Festkörperprobleme: Band 1 Wiesbaden und Bad Pyrmont, 1961 [Reprint 2021 ed.] 9783112582480, 9783112582473


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Festkörperprobleme: Band 1 Wiesbaden und Bad Pyrmont, 1961 [Reprint 2021 ed.]
 9783112582480, 9783112582473

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FESTKÖRPERPROBLEME BAND I

Festkörperprobleme BAND I zugleich Halbleiterprobleme Band VII in Referaten des Halbleiterausschusses und der Arbeitsgemeinschaft Metallphysik des Verbandes Deutscher Physikalischer Gesellschaften Wiesbaden und Bad Pyrmont 1961

Herausgegeben von Prof. Dr. Fritz Sauter, Köln

Mit 226 Abbildungen

AKADEMIE-VERLAG 1962

• BERLIN

Lizenzausgabe mit Genehmigung des Verlages Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig Alle Rechte vorbehalten © 1962 by Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig Satz u n d Druck: ACO DRUCK GMBH, Braunschweig Printed in Germany 202 . 100/521/63 • ES 18 B 6 u. B 7 Bestellnummer: 8020

Vorwort Die von Herrn Prof. Dr. V\I. Schottky begründete Buchreihe „Halbleiterprobleme" erscheint vom vorliegenden Band VII ab mit dem neuen Obertitel „Festkörperprobleme". Herausgeber und Verlag haben sich nach längerem Zögern zu dieser Änderung entschlossen, und zwar aus folgenden Gründen: Das Schwergewicht der Buchreihe wird zwar nach wie vor auf dem Gebiet der Halbleiterphysik liegen; doch ist dieses Teilgebiet der Festkörperphysik mit deren weiteren Problemkreisen in vielen Fragen so eng verknüpft, daß es nicht nur zweckmäßig, sondern geradezu dringend erforderlich erscheint, bereits im Titel dieser Buchreihe auf die vielen Brücken zu den übrigen Gebieten, so der Metallphysik, dem Magnetismus, der Physik der Isolatoren usf. hinzuweisen. Nach unserer Uberzeugung kann es nicht nur für die Forschung in der Halbleiterphysik überaus fruchtbar sein, wenn sich die Spezialisten auf diesem Gebiet hin und wieder mit allgemeineren Festkörperproblemen beschäftigen, sondern es dürfte auch so manchem Forscher auf einem anderen Sektor der Festkörperphysik Anregungen für seine eigene Arbeit bringen, wenn er sieht, daß sich die Halbleiterphysiker in vielen Spezialfragen mit im wesentlichen gleichen Problemen beschäftigen. Es wäre daher zu wünschen, daß die nunmehr inhaltlich erweiterte Buchreihe mithilft, dieses gegenseitige Verständnis und auch die Zusammenarbeit unter den Festkörperphysikern der verschiedenen Spezialgebiete zu vermehren und zu vertiefen. Der vorliegende Band ist daher bereits von diesem allgemeineren Gesichtspunkt aus redigiert worden. Er enthält die zusammenfassenden Vorträge, welche auf der gemeinsamen Tagung der Nordwestdeutschen Physikalischen Gesellschaft, des Halbleiterausschusses des Verbandes Deutscher Physikalischer Gesellschaften und der Arbeitsgemeinschaft Metallphysik im April 1961 in Bad Pyrmont gehalten wurden. Darüber hinaus sind in diesem Band mit freundlicher Genehmigung des Verbandes Deutscher Physikalischer Gesellschaften und des Physik-Verlages in Mosbach die beiden für die Halbleiterphysiker besonders interessanten Vorträge der Herren H. J. Vink und R. Cremmelmaier abgedruckt, die auf der Wiesbadener Herbsttagung 1960 des Verbandes gehalten wurden. Köln, im September 1962

F. Sauter

Inhaltsverzeichnis Seite

H. J. Vink, Wechselwirkungen zwischen Störstellen in Halbleitern R. Gremmelmaier,

Tunneldioden

1 20

K. W. Böer, Feld- und Strominhomogenitäten bei hohen elektrischen Belastungen in Isolatoren und Photoleitern

38

M. Cardona, Faraday Rotation in Semiconductors

72

H. G. Reik, Theoretische Untersuchungen zum Problem der heißen Elektronen in Halbleitern

89

K. J. Schmidt-Tiedemann,

Experimentelle Untersuchungen zum Problem der

heißen Elektronen in Halbleitern

122

F. Hund, Energiebänder und Eigenschaften der Metalle

175

G. M. Schwab, Halbleiter als Katalysatoren .

188

H. Bittel, Grundsätzliches über das Problem des Rauschens

202

H. P. Kleinknecht

223

und K. Seiler, Das Rauschen von Halbleitern

H. Neuert, Uber das Fluoreszenzabklingen einiger anorganischer Szintillatoren bei Anregung durch a-Teilchen, Protonen oder y-Strahlen (Elektronen) 239 H. Severin, Spinwellen und Spinresonanzen in ferrimagnetischen Oxyden . . 260 H. Eggert, Zur Beweglichkeit von Stromträgern in Halbleitern

274

W. Schottky, Relaxationszeiten höherer Ordnung in der elektronischen Transporttheorie

316

Inhaltsübersicht Halbleiterprobleme Band I bis VI

353

H. J. V I N K » )

Wechselwirkungen zwischen Störstellen in Halbleitern Mit 13 Abbildungen

Einleitung Das Studium der Wechselwirkungen zwischen Störstellen in Halbleitern und Isolatoren hat in den letzten zehn Jahren wesentliche Fortschritte gemacht. Die Grundlagen sind schon in den dreißiger Jahren von Schottky und Wagner gelegt worden. In einer Reihe von schönen Arbeiten [1 bis 8] entwickelten sie die thermodynamische Forderung, daß auch in reinem Material immer ein bestimmtes Maß von Unordnung, d. h. Störstellen, vorhanden sein muß, wiesen auf verschiedene Arten von Störstellen hin und entwickelten den mathematischen Apparat, mit dem die Thermodynamik der Störstellenbildung und deren Wechselwirkung beschrieben werden können. Zu gleicher Zeit wurde vor allem von Wagner und seinen Mitarbeitern [9 bis 11] mit Erfolg versucht, die theoretischen Gedankengänge experimentell zu belegen und zu bestätigen. In den letzten zehn Jahren ist es gelungen, dieses Programm auf breitem Gebiet durchzuführen. Dies mag wohl wesentlich daran gelegen haben, daß erst in der letzten Zeit genügend verfeinerte chemische Präparationstechniken und physikalische Untersuchungsmethoden zur Verfügung standen, um ausschlaggebende Versuche durchführen zu können. Eines der Ergebnisse der Überlegungen von Schottky und Wagner war der Befund, daß die Wechselwirkungen zwischen Störstellen als Reaktionen gedeutet werden können, auf welche, im Gleichgewicht, das Massenwirkungsgesetz (entweder mit Konzentrationen oder mit Aktivitäten geschrieben) vielfach mit Nutzen angewendet werden kann. Es ist das Ziel dieses Vortrages, aus dem breiten Gebiete der Physik der Halbleiter und Isolatoren einige besonders ansprechende Beispiele anzuführen, um dieses Ergebnis zu erläutern. Die Störstellen, die hierbei in Betracht gezogen werden, kann man in zwei Arten einteilen, nämlich Fremdstörstellen und Eigenstörstellen. Fremdstörstellen sind Fremdatome auf Gitterplätzen und auch Fremdatome auf Zwischengitterplätzen. Als Eigenstörstellen werden betrachtet: Leerstellen, Eigenatome auf Zwischengitterplätzen, Eigenatome auf ihnen nicht zugehörigen Gitterplätzen und, in einem etwas erweiterten Sinne, quasifreie Elektronen und quasifreie Defektelektronen. *) Philips' Forschungslaboratorium, N. V. Philips' Gloeilampenfabrieken, Eindhoven, Niederlande. 1 Festkörper I

2

H.J.Vink

Diese Störstellen werden mit der von Kröger und Vink [12,13,14] eingeführten Nomenklatur 1 ) bezeichnet werden. In einer Verbindung AB mit Fremdatomen F werden die möglichen Störstellen mit Hilfe dieser Nomenklatur folgendermaßen bezeichnet: a) Fremdstörstellen. F auf Gitterplätzen: FA (oder FB); F auf Zwischengitterplätzen: FI. b) Eigenstörstellen. Leerstellen: VA und VR (V = vacancy); Eigenatome auf Zwischengitterplätzen: A, und BI, Eigenatome auf ihnen nicht zugehörigen Gitterplätzen: AB und BA ; freie Elektronen bzw. Defektelektronen: E bzw. h' (h = „hole", ' = effektive negative, ' = positive Elementarladung). Der Einfachheit halber wollen wir mit Beispielen anfangen, wo nur eine feste Phase anwesend ist und die Anzahl der verschiedenen Atome konstant ist. Im zweiten Teil werden Systeme betrachtet, die aus zwei miteinander im Gleichgewicht sich befindenden Phasen bestehen, und wo deshalb, wenn man die feste Phase betrachtet, die Anzahl der verschiedenen Atome während der in Betracht genommenen Reaktionen nicht konstant zu sein braucht. Es können dann Übergänge von Atomen zwischen den Phasen auftreten, und wenn die Menge der zweiten Phase gegenüber der der festen Phase groß genug ist, so kann man sagen, daß während der Reaktion das thermodynamische Potential dieser Atomarten von der Zusammensetzung dieser zweiten Phase bestimmt wird. 1. Eine feste Phase Wir werden in diesem Teil also einige Beispiele von Wechselwirkungen anführen, wo die Anzahl der verschiedenen Atome konstant ist, d. h. die Atome und Fremdatome der betrachteten festen Phase können nicht in eine andere Phase übertreten. Es ist zweckmäßig, zwischen zwei prinzipiell verschiedenen Fällen zu unterscheiden. Im Kapitel 1.1 werden Wechselwirkungen betrachtet, wo keine Reaktion mit der Muttersubstanz auftritt, während im Kapitel 1.2 auch diese Reaktionen einbezogen werden. 1.1 Keine Reaktion mit der Muttersubstanz: Hier liegen die Dinge wohl am einfachsten, weil hier die Wechselwirkungen nur durch einfache Assoziationsreaktionen beschrieben werden können: St + S 2 ^ (S t S 2 ) (1) wobei, ganz allgemein, S j und S 2 Störstellen bedeuten und (Sj S 2 ) deren Assoziat. Eine Schwierigkeit hat man aber, die Frage nämlich, wann man zwei sich dicht nebeneinander befindende Störstellen als ein Assoziat betrachten muß und wann als frei. Dieselbe Schwierigkeit hat man in der Theorie der wäßrigen Lösungen/nur ist unser Fall dadurch anders, daß die Störstellen im Festkörper nur bestimmte kristallographisch bedingte Plätze einnehmen können. Nun hat Reiss [16, 17] aber gezeigt, daß die ursprünglich für Ionen in wäßriger Lösung entwickelten Gedankengänge von Bjerrum [18] und Fwoss [19] sich recht gut !) Die Störstellen werden in dieser Nomenklatur mit Hilfe einfacher „Strukturelemente" bezeichnet. Man kann allgemein beweisen, daß für Reaktionen in Festkörpern das Massenwirkungsgesetz völlig anwendbar ist, auch wenn dabei von den Konzentrationen (oder Aktivitäten) dieser Strukturelemente Gebrauch gemacht wird [15],

Wechselwirkungen zwischen Störstellen in Halbleitern

3

auf den Fall anwenden lassen, wo und S 2 effektiv entgegengesetzt geladene Störstellen in Festkörpern vorstellen. Unter Assoziat (St S 2 ) hat man dann jedes Störstellen-Paar St, S 2 zu verstehen, das sich innerhalb eines gewissen Abstandes von ungefähr 20 Ängström befindet (siehe auch [20] und [21]). Mit dieser Definition vom Assoziat läßt sich dann das Massenwirkungsgesetz auf Gleichung 1 anwenden:

wo [ ] die Konzentration der betreffenden Störstelle bezeichnet. Es wird klar sein, daß man in Festkörpern unter der so verstandenen Konzentration von Assoziaten meist die Konzentration von erstnächsten Nachbarn zusammen mit der von zweitnächsten Nachbarn zu verstehen hat. Aus der Gleichung (2) folgt, daß die Konzentration von Assoziaten bei gleicher Temperatur mit steigender Konzentration von Störstellen zunehmen und im allgemeinen bei gleicher Konzentration mit steigender Temperatur abnehmen wird. In den nächsten Paragraphen wird dies an Beispielen illustriert werden. In 1.1.1 werden zwei Beispiele von Wechselwirkungen zwischen Fremdstörstellen gegeben, und in 1.1.2 wird ein Beispiel von einer Assoziation zwischen einer Fremdstörstelle und einer Eigenstörstelle angeführt werden. Es soll nur die Rede sein von Wechselwirkung zwischen zwei effektiv entgegengesetzt geladenen Störstellen. Beispiele von Assoziation zwischen zwei neutralen Störstellen werden hier nicht angeführt werden [43, 44]. 1.1.1 Wechselwirkung zwischen zwei effektiv entgegengesetzt geladenen Fremdstörstellen: Ein Beispiel dafür, daß bei steigender Konzentration die Assoziation zunimmt, gibt Abb. 1.

2.6

2.8 3.0 3.2 Photonenenergie in ev.

3.4

Abb. 1. Das Fluoreszenzspektrum von ZnS mit äquimolaren Mengen von Ag und Sc in Abhängigkeit von ihrer Konzentration. Die Molenbrüdie sind: ä) 1 0 - 6 ; b) 10~ 4 ; c) 3 * 1 0 - ' ; d) 1 0 - s ; e) 3 • 1 0 - 3 . Bei 2,8 eV Fluoreszenz der freien Silberzentren; bei 1,8 bis 2,3 eV die der Assoziaten

Wie daraus ersichtlich, konnten van Gool [22] und Mitarbeiter zeigen, daß die Fluoreszenz, verursacht durch die Assoziaten (Ag'zn Sc'zn) (bei 1,8 bis 2,3 eV), gegenüber der, verursacht durch freie Silberzentren Ag'zn (bei 2,8 eV), bei steigender gleicher Konzentration der Ag'zn- und Sc'zn-Zentren zunimmt. Man sieht auch deutlich, daß die Fluoreszenz der Assoziate (1,8 bis 2,3 eV) aus mindestens zwei Teilbändern aufgebaut ist: ein Hinweis darauf, daß verschiedene Arten von Störstellenpaaren angenommen werden müssen. Die Assoziation wird mit der Temperatur abnehmen. Ein schönes Beispiel dafür haben i*

4

H. J.Vink

Reiss, Füller und Morin [17] gegeben. Wie bekannt, wird die Beweglichkeit von Ladungsträgern durch geladene Störstellen erniedrigt. Ein Störstellenassoziat aber ist elektrisch neutral und wird darum die Beweglichkeit viel weniger beeinträchtigen. In Germanium wird der geladene Akzeptor Ga'Ge die Beweglichkeit erniedrigen, ebenso der geladene Donator Li';, nicht aber das neutrale Assoziat (Ga'ße Li'j). Vergleicht man nun die Beweglichkeit von Defektelektronen in Germanium, das eine Akzeptorkonzentration von NA enthält, mit der von Germanium mit NA Akzeptoren plus NP Donatoren (NA > NP), so wird die letztere bei höheren Temperaturen (also keine Paarbildung) klein sein verglichen mit der ersteren, aber bei niedrigeren Temperaturen (Paarbildung!) größer sein können. Bei einer gewissen Temperatur wird die Beweglichkeit in den beiden Probestückchen gleich groß sein. Wenn man die Konzentration der Störstellenpaare bei dieser Temperatur Np nennt, so hat man bei dieser Temperatur NA

Abb. 2.

