlungen. Da die Kommission in der Regel auch über den mitgliedstaatlichen Teil des gemischten Abkommens verhandele, müssten sich die Mitgliedstaaten diese Einheitlichkeit des Auftretens zurechnen lassen; Streinz, Rn. 488. 404 Herrmann, in: Bauschke, 139 (156 f.). 405 Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 300, Rn. 31.
E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen
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fen, welchen konkreten Inhalt die Erkundigungspflicht haben soll. Bezeichnenderweise bleiben die Befürworter einer solchen Pflicht hinsichtlich der Umsetzung derselben sehr vage.406 Mithin ist die vorgebrachte Kritik an den beiden Kernargumenten des Konzepts einer gemeinsamen Verantwortlichkeit nicht stichhaltig. dd) Die WTO-Streitbeilegungspraxis als Anwendungsfall des Grundsatzes der gemeinsamen Verantwortlichkeit Zudem lassen sich in der Praxis gemischter Abkommen zumindest Ansätze des Konzepts der gemeinsamen Verantwortlichkeit erkennen. Dabei bietet sich freilich einzig die Streitbeilegungspraxis der WTO als geeignetes Anschauungsbeispiel an, da in der Praxis der restlichen gemischten Abschlüsse nahezu keine Streitigkeiten um die richtige Erfüllung der jeweiligen Vertragspflichten zu Tage treten.407 Auf den ersten Blick scheint die dortige Praxis kaum dem Konzept einer gemeinsamen Verantwortlichkeit zu entsprechen, initiieren doch die USA in den meisten Handelsstreitigkeiten die vom DSU vorgesehen Konsultationen alleine gegen die EG. Dies ist jedoch bei genauerer Betrachtung kaum verwunderlich, da sich der Großteil der Streitfälle im Bereich des GATT abspielt408, in dem angesichts der offensichtlichen ausschließlichen EG-Zuständigkeit bereits seit 1974 in aller Regel nur die EG von ihren Handelspartnern in Anspruch genommen wird.409 Ebenso widersprüchlich scheint es aber, dass die USA in anderen Konfliktfällen im Bereich des GATT, allen voran in DS 127–131 sowie DS 210, alleine gegen einzelne EG-Mitgliedstaaten vorgegangen ist.410 Doch ist auch diesem Verhalten keineswegs eine bestimmte Aussage hinsichtlich der Bindungswirkung der WTO-Übereinkünfte zu entnehmen. Vielmehr handelt es sich dabei in aller Regel um Streitigkeiten über nationale Maßnahmen der EG-Mitgliedstaaten im Bereich des GATT, bei denen die Inanspruchnahme des Mitgliedstaates anstelle der EG als ein „Versuchsballon“ dahingehend anzusehen 406 Björklund spricht von einer „duty, although limited in scope“, ohne jedoch diese Einschränkungen näher zu erläutern, Björklund, NJIL 2001, 373 (401). Neframi nennt die Pflicht „a duty to exercise reasonable care to determine the scope of Community and Member States’ treaty making powers“, Neframi, in: Cannizzaro, 193 (200). 407 Vgl. Tomuschat, in: O’Keeffe/Schermers, 125 (132). 408 Siehe z. B. Fall DS 158 (EC – Regime for the Importation, Sale and Distribution of Bananas) v. 20.01.1999 sowie Fall DS 104 (EC – Measures Affecting the Exportation of Processed Cheese) v. 08.10.1997. 409 Vgl. Eckert, ZLR 1995, 363 (390). 410 So z. B. in den Fällen DS 127–131 v. 05.05.1998 (Certain Income Tax Measures Constituting Subsidies) gegen Belgien, die Niederlande, Griechenland, Irland und Frankreich sowie in Fall DS 210 v. 12.10.2000 gegen Belgien (Administration of Measures Establishing Customs Duties for Rice).
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
ist, eventuelle Vorteile daraus zu gewinnen, dass der in Anspruch genommene Mitgliedstaat in Fragen der WTO-Streitbeilegung in der Regel weniger versiert ist als die Kommission.411 Bezeichnenderweise ist es in Fall DS 210, der ursprünglich alleine gegen Belgien initiiert wurde, letztlich auf Gemeinschaftsseite nur die Kommission, die mit den USA eine einvernehmliche Regelung zur Beilegung des Konflikts abschließt.412 Ähnlich wurde hinsichtlich der Fälle DS 127–131 zwischen der Kommission und den USA vereinbart, dass aufgrund der hinsichtlich des Streitgegenstandes bestehenden ausschließlichen EG-Kompetenz alleine die Kommission als geeigneter Ansprechpartner auf Gemeinschaftsseite in Frage kommt.413 Andererseits aber scheint gerade das Beharren der Kommission auf einer alleinigen Vertretung der EG im Rahmen der Streitbeilegung wiederum gegen eine am Konzept der gemeinsamen Verantwortlichkeit ausgerichtete Übung zu sprechen. Schließlich hätte es zur Befolgung desselben genügt, dass die Kommission im Rahmen der Streitbeilegung neben die Mitgliedstaaten getreten wäre. Eine solche Schlussfolgerung ginge jedoch zu weit: Vielmehr war aus Gemeinschaftssicht in allen Situationen eine eindeutige EG-Kompetenz gegeben, die es aus Sicht der Kommission nach außen hin zu verteidigen galt. Dementsprechend begründete die Kommission im Rahmen der Streitbeilegung im sog. LAN-Fall, in dem die USA angesichts der ausschließlichen EG-Zuständigkeit zunächst alleine gegen die EG vorgegangen ist, im weiteren Verlauf aber auch Panel-Verfahren gegen Irland und das Vereinigte Königreich initiierte, ihre alleinige Vertretungsbefugnis u. a. wie folgt: „The EC was ready to assume its international obligations, but was not ready to allow an attack on its constitution in the WTO“.414 Die gemeinsame Verantwortlichkeit soll schließlich nicht die Kompetenzteilung gänzlich auflösen, sondern lediglich die Rechtssicherheit aller Beteiligten erhöhen. In der Streitbeilegungspraxis im Bereich des GATT findet der Grundsatz der gemeinsamen Verantwortlichkeit daher weder Bestätigung noch Widerspruch.
411 Cottier, CML Rev. 1998, 325 (355); Billiet, EFA Rev. 2005, 197 (199). Siehe auch Baroncini, YEL 1998, 157 (215). 412 WTO doc. WT/DS210/6 V. 02.01.2002 (Belgium – Administration of Measures Establishing Customs Duties for Rice). 413 Baroncini, YEL 1998, 157 (215). 414 WTO doc. WT/DS62/R, para. 4.15. Im sog. LAN (Local Area Network)-Fall, dem ein Streit zwischen den USA und der EG über die Höhe der für bestimmte Computerteile zu erhebenden Einfuhrzölle zugrunde lag, sind die USA im Rahmen des WTO-Streitbeilegungssystems sowohl gegen die EG als auch gegen Irland und das Vereinigte Königreich vorgegangen, wobei den beiden daraufhin initiierten Panel-Verfahren teilweise identische Streitgegenstände zugrunde lagen. Die EG hat jedoch darauf gedrängt, dass ausschließlich die Gemeinschaft und nicht die ursprünglich von den USA angegriffenen Mitgliedstaaten Irland und Großbritannien als richtige Streitpartei in Betracht kommt. Siehe zum LAN-Fall auch Baroncini, YEL 1998, 157 (214); Heliskoski, S. 178 ff.
E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen
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Im Bereich des TRIPs ist dies jedoch anders. Die dortige Streitbeilegungspraxis spiegelt eindeutig das Konzept der gemeinsamen Haftung wider: Anders als bei der Handelspolitik ist in Bezug auf das TRIPs für Drittstaaten nämlich kaum erkennbar, ob bzw. inwieweit eine bestimmte Handlung eines EG-Mitgliedstaates aufgrund von Harmonisierungsmaßnahmen bereits gemeinschaftsrechtlich geregelt wird. Dementsprechend haben die USA in zwei Fällen die Eröffnung von Streitbeilegungsverfahrenen zugleich gegen die EG sowie gegen das eigentlich handelnde EG-Mitglied beantragt.415 Interessanterweise bilden aber in beiden Fällen die Maßnahmen Irlands bzw. Griechenlands den alleinigen Anknüpfungspunkt für die Beschwerden. In den beiden gegen die EG gerichteten Schriftsätzen weisen die USA nicht auf einen eigenen Rechtsverstoß der EG hin, sondern wiederholen wortgleich die Passagen der gegen Irland bzw. Griechenland gerichteten Schreiben, in denen die jeweilige Rechtsverletzung durch nationale Maßnahmen dargestellt wird. Die Verpflichtung der EG ergebe sich dagegen bereits aus ihrer Teilnahme am TRIPs.416 Eine eigene Rechtsverletzung durch die EG ist also aus Sicht der USA für ihre Inanspruchnahme neben den Mitgliedstaaten nicht erforderlich. Vielmehr sind mithin EG und Mitgliedstaaten gemeinsam und umfassend für die Erfüllung des TRIPs verantwortlich. ee) Schlussfolgerungen Liegt also keine ausdrückliche Bindungsverteilung vor, sind EG und Mitgliedstaaten den Vertragspartnern gegenüber gemeinsam verantwortlich. Die Reaktion der EG im Rahmen der WTO-Streitbeilegung auf eine – aus Gemeinschaftssicht – ungerechtfertigte Inanspruchnahme der Mitgliedstaaten anstelle der EG in Bereichen ausschließlicher EG-Zuständigkeit macht jedoch deutlich, dass das Konzept der gemeinsamen Verantwortlichkeit dabei in erster Linie in den Bereichen geteilter Kompetenzen von besonderer Bedeutung ist, kann dort doch ohne rechtliche Unsicherheit zu Lasten der Drittstaaten eine Kompetenzkonkretisierung auf Gemeinschaftsseite vermieden werden.
415 Siehe einerseits die Fälle DS 82 (Ireland – Measures Affecting the Grant of Copyright and Neighbouring Rights) und DS 115 (EC – Measures Affecting the Grant of Copyright and Neighbouring Rights) sowie andererseits die Fälle DS 124 (EC – Enforcement of Intellectual Property Rights for Motion Pictures and Television Programs) und DS 125 (Greece – Enforcement of Intellectual Property Rights for Motion Pictures and Television Programs). Beide Fälle wurden letztlich einvernehmlich gelöst, vgl. WTO doc. WT/DS115/3 v. 13.09.2002 sowie WT/DS124/1 v. 26.03.2001. 416 So heißt es in dem gegen die EG gerichteten WTO doc. WT/DS115/1 v. 06.01.1998: „All members of the [WTO] are obligated to provide copyright and neighbouring rights in accordance with [. . .]. Ireland appears not to grant copyright and neighbouring rights in accordance [. . .].“ Siehe ebenso in WTO doc. WT/DS124/1 v. 07.05.1998.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
b) Das „Wie“ der gemeinsamen Haftung der Gemeinschaftsgruppe Weder GA Jacobs noch der EuGH selbst führen jedoch aus, was konkret unter dem Konzept einer „gemeinsamen Verantwortlichkeit“ zu verstehen ist. Aus dem verwendeten Begriff der „gemeinsamen Verantwortlichkeit“ kann lediglich gefolgert werden, dass ein Haftungsfall stets die gesamte Gemeinschaftsgruppe betrifft. aa) Keine kumulative Haftung der Gemeinschaftsgruppe Außer Frage steht, dass die gemeinsame Verantwortlichkeit nicht zu einer kumulativen Haftung, d.h. nicht zu einer Verdopplung der Vertragspflichten, führt. Weder in ÜWTO, FAOV, SRÜ noch in den anderen Beispielen gemischter Abschlüsse ist das Kumulationsverbot allerdings ausdrücklich statuiert.417 Doch auch ohne ausdrückliche vertragliche Bindungsverteilung gebieten es der völkerrechtliche Gleichheits- sowie der Vertrauensgrundsatz, dass die gemeinsame Beteiligung angesichts der gemeinschaftsinternen Kompetenzteilung lediglich dazu führen kann, dass die Gemeinschaftsgruppe zwar gemeinsam als Anspruchsgegner zur Verfügung steht, der jeweilige Vertragspartner von EG und Mitgliedstaaten die Erfüllung einer konkreten vertraglichen Pflicht aber nur einmal fordern kann. Das Kumulationsverbot ist ein weitere, materiellrechtliche Folge des Alternativitätsgrundsatzes, der sowohl für die formell- wie die materiellrechtliche Rechtsposition der Gemeinschaftsgruppe anwendbar ist.418 Schließlich greift dieser – will er das Gleichheitsgebot, insbesondere das Gleichgewicht zwischen Rechten und Pflichten wahren – nicht nur hinsichtlich der Einschränkung der Rechts-, sondern gleichermaßen auch hinsichtlich der Pflichtenstellung der Gemeinschaftsgruppe.419 bb) Der Grundsatz der „gesamtschuldnerischen“ Verantwortlichkeit Die überwiegende Ansicht im Schrifttum420 legt die „gemeinsame“ Verantwortlichkeit als eine „gesamtschuldnerische“ aus, so dass im Konfliktfall so417 Der in Art. II Abs. 8 FAOV statuierte Alternativitätsgrundsatz spricht lediglich von den „Rechten“ einer „Member Organization“, aber nicht von ihren Pflichten. Ebenso Art. 4 Abs. 3 Anlage IX SRÜ, wonach eine Organisation in ihrem Zuständigkeitsbereich „die Rechte aus[übt], die sonst ihren Mitgliedstaaten, die Vertragsstaaten sind, zukommen würden“. Allerdings ist zu beachten, dass eine kumulative Haftung im Rahmen des SRÜ ohnehin bereits deswegen ausscheidet, da die Parteistellung von EG und Mitgliedstaaten gem. Art. 4 Abs. 2 Anlage IX auf die eigenen Zuständigkeitsbereiche beschränkt ist. 418 Vgl. wiederum Art. II Abs. 8 FAOV, wonach generell von den „Mitgliedschaftsrechten“ gesprochen wird. 419 s. o. unter 4. Teil C. II. 3. a).
E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen
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wohl die EG als auch jeder Mitgliedstaat in voller Weise im völkerrechtlichen Außenverhältnis dem Erfüllungs- bzw. Haftungsanspruch einer anderen Vertragspartei ausgesetzt sein können.421 Der Drittstaat kann demnach entweder gleichzeitig gegen die EG und die Mitgliedstaaten oder alleine gegen die EG bzw. die Mitgliedstaaten vorgehen.422 Im Umkehrschluss kann die EG gegenüber einer Vertragspartei auch die Nichterfüllung derjenigen Teile eines gemischten Abkommens anmahnen, welche in die mitgliedstaatliche Zuständigkeit fallen.423
420 Gaja, in: O’Keeffe/Schermers, 133 (137); Rosas, in: Koskenniemi, 125 (142); Kempen, in: FS Hahn, 417 (423); Schweitzer/Hummer, Rn. 670; Flemisch, S. 37 f.; wohl auch Groux/Manin, S. 150. 421 Das Konzept der „Gesamtschuld“, also volle Haftung gegenüber dem Anspruchsberechtigten und Ausgleichsanspruch im Innenverhältnis, ist der völkerrechtlichen Praxis nicht fremd. So wird in Art. 6 Abs. 2 Anlage IX SRÜ der Begriff der gesamtschuldnerischen Haftung im Zusammenhang mit der völkervertraglichen Verantwortlichkeit von internationalen Organisationen und ihren Mitgliedstaaten verwendet, wenn diese gleichzeitig Mitglieder des Übereinkommens sind. Art. 6 Abs. 2 lautet wie folgt: „Jeder Vertragsstaat kann eine internationale Organisation oder ihre Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind, um Auskunft ersuchen, wem für eine bestimmte Angelegenheit die Verantwortlichkeit zukommt. Die Organisation und die betreffenden Mitgliedstaaten müssen diese Auskunft erteilen. Das Nichterteilen der Auskunft innerhalb einer angemessenen Frist oder das Erteilen widersprüchlicher Auskünfte hat die gesamtschuldnerische Haftung zur Folge“. Ferner geht der IGH im Fall Certain Phosphate Lands in Nauru (Nauru gegen Australien) v. 26.06.1992 davon aus, dass, begehen mehrere Staaten gemeinsam eine unerlaubte Handlung, jeder Staat gegenüber dem geschädigten Drittstaat voll für den verursachten Schaden einstehen muss und Ausgleichsansprüche lediglich im Innenverhältnis bestehen. Im konkreten Fall musste Australien gegenüber Nauru vollumfänglich für den durch den Phosphatabbau entstandenen Schaden einstehen, auch wenn womöglich noch zwei weitere Staaten, nämlich Neuseeland und das Vereinigte Königreich, an der Schadensentstehung beteiligt waren. Siehe I.C.J. Reports 1992, S. 240 (258 f.). 422 Neframi, in: Cannizzaro, 193 (203 und 205); Groux/Manin, S. 150; Cottier, CML Rev. 1998, 325 (354). 423 Gaja, in: O’Keeffe/Schermers, 133 (137). Ebenso von einer Parallelität des Konzepts der gemeinsamen Verantwortlichkeit im Falle der aktiven wie der passiven Verantwortlichkeit Bleckmann, in: O’Keeffe/Schermers, 155 (165), wonach „[. . .] the unity of the obligations of the EEC and all its Member States which leads to the solution that this unity [. . .] is responsible for all activities of all the EEC and its Member States must lead to the reverse solution that this unity may invoke a reason for the suspending or nullifying of a mixed agreement which exists only in the person of one Member State“. Die Frage nach dem richtigen Anspruchsteller im Falle eines Haftungsanspruchs der Gemeinschaftsgruppe wird weitaus weniger oft diskutiert als die Problematik der passiven Verantwortlichkeit. Heliskoski, FYIL 1996, 59 (93) ist der Ansicht, dass insoweit zumindest teilweise auf die Verordnung (EG) Nr. 3286/94 des Rates v. 22.12.1994 (zur Festlegung der Verfahren der Gemeinschaft im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Gemeinschaft nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln) abgestellt werden könne. Diese VO regelt, auf welche Weise die Rechte der Gemeinschaftsgruppe, gegen Handelshemmnisse vorzugehen, ausgeübt werden sollen. Nach Art. 5 Abs. 1 der VO ist zunächst ein Antrag bei der Kommis-
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Die Auslegung der „gemeinsamen“ als eine „gesamtschuldnerische“ Haftung ist nur allzu konsequent, entspricht sie doch vollständig den durch das Konzept der gemeinsamen sowie dem Verbot einer kumulativen Haftung gesetzten Vorgaben: So ist mit einer gesamtschuldnerischen Haftung keinerlei Kumulierung bzw. Erhöhung der Verantwortlichkeit der Gemeinschaftsgruppe verbunden, da der Haftungsanspruch des Drittstaates gegenüber sämtlichen Mitgliedern der Gemeinschaftsgruppe erlischt, sobald die anspruchstellende Vertragspartei die Primär- bzw. die Sekundärleistung vollständig erhalten hat. Insoweit ist die theoretisch mögliche Anzahl von 26 Anspruchsgegnern irrelevant. Zudem ist es für die Erfüllungswirkung unerheblich, welcher Teil der Gemeinschaftsgruppe leistet. Dies bleibt eine primär innergemeinschaftliche Angelegenheit, die sich alleine nach der internen Kompetenzteilung richten kann. Auch aus der Sicht der Drittstaaten führt eine gesamtschuldnerische Haftung nicht zu einer Verletzung der Gebote der Rechtsicherheit und -klarheit, schließlich ist es für den Vertragspartner unschädlich, seinen Anspruch an den innergemeinschaftlich unzuständigen Teil der Gemeinschaftsgruppe zu richten, denn völkerrechtlich sind sämtliche Mitglieder der Gemeinschaftsgruppe gerade gleichermaßen verantwortlich. cc) Das Gegenkonzept einer „Kollektivhaftung“ Das Verständnis der gemeinsamen als eine gesamtschuldnerische Haftung ist dennoch nicht unkritisiert geblieben: So bezweifeln MacLeod/Hendry/Hyett, dass dem Konzept der gemeinsamen Verantwortlichkeit eine volle Verantwortlichkeit aller Mitglieder der Gemeinschaftsgruppe innewohnt: „It is unlikely that the Community and the Member States can be held to be jointly and severally liable for all the obligations in the agreement, so that an aggrieved third party would be entitled to seek full satisfaction from any of the Member States of the Community“.424 Allerdings bleiben die Autoren bei der Konkretisierung eines alternativen Konzepts äußerst vage: „But it seems that in some sense the performance of obligations under a mixed agreement is (unless the agreement provides to the contrary) a matter for the Member States and the Community together, not for each separately“. Aus diesen Ausführungen kann alleine gefolgert werden, dass sich ein Vertragspartner im Konfliktfall nicht gleichzeitig gegen alle Mitglieder der Gemeinschaftsgruppe in deren jeweiliger Eigenschaft als Völkerrechtssubjekt wenden könnte. Gegen wen der Vertragspartner aber im Gegenzug tatsächlich vorgehen kann, bleibt offen.
sion vorgesehen, dem ein Untersuchungsverfahren folgt (Art. 8), was letztlich zur Anwendung handelspolitischer Maßnahmen (Art. 12) führen kann. 424 MacLeod/Hendry/Hyett, S. 159. Zustimmend Leal-Arcas, EFA Rev. 2001, 483 (497).
E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen
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Allerdings kommen im Grunde nur zwei mögliche Varianten zur Gesamtschuld in Frage: Zum einen könnten die Autoren auf eine Beschränkung dahingehend abzielen, dass sich der Vertragspartner anstelle von EG bzw. Mitgliedstaaten stets gegen die Gemeinschaftsgruppe als solche wenden müsste.425 Um aber die gleichzeitige Haftung der einzelnen Mitglieder der Gemeinschaftsgruppe ausschließen zu können, müsste der Gemeinschaftsgruppe als solche eine eigenständige rechtliche Bedeutung dergestalt zukommen, dass sie eben gerade nicht nur aus der Summe der ihr zugehörigen Völkerrechtssubjekte besteht. Es ist jedoch nicht ersichtlich, aus welcher Rechtsquelle sich diese „Quasi-Rechtspersönlichkeit“ der Gemeinschaftsgruppe speisen sollte. Die zweite Variante ist eine Modifizierung der Verpflichtungssituation auf Gemeinschaftsseite dahingehend, dass EG und Mitgliedstaaten den Vertragspartnern nicht mehr in jedem Fall einzeln als Verpflichtende gegenüberstehen. Stattdessen bliebe den Vertragspartnern in bestimmten haftungsrechtlichen Konstellationen nur die Möglichkeit, gleichzeitig gegen die EG und die betroffenen Mitgliedstaaten vorzugehen. In der Praxis lassen sich zwei Anzeichen einer solchen „Verpflichtungsverschmelzung“ aufzeigen: Einerseits entsprechen die Streitbeilegungsvorschriften einiger gemischter Abkommen mit bilateralem Charakter dem Verschmelzungsansatz. So sieht z. B. Art. 109 § 4 des Europaabkommens mit Rumänien ausdrücklich vor, dass im Rahmen des Schiedsverfahrens EG und Mitgliedstaaten als eine einzige Partei anzusehen sind.426 Dem ist freilich entgegenzuhalten, dass einer schiedsverfahrensrechtlichen Regelung nicht per se auch eine haftungs- und damit materiellrechtliche Aussage entnommen werden kann. Ferner wäre eine ausdrückliche Regelung gar nicht notwendig, wenn von einem generellen Grundsatz der Kollektivhaftung auszugehen wäre. Vermeintliche Hinweise für eine „Verpflichtungsverschmelzung“ finden sich andererseits aber auch in der WTO-Streitbeilegungspraxis zum GATS und zum TRIPs: So hat die USA in diesen Bereichen bereits mehrfach Konsultationsverfahren i. S. v. Art. 4 DSU alleine gegen den jeweils handelnden EG-Mitgliedstaat initiiert, ohne die Kommission als Vertreterin der EG mit einzubeziehen.427 Die Kommission hat jedoch stets auf eine eigenständige Teilnahme an den Konsultationen bestanden und diese letztlich auch immer durchgesetzt.428 425 Der Vertragspartner könnte also z. B. im Rahmen des WTO Streitbeilegungsmechanismus nicht die Einsetzung eines Panel-Verfahrens mit 28 Verfahrensgegnern (die EG und ihre 27 Mitgliedstaaten) beantragen, sondern lediglich gegen die „Gemeinschaftsgruppe“ vorgehen. Ähnlich Stein, der darauf hinweist, dass als Forderung gegenüber der gesamten Gemeinschaftsgruppe auch gewertet werden müsse, wenn der Vertragspartner nur die Gemeinschaft oder nur die Mitgliedstaaten in Anspruch nimmt, da die Frage „wer den Anspruch befriedigen darf und muss, [. . .] sich nach der internen Kompetenzverteilung“ richtet; Stein, S. 160 f. 426 ABl. Nr. L 357 v. 31.12.1994, S. 1 ff. Vgl. Stein, S. 43, Fn. 172, der acht Abkommen mit ähnlichen Klauseln nennt.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
In einem weiteren TRIPs-Fall, in dem die USA zunächst mit wortgleichen Anträgen gleichzeitig die Einsetzung von zwei eigenständigen Panels gegen Irland und gegen die EG initiiert hatte429, beantragte die Kommission daraufhin, beide Verfahren zusammenzulegen, da diese identische Streitgegenstände besitzen würden und ein einheitliches Verfahren der „internen Organisation der Gemeinschaften und ihrer Mitgliedstaaten hinsichtlich des TRIPS-Abkommens entsprechen würde“.430 Die USA stimmte der Zusammenfassung mit dem Hinweis zu, durch diesen Schritt auf keinerlei Rechte verzichten zu wollen.431 Letztlich treten im Bereich von GATS und TRIPs die EG und ihre Mitgliedstaaten stets gemeinsam als Beschwerdeführer auf, obgleich das Verfahren formell nur durch die EG beantragt wird.432 Sämtlichen genannten Beispielen ist zweierlei gemein: Zum einen war die Kommission stets darum bemüht, dass die Gemeinschaftsgruppe gemeinsam auftritt, sei es als Anspruchsteller oder -gegner. Zum anderen ist dieses Bemühen auf die Bereiche von GATS und TRIPs begrenzt, also auf Politikbereiche, die sich (noch) nicht in ausschließlicher Gemeinschaftskompetenz befinden.433 Es könnte also gefolgert werden, dass in Bereichen geteilter gemeinschaftsinterner Zuständigkeiten eine „Verschmelzung“ der Bindungswirkung gemischter Abkommen dergestalt stattfindet, dass die Vertragspartner nur noch gemeinsam gegen die Mitglieder der Gemeinschaftsgruppe, also gegen die EG und die jeweils betroffenen Mitgliedstaaten, vorgehen können. Dem ist jedoch zu widersprechen: So ist bereits zweifelhaft, ob dem gemeinsamen prozessualen Vorgehen der Gemeinschaftsgruppe überhaupt der Wunsch nach einer „Verschmelzung“ der beiderseitigen Verpflichtungen inne wohnt. Pri427 Siehe z. B. die Fälle DS 80 (Belgium – Measures Affecting Commercial Telephone Directory Services) sowie DS 83 (Denmark – Measures Affecting the Enforcement of Intellectual Property Rights). 428 Vgl. Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (213). 429 Fälle DS 82 und 115; s. o. unter 4. Teil E. I. 1. a) dd). 430 Wörtlich heißt es: „[. . .] corresponded to the internal organization of the Communities and their member States regarding [. . .] the TRIPS Agreement“; WTO doc. WT/DSB/M/41 v. 26.02.1998, item. 4. 431 Vgl. Heliskoski, S. 185. Die Angelegenheit wurde schließlich zwischen den Parteien einvernehmlich geregelt, ohne dass es tatsächlich zu einem Panel-Verfahren gekommen wäre, vgl. WTO doc. WT/DS82/3 v. 13.09.2002. 432 In diesen handelt dann die „Commission on behalf of the European Communities and their Member States“; vgl. WTO doc. WT/DS79/1 v. 06.05.1997 (India – Patent Protection for Pharmaceutical and Agricultural Chemical Products). Ebenso bei DS 38 (United States – The Cuban Liberty and Democratic Solidarity Act), DS 117 (Canada – Measures Affecting Film Distribution Services) sowie DS 168 (United States – Section 337 of the Tariff Act of 1930 and Amendments Thereto). 433 Im Bereich der Gemeinsamen Handelspolitik dagegen ist es in der Regel alleine die ausschließlich zuständige EG, die als Beschwerdeführerin auftritt, so z. B. in Fall DS 321, S. WTO doc. WT/DS321/1 v. 10.11.2004 (Canada – Continued Suspension of Obligations in the EC-Hormones Dispute). s. o. unter 4. Teil E. I. 1. a) dd).
E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen
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mär verfolgt die Kommission jedenfalls andere Ziele, gewährleistet ein gemeinsames Auftreten der Gemeinschaftsgruppe während der Streitbeilegung doch die Umsetzung der vom EuGH in ständiger Rechtsprechung geforderten „geschlossenen Vertretung der Gemeinschaft“434, so dass die Kommission also nur die Vorgaben der Pflicht zur Zusammenarbeit erfüllt.435 Das gemeinsame Vorgehen setzt mithin die gemeinschaftsintern ohnehin erforderliche Koordinierung lediglich in die Praxis um bzw. macht diese erst möglich, da die Kommission auf diese Weise Zugang zu den notwendigen Informationen erhält. Ferner ist zu bedenken, dass die in den oben genannten Fällen betroffenen Bereiche des TRIPs und GATS – im Gegensatz zur gemeinsamen Handelspolitik – sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für die Kommission von unmittelbarer kompetenzrechtlicher Bedeutung sind: Während erstere oftmals selbst noch zuständig sind, folgt das Interesse der Kommission nicht nur aus der eigenen (Teil-)Zuständigkeit, sondern zudem daraus, dass der EG durch zukünftige Harmonisierungsmaßnahmen durchaus eigene Kompetenzen in diesen Bereichen zuwachsen können.436 Des weiteren würde eine Verpflichtungsverschmelzung in den Bereichen geteilter Zuständigkeiten – ähnlich wie eine von vorne herein getrennte Zuständigkeit – damit einhergehen, dass der gemeinschaftsinternen Kompetenzteilung auf völkerrechtliche Ebene entscheidende Bedeutung für die vertragliche Verpflichtungsverteilung zukäme, was weder gemeinschafts- noch völkerrechtlich gewollt ist.437 Die Kritik von MacLeod/Hendry/Hyett führt also zu keinem Alternativkonzept, dass der gesamtschuldnerischen Haftung vorzuziehen wäre. dd) Schlussfolgerungen Das vom EuGH aufgestellte Konzept der „gemeinsamen Verantwortlichkeit“ ist demnach als eine gesamtschuldnerische Verpflichtung der Gemeinschaftsgruppe zu verstehen. Eine anspruchstellende Vertragspartei kann sich also an sämtliche Mitglieder der Gemeinschaftsgruppe einzeln wenden, wobei die Pflichtenstellung der gesamten Gemeinschaftsgruppe freilich erlischt, sobald ordnungsgemäß erfüllt wurde. c) Fazit – Durchbrechung des Alternativitätsgrundsatzes Enthalten gemischte Abschlüsse keine ausdrückliche Bindungsverteilung, sind EG und Mitgliedstaaten im Sinne einer gesamtschuldnerischen Haftung gemein434 435 436 437
s. o. unter 4. Teil A. I. 2. Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (213). Heliskoski, S. 186. s. o. unter 4. Teil E. I. 1. a) cc).
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
sam verantwortlich. Dies führt zu einer – freilich gerechtfertigten – Durchbrechung des auch in materiellrechtlicher Hinsicht im Rahmen gemischter Abschlüsse bestehenden Grundsatzes der Alternativität, sind doch EG und Mitgliedstaaten gerade nebeneinander verpflichtet: Zwar greift das Alternativitätsprinzip angesichts des Kumulationsverbots im Kern noch immer, die Möglichkeit der gleichzeitigen Inanspruchnahme ist dennoch eine nicht unerhebliche Einschränkung desselben. Diese ist aber gerechtfertigt, da in Haftungsfragen die Wahl des auf Gemeinschaftsseite handelnden Mitglieds nicht – wie bei der Ausübung der Mitgliedschaftsrechte – alleine der Gemeinschaftsgruppe überlassen werden kann. Schließlich obliegt es dem betroffenen Drittstaat seine Rechte gegen die Gemeinschaftsseite geltend zu machen. Er muss den ersten Schritt tätigen, so dass bei strikter Anwendung der Alternativität der Drittstaat das Risiko einer Inanspruchnahme des unzuständigen Teils der Gemeinschaftsgruppe tragen müsste, obgleich letztere für die rechtliche Unsicherheit verantwortlich ist. Daher ist der Drittstaat bei der Anspruchstellung zwecks Gewährleistung einer hinreichenden Rechtssicherheit durch den allgemeinen Vertrauensgrundsatz und dem aus diesem fließenden Grundsatz der gemeinsamen Verantwortlichkeit geschützt. 2. Die Abgabe von Kompetenzerklärungen als Instrument der Bindungsbeschränkung bei gemischten Mitgliedschaften Eine zwischen der EG und den Mitgliedstaaten aufgeteilte völkerrechtliche Bindungswirkung eines gemischten Abkommens kann also mit den Worten des EuGH nur „vorbehaltlich der [in einem] Abkommen ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen“ gelten.438 In der Praxis jedoch enthält eine große Anzahl gemischter Abkommen sowie Mitgliedschaften entsprechende Ausnahmeregelungen, die allesamt bezwecken, die Bindungsverteilung des jeweiligen Abkommens innerhalb der Gemeinschaftsgruppe zu regulieren. Die eigentlichen Beweggründe, die zu solche Ausnahmeregelungen führen, sind oftmals unklar. Unmittelbare rechtliche Folge derselben ist die Vermeidung einer gemeinsamen Verantwortlichkeit der Gemeinschaftsgruppe. Konsequenterweise sollte sich eigentlich die Gemeinschaftsgruppe selbst, zumindest in Konstellationen mit eindeutiger Kompetenzverteilung, um das Aufnehmen von Bindungsverteilungsklauseln in gemischten Abkommen bemühen. Tatsächlich sind es aber oftmals, wie im Fall der FAO, die Drittstaaten, die der Gemeinschaftsgruppe diese aufzwingen, da sie sich dadurch ein Mehr an Rechtssicherheit sowie die Verhinderung der Besserstellung eventuell nichtbeteiligter EG-Mitgliedstaaten versprechen. Vor der Hintergrund der ohne eine Ausnahmeregelung be438
EuGH, Rs. C-316/91, 4. Lomé Abkommen, Slg. 1994, I-624, Rn. 29.
E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen
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stehenden gemeinsamen Verantwortlichkeit erscheint die Notwendigkeit von Ausnahmeregelungen indes von vorne herein als sehr fragwürdig. a) Die verschiedenen Modelle der Bindungsverteilung In gemischten Abkommen finden sich verschiedene Regelungsinstrumente, eine Bindungsverteilung innerhalb der Gemeinschaftsgruppe zu erreichen. aa) Einschränkungen im Wortlaut Vereinzelt finden sich Abkommen, in denen die Bindungsverteilung bereits anhand des Wortlauts der konkreten Vertragsvorschriften möglich ist. So wird z. B. im Protokoll von 1973 zum Kooperationsabkommen mit dem Libanon439 nicht von „Vertragsparteien“ gesprochen, sondern die EG bzw. die Mitgliedstaaten werden in den einzelnen Vorschriften stets ausdrücklich genannt. Derartige Formulierungen sind jedoch auf wenige, ihrem Charakter nach bilaterale, gemischte Abkommen beschränkt geblieben.440 Dies ist nur allzu verständlich, erscheint es doch kaum realistisch, dass sich die Drittstaaten im Rahmen eines multilateralen Abkommens auf eine derart offensichtliche Ungleichbehandlung der Gemeinschaftsgruppe einerseits und der übrigen Vertragsstaaten andererseits einlassen würden. Zudem ist diese Ausnahmelösung bei komplexeren Regelungswerken schlicht unpraktikabel, da sie voraussetzt, dass jede Vertragsvorschrift stets eindeutig einem Teil bzw. der gesamten Gemeinschaftsgruppe zurechenbar ist. bb) Trennungsklauseln Das praktisch bedeutsamere Ausnahmeinstrument ist daher die sog. „Bindungsverteilungsklausel“ bzw. „Trennungsklausel“. In diesen Fällen enthalten die eigentlichen Vertragsbestimmungen keinerlei besondere Regelungen für die Gemeinschaftsgruppe, sondern sprechen stets von den „Vertragsparteien“, etc. im Allgemeinen. Es existiert jedoch eine zentrale Norm, die bestimmt, dass sich die Anwendbarkeit des Abkommens hinsichtlich der Gemeinschaftsgruppe nach der gemeinschaftsinternen Zuständigkeitsverteilung richtet, also unter der „Vertragspartei“ in einer bestimmten Vorschrift je nach gemeinschaftsinterner Zuständigkeit entweder die EG oder die Mitgliedstaaten verstanden werden. Dieses Regelungsmodell findet sich vornehmlich in verschiedenen Assoziierungs- und Kooperationsabkommen dergestalt, dass die Zuständigkeitsverteilung 439
ABl. Nr. L 244 v. 31.08.1973, S. 2. Für weitere Beispiele einer Bindungsverteilung im Wortlaut siehe Stein, S. 39 ff. und 94 ff. Siehe dazu Tomuschat, in: O’Keeffe/Schermers, 125 (127 ff.). 440
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
anhand der Bestimmungen des EGV erfolgt.441 Multilaterale gemischte Abkommen enthalten Trennungsklauseln in dieser Form dagegen nur in seltenen Fällen, so z. B. das Übereinkommen über die weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung in Art. 16 Abs. 2.442 Auch dies ist kaum verwunderlich, ist aus Sicht der Vertragspartner aus dem Abkommen selbst, trotz der Trennungsklausel, weiterhin in keiner Weise ersichtlich, welcher Teil der Gemeinschaftsgruppe nun für welche Vorschrift in Anspruch genommen werden kann. cc) Trennungsklauseln i.V. m. der Abgabe einer Kompetenzerklärung Das völlige Außerachtlassen der innergemeinschaftlichen Zuständigkeitsverteilung bot jedoch aus der Sicht mancher Drittstaaten gerade im Hinblick auf politisch kontroverse sowie rechtlich komplexere Regelungsinstrumente ebenso wenig eine befriedigende Lösung. Während der Verhandlungen der dritten VNSeerechtskonferenz, die letztlich zum Abschluss des SRÜ v. 10.12.1982 führten443, wurde im Hinblick auf die zukünftige, gemeinsame Mitgliedschaft der Gemeinschaftsgruppe das Instrument der Trennungsklausel daher um einen Aspekt erweitert: Anstelle des Rückgriffs auf die Gemeinschaftsverträge zur Feststellung der Zuständigkeitsverteilung wurde die Gemeinschaftsgruppe gem. Art. 2 S. 2 i.V. m. Art. 5 Abs. 1 und 2 der Anlage IX zum SRÜ verpflichtet, zum Zeitpunkt des Beitritts zum SRÜ eine „Erklärung“ abzugeben, „in der die durch dieses Übereinkommen geregelten Angelegenheiten im einzelnen aufgeführt sind, für die der Organisation von ihren Mitgliedstaaten, die Vertragsstaaten sind, Zuständigkeit übertragen worden ist“ (Art. 5 Abs. 1) bzw. „für die [ein Mitgliedstaat einer internationalen Organisation] der Organisation Zuständigkeit übertragen hat“ (Art. 5 Abs. 2).444 Soweit keine Zuständigkeitserklärung zugunsten einer Organisation abgegeben wurde, wird weiterhin von der mitgliedstaatlichen Zuständigkeit ausgegangen (Art. 5 Abs. 4). Weiterhin hat die Gemeinschaftsgruppe gem. Art. 5 Abs. 4 „alle Änderungen in der Verteilung der Zuständigkeit“ mitzuteilen. Folgerichtig sind EG bzw. Mitgliedstaaten nur insoweit „für die Nichterfüllung von Verpflichtungen und für alle sonstigen Verstöße gegen dieses Übereinkommen verantwortlich“, als dass sie „nach Art. 5 dieser Anlage Zuständigkeit besitzen“ (Art. 6 Abs. 1). Zu beachten ist, dass es auch, wenn die Bindungswirkung eigentlich festgelegt ist, zu einer gemeinsamen Verantwortlichkeit auf Seiten der Gemeinschaftsgruppe kommen kann. Ist nämlich für einen Drittstaat trotz der generellen Kompetenzerklärung nicht klar, welcher Teil der Gemeinschaftsgruppe „für eine bestimmte Angelegenheit“ zu441
Siehe die entsprechende Aufzählung der Abkommen bei Stein, S. 39. ABl. Nr. L 171 v. 27.06.1981, S. 25. Weitere Beispiele bei Stein, S. 39 f. 443 ABl. Nr. L 179 v. 23.06.1998, S. 3 ff. 444 Die entsprechende Erklärung der EG ist abgedruckt als „Anhang II“ in ABl. Nr. L 179 v. 23.06.1998, S. 3 (129). 442
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ständig ist, ist dieser berechtigt, um eine Klarstellung durch die Gemeinschaftsgruppe zu ersuchen. Kommt letztere dem Ersuchen nicht bzw. in widersprüchlicher Weise nach, hat dies die „gesamtschuldnerische Haftung zur Folge“ (Art. 6 Abs. 2). Der Inhalt der Kompetenzerklärung und nicht die tatsächliche gemeinschaftliche Kompetenzverteilung ist also das entscheidende Bindungskriterium im SRÜ. Das SRÜ-Modell einer Trennungsklausel i.V. m. der verpflichtenden Abgabe einer Kompetenzerklärung hat mittlerweile Eingang in eine Vielzahl weiterer multilateraler gemischter Abkommen gefunden, z. B. in das Wiener Übereinkommen zum Schutz der Ozonschicht445, so dass insoweit von der wohl üblichen Praxis gesprochen werden kann.446 dd) Das FAO-Modell Dementsprechend wurde das Konzept einer Trennungsklausel i.V. m. der Abgabe einer Kompetenzerklärung ebenfalls auf die Ausgestaltung der gemischten Mitgliedschaft in der FAO angewandt. Dabei folgt die Systematik der Erklärungspflicht grundsätzlich dem SRÜ-Modell: So verpflichtet Art. II Abs. 5 FAOV die EG, bei ihrem Beitritt eine grundsätzliche Erklärung über die Verteilung der Kompetenzen innerhalb der Gemeinschaftsgruppe hinsichtlich der Aufgabenbereiche der FAO abzugeben.447 Dasselbe gilt gem. Art. II Abs. 7 FAOV für jede spätere Änderung der innergemeinschaftlichen Zuständigkeitsverteilung. Soweit eine Kompetenzerklärung nicht abgegeben wird, wird auch hier weiterhin von einer mitgliedstaatlichen Zuständigkeit ausgegangen (Art. II Abs. 6 FAOV). Allerdings wurden die Erklärungspflichten der EG innerhalb der FAO erheblich erweitert: Die eintretende Organisation ist im Rahmen der FAO nicht nur zur Abgabe genereller Kompetenzerklärungen im Falle des Beitritts bzw. nach445 ABl. Nr. L 297 v. 31.10.1988, S. 8 ff. Nach dessen Art. 13 Abs. 3 bzw. Art. 14 Abs. 2 müssen internationale Organisationen bei ihrem Beitritt „den Umfang ihrer Zuständigkeiten in Bezug auf die durch das Übereinkommen [. . .] erfassten Angelegenheiten“ erklären. Siehe ebenso Art. 34 des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (ABl. Nr. L 309 v. 13.12.1993, S. 3 ff.), ferner Art. 22 des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (ABl. Nr. L 33 v. 07.02.1994, S. 11 ff.) sowie jüngst das unter dem Dach des Übereinkommens über die biologische Vielfalt vereinbarte Cartagena Protokoll über Biosicherheit (BGBl. 2003 II, S. 1506 ff.). Siehe ferner MacLeod/Hendry/Hyett, S. 160 f. sowie Heliskoski, S. 141, Fn. 73 mit weiteren Beispielen für gemischte Abkommen, die Kompetenzerklärungen verlangen. 446 Frid, EJIL 1993, 239 (250). Ebenso Sack, in: GS Grabitz, 631 (650). 447 Die Kompetenzerklärung der EG zum Anlass des Beitritts folgt weitestgehend dem entsprechenden Kommissionsentwurf; siehe ABl. Nr. C 292 v. 09.11.1991, S. 8. Eine weitere grundsätzliche Erklärung gab die EG im Oktober 1994 aus Anlass des Vertrages von Maastricht ab.
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träglicher Kompetenzänderungen verpflichtet. Weitaus folgenreicher für die Praxis ist die in Regel XLI Abs. 2 FAOVO statuierte Verpflichtung von „member organizations“, vor jeder einzelnen Sitzung eines FAO-Organs eine Kompetenzerklärung für jeden einzelnen Tagesordnungspunkt abgeben zu müssen. Die durch diese Intensivierung der Erklärungspflichten hervorgerufenen Koordinierungszwänge innerhalb der Gemeinschaftsgruppe werden durch Regel XLI Abs. 3 FAOVO verstärkt. Danach darf in Fällen, in denen eine klare Kompetenzabgrenzung für bestimmte Tagesordnungspunkte nicht möglich ist, zwar die gesamte Gemeinschaftsgruppe an der Diskussion teilnehmen (S. 1), für eine eventuelle Stimmabgabe ist jedoch wiederum ein Teil der Gemeinschaftsgruppe als alleine zuständig zu benennen (S. 2).448 b) Rechtliche Probleme von Kompetenzerklärungen Gerade die verpflichtende Abgabe von Kompetenzerklärungen wirft allerdings sowohl aus rechtlicher als auch aus praktischer Sicht eine Reihe von Schwierigkeiten auf. aa) Rechtsnatur und Rechtsfolgen von Kompetenzerklärungen Problematisch sind in erster Linie Rechtsnatur und -folgen von Kompetenzerklärungen.449 Der überwiegende Teil des Schrifttums geht davon aus, dass 448 Regel XLI Abs. 2 FAOVO lautet wie folgt: „Before any meeting of the Organization the Member Organization or its Member States shall indicate which, as between the Member Organization and its Member States, has competence in respect of any specific question to be considered in the meeting and which, as between the Member Organization and its Member States, shall exercise the right to vote in respect of each particular agenda item.“ 449 In den Fällen einer ausdrücklichen Aufteilung der Abkommensvorschriften im Wortlaut zwischen EG und Mitgliedstaaten kann indes davon ausgegangen werden, dass diese eine echte Spaltung des Abkommens in einen gemeinschaftlichen und einen mitgliedstaatlichen Teil bewirkt, so dass EG und Mitgliedstaaten auch nur soweit verpflichtet sind, wie sie ausdrücklich genannt werden. Soweit das Abkommen dementsprechend völkerrechtlich nur die Mitgliedstaaten bindet, ist es als Mitgliedstaatenabkommen anzusehen, das Bestandteil der nationalen Rechtsordnung wird und in diesem Rahmen zum Gegenstand nationaler gerichtlicher Überprüfung gemacht werden kann. In den Fokus der Gemeinschaftsgerichtsbarkeit kann dieser Abkommensteil in der Folge nur dadurch treten, dass aufgrund der dynamischen Natur des gemeinschaftlichen Integrationsprozesses der EG im Laufe der Zeit neue Kompetenzbereiche zuwachsen, die in dem Abkommen noch den Mitgliedstaaten zugewiesen sind. Erfolgt keine entsprechende Änderung des Vertrages, ist entsprechend der Rechtssprechung des EuGH innergemeinschaftlich für die Durchführung der Regelungen die EG und für deren Auslegung der EuGH zuständig. Vgl. EuGH, Rs. 21–24/72, International Fruit Company, Slg. 1972, 1219, Rn. 14/18; siehe ausführlich hierzu Stein, 189 und 191; vgl. auch Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 89; Bebr, EuR 1983, 128 (133).
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aufgrund der Abgabe einer Kompetenzerklärung die gemeinschaftliche Kompetenzverteilung derart Teil des jeweiligen gemischten Abkommens wird, dass nur noch derjenige Teil der Gemeinschaftsgruppe gegenüber dem Vertragspartner völkerrechtlich verantwortlich ist, der – dem Inhalt der Kompetenzerklärung gemäß – innergemeinschaftlich zuständig ist.450 Durch die Kompetenzerklärung würde bei dieser Betrachtungsweise also eine rechtsverbindliche Modifikation des Abkommeninhalts vorgenommen: EG wie Mitgliedstaaten wären jeweils nicht mehr an das gesamte Abkommen gebunden, sondern lediglich im Rahmen ihrer durch die Kompetenzerklärung gegenüber den beteiligten Drittstaaten festgestellten Zuständigkeitsbereiche.451 Hypothetisch könnte das betreffende Abkommen damit ohne weiteres in zwei selbständige Abkommen aufgegliedert werden.452 Die im SRÜ für die Abgabe von Kompetenzerklärungen normierten Vorschriften scheinen dieser Ansicht Recht zu geben. So heißt es in Art. 4 Abs. 2 Anlage IX SRÜ ausdrücklich: „Eine internationale Organisation ist in dem Umfang Vertragspartei dieses Übereinkommens, in dem sie in Übereinstimmung mit den in Artikel 5 dieser Anlage genannten [Kompetenzerklärungen] zuständig ist“ (Hervorhebung durch den Verfasser). Die Parteistellung der EG ist also unmittelbar mit dem Inhalt der Kompetenzerklärung verknüpft. Zweifelsohne kommt damit der Kompetenzerklärung im SRÜ die zuvor genannte rechtliche Qualität zu und führt zu einer Beschränkung der vertraglichen Bindungswirkung des SRÜ gegenüber EG und Mitgliedstaaten. Es ist jedoch fraglich, ob auch den in anderen gemischten Abkommen, allen voran im FAOV vorgesehenen Erklärungspflichten, dieselben Rechtsfolgen hinsichtlich der Parteistellung der eintretenden Organisation zukommen. Kein anderes gemischtes Abkommen enthält eine Art. 4 Abs. 2 entsprechende explizite Einschränkung der gemeinschaftlichen Parteistellung. Innerhalb der FAO z. B. stellt Regel XLI FAOVO lediglich eine rechtliche Beziehung zwischen dem Inhalt der Kompetenzerklärungen einerseits und der Verteilung der Stimmrechte innerhalb der Gemeinschaftsgruppe andererseits auf. Einen Hinweis auf einen vom Inhalt der Kompetenzerklärungen abhängigen Umfang der Parteistellung findet sich dagegen nicht. Es ließe sich daher argumentieren, dass die Regelung des Art. 4 Abs. 2 gerade nicht die Regel, sondern eine Ausnahmesituation beschreibt, Kompetenzerklärungen also im Regelfall keine Beschränkung bzw. Aufspaltung der Mitgliedschaft bewirken. So beziehen sich die oben zitierten Autoren zur Begründung ihrer Ansicht entweder ausschließlich oder in erster Linie auf die in Anlage IX des SRÜ enthaltenen Regelungen. Mit dieser These einher geht zudem, dass Simmonds bereits 1983 die Ansicht äußerte, dass Anlage IX des SRÜ ob des immensen politischen Drucks bei deren Ausarbeitung 450 Tomuschat, in: O’Keeffe/Schermers, 125 (127); Neframi, in: Cannizzaro, 193 (195); Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 300, Rn. 31; Stein, S. 94 f. 451 Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 300, Rn. 31; Stein, S. 94 f. 452 Stein, S. 95; Neframi, in: Cannizzaro, 193 (195).
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
keinesfalls als Modellbeispiel für die Behandlung gemischter Mitgliedschaften dienen, sondern allenfalls als eine Regelung sui generis betrachtet werden könne.453 Daher kann der aufgezeigten Literaturansicht nicht gefolgt werden. Vielmehr ist richtigerweise davon auszugehen, dass die EG trotz der verpflichtenden Abgabe von Kompetenzerklärungen mit dem Beitritt grundsätzlich sämtliche Rechte und Pflichten eines Mitglieds übernimmt, also ebenso umfassend an das jeweilige Abkommen gebunden ist wie in Fällen ohne bestehende Erklärungspflicht. Aufgrund des gemischten Abschlusses ist dabei zwar – wie stets bei gemischten Abschlüssen – der Grundsatz der alternativen Rechtsausübung zu beachten, so dass die EG in der Ausübung ihrer umfassenden Recht- und Pflichtenstellung sehr wohl beschränkt ist. Allerdings wird diese Einschränkung nicht erst durch die Kompetenzerklärung verursacht, sondern bereits durch den gemischten Charakter der Mitgliedschaft. Die eigentliche Bedeutung der Kompetenzerklärungen liegt dagegen alleine in der Konkretisierung des völkerrechtlich verantwortlichen Teils der Gemeinschaftsgruppe gegenüber den Drittstaaten454, führen sie doch zu einer Klarstellung der gemeinschaftsinternen Kompetenzverteilung455 dergestalt, dass der anspruchstellende Drittstaat nur noch gegen den in der Erklärung als zuständig genannten Teil der Gemeinschaftsgruppe vorgehen kann. In diesem Sinne kann die Erklärung als eine „Urkunde, die von einer oder mehrerer Vertragsparteien anlässlich des Vertragsschlusses abgefasst und von den anderen Vertragsparteien als eine sich auf den Vertrag beziehende Urkunde angenommen wurde“ gem. Art. 31 Abs. 2 lit. b) WVK für die Auslegung des jeweiligen Abkommens herangezogen werden.456 Auch unter Zugrundelegung dieses restriktiven Verständnisses würden die Kompetenzerklärungen nämlich ihrem eigentlichen Zweck, die durch die innergemeinschaftliche Kompetenzverteilung hervorgerufenen (vermeintlichen) Rechtsunsicherheiten auf Seiten der Drittstaaten zu beseitigen, voll entsprechen. So stellen Kompetenzerklärungen danach de facto nicht anderes als rechtsverbindliche Konkretisierungen des Alternativitätsprinzips dar: Durch Aufteilung der Kompetenzbereiche wird einerseits festgelegt, welchem Teil der Gemein453 „Nevertheless, Annex IX must, in my view, be regarded as sui generis. It demonstrates a very particular response to a very particular situation. It is unlikely to provide either a model for, or even a helpful illustration of, Community practice in respect of mixed agreements at large“; Simmonds, in: O’Keeffe/Schermers, 199 (201). 454 So im Ansatz bereits MacLeod/Hendry/Hyett, S. 162 sowie wohl auch Herrmann, in: Bauschke, 139 (157), letzterer allerdings mit widersprüchlichen Aussagen auf S. 156. 455 So greift auch der EuGH in der Rs. C-25/94 auf die FAO-Kompetenzerklärung zurück, um die gemeinschaftsinterne Zuständigkeitsverteilung hinsichtlich eines im Rahmen der FAO verhandelten Abkommensentwurfs festzustellen; EuGH, Rs. C-25/ 94, FAO, Slg. 1996, I-1469, Rn. 43. 456 MacLeod/Hendry/Hyett, S. 161.
