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German Pages 1126 [1132] Year 1985
Festschrift für Walter Stimpel zum 68. Geburtstag
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Festschrift für WALTER STIMPEL zum 68. Geburtstag am 29. November 1985
herausgegeben von
Marcus Lutter
Hans-Joachim Mertens
Peter Ulmer
w DE
G 1985
Walter de Gruyter · Berlin · New York
Gedruckt auf säurefreiem Papier (alterungsbeständig - pH 7, neutral)
CIP-Kurztitelaufnähme
der Deutschen
Bibliothek
Festschrift für Walter Stimpel zum 68. [achtundsechzigsten] Geburtstag am 29. November 1985 / hrsg. von Marcus L u t t e r . . . - Berlin ; New York : de Gruyter, 1985. ISBN 3-11-009820-2 N E : Lutter, Marcus [Hrsg.]; Stimpel, Walter: Festschrift
© Copyright 1985 by Walter de Gruyter & Co., 1000 Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Ubersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany Satz und Druck: Saladruck, 1000 Berlin 36 Buchbindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Buchgewerbe GmbH, 1000 Berlin 61
Vorwort A m 29. November 1985 vollendet Walter Stimpel sein 68. Lebensjahr. Damit geht eine in ihren Ausstrahlungen und Wirkungen ungemein fruchtbare Richtertätigkeit im II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zu Ende. Seit der Berufung Walter Stimpels zum Bundesrichter im Juli 1965 umfaßt sie eine Spanne von mehr als 20 Jahren, dokumentiert sich in einer Vielzahl von Grundsatzentscheidungen des Senats seit dem 45. Band der Amtlichen Sammlung, an denen er als Berichterstatter oder - seit August 1971 - als Vorsitzender des Senats maßgeblich mitgewirkt hat, und hat in der Ernennung zum Vizepräsidenten des B G H im Jahre 1978 eine hochverdiente Auszeichnung gefunden. Autoren und Herausgeber dieser Festschrift haben das Datum gerne zum Anlaß genommen, dem Jubilar mit den auf die Tätigkeitsgebiete des Senats bezogenen Beiträgen ihren Respekt und ihre Zuneigung zum Ausdruck zu bringen. Die Festschrift spiegelt damit das außerordentlich starke und fast durchweg zustimmende Echo wider, das die Rechtsprechung des II. Zivilsenats während der letzten 15 Jahre in der Fachöffentlichkeit gefunden hat. Walter Stimpel hat sich - in der für ihn charakteristischen, äußerlich unauffälligen Art - immer unter den Ersten seines Jahrgangs oder Tätigkeitsfelds befunden. Die Richterlaufbahn schien ihm keineswegs in die Wiege gelegt. 1917 in der Oberlausitz (Sachsen) geboren, machte er schon zu Weihnachten 1935 (vorgezogen für Offiziersbewerber) das Abitur, um sich entsprechend seinem Berufswunsch bei der Luftwaffe zum Flugzeugführer ausbilden zu lassen. Den Krieg erlebte er zunächst als Fliegerleutnant, später als Staffelkapitän, Ritterkreuzträger und Major i. G. Das Kriegsende machte den Weg frei für die zweite — und diesmal endgültige - Berufswahl: die Jurisprudenz. Nach dem Studium in Kiel und der Referendarzeit im OLG-Bezirk Braunschweig, unterbrochen durch einen achtmonatigen Studienaufenthalt in den U S A an der Yale Law School, beendete er die Ausbildung 1954 mit dem Assessorexamen. Die folgende, selbst für die damalige Zeit beispielhafte Laufbahn führte ihn in nur 11 Jahren über die Stationen des Landgerichtsrats (mit Abordnung von 1955-1957 an das Niedersächsische Justizministerium in Hannover), des OLG-Rats in Braunschweig im Jahr 1960 und des stellvertretenden Vorsitzenden des Landesjustizprü-
VI
Vorwort
fungsamtes beim Niedersächsischen Ministerium der Justiz (1961) zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe. Walter Stimpels Eintritt in den II. Zivilsenat vollzog sich zunächst unauffällig und ohne daß die Fachöffentlichkeit hiervon besondere N o t i z nahm. Daß es sich um eine Sternstunde für das Gesellschaftsrecht und die sonstigen, dem Senat anvertrauten Rechtsgebiete handelte, wurde freilich auch für Außenstehende spätestens im Laufe der 70er Jahre sichtbar, nachdem Walter Stimpel seit Übernahme des Vorsitzes mehr und mehr Stil und Inhalt der Entscheidungen des Senats geprägt und der Rechtsprechung, die lange Jahre im Zeichen seines großen Vorgängers Robert Fischer stand, in gelungenem Zusammenwirken mit seinen Senatskollegen wesentliche neue Impulse gegeben hatte. Die Besinnung auf Gemeinsamkeiten, aber auch auf Unterschiede zwischen Walter Stimpel und Robert Fischer, dem er in seinem Nachruf in Z H R 147 (1983), 277 ein Denkmal gesetzt hat, mag dazu beitragen, die Verdienste und Wirkungen des Jubilars für das Recht, die Rechtsfortbildung und die Rechtswissenschaft deutlich zu machen. Beide Vorsitzende gehören zu den großen Richterpersönlichkeiten, deren Kunst der Verhandlungsführung zu Recht gerühmt, von den prozeßbeteiligten Anwälten wegen der ins Schwarze treffenden Fragen bisweilen freilich auch gefürchtet wurde. Unter beiden Vorsitzenden war es für außenstehende Prozeßbeobachter ein besonderer Genuß, an Verhandlungen teilzunehmen, der Analyse des Einzelfalls zu folgen und die Entwicklung der maßgeblichen, stets auch die Folgewirkung berücksichtigenden Rechtssätze mitzuerleben. Und beider Wirken hat in der Rechtsprechung des Senats unter ihrem Vorsitz seinen deutlichen Niederschlag gefunden. Insoweit sind allerdings auch die charakteristischen Unterschiede zwischen beiden unverkennbar. Denn für Robert Fischer stand trotz seines starken rechtswissenschaftlichen Interesses, das er in zahlreichen Zeitschriftenbeiträgen und grundlegenden Kommentierungen des Gesellschaftsrechts dokumentiert hat, die Herausbildung eines ausgewogenen, den Interessen der Beteiligten und dem Schutz der Schwächeren dienenden Fallrechts im Mittelpunkt, wie er es vor allem in seinem Aufsatz über die Rechtsprechung zu den Stimmbindungsverträgen in der Festschrift für O t t o Kunze oder in seinen methodischen Untersuchungen über das Phänomen des Richterrechts deutlich gemacht hat; gegenüber der Systembildung und Dogmatik war er eher zurückhaltend. Demgegenüber liegen die bleibenden Leistungen und Verdienste von Walter Stimpel gerade auch in diesen Bereichen, wenn er hiervon auch nie viel Aufhebens gemacht und in der wissenschaftlichen Diskussion über die Urteile seines Senats grundsätzlich anderen den Vortritt gelassen hat. W e r etwa den inzwischen erreichten Rechtsstand im Recht der V o r - G m b H oder bei der Publikums-KG mit demjenigen vor 15
Vorwort
VII
Jahren vergleicht, kann der darin zum Ausdruck gekommenen, außergewöhnlichen Ordnungsfunktion der Rechtsprechung des II. Zivilsenats und den nicht nur in ihren Ergebnissen, sondern auch in ihren systematischen Ansätzen überzeugenden Leitentscheidungen seine Anerkennung nicht versagen. Diese Leistung hat auch in der Gesetzgebung des letzten Jahrzehnts ihren sichtbaren Niederschlag gefunden; so wurden entweder (wie bei den Gesellschafterdarlehen im GmbH-Recht oder beim Gläubigerschutz in der GmbH & Co. KG) Rechtsprechungslösungen in das Gesetz übernommen oder es wurde (wie bei der Publikums-KG) auf die ursprünglich geplante gesetzliche Regelung ganz verzichtet. Es ist nicht Aufgabe dieses Vorworts, die Fülle der Grundsatzentscheidungen aus dem Gesellschafts- und Mitbestimmungsrecht, aber auch aus dem Wertpapier-, Bank- und Kapitalmarktrecht hervorzuheben, die vom II. Zivilsenat unter dem Vorsitz von Walter Stimpel getroffen worden sind, zumal das zu einem guten Teil in den Beiträgen dieser Festschrift geschieht. Beschränkt man sich auf einige Meilensteine im Gesellschaftsrecht, so verdienen in erster Linie Erwähnung die Urteile zur Treupflicht in der GmbH (BGHZ 65, 15 - ITT), zur Firma der GmbH & Co. KG (BGHZ 62, 216; 65, 103), zur qualifizierten Gesellschafternachfolge im Todesfall eines OHG- oder KG-Gesellschafters (BGHZ 68, 225), zur Aufgabe des Vorbelastungsverbots in der VorGmbH (BGHZ 80, 129) sowie - last not least - zur Zulassung der Aktionärsklage gegen grundlegende, in die Mitgliedschaft eingreifende Vorstandsentscheidungen (BGHZ 83, 122 - Holzmüller), auch wenn gerade die letztgenannte Entscheidung nicht ohne lebhaften Widerspruch aus Wissenschaft und Praxis geblieben ist. Schon erwähnt wurde die Pionierarbeit im Bereich der Publikums-KG, deren tragende Grundgedanken vom Senat im wesentlichen ohne Rückgriff auf Vorarbeiten in der Literatur entwickelt und von Walter Stimpel in seinem Beitrag zur Festschrift für Robert Fischer prägnant herausgearbeitet wurden. Das verdiente Echo von Wissenschaft und Fachöffentlichkeit auf das Wirken von Walter Stimpel blieb nicht aus. Die Tübinger Juristenfakultät verlieh ihm den Doctor honoris causa, er ist Mitherausgeber verschiedener juristischer Zeitschriften, darunter der Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht und der Aktiengesellschaft, gesuchter Diskussionsredner auf wissenschaftlichen Symposien und Fachkongressen und souveräner Schiedsrichter in vielen schwierigen nationalen und internationalen Schiedsgerichtsverfahren. Auch der - trotz ihrer strikten Themenbegrenzung - ungewöhnliche Umfang dieser Festschrift und die Vielfalt der daran mitwirkenden Autoren belegen die große Wertschätzung, die dem Jubilar von allen Seiten entgegengebracht wird. Ließe das Richtergesetz Ausnahmen von der Altersgrenze in besonders begründeten Fällen zu, so gäbe es keinen Zweifel an dem einhelligen
VIII
Vorwort
Wunsch, Walter Stimpel möge dem II. Zivilsenat auch weiterhin Vorsitzen. Da diese Möglichkeit verschlossen ist, richten sich H o f f n u n g e n und Erwartungen von Autoren und Herausgebern der Festschrift auf die dritte Phase im Berufsleben von Walter Stimpel, die - ohne Verzicht auf Höhenflüge - weiterhin dem Gesellschaftsrecht verbunden bleiben möge. Ad multos annos. Marcus Lutter
Hans-].
Mertens
Peter
Ulmer
Inhalt
I. Methodische Grundfragen höchstrichterlicher Rechtsprechung FRIEDRICH KÜBLER, Dr. jur., o. Professor an der Universität Frankfurt a.M.: Die Autorität der Sachnähe. - Beobachtungen zum Verhältnis von Richter und Gesetz am Beispiel des kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens
3
KARL NÜSSGENS, Dr. jur., Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D., Honorarprofessor an der Universität Bonn: Rückwirkung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Ratenkreditverträgen?
15
PETER RAISCH, Dr. jur., o. Professor an der Fern-Universität Hagen: Zur Analogie handelsrechtlicher Normen
29
ECKARD REHBINDER, Dr. jur., o. Professor an der Universität Frankfurt a. M.: Richterlicher Aktivismus im Personengesellschaftsrecht und Kautelarjurisprudenz: Ist eine Koexistenz möglich?
47
H A R M P E T E R WESTERMANN, D r . j u r . , o . P r o f e s s o r an d e r F r e i e n U n i v e r s i -
tät Berlin: Die geltungserhaltende Reduktion im System der Inhaltskontrolle im Gesellschaftsrecht
69
II. Personengesellschaftsrecht OLIVER C. BRÄNDEL, Dr. jur., Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe: Änderungen des Gesellschaftsvertrages durch Mehrheitsentscheidung. - Der „Bestimmtheitsgrundsatz" im Wandel der Rechtsprechung
95
Inhaltsverzeichnis
Χ
HELMUT BRANDES, Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe: Verjährung von Gesellschafts- und Gesellschafterschuld im Recht der Personenhandelsgesellschaften
105
REINHARD GOERDELER, D r . jur., Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt, V o r -
standsmitglied der Deutschen Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt a. M.: Die Zuziehung von Sachverständigen bei der Einsicht in die Bücher . . .
125
WALTHER HADDING, Dr. jur., o. Professor an der Universität Mainz: Zum Rückgriff des ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters einer O H G oder K G ,
139
UWE HÜFFER, Dr. jur., o. Professor an der Ruhr-Universität Bochum: Die Gesamthandsgesellschaft in Prozeß, Zwangsvollstreckung und Konkurs
165
BRIGITTE KNOBBE-KEUK, Dr. jur., o. Professor an der Universität Bonn: Die unbeschränkte Kommanditistenhaftung nach § 176 H G B - Schein und Wirklichkeit
187
HERBERT MESSER, Dr. jur., Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe: Gesellschaftsbezogene Forderungen als unselbständige Rechnungsposten in der Auseinandersetzungsrechnung der Gesellschaft
205
KARSTEN SCHMIDT, Dr. jur., o. Professor an der Universität Hamburg: Die Beschlußanfechtungsklage bei Vereinen und Personengesellschaften. - Ein Beitrag zur Institutionenbildung im Gesellschaftsrecht
217
III. Recht der Publikumsgesellschaften DIETER HOEGEN, Dr. jur., LL. Μ (Mich.), Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe: Einzelfragen zur Haftung bei Anlagevermittlung und Anlageberatung unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes KLAUS J .
247
HOPT, D r . jur., D r . phil., M. C . J . , o. Professor an der
Universität Bern: Haftung der Banken bei der Finanzierung von Publikumsgesellschaften und Bauherrenmodellen. - Zur Grenzziehung bei §123 Abs. 2 BGB, Einwendungsdurchgriff, culpa in contrahendo und Prospekthaftung . .
265
XI
Inhaltsverzeichnis
ALFRED KELLERMANN, Dr. jur., Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe: Zur Anwendung körperschaftsrechtlicher Grundsätze und Vorschriften auf die Publikums-Kommanditgesellschaft
295
ALBRECHT KRIEGER, Dr. jur. h. c., Ministerialdirektor im Bundesministerium der Justiz, Bonn: Empfiehlt sich eine gesetzliche Regelung der Publikums-KG?
307
KLEMENS PLEYER, Dr. jur., o. Professor an der Universität zu Köln: Zur Grundlage des Schadensersatzanspruches wegen fehlerhafter Prospekte beim Vertrieb von Anteilen an einer Publikums-KG in der Rechtsprechung des B G H
335
IV. GmbH-Recht HANS-JOACHIM FLECK, Richter am Bundesgerichtshof a.D., Karlsruhe: Die Beeinträchtigung erbrechtlicher Anwartschaften aufgrund von Gesellschafterbeschlüssen in der GmbH
353
PETER KREUTZ, Dr. jur., o. Professor an der Universität Kiel: Von der Einmann-zur „Keinmann"-GmbH?
379
MANFRED LIEB, Dr. jur., o. Professor an der Universität zu Köln: Meilenstein oder Sackgasse? - Bemerkungen zum Stand von Rechtsprechung und Lehre zur Vorgesellschaft
399
HANS-JOACHIM MERTENS, Dr. jur., o. Professor an der Universität Frankfurt a. M.: Der Beirat in der GmbH - besonders der mitbestimmten
417
JOACHIM MEYER-LANDRUT, D r . j u r . , R e c h t s a n w a l t , D ü s s e l d o r f :
Die Auslegung einfacher Kündigungsklauseln in GmbH-Satzungen . . .
431
RUDOLF NIRK, Dr. jur., Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof Karlsruhe, Honorarprofessor an der Universität Heidelberg: Zur Rechtsfolgenseite der Durchgriffshaftung
443
HANS-JOACHIM PRIESTER, D r . j u r . , N o t a r , H a m b u r g :
Testamentsvollstreckung am GmbH-Anteil JOACHIM
SCHULZE-OSTERLOH,
Dr.
jur.,
o.
463 Professor
an
der
Freien
Universität Berlin: Die verdeckte Gewinnausschüttung bei der GmbH als kompetenzrechtliches Problem
487
XII
Inhaltsverzeichnis
JOHANNES SEMLER, D r . j u r . , R e c h t s a n w a l t , O b e r u r s e l :
Die G m b H auf Aktien als Ausprägung der GmbH für das Publikum . .
507
JÜRGEN SONNENSCHEIN, Dr. jur., o. Professor an der Universität Kiel: Der einheitliche geschäftliche Betätigungswille bei der steuerrechtlichen Betriebsaufspaltung und das Gesellschaftsrecht
533
V. Allgemeines Kapitalgesellschafts- und Aktienrecht UWE BLAUROCK, Dr. jur., o. Professor an der Universität Göttingen: Einfluß im Unternehmen und die gesellschaftsrechtliche Haftungsstruktur
553
THEODOR HEINSIUS, Dr. jur., Rechtsanwalt, Chefsyndikus der Dresdner Bank A G , Frankfurt a. M.: Die Amtszeit des Aufsichtsrates mitbestimmter Gesellschaften mit beschränkter Haftung und mitbestimmter Aktiengesellschaften bei formwechselnder Umwandlung
571
MICHAEL HOFFMANN-BECKING, D r . j u r . , R e c h t s a n w a l t , D ü s s e l d o r f :
Zum einvernehmlichen Ausscheiden von Vorstandsmitgliedern. Bemerkungen im Anschluß an die Entscheidung B G H Z 79, 38 „Poullain/WestLB"
589
PETER HOMMELHOFF, Dr. jur., o. Professor an der Universität Bielefeld, Richter am Oberlandesgericht Hamm: Zur Anteils- und Beteiligungsüberwachung im Aufsichtsrat KLAUS-PETER MARTENS, D r . j u r . , o . P r o f e s s o r an d e r U n i v e r s i t ä t
603 Ham-
burg: Die bilanzrechtliche Behandlung internationaler Optionsanleihen nach §150 Abs. 2 AktG
621
DIETER REUTER, Dr. jur., o. Professor an der Universität Kiel: Möglichkeiten und Grenzen gesellschaftsrechtlicher und kapitalmarktrechtlicher Maßnahmen mit dem Ziel einer verbesserten Eigenkapitalversorgung der deutschen Wirtschaft. - Eine Nachlese zum 55. Deutschen Juristentag
645
DIETRICH RÜMKER, Dr. jur., Bankdirektor, Syndikus der Westdeutsche Landesbank - Girozentrale, Düsseldorf: Formen kapitalersetzender Gesellschafterdarlehen in der Bankpraxis . .
673
Inhaltsverzeichnis
XIII
PETER ULMER, Dr. jur., ο. Professor an der Universität Heidelberg: Zur Haftung der abordnenden Körperschaft nach §31 B G B für Sorgfaltsverstöße des von ihr benannten Aufsichtsratsmitglieds
705
VI. Konzern- und Unternehmensrecht G E O R G D Ö L L E R E R , D r . jur., D r . rer. p o l . h. c., V o r s i t z e n d e r R i c h t e r a m
Bundesfinanzhof, München: Die Anrechnung der Körperschaftssteuer bei Beteiligung einer Personenhandelsgesellschaft an einer Kapitalgesellschaft
729
VOLKER EMMERICH, Dr. jur., o. Professor an der Universität Bayreuth: Das Konzernrecht der Personengesellschaften - Rückblick und Ausblick
743
K A R L - H E I N Z FORSTER, D r . rer. pol., W i r t s c h a f t s p r ü f e r u n d
Steuerbera-
ter, Vorstandsmitglied der Treuarbeit Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, Frankfurt a. M., Honorarprofessor an der Universität Frankfurt a. M . : Überlegungen zur Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste aus Gewinnabführungsverträgen
759
ERNST GESSLER, D r . j u r . , M i n i s t e r i a l d i r e k t o r a. D . , H o n o r a r p r o f e s s o r an
der Universität Bonn: Einberufung und ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten .
771
ULRICH HÜBNER, Dr. jur., Licencie en droit, o. Professor an der Universität zu Köln: Die Ausgliederung von Unternehmensteilen in aktien- und aufsichtsrechtlicher Sicht
791
H A N S - G E O R G KOPPENSTEINER, D r . jur., o. P r o f e s s o r an der U n i v e r s i t ä t
Salzburg: Uber wirtschaftliche Abhängigkeit
811
MARCUS LUTTER, Dr. jur., o. Professor an der Universität Bonn: Organzuständigkeiten im Konzern THOMAS RAISER, Dr. jur., o. Professor an der Universität Gießen: Wettbewerbsverbote als Mittel des konzernrechtlichen Präventivschutzes
825
855
XIV
Inhaltsverzeichnis
FRANZ JÜRGEN
SÄCKER, D r . j u r . , D r .
rer. pol., o. P r o f e s s o r an
der
Universität Kiel: Inhaltskontrolle von Satzungen mitbestimmter Unternehmen durch das Registergericht
867
UWE H. SCHNEIDER, Dr. jur., o. Professor an der Technischen Hochschule Darmstadt: Die konzernweite Negativklausel. - Ein Beitrag zur Anpassung von Darlehensverträgen und von Anleihebedingungen an die Konzernlage ..
887
E R N S T STEINDORFF, D r . j u r . , o . P r o f e s s o r a n d e r U n i v e r s i t ä t M ü n c h e n :
Zur Rechtslage der Carl Zeiss-Stiftung HERMANN
STUMPF, D r .
jur., Vizepräsident
907 des
Bundesarbeitsgerichts
a.D., Honorarprofessor an der Universität zu Köln: Zur Kongruenz der Rechtszuweisungen im Betriebsrentengesetz
923
W I N F R I E D W E R N E R , D r . j u r . , R e c h t s a n w a l t , C h e f s y n d i k u s i. R . , F r a n k -
furt a. M.: Gewinnverwendung im Konzern
935
H E R B E R T WIEDEMANN, D r . j u r . , o . P r o f e s s o r a n d e r U n i v e r s i t ä t z u K ö l n :
Zum Widerruf von betrieblichen Versorgungszusagen
955
VII. Handels- und Schiffahrtsrecht KARL HEINZ BAUER, D r . jur., Richter a m B u n d e s g e r i c h t s h o f , K a r l s r u h e :
Zur außervertraglichen Haftung von Schiffseigner und Besatzung für Schäden Dritter aus dem Betrieb eines Binnenschiffers und zur Reform dieser Haftung
979
H A N S ERICH BRANDNER, D r . j u r . , R e c h t s a n w a l t b e i m B u n d e s g e r i c h t s h o f ,
Honorarprofessor an der Universität Karlsruhe: Das einzelkaufmännische Unternehmen unter Testamentsvollstreckung
991
O T T O - F R I E D R I C H F R E I H E R R VON G A M M , D r . j u r . , V o r s i t z e n d e r R i c h t e r
am Bundesgerichtshof, Karlsruhe: Die Unterlassungsklage gegen Firmenmißbrauch nach § 37 Abs. 2 H G B
ROLF HERBER, D r . jur., Ministerialdirigent im Bundesministerium
1007
der
Justiz a.D., o. Professor an der Universität Hamburg: Zur Fortentwicklung des deutschen Schiffahrtsrechts durch den B G H
1015
Inhaltsverzeichnis
XV
VIII. Kapitalmarkt-, Bank- und Wertpapierrecht KARL DIETRICH BUNDSCHUH, Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe:
Die Widerspruchsfrist im Einzugsermächtigungsverfahren
1039
CARSTEN PETER CLAUSSEN, D r . jur., Mitglied des Vorstandes der N o r d -
deutsche Landesbank - Girozentrale - Hannover, Honorarprofessor an der Universität Hamburg: Zur rechtlichen Fundierung des geregelten Freiverkehrs 1049
WERNHARD MÖSCHEL, D r . jur., o. Professor an der Universität T ü -
bingen : Eine Systematik von Bankenregulierungszielen
1065
EBERHARD SCHWARK, D r . jur., o. Professor an der Ruhr-Universität
Bochum: Gesellschaftsrecht und Kapitalmarktrecht
1087
I.
Methodische Grundfragen höchstrichterlicher Rechtsprechung
Die Autorität der Sachnähe Beobachtungen zum Verhältnis von Richter und Gesetz am Beispiel des kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens FRIEDRICH K Ü B L E R
I.
Die Einladung, sich an einer Festschrift für Walter Stimpel zu beteiligen, legt es nahe, über das Amt des Richters nachzudenken. Der zweite Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat im Laufe der letzten Jahrzehnte weite Bereiche des Gesellschaftsrechts grundlegend verändert. Nicht nur die beeindruckende Konsistenz des judiziellen Regelwerkes, sondern auch die vorliegenden Selbstzeugnisse der Akteure1 verdeutlichen, daß dieser Wandel durch bewußte und planmäßige Gestaltung bewirkt worden ist: er bestätigt einen historischen Vorgang, den der amerikanische Rechtshistoriker John P. Dawson vor anderthalb Jahrzehnten als „Germany's case law revolution" beschrieben hat2. Die Beurteilung, die diese Veränderungsprozesse im deutschen Fachschrifttum erfahren, ist nicht eindeutig. Im spezifischen Bereich des Gesellschaftsrechts werden die Ergebnisse der höchstrichterlichen Rechtsprechung von der gesellschaftsrechtlichen Literatur zumindest längerfristig und im Prinzip fast ohne Einschränkung nicht nur kritiklos akzeptiert, sondern ausdrücklich gutgeheißen3 und in der Folge vielfach von der Gesetzgebung übernommen4. Je mehr sich die Diskussion von den konkreten Regelungsproblemen entfernt, um so deutlicher artikuliert sich das Unbehagen an einer Entwicklung, die von dem Kodifikationsideal strikter richterlicher Bindung an abschließende Gesetzeswerke 1 Vgl. vor allem Stimpel in Pehle/Stimpel, Richterliche Rechtsfortbildung unter besonderer Berücksichtigung des gewerblichen Rechtsschutzes und des Personalgesellschaftsrechts (1969) S. 15ff.; R.Fischer, Die Weiterbildung des Rechts durch die Rechtsprechung (1971) insbes. S. 17ff. 2 The Oracles of the Law (1968) S. 432 ff. Zur Komplexität dieser Entwicklung s. nunmehr Ogorek, Richterkönig oder Subsumtionsautomat. Zur Justiztheorie im ^ . J a h r hundert (Typoskript 1984). 3 Zu den (seltenen) Ausnahmen dürfte vor allem B G H Z 83, 122 ff zu zählen sein. 4 Vgl. etwa §§19 IV, 129 a und 172 a HGB.
4
Friedrich Kübler
immer weiter weggeführt hat. Es wird Montesquieu beschworen: die rechtsprechende Gewalt sei nach wie vor „im politischen Sinne in der Tat ein pouvoir en quelque fa^on nulle"5. Das Richterrecht sei „ein süßes Gift", das „die nächste Krise für die Gerichtsbarkeit in unserem Staat" auszulösen droht; zur Abwendung dieser Gefahr soll „die Justiz ihre Praxis eines am Gesetz vorbeigehenden, sogar gegen das Gesetz arbeitenden Richterrechts überdenken"6. Die Überarbeitung des Schuldrechts wird nicht zuletzt zu dem Zweck erwogen, „vieles von der allzu ungebunden schweifenden Rechtsprechungspraxis wieder in den Griff zu bekommen"7. Und in diesen Kontext ist schließlich auch eine Methodenlehre einzuordnen, die beharrlich das Ziel verfolgt, die richterliche Entscheidung an ein beschränktes Arsenal präzise festgelegter Operationen wie Auslegung, Analogie, Lückenausfüllung uzw. zu binden8. Die Folie dieser Kritik, die sich im Prinzip nicht gegen die Ergebnisse des Einzelfalls', sondern gegen die tiefer reichenden Veränderungen im Funktionsgefüge der Rechtsordnung wendet, bildet ein Verständnis der Gesetzgebung, das sich an spezifischen Ordnungsvorstellungen orientiert10: es ist Aufgabe „des Gesetzgebers"11, die im Gerichtsverfahren zutage tretenden Sozialkonflikte ohne Rücksicht auf ihre politische Relevanz so rasch wie möglich durch gründlich erwogene Vorschriften zu schlichten, die zudem so knapp sein sollten, daß sie der anschwellenden „Normenflut" keine neue Nahrung geben. Diese - durchaus konsistente - Doppelforderung, die Legislative möge sich etwas mehr anstrengen und die Justiz etwas mehr zurückhalten, hat sich freilich in der Praxis bislang als wenig erfolgreich erwiesen. Am Beispiel einer der jüngsten Entscheidungen des zweiten Zivilsenats12, die zur Frage der kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen ergangen ist, sollen einige der Schwierigkeiten angedeutet werden, die einer Rückkehr in die besonnte Vergangenheit des Kodifikationszeitalters entgegenstehen. Flume, Richter ünd Recht, DJT (1966) Κ 26. Hattenhauer, Reform durch „Richterrecht"? ZRP 1978, 83, 87. 7 So - überwiegend referierend - Η. P. Westermann, Verabschiedung oder Überarbeitung des BGB? ZRP 1983, 249, 254; der Beitrag antwortet auf E. Wolf, Das BGB, eine unverzichtbare Grundlage des Rechtsstaates, ZRP 1983, 241, wo von „der Willkür einer gesetzesfremden Rechtsprechung" die Rede ist (S. 248). 8 Nachweise und Erörterung bei D.Simon, Die Unabhängigkeit des Richters (1975) S. 68 ff und 90 ff; vgl. auch Haverkate, Untaugliche Warnung vor dem Richterrecht, ZRP 1978, 88, 91. 9 Dort wird die Klage über das Ausufern des Richterrechts fast immer durch die Betroffenheit über die konkrete Entscheidung motiviert. 10 Nachweise bei Kübler, Kodifikation und Demokratie, J Z 1969, 64. 11 Vgl. etwa Diederichsen, Die Flucht des Gesetzgebers aus der politischen Verantwortung (1974). 12 B G H Z 90, 370. 5 6
Die Autorität der Sachnähe
5
II. 1. Der zweite Zivilsenat hat die für die rechtliche Behandlung kapitalersetzender Gesellschafterdarlehen maßgeblichen Regeln behutsam von Fall zu Fall entwickelt. A m Anfang steht der aus § 242 B G B abgeleitete Grundsatz der Unzulässigkeit widersprüchlichen Verhaltens: zur Abwendung der Konkurseröffnung wegen Uberschuldung werden Mittel zugeschossen, die nicht als Fremdkapital verbucht werden und darum auch in der Folge nicht als solches behandelt werden dürfen 13 . Im nächsten Schritt wird auf den „Zweck der gesetzlichen Kapitalerhaltungsvorschriften" abgestellt' 4 ; damit wird §30 I G m b H G zur maßgeblichen Norm 1 5 . Dieser Zweckbezug wird durch den Hinweis auf die Gefahrverteilung verdeutlicht: D e m Gesellschafter einer „vor dem Zusammenbruch stehenden Gesellschaft" soll es verwehrt sein, durch Hingabe und Abzug kurzfristiger Mittel „das damit verbundene R i s i k o . . . willkürlich auf die außenstehenden Gläubiger" abzuwälzen 16 ; in diesem Zusammenhang wird auch auf den Aspekt des Informationsvorsprungs verwiesen, den der Gesellschafter als Darlehensgeber gegenüber den außenstehenden Gläubigern genießt17. Auf dieser Grundlage wird der Ansatz im folgenden präzisiert: die in §30 I G m b H G vorgesehene Bindung der zugeschossenen Mittel tritt dann ein, „wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt der Leistung von dritter Seite keinen Kredit zu marktüblichen Bedingungen hätte erhalten können und deshalb ohne die Leistung hätte liquidiert werden müssen" 18 . Dasselbe gilt, wenn das einer liquiden und kreditwürdigen G m b H gewährte Gesellschafterdarlehen bei Eintritt der Kreditfähigkeit nicht abgezogen, sondern der Gesellschaft belassen worden ist". Weitere Voraussetzung ist, daß der Darlehensbetrag im Augenblick der Rückzahlung Teil des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens ist20, denn ein darüber hinausgehender Schutz des „jeweils notwendigen und angemessenen und nicht nur des eingetragenen Mindestkapitals" läßt sich §30 I G m b H G entnehmen21. Diese Grundsätze gelten ohne Rücksicht auf sonstige mit der Darlehenshingabe verknüpften Motive 22 auch dann, wenn ein Gläubiger
B G H Z 31, 258, 272; 67, 171, 175. B G H Z 67, 171, 175. 15 B G H Z 69, 274, 281. " B G H Z 75, 334, 336 f. 17 A . a . O . S.339. 18 B G H Z 76, 326, 330. 19 A . a . O . S.331 im Anschuß an B G H Z 75, 334, 337. 20 B G H Z 76, 326, 332. 21 A . a . O . S.334. 22 B G H Z 81, 311, 315. 13 14
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Friedrich Kubier
eine Beteiligung erwirbt"; sie erfassen auch die Fälle der Sicherung eines Fremdkredites durch einen Gesellschafter24 und der Rückzahlung an einen nahen Verwandten25. Dieser hier ganz knapp beschriebene Weg der Judikatur wurde von einer Fülle literarischer Stellungnahmen begleitet, die zumindest im Grundsätzlichen fast durchweg positiv lauten2'. 2. Mit der GmbH-Novelle vom 13. Mai 198027, die am 1. Januar 1981 in Kraft getreten ist, wurde unter anderem die Absicht verfolgt, auch die Frage der kapitalersetzenden Gesellschaftsdarlehen gesetzlich zu regeln. Eine umfangreiche Entwurfsfassung2' wurde im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens komprimiert, ohne daß sich der gewählte Ansatz grundlegend verändert hätte. § 32 a I GmbHG knüpft an die Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens über das Gesellschaftsvermögen an: Darlehen, die der Gesellschaft zu einem Zeitpunkt gewährt worden sind, „in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten", können nicht als Konkursforderung geltend gemacht werden. § 32 a II trifft eine entsprechende Regelung für von Dritten gewährte Darlehen, soweit für diese auf von Gesellschaftern eingeräumte Sicherheiten zurückgegriffen werden kann. Kraft der Generalklausel des dritten Absatzes gelten diese Bestimmungen „sinngemäß für andere Rechtshandlungen..., die der Darlehensgewährung nach Absatz 1 oder 2 wirtschaftlich entsprechen". § 32 b knüpft an § 32 a II an: hat die Gesellschaft das von einem Gesellschafter besicherte Darlehen eines Dritten im letzten Jahr vor der Konkurseröffnung zurückbezahlt, dann ist dieser Gesellschafter der GmbH zur Erstattung des zurückgewährten Betrages verpflichtet; die Forderung wird aber durch den Umfang und Wert der Sicherheit begrenzt. Für den Fall, daß ein
" A . a . O . S.316. 24 B G H Z 67, 171, 180 ff; 81, 252, 255. 25 B G H Z 81, 365, 368. 26 Vgl. insbes. Hachenburg/Ulmer, GmbHG (7. Aufl.) Anh. § 3 0 ; Wiedemann, Gesellschaftsrecht Bd. I (1980) S. 568 ff; Η neck, Gesellschaftsrecht (18.Aufl. 1983) § 3 6 II.4.; LutterlHommelhoff, Nachrangiges Haftkapital und Unterkapitalisierung in der GmbH, ZGR 1979, 31 ff; K.Schmidt, Fortschritte und Abstimmungsprobleme im Recht der kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen, ZGR 1980,567 ff; Geßler, Zur Problematik der kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen, ZIP 1981, 228; H.P. Westermann, Banken als Kreditgeber und Gesellschafter, ZIP 1982, 379 ff; Ullrich, Gesellschafterdarlehen der Banken in der Finanzkrise der GmbH, GmbH-Rdsch. 1983, 133 ff. 27 BGBl. I, 836; zu ihr Lutter, Die GmbH-Novelle und ihre Bedeutung für die GmbH, die GmbH & Co. KG und die AG, DB 1980, 1317ff; K. Schmidt, Grundzüge der GmbHNovelle, N J W 1980, 1769 ff; Gersch/Herget/Marsch/Stützle, Die GmbH-Reform (1980); Centrale für GmbH Dr. O. Schmidt (Hrsg.), Das neue GmbH-Recht in der Diskussion (1981). 28 RegE 1977, BR-Dr 404/77; die Entwurfsfassung ist auch wiedergegeben bei Roth, GmbHG (1983) § 3 2 a A n m . l .
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Gesellschafter selber das Darlehen gegeben hat, sehen die ebenfalls neueingeführten §§ 32 a K O und 3 b A n f G ein Anfechtungsrecht vor, wenn dem Gesellschafter Sicherung oder Befriedigung gewährt worden ist; in letzterem Fall ist die Anfechtung aber nur dann möglich, wenn die Rückzahlung im letzten Jahr vor Konkurseröffnung bzw. vor Geltendmachung des Anfechtungsrechtes erfolgt ist. 3. Der Unterschied zwischen judizieller und legislatorischer Regelung läßt sich (teilweise) mit der zeitlichen Koinzidenz ihrer Entstehung erklären: vor allem die wichtigen Urteile vom 26. November 1979 29 und vom 24. März 1980 30 konnten im Gesetzgebungsverfahren keine Berücksichtigung mehr finden 31 . Diese Diskrepanz beschränkt sich nicht auf den systematischen Ansatz; es ist vielmehr evident, daß das Gesetz in mehrfacher Hinsicht hinter den vom Bundesgerichtshof entwickelten Regeln zurückbleibt. Zwar treffen die gesetzlichen Bestimmungen nicht allein die Fälle, in denen es zur Eröffnung eines Konkurs- oder Vergleichsverfahrens gekommen ist 32 ; aber die Vorschrift des § 3 b A n f G , die im Hinblick auf diejenigen (zahlreichen) Gesellschaften besonders wichtig ist, über deren Vermögen bei Insolvenz ein Konkursverfahren mangels Masse nicht eröffnet wird, ist zumindest für den nicht von Juristen beherrschten Bereich kleinerer Unternehmen gesetzessystematisch ganz unglücklich piaziert worden. Gerade dieser Praxis sollte im G m b H G erschöpfende Rechtsauskunft geboten und der - auch für Juristen nicht immer leicht auffindbare - Weg in die entlegenen Gefilde des Anfechtungsgesetzes erspart werden 33 . Schwerer fällt ins Gewicht, daß die gesetzliche Regelung die Anknüpfung an § 30 G m b H G auflöst und damit die Mitgesellschafter und die Geschäftsführer aus der in § 3 1 III und IV vorgesehenen subsidiären Haftung entläßt. Am wichtigsten sind freilich die zeitlichen Schranken: die Rückzahlung des Darlehens kann gemäß § § 3 2 b G m b H G , 32 a K O und 3 b A n f G nur bis zum Ablauf eines Jahres beanstandet werden, während die Erstattungsansprüche, die § 3 1 I G m b H G der Gesellschaft einräumt, gemäß § 3 1 V G m b H G erst in fünf Jahren verjähren. Die Literatur hat diese AbweiB G H Z 75, 334. B G H Z 76, 326; vgl. B G H Z 90, 370, 378. 51 Die Fälle B G H Z 81, 252, 311 und 365 sind erst nach Inkrafttreten der Novelle, aber entsprechend der Uberleitungsbestimmung des Art. 12 § 3 der Novelle nach „altem Recht" entschieden worden. Der Zweck dieser Ubergangsregelung, das Vertrauen in den Fortbestand des bei Darlehensgewährung geltenden Rechts zu schützen, verdeutlicht zugleich, warum es der Rechtsprechung verwehrt war, sich an der gesetzlichen Regelung vor deren Inkrafttreten zu orientieren. 32 So Fischer, GmbHG (10. Aufl. 1983) § 3 2 a Anm. 1. 35 Deshalb erscheint die Feststellung Fischers allenfalls verkürzt, aber in der Sache durchaus plausibel. 29 30
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chungen frühzeitig als ein heikles Problem der Rechtsanwendung aufgefaßt. Eine eher kleine Minderheit orientiert sich am Zweck der Neuregelung: „Die §§ 32 a, 32 b GmbHG, § 32 a K O , § 3 b AnfG haben die nach altem Recht bestehende Gesetzeslücke beseitigt und dadurch der vorher praktizierten Analogie sowie der ihr zugrunde liegenden Wertung sog. kapitalersetzender Gesellschaftsdarlehen... die Grundlage entzogen" 34 . Der ganz überwiegenden Ansicht geht es um die Rettung der Reichweite der judiziellen Regelung; deshalb soll diese neben den neuen Gesetzesbestimmungen fortgelten35. 4. Dieser Auffassung hat sich der 2. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 26. März 1984 angeschlossen: „Die Rechtsprechungsgrundsätze über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen sind neben den Vorschriften der GmbH-Novelle von 1980 weiterhin auch auf solche Darlehen anzuwenden, die nach dem 1. Januar 1981 gewährt worden sind"36. Es ging um ein zurückgezahltes Gesellschafterdarlehen. §32 a GmbHG und § 32 a K O waren nicht anzuwenden, da die Eröffnung des Konkursverfahrens vom Gericht mangels Masse abgelehnt worden war. Eine Anfechtung gemäß § 3 b AnfG war wegen Ablauf der Jahresfrist nicht mehr möglich. Diese Regelung wird mit guten Gründen als sachlich verfehlt dargestellt: „Gerade für die in der Praxis besonders wichtigen Fälle der stillen Liquidation und der Ablehnung der Eröffnung eines Konkursverfahrens mangels Masse bieten hiernach die neuen Vorschriften keinen ausreichenden Schutz gegen eine Beeinträchtigung des haftenden Gesellschaftsvermögens durch verfrühten Abzug eines als Kapitalersatz dienenden Gesellschaftsdarlehens"37. Die gesetzliche Regelung weise deshalb „wesentliche Lücken" auf, die durch die parallele Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu schließen sind38.
34 Scholz/Winter, GmbHG (6.Aufl., 1978/83) § 3 2 a Rdn. 14; ebenso Roth a . a . O . (Fn. 28) Anm. 352 und K. Schmidt a. a. O. (Fn. 26) S. 578 f mit interessanten Erwägungen rechtspraktischer Abhilfe; einen ähnlichen Umkehrschluß wendet O L G Düsseldorf, A G 1983, 250, 252 im Hinblick auf kapitalersetzende Aktionärsdarlehen an; dagegen mit durchschlagenden Gründen B G H Z 90, 381, 385 ff; vgl. auch Farrenkopf, „Kapitalersetzende" Gesellschaftsdarlehen bei der A G (Frankfurter Diss. 1984) S. 20 ff. 35 So etwa Fischer a . a . O . (Fn.32); Ulmer in Das neue GmbH-Recht a . a . O . (Fn.27) S. 66 ff, 82; Geßler, Die Problematik bei kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen, ZIP 1981, 228, 232; Lutter a . a . O . (Fn.27) S. 1321; Kamprad, Gesellschafterdarlehen an die GmbH und GmbH & Co. (2. Aufl. 1980) S.47; Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften (1983) S. 275; Joost, Grundlagen und Rechtsfolgen der Kapitalerhaltungsregeln in der GmbH, Z H R 148 (1984), 27 ff, 44 m . w . N . in Fn.56.
So der zweite Leitsatz in B G H Z 90, 370. A . a . O . S379. J» S. 379 f. 36 37
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III. 1. Die prima facie elegante Lösung, den von der Rechtsprechung erarbeiteten Gläubigerschutz durch die Konstruktion einer parallelen Geltung konkurrierender judizieller und legislatorischer Regelungen zu erhalten, verliert bei näherem Zusehen ihre Plausibilität. § 32 a I G m b H G läuft künftig leer, da der Anspruch, dessen Geltendmachung im Konkurs ausgeschlossen wird, entsprechend § 30 I G m b H G gar nicht entstanden ist. Dasselbe gilt für § 32 b: nach der Rechtsprechung 39 erwächst der Gesellschaft eine Forderung gegen den Gesellschafter, der dem außenstehenden Kreditgeber Sicherheit geleistet hat, schon mit der Rückzahlung des Darlehens; auf die Konkurseröffnung kommt es nicht mehr an. Als fragwürdig erweisen sich auch die Anfechtungstatbestände der §§ 32 a K O und 3 b A n f G : sollen sie zum Zuge kommen, obwohl der Gesellschafter schon gemäß §31 G m b H G zur Herausgabe der ihm gewährten Sicherheiten oder Befriedigung verpflichtet ist? §32 a III schreibt eine Auslegung vor, der sich der Bundesgerichtshof ohnehin befleißigt 40 . Damit bleibt allenfalls die rein konkursrechtliche Sonderregelung des §32 a II, deren praktische Relevanz eng begrenzt bleiben wird. 2. Der zweite Senat stützt die von ihm übernommene These der Fortgeltung der gesetzlichen Vorschriften vor allem auf die Erwägung, daß sie partiell weiter gehen als die von ihm entwickelten Grundsätze 41 . Dafür werden zwei Punkte angeführt:
a) Die § § 3 2 b G m b H G , 32 a K O und 36 A n f G gehen davon aus, „daß ein Gesellschafterdarlehen, das bei der Hergabe Eigenkapital ersetzen mußte, diese Funktion auch noch im Zeitpunkt der Rückzahlung h a t t e . . . " , während die Rechtsprechung zu §§30, 31 G m b H G den Gesellschaftern den Gegenbeweis gestattet, daß das Darlehen im Zeitpunkt der Rückzahlung keine kapitalersetzende Funktion mehr gehabt habe42. Dieser Nachweis dürfte selbst dort, wo zwischen Rückzahlung und Erschöpfung des Gesellschaftsvermögens längere Zeit verstrichen ist, nicht häufig gelingen. Für die gesetzliche Regelung, die die Rückgewähr nach einem Jahr unangreifbar werden läßt, dürfte die Entlastungsmöglichkeit faktisch keine Rolle spielen; sie wird „im Regelfall Theorie bleiben" 43 .
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B G H Z 67, 171, 180 ff; 81, 252, 255. Vgl. etwa B G H Z 81, 311 und 365. B G H Z 90, 380. A . a . O . S.381.
K. Schmidt a. a. O. (Fn. 26) S. 578.
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b) Die These von der größeren Reichweite der neu eingeführten Gesetzesbestimmungen wird außerdem wie folgt begründet: sie ergreifen „im Gegensatz zur Rechtsprechung auch den Teil eines anstelle notwendiger Eigenmittel gegebenen Gesellschafterdarlehens, der über den Nennbetrag des Stammkapitals hinausgeht"44. Auch diese Differenz wird sich als praktisch kaum erheblich erweisen. Soweit der Wert eines nicht zurückgezahlten Gesellschafterdarlehens im Augenblick der - wenig wahrscheinlichen - Konkurseröffnung noch über dem Nennbetrag des Stammkapitals liegt, ist er zur Befriedigung der Gläubiger nicht erforderlich und kann deshalb im Zuge der Liquidation an den Darlehensgeber zurückfließen. Ein faktischer Unterschied ist nur für den - wiederum wenig wahrscheinlichen - Fall vorstellbar, daß der Gesellschafter das der GmbH zur Verfügung gestellte „Fremdkapital" wieder an sich zieht und es der Gesellschaft danach gelingt, neue Kredite aufzunehmen. Die - ohnehin geringe - Bedeutung dieser Abweichung wird wiederum dadurch minimiert, daß die Rückzahlung nach der gesetzlichen Regelung nur bis zum Ablauf eines Jahres beanstandet werden kann. 3. Auch die beeindruckende Bemühung des zweiten Senats, das Ergebnis seiner Entscheidung mit dem Willen des Gesetzgebers zu harmonisieren45, kann über den Charakter seines Vorgehens nicht hinwegtäuschen: die - zu Recht - als verunglückt empfundenen Elemente der Novellierung werden zur „Lücke" deklariert, die durch eine sachgemäßere Regelung „geschlossen" wird. Diese Operation zielt auf die inhaltliche Änderung der von der Legislative unlängst geschaffenen Bestimmungen. Die darin liegende richterliche Verfügung über das Gesetz tritt freilich zunächst nicht deutlich zutage: sie wird durch die prima facie höchst plausible Konstruktion der Fortgeltung der von der Rechtsprechung zu §§30, 31 G m b H G entwickelten Grundsätze verdeckt. Bei näherem Zusehen zeigt sich freilich, daß sich diese Konstruktion nicht mit der punktuellen Korrektur des Gesetzes begnügt, sondern dieses faktisch zur Makulatur stempelt: die ihm verbleibende praktische Bedeutung wird so weit reduziert, daß nicht mehr von einer eigenständigen Regelung, sondern allenfalls von bescheidenen Randkorrekturen am Gefüge der weiterhin maßgebenden Normen des Richterrechts die Rede sein kann. In der Sache ist dieses Ergebnis nicht zu bedauern: die Popularität, die die These von der Fortgeltung des Richterrechts gefunden hat46, dokumentiert nicht zuletzt einen breiten Konsens darüber, daß es der gesetzlichen Regelung vorzuziehen ist. Wenn es denn dabei
44 45 46
B G H Z a . a . O . und S.378. B G H Z a. a. O. S. 376 ff und 380. Vgl. die Nachweise in Fn. 35.
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bleiben soll, daß es sich bei dem Urteil vom 26. März 1984 um eine „res iudicata" handelt, „auf die die Praxis sich einstellen wird" 4 7 , erscheint es nicht zuletzt im Hinblick auf die Erfordernisse der Lehre des Gesellschaftsrechts unerläßlich 48 , sich zu den Folgen dieser Entscheidung zu bekennen und den Vorrang des Richterrechts einzugestehen. Die These von der Parallelgeltung der judiziellen und der legislatorischen Normen sollte als überflüssige Komplizierung eines ohnehin nicht eben einfachen Rechtszustandes aufgegeben werden, nachdem sie ihre eigentliche Aufgabe erfüllt hat, eine im Konsens der Fachwelt mißglückte Novellierung zu entkräften. Es bleibt nur die Frage, ob wir es hinnehmen können, daß sich das Gesetz in diesem Maße dem Richterspruch beugt. Dazu sollen im letzten Teil dieses Beitrags einige ebenso vorläufige wie fragmentarische Überlegungen angestellt werden.
IV. 1. Der Vorgang, daß eine vor nur wenigen Jahren neugeschaffene komplexe Gesetzesregelung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entkräftet wird, läßt sich mit dem überlieferten Arsenal der juristischen Methodenlehre nicht legitimieren: es handelt sich weder um redaktionelle Korrekturen noch um die Ausfüllung nachträglich entdeckter Lücken noch um die altersbedingte Anpassung der gesetzlichen Vorschriften an veränderte Umstände. Auch der Vorwurf, daß der „ G e s e t z g e b e r . . . bei der GmbH-Novelle von allen guten Geistern verlassen" war 49 , rechtfertigt es gewiß nicht, das Gesetz einfach beiseite zu schieben. Vergegenwärtigt man sich, daß „der Gesetzgeber" kein Individuum ist, sondern eine außerordentlich komplexe Sozialfunktion, an der nicht nur Ministerien, Parteien und Verbände, sondern auch die „öffent-
" Ulmer, Umstrittene Fragen im Recht der Gesellschafterdarlehen, ZIP 1984, 1163 ff,1164. 48 Nur beiläufig sei an die Effizienzverluste erinnert, die sich aus rechtspolitisch vermeidbaren Komplizierungen des Gesellschaftsrechts ergeben; dazu näher Kubier, Gesellschaftsrecht im Spannungsfeld überlieferter Rechtsformen und moderner Regelungsprobleme, N J W 1984, 1857 ff. 49 So Mertens, §51 a GmbHG und die kapitalistisch strukturierte GmbH, FS für Werner (1984), S. 557. Nicht nur die von ihm erörterte Vorschrift und der hier untersuchte Regelungskomplex sind mißglückt. Die nicht hinreichend durchdachte Eröffnung der Einmanngründung durch §§ 1 und 7 II GmbHG hat eine kontroverse Diskussion ausgelöst (vgl. die Nachweise bei Fischer a . a . O . (Fn.32) §1 Anm. 1), die auf so gravierende Unsicherheiten hinweist, daß die Neuerung ohne praktische Bedeutung bleiben wird. Rechtspolitisch verfehlt ist auch die Art und Weise, in der durch § 35 IV GmbHG einer gut begründeten und sinnvollen Judikatur das Fundament entzogen worden ist (dazu eingehend Buchmann, Registerpublizität und Gläubigerschutz bei der Einmann-Gesellschaft (1984), insbes. S. 90 ff)-
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liehe Meinung" eines zugleich wissenschaftlichen und politischen Kommunikationsbetriebes beteiligt sind, dann wird deutlich, daß derartige Kritik aus Gründen der Vernunft und Fairneß nicht individuelles Versagen, sondern strukturelle Mängel anvisieren sollte. Geht man weiter davon aus, daß sich der Regelungsbedarf moderner Gesellschaften im Zuge ihrer technischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung gewaltig gesteigert hat, während die institutionellen Rahmenbedingungen des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens und damit auch seine Erledigungskapazität im wesentlichen unverändert geblieben sind, dann leuchtet unmittelbar ein, daß gebotene oder erwünschte Normierungen nicht mehr allein von der „knappen Ressource Gesetzgebung" erwartet werden dürfen. Die unerläßliche Standardisierung des Gesellschaftsrechts vollzieht sich denn auch längst auf einer Vielzahl von Normierungsebenen, die das klassische Gesetzgebungsverfahren sowohl „überlagern" wie „nach unten" ergänzen50. Damit wird Normsetzung zu einer Aufgabe, die nicht nur die Notwendigkeit und den Inhalt von Rechtsänderungen, sondern auch die Frage der jeweils geeigneten Regelungsebene in ihre Überlegungen einzubeziehen hat. 2. Im hier interessierenden Verhältnis von Gesetzgebung und Rechtsprechung ist davon auszugehen, daß die Regelung der kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen Fragen nicht der Sozial- und Verteilungspolitik51, sondern der ökonomischen Effizienz der Unternehmensfinanzierung betrifft. Sieht man von den hier kaum ins Gewicht fallenden Deliktsgläubigern ab, die zudem auf andere Weise geschützt werden können, dann geht es allein darum, inwieweit den Kreditgebern im Umgang mit Kapitalgesellschaften die Ermittlung der konkreten Finanzlage der Gesellschaft zugemutet oder durch den Gesellschaftern auferlegte Verhaltenspflichten erspart werden soll. Dabei geht es um die Höhe der der Allgemeinheit entstehenden Transaktionskosten: eine verbindliche Regelung der kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen ist dann sinnvoll, wenn ihr Fehlen zu so umfangreichen und aufwendigen Sicherungsvorkehrungen führt, daß wirtschaftlich erwünschte Transaktionen zum Nachteil der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung unterbleiben. Es geht um einen Kostenvergleich: ob die individuelle Vorsorge oder aber die generelle Regelung die (langfristig) billigere Lösung bildet. In der überwältigenden Vielzahl der Fälle ist es weder sinnvoll noch möglich, diese Feststellung auf der Basis gesicherter quantitativ-empiri50 Rechtsvergleichende Darlegung mit Nachweisen bei Kubier, Verrechtlichung von Unternehmensstrukturen, in Zacher/Simitis/Kübler/Hopt/Teubner, Verrechtlichung von Wirtschaft, Arbeit und sozialer Solidarität (1984), S. 167 ff, 200 ff. 51 Zu den Grenzen richterlicher Gesetzeskorrektur in diesem Bereich BVerfGE 65, 182 ff, 194.
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scher Untersuchungen zu treffen; es kommt vielmehr auf die Erfahrung, die Kenntnisse und auch das (intuitive) Einschätzungsvermögen der zur Normsetzung berufenen Instanz an52. Nicht nur die im speziellen Gesetzgebungsverfahren zutage getretenen Unsicherheiten, sondern vor allem die unbestrittene Überlegenheit der judiziellen Regelung machen deutlich, daß hier die Justiz kraft ihrer Sachnähe die zur Beurteilung des einschlägigen Regelungsproblems besonders qualifizierte Einrichtung ist. Das „legislatorische Versagen" ist darin zu sehen, daß angesichts einer durchweg als sinnvoll und umsichtig anerkannten richterlichen Rechtsfortbildung, d. h. ohne vernünftigen rechtspolitischen Anlaß, überhaupt gesetzlich geregelt worden ist. Wenn sich in dieser Situation die bessere richterliche gegen die schlechtere gesetzliche Regelung durchsetzt, sollte von einer Verletzung der Loyalität, die der Richter der demokratisch legitimierten Gesetzgebung schuldet, nicht die Rede sein. Damit entfällt das letzte Bedenken, den durch die Entscheidung vom 26. März 1984" herbeigeführten Zustand als das geltende Recht zu akzeptieren.
V. Als Ergebnis dieser Überlegungen ist festzuhalten: 1. Für die rechtliche Behandlung kapitalersetzender Gesellschafterdarlehen sind weiterhin die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den § § 3 0 , 31 G m b H G entwickelten Grundsätze maßgeblich. Die vom Bundesgerichtshof und von der herrschenden Lehre aus guten Gründen bejahte Kontinuität der Geltung dieser Regeln verhindert die Anwendung der neugeschaffenen §§ 32 a und 32 b G m b H G , 32 a K O und 3 b A n f G zumindest im Regelfall. Soweit diesen Vorschriften überhaupt praktische Bedeutung zukommt, beschränkt sie sich auf - wohl minimale - Randkorrekturen am Gefüge der judiziellen Regelung. 2. Da die beschränkte Erledigungskapazität des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens durch die Effizienzprobleme einer hochkomplexen Wirtschaftsordnung seit langem überfordert wird, zeichnen sich in der Entwicklung nicht nur des Gesellschaftsrechts, sondern des Rechtssystems im Ganzen strukturelle Veränderungen ab, die u.a. als zunehmende Ausdifferenzierung einer Vielzahl von Regelungsebenen zu beschreiben sind. Es empfiehlt sich, diesem Wandel nicht nur bei der Erörterung des Verhältnisses von Richter und Gesetz, sondern auch im Rahmen rechtsdogmatischer Arbeit und rechtswissenschaftlicher Poli52 53
Dazu Kubier a. a. O. (Fn. 50) S. 191 f m. w. N. BGHZ 90, 370.
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tikberatung Rechnung zu tragen. Es gibt mittlerweile Regelungsaufgaben, die im Wege klassischer Gesetzgebung nicht mehr angemessen zu lösen sind. 3. Da der Beitrag der Rechtsprechung zur Bewältigung dieser Effizienzprobleme längst unentbehrlich ist, hängt die gedeihliche Entwicklung der Rechtsordnung immer stärker davon ab, daß es Richter wie Walter Stimpel gibt, die die Autorität der Sachnähe souverän zu entfalten verstehen.
Rückwirkung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Ratenkreditverträgen? KARL NÜSSGENS
In jüngerer Zeit ist die Frage erörtert worden, ob die Ende 1978 beginnende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Sittenwidrigkeit von Ratenkreditverträgen1 auf vor diesem Zeitpunkt abgeschlossene Verträge anwendbar ist. Diese Diskussion ist insbesondere durch das Urt. des Bundesgerichtshofs vom 30. 6.19832 ausgelöst worden. Hierbei ist zu beobachten, daß insbesondere zwei verschiedene Gesichtspunkte erwogen werden, was hier zunächst nur grob dargestellt werden soll: Einmal hält man eine „Rückwirkung" dieser „neuen" Wertungen aus verschiedenen Gründen für unzulässig, zum anderen werden Bedenken jedenfalls gegenüber der Anwendung dieser Rechtsgrundsätze erhoben, sofern das Vertragsverhältnis vor der neuen Rechtsprechung vollständig abgewickelt worden ist - zwei Gesichtspunkte, die, wie noch zu zeigen ist, in keinem inneren Zusammenhang stehen. Die ersten Erwägungen erstaunen insofern, als sie erst bei der Kritik des soeben erwähnten Judikats deutlich in Erscheinung getreten sind, in dem der Ratenkredit im März 1976 gewährt wurde. Denn in sämtlichen Sachverhalten, die der III. Zivilsenat seit 1978 zu beurteilen hatte („neuere Rechtsprechung"), liegen die Vertragsschlüsse (selbstverständlich) auch vorher, meist in den Jahren 1974 bis 1976. So kann man die Auffassung vertreten, die Besonderheit des im Urt. vom 30.6.1983 beurteilten Sachverhalts liege nicht darin, daß der Kreditvertrag vor 1978 abgeschlossen wurde, sondern darin, daß dieser Vertrag vor 1978 abgewickelt war.
Abgeschlossen am 1 . 2 . 1 9 8 5 . Die Ausführungen von Veelken, AcP 185 (1985), S. 4 6 f f konnten nicht mehr berücksichtigt werden. 1 U r t . vom 9 . 1 1 . 1 9 7 8 - III Z R 2 1 / 7 7 = W M 1979, 2 2 5 ; v. 1 1 . 1 . 1 9 7 9 - III Z R 119/77 = W M 1979, 2 7 0 ; v. 1 7 . 5 . 1 9 7 9 - III Z R 118/77 = W M 1979, 1035; v. 2 1 . 6 . 1 9 7 9 - III Z R 171/77 = W M 1979, 1209; v. 2 9 . 6 . 1 9 7 9 - III Z R 156/77 = W M 1979, 9 6 6 ; v. 7 . 2 . 1 9 8 0 III Z R 141/78 = W M 1980, 3 2 7 ; v. 1 0 . 4 . 1 9 8 0 - III Z R 5 9 / 7 9 = W M 1980, 892; v. 1 7 . 4 . 1 9 8 0 - I I I Z R 9 6 / 7 8 = W M 1980, 860; v. 1 0 . 7 . 1 9 8 0 - III Z R 177/78 = N J W 1980, 2 3 0 1 ; v. 7 . 5 . 1 9 8 1 - III Z R 2 / 7 9 . 2 III Z R 114/82 = N J W 1983, 2692 = W M 1983, 951.
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I. Zur Analyse des Urteils vom 30.6.1983 1. Der zu beurteilende Sachverhalt läßt sich im Hinblick auf die hier erörterte Problematik kurz wie folgt zusammenfassen: Die beklagte Teilzahlungsbank gewährte am 10.3.1976 der damals 19jährigen Klägerin, die als Arbeiterin monatlich 630 DM netto verdiente, zum Ankauf von Möbeln einen Ratenkredit mit einer Laufzeit von 36 Monaten. Bei einem Barzahlungspreis von 7504 DM lautete der Kreditbetrag auf 10983,20 DM. Im Juni 1978 löste die Klägerin den noch offenen Kreditrest vorzeitig ab. Nachdem die höchstrichterliche Rechtsprechung ab Ende 1978 mehrfach Ratenkreditverträge mit Teilzahlungsbanken als gegen die guten Sitten verstoßend und für nichtig erklärt hatte, hat die Klägerin gerichtlich Rückzahlung der Kreditkosten gefordert. Das Landgericht hat die Klage voll abgewiesen, das Oberlandesgericht ebenfalls mit Ausnahme eines geringeren Betrages. Der Bundesgerichtshof hat die Beklagte im wesentlichen verurteilt. 2. Der Bundesgerichtshof hält den Ratenkreditvertrag aufgrund seiner Rechtsprechung3 als wucherähnliches Geschäft nach §138 Abs. 1 BGB für sittenwidrig und nichtig - insoweit in Ubereinstimmung mit dem Berufungsgericht. Zugrunde liegt eine Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Umstände: (auffälliges) MißVerhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung - der effektive Jahreszins überstieg erheblich den Marktzins (um knapp 100%); die Angaben über die Vermittlungskosten waren irreführend; die Kreditbedingungen waren in mehreren Punkten unklar und belasteten die Klägerin insbesondere im Falle des Verzuges unbillig 4 . Der Bundesgerichtshof legt die nach seiner Auffassung rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zugrunde, daß die Klägerin sich „nur wegen ihrer wirtschaftlich schwächeren Lage und wegen ihrer mangelnden Rechtskunde und Geschäftsgewandtheit auf diesen insgesamt unbilligen Vertrag eingelassen hat" sowie daß die Beklagte „bei Aufstellung der Kreditbedingungen und ihre Bediensteten bei Abschluß dieses Vertrages sich zumindest leichtfertig dieser Einsicht verschlossen haben". 3. Trotzdem hat das Berufungsgericht es abgelehnt, die Beklagte nach §812 BGB zur Rückzahlung aller aufgrund des Kreditvertrages gezahlten Kreditkosten zu verurteilen, und zwar mit folgender Begründung: Die Sittenwidrigkeit von bereits voll abgewickelten Verträgen beurteile 3 Vgl. BGHZ 80, 153; BGH Urt. v. 8.7.1982 - III ZR 21/81, 35/81 u. 60/81 = WM 1982, 1023, 919, 921; Urt. v. 2 . 1 2 . 1 9 8 2 - III ZR 90/81 = NJW 1983, 1420. 4 Vgl. dazu BGH Urt. v. 8 . 7 . 1 9 8 2 (Fn. 3), m. w. N.
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sich nach den Umständen und Wertungen im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts. Aber selbst im Zeitpunkt, in dem die Klägerin die letzten Zahlungen geleistet habe (Mitte 1978), habe es noch keine allgemein anerkannte Auffassung über die Bewertung von Ratenkreditverträgen der streitigen Art gegeben. Erst später (ab November 1978) habe sich im Zuge der Wandlung der Grundanschauungen auf dem Gebiete des Verbraucherschutzes in der Rechtsprechung die Wertung solcher Verträge als sittenwidrig durchgesetzt. Rechtsfrieden und Rechtssicherheit müßten Vorrang vor dem Interesse des Darlehensnehmers haben, die Sittenwidrigkeit jetzt noch geltend zu machen. Dem ist der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs nicht gefolgt. Mit dem Berufungsgericht teilt er zwar den rechtlichen Ausgangspunkt, der auch herrschender Rechtsprechung und überwiegender Auffassung im Schrifttum entspricht: Die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts beurteilt sich grundsätzlich nach den Umständen und Wertanschauungen im Zeitpunkt seiner Vornahme 5 . Ein Wandel der Umstände kann nicht rückwirkend zur Nichtigkeit eines wirksam geschlossenen Geschäfts führen. Ist das - im Zeitpunkt seiner Vornahme nicht sittenwidrige Rechtsgeschäft nach den im Zeitpunkt seiner Erfüllung maßgebenden Anschauungen sittenwidrig, so führt auch das nicht zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages, sondern nur dazu, daß der Schuldner nach §242 BGB die noch ausstehende Erfüllung (oder die noch ausstehenden Erfüllungshandlungen) verweigern kann 6 . Der Bundesgerichtshof teilt aber nicht die Auffassung des Berufungsgerichts, nach den zur Zeit des Vertragsschlusses und der Erfüllung maßgebenden Wertvorstellungen sei der Kreditvertrag der Parteien noch nicht als sittenwidrig anzusehen gewesen. Damit stellt sich für ihn nicht das Problem der sog. Rückwirkung bei Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung. 4. So hat auch das Bundesverfassungsgericht das Urt. des Bundesgerichtshofs vom 30.6.1983 verstanden. In seinem die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil zurückweisenden Beschluß des Vorprüfungsausschusses vom 9.5.1984 7 legt es seiner verfassungsrechtlichen Beurteilung die Annahme zugrunde, daß nach der Auffassung des angegriffenen 5 B G H Z 20, 71, 73; B G H Urt. v. 27.1.1977 - III ZR 339/74 = WM 1977, 399; v. 8.3.1966 - VI ZR 62/64 = WM 1966, 585; v. 9.7.1968 - V ZR 118/67 = WM 1968,1248. 6 R G R K Krüger-Nieland/Zöller, 12. Aufl. §138 Rdn.24; Soergel/Hefermehl BGB 11. Aufl. §138 Rdn.66 m . w . N . ; Larenz, Allg. Teil, 5. Aufl. §22 III c, S.410; Jauernig BGB 3. Aufl. §138, 1 c, bb. 7 Beschl. v. 9.5.1984 - 1 BvR 1279/83 = W M 1984, 985. Die Begründung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts wird nur auszugsweise erwähnt, soweit sie mit dem Gegenstand dieses Beitrags zusammenhängt.
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Urteils die maßgeblichen Wertanschauungen sich im Zeitpunkt des Abschlusses des streitigen Ratenkreditvertrages bereits geändert hatten. Darüber hinaus führt es zum subjektiven Tatbestand des § 138 Abs. 1 BGB aus, von einer wesentlichen Änderung seitheriger Rechtsgrundsätze könne nicht ausgegangen werden, indem es darauf hinweist, eine frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die ein (grob) fahrlässiges Verhalten im Bereich des § 138 Abs. 1 BGB ausdrücklich ausgenommen hätte, sei nicht nachweisbar. Zur Vermeidung von Mißverständnissen sei darauf hingewiesen, daß der Beschluß nicht etwa die Aussage enthält, eine (jedenfalls echte) Rückwirkung bei Änderung der Rechtsprechung sei verfassungsrechtlich unzulässig. Vielmehr geht seine verfassungsrechtliche Argumentation offensichtlich dahin, daß selbst bei grundsätzlichen Bedenken gegen eine derartige Rückwirkung - die es offenläßt - eine solche hier schon nach den unangreifbaren Ausführungen des Bundesgerichtshofs nicht vorliegt. II. Stellungnahme zu einzelnen Punkten 1. Nach den Entscheidungsgründen und ihrem Gedankengang ist daher entgegen mancher kritischen Stimme deutlich: Das Ort. vom 30. 6.1983 fußt nicht auf der Rechtsmeinung, die früher abgeschlossenen Kreditverträge seien dem jetzigen - d.h. dem ab 1978 anerkannten - Werturteil „Verstoß gegen die guten Sitten" unterworfen. Es kann also keine Rede davon sein, daß nach Auffassung dieses Urteils eine (die höchstrichterliche) Rechtsprechung - insbesondere eine die frühere Judikatur abändernde - rückwirkend auch auf frühere Sachverhalte anzuwenden sei. Vielmehr wird - wie schon erwähnt - ausdrücklich und betont zu Anfang herausgestellt, daß die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts sich grundsätzlich nach den im Zeitpunkt seiner Vornahme gegebenen Umständen und Wertanschauungen bestimmt und ein Wandel der Umstände nicht rückwirkend zur Nichtigkeit eines wirksam geschlossenen Geschäfts führt8. Daß diese Fragen im Urteil nicht (schon) bei den das Berufungsgericht bestätigenden Ausführungen, wonach der zu beurteilende Kreditvertrag nach der (heutigen) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegen § 138 Abs. 1 BGB verstößt und nichtig ist (unter I), erörtert werden, sondern (unter II) erst später bei Erörterung des in Frage stehenden Rückforderungsanspruchs nach §812 BGB, steht dem nicht entgegen - eigentlich eine überflüssige und selbstverständliche Erwähnung. 8 Zur Vermeidung von Mißverständnissen: Hier geht es lediglich darum, die Auffassung dieses Urteils und seine Gedankenführung zu analysieren, also nicht um die Frage, ob den vertretenen Auffassungen zuzustimmen ist.
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2. In dem Ausgangspunkt stimmt das U r t . vom 30.6.1983 mit dem Berufungsurteil überein. Es wendet sich aber gegen dessen Auffassung, nach den Wertvorstellungen zur Zeit des Vertragsschlusses (10.3.1976) und seiner Erfüllung sei der Kreditvertrag (noch) nicht als gegen die guten Sitten verstoßend anzusehen gewesen. D e r entscheidende Unterschied in der Beurteilung liegt also darin, daß das Urteil des Bundesgerichtshofs diesen Wandel der maßgeblichen Wertvorstellungen zeitlich nicht (erst) festgelegt sieht durch die ersten Urteile des Bundesgerichtshofs, welche die frühere Rechtsprechung vieler Instanzgerichte zur Nichtigkeit von Konsumentenkreditverträgen mißbilligt haben. Sicherlich hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zur Frage der Sittenwidrigkeit von Ratenkreditverträgen erstmalig im U r t . vom 9.11.1978' eingehend Stellung genommen und sich erst in einer Reihe späterer Urteile mit den im Rahmen der Gesamtwürdigung zu prüfenden Umständen befaßt, insbesondere damit, wann ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zu bejahen ist, welche Kreditbedingungen im einzelnen die Belastung des Kreditnehmers ins Unangemessene und Unvertretbare steigern können und welche persönlichen Voraussetzungen im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB vorliegen müssen 10 . Diese höchstrichterliche Rechtsprechung stellt aber - wie meist - die Wandlung der Wertanschauungen („gute Sitten") nur fest, „schafft" sie aber nicht selbst". Sie ist nicht der Beginn dieser Rechtsentwicklung, sondern steht eher am Ende, wenn auch nicht zu verkennen ist, daß mit ihr ein Konsolidierungseffekt eintritt. D e r Hinweis des Urteils des Bundesgerichtshofs, daß ein Wandel in den Grundanschauungen auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes vorliegt, der sich auch in einer Reihe neuer Gesetze niedergeschlagen habe 12 , weist auf die bereits vorher gewandelte Grundauffassung hin. Diese Beurteilung entspricht durchaus der bisherigen Rechtsprechung. D e r III. Zivilsenat hatte in den seit Ende 1978 erlassenen Urteilen über Ratenkreditverträge zu befinden, die in den Jahren 1974 bis 1976 ' III ZR 21/77 = W M 1979, 225. 10 S. F n . l . " Allerdings bestehen bestimmte Wechselwirkungen, worauf das Urteil mit Recht hinweist; vgl. auch Münch. Komm. Mayer-Maly, 2. Aufl. §138 Rdn.3, der im Anschluß an Teubner, Standards und Direktiven in Generalklauseln, 1971, S. 65 ff einmal von der Transformationsfunktion des §138 spricht - die Berücksichtigung des Wandels sozialer Wertvorstellungen wird ermöglicht - und zum anderen von der Legitimationsfunktion wenn die Rechtsprechung, vor ein neues Problem gestellt, die Konkretisierung der guten Sitten nicht einer schon ausgeprägten sozialen Wertvorstellung entnehmen kann, sondern diese Ausprägung durch richterliche Rechtsfortbildung selbst vornehmen muß. 12 Ζ. B. Preisangabenverordnung v. 10.5.1973 (BGBl. I 461); Änderungen des Abzahlungsgesetzes v. 15.5.1974 (BGBl. I 1169); Makler- und BauträgerVO v. 11.6.1975 (BGBl. I 1351); AGBG v. 9.12.1976 (BGBl. I 3317).
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geschlossen waren. Die Abweisung der Klagen der Teilzahlungsbanken (§138 Abs. 1 BGB) ist nicht etwa damit begründet, nunmehr verstoße das Erfüllungsverlangen der Banken wegen eines seit Vertragsschluß eingetretenen Wandels der Wertanschauung gegen §242 BGB. Sie beruhen also nicht auf der Grundlage, daß der Vertragsschluß nach der zur Zeit seines Abschlusses herrschenden Wertung nicht gegen die guten Sitten verstoßen habe. Vielmehr gehen diese Judikate davon aus, daß die Darlehensverträge schon bei ihrem Abschluß gegen die guten Sitten verstießen und daher von Anfang an nichtig waren. Nur auf dieser Grundlage war auch die Feststellung möglich, die Vertreter der Banken hätten bei Abschluß des Vertrages die die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände gekannt oder sie hätten sich zumindest grob fahrlässig dieser Einsicht verschlossen13. Sicherlich haben bis Ende 1978 die Instanzgerichte vielfach später vom Bundesgerichtshof mißbilligte Verträge als wirksam angesehen14. Das geschah aber nicht, weil sich die relevanten allgemeinen Wertanschauungen in dem verhältnismäßig kurzen Zwischenzeitraum gewandelt hatten. Der Grund lag vielmehr darin, daß die Instanzgerichte nicht alle erheblichen Umstände im Rahmen der Gesamtwürdigung berücksichtigt und rechtlich zutreffend bewertet hatten und dies teilweise auch nicht konnten15. Hierzu ist besonders zu beachten, daß sich zwar schon seit 1974 in zunehmendem Maße ein Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung herausbildete, wenn man Vertrags- und Marktzins verglich, diese Kenntnis sich aber erst erheblich später durchsetzen konnte, weil die zur Feststellung des Marktzinses erforderlichen statistischen Unterlagen erst verhältnismäßig spät in die Prozeßverfahren eingeführt wurden und damit verwertet werden konnten. Zu Recht hat man insbesondere auch auf die Veränderung der Probleme im Ratenkredit seit 1974 und ihren Zeitablauf hingewiesen16. 1967 machte die Pro-Kopf-Verschuldung /? der heutigen Verschuldung aus. Sie diente der Mobilisierung zukünftigen Einkommens, das als sicher erwartet wurde, insbesondere der Anschaffung langlebiger und hochwertiger Konsumgüter. 1974/1975 änderte sich die Lage: Einmal sank Vgl. z . B . Urt. v. 11.1.1979 - I I I ZR 119/77 = WM 1979, 270, 271 zu IX. Vgl. für die Zeit bis Dezember 1977 die Nachweise bei Rühle, Das Wucherverbot offensiver Schutz des Verbrauchers vor überhöhten Preisen? 1978, S. 44 f m. Fn. 23-31. Für die spätere Zeit vgl. Hadding, Gutachten zum 53. DJT 1980, S. 217 ff („Eine zunächst umfangreiche, im einzelnen nicht einheitliche Rechtsprechung der Instanzgerichte"). 15 Vgl. Urt. v. 16.11.1978 - III ZR 47/77 = WM 1979, 52, 53 zu II 4 c a . E . " Vgl. insbes. Reifneri Niederer NJW 1984, 2313 m . w . N . ; ferner Holzscheck/Hörmann/Daviter, Praxis des Konsumentenkredits, 1982 (Rechtstatsachenforschung, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz); Reifner/Weitz/Uesseler, Tatsachen zum Verbraucherschutz im Konsumentenkredit, 1978. 13 14
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der Diskontsatz von 7 % auf 3 , 5 % p.a., entsprechend senkten die Geschäftsbanken ihre Ratenkreditsätze von 1 4 % auf 9 % und schließlich auf 8 % . Im Mai 1975 hatte die Arbeitslosenzahl erstmals seit langem wieder die Millionengrenze überschritten. Hierdurch stieg das Volumen für Konsumentenkredite von 1975 auf 1976 um 23 % " . Das verdeutlicht, daß erstmals 1975/1976 die Problematik hoher (im Marktvergleich überhöhter) Zinssätze bei hoher Haushaltsverschuldung, Arbeitslosigkeit und Absinken des allgemeinen Zinsniveaus erwuchs. 3. In besonderem Maße wurde auf der soeben gezeichneten Grundlage des Urteils vom 30.6.1983 kritisiert, zur Zeit des Vertragsschlusses im Jahre 1976 hätten zumindest die subjektiven Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB bei der Beklagten nicht vorgelegen. Denn ihre Vertreter hätten auf die damalige18 Judikatur vertrauen dürfen, von ihnen könne kein empfindlicheres Rechtsbewußtsein gefordert werden als vom Spezialsenat des zuständigen Oberlandesgerichts. Diesem Einwand, der auf den ersten Blick plausibel erscheinen mag, fehlt letztlich doch die Berechtigung. a) Zu den subjektiven Voraussetzungen des §138 Abs. 1 BGB sei zunächst an folgendes erinnert19: Ob ein Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des §138 Abs. 1 B G B zu bejahen ist, ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung des Rechtsgeschäfts nach Inhalt, Motiv und Zweck20, hierbei sind objektive und subjektive Umstände zu beachten21. Von den sonstigen subjektiven Umständen wie Beweggrund und Zweck ist dasjenige subjektive Merkmal zu unterscheiden22, das nach ständiger Rechtsprechung als Voraussetzung des § 138 Abs. 1 B G B gefordert wird - nur darum handelt es sich hier - , nämlich daß der Darlehensgeber von den die Sittenwidrigkeit begründenden Tatsachen Kenntnis hat oder sich der Kenntnis dieser Umstände leichtfertig verschließt23. Bei sog. wucherähnlichen Rechtsgeschäften wird das dahin gefaßt, der Darlehensgeber sei sich bei Vertragsschluß bewußt gewesen oder habe sich zumindest leichtfertig der Einsicht verschlossen, daß der Darlehensnehmer sich nur wegen seiner wirtschaftlich schwächeren Lage und wegen seiner man" Hierdurch stiegen die Uberschüsse durch Einsparungen bei der Refinanzierung, vgl. die bei Reifner/Siederer (Fn. 16) unter F n . 3 6 und 37 angeführten Geschäftsberichte der KKB von 1976. " D.h. also diejenigen vor dem Urt. v. 9 . 1 1 . 1 9 7 8 - III ZR 21/77 (Fn.2). " Vgl. auch Lindacher AcP 173, 124. 20 B G H Urt. v. 1 0 . 3 . 1 9 8 2 - VIII ZR 74/71 = N J W 1982, 1455. 21 Vgl. R G R K Krüger-Nieland/Zöller (Fn.6), § 138 Rdn.27ff. 22 R G R K Krüger-Nieland/Zöller (Fn.6), §138 Rdn.30: „Subjektives Tatbestandsmerkmal". 23 B G H Urt. v. 3 0 . 6 . 1 9 8 3 (Fn.2); B G H Z 80, 153.
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gelnden Rechtskunde sowie Geschäftsgewandtheit auf diesen insgesamt unbilligen Vertrag eingelassen habe. Uber die Erforderlichkeit solcher subjektiven Umstände im Bereich des § 138 Abs. 1 B G B werden allerdings unterschiedliche Meinungen vertreten. Häufig wird danach unterschieden, ob die objektive Sittenwidrigkeit nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts oder aber nach Motiv, Zweck oder Umständen bejaht wird. Im ersten Fall (Inhalt des Rechtsgeschäfts ist sittenwidrig) hält man weithin einen subjektiven Tatbestand für nicht erforderlich24. Folgt dagegen die objektive Sittenwidrigkeit aus Motiv, Zweck oder Umständen, eben nicht schon aus dem Inhalt, so setzt auch nach dieser Auffassung das Nichtigkeitsurteil nach § 138 Abs. 1 B G B einen subjektiven Tatbestand voraus25. Die Judikatur des Bundesgerichtshofs fordert - wie bereits angeführt beim „wucherähnlichen Rechtsgeschäft" (§ 138 Abs. 1 BGB) neben dem Erfordernis des groben Mißverhältnisses von Leistung und Gegenleistung das Hinzutreten des erwähnten subjektiven Merkmals, ohne in dem erwähnten Sinn zu differenzieren26. Schon das Reichsgericht hatte schließlich in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß ein Rechtsgeschäft wegen des auffälligen Mißverhältnisses von Leistung und Gegenleistung auch wegen Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 (und nicht nur gegen Abs. 2) nichtig sein könne, aber mit der Einschränkung, wenn „zu dem Mißverhältnis noch ein weiterer Umstand hinzukommt, der in Verbindung hiermit den Vertrag nach seiner sich aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck ergebenden Gesamtgestaltung - also aus der Zusammenfassung von objektiven und subjektiven Merkmalen - als sittenwidrig erscheinen läßt"27. Zudem war hiernach erforderlich28, daß der Gläubiger sich aller Tatumstände bewußt war, aufgrund derer sein Handeln als sittenwidrig zu beurteilen ist. Diese Voraussetzung hat der Große Senat in Zivilsachen des Reichsgerichts später dahin abgeschwächt, daß es genüge, wenn ein Vertragspartner „sich böswillig oder in grob fahrlässiger Leichtfertigkeit der Erkenntnis
24 Flume, Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts II 2. Aufl. § 18, 3; Münch. Komm. MayerMaly (Fn. 11), § 138 Rdn. 112, auch für „schematisierte Massengeschäfte"; Jauernig BGB (Fn. 6), §138, 3 b. 25 B G H Z 20, 52; Flume (Fn.24), §18, 3; Münch. Komm. Mayer-Maly (Fn.6), §138 Rdn. 111 ff; Jauernig (Fn.6), §138, 3 c . 26 Vgl. allerdings die (nicht tragenden) Erwägungen in B G H Urt. v. 6 . 1 1 . 1 9 6 8 - VIII ZR 15/67 = N J W 1969, 318, 320 mit Anm. Werhahn N J W 1969, 652 = LM BGB §398 Nr. 21, ob bei „schematisierten Massengeschäften" die Rechtswidrigkeit im Bereich des § 138 BGB allein an objektiven Kriterien zu messen ist. 27 Seit RG Urt. v. 7. 7.1909 - I 380/08 = WarnRspr 1909 Nr. 494. 28 RGZ 97, 253, 255; 120, 144, 148; 136, 236, 240.
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verschließt, daß sich der andere nur aus den Nachteilen seiner Lage heraus auf ihn beschwerende Bedingungen einläßt"29. Offenbar geht das Schrifttum weithin davon aus, daß beim sog. wucherähnlichen Darlehensgeschäft die Sittenwidrigkeit objektiv nicht schon aus seinem Inhalt folgt, sondern aus Motiv, Zweck oder Umständen30, und daher im Grundsatz das Vorliegen dieser subjektiven Umstände erforderlich ist. Das erscheint nicht selbstverständlich. Denn die Würdigung sämtlicher (objektiver) Umstände, wie sie insbesondere auch der Bundesgerichtshof vornimmt („Gesamtwürdigung": auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, Berücksichtigung der Zinshöhe31, Inhalt und Klarheit der sonstigen Vereinbarungen usw.) wertet zunächst objektive Kriterien und mißt sie an den Schranken des §138 Abs. 1 BGB. Daher liegt die Auffassung nicht fern, daß die Wertung („Verstoß gegen die guten Sitten") in solchen Sachverhalten bereits aus dem Inhalt des (dieses!) Rechtsgeschäfts folgt32. Dann käme es nach der soeben erwähnten Auffassung auf zusätzliche subjektive Umstände nicht mehr an33. Im einzelnen mag diese Frage hier dahinstehen. Um Mißverständnisse zu vermeiden: Diese angedeutete Möglichkeit entspricht nicht der Judikatur des Bundesgerichtshofs34. Wie bereits erwähnt, differenziert die höchstrichterliche Judikatur so nicht, soweit bei wucherähnlichen Rechtsgeschäften die subjektiven Voraussetzungen in Frage stehen. Allerdings kommt sie im praktischen Ergebnis in ihre Nähe. Geht sie doch bei Vorliegen der objektiven, das Darlehensgeschäft als „sittenwidrig" kennzeichnenden Umstände davon aus, daß ebenfalls die subjektiv als erforderlich angesehenen Gegebenheiten zu bejahen sind35. Es sei dahingestellt, ob man hier von einer (formalisierten) „Vermutung" im rechtstechnischen Sinne sprechen
RGZ 150, 1, 5. Jauernig (Fn.6), § 138, 3d, ee; vgl. auch B G H Urt. v. 2 . 1 2 . 1 9 8 2 - III ZR 80/81 = NJW 1983, 1420. Jl Aber wie immer wieder betont werden muß, hat der III. Zivilsenat die Zinshöhe immer nur im Zusammenhang mit anderen den Kreditnehmer belastenden Regelungen bei der „Gesamtwürdigung" berücksichtigt. 12 Jedenfall meist; vgl. demgegenüber aber Jauernig (Fn.6), §138, 3 a, bb: Darlehensverhältnis „indifferent". 33 Vgl. Münch. Komm. Mayer-Maly (Fn. 11), §138 Rdn. 112, vgl. aber Rdn. 113: „In den meisten Fällen wirken neben den objektiven auch subjektive Elemente der Sittenwidrigkeit", es wäre „falsch", deren Bedeutung bestreiten zu wollen (gegenüber der Position des O L G Stuttgart NJW 1979, 2409, 2412 f). Rdn. 112: „Subjektive Faktoren können also Unbedenkliches bedenklich werden lassen; ihr Fehlen bewirkt aber nicht, daß Bedenkliches unbedenklich wird". 34 Vgl. B G H Z 80, 153 m . w . N . 35 So schon das Reichsgericht, RGZ 150, 1, 6. 29
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kann 36 , wovon insbesondere das kritische Schrifttum ausgeht, allerdings mit dem Hinweis, es handele sich in Wirklichkeit um eine Fiktion 3 7 . Näher liegt vielleicht die Deutung, daß es sich, jedenfalls bei besonders deutlicher Ausprägung einer objektiven Sittenwidrigkeit, um einen (konkreten) Rückschluß auf die für erforderlich gehaltenen subjektiven Voraussetzungen handelt. D . h. also hier: Voraussetzung ist nicht, daß der Kreditgeber oder sein Vertreter die Wertung („Verstoß gegen die guten Sitten") kannte oder sich leichtfertig 38 einer solchen Einsicht verschlossen hat; es kommt also nicht auf das Bewußtsein (oder leichtfertige Nichtkennen) der Sittenwidrigkeit des Handelns an 3 '. Nach ganz überwiegender Auffassung, zu der auch die Rechtsprechung zählt, ist die Kenntnis der Umstände oder das Sich-Leichtfertig-Verschließen diesen gegenüber erforderlich, aber auch genügend, aus denen sich die objektive Sittenwidrigkeit ergibt 40,41 . Zusammengefaßt: Der objektive Sittenverstoß genügt nicht für die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts 42 . Hinzukommen muß als sog. subjektive Voraussetzung die Kenntnis oder leichtfertige Unkenntnis der Tatumstände, aus denen die Sittenwidrigkeit zu entnehmen ist. Zu diesen Tatumständen gehören die Tatsachen, aufgrund deren der Vertrag im Sinne des § 138 Abs. 1 B G B unbillig ist, und daß der Darlehensnehmer sich nur wegen seiner wirtschaftlich schwächeren Lage und mangels Rechtskunde sowie Geschäftsgewandtheit auf diesen so gestalteten Vertrag eingelassen hat. Das muß dem Darlehensgeber bei Vertragsabschluß bewußt gewesen sein, oder er muß sich dieser Einsicht zumindest leichtfertig verschlossen haben 43 · 44 . b) Legt man diese Erwägungen zugrunde, dann ist zum Urteil vom 3 0 . 6 . 1 9 8 3 zu sagen: Die Tatsachen, aus denen sich die objektive Sittenwidrigkeit ergab, lagen in den Umständen, aus denen ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung folgt. Im Vorder» Wofür das Urt. v. 1 4 . 6 . 1 9 8 4 - III ZR 81/83 = N J W 1984, 2292 sprechen kann, das klarstellt, daß die Vermutung widerleglich sei. 57 Was nicht zutrifft, s. Fn. 36. 58 = grob fahrlässig. 39 B G H Urt. v. 10.3.1982 - VIII ZR 74/81 = N J W 1982, 1455. 40 B G H Z 20, 52; Flume (Fn.24), §18, 1-Jauemig (Fn.6), §138, 3 c. 41 Da sich der Sittenverstoß hier gegen den Geschäftsgegner richtet, braucht der subjektive Tatbestand nur beim sittenwidrig Handelnden vorzuliegen, B G H Z 50, 70. 42 Jedenfalls in den Fällen nicht, in denen sich die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts erst aus Zweck und Umständen ergibt, wozu man das wucherähnliche Darlehensgeschäft zählt, vgl. Fn. 32. 43 Vgl. insbes. B G H Urt. v. 3 0 . 6 . 1 9 8 3 - III ZR 114/82 = N J W 1983, 2692 = WM 1983, 951. 44 Die Bezeichnung als „verwerfliche Gesinnung" findet sich in den neueren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs - offenbar bewußt - nicht mehr.