=

NA

+ Np - 2 NP

(3)

Die Beweglichkeit von Defektelektronen in Germanium in Abhängigkeit von der Temperatur a und a' sind die Kurven für Germanium, das nur Akzeptoren enthält: Na = 3 • 1 0 " cm- 3 , bzw. Na= 9-1015

b und !>' sind die Kurven für Germanium, das bei denselben Konzentrationen an Akzeptoren auch noch Donatoren enthält: N , = 3 • 1 0 " , N r , = 2,8 • 1 0 " , bzw. N . = 9 • 10 l s , Nn = 6 • 10 1 5 A D A D

Abb. 2 gibt zwei Beispiele. Das eine zeigt den Fall NA = [Ga'Ge] = 9 • 1 0 l s cm - 3 und Nu = [Li'»] = 6 • 10 15 cm - 3 und das andere den Fall NA = [Ga'Ge] = 3 • 1017 cm-3

und

ND

=

[Li'j] =

2,8 • 1017

cm"3.

1.1.2 Wechselwirkung zwischen effektiv geladenen Fremdstörstellen und effektiv entgegengesetzt geladenen Eigenstörstellen: In den beiden Beispielen der in 1.1.1 behandelten Fälle waren die assoziierenden Störstellen Fremdstörstellen. Es gibt

Wechselwirkungen zwischen Störstellen in Halbleitern

5

auch viele Fälle, wo eine der assoziierenden Störstellen eine Eigenstörstelle, z. B. eine Leerstelle ist. Systeme von Alkalihalogeniden oder Silberhalogeniden mit eingebauten zweiwertigen Metallionen, die, bei genügender Konzentration dieser Fremdionen, die gleiche Konzentration an Metallionen-Leerstellen besitzen, sind in dieser Hinsicht vielfach untersucht worden. Meistens hat man Ionenleitfähigkeit, Ionendiffusion und dielektrische Verluste an diesen Systemen studiert [23], Auf diese Weise hat man bei nicht zu hohen Temperaturen oft erhebliche Assoziation feststellen können. Sehr interessant sind die Untersuchungen von Watkins [24] über die Elektronenspinresonanz in Alkalihalogeniden mit Mn 2 + . Unter geeigneten Versuchsbedingungen (wovon im Paragraph 2.2.2 noch die Rede sein wird) kann ein zweiwertiges Ion wie M n 2 + in einem Gitter wie NaCl auf Na + -Plätzen (Mn'xa) unter gleichzeitiger Bildung einer fast gleichen Konzentration von Na + -Leerstellen V'Na eingebaut werden. Die zwei in dieser Weise gebildeten Störstellen können Assoziate bilden: Mn'Na + V'xa ^ (Mn'Na V'Na)

(4)

Abb. 3 zeigt das Spektrum von NaCl-Mn als Funktion der Temperatur.

Abb. 3.

Das Spektrum der Elektronenspinresonanz in NaCl-Mn in Abhängigkeit von der Temperatur

6500 Abb. 4.

7000

7500

Magnetische Feldstärke in Gauss

8000

^

Das Spektrum der Elektronenspinresonanz von NaCl-Mn vom gleichen Typus wie in Abb. 3a nach Absdirecken gemessen bei Zimmertemperatur, mit gesteigerter Empfindlichkeit

Abb. 4 zeigt das Spektrum bei 175 ° C in vergrößertem Maßstab. Watkins konnte überzeugend zeigen, daß hier die Spektren von drei Arten von M n 2 + Ionen anwesend waren. Die sechs zentralen Linien, deren integrierte Intensität mit der Temperatur stark zunimmt, werden von dem freien Mn 2 + -Ion, das ist die freie Mn'Na-Störstelle, verursacht. Der Rest des Spektrums, dessen Intensi-

6

H. J.Vink

tat mit der Temperatur abnimmt, wird verursacht von zwei (Mn-Na V'Na) Assoziaten: das eine, 11^, von erstnächsten Nachbarn und das andere, I I I 2 , von zweitnächsten Nachbarn. 1.2 Reaktion mit der Muttersubstanz: In den bisher behandelten Beispielen bedingten die Umstände, daß außer der von der Assoziationsreaktion (1) beschriebenen Wechselwirkung keine andere möglich war. Reaktionen zwischen Störstellen und dem Gitter unter Erzeugung oder Vernichtung von Eigenstörstellen waren offenbar entweder vernachlässigbar oder eingefroren. Doch gibt es solche Wechselwirkungen vielfach. Im Paragraph 1.2.1 werden wir ein Beispiel von einer Reaktion zwischen Störstellen und Muttersubstanz durch die atomare Unordnung anführen, in 1.2.2 ein Beispiel solcher Reaktionen durch die elektronische Unordnung und schließlich in 1.2.3 ein Beispiel, wo atomare und elektronische Unordnung zusammen in Betracht gezogen werden müssen. 1.2.1 Wechselwirkung von Fremdstörstellen mit der Muttersubstanz durch atomare Unordnung: Ein schönes Beispiel hierfür geben die Untersuchungen von Koch und Wagner [11], Stasiw und Teltow [25], Teltow [26] und Kurnick [27] über Silberhalogenide mit zweiwertigen Metallionen, wie AgBr mit Cd 2 + -Ionen. Unter Einfluß der Temperaturbewegung herrscht in jedem Gitter eine sogenannte atomare Unordnung. In AgBr, bei nicht zu hohen Temperaturen, kann man diese Unordnung beschreiben als eine Reaktion Ag A g + VI ^ V' A G + Ag,-

(5)

in dynamischem Gleichgewicht, das heißt, in AgBr sind als Folge der von der Temperaturbewegung verursachten atomaren Unordnung immer Silberleerstellen und Silberionen auf Zwischengitterplätzen anwesend. Es sind diese Störstellen, die dem reinen AgBr seine Ionenleitfähigkeit verleihen, weil sie beide im elektrischen Felde beweglich sind. Die Zwischengitterionen A g j e d o c h sind beweglicher als die Silberionleerstellen V'Ag. Infolge Reaktion (5) werden die entgegengesetzt geladenen Störstellen in Paaren gebildet, so daß die Bedingung der Elektroneutralität [Ag",-] = [V'a k ] im reinen AgBr automatisch gewährleistet ist. Anwendung des Massenwirkungsgesetzes auf (5) gibt für die Konzentrationen [V'a k ] [Ag,-] = K(T)

(6)

Wenn nun ein zweiwertiges Ion wie Cd 2 + in einem Gitter wie AgBr unter gleichzeitiger Bildung einer fast gleichen Konzentration von Ag-Leerstellen (siehe 2.2.2) eingebaut ist, so bleibt die Gleichung (6) noch gültig, die Bedingung der Elektroneutralität lautet dann aber [Cd" A g] + [Ag\] = [ V ' a b ]

(7)

Wenn die Konzentration [Cd*Ag] niedrig genug ist, kann eine mögliche Bildung von Assoziaten (Cd' A g V'Ag) außer Betracht bleiben. Hier müssen wir aber bei der betreffenden Temperatur die Reaktion (5) d. h. die Gleichung (6) mit in Betracht ziehen, was unnötig war für die in 1.1 behandelten Substanzen. Wegen (6) und (7) wird in Gegenwart von Cd'Aer die Konzentration der beweglichen Ag"; gegenüber der im reinen AgBr erniedrigt sein. Wenn also, für eine bestimmte Temperatur, die Cd°Ag-Konzentration nicht zu hoch ist, verglichen mit der atomaren Unordnung im reinen AgBr, so wird die Leitfähigkeit des Silberbromids, das Cd enthält, niedriger sein als die des reinen AgBr. Da aber wegen (6)

Wechselwirkungen zwischen Störstellen in Halbleitern

7

die atomare Unordnung bei zunehmender Temperatur steigt, wird diese relative Leitfähigkeitserniedrigung bei zunehmender Temperatur geringer werden, wie dies auch experimentell festgestellt ist (Abb. 5). Da wir hier nur relativ geringe Cd*Ag-Konzentrationen betrachten, interessieren in dieser Abbildung nur die Kurventeile links von den jeweiligen Minima.

0

0,1

0,2 Cd Brin

Abb. 5.

Mol %

Die Isothermen der Ionenleitfähigkeit von AgBr-Cd, bezogen auf die von reinem AgBr, in Abhängigkeit von der Temperatur bei verschiedenem Gehalt von Cd

1.2.2 Wechselwirkung durch elektronische Unordnung: Wegen der Temperaturbewegung hat man in einem Gitter nicht nur atomare Unordnung sondern auch elektronische. Sie kann wieder beschrieben werden durch eine sich im dynamischen Gleichgewicht befindliche Reaktion: 0 ^ h' + e

(8)

bei der die unter Einfluß der Temperaturbewegung stattfindende Generation und Rekombination von quasi-freien Elektronen und Defektelektronen erfolgt. In vielen Fällen ist auch für diese Reaktion die Anwendung des Massenwirkungsgesetzes, mit Konzentrationen geschrieben, erlaubt, und man erhält: n-p = Ki

(9)

wo wir üblicherweise mit n und p die Konzentrationen von freien Elektronen bzw. Defektelektronen bezeichnen. Wie bekannt, können auch Störstellen Anlaß für Erzeugung oder Einfang von freien Elektronen oder Defektelektronen geben. Für einen Donator (D) zum Beispiel hat man: D^D' + e Audi hier ist oft die Anwendung des Massen Wirkungsgesetzes erlaubt:

(10)

8

H. J.Vink

.Die Beziehungen (9) und (11) zusammen mit der Bedingung der Elektroneutralität [D-] + p = n

(12)

und der Forderung der Konstanz der gesamten Donatoren-Konzentration: [D] + [ D ] = K

(13)

beschreiben die Wechselwirkung der Störstellen mit dem Gitter durch die elektronische Unordnung. Diese Art von Wechselwirkung dürfte so bekannt sein, daß es sich erübrigt, Beispiele anzuführen. 1.2.3 Wechselwirkung durch atomare und elektronische Unordnung. In vielen Fällen kann man entweder (wie in 1.2.1) die elektronische Unordnung oder (wie in 1.2.2) die atomare Unordnung neben den anderen Reaktionen vernachlässigen. Dies braucht aber nicht immer der Fall zu sein. Im Kapitel 2.2 werden wir Beispiele zeigen, bei denen die Beachtung beider Arten von Unordnung unumgänglich ist. Aber auch jetzt können wir ein Beispiel anführen. Germanium hat als Folge der Temperaturbewegung bei jeder Temperatur eine bestimmte Konzentration von Germanium-Leerstellen: [Vee] = K(T)

(14)

Eine solche Leerstelle ist aber ein Akzeptor, und man hat somit:

V a e ^ V o e + ff

(15)

[V'Ge]-p = K ¿ [ V G e ] = K B (16) Die Konzentrationen von Ve e und V'oe sind aber meistens so klein, verglichen mit den in Betracht kommenden Konzentrationen der üblichen Donatoren, Akzeptoren, Elektronen und Defektelektronen, daß man sie für viele Betrachtungen vollkommen vernachlässigen kann. Dies ist aber nicht mehr so, wenn man Experimente macht, bei denen die Größen von [V'Ge] und [Vqc] von wesentlicher Bedeutung sind. Ein solches Experiment ist die Messung der Selbstdiffusion in Germanium. Die Selbstdiffusion nämlich wird linear abhängig sein von der Gesamtkonzentration der Leerstellen: [VGe] + [V'Ge]. [VGe] ist, wie gesagt, konstant. Aus (9) und (16) findet man aber: [V'Ge] = ~

[VGe] n

(17)

Das heißt, bei einer bestimmten Temperatur (also bei einem bestimmten Wert von [VGe]) hängt [V'Ge] linear von der Konzentration der Elektronen ab. Durch Hinzugabe von Donatoren wird die Konzentration von V'Ge gegenüber der bei undotiertem Germanium erhöht und durch Hinzugabe von Akzeptoren erniedrigt. Wenn das Akzeptorniveau von VGe sehr dicht bei dem Valenzband liegt, wird bei den in Betracht kommenden Temperaturen immer [VGe] ^ [V'Ge] und man hat für den Koeffizienten (D) der Selbstdiffusion gegenüber dem von undotiertem Germanium (Di): D/Di & n/m (18) in sehr guter Annäherung.

Wechselwirkungen zwischen Störstellen in Halbleitern

9

Das heißt, es ist zu erwarten, daß der Koeffizient der Selbstdiffusion größer ist in schwer n-dotiertem Germanium und kleiner in schwer p-dotiertem [28]. Valenta und Ramasastry [29] haben diese Erwartung bestätigen können, wie in Abb. 6 gezeigt wird. T in

Abb. 6.

»C

Der Selbstdiffusionskoeffizient von Germanium in Abhängigkeit von der Temperatur a) reines Germanium; b) n-Germanium (.V^ = 6 • 1018 c m - 3 ) ; c) bzw. ä) p-Germanium ( N ^ = 5 - 1 0 1 9 bzw. 1 • 10ao c m - 3 ) .

2. Gleichgewicht zwisdten einer festen Phase und anderen Phasen Im ersten Teil haben wir Systeme behandelt, in denen die Anzahl der Eigenatome der festen Phase und die der Fremdstörstellen konstant blieb. Infolge der Wechselwirkungen der Störstellen untereinander und infolge der Reaktionen mit dem Gitter konnten wohl die Anzahl von Eigenstörstellen aller Art, die Anzahl der unassoziierten, freien Fremdstörstellen und die Anzahl der Assoziaten sich ändern, nicht aber die Gesamtanzahl der Atome. Etwas verwickelter werden die Umstände, wenn man diese Beschränkung ganz oder teilweise aufhebt. In vielen Fällen ist nämlich nicht die Anzahl der Eigenatome der festen Phase und/oder der Fremdatome gegeben, sondern deren thermodynamische Potentiale. Diese thermodynamischen Potentiale werden dann mittels der Konzentrationen der Fremdatome und/oder der Eigenatome in einer (meist flüssigen oder gasförmigen) zweiten Phase festgelegt, womit sich die Fremdatome und/oder die Eigenatome der in Betracht gezogenen festen Phase im Gleichgewicht befinden. Im allgemeinen kann man sagen, daß in diesem Falle zu den schon im vorigen Teil behandelten Wechselwirkungsreaktionen diejenigen Reaktionen hinzukommen, die den Übergang der betreffenden Atomart von der einen Phase in die andere beschreiben.