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schaftsgruppe die Ausübung welcher Mitgliedschaftsrechte zustehen. Vor allem aber wird durch den Erklärungsinhalt für Klarheit über den richtigen Anspruchsgegner auf Gemeinschaftsseite gesorgt. Sofern also nach der Erklärung z. B. die EG als zuständig für eine bestimmte Sachmaterie genannt ist, haftet alleine die EG gegenüber den dritten Vertragsparteien und zwar unabhängig davon, ob innergemeinschaftlich die EG oder doch die Mitgliedstaaten zuständig wären.457 Die Gemeinschaftsgruppe ist also an ihre eigene Erklärung gebunden, da ein Zurückweisen der passiven Haftungsstellung mit dem Hinweis auf die tatsächliche gemeinschaftsinterne Kompetenzteilung (vgl. Art. 46 WVK) trotz einer entgegenstehenden Kompetenzerklärung kaum mit dem Grundsatz des guten Glaubens bei der Vertragserfüllung – in Gestalt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens – zu vereinbaren (vgl. Art. 26 WVK) ist.458 Diese haftungsrechtliche Bindungswirkung des Erklärungsinhalts gilt spiegelbildlich auch für die Drittstaaten, die sich gleichfalls an den Inhalt der jeweiligen Erklärung halten müssen und ausschließlich den in dieser als zuständig Genannten in Anspruch nehmen können. Denn angesichts der durch die Erklärung geschaffenen klaren Kompetenzlage läge wiederum ein widersprüchliches Verhalten vor. Der Grundsatz der gemeinsamen Verantwortlichkeit der Gemeinschaftsgruppe würde mithin nur noch in Situationen mit unklarer bzw. untrennbarer Kompetenzlage greifen. Zudem ist – wie Art. 6 Abs. 2 Anlage IX des SRÜ aufzeigt – der hier vertretene Lösungsweg der regelungstechnisch saubere: In den seltensten Fällen ist es die Gemeinschaftsgruppe selbst, welche die Frage der Festlegung der Zuständigkeitsverteilung im Rahmen von Verhandlungen über den Abschluss multilateraler Abkommen ins Spiel bringt, sondern es sind die beteiligen Drittstaaten, die eine solche Festlegung als Voraussetzung für einen Beitritt der EG fordern.459 Dadurch bezwecken sie in erster Linie, die aus ihrer Sicht mit einer EG-Beteiligung und deren oftmals hochkomplexen Kompetenzordnung einhergehende Rechtsunsicherheit auszugleichen.460 Geht man nun davon aus, dass die Kompetenzerklärung zu einer auf die jeweiligen Zuständigkeitsbereiche von EG und Mitgliedstaaten beschränkte Bindungswirkung führt, würde jede unklare 457
Herrmann, in: Bauschke, 139 (157); Stein, S. 127. Stein dagegen begründet das Gebundensein an die erklärte anstelle der tatsächlichen Kompetenzsituation damit, dass die „Kompetenzlosigkeit der Gemeinschaft oder der Mitgliedstaaten nicht manifest [ist] und [. . .] den Vertragspartner nicht entgegengehalten werden [kann]“; Stein, S. 127. Dem ist ebenfalls zuzustimmen, doch bedarf es einer Feststellung der fehlenden Offenkundigkeit schon nicht mehr, wenn die Berufung darauf bereits ein treuwidriges Verhalten darstellt. 459 Von der Gemeinschaftsgruppe initiierte Trennungsklauseln sind in einigen Assoziierungsabkommen enthalten. Siehe Stein, S. 40 ff. Dagegen haben vor allem bei multilateralen Abkommen, die innerhalb des VN-Systems geschlossen wurden, die Drittstaaten auf Kompetenzerklärungen bestanden. Siehe dazu auch MacLeod/Hendry/ Hyett, S. 161. 460 Vgl. Simmonds, CML Rev. 1986, 521 (526). 458
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Zuständigkeitssituation den Haftungsanspruch der Drittstaaten gänzlich in Frage stellen. Höchst problematisch sind insofern sämtliche Situationen, in denen die Kompetenzlage nicht nur unklar, sondern so komplex ist, dass weder EG noch Mitgliedstaaten als alleine Verantwortliche ausgemacht werden können. Um eine Rechtsgefährdung der Drittstaaten in solchen Situationen zu vermeiden, enthält Anlage IX der SRÜ in Art. 6 Abs. 2 konsequenterweise eine Regelung für unklare Zuständigkeitsverhältnisse: Ist die Gemeinschaftsgruppe nicht in der Lage, den für eine konkrete Angelegenheit Verantwortlichen zu nennen, haftet sie „gesamtschuldnerisch“. Anlage IX des SRÜ enthält dabei jedoch eine zweifache strukturelle Schwäche: Obgleich gem. Art. 4 Abs. 2 die EG über ihren eigenen Kompetenzbereich hinaus nicht Partei des SRÜ ist, also insoweit keinerlei völkervertraglicher Bindung unterliegt, muss sie gem. Art. 6 Abs. 2 unter bestimmten Voraussetzungen dennoch neben und sogar anstelle ihrer Mitgliedstaaten für deren Fehlverhalten gegenüber den anderen Vertragsparteien haften.461 Ferner führt Art. 4 Abs. 2 zu einer Ungleichbehandlung innerhalb der Gemeinschaftsgruppe, da ausschließlich die Mitgliedschaft der EG beschränkt wird. Beides würde vermieden, wenn man mit dem hier vertretenen Lösungsansatz Kompetenzerklärungen lediglich eine Klarstellungsfunktion für die gemeinschaftsinterne Kompetenzverteilung zuerkennt. In diesem Fall bräuchte man eine „Ausgleichsregelung“ wie Art. 6 Abs. 2 erst gar nicht, würde doch immer dann, wenn eine Klarstellung der Kompetenzsituation durch die Kompetenzerklärung nicht möglich ist, der Grundsatz der gemeinsamen Verantwortlichkeit greifen. Vor allem aber ist nur die hier vertretene restriktive Auslegung mit der bestehenden Praxis gemischter Abschlüsse vereinbar. Gerade Art. 6 Abs. 2 Anlage IX SRÜ macht nämlich deutlich, dass die, von der überwiegenden Ansicht vertretene, Auslegung von Kompetenzerklärungen als ein Instrument der Bindungsbeschränkung stets einer ausdrücklichen Normierung bedarf, will sie die zwangsläufig auftretenden Haftungslücken in unklaren Kompetenzsituationen vermeiden. Da jedoch bis auf das SRÜ kein anderes gemischtes Abkommen eine derartige Auffangnorm enthält, ist davon auszugehen, dass das SRÜ nicht den Regel-, sondern einen Ausnahmefall darstellt und es somit für eine bindungsbeschränkende Rechtsnatur von Kompetenzerklärungen stets einer ausdrücklichen Statuierung i. S. v. Art. 4 Abs. 2 Anlage IX des SRÜ bedarf.
461 Neframi ist zudem der Ansicht, dass bei einer unklaren Kompetenzerklärung stets von gemeinsamer Haftung auszugehen sei, ohne dass es einer ausdrücklichen Normierung bedürfe; Neframi, in: Cannizzaro, 193 (197). In diesem Fall würde sich der Widerspruch zwischen fehlender Parteistellung und dem potentiellen Umfang der Verantwortlichkeit gar um ein vielfaches vergrößern. Zudem fehlt es an jedwedem völkervertragsrechtlichen Anknüpfungspunkt für einen solchen Haftungsumfang. Die EG ist über ihren, in der Kompetenzerklärung mitgeteilten Zuständigkeitsumfang hinaus gerade nicht an den völkerrechtlichen Vertrag gebunden.
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Kompetenzerklärungen stellen folglich richtigerweise (lediglich) rechtsverbindliche Konkretisierungen des Alternativitätsgrundsatzes dar, indem sie durch die Klarstellung der gemeinschaftsinternen Kompetenzteilung faktisch eine Aufteilung der Mitgliedschaftsrechte, genauer der vertraglichen Erfüllungspflichten, innerhalb der Gemeinschaftsgruppe verursachen. Die von den Drittstaaten mit dem Verlangen von Kompetenzerklärungen bezweckte Erhöhung der Rechtsicherheit, insbesondere in etwaigen Haftungssituationen, wird dagegen kaum erreicht. Zwar konkretisieren die Kompetenzerklärungen die potentiellen Haftungsgegner, begrenzen aber zugleich die Fälle gemeinsamer Haftung auf Situationen unklarer Kompetenzerklärungen. Ohne die Kompetenzerklärung wäre dagegen die gemeinsame Haftung der Regelfall. bb) Die Vermeidung von Vorteilen für nichtbeteiligte EG-Mitgliedstaaten bei unvollständigen gemischten Mitgliedschaften Die Forderung nach einer Kompetenzerklärung mag aber noch ein zweites rechtliches Ziel verfolgen: Die Erklärungspflicht soll nämlich teilweise auch verhindern, dass für den Fall einer „unvollständigen“ gemischten Mitgliedschaft, also wenn sich neben der EG nicht sämtliche Mitgliedstaaten an dem Abkommen beteiligen462, die nichtbeteiligten Mitgliedstaaten durch die Mitgliedschaft der EG in der Organisation Vorteile rechtlicher bzw. wirtschaftlicher Art erlangen, ohne selbst an die Pflichten des Abkommens gebunden zu sein.463 Diese Überlegung bestimmte vor allem die Verhandlungen über das SRÜ, da damals bereits abzusehen war, dass weder Deutschland noch das Vereinigte Königreich dem SRÜ beitreten würden.464 462 Gemischte Abkommen werden in der Regel, aber nicht notwendigerweise, neben der EG von allen Mitgliedstaaten abgeschlossen. In diesem Fall wird von „vollständigen“ gemischten Abkommen gesprochen. Gemischte Abkommen bei denen dagegen nur einige der Mitgliedstaaten Vertragspartei sind sog. „unvollständige gemischte Abkommen“. Siehe Stein, S. 191 f., der den von Schermers geprägten Begriff des „complete mixed agreement“ ins Deutsche überträgt. Sind dagegen nur einige der Mitgliedstaaten Vertragspartei, handelt es sich um ein „incomplete mixed agreement“; siehe Schermers, in: O’Keeffe/Schermers, 23 (26 f.); ders., in: FS Mosler, 823 (827 f.); so auch Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (206 f.). Allott spricht im letzteren Fall von einer „partial participation“; Allott, in: O’Keeffe/Schermers, 97 (97); ebenso Dolmans, S. 63 ff. Unvollständige gemischte Abkommen kommen als Abkommenform in Betracht, wenn der mitgliedstaatliche Teil des Abkommens einige Mitgliedstaaten nicht berührt. Sie finden sich vor allem im Bereich des Umweltschutzes. So z. B. das am 01.01.2003 in Kraft getretene neue Übereinkommen zum Schutz des Rheins vom 12.04.1999, dessen Vertragsparteien die fünf Rheinanliegerstaaten Schweiz, Frankreich, Deutschland, Luxemburg und die Niederlande sowie die EG sind (ABl. Nr. L 289 v. 16.11.2000, S. 31 ff.). Siehe für weitere Beispiele die (nicht abschließende) Aufzählung bei Schermers, in: FS Mosler, 823 (827). Ausführlich zu unvollständigen gemischten Abkommen Granvik, S. 107 ff.; dies., in: Koskenniemi, 255 (255 ff.). 463 Simmonds, CML Rev. 1986, 521 (525); Schermers/Blokker, § 1759.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Insoweit ist zwar zu bedenken, dass im Fall einer unvollständigen gemischten Mitgliedschaft die nicht beteiligten Mitgliedstaaten zwar in zwei Punkten tatsächlich besser gestellt sind als die beteiligten EG-Mitglieder bzw. die restlichen Vertragsparteien: So würde zum einen die fehlende Mitwirkung für die nicht beteiligten EG-Mitgliedstaaten de facto das Anbringen eines substantiellen Vorbehalts bedeuten, wären sie doch über die Beteiligung der EG nur an einen Teil des Abkommens gebunden.465 Ferner stünden ob des Grundsatzes der gemeinsamen Verantwortlichkeit die beteiligten Mitgliedstaaten den Vertragspartnern als potentielle Haftungsgegner auch für die in EG-Zuständigkeit fallenden Vertragsteile zur Verfügung, während die nicht beteiligten EG-Mitglieder eine solche Inanspruchnahme nicht zu befürchten hätten. Doch ist zweifelhaft, ob gerade eine Erklärungspflicht diese doppelte Besserstellung zu kompensieren vermag. So hat sie auf das Vorliegen eines de facto Vorbehalts für die nichtbeteiligten EG-Mitglieder keinerlei ausgleichende Wirkung. Eine solche könnte vielmehr dadurch erreicht werden, dass die Mitgliedstaaten nur in ihrer Gesamtheit neben der EG als Mitglieder akzeptiert würden.466 Weiter kann die Erklärungspflicht zwar durchaus den zweitgenannten Vorteil der nicht-beteiligten EG-Mitglieder ein Stück weit kompensieren, da diese die Situationen mit gemeinsamer Verantwortlichkeit der Gemeinschaftsgruppe minimiert. Allerdings ist dies primär ein Vorteil für die beteiligten EGMitglieder, die teilweise aus der Haftung entlassen werden, stellt jedoch kaum einen Nutzen für die dritten Vertragsparteien dar. Durch Kompetenzerklärungen können also ebenso wenig die Vorteile für nicht beteiligte EG-Mitgliedstaaten bei unvollständigen gemischten Mitgliedschaften vermieden werden. cc) Die rechtliche Notwendigkeit der Abgabe von Kompetenzerklärungen Dennoch wirft Temple Lang sogar die Frage auf, ob es nicht rechtlich notwendig sei, Kompetenzerklärungen in gemischte Abkommen zu integrieren.467 Ob der Bedeutung von Kompetenzerklärungen in der Praxis gemischter Abkommen ist diese Frage naheliegend. Allerdings ist dieser ältere theoretische Ansatz 464
Simmonds, CML Rev. 1986, 521 (528 ff.). In der Folge stellt sich das eigentliche Problem unvollständiger gemischter Mitgliedschaften: Während bei vollständigen gemischten Abschlüssen die Frage nach dem richtigen Haftungsgegner auf Gemeinschaftsseite nie zu einem Haftungsausfall führen kann, bedeutet bei einem unvollständigen gemischten Abschluss die Annahme eine mitgliedstaatlichen anstelle einer Gemeinschaftskompetenz, dass hinsichtlich der nichtbeteiligten EG-Mitglieder überhaupt kein völkerrechtliches Pflichtenverhältnis besteht; vgl. Tomuschat, in: O’Keeffe/Schermers, 125 (132). 466 Schermers/Blokker, § 1759. 467 Temple Lang, CML. Rev. 1986, 157 (171 ff.). 465
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mittlerweile durch die völkerrechtliche Praxis überholt. Schließlich besteht seit 1995 die gemischte Mitgliedschaft in der WTO, in der nicht auf das Instrument der Kompetenzerklärung zurückgegriffen wurde. Zudem gibt es keinerlei rechtliche Gründe für eine zwingende Erklärungspflicht der Gemeinschaftsgruppe. Selbst Temple Lang verneint letztlich die von ihm aufgeworfene Frage, indem er zunächst zurecht darauf hinweist, dass einem gemischten Abkommen auf Seiten der Gemeinschaftsgruppe nicht nur eine Kompetenzteilung im Hinblick auf die Aufgabenbereiche, sondern auch eine „Teilung der Verantwortlichkeit“ inne wohnt.468 Diese wiederum wird – wie bereits festgestellt – durch das Prinzip der alternativen Ausübung der Mitgliedschaftsrechte in die Praxis umgesetzt.469 Wie jedoch innerhalb der Gemeinschaftsgruppe die Aufteilung der Mitgliedschaftsrechte erfolgt, ist grundsätzlich keine für die dritten Vertragsparteien relevante Materie. Vielmehr handelt es sich bei den Gründungsverträgen um eine res inter alios acta, so dass eine Offenlegung der Kompetenzverteilung eigentlich eine den völkerrechtlichen Grundsätzen fremde Vorgehensweise darstellt.470 Vor allem ist die Abgabe von Kompetenzerklärungen rechtlich vollkommen unnötig, wird doch durch die gemeinsame Mitgliedschaft der Gemeinschaftsgruppe gerade gewährleistet, dass der gesamte Regelungsbereich des jeweiligen Abkommens von den Kompetenzen der Gemeinschaftsgruppe umfasst ist. Fehlt es den beteiligten Drittstaaten, wie in der Vergangenheit so häufig, dennoch an ausreichendem Vertrauen in die Fähigkeit der Gemeinschaftsgruppe, angesichts der innergemeinschaftlichen Kompetenzteilung sämtliche Vertragspflichten zu erfüllen, und fordert sie deswegen die Abgabe einer Kompetenzerklärung, liegen dieser Forderung politische, nicht aber rechtliche Beweggründe zugrunde. Schließlich würde die Gemeinschaftsgruppe ohne das Bestehen einer Kompetenzerklärung ohnehin gemeinsam haften. c) Faktische Probleme der ständigen Erklärungspflicht Von größerer unmittelbarer Bedeutung für die Praxis der bestehenden gemischten Mitgliedschaften, allen voran derjenigen in der FAO, sind aber die mit Erklärungspflichten verbundenen faktischen Schwierigkeiten. aa) Stetiger Konfliktpunkt innerhalb der Gemeinschaftsgruppe Der Abgabe einer Kompetenzerklärung geht zwangsläufig ein innergemeinschaftlicher Koordinierungsprozess über den Inhalt der jeweiligen Erklärung 468 469 470
Temple Lang, CML. Rev. 1986, 157 (174). s. o. unter 4. Teil C. und 4. Teil E. I. 1. b) aa). s. o. unter 4. Teil D. II. 1. b) und 4. Teil E. I 1. a) cc).
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und damit über die Zuständigkeitsverteilung innerhalb eines bestimmten Politikbereichs voraus. In einigen Fällen mag die grundsätzliche Aufteilung dabei offensichtlich sein. So steht z. B. im Rahmen der FAO außer Frage, dass die EG „alleine zuständig für alle Fragen der Handelspolitik“ ist.471 Doch bereitet die Aufteilung der verschiedenen Aufgabenbereiche der aufnehmenden Organisation zumeist erhebliche Abstimmungsprobleme zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten. So ist schon der genaue Umfang der „Handelspolitik“ umstritten, zu dessen Bestimmung die FAO-Kompetenzerklärung dann u. a. auf den Wortlaut des Gutachtens 1/78 zurückgreifen muss, um eine Kompromissformel zu erreichen.472 Angesichts des weiten Kompetenzumfangs einer einzigen Erklärung sind die mit dieser einhergehenden Abgrenzungsprobleme innerhalb der Gemeinschaftsgruppe nur allzu offensichtlich. Ferner ist zu bedenken, dass sowohl EG als auch Mitgliedstaaten die Formulierung der Kompetenzerklärungen sehr ernst nehmen, besteht doch stets die Gefahr, dass den hinsichtlich der Kompetenzabgrenzung getroffenen Entscheidungen gemeinschaftsintern eine kompetenzrechtliche Präzedenzwirkung über das jeweilige Abkommen hinaus zukommt.473 Es ist also kaum verwunderlich, dass die Anfertigung von Zuständigkeitserklärungen als eine „mühselige Angelegenheit“ beschrieben wird, bei der die Mitgliedstaaten stets versuchen, ein Maximum an Kompetenzen für sich zu bewahren.474 Dabei erhöhen sich die Koordinierungsschwierigkeiten mit jeder Ausweitung der Erklärungspflichten, wie allen voran das Beispiel der Regel XLI Abs. 2 und 3 FAOVO deutlich macht. Danach ist die Gemeinschaftsgruppe verpflichtet, vor jeder Sitzung von FAO-Organen Kompetenzerklärungen zu sämtlichen Tagesordnungspunkten abzugeben.475 Zwar würde eine solche Ausweitung der Erklärungspflichten in den allermeisten Fällen „normaler“ gemischter Abkommen bzw. gemischter Mitgliedschaften in bloßen Rumpforganisationen wohl kaum zu stärkeren Koordinierungsschwierigkeiten führen als eine generelle Erklärungspflicht. Schließlich treten die Vertragsparteien bzw. Mitglieder in der Regel lediglich einmal jährlich bzw. in noch längeren Zeitabständen zusammen. Im Rahmen der FAO jedoch, wo jährlich ca. 50 Sitzungen stattfinden, für die Kompetenz- und Stimmrechtserklärungen abgegeben werden müssen, bedeutet die Ausweitung nicht nur eine unverhältnismäßige Erhöhung des Verwaltungsaufwands der Gemeinschaftsgruppe, sondern verursacht vor allem eine nicht enden wollende Flut von rechtlich wie praktisch (teilweise höchst) komplexen 471 Vgl. Gliederungspunkt I., a) der Erklärung zu den Zuständigkeiten der EG in den Bereichen, die unter die Satzung der FAO fallen; enthalten als Anhang II im Kommissionsvorschlag für den EG-Beitritt, ABl. Nr. C 292 v. 09.11.1991, S. 8. 472 Vgl. Gliederungspunkt I., a) am Ende. 473 Sack, in: GS Grabitz, 631 (651). 474 Sack, ZEuS 2001, 267 (278). 475 s. o. unter 4. Teil E. I. 2. a) dd).
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Abgrenzungsfragen.476 Die Gemeinschaftsgruppe befindet sich also in einer ständigen internen Diskussion anstelle gemeinsam ihre Interessen gegenüber den Drittstaaten vertreten zu können. Die Regel XLI Abs. 2 und 3 FAOV schafft mithin ein stets vorhandenes Konfliktpotential, das eine harmonische, konstruktive Mitarbeit der Gemeinschaftsgruppe von vorne herein kaum möglich macht. Gerade also bei gemischten Mitgliedschaften in klassischen, organisatorisch komplexen, internationalen Organisationen besteht die Gefahr, dass unverhältnismäßige Erklärungspflichten bis hin zu einer Lähmung der Ausübung der Mitgliedschaften führen. bb) Unvermeidbare Unzulänglichkeiten in der Praxis Doch die zwangsläufigen Koordinierungsprobleme sind längst nicht die einzigen faktischen Schwierigkeiten, die mit Kompetenzerklärungen einhergehen. Durch Kompetenzerklärungen kann nur dann eine effektive Aufteilung der Zuständigkeiten und damit einhergehend die von den Drittstaaten bezweckte Konkretisierung der potentiellen Haftungsgegner erreicht werden, wenn die Formulierung der jeweiligen Erklärung klar, eindeutig und vor allem erschöpfend ist. Ein solcher Inhalt ist aber in den allermeisten Fällen aufgrund substantieller struktureller Defizite von Kompetenzerklärungen nicht erreichbar: Die verschiedenen Vorschriften eines internationalen Abkommens bzw. einer Organisationssatzung sind zunächst nicht derart formuliert, dass sie der innergemeinschaftlichen Aufgabenbeschreibung entsprechen. In den seltensten Fällen lassen sich daher einzelne Normen ohne weiteres den Kompetenzbereichen von EG bzw. Mitgliedstaaten zuordnen. Konsequenterweise sind die Kompetenzerklärungen der Gemeinschaftsgruppe zum ganz überwiegenden Teil nicht anhand der Bestimmungen der jeweiligen Organisationssatzung, sondern anhand der gemeinschaftsinternen Politikbereiche geordnet. So unterscheidet die FAO-Erklärung z. B. zwischen der Handelspolitik, der Fischereipolitik, der Agrarpolitik, etc.477 Die Kompetenzerklärung für das SRÜ geht dagegen zumindest teilweise auf die Bestimmungen des SRÜ ein.478 So heißt es z. B. unter Gliederungspunkt 2., 2. Spiegelstrich: „Bezüglich der Bestimmungen über den Seeverkehr und die Sicherheit des Seeverkehrs sowie über die Verhütung der Meeresverschmutzung, die unter anderem in den Teilen II, III, V, VII und XII des Übereinkommens enthalten sind, [. . .]“. Doch selbst wenn einigen Vorschriften eindeutig der zu-
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Sack, in: GS Grabitz, 631 (650 f.). Siehe die Erklärung zu den Zuständigkeiten der EG in den Bereichen, die unter die Satzung der FAO fallen; enthalten als Anhang II im Kommissionsvorschlag für den EG-Beitritt, ABl. Nr. C 292 v. 09.11.1991, S. 8. 478 Siehe die Erklärung zur Zuständigkeit der EG für das SRÜ; ABl. Nr. L 179 v. 23.06.1998, S. 129 ff. 477
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
ständige Teil der Gemeinschaftsgruppe zugeordnet werden kann, ist es aufgrund der Komplexität der mit einem Abkommen grundsätzlich entstehenden Rechtsfragen kaum realistisch, dass ein gemischtes Abkommen vollständig zwischen Mitgliedstaaten und EG trennbar ist.479 Weitere Gründe für gezwungenermaßen ungenaue Formulierungen von Kompetenzerklärungen lassen sich in den gemeinschaftsinternen Ursachen für den Abschluss gemischter Abkommen finden: Deren Abschluss dient gerade dazu, Kompetenzstreitigkeiten zwischen der EG und den Mitgliedstaaten zu vermeiden, herrscht doch in den wenigsten Fällen Einigkeit innerhalb der Gemeinschaftsgruppe hinsichtlich der genauen Kompetenzabgrenzung. Zudem ist eine exakte Abgrenzung – selbst größtmögliche Anstrengungen durch die Gemeinschaftsgruppe unterstellt – oftmals schlicht nicht realisierbar, können doch nicht bereits vor Abschluss eines komplexen Abkommens sämtliche Zuständigkeitsfragen erschöpfend in abstrakter Weise geklärt werden.480 Gerade in Bereichen mit geteilten Zuständigkeiten ist eine solche sehr schwierig.481 So geht die EGErklärung zu den Zuständigkeiten im Rahmen der FAO z. B. umfassend auf die Kompetenzverteilung zwischen EG und Mitgliedstaaten im Bereich der Agrarpolitik ein. Dennoch erfolgt hinsichtlich der „Berufsausbildung, Forschung und Finanzierung“ im Agrarbereich keine Zuständigkeitsteilung. Dies wird damit begründet, dass das Gemeinschaftsrecht in diesen Bereichen „nicht erschöpfend“ ist und „die Mitgliedstaaten eine teilweise Zuständigkeit [behalten], die abzugrenzen ist, wenn diese Themen innerhalb der FAO behandelt werden“.482 Letztlich ist zu bedenken, dass der feststehende Inhalt einer Kompetenzerklärung stets im Widerspruch zur Dynamik der EG-Kompetenzordnung steht.483 Die Erklärung selbst kann also nur eine Momentaufnahme sein, die im späteren 479 Nach Allot setzt eine vollständige Trennbarkeit eines gemischten Abkommens nicht nur voraus, dass sämtliche Vorschriften des Abkommens der Zuständigkeit von EG oder Mitgliedstaaten zugeordnet werden können. Zudem muss dies auch hinsichtlich der Durchführungskompetenz sowie hinsichtlich der Haftung bei Nichterfüllung möglich sein; siehe Allott, in: O’Keeffe/Schermers, S. 97 (118 f.). Im Übrigen ist eine Trennung in Fällen möglich, in denen zwei komplett unzusammenhängende Politikbereiche, die jeweils in der ausschließlichen Kompetenz von EG oder Mitgliedstaaten liegen, in einem Abkommen zusammenkommen; siehe Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (204), der als (hypothetisches) Beispiel ein Abkommen nennt, das sowohl Handelsfragen als auch militärische Angelegenheiten beinhaltet. Allerdings sind solche Konstellationen eher unrealistisch, da entsprechende Abkommen wohl von vornherein zweigeteilt würden. 480 Björklund, NJIL 2001, 373 (378). 481 MacLeod/Hendry/Hyett, S. 160. 482 Vgl. Gliederungspunkt II., a), 4. der Erklärung zu den Zuständigkeiten der EG in den Bereichen, die unter die Satzung der FAO fallen; enthalten als Anhang II im Kommissionsvorschlag für den EG-Beitritt, ABl. Nr. C 292 v. 09.11.1991, S. 8. 483 Björklund, NJIL 2001, 373 (377 f.). Einige ältere Assoziierungsabkommen enthielten daher sog. „dynamische Gleitklauseln“, wonach die jeweilige Zuständigkeits-
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Anwendungsfall womöglich nicht mehr der zu diesem Zeitpunkt geltenden Kompetenzteilung entspricht. Frid kommt daher hinsichtlich der FAO-Erklärung richtigerweise zu dem Schluss, dass diese faktisch dieselben Informationen enthält, wie sie auch in einem Lehrbuch für Gemeinschaftsrecht zu finden sind.484 Dass die Kompetenzerklärungen somit ihren eigentlichen Zweck, eine konkrete rechtsverbindlichen Zuständigkeitsverteilung im Rahmen des jeweiligen Abkommens zu schaffen, kaum erfüllen können, steht außer Frage. d) Fazit Der Nutzen von Kompetenzerklärungen ist aus rechtlichen wie aus faktischen Gründen höchst zweifelhaft. In rechtlicher Hinsicht führen Kompetenzerklärungen – zumindest insoweit sie eine eindeutige Zuständigkeitsverteilung vornehmen – zwar zu einer Konkretisierung der Haftungsparteien. Jedoch wird einerseits für die Drittstaaten dadurch kaum der gewünschte substantielle Zuwachs an Rechtssicherheit geschaffen, da bereits durch die gemischte Mitgliedschaft als solche auch ohne Kompetenzerklärung garantiert ist, dass stets der zuständige Teil der Gemeinschaftsgruppe in Haftung genommen werden kann. Andererseits sind die Kompetenzerklärungen angesichts ihrer faktischen Unzulänglichkeiten nicht in der Lage, stets eine exakte Zuständigkeitsverteilung vorzunehmen, so dass ohnehin in den Fällen unklarer Erklärungen auf das Instrument der gemeinsamen gesamtschuldnerischen Haftung zurückzugreifen ist. Zudem ist zu bedenken, dass die Rechtsfigur des gemischten Abkommens u. a. auch gerade dafür geschaffen wurde, um ein internationales Tätigwerden der Gemeinschaftsgruppe ohne genaue vorhergehende Kompetenzabgrenzung zu ermöglichen. Schließlich ist die „genaue Beschaffenheit [der Kompetenzverteilung] eine interne Frage, in die sich die dritten Länder nicht einzumischen haben“.485 Wird jedoch ein gemischter Vertragsschluss mit der verpflichtenden Abgabe von Kompetenzerklärungen verbunden, wird eben dieser Vorteil gemischter Abkommen in sein Gegenteil verkehrt, da eine öffentliche Diskussion über die konkrete gemeinschaftliche Verteilung der Kompetenzen nicht nur verteilung nach der aktuellen gemeinschaftlichen Kompetenzsituation bestimmt werden muss (so z. B. das Assoziierungsabkommen mit Griechenland, welches das erste gemischte Abkommen überhaupt darstellte, s. o. unter 2. Teil A.). Solche Klauseln wurden aber mangels hinreichender Rechtsklarheit für den jeweiligen Vertragspartner kritisiert, ist es für diesen doch nie erkennbar, wer der richtige Anspruchsgegner ist; vgl. Arnold, AVR 1980/81, 419 (451); Stein, S. 96 f. 484 Frid, EJIL 1993, 239 (251). 485 EuGH, Beschluss 1/78, Übereinkommen über den Objektschutz von Kernmaterial, Slg. 1978, 2151, Rn. 35. s. o. unter 3. Teil B. I. 3. b). Insoweit kann auch auf die Argumente abgestellt werden, die für eine umfassende völkerrechtliche Bindungswirkung gemischter Abkommen vorgebracht werden; s. o. unter 4. Teil E. I. 1. a) cc).
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nicht verhindert wird, sondern sogar unumgänglich ist.486 Insbesondere bei gemischten Mitgliedschaften in organisatorisch komplexen Organisationen, wie derjenigen in der FAO, kann sich der ursprüngliche Nutzen gemischter Abschlüsse geradewegs ins Gegenteil verkehren, wenn die Erklärungspflichten derart überhand nehmen, dass die Mitarbeit der Gemeinschaftsgruppe stets durch Kompetenzstreitigkeiten gestört wird. Die in Regel XLI Abs. 2 und 3 FAOVO statuierte Ausweitung der Erklärungspflichten auf sämtliche FAO-Sitzungen stellt dabei die gemischte Mitgliedschaft als solche in Frage, könnte die EG doch wie früher als bloßer Beobachter ebenfalls an sämtlichen Sitzungen teilnehmen und etwaige Kompetenzstreitigkeiten dann intern lösen.487 Die Gemeinschaftsgruppe sollte sich daher bemühen, in künftigen gemischten Mitgliedschaften die Abgabe von Kompetenzerklärungen zu vermeiden. Dabei erscheint ein entsprechender Verhandlungserfolg gegenüber den Drittstaaten nicht unwahrscheinlich, da die Gemeinschaftsgruppe einerseits aus rechtlicher Sicht dahingehend argumentieren kann, dass die Drittstaaten durch eine Kompetenzerklärung keinerlei haftungsrechtliche Besserstellung erreichen würden. Aus faktischer Sicht ist andererseits darauf hinzuweisen, dass Kompetenzerklärungen aufgrund der Komplexität vieler Rechtsfragen ohnehin oftmals zu keinen klaren Abgrenzungen führen können. Bestehen die Drittstaaten dennoch auf Erklärungspflichten, muss die EG zumindest immer dann einen gänzlichen Verzicht auf die Mitgliedschaft in Erwägung ziehen, wenn die Pflichten in ihrer Intensität denen der FAOVO vergleichbar sind. Die Mitgliedschaft als solche ist nämlich wertlos, wenn sie keine effektive Mitwirkung an der Arbeit der Organisation erlaubt. Alleine in der äußerst seltenen Konstellation einer rechtlich notwendigerweise unvollständigen gemischten Mitgliedschaft, z. B. bei einer regionalen Umweltorganisation, könnte eine in ihrer Wirkung eingeschränkte Erklärungspflicht für die Gemeinschaftsgruppe von Nutzen sein. Diese würde nämlich die Fälle gesamtschuldnerischer Haftung der Gemeinschaftsgruppe und damit zugleich die Ungleichheiten verringern, die dadurch entstehen, dass die an der Organisation beteiligten EG-Mitgliedstaaten im Gegensatz zu den nicht beteiligten EG-Staaten von den Drittstaaten in Anspruch genommen werden können.
II. Das gemeinschaftsinterne Bindungsund Haftungsverhältnis Aufgrund der auf völkerrechtlicher Ebene grundsätzlich bestehenden „gemeinsamen Verantwortlichkeit“ der Gemeinschaftsgruppe ist es möglich, dass 486 Frid, EJIL 1993, 239 (251); Björklund, NJIL 2001, 373 (378); MacLeod/Hendry/Hyett, S. 160; Heliskoski, S. 18 f. 487 Vgl. Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1246).
E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen
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die völkerrechtliche Verantwortlichkeit einerseits sowie die tatsächliche innergemeinschaftliche Zuständigkeit andererseits nicht übereinstimmen.488 Die interne Pflichtenverteilung bzw. – im Falle einer bereits erfolgten Inanspruchnahme durch einen Vertragspartner – der Haftungsausgleich richtet sich aber stets nach der tatsächlichen Kompetenzverteilung.489 Schließlich darf der Abschluss gemischter Abkommen gerade nicht zu einer Modifizierung der Zuständigkeitsaufteilung führen.490 Zwangsläufig stellt sich dabei die Frage, wie die richtige Pflichtenzuordnung innergemeinschaftlich durchgesetzt werden kann, wenn sich ein Vertragspartner anstelle der eigentlichen zuständigen EG mit seinem Erfüllungsanspruch an einen Mitgliedstaat wendet bzw. aufgrund der fehlerhaften Erfüllung von Vertragspflichten Repressalien gegen den Mitgliedstaat verhängt. Das gleiche Problem stellt sich natürlich auch im umgekehrten Verhältnis zwischen dem zuständigen Mitgliedstaat und der in Anspruch genommenen EG.
488 So primär wenn sich der Vertragspartner – berechtigterweise – an den intern unzuständigen Teil der Gemeinschaftsgruppe wendet. Die Problematik stellt sich aber z. B. auch dann, wenn sich die Gemeinschaftsgruppe aufgrund einer abgegebenen Kompetenzerklärung eine bestimmte Zuständigkeitsverteilung als richtig zurechnen lassen muss, obgleich zum Zeitpunkt des Haftungsfalls bereits eine modifizierte Kompetenzaufteilung bestand. 489 Problematisch ist in diesem Zusammenhang die gemeinschaftsrechtliche Bindungswirkung eines (dann unvollständigen) gemischten Abkommens für diejenigen Mitgliedstaaten, die sich nicht an diesem beteiligen. Schließlich sind nur die Mitgliedstaaten, die zugleich Vertragsparteien des Abkommens sind, an dieses völkerrechtlich gebunden. Daher binden nach Dolmans gemischte Abkommen die nicht beteiligten Mitgliedstaaten gemeinschaftsrechtlich auch nur hinsichtlich des Teils des Abkommens, der in die ausschließliche Zuständigkeit der EG fällt; Dolmans, S. 66. Granvik jedoch ist der Ansicht, dass dennoch die Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, allen voran die Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit i. S. v. Art. 10 EGV beachtet werden müssen. Dies führe zwar nicht zu einer konkreten Handlungspflicht der nicht beteiligten Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des Abkommens, aber sehr wohl zu der Pflicht, jegliche Handlungen zu unterlassen, die den Zweck des gemischten Abkommens in Frage stellen könnten (vgl. Art. 10 Abs. 2 EGV); Granvik, S. 123. Auch die nicht beteiligten Mitgliedstaaten können Granvik zufolge gegenüber einem von der EG abgeschlossenen (gemischten) Abkommen nicht als unbeteiligte Drittstaaten betrachtet werden. Diese Pflicht umfasse das komplette Abkommen, also gerade auch den mitgliedstaatlichen Teil. Dem ist insoweit zuzustimmen als letzterem konkurrierende Kompetenzen zugrunde liegen, sind die Mitgliedstaaten bei deren Ausübung doch generell an Art. 10 EGV gebunden; s. o. unter 2. Teil B. II. 2. a). Zweifelhaft ist dagegen die Ausdehnung der Pflicht auch auf Bereiche ausschließlicher mitgliedstaatlicher Zuständigkeiten. Schließlich liegt insofern keinerlei Berührung mit Gemeinschaftsgrundsätzen vor. Insoweit ist der Ansatz von Granvik daher abzulehnen. 490 Royla, EuR 2001, 495 (514). s. o. unter 2. Teil C. II.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
1. Mitgliedstaatliche Inanspruchnahme im EG-Zuständigkeitsbereich Die EG hat, in Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen aus einem gemischten Abkommen, gemeinschaftsintern für die Umsetzung derjenigen Abkommensteile Sorge zu tragen, die in ihre Zuständigkeit fallen. Eine ordnungsgemäße Erfüllung der Vertragspflichten ist jedoch nicht immer realisierbar. Im Rahmen gemischter Mitgliedstaaten stellt sich sodann das besondere Problem, dass den Vertragspartnern mit den ebenfalls beteiligten Mitgliedstaaten weitere völkerrechtliche Haftungssubjekte zur Verfügung stehen. a) Das besondere Problem der Nichtumsetzung von internationalen Verpflichtungen in Organisationsmitgliedschaften am Beispiel der WTO Gerade die gemischte Mitgliedschaft in der WTO wird im Schrifttum491 aufgrund der mangelhaften Umsetzung von WTO-rechtlichen Vorgaben in Gemeinschaftsrecht kritisiert, hat sich doch die EG in den beiden Fällen betreffend die EG-Bananenmarkt VO und das EG-Importverbot für hormonbehandeltes Fleisch schlicht geweigert, Panel- bzw. AB-Entscheidungen, die eine WTO-Recht entsprechende Anpassung von EG-Sekundärrecht forderten, umzusetzen.492 In beiden Fällen wurde das einschlägige EG-Sekundärrecht durch AB-Berichte zwar als WTO-rechtswidrig eingestuft. Die EG reagierte jedoch nicht mit einer entsprechenden Anpassung des Gemeinschaftsrechts,493 sondern ließ es stattdessen darauf ankommen, dass die betroffenen Handelspartner, allen voran die USA, mit Gegenmaßnahmen in Gestalt von Strafzöllen in insgesamt dreistelliger Millionenhöhe auf die Nichtumsetzung antworteten.494 Der Streit um die EG-Bananenmarkt VO konnte letztlich erst mittels des Abschlusses zweier Vereinbarun491 Vgl. Tancredi, EJIL 2004, 933 (934 f.); Princen, EJIL 2004, 555 (569); Lavranos, EWS 2004, 293 (296 f.). 492 Diese Fälle werden im Rahmen des DSU als DS 27 (Bananenmarkt-VO) bzw. DS 26 und DS 48 (Importverbot für hormonbehandeltes Fleisch) geführt. Siehe auch Princen, EJIL 2004, 555 (566 ff.), zum Importverbot für hormonbehandeltes Fleisch und Lavranos, EWS 2004, 293 (293 m.w. N.), zur Bananenmarkt-VO. Die Berechtigung der im Schrifttum geäußerten Kritik ist allerdings – zumindest in ihrer teilweisen Härte – zweifelhaft. Zwar ließ es die EG unbestreitbar in beiden Fällen auf die Verhängung von Gegenmaßnahmen ankommen. Dies ist jedoch einerseits, wenn man z. B. das Verhalten der USA betrachtet, nicht außergewöhnlich. Auch die USA haben nämlich bereits mehrfach DSB-Entscheidungen nicht beachtet; vgl. z. B. die Fälle DS 108, DS 136, DS 218 sowie DS 248. Andererseits hat die EG in der Mehrzahl gegen sie ergangene DSB-Entscheidungen ordnungsgemäß umgesetzt; vgl. z. B. die Fälle DS 141 und DS 231. Dazu Rosas, GYIL 2003, 284 (293 ff.). 493 Siehe z. B. WTO doc. WT/DS25/15 und WT/DS48/13 v. 29.05.1998. 494 Siehe hinsichtlich der Entscheidung über Strafzölle im Fall der BananenmarktVO WTO doc. WT/DS27/ARB v. 09.04.1999; hinsichtlich der Entscheidung über
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gen zwischen EG, USA und Ecuador beendet werden495, während der Handelskonflikt um das EG-Importverbot von hormonbehandeltem Fleisch noch immer nicht beigelegt ist.496 Natürlich mag man die – teilweise – fehlende Erfüllungsdisziplin einerseits auf den besonderen Charakter des Völkerrechts als zwischenstaatliches Recht, dessen Effektivität durch die staatliche Souveränität eingeschränkt wird497 sowie andererseits auf den auch nach der Schaffung des DSU zumindest zu Teilen kompensatorisch geprägten Charakter des WTO-Streitbeilegungsmechanismus498 zurückführen. Im Rahmen von Organisationsmitgliedschaften jedoch muss ein weiterer Aspekt beachtet werden: Wie insbesondere im Fall der BananenmarktVO geschehen, ist es einer ausreichenden Sperrminorität von Mitgliedstaaten im Rat stets möglich, vertragskonforme – also im Fall der Bananenmarkt-VO WTO-rechtskonforme – Beschlüsse der EG zu blockieren. b) Das besondere Problem gemischter Mitgliedschaften am Beispiel der WTO – die fehlende interne Kompensationsmöglichkeit der Mitgliedstaaten Diese Blockademöglichkeit führt nun zur eigentlichen binnenhaftungsrechtlichen Problematik gemischter Mitgliedschaften: Anders als bei alleinigen Mitgliedschaften der EG sind bei gemeinsamen Abschlüssen neben der EG auch die Mitgliedstaaten völkerrechtlich voll gegenüber den jeweiligen Vertragspartnern verantwortlich.499 Weigert sich also die EG, ihrem Teil der völkervertraglichen Verpflichtungen nachzukommen, ist es durchaus möglich, dass ein gemeinschaftsintern eigentlich nicht zuständiger Mitgliedstaat zwecks Erfüllung in Strafzölle im Fall des Importverbotes für hormonbehandeltes Fleisch WTO doc. WT/ DS26/ARB v. 12.07.1999. 495 WTO doc. WT/DS27/58 v. 02.07.2001. Siehe zum Inhalt der Vereinbarung auch Tancredi, EJIL 2004, 933 (935, Fn. 7). 496 Zwar hat die EG mit der RL 2003/74/EG v. 22.09.2003 (ABl. Nr. L 262 v. 14.10.2003, S. 17 ff.) die ursprüngliche RL 96/22/EG, die das Importverbot für hormonbehandeltes Fleisch vorsah, mittlerweile ersetzt und diese dem DSB als Umsetzung des AB-Berichts angezeigt; siehe WTO doc. WT/DS26/22 und WT/DS48/20 v. 28.10.2003). Da aber auch die neue RL ein Verbot der meisten Hormone vorsieht, haben die USA und Kanada die Vollständigkeit der Umsetzung durch die neue RL bestritten und konsequenterweise die Strafzölle bisher aufrechterhalten; siehe WTO doc. WT/DSB/M/157 v. 18.12.2003, S. 7 f. Die EG reagierte darauf mit der Eröffnung eines neuen DSU-Verfahrens, in dem die Aufrechterhaltung der Strafzölle als WTO-rechtswidrig angegriffen wird; vgl. WTO doc. WT/DS320/1 v. 10.11.2004. 497 Vitzthum, in: Vitzthum, 1. Abschn., Rn. 51; Ipsen, in: Ipsen, § 3, Rn. 3 ff.; eher kritisch T. Stein/von Buttlar, Rn. 10 ff. 498 Vgl. z. B. die in Art. 5 DSU vorgesehenen „Guten Dienste, Vergleich und Vermittlung“ und die (wenn auch eigentlich nur vorübergehende) Möglichkeit der Entschädigung nach Art. 22 Abs. 1 DSU. Vgl. Hilf, in: Hilf/Oeter, § 27, Rn. 59 ff. 499 s. o. unter 4. Teil E. I.
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Anspruch genommen oder, wohl wahrscheinlicher, das Opfer von Repressalien wird. Aus Sicht des Mitgliedstaates stellt sich in diesen Situationen die dringende Frage, auf welche Weise er von der EG die Erfüllung der Verpflichtung bzw. zumindest Ersatz für seine Aufwendungen bzw. wirtschaftlichen Verluste erlangen kann. aa) Der grundsätzlich bestehende interne Erfüllungsbzw. Ausgleichsanspruch Auf den ersten Blick erscheint die Lösung dieser Fragestellung einfach: Schließlich steht zumindest der Gemeinschaftsrechtscharakter der Teile gemischter Abkommen, die in ausschließliche EG-Zuständigkeit fallen, mittlerweile außer Frage. Bei diesen Vorschriften handelt es sich nämlich, wie der EuGH – wenn auch in der umgekehrten Konstellation einer Klage der Kommission gegen einen Mitgliedstaat auf Erfüllung der in Art. 5 des Protokolls 28 zum (gemischten) Abkommen über den EWR statuierten Verpflichtung – in der Rs. C-13/00 letztendlich ausdrücklich bestätigt hat, um einen „integrierenden Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung“, dem die Bindungswirkung des Art. 300 Abs. 7 EGV zukommt: Mit den Worten des Gerichtshofes haben „gemischte Abkommen, die von der Gemeinschaft, ihren Mitgliedstaaten und Drittländern abgeschlossen wurden, in der Gemeinschaftsordnung denselben Status wie rein gemeinschaftsrechtliche Abkommen [. . .], soweit es um Bestimmungen geht, die in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fallen“.500
500 EuGH, Rs. C-13/00, Kommission/Irland, Slg. Slg. 2002, I-2943, Rn. 14. Aus früheren Entscheidungen des EuGH konnte dieses Ergebnis allenfalls mittelbar gefolgert werden, da der EuGH in diesen mehrfach Bestimmungen gemischter Abkommen, die eindeutig in EG-Zuständigkeit fielen, Gemeinschaftsrechtscharakter zugesprochen hat; vgl. statt aller EuGH, Rs. 181/73, Haegeman, Slg. 1974, 449, Rn. 2/6: „Dieses Abkommen stellt somit für die Gemeinschaft die Handlung eines Gemeinschaftsorgans im Sinne des Artikels [. . .] dar. Die Bestimmungen des Abkommens bilden seit dessen Inkrafttreten einen integrierenden Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung“. Vgl. Bebr, EuR 1983, 128 (134) und die Schlussanträge des GA Tesauro, Rs. C-53/96, Hermès, Slg. 1998, I-3603, Rn. 17. Eine ausführliche Diskussion der frühen Rechtsprechung findet sich bei Cheyne, in: Dashwood/Hillion, 20 (21 ff.). Vgl. auch Epiney, EuZW 1999, 5 (7); Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 90; Leal-Arcas, NJIL 2003, 215 (224); Björklund, NJIL 2001, 373 (373 ff.); Castillo de la Torre, RDCE 2001, 281 (287); Neubauer, S. 39. Das eben Gesagte gilt aber nur hinsichtlich derjenigen Mitgliedstaaten, die an der dem Abkommen zugrundeliegenden Gemeinschaftspolitik teilnehmen. Vgl. den Rats- und Kommissionsbeschluss 2002/309/EG, Euratom, wo es im 3. Abs. der Begründung heißt: „Hinsichtlich des Abkommens über die Freizügigkeit sind [. . .] Dänemark, Irland und [. . .] Großbritannien an die in dem Abkommen enthaltenen Verpflichtungen nach Titel IV, dritter Teil EG-Vertrag nicht als Verpflichtungen gebunden, die sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergeben, sondern als Verpflichtungen aufgrund einer zwischen diesen Mitgliedstaaten und der Schweizerischen Eidgenossenschaft eingegangenen Verpflichtung.“
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Stellt die in Streit stehende vertragliche Verpflichtung demnach zugleich eine gemeinschaftsrechtliche Pflicht dar, kann mit den Instrumenten des EGV, allen voran über die Verfahren nach Art. 230 sowie 232 EGV, von den Gemeinschaftsorganen die gemeinschafts- und damit zugleich völkervertragsrechtskonforme Erfüllung der Pflicht verlangt werden. Hat der Vertragspartner bereits mit Repressalien gegen einen Mitgliedstaat auf die Nichterfüllung reagiert, ist letzterer grundsätzlich als Anspruchsberechtigter eines Schadenersatzanspruchs gegen die EG i. S. v. Art. 288 Abs. 2 EGV anzusehen.501 Dementsprechend kann dem betroffenen Mitgliedstaat im Grundsatz sowohl ein Erfüllungs- als auch ein Schadensersatzanspruch zustehen. bb) Nichtvorliegen bei fehlender unmittelbarer Anwendbarkeit Wiederum zeigt aber das Beispiel der gemischten Mitgliedschaft in der WTO, dass der Binnenausgleich nicht bei sämtlichen völkervertraglichen Verpflichtungen durchsetzbar ist: So fehlt es hinsichtlich des WTO-Rechts zunächst an einem Erfüllungsanspruch des betroffenen Mitgliedstaates gegen die EG. Der EuGH kann nämlich bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit von Sekundärrecht, z. B. im Rahmen einer Klage nach Art. 230 oder 232 EGV, nur dann auf die Vorschriften völkerrechtlicher Verträge abstellen, wenn die dort statuierten Verpflichtungen unmittelbar anzuwenden sind.502 Allerdings zählt der EuGH das WTO-Recht in ständiger503, freilich stark kritisierter504 Rechtsprechung mangels unmittelbarer Anwendbarkeit gerade nicht zu den völkerrechtlichen Rechtsnormen, an denen er die Rechtmäßigkeit von Sekundärrecht misst: Gegen eine unmittelbare Anwendbarkeit der WTO-Normen spreche einerseits das innerhalb des DSU geschaffene 501 Vgl. Gellermann, in: Streinz, EGV, Art. 288, Rn. 9; v. Bogdandy, in: Grabitz/ Hilf, EGV, Art. 288, Rn. 36. 502 Die unmittelbare Anwendbarkeit geht über die bloße Bindungswirkung hinaus, da sie dazu führt, dass entgegenstehendes EG-Sekundärrecht rechtswidrig ist. Vgl. statt aller Weiß, EuR 2005, 277 (281 m.w. N.). 503 Grundlegend: EuGH, Rs. 21/72 bis 24/72, International Fruit, Slg. 1972, 1219, Rn. 19/20. Siehe ferner u. a. EuGH, Rs. C-76/00, Petrotub und Republica/Rat, Slg. 2003, I-79, Rn. 53; Rs. C-300/98 und C-392/98, Dior und Assco, Slg. 2000, I-11307, Rn. 43; Rs. C-89/99, Groeneveld, Slg. 2001, I-5851, Rn. 51 ff.; Rs. C-149/96, Portugal/Rat, Slg. 1999, I-8395, Rn. 36 ff.; Rs. C-280/93, Deutschland/Rat, Slg. 1994, I4973, Rn. 109. Siehe zu den engen Ausnahmen von diesem Grundsatz EuGH, Rs. 70/ 87, Fediol, Slg. 1989, 1781, Rn. 19 ff. sowie Rs. C-69/89, Nakajima, Slg. 1991, I2069, Rn. 31. 504 Zu den Befürwortern einer unmittelbaren Anwendbarkeit zählen u. a. Eeckhout, CML Rev. 1997, 11 (48 ff.); Royla, EuR 2001, 495 (511); Lavranos, EWS 2004, 293 (293 ff.); Eckert, ZLR 1995, 363 (391 f.). Siehe auch die Aufzählung von Befürwortern bei Steinbach, EuZW 2005, 331 (331, Fn. 2).
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„System der Verhandlung“ zwischen den WTO-Mitgliedern, würde der Gemeinschaftsgruppe doch durch die Annahme einer unmittelbaren Anwendbarkeit die in „Art. 22 DSU eingeräumte Befugnis genommen, auf dem Verhandlungsweg Lösungen zu erreichen.505 Andererseits würde eine unmittelbare Anwendbarkeit dem den WTO-Übereinkünften innewohnenden „Prinzip der Gegenseitigkeit“ widersprechen, da einige der wichtigsten Handelspartner der EG, allen voran die USA, eine unmittelbare Anwendbarkeit des WTO-Rechts ebenfalls ablehnen.506 Zwar schien nach Ansicht einiger Autoren507 durch die Entscheidung des EuGH in der Rs. Biret508 sowie den Schlussanträgen des GA Alber in selbiger509 Bewegung in die Position des Gerichtshofes gekommen zu sein. Einer solchen Entwicklung ist der EuGH im März 2005 mit seiner Entscheidung in der Rs. Léon van Parys entgegengetreten, in dem er die Möglichkeit einer unmittelbaren Wirkung der Entscheidungen des DSB mit knappen Worten und unter Verwendung seiner üblichen Formulierung, dass „die WTO-Übereinkünfte wegen ihrer Natur und Systematik grundsätzlich nicht zu den Normen gehören, an denen der EuGH die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Gemeinschaftsorgane misst“, ablehnte.510 Ebenso wenig besteht die Möglichkeit einer Kompensation über Art. 288 Abs. 2 EGV. Der durch ein Gemeinschaftsorgan verletzten Norm muss dafür nämlich u. a. Schutznormcharakter zukommen, d.h. sie müsste „bezwecken, dem Einzelnen Rechte zu verleihen“.511 Zwar können auch völkerrechtliche Vorschriften eine solche Zweckbestimmung grundsätzlich aufweisen.512 Die WTO-Vorschriften allerdings besitzen nach Ansicht des EuG einen solchen Charakter gerade nicht.513
505
EuGH, Rs. C-149/96, Portugal/Rat, Slg. 1999, I-8395, Rn. 36 und 40. EuGH, Rs. C-149/96, Portugal/Rat, Slg. 1999, I-8395, Rn. 42 ff. 507 Siehe u. a. Lavranos, der annahm, dass der EuGH aufgrund des „sehr überzeugenden Schlussantrag[s] zur unmittelbaren Anwendung eines bindenden AB-Berichts im Gemeinschaftsrecht [tendiere]“; Lavranos, EWS 2004, 293 (296). Siehe dazu auch Hörmann/Neugärtner, in: Hilf/Oeter, § 28, Rn. 41. Siehe zur Rs. Biret auch O’Neill, LIEI 2005, 65 (66 ff.). 508 EuGH Rs. C-93/02, Biret International/Rat, Slg. 2003, I-10497, Rn. 52 ff. 509 Schlussanträge des GA Alber, Rs. C-93/02, Biret International/Rat, Slg. 2003, I10497, Rn. 47 ff. 510 EuGH, Rs. C-377/02, Léon van Parys, Rn. 39, bisher lediglich veröffentlicht in EuZW 2005, S. 214. Siehe dazu auch die Mitteilung des EuGH, ABl. Nr. C 106 v. 30.04.2005, S. 4 sowie die Anmerkung von Steinbach, EuZW 2005, 331 (335). Erstmalig verwendete der Gerichtshof die Formel in Rs. 21/72 bis 24/72, International Fruit, Slg. 1972, 1219, Rn. 19/20. 511 EuG, T-18/99, Cordis, Slg. 2001, S. II-913, Rn. 51. 512 Vgl. v. Bogdandy, in: Grabitz/Hilf, EGV, Art. 288, Rn. 73. 513 EuG, T-18/99, Cordis, Slg. 2001, S. II-913, Rn. 52. Zustimmend v. Bogdandy, in: Grabitz/Hilf, EGV, Art. 288, Rn. 73. Ebenso Weiß, EuR 2005, 277 (290 f.). 506
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Immer dann also, wenn es an der unmittelbaren Anwendbarkeit einer völkervertraglichen Norm und damit zusammenhängend auch an ihrem Schutznormcharakter fehlt, besteht innergemeinschaftlich weder ein Erfüllungs- noch ein Schadensersatzanspruch der Mitgliedstaaten gegen die EG. cc) Folgeprobleme bei gemischten Abschlüssen Dies mag man vielleicht bei reinen Gemeinschaftsabkommen als bloße innergemeinschaftliche Rechtsschutzlücke abtun können, die aufgrund der Einflussmöglichkeiten der Mitgliedstaaten im Rat überdies zumindest teilweise ausgeglichen wird.514 Im Zusammenhang mit gemischten Abkommen, stellt sich ein zweifaches Folgeproblem: Die Mitgliedstaaten sind selbst Vertragsparteien des jeweiligen Abkommens, z. B. des ÜWTO. Da die Mitgliedstaaten einerseits gezwungen sind, das WTO-rechtswidrige EG-Sekundärrecht anzuwenden, andererseits aber selbst Vertragsparteien der WTO-Übereinkünfte sind, müssen die Mitgliedstaaten, um EG-rechtskonform zu handeln, gegen die von ihnen eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen verstoßen. Ferner kommen sie als WTO-Mitglieder aufgrund der gemeinsamen Verantwortlichkeit der Gemeinschaftsgruppe als Haftungssubjekte der betroffenen Handelspartner in Betracht, ohne die Möglichkeit zu besitzen, eine Vertragserfüllung zu realisieren bzw. sich vor einer völkerrechtlichen Inanspruchnahme zu schützen.515 Besondere Brisanz erhält diese Problematik, wenn sich der betroffene Mitgliedstaat im Rat gerade für eine WTO-rechtskonforme Anpassung des EG-Sekundärrechts ausgesprochen hat, jedoch überstimmt wurde.516 Hinzu kommt, dass der EuGH im umgekehrten Verhältnis, also wenn, wie so oft, die Mitgliedstaaten intern für die Umsetzung von Gemeinschaftsrecht bzw. den in EG-Zuständigkeit fallenden Teil gemischter Abkommen zuständig sind, die völkerrechtliche Norm ohne Rücksicht auf die Frage nach ihrer unmittelbaren Anwendbarkeit zur Durchsetzung des Anspruchs der EG gegen ihre Mitgliedstaaten anwendet: Insoweit nämlich mitgliedstaatliches Recht gegen WTO-Recht, das in die EG-Zuständigkeit fällt, verstößt, ist es der Kommission sehr wohl möglich über den EuGH die Anpassung des nationalen Rechts zu verlangen. So geschehen z. B. in der Rs. C-61/94, in welcher der EuGH, ohne auf das Problem der unmittelbaren Anwendbarkeit einzugehen, die Rechtmäßigkeit der mitgliedstaatlichen, in die514 Obgleich insoweit zu bedenken ist, dass der EuGH selbst eine Nichtigkeitsklage eines Mitgliedstaates für zulässig erachtet, der dem Rechtsakt im Rat vorbehaltlos zugestimmt hat; vgl. EuGH, Rs. 166/78, Italien/Rat, Slg. 1979, 2575, Rn. 6. 515 Vgl. dazu auch Mauderer, S. 70, 202 ff.; v. Bogdandy/Makatsch, in: de Búrca/ Scott, 131 (146). 516 So haben z. B. die USA sorgfältig darauf geachtet, die Strafzölle im Zusammenhang mit der Bananenmarkt-VO gegen die EG-Mitgliedstaaten auszusprechen, die im Rat für die WTO-rechtswidrige VO eingetreten sind; vgl. v. Bogdandy/Makatsch, in: de Búrca/Scott, 131 (146).