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grund steht hierbei die fast 1 0 0 % ige Überschreitung des damaligen Marktzinses. Daß davon der Darlehensgeber (die beklagte Bank) wußte, bedarf keiner weiteren Ausführung, abgesehen davon, daß ein leichtfertiges Nichtwissen ausreichen würde. Das Entsprechende gilt für die weiteren Umstände wie irreführende Angaben über die Vermittlungskosten und Unbilligkeit eines Teils der - zudem unklaren - Kreditbedingungen. O b der Darlehensgeber und/oder seine Bediensteten diese tatsächlichen Umstände anders bewertet haben, darin also keinen Verstoß gegen „das Anstands- und Rechtsgefühl aller billig und gerecht Denkenden" (Verstoß gegen die „guten Sitten") gesehen haben, ist rechtlich nicht von Bedeutung. Im übrigen ist zu beachten, daß eine frühere Judikatur des Bundesgerichtshofs, die etwa ein leichtfertiges (grob fahrlässiges) Verhalten aus dem Anwendungsbereich des §138 Abs. 1 B G B ausgenommen hätte, nicht festzustellen ist45. Zudem hat - wie bereits oben in anderem Zusammenhang erwähnt - bereits das Reichsgericht diese als „subjektives Tatbestandsmerkmal" bezeichnete Voraussetzung ausdrücklich herausgestellt. So hat der Bundesgerichtshof denn auch im Urt. vom 30.6.1983 die Bejahung der subjektiven Voraussetzung des §138 Abs. 1 B G B in der Überlegung gerechtfertigt gesehen, daß die verantwortlichen Vertreter der Beklagten ( = Bank als Darlehensgeber) früher und besser als die auf das Prozeßvorbringen angewiesenen - Gerichte erkennen und berücksichtigen konnten, daß sich seit 1974/1975 die von vielen Teilzahlungsbanken geforderten Zinsen immer stärker von den sinkenden Marktzinsen abhoben und daß der Grund, weshalb ihre Kunden trotz dieses Mißverhältnisses und trotz der belastenden sonstigen Bedingungen die Kredite in Anspruch nahmen, nur in deren wirtschaftlich schwächeren Lage und Geschäftsungewandtheit lag. 4. In der Kritik gegenüber dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30.6.1983 ist auch geltend gemacht worden, die Klage des Kreditnehmers gegen die Bank auf Rückzahlung der Kreditkosten (§812 B G B ) habe jedenfalls deshalb abgewiesen werden müssen, weil das Vertragsverhältnis zur Zeit des „Eintritts des Wandels" (Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab 1978) bereits abgewickelt gewesen sei. Davon geht auch das Berufungsgericht aus. In der völligen Abwicklung vor Beginn der neueren Rechtsprechung zum Konsumentenkredit liegt das Besondere und Neue des hier beurteilten Sachverhalts, worauf bereits zu Anfang hingewiesen wurde. Dem kann auf der oben gefundenen und dargestellten Grundlage - der 45
Darauf hat auch bereits das Bundesverfassungsgericht im Beschl. v. 9 . 5 . 1 9 8 4 (Fn. 7)
hingewiesen.
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Vertrag war bereits bei Abschluß wegen Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB) nichtig - nicht gefolgt werden. Ein Vertrag, der nach den zur Zeit seines Abschlusses geltenden Anschauungen (§ 138 Abs. 1 BGB) wirksam ist, wird - wie bereis oben ausgeführt - nicht dadurch nichtig, daß im Zeitpunkt der Geltendmachung von Ansprüchen der Vertrag als nichtig angesehen wird. Wohl verwehrt man solchen im späteren Zeitpunkt geltend gemachten Ansprüchen die Durchsetzbarkeit (§242 BGB). Umgekehrt bleibt ein Vertrag, der nach den zur Zeit seines Abschlusses geltenden Anschauungen (§ 138 Abs. 1 BGB) nichtig war, auch in dem Zeitpunkt (und Zeitraum) nichtig, in dem er nach jetzigen (geänderten) Anschauungen wirksam wäre: Er wird nicht wirksam. Legt man die oben gefundene und festgestellte Sicht zugrunde - der Vertrag war bereits bei Abschluß wegen Verstoß gegen die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB) nichtig - , dann ist er auch nichtig geblieben. Er war es also auch in dem Zeitpunkt, in dem der Kreditnehmer (vorzeitig) die letzte Rate zahlte und damit das Vertragsverhältnis abgewickelt war. Anderenfalls wäre die Rechtslage bei Kreditverträgen, die zu gleicher Zeit mit gleichem Inhalt geschlossen wurden, unterschiedlich zu beantworten je nach dem, ob der Kreditnehmer seine Rückzahlungspflicht rechtzeitig vollständig vor dem „Wandel" der Rechtsprechung erfüllte oder aber nicht. Für eine solche Differenzierung ist ein Sachgrund nicht ersichtlich. Ein Vertrauensschutz zugunsten des Kreditgebers findet keinen hinreichenden Anhalt. Bereits die Erwägungen, welche die Nichtigkeit des zu beurteilenden Vertrages im Zeitpunkt seines Abschlusses begründen, sprechen deutlich gegen die Schutzwürdigkeit des Kreditgebers. Im übrigen steht einem Schutz des Vertrauens schon entgegen, daß eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht angenommen werden kann46. Denn vorher bestand keine Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Sittenwidrigkeit von Konsumentenkrediten. Es lagen lediglich Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vor, die Investititonskredite betrafen und bei denen der Bundesgerichtshof bestimmte Zinssätze unter dem Gesichtspunkt des § 138 BGB beurteilte, deren Erwägungen für die Übertragung auf Konsumentenkreditverträge aber nicht geeignet sind47. Die bloße Erwartung, daß eine Rechtsübung nicht gegen die Rechtsordnung verstößt, wird nicht geschützt. Gegenüber solchen Gesichtspunkten sind das Postulat auf und das Bedürfnis nach Rechtsfrieden und Rechtssicherheit, die sicherlich beide 46 So schon Canaris WM 1981, 987, 989: „Um eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung geht es nun freilich im vorliegenden Zusammenhang nicht, weil es entgegengesetzte Entscheidungen des RG oder des B G H zur Sittenwidrigkeit von Konsumentenkrediten nicht gab". 47 B G H Z 80, 153, 161.
Rückwirkung höchstrichterlicher Rechtsprechung zu Ratenkreditverträgen
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hoch zu veranschlagen sind, allein nicht geeignet, einen von der Rechtsordnung gewährten Anspruch (§812 BGB) auszuschließen. Ob man ihnen auf anderem rechtlichen Wege genügen kann, insbesondere durch eine Verkürzung der Verjährungsfrist für solche Bereicherungsansprüche, kann hier nicht erörtert werden48. Im Urt. vom 30.6.1983 48 war diese Frage deshalb nicht entscheidungserheblich, weil selbst die kurze Verjährungsfrist rechtzeitig unterbrochen war. ß. Somit kam es nicht auf die Frage an, ob bei Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Rückwirkung zulässig ist oder nicht. Dieses Problem hätte sich nur gestellt, wenn der 1976 geschlossene Kreditvertrag nach den damals geltenden Anschauungen (vgl. § 138 Abs. 1 BGB) rechtswirksam gewesen wäre, nach den im Zeitpunkt der „neuen" Rechtsprechung aber nicht. Schon deshalb, aber auch im Hinblick auf den notwendigerweise begrenzten Raum dieses Beitrags, soll zu dieser Frage nicht im einzelnen Stellung genommen werden. Kurz nur das: Sicherlich wäre es zu vordergründig und nicht ausreichend, bei Änderung der (höchstrichterlichen) Rechtsprechung allgemein eine Rückwirkung zuzulassen mit der Begründung, es handele sich nicht um Rechtssetzung, sondern um die jeweilige Entscheidung von einzelnen Sachverhalten („Rechtsquelle"); halte das Gericht seine bisherige Rechtsprechung für unrichtig, dann heiße das, daß auch die früher entschiedenen Fälle unrichtig beurteilt worden seien, die jetzige (neue) Judikatur stelle die schon immer in der Rechtsordnung richtige Rechtsauffassung dar. Die Problematik liegt sicherlich erheblich komplexer. Allerdings liegt sie auch nicht so einfach, daß man schlicht und undifferenziert die Grundsätze anwenden kann, die für die Rückwirkung von Gesetzen entwickelt worden sind. Zum heutigen Diskussionsstand kann nur auf einen Ausschnitt des Schrifttums verwiesen werden49. Erwähnt sei schließlich, daß eine 4» Canaris W M 1981, 978, 9 8 9 ; Soergel/Augustin B G B 11.Aufl., § 1 9 7 R d n . 6 ; vgl. auch Frank Peters/Reinhard Zimmermann, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. I, S. 77, 2 3 2 / 3 3 . 49 Im Zusammenhang mit dem Konsumentenkredit besonders: Bunte N J W 1 9 8 3 , 2 6 7 4 ; W M 1984 Sonderbeilage 1, S . 2 2 , der im wesentlichen eine Übertragung der Rechtsgrundsätze auf die Rechtsprechung bejaht, die zur (echten) Rückwirkung von Gesetzen entwikkelt worden sind; Reifner/Siederer N J W 1984, 2 3 1 3 ; im übrigen: Grunsky, Grenzen der Rückwirkung bei einer Änderung der Rechtsprechung, 1970; Rüberg, Vertrauensschutz gegenüber rückwirkender Rechtsprechungsänderung, 1 9 7 7 ; Bischoff, Das Problem der Rückwirkung bei einer Änderung der Rechtsprechung, iur. Diss. Münster 1980; Selmer, Rückwirkung von Gesetzen, Verwaltungsanweisungen und Rechtsprechung, Steuer-Kongreß-Report 1974, 8 3 ; Canaris S A E 1 9 7 2 , 2 2 ; vgl. jetzt auch: Olzen, J Z 1 9 8 5 , 1 5 5 ; Veelken A c P 185 ( 1 9 8 5 ) S. 46 ff.
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Karl Nüßgens
Anwendung der gegenüber Gesetzen entwickelten Schranken einer Rückwirkung bis heute in der Rechtsprechung durchaus nicht anerkannt ist. Weder das Bundesverfassungsgericht50 noch die obersten Gerichtshöfe haben hierzu (bisher) eine allgemein bejahende Aussage gemacht51. Eher läßt sich, vorsichtig formuliert, eine deutliche Zurückhaltung beobachten.
50 Vgl. BVerfGE 18, 224, 240; s. besonders 32, 311 = N J W 1972, 573; s. auch BVerfGE 38, 386, 387; 19, 38, 47. 51 Vgl. im einzelnen: Rüberg (Fn.49), insbes. S. 190ff; Bischoff (Fn.49); Selmer (Fn. 49). Vgl. auch Canaris WM 1981, 978, 989.
Zur Analogie handelsrechtlicher Normen P E T E R RAISCH
I. Problemstellung Die Frage der Zulässigkeit analoger Anwendung handelsrechtlicher Normen auf dem bürgerlichen Recht unterliegenden Sachverhalten wurde, soweit ersichtlich, erstmals von Pisko für das österreichische Handelsrecht in der Fassung von 1935 zum Gegenstand einer monographischen Untersuchung gemacht1. Das damit aufgegriffene grundsätzliche Interpretationsproblem hat allerdings eine bereits jahrhundertealte Vorgeschichte: es betrifft die Frage, ob ein Singular- oder Sonderrechtwie es das Handelsrecht im Verhältnis zum bürgerlichen Recht ist extensiv ausgelegt werden darf. Trotz der langen Tradition fehlt es bisher an einer befriedigenden grundsätzlichen Antwort auf die Probleme um den Schnittpunkt beider hier in Rede stehenden Rechtskreise: Die Gerichte halten sich - möglicherweise mit Recht - nicht für kompetent, wie eine Entscheidung des II. Zivilsenats des B G H zeigt, dessen Vorsitz viele Jahre in den Händen des Jubilars lag. In diesem folgenreichen Urteil wurde im Jahre 1972 eine Korrektur des Kaufmannsbegriffs - Einbeziehung von Bauunternehmen in die Grundhandelsgewerbe des § 1 H G B - abgelehnt: „Die Gerichte sind aber nicht befugt, vom Gesetzgeber gewollte Abgrenzungen durch andere ihnen geeigneter erscheinende Merkmale zu ersetzen, zumal der Gesetzgeber die letzte Änderung des § 1 H G B . . . nicht zum Anlaß genommen hat, die Bauunternehmen in den Kreis der Grundhandelsgewerbe einzubeziehen"2. Schon früher, 1960, hatte es der II. Zivilsenat für unzulässig gehalten, § 28 H G B auf ein Unternehmen (Lichtspieltheater), in das ein Dritter als Gesellschafter eintritt, anzuwenden, wenn dem Unternehmen „mit Rücksicht auf §2 H G B der Charakter eines vollkaufmännischen Handelsgewerbes (fehlt), weil es nicht in das Handelsregister eingetragen ist" 3 .
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Handelsgesetze als Quelle des bürgerlichen Rechtes, 1935. B G H Z 59, S. 179 ff, 182 f. B G H Z 31, S. 397 ff.
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Peter Raisch
Gleichzeitig stoßen Versuche der Wissenschaft, wenigstens einzelne Teilbereiche einer Klärung zuzuführen, auf heftigen Widerstand, wie die Auseinandersetzung Zöllners4 mit K. Schmidt zeigt, der die Haftungskontinuität f ü r ein unternehmerisches Prinzip hält und deshalb eine Analogie der §§ 25 und 28 H G B befürwortet hatte 5 . Angesichts dieses Befundes möchte ich - an meine früheren Überlegungen anknüpfend', deretwegen mich K. Schmidt als den „Wegbereiter" seiner Thesen bezeichnet hat 7 , was, cum grano salis, zutreffen mag das Forum dieser Festschrift dazu benutzen, zu versuchen, wenigstens den Weg anzudeuten, auf dem konsensfähige Lösungen gefunden werden könnten. Dazu erscheint es mir notwendig, sowohl die Grundlagen der Analogie als auch das seit je bestehende Spannungsverhältnis zwischen H G B und BGB zu beleuchten. II. Grundsätzliche Zulässigkeit der Analogie im Zivilrecht Das BGB enthält, im Gegensatz z.B. zum italienischen Codice civile von 1942® und dem österreichischen ABGB 9 , keine Analogieermächtigung oder -Weisung. Eine allgemeine Analogieweisung sah zwar § 1 des Ersten Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich von 1888 vor: „Auf Verhältnisse, für welche das Gesetz keine Vorschrift enthält, finden die f ü r rechtsähnliche Verhältnisse gegebenen Vorschriften entsprechende Anwendung. In Ermangelung solcher Vorschriften sind die aus dem Geiste der Rechtsordnung sich ergebenden Grundsätze maßgebend." Die zweite Kommission strich diese Vorschrift jedoch, weil zur „Handhabung der Analogie eine besondere gesetzliche Ermächtigung nicht erforderlich sei"10. Dies zeigt, daß analoges Vorgehen in der Rechtswissenschaft anscheinend den Charakter von etwas Selbstverständlichem besitzt, und in der Tat ist es - jedenfalls im Zivilrecht - schon dem vorklassischen und
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Wovon handelt das Handelsrecht, ZGR 1983, S. 82 ff. ZHR 145 (1981), S.22; Handelsrecht, 2. Aufl. 1982, S.164. 6 Vgl. insbes. meine Ausführungen, in: JuS 1967, S. 533 ff. 7 Z H R 145 (1981), S.22, Fn. 119. 8 Vgl. Art. 12 Abs. 2: „Se una controversia non puo essere decisa con una precisa disposizione, si ha riguardo alle disposizioni che regolano casi simili ο materie analoghe;..." ' Vgl. § 7 : „Läßt sich ein Rechtsfall weder aus den Worten, noch aus dem natürlichen Sinne eines Gesetzes entscheiden, so muß auf ähnliche, in den Gesetzen bestimmt entschiedene Fälle, und auf die Gründe anderer damit verwandter Gesetze Rücksicht genommen werden." 10 Protokolle, S. 13, in: Mugdan, Bd.I, S.568. s
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klassischen römischen Recht bekannt 11 . Glossatoren und Konsiliatoren führten diese Rechtsanwendungsmethode fort 12 . Seit um die Mitte des 15. J h . die ersten selbständigen Interpretationsschriften in Europa, z . B . „De interpretatione legis extensiva" des Caepolla erschienen, ist die Zulässigkeit der Ausdehnung von Rechtsnormen auch für die Rezeptionsphase des römischen Rechts im Grundsatz unbestritten. Allerdings ging extensive Interpretation im damals verstandenen Sinn weiter als die heutige extensive Auslegung. Sie entsprach im Grundsatz der jetzigen Gesetzes- oder Einzelanalogie 13 . Auch unterschied Caepolla - ebensowenig wie die folgenden Interpretationslehren des 16. J h . noch nicht zwischen extensiver Auslegung und Analogie. Der Begriff Analogie wurde, soweit ersichtlich, 1533 erstmals von dem Niederländer Hopper verwandt 14 und später (1683) ζ. B. von Kulpis aufgegriffen 15 und hatte den Sinn unserer heutigen Rechts- oder Gesamtanalogie 16 . Bei dieser Unterscheidung in extensive Interpretation im Sinne von Einzelanalogie und Analogie als Gesamtanalogie blieb es, bis im 18. Jahrhundert extensive Auslegung und Einzelanalogie verschmolzen und hiervon die Gesamtanalogie abgetrennt wurde 17 . Diese, dem heutigen Analogiebegriff entsprechende Sichtweise setzte sich aber erst zu Beginn des 19.Jh. durch: Thibaut setzte 1799 den Begriff der Analogie ausdrücklich mit ausdehnender Auslegung gleich, daß also „bloß der Schluß von ähnlichen Fällen, d. h. die ausdehnende Interpretation, welche wegen der Gleichheit der Gründe geschieht, den Namen Analogie verdient" 18 . So verwendet ihn auch Zachariä in einem „Versuch einer allgemeinen Hermeneutik des Rechts", 1805". 11 Vgl. Käser, Das römische Privatrecht, Erster Abschnitt, 2. Aufl., 1971, S.213; Horak, Rationes decidendi, 1969, S. 242 ff mit vielen Nachweisen. 12 Vgl. Engelmann, Die Wiedergeburt der Rechtskultur in Italien, 1938, S. 157 ff; Mortari, Ii problema dell' interpretatio iuris nei Commentatori, 1958, S. 97 ff. 15 Vgl. Caepolla, De interpretatione legis extensiva (Ausg. 1557), S.20 linke Spalte: „Interpretatio extensiva proprie est, cum casus de quo quaeritur non continetur in verbis nec in mente", wenn also der Fall weder dem Wortlaut noch dem Sinn nach (im Gesetz) enthalten ist. 14 De iuris arte, in: Tractatus universi iuris (T.U.I.), Bd. 1, 1584, S. 81 ff. 15 De analogia iuris, in: Schilter, 1701. 16 So zutreffend Falk, Die Analogie im Recht, 1906, S.41. 17 Tulden gebrauchte in seinem Digestenkommentar von 1702 die Bezeichnung Analogie für Fallgestaltungen, die vor ihm mit extensiver Interpretation erklärt wurden (S. 18) und Geißler (De Analogia iuris publici 1784) unterschied analoges Vorgehen von der Ähnlichkeit her, also Einzelanalogie, von der aus allgemeinen Prinzipien, was der Gesamtanalogie entspricht (S. 3). 18 Theorie der logischen Auslegung des römischen Recht 1799, 2. Aufl., 1806, S. 118; Ausg. Celdsetzer, 1966. " §111, S. 136 f.
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In der Sache folgte dem 1808 Hufeland, der nicht ausdrücklich geregelte Fälle löst „durch Folgerung aus gewissen allgemeinen Grundsätzen" - dies wäre die heutige Gesamtanalogie „durch Erhebung einzelner bestimmter Fälle zu einer allgemeinen Regel, und durch neue Folgerungen aus dieser, das ist durch Rechtsanalogie; indessen ist diese Ausdehnung nur bei demselben Zweck oder Rechtsgrunde des Gesetzes erlaubt" - dies entspräche ungefähr der heutigen Einzelanalogie - 2 0 . Analogie des Rechts (analogia iuris) ist nach dem im 19. Jh. weitverbreiteten Pandektenkommentar von Glück „eine in den Worten des Gesetzes nicht ausdrücklich enthaltene, sondern aus der Absicht und den Bestimmungsgründen des Gesetzgebers gefolgerte Entscheidung eines unentschiedenen Rechtsfalls", hergeleitet „ex ratione legis", entweder durch ein „Argument von ähnlichen Fällen" oder durch einen „Schluß von entgegengesetzten Fällen"21. Nach Regelsberger werden Lücken durch Analogie ausgefüllt, welcher der „Grundsatz, daß Gleiches gleich zu beurteilen sei", zugrundeliegt. Dazu wird aus dem gegebenen Rechtssatz eine „allgemeinere Norm" abgeleitet, deren Tatbestand den geregelten wie den ungeregelten Fall umfaßt. Es muß hierzu „Wesensgleichheit", Gemeinsamkeit der „rechtlich erheblichen Elemente" beider Tatbestände bestehen22. Bei diesem Verständnis der Analogie ist es geblieben23. Für Larenz etwa ist wesentlich, daß infolge der Ähnlichkeit des nicht geregelten mit dem geregelten Tatbestand in den „für die gesetzliche Bewertung maßgebenden Hinsichten beide Tatbestände gleich zu bewerten sind"24. Besteht somit weitgehend Einigkeit über das Verständnis von Analogie, heißt dies aber noch nicht, daß damit exakt angegeben werden könnte, auf welche Fälle sie angewendet werden darf bzw. wann sie als unzulässig abzulehnen ist. Dies beruht darauf, daß die Entscheidung über ihre Zulässigkeit im Einzelfall von Voraussetzungen abhängt, für deren Vorliegen oder NichtVorliegen es keine sicheren, jedenfalls keine streng logischen Maßstäbe zu geben scheint: Der juristische Analogieschluß folgt dem logischen insoweit, als er „aus einer partiellen Ubereinstimmung in den Tatbeständen die Gleichheit der Rechtsfolgen" folgert, aber die Logik vermag keine Maßstäbe dafür zu liefern, wann „Rechtsähnlichkeit" besteht. Es müssen also die 20 Lehrbuch des in den deutschen Ländern geltenden gemeinen oder subsidiarischen Civilrechts, l.Band, 1808, S.26. 21 Ausführliche Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld, Erster Teil, 2. Ausg., 1797, S.263. 22 Pandekten, l.Band, 1893, S.157f. 23 Vgl. z.B. Stammler, Theorie der Rechtswissenschaft, 2.Aufl., 1923, Neudruck 1970, S. 383 ff. 24 Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl., 1983, S. 365.
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Wertentscheidungen des Gesetzes, die jeweilige ratio legis, gesucht werden25. Die Ermittlung der ratio legis ist mithin eine Vorbedingung für die Entscheidung über die Zulässigkeit von Analogie, und hierfür stehen die herkömmlichen Vorgehensweisen juristischen Denkens zur Verfügung: Wortauslegung, historische und systematische26 Interpretation. Das bedeutet zweierlei: erstens, daß dieser Methodenkanon bei jeder Analogie heranzuziehen ist und zweitens, daß die ihm anhaftenden Unsicherheiten zwangsläufig in jede Analogieentscheidung mitübernommen werden. Analoges Vorgehen ist folglich von einer doppelten Unsicherheit belastet, was nicht gegen ihre Anwendung, wohl aber für einen um so sorgfältigeren Begründungszwang spricht. Auch dieses Problem ist keineswegs neu, sondern war den italienischen, ebenso wie später den anderen kontinentaleuropäischen Juristen des ausgehenden Mittelalters und der beginnenden Neuzeit durchaus geläufig: So kennzeichnete der zeitweise in Bourges lehrende italienische Jurist Alciatus, Mitbegründer des juristischen Humanismus der ersten Hälfte des 16. Jh., die extensive Interpretation - höchst modern - als Schluß vom Ahnlichen zum Ahnlichen (de similibus ad similia). Als ähnlich aber wird der Fall angesehen, der sich auf dieselbe oder fast dieselbe ratio stützen läßt27. Gedanklich übereinstimmend beschreibt 1978 Bund die Analogie als „eine auf die Beobachtung einer Ähnlichkeit und des Postulats ihrer Relevanz begründete Argumentationsform" 28 . Weil aber die Bestimmung der Ähnlichkeit auch mit noch so scharfsinnigen Distinktionen 29 nicht zu praktisch brauchbaren Ergebnissen führte, versuchte man - ebenfalls sehr modern - Fallgruppen zu bilden, bei denen eine extensive Interpretation unzulässig war30.
25 Vgl. Heller, Logik und Axiologie der analogen Rechtsanwendung, 1961, S. 75 ff, 109 ff; Zusammenfassung, S. 143 ff. 26 Vgl. nur Larenz, Methodenlehre, a . a . O . , (Fn.24), Kap.4; Säcker, Münchener Komm, zum BGB, 1978, Einleitung, Rdn. 110 ff. 27 „Similis autem ille casus existimatur, qui eadem vel majore ratione nititur..."; De verborum significatione, 1539, S.43. 28 „Von einer gegebenen Norm ausgehend, die einen dem zu entscheidenden Fall ähnlichen regelt, postuliert man durch Verallgemeinerung eine Norm größeren Anwendungsbereichs, der auch den zu entscheidenden Fall mit umfaßt"; Die Analogie als Begründungsmethode im deutschen Recht der Gegenwart, Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, 1978, S. 115. 29 Vgl. nur den in 37 weitere Einzel-loci gegliederten locus „a simili" bei Cantiuncula, Topica legalia von 1519, Ausg. 1545, S.41 ff. 30 So schon Rogerius, Tractatus de iuris interpretatione, 1463, in: T.U.I., Bd. 1, 1584, S. 386 ff; 391.
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Als eine solcher Fallgruppen wurden die sogenannten Sonderrechte angesehen. III. Analogie bei Sondergesetzen In den juristischen Interpretationslehren seit dem 15. Jahrhundert war es herrschende Meinung, daß Straf- und Steuergesetze sowie Sonderrecht (ius singulare) nicht extensiv, im heutigen Sinn also nicht im Wege der Einzelanalogie, ausgedehnt werden dürften31. Diese Linie setzte Forster in seiner großangelegten Methodenlehre „Interpres" von 1613 fort32 und Thibaut übernahm die Regel der Unzulässigkeit der ausdehnenden Auslegung von Ausnahmegesetzen und ius singulare33. Sie ohne weiteres auch auf heutige Sonderrechte, wie ζ. B. das H G B , anzuwenden, erscheint jedoch nicht gerechtfertigt. Denn dieses Ausdehnungsverbot ist auf dem Hintergrund zu sehen, daß es seit der Wiederentdeckung des römischen Rechts im 11. Jh. bis zum Inkrafttreten der großen Kodifikationen, beginnend mit dem preußischen A L R von 1794, darum ging, das römische Recht als ius commune, als Regelrecht gegenüber abweichendem Statuarrecht durchzusetzen34. Noch im Lehrbuch das Pandektenrechts von Windscheid heißt es, daß „regelmäßig" das Recht sei, „welches den im Rechte anerkannten Prinzipien gemäß ist; dadurch, daß das Recht aus besonderen Gründen sich mit diesen Prinzipien in Widerspruch setzt, entsteht regelwidriges Recht. Von dem regelwidrigen Recht heißt es in den Quellen, daß es nicht ausgedehnt werden dürfe", was bedeute, es dürfe nicht weiter ausgedehnt werden, als der eigentliche Gedanke der Bestimmung reiche35. Auf das Verhältnis von neu gesetztem Recht innerhalb des Bereichs der großen, seit dem ausgehenden 18. und beginnenden 19.Jh. in Preußen, Frankreich und Osterreich entstandenen Kodifikationen kann dieses Ausdehnungsverbot, das auf einem spezifischen rechtspolitischen Anliegen früherer Jahrhunderte beruhte, nicht ohne Neudurchdenkung angewandt werden36. Beweis für diese These ist, daß bereits der „Anhang
Vgl. z . B . Die Topik des Everardus von Middelburg, 1516, S. 175ff. S. 280 ff. 33 Theorie der logischen Auslegung des römischen Rechts, 2. Aufl. 1806, Ausg. Geldsetzer, 1966, S. 70, 85. 34 Vgl. hierzu Engelmann, Die Wiedergeburt der Rechtskultur in Italien, 1938, S. 144: Ut minus corrigant ius commune. 35 8. Aufl., 1900, bearbeitet von Kipp, S. 103 f. 36 Engisch hält den Satz: „singularia non sunt extendenda" für wenig gesichert. Einführung in das juristische Denken, 7. Aufl., 1977, S. 104; nach Heck hat der Satz, daß Ausnahmevorschriften restriktiv auszulegen und nicht analog auszudehnen sind, viel 31
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von den Handelsgesetzen" des Badischen Landrechts von 1810 in Art. 1 b bestimmte: „Die Gesetze über Handelssachen, w o sie Abweichungen von den bürgerlichen Gesetzen aussprechen, geben in Handelssachen auch Rechtsähnlichkeit für unausgedrückte Fälle; außer Handelssachen hingegen dienen nur jene Gesetze des Handelsgesetzbuches zur Rechtsähnlichkeit, welche mit den Grundsätzen des bürgerlichen Gesetzbuches im Einklang sind". Pisko wendet sich deshalb in seinem „Beitrag zur Analogie" von 1935 37 zutreffend gegen das generelle Verbot der Analogie handelsrechtlicher N o r m e n auf Nichtkaufleute und Nichthandelsgeschäfte, auch wenn es sich hierbei sowohl um Ausnahmerecht - weil es eine N o r m des bürgerlichen Rechts, verstanden als „Regelrecht", durchbricht - als auch um Sonderrecht, weil es für Kaufleute gilt, handelt 38 . E r betont statt dessen mit Recht, daß es darauf ankomme, ob der Gesetzgeber dem M o m e n t , durch das sich zwei rechtsähnliche T a t b e stände unterschieden, keine rechtliche Erheblichkeit beigelegt habe. Dies sei der Fall, wenn ein „konsequenter, ein in dieser Richtung »idealer' Gesetzgeber der Regel, die er für Kaufleute und Handelsgeschäfte ausspricht, auch andere Personen und Geschäfte unterwerfen m u ß " . E r begründet diese These 39 vor allem damit, daß das österreichische Handelsrecht vom Jahre 1935, identisch mit dem A D H G B von 1861, zahlreiche Vorschriften enthalte, die in einzelnen Staaten vor Inkrafttreten des A D H G B bereits als Regel des allgemeinen bürgerlichen Rechts gegolten hätten 40 . Pisko nimmt damit den Grundsatz der jahrhundertelangen Interpretationsüberlieferung wieder auf, daß bei identischer ratio legis extensive Auslegung bzw. Einzelanalogie zulässig sei41, und bereinigt ihn lediglich von dem zeitpolitisch motivierten Analogieverbot bei Sonderrechten. Spricht somit eine lange Tradition für die grundsätzliche Zulässigkeit analoger Normanwendung und bilden auch sogenannte Sonderrechte
Unheil angerichtet. Jede Vorschrift könne im logischen Sinn als Ausnahmevorschrift aufgefaßt werden, wenn man ihr eine allgemeinere Norm gegenüberstelle. Gesetzesauslegung und Interessenjurisprudenz, AcP 112, 1914, S. Iff; neu redigiert von Dubischar, 1968, S. 46 ff; vgl. dort, S. 113 ff. 57 Haupttitel: „Handelsgesetze als Quelle bürgerlichen Rechts". 3« A . a . O . (Fn.37), S.9f. 39 A . a . O . (Fn.37), S.24ff. 40 A . a . O . (Fn.37), S.20. 41 Vgl. schon Caepola, De interpretatione extensiva: „Sed solum propter idenditatem rationis lex extendi potest ad c a s u m . . . " ; S. 18 rechte Spalte zu Gliederungspunkt 127 (Ausg. 1557). Auf die Abgrenzungsstreitigkeiten zwischen aktiver und passiver Extension, Intension und comprehensio der scholastisch argumentierenden Juristen des 15. und 16. Jh. kann hier nicht eingegangen werden.
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hiervon keine prinzipielle Ausnahme, hängt die Analogiefähigkeit von HGB-Normen folglich davon ab, ob sie in sachlicher oder persönlicher Hinsicht echte Sondernormen darstellen, deren „ratio legis" auf die explizit geregelten Ausnahmetatbestände beschränkt und auf sonstige Sachverhalte nicht übertragbar ist. Um dies festzustellen, bleibt nur der mühsame Weg einer Einzelanalyse aller HGB-Normen auf der Basis des schon angedeuteten methodischen Vorgehens, d. h. mit Hilfe der wörtlichen, logischen, systematischen und historischen Auslegung ist die ratio legis jeder einzelnen HGB-Vorschrift zu ermitteln, wobei insbesondere zu untersuchen ist, ob die betreffende Norm ihren systematischen Ort zutreffender im B G B hätte, weil sie mit dort vorhandenen Regelungen eine Sinnverwandtschaft aufweist bzw. ihr ähnliche Wertungen zugrunde liegen, oder ob sie hiervon gravierend abweicht und deshalb eher in das H G B gehört. Weist die Antwort eher in das BGB, wäre die fragliche HGB-Norm auch auf an sich dem B G B unterfallende Sachverhalte - Rechtsbeziehungen, bei denen Nichtkaufleute beteiligt sind - anwendbar, also analogiefähig, während im umgekehrten Fall keine Analogie in Betracht kommt. Eine solche Normauslese zur Ermittlung ihrer Analogiefähigkeit setzt das Vorhandensein eines Maßstabes voraus, anhand dessen die Zuweisung zum B G B oder in das H G B vorgenommen werden kann. Der Versuch, ein solches Abgrenzungsprinzip herauszubilden, ist, wie ein Blick in die Geschichte zeigt, ebenfalls keineswegs neu. Es existieren vielmehr Ansätze, deren Weiterverfolgung unter dem hier entwickelten Aspekt lohnenswert erscheint, und zwar auch, um die Zufälligkeit zu korrigieren, die vielfach zur Ansiedlung einer Norm im H G B führte. IV. Analogiemaßstab für Handelsrechtsnormen Die Geschichte des Handelsrechts begann in Deutschland - in der Verfassung des Deutschen Bundes - zunächst mit einem einheitlichen Handelsrecht, dem auch in Osterreich wirksam gewordenen A D H G B von 1861. Erst 40 Jahre später folgte das BGB, verbunden mit einer darauf ausgerichteten Revision des HGB. Weil in der Mitte des 19. Jh. eine BGB-Kodifikation politisch nicht durchsetzbar war, wurden in das A D H G B zahlreiche Vorschriften über Rechtsgeschäfte aufgenommen, die später in das B G B abwanderten42. Ein überzeugendes Abgrenzungsprinzip zwischen Handelsrecht und bürgerlichem Recht fehlte. Die Naturrechtskodifikationen - preußisches 42 Vgl. Raisch, Die Abgrenzung des Handelsrechts zum bürgerlichen Recht als Kodifikationsproblem im 19. Jh., 1962, S. 116 ff.
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A L R von 1794, Code Civile und Code de Commerce von 1804/7 enthielten unterschiedliche Mengen handelsprivatrechtlicher Sondervorschriften, ganz wenige das österreichische A B G B von 1811. Das A D H G B bestand zu einem nicht unerheblichen Teil aus Normen, die im preußischen, französischen und österreichischen Recht bürgerliches Recht, also nicht Kaufmannssonderrecht, waren und die heute im Allgemeinen Teil des B G B zu finden sind, wie z . B . die Vorschriften über Vertragsschluß43. Nach der Umwandlung Deutschlands von einem Staatenbund in den Bismarckschen Bundesstaat begannen die Vorarbeiten zum B G B und es entstand die grundsätzliche Frage, ob neben einem B G B eine gesonderte handelsrechtliche Kodifikation erforderlich und wenn ja, wie der Rechtsstoff zwischen den beiden Gesetzbüchern aufzuteilen sei. Im Gegensatz zur Schweiz, in der sich der Gedanke eines einheitlichen Obligationsrechts mit eingestreuten handelsrechtlichen Sondervorschriften durchsetzte, entschied sich die rechtspolitische Strömung in Deutschland, vor allem unter dem Einfluß von Goldschmidt, für eine Zweiteilung, der aber ein überzeugendes Abgrenzungsprinzip fehlte". Für Goldschmidt und seinen Schüler Rießer war das Handelsrecht der Entstehungsort neuer Rechtssätze, die nach kurzer Zeit, einem geschichtlichen Entwicklungsprozeß folgend, in das bürgerliche Recht abwanderten, kurz ein „Jungbrunnen des bürgerlichen Rechts" 45 , was zum Ergebnis führen mußte, daß das Verhältnis zwischen Handelsrecht und bürgerlichem Recht ein „relatives" ist: „Das Handelsrecht umfaßt niemals alle den Handel regelnden, und enthält bald mehr bald weniger demselben eigentümliche Rechtssätze und Rechtsinstitute" 46 . Als zeitkonsistente Prinzipien des Handels sah Goldschmidt z.B. an „möglichste Freiheit und rechtliche Formlosigkeit des Verkehrs; umfassenden Schutz von Treu und Glauben; strenge Sicherung des Kredits;... leichte Erkennbarkeit der Person des Schuldners oder des Haftungsobjekts" 47 . Aber diese Prinzipien können in gleicher Weise ein allgemeines Schuldrecht tragen. So ist es kein Wunder, daß auch den Gesetzesverfassern des H G B ein überzeugendes Sonderungsprinzip zwischen Handelsrecht und bürgerlichem Recht fehlte. Zur Berechtigung eines besonderen Handelsrechts Vgl. Raisch, Die Abgrenzung des Handelsrechts, a. a. O. (Fn. 42), S. 131 ff. Vgl. zum Vorstehenden Raisch, Geschichtliche Voraussetzungen, dogmatische Grundlagen und Sinnwandlung des Handelsrechts, 1965, S. 59 ff, 84 ff. 45 Goldschmidt, Universalgeschichte des Handelsrechts, 3. Aufl., 1891, S. 11 f; Rießer, Der Einfluß handelsrechtlicher Ideen auf den Entwurf eines bürgerlichen Gesetzesbuchs für das deutsche Reich, 1894, S.71. 46 Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts, l.Bd., 2. Aufl., 1875, S. 365f. 47 A . a . O . (Fn.46), N o t e 2 zu S.365f. 43
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gebrauchte der Staatssekretär des Reichsjustizamts Wendungen wie, es handle sich „um die Regelung eigenartiger Verhältnisse und Beziehungen des kaufmännischen Lebens" 48 . Auch nach Inkrafttreten des H G B gelangen der Wissenschaft nur unvollkommene Abgrenzungsansätze. Heck meinte, das Handelsrecht sei das „Recht des rechtsgeschäftlichen Massenbetriebs", womit immerhin einige spezifische Aspekte handelsrechtlicher Normen sichtbar werden49. Demgegenüber erwies sich die Idee des schweizerischen Juristen Wieland, den Begriff der „Unternehmung", entlehnt aus den Wirtschaftswissenschaften, als quasi rechtstheoretischen Grundbegriff eines „trotz allen Wechsels sich gleichbleibenden" Handelsrechts 50 heranzuziehen, als bisher brauchbarster Ansatz. Kapitalwagnis und Gewinnabsicht waren entscheidende Elemente dieses Begriffs der Unternehmung. Uber Schreiber, Jessen, Krause, Gieseke bis zu J. v. Gierke führt eine lange Reihe von Verfechtern des Gedankens, als Zentralbegriff des Handelsrechts den in den Konturen umstrittenen, im Kern aber übereinstimmenden Begriff des Unternehmens zu statuieren51. Auch dieser sicherlich nicht klassifikatorisch, sondern als Typus 52 , also mit unscharfen Rändern und auch Bruchstellen zu verstehende Begriff des Unternehmers als der, der selbständig mittels einer auf Dauer angelegten organisierten Wirtschaftseinheit anderen Marktteilnehmern wirtschaftlich werthafte Leistungen anbietet53, oder des Unternehmens als die organisierte Wirtschaftseinheit, mittels derer der Unternehmer am Markt auftritt 54 , mag unvollkommen erscheinen. Den Bedenken Zöllners, auch Verbraucher (beim Vorschlag Schmidt), Arbeitnehmer und Zimmervermieter (bei meinem und Schmidts Unternehmensbegriff), fielen darunter 55 , könnte man aber beispielsweise durch Anreicherung von Merkmalen, wie etwa in § 1 GWB (Markt für den Verkehr mit Waren oder gewerblichen Leistungen), begegnen. Da jedenfalls bisher trotz vielfältiger Bemühungen der Wissenschaft kein einleuchtendes sinnverbindendes Prinzip spezifisch handelsrechtli-
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Vgl. zum ganzen Raisch, Geschichtliche Voraussetzungen, a. a. O. (Fn. 44), S. 105 ff. Z.B. der, daß der Kaufmann im Gegensatz zum Laien, auch den kleinen Vorteil wahrnehmen müsse, weil der Grundsatz gelte: „Die Masse bringt's"; AcP 92, 1902, S. 438 ff, 458. 50 Wieland, Handelsrecht, l.Bd., 1921, S.9. 51 Vgl. die Nachweise bei Raisch, Geschichtliche Voraussetzungen, a. a. O. (Fn. 44), S. 136 ff. 52 Vgl. z.B. Kuhlen, Typuskonzeptionen in der Rechtstheorie, 1977. 53 So mein früherer Vorschlag in Geschichtliche Voraussetzungen, a. a. O. (Fn. 44), S. 193. 54 So K. Schmidt, Handelsrecht, a. a. O. (Fn. 5), S. 51. 55 ZGR 1983, S. 84 f. 49
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eher Normen gefunden worden ist, erscheint es als Sonderungsprinzip für die Analogiefähigkeit von HGB-Normen durchaus brauchbar, zumal es hierbei nur als Leitgedanke zu fungieren hat, an dem sich die mit den üblichen Auslegungskanones vorzunehmende Einzelanalyse der ratio legis der jeweiligen HGB-Norm orientiert. V. Anwendungsbeispiele 1. Die Überprüfung der HGB-Normen daraufhin, ob ihre ratio legis nur für Unternehmer, nicht aber für den „Durchschnittsbürger" sinnvoll und sachgerecht ist, führt bei manchen Normen sehr schnell zu einem eindeutigen Ergebnis. So ist bei den Vorschriften der §§ 17-24, 94, 100, 101, 348-350 evident, daß sie nur dann überhaupt einen Sinn erhalten, wenn sie auf Unternehmen angewendet werden. Eine Analogie auf NichtUnternehmer verbietet sich mithin ebenso wie eine extensive Auslegung. 2. Ebenso scheidet eine Analogie aus bei Normen, die strafrechtlich sanktioniert sind. Dazu bedarf es allerdings keiner prinzipiellen Einschränkungen, wie K. Schmidt sie wohl im Auge hat, wenn es heißt „andererseits dürfen der Analogie keine zwingenden Schutzgedanken im Wege stehen"", sondern dies ergibt sich aus dem in § 2 StGB konkretisierten Verfassungsgrundsatz „nulla poena sine lege", betrifft also die grundsätzliche Zulässigkeit von Analogie und ist damit kein spezifisch handelsrechtliches Problem. Die Grenzen dieses methodischen Instruments sind selbstverständlich auch bei seiner Anwendung auf handelsrechtliche Normen zu beachten, und soweit in diesem Sonderrecht Strafrechtsnormen bzw. Ordnungswidrigkeiten - die im methodischen Sinn ebenfalls zum Strafrecht gehören57 - enthalten sind, kommt eine Analogie folglich nicht in Betracht. Daraus ergibt sich ζ. B. die Nichtanalogiefähigkeit der Eintragungspflicht in das Handelsregister nach § 14 HGB, und für verfahrensrechtliche Vorschriften wie §38 Abs. 1 ZPO dürfte wegen des Rechtssicherheitsgedankens das gleiche gelten58. 3. Relativ unproblematisch ist die Analogie auch noch dort, wo sie sich innerhalb des Adressatenkreises der Sonderrechtsmaterie H G B bewegt5', also bei solchen Unternehmern, die von der Norm nicht
Vgl. Handelsrecht, a . a . O . (Fn.5), S.43. Vgl. BVerfGE 8, 197 ff und Raisch, Normqualität und Durchsetzbarkeit wirtschaftlicher Regelungen, Z H R 128 (1964), S. 161 ff. 58 Vgl. K.Schmidt, Handelsrecht, a . a . O . (Fn.5), S.46 mit Nachweisen. " Engisch, Einführung, a . a . O . (Fn.36), S. 152; Slicker, Münchener Komm., a . a . O . (Fn. 26), Rdn.102. 56 57
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unmittelbar erfaßt sind, aber nach der ratio legis zum „Einzugsbereich" der Vorschrift gehören. Beispiel ist die Rechtsprechung des B G H zur analogen Anwendung des Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters nach § 89 b H G B auf Vertragshändler. B G H Z 29, S. 83 ff ist insoweit ein Paradebeispiel methodengerechter Analogie. Nach Feststellung, daß sich in § 89 b H G B auch beim Vertragshändler zwei selbständige Gewerbetriebe gegenüberstehen, die Analogieerwägung sich also zwischen Unternehmen bewegt, und der Prüfung, daß die Entstehungsgeschichte nichts dafür hergibt, der Ausgleichsanspruch „solle mit Bedacht ausschließlich dem Handelsvertreter zugebilligt werden", wird der „gesetzgeberische Grundgedanke" und die „Gleichheit der Interessenlage" benutzt, um die Analogie zu rechtfertigen. Wenn dabei der B G H zunächst die konkrete Schutzbedürftigkeit des Handelsvertreters als Kern der ratio legis ansah und auf dieses Merkmal auch beim Vertragshändler abstellte60, später aber davon abrückte 61 , so ist dies nicht nur mit dem Wechsel des zuständigen Senats zu erklären, sondern auch mit dem Einfluß des rechtswissenschaftlichen Schrifttums, das zwischenzeitlich diese Frage diskutierte 62 . 4. Ebenso enthalten etwa §354 Abs. 1 H G B einerseits und §§612, 632, 653 und 689 BGB andererseits - wie schon ihr Wortlaut zeigt - im Grundsatz übereinstimmende Wertungen, also eine identische oder fast identische ratio. Ähnliches gilt, was ebenfalls bereits durch Wortauslegung feststellbar ist, für § 373 H G B im Vergleich zu den §§ 372 ff BGB, so daß beide N o r m e n auch auf NichtUnternehmer anwendbar sind63. 5. Desgleichen sind die §§ 355 bis 357 H G B , die Regeln für das Kontokorrent enthalten, abgesehen von der Zinseszinsvorschrift des §355 Abs. 1 H G B ihrem Sinngehalt nach, wie ihre Entstehungsgeschichte zeigt, eher bürgerliches Recht als spezifisches Handelsrecht 64 . Deshalb wäre die Ausdehnung dieses Vertragstypus nicht nur auf Unternehmer, wie Schmidt meint, sondern auch auf NichtUnternehmer zulässig. Ein Eingehen auf Systematik und Entstehungsgeschichte ist erforderlich, um die Analogiefähigkeit von §392 H G B beurteilen zu können;
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BGHZ 29, S. 88; konkretisiert durch BGHZ 34, S. 282 ff. " BGHZ 68, S. 340 ff. " Vgl. neuerdings Veltins, NJW 1984, S. 2063 ff; zuvor K. Schmidt, Handelsrecht, a.a.O. (Fn.5), S.573; Sandrock, FS für Robert Fischer, 1979, S.657ff; Krbek, Die analoge Anwendung des Handelsvertreterrechts auf den Vertragshändler, 1976. " Vgl. Raisch, Geschichtliche Voraussetzungen, a. a. O. (Fn. 44), S. 43. 64 Vgl. K.Schmidt, Handelsrecht, a.a.O. (Fn.5), S.464 m . w . N .
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Dresslerder §392 Abs. 2 H G B auch auf die nur nach bürgerlichem Auftragsrecht zu beurteilenden „Kommissionen" analog anwenden will, zeigt zunächst anhand der Entstehungsgeschichte, daß zwar der Dresdner Entwurf eines Gesetzes über Schuldverhältnisse von 1866 die damals im A D H G B stehende, dem § 392 Abs. 2 H G B entsprechende Vorschrift als schuldrechtliche Regel verallgemeinern wollte, die Verfasser des B G B dies jedoch ablehnten, weil es sich um eine spezielle Regelung der gewerbsmäßigen Kommission handle", und meint zu Recht, schon wegen § 406 Abs. 1 S. 2 H G B mangle es den ablehnenden Gründen der BGB-Verfasser an Uberzeugungskraft67. Ein Vergleich der Interessenlage und -wertung zwischen §392 Abs. 2 H G B und dem Recht der mittelbaren Stellvertretung ergebe vielmehr Gleichwertigkeit68 und auch ein Widerspruch mit sonstigen Normen und Prinzipien des B G B , ζ. B. dem Publizitäts- oder Abstraktionsprinzip, sei nicht festzustellen". Die systematische Auslegung führt somit in diesem Fall gegen die Entstehungsgeschichte zur Analogiefähigkeit. 6. Einer näheren Analyse hinsichtlich ihrer Analogiefähigkeit bedürfen auch die §§25 und 28 H G B . Die vielfältigen Bemühungen um die ratio dieser beiden Normen sind oft deswegen unvollkommen, weil sie nicht entstehungsgeschichtlich, sondern lediglich im Wege systematischer Auslegung vorgehen und mit Hilfe eines allgemeinen Rechtsprinzips zur Zulässigkeit analoger Ausweitung kommen. Dies trifft z . B . für die Untersuchung Liebs70 zu, der im systematischen Umblick prüft, ob mit §419 B G B geholfen werden kann, dies verneint und sodann aus dem übergreifenden Gedanken des Gläubigerschutzes die analoge Anwendung des §28 H G B bejaht. SchHcker sieht dagegen den Rechtsgrund der Haftung der §§25 ff H G B in einem „kombinierten Vermögensübernahme- und Verkehrsschutzprinzip" und will deshalb im Ergebnis nur vollkaufmännische Erwerber haften lassen, bei Übertragung nichtkaufmännischer Unternehmen allerdings die allgemeinen Rechtsscheingrundsätze anwenden71.
65 Die entsprechende Anwendung handelsrechtlicher Normen auf Nichtkaufleute am Beispiel des § 3 9 2 Abs. 2 H G B , Kieler Diss. 1968. " Dressler, a. a. O. (Fn. 65), S. 101, 106 und Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des BGB, Mugdan, Bd. 2, S. 360 ff. 67 A . a . O . (Fn.3), S. 113. " A . a . O . (Fn.3), S.128f. " A . a . O . (Fn.3), S. 130ff. 70 Die Haftung für Altschulden bei „Eintritt" eines Gesellschafters in ein nicht- oder minderkaufmännisches Einzelunternehmen, FS für Westermann 1974, S. 309 ff. 71 Probleme der Schuldenhaftung bei Übernahme eines Handelsgeschäfts, ZGR 1972, S. 121 ff, 152 ff.
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Eine systematisch orientierte Interpretation liegt auch den Überlegungen von K. Schmidt zugrunde. Er hat aus den Gedanken der Haftungskontinuität, wonach die zum Unternehmen gehörigen Verbindlichkeiten stets den Träger des Unternehmens belasten, also einem aus dem Unternehmensbegriff abgeleiteten Prinzip, die analoge Anwendung der §§25 und 28 H G B auch auf den nichteingetragenen Sollkaufmann begründet72. Er nähert sich damit aus systematischen Erwägungen der Gesamtanalogie, was im Ergebnis durch eine historische Interpretation der §§ 25 und 28 H G B bestätigt wird. Waskönig" hat die Entstehungsgeschichte dieser beiden Normen verfolgt und durch das ganze 19. Jh. hindurch eine „enge Wechselwirkung zwischen der jeweiligen Auffassung vom Wesen des Handelsgeschäfts und dem Schicksal der Forderungen und Verbindlichkeiten im Falle seiner Veräußerung" entdeckt. So haben Tabor 1826, Hassenpflug 1827 und Höpfner 1830 aus der Annahme der „Rechtssubjektivität der Firma" die Weiterhaftung des neuen (Mit-)Inhabers konstruiert74. Aus dem Für und Wider dieser Konstruktion entwickelte sich die Rechtsprechung des Reichsgerichts zur Erwerberhaftung mit unterschiedlichen Begründungen, bis die Denkschrift zum H G B die gesetzliche Lösung in Form der geltenden §§ 25 und 28 vorschlug75. In der Entstehungsgeschichte finden sich sowohl Gründe für die unterschiedliche Ausgestaltung der §§ 25 und 28 H G B hinsichtlich der Firmenfortführung als auch Anhaltspunkte für den „tragenden Grund" der hinsichtlich ihrer Analogiefähigkeit umstrittenen Normen: Die Denkschrift zum Entwurf eines Handelsgesetzbuchs 1896 stellt zum geltenden § 25 H G B auf die „Verkehrsauffassung, nach welcher der jeweilige Inhaber der Firma als der Verpflichtete und Berechtigte angesehen wird", und auf die durch die Firmenfortführung erklärte Absicht des Erwerbers, in die Geschäftsbeziehung einzutreten, ab, worauf sich Anhänger der Rechtsschein- als auch der Erklärungstheorie stützen, und zu § 28 vermuten die Verfasser der Denkschrift, daß „die Absicht der Parteien kaum jeweils auf eine Trennung der alten und der neuen Geschäftsschulden und Forderungen mit Wirkung nach außen gerichtet sein wird" 76 . Diese Ausrichtung der langen Entstehungsgeschichte auf ein Handelsgeschäft und eine Firma schlechthin, ohne Eingrenzung gerade auf den Kaufmannsbegriff der geltenden §§ 1 ff H G B , der erst 1896 geformt wurde, spricht dafür, die §§25 und 28 H G B auch auf
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Z H R 145 (1981), Rechtsgrund und Waskönig a . a . O . Waskönig a. a. O. Denkschrift zum
S. 22 ff. Tragweite der §§25, 28 H G B , Bonner Diss. 1979. (Fn.73), S.54ff. (Fn. 73), S. 100 ff. Entwurf eines Handelsgesetzbuchs 1896, S. 38 ff.
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Unternehmen, die noch nicht nach § 2 H G B eingetragen sind, zu erstrecken 77 . 7. U m ein - wie K. Schmidt zutreffend festgestellt hat, allerdings verdecktes - Analogieproblem handelt es sich auch bei der Frage, welche Rechtsfolgen das Auftreten eines Scheinkaufmanns auslöst78. Hier besteht die Gefahr, die Grenze einer möglicherweise zulässigen Analogie zu überschreiten und in den Raum unzulässiger Rechtsfortbildung zu geraten, weil beim Scheinkaufmann nicht genügend differenziert wird, sondern ganze Normkomplexe - nämlich die seinem Kontrahenten günstigen Regelungen - gleichsam „auf einen Schlag" für anwendbar erklärt werden. Damit wird im Grunde die Zulässigkeit analoger Normenanwendung bejaht, ohne daß die betreffenden Vorschriften zuvor in der hier vorgeschlagenen Weise im einzelnen auf ihre Analogiefähigkeit überprüft worden wären, und das kann, wie K. Schmidt richtig erkennt, im Ergebnis zu einer Ausdehnung des Kaufmannsbegriffs contra legem führen. Dies ist jedoch vermeidbar: Läßt man mit Limbach79 nicht bloß die hintergrundlose Behauptung, Kaufmann zu sein, genügen, sondern fordert man das äußere Erscheinungsbild eines Unternehmens oder mit Canaris mindestens ein Verhalten, dessen Bedeutung verkehrsmäßig, ζ. B. durch Handelsbrauch, typisiert ist80 und nimmt der mit diesem Scheinkaufmann Agierende diese Bedeutung an, so liegt es nahe, das jeweils konkret geschlossene Rechtsgeschäft analog der hierfür in Betracht kommenden handelsrechtlichen Norm zu beurteilen, weil ihre ratio legis auch auf diesen, einem echten Handelsgeschäft ähnlichen Sachverhalt zutrifft. Die Anwendung handelsrechtlicher Normen wird legitimiert durch das Vertrauen eines Dritten an den durch bestimmte Handlungen oder Unterlassungen entfalteten Schein des Kaufmannstatbestandes. Nach weit verbreiteter Ansicht sollen dann den Scheinkaufmann nur die 77 Waskönig a . a . O . ( F n . 7 3 ) , S . 1 8 3 f f , 1 % hält zwar nur § 2 8 H G B für analogiefähig, nicht aber § 2 5 H G B , weil die Firma im Gegensatz zur Etablissementbezeichnung ein Subjekt, den Kaufmann, repräsentiere mit der Tendenz, das Unternehmen als Handlungseinheit erscheinen zu lassen. Diese Tendenz gehe einer Etablissementbezeichnung ab und der N i c h t - oder Minderkaufmann sei gehalten, mit seinem bürgerlichen Namen zu zeichnen. D e m kann jedoch nicht gefolgt werden, denn wie § 23 H G B zeigt, repräsentiert die Firma auch das Handelsgeschäft und diese Kennzeichnungsfunktion kann auch einer Etablissementbezeichnung zukommen. In beiden Fällen wird die Identität eines Unternehmens klargestellt; so auch K.Schmidt, Handelsrecht, a . a . O . ( F n . 5 ) , S. 164. 78
K. Schmidt,
Handelsrecht, a. a. O . (Fn. 5), S. 253.
Z H R 134 (1970), S. 2 8 9 ff; kritisch Brüggemann, in Staub, Großkomm, zum H G B , 4. Aufl., 1983, Anh. § 5 , Rdn. 13. 80 Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971, S. 180, 219. n
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nachteiligen, nicht aber die günstigen Folgen des Handelsrechts treffen, den gutgläubigen Geschäftspartner nur die ihm günstigen, nicht die ihn benachteiligenden81. Aber diese sanktionsähnliche Zurechnung ist ein Fremdkörper in der zivilrechtlichen Rechtsanwendung mindestens dann, wenn den Scheinkaufmann kein Verschulden trifft82. Eine globale Zurechnung aller günstigen und nicht günstigen Rechtsfolgen auf den Scheinkaufmann und seinen Geschäftspartner, wie sie Canaris will83, bedeutet andererseits eine Gesamtkorrektur des gesetzlichen Kaufmannsbegriffs durch Hinzufügen einer weiteren Figur, eine das Gesetz ohne einleuchtenden Grund ergänzende, deshalb unzulässige Rechtsfortbildung84. Der behutsamere, gesetzestreuere Weg wäre, zunächst die handelsrechtlichen Normen, welche auf die angebahnte Rechtsbeziehung zwischen Scheinkaufmann und seinen Partner möglicherweise anzuwenden sind, auf Analogiefähigkeit nach dem angegebenen Muster zu prüfen. Handelt es sich um nicht spezifisch handels- bzw. unternehmensrechtliche Normen im beschriebenen Sinn, die also auf nicht handelsrechtliche Sachverhalte ausgedehnt werden können, ist nicht einzusehen, weshalb sie nicht mit günstigen und ungünstigen Folgen auf beide Beteiligte angewandt werden sollten. Bei spezifisch handels- bzw. unternehmensrechtlichen Vorschriften müßte überlegt werden, ob sie überhaupt auf den Scheinkaufmann analog angewandt werden können. Entfaltet dieser nur den Schein eines Minderkaufmanns, so sind nur die für diesen, also nicht die nur für den Vollkaufmann geltenden Normen des Handelsrechts anwendbar85. Für den Scheinvollkaufmann müßte gefragt werden, ob auch Ausnahmevorschriften von zwingendem bürgerlichem Recht, wie z . B . §350 H G B ihm zugerechnet werden können86. Bejaht man im Einzelfall die analoge Anwendung einer spezifisch handels- bzw. unternehmensrechtlichen Norm auf einen sich zum Schein als Kaufmann Gerierenden, so ist weiter zu fragen, ob ihm auch die günstigen, folglich seinem Partner auch die nachteiligen Rechtsfolgen zuzumessen sind. Brüggemann bejaht dies mit plausiblen Gründen jedenfalls für diejenigen Rechtsfolgen, die mit den vom Geschäftspartner des Scheinkaufmanns gewollten Erstfolgen untrennbar verbunden sind, Vgl. Schmidt, Handelsrecht, a . a . O . (Fn.5), S.258. Zur Loslösung der Zurechnung des Rechtsscheins vom Verschulden vgl. Brüggemann, a . a . O . (Fn.79), Anh. § 5 , Rdn.16. 85 Capelle/Canaris, Handelsrecht, 19. Aufl., 1980, S.22. 84 Schon Ehrenberg betrachtete aus solchen Gründen die Staubsche Lehre vom Scheinkaufmann („gilt als Kaufmann") mit großer Skepsis; Handbuch des gesamten Handelsrechts, II 1, 1914, S. 130 ff. 85 Brüggemann, a . a . O . (Fn.79), Anh. § 5 Rdn.22. 86 Brüggemann verneint diese streitige Frage, a. a. O. (Fn. 79), Anh. § 5 Rdn. 45. 81
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wie z.B. die aus einem Handelskauf, auf dessen Gültigkeit sich der Geschäftspartner des Scheinkaufmanns beruft, folgenden Zinsansprüche des Scheinkaufmanns aus Verzug nach § 352 HGB 87 . Diese Konsequenz läßt sich mit analoger Vollanwendung der in Betracht kommenden Normen ohne weitere dogmatischer Stützen begründen. Einer solchen Lösung steht auch nicht der Einwand entgegen, daß ein arglistiger oder sonst vorwerfbar agierender Scheinkaufmann in den Genuß unverdienter Vergünstigungen gelange, da die seinem Geschäftspartner möglicherweise entstehenden Nachteile mit den Mitteln der Irrtumsanfechtung, Schadensersatzansprüchen aus c.i.c. oder aus unerlaubter Handlung abgewendet werden könnten. VI. Analogie und Rechtsfortbildung Die vorgeführten Beispiele mögen genügen, um zu zeigen, daß der hier vorgezeichnete Weg eines methodischen Vorgehens auch und gerade in umstrittenen Fragen zu sachgerechten Lösungen zu führen vermag. Dies wird erreicht durch eine - vielleicht mühsam anmutende Analyse aller Einzelnormen des H G B auf ihre konkrete Analogiefähigkeit, die der Ermittlung von Ähnlichkeiten eines geregelten mit einem nicht geregelten Fall am Maßstab einer übereinstimmenden oder mindestens weitgehend übereinstimmenden „ratio legis" dient. Im Handelsrecht läuft die Suche nach einem gleichen Gesetzesgrund darauf hinaus, ob der vom Kaufmannsbegriff nicht erfaßte Fall vom Sinn oder Zweck, der dem Sonderadressatenkreis des HGB zugrundeliegt, miterfaßt wird. Im Wege der historischen und systematischen Auslegung des Kaufmannsbegriffs der §§ 1 ff HGB gelangt man, wie oben gezeigt, „faute de mieux" zum Unternehmensbegriff. Wird der nicht geregelte ähnliche Fall von ihm erfaßt, kann er unter diese den gesetzlichen Kaufmannsbegriff umspannende Sinneinheit Unternehmensbetreiber eingereiht werden und rechtfertigt deshalb eine analoge Anwendung der betreffenden HGB-Normen. Da das Ergebnis - Annahme oder Ablehnung der Analogiefähigkeit einer Norm - erst nach eingehender systematischer und historischer Auseinandersetzung mit ihrer „ratio legis" gewonnen werden kann, läßt sich jedenfalls eine allzu vorschnelle und globale Verwendung der Analogie vermeiden. Gerade weil dieses methodische Instrument bis hin zu Normkorrekturen führen kann, sollte sie aber auch einem strengen und möglicherweise aufwendig erscheinenden - Gewinnungsverfahren unterworfen werden. 87
A . a . O . (Fn.79), Anh. § 5 Rdn.44.
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Diese Thesen müssen anhand weiterer Fälle und auf sie anwendbarer Normen erhärtet werden. Die „generelle Abtragung" der gesetzlichen Abgrenzung des Kaufmannsbegriffs durch interpretative Beseitigung insoweit ist Zöllner zuzustimmen - würde die Aufgabenteilung zwischen Gesetzgeber und Rechtsanwender verletzen. Rechtsfortbildung, zu der die Analogie meist schon gezählt wird, ist andererseits unverzichtbar und sicherlich begründet §137 GVG keine ausschließliche Zuständigkeit der großen Senate des B G H dafür. Allerdings darf Rechtsfortbildung kein Instrument für faule und schlechte Juristen sein, oder, noch schlimmer, zur Verdeckung ideologisch motivierter Entscheidungsgründe mißbraucht werden. Dann darf nach Gesetzestreue nicht nur in akademischen Feierstunden gerufen werden, sondern die Rechtswissenschaft muß Kriterien erarbeiten, die den Gerichten für ihren mühseligen Fallalltag praktikable Hilfe gibt. Hierfür sind die altehrwürdigen Auslegungskanones, die nicht erst Savigny erfunden hat, die wörtliche, historische und systematische Interpretation sowie, hierauf sich aufbauend, die Analogie, noch immer ein probater Wegweiser - trotz aller Schelte, die sie erfahren haben88, und auch ohne daß deren Rangverhältnis untereinander geklärt ist8'. Am äußersten Ende des Weges erst kann Rechtsfortbildung erwogen werden, deren Orientierungspunkte, etwa an übergesetzlichen Prinzipien, noch ein offenes Feld für rechtsphilosophische Forschungen, ζ. B. Theorien der Gerechtigkeit, sind.
88 Vgl. z.B. Krawietz; Juristische Entscheidung und wissenschaftliche Erkenntnis, 1978, S. 196: Die juristische Interpretationsmethode sei eine „Methode ohne Methoden", weil es nicht gelungen sei, das Verhältnis der einzelnen Auslegungsweisen zueinander zu bestimmen. 8 ' Auch und gerade Esser, der für eine durch überpositive Rechtsprinzipien gespeiste Rechtsfindung eintritt, erkennt an, daß die Aufgabe der Rechtsanwendung in „99 von 100 Fällen" durch die herkömmliche Interpretationsmethode bewältigt werden kann und bejaht den Grundsatz des „Respect du texte", so daß anders gerichtete gesetzgeberische Vorstellungen den eindeutigen Text nicht zu Fall bringen können, sowie die Maxime der Auslegung zugunsten des Zwecks, der sich aus Text und Zusammenhang ergibt, Interpretation und damit auch eine Rangfolge, wenngleich er sie wegen der antithetischen Wirkungen der einzelnen Grundsätze für unmöglich hält. Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts, 1956, S. 59,126 f; vgl. auch Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung, 2. Aufl., 1972, S. 127.
Richterlicher Aktivismus im Personengesellschaftsrecht und Kautelarjurisprudenz: Ist eine Koexistenz möglich? ECKARD REHBINDER
I. Das Problem Die rechtsfortbildende Funktion der Vertragsgestaltung ist vielfach beschrieben worden'. Richterliche Rechtsfortbildung hat oft (wenngleich keineswegs ausschließlich) ihren Ursprung in Verträgen oder Testamenten von Vertragsjuristen. Aus dem Gesellschaftsrecht seien in diesem Zusammenhang die vielfältigen Methoden der Unternehmensperpetuierung, die G m b H und C o . K G , die Publikums-KG und die Betriebsaufspaltung genannt. Alle diese Gestaltungen und Institute sind primär Leistungen der Kautelarjurisprudenz, die dem Richter erst im nachhinein durch die „unsichtbare Hand" individueller Konflikte zur Billigung vorgelegt werden. Gewiß ist die richterliche Anerkennung erforderlich, aber das eigentlich schöpferische Element liegt insoweit im Vertrag oder im Testament. Richterliche Rechtsfortbildung stellt aber auch eine Bedrohung für die Vertragsgestaltung dar. In der Literatur findet sich mehrfach die Feststellung, daß die durch die moderne Tendenz zur richterlichen Rechtsfortbildung erzeugte Unsicherheit die Vertragsgestaltung vor große Probleme stelle'. Eine wesentliche Aufgabe eines jeden Vertrags)uristen ist es, für die Parteien einen Vertrag abzuschließen, der rechtlichen Bestand hat3. Die rechtliche Wirksamkeit des Vertrages ist zwar nicht das eigentliche Ziel der Parteien. Den Parteien geht es vielmehr in erster Linie um die Verwirklichung bestimmter Sachziele, im Gesellschaftsrecht also um das Betreiben eines Unternehmens und die Erzielung von Gewinn aus diesem Unternehmen. Die Einstellung der Parteien und auch des Ver-
1 Dazu Flume, DNotZ 1969, Sdh.30, 36 ff; E. Rehbinder, Vertragsgestaltung, 1982, S. 35 f; Reithmann, DNotZ 1977, Sdh. 17. 1 Flume, oben Fn. 1, S. 39; Häuser, Unbestimmte „Maßstäbe" als Begründungselement richterlicher Entscheidungen, 1981, S.21 Schollen, DNotZ 1961, 172, 177. ! Schollen, DNotZ 1961, 172, 176; ders., DNotZ 1969, Sdh. 52, 59; E. Rehbinder, oben Fn. 1, S. 28 f.
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tragsjuristen zum Recht ist instrumenteil. Recht wird als Mittel zum Handeln eingesetzt (dispositives Recht) oder als Grenze des Handelns beachtet oder möglichst vermieden (zwingendes Recht). Die rechtliche Wirksamkeit des Vertrages ist jedoch im Regelfall unabdingbare Voraussetzung für die Verwirklichung der Sachziele, die die Parteien im Rahmen einer gesellschaftsvertraglichen Regelung anstreben. Richterliche Rechtsfortbildung aber kann einer vertraglichen Gestaltung im nachhinein die rechtliche Grundlage entziehen. Selbst wenn der Vertrag nicht insgesamt nichtig ist, kann sie zu schweren Störungen im Vertragsgefüge bei einer Vielzahl von Verträgen führen. Dies ist besonders gravierend bei Verträgen, die, wie Gesellschaftsverträge, auf lange Dauer abgeschlossen sind. Im einzelnen kann man je nach Art und Intensität der Einwirkung richterlicher Rechtsfortbildung auf die vertragliche Gestaltung mehrere Situationen unterscheiden: (1) „harte" Rechtsfortbildung in einer rechtspolitischen „Ruhelage"; (2) „sanfte" (allmähliche oder doch vorhersehbare) Rechtsfortbildung in einer rechtspolitischen „Bewegungslage"; (3) unabgeschlossene Rechtsfortbildung, deren Weiterentwicklung nicht mit Sicherheit abschätzbar ist; (4) abgeschlossene Rechtsfortbildung, die für die Zukunft sicheres Recht schafft. Aus der Sicht der Kautelarjurisprudenz stellt sich primär die Frage, wie sich der Vertrags jurist bei seiner Gestaltungsaufgabe im Hinblick auf richterliche Rechtsfortbildung in den genannten Varianten verhält. Es geht also darum, inwieweit der Vertragsjurist bei Neuverträgen die Risiken für den Bestand des Vertrages, die sich aus künftiger richterlicher Rechtsfortbildung ergeben, vermeiden oder gering halten kann und muß und wie er bei bereits abgeschlossenen Verträgen auf rechtliche Datenänderungen aufgrund richterlicher Rechtsfortbildung reagieren kann und muß. Es wird zu zeigen sein, daß auf dieser Ebene der vertraglichen „Risikovorsorge" und „Schadensminderung" eine Koexistenz zwischen Vertragsgestaltung und Rechtsfortbildung nicht zu erreichen ist. Daher ist aus der Sicht der Kautelarjurisprudenz an die Adresse der richterlichen Rechtsfortbildung die Frage zu richten, ob zu der allenthalben bejahten richterlichen Folgenverantwortung im Rahmen der Rechtsfortbildung nicht auch Rücksichtnahme auf die Kautelarjurisprudenz gehört, m. a. W. ob eine Rechtsfortbildung anzustreben ist, die die Privatautonomie möglichst schont, auf stärkere Voraussehbarkeit abgestellt ist und mehr nachträgliche Anpassungsmöglichkeiten gewährt. Im Schrifttum ist unter dem letzteren Gesichtspunkt von einem grundsätzlich schutzwürdigen Vertrauen auf Rechtssicherheit gespro-
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chen worden, das durch richterliche Rechtsfortbildung nicht enttäuscht werden dürfe 4 . II. Beispiele für D a t e n ä n d e r u n g e n im Personengesellschaftsrecht d u r c h richterliche Rechtsfortbildung Das Recht der Personengesellschaften (einschließlich der Publikumspersonengesellschaften) kann man heute beinahe als „klassische" Spielwiese für richterlichen Aktivismus bezeichnen. W e r den Stand des Rechts der Personengesellschaften vor 20 Jahren mit dem gegenwärtigen Rechtszustand vergleicht, muß feststellen, daß das Recht der Personengesellschaften in weiten Bereichen nicht mehr wiederzuerkennen ist. Dabei ist die Rechtsentwicklung fast durchweg durch eine Einschränkung der Privatautonomie gekennzeichnet. Das Sozialmodell des Personengesellschaftsrechts ist fast nicht mehr der „mündige" Gesellschafter, der, gegebenenfalls mit Hilfe von Rechtsberatern, selbst für die V e r tragsgestaltung und die Wahrung eines angemessenen Ausgleichs sorgen kann und die Konsequenzen eigener Fehler auch selbst tragen muß. Es ist der „schwache" Gesellschafter, der bereits bei Neuabschluß des Gesellschaftsvertrages eine ungleiche Verhandlungsposition besitzt oder durch Erbgang mit einer gesellschaftsvertraglichen Gestaltung konfrontiert ist, die er nicht beeinflussen konnte und der deshalb den Schutz der Rechtsordnung verdient 5 . Zwei Beispiele sollen die Auswirkungen beleuchten, die sich hieraus für die Vertragsgestaltung ergeben.
1. Sonderrecht der Publikumspersonengesellschaften: „Sanfte" Rechtsfortbildung mit absehbarer Weiterentwicklung Beginnend mit einer Entscheidung aus dem J a h r 1973 6 hat der B G H das R e c h t der Publikumspersonengesellschaften im Hinblick auf deren strukturelle Verwandtschaft mit den Kapitalgesellschaften und die ähnliche Interessenlage schrittweise an das Recht der Kapitalgesellschaften angenähert 7 . Im Wege der Inhaltskontrolle hat der B G H eine Reihe von gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen für unwirksam erklärt ( z . B . Haftungsbeschränkung zugunsten der Aufsichtsratsmitglieder, O p -
4 So (noch) Rob. Fischer, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, 1960, S. 10, 11; ders., FS Kunze, 1969, S . 9 5 ; Stimpel, in: Pehle/Stimpel, Richterliche Rechtsfortbildung, 1969, S. 15 f; Haidinger, DRiZ 1960, 3 0 9 ; ferner Η. P. Westermann, A c P 175 (1975), 375, 389. 5 Vgl. Stimpel, FS 25 Jahre B G H , 1975, S. 13; Rob. Z G R 1979, 251, 262 f.
' B G H N J W 1973, 1604. 7 Vgl. zur Entwicklung U. H. Schneider,
Fischer,
FS Barz, 1974, S . 3 3 ;
ders.,
Z H R 142 (1978), 2 2 8 ; K r a f t , FS Rob. Fischer,
1979, S. 321; H ü f f e r , JuS 1979, 457; Stimpel,
FS Rob. Fischer, 1979, S. 771.
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tionsklauseln für die Übernahme eines KG-Anteils durch die Komplementär-GmbH), die in der typischen Personengesellschaft nicht ohne weiteres unzulässig wären, aber nach seiner Auffassung in der Publikumsgesellschaft den Kapitalgeber unangemessen benachteiligen 8 . Das Gebot objektiver Vertragsauslegung und der Schriftform für Sondervergünstigungen der Initiatoren 9 runden diesen Teil der Rechtsprechung ab, bei dem die Kautelarjurisprudenz direkt betroffen ist. Ferner hat der B G H durch Anerkennung der Prospekthaftung der Initiatoren 10 und eines außerordentlichen Kündigungsrechts der Gesellschafter" Rechtsinstitute entwickelt, die der besonderen Interessenlage in der Publikumsgesellschaft bei Täuschung des Kapitalanlegers Rechnung tragen sollen. Schließlich gibt es durch Erleichterungen für die Änderung des Gesellschaftsvertrages erste Ansätze für eine Selbsthilfe der Gesellschafter zur Fortentwicklung des Unternehmens und zur Krisenbewältigung' 2 . Aus der Sicht der Kautelarjurisprudenz ist bedeutsam, daß diese Rechtsentwicklung spätestens seit der grundlegenden Entscheidung B G H Z 64, 238 aus dem Jahre 1975 absehbar war. Sie führte zwar dazu, daß vor diesem Zeitpunkt abgeschlossene Altverträge auf einmal nichtige Vertragsklauseln enthielten. Für den kompetenten Vertrags)uristen als Berater der Initiatoren von Publikumspersonengesellschaften mußte jedoch klar sein, daß typische Personengesellschaften und Publikumspersonengesellschaften von nun an getrennte Wege gehen würden und eine erhöhte Vorsicht bei der Abfassung der Gesellschaftsverträge der Publikumspersonengesellschaften geboten war. Die Praxis der nächsten Generationen von Verträgen der Publikumspersonengesellschaften zeigt, daß hier sehr rasch eine Anpassung der Verträge an die absehbare Normentwicklung erfolgt ist. Dagegen dürfte eine Anpassung laufender Altverträge an die neue Rechtslage kaum vorgenommen worden sein. Andererseits ist nicht zu verkennen, daß gegenwärtig zahlreiche Fragen aus dem Recht der Publikumspersonengesellschaften noch ungeklärt sind, die für die Kautelarpraxis eine erhebliche Bedeutung besitzen. Dazu gehört insbesondere die Grundsatzfrage nach dem dogmatischen Weg der Rechtsfortbildung. Zwingendes Recht, Inhaltskontrolle von Formularverträgen und ergänzende Vertragsauslegung schaffen oder belassen unterschiedlichen Freiraum für die Vertragsgestaltung. Bleibt der B G H ζ. B. bei seinem Weg, ein außerordentliches Kündigungsrecht » BGHZ 64, 238; 84, 11. BGHZ 64, 238; BGH WM 1976, 446; NJW 1978, 755. 10 BGHZ 71, 285; 72, 382; 74, 103; 77, 176; 79, 33; 83, 222. " BGHZ 63, 338; 69, 160. 12 BGHZ 69, 160; 71, 53; BGHBB 1983, 722.
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im Wege der ergänzenden Auslegung des Gesellschaftsvertrages zu begründen13, so steht nichts im Wege, vertraglich festzulegen, daß in jedem Fall die dispositive Regelung des § 133 H G B gelten soll. Entsprechendes gilt für die erleichterte Änderung des Gesellschaftsvertrages, die der B G H bisher nur aufgrund einer vorhandenen Anderungsklausel (also lediglich unter Abweichung vom Bestimmtheitsgrundsatz) zugelassen hat14 und die daher ohne weiteres durch eine entsprechende Vertragsgestaltung blockiert werden könnte. Auch die beiden alternativen regelungspolitischen Modelle - richterliche Intervention oder Hilfe zur Selbsthilfe durch die Gesellschafter - haben unterschiedliche Konsequenzen für die Vertragsgestaltung. Richterliches Ersatzrecht zieht der Vertragsgestaltung engere Grenzen als ein Weg, der die Korrektur falscher Vorausplanungen der Initiatoren grundsätzlich dem Votum der Gesellschafter überläßt. Die Unsicherheiten, mit denen der Vertragsjurist bei der künftigen Gestaltung von Gesellschaftsverträgen für Publikumspersonengesellschaften konfrontiert ist, bleiben daher insgesamt erheblich15. Wohin der Weg der Rechtsprechung ungefähr gehen wird - Vermehrung zwingenden Rechts auf Kosten ergänzender Vertragsauslegung, Präferenz für die Selbsthilfe der Gesellschafter - dürfte jedoch absehbar sein. Auf jeden Fall ist das Spektrum der Entwicklungsmöglichkeiten der Rechtsprechung begrenzt und erlaubt daher, eine geeignete Risikovorsorge für den Fall zu treffen, daß die eigenen Erwartungen hinsichtlich des künftigen Rechts nicht erfüllt werden. 2. Ausschlußklauseln bei typischen Personengesellschaften: „Harte" Rechtsfortbildung mit unabsehbarer Weiterentwicklung Seit einer Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahr 1938" war es 35 Jahre fast unbestritten, daß die vom Gesetz in § 140 H G B getroffene Regelung über den Ausschluß eines Gesellschafters nicht zwingend ist, insbesondere daß ein Gesellschafter bei entsprechender Ermächtigung durch den Gesellschaftsvertrag auch durch Mehrheitsbeschluß und ohne Nachweis eines wichtigen Grundes ausgeschlossen werden kann17. Auf diese, auch in der Literatur zunächst fast einhellig vertretene Auffassung
Oben Fn. 11. Oben Fn. 12. " Die quantitative Bedeutung dürfte allerdings durch den Abbau steuerlicher Anreize durch die jüngere Gesetzgebung (§15 a EStG) und Rechtsprechung abgenommen haben. 16 RG ZAkDR 1938, 818. 17 BGHZ 34, 80 = NJW 1961, 504 (ausführlicher); BGH WM 1962, 462; 1968, 532; NJW 1973, 651; 1973, 1606; vgl. Huber, ZGR 1980, 177, 180 ff. 13
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hatte sich die Kautelarjurisprudenz eingestellt, und es gab wohl kein einziges praxisbezogenes Anleitungsbuch, das die Gesellschafter und ihre Berater vor einer derartigen Gestaltung warnte. A b 1970 begannen sich im Schrifttum erste Zweifel zu regen 18 . Ohne erkennbare Vorbereitung in der eigenen Rechtsprechung hat der B G H im Jahre 1977" in einem obiter dictum eine völlige Abkehr von der bisherigen, an der Vertragsfreiheit orientierten Rechtsprechung zugunsten einer richterlichen Intervention zum Schutze des „schwachen" Gesellschafters eingeleitet. Danach soll eine Ausschlußklausel, die den Ausschluß eines Gesellschafters in das freie Ermessen der Mehrheit stellt, nur dann zulässig sein, wenn ausnahmsweise außergewöhnliche Umstände eine derartige Klausel (nicht etwa die Ausübung des Kündigungsrechts 20 ) rechtfertigen. Wenig später hat der B G H eine Ausschlußklausel für unwirksam erklärt, weil sie mit einer Abfindungsklausel verbunden war, die dem ausgeschlossenen Gesellschafter Abfindung nur nach dem Buchwert seines Geschäftsanteils gewährte 21 . Nach drei weiteren Jahren ist ein vorläufiger Abschluß der Rechtsprechung erreicht. Nach der Entscheidung des B G H vom 13. 7.1981 2 2 ist eine Ausschlußklausel einer typischen K G , die den Ausschluß eines Kommanditisten in das freie Ermessen des persönlich haftenden Gesellschafters stellt, auch bei Abfindung nach dem Verkehrswert des Geschäftsanteils grundsätzlich unwirksam; eine Ausnahme gilt nur, wenn die Regelung durch außergewöhnliche sachliche Gründe gerechtfertigt ist oder wenn der Gesellschaftsvertrag selbst Kautelen gegen die willkürliche Ausübung der Klausel durch die Mehrheit enthält. Trotz der Versuche des B G H , diese Rechtsprechung als Fortentwicklung der bisherigen Praxis hinzustellen, bleibt mit allen Kommentatoren dieser Rechtsprechung festzustellen, daß sie aus einer rechtspolitischen „Ruhelage" heraus zu einer abrupten, kaum vorhersehbaren Rechtsänderung geführt hat, die die Vertragsfreiheit entscheidend einschränkt 23 . Immerhin wurde der Überraschungseffekt der Rechtsfortbildung durch ihre „Ankündigung" im obiter dictum von B G H Z 68, 212 gemildert.
18 Vgl. Η. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970, S . 2 4 3 ff; P. Ulmer, in: G r o ß k o m m , zum H G B , 3. Aufl. 1973, § 1 4 0 R d n . 4 8 , 5 5 ; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I I : Die Personengesellschaft, 1977, S. 137 ff.
" B G H Z 68, 212. A . M . Schilling, Z G R 1979, 419, 4 2 2 f ; Wiedemann, 897 f. 20
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FS Rob. Fischer, 1979, S . 8 8 3 ,
B G H N J W 1979, 104.
B G H Z 81, 2 6 3 ; dazu Krämer, N J W 1981, 2 5 5 3 ; Kreutz, Z G R 1983, 109. 23 Huber, Z G R 1980, 177, 180 ff; Schilling, Z G R 1979, 419, 4 2 2 ; Wiedemann, 1980, 147, 152. 22
ZGR
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Inhaltlich bleibt sie umstritten 24 . Für die Kautelarjurisprudenz wichtig ist, daß die neue Rechtsprechung auch dort, wo sie noch Raum für die freie Gestaltung zu lassen scheint, den Vertragsjuristen eher ratlos läßt. Der B G H hat eine abschließende Entscheidung zu der Frage, welche Umstände eine Ausschlußklausel, die den Ausschluß nach freiem Ermessen vorsieht, ausnahmsweise rechtfertigen können und ob die sachliche Rechtfertigung schon aus dem Gesellschaftsvertrag hervorgehen muß, ausdrücklich vermieden, weil die Entscheidung im vorliegenden Fall nicht notwendig und beim gegenwärtigen Stand der Diskussion auch nicht angebracht sei. Für die alternative Ausnahme von der grundsätzlichen Unzulässigkeit von Ausschlußklauseln, daß der Gesellschaftsvertrag selbst geeignete Vorkehrungen gegen eine willkürliche und mißbräuchliche Handhabung des Ausschließungsrechts treffe, findet sich lediglich ein unverbindlicher Hinweis auf eine Literaturstelle, die zu diesem Punkt wenig aussagekräftig ist25. Es ist daher nicht erstaunlich, daß im Schrifttum recht unterschiedliche Vorstellungen darüber herrschen, wann auf der Grundlage der neuen Rechtsprechung Ausschlußklauseln ausnahmsweise zulässig sind, insbesondere ob sie generell gegenüber Gesellschaftern „minderen Rechts" (welchen?) zulässig sind und unter welchen Voraussetzungen sie im übrigen zulässig sein können 26 . Indem der B G H diese Fragen weiterer Diskussion und späterer Entscheidung überließ, handelte er aus der Sicht der Rechtsfortbildung scheinbar vernünftig; völlig unberücksichtigt blieben dabei jedoch die Folgen der andauernden Rechtsunsicherheit, die eine derartige richterliche Intervention mit verdeckten Karten für die Kautelarpraxis haben muß.