H.J.Vink

10

Die aus diesen Reaktionen abzuleitenden Beziehungen treten dann an die Stelle der Gleichungen, die die Konstanz der Anzahl der betreifenden Atomart fordern. Am einfachsten liegen hier die Verhältnisse bei monoatomarer fester Phase. Hiervon wird in Kapitel 2.1 die Rede sein. Die verwickeiteren Fälle, die bei festen Verbindungen auftreten, werden in 2.2 besprochen werden. 2.1 Die feste Phase ist ein Element; das thermodynamische Potential der Fremdatome wird von der Zusammensetzung einer zweiten Phase bestimmt: Ein gutes Beispiel sind hier die Untersuchungen von Reiss und Füller [30], Diese Autoren untersuchten die Löslichkeit des Lithium in festes Silizium aus einer Lösung von Li in flüssigem Zinn von konstanter Li-Konzentration in Abhängigkeit der Akzeptorkonzentration im Silizium. Li im Silizium ist auf Zwischengitterplätzen anwesend (Li¡) und bildet einen Donator. Für den Übergang von Li aus dem flüssigen Zinn in das Silizium hat man: Li(Zinn) ^

Lij

(19)

Das heißt, man hat das Nernstsche Verteilungsgesetz: [Li;] = K, [Lizinn] = K2

(20)

Im Silizium hat man weiter: Li; ^ Li", + e

(21)

oder n • [Li ;] = K3 [Lij] = K 4

(22)

Ferner hat man n-p=Ki

(23)

Wenn man also durch Hinzufügung von Akzeptoren an das Silizium die Konzentration (p) der Defektelektronen erhöht, d. h. die Konzentration (n) der freien Elektronen erniedrigt, so wird wegen (22) die Konzentration von Li'¿ erhöht und damit die Löslichkeit des Lithiums ([Li¡] + [Li',]). Die Forderung der Elektroneutralität: [Li'i] + p =

[A']

+

n

(24)

wo [Ä] die Konzentration der hinzugefügten Akzeptoren ist, kann man, wegen (22) und (23), auch schreiben als: [Li'i] + K,/Kt • [Li';] = [A'] + K4/[U\]

(25)

Das heißt, für kleine Akzeptorkonzentrationen ([A'] < VK¡ + ÍC4) ist die totale Li-Konzentration (wegen [Li"¿] > [Lij]) unabhängig von der Akzeptorkonzentration und gleich JC4/ VKj + K 4 , aber für große Akzeptorkonzentrationen ([/T] > VK¡ + K 4 ) ist die totale Li-Konzentration proportional der Akzeptorkonzentration [Li'j] = K4 [A'~\l(Ki + K4); eine Erwartung, die experimentell bestätigt werden konnte (Abb. 7). Bei diesen Experimenten fand die Wechselwirkung zwischen den Akzeptoren und den aus der Zinnlösung kommenden Li-Atomen über die elektronische Fehlordnung des Siliziums statt. Eine unmittelbare Wechselwirkung durch Bildung von Assoziaten konnte in diesem Falle wegen der hohen Temperaturen und niedrigen Konzentrationen vernachlässigt werden. Anzeichen dafür hat man bei

Wechselwirkungen zwischen Störstellen in Halbleitern

11

dergleichen Untersuchungen mit Germanium bei niedrigeren Temperaturen gefunden [31]. Wegen ihrer relativ geringen Konzentration kann auch die Mitwirkung von atomarer Fehlordnung in diesem Falle unberücksichtigt bleiben.

f §

8 10 Q.

c •¡5? 'o

10

Abb. 7.

Die Löslichkeit von Li in Silizium aus einer 0.18 °/o Li-Lösung in Zinn bei verschiedenen Temperaturen in Abhängigkeit vom Akzeptorgehalt im Silizium a) 249 °C; b) 310 °C; c) 404 "C

In diesem Beispiel wurde nur das thermodynamische Potential der Fremdatome mittels der Zusammensetzung einer zweiten Phase bestimmt. Das Silizium selbst konnte nicht mit der zweiten (flüssigen) Phase in Wechselwirkung treten. In den Systemen aber, wo z. B. flüssiges Germanium mit einer bestimmten Konzentration an Fremdatomen sich im Gleichgewicht befindet mit festem Germanium mit einer anderen Konzentration an Fremdatomen, kann auch das Germanium von der einen Phase in die andere übertreten. Dies bedeutet, daß in diesen Systemen mit der Konzentration der Fremdatome in der flüssigen Phase auch das thermodynamische Potential des Germaniums in beiden Phasen gegeben ist. Viele Systeme dieser Art mit Germanium oder Silizium sind untersucht worden [45,46]. Beispiele solcher Systeme sollen hier aber der Kürze wegen nicht angeführt werden. 2.2 Die feste Phase ist eine Verbindung AB: Das Interessante an diesem Fall ist der Umstand, daß bei einer Verbindung AB das thermodynamische Potential der A- und B-Atome, auch bei Abwesenheit von Fremdatomen, durch die vorgegebene Zusammensetzung von anderen, damit im Gleichgewicht stehenden Phasen festgelegt werden kann. Genau wie in 2.1 kann natürlich auch das thermodynamische Potential von Fremdatomen durch die Zusammensetzung der anderen Phase bestimmt werden. Der Einfachheit halber werden wir jedoch nur die Fälle betrachten, bei denen nur die Eigenatome A und B der festen Verbindung mit einer (gasförmigen) anderen Phase in Wechselwirkung stehen, nicht aber die Fremdatome, deren Konzentration also während der Reaktionen konstant sein soll. In 2.2.1 wird diese konstante Konzentration gleich null angenommen

12

H. J.Vink

werden, d. h. dort wird an einem einfachen Beispiel gezeigt werden, wie sich eine Abweichung der Stöchiometrie in einer reinen Verbindung AB auswirkt. In 2.2.2 dagegen, wo die konstante Konzentration von Fremdatomen nicht mehr gleich null angenommen werden soll, wird gezeigt werden, daß, in Abhängigkeit der thermodynamischen Potentiale der Atome der Muttersubstanz, die Fremdatome auf verschiedene Weise eingebaut werden können. In 2.2.3 schließlich wird kurz darauf eingegangen, was geschieht, wenn sich bei festgelegten thermodynamischen Potentialen der Eigenatome die Konzentration der nicht mit einer anderen Phase wechselwirkenden Fremdatome ändert. Assoziationen werden im folgenden nicht mehr in Betracht genommen werden. Siehe aber [13, 40]. 2.2.1 Das thermodynamische Potential der Eigenatome der festen Verbindung ist durch die Zusammensetzung einer zweiten gasförmigen Phase bestimmt. Die Konzentration der Fremdatome ist gleich null: Nehmen wir als zweite mit der festen Verbindung AB im Gleichgewicht stehende Phase die Gasphase, in welcher, denken wir zum Beispiel an KCl oder PbS, die Atome A und die Molekeln ß 2 anwesend sind. Ihre Partialdrücke PA und P NT sind im Gleichgewicht voneinander abhängig, und zwar gilt wegen der Reaktion: ABfest ^ ABKas ^ Agas + — B2 gas Pa-PBI = K d

(26) (27)

Das heißt, wenn das thermodynamische Potential der A-Atome durch PA gegeben ist, liegt das thermodynamische Potential der B-Atome fest. Die Wechselwirkung der A-Atome zwischen den beiden Phasen wird beschrieben durch Agas - AA + V B

(28)

d. h.: [Vb] = KTPA

= KRKDPß1,1'

(29)

Die Wechselwirkung der B-Atome zwischen den beiden Phasen wird dargestellt durch: \b

2

^s^B

b

+ VA

(30)

d. h. [VA] = K0,PB]

(31)

Nicht nur in der Gasphase sind die beiden Wechselwirkungen (28) und (30) miteinander verbunden wegen' (27), sondern auch in der festen Phase und dies wegen der atomaren Fehlordnung. Wegen der Schottky-Fehlordnung gilt nämlich immer [VA] • [VB] = Ks

(32)

Wenn A ein Metallatom darstellt, ist VA meistens ein Akzeptor: VA ^ V'A + K

(33)

13

Wechselwirkungen zwischen Störstellen in Halbleitern

VB ist dann meistens ein Donator: V

VB

b

(35)

+ e

d. h. n

[VB]

=

[VB]

(36)

KD

Zu gleicher Zeit hat man aber auch die elektronische Unordnung vom Kristall selbst: n-p

(37)

= Ki

Zusammen mit der Bedingung der Elektroneutralität: [Vi]+» = [Va+p

(38)

kann man mit Hilfe dieser Beziehungen die Konzentration aller Eigenstörstellen als Funktion von K0XP Bz berechnen, wenn die Werte Ks, KA, KD und Ki für die betreffende Temperatur bekannt sind. Für einen solchen bestimmten Satz von Werten von Ks, KA, KD und K, gibt Abb. 8 eine angenäherte [32] Lösung. Links, bei niedrigen B 2 -Drücken, wird ein Überschuß von /l-Atomen in den Kristall eingebaut zusammen mit Leerstellen VB, die hier infolge des gewählten Wertes von KD zum größten Teil in V'B und E dissoziiert sind, aber auch (bei anderen Werten von KD) nur in sehr geringem Maße dissoziiert zu sein brauchen.

V e'

,

fi•

\ 1 / N?i Y /

/ I V

yf ^A-Öberschuß n - Typus

/

yr

B-Überschuß p-Typus I°9KOX PB R

zu dieser Gleichstrombedingung die weitere Bedingung erfüllt sein, daß der Realteil des Wechselstromwiderstandes, der parallel zu der Diode liegt, größer sein muß als der Betrag des negativen Widerstandes der Diode, d. h. der Realteil des Gesamtwechselstromwiderstandes des Kreises muß negativ sein, damit Schwingungen auftreten können. Diese Bedingung läßt sich im allgemeinen leicht realisieren. Für die Verstärkung muß umgekehrt der Realteil des Gesamtwechselstromkreises positiv sein. Wenn der negative Widerstand sehr klein ist, läßt sich diese Bedingung nur sehr schwer erfüllen, denn für die Induktivität L, die in Serie zu der Tunneldiode liegt, bedeutet das L C RN RS, SO setzen Schwingungen ein. Damit hängt zusammen, daß es praktisch unmöglich ist, den negativen Teil der Kennlinie zu messen, sobald der negative Widerstand sehr klein ist. Die kleinen Zuleitungsinduktivitäten genügen dann vollkommen, um Schwingungen hervorzurufen. Eine wichtige Größe ist die Grenzfrequenz, bis zu der die Tunneldiode arbeiten kann. Diese Grenzfrequenz wird durch den negativen Widerstand RN, durch die Sperrschichtkapazität C und den unvermeidlichen Serienwiderstand Rs bestimmt, der sich aus dem Widerstand des Halbleitermaterials und dem Kontaktwiderstand zusammensetzt. Es ist

3*

36

R. Gremmelmaier

Die Grenzfrequenz ist also um so höher, je kleiner RNC und Rs sind. RNC ist weitgehend unabhängig von der Fläche des p-n-Überganges, weil — homogene p-n-Überzüge vorausgesetzt — C proportional und RN umgekehrt proportional der Fläche sind, während R n / R S mit abnehmender Fläche größer wird. Für die höchsten Frequenzen sind daher Tunneldioden mit sehr kleinen Flächen erforderlich. Die Größe von RnC wird hauptsächlich von der Tunnelwahrscheinlichkeit bestimmt, d. h. RNC ist um so größer, je höher die Dotierung und je kleiner effektive Masse und verbotene Zone sind. Bei guten Tunneldioden aus Germanium oder GaAs liegt die Grenzfrequenz zur Zeit im Bereich von mehreren GHz. Die Tunneldiode läßt sich auch als bistabiles Element verwenden, wenn der Ohmsche Außenwiderstand größer als der Betrag des negativen Widerstandes ist (Abb. 10). Die Schaltzeiten sind dabei ebenfalls sehr kurz, entsprechend der hohen Frequenzgrenze der Diode. Für die Anwendung der Tunneldiode zeichnen sich verschiedene Möglichkeiten ab: Als logisches Element in schnellen Rechenmaschinen, als Oszillator, Verstärker und Mixer bei hohen Frequenzen und auch als einfaches Bauelement für Schaltungen im Bereich niederer Frequenzen. Wie groß das Feld sein wird, das sich die Tunneldiode unter den Halbleiterbauelementen erobern wird, kann jedoch erst die Zukunft zeigen. Die Tunneldiode ist noch nicht ganz drei Jahre alt, und die Möglichkeiten ihrer Anwendung sind sicherlich noch lange nicht vollständig untersucht.

Literatur [1] L. Esaki, Phys. Rev. 109, 603 (1958). [2] Näheres zur Theorie des p-n-Überganges bei W . Shockley, Bell Syst. Techn. ]. 28, 435 (1949) und C. T. Sah, R. N. Noyce, W. Shockley, Proc. IRE 45, 1228 (1957). Ferner z. B. O. Madelung, Halbleiter, Handb. d. Phys. Band 20, Springer Verlag, Berlin 1957, und E. Spenke, Elektronische Halbleiter, Springer-Verlag, Berlin 1955. [3] K. G. McKay, Phys. Rev. 94, 877 (1954). [4] A. G. Chynoweth, K. G. McKay, Phys. Rev. 108, 29 (1957); V. S. Vavilov, J. Phys. Chem. Solids 8, 223 (1959); 7. Taue, J. Phys. Chem. Solids 8 , 2 1 9 (1959); W. Shockley, Vortrag auf der Internationalen Konferenz über Halbleiterphysik, Prag 1960. [5] A. G. Chynoweth, K. G. McKay, Phys. Rev. 106, 418 (1957). Ferner die neueren Arbeiten: A. G. Chynoweth, W . L. Feldmann, C. A. Lee, R.A.Logan, G.L.Pearson, P. Aigrain, Phys. Rev. 118, 425 (1960), und A. G. Chynoweth, R. A. Logan, Phys. Rev. 118, 1470 (1960). [6] C. Zener, Proc. Roy. Soc. (London), 145, 523 (1934). [7] YJ. Franz, Dielektrischer Durchschlag, Handb. d. Physik Band 17, Springer-Verlag, Berlin 1956. [8] E.O.Kane, J. Phys. Chem. Solids 12, 181 (1959). [9] I . V. Keldysh, JETP (USSR) 33, 994 (1957) und 34, 962 (1958). [10] N. Holonyak, I. A. Lesk, R. N. Hall, J. J. Tiemann und H. Ehrenreich, Phys. Rev. Letters 3, 167 (1959). [11] R. N. Hall, J. H. Racette, H. Ehrenreich, Phys. Rev. Letters 4, 456 (1960). [12] F. Herman, Physica 20, 801 (1954), und Proc. IRE 43, 1703 (1955). [13] S. L. Miller, M. I. Nathan, A. C. Smith, Phys. Rev. Letters 4, 60 (1960). [14] A. R. Calawa, R. H. Rediker, B. Lax und A. L. McWhorter, Phys. Rev. Letters 5, 55 (1960). [15] J. V. Morgan, E. O. Kane, Phys. Rev. Letters 3, 466 (1959). [16] A. G. Chynoweth, G. H. Wannier, R. A. Logan, D. E. Thomas, Phys. Rev. Letters 5, 57 (1960).