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sem Fall deutschen, Maßnahme direkt anhand der Vorschriften der Internationalen Übereinkunft über Milcherzeugnisse, die Teil des GATT ist, beurteilte.517 Im Verhältnis zwischen Mitgliedstaat und rechtswidrig handelnder EG dagegen betrachtet der EuGH den Mitgliedstaat auch im Rahmen gemischter Abkommen nicht als eigene Vertragspartei des Abkommens. Vielmehr behandelte der Gerichtshof z. B. die Klage von Portugal in der Rs. C-149/96 de facto wie die eines schlichten Bananenimporteurs, da er – wie bei Klagen Einzelner – auf die fehlende unmittelbare Anwendbarkeit des WTO-Rechts abstellte, um einen etwaigen Anspruch von Portugal abzuweisen. Im Ergebnis müssen sich also auch Klagen der Mitgliedstaaten am Erfordernis der unmittelbaren Anwendbarkeit messen lassen.518 Dies stößt auf Kritik aus dem Schrifttum, die dem Gerichtshof vorwirft, den besonderen Charakter der gemischten Vertragsbeziehung nicht zu berücksichtigen.519 Die EuGH-Rechtsprechung sei in zweifacher Hinsicht fehlerhaft: Zum einen sei das Kriterium der unmittelbaren Wirkung auf Staaten überhaupt nicht anwendbar.520 Zum anderen müsse es den Mitgliedstaaten als privilegierte Kläger i. S. d. Art. 230 EGV ohnehin erlaubt sein, unabhängig von der Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit einer völkervertraglichen Norm EG-Sekundärrecht anhand dieser überprüfen zu lassen.521 Zuzugestehen ist diesem Ansatz zwar, dass sowohl die besondere Rechtsstellung der Mitgliedstaaten als eigene WTO-Mitglieder als auch die generell bestehende institutionelle Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Wahrung des Gemeinschaftsrechts durchaus dafür sprechen, das Kriterium der unmittelbaren Anwendbarkeit bei Staatenklagen nicht heranzuziehen.522 Unabhängig von der Frage nach der dogmatischen Richtigkeit des Ansatzes würde dieser jedoch die vom EuGH vorgebrachten Hindernisse für eine unmittelbare Anwendbarkeit des WTO-Rechts keineswegs beseitigen: Bestünde nämlich die Möglichkeit, dass ein Mitglied517
EuGH, Rs. C-61/94, Kommission/Deutschland, Slg. 1996, I-3989, Rn. 21 ff. Während es sich in der Rs. International Fruit und den darauffolgenden Rs. zunächst nur um Klagen von Privatpersonen handelte, hat der Gerichtshof schließlich im sog. „Bananenmarkt-Urteil“ dieselben Grundsätze erstmals auch auf die Klage eines Mitgliedstaates angewandt; EuGH, Rs. C-280/93, Deutschland/Rat, Slg. 1994, I-4973, Rn. 109. 519 Vgl. v. Bogdandy/Makatsch, in: de Búrca/Scott, 131 (146); Mauderer, S. 204 ff.; Ott, S. 256 ff. Dagegen hat Petersmann seine, noch in der 5. Aufl. (1997) des zum damaligen Zeitpunkt von v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann herausgegeben EG-Kommentars geäußerte Kritik an der Rechtsschutzlücke zu Lasten der Mitgliedstaaten, die er durch eine analoge Anwendung von Art. 307 EGV ausgleichen wollte (Art. 234 a. F., Rn. 6), wohl aufgegeben. Zumindest weist er in der aktuellen Auflage lediglich darauf hin, dass der EuGH auf eine mögliche analoge Anwendung in jüngeren Entscheidungen nicht eingegangen sei; vgl. Petersmann/Spennemann, in: v. d. Groeben/ Schwarze, EGV, Art. 307, Rn. 6. 520 Mauderer, S. 204; umfassend zum Streitstand Ott, S. 256 ff. m.w. N. 521 Mauderer, S. 204 f. 522 Vgl. Ott, S. 258 f. 518
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staat die Rechtmäßigkeit eines EG-Rechtsetzungsaktes anhand des WTO-Rechts überprüfen könnte, wären dadurch sowohl der Verhandlungsspielraum der EG als auch das Prinzip der Gegenseitigkeit in gleicher, negativer Weise betroffen. Schließlich würden de facto die gleichen Folgen eintreten wie im Falle einer Bejahung der unmittelbaren Anwendbarkeit des WTO-Rechts. Selbst wenn also die überzeugenderen dogmatischen Argumente für die EuGH-kritische Ansicht sprechen, ist eine entsprechende Modifizierung der Rechtsprechung des Gerichtshofes beim gegenwärtigen Stand des WTO-Rechts kaum zu erwarten. Diesem Gedanke kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Kommission ja selbst, wenn ein Mitgliedstaat sich nicht WTO-rechtskonform verhält, direkt auf die WTO-Norm abstellt, also diese unmittelbar anwendet. Insoweit hat es nämlich die EG als innergemeinschaftlicher zuständiger Teil der Gemeinschaftsgruppe selbst in der Hand, auf welche Weise sie ihren Verpflichtungen aufgrund der WTO-Übereinkünfte nachkommt. Auch wenn folglich ein Erfüllungsanspruch des betroffenen Mitgliedstaates gegen die EG im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH abzulehnen ist, stellt sich die Frage, ob der Mitgliedstaat nicht zumindest auf haftungsrechtlicher Ebene einen Kompensationsanspruch, z. B. für die Folgen von gegen ihn verhängten Repressalien, geltend machen kann.523 Schließlich ist innergemeinschaftlich alleine die EG für die Erfüllung der völkervertragsrechtlichen Verpflichtung verantwortlich, kommt dieser aber gerade nicht nach. Da jedoch als Anspruchsgrundlage alleine Art. 288 Abs. 2 EGV zur Verfügung steht, auf die eigentlich verletzte WTO-Vorschrift mangels deren Schutznormcharakters aber nicht abgestellt werden kann, bedarf es einer anderweitigen schadensersatzauslösenden Gemeinschaftspflichtverletzung durch die EG.524 Als solche kommt alleine die Pflicht zur Zusammenarbeit in Betracht, stellt sie doch das innergemeinschaftliche Korrelat zur gemeinsamen völkerrechtlichen Beteiligung in der WTO dar. Diese Pflichtenbeziehung ist im Zusammenhang mit einer möglichen haftungsrechtlichen Kompensation grundsätzlich gegeben, schließlich handelt es sich bei der Durchführung eines Abkommens um einen ihrer drei Anwendungsbereiche und die innergemeinschaftliche Haftungs523 Entsprechend fordern auch v. Bogdandy/Makatsch, dass gemeinschaftsinterne Mechanismen zu überlegen seien, die den betroffenen Mitgliedstaat von den Konsequenzen einer völkerrechtlichen Inanspruchnahme freistellen; vgl. v. Bogdandy/Makatsch, in: de Búrca/Scott, 131 (146). 524 Hörmann/Neugärtner nennen, allerdings in Zusammenhang mit Schadensersatzansprüchen Privater bei Nichtumsetzung von DSB-Entscheidungen, neben Art. 288 EGV den „Anspruch auf Lastenausgleich wegen Auferlegung eines Sonderopfers gegenüber der EG“ als eine zweite mögliche Anspruchsgrundlage; Hörmann/Neugärtner, in: Hilf/Oeter, § 28, Rn. 72. Es scheint aber zweifelhaft, ob sich der Gedanke eines „Sonderopfers“ auch auf einen staatlichen Anspruch übertragen lässt. Schließlich wird das Sonderopfer klassischerweise gerade gegenüber dem Staat bzw. der öffentlichen Hand erbracht.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
verteilung ist wiederum ein gewichtiger Aspekt der Durchführung. Zudem kann die Pflicht zur Zusammenarbeit als solche Grundlage einer konkreten und durchsetzbaren525 gemeinschaftsrechtlichen Handlungspflicht sein. So hat der EuGH in der Rs. C-29/99 darauf hingewiesen, dass im Rahmen des EG-Beitritts zum Übereinkommen über nukleare Sicherheit die Abgabe einer unvollständigen Kompetenzerklärung einen Verstoß gegen die völkervertragliche Verpflichtung zur Abgabe eben dieser Erklärung darstellen würde.526 Aufgrund „der gegenseitigen Pflicht der Organe zu redlicher Zusammenarbeit“ bestünde daher für den Rat die gemeinschaftsrechtliche Pflicht, seinem Beitrittsbeschluss eine vollständige Kompetenzerklärung beizufügen, um der Kommission zu ermöglichen, „sich im Einklang mit internationalem Recht zu verhalten“.527 Dementsprechend kommt sie aber auch grundsätzlich als schadensersatzauslösende Gemeinschaftspflichtverletzung i. S. d. Art. 288 Abs. 2 EGV in Betracht. Zudem ist ihr der im Rahmen dieser Vorschrift geforderte „Schutznormcharakter“ zuzusprechen, bezweckt die Pflicht zur Zusammenarbeit doch gerade die Sicherstellung einer redlichen und effektiven Zusammenarbeit zwischen Kommission, Rat und Mitgliedstaaten, denen mithin durch diese besondere Pflichten, aber auch Rechte verliehen werden. Letztlich muss ein Verstoß gegen die Pflicht zur Zusammenarbeit vorliegen. Bereits auf den ersten Blick ist es kaum mit einer redlichen Zusammenarbeit zu vereinbaren, wenn die EG durch ihre Nichterfüllung die Inanspruchnahme eines Mitgliedstaates provoziert. Dies gilt zumindest im Hinblick auf diejenigen Mit525 Dafür spricht, dass es sich bei der Kooperationspflicht um eine „Verpflichtung aus diesem Vertrag“ i. S. d. Art. 226 EGV handelt, so dass die Einhaltung dieser Pflicht über das Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EGV vor dem EuGH grundsätzlich durchsetzbar ist. Ebenso Neframi, in: Cannizzaro, 193 (201). 526 EuGH, Rs. C-29/99, Übereinkommen über nukleare Sicherheit, Slg. 2002, I11221, Rn. 69. 527 EuGH, Rs. C-29/99, Übereinkommen über nukleare Sicherheit, Slg. 2002, I11221, Rn. 69 i.V. m. 71. Zwar bestreitet Koutrakos, dass es sich bei der vom Gerichtshof in diesem Fall herangezogenen Loyalitätspflicht um die Pflicht zur Zusammenarbeit handelt. Vielmehr beziehe sich der EuGH, wie gerade der in der Entscheidung enthaltende Verweis auf die Rs. C-65/93 deutlich mache, lediglich auf die grundsätzlich bestehende interinstitutionelle Kooperationspflicht. Vgl. Koutrakos, CML Rev. 2004, 191 (199 f.). Die Stichhaltigkeit dieser Auslegung der Entscheidung ist jedoch einerseits fragwürdig, da der Streit um die zugrundeliegende Kompetenzerklärung ein Paradebeispiel eines Anwendungsproblems von Abkommen mit geteilter Kompetenzgrundlage ist, auf das die Pflicht zur Zusammenarbeit Anwendung findet. Andererseits wären die Ausführungen des EuGH selbst bei Zugrundelegung der Ansicht von Koutrakos nicht gänzlich ohne Belang für die Anwendbarkeit der Pflicht zur Zusammenarbeit auf Fälle des internen Erfüllungs- bzw. Haftungsausgleichs. Schließlich schafft der Gerichtshof über die Loyalitätspflicht die gemeinschaftsinterne Grundlage für die Verpflichtung des Rates, den entsprechenden völkervertraglichen Verpflichtungen nachzukommen. In eben diesem Sinne würde auch die Pflicht zur Zusammenarbeit angewandt, würde sie doch die innergemeinschaftliche Rechtsgrundlage schaffen, mit deren Hilfe der betroffene Mitgliedstaat gegen die EG vorgehen könnte.
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gliedstaaten, die sich im Rat für eine völkerrechtskonforme Anpassung des EGSekundärrechts ausgesprochen haben.528 Ferner bezweckt die Pflicht zur Zusammenarbeit gerade die Sicherstellung eines einheitlichen Außenauftretens der Gemeinschaftsgruppe.529 Ließe es aber der intern eigentlich zuständige Teil der Gemeinschaftsgruppe auf eine Inanspruchnahme des unzuständigen Teils ankommen, könnte dies dazu führen, dass sich letzterer bereits der völkerrechtlichen Inanspruchnahme mittels Berufung auf die gemeinschaftsinterne Rechtslage widersetzt und dadurch in der Konsequenz der Aspekt der Einheitlichkeit betroffen wird. Dies gilt umso mehr, wenn es gemeinschaftsintern gar an einem Haftungsausgleich fehlen würde. Dabei ist das Bestehen eines Haftungsausgleich nichts anders als die konsequente Folge des Grundsatzes der gemeinsamen, d.h. gesamtschuldnerischen Verantwortlichkeit der Gemeinschaftsgruppe.530 Dieser Grundsatz ist wiederum Folge des gemischten Charakters des Vertragsschlusses und damit der gemeinschaftsinternen Kompetenzteilung. Mithin muss entsprechend der extern gemeinsamen Haftung ein internes Rechtskonzept des Haftungsausgleichs existieren. Im Ergebnis ist es daher als Verstoß gegen die Pflicht zur Zusammenarbeit und damit als Gemeinschaftsrechtsverletzung i. S. d. Kompensationsanspruchs nach Art. 288 Abs. 2 EGV anzusehen, wenn die EG im externen Verhältnis eine Inanspruchnahme der EG durch die Nichterfüllung provoziert. c) Fazit Die interne Inanspruchnahme der eigentlich zuständigen EG durch den betroffenen Mitgliedstaat ist mithin überhaupt nur insoweit möglich, als die strittige völkerrechtliche Norm unmittelbar anwendbar ist. Ist sie dies – wie generell das WTO-Recht – nicht, fehlt es jedenfalls an einem Erfüllungsanspruch des Mitgliedstaates. Dagegen ist eine Kompensation für eventuell verhängte Repressalien über Art. 288 Abs. 2 EGV durchsetzbar. Insoweit liegt in der Verletzung der Pflicht zur Zusammenarbeit der erforderliche Gemeinschaftsrechtsverstoß. Es ist also eine Rechtsschutzlücke zu Lasten der Mitgliedstaaten festzustellen, die aber durch den Schadensersatzanspruch teils wieder ausgeglichen wird.
528 Die übrigen Mitgliedstaaten haben ihre Inanspruchnahme vielmehr selbst verursacht, so dass eine spätere Berufung auf die Nichterfüllung durch die EG im Hinblick auf das Verbot des venire contra factum proprium als kaum zulässig erscheint. 529 s. o. unter 4. Teil A. I. 530 s. o. unter 4. Teil E. I.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
2. Inanspruchnahme der EG im mitgliedstaatlichen Kompetenzbereich Im umgekehrten Verhältnis zwischen der mangels EG-Zuständigkeit fälschlicherweise im Rahmen eines gemischten Abkommens in Anspruch genommenen EG und den Mitgliedstaaten steht nicht erst die Frage nach der unmittelbaren Wirksamkeit einer völkervertraglichen Verpflichtung im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern bereits der Gemeinschaftsrechtscharakter eben dieser Verpflichtung. Würde es sich nämlich bei dem mitgliedstaatlichen Teil eines gemischten Abkommens überhaupt nicht um Gemeinschaftsrecht handeln, ist fraglich, wie die Kommission die Einhaltung der gemeinschaftlichen Kompetenzordnung überhaupt durchzusetzen vermag. Schließlich setzt Art. 226 EGV eine Vertragsverletzung durch die Mitgliedstaaten voraus. Nach Art. 300 Abs. 7 EGV bilden die völkerrechtlichen Verträge der EG zwar einen für die Gemeinschaftsorgane wie die Mitgliedstaaten verbindlichen „integrierenden Bestandsteil der Gemeinschaftsrechtsordnung“531 und statuieren damit eine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung, diese zu achten und innerstaatlich ordnungsgemäß durchzuführen.532 Da jedoch gemischte Abkommen sowohl Bestimmungen enthalten, die in die Kompetenz der EG fallen, als auch solche, die in derjenigen der Mitgliedstaaten liegen533, ist fraglich, ob sie tatsächlich in ihrer Gesamtheit, also auch hinsichtlich des mitgliedstaatlichen Teils, als integrierender Bestandteil des Gemeinschaftsrechts anzusehen sind. 531 EuGH, Rs. 181/73, Haegeman, Slg. 1974, 449, Rn. 2/6; Beschluss 1/78, Übereinkommen über den Objektschutz von Kernmaterial, Slg. 1978, 2151, Rn. 36; Rs. 104/81, Hauptzollamt Mainz/Kupferberg, Slg. 1982, 3662, Rn. 13; Rs. 12/86, Demirel, Slg. 1987, 3719, Rn. 7. In der Literatur siehe z. B. Oppermann, § 7, Rn. 21 f.; Epiney, EuZW 1999, 5 (7); Ott, S. 68 ff. Gemeinschaftsabkommen stehen innerhalb des Gemeinschaftsrechts im Rang zwischen Primär- und Sekundärrecht. Der Vorrang vor dem gemeinschaftlichen Sekundärrecht folgt aus Art. 300 Abs. 7 EGV. Der Vorrang des gemeinschaftlichen Primärrechts wiederum lässt sich auf Art. 300 Abs. 6 EGV stützen. So im Ergebnis auch die überwiegende Ansicht im Schrifttum, vgl. Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 30. Der EuGH hat sich zu dieser Frage noch nicht eindeutig geäußert. Seine Rechtsprechung lässt aber erkennen, dass er ebenfalls von einem grundsätzlichen Vorrang des gemeinschaftlichen Primärrechts ausgeht. Vgl. EuGH, Gutachten 1/91, Erstes EWR Gutachten, Slg. 1991, I-6079, Rn. 21 ff. In den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten nehmen die Gemeinschaftsabkommen somit am generellen Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalen Recht teil; Tomuschat, in: Bourgeois, 65 (69); Würfel, ELR 2002, 237 (238). 532 EuGH, Rs. 104/81, Hauptzollamt Mainz/Kupferberg, Slg. 1982, 3662, Rn. 13; Rs. 270/80, Polydor, Slg. 1982, 329, Rn. 9. Dazu auch Schermers, in: FS Mosler, 823 (826); Stein, S. 186. 533 Dabei ist das Vorliegen einer Trennungsklausel samt Kompetenzerklärung – im Gegensatz zu einer Bindungsverteilung im Wortlaut – für die hier fragliche Bindungsverteilung nicht entscheidend, da es auf die tatsächliche innergemeinschaftliche Kompetenzteilung ankommt. Zweifelsohne stellen die Kompetenzerklärungen in der Praxis aber ein starkes Indiz für kompetenzrechtlichen Trennungslinien innerhalb der Gemeinschaftsrechtsordnung dar.
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a) Die fehlende gemeinschaftsrechtliche Bindungswirkung des mitgliedstaatlichen Teils gemischter Abkommen Die Bindungswirkung des gemeinschaftsrechtlichen Teils gemischter Abkommen steht dabei außer Frage.534 Weniger eindeutig ist dagegen die gemeinschaftsrechtliche Rechtsnatur derjenigen Bestimmungen in gemischten Abkommen, die in die (ausschließliche oder konkurrierende) mitgliedstaatliche Kompetenz fallen. aa) Die Rechtsprechung des EuGH zu seiner Auslegungszuständigkeit Der EuGH hat sich bisher mit der Frage der Bindungswirkung des mitgliedstaatlichen Teils gemischter Abkommen, wenn überhaupt, alleine in Zusammenhang mit der Frage nach der Reichweite seiner Auslegungszuständigkeit beschäftigt535: So sah er sich in früheren Entscheidungen gar nicht gezwungen, zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Zwar musste sich der EuGH mehrfach – allen 534
s. o. unter 4. Teil E. II. 1. b) aa). Vgl. statt aller EuGH, Rs. 181/73, Haegeman, Slg. 1974, 449. Zu weit geht allerdings der Teil des Schrifttums, der deswegen einen zwingenden Zusammenhang zwischen Bindungswirkung und Auslegungskompetenz herstellen will. So spricht Wünschmann von einem „auf der Parallelität von gemeinschaftlicher Geltung und Auslegungskompetenz basierendem Begründungsansatz“ des Gerichtshofes; Wünschmann, S. 74. Siehe mit dieser Tendenz auch Kreibich, S. 67 ff.; Hermes, S. 87; im Ansatz auch Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (215 f.). Zu pauschal aber auch die a. A. im Schrifttum, die keinerlei Zusammenhänge erkennen will. So etwa Dashwood, in: liber amicorum Lord Slynn of Hadley, 167 (167 f.), der schreibt: „If the Court of Justice does have jurisdiction over those parts of a mixed agreement [solche, die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen], the reason for this cannot be that the relevant provisions have, through the act of conclusion, acquired the status of secondary Community law“. Auch Mögele trennt strikt zwischen der Behandlung der Bindungswirkung und der Auslegungszuständigkeit; siehe Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 87 ff. Richtigerweise bestehen Zusammenhänge. Betrachtet man nämlich die relevanten Verfahrensarten, allen voran das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EGV, ist die Zuständigkeit des EuGH u. a. insoweit eröffnet, als das gemischte Abkommen als Handlungen der an ihnen beteiligten Gemeinschaftsorgane angesehen werden können. Dies wiederum ist insoweit der Fall, als dass dem gemischten Abkommen wie einem reinen Gemeinschaftsabkommen die Bindungswirkung des Art. 300 Abs. 7 EGV zukommt, es also einen integrierenden Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung darstellt. Unter den Begriff der Handlungen der Gemeinschaftsorgane fallen nämlich auch die von diesen geschlossenen völkerrechtlichen Verträge; EuGH, Rs. 181/73, Haegeman, Slg. 1974, 449, Rn. 2,6. Daher kommt GA Tesauro zu dem Schluss, dass der „Ausgangspunkt [der Ausführungen des Gerichtshofes] häufig war, dass [ein gemischtes Abkommen] selbstverständlich, ,soweit es die Gemeinschaft betrifft‘, als Handlung eines der Organe der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 177 [nun Art. 234 EGV] mit der Folge zu betrachten sei, dass seine Bestimmungen ,Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung‘ seien und der Gerichtshof daher dafür zuständig sei, sich im Wege der Vorabentscheidung zu ihrer Auslegung zu äußern“; Schlussanträge des GA Tesauro, Rs. C-53/96, Hermès, Slg. 1998, I-3603, Rn. 17. Die Auslegungszuständigkeit kann sich aber andererseits auch aus anderen Gesichtspunkten als der 535
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
voran in der Rs. Haegeman – im Rahmen der Prüfung seiner Auslegungszuständigkeit hinsichtlich gemischter Abkommen mit deren Rechtsnatur auseinandersetzen. Ohne auf die Problematik der Kompetenzverteilung einzugehen, stellte der EuGH jedoch stets bloß fest, dass die Bestimmungen des jeweiligen gemischten Abkommens Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung seien.536 In der Rs. Demirel537 schließlich sah sich der Gerichtshof das erste Mal mit der Frage der Rechtsnatur der mitgliedstaatlichen Teile eines gemischten Abkommens konfrontiert. Die Bundesrepublik Deutschland und das Vereinigte Königreich bestritten nämlich die Auslegungskompetenz des EuGH für bestimmte Vorschriften über die Freizügigkeit von Arbeitnehmern aus dem (gemischten) Assoziierungsabkommen mit der Türkei samt Zusatzprotokoll538 mit dem Hinweis, dass diese in die Vertragsabschlusskompetenz der Mitgliedstaaten fielen.539 Allerdings vermied der Gerichtshof eine direkte Antwort auf dieses Vorbringen, indem er feststellte, dass die zu überprüfenden Bestimmungen „in die Zuständigkeit der Gemeinschaft im Rahmen des Artikels 238 [nun 310 EGV] fallen. Die Frage, ob der Gerichtshof für die Entscheidung über die Auslegung einer Bestimmung eines gemischten Abkommens zuständig ist, die eine Verpflichtung enthält, die nur die Mitgliedstaaten im Bereich ihrer eigenen Zuständigkeiten übernehmen konnten, stellt sich daher nicht“.540 Rechtsnatur der auszulegenden Norm ergeben; vgl. nur EuGH, Rs. C-53/96, Hermès, Slg. 1998, I-3637, Rn. 25 ff. 536 EuGH, Rs. 181/73, Haegeman, Slg. 1974, 449, Rn. 2, 6. Vgl. auch Rs. 87/75, Bresciani, Slg. 1976, 129; Rs. 65/77, Razanatsimba, Slg. 1977, 2229; Rs. C-18/90, Kziber, Slg. 1991, I-199; Rs. C-103/94, Krid, Slg. 1995, I-719. Zwar gab der EuGH dadurch Anlass zur Spekulation, ob sich die Bindungswirkung des Art. 300 Abs. 7 EGV unabhängig von der Kompetenzverteilung auf alle Vorschriften eines gemischten Abkommens erstreckt. Diese Schlussfolgerung kann jedoch alleine aus der zitierten Feststellung des EuGH nicht gezogen werden, handelte es sich bei den streitentscheidenden Vorschriften der Abkommen doch stets um solche, die eindeutig im Bereich von Gemeinschaftskompetenzen lagen. Der EuGH war demnach in diesen Entscheidungen gar nicht gezwungen, zu der Frage der gemeinschaftlichen Bindungswirkung bzgl. des mitgliedstaatlichen Teils eines gemischten Abkommens Stellung zu nehmen. Vgl. Koutrakos, EFA Rev. 2002, 25 (32), der zudem der Ansicht ist, dass der EuGH eine Festlegung auch unter allen Umständen vermeiden wollte. 537 EuGH, Rs. 12/86, Demirel, Slg. 1987, 3719. Siehe dazu Nolte, CML Rev. 1988, 403 (407 ff.). 538 ABl. Nr. L 361 v. 31.12.1977, S. 2 ff. 539 EuGH, Rs. 12/86, Demirel, Slg. 1987, 3719, Rn. 8. 540 EuGH, Rs. 12/86, Demirel, Slg. 1987, 3719, Rn. 9. In den nachfolgenden Entscheidungen, denen gemischte Abkommen zugrunde lagen, konnte sich der Gerichtshof wieder mit der Bezugnahme auf die vorgegangenen Entscheidungen, allen voran diejenige in der Rs. Haegeman, und mit der Feststellung, dass es sich bei Gemeinschaftsabkommen von deren Inkrafttreten an um einen Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung handele, begnügen, da die zur Auslegung gestellten Bestimmungen der Abkommen zweifelsohne in den Bereich der Gemeinschaftskompetenz fielen. Siehe u. a. EuGH, Rs. C-192/89, Sevince, Slg. 1990, I-3461. Dazu näher Cheyne, in: Dashwood/ Hillion, 20 (31 f.) und Kreibich, S. 73 f.
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Dies änderte sich jedoch in der Rs. Hermès aus dem Jahr 1998. Das Vorlagegericht, das eine Maßnahme des vorläufigen Rechtsschutzes nach der niederländischen Zivilprozessordnung zum Schutz einer für die Benelux-Staaten eingetragenen internationalen Marke erlassen hatte, ersuchte den Gerichtshof um eine Auslegung von Art. 50 Abs. 6 TRIPs.541 Diese Bestimmung umfasst sowohl dem Gemeinschaftsrecht (z. B. einstweilige Maßnahmen zum Schutz der Gemeinschaftsmarke nach VO (EG) Nr. 40/94542) als auch – wie in der Rs. Hermès – mitgliedstaatlichem Recht unterfallende Sachverhalte, so dass der EuGH nunmehr gezwungen war, Stellung zu beziehen. Die Mitgliedstaaten machten geltend, dass als Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung nur diejenigen Bestimmungen, die in die Abschlusszuständigkeit der EG fielen, anzusehen seien und der EuGH daher auch nur insoweit auslegungsbefugt sei.543 Dagegen vertrat GA Tesauro die Auffassung, dass der EuGH hinsichtlich des gesamten (gemischten) ÜWTO auslegungsbefugt sei, da die „Einheitlichkeit von Auslegung und Anwendung aller betreffenden Abkommensbestimmungen“ für das „Funktionieren des [Gemeinschafts-]Systems als Ganzes“ erforderlich sei.544 Der EuGH hingegen ging einen dritten Weg: Zwar unterliege der konkrete Fall nicht dem Gemeinschaftsrecht, da er auf einem Streit im Bereich des internationalen Markenschutzes basiere. Dennoch sei er auslegungsbefugt, da im Anwendungsbereich von Art. 50 TRIPs mit der VO (EG) Nr. 40/94 bereits Sekundärrecht erlassen worden sei.545 Es bestehe nämlich, „wenn eine Vorschrift sowohl auf dem innerstaatlichen Recht unterliegende als auch auf dem Gemeinschaftsrecht unterliegende Sachverhalte anwendbar ist, ein klares Interesse der Gemeinschaft daran, dass diese Vorschrift unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen sie angewandt werden soll, einheitlich ausgelegt wird, um in der Zukunft voneinander abweichende Auslegungen zu verhindern“.546 Die Anwendung des Art. 50 TRIPs muss also im konkreten Fall keinerlei Gemeinschaftsbezug haben. Vielmehr genügt es für das Vorliegen der Auslegungszuständigkeit des Gerichtshofes, dass die Vorschrift in anderen Zusammenhängen für, dem Gemeinschaftsrecht unterliegende, Sachverhalte relevant werden kann, was
541
EuGH, Rs. C-53/96, Hermès, Slg. 1998, I-3637. VO (EG) Nr. 40/94 des Rates v. 20.12.1993 über die Gemeinschaftsmarke; ABl. Nr. L 11 v. 14.01.1994, S. 1 ff. 543 Vgl. die Schlussanträge des GA Tesauro, Rs. C-53/96, Hermès, Slg. 1998, I3603, Rn. 16. Die Mitgliedstaaten gehen also von einer „Parallelität von Abschlusszuständigkeit und Auslegungszuständigkeit“ aus; Bungenberg, in: FS Folz, 13 (15). 544 Schlussanträge des GA Tesauro, Rs. C-53/96, Hermès, Slg. 1998, I-3603, Rn. 20, der in Rn. 21 weiter ausführt, dass die vom Gerichtshof in Gutachten 1/94 festgestellte „Pflicht zur Kooperation und des Erfordernisses einheitlicher Vertretung nach außen“ dieses Ergebnis bestätigen würde. 545 EuGH, Rs. C-53/96, Hermès, Slg. 1998, I-3637, Rn. 25 ff. 546 EuGH, Rs. C-53/96, Hermès, Slg. 1998, I-3637, Rn. 32. 542
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vorliegend aufgrund der VO (EG) Nr. 40/94 der Fall ist.547 Der EuGH hat mithin zwar Stellung hinsichtlich des mitgliedstaatlichen Teils des TRIPs bezogen, dabei aber die Frage, inwieweit Art. 50 TRIPs selbst Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung ist, überhaupt nicht angesprochen.548 In der Rs. Dior und Assco war der EuGH im Jahr 2000 zwar nochmals aufgerufen, zum Umfang seiner Auslegungszuständigkeit für Art. 50 TRIPs Stellung zu nehmen.549 Doch wiederum befasste er sich nicht mit der Frage des Gemeinschaftsrechtscharakters der Norm. Vielmehr bejahte er diesmal seine Auslegungszuständigkeit mit dem Hinweis darauf, dass Art. 50 TRIPs „eine Verfahrensvorschrift ist, die für alle in ihren Geltungsbereich fallenden Sachverhalte in gleicher Weise gilt“, was es gebiete, dass „diese Verpflichtung sowohl aus praktischen wie aus rechtlichen Gründen“ einheitlich ausgelegt werde.550 Der EuGH hat somit auch in seinen jüngeren Entscheidungen die Frage nach der Rechtsnatur des mitgliedstaatlichen Teils gemischter Abkommen nicht beantwortet. Die Rechtsprechung des EuGH lässt somit – anders als hinsichtlich 547 Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 90; Bungenberg, in: FS Folz, 13 (16); Geiger, EGV, Art. 300, Rn. 35; Koutrakos, EFA Rev. 2002, 25 (37); Heliskoski, NJIL 2000, 395 (404). Kritisch v. Bogdandy, CML Rev. 1999, 663 (667 f.). 548 Vgl. Hermes, S. 81. 549 EuGH, Rs. C-300/98 und C-392/98, Dior und Assco, Slg. 2000, I-11307. Anders als in der Rs. Hermès ging es in der Rs. Dior und Assco um die Auslegung des Art. 50 TRIPs im Bereich des Schutzes von gewerblichen Modellen. Anders als im Bereich des Markenrechts mit der VO (EG) Nr. 40/94 bereits geschehen, hatte die EG ihre Rechtssetzungsbefugnisse in diesem Bereich noch nicht ausgeübt. Vgl. Hermes, S. 82 f.; Bungenberg, in: FS Folz, 13 (16 f.). Es fehlte also an der noch in der Rs. Hermès vom Gerichtshof geforderten Verbindung zu einer bereits ausgeübten Binnenkompetenz, um die Auslegungszuständigkeit zu begründen. GA Cosmas war daher der Ansicht, dass in Fällen, in denen die EG noch kein Binnenrecht gesetzt hat, die „(potenzielle) Zuständigkeit für die Stellungnahme und die Entscheidung bezüglich dieser Harmonisierung bei anderen Gemeinschaftsorganen liegt, nämlich beim Rat, bei der Kommission und beim Europäischen Parlament [. . .]“; Schlussanträge des GA Cosmas, Rs. C-300/98 und C-392/98, Dior und Assco, Slg. 2000, I-11307, Rn. 47. „Angesichts der Bindungswirkung, die eine Auslegung im Vorabentscheidungsverfahren hat“, würde eine Auslegung durch den Gerichtshof darauf hinauslaufen, „dass dem Gerichtshof anstelle der anderen Gemeinschaftsorgane die Zuständigkeit für die Harmonisierung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften [. . .] übertragen werde“ (Rn. 48). 550 EuGH, Rs. C-300/98 und C-392/98, Dior und Assco, Slg. 2000, I-11307, Rn. 37. Der Gerichtshof dehnt also seine Auslegungskompetenz auf alle Bestimmungen des TRIPs aus, die den Charakter einer Verfahrensvorschrift haben. Nach Bungenberg gelte dies u. a. für den gesamten Teil III des TRIPs; Bungenberg, in: FS Folz, 13 (17). Diese Entscheidung ist zwar – u. a. mit Hinweis auf einen daraus folgenden zwangsläufigen Eingriff in mitgliedstaatliche Zuständigkeiten – kritisiert worden; Bungenberg, in: FS Folz, 13 (17 m.w. N.); Bontinck, Harvard Jean Monnet Working Paper 16/ 01, S. 10 ff. Nichtsdestoweniger entspricht sie dem Interesse der Gemeinschaftsgruppe, innerhalb des WTO-Systems zu einem weitestgehend einheitlichen Verständnis der verschiedenen Handelsabkommen zu kommen, um ein möglichst einheitliches Auftreten zu ermöglichen; vgl. v. Bogdandy, CML Rev. 1999, 663 (668).
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des Gemeinschaftsteils gemischter Abkommen – keine Rückschlüsse auf die Frage der Rechtsnatur der mitgliedstaatlichen Kompetenzen unterfallenden Bestimmungen gemischter Abkommen zu. bb) Dogmatische Lösungsansätze Es ist daher nicht verwunderlich, dass im Schrifttum gegensätzliche dogmatische Lösungsansätze hinsichtlich der Frage, inwieweit den mitgliedstaatlichen Teilen gemischter Abkommen die Bindungswirkung des Art. 300 Abs. 7 EGV zukommt, vertreten werden: Nach einer Ansicht sind gemischte Abkommen – unabhängig von der innergemeinschaftlichen Kompetenzverteilung – in ihrer Gesamtheit als Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung anzusehen.551 In der Folge wären gemischte Abkommen in ihrem gesamten Umfang als Gemeinschaftsabkommen anzusehen. Also würden auch diejenigen Bestimmungen eines gemischten Abkommens, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, mit dem Vertragsabschluss zu einem Bestandteil des Gemeinschaftsrechts, dem die Bindungswirkung des Art. 300 Abs. 7 EGV zukommt. So beruft sich Rosas insoweit auf eine Aussage des Gerichtshofes in der Rs. Hermès, in der dieser, nachdem er seine Auslegungszuständigkeit im konkreten Fall mit Hinweis auf das bestehende Sekundärrecht bereits begründet habe, nochmals darauf verwies, dass das ÜWTO von EG und Mitgliedstaaten ohne jede Aufteilung der Zuständigkeiten abgeschlossen worden sei.552 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Gerichtshof in dem darauffolgenden Satz seiner Ausführungen feststellt: „Welche Verpflichtungen die Gemeinschaft durch den Abschluss des Übereinkommens eingegangen ist, braucht nicht bestimmt werden; [. . .]“.553 Gerade dieser scheinbare Widerspruch der beiden Aussagen des Gerichtshofes lässt sich auflösen, wenn man von der Notwendigkeit einer gemeinschaftsinternen Differenzierung der Bindungswirkung ausgeht. Andere Anhänger des Ansatzes bringen ferner vor, dass Folge einer beschränkten Bindungswirkung gemischter Abkommen eine ebenso eingeschränkte Auslegungsbefugnis des EuGH sei und damit das Postulat der einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts 551 Vgl. Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (215); Bleckmann, EuR 1976, 301 (305 ff.); Stein, S. 187 f.; Tridimas/Eeckhout, YEL 1994, 143 (174); Eeckhout, CML Rev. 1997, 11 (22); Groux/Manin, S. 118, allerdings ohne nähere Begründung; Oehmichen, S. 77; im Ergebnis ebenso Hancher, NYIL 1994, 259 (284 f.); hinsichtlich des TRIPs auch Hermes, S. 96 ff. 552 Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (215). Die von Rosas angesprochene Stelle der Entscheidung des Gerichtshofes lautet: „Jedoch wurde das WTO-Übereinkommen von der Gemeinschaft geschlossen und von deren Mitgliedstaaten ratifiziert; dabei wurden die jeweiligen Verpflichtungen gegenüber den anderen Vertragsparteien nicht zwischen ihnen aufgeteilt“; EuGH, Rs. C-53/96, Hermès, Slg. 1998, I-3637, Rn. 24. 553 EuGH, Rs. C-53/96, Hermès, Slg. 1998, I-3637, Rn. 25.
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gefährdet sei.554 Dagegen lässt sich jedoch einwenden, dass dies zu einer Beeinträchtigung des sog. „institutionellen Gleichgewichts“ führen würde, da ein Gemeinschaftsorgan, nämlich der Gerichtshof, zuständig wäre, in einem Politikbereich tätig zu werden, in dem die restlichen Gemeinschaftsorgane mangels EGKompetenz gerade nicht tätig werden dürfen.555 Ferner ist es ja gerade umstritten, ob es sich bei den mitgliedstaatlichen Bestimmungen gemischter Abkommen um Gemeinschaftsrecht handelt, so dass das Argument insoweit zu einem Zirkelschluss führt. Hinsichtlich der Anwendung der restlichen Teile des Abkommens oder sonstigen Sekundärrechts kann die Gefahr einer uneinheitlichen Auslegung zudem – wie die Entscheidungen des EuGH in den Rs. Hermès sowie Dior und Assco zeigen – ohne Rückgriff auf das Konzept einer einheitlichen gemeinschaftsrechtlichen Bindungswirkung gemischter Abkommen durch das Loslösen der Auslegungs- von der Vertragsabschlusskompetenz gebannt werden. Ferner würde die gegenteilige Ansicht der Grundprämisse widersprechen, dass der Abschluss eines gemischten Abkommens zu keiner Verschiebung der primärrechtlich angeordneten Kompetenzverteilung zwischen EG und Mitgliedstaaten führen dürfe.556 So hat auch der EuGH in seinem Gutachten 1/94 ausgeführt, dass „das Problem der Verteilung der Zuständigkeit nicht nach Maßgabe eventueller Schwierigkeiten geregelt werden [kann], die bei der Durchführung auftreten können“.557 Diese kompetenzrechtliche Betrachtungsweise kann nicht durch das Erfordernis einer einheitlichen Auslegung eines Abkommens übergangen werden.558 Das gleiche gilt im Übrigen auch für das Prinzip einer einheitlichen völkerrechtlichen Vertretung der EG.559 Dieser Ansatz ist daher abzulehnen. Nach der gegenteiligen Ansicht werden Bestimmungen in völkerrechtlichen Verträgen mit Drittstaaten nur insoweit Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsord554
Siehe z. B. Stein, S. 187 f.; Oehmichen, S. 77. So schon Nolte, CML Rev. 1988, 403 (407); ebenso Heliskoski, NJIL 2000, 395 (410); Schlussanträge des GA Cosmas, Rs. C-300/98 und C-392/98, Dior und Assco, Slg. 2000, I-11307, Rn. 47 f. 556 s. o. unter 2. Teil C. II. 557 EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 107. Vielmehr seien solche Schwierigkeiten mittels der Pflicht zur Zusammenarbeit zu lösen, siehe Rn. 108. 558 Das Vorhandensein einer Kompetenzspaltung ist gerade Hauptursache für die Entwicklung der Rechtsfigur der gemischten Abkommen. Käme sämtlichen Vorschriften eines solchen gemeinschaftsrechtlicher Rang zu, würde das Hauptmerkmal gemischter Abkommen unterlaufen; vgl. Neubauer, S. 37. Ebenso Kreibich, S. 92 und Heliskoski, NJIL 2000, 395 (409). 559 Vgl. Schlussanträge des GA Cosmas, Rs. C-300/98 und C-392/98, Dior und Assco, Slg. 2000, I-11307, Rn. 63: Der EuGH habe nämlich nicht festgestellt, dass die Notwendigkeit der einheitlichen völkerrechtlichen Vertretung die innergemeinschaftliche „Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Gemeinschaft und den nationalen Stellen ändern könnte“. 555
E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen
277
nung, wie ihr Abschluss in die Außenkompetenz der EG fällt.560 Zum einen komme eine solche Schlussfolgerung bereits als Umkehrschluss aus den Ausführungen des EuGH in der Rs. C-13/00 in Betracht. Zum anderen folge dies aus der, bei der Frage der internen Bindungswirkung eines gemischten Abkommens notwendigen, Berücksichtigung der Kompetenzverteilung. Es würde nämlich den Grundsätzen derselben widersprechen, auch denjenigen Bestimmungen eines gemischten Abkommens über Art. 300 Abs. 7 EGV Gemeinschaftsrechtscharakter zuzugestehen, die in die Kompetenz der Mitgliedstaaten fallen. Dies hätte u. a. deren Vorrang vor dem nationalen Recht zur Folge, obgleich insoweit aufgrund des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung gar keine EG-Kompetenz besteht. Stattdessen müsse es den Mitgliedstaaten zustehen, selbst zu bestimmen, welche Wirkungen die Vorschriften des mitgliedstaatlichen Teils im innerstaatlichen Bereich entfalten.561 Diesem Ansatz kann indes ohne Zweifel nur insoweit zugestimmt werden, als dass denjenigen Bestimmungen gemischter Abkommen, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, nicht die Wirkung des Art. 300 Abs. 7 EGV zukommt. Schließlich setzt Art. 300 Abs. 1 EGV voraus, dass der EGV „den Abschluss von Abkommen zwischen der Gemeinschaft und einem oder mehreren dritten Staaten oder internationalen Organisationen vorsieht“, also eine gemeinschaftliche Abschlusskompetenz gegeben sein muss. Dies ist aber bei den Vertragsteilen, die in die ausschließliche mitgliedstaatliche Zuständigkeit fallen, gerade nicht der Fall. Diese können vielmehr mangels Hand560 Vgl. Meessen, EuR 1980, 36 (44 ff.), wonach die Teile eines gemischten Abkommens, „zu deren Regelung nicht die Gemeinschaft, sondern die Mitgliedstaaten zuständig waren, [. . .] nicht auf irgendeine mysteriöse Art Gemeinschaftsrecht geworden“ sind; ebenso Schermers, in: Essays, 167 (174 f.); Kreibich, S. 88 f.; Ehlermann, in: O’Keeffe/Schermers, 3 (18 f.); Arnold, AVR 1980/81, 419 (455); MacLeod/Hendry/Hyett, S. 155, 157 f.; Hailbronner, EuR 1984, 54 (64); Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 300, Rn. 75; Nolte, CML Rev. 1988, 403 (407); Epiney, EuZW 1999, 5 (7); Koutrakos, EFA Rev. 2002, 25 (33); Gaja, in: O’Keeffe/Schermers, 133 (137); Neubauer, S. 37 f.; Vedder, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, Art. 228, Rn. 55; Tomuschat, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Art. 300, Rn. 88; Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 88. 561 Epiney, EuZW 1999, 5 (7). A. A. Lavranos, S. 27 f., der einerseits davon ausgeht, dass gemischte Abkommen in vollem Umfang Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung werden, also die Mitgliedstaaten gemeinschaftsrechtlich an sämtliche Vorschriften des Abkommens gebunden sind. Andererseits komme aber den Bestimmungen, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, nicht der Vorrang des Gemeinschaftsrechts zu. Ebenso Flemisch, S. 36 und 41. Diesem Differenzierungsversuch ist jedoch entgegen zu treten: So spricht Art. 300 Abs. 7 EGV nur von der Bindungswirkung und nicht von der Rangfrage. Es ist aber zu bedenken, dass diese Beziehung nach der Rechtsprechung des EuGH gegeben ist: Stellt das gemischte Abkommen in seiner Gesamtheit ein Abkommen i. S. d. Art. 300 Abs. 7 EGV, ist es im selben Umfang „integrierender Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung“ und geht damit nationalem Recht vor. Die Differenzierung entspricht daher nicht der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes.
278
4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
lungskompetenz der EG nicht Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung sein.562 Allerdings könnte dies für die Abkommensteile, für die zumindest eine konkurrierende EG-Zuständigkeit besteht, gerade nicht gelten.563 Schließlich besteht insoweit durchaus eine – wenn auch nur potentielle – Handlungskompetenz der EG. So schreibt Dashwood in Bezug auf die Entscheidung des EuGH in der Rs. Hermès: „What the Court said about Article 50 of the TRIPS would seem to be equally applicable to any of the provisions of the WTO agreement (as well as of other mixed agreements) that relate to a field of activity where competence is shared between the Community and the Member States“.564 Auch wenn Dashwood mit dieser Aussage wohl lediglich hinsichtlich der Frage der Zuständigkeit des EuGH Stellung beziehen wollte565, so kann ihre Begründung doch Anstoß für einen möglichen Argumentationsweg geben. Dashwood führt nämlich weiter aus: „In every such field, there is likely to have some piece of internal legislation enacted, which would be enough to bring the relevant provisions of the agreement in question ,within the scope of Community law‘.“ Für eine einheitliche Bindungswirkung spricht mithin, dass eine klare Kompetenzaufteilung gerade bei gemischten Abkommen ein schwieriges Unterfangen ist und diese sich aufgrund der Dynamik der EG-Zuständigkeiten auch ständig ändern kann. Zudem sind gemischte Abkommen u. a. dafür geschaffen worden, die Notwendigkeit einer solchen so weit als möglich zu umgehen. Doch würde eine pauschale Anwendung der Bindungswirkung des Art. 300 Abs. 7 EGV die mangels Harmonisierung (noch) vorhandene mitgliedstaatliche Kompetenz unterlaufen.566 Wenn auch gemischte Abkommen den Abschluss und die Durchführung internationaler Abkommen für die Gemeinschaftsgruppe erleichtern sollen, kann alleine durch den gemeinsamen Abschluss gerade keine Kompetenzverschiebung stattfinden. Dies wäre jedoch der Fall, käme Bestim562 Nach Mögele handele es sich insoweit nicht um ein Abkommen, das „nach Maßgabe“ von Art. 300 EGV geschlossen wurde; Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 88; ebenso Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 300, Rn. 75; eingeschränkt auch Vedder, wonach zwar das gesamte Abkommen als völkerrechtlicher Vertrag der EG in Gemeinschaftsrecht übernommen wird, der mitgliedstaatliche Teil mangels Gemeinschaftskompetenz jedoch keine Wirksamkeit entfalten könne; Vedder, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, Art. 228, Rn. 23; zustimmend Neubauer, S. 38. 563 Vgl. Mögele, in: Streinz, EGV, Art. 300, Rn. 89, der – allerdings ohne genauere Begründung – eine entsprechende Differenzierung vornimmt. 564 Dashwood, in: liber amicorum Lord Slynn of Hadley, 167 (173). 565 Vgl. Lavranos, S. 33 und Heliskoski, CML Rev. 2002, 159 (171), die Dashwood’s Aussage nur i. d. S. verstehen. 566 Vgl. Kreibich, S. 91 ff., der allerdings insoweit nicht gefolgt werden kann, als sie neben dem Hinweis auf die notwendige Berücksichtigung der innergemeinschaftlichen Kompetenzverteilung (S. 92) noch darauf abstellt, dass solche Bestimmungen gemischter Abkommen schon deswegen nicht Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung werden könnten, da eine bloße potentielle Binnenkompetenz der Gemeinschaft keine externe EG-Zuständigkeit begründen kann (S. 91 f., 94).
E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen
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mungen, die mangels Harmonisierung noch in die mitgliedstaatliche Zuständigkeit fallen, bereits der Vorrang des Gemeinschaftsrechts zu. Zudem ist zumindest der EuGH auch in rechtlich wie faktisch komplexen kompetenzrechtlichen Konstellationen in der Lage, zu entscheiden, ob eine bestimmte Vertragsbestimmungen in die mitgliedstaatliche oder die EG-Zuständigkeit fällt.567 Dies muss auch in kompetenzrechtlichen Konstellationen gelten, in denen sich wie in den Rs. Hermès sowie Dior und Assco das Problem stellt, dass ein und dieselbe Norm eines gemischten Abkommens auf Sachverhalte mit gemeinschaftlicher und mitgliedstaatlicher Kompetenz Anwendung findet. Diesbezüglich ist dann nämlich im Hinblick darauf zu differenzieren, ob die Norm auf eine gemeinschaftsrechtliche oder eine mitgliedstaatliche Regelung angewandt werden soll.568 Gegen eine Differenzierung anhand der Kompetenzkategorien sprechen zudem die Ausführungen des Gerichtshofs zur Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit des (gemischten) TRIPs-Abkommens569 in der Rs. Dior und Assco. Generell vertritt der EuGH nämlich bezüglich der unmittelbaren Anwendbarkeit von Gemeinschaftsabkommen folgende Auffassung: „Eine Bestimmung eines von der EG mit Drittländern geschlossenen Abkommens ist als unmittelbar anwendbar anzusehen, wenn sie unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und im Hinblick auf den Sinn und Zwecks des Abkommens eine klare und eindeutige Verpflichtung enthält, deren Erfüllung oder deren Wirkungen nicht vom Erlass eines weiteren Akts abhängen“.570 Grundvoraussetzung für die Prüfung einer unmittelbaren Anwendbarkeit ist jedoch, dass das Abkommen einen integrierenden Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung darstellt, denn nur dann kann ihm über Art. 300 Abs. 7 EGV die entsprechende Bindungswirkung zukommen, die eine unmittelbare Anwendbarkeit einer bestimmten Vertragsnorm überhaupt ermöglicht.571 Die Ausführungen des Gerichtshofes in der Rs. Dior und Assco deuten dabei darauf hin, dass dies hinsichtlich eines gemischten Abkommens insoweit nicht der Fall sein kann, als die EG ihre in einem Politikbereich be567
Heliskoski, NJIL 2000, 395 (411). Kreibich, S. 95. 569 Generell zu der Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit gemischter Abkommen, noch ohne Bezugnahme auf die jüngeren Entscheidungen des Gerichtshofes, Gagliardi, E.L. Rev. 1999, 276 (276 ff.). Allgemein zu der Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit von Gemeinschaftsabkommen siehe Bebr, EuR 1983, 128 (128 ff.) sowie Peters, GYIL 1997, 9 (50 ff.). 570 EuGH, Rs. 12/86, Demirel, Slg. 1987, 3719, Rn. 14. Der EuGH führt bei der Frage, ob eine Bestimmung eines völkerrechtlichen Abkommens unmittelbar anwendbar sein kann, mithin einen sog. „Zwei-Stufen-Test“ durch: Auf der ersten Stufe untersucht er, ob eine unmittelbare Anwendbarkeit nach Sinn und Zweck des jeweiligen Abkommens generell möglich ist und auf der zweiten Stufe, ob die Norm hinreichen bestimmt ist; vgl. Bungenberg, in: FS Folz, 13 (20); E. Stein, in: Collected Courses of the Academy of European Law, 115 (171 ff.). 571 Bungenberg, in: FS Folz, 13 (20). 568
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
stehende konkurrierende Kompetenz (noch) nicht ausgeübt hat. So stellt der EuGH fest: „Soweit es sich jedoch um einen Bereich handelt, in dem die Gemeinschaft noch keine Rechtsvorschriften erlassen hat und der somit in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, unterliegen der Schutz der Rechte des geistigen Eigentums und die von den Gerichten hierzu getroffenen Maßnahmen nicht dem Gemeinschaftsrecht“.572 In der Folge trennte der EuGH erstmals die Frage einer unmittelbaren Anwendbarkeit eines gemischten Abkommens im Gemeinschaftsrecht von der Frage seiner unmittelbaren Anwendbarkeit im nationalen Recht: „Das Gemeinschaftsrecht gebietet es daher nicht, schließt es aber auch nicht aus, dass die Rechtsordnung eines Mitgliedstaates dem Einzelnen das Recht zuerkennt, sich unmittelbar auf die Bestimmung des Artikel 50 Absatz 6 des TRIPs-Übereinkommens zu berufen, [. . .]“.573 Ob der Gerichthof mit der Formulierung „unterliegen nicht dem Gemeinschaftsrecht“ tatsächlich bewusst den Bogen zu der Frage der Rechtsnatur der Abkommensbestimmungen ziehen wollte, bleibt zwar mangels weiterführender Äußerungen im Unklaren.574 Allerdings erscheint diese Schlussfolgerung als logische Konsequenz der vom EuGH in der Folge in seiner Entscheidung festgestellten Trennbarkeit zwischen einer gemeinschaftsrechtlichen und einer den nationalen Rechtsordnungen unterliegenden unmittelbaren Anwendbarkeit. Letztere ist nur möglich, wenn die fraglichen Bestimmungen des gemischten Abkommens gerade nicht Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung geworden sind. Die Aussagen des EuGH in der Rs. Dior und Assco im Zusammenhang mit der Frage nach der unmittelbaren Anwendbarkeit des TRIPs tendieren mithin dahin, dass sich die Rechtsnatur der Bestimmungen gemischter Abkommen konsequent anhand der internen Kompetenzverteilung ausrichtet. Auf diese Weise wird zudem dem Postulat, dass die innergemeinschaftliche Kompetenzverteilung durch den Abschluss gemischter Abkommen nicht berührt wird, am besten entsprochen.