3. Aktionsfelder möglicher künftiger Rechtsfortbildung Geht man davon aus, daß es sich bei der genannten Rechtsprechung nicht um vereinzelte Entscheidungen zu Spezialproblemen, sondern um den Ausdruck eines Wandels der rechtspolitischen Grundeinstellung handelt, so läßt sich leicht eine Reihe weiterer Aktionsfelder ausmachen, auf denen künftig Rechtsänderungen zu Lasten der Privatautonomie im Wege richterlicher Rechtsfortbildung denkbar sind. Zu nennen sind etwa:
24 Vgl. die Nachweise bei Kreutz, Z G R 1983, 1 0 9 , 1 1 1 , der selbst (a. a. O . , S. 113 ff) die Lösung von B G H Z 81, 263 ablehnt; krit. auch Krämer, N J W 1981, 2553.
Huber, Z G R 1980, 177, 199. Vgl. insbes. Huber, Z G R 1980, 177, 194 ff, 212 ff; Krämer, N J W 1981, 2553, 2 5 5 6 ; Flume, oben Fn. 18, S. 138 f; ders., N J W 1979, 902 f; Eiselt, FS von Lübtow, 1981, S.643, 656 -,Hirtz, B B 1981, 761, 763 f. 25
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- Abfindungsklauseln (besonders Buchwertklauseln); - gesellschaftsvertragliche Beschränkungen von Kündigungsrechten und überlange Vertragsdauer von (auf bestimmte Zeit eingegangenen) Gesellschaftsverträgen; - gesellschaftsvertragliche Beschränkungen des Stimmrechts (Ausdehnung der Kernbereichslehre) sowie der Kontrollrechte; - gesellschaftsvertragliche Mehrheitsentscheidungen für besonders belastende Änderungen des Gesellschaftsvertrags (Ersetzung des Bestimmtheitsgrundsatzes durch zwingendes Recht). In allen genannten Bereichen gibt es gewisse Vorarbeiten zum Teil der Rechtsprechung selbst, auf jeden Fall im Schrifttum, an die die Rechtsprechung leicht anknüpfen könnte 27 . Es ist eine Frage der Einschätzung, als wie realistisch man die Möglichkeit von Rechtsänderungen in diesen Bereichen ansieht. Wer von der Vergangenheit der letzten 20 Jahre gesellschaftsrechtlicher Entwicklung auf die Zukunft schließt, wird sich aber kaum dem Glauben hingeben können, daß ein Ende der Bewegung im Personengesellschaftsrecht erreicht ist. III. Reaktionsmöglichkeiten der Kautelarjurisprudenz Richterlicher Aktivismus im Recht der Personengesellschaften stellt den Vertragsjuristen vor recht unterschiedliche Probleme je nach dem, ob es sich um Neuverträge oder um Altverträge handelt. Bei Neuverträgen geht es um die Frage, in welchem Umfang der Vertragsjurist zur Prognose der künftigen Rechtsentwicklung verpflichtet ist und welche Maßnahmen er zu treffen hat und treffen kann. Bei Altverträgen fragt es sich, ob der Vertragsjurist verpflichtet ist, von sich aus seinem (ggf. früheren) Klienten eine Anpassung des Vertrages an die neue Rechtslage vorzuschlagen, und welche Maßnahmen er treffen kann. 1.
Neuverträge
Das Bestreben des Vertragsjuristen sollte es sein, einen Vertrag zu entwerfen, der nicht nur gegenwärtig als rechtswirksam gelten kann, sondern bei dem auch das Risiko möglichst gering ist, daß er während seiner Laufzeit aufgrund einer Rechtsänderung durch richterliche Rechtsfortbildung ganz oder in Teilen unwirksam wird. 27 Zu den Abfindungsklauseln B G H N J W 1979, 104; WM 1980, 1362; N J W 1985, 192; P. Ulmer, N J W 1979, 81; Rasner, N J W 1983, 2905; Werner/Jung, DB 1982, 1503 m.w. N . ; zu Kündigungsbeschränkungen B G H N J W 1973, 1602; P. Ulmer, FS Möhring, 1975, S. 295; Gersch, BB 1977, 871; zur Kernbereichslehre B G H Z 20, 363; 46, 291 sowie B G H Z 25, 115 (Kontrollrecht); Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, 1980, S.362, 366ff m . w . N . ; zum Bestimmtheitsgrundsatz B G H BB 1976, 948; Marburger, N J W 1984, 2252 m. w. N.
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a) In Rechtsprechung und Schrifttum ist im Grundsatz anerkannt, daß der Vertragsjurist den „sichereren" (oder gar den „sichersten") und „weniger gefährlichen" Weg beschreiten muß. Dieser Grundsatz stellt eine Konkretisierung der Verhaltenspflichten des Rechtsberaters dar. Er hat eine umfassende Bedeutung für die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts und Notars, ist aber im einzelnen stark ausdifferenziert. Dazu gehört insbesondere, daß der Vertragsjurist unwirksame oder auch nur rechtlich zweifelhafte Regelungen und die hieraus möglicherweise entstehenden Rechtsstreitigkeiten der Parteien vermeiden muß28. Die Rechtsprechung stellt dabei hohe Anforderungen an die Pflichten des Vertragsjuristen, die dem Geschäft aus der gegenwärtigen Rechtslage, insbesondere aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung, drohenden Risiken zu erkennen, während das (überwiegend standesrechtliche) Schrifttum dazu neigt, in Zeiten juristischer Informationsflut einer Uberspannung der Anforderungen entgegenzutreten29. Zweifelhaft ist, inwieweit der Maßstab des sichereren Weges auch für die künftige Rechtsentwicklung gilt. Sicherlich kann man das Postulat aufstellen, daß der Vertragsjurist auf der Grundlage der gegenwärtigen Entscheidungspraxis und ggf. Literatur die Entscheidung über die Wirksamkeit des Vertrags in einem möglichen Konfliktfall zu prognostizieren und seine Partei abzusichern habe. Dazu müßte dann auch gehören, daß er die Wahrscheinlichkeit und die Richtung einer Änderung der Rechtsprechung und ihre potentiellen Auswirkungen auf den Vertrag abzuschätzen und, wenn keine letzte Klarheit herrscht, den rechtlichen Weg zu gehen hätte, der unabhängig von rechtlichem Meinungsstreit und denkbaren Entwicklungsmöglichkeiten Bestand haben wird30. Der kompetente Vertragsjurist wird sich meist so verhalten. Ein ausreichender Schutz der Parteien ist jedoch nur gewährleistet, wenn die Projizierung des Prinzips des sichereren Wegs in die Zukunft nicht nur ein Postulat darstellt, sondern es sich um eine echte Verhaltenspflicht handelt, deren 2» R G Z 148, 321; B G H Z 70, 374; B G H N J W 1958, 1399; D N o t Z 1962, 2 6 3 ; 1974, 2 9 7 ; VersR 1975, 540; N J W 1977, 2073; Soergel/Siebert/Kraft, B G B , 12. Aufl. 1980, vor § 6 1 1 R d n . 8 4 ; Münchner K o m m . - W e r , B G B , 1980, § 6 7 5 R d n . 2 2 ; Borgmann/Haug, Anwaltspflichten, Anwaltshaftung, 1979, S. 84ff, 88; Reithmann/Röll/Geßele, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung, 5. Aufl. 1982, R d n . 3 5 f f , 37, 40; Haug, D N o t Z 1972, 453, 471 ff.
Allg. zum Grundsatz des sichereren Weges R G Z 151, 2 5 9 ; B G H N J W 1959, 141; D N o t Z 1969, 173; N J W 1974, 1865; 1981, 2741; 1983, 1665 sowie die oben angegebene Literatur. 29 B G H N J W 1952, 4 2 5 ; 1958, 825; VersR 1979, 2 3 2 ; N J W 1983, 1665; Borgmann/ Haug, oben F n . 2 8 , S . 6 8 f ; Reithmann/Röll/Geßele, oben F n . 2 8 , Rdn. 4 0 f . J0 Barz, D N o t Z 1965, Sdh. 52, 54 und 58; Höhn, St. Galler Festgabe zum Schweizerischen Juristentag, 1981, S.343, 357; E. Rehbinder, oben F n . l , S . 2 8 f ; ders., A c P 174 (1974), 265, 288 f.
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Verletzung auch Schadensersatzpflichten begründet. Die prinzipiellen Bedenken gegen eine derartige Ausweitung sind unübersehbar. Abgesehen von dem damit verbundenen Zeitaufwand in Relation zu den Gebühren, die der Mandant zu zahlen bereit ist 31 , fällt besonders ins Gewicht, daß sich sichere Maßstäbe für den Inhalt und den Umfang der Prüfungspflicht bezüglich der künftigen Rechtsentwicklung kaum entwickeln lassen. Fällt es schon bisweilen schwer, eine gegenwärtig herrschende Meinung zu ermitteln 32 , so bedarf es beinahe prophetischer Gaben, um die künftige Rechtsentwicklung zu prognostizieren. Angesichts der Neigung der Gerichte, im Hinblick auf ein Haftpflichtereignis im nachhinein Verhaltenspflichten aufzustellen, die, ex ante betrachtet, kaum erfüllbar sind, würden dem Vertrags]uristen unübersehbare Haftpflichtrisiken drohen. Diese Erwägungen zwingen jedoch nicht dazu, die Zukunftsdimension des sichereren Weges gänzlich im rechtlich Unverbindlichen zu belassen. In der Rechtsprechung läßt sich eine gewisse Tendenz feststellen, einen „Vertrauensschutz" bezüglich des Fortbestands der gegenwärtigen, die Wirksamkeit des Geschäfts bejahenden Rechtsprechung nicht anzuerkennen, wenn sie unter Beachtung des Schrifttums nicht oder nicht mehr als sichere unanfechtbare Position angesehen werden kann; dies soll sogar hinsichtlich der höchstrichterlichen Rechtsprechung gelten, die zwischen den einzelnen Untergerichten und im Schrifttum umstritten ist33. Letzteres stellt wohl eine Uberspannung der Anforderungen dar. Vielmehr ist die Prüfungspflicht bezüglich der künftigen Rechtsentwicklung im Sinne eines Evidenzvorbehalts zu begrenzen. Damit sind solche Fälle erfaßt, in denen es sich einem mit der gegenwärtigen Entscheidungspraxis und dem wesentlichen Schrifttum vertrauten Vertragsjuristen aufdrängen mußte, daß sich die Rechtsprechung in einer bestimmten Richtung entwickeln kann. Vom Vertragsjuristen wird dabei nicht verlangt, die künftige Rechtsentwicklung genau vorherzusehen, sondern nur das ungefähre Risiko zu erkennen und abzuschätzen, das sich aus einer absehbaren künftigen Rechtsentwicklung ergibt. b) Das Erkennen des rechtlichen Risikos aus einer künftigen Rechtsentwicklung ist nur die eine Seite. Es geht weiterhin darum, aus diesen Erkenntnissen Konsequenzen für die konkrete Gestaltung des Vertrages 31 Mertens, VersR 1974, 509, 514 ff; Stürner, J Z 1974, 154, 156; Reithmann/Roll/ Gefiele, oben Fn.28, Rdn. 166. J2 Vgl. Roth, FS Bosch, 1976, S. 827. 33 R G Z 87, 183; B G H N J W 1967, 105 (erschütterte Rechtsprechung); B G H N J W 1973, 364 im Gegensatz zu RG J W 1915, 1259 (Abweichung einzelner Untergerichte); hierzu krit. Borgmann/Hang, oben Fn.28, S . 7 0 f ; Schneider, MDR 1973, 305. Zur Berücksichtigung künftiger Gesetzgebung: B G H DNotZ 1958, 23 mit abl. Anm. Seybold.
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zu ziehen. Der Grundsatz des sichereren Weges bedeutet insoweit, daß der Rechtsberater immer dann, wenn keine letzte Klarheit über die Rechtsentwicklung besteht, den rechtlichen Weg gehen muß, der auch in Zukunft unabhängig von denkbaren Entwicklungsmöglichkeiten Bestand hat. So muß er ggf. doppelte Sicherungen einbauen 34 . Das erscheint unproblematisch, soweit mit dem sichereren Weg keine wirtschaftlichen Nachteile für die Parteien verbunden sind. Aus Zweckmäßigkeitsgründen kann es insbesondere bei einer nicht absehbaren zukünftigen Entwicklung jedoch angebracht sein, auch einen weniger sicheren Weg zu gehen. Im Schrifttum wird dies weithin anerkannt, aber auch die im allgemeinen strengere Rechtsprechung akzeptiert diese Vorgehensweise unter bestimmten Voraussetzungen 35 . Erforderlich ist in jedem Fall, daß der Rechtsberater Risiko und mögliche Vorteile sorgfältig gegeneinander abwägt, die Vorteile klar überwiegen, und daß er den Mandanten entsprechend aufklärt. Abgesehen von dem Fall, daß der sicherere Weg „kostenlos" ist, bestehen grundsätzlich mehrere Gestaltungsmöglichkeiten, um die rechtlichen Risiken künftiger Rechtsfortbildung bei Gesellschaftsverträgen zu begrenzen: (1) Wahl einer Gestaltung, die zwar mit wirtschaftlichen Nachteilen für die Parteien verbunden ist, aber mit Sicherheit rechtlichen Bestand haben wird (ζ. B. volle Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters zum Verkehrswert; Ausschluß eines Gesellschafters zwar mit Mehrheit, aber nur bei wichtigem Grund i . S . d . §140 HGB); (2) Wahl einer sicheren Gestaltung, die zwar mit wirtschaftlichen Nachteilen für die Parteien verbunden ist, zum Ausgleich aber Einbau negativer Anreize, die den Gesellschafter davon abhalten sollen, unbedacht von der Regelung zum Nachteil der übrigen Gesellschafter Gebrauch zu machen oder die Entscheidungen der Mehrheit anzugreifen ( z . B . Abzinsung des Abfindungsanspruchs bei Ausscheiden, wenn eine volle Abfindung sofort verlangt wird, im übrigen Ratenzahlung mit Zinsanspruch); (3) Wahl einer Gestaltung, die im Lichte der absehbaren Rechtsentwicklung zwar nicht völlig sicher ist, bei der aber die Wahrscheinlichkeit künftiger Unwirksamkeit relativ gering ist (ζ. B. Festlegung der Gründe für einen Ausschluß eines Gesellschafters mit
Siehe die oben in Fn. 30 Genannten. B G H VersR 1975, 540; N J W 1984, 791; Borgmann/Hang, Reithmann/Roll/Gefiele, oben F n . 2 8 , R d n . 3 5 , 166, 168. M
>ä
oben F n . 2 8 , S . 8 6 f ;
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Differenzierung zwischen „Vollgesellschaftern" und „Gesellschaftern minderen Rechts"); (4) Wahl einer im Lichte der absehbaren Rechtsentwicklung zweifelhaften Gestaltung, aber Absicherung durch eine Auffangklausel (ζ. B. eine salvatorische Klausel oder Leistungsbestimmungsklausel, die bei Nichtigkeit der betreffenden Vertragsbestimmung den Vertrag im übrigen aufrecht erhält und die Parteien verpflichtet oder eine Partei berechtigt, eine wirtschaftlich gleichwertige Ersatzregelung zu vereinbaren oder zu treffen); (5) Entscheidung von Streitigkeiten über die Rechtswirksamkeit der betreffenden Vertragsbestimmung im Schlichtungs- und/oder Schiedsverfahren, wobei über Rechtsfolgen und Ersatzlösungen nach billigem Ermessen entschieden werden soll; (6) Wahl einer im Lichte der absehbaren Rechtsentwicklung zweifelhaften Gestaltung ohne jede Absicherung, weil man auf künftiges Einvernehmen oder Konfliktregelung durch Machtausübung von seiten der eigenen Vertragspartei vertraut. Die rechtlich sichere Alternative (1) ist mit möglicherweise schweren wirtschaftlichen Nachteilen für die betreffende Partei oder das Unternehmen verbunden, die ex post, im Lichte der späteren Rechtsentwicklung (d. h. einer ausgebliebenen Rechtsfortbildung) betrachtet, ein möglicherweise unnötiges Opfer darstellen. In der Alternative (2) werden die beschriebenen wirtschaftlichen Nachteile nur gemildert, nicht aber beseitigt. Bei der Alternative (3) bleiben rechtliche Risiken bestehen. Soweit ζ. B. im Gesellschaftsvertrag die Gründe für den Ausschluß eines Gesellschafters durch Mehrheitsentscheidung festgelegt sind, ist keineswegs sicher, ob die Rechtsprechung künftig jeden dieser Gründe anerkennen wird. Hierüber muß der Mandant voll aufgeklärt werden. Die salvatorische Klausel in Alternative (4) belastet die Gesellschafter mit der Notwendigkeit von Neuverhandlungen oder Mehrheitsentscheidungen mit ungewissem Ausgang, für deren Ergebnis die Klausel jedenfalls keine konkreten Richtlinien gibt und die daher Rechtsstreitigkeiten nicht ausschließt. Dies gilt um so mehr bei einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht (ζ. B. des persönlich haftenden Gesellschafters einer K G ) , das im Gesellschaftsrecht überdies oft unzweckmäßig ist. Auch mag es im Einzelfall keine Vertragsregelung geben, die der ursprünglichen, nunmehr unwirksamen im wirtschaftlichen Ergebnis gleichkommt 36 . Die * Zur salvatorischen Klausel als Mittel der Risikovorsorge bei der Vertragsgestaltung H. Westermann, FS Möhring, 1975, S. 135 ff, der auch auf die Maßstabsproblematik hinweist ( a . a . O . , S. 140f, 1 4 6 f ) ; für A G B wird die Klausel empfohlen von Baumann, N J W 1978, 1953; Nieder, B W N o t Z 1978, 112; Reithmann/Roll/Geßele, oben F n . 2 8 , Rdn. 38.
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Alternative (5) hat demgegenüber den Vorteil, daß eine Blockade von Neuverhandlungen durch die Einschaltung eines neutralen Dritten überwunden werden kann. Art und Inhalt der Anpassung des Vertrages sind jedoch nicht abzuschätzen 37 . Die Wahl der Alternative (6) schließlich stellt grundsätzlich eine Pflichtverletzung dar; der Rechtsberater muß von ihr abraten, und sie ist allenfalls auf ausdrücklichen Wunsch des über Art und Ausmaß des Risikos voll informierten Mandanten zulässig38. Insgesamt läßt sich damit feststellen, daß der Verlust der vertraglichen Planungssicherheit, der durch eine sich abzeichnende, aber unabgeschlossene Rechtsfortbildung entstehen kann, regelmäßig nur mit hohen wirtschaftlichen Kosten ausgeglichen werden kann. Im allgemeinen läßt sich mit Mitteln der Vertragsgestaltung kein angemessener Ausgleich schaffen; vielmehr ist lediglich eine gewisse Risikoverminderung (in bezug auf die Wahrscheinlichkeit oder den Umfang entstehender Nachteile) möglich. 2.
Altverträge
a) Bei Altverträgen besteht ein Erkenntnisproblem ganz anderer Art als bei Neuverträgen: Der Gesellschaftsvertrag ist abgeschlossen, und die Tätigkeit des Vertragsjuristen, der den Vertrag formuliert oder beim Abschluß als Berater zur Verfügung gestanden hat, ist beendet. O f t wird die betreffende Person überhaupt nicht mehr für die Vertragspartei tätig sein. Weder er noch ein neuer Rechtsberater werden ohne weiteres Veranlassung sehen, Altverträge auf ihre rechtliche Wirksamkeit zu überprüfen, sofern nicht ein besonderer Auftrag erteilt worden ist. Sicherlich kann sich jede Vertragspartei gegen die Risiken einer unbekannt gebliebenen Rechtsänderung durch Rechtsfortbildung dadurch absichern, daß sie einen Anwalt ausdrücklich mit der periodischen Prüfung der Rechtswirksamkeit der von ihr abgeschlossenen Dauerverträge beauftragt. Eine derartige, in den Vereinigten Staaten als Gegenstück zur medizinischen Routineuntersuchung vorgeschlagene periodische Uberprüfung laufender Verträge 39 ist, jedenfalls außerhalb von Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung, bisher nicht üblich. Es fragt sich jedoch, ob die Warnung vor rechtlichen Risiken, die sich für einen laufenden Vertrag aufgrund einer zwischenzeitlich eingetretenen richterlichen Rechtsänderung ergeben, nicht zu den Pflichten der Rechtsberater
Vgl. H. Westermann, FS Rob. Fischer, 1979, S.853. Vgl. B G H N J W 1984, 791: gesteigerte Beratungspflicht bei hohem Risiko eines Prozeßverlusts. 17 i!
" Brown/Dauer,
Planning by Lawyers, 1978, S. 346 ff.
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gehört, die den Vertrag entworfen haben oder gegenwärtig für die Vertragspartei tätig sind. Grundsätzlich ist mit Abschluß eines Vertrages - auch eines langfristigen Vertrages - die Tätigkeit des Vertragsjuristen beendet. Eine „Warnpflicht" könnte sich als nachwirkende Pflicht aus dem bisherigen Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Vertragspartei und dem Rechtsberater ergeben 40 . Es ist jedoch nicht Aufgabe des Rechtsanwalts, „Ratschläge über die Sachbehandlung für alle Zukunft zu geben" 41 . Er mag zur Belehrung über unmittelbar anstehende Erfordernisse verpflichtet sein; er mag aus nachvertraglicher Pflicht zu Auskünften über Kenntnisse verpflichtet sein, die er aus der vergangenen Beratertätigkeit erworben hat 42 . Aber er ist ohne einen besonderen Auftrag nicht verpflichtet, den einmal abgeschlossenen Vertrag auf Dauer im Auge zu behalten und den bisherigen Mandanten auf neue Risiken aufmerksam zu machen. Derartige nachwirkende Pflichten sind nur bei besonderen Umständen aufgrund einer Interessenabwägung zu bejahen. Zu denken ist zunächst an Fälle schuldhaft riskanter Beratung. Hier folgt die Warnpflicht aus der vorausgegangenen schuldhaften Schaffung einer Gefahrenlage für die Vertragspartei 45 . Eine derartige Pflicht liegt nahe, wenn der Berater seine Pflichten in bezug auf die gegenwärtige Rechtslage verletzt hat (ζ. B. Wahl eines riskanten anstelle eines sicheren Weges, ungenügende Belehrung des Mandanten über Risiken des Geschäfts). Das gleiche kann man jedoch auch bei schuldhafter Nichtberücksichtigung einer sich abzeichnenden Rechtsfortbildung annehmen. Der B G H 4 4 hat ferner kürzlich eine nachvertragliche Warnpflicht bejaht, wenn der Anwalt noch im Besitz der Handakten ist und die Partei deshalb keine Möglichkeit hat, die Rechtslage in bezug auf den konkreten Fall selbst zu überprüfen oder überprüfen zu lassen und zweckdienliche Maßnahmen zu treffen. Schließlich kommt der Fall in Betracht, daß der Auftrag zur Erstellung eines Vertragsentwurfs Teil einer laufenden Geschäftsverbindung zwischen Vertragspartei und Rechtsberater ist und der gleiche Berater auch jetzt noch für die Vertragspartei tätig ist. Ist eine Rahmenvereinbarung geschlossen, die den Rechtsberater zur laufenden Beratung verpflichtet, so dürfte zum Auftrag im Zweifel auch die Uberprüfung laufender wichtiger Dauerverträge auf ihre gegenwärtige
Vgl. allg. Larenz, Schuldrecht, Allgem. Teil, 12.Aufl. 1981, § 10IIg, § 1 9 IIa. B G H VersR 1958, 127; Borgmann/Haug, oben Fn.28, S.56; Probst, AnwBl. 1976, 288; 1972, 155. 42 O L G Bamberg VersR 1978, 329. 45 Vgl. Haug, D N o t Z 1972, 453, 483. 44 B G H N J W 1984, 431. 40 41
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Rechtswirksamkeit gehören, die der Rechtsberater selbst abgeschlossen hat und deren Bedeutung für den Mandanten er kennt oder kennen muß 45 . In diesem Fall dürfte er auch verpflichtet sein, sich die erforderlichen Rechtskenntnisse zu verschaffen. Zweifelhafter ist die Rechtslage bei einer ständigen Geschäftsverbindung ohne Rahmenvereinbarung. Es ist anerkannt, daß sich aus einer ständigen Geschäftsverbindung besondere Pflichten zur Rücksichtnahme auf Interessen der anderen Partei ergeben 46 . Art und Umfang der Pflichten lassen sich aber nur im Einzelfall insbesondere anhand der bisherigen Übung und der Intensität der Beziehungen zwischen den Parteien bestimmen. Da der Rechtsberater den Vertrag und damit auch seine Bedeutung für den Mandanten kennt oder kennen muß, so darf dieser ggf. auch entsprechende Hinweise erwarten, wenn der Rechtsberater von einer Rechtsfortbildung und ihrer Relevanz für den Vertrag Kenntnis hat. Weitergehende Pflichten wird man eher verneinen müssen. Für den Notar könnte sich allerdings die „allgemeine Betreuungsverpflichtung" als Ansatzpunkt für weitergehende Pflichten - auch außerhalb einer ständigen Geschäftsverbindung - anbieten 47 . Was den Rechtsberater betrifft, der am Vertragsschluß nicht beteiligt war, so ist er ohne besonderen (und besonders zu vergütenden) Auftrag grundsätzlich nicht zur periodischen Uberprüfung aller Dauerverträge seiner Partei oder auch nur zu Hinweisen auf rechtliche Risiken aufgrund einer richterlichen Rechtsänderung verpflichtet. Eine Ausnahme dürfte nur gelten, wenn der Berater mit einer Gesamtbetreuung der Vertragspartei in allen rechtlichen Angelegenheiten beauftragt ist. Auch hier darf man die Pflichten aber nicht überspannen. Von sich aus muß sich der Berater wohl nicht Kenntnis vom betreffenden Vertrag und seinen Bestimmungen verschaffen. Hat allerdings eine Entscheidung weitreichende Bedeutung für typische Vertragsklauseln des betreffenden Gesellschaftstyps, so wird der Berater hierauf hinweisen müssen, wenn sie ihm bekannt wird. Ohne eine besondere Beauftragung sind weitergehende Verpflichtungen eher zu verneinen. Insgesamt ist jedenfalls festzustellen, daß keine Gewähr besteht, daß die Parteien von einer nachträglichen Rechtsfortbildung, die zur Unwirksamkeit einzelner, auch wichtiger Vorschriften des Gesellschaftsvertrags führt, Kenntnis erhalten. Vielfach werden die Gesell-
Jä Enger wohl Reithmann/Röll/Geßele, oben Fn.28, Rdn. 167 f; vgl. Wolfsteiner, DNotZ 1970, 51, 53. 41 Vgl. Müller-Graff\ Rechtliche Auswirkungen einer laufenden Geschäftsverbindung im amerikanischen und deutschen Recht, 1974, S. 225 ff. 47 Vgl. Reithmann/Röll/Geßele, oben Fn.28, Rdn. 169ff; Haug, DNotZ 1972, 453, jeweils m. w. N.
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schafter überhaupt nicht laufend mit einem Rechtsberater zusammenarbeiten, so daß auch durch eine Ausdehnung der Pflichten bei laufender Beratung eine ausreichende Information nicht sichergestellt werden kann. Immerhin ist zu berücksichtigen, daß auch der mit dem Unternehmen regelmäßig zusammenarbeitende Steuerberater im Einzelfall als Informationsquelle in Betracht kommt. b) Altverträge können durch richterliche Rechtsfortbildung in ihrem Bestand bedroht werden. Zwar wird selten der ganze Gesellschaftsvertrag, sondern meist nur eine einzelne Vertragsklausel nichtig sein. Die Kautelarpraxis fügt regelmäßig eine salvatorische Klausel in den Vertrag ein, wonach § 1 3 9 B G B abbedungen ist. Jedoch kann das vertragliche Gefüge von Rechten und Pflichten, Vor- und Nachteilen, Chancen und Risiken je nach der Bedeutung der unwirksamen Klausel empfindlich gestört sein. In Ausnahmefällen mag dies trotz der salvatorischen Klausel zur Nichtigkeit des Vertrags führen 48 . Jedenfalls wird das dispositive Recht, das bei Nichtigkeit einer einzelnen Vertragsklausel an sich eingreift, oft nicht passen oder überhaupt keine Regelung bereit halten. Eine ergänzende Vertragsauslegung oder Anpassung nach den Grundsätzen der Lehre von der Geschäftsgrundlage 49 wird ebenfalls nicht immer zu angemessenen Ergebnissen führen und setzt praktisch die Führung eines Rechtsstreits voraus. Grundsätzlich muß daher eine schnelle Anpassung des Vertrags durch Neuverhandlung erfolgen. Wenn erst einmal ein offener Konflikt in der Gesellschaft eingetreten ist, so ist es wahrscheinlich, daß sich eine der Parteien auf die Unwirksamkeit der Klausel berufen wird. Zuvor besteht immerhin die Chance einer vernünftigen Einigung, weil alle (noch) daran interessiert sind. Das Problem liegt jedoch darin, daß im Vergleich zum Neuabschluß des Gesellschaftsvertrags die Wahlmöglichkeiten faktisch stark eingeschränkt sind und die Interessenlage jedes Gesellschafters ganz anders sein kann. Geänderte Nutzen-Kosten-Relationen und unterschiedliches Gewicht der Gesellschafter im Unternehmen können ζ. B. einer Einigung im Wege stehen. Eine salvatorische Klausel, die zu Neuverhandlungen mit wirtschaftlich gleichem Ergebnis verpflichtet, wie sie durch die nunmehr unwirksame Vertragsklausel angestrebt wurde 50 , mag eine Hilfe bei den Neuverhandlungen sein, bietet aber keine Gewähr dafür, daß sich die Parteien auf einer vernünftigen Basis einigen werden. Insgesamt kann
" Vgl. Medicus, Allgemeiner Teil des B G B , 1982, R d n . 5 1 0 . Dazu Going, Z G R 1978, 6 5 9 ; U. H. Schneider, Z G R 1978, 1; H. Wettermann, FS Hefermehl, 1976, S. 125; Zöllner, Die Anpassung langfristiger Gesellschaftsverträge an veränderte Umstände, 1979. 4
49
50 Dabei steht gleich, ob die Klausel über die ergänzende Vertragsauslegung hinaus geht oder nicht; vgl. H. Westermann, oben F n . 3 6 , S. 146 f.
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eine nachträgliche Rechtsfortbildung daher ein erhebliches Risiko für den Bestand der Gesellschaft schaffen. IV. Forderungen der Kautelarjurisprudenz an die richterliche Rechtsfortbildung Richterliche Rechtsfortbildung stellt für die Vertragsgestaltung ein gravierendes Stör- und Unsicherheitspotential dar. Dieses Stör- und Unsicherheitspotential läßt sich natürlich am ehesten durch Einschränkung der richterlichen Rechtsfortbildung selbst vermindern. Damit sind Grundsatzfragen des Verhältnisses zwischen Privatautonomie, Markt und Staatsintervention im Recht der Personengesellschaften aufgeworfen, die an dieser Stelle nicht vertieft behandelt werden können. Μ. E. ist eine grundsätzliche Diskussion nicht nur im Schrifttum, sondern auch in den höchstrichterlichen Entscheidungen selbst darüber, ob wir tatsächlich ein „anderes Personengesellschaftsrecht" brauchen, dringend geboten. Richterliche Korrektur der Kautelarpraxis durch Inhaltskontrolle von Gesellschaftsverträgen und Schaffung zwingenden Rechts ist notwendig und legitim, wo sie der Kontrolle einer Uberdehnung gesellschaftsrechtlicher Typen und ihrer Kombination zu neuen Rechtsformen dient, die die Allokation des Anlagekapitals auf dem Markt verzerren, mit hohen Transaktionskosten verbunden sind und Gesetzesumgehungen fördern' 1 . Bedenklich ist jedoch das richterliche Sozialmodell des prinzipiell, d.h. unabhängig vom konkreten Fall, schutzbedürftigen Gesellschafters bei den typischen Personengesellschaften 52 . Die Rechtsprechung führt in gefährliche Nähe zu einer Situation, in der eine Personengesellschaft auf einmal praktisch schwerer auflösbar ist als eine Ehe und in der die „Schuldfrage" zum Angelpunkt der Auseinandersetzung wird. Auch fehlt bislang völlig die Abstimmung mit anderen Dauerschuldverhältnissen (ζ. B. Geschäftsraummiete oder -pacht). Die Abstützung auf „Prinzipien des Gesellschaftsrechts" anstatt auf §138 B G B offenbart dogmatische Schwächen". Der gesellschaftsrechts- und wirtschaftspolitisch richtigere Weg ist m. E., durch Anforderungen an die Klarheit und Vollständigkeit des Gesellschaftsvertrages die Markttransparenz für den Gesellschafter/Anleger und durch Beschränkung von Buchwertklauseln die effiziente Wiederanlage des Kapitals eines ausgeschlossenen oder durch Veranlassung der Gesellschaftermehrheit freiwillig ausscheiden-
Dazu eindrucksvoll Kubler, N J W 1984, 1857. Vgl. dazu statt aller Η. P. Westermann, A c P 175 (1975), 3 7 5 ; Flume, S. 189 ff; Fischer, Z G R 1979, 251, 261 ff. 51
52
' 3 Vgl. Kreutz,
Z G R 1983, 109, 113 ff.
oben Fn. 18,
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den Gesellschafters zu gewährleisten. Ein derart konsequent marktwirtschaftliches Denken brauchte auch den Vorwurf eines „moralischen Defizits" 5 4 nicht zu fürchten. Unterstellt man die Berechtigung des judiziellen Interventionismus im Recht der Personengesellschaften, so sind aus der Sicht der Kautelarjurisprudenz Forderungen an die richterliche Rechtsfortbildung zu stellen, die sich auf die Methode der Rechtsfortbildung und die an sie geknüpften Rechtsfolgen beziehen. Das Störpotential richterlicher Rechtsfortbildung besteht, abgesehen vom grundsätzlichen Eingriff in die Vertragsfreiheit, zunächst in der Rechtsunsicherheit, die jede richterliche Rechtsfortbildung in mehr oder weniger großem Umfang begleitet. Es ist nicht zu verkennen, daß mit einer Entscheidungspraxis, die nicht sogleich abstrakte judizielle Normen aufstellt, sondern Einzelfälle entscheidet und sich künftige Weiterentwicklungen, Modifikationen, aber auch Einschränkungen vorbehält, der geringen Problemverarbeitungskapazität richterlicher Entscheidungen im Verhältnis zur Gesetzgebung Rechnung getragen werden soll. Völlig ignoriert wird dabei aber das legitime Interesse der Vertragspraxis an Planungssicherheit. Zwei Möglichkeiten bestehen, um die Einbuße an Rechtssicherheit in etwa auszugleichen. Zunächst erscheint es durchaus sinnvoll, daß die Obergerichte vor einer Abweichung von einer gefestigten Rechtsprechung mit weitreichender Bedeutung für die Kautelarpraxis dies in geeigneter Form, z . B . in einem Obiter dictum, ankündigen, damit sich die Kautelarpraxis rechtzeitig auf die neuen Gegebenheiten einstellen kann. D e r B G H ist im Bereich des Gesellschaftsrechts bisweilen so verfahren, und auch das B A G hat bevorstehende Änderungen seiner Rechtsprechung hin und wieder angekündigt 55 . Das hiergegen geäußerte Bedenken, damit würden die aus dem Einzelfallbezug der Rechtsprechung fließenden Kautelen für richtige Entscheidungen aufgegeben und die Rolle der Gesetzgebung usurpiert 56 , erscheinen mir im Gesellschaftsrecht letztlich nicht stichhaltig. Das Personengesellschaftsrecht ist wegen seiner weitgehenden Dispositivität und wegen der Vielzahl kautelarjuristischer Gestaltungen auf Grundsatzentscheidungen angewiesen. Diese haben eine „Befriedungsfunktion", die kaum verzichtbar ist57 (es sei denn, die Rechtsprechung sähe Wiedemann, ZGR 1980, 147; Zöllner, ZGR 1977, 319. B G H Z 62, 216; 68, 212; B A G E 21, 237 = AP Nr. 9 zu § 75 b H G B ; B A G N J W 1982, 788 = AP Nr. 4 zu § 6 2 0 BGB Bedingtes Arbeitsverhältnis mit Anm. Herschel. 56 Picker, J Z 1984, 153 m . w . N . über den Streitstand (Fn.4); ähnlich wie Picker auch Beitzke, SAE 1969, 104; Schlüter, Das Obiter dictum, 1973, S. 184 ff. 57 P. Ulmer, N J W 1984, 1496, 1497; allg. für die Ankündigung von Rechtsprechungsänderungen Rüberg, Vertrauensschutz gegenüber rückwirkender Rechtsprechungsänderung, 1977, S. 212 ff. 54 55
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von richterlicher Intervention überhaupt ab). Eine reine Einzelfallintervention würde zu chaotischen Verhältnissen führen. Rechtsfortbildung gehört zur Aufgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung ( § 1 3 7 G V G ) . Da sie ihrer Natur nach über den konkreten Fall hinausgreift, darf man die Bedeutung des konkreten Fallmaterials für die richterliche Meinungsbildung nicht überschätzen. Richterliche Rechtsfortbildung schafft - auf „kleinem Raum" - (judizielle) Normen und ist daher auf umfassende Würdigung aller Interessen und Wertungsgesichtspunkte angewiesen, die nicht ausschließlich am konkreten Fall geleistet werden kann. Die Kontrolle der Entfaltung am konkreten Fall und der damit ermöglichte Reifeprozeß des Richterrechts 58 ist daher nur ein Faktor in einer Abwägung, in die auch das Interesse des rechtsgeschäftlichen Verkehrs an Planungssicherheit und Aufklärung über eine beabsichtigte Rechtsfortbildung einzustellen ist. Die Obergerichte haben selbst zu entscheiden, welchem Interesse im Einzelfall der Vorrang gebührt. Sie können und sollten sich im Personengesellschaftsrecht für die Ankündigung einer beabsichtigten weitreichenden Rechtsänderung entscheiden, wenn sie bereits über ausreichendes Fallmaterial verfügen und hypothetische Fälle und Stellungnahmen im Schrifttum in die Überlegungen einbeziehen können. Zweitens ist eine baldmögliche Aufklärung der Kautelarpraxis über den genauen Inhalt der im Wege der Rechtsfortbildung zu entwickelnden judiziellen Norm sinnvoll. Ein Einwand gegen die „Ankündigungsrechtsprechung" geht ja dahin, daß die bloße Ankündigung für sich eine Einstellung auf die neue Rechtslage noch nicht ermögliche 59 . Mit dem Bruch mit einer gefestigten Rechtsprechung, die von weitreichender Bedeutung für die Kautelarpraxis (und damit für die Unternehmen) ist, erwächst den Obergerichten auch eine gesteigerte Verantwortung für die Folgen der Neuorientierung. Sie müssen sich und den Betroffenen bald Klarheit darüber verschaffen, mit welchen neuen Daten zu rechnen ist. Grundsätzlich gelten hier die gleichen Abwägungsgesichtspunkte wie bei der erstmaligen Ankündigung einer Rechtsprechungsänderung. Die Aussage eines Obergerichts, das eben mit einer gefestigten Rechtsprechung von erheblicher Tragweite für die Kautelarpraxis gebrochen hat, es brauche sich über den genauen Inhalt des neuen Rechts noch keine Gedanken zu machen, weil der konkrete Fall dies
is Rob. Fischer, 52. Deutscher Juristentag 1978, S.3, 25; ders., Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, 1960, S. 10 ff. 3'
Beitzke,
oben F n . 5 6 ; Meilicke,
D B 1970, 396; Pestalozzi
BB 1971, 1415, 1419.
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nicht verlange 60 , verkennt m. E. die besondere Folgenverantwortung der Rechtsprechung im Bereich der Rechtsfortbildung. Das andere Problem ist das Fehlen von Ubergangsregelungen bei Altverträgen. Für den Gesetzgeber ist es bei Rechtsänderungen selbstverständlich, in gewissem Umfang auch verfassungsrechtlich geboten, für Altverträge besondere Regelungen bereit zu stellen, die eine Anpassung bestehender Verträge an die neuen gesetzlichen Daten erleichtern sollen. Die Möglichkeiten, das Störpotential richterlicher Rechtsfortbildung zu begrenzen, sind dagegen gering. Ein grundsätzliches Rückwirkungsverbot für zivilrechtliche Rechtsfortbildung in bezug auf Altverträge wird zwar im Schrifttum unter einschränkenden (teilweise strittigen) Voraussetzungen - ζ. B. besonderes Vertrauen aufgrund gefestigter Rechtsprechung, Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung, tatsächlich betätigtes Vertrauen, vermögensrechtliche Planungen von Gewicht, kein Vertrauensschutz gegen eine Partei, die eine Rechtsänderung erstreitet - teilweise bejaht". Das Problem liegt jedoch darin, daß sich in der Person verschiedener Vertragsparteien (Gesellschafter) das Interesse an Vertrauensschutz und das Interesse an Rechtsänderung gegenüberstehen. Beide Interessen sind prinzipiell gleichwertig, und zwar nicht nur dann, wenn die eine Partei eine judizielle Rechtsänderung erst erstreitet, sondern auch, wenn sie sich auf eine bereits erfolgte nur beruft". Überdies bietet das Zivilrecht mit der ergänzenden Vertragsauslegung, der Lehre von der Geschäftsgrundlage, dem Verbot des Rechtsmißbrauchs und der Verschuldenshaftung Ausgleichsmechanismen an, um diesen Konflikt im Wege der Abwägung der beiderseitigen Interessen zu lösen 63 .
60 So B G H Z 81, 263, 269. (Dies war allerdings nur eine der vom B G H angestellten Überlegungen); grundsatzlich auch Rob. Fischer, oben Fn. 58.
" Grunsky, Grenzen der Rückwirkung bei einer Änderung der Rechtsprechung, 1970, S. 12 ff; W. Knittel, Zum Problem der Rückwirkung einer Änderung der Rechtsprechung, 1965, S. 52 ff, 5 6 ; Viets, Rechtsprechungsänderung und Vertrauensschutz, 1976, S. 151 ff; auch Kraft, S A E 1971, 7; Beitzke, S A E 1972, 7 3 ; Bunte, N J W 1983, 2674, 2675. 62 H. W. Arndt, Probleme rückwirkender Rechtsprechungsänderung, 1974, S. 118 ff; Canaris, S A E 1972, 22 f; den., W M 1981, 978, 9 8 9 ; Kohte, N J W 1984, 2316, 2 3 2 2 ; Reifneri Sieder er, N J W 1984, 2313, 2 3 1 4 ; Rüberg, oben F n . 5 7 , S. 202 ff.
" B G H Z 58, 355, 362 (Geschäftsgrundlage); B G H Z 65, 190, 194; B G H N J W 1981, 2 2 8 , 2 3 0 a. E . (Rechtsmißbrauch); auch das B A G hat die (sehr weitgehende) Anerkennung von differenzierten Übergangsregelungen, die eine einvernehmliche Anpassung von Altverträgen an eine neue Rechtsprechung erleichtern sollen, in erster Linie auf das Verbot des Rechtsmißbrauchs gestützt; s. B A G E 22, 2 1 5 = A P N r . 10 zu § 7 5 b H G B ; B A G E 24, 2 3 5 = A P N r . 12 zu § 7 5 b H G B ; B A G A P N r . 2 7 zu § 6 1 1 B G B Kundenschutzklausel; zust. Kraft und Beitzke, oben Fn. 6 1 ; abl. Leipold, S A E 1972, 7 6 ; Canaris, oben Fn. 6 2 ; aus dem Schrifttum s. die in F n . 6 2 Genannten; gegen Rückwirkungsverbot bei Altverträgen auch BVerfG N J W 1984, 2 3 4 5 ; B G H N J W 1977, 375.
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Man wird sich daher damit zufrieden geben müssen, mit Hilfe dieser Ausgleichsmechanismen sowie salvatorischer Klauseln (Ersetzungsklauseln), so unvollkommen sie - jedenfalls vom Standpunkt eines Teils der betroffenen Gesellschafter - auch sein mögen 64 , eine Anpassung der Gesellschaft an die neuen Daten zu versuchen, die eine Rechtsänderung aufgrund richterlicher Rechtsfortbildung setzt. U m so wichtiger erscheint es, den Blick dafür zu schärfen, daß marktwirtschaftliche O r d nung, Privatautonomie und Rechtssicherheit Werte sind, die einer allzu intensiven richterlichen Intervention in Verträge typischer Personengesellschaften deutliche Grenzen setzen. Dies gilt in erster Linie für Neuverträge. Eine stärkere richterliche Zurückhaltung käme jedoch mittelbar auch den Altverträgen zugute.
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Vgl. die zurückhaltenden Ausführungen in B G H Z 58, 355, 362 zur Geschäftsgrund-
lage bei Rechtsfortbildung.
Die geltungserhaltende Reduktion im System der Inhaltskontrolle im Gesellschaftsrecht H A R M PETER WESTERMANN
I. Fragestellung „Inhaltskontrolle im Gesellschaftsrecht" hätte bis vor kurzer Zeit noch als Reizwort gewirkt, wird aber inzwischen in bezug auf den Umgang mit den Verträgen sogenannter Publikums-Personengesellschaften (KG und BGB-Gesellschaft) und auch bei Familiengesellschaften mit großer Gesellschafterzahl 1 allgemein hingenommen und für richtig gehalten, wobei sogleich hinzugefügt sei, daß dabei an eine Angemessenheitskontrolle gedacht ist2. Inhaltskontrolle ist auch im Vereins- und Verbandsrecht etabliert 5 . Obwohl dabei insgesamt über die praktischen Einzelheiten und das Gestaltungsziel - Anlegerschutz - 4 weitgehende Einigkeit besteht, ist die Methodik des Vorgehens, da wegen § 23 AGBG eine Prüfung an den Maßstäben dieses Gesetzes nicht in Betracht kommt, weniger klar. Unter dem Oberbegriff der Inhaltskontrolle nach §242 BGB konkurrieren als Begründungswege im einzelnen die „sachgerechte" Auslegung des Vertrages, die ergänzende Vertragsauslegung mit dem Ziel „angemessener" Verteilung von Rechten und Pflichten, die allerdings eine Vertragslücke voraussetzt, schließlich die hier nicht näher zu profilierende Schaffung eines „Sonderrechts" der Publikums-Personengesellschaft aus Komponenten des Aktienrechts und eines Typs der sogenannten „Massen-KG" 5 . Bekanntlich wird mit 1
Die Regeln zur „Publikums-Kommanditgesellschaft" (letzte Zusammenstellung bei von Westphalen, D B 1983, 27, 45 ff) werden auch auf Gesellschaften bürgerlichen Rechts mit entsprechend breitem Anlegerkreis angewendet, B G H W M 1982, 583; B G H W M 1982, 40; B G H Z 85, 351 ff; dazu Hennerkes/Bmz, BB 1983, 713 ff; Marburger, N J W 1984, 2252 ff. 2 Grdleg. Lieb, AcP 178, 196, 203, 210; Kraft, FS für Fischer (1979), S.321 ff; Reuter, Die A G 1979, 321 ff; Schulte, Z G R 1976, 79ff; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 9 III 2; Ulmer/Brandner/Hensen, §23 A G B G , R d n . 2 8 ; grundsätzlich auch H.P. Westermann, AcP 175, 375, 408ff. Systematische Aufarbeitung bei U.H. Schneider, Z G R 1978, I f f . N u r zögernde Zustimmung bei Flume, Personengesellschaft, §2 V (S.35). 3 Eingehend Nicklisch, Inhaltskontrolle von Verbandsnormen (1982), S. 23 ff. 4 Bei der „großen" Familiengesellschaft ging es freilich in dem in Fn. 1 angegebenen Urteil B G H Z 85, 351 ff nur um die Preisgabe des sogen. Bestimmtheitsgrundsatzes. ä N ä h e r Kraft (oben Fn.2), S.324f, 328, 332, 333 f.
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H a r m Peter Westermann
diesen Mitteln auch zur „Prospekthaftung" beim Vertrieb von Gesellschaftsanteilen insoweit Stellung genommen, als Organe der Gesellschaft von der Haftung vertraglich ausgenommen werden sollten. Vor diesem Hintergrund würde die Untersuchung und - im Erfolgsfall - Begründung eines Systems der Inhaltskontrolle im Recht der Publikums-Personengesellschaft noch durchaus lohnen. Gerade der Jubilar hat die Probleme einer materiell widerspruchsfreien, prozessual handlichen und für die Kautelarpraxis berechenbaren Begründung der bis dahin nur punktuell vorgehenden Rechtsprechung in einem viel zitierten Aufsatz offengelegt6. Mittlerweile läßt freilich das Abnehmen veröffentlichter Entscheidungen zur Inhaltskontrolle bei PublikumsPersonengesellschaften, möglicherweise auch verursacht durch das teilweise Schwinden steuerrechtlicher Anreize für derartige Anlagen, wohl doch auch den Schluß zu, die Vertragsgestaltung entspreche inzwischen stärker den Anforderungen der Rechtsprechung. Interessanter erscheint unter diesen Umständen die schon etwas früher lebhaft diskutierte7, durch das Aufsehen um die Publikums-Personengesellschaften nur zeitweise ein wenig überlagerte Frage, ob nicht doch Inhaltskontrolle auch bei den Verträgen anderer Gesellschaftstypen, hauptsächlich älterer Familiengesellschaften in der Rechtsform der K G und der GmbH, stattfinden muß oder sogar schon stattfindet8. Der von Lieb schon kurz nach dem Inkrafttreten des A G B G erörterte Gedanke einer allgemeinen Angemessenheitskontrolle für typische Fälle gestörter Vertragsparität9, der bislang zu einem allgemeinen „Sonderprivatrecht für Ungleichgewichtslagen" nicht geführt hat und vielleicht in absehbarer Zeit nicht führen wird, hat jedenfalls soviel Spuren hinterlassen, daß es geboten erscheint, eine Dogmatik der Kontrollinstrumente zu entwickeln. Dabei genügt ein Blick auf die letzte Entwicklung der Judikatur zu den Abfindungsbeschränkungen ausscheidender Gesellschafter10, um 6 7
FS für Fischer (1979), S. 771 ff. Reuter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen (1973), bes.
S. 59 ff; H.P. Westermann (oben F n . 2 ) , S. 407 ff; Schulte, S. 525 ff; Fischer, FS für Barz (1974), S. 33 ff; Wiedemann, S. 585 ff.
FS für H . Westermann (1974), FS für H . Westermann (1974),
" Näher dazu Reuter, Die A G 1979, 321, 3 2 2 ; ähnlich Coing, Z G R 1978, 659, 662, 668 f (in bezug auf die Auslegung nach objektiven Kriterien). Für Stimpel, a. a. O . , S. 777 war dies im Jahre 1979 „wohl noch kein Thema von heute"; ebenso U. H. Schneider, oben Fn. 2, S. 2 f. Demgegenüber meinte Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 585 noch im Jahre 1974, die Inhaltskontrolle über § 1 3 8 B G B geschehe nur singular im Sinne einer auf den Einzelfall zugeschnittenen Billigkeitskontrolle bei besonders auffälligen Ausuferungen der Macht. ' A . a . O . , S.212. Zuletzt wieder B G H N J W 1985, 192 = W M 1984, 1506 und dazu K.Schmidt, 1985, 235. 13
JuS
Die geltungserhaltende Reduktion im System der Inhaltskontrolle
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sagen zu können, daß die Rechtsprechung sich jedenfalls im Ergebnis keineswegs an alle Vereinbarungen in frei geschlossenen Individualverträgen erwachsener, teilweise unternehmerisch tätiger Personen gebunden fühlt. Inwieweit hierbei mit den theoretisch so gut wie problemlosen Instrumenten des § 1 3 8 B G B und der Ausübungskontrolle gearbeitet werden kann, kann heute nicht mehr ohne Berücksichtigung der Erfahrungen und der Anschauung entschieden werden, die die Inhaltskontrolle bei den Publikums-Personengesellschaften vermittelt hat und in den Köpfen der Juristen hinterlassen haben muß. Es wäre eine Illusion, die beiden Felder der gesellschaftsrechtlichen Inhaltskontrolle auf die Dauer sauber auseinanderhalten zu können; demgemäß fordert die Untersuchung Reuters über die rechtliche Kontrolle der Satzungen von Publikums-Personengesellschaften auch die Übertragung der Ergebnisse auf die Familiengesellschaft 11 . Unter diesen Umständen stellen sich aber die Fragen nach der Begründung und den Methoden der Inhaltskontrolle mit neuer Schärfe. Ein kurzer Beitrag in dem durch eine Festschrift gezogenen Rahmen kann nicht ausreichen, die Problematik anders als exemplarisch an einer Einzelfrage zu erörtern. Dabei liefert das Gesellschaftsrecht als ein traditionell der Vertragsfreiheit besonders viel Raum gebendes Rechtsgebiet plastisches Anschauungsmaterial. Die Kernfrage bei der Inhaltskontrolle „gewöhnlicher" Gesellschaftsverträge liegt nach bisher häufig vertretener Ansicht 12 in der Abgrenzung der Wirkungssphäre der Vertragsfreiheit von der richterlichen Kontrolltätigkeit, wobei es darum geht, zu verhindern, daß die letztere zur fremdwirkenden Vertragsgestaltung wird. Zwar gibt es derartiges im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsurteile nach § § 1 1 7 , 127, 133, 140 H G B auch, wobei aber ebenfalls der richterliche Eingriff als besonders gravierend empfunden wird und keine Befugnis zur Anpassung des sonstigen Vertragswerks an die durch das Urteil geschaffenen Verhältnisse nach sich zieht". Allgemein sind aber die Rechtsfolgen inhaltskontrollierender Tätigkeit der Gerichte im Gesellschaftsrecht bisher nur ansatzweise ermittelt worden 14 . Es wäre daher bereits ein gewisser Fortschritt, wenn Vorstellungen davon formuliert werden könnten, ob und unter welchen Siehe oben Fn. 2. U. H. Schneider, a. a. O., S. 8 ff; Zöllner, Die Anpassung von Personengellschaftsverträgen an veränderte Umstände, 1979, S. 13; Flume, a . a . O . , § 1 3 I; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 3 II 3. " Grdleg. Fischer, N J W 1959, 1057ff; Zöllner, a. a. O., S. 18; siehe auch Η. P. Westermann, FS für Hefermehl (1975), S.225; H. Westermann, Handbuch der Personengesellschaft, Rdn.223. " Besonders von Martens, J Z 1976, 511 ff; Stimpel (oben Fn. 6), S. 775 ff; zur Dogmatik Lieh, a . a . O . , S.213ff. 11
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Voraussetzungen und schließlich mit welchen Folgen der mit der Anwendung einer Vertragsbestimmung befaßte Richter, statt sie für gänzlich unwirksam zu erklären, ihren Inhalt an die Erfordernisse einer „sachgerechten" oder „angemessenen" Ordnung anpassen, gegebenenfalls auch nur die von ihr angeordnete Rechtsfolge auf ein ihm angemessen erscheindes Maß zurückschneiden kann. In diesem Zusammenhang meint der Ausdruck „geltungserhaltende Reduktion", der auf ein solches richterliches Moderationsrecht abzielt, und zwar in den Fällen, in denen sich eine beanstandbare Klausel auf einen angemessenen Kern zurückführen läßt, ein heute bekanntlich überwiegend abgelehntes Instrument der richterlichen Kontrolle von AGB-Verträgen; vermutlich deswegen wurde es im Hinblick auf die Inhaltskontrolle im Gesellschaftsrecht bislang, soweit ersichtlich, nicht gebraucht. Einer der hauptsächlichen Vorwürfe gegen die Versuche geltungserhaltender Reduktion, nämlich der der unzulässigen Ausweitung eines grundsätzlich auf wenige Ausnahmefälle beschränkten richterlichen Moderationsrechts' 5 , würde auch im Bereich der Inhaltskontrolle von Gesellschaftsverträgen voll zum Tragen kommen. Dennoch begegnen wir, wie unten noch näher zu belegen sein wird, der Neigung zu solchen das Schlimmste verhütenden Korrekturversuchen gerade im Gesellschaftsrecht immer wieder. Dies rechtfertigt es dann aber auch, die Möglichkeiten und Grenzen eines derartigen Gestaltungsmittels als Beispiel für die Verhältnisse bei der Inhaltskontrolle gerade von Gesellschaftsverträgen zu nehmen. Die Zulässigkeit der geltungserhaltenden Reduktion im AGB-Recht steht also im folgenden nicht zur Debatte, auch nicht die Frage, welche Verträge nicht unter die Bereichsausnahme des § 23 AGBG und damit unter die Inhaltskontrolle nach diesem Gesetz fallen16. Schließlich soll auch nicht auf die streitige, ebenfalls im Rahmen der Behandlung von Publikums-Personengesellschaften aufgekommene Frage17 eingegangen werden, inwieweit das neuerdings zu beobachtende Abrücken vom personengesellschaftsrechtlichen Minderheitenschutz durch den sogenannten Bestimmtheitsgrundsatz eine versteckte und infolgedessen legitimationsbedürftige Inhaltskontrolle darstellt.
15 Eingehend Zimmermann, Richterliches Moderationsrecht oder Totalnichtigkeit? (1979), mit Kritik hauptsächlich an der zeitlichen Reduktion der Bindungswirkung von Bierlieferungsverträgen. " Ulmer/Brandneri Hensen, Komm, zum A G B G , § 2 3 R d n . 2 1 a , 23, 24; Wolf/Horn/ Lindacher, Komm, zum A G B G , § 23 Anm. 74, 75. 17 D a z u Hadding, Z G R 1979, 642 ff; Ulmer, BB 1976, 950; Leenen, FS für Larenz (1983), S. 371 ff; dagegen Marburger, a. a. O., S. 1523.
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II. Inhaltskontrolle im Gesellschaftsrecht Eine Inhaltskontrolle, die auf die Einhaltung von Angemessenheit und Sachgerechtigkeit der Verteilung von Einflüssen und Risiken gerichtet ist, läßt sich mit der theoretisch - nicht unbedingt praktisch unproblematischen Uberprüfung von Verträgen mit § § 1 3 4 und 138 BGB 1 8 nicht bewerkstelligen. Da die Uberprüfung mit den Maßstäben des § 9 A G B G durch § 2 3 verschlossen ist, bleibt nichts übrig, als offen auf der Grundlage des § 2 4 2 B G B zu operieren, womit freilich sowohl der eigentliche Anlaß zur Inhaltskontrolle als auch ihre Fundierung in verallgemeinerungsfähigen Wertentscheidungen letztlich offen bleibt. Die Schwierigkeit besteht auch darin, daß im Bereich des Gesellschaftsrechts ein Versuch, eine Angemessenheitskontrolle auf „Verhaltensmuster minderen Ranges" zu stützen, die Geltung nur in „Ungleichgewichtslagen" beanspruchen", insofern nicht recht paßt, als die betreffenden Rechtstypen der Gesellschaften - Publikums-Personengesellschaften und auch manche Familiengesellschaften - sich unter Wahrung der Rechtsformen von den gesetzlichen Idealtypen weit entfernt haben20, so daß Verhaltensmuster kaum jemals aus den gesetzlichen Vorschriften abzulesen sind. Unter solchen Umständen sollte man vermuten, daß für die praktische Bewährung der Inhaltskontrolle die Frage nach den konkreten Maßstäben der Uberprüfung ausschlaggebend sein werde, liest dann aber, daß dies jedenfalls dem B G H , der freilich auch keine generalisierungsfähigen Leitlinien aufstellen wollte und mußte, im Einzelfall keine Schwierigkeiten bereite-'. Dies könnte daran liegen, daß die richterliche Inhaltskontrolle bisher an das Vorliegen von Situationen angeknüpft hat, die von vornherein als mögliche Ursache von unangemessenen, eine Seite tendenziell benachteiligenden Regelungen verdächtig waren. Mit dem aus dem Kartellrecht übernommenen plastischen Ausdruck „Aufgreifkriterien" 22 wird also die Anschauung bestimmter „Ungleichgewichtslagen" 23 außerhalb direkt gesetzeswidriger oder geradezu sittenwidriger oder wucherischer Ubervorteilung beschrieben, die den Anlaß zu korrigierenden richterlichen Eingriffen bildet. In der Tat liegt hier ein Problemschwerpunkt namentlich bei einer über die Verträge von Publikums-Personengesellschaften hinausgehenden Inhaltskontrolle (dazu unter 1), doch sollte auch nicht übersehen werden, mit
" Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 3 II 3 a (bloße „Rechtskontrolle"). " Näher Lieb, a . a . O . , S.205ff, 207. 20 Hierzu näher Η. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften (1970), S. 115 ff. 21 Stimpel, a. a. O., S. 773. 22 Wiedemann, a. a. Ο., S. 173. 23 Lieb, AcP 178, 195.
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welcher keineswegs geringen Effektivität auch die Maßstäbe von § 1 3 8 B G B und spezieller Verbotsnormen wie § 7 2 3 Abs. 3 B G B im Gesellschaftsrecht angewendet werden können (dazu unter 2). Unabhängig von Aufgreifkriterien und Maßstäben der Kontrolle stellt sich dann das Problem der - auch prozeßrechtlich bedingten 24 - Begrenzbarkeit des Kontrollobjekts; dabei handelt es sich, vereinfacht gesprochen, darum, daß eine in einem autonom geschaffenen Regelwerk enthaltene Vertragsklausel nicht lediglich beseitigt werden kann, sondern durch eine angemessene Ordnung ersetzt werden muß, was letztlich unter anderen das Instrument der geltungserhaltenden Reduktion so interessant macht. 1. Die Frage nach den Aufgreifkriterien einer Inhaltskontrolle führt bereits weit in die Problematik des Verhältnisses von Vertragsfreiheit und richterlicher Gestaltung hinein. a) Bei den Publikums-Personengesellschaften besteht über den Anlaß und die Legitimation der auf Angemessenheit und Sachgerechtigkeit abzielenden richterlichen Inhaltskontrolle im wesentlichen Klarheit. Gleichgültig, ob es sich um eine direkte oder um eine durch einen Treuhänder-Kommanditisten vermittelte Beteiligung zahlreicher Kapitalanleger am Vermögen des Unternehmens handelt, jedenfalls müssen und wollen die Anleger die Verwaltung des von ihnen zusammengebrachten Kapitals anderen überlassen, auf deren Handeln sie nur sehr begrenzten Einfluß haben, und die ihre Position aus Verträgen ableiten, an deren Ausarbeitung die Anleger nicht beteiligt waren. Dies hat sich auch heute nach spektakulären Zusammenbrüchen derartiger Unternehmen nicht nachhaltig geändert; vielmehr scheinen nach wie vor neben den steuerrechtlichen und den wirtschaftlichen Aspekten der Geldanlage für die Überlegungen und die Beratung über das O b der Beteiligung die einzelnen Modalitäten der Gesellschaftsverträge keine erhebliche Rolle zu spielen. Man tut sich schwer, unter solchen Umständen die Anleger von ihrer wirtschaftlichen und intellektuellen Situation her als ähnlich schutzbedürftig zu erklären wie etwa den gewöhnlichen, mit A G B konfrontierten „Verbraucher" 2 5 . Auch wenn man als Kern des Verbraucherschutzgedankens nicht die Kompensation wirtschaftlich oder intellektuell begründeter, jedenfalls persönlicher Unterlegenheit, sondern den Schutz vor bestimmten, die Vertragsgerechtigkeit bedrohenden Situationen ansieht 26 , bestünde kaum ein Anlaß, der Vertragsposition " Zu den verfahrensrechtlichen Problemen der Inhaltskontrolle näher Stimpel, a. a. O., S. 773 f. 25 Kraft, a . a . O . , S.335ff. a Eingehend dazu H.P. Westermann, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. III (1983), S. 1, 67 ff; zu den der Vorformulierung des Vertragstextes gleichwertigen Gefährdungen der Vertragsgerechtigkeit bes. Lieb, a. a. O., S. 202 ff.
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der Inhaber derartigen möglichst steuergünstig angelegten Risikokapitals eine Aufmerksamkeit zu schenken, die sie selber und ihre Berater nicht für so geboten hielten, wenn nicht der Mißbrauch der faktisch bestehenden Vertragsgestaltungsfreiheit als solcher eine Reaktion der Rechtsordnung erforderte". Dies geschieht dann u. a. auch unter dem Gesichtspunkt, daß gesamtwirtschaftlich motivierte Erwartungen in bezug auf die Anlage risikotragenden Kapitals tunlichst nicht enttäuscht werden sollen' 8 . Die Inhaltskontrolle steht also, was ihre Maßstäbe anbelangt, in diesem Bereich vor einer besonderen, oben bereits angedeuteten Schwierigkeit. Denn der durch Maßnahmen der Inhaltskontrolle eingeschränkten individuellen Vertragsgestaltung unter Gesichtspunkten der Gerechtigkeit und Zweckmäßigkeit bedarf es auf diesem Gebiet grundsätzlich deshalb, weil das dispositive Recht weithin keine passenden Regeln zum Ausgleich der Interessen der Anlagegesellschafter und der Objektträger oder Initiatoren enthält. Typisch ist, daß aufgrund des Inhalts des Gesetzesrechts eine Frage oder ein ganzer Fragenkomplex an sich abweichend vom Gesetz geregelt werden muß, daß aber diese Notwendigkeit zu einseitiger Benachteiligung der Kapitalanleger zugunsten der Initiatoren ausgenutzt wird29. Der Anlegerschutz in der Publikums-Personengesellschaft hat somit bis zu einem gewissen Grade Individualschutz im Auge30, doch ist der vom B G H in einem seiner früheren einschlägigen Urteile herangezogene Gedanke der „Wiederherstellung der Vertragsgerechtigkeit" 31 mehr institutionell geprägt. So kommt es auch, daß bei der Suche nach Kriterien für die festzustellende Sachgerechtigkeit einer Regelung auch der Aspekt der Funktionsfähigkeit der Massen-KG, also die Möglichkeit einer attraktiven Anlage risikotragenden Kapitals auf diesem Markt, zumindest am Rande eine Rolle spielt32. b) Die Rechtsprechung zu den Publikums-Personengesellschaften kann von ihrem Ursprung her kaum als Argument für generelle Beschränkungen der Vertragsgestaltungsfreiheit in anderen Gesellschaftstypen in Anspruch genommen werden, bei denen Gesellschafter mit den Wirkungen von Vertragsklauseln konfrontiert werden, die sie nicht praktisch
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U.H. Schneider, a . a . O . , S . 7 f ; Wiedemann, a . a . O . Fn.22. Zu diesem Gedanken wiederum U.H. Schneider, a . a . O . , S.3 im Anschluß an Lutter. Stimpel, a . a . O . , S. 775; näher wiederum U.H. Schneider, a . a . O . , S.9ff. 50 Martens, a . a . O . , S.512, spricht von „individualschützenden Problemaspekten". " B G H N J W 1975, 1318; siehe im übrigen B G H Z 64, 238, 241; B G H NJW 1977, 2311; B G H N J W 1978, 425 und die Zusammenstellung bei Kraft, a . a . O . , S.321. 32 Etwa B G H N J W 1978, 1000; B G H N J W 1978, 1382f; siehe hierzu näher U.H. Schneider, Z H R 142 (1978), S. 228 ff. 28
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ausgehandelt, sondern denen sie sich durch Beitritt unterworfen haben 33 . Immerhin könnte man aber die „Beitrittsunterwerfung" als Aufgreifkriterium nehmen und untersuchen, ob jedenfalls dort, wo im Erbgang in die Gesellschaft gelangte Gesellschafter in einer Stellung minderen Rechts zu verharren gezwungen werden, die hierfür ursächlichen Vertragsvorschriften eine angemessene Bewertung der Einflüsse und Risiken der Beteiligten enthalten. Dies ist im Rahmen einer generellen Unterscheidung von Vertrags- und Satzungsgesellschaften auf der Grundlage eines wettbewerblichen Verständnisses von Privatautonomie im Gesellschaftsrecht immer wieder von Reuter gefordert worden. Die Auseinandersetzung mit diesen Bestrebungen soll hier nicht erneut wiederholt werden 34 ; sie hat auch heute an Bedeutung verloren, da bei den Publikums-Personengesellschaften, die sicher als „Satzungsgesellschaften" i. S. Reuters anzusehen wären, die Zulässigkeit einer Inhaltskontrolle im wesentlichen außer Streit ist. Demgegenüber ist noch nicht ausgemacht, ob nicht auch eine Betrachtung, die stärker auf eine privatrechtsimmanente Bewertung nach Kriterien der Individualgerechtigkeit abzielt, für Individualverträge, die typischerweise das Lebensgesetz für nicht an ihrem Abschluß beteiligte Personen bilden, in ähnlicher Weise wie bei den Publikums-Personengesellschaften Inhaltskontrolle betreiben könnte und müßte. Im Schrifttum ist dies von Wiedemann erwogen worden 35 , und der Gebrauch, den die Praxis von der Rechtskontrolle etwa nach §138 BGB macht, könnte dahin gedeutet werden, daß sie das Anliegen jedenfalls teilweise als berechtigt empfindet. Auch bei den mit dem Ausdruck „Adhäsionsvertrag" beschriebenen Verträgen besonders von Familien-Kommanditgesellschaften fehle es, so wird geltend gemacht, an Individualvereinbarungen über die Konditionen der Beteiligung, da diese vielfach im Erbgang oder durch Schenkung, jedenfalls ohne Einfluß auf die nähere Ausgestaltung der Rechtsstellung zustande komme. Bezogen auf die Frage nach den Aufgreifkriterien für eine Inhaltskontrolle könnte man sagen, daß einem unter dem Motto „take it or leave it" stehenden Eintritt in die Gesellschaft ebenso die Gerechtigkeitsgewähr fehle wie der durch Beitritt vollzogenen Unterwerfung unter das Statut einer Publikums-Personengesellschaft 36 . Im Unterschied zur Inhaltskontrolle bei dem letztgenannten Gesellschaftstyp könnte man bei der Familien-KG als Maßstab in stärkerem 3J
So schon Η. P. Westermann, AcP 175, 375, 410. Siehe: Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen; kritisch dazu H.P. Westermann, AcP 175, 375, 411 ff; Micbalski, Gesellschaftsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten zur Perpetuierung von Unternehmen (1980), S. 76 ff; dagegen wieder Reuter, Die A G 1979, 321, 323. )5 FS für H . Westermann (1974), S.585, 589 ff. " Hierzu etwa Wiedemann, ebenda. 54
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Umfang das dispositive Gesetzesrecht heranziehen 37 . Aber auch eine vorsichtige Anpassung der vertraglichen Regelung an die Erfordernisse der „Sachgerechtigkeit" oder „Angemessenheit", etwa im Hinblick auf Entnahmerechte von Gesellschaftern, Bestandserhaltung ihrer organisations- und vermögensrechtlichen Position oder Vergrößerung ihrer Freiheit zur Lösung aus der Gesellschaft, käme in Betracht, wobei als Instrumente die ergänzende Vertragsauslegung, eine Pflicht zur Mitwirkung an Änderungen des Gesellschaftsvertrages, aber eben auch die geltungserhaltende Reduktion bedenklicher Vertragsbestimmungen soweit sie methodische Besonderheiten gegenüber den anderen genannten Instrumenten aufweist - zu erwägen sind. Wiedemanns Vorschläge, die sich in manchem mit Überlegungen von Reuter berühren, obwohl die generelle Unterscheidung von Vertragsund Satzungsgesellschaften auch nach Wiedemann zu weit geht38, haben inzwischen insoweit fruchtbar gewirkt, als allgemein die Empfindlichkeit gegenüber der Ausnutzung der gesellschaftsrechtlichen Vertragsfreiheit zur Schaffung und Verfestigung des Typus' eines „Gesellschafters minderen Rechts" gestiegen ist39. Die Rechtsprechung trägt dem, wie bereits angedeutet, mit einer Ausweitung der Inhaltskontrolle nach § 138 BGB oder nach § 723 Abs. 3 BGB Rechnung, und über die Notwendigkeit intensiver Ausübungskontrolle besonders im Hinblick auf „alte" Gesellschaftsverträge besteht allgemeine Einigkeit. Nach wie vor scheint gerade dies letztere Instrument aber der Situation angemessener zu sein als eine Ausweitung der Inhaltskontrolle. Auch Wiedemann40 sieht durchaus, daß in den Familien-Kommanditgesellschaften der Rechtsvorgänger eines ohne eigenen Verhandlungsspielraum in die Gesellschaft gelangten Teilhabers die Möglichkeit hatte, „gerechte Bedingungen" zu vereinbaren; vielfach beobachtet man sogar, daß von Anfang an oder nach einer gewissen Zeit der Existenz der Gesellschaft die Vertragsschließenden ganz bewußt von der Regelung ihrer persönlichen Stellung absehen oder diesen Aspekt jedenfalls nicht mehr als allein maßgeblich betrachten, dafür aber die Machtverteilung unter den von ihnen gebildeten Stämmen ins Auge fassen41. Dennoch - darin ist Wiedemann durchaus zu folgen - können im Laufe der Zeit die Bestimmungen über die Machtverteilung unter den
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Zurückhaltend aber Wiedemann, a.a.O., S.591. FS für H. Westermann, S.588, Fn.6. " Diese von Flume (Personengesellschaft, S. 137 ff, 179 ff) stammende Formulierung hat Bedenken ausgelöst, siehe etwa U. Huber, 2GR 1979, 193 ff; Fischer, ZGR 1979, 264. 40 A . a . O . , S. 589; dieses Bedenken betonen besonders Schulte, ZGR 1976, 79, 103 sowie Gersch, BB 1977, 871, 874. 41 H.P. Westermann, AcP 175, 375, 413. 38
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Gesellschafterstämmen und über die Repräsentation der Stammesinteressen durch geschäftsführende Gesellschafter unpassend und „ungerecht" werden. Das liegt dann aber nicht daran, daß der Art des Eintretens eines oder mehrerer Gesellschafter die Richtigkeitsgewähr fehlt, sondern an der Veränderung der durch den Vertrag zu regelnden Umstände selber. Ein solcher Verlust an Richtigkeitsgewähr ist vom Eintritt eines Gesellschafters, der über die Konditionen seiner Stellung nicht verhandelt oder nicht verhandeln kann, nicht abhängig. So muß etwa eine Buchwertabfindung nicht per se unbillig und eine Ursache unzumutbarer Beschneidung der Handlungsfreiheit des von ihr bedrohten Vertragspartners in der Gesellschaft sein; sie kann es freilich sein, besonders bei Verbindung mit der Möglichkeit jederzeitiger Beendigung der Gesellschafterstellung durch einen bevorrechtigten Gesellschafter 42 . Wenn solche Umstände nicht vorliegen, die eine Inhaltskontrolle mit § 1 3 8 B G B rechtfertigen, sondern wenn die Unbilligkeit der Berufung auf die Abfindungsregelung aus dem Auseinanderklaffen der wahren Werte und des Buchwerts entstanden ist, spricht mehr für eine Ausübungskontrolle. Solche Beobachtungen machen eine Inhaltskontrolle nicht unzulässig oder überflüssig. Sie begründen nur, daß und warum nicht schon die bloße Unzufriedenheit eines Gesellschafter-Erben mit der ihm hinterlassenen Stellung zur Revision einstmals ausgehandelter Bedingungen genügt. Auf der anderen Seite ist die Grenze zwischen der grundsätzlich gebotenen, am Einzelfall ausgerichteten Ausübungskontrolle und einer Inhaltskontrolle vor allem dann, wenn man die geltungserhaltende Reduktion als zulässig anerkennt, kaum mehr zu ermitteln, wenn überhaupt noch vorhanden. Dies gilt insbesondere, wenn man, wie an anderer Stelle 43 begründet, mit dem Instrument der Zustimmungspflicht zu Vertragsänderungen oder mit der Lehre vom Fehlen und Fortfall der Geschäftsgrundlage die Anpassung von Gesellschaftsverträgen an veränderte Umstände betreiben kann. Diese Mittel eines richterlichen Eingreifens wie auch die geltungserhaltende Reduktion müssen freilich auch auf die eigenartigen Verhältnisse des Eingriffs in eine komplexe Gesamtregelung wie den Gesellschaftsvertrag eingestimmt werden (dazu näher unten 3.).
4 i Zur Abgrenzung zwischen Anwendung der Verbotsvorschriften der § § 1 3 8 , 723 Abs. 3 B G B und der Ausübungskontrolle im Zusammenhang mit den Abfindungsklauseln zuletzt Rasner, N J W 1983, 2905, 2 9 0 8 . 43 Η. P. Westermann, FS für Hefermehl (1976), S. 225 ff; hierzu Zöllner (oben F n . 12), S. 13 ff gegen Kollhosser, FS für H . Westermann, S. 275 ff; dens. FS für Bärmann (1975), S. 533 ff.
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2. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat in Anwendung von Grenzen der Privatautonomie wie etwa des § 723 Abs. 3 BGB oder der wertausfüllungsbediirftigen Maßstäbe wie des § 138 BGB44 durchaus nennenswerte Möglichkeiten zum Schutz von Gesellschaftern oder Gesellschaftergruppen (Minderheiten) vor einem Mißbrauch der Vertragsfreiheit aufgebaut. Dies kann ohne Anspruch auf Vollständigkeit an einigen Einzelpunkten aufgezeigt werden. a) Die bekannten Schwierigkeiten, bei einem unüberbrückbaren Zerwürfnis zwischen Teilhabern einer Personengesellschaft die Unsicherheiten und die zeitliche Länge eines Rechtsstreits im Zuge einer der gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsklagen zu vermeiden, begründen nach wie vor erhebliches Interesse an vertraglichen Regelungen über die Abberufung von (Personen-)Gesellschaftern aus einer Geschäftsführerstellung oder über den Ausschluß aus der Gesellschaft. Die „Stoßrichtung" dieser Regelungen ist für den untersuchten Problemzusammenhang kennzeichnend: Entweder sichert sich ein beherrschender Gesellschafter durch restriktive Formulierung der Abberufungs- oder Ausschließungsgründe eine weitgehend kontrollfreie Handlungsmacht 45 , oder - nicht selten mit der ersten Spielart verbunden - die Abberufung eines Gesellschafters aus seiner Geschäftsführerstellung, die „Zurückstufung" vom Komplementär zum nicht geschäftsführungsbefugten Kommanditisten oder die Ausschließung werden erleichtert, etwa durch die Maßgeblichkeit eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung, im Extremfall durch einfachen Entscheid der geschäftsführenden Gesellschafter. Dabei werden in der Regel Bestimmungen über die Abberufungs- oder Ausschließungsgründe mit Regelungen zum Verfahren kombiniert 46 . Nachdem die Rechtsprechung derartigen Bestrebungen bis vor einiger Zeit durchaus einen gewissen Spielraum zugebilligt hatte, hat sich zuletzt, beginnend mit der Beurteilung der Ausschließung eines Gesellschafters ohne wichtigen Grund, ein deutlicher Anschauungswandel vollzogen, indem der B G H bei einer dem gesetzlichen Realtyp entsprechenden KG die vertraglich den Komplementären eingeräumte Möglichkeit, die Mitgesellschafter nach freiem Ermessen aus der Gesellschaft auszuschließen, ohne Rücksicht auf die Abfindungsbedingungen
4< Zum Unterschied zwischen festen und beweglichen Schranken der Vertragsfreiheit im Gesellschaftsrecht Η. P. Westermann, a. a. O., Fn. 20, S. 34 ff. 45 Hierzu bereits Η. P. Westermann, ebenda S. 219 ff; H. Westermann, Rdn.226, 227. 46 Näher Η. P. Westermann, Abberufung und Ausschließung von GesellschafterGeschäftsführern bei Personengesellschaften und GmbH, 2. Aufl. 1982, S. 112 ff; H. Westermann, Handbuch, Rdn. 227.
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verwarf 47 . Eine solche Gestaltung wird hinfort allenfalls dann anerkannt, wenn ganz besondere Umstände des Einzelfalles sie rechtfertigen. Damit soll erklärtermaßen die Handhabung der Mitverwaltungsrechte durch die von einem „Rausschmiß" bedrohten Gesellschafter von dem Druck der Reaktion der zur Umgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses berechtigten Vertragspartner entlastet werden 48 , was auf dem Wege über eine Inhalts- und nicht nur eine Ausübungskontrolle verwirklicht wird49. Der B G H geht nämlich von der Vorstellung aus, schon die Vertragsklausel, die eine Ausschließung nach freiem Ermessen gestattete, begründe die Gefahr eines willkürlichen Gebrauchs und könne daher nicht akzeptiert werden; die Regelung einschränkend dahin zu interpretieren, daß entgegen dem Wortlaut nur einleuchtende, wenn auch nicht unbedingt wichtige Gründe die Maßnahme rechtfertigen, entzieht sich somit dem Blick. Dies ist Inhaltskontrolle, die wohl auf den Schutz der Willensfreiheit der von einer Regelung betroffenen Gesellschafter und damit entweder auf § 138 BGB oder auf eine Umwertung dispositiven in zwingendes Recht gestützt werden muß. Nimmt man die verfahrensrechtliche Dimension hinzu, so ist darauf hinzuweisen, daß die Unzulässigkeit einer Ausschließung ohne wichtigen Grund in Verbindung mit den allgemeinen Regeln zur Einführung vom Gesetzesrecht abweichender Vorschriften die Vertragschließenden zwingt, die Gründe für eine Ausschließung (und dasselbe hätte wohl für die Abberufung zu gelten) im Vertrag genau aufzuführen 50 . Unter dem Aspekt der Methodik der Inhaltskontrolle bedeutet dies, daß die Rechtsprechung, indem sie Anforderungen an die Gestaltung des Gesellschaftsvertrages stellt und nicht nur die Ausnutzung vertraglicher Gestaltungsmöglichkeiten kontrolliert, den Vertragsparteien die Verantwortung nicht abnimmt und andererseits ihre Gründe nicht gelten läßt. Dies ist die Einstellung, die eine geltungserhaltende Reduktion ablehnen müßte, wofür als Grund angeführt werden könnte, daß Bedrohungen der persönlichen Freiheit der Betroffenen, die auch bei einer Modifikation der Ausschließung aus der Gesellschaft verbleiben würden, nun einmal nicht sein sollen. Dennoch fragt sich, woran es liegt, daß eine so strikte Lösung nicht bei allen vergleichbaren Problemen angewendet wird.
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B G H Z 68, 212 = N J W 1977, 1292; B G H N J W 1979 104; N J W 1981, 2553; B G H N J W 1982, 2303. D a z u kritisch Esch, N J W 1979, 1390 ff; U. Huber, Z G R 1980, 211; Krämer, N J W 1981, 2553; Hennerkes/Binz, BB 1983, 76ff. 4 » So Schilling, Z G R 1979, 419, 426, der aber (a. a. O., S. 423 f) an sich eine Ausübungskontrolle bevorzugt; näher dazu Manke, Das Recht zur Ausschließung aus der Personengesellschaft kraft Vertrages, 1977, S. 122 ff. 49 Ebenso Krämer, a . a . O . , S.2554; siehe auch Hinz, BB 1981, 761, 764. 50 Η. P. Westermann, Abberufung und Ausschließung, S. 126.
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b) Bis in die jüngste Zeit hinein kann die verbliebene Tragweite gesellschaftsrechtlicher Gestaltungsfreiheit an der Einschätzung von Abfindungsregeln beim Ausscheiden aus einer Gesellschaft abgelesen werden. Hier arbeitet bekanntlich die Rechtsprechung nicht nur mit § 723 Abs. 3 BGB, sondern mit §138 BGB. Sie hat in dem Urteil, das die frühere nachgiebigere Praxis aufgab, eine Buchwertabfindungsklausel, die den Abzufindenden (allerdings einen ohne wichtigen Grund hinausgekündigten) an den offenen Rücklagen und den Sonderposten mit Rücklagenanteil nicht beteiligen wollte, als sittenwidrige Beschränkung der Rechte des Gesellschafters angesehen51. Das wirft unmittelbar nicht nur die Frage nach der Geltung der übrigen Vertragsregelungen auf und erweckt Zweifel, ob eine etwa erfolgte Ausschließung des Gesellschafters unwirksam war52, sondern führt auch zu der Überlegung, ob nicht der Zweck der Abfindungsregel, tunlichst durch den Gesellschafterwechsel aus der Gesellschaft nicht zuviel Kapital abfließen zu lassen53, teilweise auch dadurch erreicht werden kann, daß das Gericht von sich aus ermittelt, welche Einbuße gegenüber dem nach § 738 B G B Geschuldeten dem abzufindenden Gesellschafter noch zuzumuten ist. Dies wäre wieder ein Fall von geltungserhaltender Reduktion, der aber die Problematik des richterlichen Moderationsrechts deutlich zeigt. Die schon erwähnte neueste Rechtsprechung braucht sich vorläufig nicht auf ein derartiges Verfahren einzulassen. Abgesehen von der hierfür nicht weiter interessierenden Frage, ob von § 138 oder von § 723 Abs. 3 B G B auszugehen ist, nimmt der B G H jetzt54 gegenüber einer Abfindungsklausel, die zwar einen good will unberücksichtigt lassen will, aber im übrigen dem Abschichtungsanspruch das bilanzielle Geschäftsguthaben zugrundelegt, insofern eine tolerante Haltung ein, als er verlangt, zunächst müsse durch (gegebenenfalls ergänzende) Auslegung festgestellt werden, inwieweit sich die von den Parteien gewollte Abfindung nach Maßgabe einer Substanzwertberechnung vom Ergebnis der zu fordernden Ertragswertberechnung entferne. Danach soll offen-
51 BGH NJW 1979, 104; zur früheren Auseinandersetzung in der Rechtsprechung H.P. Westermann, AcP 175, 375, 420 ff. Der neueren Judikatur zust. Ulmer, NJW 1979, 81 ff; Schilling, ZGR 1979, 419ff; kritisch Flume, NJW 1979, 902; Esch a.a.O. Fn.47; Hirtz, a. a. O. Fn. 49. " Nach BGH NJW 1973, 1606 bleibt es bei der Ausschließung, über die angemessene Abfindung ist in einem gesonderten Rechtsstreit zu entscheiden. >J Zu den Zwecken der Abfindungsklauseln näher Heckelmann, Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen (1973), S.37f; H. Westermann, Handbuch, Rdn.446f. 54 Zuletzt BGH NJW 1985, 192 = WM 1984, 1506; die Frage, ob der Wert für die verbleibenden Gesellschafter oder der bei unterstellter Veräußerung maßgeblich ist, wollte BGH WM 1973, 286 noch der Auslegung überlassen; im neueren Urteil wird insoweit auf den Verkauf des Unternehmens als Einheit abgestellt (siehe auch BGH WM 1971, 1450).
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bar eine Abfindung ohne Beteiligung an den stillen Reserven nicht unzumutbar sein, wenn der Ertragswert davon nicht allzu weit abweicht. Grundsätzlich ist somit eine Buchwertabfindung, wenn sie nicht einen gegen seinen Willen aus der Gesellschaft hinausgedrängten Gesellschafter betrifft, als zulässig anzusehen". Methodisch ist bemerkenswert, daß richterliche Vertragsergänzung den Vorrang vor dispositivem Gesetzesrecht gewinnt56. Daraus könnte man schließen, daß in Zweifelsfällen durch Auslegung auch eine Regelung über die Abfindung gefunden werden kann, die mit den Anforderungen des B G H , auf Ertragsbasis abzurechnen, vereinbar ist. Man zögert zwar, hierin ein eindeutiges Bekenntnis zu ganz bestimmten Methoden der richterlichen Moderation zu sehen, doch ist erkennbar, daß die einfache Gleichstellung eines Mißverhältnisses zwischen Buchwert und wirklichem Wert des Anteils und Unwirksamkeit der hierzu führenden Abfindungsklausel nicht mehr gelten soll. Dennoch ist das Problem einer geltungserhaltenden Reduktion jedenfalls für den Fall, daß die ergänzende Vertragsauslegung ein nach den Maßstäben des B G H unbedenkliches Ergebnis erbringt, nicht erledigt. Vielmehr liegt es gerade dann, wenn man die Entscheidung über die Gültigkeit einer Abfindungsklausel von der Höhe der Differenz zwischen den beiden maßgeblichen Werten abhängig macht57, besonders nahe, die Abfindung zu erhöhen und die Klausel in eingeschränktem Ausmaß aufrechtzuerhalten. 3. Die Schwierigkeiten, aber auch die Chance eines solchen Weges zur richterlichen Moderation zeigen sich am deutlichsten im Rahmen der Bestimmung der Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle von Vertragsbestimmungen in gesellschaftsrechtlichen Individualverträgen. Denn seit einer insoweit allgemein akzeptierten These von MartensS8 ist davon auszugehen, daß das Vorbild der Inhaltskontrolle von AGB auf die Behandlung von Bedingungen eines Gesellschaftsvertrages nicht ohne bedeutende Modifikation übertragbar ist. So kann die teilweise Aufrechterhaltung eines umfassenden Vertragswerks, das die Verhältnisse der Gesellschafter abweichend vom Gesetz regelt, nach der Eliminierung einer zu beanstandenden Vertragsklausel nicht so verhältnismäßig leicht in der Praxis durchgesetzt werden wie bei AGB, die sich auf einen gesetzlich
55 Gegen jede Reduzierung der Abfindung in der „Satzungsgesellschaft" Reuter, Perpetuierung, S. 2 9 0 f. Offengeblieben ist jetzt noch die Frage, was zu gelten hat, wenn der Ausscheidende wichtige Gründe zur Lösung seines Gesellschaftsverhältnisses hatte, siehe Rainer (oben Fn. 42), S. 2909.