Tunneldioden

37

[17] G. H. Wannier, Elements of Solid State Theory, Cambridge University Press, New York 1959, S. 190 ff., und Phys. Rev. 117, 432 (1960). [18] W.Baltensperger, Phil. Mag. 44, 1355 (1953); P. Aigrin, Physica 20, 978 (1954). [19] F. Stern, J. R. Dixon, J. Appi. Phys. 30, 268 (1959). [20] 7- /• Pankove, Phys. Rev. Letters 4, 20 (1960); vgl. auch: J. I. Pankove, Phys. Rev. Letters 4, 454 (1960). [21] Electronics, May 6, 1960, Seite 32. [22] T. A. Longo, Bull. Am. Phys. Soc. 5, 160 (1960), und R. A. Logan, A. G. Chynoweth, Bull. Am. Phys. Soc. 5, 375 (1960). [23] 7. C. Marinace, IBM Journal 4, 280 (1960). [24] H.-7. Henkel, R. Gremmelmaier, Phys. Verhandlgn. 11, 45 (1960). [25] Literatur über die Anwendung von Tunneldioden, z. B.: H. S. Sommers, Proc. IRE 47, 1201 (1959); K. K.N.Chang, Proc. IRE 47, 1268 (1959); R.F.Rutz, IBM Journal 3, 372 (1959); I . Esaki, Y. Miyahara, Solid State Electronics 1, 13 (1960); R. A. Pucel, Solid State Electronics 1, 22 (1960); G. Kesel, A. Ottmann, H. N. Toussaint, NTZ 191 (1960); R. P. Murray, Electronics June 3, 82 (1960); W. F. Chow, Electronics June 24, 103 (1960); I. A. Lesk, H. A. Jensen. Solid State Electronics 1, 183 (1960).

K. W . B Ö E R * )

Feld- und Strominhomogenitäten bei hohen elektrischen Belastungen in Isolatoren und Photoleitern Mit 38 Abbildungen

1. Kurze Zusammenfassung Inhalt der im folgenden zu beschreibenden Untersuchungen ist der makroskopische Feld- und Stromverlauf im Innern eines festen Körpers. Dabei wird nicht eingegangen auf die in atomaren Dimensionen auftretenden Feldinhomogenitäten, verursacht durch den Aufbau der Materie aus elektrisch geladenen gittereigenen oder gitterfremden Elementarbausteinen. Der Feld- bzw. Stromverlauf wird mit einer neuen elektro-optischen bzw. elektro-thermo-optischen Methode an CdS-Einkristallen untersucht. Bekannte Inhomogenitäten, wie z. B. Randschichten und Stromkanäle im Durchschlagsgebiet werden mit dieser Methode bestätigt. Neu beobachtete Effekte, insbesondere plasmaähnliche Raumladungserscheinungen und kinetische Erscheinungen im Durchschlagsgebiet werden ausführlich diskutiert. Die Konsequenzen für den Mechanismus des elektrischen Durchschlags werden besprochen.

2. Einleitung Es ist eine Vielzahl technisch und physikalisch wichtiger und interessanter Erscheinungen bekannt, die wesentlich auf der Existenz von makroskopischen Inhomogenitäten im Feld- und Stromverlauf beruhen. Gleichrichter, Transistoren, Photoelemente seien einige Beispiele von Bauelementen, die diese Erscheinungen ausnutzen. Im Gegensatz dazu stören bei einer Reihe von physikalischen Untersuchungen solche Inhomogenitäten, und man versucht hier Bedingungen zu schaffen, unter denen diese Inhomogenitäten nicht auftreten können. Dies ist z. B. überall dort notwendig, wo man allein aus der geometrischen Form des Prüflings und der Elektrodenanordnung das elektrische Feld oder die Stromdichte bestimmt, so z. B. bei der Messung der Hall-Beweglichkeit, der elektrischen Durchbruchsfeldstärke und der elektrischen Leitfähigkeit. Hinsichtlich dieser so grundsätzlich wichtigen Erscheinungen war bislang die Methodik zur experimentellen Bestimmung eines makroskopischen Feld- oder Stromverlaufes noch in einem nicht immer befriedigenden Stadium. Es wurde daher der Versuch unternommen, eine neue experimentelle Methode zu ent*) IV. Physikalisches Institut der Humboldt-Universität und Physikalisch-Technisches Institut, Bereich? elektrischer Durchschlag der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, jetzt Physics Department, New York University, New York.

Feld- und Strominhomogenitäten bei hohen elektrischen Belastungen

39

wickeln, um die genannten Verläufe einfacher und zuverlässiger untersuchen zu können. Über die Ergebnisse der bisher abgeschlossenen Arbeiten soll im folgenden zusammenfassend berichtet werden.

3. Experimentelle Methoden zur Bestimmung des Feld- und Stromverlaufes in Festkörpern Die bisher bekannteste Methode zur Bestimmung des Feldverlaufes bestand darin, das Potential entlang der Oberfläche mit Hilfe von Potentialsonden abzutasten. Als solche Sonden wurden mechanisch aufgesetzte Metallspitzen [1] oder auch Elektronenstrahlen [2], die in geringem Abstand über den Kristall hinweggeschossen wurden, verwendet. Hierdurch kann man in vielen Fällen, zwar in etwas zeitraubender Arbeit, Aufschlüsse über den Feldverlauf in einem Festkörper erhalten.

3.1 Nachteile bisher bekannter Methoden Verhält sich jedoch die Oberfläche des Prüflings elektrisch sehr unterschiedlich zum Kristallvolumen, was z. B. beim Auftreten von Chaneis oder Absorptionsschichten, die die Oberflächenleitfähigkeit stark heraufsetzen, der Fall sein kann, so lassen die oben angegebenen Sondenmessungen keine hinreichenden Aussagen mehr über die Verhältnisse im Kristallvolumen zu. Messungen mit mechanisch aufgesetzten Potentialsonden haben zudem wegen ihres ungünstigen RC-Verhältnisses durch den hohen Serienkontaktwiderstand insbesondere bei schlecht leitenden Halbleitern und Isolatoren den Nachteil, daß mit ihnen zeitlich veränderliche Effekte nur mit häufig unzureichender Zeitauflösung verfolgt werden können. Bei dem elektronenoptischen Verfahren begrenzt das zu dieser Messung notwendige Vakuum die Untersuchungsmöglichkeiten, ebenso wie die endliche Ausdehnung des Elektronenstrahls und die Tatsache, daß eine Feldhomogenität in Strahlrichtung zur Auswertung der Meßergebnisse vorausgesetzt wird. Schließlich verdient noch eine elektrolytische Methode [3] zur Untersuchung von Strominhomogenitäten Erwähnung. Die hiermit gewonnenen Resultate geben jedoch nur Aufschluß über die Stromdichte durch die Oberfläche in einem Elektrolyten und sind daher nur zur groben Orientierung in Ergänzung zu anderen Messungen zu verwenden.

3.2 Elektrooptisdie Methode Das Ziel unserer Untersuchungen war nun, auf möglichst direktem Wege den Feldverlauf im Innern von Kristallen zu untersuchen. Als Sonde sollte eine elektromagnetische Strahlung benutzt werden, für die der Kristall nur eine relativ kleine Absorptionskonstante besitzt, also weitgehend „durchsichtig" ist. Gelingt es nun, einen Effekt zu finden, durch den sich das Absorptionsspektrum als monotone Funktion der wirkenden makroskopischen Feldstärke ändert, so braucht man den Kristall nur in dem Wellenlängenbereich zu durchleuchten, in dem die Änderung des Absorptionsspektrums auftritt, und es kann dann aus dem Projektionsbild des Kristalls der jeweils in Lichteinfallsrichtung gemittelte räumliche Verlauf des Feldes entnommen werden.

K. W. Böer

40 3.21 Franz-Keldysdi-Effekt

Der Franz-Keldysch-Effekt [4] liefert nun eine in dieser Weise verwertbare Erscheinung. Durch Wirkung des elektrischen Makrofeldes wird die effektive Breite der verbotenen Zone in mit zunehmendem Felde rasch ansteigenden Maße verringert. (Die im Feld gegen den oberen Rand des Valenzbandes anlaufenden Elektronen können noch ein Stück in die verbotene Zone eindringen, ähnlich wie Lichtwellen, die an einem metallischen Spiegel reflektiert werden.) Auf Grund dieses zunächst nur theoretisch untersuchten Phänomens ist zu erwarten, daß sich die Absorptionskante des Kristalls mit wachsender angelegter Spannung zu langen Wellenlängen hin verschiebt. Nach theoretischen Abschätzungen sollte dieser Effekt bei einer wirkenden Feldstärke von 10 6 V/cm größenordnungsmäßig etwa 100 ÄE betragen.

Abb. 1.

Verschiebung der optischen Absorptionskante mit einer elektrischen Belastung

Durchstrahlt man also einen Kristall mit möglichst monochromatischem Licht, dessen Wellenlänge A0 am Fuß der Absorptionskante liegt (vgl. Abb. 1), so macht sich eine Verschiebung der Absorptionskante zu längeren Wellenlängen durch eine Vergrößerung der Absorption bemerkbar. Der Kristall muß sich verdunkeln. An CdS-Einkristallen angestellte orientierende Untersuchungen zeigten tatsächlich eine mit wachsender elektrischer Belastung zunehmende Verdunkelung von

SdlC Kristalls Abb. 2.

__

Schattenbild eines Kristalls mit Elektroden bei monochromatischer Beleuchtung

Feld- und Strominhomogenitäten bei hohen elektrischen Belastungen

41

Kristallbereichen, soweit der Kristall mit monochromatischem Licht dicht an der Absorptionskante durchleuchtet wurde [5]. Die Verdunklungen waren im allgemeinen inhomogen. Die dünnen plättchenförmigen CdS-Einkristalle wurden parallel zur Plättchennormalen durchstrahlt (Abb. 2), so daß eine einfache Beurteilung des auf eine Ebene projizierten Absorptionsbildes möglich ist, sofern man annimmt, daß in der Durchstrahlungsrichtung auftretende Inhomogenitäten vernachlässigt werden können. 3.22 Andere elektro-optisdie Effekte

Die gefundene Erscheinung einer Kristallverdunkelung bei elektrischer Belastung kann jedoch auch andere Ursachen haben: Eine, wie sich durch Ausmessung des Absorptionsspektrums zeigen ließ, am CdS experimentell gefundene echte Verschiebung der Absorptionskante kann außer durch den Franz-Keldysch-Effekt auch durch eine nicht divergenzfreie Dilatation des Gitters (entgegengesetzter Effekt zur Verschiebung der Absorptionskante nach kurzen Wellenlängen hin unter Wirkung eines allseitigen Druckes) und durch eine Erwärmung des Kristalls hervorgerufen werden. Eine durch eine elektrische Belastung des Prüflings bedingte (nicht thermische) Gitterdilatation ist z. B. als Folge einer durch den Piezoeffekt [6] hervorgerufene Gitterverspannung denkbar. 3.23 Experimentelle Bestätigung des Franz-Keldysdi-Effektes

Es ließ sich jedoch ausschließen, daß ein wesentlicher Anteil der experimentell gefundenen Erscheinung durch den Piezoeffekt verursacht wird, da z. B. eine besonders charakteristische Verdunkehmgserscheinung räumlich rotationssymmetrisch um eine kreisförmige Elektrode angeordnet ist (vgl. Abb. 3) und keinerlei kristallographische Anisotropie zeigt, wie sie beim Piezoeffekt zu erwarten wäre, (die aktive c-Achse liegt in der Plättchenebene in Richtung der Kristallriefen.) Es konnte schließlich gezeigt werden, daß ein Teil 1 ) dieser Verdunkelungserscheinungen sicher nicht auf eine Erwärmung zurückzuführen ist. Zu diesem >• c-Achse

A b b . 3.

(

Ringförmige V e r d u n k e l u n g u m die K a t h o d e (linke Elektrode) im ringförmigen

Gebiet

maximaler Feldbelastung

!) Eine genauere experimentelle Untersuchung lehrt, daß häufig eine Überlagerung der durch den Franz-Keldysch-Effekt bedingten mit einer durch eine Temperaturerhöhung verursachten Kantenverschiebung auftritt, da in den Gebieten maximalen Feldes auch eine maximale Wärmeproduktion erfolgt, die bei den im GdS verwendeten Versuchsbedingungen häufig zu einer meßbaren Temperaturerhöhung in diesen Gebieten führt.

42

K.W.Böer

Zweck wurde die Zeitkonstante der Verdunkelungserscheinung genauer untersucht [7]. Sie ist in starkem Maße von der Intensität des eingestrahlten Lichtes abhängig und nimmt mit abnehmender Lichtintensität beträchtlich zu. Die Variation der Zeitkonstante des Abklingens der Verdunkelungserscheinung konnte über mehr als vier Größenordnungen geführt werden. Wäre diese Verdunkelungserscheinung allein thermisch bedingt, so müßte die Änderung der Abklingkonstante lediglich durch eine Änderung der Wärmeleitfähigkeit beschrieben werden. Die gefundene große Variation der Zeitkonstante kann damit aber nicht erklärt werden. So war die Verdunkelung zum Teil noch nach Stunden sichtbar, wenn die Belichtung des Kristalls unter elektrischer Belastung abgeschaltet und nach genügend langem Abklingen der Photoleitung der Kristall auch von der Spannungsquelle getrennt wurde. Wurde etwa 1 Stunde danach der Kristall wieder durchleuchtet, so konnte man die ursprüngliche Verdunkelung noch bemerken, die dann nach einsetzender Belichtung rasch (Zeitkonstante 1 s) verschwand. Es ist daher anzunehmen, daß dieser Teil der Verdunkelungserscheinung auf den Franz-Keldysch-Effekt zurückzuführen ist, dessen experimentelle Bestätigung damit gelungen ist. Somit können aus den Verdunkelungen Rückschlüsse auf den Feldverlauf gezogen werden. Vergleichende Untersuchungen mit Potentialsondenabtastungen an inhomogen verdunkelten Kristallen zeigten zudem eine recht gute Übereinstimmung der mit beiden Methoden bestimmten Lage von Feldinhomogenitäten [8]. 3.3 Elektro-thermo-optisdie Methode Bei höheren Strombelastungen auftretende Erwärmungen des Kristalls lassen sich ausnutzen, um den Stromverlauf im Kristallinnern zu analysieren. Hierbei wird die mit wachsender Erwärmung zunehmende Verschiebung der optischen Absorptionskante zu langen Wellenlängen ausgenutzt [9], Zum Nachweis kleiner Erwärmungen wird der Kristall wieder, wie schon oben beschrieben, im monochromatischen Licht einer Wellenlänge, die am Fuß der Absorptionskante liegt, durchstrahlt und die Verdunkelung (also die Zunahme der Absorption) als Maß der Temperatur und nach Kenntnis der Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit auch als Maß der Stromdichte benutzt. Bei höheren Strombelastungen kann die Temperaturerhöhung und damit die Verschiebung der Absorptionskante so beträchtlich werden, daß man bei CdSEinkristallen bereits im polychromatischen Licht durch seine Verfärbung ein besonders anschauliches Bild des Stromverlaufes erhält. 3.31 Untersdieidungsmöglidikeit zwischen Feld- und Stromfall

Bei der Betrachtung im monochromatischen Licht ist es unerläßlich, bei jedem erhaltenen Bild experimentell zu entscheiden, ob es durch elektro-optische Effekte hervorgerufen wurde und damit eine Aussage über den Feldverlauf zuläßt, oder ob es durch elektro-thermo-optische Effekte verursacht wurde und damit Hinweise auf den Stromverlauf gibt. Bei den untersuchten CdS-Einkristallen unterscheiden sich im allgemeinen das Feld- und das Strombild geometrisch in so charakteristischer Weise (vgl. Abb. 4)

Feld- und Strominhomogenitäten bei hohen elektrischen Belastungen

43

voneinander, daß es bei einiger Erfahrung sofort möglich wird, eine Fallunterscheidung zu führen [9].