572
EuGH, Rs. C-300/98 und C-392/98, Dior und Assco, Slg. 2000, I-11307, Rn. 48. EuGH, Rs. C-300/98 und C-392/98, Dior und Assco, Slg. 2000, I-11307, Rn. 48; siehe dazu auch Bungenberg, in: FS Folz, 13 (23); Geiger, EGV, Art. 300, Rn. 35. 574 In der Mehrzahl der Besprechungen der Rs. Dior und Assco wird – soweit ersichtlich – eine solche Schlussfolgerung nicht gezogen; vgl. Bungenberg, in: FS Folz, 13 (20 f., 23); Bontinck, Harvard Jean Monnet Working Paper 16/01, S. 18 ff.; Novak, ELR 2001, 19 (23 ff.). Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich keine diese Arbeiten primär mit der Frage der Bindungswirkung der Bestimmungen des TRIPs beschäftigte. Alleine Wünschmann kommt zumindest teilweise zu der gleichen Schlussfolgerung wenn sie schreibt: „Der EuGH hat damit ausdrücklich anerkannt, dass mangels entsprechender Außenkompetenz der EG Art. 50 Abs. 6 des TRIPS-Übereinkommens nicht im Gemeinschaftsrecht gilt, sondern Geltung ausschließlich in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen erlangen konnte“; Wünschmann, S. 76. 573
E. Bindungs- und Haftungsfragen bei gemischten Abschlüssen
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cc) Schlussfolgerungen Sind die Mitgliedstaaten (noch) zuständig, wird eine aufgrund dieser Kompetenz geschlossene Abkommensbestimmung nicht Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung mit der Folge, dass ihr nicht die Bindungswirkung des Art. 300 Abs. 7 EGV zukommt. Dies hat zur Konsequenz, dass sich die EG im Falle ihrer völkerrechtlichen Inanspruchnahme nicht mittels Berufung auf die verletzte Vertragsnorm gegen den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat wenden kann, handelt es sich dabei doch gerade nicht um Gemeinschaftsrecht. Der innergemeinschaftliche Erfüllungsanspruch gegen den Mitgliedstaat bzw. der eventuell notwendige Haftungsausgleich muss demnach auf einer anderen gemeinschaftlichen Rechtsgrundlage beruhen, soll eine Rechtsschutzlücke vermieden werden. b) Die Pflicht zur Zusammenarbeit als Anspruchsgrundlage Wiederum ist jedoch die Pflicht zur Zusammenarbeit zu beachten. Schließlich statuiert diese eine gegenseitige Pflichtenstellung von EG und Mitgliedstaaten, so dass auch dann von einem Verstoß auszugehen ist, wenn diesmal die Mitgliedstaaten angesichts der eigenen Verantwortlichkeit eine völkerrechtliche Inanspruchnahme der EG provozieren.575 Der Heranziehung der Pflicht zur Zusammenarbeit als Anspruchsgrundlage kann zudem nicht entgegengehalten werden, dass dadurch auch den mitgliedstaatlichen Teilen gemischter Abkommen die Wirkung von Gemeinschaftsrecht, also insbesondere der Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalen Recht, zukäme, obgleich insoweit aufgrund des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung gar keine Gemeinschaftskompetenz besteht. Die Konstruktion einer Pflicht aus Art. 10 EGV lässt nämlich den mitgliedstaatlichen Charakter der Vertragsverpflichtungen völlig unberührt. Es entsteht lediglich eine Pflicht, diesen mit Mitteln des jeweiligen nationalen Rechts nachzukommen.576 Fraglich ist allerdings, ob die aus der 575 Vgl. Granvik, S. 120 f.; Gaja, in: O’Keeffe/Schermers, 133 (140); J. Nolte, S. 188; Stein, S. 174; wohl auch Chatháin, ELJ 1999, 461 (476). Dabei ist zudem zu bedenken, dass sich EG und Mitgliedstaaten über die im Bereich der gemischten Abkommen ohnehin geltenden besonderen Pflicht der Zusammenarbeit schon aufgrund des Prinzips der gegenseitigen Gemeinschaftstreue eine Loyalität schulden, die gerade auch „über die Buchstaben der Verträge hinaus“ gehen kann und daher nicht mit dem Hinweis auf die fehlende Gemeinschaftszuständigkeit abgetan werden kann; Oppermann, § 6, Rn. 23. 576 Vgl. auch die Begründungserwägung Nr. 12 der Ratsentscheidung 2002/358/EG v. 25.04.2002 über die Genehmigung des Kyoto-Protokolls, wo es am Ende heißt: „Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten sind verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, damit die Gemeinschaft ihre Verpflichtungen im Rahmen des Protokolls erfüllen kann, unbeschadet der Verantwortung der einzelnen Mitgliedstaaten gegenüber der Gemeinschaft und anderen Mitgliedstaaten zur Erfüllung der eigenen Verpflichtungen“ (Hervorhebung durch den Verfasser).
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Pflicht zur Zusammenarbeit hergeleitete Gemeinschaftspflicht tatsächlich zu einer Handlungspflicht der Mitgliedstaaten dergestalt führen kann, dass letztere ihr jeweiliges nationales Recht den völkervertraglichen Vorgaben anpassen müssen. Anders als hinsichtlich des gemeinschaftlichen Teils des Abkommens kommt es hier nicht erst auf das Vorliegen der unmittelbaren Anwendbarkeit der Vertragsnorm an. Vielmehr spricht gegen einen gemeinschaftlichen Erfüllungsanspruch bereits, dass dieser den Mitgliedstaaten eine konkrete Handlungspflicht in einem – aufgrund der (noch) vorhandenen mitgliedstaatlichen Zuständigkeiten – souveränen Politikbereich aufgeben würde. Den Mitgliedstaaten muss es aber im Rahmen ihrer Zuständigkeiten selbst überlassen bleiben, wie sie ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommen. Dagegen ist auf Kompensationsebene aufgrund des Grundsatzes der gemeinsamen Verantwortlichkeit wiederum davon ausgehen, dass die nach außen hin gesamtschuldnerische Haftung gemeinschaftsintern von einem Ausgleichsanspruch begleitet wird.577 Problematisch ist zwar die eigentliche Anspruchsgrundlage, da Art. 288 Abs. 2 EGV schon seinem Wortlaut nach nicht zugunsten der EG heranzuziehen ist. Doch dürfte sich der Ausgleichsanspruch bereits aus dem Verstoß gegen die Pflicht zur Zusammenarbeit ergeben, ohne dass es einer ausdrücklichen Haftungsnorm bedarf. Zur Sicherstellung einer ausreichenden Rechtssicherheit und -klarheit erscheint insofern eine baldige ausdrückliche primär- oder sekundärrechtliche Statuierung des Ausgleichsanspruchs nicht nur wünschenswert, sondern auch erforderlich. c) Fazit Da der mitgliedstaatliche Teil gemischter Abkommen nicht an der gemeinschaftlichen Rechtsnatur des Gemeinschaftsteils partizipiert und die Erfüllung desselben damit keine Gemeinschaftspflicht darstellt, kann die EG gegenüber ihren Mitgliedstaaten mithin nur über die Pflicht zur Zusammenarbeit einen angesichts des Konzepts der gemeinsamen Verantwortlichkeit notwendigen innergemeinschaftlichen Haftungsausgleich verlangen. Ein Erfüllungsanspruch besteht dagegen wiederum nicht.
F. Gemischte Abschlüsse und Streitbeilegung Kommt es wegen des Streits um die Erfüllung bestimmter Vertragspflichten zum Konflikt, sehen die meisten gemischten Vertragswerke einen mehr oder weniger ausgearbeiteten Streitbeilegungsmechanismus vor.578 577
s. o. unter 4. Teil E. II. 1 b) cc). Dass die EG angesichts ihrer Rechtspersönlichkeit Partei von internationalen Streitigkeiten sein kann, steht außer Frage; vgl. Rosas, GYIL 2003, 284 (284). 578
F. Gemischte Abschlüsse und Streitbeilegung
283
I. Gemischte Abschlüsse im Allgemeinen Die Mehrzahl der gemischten Abkommen beinhaltet ein völkerrechtliches Schieds- bzw. Streitbeilegungsverfahren. In gemischten Abkommen mit bilateralem Charakter findet sich dabei in aller Regel eine Vorschrift, wonach EG und Mitgliedstaaten im Rahmen der Streitbeilegung als eine einzige Streitpartei anzusehen sind.579 Multilaterale gemischte Abkommen enthalten dagegen die unterschiedlichsten Streitbeilegungskonzepte580, obgleich nur wenige auf die Besonderheiten der gemischten Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe eingehen. Beispielhaft für letztere ist das neue Übereinkommen zum Schutz des Rheins. Dort heißt es in Ziffer 8 des Anhangs „Schiedsverfahren“, dass im Falle einer Streitigkeit gegen einen EG-Mitgliedstaat der Antrag auf Eröffnung des Schiedsverfahrens gleichzeitig an diesen und an die EG zu richten ist. Diese können dann selbst entscheiden, ob der Mitgliedstaat, die EG oder beide gemeinsam als Streitpartei auftreten.581 Fehlt es dagegen an einer ausdrücklichen Regelung der Streitbeilegung mit EG-Beteiligung, kann die gemeinsame Beteiligung von EG und Mitgliedstaaten zu erheblichen Problemen im Rahmen der Durchführung des Streitbeilegungsverfahrens führen. Das wohl prominenteste derartige Beispiel ist das DSU im Rahmen der WTO, so dass die dortige Streitbeilegungspraxis im Folgenden auf eventuelle Modifikationen des Verfahrens bzw. Grundsätze der Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe untersucht werden soll.
II. Das WTO-Streitbeilegungssystem Das WTO-Streitbeilegungssystem ist der wichtigste internationale Streitschlichtungsmechanismus, dem sich die EG bisher unterworfen hat.582 Schon alleine der Umstand, dass die EG bisher an ca. einem Drittel aller Streitbeile579
s. o. unter 4. Teil E. I. 1. b) cc). Siehe dazu Rosas, GYIL 2003, 284 (299 ff.); Heliskoski, S. 157 ff.; Stein, S. 42 ff.; Wuermeling, S. 222 f. 581 Diese Klausel wird auch als „optional standing“ (Heliskoski, S. 167) bzw. „fakultative Prozeßstandschaft oder Streitgenossenschaft“ (Stein, S. 44) bezeichnet. Andere Beispiele für Abkommen mit besonderen Regelungen für die Gemeinschaftsgruppe sind das Abkommen über die Europäische Energie Charta, das SRÜ und das Übereinkommen zur Erhaltung gebietsübergreifender Fischbestände (ABl. Nr. L 189 v. 03.07.1998, 14 ff.). 582 Mit dem DSU enthält die WTO nunmehr ein Streitbeilegungsverfahren, das angesichts seines „integrierten Charakters“ nicht nur für Konfliktfälle aus sämtlichen Abkommen innerhalb des WTO-Systems, also vom GATT’94 bis hin zum TRIPs, ein gemeinsames Verfahren vorsieht, sondern zudem noch zu bindenden und durchsetzbaren Entscheidungen führt. Zum DSU siehe u. a. Oppermann, RIW 1995, 919 (924); Rosas, GYIL 2003, 284 (292 ff.); Beneyto, EuZW 1996, 295 (295 ff.) sowie ausführlich und aktuell Hilf, in: Hilf/Oeter, § 27, Rn. 1 ff. 580
284
4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
gungsverfahren beteiligt war, macht die Bedeutung des DSU und der Frage nach dessen Anwendung auf die gemeinsame Mitgliedschaft der Gemeinschaftsgruppe deutlich.583 Dabei hängen die auftretenden Schwierigkeiten insbesondere von der jeweiligen Parteirolle der Gemeinschaftsgruppe ab: 1. Die Gemeinschaftsgruppe als Beschwerdeführer Aus Sicht des DSU kommen im Konfliktfall stets sowohl die EG als auch sämtliche Mitgliedstaaten als Beschwerdeführer in Betracht, steht die Eröffnung eines Streitbeilegungsverfahrens doch in aller Regel sämtlichen WTO-Mitgliedern offen.584 Allerdings haben einzelne EG-Mitgliedstaaten bisher noch kein einziges Streitbeilegungsverfahren initiiert, während die EG bereits in 70 Verfahren als Beschwerdeführerin aufgetreten ist, die nicht nur Konflikte im Bereich des GATT, sondern auch des GATS und TRIPs und damit mitgliedstaatliche Zuständigkeiten umfassten.585 Dabei handelt die Kommission in GATTVerfahren alleine im Namen der EG.586 In TRIPs und GATS Verfahren dagegen tritt zwar die EG ebenfalls formal als einzige Beschwerdeführerin auf, weist jedoch in den Schriftsätzen auf das gemeinsame Vorgehen der Gemeinschaftsgruppe hin.587
583 Bis Ende 2006 war bzw. ist die EG an 130 (74 als Beschwerdeführerin und 56 als Beschwerdegegnerin) der bisherigen 352 DSU-Verfahren beteiligt; siehe unter http://www.wto.org/english/tratop_e/dispu_e/dispu_by_country_e.htm (Stand: 10.03. 2007). 584 Der Beschwerdeführer muss zwar eine Schmälerung bzw. Zunichtemachung von Handelsvorteilen (die zumeist auf der Verletzung von WTO-Verpflichtungen durch ein anderes WTO-Mitglied beruht, sog. violation complaint; siehe dazu auch Petersmann, GYIL 1991, 175 ff.) geltend machen. Einer besonderen Beschwerdebefugnis bedarf es dafür jedoch nicht. Vielmehr liegt die Einleitung eines Streitbeilegungsverfahrens primär im Ermessen der WTO-Mitglieder selbst (siehe Rn. 134 f. des AB-Berichts im Fall Bananenmarkt VO, WTO doc. WT/DS158/AB), so dass z. B. auch ein lediglich potentielles Exportinteresse zur Verfahrenseröffnung ausreichen kann (Rn. 136). Siehe dazu Hilf, in: Hilf/Oeter, § 27, Rn. 41 ff. 585 Die EG hat u. a. die WTO-Rechtswidrigkeit einer importierte alkoholische Getränke diskriminierende Besteuerung durch Japan gerügt (siehe WTO doc. WT/DS8/R v. 11.07.1996), wurde also im Bereich des Steuerrechts tätig, das eigentlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt; vgl. Billiet, EFA Rev. 2005, 197 (199); Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 62. 586 Z. B. jüngst WTO doc. WT/DS332/1 v. 23.06.2005 (Brazil – Measures Affecting Imports of Retreated Tyres). 587 Z. B. in WTO doc. WT/DS160/1 v. 04.02.1999 (United States – Section 110(5) of US Copyright Act), wo es heißt: „On behalf of the European Communities and their Member States, we hereby request consultations [. . .].“ Oder in WTO doc. WT/ DS117/1 v. 22.01.1998 (Canada – Measures Affecting Film Distribution Services): „The European Communities and their Member States have instructed us to request consultations with [. . .].“ Weitere Beispiele s. o. unter 4. Teil E. I. 1. b) cc).
F. Gemischte Abschlüsse und Streitbeilegung
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a) Der Widerspruch zwischen Kompetenzlage und Praxis der Streiteröffnung Auf den ersten Blick entspricht diese Praxis nicht der gemeinschaftlichen Rechtslage. Zwar ist die EG, soweit sie ausschließlich zuständig ist, auch alleine befugt, das einschlägige internationale Streitbeilegungsverfahren zu eröffnen. Betrifft ein Handelsdisput aber sowohl EG- wie mitgliedstaatliche Kompetenzen oder gar ausschließlich letztere, sind grundsätzlich auch bzw. nur die Mitgliedstaaten befugt, ein Verfahren zu initiieren.588 Tatsächlich ist jedoch alleine die Kommission – entsprechend ihrer Rolle als „Sprecherin“ der Gemeinschaftsgruppe in der WTO589 – für die Initiierung sämtlicher Streitbeilegungsverfahren verantwortlich.590 Dabei hat die jeweilige interne Kompetenzverteilung keinen substantiellen Einfluss auf den Ablauf des gemeinschaftsinternen Verfahrens, das letztlich zur Eröffnung einer DSU-Streitschlichtung führen kann. Vielmehr läuft es in seinen Grundzügen stets nach einer der beiden zur Verfügung stehenden Verfahrensalternativen ab591: Die Kommission erhält entweder durch selbst gewonnene Erkenntnisse oder aufgrund einer mitgliedstaatlichen Beschwerde Kenntnis von einem Verstoß gegen eine WTO-Vorschrift durch einen Handelspartner, worauf sie auf Grundlage von Art. 133 EGV und nach Anhörung des „Art. 133-Komitees“ über die Initiierung des DSU-Verfahrens entscheidet.592 Nahezu 90% der Streitbeilegungsverfahren beruhen auf diesem „Art. 133-Verfahren“.593 Das zweite Verfahren wird durch die sog. „Trade Barriers Regulation“ statuiert und ermöglicht es neben den Mitgliedstaaten (die allerdings von diesem zweiten Weg kaum Gebrauch machen) vor allem auch Unternehmen und Einzelpersonen, sich an die Kommission mit einer Beschwerde zu wenden.594 588
Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 62; Beneyto, EuZW 1996, 295 (297 f.). s. o. unter 4. Teil A. II. 3. b). 590 So hat der Rat bisher noch keinen einzigen Beschluss betreffend die Eröffnung eines WTO-Streitbeilegungsverfahrens erlassen; vgl. Billiet, EFA Rev. 2005, 197 (205). 591 Vgl. die Antwort der Kommission auf die schriftlichen Anfragen E-0746/01 und E 0747/01; ABl. Nr. C 350 E v. 11.12.2001, S. 33. Siehe auch Billiet, EFA Rev. 2005, 197 (212); Chatháin, ELJ 1999, 461 (471). 592 Vgl. Chatháin, ELJ 1999, 461 (471). Die zentrale Rolle der Kommission wird auch daran deutlich, dass sie – zumindest im Bereich des GATT, also sofern eine ausschließliche EG-Zuständigkeit gegeben ist – nicht die Entscheidung des Art. 133Kommitees abwarten muss, bevor sie ein Streitbeilegungsverfahren initiiert; EuGH, Rs. C-61/94, Kommission/Deutschland, Slg. 1996, I-3989, Rn. 13 f. 593 Billiet, EFA Rev. 2005, 197 (209, Figure 1). 594 Siehe die VO EG/3286/94 zur Festlegung der Verfahren der Gemeinschaft im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Gemeinschaft nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln; ABl. Nr. L 349 v. 31.12.1994, S. 71 ff. Siehe auch Kuijper, J.W.T. 1995, Heft 6, 49 (55 f.); Billiet, EFA Rev. 2005, 197 (201 ff.). 589
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
Fraglich ist, ob diese Praxis auf einer entsprechenden gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung beruht. Als Rechtsgrundlage für eine solche kommt alleine die Pflicht zur Zusammenarbeit i.V. m. dem Grundsatz der Notwendigkeit einer einheitlichen Außenvertretung der Gemeinschaftsgruppe in Betracht. Allerdings ist bereits zweifelhaft, ob sie auch auf Fälle mit ausschließlicher mitgliedstaatlicher Zuständigkeit anwendbar ist, greift die Kooperationspflicht doch im Regelfall nur bei einer geteilten Kompetenzgrundlage.595 Die Kommission ist indes in einem Rechtsgutachten im Rahmen des gemeinschaftsinternen Disputs über das richtige Vorgehen im sog. „Polygram-Fall“596 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Pflicht zur Zusammenarbeit den Mitgliedstaaten verbiete, isoliert im Rahmen des DSU vorzugehen. Kaum verwunderlich kam der Juristische Dienst des Rates zum gegenteiligen Ergebnis.597 Der Ansicht des Rates ist dabei angesichts der zweifellos bestehenden mitgliedstaatlichen Kompetenzen der Vorzug zu geben.598 Zudem führt die Pflicht zur Zusammenarbeit ohnehin nicht zu einer Einigungspflicht599, so dass konsequenterweise auch keine Pflicht zu einem gemeinsamen Vorgehen im Rahmen des DSU bestehen kann, welche einzelne Mitgliedstaaten daran hindern würde, in Konfliktsituationen mit mitgliedstaatlicher Zuständigkeit alleine vorzugehen.600 Die bestehende DSU-Praxis in den Bereichen geteilter und ausschließlicher mitgliedstaatlicher Zuständigkeiten lässt sich daher nur mit einer stillschweigenden Zustimmung bzw. Kompetenzausübungsermächtigung zugunsten der Kommission durch alle Mitgliedstaaten begründen.601 Dieser wird im Regelfall im Rahmen des Art. 133-Komitees erteilt.602 Würde es dagegen an einem mitgliedstaatlichen Konsens fehlen, ist davon auszugehen, dass die Kommission von der Verfahrenseröffnung absieht. Dementsprechend hat die Kommission im Polygram-Fall mit der Eröffnung des Streitbeilegungsverfahrens auch solange abge-
595 Dies gilt grundsätzlich auch im Rahmen der WTO, da sich die in Gutachten 1/ 94 statuierte Ausweitung der Pflicht auf Bereiche mit ausschließlichen Kompetenzen nur auf das Stadium der Gegenmaßnahmen bezieht; s. o. unter 4. Teil A. II. 3. a). 596 In diesem stritten sich die Kommission einer- sowie Frankreich und die Niederlanden andererseits zunächst um die richtige Rechtsgrundlage für das Vorgehen gegen Kanada. Erst nach einem Jahr konnten sich beide Seiten auf einen Kompromiss einigen; siehe WTO doc. WT/DS117/1 v. 22.01.1998 (Canada – Measures Affecting Film Distribution Services). 597 Vgl. Wuorinen, FYIL 1997, 340 (347 f.) mit Verweis auf die Analysen des Juristischen Dienstes der Kommission im Arbeitsdokument Nr. 463/97 des Art. 133-Kommitees sowie des Juristischen Dienstes des Rates im Arbeitsdokument Nr. 103/97 des Art. 133-ad hoc Komitees für den Dienstleistungssektor. 598 Wuorinen, FYIL 1997, 340 (349). 599 s. o. unter 4. Teil A. I. 4. b) und c). 600 Vgl. Chatháin, ELJ 1999, 461 (466). 601 Rosas, GYIL 2003, 284 (318); Chatháin, ELJ 1999, 461 (471 und 475). 602 Rosas, GYIL 2003, 284 (318).
F. Gemischte Abschlüsse und Streitbeilegung
287
wartet, bis im Art. 133-Komitee Einigkeit zwischen ihr und sämtlichen Mitgliedstaaten über die richtige Vorgehensweise bestand. b) Die Ursachen der bestehenden Gemeinschaftspraxis Verschiedene Ursachen erklären die zentrale Rolle der Kommission im Rahmen der Initiierung von DSU-Verfahren. aa) Generell bei gemischten Abschlüssen bestehende Gründe Einige von diesen lassen sich auf sämtliche gemischten Abschlüsse übertragen: Insoweit sind primär die im Zusammenhang mit der internen Kompetenzteilung einhergehenden Prinzipien der Zusammenarbeit und des einheitlichen Außenauftretens von EG und Mitgliedstaaten zu nennen.603 Die WTO-Praxis spiegelt diese in effektiver Weise wider, in dem mit der Kommission nur einem Akteur die gesamte Außendarstellung der Gemeinschaftsgruppe zukommt. Ferner ist zu bedenken, dass es oftmals selbst für EG wie Mitgliedstaaten nicht möglich ist, exakt festzustellen, wem welche Kompetenzen in einem bestimmten Arbeitsbereich zukommen. Umso komplexer ein gemischtes Vertragswerk desto schwieriger sind die damit einhergehenden Abgrenzungsfragen. Durch das gemeinsame Handeln wird dagegen verhindert, dass im Rahmen des Verfahrens die Frage nach der exakten Kompetenzaufteilung gestellt wird.604 Diese Gründe alleine vermögen die so eindeutig auf die Kommission zugeschnittene WTO-Praxis jedoch nicht zu erklären: Zum einen würde ihnen bereits mit einem gemeinsamen Vorgehen der Gemeinschaftsgruppe entsprochen werden. Zum anderen besteht letztlich gerade keine Rechtspflicht zu einem gemeinsamen Vorgehen, so dass kaum davon auszugehen ist, dass die Mitgliedstaaten gänzlich auf ein eigenes Auftreten bei der Streitbeilegung verzichten würden. Die WTO-Praxis muss daher weitere, WTO-spezifische Ursachen haben. bb) Die „cross-retaliation“ und andere WTO-spezifische Gründe Die vordringlichste ist sicherlich die in Art. 22 Abs. 3 lit. c) DSU statuierte Möglichkeit der sog. „cross-retaliation“: Nach Art. 3 Abs. 7 DSU liegt zwar „das erste Ziel des Streitbeilegungsmechanismus gewöhnlich in der Rücknahme der betreffenden Maßnahmen“. Ist das unterliegende Mitglied indes nicht in der Lage, den WTO-rechtskonformen Zustand wiederherzustellen, bietet Art. 22 DSU den Streitparteien die Möglichkeit, einvernehmlich Kompensationen fest603 604
Chatháin, ELJ 1999, 461 (470 f.). Vgl. Baroncini, YEL 1998, 157 (213).
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
zulegen, die allerdings angesichts der klaren Aussage des Art. 3 Abs. 7 DSU lediglich vorübergehender Natur sind und die Verpflichtung zur Beseitigung des Verstoßes gegen geltendes WTO-Recht nicht endgültig ersetzen können.605 Kommt es dagegen nicht zu einem Einvernehmen über eine zu leistende Kompensation, kann das obsiegende Mitglied gem. Art. 22 S. 2 DSU beantragen, einseitig vertragliche Zugeständnisse oder sonstige Pflichten der unter das DSU fallenden WTO-Abkommen nach Maßgabe der in Art. 22 Abs. 3 bis 8 DSU niedergelegten Grundsätze auszusetzen.606 Gem. Art. 22 Abs. 3 lit. a) DSU müssen sich diese handelspolitischen Gegenmaßnahmen soweit als möglich auf den gleichen handelspolitischen„Sektor“ i. S. v. lit. f) beziehen. Stellt sich dies als ungenügend oder nicht durchführbar dar, können gem. lit. b) Zugeständnisse aus einem anderen Sektor unter demselben Übereinkommen ausgesetzt werden. Als ultima ratio bleibt letztlich gem. Art. 22 Abs. 3 lit. c) DSU die Möglichkeit, Zugeständnisse aus einem anderen WTO-Übereinkommen zu suspendieren, die sog. „cross-retaliation“. Das DSU gibt den WTO-Mitgliedern also die Möglichkeit, auf die Verletzung einer GATT-Vorschrift mit Gegenmaßnahmen aus den Bereichen von TRIPs oder GATS zu reagieren und umgekehrt. Innerhalb der Gemeinschaftsgruppe jedoch führt die Möglichkeit der „cross-retaliation“ zu substantiellen Anwendungsproblemen, die je nachdem wer als Beschwerdeführer auftritt, unterschiedlicher Natur sind. Dabei stößt ein isoliertes Vorgehen eines Mitgliedstaates auf die größten Hindernisse: Obsiegt dieser z. B. in einem Konflikt aus dem Bereich des TRIPs, der Beschwerdegegner weigert sich jedoch, der DSB-Entscheidung nachzukommen, steht dem Mitgliedstaat in aller Regel gerade nicht die Möglichkeit offen, Zugeständnisse aus dem TRIPs, die in seine eigene Zuständigkeit fallen, auszusetzen. Dies würde nämlich eine diskriminierende – da nur die Staatsangehörigen des Beschwerdegegners betreffende – Enteignung darstellen, die in den meisten Mitgliedstaaten nicht zulässig ist.607 Zudem ist die Effektivität einer Aussetzung von Zugeständnissen aus dem GATT in Gestalt von Strafzöllen ohnehin weitaus höher.608 Da aber die EG für das GATT ausschließlich zuständig ist, ist der Mitgliedstaat „[. . .] nach dem Gemeinschaftsrecht nicht be605
Hilf, in: Hilf/Oeter, § 27, Rn. 56. Angesichts der gegenwärtigen Ausgestaltung des DSU ist die einvernehmliche Festlegung von Kompensationen aber kaum eine realistische Option (zum einen ist die Frist für die Festlegung mit 20 Tagen zu kurz, zum anderen fehlt es an einer Bestimmung der Schadenshöhe durch eine neutrale Stelle), so dass es nahezu immer zur Verhängung von Gegenmaßnahmen kommt, wenn die unterlegene Partei die DSB-Empfehlung nicht befolgt; vgl. die „Contribution of the European Communities and its Member States to the improvement of the WTO DSU“, TN/DS/W/1 v. 13.03.2002, Abschnitt II.B. 607 Kuijper, J.W.T. 1995, Heft 6, 49 (59); zustimmend Wuorinen, FYIL 1997, 340 (358); Chatháin, ELJ 1999, 461 (465). 608 Wuorinen, FYIL 1997, 340 (354). 606
F. Gemischte Abschlüsse und Streitbeilegung
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fugt, Retorsionsmaßnahmen im Bereich des Warenverkehrs zu ergreifen [. . .]“.609 Der Gemeinschaftsgruppe bleiben daher nur zwei – allerdings ungenügende – Lösungswege: Zum einen könnte die EG anstelle des Mitgliedstaates ihr Recht auf Gegenmaßnahmen vor dem DSB geltend machen. Die Gewährung desselben ist indes mehr als fraglich, stellt doch ein Vorgehen der EG anstelle eines einzelnen Mitgliedstaates in aller Regel einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip dar.610 Zum Zweiten könnte die EG den Mitgliedstaat ermächtigen, die Gegenmaßnahmen selbst zu ergreifen. Allerdings wäre eine solche Maßnahme praktisch ohne jeden Effekt, könnte der Beschwerdegegner doch die Strafzölle eines einzelnen Mitgliedstaates durch den Import über ein anderes EG-Mitglied leicht umgehen.611 Das isolierte Vorgehen eines einzelnen Mitgliedstaates ist daher soweit als möglich zu vermeiden, läuft es letztlich doch im Fall des Obsiegens nur auf eine äußerst eingeschränkte Durchsetzbarkeit der DSB-Entscheidung mangels Möglichkeit der Aussetzung von Zugeständnissen hinaus.612 Tritt dagegen die EG als Beschwerdeführerin auf, sind die einhergehenden Schwierigkeiten von schwächerer, da rein gemeinschaftsrechtlicher, Natur: So sind stets effektive Retorsionsmaßnahmen im Bereich des GATT möglich. Für solche im GATS und TRIPs bedarf es dagegen eines Konsenses der Mitgliedstaaten soweit deren Zuständigkeiten von den Maßnahmen betroffen werden.613 Da die Pflicht zur Zusammenarbeit jedoch gerade keine Konsenspflicht statuiert, besteht stets die Möglichkeit, dass es zu keiner Einigung zwischen Kommission und Mitgliedstaaten kommt.614 Die Möglichkeit der „cross-retaliation“ wird der Gemeinschaftsgruppe indes – anders als im Falle eines isolierten Vorgehens eines Mitgliedstaates – keinesfalls genommen. Da jedoch dieselben Retorsionsmöglichkeiten bestünden, wenn EG und Mitgliedstaaten in den Bereichen geteilter Zuständigkeiten gemeinsam vorgingen, kann auch das Instrument der „cross-retaliation“ nicht alleine ursächlich dafür sein, dass in der Praxis einzig die EG als Beschwerdeführerin auftritt. Dies lässt sich zusätzlich damit begründen, dass das DSU den Streitparteien ein enges Fristenkorsett auferlegt615, dessen Einhaltung nur bei einer an einer Stelle ge-
609
EuGH, Gutachten 1/94, GATS und TRIPs, Slg. 1994, I-5267, Rn. 109. Beneyto, EuZW 1996, 295 (298); Kuijper, J.W.T. 1995, Heft 6, 49 (59); Wuorinen, FYIL 1997, 340 (354 f.). 611 Wuorinen, FYIL 1997, 340 (355 f.); Chatháin, ELJ 1999, 461 (465). 612 Kuijper, J.W.T. 1995, Heft 6, 49 (59); Pescatore, CML Rev. 1999, 387 (401); Cottier, CML Rev. 1998, 325 (355). 613 Beneyto, EuZW 1996, 295 (298). 614 Wuorinen, FYIL 1997, 340 (353). 615 So stehen z. B. für Konsultationen gem. Art. 4 Abs. 7 DSU nur 60 Tage zur Verfügung. 610
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
bündelten Verfahrensführung gewährleistet ist.616 Zudem gilt auch im Rahmen des DSU wie generell in der WTO, dass das Erreichen eines Verhandlungserfolges zumeist nur bei einem uneingeschränkt einheitlichen Auftreten der Gemeinschaftsgruppe möglich ist.617 Letztlich ist, da sich der größte Teil der Streitverfahren ohnehin im Bereich des GATT und damit in EG-Zuständigkeit abspielt, die Kompetenz für die Durchführung von DSU-Verfahren bei der Kommission gebündelt. c) Fazit Die Praxis der Initiierung der Streitbeilegung ist mithin keiner gemeinschaftsoder WTO-rechtlichen Notwendigkeit geschuldet, sondern entspricht in erster Linie dem Willen von EG und Mitgliedstaaten, eine möglichst effektive Beteiligung an DSU-Verfahren und deren anschließenden Durchsetzung zu gewährleisten. 2. Die Gemeinschaftsgruppe als Beschwerdegegner Sind EG bzw. Mitgliedstaaten dagegen in der Rolle des Beschwerdegegners, sind sie mit dem Problem konfrontiert, dass der jeweilige Beschwerdeführer sowohl seinen Streitgegner als auch den Streitgegenstand bestimmen kann, ohne Rücksicht auf die gemeinschaftliche Kompetenzverteilung nehmen zu müssen. Schließlich sind EG wie Mitgliedstaaten vollumfänglich Mitglieder der WTO und damit gemeinsam für die Einhaltung des WTO-Rechts verantwortlich. Somit ist es möglich, dass die EG bzw. ein oder mehrere Mitgliedstaaten vor dem DSB einer Vertragsverletzung bezichtigt werden, die gemeinschaftsintern in die Zuständigkeit des anderen Teils fällt. Eine ähnliche Problematik stellt sich, wenn zwar das eigentliche Verfahren gegen den innergemeinschaftlich kompetenten Teil der Gemeinschaftsgruppe eröffnet und für den jeweiligen Drittstaat erfolgreich durchgeführt wurde, die EG bzw. der Mitgliedstaat jedoch der DSBEntscheidung nicht nachkommt. Der Drittstaat ist in diesem Fall bei der Aussetzung von Zugeständnissen durch die Möglichkeit der „cross-retaliation“ nicht auf das, dem ursprünglichen Streitgegenstand zugrundeliegende, Handelsübereinkommen beschränkt, sondern kann z. B. bei der Verurteilung eines Mitgliedstaates aufgrund einer Verletzung des TRIPs auch Zugeständnisse zugunsten desselben im Rahmen des GATT aussetzen. Die Strafzölle wiederum würden aber nicht nur Waren aus dem Mitgliedstaat, sondern sämtliche Gemeinschaftswaren betreffen, die über diesen Mitgliedstaat ausgeführt werden, so dass letzt616
Chatháin, ELJ 1999, 461 (464). s. o. unter 4. Teil A. II. 3. b). Insoweit ist zu bedenken, dass die Mehrzahl der Streitverfahren noch auf Ebene des Konsultationsverfahrens durch einvernehmliche Einigungen beendet werden. 617
F. Gemischte Abschlüsse und Streitbeilegung
291
lich auch andere Mitgliedstaaten sowie die eigentlich zuständige EG selbst betroffen wären.618 Die Reaktion der EG auf diese Situation ist eine differenzierte: Handelt es sich um Streitgegenstände, die alleine das GATT und damit ausschließliche EGZuständigkeiten berühren, ist die EG sehr darauf bedacht, dass sie alleine als Beschwerdegegnerin im Rahmen des DSU in Anspruch genommen wird.619 In den Bereichen mit geteilter Zuständigkeit, also GATS und TRIPs, dagegen ist es der EG gegenüber dritten WTO-Mitgliedern weitaus schwerer möglich, mit Hinweis auf die innergemeinschaftliche Kompetenzlage auf eine alleinige Vertretung durch die EG zu drängen. Vielmehr muss es insoweit zwecks Sicherstellung eines einheitlichen und effektiven Auftretens der Gemeinschaftsgruppe stets Ziel der EG sein, möglichst als „co-defendant“ an sämtlichen gegen Mitgliedstaaten initiierten Verfahren beteiligt zu werden.620 So hat die EG bereits in mehreren gegen einzelne Mitgliedstaaten eröffneten DSU-Verfahren aus den Bereichen des GATS und TRIPs erreicht, bei den Konsultationen an der Seite des jeweiligen Mitgliedstaates teilzunehmen.621 Im Fall DS 82 ist es der EG, nachdem das Scheitern der Konsultationen fest- und die Errichtung eines Panels bevorstand, zudem erstmals gelungen, dass auch gegen sie ein – gegenständlich 618 Cottier, CML Rev. 1998, 325 (355); Chatháin, ELJ 1999, 461 (465). Fraglich ist insofern, ob der Beschwerdeführer nicht auch berechtigt ist, seine Gegenmaßnahmen direkt gegen die EG zu richten. Zwar gilt auch im Rahmen des WTO-Rechts der allgemeine völkervertragsrechtliche Grundsatz, dass zulässige Gegenmaßnahmen einer Vertragspartei gegen eine andere nicht die Rechte dritter Parteien beeinträchtigen dürfen; vgl. Petersmann, GYIL 1991, 175 (194). Daraus folgt, dass im Rahmen des DSU Gegenmaßnahmen grundsätzlich nur gegen das rechtswidrig handelnde Mitglied gerichtet werden können; Wuorinen, FYIL 1997, 340 (343). Nun sind aber EG und Mitgliedstaaten untereinander gerade keine „dritten Vertragsparteien“, sondern gemeinsam für die Erfüllung der sich aus der gemischten WTO-Mitgliedschaft ergebenden Verpflichtungen verantwortlich, so dass die zitierten Grundsätze wohl nicht auf die Gemeinschaftsgruppe anwendbar sind. Allerdings ist zu bedenken, dass Art. 22 DSU die Aussetzung von Zugeständnissen ausschließlich im Verhältnis zwischen der „beschwerdeführenden Partei“ und dem von den DSB-Entscheidungen „betroffenen Mitglied“ erlaubt, mithin in formeller Hinsicht eine durch die Beteiligung am ursprünglichen Streitbeilegungsverfahren ausgerichtete Begrenzung der möglichen Adressaten von Gegenmaßnahmen statuiert; vgl. Hilf, in: Hilf/Oeter, § 27, Rn. 69, der von „bilateralen Sanktionen spricht“. 619 s. o. unter 4. Teil E. I. 1. a) dd). 620 Dennoch kommt es vor, dass die EG von einem dritten WTO-Mitglied auch im Bereich des TRIPs alleine in Anspruch genommen wird; vgl. DS 174 und DS 290 (EC – Protection of Trademarks and Geographical Indications for Agricultural Products and Foodstuffs). Allerdings beruhten die Beschwerden der USA und Australiens in diesen Fällen nicht alleine auf einer Verletzung des TRIPs, sondern auch von Vorschriften des GATT. 621 So z. B. in den Fällen DS 80 (Belgium – Measures Affecting Commercial Telephone Directory Services), DS 83 (Denmark – Measures Affecting the Enforcement of Intellectual Property Rights) und DS 86 (Sweden – Measures Affecting the Enforcement of Intellectual Property Rights).
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
identisches – Verfahren (DS 115) eröffnet wurde und die USA als Beschwerdeführer wenige Tage später die Errichtung eines Panels sowohl für das EG- als auch für das mitgliedstaatliche Verfahren beantragte.622 Rosas ist insoweit sogar der Ansicht, dass dieses Beispiel einen Präzedenzfall dahingehend darstelle, dass die EG in Fällen gegen Mitgliedstaaten in den Bereichen GATS und TRIPs stets als ein weiterer Beschwerdegegner in Anspruch genommen werden müsse.623 Dafür spricht, dass die gleichzeitige formelle Inanspruchnahme eines Mitgliedstaates und der EG in getrennten Streitbeilegungsverfahren kein Einzelfall geblieben ist, sondern in zwei späteren Fällen – zumindest auf Konsultationsebene – wiederholt wurde624, während nicht mehr isoliert gegen einen Mitgliedstaat vorgegangen wurde. Dennoch ist es zweifelhaft, aus diesen Beispielen bereits eine entsprechende rechtliche Bindung der Drittstaaten abzuleiten.625 Schließlich sind EG wie Mitgliedstaaten vollumfänglich für die Erfüllung des WTO-Rechts verantwortlich. Entscheidet sich ein Drittstaat aus Gründen der Effektivität, um sicherzustellen, dass auch der innergemeinschaftlich zuständige Teil der Gemeinschaftsgruppe durch eine DSB-Entscheidung verpflichtet wird, EG und Mitgliedstaat gemeinsam in Anspruch zu nehmen, liegt diese Entscheidung alleine im Ermessen des Drittstaates. Der EG bleiben dagegen lediglich politische Einflussmöglichkeiten, um dieses Ermessen in die gewünschte Richtung zu lenken und eine Beteiligung an Streitbeilegungsverfahren zu erreichen.626 Sind auch diese erfolglos, bleibt der EG nur die Möglichkeit, als Dritter i. S. d. Art. 10 DSU am Panel-Verfahren teilzunehmen. Allerdings zeugt die skizzierte Praxis von der erfolgreichen Verhandlungsführung der EG. Zusammenfassend kann mithin festgestellt werden, dass die EG aus Gemeinschaftssicht möglichst an sämtlichen Verfahren gegen einen Teil der Gemeinschaftsgruppe teilnehmen sollte, je nach Kompetenzsituation anstelle oder gemeinsam mit den Mitgliedstaaten.
622 Das Konsultationsverfahren mit Irland beantragte die USA bereits am 14.07.1997. Das Verfahren mit der EG wurde dagegen erst am 06.01.1998 eröffnet, während die Errichtung der beiden Panel wiederum am 09.01.1998 beantragt wurde. Vgl. http://www.wto.org/english/tratop_e/dispu_e/dispu_e.htm (Stand: 10.03.2007). s. o. unter 4. Teil E. I. 1. a) dd). 623 Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (213). 624 Siehe DS 124 und 125 bzw. DS 172 und 173; s. o. unter 4. Teil E. I. 1. a) dd). 625 Ablehnend Chatháin, ELJ 1999, 461 (463 f.). 626 Vgl. Chatháin, ELJ 1999, 461 (476) mit weiteren Beispielen für Einflussmöglichkeiten der EG.
G. Fazit
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III. Fazit – Die Übertragbarkeit der WTO-Praxis auf gemischte Abschlüsse im Allgemeinen Die hinsichtlich der WTO-Streitbeilegungspraxis vorgefundenen Ergebnisse sind in ihren Grundzügen auf gemischte Abschlüsse im Allgemeinen übertragbar. So sollte sich die Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe an Streitschlichtungsverfahren möglichst an der Kompetenzsituation ausrichten. Ist die EG innergemeinschaftlich ausschließlich zuständig, steht auch nur ihr die Teilhabe an einer Streitbeilegung zu, handelt es sich bei dieser doch letztlich um eine Form der Kompetenzausübung. Dementsprechend hat z. B. die Kommission alleine im Namen der EG im sog. „Swordfish-Fall“ – einvernehmlich mit dem Streitgegner Chile – die Einsetzung einer Speziellen Kammer des ITLOS beantragt und damit das förmliche SRÜ-Streitbeilegungsverfahren initiiert, da mit Fischereierhaltungsmaßnahmen eine ausschließliche EG-Zuständigkeit berührt war.627 Ferner machte die Kommission in der Rs. C-459/03 u. a. geltend, dass das von Irland initiierte Streitbeilegungsverfahren nach dem SRÜ deswegen gemeinschaftsrechtswidrig sei, da die streitigen Bestimmungen des SRÜ „Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts seien“628, also zum EG-Teil des gemischten SRÜ gehören und dadurch über Art. 300 Abs. 7 EGV Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung wurden.629 Sind dagegen sowohl EG- wie mitgliedstaatliche Kompetenzen betroffen, sollte zur Sicherstellung der Einheitlichkeit des Außenauftretens der Gemeinschaftsgruppe möglichst gemeinsam vorgegangen werden. Zwar besteht auch hinsichtlich der Streitbeilegung aufgrund der Pflicht zur Zusammenarbeit keine Konsenspflicht, so dass letztendlich auch ein isoliertes Vorgehen möglich bleibt. Gerade das WTO-Beispiel macht aber die überwiegenden Gründe deutlich, die für ein gemeinsames Handeln sprechen.
G. Fazit Die Ausgangsthese bestätigend kommt es bei gemischten Abkommen und Mitgliedschaften zu nahezu identischen gemeinschaftsinternen und völkerver627 ITLOS, Case Concerning the Conservation and Sustainable Exploitation of Swordfish Stocks in the South Eastern Pacific Ocean (Chile v. European Community), Order 2000/3 v. 20.12.2000. Der Streit wurde letztlich einvernehmlich beigelegt; vgl. Rosas, GYIL 2003, 284 (301). 628 EuGH, Rs. C-459/03, Kommission/Irland, ABl. Nr. C 165 v. 15.07.2006, S. 2 f. s. o. unter 4. Teil D. I. 2. 629 Obgleich die Klage vor allem auf einem vermeintlichen Verstoß gegen Art. 292 EGV beruhte, da Irland hinsichtlich des SRÜ nur im Rahmen der mitgliedstaatlichen Kompetenzen überhaupt Vertragspartei ist und es sich bei dem Streit zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich daher um einen rein gemeinschaftsinternen Konflikt handelt. s. o. unter 4. Teil D. I. 2.
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4. Teil: Anwendungsprobleme gemischter Abschlüsse
tragsrechtlichen Problemstellungen, welche vom Anwendungsbereich gemischter Abschlüsse bis hin zur Streitbeilegung reichen. Die Problemstellungen sind allerdings bei gemischten Abkommen und Mitgliedschaften in der Regel unterschiedlich stark ausgeprägt: So bedarf es z. B. angesichts der Koordinierungsnotwendigkeiten im Rahmen von gemischten Mitgliedschaften einer intensiveren Beachtung der Pflicht zur Zusammenarbeit, die bereits mehrfach zum Abschluss von Kooperationsvereinbarungen geführt hat. Viele der dargestellten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Ausübung von Statusrechten, allen voran der Stimmrechte, stellen sich bei „einfachen“ gemischten Abkommen entweder erst gar nicht, da in deren Rahmen z. B. keine Abstimmungen oder Versammlungen der Vertragsparteien vorgesehen sind oder nur in begrenztem Umfang, da die vom Abkommen vorgesehene organisatorische Struktur marginal ist. Ferner sind z. B. die Probleme im Zusammenhang mit dem WTO-Streitbeilegungsverfahren zum überwiegenden Teil der Komplexität des DSU in Gestalt der Möglichkeit der „cross-retaliation“, geschuldet. Einzig hinsichtlich der Geltung des materiellen Vertrags- bzw. Organisationsrechts sowie bei der Frage nach der Verantwortlichkeit für die Vertragserfüllung lassen sich keine substantiellen Unterschiede zwischen gemischten Abkommen und Mitgliedschaften feststellen. Schermers’ einleitend vorgestellte Meinung, wonach eine Mitgliedschaft der EG zu größeren Problemen führt als eine bloße Vertragsbeteiligung der EG, ist damit zwar im Kern zuzustimmen. Allerdings muss dabei exakt differenziert werden: Die unterschiedliche Ausprägung der Schwierigkeiten führt zu keiner inhaltlichen bzw. qualitativen Modifikation der grundsätzlich jedem gemischten Abkommen zugrundeliegenden Problemfelder bzw. zur Entstehung neuer, alleine bei gemischten Mitgliedschaften auftretender Schwierigkeiten.630 Dies gilt gerade auch hinsichtlich des im Gegensatz zu gemischten Abkommen zusätzlichen „Verfassungscharakters“ von Organisationssatzungen, der von Schermers als Ursache der unterschiedlichen Problemlage ausgemacht wurde. Die durch den Verfassungsteil von Organisationssatzungen geschaffenen Statusund Mitwirkungsrechte stellen in ihrem Kern nämlich ebenfalls bloße vertragliche Rechte und Pflichten dar, die allenfalls eine zusätzliche Verschärfung der aufgrund der gemeinsamen Parteistellung ohnehin bestehenden Schwierigkeiten darstellen. Zudem können sämtliche Anwendungsprobleme – auch z. B. der Streit um Stimm- und Beteiligungsrechte – zumindest potentiell ebenso im Rahmen eines bloßes gemischten Abkommens zu Tage treten.
630 In diesem Sinne wohl auch Eeckhout: „The Community’s participation in the work of other international organizations is thus also governed by mixity, and the problems to which the latter gives rise in this context are similar to those created by mixed agreements – as well as often more acute“; Eeckhout, S. 191.
5. Teil
Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften – Strukturierung, Ausblick und Bewertung Aufgrund der erzielten Untersuchungsergebnisse ist es nun möglich, eine Strukturierung, ein Ausblick sowie eine abschließende Bewertung gemischter Abkommen und Mitgliedschaften vorzunehmen. Dabei ist wegen der rechtlichen Zusammenhänge zwischen den beiden Rechtsfiguren gerade auch die vergleichende Betrachtung sehr ertragreich.
A. Das gemeinsame Rechtskonzept gemischter Abschlüsse Betrachtet man die Strukturelemente gemischter Abschlüsse sind trotz unterschiedlichster praktischer Umsetzungen die bestehenden Gemeinsamkeiten evident. Diese ermöglichen zudem Rückschlüsse auf das Verhältnis zwischen gemischten Abkommen einerseits und gemischten Mitgliedschaften andererseits.
I. Die Notwendigkeit der Einzelfallbetrachtung Die vor allem im dritten und vierten Teil der Arbeit aufgezeigten Praxisbeispiele machen deutlich, dass es innerhalb gemischter Abkommen und Mitgliedschaften eine Vielzahl verschiedener Wege zur Umsetzung des zugrundeliegenden Rechtskonzepts des gemischten Abschlusses gibt. Dies ist kaum verwunderlich, muss doch je nach Einzelfall und beteiligten Drittstaaten auf teilweise höchst unterschiedliche Interessen- und Machtkonstellationen Rücksicht genommen werden. Ferner ist die gemeinschaftsinterne wie außenpolitische Stellung der EG, die sich vor allem nach ihrer internen Kompetenzausstattung und der internationalen Akzeptanz richtet, stets unterschiedlich stark. Beste Beispiele sind insofern einerseits die über Jahrzehnte gewachsene Stellung der EG im GATT, die ihr die gleichberechtigte Mitgründung der WTO möglich machte, so dass das ÜWTO voll auf die Mitgliedschaft der EG abgestimmt werden konnte. Andererseits bedurfte es jahrelanger Anstrengungen und einer Vielzahl von Zugeständnissen durch die Gemeinschaftsgruppe, bis die EG als Mitglied der FAO akzeptiert wurde.
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
II. Die gemeinsame Grundstruktur des gemischten Abschlusses Dennoch weisen gemischte Abschlüsse im Grundsatz eine Reihe von gemeinsamen gemeinschaftsinternen wie externen Strukturmerkmalen auf1: Aus gemeinschaftsinterner Sicht ist vor allem die EG wie Mitgliedstaaten obliegende Pflicht zur Zusammenarbeit zu nennen.2 Die externen, also im völkerrechtlichen Verhältnis bestehenden Gemeinsamkeiten wiederum stellen die das äußere Bild gemischter Abschlüsse prägenden Merkmale dar: So handelt es sich im Grundsatz zwar um gemeinsame, aber dennoch eigenständige Parteistellungen bzw. Mitgliedschaften der EG und der Mitgliedstaaten.3 Diese gemeinsame Beteiligung wird durch verschiedenste Grundsätze geprägt, die zumeist auf unterschiedlich starke Beschränkungen der Rechtstellung der Gemeinschaftsgruppe hinauslaufen. Zu nennen sind insofern u. a. die Grundsätze der alternativen Rechtsausübung, der gemeinsamen Verantwortlichkeit sowie der grundsätzlichen Nichtanwendung des Organisationsrechts innerhalb der Gemeinschaftsgruppe.4 Da jedoch stets die Vertragsfreiheit der Mitglieder zu beachten ist, sind Abweichungen von den Grundstrukturen die Regel.5 Allerdings führen diese nur in den seltensten Fällen zu einer völligen Abkehr, sondern zumeist zu unterschiedlich weitreichenden Modifikationen der eben genannten Grundsätze gemischter Abschlüsse. So stellen die besonders umfassenden Erklärungspflichten im Rahmen der FAO eine Modifikation des Alternativitätsgrundsatzes dar, während die in Art. 4 Abs. 2 der Anlage IX zur SRÜ enthaltende Regelung, wonach sich die Parteistellung als solche nach dem Kompetenzumfang richtet, als eine seltene
1 Zudem ließe sich zwischen formellen und materiellen Merkmalen differenzieren. Die nachfolgende Betrachtung konzentriert sich dabei auf die materiellen, d.h. rechtsausübungsbezogenen Aspekte gemischter Abschlüsse. Siehe zu den verschiedenen formellen Gemeinsamkeiten, wie z. B. die fehlende äußerliche Trennung zwischen Teilen, die der EG-Kompetenz und denen, die der mitgliedstaatlichen Zuständigkeit unterfallen, Stein, S. 36 ff. und Wuermeling, S. 218 ff. 2 Da sie allerdings keine gemeinsame Beteiligung voraussetzt, sondern bereits immer dann beachtet werden muss, sobald hinsichtlich eines Abkommens eine Kompetenzteilung zwischen EG und Mitgliedstaaten gegeben ist, ist sie über den Anwendungsbereich der gemischten Abschlüssen hinaus ein gemeinsames Strukturmerkmal der EG-Außenpolitik in Bereichen geteilter Kompetenzen. s. o. unter 4. Teil A. I. 3 s. o. unter 3. Teil D. I. 4 s. o. unter 4. Teil C. bis E. Diese Beschränkungen müssen jedoch nicht zwangsläufig von Nachteil für die Gemeinschaftsgruppe sein, so z. B. bei alternativer Zahlung der Mitgliedsbeiträge oder bei der Nichtanwendung des jeweiligen Organisationsrechts im Verhältnis zwischen EG und Mitgliedstaaten. 5 Lediglich die Pflicht zur Zusammenarbeit muss als Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung stets beachtet werden, kann also de facto als das eigentliche gemeinsame Merkmal gemischter Abschlüsse gelten, obwohl die Pflicht in ihrem Anwendungsbereich über diese hinausgeht.
A. Das gemeinsame Rechtskonzept gemischter Abschlüsse
297
Abkehr zu bewerten ist. Kaum erstaunlich ist, dass es gerade bei gemischten Mitgliedschaften zu erheblichen Modifikationen kommt. Schließlich treten die meisten der Problemfelder gemischter Abschlüsse, allen voran die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte, dort besonders stark auf, so dass die Drittstaaten oft ein großes Interesse haben, diesen durch ausdrückliche Regelungen zu begegnen.