* Siehe dazu auch das Urteil B G H W M 1979, 327. 57 Vor einer solchen Entwicklung der Rechtsprechung warnt Rasner, 58
J Z 1976, 5 1 1 ; siehe auch Stimpel,
a . a . O . , S.775.
a . a . O . , S.2911.
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geregelten Vertragstyp beziehen. Dies liegt daran, daß eine Ergänzung aus dispositivem Recht kaum in Betracht kommt. Nach den neuesten Entwicklungen des Rechts der Vertragsänderung in den PublikumsPersonengesellschaften ist zwar dort durch die Verabschiedung des Bestimmtheitsgrundsatzes 59 bei Lücken im Vertrag aufgrund entsprechender Formulierungen im Statut vielleicht eine Mehrheitsentscheidung möglich, doch gilt dies nicht im Rahmen von Individualverträgen. Deshalb muß damit gerechnet werden, daß im Gesellschaftsrecht richterliche Inhaltskontrolle besonders leicht auf eine Totalrevision der bei einer Anlehnung an das Gesetz nicht nachvollziehbaren inneren Verfassung der Gesellschaft hinauslaufen würde 60 . Will man die Nichtigkeit einer beanstandbaren Einzelklausel nicht zum Anlaß für die Gesamtnichtigkeit des Vertrages nehmen, so muß insbesondere der Auslegungsgrundsatz „contra proferentem" für diesen Bereich verabschiedet und durch eine „Bewertung der von der Einzelklausel ausstrahlenden Regelungsfolgen" 61 , d. h. aber wohl doch eine Vertragsergänzung, ersetzt werden. Das kann zwar nicht schrankenlos gelten 62 , bedeutet aber doch, daß es möglich wäre, dem Gesellschafter Einzelrechte einzuräumen, die im Gesellschaftsvertrag abbedungen sind. Das wiederum läuft praktisch auf das richterliche Moderationsrecht hinaus. Jedenfalls reicht auf diesem Gebiet das Instrument der ergänzenden Vertragsauslegung nicht hin, um nach der Unwirksamkeitserklärung von einzelnen Vertragsbestimmungen eine funktionsfähige vertragliche Ordnung zu errichten. U m so dringlicher fragt sich unter solchen Umständen, ob ein Verfahren wie das der geltungserhaltenden Reduktion, selbst wenn es gegen das sicherlich nicht leicht zu nehmende Verbot richterlicher Moderation verstieße, nicht doch gute Dienste leisten könnte. So gesehen, ist die geltungserhaltende Reduktion im Gesellschaftsrecht ein Testfall für die gerichtlichen Gestaltungsmöglichkeiten zwischen richterlicher Inhaltskontrolle und ergänzender Vertragsauslegung. Sie könnte damit auch zu den Möglichkeiten gehören, die dazu beitragen, es zu Situationen, die nach einer ergänzenden Vertragsauslegung rufen, erst gar nicht kommen zu lassen. Ihre Legitimation könnte der im A G B - R e c h t danach überlegen sein. Man muß sich natürlich davor hüten, in einer Reduktion zu weit gehender Vertragsbestimmungen mehr zu sehen als ein punktuell wirkendes Mittel gegen die unangemes-
59 Siehe oben F n . 4 ; dazu Martens, DB 1973, S.413; U.H. Schneider, ZGR 1972, 371 f; Fischer, FS für Barz, S.41 ff; Leenen, a . a . O . Fn. 17; Hadding, ZGR 1979, 636, 643; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 361 f, 410 ff. 60 Martens, a.a.O., S.514. " Martens, a.a.O., S.515. " Stimpel, a. a. O., S. 777; siehe auch Martens, ebenda.
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senen Folgen der Annahme von Nichtigkeit. Wenn es darum geht, notwendige organisatorische Vorkehrungen wie die Einrichtung eines Kontrollorgans, die Schaffung von Nachfolgeregelungen, die Einsetzung von Abschluß- oder Sonderprüfern erst ins Leben zu rufen, wird sich im allgemeinen weder mit einer Reduktion noch mit ergänzender Vertragsauslegung 63 helfen lassen. Hingegen würden sich manche Argumente, die eine verstärkte Verhaltens- und Ausübungskontrolle an die Stelle der Annahme von Nichtigkeit setzen wollen 64 , auch für eine geltungserhaltende Reduktion in den von Nichtigkeit bedrohten Fällen anführen lassen. III. Die Problematik des richterlichen Moderationsrechts im Gesellschaftsrecht Geltungserhaltende Reduktion, zuletzt im wesentlichen im A G B Recht Gegenstand der Überlegungen, stößt auch außerhalb dieser Materie auf die allgemeinen Bedenken gegen ein richterliches Moderationsrecht zur Vermeidung der Totalnichtigkeit. Mit diesen Einwänden und den Gründen, warum sich die geltungserhaltende Reduktion im A G B Recht nicht durchsetzen konnte, muß sich auseinandersetzen, wer dieses Instrument im Gesellschaftsrecht verankern will, wobei die skizzierte Sondersituation der Inhaltskontrolle zu berücksichtigen ist. 1. Im Ausgangspunkt ist klar, daß eine der Rechtskontrolle verfallende, also eine mißbilligte privatautonome Regelung ganz entfallen muß und nicht durch eine richterliche Gestaltung ersetzt werden kann65. Von der über § 139 B G B zu begründenden Teilnichtigkeit und der Umdeutung gemäß § 140 B G B abgesehen - wobei deren jeweiliges Verhältnis zur richterlichen Moderation zumindest theoretisch klar ist66 - wird hieran im Grundsatz festgehalten. Dennoch macht sich durchaus eine Tendenz zur Befreiung der Regelungen von einem sittenwidrigen Ubermaß geltend. Die bekanntesten Beispiele, in denen sich dieses Streben durchgesetzt hat, sind die Reduzierung der zeitlichen Bindung bei Bierlieferungsverträgen, die Aufrechterhaltung einer Globalzession unter Reduzierung ihres Zugriffs auf einen nicht mehr zu beanstandenden Umfang, die Verbesserung der Stellung der gesetzlichen Erben beim „Mätressentestament" sowie weitere Einschränkungen der zeitlichen Bindung von
Zum letzteren Stimpel, a. a. O., S. 776 f. Etwa H.P. Westermann, AcP 175, 375, 415; Ulmer/Brandner/Hensen, §23 Anm.27. 65 B G H Z 68, 204, 207; O L G Celle, N J W 1959, 1971 f; Lmdacher, J R 1977, 412 f; Flume, § 18, 9; Münchener Komm. - Mayer-Maly, §138 Rdn. 133. 64 Zimmermann, a. a. O., Fn. 15, S. 60 ff, 84 f. 65 64
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Vertragspartnern 67 ; auch gegen Höchstpreisvorschriften verstoßende Entgeltsvereinbarungen werden auf diesem Wege aufrechterhalten. Die Bedenken sind grundsätzlicher methodischer Art, so daß anzunehmen ist, daß derartige Entscheidungen immer auch mit einem schlechten Gewissen, aber unter offensichtlichem Druck der Interessenlage in den konkreten Fällen getroffen werden. Daran mag es liegen, daß die Argumentation zum Teil verschiedene hier schon genannte Begründungen vereinigt. So hat der B G H , um die Ankaufsverpflichtung eines Erbbauberechtigten, die mit 94 Jahren zeitlich zu lang bemessen erschien, dem Grunde nach halten zu können, §139 BGB analog angewendet und daneben darauf hingewiesen, ein nach allzu langer Zeit (nach Zahlung von Erbbauzinsen in mehrfacher Höhe des Grundstückwerts) gestelltes Ankaufsverlangen könne rechtsmißbräuchlich sein68. Über die Unanwendbarkeit des § 140 BGB zur geltungserhaltenden Reduktion ist man sich offenbar einig69. Zum Teil werden offen Billigkeitsgesichtspunkte angesprochen 70 . Wenn demgegenüber argumentiert würde, in dem reduzierten Umfang sei die Regelung nicht mehr verwerflich und damit nichtig, so würde verkannt, daß zunächst die Legitimation zur Reduzierung gesucht werden muß. Solange es hieran fehlt, sind die Bedenken gegen ein allgemeines Moderationsrecht schwer zu überwinden. Die Lage in der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre hat zur Ablehnung der geltungserhaltenden Reduktion im AGB-Recht nicht unerheblich beigetragen 7 ', doch wird im Kern aus den Zielen der Inhaltskontrolle nach Maßgabe des A G B G argumentiert. Einmal gehen die dort enthaltenen Klauselverbote offensichtlich von der Ungültigkeit der ihnen widersprechenden Vereinbarungen aus. Zum anderen aber könnte der Verwender, wenn eine Reduktion eine von ihm gebrauchte Klausel zu retten vermöchte, zunächst gesetzeswidrige Bedingungen in seine AGB aufnehmen, um abzuwarten, ob der Kunde dagegen vorgeht. Das bedeutet weiter, daß der Kunde nicht durch die Vertragsklausel, sondern erst im
67 Nachweise bei Ulmer, N J W 1981, 2025, 2028; Münchener Komm. Mayer-Maly, a . a . O . Rdn. 136, 137. " B G H Z 68, 1, 5 = N J W 1977, 761; zur Gültigkeit der Kaufzwangklausel Kollbosser, NJW 1974, 1302 f und dazu kritisch Horm, N J W 1977, 2073. Die Anwendung des §139 BGB findet sich auch in den Urteilen B G H NJW 1979, 865 f; N J W 1972, 1459; O L G Bremen, BB 1980, 803, 805; siehe auch Ebel, BB 1979, 1973 ff. Gegen die Anwendung des §139 B G B aber Medicus, Allgemeiner Teil, Rdn. 505.
" Gegen den Versuch des O L G Stuttgart (JZ 1975, 572 m. abl. Anm. Krampe) B G H Z 68, 204; Lindacher, a . a . O . F n . 6 5 ; Medicus, a . a . O . Rdn.523. 70 Zimmermann, Hiddemann, WM 1975, 942; kritisch zur „Karriere" des §242 BGB a . a . O . Fn. 15, S . 9 3 f f . 71 Siehe etwa Ulmer, a . a . O . Fn.67, S.2028.
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Prozeß Klarheit über den Umfang seiner Rechte gewinnt (Transparenzgebot) 72 . Die Rechtsprechung wehrt sich außerdem gegen die Zumutung, im Interesse des Verwenders, der schließlich für den Gesetzesverstoß verantwortlich ist, die A G B angemessen gestalten zu sollen 73 . Auf der anderen Seite 74 klingt hierin ein wenig der dem Zivilurteil nicht recht angemessene Straf- oder Sanktionscharakter einer die geltungserhaltende Reduktion ablehnenden Einstellung an. O b schließlich die Lösung der herrschenden Meinung im A G B - R e c h t besonders praktikabel ist oder angesichts des bekannten Problems der Behandlung der Tagespreisklauseln75 nicht noch einmal überdacht werden muß, braucht hier nicht näher erörtert zu werden, um prüfen zu können, ob die angeführten Gesichtspunkte für die Inhaltskontrolle im Gesellschaftsrecht eine andere Betrachtung ermöglichen. 2. Die Rechtslage bei der Inhaltskontrolle von A G B auf die Verhältnisse in der Publikums-Personengesellschaft zu übertragen, bietet sich auch für das Problem der geltungserhaltenden Reduktion insofern an, als hier das Verhältnis von Initiatoren (Objektträgern) zu den Anlagegesellschaften mit dem des AGB-Verwenders zu seinen Kunden äußerlich vergleichbar ist, so daß auch das Transparenzgebot wirken müßte. Schon der zweite Blick zeigt aber, daß die Dinge sich wesentlich unterscheiden. Die Nichtigkeit einer Regelung läuft nämlich angesichts der Schwierigkeiten, durch ergänzende Vertragsauslegung zu angemessenen Lösungen zu kommen, den Interessen aller Beteiligten zuwider, und eine bloße Teilnichtigkeit unter Aufrechterhaltung der restlichen Regelung führt auch nicht durchweg zu einer Situation, die für die durch die Inhaltskontrolle zu schützenden Anlagegesellschafter akzeptabel ist. So weist der Jubilar auf das Beispiel einer übermäßigen Ausschaltung der Anteilserwerber aus den Entscheidungen und den Kontrollvorgängen hin, merkt aber auf der anderen Seite auch an, daß eine Wiederherstellung des § 166 H G B angesichts der Vielzahl von Kommanditisten keine Lösung darstelle 76 . Hier muß also versucht werden, über bloß kassatorische Eingriffe hinauszugelangen.
72 Diese beiden Gesichtspunkte hebt der B G H in seinem Grundsatzurteil B G H Z 84, 109, 15 ff = N J W 1982, 2 3 6 5 mit Aufsatz von Bunte, S . 2 2 9 8 entscheidend hervor. 73 O L G Hamburg, N J W 1981, 1049, 1050; O L G Düsseldorf, B B 1980, 3 8 8 ; siehe auch Staudinger/Schlosser, § 6 A G B G A n m . 16. 74 Münchener K o m m . - Kötz, § 6 A G B G Rdn. 8; für eine geltungserhaltende Reduktion ferner Götz, N J W 1978, 2 2 4 4 ; Garrn, J A 1981, 154 ff. 75 Nachweise zum Problem der Tagespreisklauseln bei Wolf/Horn/Lindacher, § 11 N r . 1 Rdn. 33, § 9 Rdn. 4 4 ; zur neuesten Entwicklung der Rechtsprechung B G H Z 90, 6 9 = N J W 1984, 1177. 76
A . a . O . , S.777.
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Das gilt noch stärker im Rahmen der „normalen" Personengesellschaft. Hier fehlt es schon an dem Antagonismus von Verwender bestimmter Vertragsklauseln und Adhärent, der es nahelegen könnte, dem ersteren einseitig das Risiko für eine Verwerfung der Vertragsbestimmung aufzubürden. Eine Klausel wie etwa die langfristige Bindung an die Gesellschaft, ein Ausschluß bestimmter Gesellschafter von Mitverwaltungsrechten oder eine Abfindungsbeschränkung kann auch und gerade dann, wenn ein Gesellschaftsvertrag für die Verhältnisse mehrerer Gesellschafter-Generationen gemacht ist, jeden Partner treffen. Natürlich liegt auch hier etwas an der Klarheit und Eindeutigkeit der Vertragsregelung, doch kann aus dem Gebot kautelarjuristischer Sorgfalt77 hier nicht geschlossen werden, daß der Richter sich nicht auf eine möglicherweise im allseitigen Interesse liegende Korrektur einlassen dürfe. Eine Gesamtnichtigkeit des Vertrages, die sich nach der Regel des § 1 3 9 B G B ergeben könnte, wenn der um die beanstandbare Klausel verminderte Vertragsinhalt gewürdigt wird, wird sich bei Zugrundelegung eines reduzierten Inhalts der Bestimmung möglicherweise seltener ergeben, was angesichts des in vielen Rechtsinstituten des Gesellschaftsrechts zum Ausdruck kommenden Unbehagens gegenüber den Folgen der Vertragsnichtigkeit begrüßt werden kann. Ferner ist daran zu erinnern, daß die AGB-Inhaltskontrolle häufig, wenn auch vielleicht nicht immer, typische Nebenbestimmungen in Verträgen betrifft, während im Gesellschaftsrecht, das es mit einer Zweck- und Risikogemeinschaft zu tun hat, eine Unterscheidung von Haupt- und Nebenbedingungen schwerer möglich ist78. Schließlich sind die nicht seltenen Fälle zu erwähnen, in denen Vertragsänderungen mehrheitlich geschehen können. Wenn hier infolge der Inhaltskontrolle Lücken in einem Vertragswerk entstehen, könnte es geschehen, daß die Gesellschaftermehrheit beansprucht, von sich aus die Ergänzung vorzunehmen. Das könnte zwar die richterliche Ausübungskontrolle auf den Plan rufen, deren Kriterien dann aber besser schon im Zusammenhang mit der Prüfung der Gültigkeit der Vertragsklauseln zur Geltung zu bringen sind. 3. Insgesamt liefern die Einwände, die gegen die geltungserhaltende Reduktion in der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre und insbesondere im A G B - R e c h t erhoben werden, keine hinlängliche Handhabe, dieses Instrument im Gesellschaftsrecht, in dem es aus den oben dargelegten Gründen ein geeignetes Wirkungsfeld vorfinden würde, zu verwerfen.
77 Zur Rolle der Kautelarjurisprudenz im Gesellschaftsrecht Η. P. Westermann, AcP 175, 375, S. 386 ff; dort auch zu der Gefahr, die Vertragsgestaltung einseitig an den Interessen der geschäftsführenden Gesellschafter auszurichten. 78 Noch weitergehend Martens, a . a . O . , S.513, l.Sp.
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Das gilt für den gesamten Bereich zulässiger Inhaltskontrolle im Gesellschaftsrecht, also sowohl für die Angemessenheitskontrolle bei MassenVerträgen als auch für die Ubermaßkontrolle beim individuellen Gesellschaftsvertrag. Die hiermit erfolgte Beseitigung der „Reduktionsfeindlichkeit" ersetzt aber noch nicht eine dogmatische Begründung der geltungserhaltenden Reduktion. Sie liegt m. E. in der Vorstellung, daß die Gesellschafter verpflichtet sind, ihren Gesellschaftsvertrag an die Verhältnisse anzupassen, die durch eine ihnen Pflichten im Ubermaß auferlegende oder ihre Rechte zu stark beschneidende Klausel nicht (mehr) angemessen geregelt sind. Hier ist zunächst daran zu erinnern, daß die aus der Treuepflicht der Gesellschafter erwachsende Pflicht zur Mitwirkung an einer Vertragsanpassung ihrerseits enge dogmatische Verbindungen zur Inhaltskontrolle aufweist, ja als zeitlich verschobene Inhaltskontrolle bezeichnet worden ist79. Was den Respekt vor der Privatautonomie der Gesellschafter angeht, so macht es wahrscheinlich in der Tat nichts aus, ob die Angemessenheit einer Bestimmung des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages oder die Richtigkeit und Zumutbarkeit des Festhakens an ihren Buchstaben angesichts solcher Veränderungen betrachtet wird, die die Verfolgung des Gesellschaftszwecks bedrohen. Eine geltungserhaltende Modifikation des Vertrages zur Moderierung von Bedenken gegen seine Gültigkeit kann sich auf dieselbe Legitimation des richterlichen Eingriffs berufen. In beiden Fällen hat der Vertrag, entweder wegen Verstoßes gegen ein durch die Inhaltskontrolle durchgesetztes Ge- oder Verbot oder durch Entstehung eines Anpassungsbedürfnisses, in seiner von den Gesellschaftern geschaffenen Fassung an Richtigkeitsgewähr eingebüßt. Da aufgrund der geschilderten Sondersituation im Gesellschaftsrecht die Alternative zwischen einer Gesamt- oder einer Teilnichtigkeit des Restvertrages den Interessen keines der Beteiligten entspricht, gebietet es die Treuepflicht, sich auf ein allen zumutbares Maß an Beschneidung von Rechten bzw. Auferlegung von Pflichten einzulassen. Die Parallele zu den Gestaltungsklagen, bei denen das „mildere Mittel", das am wenigsten in die Rechte des betroffenen Gesellschafters eingreift, einen Vorrang vor schärferen Einschnitten genießen soll80, drängt sich als weitere Begründung auf, mag auch ein Rangverhältnis zwischen den verschiedenen Klagen nicht ohne weiteres herstellbar sein. Aber daß sich dort wie bei einer Klage auf Mitwirkung an einer Vertragsänderung der Beklagte nur auf das Minimum an Beschneidungen seiner Wünsche einlassen
Zöllner, a . a . O . Fn.12, S . 2 8 . Fischer, Großk. H G B § 1 1 7 A n m . 7 c ; Ulmer, Bedenken H.P. Westermann, N J W 1977, 2187f. 79 80
Großk. H G B § 1 4 0 A n m . 1 8 ; zu den
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muß, das angemessenen Vertragsverhältnissen gerade noch entspricht 81 , zeigt, daß auch eine geltungserhaltende Reduktion die Selbstbestimmung der Vertragspartner nicht über Gebühr vernachlässigt. Das Instrument für die Reduktion belastender Vertragsregelungen auf ein Maß, das mit dem einschlägigen Kontrollmaßstab zu vereinbaren ist, wird im übrigen hauptsächlich die Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung sein. Nachdem sich im AGB-Bereich die restriktive Auslegung ungewöhnlicher, den Gesellschafter erheblich belastender Vertragspflichten (das sogenannte Restriktionsprinzip) trotz gewisser Ansätze in der Rechtsprechung nicht durchsetzen konnte 82 , ist allerdings darauf zu achten, daß die hierfür ursächlichen Bedenken vermieden werden. Man sollte daher sehen, daß die Restriktion durch Auslegung nur als verkappte Inhaltskontrolle unklar formulierter Klauseln fungiert, während die geltungserhaltende Reduktion einer offen und am eindeutig formulierten Text angesetzten Inhaltskontrolle nachfolgt. Die im einzelnen schwierige Problematik der Abgrenzung zwischen der Geltendmachung der Treuepflicht zur ergänzenden Vertragsauslegung und dem Fortfall der Geschäftsgrundlage, wie sie im Zuge der Anpassung von Gesellschaftsverträgen an veränderte Umstände zu leisten ist83, dürfte hier nicht wiederkehren, da die Richtung der Anpassung bei der geltungserhaltenden Reduktion leichter auszumachen sein wird. Stellt man in Rechnung, wie weit die Rechtsprechung im Rahmen der Geschäftsgrundlagenlehre beim Umbauen eines notleidenden Gesellschaftsvertrages bereits gegangen ist84, so ist kaum zu befürchten, daß eine Reduktion zu weit gehender Pflichten oder eine Erweiterung zu stark beschnittener Rechte eines Gesellschafters die Praxis vor unlösbare Probleme der konkreten Begründung ihrer Entscheidungen stellen würde. Methodisch liefe dies auf längere Sicht wahrscheinlich auf konkrete Regelbildungen hinaus, wie es wohl allgemein ein Kennzeichen einer der Rechtskontrolle vorgelagerten Angemessenheitskontrolle ist85 und sein muß, will man nicht - im Bereich gesellschaftsrechtlicher Individualverträge schließlich doch jeden Vertrag in allen Einzelheiten auf Gleichgewicht
Zöllner, a . a . O . , S.39 unter Berufung auf Kollhosser, FS für H.Westermann, S.286. B G H N J W 1975, 2102; KG DB 1978,1025; zu den Einwänden Sambuc, N J W 1981, 314 f; Ulmer/Brandneri Hensen, § 5 Anm.27ff. 8! Näher Zöllner, a . a . O . Fn. 12, S.40ff, 49ff, 53ff; H.P. Westermann, FS für Hefermehl, S. 225, 236 ff. 84 B G H N J W 1974, 1656 bestätigte ein Urteil des O L G Bremen (NJW 1972, 1952), durch das das der Beklagten in den Nachfolgebestimmungen eines KG-Vertrages zustehende Recht, beim Tode des Klägers die Hälfte seines Anteils zu übernehmen, beseitigt und durch ein Nachrücken der Kinder der Parteien aus der geschiedenen Ehe ersetzt wurde. Zu dem Urteil Reuter, ZGR 1976, 98, 94; H.P. Westermann, a . a . O . , S.238. 85 Dazu nochmals Lieb, AcP 178, 196, 210, 212, 217. 81 82
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der Rechte und Pflichten der Parteien prüfen müssen, was offenbar nicht in Betracht kommt. 4. Es würde zu weit führen, die bisherige Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von Gesellschaftsverträgen im Hinblick auf Beispiele und Äußerungen zur geltungserhaltenden Reduktion vollständig vorzuführen. An dieser Stelle mögen einige abschließende Hinweise auf Möglichkeiten praktischer Anwendung des erarbeiteten Instrumentariums genügen. Bei der Frage der höchstzulässigen zeitlichen Beschränkung der Kündigung bietet sich eine Reduzierung einer vereinbarten Bindungsdauer geradezu an. Uberlange Fristen werden als Verstoß gegen die die persönliche Freiheit der Gesellschafter schützenden §§723, 724 B G H , wenn nicht als Umgehung des in §723 Abs. 3 verbotenen Kündigungsausschlusses angesehen86. Auf der anderen Seite ist an sich anerkannt, daß ein befristeter Ausschluß der ordentlichen Kündigung im Interesse sinnvoller unternehmerischer Planung und einer gewissen Verläßlichkeit der von den Gesellschaftern vorgenommenen Investitionen zumutbar und gerechtfertigt sein kann. Daran scheitert eine freie Kündbarkeit der Gesellschaft, wie sie sich ergäbe, wenn man einfach nur das dispositive Recht anwendete. Deswegen kommt, wenn im Einzelfall eine den Gesellschafter zu lang bindende Vereinbarung nicht akzeptiert werden kann, im Wege der Suche nach dem hypothetischen Gesellschafterwillen die Festsetzung einer den Vorstellungen der Beteiligten möglichst nahekommenden, mit den Interessen des Kündigungswilligen noch zu vereinbarenden Befristung in Betracht87. Ahnliche Überlegungen kann man mit Blick auf Abfindungsbeschränkungen anstellen. Auch hier wäre es, wenn eine Beschneidung der Rechte des ausscheidenden Gesellschafters im Einzelfall gegen §723 Abs. 3 BGB verstößt, vor dem Hintergrund der für die Kapitalerhaltung sprechenden Zwecke von Abfindungsbeschränkungen bedenklich, nun die Abfindung nach § 738 BGB an die Stelle zu setzen. Deshalb wird hier oft versucht, die Abfindungsbeschränkung auf ein mit der notwendigen Freiheit des Gesellschafters verträgliches Maß zurückzuführen und eine Regelung mit reduziertem Inhalt als hypothetisch von den Parteien gewollt in die Lücke einzufügen 88 . Bei Anwendung des § 138 BGB auf eine Abfindungsbeschränkung soll dies nach allerdings bestrittener Mei" Ubersicht über die Kritik an den zu langen Bindungen bei Η. P. Westermann, a . a . O . Fn.20, S . 2 3 4 f f ; Münchener Komm. - Ulmer, § 7 2 3 Rdn.45, 46. 87 B G H LM N r . 2 zu § 339 H G B ; C• Hueck, FS für Larenz (1973), S. 741, 748; Flume, § 1 3 II, S. 194; Münchener Komm. - Ulmer, a . a . O . Rdn.44. 88 B G H N J W 1973, 651, 652; Erman, FS für Nipperdey (1965), S.78; Heckelmann, a . a . O . , S. 154; Münchener Komm. - Ulmer, §738 Rdn.48. Mit dem Gedanken der Teilnichtigkeit arbeitet H. Westermann, Handbuch, Rdn.448.
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nung nicht gelten"; wenn man aber berücksichtigt, daß die Nichtigkeitsfolge hier besonders kraß die Tatsache vernachlässigt, daß die Abfindungsbeschränkung erst im Laufe einer längeren (und positiven) Entwicklung eines Unternehmens überhaupt zu einer Belastung wird 90 , so daß erst im Laufe der Zeit durch das zunehmende Auseinanderklaffen von effektivem Wert der Beteiligung und Abschichtungsanspruch gemäß Vertrag eine nicht zumutbare Kündigungsbeschränkung entsteht, so liegt es nahe, ohne Rücksicht auf den Nichtkeitsgrund eine Vertragsanpassung durchzuführen. In diesen beiden Beispielen ist eine geltungserhaltende Reduktion verhältnismäßig leicht zu handhaben, weil sich i. d. R. Fristen reduzieren und Abfindungsbeträge erhöhen lassen dürften, ohne daß ein ganzes Vertragswerk umgeformt werden m u ß " . In anderen Fällen wird ein größerer Aufwand erforderlich sein. Wenn ζ. B. ein Kommanditist oder eine Gruppe von Gesellschaftern durch den Gesellschaftsvertrag in die Rolle von Gesellschaftern „minderen Rechts" gedrängt wird, etwa durch Ersetzung aller vom Gesetz vorgesehenen Rechte durch ein den Ansprüchen eines Aktionärs nachgebildetes Auskunftsrecht in der Gesellschafterversammlung, oder durch Übertragung sämtlicher Kommanditistenrechte auf einen Beirat oder einen Treuhänder, so kann es bei Unwirksamkeit derartiger Regelungen geboten sein, den Kommanditisten entgegen dem Vertrag bei begründeten Zweifeln an der Korrektheit der Geschäftsführung Kontroll- und Aufsichtsrechte, Einzelklagebefugnisse oder das Recht zur Bestellung und Abberufung der Beiratsmitglieder einzuräumen 92 . Ähnlich könnte man im Verhältnis zwischen dem den Kommanditisten vertraglich vorenthaltenen Kündigungsrecht und der ihnen verbleibenden Auflösungsklage durch Zubilligung eines Rechts zur außerordentlichen Kündigung verfahren 93 . Bei der Inhaltskontrolle der Verträge von Publikums-Personengesellschaften bietet sich - insoweit wieder als Reduktion von Beschränkungen darstellbar - die Moderation von Beschluß- oder Einberufungsregeln, die die Minderheit belasten, auf dem Wege an, daß an die Stelle eines für die Einberufung einer Gesellschafterversammlung geforderten Quorums von 1 0 % ein solches 89 BGH NJW 1977, 1233; NJW 1979, 104; Münchener Komm. - Ulmer, a.a.O. Rdn.49; anderer Meinung Erman, a.a.O., S.77; Heym, FS für Schiedermair (1976), S. 271, 285. 90 Schilling, ZGR 1979, 425 f; H.P. Westermann, AcP 175, 375, 423. 91 Mit ähnlichen Erwägungen könnte etwa eine unangemessen hohe Komplementärvergütung reduziert werden, siehe U.H. Schneider, ZGR 1975, 1, 27ff; von Westphalen, a.a.O. Fn. 1, S.2747; Dänzer-Vanotti, BB 1983, 999. 92 U.H. Schneider, a.a.O., S.26f; von Westphalen, a.a.O., S.2746; zurückhaltend noch Stimpel, a. a. O., S. 777. 93 BGHZ 63, 338ff; BGH NJW 1975, 1700f; NJW 1976, 894; NJW 1979, 1382; dazu weiter Kraft, a. a. O. Fn. 2, S. 324 f.
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von 5 % für ausreichend erachtet wird 94 . Dies mag z w a r auch als Analogie zu § 122 A k t G begründet sein, doch ist die Moderierung der Entscheidung der Vertragsgestalter nicht zu leugnen. In alledem sollte nicht der Hinweis vergessen werden, daß derartige richterliche Anpassungsschritte, w i e auch die Beispiele zeigen, nicht unbedingt nur der Publikums-Personengesellschaft gelten, sondern im Grundsatz bei einer auf Individualvertrag beruhenden Gesellschaft ebenfalls möglich sind. Schon die in der Rechtswirklichkeit „älterer" Familiengesellschaften häufige Mediatisierung von Kommanditistenrechten durch einen Beirat belegt dies. U m ein letztes Beispiel zu nennen, so wäre auch im Zuge der Verwerfung unangemessen kurzer Verjährungsregeln für die Haftung von Beirats- oder Aufsichtsratsmitgliedern, die auf der anderen Seite auch nicht durch die Regelverjährung gemäß § 1 9 5 B G B ersetzt werden sollen, eine Verlängerung auf eine angemessene Frist zu diskutieren. Dies wäre besser als eine Analogie zu aktienrechtlichen Vorschriften 9 5 , die bei den Personengesellschaften nun einmal nicht uneingeschränkt passen. IV. Schlußbetrachtung Die Beispiele zeigen, daß für eine geltungserhaltende Reduktion im Gesellschaftsrecht ein interessanter Anwendungsbereich besteht. Sie sollten auch demonstrieren, daß die A n w e n d u n g dieses Instruments die W i r k u n g e n der Inhaltskontrolle so ausgestalten kann, daß sie nicht eine Bedrohung der Privatautonomie darstellen muß, sondern ein Hilfsmittel bei Versagen der Selbstregulierung werden kann. Natürlich ist die Gefahr einer Kadi-Justiz 9 6 nicht von der H a n d zu weisen, die aber, wenn man die konkrete Regelung auf eine beiderseitige Anpassungspflicht der Gesellschafter stützt, durch die Notwendigkeit einer Argumentation und notfalls Beweisführung - gegen die vermutete Richtigkeitsgewähr der privatautonomen Regelung weitgehend gebändigt werden kann. Inhaltskontrolle im Gesellschaftsrecht w i r d bei individuellen Gesellschaftsverträgen eine A u s n a h m e bleiben, weil gerade hier die grundsätzliche Überlegenheit einer konkret-autonomen gegenüber einer abstraktgenerellen Regelung auf der H a n d liegt. Aber der Entschluß z u m Eingreifen in ein Vertragsgefüge zur Verbesserung der Individualgerechtigkeit könnte - und das wäre ein Fortschritt - erleichtert werden, wenn Mittel z u r Verfügung stünden, die verhindern, daß der Richter bei der Bestimmung der Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle ebensoweit über das Ziel angemessener Zuteilung von Rechten und Pflichten hinausschießt w i e die Parteien dahinter zurückgeblieben sind. 94 95 %
Von Westphalen, a.a.O., S.2747. BGHZ 64, 238 ff; dazu näher U. H. Schneider, a. a. O., S. 1, 5; Kraft, a. a. O., S. 331. So Flume, § 12 IV (S. 187 Fn. 51) gegen Erman, a. a. O. Fn. 88, S. 78.
II. Personengesellschaftsrecht
Änderungen des Gesellschaftsvertrages durch Mehrheitsentscheidung Der „Bestimmtheitsgrundsatz" im Wandel der Rechtsprechung O L I V E R C . BRÄNDEL
I. Nach §§119 A b s . l , 161 Abs. 2 H G B können bei o H G und K G Gesellschafterbeschlüsse nur mit „Zustimmung aller zur Mitwirkung bei der Beschlußfassung berufenen Gesellschafter", also einstimmig gefaßt werden. Jedoch enthält diese Vorschrift dispositives Recht. 1. Schon das Reichsgericht hat seit langem anerkannt, daß es dem personalistischen Charakter der Handelsgesellschaften grundsätzlich nicht widerspricht, wenn die Abänderung des Gesellschaftsvertrages durch ausdrückliche Bestimmung einem Mehrheitsbeschluß der Gesellschafter übertragen wird1. Bereits im Urteil vom 23.11.1917 hat der damalige II. Zivilsenat des Reichsgerichts „die rechtliche Möglichkeit, sich späteren, den Gesellschaftsvertrag abändernden Mehrheitsbeschlüssen im Voraus zu unterwerfen", bejaht, da die Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung angesichts des Grundsatzes der Vertragsfreiheit und des §317 B G B nicht bezweifelt werden könne2. In seiner Entscheidung vom 3.5.1932 hat das Reichsgericht allgemein festgestellt, daß keine grundsätzlichen Bedenken gegen die rechtliche Möglichkeit beständen, der Mehrheit der Gesellschafter oder einem Organ der Gesellschaft die Beschlußfassung auch über solche Fragen zu übertragen, die nicht in den Bereich der gewöhnlichen Geschäftsführung fallen, sondern (sogar) die Grundlagen der Gesellschaft betreffen3. 2. Der Bundesgerichtshof - unter Führung des für Gesellschaftsrecht zuständigen II. Zivilsenates - ist dieser Rechtsprechung des Reichsgerichts gefolgt. Er hat unter Berufung auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit festgestellt, daß selbst die Gestaltung der Grundlagen der Gesell-
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RGZ 87, 261; 91, 166; 114, 393; 151, 321; 163, 385. RGZ 91, 166 (167). RGZ 136, 236 (237).
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Oliver C. Brändel
schaft, wie die Änderung des Gesellschaftszwecks, die Bestimmung über die Höhe der Beiträge sowie die Auflösung der Gesellschaft vertraglich einem Mehrheitsbeschluß der Gesellschafter überlassen werden kann4. Sachgerecht ist die vertragliche Gestattung von Mehrheitsbeschlüssen insbesondere bei Gesellschaften mit einer größeren Zahl von Gesellschaftern, denn bei ihnen wäre es häufig schwierig, Einstimmigkeit zu erzielen. 3. Da die Zulässigkeit von Mehrheitsbeschlüssen die Gefahr einer Majorisierung von Minderheiten in sich birgt, wird im Gesellschaftsvertrag die Zulässigkeit vertragsändernder Beschlüsse meist an erschwerte Erfordernisse - insbesondere qualifizierte Mehrheiten - geknüpft. Damit allein läßt sich aber ein ausreichender Minderheitenschutz nicht gewährleisten. Als Mittel für einen befriedigenden Minderheitenschutz stehen im Prinzip zwei verschiedene Wege zur Verfügung: Einerseits die restriktive Auslegung der Mehrheitsbeschlüsse gestattenden Vertragsbestimmungen; zum anderen die inhaltliche Kontrolle der gefaßten Mehrheitsbeschlüsse selbst unter dem Gesichtspunkt gesellschaftsrechtlicher Treuepflicht. Für den erstgenannten Weg ist der sog. „Bestimmtheitsgrundsatz" von der Rechtsprechung entwickelt worden. a) Schon das Reichsgericht hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß es für den Fall einer Erhöhung der Beiträge durch einen Mehrheitsbeschluß nicht genüge, wenn der Gesellschaftsvertrag einen mit einer gewissen Mehrheit gefaßten Beschluß ganz allgemein als zur Abänderung des Vertrages ausreichend vorsehe. Vielmehr müsse der Gesellschaftsvertrag darüber hinaus auch zum Ausdruck bringen, daß gerade für die Beitragspflicht die Bestimmung des §707 B G B nicht gelten, sondern ein Mehrheitsbeschluß zulässig sein solle5. b) Auch der Bundesgerichtshof hat wie das Reichsgericht die Notwendigkeit, die Zulässigkeit von Mehrheitsentscheidungen für die Änderung des Gesellschaftsvertrages zu begrenzen, bejaht. In seinem Urteil vom 12.11.1952 hat der II. Zivilsenat festgestellt, es müsse sich „stets aus dem Gesellschaftsvertrag zweifelsfrei ergeben, daß die Zulässigkeit des Mehrheitsbeschlusses auch gerade für die im jeweiligen Einzelfall in Betracht kommende Maßregel gelten soll" 6 .
4 BGHZ 8, 35 (39); 20, 363 (369); 48, 251 (253 f.); 66, 82 (85); 69, 160 (164); 71, 53 (56); BB 1976, 948; NJW 1973, 1606; 1981, 2565. 5 RGZ 91, 166 (168 f); 151, 321 (327); 163, 385 (391). 6 BGHZ 8, 35 (41 f); ebenso BGHZ 48, 251 (253); WM 1973, 100 (102); 1975, 662 (663); 1976, 661.
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Bei den unübersehbaren Möglichkeiten von Änderungen des Gesellschaftsvertrages und deren möglicherweise weittragender Bedeutung könne, wie der II. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 13.7.1967 ausgeführt hat, nicht angenommen werden, daß eine uneingeschränkte Unterwerfung der Minderheit unter den Willen der Mehrheit beabsichtigt sei7. Schon diese Rechtsprechung ist andererseits aber auch nicht so weit gegangen, daß sie für jeden einzelnen Beschlußgegenstand die ausdrückliche Aufhebung des Prinzips der Einstimmigkeit forderte. Vielmehr wurde es für ausreichend angesehen, daß die Auslegung des Gesellschaftsvertrages insoweit zu einem „eindeutigen Ergebnis" führt8. Zusammenfassend ist festzuhalten, daß nach jahrzehntelanger ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes selbst dann, wenn Änderungen des Gesellschaftsvertrages durch Mehrheitsbeschluß vertraglich zugelassen sind, zumindest die Wirksamkeit von Beschlüssen ungewöhnlichen Inhalts davon abhängig sein sollte, daß sich die Unterwerfung des Beschlußgegenstandes unter die Mehrheitsentscheidung unzweideutig - sei es auch nur durch Auslegung - aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt. c) Die Literatur ist dieser Rechtsprechung überwiegend gefolgt9. Kritisch äußerte sich erstmals Robert Fischer 1974 in der Festschrift für Barz10. In der Folgezeit läßt sich ein Anwachsen der kritischen Stimmen beobachten".
II. Mitte der 70er Jahre wurde auch beim II. Zivilsenat des B G H der Beginn einer kritischen Einstellung gegenüber dem „Bestimmtheitsgrundsatz" erkennbar:
BGHZ 48, 251 (253). BGHZ 8, 35 (42); WM 1973, 100 (102). 9 Vgl. Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 25.Aufl. (1983), Anm.2B zu §119; Coing, ZGR 1978, 673; A.Hueck, Das Recht der OHG, 4. Aufl. (1971), S.178f; G.Hueck, Gesellschaftsrecht, 18.Aufl. (1983), §14 III 2; Immenga, ZGR 1974, 417ff; Scholz/ K.Schmidt, GmbHG, 6.Aufl. (1978), Rdn.21ff zu Anh. §45; U.H. Schneider, ZGR 1972, 370 ff; H. Westermann, Handbuch der Personengesellschaften, Bd.I, Rdn. 274. 10 R.Fischer, in: Festschrift für Barz, 1974, S.41 ff. 11 Vgl. Autenrieth, DB 1983, 1034 f; Hadding, ZGR 1979, 642 ff; Hennerkes / Binz, BB 1983, 713ff; Leenen, in: Festschrift für Larenz, 1983, S.371 ff; U.H. Schneider, Die AG 1979, 59 ff; P. Ulmer, BB 1976, 950; Wiedemann, ZGR, 1977, 694; ders., JZ 1978, 612 f; ders., Gesellschaftsrecht, Bd.I, 1980, §8 I 2 b. 7 8
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1. In seiner Entscheidung vom 24.11.1975 1 2 hat der Senat einen Mehrheitsbeschluß zur Erweiterung der Kapitalbeteiligung der Kommanditisten, im Urteil vom 12.5.1977" einen Mehrheitsbeschluß zur Fortsetzung einer auflösungsreifen Gesellschaft mit abgewandeltem Gesellschaftszweck für zulässig erklärt. In beiden Fällen handelte es sich um Publikumsgesellschaften. In den Gesellschaftsverträgen waren vertragsändernde Mehrheitsbeschlüsse nur in mehr oder weniger allgemein gefaßten Bestimmungen vorgesehen, die nicht ohne weiteres dem von der Rechtsprechung bis dahin entwickelten Bestimmtheitsgrundsatz genügten. Diese Beschlüsse wurden aber gebilligt, weil eine die Besonderheit der Publikumsgesellschaft berücksichtigende Auslegung eine den Bestimmtheitsgrundsatz ausfüllende Grundlage abgebe. 2. In seinem Urteil vom 13.3.1978 1 4 gab der II. Zivilsenat den Bestimmtheitsgrundsatz für die sog. Publikumsgesellschaften vollständig auf. Danach sind in der Publikumspersonengesellschaft vertragsändernde Mehrheitsbeschlüsse grundsätzlich auch dann zulässig, wenn der Gesellschaftsvertrag dies nur allgemein vorsieht, ohne die Beschlußgegenstände, die einer Mehrheitsentscheidung zugänglich sein sollen, näher zu bezeichnen. 3. In seiner Entscheidung vom 15.11.1982 1 5 hat der II. Zivilsenat des B G H diese Rechtsprechung über reine Publikumsgesellschaften hinaus ausgedehnt auf Kommanditgesellschaften, die durch die Größe ihrer Mitgliederzahl und ihre körperschaftliche Verfassung vom gesetzlichen Leitbild der §§ 161 ff H G B abweichen. In dem entschiedenen Fall handelte es sich um eine bereits seit mehreren Generationen bestehende Familiengesellschaft in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft, der inzwischen 145 zum Teil in Übersee lebende Gesellschafter angehörten; der Gesellschaftsvertrag wies in Einzelheiten Züge einer „kapitalistischen" Struktur auf, er enthielt aber auch zahlreiche Bestimmungen, die darauf angelegt waren, den Charakter der Gesellschaft als einer typischen Familiengesellschaft zu erhalten (Privilegien der Familienmitglieder bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen, bei Anstellungsverträgen, Tantiemeregelungen, Besetzung des Gesellschafterbeirates). Der Gesellschaftsvertrag enthielt die Bestimmung, daß die Gesellschafterversammlung ihn mit einer Mehrheit von 75 % der in der Versammlung anwesenden Stimmen „in allen ihr richtig erscheinenden Punkten" ändern könne. Diese Bestim12 13 14 15
BGHZ BGHZ BGHZ BGHZ
66, 69, 71, 85,
82. 160. 53. 350.
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mung des Gesellschaftsvertrages - welche die Grundlage des streitig gewordenen Mehrheitsbeschlusses bildete - war einige Jahre zuvor von den damals 133 Gesellschaftern des Unternehmens einstimmig gebilligt worden. Diese Besonderheit des entschiedenen Falles wird bei seiner Würdigung und Ausdeutung bisweilen übersehen16. Der BGH hat sein Urteil vom 15.11.1982 nicht - wie der erste Leitsatz durch seine verkürzte Fassung vermuten läßt - ausschließlich mit der Größe der Mitgliederzahl und der körperschaftlichen Verfassung des Unternehmens begründet. Vielmehr waren diese Umstände und die dadurch verursachte Schwierigkeit, zu einstimmigen Beschlüssen zu gelangen, lediglich eine Auslegungshilfe für die Interpretation der Gesellschaftsvertragsklausel, die - wie dargelegt - Mehrheitsbeschlüsse in einem außerordentlich weiten Umfang, nämlich „in allen der Gesellschafterversammlung richtig erscheinenden Punkten" zuließ. Der BGH hat dieser Klausel und dem Umstand ihres einstimmigen Zustandekommens entnommen, daß die Gesellschafter des Familienunternehmens auf die Geltung des Bestimmtheitsgrundsatzes verzichtet haben. Ohne die Frage, ob ein solcher Verzicht generell zulässig und wann er anzunehmen ist, allgemein zu entscheiden, hat der Senat ausgesprochen, daß jedenfalls unter den besonderen Umständen des konkreten Falles ein derartiger Verzicht anzunehmen und als wirksam zu behandeln sei17. In Wirklichkeit sind es also zwei Kriterien, die für die Analyse des BGH-Urteils vom 15.11.1982 von Bedeutung sind: Die große Gesellschafterzahl und die korporative Verfassung der Gesellschaft verdeutlichen einerseits die Schwierigkeit, zu einstimmigen Beschlüssen in Lebensfragen der Gesellschaft zu gelangen. Sie verdeutlichen andererseits, daß die überstimmten Gesellschafter von Mehrheitsentscheidungen in aller Regel „persönlich nicht unmittelbar betroffen" sein werden. Die körperschaftliche Ausgestaltung des Unternehmens ist für den BGH somit ein Kriterium für die Begrenzung der beim Minderheitenschutz beachtenswerten Interessen. Die Abwägung der (mit den Unternehmensinteressen hier gleichgesetzten) Interessen der Gesellschaftermehrheit einerseits und der Minderheit andererseits veranlaßt den BGH, der einstimmig gefaßten und ihrem Wortlaut nach weitreichenden Mehrheitsklausel einen Verzicht auf die Geltung des „Bestimmtheitsgrundsatzes" zu entnehmen. Die Entscheidung läßt somit offen, ob allein die im ersten Leitsatz herausgestellten Gesichtspunkte (Gesellschafterzahl und korporative Verfassung) dem Senat für eine Verneinung des Bestimmtheitsgrundsatzes auch dann ausgereicht hätten, wenn der Gesellschaftsvertrag und die Art seines 16 17
Vgl. z . B . Hennerkes/Binz, B G H Z 85, 3 5 0 (359).
B B 1983, 7 1 4 f ; Marburger,
N J W 1984, 2 2 5 5 .
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Zustandekommens nicht deutliche Hinweise für den gewollten Ausschluß dieses Grundsatzes enthalten hätten. 4. Fragt man nach dem dieser Rechtsprechung innewohnenden „Trend", so finden sich Hinweise in einem obiter dictum des Urteils vom 13.3.1978 18 sowie im Beitrag des verehrten Jubilars zu der Festschrift für Robert Fischer": Im Urteil vom 13.3.1978 hat der II. Zivilsenat des B G H in einem obiter dictum die Frage aufgeworfen, ob sich die Rechtsprechung bei den Publikumsgesellschaften nicht entschließen sollte, das Mehrheitsprinzip selbst bei einem Schweigen des Gesellschaftsvertrages für Vertragsänderungen anzuerkennen. Stimpel hat in seinem Beitrag zur Festschrift für Robert Fischer diese Frage bejaht, dabei allerdings die Grenzen der Zulässigkeit vertragsändernder Mehrheitsbeschlüsse ohne vertragliche Grundlage bei Personengesellschaften als noch absteckungsbedürftig bezeichnet. Er hat die Begründung für die Aufgabe des Bestimmtheitsgrundsatzes bei Publikumsgesellschaften auf den kurzen Nenner gebracht, „daß die Anlagegesellschafter nicht das Opfer einer unzureichenden Vorausplanung der Gründer werden dürfen" 20 . Das Einstimmigkeitsprinzip sei für Publikumsgesellschaften ungeeignet. Der Bestimmtheitsgrundsatz sei lediglich eine Abwandlung des Einstimmigkeitsprinzips; folglich sei auch für den Bestimmtheitsgrundsatz bei Publikumsgesellschaften kein Raum21. Aus diesen Äußerungen muß man schließen, daß die Rechtsprechung auf dem Weg einer Einschränkung oder gar Aufhebung des Bestimmtheitsgrundsatzes mit der Entscheidung vom 15.11.1982 noch nicht am Ende einer Entwicklung angelangt ist, sondern die Tendenz verfolgt, in dieser Richtung fortzuschreiten, möglicherweise sogar Mehrheitsentscheidungen ohne vertragliche Aufgabe des Einstimmigkeitsprinzips in gewissem Umfang zuzulassen. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch zwei Entscheidungen des II. Zivilsenats des B G H vom 5. und 19.11.19 8421". Der Senat hat dort einerseits die Aufgabe des „Bestimmtheitsgrundsatzes" für das Recht der Publikumsgesellschaften erneut bestätigt, andererseits aber betont, daß vertragsändernde Mehrheitsentscheidungen nicht zulässig seien, soweit sie in die Rechtsstellung der Gesellschafter - „in ihre rechtliche und vermögensmäßige Position in der Gesellschaft" - eingreifen; den Gesellschaftern stehe insoweit ein „unverfügbarer Kernbereich von Rechten" zu. Innerhalb des für Mehrheitsentscheidungen „verfüg18
Β GHZ 71, 53 (58). " Stimpel, in: Festschrift für Robert Fischer, 1979, S. 771 ff. 20 Stimpel, a. a. O. S. 778. 21 Stimpel, a. a. O. S. 779. 2,1 B G H Urteile vom 5. und 19.11.1984, II ZR 111/84 bzw. 102/84.
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baren" Bereiches könne auch ein „Verwaltungsrat" (d.h. ein Gesellschafterausschuß) durch das Statut zu Änderungen des Gesellschaftsvertrages ermächtigt werden. Im konkreten Fall billigte der Senat eine vom Verwaltungsrat aufgrund einer solchen Ermächtigung verfügte Stundung gesellschaftsvertraglich begründeter und gegen die Gesellschaft gerichteter Zinsansprüche der Anleger. Diese - einseitige - Maßnahme des Verwaltungsrates stand im konkret entschiedenen Fall allerdings in Einklang mit der gesellschaftlichen Treuepflicht, die es den Anlegern angesichts der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens gebot, den insoweit notwendigen Maßnahmen zuzustimmen. Die grundsätzliche Frage, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Wirkungen ein Verwaltungsrat zu Änderungen des Gesellschaftsvertrags ermächtigt werden kann, die die Rechtsstellung einzelner oder aller Gesellschafter verkürzen, ließ der B G H in diesem Urteil ausdrücklich offen.
III. Die gegenwärtig im Ubergang befindliche Rechtsprechung schafft für die Praxis erhebliche Rechtsunsicherheit. Darauf weist Marburger21 mit Recht hin. Die Praxis kann mit dem Bestimmtheitsgrundsatz leben, sie kann auch ohne ihn auskommen, vorausgesetzt, daß der Minderheitenschutz im ersteren Falle nicht übertrieben wird und im zweiten Fall nicht verkümmert. Womit die Praxis allerdings schwerlich leben kann, ist ein Zustand, bei dem der Bestimmtheitsgrundsatz teils gilt, teils aber nicht gilt und niemand so recht weiß, wo die Grenze verläuft. Weder die Zahl der Gesellschafter noch der Grad der Abweichung der Gesellschaftsverfassung vom gesetzlichen Leitbild bieten klare Abgrenzungskriterien. Man kann sehr darüber streiten, ob erst bei 100 oder schon bei 50 oder gar bereits bei 10 Gesellschaftern das Erfordernis der „großen Zahl" erfüllt ist. Beim Ubergang der Gesellschaftsverfassung vom gesetzlichen Leitbild zur körperschaftlichen Struktur gibt es unzählige schillernde Zwischenstufen. Die zur verneinten Geltung des Bestimmtheitsgrundsatzes bei Publikumsgesellschaften führende Erwägung, „daß die Anlagengesellschafter nicht das Opfer einer unzureichenden Vorausplanung der Gründer werden dürfen", trifft in dieser Form auf Familiengesellschaften, die bereits seit einigen Generationen bestehen, nicht zu. Denn dort hat sich die Größe der Gesellschafterzahl und die dadurch bedingte Annäherung an körperschaftliche Strukturformen in der Generationsfolge durch Erbgang mehr oder weniger zwangsläufig ergeben. Ganz im Gegensatz zu sog. Abschreibegesellschaften, deren Gesellschafter das Motiv mög22
NJW 1984, 2258.
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liehst großer Steuerersparnis im Auge haben, fühlen sich auch die gegenwärtigen Mitglieder von Familiengesellschaften meist in der Tradition den ursprünglichen Gründern noch eng verbunden. Willensentscheidungen der Gründer, die im Gesellschaftsvertrag ihren Ausdruck gefunden und sich in der Vergangenheit langjährig bewährt haben, werden daher bei Familiengesellschaften weit weniger leicht in die Disposition einer Mehrheitsentscheidung des Augenblicks gestellt werden dürfen, als dies bei Abschreibungsgesellschaften, die durch keinerlei persönliche Bande der Gesellschafter gekennzeichnet sind, der Fall ist. Allerdings ist nicht zu verkennen, daß eine übergreifende Erwägung gleichermaßen auf beide höchst unterschiedliche Gesellschaftstypen zutrifft: Der Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft kann noch nicht oder nicht mehr den aktuellen Bedürfnissen des Unternehmens entsprechen. Das erste ist bei vertraglichen Mängeln einer Publikumsgesellschaft der Fall; das zweite kann für die an die gegenwärtigen Verhältnisse anpassungsbedürftig gewordene vertragliche Grundlage auch eines ehrwürdigen Familienunternehmens gelten. In beiden Fällen darf die von einer überwiegenden Gesellschaftermehrheit für erforderlich gehaltene Reform des Gesellschaftsvertrages nicht an unübersteigbaren Hindernissen scheitern. Mangelhafte oder reformbedürftige Gesellschaftsverträge zu verbessern und den veränderten Verhältnissen anzupassen ist aber keine typische Problematik untypischer Personengesellschaften. Sie trifft im Prinzip auch auf Gesellschaften zu, die nur aus einer kleinen Zahl von Gesellschaftern bestehen und keine körperschaftliche Struktur aufweisen. Lediglich der „Zwang zur Einigung" wird sich dort stärker auswirken, wo die persönliche Eingebundenheit der Gesellschafter in ihr Unternehmen besonders stark ausgeprägt ist. Auch das ist aber keineswegs sicher. Ein prinzipiell auf Opposition eingestellter Gesellschafter kann auch in einer 3-Mann-Gesellschaft eine notwendige Reform nachhaltig vereiteln. Es fragt sich daher, ob die notwendige Reformfähigkeit mangelhaft geschaffener oder mangelhaft gewordener Gesellschaftsverträge durch Mehrheitsbeschluß wirklich allein durch eine Aufgabe oder Beschränkung des Bestimmtheitsgrundsatzes erreicht werden kann oder ob die Lösung nicht vielmehr konsequent durch Anwendung des Gedankens gesellschaftlicher Treuepflichten gefunden werden muß. IV. Zur Überwindung der aufgezeigten Rechtsunsicherheit erscheint es notwendig, den von Stimpel gegebenen richtungsweisenden Denkanstößen nachzugehen. 1. Bedenken sind allerdings anzumelden gegenüber dem Vorschlag, das Mehrheitsprinzip bei Personengesellschaften in gewissen Grenzen auch
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dann gelten zu lassen, wenn es dafür an einer vertraglichen Grundlage fehlt. Denn damit würde man nicht nur an der klaren gesetzgeberischen Entscheidung, daß bei Personengesellschaften im Grundsatz das Einstimmigkeitsprinzip herrscht, vorbeigehen, sondern auch den Willen der Gesellschaften, deren Mitglieder sich für das Einstimmigkeitsprinzip entschieden haben, negieren. In Anbetracht der anzutreffenden Häufigkeit von Mehrheitsklauseln in Gesellschaftsverträgen auch der Personengesellschaften ist das Fehlen einer solchen Bestimmung ein deutliches Indiz dafür, daß die Mitglieder dieser Gesellschaft am Einstimmigkeitsprinzip festzuhalten wünschen. Das muß man - auch wenn es im Einzelfall Probleme verursacht - respektieren. 2. Andererseits wird man bei einem Gesellschaftsvertrag, der vertragsändernde Beschlüsse ohne Einschränkung und Vorbehalt einer Mehrheitsentscheidung zugänglich macht, davon ausgehen dürfen, daß die Gesellschafter sich - in den Grenzen gegenseitiger Treuepflicht - einschränkungslos dem „demokratischen Mehrheitsprinzip" unterwerfen wollten. Es spricht dann zumindest eine tatsächliche Vermutung dafür, daß nicht nur bestimmte, sondern grundsätzlich alle die Gesellschaft und ihre Grundlagen betreffenden Beschlußgegenstände durch Mehrheitsentscheidung der Gesellschafter geregelt werden dürfen. In diesem Zusammenhang stellt sich die vom II. Zivilsenat des B G H bislang jedenfalls nicht generell entschiedene Frage, ob der „Bestimmtheitsgrundsatz" nur eine Auslegungsregel oder unverzichtbarer Teil des Minderheitenschutzes ist23. Es sprechen überzeugende Gründe dafür, das Erstere anzunehmen. Denn bestimmte Vertragsänderungen, wie ζ. B. die Auferlegung ungleicher Einlagepflichten, Entziehung von Sonderrechten etc. sind nach herrschender Meinung einer Mehrheitsentscheidung auch dann unzugänglich, wenn der Gesellschaftsvertrag sie vorsehen sollte24. Andererseits kann die gesellschaftsvertragliche Treuepflicht es fordern, daß die Minderheit sich einem Mehrheitsbeschluß auch dann beugt, wenn der Gesellschaftsvertrag für den speziellen Beschlußgegenstand eine solche 23 B G H Z 85, 350 (357), jedoch hat der Senat im konkreten Fall wegen der besonderen Umstände einen Verzicht auf die Anwendung des Bestimmtheitsgrundsatzes aufgenommen und als rechtswirksam angesehen, vgl. B G H a. a. O . 359. 24 Die Grenzen des „ Kernbereichs " der Gegenstände, die einer Mehrheitsentscheidung nicht unterliegen können - vgl. B G H II Z R 111/84 und 102/84 - Urteile vom 5. und 1 9 . 1 1 . 1 9 8 4 - sind fließend; meist wird der Katalog dieser Beschlußgegenstände unter Rückgriff auf § 138 B G B und die gesellschafterliche Treuepflicht erstellt; vgl. dazu etwa Autenrieth, D B 1983, 1 0 3 4 f ; R.Fischer, in: Festschrift für Barz, S.41 ff; Hadding, Z G R 1979, 645 ff; Hennerkes/Binz, B B 1983, 715 ff; Immenga, Z G R 1974, 4 2 0 f f ; Leenen, in: Festschrift für Larenz, S. 391 ff; Marburger, N J W 1984, 2257 f; U.H. Schneider, Z G R 1972, 373 ff; Scholz/K. Schmidt, G m b H G Rdn. 25 zu Anh. § 4 5 .
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Mehrheit nicht ausdrücklich vorsieht. Damit zeigt sich, daß der Bestimmtheitsgrundsatz einerseits zur Gewährleistung eines ausreichenden Minoritätenschutzes nicht weit genug geht, andererseits aber gemessen an den Interessen der Gesellschaft und der Treuepflicht der Minderheit zu weit gehen kann. Ist der Bestimmtheitsgrundsatz aber als Mittel des Minderheitenschutzes ungeeignet, kann er nicht zum unverzichtbaren Instrumentarium des Minderheitenschutzes gehören. Er kann somit lediglich als Auslegungsregel zur Ermittlung des Gesellschafterwillens dienen. Dabei sollte in Abkehr von der älteren Rechtsprechung der Grundsatz gelten, daß Gesellschafter, die für Vertragsänderungen vorbehält- und einschränkungslos eine Mehrheitsentscheidung genügen lassen wollen, damit auf den Bestimmtheitsgrundsatz verzichten. Im Zweifel sind bei einem so gefaßten Gesellschaftsvertrag alle vertragsändernden Beschlüsse einer Mehrheitsentscheidung zugänglich. Für den Bestimmtheitsgrundsatz ist somit nur Raum, wenn der Gesellschaftsvertrag konkrete Anhaltspunkte für die Auslegung ergibt, daß lediglich bestimmte Arten von Vertragsänderungen einem Mehrheitsbeschluß zugänglich sein sollen, andere jedoch nicht. Dabei kann man sich auf den Erfahrungssatz stützen, daß „demokratische Spielregeln", zu denen das Mehrheitsprinzip gehört, gegenüber der Zeit der Schaffung des B G B so sehr Teil des allgemeinen Bewußtseins geworden sind, daß, wenn sie vereinbart worden sind, im Zweifel die weitest möglich zulässige Geltung gewollt ist. Sind also vertragsändernde Mehrheitsbeschlüsse nach dem Gesellschaftsvertrag allgemein zulässig, ohne daß die Beschlußgegenstände ausdrücklich spezifiziert sind, spricht eine Vermutung dafür, daß sämtliche vertragsändernden Beschlüsse durch Mehrheitsentscheidung getroffen werden können. Es ist in solchen Fällen Sache der überstimmten Minderheit, diese tatsächliche Vermutung zu widerlegen, also darzulegen und zu beweisen, daß sich der Vertragswille nicht auf eine so weitgehende Änderungsbefugnis durch Mehrheitsbeschluß erstreckte. Steht die formale Änderungsbefugnis der Mehrheit fest, ist anschließend zu prüfen, ob der gefaßte Mehrheitsbeschluß inhaltlich mit den Anforderungen an die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht zu vereinbaren ist. Diese Frage kann stets nur im Einzelfall richtig beantwortet und entschieden werden. Wegen der Frage der formalen Kompetenz kann es dann aber keine Rechtsunsicherheit mehr geben.
Verjährung von Gesellschafts- und Gesellschafterschuld im Recht der Personenhandelsgesellschaften H E L M U T BRANDES
Fragen, unter welchen Voraussetzungen ausgeschiedene Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft deren Gläubigern ihre persönliche Leistung wegen Verjährung verweigern können (§§159, 129 H G B ) , haben Literatur und Rechtsprechung in jüngster Zeit fast ausschließlich unter dem Gesichtspunkt beschäftigt, wie die Haftung aus Dauerschuldverhältnissen begrenzt werden kann und ob §159 H G B entsprechend für den persönlich haftenden Gesellschafter gilt, der in die Kommanditistenstellung wechselt, aber als Geschäftsführer der an seine Stelle getretenen Komplementär-GmbH die Geschäfte weiterführt1. Neben dem Bemühen, auf diese Fragen Antworten zu finden, hat sich - soweit ich sehe, unbemerkt - in der Rechtsprechung ein Wandel in der Auslegung des § 159 Abs. 1 H G B vollzogen. Das Reichsgericht hat in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, daß die Frist des §159 Abs. 1 H G B nicht stets fünf Jahre betrage; verjährt die Schuld der Gesellschaft in dem Zeitpunkt, in dem diese aufgelöst wird oder ein Gesellschafter ausscheidet, innerhalb kürzerer Frist, so soll auch die Verjährungsfrist des § 159 H G B nicht länger sein. Anders der Bundesgerichtshof; er ist der Ansicht, daß die Frist immer (mindestens) fünf Jahre beträgt und der Schlußsatz des §159 Abs. 1 H G B lediglich jeden Zweifel darüber ausschließt, daß dem Gesellschafter daneben der ihm günstigere, „nicht in seiner Person begründete Einwand" (§ 129 H G B ) verbleibt, die Forderung gegen die Gesellschaft sei (in kürzerer Frist) verjährt. Bevor (unter II.) auf die Auslegung des §159 Abs. 1 H G B eingegangen wird, soll erörtert werden, unter welchen Voraussetzungen der Gesellschafter einer nicht aufgelösten Gesellschaft Verjährung einwenden kann.
' BGHZ 78, 114; 87, 286; BGH, Urteile v. 19. Mai 1983 - II ZR 49/82, WM 1983, 700 und II ZR 207/81, WM 1983, 703; Ulmer/Wiesner, ZHR 144 (1980), 393; Ulmer, BB 1983, 1865; Wiesner, ZIP 1983, 1032; Höfer/Küpper, DB 1983, 2085; K. Schmidt, NJW 1981, 159; Koch, NJW 1984, 833.
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I. 1. Die offene Handelsgesellschaft kann unter ihrer Firma Verbindlichkeiten eingehen (§ 124 Abs. 1 HGB), für die die Gesellschafter den Gläubigern nach § 128 HGB als Gesamtschuldner persönlich haften. Uber das Verhältnis von Gesellschafts- und Gesellschafterschuld sowie über die rechtliche Natur der letzteren ist viel gestritten worden; entsprechend unterschiedlich hat man die Frage beantwortet, wieweit Umstände, die die Verjährung der Gesellschaftsschuld betreffen, zugleich die Haftung des Gesellschafters beeinflussen2. Die Vertreter der früher herrschenden Meinung, daß Gesellschaft und Gesellschafter und damit auch ihre Verbindlichkeiten identisch seien, nahmen schon auf Grund dieser Identität an, daß die Unterbrechung der Verjährung gegenüber der Gesellschaft ohne weiteres auch gegenüber dem Gesellschafter wirkt3. Demgegenüber vertrat Wieland*, der diese Identitätstheorie ablehnte und von zwei gesonderten Verbindlichkeiten ausging, schon damals den heute zunehmend Anerkennung findenden Standpunkt, daß die Schulden der Gesellschafter von der Gesellschaftsschuld abhängig sind und die Gesellschafter gleich selbstschuldnerischen Bürgen, wenn auch in weiterem Umfange als diese, für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft akzessorisch einzustehen haben5. Aus dieser Abhängigkeit folgt für Wieland, daß die Klage gegen die Gesellschaft auch die Verjährung gegen den Gesellschafter unterbricht6. A. Hueck, der zunächst eine eigenständige Verjährung zugunsten des Gesellschafters bejaht, aber insofern für problemlos hält, als der Gesellschafter für die Schulden der Gesellschaft immer wieder von neuem hafte7, läßt in seiner Stellungnahme zur zutreffenden Kritik Geßlers, daß mit der Verjährung keine neue Verbindlichkeit entstehe8, dann aber keinen Zweifel daran, daß auch er eine selbständige Verjährung zugunsten des Gesellschafters ausschließt, vielmehr jede Unterbrechung gegen die Gesellschaft auch gegen den Gesellschafter wirken läßt9. Ritter10, Fischern, Geßleri2 und Kotier13 halten im Gegensatz hierzu eine Klage Flume, FS f. Knur, 1972, S. 125, 134; Pers.Ges., 1977, S.290. Flechtheim, in: Düringer/Hachenburg, HGB, 3. Aufl., §128 Anm. 12; Pinner, in: Staub, HGB, 14. Aufl., § 128 Anm. 1,13; Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4. Aufl., § 128 Anm.2, 21, abweichend: §129 Anm.3. 4 Handelsrecht, 1921, S. 629 ff. 5 A.a.O., S.631, 636. 6 A.a.O., S.633. 7 Recht d. OHG, 4. Aufl., 1971, S.327. 8 Schlegelberger, HGB, 4. Aufl., §129 Anm.3. 9 A.a.O., Fn.51. 10 HGB, 2. Aufl., § 129 Anm. 2 b. 11 GroßKomm. HGB, 3. Aufl., §124 Anm. 27; aufgegeben in ZGR 1979, 251, 268. 2 3
Verjährung von Gesellschafts- und Gesellschafterschuld
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gegen den Gesellschafter für erforderlich, wenn verhindert werden soll, daß dessen Haftung für die Gesellschaftsschuld selbständig verjährt; für diesen Fall soll § 425 BGB entsprechend gelten. Fischer und Kötter gehen dabei zwar entgegen der früher h. M. nicht von ein und derselben Verbindlichkeit, sondern von gesondert nebeneinander stehenden aus; die von ihnen vertretene unterschiedliche Verjährung beider Verbindlichkeiten trägt aber, worauf insbesondere Flume hingewiesen hat14, nicht dem Umstand Rechnung, daß die Gesellschafterschuld durch die Gesellschaftsschuld inhaltlich bestimmt wird, also von dieser abhängig ist. Diese aus den §§ 128 ff HGB sich ergebende Abhängigkeit15 hat den Zweck, die Gläubiger durch die unmittelbare, unbeschränkte und primäre Haftung der Gesellschafter davor zu schützen, daß die Personenhandelsgesellschaft anders als die Kapitalgesellschaft nicht über ein Mindestkapital verfügt, das durch gesetzliche, seine Aufbringung und Erhaltung sichernde Vorschriften garantiert wird. Diesem Sicherungsinteresse des Gläubigers wird nur eine Regelung gerecht, nach der ihm der Gesellschafter grundsätzlich dasselbe schuldet wie die Gesellschaft. Umstände, die die Gesellschaftsschuld inhaltlich beeinflussen, verändern deshalb zugleich die Verbindlichkeit des Gesellschafters. Das gilt sowohl für Leistungsstörungen im Bereich der Gesellschaft als auch in dem Falle, daß die Gesellschaft rechtskräftig verurteilt und dadurch mit ihren Einwendungen ausgeschlossen wird. Nicht minder zweckwidrig wäre es, wenn Verjährungsunterbrechende Maßnahmen gegen die Gesellschaft sich nicht auch gegenüber dem Gesellschafter auswirken würden, der Gläubiger vielmehr gezwungen wäre, vorsorglich den Gesellschafter zu verklagen, nur um die Verjährung gegen ihn zu unterbrechen, obwohl er nach den Umständen des Einzelfalls vielleicht erwarten darf, von der Gesellschaft sein Geld zu erhalten, diese möglicherweise durch Abschlagszahlungen die Verjährung laufend unterbricht (§208 BGB)16. 2. Aus den genannten Gründen hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs unter dem Vorsitz von Walter Stimpel im Urteil vom 11. Dezember 197817 ausgesprochen, daß der Gesellschafter es gegen sich gelten lassen müsse, wenn die Verjährung gegenüber der Gesellschaft unterbrochen werde. Die zu deren Gunsten laufende Verjährungsfrist " Schlegelberger, HGB, 4. Aufl., § 129 Anm.3; anders: § 128 Anm.21 (s. o. Fn. 3) und §160 Anm. 1. 13 Heymann, HGB, 21. Aufl., § 128 Anm. 5, allerdings mit Einschränkungen. " Siehe Fn.2. 15 Hierzu auch Hadding, ZGR 1973, 137, 144 ff. 16 Flume, Pers.Ges., S.291. 17 BGHZ 73, 217, 223.
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sei nicht im Sinne des § 129 Abs. 1 HGB „in der Person des Gesellschafters begründet", so daß sie nur durch Klage gegen ihn persönlich hätte unterbrochen werden können; sie sei weder kraft Gesetzes (wie im Falle des § 159 HGB) noch kraft eines besonders geschlossenen Vertrages Bestandteil eines unmittelbar zwischen Gläubiger und Gesellschafter bestehenden Rechtsverhältnisses, sondern Inhalt des Schuldverhältnisses zwischen Gläubiger und Gesellschaft, erstrecke sich daher nur mittelbar nach Maßgabe der §§128, 129 HGB auf die Gesellschafterhaftung. Infolgedessen könne, wenn der Gesellschaft keine Verjährungseinrede zustehe, der Gesellschafter ebenfalls keine erheben. Dieses Urteil steht in einer Reihe mit anderen, in denen der II. Zivilsenat von jeher die Ansicht, Gesellschafts- und Gesellschafterschuld seien identisch, sowie die begriffsjuristisch daran geknüpften Rechtsfolgen abgelehnt und statt dessen den Standpunkt vertreten hat, daß allein unter dem Gesichtspunkt des Haftungszwecks und der maßgeblichen Interessen der Beteiligten zu beurteilen sei, wieweit die Gesellschafterhaftung von der gesondert neben ihr bestehenden Gesellschaftsschuld inhaltlich bestimmt werde und abhängig sei". Dies entspricht heute - worauf Geßler19 zutreffend hingewiesen hat - der weitaus überwiegenden, wenn nicht als „völlig herrschend" zu bezeichnenden Lehre. 3. Ein wesentliches Merkmal der Abhängigkeit der Gesellschafterhaftung von der Gesellschaftsschuld besteht darin, daß der Gesellschafter Einwendungen, die nicht in seiner Person begründet sind, nur insoweit geltend machen kann, als sie von der Gesellschaft erhoben werden können (§ 129 HGB). Verliert die Gesellschaft diese Möglichkeit, weil sie beispielsweise zugunsten des Gläubigers auf Einwendungen verzichtet, so kann auch der Gesellschafter sich darauf nicht mehr berufen. Anders als der Bürge (§ 768 Abs. 2 BGB) muß er den Verlust grundsätzlich gegen sich gelten lassen20, weil seine persönliche Haftung nach § 128 HGB im Interesse der Gläubiger die Kreditgrundlage nicht nur für alle neuen, sondern - wiederum anders als der Bürge (§767 Abs. 1 Satz 3 BGB) - auch für alle vertraglichen und sonstigen Erweiterungen schon bestehender Verbindlichkeiten der Gesellschaft bildet21. Das bedeutet für die hier interessierende Frage der Verjährung der Gesellschaftsschuld, daß der Gesellschafter, solange er der Gesellschaft noch angehört, nicht darauf vertrauen kann, daß ihm der nicht in seiner Person 18 B G H Z 23, 302, 305; 36, 224, 226; 39, 319, 322, 324; 44, 229, 233; 47, 376, 3 7 9 f ; 48, 203, 204; Fischer, in: GroßKomm. H G B , 3. Aufl., §128 Anm.3. 19 ZGR 1978, 251, 256; s.a. Wiedemann, Ges.R I, S.283; Hadding, ZGR 1981, 577, 586 f. 20 B G H Z 47, 370, 380; Fischer, in: GroßKomm. H G B , 3. Aufl., §128 Anm.20, § 1 2 9 A n m . 6 ; Geßler, in: Schlegelberger, H G B , 4. Aufl., § 1 2 9 Anm.6. 21 Anders, wenn der Gesellschafter ausscheidet; dazu unter II.
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begründete Einwand erhalten bleibt, die Forderung gegen die Gesellschaft sei verjährt. Den Verzicht der Gesellschaft auf die Einrede muß der Gesellschafter ebenso gegen sich gelten lassen wie ein rechtskräftiges Urteil, das die Gesellschaft gegen sich ergehen läßt, ohne die Einrede zu erheben. Verzichten die Vertretungsorgane der Gesellschaft anläßlich eines anhängigen Prozesses auf die Verjährungseinrede, so kann der Gesellschafter selbst dann nicht verhindern, daß die Gesellschaft verurteilt wird, wenn er sich als Nebenintervenient am Verfahren beteiligt und zuvor die Einrede für die Gesellschaft erhoben hat. Er kann als Nebenintervenient zwar grundsätzlich Leistungsverweigerungsrechte der Hauptpartei geltend machen; dies aber nur solange, als jene welche hat. 4. Wird nicht die Gesellschaft, sondern der Gesellschafter verklagt und rechtskräftig verurteilt, so ist er mit den Einwendungen ausgeschlossen, auf die er sich bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (§ 767 Abs. 2 Z P O ) nicht berufen hat, obwohl die Gründe, auf denen sie beruhen, bereits damals vorgelegen haben. Etwas anderes gilt, wenn diese Gründe erst später eintreten. Hat die Gesellschaft erst jetzt ihre Schuld erfüllt oder der Gläubiger sie ihr erlassen oder sind andere rechtsvernichtende oder rechtshemmende Einwendungen entstanden, so kann der Gläubiger mit Hilfe des früher erstrittenen Titels auch gegen den Gesellschafter nicht mehr durchsetzen, was ihm zwar bei dessen Verurteilung noch zustand, jetzt aber der Gesellschaft gegenüber nicht mehr zukommt. Der Gesellschafter kann mit der Vollstreckungsgegenklage verhindern, daß aus dem Urteil weiter gegen ihn vollstreckt wird. Es fragt sich, ob der Gesellschafter diese Möglichkeit auch dann hat, wenn die Forderung gegen die Gesellschaft verjährt, nachdem seine Haftung rechtskräftig feststeht. Denn wenn die Gesellschaft die Einrede der Verjährung erheben kann, müßte sich nach § 129 H G B auch der inhaltlich gleich haftende Gesellschafter darauf berufen können. D e r II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Frage verneint 22 und dabei darauf abgestellt, daß die Verjährung den Schuldner vor den Schwierigkeiten bewahren soll, denen er in zunehmendem Maße bei seiner Verteidigung ausgesetzt ist, je mehr Zeit bis zur Klageerhebung vergeht 23 . Auch der Gesellschafter bedarf dieses Schutzes, wenn er bis zur Verjährung der Gesellschaftsschuld nicht in Anspruch genommen wird. Ist er dagegen vor Ablauf der Verjährungsfrist verklagt und verurteilt worden, so ist nur noch die Gesellschaft schutzbedürftig; denn der Gesellschafter hat in seinem Prozeß zeitgerecht alle Möglichkeiten gehabt, sich sachge22 23
Urteil v. 27. April 1981 - II. ZR 177/80, WM 1981, 875. Β G H Z 59, 72, 74.
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recht zu verteidigen. Ihm fehlt deshalb ein schutzwertes Interesse daran, daß der Gläubiger auch die - möglicherweise vermögensschwache Gesellschaft verklagt, nur um sich die Vollstreckungsmöglichkeit gegen den rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist verklagten Gesellschafter zu erhalten. Wird das Gesellschaftsvermögen liquidiert und die Gesellschaft voll beendet, so kommt es zu keiner nachträglichen Verjährung mehr; denn mit dem Wegfall der Gesellschaft ist auch deren Verbindlichkeit erloschen, so daß sie nicht mehr verjähren kann. Der Gesellschafter kann aber auch hieraus nichts zu seinen Gunsten herleiten - mag schon ein Urteil gegen ihn ergangen sein oder nicht. Zwar hat die Abhängigkeit der Gesellschafterhaftung zur Folge, daß sie endet, wenn die Gesellschaftsschuld erlischt. Für den Fall, daß das infolge Vermögenslosigkeit der Gesellschaft geschieht, ist der § 129 H G B jedoch einschränkend dahin auszulegen, daß der Gesellschafter sich nicht auf den Wegfall der Schuld berufen kann. Denn der Zweck des § 128 H G B , dem Gläubiger den Zugriff auf das Privatvermögen des Gesellschafters zu ermöglichen, weil ihm das Vermögen der Gesellschaft gesetzlich nicht garantiert ist, kommt gerade dann zum Tragen und erfordert dessen Haftung in besonderem Maße, wenn die Gesellschaft vermögenslos ist24.
II. Für den ausgeschiedenen Gesellschafter und den einer aufgelösten Gesellschaft, die verurteilt werden, bevor die Forderung gegen die Gesellschaft verjährt ist, gilt nichts anderes. Auch sie können gegen die Vollstreckung aus dem gegen sie bestehenden Titel nicht nachträglich einwenden, nunmehr sei die Forderung gegen die Gesellschaft verjährt. 1. Anders als die Mitglieder einer nicht aufgelösten Gesellschaft können sich aber die Gesellschafter, die ausgeschieden sind oder einer aufgelösten Gesellschaft angehören, mit einer in ihrer Person begründeten Einrede verteidigen, wenn ihre Haftung nach § 159 H G B verjährt ist. Der Absatz 1 dieser Bestimmung lautet: D i e Ansprüche gegen einen Gesellschafter aus Verbindlichkeiten der Gesellschaft verjähren in fünf Jahren nach der Auflösung der Gesellschaft oder nach dem Ausscheiden des Gesellschafters, sofern nicht der Anspruch gegen die Gesellschaft einer kürzeren Verjährung unterliegt.
Neben dieser eigenständigen Verjährung der Gesellschafterschuld läuft zugunsten der Gesellschaft die Verjährungsfrist, die sich aus dem zwischen ihr und dem Gläubiger bestehenden Rechtsverhältnis ergibt. !4
Für den Fall der Bürgschaft ähnlich: B G H Z 82, 323, 326.
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Endet diese Frist vor der des §159 H G B , so kann der Gesellschafter schon mit diesem „nicht in seiner Person begründeten Einwand" seine Haftung ausschließen. a) Eine andere Frage ist es, ob sich aus dem Schlußsatz des § 159 Abs. 1 H G B ergibt, daß eine kürzere Verjährung zugunsten der Gesellschaft auch die Länge der Sonderverjährung nach § 159 H G B abkürzt, was das Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung angenommen hat25. Im Beschluß der vereinigten Zivilsenate des Reichsgerichts vom 27. Juni 191026 ging es um folgendes: Eine Forderung gegen die Gesellschaft war im Konkursverfahren über deren Vermögen ohne Widerspruch der Gesellschafter festgestellt worden, so daß ab Aufhebung des Verfahrens anstelle der ursprünglichen Verjährungsfrist von vier Jahren, die unterbrochen worden war, als der Gläubiger die Forderung im Konkursverfahren anmeldete (§209 Abs. 1 u. 2 N r . 2, §214 Abs. 1 BGB), eine dreißigjährige Frist begann (§164 Abs. 2 KO, §218 BGB). Die Gesellschaft wurde durch die Konkurseröffnung aufgelöst (§131 N r . 3 HGB) und somit zugunsten der in diesem Zeitpunkt beteiligten Gesellschafter eine Verjährungsfrist nach § 159 Abs. 1 H G B in Lauf gesetzt. Diese Frist, die nach § 160 H G B auch unterbrochen worden war, als der Gläubiger die Forderung im Konkursverfahren anmeldete, begann ebenfalls erneut zu laufen, als das Konkursverfahren aufgehoben wurde. Fraglich war nur, wie lang die Fristen des § 159 H G B , die unterbrochene und die neu begonnene, jeweils waren. Nach Ansicht des Reichsgerichts wird zugunsten des Gesellschafters jeweils die Verjährung in Lauf gesetzt, „welcher der Anspruch nach seiner Rechtsnatur im Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft unterliegt". Sei diese Verjährung länger als fünf Jahre, so werde sie auf fünf Jahre herabgesetzt; sei sie kürzer als fünf Jahre, so bleibe es bei dieser kürzeren Verjährung, im Ausgangsfall also bei vier Jahren. Nach den Motiven zum Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die preußischen Staaten, die den Beratungen über ein zu schaffendes allgemeines deutsches Handelsgesetzbuch zugrundegelegen und Billigung gefunden hätten, hätten fünf Jahre die äußerste Grenze sein, hätte die kürzere Verjährung eintreten sollen, falls der Anspruch nach seiner Beschaffenheit einer solchen unterlegen habe. Zur Zeit des A D H G B habe der dem §159 H G B entsprechende Art. 146 für den Fall des Konkurses nicht gegolten, weil dieser nicht ins Handelsregister einzutragen gewesen sei und damit der Zeitpunkt für den Beginn der Verjährung gefehlt habe. 25 26
RGZ 70, 323; 74, 63; RG Η RR 1942, 376. RGZ 74, 63.
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U m die wirtschaftlichen und rechtspolitischen Ziele der Sondervorschrift des §159 Abs. 1 H G B zu verwirklichen, habe der Gesetzgeber diese Rechtslage geändert und im §32 H G B vorgeschrieben, daß der Konkurs einzutragen sei; dabei habe er „wohl" vor Augen gehabt, daß im Konkurs der Gesellschaft fast alle Forderungen nach ihrer Rechtsnatur in kürzeren Fristen verjähren und die kritische Lage der Gesellschafter hier ganz besonders eine baldige Klarstellung erheische. Aus allen diesen Gesichtspunkten ergäbe sich, daß der Gesetzgeber mit Beendigung der Gesellschaft durch Konkurs einen Abschnitt als gekommen erachtet habe, der es erfordere, daß die Rechtsstellung der Gesellschafter hinsichtlich der Verjährung allein durch § 159 H G B unabhängig davon geregelt werde, daß die Gesellschaftsschuld sich nachträglich durch Feststellung zur Konkurstabelle verändert. Anderenfalls würde der § 159 H G B gerade im Gesellschaftskonkurs, der naturgemäß zur Feststellung der Konkursforderungen führe, versagen, obwohl das Gesetz habe geändert werden müssen, um dem Gedanken, der § 159 H G B zugrundeliege, auch im Konkursfalle Anerkennung zu verschaffen. Es würde, wolle man der Gegenmeinung folgen, im Konkurse regelmäßig die kurze Verjährung zum Nachteil der Gesellschafter verlängert - und zwar mitunter um ein Vielfaches - , während der Gesetzgeber die Gesellschafter habe begünstigen wollen. Eine Verlängerung der kurzen Verjährung würde dem Willen des Gesetzgebers nicht gerecht. Auch auf die Verjährung zugunsten des ausgeschiedenen Gesellschafters seien die nach seinem Ausscheiden eingetretenen Ereignisse ohne Einfluß. Der § 160 H G B mache aus Gründen der Zweckmäßigkeit eine Ausnahme von der Regel, wonach eine Unterbrechung gegen die Gesellschaft nicht gegen die Gesellschafter wirkt. Gegen diese Auslegung des § 159 H G B , die im Urteil vom 23. Februar 1909 der II. Zivilsenat des Reichsgerichts27 schon vorweggenommen hatte, haben sich lediglich Jaeger2' und Lehmann/Ring19 gewandt; die übrigen Stimmen in der Literatur sind dem Reichsgericht bis in die jüngste Zeit hinein gefolgt30. Die Fünfjahresfrist soll sogar dann nicht eingreifen, wenn zur Zeit der Auflösung der Gesellschaft oder des Ausscheidens des Gesellschafters eine zugunsten der Gesellschaft lau17
RGZ 70, 323. LZ 1910, 26. 29 HGB, §159 Nr. 7. 30 Pinner, in: Staub, HGB, 14. Aufl., § 159 Anm. 6; Flechtheim, in: Düringer/Hachenburg, HGB, 3. Aufl., §159 Anm. 5; Ritter, HGB, 2. Aufl., §159 Anm. 4; Wieland, HandelsR I, S.730; Weipert, in: GroßKomm. HGB, 2. Aufl., §159 Anm. 17; Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4. Aufl., §159 Anm. 7; Schilling, in: GroßKomm. HGB, 3. Aufl., §159 Anm. 17; A. Hueck, Recht d. O H G , 4. Aufl., S.526; Hopt, in: Baumbach/Duden, HGB, 25. Aufl., 1983, §159 Anm. 2. 28
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fende, an sich längere Frist schon soweit abgelaufen ist, daß sie vor der Fünfjahresfrist endet31; die Frist des § 159 H G B würde in dem Falle dem Rest der zugunsten der Gesellschaft laufenden Frist entsprechen, der im Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft noch nicht verbraucht ist. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in seinem Urteil vom 11. Dezember 197832 mit dieser vom Reichsgericht und von der Literatur vertretenen Ansicht nicht auseinandergesetzt; er ist vielmehr als selbstverständlich davon ausgegangen, daß die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters in fünf Jahren verjährt, obwohl die zugunsten der Gesellschaft laufende Frist im Zeitpunkt des Ausscheidens des Gesellschafters nur zwei Jahre betrug. Der Senat hat die Verjährungseinrede des Gesellschafters nicht durchgreifen lassen, weil die Fünfjahresfrist erst zur Hälfte abgelaufen war, als der Gläubiger ihn verklagte, und der Gläubiger die Zweijahresfrist nach dem Ausscheiden durch Klage gegen die Gesellschaft rechtzeitig unterbrochen hatte. Im Urteil vom 8. Februar 198233 hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs angenommen, daß für die Haftung des Gesellschafters mit dem Ende des Tages, an welchem die Auflösung der Gesellschaft ins Handelsregister eingetragen wurde (§ 159 Abs. 2 HGB), eine fünfjährige Verjährungsfrist begann, obwohl in diesem Zeitpunkt die Forderung gegen die Gesellschaft (Verjährungsfrist zwei Jahre) längst verjährt war und deshalb nach Ansicht des Reichsgerichts und der im Schrifttum allgemein vertretenen Meinung die Frist des § 159 H G B gar nicht erst hätte beginnen können; die Gesellschaft hatte ihr Leistungsverweigerungsrecht nach ihrer Auflösung verloren, so daß es nach Ansicht des Senats darauf ankam, ob die fünfjährige Frist des §159 H G B durch Klage gegen den Gesellschafter rechtzeitig unterbrochen worden war. b) Im folgenden soll aufgezeigt werden, daß die Ansicht des Bundesgerichtshofs, die Verjährungsfrist des §159 H G B betrage generell fünf Jahre, sowohl vom Wortlaut des Gesetzes gedeckt als auch allein sachgerecht ist. aa) Der Wortlaut des §159 Abs. 1 H G B ist nicht eindeutig in dem Sinne, daß die kürzere Frist jeweils die Länge der Frist des § 159 H G B bestimmt. Er läßt sich ohne weiteres auch so verstehen, daß Beginn, Dauer und Ende der Verjährung des §159 H G B unabhängig sind von der Verjährung zugunsten der Gesellschaft, daß dem Gesellschafter aber die Möglichkeit verbleibt, schon vor ihrem Ablauf einzuwenden, die Forderung gegen die Gesellschaft sei in kürzerer Zeit verjährt. a . a . O . , S.526.