Abb. 4.

a) Ringförmig die Kathode umschließendes Gebiet maximaler Feldbelastung; b) Kanalförmig zwischen Kathode und Anode verlaufendes Gebiet maximaler Strombelastung

Die durch den inneren Photoeffekt auch bei konstanter Temperatur in weiten Grenzen veränderliche Leitfähigkeit ermöglicht außerdem eine willkürliche Einstellung des Feld- oder des Stromfalles: Bei kleiner Leitfähigkeit kann die angelegte Spannung weit genug erhöht werden, so daß Absorptionsänderungen durch den Franz-Keldysch-Effekt meßbar werden, bevor eine nachweisbare Erwärmung eintritt. Die aus dem Feld aufgenommene Leistung bleibt klein. Umgekehrt tritt bei hoher Photoleitfähigkeit bereits bei kleiner angelegter Spannung eine nachweisbare Erwärmung des Kristalls auf. Die aus dem Feld aufgenommene Leistung ist groß. Jetzt läßt sich der Stromverbrauch experimentell untersuchen.

4. Feldinhomogenitäten 4.1 Nachweis bisher bekannter Feldinhomogenitäten Mit den elektro-optischen Effekten lassen sich bekannte Feldinhomogenitäten direkt sichtbar machen. 4.11 Verarmungsrandschichten

So geben sich Verarmungsrandschichten unter den Elektroden durch Verdunkelung des Bereiches halbdurchlässig aufgedampfter Elektroden zu erkennen. Dabei wird erwartungsgemäß beim n-leitenden Kadmiumsulfid der Bereich unter der Kathode verdunkelt [10] (vgl. Abb. 5). Eine Auflösung des räumlichen Verlaufs des Feldes innerhalb der Randschicht ist bei den untersuchten Kristallen aus geometrischen Gründen nicht möglich gewesen, da die Randschicht selbst bei kleineren angelegten Spannungen nur eine Dicke von etwa 1 0 - 4 bis 10~ 5 cm hat. Bei höheren angelegten Spannungen aber, bei denen die Randschicht weiter auseinander gezogen werden könnte, treten neue Effekte (vgl. 4.2) auf, die auch den Feldverlauf in der Randschicht stören und die im folgenden ausführlich beschrieben werden.

K. W.Böer

44

Abb. 5.

Franz-Keldysch-Effekt

im Gebiet von Verarmungsrandschichten u n t e r der

Kathode

4.12 Flicker-Rausdien

Es ist bekannt, daß Kristalle mit Kontakten, die Verarmungsrandschichten aufweisen, ein besonders starkes Rauschen zeigen, dessen Fourier-Analyse eine charakteristische 1 : ^-Abhängigkeit der Rauschamplitude von der Frequenz besitzt. Dieses auch als Flicker-Effekt bezeichnete Kontaktschichtrauschen läßt sich als Schwankung der Feldverteilung innerhalb der Randschicht direkt sichtbar machen. Bei hoher Feldbelastung kann eine flackernde Aufhellung und Verdunkelung einzelner Bereiche unter der halbdurchlässig aufgedampften Kathode sichtbar werden. Die flackernden Bereiche haben einen mittleren Durchmesser von einigen hundertstel Millimetern. Es ist zu vermuten, daß diese Schwankungen einen direkten Zusammenhang mit den Stromschwankungen besitzen und direkt die Bereiche unterschiedlicher Übergangswiderstände in der Kontaktzone sowie ihre raumzeitliche Schwankung wiedergeben. Erste orientierende Untersuchungen zeigten eine hohe Korrelation zwischen den Schwankungen der feldbedingten Verdunkelung an der Kathode und den Stromschwankungen. 4.13 Oberflädiensdiiditen

Auch lassen sich Absorptionsschichten mit dieser Methode bemerken, sofern sie besser leitende Oberflächenbereiche hervorrufen, über denen der Strom bevorzugt fließt und vom Kristallinneren durch Verarmungsrandschichten getrennt sind [10]. So läßt sich z. B. ein dünner Wasserfilm, der einer Elektrode vorgelagert ist, durch die entsprechende Verdunkelung des darunterliegenden Kristallbereiches im Feld deutlich erkennen (Abb. 6) (vgl. auch [11]).

Feld- und Strominhomogenitäten bei hohen elektrischen Belastungen

45

Abb. 6. Franz-Keldysch-Effekt im Gebiet unter einem der Metallkathode vorgelagerten Wasserfilm (untere Bildhälfte) (Die Ringe zwischen Kathode und Anode beruhen auf Interferenzerscheinungen)

4.14 Kristallbaufehler, Dotierungsgrenzen

Schließlich geben sich auch einige Kristallinhomogenitäten, wie z. B. aneinanderstoßende Bereiche stark unterschiedlicher Leitfähigkeit, Risse im Kristall u. ä. durch die hierdurch bedingten Feldinhomogenitäten zu erkennen [7], In Abb. 7 ist ein Kristall mit einem mikroskopisch kaum sichtbaren Riß wiedergegeben. Nach dem Anlegen einer Spannung an die Elektroden gibt sich dieser Riß durch die verursachte Feldinhomogenität deutlich zu erkennen.

Abb. 7. Der Riß im rechten unteren Bildviertel ist nur bei elektrischer Belastung durch Verdunkelung sichtbar, ebenso wie die Kristallinhomogenität im oberen Bilddrittel, die zu einer knickförmigen Strombahnbildung führt

4.2 Plasmaähnliche Raumladungserscheinungen Viel augenfälliger als die bisher beschriebenen Effekte ist jedoch die Erscheinung einer charakteristischen Feldverzerrung, die bislang an Festkörpern noch nicht beobachtet wurde und auf Raumladungen und feldbedingte Leitfähigkeitsänderungen zurückzuführen ist, die infolge ihrer Ähnlichkeit zu Erscheinungen in der Niederdruckgasentladung als plasmaähnliche Raumladungserscheinungen bezeichnet wurden [7].

K.W.Böer

46

4.21 Charakteristische Form dieser Feldinhomogenitäten Bei hohen Feldbelastungen tritt ein ringförmig der Kathode vorgelagerter verdunkelter Kristallbereich auf 1 ). Dieser ist von der Kathode selbst häufig durch einen nicht oder nur wenig verdunkelten Bereich getrennt (Abb. 8).

Ii I lieiw**

IL

Abb. 8.

Ringförmig der Kathode (links) vorgelagerter Bereich hoher Feldbelastung

Mit der in Absatz 3.23 beschriebenen Methode der Trägheitsanalyse konnte nachgewiesen werden, daß diese Verdunkelungserscheinung im wesentlichen 2 ) nicht auf eine Erwärmung zurückzuführen ist. Potentialsondenabtastungen ergaben schließlich einen Feldverlauf, der qualitativ weitgehend mit dem Profil der Verdunkelung übereinstimmt [8] (Abb. 9). Dieser Feldverlauf ist von Kristall zu Kristall verschieden und wird offenbar durch die Baufehler des Kristalls deutlich beeinflußt (vgl. Abschnitt 4.4). Bei reinen, kristallographisdi hinreichend guten Kristallen besitzt das Feldprofil eine aus Abb. 9 ersichtlich charakteristische Form: Mit wachsendem Abstand von der Kathode nimmt das Feld zunächst immer mehr zu und fällt dann nach Erreichen seines maximalen Wertes sehr steil ab. In dem anodenseitig anschließenden Gebiet ist die Feldstärke um Größenordnungen kleiner als diese maximale Feldstärke. Diese charakteristische Feldinhomogenität läßt auf eine Schicht verringerter Leitfähigkeit und auf eine Raumladungsdoppelschicht im Bereich des maximalen Feldes schließen (vgl. 4.32). ) Bei unvollständiger Abdeckung des Elektrodenzwischenraumes beim Aufdampfen der Kontakte ist die Kontaktgrenze oft unscharf und es können visuell nur schwer erkennbare Kontaktbereiche den sichtbaren* Kontakten vorgelagert sein. Bei einer elekrischen Belastung verdunkeln sich die Kristallteile unter den vorgelagerten Bereichen infolge der dort vorhandenen Verarmungsrandschicht. Diese, auch häufig ringförmigen jedoch räumlich homogenen Verdunkelungserscheinungen, die mit den in 4.11 beschriebenen Effekten identisch sind, sind hier nicht gemeint. Eine experimentelle Trennung zwischen beiden Effekten ist auch durch kinetische Untersuchungen (vgl. 4.23) möglich. J

2

) Vgl. Fußnote S. 41.

Feld- und Strominhomogenitäten bei hohen elektrischen Belastungen

47

Abb. 9. Durch Sondenabtastung gemessener Potential- (obere Kurve) und Feldverlauf (untere Kurve) eines CdS-Kristalls bei hoher Feldbelastung. (Das schraffierte Gebiet um die Kathode gibt die Ausdehnung des Ringes an)

4.22 Einige charakteristische Eigenschaften der plasmaähnlidien Raumladungsgebiete (Flarg)

Mit wachsender angelegter Spannung vergrößert sich der Abstand des plasmaähnlichen Raumladungsgebietes (im folgenden zur Abkürzung Plarg genannt) von der Kathode (Abb. 10).

Abb. 10.

Vergrößerung des Abstandes der ringförmigen Verdunkelung von der Kathode mit von Bild zu Bild wachsender angelegter Spannung

48

K . W . Böer

Die Feldverteilung folgt einer Änderung der angelegten Spannung mit beträchtlicher Trägheit. Die Zeitkonstante ist abhängig von der Realstruktur und der eingestrahlten Lichtintensität und nimmt mit wachsender Lichtintensität ab. Sie liegt um Größenordnungen über der dielektrischen Relaxationszeit EEJO und ist etwa gleich der durch reaktionskinetische Prozesse bedingten Zeitkonstante. Bei einer Lichteinstrahlung von 10 9 Qu/cm 2 s liegt sie zwischen 1 0 - 1 und 10 s. Bei vielen der untersuchten Kristalle bleibt auch bei konstanter anliegender Spannung das Plarg zeitlich nicht unverändert vor der Kathode liegen, sondern wandert langsam zur Anode. Die Wanderungsgeschwindigkeit nimmt mit wachsender Intensität der Lichteinstrahlung zu. Bisher wurden Wanderungsgeschwindigkeiten zwischen 1 0 - 4 und 10" 1 cm/s beobachtet 1 ). Die Wanderungsgeschwindigkeit ist offenbar vom Störtermspektrum der Kristalle abhängig. Erreicht das Plarg die Anode an einer Stelle, so beginnt das gesamte Plarg rasch zu zerfallen (Abb. 11). Gleichzeitig löst sich ein neues Plarg von der Kathode und beginnt zur Anode zu wandern. Dieser Vorgang wiederholt sich periodisch.

Abb. 11.

Vergrößerung und Auflösung eines Plargs beim Erreichen der Anode (rechts unten) sowie Neubildung an der Kathode bei konstanter angelegter Spannung

Parallel dazu erfolgen Stromschwankungen, und zwar zeigt der Strom seinen minimalen Wert, wenn das Plarg dicht vor der Kathode liegt. Der Strom nimmt dann monoton mit wachsendem Abstand dieses Gebietes von der Kathode zu und ! ) Es ist zu vermuten, daß das Plarg bei allen Kristallen auch bei konstanter anliegender Spannung zur Anode wandert und lediglich bei den Kristallen, bei denen eine solche Wanderung nicht beobachtet werden konnte, die Wanderungsgeschwindigkeit zu klein war, um eine Bewegung des Plargs während der Versuchsdauer zu bemerken. Es konnte nämlich durch Erhöhung der Lichtintensität bei vielen Kristallen, die keine Wanderung erkennen ließen, die Wanderungsgeschwindigkeit soweit erhöht werden, daß sie innerhalb der Versuchszeit beobachtbar wurde.

Feld- und Strominhomogenitäten bei hohen elektrischen Belastungen

49

erreicht ein steiles Maximum, sobald das Plarg die Anode berührt. Mit dem Zerfall des Plargs sinkt der Strom rasch ab und beginnt mit Wanderung des neu gebildeten Gebietes vor der Kathode wieder langsam anzusteigen (vgl. Abb. 12). Dieser Vorgang wiederholt sich, wobei sich der stromzeitliche Verlauf einer Periode mit einer Genauigkeit von wenigen Prozent reproduzieren kann.

t Abb. 12.