III. Gemischte Mitgliedschaften als besonderer „Anwendungsfall“ gemischter Abkommen Innerhalb des gemeinsamen Rechtskonzepts gemischter Abschlüsse ist in einem zweiten Schritt zwischen gemischten Abkommen und Mitgliedschaften zu unterscheiden: Aus dem im vierten Teil der Arbeit festgestellten Fehlen qualitativer rechtlicher Unterschiede zwischen den beiden Rechtsfiguren kann gefolgert werden, dass es sich bei gemischten Abkommen einerseits und gemischten Mitgliedschaften andererseits nicht um zwei unterschiedliche Rechtskonzepte, sondern um Teile eines einheitlichen Rechtskonzepts gemischter Abschlüsse handelt. Die beiden Rechtsfiguren bilden dabei aber nicht „zwei Seiten derselben Medaille“. Vielmehr macht der bestehende rechtliche Zusammenhang, wonach jede gemischte Mitgliedschaft ein gemischtes Abkommen voraussetzt, das Gegenteil indes gerade nicht der Fall ist, deutlich, dass die Rechtsfigur des gemischten Abkommens die eigentliche Grundfigur darstellt. Die gemischte Mitgliedschaft ist dagegen lediglich ein besonderer „Anwendungsfall“ der grundlegenden Rechtsfigur des gemischten Abkommens, bei dem die gemeinschaftswie völkerrechtlichen Voraussetzungen um den Aspekt der Organisationsmitgliedschaft ergänzt und die gemeinsamen Grundstrukturen je nach Einzelfall modifiziert werden.
IV. Fazit Mithin kann durchaus von einem gemeinsamen Rechtskonzept gemischter Abschlüsse gesprochen werden, das von einer Reihe gemeinsamer Grundstrukturen, aber auch von Bereichen mit unterschiedlichen Regelungsentwürfen geprägt wird. Die gemischte Mitgliedschaft ist dabei ein besonderer Anwendungsfall gemischter Abkommen. Da jedoch die im externen, d.h. völkerrechtlichen Verhältnis bestehenden Grundstrukturen durch den Willen der Vertragspartner nahezu beliebig veränderbar sind, sowie stets auf die Besonderheiten des Einzelfalls Rücksicht genommen werden muss, finden sich in der Praxis eine Vielzahl von Abweichungen. Dies hat letztlich zur Folge, dass ein bestimmtes Modell gemischter Abschlüsse, das über die Darstellung der gemeinsamen Grundstrukturen hinausgeht, kaum aufgezeigt werden kann.
298
5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
B. Die Rechtsnatur der gemeinsamen Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten Die gemeinsamen Grundstrukturen gemischter Abschlüsse treffen indes noch keine Aussage über die Rechtsnatur der einer gemeinsamen Beteiligung von EG und Mitgliedstaaten zugrundeliegenden Parteistellungen bzw. Mitgliedschaften. Von besonderer praktischer Relevanz ist in diesem Zusammenhang, inwieweit die jeweiligen Einzelmitgliedschaften bereits durch die gemeinsame Beteiligung als solche Modifikationen unterworfen werden. Soweit dies nämlich der Fall ist, bedarf es z. B. keinerlei ausdrücklicher Regelung dieser Modifikationen in dem jeweiligen Vertrag bzw. der Organisationssatzung. Zwar betrifft diese Fragestellung im Grundsatz sämtliche gemischte Abschlüsse. Angesichts der größeren und differenzierteren Problemtiefe bei gemischten Mitgliedschaften stehen diese jedoch im Mittelpunkt der Untersuchung, um möglichst sämtliche Aspekte der Fragestellung behandeln zu können.
I. Rechtliche Modifikationen der Einzelmitgliedschaften Die im vierten Teil dieser Arbeit behandelten Anwendungsprobleme gemischter Abkommen im Allgemeinen und gemischter Mitgliedschaften im Besonderen haben mehrere rechtliche Modifikationen einer gemischten gegenüber einer alleinigen EG- bzw. mitgliedstaatlichen Beteiligung aufgezeigt: Gemeinschaftsrechtlich werden diese durch zwei Elemente geprägt, die gemischte Beteiligungen in ihrer Gesamtheit betreffen, nämlich die Kompetenzteilung einerseits und die Pflicht zur Zusammenarbeit andererseits. Beide Aspekte führen zu substantiellen Einschränkungen der jeweiligen Einzelmitgliedschaften, ist es doch z. B. dem gemeinschaftsrechtlich unzuständigen Teil der Gemeinschaftsgruppe nicht erlaubt, im ausschließlichen Kompetenzbereich des anderen Teils eine eigene Ansicht zu vertreten.6 Auch aus völkervertragsrechtlicher Sicht unterliegt die gemischte im Vergleich zur Einzelbeteiligung erheblichen Modifikationen: Hier ist primär der Grundsatz der Alternativität zu nennen, der die formelle wie materielle Rechts- und Pflichtenstellung der Gemeinschaftsgruppe bestimmt. Ferner sind EG und Mitgliedstaaten u. a. gemeinsam für die Vertragserfüllung verantwortlich, so dass die EG eventuell für ein Fehlverhalten der Mitgliedstaaten einzustehen hat und umgekehrt.7
6 7
s. o. unter 4. Teil A. I. 3. s. o. unter 4. Teil C. bis f.
B. Gemeinsame Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten
299
II. Die diesbezügliche Meinungsvielfalt im Schrifttum Welche Auswirkungen diese Modifikationen allerdings auf die rechtliche Natur der gemeinsamen bzw. der Einzelmitgliedschaften haben, erscheint, zumindest wenn man das diesbezügliche Durcheinander im Schrifttum betrachtet, als problematisch. So findet sich eine Vielzahl verschiedener und teilweise entgegensetzter Meinungsäußerungen. Diese lassen sich indes in eine gewisse Ordnung bringen, wenn man zwischen den Einzelmitgliedschaften einerseits und deren gemeinsamer Verbindung andererseits unterscheidet: Betrachtet man zunächst die Einzelmitgliedschaften von Mitgliedstaaten und EG, besteht Einigkeit hinsichtlich des Bestehens einer grundsätzlich vollwertigen und vollständigen Mitgliedschaft der Mitgliedstaaten. Anders dagegen hinsichtlich der Mitgliedschaft der EG: Dort reichen die Ansichten von einer „vollwertigen Vertragspartnerschaft“8, über eine Mitgliedschaft „sui generis“9, bis hin zu der Feststellung, dass die Organisation „keine zusätzliche Vertragspartei neben ihren Mitgliedstaaten, sondern eine Modalität der Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte bestimmten Vertragsparteien“ ist.10 Hinsichtlich der gegenseitigen Bindung der Einzelmitgliedschaften durch die gemeinsame Beteiligung ist die Bandbreite im Schrifttum ähnlich weit: So sprechen manche von einer „kumulativen“ oder „Doppelmitgliedschaft“11, während andere die Gemeinschaftsgruppe als „eine einzige Vertragspartei“ auffassen.12 Weitere Autoren betrachten die gemeinsame Mitgliedschaft schließlich als eine „komplementäre“13 bzw. „akzessorische“.14
8
Royla, EuR 2001, 495 (513). „The nature of this alternative membership was essentialy sui generis, and is different from all existing forms of membership in FAO“; Horng, ELJ 2005, 802 (816). „In reality, the Community does not enjoy a status in this organisation identical to that of a state. One should rather speak of a status which is sui generis in nature, and which results from its character which is alternative rather than additional to that of the Member States of the Community“; Azoulai, ELJ 2005, 196 (222). 10 Pernice, EuR 1991, 273 (279). 11 Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 34, 36; Petersmann, ZaöRV 1975, 213 (232, Fn. 13); Mauderer, S. 71; Ott, S. 24 f. und 211 f. 12 Schlussanträge des GA Tesauro, Rs. C-53/96, Hermès, Slg. 1998, I-3603, Rn. 14, ebenso Allott, in: O’Keeffe/Schermers, 97 (117 ff.); Neubauer, S. 35 und Neframi, in: Cannizzaro, 193 (201). Stein spricht von einer „einzigen, wenn auch zusammengesetzten Vertragspartei“; Stein, S. 130. 13 Zieger, in: KSE 25, 103 (114). Auch Vedder spricht von einer „komplementären Mitgliedschaft der Gemeinschaften und ihrer Mitgliedstaaten, jeder für seinen Zuständigkeitsbereich“; Vedder, S. 159. Diese sei jedoch „keine kumulative, sondern eine von den behandelten Sachfragen abhängige alternative Mitgliedschaft“ (S. 160). 14 Sack, in: GS Grabitz, 631 (649); Herrmann, in: Bauschke, 139 (153). 9
300
5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
III. Eigene Bewertung – Eigenständige, aber komplementäre Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten Es bedarf also einer Klarstellung, die aufgrund der im dritten und vierten Teil dieser Untersuchung erarbeiteten Ergebnisse möglich ist. Dabei wird weiterhin der eben verwendeten Zweischrittprüfung – nämlich die Natur der Einzelmitgliedschaften einerseits und die Auswirkungen der gemeinsamen Mitgliedschaft auf diese andererseits – gefolgt: 1. Volle, lediglich rechtsausübungsbeschränkte Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten Zunächst ist zu klären, ob es sich bei der EG-Beteiligung um eine formell vollwertige Mitgliedschaft, eine solche sui generis oder gar nur um die „Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte“ ihrer Mitgliedstaaten handelt: Tritt die EG einer internationalen Organisation bei, handelt sie in ihrem eigenen Namen und in ihrer Rolle als eigenständiges Völkerrechtssubjekt.15 Eine eventuelle gleichzeitige Mitgliedschaft ihrer Mitgliedsstaaten ist für die Bindung der EG an das jeweilige völkerrechtliche Rechtsinstrument irrelevant.16 Eine gemischte Mitgliedschaft der Gemeinschaftsgruppe besteht also grundsätzlich aus den gleichzeitigen Vollmitgliedschaften der EG und ihrer Mitgliedstaaten in der aufnehmenden Organisation. Der Ansatz, dass die Beteiligung der EG lediglich eine „Modalität der Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte“ ihrer Mitgliedstaaten ist, ist mithin bereits abzulehnen. Fraglich bleibt jedoch, ob die bestehenden Modifikationen gemischter Mitgliedschaften nicht zumindest zu einer „Mitgliedschaft sui generis“ der EG (und auch ihrer Mitgliedstaaten) führt, schließlich stellt z. B. alleine der Alternativitätsgrundsatz eine erhebliche Änderung der Mitgliedschaftsrechte- und pflichten dar. Eine Mitgliedschaft sui generis anstelle einer vollwertigen Vertragsbeteiligung kann nämlich richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn die Modifikationen auch tatsächlich Einfluss auf die „Natur der Mitgliedschaftsrechte“ haben.17 Führen diese dagegen lediglich zu Beschränkungen der Gemeinschaftsgruppe in der Ausübung der Mitgliedschaftsrechte, ist die Rechts15
s. o. unter 3. Teil D. I. Der EG-Beitritt mag zwar durch eine sog. „Subordinationsklausel“ an die gleichzeitige Mitgliedschaft der Mitgliedstaaten gebunden sein; s. o. unter 3. Teil B. I. 3. b). Die rechtliche Eigenständigkeit des EG-Beitritts als solchen berührt diese Beitrittsbedingung jedoch nicht. 17 So Pernice, EuR 1991, 273 (279), der allerdings im Ergebnis nicht nur zu einer „Mitgliedschaft sui generis“ gelangt, sondern – wie bereits im gleichen Abschnitt erörtert – eine eigenständige Mitgliedschaft der EG gänzlich ablehnt. 16
B. Gemeinsame Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten
301
natur der Mitgliedschaft der EG als solche davon nicht betroffen. Die einschlägige internationale Praxis lässt indes auf die Richtigkeit des zweitgenannten Ansatzes schließen: So enthält zwar das SRÜ mit Art. 4 Abs. 2 der Anlage IX eine explizite Einschränkung der Beteiligung der EG als solcher18, stellt aber insoweit einen Einzelfall dar. In der Mehrzahl sehen die auf Organisationsmitgliedschaften bzw. die Mitgliedschaft der EG Bezug nehmenden Satzungsregelungen dagegen lediglich die Beschränkung der Ausübung bestimmter mitgliedschaftlicher Rechte vor, nicht aber die Einschränkung der Mitgliedschaftsrechte als solche. So heißt es z. B. in Art. IX Abs. 1 S. 4 ÜWTO: „Where the European Communities exercise their right to vote, they shall have a number of votes equal to the number of their member States [. . .]“. Auch Art. II Abs. 8 FAOV lautet entsprechend: „A Member Organization shall exercise membership rights on an alternative basis with its Member States [. . .]“ (Hervorhebungen durch den Verfasser). Für eine Auslegung der Modifikationen als bloße Rechtsausübungsbeschränkungen spricht zudem, dass ein eventueller Austritt der Mitgliedstaaten auf die mitgliedschaftliche Stellung der EG keinen Einfluss hätte, besitzt sie doch sowohl vor als auch nach dem Austritt der Mitgliedstaaten ohnehin sämtliche Rechte und Pflichten. Nach dem Austritt entfallen lediglich die aufgrund der gemeinsamen Beteiligung bestehenden Ausübungsbeschränkungen.19 Auch der Charakter der Gemeinschaftsrechtsordnung spricht letztlich für bloße Rechtsausübungsbeschränkungen. So stellt allein dieser Ansatz eine im Hinblick auf die dynamische Natur der europäischen Integration hinreichend flexible Ausgestaltung gemischter Mitgliedschaften dar, würde ansonsten doch jedes innergemeinschaftliche Anwachsen der Gemeinschaftskompetenzen eine Änderung der Mitgliedschaft der EG nach sich ziehen. Die Mitgliedschaft der EG ist demnach als eine eigenständige und vollwertige Mitgliedschaft anzusehen, die allerdings in der Ausübung der mit dieser verbundenen Rechts- und Pflichtenstellung durch die mit der gemischten Beteiligung einhergehenden Modifikationen beschränkt ist. 2. Das Bestehen einer „komplementären“ Verbindung zwischen den Einzelmitgliedschaften Die bestehenden Rechtsausübungsbeschränkungen der Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten machen indes deutlich, dass diese nur noch im Grundsatz als eigenständige Einzelmitgliedschaften betrachtet werden können. Durch die gemeinsame Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe wird vielmehr richtigerweise eine „komplementäre“, d.h. per definitionem „eine sich gegenseitig er18
s. o. unter 4. Teil E. I. 1. a). Dies gilt zumindest insoweit als die Beschränkungen nicht ausdrücklich in der Satzung geregelt sind. Sind sie dies, bedarf es dennoch der Satzungsänderung. 19
302
5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
gänzende“20, Verbindung zwischen den Einzelmitgliedschaften geschaffen, die ihren Ausdruck in den gemeinschafts- wie völkerrechtlich bestehenden Modifikationen der Rechtsausübung findet.21 Die restlichen im Schrifttum verwendeten Begriffe werden der Rechtsnatur der Verbindung nicht gerecht: So greifen die Begriffe der „kumulativen“ bzw. „Doppelmitgliedschaft“ zu kurz, beschreiben sie doch alleine die formelle Seite der gemeinsamen Beteiligung. Der materiellen Rechtslage entsprechen sie dagegen nicht, da einerseits der Alternativitätsgrundsatz gerade dazuführt, dass die Gemeinschaftsgruppe weder eine kumulative Rechts- noch Pflichtenstellung erlangt. Andererseits sind die einzelnen Mitgliedschaften nicht unabhängig voneinander, sondern bilden nur in ihrer Gesamtheit eine Partei bzw. ein Mitglied, das in materiellrechtlicher Hinsicht in der Lage ist, sämtliche vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Entsprechend stellen sämtliche Modifikationen, allen voran die Pflicht zur Zusammenarbeit, die gemeinsame Verantwortlichkeit, das Alternativitätsprinzip oder auch die Nichtgeltung des Organisationsrechts im Verhältnis von EG und Mitgliedstaaten untereinander, Abweichungen in dem Sinne dar, dass die Gemeinschaftsgruppe entweder als Einheit betrachtet wird bzw. einer gemeinsamen rechtlichen Sonderstellung unterliegt. Die Gemeinschaftsgruppe stellt andererseits auch nur ganz beschränkt, nämlich im Hinblick auf die gemeinsame Verantwortlichkeit, eine „einzige Vertragspartei“ dar. Gerade aber das Alternativitätsprinzip macht deutlich, dass dies in genereller Hinsicht nicht der Fall ist: So wird zwar durch dasselbe im externen Verhältnis gewährleistet, dass der Gemeinschaftsgruppe lediglich die Rechte und Pflichten der Gesamtheit der Mitgliedstaaten zustehen. Die Alternativität der Rechtsausübung zeigt aber zugleich, dass es sich bei EG und Mitgliedstaaten um unterschiedliche Vertragsparteien handelt, deren Mitgliedschaftsrechte lediglich gegenseitig beschränkt sind. Es bestehen zudem Kernbe-
20 Vgl. zu dieser Definition des Begriffs „komplementär“ den Duden, Band 5, Fremdwörterbuch, 6. Aufl., 1997. 21 Ausdruck findet diese Verbindung z. B. in Art. 1 Abs. 1 des Cotonou-Abkommens v. 23.06.2000, in dem es heißt: „Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten einerseits und die AKP-Staaten andererseits [. . .]“; ABl. Nr. L 317 v. 15.12.2000, S. 3 ff. Dabei handelt es sich um eines der seltenen Beispiele eines multilateralen gemischten Abkommens mit „bilateralem Charakter“. Vgl. z. B. die Schlussanträge des GA Jacobs, Rs. C-316/91, 4. Lomé Abkommen, Slg. 1994, 625, Rn. 69, der vom „wesentlichen bilateralen Charakter“ des Vierten AKP-Abkommens, dem Vorgänger des Cotonou-Abkommens, spricht. Vgl. Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (206 f.) und Stein, S. 196 ff. Grundsätzlich kann nämlich zwischen gemischten Abkommen mit „bilateralem“ und solchen mit „multilateralem Charakter“ unterschieden werden. Dabei handelt es sich eigentlich nur immer dann um gemischte Abkommen mit bilateralem Charakter, wenn der Gemeinschaftsgruppe ein Drittstaat als weitere Vertragspartei gegenübersteht. Allott nennt diese Abkommen „concealed bilateral“; Allott, in: O’Keeffe/ Schermers, S. 97 (106); siehe auch Editorial Comments, CML Rev. 2004, 631 (632).
B. Gemeinsame Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten
303
reiche der Einzelmitgliedschaften, die nicht durch die gemeinsame Beteiligung tangiert werden. Allen voran führt der Beitritt der EG nicht per se zum gleichzeitigen Austritt der Mitgliedstaaten. Dies gilt selbst dann, wenn der Aufgabenbereich der Organisation vollständig von ausschließlichen EG-Zuständigkeiten umfasst ist.22 Insoweit jedenfalls sind die Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten unabhängig voneinander, beruhen sie doch jeweils auf der eigenständigen Bindung eines Völkerrechtssubjekts an den Gründungsvertrag. Letztlich stellt die gemischte Mitgliedschaft auch keine „akzessorische“ dar: Weder ist die Mitgliedschaft der EG nämlich akzessorisch, also „hinzutretend“23, zu denjenigen der Mitgliedstaaten, noch besteht Akzessorietät im umgekehrten Verhältnis. Beiden Teilen der Gemeinschaftsgruppe kommen vielmehr originäre, aber nicht vollständige Zuständigkeiten für die Mitarbeit in der jeweiligen Organisation zu, so dass sich ihre eigenständigen Beteiligungen gegenseitig ergänzen und es sich folglich um eine „komplementäre“ Mitgliedschaft von EG und Mitgliedstaaten handelt.24 3. Die generelle Gültigkeit der Modifikationen Der soeben festgestellten Rechtsnatur gemischter Mitgliedschaften kommt allerdings nur dann allgemeine Gültigkeit zu, wenn die ihr zugrundeliegenden rechtlichen Modifikationen der Mitgliedschaftsrechte bei einer gemeinsamen Beteiligung selbst generell, also auf alle gemischten Mitgliedschaften anwendbar sind. Die Modifikationen müssten dafür bereits aus der gemischten Beteiligungsstruktur und nicht erst aus einer entsprechenden satzungsrechtlichen Normierung zu folgern sein. Die einschlägige Praxis ist nicht eindeutig: So werden manche der gemischten Mitgliedschaften innewohnenden Modifikationen, allen voran die Alternativität der Stimmrechtsausübung, stets ausdrücklich geregelt.25 Andere dagegen, wie z. B. das Verbot einer kumulativen Inanspruchnahme von EG und Mitgliedstaaten sowie das Prinzip der gemeinsamen Verantwortlichkeit, sind kaum satzungsrechtlich normiert.26 Festzuhalten ist, dass besondere Regelungen für die
22
Vgl. Horng, ELJ 2005, 802 (819) für den Fall des IWF. Vgl. zur Definition des Begriffs „akzessorisch“ den Duden, Band 5, Fremdwörterbuch, 6. Aufl., 1997. 24 Dies trifft im Übrigen – wenn auch in eingeschränkter Weise – auch für das Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten untereinander zu. Zwar gilt in dieser Beziehung z. B. weiterhin das materielle Organisationsrecht, allerdings ist andererseits z. B. zu bedenken, dass die Pflicht zur Zusammenarbeit sämtliche Mitglieder der Gemeinschaftsgruppe verpflichtet. 25 s. o. unter 4. Teil C. I. 1. 26 s. o. unter 4. Teil E. I. 1. 23
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
Gemeinschaftsgruppe soweit sie ausdrücklich geregelt sind, in jedem Fall etwaigen allgemeingültigen Grundsätzen vorgehen. Die im vierten Teil dieser Arbeit festgestellten Abweichungen von den völkervertragsrechtlichen Grundsätzen folgen aber richtigerweise bereits aus dem gemischten Charakter der gemeinsamen Mitgliedschaften und bedürfen daher für ihre Anwendbarkeit keiner zusätzlichen ausdrücklichen Normierung: Die Abweichung von den jeweils völkergewohnheitsrechtlich geltenden Grundsätzen lässt sich nämlich stets durch entgegenstehende, gleichrangige Prinzipien begründen: So stellt z. B. das Alternativitätsprinzip eine Abweichung von dem Grundsatz pacta sunt servanda dar, wonach alle Vertragsparteien in vollem Umfang an den Vertrag gebunden sind, so dass jeder Partei sämtliche Rechte und Pflichten aus diesem zukommt. Bei Anwendung des Alternativitätsprinzips hat die Gemeinschaftsgruppe aber weder die gleichen Rechte wie die anderen Vertragsparteien. So stehen ihr z. B. grundsätzlich nicht 28, sondern lediglich 27 Stimmrechte zu, die entweder durch die EG oder die Mitgliedstaaten ausgeübt werden. Noch haben EG und Mitgliedstaaten dieselben Pflichten wie die übrigen Vertragsparteien. So müssen z. B. nur die Mitgliedstaaten oder nur die EG einer vertraglichen Pflicht nachkommen. Die durch das Alternativitätsgebot geschaffene Abweichung ist allerdings durch das Gleichheitsgebot gerechtfertigt.27 Entsprechend stellt das Prinzip der gemeinsamen Verantwortlichkeit zwar eine Abweichung von dem Grundsatz dar, dass jede Vertragspartei nur für die eigene Vertragserfüllung verantwortlich ist. Diese ist jedoch durch den allgemeinen Vertrauensgrundsatz zu rechtfertigen, da die gemeinsame Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe nicht zu substantiellen Rechtsunsicherheiten auf Seiten der Drittbeteiligten führen darf.28 Auch wenn demnach eine ausdrückliche Normierung der im Rahmen von gemischten Mitgliedschaften geltenden Modifikationen des Völkervertragsrechts rechtlich nicht erforderlich ist, ist diese aus praktischer Sicht weniger eindeutig zu beantworten: Die Nichtregelung hat zwar stets den Vorteil, dass der Gemeinschaftsgruppe die Ausfüllung der Mitgliedschaftsrechte und -pflichten überlassen bleibt und somit Missstände wie im Rahmen der FAO vermieden werden. Allerdings ist oftmals eine ausdrückliche Regelung unumgänglich, so z. B. bei den Stimmrechten: Diese werden in Satzungen stets normiert. Heißt es dann aber lediglich, dass jedem Mitglied eine Stimme zusteht, ist dies bereits gleichbedeutend mit einer ausdrücklichen und damit spezielleren Abweichung vom Alternativitätsgrundsatz, wonach der Gemeinschaftsgruppe insgesamt grundsätzlich nicht mehr Stimmen zustehen können als der Gesamtheit der Mitgliedstaaten, die Mitglieder der betreffenden Organisation sind. Zur Einhaltung des Al27 s. o. unter 4. Teil C. III. bereits für das Alternativitätsprinzip in Bezug auf Statusrechte. 28 s. o. unter 4. Teil E. I. 1. a).
C. Gründe, Ursachen und Hindernisse gemischter Abschlüsse
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ternativitätsgrundsatzes bedarf es mithin stets einer ausdrücklichen Normierung der Stimmrechte der Gemeinschaftsgruppe.
IV. Fazit Es handelt sich bei gemischten Mitgliedschaften um vollwertige, aber – aufgrund einer Vielzahl von Modifikationen, die bereits aus dem gemischten Charakter selbst folgen und daher keiner ausdrücklichen Normierung bedürfen – in der Rechtsausübung beschränkte Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten, die sich gegenseitig ergänzen, also komplementärer Natur sind.
C. Gründe, Ursachen und Hindernisse gemischter Abschlüsse Bereits aus dem Umstand, dass es für jeden gemischten Abschluss zumindest eines Vertragspartners bedarf, der nicht an die gemeinschaftliche Kompetenzordnung und deren Konsequenzen für das Außenauftreten der Gemeinschaftsgruppe gebunden ist, wird deutlich, dass sich die Rechtswirklichkeit gemischter Abschlüsse wohl kaum mit dem Hinweis auf deren innergemeinschaftliche, kompetenzrechtliche Notwendigkeit erklären lässt. Zur Feststellung der tatsächlichen Gründe der Rechtswirklichkeit im Zusammenhang mit gemischten Abkommen und Mitgliedschaften ist somit die folgende, weitaus differenziertere Betrachtung notwendig:
I. Die Gründe für EG-Beteiligungen als solche Die Gründe für die eigenständige Beteiligung der EG am völkervertraglichen Rechtsverkehr lassen sich anhand ihrer Herkunft in interne und externe unterteilen, wobei erstere in den Besonderheiten der Gemeinschaftsrechtsordnung selbst wurzeln, während externe Gründe ihren Ursprung im Völkerrecht haben.29 1. Interne Gründe Die Kernursache der Notwendigkeit einer eigenständigen Beteiligung der EG am völkerrechtlichen Verkehr durch den Abschluss internationaler Abkommen und die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen ist zweifelsohne in der Übertragung eigenständiger Rechtssetzungsbefugnisse von den Mitgliedstaaten an die EG zu sehen. Zwar wurden in den Gründungsverträgen ausdrücklich pri29
Vgl. Granvik, die von „external und internal reasons“ spricht; Granvik, S. 110 ff.
306
5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
mär Binnenkompetenzen und nur ganz vereinzelt Außenkompetenzen an die Gemeinschaften transferiert. Zudem haben die gemeinschaftlichen Außenbeziehungen, die mittlerweile mit der GASP zumindest ein gemeinschaftliches Gesicht bekommen haben, noch immer zwischenstaatlichen und nicht supranationalen Charakter. Jedoch hat der EuGH im Laufe der gemeinschaftlichen Integration den Umfang ausschließlicher und potentieller EG-Außenkompetenzen durch seine ständige Rechsprechung seit der Rs. AETR zurecht dem Umfang der Binnenkompetenzen angeglichen.30 Wie sonst sollte es der EG in einer globalisierten Wirklichkeit möglich sein, die übertragenen Zuständigkeiten bestwirksam auszuüben, wenn sie ihre Kompetenzen nicht auch im völkerrechtlichen Verkehr ausüben könnten. Dabei spielt es keine Rolle, ob die EG mittels internationaler Verträge oder durch eine eigene Mitgliedschaft in einer anderen Organisation nach außen tätig wird, liegt doch dem Gemeinschaftshandeln mit den ausdrücklichen bzw. stillschweigenden EG-Außenkompetenzen in beiden Fällen der gleiche Kompetenzumfang zugrunde. Der Abschluss von Abkommen und die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen dient mithin primär der Sicherstellung einer möglichst kompetenzgerechten außenpolitischen Rolle der EG. Gerade auch ein mitgliedstaatliches Handeln anstelle der EG bildet keine gemeinschaftsrechtskonforme Alternative. So sind die Mitgliedstaaten zwar, wenn sie kompetenzwidrig anstelle der EG tätig werden, innergemeinschaftlich an die Zuständigkeitsverteilung des EGV gebunden, die EG bleibt also zumindest intern, z. B. für die Umsetzung des Abkommens in Sekundärrecht, vollumfänglich zuständig.31 Die Notwendigkeit eines eigenständigen Auftretens der EG im völkerrechtlichen Verkehr wird dadurch jedoch kaum geschmälert. Es würde nämlich dennoch ein Kompetenzverstoß vorliegen und dies sogar in zweifacher Hinsicht: Zum einen ist die Vertragsabschlusskompetenz ein wesentlicher Bestandteil jeder Außenkompetenz. Diese würde aber im Falle des mitgliedstaatlichen Handelns gänzlich leer laufen und mithin nicht die bestwirksame Kompetenzausübung darstellen. Es bestünde also noch immer die kompetenzrechtliche Notwendigkeit gemeinschaftlichen Handels. Zum Zweiten ist in vielen internationalen Organisationen, z. B. in der ILO, die Beteiligung an den innerhalb der Organisation erarbeiteten Abkommen nur als Mitglied der Organisation möglich.32 Die EG wäre also von diesen ausgeschlossen, was wiederum eine Kompetenzbeschränkung darstellt würde.33 Zudem dürfen die negativen institutionellen Folgen eines mitgliedstaatlichen Handelns anstelle der EG nicht außer Acht gelassen werden. So handeln nach außen hin alleine die Mitgliedstaaten, wäh30 31 32 33
s. o. unter 2. Teil s. o. unter 4. Teil s. o. unter 3. Teil Frid, EJIL 1993,
B. I. 2. B. IV. 1. b). A. IV. 2. b). 239 (241).
C. Gründe, Ursachen und Hindernisse gemischter Abschlüsse
307
rend die eigentlich für die Aushandlung der Verpflichtungen zuständigen Gemeinschaftsorgane, allen voran die Kommission, keine direkten Einflussmöglichkeiten haben.34 Dadurch wird das vom EGV, vor allem in Art. 300, statuierte institutionelle Gleichgewicht im Zusammenhang mit den internationalen Beziehungen der Gemeinschaften verletzt. Letztlich hat ein kompetenzwidriges mitgliedstaatliches Handeln auch negativen Einfluss auf die Rolle der EG aus Sicht der Staatengemeinschaft: Um überall dort, wo sie innergemeinschaftlich ausschließlich zuständig ist, auch in den Außenbeziehungen alleine auftreten zu können, bedarf es nämlich der Akzeptanz der entsprechenden Rolle der EG durch die Staatengemeinschaft. Deren Meinungsbild wiederum wird entscheidend durch das Auftreten der EG im völkerrechtlichen Verkehr bestimmt. Tritt die EG also nicht in einem ihrer Kompetenzausstattung entsprechenden Maße selbstverantwortlich in Erscheinung bzw. fordert sie eine solche Rolle nur zögerlich, besteht zwangsläufig eine Lücke zwischen der eigentlichen Kompetenzausstattung der EG und dem öffentlichen Erscheinungsbild.35 Jeder Vertragsabschluss sowie jede Mitgliedschaft hilft, diese Lücke ein wenig zu schließen, die Akzeptanz der Staatengemeinschaft zu erhöhen und somit letztlich auch weitere EG-Beteiligungen zu vereinfachen. 2. Externe Gründe Auch den an dem jeweiligen Abkommen und der Organisation beteiligten Drittstaaten sollte im Hinblick auf die bestehende innergemeinschaftliche Kompetenzteilung daran gelegen sein, die EG selbst an das Rechtsinstrument zu binden, sobald Gemeinschaftskompetenzen berührt sind. Schließlich kommt es in dem Maße, wie internationale Organisationen ihrerseits anstelle ihrer Mitgliedstaaten bestimmte Aufgaben im völkerrechtlichen Verkehr wahrnehmen, „zu Brüchen zwischen den völkerrechtlichen Kompetenzen einer solchen Organisation auf der einen und den (Un-)Möglichkeiten, diese nach dem Recht einer anderen Organisation wahrnehmen zu können, auf der anderen Seite“.36 Die internationale Staatengemeinschaft musste und muss auf die gewachsenen und weiter wachsenden Aufgabenfelder solcher Organisationen, allen voran der EG, reagieren und diese in das bestehende Geflecht internationaler Abkommen und Organisationen, die in den entsprechenden Politikbereichen tätig sind, integrieren. Würde der Drittstaat nämlich dennoch alleine mit den Mitgliedstaaten kontrahieren, bestünde stets die Gefahr, dass die Mitgliedstaaten de iure nicht in der Lage sind, einige der vertraglichen Verpflichtungen, namentlich diejenigen 34
Sack, in: GS Grabitz, 631 (636). Vgl. Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (176); Berrisch, S. 239. 36 Vedder, in: FS Ginther, 501 (501). S. Petersmann, in: O’Keeffe/Schermers, 167 (167 f.); Horng, ELJ 2005, 802 (814 f.). 35
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
in gemeinschaftlicher Zuständigkeit, zu erfüllen.37 Die beteiligten Drittstaaten müssten jedoch ein vitales Interesse daran haben, gegenseitige Verpflichtungen nur mit Partnern einzugehen, die ihren Teil der Verpflichtungen erfüllen können.38 Ein weiterer, eher politischer Aspekt, der zugunsten einer kompetenzgerechten Beteiligung der EG spricht, ist, dass die EG innerhalb ihres Aufgabenbereichs zweifelsohne von zumindest großer wirtschaftlicher Bedeutung ist. Internationale Abkommen wie Organisationen verfolgen in der Regel bestimmte Ziele39, deren Erreichung durch die Beteiligung der EG an dem Rechtsinstrument gefördert würde.40
II. Die Gründe für gemischte Beteiligungen Von den eben dargestellten Gründen, die für eine EG-Beteiligung als solche sprechen, sind diejenigen Gründe zu unterscheiden, die zu einer gemischten anstelle einer reinen EG-Beteiligung führen. 1. Interne Gründe a) Die Kompetenzteilung als Ursprung gemischter Abkommen Ist die Kompetenzübertragung zugunsten der EG als solche ursächlich für die EG-Beteiligung am völkervertraglichen Verkehr, so stellt die aus der Übertragung folgende innergemeinschaftliche Kompetenzteilung den Ursprung des gemeinsamen vertraglichen Vorgehens der Gemeinschaftsgruppe dar.41 Die Kompetenzteilung macht – mangels anderer Handlungsalternative – gemischte Abkommen wie gemischte Mitgliedschaften mithin immer dann rechtlich notwendig, wenn weder die EG noch die Mitgliedstaaten mangels umfassender Zuständigkeiten alleinverantwortlich handeln können.
37
s. o. unter 4. Teil B. IV. 1. Pernice, EuR 1991, 273 (276); Frid, EJIL 1993, 239 (241); Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (173). 39 Die Präambel der FAOV z. B. nennt u. a. die Verbesserung der Nahrungsversorgung und der Lebensstandards als Ziele der FAO, während die NAFO nach den Begründungserwägungen des NAFO-Abkommens u. a. zum Ziel hat, die natürlichen Fischereiressourcen zu erhalten und bestmöglich zu nutzen. 40 Frid, EJIL 1993, 239 (241). 41 s. o. unter 2. Teil C. 38
C. Gründe, Ursachen und Hindernisse gemischter Abschlüsse
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b) Das ablehnende Verhalten der Mitgliedstaaten Trotz der in vielen kompetenzrechtlichen Konstellationen bestehenden Notwendigkeit gemischter Abschlüsse haben gerade auch die Mitgliedstaaten über ihre Stellung im Rat zwei Möglichkeiten der Einflussnahme dahingehend, ob ein zukünftiges Abkommen als gemischtes oder als ein reines Gemeinschaftsabkommen abgeschlossen wird: So hat der Rat einerseits immer dann eine Einwirkungsmöglichkeit, wenn angesichts der kompetenzrechtlichen Konstellation de iure sowohl ein reiner EGals auch ein gemischter Abschluss möglich ist: Ein gemischter Abschluss ist zwar stets gemeinschaftsrechtlich erforderlich, wenn die Gemeinschaft keine ausschließliche Außenzuständigkeit für den gesamten Vertragsgegenstand bzw. Aufgabenbereich der internationalen Organisation besitzt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der gemischte Vertragsabschluss in all diesen Fällen auch tatsächlich unvermeidbar wäre. Dies ist er vielmehr nur in den wenigsten Fällen: Außer in den Konstellationen, in denen Gemeinschaftskompetenzen mit ausschließlichen mitgliedstaatlichen Kompetenzen in einem Vertrag zusammenkommen, hat es der Rat nämlich selbst in der Hand, die kompetenzrechtliche Grundlage dafür zu schaffen, dass statt des gemischten ein reines Gemeinschaftsabkommen abgeschlossen werden könnte: So könnte er Art. 308 EGV als Kompetenzgrundlage heranziehen oder schlicht einschlägiges Sekundärrecht erlassen, bevor der Vertragsabschluss angegangen wird und somit mittels der AETR-Grundsätze implizite Außenkompetenzen der EG herleiten. Vor allem aber könnte sich der Rat auch ohne vorherige Ausübung der konkurrierenden Binnenkompetenz entscheiden, die entsprechende implizite konkurrierende Außenkompetenz auszuüben.42 Entscheidet er sich gegen die Ausübung der konkurrierenden gemeinschaftlichen (Binnen- oder Außen-)Kompetenz, bleibt die Beteiligung der Mitgliedstaaten notwendig, da die EG selbst nur teilweise ausschließlich zuständig ist. Der Rat indes akzeptiert das Bestehen einer Wahlmöglichkeit zwischen Gemeinschafts- und gemischten Abkommen in Konstellationen konkurrierender EGKompetenzen erst gar nicht, sondern ist der Ansicht, dass zwingend ein Gemeinschaftsabkommen geschlossen werden müsse.43 Angesichts des vornehmlich politischen Charakters der Ratsentscheidung ist an deren Gemeinschaftsrechtskonformität aber in der Regel nicht zu zweifeln. Andererseits kann der Rat, im Regelfall innerhalb des internen Abstimmungsprozesses mit der Kommission während der Vertragsverhandlungen, Einfluss auf 42 Die Ausübung setzt zwar das Vorliegen der Voraussetzungen der „Gutachten 1/ 76-Doktrin“ voraus. Angesichts des politischen Entscheidungsspielraums des Rates bleibt die Wahl zwischen Ausübung bzw. Nichtausübung der konkurrierenden Kompetenz aber dennoch vornehmlich eine politisch und nicht rechtlich geprägte Entscheidung. s. o. unter 4. Teil B. III. 43 s. o. unter 4. Teil B. III. 4.
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
den Vertragsgegenstand nehmen. So kann er z. B. auf die Ausweitung desselben in mitgliedstaatliche Kompetenzbereiche drängen, so dass aufgrund der dann vorhandenen nationalen Restkompetenzen ein alleiniges EG-Abkommen von vorne herein ausscheidet. In der Praxis boten hierfür häufig Forschungs- und Sozialaspekte die passende Grundlage, wobei der Rat in der Regel auch auf die eigene Ausübung noch so marginaler Kompetenzen besteht.44 Anders als das Nichtverwenden der Wahlmöglichkeit bei konkurrierenden Kompetenzen, bewegt sich der Rat insoweit schnell am Rande der Gemeinschaftswidrigkeit: Zwar ist die Einflussnahme auf den Vertragsgegenstand per se unproblematisch, jedoch schon das Stützen der eigenen Beteiligung auf bloße Restkompetenzen steht in vielen Fällen im Widerspruch mit der Rechtsprechung des EuGH.45 Von einer Gemeinschaftswidrigkeit ist auch immer im Falle unechter gemischter Abkommen auszugehen, so z. B. wenn der Rat entgegen dem Kommissionsentwurf – und der objektiven Rechtslage – mitgliedstaatliche Kompetenzen durch einzelne Abkommensbestimmungen tangiert sieht und deswegen auf eine mitgliedstaatliche Beteiligung besteht.46 Angesichts der zuvor genannten Gründe zugunsten einer EG-Beteiligung innerhalb des gemeinschaftlichen Kompetenzbereichs ist diese generelle Tendenz der Mitgliedstaaten gegen reine Gemeinschaftsabschlüsse verwunderlich. So könnte zwar zur „Rettung“ der Mitgliedstaaten und zugunsten einer möglichst gemischten Außenvertretung angeführt werden, dass die Ausübung bloßer konkurrierender Außenkompetenzen zur Folge haben kann, dass die Gemeinschaftsgruppe völkerrechtlich an Verpflichtungen gebunden ist, die mangels bisheriger gemeinschaftlicher Binnenrechtssetzung in dem betroffenen Politikbereich in unterschiedlichster Weise auf mitgliedstaatlicher Ebene geregelt sind. Die Außenkompetenz würde mithin schneller voranschreiten bzw. umfassender sein als die entsprechende Binnenkompetenz (die erst durch die Harmonisierung zu einer ausschließlichen würde). Allerdings ist zu bedenken, dass der Rat als eines der beiden Hauptrechtssetzungsorgane der EG in diesen Fällen mit dem Abkommensabschluss zugleich die entsprechende Binnengesetzgebung erwirken könnte, so dass die praktische Gefahr von Rechtsunsicherheiten doch eher ge44 Sack, in: GS Grabitz, 631 (639). Dies gilt vor allem für politisch bedeutsame Abkommen wie Assoziierungsabkommen. Vgl. auch ders., CML Rev. 1995, 1227 (1256); ders., ZEuS 2001, 267 (277); Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (204 f.); Close, YEL 1981, 45 (49); Timmermans, in: Dashwood/Hillion, 239 (239 f.), der die Einstellung der Mitgliedstaaten wie folgt beschreibt: „Sometimes one gets the impression that in external affairs, Member States founded the Community to contest its competences rather than to exercise them.“ 45 Wenn auch beileibe nicht in allen. s. o. unter 4. Teil B. II. 2. 46 s. o. unter 4. Teil B. IV. 2. Siehe als Beispiel das Handels- und Kooperationsabkommen mit Südafrika, das die Mitgliedstaaten nicht als reines Gemeinschaftsabkommen abschließen wollten, obwohl keine mitgliedstaatliche Kompetenz durch den Vertragsgegenstand berührt wird; vgl. den entsprechenden Kommissionsentwurf für ein reines Gemeinschaftsabkommen, COM (1999), 245 endg., v. 11.05.1999.
C. Gründe, Ursachen und Hindernisse gemischter Abschlüsse
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ring ist.47 Ferner könnte zugunsten der Mitgliedstaaten darauf abgestellt werden, dass ihnen an der Sicherung des politischen Gewichts der Gemeinschaftsgruppe gelegen ist: Gerade bei Abstimmungen kann sich nämlich die alleinige Beteiligung der EG anstelle ihrer 27 Mitgliedstaaten negativ bemerkbar machen, schließlich kommt ihr statt 27 Stimmen dann nur ein einziges Stimmrecht zu.48 Doch auch wenn dieser Umstand den Mitgliedstaaten auf den ersten Blick als vorzügliches Argument dazu dienen mag, die gemischte Beteiligung einer alleinigen der EG vorzuziehen, ist zu beachten, dass die tatsächliche politische Bedeutung dieser Reduktion aufgrund der üblichen Praxis der Konsensentscheidungen in internationalen Rechtsinstrumenten eher gering erscheint.49 Eine „gemeinschaftsfreundliche“ Begründung des so restriktiven mitgliedstaatlichen Verhaltens ist also kaum vorhanden. Vielmehr ist die Haltung der Mitgliedstaaten vor dem Hintergrund ihres gleichzeitigen Ausschlusses im Falle einer alleinigen EG-Präsenz zu beurteilen: Dahinter steht nämlich vorrangig der Wille der Mitgliedstaaten, weiterhin – trotz der immer weiter voranschreitenden europäischen Integration gerade auch in klassischen staatlichen Domänen wie der Außen- und Sicherheitspolitik – als eigenständige Akteure auf der internationalen politischen Bühne betrachtet zu werden.50 Der Abschluss internationaler Abkommen sowie insbesondere die Präsenz von Staaten in internationalen Organisation sind dabei zwei der wichtigsten Möglichkeiten für diese, ihrer Souveränität Ausdruck zu verleihen.51 Nicht ohne Grund versuchte jeder der in den letzten Jahrzehnten neu entstandenen Nationalstaaten, so schnell als möglich Mitgliedschaften in den wichtigen internationalen Organisationen zu erreichen.52 Es erstaunt daher nicht, dass die Mitgliedstaaten häufig nicht bereit sind, ihren Platz auf der internationalen Bühne, wenn auch nur teilweise, der EG bzw. der EU zu überlassen.53 Hinzu kommt, dass dadurch auch ihr individueller Einfluss innerhalb des Forums der jeweiligen Organisation verschwinden würde. Eine eigene Mitgliedschaft ermöglicht den Staaten, weiterhin nationale Interessen zu vertreten, z. B. auch Bündnisse mit Drittstaaten einzugehen.54 Die Freiheiten der Mitgliedstaaten 47
s. o. unter 4. Teil B. III. 3. a). Stein, S. 179; Schröder, in: v. d. Groeben/Schwarze, EGV, Vorbem. zu Art. 302– 304, Rn. 7. 49 s. o. unter 4. Teil B. IV. 2. a). 50 Granvik, S. 111; Berrisch, S. 239. s. o. unter 4. Teil B. IV. 2. 51 Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (164). 52 Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1232 f.). 53 Dies gilt insbesondere im Bereich der wichtigen WWU, weil die Mitgliedstaaten insoweit in Art. 111 Abs. 3–5 EGV selbst die ansonsten geltenden institutionellen Regeln – die Verhandlungsführung bei Gemeinschaftsabkommen durch die Kommission – durchkreuzt haben. 54 So stellt sich z. B. Spanien im Rahmen des IWF, wo die EG selbst nicht Mitglied ist, in Verhandlungen durchaus auf die Seite der südamerikanischen Staaten. 48
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
sind dabei umso größer desto geringer die unmittelbare Rechtsposition der EG innerhalb der entsprechenden Organisation ist. Konsequenterweise hat der Rat z. B. trotz der bereits im Jahr 2002 von der Kommission ausgesprochenen Empfehlung, dass die EG schnellstmöglich der IMO und der ICAO beitreten solle, die Kommission noch immer nicht offiziell mit der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen beauftragt. Schließlich gilt es, die eigene Stellung in diesen Organisationen so lange als möglich zu bewahren.55 Zudem können die Mitgliedstaaten durch die Wahl eines gemischten statt eines reinen Gemeinschaftsabkommens in Politikfeldern, in denen gemeinschaftsinterne Entscheidungen bereits mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden, wegen der bei gemischten Abschlüssen notwendigen Ratifikation durch sämtliche Mitgliedstaaten eine Einstimmigkeitsentscheidung herbeiführen.56 Die Mitgliedschaften sind also in aller Regel – primär aus eigenen machtpolitischen Interessen – lediglich bereit, eine gemeinsame Mitgliedschaft der Gemeinschaftsgruppe anstelle eines reinen Gemeinschaftsabschlusses zu akzeptieren. 2. Externe Gründe Auch zwei im Völkerrecht bzw. in den Beziehungen zu den Drittstaaten wurzelnde Gründe führen zum Abschluss gemischter Abkommen: a) Der package deal-Charakter internationaler Abkommen Im völkervertragsrechtlichen Verkehr wird bei der Aushandlung von Rechtsinstrumenten, insbesondere bei multilateralen Abkommen und Organisationssatzungen mit einer Vielzahl von Vertragsparteien und Interessenkonstellationen, nicht auf die innergemeinschaftliche Kompetenzverteilung Rücksicht genommen. Vielmehr bilden die allermeisten Abkommen und Organisationssatzungen regelungstechnische wie politische Einheiten, sog. „package deals“, die in der Folge ob des erreichten Umfangs der Gemeinschaftskompetenzen oftmals sowohl mitgliedstaatliche als auch gemeinschaftliche Zuständigkeiten umfassen und mithin einen gemischten Abschluss notwendig machen.57 Im Zusammenhang mit den Mitgliedschaften der EG sind die Folgen der umfassenden Aufgabenbereiche der aufnehmenden Organisationen noch schwerwiegender: Gerade die universell ausgerichteten, politisch bedeutenden internaWäre im IWF eine kompetenzgerechte und damit gemischte Vertretung der Gemeinschaftsgruppe vorhanden, wäre Spanien aller Voraussicht nach, soweit es sich um Gemeinschaftskompetenzen handelt, von jeder eigenen Möglichkeit der Stellungnahme ausgeschlossen. 55 s. o. unter 3. Teil A. III. 1. und 4. Teil B. IV. 1. a). 56 s. o. unter 4. Teil A. I. 3. b). 57 s. o. unter 2. Teil C. I.
C. Gründe, Ursachen und Hindernisse gemischter Abschlüsse
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tionalen Organisationen verfügen in der Regel über ein derart breites Spektrum an Tätigkeitsbereichen, dass nahezu zwangsläufig einige der Aufgaben von mitgliedstaatlichen Kompetenzen umfasst werden.58 Zudem stellen sich, z. B. im Laufe einer Generalversammlung, oftmals außen- und sicherheitspolitische Probleme, die mit den eigentlichen Aufgaben der Organisationen in keinem Zusammenhang stehen.59 Die GASP ist aber noch immer zwischenstaatlich strukturiert, so dass eine mitgliedstaatliche Beteiligung in solchen Organisationen in den allermeisten Fällen erforderlich bleiben wird. Die bisherige Praxis bestätigt diese Annahme, gibt es doch keine alleinige Mitgliedschaft der EG in einer wichtigen internationalen Organisation, aber mit WTO und FAO zwei Beispiele gemischter Mitgliedschaften. Anders bei hochspezialisierten, kaum politisch geprägten Organisationen. Dort sind alleinige EG Mitgliedschaften wahrscheinlicher und auch bereits, wie allen voran im Fischereisektor und bei manchen Rohstofforganisationen, Realität. b) Die Vorbehalte der Vertragspartner gegenüber alleinigen EG-Abschlüssen Schon im Zusammenhang mit den ersten reinen Gemeinschaftsabkommen äußerten die beteiligten Drittstaaten Bedenken aufgrund des Auftretens der EG anstelle ihrer Mitgliedstaaten.60 Die Vorbehalte der Drittstaaten wurzelten zumeist in den durch die Rechtsnatur der Gemeinschaften verursachten rechtlichen Unsicherheiten. So waren, zumindest in den frühen Jahren der gemeinschaftlichen Integration, einige Drittstaaten unsicher hinsichtlich der völkerund insbesondere haftungsrechtlichen Folgen des Kompetenztransfers zugunsten der EG. Hinzu kommt das noch immer fehlende einheitliche außenpolitische Profil der Gemeinschaften: Die EU selbst ist nicht rechtsfähig und große Teile der GASP sind nicht vergemeinschaftet, sondern werden weiterhin mit den zwischenstaatlichen Strukturen des EUV verwaltet.61 Diese komplexe Struktur gemeinschaftlicher Außenbeziehungen förderte und fördert kaum das Vertrauen der Drittstaaten in eine alleinige vertragliche Bindung mit der EG. Auch wenn vor allem die haftungsrechtlich begründeten Vorbehalte rechtlich kaum stichhaltig sind, war es für die Drittstaaten wichtig, neben der EG noch die Mitgliedstaaten als weitere durch das jeweilige Abkommen völkerrechtlich verpflichtete Vertragsparteien zu haben.62 58
Vgl. auch Eberle, S. 160. So z. B. wenn die Ermächtigungsschreiben der israelischen Delegation Jerusalem als Hauptstadt Israels nennen und einige der arabischen Mitglieder daraufhin beantragen, die Schreiben wegen des Verstoßes gegen VN-Sicherheitsratsresolutionen nicht anzuerkennen. 60 Siehe dazu auch Schermers, in: O’Keeffe/Schermers, 23 (32). 61 Vgl. Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (185 f.). s. o. unter 2. Teil D. I. 1. b). 59
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
Durch die wachsende internationale Bedeutung der Gemeinschaften im Laufe der letzten Jahrzehnte hat die EG jedoch solche Vorbehalte gegenüber Gemeinschaftsabkommen zum großen Teil widerlegen können.63 Dies gilt allerdings nur soweit die EG tatsächlich als eigenständiger internationaler Akteur aufgetreten ist. So stellt die Kommission im Bereich des Luftverkehrs noch 2005 fest: „Die Anerkennung aller gemeinschaftlichen Zuständigkeiten auf externer Ebene ist freilich bei den Mitgliedstaaten wie auch bei den Drittländern, die seit einem halben Jahrhundert daran gewöhnt sind, solche Fragen national und auf bilateraler Ebene zu regeln, auf Unverständnis gestoßen und hat Schwierigkeiten bereitet. Es findet aber zunehmend Verständnis, dass der Übergang von Beziehungen, die auf bilateralen Abkommen beruhen, hin zu einer abgestimmten Politik auf Gemeinschaftsebene unvermeidlich ist, [. . .]“.64 In vielen Politikbereichen spielen die ursprünglichen Bedenken der Drittstaaten gegenüber reinen Gemeinschaftsabkommen kaum noch eine Rolle. Vielmehr ist die Gemeinschaftsbeteiligung als solche mittlerweile anerkannt.65 So spricht gerade aus Sicht der Drittstaaten für ein reines Gemeinschaftsabkommen anstelle eines gemischten, dass das zusätzliche Erfordernis der Ratifikation durch alle Mitgliedstaaten nicht besteht und das Abkommen mithin im Normalfall schneller und umkomplizierter umgesetzt werden kann.66 Hilfreich war in diesem Zusammenhang auch der Zusammenbruch des „Ostblocks“, der einer EG-Beteiligung gegenüber stets sehr kritisch eingestellt war.67 Gegenüber alleinigen Mitgliedschaften der EG in internationalen Organisationen bestehen dagegen noch immer erhebliche Vorbehalte auf Seiten der Drittstaaten, die bisher nicht in gleichem Maße ausgeräumt werden konnten wie bei bloßen Gemeinschaftsabkommen. Dazu fehlt es bereits an einer vergleichbar umfassenden Praxis von Mitgliedschaften der EG, insbesondere in wichtigen und damit organisatorisch wie rechtlich komplexen Organisationen. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die EG durch die Mitgliedschaft in einer internationalen Organisation in der Regel in ein vielfach komplexeres Regelungsgebilde eingebunden würde, als bei der bloßen Unterzeichnung eines konkreten internationalen Abkommens. Es geht bei einer Mitgliedschaft in einer Organisation nämlich nicht nur um einen einzelnen, konkreten Vertragsgegenstand, sondern um eine langfristige Zusammenarbeit, die z. B. immer wieder die Frage der gemeinschaftsinternen Zuständigkeit aufwirft, sei es bei der täglichen Arbeit oder bei der Erörterung grundsätzlicher Aufgaben der jeweiligen 62 Bourgeois, in: Bourgeois, 83 (84 f.); Bleckmann, EuR 1976, 301 (303); Granvik, S. 111. 63 Vedder, in: Grabitz/Hilf, EGV, Altband II, Art. 228, Rn. 18; Groux, in: O’Keeffe/ Schermers, 87 (89); Ehlermann, in: O’Keeffe/Schermers, 3 (4). 64 Mitteilung der Kommission – Weiterentwicklung der Luftfahrtaußenpolitik der Gemeinschaft, KOM/2005/79 endg. v. 11.03.2005, siehe Gliederungspunkt II, Abs. 2. 65 Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1240). 66 Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (216); Leal-Arcas, EFA Rev. 2001, 483 (511). 67 s. o. unter 4. Teil B. IV. 1. c) bb).