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A. Hueck,
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B G H Z 73, 217.
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II Z R 2 3 5 / 8 1 , W M 1982, 509.
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Der Wortlaut gibt auch nichts für die Ansicht des Reichsgerichts her, daß die Situation am Stichtag des § 159 Abs. 2 H G B und nicht auch und sogar in erster Linie der weitere Verlauf der Verjährung darüber entscheiden soll, ob die Forderung gegen die Gesellschaft in kürzerer Zeit verjährt. Die ursprüngliche Frist kann unterbrochen werden und später mit ihrer ursprünglichen oder sogar einer dreißgjährigen Dauer erneut zu laufen beginnen. Deshalb kann erst dann, wenn die Forderung gegen die Gesellschaft verjährt ist, spätestens mit Ablauf der Fünfjahresfrist, beurteilt werden, ob sie einer kürzeren Verjährung unterlag. Das Reichsgericht begründet seine Ansicht, der von ihm angenommene Wille des Gesetzgebers habe im Gesetzestext selbst Ausdruck gefunden, damit, daß mit den Worten „sofern nicht der Anspruch gegen die Gesellschaft einer kürzeren Verjährung unterliegt" nur die bestehende, nicht aber die aufgelöste, „nicht mehr bestehende" Gesellschaft gemeint sein könne, zu der es als „teilaufgelöste" auch die Gesellschaft zählt, aus der ein Gesellschafter ausgeschieden ist34. Hier wird - ausgehend von der richtigen Überlegung, der Gesetzgeber habe die tatsächlich bestehende Gesellschaft gemeint - die Liquidationsgesellschaft unrichtigerweise als nicht bestehend angesehen und daraus begriffsjuristisch die gewünschte Rechtsfolge hergeleitet. In Wahrheit ist kein Grund ersichtlich, weshalb das Gesetz, wenn es von Gesellschaft spricht, nur die werbende Gesellschaft mit intakt gebliebenem Gesellschafterbestand und nicht auch die aufgelöste oder „teilaufgelöste" meint. bb) Die Materialien des Gesetzes geben ebenfalls nichts dafür her, daß an die Stelle der Fünfjahresfrist eine am Stichtag zugunsten der Gesellschaft laufende kürzere treten sollte. Der § 159 Abs. 1 H G B hat seinen Vorgänger im Art.146 Abs. 1 A D H G B , der wiederum aus Art. 139 Abs. 1 des Entwurfs eines Handelsgesetzbuchs für die preußischen Staaten hervorgegangen ist, in dem der Schlußsatz lautete: „Sofern nicht eine kürzere Verjährungsfrist gesetzlich bestimmt ist." Für die Verfasser des Entwurfs war diese Einschränkung so selbstverständlich, daß sie in den Motiven auf jede Begründung verzichtet haben. Im Art. 146 Abs. 1 A D H G B wurde der Satz leicht geändert mit den Worten: „Sofern nicht nach der Beschaffenheit der Forderung eine kürzere Verjährungsfrist gesetzlich eintritt" Gesetz. Hiermit war keine sachliche Änderung beabsichtigt. Durch die Ergänzung sollte lediglich der Ansicht entgegengetreten werden, es könnten mit den kürzeren Verjährungsfristen die Fristen gemeint sein, die zur damaligen Zeit einige Partikulargesetze für
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RGZ 74, 63, 66 f.
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die Enthaftung ausgeschiedener Gesellschafter vorsahen35. Deshalb kann - worauf schon Jaeger hingewiesen hat36 - aus Art. 146 Abs. 1 A D H G B auch dann nichts für die Ansicht des Reichsgerichts hergeleitet werden, wenn man anstatt von der „Beschaffenheit" von der „Rechtsnatur" der Forderung spricht und den Text des § 159 Abs. 1 H G B gedanklich um dieses Wort ergänzt, wie es das Reichsgericht tut37. Der Art. 146 Abs. 1 A D H G B ist in der Literatur auch allgemein so verstanden worden, wie der preußische Entwurf verstanden werden sollte und nach seinem Wortlaut auch zu verstehen war. Es sollte - wie v. Hahn es formuliert38 der selbstverständliche Satz ausgesprochen werden, daß durch die in dem Artikel eingeführte Verjährung der frühere Eintritt einer Verjährung aus anderen Gründen (namentlich auch, weil die Verjährung schon vor Auflösung der Gesellschaft zu laufen begonnen hatte) nicht ausgeschlossen wird; das Nichteintreten einer kurzen Verjährung habe nicht Voraussetzung des Eintritts der fünfjährigen sein sollen; vielmehr könne sich der Gesellschafter auf die eine oder andere berufen. Der Wortlaut des § 159 Abs. 1 H G B lautet zwar etwas anders als sein Vorgänger; eine sachliche Änderung war damit aber nicht bezweckt39. Somit enthalten auch die Materialien keine Belege für die Ansicht, der § 159 Abs. 1 H G B sei anders als in dem Sinne zu verstehen, daß der Ablauf der Fünfjahresfrist die äußerste Grenze bildet, falls der Gesellschafter sich bis dahin nicht auf die Verjährungseinrede der Gesellschaft berufen kann. Für die Annahme des Reichsgerichts, das eigentliche Anwendungsgebiet des §159 Abs. 1 H G B sei der Gesellschaftkonkurs, finden sich in den Gesetzesmaterialien keine Anhaltspunkte, so daß es sich schon deshalb verbietet, § 159 Abs. 1 H G B nur im Hinblick auf den Konkurs auszulegen. Sein Wortlaut spricht eindeutig dagegen. Danach sieht die Bestimmung eine Verjährung für jeden Fall der Auflösung, insbesondere aber auch zugunsten des Gesellschafters vor, der aus der fortbestehenden Gesellschaft ausscheidet. Das Ausscheiden eines Gesellschafters ist, wie die Praxis zeigt, sogar der häufigste Anwendungsfall des §159 H G B und zugleich einer, der diesen Schutz in besonderem Maße erfordert. Denn der ausgeschiedene Gesellschafter ist weit stärker daran interessiert, den Gläubigern nach Ablauf einer bestimmten Frist für die Schulden der Gesellschaft nicht mehr zu haften, als die Gesellschafter, die, nachdem sie die Gesellschaft
55 Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches, S. 265. 36 37 38 39
L Z 1910, 26, 30. R G Z 70, 323, 325; 74, 63, 65; R G H R R 1942, 375, 376. A D H G B , 3. Aufl., Art. 146 § 4 ; ähnlich Staub, A D H G B , 5.Aufl., Art. 146 § 4 . Materialien zum H G B , 1896, Denkschrift, S. 109.
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liquidiert haben, den Liquidationserlös unter sich aufteilen und sich nunmehr nur unwesentlich von einem Einzelkaufmann unterscheiden, der allerdings, wenn er sein Geschäft schließt, seinen Gläubigern weiter haftet, ohne sich neben der allgemeinen auf eine Sonderverjährung berufen zu können. Im Gegensatz zu ihnen hat der ausgeschiedene Gesellschafter jede Kontrolle über und jeden Einfluß auf das gesellschaftliche Unternehmen verloren. Bei der Auslegung des § 159 H G B ist deshalb auch und in besonderem Maße sein Interesse an einer Enthaftung gegen das Sicherungsinteresse des Gläubigers abzuwägen, das im Falle des Ausscheidens insofern weitergeht, als der § 160 H G B nur nach Auflösung der Gesellschaft gilt. Das Reichsgericht ist auch zu Unrecht der Ansicht, der § 159 Abs. 1 H G B versage gerade im Falle des Konkurses und werde dem Willen des Gesetzgebers nicht gerecht, wenn man ihn im Sinne einer generellen Fünfjahresfrist auslege. Wenn das Reichsgericht darauf verweist, daß im Konkurse regelmäßig die kurze Verjährung - mitunter um ein Vielfaches - zum Nachteil der Gesellschafter verlängert wird, während der Gesetzgeber diese begünstigen wollte, so verkennt es, daß ohne die Regelung des § 159 H G B die Gesellschafter mit Aufhebung des Konkurses dreißig Jahre haften würden, ehe die im Konkurs ohne Widerspruch festgestellte Forderung gegen die Gesellschaft verjährt und der Gesellschafter sich nach § 129 H G B darauf berufen kann; die Begünstigung besteht darin, daß die Frist für den Gesellschafter auf fünf Jahre verkürzt wird. cc) Kann das Reichsgericht nicht den Gesetzestext und den Willen des Gesetzgebers für seine Auslegung in Anspruch nehmen, so ist diese auch nicht geboten, wenn man auf die Interessen des Gläubigers und der Gesellschafter abstellt. Das Sicherungsinteresse des Gläubigers erfordert es, daß ein Gesellschafter für die Verbindlichkeiten, die während oder vor seiner Mitgliedschaft begründet worden sind (§§ 128, 130 HGB), auch nach seinem Ausscheiden in derselben Weise wie vorher, nämlich akzessorisch und damit inhaltlich grundsätzlich wie die Gesellschaft haftet. Die von den Anhängern der sog. Identitätstheorie vertretene Ansicht, mit dem Ausscheiden des Gesellschafters entständen zwei Forderungen und damit ein Gesamtschuldverhältnis, für das §425 BGB gälte40, wird heute allgemein abgelehnt. Doch selbst wenn man davon ausgeht, daß schon bei Verpflichtung der Gesellschaft und nicht erst mit dem Ausscheiden des Gesellschafters zwei Verbindlichkeiten entstehen, läßt sich für die Frage, wieweit beide gleichermaßen durch Tatsachen beeinflußt werden, aus TO Flechtheim (Fn. 30), § 128 Anm. 16; Pinner (Fn. 30), § 128 Anm. 18; Geßler (Fn. 30), § 128 Anm. 32.
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§425 B G B nichts herleiten. Das gilt, wie oben unter I gezeigt worden ist, für die Zeit vor dem Ausscheiden; für die Zeit danach gilt nichts anderes. Auch insoweit wird allein durch den Zweck der §§ 128 ff H G B und der Interessenlage von Gläubiger und ausgeschiedenem Gesellschafter entschieden, wann Tatsachen, die in der Person eines Schuldners eintreten, die Verbindlichkeit des anderen verändern oder sogar beenden. So erfordert es das Interesse des Gläubigers, daß ihm der Gesellschafter auch nach seinem Ausscheiden haftet, wenn sich vorher begründete Schulden kraft Gesetzes verändern, insbesondere erweitern, wenn beispielsweise der Gesellschaft die Erfüllung einer Verbindlichkeit unmöglich wird und sie nunmehr Schadensersatz schuldet; denn der Gläubiger hat möglicherweise den Vertrag geschlossen und seine Leistung erbracht, weil er auf die Kreditwürdigkeit gerade dieses Gesellschafters vertraut hat; er kann deshalb in seinem Vertrauen nicht in dem Augenblick enttäuscht werden, in dem es auf die Haftung des Ausgeschiedenen vielleicht entscheidend ankommt 41 . Dasselbe gilt für andere sekundäre Einzelpflichten der Gesellschaft, die nach dem Stichtag des § 1 5 9 Abs. 2 H G B kraft Gesetzes aus einem zuvor begründeten Schuldverhältnis hervorgehen 42 ; auch sie hat der ausgeschiedene Gesellschafter dem Gläubiger der Gesellschaft zu erfüllen. Diese im Sicherungsinteresse des Gläubigers wichtige Abhängigkeit der Gesellschafterschuld von der Gesellschaftsschuld hat der Gesetzgeber im § 159 H G B eingeschränkt. Er hat damit dem Umstand Rechnung getragen, daß mit fortschreitendem Zeitablauf das Interesse des ausgeschiedenen Gesellschafters wächst, für die Schulden der Gesellschaft nicht länger zu haften, und gleichzeitig das Interesse des Gläubigers abnimmt, sich wegen seiner Forderung auch an das Privatvermögen des ausgeschiedenen Gesellschafters halten zu können. Nach der gesetzlichen Wertung gleicht die Verjährungsfrist von fünf Jahren die beiderseitigen Interessen angemessen aus, weil sie einerseits geräumig genug erscheint, um die Interessen der Gläubiger nicht zu gefährden, andererseits dem Bedürfnis genügt, die Dauer der Gesellschafterhaftung angemessen abzukürzen 43 . Dieser Interessenausgleich durch Zeitablauf verschiebt sich nicht dadurch zuungunsten des Gläubigers und zugunsten des Gesellschafters, daß am Stichtag des § 1 5 9 Abs. 2 H G B zugunsten der Gesellschaft eine kürzere Frist als fünf Jahre läuft. Sorgt der Gläubiger dafür, daß diese kürzere Frist rechtzeitig unterbrochen wird, so ist sein Interesse, fünf Jahre lang den Gesellschafter in Anspruch nehmen zu können, ebenso groß, als wenn die Forderung gegen die Gesellschaft 41
BGHZ 36, 224, 228; D. Reinicke,
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Hadding,
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Motive zum Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die preußischen Staaten, S. 75.
ZGR 1973, 137, 153.
JuS 1964, 421, 424.
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von vornherein erst in dreißig Jahren verjähren würde. Umgekehrt ist auch das Interesse des Gesellschafters an einer Enthaftung nicht deshalb stärker, weil die Forderung gegen die Gesellschaft am Stichtage nicht erst in dreißig Jahren, sondern vielleicht schon in wenige Tagen verjährt. Die kürzeren Fristen sind nur insofern von Bedeutung, als der Ausgeschiedene des gesetzgeberischen Schutzes des § 159 H G B nicht bedarf, wenn er schon vor dem Ende der Fünfjahresfrist einwenden kann, die Forderung gegen die Gesellschaft sei verjährt. Die hiervon abweichende herrschende Meinung führt zu unbefriedigenden und zudem vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnissen. Würde die kurze Verjährung, „der der Anspruch nach seiner Rechtsnatur im Zeitpunkt der Auflösung unterliegt", oder gar der noch nicht abgelaufene Rest dieser Frist - ungeachtet späterer Unterbrechnungen die Länge der Verjährung nach § 159 H G B bestimmen, so wäre dessen Frist von vornherein auf Null reduziert, wenn die Forderung gegen die Gesellschaft schon vor deren Auflösung verjährt ist. Hierauf kann sich der ausgeschiedene Gesellschafter - wie sich unter II 2 zeigen wird zwar jederzeit berufen, so daß er des zusätzlichen Schutzes des §159 H G B nicht bedarf. Etwas anderes gilt aber für den Gesellschafter einer aufgelösten Gesellschaft. Er hat - wie unter 1.3. ausgeführt worden ist als Mitglied der Gesellschaft keine Gewähr, daß ihm der „nicht in seiner Person begründete Einwand", die Forderung gegen die Gesellschaft sei verjährt, erhalten bleibt; denn er kann nicht verhindern, daß die Gesellschaft auf die Einrede der Verjährung verzichtet oder sich verurteilen läßt, ohne sie zu erheben. Eine in seiner Person begründete Einrede nach §159 H G B entstände nicht, weil eine Sonderverjährung zu seinen Gunsten nicht zu laufen begann. Indem die h. M. die fünfjährige Verjährungsfrist verkürzt, greift sie außerdem in die Rechtsstellung des Gläubigers insofern ein, als sie in einem wesentlichen Punkt die akzessorische Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters aufhebt oder beschränkt, auf die der Gläubiger zur Sicherung seiner Forderung angewiesen ist und auf deren Fortbestand er fünf Jahre lang soll vertrauen dürfen. Wie unter 1.2. ausgeführt worden ist, soll die Haftung des Gesellschafters auch insoweit inhaltlich mit der Schuld der Gesellschaft übereinstimmen, als es um die Verjährung geht, so daß eine Unterbrechung gegenüber der Gesellschaft auch ohne weiteres gegen den Gesellschafter wirkt. Dieser Schutz würde dem Gläubiger genommen, wenn ab Ausscheiden für die Gesellschaft und den Gesellschafter (völlig oder annähernd) gleich kurze Verjährungsfristen liefen, die jeweils selbständig unterbrochen werden müßten. Der Gläubiger könnte sich nicht darauf verlassen, daß er sich fünf Jahre lang um die Haftung des Gesellschafters nicht zu kümmern braucht, weil er solange deren Verjährung nicht fürchten muß und weil im übrigen Unterbre-
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chungen gegen die Gesellschaft Verjährungseinreden des Gesellschafters, die nicht in seiner Person begründet sind, ohne weiteres verhindern. Der Gläubiger wäre vielmehr gezwungen, falls der Gesellschafter nicht seine Haftung anerkennt, diesen zu verklagen, um so auch die zu dessen Gunsten laufende kurze Verjährungsfrist aus §159 HGB zu unterbrechen. Da der Gläubiger nie ausschließen kann, daß ein Gesellschafter ausgeschieden ist und eine persönliche Verjährung läuft, er aber andererseits nicht regelmäßig seine Schuldner betreffende Handelsregisterauszüge einzuholen pflegt, wenn Forderungen gegen die Gesellschaft zu verjähren drohen, wird ein vorsichtiger Gläubiger die Gesellschafter immer mit verklagen, da er sonst Gefahr läuft, den Anspruch gegen sie infolge Verjährung nicht mehr geltend machen zu können. Das aber widerspricht sowohl der Tendenz des Gesetzes, Klagen gegen die Gesellschafter zu vermeiden, die nur erfolgen, um die Verjährung zu unterbrechen (§ 160 HGB) 44 , als auch dem Interesse des Gesellschafters. Denn für diesen sind die Gesellschaft und, da er ausgeschieden ist, auch deren Gesellschafter (§§738 BGB, 128, 130 HGB) die primären Schuldner. Deshalb muß auch unter diesem Gesichtspunkt der Gläubiger, ehe er den Gesellschafter verklagt, fünf Jahre lang abwarten dürfen, ob die Gesellschaft ihre Schuld tilgt. Als Ergebnis läßt sich somit festhalten, daß die persönliche Verjährung stets fünf Jahre beträgt. Wird während des Laufs dieser Frist die Verjährung durch Klage gegen die Gesellschaft unterbrochen und beginnt anstelle der kurzen Frist nach §218 BGB eine dreißigjährige, so berührt das die Rechtsstellung des ausgeschiedenen Gesellschafters insofern, als nach § 129 HGB auch er nicht die Verjährung der Gesellschaftsschuld geltend machen kann, vielmehr weiter haftet, bis er nach Ablauf der Fünfjahresfrist ein eigenes Leistungsverweigerungsrecht erlangt. 2. Die Rechtsstellung des Gesellschafters hat sich mit seinem Ausscheiden aber nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Sonderverjährung geändert. a) Anders als der Gesellschafter, dessen Mitgliedschaft andauert, haftet der ausgeschiedene nicht für die neuen, nach seinem Ausscheiden begründeten Verbindlichkeiten (§ 128 HGB). Ähnlich einem Bürgen (§ 767 Abs. 1 Satz 3, § 768 Abs. 2 BGB) hat er weder dafür einzustehen, wenn nunmehr Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus der Zeit vor seinem Ausscheiden rechtsgeschäftlich erweitert oder auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt werden, noch verliert er die nicht in seiner
44 A. Hueck (Fn. 30), S.327, Fn.51; Schilling (Fn.30), §160 A n m . l ; Geßler (Fn.30), §160 Anm. 1.
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Person begründeten Einwendungen dadurch, daß die Gesellschaft auf sie verzichtet45. Das gilt auch für die Einrede, die Forderung gegen die Gesellschaft sei verjährt. Sie kann der ausgeschiedene Gesellschafter nach § 129 H G B auch dann geltend machen, wenn die Gesellschaft nach seinem Ausscheiden auf die Einrede verzichtet oder ein Urteil gegen sich ergehen läßt, ohne die Einrede im Prozeß zu erheben46. Nichts anderes gilt ferner, wenn die Gesellschaft im Prozeß zwar Verjährung einwendet, das Gericht deren Voraussetzungen der wahren Rechtslage zuwider aber nicht für gegeben hält und die Gesellschaft verurteilt. Denn der ausgeschiedene Gesellschafter braucht sich ein Urteil gegen die Gesellschaft nicht entgegenhalten zu lassen, wenn es ergangen ist, nachdem sein Ausscheiden im Handelsregister vermerkt wurde. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat diese Rechtsfolge nach umfassender Berücksichtigung der verschiedenartigen Interessen von Gläubiger und ausgeschiedenem Gesellschafter aus dem Rechtsgedanken des § 425 B G B hergeleitet 47 : Der Gesellschafter kann die Prozeßführung der Gesellschaft nicht mehr beeinflussen; häufig erfährt er nicht einmal etwas vom Prozeß und kann deshalb dem Rechtsstreit nicht als Nebenintervenient beitreten; andererseits kann der Gesellschafter sich nicht darauf verlassen, daß die Gesellschaft schon im eigenen Interesse alle Einwendungen mit der erforderlichen Zielstrebigkeit und Umsicht geltend machen wird; so kann sie, obwohl sie Verjährung einwendet, den Prozeß verlieren, weil sie deren Voraussetzungen nicht dargelegt oder keinen Beweis für sie angetreten hat. Gegenüber diesem Interesse des Gesellschafters hat das des Gesellschaftsgläubigers zurückzutreten, sich im Rechtsstreit gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter auf die Rechtskraft eines gegen die Gesellschaft erstrittenen Urteils berufen zu können; ihm ist zuzumuten, sich im Prozeß gegen den Gesellschafter nochmals mit den Einwendungen auseinanderzusetzen, die die Gesellschaft schon erhoben hat oder hätte erheben können. Der Bundesgerichtshof hat das zwar für den Fall ausgesprochen, daß der Gesellschafter schon vor der Klageerhebung ausgeschieden ist. Für den Fall, daß er während des Prozesses ausscheidet, kann aber nichts anderes gelten; denn selbst wenn er dem Rechtsstreit als Nebenintervenient beiträte, könnte er nicht verhindern, daß die Gesellschaft auf die Einrede verzichtet. Das aber braucht er, wenn es nach seinem Ausscheiden geschieht, nicht gegen sich gelten zu lassen.
45 Fischer (Fn.20), §128 Anm.59; A. Hueck (Fn.30), S.451; D. Reinicke, NJW 1969, 2117, 2118; Kühne, ZHR 133 (1970), 149, 157f. 46 Für den Fall der Bürgschaft: BGHZ 76, 222, 229f. 47 BGHZ 44, 229, 233.
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b) Nicht um einen Verzicht auf die Einrede handelt es sich, wenn die Gesellschaft die Forderung, bevor sie verjährt ist, rein tatsächlich nach §208 B G B anerkennt und dadurch die Verjährung unterbricht; diese Unterbrechung wirkt - wie unter 1.2. ausgeführt - ohne weiteres auch gegen den Gesellschafter, soweit es um Einwendungen geht, die nicht in seiner Person begründet sind. Übernimmt die Gesellschaft erfüllungshalber (§ 364 Abs. 2 B G B ) eine neue Verbindlichkeit, erkennt sie beispielsweise die Schuld selbständig an (§781 BGB), so kann das für die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters in mehrfacher Hinsicht Bedeutung erlangen: Der Gesellschafter haftet allerdings von vornherein nicht für die neue Schuld, das abstrakte Anerkenntnis; denn er war ausgeschieden, als die Gesellschaft es abgab (§ 128 H G B ) . Die Gesellschaft hat damit aber zugleich die auch vom ausgeschiedenen Gesellschafter zu erfüllende Altverbindlichkeit anerkannt und dadurch deren Verjährung nach §208 B G B unterbrochen. Hierin liegt weder ein Verzicht auf eine Einrede noch eine Erweiterung der Schuld. Der Gesellschafter hat deshalb die Unterbrechung durch ein Anerkenntnis ebenso gegen sich gelten zu lassen wie die, welche auf Abschlagszahlungen, Sicherheitsleistungen etc. der Gesellschaft oder auf einer Klage des Gläubigers beruhen, die zu vermeiden regelmäßig der Zweck eines Anerkenntnisses ist. Die Übernahme der neuen Verbindlichkeit hat aber ferner zur Folge, daß die Erfüllung der alten entweder gestundet ist oder doch zumindest solange nicht gerichtlich geltend gemacht werden kann, bis das Anerkenntnis erfüllt oder der Versuch, sich daraus zu befriedigen, mißlungen ist; die Verjährung der alten Gesellschaftsschuld ist damit nach § 202 B G B gehemmt. Wie wirkt sich diese Stundung auf die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters aus? Stellt man auf den Wortlaut des § 129 H G B ab, so könnte der Gesellschafter ebenso wie die Gesellschaft die Erfüllung mit dem Hinweis auf die Stundung verweigern; er hätte dann aber auch in Kauf zu nehmen, daß die persönliche Verjährung des § 159 H G B ebenfalls gehemmt wäre mit der Folge, daß er nicht spätestens in fünf Jahren, wie er bei seinem Ausscheiden annehmen konnte, sondern möglicherweise erst viele Jahre später von seiner Haftung freikäme. Angesichts der Bedeutung, die die Enthaftung nach Ablauf von fünf Jahren für den ausgeschiedenen Gesellschafter hat48, läge hierin eine so einschneidende Beschränkung seiner Rechtsstellung, daß sie ohne seine Zustimmung unzulässig ist. Allerdings kann je nach den Umständen des Einzelfalls diese Zustimmung sich schlüssig daraus ergeben, daß der Gesellschafter sich auf die Stundung beruft.
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Vgl. hierzu B G H Z 87, 286.
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Erkennt die Gesellschaft die Schuld nicht erfüllungshalber, sondern an Erfüllungs Statt an, so erlischt die Gesellschaftsschuld aus der Zeit vor dem Ausscheiden des Gesellschafters und damit zugleich auch dessen Haftung. Das gilt allerdings ausnahmsweise nicht für das auf Grund einer Kontokorrentabrede erfolgte Saldoanerkenntnis. Hierbei handelt es sich um ein abstraktes Schuldanerkenntnis, das nach der Rechtsprechung49 nicht erfüllungshalber gegeben wird, vielmehr die ursprüngliche Schuld ersetzt. Anders als im Regelfall ergibt sich hier die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters aus dem entsprechend anwendbaren § 356 Abs. 1 H G B , der Sicherheiten, die für in das Kontokorrent eingestellte Forderungen bestanden haben, auf die abstrakte Saldoforderung überträgt. Die Haftung des Gesellschafters für Verbindlichkeiten aus der Zeit vor seinem Ausscheiden ist eine solche Sicherheit. Ahnlich wie beim abstrakten ist die Rechtslage beim bestätigenden Schuldanerkenntnis. Soweit dieses Anerkenntnis der Gesellschaft Einwendungen gegen Grund und Höhe ihrer Schuld abschneidet und damit konstitutiv wirkt, bindet es den ausgeschiedenen Gesellschafter nicht, dem wie einem Bürgen (§768 Abs. 2 BGB) die Einwendungen der Gesellschaft verbleiben. Aber auch dieses Anerkenntnis unterbricht nach §208 B G B die Verjährung der Gesellschaftsschuld mit Wirkung gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter. 3. Außer ausgeschiedenen Gesellschaftern haften auch die einer aufgelösten Gesellschaft nach § 159 H G B zeitlich begrenzt; doch anders als im Falle des Ausscheidens wird die Verjährung ihrer Haftung nicht nur dadurch unterbrochen, daß der Gläubiger gegen sie klagt oder sie die Schuld anerkennen, vielmehr bewirkt jede Unterbrechung der Verjährung gegenüber der Gesellschaft, daß auch die Sonderverjährung des § 159 H G B unterbrochen wird (§ 160 HGB). Diese Bestimmung soll wie schon erwähnt - Klagen gegen die Gesellschafter vermeiden helfen, die der Gläubiger nur zu dem Zweck erheben müßte, die Verjährung zu unterbrechen50. Ist die Forderung gegen die Gesellschaft bereits verjährt, bevor deren Auflösung ins Handelsregister eingetragen wird, so hat das - s. o. unter II. l . b ) c c ) - auf den Beginn und die Dauer der Fünfjahresfrist keinen Einfluß. Der Gesellschafter kann sich in dem Falle zwar schon auf die Verjährungseinrede der Gesellschaft berufen, sich aber nicht darauf verlassen, daß ihm dieses Leistungsverweigerungsrecht erhalten bleibt s.o. unter 1.3. - . Verzichtet die Gesellschaft auf die Einrede, so ist dieser Verzicht zwar nicht für den ausgeschiedenen Gesellschafter ver49 50
B G H Z 26, 142, 150; 50, 277, 297; 58, 257, 260. Siehe Fn. 44.
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bindlich, wohl aber für denjenigen, der der aufgelösten Gesellschaft weiter angehört. Dieser Gesellschafter wäre schutzlos, wenn zu seinen Gunsten nicht die Sonderverjährung eingriffe. Veranschaulicht wird das durch den Fall, den der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs am 8. Februar 1982 entschieden hat51: Dort war eine Forderung gegen die Gesellschaft ohne Widerspruch zur Konkurstabelle festgestellt worden, die bereits verjährt war, bevor die Gesellschaft infolge des Konkurses nach §131 Nr. 3 HGB aufgelöst wurde. Die widerspruchslose Feststellung zur Tabelle führte dazu, daß die Gesellschaft ihre Verjährungseinrede verlor (§ 164 Abs. 2 KO), so daß auch die Gesellschafter nicht mehr geltend machen konnten, daß die Forderung gegen die Gesellschaft verjährt sei. Die Gesellschafter hätten wie die Gesellschaft dreißig Jahre zu haften gehabt (§218 Abs. 1 BGB), wenn ihnen nicht die Verjährung des § 159 HGB zugutegekommen wäre, die am Ende des Tages begann, an dem die Auflösung der Gesellschaft ins Handelsregister eingetragen wurde. Auf den Lauf dieser Frist hatte das Konkursverfahren keinen Einfluß; denn weil die Anmeldung zur Konkurstabelle die bereits abgelaufene Verjährungsfrist gegenüber der Gesellschaft nicht mehr unterbrechen konnte, wurde auch die noch laufende persönliche Verjährung nicht nach § 160 HGB unterbrochen. Der Umstand, daß die Forderung ohne Widerspruch zur Konkurstabelle festgestellt worden ist, betraf die Sonderverjährung ebenfalls nicht. Zwar haftet der Gesellschafter einer aufgelösten Gesellschaft auch für Gesellschaftsverbindlichkeiten, die erst nach der Auflösung begründet werden, und für sie läuft auch die Sonderverjährung erst nach ihrer Entstehung und Fälligkeit (§159 Abs. 3 HGB). Die widerspruchslose Feststellung zur Konkurstabelle begründet aber ebensowenig wie die rechtskräftige Verurteilung der Gesellschaft eine neue Verbindlichkeit anstelle der alten, so daß der Gesellschafter nach wie vor für die alte Schuld haftet und auch die Sonderverjährung nicht vorzeitig endet, weil die Haftung weggefallen und eine neue an ihre Stelle getreten wäre, die selbständig verjährt. Will der Gläubiger seine Rechte gegenüber dem Gesellschafter wahren, so hat er ihn innerhalb der Fünfjahresfrist persönlich in Anspruch zu nehmen; das hatte er im Ausgangsfall versäumt. An diesem Beispiel dürfte deutlich geworden sein, was aufzuzeigen in erster Linie Zweck dieses Beitrags war, daß nämlich Beginn und Dauer der Verjährung des §159 HGB unabhängig davon sind, wann - ab Ausscheiden oder Auflösung gerechnet - die Schuld der Gesellschaft verjähren müßte.
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Siehe Fn. 33.
Die Zuziehung von Sachverständigen bei der Einsicht in die Bücher REINHARD GOERDELER
Einleitung Im Gesellschaftsrecht ist Gesellschaftern durch eine Reihe gesetzlicher Bestimmungen unter bestimmten Voraussetzungen ein Auskunfts- und Einsichtsrecht, das gerichtlich durchgesetzt werden kann, gewährt. Das gilt sowohl für das Recht der Kapitalgesellschaften (vgl. §131 A k t G ; §51 a G m b H G ) als auch für das der Personengesellschaften (vgl. §716 B G B ; §§118, 166, 338 H G B ) . Die Ausgestaltung ist im einzelnen unterschiedlich und reicht vom Auskunftsrecht zum Einsichtsrecht und zum Kontrollrecht; es dient im wesentlichen dem Schutz des an der Geschäftsführung nicht beteiligten Gesellschafters; in gewissem Umfang kann man es auch dem Minderheitenschutz zurechnen. Rechtsprechung und Literatur haben dem Auskunfts- und Einsichtsrecht von Gesellschaftern bei B G B - und Personengesellschaften und auch bei der G m b H - jetzt auch im Hinblick auf den durch die GmbH-Novelle von 1980 neu eingeführten §51 a GmbH-Gesetz - gebührende Aufmerksamkeit geschenkt und Umfang und Beschränkung der gesetzlichen Befugnis der Gesellschafter näher erläutert1. Im Zusammenhang mit dem Gesellschaftern gewährten Einsichtsrecht steht das Recht der Zuziehung von Sachverständigen; diesem soll in dem vorliegenden Beitrag zu Ehren von Walter Stimpel, der in hervorragender Weise über ein Jahrzehnt als Vorsitzender des II. Zivilsenats des B G H unser Gesellschaftsrecht geprägt hat, näher nachgegangen werden; dabei erfolgt eine Beschränkung auf das Recht der Personengesellschaften und das GmbH-Recht. I. Rechtliche Vorfragen Der Zuziehung eines Sachverständigen bei der Ausübung von Einsichtsrechten durch einen Gesellschafter ist die Frage vorgeschaltet, ob 1 Vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht Bd. I, 1980, S. 780 ff; P. Ulmer, Münchener Kommentar zum B G B , §716 Rdn.3-10; B G H Z 14, 53; B G H Z 25, 115; B G H BB 1962, 899; B G H WM 1979, 1061; zum GmbH-Recht Grunewald, Z H R 146 (1982), 211-237.
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dieses Einsichtsrecht im einzelnen Fall überhaupt gegeben ist. Dieser Frage wird im folgenden nur insoweit nachgegangen, als ihre konkrete Beantwortung auch für die dem Sachverständigen zustehenden Befugnisse von Bedeutung ist. Es kann deshalb auch die Gewichtung zwischen Auskunftsrecht und Einsichtsverlangen, die sich aus der Entwicklung der Rechtsprechung des B G H ergibt, und die sich daran anschließende Kritik im wesentlichen unberücksichtigt bleiben, um so mehr als §51 a GmbH-Gesetz Auskunfts- und Einsichtsrecht einander gleichgestellt hat2. Die rechtliche Vorfrage, ob einem Gesellschafter ein Einsichtsrecht zusteht, kann sich nicht nur aus gesetzlichen Vorschriften, sondern auch aus gesellschaftsvertraglichen Regelungen ergeben. Solche Regelungen, die in der Praxis häufig anzutreffen sind, erklären sich aus der weitgehend dispositiven Natur des gesetzlichen Einsichtsrechts bei Personengesellschaften3, während bei der GmbH das Einsichtsrecht (wie auch das Auskunftsrecht) in §51 a Abs. 3 GmbH-Gesetz als zwingendes Recht ausgestaltet ist, d.h., daß gesellschaftsvertragliche Regelungen bei der GmbH nur im beschränkten Umfang, die den materiellrechtlichen Gehalt des § 51 a Abs. 1 und 2 nicht antasten, zulässig sind4. Der zugezogene (beauftragte) Sachverständige muß von der vorgegebenen Regelung des Einsichtsrechts ausgehen. Er kann nur in diesem Rahmen tätig werden; bei Beginn seiner Tätigkeit hat er sich mit den Rechtsgrundlagen vertraut zu machen; ergeben sich hierbei oder bei der späteren Durchführung Zweifel am Bestand oder Umfang des Einsichtsrechts, so hat er diese zur Klärung den Beteiligten vorzulegen5; Zweckmäßigkeitsfragen beim Vorgehen im einzelnen muß der Sachverständige nach pflichtmäßigem eigenem Ermessen entscheiden und seiner Tätigkeit zugrunde legen. II. Die Zuziehung eines Sachverständigen Weder das H G B (§§118, 166, 338) noch das GmbH-Gesetz (§51 a) regeln die Frage, ob, wann und wie ein Sachverständiger bei der Aus2 Hierzu R.Fischer, in: Pro GmbH, 1980, S. 155; Schilling, in: Hachenburg, GmbHG, 7.Aufl. 1979, § 4 5 Rdn.26, sowie in Groß-Kommentar zum HGB, 3. Aufl. 1970, §166 Rdn. 1. 3 Für die BGB-Ges. vgl. P. Ulmer (Fn. 1), §716 Rdn. 11; für den HGB-Bereich Baumbach/Duden/Hopt, 26. Aufl. München 1985, § 118 Anm. 2, § 166 Anm. 1 C. H. Westermann, Handbuch der Personengesellschaften, 3. Aufl. 1980, Tz. I 251. 4 Hierzu R. Fischer, Kommentar zum GmbH-Gesetz, 10. Aufl. 1983, §51 a Anm. 8; Grunewald (Fn. 1), S. 224-225; v. Bitter, ZIP 1980, S. 830; nach ihnen soll die verfahrensmäßige Ausgestaltung durch den Gesellschaftsvertrag zulässig sein. 5 Die auch als „Gegner" i. S. d. § 146 Abs. 1 F G G anzusehen sind, vgl. Schilling, H G B (Fn.2), § 1 6 6 Anm. 9.
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übung des Einsichtsrechts zugezogen werden kann. Die Frage ist aber von der Rechtsprechung und der Literatur behandelt. 1. Das R G hat sich, soweit ersichtlich, in drei Entscheidungen mit der Zuziehung von Sachverständigen bei der Ausübung von Einsichtsrechten befaßt'. Auf ihnen baut das grundlegende Urteil des B G H (Urteil vom 8. Juli 1957) in B G H Z 25, 115 auf. In dieser zu §166 H G B ergangenen Entscheidung werden (sowohl in den Leitsätzen als auch in der Begründung) mehrere Regeln aufgestellt, die über das Recht des Kommanditisten hinaus auch auf von der Geschäftsführung ausgeschlossene persönlich haftende Gesellschafter und wohl auch für GmbHGesellschafter Anwendung finden können 7 . a) Zunächst wird das Einsichtsrecht (des Kommanditisten) zu den Verwaltungsrechten höchstpersönlicher Art gerechnet, die grundsätzlich nur von dem Gesellschafter selbst ausgeübt werden können. b) Grundsätzlich kann die Ausübung des Einsichtsrechts durch einen Dritten nur mit Zustimmung aller übrigen Gesellschafter erfolgen. c) Nur in besonderen Ausnahmefällen (ζ. B. längere Krankheit, längere Abwesenheit) kann die Ausübung des Einsichtsrechts durch einen „vertrauenswürdigen Dritten" erfolgen. „In allen anderen Fällen ist es aber Aufgabe des Kommanditisten, sein Einsichtsrecht selbst unter eigener Verantwortung auszuüben." d) Darüber hinaus darf der Kommanditist „im allgemeinen, namentlich bei wirtschaftlich bedeutenden Kommanditgesellschaften", wenn der Gesellschaftsvertrag nicht entgegensteht, bei der Ausübung seines Einsichtsrechts einen Sachverständigen hinzuziehen, um von seinem Einsichtsrecht einen sachgerechten Gebrauch machen zu können; auch in diesem Fall bleibt „die Verantwortung für die Leitung der Büchereinsicht" bei dem Kommanditisten. 2. Dieses Urteil wirft eine Reihe von Problemen auf, die unter Berücksichtigung späterer BGH-Urteile der näheren Erörterung bedürfen. Der Feststellung des B G H , daß das Einsichtsrecht des Gesellschafters persönlicher Natur sei, ist im Grundsatz zuzustimmen. Das entspricht auch der h. M. und gilt auch für BGB-Gesellschafter und für GmbH-Gesellschafter8. Der B G H hat in zwei späteren Urteilen (vom 28. Mai 1962' ' RGZ 170, 395; DR 1942, 279; DR 1944, 245. 7 Dazu v. Bitter, ZIP 1981, S.825, 828; Lutter, BB 1980, S.1320. 8 Für die BGB-Gesellschaft statt aller: P. Ulmer (Fn.l), §716 Rdn.7; Baumbach/ Duden/Hopt (Fn. 3), §166 Anm. 2 B a ; dagegen spricht R. Fischer (Fn. 4), §51 a Anm. 3 zwar von einem Individualrecht, hält aber bereits im Grundsatz die persönliche Ausübung für nicht geboten.
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und vom 2. Juli 197910) grundsätzlich an dem höchstpersönlichen Charakter des Einsichtsrechts des Kommanditisten folgerichtig festgehalten. Für das gleichgelagerte Einsichtsrecht des stillen Gesellschafters (§338 Abs. 1 H G B ) hat der B G H in einem weiteren Urteil von 1984 diese Auffassung bestätigt11. Im Urteil von 1962 hat der B G H die oben zu d) wiedergegebene These aber dahingehend erweitert, daß der einsichtsberechtigte Gesellschafter „aus praktischen Gründen" offensichtlich immer einen „geeigneten Sachverständigen" zuziehen könne, ohne daß es auf die Ausnahmefälle, die in B G H Z 25, 122 noch gefordert werden, ankomme. Die Nichtzuziehung eines Sachverständigen sei - im Gegenteil - ein von der Gesellschaft zu beweisender Ausnahmefall. Aus dem Urteil von 1979 läßt sich ebenfalls entnehmen, daß die Zuziehung eines Sachverständigen mit der höchstpersönlichen Natur des Einsichtsrechts ohne weitere Voraussetzungen vereinbar ist. Die BGH-Urteile von 1962 und 1979 unterstreichen daneben, daß nur ein „geeigneter", ein „vertrauenswürdiger" Sachverständiger hinzugezogen werden könne. Im Urteil von 1962 werden ausdrücklich Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Steuerberater, die zur beruflichen Verschwiegenheit verpflichtet seien, genannt. Es ist also, wägt man die sehr vorsichtig gehaltene Formulierung in den Urteilen des B G H (sie erstrecken sich über mehr als 20 Jahre) ab, festzustellen, daß der B G H im Grundsatz nunmehr stets die Zuziehung eines Sachverständigen bei der Ausübung des Einsichtsrechts für gerechtfertigt hält. Die Nichtzuziehung wird als Ausnahmefall charakterisiert, für den die Gesellschaft, falls der Gesellschafter wegen der Einfachheit der Materie nicht von sich aus auf die Zuziehung verzichtet, beweispflichtig ist. Die h. M. hat sich im Gesellschaftsrecht dieser Auffassung, vielleicht ohne nähere Differenzierung, angeschlossen. Auch aus der Sicht der Praxis lassen sich Einwendungen gegen diese Zuziehungsbefugnis eines Sachverständigen nicht erheben. Zu Zweifeln muß jedoch die in B G H Z 25, 115, 123 getroffene Feststellung führen, daß der berechtigte Gesellschafter „die Verantwortung für die Leitung der Büchereinsicht" behält. Von dieser Feststellung ist der B G H bisher nicht abgerückt. Die Entwicklung in der Praxis steht solchen Rechtsansichten entgegen. Gerade bei „wirtschaftlich bedeutenden" Gesellschaften, wo ein umfangreiches, häufig auf EDV geführtes Rechnungswesen bestehen dürfte, geht die „Büchereinsicht" (häufig in Form einer vollen 9
BB 1962, 899. W M 1979, 1061. 11 W M 1984, S. 807; in diesem Urteil wird darüber hinaus aber ausgeführt, daß die Gesellschaft jedenfalls nicht durch ein bloßes dahingehendes Verlangen den Gesellschafter zum Verzicht auf die persönliche Ausübung des Einsichtsrechts verpflichten könne. 10
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Prüfung) völlig auf den Sachverständigen über 11 , um so mehr als der einsichtsberechtigte Gesellschafter häufig selbst gar nicht über die Fachkenntnisse verfügt, um das Recht auszuüben. P. Ulmer12 ist im Ansatz zuzustimmen, daß dem einsichtsberechtigten Gesellschafter nur noch ein Weisungsrecht bleibt, das zudem meist mit der Gesellschaft (die über die Bücher und Papiere verfügt) abzustimmen bleibt. In dieser Richtung sollte das Einsichtsrecht durch die Rechtsprechung weiter fortgebildet werden. D e r Sachverständige muß im vorgegebenen Rahmen seine Prüfrechte im einzelnen nach pflichtgemäßem Ermessen selbständig ausüben, um die ihm gestellte Aufgabe zu erfüllen. Es fragt sich, ob man dem berechtigten Gesellschafter noch ein Weisungsrecht belassen sollte. Eine Rechtsfortbildung durch die Rechtsprechung wäre dahingehend möglich, das Einsichtsrecht mindestens bei größeren Personalgesellschaften ohne „Weisungsrecht" und ohne Mitwirkungsbefugnisse des Gesellschafters dem Sachverständigen zu gewähren; er bezieht lediglich seine Aufgabenstellung von dem Gesellschafter, die dieser ggf. gerichtlich durchsetzen muß. Zulässige gesellschaftsvertragliche Bestimmungen gehen jedoch vor. Die Entwicklung ginge also - ähnlich wie im Aktienrecht - zum selbständig handelnden Sonderprüfer (Sachverständigen). 3. Hierzu kommen noch weitere Überlegungen: a) Wenn v o m Grundsätzlichen her von einer „Zuziehung eines geeigneten Sachverständigen" durch den berechtigten Gesellschafter gesprochen wird, so wird davon ausgegangen, daß dieser selbst in irgendeiner Form bei der Bucheinsicht mitwirkt. Dies kann dann zu Problemen führen, wenn der einsichtsrechtsberechtigte Gesellschafter Wettbewerber der Gesellschaft ist. Der B G H hat diese Interessenkollision aus dem Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Treuepflicht, die dem Gesellschafter wie der Gesellschaft obliegt, gelöst 13 . In einem Fall, in dem überwiegende Interessen der Gesellschaft entgegenstehen, kann die Treuepflicht des im Wettbewerb stehenden Gesellschafters dazu führen, daß er selbst überhaupt nicht das Einsichtsrecht ausüben darf. Vielmehr kann das Einsichtsrecht dann einem (vertrauenswürdigen) Sachverständigen allein und in der Weise zugebilligt werden, daß er bestimmte Vorgänge oder Sachverhalte prüferisch ermittelt und hierüber ohne Erwähnung von Einzelheiten zusammenfassend berichtet. Somit wird vermieden, daß dem einsichtsberechtigten Gesellschafter in seiner Wettbewerberposition U m s t ä n d e bekannt werden, die der zur Einsicht verpflichteten Gesellschaft Nachteile bringen können.
12 ( F n . l ) , § 7 1 6 R d n . 1 0 . " W M 1979, 1061.
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Rein prozessual ist zu beachten, daß das Einsichtsrecht alle „Bücher und Papiere der Gesellschaft" umfaßt und es daher Sache der Gesellschaft ist, diejenigen Unterlagen, die mißbräuchlich ausgenutzt werden könnten, zu konkretisieren14. Für das Einsichtsrecht des GmbH-Gesellschafters, der im Wettbewerb zur verpflichteten Gesellschaft steht, wird ebenfalls die ausschließliche Einschaltung eines vertrauenswürdigen Sachverständigen in Betracht kommen15. b) In allen diesen Fällen ist zu beachten, daß die gesellschaftliche Treuepflicht, der Gesellschaft und Gesellschafter unterliegen und die sie in der Ausübung ihrer Rechte und Pflichten entsprechend bindet, nur unter Betrachtung der Gesamtumstände des Einzelfalls abgegrenzt werden kann. Die Gesellschaft darf sich einerseits nicht ohne weiteres ihrer Pflicht entziehen, Einsicht in die Bücher und Papiere (Schriften) zu gewähren, andererseits darf der Gesellschafter, insbesondere wenn er sich in einer Wettbewerbsposition befindet (was rechtlich zulässig ist), seine Rechte nicht zu eigennützigen Zwecken und damit im Effekt zum Schaden der verpflichteten Gesellschaft ausnutzen. Aber auch dann, wenn der einsichtsberechtigte Gesellschafter kein Wettbewerber ist, muß sein Einsichtsverlangen auf die gegebenen Verhältnisse der verpflichteten Gesellschaft Rücksicht nehmen. Darauf wird weiter unten im Zusammenhang mit dem Umfang des Einsichtsrechts - näher einzugehen sein. c) Nach der gesellschaftlichen Treuepflicht ist auch die Frage zu beurteilen, welcher geeignete, vertrauenswürdige Sachverständige für die Zuziehung in Betracht kommt und ob seitens der verpflichteten Gesellschaft Ablehnungsgründe gegen einen vom berechtigten Gesellschafter benannten Sachverständigen geltend gemacht werden können".
14 Siehe B G H Z 25, 115, insbes. 121 ff. sowie B G H WM 1979, 1061; auf die Frage, ob die Beschränkung der Einsicht in Unterlagen erst im Vollstreckungsverfahren und nicht bereits im Urteilstenor möglich ist, wird in den Urteilen eingegangen; dazu auch Fischer, in: Anm. zu LM Nr. 1 zu § 166 H G B ( = B H Z 25, 115); die Frage kann hier nicht vertieft werden, siehe aber unten III. 4.; zur GmbH: Karsten Schmidt, in: Das neue GmbH-Recht in der Diskussion, S. 87, 96. 15 Siehe Grunewald (Fn.4), S.229; zu beachten ist aber, daß es sich bei dem Einsichtsrecht nach §51 a Abs. 1 G m b H G um einen von §166 Abs. 1 H G B unterschiedlichen Zweckbereich handelt. 16 B G H BB 1962, 899 hebt die Treuepflicht besonders hervor, kritisch hierzu P. Ulmer ( F n . l ) , § 7 1 6 Rdn. 10.
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III. Der Umfang des Einsichtsrechts 1. Die zugrundeliegenden Vorschriften sind teilweise deckungsgleich. So lauten: §716 A b s . l B G B : „Ein Gesellschafter kann, auch wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich unterrichten, die Geschäftsbücher und die Papiere der Gesellschaft einsehen und sich aus ihnen eine Ubersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anfertigen." §118 Abs. 1 HGB fast gleichlautend. §166 Abs. 1 H G B : „Der Kommanditist ist berechtigt, die abschriftliche Mitteilung der jährlichen Bilanz zu verlangen und ihre Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen." §338 Abs. 1 HGB, gleichlautend wie § 166 Abs. 1. §51 a GmbHG (in der Novelle von 1980): „(1) Die Geschäftsführer haben jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und die Einsicht der Bücher und Schriften zu gestatten. (2) Die Geschäftsführer dürfen die Auskunft und die Einsicht verweigern, wenn zu besorgen ist, daß der Gesellschafter sie zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird. Die Verweigerung bedarf eines Beschlusses der Gesellschafter. (3) Von diesen Vorschriften kann im Gesellschaftsvertrag nicht abgewichen werden."
Für die Personengesellschaften steht das Einsichtsrecht im engen Zusammenhang mit der Bilanz; bei der G m b H ist das Einsichtsrecht nicht an die Bilanz gebunden, sondern betrifft weitergehend die „Angelegenheiten der Gesellschaft"; auf diesen Unterschied soll hier nicht näher eingegangen werden 17 . Das Einsichtsrecht in die „Bücher" und „Papiere" soll dem Gesellschafter zunächst eine sachgerechte Prüfung des Jahresabschlusses ermöglichen. Dieser Zweck bestimmt die inhaltlichen Grenzen des Einsichtsrechts ( B G H Z 25, 120). 2. Zunächst ist durch die Rechtsprechung und Literatur unter Hinweis auf die ausführlichen Darlegungen in B G H Z 25, 115, die im Urteil von 1979" wieder aufgenommen werden, festgelegt, daß alle „Bücher" und „Papiere" eingesehen werden können. Unter Berücksichtigung der neueren Entwicklung auf dem Gebiete der Rechnungslegung wird man treffender von den dem Rechnungswesen als Kontroll- und Führungsinstrument des Unternehmens zugrundeliegenden Unterlagen sprechen. Im übrigen ist nach einhelliger Meinung unter der „Bilanz" der „Jahresabschluß" zu verstehen i. S. der aktienrechtlichen Vorschrift des § 1 4 8
17 Vgl. hierzu Fischer (Fn.4), §51 a Anm.2; Grunewald schluß ist mit umfaßt. 18 WM 1979, 1061.
(Fn. 1), S. 214; der Jahresab-
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AktG 19 . Alle Belege und Unterlagen, die im Rechnungswesen des Unternehmens verarbeitet werden, müssen ebenfalls vom Einsichtsrecht umfaßt sein, um die Uberprüfung des Jahresabschlusses zu ermöglichen (wegen der Erweiterung des Einsichtsrechts auch auf Sachverhalte über das Rechnungswesen hinaus, siehe unten zu Ziff. 5). 3. Die Einsichtsbefugnis umfaßt auch die sich aus dem handelsrechtlichen Jahresabschluß ergebenden steuerlichen Verhältnisse der Gesellschaft sowie die sich für den berechtigten Gesellschafter ergebende Belastung mit Ertrags- und Vermögenssteuern; das folgt u.a. aus dem System der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung. Auch die Auswirkungen einer steuerlichen Buch- und Betriebsprüfung gehören grundsätzlich hierher. 4. Der Umfang des Einsichtsrechts wird stets dadurch bestimmt, ob und wie der Zweck (zunächst die sachgerechte Uberprüfung des Abschlusses) erreicht werden kann. Alle Unterlagen, die hierzu erforderlich sind, unterliegen dem Einsichtsrecht. Allerdings sind dabei, wie oben zu II. 3 ausgeführt, die Gesellschafter an die gesellschaftliche Treuepflicht gebunden. Diese kann dazu führen, daß bestimmte Unterlagen vom Einsichtsrecht ausgenommen sind oder bestimmte Unterlagen nicht durch den berechtigten Gesellschafter selbst, sondern durch einen zu beauftragenden Sachverständigen eingesehen werden können, der hierüber in einer die Interessen der Beteiligten berücksichtigenden Weise zu berichten hat. So kann es ggf. für sachgerecht gehalten werden, daß nur dem Sachverständigen die Einsicht in den sogenannten steuerlichen Betriebsprüfungsbericht zugestanden wird, weil das Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft und der übrigen Gesellschafter anders nicht gewährleistet werden kann. Das angerufene Gericht hat über den Umfang der einzusehenden bzw. nicht einzusehenden Unterlagen durch Urteil zu entscheiden, und zwar nach der im Urteil von 197920 vertretenen, zu billigenden Auffassung, ggf. im Urteilstenor, zweckentsprechende Parteianträge vorausgesetzt. 5. Die Beschränkung auf die für die Beurteilung des Jahresabschlusses notwendigen Unterlagen ist ebenfalls zu überdenken. Folgt man einer neueren Auffassung 21 , die dem Kommanditisten (ähnlich dem von der " Für die GmbH wird in Zukunft nach Erlaß des Bilanzrichtlinie-Gesetzes (BTDrucks. 10/317) in der Regel auch der Anhang mit einzubeziehen sein (§237 EHGB); die h.M. findet sich z.B. bei Baumbach/Duden/Hopt (Fn.3), §166 A n m . 2 A . 20 (Fn. 10). 21
Wiedemann
S. 539; P. Ulmer
(Fn. 1), S. 376 ff; Schilling
(Fn.2), §166 Anm.l; Huber
ZGR 1982,
(Fn. 1), § 716 Anm. 6 will ein Auskunftsrecht bei BGB-Gesellschaften nur
Die Zuziehung von Sachverständigen bei Einsicht in die Bücher
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Geschäftsführung ausgeschlossenen persönlich haftenden Gesellschafter) ein von § 166 HGB unabhängiges Auskunftsrecht zugestehen w i l l so wie dies durch §51 a GmbH-Gesetz für den GmbH-Gesellschafter jetzt gesetzlich festgeschrieben wurde so wird man ein Einsichtsrecht auch in Unterlagen gewähren müssen, die die erbetene Auskunft betreffen, oder aber ein Auskunftsrecht jedenfalls dann auch dem Kommanditisten zubilligen müssen, wenn die erforderlichen Angaben nicht aus den Büchern und Papieren der Gesellschaft ersichtlich sind. Dies gilt ζ. B. im Hinblick auf die Zukunft des Unternehmens - für erbetene Angaben bezüglich der Produktentwicklung und des Standes der Forschung im Unternehmen. Unabhängig von der Gewährung eines Auskunftsrechts bei Personengesellschaften zeigen der Sachverhalt des Urteils von 197922 und die hierzu in die Begründung aufgenommenen Ausführungen, daß vom Einsichtsrecht in die Bücher auch solche Fragen umfaßt sein können, die nicht unmittelbar den Jahresabschluß erhellen, sondern mehr allgemeiner Geschäftsnatur sind; es wäre auch nicht abwegig, alle Geschäftsunterlagen als Jahresabschluß-bezogen anzusehen, was dann insoweit wiederum einem allgemeinen Auskunftsrecht nahekäme23. Die Rechtsprechung wird hier, nachdem der BGH (Fn.21) den ersten Schritt getan hat, weitere Klärung bringen. Dabei darf jedoch für alle Beteiligten der Gesichtspunkt der gegenseitigen Treuepflicht nicht übersehen werden. Ein allumfassendes, jedem Gesellschafter zu gewährendes Auskunftsrecht kann gerade bei mittleren und größeren Unternehmen in der Form von Personengesellschaften die Geschäftsführung behindern bzw. lahmlegen. Das AktG von 1965 (§ 131 Abs. 3) hat hier - wie auch die GmbHNovelle in §51 a Abs. 2 - Grenzen gesetzt, die in gleicher Weise für Personengesellschaften gelten müssen. Solche Begrenzungen können aber dann nicht für Personengesellschaften anerkannt werden,' wenn Anlaß zur Annahme von Pflichtwidrigkeiten oder Unredlichkeit gegeben ist, die dann eher einen wichtigen Grund für Prüfungen i.S. von § 166 Abs. 3 HGB abgeben könnten. Im übrigen müssen ein ggf. anzuerkennendes Auskunfts- und Einsichtsrecht in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander gesehen werden24. Sind Auskünfte anfragegemäß erteilt und besteht kein Anlaß ausnahmsweise anerkennen, wenn das Einsichtsrecht nicht zum Ziele führt; der BGH hat im Urteil vom 20. Januar 1983 (WM 1983, S. 910) ein solches Auskunftsrecht einem Kommanditisten zugestanden. 22 (Fn. 10). 23 So im Grundsatz wohl schon Hueck, in: JZ 1958, S.91, 92. 24 Vgl. hierzu Grunewald (Fn. 1), S.223, 224; der Gedanke der Abwägung liegt, wie der BGH in BGHZ 86, 1 ausgeführt hat, auch der Gewährung oder Verweigerung einer Auskunft zugrunde.
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anzunehmen, daß sie nicht ordnungsgemäß oder nicht vollständig seien, so ist ein insoweit noch gestelltes Einsichtsverlangen zu verwehren. Bei Personengesellschaften sind die Regelungen im Gesellschaftsvertrag zu berücksichtigen. Ist darin geregelt, daß der Jahresabschluß von einem Wirtschaftsprüfer zu prüfen und dessen Prüfungsbericht allen Gesellschaftern mit dem Jahresabschluß auszuhändigen ist bzw. von ihnen eingesehen werden kann, so ist dem Kommanditisten mit der Beantwortung seiner zusätzlichen Fragen in der Gesellschafterversammlung in der Regel ausreichend gedient; für sein Bilanzüberprüfungsrecht dürfte wegen der dispositiven Natur des §166 Abs. 1 H G B kein Raum sein25; allerdings ist zu beachten, daß ein Antragsrecht nach § 166 Abs. 3 H G B aus wichtigem Grund durch den Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden kann; das Einsichtsrecht des GmbH-Gesellschafters nach §51 a GmbH-Gesetz ist ohnehin unabdingbar (Abs. 3). IV. Die Person des Sachverständigen 1. Was die Person des Sachverständigen angeht, so ist im Anschluß an B G H Z 25, 115 die Zuziehung eines „geeigneten" bzw. „vertrauenswürdigen" Sachverständigen in den BGH-Urteilen von 1962 und 1979 zur Durchführung der Bucheinsicht für zulässig erachtet. Im BGH-Urteil von 1962 ist dazu ausgeführt, daß dies im allgemeinen „ein Wirtschaftsprüfer, ein vereidigter Buchprüfer oder ein Steuerberater", die zur beruflichen Verschwiegenheit verpflichtet sind, sein wird. Es wird also insoweit auf die wirtschaftsprüfenden und -beratenden Berufe abgestellt, deren Berufsordnungen zu Beginn der 60er Jahre durch den Gesetzgeber auf Bundesebene erlassen waren26. In der Literatur werden auch Rechtsanwälte als geeignete Sachverständige genannt27. Da die einschlägigen Gesetze ohnehin die Zuziehung von Sachverständigen nicht erwähnen, sondern deren Einschaltung, wie oben zu I. und II. dargelegt, durch Rechtsprechung und Literatur zur sachgerechten Durchführung der Bucheinsicht entwickelt und befürwortet wird, läßt sich eine abschließende Entscheidung, wer als Sachverständiger in diesem Sinne in Betracht kommt, nicht treffen. Im Hinblick auf die genannten Berufsordnungen wird außer Frage stehen, daß die für die Tätigkeit als Sachverständiger geforderten Kenntnisse am ehesten durch 25 Statt aller Baumbach/Duden!Hopt (Fn.3), §166 Anm. 1 C; Schilling (Fn.2), §166 Anm. 3 a; stehen dem Gesellschafter Informationsrechte nach §166 Abs. 1 und 3 (§338 Abs. 1 und 3) zu, so braucht er nicht beide Verfahren in Gang zu setzen (BGH WM 1984, S. 807, 809, unter Hinweis auf BGHZ 86, 1). 26 WPO vom 24.7.1961, BGB1.I 1961, S. 1049; SteuerberatungsG vom 16.8.1961, BGBl. I 1961, S. 1301. 27 Fischer (Fn.4), §51 Anm. 3.
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solche Personen gewährleistet sind, die eine entsprechende Berufsqualifikation nachweisen können. So wird das offensichtlich auch vom B G H (Urteil von 1962) gesehen, der daher die Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer und Steuerberater erwähnt. Soweit von einem berechtigten Gesellschafter ein derartiger Berufsangehöriger als Sachverständiger vorgeschlagen wird, können jedenfalls gegen die berufliche Geeignetheit keine Einwendungen erhoben werden. Einwendungen gegen die Person als solche, ζ. B. Befangenheit auf Grund gegebener Verhältnisse, bleiben möglich und können von der verpflichteten Gesellschaft vorgetragen werden28. Bei der Abwägung, ob ein Wirtschaftsprüfer29 oder ein Steuerberater geeigneter wäre, ist vom Einzelfall her zu entscheiden. Jedoch ist zu berücksichtigen, daß nach Berufsbild und Ausbildung Angehörige des Wirtschaftsprüferberufs für die Durchführung betriebswirtschaftlicher und prüferischer Aufgaben zuständig sind, während die Steuerberater in erster Linie Steuerberatung durchführen und insofern eher als Parteivertreter zu betrachten sind30. 2. Der B G H und mit ihm Teile der Literatur stellen für die Aufgabe als „Sachverständiger" im besonderen Maße auch darauf ab, daß für die Wahrnehmung der Bucheinsicht Angehörige solcher Berufe besonders geeignet sind, die kraft ihrer Stellung, Bestallung und Vereidigung zur beruflichen Verschwiegenheit verpflichtet sind. Dieser Gesichtspunkt ist vor allem dann von Bedeutung, wenn nach der hier vertretenen Auffassung in bestimmten Fällen oder generell (oben II.) statt dem Gesellschafter nur dem „Sachverständigen" die Bucheinsicht zu gestatten ist; es liegt dann nahe, nur einem zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten die „Bucheinsicht" anzuvertrauen, insbesondere, um in einem etwaigen Spannungsverhältnis zwischen Gesellschaft und einsichtsberechtigtem Gesellschafter eine angemessene Lösung zu finden. Gleiche Überlegungen dürften auch für alle größeren Unternehmen und von der Sache her schwierigen Aufgabenstellungen gelten. In all diesen Fällen geht es um eine sachgerechte, objektive Prüfungsdurchführung, die in der Regel das gesamte Rechnungswesen (alle Bücher und Schriften) betrifft und über die in der berufsüblichen Form zu berichten ist, ohne daß solche Einzelheiten, die in der Vertraulichkeitssphäre des Unternehmens liegen und die z . B . dem im Wettbewerb stehenden einsichtsberechtigten Gesellschafter nicht bekannt werden sollen, offenbart werden müssen. Vgl. B G H BB 1962, 899. Die vereidigten Buchprüfer sind nach den Bestimmungen der W P O ein auslaufender Beruf. 30 Vgl. § 2 W P O und § 3 3 StBerG; der Unterschied der Berufe ist aus Anlaß der Prüfungsaufgaben nach dem Ε eines Bilanzrichtlinie-Gesetzes wieder verstärkt diskutiert worden (vgl. Thümmel, WPg. 1983, S. 573 ff und S. 625 ff). 28
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Hat der Jahresabschluß bereits einer Abschlußprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer unterlegen (ζ. B. auf Grund des Gesellschaftsvertrages) und wird einem Gesellschafter trotzdem zur Klärung bestimmter Fragen Bucheinsicht durch einen Sachverständigen gewährt (hierbei könnte es sich auch um das außerordentliche Überwachungsrecht nach § 166 Abs. 3 H G B handeln), so liegt es nahe, zum Sachverständigen den bereits als Abschlußprüfer der Gesellschaft tätig gewordenen Wirtschaftsprüfer zu bestellen. Wenn von den beteiligten Gesellschaftern hiergegen nicht begründete Einwände erhoben werden, so ergeben sich dann keine Bedenken, wenn der betreffende Wirtschaftsprüfer selbst keine Gründe für eine Interessenkollision oder für seine etwaige Befangenheit sieht31. Diese Überlegungen schließen jedoch nicht aus, im Einzelfall mit der Bucheinsicht auch andere geeignete Sachverständige zu beauftragen, z . B . einen Professor der Betriebswirtschaftslehre oder des Steuerrechts, für die berufliche Verschwiegenheitsgebote allerdings nicht gelten. V. Die Durchführung der Bucheinsicht durch den Sachverständigen 1. Die Durchführung der Bucheinsicht durch den Sachverständigen richtet sich grundsätzlich nach der im Einzelfall gegebenen Sachlage und der sich daraus ergebenden Aufgabenstellung; Beschränkungen des Umfangs der Bucheinsicht sind durch den Sachverständigen zu beachten (vgl. oben III.). Wird mit der Bucheinsicht die Überprüfung des Jahresabschlusses insgesamt begehrt, so kann davon ausgegangen werden, daß vom Sachverständigen eine umfassende Prüfung des Jahresabschlusses gefordert wird. Ist ein Wirtschaftsprüfer beauftragt, so hat er diese Prüfung im berufsüblichen Rahmen wie jede andere freiwillige Abschlußprüfung durchzuführen und hierüber zu berichten32. Der Prüfungsbericht ist dem einsichtsberechtigten Gesellschafter auszuhändigen; der Gesellschaft, vertreten durch ihre geschäftsführenden Gesellschafter (bei der GmbH: durch die Geschäftsführer), ist vor Ausfertigung des Berichts Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, worüber der Sachverständige ebenfalls berichten sollte. 31 Vgl· § 4 9 W P O ; Richtlinien für die Berufsausübung der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer, festgestellt von der Wirtschaftsprüferkammer (Stand: 1.Dezember 1977), Abschnitt I; siehe WP-Handbuch 1981, S.50f. 32 Vgl. Berufsrichtlinien (Fn. 31), Abschnitt I; diese verweisen auf die Fachgutachten des IdW; insbesondere einschlägig sind FG 1/1977, 2/1977, 3/1977, abgedruckt in WPG 1977, S.210ff. Siehe auch R. Goerdeler, Festschrift für R.Fischer, 1979, S. 149, 155ff.
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Betrifft die Bucheinsicht nur einzelne Fragen des Jahresabschlusses oder andere Sachverhalte (hierzu oben III), hat der als Sachverständiger hinzugezogene Wirtschaftsprüfer in entsprechender "Weise zu verfahren. Soweit Sachverständige andere Berufsqualifikationen als die eines Wirtschaftsprüfers haben oder soweit sie über keine ihre Tätigkeit bindende Qualifikation verfügen, werden sie in ähnlicher Weise vorzugehen haben. 2. Je nach Lage wird der Sachverständige im Interesse seiner eigenen Haftung darauf bedacht sein müssen, die Aufgabenstellung der ihm anvertrauten Bucheinsicht in geeigneter Weise klarzustellen. Soweit nicht ein Gerichtsurteil im Tenor oder den Gründen (gleiches gilt für Schiedssprüche) bindende Weisungen enthält, empfiehlt sich eine schriftliche Auftragserteilung durch den einsichtsberechtigten Gesellschafter. Gleiches gilt für etwaige Haftungsvereinbarungen". Der Besonderheit, daß die Bucheinsicht durch einen anderen, nämlich die Gesellschaft, geduldet werden muß, sollte der Sachverständige durch möglichst klare Vereinbarungen mit allen am Bucheinsichts(Prüfungs-)verfahren Beteiligten34 Rechnung tragen. 3. Hinsichtlich der Kosten für die Beauftragung des Sachverständigen gilt im Grundsatz, daß der berechtigte Gesellschafter diese zu tragen hat. Es können sich jedoch auch Sachverhalte ergeben, die die Tätigkeit des Sachverständigen auf Grund von der Gesellschaft zu vertretender Umstände objektiv als geboten erscheinen lassen, woraus sich dann eine Kostentragungspflicht der Gesellschaft ergibt35. Das gilt vor allem dann, wenn die Untersuchung durch den Sachverständigen ein nicht unerhebliches Fehlverhalten seitens der Gesellschaft, vor allem etwa bei der Erstellung des Jahresabschlusses, aufdecken sollte. VI. Zusammenfassung
Rechtsprechung und Literatur haben die Zuziehung von Sachverständigen bei Gewährung der Bucheinsicht im Personengesellschaftsrecht anerkannt. Für die Rechte eines GmbH-Gesellschafters nach §51 a GmbH-Gesettz hat Gleiches zu gelten. Es erscheint, vor allem in Anbetracht der gegenseitigen Treuepflicht zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, erwägenswert, die Rechtsprechung dahin fortzubilden, daß die Bucheinsicht weitgehend dem selbHierzu z.B. Zilias, WPg. 1977, S.309ff; Schlechtriem, BB 1984, S. 1177ff. Zu dieser besonderen Stellung des Sachverständigen vgl. P. Ulmer (Fn. 1), §716 Rdn. 10 sowie oben unter II. 35 Dazu Baumbach/Duden/Hopt (Fn.3), §166, A n m . 2 B a ; Schilling, HGB (Fn.2), § 166 Anm.4. 53
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ständig tätig werdenden Sachverständigen übertragen wird, ohne daß der berechtigte Gesellschafter persönlich an der Bucheinsicht beteiligt wird36, ohne daß dabei dem Sachverständigen weitergehende Rechte als dem einsichtsberechtigten Gesellschafter eingeräumt werden, es sei denn insoweit, als im Hinblick auf die Treuepflicht dem Gesellschafter persönlich ein Einsichtsrecht nicht gewährt werden kann (oben zu II, 3 und zu III, 4). Es sollte von der eigenverantwortlichen, selbständig ausgeführten „Hilfsfunktion" des Sachverständigen ausgegangen werden; dies ist gerade für mittlere und größere Unternehmen die geeignete Lösung, um zu einer sachgerechten Prüfung des Jahresabschlusses oder Klärung sonstiger Fragen zu gelangen. Eine Änderung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen erscheint nicht erforderlich. Die Einschaltung eines Sachverständigen dürfte in der Regel zu objektiven und sachgerechten Ergebnissen auch im Interesse der am Einsichtsverfahren Beteiligten führen. Die Zuziehung von Sachverständigen, die für die jeweilige Aufgabenstellung eine entsprechende Berufsqualifikation besitzen und beruflicher Verschwiegenheitspflicht unterliegen, dürfte sich in der Mehrzahl der Fälle anbieten.
34 In dieser Richtung liegen auch die Ausführungen im OLG Celle Urteil vom 11. Mai 1983 in BB 1983, 1450, sowie Baumbach/Duden/Hopt (Fn.3), §166 Anm.2Ba.
Zum Rückgriff des ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters einer O H G oder KG W A L T H E R HADDING
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat unter der Mitwirkung und dem Vorsitz der Richterpersönlichkeit von Walter Stimpel gerade auch zum Recht der Personalgesellschaften für die Praxis wegweisende und zur Rechtssicherheit beitragende Entscheidungen getroffen. Zur Würdigung des verehrten Jubilars mag es deshalb angemessen sein, einem Problem aus diesem Rechtsgebiet nachzugehen, zu dem schon Urteile des II. Zivilsenats vorliegen1, das aber noch näher zu erörtern, gleichwohl lohnenswert erscheint. Es handelt sich um die rechtlichen Fragen, die mit dem Rückgriff des Gesellschafers einer OHG oder KG verbunden sind, der nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft aufgrund seiner fortdauernden persönlichen Haftung von Gläubigern der OHG oder KG in Anspruch genommen worden ist. I. Die Fragestellung Um die Rechtslage beim Rückgriff des Gesellschafters einer OHG oder KG, der nach seinem Ausscheiden für Verbindlichkeiten der Gesellschaft gehaftet hat, zutreffend beruteilen zu können, ist es zweckmäßig, sich zunächst den Standort der Fragestellung zu vergegenwärtigen. 1. Der Rückgriff des haftenden Gesellschafters während seiner Mitgliedschaft Wie sich der Rückgriff des haftenden Gesellschafters gegenüber der OHG oder KG und unter Umständen gegenüber den anderen Gesellschaftern gestaltet, ist schon seit längerem für den Fall erörtert worden, daß der haftende Gesellschafter weiterhin der OHG oder KG angehört. Insbesondere das Urteil des IL Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 2.7.1962 - II ZR 204/60 - 2 war Anlaß, auf die Fragen nach der
Vgl. im einzelnen die Darstellung unter II. 1. BGHZ 37, 299 = LM Nr. 11 zu § 128 HGB m. Anm. R.Fischer = NJW 1962, 1863 m. Anm. Zunft, NJW 1962, 2188 = WM 1962, 905 = MDR 1962, 884 = BB 1962, 899 = JuS 1962, 484. 1
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Rechtsgrundlage und den einzelnen Voraussetzungen des Rückgriffs näher einzugehen. Zuletzt hat F. Häuser3 das genannte Urteil des II. Zivilsenats dargestellt und aus methodischem Blickwinkel kritisch analysiert. Im Ergebnis - wenn auch zum Teil nicht in der Begründung - ist man sich inzwischen offenbar über folgende Beurteilung in Rechtsprechung4 und Literatur 5 einig: (1) Der haftende Gesellschafter hat in erster Linie einen Erstattungsanspruch in voller Höhe gegen die O H G oder KG, und zwar in zumindest entsprechender Anwendung von §110 Abs. 1 (§161 Abs. 2) HGB\ Der Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft kann hingegen nicht - wie von manchen angenommen 7 - alternativ oder sogar statt dessen auf § 426 Abs. 1 Satz 1 oder § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB gestützt werden. Denn die Verbindlichkeit der O H G oder KG, die erfüllt worden ist, und die gesetzliche Haftungsschuld des Gesellschafters (§§128-130; 161 Abs.2, 171-176 HGB) bilden mangels einer gesetzlichen Vorschrift dieses Inhalts keine Gesamtschuld. N u r die Gesellschafter untereinander haften nach §128 Satzl H G B „als Gesamtschuldner". Deshalb fehlt es im Verhältnis des haftenden Gesellschafters zu der O H G oder KG für eine Anwendung des gesamten § 426 BGB an einer tatbestandlichen Anknüpfung. (2) Von den anderen Gesellschaftern kann der haftende Gesellschafter (a) nur hilfsweise einen Ausgleich verlangen, wenn nämlich der Erstattungsanspruch gegen die O H G oder KG sich aus dem Gesellschaftsvermögen nicht verwirklichen läßt, und (b) nur in Höhe eines Betrags, der 3 Unbestimmte „Maßstäbe" als Begründungselement richterlicher Entscheidungen, dargestellt anhand von Entscheidungen des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zum Recht der Personalgesellschaften (Schriften zum Wirtschaftsrecht, Bd. 38), 1981, S. 185 ff. 4 Das Urteil BGHZ 37, 299 zur Kommanditgesellschaft ist bestätigt worden in den Urteilen BGH, WM 1974, 749, 751; WM 1981, 139, 140, die allerdings jeweils eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts betreffen. 5 Vgl. den Überblick bei Häuser (Fn.3), S. 193 ff, zusammenfassend S. 204-205. 6 Ganz h.M.: BGHZ 39, 319, 323-324; BGH WM 1978, 114. Aus der Literatur: Hadding, JuS 1968, 173, 175 m . w . N . 177 Erl. 16; Kornblum, Die Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten von Personengesellschaften, 1972, S.98 m . w . N . in Fn. 1; ferner Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I Grundlagen, 1980, §5 III 2 a (S. 270), ohne eine Anspruchsgrundlage zu benennen; Reinhardt/Schultz, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 1981, Rdn.129; Walter, JuS 1982, 81, 83; Hüffer, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 1983, S. 146 f; Kraft/Kreutz, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 1983, S. 144; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 26. Aufl. 1985, § 128 Anm. 4 A; a. A. wohl nur Buchner, AcP 169 (1969), 483, 506 f. 7 Vgl. H. Westermann, in: Handbuch der Personengesellschaften, Bd. 1 1967 ff, Rdn.371; K.Schmidt, Einlage und Haftung des Kommanditisten, 1977, S. 145; für alleinige Anwendbarkeit von §426 Abs. 1 BGB auch im Verhältnis zur Gesellschaft insbes. Heymann/Kötter, HGB, 21. Aufl. 1971, § 128 Anm. 5 (S. 439-440); Schräder, DRiZ 1977, 338.
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dem Verlustanteil entspricht, der nach dem Gesellschaftsvertrag oder dem Gesetz auf den jeweiligen Mitgesellschafter entfällt. Dieser Rückgriffsanspruch gegen andere Gesellschafter läßt sich zutreffend aus 5 426 Abs. 1 Satz 1 BGB herleiten, weil die Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der O H G oder K G „als Gesamtschuldner" haften (§§ 128 Satz 1, 161 Abs. 2 H G B ) 8 . Dagegen kann für den Rückgriff gegenüber Mitgesellschaftern nicht wiederum § 1 2 8 S a t z l ( § 1 6 1 Abs. 2) H G B herangezogen werden, weil mit der Erstattungspflicht der O H G oder K G angeblich eine Gesellschaftsverbindlichkeit im Sinne der genannten Vorschrift gegeben ist9. Denn § 128 Satz 1 (§ 161 Abs. 2) H G B regelt nur das „Verhältnis der Gesellschafter gegenüber Dritten" (vgl. die Überschrift des Gesetzesabschnitts)'". V o r allem aber sind die dargelegten Einschränkungen der Erstattungspflicht von Mitgesellschaftern (Subsidiarität und betragsmäßige Begrenzung) aus § 1 2 8 S a t z l (§161 A b s . 2 ) H G B nicht begründbar. D e r Rückgriff des haftenden Gesellschafters während seiner Mitgliedschaft soll hier nicht vertieft werden. Die dargelegte Rechtslage bildet jedoch den Hintergrund, wenn auf den Rückgriff des ausgeschiedenen Gesellschafters näher einzugehen ist.
2. Die fortdauernde persönliche Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters einer OHG oder KG Es steht grundsätzlich außer Streit, daß die persönliche Haftung des Gesellschafters einer O H G oder K G für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die während seiner Mitgliedschaft begründet worden sind10, bei seinem Ausscheiden fortdauert. Hierzu genügt es festzustellen, daß das Ausscheiden aus einer O H G oder K G nirgends als gesetzlicher Tatbestand qualifiziert ist, der als Rechtsfolge das Erlöschen einer einmal entstandenen Haftungsschuld des Gesellschafters nach sich zieht. In
§159 (§161 Abs. 2) HGB wird demgemäß die Fortdauer der persönli-
chen
Haftung
des ausgeschiedenen Gesellschafters vorausgesetzt und
8 Vgl. namentlich Prediger, Der Gesamtschuldnerausgleich unter den Gesellschaftern einer offenen Handelsgesellschaft während des Bestehens der Gesellschaft, BB 1970, 868. ' So aber offenbar R. Fischer, Anm. zu BGH, LM Nr. 11 zu § 128 H G B ; Großkomm. HGB, Bd.II/1, 3. Aufl. 1973, §128 Anm. 39; A.Hueck, Das Recht der OHG, 4. Aufl. 1971, §18 III 2 (S.268). '* Ein 1895 nur als Manuskript veröffentlichter Vorentwurf zum HGB sah für den späteren § 128 HGB ausdrücklich die Einschränkung vor, „daß die Solidarität der Gesellschafter auf Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter keine Anwendung findet". Vgl. RGZ 59, 142, 144; 77, 102, 104; dazu Häuser (Fn.3), S. 207f. 10 Entscheidend hierfür ist der Zeitpunkt, in dem das Rechtsverhältnis, in aller Regel das Schuldverhältnis im weiteren Sinne, zwischen der Gesellschaft und dem Gläubiger entstanden ist (vgl. Heymann/Kötter [Fn. 7], § 128 Anm. 1 [S. 423]; Hadding, ZGR 1973, 137, 151; Lindacher, JuS 1982, 504, 505).
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nur eine besondere eigene Verjährung der Haftungsschuld angeordnet11. Diese gesetzliche Regelung hat zu den - auch höchstrichterlich12 umstrittenen Fragen nach den zeitlichen Grenzen der fortdauernden Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters geführt, namentlich wenn Dauerschuldverhältnisse der O H G oder KG auf unbestimmte Zeit während seiner Mitgliedschaft begründet worden sind. Auf die hierzu maßgeblichen Erwägungen soll an dieser Stelle nicht erneut eingegangen werden13. Vielmehr wird vorausgesetzt, daß der Gesellschafter einer O H G oder KG im konkreten Fall nach seinem Ausscheiden aufgrund seiner fortdauernden persönlichen Haftung eine Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber einem Dritten hat erfüllen müssen. In seinem privaten Vermögen ist infolge der Haftung mithin eine Einbuße eingetreten, so daß sich für ihn die Frage eines etwaigen Rückgriffs stellt. 3. Der Rückgriff des haftenden Gesellschafters nach seinem Ausscheiden Hat ein ausgeschiedener Gesellschafter einen Gläubiger der O H G oder KG aufgrund seiner fortdauernden persönlichen Haftung befriedigt, so stellt sich auch hier die Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang ein Rückgriff stattfindet. Nahezu stets wird der haftende Gesellschafter aus einer fortbestehenden „werbenden" O H G oder KG ausgeschieden sein. Es kann aber auch vorkommen, daß der Gesellschafter, etwa um eine Sanierung zu erleichtern, erst während der Abwicklung der O H G oder KG ausgeschieden ist und sodann für eine Gesellschaftsverbindlichkeit gehaftet hat. Als Schuldner eines Erstattungsanspruchs kommen wiederum die Gesellschaft oder die anderen Gesellschafter in Betracht. Dabei kann die Gesellschaft als „werbende" O H G (KG) oder möglicherweise erst nach ihrer Auflösung während der Abwicklung auf Erstattung in Anspruch genommen werden. Bei den anderen Gesellschaftern wird es sich in der Regel um Mitglieder der fortbestehenden O H G (KG) handeln. Aber auch ein anderer, ebenfalls ausgeschiedener, jedoch forthaftender Gesellschafter ist ein möglicher Rückgriffsschuldner. Es liegt auf der Hand, daß für den Rückgriff des ausgeschiedenen Gesellschafters, der im Nachhinein noch für eine Verbindlichkeit der O H G oder KG hat einstehen müssen, hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung von einer veränderten Situation auszugehen ist. Der ausgeVgl. dazu Β GHZ 73, 217, 224 m. Bespr. Hadding, ZGR 1981, 577, 588. Vgl. einerseits BGHZ 70,132,136; 87,286,291; BGH NJW 1983,2941; andererseits BAG, NJW 1978, 391; BB 1983, 1542. 13 Vgl. schon Hadding, ZGR 1973,137, 140 ff, 151 ff; Budde, NJW 1979,1637; Ulmerl Wiesner, ZHR 144 (1980), 393; von Stebut, ZGR 1981, 138; Ulmer, BB 1983, 1865; Wiesner, ZIP 1983, 1032. 11
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schiedene Gesellschafter steht nicht mehr als Beteiligter im Gesellschaftsverhältnis zu der Gesellschaft und den anderen Gesellschaftern. Sein Handeln ist nicht mehr durch die gesellschaftsvertragliche Pflicht bestimmt, den Gesellschaftszweck (Betreiben eines Handelsgewerbes, §§105 Abs. 1; 161 Abs. 1 H G B ) zu fördern. Die persönliche Haftung für eine Gesellschaftsschuld kommt auf den ausgeschiedenen Gesellschafter als eine unerwartete Nachwirkung seiner bisherigen Mitgliedschaft zu. In der Auseinandersetzung anläßlich des Ausscheidens aus der Gesellschaft ist die nachträgliche Befreiung der O H G (KG) von einer Verbindlichkeit in der Regel vermögensmäßig (noch) nicht berücksichtigt worden. Im Verhältnis des ausgeschiedenen Gesellschafters zu der Gesellschaft und den verbliebenen Gesellschaftern ist es jedoch mangels einer anderen Vereinbarung an sich selbstverständlich, daß nach dem Ausscheiden ihn kein Risiko aus dem Bereich der Gesellschaft mehr treffen soll. Aus diesen Erwägungen erscheint ein Rückgriff des ausgeschiedenen Gesellschafters, der eine Verbindlichkeit der O H G oder K G getilgt ist, im Ergebnis weniger problematisch als während seiner Mitgliedschaft. Dennoch erweist sich die rechtliche Beurteilung im einzelnen als bislang nicht einheitlich.
II. Ansichten in Rechtsprechung und Lehre 1. Die Urteile des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs a) Das Urteil vom 20.3.1958
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BGHZ27,
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte klarzustellen, daß ein Kommanditist, dem bei seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft die Einlage (teilweise) zurückgewährt worden ist, in dieser Höhe nur denjenigen Gesellschaftsgläubigern persönlich und unmittelbar haftet (vgl. §172 Abs. 4 Satzl H G B ) , die im Zeitpunkt des Ausscheidens und der entsprechenden Eintragung in das Handelsregister schon Gesellschaftsgläubiger waren (sogenannte Altgläubiger). In diesem Zusammenhang hat der II. Zivilsenat hervorgehoben (a. a. O., S. 57), für den ausgeschiedenen Kommanditisten komme „in einem solchen Fall lediglich die Befriedigung der Altgläubiger und seine Freistellung von der persönlichen Haftung diesen gegenüber" in Betracht. Der ausgeschiedene Kommanditist habe dann „nach der Befriedigung der Altgläubiger einen entsprechenden Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft". Der ausgeschiedene Kommanditist könne „mit seinem Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft" nicht auf den Zeitpunkt der Auseinandersetzung der Gesellschaft verwiesen werden. Falls der ausgeschiedene Komman14 Weitere Fundstellen: WM 1958, 553 = NJW 1958, 787 = J Z 1958,438 = MDR 1958, 407 = BB 1958, 424 = LM Nr. 1 zu § 172 HGB, Leitsätze m. Anm. R.Fischer.