Zeitlich periodische Stromänderungen, korreliert mit der periodischen Bewegung des Plargs von der Kathode zur Anode

4.23 Raumladungsschwingungen Im allgemeinen kann beobachtet werden, daß sich das Plarg nicht als einheitliches geschlossenes Raumladungsgebiet vergrößert, sondern daß einzelne Teile desselben mit einer beträchtlich höheren Frequenz Schwingungen ausführen. Bei kristallographisch wohl ausgebildeten Prüflingen kann auch diese sekundäre Schwingung eine strenge Periodizität besitzen und räumlich weitgehend symmetrisch sein. Die Frequenz dieser Schwingungen wurde zwischen 1 und 10 Hz beobachtet [12]. Parallel zu diesen visuell verfolgbaren Schwingungen lassen sich einfädle Stromschwingungen häufig nicht direkt nachweisen, da bei den meisten Kristallen nicht alle Plargteile in Phase schwingen. Der Gesamtstromverlauf zeigt dann eine komplizierte Uberlagerung dieser Schwingungen, die sich als Rauschen mit einem bevorzugten Frequenzanteil zu erkennen geben. Schließlich kann gelegentlich noch eine tertiäre Schwingung, deren Frequenz im kHz-Gebiet liegt, direkt akustisch nachgewiesen werden. Wird nämlich der Kristall auf eine Glimmerunterlage gelegt, so treten bei Anlegen einer genügend hohen Spannung, bei der sich die Plargs von der Kathode zur Anode bewegen, deutlich wahrnehmbare Pfeifgeräusche auf, deren Ursache wahrscheinlich in der piezo-elektrischerl Deformation der durcii Raumladungsschwingungen wechselnden räumlichen Lage maximaler Felder sind. Bisher konnten damit korrelierte Stromschwankungen experimentell nicht beobachtet werden. 4.24 Bildung der Feldinhomogenitäten Wird die Spannung am Kristall sukzessiv erhöht, so bemerkt man die Bildung eines Plargs auch am Absinken des Stromes trotz steigender Spannung unter den aus der Ohmschen Stromspannungscharakteristik extrapoliert zu erwartenden Wert. Sie tritt erst ein, nachdem die Spannung am Kristall einen bestimmten charakteristischen Wert überschritten hat. Dieses Absinken des Stromes, d. h. damit auch die Bildung des Plargs, erfolgt bei rascher Spannungserhöhung bei einem höheren Spannungswert als bei langsamerer Spannungserhöhung (vgl. Abb. 13) (vgl. auch [21]). 4 Festkörper I

K.W. Böer

50

U Abb. 13.

Absinken des Kristallstromes mit der Ausbildung eines Plargs unter den Ohm'schen Wert. Scharparameter: Erhöhungsgeschwindigkeit der angelegten Spannung

4.25 Zum Prozeß der „Zündung" Die Bildung eines Plargs erfolgt in gewisser Beziehung ähnlich der Zündung einer Gasentladung. Dabei tritt offenbar ein statistischer Zündverzug auf, der zeitlich um so ausgedehnter ist, je niedriger die am Prüfling liegende Spannung ist. Wird eine genügend hohe Spannung plötzlich eingeschaltet, so beginnt die Plargbildung praktisch gleichzeitig mit dem Einschaltvorgang. In diesem Falle entsteht im allgemeinen das Plarg zunächst an irgend einer Stelle des Kristalls und zieht sich dann vergleichsweise rasch auf jene Lage dicht vor der Kathode zurück, die es zu Beginn der folgenden langsamen Wanderung durch den Kristall einnimmt. Dabei ist der Ort der Plargbildung offenbar durch Leitfähigkeitsinhomogenitäten infolge von Kristallbaufehlern oder unterschiedlicher Dotierung, oder bei kristallographisch möglichst einwandfreien Kristallen evtl. auch durch einfache statistische Schwankungen bedingt. Es läßt sich direkt nachweisen, daß eine Plargbildung an Stellen verringerter Leitfähigkeit auftritt und von hier aus künstlich gezündet werden kann. Wird nämlich zu diesem Zweck ein dünner Schatten senkrecht zur Feldrichtung, z. B. Schattenzone

£

Abb. 14.

Verringerung der Photoleitfähigkeit und Erhöhung der Feldstärke in einem abgeschatteten Kristall gebiet

Feld- und Strominhomogenitäten bei hohen elektrischen Belastungen

51

durch Darüberhalten eines Fadens, auf den Kristall projiziert, so nimmt an dieser Stelle bekanntlich die Photoleitfähigkeit ab (vgl. Abb. 14). Wird nun an den Kristall eine Spannung gelegt, die gerade so hoch ist, daß während der Versuchsdauer der nicht abgeschattete Kristall keine Plargbildung zeigt, so kann man jetzt die Bildung des Plargs an der Stelle des Schattens beobachten. Entfernt man den Schatten, so wandert das Plarg durch den Kristall, vorausgesetzt, die angelegte Spannung war hoch genug. Reichte die angelegte Spannung jedoch nicht zur Aufrechterhaltung des Plargs aus, so löste es sich anschließend unter Ansteigen des Stromes auf. Der Mechanismus ist recht ähnlich der Zündung einer erzwungenen Gasentladung, z. B. durch einen Teslastoß. 4.26 Zur Ähnlichkeit des Feldverlaufes im Festkörper und in einer Gasentladung

Betrachtet man zusammenfassend diese durch elektro-optische Effekte direkt sichtbar zu machenden Erscheinungen der charakteristischen ringförmig der Kathode vorgelagerten Feldinhomogenität, so stellt man eine viel weitergehende Ähnlichkeit zum Kathodenfall einer Niederdruckgasentladung bzw. zu den laufenden Schichten in einer solchen Entladung fest, als man es zunächst in Anbetracht der unterschiedlichen Transportgesetze der Ladungsträger erwarten würde (vgl. auch [13]). 1. Es sind in beiden Fällen zwei Zustände der Feldverteilung zwischen den Elektroden möglich (vgl. Abb. 15):

Abb. 15.

Potential- und Feldverteilung im homogenen (a) und infolge eines Plargs inhomogenen (b) Fall

a) eine homogene Feldverteilung mit einer räumlich konstanten relativ kleinen Leitfähigkeit und b) eine inhomogene Feldverteilung, wobei das Gebiet maximalen Feldes vor der Kathode, von dieser jedoch deutlich getrennt liegt und das anodenseitig daran anschließende Gebiet eine relativ hohe Leitfähigkeit besitzt. 2. Der Übergang vom homogenen zum inhomogenen Feldfall erfordert eine Zündung. Bei hohen angelegten Spannungen ist der inhomogene Fall offenbar energetisch begünstigt. Bei niederen Spannungen ist der homogene Feldfall begünstigt. Eine erzwungene inhomogene Feldverteilung kehrt in den homogenen Fall zurück. 4»

K. W. Böer

52

3. Im allgemeinen verharrt das Raumladungsgebiet, welches die Feldverteilung bewirkt, nicht an einer Stelle vor der Kathode, sondern wandert in Richtung auf die Anode. Nach Erreichen der Anode zerfällt es, und es wird ein neues Raumladungsgebiet aus der Kathode nachgeliefert. Dieser Vorgang wiederholt sich periodisch. 4. Die raumzeitliche Veränderung der Raumladungsgebiete bei Änderung der anliegenden Spannung erfolgt mit einer Zeitkonstante, die nicht durdi die dielektrische Relaxation, sondern durch reaktionskinetische Prozesse bestimmt wird. 5. Die im Raumladungsgebiet auftretenden maximalen Feldstärken liegen in der Größenordnung der Durchschlagsfeldstärke. Hier ist offenbar eine Produktion beweglicher Ladungsträger durch Wirkung des elektrischen Feldes anzunehmen. 4.27 Zum Mechanismus des Plargs

Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen liegt es sehr nahe, zur Beschreibung des experimentell gefundenen Verhaltens eines Festkörpers bei hohen angelegten Spannungen das folgende Modell zu diskutieren: Im Innern des Kristalls hat sich ein die Kathode umhüllendes Gebiet hohen Feldes gebildet (auf die Ursache der Bildung dieses Gebietes soll später eingegangen werden), das hoch genug ist, um z. B. durch Stoßionisation oder Feldemission Elektronen aus dem Valenzband oder aus Termen in der verbotenen Zone in das Leitfähigkeitsband zu heben und dadurch die Leitfähigkeit beträchtlich zu erhöhen. Diese Elektronen wandern unter Wirkung des elektrischen Feldes in das anodenseitig angrenzende Gebiet ab und sorgen dort für eine Erhöhung der Leitfähigkeit. In diesem Gebiet bricht die Feldstärke bis auf einen relativ geringen Wert zusammen. Der Hauptpotentialabfall liegt zwischen dem Gebiet maximalen Feldes und der Kathode. Infolge des Absaugens der Elektronen aus dem Gebiet maximalen Feldes wandert das Plarg in Richtung auf die Kathode. Dadurch wird auch die Feldstärke an der Kathode selbst erhöht. Die Nachlieferung von Elektronen aus der Kathode nimmt zu, bis durch Feldemission aus der Kathode gleichviel Elektronen in das Gebiet des Plargs fließen, wie aus ihm durch die Feldanregung befreit werden. Nach diesen Überlegungen sollte also prinzipiell in allen Festkörpern, in denen die Feldstärke für eine intensive Produktion von Stromträgern, z. B. Leitungselektronen höher liegt als die maximal am Kontakt aufrecht zu erhaltende Feldstärke, die Existenz eines hier beschriebenen Plargs möglich sein. Infolge der vergleichsweise kleinen Diffusions Spannung jedoch nur ein geringer Anteil der am CdS beobachteten Feldaufwölbung allein auf diese Weise erklärt werden. Erst die Hinzunahme von Leitfähigkeitsänderungen durch die im folgenden zu beschreibenden Tilgungseffekte gestatten auch eine eine quantitative Beschreibung des experimentellen Befundes am CdS. 4.28 Feldbedingte Tilgung

In den untersuchten CdS-Einkristallen ist jedoch ein bemerkenswerter Unterschied dieses beschriebenen Phänomens zu einer Niederdruckgasentladung zu bemerken. Während in einer Gasentladung der Strom durch das Entladungsplasma erheblich höher ist als in jenem Fall, in dem bei gleicher anliegender Spannung eine

Feld- und Strominhomogenitäten bei hohen elektrischen Belastungen

53

solche Entladung noch nicht gezündet wurde, tritt im CdS-Einkristall das umgekehrte Verhalten auf. Hier ist der Strom im homogenen Feldfall unter Umständen erheblich größer als nach Zündung der charakteristischen Feldinhomogenität (vgl. Abb. 13). Es treten hier also zusätzliche, bislang noch nicht beschriebene Erscheinungen auf, die eine Verminderung des Stromflusses durch den Kristall erzwingen. Die bisher betrachteten Ursachen sollten, abgesehen von einer relativ kleinen Diffusionsgegenspannung, durch die durch eine elektrische Anregung verursachte Erhöhung der Leitfähigkeit des außerhalb des Ringes liegenden Kristallbereiches bei konstanter anliegender Spannung zu einer Erhöhung des Stromes Anlaß geben. Zur Erklärung der Stromabnahme beim Auftreten eines Plargs müssen die speziell an einem CdS-Einkristall auftretenden Photoleitungserscheinungen etwas genauer diskutiert werden: Wird ein solcher Kristall außer mit dem zur Anregung der Photoleitung verwendeten Licht mit einem zweiten Lichtstrahl angeregt, so bemerkt man, soweit die Intensitäten beider Einstrahlungen von etwa gleicher Größenordnung sind, bei genügend langwelliger Zusatzanregung ein beträchtliches Absinken der Photoleitfähigkeit (Ultrarottilgung) [14]. Erst mit kürzerwelliger Zusatzanregung nimmt die Photoleitfähigkeit zu, und zwar in beträchtlichem Maße erst dann, wenn die Wellenlänge der Absorptionskante nahezu erreicht ist (vgl. Abb. 16).

Abb. 16.

Infrarottilgung der Photoleitung von CdS-Hinkristallen. I 0 -Photostrom bei Anregung allein mit dem primären Strahl

Bei der Bildung eines Plargs wird nun der Kristall zwar nicht durch eine zweite Lichteinstrahlung angeregt, aber ein sekundärer Anregungsprozeß erfolgt durch das elektrische Feld. Ist die Feldstärke im Innern des Kristalls hoch genug, so kann sie, ähnlich wie die Einstrahlung zusätzlichen Lichtes, mit einer Wellenlänge, die in der Nähe des Grundgitters liegt, eine Erhöhung der Leitfähigkeit bewirken. Das soll entsprechend der oben geführten Diskussion im Gebiet maximalen Feldes erfolgen. Bei geringeren Feldstärken, wie sie ja im Gebiet zwischen der Kathode und dem Bereich maximalen Feldes auftreten, ist dann entsprechend der optischen Tilgung eine durch das Feld bedingte Absenkung der Leitfähigkeit (feldbedingte Tilgung) zu erwarten. Durch die elektrische Hintereinanderschaltung der Gebiete verminderter und erhöhter Leitfähigkeit macht sich natürlich für den Gesamtstrom das Gebiet verminderter Leitfähigkeit besonders stark be-

K.W.Böer

54

merkbar. Trotz der relativ kleinen räumlichen Ausdehnung dieses Gebietes kann es eine merkliche Herabsetzung des Gesamtstromes bewirken, so wie es experimentell festgestellt wurde. 4.29 Feldbedingte Tilgung als Zündungsmedianismus Mit Hilfe dieses feldbedingten Tilgungsmechanismus läßt sich auch die Zündung der plasmaähnlichen Feldinhomogenität auf einfache Weise verstehen [15]: Ist das Feld im Kristall hoch genug — es sei zunächst räumlich homogen — um eine solche Tilgung zu bewirken, so wird mit wachsender angelegter Spannung die Leitfähigkeit absinken. Da der Gesamtkristall — sieht man einmal von einer Injektion ab — nach außen elektrisch neutral ist, sinkt in gleicher Weise mit der Elektronenkonzentration auch die gleich große Konzentration der positiven Zentren. Betrachtet man nun ein Gebiet, in dem z. B. durch eine Dotierungsschwankung eine etwas verringerte Leitfähigkeit vorhanden ist, so ist in diesem Gebiet die wirkende Feldstärke größer und dadurch auch die Konzentration von Elektronen und positiven Zentren kleiner als in der Nachbarschaft. Unter der Wirkung des elektrischen Feldes werden jedoch die frei beweglichen Elektronen dieses Minimum in der räumlichen Ladungsverteilung etwas verwehen. Das Profil der Elektronenverteilung wird — unter Deformation — ein wenig gegen das Profil der positiven Zentren verschoben (vgl. Abb. 17). Dadurch tritt an der Kathodenseite

i n(x)

pOO

x Abb. 17.