C. Gründe, Ursachen und Hindernisse gemischter Abschlüsse
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Organisation.68 In der Folge sind die im Laufe einer Mitgliedschaft möglicherweise auftretenden Rechtsprobleme für die Drittstaaten weit weniger überschaubar als im Falle eines konkreten (Einzel-)Abkommens, wo grundlegende Fragen zumeist noch in der Verhandlungsphase oder auch durch ein Gutachten des EuGH gem. Art. 300 Abs. 6 Satz 1 EGV69 geklärt werden können. 3. Fazit In der Theorie sind gemischte Abschlüsse primär ein rechtliches Instrument, um die Auswirkungen der gemeinschaftlichen Integration auf die Kompetenzausstattung der Gemeinschaftsgruppe auszugleichen und deren völkerrechtliche Handlungsfähigkeit sicherzustellen.70 Tatsächlich sind jedoch noch andere, teilweise stärkere Gründe bzw. Interessen für die Wahl eines gemischten Abkommens ausschlaggebend. Im Schrifttum besteht dabei die Ansicht, dass es in erster Linie die internen Gründe sind, die zu gemischten Abschlüssen führen. Externe Gründe seien dagegen lediglich sekundär ursächlich.71 Dieser Ansicht ist gleichwohl nur teilweise, nämlich hinsichtlich gemischter Abkommen zuzustimmen. Im Zusammenhang mit gemischten Mitgliedschaften ist dagegen eine differenzierte Betrachtung von Nöten: Generell, also im Hinblick auf gemischte Abkommen wie Mitgliedschaften ist richtig, dass die vorgenannten internen Gründe oftmals ausschlaggebend sind: So ist insbesondere das Verhalten der Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung, nutzen sie ihre Rolle im Rat doch oftmals schlicht dazu aus, mitgliedstaatliche Interessen zu schützen, anstatt den EG-Kompetenzen die bestmögliche Wirksamkeit zu verleihen. Dahinter steht primär das nationale Interesse, die eigene außenpolitische Handlungsfähigkeit so weit als möglich zu bewahren. Zwar wird die Einflussmöglichkeit der Mitgliedstaaten durch die zwingende Beachtung der Gemeinschaftsrechtsordnung beschränkt. So können sie die EG kaum gänzlich von einer eigenen Beteiligung ausschließen, wenn die EG eindeutig für einen Teil des Abkommens zuständig ist. Allerdings bietet die gegenwärtige Rechtslage genügend Schlupflöcher, die Notwendigkeit der 68
Sack, in: GS Grabitz, 631 (637); ders., CML Rev. 1995, 1227 (1235). Dies ist zwar bei Abkommen, die zur Gründung von internationalen Organisationen führen auch möglich – Paradebeispiel ist insofern das Gutachten 1/94 –, allerdings kann dadurch ob der fehlenden Überschaubarkeit in keinem Fall eine endgültige Klärung sämtlicher zukünftig möglicherweise auftretender Kompetenzstreitigkeiten erreicht werden. 70 s. o. unter 2. Teil C. und 5. Teil C. I. 71 Ehlermann, in: O’Keeffe/Schermers, 3 (4 ff.); Eeckhout, S. 198, der allerdings später (S. 200) zumindest richtigerweise darauf hinweist, dass Mitgliedschaften der EG als solchen auch externe Hindernisse entgegenstehen. 69
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
eigenen Beteiligung sicherzustellen, so z. B. durch die Schaffung mitgliedstaatlicher Restkompetenzen. Oftmals genügt auch ein einfaches Unterlassen: Ohne das Werben der eigenen Mitgliedstaaten bei den jeweiligen Vertragspartnern wird nämlich für die EG kaum ein Beitritt zu einem Abkommen, dessen Parteien die Mitgliedstaaten bereits sind, zu realisieren sein.72 Doch besteht stets die Gefahr, dass sich die Kommission auch mit einer kompetenzwidrigen Beteiligung der Mitgliedstaaten abfindet, um zumindest die gemischte Beteiligung nicht zu gefährden.73 Die beiden zuvor genannten externen Gründe fallen dagegen im Zusammenhang mit „einfachen“ gemischten Abschlüssen kaum noch ins Gewicht bzw. werden von einer internen Ursache überlagert: So sind einerseits die Vorbehalte auf Seiten der Drittstaaten mittlerweile nicht mehr von entscheidender Bedeutung. Andererseits ist zwar der kompetenzübergreifende Inhalt vieler Abkommen ein Faktum. Er führt jedoch in vielen Fällen nur deshalb zu einem gemischten Abschluss, da der Rat nicht bereit ist, die tatsächlichen oder potentiellen EG-Kompetenzen voll auszuschöpfen. Eigentlich ist also wieder das interne mitgliedstaatliche Verhalten und nicht der Vertragsgegenstand selbst Auslöser des gemischten Abschlusses. Anders dagegen im Hinblick auf gemischte Mitgliedschaften: Hier kommt beiden externen Gründen weiterhin substantielle Bedeutung zu. So sind die Kompetenzbereiche vieler bedeutender internationaler Organisationen so weit reichend, dass nahezu zwangsläufig auch nationale Kompetenzen, z. B. in den Bereichen der Außen- und Sicherheitspolitik, betroffen sind. Alleine eine großzügigere Anwendung der Gemeinschaftskompetenzen mag daher nur in den seltensten Fällen einen gemischten Abschluss vermeiden. Zudem sind die Vorbehalte der Drittstaaten gegenüber Mitgliedschaften der EG weiterhin vorhanden. Es sind also zumindest hinsichtlich gemischter Mitgliedschaften sowohl interne als auch externe Gründe, die zu gemischten Abschlüssen führen. Generell ist jedenfalls festzuhalten, dass gemischte Abschlüsse in der Praxis weit mehr als eine bloße Antwort auf die innergemeinschaftliche Kompetenzordnung sind. Dabei enthalten gemischte Abschlüsse, die nicht (nur) auf der gemeinschaftlichen Kompetenzteilung beruhen, aus gemeinschaftlicher Sicht sowohl positive als auch negative Aspekte: So mag das Instrument des gemeinsamen Abschlusses womöglich als ein Vehikel dienen, der EG überhaupt Zugang zu einem bestimmten Vertragsverhältnis zu verschaffen und somit schrittweise die gemeinschaftliche Position innerhalb der völkervertragsrechtlichen Beziehungen zu stärken. Andererseits aber besteht dabei auch stets die Gefahr der 72 Die bestehende Handlungspflicht der Mitgliedstaaten ist jedoch vom EuGH derart vage formuliert worden, dass eine gewisse Zurückhaltung der Mitgliedstaaten kaum justiziabel sein wird; s. o. unter 4. Teil B. IV. 1. 73 s. o. unter 4. Teil B. III. 4.
C. Gründe, Ursachen und Hindernisse gemischter Abschlüsse
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Ausnutzung der schwächeren Position der EG durch die eigenen Mitgliedstaaten aus bloßen nationalstaatlichen Interessen.
III. Widersprüche zwischen Theorie und Praxis Die erarbeiteten Gründe für gemischte Abschlüsse lassen bereits darauf schließen, dass die Rechtswirklichkeit kaum eine kompetenzgerechte außenpolitische Rolle der EG widerspiegeln wird. Welche Unterschiede aber tatsächlich bestehen und welche Aspekte dafür ursächlich sind, bedarf einer weitergehenden Untersuchung. 1. Die Rechtswirklichkeit gemischter Abschlüsse Gemeinschaftsabkommen stellen zwar aufgrund ihrer mittlerweile hohen Anzahl von ca. 1000 internationalen Verträgen mit Gemeinschaftsbeteiligung ein innergemeinschaftlich wie völkerrechtlich durchweg akzeptiertes Rechtsinstrument der gemeinschaftlichen Außenbeziehungen dar. Dies gilt mittlerweile auch für gemischte Abkommen, deren Zahl zwischenzeitlich schon auf über 170 angestiegen ist.74 Dennoch ist das Ziel einer kompetenzgerechten Beteiligung der EG an internationalen Abkommen noch nicht erreicht, kommt doch eine Beteiligung der Gemeinschaft – zumindest gemeinsam mit ihren Mitgliedstaaten – angesichts der erreichten Kompetenzausstattung an einem Großteil der multilateralen internationalen Abkommen in Betracht.75 Die Bedeutung alleiniger sowie gemischter Mitgliedschaften in den gemeinschaftlichen Außenbeziehungen ist dagegen als insgesamt gering einzuordnen.76 Denn einerseits gibt es, unabhängig von der Frage, ob die Mitgliedstaaten ebenfalls Mitglieder sind oder nicht, überhaupt nur eine Handvoll eigener Mitgliedschaften der EG in internationalen Organisationen. So stellte auch die Kommission in ihrem Weißbuch über die Zukunft der Europäischen Verkehrspolitik für diesen Politikbereich fest: „[. . .] die Europäische Union als weltweit an erster Stelle stehende Handelsmacht, die einen Großteil ihres Handels mit Ländern außerhalb ihrer Grenzen abwickelt, hat bei der Verabschiedung internationaler Vorschriften, die wesentliche Aspekte des Verkehrs regeln, nur geringes Gewicht. Dies liegt daran, dass sie als Europäische Union von der Mehrzahl der zwischenstaatlichen Organisationen ausgeschlossen ist, und dort nur einen Beobachterstatus hat“.77 Diese Ausführungen der Kommission lassen sich ohne 74
s. o. unter 2. Teil A. So z. B. die im Rahmen der ILO geschlossenen internationalen Abkommen. 76 Siehe auch Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (155). 77 Weißbuch „Die Europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft“; KOM/2001/370 v. 12.09.2001. Daher auch die – bisher erfolglose – Initia75
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
weiteres auf eine Vielzahl anderer Politikbereiche, wie etwa die Umweltpolitik und den Schutz des geistigen Eigentums, übertragen. Angesichts des erreichten Umfangs der Gemeinschaftszuständigkeiten, die nahezu sämtliche Politikbereiche zumindest im Ansatz erfassen, müsste die EG nämlich dem Großteil der internationalen Organisationen angehören, deren Mitglieder gegenwärtig die EG-Mitglieder sind, sei es gemeinsam mit diesen oder unter deren Ausschluss.78 Dies ist jedoch bei weitem nicht der Fall. Besonders deutlich wird dieses Ungleichgewicht zwischen interner Kompetenzverteilung und Mitgliedschaft in den in dem jeweiligen Politikbereich existierenden internationalen Organisationen, wenn es sich dabei um eine Materie handelt, die überwiegend bzw. ausschließlich in Gemeinschaftskompetenz liegt. Die letztgenannte Situation ist z. B. im Falle der weiterhin fehlenden Mitgliedschaft der EG im internationalen Tierseuchenamt (Office internationale des épizooties) und im Europäischen Pflanzenschutzamt gegeben. Von größerer politischer Bedeutung sind jedoch die alleinigen mitgliedstaatlichen Mitgliedschaften in der ILO, in der Weltbank sowie im IWF.79 Ein sehr anschauliches Beispiel für die vorhandenen Widersprüche zwischen innergemeinschaftlicher Kompetenzverteilung und völkerrechtlicher Rechtswirklichkeit bietet dabei der IWF, in dem alleine die Mitgliedstaaten Mitglieder sind, obgleich zumindest diejenigen Mitgliedstaaten, die zugleich Mitglieder der Euro-Zone sind, jegliche Währungshoheit verloren haben.80 Ein weiteres prominentes Beispiel ist die fehlende Mitgliedschaft der EG in den VN. Mangels Bindung an die VN-Charta ist die EG selbst nicht an die Entscheidungen des Sicherheitsrates gebunden, während die Mitgliedstaaten dagegen ob ihrer Mitgliedschaften in den VN allesamt verpflichtet sind, Sicherheitsratsresolutionen umzusetzen. In einigen Bereichen haben die Mitgliedstaaten aber mittlerweile sämtliche Kompetenzen an die EG abgetreten, allen voran tive der Kommission für einen EG-Beitritt zu den für internationalen (Luft- und See-) Verkehr zuständigen Organisationen ICAO und IMO; s. o. unter 3. Teil A. III. 1. und 4. Teil B. IV. 1. a). 78 Vgl. dazu auch Sack, ZEuS 2001, 267 (280). 79 Im Fall von Weltbank und IWF kommt hinzu, dass zumindest eine vollwertige Mitgliedschaft der EG durch die derzeitige Fassung von Art. 111 Abs. 5 EGV quasi ausgeschlossen wird, da demnach den Mitgliedstaaten das Recht zugesprochen wird „unbeschadet der Gemeinschaftszuständigkeit und der Gemeinschaftsvereinbarungen über die Wirtschafts- und Währungsunion in internationalen Gremien Verhandlungen zu führen und internationale Vereinbarungen zu treffen“; siehe auch Sack, ZEuS 2001, 267 (281). 80 Vgl. z. B. Art. 106 Abs. 1 EGV. Verschärft wird die Diskrepanz zwischen gemeinschaftlicher und völkerrechtlicher Rechtslage dadurch, dass weiterhin die Währungen von Frankreich und Deutschland – neben denen von Japan, den USA und dem Vereinigten Königreich – den sog. „Währungskorb“ des IWF bilden. Allerdings wurde die Situation zumindest insoweit der gemeinschaftlichen Rechtslage angepasst, als dass mit der Einführung des Euro am 01.01.1999 die Währungsbeträge der D-Mark und des französischen Franc durch den Euro ersetzt wurden; für weitere Informationen siehe http://www.imf.org/external/np/exr/facts/deu/sdrd.htm (Stand: 10.03.2007).
C. Gründe, Ursachen und Hindernisse gemischter Abschlüsse
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im Zusammenhang mit der Verhängung von Wirtschaftssanktionen, so dass sie insoweit de iure überhaupt nicht mehr in der Lage sind, ihren Vertragspflichten nachzukommen. Andererseits handelt es sich bei den bestehenden Mitgliedschaften der EG vorrangig um solche in weniger bedeutenden Organisationen. Mit den gemischten Mitgliedschaften in der WTO und der FAO bestehen überhaupt nur zwei Mitgliedschaften der EG in universell ausgerichteten Organisationen. Politische Bedeutung ersten Ranges kommt lediglich der WTO zu.81 Die übrigen Mitgliedschaften der EG sind dagegen wie die meisten Fischerei- und Rohstofforganisationen nur regional bzw. auf einen geringen Teilnehmerkreis ausgerichtet. Bis auf die Mitgliedschaften in der WTO, der FAO und der EBWE handelt es sich bei den Organisationen zudem nicht um internationale Organisationen im klassischen Sinne, sondern um bloße Rumpforganisationen, die in erster Linie zur Vereinfachung und Überwachung der Durchführung eines konkreten internationalen Abkommens geschlossen wurden. Bei ca. 60 bestehenden Mitgliedschaften in Rumpforganisationen machen die „klassischen“ Mitgliedschaften einen verschwindend geringen Anteil der Mitgliedschaften der EG in anderen Organisationen aus.82 Die EG ist mithin in den wichtigen internationalen Organisationen bis auf wenige Ausnahmen nicht als Mitglied vertreten, kann also insofern eine kompetenzgerechte außenpolitische Rolle kaum gewährleisten. Zudem ist zu bedenken, dass das Dilemma der fehlenden Mitgliedschaften der EG mittelbar auch negative Auswirkungen auf die Möglichkeit der EG hat, internationale Abkommen abzuschließen. Ein Großteil der Abkommen wird nämlich mittlerweile im Rahmen der thematisch zuständigen internationalen Organisationen ausgehandelt und auch abgeschlossen. Durch die fehlende Mitgliedschaft in der Organisation steht der EG in vielen Fällen daher auch nicht der Zugang zu deren Abkommen zu. Dies gilt z. B. für die verschiedenen im Rahmen der ILO ausgehandelten Abkommen, die alleine die Mitgliedstaaten zeichnen können. Dies würde aber auch für die verschiedenen Handelsabkommen im Rahmen der WTO gelten, wäre die EG nicht selbst Mitglied. Die EG Beteiligung an solchen Abkommen bleibt jedoch die Ausnahme, wie z. B. auch die langwierigen Ver-
81 Obgleich man – ein wenig überspitzt – selbst die gemischte Mitgliedschaft in der WTO als „Rückschritt“ bezeichnen könnte, da die EG ihre Mitgliedstaaten im GATT’47 schließlich bereits de facto gänzlich ersetzt hatte; vgl. Bourgeois, in: The Uruguay Round Results, 15 (19). Allerdings ist der kompetenzrechtliche Unterschied zwischen GATT’47 und WTO alleine schon wegen der Eingliederung von GATS und TRIPs in letztere augenscheinlich und ein Vergleich daher kaum zulässig. 82 Sack geht im Jahr 1995 von ca. 60 solcher Mitgliedschaften der EG aus; Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1239). Dabei variiert die Organisationsstruktur dieser Organisationen erheblich: Die ISBA beispielsweise besitzt eine höchst komplexe Struktur, während andere Organisationen tatsächlich nur aus einem kleinen Sekretariat bestehen.
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
handlungen über die Teilnahme der EG an den im Rahmen der WIPO ausgehandelten Abkommen zeigen.83 Die Rechtswirklichkeit entspricht mithin in zweierlei Weise nicht der gemeinschaftlichen Kompetenzordnung: Zum einen hat die EG, trotz einer substantiellen Ausweitung ihrer Außenbeziehungen, im völkervertraglichen Verkehr keine ihrem tatsächlichen Kompetenzumfang entsprechende Position inne. Zum Zweiten besteht eine signifikant unterschiedlich starke Verbreitung von gemischten Abkommen einerseits und gemischten Mitgliedschaften andererseits. 2. Die Ursachen für die nicht kompetenzgerechte Rolle der EG Bei der Suche nach den Ursachen für die (noch) nicht kompetenzgerechte Rolle der EG innerhalb der völkervertraglichen Beziehungen kann auf die bereits herausgearbeiteten Gründe für den Abschluss gemischter anstelle alleiniger Gemeinschaftsabkommen und Mitgliedschaften der EG zurückgegriffen werden84: Soweit diese nämlich nicht auf die gemeinschaftliche Kompetenzordnung zurückzuführen sind, was bis auf die Aspekte der Kompetenzteilung und der Auswirkungen des package deal-Charakters internationaler Abkommen auf sämtliche zuvor genannten Ursachen zutrifft, tragen sie zwangsläufig zu der nicht kompetenzgerechten Rolle der EG bei. Schließlich wohnt z. B. jedem Abschluss eines unechten gemischten Abkommens ein Widerspruch zwischen gemeinschaftsinterner Kompetenz- und außenpolitischer Rollenverteilung inne. Hinzu kommen die bestehenden Hindernisse für eine EG-Beteiligung als solche an internationalen Abkommen: So ist ein Beitritt der EG zu einem Vertragswerk teilweise bereits deswegen nicht möglich, da ein Abkommen nur Staaten als mögliche Parteien vorsieht bzw. sich die Drittstaaten weigern, die EG überhaupt als Vertragspartnerin zu akzeptieren. 3. Stärkere Hindernisse für Mitgliedschaften der EG als solche Diese Hindernisse sind zudem in Zusammenhang mit dem zweiten Widerspruch zwischen Theorie und Praxis, der unterschiedlich starken Verbreitung von gemischten Abkommen einerseits und gemischten Mitgliedschaften andererseits, von besonderer Bedeutung. Angesichts der gleichen Ursachen für den Abschluss gemischter Abkommen und Mitgliedschaften sowie eines einheitlichen Kompetenzumfangs der EG kann die relativ stärkere Verbreitung gemischter Abkommen nämlich nicht auf den gemischten Charakter als solchen zurückgeführt werden. Stattdessen sind es die – im Vergleich zu EG-Beteiligungen an
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s. o. unter 3. Teil A. IV. 2. b). s. o. unter 5. Teil C. II.
C. Gründe, Ursachen und Hindernisse gemischter Abschlüsse
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„einfachen“ internationalen Abkommen – stärkeren rechtlichen wie politischen Hindernisse, die gegen Mitgliedschaften der EG als solche sprechen. a) Die oben genannten Ursachen gemischter Abschlüsse Auf den ersten Blick können die oben genannten internen wie externen Ursachen gemischter Abschlüsse nicht zugleich Hindernisse von Mitgliedschaften der EG darstellen. Schließlich setzt ja auch eine gemischte Mitgliedschaft eine Mitgliedschaft der EG voraus. Dies gilt allerdings nur insofern, als dass es sich bei diesen Gründen lediglich um Hindernisse für alleinige Mitgliedschaften der EG handelt und nicht um Hindernisse, die letztendlich eine Beteiligung der EG als solche, also auch eine gemeinsame mit ihren Mitgliedstaaten, verhindern würden. Letzteres ist jedoch in dreifacher Hinsicht der Fall: aa) Der weite Kompetenzumfang internationaler Organisationen Zum einen ist zu bedenken, dass aufgrund der äußerst umfassenden Kompetenzbereiche vieler internationaler Organisationen die Aufnahme der EG als Mitglied in diesen in aller Regel gleichbedeutend ist mit einer gemischten Mitgliedschaft, da nur äußerst selten umfassende ausschließliche Gemeinschaftsbefugnisse vorliegen werden. Die gemischte Mitgliedschaft ist jedoch – wie der vierte Teil dieser Arbeit deutlich aufzeigt – mit einer Vielzahl schwieriger Fragen im Zusammenhang mit der Ausübung der Mitgliedschaftsrechte, etc. verbunden. Angesichts dieser, mit gemischten Mitgliedschaften verbundenen Probleme, ist es nicht verwunderlich, wenn sämtliche Beteiligte, also die Mitgliedstaaten, die Drittstaaten und sogar die Kommission, in vielen Fällen gänzlich von einer Mitgliedschaft der EG absehen.85 bb) Die Vorbehalte der Vertragspartner Doch selbst wo theoretisch eine alleinige Mitgliedschaft der EG möglich wäre, sind die weiterhin bestehenden Vorbehalte der Vertragspartner zu beachten.86 Diese können jedoch, anders als bei bloßen Abkommen, ohne weiteres nicht nur zu einer gemischten anstelle einer alleinigen Mitgliedschaft der EG, sondern zu einem gänzlichen Ausschluss der Beteiligung der EG führen, bietet doch die gemischte Mitgliedschaft aus Sicht der Drittstaaten aus mehreren Gründen keine echte Alternative zu einer alleinigen Mitgliedschaft der EG: Vor allem ist wiederum auf die substantiellen rechtlichen Problemfelder hinzuweisen, mit denen eine gemischte Mitgliedschaft zwangsläufig verbunden ist. Zu85 86
Sack, in: GS Grabitz, 631 (639). s. o. unter 5. Teil C. II. 2. a). s. o. unter 5. Teil C. II. 2. b).
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
dem ist es aus Sicht der Drittstaaten eine Sache, der Gemeinschaftsgruppe in einem einzelnen konkreten Abkommen die gleichzeitige Mitgliedschaft zu gestatten. Eine gänzlich andere Sache jedoch ist es, in eine gemeinsame Mitgliedschaft in einer wirtschaftlich bzw. politisch wirklich bedeutenden internationalen Organisation einzuwilligen. Schließlich hat die gleichzeitige Mitgliedschaft einer Organisation und ihrer Mitgliedstaaten in einer anderen Organisation stets zumindest den äußeren Schein einer Besserstellung gegenüber den übrigen Mitgliedern, die nur durch sich selbst vertreten sind. Dergleichen gilt für die Angst der Vertragspartner vor einer „Schwächung des relativen Gewichts“ der einzelnen Mitglieder durch die Blockbildung von bis zu 26 Mitgliedern auf Gemeinschaftsseite.87 Zwar ist dies bei sämtlichen gemischten Abschlüssen der Fall. Bei gemischten Mitgliedschaften jedoch ist die „gefühlte“ Schwächung der eigenen Stellung auf Seiten der Vertragspartner stärker, gibt es doch im Vergleich zu bloßen Abkommen weit mehr Organe, Kommissionen, Arbeitssitzungen, etc. in deren Rahmen sie dem Gemeinschaftsblock begegnen können. Diese Probleme lassen sich aber vermeiden, wenn man ausschließlich die Mitgliedstaaten als Mitglieder akzeptiert. Aus Sicht der Drittstaaten bleibt damit oftmals der gänzliche Ausschluss der EG von einer Mitgliedschaft als einzige Alternative, so dass das Erreichen einer kompetenzgerechten Vertretung der EG in internationalen Organisationen in größtem Maße abhängig vom politischen Willen der restlichen Staatengemeinschaft ist, die EG generell als eigenständiges Mitglied in internationalen Organisationen zu akzeptieren. cc) Der besonders negative Einfluss der Haltung der Mitgliedstaaten Darüber hinaus ist die (aus gemeinschaftlicher Sicht negative) Einflussmöglichkeit der Mitgliedstaaten auf Mitgliedschaften der EG eine weitaus stärkere als bei „einfachen“ internationalen Abkommen: So können die Mitgliedstaaten bei letzteren angesichts der allgemein anerkannten eigenständigen Stellung der EG allenfalls noch insoweit Einfluss auf den Vertragscharakter nehmen, als dass ein Abkommen als ein gemischtes statt ein reines Gemeinschaftsabkommen abgeschlossen wird.88 Bei Mitgliedschaften der EG ist die Situation eine andere: Diese sind noch nicht allgemein anerkannt. Insoweit besteht die gleiche Situation wie Jahre zuvor in Bezug auf die Beteiligung der EG an „einfachen“ Abkommen. Damals war die Vertragsbeteiligung der EG für viele Drittstaaten ein ebenso zweifelhaf87 Pernice, EuR 1991, 273 (276); Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1236). Wie die meisten der Vorbehalte der Drittstaaten ist auch die Gefahr einer Blockbildung kaum objektiv begründbar, schließlich müssen sich die Mitgliedstaaten auch ohne Mitgliedschaft der EG in Bereichen mit EG-Zuständigkeit mit der Kommission sowie untereinander abstimmen; vgl. Mauderer, S. 69. 88 s. o. unter 5. Teil C. II. 1. b).
C. Gründe, Ursachen und Hindernisse gemischter Abschlüsse
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tes Phänomen wie es heute ihre Mitgliedschaft ist. Doch die Praxis hat gezeigt, dass immer dann, wenn die Mitgliedstaaten geschlossen hinter der EG standen und deren Parteistellung forderten, die Drittstaaten in der Regel eine Parteistellung, wenn auch teilweise unter besonderen Voraussetzungen, akzeptierten.89 Die weitere Praxis zeigt zudem, dass kein Staat, welcher der EG bei früheren Vertragsverhandlungen die eigenständige Rechtsposition gewährt hat, von diesem „Präzedenzfall“ bei späteren Verhandlungen wieder abgerückt ist.90 Die Mitgliedstaaten müssen sich also überhaupt nicht ablehnend gegenüber einer Kommissionsinitiative für eine weitere Mitgliedschaft der EG verhalten. Es genügt bereits, nicht voll hinter dieser zu stehen, um den Erfolg der Initiative erfolgreich zu behindern. Bedenkt man zudem, dass jede Mitgliedschaft der EG nicht nur mit rechtlichen Einschnitten verbunden ist, die ohnehin aufgrund der bereits bestehenden gemeinschaftsinternen Zuständigkeit der EG von geringer Bedeutung sind, sondern vor allem mit einem Einschnitt in der tatsächlichen Präsenz der Mitgliedstaaten als eigenständige Akteure innerhalb der jeweiligen Organisation91, so ist davon auszugehen, dass die Mitgliedstaaten Initiativen der Kommission für weitere Mitgliedschaften der EG zukünftig nur soweit unterstützen, als sie über Art. 10 EGV bzw. die Pflicht zur Zusammenarbeit dazu gezwungen werden können.92 b) Der Ausnahmecharakter von Organisationsmitgliedschaften Als ein Hindernis von Mitgliedschaften der EG muss zudem der Ausnahmecharakter von Mitgliedschaften internationaler Organisationen in anderen Organisationen angesehen werden. Die Besonderheit einer solchen Organisationsmitgliedschaft folgt bereits aus dem klassischen institutionellen Aufbau internationaler Organisationen. Diese sind nämlich hinsichtlich ihrer Mitgliedschaft und Strukturen grundsätzlich „staatenfixiert“93: Internationale Organisationen sind in ihrer Entstehung und ihrer Effektivität von ihren Mitgliedern abhängig, von deren Völkerrechtssubjektivität sich die Rechtspersönlichkeit der Organisation ableitet. Als potentielle Mitglieder kamen aber im Völkerrechtsverkehr bisher ein89
Groux/Manin, S. 72. Groux/Manin, S. 72. 91 Ein anschauliches Beispiel hierfür bietet der IWF, in dem die EG nicht Mitglied ist. Dort haben gegenwärtig Frankreich, Deutschland und das Vereinigte Königreich jeweils Anspruch auf Ernennung eines „Executive Directors“. Dieses unmittelbare nationale Privileg würde mit einem Beitritt der EG entfallen. 92 Siehe z. B. die Kommissionsinitiative für eine Mitgliedschaft der EG in ICAO und IMO (SEK/2002/0381 endg.), die bereits mehrere Jahre ohne Ergebnis im Rat diskutiert und damit faktisch blockiert wird. s. o. unter 3. Teil A. III. 1. und 4. Teil B. IV. 1. a). 93 Vedder, in: FS Ginther, 501 (501). S. Schermers, in: FS Mosler, 823 (824); Eberle, S. 160; Horng, ELJ 2005, 802 (814). 90
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
zig Staaten in Betracht94, denen mithin die dominante politische und damit gestaltende Rolle innerhalb der Organisationen zukam und noch immer zukommt. So waren für Schreuer noch 1984 internationale Organisationen „in erster Linie Arenen für die Beziehungen der Staaten, aber selbst kaum selbständige Akteure“.95 Die Aufnahme der EG (bzw. jedweder internationalen Organisation) als volles Mitglied in einer anderen Organisation stellt einen Bruch des bisherigen Systems dar, wird doch das traditionelle Verständnis der Akteure im völkerrechtlichen Verkehr substantiell modifiziert.96 Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass manche Staaten eine Organisationsmitgliedschaft bereits „aus Prinzip“ ablehnen.97 Die EG muss somit beschwerliche Pionierarbeit leisten. Schließlich ist sie bisher die einzige internationale Organisation, die aufgrund ihres Kompetenzumfangs in der Lage ist, Mitglied einer Vielzahl anderer Organisationen zu werden.98 c) Entgegenstehende Regelungen der Organisationssatzungen Möchte die EG einer anderen, bereits bestehenden internationalen Organisation beitreten, kann dies nur im Einklang mit deren Satzung erfolgen. Grundsätzlich ist die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen, schon angesichts deren klassischerweise staatenfixierten Struktur, ausschließlich Staaten vorbehalten, während andere Organisationen in der Regel lediglich als Beobachter zugelassen werden.99 Der erste Schritt hin zu einem Beitritt der EG liegt daher oftmals darin, die aufnehmende Organisation zu bewegen, ihre Satzung 94 Hinzu kommt, dass die Mehrzahl der wichtigsten internationalen Organisationen in den vierziger und fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts geschaffen wurden, als die eigene Rechtspersönlichkeit internationaler Organisationen noch kaum anerkannt war und diese somit von vorne herein nicht als potentielle Mitglieder in Betracht kamen; Denza, in: Emiliou/O’Keeffe, 3 (3). Vgl. auch Epping, in: Ipsen, § 31, Rn. 1; Hipold, S. 51. Ebenso Sack: „Internationale Organisationen sind Geschöpfe der originären Rechtssubjekte des Völkerrechts, der Staaten. Ihre Legitimation ist folglich von der der sie tragenden Staaten abgeleitet“; Sack, in: GS Grabitz, 631 (632). 95 Schreuer, AVR 1984, 363 (403). 96 Obgleich insoweit natürlich einschränkend zu beachten ist, dass auch innerhalb der EG mit den Mitgliedstaaten als „Herren der Verträge“ den Nationalstaaten die politisch dominante Rolle zukommt. 97 Azoulai, ELJ 2005, 196 (217). 98 s. o. unter 3. Teil A. II. 99 Dies folgt daraus, dass es sich bei internationalen Organisationen im Gegensatz zu Staaten grundsätzlich um Gebilde handelt, die ausschließlich zur Herbeiführung eines konkreten Zwecks geschaffen werden. Dient jede Organisation einem besonderen Zweck, bedarf sie keiner Mitgliedschaft einer anderen. Bei einer verwandten Zweckbestimmung genügt in der Regel der Beobachterstatus um die notwendige Abstimmung sicherzustellen. Siehe hierzu Sack, ZEuS 2001, 267 (272 und 274); Okowa, YEL 1995, 169 (171 f.); Schermers, in: EPIL II, 1320 (1320). Sobald und soweit eine Organisation allerdings ihre Mitgliedstaaten gänzlich ersetzt, funktioniert dieses Modell nicht mehr.
C. Gründe, Ursachen und Hindernisse gemischter Abschlüsse
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dahingehend zu ändern, dass ein Beitritt internationaler Organisationen im Allgemeinen oder der EG im Speziellen satzungsrechtlich möglich ist. Die entsprechenden Verhandlungen sind jedoch, wie vor allem das Beispiel der Änderung der FAOV zeigt, mit einer Vielzahl von rechtlichen und praktischen Problemen verbunden, die substantielle Hindernisse für das Gelingen eines EG-Beitritts darstellen.100 Zwar ist zu berücksichtigen, dass auch internationale Abkommen Völkerrechtssubjekten und damit klassischerweise Staaten vorbehalten sind, und es somit auch bei diesen dazu kommen kann, dass die Parteistellung ausdrücklich auf (bestimmte) Staaten beschränkt ist. Im Vergleich mit Mitgliedschaften der EG sind die einer bloßen Parteistellung der EG entgegenstehenden Vertragsklauseln jedoch in zweifacher Hinsicht weniger problematisch: Zum einen sind viele Abkommen leichter zu ändern als Organisationssatzungen. Ein Großteil der internationalen Verträge ist nämlich ohnehin auf eine bestimmte Vertragslaufzeit ausgelegt, während dies zumindest bei den klassischen internationalen Organisationen nicht der Fall ist.101 Dem entspricht auch, dass die Neugründung klassischer internationaler Organisationen, wie im Falle der WTO geschehen, äußerst selten ist. Kommt es aber ohnehin zu Verhandlungen über ein neues Vertragswerk, kann die Gemeinschaftsgruppe von Anfang an in diesen auf eine eigene EG-Beteiligung hinarbeiten. Zum anderen sind internationale Abkommen weit weniger „staatenfixiert“ als internationale Organisationen. So gibt es seit dem Bestehen internationaler Organisationen notwendigerweise auch völkerrechtliche Abkommen zwischen diesen Organisationen und Staaten, z. B. die jeweiligen Sitzabkommen mit dem Aufnahmestaat, aber auch die Immunitätsabkommen, mit denen den Beschäftigen der Organisationen gewisse Vorrechte eingeräumt werden. Auch Abkommen zwischen internationalen Organisationen sind keine Seltenheit.102 Die EG muss hier also anders als bei Organisationsmitgliedschaften keine Pionierarbeit leisten. d) Die bestehenden politischen Zusammenhänge Ferner stehen die vielfachen politischen Fragestellungen, die während der Mitgliedschaft in einer internationalen Organisation zwangsläufig auf die Mitglieder – z. B. bei der Aufnahme neuer Mitglieder, bei der Sanktionierung säumiger Mitglieder, etc. – zukommen, Organisationsmitgliedschaften entgegen.103 Zwar ist insofern auf den ersten Blick einzuwenden, dass die politische Relevanz vieler Fragen nicht zwingend den gänzlichen Ausschluss der EG von einer 100
s. o. unter 3. Teil B. I. 3. a). Anders dagegen bei den bloßen Rumpforganisationen. So sind z. B. die Rohstoffabkommen auch jeweils nur mit einer Laufzeit von wenigen Jahren geschlossen. 102 Z. B. das Rahmenabkommen zwischen der EG und der ESA; ABl. Nr. L 261 v. 06.08.2004, S. 63 ff. 101
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
Mitgliedschaft zur Folge haben muss. Schließlich fallen derartige Fragestellungen ohnehin zumeist in die Kernbereiche der Außenpolitik und damit in die mitgliedstaatliche Zuständigkeit, so dass die EG im Falle einer gemischten Mitgliedschaft ebenso wenig über diese entscheiden dürfte. Es scheint jedoch, als genüge bereits die theoretische Möglichkeit, dass die EG bei brisanten politischen Fragestellungen mitarbeiten kann, um ein Hindernis für eine EG-Beteiligung darzustellen. Die bisherige Praxis ist insoweit ein eindeutiger Fingerzeig: Der Großteil der Mitgliedschaften der EG findet sich in spezialisierten und politisch unbedeutenden internationalen Organisationen, allen voran den Fischereiund Rohstofforganisationen. 4. Fazit Die Praxis gemischter Abkommen wird zwar im Kern durch die gemeinschaftsinterne Kompetenzteilung geprägt. Eine wirklich kompetenzgerechte EGBeteiligung ist jedoch nur schwerlich zu erreichen, stellen doch häufig andere als kompetenzrechtliche Faktoren die Ursache für einen gemischten Abschluss dar. So sperren sich teilweise die Vertragspartner, aber auch die EG-Mitgliedstaaten gegen eine kompetenzentsprechende alleinige EG-Beteiligung. Teilweise stehen externe Umstände, wie die fehlende Öffnung eines Abkommens für andere Völkerrechtssubjekte als Staaten, einer EG-Beteiligung als solcher entgegen. Ist das zögerliche Verhalten mancher Drittstaaten wegen der Besonderheiten und Komplexität der Gemeinschaftsrechtsordnung noch verständlich, muss das ablehnende Verhalten der Mitgliedstaaten zumeist auf gänzliches Unverständnis stoßen. Ihre Vorgehensweise ist, soweit es die tatsächliche Kompetenzverteilung nicht widerspiegelt, nicht nur schlicht gemeinschaftsrechtswidrig. Es führt zudem zu unnötigen gemischten Abschlüssen samt der damit verbundenen schwierigen Rechtsfragen, die – wie im Falle der FAO – soweit reichen können, dass sie nicht nur die Arbeit der EG, sondern die Arbeit der gesamten Gemeinschaftsgruppe behindern. Der Versuch, die mitgliedstaatliche Rolle im völkerrechtlichen Verkehr soweit als möglich zu wahren, verkehrt sich also zum Gegenteil, indem dadurch im Extremfall eine effektive Mitarbeit behindert wird. Trotz der bestehenden Zusammenhänge zwischen Gemeinschaftsabkommen und Mitgliedschaften der EG ist es für die EG aufgrund der aufgezeigten substantiellen Hindernisse für Mitgliedschaften als solche sowie deren stärkeren Problem- und Konfliktpotentials weitaus problematischer, die Mitgliedschaft in einer internationalen Organisation zu erreichen, als „einfache“ internationale
103 Vgl. Schermers: „[. . .] general political questions may arise in any international organization in addition to the technical questions in the field in which the organization operates“; Schermers, in: O’Keeffe/Schermers, 23 (28 und 29).
D. Die Zukunft der Europäischen Integration
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Abkommen zu zeichnen. Dabei fällt auf, dass die Hindernisse zwar zumeist auf den Ausnahmecharakter der Rechtsfigur der gemischten Mitgliedschaft zurückzuführen sind. Gerade aber auch einige der bei einfachen Abkommen lediglich zu gemischten anstelle von alleinigen Abschlüssen durch die EG führenden Gründe – insbesondere die bestehenden Vorbehalte der Vertragspartner sowie das Verhalten der eigenen Mitgliedstaaten – stellen in Bezug auf Mitgliedschaften nicht nur Hindernisse für alleinige Mitgliedschaften der EG, sondern für die Mitwirkung der EG als solche dar. Dabei lässt sich zwar einerseits zwischen etablierten Organisationen und Neugründungen insofern unterscheiden, als dass die Hindernisse für Mitgliedschaften der EG bei letzteren in der Regel geringer sind. So kann die Satzung von Anfang an auf mögliche Mitgliedschaften anderer internationaler Organisationen zugeschnitten werden. Zudem dürften die Drittstaaten hinsichtlich einer jungen Organisation weniger die Angst eines Präzedenzfalles hindern als bei einer Organisation, die z. B. einer Gruppe von Organisationen mit gleichartigen Regeln angehört.104 Angesichts der Tatsache, dass in Zukunft kaum noch die Neugründung einer ähnlich bedeutenden Organisation wie der WTO zu erwarten ist, bleibt es jedoch bei der allgemeinen negativen Beurteilung der Beitrittschancen der EG. Andererseits kann innerhalb der Mitgliedschaften der EG zwischen denjenigen in Rumpforganisationen und in klassischen internationalen Organisationen differenziert werden. Gerade bei letzteren treten die bestehenden Hindernisse in vollem Umfang auf, denn sie besitzen in der Regel rechtlich wie organisatorisch komplexe Strukturen, behandeln politisch relevante Fragestellungen und sind von großer politischer Bedeutung. Anders dagegen im Fall der meisten Rumpforganisationen. Diese dienen primär der Durchführung eines bestimmten Abkommens, sind also weit weniger komplexe Gebilde und in der Regel auch von geringerer außenpolitischer Bedeutung. Die Rechtslage ist insgesamt derjenigen bei reinen Gemeinschaftsabkommen angenähert, so dass weniger Widerstände vorhanden sind. Dies hat zur Folge, dass das Erreichen einer kompetenzgerechten Vertretung der EG in internationalen Organisationen, gerade in den bedeutenden, gegenwärtig weit schwieriger erscheint, als eine ebensolche Präsenz in einfachen Abkommen.
D. Gemischte Abkommen, gemischte Mitgliedschaften und die Zukunft der Europäischen Integration Seit den gescheiterten Referenden in Frankreich am 26.05. und den Niederlanden am 01.06.2005 über die Ratifizierung des Verfassungsvertrages sowie 104
Groux/Manin, S. 46.
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
den monatelangen Streitigkeiten über den EU-Finanzhaushalt für den Zeitraum von 2007 bis 2013105, in deren Mittelpunkt die Zukunft des sog. „Briten-Rabatts“ stand, befindet sich die EU in einer Krise, die nicht zuletzt auch die Richtigkeit der expansiven Erweiterungspolitik in Frage stellt. Schließlich war die Angst vor einer ungebremsten Erweiterung sowohl in Frankreich als auch in den Niederlanden einer der Hauptgründe, die zur Ablehnung des Verfassungsvertrages geführt haben.106 Durch die im Mai 2004 erfolgte „Ost-Erweiterung“ sowie den zum 01.01.2007 realisierten Beitritt von Rumänien und Bulgarien ist die Erweiterung jedoch ein Faktum, dessen Bedeutung für gemischte Abkommen und Mitgliedschaften im folgenden Abschnitt untersucht werden soll, stellen doch gerade die gemischten Abschlüssen einen geeigneten Weg dar, die außenpolitische Handlungsfähigkeit der EG trotz gemeinschaftsinterner Kompetenzstreitigkeiten sicherzustellen. In der EG der 27 oder mehr Mitgliedstaaten107 könnten gemischte Abschlüsse daher eine noch wichtigere Rolle spielen. Danach folgt ein Überblick über die für den Gegenstand dieser Arbeit wichtigsten Vorschriften des Verfassungsvertrages.
I. Gemischte Abschlüsse und die Folgen der Erweiterung Jede Erweiterungsrunde ist mit dem Ansteigen der Zahl der Mitgliedstaaten und damit nicht zuletzt auch mit einem Ansteigen der potentiellen Meinungsvielfalt im Rat verbunden. Zwei Aspekte bedürfen dabei im Zusammenhang mit gemischten Abschlüssen der besonderen Aufmerksamkeit. Der erste ist nur allzu offensichtlich: Mit der höheren Anzahl von Mitgliedstaaten steigen die formellen Ratifikationsanforderungen für ein gemischtes Abkommen, schließlich müssen entsprechende nationale Genehmigungsverfahren in mittlerweile 27 Mitgliedstaaten durchlaufen werden. Zum Zweiten ist zu bedenken, dass ob der größeren Meinungsvielfalt im Rat die Entscheidungsfindung zukünftig kaum leichter werden wird. Dass beide Aspekte direkte Folgen jeder Erweiterungsrunde sind, steht außer Frage. Ob sie jedoch zudem unmittelbare oder mittel105 Nachdem im Dezember 2005 „in letzter Minute“ ein vorläufiger Finanzierungskompromiss erzielt werden konnte (vgl. z. B. die verschiedenen Berichte im Handelsblatt v. 19.12.2005, S. 1, 6, 8), wurde eine endgültige Einigung über den zukünftigen Finanzhaushalt der EU gar erst Anfang April 2006 erzielt; vgl. z. B. den Artikel „Die EU einigt sich über die Finanzen“ in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung v. 06.04. 2006, S. 9. 106 Vgl. z. B. die Artikel „Nur ein Vorort Shanghais?“ in der Zeit v. 23.06.2005, S. 1 sowie „EU-Parlament bremst Erweiterungspläne“ im Handelsblatt v. 17.03.2006, S. 7. 107 Die Unterzeichnung der Beitrittsverträge mit Bulgarien und Rumänien fand am 25.04.2005 in Luxemburg statt; siehe ABl. Nr. L 157 v. 21.06.2005, S. 11 ff. Der Beitritt der beiden Länder erfolgte zum 01.01.2007. Die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien wurden Anfang 2005 aufgenommen. Ein Beitritt ist aber frühestens 2008 denkbar; siehe Sack, EuZW 2004, 481 (481). Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei haben Ende 2005 begonnen.
D. Die Zukunft der Europäischen Integration
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bare Auswirkungen auf die Rolle gemischter Abkommen in der erweiterten EG haben werden, bedarf einer näheren Betrachtung. 1. Höhere Verhandlungs- und Ratifizierungshürden Jede Erweiterung der EG macht das Aushandeln von Abkommen mit Gemeinschaftsbeteiligung langwieriger und komplexer, bedeutet doch ein Mehr an Mitgliedstaaten zugleich ein größere Meinungsvielfalt, ein Mehr an nationalen Interessen, auf die Rücksicht genommen werden muss, sowie nicht zuletzt ein Mehr an Gemeinschaftssprachen, in welche die Vertragstexte übersetzt werden müssen.108 Ist schließlich die Ratifizierungsphase erreicht, kommt es im Zusammenhang mit gemischten Abkommen mit jeder Erweiterungsrunde zu zwei zusätzlichen Problemen: So bedeutet eine Erweiterung auf Seiten der neuen Mitgliedstaaten vor allem die grundsätzlich vollständige Übernahme des erreichten gemeinschaftsrechtlichen Integrationsstands. Durch den Beitritt zur EG werden somit u. a. sämtliche Gemeinschaftsabkommen für die neuen Mitgliedstaaten bindend.109 Bei den gemischten Abkommen greift diese Bindungswirkung jedoch lediglich für den Gemeinschaftsteil der Abkommen, nicht aber für deren mitgliedstaatlichen Teil. Somit bedarf es zusätzlich der Ratifizierung der bereits bestehenden gemischten Abkommen durch die neuen Mitgliedstaaten selbst, zumindest insoweit diese bisher noch nicht Parteien des jeweiligen Abkommens waren. Bedenkt man die mittlerweile große Anzahl gemischter Abkommen, bestünde bei einem gleichzeitigen Beitritt von zehn neuen Mitgliedstaaten durchaus die Gefahr großer Rechtsunsicherheiten. Dem entgegnet die EG jedoch mit einem in den Beitrittsakten, wie z. B. in Art. 6 Abs. 2 der Beitrittsakte 2003 enthaltenen vereinfachten Ratifizierungsverfahren: Anstelle der neuen Mitgliedstaaten schließt der Rat in deren Namen die entsprechenden Beitrittsprotokolle mit den dritten Vertragsparteien bzw. internationalen Organisationen.110 Auf diese Weise kann die EG die vollständige Bindung der neuen Mitgliedstaaten an die bisherigen gemischten Abkommen sicherstellen, ohne dass die besondere Rechtsnatur gemischter Abkommen negative Auswirkungen haben kann. Die Erweiterung der EG hat aber nicht nur Folgen für die bisher bestehenden, sondern auch für zukünftige gemischte Abkommen. Mit der Anzahl der Mitgliedstaaten steigt auch die Zahl der notwendigen Ratifizierungen. Bereits heute können die durch die unterschiedlich lange Dauer der staatlichen Ratifika108 109
Vgl. Senti, Integration 200, 208 (210 ff.). Vgl. z. B. Art. 6 Abs. 1 der Beitrittsakte 2003, ABl. L 236 v. 23.09.2003, S. 33
(34). 110 s. o. unter 2. Teil A. Siehe zu Art. 6 Abs. 2 der Beitrittsakte auch Inglis, CML Rev. 2004, 937 (941 ff.).
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
tionsverfahren verursachten Verzögerungen zu jahrelangen Verzögerungen des Inkrafttretens eines gemischten Abkommens führen, deren negative politische wie wirtschaftliche Konsequenzen auch durch eine vorübergehende Anwendung des Abkommens lediglich teilweise ausgeglichen werden kann.111 Die immer größere Anzahl von erforderlichen Ratifizierungen macht noch längere Vorlauffristen nötig.112 Schließlich sollten die Ratifizierungsurkunden möglichst gleichzeitig durch die gesamte Gemeinschaftsgruppe hinterlegt werden, um ein möglichst einheitliches Profil europäischer Außenpolitik zu gewährleisten. Auf den ersten Blick scheint daher die Verwendung gemischter Abkommen umso unattraktiver zu sein desto mehr Staaten der EG beitreten. Dennoch ist die Zahl gemischter Abkommen seit der ersten Erweiterungsrunde stetig angestiegen113, gerade die wachsende EG hat also mehr denn je von der Rechtsfigur des gemischten Abkommens Gebrauch gemacht. Die ungebrochene Anwendung gemischter Abkommen ist auf den zweiten Blick auch nicht weiter verwunderlich, handelt es sich doch bei den höheren Verhandlungs- und Ratifizierungsanforderungen um primär formale Gesichtspunkte, den größtenteils mit entsprechend längeren Fristen und Übergangsregelungen entgegnet werden kann. Für die Wahl eines gemischten Abschlusses sind indes andere, aus Sicht der Kommission wie der Mitgliedstaaten gewichtigere Gründe als ein möglichst unkompliziertes Abschlussverfahren entscheidend: So ist die gleichzeitige Beteiligung der gesamten Gemeinschaftsgruppe schon wegen der internen Kompetenzverteilung, gerade aufgrund der intensiven Entstehung von Sekundärrecht in vielen Politikbereichen während der letzten Jahr(zehnt)e, oftmals unausweichlich. Zudem ziehen die Mitgliedstaaten, in den Fällen, in denen ihnen die Wahl zwischen einem reinen Gemeinschaftsabkommen und einem gemischten Abkommen bleibt, letzteres vor, um ihre außenpolitische Eigenständigkeit so weit als möglich zu bewahren.114 Vor allem aber spiegelt sich die größere Anzahl von Mitgliedstaaten nicht nur in höheren Verhandlungs- und Ratifizierungshürden wider. Gerade der Rückgriff auf ein gemischtes statt z. B. ein reines Gemeinschaftsabkommen kann Folge der Erweiterung sein. Schließlich handelt es sich bei dem gemischten Abschluss um ein „Kompromissinstrument“, das eine Kompetenzabgrenzung nicht erforderlich macht und mithin etwaige Differenzen im Rat überspielen kann.115
111
Vgl. Editorial Comments, CML Rev. 2004, 631 (631). s. o. unter 4. Teil A. I.
3. b). 112 Das wurde jüngst auch deutlich bei der Festlegung des 01.01.2007 als frühestmöglicher Termin für den Beitritt von Rumänien und Bulgarien; siehe Sack, EuZW 2004, 481 (481). 113 Siehe die entsprechende Statistik bei Heliskoski, S. 280. So stieg z. B. die Zahl multilateraler gemischter Abkommen seit 1976 stetig an. 114 s. o. unter bei 5. Teil C. II. 1. b). 115 Vgl. Eeckhout, S. 199. s. o. unter 2. Teil C. II.
D. Die Zukunft der Europäischen Integration
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Die höheren Verhandlungs- und Ratifizierungshürden als solche werden also kaum Einfluss auf die Häufigkeit der zukünftigen Verwendung gemischter Abkommen haben. Vielmehr scheint das Instrument des gemischten Abschlusses gerade geeignet, der höheren Meinungsvielfalt im Rat zu entsprechen. 2. Gemischte Abkommen vs. Qualifizierte Mehrheit Durch den Abschluss gemischter Abkommen wird zwar gewährleistet, dass die EG und ihre Mitgliedstaaten außenpolitisch stets handlungsfähig bleiben und Kompetenzstreitigkeiten intern ausgetragen werden können. Jedoch hat deren Abschluss mit der (potentiell) fehlenden Beachtung der innergemeinschaftlich für die Ratsentscheidung notwendigen Mehrheit eine Kehrseite, die zukünftig stärkere Bedeutung erlangen könnte: Die Ausweitung der Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit ist nämlich eine der vordringlichsten Ziele der Gemeinschaftspolitik, um auch in einer Gemeinschaft der 27 oder mehr Mitgliedstaaten ein möglichst effektives Arbeiten zu gewährleisten. Kommt es allerdings im Rahmen des gemeinschaftlichen Teils eines gemischten Abkommens zu einer Entscheidung mit qualifizierter Mehrheit, wird dieses Mehrheitserfordernis bei Abschluss des gemischten Abkommens überspielt, setzt der Vertragsabschluss doch ein gemeinsames Handeln aller Mitgliedstaaten voraus. Aufgrund der notwendigen innerstaatlichen Ratifizierung gemischter Abkommen kommt nämlich jedem einzelnen Mitgliedstaat bei den diesbezüglichen Ratsentscheidungen ein durch die Pflicht zur Zusammenarbeit nur marginal eingeschränktes Vetorecht zu.116 Dieses Spannungsverhältnis verstärkt sich bei jeder Erweiterungsrunde, wird es doch immer schwieriger, sämtliche Mitgliedstaaten auf eine Meinungslinie zu bringen. Ein Weg zu dessen Auflösung läge im verstärkten Abschluss reiner Gemeinschaftsabkommen durch die Ratsmehrheit. Dies wäre zumindest in denjenigen kompetenzrechtlichen Konstellationen möglich, in denen der Rat die Wahl zwischen einem Gemeinschafts- und einem gemischten Abkommen hat. Auf diese Weise könnte auch trotz eventueller Gegenstimmen einzelner Mitgliedstaaten das Abkommen abgeschlossen werden. Es ist jedoch zweifelhaft, ob die Mitgliedstaaten als Konsequenz einer Gegenstimme aus ihren Reihen sogleich gänzlich auf eine eigene Beteiligung an dem geplanten Abkommen verzichten würden. Eher scheint bei einer größeren Meinungsvielfalt im Rat das Gegenteil, nämlich eine verstärkte Heranziehung gemischter Abkommen, wahrscheinlich. Schließlich bietet der gemischte Vertragsschluss u. a. die Möglichkeit, etwaige Streitigkeiten über die Kompetenzverteilung in Bezug auf den jeweiligen Abkommensinhalt auf spätere Anwendungsfälle zu verschieben. Des Weiteren ist zu bedenken, dass gerade das Überspielen des Mehrheitserforder116
s. o. unter 4. Teil A. I. 3. b) und 5. Teil C. II. 1. b).
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
nisses im Rat durch den Abschluss gemischter Abkommen durchaus im Interesse zumindest einiger Mitgliedstaaten liegt. 3. Fazit Der im Mai 2004 und Januar 2007 erfolgten Erweiterung auf nun 27 Mitgliedstaaten (sowie den noch bevorstehenden Erweiterungsrunden) kommt in einem Aspekt – zumindest mittelbarer – Einfluss auf die zukünftige Verwendung gemischter Abschlüsse zu: Die höhere Anzahl von Mitgliedstaaten erhöht zugleich den Kooperationsdruck innerhalb der Gemeinschaftsgruppe und lässt die ratsinterne Entscheidungsfindung schwerer werden. Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass eine größere Gemeinschaft noch stärker als bisher zum Gebrauch gemischter Abkommen tendieren wird, um ihre außenpolitische Handlungsfähigkeit zu gewährleisten.