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ditist vor der Eröffnung des Gesellschaftskonkurses die alten Gesellschaftsgläubiger aufgrund seiner persönlichen Haftung befriedigt habe, könne er seinen „Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft" im nachfolgenden Gesellschaftskonkurs neben den neuen Gesellschaftsgläubigern als Konkursforderung geltend machen (a. a. O., S. 59). Habe hingegen der ausgeschiedene Kommanditist erst nach Eröffnung des Gesellschaftskonkurses Leistungen an alte Gesellschaftsgläubiger erbracht, habe er keinen Anspruch darauf, im Gesellschaftskonkurs „wegen seines Erstattungsanspruchs gegen die Gesellschaft" beteiligt zu werden (a. a. O., S. 60). Der II. Zivilsenat hat mithin in diesem Urteil - jenseits der besonderen Situation im Konkurs der Gesellschaft - einen Erstattungsanspruch des ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters gegen die Gesellschaft als gleichsam selbstverständlich bejaht, allerdings ohne eine gesetzliche Vorschrift als Rechtsgrundlage zu erwähnen. Offenbar geht der II. Zivilsenat aber davon aus (a. a. O., S. 57), daß die geschuldete „Freistellung von der persönlichen Haftung" gegenüber den Altgläubigern „nach der Befriedigung der Altgläubiger einen entsprechenden Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft" ergibt. Hiermit ist ersichtlich der Anspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters auf Befreiung von den „gemeinschaftlichen Schulden" (§§73S Abs. 1 Satz 2 Fall2 BGB, 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB) als Anknüpfung gewählt worden. Zum Rückgriff gegen andere Gesellschafter ist seinerzeit in einem obiter dictum nur ausgesprochen worden, eine solche Inanspruchnahme sei „zweifelhaft", weil die Gesellschafter während des Bestehens der Gesellschaft „an sich nicht zur Zahlung von Nachschüssen verpflichtet sind" (a.a.O., S.58). b) Das Urteil vom 9. 5.1963 - IHR 124/61 - Β GH Ζ 39, 31915 Ein ausgeschiedener Kommanditist, der von dem Konkursverwalter im Anschlußkonkursverfahren über das Vermögen der Kommanditgesellschaft zur Befriedigung von bevorrechtigten Altgläubigern (§61 Nr. 2 KO) in Anspruch genommen wurde, erhob den Einwand, bei einer Befriedigung dieser Altgläubiger aufgrund seiner Haftung würden deren Forderungen gegen die Gesellschaft gemäß §§426 Abs. 2, 412, 401 BGB mit dem Konkursvorrecht auf ihn übergehen. Dann aber könnte er bevorrechtigte Befriedigung aus der Konkursmasse verlangen, so daß seine Inanspruchnahme gegen Treu und Glauben verstoße (a. a. O., S. 323). Der II. Zivilsenat ist dieser Argumentation gefolgt: Der Kon15 Weitere Fundstellen: WM 1963, 831 = N J W 1963, 1873 = MDR 1963, 741 = BB 1963, 877 = LM Nr. 2—4 zu § 172 HGB, Leitsätze m. Anm. R. Fischer; zugrunde gelegt in BGH, WM 1985, 455, 456.
Z u m Rückgriff des ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters
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kursverwalter verlange mit der Klage die Zahlung eines Betrages, „den er dann unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt an den Beklagten (den ausgeschiedenen Kommanditisten) wieder zurückzahlen müßte" ( a . a . O . , S.326). In diesem Zusammenhang hat der II. Zivilsenat zwar nicht ein Gesamtschuldverhältnis zwischen der Verbindlichkeit der Gesellschaft und der Haftungsschuld des ausgeschiedenen Gesellschafters bejaht ( a . a . O . , S.324), jedoch gleichwohl die Anwendung des §426 A b s . 2 B G B als gerechtfertigt angesehen, „weil die Interessenlage in dieser Hinsicht mit den Verhältnissen bei einem gewöhnlichen Gesamtschuldverhältnis übereinstimmt". D e m ausgeschiedenen Gesellschafter, der einen Altgläubiger befriedigt habe, sei „wie einem zahlenden Gesamtschuldner das Recht aus §426 A b s . 2 B G B zuzubilligen" ( a . a . O . , S. 325). Solange der haftende Gesellschafter der O H G oder K G angehöre, sei im Verhältnis zu der Gesellschaft keine Gesamtschuld gegeben, so daß „schon deshalb für eine unmittelbare Anwendung des §426 Abs. 2 B G B kein R a u m " sei. Aber auch für eine entsprechende Anwendung des §426 Abs. 2 B G B bestehe hier „kein hinreichender Anlaß", weil für den Rückgriff des haftenden Gesellschafters auf die Gesellschaft „die Vorschrift des §110 H G B maßgeblich" sei ( a . a . O . , S.323-324). Hingegen könne „der Erstattungsanspruch, der dem ausgeschiedenen Gesellschafter bei Befriedigung eines Altgläubigers gegen die Gesellschaft zusteht, nicht aus §110 H G B hergeleitet werden". Denn diese Vorschrift setze voraus, „daß die Aufwendung von einem der Gesellschaft angehörenden Gesellschafter erbracht wird" (a. a. O., S. 324). Außerdem könnten bei dem Erstattungsanspruch nach §110 H G B „gesellschaftsrechtliche Gesichtspunkte" zu einer Einschränkung nach Maßgabe der für das Gesellschaftsverhältnis geltenden Vorschriften führen; das werde der hier gegebenen Interessenlage nicht gerecht, weil der ausgeschiedene Gesellschafter - jedenfalls insoweit - „irgendwelchen gesellschaftlichen Bindungen nicht mehr unterliegt" (a. a. O., S. 324-325). Die „praktische Bedeutung" des Rechts aus §426 Abs. 2 B G B liege im wesentlichen darin, daß dem ausgeschiedenen Gesellschafter bei seinem Rückgriff zuzubilligen sei, daß er „auch auf die Sicherheiten und Vorrechte greifen kann, die zugunsten der Forderung des Gläubigers bestanden haben" ( a . a . O . , S.325; gedacht ist offenkundig an §§412, 401 B G B ) . In den Entscheidungsgründen folgt eine petitio principii: „ D a der ausgeschiedene Gesellschafter in vollem Umfang Erstattung der von ihm erbrachten Zahlung verlangen kann und dabei keinen gesellschaftlichen Bindungen mehr unterworfen ist, ist insoweit seine Rechtsposition noch eine schutzwürdigere, als sie im Regelfall einem zahlenden Gesamtschuldner zukommt" (a. a. O., S. 325). O b aber der ausgeschiedene Gesellschafter in vollem Umfang Erstattung verlan-
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gen kann, war gerade erst zu begründen und konnte deshalb nicht als „erst-recht"-Argument verwendet werden, um die Anwendbarkeit des §426 Abs. 2 BGB zu rechtfertigen, der seinerseits (anstelle von §110 Abs. 1 HGB) den Erstattungsanspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters überhaupt stützen soll. Im Ergebnis hat der II. Zivilsenat in diesem Urteil den Erstattungsanspruch des ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters aus einer offenbar entsprechenden Anwendbarkeit des §426 Abs. 2 Satz 1 BGB hergeleitet. Auf §738 Abs. 1 Satz 2 Fall2 BGB als mögliche Anknüpfung ist nicht eingegangen worden. c) Das Urteil vom 14.11.1977 - II2R35/77 - WM 1978, 11416 Der durch Übertragung seines Anteils ausgeschiedene Komplementär einer Kommanditgesellschaft war als früherer Gesellschafter auf Nachzahlung von Gewerbesteuern in Anspruch genommen worden und verlangte von der Beklagten, die das Handelsgeschäft von der aufgelösten Kommanditgesellschaft erworben hatte und fortführte, die Erstattung des geleisteten Betrags (§ 25 Abs. 1 HGB). Der II. Zivilsenat bestätigte zunächst unter Hinweis auf die Urteile B G H Z 27, 51, 57 und B G H Z 39, 319, 323 ff allgemein, daß der aus einer Personengesellschaft des Handelsrechts ausgeschiedene Gesellschafter, der aufgrund seiner fortbestehenden Haftung einen Gesellschaftsgläubiger befriedigt, einen entsprechenden Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft erwirbt. Der ausgeschiedene Komplementär habe zwar nach der Auslegung des Bundesfinanzhofs für die seinerzeit geltende Fassung von § 5 Abs. 1 GewStG keine Verbindlichkeit der Gesellschaft, sondern eine ihn und die anderen früheren Gesellschafter persönlich treffende Verbindlichkeit erfüllt. Die Steuerforderung, „die der Kläger mit deren Begleichung nach § 426 Abs. 2 BGB - ganz oder teilweise - erworben hat", richte sich daher „nicht gegen die Gesellschaft, sondern nur gegen die früheren Mitgesellschafter". Im Verhältnis der Gesellschafter zueinander, auf das es hier allein ankomme, sei jedoch die Gewerbesteuerschuld „eine Verbindlichkeit der Gesellschaft als solcher" gewesen, da im Innenverhältnis jeder Gesellschafter außer einem etwaigen Verlustausgleich nur den von ihm versprochenen Beitrag schuldet. Wäre der ausgeschiedene Komplementär bei seiner Heranziehung zur Gewerbesteuer noch Gesellschafter gewesen, hätte er daher „gemäß §110 Abs. 1 H G B auch diese Zahlung aus der Gesellschaftskasse ersetzt verlangen können". Einen solchen Ersatzanspruch habe der Komplementär aber „auch nach seinem Ausscheiden". Abgesehen von einer etwa entgegenstehenden besonderen Vereinbarung gebe es keinen Grund, dem Komplementär " Weitere Fundstelle: DB 1978, 627.
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„den Aufwendungsersatz nur deshalb zu versagen, weil er nicht schon vor, sondern erst nach seinem Ausscheiden zur Gewerbesteuer herangezogen worden ist". Sein Erstattungsanspruch ergibt sich in diesem Falle „zwar nicht mehr aus §110 H G B (vgl. dazu BGHZ 39, 319, 323 ff), wohl aber aus §670 B G B " . Der II. Zivilsenat hat also in diesem Urteil mit § 670 B G B wiederum eine andere Rechtsgrundlage für den Rückgriffsanspruch des ausgeschiedenen haftenden Gesellschafter genannt. Der Erstattungsanspruch beruhe „nicht auf dem Gesellschaftsverhältnis, sondern darauf, daß er nach seinem Ausscheiden - im Außenverhältnis zu Recht, im Verhältnis zur Gesellschaft dagegen, ohne noch Schuldner zu sein - zur Gewerbesteuer herangezogen worden ist und insoweit nachträglich etwas für die Gesellschaft aufgewandt hat". Ob §670 B G B hier durch eine Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff BGB) erschlossen wird, ist freilich offen geblieben17. Die vom II. Zivilsenat verwendete Formulierung „im Verhältnis zur Gesellschaft..., ohne noch Schuldner zu sein" läßt sich möglicherweise so verstehen; sie deutet aber auch auf die Schuldbefreiungspflicht der Gesellschaft gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter nach §738 Abs. 1 Satz2 Fall2 B G B hin. Dann paßt allerdings § 670 B G B schwerlich in den systematischen Bezugsrahmen. d) Das Urteil vom 2. 7.1979 - II ZR 132/78 -, WM 1979, 1282, und das Urteil vom 20.10.1980 - II ZR 257179 -, WM 1981, 139 In den genannten Urteilen war jeweils über den Rückgriff des Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegen einen anderen Gesellschafter zu befinden. aa) Im ersten Fall18 hatte ein ausgeschiedener Gesellschafter unter anderem Gesellschaftsgläubiger befriedigt, denen alle Gesellschafter gesamtschuldnerisch hafteten. Der II. Zivilsenat stellt fest, daß ihm gegen seine Mitgesellschafter „ein anteiliger Ausgleichsanspruch nach §426 B G B zustehen" kann. Für die subsidiäre Ausgleichspflicht der Mitgesellschafter gegenüber einem der Gesellschaft angehörenden Gesellschafter (BGHZ 37, 299, 303) genüge es, „daß der Gesellschaft zur Bezahlung frei verfügbare Mittel nicht zur Verfügung stehen". Der ausgeschiedene Gesellschafter stehe im übrigen „nicht mehr innerhalb der Rechtsbeziehung, zu deren Inhalt es mit Selbstverständlichkeit gehört, daß Gesellschaftsverbindlichkeiten in erster Linie von der 17 Ein Auftrag (§662 BGB) scheidet aus. Auch §713 BGB (§§105 Abs. 2; 161 Abs. 2 H G B ) kann hier nicht zu § 670 BGB hinführen, weil für die O H G oder KG insoweit § 110 Abs. 1 (§ 161 Abs. 2) H G B gilt. Dem Bundesgerichtshof hinsichtlich der Anwendbarkeit von § 6 7 0 BGB zustimmend: Baumbach/Duden/Hopt (Fn. 6), §128 Anm. 5 A . 1!
W M 1979, 1282 = N J W 1980, 340.
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Gesellschaft zu begleichen sind". Deshalb sei er „nicht generell gehindert", sich an einen in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschafter zu halten. Dem könne nur eine „besondere Vereinbarung" entgegenstehen. Den Rückgriff des ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters gegen andere gesamtschuldnerisch haftende Gesellschafter im Sinne eines „anteiligen Ausgleichsanspruchs" hat der II. Zivilsenat also eindeutig, aber undifferenziert auf „§ 426 BGB" gestützt. Dabei ist in diesem Urteil angedeutet, daß der ausgeschiedene Gesellschafter die anderen Gesellschafter nicht nur hilfsweise in Anspruch nehmen könne. Denn „jene Grundsätze" (BGHZ 37, 299, 303) gelten „ohnehin nur für die der Gesellschaft angehörenden Gesellschafter". Diese praktisch sehr wichtige Aussage ist auch für den Rückgriff des aus einer O H G oder KG ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters gegen andere Gesellschafter zu beachten, weil auch hier die Gesellschafter untereinander „als Gesamtschuldner" dem Gesellschaftsgläubiger haften (§§ 128 Satz 1; 161 Abs. 2 HGB). bb) Im zweiten Fall19 wurde gegen einen Gesellschafter Rückgriff genommen, der seinerseits durch Veräußerung des Anteils aus der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgeschieden war. Der II. Zivilsenat bestätigt, daß der persönlich als Gesamtschuldner haftende Gesellschafter, der einen Gläubiger der Gesellschaft tatsächlich durch Leistung befriedigt hat, von seinen Mitschuldnern anteilmäßig Ausgleichung verlangen kann, wenn im Innenverhältnis nichts anderes bestimmt ist (§ 426 Abs. 1 BGB). Es wird jedoch erneut betont, daß „ein Gesellschafter, der einen Gesellschaftsgläubiger befriedigt hat, entgegen der Regel des § 426 Abs. 1 BGB im allgemeinen seine Mitgesellschafter nicht auf Ausgleich in Anspruch nehmen kann, sondern sich an das Gesellschaftsvermögen halten muß, weil Gesamthandsverpflichtungen grundsätzlich aus der Gesellschaftskasse zu begleichen sind; nur wenn eine solche Befriedigung nicht möglich ist, kann er sich an die Mitgesellschafter wenden". Diese Subsidiarität des Rückgriffs gegen andere Gesellschafter gelte auch zugunsten eines ausgleichspflichtigen ausgeschiedenen Gesellschafters, weil „es keinen Grund dafür gibt, daß sich seine Rechtsstellung insoweit verschlechtern könnte" (a. a. O., S. 140). Auch dann, wenn im Gesellschaftsvermögen keine flüssigen Mittel, sondern nur Grundstücke zur Verfügung stehen, bleibe der Rückgriff gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter subsidiär, weil ihn „die inneren Verhältnisse der Gesellschaft nichts mehr angehen". In dem wiedergegebenen Urteil war mithin nicht über den Rückgriff zugunsten eines ausgeschiedenen Gesellschafters, sondern gegen den " WM 1981, 139 = N J W 1981, 1095.
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ausgeschiedenen Gesellschafter zu entscheiden. Der II. Zivilsenat geht hier für den Rückgriff nach Begleichung von Gesellschaftsschulden sogar von einer gleichsam verstärkten Subsidiarität der Ausgleichspflicht des ausgeschiedenen Gesellschafters nach § 426 Abs. 1 Satz 1 B G B aus. 2. Ansichten in der Lehre a) Zum Rückgriff gegen die OHG oder KG Für den Rückgriff des ausgeschiedenen Gesellschafters gegen die O H G oder K G wird wohl überwiegend die weitere Anwendbarkeit von §110 Abs. 1 H G B verneint, weil der Rückgriffsgläubiger eben nicht mehr „Gesellschafter" sei. Statt dessen lasse sich der Rückgriffsanspruch gegen die Gesellschaft „aus § 426 B G B ableiten"20. Dabei wird nur zum Teil deutlich unterschieden zwischen §426 Abs. 1 Satz 1 B G B , der einen Ausgleichsanspruch begründet, und §426 Abs. 2 B G B , der ihn schon voraussetzt21. Demgegenüber wird aber auch vertreten, daß der ausgeschiedene Gesellschafter wegen seiner bisherigen Gesellschaftereigenschaft in Anspruch genommen worden sei; deshalb sei er hinsichtlich des Ausgleichs einem Gesellschafter gleichzustellen, so daß §110 Abs. 1 H G B entsprechend anwendbar bleibe22. Flume23 meint, es sei weder „auf §110 H G B zu rekurrieren", noch „könnte oder müßte" §426 B G B herangezogen werden. Denn für den ausgeschiedenen Gesellschafter sei „maßgebend das Rechtsverhältnis aufgrund des Ausscheidens (§738 B G B ) " . In aller Regel bestehe danach „ein voller Ausgleichsanspruch gegen die Gesellschaft". Auf diesen Ausgleichsanspruch wendet Flu me" dann aber §426 Abs. 2 B G B an. Von anderen Autoren wird der Rückgriffsanspruch gegen die O H G oder K G - mindestens zugleich neben jeweils einer anderen Rechtsgrundlage - ebenfalls auf §§738 Abs. 1 Satz2 B G B , 105 Abs.2; 161 Abs.2 H G B gestützt. Deshalb bestehe für eine analoge Heranziehung des §110 Abs. 1 H G B „kein echte Bedürfnis" 25 . So H. Westermann (Fn.7), Rdn. 372.1. Vgl. R.Fischer (Fn.9), Anm.60: §426 Abs.2 B G B ; Heymann/Kötter (Fn. 7): § 4 2 6 Abs. 1 B G B ; Komblum (Fn.6), S.192: § 4 2 6 Abs.l Satzl und Abs. 2 Satzl B G B ; Reinhardt/Schultz (Fn.6), Rdn. 130 („entsprechende Anwendung" der Gesamtschuldregeln, insbes. des § 4 2 6 Abs. 2 BGB); Baumbach/Duden/Hopt (Fn. 6): § 670 BGB und § 4 2 6 Abs. 2 BGB. 22 Vgl. Schumann, J Z 1958, 427; Schlegelherger/Geßler, HGB, 4. Aufl. Bd. 2, 1963, §128 Rdn. 28; Hadding, JuS 1968, 173, 177 Erl. 16; J.Blomeyer, BB 1968, 1461, 1463 Fn. 18; offenbar auch A. Hueck (Fn. 9), § 29 II 5 c (S. 461): „Ersatz d e r . . . für die Erfüllung der Gesellschaftsschuld gemachten Aufwendungen". 23 Die Personengesellschaft, 1977, § 1 6 II 2 c (S.297). 2,1 A . a . O . (Fn.23), § 1 6 II 2 c (S.297-298). 25 Vgl. Schumann, J Z 1958, 427; Kornblum (Fn.6), S.192. 20 21
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b) Zum Rückgriff gegen andere Gesellschafter Als Rechtsgrundlage des Rückgriffsanspruchs für den ausgeschiedenen Gesellschafter gegen andere Gesellschafter wird einerseits §426 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BGB angeführt, andererseits soll hier auch § 128 Satz 1 H G B anwendbar sein26. Ferner wird vertreten, der Ausgleichsanspruch ergebe sich „bezüglich der Gesellschafter auch aus § 738 Satz 2 BGB"27. Flume2' hält „ . . . gegen die Gesellschafter" ebenfalls „das Rechtsverhältnis aufgrund des Ausscheidens (§738 BGB)" für maßgebend, ergänzt aber, es bestehe für den ausgeschiedenen Gesellschafter, wenn nichts anderes vereinbar ist, „die Besonderheit, daß ihm die der Gesellschaft angehörenden Gesellschafter als Gesamtschuldner haften". Der Rückgriff des ausgeschiedenen Gesellschafters, der eine Verbindlichkeit der O H G oder KG erfüllt hat, gegen die anderen Gesellschafter wird offenbar einhellig nicht mehr im Umfang entsprechend dem Verlustanteil begrenzt, sondern voll zuerkannt 29 . Allerdings ist vertreten worden, daß dieser Rückgriff „aus Gründen einer nachwirkenden Treuepflicht" weiterhin nur hilfsweise in Betracht kommen soll, „sofern das Gesellschaftsvermögen keine oder keine hinreichende Befriedigung ermöglicht"30. III. Stellungnahme 1. Der Rückgriff des aus der „werbenden" OHG oder KG ausgeschiedenen Gesellschafters gegen die Gesellschaft Hat ein bisheriger Gesellschafter, der aus der fortbestehenden „werbenden" O H G oder KG ausgeschieden ist, aufgrund seiner fortdauernden Haftung eine Verbindlichkeit der Gesellschaft erfüllt, so ist in erster Linie nach der Rechtsgrundlage für einen Rückgriffsanspruch gegen die Gesellschaft zu fragen. a) Anwendbarkeit von §426 Abs. 1 Satz 1 und/oder §426 Abs. 2 Satz 1 BGB f Sowohl der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGHZ 39, 319, 325) als auch ein Teil der Lehre rechtfertigen den Rückgriff des ausge26 Vgl. Kornblum (Fn.6), S.192: „hier... §§128 Satzl HGB, 426 I I und III BGB"; H. Westermann (Fn. 7), Rdn. 372.1: „nach BGB als Gesamtschuldner und nach §128". Anscheinend nur §128 HGB für anwendbar halten R.Fischer (Fn.9), Anm.47 a.E., 60; Α. Η neck (Fn.9), §29 II 5 c (S. 461). 27 H. Westermann (Fn. 7), Rdn. 372.1. 2> A. a. O. (Fn. 23), § 16 II 2 c (S. 297 und 298). 29 Vgl. Kornblum (Fn. 6), S. 193; H. Westermann (Fn. 7), Rdn. 372.1. 30 Vgl. Komblum (Fn.6), S.193; a.A. offenbar BGH, WM 1979, 1282 (vgl. oben II. I.d, aa, bei Fn. 18).
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schiedenen haftenden Gesellschafters gegen die OHG oder KG unter Hinweis auf §426 Abs. 1 Satz 1 und/oder §426 Abs. 2 Satzl BGB 31 . Dabei wird offenbar für die Zeit nach dem Ausscheiden des Gesellschafters davon ausgegangen, daß die Verbindlichkeit der Gesellschaft (§§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 H G B ) und die fortbestehende gesetzliche Haftungsschuld des Gesellschafters (§§ 128 Satz 1,161 Abs. 2 HGB) eine Gesamtschuld im Sinne der §§ 421-426 B G B bilden oder jedenfalls eine übereinstimmende Interessenlage gegeben sei. Warum angeblich eine solche Gesamtschuld nach dem Ausscheiden besteht, wird meistens nicht näher erläutert. Das verwundert um so mehr, als zum Verhältnis der Gesellschaftsverbindlichkeit und der Haftungsschuld der Gesellschafter während der Mitgliedschaft nahezu einhellig keine Gesamtschuld angenommen wird, weil § 128 Satz 1 H G B eine Gesamtschuld ausdrücklich nur unter den haftenden Gesellschaftern anordnet52. Wenn nun allein infolge des Ausscheidens nachträglich doch eine Gesamtschuld entstehen soll, müßte dies besonders begründet werden. Anscheinend wirkt sich hier noch die früher überwiegend vertretene „Identitätstheorie" aus, die für die Gesellschaftsverbindlichkeit und die Haftungsschulden der Gesellschafter eine „einheitliche Schuld mit verschiedenen Haftungsobjekten" annahm und sich sodann genötigt sah, beim Ausscheiden eines Gesellschafters die zuvor angenommene „Identität" von Gesellschaftsverbindlichkeit und Haftungsschuld des Gesellschafters in mehrere Schulden aufzugliedern33. Wer freilich im Sinne der heute fast einhelligen Auffassung schon während der Mitgliedschaft klar zwischen Verbindlichkeiten der Gesellschaft und den gesetzlichen Haftungsschulden der Gesellschafter trennt, hat keinen Grund, diese Verbindlichkeiten nur infolge des Ausscheidens des Gesellschafters nachträglich als Gesamtschulden zu qualifizieren. Trifft es zu, daß Gesamtschulden nur entstehen können, wenn ein rechtsgeschäftlicher oder gesetzlicher Tatbestand erfüllt
Vgl. die Angaben in Fn.20, 21. Vgl. A.Hueck (Fn.9), §21 II 7; H. Westermann (Fn.7), Rdn.357, 363; Baumbach/ Duden/Hopt (Fn. 6), § 128 Anm. 2 C, 4 A. 53 Vgl. auch noch die Formulierung bei Wiedemann (Fn. 6), § 5 IV l c (S.285): Der ausgeschiedene Gesellschafter nehme eine „Sonderstellung" ein, „weil sich bei ihm, wie die §§ 159 ff H G B belegen, die Gesellschafterverpflichtung mit dem Austritt verselbständigt" (Hervorhebung nicht im Original); dabei meint Wiedemann (a.a.O., S.283), das Akzessorietätsmodell beinhalte „als einziges eine den §§128, 129, 161 Abs. 2 H G B gerecht werdende Deutung". Gerade nach diesen Vorschriften aber richtet sich auch die Haftung Baumbach/Duden/ des ausgeschiedenen Gesellschafters! Nicht sehr klar insoweit ferner Hopt (Fn.6), §128 Anm. 5 A : Das Verhältnis zur Gesellschaft werde „der Gesamtschuld . . . ähnlicher". Kritisch zur Identitätstheorie als Ausgangspunkt schon Hadding, ZGR 1973, 137, 144. 145 m . w . N . Fn.25. 31
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ist, der diese Rechtsfolge nach sich zieht34, so fehlt es zweifelsfrei an einer solchen Regelung für das Ausscheiden des Gesellschafters aus einer O H G oder KG. Auch unabhängig hiervon ist nicht erkennbar, mit welcher Begründung das Verhältnis von Haftungsschuld des Gesellschafters und Gesellschaftsverbindlichkeit, das bei der O H G oder KG gegenwärtig mit Recht ganz überwiegend im Sinne einer rechtlichen Abhängigkeit (Akzessorietät) aufgefaßt wird35, infolge des Ausscheidens des Gesellschafters nunmehr (zusätzlich?) als eine Gesamtschuld zu beurteilen sein soll36. Statt dessen ist zu betonen, daß Akzessorietät im Sinne einseitiger rechtlicher Abhängigkeit und Gesamtschuld im Sinne der §§421-426 BGB einander ausschließen. Die fortbestehende akzessorische Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters ändert nicht ihren Inhalt und Umfang; sie kann nicht im Verhältnis zur Verbindlichkeit der O H G oder KG (zusätzlich?) nach den Vorschriften über die Gesamtschuld beurteilt werden. Angesichts der gesetzlichen Akzessorietät der Haftungsschuld des Gesellschafters einer O H G oder KG (vgl. insbesondere §§129; 161 Abs.2 HGB) fehlt es für eine etwa nur entsprechende Anwendung von Vorschriften über die Gesamtschuld an einer Regelungslücke. Wie schon für den Rückgriff des haftenden Gesellschafters während seiner Mitgliedschaft dargelegt37, scheidet also § 426 Abs. 1 Satzl und/oder §426 Abs. 2 Satzl BGB auch für den ausgeschiedenen Gesellschafter als Rechtsgrundlage eines Ausgleichsanspruchs gegen die O H G oder KG aus. Wenn statt dessen der Rückgriff des ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters gegen die Gesellschaft entsprechend §110 Abs. 1 (§161 Abs. 2) H G B und anknüpfend an § 738 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB (§§ 105 Abs. 2; 161 Abs. 2 HGB) begründet werden kann38, so sind diese 34
Vgl. Brox, Allgemeines Schuldrecht, 11.Aufl. 1983, Rdn.429; Esser/E.Schmidt, Schuldrecht, Bd.I, 6. Aufl. 1984, §391; Medicus, Schuldrecht I, 2. Aufl. 1984, §69 II2b; Fikentscher, Schuldrecht, 7. Aufl. 1985, §62 III. 35 Vgl. namentlich Flume, FS Reinhardt, 1972, S.223, 227; ders., FS Knur, 1972, S. 125, 127; ders. (Fn.23), §16 II 2 a; Hadding, ZGR 1973, 137, 147; Beuthien, DB 1975, 725, 726; Reinhardt/Schultz (Fn.6), Rdn. 125, 128; Geßler, ZGR 1978, 251, 256-257; Wiedemann (Fn.6), §5 IV l c ; Lindacher, JuS 1981, 578, 580; Kraft/Kreutz (Fn.6), S. 155; Hüffer (Fn.6), S. 140f. 36 Warum Flume (Fn.23), §16 II 2a (S.288), das Nebeneinander von Gesellschaftsschuld und Haftungsverbindlichkeit „zwar als Gesamtschuldverhältnis" einordnet, obwohl dies wegen des bestimmenden Akzessorietätsprinzips - abgesehen von §426 Abs. 2 BGB - „ohne Belang ist", bleibt schwer verständlich (vgl. schon Hadding, ZGR 1981, 577, 589 Fn.34). Gegen die Anwendbarkeit des §426 Abs.2 BGB bei Inanspruchnahme eines ausgeschiedenen Gesellschafters auch Dünnger/Hachenburg!Flechtheim, HGB, 3. Aufl. Bd. II/2 1932, § 128 Anm. 12 a. E. 37 Vgl. oben 1.1. (bei Fn.7). 38 Vgl. unten I l l . l . b und c.
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Ansprüche ihrerseits nicht geeignet, etwa wenigstens die Anwendbarkeit des §426 Abs. 2 Satz 1 B G B zu erschließen39. Denn auch §426 Abs. 2 B G B setzt eindeutig eine Gesamtschuld und einen Anspruch auf Ausgleichung gegen andere Gesamtschuldner voraus. Hieran fehlt es im Verhältnis zu der Gesellschaft. Es genügt auch nicht, eine angeblich übereinstimmende „Interessenlage" darzulegen, für die man meint, daß ein gesetzlicher Forderungsübergang gemäß § 426 Abs. 2 Satz 1 B G B mit der Folge des Ubergangs von akzessorischen Sicherheiten und Vorzugsrechten (§§412, 401 B G B ) wegen besonderer „Schutzwürdigkeit" des ausgeschiedenen Gesellschafters gerechtfertigt sei40. Zwar mag es zutreffen, daß für den ausgeschiedenen Gesellschafter die etwa „auf ihn übergegangenen Sicherungen auch gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft von Wert (sind), soweit es sich um Neugläubiger handelt, welchen er nicht haftet" 41 . O b aber dem ausgeschiedenen Gesellschafter dieser Vorteil von Rechts wegen zukommt, wäre doch gerade erst anhand einer aus dem Gesetz erkennbaren Wertung zu begründen. Ein solcher gesetzlicher Anhaltspunkt ist nicht auszumachen. Warum der ausgeschiedene Gesellschafter bei seinem Rückgriff gegen die O H G oder K G besser gestellt sein soll als während seiner Mitgliedschaft, aus der seine fortdauernde Haftung noch resultiert, ist schwerlich einzusehen. b) Entsprechende Anwendbarkeit
des § 110 Abs. 1 HGB
Ist man nahezu einhellig der Auffassung, daß der Rückgriff des haftenden Gesellschafters während seiner Mitgliedschaft auf eine zumindest entsprechende Anwendung des § 110 Abs. 1 (§ 161 Abs. 2) H G B zu stützen ist42, dann sollte diese Rechtsgrundlage auch zum Rückgriff des ausgeschiedenen Gesellschafters nicht mit dem Hinweis abgetan werden, der Rückgriffsgläubiger sei jetzt nicht mehr „Gesellschafter", wie es in §110 Abs. 1 H G B vorausgesetzt wird. Zunächst steht fest, daß auch der ausgeschiedene Gesellschafter mit der Erfüllung der Gesellschaftsschuld zumindest entsprechend den Tatbestand des §110 Abs. 1 H G B erfüllt, nämlich entweder „in den Gesellschaftsangelegenheiten Aufwendungen" gemacht oder „unmittelbar durch seine Geschäftsführung... Verluste" erlitten hat. Vor allem aber ist der ausgeschiedene Gesellschafter noch unmittelbar nach § 128 Satz 1 H G B , das heißt wegen seiner bisherigen
" So aber offenbar Flume (Fn.23), § 1 6 II 2 c (S. 297-298), der „das Rechtsverhältnis aufgrund des Ausscheidens (§ 738 BGB)" zum Ausgangspunkt für die angebliche Anwendbarkeit des §426 Abs. 2 BGB nimmt. 40 So B G H Z 39, 319, 325. 41 So Flume (Fn. 39). 42 Vgl. die Angaben in Fn. 6.
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Stellung als „Gesellschafter", in Anspruch genommen worden. Wenn die Gesellschaftereigenschaft im Zeitpunkt der Entstehung der Gesellschaftsschuld tatbestandlich dafür ausreicht, daß der Betroffene auch nach seinem Ausscheiden für diese Gesellschaftsschuld noch haftet (§§ 128 Satz 1, 159 HGB), dann sollte die bisherige Gesellschaftereigenschaft auch für die Begründung des zugehörigen Rückgriffsanspruchs entsprechend §110 Abs. 1 HGB eine hinreichende tatbestandliche Anknüpfung bilden43. Diese rechtliche Beurteilung läßt sich durch folgende Erwägung unterstützen: Haftet ein ausgeschiedener Gesellschafter für eine an sich erst nach seinem Ausscheiden entstandene Gesellschaftsschuld, weil sein Ausscheiden in diesem Zeitpunkt noch nicht in das Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht war (§§ 143 Abs.2, Abs. 1, 15 A b s . l ; 128 Satzl; 161 Abs.2 HGB), so wird man schwerlich zögern, diesem „als ob-Gesellschafter" vor der Eintragung und Bekanntmachung seines Ausscheidens den Rückgriffsanspruch gegen die O H G oder K G entsprechend §110 Abs. 1 H G B zuzuerkennen, obwohl er tatsächlich schon wirksam aus der Gesellschaft ausgeschieden ist. Es kommt mithin weder für die Haftung noch für den Rückgriff darauf an, ob der Betroffene gerade in diesem Zeitpunkt noch „Gesellschafter" ist. Die entsprechende Anwendung des §110 Abs.l H G B , um den Rückgriff auch für den ausgeschiedenen Gesellschafter zu begründen, könnte demnach allenfalls mit dem Argument auf methodischer Ebene bekämpft werden, der Ausgleichsanspruch gegen die O H G oder K G ergebe sich schon aus einer anderen gleichrangigen und ohne weiteres unmittelbar heranzuziehenden Regelung. Das ist jedoch, wie sich sogleich erweisen wird, nicht der Fall. c) Anwendbarkeit der §§738 Abs. 1 Satz 2 Fall2 105 Abs. 2 (161 Abs. 2) HGB
BGB,
Der ausgeschiedene Gesellschafter ist, wenn die Beteiligten nichts anderes vereinbart haben, von den „gemeinschaftlichen Schulden", die aus dem Gesellschaftsvermögen zu begleichen sind (vgl. §§ 733 Abs. 1 Satz 1, 735 Satz 1 BGB), das heißt von Gesellschaftsschulden, freizustellen. Verpflichtet hierzu sind „die übrigen Gesellschafter" als gesamthänderische Träger des Gesellschaftsvermögens, das heißt die Gesellschaft44. Wie die O H G oder K G den ausgeschiedenen Gesellschafter von den Gesellschaftsschulden „zu befreien" hat, ist gesetzlich nicht festgelegt. Die Schuldbefreiung kann in erster Linie dadurch geschehen, daß die Gesellschaft ihre Verbindlichkeit durch Erfüllung oder gleichstehende So auch die in Fn. 22 Genannten. Vgl. Schumann, J Z 1958, 427; A.Hueck (Fn.9), § 2 9 II 5 c ; irrig H. (Fn.7), Rdn.372.1: „bezüglich der Gesellschafter... §738, S.2 BGB". 43 44
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Maßnahmen (§§362 ff BGB) zum Erlöschen bringt. Die Gesellschaft kann auch mit dem Gläubiger vereinbaren, daß der ausgeschiedene Gesellschafter aus seiner Haftung entlassen wird45. Hat aber der ausgeschiedene Gesellschafter gleichwohl eine Gesellschaftsschuld tilgen müssen, so läßt sich durch Auslegung das Ergebnis gewinnen, daß der Inhalt der Freistellungsverpflichtung der O H G oder KG nunmehr dahin geht, dem Gesellschafter die an den Gläubiger erbrachte Leistung zu erstatten46. Hält man jedoch eine solche Auslegung für zu weitgehend, so läßt sich der Rückgriffsanspruch des ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters jedenfalls als Schadenersatzanspruch wegen zu vertretender Nichterfüllung der Schuldbefreiungspflicht nach §738 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB (positive Forderungsverletzung) auf seiten der O H G oder KG begründen. Schließlich kann man alternativ zu der in erster Linie befürworteten Auslegung vertreten, daß die Gesellschaft, soweit ihre Schuld gegenüber dem Gläubiger durch die Leistung des haftenden Gesellschafters erloschen ist, ihrerseits von der Freistellungspflicht gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter befreit ist und ihm den Wert dieser erlangten Schuldbefreiung wegen ungerechtfertigter Bereicherung herauszugeben hat (§§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1, 818 Abs. 2 BGB)47. Insgesamt kann festgehalten werden, daß der Rückgriffsanspruch des ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters gegen die O H G oder KG anknüpfend an den Schuldbefreiungsanspruch gemäß §738 Abs. 1 Satz2 Fall 2 BGB (§§ 105 Abs. 2; 161 Abs. 2 HGB) durch Auslegung oder als Schadenersatzanspruch wegen positiver Forderungsverletzung oder als Wertersatzanspruch wegen einer Schuldbefreiung herleitbar ist. d) Verhältnis von §110 Abs. 1 HGB entsprechend und § 738 Abs. 1 Satz 2 Fall2 BGB als Anknüpfung Stellt man nach den Ausführungen zu §738 Abs. 1 Satz 2 Fall2 BGB die schon erwähnte Frage, ob für eine entsprechende Anwendung des §110 Abs. 1 H G B als Rechtsgrundlage für den Rückgriff des ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters mit der schon dargelegten Begründung Raum bleibt, so kann die Antwort meines Erachtens bejahend ausfallen. Denn auch § 738 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB ergibt bei näherem Zusehen nicht unmittelbar und ohne weiteres den Rückgriffsanspruch des ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters. Vielmehr bedarf es zusätzlicher 45
Vgl. A.Hueck (Fn. 44); Münch.Komm.-Wmer, Bd.3/2, 1980, §738 Rdn.53; Soergel/Η adding, BGB, 11. Aufl. Bd. 4, 1985, §738 Rdn.6. 44 So offenbar BGHZ 27, 51, 57 (vgl. oben II. l.a); ferner Hadding, Die HGBKlausur, 1980, S. 140. " Für die beiden zuletzt genannten Anspruchsgrundlagen (positive Forderungsverletzung und Bereicherungsherausgabe) als Alternative zur Auslegung des §738 Abs. 1 Satz 2 Fall2 BGB: Hadding (Fn.46).
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rechtlicher Erwägungen, um die Rechtsfolge eines Erstattungsanspruchs zugunsten des bisherigen Gesellschafters in Anknüpfung an §738 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB zu begründen. Letztlich erweist sich deshalb §110 Abs. 1 (§ 161 Abs. 2) H G B selbst bei einer nur entsprechenden Anwendbarkeit als die für einen Ausgleich von Haftungsfolgen im Verhältnis zu der O H G oder KG sachnähere Regelung mit dem Vorzug der systematischen Parallele zur Rechtslage hinsichtlich des Rückgriffs während der Mitgliedschaft des haftenden Gesellschafters. Eine Begründung des Rückgriffsanspruchs des ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters auf der Grundlage der Schuldbefreiungspflicht der Gesellschaft gemäß § 738 Abs. 1 Satz 2 Fall2 BGB wird dadurch nicht verdrängt, schließt aber ihrerseits die entsprechende Heranziehung des §110 Abs. 1 (§161 Abs. 2) HGB nicht aus. e) Ausscheiden aus der zweigliedrigen OHG oder KG Die Erwägungen zum Rückgriff des ausgeschiedenen Gesellschafters gegen die Gesellschaft gelten entsprechend, wenn der haftende Gesellschafter aus einer nur zweigliedrigen O H G oder KG ausgeschieden ist und der andere Gesellschafter das „Geschäft" übernommen hat (vgl. §§142; 161 Abs. 2 H G B oder Vereinbarung). 2. Der Rückgriff des ausgeschiedenen Gesellschafters gegen die OHG oder KG in Abwicklung Zu einem Rückgriff gegen eine OHG oder KG in Abwicklung kann es kommen, wenn der haftende Gesellschafter noch aus der „werbenden" Gesellschaft ausgeschieden ist, aber erst nach ihrer Auflösung die Erstattung fordert, oder wenn er überhaupt erst während der Abwicklung ausgeschieden ist und nunmehr wegen der Inanspruchnahme durch Gesellschaftsgläubiger von der O H G oder KG in Liquidation den Ausgleich verlangt. a) Zur Rechtslage während der Mitgliedschaft in der Abwicklungsgesellschaft Wäre der haftende Gesellschafter noch Mitglied der O H G oder KG in Abwicklung, so wäre für die gesonderte Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen gegen die Gesellschaft neben der allgemeinen Auseinandersetzung grundsätzlich kein Raum. Denn auch diese Ansprüche sind - wie andere Aufwendungs- oder Schadenersatzansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis - mit Eintritt des Auflösungsgrunds unselbständige Rechnungsposten in der Auseinandersetzungsrechnung geworden. Vor der Schlußrechnung soll kein Gesellschafter im Vorgriff etwas von der Gesellschaft verlangen können, was er möglicherweise später wieder
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zurückzahlen muß (sogenannte Durchsetzungssperre)48. Die rechtliche Umwandlung von durchsetzbaren Forderungen des Gesellschafters in unselbständige Rechnungsposten der Auseinandersetzungsrechnung kann in Parallele zur Rechtslage beim Kontokorrent (vgl. §§355-357 HGB) gesehen werden48'. Sie dient dem Zweck der Vereinfachung einer erforderlichen Abrechnung und findet ihre (selten angegebene) Grundlage im Gesellschaftsverhältnis in Verbindung mit dem Abwicklungszweck. Demgemäß kommen (teleologisch) Ausnahmen von der Durchsetzungssperre in Betracht, wenn der Abwicklungszweck auch ohne diese kontokorrentähnliche Vereinfachung erreichbar ist. In der Rechtsprechung ist die selbständige Klagbarkeit insbesondere dann anerkannt worden, wenn schon feststeht, daß der Gesellschafter jedenfalls einen bestimmten Betrag von der Gesellschaft verlangen kann49. b) Folgerungen für den Rückgriff des ausgeschiedenen Gesellschafters Für den Rückgriff des ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters ist von der rechtlichen Situation der O H G oder KG im Zeitpunkt des Ausscheidens auszugehen. aa) Lag in diesem Zeitpunkt noch eine „werbende" O H G oder K G vor, so kann die Rechtsstellung des ausgeschiedenen Gesellschafters hinsichtlich des Rückgriffs wegen seiner fortdauernden Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten nicht dadurch beeinträchtigt werden, daß für die O H G oder K G nunmehr ein Auflösungsgrund eingetreten ist. Die hierdurch bewirkte Änderung des Gesellschaftszwecks als ein nachträgliches Ereignis berührt nicht den Rückgriff des ausgeschiedenen Gesellschafters (als Nicht-mehr-Mitglied). Sein Erstattungsanspruch gegen die O H G oder K G beruht auf dem Gesellschaftsverhältnis mit dem Inhalt im Zeitpunkt des Ausscheidens. Dem Rückgriff des ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters kann also nicht die „Durchsetzungssperre" entgegengehalten werden, wenn die Gesellschaft nach seinem Ausscheiden aufgelöst worden und in Abwicklung geraten ist. bb) Ist hingegen der Gesellschafter erst während der Abwicklung der O H G oder KG aus der noch bestehenden Gesellschaft ausgeschieden, so unterliegen seine Rückgriffsansprüche gegen die Gesellschaft wegen einer Inanspruchnahme für Verbindlichkeiten der O H G oder KG der dargelegten Durchsetzungsschranke, die während der Abwicklung gilt. Die Rechtsstellung des Gesellschafters, der bei Auflösung der Gesell48 Vgl. dazu St impel, ZGR 1973, 73, 103 f; Messer, in dieser FS; Soergel/Η adding (Fn. 45), § 730 Rdn.3, 4 m . w . N . 4 " Vgl. Lindemann, Anm. zu RG, J W 1938, 1730. 49 Vgl. gerade für den Rückgriff des haftenden Gesellschafters: B G H Z 37, 299, 305; m. w. N. bei Soergell Η adding (Fn. 45), § 730 Rdn. 4.
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schaft noch Mitglied war und erst während der Abwicklung ausgeschieden ist, kann sich hierdurch hinsichtlich des Rückgriffs nicht verbessern. Das gleiche muß gelten, wenn gerade das Ausscheiden des Gesellschafters die Auflösung der O H G oder K G herbeiführt (vgl. §§131; 161 Abs. 2 HGB) 50 .
3. Der Rückgriff des ausgeschiedenen Gesellschafters gegen andere Gesellschafter Der Rückgriff des ausgeschiedenen Gesellschafters, der noch für Verbindlichkeiten der O H G oder K G hat haften müssen, kann sich nicht nur gegen die Gesellschaft, sondern unter Umständen auch gegen andere Gesellschafter richten. Als Rückgriffsschuldner kommen in erster Linie die nach dem Ausscheiden in der „werbenden" O H G oder K G verbliebenen Gesellschafter in Betracht. Es ist aber auch an den Rückgriff gegen einen anderen Gesellschafter zu denken, der ebenfalls entweder schon früher oder inzwischen aus der Gesellschaft ausgeschieden ist. Schließlich kann es vorkommen, daß die anderen Gesellschafter nunmehr Mitglieder einer O H G oder K G in Abwicklung sind.
a) Rückgriff gegen in der „werbenden" Gesellschaft verbliebene Gesellschafter aa) Zum Rückgriffsanspruch des ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters gegen andere, in der „werbenden" O H G oder K G verbliebene Gesellschafter erweist sich wiederum vor allem die Rechtsgrundlage als klärungsbedürftig. Da auch die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters sich auf §§128 S a t z l ; 161 Abs. 2 H G B gründet, ist er im Verhältnis zu den anderen Gesellschaftern „als Gesamtschuldner" in Anspruch genommen worden. Das Ausscheiden hat nichts an dieser rechtlichen Gegebenheit geändert. Der Ausgleichsanspruch gegen andere Gesellschafter der O H G oder K G kann daher zweifelsfrei auf §426 Abs. 1 Satzl BGB gestützt werden. Fraglich kann allenfalls sein, ob sich die Modalitäten gegenüber dem Rückgriff während der Mitgliedschaft ändern, der anerkanntermaßen nur subsidiär und beschränkt entsprechend dem Verlustanteil stattfindet51. Wenn in diesem Zusammenhang bisweilen auch § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB als Rechtsgrundlage genannt wird52, so ist dies unzutreffend, weil Anspruchsgegner nach dieser Vorschrift eindeutig die Gesamthand der übrigen Gesellschafter mit dem Gesellschaftsvermögen ist, also die 50 51 52
Vgl. für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts: BGH, WM 1981, 139, 140. Vgl. oben 1.1. (bei Fn.8). So H. Westermann (Fn.27, 44).
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Gesellschaft ( O H G oder KG), nicht aber der einzelne Gesellschafter mit seinem privaten Vermögen. Ebenfalls ungeeignet als Rechtsgrundlage des Rückgriffs gegen andere Gesellschafter ist $ 128 Satz 1 (§ 161 Abs. 2) HGB5i. Der ausgeschiedene Gesellschafter kann sich ebensowenig wie während seiner Mitgliedschaft bei ihm gegenüber bestehenden Verbindlichkeiten der O H G oder K G aus dem Gesellschaftsverhältnis (sogenannten Sozialverbindlichkeiten) auf eine angebliche H a f t u n g der anderen Gesellschafter nach § 128 Satz 1 (§ 161 Abs. 2) H G B berufen. Die Rückgriffsschuld der O H G oder K G gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter gründet sich entsprechend § 110 Abs. 1 (S161 Abs. 2) H G B oder anknüpfend an § 738 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB noch auf das bisherige Gesellschaftsverhältnis 54 . Die auf das „Rechtsverhältnis der Gesellschafter zu Dritten" bezogene H a f tungsregelung nach §128 S a t z l (§161 Abs. 2) H G B erlaubt schon im Ansatz keine etwa gebotenen Modifikationen zu Inhalt und Umfang dieses Anspruchs und ist daher auch nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters keine sachgemäße gesetzliche A n k n ü p f u n g für einen Rückgriff gegen andere gesamtschuldnerisch verpflichtete Gesellschafter. Wenn der Bundesgerichtshof für den Abfindungsanspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters gegen die Gesellschaft (§ 738 Abs. 1 Satz 2 Fall3 BGB) anscheinend eine Haftung der verbliebenen Gesellschafter nach § 128 Satz 1 H G B angenommen hat, sollte dies nicht als Argument für die Begründung des anders gelagerten Rückgriffs gegen andere Gesellschafter herangezogen werden. Verbleibt es mithin auch für den ausgeschiedenen Gesellschafter bei §426 Abs. 1 S a t z l BGB als allein maßgeblicher Rechtsgrundlage des Rückgriffs gegen die in der „werbenden" O H G oder K G verbliebenen anderen Gesellschafter, so ist allerdings noch zu fragen, ob dann auch §426 Abs. 2 Satzl BGB anwendbar wird. Eine Ausgleichspflicht unter Gesamtschuldnern als tatbestandliche Voraussetzung des §426 Abs. 2 Satz 1 BGB ist nach §426 Abs. 1 Satz 1 BGB gegeben. Es ist jedoch zu erwägen, wie es sich auf einen etwaigen gesetzlichen Forderungsübergang aus dem Gesamtschuldverhältnis unter den haftenden Gesellschaftern auswirkt, daß die möglicherweise übergehende Forderung des Gesellschaftsgläubigers gemäß § 128 Satz 1 (§ 161 Abs. 2) H G B zu seiner Forderung gegen die O H G oder K G akzessorisch war, diese Hauptverbindlichkeit jedoch nicht mehr besteht 56 . Der gesetzliche Forderungsübergang hindert grundsätzlich nur das Erlöschen der getilgten Forde53 54 55 56
Vgl. Vgl. WM Vgl.
aber die in Fn. 26 Genannten. oben I I I . l . b u n d c. 1971, 1451, 1452. dazu K.Schmidt, Z H R 137 (1974), 509, 517; F.Häuser
(Fn.3), S.203f.
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rung, um sie noch dem Zweck des Rückgriffs dienlich zu machen, berührt aber nicht ihren Inhalt und besondere Modalitäten. Die Akzessorietät der Haftungsschuld des Gesellschafters nach § 128 Satz 1 H G B im Verhältnis zur Gesellschaftsschuld spricht daher gegen einen gesetzlichen Forderungsübergang gemäß §426 Abs. 2 Satzl BGB, wenn diese Hauptverbindlichkeit durch Erfüllung erloschen ist57. Wer ohne weiteres einen Ubergang auch der Sicherheiten und Vorzugsrechte auf den haftenden Gesellschafter aufgrund §§426 Abs.2 Satzl, 412, 401 BGB befürwortet 58 , sollte sich mit dieser Frage auseinandersetzen. bb) Wenn jedenfalls §426 Abs. 1 Satzl BGB als Rechtsgrundlage des Rückgriffs für den ausgeschiedenen haftenden Gesellschafter gegen andere in der „werbenden" O H G oder KG verbliebene Gesellschafter zweifelsfrei anwendbar ist, muß noch beurteilt werden, ob dieser Ausgleichsanspruch - wie während der Mitgliedschaft des haftenden Gesellschafters - ebenfalls nur bilfsweise besteht, wenn keine Erstattung von der Gesellschaft erlangt werden kann. Außerdem ist zu klären, in welchem Umfang hier andere Gesellschafter auf Ausgleichung in Anspruch genommen werden können. Die auch bei einem ausgeschiedenen haftenden Gesellschafter in der Lehre59 befürwortete Subsidiarität des Rückgriffs gegen andere Gesellschafter wird vom II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs60 anscheinend abgelehnt, weil der ausgeschiedene Gesellschafter „nicht mehr innerhalb der Rechtsbeziehung (steht), zu deren Inhalt es mit Selbstverständlichkeiten gehört, daß Gesellschaftsverbindlichkeiten in erster Linie von der Gesellschaft zu begleichen sind". Es ist aber unverkennbar, daß die fortdauernde Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters, die nun den Rückgriff auslöst, ihrerseits noch auf der früheren Mitgliedschaft, also auf dem Gesellschaftsverhältnis beruht. Der ausgeschiedene Gesellschafter muß weiterhin davon ausgehen, daß Gesellschaftsverbindlichkeiten „in erster Linie von der Gesellschaft zu begleichen sind". Denn gerade dies entspricht seinem Anspruch auf Befreiung von den „gemeinschaftlichen Schulden" (§§738 Abs. 1 Satz2 Fall2 BGB, 105 Abs.2; 161 Abs.2 HGB), der sich gegen die Gesellschaft (!) richtet. Dem steht der Anspruch der Gesellschaft gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter auf 57 Heymann/Kötter (Fn. 7), § 128 Anm. 5 (S. 440), geht von §426 Abs. 1 BGB aus, hält es aber auch „im Verhältnis des Zahlenden zu seinen Mitgesellschaftern" für „selbstverständlich", daß „kein Übergang der für die Gesellschaftsverbindlichkeiten haftenden Bürgschaften und von dritter Seite bestellten Sicherheiten in Frage steht" (Hervorhebung nicht im Original). Vgl. auch Schlegelberger/Geßler (Fn.22), §128 Rdn.29. 58 Vgl. R.Fischer (Fn.9), §128 Anm.60; Kornblum (Fn.6), S.192; D.Reinicke, FS H.Westermann, 1974, S.487, 492; Reinhardt/Schultz (Fn.6), Rdn.130; Flume (Fn.39). 59 Vgl. Kornblum (Fn.6), S. 193. 60 W M 1979, 1282 (vgl. oben I l . l . d , aa).
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Verlustausgleichung gegenüber (§ 739 BGB). Warum die Rechtsstellung des Gesellschafters sich hinsichtlich der Subsidiarität des Rückgriffs gegen andere Gesellschafter durch das Ausscheiden verbessern soll, ist daher nicht ersichtlich. Mag auch der ausgeschiedene Gesellschafter im Zeitpunkt seiner Haftung und des nachfolgenden Rückgriffs nicht mehr Mitglied der O H G oder KG sein, beide Rechtsfolgen knüpfen noch an das Gesellschaftsverhältnis an, aus dem sich zum Ausgleich unter Gesamtschuldnern etwas anderes im Sinne des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, nämlich die Subsidiarität des Rückgriffs gegen andere Gesellschafter im Verhältnis zum Rückgriff gegen die O H G oder KG. Auch der ausgeschiedene Gesellschafter kann sich demnach mit einem Ausgleichsanspruch nach §426 Abs. 1 Satzl BGB an die anderen Gesellschafter nur wenden, wenn er aus der Gesellschaftskasse der fortbestehenden „werbenden" O H G oder KG mangels frei verfügbarer Mittel nichts erlangen kann. Zu der anderen Frage, in welchem Umfang ein Ausgleichsanspruch nach §426 Abs. 1 Satzl BGB gegen andere in der O H G oder KG verbliebene Gesellschafter besteht, bietet wiederum §738 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB einen Maßstab der Beurteilung. Der ausgeschiedene Gesellschafter kann von der O H G oder KG die völlige Befreiung von den Gesellschaftsverbindlichkeiten verlangen. Die endgültige Verteilung der gesamtschuldnerischen Haftung für Gesellschaftsschulden muß sich daher auf die in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschafter verlagern. Der ausgeschiedene haftende Gesellschafter kann deshalb von jedem Gesellschafter in der O H G oder KG vollen Ausgleich in Höhe seiner Inanspruchnahme wegen einer Gesellschaftsverbindlichkeit verlangen61. Erst innerhalb dieser Gruppe von Gesamtschuldnern findet sodann die Ausgleichung entsprechend den Verlustanteilen statt. b) Rückgriff gegen andere ausgeschiedene Gesellschafter Der Rückgriff des ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters kann sich auch gegen andere Gesellschafter richten, die zuvor oder später ebenfalls aus der O H G oder KG ausgeschieden sind, jedoch für die in Rede stehende Gesellschaftsverbindlichkeit als Altschuld (bezogen auf den Zeitpunkt ihres Ausscheidens und seiner Eintragung in das Handelsregister) noch hätten haften müssen (vgl. §§128 Satzl, 159; 161 Abs.2 61
Vgl. H. Westermann (Fn. 7), Rdn. 372.1: „auch von den Gesellschaftern vollen Ersatz"; Kornblum (Fn.6), S. 193: „von jedem seiner Mitgesellschafter in Höhe der gesamten von ihm getilgten Forderung". Anscheinend auch Hey mann/Kötter (Fn. 7), § 128 Anm. 5 (S. 440), der von der „vollen Ausgleichspflicht der O H G " ausgeht und zuvor einschiebt: „ebenso wie im Verhältnis des Zahlenden zu seinen Mitgesellschaftern". Nicht eindeutig ζ. Β. A. Hueck (Fn. 9), § 29 II 5 c (S. 461) und Flume (Fn. 23), § 16 II 2 c (S. 298): Haftung der verbliebenen Gesellschafter „als Gesamtschuldner".
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HGB). Der Ausgleichsanspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters unter Gesamtschuldnern nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht auch gegen diese früheren Gesellschafter, kann aber wiederum nur hilfsweise im Verhältnis zum Rückgriff gegen die Gesellschaft geltend gemacht werden62. Als Maßstab für den Umfang der Ausgleichung, die ein anderer ausgeschiedener Gesellschafter dem haftenden Gesellschafter schuldet, bietet sich § 739 BGB an. Da ausscheidende Gesellschafter für „Fehlbeträge" bei der Deckung von Gesellschaftsschulden nach dem Verhältnis ihrer Anteile am Verlust aufzukommen haben, besteht unter ihnen auch eine Ausgleichungspflicht gemäß §426 Abs. 1 Satzl BGB nur in diesem Umfang, das heißt entsprechend dem (früheren) Verlustanteil des anderen ausgeschiedenen Gesellschafters. c) Rückgriff gegen in der OHG oder KG in Abwicklung verbliebene Gesellschafter Schließlich ist zu beurteilen, welche Rechtslage gegeben ist, wenn der ausgeschiedene haftende Gesellschafter im Rückgriff von anderen Gesellschaftern Ausgleichung verlangt, die ihrerseits noch Mitglieder einer in Abwicklung befindlichen OHG oder KG sind. Wäre der haftende Gesellschafter selbst noch Mitglied der OHG oder KG in Abwicklung, wäre er an der selbständigen Geltendmachung eines Ausgleichsanspruchs nach §426 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen andere Gesellschafter grundsätzlich gehindert63. Dieses Ergebnis wird mit dem Hinweis begründet, daß auch der Rückgriffsanspruch gegen einen Mitgesellschafter während der Abwicklung „als Einzelposten der Auseinandersetzungsrechnung" zu betrachten sei und deshalb ebenso der "Durchsetzungssperre" unterliege wie Ansprüche gegen die Gesellschaft aus dem Gesellschaftsverhältnis während der Abwicklung64. Bei näherem Zusehen erweist sich freilich für den Rückgriff gegen Mitgesellschafter wegen der Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten das Argument einer auch insoweit anzunehmenden „Durchsetzungssperre" als entbehrlich. Denn es folgt schon aus der Subsidiarität des Rückgriffs gegen Mitgesellschafter, daß zuvor feststehen muß, ob von der Gesellschaft ein Ausgleich erlangt werden kann. Befindet sich die OHG oder KG in der Abwicklung, kann dies in der Regel erst aufgrund der Schlußrechnung ermittelt werden. Die Reichweite der Subsidiarität des Ausgleichsanspruchs nach §426 Abs. 1 Satzl BGB führt mithin dazu, daß unter den Mitgliedern einer OHG oder KG in Abwicklung 62 So zutreffend BGH, W M 1981, 139, 140 (vgl. oben II I.d, bb, bei Fn.19); zustimmend offenbar Baumbach/Duden/Hopt (Fn. 6), §128 Anm. 4 B . 65 Vgl. B G H Z 37, 299, 305; B G H , WM 1981, 139, 140. M Vgl. B G H , a. a. O. (Fn. 63).
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grundsätzlich das Ergebnis der Schlußrechnung abgewartet werden muß, ehe ein solcher Anspruch selbständig gegen einen Mitgesellschafter geltend gemacht werden kann. Eine „Ausnahme" ist gerade auch in diesem Zusammenhang anerkannt worden", wenn schon feststeht, daß der erstattungsberechtigte Gesellschafter mindestens in Höhe dieses Anspruchs von seinem Mitgesellschafter Ausgleichung verlangen kann. Für den Rückgriff des ausgeschiedenen Gesellschafters wird die skizzierte Rechtslage nur erheblich, wenn er selbst erst während der Abwicklung der O H G oder KG die Gesellschaft verlassen hat. Dann kann das Ausscheiden seine Rechtsstellung auch hinsichtlich der Subsidiarität des Rückgriffs gegen andere Gesellschafter nicht verbessern. Das hindert grundsätzlich auch die Durchsetzbarkeit seines Ausgleichsanspruchs gegen andere Gesellschafter, solange nicht nach der Auseinandersetzungsrechnung feststeht, ob von der O H G oder KG die Erstattung zu erlangen ist. Die wiedergegebene Ausnahme gilt auch für den aus der O H G oder KG in Abwicklung ausgeschiedenen Gesellschafter. War hingegen der haftende Gesellschafter noch aus der „werbenden" O H G oder KG ausgeschieden, kann sein Rückgriff auch gegen andere Gesellschafter nicht zusätzlich dadurch beeinflußt werden, daß später ein Auflösungsgrund eingetreten ist, der die Gesellschaft in die Phase der Abwicklung gebracht hat66.
Vgl. Β G H Z 37, 299, 305. " Vgl. ebenso für den Rückgriff gegen die O H G oder KG oben II.2. b. 65
Die Gesamthandsgesellschaft in Prozeß, Zwangsvollstreckung und Konkurs UWE HÜFFER
I. Einführung Das materiell-rechtliche Verständnis der Gesamthandsgesellschaft hat im letzten Jahrzehnt einen tiefgreifenden Wandel erfahren. Während sie früher als die vertraglich gebundene, mit einem Sondervermögen ausgestattete Gesellschaftermehrheit aufgefaßt wurde, wird sie heute als Wirkungseinheit (Gruppe, Organisation) verstanden, die zwar von den Gesellschaftern getragen wird, aber ihnen gegenüber selbständig und deshalb das Bezugssubjekt für Rechte und Pflichten der Gesellschaft ist (vgl. III1). Die gesellschaftsrechtliche Gesamthand als Figur des materiellen Rechts im einzelnen zu beleuchten und die Lehre von der Gesamthand als teilrechtsfähiger Wirkungseinheit erneut zu begründen, liegt nicht in der Absicht dieses Beitrags. Sein Ziel ist vielmehr, die verfahrensrechtlichen Konsequenzen herauszuarbeiten, die sich aus dem neuen Konzept ergeben. Das Thema in der Walter Stimpel gewidmeten Festschrift zu erörtern, liegt besonders nahe. Denn für die richterliche Praxis ist notwendige Einheit, was dem Dogmatiker als Grenzbereich zwischen Gesellschaftsund Prozeßrecht erscheint, als ein Zwischenraum, der zum Verlassen gewohnter Positionen zwingt und deshalb nur mit Zögern betreten wird. Doch steht die Notwendigkeit solcher Grenzüberschreitungen aufgrund der sachlichen Verflechtung von Gesellschafts- und Prozeßrecht, die Walter Stimpel in anderem Zusammenhang hervorgehoben hat1, außer Frage. Ferner hat Walter Stimpel sein wissenschaftliches Interesse gerade auch den Problemen der Rechtsfortbildung zugewandt 2 , und die Verdienste, die sich der II. Zivilsenat unter seiner Führung etwa bei der Weiterentwicklung des Gründungsrechts der Kapitalgesellschaften3 oder bei der sachgerechten Ausgestaltung des Anlegerschutzes in In: Festschr. für Rob. Fischer, 1979, S. 771, 773 f. In: P e h l e / S t i m p e l Richterliche Rechtsfortbildung (Jur. Studiengesellschaft Karlsruhe Heft 87/88), 1969, S.15ff. J Vgl. z.B. B G H Z 80, 129; dazu zuletzt M e i s t e r in: Festschr. für Werner, 1984, S. 521 ff m . w . N . 1
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Uwe Hüffer
Publikums-Personengesellschaften 4 erworben hat, bedürfen keiner Hervorhebung. Daß auch das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) der Fortbildung fähig ist und ihrer bedarf, hat schon die Diskussion zum materiellen Recht deutlich gemacht. Die Untersuchung der prozessualen Seite wird dieses Urteil unterstreichen. II. Der gegenwärtige Stand der Diskussion 1. Zur Parteifähigkeit der Gesamthandsgesellschaften Die Frage nach der prozeßrechtlichen Stellung der (hier im umfassenden Sinne verstandenen) Gesamthandsgesellschaft wird allgemein als die Frage nach ihrer Parteifähigkeit aufgefaßt. Für die Antwort ist nach den Gesellschaftstypen zu differenzieren. Die Parteifähigkeit der GbR wird von der ganz herrschenden Meinung verneint. Sie zu negieren, versteht sich aufgrund der in §§50 Abs. 1, 736 ZPO getroffenen Regelung für diejenigen von selbst, die noch der traditionellen Gesamthandslehre anhängen 5 . Unter denjenigen, die die Gesamthand als teilrechtsfähige Wirkungseinheit verstehen, sind die Ansichten geteilt. Während §50 Abs. 1 Z P O nach der einen Auffassung volle Rechtsfähigkeit voraussetzt6, soll nach der Gegenmeinung aus dem materiell-rechtlichen Verständnis die prozessuale Konsequenz gezogen und die Parteifähigkeit anerkannt werden 7 , eine Ansicht, die sich in ausführlicher Darstellung schon 1954 im österreichischen Schrifttum findet 8 . Für O H G und KG wird die Parteifähigkeit schon durch den Wortlaut der §§ 124, 161 Abs. 2
4 Grdleg. B G H Z 64, 238. Überblick über die Rechtsprechung bis B G H Z 71, 53 bei Hüffer JuS 1979, 457, 460 ff. Vgl. seither allein aus der amtl. Slg. B G H Z 72, 382; B G H Z 73, 294; B G H Z 75, 321; B G H Z 76, 127 u. 231; B G H Z 77, 172; B G H Z 79, 337; B G H Z 83, 220; B G H Z 84, 141; B G H Z 85, 350; B G H Z 87, 84. 5 B G H Z 80, 222, 227 (VII. ZS) und fast geschlossen das prozeßrechtliche Schrifttum, vgl. z.B. Rosenberg/Schwab Zivilprozeßrecht, 13.Aufl. 1981, §43 114 a.E.; Stein/Jonas/ Leipold Komm. Z P O , 20. Aufl., 3. Lfg. 1978, § 50 Rdn. 17. Aus dem Schrifttum zum BGB siehe statt vieler RGRK-y. Gamm 12. Aufl., Bd. II 4 1978, §714 Rdn. 10. 6 Hennecke Das Sondervermögen der Gesamthand, 1976, S. 126 f; Ulmer in Münch. Komm. BGB, Bd. III 2 1980, §718 Rdn. 37; Winter KTS 1983, 349, 364. 7 Aderhold Das Schuldmodell der BGB-Gesellschaft, 1981, S. 165 ff; Kornblum ZZP 91 (1978), 346 f (anders noch ders. BB 1970, 1445 f); Lindacher JuS 1982, 592 f; ders. ZZP 96 (1983), 486, 492 ff; Schünemann Grundprobleme der Gesamthandsgesellschaft, 1975, S. 212 (vgl. aber noch bei Fn.35); Soergel!Ηadding Komm. BGB, 11. Aufl., Bd. IV 1985, § 714 Rdn. 52; wohl auch Fabricius in: Gedächtnisschr. für Rud. Schmidt, 1966, S. 171; für Parteifähigkeit der unternehmenstragenden GbR „als Rechtsfortbildungsprogramm" K.Schmidt Handelsrecht, 2. unver. Aufl. 1982, § 5 112; de lege ferenda für passive Parteifähigkeit: Reinhardt/Schultz Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 1981, Rdn. 86; unentschieden: Harry Westermann in: Festschr. für Fritz Baur, 1981, S. 723, 727ff. » Klang!Gschmtzer/Wahle Komm. ABGB, 2. Aufl., Bd.V 1954, §1175 A n m . V .
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H G B nahegelegt. Die entgegenstehende Rechtsprechung des RG' ist durch den B G H aufgegeben 10 , und auch in der Lehre ist die Parteifähigkeit der O H G und der KG durchgängig anerkannt". Die passive Parteifähigkeit des nicht eingetragenen Vereins ergibt sich aus § 50 Abs. 2 ZPO ohne weiteres. Seine aktive Parteifähigkeit kann nur für Gewerkschaften als geklärt angesehen werden12. Im übrigen spricht sich die wohl noch herrschende Meinung gegen die aktive Parteifähigkeit aus13, während eine im Vordringen begriffene Mindermeinung § 50 Abs. 1 ZPO für anwendbar hält14. Ein ähnliches Meinungsbild ergibt sich schließlich für Vor-GmbH und Vor-AG. Hier wird die passive Parteifähigkeit mit Rücksicht auf praktische Bedürfnisse ganz überwiegend bejaht15, das aktive Seitenstück dagegen verneint16. Zunehmend findet aber auch sie Befürworter 17 . 2. Gesamtbandsklage, Gesamthandsschuldklage, Gesamtschuldklage Soweit man der Gesellschaft die Parteifähigkeit abspricht, muß man sich der Frage stellen, von wem oder gegen wen Gesellschaftsprozesse zu führen sind. Genauere Erörterungen finden sich nur für die GbR. Danach ist zwischen Aktiv- und Passivprozessen zu unterscheiden. Aktivprozesse sind nach wohl allgemeiner Ansicht in der Form der Gesamthandsklage zu führen. Das bedeutet freilich nicht, daß die
9 R G Z 46, 39, 41; R G Z 49, 425 f; R G Z 64, 77 f; R G Z 127, 98, 100; R G Z 141,277, 280. Nicht alle Entscheidungen des RG sind eindeutig, vgl. dazu und zum älteren Schrifttum Henckel Parteilehre und Streitgegenstand im Zivilprozeß, 1961, S. 116 Fn. 16 m. w . N . 10 B G H Z 34, 293, 297; B G H Z 62, 131; B G H Z 64, 155 f. " Huber ZZP 82 (1969), 224 ff; A.Hueck Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 4.Aufl. 1971, §22 I b . Fn. 1 u. I l l ; Rosenberg/Schwab (Fn.5) §43 114; Stein/Jonas/ Leipold (Fn.5) §50 Rdn. 13. Offen bleibt die Frage bei Rob. Fischer, in: Großkomm. H G B , 3. Aufl., Bd. II 1 1973, §124 A n m . 8 . Auch Henckel Parteilehre und Streitgegenstand (Fn. 9), S. 116 f, laßt die Frage ausdrücklich offen, weil die O H G nach seiner Ansicht schon nicht die richtige Partei ist; vgl. noch dens. ZGR 1975, 232 f. 12 B G H Z 42, 210 (noch beschränkt auf nicht abtretbare Rechte); B G H Z 50, 325; Stein/ Jonas/Leipold (Fn.5) Rdn. 16; kritisch Rosenberg/Schwab (Fn.5) §43 113. " O L G München, N J W 1969, 717 (VDS); Rosenberg/Schwab (Fn.5) §43 I I 2 a ; Stein/ Jonas/Leipold (Fn.5) §50 Rdn.20. 14 LG Aachen N J W 1977, 255 (für Klage einer Bürgerinitiative auf presserechtliche Gegendarstellung); Jauernig Zivilprozeßrecht, 20. Aufl. 1983, §19 112; Reuter in Münch. Komm. BGB, 2. Aufl., Bd.I 1984, §54 Rdn. 8; Staudinger/Coing Komm. BGB, 12. Aufl. 1980, §54 Rdn. 19. 15 Kraft in Kölner Komm. AktG, l . L f g . 1970, §1 Rdn.33; Scholz/Winter Komm. G m b H G , 6. Aufl., 4.Lfg. 1979, §11 Rdn. 6; Ulmer in Hachenburg G m b H G , 7. Aufl., Bd.I 1975, §11 Rdn.52; die beiden letzteren m . w . N . 16 Kraft (Fn. 15); Ulmer (Fn. 15). 17 Fabricius in: Festschr. für Kastner, 1972, S. 85, 108; Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, Komm. AktG, Bd. I 1984, §29 Rdn. 12; Scholz/Winter (Fn. 15).
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Gesamthand selbst klagt. Gesamthandsklage heißt vielmehr nur: Die Klage muß von allen Gesellschaftern erhoben werden (Parteienhäufung), wobei Vertretung durch die geschäftsführenden Gesellschafter zulässig ist. Die Verbindung der Gesellschafter zur Gesamthand schlägt sich prozessual nur in einer notwendigen Streitgenossenschaft aus materiellrechtlichem Grund nieder (§62 Abs. 1, 2. Fall ZPO)' 8 . Bei der Behandlung von Passivprozessen zeigt die traditionelle Gesamthandslehre noch Nachwirkungen. Uberwiegend wird nämlich die Gesamthandsschuldklage als das Gegenstück zur Gesamthandsklage abgelehnt, also die notwendige Streitgenossenschaft auf der Beklagtenseite verneint". Bejaht wird sie auf der Basis des materiell-rechtlichen Verständnisses der Gesamthand als teilrechtsfähiger Wirkungseinheit 20 , soweit man daraus nicht die Konsequenz der Parteifähigkeit zieht (vgl. 1). Führt man diese Ansicht weiter, so ergibt sich ein Nebeneinander von Gesamthandsschuldklage, die auf Befriedigung des Gläubigers aus dem Gesellschaftsvermögen abzielt, und Gesamtschuldklage, mit der die Gesellschafter als Träger ihres Vermögens in Anspruch genommen werden. O b auch die Summe von Gesamtschuldtiteln gegen sämtliche Gesellschafter zur Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ausreicht, wird unterschiedlich beurteilt (vgl. dazu VI 1). III. Gesamthandsklage und Gesamthandsschuldklage - taugliche Lösungsinstrumente für die G b R ?
1. Die Außengesellschaft mit Gesamthandsvermögen als teilrechtsfähige Wirkungseinheit O b der Aktivprozeß der Gesellschaft als Klage der Gesellschafter in notwendiger Streitgenossenschaft (Gesamthandsklage) verstanden werden kann und ob für Passivprozesse die Figur der Gesamthandsschuldklage hilfreich ist, hängt wesentlich von der materiell-rechtlichen Beurteilung der gesellschaftsrechtlichen Gesamthand ab (näher unter 2). Ihr Verständnis ist durch die jüngere Gesamthandslehre wesentlich gefördert worden. Die zentralen Aussagen dieser Lehre lauten in gedrängter Zusammenfassung: Die Außengesellschaft mit Gesamthandsvermögen (nur auf sie bezieht sich das Nachfolgende) ist nicht lediglich die Summe " B G H Z 30, 195, 197; RGRK-t>. Gamm (Fn.5) §714 R d n . 1 0 ; Ulmer in: Münch. Komm. (Fn.6) §718 R d n . 3 9 ; Rosenberg/Schwab (Fn.5) §50 III 1 a; Stein/Jonas/Leipold (Fn.5) §62 Rdn. 17f. " R G Z 68, 221, 223; im Grundsatz auch Stein/Jonas/Münzberg, Komm. Z P O , 20. Aufl., 4 . L f g . 1978, §736 R d n . 3 ; weit. Nachw. bei Ulmer in Münch. Komm. (Fn.6) §718 Rdn.39. 20 Kornblum B B 1970, 1449, 1454; Ulmer in Münch. Komm. (Fn.6) §718 R d n . 4 0 ; ebenso aber auch R G R K - f . Gamm (Fn.5) §714 Rdn. 10.
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ihrer vertraglich gebundenen Gesellschafter. Sie ist vielmehr eine Wirkungseinheit (Gruppe; Organisation), die als solche am Rechts- und Geschäftsverkehr teilnimmt, unter einem Gesamtnamen auftreten kann und durch organschaftliche Vertretung handlungsfähig wird. Rechte und Verbindlichkeiten, die für die Gesellschaft begründet werden, sind der Wirkungseinheit und nicht den Gesellschaftern zugeordnet. Sie ist also Trägerin des Gesellschaftsvermögens und Schuldnerin der Gesellschaftsverbindlichkeiten. Soweit von einem Anteil der Gesellschafter an dem Vermögen die Rede ist ( § 7 1 9 Abs. 1 B G B ) , ist damit die vermögensbezogene Komponente der Mitgliedschaft bezeichnet 21 . Zur Gesellschaftsschuld tritt eine Gesellschafterverbindlichkeit hinzu, soweit ein gegen sie wirkender Verpflichtungstatbestand erfüllt ist (Theorie der Doppelverpflichtung) 22 . Weil und soweit die Gesellschaft als Wirkungseinheit Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann, ist sie zwar nicht juristische Person, aber ein teilrechtsfähiger Personenverband. N u r diese Lehre gibt dem Recht der Gesamthandsgesellschaften eine tragfähige Grundlage. Sie hat sich im jüngeren Schrifttum weitgehend durchgesetzt 23 , und auch der II. Zivilsenat gelangt in seiner Rechtsprechung zu Ergebnissen, die dem Verständnis der Gesamthandsgesellschaft als teilrechtsfähiger Wirkungseinheit entsprechen 24 . Die Judikate sind allerdings von einer gewissen Zurückhaltung im Grundsätzlichen geprägt, was zur Folge hat, daß Richtung und wesentlicher Inhalt künftiger Rechtsprechung nicht ganz klar erkennbar werden. Vom hier vertretenen Standpunkt aus wäre es zu begrüßen, wenn die Gerichte die § § 7 1 8 , 719 B G B deutlicher als bisher als eine zwar schmale, aber tragfähige Grundlage für eine Weiterentwicklung des Rechts der Gesamthandsgesellschaften nutzen würden, zumal eine gesetzliche
21 Zum Ganzen vgl. besonders Flume Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, B d . I I : Die Personengesellschaft, 1977, § 4 ; Ulmer in Münch. Komm. ( F n . 6 ) § 7 0 5 Rdn. 108 ff. 22 B G H Z 74, 240, 242 f; Ulmer in: Festschr. für Rob. Fischer, 1979, S. 785, 793 ff; ders. in Münch. Komm. ( F n . 6 ) § 7 1 4 R d n . 2 4 f f . Dagegen für akzessorische Gesellschafterhaftung Flume in: Festschr. für Harry Westermann, 1974, S. 119, 129ff; ders. Die Personengesellschaft ( F n . 2 1 ) , § 1 6 IV; im Ergebnis auch Wiedemann Gesellschaftsrecht, B d . I : Grundlagen, 1980, § 5 IV 1 c. 2 ) Darstellung des Streitstandes m . u m f . N . bei K.Schmidt in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. III 1983, S.413, 466 ff. Vgl. ferner i. S. der neueren Lehre: Lindacher JuS 1981, 431, 433 f; Teichmann A c P 179 (1979), 476, 4 8 1 ; Ulmer Z G R 1984, 313, 3 1 7 ; Wiesner JuS 1981, 331, 333; Winter KTS 1983, 349 f. Dagegen für die traditionelle Deutung der Gesamthand: G.Hueck Gesellschaftsrecht, 18. Aufl. 1983, § 3 II; Reinhard/Schultz Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 1981, R d n . 4 4 . 24
B G H Z 72, 267, 271 f; B G H Z 74, 2 4 0 ; B G H Z 78, 311; B G H Z 79, 374, 3 7 7 f .
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Regelung des Gegenstandes in überschaubarer Zukunft nicht zu erwarten steht 25 . 2. Formeller Parteibegriff
und richtige Partei
Welche Bedeutung das veränderte materiell-rechtliche Verständnis für die prozessuale Stellung der Gesamthandsgesellschaft hat, erschließt sich aus einer Rückbesinnung auf die Grundsätze der Parteilehre. Partei ist nach dem formellen Parteibegriff jeder, der im eigenen Namen Rechtsschutz begehrt oder gegen den Rechtsschutz verlangt wird. Richtige Partei ist er nur, wenn ihm auch die Prozeßführungsbefugnis zusteht. Sieht man vorerst von der Prozeßstandschaft ab, dann bedeutet das: Der Kläger ist prozessual richtige Partei, wenn er behauptet, Inhaber des geltend gemachten Rechts zu sein. Gegen den richtigen Beklagten wendet sich die Klage, wenn er nach der Behauptung des Klägers der Verpflichtete ist26. Mit dem Ubergang vom materiellen zum formellen Parteibegriff sind die materiell-rechtlichen Bezüge also nicht aus der Zulässigkeitsprüfung eliminiert worden. Die Abwehr von Klagen materiell offenbar unbeteiligter Dritter oder die Abwehr einer gegen solche Personen gerichteten Rechtsverfolgung hat sich nur verlagert und im Erfordernis der Prozeßführungsbefugnis verselbständigt 27 . Das Erfordernis der Prozeßführungsbefugnis bereitet bei der Gesamthandsklage und auch bei der Gesamthandsschuldklage dann keine Schwierigkeiten, wenn man die Gesellschafter als die Berechtigten und Verpflichteten ansieht. Die traditionelle Gesamthandslehre hatte also keinen Anlaß, die Frage nach der richtigen Partei zu vertiefen. Weil Rechte und Verbindlichkeiten nach richtiger Ansicht aber gerade nicht den Gesellschaftern, sondern der Gesamthand zugeordnet sind, erlangt das Erfordernis der Prozeßführungsbefugnis zentrale Bedeutung. Der Grundgedanke der Gesamthandsklage ist einfach: Danach sind die Gesellschafter Subjekte des Prozeßrechtsverhältnisses, weil weder § 5 0 Abs. 1 Z P O noch eine andere Vorschrift die Parteifähigkeit der G b R vorsieht 28 . Uberzeugungskraft hätte dieser Gedanke aber nur, wenn die Gesellschafter auch Träger des Rechtsverhältnisses wären. Weil sie das gerade nicht sind, weil ihre Beteiligung am Gesellschaftsvermögen nur 25 Vorschlag einer solchen Regelung im Gutachten von K.Schmidt (Fn.23), S.413, 520 ff, 559 ff. Der Arbeitsauftrag der eingesetzten Schuldrechtskommission (dazu Engelhard N J W 1984, 1201, 1203) umfaßt das Gesellschaftsrecht nicht. Zum Gutachten selbst vgl. Ulmer ZGR 1984, 313; Hüffer AcP 184 (1984), 584. 26 Außer Lehrbüchern und Kommentaren vgl. vor allem Heintzmann Die Prozeßführungsbefugnis, 1970, passim sowie besonders S. 46 ff. 27 Dazu im einzelnen Heintzmann (Fn. 26), S. 5 f; Henckel Parteilehre und Streitgegenstand (Fn.9), S. 17. Ausdrücklich in diesem Sinne z . B . Stein/Jonas/Leipold (Fn.5) § 5 0 Rdn. 17.
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die vermögensbezogene Komponente der Mitgliedschaft darstellt, die ihrerseits nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist, ist der Schluß von der mangelnden Parteifähigkeit der Gesellschaft auf die Parteirolle der Gesellschafter nicht fundiert. Die Gesellschafter sind nicht deshalb richtige Parteien im Sinne des Prozeßrechts, weil die Gesellschaft nicht parteifähig ist. Schlüssig ist nur die Umkehrung: Wenn die Gesellschaft die allein richtige Partei ist, dann muß auch ihre Parteifähigkeit anerkannt werden29. Die klare Erfassung dieses Zusammenhangs bewährt sich auch bei der Bewältigung anderer Probleme aus dem Überschneidungsbereich von Gesellschafts- und Prozeßrecht. So läßt sich die Bedeutung der „richtigen" Partei am Beispiel der gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsklagen (§§117, 127, 133, 140 H G B ) illustrieren: Eine Klage der O H G ist trotz ihrer Parteifähigkeit als unzulässig abzuweisen, weil ihr die Prozeßführungsbefugnis fehlt; sie kann nämlich nicht behaupten, daß ihr das Recht auf Entziehung, Auflösung oder Ausschluß zusteht. Demgegenüber dürfte die übliche Erklärung, die O H G sei Gegenstand und nicht Partei des Prozesses50, das Richtige meinen, ohne angesichts des formellen Parteibegriffs ganz überzeugen zu können. Ein Beispiel für die Parteifähigkeit als notwendige Eigenschaft der richtigen Partei liefert das Aktienrecht. Weil dem Vorstand als Gesellschaftsorgan die materiellrechtliche Anfechtungsbefugnis zusteht (§245 Nr. 4 AktG), ist im Anfechtungsprozeß allein er die richtige Aktivpartei, und deshalb ist insoweit auch ohne zusätzliche Grundlage im Gesetz seine Parteifähigkeit zu bejahen31. 3. Die Gesellschafter
- richtige Parteien trotz fehlender
Berechtigung?
Zu erwägen bleibt, ob die Gesellschafter richtige Parteien sein können, obwohl die Rechte und Pflichten materiell-rechtlich nicht ihnen, sondern der Gesamthand zugeordnet sind. a) Die Gesellschafter könnten richtige Parteien sein, wenn das materiellrechtliche Verständnis der Gesamthand als teilrechtsfähiger Wirkungseinheit in der notwendigen Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichem Grund (§62 Abs. 1, 2. Fall ZPO) ein prozessuales Seitenstück
29 So im Grundsatz zutreffend Henckel Parteilehre und Streitgegenstand (Fn. 9), S. 117 zur O H G , der allerdings auf der Grundlage des traditionellen Gesamthandsverständnisses ihren Charakter als richtige Partei verneint. 30 Rob. Anm.31.
Fischer
in G r o ß k o m m .
H G B (Fn. 11) § 1 3 3 A n m . 5 0 ;
Ulmer
ebda.
§140
Jl Hüffer in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, K o m m . A k t G , 9 . L f g . 1984, Rdn. 6 0 m. N a c h w . auch zur Gegenmeinung (Insichprozeß der Gesellschaft).