Räumliches Profil der Konzentration unbeweglicher positiver (p) und beweglicher negativer (n) Ladungsträger. Verwehung in Richtung von der Kathode (links) zur Anode (rechts)

dieses Gebietes eine negative Raumladung auf, die gemäß der Poisson-Gleichung dafür sorgt, daß die Feldstärke im anodenseitig anschließenden Bereich wächst. Das Gebiet dieser zunächst nur als klein angenommenen Feldinhomogenität wird also das Bestreben haben, sich auszudehnen und zu vertiefen. Das Feld wird sich an dieser Stelle aufwölben. Dieser Vorgang kann sich jedoch nur solange fortsetzen, bis die Feldstärke an der Stelle des Feldmaximums ausreicht, durch Feldanregung eine intensive Produktion freier Leitungselektronen zu bewirken. Damit ist der Zündungsvorgang abgeschlossen. Das Plarg hat sich ausgebildet. 4.3 Zur Theorie plasmaähnlicher Feldinhomogenitäten Die theoretische Behandlung der hier beschriebenen Erscheinung erfordert den Formalismus der räumlich inhomogenen Reaktionskinetik. Der räumliche Verlauf des Feldes wird durch Raumladungen bedingt. Diese ergeben sich durch Reak-

Feld- und Strominhomogenitäten bei hohen elektrischen Belastungen

55

tionsgleichungen, die durch das äußere Feld und den dadurch bedingten elektrischen Strom gestört sind. Das System der das allgemeine Problem beschreibenden Differentialgleichungen ist so kompliziert, daß eine Diskussion desselben hoffnungslos ist. Man ist daher gezwungen, es auf die Behandlung der vermutlich wichtigsten Prozesse zu reduzieren. Es ist hier auf spezielle Diskussion der am Kadmiumsulfid gefundenen Erscheinung zugeschnitten. 4.31 Diskussion und Vereinfadiung des reaktionskinetisdien Modells

Das reaktionskinetische Minimalmodell, das den hier zu untersuchenden Erscheinungen zugrunde gelegt werden muß, sollte mindestens zwei Störtermgruppen (Haftterme und Aktivatoren) und die in Abb. 18 eingezeichneten Übergänge enthalten. Dabei sind die Übergänge a auf optische, a auf thermische und V\I, W und W " auf elektrische Anregungen zurückzuführen. Leitungsband

Valenzband Abb. 16.

Reaktionskinetisdies Minimalmodell zur Erklärung von Plargs

Für den hier zu betrachtenden stationären Fall reicht es jedoch aus, den Einfluß der Haftterme dadurch zu berücksichtigen, daß auch im feldfreien Fall die Konzentration der Elektronen im Leitungsband n kleiner ist als die Zahl der positiven Zentren p. Die Differenz beider Größen ist gerade gleich der Zahl der Elektronen h in den Hafttermen. Bei höheren Feldstärken verringert sich dieser Unterschied infolge der durch die elektrische Anregung bewirkten Entleerung der Haftterme. Diese Entleerung wird näherungsweise durch die folgende Funktion für die Besetzungsdichte der Haftterme beschrieben, wobei n eine mittlere Konzentration von Elektronen im Leitungsband ist: ß

, 1Ha-be

mit

ß' = ßn

(1)

A und B sind Konstanten und E ist die wirkende elektrische Feldstärke. Die Konzentration der Defektelektronen im Valenzband kann gegenüber allen anderen Konzentrationen vernachlässigt werden. Unter der experimentell hinreichend begründeten Annahme, daß ein Defektelektron im Valenzband schnell mit einem Elektron aus einem Haftterm rekombiniert und dieses ebenfalls sehr schnell aus dem Leitungsband ersetzt wird (Vorgang der Tilgung) ist es möglich, diese Übergänge formal durch eine Rekombination eines Elektrons aus dem Leitungsband mit einem geladenen Zentrum zu ersetzen. Der Rekombinationskoeffizient W ist dann entsprechend der elektrischen Anregung W' des Defekt-

K.W. Böer

56

elektrons aus dem geladenen Zentrum in das Valenzband eine Funktion des elektrischen Feldes (Abb. 19). Leitungsband

W(eJ Wk)

Valenzband Abb. 19.

Reaktionskinetisches vereinfachtes Minimalmodell mit „effektiven" Obergängen

Bei sehr hohen Feldstärken tritt schließlich parallel zur optischen Anregung eine elektrische Anregung W in Erscheinung, die zu einer starken Vermehrung der Leitungselektronenkonzentration führt. 4.32 Aufstellung des beschreibenden Differentialgleidiungssystems Mit den beschriebenen Vernachlässigungen lautet das reaktionskinetische Differentialgleichungssystem: -^rdt

— div j — a + W • e dp dt

= (y +

(y +

W)np

(2)

W ) n p - a - W

Die sich bei Wirkung eines elektrischen Feldes ausbildende Raumladung verursacht eine Feldinhomogenität gemäß der Poisson-Gleichung (Eindimensionale Betrachtung): dE e , _ - _ ( , - „ - * ) (3) Die zeitlich stationäre Verteilung ergibt sich bei Verschwinden der zeitlichen Ableitungen von (2), aus der zusammen mit Gl. (1) für die Poisson-Gleichung der folgende Ausdruck folgt: dE dx

=

e l a+ W I \n(y + W)

e

„ — n — H

ß' ß' +

AeBEI

(4)

Mit der den Diffusionsanteil berücksichtigenden Stromgleichung j — enbE

+ bkT •

dx

(5)

und der aus (2) folgenden Gleichung dj dx

= 0

läßt sich formal der stationäre Verlauf von Feld- und Raumladung bestimmen. Infolge der komplizierten Feldabhängigkeit der Raumladung ist jedoch selbst

Feld- und Strominhomogenitäten bei hohen elektrischen Belastungen

57

in. dieser Näherung eine geschlossene Darstellung der Lösungsfunktion nicht möglich. Ein weitgehend vereinfachtes Problem wurde von Adirowitsch durchgerechnet [16]; dabei nahm er lediglich eine Sorte von Störtermen in der verbotenen Zone an (vgl. Abb. 20) und setzte voraus, daß diese bei Überschreiten einer kritischen Feldstärke quantitativ von Elektronen entleert werden. Leitungsband

Valenzband Abb. 20.

Reaktionskinetisches Modell mit einer Donatorgruppe

Die von Adirowitsch erhaltenen Ergebnisse zeigen, daß es möglich ist, unter den genannten Annahmen einen Feldverlauf zu errechnen, der qualitativ mit dem experimentell gefundenen Verlauf übereinstimmt. Genauere theoretische Untersuchungen, insbesondere numerische Abschätzungen wurden bislang noch nicht ausgeführt, da das bis zur Zeit vorliegende experimentelle Material noch nicht ausreicht, um die Durchführung aufwendigerer mathematischer Methoden zu rechtfertigen.

5. Stromirihomogenitäten Mit elektro-thermo-optischen Effekten (vgl. Absatz 3.3) lassen sich bei hohen Strombelastungen auftretende Strominhomogenitäten direkt sichtbar machen. Schon die ersten orientierenden Untersuchungen zeigten, daß bei hohen Stromdichten die Stromverteilung räumlich nicht homogen ist. 5.1 Nachweis realstrukturbedingter Strominhomogenitäten Ähnlich wie im Feldfall kann eine inhomogene Stromverteilung durch Kristallfehler, so z. B. Risse oder inhomogene Dotierungen und bei höheren Strombelastungen durch ein grundsätzliches Phänomen des Wechselspiels zwischen Joulescher Erwärmung und temperaturbedingter Leitfähigkeitssteigerung verursacht sein. Auf die erste Art der Effekte sei nur insofern kurz eingegangen, als durch sie auch mikroskopisch nicht zu erkennende Kristallfehler durch Beobachtung des Stromverlaufes leicht entdeckt werden können und damit eine einfache Möglichkeit einer „Güteprüfung" gegeben ist [7] (vgl. Abb. 21a und 21b). Besonders wichtig wird diese Prüfungsmethode am Metall-Halbleiterkontakt oder an der Grenze verschiedener Dotierungsgebiete. Hier treten erfahrungsgemäß größere Inhomogenitäten auf, die zu stark unterschiedlicher Stromverteilung führen. Strompässe machen sich durch eine entsprechende Eindunkelung dieser Bereiche bei Betrachtung im monochromatischen Licht bemerkbar und lassen sich

58

Abb. 21.

K.W. Böer

a) Kristallfehler zwischen den Elektroden (oben und u n t e n ) , die sich durch die verzerrte F o r m

der verdunkelten S t r o m b a h n zu erkennen g e b e n ; b) Kristallriß v o n der linken Elektrode a u s g e h e n d , der als n a d e i f ö r m i g e F o r t s e t z u n g der Elektrode wirkt, und in den ein S t r o m k a n a l mündet

voneinander trennen, wenn sie nicht räumlich zu dicht nebeneinander liegen (Abb. 22). Die Wärmeleitfähigkeit des Materials begrenzt das räumliche Auf-

A b b . 22.

S t r o m p ä s s e an einer schlecht k o n t a k t i e r t e n K a t h o d e (untere Elektrode), die sich durch knollenförmige V e r d u n k e l u n g e n zu erkennen geben

lösungsvermögen. Ein empfindlicher Nachweis setzt eine hohe Monochromasie des verwendeten Lichtes voraus; dann sind auch noch kleine Temperaturunterschiede zu beobachten. 5.2 Strominhomogenitäten bei sehr hohen Strombelastungen Ausführlicher sei auf das dicht vor dem Wärmedurchschlag liegende Gebiet hoher Strombelastung eingegangen [9]. Zur Stabilisierung der elektrisch-thermischen Vorgänge wird in Serie zum Prüfling ein (gegebenenfalls variabler) Widerstand gelegt. Eine Stromspannungskennlinie eines solchen hochbelasteten CdS-Einkristalles ist in Abb. 23 wiedergegeben. Sie zeigt ein für den Beginn des Wärmedurchschlages charakteristisches Umbiegen der Kennlinie bei einer von der Leitfähigkeit (hier also der Intensität der Belichtung) abhängigen kritischen Spannung, der sogenannten Kipp-Spannung. Bei dieser Spannung ist der Prüfling durch den Strom bereits beträchtlich über Zimmertemperatur erwärmt.

59

Feld- und Strominhomogenitäten bei hohen elektrischen Belastungen

Bei weiterer Erhöhung des Stromflusses steigt die Temperatur rasch weiter an, und es bildet sich zwischen den Elektonen ein enger, recht scharf lokalisierter Stromkanal aus, in dessen Inneren die Temperatur um mehrere hundert Grad

Abb. 23.

Stramkami

•Sptktrogrt&hent/nlt

Elektroden

C" rrf

Be

['4

Ne 2

«0« 1-1

m*co

Be

VI

m* en ! .

(9) co2 m* e0e

Where e is the dielectric constant of the material with no applied field. Eq. (9) gives to the first order in B: l\l2 ni BeK n Ne (10) 1 + co m*i m* co2 £q Eq. (10) yields for the Faraday rotation per unit length: J9

— (n_-n+) ^ c

~d

CO ti — • — 4 c n

=

Ne3B

+

2cm*2ns0co2

(11)

where n is the refractive index with no applied magnetic field. Eq. (11) gives a clockwise rotation for electrons and counterclockwise for holes. Eq. (8) can also be written for anisotropic effective masses such as in germanium and' silicon. The Faraday rotation in this case is found, after averaging for all equivalent valleys, to be given by Eq. (11) with the effective mass m* substituted by an average effective mass mp* given by: , 2 3 m„M m, i — z = mp*ify mn + 2m, where m(| is the longitudinal and m { the traverse effective mass. The Faraday rotation can also be easily calculated from the transport theory expression for the d.c. Hall coefficient and conductivity by making use of the fact that the d.c. solution of the transport equation remains also valid for a.c. provided one substitutes the scattering time r by ( r _ 1 + i c o ) - 1 . For a cubic semiconductor, the current density J in the x-y plane can be written: ]x = a (Ex ±/xhB

Ey)

(13)

Jy = a (Ey + nuB Ex)

where fiH is the Hall mobility. The upper sign holds for holes and the lower one for electrons. The complex dielectric constant tensor corresponding to Eq. (13) is to the first order in B : e0e e0e

i m

on ft)

fin Bo

HiioB

e o«

(14) £„e

valid for

Be

) 1/r a result similar to Eq. (11) with the effective mass m* substituted by the average effective mass my* : 1 m*

F 2

1

f df

9E

! 3E

d2E

8E

) dE 5kx

\dky

3kxdky

3kx

1

4n h*N 3

1

d2E\ 3ky2!

1

„ dk —

, ^ (15)

averaged for all equivalent ellipsoids. In Eq. (15) f is the Fermi distribution function and k the crystal momentum. Eq. (15) can be applied to the case of parabolic bands and one find's the result of Eq. (12). For spherical energy surfaces and non-parabolic bands, Eq. (15) becomes: oo mF*2

3It2h4N

J dE o

\dkI

where k is the magnitude of k . For completely degenerate statistics, Eq. (16) yields the effective mass: _1 mF*

(Ef is the Fermi energy).

~

h2k

\dkJEF

(17)

T h e average effective mass of Eq. (17) is identical to the conductivity effective mass m c * for completely degenerate statistics [5], Eq. (16) can also be used to find the Faraday effective mass for non degenerate statistics, if the shape of the non parabolic energy band is known. Let us take for the energy the first two terms of the expansion in k2 : E = Ak2

(18)

+ Ck*

T h e Faraday rotation effective mass my* found by substituting Eq. (18) into Eq. (16) is: 00 f rr-U I 25 C 1 (19) 1 fE'1' ( 1 + — — E ) dE n2h*N J ' \ 6 A2

o

T h e carrier density N found for the energy band of Eq. (18) is: oo 0 By substituting Eq. (20) into Eq. (19) one finds: 1 mF*

_ 2 A H2

1

10_ CkT I 3 Â2^ fx'/sf(x

"

(21)

— 7j) dx

This average effective mass is also the same as the average found for the conductivity effective mass with non parabolic bands [8].

Manuel Cardona

76

One can find an explicit expression for the non parabolic term in Eq. (18) from Kane's calculation of the shape of the conduction band [9]. According to Kane, the conduction band energy is E = E ' + Hzk2/2m where E' is one of the roots of the equation: E'(E'+2A)

(E'+ES+2A)

-k2$2

(^E'+

+ 2A^j = 0

(22)

2 A is the energy gap, yS the magnitude of the matrix element of the linear momentum between conduction and valence band at k = 0 and Es, the spin orbit splitting for the valence band at k = 0. For the frequently occurring case in which Esf(x-V)dx kT 0 oo fx*'*f{x — r})dx

(24)

where m* is the effective mass at the bottom of the band. For Boltzmann statistics, Eq. (24) becomes : kT (25) 1 A mr m* Analogous calculations can be done for ellipsoidal energy surfaces, such as for germanium and silicon, and non parabolic bands of the form :

f

E = -A + (\ Y f—\ i na)0 [ J \ s ] \ e j

2 [(m + l ) /0W (t + h œi) - mf0(» (£)] i+ i

(33)

Theoretische Untersuchungen zum Problem der heißen Elektronen

herleiten. In dieser bedeutet ßj =

103

und kTe*W ist durch (25) gegeben. Wenn k le y so klein ist, daß der Einfluß der intervalley scattering auf die Energierelaxation vernachlässigt werden kann, aber groß genug für die Einstellung einer stationären Verteilung der Elektronen über die verschiedenen Valleys, bleibt die MaxwellVerteilung /„' (e + H o

[(«! + 1) fo«>

+

m) + m f0(i) {e)]de

(35)

für alle (j) denselben Wert besitzen muß. Das führt zu der folgenden Proportionalität 1

^

ß± [(m + 1) exp ( - ßjhcüi/2) + m exp (ßiH ojj/2)] • Kt (ßih C0i!2)

;

Hier bedeutet die modifizierte Hankel-Funktion. Für hohe elektrische Felder ist das gemeinsame Argument von Exponentialfunktion und Hankel-Funktion so klein, daß die Funktionen entwickelt und die Entwicklungen nach dem ersten Glied abgebrochen werden können. Damit erhält man für Cy den folgenden Ausdruck, Q = C ßj2

w , r 2 (2 Mj + 1)

1

(37)

der sich für sehr hohe Felder auf Cj = Cßj2

(37a)

reduziert. Zu den Ausdrücken (37) und (37a) gehören die folgenden Besetzungsverhältnisse ßj''*[l - h(oißi/2{2ni

»i

V

=

ßi'*

+

l)]"1 ,„

,

(38a)

Gleichung (38a) beschreibt auch die Besetzungsverhältnisse von Knudsen-Gasen in N-Behältern mit verschiedenen Temperaturen.* Dieses Resultat ist plausibel, da man (38 a) aus (38) erhält, wenn man die Energie des intervalley-Phonons gegenüber der Durchschnittsenergie der Elektronen vernachlässigt. Für größere Werte von y, wie sie z. B. in Germanium vorkommen, führt die intervalley scattering nicht nur zu einer Umbesetzung von Elektronen, sondern macht sich auch in der Energierelaxation bemerkbar. Genau dasselbe trifft auch für Knudsen-Gase mit endlichen Öffnungen zwischen den Behältern zu. Die Funktion f 0 ® (s) weicht dann von der nullten Näherung (34) ab. Den Einfluß der intervalley scattering auf /„(>' (e) erhält man in erster Näherung, wenn man in den intervalley Termen der Gleichung (33) die nullte Näherung (34) einsetzt. Die Störimgsrechnung ist nur dann einfach, wenn man in den intervalley-Termen die Energie des intervalley-Phonons vernachlässigt und dementsprechend Q aus (37a) bestimmt.