II. Gemischte Abschlüsse und der Verfassungsvertrag Am 29.10.2004 haben die Staats- und Regierungschefs der damals 25 Mitgliedstaaten der EU und der drei Kandidatenländer Bulgarien, Rumänien und Türkei in Rom den sog. „Vertrag über eine Verfassung für Europa“ unterzeichnet.117 Angesichts der gescheiterten Volksentscheide in Frankreich und den Niederlanden und der darauf Mitte Juni 2005 folgenden Entscheidung der EUStaats- und Regierungschefs, den weiteren Ratifizierungsprozess für eine „Denkpause“ auszusetzen, ist zwar gegenwärtig mehr als fraglich, ob der Verfassungsvertrag in seiner ursprünglichen Form je Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung werden wird.118 Zumindest die deutsche Regierung hat die Hoffnung darauf jedoch noch nicht aufgegeben und plant im Verlauf der deutschen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 einen neuen Vorstoß zur „Rettung“ des Verfassungsvertrages.119 In jedem Fall erscheint zumindest eine kurze Betrach117 Den folgenden Ausführungen liegt der Vertrag über eine Verfassung für Europa in der Fassung vom 29.10.2004 zugrunde. Siehe das Dokument CIG 87/2/04 REV 2 der Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten sowie ABl. C 310 v. 16.12.2004, S. 1 ff. Für die Ratifizierung des VV war von den Mitgliedstaaten ursprünglich ein Zeitraum von Ende 2004 bis Sommer 2006 angegeben worden, so dass der VV frühestens am 01.11.2006 hätte in Kraft treten können. Angesichts der Aussetzung des Ratifizierungsprozesses Mitte 2005 ist dieser Zeitplan jedoch obsolet geworden. 118 Vgl. z. B. den Artikel „Europäische Union verordnet sich Denkpause bei Verfassung“, Handelsblatt v. 17.06.2005, S. 2. 119 Wie dem „Achtzehnmonatsprogramm des deutschen, portugiesischen und des slowenischen Vorsitzes“ (Ratsdokument 17079/06 vom 21.12.2006) zu entnehmen ist, plant die deutsche Regierung, dem Europäischen Rat in der ersten Jahreshälfte 2007 einen „Bericht“ über den „Stand der Beratungen über den Verfassungsvertrag“ vorzulegen. Dieser soll anschließend geprüft und im Rahmen der nachfolgenden portugiesi-
D. Die Zukunft der Europäischen Integration
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tung der für gemischte Abkommen und Mitgliedschaften wichtigsten Vorschriften des Verfassungsvertrages sehr lohnenswert. Schließlich ist davon auszugehen, dass – falls der Verfassungsvertrag tatsächlich endgültig scheitern wird – einige der Regelungen zumindest auf andere Weise in Gemeinschaftsrecht umgesetzt werden. 1. Die Abschaffung der Säulenstruktur Eine der Grundlagen des Verfassungsvertrages ist die Verschmelzung der bisherigen Säulen der EU in einer einheitlichen Rechtspersönlichkeit. Der sog. „Union“ wird eine eigene Rechtspersönlichkeit zuerkannt, die an die Stelle der Rechtspersönlichkeit der EG und der EAG tritt.120 Gerade das Fehlen einer einheitlichen Rechtspersönlichkeit der EU wurde als eine der Ursachen für die – im Verhältnis zu ihren gemeinschaftsinternen Zuständigkeiten sowie ihrem wirtschaftlichen wie politischen Potential – schwache außenpolitische Stellung der EG identifiziert.121 Die Verschmelzung zur „Union“ müsste also folgerichtig das außenpolitische Profil der EG stärken. Dennoch wird die geplante Verschmelzung im Schrifttum zurecht als unzureichend kritisiert. Die Säulenstruktur werde zwar abgeschafft, gerade aber im Bereich der GASP gelte die zwischenstaatliche Struktur der bisherigen zweiten Säule auch im Verfassungsvertrag fort.122 Eine tatsächliche Stärkung der gemeinschaftlichen Rechtsposition im Vergleich zur bisherigen Rechtslage unter der Säulenstruktur finde gerade nicht statt. Dem ist zuzustimmen, bestimmen doch nach dem Verfassungsvertrag u. a. die im Europäischen Rat versammelten Mitgliedstaaten weiterhin im Konsensprinzip die Leitlinien der GASP, während dem EP lediglich ein regelmäßiges Anhörungsrecht gewährt wird (vgl. Art. I-40 Abs. 2 ff. VV). Ferner fehlt es noch immer an einer generellen Zuständigkeit des EuGH.
schen und slowenischen Ratspräsidentschaften in einem „Reformprozess fortgesetzt werden“ (S. 17). 120 Art. I-1 Abs. 1 VV besagt: „Geleitet von dem Willen der Bürgerinnen und Bürger und der Staaten Europas, ihre Zukunft gemeinsam zu gestalten, begründet diese Verfassung die Europäische Union, der die Mitgliedstaaten Zuständigkeiten zur Verwirklichung ihrer gemeinsamen Ziele übertragen“. Gem. Art. IV-438 Abs. 1 VV tritt die durch den VV geschaffene „Europäische Union“ die „Rechtsnachfolge der durch den Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft an“. Siehe ausführlich Fassbender, AVR 2004, 26 (27 f.). Dazu ebenso Cremona, CML Rev. 2003, 1347 (1350 f.); Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (185 f.); Thym, AVR 2004, 44 (45 f.). 121 s. o. unter 5. Teil C. II. 2. b). 122 Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (185 f.); Thym, AVR 2004, 44 (45 f.).
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
Die Verschmelzung der bisherigen Säulenstruktur zu einer „Union“ wäre daher zwar ein erster Schritt in Richtung eines einfacheren und damit effektiveren Profils der Gemeinschaften innerhalb des internationalen Rechtsverkehrs. Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass die Verschmelzung – zumindest im Rahmen des Verfassungsvertrages – einherginge mit weiteren Strukturreformen im Bereich der gemeinschaftlichen Außenbeziehungen, so allen voran durch die Personifizierung europäischer Außenpolitik in der Person eines „Außenministers der Union“.123 Einer echten Stärkung der gemeinschaftlichen Außenpolitik steht jedoch weiterhin der zwischenstaatliche Charakter der GASP entgegen. Gelingt es der EG einige dieser Neuerungen des Verfassungsvertrages umzusetzen, könnte mit Hilfe des klareren außenpolitischen Profils dennoch damit begonnen werden, die gemeinschaftliche Beteiligung in internationalen Abkommen und insbesondere in internationalen Organisationen ein Stück näher an die tatsächliche gemeinschaftsinterne Kompetenzsituation heranzuführen. 2. Keine Schließung der Regelungslücken für gemischte Abschlüsse Der Verfassungsvertrag enthält dagegen kaum Neuregelungen, welche die im Laufe der Arbeit aufgezeigten Regelungslücken bei gemischten Abschlüssen schließen würden. So fehlt es weiterhin an einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage für den Abschluss gemischter Abkommen sowie an einer primärrechtlichen Statuierung der Pflicht zur Zusammenarbeit. Ferner wurde mit Art. III-325 VV an dem Konzept einer zentralen Verfahrensnorm für den Abschluss von Gemeinschaftsabkommen festgehalten, also keine besondere Regelung des Beitrittsverfahrens zu internationalen Organisationen geschaffen.124 Alleine in Art. III-305 Abs. 1 VV findet sich eine thematisch einschlägige Neuregelung: „Die Mitgliedstaaten koordinieren ihr Handeln in internationalen Organisationen und auf internationalen Konferenzen. Sie treten dort für die Standpunkte der Union ein [. . .]“. Doch ist der tatsächliche Anwendungsbereich dieser Kooperationsnorm eher gering. So bezieht sich Art. III-305 Abs. 1 VV alleine auf die Koordination zwischen den Mitgliedstaaten, lässt also die Union gänzlich außen vor. Damit scheidet eine Anwendung auf die wenigen Fälle gemischter Mitgliedschaften von vorne herein aus. Insoweit ähnelt er der Struktur des früheren Art. 116 EWGV, der eine Kooperationspflicht der Mitgliedstaaten in internationalen Organisationen mit wirtschaftlichem Charakter statuierte.125 Doch auch in der Mehrzahl der Organisationen ohne EG-Beteiligung ist die 123
Siehe Art. I-28 VV. Allerdings enthält Art. I-9 Abs. 2 VV die ausdrückliche Ermächtigung zum Beitritt zur EMRK. 125 s. o. unter 4. Teil A. I. 2. 124
D. Die Zukunft der Europäischen Integration
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praktische Bedeutung der Norm zweifelhaft. Schließlich greift, sobald es sich um eine Organisation mit einem innergemeinschaftlich geteilten Aufgabenbereich handelt, ohnehin die vom EuGH statuierte Pflicht zur Zusammenarbeit innerhalb der Gemeinschaftsgruppe. Diese umfasst aber gerade auch das Verhältnis zwischen der EG einerseits und den Mitgliedstaaten andererseits und geht damit über Art. III-305 Abs. 1 VV hinaus. 3. Änderungen der gemeinschaftlichen Kompetenzordnung Zu substantiellen Änderungen kommt es jedoch hinsichtlich der gemeinschaftlichen Kompetenzordnung. Kompetenzfragen spielten während der Verhandlungen über den Verfassungsvertrag eine wichtige Rolle. Insbesondere die Diskussion über die Neuordnung der gemeinschaftlichen Kompetenzordnung samt Schaffung eines Kompetenzkatalogs wurde höchst kontrovers geführt, während die tatsächlich vorgenommenen Änderungen im materiellen Kompetenzgefüge zwischen der Union und den Mitgliedstaaten dagegen mangels substantieller Neuerungen weniger Beachtung fanden.126 a) Die Neuordnung der Kompetenzordnung Der Verfassungsvertrag sieht eine Neuordnung der Kompetenzordnung unter weitgehender Beibehaltung der bereits bestehenden materiellen Kompetenzzuweisungen vor.127 So enthält der Verfassungsvertrag erstmals eine ausdrückliche Kategorisierung der unterschiedlichen Gemeinschaftskompetenzen. So unterscheidet Art. I-12 VV nunmehr zwischen „ausschließlichen“ „geteilten“ und „Koordinierungszuständigkeiten“, wobei u. a. Art. I-13 Abs. 1 VV die Bereiche ausschließlicher und Art. I-14 Abs. 2 VV die Bereiche mit geteilter Zuständigkeit aufzählt.128 Diese Kompetenzlisten sind aber selbst nicht kompetenzbegrün126 Vgl. u. a. Cromme, DÖV 2002, 593 (599); de Búrca, EuConst 2005, 92 (92 ff.); Görlitz, DÖV 2004, 374 (374 ff.); Nettesheim, EuR 2004, 511 (511 ff.); Ruffert, EuR 2004, 165 (187 ff.); Ludwigs, ZEuS 2004, 211 (211 ff.). 127 So wird z. B. die durch den Vertrag von Nizza geschaffene „gemischte Zuständigkeit“ von EG und Mitgliedstaaten im Bereich des Handels mit kulturellen und audiovisuellen Dienstleistungen, Dienstleistungen im Bereich Bildung sowie in den Bereichen Soziales und Gesundheitswesen (vgl. Art. 133 Abs. 6 EGV) zugunsten einer alleinigen Unions-Zuständigkeit abgeschafft; vgl. Görlitz, DÖV 2004, 374 (379). Neue EG-Zuständigkeiten finden sich zudem in den Bereichen Energiepolitik, Raumfahrt, Sport und Katastrophenschutz; siehe die umfassende Darstellung bei Nettesheim, EuR 2004, 511 (518 ff.). 128 Neben den bereits durch den EuGH als exklusive Kompetenzbereiche der EG bestätigten Bereiche der Gemeinsamen Handelspolitik (2. und 3. Spiegelstrich, da die Zollunion ein Teil der Gemeinsamen Handelspolitik darstellt) und der Erhaltung der biologischen Schätze des Meeres (4. Spiegelstrich) ist noch die Währungspolitik für die Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe (1. Spiegelstrich) genannt; siehe dazu auch Dashwood, CML Rev. 2004, 355 (371). Siehe zur Rechtsnatur der verschiedenen Kompe-
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
dender Natur, stellen also keinen rechtsverbindlichen Kompetenzkatalog dar.129 Die eigentlichen Kompetenzen finden sich daher weiterhin innerhalb der einzelnen Politikbereiche. Aufgrund dessen sind auch substantielle Auswirkungen dieser begrenzten Neuordnung des innergemeinschaftlichen Kompetenzgefüges auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand kaum zu erwarten. Dies könnte vielmehr erst durch eine tatsächliche Vereinfachung der internen Kompetenzordnung erreicht werden, z. B. mittels eines rechtsverbindlichen und abschließenden Kompetenzkatalogs, der die außenpolitische Stellung der EG erheblich stärken würde. Schließlich ist die Kompetenzteilung Ursprung und Kern gemischter Abkommen. Zwar hätte eine vereinfachte Grenzziehung zwischen Gemeinschafts- und mitgliedstaatlichen Zuständigkeiten nicht zur Folge, dass gemischte Vertragsschlüsse gänzlich unnötig würden. Dies würde voraussetzen, dass die Gemeinschaftsgruppe selbst den Umfang der jeweiligen Vertragsgegenstände bestimmen könnte, was aber gerade bei multilateralen Abkommen, deren Inhalt oftmals einer Kompromissformel ähnelt, die nicht ohne weiteres anhand den Grenzlinien der innergemeinschaftlichen Kompetenzverteilung aufgeteilt werden kann, unrealistisch erscheint.130 Dennoch hätte die Vereinfachung der Kompetenzordnung zugleich eine erhebliche Verringerung der innerhalb der Gemeinschaftsgruppe notwendigen Abgrenzungsdiskussionen zur Folge. Gerade problematische Mitgliedschaften wie diejenige in der FAO, in der die ständige Abgabe von Kompetenzerklärungen schwerwiegende Folgen auf die Effektivität der gemischten Mitgliedschaft hat131, könnten von diesem geringeren Konfliktpotential profitieren. Die größere Harmonie innerhalb der Gemeinschaftsgruppe würde dann letztlich zu einem geschlosseneren Auftreten innerhalb der Organisation bzw. bei der Durchführung eines Abkommens führen.132
tenzkategorien Nettesheim, EuR 2004, 511 (528 ff.); Wuermeling, EuR 2004, 216 (223 f.) sowie Ludwigs, ZEuS 2004, 211 (225 ff.). 129 Nettesheim, EuR 2004, 511 (527); Ruffert, EuR 2004, 165 (189). 130 s. o. unter 2. Teil C. I. 131 s. o. unter 4. Teil E. I. 2. c) aa). 132 A. A. wohl Di Fabio, demzufolge eine eindeutige Kompetenzaufteilung innerhalb der Gemeinschaftsgruppe in vielen Bereichen die rechtliche und faktische Grundlage für eine notwendige Zusammenarbeit zwischen den Gemeinschaftsorganen einerseits und den Mitgliedstaaten andererseits entziehen würde; Di Fabio, CML Rev. 2002, 1289 (1298 f.). Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass durch den Paketcharakter der meisten Abkommen sowie den kompetenzübergreifenden Aufgabenbereichen internationaler Organisationen die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit innerhalb der Gemeinschaftsgruppe auch dann bestehen bleibt, wenn die innergemeinschaftliche Aufgabenteilung unproblematisch ist.
D. Die Zukunft der Europäischen Integration
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b) Die Kodifizierung der Vertragsschlusskompetenz der Union Im Gegensatz zum EGV enthält der Verfassungsvertrag mit Art. I-13 Abs. 2133 sowie Art. III-323 Abs. 1134 zwei Bestimmungen, die sich in grundsätzlicher Art mit den Vertragsabschlusskompetenzen der Union beschäftigen. Mit Art. I13 Abs. 2 VV wird dabei die bisherige Rechtsprechung des EuGH zu den ausschließlichen Außenkompetenzen der EG kodifiziert: So geht die letzte der drei Fallgruppen („oder wenn er einen internen Rechtsakt der Union beeinträchtigt“) auf die in der AETR-Rechtsprechung statuierten Grundsätze zurück, während die zweite Fallgruppe („wenn er notwendig ist, damit sie ihre interne Zuständigkeit ausüben kann“) auf der Rs. Kramer sowie dem Gutachten 1/76 beruht. Allerdings hat der Verfassungsvertrag die mittlerweile restriktive Auslegung des EuGH übernommen, wonach die Notwendigkeit nur insoweit gegeben ist, als die interne Zuständigkeit wirksam alleine mit der Außenkompetenz ausgeübt werden kann.135 Auf die zukünftige Nutzung gemischter Abkommen hat die bloße Kodifizierung des bisherigen Richterrechts keine Auswirkungen. Anders dagegen im Fall des Art. III-323 Abs. 1 VV: Dieser ist in Abgrenzung zu Art. I-13 Abs. 2 VV („Die Union hat ferner ausschließliche Zuständigkeit [. . .]“) auf Abkommen anzuwenden, für die keine ausschließliche, sondern eine konkurrierende Zuständigkeit der EG besteht.136 Besondere Bedeutung kommt der zweiten Fallgruppe zu („wenn der Abschluss einer Übereinkunft im Rahmen der Politik der Union [. . .] zur Verwirklichung eines der in der Verfassung festgesetzten Ziele erforderlich [ist]“), welche die bereits im AETR-Urteil entwickelte grundsätzliche Parallelität von Innen- und Außenkompetenzen ausdrücklich bestätigt.137 Im Kern handelt es sich damit zwar auch insoweit um die 133 Art. I-13 Abs. 2 VV lautet: „Die Union hat ferner ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss internationaler Übereinkünfte, wenn der Abschluss einer solchen Übereinkunft in einem Gesetzgebungsakt der Union vorgesehen ist, wenn er notwendig ist, damit sie ihre interne Zuständigkeit ausüben kann, oder soweit er gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte.“ 134 Art. III-323 Abs. 1 VV lautet: „Die Union kann mit einem oder mehreren Drittländern oder einer oder mehreren internationalen Organisationen eine Übereinkunft schließen, wenn dies in der Verfassung vorgesehen ist oder wenn der Abschluss einer Übereinkunft im Rahmen der Politik der Union entweder zur Verwirklichung eines der in der Verfassung festgesetzten Ziele erforderlich oder in einem verbindlichen Rechtsakt der Union vorgesehen ist oder aber gemeinsame Vorschriften beeinträchtigen oder deren Anwendungsbereich ändern können.“ 135 Fassbender, AVR 2004, 26 (33 ff.); Görlitz, DÖV 2004, 374 (380); Nettesheim, EuR 2004, 511 (532); Ruffert, EuR 2004, 165 (189); Ludwigs, ZEuS 2004, 211 (228); Cremona, CML Rev. 2003, 1347 (1351). Ebenso Dashwood, CML Rev. 2004, 355 (372), wonach Art. I-13 Abs. 2 VV „faithfully reflects the Court of Justice case law“. 136 Fassbender, AVR 2004, 26 (38); Görlitz, DÖV 2004, 374 (380). A. A. Ruffert, EuR 2004, 165 (189), wonach aus Art. I-13 Abs. 1 VV gefolgert werden könne, dass es „implizite, nicht-ausschließliche Außenkompetenzen [. . .] nicht geben kann“. Mit keinem Wort erwähnt Ruffert jedoch Art. III-323 Abs. 1 VV, so dass wohl davon auszugehen ist, dass er diesen bei seiner Untersuchung des VV schlicht übersehen hat.
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
bloße Kodifizierung der bisherigen EuGH-Rechtsprechung. Das Gebrauchmachen der konkurrierenden EG-Kompetenzen ist dabei eine rein politische Entscheidung des Rates, wobei die bisherige Praxis zeigt, dass der Rat de facto keinen Gebrauch von seiner Wahlmöglichkeit macht, indem er sich auf dem Argument ausruht, es gebe diese mangels impliziter konkurrierender EG-Außenkompetenzen gar nicht.138 Durch die Kodifizierung würde dem Rat jedoch zumindest dieses Scheinargument genommen. Ob damit zugleich der politische Druck auf den Rat erhöht wird, in Zukunft öfters von der Wahlmöglichkeit zugunsten der EG Gebrauch zu machen, ist dennoch äußerst fraglich. Schließlich kritisiert die öffentliche Meinung in vielen Mitgliedstaaten gerade eine zu starke gemeinschaftliche Präsenz in vielen Politikbereichen. Der Abschluss eines reinen Gemeinschaftsabkommens statt eines gemischten würde daher eher auf Ablehnung als auf Zustimmung innerhalb der öffentlichen Meinung stoßen. 4. Fazit Selbst wenn der Verfassungsvertrag in seiner jetzigen Form vollumfänglich Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung werden würde, wären die Auswirkungen auf die Rechtsfiguren des gemischten Abkommens und der gemischten Mitgliedschaft gering. Der Verfassungsvertrag enthält weder grundlegende Änderungen noch Neuerungen, die eine Neubewertung im Rahmen dieser Arbeit gefundener Untersuchungsergebnisse nötig erscheinen lassen.
E. Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften – eine Bilanz Zum Abschluss der Arbeit soll eine Bilanz gemischter Abkommen und Mitgliedschaften gezogen werden, wobei die Frage nach dem „Erfolgscharakter“ der Rechtsfiguren im Mittelpunkt der Untersuchung steht.
I. Gemischte Abkommen als Erfolgsgeschichte der EG? 1. Die Rezeption im Schrifttum Die Rezeption und Beurteilung gemischter Abkommen im Schrifttum ist äußerst unterschiedlich: Ein Großteil der Autoren ist der Ansicht, dass gemischte Abkommen ein unvermeidbarer Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung sind. So schreibt z. B. Koutrakos: „Mixity is unavoidable“.139 Dabei überwiegt eine ne137 138 139
Fassbender, AVR 2004, 26 (38); Görlitz, DÖV 2004, 374 (380). s. o. unter 4. Teil B. III. 4. Koutrakos, EFA Rev. 2002, 25 (30).
E. Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften – eine Bilanz
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gative Grundhaltung gegenüber dem gemischten Abschluss völkerrechtlicher Verträge. So weist Rosas vor allem auf die mit gemischten Abkommen verbundenen praktischen Probleme bei ihrer alltäglichen Umsetzung sowie auf den teilweise Jahre andauernden Ratifizierungsprozess hin.140 Um sie zu vermeiden, solle die Verhandlungsführung so gesteuert werden, dass mitgliedstaatliche Kompetenzbereiche soweit als möglich ausgeschlossen werden. Auch Barav spricht sich eindeutig gegen gemischte Abkommen aus: „So, mixed Agreements are probably a necessary evil, part of the integration process, but nobody would like to see any more of them“.141 Auch Bourgeois will gemischte Abkommen soweit als möglich vermeiden, da reine Gemeinschaftsabkommen am besten geeignet seien, die Interessen von Mitgliedstaaten und Unionsbürgern auf internationaler Ebene zu gewährleisten.142 Weiler sieht gemischte Abkommen zwar kritisch, hat aber eine eher positive Grundhaltung: Der Abschluss eines gemischten Abkommens sei der beste Kompromiss zwischen einem alleinigen Vorgehen der EG und überhaupt keinem Handeln.143 Bevor nämlich die Mitgliedstaaten durch den Abschluss eines reinen Gemeinschaftsabkommens nach den Prinzipien der AETR-Rechtsprechung oder des Gutachtens 1/76 ihre außenpolitische Stellung in einem bestimmten Politikbereich völlig aufgeben, ziehen sie es womöglich vor, gar nicht zu handeln.144 Der Abschluss eines gemischten Abkommens eröffnet den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die Frage der ausschließlichen EG-Zuständigkeit zu umgehen. Aus dem gleichen Grund wird immer wieder Art. 308 EGV als ergänzende Rechtsgrundlage für den Abschluss gemischter Abkommen herangezogen.145 Doch lassen sich auch positive Bewertungen gemischter Abkommen finden: Nach Neuwahl sind diese aufgrund der Pflicht zur Zusammenarbeit ein „powerful instrument of the Community’s external relations“. Schließlich seien die Mitgliedstaaten dadurch selbst in ihrem eigenen Kompetenzbereich in nicht unerheblichem Maße bei der Entscheidungsfindung gebunden.146 MacLeod/ Hendry/Hyett zufolge arbeiten EG und Mitgliedstaaten in einer Vielzahl von internationalen Abkommen effektiv und erfolgreich miteinander.147 Dashwood nennt sich selbst einen „advocate for mixed agreements“ und führt aus: „I re140
Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (216 f.); ders., CML Rev. 2000, 1007 (1007). Barav, in: Timmermans/Völker, 143 (144). 142 Bourgeois, in: Bourgeois, 83 (91). 143 Weiler, Constitution, S. 177; ders., in: O’Keeffe/Schermers, 35 (75); vgl. auch E. Stein, in: Collected Courses of the Academy of European Law, 115 (162). 144 s. o. unter 4. Teil B. III. 4. 145 Weiler, Constitution, S. 176; vgl. van Houtte, Nw. J. Int’L & Bus. 1981, 621 (630). 146 Neuwahl, CML Rev. 1996, 667 (678). 147 MacLeod/Hendry/Hyett, S. 144. 141
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
gard them as a necessary complication, rather than a necessary evil, and I believe not only that they will continue to be used but that they should be“.148 Ähnlich äußerte sich jüngst Georgopoulos: „Still, the concurrent competencies of the Union and Member States will inevitably sustain the practice of mixed agreements, and this will by no means disadvantage the European Union or its Member States“.149 Die Rezeption im Schrifttum weist mithin große Unterschiede auf. Generell scheint jedoch eine praktische Sichtweise dahingehend zu überwiegen, dass die Rechtsfigur des gemischten Abkommens ein notwendiger Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung ist. 2. Eigene Stellungnahme Ob die Rechtsfigur des gemischten Abkommens tatsächlich eine „Erfolgsgeschichte“ darstellt oder nicht, ist – wie die Meinungsvielfalt im Schrifttum zeigt – zu großen Teilen Ansichtssache. Die Beurteilung hängt stark davon ab, wie man die Integrationsschritte der EG beurteilt. Bewertet man die fortschreitende gemeinschaftliche Integration als durchweg positiv, scheinen stärkere Argumente gegen die immer intensiver werdende Nutzung gemischter Abkommen zu sprechen. Schließlich wird durch den gemeinsamen Abschluss die bisherige Kompetenzteilung verfestigt, während der Abschluss eines reinen Gemeinschaftsabkommens durch die damit verbundene Aktualisierung der EG-Außenkompetenz einen Kompetenzgewinn bedeuten kann, in jedem Fall aber eine Bestätigung bestehender Kompetenzen darstellt. Ist man dagegen eher der Ansicht, trotz notwendiger innergemeinschaftlicher Integration darf diese nicht so weit gehen, dass die einzelnen Mitgliedstaaten ihre Eigenstaatlichkeit verlieren, sind gemischte Abkommen ein geeignetes Mittel, um die eigenständige Rolle der Mitgliedstaaten auf internationaler Ebene zu bewahren. Festzuhalten ist zunächst, dass die Rechtsfigur des gemischten Abkommens und insbesondere deren hohe Bedeutung innerhalb der Gemeinschaftspraxis auf klare Weise die rechtliche wie politische Realität innerhalb Europas widerspiegelt: Der EU wie den Gemeinschaften kommt keine Staatlichkeit im Sinne des internationalen Rechts zu.150 Gemischte Abkommen sind dabei Ausfluss einer der besonderen Charakteristika der einzigartigen, aber eingeschränkten Rechts148 Dashwood, in: Bourgeois, 93 (93). Dennoch mahnt er an, gemischte Abkommen soweit als möglich zu vermeiden, z. B. durch entsprechende Steuerung des Verhandlungsverlaufes. 149 Georgopoulos, E.L. Rev. 2005, 190 (208). 150 So schreibt Leal-Arcas: „EC Treaty practice has become increasingly dominated by mixed agreements for they reflect the legal and political reality that the EC is not a single State for the purposes of international law“; Leal-Arcas, EFA Rev. 2001, 483 (484). Ähnlich Rosas, der feststellt: „The phenomenon of mixed agreements [. . .] of-
E. Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften – eine Bilanz
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persönlichkeit der EG, nämlich der internen Kompetenzteilung zwischen der EG einerseits und den Mitgliedstaaten andererseits.151 Schließlich geht das Anwachsen des acquis communautaire nach der AETR-Doktrin stets einher mit der Entstehung impliziter ausschließlicher EG-Außenkompetenzen, so dass der Abschluss gemischter Abkommen oftmals schlicht gemeinschaftsrechtlich notwendig ist.152 Sie gehören daher zur außenpolitischen Normalität der EG und werden es auf absehbare Zeit auch bleiben. Aufgrund des Zusammenspiels einer restriktiven politischen Einstellung der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Aufgabe ihres internationalen Besitzstandes einerseits mit der in der Rechtsprechung des EuGH aufzufindenden Tendenz für die Annahme geteilter Zuständigkeiten andererseits, ist auch (und gerade) zukünftig mit einer verstärkten Nutzung gemischter Abkommen zu rechnen. Die Haltung der Mitgliedstaaten wurde nicht zuletzt während der Verhandlungen über den Vertrag von Nizza deutlich, als Bestrebungen abgelehnt wurden, Art. 133 EGV und damit die entsprechende ausschließliche EG-Außenkompetenz dergestalt zu erweitern, dass sie zukünftig auch die Bereiche umfassen hätte können, die in Gutachten 1/94 noch als mitgliedstaatliche Kompetenzen identifiziert wurden.153 Die restriktive Haltung des Gerichtshofes wird dagegen vor allem bei der Frage der Voraussetzungen an die Annahme eines erschöpfenden gemeinschaftsinternen Besitzstands im Sinne der AETR-Rechtsprechung154 deutlich. Der EuGH tendiert nämlich eindeutig dahin, zwar implizite ausschließliche Außenzuständigkeiten der EG anzuerkennen, diese aber mangels erschöpfender Harmonisierung nicht auf den gesamten jeweiligen Politikbereich zu erstrecken, so dass es zwangsläufig zu „geteilten“ Zuständigkeiten kommt.155 Ferner hat es den Anschein, dass der Gerichtshof bei der Heranziehung der richtigen Kompetenzgrundlage sich im Zweifel gegen die Heranziehung von Art. 133 EGV und damit einer ausschließlichen EG-Aufers a telling illustration of the complex nature of the EU and the Communities as an international actor“; Rosas, in: Koskenniemi, 125 (125). 151 Rosas drückt dies wie folgt aus: „Mixed agreements provide a telling illustration of the many problems marring the external relations of the European Union“; Rosas, CML Rev. 2000, 1007 (1007). 152 Eine praktische Alternative zur Umgehung eines gemischten Vertragsabschlusses in Fällen seiner rechtlichen Notwendigkeit sieht Rosas im Abschluss rechtlich nicht bindender Erklärungen und Deklarationen; Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (216 f., mit jüngeren Beispielen für solche Erklärungen); ebenso Leal-Arcas, EFA Rev. 2001, 483 (511 f.). Diese mögen zwar, solange die politische Situation keine verpflichtenden Vereinbarungen zulässt, ein geeignetes Mittel sein, um den Weg für einen späteren Vertragsschluss vorzubereiten. Sie können diesen auf lange Sicht jedoch keinesfalls ersetzen. 153 Leal-Arcas, EFA Rev. 2001, 483 (513); Herrmann, CML Rev. 2002, 7 (28). Dazu wäre insbesondere eine Änderung des erst im Amsterdamer Vertrag eingefügten Abs. 5 notwendig. s. o. unter 2. Teil B. II. 1. a). 154 Vgl. Eisermann, EuZW 1995, 331 (335); Hilf, EuZW 1995, 7 (8); Geiger, JZ 1995, 973 (981). s. o. unter 2. Teil B. II. 1. b) aa). 155 s. o. unter 4. Teil B. III. 4.
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
ßenzuständigkeit entscheidet. Auch dies führt, wie das Beispiel des Gutachtens 2/00 zum sog. Cartagena-Protokoll aufzeigt156, im Ergebnis dazu, dass geteilte Kompetenzen festgestellt werden.157 Doch darf die Figur des gemischten Abkommens nicht nur aus einer einseitig kompetenzrechtlichen Sichtweise betrachtet und bewertet werden. So ist einerseits zu bedenken, dass die Beteiligung der Mitgliedstaaten solange weder politisch noch rechtlich schädlich ist, als EG und Mitgliedstaaten ihre jeweiligen Kompetenzen, auch wenn es sich um marginale Durchführungskompetenzen handelt, in gegenseitigem Einvernehmen ausüben. Im Gegenteil kann dem Abkommen in einem solchem Fall sogar ein größerer Erfolg beschieden sein, als wenn nach langem Streit letztlich ein reines Gemeinschaftsabkommen geschlossen wird. Schließlich kommt es in vielen Bereichen internationaler Beziehungen vor allem darauf an, möglichst geschlossen die eigenen Interessen wahrzunehmen und dennoch kompromissfähig zu bleiben. Dies bedarf jedoch eines grundsätzlichen Einvernehmens innerhalb der Gemeinschaftsgruppe.158 Allerdings muss auch diese Überlegung dann an ihre Grenzen stoßen, wenn es sich um Politikbereiche handelt, die sich (zukünftig) in vollem Umfang in Gemeinschaftskompetenz befinden. In diesem Fall bedarf es nämlich keines geschlossenen Auftretens der Gemeinschaftsgruppe mehr, da durch die gemeinschaftsinterne Integration bereits das höchste Maß an Übereinstimmung erreicht wurde, nämlich der vollumfängliche Übergang der Kompetenzen an die EG. Diese Stärke der Gemeinschaftsposition muss dann auch nach außen vertreten werden. Hinzu kommt, dass der Abschluss reiner Gemeinschaftsabkommen statt gemischter Abkommen eine substantielle Vereinfachung des Vertragsschlussverfahrens und damit einhergehend eine größere Flexibilität der EG auf internationaler Ebene bedeuten würde.159 Zum anderen bietet das Recht der gemischten Abkommen Möglichkeiten, etwaigen völkervertragsrechtlichen bzw. politischen Hindernissen für eine kompetenzgerechte vertragliche Vertretung der Gemeinschaftsgruppe entgegen zu steuern und dennoch dem Ziel eines Gleichklangs zwischen dem internen Stand der Integration und dessen externen Spiegelbild ein Schritt näher zu rücken. Lionel Jospin zufolge bedeutet Integration „die schrittweise und kontrollierte Teilung von Befugnissen und deren Übertragung auf die Union“.160 Ist also anstelle eines reinen Gemeinschaftsabkommens lediglich ein gemischter Abschluss realisierbar, stellt auch dieser per se bereits einen integrativen Faktor dar, da die 156
EuGH, Gutachten 2/00, Protokoll von Cartagena, Slg. 2001, I-9713. Herrmann, NVwZ 2002, 1168 (1173 f.). 158 Im Ergebnis ebenso Neuwahl, CML Rev. 1991, 717 (733). 159 Alleine der Wegfall der mitgliedstaatlichen Ratifizierungen würde eine erhebliche Zeitersparnis bedeuten; vgl. Rosas, in: Dashwood/Hillion, 200 (216). 160 Lionel Jospin, Bericht „Föderation von Nationalstaaten“, FAZ v. 29.05.2001, S. 6. 157
E. Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften – eine Bilanz
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Parteistellung zwischen EG und Mitgliedstaaten zumindest aufgeteilt wird. Doch selbst falls eine EG-Beteiligung vollständig ausgeschlossen ist, stellt die sodann ob der internen Kompetenzteilung für die Mitgliedstaaten verpflichtende Zusammenarbeit mit der EG einen integrativen Faktor dar und dies in zweifacher Hinsicht: Zum einen aufgrund der gemeinschaftsinternen Koordinierung und zum anderen durch das dann (zum Teil) notwendige geschlossene Auftreten der Mitgliedstaaten im Rahmen des Abkommens.161
II. Gemischte Mitgliedschaften als Erfolgsgeschichte der EG? „It is probably wise to evade mixed membership as much as possible“.162 Zu dieser äußerst negativen Einschätzung über die Rechtsfigur der gemischten Mitgliedschaft kommt Schermers zwar bereits Anfang der achtziger Jahre, also noch mehr als ein Jahrzehnt vor den mittlerweile erreichten gemischten Mitgliedschaften in FAO und WTO. Es ist dennoch zweifelhaft, ob Schermers seine damals geäußerte Ansicht mittlerweile revidieren würde. Betrachtet man nämlich alleine die nackten Zahlen dürfen gemischte Mitgliedschaften keinesfalls in dem (eingeschränkten) Maße als eine „Erfolgsgeschichte der EG“ bezeichnet werden wie zuvor gemischte Abkommen: Zwar sind EG und Mitgliedstaaten mittlerweile gemeinsam Mitglieder einer Reihe von Rumpforganisationen, bei den politisch bedeutenden internationalen Organisationen ist die EG indes als Mitglied kaum präsent. Die verschiedenen, sowohl bei Mitgliedschaften der EG als solchen als auch bei gemischten Mitgliedschaften aufzufindenden, Gründe für dieses Missverhältnis wurden bereits aufgezeigt.163 Doch selbst wenn, wie im Fall der FAO eine (gemischte) Mitgliedschaft nach langwierigen Verhandlungen schließlich realisiert werden konnte, ist diese nicht frei von Kritik: So habe die Effektivität der Mitarbeit der Gemeinschaftsgruppe unter den besonderen Anforderungen, welche durch die FAOV und FAOVO an die Gemeinschaftsgruppe gestellt wer161 Schließlich muss nicht immer die EG als Körperschaft selbst handeln, soll ein integrativer Schritt getan werden. Dafür genügt auch die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten, z. B. im Bereich der GASP; siehe Cromme, DÖV 2002, 593 (600) m.w. N. 162 Schermers, in: O’Keeffe/Schermers, 23 (30). 163 Die Aufnahme der EG als volles Mitglied in einer anderen Organisation stellt einen Bruch der bisherigen Struktur innerorganisatorischen Handels dar, das klassischerweise von den Staaten dominiert wird. Im Falle einer eigenen Mitgliedschaft nimmt die EG jedoch anstelle ihrer Mitgliedstaaten aktiv Anteil an der Arbeit der aufnehmenden Organisation. Dieser Systembruch stößt zwangsläufig auf den politischen Widerstand der Drittstaaten, aber auch der eigenen Mitgliedstaaten, sehen diese doch ihre Rolle als eigenständige Akteure im internationalen Verkehr zunehmend gefährdet. s. o. unter 5. Teil C. III. 3. b).
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
den, zu leiden, so dass in der Konsequenz genau das Gegenteil einer kompetenzgerechten Vertretung erreicht werde, setzt letztere doch die effektive und konstruktive Ausübung der Kompetenzen im Rahmen der aufnehmenden Organisation voraus.164 Gemischte Mitgliedschaften sehen sich mithin zwei Kritikpunkten gegenüber, nämlich der Vielzahl der für sie bestehenden Hindernisse einerseits und der Zweifel an ihrer Effektivität andererseits. Es stellt sich daher die Frage, ob sie als rechtliches Instrument überhaupt geeignet sind, eine konstruktive und damit möglichst kompetenzgerechte Vertretung der Gemeinschaftsgruppe innerhalb internationaler Organisationen zu gewährleisten. 1. Die Notwendigkeit gemischter Mitgliedschaften Außer Frage steht insofern freilich die Notwendigkeit der EG-Beteiligung als solcher sowie gemeinsamer Beteiligungen der Gemeinschaftsgruppe an internationalen Organisationen zur Erreichung des Ziels einer kompetenzgerechten Außenvertretung: So stellt aus Sicht des Gemeinschaftsrechts eine eigene Mitgliedschaft der EG de iure die einzige Möglichkeit dar, eine tatsächlich kompetenzgerechte außenpolitische Rolle der EG zu erreichen.165 Angesichts der innergemeinschaftlichen Kompetenzteilung und der umfassenden Kompetenzbereiche der meisten bedeutenden internationalen Organisationen macht dies zugleich gemeinsame Mitgliedschaften der Gemeinschaftsgruppe notwendig.166 Hinzu kommen weitere gemeinschaftsinterne, aber auch externe Gründe, die gemischte Mitgliedschaften nicht nur aus rechtlichen, sondern gerade auch aus politischen Beweggründen als einzig realisierbare Beteiligungsform der EG erscheinen lassen. 2. Eignung gemischter Mitgliedschaften – die Frage nach dem „Wie“ Steht aber die Notwendigkeit von (gemischten) Mitgliedschaften der EG zur Erreichung einer kompetenzgerechten Präsenz zweifellos fest, kann die Frage nach dem „Ob“ gemischter Mitgliedschaften als solche generell nicht gestellt werden, will man nicht von vorne herein auf das Ziel einer tatsächlich kompe164
s. o. unter 4. Teil B. IV. 1. c) aa) sowie 4. Teil E. I. 2. c). s. o. unter 5. Teil C. I. 1. Schermers dagegen weist daraufhin, dass eine eigenständige Mitarbeit der EG in internationalen Organisationen auch dergestalt möglich wäre, dass Vertreter der EG anstelle nationaler Vertreter die Delegation der jeweiligen Ratspräsidentschaft bei der Organisation bildeten. Doch er gesteht selbst die rechtlichen Probleme dieses Konstrukts ein, allen voran den Umstand, dass dennoch mitgliedstaatliche internationale Verpflichtungen in Bereichen mit EG-Zuständigkeiten geschaffen würden; Schermers, in: O’Keeffe/Schermers, 23 (30). 166 s. o. unter 5. Teil C. II. 1. a). 165
E. Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften – eine Bilanz
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tenzgerechten Außenvertretung der EG verzichten. Die Frage nach der Eignung gemischter Mitgliedschaften ist daher in erster Linie die Frage nach dem „Wie“, also z. B. wie sind gemischte Mitgliedschaften ausgestaltet bzw. wie müssten sie ausgestaltet sein oder wie ist das Ziel einer gemischten Mitgliedschaft trotz der bestehenden Hindernisse am effektivsten zu erreichen. a) Die bestehenden Hindernisse für gemischte Mitgliedschaften Betrachtet man zunächst die bestehenden Hindernisse für gemischte Mitgliedschaften, so liegen ihnen zwei Kernaspekte zugrunde: Zum einen ist insofern die Komplexität gemischter Mitgliedschaften samt der aufgrund dessen zwangsläufig bestehenden Anwendungsprobleme zu nennen. Zum anderen beruhen sie auf den aufgrund dieser Komplexität sowie aufgrund des Ausnahmecharakters von Organisations- und gemischten Mitgliedschaften im Allgemeinen bestehenden Vorbehalten der Drittstaaten gegenüber der Rechtsfigur. Allerdings sind beide Kernaspekte und damit letztlich auch sämtliche Hindernisse für Mitgliedschaften der EG nicht unüberwindbar: So können zwar die mit gemischten Mitgliedschaften verbundenen rechtlichen Schwierigkeiten als solche nicht vermieden werden. Schließlich ist die Rechtsfigur zwangsläufig mit einer Kompetenzteilung auf Gemeinschaftsseite verbunden. Doch ist insofern zweierlei zu bedenken: Zum einen ist die gemeinsame Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe für die jeweiligen Vertragspartner mit keinerlei Rechtsverlust bzw. einer sonstigen, z. B. haftungsrechtlichen, Schlechterstellung verbunden. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall, wird durch die gemeinsame Beteiligung doch sichergestellt, dass stets der zuständige Teil der Gemeinschaftsgruppe ebenfalls verpflichtet ist. Zum Zweiten ist die mit gemischten Mitgliedschaften scheinbar zugleich drohende Komplexität, vor allem im Hinblick auf die Statusund Verfahrensrechte, nicht zwangsläufig gegeben. Zwar können auch insofern die durch die gemeinsame Beteiligung entstehenden Schwierigkeiten als solche nicht vermieden werden. Die Notwendigkeit einer annähernd so komplizierten satzungsrechtlichen Antwort auf diese Schwierigkeiten wie sie in der FAOV und dem SRÜ gewählt wurden, besteht jedoch gerade nicht. Vielmehr steht aus Sicht des Völkerrechts ohnehin außer Frage, dass die mitgliedschaftlichen Status- und Verfahrensrechte durch die Gemeinschaftsgruppe alternativ ausgeübt werden müssen.167 Ebenfalls keiner ausdrücklichen besonderen Regelung bedürfen Bindungs- bzw. Haftungsfragen.168 Diese sind sie in erster Linie gemeinschaftsinterner Natur, z. B. bei der Wahl des zuständigen Teils der Gemeinschaftsgruppe. Sie können und sollten daher auch der Gemeinschaftsgruppe überlassen werden. Der gemischte Charakter der Mitgliedschaft führt also nicht 167 168
s. o. unter 4. Teil C. s. o. unter 4. Teil E. I.
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
zwingend dazu, dass die Mitgliedschaft als solche unter den bestehenden Problemfeldern leiden muss. Dafür bedarf es aber auf Seiten der Drittstaaten viel Vertrauen in das Funktionieren der Gemeinschaftsrechtsordnung im Allgemeinen und in die Zusammenarbeit innerhalb der Gemeinschaftsgruppe im Speziellen. Es ist mithin an letzterer sich dieses Vertrauen durch eine entsprechende Mitarbeit in den bestehenden gemischten Mitgliedschaften zu erarbeiten. In Bezug auf die u. a. aufgrund dessen bei den Drittstaaten bestehenden Vorbehalte gegen die Rechtsfigur ist die Situation daher kaum anders einzuschätzen als zu den Frühzeiten der europäischen Integration: Waren damals noch Gemeinschaftsabkommen als solche suspekt, sind es nun Mitgliedschaften der EG. Jede weitere Mitgliedschaft ist daher wichtig, um der Staatengemeinschaft zu demonstrieren, dass diese generell und nicht nur im besonderen Einzelfall der WTO zu funktionieren vermag. Besondere Bedeutung kommt dabei allerdings der Zusammenarbeit und dem Zusammenhalt innerhalb der Gemeinschaftsgruppe zu: Mangels völkerrechtlicher Erzwingbarkeit einer kompetenzgerechten Vertretung der EG in internationalen Abkommen und Organisationen, sind es vor allem die Mitgliedstaaten, die ihrer Pflicht nachkommen müssen, die eigenständige, kompetenzgerechte Beteiligung der EG im völkerrechtlichen Verkehr so weit als möglich mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln voran zu treiben.169 So zeigt die Praxis der mittlerweile allgemein anerkannten Gemeinschaftsabkommen, dass die EG das ihr von den Vertragsparteien teilweise entgegengebrachtes Misstrauen immer dann überwinden und zu einem Vertragsschluss gelangen konnte, wenn die Mitgliedstaaten geschlossen hinter ihr standen.170 Nun sind die Hindernisse gegenüber Mitgliedschaften der EG zwar von stärkerer Natur, d.h. aber letztlich auch nur, dass die Gemeinschaftsgruppe noch besser zusammenarbeiten muss, um diese letztlich überwinden zu können.171 b) Die Effektivität gemischter Mitgliedschaften Das Beispiel der gemischten Mitgliedschaft in der FAO zeigt jedoch, dass eine eigene Mitgliedschaft der EG in einer internationalen Organisation nicht jeden Preis wert ist.
169
s. o. unter 4. Teil B. IV. 1. s. o. unter 5. Teil C. III. 3. a) cc). 171 Ob dies umzusetzen ist, ist angesichts der Bedeutung, die eine eigenständige Vertretung in internationalen Organisationen für die Mitgliedstaaten hat, fraglich. Die (Nicht-)Behandlung des Kommissionsvorschlags für eine Mitgliedschaft der EG in ICAO und IMO (SEK/2002/0381 endg.) durch den Rat ist dabei kein ermunterndes Beispiel; s. o. unter 3. Teil A. III. 1. und 3. Teil A. IV. 1. a). 170
E. Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften – eine Bilanz
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aa) Der Problemfall der FAO-Mitgliedschaft Sack spricht im Zusammenhang mit der gemischten Mitgliedschaft in der FAO von einem „Zwangskorsett“, das der EG für die Ausübung ihrer Mitgliedschaft angelegt worden sei172 und kommt zu dem Ergebnis, dass sich „ein Beitritt der EG [. . .] nicht lohnt, wenn er nicht zu besseren als den Bedingungen des FAO-Modells erfolgt“.173 Diese eindeutig negative Bilanz von Sack steht in auffälligem Kontrast zu der gegenteiligen Bewertung der Mitgliedschaft in einer Veröffentlichung des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft aus dem Jahr 2003. Dort heißt es nämlich u. a., dass sich die gemeinschaftsinterne Zusammenarbeit im Rahmen der FAO „z. B. bei der Abstimmung gemeinsamer Positionen im Vorfeld und während des Welternährungsgipfels (Rom, 1996) und des Nachfolgetreffens sehr bewährt“ habe.174 Dieser Widerspruch ist jedoch nicht allzu verwunderlich, wenn man bedenkt, dass Sack, als Kommissionsbeamter, die Mitgliedschaft vorrangig aus Sicht der EG betrachtet, während die Studie des Ministeriums wohl eher von der mitgliedstaatlichen Sichtweise geprägt ist. Eine wenig erfolgreiche EG- bzw. gemischte Mitgliedschaft mag nämlich aus nationaler Sicht auch von Vorteil sein, bleiben doch die Machtpositionen der einzelnen EG-Mitgliedstaaten innerhalb der Organisation in diesem Fall erhalten. Die Stellung der Kommission in der FAO ist nämlich – wie auch die FAO-Kooperationsvereinbarung zeigt – als eher schwach einzuordnen.175 Sowohl die harsche Kritik von Sack als auch die positive Bewertung der Studie des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft bedürfen daher bei möglichst objektiver Betrachtung des FAO Beispiels einer gewissen Relativierung. Dennoch muss die gemischte Mitgliedschaft in der FAO – im Einklang mit der vorherrschenden Ansicht im Schrifttum176 – im Ergebnis kritisch betrachtet werden: Kernpunkt der Kritik ist dabei die erweiterte Erklärungspflicht innerhalb der FAO, die von der Gemeinschaftsgruppe verlangt, vor jeder Sitzung eine Kompetenzerklärung für sämtliche Tagesordnungspunkte abzugeben.177 Eeckhout bringt dies auf den Punkt, wenn er feststellt: „[In the case of the 172
Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1243 f.); ders., in: GS Grabitz, 631 (648). Sack, in: GS Grabitz, 631 (650 f.). Zustimmend Epping, in: Hobe, 12 (27). 174 Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Die FAO und die Mitwirkung der BRD, S. 47. Auch das Bestehen der Erklärungspflichten wird als „erforderlich“ für eine „transparente“ Mitwirkung der Gemeinschaftsgruppe in der FAO bezeichnet (S. 46). 175 Vgl. Eeckhout, S. 204 f. 176 So kommen z. B. Govaere/Capiau/Vermeersch zu dem Ergebnis: „[. . .] the situation in the FAO is, however, not completely satisfactory“; Govaere/Capiau/Vermeersch, EFA Rev. 2004, 155 (165). Ähnlich kritisch Heliskoski, S. 134 ff. und Eeckhout, S. 204 f., 217. 177 s. o. unter 4. Teil E. I. 2. a) dd). 173
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
FAO] the experience suggests that the Community should do its utmost to avoid such a requirement being imposed on it“.178 Dem ist zuzustimmen. Statt die gemeinsamen Standpunkte zu koordinieren und aktiv in den Verhandlungen auf internationaler Ebene tätig zu werden, blockieren sich EG und Mitgliedstaaten durch die, wegen der ständig erforderlichen Kompetenzerklärungen regelmäßig aufkommenden, Kompetenzstreitigkeiten selbst.179 Eine starke gemeinsame Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe ist auf diese Weise kaum möglich, können doch die Verhandlungspartner diese Schwäche nur allzu leicht ausnutzen. Eines der wesentlichen Merkmale gemischter Abschlüsse, nämlich interne Kompetenzstreitigkeiten aufgrund des gemeinsamen Handels gar nicht erst führen zu müssen180, wird dadurch konterkariert. Selbst wenn man im Einklang mit der Studie des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft von einer – wohl hypothetischen – reibungslos funktionierenden internen Zusammenarbeit ausginge, besteht aufgrund des ständigen Erklärungsdrucks stets eine Mehrbelastung, die notwendigerweise die zur Erreichung der eigentlichen Aufgaben und Ziele der gemischten Mitgliedschaft vorhandenen Mittel mindert.181 bb) Keine Rückschlüsse hinsichtlich des Alternativitätsprinzips Sack allerdings ist darüber hinaus der Ansicht, dass nicht nur die Erklärungspflicht als solche, sondern die „alternative Mitgliedschaftsausübung [. . .] eine für die Praxis äußerst hinderliche Regelung“ ist.182 Die alternative Rechtsausübung ist jedoch ein jeder gemischten Mitgliedschaft grundsätzlich und zwangsläufig innewohnendes Merkmal. Wäre die Alternativität als solche „äußerst hinderlich“, bestünde ein erhebliches Strukturproblem gemischter Mitgliedschaften. Doch bezog sich diese Aussage von Sack alleine auf das Beispiel der FAO, so dass mit guten Gründen davon auszugehen ist, dass er sie – zumindest in der geäußerten Schärfe – alleine auf die Art und Weise der alternativen Rechtsausübung im Rahmen der FAO bezogen hat, also insbesondere auf die eben skizzierte, ständig erforderliche und zweifelsohne schädliche Erklärungspflicht, nicht aber auf die Notwendigkeit der alternativen Rechtsausübung im Allgemeinen. Meinte Sack seine Aussage indes in einem allgemeingültigen Sinne, sind dieser die übrigen Beispiele gemischter Mitgliedschaften entgegenzuhalten, in de178
Eeckhout, S. 217. s. o. unter 4. Teil E. I. 2. c) aa). 180 s. o. unter 2. Teil C. 2. 181 Eeckhout, S. 204. 182 Sack, in: GS Grabitz, 631 (650 f.). Im gleichen Sinne wohl auch Eeckhout, der schreibt: „In [the FAO] the alternative exercise of voting rights appears to be the greatest obstacle for an effective joint participation“; Eeckhout, S. 219. 179
E. Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften – eine Bilanz
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nen allesamt ebenfalls Kompetenzkonflikte herrschen und auch der Alternativitätsgrundsatz gilt, vergleichbar harsche Kritik an der Effektivität der Mitgliedschaften aber nicht ersichtlich ist. So gibt es z. B. bei der gemischten Mitgliedschaft in der WTO, die bezeichnenderweise keinerlei Erklärungspflichten kennt183, keine Anzeichen dafür, dass die gemeinschaftsinterne Kompetenzteilung bzw. Streitigkeiten über diese der Effektivität des Auftretens der Gemeinschaftsgruppe in den WTO-Organen in gleichem Maße im Wege stehen würde wie dies im Rahmen der FAO der Fall ist. Stattdessen herrscht die Ansicht vor, dass die Bedeutung der Gemeinschaftsgruppe als Handelsblock mit der gemeinsamen Mitgliedschaft von EG und Mitgliedstaaten angewachsen ist.184 Zwar beruht diese positive Bewertung der WTO-Mitgliedschaft kaum alleine auf dem Umstand der fehlenden Erklärungspflichten. Vielmehr sind wiederum die einzigartige historische Entwicklung der EG-Mitarbeit sowie die weitgehend ausschließlichen EG-Kompetenzen zugunsten der Effektivität der Zusammenarbeit ins Feld zu führen.185 Jedoch ist auch die gemeinsame Mitgliedschaft in der WTO aus kompetenzrechtlicher Sicht bei weitem nicht problemlos, wie alleine das Gutachten 1/94 eindrucksvoll aufzeigt. Auch für Oppermann waren bereits 1995, also kurz nach Gründung der WTO, zukünftige Zuständigkeitskonflikte „vorprogrammiert“.186 Selbst wenn aber Konflikte gemeinschaftsintern durchaus regelmäßig auftreten187, so wird die Effektivität der gemischten Mitgliedschaft davon nicht substantiell tangiert.188 Ein nicht unerheblicher Grund dafür ist, 183 Die Vertragspartner, allen voran Japan und die USA, haben die Schaffung einer Erklärungspflicht in der WTO wohl aus historischen Gründen nicht eingefordert. Schließlich hat die EG mittels ihrer jahrzehntelangen de facto Beteiligung im GATT bereits bewiesen, dass ihre Mitarbeit ohne einer derartige Pflicht möglich ist; s. o. unter 4. Teil A. II. 3. b). 184 Eeckhout, S. 205 f. Ebenso Senti, EFA Rev. 2002, 111 (111 f.), der allerdings auch die durch die Nichtoffenlegung der Kompetenzverteilung verursachte fehlende Transparenz kritisiert (S. 114). Diese würde dazu führen, dass Verhandlungen mit der Gemeinschaftsgruppe sich gegenüber der GATT-Praxis verkompliziert hätten. 185 Vgl. Tomuschat, in: Liber Amicorum Tono Eitel, 799 (802); Eeckhout, S. 206. s. o. unter 3. Teil A. IV. 1. a). 186 Oppermann, RIW 1995, 919 (927). 187 Siehe z. B. jüngst den Kompetenzkonflikt im Bereich der Agrarsubventionen im Rahmen der Verhandlungen im Vorfeld der WTO-Ministerkonferenz in Hongkong v. 13.–18.12.2005. Vor allem auf Druck von Frankreich wurde schließlich ein „Gremium technischer Experten“ geschaffen, dem die Kommission wichtige Verhandlungsangebote vor deren Abgabe vorlegen muss; vgl. den Artikel „Paris gefährdet WTO-Verhandlungen“ im Handelsblatt v. 19.10.2005, S. 6. Zwar handelt es sich hierbei um keinen Konflikt über die Abgrenzung zwischen gemeinschaftlichen und mitgliedstaatlichen Kompetenzen, dennoch zeigt das Beispiel, dass die WTO alles andere als frei von Kompetenzstreitigkeiten ist. 188 Senti nennt als einen negativen Ausnahmefall die Open skies-Abkommen verschiedener Mitgliedstaaten, mit denen die Mitgliedstaaten das Verhandlungsmonopol der EG verletzt und damit auf internationaler Ebene für Konfusion gesorgt hätten; Senti, EFA Rev. 2002, 111 (114). s. o. unter 2. Teil B. II. 1. b) aa).