§245
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fände; genauer: Die Gesellschafter müßten durch ihre Zusammenfassung zur notwendigen Streitgenossenschaft zu der einheitlichen Streitpartei „Gesellschaft" verschmelzen. Wenn der Terminus Gesamthandsklage nicht die Klage der Gesellschaft bezeichnen und trotzdem mehr ausdrücken soll als eine von allen Gesellschaftern erhobene Klage, ist diese Deutung wohl unausweichlich. Es hat deshalb auch für das Gesellschaftsrecht Interesse, daß sich das Denkmodell der einheitlichen Streitpartei in der österreichischen Doktrin findet32 und zur Erklärung der Gesamthandsklage auch im deutschen Schrifttum vereinzelte Zustimmung erfährt". Ganz überwiegend wird diese Auffassung jedoch abgelehnt und trotz der Notwendigkeit der Streitgenossenschaft eine Parteiund Prozeßhäufung angenommen 34 . Der Lehre von der einheitlichen Streitpartei ist zuzugeben, daß sich dem Erfordernis einheitlicher Sachentscheidung auf der Grundlage einer Parteienhäufung nur mühsam Rechnung tragen läßt. Sie kann gleichwohl dogmatisch nicht überzeugen und die praktischen Probleme nicht bewältigen. Es ist widersprüchlich, die Parteirolle den Gesellschaftern zuzuweisen und gleichwohl eine einheitliche Streitpartei anzunehmen. Denn wenn die Gesellschafter Partei sind, gibt es die einheitliche Streitpartei nicht; wenn es aber letztere gibt, kann die Parteirolle nicht bei den Gesellschaftern liegen. Vollends unverständlich ist ein Nebeneinander von notwendiger Streitgenossenschaft und parteifähiger Gesellschaft 35 . Praktisch unbrauchbar ist die Lehre von der einheitlichen Streitpartei, weil dieses Denkprodukt die Parteifunktionen nicht wahrnehmen kann. So bleibt schon unklar, wie der allgemeine Gerichtsstand ( § § 1 2 , 13 Z P O ) bestimmt werden soll oder an wen Zustellungen zu bewirken sind. Zwar liegt der Gedanke nahe, für die Lösung solcher Fragen auf die Gesellschaft abzuheben. Das geht jedoch über den gedanklichen Entwurf der einheitlichen Streitpartei hinaus und macht in Wahrheit die Gesellschaft zur Partei. M Holzhammer Parteienhäufung und einheitliche Streitpartei, Wien 1966, S. 30 f: „Damit keiner" (sc. der notwendigen Streitgenossen) „dem anderen in der Erreichung des Prozeßzwecks entgegenstehen kann, bilden alle zusammen eine Einheit in Form einer einzigen Partei. Dem einzelnen kommt also keine gesonderte Parteistellung mehr zu: Seine Prozeßsubjektivität ist an die Gesamtheit der Beteiligten übergegangen; die sich aus dem Verfahren ergebenden Rechte und Lasten können nur und müssen alle gemeinsam wahrnehmen." " Lent Ihjb. 90 (1942), 27, 34f; vgl. auch Schwab in: Festschr. für Lent, 1957, S.271, 276, der „starke Annäherungen an die österreichische Regelung" registriert. 54 So schon die amtl. Begr. zu §58 CPO, vgl. Hahn Die gesammten Materialien zur CPO, 1880, S. 172; ausführlich Kisch Begriff und Wirkungen der besonderen Streitgenossenschaft, 1899, S. 10 ff, 18 ff; statt vieler weiterer vgl. noch Stein/Jonas/Leipold (Fn.5) §62 Rdn. 30. 35 So aber Schünemann (Fn. 7), S.217 aufgrund seines gestalttheoretischen Ansatzes.
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b) Lehnt man mit der herrschenden Prozeßrechtslehre eine Verschmelzung der Gesellschaftermehrheit zur einheitlichen Streitpartei ab, so läßt sich der Widerspruch zwischen der Vermögenssubjektivität der Gesamthand und der Parteistellung der Gesamthänder nur noch ausräumen, wenn man letztere als Prozeßstandschafter der Gesamthand ansieht. Das wirkt von vornherein gekünstelt und hält einer Nachprüfung auch nicht stand. Zwar wäre eine Prozeßstandschaft bei Aktivprozessen als gewillkürte konstruierbar36; denn das erforderliche eigene Interesse der Gesellschafter ergibt sich aus der Rückwirkung des Prozeßergebnisses auf den Wert ihrer Mitgliedschaft, und die erforderliche Ermächtigung der geschäftsführenden Gesellschafter (§185 BGB) ließe sich in einem schlüssigen Verhalten finden, das in ihrer Mitwirkung als Partei liegt. Anders ist es aber bei Passivprozessen. Hier müßte die Prozeßstandschaft zwangsläufig eine gesetzliche sein, weil die geschäftsführenden Gesellschafter die Rechtsdurchsetzung sonst vereiteln könnten, indem sie ihre Ermächtigung zur Prozeßführung versagen. Weil einer der anerkannten Fälle gesetzlicher Prozeßstandschaft nicht vorliegt, ließe sie sich nur durch Rechtsanalogie begründen. Ein entsprechender Versuch schlägt jedoch fehl, weil die Vergleichbarkeit mit den geregelten Fällen nicht gegeben ist. Sie sind dadurch gekennzeichnet, daß die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bei einer anderen Person als dem Rechtsträger liegt37. Eine solche Aufspaltung gibt es aber weder nach der neuen noch nach der alten Gesamthandslehre. Vielmehr fallen Rechtsträgerschaft, Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zusammen; streitig ist nur, ob sie bei den Gesellschaftern oder bei der von ihnen gebildeten Wirkungseinheit konzentriert sind. Zieht man eine Zwischensumme, so ergibt sich, daß Gesamthandsklage und Gesamthandsschuldklage mit dem Wandel im materiell-rechtlichen Verständnis der Gesamthandsgesellschaft ihre Basis verloren haben. Die Gesellschaft muß selbst Prozeßpartei sein, weil es um ihre Rechte und Verbindlichkeiten geht. Defizite der Gesamthandsklage/ 4. Prozeßrecbtliche Gesamthandsschuldklage bei einzelnen Problemen Weil die herrschende Meinung an einer überholten Konzeption festhält, gerät sie bei der Bewältigung von Einzelproblemen in Begründungsschwierigkeiten. Das zeigt sich in folgenden Fällen: Im Mitgliederbestand der Gesellschaft tritt eine Veränderung ein (Neueintritt; Aus36 Zu ihren Voraussetzungen vgl. etwa Heintzmann ( F n . 2 6 ) , S. 92 ff; Rosenberg/ Schwab ( F n . 5 ) § 4 6 I I I . 37 Vgl. die Ubersicht bei Henckel Parteilehre und Streitgegenstand ( F n . 9 ) S. 41 ff; Rosenberg/Schwab ( F n . 5 ) § 4 6 II.
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scheiden; Gesellschafterwechsel); die GbR wandelt sich während des Prozesses oder nach Erlaß des Urteils in eine O H G oder KG um oder aus der Personenhandelsgesellschaft wird eine GbR (formwechselnde Umwandlung); die GbR wird (vornehmlich vom Kläger) für eine O H G oder KG gehalten und entsprechend verklagt oder es wird umgekehrt der Charakter als Handelsgesellschaft zunächst verkannt. Die skizzierten Sachverhalte werden im prozeßrechtlichen Schrifttum nur rudimentär behandelt. Erörtert werden das ersatzlose Ausscheiden eines Gesellschafters und die vollstreckungsrechtlichen Konsequenzen des Gesellschaftereintritts und der formwechselnden Umwandlung. Bei ersatzlosem Ausscheiden eines Gesellschafters sollen die verbleibenden in gesetzlicher Prozeßstandschaft nach § 265 Abs. 2 Z P O zur Fortsetzung des Rechtsstreits befugt sein38. Dem Eintritt des Gesellschafters nach Erlaß des Urteils soll durch Titelumschreibung entsprechend § 727 Z P O Rechnung getragen werden 39 , während bei formwechselnder Umwandlung eine Klarstellungsklausel bemüht wird40. Im gesellschaftsrechlichen Schrifttum 41 ist ein Gegenkonzept entwickelt worden, das auf der Annahme einer gesetzlichen Parteiänderung beruht und dem während des Rechtsstreits eingetretenen Mitgliederwechsel sowie der formwechselnden Umwandlung durch eine Änderung der Parteibezeichnung nach §264 Z P O (bei Nichtberücksichtigung im Urteil: §319 ZPO) Rechnung tragen will. Veränderungen nach Erlaß des Urteils soll in allen Fällen durch analoge Anwendung des §727 Z P O die vollstreckungsschädliche Wirkung genommen werden. Gemeinsam ist Konstellationen dieser Art, daß die materiell-rechtliche Identität der gesellschaftsrechtlichen Gesamthand unberührt bleibt. Deshalb ist es im Ergebnis richtig, daß eine Änderung der Parteibezeichnung genügen und die Vollstreckbarkeit des Urteils erhalten bleiben muß. Ferner trifft es zu, daß das Ausscheiden eines Gesellschafters keinen Fall des §265 Abs. 2 Z P O darstellt, weil nach dem Konzept der Gesamthandsklage die übrigen Gesellschafter schon vor der Rechtsänderung am Prozeß beteiligt sind42. N u r mühsam begründbar ist aber die
3 » RGZ 78, 101, 105; Rosenberg/Schwab (Fn.5) §42 II 2 a; SteinIJonasISchumannI Leipold Komm. ZPO, 19. Aufl., Bd. II 1972, §265 Anm.III 2. " Vgl. z.B. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann Komm. ZPO, 43. Aufl. 1985, §736 Anm. 1; a. M. (neues Urteil erforderlich) Stein /Jonas / Münzberg (Fn. 19) §736 Rdn.2. 40 Eickmann Rpfl. 1970, 113, 115; Noack JR 1971, 225; so auch Schünemann (Fn.7) S. 248 f. 41 Ulmer in Münch. Komm. (Fn.6) §718 Rdn.50ff. 42 Riegger Die Rechtsfolgen des Ausscheidens eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen Personalgesellschaft, 1969, S.65f; Ulmer in Münch. Komm. (Fn.6) §718 Rdn.51.
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Annahme einer gesetzlichen Parteiänderung bei Ausscheiden, Neueintritt und Auswechselung von Gesellschaftern. Zwar kommt es, soweit § 7 3 8 B G B eingreift, zu einem Rechtserwerb kraft Gesetzes, so daß insoweit die Vergleichbarkeit mit einer Gesamtrechtsnachfolge i. S. des § 239 Z P O vorhanden ist. Die für die gesetzliche Parteiänderung charakteristische volle Auswechselung des Rechtsträgers (Tod; übertragende Umwandlung) ist aber gerade nicht gegeben, so daß die Annahme einer Parteiänderung schon insoweit fragwürdig erscheint. Jede Vergleichbarkeit und damit wohl auch die Basis für die Annahme gesetzlicher Parteiänderung fehlt, wenn sich der Gesellschafterwechsel in Form einer Anteilsübertragung vollzieht; denn insoweit greift § 7 3 8 B G B nicht ein, gibt es also keine An- und Abwachsung 43 . Bei formwechselnder Umwandlung kann das in der bloßen Änderung der Parteibezeichnung liegende richtige Ergebnis ebenfalls nicht auf der Basis einer Gesamthandsklage oder Gesamthandsschuldklage begründet werden; vielmehr läge im Ubergang vom Gesellschafter- zum Gesellschaftsprozeß eine gewillkürte Parteiänderung 44 . Und schließlich ändert sich in den Irrtumsfällen 45 gar nichts. Der Kläger hat vielmehr, folgt man dem Konzept der Gesamthandsschuldklage, die falsche Partei belangt, ein Mangel, der nach herkömmlicher Auffassung gleichfalls nur behebbar ist, wenn das Gericht den gewillkürten Parteiwechsel für sachdienlich erklärt. Das ist spätestens in der Revisionsinstanz nicht mehr zulässig 46 , und bei Aufdeckung des Irrtums erst in der Zwangsvollstreckung gibt es überhaupt keine Hilfe mehr. Es mag sein, daß sich die angedeuteten Bedenken durch ein System von Analogien und Erst-recht-Schlüssen ausräumen lassen. Jedenfalls zeigt sich, daß auch das Konzept der Gesamthandsklage/Gesamthandsschuldklage ohne eine Fortbildung des Prozeßrechts nicht auskommt. Weil diesem Konzept die tragfähige dogmatische Grundlage fehlt, ist es vorzugswürdig, mit der Fortbildung nicht hier, sondern bei der Gesellschaft als Prozeßpartei anzusetzen.
Ulmer in Münch. K o m m . ( F n . 6 ) § 7 1 9 Rdn. 18. B G H Z 62, 131 ff zum umgekehrten Fall bei der O H G . Daß es dort um eine Gesamtschuldklage (§ 128 H G B ) , hier um eine Gesamthandsklage geht, ist wegen der beschränkten Tragweite des § 62 Z P O (vgl. 3 a) nicht erheblich. 45
44
45 In einem Einzelfall konnte B G H N J W 1980, 784 mit einer Art „Schein-Parteifähigkeit" helfen. Daß darin ein „Kurieren am Symptom" liegt ( Κ . Schmidt Handelsrecht [Fn. 7] § 5 II 2), zeigt schon der Umkehrfall einer Klage, die gegen die Gesellschafter einer vermeintlichen G b R erhoben wird. 46
R G Z 160, 204, 2 1 2 f ; Rosenberg/Schwab
( F n . 5 ) § 4 2 III 1 vor a).
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Uwe Hüffer
IV. Das Problem der Parteifähigkeit bei der GbR 1. Gesetzliche Ausgangslage
und Kritik bisheriger
Begründungen
Weil § 50 Abs. 1 Z P O die Parteifähigkeit mit der Rechtsfähigkeit verknüpft und die Außengesellschaft mit Gesamthandsvermögen eine teilrechtsfähige Wirkungseinheit ist, scheint es naheliegend, ihre Parteifähigkeit aus der Teilrechtsfähigkeit abzuleiten. Soweit die G b R entgegen der herrschenden Meinung als parteifähig anerkannt wird, beruht das regelmäßig auf einer derartigen Auslegung des § 50 Abs. 1 ZPO 47 . Dieser Ansicht ist zwar weitgehend im Ergebnis, aber nicht in der Begründung beizupflichten. Das mit der Fassung des § 50 Abs. 1 Z P O der Sache nach Gemeinte ergibt sich unzweideutig aus der amtlichen Begründung zu § 49 a und §670 b der C P O - N o v e l l e 1898 (heute: §§50, 736 ZPO). Sie spricht die Parteifähigkeit nur dem Menschen, den juristischen Personen und „Personenvereinigungen vermöge besonderer Gesetzesvorschriften" zu48 und erklärt die Vollstreckungsvoraussetzungen des § 736 Z P O unter anderem damit, daß „die Gesellschaft als solche nicht verklagt werden kann" 49 . Diese Vorstellung der Gesetzesverfasser wird durch den Regelungsgehalt des § 736 Z P O und den Zusammenhang dieser Bestimmung mit §50 Abs. 1 Z P O gesetzlich objektiviert. Danach sind, soweit das Gesetz nicht selbst Ausnahmen enthält (§50 Abs. 2 Z P O , §124 H G B ) , nur natürliche und juristische Personen parteifähig. Der Versuch, schon durch Interpretation des § 50 Abs. 1 Z P O zum Ergebnis zu gelangen, scheitert aber nicht nur am Regelungsgehalt dieser Vorschrift. Er setzt auch an der falschen Stelle an und vermag überdies argumentativ nicht zu überzeugen. Zum ersten: Als allgemeine Regel ist es richtig, die Parteifähigkeit dem Menschen und den juristischen Personen zuzuerkennen und die Frage im übrigen durch besonderen Rechtssatz zu entscheiden. Es geht also nicht um die Korrektur des § 50 Abs. 1 Z P O , sondern um eine sinnvolle Ergänzung der Regelung der GbR. Z u m zweiten: O b die Parteifähigkeit das prozessuale Seitenstück zur Teilrechtsfähigkeit des materiellen Rechts ist, hängt davon ab, welche sachliche Bedeutung diesen Begriffen zukommt. Hier bestehen Differenzen, die von den üblichen Umschreibungen der Rechtsfähigkeit als der Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein (Vermögenssubjektivität), und der Parteifähigkeit als der Fähigkeit, Subjekt eines Prozeßrechtsverhältnisses zu sein, nur terminologisch überdeckt, aber
47
Vgl. die Nachweise in Fn. 7. Hahn/Mugdan Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. VIII 1898, S. 84. 4 ' Hahn/Mugdan (Fn.48), S. 138. 48
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nicht aufgehoben werden. Aus dem Aktionscharakter des Prozesses folgt nämlich, daß es für die Parteifähigkeit nicht entscheidend auf die Vermögenssubjektivität ankommt (zu deren prozessualer Bedeutung vgl. III 2), sondern auf die weitergreifende Fähigkeit zu prozessual erheblichem Verhalten. Ob der verhaltensbezogene Begriff der Rechtsfähigkeit auch dem materiellen Recht zugrunde liegt50, mag offen bleiben; denn selbst dann besteht nur eine Parallele, aber keine Ubereinstimmung zwischen Rechts- und Parteifähigkeit, weil es für letztere auch darauf ankommt, ob die in Frage stehende Organisation oder Vermögensmasse in der Lage ist, die Parteifunktionen wahrzunehmen (dazu unten 3). 2. Erfordernis und Möglichkeit einer
Rechtsfortbildung
a) Nach dem erhobenen Befund kann die Parteifähigkeit der GbR nicht als Figur des geltenden Rechts begründet werden. Damit stellt sich die Frage, ob eine auf dieses Ziel gerichtete Rechtsfortbildung notwendig und zulässig ist. Die Notwendigkeit ergibt sich nicht schon aus der Teilrechtsfähigkeit (vgl. 1); sie folgt aber aus den Überlegungen zur richtigen Partei (vgl. III 2). Weil infolge der Fortentwicklung des materiellen Rechts nur die Gesellschaft selbst die richtige Partei ist, muß sie auch parteifähig sein. Daraus ergibt sich zugleich die zwanglose Bewältigung der im Verhältnis G b R - O H G angesiedelten Problemfälle (III 4). b) Im Grundsatz möglich ist die auf Anerkennung der Parteifähigkeit gerichtete Rechtsfortbildung, wenn sich aus den gesetzlichen Vorschriften kein Fortbildungshindernis ergibt und das geltende Recht einen Ansatzpunkt enthält, aus dem die Parteifähigkeit entwickelt werden kann. Die in § 50 Abs. 1 ZPO getroffene Regelung steht einer auf die Parteifähigkeit der GbR abzielenden Rechtsfortbildung schon deshalb nicht entgegen, weil sie selbst nicht abschließend ist. Die Vorschrift statuiert die Parteifähigkeit des Menschen und der juristischen Personen, ohne ihnen diese Eigenschaften vorzubehalten; das folgt schon aus §50 Abs. 2 ZPO, §124 H G B . Ein Fortbildungshindernis könnte sich demnach nur aus §736 ZPO ergeben, weil der Gesetzgeber mit dieser Vorschrift erklärtermaßen der Parteiunfähigkeit der GbR Rechnung tragen wollte. § 736 ZPO enthält aber nur das prozeßrechtliche Spiegelbild der unausgereiften materiell-rechtlichen Gesamthandskonzeption des 19. Jahrhunderts und darf deshalb so wenig wie diese als Fortbildungsschranke interpretiert werden. 50 D a f ü r entgegen der h . M . namentlich Fabricius Relativität der Rechtsfähigkeit, 1963, S . 4 4 f; Gitter in: Münch. K o m m . (Fn. 14) § 1 R d n . 5 f f .
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Hilfreich ist in diesem Zusammenhang noch eine Zusatzüberlegung: Vom Dresdener Schuldrechtsentwurf bis zu den Arbeiten der Zweiten Kommission wurde für die „Erwerbsgesellschaften" eine handelsrechtliche Ergänzung der bürgerlich-rechtlichen Regelung für notwendig gehalten. Die Option zugunsten der OHG-Vorschriften (im Entwurf II auch: der KG-Regelung), die den Gesellschaftern in den Entwürfen eröffnet war, Schloß ausdrücklich den prozeßrechtlichen Regelungsgehalt des heutigen § 124 H G B ein51. Insoweit haben also auch die Verfasser des Gesetzes die Notwendigkeit gesehen, eine Klage der G b R oder die gegen sie gerichtete Rechtsverfolgung zuzulassen; aus heutiger Sicht wäre allerdings anzumerken, daß jedenfalls die passive Parteifähigkeit der Gesellschaft nicht von einer freien Entschließung der Gesellschafter abhängen darf. Daß die Option zugunsten der handelsrechtlichen Regelung in den Beratungen des Reichstags schließlich gestrichen worden ist, beruht nicht darauf, daß man die Frage des Normbedarfs anders gesehen hätte. Die Gesetzesverfasser meinten nur, diesem Bedarf schon durch die Ausdehnung des Kaufmannsbegriffs in § 2 H G B und damit des Anwendungsbereichs der §§ 105 ff H G B Rechnung getragen zu haben 52 . Daß darin eine korrekturbedürftige Fehleinschätzung lag, ist heute evident. Die Frage nach dem Ansatzpunkt für eine Rechtsfortbildung stellt sich im Prozeßrecht nicht anders als im materiellen Recht. Er liegt in den §§718, 719 B G B . Weil das Gesetz damit die Existenz eines Gesellschaftsvermögens anerkannt hat, enthält es eine Basis für die Entwicklung eines Gesellschaftsverständnisses, das der Einrichtung eines Gesellschaftsvermögens allein entspricht 53 . Daß danach die Gesellschaft Trägerin ihres Vermögens und Schuldnerin ihrer Verbindlichkeiten ist, daß sie selbst infolge organschaftlicher Vertretung am Rechts- und Geschäftsverkehr teilnimmt, ist nach dem allgemeinen Rechtsgedanken des § 5 0 Abs. 1 Z P O auch für das Prozeßrecht beachtlich. 3. Die GbR als Trägerin der
Parteifunktionen
Abschließend bleibt zu untersuchen, ob es spezielle, auf die Eigenart der G b R zurückgehende Gesichtspunkte gibt, die gegen die Anerkennung ihrer Parteifähigkeit sprechen. Solche Gesichtspunkte könntön sich daraus ergeben, daß es eine Vielzahl von Realtypen der G b R gibt54. Ihre Dresdener Entwurf: Art. 8 1 0 ; Entwurf I: § 6 5 9 ; Entwurf II: § 6 7 5 . Vgl. den Bericht des Abg. v. Heller in: Jakobs/Schubert Die Beratung des B G B , Recht der Schuldverhältnisse III, S . 3 5 4 f f ; Abdruck auch bei K.Schmidt Gutachten (Fn. 23), S. 413, 499. 51
5,2
' 3 Hierzu am klarsten Flume Die Personengesellschaft (Fn. 21) § 1 II. 54 So etwa Winter KTS 1983, 349, 364, der aus der „Formstrenge des Prozeßrechts" die Unmöglichkeit einer Differenzierung ableitet.
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organisatorische Verfestigung ist unterschiedlich ausgeprägt, und sie treten auch nicht alle als geschlossene Einheiten im Rechts- und Geschäftsverkehr auf. Wenn man die Ehegatten-Innengesellschaft ohne Gesamthandsvermögen auf der einen und die unternehmenstragende G b R auf der anderen Seite als Gegenpole nimmt, wird deutlich, daß nicht allen Gesellschaften die Parteifähigkeit zuerkannt werden darf; denn bloße Schuldverhältnisse können nicht parteifähig sein. Es geht also um das Problem einer sachgerechten und praktikablen Differenzierung. Wenn sie nicht möglich sein sollte, müßte man es wohl bei der widerspruchsvollen Konstruktion der Gesamthandsklage/Gesamthandsschuldklage belassen und auf Abhilfe durch den Gesetzgeber warten, der das Problem durch ein Gesellschaftsregister ( H R - C ) in zwar aufwendiger, aber wenigstens klarer Weise lösen könnte 55 . Für das materielle Recht kommt der Charakter einer teilrechtsfähigen Wirkungseinheit nur den Außengesellschaften mit Gesamthandsvermögen zu. Die damit vollzogene Abgrenzung läßt sich so nicht auf das Prozeßrecht übertragen. Entscheidend ist vielmehr, ob die Gesellschaft Trägerin der Parteifunktionen sein kann und ob sie sich als Prozeßsubjekt hinreichend individualisieren läßt. Beide Fragen überschneiden einander im Erfordernis des Gesellschaftssitzes. Eine vollständige Uberprüfung derjenigen Vorschriften, die mit der Parteistellung bestimmte Rechtsfolgen verbinden (vgl. etwa § § 1 7 , 41 Nr. 1, 91, 110, 261 Abs. 3 N r . l , 325 Z P O ) , ist schon deshalb nicht veranlaßt, weil das Beispiel der O H G zeigt, daß die Personengesellschaft grundsätzlich in der Lage ist, die Parteifunktionen zu erfüllen. Problematisch, aber für die erforderliche Differenzierung auch ergiebig ist lediglich die Bestimmung des allgemeinen Gerichtsstandes nach den Verhältnissen der beklagten Partei ( § 1 2 Z P O ) . Wenn eine Gesellschaft, Korporation usw. die Beklagte ist, richtet sich die örtliche Zuständigkeit des Gerichts nach dem Gesellschaftssitz ( § 1 7 Abs. 1 S . 2 Z P O ) . Für Personengesellschaften entscheidet der Verwaltungssitz ( § 1 7 Abs. 1 S . 2 Z P O ) . Die zuständigkeitsbestimmende Funktion des Parteibegriffs können also alle Gesellschaften erfüllen, die eine Verwaltung haben und diese Tätigkeit tatsächlich an einem bestimmten räumlichen Mittelpunkt
5S So der Vorschlag von K.Schmidt Gutachten ( F n . 2 3 ) , S . 4 1 3 , 508 für unternehmenstragende Gesellschaften. Als ausländisches Vorbild kann die französische Regelung dienen, nach der die „societe civile" (Art. 1832 ff, 1845 ff. C . civ. i.d. F. der Loi N r . 7 8 - 9 vom 7 . 1 . 1 9 7 8 ) in das „registre du commerce et des societes" einzutragen ist (decret N r . 7 8 - 7 0 5 vom 3. 7 . 1 9 7 8 ) . Vgl. dazu Bastian/Germain in: Jura Europae, Droit des Societes, Bd. II (Stand 1983) N r . 3 0 . 0 0 (Sektion 35 ff) u. N r . 3 0 . 4 0 ; Müller-Gugenberger Z H R 142 (1978), 589ff. Kurzbericht bei K.Schmidt, S.441 ff.
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konzentrieren 56 . Das ist für Erwerbsgesellschaften der O r t , an dem die Geschäfte geführt werden, für Besitzgesellschaften der Ort, an dem sich das Vermögen befindet. Weil mit der Existenz eines Gesellschaftsvermögens dessen Verwaltung zwangsläufig verbunden ist, hat nur das Erfordernis eines bestimmten räumlichen Mittelpunktes eingrenzende Wirkung. Auch daran wird es nur ausnahmsweise fehlen, etwa dann, wenn das Vermögen nur aus den Einlageansprüchen besteht. Für den Regelfall kann die vermögenstragende G b R die zuständigkeitsbestimmende Funktion des Parteibegriffs also erfüllen. Damit feststeht, wer die Subjekte von Prozeß und Zwangsvollstrekkung sind, fordert das Gesetz zwingend die Bezeichnung der Parteien in der Klageschrift und im Urteilsrubrum (§§253 Abs. 2 Nr. 1, 313 Abs. 1 Nr. 1 Z P O ) . Wie die Bezeichnung erfolgen soll (nicht: muß), ist § 130 N r . 1 Z P O zu entnehmen, der gem. § 2 5 3 Abs. 4 Z P O auch für die Klageschrift gilt". Danach ist die Gesellschaft hinreichend bezeichnet, wenn ihr Name und ihr Sitz angegeben sind. Die Gesellschaft muß also, wenn ihre Parteifähigkeit bejaht werden soll, nicht nur einen Sitz, sondern auch einen Namen haben. Hier ist zu unterscheiden zwischen der materiell-rechtlichen Frage, ob die Gesellschaft einen Namen hat, und dem prozeßrechtlichen Problem, ob ihre Namensführung für den Zweck der Parteibezeichnung ausreicht. Die positive Antwort auf die erste Frage folgt aus dem Charakter der Gesellschaft als einer teilrechtsfähigen Wirkungseinheit des Rechts- und Geschäftsverkehrs; denn eine Wirkungseinheit ohne namensmäßige Individualisierung gibt es nicht. Fraglich kann demnach nur sein, wie der Gesellschaftsname gebildet wird 58 . Dafür gibt es zwei Möglichkeiten. So wie die Firma einer O H G nach § 1 9 Abs. 1 H G B aus den Namen aller Gesellschafter bestehen kann, kann die Summe ihrer Namen auch nach bürgerlichem Recht den Gesellschaftsnamen abgeben. Die Gesellschafter können ihre Gesellschaft aber auch mit einem eigenen, etwa schlagwortartig gebildeten Namen ausstatten; das ist der sog. Gesamtname, dessen Zulässigkeit heute anerkannt ist59. Prozeßrechtliche Schwierigkeiten sollen sich im zweiten Fall wegen der notwendigen Bestimmheit der Parteibezeichnung ergeben 60 . Solche Schwierigkeiten treten in der Tat auf, wenn man
56 Zum Gesellschaftssitz vgl. Hüffer in Staub HGB, 4. Aufl., l.Lfg. 1983, vor §13 Rdn.22. ' 7 Einzelheiten zur Parteibezeichnung bei Baumbach/Lauterbach/'Albers/Hartmann (Fn.39) §253 A n m . 3 A ; Stein/,Jonas/Schumann/Leipold (Fn.38) §253 Anm.III 1. 58 Richtige Trennung der Fragen bei Ostheim Zur Rechtsfähigkeit von Verbänden im österreichischen bürgerlichen Recht, 1967, S. 211 f. ä' Ulmer in Münch. Komm. (Fn.6) § 7 0 5 Rdn.185 m . w . N . in Fn.421. 60 Ulmer in Münch. Komm. (Fn.6) §705 Rdn. 111.
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die Gesellschafter als Parteien ansieht und gleichwohl ihre Bezeichnung durch den Gesamtnamen gestattet61. Sie sind aber gerade vermieden, wenn die Parteirolle der Gesellschaft anerkannt wird; der Gesamtname bezeichnet die Gesellschaft im Prozeß ganz ebenso als Partei wie außerhalb des Prozesses als Wirkungseinheit des Rechtsverkehrs 62 . Unklarheiten sind nach diesem Konzept eher zu befürchten, wenn der Name der Gesellschaft aus den Namen aller Gesellschafter besteht. Hier fragt sich nämlich, ob auf diese Weise die Gesellschafter als einzelne bezeichnet sind oder ob die Gesellschaft benannt ist oder ob beides zutrifft. Dieses Problem ist notfalls durch Auslegung zu lösen (vgl. noch VI). Zweckmäßig ist es, seine Entstehung durch rechtzeitige Klarstellung der Parteibezeichnung zu vermeiden; das Gericht hat darauf von Amts wegen hinzuwirken 63 . Bei einer Klage gegen die Gesellschaft und die Gesellschafter könnte es heißen: „ . . . gegen Α, Β und C in Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie als Gesellschafter." Danach ergibt sich: Parteifähig ist jede G b R , die ein Gesamthandsvermögen hat und es derart verwaltet, daß sich ein bestimmter räumlicher Mittelpunkt für diese Tätigkeit bestimmen läßt (Verwaltungssitz). Die praktische Differenz zur Außengesellschaft mit Gesamthandsvermögen des materiellen Rechts ist marginal. Zugegeben werden muß, daß nach dieser Umschreibung wohl auch Gesellschaften parteifähig sind, bei denen diese Eigenschaft in der Praxis entbehrlich erscheint. Doch ist damit kein Nachteil verbunden. Als Vorteil fällt ins Gewicht, daß Abgrenzungsprobleme vermieden werden, die bei einer engeren Fassung entstehen würden, namentlich bei einer Beschränkung auf unternehmenstragende Gesellschaften 64 . V. Zur Parteifähigkeit der anderen Gesamthandsgesellschaften
1. OHG und KG Im Prozeß der O H G oder K G ist die Gesellschaft selbst richtige Partei, weil sie Trägerin der Rechte und Verbindlichkeiten ist. Folgerichtig ist auch ihre Parteifähigkeit anzuerkennen. Das für die G b R erörterte Differenzierungsproblem stellt sich nicht, weil eine Handelsge-
" Die Frage spielt vor allem in der Diskussion um die aktive Parteifähigkeit des nicht eingetragenen Vereins eine Rolle, vgl. einerseits Habscheid A c P 155 (1956), 375, 415, andererseits B G H Z 42, 210, 214. " Auch in B G H Z 50, 325 werden offenbar keine Bestimmtheitsprobleme gesehen, weil der Name die Gewerkschaft selbst und nicht ihre Mitglieder bezeichnet. 63 Entsprechende Probleme ergeben sich bei firmenmäßiger Bezeichnung des Beklagten ( § 1 7 Abs. 2 H G B ) ; vgl. Hüffer in Staub H G B , 3 . L f g . 1983, § 1 7 R d n . 5 3 f . M Hierzu Ulmer Z G R 1984, 313, 323 ff; Zöllner Z G R 1983, 82, 84.
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sellschaft kraft ihrer gewerblichen Tätigkeit notwendig über einen Gesellschaftssitz verfügt. Diese Lösung, die inzwischen von der ganz herrschenden Meinung akzeptiert wird65, ist schon aus § 124 H G B ableitbar. Erst die Überlegungen zur Parteirolle der GbR geben ihr allerdings ein dogmatisches Fundament 66 . Eine andere Frage ist es, ob für die Lösung einzelner prozessualer Probleme die Beteiligung der Gesellschafter an der Gesellschaft eine Rolle spielt, obwohl sie nicht Partei sind. Hierfür kommt es nicht auf die Parteieigenschaft an, sondern darauf, inwieweit die Gesellschafter von der Prozeßführung unmittelbar betroffen werden. Es sollten deshalb im Prozeß der O H G nicht nur die vertretungsberechtigten, sondern alle Gesellschafter als Partei (und nicht als Zeuge) vernommen werden 67 . Für die GbR gilt Entsprechendes68. 2. Vor-AG
und
Vor-GmbH
Weil die Vermögensordnung der Vor-AG und der Vor-GmbH gesamthänderisch strukturiert ist, lassen sich die Ausführungen zur Parteirolle und Parteifähigkeit der GbR auf die Vorformen der juristischen Personen übertragen. Damit erfährt nicht nur die schon von der herrschenden Meinung anerkannte passive Parteifähigkeit eine schlüssige Begründung, sondern es ergibt sich auch die aktive Parteifähigkeit der Gründervereinigungen 69 . Ohne sie ist nicht auszukommen. Daß auch die aktive Parteifähigkeit der Vorformen juristischer Personen anerkannt werden muß, zeigt sich hauptsächlich, wenn die Gesellschaft während des Rechtsstreits in das Handelsregister eingetragen wird und damit als juristische Person entsteht (§41 AktG; §11 G m b H G ) . Eine isoliert prozeßrechtliche Betrachtung könnte zwar mit der Anwendung der §§ 265 Abs. 2, 325 Z P O helfen; die Gesellschafter in notwendiger Streitgenossenschaft müßten den Rechtsstreit danach als Prozeßstandschafter der juristischen Person weiterführen. Eine Prozeßführung durch die Gründeraktionäre mit Wirkung gegen die Gesellschaft verstößt aber gegen die zwingende Kompetenzordnung des Aktienrechts, nach der die Prozeßführung zur eigenverantwortlichen Leitungsmacht 65
Vgl. die Nachweise in Fn. 10 und 11. Nicht zu folgen ist deshalb dem von K. Schmidt Handelsrecht (Fn. 7) § 5 II 2 beiläufig unterbreiteten Vorschlag, die Parteifähigkeit der GbR durch analoge Anwendung des § 124 HGB zu begründen. 67 Ebenso vor allem A.Hueck Das Recht der O H G (Fn. 11) §22 III; nach h. M. sind dagegen nur die vertretungsberechtigten Gesellschafter als Partei zu vernehmen, vgl. BGHZ 42, 231; Roh. Fischer in Großkomm. HGB (Fn. 11) § 124 Anm. 22. 68 Ulmer in Münch. Komm. (Fn. 6) §718 Rdn.37, allerdings mit anderem Ausgangspunkt. " Zum Meinungsstand vgl. die Nachweise in Fn. 15 ff. 66
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des Vorstands gehört (§§ 76, 78 AktG). Sachgerecht ist allein die Unterbrechung oder Aussetzung nach §§ 239, 246 Z P O , und die dafür vorausgesetzte Gesamtrechtsnachfolge findet zwar zwischen der V o r - A G und der AG 7 0 , aber nicht zwischen den Gründeraktionären und der A G statt. Die gesellschaftsrechtlich gebotene Lösung setzt deshalb voraus, daß die V o r - A G auch in Aktivprozessen Partei ist, was ihre Parteifähigkeit bedingt. Für die Rechtsstreitigkeiten der G m b H in Gründung gilt nichts anderes; denn ihre prozessuale Behandlung darf nicht davon abhängen, ob die Prozeßführung nach dem Gesellschaftsvertrag (§ 45 G m b H G ) in der Kompetenz der Geschäftsführer oder der Gesellschafter liegt. Ahnliche Kompetenzprobleme ergeben sich auch schon vor der Eintragung der juristischen Person; so ist nicht recht ersichtlich, wie bei rückständigen Einlagen unabhängig von der actio pro socio eine Gesellschafterklage stattfinden soll, obwohl es eine Geschäftsführungsaufgabe ist, die Einlagenansprüche der Gesamthand geltend zu machen 71 . 3. Nicht eingetragener
Verein
Hinreichend bekannt sind schließlich die besonderen Probleme der Parteienhäufung bei mitgliederstarken Verbänden, also regelmäßig bei Vereinen. Anschauungsmaterial über die einschlägige deutsche Praxis72 hinaus vermittelt vor allem die österreichische Rechtsprechung, weil es in Osterreich den nicht eingetragenen Verein als besondere Rechtsfigur nicht gibt, folglich auch keine § 50 Abs. 2 Z P O entsprechende Vorschrift zur Verfügung steht 73 . Der einzige Weg, diese Probleme zu vermeiden, ist die Parteirolle und damit über § 5 0 Abs. 2 Z P O hinaus die aktive Parteifähigkeit des Vereins. Daß die Schwierigkeiten auf dem Umweg der Parteibezeichnung doch auftreten, ist nicht zu erwarten, weil Vereine unter einem Gesamtnamen aufzutreten pflegen (vgl. IV 3). Auch insoweit läßt sich also die Parteifähigkeit der Gesamthandsgesellschaft fruchtbar machen. VI. Gesellschaft und Gesellschafter in der Einzelvollstreckung Zu prüfen bleibt, welche vollstreckungsrechtlichen Konsequenzen sich aus der Parteifähigkeit der Gesamthandsgesellschaft ergeben. Weil die passive Parteifähigkeit aller anderen Gesellschaften schon bisher 70 So zur G m b H B G H Z 80, 129, 137ff; B G H Z 80, 1 8 2 f ; aus dem Schrifttum z . B . Ulmer Z G R 1981, 593, 602 ff. Die Rechtsfrage kann für die A G nicht anders beurteilt werden.
A m klarsten Ulmer in Münch. Komm. ( F n . 6 ) § 7 0 5 Rdn. 143 und § 7 0 9 R d n . 9 . Nachweise in Fn. 12 ff. 73 Eingehend und mit Beispielsfällen Klang/Gschnitzer/Wable Komm. A B G B (Fn. 8) §1175 Anm.V. 71
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außer Frage steht, kann sich die Erörterung auf die G b R beschränken. Zu unterscheiden ist, ob sich die Vollstreckung gegen die Gesellschaft oder gegen einen Gesellschafter richtet. 1. Vollstreckung gegen die Gesellschaft Nach § 736 Z P O ist zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ein gegen alle Gesellschafter gerichtetes Urteil erforderlich. Bliebe es dabei, so wäre es nutzlos, die Gesellschaft als Partei zu verklagen. Die Fassung der Vorschrift beruht jedoch auf dem überholten materiell-rechtlichen Verständnis der Gesamthandsgesellschaft als einer vertraglichen Zusammenfassung der mit einem Sondervermögen ausgestatteten Gesellschafter (vgl. auch III 1 und I V 1 ) . Ihr insoweit unbestrittener Zweck, das Gesellschaftsvermögen gegen den Zugriff der Gläubiger nur einzelner Gesellschafter abzuschirmen 74 , wird auch erreicht, wenn der Vollstreckung ein Titel gegen die Gesellschaft zugrunde liegt. Ebenso ist die Gewahrsamsfähigkeit der Gesellschaft zu bejahen, so daß auch insoweit nicht auf die Gesellschafter zurückgegriffen werden muß 75 . Es bestehen deshalb keine Bedenken, die Vollstreckung in das Vermögen der Gesellschaft aufgrund eines gegen sie gerichteten Titels zuzulassen. Fraglich könnte schon eher sein, ob für die Vollstreckung ein gegen alle Gesellschafter gerichteter Titel genügt76. Wenn man mit der Parteifähigkeit der Gesellschaft und ihrer Vollstreckungssubjektivität ernst macht, spricht der erste Anschein dagegen. Die Frage ist trotzdem zu bejahen, und zwar nach richtiger Auffassung ohne Rücksicht darauf, ob dem Titel eine Gesellschaftsschuld oder eine nicht der Gesellschaftssphäre zuzurechnende Privatschuld der Gesellschafter zugrunde liegt77. Letzteres ist freilich nicht unbeachtlich, muß aber, weil die Vollstrekkung nach § 736 Z P O formell zulässig ist, weder vom Gläubiger noch vom Vollstreckungsorgan geprüft werden. Es ist vielmehr Sache der Gesellschaft, ihre materielle Nichthaftung geltend zu machen. Die richtige Verfahrensart für diesen Einwand liegt nicht in der Erinnerung des § 766 Z P O , sondern in einer Drittwiderspruchsklage nach §§ 774 (analog), 771 Z P O . Dieses im Schrifttum entwickelte Konzept 78 stimmt mit " Statt vieler vgl. Stein/Jonas/Münzberg (Fn. 19) § 7 3 6 Rdn. 1. 75 Richtig Ulmer in Münch. K o m m . (Fn. 6) § 718 Rdn. 4 8 ; a. M . Stein/Jonas/Münzberg (Fn. 19) § 7 3 6 Rdn. 7, die auf den Gewahrsam der Gesellschafter abstellen. 76 So die h. M., vgl. Stein/Jonas/Münzberg K o m m . Z P O (Fn. 19) § 736 Rdn. 1, 4 f; aber auch vom Standpunkt der Gesamthandsschuldklage aus Ulmer in Münch. K o m m . (Fn. 6) § 718 Rdn. 4 6 ; a. M. (Titel gegen die Gesellschaft erforderlich) Aderhold (Fn. 7), S. 1 6 7 f ; Scbünemann (Fn. 7), S. 227.
Darin abweichend Ulmer in Münch. K o m m . ( F n . 6 ) § 7 1 8 Rdn. 46. « Brehm KTS 1983, 21, 3 4 ; Winter KTS 1983, 349, 366 ff.
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Wortlaut und Entstehungsgeschichte 79 des § 736 ZPO überein und verteilt die Initiativlast zwischen Gläubiger und Gesellschaft namentlich in den Fällen richtig, in denen der Zusammenschluß zur Gesellschaft für den Gläubiger nicht ohne weiteres erkennbar ist. Schließlich bildet die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Gesellschaft aus einem gegen die Gesellschafter gerichteten Titel eine unter den Aspekten des Gläubigerschutzes und der Praktikabilität sinnvolle Ergänzung des hier eingenommenen Standpunktes. Denn dem Gläubiger wird, soweit es sich materiell um Gesellschaftsverbindlichkeiten handelt, das Risiko abgenommen, den Prozeß gegen die falsche Partei geführt zu haben, und in dem gegen die Gesellschaft gerichteten Vollstreckungsverfahren bedarf es nicht der möglicherweise schwierigen Auslegung, ob die Forderung gegen die Gesellschaft oder gegen die Gesellschafter tituliert ist. 2. Vollstreckung gegen einen Gesellschafter Die Zwangsvollstreckung in das Vermögen eines Gesellschafters setzt einen gegen ihn gerichteten Titel voraus. Ein Titel gegen die Gesellschaft genügt also nicht. Wird die Vollstreckung gleichwohl betrieben, so ist der Rechtsbehelf der Erinnerung gegeben (§§766, 750 ZPO). Dem Gesellschafter steht aber auch die Drittwiderspruchsklage des § 771 Z P O zu80, weil sein Eigentum an dem Gegenstand der Vollstreckung ein die Veräußerung zwecks Erfüllung der Gesellschaftsschuld hinderndes Recht ist. Zu Schwierigkeiten kann es nur kommen, wenn nicht ohne weiteres klar ist, ob sich der Titel gegen die Gesellschaft, gegen die Gesellschafter oder gegen beide richtet. Das ist der Fall, wenn die Namen aller Gesellschafter ohne klarstellenden Vermerk im Urteilsrubrum enthalten sind (vgl. IV 3). Der Zweifel über die Identität des Vollstreckungsschuldners ist durch Auslegung des Titels zu beheben. Weil das Vollstreckungsorgan dazu in aller Regel nicht in der Lage ist, ergibt sich das richtige Verfahren aus analoger Anwendung der §§ 727 ff ZPO 81 . Eine derartige nachträgliche Auslegung wird im Regelfall zu dem Ergebnis führen, daß sich der Titel gleichermaßen gegen die Gesellschaft und gegen die Gesellschafter richtet. VII. Die Gesamthandsgesellschaft im Konkurs Die Konkursfähigkeit der Personenhandelsgesellschaften ergibt sich aus §209 KO, die des nicht eingetragenen Vereins aus §213 KO. Zu 79 Vgl. amtl. Begr. zu § 6 7 0 b CPO-Novelle 1898; Abdruck bei (Fn. 48), S. 138. 80 Zutreffend Ulmer in Münch. Komm. (Fn.6) §718 Rdn.44. 81 Zum Klarstellungsvermerk vgl. schon Fn.63.
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Recht hat sich ferner die Ansicht durchgesetzt, daß Vor-AG und VorG m b H konkursfähig sind82. Für die Gesamthandsgesellschaft bürgerlichen Rechts ist zwar außer Streit, daß ihre Konkursfähigkeit rechtspolitisch wünschenswert ist83. Die herrschende Meinung spricht ihr aber de lege lata die Konkursfähigkeit ab, weil sie den §§ 207 ff K O das Prinzip entnimmt, daß die Konkursfähigkeit von Gesamthandsgemeinschaften ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung bedarf 84 . Diese Ansicht führt zu praktischen Unzuträglichkeiten 85 und kann nach der Fortentwicklung der gesellschaftsrechtlichen Gesamthand zur teilrechtsfähigen Wirkungseinheit nicht aufrechterhalten werden. Wenn die Gesellschaft das Zuordnungssubjekt für Rechte und Verbindlichkeiten ist, dann muß sie auch das Subjekt des Konkursverfahrens sein. Die Rolle des Gemeinschuldners kommt also der Gesellschaft und nicht den Gesellschaftern zu. Es handelt sich deshalb nach richtiger Ansicht auch nicht um einen Sonderkonkurs (der Gesellschafter), sondern um einen Gesamtkonkurs (der Gesellschaft) 86 . Dabei steht das Problem der Konkursfähigkeit in genauer Parallele zu dem der Parteifähigkeit. In den dazu entwickelten Grenzen (IV 3) ist demnach auch die Konkursfähigkeit der GbR durch Rechtsfortbildung zu begründen.
82 Ulmer in Hachenburg G m b H G (Fn. 15) § 11 Rdn. 52 mit eingehenden Nachw.; vgl. seither noch Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff Komm. AktG (Fn.17) §29 Rdn. 14; Henckel in Jaeger K O , 9. Aufl., 1. Lfg. 1977, § 1 Rdn. 152. " Henckel in Jaeger K O (Fn. 82) § 1 Rdn. 151; Ulmer in Münch. Komm. (Fn. 6) § 705 Rdn. 114 in Fn.272; Weber in Jaeger K O , 8. Aufl., Bd. II 2 1973, vor §207 Rdn. 12. 84 Vgl. die Nachw. der vor. Fn.; zu Recht a. Μ. K. Schmidt in: Festschr. 100 Jahre K O , 1977, S. 247, 255 ff. 85 Dazu Weber in Jaeger K O (Fn.83) vor §207 Rdn. 12; eindringlich K.Schmidt (Fn. 84). 86 Gegen die zählebige Fehlvorstellung vom Gesellschaftskonkurs als Sonderkonkurs der Gesellschafter (vgl. ζ. B. B G H Z 34, 293, 297; Henckel in Jaeger K O (Fn. 82) § 1 Rdn. 149) zutreffend K. Schmidt (Fn. 84), S. 253.
Die unbeschränkte Kommanditistenhaftung nach §176 H G B - Schein und Wirklichkeit BRIGITTE KNOBBE-KEUK
I.
1. Das Verständnis der Regelung des § 176 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 H G B über die unbeschränkte Haftung des nicht eingetragenen Kommanditisten war lange Zeit geprägt durch die Stichworte „Druck-" und „Straffunktion". In der Tat war denn etwa auch schon in der Denkschrift zum HBG 1 die Vorschrift auch als Druckmittel verstanden worden, das den Kommanditisten zu einer schleunigen Herbeiführung der Eintragung in das Handelsregister veranlassen sollte. Als das Reichsgericht diesen Aspekt noch durch die Bemerkung verstärkte, daß die unbeschränkte Haftung als zivilrechtliche Strafe der Nichtbefolgung der Pflicht zur Anmeldung wirke2, konzentrierte sich die Diskussion um das Verständnis der Regelung des § 176 H G B zunächst auf die Druck- und Straffunktion3. Diese Diskussion ist inzwischen erledigt und nicht wieder aufzunehmen. Sicher ist nicht zu bestreiten, daß die unbeschränkte Haftung des nicht eingetragenen Kommanditisten als - wie das R O H G 4 treffender als das Reichsgericht formuliert hat - „civilrechtlicher Nachteil" wirken kann und daß der Kommanditist im eigenen Interesse darauf bedacht sein wird, für die Eintragung zu sorgen. Daß diese Wirkung aber nicht der materielle Grund der unbeschränkten Haftung des nicht
1 Vgl. Denkschrift zum Entwurf eines Handelsgesetzbuches, 1896, S. 118; zu der Vorgängerin der Vorschrift des §176 H G B , zu Art. 163 Abs. 3 A D H G B vgl. R O H G v. 8.5.1879, R O H G 25, 114ff, 117. 2 R G Z 128, 172 ff, 181. 5 Vgl. dazu Nachweise und Gesichtspunkte bei Priester, BB 1980, 911 ff, 912; Crezelius, BB 1983, 7. Nicht zur Druck- und Straffunktion paßt insbes.: Der Kommanditist haftet auch dann unbeschränkt, wenn die Eintragung infolge eines Behördenversehens unterbleibt; er haftet nicht unbeschränkt bei Kenntnis des Gläubigers von seiner Kommanditistenstellung. 4 R O H G v. 8.5.1879 R O H G 25, 114ff, 117.
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eingetragenen Kommanditisten ist, ist klar und insofern besteht auch heute Einigkeit5. Gleichwohl wirkt die überholte Diskussion um die Druck- und Straffunktion fort. Anders ist es nicht zu erklären, daß ganz verbreitet die Vorstellung virulent ist, es handele sich bei der Regelung des § 176 HGB um eine ganz extraordinäre, ungeheuerliche, geradezu suspekte Regelung. Wenn etwa Fleck!' von dem „§176 wohl mit zugrundeliegenden rechtsstaatlich etwas fragwürdigen Sanktionsgedanken" spricht, so ist dies ein Ausdruck der heute vorherrschenden skeptischen Einstellung und des Unbehagens gegenüber der „Androhung unbeschränkter Haftung"7. Die Regelung des §176 HGB wird als drakonisch und „rechtspolitisch wie rechtssystematisch überaus fragwürdig"8 eingeordnet. Die „Härte der Haftung" erschreckt; der BGH 9 sieht als grundsätzliches Bedenken gegen die Vorschrift, daß die unbeschränkte Haftung des nicht eingetragenen Kommanditisten im Einzelfall „ganz unverhältnismäßige Ausmaße annehmen kann". Angesichts dieser verbreiteten Einstellung ist es nicht weiter verwunderlich, daß die Auffassung Flumes10 zum Verständnis des § 176 HGB wenn überhaupt - so doch höflich ablehnend zur Kenntnis genommen wird. Daß §176 HGB - ganz schlicht - nur Anwendungsfall des allgemeinen Prinzips sein soll, daß derjenige, der sich am wirtschaftlichen Verkehr beteiligt, grundsätzlich unbeschränkt haftet, stößt auf allgemeines Unverständnis. Statt dessen haben die h. M. im Schrifttum und der BGH zu einer Deutung gefunden, die wegen ihrer Flexibilität und wegen der guten Presse, über die Vertrauen als Haftungstatbestand ohnehin verfügt, allgemeiner Akzeptanz gewiß sein kann: §176 HG wird verstanden als gesetzlich normierter Fall der Vertrauensschutzhaftung11, der Rechtsscheinhaftung12. Tritt eine Handelsgesellschaft im Rechtsverkehr auf, so sollen zum Schutz des Rechtsverkehrs, der man5 Deshalb besteht auch kein Anlaß, die Vorschrift des §176 H G B an der Elle der für staatliche Strafen geltenden Maßstäbe zu messen (vgl. aber etwa Beyerle, DB 1973, 557 ff, 559; ders., Der unbeschränkt haftende Kommanditist, 1976, S. 62 f und dagegen treffend K. Schmidt Z H R 144 [1980], 193). 6 Anmerkung zu B G H v. 2 5 . 6 . 1 9 7 3 II ZR 133/70 ( B G H Z 61, 59) LM §128 H G B Nr. 19. 7 Fleck a. a. O., (Fn. 6). 8 Huber, ZGR 1984, 162. ' B G H v. 1 8 . 6 . 1 9 7 9 II Z R 194/77 LM § 176 H G B Nr. 7 = N J W 1980, 54 = BB 1979, 1369. 10 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, I 1, Die Personengesellschaft, 1977, S. 333. Dem folgend Crezelius, BB 1983, 5 ff. " Vgl. aus der Literatur insbes. Priester, BB 1980, 912; K.Schmidt, Z H R 144 (1980), 192 ff; N J W 1982, 886. 12 Z . B . Huber, FS Hefermehl 1976, S. 135.
Die unbeschränkte Kommanditistenhaftung nach § 176 H G B
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gels Handelsregistereintragung nicht weiß, welche Gesellschafter unbeschränkt und welche lediglich beschränkt haften, alle Zweifel zu Lasten der noch nicht eingetragenen Kommanditisten ausgeschlossen sein13. Hauptzweck des § 176 H G B soll sein - wie der BGH 1 4 formuliert - , „das Vertrauen zu schützen, das der Geschäftsverkehr typischerweise den hinter einer handelsrechtlichen Personengesellschaft stehenden Gesellschaftern entgegenbringt, auch wenn er sie nicht kennt". 2. Das Verständnis des § 176 H G B als - abstrakter - Vertrauensschutznorm, die Assoziation zur Rechtsscheinhaftung, haben dazu geführt, daß der Anwendungsbereich der Vorschrift ins Gerede gekommen, vernebelt worden ist. Seit einigen Jahren wird die Rechtsprechung immer wieder mit Fragen des Anwendungsbereiches befaßt. Das Schrifttum erhält immer wieder Gelegenheit, Entscheidungen zu kommentieren, neue Fragen aufzuwerfen, neue Streitereien vorzubereiten. Besonderer Originalität bedarf es dazu nicht. Denn aufgrund der Qualifizierung der Vorschrift als abstrakter Vertrauensschutznorm kann man auch zur Anwendung des §176 H G B alle die Fragestellungen „entdecken", wie sie aus der Diskussion um den Anwendungsbereich der als Parallele hervorgehobenen Vorschrift des § 15 Abs. 1 H G B hinreichend geläufig sind: Etwa: Gilt die unbeschränkte Haftung auch für Schulden aus gesetzlichen Schuldverhältnissen 15 , also insbesonders für solche aus Delikt oder für Steuerschulden, für Sozialversicherungsbeiträge usw. oder ist sie auf rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten zu beschränken. a) Der B G H hat bislang die Anwendung des § 176 H G B nicht allgemein auf rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten beschränkt. Immerhin hat er aber die Anwendung des § 176 H G B auf Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung verneint". Das Ergebnis entspricht der herrschenden Ansicht zu § 15 HGB 1 7 . In Anlehnung an diese Entscheidung des B G H hat das Finanzgericht Berlin18 dem Steuerfiskus die Berufung auf § 176 H G B versagt - da nur im Geschäftsverkehr „das - abstrakte - Vertrauen des Gläubigers eine
B G H v. 4.3.1976 II ZR 145/75 B G H Z 66, 98 ff, 101. B G H v. 28.10.1981 II ZR 129/80; B G H 82, 209 ff, 215. 15 Für die Beschränkung auf rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten z . B . Priester, BB 1980, 914. " B G H Z 82, 209 ff, 215. 17 Für diese R G Z 127, 98. 18 F G Berlin v. 20.10.1982; E F G 1982 Nr.437 r.k. 15 14
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Rolle spielen" könne. Auch insoweit wird auf die entsprechende Beurteilung für Steuerschulden zu § 15 Abs. 1 H G B verwiesen". In dieselbe Richtung - nämlich Beschränkung der Anwendbarkeit des §176 H G B auf rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten - geht auch eine Entscheidung des LG Osnabrück 20 , die die Inanspruchnahme eines nicht eingetragenen Kommanditisten aus Gerichtskostenrechnungen betraf. Das BSG hingegen wendet §176 H G B auch auf Beitragsschulden gegenüber einem Träger der Sozialversicherung an. Zum einen ist für das BSG nicht einsichtig, daß die unbeschränkte Haftung des nicht eingetragenen Kommanditisten zwar für die Arbeitnehmerforderung bestehen soll, nicht aber für die demgegenüber wirtschaftlich kleinere, jedoch zwingend mit der Hauptschuld verbundene Nebenfolge der Beitragsleistung21. Im übrigen akzeptiert der 3. Senat des BSG22 zwar, daß der Schutzzweck des §176 H G B „zunächst den Bedürfnissen des rechtsgeschäftlichen Verkehrs" diene, meint aber, daß dieser Schutzzweck sich nicht nur auf die Anbahnung einer Geschäftsbeziehung beschränke, sondern auch für Dritte, die bereits eine Forderung gegen die Gesellschaft haben, bedeutsam sei, etwa wenn es um Stundung o. ä. Entscheidungen gehe. Dieser Gesichtspunkt wird von Anhängern 25 der Einschränkung des §176 H G B auf rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten dahin aufgenommen, daß man dann bei nicht rechtsgeschäftlich begründeten Verbindlichkeiten eben differenzieren müsse: der gesetzliche Entstehungsgrund schließe eine Haftung nach §176 H G B aus; sie komme aber dann „zum Zuge, wenn die Gläubigerstellung später durch Rechtsgeschäft mitbestimmt wird". Wie man sich dieses „Zum-Zuge-kommen" vorzustellen haben soll, bleibt im Bereich des Nebulösen. Es ist schwer nachzuvollziehen, daß die Stundung seitens des Gläubigers als solche geeignet sein könnte, eine Haftung zu begründen, die bislang nicht bestanden hat. Naheliegender ist, daß auf diese Weise der Ubergang zum konkreten Vertrauensschutz vorgezeichnet sein soll. Die Probe aufs Exempel würde der Fall bieten, daß der Gläubiger einer gesetzlichen Forderung bei der Stundung von dem Gesellschafter, der als Kommanditist noch nicht eingetragen ist, nichts weiß.
" Vgl. B F H v. 13.4.1978 V R 94/74 BStBl II 1978, 490: Der aus einer K G ausgeschiedene Komplementär haftet nicht allein deshalb für die nach seinem Ausscheiden entstandenen Steuerschulden, weil sein Ausscheiden nicht eingetragen ist. Das Finanzamt kann sich nicht auf § 15 Abs. 1 H G B berufen; die Berufung auf § 15 H G B ist ausgeschlossen, wenn die Kenntnis für das Rechtsverhältnis keinerlei Bedeutung gehabt haben kann, ein Zusammenhang zwischen der Entstehung des Anspruchs und dem Inhalt des Registers also undenkbar ist. 20 Vom 28.2.1958 Nds. Rpfl. 1958, 274. 21 BSG v. 26.5.1976 - 12/3/12 RK 7/74 M D R 1976, 962. 22 BSG v. 26.6.1975 3/12 RK 1/74; M D R 1976, 259. 25 Z.B. Priester, BB 1980, 914.
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Wie die Fragestellung hinsichtlich des Entstehungsgrundes der Verbindlichkeit nur aufgrund der Qualifizierung des § 1 7 6 H G B als Vertrauensschutznorm möglich ist, so ist dies auch bei weiteren heute verbreiteten Fragen zum Anwendungsbereich der Vorschrift der Fall. b) So ist zwar nach dem Gesetz und auch nach der bislang herrschenden Auffassung 24 die unbeschränkte Haftung des noch nicht eingetragenen Kommanditisten unabhängig davon, ob der Gläubiger von dessen Existenz überhaupt Kenntnis hatte. Aber auch an diesem Punkt sind Versuche einer Einschränkung zu verzeichnen. So soll dies nach Priester2i nicht gelten für den Fall des § 176 Abs. 2 H G B , daß nämlich über die schon eingetragenen Kommanditisten hinaus ein weiterer Kommanditist der Gesellschaft beitritt: Habe der Gläubiger keine Anhaltspunkte dafür, daß noch eine weitere Person der Gesellschaft angehöre, so seien das Schutzbedürfnis des Gläubigers und die Grundlage einer Vertrauenshaftung nicht gegeben. Dieser Auffassung ist der BGH 2 6 trotz der Sympathiekundgabe für „die darin liegende Tendenz, die vielfach als zu hart empfundene Vorschrift des § 1 7 6 H G B in ihrem Anwendungsbereich möglichst einzuschränken", nicht gefolgt. K. Schmidt will bei § 176 Abs. 2 H G B zumindest für Kapitalanlagegesellschaften eine „Restriktion des abstrakten Vertrauensschutzes" 27 vornehmen. Denn auch ein abstrakter Rechtsscheintatbestand bedürfe einer verkehrstypischen Vertrauensgrundlage; bei den Kapitalanlagegesellschaften aber trete der Kommanditist typischerweise nicht in Erscheinung. Deshalb sei zu erwägen (?), ob nicht § 1 7 6 Abs. 2 H G B ausgeschlossen bleiben soll, wenn der Kommanditist nicht ausnahmsweise tatsächlich in Erscheinung getreten sei27'. Vgl. z.B. RGZ 128, 182. Priester, BB 1980, 913. 26 BGHZ 82, 209 ff. 27 ZHR 144 (1980), 201 ff; NJW 1982, 886. 27 ' Unabhängig von dem Verständnis des § 176 HGB als Vertrauensschutznorm besteht das Problem, ob die unbeschränkte Kommanditistenhaftung nach § 176 Abs. 2 HGB nicht nur für den Eintritt eines weiteren Kommanditisten, sondern auch für die Rechtsnachfolge in einen schon existenten Kommanditanteil gilt. Hier hat K.Schmidt (ZHR 144 [1980] 192 ff) zu Recht - aber bislang ohne Resonanz beim BGH - dargelegt, daß die Rechtsnachfolge in einen Kommanditanteil von der Anwendung des § 176 Abs. 2 HGB auszunehmen ist. Geht ein Kommanditanteil aufgrund eines Verfügungsgeschäfts auf einen Dritten über, so tritt der Erwerber in die Rechtsstellung ein, die bislang der Veräußerer innehatte. Er übernimmt - wie der BGH in der Entscheidung v. 29.6.1981 II ZR 142/80 BGHZ 81, 82 ff klargestellt hat - sowohl hinsichtlich der Einlageschuld gegenüber der Gesellschaft als auch hinsichtlich der Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern diejenige Rechtsposition, die bis zur Abtretung der frühere Kommanditist innehatte. Aus diesem Befund ist über die in BGHZ 81, 82 ff zu §§171, 172 HGB gezogenen Folgerungen hinaus auch die Folgerung zu ziehen, daß von vorneherein auch nur eine beschränkte Haftung des 24 25
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c) Wiederholt hat sich die Rechtsprechung in den letzten Jahren insbesondere mit der Frage der Anwendbarkeit des §176 H G B auf die Gesellschafter einer noch nicht eingetragenen GmbH u. Co. K G befassen müssen. Im Schrifttum28 wird seit Jahren die These vertreten, §176 H G B finde auf die noch nicht eingetragenen Kommanditisten einer GmbH u. Co. K G keine Anwendung. Ansatzpunkt war ursprünglich der Ausnahmetatbestand des §176 H G B , daß die unbeschränkte Haftung des nicht eingetragenen Kommanditisten nicht gilt, wenn dem Gläubiger die Beteiligung als Kommanditist bekannt war. Dabei genügt nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts 2 ' auch mittelbare Kenntnis: Weiß der Gläubiger, wer die persönlich haftenden Gesellschafter sind, dann weiß er zugleich, daß jeder andere Gesellschafter in der Haftung beschränkt ist. Hieraus wird dann von der Literatur der Schluß gezogen: Wer mit einer GmbH u. Co. K G abschließe, wisse aufgrund deren typischen Erscheinungsbildes, daß nur die GmbH persönlich haftende Gesellschafterin sei und folglich alle anderen in Betracht kommenden Personen allenfalls Kommanditisten sein könnten30. Da der vom Reichsgericht gezogene Schluß von der Kenntnis aller persönlich haftenden Gesellschafter auf die Kommanditisteneigenschaft der übrigen bei einer Gesellschaft, die als GmbH u. Co. K G auftritt, durchaus nicht zwingend ist, wird die Herausnahme der Gesellschafter einer noch nicht eingetragenen GmbH u. Co. K G aus der unbeschränkten Haftung inzwischen denn auch nicht mehr auf das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes des §176 H G B (Kenntnis von der Beteiligung als Kommanditist), sondern auf das NichtVorliegen des Grundtatbestandes gegründet: Der Rechtsscheintatbestand des § 176 H G B sei bei dem Auftreten einer GmbH u. Co. K G von vorneherein nicht erfüllt31. Der B G H hat sich bislang einer Herausnahme der Gesellschafter der noch nicht eingetragenen GmbH u. Co. K G aus dem Anwendungsbereich des §176 H G B versagt32: Von einer „Institutionalisierung" dieser Gesellschaftsform in dem Sinne, daß mit natürlichen Personen als persönlich haftenden Gesellschaftern gar nicht mehr gerechnet werden Erwerbers eines Kommanditanteils bestehen kann. Ist der Kommanditanteil im Erbweg übergegangen, gilt nichts anderes. 21 Vgl. z . B . Limbach, GmbHR 1967, 165ff; Huber, FS Hefermehl, 1976, 127, 131; ZGR 1984, 165 ff; G.Fischer, N J W 1973, 2188 ff, 2189; K. Schmidt JuS 1973, 83; J Z 1974, 219ff, 220; N J W 1975, 665ff, 668; Z H R 144 (1980), 202ff; Binz, GmbHR 1976, 29ff, 33; Priester, BB 1980, 913 f; a.A. Flume, Personengesellschaft, S.336f; Hofmann, GmbHR 1970, 182 ff, 186; Crezelius, BB 1983, 12. 29 RGZ 70, 272; RGZ 128, 183. 30 So wohl zuerst Limbach, GmbHR 1967, 165 ff. 31 Z . B . Priester, BB 1980, 914. 32 Vgl. insbes. B G H v. 1 8 . 6 . 1 9 7 9 (Fn.9).
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könne, lasse sich jedoch kaum heute schon sprechen; aus diesem Grunde könne auch der mit § 1 7 6 H G B bezweckte Verkehrsschutz nicht von dem Firmenzusatz G m b H u. C o . K G übernommen werden. In der Entscheidung vom 2 1 . 3 . 1 9 8 3 " ist allerdings vorsichtig eine Änderung dieser Haltung für die Zukunft angedeutet: Möglicherweise sei anders zu entscheiden, wenn es sich um einen Vorgang aus der Zeit nach dem 1 . 1 . 1 9 8 1 handele, dem Tage also, an dem § 19 Abs. 5 H G B in Kraft getreten ist. Von da an werde „im Rechtsverkehr niemand damit rechnen können, ein nicht eingetragener Gesellschafter einer solchermaßen firmierenden Gesellschaft sei kein Kommanditist". Wie viele der gesetzlichen Detailregelungen der letzten Jahre bringt freilich auch § 19 Abs. 5 H G B keine Neuigkeit, sondern hat lediglich die bisherige zur G m b H u. C o . K G ergangene firmenrechtliche Rechtsprechung des BGH 3 4 gesetzlich festgeschrieben. Insofern ist nicht zu sehen, wieso sich durch § 19 Abs. 5 H G B für den Anwendungsbereich des § 176 H G B etwas anderes als zuvor ergeben könnte 35 . Gleichwohl ist nicht auszuschließen, daß der B G H - unter dem Eindruck der heftigen Kritik aus dem Schrifttum an seiner bisherigen Haltung - die gesetzliche Regelung des Firmenrechts der Handelsgesellschaften ohne eine natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafter zum Anlaß nimmt, auf die in der Literatur herrschende Meinung umzuschwenken - ohne daß dies formal als Rechtsprechungsänderung verbucht werden soll. Er wird keine Neigung haben, sich dem Verdacht des - wie es K. Schmidt formuliert hat - „blinden Gehorsams gegenüber einem Gesetzeswortlaut" ausgesetzt zu sehen, „der so unausgereift und durch die tatsächliche Entwicklung so sehr in Frage gestellt ist wie der des § 176 H G B " 3 6 . Die Brücke, die der B G H für seinen Weg zur eines „blinden Gehorsams" gegenüber dem Gesetz unverdächtigen herrschenden Meinung in Gestalt des § 19 Abs. 5 H G B sieht, ist nicht besonders tragfähig. Der B G H überschätzt den Gehalt des § 19 Abs. 5 H G B , wenn er meint, von dessen Inkrafttreten an „werde im Rechtsverkehr niemand mehr damit rechnen können, ein nicht eingetragener Gesellschafter einer als G m b H u. C o . K G firmierenden Gesellschaft sei kein Kommanditist". § 1 9 Abs. 5 H G B verpflichtet zwar eine Handelsgesellschaft, bei der keine natürliche Person persönlich haftender Gesellschaft ist, in ihrer Firma die Haftungsbeschränkung zu kennzeichnen. § 1 9 Abs. 5 H G B verbietet aber nicht etwa solchen Kommanditgesellschaften die Firmierung als G m b H u. C o . K G , in denen neben der BGH v. 21.3.1983 II ZR 113/82 BB 1983,1118 = ZIP 1983, 822 ff = WM 1983, 651. BGH v. 18.3.1974 II ZR 167/72 BGHZ 62, 216 ff, 226. 35 Vgl. ebenso Huber, ZGR 1984, 166 f. 3' K.Schmidt, ZHR 144 (1980), 205. 33 34
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G m b H auch natürliche Personen persönlich haftende Gesellschafter sind. Auch nach dem Inkrafttreten des § 19 Abs. 5 H G B gibt es selbstverständlich weiterhin G m b H u. Co. KGs, die nicht die für die G m b H u. Co. KG typische Gesellschafterstruktur aufweisen. Deshalb wird der BGH, wenn er wieder mit der Frage der unbeschränkten Haftung der noch nicht eingetragenen Gesellschafter einer G m b H u. Co. KG befaßt sein wird, sich für eine Änderung seiner bisherigen Haltung nicht mit dem Hinweis auf § 19 Abs. 5 H G B begnügen können, sondern sich der grundsätzlichen Frage stellen müssen, inwiefern Vertrauens- und Rechtsscheingesichtspunkte bei der Anwendung des § 176 H G B überhaupt relevant sein können. II. 1. Dem Verständnis des §176 Abs. 1 S. 1 H G B förderlich ist die Frage nach der Haftungslage, wie sie bestehen würde, wenn es die Vorschrift nicht gäbe. Der B G H spricht wiederholt von „Haftungsverschärfung" 37 . Gegenüber welcher Lage eine Haftungsverschärfung bestehen soll, ist in der Entscheidung vom 13.6.1977 38 erläutert: Es soll sich um eine „Verschärfung gegenüber der sonst in Betracht kommenden Rechtsscheinhaftung" handeln. Gäbe es die Vorschrift des § 176 Abs. 1 S. 1 H G B nicht, käme nach dem B G H also die Haftung des Kommanditisten nur nach den allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen in Frage. Wie man sich das vorzustellen haben soll, bleibt freilich im dunkeln. Sieht man den Gehalt der Bedeutung des Rechtsscheins darin, daß derjenige, der „einen bestimmten Rechtsschein erweckt,..., sich in weitem Umfang so behandeln lassen (muß), als ob die wirkliche Lage diesem Rechtsschein entspräche" 39 , so ist eine Assoziation zur Rechtsscheinhaftung jedenfalls solange nicht nachvollziehbar, wie nicht klargestellt wird, wie die „wirkliche" Lage ist. Offensichtlich beruht die Einordnung des § 176 Abs. 1 S. 1 H G B als „Verschärfung gegenüber der sonst in Betracht kommenden Rechtsscheinhaftung" auf der Vorstellung, daß „an sich" die Haftungsbeschränkung des Kommanditisten auf dem durch die Firmenführung deutlich erklärten Willen zur Haftungsbeschränkung" 40 beruhe, daß dies also die „wirkliche" Lage sei, daß eine unbeschränkte Haftung des Kommanditisten nach den allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätzen nur in Frage käme, wenn der Kommanditist 37
Z.B. BGHZ 66, 98ff, 101. BGH v. 13.6.1977 II ZR 232/75, BGHZ 69, 95 ff, 100. 39 Formulierung des allgemeinen Gedankens der Haftung für Rechtsschein z.B. in BGH v. 29.11.1956 II ZR 32/56 BGHZ 22, 234 ff, 238. 40 Fleck LM § 128 HGB Nr. 19 Anm. zu BGH v. 25.6.1973 II ZR 133/70 BGHZ 61, 59 ff. 38
Die unbeschränkte Kommanditistenhaftung nach §176 H G B
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im Einzelfall den Schein erweckt, er hafte unbeschränkt und daß demgegenüber verschärfend §176 Abs. 1 S. 1 H G B alle Gesellschafter der unbeschränkten Haftung, „und zwar ungeachtet der in der Firmenbezeichnung ,KG' zu sehenden gegenteiligen Bekundung" 41 unterwerfe. Die Ausgangsvorstellung der Irrungen und Wirrungen, daß nämlich die Haftungsbeschränkung des Mitglieds einer Personengesellschaft, auf dem - wie auch immer - „deutlich erklärten Willen zur Haftungsbeschränkung beruhe", hat mit der „wirklichen Lage", wie sie sich nach dem Gesetz ergibt, nichts zu tun42. 2. Nach dem Gesetz ist die Haftung des Kommanditisten für die Schulden der Gesellschaft nicht von anderer Qualität als die Haftung des Komplementärs. Die Haftung für die Schulden der Gesellschaft trifft Komplementär wie Kommanditisten als Mitglieder der Gesamthand, die ein Handelsgewerbe unter gemeinschaftlicher Firma betreibt. Die Haftung für die - auf welchem Rechtsgrund auch immer - beruhende Verpflichtung der Gesellschaft erstreckt sich auf die Gesellschafter, „weil das Schuldverhältnis der Gesamthand zugleich den Gesellschafter als eigene Sache angeht" 43 - und dies gilt für Komplementäre wie für Kommanditisten in gleicher Weise. Die Besonderheit der Schuldenhaftung bei der KG besteht nur darin, daß eine Gesellschaftergruppe die Haftung für die Schulden der Gesellschaft durch Eintragung eines Höchstbetrages in das Handelsregister beschränken kann. Der Eintragung der Kommanditbeteiligung im Handelsregister kommt nicht die Bedeutung zu, daß sie die Haftung des Kommanditisten für die Gesellschaftsschulden überhaupt erst begründe, vielmehr wird durch die Eintragung die durch die Teilnahme an der Gesellschaft begründete Haftung für die Gesellschaften limitiert. In dieser Form einer modifizierten OHG 4 4 ist die KG freilich das Ergebnis einer verhältnismäßig jungen Rechtsbildung 45 . Die Arbeiten der Nürnberger Kommission waren insoweit durch ein tastendes, hinund herschwenkendes Suchen geprägt.
41
B G H v. 13.6.1977 a. a. O., S. 99. Vgl. dazu nur Flume, Personengesellschaft, S. 332 ff. 43 Formulierungen bei Flume a. a. Ο., ζ. Β. S. 340; vgl. zum grundsätzlichen Verständnis der Gesellschaftsschuld als einer Verpflichtung der Gesamthand als Gruppe Flume a . a . O . , S.318ff. 44 Vgl. Protokolle der Commission zur Beratung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches, Nürnberg, 1861, z. B. S. 4537; aus der Literatur ζ. B. v. Hahn, Komm, zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, Bd.I, 1863, Art. 1651. 45 Vgl. den Überblick bei Keuk, Z H R 135 (1971), 411 ff, 414ff m. N . der für die Entwicklung der Figur bedeutsamen Rechtsprechung des französischen Kassationsgerichtshofes und näher Renaud, Das Recht der Kommanditgesellschaften, 1881, S. 1 ff. 42
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Erst in zweiter Lesung 46 entschloß man sich überhaupt, demjenigen, welcher sich an einem Handelsgewerbe mit beschränktem Risiko beteiligen wollte, zwei Wege zu eröffnen. Neben der tradierten stillen Gesellschaft als einem lediglich zwischen Inhaber des Handelsgewerbes und Stillem bestehenden Rechtsverhältnis 47 wurde die Figur der Kommanditgesellschaft als einer Außengesellschaft mit eigener Firma und eigenem Vermögen konstituiert, die sich - was das Außenverhältnis anbetrifft von der O H G nur dadurch unterscheidet, daß die Haftung einzelner Gesellschafter für die Schulden der Gesellschaft dem Umfange nach beschränkt werden kann. Für das Entstehen einer solchen Gesellschaft als einer Abart der O H G sollte der Eintragung im Handelsregister konstitutive Wirkung beikommen. Mit der Frage, wie das Verhältnis der Gesellschafter untereinander und Dritten gegenüber vor der Eintragung der Kommanditgesellschaft im Handelsregister aufzufassen sei, hat man sich aber überhaupt erst in der dritten Lesung befaßt48. Dabei war vorgeschlagen worden, die Gesellschaft vor ihrer Eintragung als Kommanditgesellschaft als stille Gesellschaft anzusehen, also der Kommanditbeteiligung überhaupt erst vom Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister an Außenwirkung beizulegen. Dieser Vorschlag ist dann aber nach eingehenden Diskussionen mit der knappsten in Betracht kommenden Mehrheit 49 zugunsten der Gesetz gewordenen Regelung verworfen worden: Es sollte im Verhältnis zu dritten Personen die rechtliche Wirksamkeit einer Kommanditgesellschaft vor Eintragung im Handelsregister eintreten, wenn die Gesellschaft ihre Geschäfte begonnen hat (Art. 163 Abs. 1 A D H G B ) , und in einem solchen Fall der Kommanditist dritten Personen für die bis zur Eintragung entstehenden Verbindlichkeiten gleich einem persönlich haftenden Gesellschafter haften, wenn er nicht beweise, daß denselben seine beschränkte Beteiligung bei der Gesellschaft bekannt war (Art. 163 Abs. 3 A D H G B ) .
Η über 50, der diese Lösung als „rechtspolitisch wie rechtssystematisch überaus fragwürdig" einordnet, meint, die besseren sachlichen Gründe hätten wohl bei der seinerzeit überstimmten Hälfte der Kommission gelegen 51 , das zeige schon der Umstand, daß die seinerzeit verworfene Lösung (Kommanditistenhaftung erst ab Eintragung, bis dahin keine Vgl. Nürnberger Protokolle a. a. O . , S. 1030 ff; S. 1077-1109; S. 1151 ff. In erster Lesung war man nur von dieser Form ausgegangen, vgl. Nürnberger Protokolle, S. 287 ff. 48 Nürnberger Protokolle, S. 4535 ff. 49 Nürnberger Protokolle, S . 4 5 3 9 : Die Stimme des Präsidenten hatte den Ausschlag gegeben. 50 Huber, Z G R 1984, 162. 51 Huber, Z G R 1984, 163 (Fn.61). 44
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Auswirkung der Beteiligung) genau die sei, die Rechtsprechung52 und Literatur53 als kautelar-juristisch zweckmäßige und angemessene Lösung empfehlen54. Natürlich ist eine Regelung: Behandlung der nicht eingetragenen Kommanditgesellschaft als stille Gesellschaft als gesetzgeberische Entscheidung möglich und wäre als solche auch zu akzeptieren. Ob der künftige Kommanditist in der Zeit bis zur Eintragung beschränkt oder unbeschränkt für die Gesellschaftsschulden haftet, wäre dann kein Thema; es würde überhaupt keine Haftung bestehen. Daß für diese nicht Gesetz gewordene Regelung „auch systematisch gesehen" viel gesprochen hätte, ist freilich entgegen Huber nicht anzunehmen. Huber führt an, stille Gesellschaft und Kommanditgesellschaft unterschieden „sich wesentlich nur dadurch, daß die Kommanditgesellschaft durch die Registereintragung nach außen kenntlich gemacht wird, die stille Beteiligung nicht". In Anbetracht der weitgehenden Austauschbarkeit von Kommanditbeteiligung und stiller Beteiligung in Hinsicht auf die wirtschaftliche Bedeutung und Funktion kann man die stille Gesellschaft durchaus als nicht veröffentlichte KG bezeichnen. Nur ist - wenn es um die Bewertung einer gesetzgeberischen Detailregelung unter dem systematischen Aspekt geht - der grundlegende Strukturunterschied zwischen den beiden Figuren nicht zu vernachlässigen. Und so haben denn auch die Gegner der schließlich verworfenen Lösung, daß die Gesellschaft - ohne Rücksicht auf die inzwischen erfolgte Aufnahme der Geschäfte - bis zur Eintragung als stille Gesellschaft behandelt werden sollte, darauf verwiesen, daß der Gesellschaftsvertrag auf die Begründung eines gemeinschaftlichen Vermögens unter einem gemeinsamen Handlungsnamen gerichtet sei55. Beides trenne nun einmal die K G von der stillen Gesellschaft und verbinde sie mit der O H G . Mit der Entscheidung, daß die Gesellschaft auch vor ihrer Eintragung schon mit Geschäftsbeginn als Außengesellschaft entstehe, ist denn konsequenterweise zugleich die Haftung des künftigen Kommanditisten als Mitglied der Gesellschaft für die Schulden der Gesellschaft verbunden. Die Limitierung der Schuldenhaftung wird durch die Eintragung im Handelsregister herbeigeführt.
52 Vgl. schon den Hinweis in BGHZ 82, 209ff, 212 und ebenso BGH v. 21.3.1983 a.a.O., (Fn.33). 51 Vgl. ζ. Β. K. Schmidt, ZHR 144 (1980), 200 ff; NJW 1982, 886; Rieger in Münchener Vertragshandbuch I, 1982, 240. 54 Mittels Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung wird der Eintritt des Kommanditisten erst mit der Eintragung wirksam. Soll der Kommanditist bereits von Anfang an am Gewinn und Verlust teilnehmen, so kann die Vereinbarung einer stillen Beteiligung bis zum Zeitpunkt der Eintragung in Frage kommen. 55 Nürnberger Protokolle a. a. O.
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Die Würfel sind also gefallen mit der Entscheidung des Gesetzes, daß die Gesellschaft im Verhältnisse zu Dritten nicht erst mit der Eintragung wirksam werde und bis dahin als stille Gesellschaft zu behandeln sei, sondern daß sie bereits im Zeitpunkt der Aufnahme der Geschäfte entsteht (Art. 163 Abs. 1 A D H G B , § 123 Abs. 2 in Verbindung mit § 161 HGB). Daß der künftige Kommanditist, dessen Status als beschränkt haftender Gesellschafter erst mit der Eintragung begründet wird, für die Schulden der Gesamthand, deren Mitglied er ist, haftet, versteht sich damit von selbst und hätte einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht bedurft. Die gesetzliche Regelung des Art. 163 Abs. 3 H G B und die des § 176 H G B ist freilich insofern von Bedeutung, als in Hinsicht auf die mit der Eintragung entstehende Haftungsbeschränkung diese demjenigen, der die Eigenschaft des Gesellschafters als Kommanditist gekannt hat, auch schon vorher soll entgegengesetzt werden können56. 3. Die unbeschränkte Haftung des Kommanditisten setzt nach §176 H G B voraus, daß dieser dem Geschäftsbeginn der Gesellschaft zugestimmt hat. Im Text des Art. 163 A D H G B war von dem Erfordernis der Zustimmung des Kommanditisten zum Geschäftsbeginn nicht die Rede. Gleichwohl trat die beschränkte Haftung des Kommanditisten nach Art. 163 Abs. 3 A D H G B nur ein, wenn der Kommanditist dem Geschäftsbeginn zugestimmt hatte. Denn es war selbstverständlich, daß die Wirksamkeit sowohl einer O H G (Art. 110 ADHGB) als auch die einer Kommanditgesellschaft (Art. 163 Abs. 1 A D H G B ) im Verhältnis zu dritten Personen vor der Eintragung aufgrund des Beginns der Geschäfte nur eintrat, wenn die Gesellschaft mit Willen der Gesellschafter ihre Geschäfte begonnen hatte57. Denn wie die Errichtung einer Gesellschaft auf dem Willen aller beruht, ist es in gleicher Weise die Sache aller Gesellschafter, zu bestimmen, von wann an das interne Verhältnis unter ihnen sich nach außen manifestieren soll. Wie das Wirksamwerden einer Gesellschaft nach außen aufgrund der Eintragung im Handelsregister auf dem gemeinsamen Willen aller Gesellschafter, nämlich auf der Anmeldung durch alle Gesellschafter einschließlich der Kommanditisten58 beruht, so tritt auch das Wirksamwerden der Gesellschaft aufgrund des vorherigen Geschäftsbeginns nur ein, wenn dieser mit Willen aller Gesellschafter 54 Diese Sonderregelung ist von der Literatur als Anwendungsfall der exceptio doli verstanden worden, vgl. Anscbütz/Völdemdorff, Komm, zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, Bd. II, 1870, Art. 163 Anm. II. 57 Vgl. von Hahn a. a. O., Art. 110 § 4 ; Art. 163 § 5; Renaud a. a. O., S. 155; R O H G v. 13.2.1874 R O H G 12, 406 ff. 58 Vgl. Baumbach/Duden/Hopt, Komm, zum Handelsgesetzbuch 25. Aufl. §108 Anm. 1.
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einschließlich der Kommanditisten geschieht. Ohne Zustimmung aller Gesellschafter zum Geschäftsbeginn kann also eine Verbindlichkeit der Gesellschaft, für die die Gesellschafter haften, nicht entstehen. Für einen Gesellschafter, der dem Geschäftsbeginn vor Eintragung der Gesellschaft nicht zugestimmt hat, stellt sich von vornherein nicht die Frage, ob er beschränkt oder unbeschränkt haftet. Denn weil es die Gesellschaft im Verhältnisse zu Dritten noch nicht gibt, gibt es auch keine Gesellschaftsschuld5'. Der Aufnahme des Zustimmungserfordernisses in den Text des § 176 H G B hätte es also nicht bedurft. Sie ist zu verstehen als erläuternder Hinweis an die Adresse derjenigen, die in der unbeschränkten Haftung des nicht eingetragenen Kommanditisten eine unbillige Härte sahen60. Ist man sich im klaren darüber, daß es bei der Zustimmung des Kommanditisten zum Geschäftsbeginn um das Wirksamwerden der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten, also um die Voraussetzung des Entstehens einer Verbindlichkeit der Gesellschaft geht, so macht auch die „entsprechende Anwendung" des § 176 Abs. 1 S. 1 H G B für den Fall des Eintritts eines Kommanditisten in eine bestehende Gesellschaft (§176 Abs. 2 H G B ) keine Schwierigkeiten. Unter der Flagge „entsprechender Anwendung" verlangt die h. M." die Zustimmung des Eintretenden in die Fortführung der Geschäfte und sucht und findet sie mit mehr oder weniger Mühe denn auch. Das ist überflüssig und ohne Sinn". Die Außengesellschaft, um die es bei der in §176 Abs. 1 S. 1 H G B erwähnten Zustimmung des Kommanditisten geht, existiert im Falle des § 176 Abs. 2 H G B schon.
III. Ist nach dem Gesetz nicht der Gesellschaftsvertrag und ist auch nicht der durch die Firmenfortführung einer K G „deutlich erklärte Wille zur Haftungsbeschränkung" das den Status des beschränkt haftenden Gesellschafters konstituierende Moment, sondern die Eintragung im Handelsregister, so ist für eine Verbindung der Regelung des § 176 n Die Vorstellung etwa bei Hey mann/Kötter, Komm., 21. Aufl. § 176 Anm. 1 II. Abs. und Anfang Anm. 2, daß für das Wirksamwerden der KG nach außen nur die Zustimmung aller Komplementäre zu Geschäftsbeginn erforderlich sei und die fehlende Zustimmung des Kommanditisten zum Geschäftsbeginn zu einer nur „relativen Unwirksamkeit" der KG führe, entbehrt der Grundlage und ist mit dem Gesamthandsprinzip nicht zu vereinbaren. M Vgl. dazu unten unter III. bei (Fn. 64). 61 Vgl. für diese z . B . Schilling, HGB, 3.Aufl., § 1 7 6 Anm.21. " Gegen das Zustimmungserfordernis für den Fall des Eintritts auch K. Schmidt, Z H R 144 (1980), 192ff, 195; Crezelius, BB 1983,12. Im Ergebnis ebenso B G H v. 28.10.1981 II ZR 129/80 B G H Z 82, 209ff, 211; Baumbach/Duden/Hopt a . a . O . , §176 Anm.2.