Helmut G. Reik

104

Mit dieser Vernachlässigung erhält man die erste Näherung der Energieverteilung als Lösung der Gleichung - - T [fo(i) ( -

T

- = E

< i >

(ily)V.

(44)

zusammen und E< t > wurde bei der Herleitung von (43) als energieunabhängig vorausgesetzt. W e g e n _ n

J fo0)e/!de 2/JfoO^dE

l

J

k a n n (43) auch in der Form

geschrieben werden. D i e Berechnung der Driftgeschwindigkeit läuft also darauf hinaus, durch Integration die (von der Feldstärke und ihrer Richtung abhängigen) Koeffizienten aj einer Linearkombination A von Tensoren Ä='LjajSW mit der Eigenschaft

zu ermitteln. Diese Aufgabe und die daran anschließende numerische Auswertung wollen wir in diesem § für den durchsichtigen und den realen Verhältnissen nahekommenden Grenzfall (y—^0, F->- oo) durchführen. Dazu approximieren wir die Verteilung f 0 (e) führt dann zu der Proportionalität bd

y* 1 — y*u*

""

z

+ 2/

k««Ü)-3o 1 +

(51)

QjU*2

in der die dimensionslosen Größen u* und y* durch 2 (2 m + 1 ) (2n, + l ) (2 m + 1) 2(2m

+

t-rji (ft w 0 ) 2

:

Wo

Det5t[eßcth3]

l)

96 K j j D , , ] 2 !

(2n 0 + l ) (2n/ + l ) - w2

12 n 2

coa Amt D02

Wj w0

(2 «o + l ) (2 m + 1) 3 = A mt m

+

(52)

F2 "T^

(Oi)-'1'

(53)

1 mi

definiert sind. Die Größe w2 ist die von Herring [37] eingeführte und aus dem acoustoelektrischen Effekt [16] bestimmte intervalley-rate-constant. Gleichung (53) verknüpft y* mit der Gittertemperatur; die beiden Größen verändern sich symbat. Gleichung (52) liefert eine lineare Beziehung zwischen den Variabein u*, F mit einem temperaturabhängigen Skalenfaktor. Die bei der Herleitung von (51) gemachte Voraussetzung y klein, F groß, drückt sich in den neuen Variabein y*, u* genauer folgendermaßen aus: y* U*

2



;l

(54)

>3

(55)

Mit wachsendem Feld nimmt die Longitudinalanisotropie ab. Bei F = 10 4 V/cm ist sie auf den Wert , . abgesunken.

Uj " vd (0 = 26 y*->0, u->nahe kommt. Für „mittlere Werte" von u* und kleine Werte von y* ist daher wegen t / w ( © = 2 6 ° / y*, MVax ( y * ) ) « y ( 0 = 2 6 ° ,

0,

o)

wenn y* klein die Übereinstimmung zwischen Grenzwerttheorie und dem realen Fall am besten, während für größere Werte von u* ip(0 = 26 gilt.

y* m * ^ ° ° ) < v ( 0 = 2 6 ° , y*^ wenn y* klein

0, m*->oo) ^

Theoretische Untersuchungen zum Problem der heißen Elektronen oti-110

S

6

Abb. 8.

=26°

7

8

9

10'

Höhenlinien der Fläche V' (0

• 2 6 ° , y*,

«*)

22 21 S-

t

20

. 18 17 16 15 14 13 12 11 U

10 5

12 6

10 7

8

6 8

9

101

1.5

A b b . 9.

Schnitte y* = const durdi die Fläche y> ( 0 = 2 6 ° , y», w*)

(Die Parameterwerte y* sind in Einheiten von 10~ 5 angegeben)

u

111

Helmut G. Reik

112

Aus Abb. 9 und Gleichung (52) (53) lassen sich damit die folgenden, mit den experimentellen Resultaten qualitativ übereinstimmenden Eigenschaften der theoretischen ip vs F Charakteristiken ablesen: 1. Wegen (52) findet sich das Maximum der ip vs u* Kurven in den y) vs F Kurven wieder. 2. Durch die Symbasie von y* mit T wird die experimentell beobachtete Abnahme der Anisotropie und des Anisotropiemaximums mit wachsender Temperatur qualitativ erklärt. Die bei wachsender Temperatur beobachtete Verschiebung der Anisotropiemaxima zu höheren Werten der elektrischen Feldstärke kann wegen der temperaturabhängigen Beziehung zwischen u* und F nicht einfach aus Abb. 9 abgelesen werden. Um dies zu sehen, ist ein quantitativer Vergleich zwischen Theorie und Experiment notwendig. Quantitativer Vergleidi zwischen Theorie und Experiment Durch die Gleichungen (52) (53) wird jeder Kurve der Schar (ß = const, T = const, F) mit dem Scharparameter T in umgekehrter eindeutiger Weise eine Kurve der Schar ip (0 = const, y* — const, u*) mit dem Scharparameter y* zugeordnet. Diese Zuordnung ist in den folgenden drei Punkten so formuliert, wie es sich für den Vergleich zwischen Theorie und Experiment als zweckmäßig erwiesen hat. 1. Jede isotherme tp vs F Charakteristik geht aus einer der Kurven von Abb. 9 durch Umbenennung der Abszissenachse und geeignete Verschiebung des Abszissenmaßstabs hervor. [Gleichung (52).] Umgekehrt muß sich jede (experimentelle) v o s F Charakteristik (die im gleichen Ordinatenmaßstab und im gleichen logarithmischen Abszissenmaßstab für F aufgezeichnet ist) mit einer Kurve der in Abb. 9 dargestellten Schar zur Deckung bringen lassen. 2. Die Überdeckung zweier Kurven liefert eine spezielle empirische Relation zwischen zwei einander entsprechenden Werten von T und y*. Die sich überdeckenden Abszissenwerte u* und F definieren eine empirische Relation zwischen den Skalen der „theoretischen" und der „experimentellen" Variabein u* und F. Durch Einsetzen einander entsprechender Werte von y* und T, sowie von u* und F in die theoretischen Relationen (52) (53) lassen sich die Werte von D 0 und w 2 bestimmen. 3. Jede spezielle empirische Relation (jeder neue Vergleich zwischen Theorie und Experiment) sollte dieselben Werte von D 0 und w2 liefern. Diese sollten überdies mit den aus anderen Experimenten bekannten Werten 0,5 • 10 9 eV/cm £ D0 £ 1,5 • 10 9 eV/cm 5

• 10 10 sec- 1

£ w

2

< 2

• 1 0 " secr 1 [16]

verträglich sein. Die Resultate eines nach 1. bis 3. vorgenommenen Vergleichs zwischen Theorie und Experiment sind in den Abb. 10, 11 wiedergegeben. Die theoretischen und experimentellen Kurven stimmen qualitativ überein; für w2 und D0 ergeben sich die folgenden Werte w2 =

1 0 " sec"1; D0 =

zo2 = 1,66 •

10 1 0

sec"1;

10 9 eV/cm (Koenig

D 0 = 0,7 •

10 9

[29])

eV/cm (Schmidt-Tiedemann

[27])

Theoretische Untersuchungen zum Problem der heißen Elektronen

113

die in der richtigen Größenordnung liegen. Die Unterschiede zwischen den aus Koenigs und Schmidt-Tiedemanns Experimenten extrahierten Werten von w2 und D 0 kommen daher, daß die experimentellen Kurven trotz gleicher experimenteller Bedingungen (&, T) noch durchaus verschieden sind. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß die theoretischen Kurven mit keiner der experimentellen Kurven voll zur Deckung gebracht werden kann. Die bisher erreichte „Übereinstimmung" zwischen Theorie und Experiment ist befriedigend, wenn auch von einer wirklichen „Prüfung der Theorie" bei dem zur Zeit noch spärlichen und teilweise divergierenden experimentellen Material nicht die Rede sein kann.

Abb. 10. Experimentelle yi vs F Kurve [29] für T = 76°K und Vergleich mit der Theorie a) Theoretische Kurve y ( 9 = 26°, y* = 12 • 10- s , F) b) Experimentelle Kurve [25] c) Theoretische Grenzkurve y (S = 2«°/ ?* = F) für D 0 = 10» eV/cm

0.4

0.2 0.1 • •

10 3 Abb. 11.

1.5

.

1

-i

2

3

4

Experimentelle y> vs F Kurve [27] für T = 78 °K Ausgezogene Kurve: Theoretische Kurve yt ( 0 = O Experimentelle Werte für eine Probe mit dem G Experimentelle Werte für eine Probe mit dem

5

—— F

und Vergleich mit der Theorie 26°, y* == 2 • 10 - 3 , F) spezifischen Widerstand 2,08 Sl cm spezifischen Widerstand 13 Q cm

Dies ist erst möglich, wenn bei verschiedener Gittertemperatur eine größere Anzahl übereinstimmender Anisotropiemessungen vorliegt. Dann wird auch eine Neubestimmung der intervalley-rate-constant w 2 und der Debye-Temperatur der intervalley Phononen aus Heißelektronenexperimenten aktuell.

Mehrdeutigkeiten bei 0 ^ 9 0 ° In § - VII ist gezeigt worden, daß für y->-0, F->- oo in der Nähe von & = 9 0 ° Mehrdeutigkeiten auftreten, d. h. daß zu einer Orientierung der Driftgeschwindigkeit 8 Festkörper I

114

Helmut G. Reik

mehrere Richtungen des elektrischen Feldes möglich sind. Gleichung (51) erlaubt, die Frage zu beantworten, für welche Wertepaare y*, u* solche Mehrdeutigkeiten auftreten und für welche nicht und liefert eine Grenzkurve y* (u*), die die beiden Bereiche in der y*/w*-Ebene trennt. Ein Stück dieser Grenzkurve ist in Abb. 8 gestrichelt eingetragen. Mehrdeutigkeiten können nur für Werte von y* und u* auftreten, die zwischen der Grenzkurve und der Abszissenachse liegen. Aus Abb. 8 sieht man, daß die Frage, ob bei 0 = 90° Mehrdeutigkeiten auftreten oder nicht, durch Messungen bei 0 = 26° entschieden werden kann. Wenn nämlich in der xp vs F Charakteristik der Anisotropiewinkel ip den Wert 20° niemals erreicht, treten für 0 — 90° keine Mehrdeutigkeiten auf. „Elektronentemperatur" und Gültigkeit der Theorie Messungen der Anisotropie heißer Elektronen sind zu gleicher Zeit thermometrische Messungen, da die zur nullten Näherung der Verteilungsfunktion (34) gehörende Elektronentemperatur

= fcTe*W mit der Variabein u* über

zusammenhängt. Aus dieser Gleichung rechnet man sich aus, daß am Maximum der von Schmidt-Tiedemann gemessenen ip vs F Charakteristik Vmax = 19°, u* = 9 in dem kältesten Valley 1 (Abb. 7 a) eine Temperatur von ungefähr 600 °K, in den heißen Valleys 2, 3 und 4 eine Temperatur von ungefähr 3000 ° K herrscht. Diese Temperatur ist sehr hoch (selbst wenn man bedenkt, daß durch die bei der Herleitung von (42) gemachten Vernachlässigungen die Temperatur der heißen Valleys überschätzt wird). Man soll sich deshalb im klaren sein, daß man bei Anisotropiemessungen in der Nähe und jenseits des Anisotropiemaximums eventuell Effekte mitmißt, die in der Theorie nicht enthalten sind. Der Versuch einer „Verbesserung der Theorie" in der gegenwärtigen, durch Abb. 11 und 12 charakterisierten experimentellen und theoretischen Situation wäre allerdings eine höchst unrealistische Akribie. IX. Bilanzmethoden Vorbemerkungen Die Ausführungen der vorangegangenen Paragraphen machen deutlich, daß zur Durchführung der Transporttheorie heißer Elektronen vier Schritte notwendig sind: 1. Die Formulierung der Boltzmann-Gleichung (§ III). 2. Die Ermittlung der Elektronenverteilung durch Lösung der BoltzmannGleichung (§§ IV-VI). 3. Die Aufstellung der Driftgeschwindigkeitsformel, die Integrale über die Verteilungsfunktion enthält (§ VII). 4. Die Berechnung der Integrale (§§ VII, VIII). Der Schwierigkeitsgrad der Einzelschritte geht mit dieser Anordnung nicht symbat, er steigt vielmehr in der Reihenfolge 4., 3., 1., 2. an. So kann es vorkommen, daß

Theoretische Untersuchungen zum Problem der heißen Elektronen

115

man für eine bestimmte Bandstruktur die Driftgeschwindigkeitsformel [für n - G e Gleichung ( 4 3 ) ] aufstellen und die Boltzmann-Gleichung (für n - G e in der Form 1 ))

R(e,fo(i),m=-E

ac

-

e'*

dfo(» de

de

+

kT

(e + ft a>oyi• [(n 0 + 1) fo® (e + h « „ ) - n , /„«> (e)]

- (e - ft (O,)* [«„ / , 0 ) (e - ft a>,) - ( « , + 1) /„«> ( e ) ]

(59)

- y — { ( e + ft CO,)1/' [ 2 (n; + 1) /„(') (« + ft wt) - m f00) («)] + (e - ft