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
dass die Gemeinschaftsgruppe im Rahmen der WTO eben gerade keine Kompetenzerklärungen abgeben muss und somit etwaige Kompetenzstreitigkeiten einerseits geringer sind, da sie nur im tatsächlichen Konfliktfall gelöst werden müssen, und andererseits nicht nach außen getragen werden. Zwar ist der Alternativitätsgrundsatz als solcher mithin kaum als problemlos zu bezeichnen. Jedoch ist es nicht die Alternativität selbst, sondern die im Rahmen der FAO in Gestalt der erweiterten Erklärungspflicht darauf gefundene Antwort, welche die im Zusammenhang mit dieser bestehenden Effektivitätsprobleme verursacht.
cc) Beachtung der Grundsätze gemischter Abkommen als Lösungsweg Die FAO bietet daher ein anschauliches Beispiel für eine misslungene Umsetzung des Konzepts der gemischten Mitgliedschaft. Die gemischten Abschlüssen innewohnenden Kompetenzkonflikte werden nach außen getragen und dadurch verstärkt, so dass der eigentliche Zweck des gemischten Abschlusses konterkariert wird. Daraus kann gefolgert werden, dass immer dann, wenn ein grundlegendes Merkmal gemischter Abschlüsse – im FAO-Beispiel die Möglichkeit, Kompetenzfragen nicht klären zu müssen – missachtet wird, die Effektivität der gemischten Mitgliedschaft zumindest gefährdet ist. Diese Schlussfolgerung ist dabei nicht auf das Problem der Erklärungspflichten beschränkt. Man denke nur an eine Satzungsvorschrift, die besagt, dass im Fall der Nicht- bzw. Schlechterfüllung durch die Gemeinschaftsgruppe stets die EG haftbar zu machen ist und somit den Grundsatz der gemeinsamen Haftung umkehrt. Ein ständiger gemeinschaftsinterner Streit um die richtige Umsetzung bestimmter Verpflichtungen und um den dann notwendigen Haftungsausgleich wäre die Folge. Das gleiche gilt im Zusammenhang mit der innerorganisatorischen Repräsentation der Gemeinschaftsgruppe. Auch hier bedarf letztere eines gewissen Freiraums, um flexibel arbeiten zu können. Falsch wäre es jedoch aus dieser Schlussfolgerung zugleich zu schließen, dass von einer gemischten Mitgliedschaft immer dann zwingend abgesehen werden muss, wenn eine besondere, der Gemeinschaftsgruppe auferlegte Verpflichtung einem der Zwecke des gemischten Abschlusses widerspricht. Eine effektive gemischte Mitgliedschaft ist nämlich auch in diesen Fällen zumindest dann möglich, wenn eine weit überwiegende Gemeinschaftskompetenz hinsichtlich des Arbeitsbereichs der internationalen Organisation besteht. Auch dies macht das FAO Beispiel deutlich: In den achtziger Jahren wurde die Mitgliedschaft der EG in der FAO gerade auch als ein Test für zukünftige Mitgliedschaften der EG in internationalen Organisationen angesehen: Die FAO ist in ihrem Arbeitsbereich eher technisch und weniger politisch ausgerichtet und hat
E. Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften – eine Bilanz
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mit dem Agrarsektor einen Hauptarbeitsbereich, der fast ausschließlich von EGKompetenzen umfasst ist. Jedoch wurde auf Gemeinschaftsseite vernachlässigt, dass in den allermeisten der im Rahmen der FAO anstehenden Fragen auch ein entwicklungspolitischer und damit sich größtenteils in mitgliedstaatlicher Zuständigkeit befindlicher, Aspekt zu finden ist, so dass es vor dem Verfassen der Kompetenzerklärungen regelmäßig zu internen Abstimmungen zwischen EG und Mitgliedstaaten kommen muss.189 Mithin ist anzunehmen, dass insbesondere die Kombination aus einer Abweichung von einem oder mehreren Zwecke gemischter Abkommen und einer den gesamten Arbeitsbereich der Organisation umfassenden internen Kompetenzteilung in der Regel schädlich für die Effektivität gemischter Mitgliedschaften ist. Da jedoch der Alternativitätsgrundsatz als solcher nicht zwangsläufig mit einer mangelnden Effektivität gemischter Mitgliedschaften verbunden ist, besteht hinsichtlich letzterer auch kein Struktur-, sondern allenfalls ein Anwendungsproblem im Einzelfall. 3. Schlussfolgerungen Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Rechtsfigur der gemischten Mitgliedschaft keinesfalls an einem Strukturproblem leidet, welches deren generelle Eignung in Frage stellen würde. Die Eignung im Einzelfall ist freilich stark abhängig von dem internen Funktionieren der Gemeinschaftsgruppe einerseits und dem Vertrauen der jeweiligen Vertragspartner andererseits: Ersteres ist für eine effektive Zusammenarbeit ohnehin unerlässlich. Letzteres bedarf es in erster Linie dafür, damit der Gemeinschaftsgruppe die gemeinsame Mitgliedschaft nicht nur unter ähnlich weiten Einschränkungen wie im Rahmen der FAO zugemutet wird. Missachten diese Einschränkungen zudem einen oder mehrere Zwecke gemischter Abschlüsse, wie z. B. die Nichtoffenlegung der Kompetenzverteilung, ist die Effektivität der konkreten Mitgliedschaft in Gefahr. Wie aber das – allerdings aufgrund individueller Besonderheiten kaum als generelles Modell geeignete – Beispiel der WTO zeigt, ist es auch gemischten Mitgliedschaften, ähnlich wie „einfachen“ gemischten Abkommen, möglich, eine „Erfolgsgeschichte“ zu schreiben. Zwar ist es schon angesichts der so unterschiedlichen Aufgabenbereiche, Strukturen und Traditionen internationaler Organisationen nicht möglich, ein Modell der gemischten Mitgliedschaft zu entwerfen.190 Die vorgefundenen Ergebnisse machen jedoch deutlich, dass für das „Erfolgspotential“ gemischter Mitgliedschaften zwei Elemente, ein gemeinschaftsinternes und eines im internationalen Verhältnis, von entscheidender Bedeutung sind: 189 190
Siehe zum Vorstehenden Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1246). s. o. unter 5. Teil A. IV.
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
a) Externe Voraussetzungen effektiver gemischter Mitgliedschaften Extern, also im Verhältnis zwischen der Gemeinschaftsgruppe und den jeweiligen Vertragspartnern, ist darauf zu achten, dass die Satzung der aufnehmenden Organisation so wenig wie möglich besondere Regelungen bzw. Einschränkungen für die gemischte bzw. die Mitgliedschaft der EG enthält. Im Grundsatz muss es vielmehr der Gemeinschaftsgruppe überlassen bleiben, wie sie die mit ihrer gemeinsamen Mitgliedschaft verbundenen Probleme, z. B. die Alternativität der Mitgliedschaftsrechte, löst. Allerdings zeigt die bisherige Praxis, allen voran die Regelungen im Rahmen von SRÜ und FAO, dass die Drittstaaten kaum bereit sind, die Behandlung dieser Probleme gänzlich der Gemeinschaftsgruppe zu überlassen und auf diese Weise die meisten derselben gar nicht entstehen zu lassen.191 Bestehen die Drittstaaten mithin auf Sonderregelungen bzw. sind diese wie im Fall des Stimmrechts bzw. der Streitbeilegung notwendig192, muss die Gemeinschaftsgruppe alles daran setzen, dass diese so weit als möglich dem Konzept gemischter Abschlüsse entsprechen. So sollte z. B., wenn nach dem Willen der Vertragspartner eine ausdrückliche Regelung der Haftung der Gemeinschaftsgruppe erfolgen muss, diese möglichst eine gesamtschuldnerische Verantwortlichkeit, zumindest aber eine gemeinsame, statuieren. Wird eine derartige gemischte Mitgliedschaft von den Vertragspartnern nicht akzeptiert, steht mit dem Beobachterstatus eine alternative Beteiligungsform zur Verfügung, welche die gemeinschaftliche Teilnahme und Meinungsbildung zu großen Teilen sicherstellt. Zumindest gemeinschaftsintern wäre die EG dann immer noch in der Lage, ihre Kompetenzen „durch die Mitgliedstaaten“ effektiv auszuüben und wäre keinesfalls von letzteren abhängig.193 Der Beobachterstatus kann also durchaus eine starke faktische Stellung beinhalten.194 So hatte die EG z. B. als Beobachter in der FAO volles Rederecht, während Entschei191 Gerade das FAO-Beispiel zeigt dagegen, dass sich die Drittstaaten in der Regel genötigt sehen, in der Organisationssatzung die Besonderheiten der gemischten Mitgliedschaft möglichst exakt zu regeln, um Rechtssicherheit zu gewinnen. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass es angesichts der komplexen organisatorischen und rechtlichen Binnenstrukturen vieler Organisationen dann bei weitem nicht genügt, eine schlichte Aufnahmeklausel einzufügen, um sämtliche mit der gemeinsamen Mitgliedschaft auftretenden besonderen Aspekte, z. B. bei der Besetzung von Ausschüssen, etc., zu regulieren. Vgl. Schermers, in: FS Mosler, 823 (835). 192 s. o. unter 5. Teil B. III. 3. (zur Stimmrechtsausübung) sowie 4. Teil F. I. (zur ausdrücklichen Regelung bei der Streitbeilegung). 193 Vedder spricht insoweit von der „Mandatslösung“, da die Mitgliedstaaten im Zuständigkeitsbereich der EG nach deren Weisung im eigenen Namen auftreten; Vedder, S. 161. 194 Nicht ohne Grund verweigerte die EG den Mitgliedstaaten nach deren Austritt aus verschiedenen Fischereiorganisationen einen Beobachterstatus innerhalb der Organisationen mit der Begründung, dieser sei unvereinbar mit der ausschließlichen Gemeinschaftskompetenz; Frid, S. 325; Kokott, in: Streinz, EGV, Art. 302, Rn. 66.
E. Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften – eine Bilanz
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dungen, die nicht im Konsensverfahren, sondern durch echte Abstimmungen getroffen werden, eher selten waren.195 Stattdessen werden EG und Mitgliedstaaten nunmehr im Rahmen ihrer gemeinsamen Mitgliedschaft durch die ständig erforderlichen Kompetenzerklärungen blockiert. Der Beobachterstatus ist daher in einer ähnlichen Konstellation der gemeinsamen Mitgliedschaft vorzuziehen. Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass jede gemischte Mitgliedschaft noch immer einen Präzedenzfall darstellt, der das Bild der Rechtsfigur innerhalb der Staatengemeinschaft prägt. b) Interne Voraussetzungen effektiver gemischter Mitgliedschaften Aus gemeinschaftsinterner Sicht kommt der Beachtung der Pflicht zur Zusammenarbeit entscheidende Bedeutung zu: Einerseits ist, unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der gemeinsamen Mitgliedschaft, eine kompetenzgerechte Ausübung der gemeinschaftlichen Außenkompetenzen nur dann gewährleistet, wenn EG und Mitgliedstaaten ihren Kooperationspflichten nachkommen. Schließlich ist eine theoretisch kompetenzgerechte Vertretung nutzlos, wenn diese angesichts interner Blockaden nicht in die Praxis umgesetzt werden kann. Die vom EuGH entwickelte Pflicht zur Zusammenarbeit bietet dabei insbesondere in Verbindung mit schriftlichen Kooperationsvereinbarungen eine geeignete Grundlage.196 Andererseits bedarf die EG gerade im Hinblick auf eine zukünftige Ausweitung gemischter Mitgliedschaften der konstruktiven Mithilfe der Mitgliedstaaten. Diese müssen sich aktiv für eine kompetenzgerechte Außenvertretung der Gemeinschaftsgruppe einsetzen. Allerdings darf die Bedeutung einer guten Kooperation nicht überschätzt werden. Wie das FAO Beispiel zeigt, ist die praktische Wirksamkeit von Kooperationsvereinbarungen zwingend an die satzungsrechtlichen Vorgaben gekoppelt. Für die Gemeinschaftsgruppe nachteilige Satzungsregelungen können daher auch durch eine effektive gemeinschaftsinterne Kooperation kaum vollkommen ausgeglichen werden.
III. Fazit Bei der Beurteilung gemischter Abschlüsse, unabhängig davon, ob sie zu einem einfachen gemischten Abkommen oder zu einer komplexen und bedeutenden gemischten Mitgliedschaft führen, ist stets zu bedenken, dass alleine der gemischte Abschluss der EG erlaubt, eigenständig auch in Abkommen bzw. Organisationen tätig zu werden, für deren Aufgabenbereich sie gemeinschaftsintern nur teilweise zuständig ist. 195 Daher ist ein anderer gangbarer Weg für die EG, die mit ihrem Beobachterstatus in internationalen Organisationen verbundenen Rechte zu stärken, so wie sie das bereits erfolgreich im Fall der UNCTAD getan hat; Sack, CML Rev. 1995, 1227 (1247). 196 s. o. unter 4. Teil A. II. 2.
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5. Teil: Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften
Grundsätzlich sollte daher die Bewertung gemischter Mitgliedschaften ähnlich wie die gemischter Abkommen ausfallen: Sie sind notwendig und geeignet, die kompetenzgerechte Handlungsfähigkeit der Gemeinschaftsgruppe sicherzustellen. Fraglich ist dabei zwar, ob sich hinsichtlich gemischter Mitgliedschaften die im Schrifttum mehrmals genannte Forderung, gemischte Abschlüsse bestmöglich zu vermeiden, angesichts der mit gemischten Mitgliedschaften verbundenen mannigfaltigen Problemfelder nicht umso dringender stellt. Diese Überlegung ist jedoch gerade in Bezug auf gemischte Mitgliedschaften eine doppelt unrealistische: So wäre eine kompetenzgerechte und dennoch nicht gemischte Vertretung in diesem Fall nur durch eine Ausschöpfung sämtlicher bestehender und potentieller EG-Kompetenzen möglich. Wenn aber die Mitgliedstaaten schon bei einfachen Abkommen zögern, auf eigene Machtpositionen zu verzichten, gilt dies erst recht, hinsichtlich der zumeist viel umfangreicheren Mitgliedschaft in einer Organisation. Zum anderen ist der Aufgabenbereich vieler bedeutender Organisationen dermaßen weitreichend bzw. politisch geprägt, dass auch bei bestmöglicher Ausschöpfung des gemeinschaftlichen Kompetenzpotentials dieses kaum sämtliche Bereiche umfassen kann. Die Anwendung der Rechtsfigur zwecks Herstellung einer möglichst kompetenzgerechten Außenvertretung der Gemeinschaftsgruppe ist daher im Zusammenhang mit gemischten Mitgliedschaften umso dringlicher. Dabei kann im Hinblick auf gemischte Mitgliedschaften bisher allerdings kaum von einer (auch nur eingeschränkten) Erfolgsgeschichte gesprochen werden. Schon die Tatsache, dass es mit den gemischten Mitgliedschaften in FAO und WTO bisher lediglich zwei bedeutende Anwendungsfälle gibt, wobei ersterer zudem noch stark in der Kritik steht, spricht dagegen. Zudem sieht sich die Rechtsfigur gegenwärtig noch starken internen wie externen Hindernissen ausgesetzt. Diese sind allerdings nahezu alle entweder überwindbar oder stehen einer Mitgliedschaft bei einer objektiven Betrachtung gar nicht im Wege. Doch hat die EG in den letzten Jahren schon erhebliche Fortschritte bei ihrem Versuch, eine möglichst kompetenzgerechte Vertretung in anderen Organisationen zu erreichen, gemacht: Neben der allgemeinen Anerkennung als Partei internationaler Abkommen, war es in dieser Hinsicht ein weiterer wichtiger Schritt, die Achtung dieser eigenständigen Rolle auch im Rahmen internationaler Organisationen durch die Verleihung von besonderen, innerorganisatorischen Rechten in anderen Organisationen, allen voran dem Beobachterstatus, zu gewinnen. Dieses Ziel hat die EG, nach jahrelangem politischen Kampf vor allem gegen die opponierenden osteuropäischen Staaten, Anfang der achtziger Jahre erreicht.197 Nun muss jedoch der nächste große Schritt angegangen werden, nämlich die Umwandlung dieses Status in echte Mitgliedschaftsverhältnisse.
197
Groux/Manin, S. 45 ff. s. o. unter 4. Teil B. IV. 1. c) bb).
E. Gemischte Abkommen und Mitgliedschaften – eine Bilanz
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Als Vorreiter auf internationaler Ebene muss die EG dabei zweifelsohne einen beschwerlichen Weg gehen. Angesichts der Bedeutung des gemeinschaftsinternen Zusammenhaltes wäre es für das Beschreiten dieses Weges äußerst hilfreich, wenn die Gemeinschaftsgruppe auf spezifische primärrechtliche Regelungen zurückgreifen könnte. Dies gilt vor allem hinsichtlich des konkreten Inhalts der Pflicht zur Zusammenarbeit. Doch auch eine ausdrückliche Regelung des internen Haftungsausgleichs im Fall einer Inanspruchnahme aufgrund der gemeinsamen Verantwortlichkeit der Gemeinschaftsgruppe erscheint erforderlich.198
198
s. o. unter 4. Teil A. II. 4. sowie 4. Teil E. II. 2. b).
6. Teil
Ergebnisthesen Im letzten Abschnitt der Arbeit werden die wichtigsten der in den Teilen zwei bis fünf herausgearbeiteten Ergebnisse nochmals thesenartig zusammengefasst:
A. Die wichtigsten Ergebnisse des zweiten Teils 1. Gemischte Abkommen, also völkerrechtliche Verträge mit Beteiligung der EG, ihrer Mitgliedstaaten und mindestens eines weiteren Völkerrechtssubjekts, sind ein mittlerweile allgemein anerkanntes Instrument der EG-Außenbeziehungen. 2. Die gemeinschaftlichen Außenbeziehungen werden durch ein komplexes Miteinander von ausdrücklichen und impliziten sowie ausschließlichen und konkurrierenden Kompetenzen geprägt, das vielfach zu zwischen EG und Mitgliedstaaten geteilten Zuständigkeiten hinsichtlich eines bestimmten Vertragsgegenstands führt. Gemischte Abkommen gewährleisten in diesen Situationen die völkervertragsrechtliche Handlungsfähigkeit der Gemeinschaftsgruppe, indem sie ihr auch bei Vorliegen einer Kompetenzteilung ermöglichen, an einem völkerrechtlichen Vertrag teilzunehmen. 3. Die auf Seiten von EG und Mitgliedstaaten im Rahmen von gemischten Abkommen zwangsläufig bestehenden Kompetenzdefizite stehen der Zulässigkeit des Rechtskonzepts nicht entgegen. Völkerrechtlich folgt dies aus der Konstruktion stillschweigender gegenseitiger Ermächtigungen von EG und Mitgliedstaaten zum Vertragsschluss. Gemeinschaftsrechtlich rechtfertigt die Erforderlichkeit des gemeinsamen Vorgehens von EG und Mitgliedstaaten zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit der Gemeinschaftsgruppe den gemischten Abschluss.
B. Die wichtigsten Ergebnisse des dritten Teils 4. Gemischte Mitgliedschaften, d.h. die gleichzeitige Mitgliedschaft einer internationalen Organisation und ihrer Mitgliedstaaten in einer anderen internationalen Organisation, sind ein (noch) auf das Beispiel der EG als eintretende Organisation beschränktes Rechtsphänomen.
B. Die wichtigsten Ergebnisse des dritten Teils
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5. Die Praxis der EG-Mitarbeit in internationalen Organisationen wird dennoch weiterhin von Beteiligungsformen unterhalb der Stufe einer formellen, eigenständigen Mitgliedschaft bestimmt, allen voran durch den Beobachterstatus. Alleinige Mitgliedschaften der EG finden sich dagegen nahezu ausschließlich in technisch ausgerichteten Fischerei- bzw. Rohstofforganisationen. Gemischte Mitgliedschaften sind noch seltener, mit der WTO und FAO stellen indes die beiden prominentesten Beispiele von Mitgliedschaften der EG zugleich auch gemischte Mitgliedschaften dar. 6. Das Rechtskonzept der gemischten Mitgliedschaft beruht auf einem „doppelten Gerüst“, bestehend aus den gleichzeitigen (Einzel-)Mitgliedschaften von EG und ihren Mitgliedstaaten in der aufnehmenden Organisation einerseits und dem durch die gemeinsame Beteiligung verursachten „gemischten“ Charakter andererseits. 7. Die gleichzeitigen (Einzel-)Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten stellen alleine im Hinblick auf die „Organisationsmitgliedschaft“ der EG, also die Mitgliedschaft einer internationalen Organisation in einer anderen, eine rechtliche Besonderheit dar. Diese ist aber sowohl völker- als auch gemeinschaftsrechtlich zulässig: Völkerrechtlich stehen Organisationsmitgliedschaften staatlichen Mitgliedschaften im Grundsatz gleich. Allerdings schafft eine Vielzahl von Organisationssatzungen besondere Voraussetzungen an erstere bzw. schließt Organisationen durch entsprechende Klauseln gänzlich von einer Mitgliedschaft aus, da klassischerweise alleine die Staaten als Mitglieder von internationalen Organisationen in Betracht kommen. Gemeinschaftsrechtlich beruht die Mitgliedschaftsfähigkeit der EG auf den verschiedenen, im EGV enthaltenen Vertragsschlusskompetenzen. 8. Die gemeinsame Beteiligung von EG und Mitgliedstaaten führt zu einer zwangsläufigen rechtlichen Verbindung zwischen gemischten Abkommen und Mitgliedschaften. Mit der gleichzeitigen Mitgründung einer anderen Organisation durch EG und Mitgliedstaaten bzw. dem nachträglichen Beitritt der EG zu einer solchen (bei bereits bestehenden Mitgliedschaften der Mitgliedstaaten) existieren nämlich nur zwei mögliche Wege für die Entstehung gemischter Mitgliedschaften. Beiden liegt stets ein gemischtes Abkommen im formellen bzw. im materiellen Sinne zugrunde, so dass jede gemischte Mitgliedschaft zwingend auf einem gemischten Abkommen beruht. 9. Entsprechend gründet sich das Rechtskonzept der gemischten Mitgliedschaft auf einer Kumulation der Anforderungen an Organisationsmitgliedschaften einerseits sowie der Voraussetzungen gemischter Abschlüsse andererseits.
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6. Teil: Ergebnisthesen
C. Die wichtigsten Ergebnisse des vierten Teils 10. Der gemischte Charakter führt zu einer Vielzahl von Anwendungsproblemen im Zusammenhang mit gemischten Abschlüssen, die grundsätzlich sowohl bei gemischten Abkommen als auch bei gemischten Mitgliedschaften auftreten können. Umso komplexer dabei das dem gemischten Abschluss zugrundeliegende Rechtssystem ist, desto offensichtlicher werden in der Regel die Problemstellungen. Beste Beispiele sind insofern die gemischten Mitgliedschaften in WTO und FAO. 11. Die auf Art. 10 EGV beruhende und vom EuGH entwickelte „Pflicht zur Zusammenarbeit“ prägt die Koordinierungs- und Kooperationsarbeit innerhalb der Gemeinschaftsgruppe bei sämtlichen Abschlüssen, denen gemeinschaftsintern eine Kompetenzteilung zugrunde liegt. Die Pflicht zur Zusammenarbeit dient der Sicherstellung der Forderung des EuGH nach einem möglichst einheitlichen Außenauftreten der Gemeinschaftsgruppe. Im Kern enthält sie eine gegenseitige Verpflichtung von EG und Mitgliedstaaten, sich redlich um ein möglichst einheitliches Vorgehen zu bemühen. Sie statuiert allerdings weder eine Konsens- noch eine Enthaltungspflicht, so dass letztlich ein isoliertes Tätigwerden von Teilen der Gemeinschaftsgruppe möglich bleibt. 12. Umso komplexer das durch den gemischten Abschluss geschaffene Rechtssystem ist, desto dringlicher wird eine effektive gemeinschaftsinterne Abstimmung. Deshalb haben Kommission und Rat vor allem bei gemischten Mitgliedschaften schriftliche, allerdings unveröffentlichte „Kooperationsvereinbarungen“ abgeschlossen. Diesen kann im Einzelfall rechtsverbindlicher Charakter zukommen, wenn sie entsprechend konkret formuliert sind. Als Modell für die praktische Umsetzung der Pflicht zur Zusammenarbeit bieten sich die Kooperationsvereinbarungen allerdings nur bedingt an, so dass es einer primärrechtlichen Regelung der Pflicht zur Zusammenarbeit bedarf, um eine generell funktionierende interne Zusammenarbeit zu gewährleisten. 13. Der Anwendungsbereich gemischter Abschlüsse folgt grundsätzlich dem Umfang der EG-Außenkompetenzen, so dass z. B. bei einer umfassenden ausschließlichen EG-Zuständigkeit ein reines Gemeinschaftsabkommen erforderlich ist. Dies gilt selbst dann, wenn den Mitgliedstaaten noch marginale Restkompetenzen zukommen. Dem Rat steht in bestimmten Konstellationen konkurrierender Außenkompetenzen die Wahl zwischen gemischten und reinen Gemeinschaftsabkommen zu, von der er allerdings in der Praxis kaum Gebrauch macht. 14. In der Praxis kommt es freilich auch zu gemischten Abschlüssen außerhalb ihres theoretischen Anwendungsbereichs, allen voran anstelle von kompe-
C. Die wichtigsten Ergebnisse des vierten Teils
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tenzrechtlich eigentlich erforderlichen reinen Gemeinschaftsabkommen. Beruht dies auf externen, also von der Gemeinschaftsgruppe nicht beeinflussbaren Ursachen, ist ein Handeln der Mitgliedstaaten anstelle und „im Interesse“ der EG gemeinschaftsrechtskonform. Handelt es sich dagegen um interne Gründe, kann die Abweichung von der gemeinschaftlichen Kompetenzordnung zwar ebenfalls auf eine Ermächtigung der Mitgliedstaaten durch die EG zurückgeführt werden. Dies ist jedoch allenfalls dann erlaubt, wenn die Abweichung im Interesse der EG liegt. 15. Die Ausübung der Status- und Verfahrensrechte im Rahmen gemischter Mitgliedschaften wird durch den sog. „Alternativitätsgrundsatz“ bestimmt. Danach kommen der EG die mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten nicht neben, sondern nur anstelle ihrer Mitgliedstaaten zu. Während allgemeingültige Regelungen des Alternativitätsprinzips rar sind (eine solche ist ausdrücklich alleine in Art. in Art. II Abs. 8 FAOV statuiert), finden sich in sämtlichen gemischten Mitgliedschaften zumindest besondere Vorschriften für die Stimmrechtsausübung durch die Gemeinschaftsgruppe, die in aller Regel dem Alternativitätsgrundsatz entsprechend formuliert sind (so z. B. in Art. IX Abs. 1 S. 3 und 4 ÜWTO). 16. Der Alternativitätsgrundsatz stellt eine Bestätigung und Betätigung des völkerrechtlichen Gleichheitssatzes dar, gewährleistet er doch die Gleichstellung der Rechts- und Pflichtenposition der Gemeinschaftsgruppe einerseits und jedem übrigen Mitglied andererseits. Da er demnach gerade nicht zu einer Abweichung vom Gleichheitsgebot, sondern zu dessen modifizierter Anwendung im Rahmen gemischter Mitgliedschaften führt, bedarf es für die generelle Geltung des Alternativitätsgrundsatzes keiner ausdrücklichen Regelung in der Satzung der aufnehmenden Organisationen. Dieser geht vielmehr bereits einher mit der Natur der gemischten Mitgliedschaft. 17. Im Gegensatz zu den Statusrechten stellt sich hinsichtlich des materiellen Organisationsrechts nicht erst bei dessen Ausübung die Frage nach möglichen Implikationen aufgrund der gemischten Beteiligung. Vielmehr entsteht im Verhältnis zwischen EG und Mitgliedstaaten aufgrund der zugrundeliegenden „parallelen Verpflichtungsstruktur“ schon gar keine völkerrechtliche Rechtsbeziehung. Dies gilt auch im Verhältnis der Mitgliedstaaten untereinander, allerdings nur soweit es sich um Vertragsteile handelt, die in die ausschließliche EG-Zuständigkeit fallen. Hinsichtlich des mitgliedstaatlichen Teils entsteht dagegen eine gegenseitige vertragliche Verpflichtung. Zu inhaltlichen Modifikationen des materiellen Rechts kann es dagegen allenfalls im Einzelfall kommen, da der Rechtsbestand von Organisation zu Organisation sehr unterschiedlich ist. Allerdings kann, wie das Beispiel der Art. I und XXIV GATT zeigt, gerade die eingeschränkte Wirkung des Organisationsrechts innerhalb der Gemeinschaftsgruppe zu Modifikationen führen.
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6. Teil: Ergebnisthesen
18. Soweit gemischte Abschlüsse keine ausdrückliche Bindungsverteilung enthalten, sind EG und Mitgliedschaften im Sinne einer gesamtschuldnerischen Haftung im Außenverhältnis gemeinsam für die Erfüllung der jeweiligen vertraglichen Verpflichtungen verantwortlich. Insoweit liegt also eine Durchbrechung des auch in materiellrechtlicher Hinsicht geltenden Alternativitätsgrundsatzes vor, die jedoch durch die – aufgrund der Kompetenzteilung – notwendige Gewährleistung einer hinreichenden Rechtssicherheit für die Vertragspartner gerechtfertigt ist. 19. Der weiterhin üblichen Praxis entspricht es indes, dass gemischte Abkommen eine Bindungsverteilungsklausel samt verpflichtender Abgabe einer Kompetenzerklärung durch die EG vorsehen. In letzterer muss die EG die in ihre Zuständigkeit fallenden Abkommensteile nennen. Die Klarstellung der gemeinschaftsinternen Kompetenzteilung führt dabei zu einer Aufteilung der vertraglichen Erfüllungspflichten innerhalb der Gemeinschaftsgruppe und damit letztlich zu einer Abweichung vom Grundsatz der gemeinsamen Verantwortlichkeit, da die Drittstaaten grundsätzlich nur noch berechtigt sind, die Erfüllung einer konkreten Vertragspflicht von dem in der Kompetenzerklärung für diese als zuständig genannten Teil der Gemeinschaftsgruppe einzufordern. Allerdings sind Kompetenzerklärungen weder rechtlich noch faktisch von Nutzen: Rechtlich führen sie zu einer Abkehr vom Grundsatz der gemeinsamen Verantwortlichkeit, obwohl die Drittstaaten mit diesen gerade ein Mehr an Rechtsicherheit erlangen wollen. Faktisch leiden sie an Ungenauigkeiten, da die Gemeinschaftsgruppe nur selten in der Lage ist, die jeweilige interne Kompetenzsituation in der erforderlichen Exaktheit anzugeben. Die Pflicht zur Abgabe von Kompetenzerklärungen sollte daher, wie im Fall der WTO geschehen, so weit als möglich vermieden werden. 20. Aufgrund der gemeinsamen externen Verantwortlichkeit kann es dazu kommen, dass der gemeinschaftsintern eigentlich nicht zuständige Teil der Gemeinschaftsgruppe völkerrechtlich in Anspruch genommen wird. Liegt dabei eine fälschliche Inanspruchnahme eines Mitgliedstaates anstelle der EG vor, steht dem Mitgliedstaat grundsätzlich ein gemeinschaftsrechtlicher Erfüllungs- bzw. Schadensersatzanspruch gegen die EG zu. Schließlich handelt es sich bei dem dann betroffenen gemeinschaftlichen Teil gemischter Abkommen zweifellos um einen „integrierenden Bestandteil des Gemeinschaftsrechts“ und damit um eine gemeinschaftsrechtliche Pflicht, deren Erfüllung auf dem Klageweg gem. Art. 230 bzw. 232 EGV durchsetzbar ist bzw. etwaige durch die Nichterfüllung verursachte Schäden über Art. 288 Abs. 2 EGV geltend gemacht werden können. Allerdings gilt dies nur insoweit die jeweiligen Vertragsvorschriften unmittelbar anwendbar sind. Ist dies, wie vor allem beim WTO-Recht, nicht der Fall, ist eine Überprüfung des bestehenden Sekundärrechts anhand der Vertragsvorschriften nicht mög-
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lich. Gerade bei gemischten Abkommen führt dies zu einer substantiellen Rechtsschutzlücke zu Lasten der Mitgliedstaaten, die neben der EG zwar völkerrechtlich für die Erfüllung der Verpflichtungen verantwortlich, gemeinschaftsintern aber an die Entscheidung der EG gebunden sind. Diese Lücke wird allerdings zum Teil dadurch ausgeglichen, dass den Mitgliedstaaten über Art. 288 Abs. 2 EGV i.V. m. der Pflicht zur Zusammenarbeit zumindest ein Ersatzanspruch für aufgrund einer eventuellen völkerrechtlichen Inanspruchnahme erlittene Schäden zukommt. 21. Handelt es sich dagegen um eine fälschliche Inanspruchnahme der EG im mitgliedstaatlichen Zuständigkeitsbereich scheitert das Bestehen des internen Erfüllungs- bzw. Ausgleichsanspruchs bereits am fehlenden Gemeinschaftsrechtscharakter des mitgliedstaatlichen Teils gemischter Abkommen. Auch der EG kann aber aufgrund der Verletzung der Pflicht zur Zusammenarbeit, insoweit jedoch ohne die Möglichkeit des Rückgriffs auf Art. 288 Abs. 2 EGV, ein Ausgleichsanspruch gegen den zuständigen Mitgliedstaat zustehen. Das Bestehen eines solchen Schadensersatzanspruchs der EG sollte freilich alsbald auch primärrechtlich formuliert werden. 22. Die Streitbeilegung im Rahmen gemischter Abschlüsse geht immer dann mit (potentiellen) Anwendungsproblemen einher, wenn die Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe an dieser nicht ausdrücklich geregelt ist. Dies ist z. B. im Rahmen des WTO-Streitbeilegungsmechanismus der Fall. Mangels besonderer Vorschriften kommen in diesem EG wie Mitgliedstaaten als Beschwerdeführer und -gegner in Betracht. In der Praxis jedoch ist bisher stets die EG als (formal) einzige Beschwerdeführerin aufgetreten, unabhängig davon, ob der Streitgegenstand mitgliedstaatliche Kompetenzen berührt hat oder nicht. Die Gründe hierfür liegen in einer möglichst effektiven und erfolgreichen Durchführung der DSU-Verfahren und der ebensolchen Durchsetzung der Entscheidungen des DSB. So ginge z. B. eine isolierte mitgliedstaatliche Beschwerde mit dem faktischen Verlust der Möglichkeit der „cross-retaliation“ nach Art. 22 Abs. 3 lit. c) DSU einher. Wird die Gemeinschaftsgruppe dagegen von einem Handelspartner in Anspruch genommen, bemüht sich die EG sehr erfolgreich darum, dass entweder – im Bereich des GATT – sie alleine als Beschwerdegegnerin oder – in Bereichen mit mitgliedstaatlicher Zuständigkeit – sie zumindest als „co-defendant“ neben den Mitgliedstaaten benannt wird. 23. Aus der WTO-Streitbeilegungspraxis lässt sich daher für gemischte Abschlüsse im Allgemeinen der Schluss ziehen, dass sich das Auftreten der Gemeinschaftsgruppe im Rahmen der Streitbeilegung so weit als möglich einerseits an der internen Kompetenzordnung und andererseits an der Pflicht zur Zusammenarbeit ausrichten sollte.
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24. Der zusätzliche „Verfassungscharakter“ von Organisationssatzungen führt bei gemischten Mitgliedschaften mithin lediglich zu partiellen Verschärfungen der generell bei gemischten Abschlüssen bestehenden Anwendungsprobleme. Eine Änderung in ihrer Natur bzw. Rechtsqualität ist dagegen nicht gegeben.
D. Die wichtigsten Ergebnisse des fünften Teils 25. Das Rechtskonzept der gemischten Abschlüsse weist ein Vielzahl gemeinsamer Grundstrukturen auf. Dabei ragen aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht die Pflicht zur Zusammenarbeit und aus völkerrechtlicher Sicht das Alternativitätsprinzip heraus. Die gemischte Mitgliedschaft ist dabei lediglich als ein besonderer Anwendungsfall gemischter Abkommen anzusehen. Da jedoch die im externen, d.h. völkerrechtlichen Verhältnis bestehenden Grundstrukturen durch den Willen der Vertragspartner beliebig modifizierbar sind, finden sich in der Praxis eine Vielzahl von Abweichungen, so dass ein bestimmtes Modell gemischter Abschlüsse, das über gemeinsame Grundstrukturen hinausgeht, nicht aufgezeigt werden kann. 26. Die besonderen Strukturmerkmale gemischter Abschlüsse sind gleichbedeutend mit substantiellen rechtlichen Modifikationen der gemischten gegenüber etwaigen Einzelbeteiligungen von EG und Mitgliedstaaten. Diese führen zu einer besonderen Rechtsnatur gemischter Mitgliedschaften, die deutlich wird, wenn man zwischen den Einzelmitgliedschaften einerseits und deren gemeinsamer Verbindung andererseits unterscheidet: So handelt es sich bei gemischten Mitgliedschaften einerseits um vollwertige, jedoch – aufgrund einer Vielzahl von Modifikationen, die bereits aus dem gemischten Charakter selbst folgen und daher keiner ausdrücklichen Normierung bedürfen – rechtsausübungsbeschränkte Mitgliedschaften von EG und Mitgliedstaaten. Diese ergänzen sich aufgrund der ihnen gemeinschaftsintern zugrundeliegenden Kompetenzteilung gegenseitig und sind daher komplementärer Natur. 27. Während die Kompetenzübertragung zugunsten der EG ursächlich für die Notwendigkeit ihrer eigenständigen Beteiligung im internationalen Rechtsverkehr ist, ist die daraus folgende Kompetenzteilung zwischen EG und Mitgliedstaaten eigentlicher Ursprung gemischter Abschlüsse. Tatsächlich sind jedoch noch andere, teilweise stärkere Gründe bzw. Interessen für die Wahl eines gemischten Abkommens ausschlaggebend: Aus gemeinschaftsinterner Sicht ist vor allem das Verhalten der Mitgliedstaaten zu beachten, die ihre – über den Rat – bestehenden Einflussmöglichkeiten auf die Wahl der Vertragsschlusskompetenzen und den Vertragsgegenstand primär dazu nutzen, ihre eigene Stellung im internationalen Rechtsverkehr so weit als
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möglich zu bewahren. Aus externer Sicht sind es primär die in aller Regel nicht mit der internen Kompetenzteilung abstimmbaren Vertragsgegenstände sowie die noch immer bestehenden Vorbehalte der Drittstaaten gegen eine alleinige EG-Beteiligung, die zu gemischten Abschlüssen führen. Beides gilt in besonderem Maße im Hinblick auf gemischte Mitgliedschaften, da internationale Organisationen einerseits einen oftmals sehr weitreichenden Aufgabenbereich besitzen und andererseits die Staatengemeinschaft insoweit noch sensibler auf ein „Eindringen“ einer Organisation in eigentlich staatliche Aufgabenbereiche reagieren. 28. Allerdings stimmt die Rechtswirklichkeit im Zusammenhang mit gemischten Abschlüssen in zweifacher Hinsicht nicht mit den soeben skizzierten Grundsätzen überein: Zum einen hat die EG generell im völkervertraglichen Verkehr keine ihrem tatsächlichen Kompetenzumfang entsprechende Position inne. Die Ursache dafür ist offensichtlich, führen doch viele der genannten Gründe für gemischte Abschlüsse zu einer Abweichung von der tatsächlichen gemeinschaftsinternen Kompetenzordnung. Zum anderen besteht eine unterschiedlich starke Verbreitung von gemischten Abkommen einerseits und gemischten Mitgliedschaften (vor allem in klassischen internationalen Organisationen) andererseits. Ursächlich hierfür sind die, im Vergleich zu den Hindernissen für den Abschluss eines „einfachen“ Abkommens, weitaus stärkeren Hindernisse für Mitgliedschaften der EG. Diese Hindernisse folgen einerseits aus dem Ausnahmecharakter gemischter Mitgliedschaften, andererseits aber auch daraus, dass manche der Gründe, die im Zusammenhang mit einfachen Abkommen „nur“ einen gemischten anstelle eines reinen Abschlusses durch die EG zur Folge haben, bereits Mitgliedschaften der EG als solchen entgegenstehen. 29. Die im Mai 2004 und Januar 2007 erfolgte Erweiterung (sowie eventuelle zukünftige Erweiterungsrunden) werden aller Voraussicht nach zu einem weiteren Ansteigen der Anzahl gemischter Abkommen führen. Zwar schafft die größere Zahl von Mitgliedstaaten in Zusammenhang mit gemischten Abschlüssen zugleich höhere formelle (Ratifizierungs-)Hürden. Doch stellen gerade gemischte Abkommen als „Kompromissinstrumente“ das geeignete Mittel dar, um den durch die höhere Anzahl von Mitgliedstaaten erhöhten Kooperationsdruck innerhalb des Rates zu kompensieren. Der Verfassungsvertrag dagegen hätte, selbst wenn er in seiner jetzigen Form vollumfänglich Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung werden würde, allenfalls geringe Auswirkungen auf gemischte Abkommen und Mitgliedschaften, enthält er doch im Zusammenhang mit gemischten Abschlüssen kaum grundlegende Änderungen bzw. Neuerungen. 30. Die Rezeption gemischter Abkommen im Schrifttum ist äußerst unterschiedlich und reicht von sehr ablehnenden Stimmen bis hin zu vehementen
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Befürwortern. Generell überwiegt eine praktische Sichtweise dahingehend, dass die Rechtsfigur ein notwendiger Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung ist. Dem ist zuzustimmen, spiegelt die starke praktische Bedeutung gemischter Abschlüsse doch nichts anders als die rechtliche wie politische Realität innerhalb des Europas der 27 wider. Ist ein gemischter Abschluss kompetenzrechtlich unumgänglich, bietet die Rechtsfigur, trotz der zwingend mit dieser einhergehenden Anwendungsprobleme, ein geeignetes und anerkanntes Instrument, die internationale Mitwirkung der Gemeinschaftsgruppe sicherzustellen und kann daher – allerdings in aufgrund des wenig kooperativen Verhaltens der Mitgliedstaaten eingeschränktem Maße – als „Erfolgsgeschichte“ bezeichnet werden. 31. Bei gemischten Mitgliedschaften scheinen bereits die nackten Zahlen gegen eine ähnlich positive Bewertung zu sprechen, gibt es doch bisher mit der WTO und der FAO überhaupt erst zwei Beispiele gemischter Mitgliedschaften in bedeutenden, universell ausgerichteten internationalen Organisationen. Betrachtet man zudem die beiden genannten Beispiele genauer, steht sogar – zumindest auf den ersten Blick – die generelle Eignung der Rechtsfigur in Frage. Schließlich wird die FAO-Mitgliedschaft von Teilen des Schrifttums vehement kritisiert, während auch die WTO kaum als Gegenbeispiel dienen kann. Zwar wird die Zusammenarbeit der Gemeinschaftsgruppe in dieser durchweg positiv beurteilt, was jedoch aufgrund der historischen Besonderheiten sowie der starken kompetenzrechtlichen Stellung der EG im Rahmen der Handelspolitik nur eingeschränkt allgemeingültige Aussagekraft besitzt. 32. Die Kritik an der FAO-Mitgliedschaft macht jedoch deutlich, dass die bestehenden Schwierigkeiten nicht auf strukturelle, generelle Probleme der Rechtsfigur, sondern vielmehr auf die Besonderheiten des konkreten Anwendungsfalls zurückzuführen sind. So beruht die fehlende Effektivität der Gemeinschaftsgruppe innerhalb der FAO vor allem auf der durch die Pflicht zur regelmäßigen Abgabe von Kompetenzerklärungen ausgelösten Mehrbelastung. Diese wiederum hat ihren Ursprung zwar im Alternativitätsprinzip und damit in einem grundlegenden Merkmal gemischter Beteiligungen. Zu einem Hindernis für die Effektivität der Gemeinschaftsgruppe führt jedoch vor allem die konkrete Umsetzung des Prinzips in Gestalt (zu) weitreichender Erklärungspflichten. 33. Um gemischten Mitgliedschaften eine „Erfolgschance“ zu ermöglichen, ist daher zweierlei zu beachten: Extern sollte in der Satzung weitestgehend auf besondere Regelungen für die EG bzw. die Gemeinschaftsgruppe verzichtet und die Umsetzung der gemischten Beteiligung der Gemeinschaftsgruppe überlassen werden. Soweit dies allerdings – wie z. B. im Hinblick auf die Stimmrechtsausübung – praktisch nicht ratsam ist bzw. die Drittstaaten auf
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Sonderregelungen bestehen, sollten letztere wenigstens keinem Grundprinzip gemischter Abschlüsse widersprechen. Genau dies ist jedoch im Falle der FAO geschehen, bei der die Pflicht zur regelmäßigen Abgabe von Kompetenzerklärungen gerade dazu führt, dass Kompetenzkonflikte nicht, wie eigentlich durch einen gemischten Abschluss bezweckt, vermieden, sondern ständig geführt werden müssen. Intern bedarf es stets einer konstruktiven Zusammenarbeit zwischen EG und Mitgliedstaaten. 34. Auch wenn gemischte Mitgliedschaften (noch) nicht als „Erfolgsgeschichte“ der europäischen Integration bezeichnet werden können, hat die Rechtsfigur doch zumindest ausreichendes Erfolgspotential. Dies setzt allerdings voraus, dass die Mitglied- wie Drittstaaten die Notwendigkeiten und Vorteile der Rechtsfigur in ähnlichem Maße anerkennen, wie sie es bei „einfachen“ gemischten Abkommen bereits getan haben. Die Schaffung spezifischer primärrechtlicher Vorgaben, z. B. im Zusammenhang mit der Pflicht zur Zusammenarbeit oder dem gemeinschaftsinternen Haftungsausgleich könnte bei der weiteren Entwicklung gemischter Mitgliedschaften von großem Vorteil sein.
Anlage
The „Code of Conduct“ Agreed between the Council, the Member States and the Commission on the „post-Uruguay Round“ Negotiations on Services1 1. With regard to the negotiations on trade in services provided for in the Ministerial Decisions made at Marrakech on 15 April 1994 and in other discussions on trade in services conducted under the authority of either the Preparatory Committee or of the Council for Trade in Services of the World Trade Organization, it was agreed that, while reserving positions concerning a new mandate and the question of distribution of competences and without prejudice to the results of the Commission’s request to the Court for its opinion on competence, the Commission should continue:2 (a) to negotiate on behalf of the Community and the Member States in the abovementioned negotiations and discussions; (b) to inform the Member States as far in advance as possible of the time and place of all discussions and negotiations to be held with other parties either in the context of formal negotiating groups or otherwise, when Member States have not been informed directly; (c) to express positions reached on all issues according to the relevant decision making procedures;3 (d) to ensure that representatives of all Member States are in position to attend all substantive meetings and negotiations, noting that the Member States may ask the Presidency to attend on their behalf; (e) to circulate promptly to the Member States any notes, formal or informal, produced by the [WTO] Secretariat and other participants, including the Commission itself, which have not been sent to the Member States directly.
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Text entnommen: Heliskoski, FYIL 1996, 59 (132 f.). The following declaration will be entered in the minutes of the Council: „The Council, the Member States and the Commission agree that paragraph 1 of this Code of Conduct does not prevent the Commission from exploring, on its responsibility, solutions on all issues under negotiation.“ 3 The following declarations will be entered in the minutes of the Council: (a) „The Council declares that the phrase in paragraph 1(c) ,The relevant decision making procedures‘ means, in the case of national competence, consensus“; (b) „The Commission declares that, in implementing the relevant decision making procedures, every effort should be made to reach consensus.“ 2
Anlage
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2. The Council resolves to review regularly the progress of the negotiations on the basis of reports by the Commission submitted in good time, so that the Council may hold its deliberations after due preparation. The Council will further consider the formulation of negotiating objectives for each sector of services, and reserves its right to give the Commission to appropriate directives in good time.
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Sachwortverzeichnis Alternativitätsprinzip – als Rechtsausübungsbeschränkung 300 – Ausnahmefälle 197 – generelle Gültigkeit 210 – Generelles 196 – Haushaltsregelungen 200 – Praxis 195, 200 – Stimmrechte 196 – Teilnahmerechte 201 – vs. Gleichheitsgrundsatz 203 – Zugang zu Wahlpositionen 203 Assoziierungsabkommen 23, 45 Beobachterstatus 91 EBWE 80, 88, 198, 319 EG – als internationale Organisation 61 – außenpolitische Rolle 75 – Entwicklungslinien 82, 95, 108 – Rechtsnatur 61 – Völkerrechtssubjektivität 63 Erweiterung der EG – Folgen für gemischte Abschlüsse 328 – höhere Ratifizierungshürden 329 – Kritik an der 328 EuGH – Auslegungszuständigkeit 271 – „geteilte“ Kompetenzen 50 – Grundsatz des einheitlichen Außenauftretens 129, 148, 171 – implizite Außenkompetenzen 39 – implizite ausschließliche Außenkompetenzen 45 – und das Konzept der gemischten Mitgliedschaft 81
– und das Konzept der Pflicht zur Zusammenarbeit 129 – und Kooperationsvereinbarungen 156 FAO – gemischte Mitgliedschaft in der 89 – Probleme der gemischten Mitgliedschaft in der 89, 253, 347 – ständige Kompetenzerklärungen 245 Fischereiorganisationen 84, 97 Fischereistreit 191 GASP 63, 306, 313, 334 gemischte Abkommen – Begriff 32 – Bewertung 338 – Definition 32 – Forschungsstand 25 – gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit 68 – Ratifizierung 137, 329, 339 – Rechtskonzept 32 – unechte 190 – Ursachen 36, 54 – Vertragsabschluss 137 – Vertragsverhandlungen 33, 135 – völkerrechtliche Zulässigkeit 61 gemischte Abschlüsse – Anwendungsbereich 165 – Ausblick 354 – Bindung 222 – bloße „akzessorische Verpflichtungen“ 167 – Erforderlichkeit 71, 165 – gegenseitige Abschlussermächtigung 67 – Haftung 222
Sachwortverzeichnis – – – – –
Handlungsalternativen 54 Möglichkeit 172 Ratspraxis 184 Rechtswirklichkeit 317 Sicherstellung der außenpolitischen Handlungsfähigkeit 57 – Streitbeilegung 282 – Strukturmerkmale 296 – und bloße „akzessorische Verpflichtungen“ 167 – und matierelles Recht 212 – Ursachen 54, 305, 308, 320 – Verhalten der Mitgliedstaaten 184, 309 – Vorbehalte der Vertragspartner 313 – Wahlmöglichkeit des Rates 176 gemischte Mitgliedschaft – als besonderer Anwendungsfall gemischter Abkommen 293, 297 – Anwendungsfälle 86 – Begriff 77, 124 – Beteiligung des EP 151 – Bewertung 300, 343, 351 – Definition 124 – „doppeltes Gerüst“ 93 – durch (Mit-)Gründung einer Organisation 118, 149 – durch nachträglichen Beitritt 119, 150 – Durchführung 153 – Effektivität 346 – Eignung 344 – Forschungsstand 27 – gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit 123 – Hindernisse 320, 345 – Historie 79 – komplementäre Verbindung 299, 301 – Rechtsausübungsbeschränkung 300 – Rechtskonzept 75, 76, 295, 300 – Rechtsnatur 298 – Verhalten der Mitgliedstaaten 322 – Verhandlungsphase 150, 151 – völkerrechtliche Zulässigkeit 123
387
– Voraussetzungen 105, 122 – Vorbehalte der Vertragspartner 321 Haftung – gemeinschaftsinterne 258 – Generelles 222 – gesamtschuldnernische 236 – Grundsatz der „gemeinsamen Verantwortlichkeit“ 228 – Grundsatz der gemeinsamen Verantwortlichkeit und WTO-Praxis 233 – Kompetenzerklärungen als Instrument der Bindungsbeschränkung 242 – kumulative 236 – völkervertragliche 224 ICAO 81, 312 IGH 63 ILC 99, 223 IMO 81, 312 internationale Konferenzen 93 internationale Organisationen – Begriff 61, 85 – EG als 62 – Generelles 75 – Historie 79 – Mitgliedschaftsfähigkeit 96 – Rolle 94 – Völkerrechtssubjektivität 63, 94 internationaler Organisationen, Kompetenzumfang 321 ITLOS 293 IWF 76 Kompetenzdefizit 60, 68, 231 Kompetenzen – AETR-Rechtsprechung 46 – ausdrückliche Außenkompetenzen 38 – ausschließliche Außenkompetenzen 44 – geteilte 50 – Gutachten 1/76-Doktrin 48, 176 – Gutachten 1/94 49, 180, 182 – implizite Außenkompetenzen 39
388
Sachwortverzeichnis
– konkurrierende 51 – parallele 52, 59 – Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung 37 Kompetenzerklärung – FAO-Erklärung 254 – SRÜ-Erklärung 255 Kompetenzerklärungen – Bewertung 257 – faktische Probleme 253 – FAO-Modell 245 – Generelles 242 – rechtliche Probleme 246 – Rechtsfolgen 246 – Rechtsnatur 246 – Trennungsklauseln 243 Kooperationsvereinbarungen – Anwendungsfälle 154 – Bewertung 164, 353 – FAO-Vereinbarung 155, 347 – GATS-Vereinbarung 155, 161 – Generelles 152 – „gentlemen’s agreements“ 156 – Handlungspflicht 158 – PROBA 20 154 – Rechtsnatur 156 – Rs. C-25/94 156 Mitgliedschaftsermächtigung – Bewertung 115, 118 – Grenzen 116 – Herleitung 110 – im EGV 105 – in der Rechtsprechung des EuGH 111 – Vertragsschlusskompetenzen als 107 MOX Plant Case 215 Organisationsmitgliedschaft – Ausnahmecharakter 323 – Begriff 93 – Beschränkungen 101
– gemeinschaftsrechtliche Voraussetzungen 105 – Gleichstellung mit staatlichen Mitgliedschaften 96 – Problem der Nichtumsetzung internationaler Verflichtungen 260 – Rechtsnatur 122, 206 – Subordinationsklausel 103, 139 – völkerrechtliche Voraussetzungen 94 – zugrundeliegende Rechtsinstrumente 96 – Zulässigkeit 98 Organisationssatzung – als „Verfassung“ der Organisationen 212, 294 – Inhalt 100, 211, 255 – Öffnungsklauseln 101, 187 package deals 56, 312, 320 parallele Mitgliedschaft 78, 125 Pflicht zur Zusammenarbeit – als Anspruchsgrundlage 281 – Besonderheiten bei gemischten Mitgliedschaften 148 – Enthaltungspflicht 146 – fehlende Kodifizierung 128, 355 – Generelles 128 – Gutachten 1/94 145 – Inhalt 142 – Konsenspflicht 144 – Rechtsgrundlage 130 – Rechtskonzept 129 Rohstofforganisationen 84, 87 Rumpforganisationen 25, 85, 319 Souveränität 204 SRÜ 87, 195, 215, 244, 247, 251 supranationale Organisation 62 Swordfish-Fall 293 UdSSR 79 USA 89, 163, 209, 233, 239, 260, 292
Sachwortverzeichnis
389
Verfassungsvertrag – Ablehnung des 328 – Abschaffung der Säulenstruktur 333 – Änderung der Kompetenzordnung 335 – Regelungslücken bei gemischten Abschlüssen 334 – und gemischte Abschlüsse 332 – Zukunft des 333, 338 VN – fehlende Mitgliedschaft der EG 318 – Generalversammlung 91 – Historie 79 – VN-System 89 – Völkerrechtssubjektivität 63 VN-Charta 204 Völkerbund 79 völkerrechtlicher Gleichheitssatz 204
– gemischte Mitgliedschaft in der 89
WTO – GATT 82, 216, 221
– Generelles 283
– gemischte Mitgliedschaft und materielles WTO-Recht 216 – historische Entwicklung 82, 295 – Pflicht zur Zusammenarbeit in der 158 – Streitbeilegungspraxis und Grundsatz der gemeinsamen Verantwortlichkeit 233 WTO-Streitbeilegungssystem – Bewertung 293 – cross-retaliation 159, 287 – Gemeinschaftsgruppe als Beschwerdeführer 284 – Gemeinschaftsgruppe als Beschwerdegegner 290 – Übertragbarkeit 293