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Abs. 1 S. 1 H G B mit Rechtsscheingrundsätzen kein Raum. Die Haftung des nicht eingetragenen Kommanditisten für die Schulden der Gesellschaft beruht nicht auf Schein, sondern auf der Wirklichkeit, nämlich auf der Mitgliedschaft des künftigen Kommanditisten in einer - im Verhältnis zu Dritten wirksamen - Gesellschaft, deren Schulden ihn „als eigene Sache" angehen. Mit dieser „wirklichen Lage" und mit der Tatsache, daß die Haftungsbeschränkung erst durch die Eintragung konstituiert wird, steht die Regelung über die unbeschränkte Kommanditistenhaftung in § 176 H G B in Einklang. Die Folgerungen in Hinsicht auf die eingangs angesprochenen Fragestellungen sind damit klar: Die unbeschränkte Haftung des Kommanditisten besteht für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft, gleich auf welchem Entstehungsgrund sie beruhen. Extrawürste für G m b H u. Co. KGs oder für Kapitalanlagegesellschaften sind nicht zu braten. O b der Gläubiger von dem Gesellschafter, der beschränkt haftender Gesellschafter werden will, überhaupt weiß oder nicht, ist irrelevant. Die Anleihe von Fragestellungen aus Kommentierungen zu dem Anwendungsbereich des § 15 H G B kann unterbleiben. Eine Parallele zwischen §176 H G B und §15 HGB 63 besteht nicht, sondern ist überhaupt erst dadurch aufgebracht worden, daß man die unbeschränkte Kommanditistenhaftung mit Rechtsscheinsgrundsätzen in Verbindung gebracht hat. Der verbreiteten Einschätzung der unbeschränkten Haftung des nicht eingetragenen Kommanditisten als unbillig hart, übermäßig, drakonisch usw. ist mit der Denkschrift zum HGB 64 entgegenzuhalten: „Wird die unbeschränkte Haftung von dem im A D H G B nicht ausdrücklich erwähnten Erfordernisse der Zustimmung65 des Kommanditisten zum Geschäftsbeginn abhängig gemacht, so kann in der Haftung eine unbillige Härte nicht gefunden werden."
Gleichwohl fühlt sich die heute herrschende Meinung zur Fürsorge für den nicht eingetragenen Kommanditisten - der immerhin nicht aus Versehen als Mitglied in die Gesellschaft hineingeraten ist - berufen. Die Literatur erweckt den Eindruck, als ob die Anprangerung der gesetzlichen Regelung als „rechtspolitisch wie rechtssystematisch überaus fragwürdig" 66 per se die Einschränkung des Anwendungsbereiches des § 176 H G B legitimiere. Man fühlt sich aufgerufen, gerade bei den „rechtspolitisch fragwürdigen" Gesellschaften, nämlich bei den G m b H u. Co. KGs und insbesondere bei den Publikumspersonengesellschaften deren nicht
63 So auch Heymann/Kotier a.a.O., § 176 Anm.3; a. A. z.B. Priester, BB 1980, 913; K.Schmidt, NJW 1982, 886. H Denkschrift zum HBG, S. 118. 65 Vgl. dazu oben unter II 3. 66 Formulierung bei Huber, ZGR 1984, 162.
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eingetragene Gesellschafter allgemein vor dem harten Gesetz zu schützen. Die Charakterisierung des §176 H G B als Vertrauensschutznorm und die Verbindung der Vorschrift mit Rechtsscheingrundsätzen dienen als dogmatisches Alibi. Dieses wird endgültig entlarvt, wenn man die herrschende Meinung nur einmal auf eine präzise Beantwortung der Frage drängt, wie sich eigentlich die Haftungslage für den Kommanditisten darstellen soll, dem die fürsorgliche herrschende Meinung die unbeschränkte Schuldenhaftung erspart, und woraus sich diese Haftungslage ergeben soll. Es ist anzunehmen, daß diejenigen, die den nicht eingetragenen Kommanditisten etwa bei gesetzlich begründeten Verbindlichkeiten oder im Falle der G m b H u. Co. KG allgemein vor der unbeschränkten Haftung nach §176 H G B schützen wollen, immerhin noch von einer beschränkten Schuldenhaftung ausgehen. Auf die Frage, woraus sich ergibt, daß der Kommanditist überhaupt für die Schulden der Gesellschaft haftet, wird wohl auch die zu § 176 H G B herrschende Meinung keine andere Antwort als die aus den bisherigen Ausführungen bekannte geben: Die Haftung für eine Schuld der Gesellschaft trifft den Gesellschafter als Mitglied der im Verhältnisse zu Dritten wirksamen Gesellschaft. Die Anschlußfrage, worauf die Haftungsbeschränkung vor der Eintragung, von der das Gesetz die Haftungsbeschränkung abhängig macht, zu gründen sein soll, ist von der h. M. nicht zu beantworten. Die Interpretation des § 176 H G B als Vertrauensschutznorm und die Verbindung mit Rechtsscheingrundsätzen haben nur Verwirrung gebracht. Man fragt sich: cui bono? Dem Vertrauensschutz, der Sicherheit des Rechtsverkehrs, der Berechenbarkeit der Rechtslage und damit zugleich allgemein der Rechtsordnung in erster Linie förderlich ist eine in sich schlüssige widerspruchsfreie Einordnung einer Bestimmung in das System des Gesetzes. Zu § 176 hat diese Flume - wie Huber67 formuliert „in begrifflich-deduktiver Weise" - vorgenommen und damit zugleich die Einschätzung der Vorschrift durch HuberM als „rechtssystematisch überaus fragwürdig" widerlegt.
IV. Vielleicht bringt auch der B G H eines Tages die Kraft auf, bei der Anwendung des § 176 H G B sich von Vertrauensschutzaspekten zu lösen. Die Hoffnung ist nicht ganz unbegründet. Immerhin hat
67 Huber, ZGR 1984, 163 (Fn. 61). " A . a . O . , S. 162.
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Κ. Schmidt der Entscheidung vom 28.10.1981 70 eine „gewisse Unausgewogenheit in der Normzweckbestimmung" attestiert. Es heißt dort: „... daß zwar die weitgehenden Folgen des § 176 HGB nach heute ganz überwiegender Ansicht in erster Linie mit dem Gedanken des Vertrauensschutzes im Rechtsverkehr zu rechtfertigen sind, daß die Vorschrift daneben aber auch den Zweck verfolgt, die beschränkte Haftung von Gesellschaftern einer Handelsgesellschaft generell von einer entsprechenden Publizität abhängig zu machen..
Den Aspekt des Vertrauensschutzes zu vergessen, dürfte dem B G H gerade auch deshalb nicht schwerfallen, weil er bislang durch die Ergebnisse seiner Fallentscheidungen nicht auf das Verständnis des § 176 H G B als Vertrauensschutznorm festgelegt ist. Er hat bislang nicht die Gesellschafter der G m b H u. Co. KG aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift herausgenommen; er hat § 176 Abs. 2 H G B nicht in Richtung auf eine konkrete Vertrauensschutznorm eingeschränkt; er hat die unbeschränkte Haftung nach §176 nicht auf rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten beschränkt. Allein die Entscheidung vom 28.10.1981 71 , in der der B G H die Haftung aus unerlaubter Handlung aus dem Anwendungsbereich des §176 H G B genommen hat, kommt der B G H zu einem Ergebnis, das von der herrschenden Meinung auf die Einordnung des § 176 als Vertrauensschutznorm gestützt wird. Die Problematik der Haftung aber für Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus unerlaubter Handlung ist nicht eine Problematik der Anwendung des § 176 H G B , sondern eine Problematik, die für alle Gesellschafter einer Personengesellschaft, ob Komplementäre oder Kommanditisten, ob eingetragene oder nicht eingetragene Kommanditisten, in gleicher Weise besteht. Darauf hat Flume72 eindringlich aufmerksam gemacht. Seine Darlegung, daß die persönliche Haftung der Gesellschafter einer Personengesellschaft für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus § 128 H G B nicht auch die Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung umfaßt, ist aber leider bislang nicht zur Kenntnis genommen worden. Eine Verbindlichkeit der Gesellschaft aus unerlaubter Handlung hat ihren Grund darin, daß der Gesellschaft in entsprechender Anwendung des §31 BGB das Verschulden ihrer geschäftsführenden Gesellschafter zugerechnet wird. Müßten aber die Gesellschafter für diese Verbindlichkeit nach § 128 H G B persönlich haften, so würden sie für fremdes deliktisches Verschulden haften. Eine persönliche Haftung für fremdes
" K.Schmidt, NJW 1982, 887. 70 BGHZ 82, 209 ff, 213. 71 BGHZ 82, 209 ff, 215. 72 Personengesellschaft, S. 343 f.
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deliktisches Verschulden aber gibt es nach dem geltenden Haftungsrecht nicht. Der Fehler liegt darin, daß man bei der analogen Anwendung des § 3 1 B G B auf Personengesellschaften die Wirkung der Analogie nicht auf diejenige Folge beschränkt, die in dem in § 3 1 B G B geregelten Fall eintritt: nämlich die Haftung der juristischen Person mit ihrem Vermögen. Die analoge Anwendung des § 3 1 B G B auf die Personengesellschaft trägt - wie Flume formuliert hat - „nur die Haftung mit dem in der O H G oder K G formierten Vermögen, nicht aber die persönliche Haftung der Gesellschafter für fremdes deliktisches Verschulden".
Gesellschaftsbezogene Forderungen als unselbständige Rechnungsposten in der Auseinandersetzungsrechnung der Gesellschaft H E R B E R T MESSER
Walter Stimpel hat in seinem Uberblick über die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Gesellschaftsrecht bis 19721 auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingewiesen, wonach im Stadium der Liquidation einer Gesellschaft den Gesellschaftern nicht mehr gestattet ist, Ansprüche gegen die Gesellschaft oder gegen einen Mitgesellschafter, die ihnen aus Anlaß des Gesellschaftsverhältnisses zustehen, gesondert einzuklagen. Sie sind nicht mehr selbständig durchsetzbar, sondern gehören als unselbständige Rechnungsposten in die Auseinandersetzungsrechnung, die zur endgültigen Abwicklung der Rechtsverhältnisse der Gesellschafter aufzustellen ist. Stimpel beklagt, daß diese Rechtslage häufig von den Parteien und Instanzgerichten übersehen werde, was zu unnötigen Prozessen führt. Diese Feststellung ist heute so begründet, wie sie es 1973 war. Seitdem hat allein der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs 6 Urteile, die sich mit dem Problem befassen, veröffentlicht, ohne daß ihm sonst größere Beachtung beschieden gewesen wäre. Das mag bisweilen damit zusammenhängen, daß erst die Klage eines Gesellschafters gegen seine Gesellschaft oder gegen Mitgesellschafter oder deren Rechtsverteidigung der einen oder anderen Seite Anlaß gab, während des laufenden Rechtsstreits die Gesellschaft zu kündigen 2 . Die Vielzahl der allein aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs bekannten Fälle, in denen die schon vom Reichsgericht begründete Rechtsprechung von den beteiligten Anwälten vor Prozeßbeginn oder auch von den Instanzgerichten übersehen wurde, läßt sich aber so nicht erklären. Sie deutet vielmehr darauf hin, daß die Ergebnisse der Rechtsprechung mit dem Rechtsgefühl der Prozeßparteien und ihrer Berater nicht völlig im Einklang stehen, was möglicherweise auf einem Begründungsdefizit beruht.
' ZGR 1973, 73 ff, 103/104. 2 Vgl. die Fälle R G Z 100, 165 ff; B G H WM 1971, 931 f.
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I. 1. Ansprüche der Gesellschafter, die ihre Grundlage im Gesellschaftsverhältnis haben, können nach Auflösung der Gesellschaft nicht mehr gesondert geltend gemacht werden. Sie gehören vielmehr als unselbständige Rechnungsposten in die Auseinandersetzungsrechnung, die nach der Begleichung der Gesellschaftsschulden und der Beitreibung von Außenständen aufzustellen ist und die ergibt, wer in das Gesellschaftsvermögen einzuzahlen hat. a) Das ist entschieden für Sozialansprüche, die sich gegen die Gesellschaft richten, etwa den Anspruch auf den Gewinnanteil des laufenden Geschäftsjahres oder stehengelassene Gewinne aus früheren Jahren 5 , auch wenn die Mitgesellschafter ihre Gewinnanteile ständig oder selbst überhöht entnommen hatten4, ferner den Anspruch auf Einlagenrückgewähr5. Ebenso behandelt werden Ansprüche eines Gesellschafters auf Ersatz von Aufwendungen, die er für seine Mitgesellschafter erbracht hat, weil er - als Gesamtschuldner in Anspruch genommen - Schulden der Gesellschaft gegenüber einem Gesellschaftsgläubiger ausgeglichen und dadurch einen Rückgriffsanspruch (gem. §426 B G B ) oder einen Anspruch auf Aufwendungsersatz (gem. §§713, 670 B G B , 110 H G B ) erworben hat. Der Ersatzanspruch richtet sich in erster Linie gegen die Gesellschaft, subsidiär - wenn aus dem Gesellschaftsvermögen Befriedigung nicht zu erlangen oder wenn die Gesellschaft aufgelöst ist' - auch gegen die Mitgesellschafter, die allerdings selbst nicht gesamtschuldnerisch, sondern nur in Höhe ihrer Verlustbeteiligung haften. Im Auflösungsstadium erfährt auch der gegen die Mitgesellschafter gerichtete Ersatzanspruch eine Veränderung dahin, daß er nicht einzeln verfolgbar, sondern nur als unselbständiger Rechnungsposten in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen ist7. Dasselbe gilt für sog. Drittgläubigerforderungen, also auf selbständigen Rechtsverhältnissen zwischen dem Gesellschafter und seiner Gesellschaft beruhenden Ansprüchen - etwa aus Mietverhältnis, Darlehensvertrag, Bürgschaftsübernahme, Kaufvertrag - wenn sie mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis begründet worden sind8. Die Rechtspre-
J BGH NJW 1981, 2802 f. * BGH NJW 1968, 2005; BGH v. 25.10.1982, II ZR 246/81 - nicht veröffentl.; BGH ZIP 1984, 1084 ff. 5 RGZ 118, 295 ff, 298-300. 6 BGH NJW 1980, 339 f. 7 BGHZ 37, 299 ff, 304/305. » BGH LM Nr.2 zu §730 BGB; BGH WM 1971, 931 f; BGH WM 1978, 89ff; BGHZ 86, 122 ff.
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chung macht keine Ausnahme bei Ansprüchen, die ein Gesellschafter im Wege der actio pro socio auf Leistung an die Gesellschaft verfolgt', oder Ansprüchen des einen Gesellschafters gegen den anderen auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen bei der 2-Mann-Gesellschaft 10 . Derselben Beschränkung werden Ansprüche der Gesellschaft gegen einzelne Gesellschafter unterworfen. Ausstehende Beiträge, die Rückerstattung überhöhter Entnahmen, Verlustbeiträge, die Rückzahlung von Darlehen, die dem Gesellschafter aus Anlaß des Gesellschaftsvermögens und insofern „gesellschaftsbezogen" gewährt wurden, können vom Liquidator nur noch in der Auseinandersetzungsrechnung berücksichtigt, aber nicht einzeln zur Gesellschaftskasse eingezogen werden 11 . Der Abfindungsanspruch eines Gesellschafters, der aus der fortbestehenden Gesellschaft ausscheidet, wird ebenso behandelt. Der Ausgeschiedene muß sogar wegen seiner gesellschaftsbezogenen Drittgläubigeransprüche hinnehmen, daß sie nur bei der Errechnung seines Abfindungsanspruchs als unselbständige Rechnungsposten Berücksichtigung finden 12 . Wird der Ausgeschiedene dagegen selbst in Anspruch genommen, dann soll es ihm verwehrt sein, auf das Verfahren zur Errechnung seines Abfindungsanspruchs zu verweisen, weil er den „innergesellschaftlichen Regelungen" nicht mehr unterliege13. N u r für Schadensersatzansprüche hat sich keine ganz einheitliche Rechtsprechung herausgebildet. Das Reichsgericht hat einen Schadensersatzanspruch eines Gesellschafters, der seinen Mitgesellschaftern ein geradezu den Gesellschaftszweck vereitelndes gesellschaftsschädigendes Verhalten vorwerfen mußte, dem Grundsatz nach als unselbständigen Rechnungsposten in der Auseinandersetzungsrechnung der gescheiterten Gesellschaft erachtet und dem geschädigten Gesellschafter nur deshalb erlaubt, diesen Anspruch gesondert einzuklagen, weil die Gesellschaft so früh liquidiert werden mußte, daß es außer dem Schadensersatzanspruch praktisch nichts auseinanderzurechnen gab14. Das Reichsgericht hat aber auch Schadensersatzansprüche der aufgelösten Gesellschaft gegen geschäftsführende Gesellschafter aus schlechter Geschäftsführung ohne Rücksicht auf das schwebende Liquidationsverfahren gesondert zugesprochen 15 . Der Bundesgerichtshof hat die gesonderte Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegen Mitgesellschafter
' RGZ 100, 165 ff; BGH WM 1984, 491/492. 10 RGZ 98, 298 ff; BGH LM Nr. 2 zu §730 BGB. M RGZ 98, 298 ff; BGH WM 1984, 491/492. 12 BGH WM 1978, 89 ff. 13 BGH DB 1971, 2400. H RGZ 123, 23 ff. 15 RGZ 158, 302 ff, 313/314.
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wegen schuldhafter Verletzung der Geschäftsführerpflichten in eingeschränktem Maße zugelassen: es soll auf Leistung an die Gesellschaft zu Händen der Liquidatoren nur dann geklagt und nur das verlangt werden können, was gerade zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger benötigt wird; hat der Schuldner selbst unter Berücksichtigung der ihn treffenden Verbindlichkeiten noch etwas aus der Liquidationsmasse zu verlangen, so treffe ihn die Schadensersatzpflicht nur als Abzugsposten in der Auseinandersetzungsrechnung16. Aus diesem Grund sei es nicht zulässig, etwa ein Teilurteil über die Abfindung eines ausgeschiedenen Gesellschafters unter Vorbehalt der Aufrechnung mit der Gesellschaft zustehenden Schadensersatzansprüchen (gem. §302 ZPO) zu erlassen, weil beide Ansprüche in die Liquidationsbilanz gehören17. Was ein Gesellschafter aus unerlaubten Eigengeschäften erworben hat, soll er an die Gesellschaft abführen müssen, ohne sich auf die Unklagbarkeit von Einzelansprüchen im Liquidationsstadium berufen zu können, weil es sich um Geschäfte handelte, die ihre Grundlage nicht im Gesellschaftsverhältnis fänden; die Ansprüche desselben Gesellschafters auf Einlagenrückgewähr und Gewinnanteil wurden dagegen der Auseinandersetzungsrechnung zugewiesen, so daß der verklagte Gesellschafter darauf kein Zurückbehaltungsrecht stützen konnte18. Selbst einen Anspruch, der nicht auf Geldleistung, sondern auf die Rückgabe eines der Gesellschaft zur Benutzung überlassenen Grundstücks gerichtet war, hat der Bundesgerichtshof für im Liquidationsstadium nur in eingeschränktem Umfange durchsetzbar erklärt: der Gesellschaft sollte schon dann ein Zurückbehaltungsrecht zustehen, wenn nur die hohe Wahrscheinlichkeit begründet war, daß ihr gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter ein Ausgleichsanspruch nach §739 B G B zustünde, der allerdings noch genauerer Feststellung in der Abschichtungsbilanz bedurfte". b) Die Rechtsprechung begründet ihr Ergebnis mit der Erwägung, daß ein Gesellschafter nicht „im Vorgriff" von der Gesellschaft oder einem Mitgesellschafter etwas solle verlangen können, solange nicht durch eine abgeschlossene Auseinandersetzungsrechnung festgestellt ist, ob und in welcher Höhe es ihm im Endergebnis zusteht; Treu und Glauben verböten, daß ein Gesellschafter vorab erhalte, was er womöglich wieder zurückgeben müsse; es sei der Zweck des Auseinandersetzungsverfahrens, unnötige Hin- und Herzahlungen zu vermeiden20. BGH BGH 18 RGZ " BGH 20 BGH 16 17
LM Nr. 3 zu § 149 HGB. v. 17.9.1984, II ZR 208/83 - nicht veröffentl. 118, 295 ff, 298-300. NJW 1981, 2802 f. LM Nr.2 zu §730 BGB; BGH NJW 1968, 2005; BGH WM 1978, 89ff.
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c) Damit wird zugleich die erste Ausnahme erklärt, der die Rechtsprechung den geschilderten Grundsatz unterwirft: sind die Gläubiger schon befriedigt und ist das Gesellschaftsvermögen so weit verteilt, daß ohne besonderes Abrechnungsverfahren festgestellt werden kann, was jeder zu beanspruchen hat, bereitet die Ermittlung des dem Kläger endgültig verbleibenden Guthabens aus anderen Gründen keine Schwierigkeiten oder steht fest, daß der Kläger mindestens in Höhe der erhobenen Forderung noch etwas aus der Gesellschaft zu erhalten haben wird, dann braucht er mit seiner Klage nicht die Aufstellung der Liquidationsbilanz oder einer Abschichtungsbilanz abzuwarten21. Eine Ausnahme erfährt der Grundsatz ferner dann, wenn der Liquidator auf die ausstehende Beitragsleistung eines Gesellschafters vorab dringend angewiesen ist, um Gesellschaftsgläubiger befriedigen zu können. Er soll dann den säumigen Gesellschafter in Anspruch nehmen können, selbst wenn noch nicht abzusehen ist, ob diesem nach Abschluß der Liquidation und wenn alle Außenstände beigetrieben sind, womöglich noch ein Guthaben verbleiben wird22. Schließlich kommt die Vergünstigung einem solchen Gesellschafter nicht zugute, der selbst das Liquidationsverfahren und die Aufstellung der Auseinandersetzungsrechnung unbillig verzögert hat23. d) Da die nur noch in der Auseinandersetzungsrechnung zu berücksichtigenden Ansprüche der Gesellschafter und gegen Gesellschafter nicht ihre rechtliche Selbständigkeit einbüßen sollen, wird allerdings die Klage auf Feststellung ihres Bestehens oder Nichtbestehens unabhängig vom Ausgang des Liquidationsverfahrens zugelassen, denn eine solche Feststellungsklage störe die Auseinandersetzung nicht, sondern sei geeignet, sie durch Bereinigung von Streitpunkten zu fördern24. Damit läßt sich eine Klage noch im Revisionsrechtszug retten, wenn erst dann auffällt, daß der Anspruch, um dessen Begründetheit in zwei Tatsacheninstanzen heftig gestritten wurde, wegen der Auflösung der Gesellschaft selbständig eigentlich nicht mehr verfolgt werden kann. Der Feststellungsantrag als „minus" zum - unbegründeten - Leistungsantrag vermeidet die Abweisung der Klage25. 2. Die Literatur referiert die Rechtsprechungsergebnisse überwiegend zustimmend und durchweg ohne eigenen Beitrag zur Begründung der R G J W 1905, 4 3 0 ; R G WarnRspr. 1917, Nr. 139; B G H L M N r . 2 zu § 7 3 0 B G B . R G Z 98, 298 ff; R G J W 1938, 1728 ff mit zust. Anm. v. Lindemann; B G H L M N r . 2 zu § 730 B G B . 23 R G Z 123, 2 3 f f ; B G H L M Nr. 2 zu § 7 3 0 B G B ; B G H v. 2 5 . 1 0 . 1 9 8 2 , II Z R 246/81 nicht veröffentl. 24 R G J W 1938, 1728 ff; B G H ZIP 1984, 1084 ff. 25 Wie das Beispiel B G H W M 1984, 491/492 zeigt. 22
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Beschränkung, die Gesellschafter- und Gesellschaftsforderungen im Liquidationsstadium erfahren26. Kritik an der Einbeziehung von Drittgläubigerforderungen in das Abrechnungsverfahren äußern Staudingerl Keßler und Ulmer2'. Während Staudinger/Keßler Schadensersatzforderungen im Liquidationsstadium generell für gesondert durchsetzbar halten, will Ulmer „gesellschaftsvertragliche Schadenersatzansprüche" der Bindung an die Schlußabrechnung unterwerfen. Schilling2'' differenziert: Rückständige Beiträge sollen nur geschuldet werden, dann aber auch gesondert einklagbar sein, wenn der Liquidator ihrer zur Erfüllung des Abwicklungszweckes bedarf; Sozialansprüche und Drittgläubigerforderungen sollen auch während der Abwicklung gesondert durchsetzbar bleiben, es sei denn, die Gesellschaft müßte zu ihrer Befriedigung Vermögensgegenstände verlustbringend verwerten.
II. 1. Der Ansicht, daß im Liquidationsstadium Hin- und Herzahlungen vermieden werden sollten oder aus Gründen von Treu und Glauben einer Partei nicht ausbezahlt werden dürfe, was ihr womöglich am Ende der Auseinandersetzung nicht verbleiben kann, ist zumindest vordergründige Plausibilität zu bescheinigen. Eine hinreichende theoretische Begründung des wünschenswerten Ergebnisses kann sie jedoch nicht liefern. Weder den Regelfall, noch dessen Ausnahmen erklärt sie schlüssig. Der Gedanke, es dürfe einer nicht fordern, was er alsbald zurückerstatten muß, hat in den gesetzlich geregelten Gegenrechten der Aufrechnung, des bürgerlich rechtlichen (§273 B G B ) oder kaufmännischen (§§ 369, 370 H G B ) Zurückbehaltungsrechtes und, wo diese nicht unmittelbar anzuwenden sind, im sog. dolo-petit-Einwand 30 seine Umformung in rechtliche Kategorien gefunden. Ihre Anwendbarkeit setzt regelmäßig den fälligen, zumindest den nach Grund und Höhe feststehenden Gegenanspruch voraus. Wegen nicht fälliger Forderungen läßt § 370 H G B ein außerordentliches Zurückbehaltungsrecht nur zu, wenn ihre Erfüllung aus dem Vermögen des Schuldners höchst gefährdet ist.
2 t Vgl. Η neck, R.d. O H G , 4. Aufl., § 3 2 V 4, S. 509; Staudinger/Keßler, 12. Aufl., §730, Rdn.10; MK-Ulmer, § 7 3 0 Rdn.34ff; RGRK-τ». Gamm, 12. Aufl., §730, Rdn.9; Palandt/Thomas, 44. Aufl., § 7 3 0 A n m . 2 e ; Fischer, in: HGB-Großkommentar, 3. Aufl., §128, Rdn.47; Baumbach/Duden/Hopt, 25. Aufl., § 145 A n m . 2 F . 27 Staudinger/Keßler, 10./11. Aufl., §730, Rdn. 7; anders jetzt Staudinger/Keßler, 12. Aufl., § 7 3 0 Rdn. 10, der der Rspr. des B G H folgt. 2» MK-Ulmer, §730, Rdn. 36. 29 In HGB-Großkommentar, 3. Aufl., § 1 4 9 Anm. 12, 15, 28-32. 30 Vgl. Palandt/Heinrichs, 44. Aufl., §242 A n m . 4 C c .
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Der dolo-petit-Einwand erfordert die feststehende Pflicht zur alsbaldigen Rückgewähr des Verlangten. Wer sich im gewöhnlichen Rechtsverkehr, außerhalb gesellschaftsrechtlicher Sonderverbindungen, seinem Gläubiger gegenüber darauf berufen wollte, ihm stehe womöglich wenn auch ζ. Z. noch nicht errechenbar und vom Abschluß eines Abrechnungsverfahrens abhängig - ein ebenso hoher oder gar höherer Anspruch zu, würde damit nicht gehört. Er müßte schon das Ergebnis des Abrechnungsverfahrens vortragen und, wenn es bestritten wird, beweisen können. Nur in ein Kontokorrentverhältnis eingestellte Forderungen verlieren ihre rechtliche Selbständigkeit und gesonderte Durchsetzbarkeit, aber um ein Kontokorrentverhältnis handelt es sich bei den unter Gesellschaftern anfallenden Rechtsbeziehungen nicht, weshalb der Hinweis von Lindemann31 das Ergebnis ebenfalls nur plausibel machen, aber nicht begründen kann. Auch zwei der drei Ausnahmen vom Regelsatz - die gesonderte Beitreibbarkeit von Ansprüchen gegen Gesellschafter, die die Liquidation unbillig verzögern und die Möglichkeit zur Einforderung von rückständigen Beiträgen, auf die der Liquidator vorab zur Befriedigung von Gesellschaftsgläubigern dringend angewiesen ist - lassen sich allein mit dem Gedanken nicht erklären, es solle nicht gefordert werden können, was möglicherweise später zurückerstattet werden muß. Und auch die Behandlung von Gesellschaftsforderungen gegen ausgeschiedene Gesellschafter bereitet Verständnisprobleme: warum soll der Ausgeschiedene sich nicht auch darauf berufen können, daß ihm für seine noch nicht ermittelte Abfindung vielleicht mehr gebühre, als jetzt an übermäßigen Entnahmen oder rückständigem Beitrag von ihm gefordert wird32? Es muß sich um einen spezifisch gesellschaftsrechtlichen Grund handeln, eine „innergesellschaftliche Regelung"33, die im Liquidationsstadium aus ehemals selbständigen, teilweise sogar aus besonderen Rechtsverhältnissen herrührenden (Drittgläubiger-)Forderungen unselbständige Posten der Auseinandersetzungsrechnung werden läßt. 2 a) Für einen Teil der in Betracht kommenden gesellschaftsbezogenen Ansprüche34 ergibt sich der Grund der Beschränkung unmittelbar aus dem Gesetz. Die vereinbarten Beiträge, deren Erhöhung ohnedies nicht geschuldet wird (§ 707 BGB), brauchen der ausgeschiedene Gesellschafter oder die Gesellschafter nach Auflösung ihrer Gesellschaft nicht mehr
In seiner Anm. RG J W 1938, 1730 - s.o. zu Fn.22. Was ihm B G H DB 1971, 2400 verwehrt. 33 BGH, s.o. zu Fn. 13. 34 Es handelt sich um solche, die auch Schilling - s. o. zu Fn. 29 - einer gesonderten Behandlung unterwirft. 11
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zu leisten, wenn nicht der Liquidator darauf angewiesen ist, um Gesellschaftsschulden tilgen zu können 35 . Das ist eine Folge des § 730 Abs. 2 BGB, der den Gesellschaftszweck bei der aufgelösten Gesellschaft auf die Abwicklung beschränkt. Nur, was der Auseinandersetzungszweck erfordert, müssen die Gesellschafter danach ihrer Gesellschaft an eigenen Beitragsleistungen noch zur Verfügung stellen; eine weitergehende Beitragspflicht erlischt36. Sie ist deshalb nicht einmal mehr unselbständiger Posten der Auseinandersetzungsrechnung und ebensowenig möglicher Gegenstand einer Feststellungsklage. Sofern Beitragsschulden nicht erlöschen, folgt daraus zugleich, weshalb der Liquidator sie auch gesondert und vorab einklagen kann: weil er ihrer zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger bedarf. Die auf Kapitalkonten der Gesellschafter ausgewiesenen Guthaben sind deshalb nicht gesondert beitreibbar, weil sie keine Forderungen der Gesellschafter untereinander oder auch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter begründen; sie bezeichnen nur die rechnerischen Anteile der Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen 37 . Das gilt nicht für die auf dem sog. Kapitalkonto II oder Privatkonto geführten Guthaben, die echte Ansprüche des Gesellschafters gegen die Gesellschaft oder umgekehrt begründen, weil auf ihnen Gewinnanteile, Geschäftsführervergütungen, Entnahmen, Ersatzforderungen und aus besonderen Rechtsgeschäften zwischen Gesellschaft und Gesellschafter herrührende Ansprüche verbucht werden 38 . Gewinnanteile der Gesellschafter begründen nach der Vorstellung des Gesetzgebers (§§721 Abs. 1 BGB, 120 Abs. 2, 167 Abs. 2 HGB) keine gesonderten Forderungen des Gesellschafters gegen seine Gesellschaft, sondern nur dem Kapitalkonto zuzuschreibende Anteile am Gesellschaftsvermögen 39 . Soweit die Gesellschafter nicht die Entnahme festgestellter Gewinnanteile vereinbart haben, begründen daher Gewinnanteile keine Forderungen; das Problem ihrer selbständigen Beitreibbarkeit im Auseinandersetzungsstadium stellt sich nicht. b) Auch für Sozialansprüche der Gesellschafter läßt sich die Beschränkung der Durchsetzbarkeit im Liquidationsverfahren dem Gesetz in )5 RGZ 45, 155; Hueck, R.d. O H G , 4. Aufl., §32 II 1, S.482; Schilling, s.o. zu Fn.29, §149, Rdn. 12 u. 15. * BGH LM Nr. 3 zu §149 HGB. 57 Schilling, a.a.O., §149, Rdn.29. 3! Hueck, s.o. zu Fn.35, §16 V 3, S.239/240. 39 Das gilt bei der KG allerdings nur für den pers. haftenden Gesellschafter; der Gewinnanteil des Kommanditisten ist nach §167 Abs. 2 HGB dem Kapitalkonto nur so lange zuzuschreiben, bis dieses den Betrag der vereinbarten Einlage erreicht, danach auf Privatkonto zu verbuchen.
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Verbindung mit allgemeinen Grundsätzen des Gesellschaftsrechts entnehmen. Zwar ordnet § 733 Abs. 1 B G B an, daß vorab und mit den gemeinschaftlichen Schulden auch solche Ansprüche aus dem Gesellschaftsvermögen zu befriedigen sind. Reicht das Gesellschaftsvermögen dazu jedoch nicht aus, so sind keineswegs die übrigen Gesellschafter verpflichtet, vorab - also vor Aufstellung der Auseinandersetzungsbilanz, die endgültig zeigt, ob und wieviel der einzelne Gesellschafter nachzahlen muß - Geld in das Gesellschaftsvermögen einzuschießen, damit daraus Sozialverpflichtungen bezahlt werden können. Eine solche Einschußpflicht vor endgültiger Aufstellung der Auseinandersetzungsrechnung liefe nämlich auf eine mittelbare Erhöhung der Beitragspflicht hinaus, die (von abweichenden Vereinbarungen abgesehen) § 707 B G B verbietet 40 . Ist das Gesellschaftsvermögen außer zur Befriedigung der außenstehenden Gesellschaftsgläubiger auch zur Erfüllung des dem klagenden Gesellschafter zustehenden Sozialanspruchs ausreichend, so daß kein Mitgesellschafter dafür etwas einschießen müßte, so läßt eine Beschränkung für die Durchsetzbarkeit der Sozialansprüche im Liquidationsstadium sich doch mit dem gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz begründen, der die Bevorzugung des einen Gesellschafters vor dem oder den anderen verbietet und jedem Gesellschafter das Recht gibt zu verlangen, daß er nach gleichem Maßstab behandelt wird 41 . D e m Gleichbehandlungsgrundsatz widerspräche eine solche Bevorzugung eines seinen Sozialanspruch im Liquidationsstadium verfolgenden Gesellschafters, die für irgendeinen Mitgesellschafter die Gefahr begründete, zur Befriedigung eines gleichartigen Sozialanspruchs irgendeines Mitgesellschafters etwas in das Gesellschaftsvermögen leisten zu müssen, bevor aufgrund einer Auseinandersetzungsrechnung seine Nachschußpflicht aus § 735 B G B endgültig festgestellt ist. Es kommt also eine Befriedigung eines Sozialanspruchs aus dem Gesellschaftsvermögen vor Aufstellung der Auseinandersetzungsbilanz nur dann in Betracht, wenn feststeht, daß das Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung dieses und aller den Mitgesellschaftern möglicherweise zustehender Sozialansprüche ausreicht. Das wird in der Regel erst nach Aufstellung der Auseinandersetzungsrechnung der Fall sein. Es kann aber der Anspruch eines Gesellschafters auf Geschäftsführervergütung oder rückständigen Gewinnanteil (wenn dessen Entnehmbarkeit vereinbart ist) schon vorher zu befriedigen sein, wenn sich absehen läßt, daß keinem anderen Gesellschafter ein Sozialanspruch - außer dem zuletzt zu befriedigenden Anspruch auf den Uberschußanteil des § 734 B G B - zusteht und das 40 41
BGHZ 37, 299ff, 302/303; Fischer, in: HGB-Großkommentar, § 128, Rdn.36. Vgl. Hueck, s.o. zu Fn.35, §6 II 3b, S.56 m.w.N.; §9 III, S. 111/112.
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Gesellschaftsvermögen für jeden Mitgesellschafter einen Überschuß beläßt. Befriedigt ein Gesellschafter einen Gesellschaftsgläubiger, der ihn als Gesamtschuldner in Anspruch genommen hat, so bildet sein Erstattungsanspruch für Gesellschaft und Mitgesellschafter eine Sozialverpflichtung, weil sie auf dem Gesellschaftsverhältnis beruht 42 . Die Durchsetzbarkeit dieses Anspruchs unterliegt den allgemeinen Beschränkungen für Sozialansprüche bei der werbenden Gesellschaft 43 und bei der in Liquidation befindlichen Gesellschaft. c) Die Einbeziehung von Drittgläubigeransprächen in das Abrechnungsverfahren läßt sich mit der gesellschafterlichen Treuepflicht erklären, die den Gesellschaftern eine Verpflichtung zur Rücksichtnahme auferlegt, wo besondere Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis eingegangen worden sind und daher den von der Rechtsprechung geforderten gesellschaftlichen Bezug aufweisen. Aus dieser Rücksichtnahmepflicht werden zwei Beschränkungen hergeleitet, denen der Gesellschafter als Drittgläubiger während des Bestehens der werbenden Gesellschaft ausgesetzt ist: er darf seine Mitgesellschafter persönlich erst in Anspruch nehmen, wenn er nicht aus dem Gesellschaftsvermögen Befriedigung erlangen konnte, und er muß sich abziehen lassen, was seiner Verlustbeteiligung entspricht 44 . Im Liquidationsstadium wirken diese Beschränkungen sich dahin aus, daß der Gesellschafter als Drittgläubiger dieselbe Rechtsstellung einnimmt wie der Inhaber einer Sozialforderung, denn § 733 Abs. 1 Satz 1 B G B räumt ihnen gleichen Rang ein. d) Es liegt nahe, Ansprüche der Gesellschaft gegen Gesellschafter als Spiegelbild der umgekehrten Ansprüche zu behandeln. W o dem Gesellschafter die Durchsetzung seiner Sozialansprüche und Drittgläubigeransprüche verwehrt ist, darf er sie sich auch nicht im Wege der Aufrechnung gegen Ansprüche, die die Gesellschaft erhebt, erzwingen. Ist dem einzelnen Gesellschafter diese Verteidigungsmöglichkeit aber genommen, so erfordert die gegenseitige Treuepflicht, daß die Gesellschaft von der Durchsetzung von Ansprüchen absieht, solange ein Uberschußanspruch des Gesellschafters nach Aufstellung der Auseinandersetzungsrechnung in Betracht kommen kann. Der Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeit des Gesellschafters muß eine gleichartige Beschränkung für ein Vorgehen der Gesellschaft entsprechen.
Fischer, in: HGB-Großkommentar, § 128, Rdn.39. Vgl. Fischer, s. o. zu Fn. 42. " Fischer, in: HGB-Großkommentar, §128, Rdn.45 mit Nachweisen. 42
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Es ist nicht einzusehen, weshalb dem ausgeschiedenen Gesellschafter, dessen Abfindungsanspruch noch nicht festgestellt ist, diese Wohltat versagt sein soll, wenn umgekehrt die Gesellschaft sich seinen Sozialoder auch Drittgläubigeransprüchen gegenüber damit zur Wehr setzen kann, es sei der Abfindungsanspruch noch nicht errechnet45. Muß sich der ausgeschiedene Gesellschafter wegen seiner Ansprüche gegen die Gesellschaft noch die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gefallen lassen, so sollte ihm gestattet sein, auch die Gesellschaft darauf zu verweisen. e) Schadensersatzansprüche können als Spiegelbilder der Primäransprüche verstanden werden, aus deren schlechter Erfüllung oder Nichterfüllung sie resultieren, also als sekundäre Sozialansprüche oder Drittgläubigerforderungen. Für die werbende Gesellschaft gilt, daß der Gesellschafter auch als Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs aufgrund seiner gesellschafterlichen Treuepflicht die Rücksichtnahme schuldet, seine Befriedigung in erster Linie aus dem Gesellschaftsvermögen zu suchen und sich die seinem eigenen Verlustanteil entsprechende Rate abziehen zu lassen46. Daraus folgt wie für gewöhnliche Sozialansprüche und Drittgläubigerforderungen im Liquidationsstadium die Beschränkung auf das Ergebnis der Auseinandersetzungsrechnung - eine Folgerung, die grundsätzlich auch für den umgekehrten Fall des Anspruchs der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter zu ziehen ist. Es kann jedoch die Schadensersatzpflicht aus einem Verstoß gegen die gesellschafterliche Treuepflicht des Schuldners resultieren oder mit einer solchen Treuepflichtverletzung verbunden sein, daß es deshalb dem Schädiger nicht gestattet sein darf, den Anspruchsinhaber auf eine aus der Treuepflicht sich ergebende Beschränkung in der Durchsetzung des Anspruchs zu verweisen. Zu denken ist an die Fälle der vorsätzlichen Nichterfüllung von Beitragspflichten zur Vereitelung des Gesellschaftszweckes47, eines Verstoßes gegen vertragliche Wettbewerbsverbote, Organuntreue oder auch unerlaubte Eigengeschäfte48, die auch das Eintrittsrecht nach § 113 HGB auslösen. Wer sich selbst treuwidrig verhält, kann nach allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen seinen Partner nicht wegen dessen Treuepflichtverletzung in Anspruch nehmen49. In diesen Zusammenhang gehört der von der Rechtsprechung entschiedene Fall50 einer gesonderten Inanspruchnahme dessen, der selbst die Liquida4S 44 47 48 49 50
So aber BGH DB 1971, 2400. Fischer, in: HGB-Großkommentar, §128, Rdn.43. Beispiel: RGZ 123, 23 ff. Beispiel: RGZ 118, 295 ff, 298-300. RGZ 152, 119 ff, 123/124. Siehe oben zu Fn. 23.
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tion verschleppt und so verhindert, daß die Auseinandersetzungsrechnung vor der Entscheidungsreife des gegen ihn geführten Prozesses erstellt werden kann.
Die Beschlußanfechtungsklage bei Vereinen und Personengesellschaften Ein Beitrag zur Institutionenbildung im Gesellschaftsrecht
KARSTEN SCHMIDT
„Auch die Gedanken haben um ihre Existenz zu ringen und nicht selten sich jeden Fußbreit Landes mühsam zu erkämpfen. Erschienen sie sofort in ihrer ihnen dermaleinst beschiedenen Allgemeinheit, man würde sie nicht verstehen und sich ihnen widersetzen. Darum treten sie ursprünglich nur schüchtern und bescheiden in die Wirklichkeit und begnügen sich mit einem kleinen Gebiet, bis die Geister sich allmählig an sie gewöhnt, und sie selber sich in irgend einem Punkte so festgesetzt und gekräftigt haben, daß sie von dort aus weiter vorzudringen vermögen. Ihr Anspruch auf Allgemeinheit und damit die Inconsequenz, deren man sich durch ihre Beschränkung auf ein einzelnes Verhältniß schuldig macht, kann sich auf die Dauer der Wahrnehmung nicht entziehen, denn die Consequenz ist eine Macht, die langsam, aber sicher, die unbewußt, aber nicht minder wirksam im Geist fortarbeitet, die längst empfunden und gefühlt wird, bevor sie erkannt ist. Darum kommt auch für jene Gedanken unausbleiblich die Zeit, wo man fragt: warum gelten sie bloß hier, warum nicht auch in dem und jenem völlig gleichartigen Verhältniß?" (Rudolf v. Jhering, Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung, Bd. II/2, 4. Aufl. 1883, S. 338 f.)
I. Die Aufgabe 1. Auf dem Wege zu einem „Allgemeinen Teil des Gesellschaftsrechts" a) Der vorliegende Beitrag läßt sich auf das Wagnis der Rechtsfortbildung ein, mithin auf ein Vorhaben, dessen Bewertung in besonderem Maße vom Wechselspiel des „Zeitgeistes" geprägt scheint und gegenwärtig die Frage aufwirft, ob „Rechtsfortbildung" vom Modewort zum Schimpfwort, vom Schlachtruf für „Sozialingenieure" zur Verbotstafel für den Gesetzesanwender geworden ist'. Bevor auch das hier verfolgte Anliegen derartigen Zerrbildern zum Opfer fällt, sei folgendes bemerkt: Die Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) durfte zu keiner Zeit als Freibrief für die Usurpation gesetzgeberischen Fürrichtighaltens
1 Das Gesamtthema „Rechtsfortbildung" war am 15.2.1985 Diskussionsgegenstand auf dem Karlsruher Forum; statt ausführlicher Belege ist zu verweisen auf das im Druck befindliche Grundsatzreferat von Diederichsen.
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auf der einen oder als Rechtsfortbildungsverbot auf der anderen Seite begriffen werden2. Walter Stimpel, dem die folgenden Ausführungen gewidmet sind, hat in seinem Karlsruher Vortrag über „Richterliche Fortbildung im Personenhandelsgesellschaftsrecht"3 unmißverständlich danach unterschieden, ob es bei der Veränderung im objektiven Recht um die Auseinandersetzung mit politischen und sozialen Gruppeninteressen geht oder ob - wie im Personengesellschaftsrecht - ein nur als Ordnungsrahmen zu begreifender Normenbestand zu einer „vernünftigen Sachregelung" fortgebildet werden soll, deren Ergebnisse sich „sinnvoll in die geltende Rechtsordnung einbetten lassen". Nichts anderes ist auch das Ziel der vorliegenden Untersuchung: Rechtsfortbildung nicht als Hineinmogeln von Wertprämissen in die gesetzliche Ordnung, sondern als Zuendedenken des positiven Normenbestandes, mithin als Beitrag zur vielbeschworenen „Einheit der Rechtsordnung" 4 . b) Rechtsfortbildung, begriffen als Herausbildung allgemeiner verbindlicher Rechtsregeln, ist ein Schritt vom Besonderen zum Allgemeinen, ist Suche nach verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken im Gesellschaftsrecht. Die damit verfolgte Methode wurde bereits in anderen Zusammenhängen als ein Programm gesellschaftsrechtlicher Institutionenbildung bezeichnet 5 : Die Herausarbeitung allgemeiner Rechtsgrundsätze im Gesellschaftsrecht setzt institutionelles Rechtsdenken voraus. Dieses allein bewahrt den rechtsanwendenden wie den rechtsetzenden Juristen vor zwei Grundfehlern: vor dem gedankenlosen Verharren bei Problemansätzen, die aufgrund von historischen Zufälligkeiten - d. h. von Spezialgesetzen oder von gerichtlichen Leitenscheidungen - bei der einen oder der anderen Rechtsform scheinbar nur punktuelle Lösungshilfen geben; aber auch vor einer voreiligen Prinzipienbildung aus gesetzlicher oder forensischer Kasuistik, weil diese Methode ständig neue - in Wahrheit unfertige - Grundtatbestände, Ergänzungs- und Ausnahmetatbestände produziert. Beide Mängel - fehlende Prinzipienbildung wie vorschnelle Prinzipienbildung - sind im geltenden oder
2 3
Vgl. mit eingehenden Nachweisen Stern, Staatsrecht, Bd. II 1980, S. 581 ff. Stimpel, in: Pehle/Stimpel, Richterliche Rechtsfortbildung, 1969, S. 15ff.
4 So der zur Parömie gewordene Titel bei Engisch, Die Einheit der Rechtsordnung, 1 9 3 5 ; zur Bedeutung für die Rechtswissenschaft vgl. Latenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl. 1983, S. 161. 5 Vgl. für den Bereich der kapitalersetzenden Kredite Karsten Schmidt, Z H R 147 (1983), 169; für den Bereich der Informationsrechte Karsten Schmidt, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden, 1984, S. 13 f; mit anderem, auf die Begrenzung der Vertragsfreiheit durch institutionelle Verfestigung von Gemeinschaftsformen zielendem Akzent wurde ein Prozeß der Institutionalisierung untersucht bei Teichmann, Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen, 1970, S. 43 ff.
Die Beschlußanfechtungsklage bei Vereinen und Personengesellschaften
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praktizierten Recht, und nicht zuletzt im Gesellschaftsrecht, nachweisbar. Keiner von beiden kann von heute auf morgen aus dem Gesellschaftsrecht verbannt werden. Beide nach Kräften zu beheben, muß aber Leitgedanke eines jeden sein, der zu einer Rechtsordnung beitragen will, die diesen Namen verdient. c) Der Reiz und die Schwierigkeit einer Institutionenbildung im Gesellschaftsrecht liegt in der Vielfalt und der unterschiedlichen historischen Ausreifung des positiven Normenbestandes begründet. Praxis und Wissenschaft haben es auf dem Gebiet der Personengesellschaften und der bürgerlichrechtlichen Vereine mit einem Gesetzesrecht zu tun, das nahezu unverändert auf dem Stand von 1861 ( A D H G B ) und 1896 (BGB) verharrt. Das Recht der GmbH ist seit 1892' in allen Grundzügen unverändert und durch die GmbH-Novelle von 19807 - nicht zum Vorteil für die Stimmigkeit und Fortentwicklung des GmbH-Rechts nur punkuell modifiziert worden. Starke Bewegung weist die Gesetzgebung demgegenüber im Genossenschaftsrecht 8 , vor allem aber im Aktienrecht auf. Dieses hat, läßt man die Novellen und „kleinen Reformen" beiseite, seit dem A D H G B von 1861 nicht weniger als vier große kodifikatorische Schritte getan: das Reichsgesetz betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 18.7.1884', das Handelsgesetzbuch von 1897, das Aktiengesetz von 1937'° und schließlich das geltende Aktiengesetz von 1965. Weitaus stärker als auf anderen Gebieten des Gesellschaftsrechts hat damit der Gesetzgeber die Fortbildung des Aktienrechts in die Hand genommen. Weitaus schneller hat er auf Fortbildungsanliegen aus der Rechtspraxis reagiert. Weitaus nachhaltiger wirkt damit auch die Aktiengesetzgebung als prägende Kraft eines allgemeinen Verbandsrechts. Da allerdings Allgemeingültiges im Aktienrecht erst erkannt werden kann, wenn die prinzipielle Analogiefähigkeit aktienrechtlicher Normen geklärt ist, erweist sich nicht selten eine Gesellschaftsform als Zwischenglied bei der Herausbildung allgemeiner Lehren, deren positiv-gesetzliche Ausgestaltung mit dem Aktienrecht ganz und gar nicht Schritt halten kann: die GmbH. Als Prüffeld für die analoge Anwendung zahlreicher Aktienrechts Vorschriften" vermag oft das Recht der GmbH Aufschlüsse dar-
RGBl., S. 477. BGBl. I, S. 836. 8 Überblick Meyer/Meulenhergh/Beuthien, GenG, 12. Aufl. 1983, Einl. ' RGBl., S. 123. 10 RGBl. I, S. 107, 588, 1140. " Vgl. besonders Michael Lehmann, Die ergänzende Anwendung von Aktienrecht auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1968. 6 7
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Karsten Schmidt
über zu geben, welchen Rechtsfiguren des Aktiengesetzes verallgemeinerungsfähige Grundlagen des Verbandsrechts zu entnehmen sind. 2. Zum Gegenstand der vorliegenden
Untersuchung
a) Die Desideratenliste des allgemeinen Verbandsrechts ist lang, und so kann auch hier nur ein kleiner Beitrag zu diesem Konzept geleistet werden. Gegenstand der Untersuchung ist die Frage: Läßt sieb - jedenfalls für passiv parteifähige Personenverbände12 - ein allgemeines Prinzip des Inhalts im Gesellschaftsrecht nachweisen, daß Anfechtungsklagen gegeben sind, wo immer die Verbandsverfassung Mehrheitsbeschlüsse zuläßt? b) Gesetzgebung und herrschende Auffassung sind, wie noch näher zu zeigen sein wird, von einem solchen Konzept weit entfernt 13 . Der positive Normenbestand gleicht nicht nur - wie so oft bei vergleichender Analyse - einem von Generation zu Generation systemlos zusammengestückelten Flickenteppich, sondern er hat nicht einmal dieses Prädikat verdient. N u r in §§241 ff AktG findet sich ein ausgereiftes Recht der fehlerhaften Beschlüsse und so kreist alle Diskussion heute um die eine Frage: Inwieweit können diese Bestimmungen analog angewandt werden? Die herrschende Auffassung gibt hierauf eine klare Antwort: Die §§241 ff AktG sind - mit Modifikationen, auf die es zunächst nicht ankommen soll - rechtsanalog auf das ungeregelte Recht der fehlerhaften GmbH-Beschlüsse und lückenfüllend auf das unzulänglich geregelte Recht der Generalversammlungsbeschlüsse im Genossenschaftsrecht anzuwenden 14 , nicht dagegen auf das Recht der Vereine15 und der Personengesellschaften 16 .
12 Der Problemfall BGB-Gesellschaft wird ausdrücklich offen gelassen; für ihre Parteifähigkeit entgegen der h. M. Schünemann, Grundprobleme der Gesamthandsgesellschaft, 1975, S. 2 0 8 f f , 2 2 3 f f ; Aderhold, Das Schuldmodell der BGB-Gesellschaft, 1981, S. 165; zuletzt Hüffer in dieser FS; zum Schiedsverfahren vgl. auch H. Westermann, in: FS Baur, 1981, S. 723 ff; s. auch zur BGB-Gesellschaft als Unternehmensträgerin Karsten Schmidt, Handelsrecht, 2. Aufl. 1982, S. 89f; rechtspolitisch ders., in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. III 1983, S.478. - Eine Anfechtungsklage bei fehlender Parteifähigkeit des Verbandes, etwa bei einer mehrgliedrigen Innengesellschaft, ließe sich als Klage gegen die Mitgesellschafter als notwendige Streitgenossen einordnen. 13
Vgl. auch die Kritik von Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, 1980, S. 153. Vgl. vorerst nur den aktuellen Uberblick bei Hüffer, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, A k t G , Lfg. 1984, vor §241 Rdn. 15 ff. 15 Vgl. vorerst nur B G H Z 59, 369 (371 ff) = LM N r . 4 zu § 3 2 BGB m. Anm. Fleck; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 1982, Rdn. 1129; Wiedemann (Fn. 13), S. 153. " Vgl. vorerst nur Wiedemann (Fn. 13), S. 153; Fischer, in: Großkomm. H G B , 3. Aufl., Bd.II/1 1973, § 1 1 9 A n m . 17. 14
Die Beschlußanfechtungsklage bei Vereinen und Personengesellschaften
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c) Wer sich dem Fragenkreis um besserer Erkenntnis willen nähert, tut gut daran, sich von derartigen Pauschalformulierungen zu hüten. Es handelt sich um die Spracher derer, die das Ergebnis wiederholter gesetzgeberischer Anstrengungen (Aktienrecht) und eines in den Grundsätzen abgeschlossenen Rechtsfortbildungsprozesses (GmbH-Recht) nur noch darzustellen und in ein Verhältnis zum Recht der Vereine und Personengesellschaften zu setzen haben. So scheint sich ein klares Ja gegen ein ebenso klares Nein abzuheben. Das wäre nicht zu beanstanden, wenn der Fortbildungsprozeß im Recht der fehlerhaften Beschlüsse wirklich abgeschlossen und das Ergebnis nur noch ein Problem der Darstellung wäre. Eben dies wird hier aber für die Gebiete des Vereinsund des Personengesellschaftsrechts in Zweifel gezogen. Deshalb wird sich die Untersuchung, sollen die Fehler des gedankenlosen Verharrens oder der verfrühten Prinzipenbildung vermieden werden, auf die ganz unterschiedlichen Sachfragen besinnen müssen, die sich heute wie selbstverständlich im fertigen Konzept der §§241 ff AktG präsentieren, in Wahrheit aber auch für das Aktien- und GmbH-Recht nicht ohne Mühen herausgebildet wurden. II. Funktionsanalyse der Anfechtungsklage und des Anfechtungsrechts Ausgangspunkt für eine Betrachtung der Anfechtungsklage müssen die ganz unterschiedlichen Funktionen sein, die sich in dieser Klage verbinden.
1. Die Anfechtungsklage als negatorische Mitglieder klage a) Anfechtungsklage und Anfechtungsbefugnis sind zunächst als mitgliedschaftsrechtliche Schutzinstrumente herausgebildet worden, und niemand wird leugnen, daß sie im Einzelfall als Schutzinstrumente funktionieren. Spätestens seit dem Seehafenbetriebs-Urteil des Bundesgerichtshofs", das in diesem Punkt" auf breiten Konsens gestoßen ist", kann es als theoretisch und praktisch gesichert werden, daß es eine verbandsrechtliche actio negatoria gibt20. Zwar kann, wie der II. Zivilse17 B G H Z 83, 122 (133 ff) = A G 1982, 158 (161) = L M Nr. 1 zu § 1 1 8 AktG m. Anm. Fleck = J Z 1982, 602 m. Anm. Großfeld/Broncho, J Z 1982, 589 ff. Anders in der Zuständigkeitsfrage; vgl. nur die Kritik von Beusch, in: FS Werner, 1984, S. 1 ff; Martens, Z H R 147 (1983), 377 ff; Semler, B B 1983, 1570 ff; Sünner, A G 1983, 169 ff; Werner, Z H R 147 (1983), 428 ff. " Flume, Die juristische Person, 1983, S. 309 ff; Thomas Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 1983, S. 45; Großfeld/Brondics, J Z 1982, 590; Rehbinder, Z G R 1983, 103 ff. 20 Vgl. nur Flume (Fn. 19), S. 309 ff; zum Schutz der Mitgliedschaft vgl. eingehend Lutter, A c P 180 (1980), 130ff m . w . N . ; s. aber auch Wiedemann ( F n . 1 3 ) , S . 4 6 3 f .
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Karsten Schmidt
nat am 11.2.1980 für die Kommanditgesellschaft entschieden hat, nicht durch Unterlassungsklagen von Einzelmitgliedern in den Kreis einfacher Geschäftsführungsmaßnahmen eingegriffen werden21, aber mit dem Seehafenbetriebsurteil dürfte feststehen, daß die Mitgliedschaft gegen rechtswidrige Ubergriffe durch Unterlassungsansprüche geschützt ist und daß der Verband selbst - nicht bloß das einzelne rechtswidrig handelnde Organmitglied - passiv legitimiert ist: „Die Klagebefugnis des Aktionärs b e r u h t . . . darauf, daß er, wie hier, geltend macht, durch eine unzulässige Ausschaltung der Hauptversammlung in seiner eigenen Mitgliedstellung betroffen zu sein" 22 . Er braucht sich auch „nicht auf eine Klage gegen den Vorstand verweisen zu lassen... Denn wenn ein Vorstand aufgrund seiner Vertretungsbefugnis eigenmächtig nach außen tätig wird, ohne die Hauptversammlung, wie es seine Pflicht wäre, intern zu beteiligen, tut er dies als Organ der Gesellschaft. Es ist daher deren Sache, durch ihre Organe Abhilfe zu schaffen, den betroffenen Aktionären Genüge zu tun und dafür zu sorgen, daß ihre Mitgliedsrechte künftig nicht mehr verletzt werden23." Allerdings steht dieser Anspruch „wie jeder Anspruch... unter dem Vorbehalt, daß er nicht mißbräuchlich unter Verletzung der Rücksichtnahme ausgeübt werden darf, die der Aktionär seinerseits der Gesellschaft schuldet. Dazu gehört die Notwendigkeit, ihn ohne unangemessene Verzögerung geltend zu machen", und das bedeutet nach den Ausführungen des II. Senats: Die Klage muß innerhalb eines Zeitraums erhoben werden, der zu der für die aktienrechtliche Anfechtungsklage geltenden Monatsfrist des §246 AktG nicht außer Verhältnis steht24. b) Mit diesen Ausführungen ist nicht nur die mitgliedschaftliche Unterlassungsklage anerkannt, sondern gleichzeitig die Mitgliederklage auf ihren institutionellen Kern zurückgeführt worden. Zuvor hatte bereits Brigitte Knobbe-Keuk2i herausgearbeitet, daß die aktienrechtliche
21 B G H Z 76, 160 = LM Nr. 8 zu § 164 H G B ; krit. Grunewald (DB 1981, 407 ff), weil die Klage auf Tun oder Unterlassen der „einzige Weg zur Verwirklichung der materiellen Rechtslage (?)" sei und der Rekurs auf die Schadensersatzhaftung „die Realisierung der gesellschaftlichen Pflichtenlage" verhindere, ohne die Geschäftsführung wirklich freizustellen; im Ergebnis schränkt auch Grunewald die Gesellschafterklage auf „evidente Fälle der Verletzung des Gesellschaftsvertrags" ein, bewahrt also dem Geschäftsführungsorgan einen Ermessensspielraum, „wenn die von der Geschäftsführung vorgesehene Maßnahme noch vertretbar ist". Das Ergebnis hat manches für sich. Mit dem Interesse des Geschäftsführungsorgans an einer „Abklärung einer zweifelhaften (!) Geschäftsführungsmaßnahme im Vorfeld" ist es schwerlich begründbar. 22 23 2< 25
B G H Z 83, 122 (135). B G H Z 83, 122 (134). B G H Z 83, 122 (135 f). In: FS Beierstedt, 1975, S. 239ff; insbes. S.246ff.
Die Beschlußanfechtungsklage bei Vereinen und Personengesellschaften
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Anfechtungsklage gegenüber Hauptversammlungsbeschlüssen Erscheinungsform eines allgemeinen Rechts des Verbandsmitglieds auf rechtsund satzungsmäßiges Gebaren des Verbands ist. Auf die historische Richtigkeit dieses Ansatzes wird zurückzukommen sein. Vorerst ist seine institutionelle Tragweite zu betonen, und es kann festgehalten werden, daß „Anfechtungsklage" (§246 AktG) und „Nichtigkeitsklage" (§249 AktG) gleichermaßen im Konzept einer mitgliedschaftsrechtlichen actio negatoria einen Platz verdienen. 2. Die Anfechtungsklage
als
Gestaltungsklage
a) So, wie sich die Anfechtungsklage im ausgereiften Recht der Kapitalgesellschaften und Genossenschaften darstellt, ist sie Gestaltungsklage2''. Hat die Klage Erfolg, so wird der angefochtene Beschluß für nichtig erklärt (§§241 N r . 5, 248 AktG, 51 Abs. 5 GenG). Dies ist Gestaltungswirkung - Privatrechtsgestaltung! - par excellence. Die Gestaltungswirkung tritt für und gegen jedermann ein27. Die Technik der Anfechtungsklage leistet damit einen bedeutsamen Beitrag zur Rechtssicherheit im Verbandsrecht. b) Ein weiterer Beitrag zur Rechtssicherheit besteht darin, daß erst die Technik der Anfechtungsklage eine klare Unterscheidung zwischen Rechtswidrigkeit und Nichtigkeit des Beschlusses möglich macht28. Diese Unterscheidung, meist als Prozeßproblem dargestellt, ist materiell-rechtlicher Art. Der angebliche Gegensatz zwischen „Nichtigkeitsklagen" und „Anfechtungsklagen" ist in Wahrheit ein Gegensatz zwischen Nichtigkeitsmängeln und Anfechtungsmängeln 29 . Anfechtungsmängel können nur durch fristgemäße Klage geltend gemacht werden, und sie berühren die Wirksamkeit des Beschlusses nicht, solange sie nicht geltend gemacht sind. Nichtigkeitsmängel können über die kurze Anfechtungsfrist hinaus geltend gemacht werden, und sie können außer durch Gestaltungsklage auf jede andere Weise - z.B. durch schlichte
2t Vgl. nur Alfred Hueck, Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen bei Aktiengesellschaften, 1924, S. 193 ff; ders,, in: Recht im Wandel, FS Heymanns Verlag, 1965, S.291. 27 Vgl. für das Aktienrecht: Raiser (Fn. 19), S. 127; Schilling, in: Großkomm. AktG, 3. Aufl., Bd. III 1973, §248 Rdn.4; Η Uff er, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff (Fn. 14), $ 248 Rdn. 5, 14; für das Genossenschaftsrecht: Klaus Müller, GenG, Bd. II 1980, §51 Rdn. 140; Metz, in: Lang/Weidmüller, GenG, 31. Aufl. 1984, §51 Rdn. 115f. 28 Wiedemann (Fn. 13), S. 152, hat den m. E. unberechtigten Verdacht, hier werde Rechtssicherheit mit dem Interesse der Mehrheit und der Verwaltung an „Ruhe und Ordnung" verwechselt. 29 Vgl. statt neuerlicher Darlegung Karsten Schmidt, A G 1977, 205 ff.
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Karsten Schmidt
Feststellungsklage nach § 256 Z P O - geltend gemacht werden30. Werden sie im Wege der Nichtigkeitsklage (§ 249 AktG) geltend gemacht, so ist diese Klage nicht Feststellungsklage31, sondern Gestaltungsklage32. Die inter-omnes-Wirkung des die Nichtigkeit „feststellenden" Urteils ist nicht Rechtskrafterstreckung 33 , sondern Gestaltungswirkung34. In prozessualer Hinsicht stehen die Nichtigkeitsklage und Anfechtungsklage zueinander nicht in schroffem Gegensatz, sondern beide stehen als Gestaltungsklagen in Gegensatz zur einfachen Feststellungsklage35. 3. Zum Verhältnis zwischen dem „negatorischen" und dem „kassatorischen " Klagziel Nachdem das negatorische Klagziel und der Gestaltungsklagecharakter herausgestellt wurden, bedarf es noch des Hinweises, daß beides nicht miteinander unvereinbar ist. Solche Unvereinbarkeit klang allerdings in dem Streit um die Rechtskrafterstreckung auf wiederholende Beschlüsse an36. Was aber den institutionellen Zweck einer Klage anlangt, so beschreiben diese Schlagworte keine Gegensätze, sondern unterschiedliche Eigenschaften, die durchaus Hand in Hand gehen können: die Schutzfunktion und die Schutztechnik. Für diesen Unterschied gibt es zahlreiche Beispiele. Wenn etwa die Drittwiderspruchsklage des § 771 Z P O von den einen als prozessuale Gestaltungsklage37 und von den anderen als negatorische Klage eingeordnet wird38, dann
Vgl. Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, 6. Aufl. 1978 ff, §45 Rdn.43. So aber mit der h. M. jüngst wieder Hiiffer, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff (Fn. 14), §249 Rdn.3, 7, weil die Nichtigkeit im Gegensatz zur Anfechtbarkeit „als materiellrechtliche Folge des Beschlußmangels von selbst eintritt, durch das Urteil also nur konstatiert werden kann" und weil die hier vertretene Auffassung den materiell-rechtlichen Unterschied „verwischt"; der Unterschied zwischen der ipso iure und der kraft Urteils eintretenden Nichtigkeit ist aber im Gegensatz zwischen Nichtigkeits- und Anfechtungsgründen beheimatet und hat mit einem Gegensatz der Klagen nichts zu tun; das wurde mehrfach begründet; die erfolgreiche Nichtigkeitsklage ist der klassische Fall einer „Doppelwirkung im Recht"; vgl. Scholz/Karsten Schmidt (Fn.30), §45 Rdn. 116. 52 Karsten Schmidt, JZ 1977, 769 ff. 33 So aber die h.M.; vgl. zuletzt Renkl, Der Gesellschafterbeschluß, 1982, S.122; Hüffer, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff (Fn.14), §249 Rdn.21. 34 Vgl. Scholz/Karsten Schmidt (Fn.30), §45 Rdn. 116; grdleg. Zöllner, in: Kölner Komm. AktG, Bd. II 1976, §249 Anm.41, obwohl er das Urteil als Feststellungsurteil bezeichnet (ebd. Rdn. 40). 35 Vgl. Scholz/Karsten Schmidt (Fn.30), §45 Rdn. 117. 36 Dazu Karsten Schmidt, JZ 1977, 772 f. 37 RGZ 81, 190 (191); BGHZ 58, 207 (214) = NJW 1972, 1048 (1049); Stein/Jonas/ Münzberg, ZPO, 20. Aufl. 1981, §771 Rdn. 4; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 43. Aufl. 1985, Einf. 1 Α vor §§ 771-774. 38 Vgl. Blomeyer, Das Vollstreckungsverfahren, 1975, S. 150; Picker, Die Drittwiderspruchsklage in ihrer geschichtlichen Entwicklung als Beispiel für das Zusammenwirken 30 31
Die Beschlußanfechtungsklage bei Vereinen und Personengesellschaften
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verbirgt sich hinter dieser Kontroverse nur eine unterschiedliche Akzentsetzung: Eine Klage, die ihrer Schutzfunktion nach negatorischen Charakter hat, muß ihrer Schutztecbnik nach nicht eine Leistungsklage sein; sie kann auch Gestaltungsklage sein, und dies ist bei der Anfechtungsklage der Fall. 4. Die rechtsdogmatischen Prinzipien der Anfechtungsklage Die sich mit dem Institut der Anfechtungsklage im Gesellschaftsrecht verbindenden dogmatischen Prinzipien wurden in einer Vorarbeit herausgestellt39. Es sind dies - das Prinzip der Anfechtungsbefugnis, - das Prinzip der Anfechtungswirkung und - das Prinzip des Anfechtungserfordernisses. Es fällt nicht schwer, in diesen Prinzipien die negatorischen und die gestaltenden Züge der negatorischen Mitgliederklage gegen rechtswidrige Beschlüsse wiederzuerkennen. Während nun in dem systematisch ausgereiften Konzept der §§241 ff AktG diese Merkmale eine scheinbar unlösliche Verbindung miteinander eingehen, wird sich für die Fortbildung des unfertigen Rechts der fehlerhaften Beschlüsse die Differenzierung der Sachfragen als notwendig erweisen. Das Prinzip der Anfechtungsbefugnis befaßt sich mit der Aktivlegitimation des Mitglieds, das Prinzip der Anfechtungswirkung mit der Unwirksamerklärung inter omnes, und erst das Prinzip des Anfechtungserfordernisses trennt die anfechtbaren von den nichtigen Beschlüssen.
III. Die Entwicklung bei den einzelnen Rechtsformen und der Ansatz der Rechtsfortbildung 1. Abriß der Rechtsentwicklung Die folgende Bestandsaufnahme kann im Hinblick auf die erwähnte Vorveröffentlichung 40 kurz ausfallen und sich auf unerläßliche Hinweise beschränken.
von materiellem Recht und Prozeßrecht, 1981, S. 41 ff; besonders pointiert Bettermann, in: FS Friedrich Weber, 1975, S. 87ff, nach dem die Gestaltungswirkung nicht das Wesentliche des Interventionsurteils, sondern nur eine Neben- oder Tatbestandswirkung bezeichnet (S. 92 f); über die dogmatische Tragweite der Begriffe „Tatbestandswirkung", „Nebenwirkung" und „Gestaltungswirkung" vgl. aber Karsten Schmidt, Kartellverfahrensrecht - Kartellverwaltungsrecht - Bürgerliches Recht, 1977, S. 195 ff. 39 Karsten Schmidt, A G 1977, 207 ff. 40 Karsten Schmidt, A G 1977, 243 ff.
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Karsten Schmidt
a) Im Aktienrecht schrieb der Gesetzgeber des Jahres 18 8441 das Anfechtungsrecht als Individualrecht fest. Nachdem eine eigensinnige - aus der hier vertretenen Sicht sachlich unbegründete - Doktrin die Geltendmachung von Nichtigkeitsmängeln im Wege der Anfechtungsklage für unzulässig erachtet hatte42, stellte sodann der Gesetzgeber von 1937 der Anfechtungsklage (§197 AktG 1937) eine besondere Nichtigkeitsklage (§195 AktG 1937) zur Seite43. Der sachliche Gewinn dieser Neuerung lag vor allem darin, daß eine Gestaltungsklage auch noch nach Ablauf der kurzen Anfechtungsfrist erhoben werden kann, soweit sie auf Nichtigkeitsmängel gestützt ist. b) Das Genossenschaftsgesetz von 1889 befindet sich noch auf einem Stand, der dem Aktienrecht zwischen 1884 und 1937 entspricht44. Trotzdem ist wohl unstreitig, daß neben der „Anfechtungsklage" auch die „Nichtigkeitsklage" ihren Platz hat45, was eine Geltendmachung der Nichtigkeit auf andere Weise - ζ. B. durch Feststellungsklage nach §256 ZPO - nicht ausschließt46. Rechtsdogmatische Basis des Rechtsfortbildungsprozesses ist eine Analogie zum Aktienrecht47. c) Die Entwicklung im Recht der GmbH ist häufig dargestellt worden48. Das GmbHG von 1892 enthält keinerlei Rechtsregeln über die Anfechtung von Beschlüssen. Die einschlägigen Vorschriften aus den großen Reformentwürfen von 1939, 1969 und 1971/1973 4 ' wurden nicht in die Novelle 1980 übernommen. Gleichwohl kann nach einem langdauernden Rechtsfortbildungsprozeß für die Gegenwart festgehalten werden, Fn.9. RGZ 75, 239 (242); 89, 367 (379); BayObLG, LZ 1916, 408; Staub, H G B , 14. Aufl., Bd. II 1933, § 2 7 3 A n m . 2 0 ; Fischer, J W 1925, 153; gegen diese h.M. mit Recht Alfred Hueck, Anfechtbarkeit... (Fn.26), S.237ff. n Vgl. Amtl. Begründung, in: Klausing, Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien nebst Einführungsgesetz und Amtlicher Begründung, 1937, Teil II, S. 171 f: „Auf diese nichtigen Beschlüsse konnten die §§271 bis 273 H G B nicht angewandt werden. Ihre Nichtigkeit richtete sich nach allgemeinen Vorschriften und konnte jederzeit im Wege der Feststellungsklage (§256 ZPO) geltend gemacht werden." 41
42
Vgl. Karsten Schmidt, AG 1977, 246. RGZ 170, 83 (89); B G H Z 32, 318 (323f); Lang/Weidmüller (Fn.27), §51 Rdn.8; Meyer!Meulenbergh/Beuthien (Fn.8), §51 Rdn. 11. 46 Vgl. nur Meyer/Meulenbergh/Beuthien (Fn. 8), §51 Rdn. 11. 47 RGZ 170, 83 (88f); B G H Z 32, 318 (323f); 70, 384 (387); Lang/Weidmüller (Fn.27), §51 Rdn.8. 41 Vgl. R G Z 166, 129 (131 ff); Alfred Hueck, in: FS Molitor, 1962, S. 401 ff; Vogel, Gesellschafterbeschlüsse und Gesellschafterversammlung, 1968, S. 113 ff; Michael Lehmann (Fn. 11), S. 90 ff; Däubler, GmbH-Rdsch. 1968, 4 ff; Karsten Schmidt, A G 1977, 247 f. 49 §§195 ff RefE GmbHG 1969, §§191 ff RegE 1971/1973; dazu nach dem Stand von 1982 mißverständlich Renkl (Fn. 33), S. 127. 44
45
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daß „Anfechtungsklagen" und „Nichtigkeitsklagen" zum gesicherten Bestand des GmbH-Rechts gehören50. Wiederum liefert eine Rechtsanalogie zum AktG die rechtsdogmatische Basis51. Freilich tritt eine angemessene Frist an die Stelle der Monatsfrist gemäß § 246 AktG52. Einzelheiten sind hier nicht darzustellen. Festgehalten sei nur, daß auch bei der Geltendmachung von Nichtigkeitsmängeln diese Klagen klar gegen die einfache Feststellungsklage des § 256 ZPO abgegrenzt werden53. d) Vom Recht der Vereine sagt eine bis heute ganz herrschende Auffassung, ihm sei eine Anfechtungsklage unbekannt54. Eine analoge Anwendung der §§241 ff AktG wird außer Betracht gelassen55. Beschlüsse können wirksam, unwirksam oder nichtig sein, niemals aber anfechtbar56. Begründungen, die über den Hinweis auf eine gefestigte Rechtsprechung57 hinausgehen, findet man selten. Vereinzelt wird auf die rechtstatsächlichen Verhältnisse hingewiesen, die beim Verein angeblich zu uneinheitlich sind, um eine Analogie zu rechtfertigen58. Damit verträgt es sich freilich schlecht, wenn der Standpunkt der herrschenden Auffassung selbst von Gerichten als unbefriedigend bezeichnet wird59, und zwar vor allem bei Großvereinen60.
50 Vgl. statt vieler Renkl (Fn.33), S. 127ff; Hachenburg/Schilling/Zutt, GmbHG, 7. Aufl., Bd. II 1979, Anh. § 4 7 Rdn. 111 ff und 190 ff mit reichen Nachweisen. 51 Vgl. B G H Z 18, 334 (338); 36, 207 (210f); Roth, GmbHG, 1983, § 4 7 Anm.6. 52 R G Z 170, 358 (380); B G H Z 11, 231 (239 ff); O L G Düsseldorf, GmbH-Rdsch. 1983, 124 (125); eingehend Scholz/Karsten Schmidt (Fn.30), §45 Rdn. 87. 53 Vgl. B G H Z 70, 384 (388); Scholz/Karsten Schmidt (Fn.30), §45 Rdn.90. 54 B G H Z 59, 369 (371 ff) = LM Nr. 4 zu §32 B G B m. Anm. Fleck; B G H , NJW 1975, 2101; O L G Schleswig, N J W 1960, 1862; Sanier/Schweyer, Der eingetragene Verein, 12. Aufl. 1983, Rdn. 212; Reich/Dannecker/Kühr, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 3. Aufl. 1984, Rdn. 815. 55 B G H Z 59, 369 (371 ff) = LM Nr. 4 zu §32 B G B m. Anm. Fleck; Reichert/ Dannecker/Kühr (Fn. 54), Rdn. 815; Soergel/Schultze-v. Lasaulx, B G B , 12. Aufl. 1978, §32 Rdn. 31; Erman/H. Westermann, B G B , 7. Aufl. 1981, §32 Rdn. 3; Palandt/Heinrichs, B G B , 44. Aufl. 1985, §32 Anm.4; a.M. Richert, NJW 1957, 1545; über ältere Gegenstimmen vgl. Karsten Schmidt, AG 1977, 249. ' 6 Vgl. statt vieler Soergel/Schultze-v. Lasaulx (Fn. 55), § 32 Rdn. 11; zweifelnd immerhin K G , O L G Z 1971, 480 (483); a.M. Richert, NJW 1957, 1544. ' 7 Besonders kraß Sauter/Schweyer (Fn. 54), Rdn. 212, wo es gegenüber den Überlegungen des Verf. lediglich heißt, daß sich im Rahmen der (nach dem Vorwort als Hilfsmittel der Praxis zu begreifenden) Darstellung ein Eingehen auf diese Überlegungen angesichts der std. Rspr. erübrigt. is Fleck, LM Nr. 4 zu §32 B G B . * Vgl. nur O L G Köln, O L G Z 1983, 269 (271). 60 In dieser Richtung Reuter, in: Münchener Komm, zum B G B , 2. Aufl., Bd. I 1984, §32 Rdn. 34.
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e) Als unbefriedigend wird man auch den Standpunkt der herrschenden Auffassung im Personengesellscbaftsrecbt bezeichnen müssen61. Auch hier soll es keine Anfechtungsklage geben62, was teils - in Anbetracht des GmbH-Rechts wenig überzeugend - mit der fehlenden gesetzlichen Grundlage63, teils mit fehlendem rechtspolitischem Bedürfnis64, teils mit angeblichen Unterschieden gegenüber der Interessenlage im Kapitalgesellschaftsrecht begründet wird65. Zwei kritische Fälle zeigen, daß hiervon jedenfalls in solcher Allgemeinheit keine Rede sein kann. aa) Der erste Fall ist die personengleiche GmbH & Co., bei der GmbHBeschlüsse und Kommanditistenbeschlüsse eine oft schwer entwirrbare Einheit bilden66. Es will nicht recht einleuchten, daß etwa bei Nichtladung eines Gesellschafters wirksame - wenngleich anfechtbare Beschlüsse der Komplementär-GmbH gefaßt werden können, während die KG-Beschlüsse ipso iure unwirksam sind. bb) Der zweite kritische Fall ist der der kapitalistisch strukturierten Personengesellschaft67, insbesondere der Publikumspersonengesellschaft''8. Hier ist sowohl unter dem Gesichtspunkt des Individualschutzes (Anfechtungsklage als actio negatoria) als auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit (Anfechtungsklage als Gestaltungsklage) ein rechtspolitisches Bedürfnis zu erkennen, das um nichts geringer ist als bei der Aktiengesellschaft oder Genossenschaft und gewiß größer als bei dem Großteil aller Gesellschaften m.b.H. Es kann nicht verwundern, daß gerade in diesem Bereich Kritik an der herrschenden Auffassung laut geworden ist. f) Als Fazit des Überblicks läßt sich feststellen, daß hier wie auf vielen Gebieten des inneren Verbandsrechts rechtsformspezifische Unterschiede nicht durch gezielte Rücksichtnahme auf die Natur der Sache, 61 S. auch H. Westermann, in: Handbuch der Personengesellschaften, Lfg. 1982, Rdn.279. . 62 Vgl. Alfred Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 4. Aufl. 1971, S. 184; Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, 1970, S. 206 ff; Schlegelberger/Gessler, HGB, 4. Aufl., Bd. II 1965, §119 Rdn.9; Robert Fischer, in: Großkomm. HGB (Fn. 16), §119 Anm.17; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 26. Aufl. 1985, §119 A n m . 3 E ; insoweit übereinst. Jüdel, Gesellschafterbeschlüsse bei Personalgesellschaften, 1932, S. 84 ff. 63 So namentlich Alfred Hueck (Fn. 62), S. 184; gegen dieses Argument mit Recht schon Jüdel (Fn. 62), S. 87; Nitschke (Fn. 62), S. 207. 64 So wohl Robert Fischer, in: Großkomm. HGB (Fn. 16), § 119 Anm. 17. 65 So namentlich Jüdel (Fn.62), S.92; Nitschke (Fn.62), S.209. 64 Vgl. eingehend Scholz/Karsten Schmidt (Fn.30), Anh. § 4 5 Rdn.42ff. " Vgl. eingehend Bernd G. Köster, Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen Gesellschafterbeschlüsse bei oHG und KG, 1981, S. 106 ff. 6 ! Vgl. im Ansatz schon Karsten Schmidt, AG 1977, 251 f.
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sondern zum großen Teil durch gesetzhistorische Zufälligkeit entstanden sind und daß beschwichtigende Hinweise auf Unterschiede der Rechtsformen nicht durchgehend zu überzeugen vermögen.
2. Punktuelle oder generelle Korrekturen ? Wenn es richtig ist, daß die Nicht-Anerkennung von Anfechtungsklagen bei Vereinen und Personengesellschaften rechtspolitische Wünsche offen läßt, dann lädt diese Feststellung zunächst dort zur korrigierenden Fortbildung ein, wo die Mängel unbestreitbar sind. So behutsam und verantwortungsbewußt aber eine solche Methode der Rechtsfortbildung scheinen mag - sie erweist sich bei näherer Betrachtung doch als problematisch. a) Von der GmbH & Co. wird bisweilen gesagt, sie sei ihrer Struktur nach eine Kapitalgesellschaft69, und die vorhandenen Ansätze, GmbHRecht auf die Kommanditgesellschaft anzuwenden70, legen eine Ausdehnung auch des Rechts der fehlerhaften GmbH-Beschlüsse auf Beschlüsse der GmbH & Co. nahe. Damit wäre zugegebenermaßen für den Bereich der GmbH & Co. Erhebliches gewonnen, dies aber auf Kosten des allgemeinen Personengesellschaftsrechts. Dies wäre ein Beitrag zur Institutionalisierung der GmbH & Co., nicht dagegen zur allgemeinen Institutionenbildung im Recht der fehlerhaften Beschlüsse. b) Auf ähnliche Bedenken stößt der jüngst in einer Dissertation entwikkelte Vorschlag, das Institut der Anfechtungsklage nicht auf alle Personengesellschaften, wohl aber auf kapitalistisch strukturierte Personengesellschaften zu übertragen71. Hierzu berechtigt nach dieser Arbeit „die weitgehende Identität der Institution Hauptversammlung mit der Gesellschafterversammlung hinsichtlich ihrer Kompetenzen und Aufgaben" und „die große Ähnlichkeit von Hauptversammlungsbeschluß und Gesellschafterbeschluß in einer körperschaftlich strukturierten Personengesellschaft"72. Dieser Gedanke liegt in Anbetracht der gerade von der Rechtsprechung des II. Zivilsenats und einer reichen Literatur verdienstvoll betriebenen Konsolidierung eines Sonderrechts der Publikumspersonengesellschaft73 und der kapitalistisch strukturierten Perso" Vgl. nur Thomas Raiser (Fn. 19), S . 2 8 8 ; s. demgegenüber aber namentlich Schilling, in: FS Kunze, 1969, S. 190. 70 Vgl. in dieser Richtung B G H Z 60, 324; 67, 171; 69, 274; zur Tendenz dieser Rechtsprechung s. Stimpel, in: 25 Jahre B G H , 1975, S. 14ff. 71 Köster (Fn. 67), S. 115 ff. 72 Köster (Fn. 67), S. 167. 7 ' Vgl. dazu statt vieler Kühler, Gesellschaftsrecht, 1981, S . 2 8 0 f f ; Hueck, Gesellschaftsrecht, 18. Aufl. 1983, S. 148 ff; Η Uff er, JuS 1979, 457 ff; Kraft, in: FS Fischer, 1979, S. 321 ff; Schneider, Z H R 142 (1978), 228 ff; Stimpel, in: FS Fischer, 1979, S. 771 ff.
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Karsten Schmidt
nengesellschaft im allgemeinen74 nur zu nahe, aber er ist doch eine trügerische Hilfe bei der gesellschaftsrechtlichen Institutionenbildung. Zu dem systematischen Einwand, daß der Blick statt auf das Allgemeine auf das Besondere gelenkt wird, kommt hier ein zweiter hinzu: die mangelnde Abgrenzbarkeit dieses Sonderrechts75. Mit Recht stellt der Verfasser der hier angesprochenen Dissertation als Strukturelemente der körperschaftlich strukturierten Personengesellschaft - ausdrücklich unter Verzicht auf Vollständigkeit76 - die folgenden heraus77: - Maßnahmen des Bestandsschutzes, - Maßnahmen zur Sicherung des wirtschaftlichen Bestandes der Gesellschaft, - Haftungsbeschränkung, - Abtretbarkeit der Gesellschafteranteile, - Bildung von Organen nach dem Vorbild der Körperschaften, - Mehrheitsprinzip. Es ist richtig, daß auf diesen Strukturkriterien das Sonderrecht der kapitalistisch strukturierten Personengesellschaften beruht, aber richtig ist eben auch, daß sich dieses Sonderrecht auf das Gesellschaftsrecht als Obligationenrecht konzentriert: auf Auslegungsfragen, auf Treuepflichten, auf Haftungstatbestände usw. Die kapitalistisch strukturierte Personengesellschaft ist gegen den gesetzlichen Normaltypus nur mit typologischen Mitteln abzugrenzen78, d. h. durch ordnendes Vergleichen je für sich durchaus nicht begriffsnotwendiger Merkmale79. Da es dem Typus an verallgemeinerungsfähigen Begriffsmerkmalen fehlt80, stößt er dort auf empfindliche Leistungsgrenzen, wo es um Rechtssicherheit geht. Eben dies ist aber im Recht der fehlerhaften Beschlüsse der Fall, denn nichts anderes als Rechtssicherheit ist ja das Thema, wenn es um die gestaltende Anfechtungsklage geht. Deshalb kann das Institut der Beschlußanfechtung nicht von der typologischen Struktur der Gesellschaft abhängig gemacht werden. c) Aus vergleichbaren Gründen führt im Vereinsrecht der jüngst wieder Dazu Nitschke (Fn.62), passim. Treffend bereits Nitschke (Fn. 62), S. 209. 76 Köster (Fn. 67), S. 108 Fn.40. 77 Köster (Fn. 67), S. 108 ff. 78 Vgl. Harm Peter Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970, S. 117 f. 79 Vgl. zu dieser Methode Larenz (Fn.4), S. 449 ff; Leenen, Typus und Rechtsfindung, 1972, S. 62 ff. 80 Vgl. zur Unterscheidung zwischen Begriff und Typus m. w. N. Karsten Schmidt, Zur Stellung der oHG im System der Handelsgesellschaften, 1972, S. 77 ff; grdleg. Leenen (Fn. 79), S. 28 ff, 34 ff. 7